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ABHANDLUNGEN
DER
KÖNIGLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
1895.
ABHANDLUNGEN
DER
KÖNIGLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
AUS DEM JAHRE
1595.
MIT 20 TAFELN.
BERLIN.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
1895.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER,
rn
Inhalt.
Öffentliche Sitzungen RO PER 5 au
Verzeichnils der im Jahre 1895 gelesenen Abhandlungen Mr
Bericht über den Erfolg der Preisausschreibungen für 1895 nd neue
Preisausschreibungen B GE
Verzeichnils der im Jahre 1895 enelgten Gelabemallieuigen aus aka-
demischen Mitteln zur Ausführung wissenschaftlicher Unter-
nehmungen . : ö E 5 “Sg:
Verzeichnils der im Jahre 1895 Seien eren im n Mufirage oder mit
Unterstützung der Akademie bearbeiteten oder herausgegebenen
Werke a
Veränderungen im Per sonalstände a Nkadenieh im Taufe de ale 1895
Verzeichnils der Mitglieder der Akademie am Schlufs des Jahres 1895
Abhandlungen.
Physikalisch -mathematische Classe.
Physikalische Abhandlungen.
Vırcmow: Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus, unter
besonderer Berücksichtigung der ornamentirten Bronzegürtel aus
transkaukasischen Gräbern. (Mit 4 Tafeln.) ;
Dames: Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. (Mit
5 Tafeln.) £ & ar
Scuurze: Hexactinelliden de Tdischen Öceanes. 11. Theil: Die Hex-
asterophora. (Mit 8 Tafeln.) .
Philosophisch - historische Classe.
Sacnau: Skizze des Fellichi-Dialekts von Mosul. .
S. vır—vım
S. VIT—xVv
S. xvI—xvIn
S. XIX— XXIII
S. XXIIT—XXIV
S. xXV—xxVI
S. XXVII—xXXIV
Abh. I. S. 1—66.
» I. S.1—83.
» 111. S.1—2.
Abh. I. S.1—92.
Anhang.
Abhandlungen nicht zur Akademie gehöriger Gelehrter.
Physikalische Abhandlungen.
Hevymons: Die Segmentirung des Insectenkörpers. (Mit 1 Tafel.) . Abh. I. S.1—39.
Philosophisch-historische Abhandlungen.
KarsrreiıscH: Die neuplatonische, fälschlich dem Galen zugeschrie-
bene Schrift /Mpos Taupov mepi ob mas Euyrvxovraı ra Eußpva. Aus
der Pariser Handschrift zum ersten Male herausgegeben. (Mit
2ibateln) Er Abh. I. S.1—80.
Steps? Westfriesische, Studieng. e: » I. S.1—61.
JaheE 1595.
Öffentliche Sitzungen.
Sitzung am 24. Januar zum Gedächtnifs Friedrich’s ID. und
zur Feier des Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers
und Königs.
Der an diesem Tage vorsitzende Secretar Hr. Vahlen verlieh
den Gefühlen der Akademie für Seine Majestät den regierenden
Kaiser und König Ausdruck im Rückblick auf den grolsen Ahnen
und beleuchtete hierauf an dem Beispiel Herder’s die Wirksamkeit
der Fridericianischen Akademie aus dem Gesichtspunkt derjenigen
Gelehrten und Schriftsteller, die ıhr nicht angehörten, aber An-
regung von ihr empfiengen.
Sitzung am 4. Juli zur Feier des Leibniz’schen Jahrestages.
Hr. Mommsen, als vorsitzender Secretar, eröffnete die Sitz-
ung mit einer Rede über die Aufgabe und Stellung der Akademie
in der Gegenwart und das Verhältnifs der Wissenschaft zum Staat.
Die neu eingetretenen Mitglieder der philosophisch-historischen
Classe, HH. Stumpf, E. Schmidt und Erman hielten ihre Antritts-
reden, welche von Hrn. Mommsen als Classensecretar beantwortet
wurden.
Hr. du Bois-Reymond hielt eine Gedächtnifsrede auf das
im vergangenen Jahre verstorbene Mitglied von Helmholtz.
VIII
Schliefslich erfolgte die Verkündung des Beschlusses über Ver-
leihung des Preises der Steiner’schen Stiftung und die Ausschrei-
bung einer neuen Preisaufgabe der Charlotten-Stiftung (s. S.xvı).
Verzeichnils der im Jahre 1895 gelesenen Abhandlungen.
Physikalisch-mathematische Classe.
Physik und Chemie.
Biltz, Dr. H., über die Bestimmung der Moleculargröfse einiger
anorganischen Substanzen. Vorgelegt von Fischer. (G.S.
10.Jan.; S. BD.)
Wien, Dr. W., über die Gestalt der Meereswellen. Vorgelegt von
v. Bezold. (Cl. 21.Febr.; S. B.)
Elster, Dr. J. und Dr. H. Geitel, über die Abhängigkeit des licht-
elektrischen Stromes vom Azimuth und Einfallswinkel des
Lichtes. Vorgelegt von v. Bezold. (G.S. 28.Febr.; S. B.)
Fischer, über die Verbindungen der Zucker mit den Alkoholen
und Ketonen. (Cl. 7.Mäız; S.B.)
Fischer und L. Ach, Synthese des Caffeins. (G.S. 14. März; S. B.)
Planck, über Absorption und Emission elektrischer Wellen durch
Resonanz. (Cl. 21:Mäız; S.B.)
Oberbeck, Prof. A., über das Ausströmen der Elektricität aus
einem Leiter in die Luft und über den Einflufs, welchen
eine Temperaturerhöhung des Leiters auf diesen Vorgang
ausübt. Vorgelegt von v. Bezold. (G.S. 28. März; S. B.)
Pringsheim, Dr. E., über die Leitung der Elektricität durch heifse
Gase. Vorgelegt von Planck. (Cl. 4. April; S. B.)
IX
Quincke, über die Dauer des elektrischen Schattens bei festen und
flüssigen Isolatoren. (Cl. 30.Mai; S. B.)
Runge, Prof. C. und Prof. F. Paschen, über das Spectrum des He-
liums. Vorgelegt von Planck. (Cl. 20.Junı: S. 5.)
Dieselben, über die Bestandtheile des Uleveitgases. Vorgelegt
von Planck. (Cl. 11.Juli; S.B.)
Goldstein. Prof. E., über die durch die Kathodenstrahlen hervor-
gerufenen Färbungen einiger Salze. Vorgelegt von Landolt.
(G.S. 14.Nov.; S..B.)
Scheiner, Prof. J. und Prof. J. Wilsing, über eine sehr empfind-
liche Methode zum Nachweis Hertz’scher elektrischer Schwin-
gungen. Vorgelegt von Vogel. (Cl. 19.Dec.; S.B.)
Mineralogie. Geologie und Palaeontologie.
Klein, der Universaldrehapparat, em Instrument zur Erleichterung
und Vereinfachung krystallographisch-optischer Untersuchun-
gen. (G.S. 31.Jan.; S. B.)
Dames, die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. (Cl.
7.Febr.; Abh.)
Traube, Dr. H., über das optische Drehungsvermögen von Körpern
im krystallisirten und im flüssigen Zustande. Vorgelegt von
Klein. (Cl. 21.Febr.; S.B.)
Baumhauer, Dr. H., über den Skleroklas von Binn. Vorgelegt
von Klein. (Cl. 7.März; 8. BD.)
Bücking, Prof. H., neue Mineralfunde von Westeregeln. Vorge-
legt von Klein. (Cl. 9.Mai; S.B.)
Wulff, Dr. L., zur Morphologie des Natronsalpeters. Vorgelegt
von Klein. (G.S. 27.Juni; S. B.)
Klein, ein Universaldrehapparat zur Untersuchung von Dünn-
schliffen im Flüssigkeiten. (Cl. 7.Nov.: S. B.)
Dames, die Ichthyopterygier der Triasformation. (Cl. 21.Nov.: S. B.).
b
x
Derselbe, über die Gattung Angwisaurus und die Art der Anpassung
der fossilen Reptilien an das Leben im Meere. (G.S. 12.Deec.;
S. B.)
Botanik und Zoologie.
Engler, über Amphicarpie bei Fleurya podocarpa Wedd., nebst
einigen allgemeinen Bemerkungen über die Erscheinung der
Amphicarpie und Geocarpie. (G.S. 10.Jan.: S. B.)
Kuckuck, Dr. P., über Schwärmsporen-Bildung bei den Tilo-
pterideen. Vorgelegt von Schwendener. (Cl. 7. März.)
Heymons, Dr. R., die Segmentirung des Insectenkörpers. Vor-
gelegt von Schulze. (Cl. 4. April; Abh.)
Will, Prof. L., Ergebnisse einer Untersuchung des Gastrulations-
processes der Eidechse (Lacerta). Vorgelegt von Schulze.
(Cl. 4. April; S.B.)
Fritsch, Prof. G.. über Hypnos subniger. Vorgelegt von Möbius.
(Cl. 25.April; S.B.)
Schwendener, über die jüngsten Entwickelungsstadien seitlicher
Organe und ihren Anschluls an bereits vorhandene. (Cl.
30.Mai; S. BD.)
Stadelmann, Dr. H., Beiträge zur Kenntnils der Gattung Melipona
sens. lat. Vorgelegt von Möbius. (Cl. 20.Juni: Ss. B.)
Schulze, die Hexactinelliden des Indischen Oceans. Zweiter Theil:
Die Hexasterophora. (G.S. 17.0et.: Abh.)
Möbius, die aesthetische Betrachtung der Thiere. (G.S. 14.Nov.:S.B.)
Fritsch, Prof. G., über Discopyge Tschudü Heck. Vorgelegt von
Möbius. (Cl. 21.Nov.; S.B.)
Ethnographie.
Virchow, über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus,
unter besonderer Berücksichtigung der ornamentirten Bronze-
gürtel aus transkaukasischen Gräbern. (G.S. 16.Mai; Abh.)
Anatomie und Physiologie.
Gerota, Dr. D., über den ano-recetalen Lymphapparat. Vorgelegt
von Waldeyer. (Cl. 7.März; S. B.)
Rohde, Prof. E., über Ganglienzellen, Axencylinder, Punktsub-
stanz und Neuroglia. Vorgelegt von Schulze. (Cl. 7. März.)
Steiner, Prof. I., über die Entwickelung der Sinnessphaeren, ins-
besondere der Sehsphaere, auf der Grofshirnrinde des Neuge-
borenen. Vorgelegt von du Bois-Reymond. (Cl. 21. März; S. B.)
Abelsdorff, Dr. G., über Erkennbarkeit des Sehpurpurs von Abra-
mis Brama mit Hülfe des Augenspiegels. Vorgelegt von du
Bois-Reymond. (Cl. 4. April; S. B.)
Munk, über die Fühlsphaeren der Grofshimrinde. Vierte Mit-
theilung. (Cl. 20.Juni; S. B.)
Reinke, Dr. Fr., über Befruchtung und Furchung des Eies der
Eehinodermen. Vorgelegt von Waldeyer. (Cl. 20.Juni; S. B.)
Waldeyer, über Bindegewebszellen, insbesondere über Plasma-
zellen. (Cl. 11.Juli; S. B.)
Köttgen, Else und Dr. @. Abelsdorff, die Arten des Sehpurpurs
in der Wirbelthierreihe. Vorgelegt von du Bois-Reymond.
(€1725. Jul: 8. B.)
Hansemann, Dr. D., über die Poren der normalen Lungenalveolen.
Vorgelegt von Waldeyer. (Cl. 7.Nov.; S. B.)
Astronomie und Geophysik.
Vogel, neuere Untersuchungen über die Spectra der Planeten.
(CIEI7.Jan52S°B%)
Auwers, über Ergebnisse einer Untersuchung der Bradley’schen
Sectorbeobachtungen hinsichtlich der Wahrnehmbarkeit von
Polhöhenschwankungen in denselben. (Cl. 9. Mai.)
he
X
Vogel, über das Vorkommen der Lmien des Cleveitgas-Speetrums
in den Sternspectren und über die Classification der Sterne
vom ersten Spectraltypus. (Cl. 24.0ct.; S. B.)
von Bezold, der normale Erdmagnetismus. (Cl. 5.Deec.; S.B.)
Mathematik.
Frobenius, über endliche Gruppen. (Cl. 21.Febr.; S. B.)
Schwarz, Fortsetzung seiner Untersuchung über die Integration
einiger partieller Differentialgleichungen. (Cl. 25. April.)
Kötter, Prof. Fr., über eme Darstellung der Richtungscosmus zweier
orthogonaler Coordinatensysteme durch Thetafunctionen
zweier Argumente, welche die Lösungen mehrerer Probleme
der Mechanik als Specialfälle umfalst. Vorgelegt von Fuchs.
(G.S. 18. Juli; S. 3.)
Fuchs, über die Abhängigkeit der Lösungen emer linearen Diffe-
rentialgleichung von den in den Coefficienten auftretenden
Parametern. (Cl. 25.Juli; S.B.)
Hensel, Prof. K., über die Ordnungen der Verzweigungspunkte
einer Riemann’schen Fläche. Vorgelegt von Frobenius. (G.S.
17.0C0.,082B3)
Frobenius, über die Verallgemeinerung des Sylow’schen Satzes.
(G.8- 31.081.835)
Hensel, Prof. K., über die Verzweigung der drei- und vierblät-
terigen Riemann’schen Fläche. Vorgelegt von Frobenius.
(G.S. 14.Nov.; S. B.)
Frobenius, über auflösbare Gruppen. I. (Cl. 21.Nov.; S. B.)
Schwarz, über die analytische Bestimmung derjenigen Minimal-
flächen, welche durch Translation einer reellen Curve er-
zeugt werden können. (Cl. 19.Dec.)
XII
Philosophisch-historische Classe.
Philosophie.
Dilthey, Fortsetzung der Ideen über beschreibende Psychologie.
(Cl. 25. April.)
Geschichte.
Wattenbach, Beschreibung eimer Handschrift mittelalterlicher Ge-
diehte (Berl. Cod. theol. cart. 94). (G.S. 31.Jan.; S. B.)
Hirschfeld, zur Geschichte des Christenthums m Lugudunum vor
Constantin. (Cl. 4. April; S. B.)
Dümmler. über Leben und Lehre des Bischofs Claudius von Turin.
(G.S. 2.Mai; S. B.)
Köhler, die athenische Oligarchie des Jahres 411 v. Chr. (Cl.
92Ma15S.D.)
Harnack, Tertullian in der Litteratur der alten Kirche. (G.S.
13.Juni; S. B.)
Schmidt, Dr. Karl, eine bisher unbekannte christliche Schrift ın
koptischer Sprache. Vorgelegt von Harnack. (Cl. 20.Juni;
S..B.)
Curtius, über den Synoikismos von Elıs. (G.S. 18.Juli; S. B.)
Köhler, zur Geschichte Ptolemaios’ II. Philadelphos. (Cl. 24.Oet.;
S. B.)
Dümmler, über den Mönch Otloh von St. Emmeram. (G. 8.
28.Nov.; S.B.)
Staats- und Rechtswissenschaft.
Sachau, über die Stellung der Christen im Muhammedanischen
Privatrecht. (Cl. 21.Febr.)
XIV
Brunner, über die Geburt eines lebenden Kindes und das ehe-
liche Vermögensrecht. (G.S. 28. Febr.)
Schmoller, über Einkommensvertheilung in alter und neuer Zeit.
(Cl. 21. März.)
Pernice, über Friede und Friedlosigkeit im römischen und griechi-
schen Rechte. (G.S. 28. März.)
Derselbe, über den verbrecherischen Vorsatz im römisch -griechi-
schen Rechte. (Cl. 19.Dec.)
Allgemeine, deutsche und andere neuere Philologie.
Tobler, textkritische Bemerkungen zu Petrarca’s Canzoniere. (Cl.
17. Jan.)
J. Schmidt, über die Schicksale der Lautverbindung mn ın den
indogermanischen Sprachen. (Cl. 7. März.)
Weinhold, die altdeutschen Verwünschungsformeln. (Cl. 20.Juni;
S..B.)
Siebs, Prof. Th., westfriesische Studien. Vorgelegt von Weinhold.
(Cl. 20.Junı; Abh.)
Tobler, Beiträge zur historischen Syntax des Französischen. (Cl.
21.Nov.)
Classische Philologie.
Kalbfleisch, Dr. Karl, die neuplatonische, fälschlich dem Galen
zugeschriebene Schrift IMpos Tavpov mepi Tov nos Euyrvyovraı
ra Eußpva. Aus der Pariser Handschrift zum ersten Male
herausgegeben. Vorgelegt von Diels. (Cl. 7.Febr.; Abh.)
Latyschew, Inschriften aus dem Taurischen Chersonesos. (Cl.
9.Maı; S.B.)
Hiller von Gaertringen, Dr. Friedrich Freiherr, über eine neue
Inschrift von Nisyros. Vorgelegt von Kirchhoff. (G.S. 16. Mai;
S.B.)
XV
Wentzel, Dr. G., Beiträge zur Geschichte der griechischen Lexiko-
graphen. Vorgelegt von Diels. (G.S. 16.Mai; S. B.)
Mommsen und Harnack, zu Apostelgesch. 28,16 (2Tparonedap-
xns = princeps peregrinorum). (Cl. 30.Mai: S. B.)
Mommsen, das Potamon-Denkmal auf Mytilene. (G.S. 27.Juni;
S. B.)
Kirchhoff, der Margites des Pigres von Halikarnafs. (Cl. 11.Juli;
S.B.)
Kaibel, die Vision des Maximus. (Cl. 11.Juli; S.B.)
Vahlen, über emige Anspielungen im den Hymnen des Callimachus.
(Cl. 25. Juli; S.B.)
Diels, über Alkman’s Partheneion. (Cl. 5.Dee.)
Archaeologie.
Conze, über den ionischen Tempel auf der Theaterterrasse von
Pergamon. (Cl. 7.Nov.; S. B.)
Orientalische Philologie.
Huth, Dr. G., Verzeichnifs der im Tibetischen Tanjur, Abtheilung
mDo (Sütra). Band 117—124, enthaltenen Werke. Vor-
gelegt von Weber. (Cl. 7.Febr; S. B.)
Sachau, Baal-Harrän in einer Altaramäischen Inschrift auf einem
Relief des Königlichen Museums zu Berlin. (G.S. 14. Febr.;
SB)
Weber, vedische Beiträge. (Cl. 30.Mai; Ss. B.)
Schrader, über einen altorientalischen Herrschernamen. (Cl. 24.
Oct.; S. B.)
XVI
Bericht über den Erfolg der Preisausschreibung für 1895
und neue Preisausschreibungen am Leibniztage 189.
Ertheilung des Preises und neue Preisaufgabe
der Steiner’schen Stiftung.
In der Leibniz-Sitzung am 3. Juli 1590 hat die Akademie für
den Steiner’schen Preis die Aufgabe gestellt:
Sie verlangt die Lösung emes bedeutenden Problems aus der
Theorie der Krümmungslinien der Flächen, und hebt als ein solches
namentlich die Ermittelung der Bedingungen hervor, unter welchen
die Krümmungslinien algebraischer Flächen algebraische Curven sind.
Eine Bearbeitung ist für dieses Thema nicht eingegangen.
Den Statuten der Steiner'schen Stiftung gemäls hat die Aka-
demie den hiermit frei gewordenen Preis zur Anerkennung her-
vorragender in den letzten Jahren veröffentlichter geometrischer
Arbeiten verwendet. Derselbe wird zuerkannt: zur einen Hälfte
dem Professor an der Technischen Hochschule zu Darmstadt Hrn.
Dr. Sigmund Gundelfinger für seine ausgezeichneten Arbeiten,
welche auf Begründung und Ausbau der von Hesse in die Geo-
metrie eingeführten Methoden hinzielen, zur anderen Hälfte dem
Professor an der Universität Marburg Hrn. Dr. Friedrich Schottky
für die hervorragenden Verdienste, welche er sich um eine Reihe
der wichtigsten speciellen geometrischen Probleme dadurch er-
worben hat, dafs er ihre Beziehungen zur Theorie der Abel’schen
Functionen von zwei, drei und vier Variabeln in’s Licht gesetzt hat.
Für das Jahr 1900 stellt die Akademie aus der Steiner’schen
Stiftung folgende Preisaufgabe:
Es soll irgend ein bedeutendes, auf die Lehre von den krummen
XV
Flächen sich beziehendes, bis jetzt noch nicht gelöstes Problem
möglichst mit Berücksichtigung der von J. Steiner aufgestellten
Methode und Prineipien vollständig gelöst werden.
Es wird gefordert, dafs zur Bestätigung der Richtigkeit und
Vollständigkeit der Lösung ausreichende analytische Erläuterungen
den geometrischen Untersuchungen beigegeben werden.
Ohne die Wahl des Themas einschränken zu wollen, wünscht
die Akademie bei dieser Gelegenheit die Aufmerksamkeit der Geo-
meter auf die speciellen Aufgaben zu richten, auf welche J. Steiner
in der allgemeinen Anmerkung am Schlusse seiner zweiten Ab-
handlung über Maximum und Minimum bei den Figuren in der
Ebene, auf der Kugelfläche und ım Raume überhaupt hinge-
wiesen hat.
Für die Lösung der gestellten Aufgabe wird ein Preis von
Viertausend Mark und ein Accessitpreis von Zweitausend Mark
ausgesetzt.
Bewerbungsschriften, welche in deutscher, lateinischer, franzö-
sischer, englischer oder italiänischer Sprache verfalst sein können,
sind bis zum 31. December 1899 bei der Akademie einzuliefern.
Jede Bewerbungsschrift ist mit einem Spruchwort zu bezeichnen,
welches auf einem beigefügten versiegelten, innerlich den Namen
und die Adresse des Verfassers angebenden Zettel äufserlich wieder-
holt ist. Schriften, welche den Namen des Verfassers nennen oder
deutlich ergeben, werden von der Bewerbung ausgeschlossen.
Die Verkündung des Urtheils erfolgt m der Leibniz-Sitzung
des Jahres 1900.
Preisaufgabe der Charlotten-Stftung.
Nach dem Statut der von Frau Charlotte Stiepel geb. Freiin
von Hopffgarten errichteten Charlotten-Stiftung für Philologie
wird eine neue Aufgabe von der ständigen Commission der
Akademie gestellt:
XVII
»Cicero’s Timaeus soll auf Grund des veröffentlichten Materials
in neuer textkritischer Bearbeitung vorgelegt und knapp gehaltene
Prolegomena über die Recensio, die Authentie der Übersetzung
und die Composition des beabsichtigten Dialogs vorausgeschickt
werden. Man wünscht durch diese Aufgabe die Anregung zu
geben, die Textgeschichte des sogenannten Corpus philosophicum
vom Archetypus an genauer zu erforschen und eine neue Aus-
gabe der meistens noch nicht in befriedigender Recension vor-
liegenden Dialoge, die aus jenem Archetypus stammen, in Angriff
zu nehmen.«
Die Stiftung ist zur Förderung junger, dem Deutschen Reiche
angehöriger Philologen bestimmt, welche die Universitätsstudien
vollendet und den philosophischen Doctorgrad erlangt oder die
Prüfung für das höhere Schulamt bestanden haben, aber zur Zeit
ihrer Bewerbung noch ohne feste Anstellung sind. Privatdocenten
an Universitäten sind von der Bewerbung nicht ausgeschlossen.
Die Arbeiten der Bewerber sind bis zum 1. März 1596 an
die Akademie einzusenden. Sie sind mit einem Denkspruch zu
versehen; in einem versiegelten, mit demselben Spruche bezeich-
neten Umschlage ist der Name des Verfassers anzugeben und der
Nachweis zu liefern, dafs die statutenmäfsigen Voraussetzungen bei
dem Bewerber zutreffen. In der öffentlichen Sitzung am Leibniz-
Tage 1596 ertheilt die Akademie dem Verfasser der des Preises
würdig erkannten Arbeit das Stipendium. Dasselbe besteht in dem
Genusse der Jahreszinsen des Stiftungscapitals von 30000 Mark
auf die Dauer von vier Jahren.
XIX
Verzeichnifs der im Jahre 1895 erfolgten Geldbewilligungen
aus akademischen Mitteln zur Ausführung wissenschaftlicher
Unternehmungen.
Es wurden im Laufe des Jahres 1595 bewilligt:
3000 Mark dem Mitgliede der Akademie Hrn. Kirchhoff zur Fort-
3000
3000
6000
2000
führung der Arbeiten für Sammlung der griechischen
Inschriften.
dem Mitgliede der Akademie Hrn. Mommsen zur Fort-
führung der Arbeiten für das Corpus Inseriptionum
Latinarum.
dem Mitgliede der Akademie Hrn. Diels zur Fortführung
der Arbeiten für eine kritische Ausgabe der griechischen
Commentatoren des Aristoteles.
den Mitgliedern der Akademie HH. von Sybel und
Schmoller zur ferneren Herausgabe der politischen
Correspondenz König Friedrich’s Il.
dem Mitgliede der Akademie Hrn. W eierstrafs zur Fort-
setzung der Herausgabe seiner gesammelten mathema-
tischen Werke.
dem Mitgliede der Akademie Hrn. Fuchs zur Fortsetzung
der Herausgabe der gesammelten Werke Dirichlet's.
dem Mitgliede der Akademie Hrn. Kiepert für das erste
Heft der von ihm herausgegebenen Formae orbis antiquı.
dem Mitgliede der Akademie Hrn. Brunner zu Vor-
arbeiten für Herstellung eines Wörterbuches der älteren
deutschen Rechtssprache.
dem Mitgliede der Akademie Hrn. Sachau zu einer Vor-
arbeit für die Herausgabe der Urgeschichte des Islams
von Ibn Said.
X
3000 Mark dem correspondirenden Mitgliede Hrn. Imhoof-Blumer
1400
>00
600
600
450
1000
1000
behufs Fortführung der Sammlung der nordgriechischen
Münzen.
dem correspondirenden Mitgliede Hrn. Prof. Dr. K.I.Ger-
hardt in Graudenz zur Herausgabe der mathematischen
Correspondenz Leibniz’.
Hrn. Lehrer Philipp Fauth zu Ober-Arnbach bei Land-
stuhl in der Rheinpfalz zur Bearbeitung einer Mondkarte
im Mafsstabe 1: 1000000 auf Grund eigener topo-
graphischer Aufnahmen.
Hrn. Prof. Dr. Deichmüller in Bonn zu Vorarbeiten für
eine Photometrie der seit der Zeit Tycho’s erschienenen
Kometen.
Hrn. Dr. Ernst Hartwig in Bamberg zur Bearbeitung
seiner auf der Dorpater Sternwarte zur Bestimmung der
physischen Libration des Mondes ausgeführten Helio-
metermessungen.
Hrn. Dr. von Rebeur-Paschwitz zu Merseburg zur
Fortsetzung seiner Untersuchungen über Veränderungen
der Richtung der Schwere.
Hrn. Prof. Dr. OÖ. Krümmel in Kiel zur Fortsetzung
seiner Untersuchungen oceanographischer Instrumente
und Bearbeitung seiner in einem Theil der Ostsee aus-
geführten Bestimmungen des specifischen Wasserge-
wichtes.
Hrn. Dr. H. Biltz in Greifswald zur Fortsetzung seiner
die Ermittelung der Gasdichte einiger Elemente und
Verbindungen bei hoher Temperatur betreffenden Unter-
suchungen.
Hrn. Dr. Ludwig Wulff zu Schwerin i. M. zur Fort-
setzung seiner Versuche zur Krystallzüchtung.
XxI
1000 Mark Hrn. Prof. Dr. Fritz Frech in Breslau zu tektonischen
1200
1200
1000
1200
300
2000
>00
400
1500
900
»
»
»
Studien im Gebiete des Radstädter Tauern.
Hrn. Dr. Wilhelm Salomon aus Berlin, z. Z. in Pavia,
zur Fortsetzung seiner petrographisch-geologischen Un-
tersuchungen am Monte Adamello.
Hrn. Dr. Ernst Gilg hierselbst zur Bearbeitung einer
Monographie der Gattung Draba.
Hın. Prof. Dr. Franz Buchenau in Bremen zur Be-
arbeitung und Drucklegung einer zweiten Auflage seiner
Flora der ostfriesischen Inseln.
Hrn. Dr. G. Lindau im Berlin zu Untersuchungen über
Bau und Wachsthum der Krustenflechten.
Hrn. Prof. Dr. G. H. Th. Eimer in Tübingen zur Heraus-
gabe der zweiten Abtheilung seines Werkes: »Die Art-
bildung und Verwandtschaft bei den Schmetterlingen«.
Hrn. Prof. Dr. L. Will m Rostock zur Fortsetzung seiner
entwickelungsgeschichtlichen Studien über Reptilien.
Hrn. Dr. Schauinsland in Bremen zu einer faunistischen
Erforschung der Insel Laysan und anderer Inseln des
pacifischen Oceans und anschliefsenden entwickelungs-
geschichtlichen Studien.
Hrn. Dr. Sig. Strodtmann in Plön zu Untersuchungen
über das Plankton der holsteinischen und mecklenburgi-
schen Seen.
Hrn. Lehrer F. Koenicke in Bremen zur Fortsetzung
seiner Untersuchungen über Hydrachniden.
Hrn. Dr. Hans Lohmann zu einer Reise nach Messina
behufs Studiums der Appendieularien des Mittelmeeres.
Hrn. Dr. Fr. von Wagner in Strafsburg zu einer ver-
gleichenden Untersuchung der Regenerationsprocesse bei
den wirbellosen Thieren des ne
XXI
600 Mark Hrn. Dr. Paul Samassa in Heidelberg zu einer Unter-
S00
1000
500
1500
1000
1000
600
1000
600
»
suchung über die Herkunft der Dotterkerne bei den
Selachiern.
Hrn. Prof. Dr. H. E. Ziegler zu Freiburg ı. B. zu zoolo-
logischen Studien am Mittelmeer, hauptsächlich zu ex-
perimentellen Untersuchungen über den Verlauf der
Zelltheilung.
Hrn. Prof. Dr. Hans Virchow in Berlin zur weiteren
Bearbeitung des von Hrn. Dr. Fülleborn in Nord-
America gesammelten Materials von Amia, Lepidosteus
und Necturus.
Hrn. Prof. Dr. U. Wileken in Breslau behufs Vervoll-
ständigung der Sammlung griechischer Papyrusurkunden
aus der Ptolemäerzeit.
Hrn. Dr. K. Buresch, z. Z. m Athen, für eine Reise
in Kleinasien zu topographischen Forschungen.
Hrn. Prof. Dr. Richard Förster in Breslau zu Vorbe-
reitungen für eine kritische Ausgabe des Libanius und
des Choricius.
Hrn. Dr. Hauler in Wien zu einer für die Studemund’sche
Frontoausgabe zu unternehmenden Reise nach Mailand
und Rom.
Hrn. Dr. Hermann Schöne in Köln zur Herausgabe
seiner Bearbeitung der Schrift des Apollonius von Kition
repi apdpwr.
Hrn. Dr. €. F. Lehmann im Berlin zu einer in Gemein-
schaft mit Hm. Dr. Waldemar Belck in Fürfurt aus-
zuführenden Forschungsreise durch Armenien.
Hrn. Dr. Georg Steinhausen in Jena zu einer Publi-
cation von deutschen Privatbriefen des 14. und 15. Jahr-
hunderts.
XXIII
1000 Mark Hrm. Dr. Karl Schmidt, z. Z. in Cairo, zur Förderung
seiner koptischen Studien.
900» Hrn. Prof. Dr. W. Grube in Berlin zur Herausgabe einer
auf der hiesigen Königlichen Bibliothek befindlichen
Handschrift der Ju-tschen -Sprache.
360 » der Georg Reimer’schen Verlagsbuchhandlung in Berlin
zur Herausgabe von Gerhard »Etruskische Spiegel«.
Bd.V. H. 12/13.
2500 » für Entsendung eines Aegyptologen zur Theilnahme an
den Arbeiten zur Freilegung und Untersuchung der
Fundamente der Tempelbauten auf der Insel Philae.
Verzeichnils der im Jahre 1895 erschienenen im Auftrage
oder mit Unterstützung der Akademie bearbeiteten oder
herausgegebenen Werke,
Commentaria in Aristotelem Graeca edita consilio et auctoritate
Academiae litterarum Reg. Borussicae. Vol. IV. p. IV.: Am-
monius in Aristotelis categorias commentarius ed. Adolf
Busse. Berolini 1895.
Corpus insceriptionum Etruscarum administrante Danielsson ed. Ca-
rolus Pauli. [Fasc. II-IV.] Lipsiae. (1895).
Etruskische Spiegel. Herausgegeben von Eduard Gerhard. Bd.5.
Im Auftrage des Kais. deutschen archaeologischen Instituts
bearbeitet von A. Klügmann und G. Körte. Heft 12 und
13. Berlin 1895. 4.
Ergebnisse der Plankton-Expedition der Humboldt-Stiftung. —
Bd.1.B. Methodik der Untersuchungen. Von Victor Hensen.
— Bd. I. E.a.C. Die Thaliacea. C. Vertheilung der Doliolen.
XXI1V
Von A. Borgert. — Bd. I. F.d. Die Gastropoden. Von
Heinrich Simroth. — Bd. Il. G. ce. Isopoden, Cumaceen
und Stomapoden. Von H. J. Hansen. — Bd. II. H.c. Die
pelagischen Phyllodociden und Typhloscoleciden. Von Joh.
Reibisch. — Bd. II. H.g. Die Turbellaria acoela. Von Lud-
wig Böhmig. Kiel und Leipzig 1895. 4.
Weierstrals, Karl, Mathematische Werke. Bd. II. Abhand-
lungen U. Berlin 1595. 4.
Eimer, G. H. Theodor, die Artbildung und Verwandtschaft bei
den Schmetterlingen. Th. I: Eine systematische Darstellung
der Abänderungen der schwalbenschwanzähnlichen Formen
der Gattung Papilio. Unter Mitwirkung von K. Fickert.
Jena 1895. 4.
Die anatomische Nomenclatur. Nomina anatomica. Eingeleitet
von Wilhelm His. Leipzig 1895.
Jahn, G., Sıtaweihis Buch über die Grammatık übersetzt und er-
klärt. Bd. I. Hälfte 1 und 2. Berlin 1895.
Justi, Ferdinand, Iranisches Namenbuch. Marburg 1895. 4.
Lindau, Gustav, Lichenologische Untersuchungen. Heft 1. Über
Wachsthum und Anheftungsweise der Rindenflechten. Dres-
den 1895. 4.
Steinmeyer, Elias und Eduard Sievers, die althochdeutschen
Glossen. Bd. 3. Berlin 1895.
Taschenberg, ©., Bibliotheca zoologica. 1. Lief. 13. Leipzig 1895.
Weigand, Gustav, die Aromunen, ethnographisch -philologisch-
historische Untersuchungen über das Volk der sogenannten
Makedo-Romanen oder Zinzaren. Bd. 1. Land und Leute.
Leipzig 1895.
XXV
Veränderungen im Personalstande der Akademie im Laufe
des Jahres 189.
Hr. Mommsen legte mit dem 30. September sein Amt als
Secretar nieder. Zu seinem Nachfolger wurde von der philosophisch-
historischen Classe als Secretar Hr. Diels gewählt und bestätigt
durch K. Cabinetsordre vom 27. November 1895.
Hr. du Bois-Reymond legte sein Amt als Secretar mit dem
31. December nieder.
Zu ordentlichen Mitgliedern der physikalisch-mathematischen
Classe wurden gewählt:
Hr. Friedrich Kohlrausch am 18. Juli 1895, bestätigt durch K.
Cabinetsordre vom 13. August 1895,
» Emil Warburg am 18. Juli 1595, bestätigt durch K. Cabinets-
ordre vom 13. August 1895;
zu ordentlichen Mitgliedern der philosophisch-historischen Classe:
Hr. Karl Stumpf am 10. Januar 1395, bestätigt durch K. Cabinets-
ordre vom 18. Februar 1895,
» Erich Schmidt am 10. Januar 1895, bestätigt durch K. Ca-
binetsordre vom 18. Februar 1895,
» Adolf Erman am 10. Januar 1895, bestätigt durch K. Ca-
binetsordre vom 18. Februar 1895,
» Heinrich von Treitschke am 15. Juli 1395, bestätigt durch
K. Cabinetsordre vom 13. August 1895;
Zum auswärtigen Mitglied der philosophisch-historischen Classe
wurde gewählt:
das Ehrenmitglied der Akademie Hr. Eduard Zeller in Stuttgart,
bestätigt durch K. Cabinetsordre vom 14. Januar 1895.
Zu correspondirenden Mitgliedern wurden gewählt:
in der physikalisch-mathematischen Classe
Hr. Alexander Agassiz in Cambridge, Mass., am 18. Juli 1895,
d
XXVI
Hr.
Hr.
Hr.
Alfonso Cossa in Turin am 13. Juni 1895,
Alfred Louis Des Cloizeaux in Parıs am 27. Juni 1895,
Wilhelm von Gümbel in München am 13. Juni 1895,
William Huggins in London am 12. December 1595,
Moritz Loewy in Paris am 12. December 1895,
Eleuthere Mascart in Paris am 18. Juli 1895,
Albrecht Schrauf in Wien am 13. Juni 1895,
Albrecht von Zittel in München am 13. Juni 1895;
in der philosophisch -historischen Classe
'. Wilhelm Radloff in St. Petersburg am 10. Januar 1895,
Edward Maunde Thompson in London am 2. Mai 1895.
Gestorben sind:
das ordentliche Mitglied der philosophisch-historischen Classe:
Heinrich von Sybel am 1. August 1895;
das auswärtige Mitglied der physikalisch-mathematischen Classe:
Franz Neumann in Königsberg am 23. Mai 1895;
die auswärtigen Mitglieder der philosophisch - historischen Classe:
Sir Henry Rawlinson in London am 5. März 1895,
Hr.
Rudolf von Roth m Tübingen am 23. Juni 1895;
die correspondirenden Mitglieder der physikalisch-mathema-
tischen Classe:
. Arthur Cayley in Cambridge am 26. Januar 1895,
James Dana in New Haven, Conn., am 15. April 1895,
Thomas Huxley in London am 29. Juni 1895,
Sven Ludwig Loven in Stockholm am 3. September 1895,
C. Ludwig in Leipzig am 23. April 1895,
Lothar Meyer in Tübingen am 11. April 1895
L. Schläfli in Bern am 20. März 1895.
p)
XXVU
Verzeichnifs
der
Mitglieder der Akademie der Wissenschaften
am Schlusse des Jahres 1895.
I. Beständige Secretare.
Gewählevon.der Datum der Königl.
Bestätigung
Hr. du Bois-Reymond . . . phys.-math. Classe . . . . . 1867 Juli 1.
- Auwers re eerphys-math: - rrle7sgAprileld:
EI Vollen ae philehist. SE I3FÄnEIND.
eDiels; Asa a2 „phul-ihist: - ETEISIHENONS2TE
II. Ordentliche Mitglieder
der physikalisch -mathematischen Classe der philosophisch -historischen Classe une
Eir@Emelnau, Bos-Reymond .... 5.0 nero len... 1851, Marz,
Hr. Heinrich Kiepert . . . . 1853 Juli 25.
Sem Eenso Besuch a2 ne. el ee 21201853, Aus ib:
Se Karl Priedr.. Rammelsberg; . » 22 ua u er. 0 1855, Aug. 15.
Sl Weereinals an u aa 1806 5. Noya 19.
- Albrecht Weber . . . . . 1857 Aug. 24.
- Theodor Mommsen . . . 1858 April 27.
- Adolf Kirchhof. . . „. . 1860 März 7.
Sr Eımst Curtius 200227218625, Märzza:
Au Auer ee ea nina nn le a 11800 Auer LS:
ol Kmehose un Se nen ee le res 1873 Dee. 22.
- Johannes Vahlen . . . . 1874 Dee. 16.
- Eberhard Schrader . . . 1875 Juni 14.
- Alexander Conzee . . . . 1877 April 23.
XXVII
der physikalisch -mathematischen Classe der philosophisch-historischen Classe Datum der Königlichen
Bestätigung
ET RER a
Er Simon Sehwendener a eo nee
N Fformann Mund. u Be er ee el arzel0:
Hr Adol Tobleen er 1881 Aug. 15.
-. Wilhelm Wattenbach . . . 1881 Aug. 15.
- Hermann Dies. . . . . 1881 Aus.15.
Hans Bandali eNr ee 158 Auen.
- Wilhelm Waldeyer I erg, rl. rerral8843F Hebr.ole:
- Alfred Pernce.. . . . . 1884 April.
- Heinrich Brumer ! . . . 1884 April 9.
- Johannes Schmid . . . . 1884 April 9.
=. Bozarus® Buchs, ee ee ee LBS AT EU
"Iyanz. Bilhard. Schule = 0 ee a leseun2il®
- Otto Hirschfeld . . . . . 1885 März9.
- Wilhelm von Beeold im a. WORDEUNFTE uk... 18ShSFAprıld
- Eduard Sachau. . - . . 1887 Jan. 24.
- Gustav Schmollee . . . . 1887 Jan. 24.
- Wilhelm Dilthey . . . . 1887 Jan. 24.
SNK Klein ee Dan el SS TENITTEG:
- Karl August Möbius BE a ersten Aaall all:
- Ernst Dümmlee . . . . 1888 Dec. 19.
- Ulrich Koehler . . . . . 1888 Dee. 19.
- Karl Wenhold . . . . . 1889 Juli 25.
a E dam, ZU.
=; Adolf Harmack..,.... . 1. . 1890 Febr. 10.
-. Hermann: KarlVogel . » » 0. 0 on BI:
"Wilhelm. Dames: .. wet erst ee le arzaa 0:
SSHermann, Amandus Schwarz nm En zzaSsg2reDecaid:
- Georg Frobenius ee SUB): lan, MAL,
= VErmalBascher. N a ee en. ers el ISWEERE RT
- Adolf Engler .
=, Oscar Hertwng: ©. un ee ee te Her la pre Te
=». Mae Planck a le TR ee 15 SAT Tribe
- Karl Sumpf . . . . . 1895 Febr. 18.
- Erich Schmidt . . . . . 1895 Febr. 18.
- Adolf Erman . . . . . 1895 "Eebr. 18.
=" „Friedrich Rohlrauscht&. u... 20020000 ee. te > Son
- Emil. Warburg ee, ke ee 1SIDEEAU CD:
- Heinrich von Treitschke . . 1895 Aug. 13.
II. Auswärtige Mitglieder
der physikalisch -mathematischen Classe der philosophisch -historischen Classe
Hr. Robert Wilhelm Bunsen in
Heidelberg
- Charles Hermite in Paris
- August KekuleE von Stradonitz
in Bonn a LIES u Air
Hr. Otto von Boehtlingk in
Leipzig :
- Albert von Kölliker in Würz-
burg ne RITEETNTT. R &
- Eduard Zeller in Stuttgart
IV. Ehren-Mitglieder.
Earl of Crawford and Balcarres in Duneeht, Aberdeen
Hr. Max Lehmann in Göttingen .
- Ludwig Boltzmann in Wien .
XXIX
Datum der Königlichen
Bestätigung
1862 März 3.
1884 Jan. 2.
1885 März 2.
1885 Nov. 30.
1892 März 16.
1895 Jan. 14.
Datum der Königlichen
Bestätigung
ee
1883 Juli 30.
1887 Jan. 24.
1888 Juni 29.
XXX
V. Correspondirende Mitglieder.
Physikalisch-mathematische (lasse.
Hr. Alexander Agassiz in Cambridge, Mass.
- Adolf von Baeyer in München .
- Friedrich Beilstein in Petersburg
- Eugenio Beltrami in Rom
- Eduard van Beneden ın Lüttich
- Francesco Brioschi in Mailand .
- Stanislao Cannizzaro in Rom :
- Elvin Bruno Christoffel in Stralsburg
- Ferdinand Cohm ın Breslau . ;
- Alfonso Cossa in Turin
- Luigi Uremona in Rom i
- Richard Dedekind in Braunschweig
- Alfred- Lows- Olivier Des Cloizeaux in Paris
- Armand - Hippolyte- Louis Fizeau in Paris
- Walter Flemming in Kiel ;
- Edward Frankland ın London .
- Remigius Fresenius in Wiesbaden .
- Carl Gegenbaur in Heidelberg .
- Archibald Geikie ın London .
- Wolleott Gibbs in Newport, R. 1.
- David Gill, Königl. Sternwarte am Cap der nn one
- Benjamin Apthorp Gould in Cambridge, Mass.
- Karl Wilhelm von Gümbel in München . .
- ‚Julius Hann in Wien .
- Franz von Hauer in Wien
- Rudolf Heidenhain in Breslau
- Wilhelm Hlis in Leipzig . .
- ‚Johann Friedrich Hittorf in Münster ;
Sir Dalton Hooker in Kew .
Hr. Wiliam Huggins in London.
Lord Kelvin in Glasgow :
Hr. Leo Kosnigberger in Eedeilere 6
- Adalbert Krueger in Kiel .
- Rudolf Leuckart in Leipzig .
- Franz von Leydig in Würzburg
- Rudolf Lipschitz in Bonn
- Mor itz Loe wy in Paris P
- Eleuthöre- Elie- Nicolas Mascart in Pans >
Datum der Wahl
1895
1884
1888
1881
1887
1881
1888
1868
1889
1895
1886
1880
1895
1863
1893
1856
1888
1884
1889
1885
1890
1883
1895
1889
1881
1884
1893
1884
1854
1895
1871
1893
1887
1887
1887
1872
1895
1895
Juli 18.
Janzalz:
Dee. 6.
Jan. 6.
Nov. 3
Jan. 6.
Dee. 6.
April 2
Dee. 19.
Juni 13.
Juli 15.
März 11.
Juni 27.
Aug. 6.
Juni 1.
Nov. 8.
Dee. 6.
Yanaalızz
Febr. 21.
Jan. 29.
Juni 5.
Juni 7.
Juni 13.
Febr. 21.
März 3.
Janzalz.
Juni l.
Juli 31.
Juni 1.
Dee. 12.
Juli 13.
Mai 4.
Febr. 10.
Jan. 20.
Jan. 20.
April 18.
Dee. 12.
Juli 18,
XXXI
Datum der Wahl
Eier UMNeumennanwleipzier a re 1893 Mai.
-. Simon Newcomb in Washington . . . .’. 20.0.2..2...1883 Juni 7.
N Welheln: Dieffer nm Beipzigi *. 1202 2 00.0.0 201889 Deer19.
BeEdnard, PilügensioSBonnene a ee ELETSTLADE 3.
- Georg Quincke in Heidelberg . . . Ne SIR Märnze 13:
- Friedrich von Recklinghausen in Sralabure. IT HLSSDTAHebrE 26:
u Staveetzrussane Stockholma.....2. Be Eee eleunizl.
- Ferdinand von Richthofen m Berlin . » » 2. .2.2.2..2...1881 März 3.
- Hemrich Rosenbusch m Heidelberg . . .» . 27...2.....1887 Oet. 20.
- George Salmon in Dublin . . . 7a unal2.
- Ernst Christian Julius Schering in Göttingen er ee elSarelulTi8:
- Giovanni Virginio Schiapareli mn Mailand . . .» . ......1879 Oet. 23.
- Albrecht Schrauf in Wien. . . a a BEE 18 IH Junmela.
- Philipp Ludwig von Seidel in München IF UEIE TE ZORUA AT NEE Julıill6:
- Japetus Steenstrup in Kopenhagen . ... .......2.....1859 Juli 11.
StGabriel, Stokes in Cambridge . 7... 7.2.2. 2.0.2. 082 1859 April7.
EinwBduond Stnasburgerssne Bonn 2. EEE Dee ld.
Oo Smumenne@Karlsruhen 2 EEE Ay?!
- James Joseph SyWwestr m London . . . .. 2.2.2.2... 1866 Juli 26.
Se Aupustlonler) na Dresdenun u 2 ER N ee eMarzil3:
Gustav) Mselennals m Wien 2 NBSlEMArZa3.
= (Gastavn Wiedemann sn -leipzien a ETIMärzil3:
- Heinrich Wild in Zürich . . . . 2 SEI85LE Jan6:
- Alexander Wilham Willhiamson ın Feb Pitfold, Faser . 1875 Nov. 18.
August Winnecke: ın Stralsburg „2 2222 22187 0err23:
Br AGD Wallner: in! Aachen .=..7 m. a EEE U 1889. März 7.
- Ferdinand Zirkel in Leipzig. . a EL EISEN OCEE2O.
- Karl Alfred von Zittel in Minchen Ba ER. SI TUNIGT >
Philosophisch-historische Classe.
Hr. Wilhelm Christian Ahlwardt in Greifswald . . . . 2. .....1888 Febr. 2.
-. Graziadio Isaia .Ascoh, in Mailand. . . ...2...20... 0. 1887 März 10.
Zu Dheodor@Aufrecht in Heidelberg). ! 2... ....,.. #.. wlkr)..n1864 wEebri 11
Ua EBenntorh. in \WAsn u... rasen 89 Novi 30;
SRnanzaBüchelersn. Bonn er 0.0882 Junmeld:
Bl Georal Balder in, Wien, la. nn: a ne A erlernen 11.
lngrom Bywoter in London. ..% .,......,..000tuh,) ui 1887. Nov. 17.
= Antonio Mario Ceriani ın Mailand. . . . . „un .2.22.01869° Now. 4.
- Edward Byles Cowell n London . . . . 2.2.2..2.....1893 ‚April 20.
Sl Eeopold=Vaetor ' Delislesin Paris... 2. eek ni onrl867erApel 11.
SIE Hesmmieh&:Deisjle in’ Romi.d,. uensan was nen O8 Det:
XXXI
Datum der Wahl
Er. Welhelm Dittenberger ın Hallevy 22. Er na ne 8 unglo:
- Louis- Marie- Olivier Duchesne n Rom . . -» . .2....2...1893 Juli 20.
- Eluhus Kieker) ın, Innsbruck 2.2000 alu!
-,EGiuseppeiForelhi in Neapel. .. „.... ur... 00. „mel ne 1868 Klanzıl2.
1: Kunol Fischer ın Heidelbere .. .. 2 2.2... merke 288 lan29.
= Paul Eramgois Foucart ın Paris. , oral a a 1884 TUR
- Karl. Immanuel Gerhardt m Graudenz . . . „2°... .. 1861 Jan. 31.
= Bheodon) Gomperz in Wien... 2. 2202 neldel:
- Wilhelm von Hartel n Wien . . re EAN Olera ILS)
- Friedrich Wilhelm Karl Hegel in Erlangen re el also ange:
- _Antoine- Marie- Albert Heron de ) A in Paris au re WISISIEHEHLI2:
= Hermann won Holst, in \Chieago, . 7. Va au Re ule25:
- Jean- Theophile Homolle m Athen. . . . 2 ..2.2.27....1887 Nov. 17.
- : Friedrich Imhoof- Blumer in Winterthur. . . 2» ... .....1879 Juni 19.
=} VratostapJagıe nm Wuen .... 020.202. ee lES0EED EEG:
- Karl Justi in Bonn . . ee et er 1 LSISENOY2E3 08
- Panagiotis Kabbadias in Alen ee Fe reBazene No yaelTe
Georg Koibeiniu, Stralsburee 2 22 ar Se Se
- Franz Kielhorn in olmeen Ser ee lets) "Dee, KO:
- Georg Friedrich Knapp in Ste ee ae 1lkoioaaı Deren Ul2b,
- Sigismund Wilhelm Koelle in London. . . . 2.2 ..2..2...1855 Mai 10.
= Stephanos Kumanudes in Athen . . . . „ou ku 2.187002 Nov...
= #Basıl) Latjschew. in. St. Betersbure. 2.2.2 22227 ge Sn
Su GracomonTnımbros0o InaRomE ST AseNoyaEs
Konrad, Maurer in München 7. 22 Erna:
0 Adolj; Menkel, ın, Stealsburs Se lS93EE Dec"
Aldo Michaels, inyStralsburg ra 18 SSH um
= Max] Müller sin \Oxtordı 2.2.2 22002000 ee ee SSH anle
= Theodor Nöldeke, ın Stralsburg.. Er n878nnReprsnld:
JunusOppert in, Barıstea sh. Sa SM arzl:
„I Gaston. Parts, in. Paris. .: .o...005 Mau ndliantı 22 Kl 882 pele 208
2) 1.Georges; Berrot in: Patıs , ........0= 224.2. Dusunld cab Kost BR
SE Wilhelm ARertschzn, Gotha, 222 SS Swnehr 2%
= Wilhelm 'Radloff in. St. Petersburg. ..... ..... 0%. 1895 Jan: 10.
So EHehu Ravarssonsın, Paris, 2 0 200 EA unil0r
= EiEugene. de Rozuere an Paris. 2000 a IS6AweNebr.nilil.
5 1 Em) Schürer in Götlingen...... ....0.- wer... » sOlailiaı Ar 893 ir‘:
-.x, Iheodor won\SickelsinBoem,......... kamlaiı 0 un E86 Arne. 0:
= Christoph.\Stgwart in Tübingen... ...... .uumenlsuk. Wumis 1885 Jan.129.
= U Eniedriclh Spiegel an. München 2... Sr lsb2 Marz:
3 Walham 1Stubbs in Oxford 2.02 1 8825Mar7208
'. Edward Maunde Thompson in London .
Hermann Usener ın Bonn
Curt Wachsmuth ın Leipzig . a
Ulrich von Wilamowitz- Möllendorff in Göttingen
Ludwig Wimmer ın Kopenhagen .
Ferdinand Wüstenfeld in Göttingen
Karl Zangemeister in Heidelberg .
Wohnungen der ordentlichen Mitglieder.
XXXIN
Datum der Wahl
en
1895
1891
1891
1891
1891
1879
1887
Mai 2.
Juni 4.
Juni 4.
Juni 4.
Juni 4.
Febr. 27.
Febr. 10.
*. Dr. Aumwers, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Lindenstr. 91. SW.
- Beyrich, Prof., Geh. Bergrath, Platz am Neuen Thor 1. NW.
- von Bezold, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Lützowstr. 72.
W.
- du Bois- Reymond, Prof., Geh. Ober-Medieinal-Rath, Neue Wilhelm-
stralse 15. NW.
- Brunner, Prof., Geh. Justiz-Rath, Lutherstr. 36. W.
- Conze, Professor, Charlottenburg, Fasanenstr. 3.
- Curtius, Prof., Wirkl. Geheimer Rath, Matthäikirchstr. 4. W.
- Dames, Professor, Joachimsthalerstr. 11. W.
- Diels, Professor, Magdeburgerstr. 20. W.
- Dilthey, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Burggrafenstr. 4. W.
- Dümmler, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Königin Augusta-Str. 53. W.
- Engler, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Motzstr. 89. W.
- Erman, Professor, Südende, Bahnstr. 21.
- Fischer, Professor, Dorotheenstr. 10. NW.
- Frobenius, Professor, Charlottenburg, Leibnizstr. 70.
- Fuchs, Professor, Kronprinzen-Ufer 24. NW.
- Harnack, Professor, Fasanenstr. 43. W.
- Hertwig, Professor, Maafsenstr. 34. W.
- Hirschfeld, Professor, Charlottenburg, Carmerstr. 3.
- Kiepert, Professor, Lindenstr. 11. SW.
- Kirchhoff, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Matthäikirchstr. 23. W.
. Klein, Prof., Geh. Bergrath, Am Karlsbad 2. W.
Koehler, Professor, Königin Augusta-Str. 42. W.
Kohlrausch, Professor, Charlottenburg, Marechstr. 25”.
Landolt, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Königgrätzerstr. 123°. W.
Möbius, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Sigismundstr. 8. W.
Mommsen, Professor, Charlottenburg, Marchstr. 8.
Munk, Professor, Matthäikirchstr. 4. W.
Pernice, Prof., Geh. Justiz-Rath, Genthinerstr. 13". W.
Planck, Professor, Tauentzienstr. 15°. W.
Rammelsberg, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Grofs-Lichterfelde, Belle-
vuestr. 15.
Sachau, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Wormserstr. 12. W.
Erich Schmidt, Professor, Matthäikirchstr. 8. W.
Joh. Schmidt, Professor, Lützower Ufer 24. W.
Schmoller, Professor, Wormserstr. 13. W.
Schrader, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Kronprinzen-Ufer 20. NW.
Schulze, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Invalidenstr. 43. NW.
Schwarz, Professor, Villen-Colonie Grunewald, Boothstr. 33.
Schwendener, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Matthäikirchstr. 28. W.
Stumpf, Professor, Nürnbergerstr. 14/15. W.
Tobler, Professor, Kurfürstendamm 25. W.
von Treitschke, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Hohenzollernstr. 8. W.
Vahlen, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Genthinerstr. 22. W.
Virchow , Prof., Geh. Medieinal-Rath, Schellingstr. 10. W.
Vogel, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Potsdam, Astrophysikalisches
Observatorium.
Waldeyer, Prof., Geh. Medicinal-Rath, Lutherstr. 35. W.
Warburg, Professor, Neue Wilhelmstr. 16. NW.
Wattenbach, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Corneliusstr. 5. W.
Weber, Professor, Ritterstr. 56. SW.
Weierstrafs, Professor, Friedrich-Wilhelm-Str. 14. W.
Weinhold, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Hohenzollernstr. 10. W.
PHYSIKALISCHE
ABHANDLUNGEN
DER
KÖNIGLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
AUS DEM JAHRE
1595.
MIT 17 TAFELN.
BERLIN.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
1895.
GEDRUCKT IN DER REICHSDRUCKEREI.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
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Vırenow: Über die eulturgeschichtliche Stellung des Kaukasus, unter
besonderer Berücksichtigung der ornamentirten Bronzegürtel aus
transkaukasischen Gräbern. (Mit 4 Tafeln) . . . » „2... Abh. I, S.1—66.
Daues: Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. (Mit
orlafem)er 3 = . >» 1.8S.1—83.
Scenrurze: Hexactinelliden des Indischen Oceanes. 11. Theil: DeHes
asterophorag (Niin SnRafeln ss ren SI,
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Über die eulturgeschichtliche Stellung des Kaukasus,
unter besonderer Berücksichtigung der ornamentirten
Bronzegürtel aus transkaukasischen Gräbern.
Von
H” RUDOLF VIRCHOW.
Phys. Abh. 1895. 1.
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Vorgelegt in der Sitzung der Gesammtakademie am 16. Mai 1895
[Sitzungsberichte St. XXVI. S. 469]. 3
Zum Druck eingereicht am 18. Juli, ausgegeben am 1. August 1895.
An den Kaukasus und seine südlichen Nachbarbezirke, namentlich an
das armenische Hochland, knüpfte sich seit ältester Zeit eine Fülle von
sagenhaften Erinnerungen und von Erzählungen, die bald im mythischen,
bald in einem halbhistorischen Gewande auftraten. Die Überlieferungen
der alten Schriftsteller haben bis in unsere Tage nachgewirkt, um die
Phantasie mit dem Bilde einer frühen Gultur zu erfüllen, welche von
gewissen Urstämmen des Gebirges in autochthonischer Weise entwickelt
und von ihnen weithin zu den Völkern des Westens und des Nordens über-
tragen worden sei. Die Abgelegenheit und Schwerzugänglichkeit dieser
Gegenden hat das Meiste dazu beigetragen, einer solchen Vorstellung Dauer
und Festigkeit zu sichern. Erst seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts
hat sich die wissenschaftliche Forschung den wirklichen Verhältnissen zu-
gewandt, aber der Mangel an Autopsie und an thatsächlichem Beobachtungs-
material hat selbst vorsichtige Forscher immer wieder zu Irrthümern, zum
Theil zu recht schweren Mifsverständnissen geführt.
Die neuere Betrachtung hat sich längere Zeit hauptsächlich in zwei
Richtungen fortbewegt. Einerseits bemühte man sich, die Eigenthümlich-
keiten der kaukasischen Völker und deren Verwandtschaft mit den übrigen
Völkern, insbesondere Europas, zu ergründen. Das war der anthropo-
logische Weg. Andererseits knüpfte man an die Kunstthätigkeit, und
vor Allem an die von Alters her bezeugte Metalltechnik der Bewohner an,
in welcher man den Anfang jener langen Reihe fortschreitender Entwicke-
lungen sah, aus denen die moderne Cultur hervorgegangen sei. Das war
der eulturgeschiehtliche, zu einem grolsen Theil archaeologische
Weg. Beide Wege konnten mit einer gewissen Zuversicht verfolgt werden,
1*
4 R. Vircuow:
denn beide gestatteten die Anwendung jener eigentlich naturwissenschaft-
lichen Methode, welche mehr und mehr auch in die Gewohnheiten der
anderen Disiplinen übergegangen ist, und welche Klarheit der Vorstellungen
und Sicherheit des Wissens zu verbürgen geeignet ist.
Aber in beiden Richtungen sind die Schritte auch der neueren For-
scher nieht ganz glücklich gewesen. Blumenbach formulirte das anthro-
pologische Glaubensbekenntnifs in der Aufstellung der kaukasischen
Rasse. Er ist sehr bald überholt worden durch die noch immer nicht
zum Abschlusse gelangte Lehre von der indo-germanischen Rasse: die
Arier haben die Kaukasier in der Meinung der Zeitgenossen in den Hinter-
grund gedrängt und damit einen ganz anderen, unvergleichlich gröfseren
Schauplatz für die geschichtlichen und vorgeschichtlichen Bewegungen der
Völker geschaffen. Die praktische Anthropologie hat die Kaukasier im
Sinne Blumenbach’s nicht zu retten vermocht. Als ich im Jahre 1881
einige Tage im Lande der Össeten weilte, desjenigen Stammes, der von
Vielen als den Germanen nächst verwandt betrachtet wird, fand ich bei ihnen
eine so ausgemacht brachycephale Schädelform', dafs eine Vergleichung
mit der gerühmten Dolichocephalie west- und norddeutscher Schädel ganz
ausgeschlossen ist. Auch Herr E. Chantre und General von Ereckert”
haben diese Brachycephalie bestätigt. Aber ich kann hinzufügen, dafs
nicht blofs die Osseten brachycephal sind, sondern, wie ich es früher
ausdrückte?, dafs es »mir nicht gelungen ist, einen einzigen dolichocephalen
Stamm im Kaukasus zu entdecken. Alle Stämme sind entweder geradezu
kurzköpfig oder höchstens mit gewissen Beimischungen von Mittelköpfig-
keit versehen«. Genauere Nachweise darüber habe ich schon im Jahre 1882
der Königlichen Akademie vorgetragen. Diese Brachycephalie erstreckt
sich auch auf die Armenier. Um so mehr bemerkenswerth ist es, dafs
sich in den praehistorischen Gräbern des Kaukasus an verschiedenen Orten,
auch in Ossetien, Schädel anderer Art, sei es dolichocephale, sei es meso-
cephale, finden, welche dem geläufigen arischen Typus mehr ent-
! Rudolf Virchow, Das Gräberfeld von Koban im Lande der Össeten. Berlin
SO 3S AR TE
® Ernest Chantre, Recherches anthropologiques dans le Caucase. Paris et Lyon
1887. T.IV. Populations actuelles, p.272. R. von Erckert, Der Kaukasus und seine
Völker, Leipzig 1887. S.370.
® Verhandl. d. Berl. anthrop. Ges. 1882. S.479 (Zeitschr. f. Ethnologie Bd. XIV).
vergl. Chantre ]. c. p. 269.
Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. 5
sprechen! und den Gedanken nahe legen, dafs in uralter Zeit hier Stämme
eines andern Typus wohnten. Indefs der »kaukasische Typus« der Schrift-
steller bezieht sich auf die modernen Kaukasier, und für diese trifft er
nicht zu.
Es würde zu weit führen, wenn ich an dieser Stelle die Frage des
brachycephalen Typus, der weithin durch die Gebirgsländer Europa’s
verbreitet ist, ausführlich erörtern wollte. Eine unmittelbare Folge für
unser Urtheil hat es nicht, zu wissen, dafs die heutigen Albanesen, Tiroler
und Schweizer vorherrschend diesem Typus angehören. Wollte man sie
in den Vordergrund der Betrachtung schieben, so würde das ohne eine
Revolution der landläufigen Vorstellung über die physischen Merkmale
der Arier nicht ausführbar sein. Jedenfalls ist durch die Anthropo-
metrie sicher dargethan, dafs die Begriffe »kaukasische Rasse« und
»arische Rasse« sich nieht deeken. Daher ist es begreiflich, dafs von
den heutigen Anthropologen kein einziger an einem besonderen kaukasi-
schen Typus festhält, und dafs, soweit sich übersehen läfst, nur die Frage
offen geblieben ist, ob in praehistorischer Zeit eine Verwandtschaft zwischen
Kaukasiern und Völkern des europäischen Westens zugelassen werden kann.
Diese Frage würde wesentlich an Bedeutung gewinnen, wenn die
archaeologischen Funde Beweise dafür lieferten, dafs die Metalleultur in
den kaukasischen Ländern erfunden und von da aus verbreitet wäre. Für
eine solche Auffassung sind in neuester Zeit namentlich französische Ge-
lehrte, vor Allen Francois Lenormant und Alexandre Bertrand, in die
Schranken getreten. In meiner Monographie über Koban” habe ich meine
Gegengründe ausführlich dargelegt; ich muls sie heute in verstärktem Maafse
aufrecht erhalten.
Der eine derselben ist ein rein naturwissenschaftlicher. Das älteste
uns bekannte Metall, welches in frühester Metallzeit im Kaukasus vorzugs-
weise verarbeitet wurde, war Bronze. Die Analysen® haben ausnahmslos
ergeben, dass es Zinnbronze ist, und zwar Zinnbronze, deren Zusammen-
setzung der sogenannten klassischen Mischung entspricht. Nun giebt es
zwar Kupfererze in grolser Ausdehnung, sowohl im eigentlichen Kaukasus,
! Ebendas. 18383. S.339. Gräberfeld von Koban. S.17.
2 Virchow, Koban S. 125.
® Ebendas. S. 23. Vergl. Verhandl. d. Berl. anthrop. Ges. 1891. S. 354. E. Chantre,
Recherches ete. Paris et Lyon 1886. T.11. p. 97.
6 R. Vırcmow:
als namentlich in dem langen Gebirgszuge, welcher sich unter dem Namen
des kleinen oder Antikaukasus durch das armenische Hochland bis zu den
südlichen Küstenländern am schwarzen Meere hinzieht. Aber an keiner
einzigen Stelle ist Zinnstein oder ein anderes Zinnerz anstehend gefunden.
Hr. Arzruni hat auf meine Veranlassung sowohl an Ort und Stelle, als
in der Litteratur die sorgfältigsten Nachforschungen über diesen Gegen-
stand vorgenommen, aber sein Resultat ist ein negatives gewesen." Man
wird daher das Zinn der kaukasischen Metallurgen wohl als einen Import-
artikel auffassen müssen. Als nächster Ausgangspunkt bietet sich Persien,
namentlich Khorassan.”
Ob nun das Zinn als solches oder schon fertige Bronze eingeführt
worden ist, läfst sich nicht mit voller Bestimmtheit entscheiden. Unter
den Gräberfunden ist bis jetzt meines Wissens nur ein einziges, durch die
Analyse als Zinn nachgewiesenes Stück bekannt geworden. Dr. Waldemar
Belck, den ich mit Ausgrabungen in Transkaukasien betraut hatte, fand
im Februar 1890 in einem Grabe bei Kalakent (Gouv. Elisabethpol) einen
zerbrochenen Fufsring, der aus reinem Zinn bestand.” Alle sonstigen
Angaben über kaukasische Gegenstände der praehistorischen Zeit, welche
ihren groben Eigenschaften nach als zinnerne bestimmt worden sind, haben
sich bei genauerer Prüfung nicht bestätigt. Nachdem es mir gelungen
war,‘ für eine gröfsere Zahl derselben zu ermitteln, dafs sie aus reinem
Antimon gegossen sind, hat die Erwähnung von kaukasischen Artefacten
aus Zinn aufgehört.
Sollte sich bei weiteren Untersuchungen ergeben, dafs trotzdem eine
gewisse Anzahl von Zinngegenständen in den alten Gräbern vorhanden
ist, so würde daraus der Nachweis, dafs das Zinn an Ort und Stelle
' Verhandl. d. Berl. anthrop. Ges. 1884. S. 58. Vergl. Chantre l.c. T.I. p. 28.
?2 Verhandl. d. Berl. anthrop. Ges. 1884. S.60. 1887. S. 337.
® Verhandl. d. Berl. anthrop. Ges. 1894. S. 240. Nach einer Mittheilung des Hrn.
Belck handelt es sich um einen dicken, grolsen (Fuls-?)Ring aus einem Grabe der so-
genannten Paradiesfestung. Derselbe war stark oxydirt, erschien auf dem Bruch silberweils,
war geschmeidig und liefs sich mit dem Messer leicht schneiden. Die Analyse ergab auf
roo Theile:
Zinn 99.603
Antimon 0.126
Zink 0.173
Eisen in unwägbaren Spuren.
* Ebendas. 1884. S. 126.
Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. 7
gewonnen worden ist, auch nicht geliefert sein. Gesetzt, dasselbe wäre
aus Persien eingeführt, so würde es in den Gräbern genau in derselben
Weise niedergelegt sein können, wie die Bronze-Artefaete, für welche
ich früher gezeigt habe, dafs sie ausnahmslos auf eine hohe Stufe der
Kunstfertigkeit hinweisen und dafs primitive Formen, welche der
loealen Erfindung zugeschrieben werden könnten, ganz fehlen.
Die Metalltechnik, welche uns hier entgegentritt, erscheint als eine nicht
blofs fertige, sondern auch als eine gewerbsmäfsige, die nach bestimmten,
feststehenden Mustern gearbeitet hat. Das schliefst freilich nicht aus,
dafs an Ort und Stelle Bronze verarbeitet worden ist. Verschiedentlich
sind in der That Gufsformen gefunden worden. So in Koban eine solche
aus Thon für einen zweischneidigen Dolch;' mehrere aus Sandstein in
einer praehistorischen Station bei Novo-Rossisk an der Westküste von
Nordkaukasien” für Hohleelte, Siecheln, Messer und Dolche. Allein dieser
letztere Platz erscheint sowohl durch seine Lage, als namentlich durch
die Beschaffenheit der Gufsstücke für die gegenwärtige Untersuchung aus-
geschlossen; Hohlcelte, wie sie hier hergestellt wurden, haben sich weder
im eigentlichen Kaukasus, noch in Transkaukasien gezeigt. Diese Lücke
ist so bemerkenswerth, dafs ich sie in meiner Monographie über Koban
als eine, für die Gesammtauffassung der damaligen Cultur bezeichnende
hervorgehoben habe. »Von allen den verschiedenen Formen des Üelts,
von dem einfachen Keil bis zu den Paalstäben und den Hohlcelten hin,
auch nicht eine einzige Spur. Dieser Unterschied ist um so mehr ein-
schneidend, als wahrscheinlich der Celt älter ist, als die Fibula.«® Und
doch sind Hunderte von Bronzefibeln in den erwähnten Gegenden ge-
sammelt worden.
Wenn somit die Zahl der bekannten Gufsformen aus der älteren Zeit
im Kaukasus eine recht kleine ist, so bieten doch die dortigen Gräberfelder
mannichfache Anhaltspunkte für die Annahme, dafs es zu einer localen
Kunstentwickelung, und zwar gerade auf dem Gebiete der Metalltechnik,
daselbst gekommen ist. Diese hat ihre Blüthe in der Herstellung von
Thierfiguren erreicht. Solche finden sich in unglaublicher Menge vor,
theils als selbständige Kunstwerke, namentlich zum Hängeschmuck, theils
! Verhandl. d. Berl. Anthrop. Ges. 1883. S. 305.
2 E. Chantre l.c. T.I. p. 83. P]. II—V.
> R. Virchow, Koban. S. 129.
8 R. Vırcaow:
als Verzierung an allen möglichen Geräthen, an Waffen, an Pferdegebissen,
an Fibeln und Gürtelschlössern. Eine ähnliche Fülle von Thierfiguren aus
gegossener Bronze kennt man eigentlich nur noch vom Nord- und West-
abhange des Altai. Indefs zeigen die sibirischen Formen doch manche
recht charakteristische Unterschiede, namentlich in Betreff der dargestellten
Thierarten, welche der Fauna des Landes entnommen sind, so dafs weder
ein direeter Import der fertigen Objecete, noch eine einfache Übertragung
der Muster angenommen werden kann. Ein Blick auf eine Tafel mit sibi-
rischen Bronzen! und ein zweiter auf eine Tafel mit kaukasischen Bronzen’”
genügt, um den Gegensatz klar zu legen. Dies zeugt für eine heimische
Metalltechnik, deren Anfänge vielleicht in der Keramik zu suchen sind.
Analoge Thonfiguren sind im Kaukasus, freilich nur vereinzelt, ausgegraben
worden.
Von den voll ausgeführten, wenngleich häufig sehr rohen, gegossenen
Thierfiguren ist ein weiterer Schritt zu den decorativen Zeichnungen ge-
macht worden. An den Thongefäfsen ist von ihnen wenig mehr zu sehen,
als geometrische Figuren oder einfache Eindrücke, namentlich
solche in runder Form. An den Bronzen dagegen hat sich die Kunstfertig-
keit in üppiger Fülle entwickelt. Da sehen wir die feinsten, kaum sicht-
baren Einritzungen, stärkere Gravüren und endlich gröbere, scharfeingeschnit-
tene, grubige Vertiefungen, bei denen zuweilen schon durch den Gufs die
Hauptsache gethan ist und das Instrument des Ciseleurs nur nachzuarbeiten
hatte. Ja, diese Gruben sind vielfach mit künstlichen Einlagen, namentlich
farbigen, versehen worden. Von der einfachen Inkrustation mit Eisen hat
man sich zu der Kunst der Emaillirung fortgearbeitet®. Hier erscheint zum
ersten Male das Email en champ-leve.
Auch in der Wahl der Gegenstände läfst sich ein erster Schritt zu
höherer Kunstübung erkennen. Wir treffen nämlich Nachbildungen des
Menschen, und zwar sowohl gegossene Figuren, Anhängsel, als auch blofse
Gravüren. Der Zusammenhang mit den Thierfiguren ist durch den Styl auf
F.R. Martin, L’äge du bronze au Musee de Minoussinsk. Stockholm 1893. Pl. 29,
30 et 33. Vergl. Virchow, Verhandl. der Berl. anthrop. Ges. 1893. S.38 (Zeitschr. f. Ethnol.
Bd. 25). Radloff-Cohn, ebendaselbst 1895. Taf. IV u.V.
® Virchow, Koban Taf. I-XI. Chantre l.c. 1886. Periode prehistorique. Tom. II
et III. Pl. I-XXX bis. XLVII-XLIX. LV—-LXI.
® Virchow, Koban S. 74.
Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. s)
das Deutlichste angezeigt.‘ Aber die Hand des Künstlers war zu wenig
geübt, als dafs er sich über die ersten Versuche hätte erheben können. Alle
Nachbildungen des Menschen sind in einer fast kindlichen Weise entworfen
und ausgeführt. Überdies sind sie recht selten und nur auf gewisse Stücke
der Ausstattung, wie es scheint, ausschliefslich der Männer, beschränkt.
Ich werde darauf zurückkommen.
Vorläufig mag nur erwähnt sein, dass Naehbildungen von Pflanzen
ganz fehlen. Selbst die sonst so häufigen Anklänge an einzelne Pflanzen-
theile in der Herstellung gewisser Ornamente treten ganz zurück. Man
sieht nur einfache Linien und geometrische Figuren und dann sofort orga-
nische Contouren und voll ausgeführte Leiber von Thieren.
Nur eine kleine Anzahl von Bronzeartefaeten wurde mit gravirten Dar-
stellungen verziert. Man kann fast nur Waffen und Gürtel anführen. Letz-
tere sind die Praedileetionsstücke. Aber sonderbarer Weise zeigt sich hier
ein durehgreifender Unterschied zwischen den nördlichen und südlichen
Gräberfeldern. In beiden Gegenden trug man Gürtel aus Bronzeblech von
sehr verschiedener Breite, die um den ganzen Leib herumreichten und ent-
weder hinten zusammengenestelt, oder vorn durch Sehlufsstücke geschlossen
wurden. Aber im Norden war dieses Schlofs das eigentliche Paradestück,
während der Gürtel selbst ganz einfach oder höchstens durch kleine ge-
triebene Buckelehen verziert war. Im Süden ist gerade umgekehrt das
Gürtelblech voll von geometrischen oder figürlichen Darstellungen, dagegen
fehlt das Schlofs' und statt seiner findet man nur Schnurlöcher. Ein
näherer Zusammenhang beider Culturen ist hier nicht zu erkennen: oflen-
bar haben sich in jeder von beiden Gegenden Geschmack und Technik
selbständig und daher verschieden entwickelt. Hier erhebt sich daher
sofort das Problem, von woher der Anstofs gekommen ist, ob durch den
Contaet mit fremden Völkern oder aus eigener Erfindung.
In meiner Arbeit über Koban habe ich diese Fragen, dem damaligen
Stande unserer Kenntnisse entsprechend, hauptsächlich für den eigentlichen
Kaukasus, und zwar für den nördlichen Theil desselben, eingehend erörtert.
Aus meiner damaligen Ausführung”, die ich hier nicht wiederholen will, mag
ı J.deMorgan hat ein einziges Gürtelschlofs von nordischer Form in Armenien, in der
Nekropole von Akthala, ausgegraben (Mission seientifique au Caucase. Paris 1889. p.116. fig. 83).
®2 Virchow, Koban S.125 ff.: Ursprung und Verbreitung der praehistorischen Metall-
Cultur im Kaukasus.
Phys. Abh, 1895. 1. 2
10 R. Vıremow:
erwähnt werden, dass die ältesten nordkaukasischen Gräberfunde der ersten
Eisenzeit angehören, wenn auch der unglaubliche Reichthum an Bronze
dafür spricht, dafs sie aus dem Beginne derselben oder aus der Übergangs-
zeit stammen. Gräber der neolithischen Periode sind noch nicht aufgefunden
worden. Wenn nun, wie schon angeführt, von einer Erfindung der Bronze
im Kaukasus nicht gesprochen werden kann, wenn vielmehr die Fundstücke
so ausgeprägte Formen und einen solchen Mangel an archaischen Eigen-
schaften im strengeren Sinne des Wortes zeigen, dass wir uns sofort in eine
durch Gebrauch und Sitte gefestigte QCultur versetzt sehen, so folgt, dafs
der Ursprung dieser Cultur aufserhalb des Kaukasus gesucht werden muls,
wenngleich sich mancherlei Besonderheiten der Koban-Cultur bezeichnen
lassen, welche auf örtliche Einflüsse hindeuten. Unter diesen ist nichts
so verführerisch für ein tieferes Eingehen, als gerade die Nachbildung der
Thiere.
Man kommt damit auf eine neue Seite der naturwissenschaftlichen
Betrachtung dieser alten Cultur, nämlich auf die zoologische. Welche
Thiere sind dargestellt werden? und welche von ihnen müssen als fremde
gelten? Darauf mufste ich antworten, dafs in Koban zweifellos fremde
Thiere überhaupt nicht nachgebildet seien. So mulste es als geradezu über-
raschend erscheinen, dafs der Löwe, der in der assyrisch-babylonischen
Kunst eine so bedeutende Stelle einnimmt und in der dortigen Plastik
geradezu dominirt, im alten Kaukasus niemals, auch nicht in annähernden
Gestaltungen, beobachtet ist. Selbst Stierbilder sind so selten, dafs sie
geradezu als Ausnahme gelten müssen, obwohl Boviden unter dem Wild
des Kaukasus noch heutigen Tages nicht ganz fehlen. Wer die Bildwerke
von Ninive und anderen Plätzen Mesopotamiens durchblättert, der wird
jeden Augenblick auf Kampfseenen zwischen Löwen und Stieren stolsen.
Wie wäre es denkbar, dafs in Kaukasien keine Andeutung davon aufge-
funden ist, wenn ein assyrischer Einflufs daselbst mafsgebend gewesen
wäre!
Vor Kurzem ist im östlichen Transkaukasien ein Bronzestück ausge-
graben worden, welches eine Darstellung von Löwenköpfen zu sein schien.
Hr. Emil Rösler! fand in einem mächtigen Kurgan beim Dorfe Artschadsor
oder Dawschanli im Kreise Dschewandschir, Gouvernement Elisabethpol,
' Verhandl. der Berl. anthrop. Ges. 1894. S. 229. Fig. 175 (Zeitschr. f. Ethnol. Bd. 26).
Über die eulturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. 11
ein sonderbares Bronzegeräth, das als ein Zieraufsatz gedient zu haben
scheint: auf jeder der 4 Ecken einer schwach gebogenen und mit farbigen
Steinchen ausgelegten Platte sitzt, wie sich Hr. Rösler ausdrückte, ein
»Löwenkopf«. Nachdem ich ihn darauf aufmerksam gemacht hatte, dafs
der Mangel einer Mähne nur die Deutung auf Löwinnen zulassen und dafs
auch auf diese die kleinen Köpfe nicht recht passen würden, die vielmehr
den im Lande vorkommenden Panthern zugeschrieben werden könnten, so
hat er mir vor Kurzem mitgetheilt, dafs er jetzt meine Meinung theile,
nachdem der Fund einer Bronzegabel im Dorfe Ballukaja-Ssirchawända,
etwa 10 Werst von Artschadsor entfernt, ihm neue Köpfe ähnlicher Art in
die Hand gebracht habe, welche den »Panther-Charakter nicht verkennen
lassen«. Diese Köpfe sitzen an den Enden eines Querbalkens, von dem
jederseits ein langer Gabelarm ausgeht.
Wohin gehören nun die Thiere, welche auf den kaukasischen Bronzen
dargestellt sind?
Schon bei den Thierbildern von Koban ergab sich eine fast unüber-
windliche Schwierigkeit in der Deutung durch den Umstand, dafs eine
nicht geringe Zahl derselben sich zoologisch überhaupt nicht bestimmen
liefs. Von einer naturwissenschaftlichen Diagnose vieler Thiergestalten auf
den archaeologischen Kunstwerken dieses Landes mulfste definitiv Abstand
genommen werden. Nicht etwa, weil die Schulung oder die Kunstübung des
Arbeiters einer solchen Aufgabe nicht gewachsen gewesen wäre, sondern
vielmehr, weil der Künstler sich die Aufgabe gestellt hatte, nicht die gewöhn-
lichen Thiere, sondern Thiere seiner eigenen Erfindung oder seiner Schule,
also phantastische Thiere, darzustellen. Eine häufige Figur in Koban
ist ein vierfüfsiges Thier, das in manchen Merkmalen dem Pferde, in an-
deren und zwar recht auffälligen, einem grofsen Raubthiere entspricht.
Ich habe es, da mir dieser Typus von keiner anderen Stelle her bekannt
war, Pantherpferd genannt." Ihm kann an die Seite gestellt werden ein
Unthier, das aus Vogel und Säugethier zusammengesetzt und doch keine
Sphinx ist: einmal ist es ein Vogel mit einem Säugethierkopf, indem aus
den vorspringenden Augäpfeln Ohren und aus den Ohren wieder Hörner
werden,” ein andermal hat der Vogel keine Flügel. Diese phantastischen
Thiere könnten also ganz aus der gegenwärtigen Belrachtung ausscheiden,
! Virchow, Koban S. 136.
® Ebendas. S.135.
DE
12 R. Vırcnow:
wenn sich nicht aus der Analyse derselben in einem mehr oder weniger
ausgesprochenen Sinne erkennen liefse, welche Originaltypen diesen phan-
tastischen Gebilden zu Grunde gelegen haben. So gelangen wir durch eine
Zerlegung des Pantherpferdes in seine Componenten zu der Überzeugung,
dafs dasselbe aus Theilen des Panthers und des Pferdes zusammengesetzt
ist, und wir werden nieht umhin können anzunehmen, dafs der erfindende
Künstler beide Thiere gekannt hat. In der That läfst sich nachweisen,
dafs beide im Lande heimisch gewesen sein müssen. Daraus folgt nicht
unmittelbar, dafs der Erfinder ein Kaukasier sein mulste, denn eine ähn-
liche Fauna erstreckt sich noch über ein gröfseres Stück des inneren Asiens.
Aber wohl darf man sagen, dafs keine der dargestellten Thierfiguren, auch
keine der phantastischen, mit Nothwendigkeit auf ein weit entlegenes Cultur-
gebiet hinführt.
Unter den Bronzen von Koban stehen wegen der Sauberkeit und Schärfe
der Ausführung gravirter Figuren die Streitäxte obenan. Hr. Chantre!
hat 7 Stück davon abgebildet, welche an verschiedenen Stellen, am ge-
wöhnlichsten auf dem Vordertheil des Blattes, mit Thierfiguren verziert
sind. Die Mehrzahl dieser Figuren hat die geschilderten Eigenschaften des
Pantherpferdes (Pl. I. Fig. 1-3, III. Fig. 1-3); nur eine (Pl. U. Fig. 4) zeigt
einen stylisirten Hirsch. Ein Fortschritt ist an den Gürtelplatten oder
Schlössern, welche besondere, zum Theil recht grofse und schwere Bronze-
stücke bilden, zu erkennen, indem eine Mehrzahl von Thieren, und hier
meist wirklicher Thiere, auf derselben Fläche dargestellt ist. Aber nur
selten sieht man diese in einer Reihe hinter einander, wie wenn sie in
Bewegung wären’; in der Regel steht eine Anzahl gleichartiger Bilder in
getrennten Feldern über einander. Obwohl es dabei vorkommt, dafs ver-
schiedenartige Thiere auf derselben Fläche zusammen abgebildet wurden,
so erscheint dabei doch jedes einzelne Thier für sich als eine Sonder-
darstellung. Das einzige Stück, welches sich weit über die grofse, ja fast
ungeheure Menge der Koban-Bronzen erhebt, ist die von mir mitgebrachte
Streitaxt”, insofern sie eine wirkliche Handlung in einer Scene darstellt:
ein ganz nackter Mann, eine Art von Herakles, steht inmitten einer
! E. Chantrel..c. T.II Pl. III.
® Ebendas. Pl. VII-IX. Pl.X. Fig.2—4. X, bis, Fig.2—4. XI Fig.ı. XI, bis, Fig. ı
Virchow, Koban Taf. VIII Fig. 13.
® Virchow, Koban, Text S. 84. Taf. X. Fig. 3.
Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. 13
gröfseren Zahl in allen Riehtungen sich windender Schlangen. Der Mann
ist im Begriff, auf eines der Reptilien einen Pfeil abzuschiefsen, der Bogen
ist gespannt, der Pfeil aufgelegt. Was den Mann betrifft, so hätte die Klein-
heit der Figur ein Eingehen auf Einzelnes eigentlich ausgeschlossen; der
Künstler hat es sich aber nieht nehmen lassen, Gesicht, Rumpf und Glie-
der, Hände und Füfse darzustellen, unbehülflich und nieht ganz proportio-
nirt, aber doch in der Hauptsache zutreffend. Die Gestalt scheint langes
schlichtes Haupthaar zu haben; dasselbe ist nach hinten zurückgekämmt.
Der Körper ist mit vielen kleinen Einritzungen in Form kurzer Linien be-
deckt, welche auf den ersten Blick den Eindruck machen, als sei der Körper
ganz behaart gewesen. Ich möchte diesen Gedanken nicht zurückweisen,
da die verschiedensten Säugethiere ähnlich gestrichelt sind, verkenne jedoch
nicht, dafs die Strichelung sich stark dem sogenannten Sparrenornament
annähert, welches eine naturalistische Bedeutung nicht hat. Auf alle Fälle
ist diese Scene das Höchste, was die Koban-Kunst in der Entwickelung des
Örnamentes erreicht hat. Die Darstellung, insbesondere auch die sparsame
und geschickte Verwendung des Raumes, lassen erkennen, dafs es ein er-
fahrener Arbeiter war, der diese Jagd- oder Kampfscene ausdachte. Die
Nacktheit des Mannes darf dabei keineswegs im Ernst genommen werden.
Solche nackte Schützen sind noch an jüngeren Steinsäulen zu sehen, die im
vorderen Kaukasien', besonders bei Piatigorsk, in der Steppe aufgerichtet sind.
Ganz anders stellt sich die Sachlage in Transkaukasien, vorzugsweise
auf dem armenischen Hochlande, dar. Hier war die Gravirung von Bronzen
sehr verbreitet und die dargestellten Vorgänge tragen in der Regel den
Charakter einer wirklichen Handlung. Der erste, welcher solche ornamen-
tirten Bronzen aus altarmenischen Gräbern gesammelt hat, war der jetzige
Leiter des Museums von Cairo, Hr. J. de Morgan, der vor etwa 7 Jahren im
Auftrage des französischen Ministeriums die Nekropolen von Cheithan-tagh,
Akthala und Musijeri in Russisch Armenien (südlich von Tiflis) explorirte.
Unter seinen Fundstücken befinden sich einige, welche wirkliche Vorgänge
darstellen. Fast um dieselbe Zeit begann Hr, Waldemar Belck, dem ich
Mittel aus der Rudolf Virchow - Stiftung zur Verfügung gestellt hatte,
umfassende Ausgrabungen auf den weiten Nekropolen von Kedabeg, Gogdaja
! Virchow, Koban S.9. Fig. 2 und 3.
®2 J. de Morgan, Mission scientifique au Caucase. Etudes archeologiques et histo-
riques. Paris 1889. T. I. p. 114.
14 R. Vıremow:
und Karamurad; bei diesen Arbeiten, die vom Sommer 1888 bis Ende 1890
stattfanden, kam eine unerwartet grofse Anzahl ornamentirter Bronzegürtel
zum Vorschein, darunter solche, welche alle früheren durch die Schönheit
der Ausführung übertrafen. Endlich hat Hr. Oberlehrer E. Rösler in
Schuscha, Gouvernement Elisabethpol, im vorigen Sommer bei der Post-
station Chodschali in einem Kurgan eine Steinkiste geöffnet, in welcher das
Skelet eines Menschen lag, der einen prachtvollen Bronzegürtel mit Thier-
und Menschen-Ornament getragen hat.
Das Gebiet, über welches sich diese Gräber erstrecken, ist ein sehr
ausgedehntes und doch wahrscheinlich noch lange nicht in seinem ganzen
Umfange erforschtes. Es umfafst das Gebirgsland, welches vom Südrande
des Kura-Thales bis zum Göktschai-See reicht; die westliche Grenze, soweit
sie bis jetzt bekannt ist, liegt m der Umgegend des mächtigen Gebirgs-
stockes des Lelwar (Lialwar), ungefähr in 44° 30' östlicher Länge, und der
am weitesten östlich gelegene Punkt bei Schuscha kann auf etwa 46° 10'
angesetzt werden. In mehreren dieser Nekropolen sind je 100 Gräber und
darüber geöffnet worden; die Liste des Hrn. Belck betraf 275. Obwohl
im Einzelnen zahlreiche Abweichungen bemerkt wurden, war der Charakter
der Gräber doch im Ganzen ein einheitlicher: grofse Steinkammern, aus
mächtigen Felsplatten aufgebaut, mit einzelnen, zuweilen auch mehreren
Skeletten von Menschen, gelegentlich auch von Pferden und anderen Thieren,
und daneben eine reiche Ausstattung mit Thongefäfsen und Metallgeräth.
Überall waltet die Bronze vor, doch kommt häufig zugleich Eisen vor.
Hr. Belek hat eine Anzahl von Gräbern geöffnet, in denen nur Bronze zu Tage
kam; in diesen lagen meist geschlagene Stücke von Obsidian. Auch wenn
man diese Gräber der reinen Bronzezeit zurechnet, worüber vielleicht noch
zu rechten ist, so darf doch als eigentlicher Charakter der Epoche die
älteste Eisenzeit oder der Übergang der Bronzezeit in die Eisenzeit ange-
nommen werden. Jedenfalls ist bisher ein genügender Grund nicht auf-
gefunden worden, während der Periode dieser Bestattungen einen Wechsel
der Bevölkerung zu erschliefsen. Vorläufig wird daran festzuhalten sein,
dafs es sich um Leute desselben Stammes handelte, und zwar um Leute,
welche nach dem Typus ihrer Schädel von der gegenwärtigen Bevölkerung
verschieden waren.
Die Skelette der Gräber auf dem armenischen Hochlande tragen die
Gürtel noch in situ um die Gegend des Unterleibes, sei es in ihrer natür-
N
Über die culturgeschichtliche Stelhmg des Kaukasus. 15
lichen Lage am Oberbauch, sei es in der Beckengegend. Hr. de Morgan
hat gute Abbildungen davon geliefert!. Zugleich hat er ermittelt, dafs die
Gürtel nur in Männergräbern gefunden werden”.
Nach dieser allgemeinen Charakterisirung wende ich mich zu einer
etwas genaueren Beschreibung der Metallgürtel als des für die gegenwärtige
Betrachtung wichtigsten Bestandtheiles der Ausstattung der Todten. Sie
bestehen aus einer verschieden breiten Platte aus Bronzeblech, welches so glatt
aussieht, als sei es gewalzt worden. Hammerschläge in deutlicher Ge-
stalt vermag ich daran nicht zu erkennen. Die grölsten Exemplare er-
reichen eine Länge von 72-90° bei einer Breite (Höhe) von 8-15.
Die Enden sind meist abgerundet und mit runden Löchern versehen, die
zur Befestigung des Gurtes dienten. Alle Stücke haben eine schöne
grüne Patina, meist von etwas lichter, mehr graugrüner, zuweilen jedoch
auch von dunkler, blaugrüner Farbe. Diese Verschiedenheit rührt offen-
bar nicht von einer wesentlichen Verschiedenheit in der Metallmischung
her, sondern von dem Einflufs des Bodens, der verwitternden Gesteine und
der eindringenden Sickerwässer. Leider ist bei der überwiegenden Mehr-
zahl der chemische Umsatz der Bronze soweit fortgeschritten, dafs das
Metall vielfach aus einander gefallen ist, so dafs in manchen Gräbern über-
haupt nur Fragmente aufgefunden wurden. Viele von diesen sind so klein,
dafs sich die Aufmerksamkeit erst nach und nach auf sie richtete; es darf
wohl angenommen werden, dafs sie in früherer Zeit, obwohl vorhanden,
doch nicht gewürdigt worden sind. Hr. Belck hat mit rührender Sorgfalt
meinen Wunsch, auch die kleinsten Stücke zu sammeln, erfüllt. Es hat
nicht geringe Mühe gemacht, auch aus besser erhaltenen Funden den Zu-
sammenhang der einzelnen Bruchstücke zu erkennen. Mein Zeichner,
Hr. Emil Eyrich, hatte nach längerer und sehr zeitraubender Arbeit
allmählich seinen Blick so geschärft, dafs es ihm gelungen ist, einige der
wichtigsten Stücke so weit zusammenzusetzen, dafs ein Gesammtbild ge-
wonnen werden konnte.
Nach der Art der Bearbeitung lassen sich drei Gruppen von Bronze-
gürteln unterscheiden:
ı. ganz glatte Bleche ohne alle Verzierung, recht selten,
! J. de Morgan |.c. I. p. 58-66. Fig. 1ı7—ı19. p.66. Fig. 23. p. 70. Fig. 27. p. 71.
Fig. 18.
2 de Morgan |.c. p. 116.
16 R. Vırcmow:
D
Bleche mit gravirten oder auch gepunzten Verzierungen von
mehr geometrischem Charakter,
3. Bleche mit figürlichen Darstellungen und Gravirung, am häufigsten
Thiere, selten Menschen darstellend.
Von der ersten Gruppe besitze ich ein, allerdings zerbrochenes, aber
grölstentheils sehr gut erhaltenes Exemplar aus einem Grabe von Kala-
kent, das etwa 78° lang und 9° hoch (breit), im Übrigen spiegelnd
glatt und schön patinirt ist und jederseits an den leicht abgerundeten
Eeken längs des Randes drei gröfsere, scharf gerundete Löcher zur Be-
festigung hat.
Die beiden anderen Gruppen sollen uns hier beschäftigen. Obwohl
die dritte zweifellos das gröfste Interesse zu beanspruchen hat, so besitzt
die zweite doch in mancher Beziehung einen besonderen Werth, da die
Gravirung eine Feinheit und Sauberkeit sowohl der Zeiehnung, als der
Ausführung erkennen läfst, die auf eine schulmäfsige Ausbildung des
Arbeiters hinweisen. Auch wird für die weitere Benutzung dieser Funde
zum Aufbau der Kunstgeschichte gerade auf diese Ornamente vielfach
zurückzugehen sein.
Auf der beifolgenden Taf. III ist, aufser einigen grölseren, isolirten
Fragmenten, eine Anzahl besser erhaltener Bruchstücke von sehr breiten
Gürtelblechen dargestellt, welche sowohl die Art der verwendeten Ornament-
streifen, als auch die Anordnung derselben verdeutlichen. Da, wo die
Enden erhalten sind (Nr. VI, IX und XI. A.), zeigen dieselben eine flache
Abrundung, welcher die ÖOrnamentstreifen folgen. Nur in einem Falle
(Nr. VII) ist das Ende gerade abgeschnitten, mit leicht gerundeten Ecken. In
geringer Entfernung vom Rande liegen an den Enden scharf ausgeschnittene,
runde Löcher von 4-5”" Durchmesser, offenbar zur Befestigung des Gürtels,
an einem Stück drei, an 2 anderen! nur je eines. Die Zahl der Ornament-
streifen, mit welchen die Fläche besetzt ist, wechselt je nach der Breite
des Gürtels: an dem breiten (Nr. VII) sehen wir deren 5, an Nr.XI nur 3,
welche durch gröfsere freie Zwischenräume getrennt, übrigens parallel
gestellt sind; die viel schmalere Nr.IX hat einen umlaufenden Rand- und
einen nicht bis an’s Ende reichenden Medianstreifen, dafür aber am Ende
‘ Darunter befindet sich Nr. IX auf Taf.III aus einem Grabe von Gogdaja (Nr. 8),
welches nach der Angabe des Hrn. Belck mit eisernen Beschlägen versehen war.
Über die culturgeschichlliche Stellung des Kaukasus. 7
zwei in einander geschobene, spitzwinklige Streifen. In der sehr breiten
Nr. VI treffen wir aufser dem am Ende gebogenen Randstreifen einen
gerade abgeschnittenen Medianstreifen, der von einem flach umgebogenen
Intermediärstreifen umzogen wird; ein Querschnitt würde also 5 Ornament-
streifen liefern. Endlich in der gleichfalls breiten Nr. VIII giebt es aufser
dem umlaufenden Marginal- und einem gleichfalls umlaufenden Intermediär-
streifen, welche am Ende mit einer geraden Fläche und rechtwinkligen
Eeken versehen sind, noch einen breiten geraden Medianstreifen und am
Ende desselben, zur Raumausfüllung, ein spitzwinkliges Dreieck, dessen
Fläche mit 4 Querzonen aus kleineren, schräg schraffirten Dreiecken be-
deckt ist.
Fast in allen Fällen zeigt ein Theil der Streifen das Flecht-
ornament, bald breiter, bald schmaler, wobei die Maschenräume gewöhn-
lich durch kleine Punkte bezeichnet sind. Sehr zierlich ist die Anordnung
der Punkte in den Bruchstücken von Nr.XI, wo der Zusammenhang der
Flechtstreifen unterbrochen ist und die getrennten Enden derselben in
der Art gegen einander gestellt sind, dafs die Vorsprünge abwechselnd
gegen die Ausbiegungen der anderen Seite gerichtet wurden. Hier steht
jedesmal ein Punkt vor dem Endvorsprunge in der gegenüberliegenden
Ausbiegung. — Die Maschen sind meist länglich, zuweilen eiförmig oder
rundlich; in dem Randstreifen von Nr.VI stehen sie mehr quer, sonst
liegen sie longitudinal in der Axe des Streifens. Die schmaleren Streifen
nähern sich fast dem Aussehen eines Spiralornaments, dessen Entstehung
aus dem Flechtornament hier sehr anschaulich wird. Die schmalste Form,
welche in die Zusammensetzung des Medianstreifens von Nr.VI eintritt,
erinnert an einen gedrehten Faden: hier hat nur die vordere Windung
doppelten, die hintere einfachen Contour. Im Gegensatze dazu zeigen
die breiteren Randstreifen Windungen aus 4 Fasern (Linien) oder 2 Doppel-
eontouren; in dem Medianstreifen von Nr. VII unterscheidet man sogar
‘4 Doppeleontouren an jedem Gliede. Einmal, in dem breiteren Mittel-
streifen von Nr. IX, besteht die Zeichnung aus einer groben gedrehten
Sehnur aus 3 Fasern, an welche sich, durch einen schmalen Zwischen-
raum getrennt, jederseits eine Parallelgravirung aus je 3 kurzen, unter-
brochenen Fasern anschliefst. Der Medianstreifen in Nr.XI ist auf jeder
Seite von einer Reihe kleiner Halbkreise begleitet, deren offene Seite nach
aufsen sieht.
Phys. Abh. 1895. T. 3
18 R. Vıremow:
Die Mannichfaltigkeit der Zusammensetzung der einzelnen Streifen
wird noch erhöht dureh die Hinzufügung besonderer Umgrenzungen, die nur
bei den Randstreifen in Nr.IX und XI fehlen. Als einfachste Umgrenzung
erscheint eine blofse Linie oder eine Punktreihe, wobei es öfter vorkommt,
dals, wie an dem Randstreifen von Nr. VI, aufsen eine Punktreihe, innen
eine Linie angebracht ist; auch kann, wie in Nr. VI und VII, die Punkt-
reihe ihrerseits von geraden Linien umrahmt sein. Andermal ist der
Raum zwischen zwei geraden Linien dureh schiefe, sich kreuzende Striche!
(Nr. VII) oder durch einfache schiefe Querstriche (Nr. VIII) oder durch eine
Art von Sparren oder Gräten (Nr. VII), auch wohl durch eine Reihe hinter
einander gestellter, paralleler, gekrümmter Striche (Nr. X) eingenommen.
Noch mehr steigt der Reichthum der Composition durch die weitere
Ausbildung des Medianstreifens. Dieser hat in Nr. VII ein langes, recht-
eckiges Mittelfeld, das durch schraffirte Querbänder in viereckige Abtheilungen
getheilt wird, in welche von jeder Langseite aus halbrunde, innen punktirte
Erhöhungen vorspringen. In Nr. VI sieht man eine ähnliche, nur noch
mehr zusammengesetzte Zeichnung, in der statt der geraden Querbänder
von Nr. VIII breitere helle Zwischenräume ausgespart sind, deren vier
Wände durch vorspringende convexe Linien gebildet werden: die lateralen
unter diesen Linien umschliefsen, wie in Nr. VII, halbrunde Vorsprünge,
die wieder mit Punkten besetzt sind, während die medialen Linien eiförmige
Räume (statt der viereckigen in Nr. VIII) umschliefsen, welche mit kurzen
halbmondförmigen Linien gefüllt sind.
Eine letzte Variation betrifft den Ersatz des Flechtornaments durch
ein Dreieckornament, wie es in grofser Ausdehnung in Fig. VIII, und
zwar in dem Intermediärstreifen, angebracht ist. Hier füllt eine dicht
geschlossene Reihe spitzwinkliger, innen punktirter Dreiecke, die mit ihrer
Basis nach innen gerichtet sind und mit ihren Spitzen die äufsere Um-
grenzungslinie des Bandes erreichen, den Innenraum zwischen den beiden
Umgrenzungslinien zur Hälfte aus; in die Spatien zwischen ihnen ragen
halbmondförmige glatte Vorsprünge hinein. Statt der Dreiecke finden
sich in Nr. VII grobe, innen punktirte, gekrümmte Haken, die mit
! Sehr hübsch sind die mit gekreuzten Schrägstrichen erfüllten Zonen an dem Bronze-
scepter von Kalakent (Verhandl. d. Berl. anthrop. Ges. 1893. S.63 Fig.2). Letzteres stammt
nebst vielen anderen, sehr merkwürdigen Bronzen aus dem Grabe an der Paradiesfestung
(Nr.49), dem auch das Gürtelblech auf Taf.1II. Nr. VIII angehört.
Über die culturgeschichtliche Stelling des Kaukasus. 19
ihrer breiten Basis auf der einen Umgrenzungslinie aufsitzen und hier an
einander stofsen, während ihre, überall nach links gebogenen Spitzen der
auderen Umgrenzungslinie sich nähern. Es ist der Anfang zu wirklichen
Voluten.
Es ist zu erwähnen, dafs auch die sonstigen umgrenzten Felder, wie
die spitzwinkligen Vorsprünge des Endes in Nr. IX und das grofse spitz-
winklige Dreieck des Endes in Nr. VIII, in ihrem Innern entweder mit
Punkten, oder mit Parallel-, oder mit gekreuzten Schrägstrichen er-
füllt sind.
Besonders kunstvoll ist die Verzierung auf den beiden ganz defecten,
Bruchstücken von Nr. XII, deren Zusammengehörigkeit trotz der Brüche
deutlich ist. Hier läuft ein Flechtornament mit länglichen Maschen zwischen
zwei Punktreihen längs des Randes hin. An zwei, den flach abgerundeten
Enden genäherten Stellen liegt je ein Kreisornament, bestehend aus
zwei concentrischen, doppelt contourirten Ringen, jeder umgeben mit
Punktreihen und innen mit feinen Dreiecken erfüllt. Weiter nach aufsen
folgt ein Fleehtornament in Form eines gröfseren Ringes, wiederum zwischen
Punktreihen, die freilich nieht überall erhalten sind. Der Mittelraum
zwischen diesen Kreisornamenten ist besetzt mit einem länglichen, durch
Fleehtornament umgrenzten Felde, dessen Endgestalt uns auf dem Bruch-
stück C erhalten ist, wo man eine der Form des Gürtelbleehs entsprechende
Umbiegung wahrnimmt; die Fortsetzung der beiden Schenkel ist auf
dem Bruchstück B sichtbar.
Nicht sicher erkennbar ist die Verzierung auf den Bruchstücken
Nr. X, von denen kein einziges ganz erhalten ist. Auf zweien derselben
sieht man eine Figur, welche einer Sanduhr ähnlieh ist: zwei mit den
Spitzen auf’ einander gestellte Kegel, aufsen durch mehrere gerade Linien
begrenzt, innen mit gekrümmten Strichen besetzt. Von den Basalecken
dieser Figuren scheinen schräge Verbindungsbalken ausgegangen zu sein,
welche sich an längere und breitere Parallelbalken ansetzten, die wiederum
gekrümmte Linien umschliefsen.
Alle diese, durch Gravirung, und zwar anscheinend aus freier Hand,
hervorgebrachten Zeiehnungen sind so zart, dafs sie nur bei schiefer
Beleuehtung deutlich gesehen werden können. Sie machen, im Ganzen
betrachtet, den Eindruck grofser Praeeision und genauester Anordnung,
aber bei aufmerksamer Betrachtung lassen sie so viel kleine Ungenauigkeiten
x
20 R. Vırcmow:
erkennen, dafs man an ihrer Eigenschaft als Freihandleistungen nicht
zweifeln kann. Da sie theils durch ihre Zusammensetzung zu grölseren
Schmuckbändern, theils durch den inneren Zusammenhang der einzelnen
Muster unter einander die Einheitlichkeit der Erfindung verrathen, so scheinen
sie ganz besonders geeignet, die genetische Frage nach der Herkunft
der Muster an ihnen zu prüfen.
Manche Muster finden sich auf Bronzen anderer kaukasischer Gräber-
felder wieder. So zeigt ein eiserner Dolch von Musijeri' eine Scheide
aus Bronzeblech, welche in ıı Querzonen über einander, zuerst 7 Zonen
‚mit spitzwinkligen, innen punktirten Dreiecken, dann 4 Zonen mit ge-
krümmten, gleichfalls punktirten Haken (Voluten), und zwar oben und
unten Doppelhaken, enthält. Eine enge Bronzeröhre von Sadakhlo” hat
6 Reihen ringsum laufender spitzwinkliger Dreiecke, welche, gleichwie die
Endabschnitte der Röhre, mit gekreuzten Schrägstrichen bedeckt sind. Auch
ein Knochenkamm von Cheithan-tagh” besitzt eine breite Querzone, die
ganz mit gekreuzten Querstrichen besetzt ist.
Sowohl die ornamentirten Dreiecke, als die gekreuzten Querstriche und
das Sparrenornament trifft man auf Streitäxten von Koban‘. In den Rand-
und Centralstreifen der Gürtelschlösser von eben daher? sieht man gekreuzte
Querstriche und einfache Schrägstriche zwischen zwei Längslinien. Sowohl
Quer- als Längsbänder mit Schrägstrichen und Sparrenzeichnung sind häufig
an den grofsen Bogenfibeln®, doch fehlt auch die Zone mit gekreuzten Quer-
strichen an ihnen nicht’. Nur blofse Punktreihen sind auf den massiven
Bronzen kaum vorhanden; sie kehren jedoch auf Bronzeblechen von Gori
in Georgien wieder®.
Anders verhält es sich mit dem Flechtornament, das nicht blofs auf
den besprochenen, sondern auch auf anderen, noch zu erwähnenden Gürtel-
blechen von Kalakent in ausgezeichneten Bändern vorkommt. Die nächst
verwandten Gürtel von Musijeri haben statt seiner breite Randzonen mit
ı J.deMorgan |. c.1. PI. II. fig. 2.
Ibid. p.123. fig. 102.
® Ibid. p.130. fig. ı15.
* Chantrel. ec. I. PI.I. fig.1-—4. Pl. II. fig.4. Pl. II. fig. 4.
° Ibid. Pl. X. fig.ret a3. Pl. XI. fig.ı. Virchow, Koban S. 64. Fig. 24.
° Chantre Pl. XXI. fig. ı-3. Pl. XXI. fig. 1-4. Virchow a.a. 0. Taf. II. Fig. 3-5.
” Chantre Pl. XXI. fig. 6.
® Ibid. Pl. LIX. fig.ı et 2.
Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. 21
sphaerischen Dreiecken, gepunzten Knöpfchen und feineren Punkten', oder
Bänder, die aus lauter kleinen Spiralen zusammengesetzt sind’. Der locale
Gegensatz, der hier hervortritt, scheint ganz besonders beweisend für die
Originalität der künstlerischen Ausgestaltung der in den Hauptformen über-
lieferten Muster an den verschiedenen Orten zu sein.
Einigermaafsen ähnlich verhält es sich mit der Übertragung der Metall-
ornamente auf die Decoration von Thongefäfsen. Auch an diesen fehlt
fast durchweg das Flechtornament. Dagegen erscheinen die Dreiecke in so
grofser Häufigkeit und so hübscher Anordnung, dafs sie vorzugsweise die
Aufmerksamkeit erregen. Schon Friedrich Bayern, der Begründer der
kaukasischen Praehistorie, hat an den Thongefäfsen von Redkin Lager,
dem zuerst aufgedeckten, grölseren transkaukasischen Urnengräberfelde, das
»häufige Auftreten des Dreiecks oder der Pyramide« hervorgehoben’. Er
meinte, dafs die Keilschrift, deren Vorkommen er bis zum Göktschai-See
nach Norden verfolgt hatte, aus solchen Dreiecken, die wiederum der Form
der Pfeilspitzen entnommen seien, im südöstlichen Kaukasus ihren Ursprung
genommen habe. Beispiele dafür gab er auch für die Thongefälse aus
der unteren Etage von Samthawro‘. Für das armenische Hochland hat
Hr. de Morgan’ zahlreiche Parallelgefäfse, namentlich aus den Gräber-
feldern von Sadakhlo, Cheithan tagh und Musijeri, abgebildet. Sowohl in
den Dreiecken, als in den Querzonen der Gefäfse und in den Zwischen-
räumen anderer Ornamente sind zugleich gekreuzte 'Schrägstriche (lignes
disposees en quadrille) in sehr geschmackvoller Weise angebracht‘. Gelegent-
lich finden sich auch Krüge mit horizontalen Strichzonen’. Manche dieser
Muster, wie namentlich die Kreuzstriche, mögen zuerst an noch weichen
Thongefäfsen angewendet worden sein; andere sind nur in Metall ausge-
ı J. de Morgan |.c. p.ı15. fig. 82.
2 Ibid. p. 114. fig. Sr.
® Friedr. Bayern, Untersuchungen über die ältesten Gräber- und Schatzfunde in
Kaukasien, herausgegeben von Rud. Virchow. Berlin. 1885 (Supplement zu Band XVII
der Zeitschrift für Ethnologie). S.ı7. Taf. XVI. Fig. 2.
* Ebendas. Taf. XII. Fig. 8$-ıo und XIV. Fig.r und >.
5 J. de Morgan |. c. I. p.ı46-ı51, besonders Pl. IV. fig.7 und PI. V. fig. ı, 2
und 6, sowie in den Textabbildungen Fig. ı51?, 155, 162.
% Ebendas. Pl. V. fig.ro und ro%, sowie p.148. fig.154, p.ı51. fig.ı62 und p.153.
fig. 163.
” Ebendas. p. 152. fig. 161
22 R. Vırcuow:
führt. Letzteres gilt namentlich von den Thierfiguren, welche alsbald be-
sprochen werden sollen.
An dieser Stelle soll nur noch ein vereinzeltes Gürtelblech mit
ganz eigenthümlicher Verzierung aus dem Grabe Nr. 48 der Paradiesfestung
besprochen werden, das zum gröfseren Theil erhalten ist (Nr. XIV). Es
ist verhältnifsmäfsig schmal (58"”), an beiden Enden abgerundet und war
an jedem derselben mit einem freilich ausgerissenen Loche versehen. Die
Aufsenfläche ist sauber polirt. Sie hat in der ganzen Ausdehnung einen
Randstreifen von 12""” Breite, der mit einer Doppelreihe gröfserer, flacher
geprägter Buckelchen besetzt ist. An mehreren Stellen, besonders in der
Mitte, befinden sich nahe dem Rande kleine runde Löcher, in der Mehr-
zahl paarweise ‘angebracht, indefs giebt es auch einige Singularlöcher.
Allem Anscheine nach dienten diese Löcher zum Anheften des Gürtels
auf Leder oder Wollenzeug. Jenseits der Randzone folgt auf jeder Seite
(oben und unten) eine Reihe von dicht stehenden, spitzwinkligen grofsen
Dreiecken, deren Basen an einander stolsen, während die nicht ganz sym-
metrisch gestellten Spitzen weit auf die Fläche des Gürtels heraufreichen.
Jedes Dreieck ist in der Art ausgeführt, dafs auf der Basislinie ein kleines
einfaches Dreieck gezeichnet ist, um welches herum ein nach der Basis
zu offenes zweites und darüber noch ein ähnliches drittes gelegt wurde.
Alle diese Verzierungen sind in gepref/ster Arbeit hergestellt.
In einem Grabe (Nr. 39, Paradiesfestung) fand sich ein fast 4””
starker Bronzering mit etwa 2°” weiter, ganz scharf gerundeter Öffnung
(Fig. ı), an welchem auf einem kräftig gehaltenen Halse ein plumper
Thierkopf sitzt, der aufser Schnauze und hängenden Ohren (nach Art
eines Hundes) keine weiteren Details erkennen
Fig. 1.
läfst. An der diametral gegenüber. liegenden
Stelle des Ringes tritt eine starke flache Öhse
hervor. Ich hielt diesen Ring Anfangs für eine
Gürtelschliefse, bin aber nachher zweifelhaft
geworden, ob er überhaupt zu einem Gürtel
gehörte, weil sich an keinem der letzteren
ein Loch findet, welches grofs genug wäre, um
den Thierkopf hindurchzuführen. An dem, in diesem Grabe gefundenen
Gürtelblech bemerkt man, wie gesagt, an jedem Ende ein ausgerissenes Loch
von nicht geringem Umfange, aber wenn man sich dasselbe geschlossen denkt,
Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. 23
entspricht es doch nicht den Dimensionen des Thierkopfes. Dieses Blech
ist 65%°5 lang und 5°s5 breit; gegen die Enden verjüngt es sich.
Auf demselben sieht man vier Flechtstreifen; zwischen den beiden innersten
erscheinen ganz schwach, wie verwischt oder vielleicht absichtlich ver-
drückt, Spuren eines fünften Streifens, der stellenweise den Eindruck
macht, als wäre die Zeichnung eingeprelst gewesen.
Ein zweiter, gleichfalls von der Paradiesfestung stammender Bronze-
ring (Fig.2) ist ganz ähnlich gebildet, nur fehlt die Öhse, und der Kopf
Fig.2 ist anders gebildet. Letzterer hat jederseits eine kleine
runde Öffnung, der Lage nach dem Ohr entsprechend,
und in der Mitte der Schnauze vorn gleichfalls ein
blindes Loch. Der Kopf ist rechtwinklig an den Hals
angesetzt und an der Unterfläche ganz platt abge-
schnitten. Die vorher geäufserten Bedenken treffen auch
hier zu. Unter den mir bekannten Gegenständen haben beide Stücke am
meisten Ähnlichkeit mit einem Bogenspanner. —
Es erübrigt jetzt noch die Besprechung der mit gravirten Thier-,
bezw. Menschenfiguren verzierten Gürtelbleche. Da es sich hier
um das eigentliche Problem dieser Mittheilung handelt und da nur vier
Exemplare davon in meinen Besitz gekommen sind, so ziehe ich es vor,
zunächst die einzelnen zu beschreiben und dann, unter Heranziehung der
wenigen anderen bekannt gewordenen Funde, einige zusammenfassende
Bemerkungen anzuschliefsen.
Nr. I (abgebildet in halber Gröfse auf Taf.]).
Dieses, von Hrn. Belek zuerst aufgefundene und mir zugegangene
Stück! ist, obwohl vielfach durch Brüche und Verwitterung beschädigt
! Unter dem 31. März 1889 meldete mir Hr. Belck, dals er in einem grolsen Stein-
kammergrabe bei Kedabeg zwei Leichen, sehr viele Thongefälse, 12 Carneolperlen, ein Paar
eiserne Lanzenspitzen, aus Bronze 4 kantige Ringe, die innen Holzringe enthielten, den
Fingerring eines Kindes, ein grolses Armband, einen mit Kopf versehenen Stift und »vor
allen Dingen ein etwa go‘m langes und etwa 17°M (wohl richtiger 14°”) breites, dünnes,
reich mit Gravirungen und an beiden abgerundeten Enden mit je drei Löchern (zum Zu-
sammennesteln) versehenes Blech« gefunden habe. »Dieses Blech war in drei Windungen
zusammengerollt. Die mit Erde u. s. w. angefüllte Rolle lag horizontal auf dem Boden des
Grabes. Beim Aufrechtstellen entfiel ihr unter anderen kleinen Knochen ein Stück Schulter-
24 R. Vırcmow:
und in zahlreiche kleinere und gröfsere Fragmente aus einander gefallen,
durch die ausdauernde Sorgfalt meines Zeichners, des Hrn. E. Eyrich,
doch so weit zusammengesetzt worden, dafs die Abbildung einen vollen
Eindruck des ursprünglichen Zustandes gewährt. Es stellt eine lange
Reihe laufender Hirsche dar.
Wenngleich die Thiere manche, zum Theil recht erhebliche Verschieden-
heit zeigen, welche auf die Befähigung des Künstlers zu einer individualisirenden
Behandlung schliefsen läfst, so wiederholen sich doch an allen die Haupt-
merkmale, welche in jener Zeit als schematische Überlieferung schulgemäfs
gelehrt wurden. Der langgestreckte Körper hat seine stärkste Entwickelung
in der Brust- und Halsgegend und verjüngt sich etwas gegen den Hinter-
leib. Da die Thiere in schnellem Lauf springend erscheinen sollten, so
ist der Hinterleib erhoben und die Hinterfüfse berühren den Boden ent-
weder gar nicht oder nur zum Theil, während die Brust etwas gesenkt
ist und die Vorderfüfse mehr oder weniger dem Boden genähert sind.
Auf dem hoch erhobenen und etwas zurückgelegten, sehr breiten und
kräftigen Halse sitzt ein unverhältnifsmäfsig kleiner, wenig ausgeführter
Kopf, an dem nur das grofse, runde Auge, die sehr lange und dünne
Schnauze und das mächtige Geweih erkennbar sind. Das Auge zeigt inner-
halb des gröfseren äufseren Ringes, der dem Augapfel entspricht, einen
kleineren inneren Ring, der sehr verschiedene Gröfse hat, aber doch un-
zweifelhaft die Iris mit der Pupille andeuten soll. Die Schnauze ist, ganz
abweichend von der Natur, am Ansatze danz dünn, verbreitert sich dann
aber nach aufsen zu einer keulen- oder blasenförmigen, lang ovalen An-
schwellung; bei einigen Thieren bemerkt man überdiefs an der unteren
Seite des Ansatzes noch einen Vorsprung, der zuweilen die Gestalt eines
Widerhakens annimmt. Der Lage nach würde derselbe etwa dem Unter-
kiefer entsprechen, jedoch würde dieser Vergleich nur dann zutreffen,
wenn man annimmt, dafs die Thiere das Maul geöffnet hielten, was bei
der Gewalt des Laufes wohl gedacht werden kann.
blatt, jedoch kein grölserer Armknochen«. »Beim Herausnehmen dehnte sie sich sofort in
Folge ihrer Federkraft zu einem länglichen Oval aus. Die Länge des Bleches läfst darauf
schlielfsen, dals es bestimmt war, die Brust oder den Kopf zu schmücken. Es lag etwa
om4 von den beiden Skeletten seitlich entfernt, nicht weit von der Wand nach Norden
zu«. Später hat Hr. Belck das Stück als Gürtelblech anerkannt. Das »Schulterblatt« ist
wohl nur zufällig in das aufgerollte Blech hineingerathen.
Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. 25
Ein ähnlicher hakenförmiger Vorsprung findet sich mehrfach an der
hinteren Seite der Vorderbeine, da wo das Sprunggelenk gelegen ist. Sonst
ist hier nur ein stumpfer Vorsprung, wie er auch an den Hinterbeinen
gezeichnet ist. Die Beine sind im Übrigen lang und namentlich an ihren
distalen Abschnitten dünn, während die proximalen Abschnitte, besonders
an den Hinterbeinen, kräftig gehalten sind. Die Hufe haben durchweg eine
sehr starke, hier und da etwas plumpe Gestalt und eine gerade oder schräg
abgeschnittene Basis ohne Andeutung einer Spaltung, so dafs sie mehr wie
Pferdehufe aussehen. Schenkel und Gesäfs zeigen volle Rundung. Ein
kurzer, meist etwas zugespitzter und schräg aufgerichteter Schwanz vollendet
die äufsere Erscheinung der Thiere.
Die ganze Oberfläche des Körpers ist mit kurzen Strichen und Punkten
besetzt, welche die Behaarung andeuten zu sollen scheinen. Da, wo es sich
um Theile von geringerer Flächenausdehnung handelt, wie den Schwanz, die
Extremitäten, die Schnauze und das Geweih, sind blofse Punkte oder ganz
kurze, fast punktförmige Striche verwendet. Rumpf und Schenkel jedoch
haben etwas längere Striche, welche das Haarkleid recht gut wiedergeben.
Dabei ist die Riehtung der Striche verschieden, so zwar, dafs 4-5, auch
wohl noch mehr Abschnitte (Hals, Vorderschenkel, Brust, Bauch und Lenden-
gegend) von einander getrennt erscheinen. Diese Eintheilung und die jedem
Abschnitte zugetheilte Richtung der Striche ist ganz schematisch, nament-
lich entspricht die natürliche Richtung der Haare nicht genau der hier ge-
wählten Richtung der Striche; immerhin entsteht dadurch ein lebendiges
und ansprechendes Bild.
Sehr merkwürdig ist die Darstellung der Geweihe. Sofort der erste
Bliek lehrt, dafs ganz absichtlich zwei verschiedene Arten von Ge-
weihen dargestellt sind, und zwar, was die Absichtlichkeit aufser allen
Zweifel stellt, in einer ganz bestimmten Reihenfolge. Die ganze
Reihe der Thiere zerlegt sich nämlich in Gruppen von je 3 Thieren: von
diesen haben jedesmal die zwei hinteren das gewöhnliche Geweih
des Edelhirsches (Cervus elaphus), das dritte und vorderste eine
abweichende Bildung. Auf diese Weise kann man 5 Gruppen von jedes-
mal 3 Thieren zählen, welche hinter einander in springendem Laufe dahin-
eilen; möglicher Weise waren es ursprünglich noch mehrere. Die auf dem
Blech dargestellten gewöhnlichen Edelhirsche haben lange, aber dünnere
Geweihe mit 4-7 Sprossen, je nachdem der Raum gestattete, die Geweih-
Phys. Abh. 1895. I. 4
26 R. Vırcnuow:
stangen zu verlängern. Namentlich die in der Mitte des Gürtels dargestellten
Siebenender tragen ihr stolzes Geweih weit zurückgelegt. Die Geweihstangen
sind jedoch nicht als einfache, fortlaufende Gebilde gedacht, vielmehr haben
sie an jedem Sprossenansatz eine Art von Unterbrechung, wie ein geglie-
derter Pilanzenstock, so dafs gewissermaalsen für jede Sprosse ein beson-
deres, leicht ausgebogenes Glied gegeben wird. Aber sowohl die Stangen,
als die Sprossen sind so dünn, dafs sie nur eine einfache Punktreihe er-
halten konnten. Sämmtliche Sprossen sind nach aufsen gerichtet; viele
von ihnen haben am Ende eine hakenförmige Krümmung.
Ganz anders verhält es sich mit der zweiten Art der Geweihe. Auch
sie sind weit zurückgelegt, zum Theil noch stärker, als bei den Edel-
hirschen. Aber ihre Stangen sind ganz einfach und fortlaufend, auch viel
dieker, so dafs sie, statt mit Punkten, mit dichten Schrägstrichen be-
deckt werden konnten. An diesen Stangen sitzen breite, aber verhältnifs-
mälsig kürzere, dreieckige Sprossen von derselben Gestalt, wie die
Dreiecke der Gürtelbänder und der Töpfe sie haben; diese Dreiecke sitzen
mit breiter Basis auf und sind mit ihren scharfen Spitzen grolsentheils
nach aufsen, nur stellenweise auch nach innen gerichtet. Dabei ist jedoch
zu erinnern, dafs die Bezeichnungen »aufsen« und »innen« nur bei den-
jenigen Stangen sicher sind, welche auf beiden Seiten Sprossen tragen;
bei anderen ist die Richtung nicht zu bestimmen, da der ausführende
Künstler beide Stangen gleichsinnig behandelt hat, so dafs die Sprossen
durchweg nach einer und derselben Seite vorstehen. Die Zahl der Sprossen
an einer Stange beträgt bis zu ıı. Ihre Fläche ist ganz dicht mit Punkten
besetzt; man kann an einzelnen bis zu 25, ja bis 40, öfter in Reihen ge-
gestellte Punkte zählen.
An einem dieser besonderen Hirsche, leider gerade an einem, dessen
Vordertheil verloren gegangen ist, findet sich noch eine Eigenthümlichkeit,
nämlich ein ungewöhlich langer und dicker Schwanz. Derselbe ist
25" lang und an dem Ansatze 5”" dick, lang gestreckt und stark erhoben,
während die gewöhnlichen Schwänze kaum 5”"” lang, an der Basis 3””
diek und an der Spitze stark nach abwärts gekrümmt sind. Es mag be-
zweifelt werden, ob hier ein, durch die Raumverhältnisse veranlafster Ein-
fall des Künstlers fixirt worden ist, da andere Thiere der breitsprossigen
Art gewöhnliche Schwänze erhalten haben. Aber es giebt andere Gründe,
welche ich nachher berühren werde, und welche den Gedanken nahe
Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. 27
legen, dafs hier ein wirkliches naturalistisches Vorkommnifs nachgebildet
worden ist.
Das Mittelfeld dieses Gürtels enthält aufser den Thieren noch einige
Ornamente, welche zum Theil wohl nur als »raumfüllende« anzusehen sind.
Da giebt es zunächst Dreiecke mit breiter Basis und hakenförmig ge-
krümmter Spitze, ganz ähnlich, wie sie vorher (S. 19) als Voluten von den
geometrisch verzierten Gürteln beschrieben worden sind. Drei solcher Haken
sitzen am linken Ende des Gürtelbleches, wo die Reihe der laufenden Thiere
aufhört; einer, und zwar der grölste, hängt von dem oberen Rande herab,
gerade da, wo der lange Schwanz des breitsprossigen Hirsches
erhoben ist; 6 andere ragen an dem unteren Rande des Bleches empor,
gerade unter dem Leibe der betreffenden Thiere, von denen eines ein breit-
sprossiges ist. Auf die Zahlen ist kein besonderer Werth zu legen, da
gerade der untere Rand stark verletzt ist; es ist nicht unwahrscheinlich,
dafs früher noch mehr Voluten vorhanden waren. Alle sind dieht mit
kurzen, öfters fast punktförmigen Strichen bedeckt.
Ganz solitär ist ein sehr merkwürdiges Zeichen, das oben über dem
Ende des Geweihes des breitsprossigen Hirsches angebracht ist und das
ich für ein Sonnenbild zu halten geneigt bin: innerhalb eines Ringes
sieht man vom Mittelpunkt aus 8 Radien zu der Peripherie des Ringes
verlaufen, wie an einem Sspeichigen Rade. Sämmtliche Linien in dieser
Figur bestehen aus Punktreihen.
Wir kommen endlich zu der Randeinfassung, welche ungemein breit,
zusammengesetzt und auf's Schönste ausgeführt ist. Zunächst um die Hirsch-
reihe ist ein starkes, doppelteontourirtes, mit Schrägstrichen erfülltes Band
gelegt, welches die äufsere Form des Bleches wiederholt. Dann folgt eine
ganz breite Zone, in welcher 3 Reihen zusammenhängender Spiralornamente
über einander stehen, und zwar so, dafs die mittlere nach rechts, die beiden
anderen nach links gerichtet sind (»laufender Hund«). Darauf ein neues
gestricheltes Band, wie das erste, und endlich auf diesem aufsitzend eine
dichte Reihe grofser, innen punktirter Hakendreiecke (Voluten), alle mit
nach links gerichteten Haken. In dieser Hakenreihe sind an beiden Enden
des Gürtelbleches je 3 grofse, runde Löcher angebracht, welche als Gürtel-
schliefsen dienten. —
Das ist in Kürze die Beschreibung dieses höchst merkwürdigen Stückes.
Trotz seines Reichthums an thierischen und blofs geometrischen Verzie-
4*
a nn a |
ID
8 R. Vırenow:
rungen und trotz der fast landschaftlichen Anordnung findet sich darauf
keine Spur einer pflanzlichen Darstellung. Unter den Randverzierungen
sticht neben den Hakendreiecken das breit entwickelte Spiralornament
hervor, das sich auch sonst in dem Gräberfelde, z.B. an dem Gürtel Nr. II
und an grofsen Brustplatten und Bronzen, wiederfindet, das aber auf den
blofs geometrisch verzierten Gürteln ganz vermifst wird. Dazu kommen
aus dem Mittelfelde die zerstreuten Haken und namentlich das Sonnenrad,
— lauter schulmäfsig ausgebildete Zeichen, welche eine längere Dauer und
einen höheren Grad der Kunstübung verrathen.
Ein wahres Räthsel liegt aber in der Darstellung der zwei ver-
schiedenen Hirscharten. Dafs diese Verschiedenartigkeit beabsichtigt
sein mulste, habe ich schon oben darzulegen versucht. Wenn man auch
für den ganz abweichenden Schwanz des einen Thieres oder für die Länge
einzelner Geweihstangen zugeben wollte, dafs die Rücksicht auf den vor-
handenen Raum entscheidend gewesen sei, so erscheint diese Auffassung
doch unzulässig für die regelmäfsige Abwechselung in der Reihe der laufen-
den Thiere. Diese mufs schon bei dem Entwurfe der Zeichnung
beabsichtigt gewesen sein. Man könnte nun freilich annehmen, dafs der
Künstler die Reihe der naturalistisch gehaltenen Exemplare von Cervus elaphus
durch eine Anzahl phantastischer Hirsche oder wenigstens Hirsche mit
phantastischem Geweih habe unterbrechen wollen. Aber eine solche An-
nahme hat an sich etwas Gezwungenes; jedenfalls kann man sich ihr nur
zuwenden, wenn es keine Hirschart oder Hirschrasse giebt, welche dieser
Bildung entspricht.
Es ist bekannt, dafs auch bei unseren Edelhirschen die Geweihbildung
stark varürt, dafs sie namentlich von dem Alter der Thiere, von der Nah-
rung und von mancherlei Zufälligkeiten beeinflußt wird. Ein so guter
Beobachter, wie Hr. von dem Borne', glaubte bei den Edelhirschen
seiner Heimath an der mittleren Oder nach der Form der Geweihe zwei
Rassen unterscheiden zu müssen. »Bei der einen stehen die Stangen weit
aus einander, haben weniger, aber lange Enden und eine schöne Krone,
die oft in’s Schaufelartige übergeht. Die andere Rasse hat lange, viel-
zackige Stangen, die nahe an einander stehen, und die Krone fehlt ihr
' Von dem Borne, Die Varietäten der Hirschgeweihe. Verhandl. d. Berl. anthrop.
Ges. 1881. S. 55 (Zeitschr. f. Ethnol. Bd. XIII).
Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. 29
fast ganz.« Der Versuch, die Hirsche unserer Gürtelbleche auf zwei Rassen
derselben Art zurückzuführen, wird durch die vorliegenden Abbildungen
wenig unterstützt. Wenn man erwägt, dafs die abweichende Bildung der
kleineren Anzahl nicht blofs die Stangen betrifft, welche viel stärker,
länger und einfach gestreckt sind, sondern auch die Form der Sprossen,
welche ganz und gar verschieden sind, indem statt der dünneren, ge-
bogenen und mehr gerundeten Auswüchse der Edelhirsche breite, gerade,
anscheinend platte, zugespitzte Blätter gezeichnet sind, so fällt die Mög-
lichkeit fort, diese Thiere als blofs ältere und stärkere aufzufassen. Un-
verkennbar erinnert die Gestalt dieser Blätter an diejenige Gruppe der
Hirsche, bei denen das Geweih eine Neigung zu schaufelartigen Auswüchsen
besitzt, also an Damhirsch, Eleh, Renthier und Riesenhirsch.
Aber bei allen diesen Arten concentrirt sich die Schaufelbildung auf
die Enden der Sprossen und Zacken, meist auf das Ende des ganzen Ge-
weihes, wo wir in unseren Bildern nur einfache Spitzen sehen. Auch bei
dem Edelhirsch, der zuweilen eine Annäherung an die genannten Cerviden
zeigt, beschränkt sich die Verbreiterung der Zacken auf die »Krone«. Es
scheint mir daher unzulässig, die breitsprossigen Thiere unseres Bildes auf
irgend eine dieser Gattungen zu beziehen, ganz abgesehen davon, dafs die
armenische Fauna die meisten derselben gar nicht aufweist. Hr. von Martens
hat seiner Zeit für meine Abhandlung über Koban' eine Zusammenstellung
der gröfseren bekannten kaukasischen Säugethiere geliefert: darin kommt für
Südkaukasien aufser dem Edelhirsch nur der Damhirsch vor. Eichwald führt
das Elch nur für den eigentlichen Kaukasus auf. Ich bemerke dabei aus-
drücklich, dafs ich trotz eifrigen Suchens in den gröfsten europäischen Samm-
lungen keine Spur von dem früheren oder jetzigen Vorkommen des Megaceros
in jenen Gegenden, einschliefslich Persiens, habe entdecken können.
Die Metallkünstler des Ostens haben selbst von denjenigen Hirschen,
bei denen die Schaufelbildung besonders charakteristisch ist, ganz andere
Bilder geliefert. Ich verweise auf die grofse und höchst bezeichnende Ab-
bildung eines liegenden Elches auf einer grofsen Goldplatte, die in einem
Kurgan bei Romen im Bezirk Poltawa ausgegraben wurde und von der
Graf Alexis Bobrinski in seinem schönen archaeologischen Werke? eine
! R. Virchow, Koban 8.145.
2 KyPrausı H CJYYAUHBIA APXEOJOTHYECKIN HAXOAKH bAH3b MECTENKA CMBAbı. T. 11.
C.-Perepsypr&. 1894. 163. Tap. XXl1. 3.
0 u u
30 R. Vırcaow:
Abbildung geliefert hat. Die lange Geweihstange ist ganz ähnlich behan-
delt, wie die Geweihstangen der Kalakenter Edelhirsche: sie ist gleichsam
gegliedert, indem jeder Abschnitt in eine stark gebogene Sprosse übergeht.
Diese Sprossen sind in der Weise stylisirt, dafs jede am Ende in einen
Greifenkopf ausläuft. Nur am Ende der Stange geschieht die Entfaltung
zu einer wenig breiten Schaufel, von der 5 stark gekrümmte, lange und
spitzige Sprossen abgehen. Diese Darstellung hat nicht die mindeste
Ähnlichkeit mit unseren breitsprossigen Geweihen, dagegen erinnert sie
lebhaft an die, häufig & jour ausgeführten Elchfiguren an sibirischen
Bronzen'.
In der Verlegenheit, ein zoologisches Vorbild für meine Gürtelbilder
zu finden, habe ich die Frage nach der Deutung derselben zu wiederholten
Malen in öffentlichen General-Versammlungen der deutschen anthropologi-
schen Gesellschaft vorgelegt. Zuerst bei der Versammlung in Wien 1889”.
Damals bemerkte ich, dafs das Geweih der abweichenden Hirsche auf den
ersten Blick an Elch erinnere, dafs aber solche breiten, dreieckigen Zacken,
die hinter einander an ganz langen Geweihstangen angesetzt sind, sich bei
keinem Elch finden; ich schlofs, dafs es phantastische Hirsche sein mülsten.
Die Wiener Sachverständigen erkannten an, dafs man auch an den Riesen-
hirsch denken könne, aber keiner von ihnen wulste etwas von der Existenz
dieses Thieres südlich vom schwarzen Meere.
So ergab sich die Frage, die ich im nächsten Jahre in Münster” be-
sprach, ob nicht eine Beziehung zu der centralasiatischen Fauna möglich
sei. Dort, in der Mongolei, in Sibirien, bis nach China hinein, giebt es
eigenthümliche Hirscharten, die eine andere Geweihbildung besitzen. Leider
findet sich in den westeuropäischen Museen wenig brauchbares Material für
eine Vergleichung. Aber ich ersah aus einer übersichtlichen Darstellung,
welche Hr. Noack* gegeben hat, dafs der am oberen Ussuri lebende Cervus
Dybowski ein ungewöhnlich starkes Geweih mit breiten dreieckigen An-
sätzen der Sprossen besitzt. Die umstehende Abbildung ist nach dieser
Schrift wiedergegeben (Fig. 3). Bei einem Besuche zu Paris im Jahre 1890
“ Wilh. Radloff, Aus Sibirien. Leipzig 1884. II. Taf. 7. Fig. 1.
° Correspondenzblatt der deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und
Urgeschichte. 1889. S. 138.
3
Correspondenzblatt 1890. S. 116. vergl. 1891. S. ı0g (Danzig).
* Zeitschrift Humboldt 1889. Januar. S.ır. Fig. 21.
Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. 31
fand ich in der Sammlung des Jardin des plantes ein Exemplar des Cervus
mandschuricus, welches ganz ähnlich, nur nicht so kräftig, gebildet ist; auch
ist der durch eine weilse Linie aus-
gezeichnete Schwanz dieses Thieres
viel länger, als der unserer Hirsche.
Nur in einem Punkte unterschied sich
das Geweih dieser beiden Arten von der
Kalakenter Zeichnung: die Stangen
waren nicht gerade, sondern gebogen,
namentlich machten sie zwischen den
Zackenansätzen, ähnlich wie an den
Geweihen der Kalakenter Edelhirsche,
jedesmal eine Ausbiegung nach aulsen.
Ich kann daher nicht sagen, dafs das
Vorbild unseres Gürtelbleches gefunden
sei; eine gewisse Annäherung ist vor-
handen, aber eine sichere Ableitung
ist unthunlich. Die Frage mufs für
weitere Forschung offen bleiben. —
In Wien machte ich noch auf eine andere Eigenthümlichkeit der Kala-
kenter Hirschbilder aufmerksam, nämlich auf die sonderbare Gestalt der
Mäuler. »Die Schnauze läuft eckig aus, indem die Oberlippe stark vor-
geschoben, das Ganze aber schräg abgeschnitten ist. Vor der Schnauze
sitzt ein länglicher, flaschen- oder beutelförmig vorgeschobener Anhang,
wie eine Blase. Meiner Meinung nach kann diese Blase nur den ausge-
henden Athem oder Wrasen der laufenden Thiere darstellen. Ähnliche
Blasen kommen auch an Thierbildern auf Bronzen Europas vor. Ich ver-
weise deswegen auf die im Hofmuseum für uns zusammengebrachten Speeial-
ausstellungen der in den verschiedenen Kronländern befindlichen Situlae und
anderer Bronzen der Hallstätter Zeit!'.«c Ein besonders ausgezeichnetes Bei-
spiel bietet die Darstellung auf dem bekannten Bronzegefäls von Moritzing
(bei Meran) dar”. Hier, wie an der Mehrzahl der westeuropäischen Bronzen,
! Correspondenzblatt 1889. S. 138.
2 Fr. R. von Wieser, Die Bronzegefälse von Moritzing. Innsbruck 1891 (Zeitschr.
des Ferdinandeums. III. Folge, 35. Heft. Taf. I).
32 R. Vırcnmow:
sind es Pferde, welche die »hängende« Blase am Maule haben. Hr. von
Wieser schliefst sich meiner Deutung an. Hr. Moriz Hörnes' hat da-
gegen geltend gemacht, dafs in einem Hallstattgrabe eine birnenförmige
Schelle an einem Ringe und einer Kette gefunden sei, welche als Anhängsel
der Trense betrachtet werden könne; wollte man sie in situ zeichnen, so würde
das Bild der »Blase« herauskommen. Überdies komme die Blase an Pferden
vor, die sich in ganz ruhiger Stellung befinden. Ich möchte dazu bemerken,
dafs eine birnenförmige Schelle noch niemals in wirklichem Zusammenhange
mit einer Trense angetroffen ist, und dafs der sichtbare Dampf des Athems
nicht sowohl von der Anstrengung des Thieres, als von der relativen Kälte
der äufseren Luft Zeugnifs giebt. Jedenfalls würde die Trense nicht auf
Hirsche zutreffen. Für diese könnte nur in Frage kommen, ob der frag-
liehe Körper an der Schnauze mit der »Blase« der Pferde identisch ist
oder nicht vielmehr als eine solide Auftreibung der Oberlippe betrachtet
werden müsse, wie sie bei dem Elch vorkommt. Dafür liefse sich der
Umstand anführen, dafs die »Blase« ebenso punktirt ist, wie gewisse an-
dere Theile des Körpers der Thiere. Es würde sich dann also um eine
groteske Übertreibung eines natürlichen Verhältnisses handeln. So wenig
ich verkenne, dafs diese Auffassung eine zulässige ist, so mufs ich doch
betonen, dafs es dafür bis jetzt an Analogien fehlt. Auch die Hirsche
in der untersten Zone der Ciste von Moritzing lassen davon nichts er-
kennen, obwohl die Zeichnung ihrer Geweihe bis in’s Einzelne mit der
Kalakenter Zeichnung von Edelhirschen übereinstimmt; diesen Hirschen
hängt vielmehr eine »Ranke« aus dem Maule, welche Hr. Hörnes als ein
wirklich pflanzliches Gebilde ansieht, und für welche ich später Parallelen
von anderen transkaukasischen Gürtelblechen anführen werde.
Nr. II (abgebildet in halber Gröfse auf Taf. I).
Dieses wichtige, leider jedoch stark zertrümmerte Stück wurde von
Hrn. Belek im Juni 1890 in dem Grabe Nr. 95 bei der Paradiesfestung
gehoben. In diesem Grabe fanden sich aufser einem Skelet 3 Thongefäfse,
zahlreiche Perlen von verschiedener Gestalt und Farbe, und Bruchstücke
' Verhandl. d. Berl. anthrop. Ges. 1894. S. 368, Fig. 1-2 (Zeitschr. f. Ethnol. Bd. XXVJ).
Über die culturgeschichtliche Stelling des Kaukasus. 33
einer eisernen Lanzenspitze. Einzelne Theile des Gürtelblechs haben sich
wieder an einander fügen lassen, die übrigen sind von Hrn. Eyrich in der
beifolgenden Zeichnung nach ungefährer Schätzung angeordnet worden.
Der obere Rand ist an ein Paar Stellen vollständig erhalten; die End-
stücke sind wenigstens in Fragmenten vorhanden, welche die Art des
Abschlusses erkennen lassen. Auch hier sind grofse Löcher zur Befestigung
vorhanden; wahrscheinlich waren es jederseits 3.
Da das Blech mindestens 15°” breit gewesen sein mufs, so war aus-
giebiger Raum für eine grofse Entfaltung bildnerischer Kunst gegeben.
Der Künstler hat denselben benutzt, um eine Jagdscene darzustellen
und zugleich ein Bild des wildesten Thiergetümmels in einer
weiten Landschaft zu geben. Da auch auf diesem Blech keine erkenn-
bare Vegetation', auch nichts von Bergen oder Gewässern zu sehen ist,
so kann man sich nach Belieben eine Steppe oder, unter Abstraetion von
Bäumen oder Gesträuchen, einen Wald denken.
Um eine bequemere Übersicht zu gewähren, hat mein Zeichner die Haupt-
typen, sowohl der lebenden Wesen, als der raumausfüllenden Ornamente,
zusammengestellt (Fig. 4 S. 34), und die einzelnen mit Zahlen, entsprechend
dem Gesammtbilde (Taf. I Nr. I), versehen. Es ergiebt sich daraus sofort,
dafs der vorwiegende Antheil an den Lebewesen den Vierfüfslern zufällt
und dafs neben ihnen nur ein Paar Vögel und eine Schlange, beide jedoch
auch mehr zur Raumausfüllung, beigegeben sind. Alle Figuren sind mit
einem scharfen Instrument und mit sicherer Hand in tiefen Zügen aus-
geführt.
Beginnen wir mit den Vierfüfslern. Bei allen ist die Fläche der Körper-
theile mit einer diehten Schraffirung ausgefüllt. Die äufsere Umgrenzung
wird von einem doppelteontourirten Saum gebildet, der sich vom Kopfe
aus über Rücken, Bauch und Hals fortsetzt und nur den eigentlichen
Kopf, den Schwanz und die Extremitäten freiläfst. Obwohl das Innere
dieses Saumes sorgfältig durch kurze, meist etwas schräge Striche erfüllt
ist, so läfst sich an Haare (Mähne u. dergl.) nicht denken, da einzelne
ähnliche Bänder quer oder schief über den Leib, namentlich über den
! Am oberen Umfange des zweiten Bruchstückes von rechts her sieht man dicht an
der Bruchlinie (nahe bei ı) ein Gebilde, das man für einen Baumzweig halten könnte; die
Vergleichung mit einem anderen gut erhaltenen Stück (3) lehrt jedoch, dals das Gebilde
dem Ende eines Thierschwanzes entspricht.
Phys. Abh. 1895. 1. B)
34 R. Vırcuow:
Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. 35
Hinterleib, gelegt sind. Diese Bänder dienen mehrfach dazu, um die ein-
zelnen Regionen des Leibes von einander abzugrenzen und den Raum für
verschiedene Arten der Schraffirung abzutheilen. Hier wechseln namentlich
zwei Arten mit einander: die meisten Theile tragen gekrümmte Linien in
häufig eoneentrischer Anordnung, wodurch gesonderte Systeme entstehen,
die sich gegenseitig über einander schieben und dann den Eindruck einer
volleren Rundung machen; andere, kleinere Theile haben gerade oder ge-
krümmte Kurzstriche, einzelne so kleine, dafs sie fast wie punktirt aus-
sehen. Die Endtheile (Füfse, Schnäbel, Theile des Vorderkopfes) sind ganz
leer gelassen.
Nur wenige von diesen Thieren sind ganz realistisch behandelt. So
insbesondere die Gruppe von Hunden (13, 14), welche sich um die Ge-
stalt des Menschen zusammendrängt. Zwei unter ihnen charakterisiren sich
durch ihren hoch getragenen, langen und starken, gekrümmten Schwanz,
die grofsen Ohren, das weit aufgesperrte Maul und die springende Stellung
in unverkennbarer Weise; der dritte (Nr. 14) hat den Schwanz, vielleicht
weil es an Raum fehlte, kurz und gestreckt, aber er gleicht im Übrigen,
namentlich auch in der geringeren Gröfse, den anderen beiden. An einigen
defecten Stellen in der Mitte des Bleches sieht man Theile von Thier-
leibern, die gleichfalls Hunden angehört zu haben scheinen.
Nächstdem sind die Hirsche zu nennen. Leider ist nur von zweien
derselben das ganze Geweih zu sehen; an einer Bruchstelle erblickt man
noch von einem dritten die Enden der Sprossen. Ein einziges Thier (7)
ist ganz erhalten. Das mächtige Geweih ist beidemal in voller Vorder-
ansicht dargestellt. Es sind stolze Sechsender mit ganz langen Zacken,
von denen sich die letzte gabelförmig theilt. Die kräftigen Stangen haben
nicht, wie in Nr. I, eine Gliederung, sie laufen auch am Ansatz der
Zacken gleichmälfsig fort.
Ihnen schliefsen sich Thiere an, die man für Gazellen halten kann,
wenn nicht, was nicht unwahrscheinlich ist, der Künstler durchweg
Steinböcke zeichnen wollte. Nr. 8 gleicht dem Steinbock durch die
hoch aufgerichtete Stellung der sehr langen und erst gegen das Ende
hakenförmig gekrümmten Hörner; das Thier ist in schnellstem Lauf, mit
erhobenem Schwanz und flach vorgestreckten Beinen. Bei Nr. 9 sind die
Hörner schon im Anfange stark gebogen, am Ende dagegen mehr gerade;
zugleich sind sie weit über den Rücken zurückgelegt, obwohl der Kopf
5x
36 R. Vırcmow:
selbst stark gesenkt ist. Ob man diesen Einzelheiten besonderen Werth
beilegen darf, mufs dahingestellt bleiben; jedenfalls gewinnt das Bild da-
durch an Lebendigkeit und Mannichfältigkeit.
Damit ist die Reihe der rein realistischen Figuren nahezu erschöpft.
Auf den nächsten Zeiehnungen, welche ich auf Pferde beziehen möchte
(10-12), sind leider nur die Vordertheile erhalten; sie liegen gerade an einer
Bruchstelle. Die Köpfe sind jedoch sehr bezeichnend; die etwas variirte Aus-
führung des gekrümmten Haarschopfes, der über die Stirn herabhängt,
darf nicht dagegen angeführt werden. Ohren sind gar nicht angedeutet,
dagegen wohl das Auge, das nach Form und Stellung dem Pferde angehört.
Nun beginnt aber die Reihe der ausgemacht phantastischen Thiere.
Da ist zunächst das Büffelpferd (1), wie ich dieses langschwänzige,
schön geformte Thier mit den dicken, nach einwärts gekrümmten Hörnern
nennen will. Auf der linken und rechten Seite des Gürtels stehen je 3
solcher Mischgestalten, gleichsam wie zu gemeinsamer Vertheidigung, in
einer Reihe über einander; jedem von ihnen fehlen Stücke vorn und
hinten. Ob man auch den isolirten und zur Raumausfüllung verwandten
Büffelkopf mit dem eyklopischen Auge (19) hierher rechnen soll, läfst
sich nicht sicher ausmachen. Er ist nur bemerkenswerth, weil er gleich-
falls, wie die Hirschköpfe, in voller Vorderansicht dargestellt ist, während
sonst alle Vierfüfsler im Profil gezeichnet sind.
Daran schliefst sich eine zweite Mischgestalt, die ich als Greifen-
pferd bezeichne (2-6). Sie kommt ıomal auf dem Bilde vor. Das Ge-
meinschaftliche aller einzelnen Exemplare ist der Greifenkopf: ein kurzer,
dieker, gesenkter Kopf mit ganz grofsem Auge und aufgerichtetem, eulen-
artigem Ohr, und mit einem weit geöffneten Raubthierschnabel, dessen
stark gekrümmte Hälften in scharfe Spitzen auslaufen. Während das Büffel-
pferd starke Hufe hat, verdünnen sich die Beine des Greifenpferdes nach
Vogelart; die letzten Glieder sind flektirt, aber meist nicht weiter aus-
gezeichnet. Einzelne (4, 5) zeigen an den Hinterbeinen eine, mehr den Zwei-
hufern entsprechende Bildung; eine ausgemachte Krallenbildung vermag ich
hier nieht aufzufinden. Die gröfste Mannichfaltigkeit aber herrscht in der
Gestaltung des Schwanzes. Derselbe ist lang, stark und meist S-förmig
gebogen; nur einmal, an einer sehr engen Stelle des Bildes, ist er kurz,
gerade und am Ende mit steifen, geraden Haaren besetzt (5); ein anderes-
mal hat er dasselbe Ende, ist aber im Übrigen lang und schwach S-förmig
Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. 37
gebogen (6). Bei den anderen läuft der Schwanz am Ende in einen breit-
lanzenförmigen Körper aus (2), oder er endet in eine Art von Pfeil mit
Widerhaken (4), oder in eine wurfspiefsartige lanzettförmige Klinge mit
mehreren gekrümmten Widerhaken an jeder Seite (3). Dadurch entsteht
eine Ähnlichkeit mit dem Schwanze des Löwen. —
Was die beiden Vögel (Nr. 16, 17) betrifft, so erinnern sie am meisten
an Reiher: kleiner Kopf mit lang vorgestrecktem Schnabel, langer dünner
Hals, spindelförmiger Rumpf, breiter Schwanz und ganz dünne lange
Beine. Die Schlange (18) hat einen dieken, S-förmig gebogenen, am
Ende stumpfen Körper, einen grofsen länglichen Kopf und ein breites Maul.
Auf dem rechten Ende des Gürtels ist ein Mensch (Nr. ı5), man
darf wohl sagen, ein Mann dargestellt, unter allen Figuren zweifellos die
roheste. Er ist stehend oder vielleicht schreitend gezeichnet, mit hoch
erhobenen Armen, von denen der rechte einen Gegenstand emporhält, den
man als eine Art von Schild, vielleicht aus zusammengebogener und
getrockneter Thierhaut, betrachten kann. Die linke Hand scheint durch
Abwitterung verwischt zu sein. Da man den Menschen von hinten her
sieht, so ist auch der retortenartige Kopf gar nicht weiter ausgeführt.
Derselbe sitzt senkrecht auf dem langen und starken Halse. Daran schliefst
sich ein langer, in den Weichen sehr enger, in der Brust- und Becken-
gegend stark verbreiterter Rumpf, der fast ganz mit gekrümmten Parallel-
linien bekleidet ist. Sowohl gegen die Ober-, wie gegen die Unterextre-
mitäten hin folgt ein System stark gebogener Parallellinien, welehe den
Eindruck machen, als habe der Mann einen Panzer getragen. Indefs
alles das ist wohl nur zeiehnerische Ausstattung. Dagegen kann die
Scehnabelform der Füfse (Fufsbekleidung) wohl nur naturalistisch sein. —
Es erhellt aus dieser Übersicht, dafs die vorher bezeichnete, doppelte
Aufgabe, die sich der Künstler gestellt hatte, eine einheitliche Handlung
ausschloss.. Der Jäger, der mit seinen Hunden von der linken Seite ein-
tritt, ist noch nicht in wirkliche Action getreten. Er hält den Schild
zum Schutze gegen ein Greifenpferd über den Kopf. Die Hunde stürzen
bellend auf die nächste Gruppe, die Hirsche; der eine der letzteren wendet
sich direct gegen die Hunde, von denen der eine (14) vielleicht schon
durch sein Geweih verletzt ist; der andere, der bisher im Kampfe mit der
nächstfolgenden Gruppe der Büffelpferde gestanden hat, dreht den Kopf
eben zurück gegen den Jäger. Hinter der Reihe der Büffelpferde erblicken
38 R. Vırcuow:
wir eine in entgegengesetzter Richtung aufgestellte Reihe von wüthenden
Greifenpferden, über welchen ein Reiher fliegt: die realistischen Thiere,
Steinböcke, Pferde, fliehen, ein Hund scheint verwundet zu sein, — Alles
drängt vorwärts, stößst aber von Neuem auf eine ganze Linie von Greifen-
pferden, welche mit zum Bifs bereiten Schnäbeln hervorstürzen. Dann
wendet sich wieder die Scene zu einer Reihe von Hirschen und Stein-
böcken, welehe vorwärts springen, nach der anderen Seite zu, gegen eine
neue Reihe von Büffelpferden. Ganz nach links ist das Gürtelblech zu
stark zertrümmert, um noch den Gang der Handlung erkennen zu lassen.
In der Lücke zwischen den Thieren giebt es, wenn auch nur spär-
lich, Einschiebungen ornamentaler Thiere und anderer Zeichen, — wahre
Lückenbüfser. Da sind Spiralplatten, eine mit einer Öhse (20, 21), Doppel-
spiralen mit einem Verbindungsstrich (22), in einandergreifende Halbspiralen
(23, 24), zwiebackartige Gebilde (25), eine rohe, fast an eine menschliche
Figur erinnernde Bildung (26), endlich gekrümmte Faserbündel mit punk-
tirter Umgrenzung (27). Sonderbarer Weise fehlt hier die Volute ganz.
Was schliesslich den Rand des Gürtelblechs betrifft, so zieht sich
rings herum, in kurzer Entfernung vom Rande, ein breiter Streifen von
sich deckenden Systemen eoncentrischer Linien. Man könnte an Laubmoose
denken, wenn nicht dieselbe Zeichnung für die decorative Ausstattung der
Thierleiber verwendet wäre. Jederseits wird dieser Streifen von einem
schmalen Zuge kurzer halbmondförmiger Striche begrenzt.
Nr. III (abgebildet in halber Gröfse auf Taf. II).
Ende October 1339 öffnete Hr. Belek mitten auf einer Wiese an der
Paradiesfestung 3 Gräber, welche mittelst der Sonde 0"5—-0”.6 unter der
Erdoberfläche entdeckt waren. In einem derselben (Nr. 47) lagen die Ge-
beine von zwei Menschen und einem Pferde, 6 Gefäfse und 2 Schüsseln
von Thon; aus Bronze einige Stücke vom Pferdegeschirr, 4 Armringe,
2 Pfeilspitzen und das sofort zu beschreibende Gürtelblech; aus Eisen ein
grolses Schwert, 2 Lanzenspitzen und ein grofser, flacher, kreisrunder Knopf.
Das sehr gut erhaltene und schön patinirte, 12“"5 breite Bruchstück
des Gürtelblechs hat leider beide Enden verloren. Anscheinend hat das
grolse Kreuz, welches am rechten Ende angebracht ist, der Mitte des
Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. 39
Gürtels entsprochen, der also eine beträchtliche Länge gehabt haben mufs.
Die Gravirung ist sehr scharf und tief, ähnlich derjenigen auf Nr. II, mit
der auch die Zeichnung viele Ähnlichkeit besitzt.
Das Mittelfeld enthält wiederum ein buntes Durcheinander kämpfen-
der Vierfüfsler, und zwar fast ausschliefslich phantastischer. Zwischen sie
sind nur einige mehr realistisch gezeichnete Vögel und eine Schlange,
sowie verschiedene, hauptsächlich raumausfüllende Ornamente einge-
schoben. In den Kampfscenen gelangt die gruppenweise Anordnung von
Nr. II kaum zur Anwendung; es handelt sich vorwiegend um Einzelkämpfe,
meist unter Thieren verschiedener, zuweilen auch gleicher Art.
Eigenthümlich sind diesem Blech zwei Darstellungen höchst monströser
Doppelthiere, bei denen statt des Schwanzes ein langer, steil auf-
gerichteter Hals mit Kopf angebracht ist, das eine Mal etwas kleiner,
als der Hals und Kopf des Hauptthieres (in pathologischer Sprache des
Autositen), das andere Mal in gleicher Gröfse. Beide Köpfe sind nach
demselben Typus gebaut, stellen also zweifellos eine Art pathologischer
Duplieität dar. Sowohl der kürzere Rumpf und der starke Hals, als
namentlich die langen und breiten Ohren, sowie die zierlicheren, etwas
gestreckten Hufe lassen sich besser auf den Wildesel, als auf das Wild-
pferd beziehen. Mehrere einfache Gestalten dürften trotz ihrer langen
Beine in dieselbe Kategorie gehören; einige von ihnen haben einen halb-
langen, gestreckten oder aufgerichteten Schwanz. Die grolse Beweglichkeit
der Ohren ist in sehr deutlicher Weise ausgedrückt.
Die »Büffelpferde« sind in der Hauptsache dargestellt, wie in
Nr. I. Nur sind die weit gespannten und gekrümmten Hörner viel stärker,
so dafs sie mehr an Primigenius erinnern. Unverhältnifsmäfsig dünn und
klein sind die Köpfe, deren geöffnete und zugespitzte Kiefer an eine
Vogelbildung streifen. Da etwas Ähnliches auch an den Köpfen von
Doppeleseln zu sehen ist, so darf es wohl in das Gebiet der »stylisirten«
Formen gerechnet werden.
Auch die »Greifenpferde« fallen im Wesentlichen unter die Muster
von Nr. H. Indefs sind doch einzelne Besonderheiten zu erwähnen. Alle
vier dargestellten Thiere dieser Art haben am Ende der Extremitäten,
sowohl der vorderen, als der hinteren, eine lange, stark gekrümmte Kralle
von vogelähnlicher Gestalt. An der Stelle des aufgeriehteten und gerundeten
Ohrs in Nr. I sieht man hier zurückgelegte, zum Theil zugespitzte, zum
40 R. Vırcuow:
Theil stumpfe und dicke Fortsätze vom Hinterkopfe, dieht hinter dem
grolsen Auge, ausgehen. In dem am weitesten nach links stehenden
Exemplar ist das Auge, wie übrigens auch bei einigen anderen Thieren,
z. B. den Doppeleseln, im Profil als eine mächtige, halbkreisförmige Er-
höhung mit eoncentrischen Ringen gezeichnet. Zugleich hat dieses Thier
einen dieken, fast stabförmig ausgestreckten Schwanz mit grofsem Drei-
zack am Ende, während die drei anderen leicht gekrümmte, kürzere, dicke
und abgestumpfte, fast stummelartige Schwänze tragen. Der kräftige und
stark gekrümmte Schnabel ist excessiv aufgesperrt.
Mehrere Thiere in der Mitte des Bildes zeigen Hörner nach Art der
Steinböcke, deren unteres Ende mehrere Wülste oder dreieckige Vor-
sprünge besitzt. In einem, unglücklicher Weise verletzten Exemplare
gehen von dieser Stelle ein Paar längere, hirschartige Zacken aus. Das
eine dieser Thiere hat einen kurzen, sehr dieken, stumpfen Schwanz.
Bei demselben sitzt an der Seite des oberen Abschnittes des Halses ein
rundlich-ovaler, horizontal gestellter Lappen, der als ein sehr vergröfsertes
Ohr gedeutet werden könnte. Für die Richtigkeit dieser Annahme spricht
der Umstand, dafs bei zwei anderen Thieren an derselben Stelle ein auf-
gerichteter, nach aufsen zugespitzter Lappen sitzt, der zweifellos ein Ohr
sein soll. Ein Steinbockkopf hat ganz glatte, schwach gekrümmte, steil
aufgerichtete Hörner, einigermaafsen ähnlich dem Aegoceros. Aufserdem
sind als »Lückenbüfser« zwei, zuerst nach vorn, dann nach rückwärts
gekrümmte, lange und starke Hörner abgebildet, die eher an Gazellen-
hörner erinnern. Die Augen der Steinböcke sind grofs und vortretend.
Die drei Vögel sind von denen in Nr. II ganz verschieden. Sie haben
sämmtlich eine mehr gedrungene Gestalt und einen stark gerundeten Leib,
sowie einen breiten, gerade abgeschnittenen Schwanz. An dem kurzen
und dicken Halse sitzt ein rundlicher Kopf mit kleinen Augen; der Schnabel
ist bei allen etwas gekrümmt und verhältnifsmäfsig lang; bei dem rechts
stehenden Exemplar ist er ganz dünn, bei den anderen beiden verhältnifs-
mälsig dick, bei allen spitzig. Das Bein ist als eine ganz einfache, unter
rechtem oder stumpfem Winkel gebogene, längere Linie dargestellt. Man
könnte daher an Wachteln denken, wenn es sich nicht um stylisirte
! Man vergleiche die Abbildung des Gehörns von Capra caucasica Güld. bei
von Erckert a.a. 0, S. 92.
Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. 41
Raben handeln sollte. Die sehr ruhige, inactive Stellung läfst diese Vögel
als hblofse Lückenbülser erkennen.
Die einzige Schlange (links) ist kurz, diek und mit einem starken,
breiten Kopf versehen. Sie ist dargestellt, wie wenn sie eben ein Greifen-
pferd in die Brust bisse; der weit aufgesperrte Schnabel des Pferdes scheint
den Schwanz der Schlange ergreifen zu wollen.
Unter den Füllornamenten steht obenan, sowohl seiner Gröfse, als
seiner symbolischen Bedeutung wegen, ein ganz rechts auf‘ dem Blech an-
gebrachtes Kreuz mit breit aus einander gehenden Armen. Ein enthusiasti-
sches Interpret würde vielleicht noch eine besondere Beziehung darin ent-
decken, dafs dieses »Ständerkreuz« zwischen zwei grofse Hörner, vermuthlich
die eines Büffelpferdes, gestellt ist. Gerade an dieser Stelle hindert ein sehr
unbequemer Defeet die weitere Betrachtung, gleichwie auch das nach rechts
weiterhin sich anschliefsende längliche Gebilde mit der gefranzten Endfläche
in seiner Bedeutung dunkel bleibt. Ob der nach links benachbarte helle
Stern mit der centralen Öffnung etwas mit den himmlischen Sternen zu
thun hat oder nur eine Ornamentscheibe darstellt, mufs dahingestellt bleiben.
Unter den sonstigen Lückenornamenten bemerken wir zweimal Rhomben
mit Punkten an den Ecken, einmal das schon in Nr.X (S. 19) erwähnte
sanduhrförmige Gebilde, einmal das in Nr. U (Fig. 4. Nr. 27. vergl. S. 38)
besprochene gekrümmte Faserbündel und einmal rechts unten eine helle,
nach jeder Seite zweizipflige Figur.
Abgesehen von den eben erwähnten spärlichen Zeichnungen mit ganz
heller Fläche sind alle übrigen im Innern durch Punkte, Kreuzstriche oder
Gurven mannichfaltig verziert, im Wesentlichen übereinstimmend mit der
Schraffirung, die bei Nr. II (S.33) ausführlich besprochen ist.
Eine besondere Aufmerksamkeit verdient die prächtige breite Rand-
verzierung, welche das ganze Mittelfeld umrahmt. Sie beginnt in einiger
Entfernung von dem freien Rande mit einem starken Bande, welches dicht
mit kurzen gekrümmten Parallellinien erfüllt ist. Dann folgt ein schönes,
sehr breites Band aus einer grofs angelegten, fortlaufenden Spirale, die
im Innern wiederum gestrichelt und an ihrer medialen Seite von mehreren
einfachen, parallelen Spirallinien begleitet ist. An jeder Biegungsstelle
ist der Raum ausgefüllt durch ein, im Innern punktirtes, an den Ecken
mit kleinen Kreisen besetztes sphaerisches Dreieck. Darauf‘ kommen zwei
Fleehtlinien mit länglichen Maschen, in denen mehrfach ein kleiner Kreis
Phys. Abh. 1895. 1. 6
42 R. Vırc#ow:
angebracht ist. Noch weiter medialwärts liegt eine diehte Reihe nach
innen offener Halbkreise und zuletzt, gegen das Mittelfeld hin eine Reihe
einfacher Punkte.
Nr. IV (in halber Gröfse auf Taf. II wiedergegeben),
Am 25. Juni 1890 liefs Hr. Belek das Grab Nr. 98 an der Kalakenter
Paradiesfestung öffnen. Es fanden sich darin 3 Skelette, 6 Thongefäfse;
aus Bronze: eine flache Streitaxt, 3 Pfeilspitzen, ein an den Enden ge-
schärfter Schaber, eine gedrehte Kopfspange, 2 Armringe, 2 flache Anhängsel,
2 Knöpfe, 2 Stifte mit breiten Köpfen, 59 Glas- und 26 Carneolperlen und
Bruchstücke des gleich zu besprechenden Gürtelbleches; aus Eisen: Bruch-
stücke einer Lanzenspitze.
In hohem Maafse bedauerlich ist der höchst defeete Zustand, in welchem
das Gürtelblech zu Tage gefördert ist. Die 5 nicht ganz kleinen Bruchstücke,
von denen nur 4 abgebildet sind, zeigen die für diesen Platz ganz neue
Combination einer reichen decorativen Ornamentik mit Thierfiguren, die
sonst auch nicht getroffen wurden. Da nur ein Rand- und kein einziges
Endstück gerettet ist, so kann man sich keine volle Vorstellung von der
Gesammtanordnung machen. Man sieht nur, dafs in der Längsrichtung des
Gürtels ähnliche grofse spitzwinklige Dreiecke vorgeschoben sind, nur weit
reicher ausgeführt, wie in Nr. XI (Taf. I), und dafs neben diesen Dreiecken
ungewöhnliche Thierfiguren aufgestellt sind.
Um mit diesen letzteren zu beginnen, so sind kleinere und gröfsere
Theile derselben auf 3 Bruchstücken erhalten, auf dem rechts wiedergege-
benen Fragment freilich nur der Schwanz und ein Theil des Contours eines
Hinterbeines. Auf einem zweiten Bruchstück sieht man Schwanz und Hinter-
leib, auf einem dritten, dem linken, zwei Fragmente der Thierzeichnung,
von denen das untere Kopf, Hals und ein Stück des Rumpfes mit einem
Theil des rechten Vorderfufses, das andere den Hinterleib des Thieres, je-
doch ohne Schwanz, aber bis zu dem rechten Vorderbein, wiedergiebt.
Construirt man sich daraus das Aussehen eines solchen Thieres, so ergiebt
sich, dafs es ein Raubthier mit langen Krallen war, das in Haupt-
sachen einem Tiger entspricht. Der sehr kräftige Rumpf ist in seiner
ganzen Ausdehnung bis zum Kopfe und bis zum Ansatze der Extremi-
täten mit breiten, quergestrichelten Bändern bedeckt, die im Allgemeinen
Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. 43
der Längsrichtung entsprechen, wenngleich sie an dem linken Bruchstück
etwas schräg gestellt sind und am Unterleibe durch einen mehr senk-
rechten, am Halse durch zwei, halsbandartige Streifen oder Bänder unter-
brochen werden. Die Ausfüllung der einzelnen Bänder ist in eigenthüm-
licher Weise durch etwas gekrümmte Striche hergestellt, welche nach beiden
Seiten hin in einander übergehen, also eigentlich eine einzige Ziekzacklinie
mit ganz engen Gliedern bilden. Ein Paar kleinere Querbänder finden sich
auch an den oberen Abschnitten der Beine, hier jedoch durch Linien klein-
ster Kreise dargestellt. Nach der Richtung der Streifen könnte man fast
noch mehr, als auf den eigentlichen Tiger, auf das Tigerpferd (Hippotigris
der Alten, Equus Burchelli) schliefsen, aber der sehr lange und starke, ge-
bogene Schwanz, das kurze, weit aufgesperrte Maul mit der Raubthier-
physiognomie und die kurzen zugespitzten Ohren haben nichts Pferdeartiges
an sich. Auch würde schon die geographische Verbreitung gegen das
Tigerpferd sprechen. Es kommt hinzu, dafs die aus Punkten bestehende
Rosette an dem einen Hinterbein und die sonstigen Punktreihen an Beinen,
Ohren und Krallen die farbigen Flecke des Tigers wiederzugeben scheinen.
Dabei bleibt es freilich zweifelhaft, was die an Klapperbleche erinnernden
Anhängsel zu beiden Seiten des Schwanzes bedeuten sollen. Auch erscheint
die dreieckige Figur am Ende des Schwanzes nicht correet. Immerhin hat
dieser Tiger so viel Realistisches an sich, dafs er den besten Abbildungen
der anderen Bleche an die Seite gestellt werden kann.
Die übrige Verzierung dieser Stücke wiederholt eine Reihe von Mustern,
die schon bei den einfacheren Gürtelblechen besprochen worden sind.
Längs des Randes zieht sich ein breiter Streifen hin, der aus 4 ver-
schiedenen Elementen zusammengesetzt ist: zu äulserst eine einfache, perl-
schnurähnliche Punktreihe, dann ein schmaleres Band mit dem Sparren-
ornament, darauf eine Reihe volutenartig gekrümmter Dreiecke mit Punkt-
ausfüllung, zu innerst ein schmales Band mit gekreuzten Schrägstrichen
(Gitterornament). Dieselben Muster, mit Ausnahme der Punktreihe, setzen
auch die grofsen Dreiecke der centralen Region zusammen, aber zu ihnen
kommt noch ein grofsmaschiges Flechtornament. An der Spitze der grofsen
Dreiecke stehen Rosetten, aus concentrischen Punktreihen gebildet. End-
lich sieht man auf dem linken Fragment noch die zugespitzten Endstücke
von 3 breiten Parallelbändern des Mittelfeldes, welche aus Flecht-, Gitter-
und Punktornamenten zusammengesetzt sind.
6*
44 | R. Vıremow:
Nr.V (in halber Grölse auf Taf. I).
Dieses Blech ist eines der am besten erhaltenen. Es ist 72°” lang
und gröfstentheils 8° breit. Beide Enden sind abgerundet und haben
wahrscheinlich je 3 Löcher zur Befestigung gehabt; von letzteren sind nur
auf dem rechten Ende die 2 äufseren oder lateralen erhalten, während
die übrigen sämmtlich ausgerissen erscheinen. Die beiden vorhandenen
mm
im lichten Durchmesser.
Rings umher läuft bis nahe an die abgerundeten Enden, hart am Rande,
mm
sind ganz scharf gerundet und haben je 5
eine sehr zierliche, aber schmalere Borte von 5”"" Querdurchmesser, unten
nur an ihrer inneren Seite, oben jederseits, sowohl aufsen als innen, be-
grenzt durch eine einfache Punktreihe und dazwischen ein schönes, aus
3 Strängen von Fasern gedrehtes Flechtornament. Letzteres variirt an
den einzelnen Stellen etwas. Nach rechts hin sieht man in der obersten
Flechtreihe eine Anzahl regelmäfsiger länglicher Maschen mit eingedrücktem
Kreise. Fast an dem ganzen übrigen Umfange hat der Künstler den
Zusammenhang der Fäden an den Einbiegungsstellen unterbrochen, so dals
dadurch lauter flache Halbkreise gebildet sind, deren Enden in der Art
in einander greifen, dafs sie in die Aushöhlungen der gegenüberstehenden
Reihe gestellt sind und die Maschenräume füllen. Dies gilt vorzugsweise
für die beiden äufseren Fleehtreihen, während die Halbkreise der dritten,
inneren mit ihren Enden auf die convexen Vorwölbungen der zweiten,
mittleren: Reihe aufgesetzt sind.
Dabei zeigt sich ein anderes, höchst eigenthümliches Verhältnis. An
dem oberen Rande, mehr gegen das linke Ende hin, ist ein schmaler,
zusammengebogener Blechstreifen wie eine Klammer über den Rand ge-
sehoben und durch eine Niete festgehalten. Ob hier ein alter Rifs gewesen
ist, läfst sich nieht deutlich erkennen. Jedenfalls ist die Klammer nicht
erst nachträglich angefügt, vielmehr mufs sie schon an ihrer Stelle gewesen
sein, als die Borte gravirt wurde. Denn von hier aus gegen das Ende
zu, in einer Länge von 6°”, hat das Flechtornament nur zwei Reihen und
es fehlt die obere Punktreihe, während nach rechts sowohl die Punktreihe,
als das dreifache Flechtwerk vorhanden und aufserdem noch auf eine
kurze Strecke ein Zusatzornament angesetzt worden ist. Letzteres besteht
in einer Länge von 10° aus einer äufseren Reihe von Halbkreisen, deren
Öffnung lateralwärts gerichtet ist; dann folgt ein einfacher Strich, dessen
Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. 45
schiefe Richtung der Lage der nächsten Thierfiguren angepafst ist, und
darauf medialwärts eine neue, aber viel kürzere Reihe flacher, nach innen
offener Halbkreise von 7°"5 Länge. Da das Ende der Klammer ein wenig
über das Horn eines Thieres hinübergreift und das Zusatzornament bei
zwei anderen Thieren die Spitzen der Hörner abschneidet, so mufs ange-
nommen werden, dafs das Mittelfeld schon fertig war, als die Klammer
gemacht wurde, dafs dagegen die Borte noch in der Arbeit war. Die
Absicht des Künstlers, durch das Zusatzornament eine Verschönerung,
gleichsam einen Ersatz für das verloren gegangene Stück der Borte zu
schaffen, ist aus irgend welchem Grunde gescheitert.
Auch die beiden Endstücke sind ganz verschieden behandelt. Links
ist ein recht gefälliger Abschlufs erzielt, indem hier die Randborten an
fast symmetrischer Stelle aufhören und dafür quere Bänder angebracht
sind. Das am meisten peripherische derselben trägt das Schrägstrich-
ornament; das nächstinnere ist ganz leer, das dritte hat ein spitzwinkliges,
grols angelegtes, das letzte, innerste ein schmaleres Ziekzackornament.
Am rechten Ende scheint die Aufgabe, eine vollkommene Decoration zu
schaffen, aufgegeben zu sein. Denn hier fehlt jede Randverzierung. Die
beiden Flechtstreifen hören schon vorher auf, der obere früher, der untere
später, erst in der Nähe des einen Bindeloches.. An das unregelmäfsig
abgeschlossene Ende des oberen Streifens sind 4 etwas gröfsere Kreise in
Form eines Quadrats gestellt; der untere Streifen schliefst ohne weitere
Zusätze ab. Dafür reicht hier die mediane Thierreihe bis fast unmittelbar
an den abgerundeten Rand heran.
Betrachten wir nun das Mittelfeld: dieses ist, abgesehen von einigen
Lückenornamenten, ganz bedeckt mit einer doppelten, nur an einer Stelle
links dreifachen Reihe von Thieren, welche, ganz abweichend von denen
auf den bisher besprochenen Blechen, sich in einer ruhigen Bewegung
befinden, zum Theil vielleicht als stillstehend gedacht werden sollten. Hier
ist weder von Jagd, noch von gegenseitigem Kampfe wilder Thiere irgend
eine Andeutung gegeben. Es ist eben eine grofse Heerde, man möchte
schon bei dem ersten Anblick sagen, eine Heerde weidender oder von
der Weide abziehender Thiere.
Aber es ist nicht leicht zu sagen, was für Weidethiere gemeint
waren. Obwohl mit einer einzigen Ausnahme jedes Stück der Heerde
zwei gerade, divergirend auseinanderstehende Hörner hat, so gleichen
46 R. Vırcnow:
diese Hörner doch weder den Hörnern des Rindviehes, noch dem Geweihe
der Hirsche. Auch schliefst die gedrungene Gestalt des Körpers, die
Kürze der Beine, der lange dünne Schwanz jeden Gedanken an eine
Hirschart, einschliefslich der Rehe, aus. Man wird überhaupt auf weniger
grolse Thiere hingewiesen, und unter diesen können zunächst in Betracht
kommen Antilopen und Schafe. Für die ersteren sprechen die geraden
Hörner, für die letzteren der Gesammthabitus und der scheinbar wollige
Pelz. Aber überzeugend sind diese Merkmale nicht.
Man wird nieht umhin können, der Unsicherheit, man kann vielleicht
sagen, der Ungeschicklichkeit des »Künstlers« Rechnung zu tragen. Der
Eindruck des Schülerhaften läfst sich nieht verwinden. Ein so dünner,
ganz linearer und noch dazu ziekzackartiger Schwanz kommt in der Natur
nicht vor. An keinem der Thiere sind die Beine voll ausgezeichnet, sie
enden durchweg wie abgeschnitten ungefähr in der halben Höhe. Selbst
die Köpfe sind nur angedeutet oder überhaupt nicht angelegt. Freilich
hat das Blech an vielen Stellen durch Abscheuern stark gelitten; in der
Mitte der linken Hälfte ist ein gröfserer Abschnitt ganz wie abgeschliffen.
Aber es bleiben doch Thiere genug übrig, an denen der Kopf hätte aus-
gezeichnet werden können. Bei so grofsen Mängeln mufs man darauf ver-
zichten, eine bestimmte Diagnose zu machen. Aber selbst ein Kind pflegt bei
seinen stümperhaften Zeichnungen doch eine gewifse Absicht zu haben: es
will irgend eine Art von Thier darstellen, und wir können uns daher der Frage
nicht ganz entziehen, welehe Absicht unser »Künstler« gehabt haben mag.
Im ersten Augenblick glaubte ich als das natürliche Vorbild den Jak
(Bos grunniens) annehmen zu dürfen!. Die mächtige Behaarung des Thieres,
seine plumpe Gestalt, seine kurzen oder doch kurz erscheinenden Beine,
sein zusammengezogener Kopf mit den weit auseinander stehenden, kurzen
Hörnern schien einigermaafsen zu pafsen. Aber der Jak ist ein grofses
Thier von wilden Manieren und seine Heimath ist weit vom Kaukasus
in den Gebirgen von Centralasien. Daher schien es mir bei weiterer Ver-
gleichung natürlicher, ein kleineres Thier zu wählen, das in gröfserer
Nähe zu Hause ist.
Unter den Antilopen könnte nur die Saiga in Betracht kommen.
Sie ist häufig in den Steppen Osteuropas, um die kaukasischen Gebirge
! Correspondenzblatt a. a. ©. 1890. S. 116.
Über die culturgeschichtliche Stelhıng des Kaukasus. 47
und das Caspische Meer bis zum Altai. »Sie lebt stets in Gesellschaften,
sammelt sich mit Beginn des Herbstes aber in Heerden von mehreren
tausend Stück, welche ziemlich regelmäfsig wandern und erst gegen das
Frühjahr hin rudelweise nach ihren früheren Standorten zurückkehren.
Pallas beobachtete, dafs niemals alle zugleich ruhten, sondern einzelne
stets weideten und sicherten« u. s. w.'. Auch die äufsere Erscheinung
der einzelnen Thiere läfst sich mit unserer Abbildung in einen gewilsen
Einklang bringen’. »Sie erinnert in Gestalt und Wesen an das Schaf. ..
Ihre Gestalt ist sehr plump, der Leib diek und gedrungen, auch ver-
hältnifsmässig niedrig gestellt, da die Läufe wohl schlank, aber nicht
hoch sind, das Fell aufserordentlich langhaarig und so dicht, dafs es
eine glattwollig erscheinende Decke bildet... Die Hörner stehen etwas
entfernt von einander über der Augenhöhle, sind leierförmig, unten mit
etwas verwischten Ringen gezeichnet und gestreift, an der Spitze verdünnt
und glatt... Der Schwanz ist kurz, an der Wurzel ziemlich breit. . .«
Unseren Abbildungen fehlt vielerlei, um eine genaue Wiedergabe dieser,
auch nur kursorisch ausgezogenen Merkmale darzustellen, und doch läfst
sich eine gewilse Übereinstimmung in dem Ensemble nicht verkennen.
Ich möchte auch darauf aufmerksam machen, dafs die sonderbare Auf-
faserung der Hörner an ihrem freien Ende an einen bei alten Antilopen
vorkommenden Zustand erinnert, wo nicht selten die Spitzen abgebrochen
sind und sieh die Bruchflächen dann in ein feines Faserwerk auflösen.
Unsere Thiere können freilich auch mit wirklichen Schafen verglichen
werden. Nach Pallas wird das langschwänzige Schaf von den kaukasischen
Hirtenvölkern hauptsächlich gezüchtet”, aber der Schwanz ist »mit Wolle
ganz bewachsen, welche an der Spitze eine Quaste, gleich dem Löwen-
schwanz, bildet«. Davon ist in unserem Bilde nichts zu erkennen. Ebenso-
wenig stimmt die gerade und dicke Form der Hörner. Nur eine Andeutung
von Widderhörnern findet sich in der Mitte des .Gürtelbleches, wo zwei,
von einander abgewendete, horizontal gestellte Köpfe mit doppelt gebogenen
Hörnern, welche ganz den Eindruck von Widderköpfen machen, als Lücken-
büfser eingeschoben sind. Nur eines der grölseren, im Profil gezeichneten
Thiere am linken Ende des Gürtels hat einfach gebogene und zurückgelegte
2 Alfr. G. Brehm’s Thierleben. Die Säugethiere. Leipzig u. Wien 1891. Bd.3. S.415.
® Vergl. die Abbildung bei Brehm a.a. O. S. 415.
! Virchow, Koban. S. 146.
48 R. Vırcnow;
Hörner wie die Saiga, aber diese mögen nur aus Mangel an Raum so
gezeichnet sein; überdies sind sie nur durch einfache Linien angedeutet.
Selbst die 3 übereinander gestellten Lämmer haben schon gerade und
dicke Hörner.
Eine Besonderheit ist noch zu erwähnen. Auf der rechten Hälfte
des Gürtelbleches zeigen sämmtliche 'Thiere der oberen Reihe einen dicken
und verhältnifsmäfßsig starken, bald kegelförmigen, bald eylindrischen
Auswuchs in der Gegend zwischen den Schulterblättern, der in der Regel
etwas zurückgelegt und am Ende leicht gekrümmt ist. Unter allen Thieren,
die meines Erachtens herangezogen werden können, ist es nur das Zebu,
das indische Buckelrind, welches etwas Ähnliches darbietet. Auch das
kurze, mehr gestreekte Gehörn desselben liefse sich mit der Darstellung
unseres Gürtelblechs in Vergleich bringen. Vielleicht hat die Phan-
tasie des Künstlers hier eine Mischform hergestellt, die in der Natur nicht
vorkommt.
Eine gewisse Anzahl der Thiere zeigt aufserdem eine, durch gerad-
linige Bänder begrenzte leere Stelle, welche sich vom Rücken her über
die Seiten des Bauches herabzieht. An einzelnen Thieren nimmt sie ganz
die Form und die Lage einer Satteldecke an, indem noch besondere
Punktlinien hinzugefügt sind, die in einem Falle ein viereckiges Feld um-
säumen. Sollten hier Reitthiere angedeutet werden? Es ist mir nichts
davon bekannt, dafs in diesen Gegenden jemals Reitochsen benutzt worden
sind. An Pferde, obwohl ihre Gebeine in den Kalakenter Gräbern häufig ge-
funden werden, ist in keiner Weise zu denken. Nichtsdestoweniger hat ein
so guter Kenner, wie Hr. Möbius, den Gedanken an ein Reitthier nicht
unzulässig gefunden; ja, er hat die Frage angeregt, ob nieht auch der
kegelförmige Vorsprung am Rücken auf einen Sattelknopf hinweisen und
die sonderbaren Hörner als Ziergebilde zu betrachten sein könnten.
Als eine ganz solitäre Erscheinung sehen wir endlich über den beiden
Widderköpfen ein höchst abenteuerliches, llamaartiges »Magerthier«, lang-
gestreckt, sehr dünn, mit vorgestrecktem Halse und kleinem Kopfe, vier
langen, dicken, gegen einander gestellten, krummen Beinen, ohne Schwanz,
dafür aber mit einem langen Zickzackfaden versehen, der aus dem Maule
herabhängt, übrigens dem Schwanze der übrigen Thiere ähnlich. Von
Hörnern keine Spur. Dagegen ist Hals und Rücken mit dreieckigen
Feldern besetzt, deren Basis oben in der Mittellinie liegt, während die
Über die culturgeschichtliche Stelling des Kaukasus. 49
Spitze bis zu der unteren CGontourlinie des Rumpfes herabreicht. /on
Spitze | 1 teren Contourl les Rumpfes heral ht. Ve
allen dargestellten Thieren gleicht dieses am meisten einem abgemagerten
Pferde (Mähre). Indefs könnte es auch auf ein geschorenes Schaf bezogen
werden.
Nr. XIV und XV (Taf. IV, in °/s der natürlichen Gröfse).
Zwei Bruchstücke, welche der sauberen Ausführung wegen besondere
Erwähnung verdienen. Sie stammen wahrscheinlich aus demselben Grabe
(Gogdaja, Nr. 14).
Das erste (Nr. XIV) gehörte zweifellos zu einem Gürtelblech. Von
der sehr breiten und höchst anmuthig ausgestatteten Randverzierung ist
so viel erhalten, dafs man an der äufseren Bruchstelle noch Reste eines
Flechtornaments erkennen kann. Von da nach innen zu folgt zwischen
zwei gleichartigen, einem Blätterkranz ähnlichen Bändern eine an einander
gegliederte Reihe gestreckter Rhomben, deren Inneres perlschnurartige
Linien von Punkten zeigt, während an den Eeken kleine Kreise liegen.
Das Mittelfeld, von dem nur ein kleines Stück vorliegt, ist dicht
bedeekt mit sehr bewegten Thierfiguren, unter denen man eine längere
Schlange, zwei Vögel und drei Vierfüfser unterscheidet. Da von letzteren
nur 2, und zwar nur mit dem Hinterleibe, erhalten sind, so läfst sich
höchstens die Übereinstimmung mit den phantastischen Thieren auf Nr. I
und III constatiren: wahrscheinlich waren es Greifenpferde. An dem einen
ist die krallenförmige Gestaltung der Hufglieder deutlich ausgebildet.
Die Vögel gleichen in ihrer Gestalt denen von Nr. II (Taf. I). Aber
der eine ist weit gröfser und weit mehr bewegt gezeichnet; zugleich ist
er der einzige unter allen bisher aufgefundenen, der mit einem ganz ent-
falteten Flügel gezeichnet ist. Der letztere ist sehr grofs und voll, mit
Sparrenornament bedeckt. Da zugleich der lange gerade Schnabel und
sehr lange, dünne Beine auf einen Wasser- oder vielleicht besser auf
einen Sumpfvogel hindeuten, so kann man an einen Kranich oder Reiher
denken.
Zur Raumausfüllung dienen einzelne gekrümmte Faserbündel mit
Punkten. —
Obwohl schwerlich zu einem Gürtelblech gehörig, mag hier ein, von
gleichem Orte herstammendes Blechstück (Nr. XV) erwähnt werden, welches
das geprefste Bild eines Vierfüfslers, anscheinend eines Hundes, zeigt.
Phys. Abh. 1895. 1. 7
50 R. Vıremow:
Die Ausführung ist ziemlich roh und ohne alles Detail. Man erblickt
die in flachem Relief ausgeführte Gestalt eines sehr schmächtigen, lang-
schwänzigen Hundes, dessen Contour durch Punkte verstärkt ist. Der
Kopf ist lang und zugespitzt, die Ohren kurz, der Hals lang, der Rumpf
dünn und nach hinten etwas erhoben, die Vorderbeine von einander
getrennt und dünn, die Hinterbeine zu einem dicken Stummel vereinigt.
Das Bild gleicht am meisten einem Jagdhunde.
Nr. XVI (Taf. IV, °/s der natürlichen Gröfse).
Von diesem Prachtstücke sind drei Fragmente gerettet worden, welche
glücklicherweise genau an einander passen. Sie sind von meinem Zeichner
im Zusammenhange gezeichnet worden.
Das Blech ist ungewöhnlich stark, stellenweise schön grün patinirt,
aber an manchen Stellen von einer mehr rothbraunen Kupferfarbe und
glänzend. Es mufs sehr breit gewesen sein: man kann seine Breite auf
etwa 13°”5 schätzen. Von der Randverzierung sind oben und unten kurze,
obwohl breite Theile erhalten. Man sieht daran zu äufserst eine feine
laufende Spirale; dann ein einfaches Flechtornament aus zwei Fasern mit
länglichen Maschen und kleinen Kreisen darin; dann ein Band aus etwas
starken, aber kurzen Schrägstrichen: dann das Rautenornament (vergl.
Nr. XIV S. 49) und endlich zu innerst nochmals ein einfaches Flecht-
ornament, aus nur einer Faser gebildet.
Das Mittelstück zeigt ein herrliches Querfeld mit drei grofsen, höchst
stattlichen Vögeln, die in einer Reihe über einander stehen und im Wesent-
lichen nach demselben Typus gebildet sind. Von einem kurzen und dicken
Rumpf erhebt sich ein langer, nach oben sich stark verjüngender Hals,
der einen kleinen, länglichen, mit einem zurückgebogenen Federbusch ge-
schmückten Kopf trägt; das Auge ist klein und rundlich oval, der Schnabel
länglich, kräftig und zugespitzt. Bei zwei Thieren hängt aus dem Schnabel
ein langer einfacher, ranken- oder wurmförmiger Faden herab, dessen Ende
bei dem ersten in eine Spirale aufgerollt, bei dem zweiten in eine Art von
grolser Schlinge zusammengelegt ist. Bei dem dritten Vogel, der den Kopf,
wie nach Nahrung suchend, herabgebogen hat, fehlt der Faden. Die Beine
sind bei allen stark, gerade und laufen in stark gebogene Krallen aus.
Vom Rücken hebt sich ein leicht gelüfteter, mächtiger Flügel von diehtem
Über die culturgeschichtliche Stelling des Kaukasus. sl
Gefieder in stolzer Halbmondstellung ab. Die innere Ausfüllung der Flügel
ist durch ein dichtes Sparrenornament ausgeführt; aufsen haben die beiden
ersten 'Thiere daran einen Saum gerade abstehender Kurzstriche (Härchen).
Von der Steifs- und Kreuzgegend gehen zwei längere und zugleich breitere,
flach gebogene, mit Punkten besetzte Federbogen aus, die am Ende gerade
abgeschnitten, aber kurz aufgefasert sind.
Wohin soll man nun diese Vögel bringen? Augenscheinlich sind es
keine Raubvögel, eher könnte man sie als Luxusvögel bezeichnen. Manches
an ihnen erweckt die Erinnerung an den Pfau, aber gerade Schwanz und
Flügel passen nicht dazu. Für Truthühner (Indian cock) scheinen diese
Thiere zu elegant. So erübrigt wohl nur der Fasan, der in seinen ver-
schiedenartigen Varietäten weithin über Asien verbreitet ist, und der seiner
prächtigen Ausstattung wegen gewiis sehr früh die Aufmerksamkeit auf
sich gezogen haben muls. —
Über die phantastischen Thiere dieses Bleches habe ich nur anzuführen,
dafs zwei derselben der Steinbockgruppe, ein drittes der Gruppe der
Büffelpferde angehören; bei den meisten ist der Obertheil des Körpers
verloren gegangen und daher eine sichere Entscheidung nicht möglich.
Zusammengesetzte Rhomben sind zweimal als Lückenbüfser eingeschoben,
darunter wieder eine sanduhrartige Figur.
Nr. XVII und XVII (Taf. IV, in °/s der natürlichen Gröfse).
Diese schönen und grofsen Fragmente wurden von Hrn. Emil Rösler,
wie schon erwähnt (S. 10), im Juli 1894 in einem sogenannten Kurgan,
der sich als ein Brandhügelgrab erwies, bei der Poststation Chodschali,
22 Werst nördlich von der Stadt Schuscha in Transkaukasien, Gouverne-
ment Jelisawethpol, gefunden‘. Die Abbildungen sind nach den von ihm
an mich eingesendeten Zeichnungen, die den Eindruck grofser Treue machen,
wiedergegeben. Es ist dies der einzige Fall aus dieser Gegend, wo ein
soleher Fund in einem Brandgrabe angetroffen ist.
Das Blech ist, die Genauigkeit der Zeichnung vorausgesetzt, sehr breit,
nämlieh 13°%5. Es ist wesentlich in derselben Anordnung und vielfach
mit den gleichen Darstellungen, wie die früheren, ausgeführt. Jederseits
! Verhandl. d. Berl. anthrop. Ges. 1895. S.147 (Zeitschr. f. Ethnol. Bd. XXVI).
mx
52 R. VırcHnow:
in einiger Entfernung vom Rande ein breites Ornamentband, bestehend
aus einem centralen Flechtstreifen mit unterbrochenen, spiralförmig in ein-
ander greifenden Gliedern, und zwei einfassenden Streifen, die zwischen
den begrenzenden Linien je eine Reihe dicht gedrängter, doppelt con-
tourirter, theils nach aufsen, theils asymmetrisch nach innen geöffneter
Halbkreise enthalten.
Das geräumige Mittelfeld zeigt einen kämpfenden Mann, bei dem
es schwer zu entscheiden ist, was an ihm nur Zeichnung und was Beklei-
dung ist. Anscheinend steckt er in einer vollständigen Rüstung, aber die
grofse Übereinstimmung der Zeiehnung in ihren Einzelbestandtheilen mit
derjenigen an dem Greifenpferde, mit dem er im Kampfe begriffen ist,
erregt das Bedenken, wo die Grenze für die realistische Bedeutung der
verschiedenen Arten von Linien und Schraffirung zu ziehen ist.
Nicht im Mindesten zweifelhaft ist der Kampf. Nach der Gesammt-
anordnung des Bildes mufs man annehmen, dafs der Mann durch das an-
greifende Thier zu Boden geworfen ist und sich liegend vertheidigt. Das
Greifenpferd hat die mächtige Kralle seines einen Vorderfulses in die Stirn-
gegend des Mannes eingeschlagen. Letzterer hat das entsprechende Bein
des Thieres abwehrend mit der Linken ergriffen und holt mit der hoch
erhobenen Rechten, in der er ein krummes Haumesser führt, zu einem
Schlage aus, welcher gegen die Kralle des Thieres gerichtet ist.
Nicht zu entscheiden dagegen ist die Frage, ob der Mann einen Helm,
bezw. eine Schutzkappe auf dem Kopfe hat. Man könnte glauben, einen
Helm mit Visier vor sich zu sehen. Für einen geöffneten Mund wären
die Lippen zu lang und zu spitz. Aber man wird hier vielleicht Nach-
sicht gegen den Zeichner üben müssen, da auch die beiden Kreise, die
den Eindruck von Augenpunkten machen, auf derselben rechten Seite über
einander gestellt sind. Der mit kleinen Kreisen erfüllte Saum, der von
hinten her über den Kopf läuft und der als ein Helmkamm imponirt,
findet sich sonst an dem Körper nicht, was einigermaafsen für eine rea-
listische Deutung spricht. Die Seite des Kopfes ist mit einigen gebogenen
Linien besetzt, welche die vordere Begrenzung des Helms andeuten könnten.
Der Hals ist mit einem breiten, aus 3 horizontalen Gliedern bestehen-
den Reif umgeben. Über die Brust ziehen sich 4 gebogene, mit Strichen
gefüllte, breite Bänder. Der Unterleib zeigt in der Gegend, wo das Gürtel-
blech sitzen sollte, eine ganz breite, den ganzen Bauch deekende Quer-
N
Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. 53
binde, deren Fläche Reihen kurzer senkrechter Striche trägt, während sie
oben und unten durch einen besonderen Saum abgegrenzt ist. Darunter
folgt eine ganz verschieden angelegte Zeichnung, welche die Beckengegend
und die Oberschenkel deekt; diese ganze Fläche hat, wie die Brustfläche,
breite Bänder, die sich in mächtigen Bogen vom Bauch zu den Schenkeln
herabziehen. Erst über den Knieen liegt wieder ein gegliederter Querreif
(Binde?) mit starker Einschnürung des Beines. Unterschenkel und Fülse sind
ganz mit kleinen Kreisen besetzt; nur über den Knöcheln und um die Mitte
des Fufses sind wieder Querbänder gelegt. Die Spitzen der Fülse zeigen
jene aufwärts gerichtete, schnabelförmige Biegung, die nur am Schuhwerk
gesehen wird. Was endlich die Oberextremitäten betrifft, so sind die
greifenden Finger wiedergegeben, die Arme mit längeren Strichen bedeckt
und am rechten Hand- und Schultergelenk Querbänder angebracht. Der
linke Arm ist grolsentheils vom Körper getrennt und an der Trennungs-
linie so geradlinig und am Ende derselben so zugespitzt, dafs man un-
willkürlich an eine Armschiene denken mulfs.
Immerhin, wie viel man von diesen Dingen als blofse Zugabe des
Zeichners betrachten will, es bleibt doch das lebensvoile Bild eines Kampfes
auf Leben und Tod. So ist auch das Greifenpferd aufgefafst, das in wüthen-
dem Ansturm auf den Mann losgeht, die weit geöffneten Vogelkrallen aus-
gestreekt, den langen Schwanz weit über den Rücken vorgebogen, der
ganze Körper in gewaltigem Sprunge begriffen.
Was die Einzelheiten der Zeichnungen an dem Thierkörper angeht,
so findet sich derselbe doppelteonturirte Randsaum, wie in früheren Fällen,
nur dafs derselbe in den Schwanz und die Ansätze der Beine übergeht;
eine Reihe schräger Bänder ziehen sich von der Rückenlinie über den
Rumpf nach der Bauchlinie und zerlegen die ganze Fläche des Rumpfes
in eine Reihe von Feldern, welche mit ceoncentrisch angelegten Curven, in
jedem Felde etwas anders, überzogen sind. Auch die Beine haben solche
Curven; an ihrem Ansatze am Rumpfe gewähren sie gleichfalls das Bild
einer Panzerung. Man wird bei dem Anblick dieser Felder und Curven
am meisten an den Hautpanzer des Rhinoceros erinnert, aber gerade diese
Ähnlichkeit mufs auch als eine Warnung dienen, solche Ähnlichkeit nicht
»wörtlich« zu nehmen. Man sieht eben, wie die Hand des Zeichners
unabsichtlich zu der Herstellung von Zeichnungen geführt wird, die recht
wohl realistischen Vorkommnissen entsprechen können. —
54 R. Vırcmow:
Das zweite Bruchstück (Nr. XVII) bietet uns in besonders kunstvoller
Ausführung Bilder des uns schon bekannten Büffelpferdes. Eines dieser
Thiere ist in ganzer Vollständigkeit erhalten; von einem zweiten haben wir
nur das Vordertheil. Beide 'Thiere sind in Kampfstellung, den Kopf ge-
senkt und das starke Gehörn gerade vorgestreckt. Im Einzelnen sind
manche Theile vollständiger, auch einigermaafsen verändert gegeben. Die
zugespitzten Ohren sehen wie grofse Kegel aus und sind entsprechend
querschraffirt. Die aus Doppelkreisen gebildeten Augen stehen, wie bei dem
Manne, beide auf derselben Seite über einander und sind durch Zufügung
eines Ringes aus kleinen Kreisen in Rosetten umgewandelt. Die dieke
Sehnauze ist, aufser mit Punkten, mit einem seitlich angebrachten umge-
kehrten Dreieck versehen, das seiner Lage nach an ein künstliches Gebifs
erinnert. Um den Hals läuft eine Art von Riemen. Die Hufe haben eine
gerade Sohle; über ihnen stehen, durch eine halbkreisförmige Bucht ge-
trennt, grofse Afterhufe. Der lange und starke, mit Kreisen besetzte
Sehwanz hängt weit herab und ist unten gerade abgeschnitten. Der Rumpf
zeigt aulser dem banalen Randsaum zebraartige Zonen, die abwechselnd
mit Schrägstrichen und mit offenen Halbkreisen gefüllt sind. Die Gesammt-
form der springenden Thiere ist ungemein natürlich.
Aufserdem treffen wir auf diesem Blechstück noch eine gröfsere Zahl
von Füllornamenten, einzelne darunter von ganz neuer Form. An einer
Stelle erhebt sich von der Randverzierung unten ein hoher dreieckiger zu-
gespitzter Vorsprung, der aufsen einen schräggestrichelten Saum, innen 4
über einander stehende Parallelzonen mit Querbalken und offenen Halbkreisen
zeigt. An einer anderen Stelle oben sitzt ein halbkugliger Vorsprung mit eon-
centrischen Linien. Vor dem rechten Pferde, unter dem Gehörn, findet sich
ein mit 7 dreieckigen und punktirten Vorsprüngen besetzter, innen mit
einer concentrischen Spirallinie gefüllter Stern (vergl. Nr. II S. 41). In
gleicher Stelle steht vor dem linken Pferde ein grofser Torso, der im Ganzen
die Gestalt eines hochbeinigen und langhalsigen Vogels mit Flügelansatz und
Querbändern darbietet. Vor demselben ist ein Stück eines grofsen, aus
ziekzackförmig zusammengefügten Balken mit Bandornament versehenen
Gerüstes dargestellt, dessen Bedeutung (Zaun? Stall?) sich nieht erkennen
läfst. Über der Kruppe des linken Pferdes schwebt ein Körper, der ungefähr
aussieht, wie ein Schlägel mit Innengeflecht zum Ballschlagen (racket).
Unter dem Thiere steht eine grofse Raute mit punktirtem Randsaum und
Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. 55
einerkleineren Innenraute. Endlich ragt noch das, scheinbar mit einem
Stachel bewehrte Ende einer grofsen Schlange von rechts her unter dem
hinteren Pferde bis an den Huf des vorderen heran. —
Es war ein in jeder Hinsicht glücklicher Fund, den Hr. Rösler in
Chodschali gemacht hat, und er hat ihn in trefflichster Weise ausgebeutet.
Für meine gegenwärtige Untersuchung hat derselbe einen um so grölseren
Werth, als das Gebiet der Gürtelbleche mit Thier- und Menschen -Ornamenten
sich dadurch um ein Beträchtliches der persischen, vielleicht sollte man
sagen, der medischen Grenze genähert hat. Ich sage dem eifrigen Forscher
daher meinen besten Dank.
Mit seiner letzten Sendung vom 27. April d. J. hat er mir noch von
einem anderen werthvollen Funde eine Skizze zugehen lassen. Es ist
dies eine
ornamentirte Goldbleehhülse von Artschadsor.
Dieselbe (Fig. 5) wurde in einem Kurgan ohne Steinkiste
bei dem schon früher erwähnten Dorfe Artschadsor, nicht weit
von Schuscha, gefunden. Es ist, soviel ich verstehe, ein
Hohleylinder aus Goldblech, in welches eine Anzahl von
Thierbildern eingeprefst ist, in denen Hr. Rösler Antilopen,
Hunde und pferdeartige Vierfüfsler unterscheidet.
Diese Hülse mit ihren Verzierungen scheint nach Ana-
logie der assyrischen Cylinder geformt zu sein. Aber die
Darstellungen selbst stimmen damit nicht überein.
Nach der vorstehenden Übersicht über die ornamentirten Gürtelbleche
der Gräberfelder in den mehr östlichen Theilen des armenischen Hochlandes
ist es zunächst erforderlich, noch einen Rückblick auf die, wenn auch
nieht weit entfernten, so doch einer mehr westlichen Gruppe angehörigen
Fundplätze zu werfen, die in Hrn. de Morgan einen so trefflichen Erforscher
gefunden haben.
Nach seinem Bericht! fand er solche Gürtelbleche in Akthala, Sadakhlo
und Musijeri. Er unterscheidet davon ihrem Alter nach drei Gruppen. Die
! Morgan, Mission 1. p. 114.
56 R. Vırcaow:
jüngsten seien die am meisten verzierten und zugleich breitesten (bis zu
10° Höhe). Sie bestanden aus einer dünnen Bronzeplatte (1-2 "” dick),
welche auf einen Gurt von starkem Leder aufgenäht und durch ein Leder-
band befestigt wurde. Von dieser Sorte fand er 4 Stück, und zwar in
Akthala und Musijeri. Die älteren Gürtel sind weniger breit, weniger diek
und weit weniger verziert. Zu einem derselben gehörte das (S. 9, Anm.ı)
erwähnte Gürtelschloss von Akthala. In einem älteren Grabe von Musijeri
fand er ein einfach mit gestanzten Ornamenten (sphaerischen Dreiecken und
flachen Buckeln) versehenes Stück'. Einigemal, wie es scheint, dreimal,
traf er Gürtel mit menschlichen Figuren:
1. In Akthala einen Mann mit Thierkopf, auf einem Wagen stehend,
der von zwei Pferden gezogen wird”. Die Zeichnung ist sehr roh. Alle
einzelnen Theile sind ohne Verbindung mit einander. Die beiden, vier-
speichigen, kleinen Räder stehen jederseits neben dem Gestell, auf dem der
Mann sich befindet, jedoch ohne dafs man sieht, worauf er steht. Ebenso
sind die Pferde lose neben die Deichsel gestellt, in sehr träger Haltung und
in nachlässiger oder ungeschickter Ausführung: die Hufe fehlen, ohne
dafs ein Ersatz gegeben ist, der langgestreckte Kopf gleicht mehr
dem eines Schweines, worauf auch der kurze und zugespitzte Schwanz
deuten könnte. Das Maul ist weit aufgesperrt, die nach vorn gebogenen
kurzen Ohren sind zugespitzt. Der Körper trägt ein grobes Sparren-
ornament; Kopf und Ohren, Beine und Schwanz sind einfach punktirt.
Noch kindlieher ist die Ausführung des Mannes. Derselbe scheint mit
einem sackartigen Kleidungsstück, ähnlich der heutigen kaukasischen Burka,
bekleidet zu sein; dasselbe bedeckt vom Kopfe bis zu den nicht sichtbaren
Füfsen die ganze Gestalt. Es trägt gleichfalls das Sparrenornament. Der
rundliche Kopf läuft ohne Weiteres in eine lange, nach oben gekrümmte
Schnauze aus, die punktirt ist. Der dünne rechte Arm ist ausgestreckt
und hält einen scheibenförmigen runden Körper, dessen Fläche mit einer
aus Punkten zusammengesetzten Spirale verziert ist. Das einzige Stück,
welches eine klare Anschauung gewährt, ist der Wagen, der, abgesehen
von den Rädern, aus dem Gestell und der Deichsel besteht. Letztere ist
recht hübsch ausgeführt: sie ist lang und stark, beginnt an ihrem An-
! Morgan, ibid. p. ıı5. Fig. 82.
® Morgan, l. c. p. ı15. ıqı. Fig. 145.
Über die culturgeschichtliche Stelhng des Kaukasus. 57
satze an das Gestell mit einer starken Biegung nach oben, geht dann eine
längere Strecke ganz gerade fort und biegt am Ende wieder in eine stark
nach oben gekrümmte Spitze um, welche eine dreiblättrige Blume trägt.
Das Gestell, dessen Zeichnung sehr verworren ist, hat an der dem Beschauer
zugewendeten Seite einen Langbaum, der vorn umgebogen ist und in einer
starken Schleife, wie wir sie an Schlitten kennen, rückwärts bis in die
Gegend der Füfse des Mannes reicht. Von diesem Langbaum gehen 3 breite,
in der Mitte und vorn horizontale Querhölzer ab, deren Befestigung auf
der anderen Seite nicht erkennbar ist. Der Boden des Gestells wird durch
ein Paar schräg gestellte Bretter, die in der Längsrichtung verlaufen, an-
gedeutet. — Die ganze Zeichnung erinnert stark an die Darstellungen auf
unseren pomerellischen Gesichtsurnen. Hr. de Morgan findet Ähnlichkeit
mit assyrischen Wagen. Im Gebirge bei Bozen hat man noch jetzt Wagen,
die vorn Räder, hinten eine blofse Schleife haben.
Weiterhin, soviel ich verstehe, auf demselben Gürtelblech, soll ein
Bogenschütze in der Verfolgung eines Rudels von Gemsen dargestellt sein.
Es ist dies
2. ein Mann mit Bogen und Pfeilen', als dessen Fundort Musijeri
am Lelwar bezeichnet ist. Der Bogen hat die Höhe der menschlichen
Figur: er besitzt in der Mitte eine schlingenförmige Ausbiegung zum Auflegen
der Hand und des Pfeiles, und zwei gekrümmte starke Arme, welche an den
Enden stark aufgebogen sind. Die Sehne ist durch einen geraden, straffen
Strich bezeichnet. Daneben sind 3 aufgerichtete lange Pfeile gestellt, deren
gleichfalls lange und mit Widerhaken versehene Spitzen gegen den Boden
gerichtet sind; hinten tragen sie einen zweiseitigen Besatz mit kurzen Federn.
Der Mann selbst hat den Kopf eines Seehundes, beide Augen unter ein-
ander auf derselben Seite, ein offenes Maul und gerade abgeschnittene,
dieke Lippen; keine Nase. Der Kopf geht ohne Absatz in den dieken
und kurzen Hals über. Reihen von Punktstrichen ziehen sich in dichter
Anordnung über Oberleib und Arme bis zu dem, durch Sparrenornament
bezeichneten Gürtel herab, und setzen dann noch einmal bei dem Unter-
leib an. Die Arme sind extrem lang, insbesondere die Vorderarme, welche
gegen den Bogen ausgestreckt sind. Die sehr dieken Oberschenkel haben
eine mehr zusammengesetzte Zeichnung, indem an den äufseren und inne-
! Morgan |. c. p.1g91. Fig.165. p.ı81. Fig. 208.
Phys. Abh. 1895. I, 8
58 R. Vırcnuow:
ren Seiten Punktreihen herabziehen, zwischen denen eine punktirte Zick-
zacklinie angebracht ist. Von der Nabelgegend aus hängt ein gefloch-
tener Strang bis über die Schamgegend hinab, der in einen flaschen-
förmigen Fortsatz mit zwei runden Körpern am Ansatze endet. Die Unter-
schenkel sind dünn und nebst den Füfsen punktirt; an jedem Knie tritt
aufsen ein winkliger Absatz in der Gegend des Capitulum fibulae hervor.
Die Füfse sind plump, an den Zehen breit, die Fersen zugespitzt.
3. Eine Jagdscene von Akthala'. Hier sehen wir zwei ganz ähn-
liche Männer mit einer Art von Hundeköpfen, deren spitzes, geschlossenes
Maul an Jagdhunde erinnert; sie unterscheiden sich nur durch die krallen-
artige Gestalt ihrer Füfse. Vor dem einen steht ein ähnlicher Bogen, wie
er oben geschildert ist; bei dem anderen beendet der Bruch des Gürtels
die Scene. Hinter dem ersten Mann sind die Vordertheile zweier Thiere
sichtbar, deren grofse, stark gegen einander gebogene Hörner und lang-
gestreckte Köpfe den Büffelpferden der Kalakenter Bleche ähneln. Vor dem
Manne ist ein grofser Hirsch in schwacher Bewegung; die breiten Sprossen
an seinem Geweih nähern sich einigermaafsen den dreieckigen Sprossen der
einen Kalakenter Sorte, nur sind hier die Sprossen gebogen und am Ende
mehr stumpf. Neben dem Hirsch ist ein kleineres Thier mit stark rückwärts
gebogenem, kurzem Horn gezeichnet, welches Hr. de Morgan für eine wilde
Ziege hält, das aber vielleicht richtiger als ein schlecht gezeichneter Stein-
bock gelten darf. An beiden Thieren tritt an der Bauchseite ein schräg
angesetzter, kegelförmiger Fortsatz hervor, anscheinend das einzige Beispiel
äufserer Genitalien. — Im Übrigen hat dieses Blech eine breite Borte aus
tlachrundlichen grofsen Buckeln. —
So interessant diese Fundstücke sind, so bleiben sie doch künst-
lerisch weit hinter den meisten Kalakenter und namentlich hinter denen
von Chodschali zurück. Sie zeigen ungemein deutlich die grofsen Unter-
schiede in der Kunstübung der einzelnen Orte, wenn auch die Gesammt-
heit der Bilder nach gemeinsamen Vorbildern gefertigt sein mag. Dies
geht noch mehr aus der Zusammenstellung der einzelnen Thierbilder
hervor, welche Hr. de Morgan geliefert hat”. Unter ihnen hebe ich
! Morgan |.c. p.164. Fig. 190.
® Morgan |.c. p.162—ı63, Fig. 182—ı8g.
Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. 59
besonders hervor die Raubvögel (Falke und Sperber), von denen die
Kalakenter Bilder keine Repraesentanten gebracht haben. Andererseits
wird man kein Bedenken tragen, alle diese Vierfüfsler, Vögel und Schlangen
für einheimische Thiere zu erklären. Die Thierbilder von Kalakent zeigen
einen viel mehr geläuterten Geschmack und eine ungleich gröfsere technische
Sicherheit, ganz abgesehen davon, dafs die Erfindung der phantastischen
Thiere eine Seite der künstlerischen Ausbildung erkennen läfst, welche in
den westlichen Gräberfeldern ganz zu fehlen scheint. Man wird daher
wohl annehmen dürfen, dafs in der Gegend von Kalakent und Schuscha
Centren der Metalltechnik bestanden haben, wie sie bis jetzt noch nirgend
weiter in dieser Region hervorgetreten sind.
Auch die Vergleiehung mit anderen Funden der näheren und entfern-
teren Länder des Ostens hat mir keine Zeugnisse für eine direkte Verbindung
der transkaukasischen Cultur geliefert. Es ist dabei zunächst im Auge zu
behalten, dafs die besprochenen Fundstücke einem einzigen Bestandtheil des
männlichen Schmuckes angehören, nämlich dem Gürtel, wenngleich ein-
zelne kleinere, namentlich geprefste Stücke (vergl. Fig.5 und Taf. II Nr. XIV),
darauf hinweisen könnten, dafs sich noch weitere Anknüpfungen finden
werden. Metallgürtel sind in alter Zeit im Orient viel gebraucht worden,
aber die Anbringung von Thieren und Menschen in der hier besprochenen
Weise ist meines Wissens noch nirgend hervorgetreten. An den assyrischen
Reliefs sieht man mancherlei Arten von Gürtelverzierungen, aber nicht
einmal die geometrischen und einfach decorativen Ornamente stimmen mit
den unsrigen überein. Ein ähnlicher Gegensatz, wie ich ihn zwischen
Nord- und Südkaukasus bezeichnete (S.9 und 13), tritt in den weiter südlich
gelegenen Ländern hervor.
Schon der nächste bekannte Fund, der von Toprak-Kaleh, zeigt
den schneidenden Gegensatz. An diesem, in nächster Nähe von Wan
gelegenen Orte wurden 1879 von dem englischen Consul Clayton Aus-
grabungen vorgenommen, deren Ergebnisse leider in alle Welt zerstreut
sind!'. Ein kleiner Theil davon ist auch in unser Königliches Museum ge-
langt. Darunter befindet sich ein ziemlich gut erhaltenes, langes und breites
ı W.Belck, Zeitschr. f. Ethnol. 1892. Bd. XXIV. S. 126.
Sr
60 R. Vırcauow:
Gürtelblech aus Bronze, dessen Enden rechtwinklig abgeschnitten sind. An
dem einen Ende ist an einer Öhse ein beweglicher Haken eingerenkt. Längs
des Randes zieht sich eine Reihe von Löchern hin, die offenbar zum
Annähen auf Leder oder Gewebe bestimmt waren. Die Fläche zeigt
5 breite Streifen aus geprefsten Ornamenten: zwei laterale, welche am
Ende durch einen Querstreifen verbunden sind; darauf zwei damit parallele
innere oder intermediäre, welche in gleicher Weise am Ende verbunden
sind, und einen innersten, medianen, der auf die Mitte des letzten Quer-
streifens angesetzt ist. Die Disposition hat Ähnlichkeit mit den Kalakenter
Blechen, aber die einzelnen Streifen sind ganz und gar verschieden; sie sind
erfüllt mit kleinen quadratischen Eindrücken, welche zu je 4 in dichten
Querreihen stehen.
Von gröfstem Interesse sind die anderen Fundstücke, welche das
Königliche Museum von da besitzt. Sie beweisen deutlich, dafs diese Kunst-
übung mit der assyrischen zusammenhing und mit der nordarmenischen
nichts gemein hatte. Da ist zunächst ein grofses Fragment eines Weihe-
schildes (V. A. 805), welehen König Rusas dem Gotte Chaldis dargebracht
hatte; derselbe ist mit Stier- und Löwenfiguren in geprelster Arbeit reich
verziert. Die Thiere stehen in 3 Zonen über einander, welche durch Guir-
landen von hängenden Zapfen getrennt sind: zu unterst eine Reihe schrei-
tender Löwen mit hoch erhobenem Schweif, in der folgenden Zone eine
Reihe von Stieren mit stark gebogenen und vorwärts gerichteten Hörnern,
dann wieder an der sehr verletzten Mitte des Schildgewölbes Löwen. Weder
dieses Ornament, noch derartige Thiergestalten sind mir in Transkaukasien
aufgestofsen. — An dem Bruchstück eines anderen Schildes sind die Thiere
noch gröfser, doch sind es auch hier krummgehörnte Wildochsen und Löwen.
Nur tritt uns in bekannter Weise das Flechtornament entgegen. — Ferner
ist da ein geflügelter Greif (V. A. 775), der auf einer Stuhllehne befestigt
gewesen ist. Er ist mit grofsen, gegen einander gestellten Halbkreisen
bedeekt. — Eine Eunuchenstatuette aus Bronze hat keinen Gürtel, sondern
ein langes, gleichmäfsig herabfallendes, sackartiges Gewand, das mit
stehenden Wellenlinien bedeckt ist.
Toprak-Kaleh befindet sich noch innerhalb der Grenze, bis wohin die
Keilschrift von Süden her reichte. Von König Rusas weils man, dafs er
714 v.Chr. gestorben ist. Die damalige Kunst im Lande Wan war assyrisch.
Daraus möchte ich schliefsen, dafs die armenische Kunst (d. h. die von mir
Über die culturgeschichthche Stellung des Kaukasus. 61
vorgeführte Kunst in dem Gebiete, das wir jetzt zu Hocharmenien rechnen)
älter zu schätzen sei, als die wannische. Wenn jemals in die erstere die
Keilschrift oder die typischen Figuren des assyrischen Styls, insbesondere
geflügelte Greifen und Löwen, eingeführt worden wären, so würden sie
schwerlich wieder verschwunden sein. Die Zeit, wo die mesopotamische
Kunst von der hocharmenischen getrennt war, reicht so weit zurück, als
wir überhaupt noch eine Überlieferung haben. In dieser Beziehung ver-
weise ich auf die chaldäischen (d.h. die südmesopotamischen) Funde, wie
sie am meisten charakteristisch in den Siegeleylindern vorliegen.
Wenn man die reiche Sammlung ältester Cylinder durchsieht, welche
Hr. Menant' abgebildet hat, so stöfst man auf manche nicht unwichtige
Analogien. Da giebt es gleichfalls phantastische Wesen von doppelter
Natur: unter ihnen steht sowohl dem Alter, als der Scheufslichkeit nach
der Stiermensch (Isdubar) voran’. Da erscheinen Stiere mit gewaltigen
Primigenius-Gehörnen’, wie sie unsere Büffelpferde tragen. Da finden wir
den Mond und den grofsen Stern mit diekem Strahlenkranze', der uns in
Nr. III. S.41. und in Nr. XVII. S. 54. begegnete. Da giebt es, trotz des
Fehlens aller Randverzierungen doch ein paarmal kurze Stücke des Flecht-
ornamentes®. Aber das sind disjecta membra, welche wohl auf eine gemein-
same Wurzel hindeuten, aber welche doch keine nähere Beziehung zu den
nördlichen Kunstwerken verrathen. Die ganz naturalistische Darstellung,
welehe wir in den altarmenischen Thierheerden und Thierkämpfen vor uns
sehen, fehlt hier gänzlich. Man vergleiche nur das Bild auf dem Monument
des Hankas® oder die in Zonen eingetheilte Stele von Bagdad’; da sind
allerlei Vierfüfsler, Schlangen u. dergl., die wir allenfalls diagnostieiren
können, aber die Thiere sind meist karrikirt, ihre Haltung ist unnatürlich,
und es fehlt jede gemeinsame Handlung, welche uns den Eindruck einer
Scene machen könnte.
ı Joachim Menant, Recherches sur la glyptique orientale. Pl. I. Cylindres de la
Chaldee. Paris 1883.
2 Ibid. Pl.II. p. 67. Fig. 31 et passim.
® Ibid. p.73. Fig. 34. p.76. Fig. 36. p. 85. Fig. 42 etc.
* Ibid. p. 133. Fig. 77. p. 138. Fig. 84. p.163. Fig. 100. p.239. Fig.159. Pl.V.
p- 246. Fig. 165. p. 250. Fig. 166. 167.
5 Ibid. p. ıı3. Fig. 66. p. 175. Fig. 114.
° Ibid. p. 250. Fig. 166.
? Ibid. p. 251. » Fig. 167.
62 R. Vırcnow:
Gelegentlich stöfst man auf näher liegende Parallelen, welche den
Gedanken einer wirklichen Überlieferung hervorrufen, und wenn sie auch
an weit abliegenden Orten erscheinen, so mag man doch der Deutung
Raum geben, dafs sie aus unserem Gebiete herstammen. So machte mich
Hr. Milehhöfer schon im December 1890 auf einen Artikel des Hrn.
Salomon Reinach' aufmerksam, in welchem ein von Hrn. Ohnefalsch-
Richter in Tamassos ausgegrabenes cyprisches Gefäfs beschrieben und
abgebildet wird. Auf diesem ist eine Jagdscene dargestellt und darin ein
Bogenschütze, der die höchste Ähnlichkeit mit dem Bogenschützen von
Koban zeigt. Der glückliche Finder hat seitdem eine bessere Abbildung
davon geliefert”. Daraus geht hervor, dafs die Henkel des Gefälses
mächtiges Primigenius- (oder Moutlon-)Gehörn darstellen und dafs unter dem
Halse desselben zwei Ornamentstreifen herumlaufen, von denen der untere
abwechselnd mit den Spitzen in einander gestellte Dreiecke mit schräger
Schraffirung, der obere sich deckende Blätter aus coneentrischen Halb-
kreislinien, ganz nach Art unserer Zeichnung in Nr. II. S.35 und 38.
Fig. ı-ı12. zeigt. Der gleichzeitig auf der Vase abgebildete Hirsch ist eine
wahre Jammergestalt mit reisigartigem Geweih, im Körper ungefähr unserem
Magerthier auf Nr.V.S.48. vergleichbar. Das Ganze ist ein merkwürdiges
Speeimen primitiver Zeichnung auf einem keramischen Product von grofser
Vollendung.
Es mag ferner aufmerksam gemacht werden auf ein archaisches
Metallrelief der Altis von Olympia’, von dem Hr. Curtius sagt: »Es zeigt
uns deutlich, dafs, wie die Thonmalerei, so auch die Reliefkunst der
Hellenen einst von der babylonisch -assyrischen Ornamentik beherrscht
worden ist«. Er hebt insbesondere hervor, dafs »die Thiere mit voller
Sicherheit und unverkennbarer Meisterschaft dargestellt, .. dagegen die
menschlichen Gestalten plump und ungeschickt sind: hier ist die dar-
stellende Kunst in ihren ersten Anfängen«. Das pafst ganz auf unsere
Gürtelbleche, die im Übrigen mit dem olympischen Metallrelief keine direete
Beziehung erkennen lassen. Denn auf diesem ist der geflügelte Greif in
' Revue archeologique, publiee sous la direetion de MM. Alex. Bertrand etG. Perrot,
Paris 1887. p. 17.
® Max Öhnefalsch-Richter, Kypros. Berlin 1893. S. go. Fig. 38.
® E. Curtius, Das archaische Bronzerelief aus Olympia. Abhandl. d. K. Akad. d. Wiss,
Berlin 1880. S. 22. Taf. I und 1. .
Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus. 63
voller Ausgestaltung vorhanden, und der Pfeil des Schützen trifft einen
' sind aber auch Goldstreifen aus
Kentauren. — In derselben Abhandlung
alten Gräbern vom Dipylon in Athen wiedergegeben, die »eingeprefste
Thierreihen enthalten, welche an orientalische Vorbilder erinnern«. Darunter
sind namentlich Hirsche mit eigenthümlich verzweigtem Geweih und Jagd-
hunde, aber leider ohne Leben und ohne tieferes Verständnils ihrer Besonder-
heiten. Auch die sonstigen Bronzereliefs mit Thierdarstellungen aus Olympia’
sind höchst kindliche Leistungen; nur das Randornament, insbesondere das
Flechtwerk, nähert sich einigermaafsen der Feinheit unserer altarmenischen
Stücke. Dabei sind jedoch die menschlichen Figuren auf einigen dieser
hellenischen Reliefs von lobenswerther Genauigkeit.
Diese Beispiele werden genügen, um darzuthun, dafs gewisse Rich-
tungen und Muster in der plastischen Decoration der ältesten Zeit sich
verfolgen lassen, die sämmtlich auf orientalische Vorbilder hinweisen.
Keines derselben, soweit sie mir bekannt sind, führt mit Sicherheit auf
die altarmenischen Funde zurück. Es läge nahe, an die alten Sagen von
den Chalybes und an den Erzhandel, den die Leute von Mosoch, Javan
und Tubal nach Tyrus trieben, zu erinnern. Alle diese Überlieferungen
stimmen darin überein, dafs sie in den Gegenden, von denen wir ge-
sprochen haben, eine reiche und alte Metallindustrie annehmen. Vielleicht
ist hier jetzt zum ersten Male ein greifbares Object, der Bronzegürtel, als ein
positives Zeugnifs dieser Industrie aufgefunden. Ich habe bei einer früheren
Gelegenheit eine Übersicht über die Verbreitung der Metallgürtel in Europa
gegeben’. Damals kannte ich aus dem Kaukasus nur die Gürtel von Koban,
bei denen, wie gesagt (S. 9), die Schliefsplatten reich und zum Theil figürlich
ornamentirt sind, während das eigentliche Gürtelblech ganz glatt oder
höchstens mit einzelnen Punkten oder Buckeln besetzt ist, und ich konnte
daher folgern, dafs »jeder Gedanke zurückgewiesen wird, als könne Deutsch-
land und der Westen seine Muster vom Kaukasus erhalten haben oder
als habe es in jener Zeit direete Beziehungen zwischen Italien und Kolchis
gegeben«. Gegenwärtig ist die Differenz sehr vermindert. Nachdem aus
Transkaukasien eine nicht kleine Anzahl prächtig ornamentirter und mit
! Ebendas. S.ı6. Taf. III. Fig. 4 und 5.
2 Ebendas. S.ı2, ı3 und 14. Nr. 2, 5, 6 und 7.
® Virchow, Koben S. 72.
64 R. Vırcmow:
Thier- und Menschenfiguren in mannichfaltigster Zusammenordnung be-
deekter Gürtelbleche vor uns liegt, fällt der formale Gegensatz hinweg.
Es bleibt nur die Differenz in der materiellen Ausstattung und in der
Ausgestaltung der Darstellungen. Diese Differenz ist aber gegenüber von
Europa noch immer sehr grofs, mindestens eben so grofs, als der Gegen-
satz gegen Babylon und Assyrien. Aber diese Differenz beweist nur die
Unabhängigkeit der localen Entwickelung. Sie läfst die Abhängigkeit der
einzelnen Culturheerde von einer allgemeinen Strömung bestehen, ja sie
zwingt geradezu zu der Annahme, dafs es sich um zahlreiche parallele
Ableitungen von einer gemeinsamen Urquelle handelte.
Das gravirte oder getriebene Gürtelblech darf wohl als Ausgangspunkt
derjenigen Technik betrachtet werden, bei welcher an gewissen Geräthen
eine Anzahl über einander stehender Zonen oder Gurte in Ringform ange-
bracht ist. Solche Geräthe haben zu sehr verschiedenen Zwecken gedient
und sie sind dem entsprechend theils in Metall, theils in Thon ausgeführt
worden. In erster Linie sind zu nennen Schilde, Schalen, Cisten und
Siteln, in zweiter Töpfe und Krüge, wie sie aus archaischer Zeit bis tief in
das ältere Eisenalter gebräuchlich waren. Wir treffen sie von Mesopotamien
nach Syrien, Cypern, Griechenland und Italien verbreitet; ihre höchste
westliche Blüthe fällt in die sogenannte Hallstattzeit, wo sie auch in unserem
Norden erscheinen'. Diese Geräthe sind nicht einfache Erfindungen künst-
lerisch beanlagter Handwerker; im Gegentheil, jede Etage eines solchen
Geräthes entspricht einem Gürtel, also einem schon vorhandenen, wirk-
lichen Gebrauchsgegenstande und noch dazu einem sehr geschätzten. Die
mesopotamischen Typen herrschen auch in den entfernteren Ländern unter
den Gestalten vor: Flügelgreife und Löwen bleiben die Praedileetionsthiere,
aber auch Bäume und Scenen des häuslichen oder öffentlichen Lebens werden
dargestellt. Nirgends aber sehen wir das Thierleben in einer gänzlich baum-
losen Umgebung in einer solehen Fülle und Lebendigkeit dargestellt, wie
in unseren Bronzen; nirgends nimmt die Phantasie der Künstler so aben-
teuerliche Sehöpfungen gerade von der Combination, die auf der armenischen
Hochebene schulmäfsig durchgearbeitet ist, zum Gegenstande. Hier wurden
! Man vergleiche die nächst verwandten, aber stark barbarisirten Gürtelbleche aus
Noriecum. (Karl Weinhold, Grab-Alterthümer aus Klein-Glein in Untersteiermark.
Gratz 1861. S. 26. Taf. I. Fig. 3 und 4. Aus den Mitth. des hist. Vereins für Steiermark,
X. Heft.)
Über die eulturgeschichtliche Stelhmg des Kaukasus. 65
weder Götter, noch milsgestaltete Daemonen, noch Cherubime dargestellt.
Hier hat der Greif keine Flügel, und der Löwe tritt weder in seiner
natürlichen Gestalt, noch als Flügelthier auf. Hier erscheint der ein-
geborene Jäger noch in primitiver Einfachheit inmitten einer Fülle von
Wild, wie es gegenwärtig fast nur noch die Steppen von Ostafrica beher-
bergen. Aber gerade diese Thiertypen in ihren transkaukasischen Formen
kehren auf den Gurten der assyrischen und babylonischen Geräthe nicht
wieder, und man vermag sie auch in den Gefäfsen des westlichen Asiens
und Europas nicht zu erkennen. Der grofse Culturstrom, der schliefslich
in der Hallstatteultur eine Art von Abschlufs gefunden hat, kann daher
wohl kaum auf dem südkaukasischen oder armenischen Hochlande seine
Quelle gehabt haben. Das schliefst jedoch nicht aus, dafs er in späterer
Zeit, als er schon im Gange war, von dieser Gegend her neue Zuflüsse
aufgenommen hat.
Welche Stellung dabei der altarmenischen oder, wenn man will, der
nordchaldäischen Industrie zuzuweisen ist, dürfte heutigen Tages wohl
noch unentschieden bleiben müssen. Da uns hier sowohl historische, als
linguistische Hülfsmittel fehlen, so sind wir nur auf die archaeologischen
Gräberfunde angewiesen. Diese aber werden erst dann sicher beurtheilt
werden können, wenn auch die Praehistorie Persiens und der weiter östlich
bis zu den centralasiatischen Gebirgen sich erstreckenden alten Culturländer
erschlossen sein wird. Bis jetzt fehlen dafür noch die Materialien. In
der zoologischen Betrachtung der abgebildeten Thiere hat sich uns aber eine
Richtung der Forschung eröffnet, die vielleicht mit der Zeit zu bestimmteren
Überzeugungen führen kann. Manche östliche Beziehung ist uns näher
getreten. Der Schritt vorwärts, den wir jetzt gemacht haben, hat die
Bedeutung, dafs für ein Gebiet, an welches die ältesten Sagen anknüpfen,
der thatsächliche Beweis geliefert ist, dafs daselbst schon sehr früh eine
überraschend hoch entwickelte und selbständig weiter ausgebildete Metall-
industrie geblüht haben mufs, die jedoch an dieser Stelle nicht ihren
Anfang genommen hat.
Phys. Abh. 1895. 1. 9
66 R. Vırenow: Über die eulturgeschichtliche Stellung des Kaukasus.
Taf. I.
Para
Taf. II.
Taf. IV.
Erklärung der Abbildungen.
Nr. I. Abbildung eines Bronzegürtels mit zwei Arten von Hirschen von Kalakent
(S. 23). Hierzu das Geweih eines Cervus Dybowskü (Fig. 3 auf S. 31).
Nr. II. Bronzegürtel von der Paradiesfestung bei Kalakent. Jagdscene inner-
halb eines wilden Kampfgetümmels phantastischer und natürlicher Thiere (S. 32).
Hierzu ein Übersichtsbild der Einzelheiten (Fig. 4 auf S. 34).
Nr. III. Bronzegürtel von der Wiese an der Paradiesfestung: phantastische und
Doppelthiere (S. 38).
Nr. IV. Bronzegürtel aus einem Grabe an der Paradiesfestung. Darstellung
von Tigern (S. 42).
Nr. V. Bronzegürtel mit Darstellung einer weidenden Heerde (S. 44).
Nr. VI-XII. Bronzegürtel mit blols decorativen Ornamenten (S. 16 und fg.). Hierzu
2 Bogenspanner (Fig. ı und 2 auf S. 22 und 23).
Nr. XIV. Stück eines Bronzegürtels mit Thierdarstellungen aus einem Grabe von
Gogdaja (S. 49).
Nr. XV. Geprelste Figur eines Jagdhundes auf einem Bronzeblech von eben-
daher (S. 50).
Nr. XVI. Fragment eines Bronzegürtels mit Fasanen und phantastischen
Säugethieren (Steinbock, Büffelpferd) (S. 50).
Nr. XVII und XVIII. Bruchstücke eines Bronzegürtels aus einem Kurgan von
Chodschali bei Schuscha mit einem kämpfenden Mann und prächtigen phantastischen
Thieren (S. 51). Nach einer Zeichnung des Hrn. E. Rösler. Hierzu eine mit ge-
prelsten Thierfiguren geschmückte Goldblechhülse von Artschadsor bei Schuscha
(Fig. 5).
Phys. Abh. 1895.
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R. Virchow: Über die culturgeschichtliche Stellung des Kaukasus.
Taf. I.
Phys. Alk. 1895.
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K. Preufs. Akad. d. Wissensch. Phys. Abh. 1895.
R. Virchow: Über die eulturgeschichtliche Stellung des Kaukasus.
Taf. II.
K. Preufs. Akad. d. Wissensch.
Phys. Abh. 1895.
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Phys. Abh. 1895.
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R. Virchow: Über die eulturgeschichtliche Stellung des Kaukasus.
Taf. II.
K. Preufs. Akad. d. Wissensch. Phys. Abh. 1895
Nr. XVII.
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R. Virchow: Über die eulturgeschiehtliehe Stellung des Kaukasus.
Taf. IV.
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5 [4
N
I
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation.
H” W. DAMES.
Phys. Abh. 1895. IT.
Vorgelegt in der Sitzung der phys.-math. Classe am 7. Februar 1895
[Sitzungsberichte St. VI. S. 109]. Br,
Zum Druck eingereicht am 12. Oetober, ausgegeben am 13. December 1895. “ah
Ihe August 1893 bot der Schieferhändler Hr. Berxuarn Haurr zu Holz-
maden in Württemberg dem hiesigen Königlichen Museum für Natur-
kunde ein in seiner Schiefergrube gefundenes Skelet eines Plesiosaurus zum
Kauf an.
Auf die Erwerbung desselben mufste Seitens des Museums das gröfste
Gewicht gelegt werden, denn was bis dahin in Deutschland an Plesio-
saurier-Resten gefunden war, beschränkte sich auf einzelne Wirbel oder
Extremitäten-Fragmente, und auch die Aussicht, anderswoher, z. B. aus
England, die empfindliche Lücke der palaeontologischen Sammlung aus-
füllen zu können, konnte nur gering sein, da ganze Skelete von Plesio-
sauriern überhaupt grofse und namentlich von den Museen Englands sehr
begehrte Seltenheiten sind.
In Anerkennung dieser Umstände wurde mir von dem vorgesetzten
Ministerium der Auftrag zu Theil, das Stück an Ort und Stelle zum Be-
richt über seinen Werth zu besichtigen. — In Holzmaden stellte es sich
bald heraus, dafs es sich um ein Schaustück ersten Ranges handelte. Das
Skelet war von dem Besitzer in dreimonatlicher, angestrengter Arbeit auf
der Schieferplatte vollkommen freigelegt, und derjenige Theil der letzteren,
auf welchem der Schädel und die ersten Halswirbel liegen, so abgespalten
und auf der Unterseite praeparirt, dafs auch diese Hälfte des Schädels der
Beobachtung zugänglich gemacht ist, was bisher noch an keinem anderen
Exemplar erreicht war.
Durch die Vollständigkeit, die fast ungestörte natürliche Lage der
überlieferten Skelettheile und die ausgezeichnete Praeparation erhebt sich
1*
4 W. Dınumes:
dieses erste deutsche Plesiosaurus-Skelet vielleicht zu dem schönsten der-
artigen Funde, der bisher gemacht wurde.
Meine bezüglichen Darlegungen fanden das lebhafte Interesse Sr. Ex-
cellenz des Hrn. Cultusministers Dr. Bosse. Auf den von ihm in Gemein-
schaft mit dem Hrn. Finanzminister Dr. MiguverL, Excellenz, erstatteten Be-
richt wurden die erforderlichen Mittel von Seiner Majestät dem Kaiser und
Könige aus dem Allerhöchsten Dispositionsfonds bei der General-Staats-
kasse bewilligt'. Gleichzeitig gelangte durch Allerhöchste Gnade ein un-
gewöhnlich schön erhaltenes und praeparirtes Individuum von Ichthyosaurus
biscissus QUENSTEDT, an welchem beträchtliche Theile der Körperhaut er-
halten sind, zur Erwerbung.
Seine Majestät der Kaiser und König geruhte gelegentlich einer im
Mai 1894 vorgenommenen Besichtigung der beiden Exemplare zu genehmi-
gen, dafs der inzwischen als neue Art erkannte Plesiosaurus als Gwilelmi
ümperatoris in die Wissenschaft eingeführt werde.
Es lag nahe, die wissenschaftliche Bearbeitung des neuen Fundes
auf die schon früher in der Litteratur erwähnten, aber unzureichend be-
schriebenen und eventuell weitere, in den Sammlungen vorhandene, noch
ununtersuchte Plesiosaurier-Reste auszudehnen, um eine möglichst voll-
ständige Übersicht ihrer Beziehungen zu aufserdeutschen Arten gewinnen
und ihre geologische Entwickelung in der süddeutschen Liasformation fest-
stellen zu können. Um diefs zu erreichen, bat ich die Directoren der pa-
laeontologischen Sammlungen in München, Stuttgart und Tübingen, die
HH. von Zırter, E. Fraas und W. Branco, mir die in den ihnen unter-
stellten Sammlungen vorhandenen, bezüglichen Reste zur Bearbeitung zuzu-
senden. Für die bereitwillige Erfüllung meiner Bitte spreche ich den ge-
nannten Herren meinen verbindlichsten Dank aus. Während in Tübingen die
früher von Quensteor beschriebenen Stücke aufbewahrt werden, enthalten
die Sammlungen in München und Stuttgart eine Reihe zwar recht frag-
mentärer, aber doch auch recht wichtiger Reste von Plesiosauriern des Lias,
wichtig namentlich deshalb, weil sie beweisen, dafs die damaligen Meere
! Um zu verhindern, dals während des Laufes der Verhandlungen das Exemplar von
einem anderen Museum angekauft werde, erwarb es Hr. Commerzienrath ALFRED GRUSCHWITZ
in Neusalz a. O. für sich und stellte es dem Staate behufs Übernahme in gleich hochherziger
Gesinnung zur Verfügung, in welcher vor Jahren Hr. WERNER von Sıemens die berühmte
Archaeopterys unserer Staatssammlung gesichert hatte.
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformalion. 5
Süddeutschlands durchaus nicht so arm an Vertretern dieser Reptilien
waren, wie es die Litteratur bisher anzunehmen nöthigte, wenn ihre Arten-
zahl auch noch bedeutend hinter der der gleichalterigen Ablagerungen in
England zurücksteht.
Im Folgenden sind 7, vielleicht bis auf eine sämmtlich neue Arten
unterschieden worden, welche sich ihrem geologischen Alter nach derart
vertheilen, dafs 4 dem unteren, 3 dem oberen Lias angehören. Im mittleren
Lias haben sich noch keine Reste gezeigt. Es entspricht dieses geologische
Auftreten im Grofsen und Ganzen demjenigen in England, wo ebenfalls die
Hauptmenge der Funde aus dem unteren und dem oberen Lias stammt, wäh-
rend der mittlere nur einzelne spärliche Reste unbestimmbarer Arten ge-
liefert hat. Jedoch weicht das Vorkommen der Plesiosaurier im unteren Lias
in England von dem in Württemberg insofern ab, als dort das Hauptlager
unmittelbar über dem obersten Rhät in Schichten liegt, welehe Moore! der
Häufigkeit der Ichthyosaurier und Plesiosaurier wegen als »Enaliosaurian-
Zone« (= Östrea beds Wriıcur) bezeichnete. Weiter fehlen sie nicht in der
darüberliegenden Zone des Psiloceras planorbis und der Schlotheimia angulata.
Über diesen Zonen, also in den Schichten mit den grofsen Arietites- Arten
(Zone des Arietites Bucklandi), sind nur sehr selten Reste von ihnen entdeckt
worden; etwas häufiger scheinen sie wieder in den nächst jüngeren Zonen
des Arietites Turneri und des Arietites obtusus vorzukommen. Aus Württem-
berg kennt man im Gegensatz hierzu aus den Zonen unter und über der des
Arietites Bucklandi noch keine Spuren von Plesiosauriern, während sämmt-
liche unten beschriebenen 4 Arten in verschiedenen Niveaus gerade dieses
Schiehteneomplexes lagen. — Im oberen Lias herrscht dagegen völlige
Übereinstimmung; hier wie dort ist die untere Abtheilung des oberen Lias
(= Zone der Posidonia Bronni) das Lager der Plesiosaurier, wie ihrer Be-
gleiter, der Ichthyosaurier. Auffallend ist bei der geographischen Nähe
beider Länder der Umstand, dafs kaum eine englische Art sich in Süd-
deutschland wiedergefunden hat. Bis zu einem gewissen Grade trifft das-
selbe nach den Untersuchungen E. Fraas’ auch für die Ichthyosaurier zu,
doch ist deren geographische Trennung nicht so scharf ausgeprägt. Es
deutet das darauf hin, dafs die verschiedenen Arten nur kleine Verbreitungs-
gebiete in den damaligen Oceanen hatten und sich gegenseitig mieden.
! On the zones of the Lower Lias and the Avicula contorta zone. (The Quarterly
Journal of the Geologieal Society of London. 17. 1861. p. 487.)
6 W. Danes:
A. Arten aus dem unteren Lias.
Plesiosaurus robustus nov. spec.
Die ältesten, im süddeutschen Lias bis jetzt aufgefundenen Reste be-
stehen aus einer Reihe von 14 Rückenwirbeln und aus 4 Extremitäten-
Fragmenten, welche trotz ihrer Dürftigkeit einiger recht charakteristischer
Merkmale wegen doch zur Begründung einer neuen Art genügen.
Wirbel und Extremitäten haben zweifellos einem und demselben In-
dividuum angehört, wie nicht nur der gemeinsame Fund, sondern auch
Erhaltung und Dimensionen lehren.
Von den 14 Wirbeln befinden sich ıı noch in natürlichem Zusammen-
hang; die 3 übrigen gehören zwar auch zum Rücken, schliefsen aber nicht
an die ersteren an. Die Erhaltung ist nicht vollständig. Die Wirbelreihe
ist nahezu vertical zerspalten, die linke Hälfte nicht überliefert, die rechte
der Dornfortsätze bis auf deren Basen und die Fragmente einiger Zygapo-
physen beraubt. Die Spaltung ist der Gesammtlänge nach nicht gleich-
mäfsig; in der vorderen Hälfte fällt sie ungefähr mit der Verticallinie zu-
sammen, doch so, dafs der Neuralkanal erhalten ist; in der hinteren Hälfte
ist noch mehr von dem rechten Theil der Centren erhalten geblieben. Die
Spaltungsfläche ist lange der Einwirkung der Atmosphaerilien ausgesetzt
gewesen, und auf ihr sind sowohl die Wirbelkörper wie die Gesteinsaus-
füllung zwischen ihnen — aus einem frisch schmutzig-gelbgrauen, ver-
wittert gelben, dichten Kalk bestehend — der Verwitterung unterlegen.
Für die Wirbel ist diefs insofern günstig, als nunmehr sehr deutlich die
Knochenstruetur hervortritt und erkennen läfst, wie die Vorder- und Hinter-
flächen sich durch kleinmaschiges Gewebe von der aus längsgestreckten, be-
deutend gröberen Knochenzellen und -Cylindern zusammengesetzten Haupt-
masse der Centren unterscheidet. Auch ist auf der Spaltfläche der Grad
der Coneavität der Vorder- und Hinterflächen sehr deutlich wahrzunehmen.
Da die Gröfse der Wirbel unter sich nur sehr geringe Schwankungen
zeigt, genügt es, die Mafse eines für alle anzugeben.
Malse.
Eänge der" Gentren!.. 1. In 60 Mm.
Höhendurchmesser am Vorderrande! ......... 82 »
Höhendurchmesser in der Mitte! .....2..2.... 70 »
‘ Von der Basis des Neuralkanals bis zur Mitte der Unterseite gemessen.
and
1
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation.
Onerdurehmessen).: ak ach = reiner 8o Mm.
Tiefe der Concavität der Vordertfläche ........ TEE»
Tiefe der Concavität der Hinterfläche ........ 5
Breite der Basis des Neuralkanals ........... 20
Hoöherdes“Neuralkanalsinde re. au ae oe Im
Aus diesen Zahlen geht hervor, dafs die Centren nahezu dieselbe Höhe
und Breite, aber geringere Länge besitzen, ferner, dafs sie in der Mitte der
Seiten tief coneav sind, und dafs die Concavität der Vorder- und Hinter-
flächen unbedeutend, aber in sich verschieden ist, da die der Hinterfläche
von der der Vorderfläche im Centrum um 6" übertroffen wird. Die Seiten
sind glatt, wie auch anscheinend die Vorder- und Hinterränder, deren
Oberfläche allerdings fast nirgends intact erhalten ist. Auch die Unterseite
ist glatt und gleichmälsig concav gewölbt, wie die Seiten, in die sie ganz
allmählich und ununterbrochen übergeht. Namentlich. fehlt ihr jede Spur
einer medianen Längserhebung mit daneben liegenden Vertiefungen und Ge-
fäfslöchern. Letztere liegen an den hinteren Wirbeln ziemlich auf der Mitte
der Seiten, bald etwas höher, bald etwas tiefer, sind klein und fast kreis-
rund; unter ihnen, ungefähr an der Grenze von Seite und Unterseite, be-
findet sich meistens noch ein zweites, kleineres. Nach vorn zu rücken die
Gefäfslöcher mehr abwärts, und die secundären, kleineren verschwinden.
Von den Neuralbogen sind nur die mit den Wirbelkörpern fest ver-
wachsenen, kaum eine Naht erkennen lassenden Basen erhalten. Sie zeigen,
dafs die Bogen in der Richtung von vorn nach hinten die Länge der Körper
nicht erreichen. Wohl aber senden sie lange, spitze Zygapophysen ab,
mm
welche sich auf eine ungefähre Erstreckung von 25""” auf einander legen.
Die vorderen und hinteren Endigungen überragen die Vorder- bez. Hinter-
ränder der auf einander folgenden Körper.
Die überlieferten Extremitäten-Fragmente glaube ich als die di-
stalen Enden der beiden Humeri, den Schaft des linken Femur mit einem
kleinen Theil der distalen Gelenkfläche und die proximale Hälfte eines
Radius oder einer Tibia deuten zu können. Die ersten drei sind ungemein
kräftig gebaut und haben fast gerade Vorderränder und ansehnliche Ver-
breiterungen nach dem distalen Ende zu. Der eine — wahrscheinlich
rechte — Humerus ist ungefähr in der Mitte durchgebrochen, das vor-
mm ] mm
liegende Fragment 195 ang, so dafs also die Gesammtlänge etwa 400
betragen haben mag. Die Bruchfläche ist elliptisch, vorn etwas schärfer
mm 1
zugerundet als hinten, 90”” lang und in der Mitte 52""" diek. Der — wahr-
8 W. Dames:
scheinlich linke — Humerus zeigt noch die Gelenkfläche für den Radius
mm
in Form einer elliptischen, jetzt g90””, ursprünglich wohl 1ı10”” langen,
in der Mitte etwa 45"”" breiten, feinporösen, wahrscheinlich ehedem mit
einer dünnen Knorpellage überzogen gewesenen Ebene. In Form und Gröfse
palst das als Radius oder Tibia angesprochene Fragment zu ihr.
Das Femur endlich ist bis auf eine Länge von 250"”" erhalten, dürfte
aber wohl die oben berechnete Länge wie überhaupt die Dimensionen der
Humeri erreicht haben. Da im proximalen Theil beide Oberflächen abge-
sprengt sind, und auch der Gelenkkopf fehlt, läfst sich nicht feststellen,
welcher Seite es angehört hat.
Die vorliegenden Reste genügen zur Aufstellung einer neuen Art durch
die auffallenden Merkmale der Wirbelkörper. Kein bisher beschriebener
Plesiosaurus besitzt Wirbel mit so tief concaven Seiten der Wirbel, bei voll-
kommener Glätte der Unterseite und so hoch an den Seiten liegenden Ge-
fäfslöchern. Dazu kommt die gewaltige Gröfse, an welcher er sogar den
Riesen unter den englischen Lias- Arten — Plesiosaurus Conybeari SoLLAs —
übertrifft, dessen Humeri nur 370”"” lang sind.
Vorkommen. Unterer Lias (a), Zone des Arietites Bucklandi vom
Schaichhof im Schönbuch zwischen Böblingen und Tübingen in Württem-
berg (Sammlung des Königlichen Naturalienkabinets in Stuttgart).
Plesiosaurus cfr. dolichodeirus CoNYBEARE.
Plesiosaurus dolichodeirus CoNYBEARE, On the Discovery of an almost perfect Skeleton of the
Plesiosaurus. Transaetions of the Geological Society. 2. series. 1. 1824. p. 381.
Plesiosaurus dolichodeirus (ConYBEARE). Owen, Monograph of the fossil Reptilia of the Liassie
Formations. 3. 1865-1881. p.1.
Plesiosaurus dolichodeirus (ConYBEARE). LYDERKER, Catalogue of the fossil Reptilia and Am-
phibia in the British Museum (Natural History). 2. 1889. p. 255.
Der einzige süddeutsche Plesiosaurier-Rest, welcher vielleicht auf eine
schon bekannte, und zwar auf die typische Art der Gattung bezogen werden
kann, besteht in einem ziemlich wohl erhaltenen, rechten Humerus. Der
Gelenkkopf ist flach gewölbt, etwas quer-elliptisch und von der üblichen,
rauhen, grubigen Oberflächenbeschaffenheit, welche die frühere Anwesen-
heit einer Knorpelkappe darthut. Unter dem Gelenkkopf ist der Schaft
etwas eingeschnürt und mit rauhen Längsstreifen versehen. Unterhalb der-
Te
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. g
selben' verdünnt sich der Schaft schnell, so dafs sein Durehsehnitt in der
Mitte eine sehr flache Ellipse bildet. Der Vorderrand ist fast gerade, nur
Fig. 1.
Plesiosaurus cfr. dolichodeirus ConygrAre. Rechter Humerus von
oben, etwas über 5 der natürlichen Gröfse.
ganz schwach convex und am
distalen Ende etwas nach vorn
gekrümmt. Der Hinterrand ver-
läuft bis etwa zur Mitte dem
Vorderrand ungefähr parallel,
doch etwas stärker gekrümmt.
Von der Mitte an biegt er sich in
tief eoncaver Curve nach hinten
und aufsen, wobei er sich mehr
und mehr zuschärft, wie das
auch auf der entgegengesetzten
Seite der Fall ist. Vom Beginn
des distalen Viertheils der Länge
an bis zum distalen Ende stellen
sich radiale, rauhe Furchen ein,
welche je näher dem letzteren,
desto stärker werden. Das di-
stale Ende zerfällt in die beiden
Gelenkflächen für Radius und
Ulna, welche durch eine, na-
mentlich auf der Unterseite her-
vortretende Spitze und eine dar-
überliegende flache Einsenkung
deutlich getrennt werden. Die
Gelenkfläche für den Radius ist
etwas länger als die für die Ulna;
beide sind flach gewölbt und in
ihrem Umfang dem des Schaftes
entsprechend. Ihre Oberfläche
ist rauh, obwohl weniger als die
des Gelenkkopfes.
1
Auf der abgebildeten Seite treten die Streifen nicht deutlich genug hervor, weil die
Oberfläche hier mit einer dünnen Lage Kitt bedeckt ist.
Phys. Abh. 1895. II.
Ze au
10 W. DaAmes:
Malse
Gesammiläange na N ER RRr. 240 Mm.
Länge des Vorderrandes unter dem Gelenkkopf ı80 »
Längeudesr Hinterrandesl..2.2..... Eee er 180 »
Querdurchmesser des Gelenkkopfes .......... 58 »
Längsdurchmesser des Gelenkkopfes ......... 45 »
Breite des Schaftes in der Mitte............. 5o »
Dicke des Schaftes in der Mitte............. 25 »
Breite des Schaftes am distalen Ende! ....... 120 »
Länge der Gelenkfläche für den Radius! ..... So »
Länge der Gelenkfläche für die Ulna!........ 78 »
Für den Humerus des Plesiosaurus dolichodeirus wird von R. Owen” als
charakteristisch angegeben, dafs der Vorderrand eonvexer und der Hinter-
rand tiefer eoncav ist als bei anderen Arten (Plesiosaurus Hawkinsi, macro-
cephalus, Eretmosaurus rugosus), und LypEkker’ fügt hinzu, dafs die Enden
am Humerus und Femur rauh seien. Beides trifft auch für den hier be-
schriebenen Humerus zu; und wenn zwei so auffallende Merkmale den
sonst so indifferent geformten Oberarmen von zwei verschiedenen Fundorten
gemeinsam sind, wird die Annahme speeifischer Identität oder doch naher
Verwandtschaft nicht von der Hand zu weisen sein, und das möge in der
oben gewählten Bezeichnung zum Ausdruck kommen. — Identität konnte
einmal des zu dürftigen Vergleichsobjeetes wegen nicht ausgesprochen
werden, dann aber auch, weil bei gleicher Form doch ein Unterschied in
der Gröfse vorhanden ist. R. Owen gibt‘ die Längen der Humeri zweier
Individuen mit 178 bez. 190 mm (7.00 bez. 7.50 engl. Zoll) an, während
der schwäbische Humerus 240”” lang ist. Das ergibt eine Differenz für die
Längen der ganzen Thiere von nahezu 1"; und ob solche Gröfsenschwan-
kungen innerhalb einer und derselben Art von Plesiosauriern stattgefunden
haben, ist noch unbekannt, auch an und für sich unwahrscheinlich.
Vorkommen. Unterer Lias (@) mit Arietites rotiformis® von Vaihingen
bei Stuttgart (Sammlung des Königlichen Naturalienkabinets in Stuttgart).
In der Luftlinie gemessen.
ZH pr:
Slyesap 7250:
lIc-0p33:
Arietites rotiformis bezeichnet in Württemberg eine über den Bänken mit Arietites
Bucklandi liegende Schicht.
5
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 11
Plesiosaurus spec. indet.
Eine dritte Art aus dem unteren Lias wird durch einen linken Humerus
repraesentirt, der in mancher Beziehung sehr eigenthümlich ist. Die proxi-
Fig. 2.
Plesiosaurus spec. indet. Linker Humerus von
oben, etwas über 4 der natürlichen Gröfse.
male Gelenkfläche ist nach Reconstruction
eines Theiles der ventralen Hälfte nahezu kreis-
rund und hoch gewölbt. Unter ihr ist der
Schaft kaum eingeschnürt und bis auf eine
vom Rande der Gelenk-
fläche eylindrisch. Von hier ab wird er
1
Entfernung von 25"”"
sehr schnell flach, so dafs er in der Mitte
mm
der Länge nur noch 15"” dick ist, und .be-
kommt am Vorder- und Hinterrand Kanten,
die sich je weiter distal, desto mehr zu-
schärfen. Mit der Verflachung findet auch
eine allmähliche Verbreiterung statt. Vorder-
und Hinterrand sind von der proximalen Ge-
lenkfläche an deutlich gekrümmt, der Hinter-
rand ist es, entsprechend der distalen Ver-
breiterung, etwas mehr als der Vorderrand.
Am distalen Ende sind die obersten Knochen-
lagen und die Gelenkflächen für den Unter-
arm nicht mehr erhalten. Auf der ventralen
Seite fallen über dem distalen Ende unregel-
mälsige, quere Eindrücke und Gruben auf,
unterhalb welcher die Oberfläche wiederum
glatter erscheint.
Malse:
Lange keavanener euere. ehe ee 185 Mm
HliöhegdesyGelenikkoptesprr 20 »
Durchmesser am Rande des Gelenkkopfes .... 40 »
Dickesinc$ der Längeg ee ee 25 »
Dickenns3. der. Längema sage I5 »
Grölste Breite am distalen Ende............. 70»
Verglichen mit den Oberarmen anderer Plesiosaurus- Arten unterscheidet
sich der hier beschriebene scharf durch die unmittelbar unter dem Gelenk-
kopf beginnende Krümmung, die auffallende plötzliche, sehr starke Ab-
flachung in Verbindung mit scharfer Vorder- und Hinterkante und die
DE
12 W. DAaues:
grubige, unregelmäfsige Oberfläche der distalen Ventralseite. Zudem geben
die Mafse an, dafs der fragliche Humerus der kleinsten der aus den Lias-
ablagerungen bis jetzt bekannt gewordenen Arten angehört hat. Vielleicht
finden die geringen Dimensionen und die erwähnten Eigenthümlichkeiten
der Oberfläche am distalen Ende ihre Erklärung in der Annahme, dafs
der Rest eines jungen, unreifen Individuum vorliegt, dessen Extremitäten
an ihren Enden noch mit einer Knorpelkappe bedeckt waren; aber auch
nach Abzug der durch diese Annahme berührten Merkmale bleiben genü-
gend andere übrig, um darzuthun, dafs eine bisher unbekannte, neue Art
vorliegt, die sehr wahrscheinlich auch generisch von Plesiosaurus im engeren
Sinne abzuzweigen sein wird.
“ Vorkommen. Unterer Lias (a) mit Arietites Bucklandi von Hüttlingen,
Oberamt Aalen, in Württemberg (Sammlung des Königlichen Naturalien-
kabinets in Stuttgart).
Plesiosaurus nothosauroides nov. spec.
Die jüngste Art des unteren Lias, zugleich die vom Typus der Gattung
am meisten abweichende, ist auf 3 Rückenwirbel-Centren begründet, welche
ihrer übereinstimmenden Gröfse nach sehr wohl in der Wirbelreihe Nach-
barn gewesen sein können. Die unten folgenden Mafse zeigen, dals unter
Zugrundelegung der Dimensionen von Plesiosaurus dolichodeirus die Länge
des ganzen Thieres etwa 5” betragen haben mag. Keines der 3 Stücke ist
vollständig erhalten; jedoch zeigt das nebenstehend in natürlicher Gröfse
abgebildete die bezeichnenden Merkmale hinreichend deutlich.
Malse:
Höhe von der Basis des Neuralkanals bis zum Unterrand . 85 Mm.
Breite in der Mitte der vorderen Gelenkfläche........... O7»
LängeJinzder Mittesder Seitent rest 50 »
Breite, des: Neuralkanalsı vorn... See 20 »
Breite. des) Neuralkanalsshinten?l. 2 Aleeenk re ee 14 »
Tiefe der Gruben neben dem Neuralkanal, für den Ansatz
dersoberen Bogen,sin. der. Mitte)... A a e Io »
Breiter ders Gruben in. der. Mitterk 21. »
Die Wirbelkörper sind etwas höher als breit und wieder breiter als
lang. Die vorderen und hinteren Gelenkflächen sind fast eben, nur etwa
I-1.5 mm tief gegen die Mitte abfallend. Dann erheben sie sich wieder zu
mm
einem etwa ebenso hohen elliptischen Wulst, der eine quere, etwa 5
I an, Da a fi = 2:
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 13
tiefe, verschieden umgrenzte Grube umgibt, deren Breite zwischen 8 und
15”” schwankt.
Plesiosaurus nothosauroides nov. spec. Rückenwirbel, a von vorn, 5b von der Seite, ce von oben,
in natürlicher Gröfse.
Bemerkenswerth ist die verschiedene Gestalt dieser Gruben auf der
j
|
Vorder- und Hinterfläche ein und desselben Wirbels. Vorn'! sind sie mehr
! Nach Analogie mit dem Neuralkanal von Nothosaurus ist die breitere Endigung als
die vordere angenominen. d;
my
14 W. Dames:
schlitzförmig, hinten schmaler, aber dabei höher, so dafs eine verzerrte
Herzform entsteht.
Die Oberseite zerfällt in 3 Theile, einen mittleren, die Basis des
Neuralkanals, und zwei seitlich symmetrische, breite, tiefe, die ganze Länge
einnehmende Gruben mit nahezu geraden, der Basis des Körpers parallelen
Aufsenrändern. Während die Oberfläche der Basis des Neuralkanals ein
schwammig-poröses Ansehen hat, sind die seitlichen Gruben durch unregel-
mäfsig von der Mitte nach vorn und hinten ausstrahlende, durch verschieden
hohe Kämme getrennte Rillen und Gruben sehr rauh und uneben, nament-
lich in der Mitte. Sie sind die Ansatzstellen der mit ihnen nur locker
verbunden gewesenen, nicht coossifieirten Schenkel der oberen Bögen.
Die Seiten der Körper sind flach econecav. Nach der Basis zu nimmt
diese Coneavität allmählich ab; und die Unterseite ist zwischen den beiden
Gefälslöchern vollkommen eylindrisch. Die Gefäfslöcher liegen verhältnifs-
mäfsig hoch, etwa über dem unteren Drittheil der Seiten, sind klein,
längsoval und dem Hinterrande etwas mehr genähert als dem Vorderrande.
Die Oberfläche ist nahe den Rändern mit scharfen, unregelmäfsig-aderartig
verlaufenden Längslinien versehen, welche nach der Mitte zu fast ganz ver-
schwinden. Auf der Unterseite sind sie stärker entwickelt und laufen über
den ganzen Wirbelkörper hin. An den Rändern stellen sich hier kleine Quer-
verbindungen ein, so dafs eine netzförmige Grubensculptur entsteht, ähn-
lich wie bei Plesiosaurus bavaricus (vergl. Taf. V), aber bedeutend schwächer.
Wirbel mit den beschriebenen Merkmalen wird man nur mit vielem
Vorbehalt Plesiosaurus zureehnen können, da ihnen ein wesentliches Merk-
mal der typischen Wirbel der Gattung, die feste Verbindung der Centra
mit den oberen Bögen, fehlt. LyprkkeEr sagt in der Diagnose von Plesio-
saurus ausdrücklich: »Vertebrae with the arches and cervical ribs firmly
attached to the centrum, but with the suture not obliterated«. Nun liegt
es zwar nahe, die fraglichen Wirbel einem jugendlichen, noch unausge-
wachsenen Individuum zuzurechnen und dadurch die erwähnte lockere Ver-
bindung zu erklären; aber dagegen spricht doch wohl ernst die Gröfse
der Wirbel, welche denen der gröfsten, bisher im Lias aufgefundenen Arten
— Plesiosaurus robustus und Plesiosaurus Conybeari — nahesteht, ja sie in
einzelnen Dimensionen noch übertrifft. Andererseits ist die lockere Ver-
bindung von Centrum und Neuralbogen für die Vorläufer der Plesiosauriden,
für die Nothosauriden der Triasformation, bezeiehnend:; wie denn auch die
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 15
Gestalt und Beschaffenheit der Ansatzstellen durchaus an das dort allgemein
Beobachtete erinnert. Diese Ähnlichkeit, auf die der oben gewählte Name
hinweisen soll, steht aber nicht allein da, da auch die fast ebenen Gelenk-
flächen mit ihrer tiefen, centralen Grube! bei Nothosaurus häufig sind; ja
auch die entfernt von einander in den Wirbelkörper eindringenden Gefäls-
löcher finden sich dort wieder.
Es bleibt demnach wesentlich nur die rauhere Oberflächenbeschaffenheit
an den Seiten der Wirbel gegenüber den meist völlig glatten der Notho-
sauriden als Unterscheidungsmerkmal — abgesehen von der von letzteren
nie auch nur annähernd erreichten Gröfse — übrig. Wenn auch schwache
Rauhigkeiten in Gestalt von kurzen Längsstreifen am Vorder- und Hinter-
rand hin und wieder an Halswirbeln von Nothosaurus- Arten vorkommen,
wie mehrere Stücke in den hiesigen Sammlungen lehren, so entsteht doch
niemals eine über den ganzen Körper ausgedehnte und an den Rändern
zu einem grubigen Netzwerk sich entwickelnde Oberflächensculptur. In
dieser Beziehung nähert sich Plesiosaurus nothosauroides der Gattung Eret-
mosaurus, von der ihn aber der gänzliche Mangel einer haemalen Längs-
wulst mit den diesen seitlich begrenzenden, die Gefäfslöcher aufnehmenden
Vertiefungen trennt. Die centrale Grube der Endflächen findet sich bei
Plesiosaurus limnophilus Koxen aus dem Wealden Hannovers wieder, zu
dem sonst jede Beziehung fehlt.”
Aus diesen Vergleichen ergibt sich, dafs die vorliegenden Wirbel weder
zu Plesiosaurus s. str., noch zu Nothosaurus gestellt werden können und
zwischen beiden eine eigenartige Mittelstellung einnehmen. Wenn sie hier
trotzdem bei Plesiosaurus untergebracht sind, so geschieht das nur provi-
sorisch, bis zukünftige Funde weitere Merkmale geliefert haben werden,
die zur Aufstellung einer neuen Gattung genügen.
Auffallend ist, dafs gerade diese Wirbel, welche denen der älteren Notho-
sauriden nahe stehen, sich in der geologisch jüngsten der Zonen des unteren
Lias gefunden haben, aus welchen Plesiosaurier-Reste bekannt geworden sind.
! Die geologisch - palaeontologische Sammlung des hiesigen Königlichen Museum für
Naturkunde enthält derartige Nothosaurus-Wirbel mit centralen Gruben aus dem Muschelkalk
von Bayreuth, Rüdersdorf und Oberschlesien.
® Koxen (Die Dinosaurier, Crocodiliden und Sauropterygier des Norddeutschen
Wealden; in: Palaeontologische Abhandlungen, herausgegeben von W. Daues und E. Kayser.
Ill. 5. 1887. S. 418) ist geneigt anzunehmen, dals die ganze Bildung darauf hindeutet, dals die
Gelenkflächen ursprünglich als Epiphysen abgesondert waren.
16 W. Danmes:;
Vorkommen. Unterer Lias (a), obere Abtheilung (Zone des Arietites
Seipionianus und geometricus) von Strafsdorf bei Gmünd in Württemberg
(Sammlung des Königlichen Naturalienkabinets in Stuttgart).
B. Arten der oberen Liasformation.
Plesiosaurus Guilelmi imperatoris nov. spec.
Taf. 1-11.
Das Skelet der neuen Art liegt ausgestreckt einer 3” langen und 15
breiten Platte eines grauen 'T'honschiefers mit der Bauchseite auf, wendet
also dem Beschauer die Rückenseite zu, jedoch so, dafs in Folge des
Druckes der auflagernden Gesteinsmassen die Wirbel bis auf die der
Schwanzregion auf die Seite gedrückt sind. Auch haften aus demselben
Grunde die Rumpfrippen nicht mehr an den dazu gehörigen Wirbeln,
sondern liegen unter bez. neben ihnen. Der Kopf befindet sich noch in
Berührung mit der Wirbelsäule, aber nicht in der dem Thiere während
des Lebens zukommenden Lage als gerade Fortsetzung der Wirbelsäule,
sondern fast im rechten Winkel nach rechts gebogen. Seine einzelnen
Bestandtheile sind zwar durch den Gesteinsdruck gröfstentheils ihrer ur-
sprünglichen Gestalt und des Zusammenhanges verlustig gegangen, lassen
sich aber doch zu einem Ganzen um so leichter reconstruiren, als Hr.
BernHarp Haurr den Theil der Schieferplatte, auf welchem der Kopf und
die ersten Halswirbel liegen, derart vom übrigen abgespalten hat, dafs auch
die Unterseite zum Vorschein gebracht ist. Die Halswirbel sind so auf die
rechte Seite gelegt, dafs die Dornfortsätze nach oben weisen, und befinden
sich bis auf eine Unterbrechung zwischen dem 22. und 26. Halswirbel in
vollkommen normaler Lage zu einander und zu den auf sie folgenden
Rumpfwirbeln. Beide zusammen liegen in einer geraden Linie, die nur
an der erwähnten Stelle durch die Verschiebung von 3 Wirbeln und das
dadurch hervorgerufene Heraufrücken auch der folgenden 6 Halswirbel
auf eine kurze Strecke einer unregelmäfsigen, rechts gewendeten Krümmung
Platz gemacht hat. Wodurch diese eigenthümliche Verschiebung hervor-
gerufen ist, läfst sich bei der sonst so völlig ungestörten Lage der Wirbel-
säule schwer erklären. Zunächst ist es ausgeschlossen, dafs die zwei
Sprünge, welche gerade in dieser Gegend die Platte durchziehen, mit der
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 17
Störung der Lage der Wirbel in Verbindung zu bringen wäre, wie un-
mittelbar daraus hervorgeht, dafs der vordere der beiden Sprünge einen
Dornfortsatz an seinem unteren Ende schief durchschneidet ohne die
beiden Theile auch nur im Geringsten gegen einander verschoben zu
haben, und ebenso hat der hintere Sprung auf die Lage der beiden Wirbel,
zwischen denen er hindurchgeht, keinen Einflufs ausgeübt. Die Störung
der natürlichen Lage ist jedenfalls darauf zurückzuführen, dafs durch
irgend eine gewaltsame Bewegung der vordere Theil des Halses von
dem hinteren abgetrennt und auf kurze Erstreckung unter die hintere
Hälfte geschoben wurde, etwa wie zwei Theile einer Schicht durch Seiten-
druck über einander geschoben werden können, eine in der Geologie gar
häufig beobachtete Lagerungsform. Welcher Art aber hier die schiebende,
bez. stauende Kraft war, wage ich nicht zu entscheiden; der ganzen
Sachlage nach ist es ebenso unwahrscheinlich, dafs Wellenbewegung, wie
dafs Zerrung durch Thiere, welchen das Cadaver zur Nahrung diente,
die Verschiebung hervorgerufen habe. — In grellem Gegensatz zu der
ruhigen Lage der Rückenwirbel steht diejenige der Schwanzwirbel, und
zwar stellt sich diese Änderung plötzlich und unvermittelt hinter der
Beckengegend ein. Von hier an sind die Wirbel zwar noch etwa bis
zur Mitte der Länge des Schwanzes mit einander in Berührung, aber
die Richtung der Dornfortsätze, der Diapophysen, der Haemapophysen
und auch der Centra ist bei den einzelnen Wirbeln sehr verschieden, wie
ein Blick auf Taf. I lehrt. Die hintere Hälfte der Schwanzwirbelsäule ist
durch eine beträchtliche Lücke, in welcher ein einzelner Wirbel liegt,
von der vorderen getrennt und aufserdem nach rechts (oben) verschoben
worden. Unterhalb und oberhalb der Lücke liegen 3 Wirbel weit von
der Wirbelsäule ab, durch deren Loslösung und Fortführung erstere ent-
standen ist. Der vordere Theil der Hinterhälfte der Schwanzwirbelsäule
ist noch wirrer durch einander geworfen als die Vorderhälfte, während
der hintere Theil viel ruhiger und regelmäfsiger erhalten blieb; um ihn
ist die Platte dunkel und fettig glänzend — der Rest einer unten ge-
nauer zu beschreibenden Schwanzflosse. Sie mag auch die Veranlassung
für die geschilderte Erhaltung der einzelnen Stücke der Schwanzwirbel-
reihe gegeben haben. Den Wellen war durch eine mehr oder minder
grolse, nach oben und unten verbreiterte Schwanzflosse die Möglichkeit
gegeben, diesen Theil des Cadavers in lebhaftere Bewegung zu setzen
Phys. Abh. 1895. II. 3
18 W. Danmes:
als den schweren Rumpf, und so zerfiel unter gemeinschaftlicher Ein-
wirkung der Wellenbewegung und der Verwesung die Wirbelsäule in ihre
einzelnen Theile, wie sie uns jetzt erhalten ist, während ihre äufserste
Spitze durch die sie umhüllende Schwanzflosse mehr geschützt blieb.
Bei der Lage des Skelets auf der Bauchseite wäre von vorn herein
anzunehmen gewesen, dafs von den Extremitätengürteln nur Weniges der
Beobaehtung zugänglich sein könne, da sie bei Plesiosaurus ganz auf
jener liegen. Und in der That ist von den Hauptelementen des Schulter-
gürtels, den Coracoiden, nur unter den Rippen der vorderen Rumpfgegend
ein kleiner Theil sichtbar, dank der sorgfältigen Praeparation durch Hrn.
B. Haurr. Dagegen liegen neben den Coracoiden die Fureula und die
Scapula der linken Seite frei und in allen Theilen gut zu beobachten.
Auf dieser Seite befinden sich auch Humerus, Radius, Ulna und die
proximale Reihe der Carpalknochen sowohl zum Schultergelenk als unter
einander in ursprünglicher natürlicher Lage, daneben einige Phalangen.
Dann folgt eine breite Lücke, in welcher ein Knochen der distalen Carpal-
reihe und zwei Phalangen liegen, und dann der gröfsere Theil der Pha-
langen der 5 Finger der linken Hand in zusammenhängenden Reihen,
aber derart gegen einander verschoben, dafs die der einzelnen Finger vom
ersten zum fünften fortschreitend treppenartig nach hinten gezerrt sind.
Die Vorderextremität der rechten Seite ist bemerkenswerth anders erhalten.
Der Humerus ist ein beträchtliches Stück vom Schultergürtel und dem
ganzen Skelet entfernt, Radius und Ulna berühren ihn zwar, beide sind
aber völlig aus ihrer natürlichen Lage gebracht; der Radius liegt mit
seiner proximalen Gelenkfläche am Vorderrande und ist dabei umgewendet
worden, so dafs seine ventrale Seite nach oben gekehrt ist, die Ulna ist
nach aufsen gedreht und berührt den Humerus nicht mit ihrer proxi-
malen Gelenkfläche, welche von ihm unter einem Winkel von nahezu 90°
abgewendet ist, sondern mit einem Theil des Aufsenrandes. Die Ver-
bindung von Ober- und Unterarm mit dem Carpus und der Hand ist auf
eine breite Strecke hin gestört. Weitab von der Ulna nach hinten und
hinter den Spitzen zweier Bauchrippen-Spitzen liegt ein Paar Knochen
der proximalen Carpalreihe, von ihnen aus wieder mehr nach vorn und
in der Nähe der Hand ein einzelner Carpalknochen. Dann folgt die
eigentliche Hand, an welcher ein Knochen der proximalen Carpalreihe
mit denen der distalen und den Phalangen der 5 Finger in ungestörter
Be.
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 19
Ruhe überliefert sind, abgesehen von einer kleinen Unregelmäfsigkeit am
ersten Finger und dem Fehlen einzelner Phalangen an diesem, dem zweiten
und dem fünften Finger.
Ähnlich wie mit den Vorderextremitäten verhält es sich mit den
Hinterextremitäten und ihrem Gürtel. Von letzterem sind alle 3 Elemente
— Pubis, Iium, Ischium — erhalten, und zwar sind die beiden Pubes
von ihrer ursprünglichen Lage derart translocirt, dafs sie nunmehr neben
den Rippen und zwischen der Vorderextremität und dem Femur der linken
Seite in ihrem ganzen Umfange sichtbar werden; bei der Disloeirung ist
das Femur der rechten Seite umgewendet worden, und dadurch seine
ventrale Fläche dem Beschauer zugekehrt. Das lium der linken Seite
berührt noch die Rippen der Sacralwirbel; von seinem unteren Rande aus
abwärts erstreckt sich das Ischium bis zum Femur, das es am vorderen
Theil des Hinterrandes berührt. Hieraus geht hervor, dafs das Femur
nicht mehr in natürlicher Verbindung zum Beckengürtel steht, aber in
der Nähe desselben geblieben ist. Tibia und Fibula, zu einander ungestört
gelagert, sind von ihm und dem Tarsus durch schmale Zwischenräume
getrennt. Nahe dem distalen Ende der Tibia liegt ein vereinzelter Tarsal-
knochen; weiter nach hinten folgen die übrigen nur wenig gegen einander
verschobenen Tarsalknochen, und unmittelbar auf sie die Hauptmasse der
Phalangen der 5 Zehen, aber vielfach verschoben und gezerrt, doch nicht
so sehr, dafs nicht die der mittleren Zehen mit einiger Sicherheit bis an
die Endphalanx zu verfolgen wären. Einzelne Glieder sind weiter von
der Gesammtheit fortbewegt und liegen zwischen ihr und der Schwanz-
wirbelsäule vereinzelt auf der Platte. Wie der rechte Arm, so ist auch
der rechte Fufs viel weiter von dem Beckengürtel getrennt als der linke.
Das Femur liegt über der Beckengegend fast parallel der Hauptriehtung
der Rückenwirbelsäule mit der ventralen Seite nach oben; an seinem
distalen Ende sieht man die ebenfalls umgekehrten, beiden Knochen des
Unterschenkels, Tibia und Fibula, völlig von der Gelenkfläche abgeschoben,
erstere zum Theil auf das Femur geschoben, letztere davon entfernt,
zwischen beiden einen Tarsalknochen, sowie links vorn und unterhalb der
Fibula den übrigen Theil derselben. Von ihm durch einen verhältnifsmäfsig
breiten Zwischenraum getrennt folgt dann ein beträchtliches Stück des
eigentlichen Fulses, an welchem die meisten Phalangen nicht aus der
natürlichen Lage gebracht sind. Die Endphalangen sind nicht erhalten,
J >
20 W. Dames:
oder vielmehr nicht überliefert. Sie sind durch einen Sprung in der Platte
von dem erhaltenen Theil getrennt worden. Das betreffende Stück der
Schieferschicht ist verloren, und zur Ergänzung ein anderes eingesetzt
worden, das nicht die ursprüngliche Fortsetzung der Schicht bildete. Hier-
durch ist auch das obere, hintere Stück der Schwanzflosse leider in Ver-
lust gerathen.
Aus dieser Beschreibung der allgemeinen Lage des Skelets geht hervor,
dafs nicht alle Theile noch völlig so zu einander gelegen sind, wie sie es
im Leben des Thieres waren, dafs sie aber in wünschenswerthester Voll-
ständigkeit überliefert wurden, so dafs aus der Combination dessen, was an
den beiden Hälften der Vorder- und Hinterextremitäten beobachtbar ist,
ein sicheres Gesammtbild derselben reconstruirt werden kann.
Nieht leieht ist die Frage zu beantworten, was die Veranlassung dazu
gab, dafs, während Kopf, Hals und Rumpf in nahezu ungestörter Lage zu
einander überliefert sind, die Schwanzwirbelsäule und die Extremitäten
hiervon mehr oder minder beträchtlich abweichen. Bezüglich der Schwanz-
wirbelsäule ist oben eine Erklärung zu geben versucht worden. Betreffs
der Extremitäten aber sind weniger Anhaltspunkte für eine solehe vor-
handen. — Die jetzige Erhaltung und Lagerung der Extremitätenpaare läfst
Jedoch einige Analogien erkennen, welche als Hinweis auf die Vorgänge
verwendet werden können, die sich bei der Einbettung des Cadavers
abgespielt haben. Nachdem das Cadaver auf den Meeresgrund gesunken
war, legte es sich auf die Bauchseite, welche durch die enorme Gröfse
und horizontale Ausdehnung der Brust- und Schultergürtel bei Plesiosaurus
ohne Zweifel die breiteste war. Die Extremitäten streekten sich in der
natürlichen Lage horizontal nach beiden Seiten hin auf dem Boden aus,
wie das Thier sie im Leben beim Schwimmen getragen haben mochte.
Der mit kräftigen, an den Dornfortsätzen der Wirbel beiderseits befestigten
Muskelzügen versehene Hals und noch mehr der Rumpf wendeten in der
ersten Zeit die Rückenfirst nach oben. So mag das Cadaver gelegen haben,
bis die Verwesung die Verbindung der einzelnen Theile zu einander lockerte,
und da hiervon vermöge der minder starken Verfestigung derselben die
Extremitäten früher betroffen werden mufsten, als der durch die starken
Muskelmassen mehr geschützte Hals und Rumpf, so vermochte das Spiel
der Wellen erstere zunächst zu trennen und zu zerzerren. Als dann auch
die Weichtheile des Halses und des Rumpfes der Zersetzung unterlagen,
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 21
sank der Körper nach der rechten Seite um und glitt dabei etwas nach
links. So würde es sich zunächst erklären lassen, weshalb die beiden
Extremitäten der rechten Seite weitab vom Körper liegen, während die der
linken Seite ihn unmittelbar berühren; auch würde die Lage der Pubes
leicht hierauf zurückgeführt werden können, deren schwere Platten bei
einer solchen Wendung leicht etwas weiter abgeschoben werden konnten.
Unerklärt aber bleibt trotzdem immer noch der Umstand, dafs auf der
linken Seite Unterarm und Unterschenkel ganz unregelmäfsig zerstreut
wurden, während die Phalangen von der Lage, die sie am lebenden Thier
hatten, abgesehen von der Trennung vom Unterarm, bez. Unterschenkel
und Tarsus, kaum etwas verloren haben, während umgekehrt Radius und
Ulna, bez. Tibia und Fibula der linken Seite mit dem Humerus bez. dem
Femur verbunden geblieben sind, während andererseits die Phalangen mehr
aus einander und an einander hin gezerrt wurden. Mag ein Theil dieser
Trennungen und Zerreifsungen auch auf Rechnung der Wellenbewegung
zu setzen sein, so wird dieselbe doch nicht allein als Agens gewirkt
haben. Zweifellos haben auch allerhand Thiere, wie Cephalopoden, Crusta-
ceen und Fische dazu beigetragen, die einzelnen Stücke der Extremitäten
aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang zu reifsen, als sie auf und an
dem Cadaver ihre Nahrung suchten und fanden. Darauf deuten nach
meiner Meinung mit Sicherheit die Knochen hin, welche im Gegensatz
zur Gesammtheit des Skelets dem Beschauer die ventrale Fläche zuwenden.
Es sind diefs gerade einige der umfangreichsten und schwersten, das
rechte Femur mit Tibia und Fibula, die linke Pubis u. a., wie oben er-
wähnt. Konnten die Wellen so feine und zarte Knochen wie die Pha-
langen nieht aus ihrer ursprünglichen Lage bringen, so vermochten sie es
mit den genannten schweren Knochen noch viel weniger. Diefs müssen
also andere Kräfte hervorgebracht haben, und als solche kann man nur
gefräfsige Geschöpfe, welche zu gleicher Zeit mit den Plesiosauriern die
Meere des oberen Lias bevölkerten, in Anspruch nehmen. — Dafs end-
lich die Zersplitterung und Zertheilung des Skelets nicht noch weiteren
Umfang angenommen hat als geschehen, wird darin seinen Grund haben,
dafs die Sedimentbildungen, welche uns jetzt in Gestalt der die Plesio-
saurus-Platte bildenden Schieferthone überliefert sind, verhältnifsmäfsig
schnell erfolgten, so dafs sie das Cadaver einhüllten, noch ehe Ver-
wesung und Zerfleischung ihr gemeinschaftliches Zerstörungswerk bis zu
22 W. Danes:
den letzten Phasen hatten durchführen können. Auf eine derartige Be-
schleunigung der Einbettung in die weichen Lias-Thone weist auch die
Erhaltung einiger kleiner Stücke der ursprünglichen Körperhaut in ver-
kohltem Zustande hin.
Der Schädel.
Kein Theil des Skelets hat unter den zerstörenden Wirkungen, welche
soeben erwähnt sind, mehr zu leiden gehabt, als der Schädel. Nicht nur,
dafs er seine ursprüngliche Form durch Druck eingebüfst hat, und nun-
mehr schief von unten nach oben flachgedrückt auf der Gesteinsplatte
liegt, sondern es sind auch, namentlich im mittleren und hinteren Theil,
die einzelnen Schädelknochen aus ihrer Lage gerissen, zertrümmert und
die Trümmer unter einander gemengt. Durch die sorgfältige Praeparation
liegen diese Trümmer nun zwar von Gesteinsmasse entblöfst vor dem Be-
schauer, es ist aber trotz aller Mühe nicht möglich gewesen, jeden kleinen
Knochensplitter auf seine ursprüngliche Lage am Schädel zu deuten, was
um so mehr zu bedauern ist, als es hierdurch auch verhindert wurde, der
Frage über die Zusammensetzung der eigentlichen Schädelkapsel näher zu
treten, die bekanntlich noch immer ihrer endgiltigen Beantwortung harrt.
Andererseits sind diese Übelstände nicht grofs genug, um über die allge-
meine Gestalt, die Gröfse und die Art der Bezahnung zu klaren Ergeb-
nissen gelangen zu können, um so mehr, als auch die Unterseite durch
Abheben der Gesteinsplatte in dem auf Taf. I durch eine polygonale Um-
randung angegebenen Umfange blofsgelegt und vorzüglich praeparirt ist.
A. Oberseite (Taf. II). Die Oceipitalregion ist durch Druck völlig
zerquetscht, so dafs die Conturen der einzelnen, sie zusammensetzenden
Theile nicht zu verfolgen sind. Eine Ausnahme hiervon macht nur das
Quadratum (gu)', das als ein oben verbreiterter, unten verschmälerter,
flacher Knochen hervortritt, der am distalen Ende die zur Gelenkung des
Unterkiefers dienende quer gestellte, gerundete Facette besitzt. Vorder-
und namentlich Hinterrand sind im oberen Theil aufgewölbt. Die Wölbung
des letzteren geht von der Mitte an in eine scharfe Kante über, welche
schräg zur Aufsenseite der Gelenkfacette herabsteigt. Mit dem weitaus
' Die eingeklammerten Buchstaben beziehen sich auf die der Taf. 11.
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 23
gröfsten Theil der Unterfläche liegt das Quadratum dem Squamosum (squ)'
auf, das leicht an seinem vorwärts gerichteten Fortsatz erkannt werden
kann. Der Unterrand ist deutlich concav, der Oberrand mehr gerade und
geht in den des Processus supramastoideus über, ohne die Naht erkennen
zu lassen. Die Oberfläche ist sehr flach-concav, glatt, die Ränder sind
ziemlich scharf. Der über dem Quadratum liegende Theil des Hinter-
schädels dürfte dem Mastoideum angehören, welches jedoch ebensowenig
die Nahtverbindung mit dem Squamosum, wie mit dem Processus supra-
mastoideus erkennen läfst. Zwischen letzterem, der eine scharfe Kante
bildet, und dem davor liegenden Parietale ist der Schädel quer durchge-
brochen; hinter der Kante ist ein kleiner Theil der zerdrückten Oceipital-
region sichtbar. Über derselben liegt das Squamosum der rechten Seite
vom Schädel abgetrennt und fast im rechten Winkel zur Längsaxe des-
selben, dazu noch aufwärts gestellt, so dafs dem Beschauer der verletzte
ÖOberrand zugewendet ist. — Das Parietale (p) ist seitlich zusammenge-
drückt und bildet in diesem Zustande einen flachen, nur ganz gering ge-
wölbten Knochen mit scharfem oberen, in der hinteren Hälfte seines Ver-
laufes concaven Rande, der oben eine Furche trägt, in welcher die beiden
Hälften sich berühren. Das Parietalloch ist nicht deutlich sichtbar; es
scheint an der Stelle gelegen zu haben, welche durch den aufgeklappten,
vorderen Theil des Postorbitale fast gänzlich verdeckt wird, wenigstens
glaube ich da eine kleine Partie Gesteinsmasse zwischen den Hälften des
Parietale wahrzunehmen. Unter bez. neben dem Parietale befinden sich
2 Knochenfragmente, welche nach Lage und Form kaum anders wie als Post-
orbitale (po) und Postfrontale (pfr) gedeutet werden können. Ersteres
bildet jetzt eine stumpfwinkelig-dreieckige Knochenplatte, deren oberer
Rand, mit dem es einst an der vorderen Umgrenzung der Schläfengrube
! In der Bezeichnung der einzelnen Schädeltheile bin ich Owen und Sorras gefolgt,
ohne die neueren abweichenden Ansichten Core’s (On the structure of the skull in the
Plesiosaurian Reptilia, and on two new species from the Upper Cretaceous. Proceedings
of the American Philosophical Society. Vol. 33. 1894. p.109 fl.), E. Koren’s (Beiträge zur
Kenntnils der Gattung Nothosaurus. Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. 45:
1893. pP. 337 ff.) und C. W. Anprews’ (On the structure of the skull in Peloneustes philarchus,
a Pliosaur from the Oxford Clay. Annals and Magazine of Natural History. Ser. 6. Vol. 16.
1895. p. 242 ff.) zu berücksichtigen, da ein kritisches Eingehen auf dieselben durch die
Erhaltung verhindert wird, und olıne ein solches zweckmälsiger an einer einheitlich durch-
geführten Nomenelatur festzuhalten ist.
24 W. Dınmes:
Theil nahm, leicht concav ist, während die beiden anderen Ränder gerade
verlaufend convergiren, jedoch ohne sich zu erreichen, da die Spitze des
Dreiecks zwischen ihnen abgebrochen ist. Der Hinterrand ist die Bruch-
fläche der Verbindung mit dem Jugale, der Vorderrand nahm wohl zum
Theil an der hinteren Umgrenzung der Augenhöhle Theil. — Das als
Postfrontale (pfr) gedeutete Fragment ist nach oben und aufsen umge-
wendet, so dafs nun seine Innenfläche sichtbar ist. Der ursprünglich
untere (jetzt obere) Rand ist concav und nahm an der hinteren Um-
grenzung der Orbita Theil. Er besitzt hinten eine aufwärts gewendete
Spitze als die Endigung des Hinterrandes, der mit dem Postorbitale in
Berührung war. Der Vorderrand ist ebenfalls verletzt, läfst sich aber
trotzdem verhältnifsmäfsig gut an den hinteren Bruchrand des Frontale,
an das er sich ehedem anschlofs, anpassen. Der Knochen ist stark ge-
wölbt, so dafs er wohl im unverletzten Schädel an der Orbita dachartig
hervorgetreten sein wird. — An der Umgrenzung der Orbita und der
Verbindung des mittleren mit dem hinteren Schädeltheil hat nun noch
ein grolser Knochen Theil genommen, welcher vollkommen vom übrigen
Schädel abgebrochen und abgelöst wurde. Er liegt mit dem vorderen
Theil aufsen auf dem Unterkiefer und ist von da schräg rückwärts ge-
wendet und zugleich, wie das Postfrontale, umgewendet, und zwar ab-
wärts, so dafs auch hier die Innenfläche dem Beschauer zugewendet ist.
Man sieht sehr deutlich, dafs der (jetzt nach oben weisende) Unterrand
eine Bruchfläche darstellt, welche gut auf eine entsprechende andere palst,
die dicht über dem Zahnrand des Unterkiefers als schmale Kante aus der
Platte hervorragt. Der Vorderrand zerfällt in zwei concave Abschnitte,
von denen der untere (jetzt obere) kürzer und nach Reconstruction der
einwärts umgebogenen oberen Hälfte tiefer concav, als die bedeutend
gröfsere, nur wenig ausgerundete obere (jetzt untere) Hälfte war. Der
untere Theil bildete bis zu dem einwärts gedrückten Fortsatz die untere
und auf kurze Erstreckung auch die hintere Umgrenzung der Orbita, der
oben quer abgeschnittene Fortsatz die Verbindung mit dem Postorbitale,
der flach concave, gröfsere Theil des Randes die untere Umgrenzung der
Scheitelgrube; und der Hinterrand mit seinem stumpfen, zapfenartigen Fort-
satz diente zur Verbindung mit dem Squamosum. So, wie dieser Schädel-
theil jetzt liegt, scheint er für die übrigen viel zu grofs zu sein, nament-
lich in seiner Längserstreckung. Es ist das so zu erklären, dafs durch
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 25
den seitlichen Druck, welchem der Schädel im Allgemeinen ausgesetzt
war, Wölbung und Höhe bedeutend abgenommen haben, und nun die Öff-
nungen, bez. die Lücken zwischen den einzelnen Fragmenten kleiner er-
scheinen lassen, als sie bei normaler Lage waren. Reconstruirt man den
Schädel in dieser Beziehung nach Augenmafs, so stimmen die Dimensionen
des verbundenen Jugale (jug) und Oberkiefers (m) recht wohl zu dem
Übrigen. Die Innenfläche ist flach schüsselförmig vertieft, vorn mit rauher,
hinten mit glatter, nur sehr fein gestreifter Oberfläche. In einiger Ent-
fernung von dem unteren Bruchrande zieht eine Reihe von 16-17' runden
Eindrücken hin, welche wohl zur Aufnahme der Spitzen von Unterkiefer-
zähnen dienten. Die Naht zwischen Oberkiefer und Jugale ist verwachsen,
doch kann eine von den hinteren Eindrücken zu dem oben erwähnten
Fortsatzfragment aufsteigende, vertiefte Linie möglicher Weise die Grenze
zwischen beiden anzeigen, wenigstens würde unter dieser Annahme die
Form des Oberkiefers gut mit der anderer Plesiosaurus-Arten übereinstimmen.
Auch in der vorderen Ecke ist das in Rede stehende Fragment abge-
brochen. Die Bruchfläche pafst gut auf eine unter dem Vorderrand der
Orbita hervorsehende, welche noch zu dem praeorbitalen Stück des Ober-
kiefers gehört, dessen Conturen im Übrigen nieht beobachtbar sind. Der
Vorderrand der Augenhöhlen wird zwischen Frontale und Oberkiefer von
einem kräftigen, leicht gekrümmten, mit einer scharfen, ursprünglich rück-
wärts, jetzt aufwärts gerichteten Kante versehenen Knochen gebildet, der
zugleich die Hinterseite einer grofsen trapezoidischen Vertiefung bildet,
die oben von den Nasalien, vorn vom Zwischenkiefer und unten gröfsten-
theils vom Oberkiefer umschlossen wird. Der erwähnte kräftige Knochen
ist als Hinterrand des Praefrontale und das eingedrückte trapezoidische
Feld vor ihm als der Rest zusammen mit dem Laerymale (? /a) aufzufassen,
doch sind die Grenzen zwischen Beiden nicht nachweisbar. In der vor-
deren oberen Ecke des erwähnten Trapezoids ist deutlich die Nasenöffnung
wahrnehmbar und dadurch auch die vordere Endigung der Nasalia (n) be-
stimmt, welche sonst weder gegen Frontale nebst Superorbitale (sob)?,
! Wegen kleiner Bruchflächen in der Knochensubstanz war die Zahl nicht sicher
festzustellen.
® Eine Naht zwischen Frontale und Superorbitale ist nicht wahrzunehmen; es muls
daher unentschieden bleiben, ob die mit (so) bezeichneten Knochen die Frontalia und Super-
Phys. Abh. 1895. II, 4
26 W. DAnes:
noch gegen die Intermaxillaren, noch unter sich Grenzen, bez. Nähte er-
kennen lassen. — Der noch übrige Theil der Schädeloberfläche wird von
den Zwischenkiefern (ömx) gebildet, welche hinten an die Lacrymalien,
Praefrontalien und Oberkiefer grenzen, auch wohl noch an der vorderen,
unteren Umgrenzung der Orbita Theil nehmen, und welche oben vor den
Nasalien, die mit ihren Vorderspitzen zwischen jene Hinterränder etwas
hineinragen und diese auf kurze Entfernung trennen, von beiden Seiten zu-
sammenstolsen und so allein die vordere Schnauze zusammensetzen. Ihre
Gestalt und Gröfse bestimmen wesentlich die Physiognomie des ganzen
Schädels, denn sie variiren in beiden Beziehungen innerhalb der Plesiosaurus-
Arten beträchtlich, während die mittleren und hinteren Schädeltheile wesent-
lich gröfsere, allgemeine Übereinstimmung innehalten. Hier sind sie ver-
hältnifsmäfsig kurz: der Kieferrand bildet eine halbe Ellipse, deren Breite
ungefähr die Hälfte der Länge erreicht. Die vordere Endigung ist auffallend
spitz, mehr, als von irgend einer anderen Art derselben Gattung bekannt
ist. Die Seiten gehen ganz allmählich in die mittleren Schädeltheile ohne
merklichen Absatz über, so dafs eine schnabelartig abgesetzte Schnauze
nicht zu Stande kommt. In der Mediane zieht sich von der Spitze bis
in die Gegend der Nasalien eine Kante, die ihre jetzige Höhe und Schärfe
wohl dem Gesteinsdruck verdankt; immerhin mufs sie auch am unver-
drückten Schädel deutlich hervorgetreten sein. Neben dieser Kante ist
die Oberfläche nur sehr flach gewölbt und zugleich von der eigenthüm-
lichen, rauhen, grubigen Oberflächenbeschaffenheit, wie sie hier bei Plesio-
sauriern so verbreitet ist.
Noch sei darauf hingewiesen, dafs auch von der rechten Schädelhälfte
einige Fragmente sichtbar sind, so eine schmale Partie des oberen Randes
der Intermaxilla, der vordere Theil des Oberkiefers von innen, wogegen
das Praefrontale und das Laerymale nicht erhalten blieben. Ferner ist das
rechte Frontale freigelegt und hinter diesem ein mehrfach zerquetschtes
Knochenfragment, das seiner Lage nach nur das Postfrontale sein kann.
Auch von dem Gaumendach ist Einiges durch die Zerquetschung des
Schädels und namentlich die Entfernung des Jugale und des Oberkiefers
aus ihrer ursprünglichen Nachbarschaft sichtbar geworden. Man blickt
zwischen Praefrontale, Bruchrand des Öberkiefers, Postorbitale und Fron-
orbitalia zusammen oder erstere allein repraesentiren, falls letztere überhaupt, wie bei manchen
Arten, nicht zur Ausbildung gekoınmen sein sollten.
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformalion. 27
tale auf eine durch erhabene Ränder in zwei Hälften getheilte Knochen-
platte, die Palatinen (pa/), und sieht ebenso deutlich das rechte Gaumen-
loch, unmittelbar neben dem Postfrontale, länglich oval und etwa 10""” lang.
Diese Öffnungen befinden sich demnach noch voll in der Zone der Oberkiefer
und somit wesentlich weiter vorwärts als gewöhnlich. Hinten liegen auf
den Gaumenbeinen einige glatte, durch Brüche gespaltene Knochenfrag-
mente, von denen das vorderste in eine stumpfe Spitze ausläuft. Es ist
nicht sicher, aber doch sehr wahrscheinlich, dafs in ihnen das etwas ver-
schobene Vorderende des Basisphenoids (bsph) erhalten ist.
Die Oberseite der Platte zeigt auch vom Unterkiefer einen beträcht-
lichen Theil fast noch in natürlicher Lage zum Schädel. Es ist die Aufsen-
seite des linken Unterkieferastes mit nahezu vollständiger Bezahnung frei-
gelegt. Im Allgemeinen ist der Unterkiefer verhältnilsmäfsig niedrig, nur
vorn in der kurzen Symphyse wird er etwas höher und zugleich dicker
und hat dieselbe rauhe Öberflächenbeschaffenheit, wie die entsprechenden
Theile der Zwischenkiefer. Etwa in der Mitte unter der Orbita beginnt
der obere Rand allmählich anzusteigen, um eine Art Coronoidfortsatz zu
bilden, dessen Oberrand aber durch das Squamosum verdeckt ist. Bis
an diese Stelle reichen die Zahnalveolen heran. Hier liegt auf dem
Unterkiefer ein langgestrecktes, vierseitiges Knochenfragment, das oben,
unten und vorn gerade abgeschnitten ist, hinten unregelmäfsig eoncav endet.
Der obere Rand ist scharf, der untere gerundet. Die Deutung dieses Frag-
mentes begegnet vielen Schwierigkeiten, doch glaube ich nach Erwägung
aller Möglichkeiten dem Thatbestande am meisten Rechnung zu tragen,
wenn ich in dem fraglichen Bruchstück das hintere, zahnlose Ende des
Dentale erblicke, das von dem übrigen Theil abgebrochen und stellenweise
auf ihn geschoben wurde. Die Bruchflächen werden durch dasselbe selbst
verdeckt. Sehr schön ist das Artieulare (art) erhalten, auf das sich aufsen
das viereckige Fragment noch theilweise aufgelagert hat. Zwar ist die
Naht gegen das Dentale unsichtbar, aber desto deutlicher ist die quer zur
Längsaxe des Schädels gestellte halbeylindrische Gelenkfläche für das Qua-
dratum, gegen welches der ganze Unterkiefer etwas vorwärts geschoben
ist, sichtbar und hinter ihm der in einer abgerundeten Spitze endigende,
seitlich comprimirte Processus postartieularis.
B. Unterseite (Taf. II). Entsprechend der oben beschriebenen Lage
und der Richtung der Zerdrückung des Schädels zeigt die Unterseite we-
4*
28 W. Daumes:
sentlich nur den rechten Oberkiefer theilweise mit Bezahnung, das Dentale
und das Artieulare des rechten Unterkieferastes von der Aufsenseite und
die untere Hälfte des linken Astes von der Innenseite. In der hinteren
Schädelpartie sind noch manche Knochen entblöfst, welche, wenn auch
verdrückt und gegen einander verschoben, zur Ergänzung des auf der Ober-
seite der Platte Sichtbaren dienen. Aufserdem wurden die rechten Seiten
der ersten Halswirbel freigelegt. Von diesen scheint der vorderste auf
den Gelenkkopf des Basioceipitale geschoben zu sein, wenigstens ist von
Letzterem nichts wahrzunehmen. Vor ihm aber liegt eine langgezogene,
dachförmige Erhöhung, welche nach vorn allmählich niedriger wird, bis
sie zwischen dem Hinterende des Dentale und dem Öberrand des von
diesem abgetrennten Spleniale und Articulare des rechten Unterkieferastes
verschwindet. Dieses Knochendach ist entstanden durch die beiden Ptery-
goiden (pf), welche seitlich zusammengedrückt wurden und sich dadurch
in der Mediane aus der ursprünglichen Ebene heraushoben. Unmittelbar
links von den Pterygoiden befindet sich ein schmaler, zapfenförmiger
Knochen, dessen distales Ende verletzt ist. Er wird als linker Processus
paroceipitalis anzusprechen sein. Wiederum links von ihm liegt ein
gerundet vierseitiges, rauhes, aufsen unebenes Knochenstück, das seiner
Lage und Gröfse nach nur das verdrückte Par- oder Exoeeipitale selbst
sein kann. Etwas vor ihm geht von dem Schädel ein schmaler gekrümmter
Knochenkamm ab, die Aufsenseite des auch auf der Oberseite sichtbaren,
rechten Squamosum (sgw). Weiter auswärts verdickt sich dieser Knochen
und endigt in einer rundlichen, mit vorspringendem Rande versehenen
Facette, die vielleicht ein Theil des rechten Mastoideum oder Tym-
panieum (fp') nach Owen’scher Bezeichnung ist. Vor ihm liegt ein flacher,
schmaler, etwas gekrümmter Knochen, dessen vorderes Ende in mehrere
Zacken zerspalten ist: wahrscheinlich der rechte Processus mastoideus (fp).
Auf der anderen Seite ist das linke Mastoideum (fp) ebenfalls mit seiner
stempelförmigen Endigung zu sehen, welche in die Gelenkfläche des linken
Unterkiefers gerathen ist'.
! Dals in diesem Knochenbruchstück nicht etwa, wie man anzunehmen geneigt sein
könnte, die Innenseite des rechten Quadratum vorliegt, das noch in Contaet mit dem Unterkiefer
wäre, geht daraus hervor, dafs, wie die Oberseite lehrt, ein soleher Contaet thatsächlich
nicht besteht, und weiter, dals deutlich beobachtet werden kann, wie beide Knochenstücke
nieht zusammenhängen, sondern verschiedenen Elementen angehören. Auch stimmt die Form
der distalen Fläche durchaus nicht mit der des Quadratum überein.
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 29
Wenn nun auch in der Bestimmung einzelner Schädeltheile der Unter-
seite hier und da Unsicherheiten nieht zu vermeiden waren, so fallen
diese für die übrigen fort. Die obere Vorderhälfte wird durch eine grofse,
gerundet dreiseitige, flach gewölbte, glatte Knochenplatte gebildet, an
deren Unterrand eine Reihe Zahnalveolen sich hinzieht — also durch den
rechten Oberkiefer. Während die Alveolen ursprünglich senkreeht zur
Aufsenfläche der Oberkiefer in den Knochen eingesenkt sind, liegen sie
hier in der Ebene desselben, wiederum als Folge des seitlichen Druckes,
der den Unterrand des Oberkiefers auswärts geprefst hat. Der vordere
Schnauzentheil — der Zwischenkiefer — ist gröfstentheils durch die darüber
liegenden Zähne der Unterkiefer-Symphyse verdeckt. Wo sich zwischen
diesen seine Oberfläche zeigt, ist sie rauh und grubig, wie auf der
anderen Seite. Ich zähle im Oberkieferrande 14 Alveolen, von fast gleicher
mm
Gröfse und Tiefe, kreisrundem Umfang, 3—4””" Durchmesser und durch
dünne Knochenwände von einander getrennt. Die vor diesen 14 Alveolen
liegenden gehören wohl schon den Zwischenkiefern an. Der gröfste Theil
der Oberkiefer-Alveolen ist der Zähne beraubt, nur die zweite besitzt
noch ihren Zahn. Die Zähne der 3 folgenden Alveolen sind herausge-
fallen, liegen aber dieht unter ihnen; und endlich zeigt sich am Rande
der neunten Alveole die winzige Spitze eines kleinen Ersatzzähnchens.
Wie viel Zähne der Zwischenkiefer trug, ist nicht genau zu ermitteln.
4 Zähne sind sichtbar, davon die hinteren 3 durch dazwischen liegende
Unterkieferzähne getrennt. Berechnet man diese Zwischenräume auf ihre
Länge, so erhält man Platz für S-g Zähne. — Der gröfste Theil dieser
Seite der Gesteinsplatte wird von den Elementen des rechten Unterkiefers
eingenommen, die derart gegen einander verschoben sind, dafs das Den-
tale von dem Spleniale und Articulare gelöst und schräg verschoben ist.
Dadurch ist das Dentale in annähernd natürlicher Lage zum Schädel ge-
blieben, vorn in der Symphyse noch in Berührung mit dem Zwischen-
kiefer, nach hinten zu mehr und mehr von dem Alveolarrande des Ober-
kiefers divergirend. Wie das Dentale zu Zwischen- und Oberkiefer, liegen
Spleniale und Artieulare, zwischen denen eine Naht nicht zu sehen ist,
zum Dentale. So strahlen Oberkiefer, Dentale, Spleniale und Artieulare
fächerförmig vom Vordertheil der Schnauze rückwärts aus und sind durch’
Gesteinsdruck sämmtlich in dasselbe Niveau gebracht. Vorn stolsen die
mm
beiden Unterkieferäste in einer kurzen, etwa 30 langen Symphyse zu-
30 W. Danmes:
€
sammen. Eine Symphysennaht ist nur schwach angedeutet. Dafs die Ver-
bindung der beiden Äste sehr fest gewesen ist, geht auch daraus hervor,
dafs sie trotz der Deformation des Schädels und der Zerreilsung fast sämmt-
licher seiner Bestandtheile nicht aufgehoben wurde. Soweit der Symphysen-
theil reicht, ist die Oberfläche, wie die der Zwischenkiefer, rauh und
grubig. Das Dentale (dt') ist hinter dem Symphysentheil glatt und bildet
einen langen, schmalen, nach hinten dünner werdenden und an Höhe etwas
zunehmenden (hinter der Symphyse 17"", am Ende 27”" hohen), seit-
lich stark eomprimirten Knochen, in dessen oberen Rand die Alveolen
der Zähne eingesenkt sind. Im Symphysentheil sind 4 Alveolen mit noch
darin steckenden Zähnen sichtbar, durch Zwischenräume getrennt, in
welche sich die Zähne des Zwischenkiefers legen. Es ist aber möglich,
dafs noch eine oder weitere 2 Alveolen vorhanden sind, welche jetzt
durch aufgelagerte Zähne verdeckt werden. Jedenfalls verhält es sich so
dicht hinter der Symphyse, wo 6 Oberzähne den Alveolarrand verhüllen.
Von hier ab ist letzterer aber bis zum Ende frei und zeigt 10 Alveolen, die,
ebenso grofs wie die darüber liegenden des Oberkiefers, bis auf die dritte,
aus welcher noch ein Zahnstummel heraussieht, mit Gesteinsmasse ausge-
füllt sind. Nimmt man, wohl mit Recht, an, dafs auf dem verdeckten
Theil des Randes Alveolen in gleicher Gröfse, wie die rückwärts folgen-
den, standen, so wächst die Zahl auf ı3, da Platz für 3 Alveolen auf
ihm ist. Die Zahnzahl eines Unterkieferastes würde hiernach also höch-
stens 18-19 betragen. — Während das Dentale seine Aufsenseite zeigt,
ist vom Spleniale und dem mit ihm anscheinend nahtlos verbundenen
Artieulare (md') die Innenfläche, mit der sie ursprünglich dem Dentale
anlagen, entblöfst. Sie ist glatt, nur mit wenigen feinen Längslinien ver-
sehen und im hinteren Theil, kurz vor der Gelenkfläche für das Qua-
dratum, etwas gewölbt. Denkt man sich das Dentale in normaler Lage
darauf gelegt, so kommt gerade der stark verdünnte hintere Theil des
letzteren auf diese Wölbung zu liegen. Die Verbindung kann kaum sehr
fest gewesen sein, da die Oberfläche sich sonst wohl rauher und matter
gezeigt haben würde. Die Mitte der erwähnten Wölbung bildet zugleich die
höchste Stelle des Oberrandes, welcher von hier aus allmählich zu der quer
gestellten Gelenkfläche abfällt. Diese, wie auch der rückwärts gewendete
Processus postarticularis, entsprechen genau denselben Theilen der
linken Seite und bedürfen daher keiner besonderen Beschreibung. Da die
Be
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 3l
Innenseite des hinteren Endes des linken Unterkieferastes nahe darunter
liegt, läfst sich der Unterschied beider Seiten mit einem Blick wahr-
nehmen; er besteht namentlich darin, dafs der Rand der Gelenkfläche innen
in Gestalt einer hohen, scharfen, hufeisenförmigen Kante vorspringt.
Die Bezahnung.
Die Zahnzahl konnte bei der Beschreibung der Kiefer und ihrer Al-
veolen auf 18-19 für jede Kieferhälfte festgestellt werden, von welchen 14
dem Öberkiefer, 4-5 dem Zwischenkiefer, und dieselben Zahlen dem hin-
teren Unterkieferast und dem Symphysentheil zukommen, da die Zahlen
oben und unten die gleichen sind. Die Gesammtzahl der Zähne ist somit
72mbez.. 710.
Nach der Form der Zähne lassen sich zwei Gruppen wohl unterscheiden,
einmal diejenige, welche oben dem Zwischenkiefer, unten der Symphyse an-
gehört, und zweitens diejenige, welche oben im Kiefer, unten in den freien
Ästen des Unterkiefers steht. Während die Zähne der ersteren sehr grofs,
stark gekrümmt und durch kurze Diastemata getrennt sind, erscheinen die
der letzteren klein, kaum von der halben Länge der vorderen Fangzähne,
unter sich fast gleich grofs und gerade oder doch nur ganz schwach ge-
krümmt. In der ersten Gruppe scheinen die vordersten die bedeutendsten
Dimensionen erreicht zu haben, wenigstens überragen sie jetzt die übrigen
beträchtlich. Es ist aber wohl zu beachten, dafs einzelne gröfsere Zähne
aus den Alveolen gefallen sind, dafs andere schon abgestofsen waren und
nun durch kleinere Zähne ersetzt werden, welche noch nicht ihre volle
Gröfse erreicht haben. Unter diesen Umständen ist es unnöthig, die Länge
Jedes einzelnen Zahnes anzugeben, da es unsicher bleibt, welche von ihnen
die definitive Grölse erreicht haben, welche noch nicht. Charakteristisch
für die neue Art ist die Sculptur der Zähne. Während die weitaus grölste
Mehrzahl der bisher bekannten Plesiosaurier kräftig gerippte Zahnkronen
besitzen, ist hier die Berippung auffallend schwach. Die meisten Zähne
sind auf der Aufsenfläche fast glatt, nur durch die Lupe nimmt man feine
Streifung wahr, die nach der Basis der Krone zu stärker wird. Auf der
Innenseite dagegen ist schon mit unbewaffnetem Auge die Berippung deut-
lich wahrzunehmen. Nur wenige Rippen erstrecken sich über die ganze
Länge der Kronen, aber an der Basis stehen zwischen diesen kürzere, die
32 W. Danues:
in verschiedener Höhe vor der Spitze verschwinden, also eine ähnliche
Seulptur erzeugen, wie sie bei Polyptychodon die ganze Oberfläche der
Zahnkrone besitzt.
Eine zusammenfassende, aus obiger Beschreibung abgeleitete Recon-
struetion des gesammten Schädels mit seiner Bezahnung ergiebt Folgendes.
Der Schädel ist klein (etwa 160”"” lang), zierlich gebaut, mit verhältnifs-
mäfsig grofsen Schläfen- und Augengruben. Die Seiten eonvergiren von
hinten nach vorn nur wenig. Die Höhe steht im mittleren Theil nicht
wesentlich hinter der Breite zurück, nimmt aber von da an zugleich mit
einer merklichen Verschmälerung der Schnauzenpartie bis zur vorderen
Spitze schnell ab. Die von dem Zwischenkiefer oben, von dem Symphysen-
theil des Unterkiefers unten gebildete Schnauze ist nicht schnabelartig
verlängert, sondern von elliptischem, löffelartigem Umrifs mit scharfer
Spitze, oben mit mehr oder minder erhabener, medianer, dachförmiger
Kante, durchweg mit rauher, grubiger Oberfläche versehen und durch kleine
Einbuchtungen von dem übrigen Schädel abgesetzt. Sie trägt einige wenige,
grofse, durch kurze Diastemata getrennte, stark gekrümmte Fangzähne,
während die Zähne des Oberkiefers und der freien Äste des Unterkiefers
durch geringere Gröfse, Mangel der Krümmung und dichtes Nebeneinander-
stehen wohl unterschieden sind. Beide Zahnformen sind aufsen fast glatt,
innen mit zarten, verschieden langen, durch breite, glatte Zwischenräume
getrennten Rippen versehen.
Die Wirbelsäule.
ı. Halswirbel. Die Reihe der Halswirbel ist in der vollen Zahl
von 37 erhalten. Das Centrum des Atlas liegt auf der Unterseite der
Platte, 15”" lang, etwa ebenso hoch, mit einer stumpfen, dicken, der Mitte
aufgesetzten Halsrippe. Die hintere Zygapophyse weist aufwärts und rück-
wärts. Der auf der Oberseite der Platte herausragende Dornfortsatz ist
auffallend dick, fast eylindrisch, etwas rückwärts gekrümmt und oben in
querer Richtung abgerundet. — Die Axis ist nur 1"” länger, 2” höher
und trägt ebenfalls eine dicke Halsrippe, welche einen rückwärts ge-
wendeten, kurzen, zapfenartigen Fortsatz besitzt. Sie unterscheidet sich
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 33
vom Atlas dadurch scharf, dafs ihr Dornfortsatz seitlich stark compri-
mirt, dabei hakenförmig gekrümmt ist und sich somit in der Form, wenn
auch nicht in der Gröfse, dem des 3. Wirbels nähert. — Auf der Ober-
seite der Platte wird unmittelbar hinter dem Schädel der 3. Halswirbel
sichtbar, dessen Dornfortsatz rückwärts gekrümmt und oben abgerundet
ist. Die hintere Zygapophyse springt etwas über die hintere Gelenkfläche
rückwärts vor. Das Centrum ist auf den Seiten concav eingedrückt und
trägt an seinem unteren Rande die Halsrippe in Gestalt eines flachen, vier-
eckigen, nach unten zu an Breite abnehmenden Knochenstückes, an welchem
kein vorderer oder hinterer Fortsatz wahrzunehmen ist, wohl weil sie von
Gesteinsmasse bedeckt sind. Die folgenden beiden Halswirbel sind etwas
gegen den dritten und unter einander verschoben, so dafs sich der Hinter-
rand des Dornfortsatzes des 4. Wirbels unter den Vorderrand des 5. Wir-
bels gelegt hat. Unter einander an Gröfse und Gestalt fast gleich, unter-
scheiden sie sich von dem 5. Wirbel dadurch, dafs ihre Dornfortsätze gerader
aufsteigen, und der Oberrand derselben mehr eckig in den Vorder- und
Hinterrand übergeht, dafs die Seiten der Centra weniger concav sind, und
die nahe dem Unterrand mit breiter Basis angefügten Halsrippen am di-
stalen Ende dünne, vordere und hintere, horizontale Fortsätze besitzen,
so dafs der Aufsenrand der Halsrippe wesentlich länger ist als das dazu ge-
hörige Wirbelcentrum (30:20 mm). Vom 5. bis zum 21. Wirbel liegt die
Wirbelsäule gerade und in völlig natürlicher Lage der einzelnen Theile zu
einander. Die Wirbel nehmen an Gröfse sowohl der Centren wie der Dorn-
fortsätze sehr allmählich zu. Während sich ihre Seiten verflachen, werden
die Dornfortsätze höher und breiter, ihr Oberrand wird durch Eeken immer
schärfer von Vorder- und Hinterrand getrennt und verliert dabei seine Krüm-
mung, so dafs er schon am 10. oder 11. Wirbel fast geradlinig geworden ist.
Die Rippen bleiben sich in diesem Theil der Wirbelsäule an Gröfse und
Gestalt nahezu gleich; sie sind etwas dieker und namentlich in den distalen
Fortsätzen kräftiger als die der ersten Wirbel. Der Vorderfortsatz legt
sich auf den Hinterfortsatz der vorhergehenden Halsrippe bis zum 8. Wir-
bel so weit auf, dafs der Stamm derselben noch berührt wird. Da sie
aber den stetig an Länge zunehmenden Wirbelcentren hierin nicht folgen,
werden die Zwischenräume zwischen ihren Vorderspitzen und den Stämmen
derer der vorhergehenden Wirbel immer beträchtlicher, und zugleich stellt
sich in diesem Theile der Wirbelreihe sehr deutlich die Tendenz ein, den
Phys. Abh. 1895. II, b)
34 W. Dames:
Vorderfortsatz kürzer, den Hinterfortsatz länger auszubilden; jedoch be-
rühren sich die Fortsätze noch unter einander. Ferner ist klar zu verfolgen,
wie die Ansatzstelle für die Rippen ganz allmählich, aber stetig am Wirbel-
centrum in die Höhe steigt; jedoch ist am 21. Wirbel noch nicht die Hälfte
der Höhe des Centrum erreicht. Alle Halsrippen sind fest durch Nähte
mit den Centren verbunden. Bei einigen ist die Naht völlig verschwunden;
bei anderen wieder ist sie deutlich sichtbar. Regelmäfsigkeit liefs sich in
diesem Wechsel nicht nachweisen. Über die Gröfsenzunahme mögen fol-
gende Mafse Aufschlufs geben.
Centrum Dornfortsatz
Höhe ! Länge Höhe? Breite an der Basis
5. Halswirbel.... 2ı Mm. 2oMm. 24 Mm. 21 Mm.
9. ” on an 277» 27 26 »
16. » B000 A 34 >» 47 » BEE:
2. » Ste 4I 63 » 48 »
Am 22. Wirbel beginnt der letzte der Abschnitte, in welche die Hals-
wirbelsäule zerlegbar ist. Er ist dadurch gekennzeichnet, dafs sich in ihm
die Umformung der Halsrippen mit vorderen und hinteren Fortsätzen zu
einköpfigen Rumpfrippen vollzieht, und zwar derart, dafs der vordere Fort-
satz mehr und mehr verkümmert, während der hintere an Dicke und Länge
zunimmt, bis nach völligem Verschwinden des Vorderfortsatzes aus Rippen-
stamm und Hinterfortsatz die zuerst noch mit doppelter Gelenkfacette
versehene, dann völlig einköpfig gewordene Rumpfrippe sich herausge-
bildet hat.
Der 23. Halswirbel kann als Übergang zwischen dem vorletzten und
letzten Abschnitt der Halswirbelsäule angesehen werden. Der Vorderfortsatz
seiner Halsrippe reicht mit der Spitze genau bis unter den Vorderrand
der Gelenkfläche, würde sich also bei ungestörter Lage noch etwa 6”"” weit
auf den Hinterfortsatz der Halsrippe des 22. Wirbels auflegen. Aber gerade
zwischen diesen beiden Wirbeln ist eine Störung der Lage vor sich ge-
gangen, durch welche der 23. Wirbel etwas nach links und hinten ver-
schoben und der 24. so umgedreht worden ist, dafs er dem Beschauer
die hintere Gelenkfläche und die hinteren Zygapophysen zuwendet. Weiter
ist durch diese Störung der 25. Wirbel über den 24. Wirbel hinweg nach
! Gemessen unter der vorderen Zygapophyse bis zum Unterrand des Centrum vorn,
* Gemessen von der Fläche der hinteren Zygapophyse bis zur oberen Hinterecke,
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 35
oben und vorn disloeirt, so dafs er nun mit dem Unterrande der vorderen
Gelenkfläche den Oberrand des Dornfortsatzes des 22. Wirbels berührt; der
26. hat die gleiche Lage und steht coulissenartig hinter dem 25. hervor.
Der 27. Wirbel ist gegen den 26. etwas nach links (abwärts) verschoben,
während der 28. in demselben Niveau wie der 26. und 27. geblieben ist.
Von ihm aus steigen die 3 folgenden Wirbel allmählich abwärts; dann ist
eine kleine Lücke vorhanden, hinter welcher der 32. Wirbel zwar horizontal,
aber etwas niederiger gerückt ist. Er tritt mit dem 33. Wirbel in Berührung,
obwohl letzterer wieder etwas tiefer liegt. Mit diesem Wirbel nimmt die
Störung ihr Ende.
Durch die geschilderte Überschiebung dieses letzten Absehnittes über
den vorletzten ist die Möglichkeit gegeben, die für die Diagnose und die
Feststellung der Beziehungen zu anderen Arten so wichtige Form der Ge-
lenkflächen der Wirbeleentra zu beobachten. Wie erwähnt, wendet der
24. Wirbel die hintere Fläche dem Beschauer zu. Dieselbe ist quer-ellip-
mm mm
tisch, 40 breit, 30 hoch, fast eben und nur in der Mitte ganz flach
vertieft. Der 25. Wirbel zeigt die vordere Gelenkfläche in völlig gleicher
Ausbildung.
Wenn man mit R. Owen die Reihe der Rückenwirbel da beginnen
läfst, wo die Rippen ausschliefslich an den von den oberen Bögen ab-
gehenden Diapophysen gelenken, so ist dieser hinterste Abschnitt der Hals-
wirbelsäule aus 16 Wirbeln zusammengesetzt, deren Üentra sämmtlich
nahezu gleiche Länge (40””) und gleiche Höhe (37 besitzen. Ebenso
Br)
gleichen sie sich darin, dafs die Seiten concav sind, während die Ränder der
Gelenkflächen scharf hervortreten. Diese Concavität scheint an den Wir-
beln 25-29 wesentlich stärker als an den übrigen entwickelt zu sein, jedoch
hat offenbar der Gesteinsdruck hier, wie an so manchen anderen Skelet-
theilen, zu einer Veränderung der ursprünglichen Form beigetragen. Wenn
nun auch Gröfse und Form der Centren dieses Abschnittes gleich bleiben,
so verhält es sich wesentlich anders mit den Processus spinosi und den
Halsrippen. Die ersteren nehmen an Höhe stetig zu, je näher sie der Rücken-
wirbelsäule stehen, während die Breite an der Basis gleichmäfsig etwa 48"
einhält. Der Grad der Höhenzunahme ergibt sich aus folgenden Mafsen:
20% Wirbeleer er: 68 Mm.
3I. Da, ee rererere 80 »
36. re eperslereg 103 »
36 W. Dames:
Die vorderen und hinteren Ränder werden dabei mehr und mehr gerade
und zugleich vertical gestellt. Der gerade Oberrand geht mit ziemlich
scharfen Eeken in die beiden anderen Ränder über und ist dabei schräg
abgeschnitten, so dafs die Hinterecke etwas höher liegt als die Vorder-
ecke, und zugleich etwas verdickt. An der Basis, zwischen den Zygapo-
physen, ist die Seitenfläche flach eoncav eingedrückt. Die Zygapophysen
sind am 24. Wirbel sichtbar, und zwar hier die hinteren. Sie bilden
kleine, längs-elliptische, abwärts gewendete, ebene Flächen, die nach hinten
und den Seiten etwas emporgerichtet sind, so dafs Linien, die über ihre
Flächen hinweg zum Wirbelcentrum gelegt gedacht werden, convergiren.
Die vorderen, am 26. und 27. Wirbel frei gelegten Zygapophysen zeigen
das entsprechende Gegenbild: bei gleicher Form der Gelenkflächen sind sie
aufwärts und dabei etwas einwärts und vorwärts gerichtet.
Die Rippen dieses Wirbeleomplexes nehmen zwischen den typischen
beilförmigen Halsrippen und den einköpfigen Rückenwirbel-Rippen eine
eigenthümliche Zwischen- und Übergangsstellung dadurch ein, dafs der
vordere Fortsatz mehr und mehr verkümmert, der hintere dagegen wächst
und allein noch die Rippe repraesentirt. Schon am 26. Wirbel kommt der
Vorderfortsatz mit seiner Spitze nicht mehr bis an das Niveau der vor-
deren Gelenkfläche heran, während der Hinterfortsatz weit über die hin-
tere hinausreicht. In welchem Mafse die Reduetion des einen und die Ver-
grölserung des anderen Fortsatzes zunimmt, ergeben folgende Malfse:
vorn ! hinten ?
26. Wirbel 19 Mm. 35 Mm.
29. » Tr 58»
32.48 9» 62 »
Ban Ä 76 >»
Die Rippe des 33. Wirbels besitzt keinen Vorderfortsatz mehr.
Vom 32. Wirbel an bis zur Sacralgegend haften die Rippen nicht mehr
an den Üentren fest, sondern sind durch den Gesteinsdruck neben und
unter diese gepreist worden. Dadurch ist die Gestalt und Gröfse der Par-
und Diapophysen, wie R. Owen die von den Wirbelcentren, bez. von den
' Gemessen von der Stelle, wo der Vorderfortsatz vom übrigen Theil der Rippe ab-
geht, bis zur Spitze.
” Gemessen von der Mitte des Ansatzes an der Parapophyse bis zur distalen Spitze
in der Luftlinie. Die wahre Länge der Rippen ist demnach um einige Millimeter beträchtlicher.
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 37
oberen Bögen abgehenden Querfortsätze bezeichnet, der Beobachtung zu-
gänglich geworden.
In der Wirbelsäule der Sauropterygier findet nun ein so allmählicher
Übergang der einen in die anderen statt, dafs kaum eine Grenze zu ziehen
ist. Der Übergang vollzieht sich in den letzten Halswirbeln. Die Ansatz-
stellen der Rippen rücken allmählich an den Centren aufwärts und ver-
grölsern sich derart, dafs sie, wie z. B. an Plesiosaurus Guilelmi imperatoris
vom 33. bis 35. Wirbel fast die ganze Seite einnehmen. Dabei sind sie durch
eine mitten durch sie hindurch gehende Furche in eine obere und eine
untere Hälfte getrennt, die beide unter sich nicht ganz gleichen Umrifs
besitzen; so sind am 32. und 33. Wirbel die oberen Hälften wesentlich
tiefer, fast trichterförmig eingesenkt, während die unteren flach und dabei
längselliptisch werden. Am 34. Wirbel ist auch die untere Hälfte mehr kreis-
rund geworden, bleibt aber noch flacher als die obere; und am 35. Wirbel,
den ich als den letzten der Halswirbelsäule auffassen zu müssen glaube,
ist die obere Hälfte etwas vertical- verlängert, die untere mehr kreisrund
und flacher vertieft.
2. Brustwirbel. Während R. Owen nur Hals- und Rückenwirbel
unterscheidet, hat Serrev noch die Bezeichnung »peetoral vertebrae« für die-
jJenigen ersten Rückenwirbel nach Owen’s Bezeichnung vorgeschlagen, bei
welchen der Querfortsatz allmählich vom Wirbelecentrum auf den oberen
Bogen übergeht. Diese Bezeichnungsweise erleichtert die Eintheilung der
gesammten Wirbelsäule sehr wesentlich und ist namentlich an dem hier
beschriebenen Skelet gut zu verwerthen. Wenn man den ersten Wirbel,
an welchem der Querfortsatz ganz vom oberen Bogen abgeht, in Überein-
stimmung mit Owen und SEELEY als ersten Rückenwirbel nimmt, so besitzt
Plesiosaurus Guilelmi imperatoris 4 Brustwirbel, an welchen der obere Bogen
unter gleichzeitiger sehr auffallender Veränderung der Querfortsätze allmäh-
lich höher steigt.
Der .erste Brustwirbel ist vom letzten Halswirbel durch Stellung und
Form der Diapophyse scharf geschieden. Unterhalb derselben und den ent-
sprechenden unteren Theil der Centrum-Seite fast völlig einnehmend, ist
die zweite Facette längsgezogen und bildet mit der oberen zusammen eine
unregelmäfsige 8. Am nächsten Wirbel erhebt sich die Diapophyse noch
mehr am Bogen, ist wesentlich kräftiger als die vorhergehende, 23”” lang
mm )
und am distalen Ende deutlich verbreitert (Durchmesser 20”"); die untere
38 W. Danues:
Facette bleibt erheblich kleiner bei unregelmäfsig elliptischer Umrandung. Am
dritten Wirbel steigern sich diese Unterschiede: die Diapophyse rückt wieder
etwas höher hinauf, bei weiterer Verkleinerung der unteren Facette; und
diefs wird bis zum ersten Rückenwirbel fortgesetzt, bei welchem die Facette
nunmehr völlig verschwunden ist.
3. Rückenwirbel. Am ersten und zweiten Rückenwirbel berührt
die Basis der Diapophyse noch den obersten Theil des Wirbelcentrum,
während vom 3. bis zum letzten (16.) allein der obere Bogen zwischen den
Zygapophysen der Träger der Diapophysen bleibt, deren Gröfse und Gestalt
nunmehr keiner Veränderung mehr unterworfen ist, bis auf die geringe Ab-
nahme, die sie mit dem gesammten Wirbelkörper theilen. Diese Abnahme
ergibt sich aus folgenden Zahlen:
Wirbelcentrum Oberer Bogen
VL — ——
Länge Höhe Länge Höhe
4. Wirbel 38 Mm. 37 Mm. 35 Mm. 100 Mm.
Garne Be RE 34,2, 1,200)»
I2. » 35 » 36 » 30 » 97 »
TO 32 » ? 27» gI »
Da auch die Wirbeleentra mit ihren Bögen geringen Deformationen durch
Gesteinsdruck unterzogen worden sind, so sind die obigen Mafse nicht bis
auf den Millimeter einwandsfrei, aber immerhin ist durch sie festgestellt,
dafs in der vorderen Hälfte die Gröfse aller Theile ungefähr dieselbe bleibt,
von da ab aber eine merkliche Verringerung der Dimensionen eintritt.
Über die Gestalt der Wirbeleentra ist nur zu sagen, dafs sie der der
letzten Halswirbel in der Concavität der Seiten und dem Vorspringen der
Ränder der Gelenkflächen durchaus folgen; die Unterseite ist glatt und
entbehrt sowohl eines mittleren Längskieles, wie neben demselben gelegener
Gruben mit gröfseren Gefäfslöchern. Die Processus spinosi ändern sich in
der allgemeinen Form ebenfalls wenig. An den vorderen vier oder fünf
Wirbeln ist der Oberrand leicht schräg abgestutzt, von da bis zum 14.
Wirbel einschliefslich horizontal und vorn und hinten mit scharfen Ecken
versehen. Vom 12. Wirbel bis zum letzten zeigen die Dornfortsätze die
Neigung, den Oberrand abzurunden und allmählich in Vorder- und Hinter-
rand übergehen zu lassen, wobei diese zugleich in der Mitte mehr und
mehr concav werden, so dafs in der hinteren Hälfte der Reihe nach und
nach eine seitlich ecomprimirte Keulenform entsteht.
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 39
Verfolgt man endlich die Riehtung, welche die Diapophysen einhalten,
so ist leicht zu beobachten, dafs sie, je weiter nach hinten, auch weiter
rückwärts gerichtet ist. Doch wird dieses Verhalten nach Vergleich mit
dem an allen anderen Plesiosaurus-Arten Beobachteten zum gröfsten Theil
auf eine Wirkung des Gesteinsdruckes zurückzuführen sein.
Die zu diesen Wirbeleomplexen gehörigen Rippen zeigen im vorderen,
mittleren und hinteren Theil nieht unbeträchtliche Abweichungen in Ge-
stalt und Gröfse von einander. In dem Übergang von der Hals- in die
Rückenregion, also in den 4 Brustwirbeln haben die Rippen den Vorderfort-
satz vollkommen eingebüfst, ihr Kopf zerfällt aber gemäfs der Ansatzstelle
am Centrum in zwei Facetten, deren Gestalt der der oben beschriebenen
Querfortsätze der betreffenden Wirbel genau entspricht. Dabei bleiben die
Rippen kurz, sind ziemlich flach gekrümmt und auf der Vorder- und Hinter-
fläche mit einer tiefen, der Theilungsstelle der Gelenkfacetten entsprechen-
den Furche versehen.
Die Rippen der Rückenwirbel sind vollkommen einköpfig. Die des
1. Wirbels ist mit der des 2. unter das Centrum des 2. Wirbels gequetscht,
die der folgenden Wirbel liegen in gröfster Regelmälsigkeit so unter den
letzteren, dafs die Gelenkflächen deren unteren Rand berühren. Alle Rippen
zerfallen in einen proximalen und einen distalen Theil, welche durch sanfte
Krümmung in einander übergehen, und zwar ist der erstere stets wesent-
lich kürzer als der letztere. So verhalten sich beide an der
TaRipper— 124.75
G-u 1: 3.25
II, » = I:!2
Daraus ergibt sich, dafs die Länge des distalen Theiles gegenüber dem
proximalen nach hinten zu schnell abnimmt, jedoch beruht das nieht auf
einer Verlängerung des letzteren, der von vorn bis hinten überall etwa
65"”" lang ist, sondern auf der Abnahme der Länge der Rippen überhaupt.
2
Den Umfang dieser Längenabnahme ergeben folgende Zahlen:
{o) [o) fo)
Länge der 1. Rippe! 255 Mm.
» „6. n 245 »
» » IO. » 195 »
Die Verkürzung erfolgt nicht allmählich, sondern in Absätzen, insofern
die ersten 5 Rippen unter einander fast gleich grofs sind, dann eine plötz-
! In der Luftlinie von der Mitte der Gelenkfacette bis zur Mitte des distalen Endes
gemessen.
40 W. Danues:
liche Verkürzung eintritt, die sich bis etwa zum 10. Wirbel gleich bleibt,
dann wieder einem weiteren Absatz weicht, der bis zum 14. Wirbel an-
hält. Auffallend ist der Sprung von der 9. zur 10. Rippe. Erstere ist
ähnlich wie die vorhergehenden gekrümmt und 160”" lang, letztere ist
ganz flach, aber gleichmäfsig gekrümmt und nur 110"" lang. Die auf
sie folgenden 5 letzten Rückenwirbel behalten im allgemeinen deren Gestalt,
nehmen aber weiter an Stärke und Länge ab, so dafs die letzte nur noch
SEimust!.
Auffällig ist bei allen Rückenrippen, mit Ausschlufs der 4 oder 5
letzten, dafs das distale Ende etwas verdickt ist und mit scharfem Rande
vorspringt, etwa wie die Ränder der Gelenkflächen der Wirbelcentren, nur
in bedeutend geringerem Mafse. Die distalen Endflächen sind rauh und
uneben. Diese Beschaffenheit deutet darauf hin, dafs sie nicht frei endigten,
sondern mit Knorpel oder Bindegewebe in Verbindung traten. Möglicher
Weise leiteten letztere zu dem System der Bauchrippen über, das an unserem
Exemplar nicht zu beobachten ist.
Von den Rippen der rechten Seite sind ıı in ihren distalen Theilen
über der Linie der Dornfortsätze sichtbar, die vorderen 3 über einander
geschoben, die mittleren 3 fast senkrecht gestellt, die letzten stark rück-
wärts gewendet.
4. Sacralwirbel. Auf die Rückenwirbel folgen zwei Wirbel, welche
in jeder Beziehung jenen gleichen und nur dadurch von ihnen abweichen,
dafs ihre Rippen kurz, gedrungen und am distalen Ende keulenartig ver-
dickt sind. Man sieht diese letzteren sehr deutlich dem oberen Rande des
Ischium aufliegen, und namentlich die 55"" lange Rippe des zweiten Wir-
bels zeigt die distale Verdickung sehr deutlich. Diese beiden Wirbel wurden
zuerst von R. Owen als Sacralwirbel gedeutet, und darin ist man ihm
allgemein gefolgt. Die verdickten Rippenenden treten mit der proximalen
Fläche des Ilium zusammen und vermitteln so die Verbindung des Becken-
gürtels mit der Wirbelsäule.
5. Schwanzwirbel. Die Zahl der Schwanzwirbel beträgt 37, welche
bis auf den vorletzten sämmtlich erhalten sind. Die meisten von ihnen
liegen noch nahe zusammen, wenn auch in verschiedener Weise gegen die
! Obige Malse geben auch hier die Längen in der Luftlinie an. Der Unterschied
derselben ist aber in Wahrheit bei der verschiedenen Krümmung der beiden Rippen etwas
bedeutender, Die wahre Länge der 9. Rippe ist ı85"", die der 10. nur ı14"".
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 41
benachbarten verschoben. So verhält sich gleich der erste Complex von
ı2 Wirbeln, an welchem durch diese verschiedene Lage auf der Platte alle
einzelnen Theile der Beobachtung zugänglich werden. Auf diese 12 Wirbel
folgt eine Lücke von 140"”" Länge bis zu einem zweiten Complex von 5 Wir-
beln. In der Mitte der Lücke liegt ein einzelner Wirbel, rechts und links
von ihm, sowie hinter ihm liegen 3, ebenfalls einzelne Wirbel, welche
mit ihm zusammen ehedem die Verbindung zwischen dem vorderen und
hinteren Complex darstellten. Auf die zweite Gruppe von 5 Wirbeln folgt
wieder eine kurze Unterbrechung und dann die Reihe der letzten 16 Wirbel,
wovon 14 in natürlichem Zusammenhang auf der rechten Seite liegen. Der
vorletzte Wirbel ist ausgefallen und nicht erhalten, aber die Lücke, die er
einst ausfüllte, ist vorhanden. Am letzten Wirbel geht ein schräger Sprung
durch die Platte, und jenseits desselben ist die obere rechte Ecke durch
ein beliebiges Schieferstück ergänzt, um die Platte regelmäfsig viereckig zu
gestalten. Es ist nicht unwahrscheinlich, dafs auf dem der Platte fehlenden
Theil noch einige kleine Wirbel gelegen haben, deren Zahl sich auf 2,
höchstens 3 beschränkt haben mufs; wenigstens läfst die Dimension des
letzten Wirbels ein Mehr kaum zu.
Wie die Wirbelsäule des Halses läfst sich auch die des Schwanzes
in mehrere, allerdings allmählich in einander übergehende Abschnitte zer-
legen. — Der erste Abschnitt umfafst 3 Wirbel, die durch den Mangel an
Haemapophysen von den folgenden unterschieden sind. Der erste Wirbel
ist durch einen kleinen Zwischenraum von dem zweiten getrennt und dabei
so gewendet, dafs er dem Beschauer die hintere Gelenkfläche des Centrum
zuwendet. Dieselbe ist ausgesprochen quer-elliptisch (40:26 mm), sehr
flach concav an den Rändern und im mittleren Theil mit einer ebenfalls
sehr flachen Convexität versehen. Auf den Seiten der Centren befinden
sich auffallend grofse Ansatzstellen der Rippen, die sich von dem unteren
Theil der oberen Bogen bis fast an die Basis erstrecken und zugleich etwa
2 Drittheile der Seitenflächen einnehmen. Der obere Bogen ist in Form und
Gröfse dem des vor ihm stehenden, zweiten Sacralwirbels gleich und zeigt
deutlich die kleinen, schräg abwärts gewendeten Zygapophysen, zwischen
ihnen eine längliche, tiefe Grube und unter ihnen dıe gerundet dreieckige
Öffnung des Neuralkanals, dessen Basis eben ist. Eine der diesem Wirbel
zugehörigen Rippen liegt frei oberhalb und etwas hinter ihm auf der Platte.
Am proximalen Ende ist sie verdickt und hat eine längliche Gelenkfacette,
Phys. Abh. 1895. II, 6
42 W. Dames:
welche ihrer Form nach der des Wirbels entspricht. Der Schaft ist seitlich
comprimirt, zudem in der vorderen Mitte etwas concav eingedrückt, am
distalen Ende verbreitert und im stumpfen Winkel endigend. Die beiden
folgenden Wirbel gleichen dem ersten in allen Theilen, nur sind ihre Di-
mensionen geringer, und die Enden der Rippen sind mehr verdickt.
Die zweite Gruppe von Schwanzwirbeln ist in der Form den ersten 3
noch durchaus gleich, namentlich auch in dem elliptischen Umrifs der Cen-
tren, aber von ihnen geschieden durch die Anwesenheit von Haemapo-
physen, welche in Gestalt kurzer, gedrungener, distal beilförmig verbreiterter
Knochen an sehr deutlichen, runden, dicht am Hinterrande der ÜCentren
auf der Unterseite entwickelten Facetten gelenken. Von den Facetten laufen
runde Wülste über die Unterseite der Centren zum Vorderrande, zwischen
welchen die Mitte concav eingesenkt erscheint. Zugleich werden die oberen
Bögen schmaler und am Oberrande schärfer, die Rippen verlieren ebenfalls
allmählich ihre verdickten distalen Enden und spitzen sich messerklingen-
artig zu. — Dieser zweiten Gruppe sind die Wirbel 4-16 zuzurechnen, von
denen die 12 ersten sich gegenseitig berühren, während die 4 letzten, wie
oben erwähnt, aus der Reihe gerissen wurden und theils über, theils unter
der übrigen Wirbelsäule liegen.
Die Mafse der ersten beiden Gruppen, von welchen die mit * bezeich-
neten nicht vollkommen genau genommen werden konnten, sind folgende:
Wirbel Länge Breite Höhe Höhe der oberen Länge der
Bögen Rippen
I *30o Mm. 41 Mm. 32 Mm. 97 Mm. 60 Mm.
2 29 » 39 >» 26 » gI » 52 »
4. 27 » 33 » 26 » *8o » =
s. a Sr a
6 za 36 » 26 » — 42 »
8. 2A: 35.09 2m Se ei]
9- au): Ba: 254% 535. 9 En
Tna *0 » 330 >» 24 » ie 29 »
r2> 22005 3205 24 » em 28 »
735 pe 35 » 26 » 58 » 28 »
14. 23 » 3I 23 » vu =
15. =20 98 SU 25 » 48 » —
16. #20.» 29 » 23» 38 » 27
Die 4 letzten Wirbel sind nach ihren Dimensionen eingereiht. Der 13.
liegt unter der Lücke, der 14. hinten unter der hinteren Schwanzhälfte, der
15. isolirt rechts oben, der 16. in der Lücke selbst. Während die Mafse
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 43
der zusammenhängenden Wirbel ein gleichmäfsiges Abnehmen der einzelnen
Dimensionen erkennen lassen, fügen sich die isolirten Wirbel dem weniger.
Namentlich fallen die Zahlen für Breite, Höhe und den oberen Bogen des
15. Wirbels auf. Die Unregelmäfsigkeiten werden auf Gesteinsdruck zurück-
zuführen sein, der auf den isolirten Wirbel stärker einwirken und so seine
ursprünglichen Dimensionen etwas verändern konnte. Ein Vergleich der
Höhen und Breiten ergibt eine sehr allmähliche Abnahme der Breite. Wäh-
rend am 2. Wirbel die Differenz zwischen Höhe und Breite 12"" beträgt,
ist sie am 15. und 16. auf 6”” herabgegangen und nähert sich so dem
Ausgleich, wie er sich in der hinteren Schwanzhälfte vollzieht.
Auch die hintere Schwanzhälfte läfst sich in zwei Wirbelgruppen tren-
nen, von denen die erste aus 13, die zweite aus 8 Wirbeln besteht. Die
vorderen 13 Wirbel bekommen Centren mit kreisförmigem, oder — weiter
hinten — gerundet-vierseitigem Umrifs. Die oberen Bögen werden bedeu-
tend niederiger und endigen oben in einer stumpfen Spitze. Die Rippen
nehmen mehr und mehr die Gestalt konischer Zapfen an. — Die letzten
4 Wirbel dieser Gruppe bilden insofern schon den Übergang zur zweiten,
als ihnen die Haemapophysen fehlen. Die 8 Wirbel, mit welchen die Wirbel-
säule, soweit sie erhalten ist, endigt, sind durch kurze, runde Centren
mit tief concaven Seiten ausgezeichnet. Die ersten 3 haben noch kurze
Rippen, die letzten 5 auch diese nicht mehr, sondern an ihrer Stelle knopf-
artige Vorsprünge. Der zweite der Reihe, also der 7. Wirbel von hinten,
hat einen langgezogenen, ganz niederigen, oberen Bogen. Die Dornfortsätze
der 4 auf ihn folgenden Wirbel sind zu einem langen, schmalen Dach mit
einander verschmolzen ''.
L Malse:
1. Gruppe:
Wirbel Länge Breite Höhe Höhe en ee
” 25 Mm. 26 Mm. 24 Mm. 39 Mm. —
2, 24 » _- —= ser n-
8. 20 » 2I» 20 » eE u£
9. Id » — I8 » 16 » —
IT. uf I4 >» 16 » 1309 —
5% I5 » — 2 = zn
! Der langgezogene Bogen des vor ihnen liegenden Wirbels ist von diesem Dach deut-
lich getrennt. Es war aber nicht festzustellen, ob diese Trennung etwä durch einen Bruch
im Knochen hervorgerufen ist, in welchem Falle ursprünglich die Bögen von 5 Wirbeln mit
einander verwachsen gewesen wären.
{or}
*
44 W. Dauss:
2. Gruppe:
Wirbel Länge Breite ie rer a
I. _— = — — 13 Mm.
2. ıı Mm. _ _ |
2% Io » — — 8—6 Mm. —
5- 99% 2 2: j
8. 8.» — — Br
Die Zahlen zeigen, dafs in der ersten Gruppe zunächst noch ein geringes
Überwiegen der Breite statthat, dafs sich diefs aber mit dem 11. Wirbel in
das Gegentheil umkehrt. Da die Wirbel der zweiten Gruppe in geschlossener
Reihe und auf der Seite liegen, so konnte nur die Länge gemessen werden,
aus der allerdings zugleich zu schliefsen ist, dafs sie höher als breit waren;
und das würde in Einklang stehen mit dem, was von der Form der letzten
Schwanzwirbel anderer Plesiosaurus- Arten bekannt ist.
Der Schultergürtel.
Vom Schultergürtel sind erhalten die beiden Coracoide, die linke Sca-
pula und ein Fragment des Furculum (nach Sorras’scher Bezeichnung).
ı. Die Coraeoide liegen normal zu einander unter den letzten Hals- und
den ersten Brustwirbeln, gröfstentheils von diesen und den dazu gehörigen
Rippen bedeckt. Sie zeigen, entsprechend der Lage des Skelets, ihre Innen-
seite und bestehen aus grofsen Knochenschildern, die mit der vorderen
Spitze unter dem vorletzten Halswirbel beginnen und mit dem Hinterrand
unter dem 6. Brustwirbel endigen. In der Medianebene legen sie sich vorn
und hinten mit geraden, rauhen Rändern an einander, dazwischen, nämlich
in der Erstreekung vom Hinterrande des letzten Halswirbels bis unter die
Mitte des 3. Brustwirbels, klaffen sie mit erhabenen Rändern aus einander
und lassen eine schlitzförmige Öffnung entstehen. — Die Vorderränder,
nur auf der linken Seite sichtbar, bilden vorn einen spitzen Winkel mit
einander, dessen Schenkel später mehr aus einander gehen und — bis
zum Scheitel verlängert gedacht — ungefähr unter 90° zusammenstofsen
würden. Der Seitenrand beginnt mit der wenig sichtbaren Gelenkfläche
für die Seapula. Auf diese folgt, stumpfwinkelig zu ihr, die Gelenkfläche
für den Humerus, nur zur Hälfte unter der Scapula hervorschauend, und
darauf der tief eoncave Haupttheil, mit der Hinterecke weiter seitwärts
ge” ru sin
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 45
vorspringend als die erwähnten Gelenkflächen. Mit regelmäfsiger Rundung
geht es dann in den völlig geraden Hinterrand über. Die Dicke der Platten
beträgt etwa 1°”; ihre Oberfläche ist nahe den Rändern glatt, in der Mitte
quer, d.h. senkrecht auf die Innenränder, gestreift.
Malse:
Großsienlanzezins der) Medianersreriekre kerseetereeferelehefeleie sialetere ee oe 250 Mm.
Breite von dem Hinterrande der Glenoidfacette bis zur Mediane. 105
Breite von der Hinterecke bis zur Mediane................... 115
Breite in der Mitte zwischen den beiden letztgenannten Linien.. 70
2. Die Scapula, zum Theil auf, zum Theil links neben dem linken
Coracoid gelegen, bildet einen in der Längsrichtung des Skelets gestreckten,
ursprünglich wohl gewölbten, jetzt durch Gesteinsdruck abgeflachten, in
der Mitte sogar vertieften Knochen, der vorn schräg abgeschnitten ist,
hinten dagegen eine runde, mit aufgeworfenen scharfen Rändern versehene
Gelenkpfanne für den Humerus besitzt. Ungefähr über der Mitte, doch
etwas mehr nach hinten, erhebt sich ein breiter, hoher, flacher, oben ab-
gerundeter, schräg rückwärts gewendeter Fortsatz, dessen Längsaxe mit
der des Schaftes der Scapula einen Winkel von ca. 45° bildet. Die Oberfläche
der ganzen Scapula ist den Rändern parallel fein gestreift.
Maflse:
GEesammtlEn Eee re ER raaerereer state are raten ea are 120 Mm.
DI CKEVOTDE SE treten ee lee ee ee Se mon e ur eicnh la endtepeereete 35 >»
Dorchmessergderu@elenktlächereg pre ee ee ca.35
Länge vom Vorderende bis zur Basis des aufsteigenden Astes... 50
Länge des Schaftes von dem Rande der hinteren Gelenkfläche bis
zur hinteren Basis des aufsteigenden Astes...........2..... 30
Wängesder®Basıs)desnletzteren. erster d. tee eaee seta eiserne 40
Hoherdesselbeninn Ast eh. 11 ST Ad er ste kennen oo»
Grölste Breite desselben nahe dem oberen Rande.............. 45
3. Furculum. Vor der Scapula liegt ein gröfseres Knochenfragment,
welches sicher zum Schultergürtel gehört und nach genauen Vergleichen
kaum anders gedeutet werden kann als die rechte Hälfte des Furculum.
So bezeichnet Sorzas die zu einer Knochenplatte verbundenen Clavieculae,
die, bei den meisten Plesiosauriden getrennt, doch bei einigen, z. B. Plesio-
saurus Conybeari SorLLas, mit einander verknöchern. Das fragliche Fragment
bildet, wie es jetzt erhalten ist, in seinem Haupttheil eine flache, von der
46 W. Daumes:
Innenseite sichtbare Platte, deren Aufsenrand ziemlich regelmäfsig halb-
kreisförmig gerundet ist und sich hinten in eine stumpfe, rückwärts ge-
richtete, zapfenartige Spitze verlängert. Vorn ist die Platte concav ausge-
schnitten und erhebt sich dann auf der linken Seite steil aus der Gesteins-
platte, ist aber 3°” über deren Oberfläche abgebrochen; jedoch kann man
am Hinterende auch hier eine Spitze beobachten. Zugleich zeigt es sich
deutlich, dafs dieser hintere Theil durch Gesteinsdruck über und auf die
seitliche Spitze geschoben ist. Bei Reconstruction der abgebrochenen, linken
Hälfte des ganzen Knochens ergibt sich eine ventral gewölbte Platte, deren
Vorderrand eoncav ausgeschnitten ist, deren Hinterecken in Spitzen aus-
laufen, und deren Hinterrand median einen Ausschnitt besitzt. Wie die
Verbindung der Scapula war, ob die spitzen Hintereeken, durch welche
dieselbe ohne Zweifel hergestellt wurde, über oder unter dem Vordertheil
der letzteren gelegt waren, ist nicht zu entscheiden; nach Analogie mit
anderen Arten wird ersteres der Fall gewesen sein. — Von einer Inter-
elavieula (oder einem Omosternum) ist keine Spur vorhanden; vielleicht
ist der vordere, mittlere Theil des Furculum als solche anzusprechen, die
dann mit den seitlichen Elementen zu einer nahtlosen Platte verknöcherte.
Malse:
Grölste Breite der rechten Hälfte vom Aulsenrand bis zur Mediane 70Mm.
Länge von der Mitte vorn bis zum Ende des rechten seitlichen
BEN AR SER 200.5.010.0. 800.806. 500/00 0. aan una 90 »
Tiefe der vorderen Ausbuchtung .........e.euenoroeneopranne am
Länge von der höchsten Stelle des Vorderrandes bis zur Spitze
desz seitlichen Zapfenstet. stereo ereze srerenerererege RfeBeNe Tegel lo ran rasen 113 »
Die Vorderextremitäten.
ı. Humerus. Während der Humerus der linken Seite noch in ur-
sprünglicher Lage zum Schultergürtel überliefert ist, wurde der der rechten
Seite vom übrigen Skelet losgetrennt und um etwa 14°” nach rechts ver-
schoben. Beide Humeri zeigen ihre dorsale Fläche. Ihre Gestalt ist die
für Plesiosaurus bezeichnende. Die proximale Gelenkfläche ist rauh, längs-
elliptisch, ziemlich flach und durch einen scharfen Rand begrenzt, unter-
halb welches der Schaft sich etwas concav verengt und auf etwa 4”
Längserstreckung eine längsgestreifte Oberfläche beibehält. Von da bis
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 47
etwa 5°” oberhalb der distalen Gelenkfläche ist dieselbe nur mit sehr feinen
Streifen bedeckt; dann stellen sich allmählich wieder tiefere Furchen ein,
die bis zur distalen Gelenkfläche in diesen Eigenschaften zunehmen. Unter-
halb der proximalen Endfläche sind die Humeri bis auf 4 ihrer Länge
von geraden, unter sich parallelen Rändern begrenzt. Von hier ab behält
zwar der Vorderrand seine gerade Richtung im Allgemeinen, abgesehen
em
von einem kleinen, 'Trochanter-ähnlichem Vorsprung, der sich 5°” über
der distalen Gelenkfläche einstellt', bei, aber der Hinterrand wird concav
und verläuft nunmehr in gleichmäfsiger Krümmung zu dem stark ver-
breiterten, distalen Ende. Dieses ist auf der Oberfläche rauh, auf den
Seiten stark comprimirt (Dieke in der Mitte etwa 18"””) und flach convex.
Die eonvexe Curve wird jedoch etwas hinter ihrer Mitte durch eine Kante
in zwei Theile zerlegt, einer vorderen gröfseren für die Gelenkung des
Radius, einer kleineren, hinteren für die der Ulna.
Malse:
lampe oo Bora ones car bu door 230 Mm.
Länge der proximalen Endfläche .............- 5o »
Länge der distalen Gelenkfläche in der Luftlinie. 106
Länge der distalen Gelenkfläche in Wahrheit.... 135
2. Unterarm. Die beiden Elemente des Unterarms — Radius und
Ulna — befinden sich auf beiden Seiten noch in Berührung mit dem Hume-
rus. Während aber die Stücke der rechten Seite nach beiden Seiten von
ihren Gelenkflächen verschoben sind, und der Radius bis an die untere Hälfte
des Vorderrandes jenes gebracht und dabei umgewendet worden ist, so
dafs er nunmehr die ventrale Seite zeigt, und weiter die Ulna zwar noch
an dem ihr zukommenden hinteren Theil der distalen Humerus-Gelenkfläche
haftet, aber nieht mit der freiliegenden Gelenkfläche, sondern mit einem
Theil ihres Hinterrandes, also um etwa 90° rückwärts gedreht wurde, ist
der Radius der linken Vorderextremität nur wenig nach hinten verschoben
und berührt mit dem hintersten Stück seiner Gelenkfläche den Vorderrand
der Ulna, während letztere in natürlicher Lage zum Humerus an der ihr
zukommenden Gelenkfläche desselben ruht.
! Der Vorsprung ist nur am linken Humerus sichtbar, da der rechte gerade an der
betreffenden Stelle von dem dislocirten Radius bedeckt wird.
®2 Von der Mitte der proximalen bis zu der der distalen Endfläche gemessen.
48 W. Dauss:
Der Radius ist ein gerader, viereckiger Knochen, etwas länger als
breit. Vorderrand und Hinterrand sind fast gerade und stehen senkrecht
zur Längsaxe. Der Hinterrand ist innen etwas abgestumpft, entsprechend
der Form des sich an ihn anlegenden Carpale. Der Aufsenrand ist eben-
falls gerade, der Innenrand flach concav. Die Oberseite ist mit feinen
Längsstreifen versehen. An dem, wie erwähnt, die ventrale Seite zeigenden
rechten Radius ist zu beobachten, dafs sowohl der Aufsen- wie der Innenrand
in der Mitte verdünnt sind. — Im Querschnitt ist der Radius flach elliptisch.
Malse:
Dane er re 90 Mm
Broximale Breite, 20 22 rs: Sk
BreitewinndersalViitie rege se ee 46
Distale Breite in der Luftlinie.......... 52 »
Breite der mittleren distalen Gelenkfläche 30
D » inneren » » 17
äulseren D > 18
Die Ulna besitzt einen geraden Vorderrand, einen nach der Wirbel-
säule hin convexen Innenrand, einen in 3, unter stumpfen Winkeln zu-
sammenstofsenden Facetten zerfallenden Hinterrand und einen concaven
Aufsenrand. Von den 3 Facetten ist die mittlere bedeutend gröfser als die
beiden seitlichen. Die Ränder treten etwas hervor. Die Oberfläche erhebt
sich zu einem subeentralen Össifieationscentrum, von dem radiale Streifen
nach den Rändern hin auslaufen.
Malse:
Tänger ‚Brelere Kere) See ERERPRPESLT 70 Mm
Länge der Gelenkfläche für den Humerus 47 »
Breitein der2Mittel- 2 nase: 57
Länge der Gelenkfläche für das Pisiforme 28
Länge der mittleren distalen Gelenkfläche 30
Länge der vorderen distalen Gelenkfläche 25 »
3. Der Carpus besteht aus 7 Knochen, welche auf der rechten Seite
sämmtlich erhalten sind, wenn auch die 4 der proximalen Reihe auf der
Platte zerstreut wurden. Auf der linken Seite sind nur 6 erhalten, von
denen 4 noch am Radius bez. der Ulna liegen, einer auf den Radius ge-
schoben ist und einer weit davon in der Lücke zwischen Carpus und
Phalangen liegt. Da demnach links die proximale, rechts die distale Carpal-
reihe in normaler Lage erhalten blieb, ist eine Reconstruction des ge-
sammten Carpus auszuführen,
}
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 49
Hiernach ergibt sich, dafs derselbe aus 2 Reihen polygonaler Knochen
besteht, von denen 4 der proximalen, 3 der distalen Reihe angehören.
Die proximale Reihe beginnt auf der radialen Seite mit einem penta-
gonalen Knochen, der mit dem vorderen Rande sich dem Radius anlegt,
mit dem inneren Seitenrande den zweiten Carpalknochen berührt, mit den
beiden hinteren Rändern zwischen die beiden ersten Carpalien der distalen
Reihe eingreift und am äufseren Rande frei ist. Dieser Knochen wird
von R. Owen als Scaphoid, von W. J. Sorzas als Radiale der proximalen
Reihe bezeichnet. — Der 2. Carpalknochen (= Lunare R. Owen, proximales
Intermedium Sorras) ist deutlich hexagonal und gröfser als das Scaphoid.
Mit den beiden vorderen Rändern greift er zwischen Radius und Ulna ein,
mit den beiden seitlichen legt er sich an die benachbarten Carpalien und
mit den unteren zwischen die Vorderränder des 2. und 3. Knochens der
distalen Reihe. — Der 3. Knochen (Cuneiforme R. Owen, proximales Ulnare
Sorras) hat ungefähr dieselbe Gröfse und Gestalt des zweiten. Die Ober-
ränder legen sich an die Ulna und an den 4. Knochen derselben Reihe;
der Aufsenrand bleibt frei; von den Unterrändern berührt der innere Theil
den 3. Knochen der distalen Reihe, der äufsere das Metacarpale V. — Der
4. Knochen der proximalen Reihe endlich (Pisiforme R. Owen) bildet ein
stumpfwinkeliges Dreieck, dessen den stumpfen Winkel einschliefsende Seiten
sehr verschieden lang sind. Mit dem kürzeren Schenkel berührt dasselbe
die äufsere Hinterecke der Ulna, mit dem längeren den halben Vorderrand
des Cuneiforme. Die dritte Seite bleibt frei.
Die 3 Knochen der distalen Reihe liegen alternirend unter denen der
proximalen. — Der 1. Knochen (Trapezoid R. Owen, distales Radiale Sorzas)
ist kleiner als die beiden anderen, auch rundlicher. Der Aufsenrand und
der halbe Vorderrand sind frei. Die innere Hälfte des letzteren berührt das
Scaphoid, der Innenrand den 2. Knochen. Der Hinterrand ist gerade und
stützt sich auf Metacarpale I. — Der 2. Knochen (Trapezoides R. Owen, di-
stales Intermedium J. W.Sorras) ist pentagonal und etwas länger als der erste.
Mit dem dachförmigen Vorderrand greift er zwischen die betreffenden Ränder
von Scaphoid und Lunare; der gerade Innenrand legt sich an den ent-
sprechenden Aufsenrand des 3. Knochens, und der distale Rand trägt Meta-
carpale II ganz und von Metscaspäle III etwa die Hälfte. — Der 3. Knochen
endlich (Magnum R. Owen, distales Ulnare J. W. Sorras) ist in und
Grölfse dem zweiten fast gleich, nur ein wenig länger. Sein dachförmiger
Phys. Abh. 1895. II, 7
50 W. DıAumes:
Vorderrand legt sich je zur Hälfte an die Hinterränder des Lunare und Cunei-
forme, der Innenrand an den Aufsenrand des Trapezoides, der Aufsenrand
an die proximale Hälfte von Metacarpale V. Der Hinterrand ist gerade und
trägt Metacarpale IV ganz, sowie einen Theil von Metacarpale III.
Maflse:
Länge Breite
—— (1 mo
1. 2. 3: © 2 a:
Proximale Reihe.. 32 4ıI 41 Mm. 40 42 45 Mm.
Distale Reihe .... 26 37 40» 32 33 32
Pisiforme:
Länge des Aufsenrandes........... 37 Mm.
Länge der Fläche für die Ulna.... z2ı »
Länge der hinteren Facette........ 19 »
Grölste: Breite. . > «a... cken 2I k
4. Phalangen. Die eigentliche Hand besteht, wie bei Plesiosaurus
stets, aus 5 Fingern mit zahlreichen Phalangen. Die proximale Reihe hat man
als Metacarpalien aufzufassen. Die Metacarpalien der ersten 4 Finger legen
sich an die hinteren Ränder der ersten 3 Carpalknochen der distalen Reihe
derart an, dafs Metacarpale I für sich das ganze Trapezoid in Anspruch
nimmt, während die Metacarpalia II, III, IV sich in Trapezoides und Ma-
gnum derart theilen, dafs II die Hälfte des Trapezoides, III die andere Hälfte
desselben und zugleich einen kleinen Theil des Magnum, IV den übrigen,
weitaus grölsten des letzteren berührt. Metacarpale V steigt mit dem Ober-
'and in das Niveau der Grenze zwischen der proximalen und distalen Carpal-
reihe herauf und legt sich oben an das Cuneiforme, seitlich an den Aufsen-
‘and des Magnum und auch noch an die obere Hälfte des Metacarpale IV.
Dadurch entsteht eine Verschiebung der Phalangen des 5. Fingers zu denen
der ersten vier. Während letztere die Berührungsflächen der Phalangen
sämmtlich in gleicher Horizontallinie zeigen, liegen die Phalangen des
5. Fingers mit ihnen alternirend, so dafs die Berührungsflächen seiner
Phalangen in die Mitte der Schäfte der übrigen 4 Phalangenreihen fallen.
Diese Lage bedingt auch eine etwas andere Gestalt des Metacarpale V.
Während allen übrigen Phalangen die bekannte Form eines zusammenge-
drückten Stundenglases zukommt, d.h. gerade Ober- und Unter-, econcave
Seitenränder, ist an Metacarpale V nur der äufsere Seitenrand concav, der
innere zum Anlegen an das Magnum und Metacarpale IV fast gerade. Die
übrigen Phalangen haben, abgesehen von den nach der Spitze zu regel-
-
- “
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. al
mäfsig abnehmenden Dimensionen, nahezu die gleiche Gestalt, nur sind
die oberen verhältnifsmäfsig länger und die Seitenränder concaver, die
unteren entsprechend kürzer und breiter.
Die Zahl der Phalangen der einzelnen Finger ist mit Sicherheit nur
für den dritten und vierten festzustellen. Vom ersten Finger sind 4 Pha-
langen erhalten, von denen die 2. neben die ı. geschoben ist, während
die beiden anderen z. Th. unter die zweite des 2. Fingers geschoben sind.
Nach Analogie mit anderen Plesiosaurus- Arten ist zu vermuthen, dafs nur
einige wenige — vielleicht 2 oder 3 — verloren sind. — Der zweite
Finger hat gegenwärtig 7 Phalangen, doch zeigt Gröfse und Form der 7.
und ein Vergleich mit dem dritten Finger, dafs mindestens 4-5 nicht
überliefert sind. — Der dritte Finger hat seine ı3 Phalangen, von denen
die letzten 3 sehr zierlich und schmal sind, bis an das Ende erhalten.
Die Endphalanx ist spitz. — Der vierte Finger besitzt ıı Phalangen;
doch scheint die Endphalanx, jedenfalls aber nur diese, zu fehlen. —
Der fünfte Finger endlich zeigt jetzt 8, bestand aber ehedem aus min-
destens ıı Phalangen. — Unter der Voraussetzung, dafs die hier ange-
nommenen Maximalzahlen der Wirklichkeit entsprechen, würden sich also
die Phalangen der Hand in folgender Reihe entwickelt haben:
L u. II. IV. V.
T- 2. TA. 12. ıı, also in Summa 56.
Malse:
Länge
Phalangen Finger II Finger iv
I 43 Mm. 45 Mm.
2 42 » 4I »
3 39 ® 3b
4 Er ki
5 33? 29,»
6 28 » 2.4
7 22 » 20 »
8 20 » 16
9 16 » aan
10 15 » Ti =
II 33 2 5»
I2 Ii2 »
13 ER
14 9»
333 Mm
Ü
DD
W. Dımss:
@
Der Beckengürtel.
Von den 3 Elementen des Beckens sind die beiden Pubes, sowie
Dium und Ischium der linken Seite sichtbar.
ı. Pubes. Die Pubes liegen zwischen den linken Rippen der hintern
Rückenregion und dem linken Femur, sind also beträchtlich aus ihrer ur-
sprüngliehen Lage entfernt und dabei auch derartig in dieser verändert,
dafs die rechte Pubis über die linke hin geschoben und dabei umge-
wendet ist, und so von ersterer die innere, von letzterer die äufsere Ober-
fläche sichtbar wird. In der allgemeinen Form stellen sie rundliche, un-
regelmäfsig umgrenzte Platten dar, welche an einem Rande, dem hinteren,
einen tiefen, coneaven Ausschnitt haben. Es genügt, die Beschreibung einer
Pubis zu geben, da ja beide völlig gleichgestaltet sind, und hierzu ist
die linke gewählt, welche die natürliche Lage zur Längsaxe des Skeletes
mehr beibehalten hat als die rechte. Der Medianrand berührt einige
Rippenenden und ist fast gerade. Der von ihm in sehr stumpfem Winkel
abgehende Vorderrand steigt schräg auf- und auswärts bis etwa zur
Hälfte seiner Länge und bildet mit der anderen äufseren Hälfte ebenfalls
einen stumpfen Winkel, so dafs er im Ganzen das Profil eines flachen Daches
zeigt. Wiederum mit sehr stumpfem Winkel geht der Vorderrand in den
Aufsenrand über, der in der vorderen Hälfte seiner Länge fast gerade und
dem Medianrande nahezu parallel, in der hinteren Hälfte coneav ausge-
buchtet ist. Zwischen dieser Ausbuchtung und der eben erwähnten des
Hinterrandes springt die Umgrenzung mit parallelen Rändern etwas nach
hinten vor und bildet einen stumpfen Winkel, dessen innerer Schenkel
etwas kürzer ist als der äufsere; ersterer bildet die Gelenkfläche für das
Ischium, letzterer denjenigen Theil, welchen die Pubis zur Bildung des
Aecetabulum stellt. — Die Oberfläche, sowohl die innere wie die äulsere,
ist fast eben und trägt ungefähr in der Mitte eine kleine Vertiefung, von
der als Ossifieationseentrum aus nach allen Seiten eingerissene Linien ra-
dial strahlen.
Malse:
Länge des Medianrandese.... 2 e.00 0 lei are 103 Mm.
Diagonale von der äulseren, oberen zur inneren, hinteren Ecke 155 »
Länge der Gelenkfläche für das Ischium ................ as
Länge der Fläche für das Acetabulum..........urur.... 42 »
Entfernung der beiden Spitzen des Ventralausschnittes.... 50 »
Verticale auf der Mitte dieser Linie...........c-c00.... 22 »
i
R
|
)
Do u U ZZ
4
|
%
F
ed Dt
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 53
2. Ilium. Zwischen dem neben den Sacralwirbeln sichtbaren Ischium
und dem proximalen Theil des linken Femur liegt auf der Platte das Ilium
der linken Seite in Gestalt eines schmalen, langgezogenen Knochens. Die-
jenige Fläche, welche das Femur berührt, nimmt bei natürlicher Lage an
der Bildung des Acetabulum Theil, diejenige, welche das Ischium berührt,
stellt die Verbindung des Beckens mit dem Sacrum her; beide sind gerade
abgeschnitten, die untere etwas schräg, die obere nahezu rechtwinkelig zur
Längsaxe des Knochens. Der Vorderrand ist flach concav, der Hinterrand
ebenfalls, doch darin etwas abweichend, dafs die Concavität erst etwas ober-
halb des Acetabularrandes beginnt und dann in der Mitte tiefer wird als
vorn. Die Oberfläche ist parallel der Längsaxe gestreift.
Malse:
Gesammtläan ger N re 94 Mm.
Länge des Acetabularrandes............. 43
Länge der Gelenkfläche für das Saerum .. 40
DickeginwderoNDitte sa. re rec 17
3. Ischium. Das Ischium liegt noch ungefähr an der ihm im Ge-
sammtskelet zukommenden Stelle, ist aber in eigenthümlicher Weise bei
der Einbettung des Cadavers in den Thonschlamm verdrückt worden. Wäh-
rend die Ischia bei Plesiosaurus normal zwei grofse beilförmige, ebene Platten
bilden, welehe mit den der Schärfe des Beiles entsprechenden Rändern in
der Mediane an einander stofsen, ist hier das linke Ischium in der Mitte
seiner Fläche nach oben umgebogen und zwar so, dafs der Medianrand, auf-
wärts gerichtet, sich unter den Centren der letzten Rücken- und der Sacral-
wirbel hervorstreckt. Er bildet hier eine rauhe Kante von etwa 16”” Dicke,
die sich jedoch nach vorn und hinten verschmälert. Die äufsere Hälfte, welche
ursprünglich theils mit der Pubis in Verbindung tritt, theils an der Bil-
dung des Acetabulum Theil nimmt, liegt flach ausgedehnt da und zeigt,
wie die beiden Ränder für Pubis und Acetabulum deutlich in stumpfem
Winkel an einander stofsen. — Während in den bisher beschriebenen Theilen
nichts unklar geblieben ist, läfst sich ein anderer Knochen, der über dem
Vorderende des linken Ischium, zwischen ihm und der Wirbelsäule und
zum Theil von Rippen bedeckt liegt, nicht mit genügender Sicherheit
deuten. Derselbe ist im hinteren Theil plattenartig verbreitert und läuft
vorn in einen mehr eylindrischen, gerade abgestutzten Zapfen aus, der auf
der Oberseite eine längliche Grube besitzt. Die hintere breitere Partie scheint
54 W. DAmses:
unmittelbar mit der aufwärts gewendeten medianen des linken Ischium ın eins
zu verschmelzen. Es kann das aber thatsächlich nur scheinbar sein, da die
Form des letzteren ja in allen Theilen zu verfolgen ist. Um die Unklarheit
zu vermehren, geht gerade hier ein breiter Sprung durch die Platte, an wel-
chem die einzelnen Theile der beiden Ischia etwas gegen einander verschoben
sind. Vorläufig mufs es unentschieden bleiben, ob in der That ein sonst
an Plesiosaurus-Ischien nicht beobachteter Fortsatz vorhanden ist, oder ob
man es mit der Acetabular-Region des rechten Ischium zu thun hat, die dann
in eigener Art herumgedreht und verquetscht sein mülste. Bis hierüber
einmal an späteren Funden Aufklärung erlangt sein wird, gebe ich der
letzteren Deutung den Vorzug.
Maflse des linken Ischium:
Längesdes@Mediantandes pers. er ee esse. 105 Mm.
Länge der Gelenkfläche für die Pubis ...............erc0... 28
Länge der Fläche für das Acetabulum .......:....cueeec0..- 49
Länge der schmalsten Stelle zwischen der inneren und äulseren
Ausbuchtung der vorderen Hälfte .............crcnaco..n 4I
Länge von der Hinterecke der Acetabularfläche quer bis zur Me-
dianebenehkl Se RN he RIEF RT TI 120 »
Die Hinterextremitäten.
Die Hinterextremitäten sind zwar in allen einzelnen Theilen, bis auf
einige Phalangen, erhalten, aber bei der Maceration gröfstentheils derart
aus einander gerissen und zerstreut, dafs eine durchaus sichere Reconstruction
des Tarsus und der Phalangen nicht durchführbar ist. Der linke Fufs hat
darunter weniger gelitten als der rechte und kommt demgemäfs für eine
solche vornehmlich in Betracht.
ı. Das Femur der linken Seite befindet sich noch in der Nähe des
Beckens, wenn auch nicht mehr mit ihm im Zusammenhang, und zeigt
die dorsale Seite, während das rechte weit vom Skelet getrennt und
dabei umgedreht wurde, so dafs nun die ventrale Seite dem Beschauer
zugewendet ist. Es bildet einen langgestreckten, proximal runden, distal
abgeflachten und zugleich beilförmig verbreiterten Knochen, dessen Vorder-
rand fast gerade, am distalen Ende etwas vorgezogen verläuft, während
der Hinterrand im oberen Dritttheil ebenfalls gerade ist und dann deut-
lich econcav wird. Die distale Gelenkfläche, in der vorderen Hälfte fast
| )
Sn
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 5
gerade und senkrecht gegen die Längsaxe gestellt, wird in der hinteren
stark convex. Die Grenze zwischen dem geraden und dem convexen Theil
ist nur schwach angedeutet. Auf der ventralen Seite besitzt das Femur
im zweiten Vierttheil der Länge und auf den ganzen Raum desselben sich
erstreckend, aber nur die Hälfte desselben in der Breite einnehmend, eine
rauhe, warzige Oberfläche zum Ansatz eines Muskels. Die Gelenkfläche für
das Acetabulum ist ebenfalls rauh, uneben, ziemlich stark gewölbt und war
im Leben des Thieres wohl mit einer Knorpeldecke versehen.
Malse:
Gesammilänges.r unten de se one 70, 0000000. 00090 215 Mm.
Längsdurchmesser der oberen Gelenkfläche ......... 45 »
Durchmesser 20"" unterhalb derselben............. 37 >»
Breite Nbeiernoss kan er ee: 60
Breite am distalen Ende über den Gelenkflächen .... 105
Länge der Gelenkfläche für die Tibia.............. 65
Länge der Gelenkfläche für die Fibula............. 45
Länge der Gelenkfläche für die Flabella............ 20
2. Die Knochen des Unterschenkels — Tibia und Fibula — sind
den analogen Knochen des Unterarms in Gröfse und Gestalt so ähnlich,
dals man sie — vereinzelt gefunden — kaum sicher würde bestimmen
können. Es genügt daher, die geringen Unterschiede aufzuzählen. — Die
Tibia ist etwas schmaler, ihr Aufsenrand leicht concav, ihr Innenrand
bedeutend concaver als am Radius. Der Unterrand zerfällt etwas deut-
licher in zwei Facetten, von denen die äufsere ebenfalls etwas einwärts ge-
krümmt ist. — Die Fibula unterscheidet sich von der Ulna noch weniger,
nämlich nur darin, dafs der der Tibia benachbarte Theil der distalen Ge-
lenkfläche länger ist und schiefer zur Längsaxe des Knochens steht.
Malse:
na,
End 50 aan oe arena en“ 75 Mm.
Breite am proximalen "Ende! ...... ou. enonenncene 60,6%
Breite an der schmalsten Stelle der Mitte ........... 41
Länge der Gelenkfläche für den ersten Tarsalknochen. 35 »
Länge der Gelenktläche für den zweiten Tarsalknochen 12
2. Fibula.
TB an BEE LS Va SSR N he teheletehe Kiels kehehefelele 70 »
Breite an der schmalsten Stelle in der Mitte......... 55
Länge der proximalen Gelenkfläche................- 25
Länge der Gelenkfläche für den zweiten Tarsalknochen 20 »
Länge der Gelenktläche für den dritten Tarsalknochen zo
56 W. DAmes:
3. Der Tarsus besteht, wie der Carpus, aus 7 Knochen, die auf beiden
Seiten sämmtlich erhalten, aber derart aus der ursprünglichen Lage gebracht
sind, dafs die Wiederherstellung derselben nur mit Hülfe des Carpus er-
möglicht wird, der an Zahl und Form der Elemente dem Tarsus ebenso
gleicht, wie der Unterarm dem Unterschenkel. Namentlich ist die Ähnlich-
keit des von R. Owen vorn als Pisiforme, hinten als Flabella bezeichneten
Knochens in seiner stumpfwinkelig-dreieckigen Form und seiner Lage aufsen
an Fibula und Caleaneus (nach R. Owen’scher Bezeichnung) auffallend. Und
ebenso verhält es sich auch mit den anderen Elementen bis auf den ersten
Knochen der proximalen Reihe (Naviculare R. Owen), welcher mehr in die
Quere gezogen als der homologe Scaphoid der Vorderextremität und aufser-
dem proximal gerade abgeschnitten ist. Bei der Ähnlichkeit der mittleren
Knochen der proximalen und radialen Tarsalreihe unter einander war eine
Reconstruction nieht mit Sicherheit auszuführen; doch kann man sich ein
immerhin zuverlässiges Bild des Tarsus schaffen, wenn man die einzelnen
Theile von einem Abzug der Tafel ausschneidet und analog den entsprechen-
den der Vorderextremität neben einander fixirt.
Malse:
Länge Breite
EEE mn Ve nn |
Tibiale Intermedium Fibulare Tibiale Intermedium Fibulare
Proximale Reihe... 20oMm. 35 Mm. 30Mm. * 40oMm. 35 Mm. 30 Mm.
Distale Reihe’ .... 25». 30» 40 » 20 il) an SON
Flabella ......... 32 » 18 » (etwas oberhalb der Mitte).
4. Die Phalangen der Mitte des rechten Fulses liegen in einiger Ent-
fernung vom Tarsus noch in natürlicher Lage zu einander. Es fehlen aber die
Metatarsalien und mindestens eine Reihe derTarsalien. Die Enden der Reihen
sind durch einen Sprung der Platte abgeschnitten und verloren. Da nun auf
der linken Seite die Phalangen durcheinander geworfen und zum Theil ge-
trennt wurden, ist ihre Zahl für die einzelnen Finger nicht mit Sicherheit fest-
zustellen. Nimmt man an, dafs rechts nur die proximale Tarsalreihe aufser
den Metatarsalien fehlt, wie es die vorhandene Lücke sehr wohl zuläfst,
so erhält man für den ı. Zehen (1+) 5=6 Phalangen. Auf der linken
Seite kann man die Phalangen des 3. und 4. Zehen bis zur Spitze verfolgen,
aber ihre Zahl in der Mitte des Fufses nur annähernd nach Gröfse und
Lage schätzen. Diefs ergibt für den 3. Zehen etwa 13, für den 4. etwa ı2,
also ebensoviel als vorn. Dafs in der That die Phalangenzahl der einzel-
Be Be £
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 57
nen Finger nahezu die des entsprechenden Zehen gewesen sein muls, geht
auch daraus hervor, dafs die Vorderextremität nach den obigen Angaben
und Annahmen zusammen 45 Phalangen besafs, dals auf der Platte nur
43 Knochen liegen, also, nach Abzug der 5 Metatarsalien, noch 35 Pha-
langen, und dafs sicher nicht, wie auch vorn, sämmtliche erhalten sind,
also füglich der Unterschied, wenn überhaupt vorhanden, nur ganz gering
sein konnte.
Malse der Phalangenlängen des 3. Zehen:
Peek 44 Mm.
ZEN RE ER: 40 »
re Bro 35
A 31»
Der: 20 >
On akanone 25
REN. 21
STE RE: 19
Oereyap) > Aendiaye 14
TORI 12
KIEL tal To
TEA. er 10
a ER 6
296 Mm.
Die Reste der Körperhaut.
Zur Vervollständigung der Beschreibung erübrigt es noch, der inter-
essanten Reste einer Hautbedeckung Erwähnung zu thun, welche an der
rechten Vorderextremität und am Ende der Wirbelsäule erhalten sind. In
Gestalt eines schwarzen, etwas glänzenden, dünnen, wie verkohlt erschei-
nenden Häutchens, das bei der Praeparation vielfach zerschlitzt und durch-
löchert wurde, umzieht ein Hautrest die distale Spitze der rechten Vorder-
mm
flosse in 25”" Breite und setzt sich, allmählich bis auf 35" sich verbreiternd,
am Hinterrande entlang bis zur zweiten Phalanx des 5. Fingers aufwärts fort,
wo er durch einen Sprung der Platte plötzlich abgeschnitten wird. — Der
zweite, die Schwanzspitze umziehende Hautrest ist in Farbe und Glanz
ebenso wie der der Vorderflosse beschaffen, scheint aber namentlich an
den Rändern dicker zu sein und läfst zudem auf der Oberfläche hier und
da eine sehr feine, wie mit Nadeln erzeugte, verticale Strichelung wahr-
Phys. Abh. 1895. II. 8
58 W. DAmes:
nehmen. Er beginnt oberhalb der letzten Hälfte der Schwanzwirbelsäule,
welche von der vorderen durch eine breite Lücke getrennt ist, als ein
schmaler Saum, der bis über den 7. Wirbel dieser hinteren Schwanzwirbel-
reihe als durchschnittlich 15”” breiter Streifen parallel verläuft, von da
an aber sich erhöht, so dafs die Entfernung von der Mitte des Centrum
des ı2. Wirbels bis zum oberen Rande schon 80”" beträgt. Hier ist er
schräg durch den die rechte Oberecke der Platte begrenzenden Sprung ab-
geschnitten. Der obere Rand dieses Hautrestes ist durch dunkelere Fär-
bung und stärkeren Glanz von dem unteren Theil verschieden und legt die
Vermuthung nahe, dafs er die natürliche Begrenzung darstelle, was auch
noch dadurch gestützt wird, dafs er scharf gegen den Schiefer abschneidet.
Auf der Unterseite der Wirbelsäule ist der Hautrest wesentlich unbedeuten-
der und auch schlechter erhalten. Er beginnt unter dem 7. Wirbel, vorn
schräg abgeschnitten, und setzt in ungefährer Breite von 50"" bis zum
Ende der Platte noch über den letzten Wirbel hinaus nach hinten fort. In
diesem unteren Theil ist sicher nichts von einem ursprünglichen Rande
erhalten.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, dafs diese Hautreste am lebenden
Thier eine verticale Schwanzflosse bildeten, deren Form und Function weiter
unten erörtert werden wird. Jedenfalls bestätigen sie vollkommen die
scharfsinnige Annahme R. Owen’s, der aus der Form der Schwanzwirbel
von Plesiosaurus rostratus Owen auf das Vorhandensein einer verticalen
Schwanzflosse geschlossen hatte!.
Vergleich mit anderen Arten.
Die in obiger Beschreibung gegebenen Mafse der einzelnen Skelettheile
ermöglichen es, die Gröfse, die allgemeine Gestalt und die relativen Di-
mensionen der einzelnen Körperregionen zu einander festzustellen.
Die Länge des Skelets ergibt sich aus der Addition der Längen des
Kopfes (173””), der Halswirbel (1.236), der Brust- und Sacralwirbel (755”")
und der Schwanzwirbel (722””). Sie beträgt 2'386, so dafs das lebende
Thier mit Hinzurechnung der hinten noch über das Ende der Wirbelsäule
hinausragenden Schwanzftlosse etwas über 3” lang gewesen sein wird.
! Fossil Reptilia of the Liassie Formations 3. p. 26.
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 59
Die Länge des Kopfes ist 7mal' in der des Halses, 4mal in der des
Rumpfes, fast ebenso oft in der des Schwanzes enthalten. Kopf und Hals
zusammen sind nur wenig (um 68"”") kürzer als Rumpf und Schwanz;
letztere unter sich, unter Annahme einer die Wirbelsäule überragenden
mm
Schwanzflosse, nahezu gleich lang, am Skelet um 33”"” verschieden.
Die Länge der Vorderextremität setzt sich zusammen aus derjenigen
=) 2)
des Humerus (230 ‚ des Carpus (78””), und der
Phalangen des längsten (dritten) Fingers (333””); sie beträgt also 731"”. Die
Längen der einzelnen Theile der Hinterextremität betragen für Femur 215”"”,
Tibia 75", Tarsus 65”", Phalangen des 3. Zehen 296””; zusammen 651
Es ergibt sich somit, dafs die Vorderextremität um 80”"
‚ des Unterarms (90
mm mm
,‚ also ungefähr ;6,
länger ist als die hintere.
Diese Zahlen haben aber noch weiteren Werth, insofern durch sie der
Vergleich mit anderen, schon bekannten Plesiosaurus-Arten durchgeführt
werden kann.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dafs Plesiosaurus Gwilelmi imperatoris
der Gattung Plesiosaurus auch in dem enger umgrenzten Umfange, welche
ihr englische Autoren gegeben haben, einzuverleiben ist. Srrrey” hat na-
mentlich auf die verschiedene Ausbildung des Schultergürtels hin die alte
Gattung Plesiosaurus in 3 Familien (Pliosauridae, Elasmosauridae und Plesio-
sauridae) und diese wiederum in eine Anzahl Gattungen zerspalten. Spätere
Autoren, wie Sorras” und Lyvekker, sind ihm darin nicht gefolgt, sondern
haben, namentlich letzterer in seinem Katalog der fossilen Reptilien und
Amphibien des British Museum (Natural history)’, nur eine beschränkte
Zahl dieser Gattungen angenommen. Mag man nun dem Einen oder den
Anderen folgen, so fällt doch die schwäbische Art immer in den Rahmen,
der für Plesiosaurus auch im engeren Sinne gezogen ist, denn ihr Schulter-
gürtel besteht aus den 3 für Plesiosaurus s. str. erforderlichen Elementen,
und zwar in der für ihn charakteristischen Form. Es handelt sich wesent-
lich um die Anwesenheit eines, hier aus einem Stück bestehenden, grofsen,
von den übrigen Theilen gesonderten Fureulum (= Omosternum), um schmale,
langgezogene Scapulae mit einem aufsteigenden, dorsalen Fortsatz und um
grosse, seitlich ausgebuchtete Coracoiden, welche zwischen sich und den
! Die obigen Zahlen sind sämmtlich zu Ganzen abgerundet.
® The Quarterly Journal of the Geological Society of London. 30. 1874. P. 445, 449.
Sc HIEEpaTZoft:
8*
60 W. Dımes:
beiden anderen Elementen grofse Öffnungen lassen. Alle diese für Plesio-
saurus s. str. erforderlichen Eigenschaften besitzt die neue Art ebenfalls, und
ebenso stimmen die Merkmale des Schädels und des Skelets in allen Theilen
mit der von LyDEkkEr jüngst gegebenen Diagnose der Gattung überein,
bis auf eine die Bezahnung betreffende Abweichung, welche unten zu be-
sprechen sein wird.
Es ist nun weiter zu untersuchen, zu welchen Ergebnissen ein Ver-
gleich mit anderen Plesiosaurus- Arten führt. Dabei kommen wesentlich nur
die Arten des englischen Lias in Betracht, deren Reste vollständig genug
erhalten sind, um die einzelnen Körperregionen ihrer relativen Gröfse nach
erkennen zu lassen. Diese Arten wiederum sind von LyDEkkEr in 3 Gruppen
gebracht worden, welche er als makrospondyline, typische und longirostrine
bezeichnet hat!. Die erste und dritte dieser Gruppen beherbergen nur —
abgesehen von ungenügend bekannten Fragmenten — je eine Art, die
erste Plesiosaurus homalospondylus Owen, die dritte ‚Plesiosaurus rostratus
Owen. Beide kommen hier bei einem Vergleich nicht in Betracht, da ihre
leitenden Merkmale (sehr lange Halswirbelcentra bei der ersten, verhältnifs-
mälsig grofser Schädel und lange Unterkiefer-Symphyse bei der dritten)
an Plesiosaurus Guilelmi imperatoris nicht vorhanden sind. Es bleibt demnach
für den Vergleich nur die typische Gruppe übrig. — Die grofse Zahl
angeblicher Arten, welche G. F. Wuıpgorse in seiner dankenswerthen, der
Sorzras’schen Abhandlung über Plesiosaurus Conybeari” beigefügten Tabelle
zusammengestellt hat, schrumpft erheblich zusammen, wenn man sie auf
die später aufgestellten Gattungen vertheilt, und die seitdem als synonym
erkannten Formen streicht. Es bleiben dann für den hier durchzuführenden
Vergleich wesentlich nur 4 Arten übrig:
Plesiosaurus dolichodeirus ÜCONYBEARE,
Plesiosaurus Hawkinsi Owen,
Plesiosaurus macrocephalus Owen,
Plesiosaurus Conybeari SOLLAS.
ı le. p. 253. 255. 271. — Nach meiner Auffassung würden die den 3 Gruppen zu-
kommenden Merkmale zur Aufstellung besonderer Gattungen verwerthet werden müssen.
Aber auch, wenn dies durchgeführt wäre, verbliebe unsere Art doch der typischen Gruppe,
für welche der Namen Plesiosaurus von ÜoNYBEARE ursprünglich gegeben und unbedingt auf-
recht zu erhalten ist.
® The Quarterly Journal of the Geological Society of London. 37. 1881. p. 480.
]
‚diai TEN
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 61
Was zunächst die Dimensionen und die Gröfsenverhältnisse der ver-
schiedenen Körpertheile dieser Arten betrifft, so hat Sorzas' hierüber sorg-
fältige Angaben gemacht, und zwar in Gestalt von sogenannten Indices.
Er berechnet den Index cervico-cephalieus, indem er die Länge des Kopfes
mit der des Nackens vergleicht und letztere = 100 setzt; in gleicher Weise
stellt er einen Index dorso-cephalieus, cervico-dorsocephalieus, cervico-
dorsalis und endlich auch einen humero-radialis auf, welche in untenste-
hender Tabelle der Reihe nach mit I-V bezeichnet sind.
Für obige 4 Arten erhielt er die folgenden Ziffern, denen die für Ple-
siosaurus Guilelmi imperatoris in gleicher Weise berechneten beigefügt sind:
Indices | Zahl der Wirbel
Plesiosaurus l | l
I TERN A:THN IV V | Hals | Rumpf | Sacrum Schwanz
macrocephalus 51.2 | 65.2 | 28.8 |128.0| 31.0 | 29 | 20 | 2 |
Hawkinsiüi 30.0 | 46.9 | 18.3 |156.2| 37.4 | 31 | 2a 2 |
Conybeari 24-L | 37.4 | 14.6 |153.0| 37.0 | 38 | 21 Ike | 5*2
dolichodeirus 27 | 23.6 | 10.1 |133.0| 42.9 | 4I | zı | Zu) 30*
Guilelmi imperatoris || 13.9 | 22.9 | 3.69 ,163.7| 39.8 | 35 | 20 192 37
Die Unterschiede der letztgenannten Art gegen die vier englischen
ergeben sich aus dieser Zusammenstellung von selbst. Die Zahlen zeigen,
dafs letztere den kleinsten Kopf” sowohl im Verhältnifs zum Hals allein,
wie zum Rumpf allein, als auch zu beiden zusammen hat, ferner dafs die
Länge des Halses die des Rumpfes mehr, als sonst beobachtet, übertrifft.
Auch stimmt die Zahl der einzelnen Wirbelcomplexe mit keiner anderen
überein. Am nächsten steht Plesiosaurus dolichodeirus, wenn auch im Ver-
hältnifs der Rumpf- und Halslänge und der Zahl der Wirbel bemerkens-
werthe Differenzen vorhanden sind. Letztere sind um so auffälliger, als die
Zahl der Halswirbel bei Plesiosaurus dolichodeirus weitaus die gröfste bekannte
ist. Trotzdem letzterer 41, Plesiosaurus Guilelmi imperatoris nur 35 hat,
übertrifft die Halslänge die des Kopfes doch um 3.8.
! le. p. 468 #.
? * bedeutet, dals ursprünglich mehr Wirbel vorhanden waren, aber nur in ange-
gebener Zahl erhalten blieben.
® In der Sorras’schen Tabelle sind die für Plesiosaurus macropterus und homalospondylus
angegebenen Indices der ersten Columnen noch kleiner (12.8 bez. 10.6). Die erstere Art
gehört zu Eretmosaurus, die zweite zu der macrospondylinen Gruppe von Plesiosaurus; sie
kommen daher hier nicht in Betracht.
6 W. Dames:
DD
Zu den durch die obigen Zahlen bewiesenen Unterschieden von den
zunächst in Vergleich kommenden Arten tritt nun noch eine Reihe anderer,
welche für sich allein schon zur Fixirung der neuen Art genügen würde.
Dahin gehört zuerst die Gestalt der Wirbelcentren, deren völlig glatte, gleich-
mälsig gewölbte Unterseite den anderen Arten fehlt. Mit Plesiosaurus macro-
cephalus theilt sie das aus einem Stück bestehende Furculum, weicht aber
sonst in Wirbelbildung, Form des Kopfes, Zahl der Wirbel sehr von ihm
ab. Ferner fallen die flachen Gelenkflächen der Wirbel auf, die zwar bei
Plesiosaurus Conybeari ähnlich gebildet, aber in Verbindung mit tiefen Aus-
höhlungen und einem mittlerem Kiel auf der Unterseite auftreten. Dazu
kommen die auffallend hohen Neuralbogen, die ähnlich nur in der makro-
spondylinen Gruppe des Plesiosaurus homalospondyhıs wiederkehren. — Die
7 Carpal- und Tarsalelemente hat Plesiosaurus Guilelmi imperatoris mit Ple-
siosaurus dolichodeirus gemein, während Plesiosaurus Hawkinsi und Conybeari
nur 6 besitzen.
Die angegebenen Unterschiede werden aber an Wichtigkeit noch über-
troffen durch diejenigen, welche im Bau der Schnauze und in der Form der
Zähne ausgeprägt sind. Als charakteristisch für die Gattung Plesiosaurus
hat Lyvekker u. A. auch in ihre Diagnose aufgenommen, dafs die Schnauze
und die Unterkiefersymphyse kurz oder nur wenig verlängert seien. Die Ver-
längerung in ein kurzes Rostrum besitzt die longirostrine Gruppe (Plesio-
saurus rostratus), die typische hat dagegen mehr kahnartig in kurzer Sym-
physe zusammenstofsende Unterkieferäste, auf deren Ränder die Zähne ganz
allmählich von hinten nach vorn an Durchmesser und Höhe wachsen. Ty-
pus dafür ist Plesiosaurus Conybeari. Plesiosaurus Gwilelmi imperatoris steht
nun sowohl der einen wie der anderen Form unvermittelt gegenüber.
Weder sind die Zwischenkiefer und die zur Symphyse verbundenen Theile
des Unterkiefers in ein kurzes Rostrum verlängert, noch convergiren sie
allmählich nach vorn unter allmählichem Gröfsenwachsthum der Zähne,
sondern sind verdiekt, oberflächlich rauh und grubig, ziemlich scharf von
den Öberkiefern bez. den hinteren Theilen der Unterkieferäste abgesetzt
und tragen eine beschränkte Zahl von Zähnen, die bedeutend gröfser als
die hinter ihnen folgenden und — wohl als Wesentlichstes — durch keinen
Übergang mit ihnen verbunden sind. Dazu kommt die auffällig zarte Strei-
fung bez. glänzend glatte Oberfläche der Zähne, wie sie oben (S. 31) be-
schrieben wurde.
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformalion. 63
Durch diese Form des vorderen Schädels entfernt sich Plesiosaurus
Guilelmi imperatoris von allen typischen Vertretern der Gattung und nähert
sich einer anderen Gattung derselben Ordnung, Thaumatosaurus, welche
gerade durch die erwähnte Verbreiterung der Schnauze hauptsächlich cha-
rakterisirt wird. Lypekker hat wohl zuerst auf diese verschiedene Aus-
bildung der Unterkiefersymphysen aufmerksam gemacht und sie zu Ab-
trennungen von Gattungen verwerthet. (Neben Plesiosaurus und Thaumato-
saurus hat er noch Peloneustes aufgestellt mit sehr langer, schmaler Sym-
physe und wenig differeneirter Bezahnung, eine Gattung, die hier nicht
weiter in Betracht kommt.)
Wenn nun auch Thaumatosaurus eine ähnliche Form des Schädels be-
sitzt, so ist er doch durch eine Reihe anderer Eigenschaften, zu denen vor
Allem die mit scharfen Kanten versehenen Zähne, der kurze Hals, die
kurzen, unten kräftig gekielten Halswirbelcentren mit ihren niederigen,
oberen Bögen und die distal eoossifieirten Haemapophysen gehören, scharf
geschieden. Es ist also jede phylogenetische Beziehung zwischen beiden
ausgeschlossen. Damit ist zugleich nachgewiesen, dafs die erwähnte Eigen-
thümlichkeit von Plesiosaurus Guilelmi imperatoris selbständig erworben ist und
eine mit Thaumatosaurus nur analoge, nicht homologe Bildung ist. Daraus
wieder ist abzuleiten, dafs die schwäbische Art der erste Vertreter einer
bisher ungekannten Gruppe der Gattung Plesiosaurus ist, welche sich in der
Skeletbildung durchaus an die typische anschliefst, aber durch die Thau-
matosaurus-ähnliche Form der Schnauzenspitze davon getrennt ist.
Vorkommen. Das beschriebene Skelet fand sich in der Haurr’schen
Schiefergrube bei Holzmaden unweit Kirchheim u. T. in Württemberg. Der
dort gewonnene Schiefer gehört der unteren Abtheilung des oberen Lias,
der Zone der Posidonia Bronni Orrer’s (= Lias e Quexsteor's), an. Die
einzelnen Schichten dieser Zone scheinen über grofse Theile der schwäbi-
schen Juraformation hin eine gleiche, beständige Entwickelung zu besitzen,
so dafs eine weitere, allerdings nur local wichtige Gliederung ermöglicht
wird. E. Fraas hat das genaue Profil der Haurr'schen Grube mitgetheilt',
des Hauptfundortes der schwäbischen Ichthyosaurier. Daraus ergibt sich,
dafs im oberen Theil des ca. 7" mächtigen Complexes Schiefer mit Stink-
! Die Ichthyosaurier der süddeutschen Trias- und Jura-Ablagerungen. Tübingen,
1891. S.44.
64 W. DAmes:
steinen wechsellagern (in ersteren das Hauptlager der Ichthyosaurier), und
der untere Theil an Stelle der Stinksteine harte Kalkbänke führt. Eine
solche, und zwar die oberste Kalkbank wird von den Arbeitern »Fleins-
bank« genannt. Über ihr liegen 45°” Schiefer mit Harpoceras commune
und bollense, Dapedius punctatus und Pachycormus. Von Ichthyosauriern sind
nur wenige, aber vorzüglich erhaltene Individuen gefunden. Über diesen
Schiefern folgt dann die unterste Stinksteinlage. Nach den Angaben Hrn.
B. Haurr’s hat das oben beschriebene Skelet 20°” unter dem unteren Stink-
stein und 40° über der Fleinsbank gelegen, und zwar so, wie es sich
jetzt zeigt, mit der Bauchseite auf der Schichtoberfläche.
Die Art scheint in Süddeutschland eine weitere Verbreitung gehabt
zu haben. Aus Württemberg, und zwar von dem Holzmaden benachbarten
Ohmden bewahrt das Königliche Naturalienkabinet in Stuttgart 2 zusammen-
hängende Wirbel aus der hinteren Halsregion auf, welche in Gröfse und
Form der Centren und der oberen Bögen mit ihren Zygapophysen durchaus
mit denen des Skelets von Holzmaden übereinstimmen. Dafs die Seiten der
Centra weniger concav eingesenkt sind als bei jenem, beruht zweifellos
darauf, dafs sie keinen so schweren Gesteinsdruck erfahren haben. — Auch
bei Berg unweit Altdorf in Bayern sind in gleichalterigen Schichten zwei,
in der Königlichen Staatssammlung zu München befindliche und von Graf
zu Münster Plesiosaurus bavaricus (s. u.) benannte Rückenwirbel gesammelt
worden, welche durchaus mit den oben (S. 38) beschriebenen überein-
stimmen.
Plesiosaurus swevicus (JUENSTEDT.
Taf. IV.
Plesiosaurus suevicus QUENSTEDT, Der Jura. 1858. S. 216, t. 26, f. 1.
Unter obiger Bezeichnung beschrieb QuENSTEDT eine zusammenhängende
Reihe von einem fragmentär und 5 vollständig erhaltenen Wirbeleentren,
welche bei Frittlingen (Oberamt Spaichingen) gefunden wurden. Er erhielt
diesen Fund mit der Angabe, dafs er dem Lias e entstamme, bezweifelte
aber die Richtigkeit derselben und war geneigt, den unteren braunen Jura (a)
als Lager anzunehmen, einmal der Erhaltung wegen, andererseits, weil sich
in letzterer Zone ein unzweifelhaft zu Plesiosaurus gehöriges Femur ge-
funden hate. Letzterer Grund fiel später fort, als auch im mittleren Theil
en en
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformalion. 65
des Lias e unbezweifelte Reste der Gattung aufgefunden waren, nämlich
die unten als Plesiosaurus posidoniae aufgeführten und neuerdings das voll-
ständige Skelet von Gwilelmi imperatoris. Aber auch hiervon abgesehen
zwingen weder die Erhaltung noch die geringen Reste anhaftenden Gesteins
zu Bedenken gegen das von den Findern, Kırser und Roman, angegebene
Lager, und deshalb möge die Art hier in der Reihe der liassischen be-
sprochen werden.
Quenstepr'’s Beschreibung gibt zwar einige Hauptmerkmale richtig an,
ist aber zu einem Vergleich mit anderen Arten unzureichend. Dazu ist
die eitirte Abbildung so mifsrathen, dafs ich, trotzdem das Originalexem-
plar vor mir liegt, nicht im Stande bin anzugeben, welchen der 5 Wirbel
sie wiedergeben soll. Aus diesen Gründen wird eine erneute Beschreibung
und Abbildung erforderlich, zumal der Vergleich interessante Beziehungen
zu aulserdeutschen Vorkommnissen ergab.
Die Wirbel gehören, wie QuEsstepT richtig erkannte, dem Schwanz-
theil an, und zwar, nach der Gröfse der Centren und der kräftigen Aus-
bildung der oberen Bögen mit ihren Zygapophysen zu schliefsen, dem
vorderen Theil derselben. Sie befinden sich noch in natürlicher Lage zu
einander, nur unerheblich derart gegen einander verschoben, als die Centren
staffelartig nach rechts gerückt sind; doch ruhen die Zygapophysen, wenig-
stens bei den ersten 4, ungestört auf einander. Die Länge der Centren
ist bei allen die gleiche (48””), auch die Höhe, gemessen vom unteren
Rande des Neuralkanals bis zum unteren Rande des Centrum, ist nahezu
dieselbe, nämlich am ersten Wirbel 37"", am letzten etwa 34”, die Ab-
nahme also kaum merklich. Die vorderen und hinteren Flächen der Centren
sind quer-elliptisch und derart concav, dafs die Öoncavität nach der Mitte
hin zunimmt. Die Seiten der Centra sind ebenfalls flach concav. Vorder-
und Hinterrand springen ringförmig in scharfen Kanten hervor. Bis zur
Hälfte der Höhe reichen die völlig verwachsenen, einen fast rechten Winkel
bildenden Nähte der oberen Bögen herab, welch’ letztere wenig über die
Fläche der Centren erhaben sind und von ihnen vorn durch eine Grube,
die sich je weiter rückwärts desto mehr verflacht, hinten durch eine flache
Rinne getrennt werden. Unmittelbar an die Spitzen des erwähnten rechten
Winkels schliefsen sich die ebenfalls vollkommen verwachsenen, jedoch
auch auf der Unterseite deutlich ausgeprägten Nähte der Querfortsätze bez.
der Rippen an. Sie bilden einen nach unten offenen Winkel, dessen vor-
Phys. Abh. 1895. II. 9
66 W. DaAmes:
derer Schenkel die erwähnte vordere Grube unten begrenzt, während der
hintere mit dem entsprechenden der oberen Naht ein dreieckiges Stück des
Centrum umgiebt, dessen beide Seiten durch flache Rinnen bezeichnet
werden. Sowohl die Ansatzstellen der oberen Bögen, wie die der Rippen
erreichen den Vorderrand, lassen aber zwischen sich selbst und dem Hinter-
rand ein schmales Stück des Centrum frei. Der Querschnitt der Rippen
ist ein langgezogenes Viereck mit gerundeten Ecken (Länge 28”, Höhe
an der Ansatzstelle 17
dabei etwas rückwärts. — Die Unterseite der Öentren ist, wie schon QUEN-
”»), ihre Richtung deutlich abwärts, seitwärts und
stept hervorhebt, in der Mitte concav ausgehöhlt. Die mittlere concave
Fläche wird durch zwei gerundete Wülste begrenzt, die in der Wirbelreihe
vorn am schwächsten, je mehr nach hinten desto stärker entwickelt sind;
in ihr münden 2 oder 3, sowohl in Gestalt, wie in gegenseitiger Lage
völlig unregelmäfsige, längsovale Gefälslöcher. Auch auf den schmalen,
ebenfalls concav eingesenkten Theilen der Unterseite, welche sich zwischen
den Wülsten und dem unteren Rande der Rippen hinziehen, sind Gefäls-
löcher siehtbar, und zwar an den beiden ersten und am 5. Wirbel je eins,
am 4. Wirbel 2; am dritten Wirbel sind sie kaum ausgeprägt. Die Ränder
der Unterseite tragen an den Stellen, wo die Wülste mit ihnen in Berüh-
rung kommen, die Ansatzstellen für die Haemapophysen in eigenthümlich
unregelmäfsiger Ausbildung. Während diese Ansatzstellen am ersten Wirbel
zwei, wenig ausgedehnte, rundliche, übrigens an der Oberfläche verletzte
Flächen bilden, erheben sie sich an dem zweiten Wirbel zu scharf um-
grenzten, wenn auch kleinen Dreiecken. — Sehr auffällig und als abnormale
Bildung zu betrachten ist die Entwickelung am 3. Wirbel, insofern hier
nicht nur am Hinterrande die zwei regelmäfsigen Gelenkflächen vorhanden
sind, sondern auch der Vorderrand da, wo die linke Wulst von ihm aus-
geht, eine auffällig grofse, halbkreisförmige Facette zeigt, welche mit der
entsprechenden am Hinterrande des zweiten Wirbels zusammen die Ansatz-
stelle für den linken Haemapophysen-Ast bildet. — Die letzten beiden
Wirbel zeigen wiederum völlig normales Verhalten'.
Die oberen Bögen mit ihren Zygapophysen sind mit den Wirbel-
centren, wie erwähnt, fest verwachsen. Die Processus spinosi sind sämmt-
lich abgebrochen und nicht überliefert, aber man kann an den Bruchstellen
! Die beiden Facetten-ähnlichen Stellen am Vorderrande des 4. Wirbels, welche die
Abbildung Taf, IV Fig. ıa wiedergibt, sind Verletzungen desselben,
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 67
wahrnehmen, dafs sie verhältnifsmäfsig diek und kräftig waren. Die vor-
deren Zygapophysen erheben sich unmittelbar über den Centren, wenden
sich von da gerade vorwärts und sind so ausgedehnt, dafs ihr gerundetes
Vorderende ziemlich genau über der Mitte des Centrum des vorhergehenden
Wirbels steht. Dabei sind die Gelenkflächen für die hinteren Zygapophysen
des letzteren fast vertical gestellt und nur ganz leicht von oben-aufsen
nach unten-innen gewendet. — Dementsprechend verhalten sich die hin-
teren Zygapophysen. Die oberen Bögen springen hier vom Hinterrande
etwas entfernt nach vorn vor, so dafs die Gelenkflächen der betreffenden
Zygapophysen etwa über der Mitte des ihnen zugehörigen Öentrum beginnen.
Ihre Form und Stellung entspricht genau der der vorderen Zygapophysen.
Die ungewöhnlich kräftige Entwiekelung der vorderen Zygapophysen und
das dadurch erzielte Umklammern der Bögen bez. der vorhergehenden Wir-
bel kann der Wirbelsäule eine nur geringe Beweglichkeit gestattet haben.
Der bedeutenden Dicke der oberen Bögen in allen ihren Theilen ent-
spricht nun in keiner Weise der auffallend enge Neuralkanal, welchen sie
seitlich umschliefsen. Derselbe ist an der vorderen Bruchfläche des Wirbel-
säulenstückes, welche durch das ganz dünne Fragment der Hinterfläche eines
weiteren Wirbels gebildet wird, deutlich zu beobachten und besitzt einen
dreieckigen Umrifs mit stark abgerundeter Spitze und etwas seitlich aus-
mm mm
gezogenen Ecken, eine Höhe von ı1"" und eine Breite von 15"", bei einer
Höhe von 37”" und einer Breite von 58"" des zubehörigen Centrum.
So spärlich nun auch die Reste von Plesiosaurus suevicus sind, so
genügen sie doch zu einem Vergleich mit anderen Arten. Dafs sie nicht
auf eine der mit ihnen zusammen vorkommenden Arten des süddeut-
schen Lias oder des unteren Dogger bezogen werden können, bedarf kaum
weiterer Ausführung. Von Plesiosaurus bavaricus trennt sie der Mangel der
Rauhigkeiten an den Rändern und einer centralen Grube auf den Gelenk-
flächen der Centren, während bei Plesiosaurus Guilelmi imperatoris die Wirbel
zwar einen elliptischen Umrifs, aber auf der Unterseite nicht die beiden
Längswülste mit der von diesen eingeschlossenen concaven Fläche besitzen,
sondern gleichmäfsig gerundet sind, und ferner die kleinen und zarten
Zygapophysen scharf gegen deren ungewöhnlich robusten Bau bei Plesio-
saurus suevicus contrastiren. — Es sind demnach aufserdeutsche Arten
zum Vergleich heranzuziehen. Aber auch von diesen scheiden alle bis
auf eine von vornherein aus, da sie sämmtlich mit Plesiosaurus swevicus
9E
68 W. DAnmes:
weder die steilgestellten Zygapophysen noch den engen Neuralkanal ge-
meinsam haben. Die einzige Art, welche Anhaltspunkte zu einem Vergleich
darbietet, ist Plesiosaurus rostratus Owen aus dem unteren Lias von Char-
mouth (Dorsetshire), welcher mit einer zweiten, unbestimmten Art, eben-
falls aus dem unteren Lias, die longirostrine Gruppe Lyvexker’s bildet. Nach
Owen’s Beschreibung sind die Wirbel ähnlich oval im Querschnitt, die
Ansatzstellen der Haemapophysen liegen ebenso auf Wülsten der Unterseite
wie bei Plesiosaurus suevicus, und wenn die Zygapophysen auch nicht die
steile Stellung wie bei letzterem besitzen, so theilen sie doch mit ihm
die sehr kräftige Ausbildung. Auch in den Dimensionen stimmen die
Schwanzwirbel, nach Owen’s Beschreibung zu urtheilen, annähernd mit
einander überein. Andererseits ist specifische Identität ausgeschlossen, da,
abgesehen von den anders gestellten Zygapophysen, die Rippen der engli-
sehen Art nieht mit dem Centrum verwachsen, und die Vorder- und Hinter-
flächen der Centren weniger oval sind.
Mehr als einen Hinweis auf die Möglichkeit einer Verwandtschaft
zwischen Plesiosaurus rostratus und suevicus gestatten die schwäbischen Stücke
nicht. Sollte sich derselbe durch spätere Funde bestätigen, so würde die
interessante Thatsache festgestellt sein, dafs die auch in England so seltene
Gruppe der longirostrinen Plesiosaurier in Süddeutschland vertreten ist,
und zwar in jüngeren Schichten als dort, ein Analogon zu Plesiosaurus
Conybeari und Guwilelmi imperatoris.
Plesiosaurus (? Eretmosaurus) bavaricus nov. spec.
Taf. V.
Die Königliche palaeontologische Staatssammlung in München enthält
5, mir durch die Freundlichkeit der HH. v. ZırreL und M. ScnLosser zur
Untersuchung übersendete Wirbel von Plesiosauriern, welche aus dem oberen
Lias von Franken stammen. — Zwei derselben wurden bereits oben (S. 64)
erwähnt als Hinweis für das muthmafsliche Vorkommen von Plesiosaurus
Guilelmi imperatoris auch in Franken. — Die drei übrigen Wirbel haben sich
als Vertreter einer neuen Art herausgestellt, für welche hier der Name
Plesiosaurus bavaricus vorgeschlagen, oder vielmehr beibehalten wird. Graf
zu Münster nämlich, aus dessen Sammlung sie in die bayerische Staats-
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 69
sammlung übergegangen sind, hatte alle 5 Wirbel mit dieser Bezeichnung
versehen, obwohl sie auf zwei völlig verschiedene Arten zu vertheilen sind;
auch ist dieser Name niemals veröffentlicht worden, sondern bis heute
lediglich Sammlungsname geblieben. Da er die Heimath der Art bezeichnet,
so mag er ihr auch erhalten bleiben.
Zwei Wirbel wurden bei Görtz in Franken gefunden; der dritte stammt
von dem altbekannten Fundort Berg bei Altdorf, ebenfalls in Franken.
Auf die Wirbelsäule vertheilt, gehören die beiden Stücke von Görtz der
Halsregion, das von Berg der Schwanzregion an.
ı. Halswirbel. Die beiden Wirbel sind in ihren Dimensionen so
verschieden, so dafs sie kaum einem und demselben Individuum angehört
haben können. In den sonstigen Merkmalen zeigen sie jedoch eine der-
artige Übereinstimmung, dafs an der Zugehörigkeit zu einer und derselben
Art nieht gezweifelt werden kann.
Der gröfsere Wirbel (Taf. V Fig. ı) ist 48”"” hoch, 46”" lang und 68""”
breit, also quer-elliptisch. Die beiden Gelenkflächen sind flach eoncav mit ver-
dickten, eoncentrisch gestreiften Rändern. In der Mitte senken sie sich plötz-
lich zu einer tiefen, quer-ovalen Grube ein, die hinten stärker ausgeprägt
ist als vorn. Die Seiten werden zum gröfsten Theil von der Basis der Neural-
bogen und der Ansatzstelle der Halsrippe eingenommen. Ersterer geht
nahe der Oberseite vom Vorderrande ab, wendet sich bis über die Ansatz-
stelle abwärts, läuft dann dem oberen Rande derselben ungefähr parallel
und zieht dann allmählich zum Hinterrande des Centrum aufwärts, das er
nahe am Neuralkanal erreicht. Auf der linken Seite ist noch der proximale
Theil der Halsrippe als Stummel erhalten, welcher zeigt, dafs sie längs-
oval und kräftig war. Die Rippe steht auf der unteren Hälfte der Seite und
zwar sehr nahe dem Vorderrande, aber entfernt vom Hinterrande. Die von
dem oberen Bogen und den Halsrippen frei gelassenen Stellen der Seiten
sind etwas concav und mit Rauhigkeiten und Höckern bedeckt, die an den
Rändern am stärksten entwickelt sind. Die Unterseite trägt in der Mitte
einen scharfen Kiel, der sich vorwärts und rückwärts aber schnell verflacht
und verbreitert und so allmählich in die Ränder übergeht, die hier noch
rauher sind als auf den Seiten. Jederseits des Kieles, zwischen ihm und
dem unteren Rande der Halsrippen-Ansätze, ist der Wirbel tief concav
ausgehöhlt und trägt dicht neben dem Kiel zwei wohlumgrenzte, längs -
ovale Gefäfslöcher. Der Neuralbogen ist von der Oberfläche des Neural-
70 W. Dames:
kanals an abgebrochen, so dafs die Gesteinsausfüllung des letzteren erkennen
läfst, dafs er oben abgeflacht und mit einer niederigen Längserhebung ver-
sehen war; seine Seitenwände sind gerade, die Basis ist flach concav. Die
Bruchflächen der beiden Äste der Neuralbogen lassen die Dieke und kräftige
Entwiekelung wahrnehmen. Vorn beginnen sie mit scharfer Kante, nehmen
dann bis über die Mitte der Länge schnell an Dicke zu und von da all-
mählich wieder ab, bis sie den Hinterrand in breitgerundeter Kante er-
reichen.
Der kleinere Halswirbel (Taf. V Fig.2) besitzt ein 30”” langes, 28””
hohes, 36" breites Centrum, hat also ungefähr dieselbe Gestalt, wie der
grölsere. Die vordere Gelenkfläche ist gleichmälsiger eoncav eingesenkt,
aber doch in der Mitte merklich tiefer, als an den Rändern; die hintere
Gelenkfläche zeigt die centrale Grube wie der gröfsere Wirbel, nur mit dem
Unterschiede, dafs sie im Verhältnifs zur Gesammtfläche bedeutend gröfser
ist und sich über ihr eine flach convexe Erhabenheit findet. Die Mitte
der Grube zeigt zwei kleine flache Buckel. Die Seiten des Centrum werden
gröfstentheils von den Unterenden des Neuralbogens bedeckt, der mit ihm
fest verknöchert ist. Die Naht zwischen beiden beginnt am Vorderrand,
senkt sich von da allmählich bis zur Mitte, bildet hier eine scharfe Spitze
mm
und wendet sich in zwei Curven zum Hinterrand, den sie 10”” von dem
Neuralkanal entfernt erreicht. Vorder- und Hinterrand sind mit Rauhig-
keiten und Höckern bedeckt wie der gröfsere Halswirbel, nur sind sie
entsprechend den geringeren Dimensionen des ganzen Wirbels weniger
kräftig entwickelt. An der Grenze zwischen Seite und unterer Fläche
liegen zwei ovale, fast die ganze Länge einnehmende, unregelmäfsig begrenzte
Gruben als Ansatzstellen der nicht mit dem Wirbel verknöcherten Hals-
rippen. Auf der Unterseite ist der mediane Kiel weniger scharf, und die
zwischen ihm und den Halsrippen-Ansatzstellen gelegenen Theile sind
flacher eingesenkt als an dem gröfseren Wirbel, die Gefäfslöcher aber eben-
so deutlich umgrenzt wie dort. Der Neuralkanal ist rund, unten von der
flach concaven Oberseite des Wirbelcentrum, an den Seiten und oben
von den Ästen des Neuralbogens begrenzt. Von letzterem sind nur die
beiden Äste und die Basis des Processus spinosus erhalten. Dieser selbst
und alle Zygapophysen sind abgebrochen. Es läfst sich nur noch fest-
stellen, dafs der Processus vorn mit scharfer Kante beginnt, sich dann
verdiekt und hinten, zwischen den hinteren Zygapophysen, eine Furche
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. Zi
besitzt. Die Bruchflächen der vorderen und hinteren Zygapophysen sind
sehr grofs, so dafs eine Reconstruetion dieser ein weites vorderes und
hinteres Überragen des Wirbeleentrum ergibt.
2. Schwanzwirbel (Taf. V Fig.3). Das einzige, vorliegende Stück
besteht aus dem Wirbeleentrum nebst anhaftenden proximalen Enden der
linken Parapophyse, sowie der Basis des rechten Neuralbogen-Schenkels. Der
Umrifs der Gelenkflächen ist gerundet vierseitig, bei 40”"” Höhe und 46"”"
Breite. Die vordere Fläche ist an den Rändern polsterartig gewölbt, nach
der Mitte zu ganz flach eoncav, in der Mitte selbst zu einer tiefen, scharf
umgrenzten, ovalen Grube eingesenkt. Die Hinterfläche ist nicht völlig
von dem anhaftenden Gestein befreit, zeigt aber doch weder die verdickten
Ränder noch die tiefe centrale Grube der Vorderseite, sondern eine gleich-
mälsige, flache Concavität. Am oberen Rande der 36"”" langen Seiten
befinden sich die Ansatzstellen der nicht mit dem Centrum coossifieirten
Parapophysen von fast kreisrundem Umrifs. Unter diesen Ansatzstellen
sind die Seiten flach concav eingesenkt. In die Unterfläche gehen sie
mit stumpfen Kanten über, welche am Hinterrande die rundlichen Ansatz-
stellen für die Haemapophysen tragen. Zwischen den Kanten ist die Unter-
fläche völlig eben und, wie auch die Seitenflächen, mit unregelmäfsigen
Längsfurchen bedeckt. Die abgerollten Ränder lassen nur an einzelnen
Stellen ähnliche Rauhigkeiten erkennen, wie sie oben von den Halswirbeln
beschrieben wurden. Wäre das aber auch nicht der Fall, so würde die
Beschaffenheit der vorderen Gelenkfläche mit der so auffallenden mittleren
Grube genügen, um die Zugehörigkeit zu derselben Art, welche die Hals-
wirbel besessen hat, zu beweisen.
Durch die rauhen Ränder, sowie die eigenthümliche Ausbildung der
Gelenkflächen sind die drei Wirbel von Görtz und Berg scharf von denen
der beiden anderen Arten Süddeutschlands geschieden. Dagegen ist aus
dem unteren Lias von England schon seit 1840 eine Form bekannt —
Plesiosaurus rugosus Owen! —, welche mit der fränkischen nahe verwandt
ist. Hier wie dort sind Höcker an den Rändern vorhanden, und trägt die
Unterseite in der Mitte einen Kiel und daneben deutliche Gefäfslöcher;
ferner mufs die Form der Zygapophysen und des Processus spinosus, nach
! A Monograph of the fossil Reptilia of the Liassie Formations. 3. 1861-1881. pP. 34,
t.14, 15. — Lyoeeeer, Catalogue of the fossil Reptilia and Amphibia in the British Museum
(Natural History). 2. 1889. p. 249.
12 W. Danmes:
ihren Bruchflächen an dem kleineren der beiden oben beschriebenen Hals-
wirbel zu urtheilen, nahezu dieselbe gewesen sein. Als wesentlichster
Unterschied zwischen beiden Arten ist der Mangel der centralen Gruben
auf den Gelenkflächen der Wirbeleentren bei Plesiosaurus rugosus hervorzu-
heben. Unwichtig ist, dafs die Nähte der Neuralbogen auf den Seiten weniger
tief herabgreifen, der Kiel der Unterseite schwächer entwickelt ist, und
die Halswirbel verhältnifsmäfßsig länger sind, obwohl schon diese Merkmale
für sich allein eine Vereinigung der englischen mit der fränkischen Art aus-
schliefsen würden. Auch noch in einer anderen Beziehung scheint ein Unter-
schied zu bestehen, nämlich in der Beschaffenheit der Ansatzstellen der Hals-
rippen; doch konnte hierüber nicht völlige Sicherheit gewonnen werden, da
die diessbezüglichen Angaben der englischen Autoren von einander ab-
weichen. Während R. Owen sagt (l. e. p. 35): »The costal pits are of a full
elliptical form« und diefs auch deutlich (l. e. t.ı5f. ı und 3) abbildet, gibt
Lyvekker (l.c. p. 249) an, dafs sie doppelt seien, fügt aber p. 250 hinzu,
dafs die Trennung durch Verdrückung der Wirbel sehr undeutlich geworden
sei. Das mufs also vorläufig dahingestellt bleiben. Auf die Zuweisung
der beiden Arten in ein und dieselbe Gruppe der Plesiosaurier hat diese
Frage auch kaum Einflufs, denn auch innerhalb der Gattung Plesiosaurus
s. str. stehen Arten mit einfachen neben solchen mit doppelten Gelenkfacetten
der Halswirbel.
Plesiosaurus rugosus ist später von SEELEY' zum Typus der von Ple-
siosaurus abgezweigten Gattung Eretmosaurus gemacht worden, allerdings
nicht auf die Form der Wirbel, sondern auf die abweichende Gestalt des
Schultergürtels hin, der von Plesiosaurus bavaricus noch unbekannt ist. Immer-
sind die Wirbel beider einander so ähnlich, dafs die letztere Art unbe-
denklich als ein Vertreter derselben Gattung, wenn man mit SEELEY die
osteologischen Merkmale zur Abtrennung von Plesiosaurus für ausreichend
halten will, also als eine Species von Eretmosaurus aufzufassen ist. Diese Gat-
tung ist auch in England noch im oberen Lias vertreten, und zwar durch
Eretmosaurus macropterus SEELEY und dubius Braxe, beide in Yorkshire ge-
funden. Leider bringen die kurzen Beschreibungen, welche die genannten
Autoren gegeben haben, keine Nachricht über die Beschaffenheit der Wirbel,
so dafs hier auf einen Vergleich mit ihnen verzichtet werden muß.
! The Quarterly Journal of the Geological Society of London 30. 1874. P-445:
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 73
Plesiosaurus posidomae (JUENSTEDT.
Plesiosaurus posidoniae epsilon (Quensteor, Handbuch der Petrefactenkunde. 3. Auflage.
1885. S. 21o, Fig. 67.
Unter vorstehender Bezeichnung hat QuEsstepr die ersten, in Schwaben
gefundenen Plesiosaurier-Reste aus dem oberen Lias kurz beschrieben und
als Textfigur verkleinert dargestellt. Sie stammen aus dem mittleren Theil
des Lias e oder der Posidonien-Schiefer, und hierauf bezieht sieh der den
Grundsätzen der binomischen Nomenclatur widersprechende Name. Fund-
ort ist die Ölhütte bei Reutlingen.
Die Stücke bestehen aus einem Femur, einer Tibia, 3 Tarsalknochen
und 6 Phalangen, von denen nur 3 vollständig erhalten sind. Nach
Quzxstepr’s Mittheilung gehören alle Stücke zu einer Extremität, aber die
Phalangen fanden sich nicht mehr in natürlicher Lage zu einander, und es
ist daher ihre Anordnung auf der Textfigur willkürlich. Da die beigefügte
Beschreibung nur angibt, dafs die Oberfläche des Femur oben, unter dem Ge-
lenkkopf einen rauhen Wulst zum Ansatz starker Muskeln und am Seitenrand
einen markirten Trochanter habe, dafs die Tibia länglich und die Phalangen
eingeschnürt seien, diese Merkmale aber auf jede Plesiosaurus-Art bezogen
werden können, möge hier eine ausführlichere Beschreibung und ein auf
diese sich stützender Vergleich mit anderen Arten folgen.
Das Femur gehört der linken Seite an. Die Länge, gemessen von der
Spitze der proximalen bis zur Mitte der distalen Gelenkfläche, beträgt 290""”.
Der Gelenkkopf bildet im Umrifs ein Dreieck mit gerundeten Ecken, dessen
grölste Seite nach der Bauchseite der Thieres zu liegt und flach convex
ist, während die beiden anderen Seiten flach concav verlaufen. Der so
umgrenzte Gelenkkopf ist hoch gewölbt und mit höckeriger, rauher Ober-
fläche versehen, die ehedem wohl eine Knorpel-Epiphyse trug. Dem Um-
rifs des Gelenkkopfes entspricht auch der proximale Theil der Diaphyse.
Etwa 22””
erwähnte Rauhigkeit in Gestalt einer flachen, langgezogenen, elliptischen
unter dem convexen Ventralrande beginnt die von QUENSTEDT
nım
Erhebung von ca. 60”" Länge und ca. 30”" gröfster Breite. Etwa in der
Höhe ihres hinteren Endes erhebt sich auf dem Hinterrande des Femur
der ebenfalls schon früher erwähnte Trochanter in Gestalt eines schmalen,
mm
ca. 45" langen und höchstens 10”" hohen Firstes. Unterhalb des Tro-
Phys. Abh. 1895. Il. 10
mnı
74 W. DAumes:
chanter beginnt der bis dahin rundliche und stämmige Knochen mehr und
mehr zu verflachen, während Vorder- und Hinterrand gleichmäfsig diver-
giren, bis sie in flacher, hinten etwas tieferer Curve die distale Gelenkfläche
erreichen, welche zwischen ihnen einen ziemlich stark convexen Bogen
bildet. Ihre Oberfläche ist wie die des proximalen Endes rauh und nicht
in zwei Theile für die Gelenkung für Tibia und Fibula zerlegt, was u. A.
für die Art charakteristisch sein kann.
Die Tibia ist ein viereckiger, etwas länglicher Knochen von 96"
Länge, dessen proximale Gelenkfläche 80"”" Breite hat, bei einer solchen
mm
von 67" der distalen Fläche. Vorder- und Hinterrand sind etwas einge-
buchtet und scharfkantig. Ober- und Unterseite sind in der Mitte eben
und glatt, während sie nach den beiden Gelenkflächen zu ansteigen und
gestreift werden.
Die Phalangen haben die für die Plesiosaurier charakteristische
Form länglicher, viereckiger Knochen mit ebenen Gelenktlächen und etwas
concaven, hier dieken und gerade abgestutzten Rändern. Auffällig ist die
geringe, auf der Quesstepr'schen Figur gut zum Ausdruck gebrachte Ein-
schnürung der Phalangen in der Mitte, welche sie von denen der meisten
anderen Arten trennt.
Ahnliche Phalangen mit fast geraden Rändern besitzt — nach den
Abbildungen bei R. Owen l. ec. t.5 t.8 zu urtheilen — auch Pilesio-
saurus homalospondylıs Owen, auf welchen schon QuEssTEpDT vergleichend
hinwies. Jedoch ist eine Vereinigung mit letzterer Art ausgeschlossen, da
die Femora völlig von einander abweichen. Macht sich das schon in der
Gesammtgestalt bemerkbar, so tritt es namentlich in der Beschaffenheit der
distalen Gelenktläche hervor, welche bei Plesiosaurus posidoniae in einer ein-
heitliehen, ununterbrochenen Curve verläuft, während sie bei Plesiosaurus
homalospondylus deutlicher, als es sonst der Fall zu sein pflegt, in zwei
Theile für den Ansatz von Tibia und Fibula getrennt ist. — Dafs von
den süddeutschen Arten, von deren Femora bekannt sind, keine für eine
Vereinigung in Betracht kommen kann, bedarf nach den oben gegebenen
Beschreibungen keines weiteren Nachweises.
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 5
Schliefslich ist noch daran zu erinnern, dafs im Königlichen Naturalien-
kabinet zu Stuttgart eine von Quexstepr' erwähnte Platte »mit einem Hauf-
werk dicker Bauchrippen« von Holzmaden aufbewahrt wird. Auch die
Königliche Staatssammlung in München besitzt ein ähnliches Stück mit
Bauchrippen aus dem oberen Lias von »Moning«” in der Oberpfalz. — Da-
mit ist Alles aufgezählt, was die süddeutsche Liasformation an Plesiosaurier-
Resten bisher geliefert hat”.
Uber Körperform und Lebensweise der Plesiosaurier.
Seitdem die Plesiosaurier entdeckt und in ihrer, allen heutigen Rep-
tilien fremden Gestalt erkannt worden waren, haben die mit ihrer Unter-
suchung beschäftigten Palaeontologen mehrfach versucht, sie in ihrer
äulseren Körpergestalt und ihrer Lebensweise zu reconstruiren, gewisser-
malsen in das Leben zurückzurufen. Schon CosYBEARE, der Monograph
des zuerst in vollständigen Skeleten aufgefundenen Plesiosaurus dolichodeirus,
falste die Stellung bei den Reptilien, die aquatische Lebensweise und die
Eigenschaft als Raubthier völlig richtig auf. Auch vermeidet die von
ihm gegebene schematische Skizze des Skelets einen später wiederholt und
immer stärker hervorgetretenen Irrthum, indem sie den Hals nicht schwan-
artig gebogen, sondern als Ganzes nur wenig gekrümmt darstellt. Jedoch
ergibt sich aus dem Text, dafs auch er dem Halse grofse Beweglichkeit
und die Fähigkeit, Beute zu erhaschen zuschrieb und in ersterer gewisser-
mafsen einen Ersatz erblickte für den Mangel eines grofsen Maules mit
kräftigen Kiefern und starker Bezahnung, wie die Ichthyosaurier es be-
sitzen. Er stellte sich den Plesiosaurus als ein an seichteren Stellen des
Meeres nahe dem Ufer im Tang auf Beute lauerndes, mit dem Leibe unter
Wasser liegendes, mit den Nasenlöchern zum Luftholen aus demselben
hervorragendes Geschöpf dar. Während hier also eine mehr träge Lebens-
weise angenommen wurde, vindicirten andere Forscher den Plesiosauriern
eine schnelle, rührige Bewegung auf der Oberfläche des Meeres, entweder
! Handbuch der Petrefactenkunde. 3. Auflage. 1885. S. 2ı1.
®2 Einen Ort obigen Namens konnte ich nicht auffinden. Auf der zugehörigen Etiquette
sind demselben auch ein Fragezeichen und die Worte »(wohl von Amberg)« beigefügt.
® Einige von R. Owen erwähnte, in der Sammlung des Klosters Banz aufbewahrte
Wirbel waren mir nicht zugänglich.
10*
76 W. DaAaumses:
in der Nähe der Küste zwischen den Strandfelsen oder in offener See,
den langen, leicht biegsamen Hals und den kleinen Kopf schnell unter-
tauchend, um Nahrung zu erhaschen. Reconstructionen, welche diese, u. A.
von T. ©. Wıskter', Hureonmsox’ und Koxen” vertretene Ansicht veran-
schaulichen. finden sich in den Werken der erstgenannten beiden Autoren
und stützen sich auf die Annahme eines leicht beweglichen, schwan-
ähnlichen Halses, der scharf an dem »tonnenförmigen« Körper absetzen
sollte. Diese Vorstellung wuchs sogar bis zu dem Extrem aus. dafs man
Plesiosaurus mit einer durch einen Schildkrötenpanzer gezogenen Schlange
verglich, wie sie denn auch die Annahme eines im Winkel von der Hals-
wirbelsäule abstehenden Kopfes, ähnlich dem eines Vogels, mit sich brachte.
Nach möglichst eingehender Prüfung namentlich der einzelnen Theile
der Halswirbelsäule im Vergleich mit der des Rumpfes, kann ich weder die
erwähnte äufsere Gestalt noch die leichte Beweglichkeit des Halses für
zutreffend halten.
Wenn der Kopf im Winkel zu der Wirbelsäule gestanden hätte, so
mülste der Condylus oceipitalis mehr oder minder stark abwärts gewendet
sein, was, wie ein Blick auf die von R. Owen gegebenen Darstellungen der
Schädel von Plesiosaurus rostratus und Plesiosaurus Hawkinsi lehrt’, nicht
der Fall war. — Auch liegen die Schädel stets in derselben Schichtebene
mit der Wirbelsäule und fast immer in deren gerader Fortsetzung. Die
Halswirbel nehmen vom Kopf bis zum Rumpf ganz allmählich in allen
Dimensionen zu; die je weiter nach hinten desto höheren Dornfortsätze, wie
auch die starken Halsrippen deuten auf eine wohlentwickelte Musculatur hin,
welche den Hals kräftig zu bewegen fähig war, aber doch nicht in seinen
einzelnen Theilen gegen einander so, wie es der Vogelhals mit der Sattel-
gelenkung und: der vom ersten bis zum letzten fast gleichen Grölse seiner
Wirbel vermag. Gegen eine so hoch entwickelte Beweglichkeit sprechen
die fast ebenen Gelenkflächen der meisten Arten, ferner die hohen Dorn-
fortsätze und vor Allem die zweiköpfigen, vorwärts und rückwärts aus-
gedehnten und sich schuppenartig bedeckenden Halsrippen, denen der Croco-
ı T.C. Wınkter, Le Plesiosaurus dolichodeirus Cony». du Musee Teyler (Archives du
Musee Teyler). 3. 1873. p.15.
* H.N. Hurenıson, Extinet Mousters. London 1893. t. 3.
® E. Koxen, Die Vorwelt und ihre Entwickelungsgeschichte. Leipzig 1893. S. 353-
ke
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 17
dilier ganz ähnlich. Die Plesiosaurier konnten ihren Hals gewils kräftig
und schnell nach allen Seiten bewegen, aber mehr wie einen elastischen Stab,
im Ganzen, nicht in S-förmigen Biegungen, wie einen Vogelhals. — Diese
aus der Gestalt der Halswirbel abgeleitete Ansicht wird auch sehr wesent-
lich durch die Lage der mehr oder minder vollständig erhaltenen Skelete
gestützt. Die Abbildungen ganzer Skelete, in den oben mehrfach eitirten
Werken von ÜONYBEARE, R. Owen, T. C. Wınkter und Sorras lehren, dafs
die weitaus gröfste Mehrzahl der Individuen entweder mit einem in sich
völlig geraden, und zwar in der Längsaxe des Thieres liegenden, oder
doch mit einem nur leicht gekrümmten Halse erhalten ist. In letzterem
Falle pflegt die Krümmung nur die vordere Hälfte zu betreffen, während
die hintere gerade gestreckt liegt. Diefs ist auch bei den Skeleten der
Fall, an welchen das Maximum der Biegung erreicht ist, denjenigen von
Plesiosaurus macrocephalus R. Owen und brachycephalus R. Owex', beide mit
verhältnifsmäfsig grofsem Kopf und kurzem Hals. Aber sogar hier erreicht
die Krümmung des vorderen Theils noch keineswegs einen Halbkreis.
Ferner ist anzunehmen, dafs der Hals nicht scharf vom Körper ab-
gesetzt war, sondern ganz allmählich in den Rumpf überging, weil die
Wirbeleentren gleiche Gröfse behalten und die oberen Bögen in Höhe und
Breite ebenfalls denen der letzten Halswirbel völlig entsprechen. Es be-
weist diefs wiederum, dafs die langen Muskelzüge, welche sich oben an
den Halswirbeln entlang zogen, in gleicher Stärke in den vorderen Rumpf
eintraten, und demgemäfs mufs auch die hintere Halsgegend dieselbe Dicke
besessen haben wie der vordere Rumpf; es kann zwischen Hals und Rumpf
äufserlich keine scharfe Grenze zu bemerken gewesen sein.
An den Darstellungen des Rumpfes und der Extremitäten, wie sie
die eitirten Abbildungen bringen, wird kaum etwas zu ändern sein, wohl
aber erlaubt der oben beschriebene Plesiosaurus Gwilelmi imperatoris bezüglich
des Körperendes eine wesentliche Ergänzung. Reste einer häutigen Körper-
bedeekung hatte Sorras (l. ec. p. 466) schon an Plesiosaurus Conybeari beob-
achtet. Er fand sie auf einem Theil der Rückenwirbel und der dazu-
gehörigen Rippen liegend und als schmales Band oberhalb der Enden der
Neuralbögen sich hinziehend’, aber von dem Vorhandensein einer Schwanz-
! Lyvexker falst (l.e. p. 267) die letztere Art als ein Jugend-Individuum der ersteren auf.
2 Nach letzterer Beobachtung ist in der unten gegebenen Reconstruction der niederige
Rückenkamm gezeichnet.
78 W. Dames:
tlosse zeigte das von ihm untersuchte Exemplar nichts. Wie bereits er-
wähnt, hatte R. Owen aus der Beschaffenheit der Schwanzwirbel auf das
ehemalige Vorhandensein einer Schwanzflosse geschlossen, und das hat
sich nunmehr bestätigt. Es ist durch die erhaltenen Theile der Körper-
haut erwiesen, dafs die Plesiosaurier — ähnlich den Ichthyosauriern —
eine verticale Hautflosse am Körperende besafsen. Die Gröfse und Form
derselben definitiv festzustellen, wird vielleicht an vollständigeren Funden
der Zukunft möglich sein. Die untenstehende Abbildung der schwäbischen
Art gibt sie so, wie ich sie nach den vorhandenen Fragmenten für wahr-
scheinlich halte. Fällt ihr Vorderende, wie ich es annehme, mit den erhal-
tenen Theilen zusammen, so ist ihre Länge ungefähr gegeben; ob die Höhe
zutrifft, läfst sich noch nicht entscheiden. Zur Begründung der ihr ge-
gebenen rhombischen Form sei darauf hingewiesen, dafs sie bei sämmt-
lichen Reptilien und Amphibien der Jetztzeit, welche eine verticale Haut-
ausdehnung am Körperende besitzen, wie Crocodile, Salamander, spitz
endigt, nie in zwei Lappen gespalten, wie die normale Schwanzflosse des
Fisches. Es bängt das damit zusammen, dafs die Wirbelsäule völlig gerade
bleibt, die Flosse sich also auf die Ober- und Unterseite gleichmäfsig
vertheilen kann. Anders ist es bei den Fischen! und den Ichthyosauriern,
wo die Wirbelsäule am Ende aufwärts oder abwärts gebogen ist und, wie
bei den Teleostiern, überhaupt nicht einheitlich angelegt, sondern aus der
Verschmelzung von Schwanzflosse und letzter Analflosse entstanden ist.
Auch die äufserlich homocerke Schwanztlosse ist innerlich heterocerk, wo-
mit die Theilung in zwei Lappen in Zusammenhang steht. Plesiosaurus
aber, mit seiner völlig geraden Schwanzwirbelsäule, kann nach Alledem
nur eine diphyocerke, ungespaltene Hautflosse besessen haben, und hier-
nach ist die Reconstruction ausgeführt.
Dieselbe zeigt aber noch eine weitere Abweichung von denen früherer
Autoren. Entsprechen die soeben gegebenen Ausführungen den Thatsachen,
so kann man sich die Plesiosaurier auch nicht länger als auf der Ober-
fläche des Meeres, etwa wie Schwimmvögel lebende Geschöpfe vorstellen,
sondern sie haben, wie die Ichthyosaurier, unter der Oberfläche im Meere
gelebt. Für eine solche Lebensweise ist ein spitzes Vorderende des Körpers
zweckmälsig, was sie sich durch Verlängerung des Halses und Verkleine-
Wo, wie bei den Dipnoern, die Wirbelsäule völlig gerade bleibt, hat die Schwanz-
flosse auch die Form wie bei Amphibien.
1
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 19
rung des Kopfes verschafft haben, während die Ichthyosaurier umgekehrt
den Hals ganz aufgegeben und dafür den Kopf in eine lange, delphinartige
Schnauze verlängert haben. Die Hauptkraft der Fortbewegung lag bei
den Plesiosauriern in den Extremitäten, wie unmittelbar aus ihrer im Ver-
hältnifs zum Rumpf bedeutenden Länge hervorgeht. Auch besafsen Vorder-
und Hinterextremitäten nahezu gleiche Dimensionen. Dafs die letzteren
ebenso stark zur Fortbewegung mitwirkten wie die ersteren, geht aus der
Beschaffenheit des Beckens hervor, das mit seinen mächtigen Platten der
Pubes und der Ischia Raum für den Ansatz grofser Muskelmassen bot,
wie vorn die Coracoide für die Arme. Auch hierin liegt ein wesent-
licher Unterschied von den Ichthyosauriern, deren Beekenelemente auf dünne
stabförmige Knochen reducirt sind, entsprechend ihren kleinen Hinter-
extremitäten. Während ferner die Ichthyosaurier einen guten Theil der
Locomotion der grofsen abwärts-heterocerken Schwanzilosse zuwiesen, wie
neuere Funde in Schwaben gelehrt haben, ist die Schwanzflosse der Plesio-
saurier dazu ihrer geringen Ausdehnung wegen wohl weniger geeignet
gewesen. Immerhin beweisen die verwachsenen, oberen Bögen der letzten
EEE mn
Ss0 i W. DaAnues:
Schwanzwirbel, dafs Muskelzüge in die Flosse hinaufstiegen. so dafs sie als
Balaneir- und Steuerapparat gut verwerthet werden konnte.
Die vorstehende Abbildung gibt zwei Plesiosaurier wieder, wie sie
sich nach den hier vertretenen Anschauungen über ihre Körpergestalt und
Lebensweise dargestellt haben mögen. Das eine Individuum schaut, unter
der Meeresoberfläche schwimmend, nach Beute aus, das andere steigt zum
Lufteinnehmen an die Oberfläche. — Die relativen Dimensionen der einzelnen
Körpertheile entsprechen genau denen des Plesiosaurus Gwilelmi imperatoris
in ca. |, natürlicher Gröfse.
20
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation. 81
Erklärung der Tafeln.
Tafel Il.
Plesiosaurus Guilelmi imperatoris nov. spec. in ca. # natürlicher Gröfse.
ce — Halswirbel; pe — Brustwirbel; do — Rückenwirbel; sa — Sacralwirbel; ca —
Schwanzwirbel; om — Fureulum (Omosternum); scap — Scapula; cor — Coracoide!; hu — Hu-;
merus; ra— Radius; uU— Ulna; ca'—ca’ Carpalia 1-7; I—V Phalangen der Finger I-V
pu — Pubis; d—llium; isch —Ischium; /fe—Femur; #— Tibia; f—Fibula; ta’—ta’ Tarsalia
ı—7; I-V Phalangen der Zehen I-V.
Tafel IT.
Plesiosaurus Guilelmi imperatoris nov. spec. — Kopf mit den ersten
Halswirbeln von der linken und oberen Seite in natürlicher Gröfse.
Mastoideum; squ — Squamosum; gu — (Juadratum ; par — Parietale; po — Post-
mst
orbitale; pfr — Postfrontale; bsph— Basisphenoid; jug— Jugale; m — Maxilla; pal— Palatinum;
sob — Superorbitale; ?/a — Laerymale; n — Nasale; imx — Intermaxilla; d— Dentale; art —
Articulare; at — Atlas; «a — Axis (Epistropheus); ce” ” — Halswirbel 3—7.
Tafel I.
Plesiosaurus Guilelmi imperatoris nov. spee. -—— Kopf mit den ersten Hals-
wirbeln von der rechten und unteren Seite in natürlicher Gröfse.
sqgu— Squamosum!; »— Processus tympaniens; pfy— Pterygoideum ; me—Maxilla; dt—
Dentale; md — Mandibula; at— Atlas; av — Axis (Epistropheus); ce — Halswirbel 3.
Tafel IV.
Plesiosaurus suevicus (JUENSTEDT; fünf auf einander folgende Schwanz-
wirbel in natürlicher Gröfse; Fig. ı von der linken Seite; Fig. 1a von unten.
Tafel V.
Plesiosaurus bavaricus nov. spec., Hals- und Schwanzwirbel in natür-
licher Gröfse.
Fig. 1a. Gröfserer Halswirbel von vorn; Fig. ıb von der Seite; Fig. ıe
von unten.
Fig. 2a. Kleinerer Halswirbel von vorn; Fig. 25 von der Seite; Fig. 2c
von oben: Fig. 2d von hinten; Fig.2e von unten.
Fig. 3. Schwanzwirbel von unten.
! Bei den symmetrischen, beiderseitig vorhandenen Knochen sind diejenigen der rechten
Seite mit denselben Buchstaben wie die der linken und einem zugesetzten ’ bezeichnet
Phys. Abh. 1895. II. 11
W. Danes:
Inhalts-Übersicht.
Einleitung... "2.0 Sr el BET eu er |
Ay: "Arten der: unteren Liasformation re mr) Area |
Plesiosaurus TObUswms.. SEINE BERIEBe ORE Au
Plesiosaurus „eir. dolschodeirus... ... u... ve
Plesiosaurüs’spee. mdet-®" 7-1 RTL lee REF Sa EE 3
Plesiosaurus nothosauroides. >. . 2... 2 Jon ee j
B. Arten der oberen Liasformatin .........2 2.2... 16 j
Plesiosaurus' Gunlelmi' imperatoris \. . . 2.2
Der. Schädel“... ... «22.7 en ae >
Die Bezahnung, \. 5 cv ae Er 2 SE
Die Wirbelsäule". ».1.5 0 euer eV
». "Halswarbel rl ra. Vor re Ce 32,
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5" Rückenwirbels ie a. nv ee a ne Er Er |
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4... Saeralwirbeli.:.. +. ©. 4 Velen Et)
5. Schwanzwirbell mr. 6.0 rer re ()
Der Schultergürtels ...- 200 022 u Eee
I: Coragoide... = er 0 00 N 1 rer 5
2.''Scapula. on, we 2 ve ee ee BT
3%0Rürceulum a 207. ED UEETIHERER EEE STBSLHETER Er
Die Vorderextremitäten °. « = 22... Sr ee
ig. Humerüss:d ee er Ara HT re ee
2: Unterarm .., Swen. me 2 Dee... on ee. et
3. NOARPUS.. ©. 8 u Tune 12 ee eu 2105 ee
43. Phalangen!.. ... „0 AeMe.nE PRMen LIEB. Er KZD. SRRNNEN ET ERSEErEE
Der, Beekengürtel; -.,>1(44 ullzarcahant- nesnerttnasrre Re
1. Pubes A: ei:
2. Ilium
3. Ischium
Die Plesiosaurier der süddeutschen Liasformation.
Die Hinterextremitäten
I. Femur .
2. Unterschenkel
3. Tarsus .
4. Phalangen
Die Reste der Körperhani.
Vergleich mit anderen Arten .
Vorkommen
Plesiosaurus suevieus .
en (? Eretmosaurus) er i
. Halswirbel
2. Schwanzwirbel .
Plesiosaurus posidomiae .
Über Körperform und Lebensweise der rem
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BE 241 Zu — u.
.
Hexactinelliden des indischen Oceanes.
I. Theil.
Die Hexasterophora.
Von
H” FRANZ EILHARD SCHULZE.
Phys. Abh. 1895. III.
FT
7
Vorgelegt in der Gesammisitzung am 17. Getober 1805
[Sitzungsberichte St. XXXIX. S. 931]. 3 j
Zum Druck eingereicht am 13. Februar 1896, ausgegeben am 7. April
I. Euplectellidae Gray.
Holascus F. E. Sch.
D: Gattung Holascus ist von mir im Jahre 1887 begründet mit einigen
einfach röhrenförmigen, der Wandlücken entbehrenden Euplectelliden, deren
Aulsenfläche dem blofsen Auge ziemlich glatt erscheint, während an der
Innenfläche ein quadratisches Gitterleistennetz mit interstitiellen gruben-
förmigen Vertiefungen hervortritt. Das obere Röhrenende ist mit einer
terminalen Siebplatte quer abgeschlossen, während das etwas verjüngte
Unterende in einen Nadelschopf ausläuft, welcher im Schlammboden wurzelt.
Eine Verschmelzung der Kieselnadeln findet nirgends statt.
Das Stützgerüst wird hauptsächlich durch ein System grofser prinei-
paler Pentactine oder Stauractine, seltener Hexaetine gebildet, deren lange
kräftige Strahlen, von zahlreichen eng anliegenden triactinen, diactinen
und pentactinen Comitalia begleitet, sich zu einer der Innenfläche nahe
liegenden Gitterröhre mit quadratischen Maschen aneinander legen. Dazu
kommen bei Zunahme der Wanddicke noch parallele Lagen von ebenfalls
rechtwinkelig orientirten kräftigen Oxyhexactinen, deren Zahl mit dem
Diekenwachsthume der Körperwand zunimmt.
Die äufsere Körperhaut wird gestützt durch eine Lage hypodermaler
Oxyhexactine mit zackigem vorragenden Distalstrahle nebst anliegenden
schmächtigen diactinen Comitalien. Die Gastralmembran erhält ihre Festig-
keit durch ganz ähnliche hypogastrale Oxyhexactine, welche von dünnen
Comitalnadeln begleitet sind.
Als intermediäre Parenchymalia treten in grofser Zahl microselere
Oxyhexaster oder deren Derivate (bei H. fibulatus einfache Sigme) auf,
1
4 F. BE. Schürze:
daneben zuweilen auch noch Micro-Oxyhexactine mit dieken konischen,
zur Gabelung geneigten Strahlen (MH. robustus). Aufserdem kommen stets;
wenn auch spärlich, Graphiohexaster mit langen pinselähnlichen Haar-
büscheln und Calieocome mit quastenförmigen Büscheln von Endstrahlen
vor, welche letzteren entweder in einfachem Kreise oder büschelartig an-
geordnet sind.
Dagegen fehlen bei Holascus die der nahe verwandten Gattung Malaco-
saccus zukommenden Floricome und Discohexaster gänzlich.
Die grofsentheils mit Widerhäkchen besetzten langen Ankernadeln des
basalen Wurzelschopfes enden unten mit einer kolbenförmigen Verdickung,
deren 3-5 (selten 2 oder 7) kräftige, seitlich schräg emporstehende Zacken
als Ankerzähne fungiren.
Holascus robustus nov. spec.
Taf. I Fig. 1-10.
Das mir vorliegende Bruchstück einer neuen Holascus- Art stellt eine
einfache Röhre von S° Länge, ı°”5 Breite und 2””-2””5 Wanddicke dar,
welche hier und da etwas eingerissen, aber im Ganzen noch ziemlich
gut conservirt ist. Es scheint der obere Theil eines etwa 10°” langen
Schwammes zu sein; doch ist auch die terminale Siebplatte nicht erhalten.
Die äufsere Oberfläche erscheint im Allgemeinen unregelmäfsig rauh,
da nur hier und da die dünne Hautschicht auch oberhalb der zuleitenden
Kanäle erhalten ist, welche letzteren von dem Subdermalraume aus in die
Tiefe dringen und somit jetzt als Poren erscheinen. Einen anderen Charakter
hat die Innentläche der Röhrenwand. Hier umschliefsen die Maschen des
rechtwinkelig gekreuzten Gitterleistensystems regelmäfsig in Längs- und
Querreihen angeordnete Grübchen.
An senkrecht zur Oberfläche geführten gefärbten Schnitten tritt die
Figuration des Weichkörpers deutlich hervor. Man sieht die fingerhut-
förmigen oder durch unregelmäfsigere Aussackungen der Membrana retieu-
laris auch hier und da wohl etwas complieirter gestalteten Kammern alle
in das Röhrenlumen einführenden kurzen Ableitungskanäle in radiärer An-
ordnung umstehen und mit ihrer weiten Mündung direct in dieselben
öffnen, während sie mit ihrer convexen Aufsenfläche in die subdermalen
Laceunen und deren spaltenförmige Fortsetzungen hineinragen.
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 5
Das zur Stütze des ganzen Körpers dienende röhrenförmige Balken-
gitter, welches in der Nähe der inneren Röhrenfläche liegt, zeigt
rechteckige oder quadratische Maschen von 2-3”” Weite. Seine etwa 0""3
dieken Balken bestehen aus den der Länge nach dieht an einander
gelagerten Strahlen von kräftigen Stauractinen nebst deren Umkleidung
durch dünne Comitalia. Diese Stauractine sind die stärksten Nadeln des
ganzen Schwammes. Ihre beiden quer zur Längsaxe des letzteren gerich-
mm
teten Strahlen sind durchschnittlich 5 die beiden längs gerichteten
sogar 10-12”” lang. Die Dicke dieser Strahlen beträgt in der Nähe des
Kreuzungscentrums etwa 100-1504 (Taf. I Fig.8). Von da an verschmälern
sie sich gegen das spitze Ende zu ganz allmählich. Die Strahlenlänge
der nur 6-16u dicken Comitalia gleicht derjenigen ihrer Prineipalia, doch
zeigt ihr konisch zugespitztes, oft leicht verdicktes, freies Ende in der
Regel einen Besatz von kleinen Höckern oder Stacheln. Die meisten
Comitalia sind triactin. Der von der Richtung der beiden Längsstrahlen
rechtwinkelig abgehende unpaare Strahl kann entweder als Theil eines Quer-
faserbalkens in der ursprünglichen Richtung geradeaus laufen (Taf. I Fig. 9).
oder bald nach seinem Ursprunge rechtwinkelig umbiegen und sich an das
eigene longitudinale Faserbündel anlegen (Taf.I Fig. 10). Bei diesen triactinen
sowie bei den ebenfalls sehr häufigen diactinen Comitalien erscheinen An-
deutungen der nicht entwickelten Strahlen des idealen Sechsstrahlers in
Gestalt kleiner Höcker oder Buckel (Taf. I Fig. 9 und 10).
Ferner sind als prineipale Parenchymalia zahlreiche macroselere Oxy-
hexactine vorhanden, welche, nach aufsen von dem soeben besprochenen
Stützgitter gelegen, in rechtwinkeliger Orientirung zur Schwammaxe eine
einfache Lage bilden. An die ganz allmählich sich zuspitzenden, 0"”5-1
langen Radialstrahlen dieser Macro-Oxyhexactine legen sich die ent-
mm
sprechenden langen, radialen Strahlen der Hypodermalia und Hypo-
gastralia der Länge nach dicht an. Diese letzteren beiden Nadelformen
verdienen eine eingehendere Besprechung. Beide bilden, durchaus regel-
mäfsig in Quer- und Längsreihen von der gleichen Distanz angeordnet,
ein zierliches Mosaik.
Die kräftigen Distalstrahlen der Hypodermalia ragen, je einen schmalen
Hautkegel emporhebend, in Gestalt zahlloser kleiner Spitzen über die
Dermalfläche frei nach aufsen vor. Sie sind etwa 230u lang, etwas ober-
halb der Mitte schwach spindelförmig verdickt und laufen in eine konische
6 RE. E: ScHuLzE:
Spitze aus. Bis auf das glatte Basalende sind sie mit schräg empor-
stehenden, niedrigen Dornen besetzt. Viel länger (5004 und darüber)
und etwas schmächtiger ist der einfach glatte, bis gegen das spitze Ende
hin gleichmäfsig verschmälerte Proximalstrahl, während die vier ebenfalls
glatten, allmählich sich zuspitzenden, dicht unter der Haut gelegenen
Tangential-Strahlen nur etwa 2004 lang werden.
Die entgegengesetzt gerichteten, ebenfalls kräftigen Hypogastralia glei-
chen zwar im Übrigen ihren Antagonisten, unterscheiden sich aber von
denselben auffällig durch den längeren (3504 und darüber) und gewöhnlich
auch etwas anders geformten, bedornten, frei vorstehenden Proximalstrahl,
welcher, in die Gastralhöhle vorragend, einen schmalen konischen Gastral-
hautzipfel mit emporhebt und, ebenso wie der aufsen vorstehende Strahl
der Hypodermalia, in der Regel von einem oder einigen dünnen Oxy-
diactinen als seinen Comitalien begleitet ist.
Die Dornen, welche hier schon von dem breiten Basaltheile an be-
ginnen, stehen fast quer ab. Gewöhnlich fehlt die spindelförmige Ver-
diekung in dem mittleren Theile dieses Strahles, so dafs er ebenso wie
die übrigen fünf glatten Strahlen derselben Nadel vom Ursprung bis zu
dem spitzen Ende sich ganz allmählich verschmälert.
Die in dem unteren Theile des ganzen Bruchstückes schon hier und
dort zwischen den longitudinalen Strahlen der das Stützgerüst bildenden
Prineipalia auftretenden, wenngleich noch ziemlich schmächtigen, basalen
Ankernadeln zeigen an dem kolbig verdickten Unterende eine wechselnde
Zahl (häufig drei) von schräg aufwärts gerichteten und im Wirtel stehenden
Ankerzähnen, welche des Centralkanales entbehren und daher keineswegs
als echte Hauptstrahlen anzusehen sind, sondern mit in die Reihe der
vom Schafte schräg aufwärtsgerichteten Dornen gehören. Dementsprechend
liegt auch das Axenkanalkreuz dieser Nadeln nicht in dem unteren End-
kolben, sondern weiter aufwärts im Schafte (Taf.I Fig. 6).
Unter den intermediären Parenchimalien unterscheide ich vier ver-
schiedene Sorten von Nadeln, nämlich erstens schlanke Oxyhexaster,
zweitens diekstrahlige Miero-Oxyhexactine, welche zuweilen Gabe-
lung eines oder mehrerer Strahlen aufweisen und dann dadurch zu Oxy-
hexastern werden, drittens die Graphiohexaster oder, wie ich sie von
Jetzt an lieber nennen will, »Graphiocome« und endlich viertens die
Ualiecocome.
Hexactinelliden des indischen Oceanes.
-_
Von den in grolser Menge vorhandenen Nadeln der beiden ersteren
Kategorien sind die mit auffallend dieken, konischen Strahlen versehenen
Oxyhexactine und zugehörigen dieken Oxyhexaster von 100-1504 Durch-
messer (Taf. I Fig. 2-4) auffallenderweise nur in der nächsten Umgebung
der ableitenden Kanäle zu finden, während die schlanken Oxyhexaster,
deren kurze und nicht starke Hauptstrahlen sich in der Regel in drei oder
mehr dünne, gerade oder schwach gebogene Endstrahlen spalten (Taf. I
Fig. 5), in der subdermalen Region und in der Umgebung der zuleitenden
Kanäle zerstreut liegen (Taf. I Fig. r).
Die langen Faserbündel der hauptsächlich in der subdermalen Region
des Parenchymes (wenn auch niemals reichlich) zu findenden Graphiocome
sind in meinen Praeparaten meistens abgebrochen, so dafs man gewöhnlich
nur das sechsstrahlige Kreuz der Hauptstrahlen mit deren scheibenförmiger
Endverbreiterung findet, welche letztere auf ihrer convexen Aufsenfläche
noch die zahlreichen Ansätze der feinen Endstrahlen erkennen lässt (Taf. I
Fig. 7a). Daneben finden sich dann gewöhnlich auch die rhaphidenähnlichen,
langen, dünnen, geraden Endstrahlen selbst, entweder noch zu dichten
Bündeln vereint oder isolirt und zerstreut.
Die von den Graphiocomen in mehrfacher Hinsicht abweichenden
Calicocome von eirca 2004 Durchmesser sind hauptsächlich in der sub-
gastralen, seltener in der subdermalen Region zu finden, ziemlich unregel-
mäfsig vertheilt und nicht sehr häufig. Ihr wesentlichster Charakter liegt
in der äufserlich kelchförmigen, aber soliden Endverdiekung der kurzen
kräftigen Hauptstrahlen und dem blumenblattartigen Auseinanderbiegen der
gleichmäfsig dicken, ungeknöpften, etwas rauhen, mäfsig langen Endstrahlen.
Diese letzteren entspringen hier (bei H. robustus) nur von dem kreisförmigen
Rande der Hauptstrahlverbreiterung und bilden somit nur einen Kranz oder
Wirtel (Taf. I Fig. 7), während sie bei den Calicocomen anderer Holascus-
Arten von der ganzen Endfläche ausgehen und daher einen Büschel formiren.
Das einzige vorhandene Stück von Holascus robustus ist in der Bai
von Bengalen, lat. N. 12° 20', long. E. 85° 3', in einer Tiefe von 3297”
gefunden.
Holascus tener nov. spec.
Der untere Theil einer 12”” breiten Röhre von 2”" Wanddicke ist
in der Länge von 5°5 hinlänglich gut erhalten, um den Bau in seinen
Grundzügen feststellen zu können. Von dem schwach verjüngten Unter-
5 =
8 B..E. SCHULZE:
ende geht ein basaler reusenförmiger, etwa 1°”5 langer Nadelschopf ab,
der selbstverständlich hier nur zum kleinsten Theile erhalten sein wird.
Die wahrscheinliche Länge des ganzen Schwammes möchte ich auf S-10°”
schätzen.
Die makroskopische Erscheinung weicht nicht wesentlich von der-
jenigen des FH. robustus ab. Auch hier sieht man an der äufseren Fläche
die Lücken und Gänge der von den Subdermalräumen aus nach innen
führenden Kanäle durch die nur selten vollständig erhaltene Haut hindurch-
schimmern, während an der Innenfläche ein regelmäfsiges quadratisches
Gitterleistenwerk die in Längs- und Querreihen geordneten rundlichen Aus-
gangsöffnungen der ableitenden Kanäle umschlielst.
Während bei H. robustus als stärkste Nadeln des die Gitterröhre bil-
denden Hauptstützgerüstes nur Stauractine (Taf. I Fig. S) zu finden sind,
treten hier an derselben Stelle fast ausschliefslich Pentactine, jedoch von
gleicher Beschaffenheit der Strahlen, auf, deren fünfter, rechtwinkelig zur
Röhrenfläche auswärts gerichteter Strahl etwa 360 u lang ist und die äufsere
Hautschicht fast erreicht. Nur sehr selten habe ich statt eines Pentaetines
einmal hier oder dort ein Stauractin angetroffen. Neben diesen dicken
parenchymalen Prineipalia finden sich dieselben langen triactinen und
diactinen Comitalia (und auch in gleicher Lagerung) wie bei MH. robustus
(Taf. I Fig. 9 und 10). Dagegen vermisse ich die dort etwa in der mittleren
Partie der Röhrenwand in einschichtiger Lage so zahlreich vorhandenen
macroscleren Oxyhexactine. Dieselben dürften hier eben durch den distalen
Strahl der grofsen Pentactine functionell ersetzt sein.
Die hypodermalen und hypogastralen Hexactine gleichen im Allgemeinen
denjenigen von H. robustus; nur unterscheiden sich die hypodermalen Hex-
actine von den entsprechenden Nadeln jener Art wesentlich dadurch, dafs
ihr nach innen, also gegen die Gastralfläche, gerichteter Radialstrahl viel
länger ist als dort, nämlich etwa 2””, was selbstverständlich mit dem oben
erwähnten Fehlen der mittelgrofsen parenchymalen principalen hexactinen
Stütznadeln zusammenhängt.
Die Ankernadeln des Basalschopfes, welcher zum grofsen Theile auch
von den nach abwärts gerichteten Längsstrahlen der grofsen prineipalen
Pentaetine gebildet ist, gleichen denjenigen von H. robustus.
Unter den intermediären Parenchymalia fehlen die für H. robustus
charakteristischen, dieken Miero-Oxyhexactine und die von diesen durch
Hewactinelliden des indischen Oceanes. 9
Zweitheilung der Hauptstrahlen ableitbaren dickstrahligen Oxyhexaster gänz-
lich, während statt derselben schlanke Oxyhexaster, wie sie bei H. ro-
bustus auch vorkommen, hier in grofser Menge vorhanden sind und sich
von jenen höchstens durch den Umstand unterscheiden, dass ihre End-
strahlen weniger gebogen, vielmehr nahezu gerade erscheinen.
Die in der Nähe der Subdermalräume unregelmäfsig zerstreuten, nicht
gerade häufigen Graphiocome konnte ich mehrfach mit wohlerhaltenen, etwa
2004 langen Endstrahlenbündeln in situ sehen.
In der Subdermal- und besonders in der Subgastralregion finden sich
unregelmäfsig zerstreut und vereinzelt die nämlichen Calieocome, wie bei
H. robustus.
Das einzige nur im unteren Theile erhaltene Exemplar dieser neuen
Art ist gefunden in der Bai von Bengalen, lat. N. 6° 18’, long. E. 90° 40',
in einer Tiefe von 2506-2816”.
Um nun die systematische Stellung der beiden neugefundenen indischen
Holascus-Arten zu den bisher bekannten richtig beurtheilen zu können,
wird es sich empfehlen, hier auch diese letzteren in Betracht zu ziehen. Ich
werde dies um so lieber thun, als ich dabei zugleich eine Revision der-
selben vornehmen kann.
Die einzigen bisher beschriebenen Arten der Gattung Holascus sind die
von der Challenger-Expedition erbeuteten und in meinem Chall. Report of
the Hexactinellida ausführlich beschriebenen, nämlich H. stellatus, fibulatus,
polejaövi, und ridleyi.
Ich habe nun diese vier Species (unter Vergleichung des in mancher
Beziehung besser conservirten Investigator-Materiales) noch einmal nach
meinen alten Praeparaten durchgearbeitet und dabei einige Irrthümer er-
kannt, deren Berichtigung ich hier vornehmen werde.
Holascus stellatus F. E. Sch. 1837.
Indem ich im Allgemeinen auf meine Darstellung der Organisation
dieser Form im Chall. Rep. S. 86 und 37 sowie auf die kurze Diagnose
derselben verweise, welche ich in dem Aufsatze über Bau und System
Phys. Abh. 1895. IIl. 2
10 RR. ScHurze:
der Hexactinelliden in den Abhandl. der Berl. Akadem. 1886 S. 40 ver-
öffentlicht habe, mache ich hier darauf aufmerksam, dafs die stärksten
parenchymalen Prineipalia aus dieken Oxypentactinen mit distalem fünften
Strahle bestehen. Dieselben bilden, begleitet von zahlreichen langstrahligen
dünnen Triactinen, Pentactinen und Diactinen, das Hauptgittergerüst.
Oxyhexactine parenchymale Macrosclere, wie ich sie am angegebenen
Orte beschrieb und 1. e. Tab. XIV Fig. 6 abbildete, kommen nur ausnahms-
weise vor.
Die Hypogastralia sind bedeutend kürzer und schlanker als die mit
dickem dornigen Distalstrahle versehenen Hypodermalia, doch finden sich
auch neben ihrem Radiärstrahle ähnliche dünne, oxydiactine Comitalia dicht-
anliegend wie bei den Hypodermalia.
Die Endstrahlenbüschel der in der Subdermalregion vereinzelt vor-
kommenden Graphiocome erreichen eine Länge von 600u. Nach Calieocomen
habe ich hier vergeblich gesucht.
Discohexaster kommen nicht vor und sind da, wo sie sich in den Prae-
paraten finden, von aufsen eingeschwemmt. |
Besonders charakteristisch sind die zahlreichen kleinen parenehymalen
Oxyhexaster, welche eine deutliche Umbiegung des Endtheiles ihrer End-
strahlen zeigen, wenngleich daneben auch einzelne parenchymale Oxyhexaster
derselben Gröfse mit ganz geraden Endstrahlen vorkommen.
H. stellatus F. E. Sch. wurde östlich von Buenos Ayres, lat. S. 36°44',
long. W. 46° 16', in 4850” Tiefe gefunden.
Holascus fibulatus F.E. Sch. 1837.
Die stärksten parenchymalen Principalia sind Stauraetine mit langen,
dieken, glatten Strahlen, als deren Comitalia dünne Pentactine, Triaetine
und Diaetine zur Herstellung des gitterförmigen Haupt-Stützgerüstes bei-
tragen. Dabei treten dann, ähnlich wie bei HM. robustus, starke macroselere
Oxyhexactine (mit dornigen Strahlen) in ein oder mehreren Lagen als Stützen
der mittleren und äufseren Region des Körperparenchymes auf.
Ob den oxyhexactinen Hypodermalia mit dornigem Distalstrahle
auch ähnliche Hypogastralia entsprechen, ist mir nicht klar geworden,
jedoch möchte ich dies im Gegensatze zu meiner früheren Darstellung an-
nehmen.
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 11
Die von mir l. ec. S.8g und Tab. XVI Fig. 2 als Hypodermalia dar-
gestellten Pentactine sind in Wirklichkeit nur Canalaria in der Wand der
ausleitenden Gänge und wie die parenchymalen, macroscleren Hexactine
an allen fünf Strahlen gewöhnlich mit Dornen mehr oder minder reichlich
versehen.
Als besonders charakteristische parenchymale Nadeln sind die merk-
würdigen Sigmen mit centraler spindelförmiger Verdiekung anzusehen,
welche statt der hier ganz fehlenden Oxyhexaster in grofser Menge den
Weichkörper durchsetzen. Graphiocome mit langen Endstrahlenbüscheln
kommen vereinzelt vor. Calicocome fand ich nicht.
Diese Art, welche wegen der Umwandlung aller Oxyhexaster zu ein-
fachen Sigmen als eine stark umgebildete Form erscheint, ist an drei ver-
schiedenen Stationen der Challenger-Expedition gefunden, nämlich erstens
südlich von Australien lat. S. 42° 42', long. E. 134° ı0', in 2758” Tiefe,
zweitens im Indischen Ocean zwischen den Edwards- und Ürozets-Inseln,
lat. S. 46° 46', long. E. 45° 31', in 2516” Tiefe, und drittens nicht weit vom
zweiten Fundorte, lat. S. 46° 16', long. E. 48° 27', in 2928” Tiefe.
Holascus polejaövi F.E. Sch. 1887.
Bei wiederholter Nachuntersuchung der nur in einem sehr kleinen
(jungen) Exemplare bekannten Form haben sich einige Änderungen meiner
früheren Darstellung der Nadelformen als nothwendig ergeben.
Aufser den hexactinen Prineipalia habe ich jetzt auch noch kräftige
pentactine Principalia gefunden, während stauractine ganz fehlen. Im
Gegensatze zu den reichlich vorhandenen und mit kräftigem bedornten,
freiem Distalstrahle versehenen langen hexactinen Hypodermalia, sind ähn-
lich gebaute, wenngleich schmächtigere hexaetine Hypogastralia nur spärlich .
vorhanden, so dafs ich sie früher nicht als solehe erkannte, sondern für
pentactin hielt (vergl. 1. c. Tab. XVII Fig. 2).
Aufser den zahlreichen parenchymalen Oxyhexastern, welche mehr
oder minder schlank sind und 100-1404 Durchmesser haben, finden sich
in der subdermalen und subgastralen Region Calicoeome von nur 1204
Durchmesser, deren ausgebogene Endstrahlen nieht im Wirtel auf dem
Randtheile, sondern unregelmäfsig zerstreut auf der ganzen Endfläche der
soliden kelehförmigen Verdiekung des Hauptstrahles stehen, sowie ferner
I*+
z
1 FE 2StcHien ze:
in der subdermalen Region auch vereinzelt Graphiocome mit Endstrahlen-
büschel von 250-3204 Länge.
Der Fundort liegt südlich von Australien, lat. S. 53° 55', long. E. 108° 35',
seine Tiefe beträgt 3569".
Holascus ridleyi F.E.Sch. 1887.
Bei der schon früher im Chall. Report hervorgehobenen grofsen Über-
einstimmung, welche H. ridleyi mit H. polejaevi und beide mit dem jetzt
von mir als neu beschriebenen H. tener aus der Bai von Bengalen in den
Nadelformen aufweist, wird es besonders darauf ankommen, die unter-
scheidenden Merkmale hervorzuheben.
Als charakteristischer Unterschied von H. polejaövi verdient hervorge-
hoben zu werden das Vorkommen von dicken Stauractinen im gitter-
förmigen Stützgerüste, sowie von auffällig schlanken parenchymalen Oxy-
hexastern von 1504 und darüber Durchmesser, welche zwischen den übrigen
derberen von nur etwa 1004 Durchmesser mit allen Übergängen ziemlich
häufig zu finden sind. j
Von H. tener ist Holascus ridleyi durch die Calicocome unterschieden,
welche dort erheblich grölser (2004 Durchmesser) sind und die Endstrahlen
im randständigen Wirtel geordnet zeigen, während sie hier nur 1204 breit
sind und ihre Endstrahlen von der ganzen Endfläche der soliden kelch-
förmigen Verbreiterung entspringen.
Das allein bekannte Fragment von A. ridleyi stammt nicht, wie es im
Chall. Rep. S. 90 heifst, von der Chall. Station 211, sondern (wie mir jüngst
Mr. John Murray mittheilte) von der Station 271 — lat. S. 0° 33', long.
W.1ı51° 34' —, wo der Schwamm neben anderen Hexactinelliden in einer
Tiefe von 4438” lebt.
Malacosaccus F. E. Sch.
Obwohl unter den Hexactinelliden der Investigator- Ausbeute kein Mala-
cosaccus vorkommt, will ich hier doch die Resultate einer Revision der
beiden im Chall. Report zuerst beschriebenen und bis jetzt einzigen Arten
dieser Gattung mittheilen.
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 13
Malacosaccus vastus F.E. Sch.
Aufser den stärksten hexaectinen Prineipalia, deren glatte bis 100u
dicke Strahlen, von dünnen Comitalia umlagert, mehrere Centimeter lang
werden, kommen zahlreiche minder kräftige hexactine Prineipalia vor, deren
am Kreuzpunkte 20—- 30 u dicke Strahlen zum grofsen Theile mit zahlreichen
spitzen Seitenzacken besetzt sind, gegen das zugespitzte Ende aber glatt
werden und sich oft sehr lang ausziehen. Indem sich diese fadenförmig
ausgezogenen langen Strahlen der benachbarten prineipalen Hexaetine der
Länge nach seitlich dieht an einander legen, entsteht ein zwar nicht starres,
aber doch recht haltbares Gerüst, dessen grofse Biegsamkeit eben den
eigenthümlich weichen und dennoch haltbaren, tuchähnliehen Charakter der
ganzen fingerdieken Körperwand bedingt. Von parenchymalen Microseleren
kommen aufser den zahlreieh vorhandenen Oxyhexastern mit langen geraden
Endstrahlen die ebenfalls ziemlich verbreiteten kleinen Discohexaster von
etwa 5ou grölstem Durchmesser vor, deren zahlreiche nicht allzu dünnen
Endstrahlen mit einer kleinen vierzackigen Endscheibe abschliefsen. Nach
Graphiocomen habe ich vergeblich gesucht.
Die Floricome, welche, wie ich jetzt bestimmt annehme, nur an den
zackigen Distalstrahlen der hexaetinen Hypodermalia, nicht aber an den
Hypogastralia hängen, zeichnen sich durch die verhältnifsmäfsig grofse Zahl
ihrer S-förmig gebogenen und an der Endplatte 5-7 kleine Randzähnchen
tragenden Endstrahlen aus, von welchen 10-12 auf je einem Hauptstrahle
sitzen.
Gefunden ist das einzige bekannte Exemplar dieses Schwammes zwischen
den Kerguelen und dem Cap der Guten Hoffnung, lat. S. 46° 46', long. E.
a3 m emer Tiefe'von 2514”.
Malacosaccus unguiculatus F.E. Sch.
Die parenehymalen hexaetinen Prineipalia haben zwar bei der geringen
Gröfse des einzigen Exemplares dieser Art noch keine erhebliche Strahlen-
dicke, verhalten sich aber in Form und Anordnung ebenso wie bei der
vorigen Art. Auffällig ist nur die beträchtliche Gröfse und Stärke der hex-
actinen Hypogastralia.
Während die zahlreich vorhandenen parenchymalen Oxyhexaster mit
langen dünnen Endstrahlen keine bemerkenswerthen Eigenthümlichkeiten
ie: BEI SCHULZE:
zeigen, finden sich daneben andere parenchymale Hexaster in ziemlich
grofser Anzahl, von welchen einige sich ohne Weiteres als wahre Disco-
hexaster bezeichnen lassen, während es bei anderen zweifelhaft bleiben
kann, .ob sie unter diese Kategorie subsummirt werden dürfen. Die mit
kleinem Hauptstrahlenaxenkreuze versehenen echten Discohexaster zeigen am
Ende jedes der zu 3 oder 4 von je einem Hauptstrahle in mäfsiger Di-
vergenz ausgehenden, ziemlich langen und gegen das distale Ende etwas
verdickten Endstrahlen eine kleine uhrglasförmig gebogene Querscheibe,
deren Rand in 4, 5 oder 6 schwach gebogene Zähne oder Zacken ausläuft.
Bei den anderen, in Gröfse und Stellung der Haupt- und Endstrahlen
mit diesen Discohexastern ganz übereinstimmenden Nadeln gehen dagegen
von dem distalen Ende der nach aufsen zu schwach verdickten Endstrahlen
4-6 dünne krallenähnlich schwach zurückgebogene Querstrahlen ab, welche
zwar in jeder Beziehung den Zähnen oder Zacken der terminalen Quer-
scheibe der Discohexaster entsprechen, jedoch eben nicht von dem Rande
einer Scheibe, sondern direet von dem distalen Endstrahlenende ausgehen.
Es ist mir nicht ganz sicher, ob es sich hier um junge, d.h. in der Aus-
bildung begriffene, wirkliche Diseohexaster der vorhin beschriebenen Art
oder um eine eigenthümliche Nadelform handelt, auf welche natürlich die
Bezeichnung Discohexaster nicht palst, da eben keine Querscheibe vorhanden
ist. Ohne mich hier über diese Frage mit Sicherheit definitiv entscheiden
zu können, will ich nur darauf hinweisen, dafs bei einer der Gattung
Taegeria nahe stehenden, früher von mir in die Nähe von Zuplectella ge-
brachten Form, Ztegadrella phoenie ©. Schmidt (siehe unten S. 34), sämmt-
liche parenchymalen Hexaster einen derartigen Bau zeigen, insofern bei
denselben vom distalen Ende der Endstrahlen mehrere feine krallenähnlich
zurückgebogene Strahlen quer abstehen, ohne dafs daselbst ausgeprägte
Discohexaster überhaupt vorkommen.
Da nun bei Regadrella phoenix nicht daran zu denken ist, dafs es sich
um ontogenetische (höchstens vielleicht um phylogenetische) Entwicke-
lungsstadien von Discohexastern handeln könne, so habe ich mich ent-
schlossen, diesen eigenthümlichen Nadeln auch einen besonderen Namen
zu geben, und habe sie Onychaster (övv& Kralle) genannt.
Ganz eigenthümlich ist die Bildung der Floricome, welche nur drei
oder vier S-förmige Endstrahlen auf jedem der 6 kurzen Hauptstrahlen
besitzen. Die kräftige distale Endscheibe jedes dieser Endstrahlen geht in
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 15
2, 3 oder höchstens 4 lange, kräftige, klauenähnliche Stacheln aus, wie
sie im Chall. Report Tab. XIX Fig. 5 und 6 richtig dargestellt sind.
Besonders hervorheben will ich noch, dafs meine frühere Angabe,
l. ce. S. 93, nach welcher Floricome hier an der gastralen Seite der Schwamm-
wand den Hypogastralia anhängen sollten, auf einem Irrthume beruht. Die
Florieome finden sich nur an der äufseren Oberfläche, wo sie, wie gewöhnlich,
an dem Distalstrahle der Hypodermalia hängen.
Malacosaccus unguieulatus ist südlich von Sierra Leone lat. N. 3° 10',
long. W. 14° 51' in 4479
Für den Gattungsbegriff Malacosaccus scheint mir Jetzt besonders wesent-
m
Tiefe gefunden.
lieh 1. die von keinen Wandlücken durchbrochene faltbare Wand des sack-
oder röhrenförmigen Körpers, 2. die langstrahligen, nur aus Hexactinen
bestehenden Principalia, 3. die (nur an den Distalstrahlen der Hypodermalia
hängenden) Floricome und 4. das Vorkommen von parenchymalen Diseo-
hexastern neben den parenehymalen Oxyhexastern.
Euplectella R. Owen.
Zur Gattung Euplectella Owen gehören zwei neue indische Arten.
Zugleich mit der Untersuchung derselben habe ich eine Revision der bisher
bekannten Zuplectella-Arten vorgenommen.
Euplectella simplex nov. spec.
Taf. I Fig.1-13.
Es finden sich unter den Investigator-Spongien 10 leider wenig gut
erhaltene Stücke von einer bisher noch nicht beschriebenen Euplectella-
Speeies, welche zwar in der äufseren Erscheinung sowohl wie in der ganzen
Organisation recht auffällig mit Zuplectella oweni Herkl. und Marsh. über-
einstimmt, sich von dieser bekannten japanischen Art jedoch schon durch den
völligen Mangel der dort überaus zahlreich vorhandenen parenchymalen
Oxyhexaster wesentlich unterscheidet.
Glücklicherweise gehören die meisten dieser 10 Exemplare verschiedenen
Entwickelungsstadien an, so dafs hier Gelegenheit gegeben ist, etwas von
der bisher nur wenig studirten Entwickelung der Hexactinelliden, wenn
auch zunächst nur der postembryonalen, zu erfahren. Bevor ich indessen
16 E. BE. Secnurze:
hierauf eingehe, will ich die Charakteristik der neuen Art durch Beschrei-
bung der Form und Organisation unter besonderer Berücksichtigung der
Kieselnadeln geben.
Von einem voraussichtlich ganz oder nahezu ausgewachsenen Exem-
plare ist das untere Ende in einer Länge von etwa 8°” vorhanden. Das-
selbe stellt ein oben etwa 3°” weites trichterförmiges Röhrenstück dar,
welches auf Taf. I in Fig. 5 abgebildet ist. Nach unten zu setzt sich das
vom Weichkörper entblöfste Körperende in einen basalen Wurzelnadel-
schopf fort.
Das nächstälteste, ziemlich vollständig erhaltene Stück, dem nur die
terminale Siebplatte und einige Theile der Seitenwand fehlen, mifst, von
cm
dem mehrere Centimeter langen Wurzelschopfe abgesehen, 11°” in der Länge.
Der nach oben zu schwach, nach abwärts stärker verjüngte röhrenförmige
Körper hat seine gröfste Breite von 2°”5 auf der Grenze des oberen und
mittleren Drittheiles (Taf. II Fig. 6).
Bei einem dritten, noch besser erhaltenen Exemplare, welches auf
Taf. IH in Fig. 4 dargestellt ist, beträgt die Länge (exclusive Wurzelschopf‘)
S
terminale Siebplatte nur einen Durchmesser von 1°” hat.
cm cm
die gröfste Breite nahezu 2°”, während die wohlerhaltene kreisförmige
’ fo) j
Die Länge des vierten Exemplares beträgt, vom Wurzelschopfe ab-
fo)
gesehen, 7°. 5, seine grölfste Breite 15.
Dann folgen der Gröfse nach 5 mehr oder minder defeete Stücke von
5-4” Körperlänge und etwa ı°” Breite (Taf. II Fig. 3 und 2).
Das kleinste mir vorliegende Stück endlich hat eine Länge von nur
fo} fo)
mm
3°” (immer vom Wurzelschopfe abgesehen) bei einer Breite von 5"", welche
letztere sich auch nach den beiden Enden zu nicht wesentlich verringert
(Taf. I Fig. ı).
In der ganzen äulseren Erscheinung, wie in den gröberen Bauverhält-
nissen gleicht Euplectella simplex der ihr. jedenfalls sehr nahe verwandten
Euplectella oweni Marsh. und Herklots, welche zuerst im Jahre 1875 von
Will. Marshall in seinen Untersuchungen über Hexactinelliden (Zeitschr.
f. m. Zool. Bd. XXV Supplem.) eingehend beschrieben und ebendaselbst
auf Taf. XII D abgebildet ist. Wie dort, so ist auch hier die nur schwach
ausgebauchte, nach oben zu etwas verjüngte und mit einem eylindrischen
Röhrenstücke endende, ziemlich dünne Körperwand von zahlreichen, kreis-
runden Wandlücken durchsetzt, welche ziemlich regelmäfsig in Längs- und
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 17
Querreihen angeordnet sind. Wenn auch an dem oberen, quer abgestutzten
Röhrenende sich hier ebenso wenig wie bei Zuplectella oweni eine deutliche
Ringmanschette, gleich derjenigen von Euplectella aspergillum, findet, so
markirt sich doch an derselben Stelle ein etwas verdickter Randwulst mit
einem Saume von zwar kurzen, aber schon mit blofsem Auge erkennbaren,
schräg nach oben und aufsen vorragenden Marginalnadeln.
Die im Ganzen transversale, aber ziemlich stark vorgewölbte, terminale
Siebplatte besteht aus einem Netze dünner Balken, welche drei- bis sechs-
N)
eckige Maschen verschiedener Weite (1-2"”) und von ganz unregelmälsiger
Vertheilung umschliefsen, mit geringer Verdickung der Knotenpunkte.
Je besser die Exemplare erhalten sind, um so deutlicher läfst sich am
unteren Körperende eine für Zuplectella oweni schon von Marshall angegebene
»untere Siebplatte« erkennen. Dieselbe stellt sich wie ein durch einfache
Umbiegung der Seitenwand der Röhre nach innen entstandenes, schwach
nach unten vorgewölbtes Septum dar, welches den gleichen Bau hat wie
die Röhrenwand selbst. Unterhalb dieses Septums beginnt der vom Weich-
körper freie, basale Wurzelschopf.
Das Hauptskeletgerüst der röhrenförmigen Körperwand wird von einem
Gitter rechtwinkelig gekreuzter, streng longitudinaler und transversaler Balken
gebildet, welche im mittleren Theile des Körpers bei gröfseren Exemplaren
3—-6”” weit von einander entfernt sind und aus Faserbündel von höchstens
7®® Dicke bestehen.
Die longitudinalen Faserzüge liegen mehr äufserlich, die transversalen
sind hauptsächlich an der Innenseite der letzteren entwickelt und springen
daher reifenförmig nach innen vor.
Während sich die Längsbalken dieses Gitters nach dem unteren, stark
verengerten Röhrenende zu und ein wenig auch gegen das obere, zunächst
schwach verjüngte (schliefslich jedoch rein eylindrische) Ende einander
nähern, zeigen die (innere Ringleisten bildenden) transversalen Faserzüge
überall nahezu gleichen Abstand von etwa 3””. Dazu kommt noch ein
allerdings nur schwach entwickeltes System von dünnen Faserbalken, welche,
unter einem Winkel von 45° zu den vorigen orientirt, in rechtwinkelig ge-
kreuzten Spiralen sich so zwischen jenen durchwinden, dafs von allen durch
die longitudinalen und transversalen Balken gebildeten, quadratischen oder
rechteckigen Maschen gleichsam die vier Ecken abgeschnitten werden, und so
Phys. Abh. 1895. Ill. 3
18 F. E. Scavuuze:
aus jeder solchen Masche ein mehr oder minder regelmäfsiges Achteck gebildet
wird. Durch dieses von William Marshall‘ zuerst an Eupleetella oweni
deutlich erkannte Verhältnifs ist es bedingt, dafs hier die Körperwand inner-
halb sämmtlicher von den Längs- und Querbalken des Hauptskeletgerüstes ge-
bildeten Maschen weichhäutig bleibt und daher an allen diesen Stellen leicht
von je einer neutralen Wandlücke durchsetzt werden kann, während bei Zuplec-
tella aspergilum und anderen Arten gewisse Maschen desselben Hauptskelet-
gerüstes von den in schrägen Spiralen verlaufenden Faserbalken ganz durch-
setzt oder überdeckt werden. Da nun bei den letzteren Euplectella- Arten
die von den schrägen Spiralfaserbalken gedeckten Maschen des Längs- und
Querfasersystemes in der Art angeordnet sind, dafs zwischen zwei benach-
barten derselben stets sowohl in der Längs- als Querrichtung je eine nieht
überdeckte, also weichhäutige Masche bleibt, so sehen wir daselbst auch
die kreisrunden Wandlücken nieht, wie bei Zupl. oweni und unserer
Eupl. simplex, in einfachen Quer- und Längsreihen, sondern gleich den
schwarzen Feldern eines Schachbrettes in schrägen oder diagonalen Reihen,
richtiger in schrägen Spiralen, angeordnet.
Die zum Aufbau dieses kräftigen, aber elastischen Stützgerüstes dienen-
den Nadeln zeigen bei älteren Stücken Neigung zum Verschmelzen oder
Verlöthen. Freilich geht dies nicht bis zur Bildung eines in sich zusammen-
hängenden starren Gitters, wie bei Zuplectella aspergilhım, doch findet man
häufig parallel oder in schräger Kreuzung nahe an einander liegende Nadeln
dureh Synaptieula oder breitere Brücken geschichteter Kieselmasse so fest
verbunden, dafs die bekannten leiterähnlichen Bildungen entstehen.
In dieser Beziehung steht Euplectella simplex etwa mit Euplectella oweni
auf gleicher Stufe.
Von allen Gerüstnadeln fallen durch Stärke und Länge zuerst die grofsen
Stauractine auf, welche bei älteren Exemplaren eine Länge von 8°” und
darüber erreichen, während die Breite 2°” und mehr betragen kann. Die -
Dicke der Strahlen richtet sich im Allgemeinen nach dem Alter und
steigt bis zu o"”ı in der Nähe des Centrums, welches in der Regel in
einem der Knotenpunkte des ganzen Balkennetzes liegt. Da die beiden
longitudinal gerichteten Strahlen, der Richtung ihrer betr. Netzbalken ent-
sprechend, nahezu geradlinig verlaufen, während die beiden transversalen
! Untersuch. über Hexactin. in der Zeitschr. f. m. Zool. XXV Suppl.
Ali
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 19
sich den ringförmig gebogenen und weiter einwärts liegenden Trans-
versalbalken des ganzen Gerüstes einfügen, so kann die ganze Nadel nicht
ein Stauraetin im strengen Sinne sein, d. h. vier, derselben Ebene
angehörige, rechtwinkelig gekreuzte Strahlen haben, sondern es werden die
beiden transversalen Strahlen zwar rechtwinkelig zu den longitudinalen vom
Centrum ausgehen, sich dann aber etwas einwärts biegen und der Krümmung
der ganzen Röhrenwand entsprechend, eine schwache, der letzteren gleich-
sinnige Kreiskrümmung zeigen.
Dicht neben jeder dieser dieken longitudinal und transversal gerichteten
Hauptnadeln, deren Strahlen sämmtlich glatt, drehrund und bis zu dem
zugespitzten Ende ganz allmählich verschmälert sind, liegen nun etwa
10-30 viel dünnere, lange Begleitnadeln — Comitalia —, deren längste
Strahlen parallel mit denjenigen der dieken Prineipalia, also gröfstentheils
streng longitudinal oder transversal gerichtet sind. Es sind dies vor-
wiegend Triactine, doch kommen darunter auch stabförmige Diaetine in
Menge, gelegentlich auch einzelne Pentaetine und selbst Hexaetine vor.
Spärlicher finden sich ähnliche Comitalia neben den schräg oder spiralig
verlaufenden Gerüstnadeln. Diejenigen Strahlen der 3-6 strahligen Comital-
nadeln, welche sich nicht den dieken Prineipalia in ganzer Länge zur
Bildung eines parallelfaserigen Balkens anlagern, sind gewöhnlich viel
kürzer als die anderen und keineswegs immer ganz gerade. Sie betheiligen
sich entweder nach einer erheblichen Umbiegung auch noch mit ihrem
Endtheile an der Bildung eines der Parallelfaserzüge, oder sie strahlen
selbständig gegen die äufsere oder innere Grenzfläche der Röhrenwand des
Schwammes aus und bilden so eine gute Stütze für den äufseren und
inneren Weichkörperbelag des Hauptgerüstes. Die letzten Strahlenenden
dieser Comitalia sind in der Regel vor dem konisch zugespitzten Ende
schwach kolbig verdickt und rauh.
In dem unregelmäfsigen Maschenwerke der terminalen Siebplatte
tritt der Unterschied zwischen den dicken Hauptnadeln und den Comitalia
nieht hervor: auch fehlen die kräftigen Stauraetine, welche ein rein qua-
dratisches Gitternetz bedingen. Vielmehr bestehen hier die Netzbalken fast
ausschliefslich aus langstrahligen Triaetinen und Diaetinen, deren letztere
gewöhnlich einen Centralknoten besitzen; dazu kommen zahlreiche Oxy-
hexaetine, wie sie auch zur Stütze des aufliegenden Parenchymes Ver-
wendung finden.
>
20 F. E. Schuvuze:
Wenn schon durch diejenigen Strahlen der Comitalia, welche von dem
Balkensysteme des Hauptgerüstes nach aufsen wie nach innen, d. h. also
dermalwärts wie gastralwärts, ganz oder nahezu quer abstehen, der beider-
seitige Weichkörperbelag des Hauptstützgerüstes der Röhre Halt und Stütze
gewinnt, so wird dies doch noch vollkommener erreicht durch die recht-
winkelig zur Grenzfläche orientirten parenchymalen Oxyhexactine, sowie
durch die das Parenchym durchsetzenden Radialstrahlen der Hypodermalia
und Hypogastralia.
Die ihrer erheblichen Gröfse wegen hier noch zu den Prineipalia zu
rechnenden parenehymalen Oxyhexactine finden sich jederseits von dem
Hauptstützgerüste in je einer einfachen Lage. Sie haben einen Durchmesser
von 400-5004. Ihre 6 rechtwinkelig zu einander und zu den Hauptaxen
des Schwammes orientirten, drehrunden, in der Nähe des Centrums 8-ıou
dieken und bis zum spitzen Ende ziemlich gleichmäfßsig an Stärke ab-
nehmenden Strahlen sind glatt und entweder ganz gerade oder nur schwach
in dieser oder jener Richtung gebogen (Taf. II Fig. 7).
Die kräftigen hexactinen, degenförmigen Hypodermalia stimmen zwar
in der Dieke und dem Gesammtcharakter der Strahlen mit den eben be-
schriebenen parenehymalen Oxyhexactinen im Wesentlichen überein, unter-
scheiden sich aber von ihnen, abgesehen von der verschiedenen Strahlen-
länge, durch die häufig allerdings nur minimale Rauhigkeit der äufsersten
Strahlenenden, welche am deutlichsten an dem nach aufsen vorstehenden
distalen Strahle hervortritt und hier auch gelegentlich so weit zurückgreift,
dafs fast der ganze Strahl bis nahe zum Centrum rauh oder höckerig er-
scheint. Während die unter der Haut sich ausbreitenden 4 paratangentialen
Strahlen gleich dem distalen Radialstrahle etwa 2504 lang sind, erreicht
der proximale Radialstrahl die ansehnliche Länge von 1000-12004 und
nähert sich dementsprechend mit seinem zugespitzten rauhen Ende dem
Hauptgittergerüste.
Den sehr ähnlich gestalteten, wenngleich bedeutend kürzeren Hypo-
gastralia fehlt der proximale Radialstrabl, so dafs sie auch hier, wie
bei allen bekannten Euplectella-Arten, Pentactine darstellen (Taf. II Fig. 7).
Bemerkenswerth erscheint der Umstand, dafs die vier dieht unter oder. in
der Gastralmembran gelegenen Strahlen, wenn auch nicht überall, so doch
an den meisten Regionen, nicht ganz gerade, sondern gegen den Weich-
körper etwas concav gebogen erscheinen.
Hexactinelliden des indischen Oceanes. al
In dem Parenchyme, welches sich an der äufseren Seite des Haupt-
stützgitters befindet und fast doppelt so diek ist, als die an der gastralen
Seite gelegene Masse, liegen in der Nähe der dermalen Fläche unregel-
mäfsig vertheilt Graphiocome, deren Endstrahlenbündel mindestens 200 u
lang und etwa 164 diek sind (Taf. I Fig. 7 und ır).
Die Floricome, von welchen normaler Weise stets je eines am
distalen Ende jedes degenförmigen hypodermalen Oxyhexactines haftet,
tragen an jedem ihrer 6 kurzen Hauptstrahlen 7-9 (gewöhnlich 8) blumen-
kelehartig gruppirte Endstrahlen, deren verdickte Endplatte an ihrem freien
zugeschärften halbkreisförmigen Rande ungefähr 8 mäfsig starke Endspitzen
zeigt (Taf. II Fig.S, 9 und 10). Der Durchmesser des ganzen Floricomes
beträgt durchschnittlich 1201.
Die mehrere Oentimeter langen Wurzelschopfnadeln — Basalia —
treten aus den äufseren longitudinalen Faserbalken des Hauptstützgerüstes
hervor und bestehen aus zwei wesentlich verschiedenen, wenngleich beide
als Anker zu bezeichnenden, Nadelformen. Die eine derselben stellt ein
einfaches glattes Pentactin mit sehr verlängertem, oben spitz auslaufenden
Hauptstrahle dar, dessen vier rechtwinkelig gekreuzte, viel kürzere, aber
ebenfalls kräftige Querstrahlen sich bis zu ihrem spitzen freien Ende ganz
allmählich verschmälern und in einem flachen Kreisbogen continuirlich
emporgebogen sind. Bemerkenswerth ist es, dafs sowohl der lange Haupt-
strahl als auch die am unteren Ende aus einer leichten trompetenförmigen
Endverbreiterung desselben von ihm quer abtretenden und als Ankerzähne
fungirenden 4 Querstrahlen in ganzer Länge von einem deutlichen Axen-
kanale durchzogen sind (Taf. I Fig. 12). Die andere daneben vorkommende
Ankernadelform hat einen zwar auch sehr langen, aber meist weniger
dieken, am oberen Ende spitz auslaufenden Hauptstrahl, welcher bis auf
den letzten sich etwas verbreiternden unteren Endtheil in ganzer Ausdehnung
mit aufwärts gerichteten, schwach gekrümmten Dornen besetzt ist. Das
äufserste untere Ende zeigt eine kolbenförmige Verdiekung, von deren
diekster Mittelpartie ein randständiger Kranz von 6-10 aufwärts ge-
krümmten schaufelförmigen Zacken oder Zähnen emporragt (Taf. II Fig. 13).
Dafs diese im Wirtel stehenden und emporgebogenen Zähne nichts zu thun
haben mit etwaigen Hauptstrahlen, sondern nur einfache Dornen oder
Zackenbildungen, ähnlich den am langen Hauptstrahle stehenden, sind, lehrt
nieht nur ihre mit den letzteren übereinstimmende Gestalt, sondern mehr
©
L&S}
2 F. E. Scaurze:
noch ihre wechselnde, ganz unbestimmte Zahl, sowie der Umstand, dafs
sie keinen Centralkanal enthalten, vor Allem aber die Thatsache, dafs das
Axenkreuz des Centralkanals gewöhnlich gar nicht in dem verdickten End-
theile, dem die Zähne tragenden Kolben, in welchem sich der Central-
kanal büschelförmig auflöst, sondern meistens ziemlich weit oberhalb
des letzteren, in der oberen Partie des zackenfreien Hauptstrahlendtheiles
zu finden ist, an einer Stelle, welche zuweilen, aber keineswegs immer,
auch äufserlich durch eine geringe Anschwellung markirt erscheint (Taf. I
Fig. 13).
Nach dieser Darstellung der Bauverhältnisse, wie sie sich am aus-
gebildeten Schwamme zeigen, sollen jetzt die Ergebnisse einer sorgfältigen
Vergleichung aller verschiedenaltrigen Stücke der ganzen Serie hinsichtlich
der Postembryonalentwickelung dieser Species mitgetheilt werden.
In der Gesammtform läfst sich nur eine geringe Veränderung erkennen.
Besonders darin weichen die kleinsten Exemplare etwas von den gröfseren
ab, dafs sie im Ganzen schlanker als jene erscheinen. Während das Ver-
hältnifs der Körperbreite zur Körperlänge (exel. Wurzelschopf) bei dem
jüngsten Stücke 1:6 beträgt, stellt es sich bei den gröfsten, in ganzer
Länge erhaltenen Stücken wie 1:5 heraus, um sich wahrscheinlich später
wieder zu Gunsten der Länge zu ändern. Und während die gröfseren
Exemplare (ähnlich wie bei Zupl. oweni) einen nicht sowohl kreisförmigen,
als vielmehr deutlich elliptischen Querschnitt (Axenverhältniss 3:5) zeigen,
läfst sich dies bei den mir vorliegenden kleineren Exemplaren noch nicht
erkennen. Ihr Querschnitt erscheint vielmehr nahezu oder völlig kreisförmig.
Von besonderem Interesse war mir das Verhalten der Nadelzüge, welche
das Hauptbalkengerüst zusammensetzen, in den verschiedenen Entwickelungs-
stadien, weil ich hoffen durfte, hierdurch etwas über die Art und Weise des
Wachsthums ermitteln zu können.
Wie sich von vorn herein erwarten liefs, nehmen im Allgemeinen die
Prineipalia gleicher Form und Lage während der fortschreitenden Ent-
wiekelung allmählich an Länge und Dicke zu, und zwar einfach durch Auf-
lagerung von immer neuen Kiesellamellen auf die äufsere Oberfläche der
schon vorhandenen Nadeln. Während eine solche Zuwachsschicht an der
Seitenfläche des einzelnen Strahles die Gestalt eines dünnen Hohleylinders
hat, erscheint sie am Ende desselben in Form einer die alte Spitze mehr
oder minder weit überragenden, tütenförmigen Kappe, durch welche letztere
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 23
in gleicher Weise das Längenwachsthum des Strahles bedingt wird, wie
durch die erwähnte angelagerte, eine direete Fortsetzung der Endkappe
bildende Hohleylinderlamelle «essen Dickenwachsthum.
Hier und da tritt zwischen sehr nahe liegenden, benachbarten Balken
eine Verlöthung ein, zunächst wohl durch einfach locales Verschmelzen der
beiderseitigen äufsersten Zuwachslamellen. Indem sich dann aber immer
neue Lamellen nieht nur auf die beiden benachbarten Balkentlächen, sondern
auch auf die verbindende Löthstelle ablagern, bildet sich diese letztere zu
einem queren Strebepfeiler, dem sogenannten Synapticulum, aus. Liegen
die dieht benachbarten Balken völlig parallel, so entsteht durch die in ziem-
lich gleichmäfsigen Abständen auftretenden Synaptieula jene längst bekannte
und oft beschriebene Leiterbildung, wie sie besonders in dem dünnen,
langen Stiele von Caulophacus und anderer Rosselliden zur reichlichen Ent-
wiekelung kommt. Übrigens will ich noch besonders hervorheben, dafs
hier, ebenso wie bei Kupleetella oweni, derartige Verlöthungen nur spärlich
auftreten, und auch bei den älteren Exemplaren vorwiegend nur in dem
unteren Körperende zu finden sind.
Um von der Art des Wachsthumes eine genauere Vorstellung zu ge-
winnen, habe ich bei sämmtlichen, in ganzer Länge erhaltenen, verschieden
grolsen Exemplaren zunächst die Zahl und Anordnung der Quer- und Längs-
balken des Hauptstützgerüstes zu ermitteln versucht. Es zeigte sich, dafs
sowohl die Anzahl der ringförmigen Querbalken, als auch der Längsbalken
beim fortschreitenden Wachsthume des Schwammkörpers eine, wenn auch
nicht gerade erhebliche, Zunahme erfährt. Während sich an dem kleinsten
mm mm
der mir zu Gebote stehenden Exemplare (von 30”” Länge und 5”” Quer-
Durchmesser) 25 Querbalken und (in der Mitte des Körpers) 28 Längsbalken
erkennen lielsen, zählte ich an dem gröfsten, in ganzer Länge erhaltenen,
11°” langen und 2°”5 dieken Stücke an entsprechender Stelle 40 Querbalken
und 30 Längsbalken. In der folgenden, nach der Körpergrölse aufsteigend
geordneten Reihe geben die Zähler der Brüche die Anzahl der Querbalken,
die Nenner dagegen diejenige der Längsbalken an:
v|v
[=] (271
25 26 32 36 40
28 28 32 32 30 32
Hieraus ergiebt sich, dafs bei fortschreitendem Wachsthume sich die
Anzahl der Querbalken ziemlich bedeutend (von 25-40), diejenige der
Längsbalken dagegen nur unerheblich (von 25-30) vermehrt.
24 B.r Br SICHMnnIZRE
Berücksichtigt man das Lagerungsverhältnifs und speciell die Distanz-
unterschiede der benachbarten Balken gleicher Kategorie in den verschie-
denen Regionen des Schwammkörpers, so ergiebt sich, dafs im Allgemeinen
alle einander parallel liegenden Balken beim fortschreitenden Wachsthum
des ganzen Schwammkörpers in entsprechender Lagerung einfach aus ein-
ander rücken und dabei selbst zugleich etwas dicker werden. Dieses Aus-
einanderrücken findet bei den Längsbalken in ihrer ganzen Ausdehnung in
nahezu gleichem Mafse statt, in so fern die Breite ihres Abstandes von ein-
ander sowohl in der Mitte, wie in der Nähe des oberen und unteren Endes
etwa in gleichem Procentverhältnisse wächst.
Während bei einem 4°°5 langen Exemplare die Längsbalken oben o”"”s5,
in der ausgebauchten Mitte etwa 1"” und am unteren Ende (dicht über dem
Wurzelschopfe) wieder 0””5 weit aus einander stehen, zeigen sie bei dem
11° Jangen Schwamme oben 1"", in der Mitte 2"”””5 und unten 1"" Abstand.
Bei den Querbalken gestaltet sich dies Verhältnifs in so fern etwas anders, als
hier ihr Abstand, wenigstens bei den jüngeren Schwämmen, von dem oberen
bis zum unteren Ende der ganzen Röhre allmählich zunimmt. So beträgt z.B.
bei einem 4°°5 langen Exemplare die Querbalkendistanz in dem oberen, rein
mm
röhrenförmigen Endtheile 0""2-0”"4, auf der Grenze des oberen und mitt-
mm
leren Drittheiles der Röhre aber schon 1"”5 und steigt in der Mitte auf
2””, nahe dem unteren Ende auf 2"”5. h
Bei den gröfseren Individuen nimmt der Abstand der Querbalken von
einander von oben her bis zur Mitte eontinuirlich zu, um dann bis zum
unteren Ende ziemlich gleich zu bleiben.
Das 11°” lange Exemplar zeigt am oberen, eylindermantelförmigen
Endtheile einen Abstand der Querbalken von durchsehnittlich 1"”, auf der
Grenze des oberen und mittleren Drittheiles von 2”” und von der Mitte bis
mm
zum unteren Ende von etwa 5 Die Ursache dieser auffälligen Differenz
zwischen der Anordnung der Längsbalken und der Querbalken werden wir
in der Art des Wachsthumes des ganzen Schwammes und speeiell in dem
Orte der Entstehung der beiderlei Balken zu suchen haben.
Dals im Allgemeinen die Vermehrung der Balken durch Längsspaltung
und langsames Auseinanderrücken der Spalthälften geschieht, läfst sich aus
dem Umstande erschliefsen, dafs sich an einzelnen Stellen in so fern ganz
auffallende Abweichungen und Ausnahmen von den soeben geschilderten,
typischen Distanzverhältnissen zeigen, als gewisse Balken an einer Stelle
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 25
bedeutend verbreitert, weiterhin in der Zweispaltung begriffen, sich schliefs-
lich in zwei deutlich gesonderte Balken fortsetzen, während an anderen
Orten die ausnahmsweise dichte Lagerung zweier benachbarter Balken deut-
lich auf ihre Entstehung durch Spaltung eines einzigen hinweist.
Es ist nun bemerkenswerth, dafs solche Spaltungserscheinungen bei
den Längsbalken überhaupt selten sind und ohne jede bemerkbare Regel
bald hier bald dort auftreten, während sie bei dem Systeme der Querbalken
etwas häufiger (bei einem Schwamme gewöhnlich an drei oder vier ver-
schiedenen Stellen) vorkommen und, vorwiegend auf das obere Drittheil der
ganzen Röhre beschränkt, am häufigsten in dem obersten Röhrentheile zu
finden sind, wo die Balken am dünnsten sind und am dichtesten neben
einander liegen. Hieraus folgt, dafs das Breitenwachsthum des ganzen
Körpers, abgesehen von dem ziemlich gleichmäfsigen seitlichen Auseinander-
rücken sämmtlicher Längsbalken, mit einer gelegentlichen Längsspaltung
dieses oder jenes Längsbalkens einhergeht, ohne dafs jedoch hierbei irgend
eine bestimmte Region des Umfanges bevorzugt wäre, während an dem
Längenwachsthum neben dem hier besonders in der oberen Körperhälfte
bedeutenden Auseinanderrücken auch noch eine häufigere Spaltung der
Querbalken, und zwar besonders an dem oberen Endtheile der ganzen
Röhre, betheiligt ist.
Dafs’ dieser obere Endtheil der Röhrenwand im Allgemeinen als der
Jüngste, das untere Ende des ganzen Stützgerüstes dagegen als der älteste
Theil des ganzen Schwammkörpers anzusehen ist, geht auch aus dem Um-
stande zur Evidenz hervor, dafs alle parenehymalen Prineipalia in dem
unteren Theile der Röhre viel länger und kräftiger sind, als an dem oberen,
und dafs gerade das oberste Röhrenende dicht unterhalb der Ringzone
kräftiger Marginalia die schmächtigsten und kürzesten Prineipalia jeder Kate-
gorie enthält.
Das Wachsthum der terminalen Siebplatte geschieht, wie eine Ver-
gleichung zweier Platten verschiedenen Alters lehrt, unter Verlängerung
und Verdiekung der parenchymalen Prineipalia, ebenso durch Erweiterung
wie durch Vermehrung der Maschen mittels Abtrennung neuer Balken von
den Seitenrändern der allmählich stärker werdenden älteren Balken und der
einspringenden Winkel des schon vorhandenen Balkennetzwerkes.
Von besonderer Wichtigkeit erscheint mir die Thatsache, dafs bei
sämmtlichen mir vorliegenden Individuen in der Gröfse und Gestalt der
Phys. Abh. 1895. III. 4
26 F. E. ScHvvuze:
Nadeln des Dermal- und Gastralskeletes, sowie überhaupt aller Miero-
sclere, speciell der Graphiocome und Floricome, kein wesentlicher Unter-
schied nachzuweisen ist: höchstens läfst sich erkennen, dafs bei den kleinsten,
also jüngsten Schwämmen die Nadeln dieser Kategorie durehschnittlich etwas
zarter und schmächtiger sind. als bei den gröfseren, älteren Stücken. Auch
dürften wohl die überall vereinzelt anzutreffenden, ganz neu gebildeten
Nadeln, welche sich durch äufserste Feinheit der Haupt- und Endstrahlen
und die noch geringe Entwickelung einzelner verdickter Theile (wie z. B.
der handähnlichen Enden der Florieom-Endstrahlen Taf. II Fig. 9 und 10)
auszeichnen, bei den jüngsten Schwamm -Exemplaren verhältnifsmäfsig
zahlreicher zu finden sein. als bei den älteren und gar bei den schon
ganz ausgewachsenen.
Die dieser Beschreibung zu Grunde liegenden 10 Exemplare von Zuplee-
tella simplex stammen sämmtlich von den Andamanen, und zwar acht (5 kleine
und 3 gröfsere) von einer Localität 33"” westlich von der mittleren Andaman-
Insel aus einer Tiefe von 457", während die beiden anderen (ein kleines
und die untere Hälfte eines grofsen) zwischen Nord- und Süd-Sentinel in
einer Tiefe von 402-439 Faden erbeutet sind.
Euplectella aspera nov. spec. .
Taf. III Fig. 1-10.
Als Euplectella aspera nov. spee. will ich hier eine zweite neue Kupleetella-
Art des indischen Oceanes kennzeichnen, von welcher mir zwei allerdings
nur unvollständig erhaltene Exemplare vorliegen. Das kleinere, aber mit
ziemlich gut eonservirtem Weichkörper versehene Stück. von 5°” Länge und
2°” gröfster Breite, stellt die untere Hälfte eines schwach ausgebauchten,
geraden, röhrenförmigen Körpers dar, an dessen unterem Ende noch ein
kurzer Rest des abgerissenen Basalschopfes sitzt.
mm
Die ziemlich weit von einander stehenden, etwa 3" grofsen, kreis-
förmigen oder längsovalen Wandlücken sind nieht in Quer- und Längs-
reihen, sondern in Spiralreihen, etwa wie bei Zuplectella suberea Wyv. Th.,
angeordnet. Die grofse Ähnlichkeit mit dieser letzteren atlantischen Art
wird noch erhöht durch zahlreiche, radiär nach aufsen frei über die äulsere
mm
Oberfläche hervorragenden Stacheln von 5””" Länge, welche in regelmälsiger
Anordnung von den Kreuzungspunkten der zahlreichen longitudinalen und
ne
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 2m
transversalen Balken des Hauptstützgerüstes abstehen, sowie durch die
rauhe, höckerige, »korkähnliche« Beschaffenheit der ganzen, 2-3" dicken
Röhrenwand (Taf. II Fig. ı und 3).
Das andere, hinsichtlich des Weichkörpers weniger gut erhaltene Stück
von 11° Länge und 3°” gröfster Breite läfst die gleichen Charaktere er-
kennen, wie das erstere, doch erscheinen hier die Wandlücken entsprechend
dem höheren Alter des Schwammes weiter aus einander gerückt und auch
etwas grölser als dort. Der über 2°” lange, basale Wurzelschopf ist ver-
hältnifsmäfsig gut erhalten und war mit seinem unteren Ende in einem
Gewirre von dünnen, langen Wurmröhren verankert (Taf. III Fie. ı).
Die Principalnadeln des Stützgerüstes der Röhrenwand bestehen zur
Hauptsache aus kräftigen Oxystauractinen und Oxyhexactinen mit
mehr äufserlich liegenden, longitudinalen Strahlen von ı-3° Länge, wäh-
rend die mehr an der Innenseite der Röhre gelegenen transversalen Strahlen
gewöhnlich kürzer sind. Die rechtwinkeligen Kreuzungsstellen der longi-
tudinalen und transversalen Faserstränge weisen alternirend, sowohl in longi-
tudinaler als transversaler Richtung, ein Hexaectin und ein Stauractin auf.
Der äufsere Radialstrahl dieser kräftigen prineipalen Hexactine stellt
mm
den 5”” langen, frei vorstehenden Stachel dar, welcher zunächst an der
diekeren Basis glatt, dann aber in dem freien äufseren Theile mit anfangs
niedrigen und flachen, darauf immer höheren und sich mehr dornartig ab-
hebenden, schräg nach aufsen gerichteten Zacken besetzt ist, welche schliels-
lich nach der Endspitze des Strahles zu wieder an Gröfse abnehmen. Diesem
stark entwickelten äufseren steht ein ganz unbedeutender, fast verkümmert
erscheinender, innerer Radialstrahl gegenüber, welcher nur etwa +"" lang
wird, sich schnell stark verschmächtigt, dabei ganz glatt bleibt und mit
einem abgerundeten oder schwach kolbig verdickten Ende aufhört (Taf. III
Big. 5 057).
Die dünnen Comitalia, welche die Prineipalia der Röhrenwand in
mälsiger Anzahl begleiten, bestehen zum grölsten Theil aus Triaetinen mit
zwei langen Hauptstrahlen derselben Richtung und einem rechtwinkelig dazu
gestellten, viel kürzeren, dritten Strahle. Daneben kommen aber auch
Diaetine, Stauraetine, Pentactine und Hexactine vor, deren Strahlen fast
sämmtlich, ebenso wie diejenigen der triactinen Comitalia, mit einer schwach
kolbig verdiekten, höckerigen Anschwellung enden. Zu den Comitalia sind
auch die zahlreichen Oxydiactine von nur etwa 2"” Länge zu rechnen,
4*
28 F. E. SCHULZE:
welche in der Mitte mit einer wenig scharf abgesetzten, spindelförmigen
Anschwellung und schwach rauhen Strahlen versehen sind und in grofser
Zahl den frei vorragenden, radialen Stacheln der hexactinen Prineipalia
unmittelbar anliegen und dabei sämmtlich so gelagert sind, dafs sie nieht
ganz longitudinal gerichtet, sondern mit einer schwachen, spiraligen Drehung
eine Art Bekleidung des höckerigen resp. stacheligen Prineipals bilden
(Taf. II Fig. 4 u. 5).
In dem 2-3°” langen Ankerschopfe des älteren Exemplars lassen sich
die nämlichen beiden Ankernadelformen nachweisen, welehe. schon von
Eupl. aspergillum längst bekannt, bei Zupl. simplex oben beschrieben wurden
und wohl in gleicher Ausbildung bei allen Zuplectella- Arten vorkommen.
Auch die kräftigen, degenförmigen, hexactinen Stütznadeln der Dermal-
membran, die Hypodermalia, sowie die etwas schlankeren, pentaetinen Stütz-
nadeln der Gastralmembran, die Hypogastralia, weichen in Gestalt, Gröfse
und Anordnung nicht wesentlich von denjenigen der übrigen Euplectella-
Arten und speeiell der Zuplectella simplex, wie sie oben beschrieben wurde,
ab (Taf. II Fig. 4). Das Gleiche gilt von den parenchymalen Graphiocomen,
welche auch hier, in der äufseren Region des Weichkörpers, in der Nähe
der Dermalschicht unregelmäfsig vertheilt, aber in rechtwinkeliger Orien-
tirung zu der letzteren, wenngleich ziemlich selten, vorkommen (Taf. II
Fig. 4). Dagegen finden sich hier die bei Zuplectella simplex vermilsten,
parenchymalen Oxyhexaster eimigermafsen gleichmäfsig im Parenchyme des
Weichkörpers vertheilt. Dieselben haben einen Durchmesser von etwa 1204
und zeiehnen sich durch auffällige Zartheit der Haupt- und Endstrahlen
aus, deren letztere, in der Regel zu je drei oder vier von jedem Hauptstrahle
abgehend, ganz glatt und schwach gebogen sind (Taf. III Fig. 8).
Das an dem distalen Radialstrahle jedes degenförmigen Hypodermale
hängende Floricom zeigt ebenfalls einen Durchmesser von etwa ı 204. Auf
Jedem seiner sechs kurzen Hauptstrahlen sitzen acht bis zwölf der zu einer
blumenkelehähnlichen Figur vereinten Endstrahlen, deren verbreiterte con-
vexe Endplatte an dem halbkreisförmigen, zugeschärften, freien Aufsenrande
eine gröfsere Zahl, etwa zwölf, kleine spitze Zacken oder Zähnchen trägt
(Taf. III Fig. 9).
Zwischen diesen normal ausgebildeten Floricomen mit dicker Endplatte
der Endstrahlen finden sich hin und wieder auch solche, deren Endstrahlen
viel dünner und am äufsersten Ende nicht mit einer fast halbkugeligen
WEN
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 29
Endplatte versehen sind, sondern nur in einem etwas umgebogenen, schwach
verdiekten Kolben ohne Platte und Randzähne auslaufen (Taf. IT F ig. 10).
Ich bin geneigt, diese Nadeln nicht für eine besondere, eigenthümliche
Floricom-Form zu halten, sondern möchte sie als Jugendformen des zuvor
beschriebenen Florieomes ansehen. Dafür spricht vor allen Dingen der
Umstand, dafs sich eine ziemlich continuirliche Reihe von Übergängen
zwischen Floricomen mit ganz feinen und spitz auslaufenden Endstrahlen
bis zu den in Fig. 9 abgebildeten Formen der gewöhnlichen Art auffinden
lassen, und dafs die verhältnifsmäfsig wenigen Nadeln mit dünn auslaufen-
den Endstrahlen keine irgendwie eigenthümliche Abweichung in Gröfse,
Vertheilung oder Lagerung von den übrigen zeigt.
Das kleinere der beiden allein bekannten Stücke dieser Art, welches
auf Taf. II in Fig. ı u. 2 in natürlicher Gröfse abgebildet ist, stammt aus
der Mitte des südlichsten Theiles des Meerbusens von Bengalen, lat. N. 6° ı8'
und long. E. 90° 40', wo es in einer Tiefe von 2506-2816” gedredgt wurde.
Das gröfsere (Taf. III Fig. 3) ist bei den Laccadiven, lat. N. 119 ı2' 47",
long. E. 74° 25:5 in 1830” Tiefe erbeutet.
Zum Zwecke einer genauen Vergleichung der soeben beschriebenen
beiden indischen Eupleetellen mit den bisher bekannt gewordenen übrigen
Euplectella-Species, habe ich diese letzteren, soweit sie mir zugängig waren,
noch einmal revidirt.
Ich will hier einige der dabei gewonnenen Ergebnisse, welche zur
Erweiterung oder Correctur der bisherigen Auffassung dienen können, kurz
mittheilen, und auch zugleich die bisher bekannt gewordenen Fundorte
bei jeder Art verzeichnen.
Euplectella owenı Herkl. und Marsh.
In der ausgezeichneten Beschreibung, welche Marshall von der japa-
nischen Huplectella oweni Herkl. und Marsh. in seinen » Untersuchungen
über Hexactinelliden« gegeben hat, legt er besonderen Nachdruck auf den
Umstand, dafs sowohl die Längsbalken als die Querbalken des Hauptgitter-
gerüstes der Röhrenwand nicht, wie bei KEuplectella aspergillum, aus je einem
einfachen Faserbalken, sondern durchgängig aus je zwei völlig parallelen,
LT ne |
30 F. E. Scaurze:
durch ein, wenn auch geringes, so doch deutliches Interstitium getrennten
Balken bestehen (vergl. 1. ec. Taf. XV Fig. 54), und ist geneigt, mit diesem
Umstande die Anordnung der Wandlücken in geraden Quer- und Längs-
reihen, statt in schrägen Spiralreihen, wie bei &. aspergillum, in Beziehung
zu bringen.
Ich mufs gestehen, dafs ich mich von einem solchen regelmäfsigen
Aufbau des Hauptstützgerüstes aus parallelen Balkenpaaren nicht habe
überzeugen können. Vielmehr finde ich an den von mir studirten Stücken
dieser Art die Längs- und Querbalken des Hauptstützgerüstes vorwiegend
einfach und sehe sie in der gleichen Art gebaut, wie bei Huplectella sim-
plex. Freilich kann man auch hier, wie ich schon im Chall. Report 1. e.
S. 79 angedeutet habe, (und zwar nicht nur an jungen, sondern auch an
ziemlich grofsen, also älteren Exemplaren) einzelne Balken in Längsspaltung
begriffen oder in verschiedenen Phasen des Auseinanderrückens sehen,
ähnlich wie dies bei E. simplex bei einzelnen Längsbalken, am oberen Ende
der ganzen Röhre auch bei manchen Querbalken vorkommt. Indessen sind
diese vereinzelten Abweichungen von dem normalen Verhalten wohl hier
ebenso wie dort auf Wachsthumsvorgänge zu beziehen.
Auch bei dieser Species ist es mir gelungen, Graphiocome unter der
äufseren Hautschicht im Parenchyme anzutreffen.
Die bisher bekannt gewordenen Stücke von Kuplectella oweni stammen
sämmtlich aus den japanischen Meeren.
Euplectella aspergillum R. Owen.
Wenn auch bei dieser am längsten bekannten und am besten studirten
Species die Aussicht auf Gewinnung neuer bisher noch nicht bekannter That-
sachen nur gering sein konnte, so habe ich doch auch diese noch einmal
vorgenommen und dabei immerhin einige beachtenswerthe Untersuchungs-
resultate erzielt.
Das Wichtigste dürfte wohl die sichere Constatirung von typischen
Graphiocomen sein, welche ich zuerst in einem jungen Schwamme ent-
deckte und sodann auch an älteren Individuen in der äufseren, d. h. der
subdermalen, Region der Röhrenwand ziemlich häufig gefunden habe.
Dabei will ich ausdrücklich bemerken, dafs ich mich nieht etwa habe
täuschen lassen durch jene zarten rhaphidenähnlichen Comitalnadeln der
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Hexactinelliden des indischen Oceanes. 31
degenförmigen Hypodermalia, welche zuerst von Marshall erkannt und in
der Fig. 61 und 62 seiner Hexactinelliden- Untersuchungen in der Zeitschr.
f. wissensch. Zool. Bd. XXV Suppl. in situ abgebildet und kurz als » Borsten-
nadeln« bezeichnet sind. Diese letzteren habe ich zwar recht häufig, aber
nicht beständig und auch nicht an allen Strahlen der hexactinen Hypo-
dermalia (wie Marshall sie zeichnet) angetroffen. Gewöhnlich waren sie
nur (und zwar in sehr wechselnder Zahl) neben dem distalen Radialstrahle
zu finden, wo ich sie auch in Chall. Report Tab. IV Fig. 4 gezeichnet habe,
nicht selten fehlten sie auch ganz.
Vielleicht sind diese eomitalen Rhaphiden bei recht alten und kräf-
tigen Schwamm-Exemplaren reichlicher und stärker als bei jüngeren und
schwächeren ausgebildet.
Die wohlbekannte Heimat von Zupleetella aspergillum sind die Phi-
lippinen, wo sie bei der kleinen Insel Zebu aus dem etwa 180" tiefen
Schlammboden mittels eines eigens dazu eonstruirten harkenähnlichen Appa-
rates in Menge heraufgeholt werden.
Euplectella jovis OÖ. Schmidt.
Die dureh ihre parenchymalen Sigmen und die auffälligen Scepter-
nadeln in der Umrandung der Wandlücken ausgezeichnete Zuplectella jowis
OÖ. Schm. besitzt in dem Hauptstützgerüste ihrer Röhrenwand aufser jenen
starken Oxypentactinen, deren 1— 2°” langer, frei vorragender, glatter Radial-
strahl von zahlreichen -Diactinen mit Centralknoten (Kompafsnadeln) um-
hüllt ist, auch noch kräftige Oxystauractine, welche ich früher über-
sehen hatte. Zwar habe ich bei dem kleinen, mir augenblicklich allein zu
Gebote stehenden Bruchstücke dieser eigenthümlichen Zuplectella-Species
keine Graphiocome auffinden können, woraus jedoch noch keineswegs zu
folgern ist, dafs Euplectella jovis keine Graphiocome besitze.
Gefunden wurde Zuplectella jovis bisher nur in der Bai von Mexiko,
1
und zwar bei St. Lucia in 773” und bei Grenada in 760” Tiefe.
Euplectella suberea Wyv. Thoms.
Trotz der grofsen äufseren Ähnlichkeit der Eupl. suberea mit Eupl. jovis
und Hupl. aspera, unterscheidet sie sich von diesen beiden Arten doch in
den Skeletstücken wesentlich. Unter den starken Nadeln, welche das Haupt-
32 BE. E. ScHurz®:
stützgerüst der Röhrenwand bilden, fehlen hier die einfachen Oxystauractine.
Die frei vorragenden Distalstrahlen der prineipalen Pentactine sind glatt,
jedoch mit rauhen, oxydiaetinen Kompafsnadeln umkleidet.
Graphiocome konnte ich weder in der äufseren Parenchymschicht,
noch sonst irgendwo auffinden.
Von der Challenger-Expedition bei Gibraltar in 1097” und bei Bahia
in 1993" Tiefe erbeutet, wurde Zuplectella suberea nach dem Berichte von
Milne Edwards und Filhol bei den Expeditionen des Travailleur und
Talisman in Tiefen von 900 bis über 3000” im Gebiete des nördlichen
atlantischen Oceanes weit verbreitet und an einigen Stellen sogar häufig
angetroffen.
Euplectella cucumer R. Owen.
Im Hauptstützgerüste kommen grolse, kräftige Oxypentactine vor. Falls
die von Owen auf Taf. XXI Fig. 5 seiner Beschreibung abgebildete und als
»multiradiate spieule« bezeichnete Nadel wirklich richtig gezeichnet ist,
würden neben den Pentactinen, welche ich selbst fand, auch Hexaetine
ähnlicher Bildung vorkommen.
In den Fragmenten der äufseren Parenchymschicht, welche ich von
dem im British Museum in London aufbewahrten Original entnehmen konnte,
liefsen sich zwar die degenförmigen Dermalia mit Rhaphidenbelag des radialen
äufseren Strahles, ferner die typischen Oxyhexaster des Parenchymes und
Florieome, ähnlich denjenigen von Eupl. aspergillum erkennen, doch gelang
der sichere Nachweis von Graphiocomen nicht.
Das einzige bekannte Exemplar soll von den Seychellen stammen.
Euplectella nodosa F. E. Sch.
In dem Hauptstützgerüste erscheinen als Prineipalia nur kräftige Oxy-
pentactine, deren glatter Radialstrahl am Ende mit einfachen Kompafsnadeln
gedeckt sein kann, welche letzteren aber auch häufig den vorstehenden,
distalen Radialstrahl mancher subdermalen, degenförmigen Hexactine um-
kleiden und überragen.
Das Vorkommen von Graphiocomen mit langen Endstrahlbüscheln ist
leicht festzustellen, doch finde ich daneben noch andere mit kürzeren
(nur 204 langen) und stärker divergirenden Endstrahlen. Ob auch Oxy-
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 33
hexaster vorhanden sind, kann ich nieht sicher entscheiden, da die ge-
fundenen Bruchstücke derselben wirklich zum Schwamme gehörig oder nur
eingespült sein können.
Auffällig ist die geringe Zahl der Ankerzähne, deren ich stets nur
drei oder höchstens vier sah.
Das einzige bekannt gewordene Exemplar dieser Art wurde von der
Challenger-Expedition bei den Bermudas-Inseln gefunden.
Euplectella cerassistellata F. E. Sch.
Die Prineipalia des Stützgerüstes sind sämmtlich Hexatine, deren innerer
Radialstrahl stark redueirt ist. Ihre zur Bildung des quadratischen Maschen-
werkes des Röhrengerüstes zusammentretenden, longitudinalen und trans-
versalen Strahlen sind von zahlreichen und verhältnifsmäfsig dicken, lan-
gen, diaetinen, central verdickten Comitalien dieht umlagert.
Während die auffallend starken Oxyhexaster mit verhältnifsmäfsig lan-
gen und sehr dicken Hauptstrahlen und je drei bis fünf kurzen, vom breiten
distalen Ende jedes Hauptstrahles ziemlich stark divergirenden Endstrahlen
in grofser Anzahl vorhanden sind, habe ich von Graphiocomen nichts ent-
deeken können.
Die Kelche der Floricome setzen sich durchschnittlich aus neun oder
zehn Endstrahlen zusammen, deren dicke Endplatte an dem zugeschärften
Aufsenrande sieben oder mehr kleine Zacken aufweist.
Das einzige, leider stark lädirte Stück dieser eigenartigen Species ist
von der Challenger-Expedition etwa in der Mitte des Stillen Oceanes,
lat. S. 7°25', long. W. 152° ı5', in der bedeutenden Tiefe von 5026” auf
Radiolarienschlamm gefunden.
Hinsichtlich der neuerdings von Ijima bei Japan aufgefundenen und
vorläufig im Zoologischen Anzeiger, Nr. 459 S. 365, kurz charakterisirten
Euplectella ümperialis Ijima möchte ich erst die in baldige Aussicht ge-
stellte ausführliche Darstellung abwarten, bevor ich sie in mein System
aufnehme.
Phys. Abh. 1895. III. 5
34 FE. E. Schurze:
Regadrella ©. Schm.
Regadrella phoenix OÖ. Schm.
Die zuerst von Ösear Schmidt in seinen »Spongien des Meerbusens von
Mexiko« im Jahre 1880 beschriebene Regadrella phoenix, welche nicht, wie die
Euplectella-Arten, mit einem basalen Nadelschopfe im Schlamme wurzelt, son-
dern mit einem knorrigen unteren Endtheile einer festen Unterlage aufgewach-
sen ist, unterscheidet sich auch in anderer Beziehung mehrfach von den echten
Eupleetellen und nähert sich meiner Gattung Taegeria so sehr, dafs ich Jetzt,
nach wiederholter Durcharbeitung der mikroskopischen Nadeln und beson-
ders der Microseleren, zu dem Ergebnisse gelangt bin, dafs diese Species aus
der Unterfamilie der Eupleetellinae in diejenige der Taegerinae zu versetzen ist.
Hierfür sprieht zunächst die unregelmäfsige Vertheilung der Wand-
lücken, welche wesentlich bedingt ist durch das Fehlen von regelmälsig
angeordneten longitudinalen und transversalen Balken des Stützgerüstes. Das
letztere stellt hier vielmehr ein aus schräg liegenden oder spiraligen Faser-
zügen gebildetes, ziemlich unregelmäfsiges Balkennetz dar. Ein besonders
wichtiger Umstand, welcher die Abtrennung der Regadrella von den Euplec-
tellinen fordert, scheint mir ferner in der abweichenden Bildung der paren-
chymalen Hexaster gegeben zu sein. Wie ich schon in meinem Chall. Report
S.84 mitgetheilt habe, laufen die Endstrahlen dieser zahlreich vorhandenen
Mieroselere nicht in einfache Spitzen aus, sondern tragen am Ende drei
oder vier quer abstehende, einwärts gekrümmte, spitz auslaufende und zu-
sammen einen Wirtel bildende feine Strahlen von etwa 5u Länge. Leider
giebt die 1. ec. auf Taf. XII in Fig. 3 enthaltene Abbildung keine richtige
Vorstellung von diesem Verhältnisse, welches auch noch durch den Umstand
verdunkelt wird, dafs ich dort die betreffende Nadelform als » Diseohexaster «
bezeichnet habe. Wenn auch diese 3 oder 4 krallenartig gekrümmten End-
anhänge in ihrer Gesammtheit zweifellos der sonst so häufigen, mehr oder
minder lange Zähnchen tragenden Endscheibe sehr nahe verwandt ist,
so will ich für die ganze Nadelform doch lieber, um falsche Vorstellungen
zu verhüten, eine besondere Bezeichnung einführen und diese Sorte von
Hexastern nicht mehr Discohexaster, sondern wegen der Ähnlichkeit der vom
Endpunkte der Endstrahlen aus quer abstehenden gekrümmten Strahlen mit
einer Vogelklaue, övv&, Onychaster nennen.
Gefunden ist die Regadrella phoenix bisher nur im Golf von Mexiko
bei Barbados in 404 und 526”, sowie bei Santa Cruz in 453” Tiefe.
|
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 35
Taegeria F. E. Sch.
Taegeria pulchra F.E. Sch.
Der im Chall. Report S. 94-96 gegebenen Beschreibung dieser zier-
‘ lichen Form will ich die Notiz hinzufügen, dafs hier und da eines der oxy-
hexactinen Hypodermalia seine Nachbarn durch kräftige Entwickelung weit
überflügelt und einen besonders langen Distalstrahl aufweist, welcher, bis
zu 3" lang, 304 diek und mit comitalen Diaetinen dicht bekleidet, weit
über die Oberfläche frei vorragt.
In Betreff der so auffallenden, bei dem einzigen bekannten Exemplare
des centralen Schlufsstückes entbehrenden Strahlenkrone, mit welcher die
obere Endöffnung überwölbt erscheint, ist wohl anzunehmen, dafs es sich
nur um die stehen gebliebenen Radialstrahlen einer gewölbten Siebplatte
handelt, deren Mitteltheil verloren gegangen ist. Diese Auffassung wird
besonders dann plausibel, wenn man die gewölbte Siebplatte von Dietyaulus
elegans, einer später ausführlich zu beschreibenden neuen indischen Form,
zur Vergleichung herbeizieht. Dort finden sich nämlich die gleichen, von
prineipalen Marginalia entspringenden, langen radialen Strahlen in dersel-
ben Ausbildung, wie bei Taegeria pulchra, aufserdem aber noch mit jenen in
Zusammenhang ein centraler Theil der Siebplatte in Gestalt einer mit unregel-
mäfsigen Randausläufern versehenen mittleren Sternplatte (Taf. IV Fig. ı).
Gefunden ist Taegeria pulchra in der Nähe der Fidji-Insel Kandavu
armsenor 7, 50... long. Px 178° 19. 35 ın vrı5 Tele.
Zu den intermediären microseleren Parenchymalia gehören auch zarte
Oxyhexactine mit gekrümmten Seitenstacheln und Graphiocome.
Walteria F. E. Sch.
Walteria flemmingi F.E. Sch..
Die im Chall. Report S. 96-98 unter dem Namen Walteria flemmingi
besehriebene Art steht in mancher Hinsicht Taegeria pulchra nahe.
Die Differenz der äufseren Erscheinung ist zum gröfsten Theile durch
die an dem einzigen bekannten Exemplare von Walteria flemmingi zahlreich
vorhandenen commensalen Hydroiden bedingt, und da hier das eine, wahr-
scheinlich obere, Ende fehlt, so läfst sich über die Siebplatte kein Ur-
theil gewinnen. Vergleicht man aber die einzelnen Skelettheile beider
Formen mit einander, so zeigt es sich, dafs die prineipalen Macrosclere
5*
36 RE SCHULZE:
ähnlich sind und nur darin einen geringen Unterschied zeigen, dafs bei Wal-
teria flemmingi, entsprechend der gröfseren Unregelmäfsigkeit der Figura-
tion des Balkennetzes, weniger Stauractine und dafür mehr Triactine und
Diaectine zu finden sind, als bei Taegeria pulchra. Ebenso weichen die Hypo-
gastralia kaum, die Hypodermalia nur in so fern von einander ab, als sie
bei W. flemmingi einen gegen das äufsere Ende etwas stärker verdickten
und breiter abgerundeten Distalstrahl besitzen, als bei T. pulchra. Als mi-
crosclere Parenchymalia treten bei beiden Arten hauptsächlich Diseohexaster,
und zwar in grofser Menge, auf, während bei W. flemmingi aufserdem auch
noch die bei Regadrella bereits erwähnten Onychaster zu finden sind,
welche bei T. pulchra fehlen.
Zwischen den Discohexastern ist der Unterschied nur ein gradueller, in
so fern die Zahl der Endstrahlen bei den meisten Discohexastern von W. flem-
mingi grölser ist, als bei denjenigen von T. pulchra, wo neben den zahl-
reich vorhandenen Discohexastern noch einige Discohexactine von gleichem
Charakter zu finden sind.
Charakteristisch für W. flemmingi sind dagegen die bei T. pulchra fehlen-
den parenchymalen Onychaster.
Unbedeutend erscheint die Ungleichheit der Floricome, welche bei
W. flemmingi eine gröfsere Zahl von Endstrahlen (etwa 15) aufweisen, als
bei T. pulchra, wo deren nur 6-8 auf einen Hauptstrahl kommen.
Die im Chall. Report von mir nur für Taegeria pulchra angegebenen
subdermalen grofsen Graphiocome finden sich, wie ich nachträglich erkannt
habe, an derselben Stelle und in der gleichen Ausbildung auch bei Walteria
Slemmingi.
Walteria flemmingi ist in einer Tiefe von 1152” im Stillen Ocean, nörd-
lich von den Kermadee-Inseln, gefunden.
Dictyaulus nov. gen.
Dietyaulus elegans nov. spec.
Taf. IV Fig. ı—-22.
Durch Eleganz der Gesammterscheinung und Reichthum an wunder-
vollen microseleren, parenchymalen Hexastern verschiedener Bildung zeichnet
sich unter den Spongien der Investigator-Ausbeute eine leider nur im oberen
cm
Theile in einer Länge von 10°” erhaltene, dünnwandige, kreisrunde Röhre
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 37
von 5°” Durchmesser aus, deren quere obere Endöffnung von einem schwach
verdickten Randsaume eingefalst und durch eine zierliche, uhrglasähnlich
vorgewölbte, weitmaschige Siebplatte mit radiären Randbalken und einem un-
regelmäfsig sternförmigen, platten Centralknoten gedeckt ist (Taf. IV Fig. r).
mm
Die im Durehsehnitte nur etwa 1”"” dieke Röhrenwand ist durchbrochen
mm
von zahlreichen 1-2" weiten, kreisrunden Wandlücken, welche, im Centrum
dellenförmiger Vertiefungen gelegen, von einer dünnen Ringmembran um-
grenzt sind und in ziemlich regelmäfsiger Anordnung longitudinale und trans-
versale Reihen von 3-4"" Abstand bilden. Bedingt wird diese schon bei
Euplectella oweni und Euplectella simplex bekannte Stellung der Wandlücken
in rechtwinkelig sich kreuzenden Längs- und Querreihen hier ebenso wie
dort durch den Umstand, dafs in fast sämmtlichen Maschen des qua-
dratischen Skeletbalken -Gitternetzes die Röhrenwand von je einer eentralen
Wandlücke durchsetzt ist. Während der Abstand der longitudinalen Haupt-
skeletbalken im Allgemeinen überall gleich bleibt, läfst sich in dem Ab-
stande der Querbalken ebenso wie bei Euplectella princeps und oweni vom
oberen Randsaume bis zum unteren abgerissenen Ende des Röhrenstückes
eine Zunahme erkennen. Dafs dabei in beiden Systemen ausnahmsweise
hier oder dort in so fern vereinzelte Abweichungen vorkommen, als durch
gelegentliche Längsspaltung eines Balkens in zwei auseinander weichende
Hälften ein schmalerer Abstand bedingt ist, wird durch die obigen Mit-
theilungen über das Wachsthum von Zuplectella princeps verständlich.
Als Grundlage des ganzen quadratischen Skeletbalkengerüstes der Röhre
dienen kräftige Prineipalnadeln von 60-1004 Strahlendicke, welche hier
ausschliefslich einfache, glatte Oxystauractine sind.
Indem sich die langen Strahlen der hinter einander folgenden Nadeln
dicht an einander fügen, sieht man gewöhnlich zwei bis drei derselben neben
einander liegen. Begleitet und umhüllt werden dieselben von zahlreichen
triactinen und tetractinen, seltener diaetinen oder pentactinen Comitalia mit
sehr langen, jedoch nur 10-204 dicken, glatten Strahlen, deren zugespitztes
Ende gewöhnlich mit Höckern oder kleinen Rauhigkeiten besetzt ist.
Bemerkenswerth erscheint der Umstand, dafs hier nicht, wie bei
Euplectella simplex und anderen Euplectella-Arten, die so gebideten Faser-
balken in der Weise angeordnet sind, dafs die transversalen durchgängig
einwärts von den longitudinalen verlaufen, sondern nach Art eines (aller-
dings nicht ganz regelmäfsigen) Flechtwerkes bald innen, bald aufsen von
38 RB. BE: ScHuLzE£:
diesen liegen, bald auch an beiden Seiten der letzteren auftreten, so dafs
dann die Longitudinalfasern gleichsam durch einen Spalt des Querfaser-
balkens durchziehen.
Ähnlich verhalten sich die beiden schwächeren, ebenfalls nahezu recht-
winkelig sich kreuzenden und fast nur aus schlanken triactinen und tetrae-
tinen Nadeln mit langen, dünnen Strahlen bestehenden Systeme der diago-
nalen, spiralig gewundenen Faserstränge, welche wie bei Euplectella, zwar
hauptsächlich an der äufseren Seite des zuvor beschriebenen Hauptgerüstes
liegen, aber doch auch hier und da mit einzelnen Nadelzügen unter (d.h.
nach innen von) den transversalen und gelegentlich auch den longitudinalen
Balken desselben hinziehen, so dafs ein Geflecht ähnlich demjenigen unserer
Rohrstühle entsteht.
Eben so wie bei Zuplectella wird die äufsere Hautschicht durch ziemlich
kräftige degenförmige Oxyhexactine, die Gastralmembran dagegen durch
reine Oxypentactine ähnlichen Kalibers gestützt.
Das die gefaltete Kammerlage enthaltende, vorwiegend an der äufseren
Seite des Gitterstützgerüstes entwickelte Weichkörperparenchym wird aufser
durch die langen radialen Strahlen der Hypodermalia und Hypogastralia
auch noch durch ziemlich reichlich vorhandene, parenchymale Oxyhexactine
gestützt, welche mit rechtwinkeliger Orientirung zur Oberfläche in ein oder
zwei Lagen vorkommen. Ihre 100-1504 langen und etwa au dicken
Strahlen sind stets ganz gerade und entweder glatt oder mit ziemlich langen,
schwach gebogenen, rechtwinkelig abstehenden Dornen spärlich besetzt
(arılVeRie722)):
In besonders reicher und mannigfaltiger Entwickelung finden sich die
parenchymalen Hexaster durch den ganzen Weichkörper zerstreut. Am
zahlreichsten sind Discohexaster verschiedener Grölse vorhanden. Von jedem
der sechs kurzen, dieken und am distalen Ende noch etwas verbreiterten
Hauptstrahlen geht eine gröfsere Anzahl, meist fünf, sieben oder neun
längerer Endstrahlen ab, welche am distalen Ende eine kolbige Verdiekung
erfahren und schliefslich mit einer queren, convexen, kreisförmigen End-
scheibe enden, deren zugeschärfter Rand in sechs bis acht schwach zurück-
gebogene radiäre Zacken ausläuft (Taf. IV Fig. 8-12).
Die Richtung der sämmtlichen Endstrahlen eines Discohexasters ist in
der Regel derartig, dafs alle nahezu gleich weit von einander entfernt sind
und die sämmtlichen Endquirle in einer Kugeloberfläche angeordnet sind.
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 39
Die am reichliehsten vorhandenen Discohexaster haben einen Durch-
messer von etwa 2004. Daneben kommen mittlere von 1604 und auch
zahlreiche kleinere von nur 1oou und selbst solche von nur Sou Durch-
messer vor.
Eine andere Art von Hexastern zeichnet sich besonders dadurch aus,
dafs die am Distalende jedes Endstrahles befindliche kreisscheibenartige,
quere Verbreiterung sich an ihrem zugeschärften Rande in sechs bis acht
lange, stark zurückgebogene und dem centralen Endstrahle selbst wieder
parallel laufende, dünne, fadenförmige Zinken fortsetzt, welche zusammen
mit der Endscheibe eine tiefe Glocke bilden (Taf. IV Fig. 13-15).
Wegen dieser auffälligen Glockenform der terminalen Verbreiterung
jedes Endstrahles werde ich diese Hexaster als Codonhexaster bezeichnen.
Ich habe zwei verschiedene Formen derselben gefunden, welche sich nicht
nur durch die Gröfse, sondern auch durch die Gesammtform und durch
die Anzahl der Endstrahlen unterscheiden.
Die grölsere Form. welche ich zuerst beschreiben will, hat einen Ge-
sammtdurchmesser von 60-8ou. Von einem kleinen Centralknoten gehen
die etwa 6u langen schlanken Hauptstrahlen ab, und von deren geringer
Endverbreiterung strahlen wieder je fünf bis sieben ganz feine, gerade End-
strahlen von 24-304 Länge aus. Jede der letzteren trägt an ihrem Distal-
ende einen glockenförmigen Aufsatz, welcher aus einer kleinen centralen,
convexen Querscheibe mit sechs bis acht rückläufigen, feinen, stäbchenför-
migen Randstrahlen besteht, welche, parallel mit dem centralen Endstrahl
verlaufen. Die Länge dieser kleinen Stäbcehenglocken beträgt etwa Sa, ihre
Breite 4u (Taf. IV Fig. 14 und ı5). Da die Endstrahlen mit solchen Stäbchen-
glocken sämmtlich etwa in gleicher Entfernung vom Centrum des Codon-
hexasters enden, so hat das letztere als Ganzes annähernd einen kugeligen
Grenzumfang (Taf. IV Fig. 13).
Etwas anders stellt sich in der äufseren Erscheinung die kleinere
Codonhexaster-Form dar, welche nur einen Durchmesser von etwa 404
hat und wegen der Zartheit aller ihrer Theile ziemlich schwer zu sehen
ist. Hier ist die Anzahl der von je einem der Su langen Hauptstrahlen
ausgehenden zarten Endstrahlen bedeutend gröfser. Ich schätze sie auf
etwa 30, so dafs die Nadel im Ganzen etwa 180 Endstrahlen besitzen
dürfte. Die auf jedem Endstrahlenende aufsitzende kleine Stäbehenglocke
ist nur etwa 3a lang und halb so breit. Bemerkenswerth ist der Umstand,
40 F. E. ScHtvıze:
dafs der äufsere Umfang der von je einem Hauptstrahlende ausstrahlenden,
glockentragenden Endstrahlen mit ihren zugehörigen Glocken einen Kugel-
flächenabschnitt bildet, dessen Mittelpunkt nicht im Centrum des ganzen
Codonhexaster, sondern in dem distalen Ende des betreffenden Hauptstrahles
liegt. Aus diesem Grunde erscheint der Gesammtumfang der Nadel nicht
kugelig, sondern es setzt sich die Aufsenfläche dieser kleinen Codonhexaster
aus sechs einzeln vorspringenden Kugelsegmenten zusammen, deren Radius
immer je einem Endstrahle entspricht (Taf. IV Fig. 21).
Minder häufig als die Codonhexaster werden parenchymale Hexaster
angetroffen, deren Endstrahlen im Kranz gestellt sind und bis an das spitze
distale Ende ganz ungetheilt bleiben. Auch von solehen sind zwei ver-
schiedene Formen vorhanden, welche ich als Drepanocom (von öperavn
Sense, Sichel, und koun Haar) und Sigmatocom benennen werde. Das
60-704 grolse Drepanocom trägt auf der kleinen Endverbreiterung jedes
seiner etwa $u langen, schlanken Hauptstrahlen einen Wirtel von sieben
oder acht Endstrahlen, welche am Ende ihres schwach S-förmig gebogenen,
innen sehr dünnen, nach dem Lateralende zu allmählich etwas verdickten,
etwa 274 langen Stieles ein spitz auslaufendes, sehr schwach gebogenes
Endstück trägt, welches wie die Klinge einer Sense vom Stiel schräg nach
aulsen und rückwärts gerichtet ist (Taf. IV Fig. 16 und ı7). Man könnte
diese Bildung, welche sehr an die grofsen Endstrahlen jener von Oscar
Schmidt bei seiner Hertwigia faleifera beschriebenen und als »Sichel-
rosette« bezeichneten, von mir später bei meinem Trachycaulus gurlitti
wiedergefundenen Nadel erinnert, vielleicht in eine Reihe bringen mit den-
jenigen Floricomen, welche am Lateralende ihrer Endstrahlen statt der
rundlichen Platte mit mehreren Randzähnen nur einige wenige, oft sogar
nur zwei verlängerte Zähne von ähnlicher Stellung wie die einer Sensen-
klinge entsprechende Theile unserer Drepanoceome tragen (Taf. IV Fig. 7).
Als Sigmatocome bezeichne ich dagegen solche Hexaster, welche
zwar im Übrigen den eben beschriebenen Drepanoeomen gleichen, jedoch
einen erheblich gröfseren Gesammtdurchmesser haben, und bei welchen der
Sensenklingen-ähnliche Endtheil der Endstrahlen nieht schräge zurück-
gebogen, sondern in der direeten Verlängerung des äufseren 'Theiles
des S-förmig gebogenen Stieltheiles des Endstrahles schräge nach aufsen
gerichtet, vorgestreckt erscheint, wodurch der ganze (den Endstrahlen der
Drepanocome gegenüber stark verlängerte) Endstrahl sich wie ein lang-
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 41
gezogenes S ausnimmt. Der Gesammtdurchmesser dieser übrigens sehr
leicht zerbrechenden Sigmatocome beträgt etwa 150u: die Endstrahlen allein
messen 60-804, wovon etwa 154 auf den schwach abgesetzten Endtheil
kommen (Taf. IV Fig. 18 und 19).
Zu diesen verschiedenartigen parenchymalen Hexastern kommen noch
die an dem frei vorstehenden, distalen Ende der degenförmigen Hypo-
dermalia anhängenden Florieome, welche übrigens von den gleichgelagerten
Floricomen der meisten Zuplectella- Arten nieht wesentlich abweichen. Sie
haben einen Durchmesser von etwa 1004. Die Zahl der von je einem
Hauptstrahle abgehenden, S-förmig gebogenen Endstrahlen beträgt meistens
acht. Die eonvexe Endscheibe, welche das Ende des kräftigen Distaltheiles
jedes Endstrahles bildet, zeigt am zugeschärften Rande fünf oder sieben
kleine spitze Zähnchen (Taf. IV Fig. 3 und 4).
Gelegentlich traf ich auch Florieome mit schwach entwickelter End-
scheibe am distalen Ende der Endstrahlen und mit einer geringeren Zahl
von Randzähnchen und selbst solehe mit nur zwei grofsen Randzälhnen,
welehe dann recht auffällig den früher beschriebenen Drepanocomen des
Parenchymes gleichen (Taf. IV Fig. 6 und 7).
Ob diese Floricome mit nur zwei Zähnchen am distalen Ende der End-
strahlen ebenso wie die übrigen typischen Florieome auch den frei vor-
stehenden Distalenden der degenförmigen Hypodermalia ansafsen oder, wie
die ihnen jedenfalls nahe verwandten Drepanocome, dem Parenchyme des
Weichkörpers angehörten, kann ich nicht angeben, da ich sie nur selten
und niemals in situ angetroffen habe.
Bemerken will ich übrigens noch, dafs alle Hexaster mit Endverdiekungen
oder Endscheiben in jüngeren Entwickelungszuständen zwar schon ihre volle
Gröfse zeigen, aber viel schlankere Haupt- und Endstrahlen und besonders
viel kleinere Endscheiben oder Endverdickungen der letzteren besitzen. Es
scheinen eben alle radiären Strahlen gleich bei dem Entstehen des Hexasters
zwar schon ihre volle Länge zu erreichen, dann aber erst allmählich ihre
Verdiekung und ihre localen seitlichen Anhänge zu erhalten.
Da nur der obere Theil des ganzen Schwammes erhalten ist, kann
ich über die Art der Befestigung, ob durch Verankerung im Schlamme
mittels eines basalen Wurzelnadelschopfes oder durch direetes Aufgewachsen-
sein des unteren Gitterrohrendes auf einem festen Körper, nichts Sicheres
aussagen. Ich will jedoch nicht unterlassen zu erwähnen, dafs ich im
Phys. Abh. 1895. III. e
42 F. E. Scauvrze:;
unteren Theile des mir vorliegenden Bruchstückes eine pentactine Anker-
nadel mit vier queren, im Kreuz gestellten, etwas empor gebogenen und mit
Axenkanal versehenen Zähnen angetroffen habe, was auf das Vorhanden-
sein eines basalen Wurzelschopfes hindeuten dürfte.
Als feste Grundlage des deutlich markirten, verdiekten, oberen Rand-
saumes der Röhre dienen kräftige oxhexactine Principalia, deren sechs glatte
Strahlen von 60-1004 Dicke und verschiedener Länge zwar vom Nadel-
centrum zunächst rechtwinkelig zu einander entspringen, dann aber nur
zum Theil geradeaus laufen, zum Theil eigenthümliche charakteristische
Biegungen erfahren. Während nämlich der in der Röhrenwand longitudinal
orientirte untere Strahl, welcher eine erhebliche Länge erreicht, ebenso wie
die beiden kurzen radiär gerichteten Strahlen, ganz gerade bleibt, erfahren
die beiden langen tangentialen Strahlen eine geringe, der kreisförmigen
Rundung des Röhrenquerschnittes entsprechende Biegung. Der ebenfalls
recht lange (1—2°”) obere, zur Bildung der radialen Strebepfeiler der Sieb-
platte dienende Strahl erscheint bald nach seinem Ursprung zur Bildung
des flachen Gewölbes der Siebplatte stark nach innen gebogen.
mm
I
Der nur etwa hohe, schräg nach oben und aufsen vorragende
Rand-Nadelsaum wird von den stark verlängerten und mit kleinen seit-
lichen Zacken und Dornen reichlich besetzten distalen Radialstrahlen der
hier am obern Röhrenrande besonders kräftig entwickelten und stark ver-
längerten degenförmigen Hypodermalia hergestellt.
Die Balken des weitmaschigen Gitters der Siebplatte bestehen zum
gröfsten Theile aus Oxydiaetinen mit Centralknoten, welehe, in Zügen par-
allel gelagert, sehr verschiedene Dicke und Länge haben: daneben sind
recht häufig ähnliche Triaetine, deren kurzer, rechtwinkelig zur Längsrich-
tung vorstehende Strahl häufig stumpf abgerundet endet. Aufserdem kom-
men Stauractine und an den Knotenpunkten des Gitters hier und da auch
Hexactine mit verschieden langen Strahlen vor.
An allen dickeren Partien des Balkennetzes der Siebplatte und besonders
in dem centralen Theile desselben ist aulser der dermalen und gastralen Deck-
membran von typischem Bau auch etwas Parenchym vorhanden, dessen Bau und
Nadeln sich nicht wesentlich von denjenigen der Röhrenwand unterscheiden.
Als Fundort des einzigen, soeben beschriebenen Stückes dieser zier-
lichen neuen Art wird lat. N. 10°47'45", long. E. 72° 40' 20" bei den Laeca-
diven und eine Tiefe von 1290” angegeben.
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 43
Da sich durch die hier mitgetheilten Untersuchungsergebnisse nicht nur
die Zahl der bisher bekannten Eupleetelliden vermehrt, sondern auch die
Vorstellung von dem Baue mancher bereits bekannten Art zum Theil
wesentlich geändert hat, so wird es zweckmäfsig sein, den Einflufs dieser
neugewonnenen Thatsachen auf die systematischen Begriffe innerhalb der
Familie festzustellen und schliefslich eine neue systematische Übersicht der-
selben zu geben.
Unverändert kann dabei der allgemeine Familiencharakter bleiben.
Auch finde ich keinen Grund, die von mir früher aufgestellte kurze Cha-
rakteristik der Holascinae wesentlich zu ändern.
Anders steht es dagegen mit den beiden Subfamilien der Zuplectellinae
und Taegerinae.
Für die Angehörigen dieser beiden nahe verwandten Gruppen ist als
positives Merkmal der überall nachgewiesene Besitz pentaetiner Hypo-
gastralia besonders hervorzuheben, wodurch sie von den durchgängig mit
hexactinen Hypogastralia versehenen Holascinae ebenso scharf geschieden
sind, wie durch den Besitz der Wandlücken.
Für die Unterscheidung der Zuplectellinae von den Taegerinae war bisher
hauptsächlich die Differenz in der Bildung des die Röhrenwand stützenden
Balkengitternetzes, sowie die Form und Anordnung der Wandlücken mals-
gebend. Ich bin jedoch zu der Überzeugung gekommen, dafs diese Unter-
schiede für die Beurtheilung des Verwandtschaftsgrades hier geringere
Wichtigkeit haben als die Unterschiede in der Gestalt der Microselere.
In dieser Beziehung ist hervorzuheben, dafs nach Ausscheidung der Gattung
Regadrella bei den Kuplectellinae weder Discohexaster noch Onychaster, son-
dern nur microsclere Parenchymalia mit einfachen ungetheilten, spitz aus-
laufenden Endstrahlen vorkommen, welche entweder echte Oxyhexaster
sind oder (wie bei Zuplectella jovis) verkümmerte Derivate derselben mit
nur einem stark gebogenen, oben spitz endigenden einfachen Endstrahle auf
jedem der beiden allein übrig gebliebenen Hauptstrahlen; während bei den
Taegerinae überall Diseohexaster reichlich vorhanden sind. Aus dem letzteren
Grunde stelle ich auch mit Regadrella noch die neue Gattung Dietyaulus trotz
ihrer äufseren Eupleetellen-Ähnlichkeit zu den Taegerinae, welche Unterfamilie
demnach jetzt die drei Gattungen Regadrella, Taegeria und Dietyaulus umfalst.
Die noch zu wenig gekannten und daher in ihrer Stellung zweifel-
haften Gattungen: Habrodietyum Wyv. Thoms., Eudietyum Marsh., Dietyo-
6:
44 F. E. Scaurze:
calyx F.E.Sch., Rhabdodietyum OÖ. Schm., Rhabdopectella ©. Schm., Hertwigia
O.Schm. und Hyastylus F.E.Sch., welche in meinem Chall. Rep. als An-
hang zur Familie der Euplectelliden abgehandelt sind, will ich hier nicht
berücksichtigen.
Systematische Übersicht der Familie Euplectellidae.
Dünnwandige, röhren- oder sackförmige Hexasterophoriden, in deren
Hautskelet stets degenförmige hexaetine Hypodermalia mit verlängertem
Proximalstrahle vorkommen.
l. Unterfamilie. Holaseinae.
Ohne Wandlücken, mit hexaetinen Hypogastralia.
ı. gen. Holascus F.E. Sch.
Röhrenförmig. Mit basalem Ankernadelschopfe und oberer scharf ab-
gesetzter terminaler Siebplatte.. An der Innenfläche der Röhrenwand finden
sich zahlreiche, in Längs- und Querreihen angeordnete und durch ein festes
quadratisches Gitterleistennetz getrennte grubenförmige Vertiefungen.
Von parenchymalen Microseleren sind Graphiocome, meistens auch Oxy-
hexaster und Calicocome vorhanden.
ı.spec. Holascus stellatus F.E. Sch.
Die Prineipalia sind fast sämmtlich oxypentaetin mit distalem Radial-
strahle.
Als parenchymale Mieroselere finden sich aufser den Graphiocomen
zahlreiche Oxyhexaster, deren ziemlich lange Endstrahlen am Ende meistens
stark umgebogen sind. Calicocome wurden bisher nicht aufgefunden.
2.spec. Holascus tener nov. spec.
Die Prineipalia sind fast sämmtlich oxypentaetin mit distalem Radial-
strahle, seltener stauractin. Zahlreiche parenchymale Oxyhexaster mit ziem-
lich langen, schlanken, geraden Endstrahlen. Aufser den Graphiocomen
kommen vereinzelt Calicocome mit im Kreise gestellten randständigen End-
strahlen vor.
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 45
3. spec. Holascus poleja@vi F.E. Sch.
Die Principalia sind pentaetin und hexaetin. Als mierosclere Parenchy-
malia kommen aufser den Graphiocomen zahlreiche Oxyhexaster mit ziem-
lich langen geraden Endstrahlen und nicht selten Calieoeome mit zerstreut
stehenden Endstrahlen vor.
4.spec. Holascus ridleyi F.E. Sch.
Die Principalia sind starke Stauraetine und schlanke parenchy-
male Hexactine. Im Parenchyme zahlreiche Oxyhexaster mit ziemlich langen
geraden Endstrahlen, ferner Caliecocome mit zerstreut stehenden Endstrahlen
und Graphiocome.
5.spec. Holascus robustus F.E. Sch.
Die Prineipalia sind kräftige Stauractine und schlanke parenchymale
Hexactine. Als intermediäre Parenchymalia erscheinen aufser den Graphio-
comen, den zahlreich vorhandenen Oxyhexastern mit ziemlich langen ge-
raden Endstrahlen und den weniger häufigen Calicoeomen mit im Kreise
geordneten randständigen Endstrahlen auch noch kleine Oxyhexactine mit
dieken konischen Strahlen. Letztere Nadeln sind besonders häufig in der
Wand der ableitenden Gänge.
6.spec. Holascus fibulatus F.E. Sch.
Als Principalia sind starke Stauraectine und mittelgrofse, schlanke pa-
renchymale Oxyhexactine vorhanden, welche letzteren zur Bildung eines
eubischen Gerüstes zusammentreten. Von intermediären Parenchymalia
finden sich aufser den Graphiocomen an Stelle der wahrscheinlich ganz
fehlenden Oxyhexaster zahlreiche Sigma-förmige Oxydiactine.
2. gen. Malacosaccus F.E. Sch.
Sack- oder röhrenförmig, mit schlaffer, aufsen ziemlich glatter, innen
unregelmäfsig wabiger Wand mit rundlichen Öffnungen der ableitenden
Gänge. Die Prineipalia sind Oxyhexactine mit langen, dünnen, sehr bieg-
samen Paratangentialstrahlen, welche in longitudinaler und transversaler
Richtung (zur Schwammaxe) orientirt sich an einander legen und so ein
cubisches Gittergerüst bilden. Als intermediäre parenchymale Microsclere
erscheinen neben Oxyhexastern auch Discohexaster. An dem frei vor-
stehenden Strahle der degenförmigen Hypodermalia hängt je ein Florieom.
46 F. E. ScHurze:
1. Malacosaccus vastus F.E. Sch.
Im Parenchyme zahlreiche Oxyhexaster mit sehr feinen geraden End-
strahlen und kleine Discohexaster mit vielen divergirenden Endstrahlen auf
der scheibenförmigen queren Endplatte jedes Hauptstrahles. Floricome mit
10-12 Endstrahlen, deren Endverbreiterung 5-7 Randzacken trägt.
2. Malacosaccus unguiculatus F.E. Sch.
Aufser den parenchymalen Oxyhexastern mit schlanken, geraden
und schwach gebogenen Endstrahlen kommen Discohexaster und zahl-
reiche Onychaster mit einem Wirtel von 4-6 feinen quer abstehenden,
etwas zurückgebogenen Strahlen (Krallen) am Ende jedes Endstrahles vor.
Die Florieome haben nur wenig (2-5) Zähnchen am verdickten Ende
der S-förmig gebogenen Endstrahlen.
2. Unterfamilie. Zuplectellinae.
In der Seitenwand des röhrenförmigen Körpers sind kreisförmige
Wandlücken in parallelen, queren oder schrägen (spiraligen) Reihen ge-
ordnet. Am vorstehenden Distalstrahle jedes degenförmigen Hypodermals
hängt ein Floricom.
Die Hypogastralia sind pentactin.
Mit basalem Ankernadelschopfe und scharf abgesetzter querer oberer
Siebplatte.
Im Parenchyme nur Mieroselere mit spitz auslaufenden Endstrahlen,
aber weder Discohexaster, noch Codonhexaster, noch Drepanocome.
Einzige Gattung Huplectella R. Owen.
1. Euplectella aspergillum R. Owen.
Gebogene, von parallelen spiraligen Reihen kreisrunder Wandlücken
durchsetzte und aufsen mit schrägen Leisten besetzte Röhre, deren brei-
tester oberer Endtheil sich durch eine stark vorspringende ringförmige
Manschette von der flach uhrglasförmig gebogenen queren terminalen Sieb-
platte scharf absetzt.
Nach dem Auswachsen des Körpers bis zu einer Länge von 30-40°“
tritt eine Verlöthung der das stützende Skeletgerüst bildenden starken
stauractinen Prineipalia bis zur Bildung eines fest zusammenhängenden
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 47
Kieselgitternetzes ein, dessen Balken mit regelmäfsiger Verflechtung in
parallelen longitudinalen, transversalen und in schräg-spiraligen Linien
angeordnet sind. “
Als intermediäre Parenchymalia treten zahlreiche Oxyhexaster und in
der subdermalen Region auch Graphiocome auf. An den Endplatten der
Floricome 5-7 kleine Randzähne.
2. Euplectella aspera nov. spec.
Die Röhrenwand ist von parallelen spiraligen Reihen kreisrunder Wand-
lücken durchsetzt, ohne äufsere Leisten, aber mit zahlreichen 5"" lang vor-
stehenden radiären Stacheln versehen. Die starken Prineipalia des Gitter-
gerüstes sind Stauraetine und Hexaetine mit kurzem inneren und langem
frei vorstehenden äufseren Radialstrahle, weleher mit geraden, centralkno-
tigen, comitalen Oxydiactinen belegt ist.
Im Parenchyme reichlich schlanke Oxyhexaster und spärlich subder-
male Graphioeome. Die Endplatten der Florieome haben etwa zwölf sehr
kleine Randzähnchen.
3: Euplectella suberea Wyv. Thoms.
Die kräftigen Principalia der eine schwach ausgebauchte gerade Röhre
darstellenden und von parallelen schrägen Reihen kreisrunder Wandlücken
durchbrochenen Körperwand sind ausschliefslich Pentactine mit frei vor-
ragendem distalem Radialstrahle, welcher mit geraden, centralknotigen,
eomitalen Oxydiaetinen belegt ist. Im Parenchyme zahlreiche schlanke
intermediäre Oxyhexaster.
Die Endplatten der Floricome zeigen etwa 7 Randzähnchen.
4. Euplectella cucumer R. Öwen.
Die kräftigen Prineipalia der eine gerade, mälsig ausgebauchte Röhre
darstellenden, von parallelen spiraligen Reihen kreisrunder Wandlücken
durchsetzten Körperwand sind Oxypentaetine (daneben vielleicht auch Oxy-
hexaetine). Im Parenchyme kommen kräftige Oxyhexaster vor. Die Ter-
minalplatten der Floricome haben 5-7 Randzähnchen.
5. Euplectella nodosa F.E. Sch.
Die kreisförmigen Wandlücken der etwas ausgebauchten, geraden Röh-
renwand stehen in parallelen Spiralreihen. Der vorragende Distalstrahl der
48 BOR.NSicHunzie!:
derben oxypentactinen Prineipalia ist ebenso wie der Distalstrahl mancher
einfachen oxyhexaetinen degenförmigen Hypodermalia mit Compafsnadeln
belegt. Oxyhexaster sind nicht gefunden, wohl aber Graphiocome, deren
einige die gewöhnlichen langen parallelen Endstrahlen, andere dagegen weit
kürzere, etwas divergirende Endstrahlen besitzen. Die Terminalplatten der
Floricome haben 5-7 Randzähnchen.
6. Euplectella crassistellata F.E. Sch.
Die kräftigen oxyhexactinen Prineipalia mit einem kurzen proxi-
malen und einem langen distalen Radialstrahle werden begleitet von langen,
glatten, geraden Oxydiactinen mit knotiger Anschwellung in der Mitte.
Die intermediären parenchymalen Oxyhexaster zeichnen sich durch mälsig
lange, sehr dicke Hauptstrahlen aus, von deren distalem Ende je vier kurze,
kräftige, stark divergirende Endstrahlen abgehen.
Graphiocome sind nicht gefunden. Die Floricome tragen auf jedem
Hauptstrahle S-ı2 Endstrahlen, an deren Endplatte 7 oder 8 kleine Rand-
zähnchen vorkommen.
7. Euplectella jovis OÖ. Schm.
Die kreisförmigen Wandlücken der geraden Röhrenwand, welche bis
zum oberen, mit Nadelsaum versehenen Ende an Breite zunimmt, sind in
parallelen spiraligen Reihen geordnet. Als starke Prineipalia sind Oxy-
stauraetine und Oxypentactine vorhanden. Parenchymale Oxyhexaster fehlen
vollständig. Statt derselben finden sich Sigme mit Centralknoten und ab-
gesetzten Endstrahlen. In der die Wandlücken umschliefsenden Ringmem-
bran kommen scepterähnliche Gebilde mit einem längeren und den fünf zu
knopfähnlichen Rudimenten zusammengeschrumpften übrigen Strahlen des
typischen Hexaetines vor. Graphiocome fand ich nicht. Die Endverbrei-
terung der Floricom-Endstrahlen, deren 6-8 auf jedem Hauptstrahle sitzen,
trägt 2-4 starke Randklauen.
8. Euplectella oweni Herkl. u. Marsh.
Die kreisrunden Wandlücken der geraden, nach oben zu allmählich
verschmälerten Röhre stehen dicht neben einander in parallelen, longitudinal
und transversal geordneten Reihen. Die kräftigen Principalia sind aus-
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 49
schliefslich glatte Oxystauractine. Im Parenchyme kommen zahlreiche kräftige
ÖOxyhexactine und in der Nähe der äufseren Haut auch Graphiocome vor.
Die Endverbreiterung der Floricom-Endstrahlen zeigt 5-7 Randzähnchen.
9. Euplectella simplex nov. spec.
. Die kreisrunden Wandlücken der geraden, im mittleren Theile bauchig
erweiterten Röhre stehen neben einander in parallelen, longitudinalen und
transversalen Reihen geordnet. Die kräftigen Prineipalia sind ausschliefs-
lich glatte Oxystauractine. Im Parenchyme fehlen Oxyhexaster vollständig,
doch kommen in der Nähe der äufseren Haut Graphiocome vor. Die zu
7-9 auf jedem Hauptstrahle stehenden Endstrahlen der Floricome zeigen
am äufseren Rande ihrer Terminalplatte 7—8 mittelstarke Zähnchen.
3. Unterfamilie. Taegerinae.
Die dünne Seitenwand des röhren- oder sackförmigen Körpers ist von
rundlichen oder eckigen Wandlücken durchsetzt. An dem vorstehenden
Distalstrahle jedes der degenförmigen hexaetinen Hypodermalia hängt ein
Floricom. Die Hypogastralia sind Pentactine mit einem in das Parenchym
eindringenden Radialstrahl. Als intermediäre Parenchymalia kommen Disco-
hexaster oder Onychaster vor.
I. Regadrella OÖ. Schm.
Mit einem kelchförmigen Unterende auf fester Unterlage aufsitzende
Röhre, welche von unregelmäfsig gestellten, kreisrunden Wandlücken durch-
setzt ist. Das mit Randsaum versehene obere Ende ist durch eine quere
Siebplatte verschlossen. Die intermediären Parenchymalia sind sämmtlich
Önychaster mit nur 3-4 nach dem Distalende zu verdünnten Endstrahlen
auf jedem Hauptstrahle. Die Endplatte der Floricom-Endstrahlen hat nur
3-5 Randzähne. Einzige Art: Regadrella phoenix ©. Schm.
II. Taegeria F. E. Sch.
Die ziemlich gerade, etwas ausgebauchte, einer festen Unterlage mit
knorriger Basis excentrisch angeheftete Röhre hat unregelmäfsig vertheilte
rundliche Wandlücken, am oberen quer abgestutzten Ende einen deutlich
ausgebildeten Randsaum und zeigt als Rest der terminalen Siebplatte ein
Phys. Abh. 1895. III. 7
50 E. BE. ScHuuLze:
System langer, kuppelartig zusammentretender radiärer Nadeln, während
die Mittelplatte wahrscheinlich beim Fange verloren gegangen ist. Die
stärksten Prineipalia sind vorwiegend Stauractine, seltener Triactine oder
Diactine.
Von den mit spitz auslaufenden Strahlen versehenen degenförmigen
Hypodermalia sind einzelne bedeutend vergröfsert und ragen mit einem
mm
etwa 3”"” langen starken Distalstrahle frei hervor.
Von Microseleren kommen im Parenchyme ziemlich häufig Oxyhexaetine
vor, von deren dünnen geraden Strahlen zahlreiche gebogene feine Dornen
rechtwinkelig abstehen; ferner finden sich sehr zahlreich Diseohexaster, deren
Endstrahlen zu je 2, 3 oder 4 von je einem Hauptstrahle abgehen, distal
etwas verbreitert sind und am Ende eine mit 4, 5 oder 6 Randzähnen ver-
sehene convexe Scheibe tragen, daneben auch vereinzelt einfache Disco-
hexactine, deren Endscheiben denjenigen der eben erwähnten Discohexaster
gleichen, endlich Graphiocome, welche hier nieht auf die subdermale Re-
gion beschränkt bleiben, sondern im ganzen Parenchyme zu finden sind.
Die zu je S auf jedem Floriecom -Hauptstrahle sitzenden Endstrahlen zeigen
Endscheiben mit 5 oder 7 Randzähnen.
Die einzige bekannte Art ist Taegeria pulchra F.E. Sch.
II. Walteria F. E. Sch.
Die unregelmäfsig sackförmige Körperwand besteht aus einem Gitter,
dessen schmale Balken unregelmäfsig eckige Maschen verschiedener Form
und Gröfse umschliefsen, welches sich aber an dem einen allein erhaltenen
Ende zu einem Trichter verengt, dessen Wandung longitudinale und trans-
versale Richtung der Balken zeigt.
Die Prineipalia sind vorwiegend triactin und diactin. Der distale und
oft auch die paratangentialen Strahlen der degenförmigen hexactinen Hypo-
dermalia sind gegen das freie Ende zu verdickt und enden abgerundet.
Im Parenchyme kommen aufser zahlreichen kugelförmigen Discohexastern
mit vielen Endstrahlen auch viele Onychaster mit kolbiger Verdiekung
der kurzen Hauptstrahlen und nicht selten Graphioeome vor. Die Flori-
come haben zahlreiche Endstrahlen (je 15 und mehr) an jedem Haupt-
strahle. |
Die einzige bekannte Art ist Walteria flemmingt F. E. Sch.
Hexactinelliden des indischen Oceanes. al
IV. Dietyaulus nov. gen.
Die dünne und glatte Wand der geraden und nach oben zu nicht ver-
schmälerten Röhre ist von zahlreichen, in parallelen longitudinalen und
transversalen Reihen geordneten kreisrunden Wandlücken durchsetzt. Die
kräftigen Prineipalia sind sämmtlich glatte Oxystauraetine. Als microselere
intermediäre Parenchymalia sind vorhanden:
1. einfache Oxyhexactine, deren dünne gerade Strahlen mit zahl-
reichen rechtwinkelig abstehenden, etwas einwärts gekrümmten,
zarten Dornen besetzt sind;
2. zahlreiche kugelförmige Discohexaster verschiedener Gröfse mit
vielen Endstrahlen;
3. gröfsere kugelige und kleinere nicht rein kugelige, sondern mit
sechs Vorwölbungen versehene Codonhexaster;
4. Drepanocome und
5. Sigmatocome.
Die Floricome zeigen etwa acht Endstrahlen auf jedem Hauptstrahle
und haben am Aufsenrande der Endplatten je 5-7 Zähnchen.
Die einzige bekannte Art ist Dietyaulus elegans nov. spee.
Bestimmungstabelle der Euplectellidae.
Ohne Wandlücken; Hypogastralia hexactin.. . . . . | A. Holascinae
Mit Wandlücken; Hypogastralia pentactin . . . .. | B.
Öhne parenchymale Diseohexaster. . . . 2... ......|C. Euplectellinae
B. i : \ :
Mit parenchymalen Discohexastern. . . . . 2... ..|D. Taegerinae
N AEER NohnesRllorieome- cn 0a. 2: . I. Holascus. S.3.
(mit Floricomen. . . . „. . „DO. Malacosaccus. S.ıa.
I. Holascus F.E. Sch.
o. |Im Parenchyme zahl-(Oxyhexaster. . . 22... .|ı.
reiche opme NE fbulatus)EAEAS ch, Sato-
1. |Endstrahlen der Oxy-(sämmtlich gerade . . . . . .|2.
hexaster ! meist stark umgebogen . . . .'H. stellatus F.E.Sch. S.g.
2. |In der Wand der Ab-ı
leitungsgänge finden| nicht vor
I EN:
sich dieke Micro: in grofser Anzahl . . . . . .|H:.robustus F.E.Sch. S.4.
Oxyhexactine / |
3. | Die Endstrahlen der Ca-\ sind im Kreise geordnet . . .|H.tener F.E.Sch. S.7.
licoeome !bilden einen Büschel . . . . . 4.
52
E. BE. SCHULZE:
Die starken Principalia : "
x . { Pentactine und Hexactine
des Hauptstützgerü-) 2 r
5 \ nur Stauractine .
stes sind
II.
\keine Onychaster.
! zahlreiche Onychaster
Malacosaccus F.E.Sch.
Im Parenchyme
Euplectellinae.
II. Euplectella R. Owen.
Dieswerdladken a ne en und transversalen |
Reihen .
angeordnet in
2 Im spiraligen tachhasen) Reihen
Parenchymale Oxyhex- \ fehlen a F
aster ! sind reichlich an
Parenchymale Oxyhex-\fehlen . 5
aster ! sind vorhanden .
fehlen . : :
sind zahlreich or
haben starke, mittellange Haupt-
Parenchymale Sigme
strahlen mit je 4 kurzen star-
ken Endstrahlen
haben kurze Hauptstrahlen mit je 3
oder mehr langen Endstrahlen
Die parenchymalen Oxy-
hexaster
en - ausgebaucht SR RE
Die Körperwand ist s5 ENSFBR
deutlich ausgebaucht. Prineipalia
pentactin ee:
springen spiralige Treistän vor. Die
An der Aulsenseite des
kräftigen Prineipalia sind sämmt-
röhrenförmigen Kör-
pers
lich stauractin Eur:
\springen keine Leisten vor.
Die starken Prineipalia\ sämmtlich pentaetin
sind ! hexactin und stauraetin .
Im Parenchyme keine echten Dis-
Taegerinae. cohexaster . - a
Im Parenchyme zähtzeiaie sehe
Discohexaster.
' Körperwand ausgebaucht, mit unregelmälsig gestellten
Wandlücken. Ohne Codonhexaster, Drepanocome und
Sigmatocome . en o.
Röhrenförmig, ohne Asbuahtäng mit Länge. al Quer-
reihen runder Wandlücken. Mit Codonhexastern, Dre-
panocomen und Sigmatocomen
Ohne Onychaster .
! Mit Onychaster..
nn nn
.| M. vastus F.E. Sch.
. M.unguiculat. F.E.Sch.S.13.
\ röhrenförmig, wenig oder gar nicht |
Bene F.E.Sch.
Me ridleyi F. E. Sch.
RB
S.13.
|
I.
r2>
., E. simplex F.E. Sch.
. , E.oweni Herkloz Marsh. S.29.
S. 15.
33%
alle
.,E.nodosa F.E.Sch. S.32.
.| E. jovis OÖ.Schm. S.31.
. | E.crassistellataF.E.Sch.S.33
.| E. cucumer R. Owen. S.32.
. | E.aspergillum R.Owen.S.32.
MT:
. \ E.subereaWyv.Thoms. S.31.
.| EZ. aspera F.E.Sch. S.26.
.| IV. Regadrella O.Sch.
.|E.
.| VD. Dietyaulus F.E. Sch.
.|V. Taegeria E. E Sch.
.| VI. Walteria F.E
0. Sch.
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 53
IV. Regadrella O.Schm.
Einzige Species Regadrella phoenix O.Schm. S. 34.
V. Taegeria F.E.Sch.
Einzige Species T. pulchra F.E.Sch. S.35.
VI. Walteria F.E.Sch.
Einzige Species Walteria flemmingi F.E.Sch. S.35.
VI. Dictyaulus F.E.Sch.
Einzige Species Dietyaulus elegans F.E.Sch. S. 37.
Il. Asconematidae F. E. Sch.
Von Asconematiden hat sich unter den Investigator-Spongien eine an-
sehnliche und merkwürdige neue Form (leider nur in einem etwas lädirten
Exemplare) gefunden. Ich nenne dieselbe wegen der zahlreichen sackför-
migen Ausstülpungen, welche von der Seitenwand des auf langem Stiele
sitzenden kelchförmigen Körpers herabhängen,
Saccocalyx pedunculata nov. gen. nov. spec.
Taf. V Fig. ı-ı1.
em
Aus dem oberen Ende eines mindestens 25°” langen röhrenförmigen
Durchmesser und etwa ı"”" Wanddicke geht durch
mm
Stieles von nur 5
eine trompetenförmige Erweiterung und beträchtliche Verdickung ein eigen-
thümlich geformter, sich 4-5°” hoch über das Stielende erhebender Kelch
hervor, dessen Weite an dem zugeschärften und schwach nach aufsen ge-
bogenen oberen Rande etwa 5°” beträgt. Der obere Randtheil besteht in
der Hauptsache aus einer einfachen 2-3" dicken Platte, welche zwar ver-
einzelte lokale, halbkugelige Ausbauchungen von 3-5" Breite zeigt, aber
im Allgemeinen eine ziemlich glatte äufsere und innere Oberfläche dar-
bietet. Nur die Lücken der die Platte rechtwinkelig durchsetzenden zu-
und abführenden Kanäle erscheinen als kleine dunklere Flecken. Der
ganze mittlere und untere Theil der Kelehwand ist durch zahlreiche sack-
förmige, nach abwärts an Gröfse zunehmende Ausbauchungen der Wan-
dung von 10—-40”" Länge und 8-15" Breite ausgezeichnet, welche ziemlich
dieht neben einander stehen, hie und da sogar seitlich mit einander ver-
54 E.E. ScHuLze:
schmolzen sind und meistens am äufsersten Ende eine kleine unregel-
mäfsige, zum Theil vielleicht als nachträgliche Durehbohrung aufzufassende
Lücke aufweisen. Nur die kleineren, oberen Aussackungen sind mit ihrer
Axe horizontal nach aufsen gerichtet, die weiter abwärts sitzenden hängen
mehr beutelartig herab, so dafs die 6 oder 7 gröfsten in einem unregel-
mälsigen Kranze das obere Stielende umgeben.
Bemerkenswerth ist der Umstand, dafs die verhältnifsmäfsig weite
Höhlung des Stieles sich nieht mit einer, der oberen trichterförmigen Ver-
breiterung des letzteren entsprechenden Erweiterung in die Kelchhöhle fort-
setzt, sondern dafs durch eine hier bestehende erhebliche Verdickung der
Wand und theilweise Verwachsung die Verbindung zwischen Stielhöhle und
Kelehlumen bis auf einen ziemlich engen Gang verlegt erscheint, und damit
der Kelehboden nicht, wie man von vorn herein erwarten sollte, eine
trichterförmige Vertiefung, sondern eine mehr horizontale wulstige Fläche
darstellt, deren äufserer Randtheil durch die Eingänge zu den grofsen
unteren Aussackungen eingenommen und somit vielfach durchbrochen ist.
Übrigens will ich hervorheben, dafs die sämmtlichen Aussackungen
in dem Charakter ihrer Wandung vollständig mit der Kelchwand selbst
übereinstimmen.
Das Hauptstützgerüst der biegsamen, ja ziemlich weichen Körperwand
besteht aus rechtwinkelig gekreuzten, longitudinalen und transversalen Zügen
von mehreren Millimeter langen glatten Diactinen mit schwach verjüngten
oder etwas kolbig verdickten abgerundeten Enden und 4 im Kreuz ge-
stellten eentralen Buckeln mit Achsenkanälen, sowie ferner aus zwei oder
drei den Grenzflächen parallelen Lagen von mäfsig starken, mittelgrofsen
(etwa 400 u langen) Oxyhexactinen, welche mit feinen, niedrigen Stacheln
ziemlich spärlich besetzt sind. Die hexactinen Hypodermalia haben einen län-
geren (200-4004) und nach dem äufseren, konisch abgerundeten Ende zu
ziemlich stark keulenartig angeschwollenen Distalstrahl von etwa 18 u grölster
Dicke, welcher, abgesehen von dem glatten Basaltheil, mit nach aufsen
vorspringenden schuppenartigen Erhebungen besetzt ist. Von den übrigen
fünf, nur spärlich mit kleinen spitzen Höckern versehenen oder ganz glatten,
viel dünneren und ziemlich allmählich zugespitzten Strahlen erreicht der
proximale Radialstrahl gewöhnlich nur die halbe Länge des Distalstrahles,
während die vier paratangentialen Stıahlen etwas länger sind, aber kaum
die ganze Länge des Distalstrahles erreichen.
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 55
Bei den im Ganzen sehr ähnlich gestalteten Hypogastralia erreicht der
in das Parenchym rechtwinkelig zur Gastralfläche eindringende Strahl mei-
stens die Länge des frei vorragenden Radialstrahles und kann sie sogar zu-
weilen ansehnlich übertreffen.
Um die abführenden Gänge, welche offen in die Gastralhöhle münden,
sind ziemlich grofse Oxyhexactine mit etwa 200 u langen, schwach rauhen
Strahlen radiär geordnet.
Als intermediäre Parenchymalia treten zwei verschiedene Hexasterformen
auf, nämlich gröfsere Discohexaster von etwa 1504 Durchmesser und
kleinere Plumicome von etwa So u Durchmesser, von welchen die ersteren
ziemlich zahlreich, die letzteren minder häufig sind.
Die Discohexaster besitzen kurze dicke Hauptstrahlen, deren starke
distale Endverbreiterung auf ihrer schwach convexen oder planen kreis-
runden Endfläche etwa zwölf Endstrahlen in solcher Vertheilung trägt, dafs
etwa acht derselben randständig sind, die übrigen auf dem mittleren Theile
zerstreut stehen (Taf. V Fig. 4,9 und 10).
Während diese glatten fadenförmigen Endstrahlen mit einem ziemlich
kräftigen Basaltheile entspringen, verschmächtigen sie sich nach ihrer Mitte
zu und werden dann allmählich wieder stärker bis zu dem keulenförmig ver-
diekten Ende, welches die quere uhrglasförmig gewölbte, kreisrunde, 10-12 u
breite Endscheibe trägt. Der Seitenrand der letzteren läuft in 16-18 die con-
vexe Biegung der Scheibenaufsenfläche fortsetzende schmale spitze Zähnchen
von 3-4 u Länge aus (Taf. V Fig. 5 und 6).
Merkwürdig ist die spiralige Drehung, welche das ganze Bündel der
von je einer Basalscheibe entspringenden Endstrahlen erfährt und welche
etwa einer halben Umdrehung entspricht (Taf. V Fig. 4, 9 und 10).
Von dem stark verdiekten Centralknoten der hauptsächlich in der Nähe
der gastralen Grenzfläche verbreiteten Plumicome gehen sechs kräftige kurze
Hauptstrahlen ab, deren jeder sich am distalen Ende in Form einer etwa
12u breiten, nach aufsen convexen Kreisscheibe pilzförmig quer ausbreitet.
Nach dem Rande zu wird diese Terminalscheibe allmählich dünner und schlägt
sich endlich in Gestalt einer zarten Membran allseitig so über den centralen
Theil hinüber, dafs zwischen beiden ein ziemlich breiter heller Zwischen-
raum bleibt. Von der jetzt aufsen frei vorliegenden eonvexen Fläche dieses
umgeschlagenen Randtheiles der Scheibe erheben sich rechtwinkelig zahlreiche,
in concentrischen Kreisen angeordnete feine Endstrahlen, welche sämmtlich
56 F. E. ScHuLze:
nach aufsen hakenförmig umgebogen sind. Die längsten bilden den kleinsten
inneren Kreis und steigen anfangs ziemlich gerade empor, die kürzesten
bilden den grölsten, dieht am Umschlagsrande befindlichen Kreis und sind
gleich vom Ursprung an stark umgebogen.
Jedes zu je einer Endscheibe gehörige Strahlensystem giebt das Bild
einer ‚breitaufsteigenden niedrigen Fontaine (Taf. V Fig. 7 und 8).
Das Skelet des langen röhrenförmigen Stieles, welcher so starr ist, dafs
er nur eine geringe Biegung zuläfst, besteht der Hauptsache nach aus zahl-
reichen drehrunden, glatten, parallelen Längsbalken von 20-404 Dicke,
welche unter einander durch Synapticula in verschiedener, vorwiegend aber
radiärer und paratangentialer Richtung reichlich verbunden sind. Nach dem
Röhrenlumen zu treten zwischen diesen Längsbalken mehr und mehr Hexactine
verschiedener Gröfse und Lagerung, meistens aber radiär gestellt, auf, welche,
mit einander und mit den Längsbalken hier und da verlöthet, ein viel weit-
maschigeres und unregelmälsigeres Stützgerüst bilden als die Längsbalken
mit ihren Synapticulis im äufseren Theile der Röhre.
In dem unteren Theile des Stieles ist die Verwachsung aller bisher ge-
nannten Theile eine festere, und die Dicke der sämmtlichen Gerüstbalken
eine bedeutendere, als in dem mittleren und besonders in dem oberen Theile,
wo manche der dünneren Hexactine frei bleiben und auch vereinzelt die
typischen Discohexaster des Körperparenchymes auftreten. An dem sich all-
mählich erweiternden obersten Stielende erscheinen dann auch die Synaptieula
zwischen den longitudinalen Balken weniger fest und weniger zahlreich,
die dünnstrahligen einfachen Hexactine meistens ganz unverbunden. Hier
treten dann im Parenchyme zahlreiche Diseohexaster auf, und es findet sich
zunächst an der Aufsenfläche, weiter oben aber auch an der Innenfläche der
Röhrenwand die gleiche Decklage von hexaetinen Hypodermalia resp. Hypo-
gastralia wie auf der Körperwand. Schliefslieh tritt dann in der oberen
trompetenförmigen Erweiterung des Stieles der völlige Übergang zu dem
typischen Bau der eigentlichen Körperwandung ein.
Gefunden wurde Saccocalyx pedunculata im mittleren Theile der Bai von
Bengalen, lat. N. ı2° 20’, long. E. 85° 8’ in einer Tiefe von 3297”.
NN
wi
—
Hexactinelliden des indischen Oceanes.
II. Rossellidae F.E. Sch.
Von Rosselliden finden sieh unter den Investigator-Spongien nur zwei
Arten vertreten, deren eine zweifellos zu meiner Gattung Bathydorus gehört
und eine neue Species derselben darstellt, während die andere sowohl in
der Gestalt und im gröberen Bau als auch hinsichtlich der Spieulation
solehe Eigenthümlichkeiten zeigt, dafs sie zum Repräsentanten einer be-
sonderen neuen Gattung gemacht werden muls.
Bathydorus laevis nov. spec.
Taf. VI Fig. 1-10.
Von einer im südwestlichen Theile des Bengalischen Meerbusens ge-
legenen Dredgestation des Investigator stammen drei Stücke, welche unter
einander in den gröberen wie feineren Bauverhältnissen so völlig überein-
stimmen, dafs sie zweifellos zu derselben Art gehören. Von diesen stellt
das eine einen zierlichen, sehr dünnwandigen Kelch dar, dessen unterstes
Ende zwar abgerissen, welcher aber im Übrigen ziemlich gut erhalten ist.
Der etwa ı°” hohe, im Querschnitte querovale, sackförmige Körper setzt
sich oben mittels einer eleganten, fast rechtwinkeligen Umbiegung nach
aulsen in einen breiten, hutkrempenähnlichen Rand von ı#+ bis 2°" Breite
und sehr geringer (etwa 1"") Dicke fort, welcher mit einfach zugeschärftem
Rande ohne erhaltenen Nadelsaum aufhört (Taf. VI Fig. ı).
Sowohl die äufsere als die innere Fläche ist von einem zarten, ziem-
lich glatt erscheinenden Grenzhäutchen continuirlich gedeckt, welches der
typischen Dermal- resp. Gastral-Membran entspricht und beiderseits die zu-
und abführenden Hohlräume oder Gänge durchschimmern läfst.
Das zweite Stück besteht in einer etwa handgrofsen, ganz flachen,
unregelmäfsig viereckigen Platte von ı-2"" Dicke. welche nach der einen
Seite sich zuschärft und hier mit einem ziemlich geraden Rande ohne
erhaltenen Nadelsaum aufhört. Während die Dermalfläche dieser Platte
in ganzer Ausdehnung von der ebenen Dermalmembran gleichmäfsig über-
deckt ist und deshalb durchaus glatt erscheint, gilt dies an der inneren,
gastralen Fläche nur für den dünneren Theil der Platte, während an dem
dickeren, unteren Theile die weiteren Ausmündungsöffnungen der gröfsten
Abzugskanäle nicht mehr von der zarten Gastralmembran überdeckt, son-
Phys. Abh. 1895. II. S
58 RaReSicmur zer
dern von derselben ausgekleidet werden, indem hier eine grubenförmige
Vertiefung frei öffnet.
Das dritte Stück gleicht dem zweiten, stellt aber nur eine etwa thaler-
grolse Platte von unregelmäfsiger Begrenzung und zerrissenem Rande dar.
Die parenchymalen Prineipalnadeln sind vorwiegend durch zahlreiche,
em
bis zu 2°” und darüber lange, gerade Oxydiactine von verschiedener (4—40 A)
Dicke vertreten, welche in der Mitte an der Stelle des Axenkanalkreuzes
entweder 2 resp. 4 Buckel oder nur eine schwache Verdiekung und dicht
vor jedem zugespitzten Ende eine leichte, mit kurzen, feinen Stacheln be-
setzte, kolbige Anschwellung zeigen. Ausnahmsweise kommen auch Mon-
actine mit einem mehr oder minder stark abgesetzten, kugelig verdickten
Ende (Taf. VI Fig.5 und 6), oder selbst völlig kugelrunde Kieselperlen
(Taf. VI Fig. 7), zuweilen auch kräftige Hexactine vor.
Die langen Diactine liegen fast ausschliefslich den Grenzflächen der
Platte ganz oder nahezu parallel, aber in sehr verschiedener Höhe und
meistens ohne eine bestimmt erkennbare Orientirung, unter verschiedensten
Winkeln sich kreuzend. Die stärksten und längsten Diactine kommen jedoch
in der Nähe der Gastralfläche vor und formiren hier gelegentlich deutliche
Züge (Taf. VI Fig. 2).
Von wesentlicher Bedeutung für die Festigkeit der Körperwand sind
die hier besonders kräftigen pentactinen Hypodermalia, deren langer Radial-
strahl bis in die Nähe der Gastralfläche reicht, also 1-2” lang wird. Die
vier schwach nach innen gebogenen, nur etwa 40-504 langen Paratangential-
strahlen enden ziemlich stumpf und zeigen keine Rauhigkeit, während der
Tangentialstrahl am Ende mehr zugespitzt ist.
Merkwürdigerweise fehlen hier Hypogastralia gänzlich (Taf. VI Fig. 2).
Als Autodermalia sind zahlreiche Stauractine von etwa 1504 Länge
vorhanden, welche überall mit kleinen, kurzen Dornen besetzt sind (Taf. VI
Fig. 3 und 4).
Die etwa 4u dieken, geraden Strahlen enden abgerundet oder stumpf-
spitzig. Bisweilen finden sich Reste eines oder beider verloren gegangener
Strahlen in Gestalt eines Buckels oder Stumpfes mit abgerundetem Ende.
Auch kommt hier und da ausnahmsweise ein Pentactin mit innerem Radial-
strahl zwischen den gewöhnlichen Stauractinen vor.
Der Gastralmembran sind in grofser Menge hexactine, mit kleinen
Stacheln oder Dornen besetzte Autogastralia von 120-1404 Grölse ein-
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 59
gelagert, deren dornige Strahlen sich ziemlich allmählich zuspitzen (Taf. VI
Fig. 8). Die Dornen sind hier etwas länger als bei den Autodermalia und
oft nicht ganz quer, sondern etwas distalwärts gerichtet, was besonders
bei dem distalen Radialstrahl zuweilen in die Augen fällt.
Die sehr zahlreich vorhandenen microseleren Parenchymalia sind ziem-
lich kräftige rauhe Oxyhexaster und Oxyhexaetine von etwa 150 4 Durch-
messer. Bei den ersteren theilt sich jeder der sechs kurzen glatten oder
schwach rauhen Hauptstrahlen gewöhnlich in zwei ziemlich stark diver-
girende, gerade, allmählich sich zuspitzende, lange, rauhe oder fein-
stachelige Endstrahlen (Taf. VI Fig. 10). Zuweilen bleibt aber auch dieser
oder jener Hauptstrahl ungetheilt, welcher dann denselben Charakter zeigt,
wie sonst die Endstrahlen (Taf. VI Fig. 9): oder es bleiben selbst mehrere
und schliefslich sämmtliche Hauptstrahlen ungetheilt. Im letzteren Falle
handelt es sich dann eben um die schon oben erwähnten Oxyhexactine,
welche nicht gerade häufig, aber doch überall zwischen den Oxyhexastern
vertheilt liegen und im Allgemeinen denselben Charakter wie jene zeigen.
Bathyydorus laevis nov. spec. ist vom Investigator im südwestlichen Theile
des Meerbusens von Bengalen, lat. N. 9° 34', long. E. 85° 43' ı5", auf
Globigerinen-Schlamm in einer Tiefe von 3652” gefunden.
Zur Beurtheilung der systematischen Stellung der soeben beschriebenen
neuen Form wird es nöthig sein, auch sämmtliche übrigen bis jetzt be-
kannten Bathydorus- Arten, sowie die von mir früher gegebene Fassung
des Gattungsbegriffes zu berücksichtigen.
Zu den vier von mir selbst im Challenger-Materiale aufgefundenen
Arten dieser Gattung kommt noch eine von Lawrence M. Lambe in den
Transaetions of the Royal Soc. of Canada, Section IV. 1892 p.73 als
Bathydorus dawsoni beschriebene Art hinzu, welche schlauchförmig mit
pleuralen oxydiactinen Prostalia und oberem Nadelrandsaume von oxy-
diactinen Marginalia versehen ist, zahlreiche parenchymale Oxyhexaster
mit ziemlich stark divergirenden langen glatten Endstrahlen und mälsig
kurzen Hauptstrahlen besitzt und besonders ausgezeichnet ist dureh kleine
Disceohexaster, deren kräftige, mittellange, glatte Hauptstrahlen in je »six
short, flightly divergent, straight terminal rays« ausgehen. Gefunden
wurde Bathydorus dawsoni Lambe vor dem Qualicum-Flufs, Vancouver-
Insel auf Sand- und Kiesboden in 74” Tiefe und in der Stralse von Georgia
nahe Comox, Vancouver-Insel, in der gleichen Tiefe.
i) N r en
60 BARASCcCHmLZEN:
Unter den von mir im Chall. Report beschriebenen vier Arten gleicht
dem Bathydorus dawsoni Lambe in der äufseren Erscheinung am meisten
Bathydorus fimbriatus F. E. Sch., welcher auch einen langen dünnwandigen
Schlauch mit einem Randsaume oxydiactiner Marginalia darstellt. Die Auto-
dermalia bestehen hier wie dort aus rauhen Stauractinen, untermischt mit
ähnlichen Pentactinen, während als Gastralia bei beiden Arten nur rauhe Oxy-
hexaetine vorkommen. Dagegen besteht eine wesentliche Abweichung darin,
dafs bei Bathydorus fimbriatus neben den Oxyhexastern im Parenchyme jene
kleinen Diseohexaster vollständig fehlen, welche für Bathydorus dawsoni
charakteristisch sind. Zu bemerken ist noch, dafs die langen Endstrahlen
der parenchymalen Oxyhexaster bei Bathydorus fimbriatus zwar auch glatt,
aber nicht so divergent wie bei Bathydorus dawsoni, sondern gewöhnlich
mehr den Zinken einer Stimmgabel ähnlich gestellt sind oder auch schwach
S-förmig gebogen erscheinen. Gefunden ist Balhydorus fimbriatus mitten
im nördlichen Paeifie lat. N. 37° 4ı', long. W. 177° 4' in der bedeutenden
Tiefe von 5301”, und ferner lat. N. 35° 4r', long. E. 157° 42' in 4204”
Tiefe, beide Male auf rothem Thongrund.
Die als Bathydorus stellatus F. E. Sch. bezeichnete Form zeigte oxydiactine
Prostalia lateralia. Ihre stauractinen rauhen Autodermalia und oxyhexactinen
rauhen Autodermalia gleichen denjenigen von Bathydorus fimbriatus, während
die zahlreich vorhandenen parenchymalen Oxyhexaster dadurch auffällig
von den entsprechenden Nadeln anderer Bathydorus-Arten abweichen, dafs
die sechs Hauptstrahlen bis fast zum Verschwinden verkümmert sind und
dadurch häufig die glatten langen Endstrahlen direct von einem kugeligen
Central knoten zu entspringen scheinen. Ob die kleinen Discohexaster, welche
sich äufserst spärlich zwischen den übrigen Parenchymalia hier und dort
finden und von mir im Chall. Rep. Tab. LIX Fig. 4 abgebildet sind. wirklich
zum Schwamme gehören oder fremde Eindringlinge sind, vermag ich nicht
sicher zu entscheiden. Gefunden wurde diese Form bei Patagonien im Messier-
Kanal, lat. S. 49° 24' 30", long. W. 74° 23' 30", in 2559” Tiefe auf blauem
Schlammgrunde.
Die von mir Bathydorus spinosus F. E.Sch. genannte Art besitzt ebenfalls
äufserlich vorragende oxydiactine Prostalia pleuralia und zeigt einen deut-
lichen Oscularsaum von oxydiaetinen Marginalia.
Auch hier sind die Autodermalia rauhe Stauractine, die Gastralia da-
gegen rauhe Oxyhexactine. Im Parenchyme kommen sehr viele Oxyhexaster
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 61
mit ziemlich kurzen Hauptstrahlen und langen, glatten, stark divergirenden
Endstrahlen vor. Dagegen fehlen Diseohexaster vollständig.
Gefunden ist Bathydorus spinosus im westlichen Theile des indischen
Oceanes nahe bei den Pinguin -Inseln, lat. S. 46° 16', long. E. 48° 27', in
2925" Tiefe auf Diatomeenschlamm -Boden.
Zu den Bathydorus-Arten, welche diactine Prostalia lateralia besitzen,
gehört auch Bathydorus baculifer F. E. Sch., dessen Autodermalia merkwür-
diger Weise nicht Stauractine, sondern rauhe Diactine mit Öentralknoten oder
zwei gegenüberstehenden centralen Höckern sind. Zwischen den zahlreichen
parenchymalen Oxyhexastern mit mäfsig kurzen Hauptstrahlen und langen,
glatten, stark divergirenden Endstrahlen fand ich zwar vereinzelt kleine
Discohexaster, ohne jedoch sicher behaupten zu wollen, dafs dieselben zu
diesem Schwamme gehören und nicht etwa eingeschwemmt sein könnten.
Bathydorus baculifer ist mitten im südlichen Pacifie, lat. S. 33° 29'.
long. W. 133° 22', in einer Tiefe von 4268" auf rothem Thongrunde ge-
funden.
Aus dieser kurzen Übersicht aller bekannten Bathydorus-Arten folgt,
dafs bei allen ziemlich gleichartige diactine Macrosclere, ferner lange glatte
pentactine Hypodermalia, aber keine Hypogastralia vorkommen, dafs die
Gastralia überall (wo sie überhaupt erhalten waren) aus rauhen Oxyhex-
actinen bestehen und im Parenchyme stets zahlreiche Oxyhexaster zu finden
sind, dals dagegen Prostalia pleuralia nur einigen Arten, und rauhe stauractine
Autodermalia allen Arten aufser B. baculifer zukommen, wo statt deren
zahlreiche rauhe Diactine in der Dermalmembran liegen, dafs die Gestalt
und Öberflächenbeschaffenheit der parenehymalen Oxyhexaster bei den
verschiedenen Arten nicht überall gleich ist, und dafs endlich bei einigen
Arten kleine parenchymale Discohexaster vorzukommen scheinen, welche
bei anderen ganz vermiflst werden.
Hiernach würde der Gattungscharakter etwa folgendermalsen gefalst
werden können: Sack-, schlauch- oder kelehförmig, mit dünner weicher
Wand, deren äufsere Hautfläche entweder ganz glatt oder mit oxydiactinen
Prostalia pleuralia spärlich besetzt ist. Am ÖOscularrande ragt (stets?) ein
Kranz diactiner Marginalia, einen Randsaum bildend, in der Richtung der
Körperwand hervor. Die macroseleren Stütznadeln bestehen aus zahlreichen,
zwar sämmtlich in der Fläche der Körperwand gelegenen, aber im Übrigen
nicht regelmäfsig angeordneten langen Diactinen und minder reichlich vor-
62 ENENSICHULZE®
handenen Oxyhexaetinen. Als Stütznadeln fungiren auch die ungewöhnlich
langen pentaetinen Hypodermalia, während Hypogastralia ganz fehlen.
Die Autodermalia sind bei den meisten Arten rauhe Stauractine,
zwischen welchen hier und da vereinzelt rauhe Pentactine vorkommen, bei
einer Art (B. baculifer) jedoch stabförmige Diactine. Als Autogastralia
kommen überall nur rauhe Oxyhexaetine vor.
Ob die Gattung Bathydorus, welche sich nach meinen früheren Ar-
beiten von der jedenfalls sehr nahe verwandten Gattung Acanthascus eigent-
lich nur durch die dünnere Wand und den übrigens bei einzelnen Arten
noch zweifelhaften Marginalnadelsaum unterscheidet, sich wirklich in der
jetzigen Fassung aufrecht erhalten lassen wird, ist mir allerdings um so
mehr zweifelhaft, als auch die Gattung Acanthascus recht heterogene Formen
umschliefst. Vielleicht wird sich später bei der Erweiterung des hier in
Betracht kommenden Formenkreises durch neue, an gut erhaltenen Stücken
zu studirende Arten eine klarere Einsicht gewinnen lassen. Für jetzt
möchte ich nur darauf hinweisen, dafs die neu gefundene indische Species
Bathydorus laevis sich zweifellos sehr eng an die Stammform der Gattung,
nämlich Bathydorus fimbriatus, anschliefst. Mit dieser hat sie die Kelch-
oder Röhrenform, die sehr dünne Leibeswand, die durchaus glatte, von
Prostalia pleuralia gänzlich freie Aufsenfläche und den völligen Mangel
parenchymaler Diseohexaster gemein.
Es dürfte sich wahrscheinlich dereinst empfehlen, den Gattungs-
charakter von Bathydorus auf diese Merkmale zu beschränken und jene
Formen ganz auszuschliefsen, welche wie B. stellatus, spinosus, baculifer und
dawsoni Prostalia pleuralia besitzen, zumal wenn sie, wie B. stellatus, baculifer
und dawsoni, auch noch Discohexaster im Parenchyme aufweisen.
Im Parenchyme überall zahlreiche Oxyhexaster verschiedener Form
und bei einigen Arten auch Discohexaster.
Tabelle zur Bestimmung der sechs Bathydorus-Arten.
| Äufsere Körperober-elattle 2ı Mir BER BAT
| fläche (stacheliß. u asus esse 2:
| ‘mit stark divergirenden rauhen
1. | Parenchymale One Endstrahlen . . . . . . .| Bath. laevis F. E. Sch.
| aster mit schwach divergirenden glatten |
| ‚ Endstrahlen . . . . ... „| Bath. fimbriatus F. E. Sch.
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 6:
\ rauhe Stauractine |3
ImauheDiacuiner | Bath. baculifer F. E. Sch.
mit völlig oder fast atrophirten|
Hauptstrabllen . . . . . .|Bath. stellatus F. E. Sch.
| €
2. | Autodermalia
3. | Parenchymale Oxyhex-\
aster Ir
\ mit mälsig kurzen Hauptstrahlen . 4.
4- | ParenchymaleDiscohex- | fehlen Er ERGrRspinosus RAR Sch:
aster !sind vorhanden. .'. 2. 2... ..! Bath. dawsoni Lambe.
Placopegma solutum E. F. Sch. nov. gen. nov. spee.
Taf. VI Fig. 11-17.
Als Repraesentanten einer neuen Gattung Placopegma (mAa& Platte,
myyua Gerüst) werde ich hier unter der Speeies-Bezeichnung Placopegma so-
hutum einen lockeren, platten Körper von etwa Hühnereigröfse beschreiben,
welcher zwar nur ein abgerissenes Stück eines gröfseren Ganzen darstellt,
aber doch durch die gut erhaltene, mit Siebplatte versehene Oseularpartie,
welche sich auf der noch einigermafsen erhaltenen, freien oberen Grenz-
fläche befindet, einen ziemlich charakteristischen Habitus erhält (Taf. VI
Fig. ı1).
Der Körper des Schwammes besteht aus einem unregelmäfsigen Ge-
rüste von dünnen Platten, von welchen verschieden grolse lacunöse Räume
eingeschlossen sind. Die letzteren sind als locale Erweiterungen des zu-
und ableitenden Kanalsystems anzusehen. Unter der weitmaschigen oseu-
laren Siebplatte befindet sich eine grölsere, dem Gastralraume entsprechende
Höhle von unregelmäfsiger Gestalt, in welche die ableitenden Gänge ein-
münden, während sich unter der flach ausgebreiteten, leider schlecht er-
haltenen Hautschicht ein unregelmäfsiges Labyrinth zuleitender Subdermal-
räume ausbreitet.
Aus den Rifsstellen der seitlichen Randpartien ragen in verschiedenen
Riehtungen einzelne, durchaus unregelmäfsig gelagerte, drehrunde Stab-
mm
nadeln von 0.2-0.5”” Dicke und mehreren Centimetern Länge hervor,
welche als Hauptstützbalken des ganzen unregelmäfsigen Maschenwerkes
dienen.
Als parenchymale Prineipalia erscheinen, abgesehen von den schon
erwähnten starken, glatten Diactinen von mehreren Gentimetern Länge,
noch zahlreiche dünnere diactine Rhabde verschiedener Dicke (von 4-Iou
und darüber), welche sich nach den beiden Enden zu allmählich ver-
schmälern und hier häufig in einen zunächst schwach verdickten, dann
64 F. E. ScHULzeE:
aber kurz zugespitzten rauhen Endtheil auslaufen. In der Mitte findet sich
zuweilen eine dem Axenkanalkreuze entsprechende geringe spindelförmige
Verdiekung, welche aber bei den meisten Nadeln dieser Kategorie vergeb-
lich gesucht wird. Aufserdem kommen ziemlich häufig schmächtige, ein-
fache glatte Oxyhexactine von 600-8004 Durchmesser vor (Taf. VI Fig. 12).
Die äufsere Haut wird gestützt durch grofse oxypentactine Dermalia,
deren 4-500u lange, gerade oder schwach einwärts gebogene, allmählich
bis zum spitzen Ende verschmälerte Tangentialstrahlen an ihrer äufseren
Seitenfläche mit kleinen spitzen Dornen mehr oder minder dicht besetzt
ist, während die innere Seitenfläche glatt bleibt. Der 6004 und mehr
lange proximale Radialstrahl nimmt gleichfalls bis zu seinem etwas rauhen
zugespitzten Ende ganz allmählich an Dicke ab und zeigt gewöhnlich spär-
liche kleine, spitze Höcker in wechselnder Zahl und unregelmäfsiger Ver-
theilung (Taf. VI Fig. 13).
Am Öseularrande treten statt der stacheligen Pentactine, Hexactine
mit kräftigem distalen Radialstrahle in ringförmiger Anordnung auf, welche
ebenso wie die dermalen Pentactine mit kleinen spitzen Stacheln besetzt
sind und mit ihren kräftigen, frei vorragenden Distalstrahlen zur Bildung
eines zwar nur kurzen, aber derben Randsaumes führen.
Als Gastralia finden sich an vielen Stellen glatte oder nur schwach
rauhe Pentactine, welche schmächtiger und etwas kleiner sind als die
dermalen Pentactine und häufig, besonders an den Tangentialstrahlen, eine
schwache kolbenförmige Endanschwellung zeigen (Taf. VI Fig. ı7). Ob auch
Hexactine ähnlicher Beschaffenheit als Gastralia vorkommen, konnte ich
wegen der ungenügenden Erhaltung des einzigen Exemplares dieses merk-
würdigen Schwammes nicht sicher feststellen; es ist mir jedoch sehr
wahrscheinlich geworden.
Im Parenchyme kommen aufser den schon oben besprochenen langen
diactinen Rhabden zahlreiche Oxyhexactine verschiedener Grölse (300-800 u)
und Strahlendicke (2-10u) vor. Bald sind dieselben ganz glatt, bald
mehr oder weniger rauh.
In (je nach der Region) wechselnder Menge kommen ferner paren-
chymale Discohexaster von S0o-1004 Durchmesser vor, welche im Ganzen
einen kugeligen Umfang haben (Taf. VI Fig. ı4). Von dem konisch ver-
breiterten Ende der kurzen kräftigen Hauptstrahlen entspringen je 4-6
lange, mälsig divergirende Endstrahlen, an deren bis zum äufseren Ende
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 65
allmählich verdicktem glatten Stiele je eine uhrglasförmig gewölbte End-
scheibe von S-ıou Durchmesser quer aufsitzt. Der kreisförmige Scheibenrand
der letzteren trägt 20-30 kurze Randzähnchen (Taf. VI Fig. 14 und 15).
Schliefslich habe ich als eine auffällige Nadelform, welche nicht selten
im Parenchyme, besonders der unteren Partie, anzutreffen ist, noch eine
Ankernadel zu erwähnen, an deren langem, schlanken, oben zugespitzt
auslaufenden und mit zahlreichen emporgekrümmten Dornen besetzten Stiele
sich unten ein keulenförmig verdickter Endtheil mit vier einfachen, schwach
emporgebogenen Ankerzähnen von etwa 20 u Länge befindet (Taf. VI Fig. 16).
Da das Axenkanalkreuz bei diesen Ankernadeln stets in der keulenförmigen
Verdickung des unteren Endes zwischen den vier rechtwinkelig gekreuzten
Ankerzähnen liegt, so ist anzunehmen, dafs diese letzteren wirklichen Haupt-
strahlen entsprechen, und nicht blofs verlängerte Seitenstacheln sind. Ob
diese Ankernadeln zur Befestigung des Schwammes im Boden oder an
einer Unterlage dienen, läfst sich an dem vorliegenden Exemplare, welches
doch nur ein Bruchstück darstellt, nieht entscheiden. Wahrscheinlich ist es,
dafs gröfsere Nadeln derselben Art, aus dem basalen Theile des Schwammes
hervorragend, einen zur Verankerung dienenden Wurzelschopf formiren.
Gefunden wurde Placopegma sohutum in der Mitte der Bai von Bengalen,
lat« N&1 2°150%,, long. E: 90° 52 in’ einer Tiefe von“3008”.
Anhang zu den Lyssacinen.
Anhangsweise will ich hier schliefslieh noch zwei Fragmente von
lyssacinen Hexactinelliden berücksichtigen, welche bei den Investigator-
Expeditionen im mittleren Theile der Bai von Bengalen erbeutet sind,
aber so wenig sicheren Anhalt für die Bestimmung oder Charakteristik
bieten, dafs es nicht rathsam erscheint, ihnen einen systematischen Namen
zu geben oder eine bestimmte Stelle im Systeme anzuweisen.
Bei dem einen Stücke handelt es sich um ein etwa daumengrofses
Fragment. Aus dem stark zusammengeprefsten, ziemlich formlosen Weich-
körper ragt an einer Stelle ein Bündel von 20-30 derben (0.3-0.8"" dicken)
eylindrischen Nadeln hervor, welche sämmtlich in einer Entfernung von
einigen Centimetern quer abgebrochen sind und im Ganzen den Eindruck
von basalen Wurzelschopfnadeln machen. Dieselben sind entweder ganz
glatt oder mit einer eigenthümlich körnigen oder höckerigen Oberfläche
Phys. Abh. 1895. IIl. )
66 B.oR. ScHuLze:
versehen (Taf. I Fig.ı1). Nirgends kommt eine Andeutung von aufwärts
gerichteten Stacheln oder Dornen vor.
In dem zu einer wirren Fasermasse zusammengedrückten Weichkörper-
Parenchyme lassen sich zahlreiche schlanke Oxyhexactine verschiedener
Gröfse als offenbar zugehörige Nadeln leicht feststellen. Dagegen gelingt es
nicht, die Zugehörigkeit mehrerer anderer Nadelformen, welche an einigen
Orten zahlreich vorkommen, an anderen ganz fehlen, zu erweisen. Aus dem
letzteren Grunde läfst sich auch keine zuverlässige Bestimmung des Schwam-
mes ausführen; und es würde wenig Werth haben, alle diese möglicherweise
sämmtlich oder theilweise eingeschwemmten Nadeln speciell zu beschreiben.
Nur einer dieser Kieselkörper, welcher ziemlich häufig mitten in dem
dichtesten Weichkörperfilz zu finden ist, und höchst wahrscheinlich zum
Schwamme selbst gehört, verdient eine nähere Berücksichtigung. Ich meine
jene merkwürdigen soliden, eoncentrisch geschichteten Kugeln, von welchen
einige auf Taf. I in Fig. 12-14 bei Ioofacher Vergröfserung abgebildet sind.
Dieselben gleichen ganz jenen »Kieselperlen«, welche ich im Jahre 1893
bei Pheronema giganteum F.E.Sch. zuerst aufgefunden und in den Sitzungs-
berichten der Berliner Akademie 1893 S. 996 beschrieben habe. Es kom-
men ganz glatte und solche mit höckeriger, resp. stacheliger Oberfläche
vor. Bei einigen gröfseren Kugeln finden sich an der Oberfläche in un-
regelmälsiger Vertheilung flache glatte Vorwölbungen, während zwischen
denselben quergeriefelte Streifen in verschiedenen Richtungen verlaufen.
Gefunden ist dieses Hexactinelliden-Fragment im westlichen Theile
der Bai von Bengalen, lat. N. ı2° 20’, long. E. 85° 8’ in 3297" Tiefe.
Das andere Bruchstück, welches ich hier erwähnen will, besteht aus
einem völlig ausmacerirten Skeletgerüste von Nufsgröfse. Die in ganz un-
regelmäfsiger Weise verkitteten Netzbalken umschliefsen einige communi-
mm
eirende Hohlräume von der Form rundlicher eirca 5"" weiter Gänge. Das
unregelmäfsige Gitternetz der Röhrenwand ist von mehreren grölseren rund-
mm
lichen Lücken von 2-3 Durchmesser durchbrochen, so dafs das Ganze
einigermalsen an das Skelet von Arhabdodietyum delicatum O. Schmidt erinnert
und wahrscheinlich zu dieser bisher überhaupt nur im Stützgerüste ge-
kannten Form gehört.
Gefunden ist dies Skelet- Fragment in der Mitte des südlichen Theiles
der Bai von Bengalen, lat. N. 6° 18’, long. E. 90° 40’ in 2506-2816" Tiefe.
|
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 6
IV. Dietyonina.
Farrea Bowerbank.
Von der Gattung Farrea liegt aufser einigen kleinen Fragmenten,
welche an anderen Spongien hafteten, nur ein getrocknetes Stück von
Apfelgröfse vor, dessen Weichkörper jedoch an einigen Stellen noch hin-
länglich erhalten ist, um mittels der Mierosclere die Species feststellen zu
können. Es handelt sich um ein ziemlich typisch entwickeltes Exemplar
von Farrea occa (Bowerbank) Carter, welches in seiner äufseren Erschei-
nung einigermafsen dem von mir im Chall. Rep. auf Taf. 72 Fig. ı abge-
bildeten Stücke gleicht und auch im mikroskopischen Baue des Diktyonal-
gerüstes wie der isolirten Nadeln der daselbst S. 277fl. gegebenen Be-
schreibung in allen wesentlichen Punkten so vollständig entspricht, dafs
ich hier einfach auf jene Beschreibung verweisen kann. Als wahrscheinlich
individuelle Eigenthümlichkeiten möchte ich nur Folgendes hervorheben.
Die vier Tangentialstrahlen der dermalen Pentactine zeigen an der Distal-
fläche nicht jenen Höckerbesatz, welcher bei den von Carter' und von mir,
Chall.-Hex. S. 282 und Taf. 7ı Fig. 6, dargestellten Stücken in der Regel
vorkommt, sondern sind daselbst entweder ganz glatt oder nur mit sehr ge-
ringen Höckerchen versehen. Ferner zeigen die dermalen Clavulae zwar nicht
an der ganzen Stieloberfläche, wie in anderen Fällen, wohl aber an der keulen-
förmigen Anschwellung einige (oft vier) seitlich vorstehende Stacheln.
Gefunden ist dieses Exemplar von Farrea occa Carter in der Bai von
Bengalen, westlich der Andamanen, in einer Tiefe von 402-439”.
Aufserdem haben sich kleinere Bruchstücke des Diktyonalgerüstes von
Farrea spec. an folgenden Orten gefunden:
ı. westlich von den Andamanen zwischen der nördlichen und süd-
lichen Sentinel-Insel, anhaftend an einem Gellius, in einer Tiefe von 402
bis 439”,
2. bei den Andamanen im Schopfe von Pheronema raphanus F. E. Sch.
in: 315” Tiefe,
3. bei den Andamanen 12°37' nördl. Breite und 92°19' östl. Länge
im Schopfe eines Pheronema raphanus F.E. Sch.
! Annals of nat. hist. 5. ser. Vol. XV p.388 und Pl. XII.
68 BR. E.NSCHULZE:
Aphrocallistes J. E. Gray.
So scharf auch die Gattung Aphrocallistes durch den überaus charakte-
ristischen hexagonalen Wabenbau ihres Dietyonalskeletes sich von allen
anderen bisher bekannt gewordenen Hexaetinelliden -Gattungen unterscheidet,
so scheint es doch innerhalb derselben nicht zu einer gleich scharfen Son-
derung der Arten gekommen zu sein. Vielmehr bereitet hier eine ziemlich
weit gehende Variabilität der Artcharaktere dem Untersucher bedeutende
Schwierigkeiten bei der Feststellung der einzelnen Artbegriffe.
Aphrocallistes beatrix J. E. Gray.
Taf. VII Fig. 1-13.
Unter den etwa 20 Stücken von Aphrocallistes, welche der Investigator
heimbrachte, befinden sich sechs von ein und demselben Fundorte (Station 9,
westlich von den Andamanen) stammende Exemplare, welche in Gestalt,
Bau und Gröfse so vollständig mit jenen von Malacca stammenden und
durch J. E.Gray' im Jahre 1858 beschriebenen, abgebildeten und zur Be-
gründung der ganzen Gattung verwandten Stücken von Aphrocallistes beatrix
J. E.Gray übereinstimmen, dafs an der Zugehörigkeit zu dieser ältesten be-
kannten Species wohl kaum gezweifelt werden kann, wenngleich in der Be-
schreibung von Gray eine genaue Charakteristik der Nadeln nicht gegeben ist.
Hier wie dort handelt es sich um spitzkelchähnliche Gebilde von
4-6°” Länge, deren etwa 1°” breite, unregelmäfsig rundliche, obere End-
öffnung durch eine quergestellte Siebnetzplatte gedeckt ist und deren Seiten-
wand in zahlreiche radiär vorragende und in unregelmäfsigen Längsreihen
stehende, bienenkorbähnliehe oder halbkugelige Divertikel ausgebaucht ist.
Während einzelne dieser Aussackungen, besonders am unteren schmaleren
mm
Körpertheile, zu 1-2°” langen Röhren von 3—-4”" Durchmesser ausgezogen
und am Ende unregelmäfsig abgestutzt sind, bleiben die meisten, und zumal
diejenigen des oberen Theiles, weit kürzer und enden mit einer halb-
kugeligen Wölbung. Sehr bemerkenswerth scheint mir der Umstand, dafs
bei sämmtlichen mir vorliegenden Exemplaren dieser Form ebenso wie bei
den bildlichen Darstellungen der Originalstücke von J. E. Gray diese radiären
Aussackungen nach dem oscularen oberen Körperende zu allmählich an Höhe
abnehmen, so dafs überall die untersten Divertikel im Allgemeinen auch
' Proe. Zool. Soc. 1858 p. ıı4. T. XI Radiata.
PETE
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 69
die längsten, die obersten, dicht unter der Marginalkante befindlichen, dage-
gen die niedrigsten sind und meistens nur als ganz geringe Vorwölbungen
der Körperwand angedeutet erscheinen (Taf. VII Fig. ı). In der Regel stehen
die Divertikel am mittleren und oberen Theile des Körpers so dieht neben
einander, dafs sie sich seitlich fast berühren, während sie an dem unteren
schmaleren Kelchende mehr vereinzelt vorkommen und an dem zugespitzten
schmalen Basaltheile in der Regel sogar ganz fehlen. Die meisten Diver-
tikel zeigen entweder an dem distalen Pole oder etwas unterhalb desselben
mm
an der unteren Seite eine rundliche Durchbohrung von 1-2”"” Durchmesser;
doch kommt auch ausnahmsweise einmal ein solches ohne eine derartige
Wandlücke vor.
Das Dietyonalskelet zeigt die allgemeinen Gattungscharaktere von
Aphrocallistes, nämlich die regelmäfsige Bildung gleich grofser sechsseitiger
Waben, die eigenthümliche Verbindung der hexaetinen Dietyonalia zu einem
wenig regelmäfsigen Balkengerüste mit dreiseitigen Maschen und unregel-
mäfsig vielstrahligen Knoten, und die sowohl an der dermalen als gastralen
Fläche vorstehenden schlanken höckerigen, stiftförmigen Fortsätze in ganz
typischer Weise ausgebildet.
In den jüngeren Partien des ganzen Schwammes, also besonders in
dem oberen und mittleren Theile, finde ich die Balken des hier noch recht
dünnwandigen Diktyonalgerüstes fast ganz glatt, die Verbindungsknoten
kaum oder gar nicht verdickt und nur spärlich mit kleinen spitzen Höckern
besetzt. Höchstens an dem Dermal- und Gastralrande, sowie an der dem
Wabenlumen zugewandten Oberfläche des ganzen Balkenwerkes werden die
spitzen Höckerchen sowohl an den Balken selbst, als an den hier meistens
etwas verdiekten Verbindungsknoten zahlreicher und kräftiger. Dagegen
zeigt sich das Diktyonalgerüst in den unteren, also älteren Partien aller
Stücke nicht nur etwas diekwandiger und derber, sondern auch in fast
allen Theilen reichlich mit kräftigen, spitzen Höckerchen besetzt; und die
Verbindungsknoten der Balken treten an vielen Stellen, besonders aber an
der dermalen und gastralen Endfläche, als rundliche, meistens deutlich
abgesetzte Verdickungen hervor.
Demnach kann ich das mehr oder minder reichliche Vorkommen der
kleinen spitzen Höcker an den Balken und Knoten des Diktyonalgerüstes
hier eben so wenig für ein ausreichend charakteristisches Speceiesmerkmal
halten, wie das Vorkommen von mehr oder weniger scharf abgesetzten
70 F. E: Scaurze:
Verdiekungsknoten an den Verbindungsstellen der Gerüstbalken; ohne damit
leugnen zu wollen, dafs diese zum Theil auch vom Alter abhängigen Diffe-
renzen durch die CGonstanz und den Grad ihrer Entwickelung gelegentlich
auch als Speciescharaktere eine gewisse Bedeutung gewinnen können.
Die Dermalia sind schlanke Hexactine, deren frei über die Dermal-
membran vorragender Distalstrahl von 100-2004 Länge in seinem zuweilen
kolbig verdickten distalen Endtheile mit mäfsig langen, schmalen Dornen
oder Stacheln besetzt ist, welche wie bei einer italienischen Pappel schwach
gebogen und schräge emporgerichtet sind (Taf. VI Fig. 4). Während die
einfachen geraden, am stumpf zugespitzten Ende leicht höckerigen Tan-
gentialstrahlen etwa die Länge des freien Distalstrahles haben, pflegt der
ähnlich gebaute Proximalstrahl erheblich länger zu sein. Die derben
Gastralia, welche fast sämmtlich einfache oder in der Mitte mit mehr
oder weniger deutlich abgesetzter Anschwellung, mit zwei oder vier
abgerundeten Buckeln oder sogar mit dem Rudimente eines dritten (resp.
dritten und vierten) Strahles versehene gerade Diactine darstellen, sind ge-
wöhnlich an der ganzen Oberfläche, stets aber an den beiden abgerundeten
Enden mit kleinen spitzen Höckern mehr oder minder dicht besetzt. Ihre
mm
Länge variirt sehr, etwa zwischen ı-2”” und darüber. Gar nicht selten
kommen schwache Biegungen und zuweilen kolbig verdiekte Enden bei
ihnen vor (Taf. VII Fig. 8 und 9).
Etwas verschiedene Form zeigen die zahlreichen Scopulae, welche,
mit ihren 4-6 Spaltästen nahezu die Dermalfläche erreichend, neben dem
proximalen Radialstrahl der hexactinen Dermalia den äufseren Theil der
Körperwand senkrecht zu den Grenzflächen durchsetzen. Zwar pflegt der
einfache, gerade, 200-3004 lange, bald ganz glatte, bald schwach rauhe
Schaft sich überall ziemlich gleichmäfsig gegen das zugespitzte und rauhe
Proximalende zu verjüngen, doch variirt die Zahl, Gestalt und Richtung
der dermalen Äste nieht unerheblich.
Die gewöhnlichste Form besitzt vier stark divergirende Dermaläste,
welche von einem verhältnifsmäfsig kurzen Centralknoten ausgehen. Ihr
dünner, etwa rou langer Basaltheil steigt zunächst ziemlich gerade auf und
geht dann mit einer erheblichen Auswärtsbiegung oder Knickung in den
wohl dreimal längeren freien Endtheil über, welcher, anfangs von gleich
dünnem Kaliber, sich schliefslich kolbenförmig verdickt und mit einer
kuppelartig gewölbten, queren Endscheibe abschliefst, deren verschieden
Hexactinelliden des indischen Oceanes. N
lange, zugespitzte Randzinken, schräge nach aufsen und rückwärts gerichtet,
einen oder mehrere Wirtel bilden (Taf. VII Fig. 2). Der auswärts gebogene
Stiel dieser geknöpften Dermalstrahlen ist entweder ganz glatt oder mit
sehr kleinen, schräge rückwärts gerichteten Spitzen besetzt.
Von dieser besonders reichlich vorhandenen, ziemlich typischen Form
der Scopulae weicht am meisten eine andere, viel seltenere ab, welche ge-
wöhnlich zwar auch nur vier Dermalstrahlen besitzt, aber durch folgende
Charaktere ausgezeichnet ist. Von dem Randtheile des kräftigen, kelch-
förmig verdickten Schaft-Endes, welches den Centralknoten darstellt, gehen
die fast eylindrischen und am freien Ende nur schwach knopfartig verdickten,
nahezu cylindrischen Dermalstrahlen in annähernd paralleler Richtung
gerade nach oben gegen die Haut zu und zeigen in ganzer Länge einen
gleichmäfsig dichten Besatz mit sehr zarten, schräge rückwärts gerichteten
Spitzchen, wie sie ähnlich, nur etwas derber, auch an der Seite der ter-
minalen Verdickung vorkommen.
Neben diesen nur ganz vereinzelt zu findenden Scopulae mit völlig
parallelen eylindrischen Dermalstrahlen finden sich etwas häufiger ganz ähn-
liche, deren Dermalstrahlen aber etwas mehr nach aufsen divergiren, wie
ich eine auf Taf. VII Fig. 10 abgebildet habe, und andere, bei welchen so-
gar eine leichte Biegung oder Knickung der Dermalstrahlen nach aufsen
unterhalb der Mitte bemerkbar wird (Taf. VII Fig. ır).
Zuweilen habe ich auch Scopulae mit mehr als vier Dermalstrahlen,
bis zu sechs oder sogar acht, angetroffen, welche letzteren dann entweder,
wie bei den zuletzt besprochenen Formen, in ganzer Länge annähernd gleich
dick waren oder von einem dünnen Basaltheile aus allmählich bis gegen das
keulenförmig verdickte freie Ende an Dicke zunahmen und mit Stacheln
seitlich dicht besetzt waren, welche nach dem freien Keulenende® zu an Stärke
zunahmen (Taf. VII Fig. 3).
Übrigens ist zu bemerken, dafs zwischen allen diesen verschiedenen
Formen von Scopulae Übergänge und Combinationen der angegebenen Cha-
raktere in der verschiedensten Richtung vorkommen. Selten sinkt die Zahl
der Dermaläste unter vier.
Uneinate verschiedener Länge und Stärke kommen dicht neben dem
Wabensysteme des Diktyonalgerüstes in rechtwinkeliger Lagerung zu den
Grenzflächen ziemlich häufig vor und durchsetzen gewöhnlich fast die ganze
Dicke der Röhrenwand des Schwammkörpers. Stets ist die der Dermal-
2 F. E. ScHurze:
=
L
oberfläche zugekehrte Hälfte etwas dicker als das ganz allmählich sich. zu-
spitzende Gastralende. Die meistens ziemlich eng an dem Stabe anliegenden
zahlreichen Dornen sind mit ihrem freien spitzen Ende gastralwärts gerichtet,
so dafs also die Nadel, als Harpune gedacht, jedenfalls über die äussere
Hautfläche nach aufsen vortreten mülste.
Von den mehr regellos im Parenchyme zerstreuten Nadeln will ich
zunächst die für den Zuwachs des Diktyonalgerüstes so bedeutungsvollen
einfachen Hexactine von 100-1504 Durchmesser erwähnen, welche in sehr
verschiedener Menge neben dem fertigen Dietyonalgerüste, und zwar über-
all da besonders zahlreich zu finden sind, wo das Gerüst sich verdickt
oder in anderer Richtung auswächst. Von dem gewöhnlich nicht uner-
heblich verdiekten Centralknoten dieser Hexactine gehen kräftige, bis an das
ziemlich stumpfe Ende allmählich sich verjüngende, gerade Strahlen ab,
welche mit kleinen Höckern oder rechtwinkelig abstehenden Spitzchen in
unregelmäfsiger Weise mehr oder minder reichlich besetzt sind. Aufser
diesen robusten, später wohl meistens zu Dietyonalia werdenden Hexactinen
kommen hier und dort noch ganz ähnliche, aber etwas gracilere und mit
längeren, ziemlich rechtwinkelig abstehenden, geraden oder schwach nach
aulsen gebogenen Dornen mehr oder weniger reich besetzte Oxyhexactine
vor (Taf. VII Fig.ı3), welche zunächst locker im Parenchyme zerstreut
liegen, später aber auch noch mit zum Aufbau des Dietyonalgerüstes benutzt
zu werden scheinen. Wenigstens sehe ich in den massigen (basalen) Partien
des Diktyonalgerüstes oft auch solche gracilen, stacheligen Hexactine mit
zum Aufbau desselben verwandt.
Eine andere Kategorie von Parenchymalia bilden die zum Theil recht
eigenartigen, meistens in einer bestimmten Richtung verlängerten Hexaster,
welche niemals mit dem Diktyonalgerüste in feste Verbindung treten. Merk-
würdiger Weise ist die Vertheilung dieser Hexaster eine so aufserordentlich
ungleiche, dafs man sie in einzelnen Regionen des Körpers sehr häufig,
in anderen nur ganz spärlich antrifft. Stets liegen sie unregelmäfsig ver-
theilt zwischen den Geifselkammern oder in dem subdermalen und sub-
gastralen Balkengerüste, fehlen jedoch in der eigentlichen Dermalmembran
und Gastralmembran.
Die häufigste, schon im Jahre 1868 von Wyv. Thomson in seinem
1
Aufsatze »On the vitreous sponges«' beschriebene und daselbst p. 123
! Annals and mag. nat. hist. 4. ser. Vol.I p.ı14.
Hewactinelliden des indischen Oceanes. 73
abgebildete Form dieser Hexaster zeigt eine stark verlängerte Hauptaxe.
W. Thomson sagt dazu: »One set of the sareode-spieules of Aphrocallistes
is almost identical with the furcated spieulated biternate’ spieule from Farrea
occa (Brit. Spong. vol. I. Fig. 190), but more spiny. I am afraid to name
this form; but I am sure it would be highly suggestive to Dr. Bower-
bank«, und schildert sie im nächsten Jahre, 1869, noch näher in seiner
Arbeit: »On Holtenia«' als »a regular six-rayed star with the prineipal
axis longer than the transverse rays and one half of it feathered«.
Als Perceval Wright im Jahre 1870° eine neue Art derselben Gattung
Aphrocallistes bocagei Wright beschrieb und abbildete, legte er gerade auf
das Fehlen dieser »porreeto-multiradiate spicules« bei seiner neuen Species im
Gegensatze zu Aphrocallistes beatrix Gray ein besonderes Gewicht; dagegen
sagte in demselben Jahre Saville Kent’ von Aphrocallistes bocagei Wright:
»The spieula of the sarcode are very different, the 'porreeto-multiradiate’
spieules are not wanting, as Prof. Wright imagined, and which in faet
appear to constitute the type form of the genus; but there are none of
the vertieillately spined ones so abundant in A. beatriw.«
In meiner eigenen früheren Beschreibung’ von Aphrocallistes beatrix
Gray, welche sich auf die Untersuchung eines im British Museum unter
dieser Etiquette aufbewahrten Stückes stützte, glaubte ich besonders das
häufige Vorkommen von parenchymalen Hexastern mit einer erheblich
verlängerten Hauptaxe betonen und zur Unterscheidung dieser Art
von der jedenfalls nahe verwandten Aphrocallistes bocagei Pere. Wright
benutzen zu sollen, bei welcher letzteren Art ich vorwiegend die parenchy-
malen Hexaster ohne eine bedeutend verlängerte Hauptaxe angetroffen und
auch aufserdem noch kleine Discohexaster gefunden hatte.
Auch in den mir jetzt vorliegenden indischen Repraesentanten der
Species Aphrocallistes beatrix Gray bilden die Hexaster mit stark verlänger-
ter Hauptaxe unter den übrigens recht verschieden gestalteten Hexaster-
Formen wohl die Mehrzahl und jedenfalls die auffälligsten Gestalten, va-
riiren jedoch bedeutend und sind durch mannigfache Übergangsformen mit
! Phil. Transact. Vol.159 p. 713.
®2 Qu. journ. mierose. sc. 1870 p. 78.
® Monthly mierose. journ. 1870 p. 248.
* Report Chall. Exp. Hexactinell. p.2ır und Pl.84 Fig.9 und ı0, sowie Abh. Berl.
Ak. 1886 p. 75:
" Phys. Abh. 1895. II. 10
74 F. E. Scuurze:
durchaus normalen regulären Oxyhexastern verbunden, von deren sechs
kurzen Hauptstrahlen je 4-6 Endstrahlen gleicher Länge schräge abstehen
(Taf. VI Fig. 5). Bemerkenswerth scheint es mir, dafs alle diese sogleich
noch näher zu beschreibenden Hexaster einfach spitz auslaufende Distal-
enden besitzen, also durchaus die Bezeichnung Oxyhexaster verdienen und
dass sich keine solchen Onychaster darunter befinden, wie ich sie 8.77
bei Aphr. ramosus beschreiben werde.
Da es mir im höchsten Mafse wahrscheinlich ist, dafs die mit einer
verlängerten Axe versehenen — »syngrammen« — Formen dieser Oxyhex-
aster von den mit drei gleichen Axen — »synstigmen« —- abzuleiten
sind, das heifst, sich phylogenetisch aus den letzteren entwickelt haben,
so will ich mit der Besprechung der letzteren beginnen. Jeder ihrer nur
etwa Su langen und etwa 2a breiten Hauptstrahlen verbreitert sich
an seinem Distalende ein wenig und geht hier in 4 (seltener 5, 6 oder
nur 3) randständige, zunächst etwas ausgebogene, dann aber fast ganz
gerade und stark divergirende, 26-304 lange Endstrahlen über, welche
bis zu dem spitzen Distalende allmählich an Dicke abnehmen (Taf. VII
Fig. 5). Kommen allen Hauptstrahlen eines solchen regulären Oxyhexasters
je fünf Endstrahlen zu, so pflegt ein Endstrahl in der direeten Axen-
verlängerung zu liegen, während die vier übrigen kreuzweise herumstehen.
Abweichungen von dieser regulären Grundform treten zunächst in der Art
auf, dafs die beiden Hauptstrahlen einer bestimmten Axe den vier andern
gegenüber etwas verlängert erscheinen, während bei den übrigen die
Anzahl der Endstrahlen auf drei oder zwei sinkt, ja wohl auch gar der
Hauptstrahl ungetheilt geradeaus läuft. So sind dann unregelmäfsige Oxy-
hexaster verschiedenster Bildung gegeben, deren Einzelbeschreibung hier
zu weit führen dürfte. Jedoch treten aus der grolsen Zahl variirender
Formen wiederum einige typische als besonders häufig hervor, die Beachtung
verdienen. Es sind dies solche, in deren Hauptaxe zwei kräftige Haupt-
strahlen gleicher Länge vorkommen, deren verbreiterter Endtheil in vier
randständige Endstrahlen ausgeht oder in fünf Endstrahlen, deren einer
dann central in der Hauptaxe selbst liegt, während die vier anderen Haupt-
strahlen sich gar nicht theilen, sondern, bis auf etwa 3ou verlängert,
einfach zugespitzt geradeaus laufen (Taf. VI Fig.ı2).
Daneben giebt es ganz ähnliche Nadeln, bei welchen jedoch die in
der Hauptaxe gelegenen beiden Hauptstrahlen nicht gleich, sondern ver-
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 75
schieden lang sind. Ja es kann der eine dieser beiden Hauptstrahlen bis
fast zum Verschwinden verkümmern, so dafs dann seine vier oder fünf
Endstrahlen zusammen mit den dicht darunter befindlichen vier übrigen
Hauptstrahlen ein förmliches Strahlenbüschel bilden. Eine erhebliche Un-
gleichheit der beiden Hauptstrahlen der Hauptaxe pflegt auch bei jenen
zahlreichen und auffälligen Oxyhexastern vorzukommen, welche von den
älteren englischen Autoren als »porreeto-multiradiate« bezeichnet sind und
stets als besonders charakteristisch für die Species Aphrocallistes beatrix J.E.Gray
gegolten haben. Bei diesen letzteren Nadeln, welche eine Länge von 150 u er-
reichen und in der Regel ziemlich kräftig erscheinen, sind die vier recht-
winkelig zur Hauptaxe stehenden Hauptstrahlen fast stets ungetheilt und
einfach spitz auslaufend, während die mehr oder minder langen beiden
Hauptstrahlen der Hauptaxe gewöhnlich fünf gerade oder etwas nach aus-
wärts gebogene Endstrahlen aufweisen, deren einer in der geraden Ver-
längerung des betreffenden Hauptstrahles, also in der Hauptaxe liegt (Taf. VII
Fig.6 und 7). Zuweilen fehlt dieser axiale Endstrahl. Seltener erscheint
der eine oder andere der rechtwinkelig zur Hauptaxe gestellten vier Haupt-
strahlen an seiner Wurzel in zwei divergirende gerade Endstrahlen gespalten,
deren Länge etwa derjenigen der übrigen quer zur Hauptaxe gestellten Haupt-
strahlen entspricht.
mm
Von dem Balkennetze mit 1-2"”” weiten, unregelmäfsig vieleckigen
und in den Eeken schwach abgerundeten Maschen, welches die obere End-
öffnung des ganzen kelchförmigen Schwammkörpers in Form einer queren
Siebplatte verschliefst und zuweilen auch weiter abwärts noch einmal in
minder vollkommener Weise ausgebildet anzutreffen ist, hat schon der
erste Beschreiber, J. E.Gray, eine gute Darstellung in natürlicher und in
dreifacher Gröfse (l.c. Taf. XI Fig. ı und 2) gegeben, durch welche die
ganze makroskopische Erscheinung veranschaulieht ist. Hinsichtlich des
mikroskopischen Baues weicht dies Balkennetz der terminalen Siebplatte
nicht wesentlich von den nur etwas engeren und regelmäfsig dreiseitige
Maschen bildenden der Seitenwandung ab, und auch die isolirten Na-
deln unterscheiden sich nicht erheblich von denjenigen des übrigen
Körpers.
Sämmtliche Exemplare von Aphrocallistes beatriv J. E. Gray, welche
sich in dem Spongien-Materiale der Investigator-Expeditionen befinden,
sind an derselben Station Nr.g aus einer Tiefe von 238-453” südwest-
10 *
76 P. E. SCHuvuze:
lich von der Andamanen-Insel North Sentinel heraufgebracht und gleichen
sich in allen wesentlichen Charakteren so vollständig, dafs Niemand ihre
Art-Übereinstimmung bezweifeln dürfte.
Aphrocallistes ramosus F.E.Sch.
Taf. VII Fig. 14.
So auffällig sich die von mir in den Abh. der Berl. Ak. 1886 und
im Chall. Rep. aufgestellte Species Aphrocallistes ramosus durch ihre Gestalt
von allen anderen bekannten Aphrocallistes- Arten unterscheidet, so wenig
ist es mir gelungen, in der Beschaffenheit ihres Dietyonalgerüstes oder der
lockeren Nadeln einen sicheren Differentialcharakter für sie festzustellen.
Die drei westlich von den Andamanen erbeuteten Stücke der Investigator-
Expeditionen stimmen in Form und Gröfse durchaus mit den bei den
Philippinen und bei Japan gefundenen, welche ich früher beschrieben habe,
überein. Jedes dieser drei Exemplare stellt eine einfache, diehotomisch
verzweigte, auf dem Querschnitte kreisrunde Röhre dar, deren Durchmesser
nach oben zu sich allmählich bis zu etwa 8"”" erweitert. Durch wieder-
holte Gabelung dieser Röhre mit ziemlich starker Divergenz der Äste,
von welchen gewöhnlich der eine abgebrochen ist, entsteht eine ziekzack-
mm
förmig hin und her gebogene Röhre von 8-15"" Durchmesser, an deren
Knickungsstellen die abgebrochenen Röhrenstümpfe schräge aufwärts vor-
ragen. Am oberen Ende des ganzen Stückes pflegen dagegen an den Ga-
belstellen beide Äste mit ihren weiteren diehotomischen Verzweigungen
erhalten zu sein (Taf. VII Fig. 14). Das gröfste Stück erreicht eine Höhe
von IO”.
Das Dietyonalgerüst unterscheidet sieh nicht wesentlich von dem oben
bei Aphr. beatriv S. 69 näher beschriebenen. Ebenso stimmen die schlanken
hexaetinen Dermalia und die derben rauhen Balken der meistens diactinen
Gastralia mit den entsprechenden Nadeln jener Species völlig überein. Das-
selbe gilt von den parenchymalen Oxyhexactinen.
Die auch hier stets zur Dermalmembran reichenden Scopulae gleichen
zwar ebenfalls den verschiedenen bei Aphr. beatriw näher beschriebenen For-
men, weisen aber nie jene starke Auswärtskniekung der geknöpften End-
strahlen auf, wie sie dort so häufig vorkommt.
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 77
Bemerkenswerth ist das Verhalten der in verschiedenen Individuen und
in verschiedenen Regionen ein und desselben Schwammes recht verschieden
häufig vorkommenden parenchymalen Hexaster, welche zwar in ihrer Gestalt
im Allgemeinen den bei Aphr. beatrix oben genau beschriebenen parenchy-
malen Hexastern gleichen, aber selten so lang gestreckt erscheinen wie dort.
Während nämlich die Endstrahlen dieser parenchymalen Hexaster bei einigen
Exemplaren von Aphrocallistes ramosus sämmtlich spitz auslaufen (gleich den-
Jenigen von ApAr. beatrix), finden sich bei manchen, wenn auch keineswegs
allen Hexastern (gleicher Gestalt) eines von einem andern Fundorte stam-
menden Exemplares derselben Species am Ende jedes Endstrahles vier
(seltener drei) in Kreuz gestellte quer oder schräge distalwärts abge-
hende zarte Endkrallen, welche anfangs gerade verlaufen, sich dann
meist schwach zurückbiegen und endlich in eine sehr feine Spitze auslaufen.
Da diese terminalen Anhänge der End-
strahlen meistens die Gestalt einer Kralle
(övv&) haben, so will ich für die damit
versehenen Hexaster auch hier die schon
oben 8.35 bei Regadrella gebrauchte Be-
zeichnung Onychaster benutzen. Eine
Revision meiner alten Praeparate von Aphro-
callistes ramosus der Challenger - Expedition
hat mich überzeugt, dafs auch dort neben
den parenchymalen Oxyhexastern gar nicht
selten Onychaster ähnlicher Form und
Gröfse, wenngleich in geringerer Zahl, vor-
kommen, und ich mufs annehmen, dafs
die auf Pl. LXXXVI in Fig. ıo als Diseo-
hexaster dargestellte Nadel eigentlich als
Onychaster hätte gezeichnet sein sollen,
d.h. dafs statt der Endscheiben je vier
im Kreuz gestellte Endkrallen vorhanden waren, wie ich sie jetzt dort an
den entsprechenden Nadeln überall sehe.
Zwei Exemplare von Aphrocallistes ramosus F.E.Sch. sind 30 Seemeilen
westlich vom Cap Bluff (auf der mittleren Andamanen-Insel) aus einer Tiefe
von 878-1006”, das dritte etwas weiter westlich in der Bai von Bengalen
aus 402-439" Tiefe gefischt.
1 F. E. Scavırze:
Aphrocallistes bocagei Pere. Wright.
Tat. VIII Fig. ı—ı1.
Neben einigen Stücken, welche in Gröfse und Gestalt mit der typischen
Form von Aphrocallistes bocagei, wie sie Pere. Wright zuerst im Jahre
ı870 im Quarterly journ. of microsc. sc. p.73 ff. beschrieben und abge-
bildet hat, so wesentlich übereinstimmen, dafs Niemand an ihrer Zugehörig-
keit zu dieser Art zweifeln würde, kommen unter den Investigator-Spongien
jedoeh auch eine Anzahl Exemplare vor, bei welehen diese Art-Überein-
stimmung nicht so deutlich hervortritt, vielmehr die Möglichkeit einer Ab-
trennung als besondere Species von vorn herein keineswegs ausgeschlossen
erscheinen könnte. Was an diesen letzteren bei der einfachen Betrachtung
mit unbewaffnetem Auge besonders auffällt, ist die Kleinheit der ganzen
cm
Stücke, welche nur selten die Höhe von 10°” erreichen, meistens sogar
nur wenige Centimeter hoch sind. Dem entspricht denn auch die Enge
des Haupttrichters und die geringe Dicke der radiären Seitendivertikel,
mm
welche meistens nur einen äufseren Diekendurchmesser von 3-5 bei
mm
einer durchschnittlichen Länge von 10-15"”" zeigen. Ferner verdient her-
vorgehoben zu werden, dafs hier noch mehr als bei anderen Aphrocallistes-
Arten eine Höhlenverbindung der stets mehrfach neben einander befind-
lichen Haupttrichter mittels ihrer sich erreichenden und nach Resorption
der Scheidewand offen anastomosirenden Radialtuben besteht. Falls dabei
die Weite des Lumens der Radialtuben nicht wesentlich geringer ist als
der Trichter, kann so ein nahezu gleich weites Röhrensystem entstehen,
in welchem sich die Grenzbezirke der einzelnen Kelche mit zugehörigen
Radialtuben oft kaum feststellen lassen. Auch wird diese Abgrenzung
häufig noch dadurch besonders erschwert, dafs die Radialtuben Neigung
zeigen, sich am distalen Ende dichotomisch zu theilen. Durch den letz-
teren Umstand kann gelegentlich eine Verwechselung mit Aphrocallistes
ramosus möglich werden, falls es sich um die Deutung isolirter Bruchstücke
handelt. Zur Unterscheidung von Aphrocallistes beatrix Gray kann der Um-
stand verwerthet werden, dafs im Gegensatz zu jener Art die Radialtuben
hier im Allgemeinen von unten nach oben an Länge zunehmen, wie das
ja auch bei allen bisher beschriebenen Stücken dieser Art der Fall war.
Das Dietyonalgerüst stimmt zwar in den wesentlichsten Punkten, so
besonders in der Bildung der typischen sechskantigen, beiderseits offenen
Hevactinelliden des indischen Oceanes. 19
Waben, den unregelmäfsig vielstrahligen Verbindungsknoten und den höckeri-
gen, frei gegen die Haut und gegen die Gastralfläche vorragenden konischen
Balken mit den bekannten Beschreibungen von ApAr. bocagei Pere. Wrieht
überein, zeigt aber im Einzelnen hinsichtlich der Dicke der Wabensepta
und ihrer dreiseitig prismatischen Zwischenpfeiler, hinsichtlich der Balken-
dicke, der Markirung und Absetzung der Balkenverbindungsknoten, sowie
besonders hinsichtlich der Besetzung der Balken und ihrer Verbindungs-
knoten mit kleinen Höckern oder Dornen, so weitgehende Unterschiede,
dafs ich diese letzteren Momente für die Speciescharakteristik und Abgren-
zung hier nicht von wesentlicher Bedeutung halten kann, vielmehr als rein
individuelle Abweichungen deuten, zum Theil auch als Altersdifferenzen auf-
fassen mufs. Es scheint mir nämlich, dafs die ursprünglich, d.h. bei
Jungen Stücken, zarten und ganz glatten Balken später dieker und mehr
rauh werden, dafs damit zugleich die Wabensepta und besonders die drei-
seitig prismatischen Zwischenpfeiler an Dieke zunehmen, die Verbindungs-
knoten der Balken stärker werden, sich deutlicher abheben und vor Allem
in der Nähe der freien Flächen sich reichlicher mit kleinen Dornen bedecken.
Die dermalen Hexaster erscheinen überall schmächtig und mit einem
pinulen Radialstrahle versehen, dessen basales Drittel glatt bleibt, während
an den äufseren zwei Drittheilen die schmächtigen und nicht besonders
reichlich vorhandenen, schräge emporgebogenen Seitenstacheln gegen das
spitze Ende zu allmählich an Länge abnehmen.
Die nach den einzelnen Regionen und noch mehr nach den Schwamm-
individuen recht erheblich wechselnden Gestalten der dermalen Scopulae
gleichen im Allgemeinen den bei Aphr. beatrix oben näher beschriebenen
und abgebildeten Formen. Während bei einigen Stücken die auf Taf. VII in
Fig. 4 dargestellte Form mit auswärts geknickten und breite Endkolben tra-
genden Endstrahlen häufig, solche mit geraden, fast gleichmäfsig dieken und
rauhen, schwach geknöpften Endstrahlen (Taf. VIII Fig. 5) dagegen nur selten
war, praevalirten bei anderen Individuen Scopulae mit dünnen, schwach aus-
wärts gebogenen, geknöpften Endstrahlen. Die von mir an dem Challenger-
Material gelegentlich beobachtete Scopula-Form mit spitz auslaufenden End-
strahlen (Chall. Rep. Pl. LXXXIV Fig. 5) habe ieh hier nicht gesehen.
Zur Stütze der Gastralmembran finden sich hier die nämlichen dicken,
höckerigen, meistens geraden diactinen oder stauraetinen Nadeln mit ab-
gerundeten Enden, welche allen Angehörigen der Gattung zukommen.
80 F. E. Scavrze:
Auch die langen, rechtwinkelig zur Dermalfläche gestellten und diese
letztere mit der oberen Endspitze fast erreichenden Uncinate weichen nicht
wesentlich von den entsprechenden Nadeln der übrigen Aphrocallistes- Arten
ab. Dasselbe gilt von den schlanken parenchymalen Oxyhexactinen, deren
sämmtliche Strahlen mit feinen quer abstehenden Dornen besetzt sind.
Dagegen verdienen die bei den verschiedenen Stücken in sehr wechseln-
der Menge durch das Parenchym ganz unregelmäfsig zerstreuten paren-
chymalen Hexaster eine genauere Berücksichtigung.
Da dieselben ähnlich wie bei Aphr. beatrix und ramosus keine con-
stante, sondern im Gegentheil recht verschiedenartige und bald nach dem
Individuum bald nach der Körperregion mannigfach wechselnde Form und
Gröfse zeigen, so bleibt nichts übrig, als die Variationsbreite zu cha-
rakterisiren.
Zuvor aber muls darauf hingewiesen werden, dafs ich in allen Stücken
von Aphr. bocagei Oxyhexaster und Onychaster neben einander gefunden
habe, freilich in sehr wechselnden Mengenverhältnissen. Bald hielt es
schwer, zwischen den zahlreich vorhandenen Oxyhexastern überhaupt auch
nur einzelne Onychaster aufzufinden; bald traten beide in etwa gleicher
Menge auf, bald überwogen die Onychaster. Und bei den letzteren
gab es wieder mannigfache Differenzen in der Länge und in der Art der
Biegung der zarten Endkrallen.
Wenn wir zunächst als »reguläre Hexaster« diejenigen bezeichnen
wollen, deren sämmtliche sechs Hauptstrahlen gleich, und dabei völlig
rechtwinkelig zu einander gestellt sind und auch in Dicke, Form, Zahl
und Divergenzwinkel der Endstrahlen übereinstimmen, so kommen solche
zahlreich genug, doch mit sehr verschiedener Dicke der Haupt- und End-
strahlen, sowie mit recht wechselnder Anzahl der letzteren vor (Taf. VII
Fig. 6 und 9). Gewöhnlich trägt jeder der 6 kurzen Hauptstrahlen 4 oder 5
ziemlich stark divergirende Endstrahlen. Der Durchmesser einer solchen
Nadel pflegt 504 nicht zu überschreiten. Ich finde nun sowohl bei den
zartesten wie bei den robustesten regulären Hexastern die distalen End-
strahlenendungen entweder sämmtlich spitz auslaufend oder sämmtlich
besetzt mit je einem terminalen Wirtel von gewöhnlich vier in Kreuz
gestellten. sehr feinen Krallen, welche bald ganz quer abstehen, bald
schräge nach aufsen vorragen und dabei entweder gerade oder leicht ge-
bogen (mit distaler Convexität) sind. Die Länge dieser Krallen ist sehr
Hexactinelliden des indischen Oceanes. s1
verschieden, vom eben Erkennbaren bis zu 3 oder selbst 4u, stimmt jedoch
an allen Endstrahlen ein und desselben Hexasters ebenso wie die übrigen
Krallen -Eigenthümlichkeiten im Wesentlichen überein (Taf. VIII Fig. 9
und ı0). Dafs das Auftreten der terminalen Krallen übrigens nicht etwa
eine Alterserscheinung der Nadeln ist, möchte ich dadurch ausgeschlossen
erachten, dafs sie nicht vorwiegend bei den kräftigen, also voraussicht-
lich älteren Nadeln, sondern ebenso häufig und vielleicht noch öfter bei
den allerzartesten, wahrscheinlich jüngsten, in gleicher Ausbildung zu
finden sind.
Nicht minder häufig als die regulären sind jene mehr oder minder
langgestreckten Hexaster, bei welchen nur die der Hauptaxe zugehörigen
beiden Hauptstrahlen sich am Ende in vier, fünf oder mehr divergirende
Endstrahlen von 20-254 Länge auflösen, während die vier übrigen Haupt-
strahlen einfach bleiben.
Bei solchen gestreekten Hexastern haben die vier ungetheilten
Hauptstrahlen eine Länge von etwa 2Ou, während die Länge der beiden
anderen (der Hauptaxe entsprechenden) Hauptstrahlen aufserordentlich
variirt, und diese letzteren selbst unter einander gewöhnlich erheblich
differiren. Gar nicht selten erscheint einer dieser beiden axialen Haupt-
strahlen so stark verkürzt, dafs die zugehörigen Endstrahlen ganz nahe
beim Centrum entspringen und dann mit den vier einfachen Hauptstrahlen
zusammen ein Büschel bilden (Taf. VIII Fig. 8). Auch von dieser Form sind
Oxyhexaster und Onychaster, und von beiden sowohl zarte wie kräftige,
zu finden. Seltener sind die Fälle, in welchen einer oder alle der von der
Hauptaxe quer abstehenden Hauptstrahlen nicht einfach spitz auslaufen,
sondern sich in zwei oder mehr Endstrahlen theilen (Fig. 7, 10 und ır).
Übrigens will ich noch besonders hervorheben, dafs ich die soeben
beschriebenen Variationen der parenchymalen Hexaster nicht nur bei den
hier zunächst berücksichtigten indischen Exemplaren, sondern auch bei
zahlreichen Stücken gefunden habe, welche von der Challenger-Expedition
und aus anderen Quellen stammen.
Die meisten Investigator-Exemplare von Aphrocallistes bocagei Pere.
Wright sind in der Bai von Bengalen und zwar bei den Andamanen,
einige auch südlich von Bombay bei der Angrias-Bank, alle aber in Tiefen
von 200-500” erbeutet. Eine örtliche Sonderung der beiden in ihrer
äufseren Erscheinung nicht unerheblich differirenden Formen, nämlich der
Phys. Abh. 1895. III. 11
N N
82 F. E. Scavurze:
derberen, mit kleinfingerdieken radiären Divertikeln, wie sie der Original-
beschreibung Wright’s entspricht und jener (in Fig. ı und 2 der Taf. VIH
mm
von mir abgebildeten) gracileren, mit nur 3-5"” dicken Radialausbauchungen,
habe ich nicht nachweisen können. Beide in ihren Extremen oft recht
different erscheinenden Variationen kamen vielmehr meistens neben einander
an den gleichen Fundorten ziemlich gleich häufig vor, und zeigten, wie
oben erwähnt, auch gelegentlich Übergänge.
Die gröbere Varietät fand sich
an Station 29 — Andamanen in 315”,
» » 3147 — Andamanen in 485”,
» » 3713 — Angrias-Bank,
» » 6117 — Bai von Bengalen in 402-439”,
» » 9172 — Andamanen in 238-437";
die gracilere dagegen
an Station 3710 — Angrias-Bank,
» » 3711 — Angrias-Bank,
» » 6117 — Bai von Bengalen in 402-439",
» » 9172 — Andamanen in 238-437".
Übersicht der Investigator-Hexactinelliden.
Die Gesammtzahl der von mir studirten Hexactinelliden-Species des
Investigator-Materiales beträgt 26, welche sich auf ıır Gattungen und
6 Familien folgendermafsen vertheilen:
1. Hyalonematidae J. E. Gray:
I. Pheronema Leidy:
1. Ph. raphanus F. E. Sch.,
2. Ph. eircumpalatum F. E. Sch.;
I. Hyalonema J.E. Gray:
3. H. aculeatum F. E. Sch.,
. HA. heideri F. E. Sch.,
. H. indicum F. E. Sch.,
. H. pirum F.E. Sch.,
. H. heymonsi F. E. Sch.,
. H. weltneri FE. E. Sch.,
. H. masoni F. E. Sch.,
os au -#
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 83
10. H. alcocki F. E. Sch.,
11. H. imvestigatoris F. E. Sch.,
12. H. apertum F. E. Sch.,
13. H. maehrenthali FE. E. Sch.;
II. Semperella J. E. Gray:
14. S. cucumis F. E. Sch.
2. Euplectellidae J. E. Gray:
IV. Holascus F. E. Sch.:
15. H. robustus F. E. Sch.,
16. H.tener E. E. Sch.;
V. Euplectella R. Owen:
17. E. simplex-F. E. Sch.,
18. E. aspera F. E. Sch.;
VI. Dictyaulus F. E. Sch.:
19. D. elegans F. E. Sch.
3. Asconematidae F. E. Sch.:
VI. Saccocalyx F.E. Sch.:
20. 5. pedunculata F. E. Sch.
4. Rossellidae F. E. Sch.:
VI. Bathydorus F. E. Sch.:
27. B. laevis F. E. Sch.;
IX. Placopegma F.E. Sch.:
22. P. solutum F. E. Sch.
5. Farreidae F. E. Sch.:
X. Farrea Bowerbank:
23. F. occa J. E. Gray.
6. Melittionidae Zittel:
XI. Aphrocallistes J. E. Gray:
24. A. beatrix J. E. Gray,
25. A. ramosus F. E. Sch., .
26. A. bocagei Perce. Wright.
117
84 FE. ScHurze:
Schliefslich gebe ich hier eine tabellarische Zusammenstellung der
sämmtlichen Investigator-Stationen, an welchen Hexactinelliden gefunden
sind, nebst Angaben der Tiefe und der an den einzelnen Stationen erbeu-
teten Arten.
Tabellarische Übersicht der Investigator-Stationen, an welchen
Hexactinelliden gefunden sind.
Nr. der Tiefe |
Station in Meter |
9. | Andamanen, südöstl. von der nördl. | 238—458 | Aphrocallistes beatrir J. E. Gray.
Sentinel-Insel |
29. | Andamanen 315 | Pheronema raphanus F.E.Sch.,
Farrra sp., Aphrocallistes bocagei
Pere. Wright.
55. | Andamanen, westl. von der miti- | 8738-1006 | Aphrocallistes ramosus F.E. Sch.
leren Insel
56. | Andamanen, zwischen der nördl. | 439—402 | Hyalonema apertum F.E.Sch., Eu-
und südl. Sentinel-Insel plectella simplex F.E. Sch.
94. , Bai von Bengalen, 6° 18' nördl. Br. | 2506— 2816| Holascus tener F. E. Sch., Euplectella
90° 40' östl. L. | aspera F.E. Sch.
104. | Laccadiven, 11° ı2' 47" nördl. Br., 1330 Hyyalonema indicum F.E. Sch., Hya-
74° 25' 5" östl. L. lonema weltneri F.E.Sch., Eu-
‚plectella aspera F.E.Sch., (?Rhab-
\ dodietyum delicatum ©.Schm.).
ı1o. , Bai von Bengalen, 9° 34' nördl. Br., 3652 Bathydorus laevis F.E. Sch.
85° 43' 15" östl. L. |
ııI. | Baivon Bengalen, 12° 50' nördl. Br., 3008 Hiyalonema heymonsi F.E. Sch., Pla-
90° 52' östl. L. copegma solutum F.E.Sch.
113. | Andamanen, 12° 59' nördl. Br., | 1267 Hyalonema indicum F.E.Sch.
93° 23' 10" östl. L.
116. | Andamanen, 11°25' 5" nördl. Br., | 740 Semperella cucumis F.E. Sch.
92° 47' 6" östl. L. |
117. | Baivon Bengalen, ı1° 58' nördl.Br., 3197 Hiyalonema masoni F.E.Sch., Hya-
88° 52' 17" östl. L. | lonema investigatoris F.E. Sch.
118. , Baivon Bengalen, 12° zo’ nördl.Br. 3297 Holascus robustus F. E. Sch., Sacco-
85° 8' östl. L. | calyı pedumculata F.E. Sch. (Lys-
| | sacine).
124. | Laccadiven, 10° 47' 45" nördl. Br., 1290 | Dietyaulus elegans F.E. Sch.
72° 40' 20" östl. L.
125. | Laccadiven, 10° 7' 50" nördl. Br., 2286 | Hyalomema alcocki F.E. Sch.
74° 42' 30" östl. L.
Hexactinelliden des indischen Oceanes. s5
Nr. der Tiefe m =.
Station in Meter
|
3147. | Andamanen, bei der Ross-Insel, | 485 Hyalonema pirum F.E.Sch., Hya-
e- 11° 48' nördl. Br., 92° 52' östl. L. | lonema maehrenthali F.E.Sch.,
| Aphrocallistes bocagei Perc.
| Wright.
3207. | Andamanen, bei dernördl. Sentinel- | 457 Euplectella simplex F.E. Sch.
Insel |
3208. | Andamanen, bei der nördl. Sentinel- 457 Hyalonema aculeatum F.E. Sch.,
Insel Hyalonema heideri F. E. Sch.,
Hiyalonema pirum F.E. Sch., Hya-
lonema maehrenthali F.E.Sch.
3710. | Angrias-Bank, südl. von Bombay | Aphrocallistes bocagei Pere. Wright.
3711. | Angrias-Bank, südl. von Bombay | Aphrocallistes bocageiP er c. Wright.
3713. | Angrias-Bank, südl. von Bombay | Aphrocallistesbocagei Perc.Wright.
6116. | Bai von Bengalen | 402—439 | Farrea occa (arter, Aphrocallistes
ramosus F.E. Sch.
6117. | Bai von Bengalen 402—439 | Aphrocallistes bocagei F.E.Sch.
9172. | Andamanen 238—437 | Aphrocallistes bocagei F.E. Sch.
9944. | Andamanen 436—530 | Pheronema circumpalatum F.E. Sch.,
Semperella cucumis F.E. Sch.
Um eine leichte Übersicht zu gewinnen über die Verbreitung der
26 Hexactinelliden- Arten, von welchen nur 5 bereits bekannt, 21 aber bis-
her noch nicht beschrieben waren, dürfte es sich empfehlen, die in Betracht
kommenden 24 Fundorte des indischen Gebietes in folgende 4 Gruppen zu
bringen, je nachdem sie
ı. in der Nähe der Andamanen,
2. in der Nähe der Laccadiven,
3. bei der Angrias-Bank (etwas südlich von Bombay), und
4. in dem mittleren Theile der Bai von Bengalen liegen.
i. An den ıı in der Gegend der Andamanen gelegenen Stationen
(Nr29629,55, 56, 113, 116,.017,.31747, 3207; 3208, 9772 und 9944),
deren Tiefe zwischen 238 und 1267” schwankt, und meistens 300-500"
beträgt, sind folgende Arten gefunden:
Von Hyalonematiden:
Pheronema raphanus F. E. Sch.,
» circumpalatum F. E. Sch.,
Hyalonema aculeatum F. E. Sch.,
86 F. E. Scavwıze:
Hyalonema heideri F. E. Sch.,
» indicum F. E. Sch.,
» pirum F. E. Sch.,
» apertum F. E. Sch.,
» maehrenthali F. E. Sch.
Von Euplectelliden:
Euplectella simplex F. E. Sch.
Von Melittioniden:
Aphrocallistes beatrix J. E. Gray,
» ramosus F. E. Sch.,
» bocagei Perc. Wright.
2. An den 3 Stationen in der Nähe der Laceadiven (Nr. 104, 124 und
125), deren Tiefe zwischen 1209 und 2286” beträgt, haben sich gefunden:
Von Hyalonematiden:
Hwyalonema indicum F. E. Sch.,
» weltneri F. E. Sch.,
» aleocki F. E. Sch.
Von Euplectelliden:
Euplectella aspera F. E. Sch.,
Dictyaulus elegans F. E. Sch.
3. Die 3 Stationen der Angrias-Bank, deren Tiefe nicht notirt war,
ergaben nur:
Aphrocallistes bocagei Pere. Wright.
4. An den 7 Stationen des mittleren Theiles der Bai von Bengalen
(Nr. 94, 110, 111, 117, 118, 6116, 6117), welche aufser den beiden letzten
Stationen, 6116 und 6117, durchschnittlich eine gröfsere Tiefe, etwa 3000”,
haben, fanden sich:
Von Hyalonematiden:
Hryalonema heymonsi F. E. Sch.,
» masoni F. E. Sch.,
» investigatoris F. E. Sch.
Von Eupleectelliden:
Holascus robustus F. E. Seh.,
» tener F. E. Sch.,
Euplectella aspera F. E. Sch.
strahlen gespalten sind. Vergr.
*
4
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 87
Von Asconematiden:
Saccocalyx pedunculata F. E. Sch.
Von Rosselliden:
Bathydorus laevis F. E. Sch.,
Placopegma solutum F. E. Sch.
Von Farreiden:
Farrea occa Carter.
Von Melittioniden:
Aphrocallistes ramosus F. E. Sch.,
» bocagei Pere. Wright.
Tafelerklärung.
Datel.l.
Fig.ı-ıo. Holascus robustus F.E. Sch.
Fig.1. Durchschnitt der Körperwand von
Holascus robustus F. E. Sch., ohne Weich-
_ theile. Combinationsbild. Der obere Rand des
Bildes entspricht der Dermalfläche. Vergr. =
Fig.2. Einfaches parenchymales Miero-
oxyhexactin. Vergr.®.
Fig. 3. Oxyhexaster mit nur einem ge-
spaltenen Hauptstrahl. Vergr. *”.
Fig. 4. Oxyhexaster, dessen meiste Haupt-
400
Fig. 5. Oxyhexaster mit Bahnen Haupt-
400
_ und Endstrahlen. Vergr. *”.
Fig. 6. Unterer Theil einer basalen Anker-
nadel. Vergr. °°°,
400
Fig. 7. Calicocom. Vergr. *.
Fig. 7%. Centraler Theil eines Graphioco-
mes, dessen Endstrahlen abgebrochen sind.
Vergr. *®.
Fig. 8. Centraler Theil eines macroseleren
I00
Stauraetin. Vergr..
Fig. 9 und ro. Theile von langen triactinen
Comitalia. Vergr.”.
Fig. 11-14. Lyssacine.
Fig. ıı. Theil eines basalen Prostales.
Vergr. 2.
Fig.12—13. Höckerige Kieselkugeln. Ver-
gröls. ”°.
Fig.14. Glatte grölsere Kieselkugel. Ver-
af, 100
gröls. —.
Tafel U.
Euplectella simplex F. E. Sch.
Fig. 1. Jüngstes Exemplar in Lebensgrölse.
Fig. 2. Junges Exemplar in Lebensgrölse.
Fig. 3. Junges Exemplar, geöffnet, in Le-
bensgrölse.
Fig. 4. Gröfseres Stück mit wohl erhaltener
Siebplatte, in Lebensgrölse.
Fig. 4%. Osculare Siebplatte von 4, von der
Fläche gesehen. Lebensgrölse.
ss RB) BY SCHULZE:
Fig. 5. Unteres etwas abgeriebenes Ende
eines grölseren Exemplares. In Lebensgrölse.
Fig. 6. Grölseres Stück. Ein Theil der
Seitenwand ist ausgeschnitten; die Siebplatte
ist nicht erhalten. In Lebensgrölse.
Fig. 7. Durchschnitt der Körperwand ohne
Weichkörper. Die dermale Seite
oben gewandt. Vergr.°.
Fig.8. Dermales Floricom. Vergr. °°.
Fig. 9. Endverbreiterung eines Endstrahles
eines dermalen Floricomes. Ansicht von unten.
ist nach
Vergr. =.
Fig. 10. Endstrahl eines Floricomes. Seiten-
ansicht. Vergr. a
Fig. ı1. Graphiocom. An fünf Haupt-
strahlen sind die Endstrahlen abgebrochen.
Vergr. >=.
Biere. Vierzahnige basale Ankernadel.
Unterer Endtheil. Vergr. °.
Fig. 13. Unteres Ende einer achtzahnigen
basalen Ankernadel. Vergr. 2°
Tafel I.
Euplectella aspera F.E. Sch.
Fig. 1. Unteres Ende eines grölseren Exem-
plares von Euplectella aspera. Natürliche Gröle.
Fig. 2.
aspera F. E. Sch., dessen oberer Theil fehlt.
Natürliche Grölse.
Jüngeres Exemplar von Zuplectella
Fig. 3. Dasselbe (in Fig. 2 dargestellte)
Stück in der Ansicht von innen. Natürliche
Grölse.
Fig. 4. Senkrechter Wanddurchschnitt ohne
den Weichkörper. Vergr.°. Combinations-
bild.
Fig. 5. Prineipales Hexactin. Mitteltheil
ınit einigen Comitalia am Distalstrahl. Ver-
gröls. =,
Fig. 6. Comitales Diactin. Vergr. 2°
Fig. 7. Prineipales Hexactin mit völlig er-
haltenen Radialstrahlen.
Fig. 8.
or. oo
gröls. =
Vergr.
Parenchymaler Oxyhexaster. Ver-
00
Fig. 9. Ausgebildetes Floricom. Vergr.°°
Fig. ro.
griffenes Floricom. Vergr.
Junges, in der Entwickelung be-
=
Tatel IV:
Dictyaulus elegans F.E.Sch.
Fig. 1. Oberer Theil von Dictyaulus elegans
F.E.Sch. Natürliche Gröfse.
Fig.2. Senkrechter WanddurehsehuiE ohne
Weichkörper. Vergr. sn
Fig. 3. Dermales Floriednn. Vergr. 3°
Fig. 4. Einzelner Endstrahl eines dermalen
Floricomes in Seitenansicht. Vergr. =,
Fig. 5. Mitteltheil eines dermalen Flori-
comes. Vergr. °°
Fig.6. Par euchyyinäles Floricom. Vergr. =,
Fig. 7. Einzelner Endstrahl eines paren-
chyıalen Floricomes in Seitenansicht. Vergr.
1200
Fig. 8. Kleiner parenchymaler Discohexaster.
Vergr.. >=.
Fig. 9. Endscheibe eines parenchymalen
Discohexasters. Flächenansicht. Vergr. "°®,
Fig. 10. Grolser parenchymaler De
hexaster. Vergr. °°.
Fig. ıı und ı2. Aulserer Theil eines End-
strahles von einem grolsen Discohexaster.
Verer. =.
Fig. 13. Parenchymaler Codonhexaster.
Vergr. 3°,
Fig. 14. Endstrahl eines parenchymalen
Codonhexasters. Vergr. 7°,
Fig. ı5. Mitteltheil eines Codonhexasters
mit einem Endstrahl. Vergr. =
Fig. 16. Parenchymales Drepanocom mit
zurückgebogenem Endstrahlende. ==,
Fig. 17. Seitenansicht eines einzelnen Ynd-
strahles des in Fig. ı6 dargestellten Drepano-
comes. Vergr. =°°
Fig. 18. Dre nanoeo mit aufgerichtetem
Endstrahlenende. =,
Fig. 19. Seitenansicht Se einzelnen End-
strahles des in Fig.ı8 dargestellten Drepano-
Vergr. =
Bruchstück eines kleinen Codon-
1200
Vergr.
Vergr.
comes.
Fig. 20.
hexasters. Vergr.
Hexactinelliden des indischen Oceanes. 89
Fig. 21. Kleiner Codonhexaster. Vergr.
400
=
Fig. 22. Parenchymales Oxyhexaetin mit
Seitenstacheln. Vergr. ”°.
Tafel V.
Saccocalyx pedunculata F.E.Sch.
Fig. ı. Körper mit oberem Stielende von
Saccocalyı pedunculata F. E. Sch. Natürliche
Grölse. Ein Stück der oberen
ist ausgeschnitten.
Fig. 2. Unteres Stielende. Natürliche Grölse.
Fig. 3. Senkrechter Wanddurchschnitt der
Kelchwand
oberen Kelehwand, ohne Weichkörper. Ver-
gröls. ®. Combinationsbild.
Fig.4. Parenchymaler Discohexaster mit
spiralig gedrehten Endstrahlen. Vergr. °°.
Fig. 5. Endscheibe eines parenchymalen
Discohexasters in der Ansicht schräge von in-
1000
nen. Vergr.
Fig.6. Endscheibe eines parenchymalen
Discohexasters in Randansicht. Verg. °°°,
I
Fig.7. ParenchymalesPlumicom. Vergr.°.
oO ’ je) I
Fig.8. Seitenansichteines Strahles von einem
parenchymalen Plumicome. Vergr. °°°®,
Fig. 9.
sen Endstrahlen gröfsten Theils nahe dem Ur-
sprunge abgebrochen sind. Vergr. °”,
Fig.1o. Die zu einem Strahle eines paren-
chymalen Discohexasters gehörigen spiralig
gedrehten Endstrahlen in der Ansicht von
aulsen. Vergr. °°,
Fig.ır. Bruchstück von vier durch zahl-
reiche Synapticula unter einander und mit den
benachbarten Nadeln verbundenen diactinen
Stabnadeln des Stielskeletes. Vergr. °.
Parenchymaler Discohexaster, des-
Tafel VI.
Fig. 1ı-ıo Bathydorus laevis F.E.Sch.
und Fig. ır-ı7 Placopegma solutum
F.E. Sch.
Fig.1ı. Oberes Ende eines kleinen Exem-
plares von Bathydorus laevis F.E.Sch. in
Seitenansicht. Natürliche Grölse.
Phys. Abh. 1895. III.
Fig. 2. Durchschnitt der Kelchwand, ohne
Weichkörper. Vergr.®. Combinationsbild.
Fig.3. Ein autodermales Stauraetin in
schräger Seitenansicht. Vergr. ?°,
Fig. 4. Ein gleiches autodermales Stauractin
in Flächenansicht. =
Fig. 5 und 6. Enden parenchymaler langer
Diactine. Vergr. 3°,
Fig. 7.
r 300
Po" =
\erer. >
Vergr.—.
Kieselperle aus dem Parenchyme.
Fig. 8. Autogastrales Hexactin. Vergr. 3°,
Fig. 9. Parenchymaler Oxyhexaster mit
zwei ungetheilten Strahlen. Vergr. ®°°,
Fig. 10. Parenchymaler Oxyhexaster, dessen
Hauptstrahlen sämmtlich in je zwei End-
300
strahlen sich theilen. Vergr.
Fig.ır—ı7. Placopegma solutum
F.E. Sch.
Ansieht der freien Oberfläche von
Placopegma solutum. Natürliche Gröfse.
Fig. ı2. Wanddurchsehnitt, ohne Weich-
körper. Vergr. =
Fig.ı3. Dermales Oxypentactin. Vergr. °°°
Fig. 14. Parenchymaler Discohexaster. Ver-
400
23
Fig. 15.
Discohexasters in Seitenansicht. Vergr.
Fig. 16. Ankernadel. Vergr. °°
g.17. Gastrales Pentactin. Vergr. °°.
Fig. 11.
Combinationsbild.
gröls.
Endscheibe eines parenchymalen
1000
= %
ei)
07)
TafelovM.
Aphrocallistes beatrix J. Gray und
Aphrocallistes ramosus J. Gray.
Fig. 1-13. Aphrocallistes beatrix J. Gray.
Fig. ı. Aphrocallistes beatriv in schräger
Seitenansicht, etwas von oben. Nach einer
von Hrn. Dr. von Mährenthal angefertig-
ten Photographie. Natürliche Grölse.
Fig. 2. Scopula mit vier geknickten, End-
stark
450
—
scheiben
Dermalästen. Vergr.
tragenden, divergirenden
12
90 F. E. Scaurze:
Fig. 3. Scopnla mit sechs gleichmälsig aus- | Aphrocallistes bocagei Pere. Wright. Natür-
wärts gebogenenk eulenförmigen Dermalästen. | liche Grölse.
Vergr. &, Fig.2. Das ausmacerirte, etwas lädirte
Fig. 4. Dermales Oxyheyactin mit tannen-
baumähnlichem äulseren Radialstrahle. Vergr.
450
I
Fig. 5. Parenchymaler Oxyhexaster von
regulärer Form. =,
Fig. 6 und 7. Parenchymale Oxyhexaster
mit verlängerter Hauptaxe. Vergr. *°°.
Fig. 8 und 9.
kolbig verdiekten Enden.
Fig. 10. Scopula mit vier schwach diver-
girenden geraden Dermalästen. Vergr. *°.
Fig.ır. Scopula mit vier schwach ge-
knickten divergirenden Dermalstrahlen. Ver-
Vergr.
Stabförmige Diactine mit
Ta REL5O
Vierer; —,
mas 450
gröls. >
Fig.ı2. Oxyhexaster mit kurzer Haupt-
axe.
Fig. 13.
an
eron =
Dorniges parenchymales Oxyhex-
450
ars N
Fig.14. Aphrocallistes ramosus F.E. Sch.
in Seitenansicht,
actin. Vergr.
nach einer von Hrn. Dr.
von Mährenthalangefertigten Photographie.
Natürliche Gröfse.
Tafel VII.
Aphrocallistes bocagei Perc. Wright.
Fig.ı. Mehrere zu einer Colonie verbun-
dene Kelche mit schmalen Radialtuben von
Dietyonalgerüst eines Kelches mit schmalen
Radialtuben. Nach einer von Hrn. Dr. von
Mährenthal angefertigten Photographie. Na-
türliche Grölse.
Fig. 3: etwas lädirte
Dietyonalgerüst eines mit breiten Radialtuben
versehenen, typischen Kelches in der Ansicht
von oben. Nach einer von Hrn. Dr. von
Mährenthal angefertigten Photographie. Na-
türliche Gröfse.
Fig. 4 Scopula mit vier geknickten, stark
divergirenden und Endscheiben tragenden
Dermalästen. Vergr. ®°.
Das ausmacerirte,
Fig. 5. Scopula mit vier parallelen geraden,
stabförmigen Dermalästen. Vergr. =
Fig.6. Parenchymaler Oxyhexaster von
regulärer Form. Vergr. #°,
Fig. 7. Parenchymaler Oxyhexaster mit
etwas verlängerter Hauptaxe. Vergr. ®°.
Fig. 8. Parenchymaler Oxyhexaster, dessen
einer Hauptstrahl verlängert ist. Vergr. *°.
Fig. 9.
gulärer Form.
Parenchyimaler Onychaster von re-
Vergr. *,
Fig.ro. Parenchymaler Onychaster mit
einem verlängerten Hauptstrahle. Vergr. °°°.
Fig. ır. Oxyhexaster mit drei verlängerten
kräftigen Hauptstrahlen. Vergr. #°.
“
Hexactinelliden ar Oceanes.
Inhaltsübersicht.
1 Euplectellidae J. Gray .. :".
a) Holascinae F. E. Sch. 5
Die Gattung Holascus F. E. "Sons
H. robustus nov. spec. .
H. tener nov. spec. E
H. stellatus F. E. Sch. 1887
H. fibulatus F. E. Sch. 1887 .
H. polejaevi F. E. Sch. 1887
@ H. ridleyi F. E.Sch. 1887 .
Die Gattung Malacosaccus F.E. Sch.
M. vastus F. E. Sch. 1887
M. unguiculatus F. E. Sch. 1887 .
b) Euplectellinae F. E. Sch. ö
Die Gattung Euplectella R. Owen
E. simplex nov. spec. .
E. aspera nov. spec.
E. oweni Herkl. und March
EB. aspergillum R. Owen
L E. jovis OÖ. Schm. :
E. suberea Wyv. Thoms. .
E. cucumer R. Owen
E. nodosa F.E. Sch. 1887 :
E. crassistellata F. E. Sch. 1887 .
Die Gattung Regadrella O.Schm.
R. phoeniv OÖ. Schm.
c) Taegerinae F. E. Sch. &
Die Gattung Tokgerıa E. E. Sch.
T. pulchra F. E. Sch. 3
Die Gattung Walteria F.E. Sch.
W. flemmingi F. E. Sch. b
Die Gattung Dictyaulus F.E. Sch. .
D. elegans F. Sch.
Systematische Uebersicht der Zuplectellidae
Bestimmungstabelle der Euplectellidae
91
Seite
353
Si)
3—12
el
1)
9—Io
TO—IT
II—I2
12
12—15
13
13—15
Ze)
1533
15— 26
26—29
29— 30.
30-31
3
31—32
32
32—33
33
34—35
34—35
35—43
35
35
35—37
3531
37—43
37—43
44-51
51-53
92 FE. Sonunze: Hexactinelliden des indischen Oceanes. ;
IL: Aseonematidae BSB. Sch.” . “er. rer
Die Gattung Saccocalyx F.E. Seh en 0 ee ne
Su pedumeulata‘ B. E.'Sch. „rss ee 3 De
IN Rosselizaae BER. Sch. . r . . BE ei
Die Gattung Batkydorus E. E. Sch a a h
B.laeris nov.'spec. . 2 u na EN oe j
Bestimmungstabelle der Bathydorus-Arten. . - - ee ee oe
Die Gattung Placopegma F.E. Sch. EEE ER 5. = {
Ei. solutum $: B: Schu mn. ee eo Or
Anhang) zulden. lyssaeinene. 0. ve. 02 0 a ERDE Eat
IV. Dietyonina Zittel . . . ..: ne a Fe
Die Gattung Farrea ea El er DAR 67 2
B.occa Carter . 2.16: were 67 ”
Die Gattung Aehnnallinten % E. Bay ei are SR ar ee R
A..beatrix J.E. Gray...» wear ee
4.ramosus' E. BE. Sch: 1887| - az een OT
A.'bocageı Perc. Wright, 129. 3.0. wer A ae Tr 2
Übersicht der gesammten Investigator- Hexaetinelliden . . . . S2 Se
Tabellarische Übersicht der Investigator-Stationen, an welchen Berachmellden r 2
gefunden sind . . . . Rt N ee ee) m ES
Verbreitung der Arten nach den F Kadarlien, I Tee Bee
Tafelerklärung . i
Inhaltsübersicht .
K.Preuss. Akad. d.Wissensch. Phys. Abh. 1895.
—en
meer
1-10 Holascus robustus FE.Sch. 11414 Lissacine.
FE.Schulze: Hexactinelliden des indischen Oceanes I.
K.Preuss. Akad.d.Wissensch
._
nn.
Par?
Erupleetella simplex ErE2Sch
Ta1f.ll.
F.E.Schulze: Hexactinelliden des indischen Oceanes I.
K.Preuss. Akad. d.Wissensch. Phys.Abh. 1895.
Bupleetella aepera IER.och. ak.
F.E.Schulze: Hexactinellidendes indischen Oceanes I.
K.Preuss. Akad. d.Wissensch. Phys. Abh. 1895.
Dietyaulus elegans "EE’Sch. un
: S Taf. IV.
FE.Schulze : Hexactinelliden des indischen Oceanes I.
Phvs. Abh. 1895.
K.Preuss. Äkad. d.Wissensch.
J
1
L
ad naz. de
BE.Schulze
Taf v.
II.
BE. Sch.
28
F.E.Schulze: Hexactinelliden des indischen Oceanes
x pedunculatz
Saccocalv
nl
Fig 11-17 Placopegma solutum F.E.Sch
I
Hexactinelliden des ındischen Oceant
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K.Preuss. Akad. d.Wissensch.
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Fig.1-10 Bathydorus laevis F.E.Sch
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K.Preuss. Akad d.Wissensch
Aphrocallistes bocagei Perc
FE.Schulze: Hexactinelliden des ındise
|
|
ES N SEE
PHILOSOPHISCHE UND HISTORISCHE
ABHANDLUNGEN
DER
KÖNIGLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
AUS DEM JAHRE
1595.
BERLIN.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
1895.
GEDRUCKT IN DER REICHSDRUCKEREI.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER,
ron AR:
Au DIMEH
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AUHORKORAE
YATIAH Jar aa ET
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Imhalt.
Sacu%u: Skizze des Fellichi-Dialekts von Mosul. . . » . . . . Abh.1. 8.192.
I.
E
=
Skizze des EIER DEE: von Mosul.
DE SAGERFAUD:
Philos. - histor. Abh. 1895. 1.
.
)
Vorgelegt in der Gesammtsitzung am 9. April 1891
[Sitzungsberichte St. XIX. S. 339].
Zum Druck eingereicht am 29. März 1894, ausgegeben am 6. August 1895.
IR Sprache, die einst im Alterthum in den Ebenen und auf den Bergen
Assyriens gesprochen wurde, hat sich nicht auf die Gegenwart vererbt. Ein
stammverwandtes Idiom, das Aramäische, ist an ihre Stelle getreten, wie
auf Germanischer Erde das Niedersächsische an die Stelle des Friesischen, und
hat sich in reicher dialektischer Entfaltung bis auf unsere Tage erhälten.
Dies Neuaramäische Sprachgebiet ist zum Theil nur erst sehr wenig bekannt
wie z. B. die Gebirge zwischen dem Urmia-See und Mosul, zum Theil noch
gänzlich unbekannt wie das Gebirgsland zwischen dem Dschüdi, Söört und
Wän, ein dem wissenschaftlichen Reisenden ebenso sicheren wie reichhal-
tigen Gewinn versprechendes Studienfeld, empfehlenswerth für den Geo-
graphen und ganz besonders für den Linguisten, der vorbereitet ist die
Formen des Neuaramäischen, Kurdischen und Neuarmenischen nach dem
Volksmunde aufzunehmen.
Dies Neuaramäische jenseits des Tigris wird in Mosul als Bauern-Sprache:
Fellähi, Fellaeht oder Fellcht bezeichnet. Der Name Syrisch d.i. surath,
mit dem meine Gewährsmänner ihre Muttersprache zu bezeichnen pflegten,
ist für uns aus mancherlei Gründen nieht wohl anwendbar. Die Ortschaften,
namentlich im Gebiet von Mosul, wo Fellihi gesprochen wird, wurden mir
in folgender Weise angegeben:
Telkepe 28iad a
Batnaja 1sI.s
Telskopa 130.80 A
Alkos
Horuk YHo5as, 14 Stunde hinter A/k0$ im Gebirge.
1*
4 E. Sıcnav:
Pius "8049, 9 Stunden von Mosul gegen Osten.
Bandawaj@ 0333 an einem kleinen Flufs Telkis, ı Stunde von
Alkos.
Bokopa 190.805 in der Nähe von Telskopa.
Pesabor Jaax19
Bagdeda Karakos x6.83.8 PERS 4 Stunden von Mosul entfernt.
Karemles xIs033
Ankawa 210.83
Bartille 55
Bahsik@ kam
Bahzanı ssems nahe bei dem vorigen.
Kop 80.8 nahe bei Der Matt:.
Rabban Hormizd.
Ba'wira 2mMOAI
Mär Gorgts ud 50A „3% 14 Stunde von Mosul, nahe dem Tigris.
Mar Eli@ ı Stunde von Mosul.
Mar Michael in der Nähe von Ba'wıra.!
Ferner die Distrikte von Amrdra, Zaho, Dehok, Gezire, Deh (zwischen
Gezire und Söört), Akra (in der Nähe von Amedia), Hazher (Gegend von
Söört), Wän.”
Wie ich im Januar und Februar ı88o dazu gekommen eine nicht ganz
selbstgewählte Mufse in Mosul auf das Studium des Fellichi zu verwenden,
habe ich in meinem Reisewerk (Reise in Syrien und Mesopotamien, Leip-
zig 1883)S.355 dargelegt. Mein Lehrer war der daselbst genannte Jeremias,
der aus Ankaw@ in der Gegend von Kerkük gebürtig, aber schon seit einer
Reihe von Jahrzehnten in Mosul angesiedelt war, sich dort verheirathet und
eine Familie gegründet hatte. Dafs seiner Sprache Einzelheiten aus dem
Dialekt seiner Heimath angehaftet haben mögen, ist natürlich trotz seiner
! Die meisten der hier genannten Ortschaften sind auf der meinem Reisewerke bei-
gegebenen Karte von H. Kiepert verzeichnet.
2
Vergl. hiermit die Angaben von J. Guidi in Zeitschrift der Deutschen Morgen-
ländischen Gesellschaft B. 37 S. 294 Anm. 3. Anfser dieser Veröffentlichung Guidi’s vergl.
die Grammatik der modernen Sprache der östlichen Syrer von Rev. A. Maclean, Urmi 1890,
wo sich auch einige Angaben über den Dialekt von A/k0% finden.
n.#
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 5
langen Abwesenheit von derselben und seines langen Aufenthalts in Mosul
nicht ausgeschlossen. Indessen versicherte er mir stets, dafs er die Mund-
art von Mosul spreche, und machte zuweilen bei Einzelheiten ganz besonders
darauf aufmerksam, dafs man in Ankawa so oder so spreche. Übrigens
war er keineswegs mein einziger Informant. Er brachte stets, wenn er zu
mir kam, Gesellschaft mit sich, die sich für mein Studium ihrer Mutter-
sprache lebhaft zu interessiren schien, wodurch ich den Vortheil erlangte
jede mir unklare Form mit mehreren besprechen, jedes Wort mir von
mehreren vorsprechen lassen zu können. Dabei habe ich den Eindruck
gewonnen, dafs sie alle in Aussprache, Form und Wortschatz genau mit
einander übereinstimmten, dafs in der That ihre Sprache, der Dialekt von
Mosul, eine Art «own des Fellichi zu sein scheint, in der die dialektischen
Besonderheiten der einzelnen Dörfer und Distrikte, deren Bevölkerungs-
überschufs nach Mosul abtliefst und dort den Handwerkerstand bildet,
sich abschleifen und verschwinden. Auf der Reise von Mosul nach Gezare
habe ich nur wenig Gelegenheit gehabt Fellichi-Studien zu machen, aus-
genommen im Kloster der Jungfrau zu Alkös, wo ich manche das Fellichi
betreffende Frage mit dem gelehrten Mönche, Abt Samuel, der in Rom
studirt hatte, besprechen konnte. Beide Herren, sowohl Semmäs Jere-
mias Sämıir wie Abt Samuel haben mich durch vielfache Dienste und
Aufmerksamkeiten damals wie auch noch später zu grofsem Danke ver-
pflichtet. Die Dauer meines Studiums war zu kurz; meine Materialien geben
kein vollständiges Bild der Sprache, dürften sich aber dadurch dem Fach-
mann empfehlen, dafs sie unmittelbar aus dem Munde der Leute gesammelt,
nach ihrem Vorsprechen und Vorschreiben aufgezeichnet worden sind und
dals sie die Sprechweise — nicht einer Literatur, sondern des gewöhn-
lichsten Alltagslebens wiedergeben. Wenn schliefslich die Frage gestellt wird
— und damit ist das Ende dieser persönlichen Mittheilungen erreicht —,
warum ich so viele Jahre habe verstreichen lassen ohne meine Fellichi-
Studien zu veröffentlichen, so lautet die Antwort, dafs ich gehofft hatte
diese Skizze zu vertiefen, zu ergänzen und abzurunden durch eine genaue
Untersuchung der von mir gesammelten und jetzt auf der Königlichen Biblio-
thek zu Berlin aufbewahrten, in Fellichi geschriebenen Litteraturdenkmäler.
Die Ausführung dieses Planes mufste indessen von einem Jahr zum anderen
verschoben werden. Daher habe ich mich nunmehr entschlossen das bessere
nicht den Feind des guten sein zu lassen und jetzt zu geben, was ich zu
6
E. Sacnav:
geben vermag, anderen es überlassend auf diesen Vorarbeiten weiter zu
bauen.
Die von mir angewendete Translitteration ist folgende:
2
*
$ so ww
aubu bt 7’ Klo;
— ' (nieht verschieden von &)
—=b, 3=w (Deutsches)
—=g9,&% =gh, in Fremdwörtern X 5
= d und dh
—
= w (Englisches)
2 (Französisches)
—= Ah (ungefähr gleich Arabischem 2)
—y
—k,3= (ungefähr gleich Arabischem Dam
——) l
ef)
a
—sS
=p,9=/f
=k
ff
—$, & in Fremdwörtern — Persischem 5
—e rl
Pronomen.
$ı. Pronomen personale.
Singular Plural
I. äna I. ahn?
I. I. ahtun
II. aum., äf. III. äntim., anht £.
Nebenformen. Neben 4 findet sich ai für das Maseulin und djat
für das Feminin, vermuthlich entstanden aus at mit und dt wat —= du bist
\
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 7
es = Asl 20 Aal und us? 1209 “Ns2. Nach meinem Gewährsmann
wird ät in den Bergen von Amedia, it at in der Gegend von Tell- kef
und A/kös gesprochen.
Neben du äi, die in schneller Rede au und ai oder © und 2 lauten,
hört man auch dh und ahr. Ich erkläre du di als eine Combination von
h@+ hü, ha+ ht und sehe darin eine Wiederholung desselben Vorganges,
aus dem in den Jahrhunderten vor dem Anfang der Syrischen Litteratur die
Formen 607 und «01 hervorgegangen sind.
Während ich ahtzn stets nur in dieser Form, nicht ahtz notirt habe,
kommt die letztere Form in schneller Rede und, wie es scheint, besonders
vor gewissen Consonanten vor (vergl. diese Seite 1. Z.).
Neben anhr habe ich auch änhr, änhai und @nai notirt. Die Form Anai
für das Maseulin soll dem Dialekt von Hakkdäri angehören. anti dürfte aus
Altsyrisch 030 entstanden und die Endung durch die Analogie von
ahni einerseits und von Verbalformen wie palti, amri andererseits beeinflufst
worden sein.
Beispiele.
I. Pers. Sing. äna keden Thöne ich kenne seinen Bruder — ana la k'äthin
dmmauh ich gehe nicht mit dir — ana bism@ "win srah@ min rahük@ ich höre ein
Geräusch von der Ferne — ana hwillt tale kul züze dith-wä IX ich habe ihm alles
Geld, das ich hatte, gegeben.
Wenn das Pronomen nicht hervorgehoben werden soll, wird es nur
durch die Verbalform ausgedrückt: bid-darin el’athri mbar tatha@ jarhe ich
werde nach drei Monaten in mein Land zurückkehren.
I. Pers. Sing. dt mani wit wer bist du? — @jit unäsuh ubEthuh bmakdüh-
huh wir werden verbrennen dich, deine Leute und dein Haus — Ayit la krakwit randa
du reitest nicht gut — Ayat pislah drith@ du (Fem.) bist gestellt worden — ajat ktiltewat
du (Fem.) wirst getödtet.
II. Pers. Sing. du zil-le mäh@ timmal er ist gestern von hier fortgegangen —
au bid-azil min tümda sapr@ er wird morgen von dort fortgehen — di bid- hautya kbir@
ghbint@ sie wird sehr traurig sein — @i bgäna the-1@ sie ist selbst gekommen.
I. Pers. Plur. ahınd bganan the-lan wir sind selbst gekommen — ahnt? bism@
“zwuh mahkethe wir hören sie sprechen — ahnt tre ahhinwäth@ vwah wir sind zwei
Brüder.
II. Pers. Plur. ahtun kzaunitun äadı bis arzan min dıkth@ hirt@ ihr kauft dies
billiger anderswo — ahtum meröhun ihr sagt.
Neben ahtun wötın ihr (Fem.) seid habe ich auch ahtz wötun notirt.
8 E. SAcHuauv:
III. Pers. Plur. äni bgane the-lun sie sind selbst gekommen — läkin äni lar-
deln ub'e-hın bis zöd@ aber sie waren nicht zufrieden und verlangten noch mehr —
anhr bgäne the-lun sie (fem.) sind selbst gekommen — dnhr paltt sie (fem.) gehen fort
— dankt Jiwil-lai sie (fem.) haben gegeben.
Syntaktisch bemerkenswerth ist än@ als Apposition zu vorhergehendem
Casus obliquus in folgendem Verse:
Blu gas IK
— Ausser dir habe ich Niemanden. Lattt ana — 132 N NN: imman ahnt mis-
kenE bei uns armen.
Über den Gebrauch der Pronomina der 3. Person als Demonstrativa
s. weiter unten.
$2. Pronomen demonstrativum.
Für den Hinweis auf das näher liegende finden sich zwei Formen im
Singular und eine Form im Plural, nämlich
aha für Mase. und Fem. h
ädt (wohl richtiger adhr) für Mase. und Fem. Sngplaz
änt für Mase.
anhi für Fem.
adt verkürzt zu ad findet sich in dem Ausdruck bi’adhal =
IR so 2.
Die Plural-Formen sind identisch mit denen des Pronomen personale.
S. oben S. 6.
Für den Hinweis auf das ferner liegende sind ebenfalls zwei Formen
Plural
im Singular, eine im Plural vorhanden, nämlich
Mase.
Sı
Bean | Singular
Ih
awa Mase.
Singular
aja@ Fem.
äne für Masc. und Fem. Plural (@n? wie anz auch = an).
Beispiele.
aha nds@ dieser Mann — äha "ipra' kbira randele dieser Boden ist sehr gut
— skul aha perec@ dlahm@ heb dies Stück Brod auf — dro äha sandöka be dda
hirt@ stellt diesen Koffer in das andere Zimmer.
aha bahta diese Frau — aha seta ‘askela dies Jahr ist schwer.
! "upra PETE Humus, sel@ Sand, Arz@ kleiner Sand, Staub.
Dun
a A En 7 a
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 9
ädt nds@ dieser Mann — Aha kawidn@ kbird hailanele (oder kiele) dies
Maulthier ist sehr stark — ddı r@’öla kbira jerihele dies Wadi ist sehr lang —
dah "ödin adt wie soll ich dies machen?
adı skinta kbira@ haruptel@ dies Messer ist sehr scharf — gErek äzuh b’ädt
urh@ wir müssen diesen Weg gehen — thelan lad dıktha@ ta manjthuh h@ kujss@
wir sind hierher gekommen um ein wenig zu ruhen — b’ddi gah@ (Fem.) jetzt.
anı ndse diese Männer — Ani Häthuntun diese drei — @nt tath@ mindejäne
diese drei Dinge.
dnhr bahtäth@ diese Frauen.
0 jala jenes Kind — Skülun © kEp@ hebt jenen Stein auf — © jJöma la "widle
saida Cu mindt an jenem Tage schofs er absolut nichts.
© brata mera ma bjawit-I in athyan "ammuh jenes Mädchen sprach: was
giebst du mir, wenn ich mit dir komme? — 2 dawilta d’athja talk mbar saw Tr sinne
tenin all@ auf jenes (ein solches) Glück, das mir zu Theil wird, nachdem ich 70 Jahre alt
geworden, pisse ich — be 'iddana suder@ zu jener Zeit schickte sie.
äwa randele bess@ das da ist gut genug CEO [u = [0 AIOS> 26
WäAsäs 12125 2äu13 ano jener, der um seiner Liebe Willen uns gestraft
und erniedrigt hat durch die Hand von Barbaren.
Adja@ brät@ jenes Mädchen.
äne ale jene Knaben — aäne bnath@ jene Mädchen.
Für den syntaktischen Gebrauch ist bemerkenswerth, dafs vor einem
Relativsatz das Nomen sich gern ein Demonstrativ-Pronomen 0 2 awa aa
beigesellt.
Beispiele:
0 nasa edthele elbetht der Mann, der in mein Haus gekommen ist — Jala o
dkim-jahwinne bahsis das Kind, dem ich ein Geschenk gegeben habe — döstt dawa
dibbethü@ pis-Iv erbi Jumäth@ der Freund von mir, in dessen Hause ich vierzehn Tage ge-
wesen bin — 0 nasa@ ditpyk-le bgawe mhntsk@ der Mann, dem er in der Frühe begegnet
war — hmär@ 0 dignü-lai der Esel, den sie gestohlen hatten — muntele le gzirta
dwdwa brät@ er brachte ihn nach der Insel, auf der das Mädchen war.
Oftmals (besonders in Verbindung mit hinn@ hitta) wird 0 © so gebraucht,
dafs es sich vom Artikel des Arabischen nieht unterscheidet.
Beispiele:
smö u d’O nasa ma kamirröhun hört, was der Mann euch sagt — g£rek äzuh
b’adı ürha msabbab an@ kzeden d’e urha hitta rethe-Ia btelg@ wir müssen diesen Weg
gehen, denn ich fürchte, dafs der andere Weg durch Schnee versperrt ist — ha mere
Philos. - histor. Abh. 1895. 1. 2
v
10 E. Sıcnav:
mindi dile bis zarbana bdunje malkele wo hinn@ mere hamra wo hinna bahta
der eine sprach: das Stärkste in der Welt ist der König; der andere sprach: der Wein, der
andere (dritte): das Weib — dro ah@ sandok@ be (be) oda hirt@ stellt diesen Koffer
in das andere Zimmer — hayjau ammı mahha le matha hirta kommt mit mir von hier
nach dem anderen Dorf.
$ 3. Pronomen relativum.
Die Aussprache des Wortes > differirt, je nachdem was folgt:
ı. Folgt ein Vocal, so wird es vocallos oder bei sorgfältigerer Aus-
sprache mit Schwa Mobile gesprochen;
2. folgt ein vocalloser Consonant oder ein Consonant mit Schwa
Mobile, so wird es di gesprochen und das Schwa Mobile des
Consonanten verschwindet; folgt ein Consonant mit Vocal, so
wird es vocallos, kann aber, falls dieser Consonant ein Dental
ist, mit praefigirtem e (ed) gesprochen werden.
Beispiele:
1. äna diwin milja gnah@ ich, der ich voll Sünde bin — 'askela dimpeduh
el! dabra dile läzim es ist schwer die nöthigen Lebensmittel zu verschaffen — $mo“ dam-
rinnuh höre was ich dir sage — E dawilta d’athja talı das Glück, das zu mir kommt.
smö u d’ö (bei schnellem Sprechen do) nas@ kamirröhun hört was der Mann
euch sagt — ana hwil-l tale kul zuze d’ith- (bei schnellem Sprechen dith) wa Ir.
2. dikwil-Ir den ich erhalten habe — döstr awa dibbethu pis-Ii erbi jumatha
der Freund von mir, in dessen Haus ich vierzig Tage gewesen bin.
Jala © dkim-jahwinne bahsts der Knabe, dem ich ein Geschenk gegeben habe —
© gzirta dwä-w@ brät@ die Insel, auf der das Mädchen war.
oO näsa ed-thele elbeihr der Mann, der in mein Haus gekommen ist.
Für den syntaktischen Gebrauch ist zu bemerken, dafs nicht jeder
Relativsatz durch > eingeleitet zu werden braucht, und dafs ein solcher
Satz sich sowohl auf ein determinatives wie auf ein indeterminatives Nomen
beziehen kann.
Beispiele:
genndwä@ kim-nahrtl& der Dieb, den sie getödtet haben.
nasa thele elbetht ein Mann, der nach meinem Hause kam.
ma wird als xbe (quod, id quod) gebraucht, z. B. smö’@ d’o nasa ma
kamirrohun hört was der Mann euch sagt. ;
! Neuarabisch UN> mit Je: etwas verschaffen.
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 11
$4. Pronomen possessivum.
diji dije dijan dijai
dijuh dija dıjyohum
Beispiele:
bzöp@ dijuh mhalläana FERN (Vers) mit deinem Ysop wasch uns (vergl.
Psalm 57, MI) = oda dijohun h@ habr@ mtane (Vers) euer Knecht erzählt eine Ge-
schichte — awähe dija zurjat (83) lethwä lai (Vers) ihre Eltern hatten keinen Sprofs.
Über die Suffixe siehe bei Nomen, Verbum und Praeposition.
$5. Pronomen interrogativum.
D
mänt für Masc. und Fem.
ma für das Neutrum, auch mähz
wE
aim@ —= Arabisch ‚s! für Masc., Fem. und Neutr.
Beispiele.
mänt wid-lE wer hat es gethan? — mänt kmallip-luh hadah wer lehrt dich
dergleichen? — dt mäni wit wer bist du?
ma wid-l@ was hat er gethan? — md Ödin was soll ich thuın? — ma byawit- Ir
was giebst du mir?
0 nasa mnüne-le bsah damir sabbab mäha@ bimhajele pakkdrte der Mann
flehte den Schah an sprechend, warum er seinen Kopf abschlagen wolle.
ma mit kadr@ —= wie viel.
mäkadr@ krüse kib it ta kudjü wie viel verlangst du pro Tag?
aima minnan bis beogür-1e wer von uns (beiden) ist unglücklicher? — aimela
urh@ (Fem.) welches ist der Weg? — wimbükere "al änı tlath@ mindejäne aima
minmun bis zarbane&le und er fragte, welches von diesen drei Dingen das stärkste sei.
$6. Pronomen indefinitum.
gänd, du bgäne er selbst. Das Wort wird auch gjän@ gesprochen.
uhdäade einander
hakma, hadm@ einige
ha, hdh@ einer (der unbestimmte Artikel), aliquis
kyjssa, h@ kyss@ etwas, auch ein Weniges
h@ mindi etwas, eine Sache
kul all.
! ANoas er hat gewaschen,
n v
2 *
12 E. SıcnaAv:
Beispiele.
äi bgäna thel@ sie ist selbst gekommen — ahnt bganan thelan wir sind selbst
gekommen — dni oder dnht bgäne sie (Plur. Masc. oder Fem.) selbst; widrele
bres@ digjane und er legte sich (den Halfter) über seinen eigenen Kopf.
hadma näse asnäfe merun ta uhdade einige Handwerker sprachen zu einander
— mtehın luhdäde wigwirrun sie kamen zu einander und heiratheten sich — smelz
kala dnatöre mgahöde muhdade er hörte die Stimmen der Wächter, die mit einander
disputirten.
hakma minne mahzeli urh@ einige von ihnen haben mir den Weg gezeigt —
whamra hakma sa attelai hıikme und des Weines Herrschaft dauert (nur) einige Stunden
— tmin-bäthar hakma jomäth@ ksytlun und nach einigen Tagen wurden sie fett.
hadma nase asnäfe (Weo)) einige Handwerker.
h@ minne mirre-Ii einer von ihnen hat mir gesagt — h@ nds@ ein Mann —
haha baht@ eine Frau — hdha@ gäh@ einmal.
Fälschlich wird A@ auch für das Femininum gebraucht: A@ gah@ hitta
ein anderes Mal — min ha "aina dhagba msanewa-le b "aina@ hitt@ von der einen
Seite des Reisesacks (der über den Sattel gelegt auf beiden Seiten herunterhängt) legte er
es auf die andere Seite.
lattan Se’ar& bel bid- jäwuh luh kuss@ tina wir haben keine Gerste, aber wir
wollen dir etwas Stroh geben — zwon talı ha kyss@ hilj@ kauf mir etwas Milch —
mbar ha kyjss@ turäne bid-mkäsai btelg@ bald werden die Berge mit Schnee bedeckt
sein — fü manjthuh h@ kyjss@ damit wir ein wenig ausruhen.
gerek haprukh hal dhaäzuh h@ mindt wir müssen graben, bis wir etwas finden.
Dasselbe mit Negation = nichts: wld wele be d’ awid ha mindi janı dga-
wir “adllai aber er konnte nichts machen, d.h. sie nicht heirathen — 0 Jöma la
"wid-le said@ cu mindt er schoss an jenem Tage absolut nichts.
kulle kim-amrt l% sie haben mir alle erzählt — üna kim-saukinnai kullai
psthe ich habe sie alle vergnügt verlassen — kul züze dith-w@ It alles Geld, das ich
hatte — wö dr£wale kul mindije bha "aina dhagba er legte seinen ganzen Kram
in die eine Seite des Reisesacks.
kud = kuld, z.B. kud ha — >, $%, kıdja — kul d jum.
0 kadr@ soviel, m@ kadr@ wie viel.
Beispiele.
° kadra slemüne soviele Salomons — md kadra krüse kib'it wie viele Piaster
verlangst du? — ma kadrela mahha elmäth@ wie viel (wie weit) ist es von hier bis
zum Dorfe?
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 13
Nomen.
87. Genus.
Es sind zwei Feminin-Endungen vorhanden, die eine im Substantiv,
Adjeetiv und Particip allgemein vorherrschende, die in der Form des Status
emphatieus {@ bei Substantiv und Adjeetiv auftritt, dagegen in der Form
des Status absolutus @ sich nur in den Partieipien und Zahlwörtern von
ı— 10 erhalten zu haben scheint, und eine zweite nur sporadisch in einer
beschränkten Anzahl Adjectiva, welche körperliche Gebrechen bezeichnen,
auftretende.
Beispiele.
Substantiva: kedemtä Morgen, zrdktü Aufgang, skintä' Messer, matdmta (auch
cemca) Löffel, Serbikth@ Krug, kaudinta (von kawidna) Mauleselin ;
minta Dank, kartha Kälte, duktha Ort, hakkutha Wahrheit;
heputhä Nebel;
Switha Bett, gn&th@ Untergang der Sonne;
säath@ Fieber (= 2A52), seta Jahr, hleta Geschenk (= sl>), hiltä Betrug
= >).
Adjeetiva: mhtra mhirtä geschickt, kniza knizta dünn, hlima hlimtä dick,
jerthäa ‚Jerihta lang; kltwa kliwta vein, hriwa hrüta schlecht ;
sinyä snith@a hässlich, simja smitha blind, kirja krith@ kurz, dih J& thitha rein
(vergl. thıra = 23439), gihja ghüthä müde, mirja mreta krank;
Sapir@ Säpirt@ schön, martr@ märirta bitter, hamima hamimtä heils, harıpa
harupt@ scharf, fahrma fahimta weise, ghasim@ ghäsimt@ („.2) dumm; kartwa
karüt@ nahe;
raba rabth@ grols, räma@ rdmt@ hoch, b7S5@ bist@ böse, mild milt@ grün,
mitha mithta todt, köma kumt@ schwarz, zör@ zurt@ klein, tawa tadth@ gut;
hwär@ hwart@ weils, smoka smukt@ roth, trös@ trust@ gerecht;
Jerruka jerrükt@ grün; sa ütha” sa'uthta gelb; rahuka rahiktä fern, Jaküra
JUkürta faul; halnya halütha@ süls, kalula kahtlta schnell; hamos@ hamust@ sauer;
htaja hteth@ niedrig, haraja harethä letzt, kamäja kameth@ erst.
Die Adjectiva auf @n haben zum Theil das Feminin /@, zum Theil die
dem Edessenischen entsprechende Endung ztha.
1 skına@ kleines Messer “ sapr@ grosses Messer,
® Wachs heifst 1X.
14 E. Sacnav:
Beispiele.
hyskäna hyskant@ finster, bihrana bihrant@ hell, dagegen Sihtana Sihtanith@
schmutzig. Vergl. auch Sultanith@ Sultanin. Unregelmäfsig zerda (Persisch >,;)
zerdanta@ gelb.
Bemerkenswerthe einzelne Formen: sahla shalt@ dumm; mhaimn@ und
mh imna, mhurmant@ ehrlich; hinna hitta und hirt@ anderer, in Hakkarı auch
hrena hretha;, miskena@ miskint@ arm;
Aus anderen Sprachen entlehnte Adjecetiva bilden kein Feminin, z. B.
näkhos, naäsakh krank, unwohl; erzen billig, 'okran theuer; dmin ehrlich, randa gut.
In den Partieipien erscheint diese Feminin-Endung im Status absolutus,
z.B. @i bit-palt@ sie wird fortgehen (= 1.89), bid-höja (= 34001 (sie wird sein,
mt @-lE er hat sie gehört. Das nähere s. bei dem Verbum.
Die gleiche Endung in den Ordinalzahlen von 3-10, wenn sie mit männ-
lichen Nomina verbunden werden: Hath@, hamsa, ista, sau'@, tmänja, tis a,
isra@. In arbe‘ ist die Endung "@ umgewandelt in 2. Ferner in hAdh@ von ha.
Als Belege für die Feminin-Endung 2 habe ich notirt:
karra@ karre taub lal@ lale stumm
sulla sulle \ahm köra köre blind.
Den Status constructus des Feminins auf atı kann ich nicht belegen.
Wörter wie särath —= Syrisch, kuürdath oder kürdat = kurdisch dürften auf
älteres UdaM , Mundos zurückzuführen sein.
In Betreff des den einzelnen Nomina ohne sichtbare Geschlechtsbezeich-
nung innewohnenden Geschlechts ist zu beachten, dass
urh@ Weg kep _uS Befinden
mäth@ Dorf hawä@ ss® Wetter
weiblich sind, /@lE Nacht männlich.
$8. Numerus.
Die Pluralbildung differirt nicht wesentlich von derjenigen des Alt-
syrischen.
1. Vorherrschend 2 für das Maseulin und aih@' für das Feminin:
M. F.
kthawa kthdäwe Bücher bahta bahtätha Frauen
jala jale Kinder Jimmä jimmätha Mütter
' Die Endung @n des Plur. fem. gen. im Status absolutus kommt in meinen Aufzeichnungen
nicht vor.
a
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 15
M.
nasa näse Menschen
gumlä gumle Kameele
kahwa kahwe Sterne
sawa säwe Gerolsväter
kartwa karıwe Gevatter
akla akle Fülse
ana aine Augen
kaka kake Zähne
salma salme Wangen
S'ÄrP Gerste
hyjtte Weizen
habüs? Äpfel
mh imna mhu imne Gläubige
züze Geld
sa data (entlehnt aus der Persisch-
Türkischen Form we), s@atte
Stunden.
IB
sauta sautäthaä Grolsmütter
ida tdatha Hände
süsja süsjatha Stuten
mhu imanta mhu imnätha Gläubige
karüla karajath@ Gevatterinnen
Jöma jomätha jJumätha Tage
torätha Kühe
ei@ (2Aa8) etäth@ Kirchen
kawe Fenster kawatha.
Wörter, deren Plural vom Consonantismus des Singulars abweicht:
bröna bnöne Söhne
bräta bnäth@ Töchter, Mädchen.
2. Plurale, welche zwischen Stamm und der Endung äth@ ein w oder
J einfügen.
Beispiele:
pälh@ Wange pathwäath@
sipth@ (auch supth@) Lippe sipwäth@
mäth@ Dorf mathwätha
häth@ Schwester hathwäath@
ahona Bruder @hunwatha (ahhimwväth@)
nätha (= 28332) Ohr nathyatha
‚Jiziktha Ring Jezikjath@
karkumth@ Schädel karkumjatha.
3. Eine dritte dem Alt- und Neu-Syrischen gemeinsame Pluralendung,
lautend @wäath@ ist dadurch entstanden, dafs zth@ nieht an den Status ab-
solutus des Nomens (r2$-@tha), sondern an den Status emphaticus angefügt
worden (r2s@-ath@) und dafs an Stelle des Hiatus ein w getreten ist.
Beispiele:
resa@ Kopf resawäth@
pimma (daneben kıummäa) Mund pummawätha
baba Vater babawätha.
16 E. Sacnatv:
Ferner
süse Pferd susawäth@
lele Nacht lelawäth@
CErt (BEN) Herbst Cinjawätha.
4. Bedeutend seltener ist das Affix @n mit der männlichen Plural-
endung ?, äne und findet sich meist nur bei zweiconsonantigen Wörtern.
Beispiele:
tür@ Berg türane geb@ Seite gıbane
pok@ Nase pokäne mindi Sache mindejäne.
Sük@ Bein Sakäne
5. Sporadisch auftretend eine Pluralform mit Wiederholung des letzten
Radicals und der männlichen Endung e.
Beispiele:
pok@ Nase pokake
nukba Loch nukbabe (daneben nıukbe).
6. Im Partieip wie in den Zehnerzahlen hat sich die alte Endung des
Plur. Mase. im Status absolutus, verkürzt um das auslautende 2, in der
Anwendung auf Masculina wie auf Feminina erhalten.
änt palti sie (Mase.) gehen fort
anht paltt sie (Fem.) gehen fort
hamst fünfzig.
Einzelheiten.
m@j@ Wasser und $mdj@ Himmel sind aus der älteren Sprache herüber-
genommen.
beth@ Haus bate
seta Jahr Sinne
@wähe Eltern.
Äufserlich den männlichen Pluralen ähnlich sind Dualformen der Wörter
ire tirte zwei und firwai beide (vergl. tirwinte).
$9g. Genetiv-Verbindung.
Der Exponent des Genetivs ist 3, in der Volkssprache wohl ausschliefs-
lieh. Aus populärer Rede ist mir nur ein sicheres Beispiel eines Status con-
struetus bekannt, nämlich bigwzna@ Stim = 2uSA Aus; ferner in einer Ge-
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 17
schichte gne Jöm@ der Westen, zrak Jom@ der Osten. Der Dichter hat natürlich
die Freiheit sich des Status constructus zu bedienen.
Beispiele:
perc@ dlahma ein Stück Brod — nbü @ (oder En@) dmäja eine Quelle —
beih@a dabüna das Haus des Bischofs — Simm@ dmä@r@ der Name des Herrn.
Dagegen beth gast Haus meiner Zuflucht in einem Verse metro Ephrai-
mitico (msch@ äjit beth gaust).
Es entspricht dem Usus auch älterer Aramäischer Idiome, dafs das
Besitzverhältnifs doppelt ausgedrückt wird, erst durch das Suffix und dann
durch d+Nomen als erklärende Apposition.
elgebe dbeth@ neben dem Hause (wörtlich: an seiner Seite, des Hauses),
zu sprechen: elgebid betha.
In Betreff der drei Status der älteren Sprache gilt im Allgemeinen die
Regel, dafs
der Status emphaticus im Nomen substantivum und adjeetivum
vorherrscht,
der Status absolutus sich nur bei Participien und Zahlwörtern
(a,B:,17e ups) erhalten hat, und
der Status constructus im Grofsen und Ganzen durch die eben
genannte Genetiv-Verbindung mittelst 3 verdrängt ist.
$ıo. Nomen mit Suffixen.
Paradigmata.
Mase. bethr bethan Fem. Sarrethr Sarrethan
bethuh bethöhun bethohu sarre&thuh sarrethöhun Sarrethohu
bethah bethe' sarrethah sarrethe
beihe bethaihen sarrethe sarrethaihen
beth@ sarreth@
Ich hatte den Eindruck, dafs die Form der 3. Pers. Plur., wenn auf
weibliche Wesen bezogen, mehr ai als @ gesprochen wird, z. B. Swithai ihr
(der Frauen) Bett, here bgäwai er betrachtete sie (die Weiber), allai über sie (die Weiber).
Die Formen bethaihen, sarrethaihen sind, abgesehen von diesem Paradigma,
in den von mir gesammelten Beispielen nicht belegt.
! Neben 2 und a kommen auch un und aihr vor.
Philos.-histor. Abh. 1895. 1. 3
18 E. SAcHAtv:
Beispiele:
kthäwt mein Buch, döst? mein Freund, brön? mein Sohn, häthz meine Schwester,
brätt meine Tochter, atır? mein Land, ‚Junmt meine Mutter, @hönt mein Bruder.
hailuh deine Macht , ubbuh deine Tasche (drt aha b ubbuh steck dies in deine Tasche),
taibawäthuh deine Gnadengaben, mhajuh dein Schlagen, baluh dein Sinn (massim bäluh
dla msakrit mindt gieb Acht, dafs du nichts verlierst), Zduh deine Hand (wimpills biduh
und ich bin in deine Hand gefallen), Jömmah deine Mutter, ainuh dein Auge, dukthuh
dein Platz (kr bdukthauh bleib wo du bist), kähıh deine Stimme.
mnonojewin bgäwah ich beschwöre dich (o Fürstin).
näsuh deine Leute (Jan Ajit unasuh ubEthuh bmakduh-lbuh oder aber wir ver-
brennen dich, deine Leute und dein Haus).
3. Pers. Sing. dhön? sein Bruder, bäbe sein Vater, haur® sein Kamerad, bahte
seine Frau, kmäl£ sein Ende, Genüge (däh@ kmäle jetzt ist es genug: Dialekt von Ankawa),
Jömä kulle den ganzen Tag, pakkaärte sein Nacken, ‚Jizikthe sein Ring, Jinme seine Mutter,
hmarte seine Eselin, $%l@ sein Geschäft, saibülhe sein Alter, Sinthe sein Schlaf, mindije
seine Sache;
td@ ihre Hand, Jeba ihre Tasche (@i psytla tda Igeb@ sie steckte ihre Hand in ihre
Tasche).
3. Pers. Plur. Aulle sie alle (kuille kim-amrt IX sie haben mir alle gesagt), “ezzete
ihre Auszeichnung (müthels elbetht udwikli ezzet@ ich habe sie nach meinem Hause ge-
bracht und sie geehrt) ;
anht bgäne sie (die Weiber selbst);
kullai sie (Fem.) alle (z. B. ha ktir@ jizikjäth@ kullai ha tarz la vdele slemon
Ivzikthe eine Hand voll Ringe, alle gleich, so dals S. seinen Ring nieht herausfinden konnte).
ı. Pers. Plur. ahn? bgänan wir selbst.
Ein Paradigma des Plurals masc. gen. in Verbindung mit Suffixen fehlt
in meinen Sammlungen.
$Sıır. Bildung der Nomina.
Zweiradicalige Nomina.
Neben der grofsen Masse der Nomina, welche im klaren Strom tri-
radicaler Bildung sich bewegen, giebt es eine beschränkte Anzahl von
Nomina — so ziemlich dieselben in allen Semitischen Idiomen, welche ur-
sprünglich nur zwei Radicale oder Consonanten ihr eigen nennen und den
Eindruck machen, als entstammten sie einer uns unbekannten Vorzeit der
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 19
Sprache, in der die Triradiealität noch nicht die Tyrannis über die gesammte
Wortbildung ausübte. Um nun den Anforderungen dieses Gesetzes zu ge-
nügen, machen jene zweiconsonantigen Wörter gewaltsame Anstrengungen,
indem sie durch Anfügung eines Alef, Je, Wau oder He oder auch durch
Verdoppelung des zweiten Öonsonanten es auf die erforderliche Dreizahl zu
bringen suchen: Bildungsweisen, die sich als Nothbehelfe, als nicht organisch
erwachsen, als einer jüngeren Periode angehörig unschwer zu erkennen geben.
Natürlich sind von ihnen solehe Wörter zu trennen, die erst durch eine in
historischer Zeit erlittene Einbufse auf zwei Radicale redueirt worden sind.
Von einer Sonderung im Einzelnen absehend rechnen wir hierher:
awa Vater path@ Wange
bron@ Sohn saka Bein
brat@ Tochter aind Auge
ahond@ Bruder maj@ Wasser
häth@ Schwester seta Plur. Sinne Jahr
hamth@ Plur. hamäth@ Fräulein yJ@m@ Meer
ida Hand Simm@ Name
pumma Mund kawe Plur. kawath@ Fenster
kaka Zahn mäalh@ Dorf.
supth@ Lippe
Zu kösa Haar vergl. 2NKaS. Jeremias schreibt 1002.
pök@ Nase unbekannten Ursprungs.
natha@ Ohr gehört nicht hierher, denn es ist entstanden aus Nil —
1Ni22; ebensowenig kas@ Bauch = Wo3S, has@ Rücken — Zum.
baba Vater ist Onomatopoeticum oder Kurdisch.
Mit Rücksicht darauf, dafs eine junge Mundart wie das Fellihi nicht
besonders dazu angethan ist, um in ihr die verschiedenen Schichten der
Nominal-Bildungen in ihrer muthmafslichen genetischen Reihenfolge, in
ihrer nominalen Primitivität oder event. ihrer Ableitung von Verben in
Kürze darzulegen, ist im Folgenden das bisher meist übliche Schema der
Nominal-Bildungslehre in der Hauptsache befolgt worden.
Nomina von dreiradicaligen Wurzeln.
In der Masse der Semitischen Nomina mit drei Radicalen lassen sich
deutlich zwei grofse Gruppen unterscheiden: solche, die fast in sämmtlichen
3*
20 E. Sıcnav:
Dialekten in gleicher Form und Bedeutung vorkommen, die interdialektischen
Wandlungen nicht unterworfen zu sein und sogar dem Zahn der Zeit zu
trotzen scheinen, so dafs sie jetzt noch ebenso lauten wie vor Jahrtausenden;
sie bilden ein stabiles, conservatives Element, den Grundstock des Wort-
schatzes aller Semitischen Idiome, in der Hauptsache Nomina eoncreta, wie
Sonne, Stern, Regen, Hagel, Schnee, Winter, Sommer, Hund, Pferd, Esel,
Kopf, Haus, Meer, Flufs, Weizen, Gerste, Kameel, Buch, Silber u. a.
Dieser Gruppe steht eine viel zahlreichere gegenüber, ein flüssigeres
Element, nicht ur- und allgemein -semitisch, sondern individuell-dialektisch,
Bildungen, in denen jeder Dialekt seine Sondertriebe zur Entfaltung bringt.
Hierher gehören besonders alle Ausdrücke zur Bezeichnung abstracter Be-
griffe. So wird z. B. der Infinitiv des Aal im Hebräischen durch %£etöl, im
Arabischen durch katl, im Syrischen durch mektal, das Partieip Passiv des
Kal im Hebräischen durch katal, im Arabischen durch maktil, im Syrischen
durch Aetil, also jedes durch drei gänzlich verschiedene Bildungen aus-
gedrückt.
Jene erste Gruppe dürfen wir für das Ursemitische in Anspruch nehmen,
während die letztere sich jedenfalls erst nach der Spaltung in die Dialekte
zu dem ganzen, in historischer Zeit uns entgegentretenden Reichthum ihrer
Bildungsarten entwickelt haben kann, wie denn ohne Zweifel zahlreiche
Bildungen des Arabischen, wie z.B. die zur Bezeichnung der verschiedensten
Bedeutungs-Nüancen des Infinitivs Aal verwendeten Formen, erst auf Ara-
bischem Boden erwachsen sind und die Entwickelung von gemeinsemitischen
Keimen zu sondersemitischen Blatt- oder Frucht-Formen darstellen.
Übersicht über die Bildung der Nomina.!
A. Gruppe jean I. Die Form e erscheint hier vorwiegend als katla,
daneben auch als ketla.
kadr@ EN
lahma@ zaund, zonad 1339
rams@, sapr@ tar“ @
sahna Wange
Ursprünglich hierher gehörig: kasa — Wo3a, hasa — igm
' Vorwiegend ist in dieser Übersicht der moderne Befund zu Grunde gelegt worden.
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 21
telg@
jerh@, Plur. jarhe
serb@ Krug.
Ursprünglich hierher gehörig geb — älterem geb, gemb sA
Von schwachen Stämmen:
a) III III hamza.
"athra
'ar'@
re3@ vergl. »,, stat. constr. riS; kap@ (Ursprung?)
Hierher gehört mar@ Herrn — WA, älterem 223%, sofern Er als
Grundform anzusehen ist.
b) ITII „s
töra Jom@
Betr. koma s. er
beth@ keta Sommer
“aiw@ Wolke sen@ Friede
“aina kais@ Stock (auch srwa).'
c) med. gem.
raba und rabba, Fem. rabth@
oma Meer.
Feminin-Form: karth@ Kälte.
Me.
Von starker Wurzel:
pilga@ tuna SS
SimstT dusa Honig
gisr@ hujtte Weizen.
Hierher gehöriges Femininum jizikth@ = 1NDaS
Von schwacher Wurzel:
Jummä@ Mutter (ursprünglich |») dÜibb@ Herz
mitr@ Regen (ursprünglich =) zykka Schlauch”
Hierher (oder ursprünglich zu Js) gehört wohl auch sitw@ Winter.
Über hinn@ s. die Bildung mit Affıx an.
! bakur@ Stock ve» gopalta Stock > tappus Keule.
2 Für Milch, Wein, Honig; gauda Wasser- Schlauch.
22 E. Sacnav:
IT Js
Von starker Wurzel:
“upr@ Boden, Humus nukb@ Loch
guml&@ Kameel (ursprünglich =) dughl@ Lüge
husk@ Dunkelheit
Von schwacher Wurzel:
"urh@ “ubba Tasche tur@
güdd@ Weste hömmäa Hitze! nund
kulla pumm@ zuze Geld
Hierher gehörige Feminina:
Surth@ Nabel
dukth@ Ort.
B. Gruppe |» und Is.
a)
dakn@ Kinn
Vielleicht gehört hierher jemn? rechts = si. (vergl. öpp? links).
kala Stimme sawa, Fem. saut@ alt
$dka Bein ram@ hoch
tawa, Fem. tauth@ gut
Zahlreich die Bildungen von II inf.:
dihj@ 483, Fem. thitha — kirja kurz — sinj@ hälslich — simj@ blind
— kysj@ hart — supj@ rein — mirj@ von Vs und was — melhj@ voll —
hithj@ zerstreut — rTipj@ schwach f. rpith@ — Swith@ Bett.
Ferner gne jom@ Sonnenuntergang, auch üblich in der Feminin-Form gneth@
.djoma.
Dieselbe Feminin-Form in zrakt@ Aufgang, vielleicht sö’est@ Kopftuch.
b) sahla, Fem. shalta
“aska.
Hierher gehört Aath@ neu = 283m.
In bis@ dürfen wir wohl eine alte Form 2 annehmen.
©. Gruppe =. Nomina substantiva und in grofser Zahl abstraeta, in
der Bedeutung gleich einem Infinitiv des Kal.
‘ Zu dem Vocal ö vergl. döbr@ Futter (auch ‘alik).
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 23
Von starken Stämmen:
kthanwa
hmara
smäl@ links, ursprünglich Quadriliterum
Se'ArE Gerste
'nana Wolken
Igawa Zügel vergl. „2, und PER RS
hwara Fem. Inart@ weils, gehört ursprünglich zu Sa.
Eigenthümlich wegen seiner Adjeetiv-Bedeutung kwas@, Fem. kwasta
abschüssig.
rkawa Reiten — khaka Lachen — gras@ Ziehen — 'wad@ Thun — zra@
Säen — 'gab@ Lieben, Gernhaben — 'r@k@ Davonlaufen — zwand Kaufen — dmaha@
Schlafen — Ahs@adha Ernten — pS@t@ Ausstrecken — gwär@ Heirathen — ksata
Fettwerden — shata (Aue er hat: vertrieben) Verjagen — präd@ fortgehen.
Von schwachen Stämmen:
II III Hamza:
nasa Mann — 4x2
thala Essen — tzala Gehen — tthaj@ Kommen.
d’är@ Zurückkehren.
En I een
zda‘@ Wissen.
hand Pissen — djala von > u. Umhergehen — Akyam@ Aufstehen
— gy@am@ Zuschlielsen (auch ghlaka von Le).
Hierher gehört wohl auch njrh@ = Was Ausruhen.
snajJ@ Hassen — mhaj@ Schlagen — draj@ Setzen, Legen — srajy@ Lösen —
klaja Bleiben — twaj@ Verdienen, Werthsein — hth@j@ Zerstreut sein — staja
Trinken.
D. Gruppe Si, der Gruppe © verwandt durch den langen Vocal
zwischen II. und III. Radieal und durch die Bedeutung des Infinitivs, da es
gleich westaramäischem s72% in der Aussprache katole den Infinitiv des
Pael bezeichnet.
Von starker Wurzel: ö
zabone Verkaufen — /abole Bringen — badole (Ja) Umtauschen — ghabone
Traurigsein — sadör® Schicken.
Von schwacher Wurzel:
tamöje Beschmutzen — s@poje Übergeben.
24 E. Saıcnav:
Merkwürdig wegen seiner Bedeutung die Form kadome (Dialekt von
Ankawa) morgen.
Die alte ostaramäische Infinitivform m2%8 hat hier eine Neubildung
durch Präfigirung eines m erfahren, muthmafslich unter dem Einflufs der
Partieipialform:
msador® schicken msallohe (zw) ausplündern
@
msa ore schimpfen mbakor® fragen.
Anderweitige Formen mit ursprünglicher Verdoppelung des II. Radicals
haben verschiedene Umbildungen erfahren:
komä schwarz — 138802 hwara weils — 250m
smöka voth — 1.000 gard Dach — 23 2
Hier ist auch die Form tiümmal gestern (Asa) zu erwähnen, wenn
es nicht besser ist sie unter die Quadrilitera zu verweisen.
Das Wort Sarreth@ Anfang ist eine Neubildung vom Verbum „AX, die
sich zum Infinitiv s@röje verhält wie mahketh@ Erzählen zu mahkoje.
Hier mag auch das Wort sath@ Fieber (= 2Ax2), erwähnt werden.
E. Gruppe der UN} uf (Partieipien und Adjeetiven in einfacher und
verstärkter Bedeutung):
I II III
a) katıl a) ketil a) ketul ketöl
b) kattal b) kattil katıl b) katiul katul (katol).
c) katol
Ela) hauptsächlich verwendet zur Bildung des Präsens.
Von starker Wurzel:
palit, Fem. palt@, Plur. palts
rakı veitend — sä5
Von schwacher Wurzel:
p@is (= x19), Fem. pesa, Plur. pest.
Id) Von starker Wurzel:
genndw@ Dieb;
pakkartaä Nacken.
Von schwacher Wurzel:
hannana.
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 25
Ic) Von starker Wurzel:
nator@ Hüter,
kapor@ Leugner, Arabisch kafır.
Ella) bildet das passive Partieip und Adjectiva.
Von starker Wurzel:
zwin, Fem. zwin@ gekauft
plyt, Fem. plit@
thir@ erwähnt — gwir@ verheirathet — thb@ Bräutigam, Hubt@ Braut.
kntza dünn — hlimäa dick — klawä@ vein — kpin@ hungrig — hriwa
schlecht, Fem. hrat@ — dmiha schlafend — mhir@ geschickt —
kbir@ sehr.
Redueirt aus us in
kbir@ skint@ Messer.
Von schwacher Wurzel:
lıp@ gelernt habend — 21dıjja Fem. vdet@ bekannt — Üttwd, Fem.
vtuth@ sitzend — erıh@ lang, ausgestreckt
pB=&3, kym ZB.
Von Bildungen dieser Art mit anderweitiger Bedeutung sind zu nennen
gwina in bigwind = PETE Aus die Stirn; kferä handvoll;
Vergl. auch biprisüth@ besonders.
EIIb) bildet Adjeetiva.. Die Formen kattil und kätil wechseln ohne
Bedeutungs-Unterschied mit einander, die letztere dürfte aber im Munde
der Ungebildeten sehr überwiegen.
‘attır@ reich — kabbur@ grols, sehr — karrıw@ neben karto@ nahe.
märtr@ bitter — hamtmä heils — fahrmä (_u) weise — ghasıma (_esäs)
dumm — s@pir@ neben Sappir@ schön — kärirä kalt — Sahind heils — härıpa
Fem. härupt@ schart — karno@ nahe, Pathe, Fem. k@rut@ nahe, Pathin.
Ella) bildet meist Adjectiva, auch einige Nomina substantiva.
nebu @ Quelle urüth@ Freitag — 2N3OA&
zor@, Fem. zurt@ klein
trosa Fem. trustä@ rechtschaffen (vergl. Alts. id); smok@ roth aus LAWAD.
III db) Die Formen kattzl und katul werden z. Th. neben einander ge-
braucht; die letztere ist die volksthümlichere.
Philos.- histor. Abh. 1895. 1. 4
26 E. Sıcnav:
jerrüuk@ grün
Jakkur@ neben JCkur@ faul, langsam.
rahuka feın — kalul@ schnell — halia , Fem. halath@ süls.
Äufserlich diesen Bildungen gleich ist s@’ztha Fem. s@'uthta gelb =
2NoSx Wachs.
Alleinstehend wegen seiner Bedeutung ist habs? Äpfel (Alts. am).
Die Form Aha@mos@ Fem. hamust@ sauer fällt äufserliceh mit ZIe zu-
sammen; ich ziehe aber vor sie als eine euphonische Spielart von katızl
(wie keiol neben ketzl) anzusehen.
F. Bildungen mit den Praefixen m und t. Praefix m: Aus älterer Zeit
überkommen mdit@, miskena, mhiimna@ (entstanden aus der Mehagjana-Aus-
sprache von 234020, mhajemna), Fem. mhtimanta.
Eine ähnliche Bildung me’ziwinn@ wolkig (dinje me’ wiwinna = Ws!
Kos), gebildet wie von einem Verbum "Zwan, verb. denom. von einem
Adjectiv '?wana@ wolkig von '?w@ 2.8 Wolke.
Allgemein im Anlaut der Infinitive des Pael-Afel und der Quadrilitera
msador® schicken mgahode disputiren
msa Ore schimpfen masjothe hören vergl. Ne; Sal
agole lü ey>
mdagol? lügen massome vergl. ZULASO
m'addob2 bestrafen 2
mäagohe vergl. max
msalloh®e plündern re Rz
Sa mahkOje erzählen, von Neuarab. ihk?
mi@sOje verbergen a
Ne Us 3 mäthöje bringen
msarojJe anfangen
mantOje bringen von Va, vergl.
msanoje wechseln, übertragen S $
J ö = Beduinen-Arabisch 5} geben
mealo0e, a \ und Baidawi zu Sure 108, I
mpajjode finden (von Persisch
oo.)
mhallole schenken, von hlet@
Geschenk (= &&I>)
Praefix t: ta’ dıtha Plur. ta’dıwatha, auch ta’addıjath@, wohl aus dem
mbatrone lustig sein
mzarzör® brähen (vom Esel)
mhaghöge umgeben, einschlielsen.
Arabischen sos3 und ss.
@G. Bildungen mit Affixen.
a) an
sukanda Verzeihung (LLASAX)
kinyjana Plur. kinjane Thiere, Hausthiere
N
“
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. DM
Adjectiva:
hyskand, Fem. hyskantä finster
sihtana, Fem. sihtanıth@ schmutzig
zarband stark
bihrana, Fem. bihrant@ hell
hailana@ stark
Hierher gehören auch Ainna, hitt@ und Arena, hirta als entstanden
aus IR.
Vom Partieipium gebildet
mzabnana@ Verkäufer, Händler
bo)
kamaja, Fem. kameth@ der erste
hraja, Fem. Areth@ der letzte
surdja Syrer
Hier sind auch die Adverbien barr@7 draufsen, gawıa? drinnen zu erwähnen.
Adjective, von Ortsnamen gebildet, haben meist die Endung naja:
Mosylnaj@ Mosulaner, Alkosnaj@
Die Formen surath Syriace, kurdath, kurdat von älterem Mu5am
Musdas.
c) On als ursprüngliche Deminutiv-Endung:
bron@ Sohn ahonda Bruder
Eine Deminutiv-Bildung liegt auch vielleicht in dem Worte serbikth@'
kleiner Krug zum Wassertrinken (vergl. serb@ Krug und Alts. 1NHaSaz).
d) «th als Endung der Abstraeta:
kemüth@ Begegnung (in der Praeposition elkemiüth@ entgegen);
hakkisth@ Wahrheit von &>
prisüuth@ in biprisuth@ besonders;
hurtüth@ Gewalt (von RK. w,>)
heputh@ Nebel.
Quadriliterare Nominalbildungen.
karkumth@ Plur. karkumjath@ Schädel (2NI.H3.8)
kawidna, Fem. kaudint@ Maulthier.
! Vergl. den Dorfnamen Chummiktha, vermuthlich ein Deminutiv von Chumba. Journ.
of the Amer. Or. Soc. II S.68. Ob hierher gehört Gunduk und Gundyktha bei Sandreczki,
Reise nach Mosul III, 263, 271? — Cutts, Christians under the erescent S. 354: @oondooktha.
4*
-
0,
28 E. SıcnaAtv:
Vz 2
Hierher gehört vermuthlich auch /2le als eine Form katlal von Y 33,
kahwä@ Stern (4803.
$ı2. Zahlwort. '
Cardinalzahl. 2 j
ha hdha ista isst j
re tirte 3arı a iswa A
tatha tlath Imänja tmäne N u
arba‘ arbe' tis a tisa |
hams@ hammis isr@ isser
häde 'esser ista "Esser
tr& 'esser iSwa Esser
tilta Esser Imäne 'esser
arba 'esser ütsa'esser
hamsa Esser
isrt erbt it imänt
tHätht hamst sduT us'T
“isrt üha oder hau'isri
“isrz ütre oder tre wisrt
“isrt utlatha oder Hatha @isrt
ümmü 100
tre üumma
tHath üumma
elp@ 1000
tr& elpe
tlatha elpe
In Verbindung mit Suffixen:
tirwinte die beiden sau“intun
tathuntun die drei imani intun
erbuntun tis"entun
hamsuntun isrentun
sethnimtun oder istethne .
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 29
we
ha wird allgemein als der unbestimmte Artikel gebraucht und mils-
bräuchlich vielfach auch für das Femininum, z.B. h@ gah@ hittä ein zweites
Mal (h@ für hdha). Es kann wie hier dem Nomen + Adjeetiv vorangestellt
werden (z. B. h@ hmära hinn@ ein anderer Esel), kann aber auch zwischen Nomen
und Adjeetiv stehen, z. B. zwinn@ h@ hinn@ ein zweiter Kauf.
Die Geschlechter werden z. B. im Zahlwort zwei nicht immer genau
unterschieden. Wie man sagt ir? ahunwäth@ zwei Brüder, tre Jomäth@ zwei Tage,
so sagt man auch tr@ bahtäth@ zwei Weiber (statt firte).
Neben tr2 tirte findet sich firwai (vergl. tirwinte) = beide.
Beispiel.
dri btirwai gebäne dhagba dkalja “al häs@ dsüs® vertheile es (dein Reisegeräth)
auf beide Seiten der Satteltasche, damit sie auf dem Rücken des Pferdes liegen bleibt.
In den Namen der Wochentage haben die Kardinalzahlen folgende
Formen:
hauseba@ hamsoseba
troseba@ urüt@
tioseb@ sabtha@
arboseb@
Ordinalzahl.
kamaja kametha dista dissit
(hardja hareth@, der letzte) dsau'@ disw@
dtre dtirte ditmänj@ ditmäne
ditlatha ditlath dtis "a dtissa”
darba “ derbe d'isra d’isser
dhamsa dhammis
Theilzahl.
pilg@ die Hälfte
min tHath@ h@ ein Drittel.
$1ı3. Praeposition.
Sau zb Nana uno zus An das ak 1 ul un As on 5 S
| > so, As0 iNamua) Ass
ı. Zund b werden vor einer Doppelconsonanz li, bi gesprochen und
der folgende Consonant verliert seinen Schwa-Vocal; vor einem Consonanten
Ib
30 E. Sıcnav:
+ Vocal werden sie / oder £, b oder b£, il, el oder ib; geht ein Vocal vorher,
so können / und 5 an den Schlufs der vorhergehenden Silbe treten; vor
Vocalen /! und b oder bei Affeetation einer sorgfältigeren, mehr gelehrten
Aussprache # oder 5? bezw. so gesprochen, dafs zwischen ihnen und dem
folgenden Vocal ein Hiatus gehört wird. S. oben S. ıo die Bemerkung
über die Aussprache von >».
Beispiele.
limdit@ zur Stadt — bisläm@ in Heil — karriwa hbhart@ nahe gegen Morgen-
licht — sur£lın likhak@ sie fingen an zu lachen — biswtthe auf seinem Bett — bis-
mdj@ im Himmel — bigräs@ ziehend.
btüra@ oder betär@ auf dem Berge — b“maidan auf dem Marktplatz — Ayedit
mähkit bsürath sprichst du Syrisch? — l@ kfahmin bkurdat ich verstehe nicht Kurdisch
— b3ena theluıh = >. — dri aha beubbuh leg dies in deine Tasche — du bgäne
er selbst — 2f7wa Iha@ kepa Isiptha@ dürh@ sitzend auf einem Stein am Rande der Stralse
— ubille sarha Isuka lzaböne er führte einen jungen Stier auf den Markt zum Ver-
kaufen.
hayjı “uonmt ilmäth@ komm mit mir nach dem Dorfe — ma kadrela mahh@
ehnäth@ wie weit ist es von hier bis zum Dorfe? — 0 nasa ed-thele elbethr der Mann,
der nach meinem Hause gekommen ist — elgebe (ilgebe) dbeth@a = zu, = — bid-därin
el’athrt ich werde zurückkehren in mein Land.
hayyı lahh@ oder lE’ahh@ komm hierher — thelan ladı (le adr) dukth@
wir sind hierher gekommen — /2 mäth@ hirt@ nach dem anderen Dorf — be öda hirt@
in dem anderen Zimmer — mft£hın luhdade sie kamen zu einander — be ’elp@ kruse
um Tausend Piaster.
In Verbindung mit Suffixen lauten sie: / oder ills, luh, le ille, la (lla,
lan, löhun, lai le hun.
Beispiele:
sı me&tht It mäja geh, bring mir Wasser — la müsyth luh illt du hast nicht auf
mich gehört — widle hilt@ illi er hat mich betrogen — bid-jawuh hıh kjss@ tuna
wir werden dir etwas Stroh geben — zil-luh geh fort — swok-le lass ihn — kre-le
ille er rief ihn — mhr-I@ schlage sie — leth wa lai sie hatten nicht — kruw illa min
geba hinnd@ nähere dich ihr von der anderen Seite — 'esik-le ill@ er verliebte sich in sie
— ulabbel-wa la thala und er brachte ihr Nahrung.
Anstatt 5 + Suffix wird meistens go, bgau gebraucht; es findet sich
aber auch z.B. ba in ihr: dleth ba nase auf der (sc. Insel) keine Menschen waren;
j
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 31
li wele be‘ d’äwid mindt er konnte nichts machen (wörtlich: er war nicht in dem, dafs
er etwas machen konnte).
2. min geht meist in die Analogie der So35 über. Man sagt mbar
(embar), mkam (emkam) für älteres BASD, ZAUNSD, mahh@ oder mäaha aus
min ahha. oder a@h@ von hier; mädı sabbab aus diesem Grunde; msabbab —= min
um weil; mhuska früh = min Iniska; miele träh = min lele; mbeddält an meiner
Stelle — min beddalr.
min allein stehend, z.B. in äna@ bisma@ Cwin srah@ min rahük@ ich höre
ein Geräusch aus der Ferne; bis sapirtela min hätht sie ist schöner als meine Schwester;
au bid-äzil min tama sdpr@ er wird morgen von dort fortgehen — mbükere min gen-
näwa@ er fragte den Dieb — ha gumla pis-le min karwan bebarrij@ ein Kameel blieb
in einer Wüste hinter der Karawane zurück.
Mit Suffixen minn?t, minnuh, minne minnd, minnan, minnöhun, minne
minmun.
Beispiele:
minnt üminnuh aima minnan bis be-ogür-l& wer von uns beiden, ich oder du,
ist der unglücklichere? — bit-ta'nin mint@ minnuh ich werde dir verbunden sein —
thble minne sukan@ er bat ihn um Verzeihung — tlible ‚Jtzikthe minnd er forderte
von ihr seinen Ring — h@ minne mirrE-Ii einer von ihnen hat mir gesagt — «aim@
minmun bis zarbanele welches von ihnen (den 3 Dingen mindejane) das stärkste wäre.
3. ‘al, vor Suffixen ‘alle, ‘dlluh, "alle u.s.w. Anstatt “alle "alli wird
auch ile ilv gebraucht.
Beispiele:
rktwa ‘al hmara veitend auf einem Esel — wimbükere al Ant tHatha mindejane
und er fragte in Betreff dieser drei Dinge — ahtun mhaimne suthun allt (Vers) ihr
Gläubigen, hört auf mich — $ldma 'alluh Jule In — Umurkülun alle lömalla und
liefsen den Molla darauf reiten — tenin ‘alla ich pisse auf sie — dgawir "allai dass er
sie heirathe.
d’ela elle pislv hmär@ sie hat mich verflucht (Je wıed), ich bin in einen Esel
verwandelt — wänt nase surehın likhaka ill& und diese Leute fingen an über ihn zu
lachen — srih-la ill& sie rief ihm zu.
4. am, vor Suffixen daemt, “dammuh u.s.w. Anstatt 'amm? und "amme
hört man auch immz und imme.
" FERN incapable (Jeremias).
min
Ko
“am
ilgebe d-
32 E. SaAcnuıAuv:
Beispiele:
msürik-le "am gennaw@ er machte Gemeinschaft mit einem Diebe — ahönuh
“ammitle dein Bruder ist bei mir — hadjju immi (oder "dmmt) elmäth@ komm mit mir
zum Dorf — äna la k’äthin ammuh ich gehe nicht mit dir — mahkt "dmme sprich
mit ihm — leth-wa@ imme gair jizikthe er hatte nichts bei sich als seinen Ring.
Es findet sich auch immid = imme d-, z. B. tabhathe dimmid kul birjäth@
biprisäth@ imman ahnt misk&ne die Wohlthaten, welche bei allen Geschöpfen und be-
sonders bei uns Armen sind (d. h. die er, Gott, uns erwiesen hat).
Ich bin geneigt, das m in muhdäde = mit einander für einen Rest
dieses “am oder im zu halten.
5. ilgebe d- vor Nomina und igeb- vor Suffixen = bei; ilgebr, ilgebe,
ilgeböhun u. Ss. W.
Beispiele:
gebe dbEih@ neben dem Hause — Ügebe dsultan bei dem Sultan — zil-le elgebe
dimzabnana dsöle er ging zu dem Schuhwaarenhändler — krüle gebe er näherte sich
ihm — wilgeban tlrdele und bei uns ist er geboren — hallü-Is züze dıth igeböhun
gebt mir alles Geld, was ihr habt.
6. t@ mit folgendem Nomen oder mit /+-Suffix hat vielfach die
Functionen des älteren &.
Beispiele:
m£erun ta uhdade sie sprechen zu einander — hwille djart ta Kesro Pasa
er gab dem Khusrau Pascha ein Geschenk — And kthüls kthawa umsudert ta ahönt
ich habe einen Brief geschrieben und an meinen Bruder geschickt — zwönun ta I kul
se äre dhazitun kauft mir alle Gerste, die ihr zu sehen bekommt —. Jrwtl- Ic ta le
kthäw@ ich habe ihm ein Buch gegeben — me£re ta la, l& er sprach zu ihr, ihm —
dawilt@ dathj@ ta li ein Glück, das mir zufällt.
Wenn ich recht gehört habe, hat in den Ausdrücken fa li, ta l& u. s. w.
jedes Wort seinen selbständigen Accent.
7. 90, meist 5bgö, in, durch, in Betreff mit Suffixen gdwr, bgawr, bgä-
wuh, bgdwe u. Ss. w.
Beispiele:
zillan g0 mäth@, 90 mdit@ wir sind durch das Dorf gegangen, durch die Stadt
— 90 beth@ im Hause — m'ugible "0g bgo (bgau) tadbir dalah@ und “Og wunderte
sich über die Fügung Gottes — 0 kddr@ slemüne thelai gawr uzillai so viele Salomons
sind schon in mir erschienen und wieder dahingegangen — where bgawe er sah ihn an
— Ipykli bgawuh ich bin dir begegnet — tpykluh gawt du bist mir begegnet —
iv
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 33
wog la kide-w@ gawai ohne dals ‘Og etwas von ihnen wulste — mnondjewin bga-
wah ich flehe dich (Fem.) an.
8. mbar (mehr gelehrt auch bäthar und men bäthar) vor Nomen, in
der Verbindung mit Suffixen bathri; ebenso kam, mkam vor Nomen, in
Verbindung mit Suffixen kämt.
Beispiele:
ukadh miüthelun ingeln kam seräj@ und nachdem sie Ingelü vor den Palast ge-
führt — mkam h@ kuyss@ hzeli ahöne vor Kurzem habe ich seinen Bruder gesehen —
hmarte kame seine Eselin steht vor ihm — mbar shaw‘T Sinn® nach 70 Jahren —
mbar d&ga@ darauf (= d’? gah) — mbar h@ zaund nach einiger Zeit — umin bäthar
hakma jomäth@ und nach einigen Tagen — ukadh bäthar kıyjss@ de’irre und als er
sich nach einer Weile umdrehte — kwus min bathrt steig ab von hinter mir — umur-
kewä-le bathr2& und er liefs sie hinter sich reiten.
9. thuth oder thöthid (= thöthe d-) unter, riS über, auf: thuth sakaf unter
dem Dach — ri$ gär® oben auf dem Hause — mtas0je-lai hiznathehun tmıth "är'@
sie verbergen ihre Schätze unter der Erde — ris rö3t ris em = el, N de.
Neben thuth auch h@, z. B. 'äthran dile hu kul "audüth@ utjlme uta'dı-
jäth@ ujasstrüth@ ubalaje ukahre unser Land, das unter jeglicher Knechtschaft ist, unter
Unterdrückungen, Mifshandlungen, Gefangenschaft, Prüfungen und Gewaltthaten.
10. mbeddal anstatt, für, mit Suffix mbeddalt.
Beispiele:
Izemiunıh mbeddal tabhäathe wir en dankbar für seine Wohlthaten — du mbed-
dalt bid-jawillöhun züze er wird euch das Geld geben statt meiner.
ıı. b£nath zwischen, z.B. benath nä$e unter den Menschen; mit Suffix bai-
näthai zwischen ihnen.
Beispiel:
hzele hmäre täma bainäthai er sah seinen Esel dort unter ihnen.
12. elkemütha@ d- entgegen.
Beispiel:
uphjtle elkemüth@ detamirlang und er ging dem Timurleng entgegen.
13. sabbab wegen, z.B. tlible minne sukana sabbab ta’ dewatha di widle
ile er bat ihn um Verzeihung wegen der Mifshandlungen, die er ihm angethan hatte.
I4. saub (oo) versus, Z.B. kpathil sauban er wendet sich zu uns.!
15. di@ ohne, z.B. dla hwala dzüze ohne Bezahlen — dla faid@ ohne Nutzen.
! Vergl. meine Arabische Volkslieder aus Mesopotamien S. 85, 12 und Socin,
Die Neu-Aramaeischen Dialekte S. 168, ı2 sube-gebi = versus latus meum und S. 128
sobaha = hierher = sob aha.
Philos.- histor. Abh. 1895. 1. 5
bathar,
mbar
thuth
mbeddal
benathı
elkemuth@
sabbab
saub
dia
34 | E. Sıcnuav:
$ı4. Adverbium.
ı. Der Art und Weise. An Stelle des alten Adverbiums auf aith
erscheint das Adjeetiv Masc. gen. im Singular, sodafs z. B. kalila sowohl
celer wie celeriter bedeutet.
ah dähr
dah hadah
dih kdaigid oder gdaigid.
2. Des Ortes:
ahh@ aika eka wo
lahh@ illil darüber
mahh@ mäh@ eltih darunter
tama barr@i draulsen
min tama gawwd@i drinnen.
>> Derzeit:
idjü dega
ta kudja mbar dega
tümmal, timmal hdha gah@
sdpr@ badı gäha@
‚ kadöme miele
4 dah@ minisk@
dersa’ kalüla bald
badam dann, alsdann mbathr ha kyss@ bald
aiga kametha.
4. Des Grades:
raba \ bess@ n
kbir@ ma kadr@
bis kma
zöda ?
5. Der Frage, Bestätigung, Verneinung u. Ss. w.:
kawr bal
läma blas
sabbab mäh@ lekun, lökun
bele mköma
he [077
la ee
le biprisütha
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 35
Beispiele:
Vo Uop hizjale sappirta ah kameth@ sie erschien ihm nicht (mehr) so schön wie
vorher — /@ kymle haunana ah slIemon es ist kein Weiser erstanden gleich Salomo.
dah oder daht "ödin ädt wie soll ich dies machen? — "wod dah dkibet thu,
wie du willst — dahrla köfuh (oder k£puh) es us — surdja kapöra daht
skilluh söle uzilluh dla hwala dzüze Ungläubiger Syrer, wie kommt es, dals du die Stiefel
genommen hast und fortgegangen bist ohne zu bezahlen? — Adaigid Jahstre bidh@
dkurdaje wie Gefangene in der Hand der Kurden.
dih diktillai hanna rejjis d’ Adhakh wie sie (auch) den Hanna, Örtsvorstand
von Adhakh getödtet haben.
hädah vlä so ist es, ja wohl — ukadh "widle hadah sultan und nachdem
der Sultan also gethan — mänı kmallip luh. hadah wer lehrt dich also d.i. der-
gleichen? — /@ dmrat hadah sprich (Fem.) nicht so — Wham kurdaja hädah
tpykle siele Isick@ und auch der Kurde ging zufällig gleichfalls zum Markt hinab.
Für das eigentliche Adverbium vergl. aufser dem Gebrguch von raba
und kber@ sehr z.B. ädı süse krahis Jakkür@ (auch hedi) dies Pferd geht langsam
— birhatele kbira kalula er läuft sehr schnell — q@jit la krakwit ränd@ du reitest
nicht gut — "wid- Ir gudda hätha kalül@ mach mir schnell eine neue Weste.
Vereinzelt scheint die alte Endung ih vorhanden zu sein in särath
Syrisch, kurdath oder kurdat Kurdisch.
Beispiele:
Eka (oder aika) vlip-luh bsürath wo hast du Syrisch gelernt? — kjedit mahkit
bsärath kannst du Syrisch sprechen? — dna@ la kfahmin bkurdath oder bkurdat
ich verstehe nicht Kurdisch.
2. ahhele betha@a dabünd@ hier ist das Haus des Bischofs — p0os ahh@ bleib
hier — hai IE 'ahh@ komm hierher — äna@ bit- pesin (oder pesen) lahha@ tre
Jumath@ ich werde hier zwei Tage bleiben — ma@ kadrela mahha@ Inäth@ wie weit
ist es von hier bis zum Dorfe?
si tam@ geh dorthin — du bid-azil min tama sapr@ er wird morgen von dort
fortgehen — ih täma gisra al ndhrä es ist dort eine Brücke über dem Fluls —
hzele hmäre tama bainäthai er sah dort seinen Esel unter ihnen.
aikela urh@ wo ist der Weg? — £ka brönt wo ist mein Sohn? — ka zille
wohin ist er gegangen?
3. idju hümmele kabbir@ heute ist es sehr heils — wägib-rle dpaltuh idjw
miele wir müssen heute früh aufbrechen — idju Joma@ kulle saida la "widli heute
den ganzen Tag habe ich nichts geschossen.
5*
ah
dah ,
daht
hadah
täma
aka
idyu
kudji
tiimmal
sdpr@
dah@
darsa‘
aiga
hdha gah@
miele
mhuska@
kalula
kametha
raba@
kbir@
kabbir@
36 EHSACHAU:
ta kıudja täglich: ma kadra kruse kib‘it ta kıldjü wie viel Piaster brauchst du
täglich?
in merittt tümmal hakküth@ lakghaltin-w@ hättest du mir gestern die Wahrheit
gesagt, wäre ich nicht in Verlegenheit gerathen — tiimmal kbir@ mitr@ we-w@ gestern
hat es sehr geregnet — dahm? pislan kpine tümmal wir waren gestern hungrig.
hayju iülhemt (N gesprochen elhemi) sdpr@ komme morgen zum Zelt —
sipra@ bid-höja kartha kabbir@ morgen wird es sehr kalt sein — q@u bid-azil min
tama kadöme (Dialekt von Ankaw@) er wird morgen von dort abreisen.
däha bess@ jetzt ist es genug — mahkin mdabranütha dah@ (Vers) ich be-
schreibe jetzt die (göttliche) Fügung — däh@ Jimmi ndimlä@ jetzt hat es meine Mutter
gereut — ham üna dah@ brakdin und jetzt will ich tanzen.
darsa' msudere © massihdana (Vers) sofort schiekte er jenen Evangelisten.
aiga sah kim-halele wzille darauf gab der Shah ihm ein Geschenk und ging —
aiga slemon leth-wa@ imme gair jizikthe da hatte Salomo nichts bei sich als seinen
Ring — aiga khikla Sultanith@ darauf lachte die Fürstin.
mbar dega tlible kurk Ibisle darauf verlangte er einen Pelz und zog ihn an.
malla@ Nasreddin hdha@ gaha@ lubille sarh@ Isuka Molla N. brachte einmal einen
jungen Stier auf den Markt — slemon pkydle hdh@ gäaha@ le’ og Salomo befahl ein-
mal dem “Og.
suthun "allt badı gäh@ (Vers) hört auf mich jetzt.
wagib vle dpaltuh idju miele wir müssen heute früh aufbrechen — kawwr la
theluh mhıtska kalüla@ warum bist du nieht früh am Morgen gekommen? — pkyjdle
wazire dmethe © nasa ditpjkle bgawe mhuska kadh wewa bizdla Isaida er be-
fahl seinem Vezir, dals er den Menschen herbeischaffe, dem er in der Früh, als er zur
Jagd auszog, begegnet war — kalula bhalsuh Sülan wir werden bald unser Geschäft
beenden — mbathr ha kyss@ turane bid-mkäsai btelg@ bald werden die Berge mit
Schnee bedeckt sein.
la hizjale Sappirt@ ah kameth@ sie erschien ihm nicht (mehr) so schön wie
vorher sabbab dkameth@ la mhaimin w@ weil er vorher nicht glaubte.
4. au bid-häwe raba “attir@ er wird sehr reich werden.
bräti kbir@ zurt@ wä-w@ meine Tochter war sehr klein — hjtte kbira dgran
le der Weizen ist sehr theuer — äna kbira kpin&win ich bin sehr hungrig — tüm-
mal kbira shelan wir waren gestern sehr durstig — Tamirlang kabbir@ zälim ukis-
J@ w@ Timurleng war sehr grausam und hart — brata kabbira sappirta ein sehr
schönes Mädchen.
bis sapirtela min hatht sie ist schöner als meine Schwester — h@ Jöma ahönt
bit-pais "attira biS minnuh mein Bruder wird eines Tages reicher sein als du — @u
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. BT
ittt bis zanıda minnt er hat mehr als ich — mindt dile bis zarban@ bdunze mal-
kele das Stärkste in der Welt ist ein König.
äna hwillt tale kul züze dith-wa I lakin anı lardelun ub'ehım bis zoda zöda
ich habe ihnen alles Geld, was ich hatte, gegeben, sie waren aber nicht zufrieden und ver-
langten noch mehr.
dah@ bess@ jetzt ist es genug — dwa@ randele bess@ das ist gut genug. bess@
ma kadrela mahh@ elmäth@ wie weit ist es von hier bis zum Dorf? ma kadra
mäa kadra kruse kibit t@ kudjü wie viel verlangst du täglich?
kmele mrahmänd wie gnädig ist er! kma
5. ana la kjeden kawr "widl& ich weils nicht, warum er es gethan hat — kawwt vet
la thehıh mhüska kalüil@ warum bist du nicht früh am Morgen gekommen? — sabbab a
mäha bimhayele pakkarte warum er ihm den Kopf abschlagen wolle. er
mbukere tama (tamäha@ in Hakkarı) 'askar klelun er fragte, warum das Heer
Halt gemacht habe.
bele, he = ja. TB
Ajit la kräkwit randa du reitest nicht gut — l@ keden ürh@ ich kenne den
Weg nicht —. hizgja-le la rändt bal krähat sie erschien ihm nicht schön, sondern
garstig — in meritti tümmal hakküth@ lakghallin w@ hättest du mir gestern die Wahr-
heit gesagt, wäre ich nieht in Verlegenheit gerathen — gzirta la tdet@ eine unbekannte
(Sin 28) Insel.
la verkürzt: lagbinnah ich mag dich nicht — lappis le ban wir können nicht
mehr — Adna lappis zöninnuh zwinna h@ hinn@ ich kaufe dich nicht zum zweiten
Mal — sSultanitha lak-hawela jale die Fürstin hat keine Kinder — laktäwe
Asus — Idwin (= la-twin) aldh@ ich bin nicht Gott. Te
le = leth s. beim Verbum. lait
lattan seäre bal bid-Jawuh luh kıjss@ tün@ wir haben keine Gerste, aber
wir wollen dir etwas Stroh geben.
ghelan bla$ wir haben uns vergebens bemüht. blas
lekum | Team
lökun )\ vielleicht, auch kwarja, gwarja. Token
mkömd@ \
lökum zilluh steluh 'arak wimhehıh Jimmuh ha gäh@ hitt@ vielleicht bist
du gegangen, hast Arak getrunken und deine Mutter zum zweiten Mal geschlagen — lekun
mantejäluh surgun vielleicht verbannt sie dieh — lökun sam’ t nase käluh vielleicht
hören die Menschen deine Stimme.
biprisüth@
Jan -jan
ham
lakin
(lakkin)
la
d
38 E. Sacuav:
cz mindt mit vorhergehender Negation: nichts, gar nichts: © Jöma la
"widle saida eu mindt am jenem Tage schoss er gar nichts.
ala wele be d’awid ha mindt ja'nı dgawir 'dllai und er war nicht im Stande
etwas zu machen, d.h. den Beischlaf mit ihnen zu vollziehen.
mbäddal tawäthe dimmid kul birjäthe biprisutha imman ahnt miskene für
seine Gnadengaben an alle seine Geschöpfe, im Besonderen an uns Arme.
$ı5. Conjunetion.
ı. Zur Verbindung von Wörtern oder selbstständigen Sätzen:
U, we ham
au lakin (lakkin)
Jan -jan la
2. Zur Einführung eines abhängigen Satzes:
de kadh
dla ta, ta d-, tad
sabbab, sabbab d-, msabbab d- in
baid egar
hal d- mkhud
£ L
iman, iman d-
jan ku "wod-lan ha tadbir mkhalis-lan min vda dadı kapöra tamirlang
yan ayit unasuh ubelhuh bmakduhluh entweder mache uns einen Plan, der uns vor
der Hand dieses ungläubigen T. rettet, oder wir werden dich, die Deinigen und dein Haus
verbrennen.
ham äna dah@ brakdin und ich will jetzt tanzen — ahtiun meröhun susele
ham äna mert Jimme bebetha-la wilgeban ihde-lE ihr sagt, es ist ein Pferd, ich
sabab ham
äna mädt sabbab bizal&win surgun weil auch ich aus diesem Grunde verbannt werde.
äna kthalı kthawa umsudert ta ahöont läkin ahöni lE-be dkarele ich habe
den Brief geschrieben und an meinen Bruder geschickt, mein Bruder kann ihn aber nicht
lesen — läkin ahtun meröhun ihr aber sagt.
aber sage, seine Mutter ist bei mir zu Hause, und er ist bei uns geboren
leth gisr@ illa ıth gamtje eine Brücke ist nicht vorhanden, aber eine Fähre —
dla baula uhtith@ gwillt (Vers) sondern ich habe ihn in Frevel und Sünde gestaltet.
kzeden de ürh@ hitta 'rithe-I@ blelg@ ich fürchte, dass der andere Weg vom
Schnee blockirt ist — wägib tle dpaltuh wir müssen fortgehen — zahmet vlä dim-
peduh el dabra dile läzim es ist schwer, uns die nöthigen Lebensmittel zu verschaffen
— le-be dkarele er kann es nicht lesen.
Ba i men Zu
es
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 39
massim bäalıh dla msakrit mindt gieb Acht, dass du nichts -verlierst — di@
gawirr@ brön@ dmalka dizrak Jöm@ damit der Sohn des Königs des Ostens sie nicht
heirathe.
sdbbab ham ana mädt sabbab bizalewin surgun weil auch ich aus diesem Grunde
verbannt werde.
sabbab dibnöne ubnath@ leth-wa lai (Vers) weil sie keine Söhne und Töchter
hatten — Ahmar@ ghele sabbab dham vwä der Esel wurde müde, weil er an das
Arbeiten nicht gewöhnt war — msabbab dwe-wa zabbun weil er schwach war —
msäbbab dsarha la we-wa tlipa@ rkaw@ weil der junge Stier das Reiten nicht ge-
lernt hatte.
baidılai = Au u15) bigjafa illan datht nahbilan weham kwarja dkatlv
minnan weil sie uns drohen, dass sie kommen und uns ausplündern, vielleicht auch einige
von uns tödten würden.
gerek azuh hal dgäne Jöma wir müssen marschiren, bis die Sonne untergeht
— gerek hapruh hal dhazuh h@ mindi wir müssen graben, bis wir etwas finden
— hal dibnele sarai min karkumjatha dnäse bis dass er einen Thurm aus Menschen-
Schädeln baute — hal dimtele langtämir bis dass Timurleng ankam.
iman bgäne jöm@ wann geht die Sonne unter? — man dzille karrtwa laksahar
als er in die Nähe von Aksahar kam — zman dimgürible pas@ thir@ als der er-
wähnte Pascha den Versuch machte.
ukadh zille h@ kyjss@ und als er eine Strecke fortgegangen war — ukadh
wewa bizala tpjkle als er ging, begegnete er — ukadh bathar kyssa de irre
where bibrata la hizya-le und als er bald darauf sich umdrehte und das Mädchen an-
sah, erschien sie ihm ete. — kadh wewa massöme bala lahmare bmaidan hzele
als er seine Aufmerksamkeit auf die Esel auf dem Markte richtete, sah er.
thelan lU’ädı duktha 1a manythuh ha kıjssä wir sind hierher gekommen, damit
wir etwas ausruhen — fad ma’rikle-Isatana (Vers) damit er den Satan in die Flucht
schlage.
in (oder Zgar) mahzittt ürha@ bit-ta'nin mint@ minnuh wenn du mir den
Weg zeigst, werde ich dir verbunden sein — in meritti tümmal hakküth@ lakghaltin
w@ wenn du mir gestern die Wahrheit gesagt hättest, wäre ich nicht in Verlegenheit ge-
kommen — in mwassim-le "ainuh bkabluh dalähele wenn er dein Auge heilt,
nen wir ein, dass er Gott ist.
mkhud skillt seitdem ich ihn erhalten habe
dia
sabbab
sabbab d-
msabbab d-
baid
hal d-
iman d-
kadh
ta tad
. Pr
in egar
mkhud Sir
40 E. Sacnav:
$ 16. Interjection.
he, hü, hai
h& ja wohl, lakkin bahta he la kıjmle haunana@ ah slemon ügabbara ah Simson wlibba
Per) dmärj@ ah dawid want tHathumtun Ibaht@ muhtt aber das Weib, ja! es ist kein Weiser
erstanden gleich Salomo, kein Held gleich Simson und kein Gottesmann wie David, und
doch sind alle drei vom Weibe zur Sünde verführt worden.
ha = Wo o mere hü lewin aldh@ dimhalsinnnohun min tamirlang ma "ödin der sprach:
Was fällt euch ein? ich bin nicht Gott, der euch befreien kann von Timurlang. Was soll
ich machen?
hai wehe himär@ mere hai bid-naplin der Esel sprach: Wehe, ich falle!
$ 17. Verbum.
Wurzel. Alle Wurzelformen der alten Sprache sind vorhanden, wenn
auch zum Theil in eigenthümlichen Umgestaltungen. Aufser den starken
Wurzeln
a) solche, die ein Aleph oder Ain haben:
Ss2 252 Al Sal 302
aus Ba 2A;
513, 185;
m, 204,, Sax.
b) solche, die ein Wau oder Je haben:
son Au Sau sol;
Ss zu iu ws «A log;
dam 1m 185 läx 255 14,80
Das Verbum primae Nun Nds wird als ein starkes fleetirt, und von
Wurzeln 99 fehlt es mir an sicheren Belegen."
$ı8. Flexion der Trilitera.
Von den Stämmen des Semitischen Verbums sind drei vorhanden:
Is Kell,
2. Pael, dessen Bildungsart zugleich für das Verbum quadriliterum
mafsgebend ist;
3. Afel, stark im Schwinden begriffen, doch in deutlichen Beispielen
vorhanden.
! In der Litteratur miammome, mhakkoke, mdakkoke.
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 41
Die Tempora sind in der Hauptsache zwei:
ein Praesens: faciens (ille) = faeit, und
ein Perfect: ei (ab eo) factum (est) = fecit.
Im Einzelnen gestaltet sich aber der Temporal- Ausdruck mannigfaltig
genug. Der gesammte Verbal-Ausdruck — mit Ausnahme von 2007 und
28 — ist nominalen Ursprungs, aufgebaut auf folgende Nominalformen:
A. katil, katld
B. ketil und ketdla
C. ketala in Verbindung mit der Praeposition b.
Als Hülfszeitwörter werden gebraucht
ı. 2007 2.9
und als Praefixe
ı. b oder bid (bit, bit) zur Bezeichnung des Futurums,
2. ke zur Bezeichnung des Praesens,
3. kim zur Bezeichnung des Praeteritums.
A. Grundform katil, Fem. katla. 1. Es bildet das allgemeine, oft
auch das Futurum bezeiehnende Praesens, in der ı. und 2. Person verbunden
mit Pronomina, in der 3. Person allein stehend.
Paradigma:
Männliches Subjeet. Weibliches Subject.
Sing. saklin sSaklan
saklit saklat
sakıl sakla
Plur. saklıh sakhıh
saklitun, auch saklıtz saklitun
sakle saklı
Will man das Subject besonders betonen, so werden die Pronomina
personalia vorgesetzt:
ana saklin ana saklan
at saklit at saklat
au sakil ai Sakla
ahnt sakluh ahmı sakluıh
ahtun saklitun ahtun saklitun
anı saklı anhr saklı
Philos. - histor. Abh. 1895. 1. 6
42 E. Sacnaat:
Es ergiebt sich hieraus, dafs im Singular der alte Unterschied der
Geschlechter Sax, ax bewahrt bleibt, während im Plural die männliche
Form dx für beide Geschlechter gebraucht wird.
Pael: msadrin ich schicke — 432 DAxo
msadrit
msädir u. Ss. w.
Afel: | mampillin ich lasse, mache fallen — 432 AN.
mampillan
| mampillit
| mampillat
mampil
mampilla
Weitere Beispiele und Belege:
Kal: ana paltin ich gehe fort, palyt, palta;
hapruh wir graben
“odin ich mache, 'odit, awid, "oda, "oduh, "odıtun, "odi, zönin ich kaufe;
‚J@win ich gebe, Jawit, jawil (daneben Jahwin-ne ich gebe ihm ad {52 son)
JMwa; jawuh, J@witun, Ja@wrt;
azin ich gehe, azüt, azil, @z@0, azuh, azıtun, a@zr;
amt ta lE sie sprechen zu ihm;
samt sie hören; laukum samt nase kalhuh vielleicht hören die Menschen deine
Stimme;
pe > : © —_ye —I ey I EU SDR S
pesin und pesen ich bin, pesit, pa'is, pesa, peta „= (von Arab. ob u.);
hazin ich sehe, hazit, haze, haza, hazuh, hazitun, hazt;
gane = Sa: gerek @zuh hal dgäne Jom@ wir müssen marschiren, bis die Sonne
untergeht ; karö-le er liest es;
athjan ich (Fem.) komme; dthjat du (Fem.) kommst; @tht sie kommen;
Ein Pael-Praesens mit Abfall des initialen m ist /ablin ich bringe (für
mlablin). Der Pael-Charakter ist deutlich im Inf. /aböle und im Praeteritum:
lubil-Iü ich habe ihn gebracht, /ulbla-Iz ich habe sie gebracht.
Pael: mzabnin ich verkaufe, mzabnit, mzabin, mzabna;
mhälis er vettet Vala);
mbassim ich heile, mpaltin a mpaltan, mpalit;
msarkin imme ich verbünde mich mit ihm;
malpin ich lehre, mallip er lehrt;
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 43
mhal‘in ich schenke (von xs\>); mhal’in-nuh ich beschenke dich;
mpeduh wir finden, verschaffen ; “askela dimpeduh el dabra dile lazim es ist schwer
- 0-
die nöthigen Lebensmittel zu beschaffen — vergl. Inf. mpajjode von Pers. Ya.
mtane er verkündet; msan® er wechselt, überträgt; mi@s® er verbirgt; msarın
ich fange an;
Afel: \ m&thin ich bringe = 42 20
methjan
methit
methat
melhe
methj@
methuh, melhitun, methr, methai;
mahzit-tt du zeigst mir — “N Asl les: in mahzit-t Urha bit ta'nin minta
minnah wenn du mir den Weg zeigst, werde ich dir dankbar sein;
marik-le Isatana (in einem Vers) er vertreibt (W. 838%) den Satan;
mahkin ich spreche, gebildet aus Neuarab. ‚&>i, das irrthümlich für eine
IV. Form gehalten wurde;
markwin ich lasse reiten 432 AA; markt er lälst reiten;
mahrit er zerstört — JBmS0 ; mantin ich bringe, führe = 431 4,00; mantı;
mad’ir er macht zurückkehren; mad’ir-r7 er macht mich zurückkehren; mad 'irin-
nV ich lasse ihn zurückkehren ;
makduh wir verbrennen, wie von einem Afel einer W. a4s statt Ada;
es ist derselbe Wandel in der Wurzel, der sich im Alts. in der Flexion
der Verba SA und 8a zeigt;
mahtyn ich verleite zur Sünde — dsl m;
mat innt-lan sie beladen uns.
Das Praesens wird in der Verbindung mit 3 als Conjunetiv gebraucht:
kib in drakdin, dzamrin ich wünsche zu tanzen, zu singen;
miuthehun bargel draku “alle sie brachten ein Pferd, damit er darauf reite;
d’öda le surgun (Türkisch BE) damit sie ihn verbanne;
Swik-la lingelu d’azil Ibethe sie liels den Ingelu nach seinem Hause gehen;
pkyd-le sah Igallad dmäahe pakkärte der Schah befahl dem Henker ihm den
Hals abzuschlagen ;
methr brata dmalka dhazena (dhazin) bringe die Königstochter, damit ich sehe;
dkalja “al hasa dsüse damit sie (die Satteltasche) auf dem Rücken des Pferdes
liegen bleibt;
6*
44 E. Sacnav:
khauja deda’ir min süle es kommt vor, dals er von seinem Geschäft zurückkommt,
d.h. es verliert;
la we-le be d’äwid mindt er konnte nichts machen ;
hajjau d’öduh masher@ kommt her, damit wir Scherz treiben;
nn
pkyd-le lwazir& dmethe © nas@ er befahl seinem Vezir, dafs er herbeischaffe
jenen Mann;
dia gawir-ra bron@ dmalka damit der Sohn des Königs sie nicht heirathe.
Das Praesens mit der Negation wird als Prohibitiv gebraucht:
la dmrat hadah sprich nicht also (o Weib);
la zamrit singe (Mase.) nicht.
II. Das reine Futurum wird ausgedrückt durch bid oder b + katil,
wobei zu beachten ist, dafs bid unverändert bleibt vor Mediae, vor Tenues
zu bit und vor emphatischen Consonanten zu bit wird.
Paradigma.
bid-paltyn ich werde fortgehen ;
bhalis er wird retten (v. Arab. uake):
bid-jawin ich werde geben;
bid- jawil löhum er wird euch geben;
bid-häwe, höja oder haıtj@ er, sie wird sein;
bit-pesen oder p£Sin ich werde bleiben, sein;
bit-p@'is: bit-p@'is (oder bid- häwe) raba attir@ er wird sehr reich sein (werden);
bit-ta'nin ich werde tragen;
bid-äzil er wird gehen;
bid-da’rin oder darin ich werde zurückkehren;
bid-mähin-nuh ich werde dich schlagen (statt mahin- luh);
bit-tahrin ich werde mich erinnern;
bid-"dmruh wir werden sagen;
hai bid-naplin wehe, ich falle;
ana bit-salin ich werde hinabkommen ;
kalala bkhalsuh sulan wir werden schnell unser Geschäft zum Abschluls bringen ;
/man bgane oma wann geht die Sonne unter?
ham ana däh@ brakdin und jetzt will ich tanzen;
ana bgelin (von > u.) ich gehe spazieren;
ma byawit-Ii was giebst du mir?
ana bgorin ich werde heirathen.
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 45
II. Das actuelle Praesens, das stets Indieativ, nie Conjunetiv ist, wird
bezeichnet durch katil + Praefix X.
Paradigma.
krakwin ich reite
krakwan
krakwit
krakwat
kraku i.e. k + rakiw
| krakw@
krakwuh
krakwitun, krakwiti
krakwt
kjelpin ich lerne;
kmalpin ich lehre: mänt kmallip-luh hadah wer lehrt dich dergleichen?
kzaunitun ihr kauft;
kathen ich komme;
kamirröhun er sprieht zu euch (statt kamir löhun);
kräahis er geht: Adı süse krahis hedt (oder jakhiürä) dieses Pferd geht langsam;
kfahmin (+2) ich verstehe: /@ kfahmin bkurdat ich verstehe nicht Kurdisch ;
kekahkin ich lache ;
k-hawe er, es ist: lak-hawe-Ia J@le sie hat keine Kinder — la k-hawe-la;
k-hauja es geschieht, passirt.
kjad’in ich weils kjad'uh
kjad’an
kjad' it ak
hjad'at ad itun
kjad‘ & kjad’t
kjad’@ kjad“ ai
Daneben hört man Äjdden ich weils, kjedit du weilst: kjedit mahkit bsurath
sprichst du Syrisch? und drittens keden ich weils, /@ keden ich weils nicht.
kzeden ich fürchte.
Es scheint, dafs die Pronominal-Endung der ı. Person, falls die vorher-
gehende Silbe ein 2 oder @ hat, meist en (nicht in) gesprochen wird.
kib'eE oder kbe er verlangt, wünscht, mag: @u l@ kib & li er mag mich nicht,
oder au la kbe-Is, gesprochen au lakbe-;, kib’in dzamrin, drakdin ich wünsche
46 E. Sacaıtv:
zu singen, zu tanzen: kib‘at athyat “dmmt willst du (o Weib) mit mir kommen? wod
dah dkibet thu wie du willst; ma kadra krüse kibit ta küdjü wie viel Piaster ver-
langst du pro Tag’? — Die letzteren Formen klingen fast wie Aibbet, Kkibbit.
kpäthil sauban Lu! N
la ktawe (gesprochen laktäw?) er verdient nicht, ist nicht werth.
IV. Will die Sprache das k@tl — mit k oder ohne dasselbe — in
die Sphäre der Vergangenheit übertragen, so verwendet sie zwei Mittel.
Sie bildet ein Imperfeet durch Anfügung von wä@ d.i. 2oc7, vergl. den
Türkischen Ausdruck X! PE\PurE SS) Berg
Paradigma:
kidin-wa = I used to know: la kide-w@ g@wai er wulste nichts von ihnen.
Es ist zu beachten, dafs durch die Übertragung des Accents auf die
letzte Silbe in Aöden das ? zu 7 verwandelt wird.
Anaiwin-w@, Ana win-wa@ = I used to be; ohne selbständiges Pronomen
zwin-wa und win-wa@, wit-wa, we-wa, wäa-wa: krih@ win-w@, ich war krank
(wohl besser: ArThaiwin-wa); tümmal kpina we-w@ gestern war er hungrig; braätt
kbir@ zürta wA-W@ meine Tochter war sehr klein:
ukadh dare-wa la Isuse naplä-wa sakil-wa kul-mindt min ha "aina
dhagba msane-wa le b’aina hitta la kale-wa Ihasa dbargel: so oft er sie (die
Satteltasche) auf das Pferd legte, fiel sie wieder runter; er nahm dann Alles aus der einen
Seite der Satteltasche heraus und legte es auf die andere Seite, und wieder blieb sie nicht
auf dem Rücken des Pferdes liegen (sondern fiel von Neuem herunter).
kul duktha dazil-w@ jeder Ort, zu dem er kam (zu kommen pflegte);
bidhe ramiz-wa lE’askar deda’rt-w@ er winkte mit der Hand dem Heere, dafs
sie sich zurückwenden sollten (und sie wendeten sich zurück), bis dals Timurleng kam;
in merit-tt tümmal hakküth@ lakghaltjn-w@ hättest du mir gestern die Wahrheit
esagt, so wäre ich nicht in Verlegenheit gerathen.
Das w@ nach ghaltyn gilt in gleicher Weise für merit-tr.
I3
V. Als ein zweites Mittel, die Form katil in die Vergangenheit zu
übertragen, speciell um Perfeeta (im Sinne des Arabischen \»> &&@) oder
Plusquamperfecta zu bilden, verwendet die Sprache die Setzung des Wortes
kim vor katil.
Paradigma:
kim-saklin ich habe, hatte genommen,
kim-mäahin — RR. SS oder a: ER
kim-dmrt sie haben gesagt;
| Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 47
| kim-jahwin-ne ich habe ihm gegeben (statt jahwin-le);
kem-nahrt-le sie haben ihn getödtet;
& kelba kim-n@'is-le@ der Hund hat ihn gebissen ;
| kim-saukinnai (= Saukin lai von “Bms) kullai psthe ich habe sie alle ver-
gnügt verlassen ;
kim-ba@ innuh ich habe dich geliebt; kim-b@innai ich habe sie geliebt ;
kim-mähinnuh ich habe dich geschlagen ;
kim-ms@'ert er hat mich geschimpft (ms@ ir-Ir);
kem- agbr- li sie haben mich geliebt, gern gehabt (vom Arab. _£);
kim-mhale-l& er hat ihn beschenkt;
kim-mud’ert Inas@ er hat mich wieder in einen Menschen verwandelt; mud ’eri
= mud’ir-Ie.
B. Grundform ketrl. I. Die Sprache bildet aus der Form ketzl,
die nach den Lautgesetzen zu ketil verkürzt werden mufs, durch Anfügung
eines dativischen Pronominal-Ausdrucks das einfache Perfeet.
Paradigma.
Das Subjeet
a) im Sing. masc. gen. b) im Sing. fem. gen. ec) im Plural
| skil-It ich habe ihn sktl@-lö ich habe sie (das $%k2lW- li ich habe sie (Mase. fem.)
genommen Weib) genommen genommen
Skil-hıh skıla-luh skılt- huh
skil-le skrla-le Skili-1e
skil-la skrla-la skılt-la
Skil- lan skrla-lan Skili- lan
Skil-lIöhun, auch lohuw skela-löhun Skili- löhum
skil-lai, auch un skıla-lai skılt-lai
Pael: mpüsit-Iv ich habe ihn entlassen, gehen lassen — A (des) rain
mpüsit-luh u. s. w.
| Fem.: mpustä-Ir ich habe sie entlassen
Pl.: mpusti-Ii ich habe sie (e0s) entlassen.
| Afel: mumpil- Is ich habe ihn fallen lassen — ws Me AUET)
mumpil-luh u. s. w.
| Fem.: mumplä-li ich habe sie fallen lassen
Pl.: mumpli-Iv ich habe sie (eos) fallen lassen.
Ä
48 E. Sacuav:
Weitere Beispiele und Belege:
Kal. zrik-le = glb: zrik-le Jomä oder zrik-la Ssems@ — ya wuelb;
Swik-le er lies, entliels, gestattete; rkyd-l& er tanzte; ksıjt-lun sie wurden fett;
skıli-le söle min süurdj@ er nahm die Schuhe dem Syrer ab; tyb-le er verlangte;
kwis-le er stieg ab; khyk-li ich habe gelacht; lwis-l& er zog an (einen Pelz); prid-I@
sie ging davon;
Juwil- lv (V Is. aus Asor für älteres So) ich habe gegeben, Juwil-luh,
Jiwil-le, juwil-la u. s. w.; daneben habe ich notirt /uwil-Ir, hwil-luh, hwil-le
u. s. w. in derselben Bedeutung; daneben zhrwa-le tü-l@ er gab sie (den Ring) ihr;
npil-le: kepa raba npil-le ein grolser Stein ist herabgefallen ; tpyk-le er be-
gegnete (vergl. GR), srih-le er rief (von ar): ndim-l@ sie bereute,
wid-le oder "ewid-le: mant wid-le& wer hat es gethan? ma wid-le was hat
er gethan? — wid-le hilta (su>) illi er hat mich betrogen; "esik-le ill@ er verliebte
sich in sie;
zwin-nt ich habe gekauft — un, zwin-nuh, zwin-ne u. Ss. W.;
gwir-run sie haben geheirathet (od sk):
zil-It ich bin gegangen — r\ Susi, zül-hıuh, ziü-le, zillan;
kthü-lv ich habe geschrieben — “I ua, kthur-hıh, rku-le er ritt; gnü-
lai sie haben gestohlen; kr&-le elgebe er näherte sich ihm;
dwuk-n — 8 us>: müthe-I elbeihi udwuk-Is 'dzzöt? ich habe ihn in
mein Haus gebracht und ihm Ehre (o;2) erwiesen.
mir-re oder m£r@ er hat gesagt — a Al, möri, meruh, meröhun,
merun, gebildet wie von einer hohlen Wurzel (vergl. herd er sah);
Sm£&-le er hörte ihn, Sm? @-l2 er hörte sie, Smelum sie hörten;
tdE-le er kannte, wulste; Jme'un sie versammelten sich (von >) statt gme-bın;
isere er band (= as 02); Zhört ich habe mich erinnert; third-If ich habe
mich ihrer erinnert; 2m£r? ich habe gesungen;
gegir-r@ sie erzürnte;
tlip-huh du hast gelernt;
de'irre (= de’ir-le) er kehrte zurück;
piS-IX ich bin gewesen, pis-luh: pis-lan kpine tümmal wir waren gestern
hungrig.
herr = RN Zum) ich habe gesehen, Are;
tin-ne er pilste; tinnt etc.
kym-le er ist aufgestanden;
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 49
hz&-Ii ich habe ihn gesehen, hizja -Ie ich habe sie (eam) gesehen , sie erschien mir;
she- lan wir waren durstig; bne&-le er baute;
kre-le er rief; ste-W 5; ste- /X ich habe getrunken ;
th&-li ich bin gekommen, the-luh, the-le, the-lan, the-lohun, the-lai und
the- bun:
we-le er war —= ad 2007;
ghe- lan! blas: wir haben es abgemüht, ermüdet um nichts; dr&-IX ich setzte, legte;
rde- (8)) bun sie waren zufrieden ; be’@-hun sie verlangten ; mt@-lum sie kamen ;
kle-bun sie blieben stehen;
de’&-la illö sie hat mich verflucht (de vured);
mihjä-lIv (muhj@-Iü) ich habe sie (die Frau) geschlagen; mhe-lö ich habe ihn
geschlagen ;
» 0 -0£
Pael: mpalit-h = v2, mpülit-l@ sie zog heraus;
msurik-l& (vom Arab. 8) er verbündete sich;
mbukere er fragte — od Adams;
msudert ich habe geschickt (aus msadir-Ir), msudere er hat geschickt; man
kann auch sprechen msadir-rt, msudir -re.
miulip-It (statt me’ulip-I) ich habe gelehrt;
msumis-It ich habe gedient (in einem Verse);
m ugib-l& (von =) er wunderte sich;
= ’
mgurib-leE (>) er versuchte;
=
mgühid- It ich habe disputirt;
mzübin-ni ich habe verkauft (ihn);
mpust@-li ich habe sie (z. B. die Hand) ausgestreckt.
Zuweilen wird auch das anlautende m dieses Partieips Pual ausgelassen:
sudir-r@ sie schickte = EAN BIoxo;
süure-Ii ich habe angefangen = msüre-Ir;
Afel: müthe-It ich habe gebracht, müthe-luh, müthe-le, müthe-lun u.s.w.;
a —_— .
muthya-le er brachte sie;
mut in-nai gumle sie haben die Kameele beladen (von DE
murkü-It ich liefs ihn reiten; murkew@-l® ich liefs sie reiten;
mugwert brat& ich habe seine Tochter verheirathet;
mahru-It (für muhrß-Iv) ich habe es zerstört;
5 gihj@ müde, gihwa Ermüdung.
Philos.-histor. Abh. 1895. 1.
nu |
50 E. SacnHaAuv:
munle-lE er brachte = ad “I,800%; muntd-Ii; man spricht auch minte
statt munte.
mud’®-ri ich machte zurückkehren — mud'r-Ir,;, mud'ere hnara Inasä er
verwandelte den Esel wieder in einen Menschen.
muhwe-la brön@ sie hat ein Kind geboren — I soram:
muhte-l® ich habe ihn zur Sünde verleitet; bahtz muhte-la illehun das Weib
hat sie zur Sünde verleitet; wans Hathuntun lbaht@ muhtt wnd diese drei sind vom
Weibe zur Sünde verleitet.
musjith-17 ich habe gehört, (vergl. Ay, And) von einem Afel mit 7 als
starkem Consonanten gebildet; daneben mäsyth-luh du hast gehört;
mügeh-It ich habe gefunden (ihn), ist gebildet wie ein Afel von einer Wurzel
'jh— waxl; dazu stimmt auch der Inf. mägöhe finden (vergl. mäthöje bringen).
Als Praesens habe ich notirt mgoh@win, während man erwarten würde
mägohewin.
ha nasa mahze-Ii (muhze-Ir) urh@ Jemand hat mir den Weg gezeigt, WO
mahze-k —= muhze-le li.
Das Perfeet skil-Ix kann durch eingefügtes w@ (2007) in das Plusquam-
perfectum zurückversetzt werden:
dre-wa le er hatte gelegt:
©. Grundform ketala. Dieselbe wird mit der Praeposition 5 und
dem Praesens von 2007 zur Bezeichnung des Praesens permansivum (] am
going, doing) gebraucht.
Paradigma:
biplataiwin d.i. ich bin im Fortgehen = I am going away
biplataiwit
biplataile
biplatail@
biplataiwuh
biplataiwötun
biplatailai
bikthawele kthawa ta ahöne er schreibt einen Brief an seinen Bruder;
bisma@ ewin sraha min rahtuk@ ich höre ein Geräusch aus der Ferne; bisma@ '€-
wuh mahkethe wir hören sie reden;
birhatele kbira kalula er läuft sehr schnell;
bithar&win ich erinnere mich;
bizalewin ich gehe;
bitjandwin ich pisse.
Skizze des Felhchi- Dialekts von Mosul. 51
Wie man sagen kann bimhajewin = I am beating, so kann man mit
Einfügung eines Suffixes auch sagen bimhajuh twin = I am beating thee.
Merkwürdiger Weise wird das in dieser Verbindung so wesentliche d
vor den Infinitiven des Pael und Afel weggelassen.
Pael: mdagol&wit du lügst; mtasojelai (oder mtasojelun) hiznathehun (K;>)
thuth dr'@ sie verbergen ihre Schätze unter der Erde;
mgahodewin ich streite, disputire.
Afel: mahrowewin ich zerstöre;
masjoth@win ich höre;
mahtojewin ich verleite zur Sünde.
Der Infinitiv mit der Praeposition d und 2097 — auch ohne lo —
wird oft an Stelle eines Partieips gebraucht:
ukadh we-wa brzal@ und als er war im Gehen, d. h. als er ging;
lele biswaka de askar pet@ er ist nicht im Lassen, d. h. er läfst das Heer nicht
passiren ;
hze-le ha kurdaja bigrasa hmär® er sah einen Kurden seinen Esel ziehen ;
kadh we-wa massome (für bmassoöme) bala lihmare bmaidan hze-le hmäre
als er seine Aufinerksamkeit den auf dem Marktplatz befindlichen Eseln zuwendete, erblickte
er seinen Esel etc.
II. Dieselbe Form Aketil, aber im Status emphaticus Aetil@, wird in
Verbindung mit dem Praesens von 2097 (moin, wit ete.) gleicher Weise zur
Bezeichnung eines Perfectum verwendet. Es hat also hier ketil@ nicht die
Bedeutung des Part. passivi, sondern diejenige eines Partie. praeteriti activi.
Paradigma.
plitaiwin = plita + Ywin ich bin fortgegangen
plitanwil
plitaile |
plitaila \
plitaiwuh
plitewötu
plitehn
pletailai |
In diesem in loco niedergeschriebenen Paradigma ist auffallend, dafs
der Plural nicht pletr-wuh ete. lautet. Sie scheint demnach den Sinn zu
haben ich bin etwas Weggegangenes, wir sind etwas Weggegangenes etc. Übrigens ist
sie viel weniger häufig als das andere Perfeet plyjt- I.
52 E. Sıcnav:
Mir fehlen für diese Ausdrucksweise die Belege, aufser
ithjaiwin ich bin gekommen
ithyaiwit ete.
Ob sie nur bei intransitiven Verben vorkommt?
Der Imperativ hat am meisten von der alten Form bewahrt, und
zwar kommen alle Vocale: 0, «, i und a (Mean ‚öl, Ns) vor.
Paradigma:
Sing. swok verlals;
Plur. swok@ und swokun.
Beispiele:
zwon kauf, zwönu und zwönun;
kri nähere dich; krwwill@ nähere dich ihr;
mo, $mo 'n;
Skul nimm, $kuhın;
kwus steig ab;
wid und wod, auch "wod FL mach: wod dah dkibet thu wie du willst;
wid-Ii gudda häth@ mach mir eine neue Weste;
hal gieb, hallız;
zil geh; mor sprich, murt;
p0s ahh@ bleib hier;
süthun hört (in einem Gedicht);
kü erheb dich (aus km).
Imperative von starken Stämmen im Kal, Pael und Afel endigen im
Plural auf @ oder un, während der letztere Auslaut bei Ableitungen von
Verba tert. inf. nicht vorkommt:
dr? leg, dro;
mht schlage, mhö;
klv bleib: klo bdukthuh bleib wo du bist.
Pael: mzäbin verkauf, mzdbna, mzabnun;
msädir schick, msddru, msadrun.
Ohne das Praefix m: labbil oder labil bringe.
Afel: mahkt erzähle, mahko;
metht bringe ;
mut’ inu gimle beladet die Kamele;
mimpil lals fallen, mumpilu mumpilın,
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 53
mäsjilh höre, masjithun, auch mäsithun;
mantı — labil bringe;
massim bäaluh gieb Acht.
Ein Imperativ unbekannten Ursprungs ist:
st geh, f. se; st methr-Ii m@j@ geh, hol mir Wasser; kwus min bathri use
steig ab von hinter mir und geh (o Weib).
Imperativisch gebraucht, aber nicht verbalen Ursprungs:
hajj@ komm her, pl. hayjau.
Über den Prohibitiv s. oben beim Praesens.
Der Infinitiv ist gleich dem Imperativ in vielen Dingen der älteren
Bildungsweise treu geblieben.
Kal: zwäna.
Pael: msadöre, sadore.
Afel: mumpöle.
Beispiele:
Skal@ nehmen, rkaw@ reiten, PS@l@ ausstrecken, sh@at@(?) verjagen, Sw@kd lassen,
kthaw@ schreiben, dmah@ schlafen, gnawa stehlen, hsad@ ernten, khakd lachen, grasa
ziehen, 9w@r@ heirathen, prada fortgehen, plah@ arbeiten, ZmMAar@ singen;
Jırzala oder 1zdl@ gehen, thalü essen, Ühd)@ kommen, thawa und Awala
geben, 7sdr@ binden, Tdd @ wissen, re ’dS@ aufwachen, de’ar@ zurückkehren;
“wäad@ machen, "yaba lieben, "r@k@ laufen, $m@'@ hören, zr@ @ säen;
kjyama aufstehen, gjama verschlielsen, ala umherwandern ($l> u.), hand pissen,
yafa drohen, hjar@ sehen ;
hzäja sehen, sndj@ hassen, mhädj@ schlagen , dray@ stellen, setzen, nSQJ@ ver-
gessen, $r@j@ lösen, kräj@ lesen, $t@)@ trinken, klaj@ bleiben, br@j@ schaffen, tr@ay@
bdhana@ pflügen, s/@j@ hinabsteigen, fw@J@ verdienen, würdig sein.
Piel: zabön? verkaufen, ghaböne traurig sein, $adöne verrückt sein, bakkore
fragen, gawwöbe antworten (aus Arab. l>), msa Ore schimpfen , m’addobe be-
strafen, dagdle lügen, badöle verändern, vertauschen (Arab. SV); msallohe aus-
plündern (Arab. NOPF mgahöde disputiren ;
mtas0)e verbergen, m$@r0je anfangen, ms@n0jJe wechseln, übertragen, famoje
beschmutzen, s@pÖj@ übergeben, mpajjöde (vom Pers. }\s) finden, msajjöbe ver-
lassen (Arab. N
54 E. Sıcnuav: '
Afel: mumpöle fallen lassen, mahk0j® sprechen, mäthöj® bringen, muntoje
bringen , mahloje verführen, masjöthe hören, magoh® finden, mahobe lieben (von
Sul), marjosE besprengen.
Der Infinitiv wird oft mit / verbunden:
sie-le Isuka lizwana ha hmär@ er ging zum Markt hinab einen Esel zu kaufen;
lubil-lai hmara Isuka lzabone sie brachten den Esel auf den Markt zum Ver-
kaufen ;
sanaila lihz@gj)@ urh@ es ist leicht den Weg zu finden.
Von vlapa oder julap@ lernen lautet diese Form mit einer Metathese:
kljapa zu lernen.
Eigenthümlich unregelmäfsig sind folgende zwei Verba:
manjıhuh wir ruhen uns aus — abgeleitet von DR und mit ) als
starkem Radical gebildet;
das Verbum, das im Felliht die Stelle von && einnimmt und von
ihm abgeleitet ist:
massome legen, setzen;
massim bale er giebt Acht;
ana massummin balı alluh ich werde für dich sorgen.
Die Formen erscheinen wie diejenigen des Afels einer Wurzel a2.
$ıg. Quadrilitera.
Die Flexion derselben geht derjenigen des Pael parallel:
mzarzör® brähen (vom Esel), mzarzorfwin (statt bimzarzörewin) ich brähe,
mzurzir-re@ er brähte;
mbatron® übermüthig, unverschämt sein (von .,-), mbitrinnun, mbutrinnun
— mbutrin hun sie wurden übermüthig;
mmöndj® anflehen, mnonojewin ich flehe an, mnune-le bsah er flehte den Schah an;
mhitmin-ne er glaubte, mhaimin-w@ er pflegte zu glauben;
barböze zersplittern ;
mhaghoge — SES!;
mhüginge „ZIEERN.
$ 20. Passivum.
Der Passiv-Ausdruck ist ein Compositum von dem Part. Pass. in der
Form des stat. emphaticus mit 2007 und x9 als Hülfsverb:
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 55
Praesens: ktlewin ich werde getödtet, ktalmwötun ihr werdet getödtet
Imperfeet: ktilewin-wa@
Futurum: bit-pesin ktil@, bit-pesan ktulta
Perfect: pis-Is ktila
pis-Iv dirja, drith@ ich bin gestellt worden (Mase. und Fem.)
pis-lan ktile
pis-lan-dirje
In einem Beispiel ist ein altsyr. Part. pass. in verbalem Sinne ohne
p@is gebraucht: turane bid-mkäsai btelg@ die Berge werden mit Schnee bedeckt sein
(OA, La).
$ 2ı. Verbum mit Suffixen.
Für die Verbindung des Pronominal- Ausdrucks mit dem Verbum ist
das wichtigste Gesetz, dafs das / der Formen % lüh le u.s.w. mit einem
. vorhergehenden n und r zu einer Doppelconsonanz assimilirt wird. An-
statt des doppelten r wird jedoch meistens nur ein einfaches gesprochen,
und zum Ersatz ein vorhergehendes i zu ? gedehnt.
Perfect: zwin-n? = zwin-Ii
tinne — er pisste
mut innai — mut'in-lai
msüdirr& und msudere —= msüdir -le
mirre und mere = mir-le
here er sah —= hir-le
Zu beachten die Form: gme"un sie versammelten sich = gme hun.
Praesens: saklin-nuh —= Saklin-hıh ich nehme dich
saklin-ne —= Saklin-le
saklin-nohun —= Saklin-lohun
Saklin-nai — Saklin-lai
zonin-nuh — zönin-hıh ich kaufe dich
ba in-nuh — ba in-hıh ich habe Verlangen nach dir
ba in-nı = bä'in-le
lakbinnuh ich mag dich nicht —= la kba in-luh
Hierzu mufs bemerkt werden, dafs der Vocal des Pronominal-Aus-
druckes /2 sing. und pl. zuweilen deutlich # lautet, z.B. ke’agib-Ii er liebt sie.
56 E. SacnaAv:
Vergl. if? er hat und ich habe.
k'amir-röhun er spricht zu euch —= k' amir-lohun
kim-msä@ rt er hat mich geschimpft = kim-ms@ ir-Ii
gwir-r® er hat geheirathet = gwir-le
mugwert ich habe verheirathet = mugwir- Ir
Im Praesens pflegt das / auch mit vorhergehendem £ assimilirt zu
werden: Be BL,
mahzit-t7 du zeigst mir —= mahzit- li
merit-t neben (amrit-ti) du sagst mir —= merit-Iv
Es scheint, dafs, wenn die zwei Pronominal- Ausdrücke /@ und /s zu-
sammentreffen, das erstere ausgelassen werden kann:
h@ nas@ mahze-It urh@ Jemand hat mir den Weg gezeigt, wo mahz@-Ix steht
für muhze-le li; mud’ert er hat mich verwandelt.
$ 22. Das Verbum doc.
Der Flexion desselben liegen die beiden Formen 20 und Loor zu
Grunde, die am vollständigsten im Futurum erhalten sind.
Paradigma:
Masec. Fem.
bid-hawin ich werde sein bid- hauyan
bid- hawit bid- haujat
bid- hawe bid- hauy@
bid- hawuh bid- hawuh
bid- hawitun bid- hawrtun
bid- hawr bid- hawai
Im praesentischen Gebrauch sind die Formen hmwin = 132 2001 u. s. w.
noch weiterhin verstümmelt zu nein u.s.w., das in Folge einer durch den
i-Vocal bewirkten /mäle durch das Zwischenstadium win aus @win (hawin)
abzuleiten ist.
Paradigma:
Masc. Fem.
Awin ich bin awan
vwit vwat
de ıla
nwuh Twah zwuh
ıtun wotun
sun dlai
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 57
entsprechend folgenden älteren Formen:
132 210g 152 Loc]
Asl loc “As2 1.007
as loc N Loc
07 oa
un er
„ons! 007 (sie) „noNsl mo
„od 007 od 007
Das hier zu 7 redueirte 2097 hat sich in der Form w@2 erhalten in
dem Ausdruck we w@ = erat. S. weiter unten.
Die Formen Moin, vwan u. s. w. erscheinen meist nicht als selbst-
ständige Wörter, sondern werden enklitisch an vorhergehendes (bes. No-
mina) angelehnt, lautlich und accentlich mit dem vorhergehenden zu einer
Einheit zusammengeschweilst. Dadurch scheinen die selbständigen Formen
dieser Wörter dem Sprachbewulstsein des gemeinen Mannes etwas ent-
fremdet worden zu sein, woraus es sich erklärt, dafs zuweilen statt min,
nit, man, vwat, vwuh auch win, wit, wan, wat, wuh gesagt wird. Vielleicht
hat hierbei die Analogie des Anlauts von we-wa mitgewirkt.
Dieselben Formen mit dem Pronomen personale:
Mase.
res : 5
ANEWM , auch and- win
at wit
au de
ahnmuh
ahtun Thun
ant-bun
Fem.
anewan
at wat
ai- la
ahnmuh
ahtun wöotun
anıt -lai
In der Verbindung dieses Praesens mit 269, wodurch das Imperfeet
gebildet wird, scheint sich noch ein gröfseres Bedürfnifs nach Abkürzung
geltend zu machen, so dafs hier statt Moin, Mwit, twan, vwat das oben er-
wähnte win, wit, wan, wat gesprochen wird.
Paradigma:
Mase. Fem.
ana win-wä@ ich war ana wan-w@
a wi-w@
au we-wa
Philos. -histor. Abh. 1895. 1.
at wat-w@
ad wa-wa
58 E. Sacaav:
ahnt uwih-w@ ahnt wuh-wä
ahtun Ttun-wa@ ahtun wotim-w@
anı we-wa@ anhr we-wa@
Es ist zu bemerken, dafs in dieser Verbindung bei der 3. Person der
Dativus ethieus wegbleibt. w2-w@ ist entstanden aus 2601 loc, wa-w@ aus
2607 12001, das pluralische w7-ı0@ aus 2607 wodl. Vergl. zu diesem Tempus
Türkische Ausdrucksweisen wie al a, al Js.
Beispiele:
krih@ win-w@ ich war krank (wohl besser krrhaiwin-w@), kpina@ we£-wä@ er
war hungrig, brats kbir@ zıurt@ wä-w@ meine Tochter war sehr klein, tümmal kbir@
mitra we-w@ es hat gestern sehr geregnet.
Das alte Perfeet 2607 hat sich aufserdem in der Verbindung ith-w@ er-
halten.
Beispiel:
ana hwil-i ta le kul zuze dith-w@ li ich habe ihm alles Geld gegeben, das
ich hatte.
Über wz in Verbindung mit der Form katil s. oben S. 46, in Ver-
bindung mit ktzl S. 50. Über 200 in Verbindung mit dem Infinitiv, d.i. vor
demselben S. 51.
Über die Verbindung von zwin dle u. s.w. mit dem vorhergehenden Wort
ist folgendes zu bemerken:
a) vorhergehendes @ schmilzt mit 7 zu ae (wie in zählen) zusammen,
und da fast alle Nomina im Singular, viele Pronomina und Partikel auf @
auslauten, so ist diese Verbindung aufserordentlich häufig.
näs£le er ist ein Mensch, idja hümmele kabbür@ es ist heute sehr heifs, hailanele,
kiele (ss), randele, basimele (bassimele), ramele er ist stark, stark, gut, an-
genehm, hoch;
Sappirtela, hrutela, haruptela, 'askel@ sie ist schön, schlecht, scharf, schwer;
Joma@ basimele, haäwa bassimtel@ es ist schönes Wetter, Jom@ mäartrele oder
hriwele es ist schlechtes Wetter, hawa hrütel@ es ist schlechtes Wetter;
ürha rithela btelga der Weg ist blockirt durch Schnee (ritha — 2438).
Für den syntaktischen Gebrauch ist zu bemerken, dafs das Femininum
oft für unser Neutrum gebraucht wird:
ma kadrela mahh@ elmäth@ wie weit ist es von hier bis zum Dorf? —
hädah tI@ so ist es, ja (= bele, he);
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 59
sandila lihzaja ürh@ es ist leicht, den Weg zu finden.
aikelä wo ist sie, aimele wer ist er?
kmele mrahmand wie gnädig ist er!
lelai sie sind nicht = la+tlai: maja lelai nadıfe (klvwe, supje) das Wasser
ist nicht rein;
kpin£win, syhjewin ich bin hungrig, durstig;
b) in vorhergehendem 7 verschwindet das 7 von mwin u. Ss. w.:
dahil@ wie ist sie — dahr+ıla: dahrla kepuh wie geht es dir? —
ahonuh "ammile dein Bruder ist bei mir;
Der Ausdruck w£-/2 bedeutet erat (nicht est): musilmana bis hurt we-le
skıh-le sole min suraj@ der Muhammedaner war stärker, er nahm daher dem Syrer die
Schuhe weg; we-le — as loc] wie the-l& er ist gekommen.
Den Ausdruck i-wa erat halte ich für das 7 in le, da+wa.
Beispiel:
hmära ghe-le sabbab dham T-w@ der Esel wurde müde, weil er nicht geübt,
an die Arbeit nicht gewöhnt (Pers. „L>) war.
$23. um Varia.
zth mit langem ?:
btüra kbira telga th im Gebirge ist viel Schnee;
nbu @ dmaja vth kartwa ehmath@ es giebt eine Quelle nahe bei dem Dorfe.
Verbunden mit wa: rth-wa:
hwil-k ta le kul züze dith-w@ li ich gebe ihm alles Geld, das ich hatte.
Verbunden mit einem Pronominal-Ausdruck ittr — ıth-l und zth-Ie,
ittöhun = ith lohun u. s. w.:
au ittt bis zöda minnt er hat noch mehr als ich;
ittohun seüre — Ara Me.
US wird gesprochen leth:
leth gISTa ılla ıth gamtja eine Brücke ist nicht vorhanden, wohl aber eine
Fähre.
Es wird bisweilen zu /?# verkürzt:
lappis l&-ban wir können nicht mehr, d.i. /a pis leth ban;
kthü-ls kthawa umsudert ta ahoni, lakin ahonı le be dkar£-le ich
habe einen Brief geschrieben und an meinen Bruder geschickt, aber mein
Bruder kann ihn nicht lesen.
gr
60 E. Sıcnav:
Die Verbindung mit dem Pronominal- Ausdruck giebt die Formen
latti, lattan u. Ss. w.:
gair minnuh latti ana (Vers) aulser dir habe ich Niemand;
lättan se’äre bel bid jawüh-luh kyss@ tun@ wir haben keine Gerste
aber wir wollen dir etwas Stroh geben.
Das Türkische gerek es ist nothwendig wird gebraucht:
gerek äzuh badı wrh@ wir müssen diesen Weg einschlagen;
gerek haprukı wir müssen graben.
In demselben Sinne das Arabische „Is:
wagib de dpaltuh idju miele wir müssen heute früh aufbrechen.
$ 24. Einige Bemerkungen zur Lautlehre.
l. Consonantisches.
2 und & klingen wie ein deutlicher Hiatus am Silbenanfang im Wort-
innern wie in de’ar@ zurückkehren, wieder werden, de’irr®@ er ist zurückgekehrt,
Sau @ sieben, zr@ @ sähen, me Wiwinn@ wolkig, mut innai sie luden auf, ner'@ Ast
—= 1 3, ra’0ola Wadi = oA 5 u.s. w., dagegen ist es im Wortanlaut
kaum vernehmbar, und es steht im Belieben des Redenden, ob er es
berücksichtigen will oder nicht. Man kann sagen me’ahh@ von hier oder
mahh@, ke’äthen ich komme oder kathen, be’2g@ damals oder bega; nur die
letzteren Formen hört man bei schnellem Sprechen. Daher das gänzliche
Verschwinden manches Aleph und Ain im Wortanlaut, so in Ableitungen
von 2&2 (th@-l2 er ist gekommen) und AAS& (wid-le oder wud-IE er hat gemacht),
kömä@ schwarz — 238862, gar? Dach = 23 2, sathı@ Fieber = 2x2. Umgekehrt
hat sich 2 im Anlaut der Infinitive der Wurzeln primae 2 als 2 erhalten:
thal@ essen, Thaw@ geben, ıthaya kommen, 2S@r@ binden, 1da‘@ wissen, 72@l@ gehen.
Daneben auch jrzala. Vergl. auch zlıp@ gelernt.
Im Wort- und Silben-Auslaut glaube ich den Hiatus noch deutlich
gehört zu haben wie in iswa” sieben, Zia“ neun; die volksthümlichere Aus-
sprache dürfte aber isw@, tis@ sein. Bemerkenswerth ist die Aussprache
des Zahlworts vier: arbe &a52 torath@ Kühe (vergl. seth@ Stunde —= 2NSS),
arba 13332 for2 Stiere.
In einigen Fällen wurde 2 und & im Wortanlaut zu Je: jimm@ die
Mutter = 1392, jizikth@ der Ring — 2Nde&. Einzelne Beispiele des Ver-
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 61
schwindens von &: die Ableitungen von &3« wie köden ich weils, rdyjja ıdeta
bekannt, ?de-le er wußte; die Ableitungen von 283 wie Ab® er wünscht,
lagbinnah ich mag dich nicht = /@ kbinnah; erbi — wasdl, ilil über, oben —=
Ay, matamt@ der Löffel von AS, 207@ klein — Dax.
Die Wurzeln tert. & werden zum Theil zu tert. 2 wie Ads zu 2A,
daher mirj@ (wie ripj@ schwach), mret@ krank. Dagegen in Asax hat sich
das & als Hiatus zum Theil noch erhalten: $m2-/7 ich habe gehört oder smz @- Ir
ich habe sie gehört, 3sm@ @ (nicht $m@j@) hören.
Die Neigung des spirirten 3, sich zu vocalisiren, erzeugt manche auf
den ersten Anblick befremdliche Form. Die Combinationen ibh (m), bh
(zw) werden zu @: rakü er reitet; fiun@ Stroh = 239N, mahrtu er zerstört —
FI , krü-le er ging nahe hinan, gnir- lai sie haben gestohlen, Arizta@ (Fem. zu hrnoa)
schlecht‘; karata Pl. karıjath@ (Fem. von kartwa) nahe.
Die Combination abh (aw) wird au oder 0: zOnin ich kaufe, Saukin ich
lasse, tauth@ (Fem. zu tamw@) gut: Odin ich mache.
Die Combination ubh (wo), ubh (me) erscheint als @: sakana Vergebung
— istlyox, uruta Freitag — 2NJOAS, SUh@ Lob = LMYaX.
Beachtenswerth ist das Verschwinden des Je in halath@ süls (Fem.
zu halaja).
Auf dem Gebiete der Dentale zeigt sich mehrfaches Schwinden be-
sonders im Silbenschluls: A@ = Im, kamaja — u0ad, hätha 2NDm nen,
mkam vor — ZAU =, mbar nach = AS =, le — Aus (/e be er kann nicht),
ht unter = NamN, ilteh — AAN. Ob kemüth@ —= entgegen aus einer Form
2Namu2.8 erwachsen ist?
Bemerkenswerth ist der Übergang der dentalen Media in die Tenuis
vor Kaph: thir@ der Erwähnte — 23093, thith@ vein (Fem. zu dihja 233).
Einen ähnlichen Übergang der Media in die Tenuis auf gutturalem
Gebiet stellt die Form Ah@k@ lachen DENN dar.
In Betreff der Liquida und Nasale ist zu bemerken, dafs r stark guttural
gesprochen wird, dafs vor doppeltem r zwar ein kurzes ö{ noch gesprochen
werden kann, aber in der gewöhnlichen Rede meist zu ? verwandelt wird:
mir-rt ich habe gesagt — „I 30802 neben mer,
mbiukirre er fragte neben mbukere.
! Dagegen habe ich das Fem. von klw@ rein nicht khrta, sondern Alüwt@ geschrieben.
62 E. Sıcnav:
In den meisten Fällen habe ich nur die letztere Aussprache notirt:
zmert ich habe gesungen, AEr& er schaute.
Das Schwinden von r, n, m und / liegt vor in folgenden Fällen:
käs@ Bauch = Woda, amrt paltı u. s.w. = „am, sh, idj
heute, kudju täglich, kt erheb dich; in @zin, @zuh ich gehe, wir gehen
von AYyA
Über die Assimilation des / der Suffixe mit vorhergehendem ft, n, r
Ss. oben? Seo, SN2R.
Fälle einer unorganischen Verdoppelung sind folgende:
lappis — la pis, z. B. lappis zöninnuh ich kaufe dich nicht mehr, wieder,
lappis le ban wir können nieht mehr; lakkin neben lakin aber, ümma@
hundert = 219; Sinne Jahre = Lux, hammis — 2m, i$$it sechs
—Ax, isser zehn = AOL, tre'esser zwölf = ARSBN u. S. w.
Aufgegeben ist die ältere Verdoppelung in Awar@ weils = Bam, skına
Messer — ERW.N kom@ schwarz — 198 02.
In der Behandlung von Rukkakh und Kussai zeigt sich, dafs die dos
ihre spirirende Kraft in vielen Fällen verloren haben. Man sagt btirwai
gibane auf beiden Seiten, nicht bthirwai, und die Aussprache des Wortes
380 glaube ich stets als wkadh, nie als ukhadh gehört zu haben. Übrigens
scheint die mehr volksthümliche Form kudh 3a» zu sein.
Für die Aussprache des Verbums scheint mir diejenige des Infinitivs
mafsgebend, wie z. B. die Aussprache von rkaw@ 12385, denn nach den
Gesetzen der älteren Sprache mufste es lauten rahbi sie reiten = wA3,
rahbat (Fem.) du reitet — “As2 2355, während die Formen thatsächlich
lauten rakwi, rakwat. Wenn in einer Wurzel sich eine bestimmte Aus-
sprache der Ads als festgesetzt hat, verbreitet sie sich über alle Ver-
zweigungen derselben. So wird z.B. in der Wurzel as überall das 3
als w, das 3 als d gesprochen.
Der aus einem Diphthong erwachsene lange Vocal ? hat die spirirte
Aussprache zur Folge: betha 243, nicht bait@, ew@ die Wolke 2@&, nicht
aibz, leth AS, nieht lait.
Das 8 ist überall p, auch da, wo es aus dem Arabischen > entlehnt
ist, z. B. tpyk-Iö er ist mir begegnet aus le und klingt mir wie ein empha-
tischer Consonant. Man hört aber auch tfykli, kefuh = SS.
Eine Metathese liegt vor in liljap@ zu lernen — Jılapa. S. S. 54.
Skizze des Kellichi- Dialekts von Mosul. 6;
2. Vocalisches.
Herrschend ist das Gesetz, dafs lange Vocale in geschlossener Silbe
verkürzt werden:
raba@ grols rabtha@, ram@ hoch ramta,
kniz@ dünn knizta, mil@ grün milta@, ksıta fett ksitta,
z0r@ klein zurt@, smök@ voth smukta,
Jakür@ faul Jakurta, rahüuk@ tern rahukta,
—v
reS@ das Haupt, aber riS g@r@ auf der Spitze des Hauses.
Im Munde des gemeinen Mannes, der nicht von der Schulsprache be-
einflufst ist, dürfte dies Gesetz kaum eine Ausnahme erleiden.
Als Ausnahmen sind etwa folgende Formen anzusehen: ahtun ihr (da-
neben ahtu), leküun oder lokün vielleicht, @ du, zh in der Aussprache der
Schulgebildeten.
Diesem Gesetz steht gegenüber, dafs durch eine Doppelconsonanz
geschlossene, mit kurzem Vocal gesprochene Silben der alten Sprache zu
offenen Silben mit langem Vocal werden, dafs aber daneben auch noch die
ältere Aussprache fortbesteht:
mäaj@ Wasser 140, hasa Rücken — Lan, basım@ angenehm — Pe WCH Ich
habe aber neben märir@ bitter 23.39, Sapir@ schön 25.dx, karıwa nahe
12439, kabıra grols, sehr 23.8 auch marrira, Sappıra, karrıwa und kabbir@
gehört. Das erstere scheint mir das volksthümlichere zu sein.
Über ein solches Schwanken vor r in Formen wie mirre, mere s. oben
1. Consonantisches. S.61.
Eigenthümliche Wandlungen in der Behandlung älterer Silben der ge-
nannten Art treten auf in den Wortformen $?et@ das Jahr — Satt@ 2N3x, ferner
in -seb@ — sabb@ in den Namen der Wochentage tröseb@ Montag, Hoseb@
Dienstag.
Den Vocal ü habe ich notirt in ümm@ 100, tümmal neben timmal gestern
und in hümma (kbir@ hümmä es ist sehr heifs).
Ein kurzes wird vor folgendem Labial zu u: supth@ Lippe 2NA®, harupta
scharf (Fem. zu häripä), supj@ rein wu (wie ripj@ schwach), Hubt@ Braut (neben
thb@ Bräutigam).
64 E. Sacnav:
Zwischen © und % scheint vielfaches Schwanken zu bestehen. So habe
ich Jomäth@ neben jumatha, slemon neben slemüne, Odıso neben Odısz ge-
hört, halte aber die letztere für die mehr volksthümliche.
Wenn der Accent, der stets auf der Penultima liegt, durch eine Ver-
gröfserung am Ende seine Stelle wechselt, sind lange Vocale und Silben
vor dem Accent Verkürzungen und sonstigen Wandlungen unterworfen. Man
spricht keden ich weils, aber kidin-w@ ich wulste, kude-ıw@ er wulste.
Eine Vocaldehnung in Folge des Accents liegt vor in mbeddali anstatt
meiner von embeddal: au mbeddali bid-jJawillohun ZU2® an meiner Stelle wird er
euch das Geld geben.
3. Samdhi-artiges.
Man kann, wenn man emphatisch reden will, jedes Wort in seiner
selbständigen Form ohne irgend welche Verbindung mit dem folgenden
sprechen, z. B. raba@ le grofs ist er, elgebe dbeth@ bei (neben) dem Hause. Aber
im gewöhnlichen Flufs der Rede gehen die einzelnen Wörter vielfach Ver-
bindungen mit einander ein, wodurch Auslaut und Anlaut alterirt und der
Vergleich mit den Samdhi-Gesetzen des Sanskrit nahe gelegt wird. Man
sagt demnach rabele, elgebid betha@. So bildet das Verbum sein regelmäfsig
mit vorhergehendem Nomen, Pronomen und Partikel eine Zusammensetzung,
eine Aceenteinheit. Man spricht:
lewin, wo man getrennt /@ twin sprechen könnte
aikele, » » » aka tle » »
. —Z1— ’ — LI
aimela, » » » aima Ua » »
hümmele es ist heils, » » » hümma le » »
9 4 a . . c . De tar, .
syhjewin ich bin durstig, » » » syhja Twin » »
biplätaiwin ich gehe fort, » » » biplata twin » »
ahntwuh wir sind, » » » ahnt Twuh » »
adıle dieser ist es, » » » ädı de » »
Während diese Combination auf das Verbum sein beschränkt ist,
haben folgende zwei Erscheinungen einen mehr allgemeinen, gesetzmäfsigen
Charakter, die bei zusammenhängendem Sprechen in der Aufeinanderfolge
der Wörter (y &) überall eintreten müssen:
a) Ein langer Vocal im Auslaut bildet mit folgendem vocallosen Con-
sonanten (oder ursprünglich einem Consonanten mit dem Schwa-Vocal) eine
geschlossene Silbe, in der dann nach dem oben angegebenen Gesetze der
Vocal verkürzt werden muls.
Skizze des Felhichi- Dialekts von Mosul. 65
h@ hmär& ein Esel
la khawe nicht wird er
la ktawe er ist nicht werth
aiga khikl@ da lachte sie
h@ kmä@ einige
ta d bis dafs
Beispiele:
wird hahmära,
kep@a npille der Stein ist gefallen »
hawa hrütela das Wetter ist schlecht »
nasa dthel&ö der Mensch, der kam »
ahnı bganan wir selbst
immit bnäth@ mit mir zum Dorfe »
idyu miele heute früh
kepanpille,
hawahrutela,
lakhäwe,
laktawe,
aigakhikla,
hakma,
tad,
nasadthele, dann nasidthele,
ahnibgänan,
immilnätha,
idjumlele.
Langes 2 wird in diesen Verbindungen zu 7, was besonders für die
Praepositionen und Partikel zu beachten ist:
imme d’ahont mit meinem Bruder wird im-mid-@-hö-nt,
thöothe dgäre unter dem Dach
elgebe dbeth@ bei dem Hause
» thölhidgare,
Für das Sprachgefühl der Massen haben daher die Praepositionen und
Partikel folgende Formen:
immid wit (wörtlich 3 as mit ihm, der, das —)
thöthid unter
elgebid bei
mgebid anstatt
kamid vor
lid zu, für, über (—
hillid_ seit
gdegid als ob
makkid solange als (=
merid = wu> in
kwäthid —= wie
S und Ss)
P) “18 120?)
Diese Formen unterliegen dann noch insofern weiteren Samdhi-Ge-
setzen, als Schlufs-Consonant vor einer Tenuis zur Tenuis
der wird
(önmit) und vor emphatischem Dental und Zischlaut zu einem emphatischen
Laut (immit).
Philos. - histor. Abh. 1895. I. 9
66 E. SacnHauv:
b) Ein 3, das im Auslaut in der Pausalaussprache _.!!% verschwindet,
mu[s im Zusammenhang der Rede BE! vor einem Vocal wieder hervor-
treten, was namentlich die Ableitungen von den Wurzeln tertiae 3 betrifft.
Beispiele:
kr% nähere dich (= älterem so3d), aber krmoill@ nähere dich ihr;
ktht schreib, aber kthwmwalle@ schreib darauf.
$ 25. Sprachproben.
Elf Erzählungen.
Suamd od Kixandi iu .1
aa dans a do.
ha alkosnaja zille bmosyl lizwana
sole ta bahte-zille elgebe dimzabnand
dsole hwille züze uskille sole ukadh zille
a.uxo iyos aıyar Döup ssätien
DH ie in od ao Dör
ia ano Dorn 2% Ay
„also Nö, gakız „a5 dad
h@ kyssa@ krele le mära dsole umere
suraya kapor@ daht Skilluh sole uzilluh
dlä hwäala dzuze — 0 alkösnaja mere
hnwilli wo mösylInaja mere la hwilhıh
möosyInaja müsilmana bis hurt hwele
Wisand2 ol_iyoya Na 5
ai Alan Hilo „Ascı aräs
walran Alan _ Hals 8
Do. Aa odocı Adas xs
.W5aD 19
Ein Mann aus Alkos ging nach Mosul, um Schuhe zu kaufen für seine
Sktlile sole min süraja.
Frau. Er ging zu einem Schuh-Verkäufer, bezahlte das Geld und ging mit
den Schuhen fort. Er war kaum eine Weile fort, da rief ihn der Schuh-
Verkäufer an und sprach: Du ungläubiger Syrer, wie konntest du mit
den Schuhen fortgehen ohne zu zahlen? — Der Mann aus Alkos sprach:
Ich habe gezahlt. Der Mann aus Mosul sprach: Du hast nicht gezahlt.
Der Mann aus Mosul, ein Muhammedaner, war stärker und nahm dem
Syrer die Schuhe wieder ab.
ed de m a 2
ms Ans N6,s 216 loc ano
ol imo ini das i8
sah de’agam zille Isaida ukadh
we wa bizala tpykle bha nasa bdarga@
dimdita üuhere gawe üuzille © jJoma la
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 67
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wer
Isaida mithelun wipkydle sah Igallad
dmahe pakkarte © nasa mnunele bsah
Der Schah von Persien ging auf die Jagd. Indem er fortging, traf
er im Stadtthor einen Menschen, sah ihn an und ging weiter. An dem-
selben Tage erbeutete er nichts. Nachdem er zu seinem Palaste zurück-
gekehrt, befahl er seinem Vezier jenen Menschen, dem er in der Früh
bei dem Aufbruch zur Jagd begegnet war, herbeizuschaffen. Er wurde
herbeigeschafft, und nun befahl der Schah dem Henker ihn zu köpfen.
Da tlehte jener Mensch den Schah an sprechend, warum er ihn köpfen
lassen wolle. Der Schah sprach: »Weil Du ein Unglücksmensch bist.
Ich bin Dir heute begegnet und habe den ganzen Tag nichts erbeutet«.
Da rief jener Mensch und sprach: »Du bist mir begegnet und hast keine
Jagdbeute gemacht. Ich bin Dir begegnet und verliere mein süfses Leben.
Wer von uns beiden ist der gröfsere Unglücksmensch?« Da beschenkte
ihn der Schah, und der Mann ging seines Weges.
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So „al
Der König Salomo bestieg eines T
Da traf er ein sehr schönes Mädchen sitzend an der Wegseite,
»Mädchen,
Jenes Mädchen sprach:
sich in sie und sprach zu ihr:
Hause kommen ?«
mit dir komme?«
SACHAU:
Ibethr ai brata mer@- mä bjawitli in
athjan aiga slemon leth wa imme gair
Jizikthe thrwäle tala umurkwala bathre
ukadh bathar kyss@ de’ ere here bibrata
la hizjale Sappirt@ ah kameth@ wimbar
ha kyssa hinna@ hizjale la randt bal
krähat mere la lagbinnah kwus min
bathri use kadh kwisla tyble jizikthe
minna ai psytla idh@ Igeba mpülytla
h@ ktira jızikjath@ kullai ha tarz 1a
Itzikthe tale ana
dunyewan © kadra@ slemune thelai gawt
ueillai.
sdele slemon merä
ages sein Pferd und ritt spazieren.
verliebte
willst du mit mir nach meinem
»Was giebst du mir, wenn ich
Da hatte nun Salomo nichts bei sich als seinen Ring,
er gab ihr seinen Ring und liefs sie hinter sich auf seinem Pferde reiten.
Als er sich nach einer Weile umdrehte und das Mädchen ansah, erschien
ihm
sie nicht mehr so schön wie zuerst. Nach einer zweiten Weile er-
schien sie ihm nicht mehr schön, sondern garstig. Da sprach er zu ihr:
steig ab von hinter mir und pack dich«. Nachdem
sie abgestiegen war, forderte er seinen Ring von ihr zurück. Da steckte
jene ihre Hand in ihre Tasche und zog eine Handvoll von Ringen heraus,
die alle gleich waren. Salomo wufste nun nicht, was sein Ring war. Da
»Ich bin die Welt. So viele Salomos (wie du Ringe
da siehst) sind schon in mir gekommen und gegangen«.
zus äjar Lou 1mil „1
Taxe in odano An 11 Nawa dlele wihzele ha kurdaja bigrasa
»Ich mag dich nicht,
sprach sie zu ihm:
gennawa djomäa msürikle am gen-
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 69
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hmäre zille Skille apsara dihmara widrele
diele
hmara uzile kadh d’ere kurdaja hzele
brese ühöore gennawä muntele
nasa bsopa dihmare me’ügible mbukere
min gennawa ät mänt-wit mere ana vth
wa li hdha jJimma sauta stheli arak
umihjali de ela illv pislv hmara winpills
biduh daha jimmi ndimla tybla min
alahä kimmud'ert nasa kurdaja tyble
minne Sukana sabbab ta’ drwatha di widle
ille wimpusytie zille.
mbar tre Jomatha
gennawe lubillai hmara © dignulai Isuka
lzäbone uham kurdaja hadah tpykle
siele Isuka lizwana ha hmara hinnäa kadh
wewa massöme bala lihmäre bmaidan
hzele hmäre tama benäthai krule elgebe
tale lokun zilluh sthehuh
wünheluh jimmuh ha gaha hitta upishuh
umere arak
hmarä balaha ana lappis zoninnmuh
zwinna ha hinna wzille.
Ein Tages-Dieb machte ein Compagnie-Geschäft mit einem Nacht-Dieb.
Er sah einen Kurden seinen Esel treiben (Lücke:
eine Weile).
ihn sich selbst an,
Da ging der Dieb hin,
trieb und verschwand.
er einen Menschen an Stelle seines Esels,
»Ich hatte eine alte Mutter.
Darauf verfluchte sie mich,
ihn: »Wer bist Du?«
ich Schnaps und prügelte sie.
Er erwiderte:
einem Esel und bin in
während sein Kamerad,
Als der Kurde nach einer Weile zurückkam,
deine Hand gefallen.
und der Kurde verschwand
nahm dem Esel den Zügel ab und legte
der Nacht-Dieb, den Esel fort-
fand
wunderte sich sehr und fragte
Da trank
ich wurde zu
Leid
Nun aber hat es ihr
70 E. Sacnat:
gethan, sie hat Gott gebeten,
Menschen verwandelt«.
handlungen, die er ihm angethan,
Nach zwei Tagen führten die Diebe den Esel,
und jetzt hat er mich wieder in einen
Der Kurde bat ihn um Vergebung für die Mifs-
liefs ihn los und ging fort.
den sie gestohlen hatten,
auf den Markt zum Verkauf. Und da traf es sich zufällig, dafs auch der
Kurde zum Markt hinabging sich einen neuen Esel zu kaufen.
Esel auf dem Platze musterte,
Als er die
erblickte er dort seinen Esel unter ihnen.
£r trat an ihn heran und sprach zu ihm: »Du bist wohl wieder hingegangen,
hast Schnaps getrunken,
wieder in einen Esel verwandelt.
wieder«. Und ging fort.
on 15054) Idaxl 2näx ara
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PER) ra
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Be) oi N: FEIN S „addax 1X
Ex “uns ind usär «a si
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aue a ns om „an
‚od ia
zum zweiten Mal deine Mutter geprügelt und bist
Zum zweiten Male kaufe ich Dieh nicht
malla nasrdın hdha gaha Inbille
Sarha lSuka lzabone hadma nase asnafe
merun ta uhdade hajjau d’oduh mashara
binalla bid amruh adı susele wi widhm
hadah drelun sarga lSarha umurkalın
alle Imalla
ılıpa rkawa mumpille Imalla want nase
msabbab dsarha la wewäa
surehın likhaka ille © mere ana kjad’in
sarht chda bbethr lakin ahtun merohun
susele ham ana mert jimme bbethela
wilgeban tlidele.
Molla Nasreddin brachte einmal einen jungen Stier ( s>) auf den Markt
zum Verkauf.
Molla einen Streich spielen.
Pferd ist«.
den Molla aufsitzen.
Also thaten sie,
warf er den Molla ab,
sprach er: »Ich weils doch,
ist, ihr aber habt gesagt,
Seine Mutter
Einige Handwerker sprachen zu einander:
Wir wollen ihm sagen,
und die Leute fingen an über ihn zu lachen.
dafs mein Stier
dafs es ein Pferd ist.
steht in meinem Hause,
»Lalst uns dem
dafs sein Stier ein
legten dem Stier einen Zügel an und liefsen
Da nun der Stier auf das Reiten nicht dressirt war,
Da
in meinem Hause geboren
Ich
und bei uns ist er geboren«.
aber habe gesagt:
B
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 71
LAFN-L anılx AS .6 malk@ slemon pkydle hdha gaha
FINEN BEPTTGEGR Kasd PR ER 1'095 dimtase brata dmalka digne joma
EEIRT 285 N A.» ERNER % gawirra bronä dmalka dizrak jJomä
wi widle hädah lublale lihdha gzerta
oadaaso la .uög> Ian lioäs a ge EN
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EN ı0\5\o ix3 5 ade INS Du Jomäa zille Isaida dnüme Isuptha djama
"8593 FERNTTN Ra a 22 ‚SÄ, alaha msüudere ha poha zarbana mun-
NEN isäsn 22.8 9 sa. frle kaige le geirta dwawa brata
is5äg ar an 2öpaxıo zo; PIE mtehın luhdade wigwirrun wog la
krdewa gawai mbar ha zona slemon
200; Auen: „a san nn mere or melhr brata dnalka dhazinnä
„ohnlo lHänord ONCE, INAS
im aan „ax 161.2 S Jaso brona meagible '0g bgau tadbiır dalahäa
“dus Xası rise „asa..x 4339 wimhiiminne bkadra sabbab dkamethä
ENT) ee Es FEST) 1833 /a mhainin wa.
PET.) Nocramo PETER alle,
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AI 252.85 3000,00 20823
„2607 ago I inua.dp
kadh muthjale hizjahın gwirta umuhwela
König Salomo befahl einmal dem Og, die Tochter des Königs des
Westens zu verbergen, damit der Sohn des Königs des Ostens sie nicht
heirathe. Er that also, führte sie nach einer unbekannten, unbewohnten
Insel und brachte ihr Nahrung. Eines Tages ging der Sohn des Königs
des Ostens aus zu fischen am Meeresstrande. Da schickte Gott einen
starken Wind, der sein Boot nach jener Insel brachte, wo das Mädchen
war. Sie kamen zusammen und heiratheten sich, ohne dafs O& von ihnen
wulste. Nach einiger Zeit sprach Salomo zu Og: »Bringe die Königstochter
her, damit ich sie sehe«. Nachdem er sie herbeigebracht, sah man, dafs
sie verheirathet war. Und sie gebar einen Sohn. Da wunderte sich Og
über die Führung Gottes und glaubte an das Schicksal, während er vorher
nicht daran geglaubt hatte.
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SACHAU:
wä hal dibnele sarai min karkumjatha
karrvtwa le "aksahür
dıla mdita dnasrdım malla nase dmdıta
dnase man dzille
jeme un umerun ta malla nasrdın jan
ku wud lan ha tadbur mhälislan min ıda
d’adı kapora tamirlang jan @ajit unasuh
ubethuh bmakduhlıh © mere hu lawin
alaha dimhalsinnohun min langtamir ma
Odin. mbar dega tIyble kurk hwisle wisere
brese hdha se "esta rabtha wiplytle elke-
mütha detamirlang kadh askar kametha
thelä hzelun ha nasa rese raba kaljune
‚Jarriha hmarte kame tnva lhakepalsuptha
durha bide ramiz wa le 'askar dedarı wä
hal dimtele lang tamir mbükere tama
askar klelun amri tale ıth ha nasa lele
biswaka de’askar peta tamir lang thele
hzele Imalla trwa mere at mani-wit malla
mere ana alahewin tamir mere ta hä
hulame dwawa hdha aine köre hayju el-
gebid äadı in mbassimle ainuh bkabluh
dalahele win la duglele ega malla khikle
umere ahnt tre ahhinwäatha vwah ahont
göra bismajjele u ana ahona zora bar’a
nukbabe dmin surtha we’illil sule le umin
Surtha @ itih sul khikle tamir lang wi-
dele dmalla nasrdin ve swykle uzille.
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. 13
Asa ardana „Sax „ASLo iNdax
a wpägs Dop oan,o Lad
BAT AUT
Timurleng war sehr böse und grausam. Wenn er zu einer Ortschaft
kam, tödtete er die Bewohner und zerstörte sie, so dafs er sich einen
Palast aus Menschenschädeln baute. Als er in die Nähe von Aksehir,
der Stadt des Molla Nasreddin kam, da versammelten sich die Bewohner
der Stadt und sprachen zu Molla Nasreddin: » Entweder erheb Dich, schaffe
uns ein Mittel, das uns rettet von der Hand dieses ungläubigen 'Timurleng,
oder wir verbrennen Dich, Deine Leute und Dein Haus«. Da sprach er:
»Ich bin doch nicht der Herrgott, dafs ich euch erretten könnte vor
Timurleng. Was soll ich machen?« — Darauf liefs er sich einen Pelz
geben, zog ihn sich an, band um seinen Kopf einen grofsen Turban und
ging fort, dem Timurleng entgegen. Als der Vortrab ankam, sahen sie
einen Mann mit grofsem Kopf, mit langer Pfeife, seine Eselin vor ihm
stehend, indem er auf einem Stein an der Wegseite sals. Er winkte dem
Heer, dafs sie zurückkehren sollten, bis Timurleng kam. Er fragte,
warum das Heer Halt machte. Sie erwiderten ihm: »Da ist ein Mann,
der das Heer nicht passiren läflst«. Timurleng kam nun heran und sah
den Molla sitzen. Da sprach er: »Wer bist Du?« Der Molla sprach:
»Ich bin der Herrgott«. Da sprach Timurleng zu einem seiner Diener,
der auf dem einen Auge blind war: »Geh hin zu ihm. Macht er Dein
Auge wieder gesund, so wollen wir glauben, dafs er der Herrgott ist;
sonst ist es eine Lüge«. Da lachte der Molla und sprach: »Wir sind
zwei Brüder, mein älterer Bruder im Himmel und ich, der jüngere Bruder,
auf der Erde. Die Löcher oberhalb des Nabels sind sein Geschäft, die
unterhalb des Nabels mein Geschäft«. Da lachte Timurleng und merkte,
dafs es Molla Nasreddin sei, liefs ihn gehen und zog weiter.
2A 007 ya... FERN Iox .8 sultana mahmüd hwille tre bah-
Ama 1N, ER 28 N EN 1AAa5 tatha gurgejathäa dan ta hisro pasa kadh
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„ix usur omas ioom aa 1 ee
wu RD im An a doc buthe usinthe pridla ukadh wewa dmihe
arNszo raum Kaas AS dak> Zuntatha here byawai hisro pasa ula
Philos.- histor. Abh. 1895. 1. 104. "
rible pasa thira ula wele be de awid
ha mindr ja nt dgawir allai msabbab sai-
74 E. Sacnav:
1NASS 18405 l6o ano ü;äs
adooı No 1x3 säma wals aän
Iso SL oa uns asp 13
Ag, und 2805 wi imo „suax
Sultan Mahmüd gab zwei Iberische Weiber
Geschenk, als dieser bereits 70 Jahre alt war.
neque quidquam facere posset i. e.
seneetutem, somnus eum fugit.
eas contemplatus est,
leectum dieens:
super earum,
post septuaginta annos, mingo.
15080 iu zal als: .9
u aan A Nam an 2600
Pu BE) amd Jam 1200.
Ned zul los zo alkız
aa, As oh ts! ass 150 5%
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ige Aa 1A lan a
atque cum nihil facere posset,
Super
wele be de awid mindi tinne allai w al
swithai umere e dawilta d’athya talı
mbar sau T Sinne tenin alla.
dem Khusrö Pascha zum
Cum tentaret Pascha dietus
iis concumbere non posset propter
Et eum feminae dormirent, Chusrö Pascha
minxit super eas et
bonam fortunam quae ad me venit
ingelu gawis ha masherana wewäa
elgebid sultan ahmed ha Joma sultan
ahmed mere ta ingela gawis Sultanıtha
lakhawela jale ma Odin ingelu mere tale
kruwillä min geba hinna ukadh widle
hadah Sultana gegirra Sultanıtha umere
ta sultan mänt kmallipluh hadah mere
ingelu. be iddana südera miüthela in-
geln d’oda le surgun ukadh müthehm
ingelu kam seraya müthelun bargıl dra-
ku alle wö drewale kul mindgje bha aina '
dhagba ukadh drewala Isuse naplawa Sa-
kilwäa kul mindt min ha aina dhagba msa-
newale be’aina hitta la kalewa Ihasa
dbargıl. sultanitha min kawe mparroge
wawa sryhla ille umera dri btirwai gt-
bane dhagba dkalja al hasa dsuse ©
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Skizze des Felhchi- Dialekts von
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Ingelu Gäwi$ war ein Hofnarr
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Was soll ich machen ?«
Ahmed zu Ingelu Gawis:
Nachdem der
» Wer lehrt
Da liefs nun die Sultanin sich
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dich
sprach zu ihm:
Nachdem man ihn vor ihren Palast
dem er reiten sollte.
Satteltasche,
Darauf nahm er sein
der
herunter.
hei Sultan Ahmed.
» Die
Ingelu sprach zu ihm:
Sultan dies gethan,
so etwas?« Er
den Ingelu holen,
gebracht,
und nachdem er sie dann auf das Pferd gelegt,
Mosul. 75
Kines Tags sprach
Sultanin bekommt keine Kinder.
Appropinqua ei ab altera
wurde die Sultanin zornig und
erwiderte: »Ingelu«.
verbannen.
Pferd,
um ihn zu
holte man ein auf
Da legte er sein ganzes Gepäck in die eine Seite
fiel sie
ganzes Gepäck aus der einen Seite der
Satteltasche heraus und packte es um in die andere Seite der Satteltasche.
Da blieb es aber auch nicht auf dem Rücken des Pferdes liegen.
die vom Fenster aus zugesehen hatte, rief ihm zu und sprach:
in beide Seiten der Satteltasche,
bieibt«. Da sprach er zu ihr:
Die Sultanin,
»Leg es doch
damit es auf dem Rücken des Pferdes liegen
»Ich flehe dich an, sprich nicht also. Vielleicht
treibt dieh das auch in die Verbannung, da doch derselbe Grund mich in
die Verbannung treibt«.
seinem Hause gehen.
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Da lachte die Sultanin und liefs den Ingelu nach
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kala dnatore mgahode muhdade ha mere
mundi dile bis zarbana bdunje malkele
wo hinna mere hamra wo hinnäa bahta.
ukadh malka kymle min Sinthe krele
meglise wimbukere al ant tlatha minde-
Jane aima minmın bis zarbanele merun
malka khauja deda ir min sule uhamrä
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König
seinem Bette,
Der eine sprach: »Das mächtigste
andere sagte »der Wein«, der dritte
von seinem Schlafe aufgestanden ,
was von diesen drei Dingen das mächtigste sei.
Sabor hörte eines Nachts kurz vor
die Stimmen der Schildwachen,
in der
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tHathuntun lbahta muhltt.
Tagesanbruch, liegend auf
wie sie mit einander stritten.
Welt Der
»das Weib«. Nachdem der König
ist ein König«.
berief er seine Minister und fragte sie,
»Ein
Da sprachen sie:
König verliert zuweilen seine Stellung, die Herrschaft des Weines dauert
nur einige Stunden, aber das Weib!
standen gleich Salomo ,
David,
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kein Recke gleich Simson,
Ja, es ist noch kein Weiser er-
kein Gottesmann gleich
aber alle drei sind von dem Weibe zur Sünde verleitet worden«.
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rija üha hmäara msabbab dwewä zabbun
umin bathar hakma jJOmatha kSytlun wim-
batrinnun hmära mere ta gumla ahont
ana kibbin dzamrin gumla mere la lokun
samt nase kahıh wäathr lablilan umalt-
"intlan hmära mzurzere unase Smelhın
kale thelun mintelun gumla wihmara
umat intilun hmara ghele sabbab dham
rwa mbar ha kyssa klele drelun Ihasa
dgumläa kadh mtelun lihdha duktha kwasta
gumla mere ta hmara ahont kibbin drak-
din hmara mere hai bidnaplin gumla
mere kadh ana mert la zamrit la müsyth-
luh illv ham ana daha brakdin mumpille
lihmara.
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul. Tun
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Ein Kamel blieb in der Steppe von einer Karavane zurück und auch
ein Esel, weil er schwach war. Nach einigen Tagen wurden sie fett
und lustig. Da sprach der Esel zum Kamel: »Mein Bruder, ich möchte
singen«. Das Kamel sprach: »Nein, vielleicht hören die Menschen deine
Stimme, kommen herbei, führen uns fort und lassen uns wieder Lasten
tragen«. Indessen der Esel brähte. Da hörten die Menschen seine Stimme,
kamen herbei, führten Kamel und Esel fort und liefsen sie wieder Lasten
tragen. Der Esel wurde müde, weil er nicht an die Arbeit gewöhnt war.
Nach einer Weile blieb er stehen, da lud man ihn auf den Rücken des
Kamels. Als sie nun zu einer abschüssigen Stelle kamen, sprach das
Kamel zum Esel: »Mein Bruder, ich möchte tanzen«. Da sprach der
Esel: »Nicht doch, ich falle ja«. Da sprach das Kamel: »Als ich sagte:
Singe nicht, da hast du nicht auf mich gehört. Darum will ich jetzt
tanzen«. So tanzte denn das Kamel und warf den Esel ab.'
$ 26. Zur Fellihiı-Litteratur.
Während meines Aufenthaltes in Mosul und später habe ich mich be-
müht Männer, deren Muttersprache das Fellıhı ist, zur Sammlung, Nieder-
schrift oder Abfassung von Texten in derselben zu bewegen, um für die
Europäische Heimath weitere Materialien zur Vertiefung des Studiums dieser
Sprache zu gewinnen. Das Ergebnifs dieser Bemühungen ist eine in ihrer
Art einzige Sammlung von 18 Handschriften, die gegenwärtig in der König-
liehen Bibliothek zu Berlin aufbewahrt werden.
Diese Denkmäler des Fellıhı sondern sich in drei Gruppen. Erstens
biblische Texte, die ad hoc für mich übersetzt worden sind, da meines
Wissens eine Bibel-Übersetzung in Fellihi aus älterer Zeit nieht vorhanden
ist.” Handschriften der Königlichen Bibliothek Sachau 133, 142, 143, 144.
! Andere in loco für mich niedergeschriebene Texte über die Verhältnisse der Nestoriani-
schen Christen unter Türkischem Regiment kann ich zur Zeit nicht veröffentlichen , weil selbst
bei Ausmerzung sämmtlicher Eigennamen das Incognito der Schreiber nicht genügend gewahrt
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wäre und eine Publication ihnen Verfolgungen zuziehen könnte, denn uw 3, As le
2 Die vier Evangelien, gedruckt 1873 von der Amerikanischen Mission in Urmia, sind
im Dialekt von AlkoS geschrieben.
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Die zweite Gruppe repraesentirt Sammlungen von kurzen und längeren
rein volksthümliehen Erzählungen, von denen ich ebenfalls den Eindruck
habe, dafs sie für mich zum ersten Mal niedergeschrieben worden und
nicht etwa schon seit Längerem als schriftlich fixirter Besitz unter den
Nestorianern vorhanden gewesen sind. Handschriften der Königlichen
Bibliothek 136, 145, 146, 147, 148, 164, 230, 231, 336 und 337.
Die dritte Gruppe ist die einzige, welche wirkliche Fellihı-Litteratur
in unserem Sinne des Wortes repraesentirt. Ich meine damit nicht die zuerst
von Soein' veröffentlichten, an die Bayerischen Schnadahüpfl erinnernden
kurzen Gedichtehen, die bei Hochzeiten und sonstigen Gelagen von den
tanzenden Bauernburschen gesungen werden, sondern die grolsen geistlichen
Diehtungen (dürikjatha), die den 121x338 und 230180 der älteren Dichter,
des Narses, des Khamis, des Giwargis Wardä geistesverwandt sind. Als
Dichter derselben sind überliefert:
1. Priester Damianus Bar Johannan Gundira aus Alkos, der um
1855/1856 dichtete.
2. Thomas Singarı aus Telkef.
3. Priester Jausip Bar Gemäldin aus Telkef, genannt Jausip Gemdäni,
der zwischen 1590 und 1666 lebte.
Priester Israel aus Alkös um 1611-1632.
Mär Hnanısö von Rustaka.
I
Mär Johannan Bischof von Mawana um 1662.
7. David Nuhadraja der Blinde.
Nach diesen den Handschriften entnommenen Angaben ist die dichte-
rische Litteratur, deren einzelne Werke nicht blofs auf ihre sprachliche Form,
sondern auch auf ihre etwaige Abhängigkeit von der klassischen Litteratur
der Nestorianer hin zu untersuchen sein werden, in Fellıhı bereits mehr
als 300 Jahre alt. S.die Handschriften der Königlichen Bibliothek Sachau
232, 233, 223, 224. Beachtenswerth sind aufserdem die Wechsellieder
(Streit der einzelnen Monate, Streit zwischen dem Weizen und dem Golde,
Festschmaus und Hochzeit, Der Teufel und die Sünderin, Der Räuber und
Cherub) in Sachau 336, 343, die an die FAN Y.) des Narses erinnern. An-
dere Gedichte mögen aus dem Kurdischen übersetzt sein.
Zum Schlufs sei noch der Handschriften Sachau 200 und 250 gedacht,
welche Wörtersammlungen, Grammatisches und Gesprächartiges enthalten.
! Die Neu-Aramäischen Dialekte, Tübingen 1882 S. 127 ft.
Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosuul. 79
Als eine Probe der Felliehi-Litteratur, zugleich als eine Probe der
einheimischen Orthographie geben wir den Text einer Duriktha aus Ms.
Sachau 232 Bl.45°-54°, derjenigen von Thomas Singarı, welche Soecin,
a.a. O. S.144ff. und S.214ff. in Translitteration und Übersetzung ver-
öffentlicht hat. Die Lectüre dieser Dichtung in Nestorianischer Schrift und
in Translitteration wird dem Semitisten eine bequeme Einführung in das
Studium der Fellichi-Litteratur bieten. Die aufserordentlich reichliche
Punctation der Handschrift ist hier in einigen Stücken etwas redueirt worden.
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E. Saıcuau: Skizze des Fellichi- Dialekts von Mosul.
Inhaltsverzeichniss. ;
Einleitung. >
$ ı-6. Pronomen.
$7-ı1. Nomen
$ ı2. Zahlwort.
$ 13. Praeposition
$ ı4. Adverbium . .
$ 15. Conjunetion. .
$ 16. Interjeetion.. .
$ 17-23. Verbum
$ 24. Bemerkungen zur Tnlirlöhre 0
$ 25. Sprachproben .
$ 26. Zur Fellichi- Tätteratiin
=
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ANHANG ZU DEN
ABHANDLUNGEN
KÖNIGLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
ABHANDLUNGEN NICHT ZUR AKADEMIE GEHÖRIGER GELEHRTER.
AUS DEM JAHRE
1595.
MIT 3 TAFELN.
BERLIN.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
1895.
GEDRUCKT IN DER REICHSDRUCKEREI.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
Inhalt
Physikalische Abhandlungen.
Heymons: Die Segmentirung des Insectenkörpers. (Mit 1 Tafel.) . Abh. I. S.1—39,
Philosophisch-historische Abhandlungen.
KarsrteıscH: Die neuplatonische, fälschlich dem Galen zugeschrie-
bene Schrift /pös Tavpov mepi rov mas &uyrvxovra ra Eußpva. Aus
der Pariser Handschrift zum ersten Male herausgegeben. (Mit
ZEN arten) ee ee ee fc AbhaSal— 80)
Sıess: Westfriesische Studien. . Se ES ol:
we Sr BrrT: !
url Derdae sau Le
A ee
(aa Y? Ga
niet VERS
_ PHYSIKALISCHE ABHANDLUNGEN.
.
Dr. RICHARD HEYMONS,
Privatdocent und Assistent am Zoologischen Institut in Berlin.
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Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1895.
“
Vorgelegt in der Sitzung der phys.-math. Classe am 4. April 1895
[Sitzungsberichte St. XVII. S. 323].
Zum Druck eingereicht am gleichen Tage, ausgegeben am 20. Mai 1895.
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D: Anzahl der Segmente des Inseetenkörpers und sein morphologischer
Aufbau überhaupt haben von jeher die Zoologen viel beschäftigt.
Es ist dies ein Problem, das auch jetzt als vollständig gelöst noch
nicht betrachtet werden darf
Blick auch erscheinen mag, die Zahl der Körperringe eines Insects fest-
. Denn so einfach es vielleicht auf den ersten
zustellen, so sehr häufen sich die Schwierigkeiten bei einer genaueren
Untersuchung.
Diese Schwierigkeiten beruhen hauptsächlich darin, dafs einzelne
Körpersegmente zumeist sehr klein und unansehnlich bleiben, oder in
manchen Fällen sogar gänzlich verschwinden. Ferner tritt regelmäfsig,
namentlich am Kopf und am Hinterende des Körpers, eine Verschmelzung
zwischen mehreren verschiedenartigen Segmenten ein. Damit pflegen dann
auch an diesen Stellen die früher dort vorhanden gewesenen Grenzfurchen
undeutlich zu werden oder fortzufallen, so dafs schliefslich niehts mehr auf die
ursprüngliche Segmentzahl bei jenen Körperabschnitten hindeutet.
Selbstverständlich müssen nun bei einer wissenschaftlichen Methode
der Zählung die zu Grunde gegangenen oder unterdrückten Segmente mit in
Betracht gezogen werden, denn nur auf diese Weise ist es möglich, wirklich
zutreffende Vergleiche zwischen verschiedenen Inseetenformen anzustellen,
oder mit Sicherheit einen bestimmten Körperanhang diesem oder jenem
Abschnitt zuzurechnen.
Von den Entomologen ist die Nothwendigkeit einer derartigen exacten
Zählungsweise auch wohl allseitig anerkannt worden. Man begnügt sich
nicht wie früher damit, die Zahl der Körperringe eines ausgebildeten
Inseets einfach abzuzählen, sondern man berücksichtigt mehr und mehr
1*
A R. Heymons:
auch die Jugendstadien, die Larven- und Puppenformen, bei denen die
Verhältnisse in der Regel noch deutlicher und besser erkennbar sind.
Aber selbst diese Jugendformen können nicht immer einen wirklich
einwandfreien Aufschlufs gewähren, denn der Körper entfernt sich in der-
artigen Stadien meist doch schon ziemlich weit von jenem ursprünglichen
Zustande, in welchem er anfänglich angelegt wurde.
Es sind also Untersuchungen am Embryo nöthig, um die wirkliche
Anzahl der Körpersegmente, ihr Verhältnifs zu einander und das ihrer
Anhänge klar zu stellen. Selbstverständlich soll hierbei der hohe Werth,
den nebenbei vergleichende Studien am ausgebildeten Inseetenkörper
besitzen, keineswegs verkannt werden.
Von Seiten der Embryologen liegen in der besprochenen Hinsicht
bisher verhältnifsmäfsig erst recht spärliche Angaben vor. Die Autoren
haben es meist vorgezogen, mit der Genese der Organe, der Bildung der
Keimblätter oder mit ähnlichen fundamentalen Dingen sich zu beschäftigen.
sie haben dagegen den morphologischen Fragen im ganzen nur wenig
Interesse zugewendet. Ist diefs geschehen, dann geschah es meist auch
nur nebenbei, und die nicht sehr zahlreichen Mittheilungen, welche einst-
weilen vorliegen, sind im übrigen von einer Übereinstimmung unter ein-
ander noch ziemlich weit entfernt.
Wenn unter diesen Umständen die Entomologie von der Embryologie
nur wenig Anregung entnehmen konnte, so glaubte ich jetzt nach Abschlufs
andersartiger Untersuchungen, die mir ein reiches Beobachtungsmaterial an
die Hand gaben, gerade auf die morphologische Betrachtungsweise etwas
mehr Gewicht legen zu sollen.
Die Untersuchung, auf welche sich die nachstehenden Mittheilungen
stützen, wurde an drei verschiedenen Insectenfamilien vorgenommen, als
deren Hauptvertreter ich hier Periplaneta orientalis L., Gryllotalpa vulgaris
Latr. und Forficula auricularia L. nenne. Die Resultate sind so überein-
stimmend, dafs ich auf eine gesonderte Besprechung der einzelnen von
mir studirten Inseeten verzichten kann.
Als erste Anlage des Körpers zeigt sich bei den Inseeten eine An-
häufung von Zellen an der Ventralseite des Eies. Die Verdickung, welche
hierdurch hervorgerufen wird, gewinnt der späteren Längsachse ent-
Die Segmentirung des Insectenkörpers. 5
sprechend eine langgestreckte Gestalt und läfst bald eine Gliederung in
eine Anzahl hinter einander liegender Abschnitte erkennen. Diese Abschnitte
sind die Körpersegmente, die in der Reihenfolge von vorn nach hinten
auftreten. ‘Im Gegensatz zu den Angaben einiger früherer Autoren will
ich ausdrücklich betonen, dafs die Segmentirung bei den von mir unter-
suchten Insecten sogleich die definitive ist.
Die einzelnen Körpersegmente stellen anfänglich nur dunklere Querbänder
dar, die durch hellere intersegmentale Zwischenstreifen getrennt sind!. Die
dunklere Färbung der Segmente wird durch die tiefer gelegene Mesoderm-
schicht bedingt, welche gleichfalls, den einzelnen Segmenten entsprechend,
in metamere Abtheilungen zerfallen ist.
In einem etwas weiter fortgeschrittenen Stadium läfst jedes Segment
eine Gliederung in drei neben einander liegende Partien erkennen. Man
kann einen mittleren und zwei seitliche Theile unterscheiden. Der erstere,
für den ich die Bezeichnung Medianfeld vorschlage, enthält in erster Linie
die Anlage des Nervensystems und stellt weiterhin auch noch die der
Bauchplatte oder des Sternits des entsprechenden Segments dar. Aus
den seitlichen Theilen, oder den Lateralfeldern, wie ich sie nennen will,
gehen die Extremitäten, zum Theil noch Stücke der Sternite, und ferner
hauptsächlich noch die Rückenschilder oder die Tergite hervor.
Die Anordnung der betreffenden Theile wird an dem in Fig. 6 ge-
gebenen Schema eines embryonalen Körpersegments ohne weiteres er-
sichtlich sein. Aufserdem gebe ich in Fig. 5 die Embryonalanlage eines
Insects wieder, an welcher die verschiedenen Abschnitte der einzelnen
Segmente in ihrem natürlichen Zusammenhang dargestellt sind.
An der letzteren Abbildung erkennt man, dafs die Gesammtzahl der
Körpersegmente 21 beträgt. 6 von ihnen entfallen auf den Kopf, 3 auf
den Thorax und ı2 auf das Abdomen.
Es mag gleich hervorgehoben werden, dafs diese Segmentzahl bisher
noch niemals, selbst nicht in embryologischen Abhandlungen richtig be-
stimmt worden ist. Man findet namentlich die Zahl der Abdominalsegmente
durchweg, selbst bei den Orthopteren, immer nur als ıı, bisweilen sogar
nur als IO angegeben. Nach Grassi (39) sind sogar nur 9 vorhanden. Die
! Diels gilt zunächst für das mikroskopische Bild bei durchfallendem Licht. Unter
auffallendem Licht erscheinen umgekehrt die etwas erhabenen Segmentzonen heller, wie
diels auch in den Abbildungen zum Ausdruck gebracht wurde.
ee 7
6 R. Hevmons:
hier niedergelegten Befunde stützen sich indessen auf ziemlich ausgedehnte
Untersuchungen an einer grölseren Anzahl verschiedener Inseetenformen,
an ihrer Correetheit kann ich persönlich einen Zweifel nicht obwalten lassen.
Es zeigt sich, dals die einzelnen Körpersegmente unter einander nicht
gleichwerthig sind. Namentlich das erste und letzte sind auf den ersten
Blick durch die Mund- bez. Afteröffnung in charakteristischer Weise ge-
kennzeichnet. Diese beiden Körperabschnitte möchte ich auch noch aus
anderen, sogleich zu erörternden, Gründen in einen bestimmten Gegensatz
zu allen übrigen Körpersegmenten stellen. Ich bezeichne das erste Segment
als primäres Kopfsegment oder Oralstück, das letzte als primäres End-
segment, Analstück oder Telson.
Entsprechende Abschnitte unterscheidet man auch bei Anneliden und
Crustaceen, und man hat dort bereits seit längerer Zeit ihre andersartige
Bedeutung im Vergleich zu den übrigen Körpersegmenten erkannt. Bei
den Inseeten sind solche differente Endstücke ebenfalls schon von einzelnen
Autoren nachgewiesen worden. Neben anderen gebührt hier besonders
dem leider zu früh verstorbenen Forscher E. Haase (Sg) das Verdienst,
die Aufmerksamkeit auf das Oral- (sein sogenanntes Frontal-) und Anal-
stück der Inseeten gelenkt zu haben.
Im allgemeinen mufs man jedoch sagen, dafs die morphologische
Rolle, welche diese Stücke weiterhin bei den Inseeten spielen, bisher noch
nicht genügend gewürdigt wurde. Hieran trägt wohl Schuld, dafs man
über die Bildung der Kopfkapsel bei den Inseeten so gut wie gar nicht
unterrichtet ist, und dafs auch die Gestaltungsverhältnisse des Hinterendes
nur sehr unzureichend aufgeklärt sind, indem gerade in dieser Hinsicht
zum Theil noch vollständig irrthümliche Anschauungen bestehen.
Wenn ich im Anschlufs an Haase Oralstück und Telson als anders-
artige Gebilde allen übrigen Körpersegmenten gegenüberstelle, so geschieht
die(s nicht allein deswegen, weil diese Abschnitte durch die Eingangs- bez.
Ausgangsöffnung des Darmtractus ausgezeichnet sind, sondern es ist für
eine solche Betrachtungsweise auch noch das Verhalten des Nervensystems
und die Configuration des Mesoderms von entscheidender und ausschlag-
gebender Wichtigkeit gewesen.
Bereits vorhin wurde erwähnt, dafs die erste Anlage des Nerven-
systems in der Medianlinie der Segmente hervortritt. Diefs ist vollkommen
eorrect, trifft indessen nur für die typischen oder eigentlichen Körper-
Die Segmentirung des Insectenkörpers. 7
segmente zu. Betrachtet man ein solches, so fallen sogleich unmittelbar
zu den Seiten der Medianlinie die beiden verdiekten Neuralwülste in’s
Auge, welche durch eine (in Fig. ı und 8) sichtbare Rinne, die soge-
nannte Neuralrinne, von einander getrennt sind. Aus den segmentalen
Abschnitten der Neuralwülste entstehen dann später, in einer hier nicht
näher zu erörternden Weise, die Ganglienknoten des Bauchmarks.
Ein ganz andersartiges Verhalten des Nervensystems ist nun im Oral-
und Analstück zu eonstatiren. Es bilden sich allerdings auch hier Neural-
wülste, diese liegen aber nicht in der Mittellinie, sondern weichen nach
rechts und links weit aus einander.
Die divergirenden Neuralwülste bilden in dem zunächst zu besprechenden
Oralstück zwei aufserordentlich grofse Anschwellungen, aus denen einer
der wichtigsten Abschnitte des Gehirns, das Protencephalum' oder das
Vorderhirn sich entwickelt. Die Anlagen desselben sind anfangs, wie
Fig. 5 zeigt, in der Medianlinie von einander getrennt.
Die Neuralwülste nehmen nicht, wie man etwa erwarten könnte, die
gesammte Breite des primären Kopfsegments ein, sondern man bemerkt
bei einer aufmerksamen Betrachtung, dafs sich lateral von ihnen noch
eine schmale Zone unveränderten Körpergewebes hinzieht. Immerhin
geben sie aber doch dem Oralstück sein charakteristisches Aussehen. Die
beiden durch sie bedingten lateralen Ausbreitungen des letzteren werden
als Scheitel- oder Kopflappen beschrieben.
Ein ähnliches Bild wie im Kopfsegmente bieten die Neuralwülste auch
im Analstück dar. Hier divergiren sie ebenfalls, sind aber dabei ganz
klein und unscheinbar, und es gehen aus ihnen später, wenn eine Ver-
kürzung der Bauchganglienkette eintritt, auch nur zwei Längsnerven
hervor. Die betreffenden Nervenstämme sind jedoch anscheinend von
einer gewissen Bedeutung. Selbst beim ausgebildeten Inseet kann man
sie wenigstens immer ohne Sehwierigkeit auffinden. Die beiden stärksten
und gröfsten Nerven, die vom letzten Ahdominalganglion nach hinten
ausgehen und welche speciell die Aufgabe haben, die am Körperende
gelegenen Organe zu versorgen, lassen sich nämlich auf die im Analstück
angelegten Endtheile der Neuralwülste zurückführen. Die geschilderte
! Die Bezeichnungen Protencephalum, Deuterencephalum, Tritencephalum dürften den
bisherigen, nicht sehr glücklich gebildeten Ausdrücken Protocerebrum, Deutocerebrum, Trito-
cerebrum wohl vorzuziehen sein.
8 R. Hryuons:
Bildung der beiden Nerven läfst sich am besten bei Gryllotalpa nach-
weisen. Bei Periplaneta und Forfieula ist diefs um deswillen schwierig,
weil hier das Analstück klein ist und nur aus der den After unmittelbar
umgebenden Körperpartie besteht.
Die Ähnlichkeit in der Anlage des Nervensystems im Oral- und
Analstück ist nicht zu verkennen. Sie documentirt sich vor allem dadurch,
dafs in den genannten Abschnitten in übereinstimmender Weise die Neural-
wülste nach rechts und links ausbiegen und dann lateral liegen, während
in den eigentlichen Körpersegmenten das Nervensystem stets in der Mittel-
linie, und zwar in dem oben als Medianfeld beschriebenen Theile sich befindet.
Das abweichende Verhalten des Mesoderms im Oral- und Analstück
beruht hauptsächlich in dem Umstand, dafs in diesen Theilen keine echten
Coelomsäckchen oder Rudimente von solchen sich auffinden lassen. Diefs
gilt nicht nur für die von mir, sondern auch für die von allen anderen
Autoren bisher untersuchten Inseetenembryonen.
Wenn wir die zwischen Oral- und Analstück vorhandenen 19 echten
Körpersegmente betrachten, so fällt sogleich noch eine weitere Eigen-
thümlichkeit in’s Auge. In den lateralen Theilen der Körpersegmente
treten nämlich kleine Extremitätenhöcker hervor, welche in den beiden
Endabschnitten in allen Fällen und ausnahmslos vermifst werden.
Das erste Paar von Extremitätenhöckern, das also dem ersten, dem
Oralstück folgenden Segment angehört, wird zu den Antennen. Die
Antennen besitzen demnach, wie schon frühere Untersuchungen gezeigt
hatten, anfänglich eine postorale Lagerung (Fig. 5 und S Ant). Ihrer
ersten Anlage nach stimmen sie in jeder Beziehung durchaus mit echten
Gliedmafsen überein und müssen daher auch diesen als morphologisch
gleichwerthige Gebilde betrachtet werden. Es mag hierbei noch besonders
hervorgehoben werden, dafs die Antennen nicht, wie diefs noch so vielfach
geschieht, dem primären Kopfsegment (Oralstück) zugezählt werden dürfen,
sondern dafs sie vielmehr die Extremitäten eines echten Körpersegments sind.
Das Coelomsäckchenpaar des Antennensegments war bei den von mir
untersuchten Embryonen stets in typischer Weise ausgebildet. Das Ganglion
des genannten Segments (Fig. 5 und 8 De) schmilzt, wie ich in Über-
einstimmung mit Viallanes (gı) und Wheeler (93) bemerken kann, in das
Gehirn ein und liefert den als Deutocerebrum, von mir jetzt Deuteren-
cephalum bezeichneten Abschnitt desselben.
Die Segmentirung des Insectenkörpers. 9
Das zweite postorale Segment wurde von den deutschen Autoren
als »Vorkiefersegment« beschrieben, von anderen hat es den Namen
Intercalarsegment erhalten. Das Vorkiefersegment ist nur während einer
bestimmten Epoche des Embryonallebens bemerkbar, später verschwindet
es vollkommen. Sein rudimentärer Charakter gibt sich hauptsächlich
darin zu erkennen, dafs sich an ihm niemals Extremitäten entwickeln.
Diefs gilt wenigstens, soweit wir bisher wissen, von den pterygoten Inseeten.
Ursprünglichere Inseetenformen mögen in dieser Hinsicht noch primitivere
Verhältnisse aufweisen. Es ist wenigstens von Wheeler (93) die Angabe
gemacht worden, dafs sich am Intercalarsegment einer Poduride (Anurida)
Extremitätenrudimente zeigen sollen.
Bei den von mir untersuchten Insecten liefs sich in dem besprochenen
Segment eine deutlich abgesetzte paarige Mesodermanhäufung auffinden,
die wohl zweifelsohne als rudimentär gewordenes Coelomsäckchenpaar zu
deuten ist. Das Ganglion des Vorkiefersegments (Fig. 5 und 8 Tre) tritt
in Verbindung mit der übrigen Ganglienmasse des Gehirns und liefert, wie
zuerst Viallanes (91) festgestellt hat, das Tritencephalum (Tritocerebrum).
Die nun folgenden 3 Segmente sind die Träger der 3 Kieferpaare.
An dem ersten entwickeln sich die Mandibeln, an den beiden folgenden
die beiden Maxillenpaare.. Alle 3 Segmente betheiligen sich später in
hervorragendem Mafse an dem Aufbau des Kopfes. Sie sind alle in
typischer Weise mit Ursegmenten und mit je einem Ganglion ausgestattet.
Die 3 Ganglien verschmelzen weiterhin unter einander und stellen sodann
das untere Schlundganglion dar.
Es schliefst sich nunmehr der aus 3 Segmenten bestehende Thorax an,
dessen Extremitätenanlagen schon frühzeitig eine bedeutendere Gröfse zu
erlangen pflegen. Dieselben gehen in die späteren Gangbeine des Insects über.
Auch an dem weiter hinten folgenden Abdomen lassen sich an den
II echten Segmenten Extremitätenanlagen nachweisen. Letztere fand ich
besonders stark entwickelt bei Periplaneta. Auch bei Forficula sind sie
noch deutlich erkennbar, dagegen treten die 9 mittleren Paare von Gryllo-
talpa nur als unbedeutende kleine Verdiekungen hervor.
Unter diesen abdominalen Extremitätenanlagen fällt stets das erste und
letzte Paar besonders auf. Das erste Paar entwickelt sich nämlich bei Peri-
planeta und Gryllotalpa zu eigenthümlichen embryonalen Organen, welche hier
indessen nicht weiter interessiren, da sie später wieder rückgebildet werden.
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1895. 1. 2
10 R. Heymonss:
Anders verhält es sich mit den letzten beiden Abdominalextremitäten,
welche zu bleibenden Körperanhängen werden. Dieselben erlangen rasch
eine auffallende Gröfse und eilen auch in ihrer ersten Anlage und Ent-
wickelung allen übrigen Abdominalbeinpaaren voran. Aus ihnen gehen
später die als Cerci bekannten Hinterleibsfortsätze hervor.
Die morphologische Deutung der Cerci mufs bis jetzt noch als eine
durchaus unsichere und zweifelhafte angesehen werden. Die wider-
sprechendsten Meinungen sind in dieser Hinsicht schon laut geworden.
Cholodkovsky (89,91), der die Genese der betreffenden Anhänge in
sorgfältiger und genauer Weise bei Phyllodromia studirte, kam zu dem
Resultat, dafs man in den Cerei echte Gliedmalsen zu erblieken habe, die
den übrigen Extremitäten vollkommen homolog seien.
Diese Auffassung hat sich indessen bisher nur recht wenig Geltung
verschaffen können. Selbst die Embryologen haben in der Regel gezögert,
ihr beizutreten, und zwar vor allem aus dem Grunde, weil die angebliche
Entstehung der Cerei am Endsegment ihre Extremitätennatur einstweilen
doch zu bedenklich erscheinen lassen mufste. Es ist selbstverständlich,
dafs die Entomologen bei dem so sehr abweichenden Aussehen der Üerei
im entwickelten Zustande noch weit gröfsere Bedenken getragen haben,
sie als echte Gliedmafsen anzuerkennen. So kann man daher denn gerade
in der entomologischen Litteratur den verschiedenartigsten Deutungen und
Ansichten über die Cerei begegnen.
Als einziges Beispiel in dieser Hinsicht eitire ich nur ein vor ganz
kurzer Zeit erschienenes Werk von Peytoureau (95). Der französische
Forscher, der schon durch eine Reihe werthvoller Untersuchungen in
rühmenswerther Weise bekannt geworden ist, verfällt leider in den schon
sehr häufig begangenen Irrthum, dafs er die Cerei der Orthopteren dem
ı0. Abdominalsegment zurechnet. Da nun bekanntlich auch am 10. Hinter-
leibssegment Extremitätenhöcker auftreten, so glaubt Peytoureau im
Gegensatz zu den letzteren, die Cerei als dorsale Körperanhänge deuten zu
müssen. Er macht weiter darauf aufmerksam, dafs sie als solche dann ein
Aequivalent der Tracheenkiemen oder gar der Flügel repraesentiren können.
Eine derartige Auffassung wird sich indessen nicht einbürgern dürfen,
sie mufs je eher je besser eliminirt werden, und ich gebe mich der
Hoffnung hin, dafs gerade in dieser Hinsicht meine Untersuchungen eine
gewisse Aufklärung verschaffen können.
Die Segmentirung des Insectenkörpers. 11
Als eine Thatsache von allgemeinerer Bedeutung hebe ich in erster
Linie hervor, dafs die Cerei durchaus nicht, wie man bisher immer geglaubt
hat. am letzten oder Endsegment entstehen, sondern dafs sie am vorletzten
oder ıı. Abdominalsegment gebildet werden, wie diefs auch an der in
Fig. ı gegebenen Abbildung zu erkennen ist. Auf diesen Umstand möchte
ich sogar ein ganz besonderes Gewicht legen. Die Cerei treten bei den
von mir untersuchten Inseeten niemals zu den Seiten des Afters auf,
sondern vor demselben. Sie sind demnach ursprünglich praeanale
Anhänge, ähnlich wie die Antennen postorale sind.
Ich will bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam machen, dafs man am
Hinterende gewissermafsen im Spiegelbild die Lagerungsverhältnisse des Vor-
derendes wiedergegeben findet. Gerade wie am letztgenannten Abschnitt die
Antennen hinter der Mundöffnung sich anlegen, so entstehen in der Caudal-
region die Cerei vor der Afteröffnung. Beiderlei Gebilde, die Antennen und die
Cerei, haben das mit einander gemeinsam, dafs sie den äufsersten, auf'die beiden
Endstücke folgenden, echten Segmenten angehören und ferner, dafs sie allen
übrigen Extremitäten gegenüber durch ihr bedeutendes Längenwachsthum so-
gleich in die Augen fallen. In Fig. 5 kann die äufsere Ähnlichkeit in der Ge-
staltung der Cerci und der Antennen nicht in geeigneter Weise zum Ausdruck
kommen, indem im Gegensatz zu den lang ausgewachsenen Antennen die Cerei
erst kleine Höckerchen sind. Der Grund hierfür liegt nur darin, dafs über-
haupt in den frühen Entwickelungsstadien die vorderen Körperpartien den
hinteren nicht unbeträchtlich in der Ausbildung voraneilen. In späteren Em-
bryonalstadien ist dagegen eine Gleichförmigkeit im Habitus der Cerei und
der Antennen nicht zu übersehen. Man ist auch schon längst beim aus-
gebildeten Inseet auf die Ähnlichkeit zwischen den genannten Anhängen
aufmerksam geworden, und namentlich Haase (89) ist es gewesen, welcher
die Cerei in treffender Weise geradezu als » Afterfühler« bezeichnet hat.
Wenn ich nun auch mit Haase hinsichtlich der Lage der betreffenden
Bildungen nicht übereinstimme (Haase betrachtete sie als Anhänge des
Öralstücks bez. des Telson), so ist es doch klar, dafs gerade durch meine
jetzigen Befunde diese Übereinstimmung zwischen Cerei und Antennen in
ein noch weit helleres Lieht gerückt wird.
In Rücksicht auf die morphologische Auffassung der Cerei
stimme ich mit Cholodkovsky darin überein, dafs sie genetisch
als echte Gliedmalsen anzusehen sind.
Eu |
1 R. Herymons:
Ich glaube für diese Meinung auch jetzt hinreichende Gründe geltend
machen zu können. Von entscheidender Wichtigkeit scheint mir hierbei
besonders der schon soeben erwähnte Umstand, dafs die Cerei nicht zu
den Seiten des Afters entstehen, sondern dafs sie in den lateralen Theilen
des ıı. Abdominalsegments angelegt werden, gerade wie alle anderen
Extremitäten in den lateralen Theilen der vorhergehenden Segmente sich
bilden. Der Modus der Anlage selbst vollzieht sich bei den Cerei in genau
der gleichen Weise wie bei den Gliedmafsen, und es läfst sich bei der
Entstehung der ersteren auch nicht der geringste Unterschied ausfindig
machen.
In der Erscheinung, dafs die Cerei in der Richtung nach vorn aus-
wachsen, wird man eine wesentliche Differenz jedenfalls nicht erblicken
dürfen. Diese Wachsthumsrichtung erscheint lediglich durch die be-
schränkten räumlichen Verhältnisse innerhalb der Eischale bedingt zu sein.
Nach dem Verlassen derselben wenden sich die Cerei sogleich nach hinten.
Im Gegensatz zu allen bisherigen Anschauungen habe ich das ıı. Ab-
dominalsegment als ein echtes Körpersegment betrachtet. Als Beweis-
gründe hierfür mache ich Folgendes geltend.
1. Das betreffende Segment besitzt deutliche paarige Mesodermanhäu-
fungen, welche bei PAyllodromia die Gestalt kleiner Coelomsäckchen an-
nehmen. Letztere sind daselbst zuerst von Cholodkovsky (gı) aufgefunden
worden, und ich kann diese Beobachtung auf Grund eigener Unter-
suchungen bestätigen. Die Beziehung des Mesoderms zur Extremitäten-
höhle ist im ıı. Abdominalsegment die gleiche, wie in allen vorhergehenden
Segmenten.
2. Das ı1. Abdominalsegment besitzt eine Ganglionanlage. Das
ı1. Abdominalganglion, das bisher in auffallender Weise gänzlich über-
sehen wurde, lässt sich, obwohl es weit kleiner als alle anderen Ganglien
bleibt, bei Periplaneta und Gryllotalpa gleichwohl ohne besondere Schwierig-
keit nachweisen. Es schmilzt frühzeitig in die hinterste Partie des
ı0. Abdominalganglions ein. Fig. ı zeigt die Anlage des ıı. Abdominal-
ganglions von Gryllotalpa.
3. Das ıı. Abdominalsegment ist durch eine deutliche intersegmentale
Vertiefung von dem Analstück abgesetzt'.
‘ In einer demnächst erscheinenden grölseren Abhandlung werden diese Verhältnisse
.
noch in genauerer Weise zur Sprache kommen.
Die Segmentirung des Insectenkörpers. 13
Ich glaube, dafs mit dem Nachweis dieser drei Punkte alle Be-
dingungen erfüllt sind, welehe man überhaupt an ein embryonales Körper-
segment stellen kann.
Das ı1. Abdominalsegment der Orthopteren ist daher ein
echtes Körpersegment, die ihm zugehörigen Extremitäten sind
die Cerci.
Ehe ich dazu übergehe, die Ausbildung des definitiven Inseetenkörpers
aus der im Vorstehenden geschilderten Embryonalanlage zu beschreiben,
will ieh noch auf einige eigenthümliche Verdiekungen aufmerksam machen,
welche schon in frühen Stadien im Umkreis der Mund- und Afteröffnung
erkennbar sind.
Am vorderen Rande der Mundöffnung macht sich nämlich eine
Wucherung von Zellen bemerkbar, welche dort gleichzeitig mit der Anlage
der Antennen und der übrigen Kopfgliedmafsen hervortritt, und auch
ähnlich wie diese eine gewisse Selbständigkeit zeigt (Fig. 5 Obel). Diese
Verdieckung wuchert nach vorn und nach hinten. Bei ihrem weiteren
Auswachsen nach hinten schiebt sie sich in Form einer Duplicatur dorsal-
wärts über die Mundöffnung hinweg, welche dann von aufsen nicht mehr
sichtbar ist. Bei ihrem Wachsthum nach vorn dringt sie zwischen die
Scheitellappen ein, die damit eine mediane Verbindung erhalten.
Die besprochene Verdiekung stellt, wie Heider (89) zum ersten Male
ermittelt hat, die gemeinsame Anlage von Oberlippe (Labrum) und der
als Clypeus bezeichneten Partie des Vorderkopfes dar. In entwickelungs-
geschichtlichen Arbeiten findet man den betreffenden Theil der Kürze
halber in der Regel einfach als Oberlippe bezeichnet. Heider selbst
bespricht ihn als Vorderkopf.
Natürlich sind auch über die morphologische Auffassung des ge-
nannten Abschnitts und speciell der eigentlichen Oberlippe schon die
mannigfachsten Hypothesen aufgestellt worden. Besonders die anscheinende
Selbständigkeit der letzteren in embryonaler Zeit und vielfach sogar
noch beim erwachsenen Insect, sowie die bisweilen constatirte Theilung
der Oberlippe in zwei laterale Hälften, mufste die denn auch verschiedentlich
vertretene Ansicht nahe legen, dafs man es hier mit einem verschmolzenen
Extremitätenpaar zu thun habe. Ja, Patten (88) ist in dieser Beziehung
so weit gegangen, in der Oberlippe ein vorderes oder »erstes« Antennen-
paar zu erblicken.
14 R. Hryuons:
Ich mufs betonen, dafs meine eigenen Untersuchungen für eine solche
Anschauungsweise gar keine Anhaltspunkte gewähren. Man hat bei der
Anlage der Oberlippe und auch des Clypeus vor allem ihre Lagerungs-
beziehung zum Nervensystem zu berücksichtigen. Es zeigt sich nun, dafs
die genannten Theile im primären Kopfsegment in der Medianliniezwischen
den seitlichen Ausbreitungen (Protenceephalum) der Neuralwülste sich ent-
wickeln. Verfolgt man dagegen die Anlage der echten Gliedmafsen, so
ergiebt sich, dafs diese in den lateralen Theilen der Körpersegmente zu
den Seiten der Neuralwülste auftreten.
In dieser Lagerungsbeziehung scheint mir nun ein fundamentaler
Unterschied gegeben zu sein: die Oberlippe und der Clypeus ent-
stehen als mediane Hautverdiekungen in dem meiner Ansicht
nach vollkommen gliedmafsenlosen Oralstück, sie dürfen daher
morphologiseh nicht mit Extremitäten in Vergleich gesetzt
werden.
Ähnlieh wie vor der Mundöffnung sich eine Verdiekung geltend macht,
so entsteht bei den von mir betrachteten Insecten, insbesondere bei For-
fieula und Gryllotalpa auch hinter der Mundöffnung eine ganz entsprechende
Bildung.
Derartige hinter dem Mund auftretende Anschwellungen sind auch schon
von einigen anderen Autoren beobachtet worden. Bütschli (70) hat z.B.
bei der Biene ähnliche Bildungen aufgefunden und bezeichnet sie als so-
genannte »innere Antennen«. In der bekannten von Heider (89) verfafsten
Monographie über die Embryonalentwickelung des Hydrophilus finden sich
anscheinend damit übereinstimmende Vorwölbungen als »seitliche Mund-
lippen« beschrieben.
Alle diese postoralen Verdiekungen gehören wohl ausnahmslos dem
Oralstück an. Es könnte die Annahme nahe liegen, dafs aus ihnen eben-
falls irgend ein Bestandtheil der Mundwerkzeuge sich entwiekele. Diefs
trifft indessen nicht zu. Alle meine auf diesen Punkt gerichteten Unter-
suchungen sind ergebnifslos geblieben, denn wenigstens bei den hier zu
besprechenden Inseeten werden die betreffenden Anschwellungen schon früh-
zeitig wieder unansehnlich und verschwinden dann vollkommen.
In ganz ähnlicher Weise, wie der Mund von eigenthümlichen Ver-
diekungen umrahmt erscheint, treten auch im Umkreis der Afteröffnung
entsprechende Gebilde hervor. Es mufs nur erwähnt werden, dafs die
Die Segmentirung des Insectenkörpers. 15
letzteren erst sehr viel später zu beobachten sind. Hierauf ist indessen
wohl kein besonderes Gewicht zu legen, da wir uns immer vergegen-
wärtigen müssen, dafs der hintere Körperabschnitt überhaupt wesentlich
in seiner Entwickelung verzögert erscheint, und dafs die Afteröfinung selbst
erst sehr viel später als die Mundöffnung angelegt wird.
Die am After auftretenden Bildungen lassen sich anfangs nicht in
distinete prae- bez. postanale Theile zerlegen. Dieser Unterschied tritt
erst später hervor. Man beobachtet zuerst im Umkreis des Afters eine
Erhebung, die, in einiger Entfernung von dem letzteren, ihn wie einen
Wall umgibt. Die weitere Ausbildung und Gestaltung derselben wird
weiter unten genauer behandelt werden.
Ich gehe dazu über, den Aufbau der einzelnen Theile des Insecten-
körpers aus der Embryonalanlage zu schildern und beginne dabei mit dem
Vorderende.
I. Der Kopf.
A. Die Zusammensetzung der Kopfkapsel.
In die Bildung des Kopfes gehen, wie schon oben erwähnt wurde,
6 Körperabschnitte ein. Der erste derselben ist das Oralstück, der zweite
das Antennensegment, der dritte das Vorkiefersegment, der vierte bis sechste
werden durch die drei kiefertragenden Segmente dargestellt.
Alle diese Abschnitte sind nicht in gleichem Mafse am Aufbau des
Kopfes betheiligt. Schon bei einer Betrachtung der Embryonalanlage wird
diels ohne weiteres verständlich.
In erster Linie ist es natürlich das Oralstück, das wieder eine etwas
exceptionelle Stellung einnimmt. Dasselbe besitzt eine Flächenausdehnung,
welche die aller anderen Kopftheile bedeutend übertrifft. Bekanntlich setzt
es sich aus zwei lateralen Erweiterungen, den beiden Scheitellappen, zu-
sammen, in denen besonders die zunächst noch oberflächlich liegenden'
Neuralwülste (Anlagen des Protencephalum) enthalten sind. Im weiteren
Entwickelungsverlauf lösen sich nun die Hirnanlagen von den oberflächlichen
Schichten ab und rücken in die Tiefe. Man hat dann bei einer Betrachtung
! Genau genommen liegen die neurogenen Elemente nicht ganz oberflächlich, sondern
sind von einer Lage Hypodermiszellen überdeckt, mit der sie aber anfangs auf’s Engste zu-
sammenhängen.
16 R. Hrymons:
von aufsen nur noch zwei grolse laterale Hautlappen vor sich, die in der
Mittellinie durch die schon vorhin erwähnte Anlage des Clypeus (und der
Oberlippe) von einander getrennt sind.
Ein ganz anderes Aussehen bietet das Antennensegment dar. Es macht
den Eindruck, als ob das gesammte Bildungsmaterial, welches für dieses
Segment zur Verfügung stand, bei der Entwickelung der Antennen aufge-
braucht würde.
Diese Gliedmafsen erreichen eine Länge, welche die aller anderen
Extremitäten sehr wesentlich überragt, und so erklärt es sich denn auch
vielleicht thatsächlich, dafs zur Entfaltung andersartiger Theile im Antennen-
segment nichts mehr erübrigt werden kann.
Die Antennen weisen, wie schon oben bemerkt wurde, anfänglich eine
deutlich postorale Lagerung auf. Diefs Verhalten ändert sich nun schon
frühzeitig, und zwar dann, sobald das Ganglion des Antennensegments nach
vorn rückt, um als Deuterencephalum sich an der Hirnbildung zu betheiligen.
Hierbei gelangen auch die Antennen nach vorn. Sie liegen anfangs zu den
Seiten der Mundöffnung (Fig. 9) und rücken später sogar vor dieselbe.
Die Antennen sitzen hiernach gewissermafsen wie Anhänge am pri-
mären Kopfsegment, ein Verhalten, welches vielfach, bis in die neueste
Zeit hinein, zu der irrigen Ansicht Veranlassung gegeben hat, die Antennen
als Fortsätze des Oralstücks aufzufassen.
Wenn schon das Antennensegment sich nur in geringem Mafse an
dem Aufbau des Kopfes betheiligt, so gilt diefs noch in weit höherem
Grade für das sich hinten anschliefsende Vorkiefersegment. Letzteres
kommt, wie schon gesagt, überhaupt nur in ganz rudimentärer Weise zur
Anlage. Extremitäten treten an ihm nicht mehr auf. Sein Ganglion rückt
nach vorn und geht in die Formation des Gehirns ein. Bei dieser Ge-
legenheit werden zugleich auch die äufserlich wahrnehmbaren Spuren des
Vorkiefersegments verwischt.
Selbst im Innern liegen die Verhältnisse nicht viel günstiger. Das
Mesoderm des Vorkiefersegments bildet nämlich bei den Orthopteren ein
eigenartiges Organ, den sogenannten Suboesophagealkörper, welches eben-
falls nur eine provisorische Bedeutung besitzt und später zu Grunde geht.
Wenn nicht die Gliederung des Gehirns einige sichere Anhaltspunkte
gewährte, so würde an dem ausgebildeten Insect schliefslich nichts mehr
an das Vorhandensein jenes embryonalen Segments erinnern.
Die Segmentirung des Insectenkörpers. 17
Ganz anders verhält es sich mit den drei Kiefersegmenten. An jedem
derselben känn man in typischer Weise die oben genannten drei Stücke,
ein mittleres Medianfeld und zwei seitliche Lateralfelder unterscheiden.
In den Medianfeldern (Fig. 8) befinden sich die Neuralwülste, aus
denen die drei Ganglienknoten der Kiefersegmente hervorgehen. Die
Lateralfelder sind die Bildungsstätten der Kieferpaare. Die Anlage der
letzteren vollzieht sich in etwas ungewöhnlicher Weise, wenn wir sie mit
der Bildung anderer Körperextremitäten vergleichen. Das Auffallende liegt
besonders darin, dafs in den Lateralfeldern der beiden Maxillarsegmente
statt eines Extremitätenhöckers je drei neben einander liegende auftreten
(Fig. 8). Der laterale derselben, welcher den übrigen in der Entwickelung
etwas voran eilt, wird zum palpus (maxillaris bez. labialis), die beiden
medialen gestalten sich zum lobus externus und internus des 1. bez.
2. Maxillenpaares.
Vergleichen wir diese Bildungen mit anderen‘ Extremitäten, so ent-
spricht zweifelsohne der palpus, wie diefs bereits durch vergleichende Unter-
suchungen richtig erkannt war, dem »Stamm« anderer Gliedmalsen, etwa
dem der Beine. Von Interesse ist vielleicht die Erscheinung, dafs lobus
externus und internus somit nicht als Seitenäste dieses Extremitätenstammes
auftreten, sondern dafs sie als selbständige Bildungen angelegt werden.
Es ist klar, dafs die drei, in einem Lateralfeld neben einander liegen-
den Kieferhöcker eine verhältnifsmälsige Breite in Anspruch nehmen müssen.
Der lobus internus stöfst demnach unmittelbar an das Medianfeld an.
Wenn man jetzt die Aufmerksamkeit den Mandibeln zuwendet, so
fällt sogleich auf, dafs diese, obwohl sie bekanntlich immer einfach und
ungegliedert bleiben, doch bei ihrer Anlage fast dieselbe Breite, wie die
eben besprochenen Kieferhöcker einnehmen. Die Mandibeln stimmen also
in dieser Hinsicht mit den beiden Maxillenpaaren überein und treten da-
durch in einen gewissen Gegensatz zu den Thoraxextremitäten. Es wäre
hierbei vielleicht an die Möglichkeit zu denken, dafs die Breite, in welcher
ursprünglich die Mandibeln angelegt werden, noch ein Anklang an frühere
primitivere Verhältnisse ist. Man könnte darin etwa einen Hinweis er-
blieken wollen, dafs diese Gliedmafsen ähnlich wie die Maxillen in früherer
Zeit einmal mehrästig gewesen sind. Ein solcher Erklärungsversuch mufs
indessen als viel zu zweifelhaft und unsicher angesehen werden, um ihn
ohne weiteres gelten lassen zu können.
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1895. 1.
os
18 R. Heymons:
Bei der Extremitätenbildung werden in den Kiefersegmenten nicht
die Lateralfelder in ihrer ganzen Ausdehnung in Anspruch genommen. Es
bleibt vielmehr lateral von den Extremitäten ein kleiner Theil der ge-
nannten Felder übrig (Fig. 5 Terg.). Letzterer ist nicht ohne Bedeutung,
indem er die Anlage der Rückenplatte oder des Tergits darstellt. An
jedem Kiefersegment ist demnach eine rechte und eine linke Tergitenanlage
vorhanden. £
Versucht man es, die Bildung eines Insectenkopfes aus den beschrie-
benen Theilen sich anschaulich zu machen, so hat man dabei vor allen
Dingen nur immer einen Punkt zu berücksichtigen. Es besitzen nämlich
sämmtliche Theile die gemeinsame Tendenz, in der Richtung nach vorn und
nach der Dorsalseite sich hinzubewegen. Diese Bewegung wird, soweit es
irgend möglich ist, dann auch von all den genannten Stücken ausgeführt.
Der Procefs beginnt mit den beiden Kopflappen. Sie rücken nach
der Dorsalseite empor, gelangen damit vor bez. über den Clypeus und
legen sich dort in der Medianlinie fest an einander. Die beiden Kopf-
lappen.liefern damit den vorderen Theil des Insectenkopfes, und
zwar bilden sie diejenige Region desselben, welche als »Stirn«
oder »Frons« bezeichnet zu werden pflegt.
Selbstverständlich ist damit für den Clypeus und für das Labrum jede
Verschiebung in der oben besprochenen Richtung unmöglich gemacht. Diese
Theile sind denn auch die einzigen, welche während der Bildung der Kopf-
kapsel stabil bleiben.
Mit der Ausbildung von Frons, Clypeus und Labrum sind
im wesentlichen schon alle diejenigen Theile des Inseetenkopfes
fertig gestellt, welche auf das primäre Oralstück zurückgeführt
werden können.
Es wurde oben gesagt, dafs die Antennen mit den Kopflappen eine
innige Verbindung eingegangen sind. Diese Gliedmafsen werden daher
auch durch die vorhin beschriebene Verschiebung der Kopflappen sehr
wesentlich in Mitleidenschaft gezogen. Sie müssen, wie dies besonders
Heider (39) bei Hydrophilus näher beschrieb, eine Art rotirender Be-
wegung ausführen und gelangen dadurch an ihren definitiven Platz d.h.
an die vordere Seitenfläche des Kopfes (Fig. 4).
Sobald die Bildung der Stirn vor sich geht, rücken auch die Kiefer-
paare nach vorn (Fig.9). Die Mandibeln und das erste Maxillenpaar ge-
Die Segmentirung des Insectenkörpers. 19
langen dabei an die Seiten der Mundöffnung, das zweite Maxillenpaar ver-
schmilzt in der bekannten Weise in der Medianlinie und liefert dann in
seinen Basaltheilen in Form von Mentum und Submentum den ventralen
Abschlufs des Kopfes.
Die drei Kieferpaare, welche also ursprünglich in gröfserer Entfernung
hinter der Mundöffnung angelegt wurden und selbst durch weite Abstände
von einander getrennt waren, liegen nunmehr dicht an einander gedrängt
und umschliefsen den Mund von den Seiten und von unten.
Bei dieser Lageveränderung erleiden auch die Medianfelder der Kiefer-
segmente eine eigenartige Verschiebung. Es ist dieselbe indefs erst weiter
unten ausführlicher zu besprechen, nur mag gleich schon im voraus er-
wähnt werden, dafs die genannten Felder an der Bildung der eigentlichen
Kopfwandung keinen Antheil haben.
Einen anderen Entwiekelungsverlauf nehmen in den Kiefersegmenten
die in den Seitentheilen der Lateralfelder angelegten Rückenplatten oder
Tergite (Fig.5 Terg). Letztere verschmelzen zunächst in den auf einander
folgenden Kiefersegmenten, so dafs man dann an jeder Körperseite nur
ein langgestrecktes Tergit! vorfindet. Die beiden so entstandenen Tergite,
welche besonders bei Gryllotalpa und Forfieula eine beträchtliche Gröfse be-
sitzen, rücken nunmehr nach der Dorsalseite empor, berühren sich schliefslich
daselbst in der Medianlinie und legen sich dort eng und fest an einander
(Fig.4a VV).
Die verschmolzenen Tergite der drei Kiefersegmente liefern
auf diese Weise den dorsalen und hinteren Theil der Schädel-
decke, und zwar genauer denjenigen Abschnitt derselben, welcher
als »Vertex« oder »Scheitel« unterschieden wird.
Es mag hieran angeschlossen werden, dafs die Tergitenanlagen des
Mandibularsegments eine gewisse Selbständigkeit bewahren können. Wenn
sie auch zumeist nicht scharf von dem Scheitel abgesetzt sind, so entsteht
aus ihnen doch eine, sogar beim erwachsenen Inseet noch nachzuweisende
bestimmte Region, welche den Platz unter den Facettenaugen ausfüllt, und
die man als »Gena« oder Wange beschrieben findet.
Nachdem jetzt der morphologische Aufbau des Inseetenkopfes in seinen
Grundzügen klar gelegt ist, empfiehlt es sich vielleicht, noch einige Worte
! Aus Zweckmälsigkeitsgründen bezeichne ich als Tergit bez. Sternit nicht nur die
eigentliche Chitinplatte, sondern auch schon die entsprechende als Matrix fungirende Hautpartie.
3:
20 R. Hevymons:
über die Facettenaugen zu sagen. Letztere entstehen stets in den lateralen
Theilen der Scheitellappen, sie gehören also dem primären Kopfsegment
an. Wenn nun die oben besprochene Bildung der Stirn vor sich geht,
so behalten die Augen ihre laterale Lage im wesentlichen bei, oder er-
scheinen höchstens etwas nach hinten verschoben. Hierdurch wird dann
später der Eindruck hervorgerufen, als ob sie nicht der Stirn, sondern
vielmehr dem Scheitel zuzurechnen wären.
Genau genommen liegen die Facettenaugen meistens gerade an der
Grenze der beiden Theile (Fig. 4 Oc), und es ist deshalb sehr erklärlich, dafs
man bisher über ihre Zugehörigkeit zu dem einen oder dem anderen Abschnitt
häufig im Zweifel gewesen ist. Dem gegenüber darf also die ursprüngliche
Anlage der zusammengesetzten Augen am Oralstück wohl als mafsgebend be-
trachtet werden.
B. Die Kopfnähte.
Betrachtet man den Kopf eines ausgebildeten Insects oder besser den
einer vor kurzem erst aus dem Ei ausgeschlüpften Larve, so fallen sogleich
eine Anzahl eigenthümlicher heller Linien auf, die zwischen den dunkleren
Chitinstücken liegen. Die ersteren sind längst bekannte Bildungen, welche
man in zutreffender Weise als »Nähte« bezeichnet hat; über ihre Bedeutung
liegen bisher noch keine sicheren Mittheilungen vor.
Die Lage der betreffenden Nähte wird bei einer Betrachtung der Fig.4
sogleich ersichtlich werden. Man kann einmal eine in der Medianlinie
verlaufende Sagittalnaht (Sy) unterscheiden, durch welche der Scheitel in
zwei symmetrische Hälften zerlegt wird. Am vorderen Rande des letzteren
gabelt sich die Sagittalnaht, ihre beiden Gabeläste divergiren und wenden
sich in geradem Verlaufe nach den Seitentheilen hin, wo sie bis zu den
Facettenaugen verfolgt werden können.
Die genannten Gabeläste, die bisweilen in spitzem Winkel von der
Sagittalnaht ausgehen, stellen also eine Transversalnaht (Fig. 4 sir) dar,
durch welche der Scheitel von der Stirn deutlich abgesetzt erscheint.
Überhaupt ist die Stirn ein scharf umschriebener Bezirk. Es setzt
sich derselbe deutlich gegen die Fühlerwurzel ab, und er erhält nach vorn
gegen den Clypeus hin eine weitere Grenze durch eine Naht, die als vordere
Stirnnaht bezeichnet werden könnte. Selbst der Olypeus ist seinerseits
wieder durch eine nahtartige Furche von der Oberlippe abgetrennt.
Die Segmentirung des Insectenkörpers. 21
Alle die genannten Bildungen sind sehr leicht zu verstehen, sobald
man sich vor Augen hält, dafs der Kopf aus einer Anzahl heterogener
Stücke hervorgegangen ist. Die verschiedenen Theile beginnen schon früh-
zeitig eine äulsere Chitinlage abzusondern, und zwar noch ehe sie sich zur
Bildung der Schädelkapsel vereinigen. Wenn dann später ihre Aneinander-
lagerung vor sich geht, so ist es leicht zu ersehen, dafs zwischen den
bereits vorhandenen Chitinplatten Nahtlinien zu Stande kommen müssen.
Die Kopfnähte sind also ein untrügliches Merkmal, um selbst
noch am ausgebildeten Inseetenkopf die ursprünglicheZusammen-
setzung desselben nachweisen zu können.
Die Transversalnaht stellt die Grenze dar, an welcher wir erkennen
können, wie weit das Oralstück nach hinten reicht.
Letzteres wird durch diese Naht vom Scheitel abgegrenzt, welcher wie
oben dargelegt wurde, auch eine ganz andersartige Herkunft hat, indem er auf
die verschmolzenen Tergite der Kiefersegmente zurückgeführt werden mufs.
Die Sagittalnaht ihrerseits deutet wiederum auf die Entstehung des
Scheitels aus getrennten rechten und linken Tergitenanlagen hin.
Man könnte vielleicht erwarten, dafs eine ähnliche mediane Nahtlinie
auch an der Stirn nachzuweisen sein mülste, da dieselbe aus den beiden
an einander gelegten Kopflappen des Oralstücks hervorgeht.
Eine solche mediane Stirnnaht fehlt jedoch — wenigstens bei den
von mir untersuchten Inseeten —. Sie wird offenbar deswegen vermilst,
weil wie schon erwähnt, die Bildung der Stirn zu allererst erfolgt, schon
zu einer Zeit, in welcher selbständige Chitinlagen dort noch nicht ent-
wickelt waren.
C. Der Hypopharynx.
Es dürfte wohl nur wenige Organe beim Insectenkörper geben, welche
eine solche Fülle von widersprechenden Hypothesen und Erklärungen ver-
anlalst haben, wie dieses am Grunde des zweiten Maxillenpaares (der so-
genannten Unterlippe) befindlichen Gebildes.
Das Interesse, welches der Hypopharynx von jeher erregt hat, ist
leicht erklärlich, denn derselbe (den man auch unter den Namen Endo-
labium, Innenlippe, Zunge u. s. w. beschrieben findet) stellt in zahlreichen
Fällen ein ziemlich auffallend gestaltetes Organ von beträchtlicher Gröfse
dar, das bekanntlich bei manchen mit saugenden Mundtheilen ausgestatteten
22 R. Hryumons:
Inseeten sogar in einer sehr hervorragenden Weise an der Zusammensetzung
der Mundtheile sich betheiligt.
Da nun gerade bei den einfacher organisirten und niedrig stehenden
Orthopteren der Hypopharynx eine gewisse Selbständigkeit erkennen läfst,
und da er ferner in vielen Fällen deutlich aus zwei symmetrischen Hälften
besteht, so ist gewils die immer und immer wieder bis in die neueste Zeit
hinein mit aller Energie vertheidigte Ansicht zu verstehen, dafs der Hypo-
pharynx nichts Geringeres als ein verschmolzenes Gliedmalsenpaar dar-
stellen soll.
Von den Anhängern dieser Betrachtungsweise wurde dann der Hypo-
pharynx meist als ein drittes, zwischen dem ersten und zweiten Maxillen-
paar sich einschiebendes, Kieferpaar aufgefalst. Von anderer Seite hat
man wiederum Vergleiche mit den Mundtheilen von Crustaceen angebahnt.
Jedenfalls haben alle diese Erklärungsversuche das eine gelehrt, dafs
selbst die ausgedehntesten vergleichend morphologischen Studien nicht im
Stande sind, die eigentliche Natur des Hypopharynx klar zu stellen.
Hierzu sind unbedingt Untersuchungen am Embryo nothwendig, welche
merkwürdiger Weise bisher noch niemals angestellt wurden.
Bei einem Versuche, die Entwickelung des Hypopharynx festzustellen,
stölst man allerdings auf ganz aufsergewöhnliche Schwierigkeiten. Es
vollzieht sich nämlich einmal die Anlage desselben mit grofser Schnellig-
keit, so dafs es nicht ganz leicht ist, die geeigneten Stadien zu finden,
und zweitens spielt sich die ganze Bildung des Hypopharynx gewisser-
malsen im Verborgenen ab.
Schon oben ist mitgetheilt worden, dafs die Oberlippe nach hinten
auswächst und dabei über die Mundöffnung sich hinüberschiebt. Bei ihrer
weiteren Vergrölserung überdeckt sie aber nicht nur diese, sondern auch
weiter die unmittelbar hinter ihr folgende kritische Region, in der sich
später der Hypopharynx erhebt. Aufserdem legen sich über die etwa noch
frei gebliebenen Stellen die Antennen hinüber, so dafs bei einer Betrachtung
von aufsen (von der Ventralseite) dann gar nichts mehr zu erkennen ist.
Da auch das Studium von Schnittserien keinen sicheren Aufschlufs
gewähren kann, so besteht schliefslich der einzige Ausweg darin, die sehr
mühsame Abpraeparation der Antennen und Oberlippe vorzunehmen. Die
hier gegebenen Abbildungen (Fig. $-ı0) sind nach derartigen Praeparaten
angefertigt.
en
Die Segmentirung des Insectenkörpers. 23
In dem durch Fig. 8 repraesentirten Stadium ist noch keine Spur vom
Hypopharynx vorhanden. Man bemerkt unmittelbar hinter der Mund-
öffnung die Ganglionanlage des Vorkiefersegments (Tre). Letztere ver-
schmilzt, wie gesagt, später mit dem Gehirn. Hinter ihr zeigen sich die
Ganglienanlagen der drei Kiefersegmente, welche das von mir als Mittel-
feld bezeichnete Areal ausfüllen. Zu den Seiten der Mittelfelder erheben
sich die Kieferanlagen der betreffenden Segmente.
Im weiteren Entwickelungsverlauf lösen sich die genannten Ganglien-
anlagen von der Oberfläche ab. Zuerst verschwindet das Mandibular-
ganglion, dann das ı. und darauf das 2. Maxillarganglion. Sie sinken in
die Tiefe und verbinden sich daselbst zum Unterschlundganglion.
Die Stelle der drei Kieferganglien wird an der Oberfläche jetzt durch
eine mediane Hautpartie ausgefüllt. Dieselbe ist in Fig.g (Hyp) zu sehen.
Nunmehr beginnen, wie diefs oben aus einander gesetzt wurde, die
drei Kieferpaare ihren ursprünglichen Platz zu verlassen. Sie wandern
nach vorn und drängen sich im Umkreis der Mundöffnung dicht an ein-
ander. Bei diesem Vorgange wird die mediane Hautpartie von hinten
nach vorn comprimirt. Da sie keinen Raum findet, nach vorn oder nach
den Seiten auszuweichen, so weicht sie nach unten, d.h. nach der Ventral-
seite aus und bildet dort einen zapfenförmigen Vorsprung. Dieser letzere
ist nichts anderes als der Hypopharynx.
In Fig. 10 ist der Hypopharynx von Periplaneta nahezu schon in
seiner definitiven Gestaltung zu erkennen.
Der Hypopharynx braucht nicht immer einfach zu bleiben. Besonders
bei Forficula erfährt sein distaler Theil schon zu embryonaler Zeit eine
Gliederung in 3 Zipfel. Man kann dann einen medianen Vorsprung und
zwei laterale Zapfen unterscheiden. Der erstere, der eine bedeutendere
Länge erreicht, wird von manchen Forschern (Hansen 93) als Hypo-
pharynx im engeren Sinne betrachtet, während die kleinen seitlichen
Zapfen, die auch bei vielen Thysanuren aufgefunden sind, als Extremitäten
(Homologa des ı. Maxillenpaares der Crustaceen) aufgefafst werden. Dem
gegenüber ist geltend zu machen, dafs die genannten 3 Theile einen ein-
heitlichen Ursprung besitzen und daher auch als zusammengehörig be-
trachtet werden müssen.
Man hat sich jetzt die Frage vorzulegen, welche morphologische Be-
deutung die betreffende Hypodermispartie besitzt, aus welcher der Hypo-
24 R. Hrymons:
pharynx hervorgeht. Hierüber ist Folgendes zu sagen. Der Hypopharynx
entsteht aus den Medianfeldern der drei Kiefersegmente. In allen übrigen
Körpersegmenten (Thorakal- und Abdominalsegmenten) liefern die Median-
felder, wie noch zu zeigen ist, den wesentlichsten Antheil für die Bauch-
platten oder Sternite. Es repraesentirt demnach der Hypopharynx
in morphologischer Hinsicht die Sternite der drei Kiefersegmente.
Letztere sind in Folge der Verschiebungsprocesse, die bei der
Kopfbildung vor sich gehen, auf einen so geringen Raum zu-
sammengedrückt, dafs sie die Gestalt eines ventralwärts ge-
wendeten zapfenartigen Vorsprunges angenommen haben.
Ich mufs selbst gestehen, dafs dieses Resultat für mich etwas un-
erwartet war, doch habe ich mich von der beschriebenen Bildungsweise
des Hypopharynx zur Genüge überzeugen können.
Alle bisherigen Anschauungen, die darauf hinausgiengen, in dem Hypo-
pharynx ein verschmolzenes Extremitätenpaar zu erblicken, oder ihn einem
hypothetischen Kiefersegment zuzurechnen, werden durch diese embryo-
logischen Befunde somit ohne weiteres widerlegt.
Noch von einem anderen Gesichtspunkte aus scheint das obige Er-
gebnifs nicht ohne Interesse zu sein. Von Seiten einiger Entomologen ist
die Ansicht ausgesprochen worden, dafs die hinter dem Submentum fol-
gende Chitinplatte, welche wohl auch als »Gula« bezeichnet worden ist,
das Sternum des zweiten Maxillarsegments darstellen solle.
Dieser Meinung kann ich mich auf Grund meiner entwickelungs-
geschichtlichen Untersuchungen natürlich nicht anschliefsen. Das hinter
dem Submentum aufgetretene Chitinstück mufs vielmehr meiner
Ansicht nach als eine secundär aufgetretene Neubildung an-
gesehen werden.
Dieselbe hat augenscheinlich nur den Zweck, den Defect zu über-
decken, welcher bei der Verlagerung des zweiten Maxillarsegments nach
vorn an der Ventral- und Hinterseite des Kopfes entstanden ist.
II. Der Thorax.
Sehr viel einfacher als im Kopf sind die Bildungsvorgänge im Brust-
abschnitt. An jedem der drei Thoraxsegmente kann man ursprünglich
ein mittleres Medianfeld und zwei seitliche Lateralfelder unterscheiden.
Die Segmentirung des Insectenkörpers. 25
Das Medianfeld wird durch die Ganglienanlage ausgefüllt; in den Lateral-
feldern erheben sich die Extremitätenhöcker. Hierbei ist zu bemerken,
dafs diese letzteren, wie schon oben angedeutet wurde, nicht dieselbe
Breite, wie im Kopfabschnitt besitzen. Es bleibt vielmehr in jedem Lateral-
fell ein kleines Stück sowohl medial wie lateral von der Extremitäten-
basis übrig (vergl. Fig. 5). Die lateralen Stücke stellen die Anlagen der
Tergite dar, die medialen Stücke der Lateralfelder nehmen dagegen Antheil
an der Bildung der Sternite.
Ein jedes Bruststernit geht also aus drei Stücken hervor: einmal aus
dem Medianfeld, das nach erfolgter Ablösung des Ganglions den weitaus
gröfsten Beitrag liefert, und dann aus zwei kleinen seitlichen Stücken, die
ursprünglich den Lateralfeldern angehören.
Die beiden lateralen Theile der Sternite waren nicht bei allen von
mir untersuchten Insecten in gleicher Weise entwickelt. Am leichtesten
nachweisbar und am gröfsten sind sie bei Forficula und bei Gryllotalpa,
dagegen treten sie bei den Blattiden nur äufserst wenig hervor. Letztere
Erscheinung findet darin eine Begründung, dafs im Vergleich zu den
ersteren Insecten der Blattidenkeimstreif selbst immer nur ein sehr
schmaler ist.
Die Zusammensetzung der Thoraxsternite aus drei verschiedenen Stücken
ist theoretisch nicht ohne Bedeutung. Ich werde auf diesen Punkt noch
zurückzukommen haben. a
Die lateral gelegenen Tergitenanlagen der drei Thoraxsegmente ver-
schmelzen bei den Orthopteren nicht in der Längsrichtung unter einander,
wie wir diefs bei den Tergiten der Kiefersegmente gesehen haben. Ganz
übereinstimmend mit diesen ist aber ihr sonstiges Verhalten. Sie rücken
auf den beiden Körperseiten nach der Dorsalseite empor und berühren
und vereinigen sich schliefslich in der Medianlinie. Ist diefs erfolgt, so
hat der Thorax seinen dorsalen Abschlufs gewonnen, und die Tergite, die
hier den Segmenten entsprechend, als Pro-, Meso- und Metanotum bezeichnet
werden, sind fertig gestellt.
Bei zahlreichen Insecten findet sich in der Mittellinie der drei Thorakal-
tergite eine mediane Längsnaht vor. Dieselbe läfst sich z. B. in schönster
Weise bei jungen Larven von Forficula beobachten. Bei anderen Insecten
tritt die dorsale Naht besonders deutlich in der Medianlinie des Pronotum
hervor.
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1895. 1. 4
26 R. Heymons:
Es ist schon früher die Ansicht ausgesprochen worden, dafs die
Dorsalnaht voraussichtlich bei dem Schliefsen der Köperwände auf dem
Rücken des Embryo hervorgerufen wird. Auf diese muthmafsliche Ent-
stehungsweise der betreffenden Naht hat besonders auch Kolbe (93) in
seinem ausgezeichneten Inseetenwerk hingewiesen.
Hiermit ist bereits vollständig das Richtige getroffen worden. Die
Dorsalnaht der Brustsegmente kommt eben genau in derselben Weise zu
Stande, wie die Sagittalnaht des Kopfabschnittes, sie darf auch dieser als
durchaus gleichwerthig betrachtet werden.
Vielleieht könnte es auffallend erscheinen, dass die genannte Naht in
Meso- und Metathorax meist sehr viel schwächer als im Prothorax ausge-
prägt ist, und dafs nicht selten in den beiden hinteren Brustsegmenten
wie in der Regel auch bei den abdominalen Tergiten sie sogar gänzlich
fehlen kann.
Eine ausreichende Erklärung hierfür findet sich in dem allgemeinen
Bildungsmodus des Rückens gegeben. Der dorsale Körperverschlufs beginnt
bei den Inseeten nämlich immer am Hinterende an den letzten Abdominal-
segmenten und schreitet erst von dort ganz allmählich nach vorn fort.
Eine dorsale Öffnung erhält sich nun vielfach gerade am längsten in der
Gegend des Prothorax, weil an dieser Stelle die abgestofsenen Embryonal-
häute durch eine Art dorsalen Nabels noch in den Körper aufgenommen
werden müssen.
Wenn dann im Prothorax schliefslich ebenfalls der Verschlufs vor sich
geht, so sind von den lateralen Tergitenhälften schon ziemlich starke Chitin-
platten ausgeschieden worden. Diese stofsen dann an einander, und zwischen
ihnen bleibt als Furche die erwähnte Längsnaht bestehen.
In den hinteren Körpersegmenten sind dagegen die Chitinschichten
noch aufserordentlich zart und dünn, und es braucht daher, wenn sie zu-
sammen treffen, nicht zur Bildung von Nahtlinien zu kommen.
II. Das Abdomen.
Die Bildung der vorderen Abdominalsegmente vollzieht sich in einer
ganz Ähnlichen Weise, wie im vorhergehenden Brustabschnitt.
Auch im Abdomen sind an den einzelnen Segmenten die typischen drei
Abschnitte, das Medianfeld und die beiden Lateralfelder zu unterscheiden.
Tr
Die Segmentirung des Insectenkörpers. 27
In den letzteren erheben sich die Extremitäten. Der lateral von der
Extremitätenbasis befindliche Theil eines jeden Lateralfeldes liefert wiederum
eine Tergitenhälfte.
Bekanntlich stellen die abdominalen Gliedmafsenpaare der Insecten aber
nur vorübergehende Bildungen dar. Sie sind lediglich während einer kurzen
Zeit des Embryonallebens zu beobachten und werden später wieder rück-
gebildet. Die Art und Weise, in welcher ihr Verschwinden vor sich geht, ist
zuerst von Haase (39) an Blattiden in eingehenderer Weise studirt worden.
Haase stellt fest, dafs die Gliedmafsenrudimente allmählich immer
flacher werden und schliefslich eine einfache, nieht mehr erhabene Platte
aus sich hervorgehen lassen. Die so entstandenen Platten vereinigen sich
dann mit einer medial gelegenen Mittelplatte, für welche ich hier die Be-
zeichnung Medianfeld gewählt hatte. Mit dieser zusammen bilden sie erst
das abdominale Sternit. Die Sternite des Hinterleibes werden also aus
drei differenten Stücken zusammengesetzt, einem medianen und zwei late-
ralen, welche letztere sich auf die abgeflachten Extremitäten zurückführen
lassen.
Haase hat dieser Beobachtung eine besondere Wichtigkeit beigemessen.
Er spricht die Ansicht aus, dafs die Bauchplatten wegen ihrer Zusammen-
setzung aus drei Stücken nicht den übrigen Sterniten entsprächen, und dafs
ebensowenig die Bauchplatten der Hexapoden denjenigen der Chilopoden
homologisirt werden dürften.
Der Haase’schen Anschauung vermag ich nicht beizutreten. Wir haben
oben gesehen, dafs auch bei der Bildung der Thoraxsternite kleine medial
gelegene Abschnitte der Lateralfelder betheiligt sind, und dafs somit genau
genommen auch diese Sternite einen Ursprung aus drei verschiedenen Stücken
erkennen lassen.
Freilich sind die beiden lateralen Antheile im Thorax nur relativ un-
bedeutend, während sie im Abdomen sogar eine beträchtliche Ausdehnung
besitzen, indem dort noch das gesammte von der Extremität eingenommene
Areal mit hinzugezogen wird.
Diesen Unterschied verkenne ich natürlich durchaus nicht. Jedoch
vermag ich nicht, ihn als einen durchgreifenden anzusehen, denn es hat
sich gezeigt, dafs die Extremitätenanlagen selbst bald über einen gröfseren
Raum (wie in den Kiefersegmenten), bald über einen geringeren sich er-
strecken können.
4*
28 R. Heymons:
Die abdominalen Sternite der Inseeten befinden sich daher
meiner Auffassung nach nicht in prineipiellem Gegensatz zu den
thorakalen.
Bei den hier behandelten Insecten vereinigt sich stets das 1. Abdominal-
ganglion mit dem 3. Thorakalganglion. Dieser Vorgang ist insofern von
Bedeutung, als bei dieser Gelegenheit das ı. abdominale Sternit sich eben-
falls eng an das letzte thorakale anschliefsen, und dann sogar seine Selbst-
ständigkeit vollständig einbüfsen kann.
Auf die Bildung der abdominalen Tergite brauche ich nicht näher
einzugehen, sie erfolgt eben in derselben Weise wie im Brustabsehnitt.
Von gröfserem Interesse sind nur noch gewisse Vorgänge am hinteren
Körperende, die besonders die Entwickelung des 10. und ıı1. Abdominal-
segments, sowie die des Analabschnittes betreffen.
Oben wurde bereits auf die Ähnlichkeit in der Bildung der Antennen
und der Cerci aufmerksam gemacht. Wie nun im Antennensegment fast
das gesammte Bildungsmaterial bei der Entwickelung der Fühler verwendet
wurde, so trifft diefs, wenn gleich in etwas beschränkterem Mafse, auch für
das ı1. Abdominalsegment zu. Niemals entwickeln sich nach meinen Be-
obachtungen im letzteren den Tergiten entsprechende Stücke, und selbst
die Sternitenanlage des betreffenden Segments ist immer nur eine ganz
kleine und zeigt unverkennbare Spuren der Rückbildung.
Am Besten ist das ı 1. Abdominalsternit noch bei Periplaneta entwickelt
(Fig. 2). Bei Gryllotalpa zeigt es sich vorübergehend als schmaler, nicht
distinet abgesetzter Streif. Bei Forficula habe ich die Existenz eines 11. Ster-
nites nicht recht nachweisen können, will aber sein Vorhandensein, während
einer gewissen Epoche des Embryonallebens, nicht ganz in Abrede stellen,
weil die Beobachtung hier. überhaupt gröfsere Schwierigkeiten darbietet.
Die einzelnen Theile des 10. Abdominalsegments werden noch in der
typischen Weise angelegt. Es erheben sich Extremitätenhöcker, und lateral
von denselben treten die bekannten Anlagen für die Tergiten auf. Medial
und zwischen den Extremitäten begegnet man einer Sternitenanlage, von
welcher ausgehend, das 10. Abdominalganglion sich gebildet hat.
Die Gestaltung des Hinterendes aus den soeben genannten Abschnitten
geht in ähnlicher Weise wie im Kopfabsehnitt vor sich. Zeigten dort alle
Theile die Neigung, nach vorn und dorsalwärts emporzurücken, so bewegen
sie sich hier nach der Dorsalseite und nach hinten.
Die Segmentirung des Insectenkörpers. 29
Diese Lageveränderung tritt zuerst bei den Cerei deutlich hervor, die
damit ihre definitive Position dorsal und oberhalb des Afters einnehmen
(Fig. 3 Abx,.).
Bei Periplaneta folgen gleichzeitig die Tergite des 10. Abdominalsegments,
sie gelangen auch zur Rückenseite, und zwar liegen sie dann gerade dorsal
von den Cerei. Hier sind sie längere Zeit während des Embryonallebens
hindurch, noch als eine distinete Platte nachweisbar. Später verschmelzen
sie aber, wie Öholodkovsky (89) bei Phyllodromia zuerst richtig beobachtete,
mit der unten zu besprechenden Afterdecke, die ich auf Grund meiner
Befunde als dem ı2. Analstück zugehörig betrachte.
Bei Gryllotalpa ist das Verhalten ein ganz ähnliches. Die Cerci führen
die gleiche Bewegung aus und liegen dann anfangs zu den Seiten der After-
öffnung. Im Anschlufs an die Cerei rücken ebenfalls die Tergitenanlagen
des 10. Segments empor. Letztere verschmelzen in der dorsalen Mittellinie
und liefern dadurch ein typisches ıo. Abdominaltergit, das sich bei Gryllo-
talpa in seiner Selbständigkeit sogar dauernd erhält. Augenscheinlich ist
hierin noch ein etwas primitiverer Zug im Vergleich zu Periplaneta zu
erblicken.
Forficula stimmt in der eben erwähnten Beziehung mit Gryllotalpa
überein. Auch hier bleibt ein eigenes 10. Abdominaltergit während der
ganzen Embryonalzeit und während des Larvenlebens erhalten. Namentlich
in frühen Embryonalstadien ist dieses Tergit im Vergleich zu den übrigen
von einer ganz auffallenden Länge. Es könnte diefs die Vermuthung nahe
legen, dafs möglicher Weise in das ıo. Tergit noch Bestandtheile einge-
schmolzen sind, die der Rückenplatte des ı 1. Abdominalsegments entsprechen.
Es ist mir leider nicht gelungen, in dieser Hinsicht zu völliger Gewilsheit
zu gelangen, doch ist immerhin zu betonen, dafs ich mich von der Existenz
einer gesondert auftretenden ıı. Tergitenanlage auch bei Forficula niemals
habe überzeugen können.
Wenn man jetzt die Aufmerksamkeit wieder den Sterniten zuwendet,
so ist hervorzuheben, dafs die Sternitenanlage des ı ı. Segments verschwindet,
sobald eine Zusammenziehung der Bauchganglienkette nach vorn statt-
findet. Sehr bald darauf geht auch das nur einen schmalen Streifen
bildende 10. Abdominalsternit zu Grunde, es schliefst sich eng an den hinten
folgenden Analabschnitt an und kann dann an diesem als ein selbst-
ständiger Abschnitt nicht mehr nachgewiesen werden.
30 R. Heymons:
An der in Fig. 3 gegebenen Abbildung bemerkt man noch in der
Nähe des Vorderrandes des Analstückes (Ans) eine dunklere Querlinie, die
voraussichtlich auf das dort eingeschmolzene 10. Sternit zurückzuführen ist.
Das letzte Abdominalsternit gehört also bei den hier beschriebenen
Inseeten dem 9.Segmente an. Es findet sich bei den jungen Larven noch
in allen Fällen vollkommen erhalten und kann erst später abortiv werden,
indem es in die Tiefe rückt oder mit anderen Platten verschmilzt.
Das 9. Abdominalsternit ist besonders dadurch ausgezeichnet, dafs sich
daselbst bei den Männchen von Periplaneta und Gryllotalpa schon in
embryonaler Zeit die definitive Geschleehtsöffnung ausbildet (Fig. 3 gen).
Es wird an dieser Stelle der Ductus ejaculatorius in Form einer unpaaren
medianen Hauteinstülpung angelegt. Bei Forficula ist diefs für beide
Geschlechter zutreffend. Am gleichen Orte und ebenfalls als unpaare
mediane Hauteinstülpung findet hier die Anlage der Geschlechtsausführungs-
gänge statt.
Es mag hinzugefügt werden, dafs diese Lage der äufseren Geschlechts-
öffnung am 9. Segment vielleicht erst secundär erworben ist, denn ur-
sprünglich reichen wenigstens bei den genannten Inseetenembryonen die
mesodermalen Geschlechtsgänge bis in’s 10. Abdominalsegment hinein.
Bei den Blattiden besitzt das 9. Abdominalsegment noch eine weitere
Eigenthümlichkeit. Wie bereits Haase (89) und Cholodkovsky (89)
beschrieben haben, persistiren hier bei den männlichen Individuen die
Extremitäten in Form der sogenannten Styli.
Ich habe noch auf die Entwickelung des Analstückes einzugehen.
Inmitten desselben befindet sich die Afteröffnung, in deren Umkreis, wie
bereits oben gesagt, ein Ringwulst sich erhebt.
An dem Wulst lassen sich nun später gewisse Abschnitte unter-
scheiden. Bei den von mir untersuchten Insecten waren diefs stets drei
bestimmte Theile. Einmal ein dorsal befindliches Stück, welches, wenn
wir ein ausgebildetes Inseet von der Rückenseite betrachten, die Afteröffnung
von oben her bedeckt, und zweitens zwei lateral und ventral gelegene
Abschnitte, die meist das erstere noch an Gröfse übertreffen.
Das erstgenannte Chitinstück stellt die Lamina dorsalis (supraanalis)
oder die Afterdecke dar, die beiden anderen Stücke sind unter dem Namen
Laminae subanales (Valvulae anales) bekannt geworden (Fig. 3 /am sup und
lam sub).
Die Segmentirung des Insectenkörpers. 31
Über die Entwiekelung der betreffenden Theile habe ich im speciellen
kaum etwas hinzuzufügen. Sie vollzieht sich immer in sehr überein-
stimmender Weise. Bemerkenswerth wäre höchstens, dafs bei G@ryllotalpa
die Laminae subanales anfänglich mehr ventral, bei Periplaneta dagegen
mehr lateral von der Afteröffnung erscheinen. Ein wesentlicher Unter-
schied ist hierin aber nicht gegeben, da die betreffenden Theile eben
immer in der Nachbarschaft des Afters im Analsegment zur Anlage kommen,
und in Habitus und Function sich auch später im ausgebildeten Zustande
vollkommen entsprechen.
Lamina dorsalis und Valvulae anales sind den Morphologen wohl be-
kannte Gebilde. Suchte man einen Vergleich zwischen ihnen und den
übrigen Theilen des Körpers anzubahnen, so pflegte man bisher sie meist
als Dorsal- oder Ventralplatten eines Segments anzusehen.
Lacaze-Duthiers (52), Brunner von Wattenwyl (76) und viele
Andere haben diese Ansicht vertreten, der zu Folge die Lamina dorsalis als
Tergit, die Laminae subanales als das median gespaltene Sternit des letzten
Abdominalsegments aufzufassen wäre, und zwar hat man die betreffenden
Theile hierbei dann meistens dem ı1. Segmente zugerechnet.
Diesen Autoritäten sind seitdem eine grofse Anzahl von Entomologen
gefolgt. Von mancher Seite werden hingegen auch die Laminae subanales
nicht dem ı1ı., sondern dem 10. Segmente zugerechnet.
Als ein Beispiel hierfür will ich nur eine unlängst erschienene Ab-
handlung nennen, welche sich gerade in einer sehr eingehenden und gründ-
lichen Weise mit der Morphologie des Körpers von Gryllotalpiden beschäftigt.
Nach Saussure und Zehntner (94) weist nämlich das Abdomen von Gryllo-
talpa 10 Sternite auf, deren erstes verschwunden ist, während das zehnte
durch die Valvulae anales repraesentirt sein würde. Die Lamina dorsalis
(valvule superieure) dagegen hätte man den genannten Autoren zu Folge
als: le resultat d’un prolongement median du dernier (10”°) tergite zu
betrachten.
Dieser Deutung wird man jedoch wohl keineswegs beistimmen dürfen,
denn wir haben gesehen, dafs zur Embryonalzeit ein kleines 10. Sternit
vorhanden ist, welches nur später wieder zu Grunde geht. Die Lamina
supraanalis, die nach Saussure et Zehntner »semble souvent former
un segment separe« entsteht selbständig und kann daher aus diesem Grunde
auch nicht dem letzten Tergit als zugehörig betrachtet werden.
32 R. Hrymons:
Meiner Meinung nach ist nun aber überhaupt ein jeder Vergleich
zwischen den Laminae anales mit Tergiten oder Sterniten unberechtigt.
Eine Homologisirung der Laminae subanales mit Sterniten halte ich
deswegen für vollständig ausgeschlossen, weil die echten Sternite in
typischer Weise sich aus drei Stücken zusammensetzen, deren mittleres
dem Medianfeld, deren seitliche den medialen Bezirken der Lateralfelder
entsprechen. Nichts hiervon ist aber bei der Bildung der Laminae sub-
anales zu bemerken. Diese entstehen vielmehr ohne weiteres als Er-
hebungen innerhalb des Analsegments. Ebensowenig kann die Lamina
supraanalis einem Tergite entsprechend sein, denn von einer paarigen
‚Anlage, welche doch allen echten Tergiten zukommt, ist bei der Afterdecke
keine Spur vorhanden.
Die entwickelungsgeschichtlichen Untersuchungen lehren
also, dafs die Laminae anales nicht mit Bauch- oder Rücken-
platten homologisirt werden dürfen und dafs sie ebensowenig
mit sonstigen Körperanhängen in Parallele zu setzen sind,
sondern dafs sie vielmehr als selbständige Wucherungen des
Analstückes betrachtet werden müssen.
Ein Vergleich mit ganz ähnlichen Gebilden im Oralstück liegt auf
der Hand. Die zumeist unpaar vor der Mundöffnung entstehende Ober-
lippe würde der unpaaren hinter der Afteröffnung sich bildenden Lamina
dorsalis correspondiren. Die bisweilen paarig hinter der Mundöffnung
hervortretenden Verdiekungen finden ihr Gegenstück in den paarigen vor
der Afteröffnung auftretenden Valvulae anales.
Selbstverständlich ist auf die ursprüngliche Paarigkeit oder Unpaarig-
keit der genannten Stücke kein besonderes Gewicht zu legen. Der Schwer-
punkt des Vergleiches liegt vielmehr darin, dafs die erwähnten Theile in
den Endabschnitten der bestimmten Wucherungen im Umkreis der Darm-
öffnungen hervorgehen. Hierdurch treten sie natürlich ohne weiteres in
schroffen Gegensatz zu allen anderen Bildungen der echten Körpersegmente.
Es mag hieran angeschlossen werden, dafs, abgesehen von den Laminae,
keine weiteren Stücke aus dem primären Analsegment hervorgehen. Es
wird vielmehr bei der Bildung dieser Theile das gesammte Endsegment
im wesentlichen aufgebraucht. Diefs steht im Gegensatz zum vorderen
Körperabschnitt, wo, wie wir gesehen haben, ein beträchtlicher Bezirk des
Oralstückes in Form der »Stirn« dauernd erhalten bleibt.
Die Segmentirung des Insectenkörpers. 383
In den wesentlichsten Grundzügen ist jetzt die Bildung des Abdomens
dargestellt worden. Ich will kurz recapituliren, dafs an den ersten 9 Ab-
dominalsegmenten die Tergiten und Sterniten in normaler Weise zur Aus-
bildung gelangen.
Vom ı0. Segment erhält sich nur das Tergit, während das Sternit
bei den von mir untersuchten Inseeten schon während der Embryonalzeit
wieder vollständig verschwindet. |
Im ı1. Segment konnte ich keine Tergitenanlagen mehr nachweisen,
und das zugehörige Sternit erhält sich ebenfalls nur während einer ganz
kurzen Entwickelungsperiode. Das einzige, was an das Vorhandensein
eines ı1. Abdominalsegments später noch erinnert, sind die Extremitäten,
die allerdings als Cerci beim erwachsenen Insect sogar eine beträchtliche
Gröfse aufweisen und anscheinend wichtige Funetionen besitzen.
Am ı2. Analsegment entstehen Lamina dorsalis und Lamina subanalis
im Umkreis des Afters.
Nach diesem Grundschema ist thatsächlich das Abdomen der hier be-
sprochenen Inseeten in jugendlichen Stadien zusammengesetzt. Freilich
bleibt es nicht immer in dieser einfachen Weise erhalten, sondern es
können während des Larvenlebens sich mannigfache Veränderungen voll-
ziehen. die schliefslieh dahin führen, dafs der Abdominalabschnitt eines
erwachsenen Insects oft ein recht andersartiges Aussehen darbietet.
Es konnte um so weniger in meiner Absicht liegen, auch diese
späteren Umwandlungen noch im speeiellen zu verfolgen, als dieselben
bereits von verschiedenen Seiten studirt worden sind. Nur im Interesse
eines besseren gesammtüberblicks will ich ganz kurz, in Gestalt von Formeln,
die wichtigsten Modificationen wiederzugeben versuchen.
Die Bezeichnung in diesen Formeln ist, wie ich hoffe, in einer leicht
verständlichen Weise so gewählt, dafs die Zahlen der abdominalen Tergite
bez. Sternite mit den entsprechenden Abdominalsegmenten (1-11) über-
einstimmen. Geht ein Tergit oder ein Sternit zu Grunde, so ist seine Ziffer
mit einer runden Klammer umgeben, wird es überhaupt nicht als distinete
Platte angelegt, so ist statt dessen eine eckige Klammer benuzt. A bedeutet
Analsegment, das sich an die Tergiten als Lamina dorsalis, an die Sterniten
in Form der Laminae subanales anschliefst.
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1895. 1. 5
34 R. Hrvymons:
Gryllotalpa.
Il. Sternite.
Primär angelegt 1 22573,.42251 16.72.3259, nos A
Embryo....... (n) 27030 47 72,216 3277882391 (go)n (am)
arver ee a te A
Imago ........ a ER ee) A
Diese Formel besagt, dafs während der Embryonalzeit das 10. und
ıı. Sternit verschwinden, und dafs auch das erste seine Selbständigkeit
verliert, indem es mit dem Metasternum des Thorax sich verbindet, an
dem es übrigens dauernd erkennbar bleibt. Es erhalten sich demnach
3 freie Sternite.
II. Tergite.
Primär angeleot 7 220 3 74 55 267 37507 08 [cr] 24
Taryar ar muaee u ET A
Imagoreke TE ar 3 Ha 5 6 STONE 4A
Die ursprüngliche Tergitenzahl bleibt somit bei Gryllotalpa zeitlebens
bestehen.
Periplaneta d'.
I. Sternite.
Primärganpelegt (I z27 137 74 OS 6738 97 Town A
Embryo....... (x) 22% 73775425: 267768219. (To) FA
Tarvens-ecreen (ER 2 PS a Eos A
Imagor een. er er a N} p.\
Das erste Sternit wird auf eine unscheinbare schmale Chitinplatte
redueirt.
Il. Tergite.
Brimärsangelegt, 910027737740 57.67 77237970 un] A
Embryo....... I 2 3 A 50 68 lTo) A
Taryer. IR. ach ARD NGERAT IS NOTEN EEG A
Imapornec.en. ee ee) A
Beim Embryo verschmilzt das 10. Tergit mit dem Analsegment. Beim
ausgebildeten Insect sind das 8. und 9. Tergit kleiner und liegen unter dem
siebenten versteckt.
Periplaneta ?.
I. Sternite.
Brimär angelept.) 2 72,73, 42572627835 92:10, Z07 2A
Embryo....... (D)L 2 ara Res eg(ro) (an)
JumgevBarvere Alla) 2 SANS Cm ER SREG A
Imasor een ()23456 171 — — A
Beim entwickelten Weibchen sind die 8. und 9. Bauchplatte weichhäutig
und unter die siebente getreten, so dafs sie von aufsen nicht mehr sichtbar sind.
Die Segmentirung des Insectenkörpers. 35
II. Tergite.
Die Tergite stimmen beim Weibchen mit denen des Männchens überein.
Forficula d'.
I. Sternite.
Brimängangeleati a1, 52 737,42 50 16, 7,8729, 707 (zu), A
Embryo....... RES en te) |
TRARVORS Teen. — a u a A
Tuaponie rt —ır 1028 Beltanirsineti?7e 8 A
Das erste Sternit verschmilzt beim Embryo mit dem Metasternum des
Thorax. Dadurch wird das zweite zum anscheinend ersten u. s. w.
U. Tergite.
Primarsangelept u 2) 3024: 5 6. 7.8209 or [ır] A
Embryo....... ID a EACH TEESIEOE TO A
Warver in. ae a een A
Imago nee — I Na Aaern 6,0780 9 A
Das erste Tergit verschmilzt im Laufe des Larvenlebens mit dem
Metanotum.
Forfieula %.
I. Sternite.
Primär angelegt ı 2 3 4 56 7 8 9 10 [Im] A
Embryo....... (ee RIEC (Mo)) A
Taverne: — im e2 3, ee A
mag oRetele — 123456 - — A
Das 8. und 9. (embryonale) Sternit sind bei der Imago in zarthäutige
Platten umgebildet, die unter dem vorhergehenden Sternit verborgen sind.
U. Tergite.
Primär angelegt ı 2 3 4567 8 9 ı0o [ıı] A
anyone (MR 2 3 RATES 6 ES LOL A
Imapofrn..eer —ı23456—— 17 A
Das 8. und 9. Tergit verschmelzen bei der Imago mit dem zehnten,
an welchem sie aber bekanntlich noch als schmale Chitinstreifen erkannt
werden können.
Im Anschlufs an das soeben gegebene Körperschema von Forficula
möchte ich bemerken, dafs in der Deutung der dem Analabschnitt ange-
hörenden Chitinstücke ich mich nieht ganz an die treffliche von Brunner
von Wattenwyl gegebene Beschreibung anschliefsen kann.
5 *
|: a Ne Ad
36 R. Hrynumons:
Bekanntlich entwickelt sich die Lamina dorsalis bei den Forfieuliden
zu einer starken Chitinplatte, die als »Pygidium« zwischen die beiden Cerei
eingeschoben ist. Ventralwärts schliefst sich an dieselbe eine weitere vier-
eckige Chitinplatte an, die von dem Pygidium durch eine Nahtfurche ge-
trennt ist. Unmittelbar hinter der betreffenden Chitinplatte folgt erst der After.
Nach Brunner soll nun die letzthin erwähnte Chitinplatte die ver-
schmolzenen Laminae subanales repraesentiren, während nach meinen Be-
obachtungen die genannte Chitinplatte vollkommen dem Pygidium selbst
angehört, von welchem sie auch erst spät und nicht sehr deutlich abge-
gliedert ist.
Die Laminae subanales von Forficula bleiben zeitlebens von einander
getrennt. Sie verschmelzen indessen rechts und links mit den bis zur
Ventralseite reichenden Seitenstücken des letzten Tergites, wobei an der
Verbindungsstelle eine Nahtlinie erhalten bleibt.
Im Folgendem fasse ich noch kurz die wichtigsten Ergebnisse meiner
Untersuchungen, die als neu zu betrachten sind, zusammen.
1. Der gesammte Inseetenkörper setzt sich aus 21 Segmenten zusammen,
von denen das erste als Oralstück, das letzte als Analstück den 19 echten
Körpersegmenten gegenüber stehen.
2. Am Oral- und Analstück treten niemals Extremitätenhöcker auf,
während an allen Körpersegmenten mit alleiniger Ausnahme des zweiten
(Vorkiefersegments) wenigstens in einer bestimmten Epoche der Embryonal-
zeit Gliedmafsen vorhanden sind.
3. Der Kopf besteht aus 6 Körperabschnitten: dem Oralstück, Antennen-
segment, Vorkiefersegment und den 3 Kiefersegmenten. Das Antennen- und
Vorkiefersegment nehmen indessen nieht mit besonderen Chitinstücken an
der Bildung der Schädelkapsel Antheil.
4. Frons, Clypeus, Labrum und die Facettenaugen sind Theile des
Oralstücks. In dem »Scheitel« des Insectenkopfes und in den » Wangen«
sind die Tergiten der drei Kiefersegmente zu erblicken.
5. Die Kopfnähte lassen die ursprüngliche Zusammensetzung der Schädel-
kapsel erkennen.
6. Der Hypopharynx gehört nicht in die Reihe der Extremitäten,
sondern entspricht den verschmolzenen Sterniten des Mandibular- und der
beiden Maxillarsegmente.
Die Segmentirung des Insectenkörpers. 37
7: Die Kehlplatte (Gula) darf nicht auf ein Sternit zurückgeführt werden.
8. Die thorakalen Sternite können auf Grund ihrer Entwickelung den
abdominalen als aequivalent betrachtet werden.
9. Die Cerei sind echte Extremitäten, sie gehören als solche nicht
dem Analstück, sondern dem ı1. abdominalen Körpersegment an.
ıo. Lamina dorsalis und Laminae subanales sind Theile des Analstücks,
sie können nicht mit Tergiten oder Sterniten echter Körpersegmente homo-
logisirt werden.
Zum Schlufs ist darauf hinzuweisen, dafs die obigen Ergebnisse an
ÖOrthopteren gewonnen wurden, oder doch an Formen, welche wie Forficula
den eigentlichen Orthopteren sehr nahe stehen.
Die Entwickelungsgeschichte der Orthopteren hat in der letzten Zeit
eine ganze Reihe überraschender und werthvoller Aufschlüsse geboten. Ich
hoffe in einer gröfseren Abhandlung den Nachweis zu führen, dafs erst
jetzt nach einem eingehenderen Studium der Embryologie von Orthopteren
die Möglichkeit gegeben ist, eine richtige Auffassung von den weit com-
plieirteren Entwickelungsprocessen bei höheren Inseeten zu gewinnen.
Denn gerade wie die ausgebildeten Orthopteren zeitlebens auf einer
relativ einfachen und niedrigen Organisationsstufe verharren, so treten auch
in der Embryonalentwickelung dieser Thiere noch eine ganze Reihe von
primitiven Zügen zu Tage.
Im Anschlufs an die hier mitgetheilten Beobachtungen ist daher der Ge-
danke vielleicht nicht ganz von der Hand zu weisen, dafs die geschilderte Zu-
sammensetzung des Orthopterenkörpers eine allgemeinere Wichtigkeit besitzt.
Möglicher Weise stellt sie das Grundschema dar, nach dem überhaupt der Körper
aller Inseeten aufgebaut ist. Freilich werden, namentlich bei höherstehenden
Inseetenformen, mannigfache Modificationen dieses Schemas eingetreten sein,
Veränderungen, die im einzelnen Falle sicherlich erst durch weitergeführte ver-
gleichende Untersuchungen eine ausreichende Erklärung zu finden vermögen.
Verzeichnils der genannten Schriften.
Brunner von Wattenwyl (76). Die morphologische Bedeutung der Segmente bei den
Orthopteren. Separatabdruck aus der Festschrift zur Feier des 25jähr. Bestehens der
k. k. Zool.-Botan. Gesellschaft in Wien. 1876.
Brunner von Wattenwyl (82). Prodromus der europäischen Orthopteren. Leipzig. 1892.
Bütschli, O. (70). Zur Entwickelungsgeschichte der Biene. Zeitschr. f. wiss. Zoologie.
Bd. 20. 1870.
38
R. Heymonss:
Cholodkovsky, N. (89). Studien zur Entwickelungsgeschichte der Inseeten. Zeitschr. f.
wiss. Zoologie. Bd. 48. 1889.
Cholodkovsky, N. (gr). Die Embryonalentwickelung von Phyllodromia (Blatta) germanica.
Mem. Acad. St.-Petersbourg. (7) Bd. 38. 1891.
Grassi, B. (89). Anatomie comparee des Thysanoures et considerations generales sur l’or-
Bd.ır, 1889.
Sitz.-Ber. d. Ges. Naturf.
ganisation des Insectes. Archives italiennes de Biologie.
Haase, E. (89). Die Zusammensetzung des Körpers der Schaben.
Freunde. Berlin. Nr. 6. 1889.
Hansen, H., J. (93). Zur Morphologie der Gliedmalsen und Mundtheile bei Crustaceen
und Inseeten. Zool. Anzeiger. Bd.16, 1893.
Heider, C. (89). Die Embryonalentwickelung von Hydrophilus piceus L. Jena. 1889.
Kolbe, H., J. (93). Einführung in die Kenntnifs der Inseeten. Berlin. 1893.
Lacaze-Duthiers, H. de (52). Recherches sur l’armure genitale femelle des Insectes
Orthopteres. Ann. science. nat. (3) Bd. ı7. 1852.
Patten, W. (88). Studies on the Eyes of Arthropods. Journ. of Morphology. Vol.2. 1888.
Peytoureau, A. (95). Contribution a l’etude de la Morphologie de l’armure genitale des
Insectes. Paris. 1895.
Saussure, H. de, et Zehntner (94). Notice morphologique sur les Gryllotalpiens. Revue
suisse de Zoologie.
Viallanes, H. (gr).
la Mante religieuse (Mantis religiosa).
Wheeler, W. M. (93).
Bd. 8. 1893.
Bd.2. 1894.
Sur quelques Points de l’Histoire du Developpement embryonnaire de
Ann. science. nat.
A contribution to Insect Embryology.
Bd.2. 1891.
Journ. of Morphology.
Erklärung der Abbildungen.
Allgemein gültige Bezeichnungen.
A = Afteröffnung
Abx(ı-ır) = Abdominalextremi-
tät (1. bis Ir.)
Abzx,, = Cerei (bez. Ansatzstelle
derselben)
Ans= Analstück (12. Abdomi-
nalsegment)
Ant= Antenne (bez.
stelle derselben)
Cl= Clypeus
De = Deuterencephalum
Ansatz-
ext = Extremität
Fr = Frons
gen = Geschlechtsöffnung
ggl ab(s-ır) = Abdominalgan-
glion (r. bis r1.)
ggl mx(-2) = Maxillarganglion
(1. bis 2.)
Hyp = Hypopharynx
lam sub=lamina subanalis
lam sup=lamina supraanalis
/f = Lateralfeld
lob exti-2)=Aulsenlobus (der 1.
oder 2. Maxille)
lob int(-2) = Innenlobus (der 1.
oder 2. Maxille)
| Md= Mandibel
mf = Medianfeld
Mx(:-2) = Maxille (1. bis 2.)
Neur = Neuralrinne
O= Mundöffnung
Ob= Öberlippe (bez. Ansatz-
stelle derselben)
Obel= gemeinsame Anlage von
Oberlippe und Clypeus
| Oc= Facettenauge
palp m&(-2)=palpus (maxillaris
bez. labialis)
Pre = Protencephalum
Prostern = Prosternum
sg—sutura sagittalis
S%1-10) = Stigma (1. bis 10.)
Stern = Sternit
str =sutura transversalis
Styl= Styli
| Terg= Tergit
Thx=thorakale Extremität
Tre = Tritencephalum
| Ul= unterlippenartige Ver-
diekung am hinteren Mund-
rande
VVieriexz
|
Die Segmentirung des Insectenkörpers.
Figur 1.
Hinterende eines Keimstreifs von @ryllo- |
talpa. Bemerkenswerth ist die Anlage eines
ıı. Abdominalganglions (gg! ab;:), sowie die
praeanale Lagerung der Cerei (Abx::). Vergr.
etwa 95.
Figur 2.
Hinterende eines Keimstreifs von Peripla-
neta. Die Laminae subanales sind aufgetreten,
die Cerei beginnen dorsalwärts zu rücken.
Sichtbar ist ferner die Anlage eines ıı. Ab- |
dominalsternites (Stern;:). Vergr. etwa 75.
Figur 3.
Hinterende eines Embryo von Periplaneta,
von der Ventralseite betrachtet. Der Cercus
der linken Körperseite ist abpraeparirt, die
Styli sind nach den Seiten aus einander ge-
bogen. Vergr. etwa 50.
Figur 4.
Kopf einer vor kurzem aus dem Ei ge-
schlüpften Larve von Forficula. Von der Dorsal-
seite betrachtet. Vergr. etwa 20.
Figur 5.
Embryonalanlage eines Insects. Gezeichnet
im Anschluss an Keimstreifen von @ryllotalpa,
aber etwas schematisch gehalten.
etwa 65.
Vergr.
39
Figur 6.
Schema eines embryonalen Körpersegments.
Figur 7.
Schema eines nahezu fertigen Körperseg-
ments. Die beiden Tergitenhälften sind noch
getrennt.
Figur 8.
Kopf eines Keimstreifens von Periplaneta. Die
Antennen (Ant) und die Öberlippe (Ob) sind
entfernt. In den Medianfeldern der Kiefer-
segmente sind die Ganglien sichtbar. Vergr.
etwa 60.
Figur 9.
Kopf eines Keimstreifens von Periplaneta.
Älteres Stadium, als das der vorhergehenden
Figur. Aus den Medianfeldern (Sterniten) der
drei Kiefersegmente ist der Hypopharynx
(Hyp) entstanden. Antennen und Oberlippe
sind entfernt. Vergr. etwa 50.
Figur ıo.
Kopf eines beinahe reifen Embryo von Peri-
planeta, von der Dorsalseite und von vorn
betrachtet. Die Mundöffnung ist bei dieser
Ansicht nicht sichtbar.
lippe sind abpraeparirt.
Antennen und Öber-
Die am Praeparat
erkennbar gewesenen Loben des 2. Maxillen-
paares sind der Deutlichkeit wegen fortge-
| lassen. Vergr. etwa 42.
ri ii Bee; AN rei) ey are! din ar er BR:
ER väter rate De
Or Sa en 6 PTR np ea
Bra FEAR Wer Fa:
FAN | Ei ine
ine Inieenleun an Wei
ara Lau ri gran Car
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Elaue beABerlın
R.Heymons, Segmentirung des Insektenkörpers.
1 _ PHILOSOPHISCHE UND HISTORISCHE
ABHANDLUNGEN.
Die neuplatonische,
fälschlich dem Galen zugeschriebene Schrift
TTpoc Favpov Trepi TOD TM@C Euyuygovran TÜ Eußpva
aus der Pariser Handschrift
zum ersten Male herausgegeben
von
Dr. KARL KALBFLEISCH
in Berlin.
Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1895. 1.
ideal 1%
al
a
u ' ost
Vorgelegt in der Sitzung der phil.-hist. Classe am 7. Februar 1395
| [Sitzungsberichte St. VII. S. 111]. -
Zum Druck eingereicht am 28. März, ausgegeben am 29. August 1895.
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I ve Men BA }
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Einleitung.
Ike den griechischen Handschriften, welche Minoides Mynas auf einer
im Auftrage des französischen Unterrichtsministers Villemain (1840-1845)
unternommenen wissenschaftlichen Reise in den Klöstern des Berges Athos
entdeckte', befand sich der Rest einer in schräger, an Abkürzungen reicher
Minuskel geschriebenen Papierhandschrift des dreizehnten Jahrhunderts,
welche jetzt den ersten Theil des cod. Suppl. gr. 635 der Pariser National-
bibliothek bildet”. Sie mufs einst ziemlich umfangreich gewesen sein, da
sich auf dem neunten der erhaltenen Blätter (d. h. f. 11", da ı und 2
modern sind) der Custos ım findet, so dafs mindestens 17 Trinionen, also
102 Blätter vorausgegangen sein müssen; vielleicht waren es erheblich mehr,
da die Handschrift ebenso gut in Quaternionen oder Quinionen geordnet
gewesen sein kann; etwas Sicheres läfst sich bei dem gegenwärtigen Zu-
stand der Handschrift darüber nicht feststellen’. Erhalten sind 21 Folio-
blätter, welche fast alle, namentlich am oberen und äufseren Rand, durch
Feuchtigkeit sehr gelitten haben, so dafs sie an vielen Stellen nur noch
mit grofser Mühe zu entziffern sind; von dem ersten (f.3) und von den
beiden letzten (f. 22 und 23) ist nur noch etwa die innere Hälfte erhalten’.
! Vergl. Le Moniteur Universel 1844 Nr.5: Rapport adresse ad M. le ministre de l’instruction
publique u. s. w. 27°. — Daremberg, Essai sur Galien consider comme philosophe (bei seiner
Ansgabe der Fragmente von Galen’s Commentar zum Timaios, Paris 1848) 6° und Oeuvres
d’Oribase 1 (Paris 1851) S. X1l.
2 Vergl. H. Omont, Inventaire sommaire des manuscrits grecs de la Bibliotheque nationale
III (Paris 1888) S. 287.
® Die Feuchtigkeit hatte auch die inneren Ränder zerstört und die einzelnen Blätter von
einander gelöst; Mynas hat sie mit weilsem Papier durchschielsen und mit verschiedenen
anderen von ihm gefundenen Manuscripten (vergl. Ömont a. a. 0.) zusammenbinden lassen.
4 Vergl. Mynas’ Ausgabe von Galen’s Eisayoyı) Ötarertıry (Paris 1844) S. Ne’: To...
avreypabov .. nioadpov Umipye Kal oeoymos Ta Aeyoseva mepılewpıa ... Kai vn Ala ye kaı mav-
teNos e£ndavıor' av, ev Badeı muUpyov Tıvös kareppınnevov, ei u kareßnv avıımaöjevos.
1
4 K. KALBrLEıschH:
Das erste Blatt enthält Reste des Schlusses einer medieinischen Schrift, in
welcher Mynas', da sich der Verfasser auf eine von ihm geschriebene
Oeparevrırn uedooos beruft, mit Recht ein Werk des Galen vermuthete, ohne
zu erkennen, dafs es der Schlufs der Schrift Ilepi uapaonov (VII 666-704
Kuehn) war, um den es sich handelte. Aus der Vergleichung dieses Frag-
ments mit unserer Vulgata gewinnen wir keinen sehr günstigen Eindruck
von der in Rede stehenden Handschrift: sie zeigt sich in diesem kurzen
Stück ziemlich reich an Fehlern; an einigen Stellen berichtigt sie die Vul-
gata, was nicht viel heifsen will; an vielen anderen ist keine sichere Ent-
scheidung möglich, da es von dem Buch TIepi uapaouov, wie von den
meisten galenischen Schriften, keine kritische Ausgabe giebt”. Auf alle
Fälle aber ist die Handschrift für uns werthvoll, weil uns zwei Schriften
des griechischen Alterthums, soviel wir wissen, nur durch sie überliefert
sind, nämlich Galen’s Einleitung in die Logik (Eioayoyn dtaXerrırn), welche
1844 von Mynas herausgegeben und, wie ich an anderer Stelle zu be-
weisen hoffe, mit Unrecht von Karl Prantl (Gesch. der Logik I 591 ff.)
und Anderen dem Galen abgesprochen worden ist, sowie eine am Schlufs
verstümmelte Schrift unter dem Titel "Von Galenos an Gauros über
die Frage, wie die Embryonen beseelt werden’ (laAnvov mpös
lavpov mepl rov Tos Euyvyovra Ta Eußpva‘), welche bis jetzt keinen
Herausgeber gefunden hat. Mynas hat in der Einleitung zu Galen’s Eisagoge
(S. @) die Anfangsworte mitgetheilt; dafs er sich weiter mit der Schrift
beschäftigte, zeigen seine in die Handschrift eingebundenen Blätter mit
en OR SHRNTR
2 Das Fragınent beginnt mit abrov 700,4. Die Abweichungen von Kuehn’s Ausgabe sind
folgende: 700,4 röv fehlt || 6 re rov] de rov || nach Evepyesv zugefügt dmorexerraı || 7 Aeyonev ||
ıı rov fehlt || 14 papawonevore || 701,3 Gore Tpodnv uovyv] &s yv Tpodınov || 4 nach re zugefügt
äna || m] ein || 6 euro rov ororav rourwv] olv Tav axomav || 7 öuos fehlt || 8 &pyarasdaı || ıı oo ||
702,1 ye tovrwv un] re roVrov || 2 ai raıs] Ev row || 4 araa fehlt || 5 «ev fehlt || 6 ev fehlt |]
7 PAaßeporarov || TO Exew || ıı Eovra || 15 mapaxaupßave || 703,4 xpheis] mo(oıe) || 6 Bevrrara
so || 7 ($)ı || 14 Ev ratio ovykorato (ohne uev) || 16 TO odumav] avu(mav) oder adu(mav 70) || 17 vor
ünavrov zugefügt Exaorov || 704,2 vor E£evp. zugefügt abroo || 3 Exovoi Tıva Kara Tv Texvnv]
707 Tıva Kara ryv Texvnv (eyova). Die in runde Klammern eingeschlossenen Buchstaben sind
in der Hs. zu Grunde gegangen.
® Die Worte rov os Euyrvyovvrar (so) ra und das folgende € sind in der Hs. von
Mynas nach den erhaltenen schwachen Spuren mit rother Tinte erneuert. In der /Apo-
dewpia zu seiner Ausgabe der Eioayoyn daxerrıcy (S. u) giebt er &uyrvyovra. Der Plural
findet sich in der Schrift selbst nur III 3 (&oAAvvraı) und VI 2 (reXeiovvraı); an beiden Stellen
zeigt die Umgebung, dals er der Überlieferung zur Last fällt.
Die Schrift Ios &wpvyovraı Ta Eußpva. 5
Ergänzungen und die im Suppl. gree 727 (f. 21-46) enthaltene Abschrift!.
Er war überzeugt, dafs Galen der Verfasser sei; auch Kostomiris, der
in seinen Etudes sur les eerits inedits des anciens medeeins grecs (Paris 1890)
ebenfalls den Anfang mittheilt, versichert (S. 30): Le style et le contenu de
ee livre sont dignes de Galien lwi-meme; les idees qwil a developpees plus lar-
gement dans le traitd imprimd laAnvov ei Iwov TO Kara yaorpos (t. XIX
p. 158) sont mentionnees dans ce traite. Da indessen eine Schrift mit jenem
Titel weder in den von Galen selbst verfafsten Verzeichnissen seiner Werke,
noch in seinen anderen, sonst von Selbsteitaten strotzenden Büchern ge-
nannt wird, so wird es sich lohnen, ihren Inhalt theils ausführlicher, theils
kürzer wiederzugeben, um Betrachtungen über ihre Tendenz und ihren Ver-
fasser daran anzuknüpfen.
Die Lehre vom Eintritt der Seele in den Körper zum Zwecke der
Erzeugung eines lebenden Wesens bereitet grofse Schwierigkeiten, sagt der
Verfasser, da die Naturphilosophen und Ärzte im Zweifel sind, ob man die
Frucht bereits als ein mit Sinnesempfindung und Trieb ausgestattetes,
also animalisches Wesen betrachten, oder ob man ihr nur ein vegetatives,
auf Ernährung und Wachsthum beschränktes Dasein zuschreiben darf. Im
ersteren Falle giebt es zwei Möglichkeiten: man kann nämlich der Frucht
entweder eine actuelle, oder aber eine nur virtuelle Animalität zuschreiben,
wobei unter der letzteren natürlich nicht die blofse Fähigkeit, ein animalisches
Wesen zu werden, verstanden ist, die ja überhaupt nicht bestritten werden
kann, sondern vielmehr der Besitz des vollkommen ausgebildeten, aber
nicht bethätigten thierischen Habitus (&&ıs), so dafs also die Lebensver-
hältnisse der Frucht genau dieselben sein würden, wie nach der Geburt
in der Ohnmacht oder im Winterschlaf, in denen das vegetative Leben
stark beschränkt, die Bethätigung der Wahrnehmungs- und Willenskraft
aber gänzlich eingestellt ist. Mit dem Standpunkt Platon’s, sagt der Ver-
fasser, vereinigt sich am Leichtesten die Ansicht, welche der Frucht ein
lediglich vegetatives Dasein zuschreibt; denn hiermit ist sowohl die Noth-
wendigkeit des Eintritts der Seele von aufsen her als auch der Zeitpunkt
desselben ohne Weiteres gegeben (II ı ei uev olv unre [oov Evepyeia deıydein To
' So weit mir seine Ergänzungen und Vermuthungen richtig oder doch beachtens-
werth erschienen, sind sie mit dem Zeichen M in die Ausgabe aufgenommen; nur bei kleinen
selbstverständlichen Ergänzungen habe ich der Kürze halber seinen Namen nicht genannt,
in grölseren hat er sehr selten das Richtige getroffen.
6 K. KALBrLEeiscn:
Eußpvov .. ure Öuvaneı Cwov ..eukoAos To IMarwvı i; Tns eiokpioews avaykn
kaı (0) Opos 6 Tavrns Yılyvera): es muls der Augenblick sein, in welchem
sich zuerst Empfindung und Trieb zeigt, also der Augenblick der Geburt.
Setzt man dagegen die Beseelung vor den Geburtsact, so kommt man in
Verlegenheit, wenn man den Zeitpunkt näher bestimmen soll. Die einen
haben den Moment der Zeugung als den der Beseelung betrachtet, wie
Numenios' und die Neupythagoreer, indem sie den Flufs Ameles, aus welchem
nach den in Platon’s ‘Staat aufgenommenen Enthüllungen des von den Todten
wieder auferstandenen Pamphyliers Er die Seelen vor ihrem Eintritt in das
irdische Leben Vergessenheit trinken (621 A), ferner die Styx bei Hesiod
und den Orphikern, sowie den "Austlufs’ (ekpon) bei Pherekydes auf den
Samen deuteten. Andere haben behauptet, die Beseelung falle zusammen
mit dem Beginn der organischen Gliederung oder mit den ersten Bewegungen
der Frucht. Abgesehen von ihrer Willkür haben diese Auffassungen des
Platon den Nachtheil, dafs sie die Lehre von der Beseelung von aufsen
her in Frage stellen (I 4 Tov uev oliv kapov Aabopioaı TNs eioKkpioews
rois oütw Öo&acı Aeyeıv Töv IMAarwva ÖvokoAov, Aywv de oly NTTwv
EOTaL auToIs Teipwuevors deıkviva &s E£Ewdev 7 &uyruywaıs). Denn wenn
die Beseelung im Augenblick der Zeugung stattfindet, so liegt doch die
Annahme nahe, dafs mit dem Samen ein Theil der Seele des Vaters dem
zu zeugenden Wesen eingepflanzt wird; oder wenn die Beseelung mit dem
Beginn der Gliederung oder auch mit den ersten Bewegungen der Frucht
zusammenfällt, so ist es doch wahrscheinlich, dafs sie von der Seele der
Mutter ausgeht, zumal die geistigen Ähnlichkeiten zwischen Kindern und
Eltern diese Annahmen empfehlen. Unter diesen Umständen, erklärt der
Verfasser, beabsichtige ich zunächst zu zeigen, dafs die Leibesfrucht weder
ein animalisches Leben bethätigt, noch auch nur die fertige, aber ruhende
Anlage zu einer solchen Thätigkeit besitzt; ferner aber, dafs, selbst dies
zugegeben, die Seele des Kindes nicht von den Eltern, sondern von aufsen
her kommt, so dafs also auch in diesem Falle die Lehre Platon’s von
! Dals Numenios den Mythos des Er gedeutet hatte, wulsten wir schon aus Proklos
zur Republik 52,9 Schöll; vergl. 122, ı2 ff. Plotin. IV 3,26 (41, 25 Volkm.). — Die Citate
des Numenios und Moses (XI r) genügen nicht, um die Schrift dem Galen abzusprechen ;
denn er setzt auch De usu part. XI ı4 (III 905 K.) die Physik des Moses der des Epikur
entgegen, und die Zeit des Numenios läfst sich innerhalb des 2. Jahrhunderts nur in so weiten
Grenzen fixiren, dals seine Benutzung durch Galen nicht ausgeschlossen ist (vergl. Thedinga,
De Numenio, Bonn 1875, p-T).
IN ee a a
Die Schrift Ilos euyrvyovraı Ta Eußpva. 7
dem Eintreten der Seele in den Körper nicht umgestofsen wird
(U 5 ws unde ovrws r@ IlMarwvı adereiodaı Tov mepi Tas eiokpioews Aöryov).
Es erschien zweckmäfsig, den Gedankengang dieser Einleitung aus-
führlieher anzugeben, weil sie geeignet ist, auf die Ansichten und Absichten
des Verfassers ein helles Lieht zu werfen. Er macht die Frage, wie die
Frucht beseelt wird, zum Gegenstand einer ausführlichen Untersuchung,
weil sie für die Lehre Platon’s von dem Eintritt der Seele in
den Körper von grofser Wichtigkeit ist. Er erwägt, ob die Ant-
worten, die man auf diese Frage gegeben hat, sich mit jener Lehre Platon’s
gut oder schlecht vertragen, und scheint ihren Werth von diesem Gesichts-
punkte aus zu beurtheilen. Man wird gestehen müssen, dafs dies sonst
nicht die Art des Galen ist. Er ist zwar ein aufriehtiger Bewunderer
Platon’s, der nach seiner Überzeugung in allem Wesentliehen mit Meister
Hippokrates in Übereinstimmung, in Manchem sogar von ihm abhängig
ist; er hat den Platoniker Albinos zum Lehrer gehabt und selbst viel über
Platon geschrieben, aber er pflegt doch sein Urtheil über naturwissenschaft-
liche Fragen nieht davon abhängig zu machen, ob es sich auch mit Platon’s
metaphysischen Dogmen gut verträgt. Er pflegt vielmehr mit grundsätz-
licher Beschränkung auf das Gebiet der Erfahrung allen metaphysischen
Erörterungen möglichst aus dem Wege zu gehen, selbst wenn sie sich ihm
im Laufe seiner Untersuchungen aufdrängen', während wir hier gleich von
Anfang an in die Speeulationen über die Praeexistenz der Seele verwickelt
sind. Sehen wir uns indessen die von diesem angeblichen Galen in Aus-
sicht gestellten Beweise näher an.
Es gilt vor Allem, sagt der Verfasser, sich die unterscheidenden Merk-
male des Thier- und Pflanzenlebens klar zu machen und alsdann die Lebens-
verhältnisse der Frucht mit ihnen zu vergleichen. Die Thiere nehmen
ihre Nahrung durch den Mund, aufserdem, soweit sie dem Menschen nahe
stehen, durch die Nase Luft in sich auf, deren sie fortwährend bedürfen.
Dagegen zieht die Pflanze vermittelst einer Wurzel flüssige Nahrung aus
dem sie umgebenden feuchten Boden, Luft nimmt sie nur durch ihr Mark
auf; ihrer Frucht wird Nahrung und Luft dureh den Stiel zugeführt, von
! Vergl. z. B. über das Wesen der Seele IV 762 a. E., wo statt drayyerkonaı Erayy. zu
lesen ist, und 764,2; auch IV 509, 3 und V 643 g. E. entscheidet er sich nicht. Nemes. De
nat. hom. S.86 M.: TaAnvos de amocaivera ev obdev, aAAd kai Öianaprıiperaı Ev Tois dmodeıkrıkois
Adyoıs os oWdev ein mepi Wuxjs ämodnvänevos. Zeller, Phil. d. Gr. III 13 823 f.
8 K. KALBFLEIScH:
dem sie im Zustand der Reife alsbald abfällt. Diesem Leben der Pflanze
entspricht vollkommen das der Frucht im Mutterleibe; auch sie nimmt
Nahrung und Luft nicht durch Mund und Nase in sich auf, sondern zieht
beide durch den Nabelstrang, wie durch eine Wurzel, aus dem der Erde
vergleichbaren Mutterkuchen. Die Leibesfrucht steht mit der Mutter durch
den Nabelstrang in Verbindung, wie die Pflanzenfrucht mit der Pflanze
dureh den Stiel; sie löst sich im Zustand der Reife von ihr ebenso wie
die Früchte der Pflanzen abfallen (vergl. Doxogr. 425,18). Sie ist aufser-
dem ganz von Flüssigkeit umgeben, in der ein dem Menschen verwandtes
Thier nicht leben könnte. Aus diesen Erwägungen ergiebt sich, dafs die
Frucht im Mutterleibe das Leben einer Pflanze führt und erst beim Aus-
tritt aus ihm ein beseeltes Wesen wird (Cap. II).
Hier erhebt sieh zunächst ein Einwurf, der sich nicht etwa auf That-
sachen der Erfahrung, sondern auf Platon’s Theorie von der Seele
stützt. Platon, sagen die Gegner, betrachtet ja aber die im Samen wir-
kende Kraft als einen Ableger des dritten, begehrenden Seelentheils; diesem
schreibt er Begierden und demgemäfs auch Lust und Unlust, oder mit
anderen Worten Trieb und Empfindung, also animalisches Leben zu (IV ı).
— Mit demselben Rechte, erwidert der Verfasser unserer Schrift, könnte
man behaupten, Platon betrachte die Pflanzen als thierische Wesen, denn
er schreibt im Timaios (77 A ff.) auch ihnen Begierden (emvpiaı) und
Empfindung (ato$noıs) zu, ja er nennt sie geradezu (wa. Dies Alles er-
klärt sich aus dem eigenthümliehen Sprachgebrauch Platon’s, der alles
Lebende, also auch die Pflanze (®ov nennt und unter alodncıs jede passive
Bewegung (madnrırn Kivnoıs) versteht, die natürlich auch den Pflanzen
zukommt, während er die Sinnesempfindung als do&a bezeichnet. Im
Übrigen ergiebt sich aus der in Rede stehenden Stelle des Timaios deut-
lich, dafs Platon den Pflanzen die sich selbst bewegende Seele (aUroktvnTos
Yuyn), welche auf sinnliche Wahrnehmungen durch Willensäufserungen,
insbesondere durch Bewegungen reagirt, abspricht, und ebenso muls
man im Sinne Platon’s über die Lebensform des Foetus urtheilen, dem
Ja ebenfalls die Bewegung fehlt (IV 2-11).
Das letzte Wort dieser durchaus scholastischen Auseinandersetzung
giebt den Anlals zu einem neuen Einwand. Dem Foetus fehlt die Be-
wegung keineswegs, erwidern die Gegner. Wenn z.B. die Schwangere
ein von heifser Luft erfülltes Bad betritt, so bemerkt sie deutlich ein
Die Schrift Ilos euyrvyovra Ta Eußpva. )
Hüpfen des Kindes in ihrem Sehofs; der Foetus empfindet also die
Hitze und reagirt gegen diese Empfindung durch eine Bewegung. Ferner
sind die sonderbaren Gelüste schwangerer Frauen nach ungewöhnlichen
Speisen, die man als kirta (pica) zu bezeichnen pflegt, als Willens-
äufserungen des Foetus aufzufassen; denn er leidet darunter, wenn sie
nicht befriedigt werden. Dafs er willkürliche Bewegungen hat, be-
weist auch die Thatsache, dafs die Geburt einer todten Frucht schwer zu
sein pflegt, da hier die Mutter beim Ausstofsen des Kindes der Mitwirkung
desselben. beraubt ist. Man könnte zu diesen Einwänden hinzufügen, dafs
der Einflufs der Vorstellungen der Schwangeren auf die Körpergestalt des
Kindes das Vorhandensein eines Vorstellungsvermögens im Kinde
selbst voraussetzt (Cap. V).
Der Verfasser beginnt seine Widerlegung mit der Bestreitung dieses
letzten Punktes, auf die wir später zurückkommen werden (Cap. VI). Was
die Bewegungen des Kindes angeht, so zeigt schon der Umstand, dafs
die Frucht durch die Nabelschnur gleichsam festgewurzelt ist, wie sehr
dieselben von den auf Wille und Vorstellung beruhenden verschieden sind;
sie sind vielmehr den Windungen und Zucekungen von Theilen zu ver-
gleichen, in denen sich Blähungen festgesetzt haben, wie sich ja über-
haupt in unserem Körper zahlreiche Ortsveränderungen ohne Mitwirkung
unserer Vorstellung und Empfindung vollziehen, so z.B. der ganze Ver-
dauungsprocefs (VII 2). Die scheinbar auf Empfindung beruhenden Be-
wegungen des Foetus sind durchaus auf gleiche Stufe zu stellen mit den
Bewegungen, durch welche die Pflanzen auf Licht und Wärme oder auf
die Nähe von Gegenständen, an denen sie einen Halt finden, reagiren
(VII 3). Die befremdlichen Gelüste der Schwangeren rühren nicht vom
Foetus, sondern vom Uterus her, der ja bekanntlich von Platon (Tim. 91 6)
als Coov Eemidvunrırov rns mawWorouas bezeichnet wird, welches unter Um-
ständen tiefgreifende Veränderungen im weiblichen Körper hervorbringe:
auf ihn also sind sowohl die Gelüste der Schwangeren als auch die Be-
wegungen des Foetus zurückzuführen (VI a. E. amo ns unrpas apa ai
Kigoaı kal T@v Eußpvwv ai Kıynoeıs). Das Citat aus dem Timaios giebt
dem Verfasser Veranlassung, mehrere Ausdrücke Platon’s, welche gegen
seine These zu sprechen scheinen, in seinem Sinne zu interpretiren und
zur Bestätigung seiner Auffassung andere platonische Stellen auzuführen
(Cap. IX). Alsdann nimmt er einen ernstlichen Anlauf, die Frage ohne
Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1895. 1. 2
10 K. KAuLBrFueischH:
Rücksicht auf Platon rein sachlich zu erörtern (X a. A. kal avev de roV
Inarwvos auto xypn kad' auto okomeiodaı To Yıyvonevov). Aber er be-
nutzt dabei nicht etwa Thatsachen der Erfahrung, sondern durchaus mysti-
sche Theorien über die Harmonie zwischen Körper und Seele, deren Ur-
sprung uns später beschäftigen wird, und langt aufserdem bald wieder
bei Platon an, dem er diesmal die Autorität des Aristoteles" zugesellt
(XI 2. 3).
Hierauf beginnt (Cap. XII), der in der Einleitung aufgestellten Dis-
position entsprechend, ein neuer Abschnitt der Schrift, in welchem der
Beweis geführt werden soll, dafs dem Foetus nicht einmal eine virtuelle
Animalität, d.h. der Besitz des vollendeten Habitus eines thierischen
Wesens ohne Bethätigung desselben, zugeschrieben werden kann. Der Ver-
fasser vertritt auch hier gegenüber der Stoa (XIV 3. 4) den platonischen
Standpunkt (XIII 6. XV 4): aufserdem beruft er sich auf die astrologi-
schen Theorien der Chaldaeer (XVIs5), nicht als ob er alle ihre
Lehren für sicher hielte, sondern um zu zeigen, wie man von Alters her
allgemein der Ansicht geneigt sei, dafs die Beseelung erst nach der Geburt
stattfinde. Hier nimmt die Zerstörung unserer einzigen Handschrift so sehr
zu, dafs es schwer und schliefslich unmöglich wird, den Gedankengang mit
Sicherheit zu erkennen. So viel aber sehen wir noch deutlich, dafs auf
dem vorletzten der uns erhaltenen Blätter (XVII ı) der letzte in der Ein-
leitung angekündigte Abschnitt beginnt: (ei de) unde ravra meideı, Umo-
mTeveis be TNS alurorıwnTov wuyns Kal oVv ns Opelmrins Te) Kal abEnricns
neroya eivar Ta Eußpva bVcews, AA Eyw Kali mpos TovVTo eumo)pnoas
od dnuı To IMarwvı Eerker‘lodaı ryv EEwdev Tov (Yvywv eis Ta
owuara) elokpıoıv" AAN AönAos uev EoTw Tov TOTE Ö Kapos, Orı (6)
ovü(Te 6 rarnp Tnv) Yuynv Evöldwow oVre 7 unrnp, ws Ön Tı Kal AAXo
aywvıeı(rar ÖmAov) Yap ws ei un Ek TWv yovewv OTı EEwdelv eioer)pidn.
Hier tritt die Absicht unserer Schrift noch einmal recht deutlich hervor.
Mag die Beseelung des Menschen stattfinden, wann sie will; das ist nicht
das Wesentliche, worauf es dem Verfasser ankommt. Aber sie muls von
aufsen her geschehen; denn wenn die Seele des Kindes nur ein Ableger
der elterlichen Seelen ist, so ist es mit der Lehre Platon’s von der
Praeexistenz der Seele und von der Wahl des Lebensloses in
1
Über seine Ansichten in diesen Fragen vergl. Zeller II 2° 483*. 569". 593°.
Die Schrift Ilos euyvyovraı Ta Eußpva. 7
einem vorirdischen Dasein vorbei. Die ganze Untersuchung steht
also nicht im Dienste empirischer Naturwissenschaft, wie sie Galen sonst
unter thunlichster Vermeidung metaphysischer Speculationen betreibt, son-
dern unter dem Banne platonischer Dogmatik. Unter diesen Umständen
haben wir alle Veranlassung zu prüfen, ob denn die embryologischen An-
sichten, die in unserer Schrift vorgetragen werden, mit denen des perga-
menischen Arztes übereinstimmen.
Es liegt nahe, die Ansichten Galen’s über diese Fragen in dem unter
seinen Schriften überlieferten Vortrag ‘Ob die Leibesfrucht ein thierisches
Wesen ist’ (Ei (oov TO kara yaorpos XIX 158-181 Kuehn) zu suchen.
Aber man hat längst erkannt, dafs diese elende Sophistenrede, welche
übrigens mit grofser Entschiedenheit das Gegentheil der in unserer Schrift
verfochtenen Ansichten vertritt, unmöglich von Galen herrühren kann'.
Wir müssen uns daher an seine Schrift "Über die Entwiekelung der Frucht’
(Nepı kvovuevov dianmAdoews IV 652-702 K.), die beiden Bücher "Über den
Samen’ (Mepi omepuaros IV 512-651) und das 14. und ı5. Buch seines
grofsen physiologischen Werkes "Über den Gebrauch der Körpertheile’
(Mepi xpetas uoptwv IV 142-262) wenden. Da finden wir nun eine ganz
andere Auffassung der Dinge als in der Schrift. an Gauros. Galen .ver-
gleicht zwar auch das anfängliche Leben der Frucht mit dem einer Pflanze,
ja er führt diesen Vergleich sorgfältig bis in’s Einzelne aus (IV 543 £.665 ff.):
aber mit dem ersten Herzschlag des Foetus beginnt nach ihm
das animalische Leben: örTav de Tas koıAlas aoyn (N kapöla) Kal Tas
UNas auborepas (nämlich das arterielle und venöse Blut), @s av On Tre-
TANP@UEVNS autwv Tns obalas aurn Te obvleı kal Tas Aprnpias Aua eavrn
Kıvei TNV aurmv Eeavrn Kivmow, @OTE TO Kvovuevov oV uovov ws Pv-
ı Zeit und Stellung des Verfassers sind schwer zu bestimmen; die Bezugnahme auf
Asklepiades (aus Bithynien), von der Albr. v. Haller (Bibliotheca anatomica I 107) und
Ackermann (bei Kuehn IS. CL) sprechen, ist nur eine scheinbare; man sieht leicht, dafs
nirgends von einem Asklepiades. sondern immer nur von den Asklepiaden die Rede ist.
Dies wird bestätigt durch den cod. Par. 3035 (s. XIV f.197ff.), aus dem der stark verdor-
bene Text bei Kuehn an vielen Stellen berichtigt werden kann; aber er geht nur bis 178, ı K.
($vaw). — Der dem Galen zugeschriebene Aufsatz "An omnes partes animalis quod procreatur
fiant simul’ (Chartier V 326) steht nicht im Par. gr. 2164, wie Ilberg (Rh. Mus. XLVII 5ır)
nach Haller (Bibl. an. I ror) glauben mufste; diese Hs. enthält von den embryologischen
Schriften nur /lepi kvovuevov ÖtamNaoews und € C. ro «. y., dagegen aulser den im Katalog
(Om ont Inv. II S. 207) verzeichneten noch €i kara dvow Ev aprıpiaıs ala mepıexeraı (fol. 20°— 28"
= IV 703-736 K.).
Os
12 K. KALBrLeiısch:
Töv Erı Tyv Öloiknoıv Exeıv, AAX non kal ws (oov (IV 670, 12ff.).
An einer anderen Stelle (IV 238,4 ff.) erklärt er die Annahme gewisser
Ärzte, dafs der Foetus keine willkürlichen Bewegungen habe, für
einen schweren Irrthum (AeAnde Ö’alrovs Ta ueyıora, kal ToV Mavros
änapravovaow, OUK EiÖOTEes .. OTL TO Kvovuevov Non xpnraı rals kad’
öpunv Evepvyeiaıs vergl. 237 a.E.); dafs die Frucht nach vollendeter Glie-
derung ihrer Organe bereits ein thierisches Wesen sei, habe er in seinen
Werken Tlepi amodei£ews und Ilepı rov 'Inmorparovs Te kai IMarwvos
doyuarwv ausgeführt. Das grofse logische Werk "Über den Beweis’ in
15 Büchern (Seripta min. II 117,19 Müller) ist verloren gegangen, ebenso
derjenige Theil des ersten Buches De plaeitis, in welchem dies gestanden
haben mufs'; aber die angeführten Stellen genügen. Was die Bewegungen
des Kindes angeht, so erklärt er es (AXVIIA 811,12) ausdrücklich für einen
Fehler, sie dem Uterus zuzuschreiben, wie es der Verfasser der Schrift an
Gauros (VIII 4) that (auapravovoı Tas Kıvyaeıs TOV Eußpvov Taıs VoTepaus
avarıdevres); die Wendung der Frucht im achten Monat und das Zerreilsen
der umgebenden Häute bei der Geburt seien auf eigene Bewegungen des
Kindes zurückzuführen. Wir finden also bei Galen geradezu das Gegen-
theil der in unserer Schrift vertretenen Ansichten. Dafs er seine Meinung
in die entgegengesetzte geändert haben sollte, ist unglaublich; er mülste
dann wenigstens mit einem Worte darauf zurückgekommen sein, wie er
es sonst bei viel geringeren Meinungsänderungen thut (z. B. über die Zeit
der Entwickelung des Herzens IV 663, ır1 ff... Aber wir finden in unserer
Schrift keinen einzigen Hinweis auf andere embryologische Studien des Ver-
fassers, was für jeden, der sich an Galen’s Leidenschaft für Selbsteitate
erinnert, ein weiterer Beweis gegen ihren galenischen Ursprung sein wird.
Hierzu kommt, abgesehen von der Gleichgültigkeit gegen den Hiat, den
Galen sonst sorgfältig meidet?, noch ein weiterer innerer Grund. Wir haben
schon im Allgemeinen die Abneigung Galen’s gegen transcendente Probleme
! Darauf führt De place. 544, 3M. (V 553 K.): äp’ oiv, orı kara ryv mpornv dıamAacıv
Ex kapdlas 7 yeveoıs abrov Eortı, dia Tour’ apyxıv E£ovor Tyv kapdıav ai Aeßes; AAN” ovre mepi mus
roıabrys apxns y Öyryors yv, os Ev TO TP@Tw ypanparı kat’ üpyäs eudews diopıoraı (vergl.
241,12 M. 277 K.) kai mpos ro un (mreiodaı rıyv Ns yeveoews abrav apyyv old’ amodeıkıv rıva Emeyei-
pnoev Epaoiortparos eimeiv, &s Ex kapdias 7 Bvoıs Ev TO d1amAarrecrdaı To Eußpvov Ekebvoe To
Preßodes yevos.
® Vergl.Diels, JenaerLitt.-Ztg.1875 Nr.9; Marquardt, Galeni seripta min. I, XLVIIfE.;
Petersen, In Galeni De plac. Hipp. et Plat. libr. quaestiones criticae (Gött. Diss. 1888) S. 37 ff.
—
Die Schrift Ilos euyvyovrau Ta Eußpva. 13
festgestellt; wir können hinzufügen, dafs er auch in den in unserer Schrift
behandelten Fragen diese Zurückhaltung bewahrt hat. In der Schrift "Über
die Entwickelung der Frucht’ sagt er, er habe für die Zweckmäfsigkeit in
der Entwickelung des Organismus, die er durch seine anatomischen Studien
erkannt habe und auf’s Höchste bewundere, keine befriedigende Erklärung.
Er habe die Philosophen darüber befragt, die ja doch über die ganze Welt
und ihre Entwickelung so Vieles zu sagen wülsten; aber eine stichhaltige
Antwort habe ihm Keiner gegeben (IV 695). Es bleibe ihm niehts übrig,
als ein Ignoramus auszusprechen: &y® uev oVv amopeiv ÖuoAoy@ Trepi ToV
Ölan\doavros aitiov TO Eußpvov (700,5). Die vegetative Seele könne es
nicht sein, denn sie sei nicht vernünftig, geschweige denn weise; die ver-
nünftige Seele kenne ohne besondere Studien die kunstvolle Einrichtung
des Organismus nicht, könne ihn also auch nicht geschaffen haben; der
Weltseele, die ihm einer seiner platonischen Lehrer als die Schöpferin
des Organismus bezeichnet habe, wäre diese Leistung würdig, aber sie würde
nicht zugleich so viel häfsliche und schädliche Thiere geschaffen haben.
Dagegen erklärt der Verfasser der Schrift an Gauros (X 3ff.) mit voller
Bestimmtheit, dafs es die bereits dem Samen zukommende vegetative
Seele (dvoıs, durirn Yuyn) ist, welche, vermöge der in ihr enthaltenen
Keimformen' in Verbindung mit den Seelen der Eltern, unter Aufsicht und
mit Unterstützung der Weltseele (rns ra 0Aa Ötoıkovons apyns X 6, vergl.
XVI 5) den Körper baut.
Also Galen ist nicht der Verfasser unserer Schrift; aber sie wurde
in ärztlichen Kreisen gelesen und mit den Schriften Galen’s, unter denen
einige denselben Gegenstand, wenn auch in ganz anderer Weise, behan-
delten, überliefert; der Name des Verfassers ging verloren und der Name
des Arztes kar' e£oynv trat an seine Stelle (vergl. unten S. 25 Anm. 1).
Aber wenn Galen nicht der wirkliche Verfasser ist, wer ist es sonst? Ein
eifriger Platoniker, so viel ist gewils’. Der Name des Adressaten Gauros,
welcher so selten ist, dafs man ihn an einer der wenigen Stellen, wo er
! Die orepnarıkoi Adyoı hat der Verfasser der Schrift an Gauros (VII 2) von den Stoi-
kern angenommen, ebenso wie Plot. IV 3,10 (22,11); 4,11 (57, 22); 29 (80,2); vergl. Zeller
III 23 555; Porph. in Cat. 64, 30 Busse. Dals aber auch von den Seelenkräften bereits im Embryo
Keime vorhanden seien, will er ihnen nicht zugeben (XIV rff.). — Über die Weltseele als
Schöpferin des Organismus vergl. Plot. II 9,18 (211, r ff.), über die &voıs IV 4, 20 (67, 17).
2 Bezeichnend ist auch, dals er VIII 2, obwohl schon lange nicht mehr von Plato die
Rede gewesen ist, einfach oleraı sagt; vergl. Zeller Ill 2° 430°.
14 K. KaALBFrLeischH:
vorkommt, in Tauros ändern zu müssen glaubte, führt uns nicht weiter';
umsomehr sind einige Stellen, an welchen sich der Verfasser über seine
philosophische Weltanschauung ausspricht, geeignet, uns auf die richtige
Spur zu bringen. An einer schon berührten Stelle (VI ı) führt er Fol-
gendes aus: Die Einwirkung des Vorstellungslebens der Mutter auf die
Gestalt des Kindes beweist keineswegs das Vorhandensein eines Vorstellungs-
vermögens im Kinde selbst. Dies ergiebt sich aus einer Erwägung, welche
noch mehr als die ihr vorausgehende — die wir später nachholen werden —
im Sinne Platon’s ist (VI2 ioreov ye unmv kakeıvo Kal uaAAov pnOnceodaı
ueAXAov kara IINarwva). Es ist nämlich ganz natürlich, dafs die das
Wachsthum und die Gestaltung der Frucht leitende Kraft (n pvrin) von
der vorstellenden Seele der Mutter beeinflufst wird, da sie niehts Anderes
ist, als ein Erzeugnifs derselben: del yap kar' aurov Ta Amo ns olalas
Tıvov yevvaneva VMoßeßnke (Kara) Övvaneıs kat ovolas a&ıa TOV Yeyev-
VNKOTWV, Kal GöVvarov HEv ÖuooVoLa eivan ToLs "Yeyevvnkoaıw, Eemimeıdn (de)
Ye NWS TOV TEKOVTWV Yiyvera Kal Um Ekeivov TEXEIOUTAL. OVTW Yap Öld-
vora yevvnua oboa ev (1. vov) Umoßeßnke ev kart obolav Amo ToV Yevvn-
cavros auryv vov, Övvaraı Ö EnioTpebeıv aurn MpOs TOV vovv Kal
ovvieva T@Vv aurov, ei kal um kadamep 6 vovs rns ahpoas kal avev ÖL-
eEodov HiEews Eortıv Auoıpos (l. Enmoipos). maAıv 7 aAoyia n To Aoyw
ovvabns Yevvnua oboa Tov Aöyov EoTi uev kart oVolav Aoyıou@v AuoLpos,
Aeyeraı ÖE kara Aoyov kal Kata TNv oikelav ololav Aoyıkas Kweioda Aöv-
varos oboa bmo Tov Aoyov TeXeiovuevn (l. -ovraı). Tns On dAoylas kal OAwSs
Tov Erdvunrikov yevvnua ovoa 7 dvrırn kara rov IlAarwva vnoßeßnke uev
Kkat' ololav amo ns bogacrıns TE Kal bavraorırns, Öloıkeiodaı de Öuvaraı
imo Tns PavraoTırns Kalmep Auoıpos oVoa bavranlas Kal Öosns. Schon die
Ausdrücke Vroßaivew, Emiotpebew Tmpos Tov vovv, adpoa Kal avev dıe&odov
Aieıs zeigen uns, dafs hier nicht sowohl die Lehre Platon’s, als die Plotin’s
vorgetragen wird”. Vom intuitiven Denken, dem Nus, führt uns der Verfasser
! Wir finden einen /aüpos und einen KA(avdıos) Taupos in attischen Inschriften des zweiten
nachchristlichen Jahrhunderts; aufserdem erscheint der Name in einer griechischen Inschrift
aus Rom oder Umgebung und in einer lateinischen aus Allifae in Samnium. CIA II ı, 1098
(115/6 oder ı16/7 n. Chr.); 1138 (zwischen 174/5 und 177/8 n. Chr.); Inseript. Graecae Siciliae
et Italiae ed. Kaibel 1272; CILIX 2384; vergl. Taupeos Collitz D.-Inschr. 1 1286, 3.17 (Larisa).
® Vergl. z.B. für vroßaiveıv (vmößaaıs) Plot. 18,7 (107, 21 Volkm.); Porph. Sent. ıı
(S. XXXI go im Plotin von Creuzer und Moser Paris 1855) und bei Stob. I 349, 16
Wachsm.; Jambl. De comm. math. sc. 8 (34, ro Festa); — für emıorpedeıv (Emorpodn)
Die Schrift Ilos &uyvyovraı Ta Eußpva. 15
zum discursiven, der ötdvora oder dem Aoyos, und von ihm über die als
aAoyla zusammengefalsten niederen Seelentheile bis zur blofs vegetativen
Kraft hinab: es fehlt nur die höchste und die unterste Stufe, die Gott-
heit und die Materie, und wir hätten die ganze Stufenleiter jenes 'emana-
tistischen’ Pantheismus, in dem der Neuplatonismus die Formel der Welt
gefunden zu haben glaubte. Beachtenswerth ist die angeführte Stelle auch
als Probe des Stils unserer Schrift. Reich an Worten, aber auch deut-
lich, nieht ohne Farbe und Wärme, aber doch nicht überschwänglich, ist
ihre Sprache gleich weit entfernt von der knappen, oft dunklen Kürze
des Plotin und andererseits von der langweiligen Breite des Iamblich. Sie
erinnert am meisten an den Stil des Mannes, der durch seine Zeit und
seine persönlichen Beziehungen zwischen beiden in der Mitte steht, des
Porphyrios', bei dem wir auch für die Gedanken unserer Sehrift und
die Worte, in welche sie gekleidet sind, die schlagendsten Parallelen finden.
So steht z. B. an einer anderen Stelle, wo gegenüber den Stoikern, die
das Höhere aus dem Niederen sich entwickeln lassen, der oben ausge-
führte Gedanke wiederholt wird, ein Satz, den wir fast wörtlich bei
Porphyrios wiederfinden. Man mufs vielmehr, sagt unser Autor (XIV 3
vergl. Plot. IV 7,8 [132, 23 ff. Volkm.]), vom Besseren das Schlechtere ab-
leiten; denn av TO Yevvov TN auTov oVola xeıpov Eavrov Mehvke Yevvar.
Ebenso sagt Porphyrios in seinen "Adopuai mpös Ta vonra (13 S.XXXII4
mpös rtov voüv (deöv) Plot. 12,6 (56, 22); IV 8,4 (148, 5); Porph. Vit. Pl. 8 (15, ı Volkm.);
Ad Marcellam 24 (289, 19 Nauck°); Sent. 34 (XNXXIX 7. 15); — für a0poos und ev dıie£odo
Plot. 1 8, ı (181,15; 182, 23); IV 4, ı (47, 21. 27); Porph. bei Stob. I 349,8 W.; Sent. 44
(XLVII 44); Iambl. De comm. math. sc. ı (ır, ı2 Festa); zu @{/&ıs vergl. erapn Plot. I 2, 6
(56, 9); Jambl. De comm. m. se. 8 (33, 19); Proklos zum Tim. 233 A. — 7 aXAoyla für die
niederen Seelentheile Porph. De abst. III 27 (225, 14. 226,25 N.); Iambl. Protr. 5 (35, 16
Pist.); Nemes. 61 M.; 213; Simpl. in Phys. 1,8. ır Diels. — Vergl. die Indices von Diels
zu Simpl. in Phys. und Hayduck zu Simpl. in De anima.
! Die Worte dualmoıs (XII 4) und epiyvaors (III 3. XI 2) sind bisher nur aus Porphy-
rios (Stob. II 167, 10 W. Euseb. Praep. ev. III 7, 2) belegt. Die seltenen Worte alwia (IV 3)
und mpoßıiory (X14) lassen sich auch bei Porphyrios nachweisen (Stob. I 345, ı2. II 168, 25
W.) oo» — roow ohne uaAAov oder Comparativ (wenigstens in einem Gliede) XII 3. 7. Porph.
De antro Nymph. 4 (58, 18). De abst. I 4ı (117,8). 57 (132, 3). II 26 (223, 8?). 27 (226, 4).
Ad Marc. 32 (295,4). iva mit Conj. für öore IX 4. Porph. in Cat. 96,33. De abst. II 52
(178, 5). Eroov ovv karnyopeiv V 5; Eromov Aeyew Porph. De abst. III 6 (194, 10). or kal
XIV 4. (XII 5?) Porph. Ad Marc. 6 (277, 27). 34 (296, 13). Eus. Pr. ev. 19,21. val, daaiv,
AAN Womep ..ourwoi XIV 1. vai, daoiv, @AX ws..ovuros Porph. De abst. III 2ı (zrı, 16).
Anderes in den Anmerkungen zur Ausgabe.
16 K. KALBrFLEeischH:
Creuzer): Ilav TO yevvov rn ovola alrov yeıpov abrov yevva, und er fährt
ganz ähnlich, wie es an der oben besprochenen Stelle hiefs, fort: kal av
To yevvndev bVoeı mpos TO yevvnoav Emiorpebeı (vergl. 30 S. XXXVI). —
Die Gestaltung des Kindes wird nicht durch sein eigenes Vorstellungs-
vermögen, sondern durch das seiner Mutter bestimmt, sagt unser Autor
(VI, ı); denn es ist ein Gesetz, dafs wir durch unsere Vorstellungen den
eigenen Körper nicht verändern können; das vermögen nur die Daemonen,
welche den ihnen beigesellten luftartigen Leib durch ihre Vorstellungen
zwar nicht thatsächlich färben, aber doch auf eine nieht näher zu bezeich-
nende Weise in mannigfachen Gestalten erscheinen lassen. Auch diese
Lehre finden wir mit auffallenden Übereinstimmungen im Ausdruck wieder
in der Schrift des Porphyrios über die Nymphengrotte der Odyssee und
in seinen Grundzügen der Lehre vom Intellegibeln. Man vergleiche
Porph. De antro nymph. ce. ıı
p- 64, 15 Nauck’°. MNpos ITavpov VIı.
kat Tas Ye BiAoowuaTovs (Wuyas) ei uev a bavraloueda eis Ta
Uypov TO mvevnua EbeAkouevas TA- | aUTov OWwmara olol TE Nuev AMOo-
xiveıv TOVTO WS vedos.. Kal ek Tav | uopyvvodaı, Kah’ © non Aoryos
TOLVTWV ai Fvvavrwcal TIOL KATA | Kpareı ToVs Öalnovas TA ElON T@v
pavraolav ypwlovoaı TO TVev- | davraoudarwv eis TO ovvov Y Ta-
na eiöwAwv Eupbaneıs. pakeluevov alTols depwdes MTVevua
Porph. Sent.32p.XNXXVIL ıı (von | diadexvuvar, ypwlovras uev ovda-
der Seele des Verstorbenen) ek ns | u@s, dppyTo de TEOTwo' Tas Eubd-
Tmpos TO owua mpoomaßelas .. Eva- | veıs ns davraclas wonep Ev
mouopyvvrar TUMoS TNS bav- KATONTPW TO Trepl alrovs depı Öla-
taclas eis TO TVevua Kal OVTWS eıkvuvras, Eveöeyero eikaleıw TMV
EDEeAKEeTaL TO ElOwAovV. pavraciav ns Evovans Wuyns Ev To
owuarı kah’ Eavrmv ÖLarvmovv TO
TOHQ.
Auffallende Übereinstimmung mit Porphyrios zeigen ferner eine Reihe
von Stellen, welche sich alle auf ein Problem beziehen, das den Porphy-
rios von jeher besonders angezogen hatte. Drei Tage hintereinander hatte
er einst, wie er selbst berichtet (Vita Plot. e. 13), mit seinem Lehrer Plotin
! Der Verfasser bemüht sich, für den sich ihm aufdrängenden grob sinnlichen Aus-
druck einen passenderen zu finden, aber vergeblich (appıjrw de Tpomw.. Ötadeıkvivras).
Die Schrift Ilos euyrvyovrau Ta Eußpva. 17
über die Frage, wie das Wunder (De antro 14 S.66, 13-15) der Vereini-
gung der Seele mit dem Körper zu begreifen sei, disputirt, ohne ein
Ende finden zu können. Er hatte sich überzeugt, dafs die Gegenwart des
Geistigen als eines Unkörperlichen keine räumliche sein, sondern nur auf
Verähnlichung beruhen könne, soweit überhaupt ein Körper einem Un-
körperlichen verähnlicht und ein Unkörperliches in einem ihm verähn-
liehten Körper gedacht werden kann (Sent. 37 [XLIL, 46 ff.]| 7 oiv rap-
ovola oÜb Tomırn E&ouowrırn de, kadovov oiov Te owua Öuoıovedaı
dowuaro Kal aowuarov Hewpeioda Ev awuarı Guowuevo auto; vergl. 28
[XXXV, 45]). Es handelt sich nicht um eine Mischung, eine Zusammen-
kunft oder eine mechanische Verbindung, sondern um eine andere, unsinnliche
Art von Gemeinschaft (Sent. 35 [XLI, 42] oüre oiv kpacıs 7 uu&ıs 7 oVvodos
n mapadenıs, AAN Erepos TpoWoS.. Taowv.. ExBeßnkwos TOv Umo Tnv
aiodnoıw TınrTovo@v |kowwviov]). Das Unkörperliche ist in allem, von dem
es in geeigneter Weise aufgenommen werden kann (Sent.40 [XLIV, 46]
ev ravri TO Enırnödelws avro Öeyeodaı Övvauevo; vergl. Plot. IV 3, 17
[29, 15]);: die Natur des verwandten Körpers zieht die Seele herbei (De
abst. II 48 [176, 2] 6Akov ns wvyns h ToV auyYyevovs awuaTos bücıs)
und keine Macht der Welt vermag sie zu hindern, dort zu weilen, wohin
die Verwandtschaft sie hinabzieht (47 [175, 15] dteipyera de oüdauws
Yoyn Erei eivaı 6moı TO avyyeves kadeAkeı auryv; vergl. Sent. 23 |XXXV,
40]. Bei dem Verfasser unserer Schrift finden wir nieht nur diese Ge-
danken, sondern auch die Ausdrücke des Porphyrios wieder. Der Körper,
sagt er, zieht durch verwandte Beschaffenheit die zu seiner Leitung ge-
eignete Seele herbei (XI2 EAkeı.. kara ovyyeveıav.. TO dpnoodev mpos
Yuyns kußepvnow nv Emırndelav wuynv TO apuoodevri). Er wirft seinen
Gegnern vor, sie vermöchten nicht zu begreifen, wie die Seele dem Körper
gegenwärtig und wie sie ihm ferne, und dafs ihre Anwesenheit und Abwesen-
heit nicht räumlich ist, sondern auf’ der geeigneten und übereinstimmenden
Beschaffenheit beruht (XII 7 nv SaueXeı Kal ToVro ayvonua Tov avveivaı
un Ödvvauevov nos 7 Yuyn Tapa TO owuarı Kal T@s TAALV ANEOTI, Kal
OTı 00 TonıRy 7 mapovcla Te Kal amovola, Kata de Tyv EmıTndeıoryra
kal FvvapnooTriav yroı Eveotıv 7 TMApeoTi Ye kai ovupbwver 4 AmeoTı Kai
avouoAoyei). Sie wissen nicht, sagt er (XIV 4), dafs die Seele nicht wie
mit der Hand oder mit einem Striek oder in einem Käfig festgehalten
wird; denn sie läfst sich überhaupt nicht körperlich festhalten, sondern
Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1895. 1. 3
18 K. KALBFrLEiscnH:
nur durch geeignete Beschaffenheit, ebenso wie sich auch das Feuer
nicht durch einen Strick oder mit der Hand, sondern nur durch die ge-
eignete Beschaffenheit des Stoffes festhalten läfst (@yvoovvrwv OTı ouy ®s
xeypi n deouo 7 ws Lwyplo k(paryerrau ij Wuyn‘ oVde yap OAws TauTns
KPATNOLS O@uaTırn, AAAA MOVov Kata TNv EnıTndeLörnTa, WS oVde
TUp Kpareitaı beou@ N Xeipi, AAAa uovov Kata Tnv Ts UAns Enırndeisrnta).
Mit demselben Bilde sagt Porphyrios (Sent. 29 [XXXVI, 3]): “Wenn das
Unkörperliche im Körper festgehalten wird, so braucht es nicht einge-
schlossen zu werden, wie wilde Thiere im Käfig; denn kein Körper
vermag es auf diese Weise einzuschliefsen und zu umfassen (To dow-
narov av Ev owuarı karaoyxedn, ov avykXeıodnvaı der ws Ev Iwypeio
Anpia: ovyrAeioaı yYap auTo oVdev oVTw Övvaraı Kal Trepıaßev cwua').
Auf demselben Gesetz, wie die Vereinigung der Seele mit dem Körper,
beruht nach dem Verfasser unserer Schrift auch die Gemeinschaft der
verschiedenen Stufen des Geistigen unter einander. Wenn die
Seele, sagt er (XII 3), in sich gekehrt, den Nus gegenwärtig findet,
so braucht sie deshalb nicht von Anfang an im Besitze desselben in den
Körper eingetreten zu sein. Denn was nicht vom Raume gefaflst und
nicht körperlich festgehalten wird, sondern nur durch die geeignete
Beschaffenheit und Ähnlichkeit des Aufnehmenden mit ihm verwächst,
das hält nicht der Raum und nicht die Zeit und nicht irgend eine andere
Gewalt fest. Die ungeeignete Beschaffenheit löst es und hindert es, die
geeignete hält es und zieht es herbei; und soweit sie mit ihm überein-
stimmt, soweit hält sie es fest. Darum hat auch, wer die Gottheit er-
kannt hat, die Gottheit gegenwärtig, und wer sie nicht kennt, ist der
allgegenwärtigen ferne (n [l. ei] de orpabeiva eis &auvrnv Wuyn eüpiakeı
TovTov Mapovra”, ol Önmov Öld TOVTO Kal eyovoa im üpyns eioekpidn'
Ta Yap un TOTW Kkparovueva unde OwuaTık@s Kareyoneva |[vergl.
! Vergl. Nemesios De nat. hom. S. 134 f. Matth. ob yap kpareiraı imo rov ownaros (7 wuvxn),
EAN alrı) kparei TO owua, oboe Ev TO omuari Eorı bs Ev ayyeim ) dok® .. ul] ko@Nvoneva yap
Umo TOv oOwudrav TA vonTa .. obx old Te £otıv bmO TOMov awpatıkov karexeoAaı (fast dieselben
Worte /lös &ub. XI 3). Die Vergleichung dieser Stelle mit Porph. Sent. 29 bestätigt den
von H. v. Arnim (Rhein. Mus. XLII 276 ff.) erwiesenen porphyrianischen Ursprung des dritten
Capitels des Nemesios. Vergl. Plot. IV 3, 9 (21, 12); 20 (32, 25 ff.).
® Zum Ausdruck vergl. Porph. De abst. II 48 (176, 6) Exovoı mapovoav ryv Yuxiv
und Sent. 4r (XLV 40 ff.) oavröv üryvoeis .. kai moppw oov övra ebpiokeıs 1) abröv vavro duceı
mapovra.
Die Schrift Ilos ewyvyovraı Ta Eußpva. 19
S. 18 Anm. ı], raıs Ö'enırndeıornoı T@v deyonevov Kal 6uoLoTyaL
ovubvoneva oüx 6 TOMos old 6 xpovos ode aNAn Tıs Bla kareyei, Avcı
be Kal kwAveı i) Avemrndeıorns Kal Kpareı Kal ovvayeı i) emirndeıorns,
kai 000 cvubwvei, TOCW KaTexeı' OlO Kal 6 yvovs rov Heöv Eyeı Tov
heov mapovra! kat 6 ayvoov TO Tavrayov Mapovrı ameorı. Diese
Grundlehre des Neuplatonismus finden wir namentlich bei Porphyrios in
ganz ähnlichen Ausdrücken: Sent. 41 (XLV 28) aneorn (Tıs) ab &avrov
Ana kat dmeoTn ToV OvTos' Kal EoTı TISs ev AUTO Tap@v Mapovrı, TOTE
mapeı (viell. mapa oder mapeorı) kat TO övrı ravrayov ovrı. 37 (XLII 335)
TENANPWTaı Yap Eavrns 1 Övvanıs eis Eauvrnyv Keywpnkvia Kal eavrıv
Övvauovoa TO OIKelov KEKTNTAL Kpartos. 34 (XXXIX 6) der Towuv kadn-
panevnyv aurnv (Tv Wuynv) ovveivar TO Yevvjoavrı, Kal dpern dpa aurns
nera nv enıortpobnv aurn, nrep Eotiv Ev yvoceı kal eiönoeı ToV
OVTOS, oUX OTL OUK Exeı map aurn Ta'rnv, AAN ÖrTı Avev ToV po
aurns ou öpa ta aurns. De abst. [129 (107, 4) hu TO Tuyeiv Tas ToV
ovros Hewpias TO TEXoS, TNS TEVEEWS TEXoVENS TNV Kara Övvanır Tv
nuerepav avubvoıv To Hewpovvrı kal Hewpovuevw' ol yap eis aAXo, dAN
eis TOVv OvTws Eavrov 1; Avaopoum ode MOOS ANAo, AAAA Trpos ToV Ovrws
aurov (j) ovubvaoıs' alros de övrws 6 vovs. Vergl. Plot. I 2,4 (54. 7 ff.);
A528) BVL 52 (ABB 2 DH): lamblProtrh2 tl (ort).
Ebenso wie die Erhebung zum Übersinnlichen erklärt der Verfasser
(XI 2) auch die sinnliche Wahrnehmung durch die innere Verwandt-
schaft des Subjeets mit dem Objeete. "Das Auge sieht‘, sagt er, "nicht,
indem ein Luftkegel von der Pupille bis zum Himmel ausgespannt wird‘,
wie Chrysipp gelehrt hatte (Doxogr. 406, 4), ‘auch nicht, indem Strahlen
nach dem Öbjeet gesandt und gebrochen werden‘, wie einige Akademiker
behaupteten (Doxogr. 403” 8), ‘auch nicht, indem Bilder von den Objeeten
in das Auge strömen’, wie die Atomisten sagten, sondern dadurch, dafs
das eine zum Sehen, das andere zum Gesehenwerden geeignet eingerichtet
ist‘ (oUT® Yap Kal 6oPhaxuos Öpa, ol Kwvov ueypıs ovpavov Öduaradevros
AmMO TNS Köpns oVde AKTivav Trepıyloews eis TO OpaTov Ywvias KAdeeı
Amepyaoanevnys old EIOWAWV Ekpvevrwv ANO T@V ÖPWNEVWV EIS TO OpW@v,
To Öenırndeiws npuoodaı TO ev öpav, To Ö öpacdaı). Dieselbe Erklä-
rung des Sehens, durch welche das empedokleische Prineip Similia_ simili-
! Siehe Seite 18 Anmerkung 2.
3*+
20 K. KAuLBFLEeiısch:
bus‘ gleichsam in's Mystische übersetzt wird, mit derselben Ablehnung der
naturwissenschaftlichen Erklärungsversuche berichtet uns Nemesios (S. 182,
4 Matth.) von Porphyrios: "Porphyrios sagt in seinem Buche Über die
Wahrnehmung, weder ein Luftkegel, noch ein Bild, noch sonst etwas
sei die Ursache des Sehens, sondern indem die Seele selber auf das Sichtbare
stolse, erkenne sie sich selbst in dem Sichtbaren, weil die Seele alles
Seiende zusammenhalte und alles nichts Anderes sei, als die verschiedene
Körper zusammenhaltende Seele’ (Tloppupıs de Ev T® Ilepi aioOncews
oVUTe K@vov oVTE EidwAov ovre aMo TI bnow alrıov eivaı ToV öpav, aAAA
nv yuynv aurmv Evruyyavovoav ToIs ÖpaTols Emiywwokewv Eavrnv oboav TA
öpara TO Tv Wuxnv ovvexew navra Ta ovra Kal eivar Ta navra yruyiv
ovveyovoav owpara öudbopa; vergl. Plot. IV 5).
Es erübrigt noch ein Selbsteitat zu betrachten, das einzige, welches
sich in unserer Schrift findet. Der Verfasser vergleicht (X 4ff.) die Ent-
wickelung des Menschen mit dem Bau eines Schiffes: die Natur ist der
Baumeister, die Seele der Steuermann — ein bei den Neuplatonikern sehr
beliebter Vergleich”. Die Natur verläfst nie das von ihr gebaute Fahrzeug,
aber sie verbindet sich (mpooywpet X 5, vergl. Plot. IV 4,2 [49, 6]) bald
mit diesem, bald mit jenem Steuermann: solange sie nur im Samen ihren
Sitz hat, mit der Seele des Vaters, während des Foetallebens mit der Seele
der Mutter und erst im Augenblicke der Geburt mit einer neuen eigenen
Seele. Diese Verbindung aber ist eigener Art: keines von beiden giebt
seine Natur auf und doch sind sie auf’s Innigste vereinigt, als wären
sie zusammen ein Drittes geworden; hieraus ergiebt sich auch, dafs sie
nicht körperlicher Natur sind, wie die Stoiker behaupteten (rov mpoo-
xopeiv (de ypn) deovrws Akovew, oby ötı ovudeipera oVö ws Ta Kpa-
hevra avarroıyeovran, AAN örı nv deiav Ekeivnv Kpaoıv kal mapddo&ov
kat Tov Lwıkw@v iölav Övvanır ÖLaowleral, Kal OVTWS Evovvra Tois
enırndeioıs ®@S T@V Kıpvauevav Ta ovubheıponeva, Kal maAıv oVTws
Tas oikelas Övvaueıs OWwlovoıw @s TA Akpara Kal kad’ Eavra Ötakerpıueva‘
! Vergl. Plotin. I 6, 9 (96, 8) 70 yap öpov mpos TO Öp@uevov avyyeves Kal onoLov
moınodnevov dei Emißankeıv Ti Oea. od yüp av mamore eidev 6bdaryıos HAuov MA1oeıöjs un "yeryevnuevos.
18,1 (99, 14). 11 4, ro (158, 6). Iambl. De comm. math. scientia c. 8 (38, 6 Festa) &orı ö& kal
Tovro Gklopa kovov mepl mdons yvopıorıkns Öuvanews bs TO ONolw Ta Onoıa yıyvaokeraı (nach
Ps.- Archytas ebenda 36, 7).
* Siehe Plot. Ir,3 (41,15); III 4, 6 (266, 22 ff.) IV 3, 17 (30, 3); 21 (34,15); Iambl.
bei Stob. I 371, ı1ff. und 382,2 W.
Die Schrift Ilos ewyvyovraı Ta Eußpva. 21
6 Kal TovV un awpnara eivan unde öLadereıs (1. -veoı) FwudaTrwv Tas olrias
avrov Evioyeodaı Yiyveraı karnyopov). Indessen über diese Art der Ver-
bindung, fährt der Verfasser fort, bin ich bereit in anderen heiligen Be-
trachtungen'! in angemessener Ausführlichkeit zu handeln (aAA& epi uev
ns aovubhaprov Öl OAwv Kpdoews Eroımos Ev aMAoıs iepois Aoyoıs TO
TPOONKoV nEeTpov Amodovva). Wenn Porphyrios der Verfasser unserer
Schrift ist, so können wir in der That eine Stelle angeben, wo er über
diesen Gegenstand gehandelt hat. Denn derselbe Nemesios, dem wir schon
eine werthvolle Stelle über Porphyrios verdanken, berichtet (S. 139 M.):
"Porphyrios schreibt im zweiten Buch der Vermischten Fragen wörtlich
folgendermalsen: Es ist also daran festzuhalten, dafs eine Substanz zur
Vervollständigung einer anderen Substanz angewandt werden und einen
Theil einer Substanz bilden kann, indem sie in ihrer Natur verharrt und
dabei doch zur Vervollständigung einer anderen Substanz beiträgt, indem sie
zugleich mit einem anderen eins wird und doch ihre Einheit bewahrt, und
indem sie, was noch mehr ist, ohne sich selbst zu ändern, jenes, in welches
sie eintritt, durch ihre Anwesenheit zu ihrer '[hätigkeit hinwendet. Er
sagt dies über die Vereinigung der Seele und des Körpers’ (6 Tlop-
PVpıos Ev TO Ödevrepw Adyw Tov Ayunktov Inrnudrov ypabeı kara Acsıv
OVUTWS' OUK AmoyvwoTeov oUv Evdeyeodal Tıva ovolav mapaAnpnvaı eis auu-
TANPWOLV Erepas oloias Kal eivan uEPoS oVoias uevovoav Kata Tv eavrns
PVow nera TovV OvumAnpovv aNAyv oloiav, Ev TE aUv AAAw Yevouevnv Kal
To Kad' Eavryv Ev ÖLaawlovoav, Kal TO uellov, aUTNv uev u TPETO-
uevnv, TpEMoVEaV ÖE Ereiva Ev ois Av Ylyvnraı eis TNV Eavrns Evepyeıav rn
2
Tapovoia. Aeyeı de Tavra Tepl TNS Evooews Tns Wvxns Kal ToV OWuaTos)
! Die aovubdapros dı’ oAwv kpacıs ermöglicht es, dals die unsterbliche Seele ihre gött-
liche und wunderbare Mischung bewahrt (rnv eiav Ekeivpv kpaoıv Kal mapddokov .. dtaowlera
X 5). Bedenkt man aulserdem, dafs die Verbindung der verschiedenen Stufen der intelli-
giblen Welt unter einander, insbesondere auch die Erhebung der Seele zum reinen Denken
(vergl. Plot. IV 4,2 [49,17—-19]) und zur Gottheit auf demselben Gesetz beruht, so wird man
es begreiflich finden, wenn die Erörterungen desselben als iepoi Aoyoı bezeichnet werden.
Vergl. auch Plot. IV 7,8 (131, 3off.).
2 Noch näher kommen der aus /Tös &uy. angeführten Stelle die dem Ammonios Sakkas
zugeschriebenen Worte, welche Nemesios (129f. M.), wie v. Arnim a.a. O. beweist, ebenfalls
aus Porphyrios’ Zyura Cyryuara entnommen hat: Auywvios de o Öldaokaxos IMwrivov .. EXeye..
Ta vonra roıauryv Eyeıv dvow, os kal Evovodaı Tois Övvanevos abra detaodaı, kadamep ta avv-
edhapneva, kal Evovueva jeveıv dovyyxvra kal adıabdopa bs Ta mapakeiueva. Emi ev yap TOv owud-
oo" ’ r n r r ’ r DER WEL m ne \ ‚ D
Tav n EVWOIS aAA0ımaıvy TOV TVVIOVvTWv TAVTWS Epyalera, .. EMI ÖE TWV VONTWV EVWOIS JIEV "YIVETAL, aN-
ID
189)
K. KALBFrLeEıscnH:
So sehen wir uns durch die allgemeinen philosophischen Anschauungen
unseres Autors und insbesondere durch die Form, in die er sie kleidet,
überall auf Porphyrios hingewiesen. Wir wissen aber auch, dafs sich dieser
Neuplatoniker mit der in Rede stehenden Specialfrage beschäftigt und genau
die in unserer Schrift vertretene Ansicht darüber gehabt hat.
Sein Schüler Iamblich sagt es uns in den Resten seines Buches über die
Seele, welche uns lohannes Stobaios erhalten hat (I 49, 41 S. 381, 4 W.):
kara de IlopbVpıov Ev TN TpPWTn ümoryevvnoei TOV TIKTOUEVOV TPWTWS 1
kar' Evepyeuav! Cwomoua kat mapovoia ns Yyuyns bveraı. Denn dafs diese
etwas unklaren Worte den Augenblick der Geburt bezeichnen sollen, hat
Eduard Zeller (Ill 2° 657*) längst erkannt.
diese Stelle in höchstem Mafse unwahrscheinlich, dafs etwa lJamblich oder
Übrigens wird es durch
ein anderer späterer Neuplatoniker der Verfasser unserer Schrift gewesen
sein könnte; denn sie würden sich gewifs für ihre Ansicht auf einen Vor-
gänger wie Porphyrios berufen haben. Hiernach wird folgende auffallende
Übereinstimmung zwischen dem Verfasser unserer Schrift und Iamblich zu
beurtheilen sein:
Npos Ilavpov II 3
nKovoa Ö non TWVOs Ey® ÖLaTeıvo-
uevov TpOs huas Tuv Tpodvulav
TOV üppevos TNV Ev TaLs Oxeinıs Kal
To ovumades Tns unTpas üpna-
Ce Yuynv Ek TOV MEpLeyovTos dEpos
dıa TNS Avanvons Yıyvouevns HeE-
Takıynoavra nv bvcoıv, n Yopn-
Iambl. /I. vvyns bei Stob.1381,15W.
ArXa unv Ev ye To TOnW TNs Eioo-
dov Tov Yvyav, kad" ov Emilnrov-
uev NWS eiokpivera, ia ev EaTı
nn ’ r 4 ’ x mn ’
Tpın\An Öoga ı; EAkovoa ATO T@V EK-
x \ \ ’ an ’
TOs rnv Wuynv Ev tn KaXovuevn OUA-
Anıyeı n oa mpodvulav Tov Yer-
vovTos ÖLa TNS Avanvons N dia
yos NV TOV OTEPHATOS, OVv lÖLOTNTL
mpodvulav Tns Ümodeyonevns un-
Aoiwoıs de ob mapakoNovdel. — Der Vergleich der Verbindung von Seele und Körper mit der
von Sonnenschein und Luft (Nem. S.134) wird nebst anderen von Nemesios aufgenommenen
Gedanken auch in der pseudogalenischen Schrift De semine (Chartier III 232f.) aus Por-
In ähnlicher Weise verwendet ihn die Schrift /Tös euy. XI 3. Er findet
sich übrigens schon bei Plot. IV 3, 22 (35, 1-9); vergl. 4, 29 (79, 4fl.).
1
phyrios eitirt.
kar' Evepyeiav, denn vor der Geburt ist der Foetus dvvaneı (oov, aber nur kara To
emrmeiws Eyeıw mv (worowv wuyyv dvadetarfaı, ob zum Kata TO dm dederyuevov apyeiv (1 4). —
Die in unserer Schrift (XVII 6) erwähnte Ansicht der (stoischen) Gegner, dals die verschie-
denen Seelenkräfte sämmtlich schon im Samen angelegt seien, aber zu verschiedenen Zeiten
zu Tage treten, scheint Jamblich auf den Gedanken gebracht zu haben, dals man umgekehrt
auch jede einzelne besonders (von aulsen) eintreten lassen könne; vergl. Stob. I 381, ff. W.
Die Schrift Ios euypvyovraı Ta Eußpva. 23
EAKTIKN Wuyns' da de ToU üppe-
vos ws did owAnvos ovverdopoucav
TO omepuarı may Umo Tns ev N
untpa Tpodvnias ovMNaußaveodaı,
oTav Emırndelws Exn Mpös Kpa-
ow (l. kparneıv) aurn.
Tpas, OTav aurn enırndeiws exyn
MPOS TYV kparnaı y dia ovund-
Heıav Aubow, örav kown ovumve-
ovra auborepa EAKTIıRNV eyn Tuv
iÖLOTNTAa Ovykıvovnevns Kal tns
piVcews: ı; de kat avayknv (vergl.
Xlı. 2!) eioövvew moıeı THv aurokivy-
Tov (Yuynv) eis TO öpyavırov o@ua.
Die Fülle der übereinstimmenden Wendungen ist hier so grofs, dafs
entweder eine gemeinsame Quelle' oder aber Benutzung unserer Schrift
durch Iambliehos angenommen werden mufs, der gerade in seinem Werke
Tlepi yruyns, wie die erhaltenen Reste zeigen, seinen Lehrer Porphyrios oft
herangezogen hatte (Stob. I 365, 1.17; 370,5; 372, 13; 374,24; 375, 17.25;
377, 13; 384, 25; 457, 12ff.; 458,12.14;, vergl. Wachsmuth zu 369, gff.
— 2350,,19f5.),
Gauros redet, drei säuberlich geschiedene Unteransichten geworden sind,
Wenn dabei aus der einen Ansicht, von der die Schrift an
so dürfte dies in der bekannten Vorliebe des lamblichos für triadischen
Schematismus eine völlig ausreichende Erklärung finden.
Aber wir kommen noch einen Schritt weiter. Wir wissen nicht nur,
dafs Porphyrios über die in Rede stehende Frage die von der Schrift an
Gauros vertretene Ansicht gehabt, sondern auch, dafs er eine besondere
Abhandlung darüber verfafst hat. Freilich ist sie gänzlich verschollen:
von den Neueren, die über Porphyrios geschrieben haben, erwähnt sie
Keiner. Wir verdanken die Kunde von ihr dem Byzantiner Michael Psellos,
der in seiner AudaokaAla mavrodarn auch den bei allen Doxographen so
sehr beliebten Fragen, ob auch die Frucht ein thierisches Wesen sei und
wie sie sich ernähre (ei kat TO Eußpvov (wov Kal T@s Tpepera ToVTo),
einen Abschnitt gewidmet hat, welcher zuletzt von Ruelle” herausgegeben
! Die Möglichkeit einer gemeinsamen Quelle ist trotz der Art der Einführung (Nkovo«
&’ 70n rıvös €y6) und Zurückweisung (dAAd rovrovs ev ToVs uudovs kal Tore yerdcas olda), welche
auf mündliche Überlieferung zu deuten scheinen, doch nieht ganz ausgeschlossen; vergl.
J. Bernays, Theophrastos’ Schrift über Frömmigkeit (Berlin 1866) S. 145 (zu Porph. De
abst. 142 [117,16] 707 yap rıvov arrkoa) und Jambl. Protr. 17 (84,10 Pist. 707 yap rov &ymye
kal jkovoa rov oodov — Plat. Gorg. 493 A).
? Annuaire de lassociation pour l’encouragement des etudes greeques en France XIII 1879
S. 269. Vorher Cramer, Anecdota Par. I 342. (Im Abschnitt /1odev yivovraı rov yovewv ai
24 K. KALBrteiıscenH:
worden ist. Er lautet: Tpıoiv Evervyonuev BıßAloıs mepi Tobrov Tov In-
rnuaros, Inmorparovs MMopbvplov kai laAnvov, @v 6 uev Inmorparns'
kaı IaAnvos [wov auto bacıw eivan Ev rn Yaorpi kal kıveiodaı Ev rn ya-
orpl Umo Yuyns, TO ev AAoyov Tns aAoyov, TO de Aoyırov ns Aoyı-
uns, Tpepeodal Te Ev TN unrpa dla Tov oTouaros' eivan yYap Ev Tavry
OnAas Tas kai oronara Öl @v Tpeperau. Dafs sich der Foetus durch
den Mund ernähre, hat nun zwar Galen gewifls nicht gesagt, wohl aber
der Verfasser des oben erwähnten Vortrags Ei (sov TO kara Yaorpos
(XIX 166, 7f. K.), der also schon zu Psellos’ Zeiten für galenisch gegolten zu
haben scheint; vielleicht beruhen auch die Worte kat kıweiodaı Ev rn ya-
orpl Umo wuyns, TO uev aAoyov TNS aAöyyov, TO de Aoyırov Tns Aoyırns
auf Pseudo-Galen XIX 166, 4, wo es heifst eipedyoera de kal TO Ev m
unrpa Tdoaıs TaIS OIKovonius Xpwpevov, Kal TALs MPOS TNv Tns Wuyns Ki-
vnow (kıwnoecı Kuehn) kai Taıs mpös nv Tns PVoews av&now. Auch was
er über Saugwarzen im Uterus sagt, könnte dorther stammen (XIX 166, gf.);
übrigens steht es wörtlich bei den Doxographen” und er wird die Aus-
drücke aus ihnen herübergenommen haben. Indessen hören wir, was uns
Psellos von der dritten Schrift, der des Porphyrios, zu berichten weils:
O öe ye Iloppüpıos moAAoıs Aoyıoyuoıs kal amodeigen. Ölareiveraı un eivar TO
Eußpvov Iwov unde Euyrvywuevov (vergl. Hatzidakis Neugr. Gr. S. 74f.), @AAa
Ölknv dvrov karanepvrevodaı Kal kıveiodaı ouy Umo wuyns AAN Umo bVcews,
WoTep On Kal Ta devöpa kal Ta dvra kıweiodaı eiwde, Tpebeodai Te ov dıa OTo-
naTos, aNNa da Tov Xopiov kal Tov öubaxov' 6dev ToVTov amodeouovaıv ai
önoseeıs steht im Paris. gr. 854f. 163“ nicht mapa, sondern richtig mpos ro OnAv; der Zusatz em’
@Aarrov am Schlusse von /lös ai ovAAmYeıs yivovraı [Cramer S. 340] ist nicht nur unnöthig,
sondern auch grundfalsch.) Psellos hat die Neuplatoniker eifrig gelesen. Er erwähnt Plotin
(Migne Patr. Gr. CXXI 1031D. 1037 C. 1060D. 1065C. ı126D. ı153 B), Porphyrios (1153B.
1155 A, wo für ävaßaivovra natürlich Aveß& zu lesen ist. 1088C. ıro8B), Jamblichos und
Proklos (I153B. 1088C. 1146C). Vergl. Kroll De oraculis Chaldaieis (Vrat. 1894) S. 2 ff.
" Tlepı $Vo. maudiov 21 (VII 510 L.) örav de ö7 Ta Arpa ToV owuaros Tov madıov olwON Ekw
al oi Ovvxes kal ai Tpixes EppılwÖnoav, Tore ON Kal kıveeraı; vergl. MMepi oapkov 6 (VIII 592 L.)
To de madlov Ev TN yaaıpı avvexov Ta xeiNea uuleı &k TOv uNTpewv ns umrpos kal EAkeı rıjv
re rpo&bnv kal TO mveuua Ti) Kapdın elow.
q
426,17 Annokpıros Erikovpos To Eußpvov &v 7 ummpa dia ToD orouaros Tpebeodar*
ödev euhews "yevundev Em Tov uaotov depeoda: To oronarı (vergl. Hipp. Tl. vap«. 6 [VIII 594, 3f. L.)).
eivat yap kal ev rn untpa ÖnAas tıvas kal arönara, dı' @v rpedeodar. Man muls mit der
Möglichkeit rechnen, dafs Lemmata ausgefallen oder verschoben sind; was 426, 28ff. über
Alkmaion gesagt wird, steht in direetem Widerspruch mit Oribas. III 156 Axkpaiwv oleraı
oTı Ev Tals unrpaıs öv TO mawiov yotıev arönarı; vergl. Diels Dox. 190%, ? und zu 427, 5.6.
Die Schrift Ilos &uyrvyovraı Ta Eußpva. 25
naaı, va dıa ToV OTouaros TO Yevvndev Tpednra. Die Bemerkung über
das Abbinden des Nabels könnte in dem verlorenen Schlufs der Schrift
gestanden haben; aber da Psellos hier in die direete Rede übergeht, so
ist es viel wahrscheinlicher, dafs er sie selbst hinzugefügt hat, vielleicht
veranlafst durch den ihm vorliegenden Doxographen; vergl. 426, 23 oi
2Twroi (TO Eußpvov Tpebeordu) da TovV xopiov kai Tov öubaxov‘ öhev
Tovrov eidews amodeıv TAS Naovuevas kal avevpivew TO OTöna, iva Erepa
yevnraı 7 ueXern ns tpopns und 644, fl. Im Übrigen haben wir in
diesen Mittheilungen des Psellos eine kurze, aber zutreffende Inhaltsangabe
des ihn hier angehenden Theils der Schrift an Gauros, und damit, wenn
nicht Alles trügt, den Schlufsstein des Beweises, dafs Porphyrios ihr Ver-
fasser ist und kein Anderer'.
Zu diesem Ergebnifs unserer Untersuchung pafst es gut, dafs der
christliche, aber mit dem Neuplatonismus wohl vertraute Verfasser des
Dialogs Hermippos über Astrologie (herausgegeben von Bloch,
Hauniae 1830) im 17. Capitel des 2. Buches unverkennbar gegen unsere
Sehrift polemisirt. Man vergleiche?:
Ilos euy. ra Eußpva. Hermippus De astrologia Il ı7
P. 54.
"Erera Ö'eihus Aeyeıw mepi yeve-
FEews, Emeiönnep Amoplav Eoyov oi
TaAaıol, TOTEPOV TNV CUMAnYw apxıv
xpn rideoda m Tmv eis dos ToV Te-
II ı ei uev oDv unre (wov Evepyeia | xhevros mpo0o0or. ei uev yap EEwdev
Öeıydein TO Eußpvov .. unre Övvaneı... Tıs pain yvyovodaı, Ta'Tnv av uaNAov
evkoAos To IMarwvı 7 Tns eiokpi-
’ [2 ’ x ’ ’ e [4 E »»y
oikelav Apxnv eikKOTws Unoderro: ei Ö Ev-
! Ist Porphyrios der Verfasser, so kann für die Ersetzung seines Namens durch den
des Galen aufser der gemeinsamen Überlieferung auch ein palaeographischer Grund angeführt
werden, wenn man nämlich annimmt, dafs die Schrift nicht unter dem Namen Porphyrios,
sondern, wie z. B. auch das »Leben des Pythagoras«, unter dem ursprünglichen Namen
Malchos ging (vergl. Vita Plot. e.ı7). In dem Titel der mit Galen’s Schriften überlieferten
Abhandlung konnte ein schlecht geschriebenes oder halbzerstörtes MAAXOY leicht in TAAHNOY
verlesen werden. — Mit Porphyrios’ Ansicht vergl. Plot. IV 3,7 (17, 30) ka em av unrepwv
pauev Erepav eivar ovV ryv r7s unrpos (Yuyiv) ryv Emeiniovcav.
® Die im Folgenden theils ausdrücklich angeführten, theils stillschweigend aufgenom-
menen Lesarten von V (= cod. Vat. gr. 175 s. XIV) verdanke ich der Freundlichkeit der HH.
DrDr. Viereck und Kroll, welche eine neue Ausgabe des Hermippos vorbereiten.
Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1895. 1. 4
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26
vews Aavaykn Kal (6) Opos 6 Taurns
yiyverau .. (2) ei de Övvanueı (wov ..
ÖVoKoAov uev TOV Kaıpov Apopioau
TNS eIOKploews ..(4) aywv Ö'oUy NTTwV
Eorraı alrols TeıPwueVvoLS deıkvuvar @S
eEwdev h Euuywans.
Iı dvrıros {nv auvra uovov...
Toa Ö' myeaodaı da To weAXeıv
€k yaortpos mpoeAHdovra Lwov-
adar „ii
Iı ns uev idıornros Tov (wov
ev aiodnoeı Kal öpun owvioTa-
uevns.
Vergl. IT ı un Havualew ei ns
vyaortpos TpoeAdov Lwovra, kada-
mep ol Havualouev T@S Tpiv Ek TOV
marpos amokpıAnvaı TO OTEpNA HEvoV
Ev Eavr® Avevepynrov Eotıv bV TE-
Duke Önnovpyeiv Tns unTpas Emı-
TvyoV UETA TNV Erkpiow.
IX 2 aAXa Ti dnow (6 IMMarov);
"aopata ÜMO TuIKPOTNTOoS Kal
an‘Aaora (Pl. adöıan\aora) Ioa
karaomeipavres' TO de amAua-
oTov ovderw (vor.
XI 2eyo..
Aoyov Emaryouevos. uApTvpa Kal UV
kaı rov IMarwva ToV
K. KALBFLEISCH:
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Öodev maAıv, Eyeı kal TOVT Amopias,
Tore dei TOVTO vouilew Yiveodaı: oÜ
Yap Ön Havranacıv WPIOUEVOS 6 Kat-
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pös obros baiverau. Öo&aı uev olv Ek
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ueAXeıv EEw mpoeAHovra (wov-
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oHdaı. eyw Öe, örı uev TO Tov (owv
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[dıov kaß' öpunv Te Kal alodncoıv
Kal cbavranlav EoTi, uaAıoTa Tavrwv
mereIoual: OT ÖE OUNW MPOS TavrTa
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hke Ta Eußpva, dla Tovro unde Ioa
agıovv eivar T@v ATOTWV hyovuar' ei
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yap oiov EubwNevovoa Tns Wuyns
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KPUNTETAL, ANA HETA UIKpOV Avarl-
weı kat TO Eavrns TEXEeIOV yopnynoei.
kaltoı dainmv av, @S Kal TO ATpeueiv
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orte BovAouevns Nv ns Wulyns kai
Tovro Taıs im auryv (so V) emitat-
Tovons Övvaueow. aNNd, baciv, @o-
TEep Tapa TO TaTpl uevov Eri TO
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ovrov EoTaı, ei um Evepyeia TOLOVTOV
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yevorto. kal To rov IIAarwvos Ev-
ravda Evapyes eis amodeı&ıv, aoparta
ÜMO OUIKPOTNTOS Kal An‘Aacra
(Pl. aöıarmAaorta) Soa kaAovvros
Ta Eußpva: To Yap anAacrov
ovderwLwov, dact' kalt Apıoro-
TEANS be oYyeE backwv ToIs avdpw-
moıs Tov vovv mapayiveodaı kai
olde TAacıv AanA@s, OTmavıov de
20
BR)
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Die Schrift Tlos euyrvyovraı Ta Eußpva. 27.
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Tovtw ye ApıororeAnv, os öye
vovs avdpwmoıs Tapayiyveraı
kal obde Macıv oVTWs' OMAvıos
de 6Tw emırndela wuxn mpos vov
5 Kup
yiyveraı ovvovalav.
X 4 6 Önmas xpovos ev rn yaoTpt..
EOIKW@S VEWS KATATKEUN, EIS NV AUTIKAa
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On uaxa OTav EKTeX&oas aurnv 6 vav-
N ’ \ [4 ’
mnyos eis nv HaXaccav kadeAkvon
6 Kkvßepvntns eiaoıkilerau.
XVI 4 Ti oiv Tapdooouev TA
rpaynara almop)ia Tov mo(dev Ka)ı
amıoria Tov OTı EEwdev yKeı 1) auTo-
KivnTos wuyn —;
XI 3 oVö worep Opveov da
Aupidos eis oiklav, oVTws Imraraı dıa
[4 „x e er e x x
oTöuaros N pıvov n Wuyn dıa
TOV dEpos METONEVN.
Vergl. II 4 ras kara nv Yuxnv
önOLöTNTas Karmyopeiv TO modev EAy-
$On aurn und f. 23° 7 ff.
f. 23°” 21 üdbavras? Der folgende
(Gedanke stand vielleicht in dem zer-
störten Schlusse der Schrift.
XVI 5 (worep oUv oUk Arom)os
6 ns HpvarAAXidos nv Er mUpös
eivaı ei Tıs enırndela wuyn mpoös
nv avrov ovvovolav Yiveratı,
Tols ANeyouevorss ÖöpoAoYelv Eoıkev.
OA@s TE KvßepvyTtn TovTov eikd-
Covoı uera Tyv TNS vews TeXeav Öy-
niovpylav Toıs nndakloıs ebıoTauevo
kaı TO Öudvvew avaxaupavovri.
TU uev oUv Aeyoneva TavTd Te Kal
TOIAUTA TOAV TO EUTTDOCWTOV EXoVTa,
Eeyw de NdLoT' av Epolunv alTovs, T@s
n modev nkovoav eis TO o@ua TıV
Yuynv ws amo unyavns Heov Ereird-
yovow. ei uev Yap Öumranevnv
Kal mepıbepouevyv Öıa ToV depos
otpovdlov Ölknv Inrew bacıw eis
oua Tı ÖLA OTOHATOS Kal pLv@v
eieAdeiv, uvptov OoyAov Wuy@v rAalo-
uEv@v AAA@S TOV Aepa EUMANCTOVOL Kal
roıs Tas uereuyvywoeıs dbpovovaıv
abopunv Apiornv TovVTo Tape&ovow.
ei de ra nOn Tov dvodvrwv TA Ye-
voueva Avaudttera Kal eis NAıklav
NKovra Erı uaAAov Evapyeotepov dei-
Kvuot, OMAov ÖNmovV, @s Kal ai ns
Yuyns Övvanes TO owuarı avvuhal-
vovra. baln Tıs Av Iows oUK AT-
EIKOTWS Yiveodaı ToVTo Kav
EEwdev eivekpidn: raıs yap Tov
FOWHATOS Kpdoeoıv aurns Tas
Övvaneıs Emeodaı. ToTepov oVv
Auewov TO owparı ovvvcaıvouevnv
Tovro Aeyeıw bpioraoda n EEwdev
NKovCav; OUTW Yap ol uaAAov Apyxeıv
n dovAevew TAaUTNV KAaTIOoVvEav OUOAO-
ynoouev. TAvrWv | de ATONWTaTov,
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56
28
EEayıv EEwdev Paokwv yeyovevaı
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TA &k TOV OTMEPUATWOV Yıyrvo-
ueva &u(YWiyov OvToV T@V T)po-
ievrov Ta omepnara Blaos EEw-
Hev nuas avaneidwv Tpooep(xeodaı
nv Eu)yvyiav (vergl. die Anm. zu
der Stelle).
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DwAEeVovros MIOTevewv ‚nV
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AAAwv Avaryk)aio(v) Ölarerp)todaı: Ö1o
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TO (del 6008 Twı) ka ra&eı mpo-
Baiveıv Kal TO Tode uera Tode TrPO-
ayeı ..... Kal To (HpenTik)w@s uev Kal
abEnTıkos Kkıveiodaı ATO OTeEep-
udTwv oilkeiws Ylyverat, Ews Av
ev) yaorpı N, (aiodnrıkos) de Orav
TpoKUYN Kal naAıv AoYıK@S, OTav
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vor)ep(ov) vio)nrir(@s, K)al oVdevos
EEwdev Yuyırov Emeio(kpıdevros).
K. KALBFLEISCH:
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(reA&woıs V, verbessert von Kroll
und Wendland) rnv apynv avaupnaeı
(soV), aodevns Tıs eis Ta ano Taurns
pawerau.
Über die nachfolgende Ausgabe ist noch Folgendes zu bemerken. Die
Hs. enthält in grosser Zahl beide Arten von Abkürzungen: solche tachy-
graphischen Ursprungs mit fester Bedeutung, und gemeinschriftliche, deren
Sinn aus dem Zusammenhang entnommen werden muss. Sie schreibt xepav-
vuvres, Avmat, TVmoo und Timo, Ekmintov, e&avaykno, ÖlaToVTo,
oVdoAwe; ı mutum wird neben den Vocal gesetzt, aber meist etwas tiefer,
oft fehlt es (so stets in (wov und ow@lw; xpwlovra, xpnLei); yivera XVII 4,
yiveodaı X 2, avayıvooknı 12, sonst immer yıyv-; v EepeAk. nur vor fol-
gendem Vocal. Beibehalten habe ich den Wechsel von de und Ö' u. s. w.,
20
Die Schrift Tlos euyrvyovraı Ta Eußpva. 31
-TT- und -0o0-, ovv- und £vv-, von denen sich das letztere in den Platon-
stellen und den an sie angeschlossenen Erörterungen findet. Die ziemlich
zahlreichen Correcturen, welche, soweit nicht ausdrücklich das Gegen-
theil bemerkt ist, alle von erster Hand herrühren können, sind mit grosser
Vorsicht aufzunehmen; zum Theil sind es offenbar aus Unverstand entsprun-
gene Verschlechterungen. Zuweilen scheinen beigeschriebene Verbesserungen
(XV 3, XVI2, vielleicht auch IV 8) und Glossen (XII 6) in den Text hinein-
gerathen zu sein. Durch Eintheilung in Capitel und Paragraphen habe ich
die Gliederung des Gedankengangs anzudeuten versucht; die Handschrift
zeigt keine Abschnitte. In den Anmerkungen zu den Platonstellen be-
zeichnet z. B. auch yap ovv Pl., dass sich diese Lesart in einem Theil der
Platonhandschriften, in einem anderen die im Text stehende findet.
Ich kann diese Einleitung nicht schliefsen, ohne meinem hochverehrten
Lehrer Hrn. Prof. Diels für sein förderndes Interesse an dieser Arbeit meinen
lebhaftesten Dank auszusprechen. Auch Hrn. Privatdocenten Dr. Kroll in
in Breslau sage ich für seine Bemerkungen zu den Correceturbogen verbind-
lichsten Dank.
Nachtrag zu S. 3.
Bei erneuter Untersuchung der inzwischen nach Berlin übersandten
Hs. gelang es mir, festzustellen, dafs f.6 und 7, ı3 und 16, 14 und ı5,
22 und 23 zusammenhängen; hieraus ergiebt sich mit Sicherheit folgende
Anordnung:
SEA 260 72218779. 10 Ta T2 E13 TA8 ES TO 170 TS 199.207 210522823
ee
Es sind also zwei Quaternionen und etwas über die Hälfte eines
dritten erhalten; vor f.ıı gingen demnach, wenn die Anordnung in Quater-
nionen durchgeführt war, 17x8 = 136, oder, da der Custos auf f. ır auch ıy
gelesen werden kann, wenigstens 12X8 — 96 Blätter voraus. Die Lesung
ın zieht auch Diels vor.
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avEnTırn xopis aiodnoews Te kal öpuns Hewpovuevns: ohev T@v &ußpvov
bavranias uev xwpis Kal öpuns de&ayovrwv, auEnTıkos de Kal Aperrtikos
HOvov ÖloıKovuevov — apTupei Yüp dubw Ta yıyvoueva — duvrü uev i
Pvrois önora ouyyopew, Toa O' nyeiodaı dia TO ueANeıv Ek Yaotpos TrpoeX-
Hovra Swovoda: un Mponeres 1 Kal üvöpav aßacavioTws neueNernkö(Twv)
Tals T@v MOAM@v Ödgaıs vvikew' löia Ö’ ad maAıw T@v kal Iwikns Yovyns
avra nerexew UmeAnpoTwv Aubıioßnrnodvrwv, MOTEpoV Kal Evepyela Ioa
xpn Aoyileodaı Ta Eußpva 7 Övvaneı uövov, OUk Evepyeia — NV de TO uev Öuvaneı,
0 uNmw Öedeyuevov Tnv Övvanır olov T' nv Tavryv avalö)e&aodaı, ws 6 maus rıv
Ypauparıcyv, TO Öe Öe&auevov, OTav un Evepyn Kara Tavryv, ws 6 mals OrTav
Ypanunarıkos "yevouevos TpPOs AAAoıs w@v 7 kadevdwv unre ypdpn ut avayı-
Yvookn — T@v Övvaneı Ioa Aeyovrwv Ta Eußpva ov Kara To Enrırndeiws Eyew
Yvyovodaı Karnyopovvrav autwv TO Övvduei, Kata de TO dedeyuevov TV
Yuynv Kal novyalov EEmyovuevov TOVTO, bs Av TOV Kat Enırnoeornrta Öv-
vaueı Kal TPOS TWV uno Lwırns Wuyns alta uerexew iyovuevov CUYXWPpoV-
uevov. Ap oüv kadanep Ev TO Kapw Evioyovraı ns aloÖnrıns Te kat öpun-
TIRnS al evepyeiaı kalmep ns Yvyns Tapovons, @s OnAoı Tov madovs 1 Avcıs,
n xadanep Emi T@v DwAevovrwv Kata ToV Kaıpov Tns bwXelas 1; uev burn
ueveı Evepyera (B)payvkivnros, 1 de aloOnTıcn TE kat OpunTwn MAavTeAws Akt-
Über den Titel vergl. Einl. S.4 Anm. 3. 3 xkadevrao in xkıvndevrao geändert P;
kadıevar eis rı "sich auf etw. einlassen’ Porph. De abst. 137 (113, 24, vergl. 25; 114, 5). 39
(115, 17). 40 (116, 9) Il 52 (178, 5) Io ovyx@peiv geıaE Ber xXV4 11 ARbReREG: 7 ver-
ändert in TPOMETOE n P 13 abrä] « avra ü neneNernkörun Talo ToV moNAov doku avvijkeiv avra P
I5 tm K: 8’7// P, 8 auf Rasur 17 aaXoıs K vergl. "Porph. De abst. 139 (115, 14.
20). 40 (116, 14). 42 (117, 15).45 (120, 19): @///\vv P, vv aus or geändert 19 ö in ro
(vor dw.) auf Ras. P 19. 20 ryv Yuynv verbessert aus rn Yovxn 1
Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter 1895. 1. 5
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34 [FAAHNOY] MPOZ TAYPON
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vos de Kal EoıKOTWS TN Old OKEeA@v TEpLTAaTNoeı, NV EKTeXeiv OUNW old TE TA
Bpebn, kalroı kara bavrasiav KwoVvTWv TE aAUTA Kal OUYKAUTTOVTWV Kal
TOoTIK®s ueratıdevrwv, ei Kal unno® BadıoTık@s; Ekelivws uev yap Övvaneı (wa
TA KATÜ YaoTp0S, &S uevroı Acyeraı Övvaueı TA Tas E£eıs Eyovra Hovyalov-
cas, 0UTWOL de Kal Evepyela‘ kara 6 al Tovs durıkos uovov avra doıkeiodaı
hyovuevovs Yvyns Auoıpovvra TNS Öpuntıns Te kal aiodnTırns ei Övvaneı
Aeyeraı (oa, kara TO Emırndeiws Exew nv Iworowv Yuynv avadegacdaı,
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Ei uev oVv unre Iwov Evepyela Ödeıydein TO Eußpvov Tov Iwwv T@v
un Towv aiodnoeı Kal öpun Ötabepovrwv unre Övvaueı Iwov @s TO non
rıv Yvynv Öedeyuevov ei Kal dpyovoas eyeı Tas Tov (ovv)auborepov Evep-
yelas, elkoAos To IMarwvı ij Tns eiokpirews avaykn Kal (6) Opos 6 Taurns
yiyvera omAov Yap, ws Iwov uev un Ovros Tov|Eußpvov unT olv Evepyeia
unre Övv(dueı) @s TO (non T)nv ElE)ıw Öeöley)uev(ov) kal Apyovv, Övvdueı de
Aeyo(uevov) Iwov TO Enırndelws Exew Yuxnv Tv iölws Aeyouevnv Iwov ava-
degaoduu, Ore Tpw@rov aiodnT()Kov Yıyveraı Kal öpunTiköv, Avaykn Kal TV
EIOKPLOIV Kal TOV Kalpov TNS EIOKPITEWS Karakımeiv: © der Yıyveodaı vera
TyVv Er yaotpos kara bVcw Yyıyvouevnv amokunow. ei de Ovvaneı (wov &s
To Öedeyuevov nv EEw 7 naAAov Iwov Evepyeia nv TO Eußpvov, dVoKoAov
uev ToV Kaıpov aboplow TNs Eeiokpioews Kal TOAV Ye To anıidavov E£eı Kal
TAaouaTwdes OToLlos Av elvaı aubopıodn, Tov uev Orav karaßAndn To omepna
TOV Kaıpov TOVTOVv Aamodıöovros Ws Av und olov TE Ovros Ev TH unrpa
yoviuws kparndnvaı wytı ye wuxns E&Ewdev rn eiokpioeı Eavrns Tnv auüubvaıw
amepyacauevns — Kavrauda moAvs 6 Novunvios kai oi ras Ilvdayopov ümo-
X ovrwor de] vergl. 14. VII3 a. E. VIIr XIV ı. XVII 3.7. Porph. in Cat. 92, 24. 99,
25 Busse, Jambl. Protr. X (55, ı Pist.); nahe liegt ö7 vergl. Plot. III 2, 2 (228, 12). 7, ıı (325, 25)
mpooeXhovrwov P: (mo) mpoerdovrov? K vergl. I ı. II ı. XI ı 4 kwovvrov] s. Vahlen zu
5 @
Aristot. Poetik S. 108 9 Aeyeraı RK: Aeyeı ra P, eı geändert viell. aus » II. 12 aiodyoeı
1.56
kal öpun rov um (o@v (so) P s. 38, 11 13 Exeı auf Rasur P (ovv)auporepov] vergl. IX 5.
XV 3. Plat. Tim. 87 E (Symp. 209 B. Alk. I 130 A). Plot. Ir, 4-7. IV 3, 25-27. Porph.
Sent. 22 S. XXXIV 48 14 (6) R 2ı wK:n7P 25 kparndnva] vergl. Porph.
De abst. IV 20 (262, 18) antı ye P: wupjroı .. ye hat Porph. bei Eus. Pr. ev. XI 28, ıı
26 Novunwos] vergl. Einl. S.6 Anm. ı Mvdayöpov] vergl. Censorin. De die nat. 9, 3;
II, I-6
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uevns, kaddırep iorope: 6 Inmorparns, Tov de TOV Kaıpov abopilovros Ts eic-
KpIOEwS OTav TPW@ToV Kıvndn TO Eußpvov: Aeyeı de kai mept Tov xpovov ö In-
TOkpaTns' »oTav be ON TA Akpa TOV OWwuaTos ToV Taıwlov OLWÜN EEw Kal oi
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TEWwoNEVOV TOOS Muas nv Mpodvulav TOV Appevos TNV Ev TaIs Oyeiaus Kal TO
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TVons Yıyvouevns uerakıvnoavra nv bvow 1 Xopnyos hv TOV OTEpuaTos duv
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Baeraı To onepnarı, kadanep PVrews, eimep apa rn karaBoAn n Euyrv-
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ı IMarovı] Rep. X 621A auenn P 2 Horöcw] vergl. Theog. 361. 383 ff.
776ff. 'Opgırois] vergl. Hymn. 69,4. Gebet an Mus. 29. Frgm. 156. 157. 321 Abel de-
y
pekv P 3 eiakpıoıv verbessert aus Exkpıoıv P 4 as de OnAelas K: raro de Anker P nach
Hippokr. K: wovors, davor ein Buchstabe ausgestrichen, P 4. 5 Ötap@povuevns K: dtappov-
nevov in var geändert P 5 Imnorparys| I. pVo. maıd. 18 (VII 498 f. Littre) 6.7 'Im-
mokparns| ebenda 21 (VII 510) 8 EpılwÖnoavP öe] &n Hipp. vergl. 34,1 und 38, 22 Kal
7 2%
ö xp. Hipp. 9 y° unves ... 6° (so Hipp.) geändert in y” ev ... 6° P rıvös] vergl.
7
Einl. S. 22f. 12 uerakıv P 15 xparnow lamblichos (vergl. 34,25 kparndnva): kpaoıv P
19 devvo verändert in deikvvoıw P 25 äpa P: äua Kroll 26 (6) K e K: 7 P
5*
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36 [FAAHNOY] MPOZ TAYPON
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nuels Tolvvv TPonYyovuevws ev EriöelGoulev) OTı oVre Lwov Evepyeia TO
Kvovuevov oVTe Ödvvaueı ws TO Non nv Yuynv Öedeyuevov, ois Emeraı TO
uera nv Amorvnow Yiyveodu Tnv elokpıaw' (kai ov)yywpno(avres de) | To
Övvaneı 7 Kal Evepyela Twov eiv(iar T)O Elu)Bp(vov) alro, (Epov)uev ws ouxy
olov TE oVT oWv And ToV MAaTpos Yeyovevan nv Yixywaow oVT (o)iv amo
ns unTpos, AAAA uovov ws E&wdev, ws unde ovrws To IlNarwvı adereiodau
Tov Tepl NS Eeilokploews Aoryov.
Np@rov uev olv aurnv naprupouevo TNVv Evapyeıav po 6bHarumv He-
odaı a&ıovuev Tas eidomowovs Öıabopäas Tv Pvro@v Te kal rov Low, Eid’ oV-
Tus orevraodaı, TIoı uaAAov TPOOYWpEeL Ta Yıyvoneva Tepi Ta Eußpva' ei
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Ta Eußpva da Tov OTouaTos Erpebero, ouyi de dLa Tns evovons Övvduews
ev TO OMEpuartı, 7 TO bepouevov aiua kai Mepıkeyvnevov TO OTepuarı &vrös
ev rn unrpa onwoa kadanep Ta dvTa Er Ts yns THV ikudda TO uEv KaTa-
rarreı eis ab&noiv Te Kal Hpewıw Tov Eußpvov, TO Ö' ws Mepırrov acopiLeu
xpnoıuov kai ToVTo Eoouevov TeXeoiovpyndevrı eis Tov OALodov, ih) eiep
ÖHOLWS WS META TNV EK YaoTpos TTP000oVv da T@V piv@v avemveı TA Eußpva
AAN ovyi dla Tov öuhbakov, ap ol On kal Ta ueoa nprnueva pilns TPoMoV
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AnonimTew eis Tnv ynv Emelyerau, 1 0l0v TE Nv Avev Uypov mavrayodev Trepı-
KeYuuEVoV KAv TTPOS MikpoVv Avreyeiv alutd, oV ÖN Kata Tolvavriov uera Tv
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Sowv Ümnpxe (M)apan\nola aa um Avrırpvs rn T@v bvr@v, Eveywpeı Av &k
TOV Yıyvouevov Tas MioTes Aaußavovra ovyywpeiv Toıs (N)yovuevos (oa
eivar TA EulBpva)‘ Emeiuön de nv uev ws AaAMAorplav maparreırar, du Ns de
WS OIKELOTATNS, OXeöov Umevavriav Exeı TN HETA T(NV) EKk YaoTpoös Tro000ovV
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Evapyeıav aurovs TTPOoXeipws (d)marwuev, Emeinep ön Lwoıs aua rn mpokvykeı
Eevrvyyavouev, (wa Kal Kata YaoTpos Evdov eivan Aoyılonevor; N Yap ekeiva
adernreov EE &v ws duvra aM oiy os (wa Ötowkovueva (e)lpiokerau 7, ehrep
nayeodaı Toıs Evapyeoıv aövvarov, Ts uev Ek durov eis (wov ueraßoAns
(In)rnreov Tas airias, eimep TIoL ToVTo Tapdoogov aAAa un Picews Helas
Epyov eivam karabaivorro, TO uevroı un eivan (wa Ta Kata yaoTpos, Ovra
Eerions Akivnra r(piv) @s Swa wuyovodu, Eareorv.
Arr 6 IMarwv, bacı, Aeyeı Tpirov uoptov ns Wuyns Tov Eemdvun-
TIKOV uEPOS Eivan nv Ev TO onepnarı bvow, TO 6 Emidvuntov du 1do-
vns ayeodu Kal Aunns Kal oıTiov Öpeyeodaı kal Tpocbns, eivam de Tas ev
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38 IFAAHNOY] MPOZ TAYPON
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dıabopov dvrov Te Kal [wov üvapovoı naxouevoı Tals Evapyeiaıs Kal dla
nellovos dTomias TpOos Tv TrpoKeıuevnv Inrnow dmavr@vres, oVde ToV
Iarwvos (ö)mws uepos TO dvriköv Tov Emidvunrıkov Aeyeı Evvievres oVde
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plas TO Kowov Öldwoı Pos TA iölws kakovueva (wa Kal TNs aAuToKıvnTov
Yuyns uereoynkora. OnAwaeı 6 abra Ta pndevra in avrov maparedevra
TO TE ÖoKoVVv Eavr® Kal TV Ekelvov Adv(nv)' Acyeı Yap oVTws' »Eereiön
de mavr' mv Ta Tov Hynrov Iwov Evumeburora uepm Kal neAn, nv Öe
Lonv Ev mupi kaı mveunarı Evveßaıwvev EE avarykns Eeyew alUTo, Kal dla TavTa
UMO TOUTWV TNKOUEVoVv Kevovuevov (T') EebOwe, Bondeiav auto Heor unxa-
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vecı Kepavvuvres woH Erepov eivan Iwov dvrevovow': a ön vuv huepa dev-
Opa Kal dvra Kal omepuara madevdevra imo Yewpyias Tharo@s TrPOS
nuas Eorye, Tpiv de jv nova TA T@V Arypiwv yervn Tpeoßvrepa Tov Nucpwv
Ovra. Tav Yap Orımep av ueraoyn Tov Inv (mov uev Av Ev Ölkn Aeyorro
opborara. uerexeı Ye unv ToVTo O vuv (AE)youev ToV Tplrov Wuyns eldovs
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Kal vov uEereoTı TO undev, aiodnoews de | ndellas) kal (A)Ayeıvns uera Emı-
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NEPI TOY INZ EMYYXOYTAI TA EMBPYA IV ı-8. 39
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Eexew ÖıaßeBauovuehda, Iwov 6 oVrws eiva ws Ta dvrd. TIs oüv 7 aiodn-
cıs kat 7 Ope&ıs Tov bvrtwv; önwvvuos, now 6 IMdrwv, kai oüy n aurn
n Tov iöiws kaXovuevav Iwwv‘ TO Yap (ö)uwv(vuov) mapıoras edn‘ »rns
avdpwrivns ovyyern bVcews pVow aus ideas Kal aiodyoerı kepavvuv-
Tes wo’ Erepov [mov eiva dvrevovor« TÜ Nuepa Öevöpa kal Ta OTepnara.
aMAaıs oliv aiodyoecı ka aMNaıs öpekeoı ypmra tu pura kat Erepws Eoti
(oa y os [ra pvra] oi avdpwror' woTe kav alodnaıv Eyn ra EnBpva KaTa
Iarwva kav Ope&w kav Iwa Aeynra, AAN Öuwviuws Ye eyeı Tavra Kal
Aeyerau Iowa, Toıs uevror bvTois Ovv@vVuws, @S Kal alTov Fadw@s Acyovra
ÖeiEouev. @s oVv TA dvra Aeyeı ueregew »Tov Tpirov Yuyns eldovs Ö ue-
tag&v cbpevov |re kat] oubarov (Te) iöpvoda Aoyos, @ ÖoEns uev Aoyıouov
TE Kal voV uETEOTı TO undev, aloÖnjaews de ndelas kal AaAyeıns uera enıdv-
yIov« Kal OUWS TOVTWVv ueroya ovra oVkerı lva ws (va Aeyerau Ta TS
Yuxns avrorıwnTov ueToya, AaAXa uovov Voews MadnTıRns uereyei, MV ok
@Kvovv Yuynv KaNeıv Kal TO Kart aurnv Emipbepouevov TOOLS ÜTrokeiuevors
Kivnua Lonv ÖMWvuuws TO Ek TNS auToKıwNTovV TpoCayopevew, OVTWS TNS
aurns TauTys Övvanews ueroxa Ta Eußpva övra kal Iwa kart’ aurov Kal
Euyrvya kaAovueva kai aiodyaews nereyovra kalt Emivulas our Eorıv Erei-
vos (wa ws Ta Tnv abrorivnrov Wuxnv Kektnueva, Tepi Is MOTE eiaKpi-
vera ryv Inrnow Ta vuv Eveortnoaneda. mAavacrdaı de oÜ xpn ovyxeo-
HEvovVs ÜMO TNS Öuwvunias, AAN woren Aeyovros maweveodu Ta pvra
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40 [TAAHNOY] MPOZ TAYPON
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Tovow Em THv Yıyvouevyv TInwow Ev wouyn da [rns]| Tov aioOnrnpiwv |
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Kivnow, Ns uereyeı Kal Ta bvra, alodnow kaNeıv, TNV ÖE TN OWMAaTıRn Kı-
vnoeı ns Wuyns ovQuyov klvnow Öogav Mpooanyopevew, E&& auhow Te ns
Te aAoyov maßnrırns Kıvnoews, 1v alodnoıw Tpooayopeveı AAN oV Kivnaı
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Tau, ovvioravaı ToV aiodnTov Tyv KkaraAnyıv, kal dıa Tovro ücbopıLonevos
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Tüs mANyas olv TAs Aavverovs Kal Ayv@oTovs Kal Adbavraotovs + Tas
mpOS TNS kat aurns ns Öo&aorırns Wvyns Ovvapuocas TOV YV@piouaTos
Kal ev roıs bvrois TWdeis EiKoTws alodmoews auta nereyeiv Aeyeı' Kedba-
Aauor de ToV Aodyov eis TO TNS Wuyns Ereiva um HETEIXew) Ts aurokwnTov
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kaı do&aotırns TE Öuov Kal AoyioTırns Kal @s av ol aMoı bainoav) aioOn-
TIKNS TE Kal Öpumrıns, Aeywv' »Tradoyov yap ÖlareXei« TO Pvrov »rravra,
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vnow rn Ö oikela xpnoauevo, T@v aurov (Ti) Aoyloacdaı karıöovrı bVaeı
00 TMapeöwkev 1 yYeveaıs«. TauTo Ö av Tıs elmoı kal Emi Tov Eußpvov, Kal
Er Ye naAAov (0) Eraryeı mepi ToV dvrov, Emei Kküreivw WOaUTWS TTPOC-
I en B ra ausradirt P 3 a B 6.7 Eveotykev nu 6 Aoyoo Ver-
bessert aus nv eveornke Aoyoco P 7.8 ds Erepws Aeyouevns Kal TA. K. m. bmokreiuevys W. Ver-
muthet K 8 (neryexew RK: Eyew P kat über der Zeile P i2 rjs von sp. Hd. über
der Zeile P 19 naiv] Tim. 28 A mepiAnmrov P (vergl. Tim. 28 C. 52 A): do&aorov Pl.
Tim. 28 A 20. 21 ras (tus) maßyrırns Kal ad ras rjs d. w. o., Tov yvwpiouaros (rt) Diels:
übavraorovs NS Tpirms kart’ avrov rs 0. w. (VI 3. Tim. 7IA) 0. T8 Yvopiouarı versucht K
21 aurno geändert aus aur.. P owvapıooae, letztes v auf Ras. P 26 abro P vergl. 39,2 amw-
cauevo 39, 2 und Pl. 27 abrov P rm) 39,3 und Pl. dvoeı vergl. 39, 3 29 (6) K
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Anna kweiodal pacı Ta Eußpva neraßarıkos kara römov Hepuns TE
Ötar'pov aioOnoıw Aaußavev oKıpravra OTav TN YaoTpi TNS MTpos Ev
roıs BaXaveioıs 6 ÖLamvpos anp (mepi)meon, oi ö Erı yevvaorepov iOTAue-
vor kal Tas aromovs Emifvpias, als KaTa TOV Kaıpov TOV Kvew ai umTepes
Eevioyovrar oVT' oVv TpoTepov eis Teipav aur@v Apıyuevan oVd orav amo-
TEKWELW eis TO Ouoov auraıs mados Eumimrovoa, Tov Eußpiov eivar Ön-
Aovv de TO AmomıumAdoas uev Tas Emivuias Tikrew aPAaßn, un TUXov-
cas öde rov Emvunrt|ır]lov mapaonua Tikrew Kal TUmov Depovra Ev T®
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ns Öpumrırns neheEw Tovs ToKerovs' ÖVvoToRa uev Yap eivaı Ta Tehvn-
KöTa @s Av un ovvopu@vra rn voeı mpos Tnv E&odov, dpyorepa de Ta
OnAea ws av Ovra Bpadukivnra‘ oUk eivaı 6 aurtdpkn TNv Opumv Tns un-
rpos e&woaı TO Eußpvov un Kal Öpums ovverdiöouevns TAapd TOV TIKTONE-
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xns' @uoAoynTaı yap os mod TE Tov (wwv, Arap Om Kal (y)vvarkes Ev
Tals Oyelaıs &v Av Ek TOV aurov Yevovs TA Elön Taıs bavraniaıs EyKoX-
Tiowvraı, Ekelvoıs Öuolwrara Tikrewv' ÖI0 kal eikovas | TpOs INTWv TE Kal
Kvvov Kal (Mep)LoTep@v (kal) uevroı Kal Tpos Yulvakos) TUv)os KAaAAos
eid@v nornuevas Tideuev, ws EußAemovoas kal eis uvnunv avaxaußavovaas
9 > e = A
Ta Elön TAs Öyevouevas TIKTEI TA TAapamAncıa. EToMov OVv KAaTmyopeiv
WS OUK Av TOVTO Eylyvero, ei um Wuyns davraorırns Nv NETOXa TA OTEp-
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rov bavralouevov ErıvnOn Oder; Önorov yap ws ei Kal vov mahovros
ı (9 verbessert aus (öov P de 39,4 und Pl.: yap P 3 [ka] K 4 nach xAy-
dev ist TO (oov wiederholt, aber getilgt in P 6 Aaußavewv K: Aaupßaveı P 7 (repı)meon K:
meon P yewaıorepov KR: yevırwrepov P 8 kai, darüber kara P 11.12 rvxovoas M: Tv-
xovrac P 12 Emdvunrov K: emdvunrırov P 13 öpeydevrov, x verbessert aus & P 17 ro]
rpoc To, ersteres getilgt P ovverdidonevno P: avvevöidouevys? K vergl. avvevöscens XII 5, Evördnor
XVI5 19.20 ty inrp M: no up P 21 avrap P 22 @v K: oaP 23 Tikrev so P
vergl. Bonitz Ind. Aristot. 872°6; Porph. in Cat. 140, ı5f. 25 rideuev vergl. Dionys. De
imit. 17,14 ff. Us. Soran. 204,18R. Galen. XIV 253f. K. os K: aio P 28 yap (av)? K
Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1895. 1. 6
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42 [FAAHNOY] MPOZ TAYPON
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coL Tepıeyeodaı.
AAN div Tavra Ye mavra Tns TovV Aöyov Övvduews Tapevpereıs Kal
rapaywyas eSevm(opeiv) paölws Övvanevns kal To mıdavo eikoTı EkKpoveıv
olas TE ovons kal tv. aAndeıav. alrika iv ano Tov TeXevralwov Aapkwnaı,
ei uev a dbavraloueda eis Ta altov Owuara olol TE Nuev amonopyvvodaı,
kahl" 6 Non Aoryos kpareı ToVs Ödaluovas Ta Elön T®v bavrasudrwv eis TO
ovvov 7 Tapakeluevov aUToLs depwoes TVevua dLadeıkvuvar XPwLovras MeV
ovdaums, üppitw de TPOTWw TAs Eubaceıs rns Pavracias WOTEP Ev KATOT-
TPw TO Tepl alrovs depı ÖLadeıkvuvras, Eveöeyero eikaleıw Tyv bavra-
olav ns Evovons Yuyns Ev TO omepuarı Kad' Eavrnv Ölarvrovv TO O@ua'
Emei de Eavrovs ev TOVTO Öpav oUk Eoruev oloi Te, aa de Kata Tas
pavranlas 00a Ekrös Nv TNS Nuerepas oVolas Ötlanoppbovv Övvanueda, un-
moTe dla ToVTo Yuyn nev iöla Tov Eußpvov oV Önwovpyos Tns eidomouas
Tov Um arm, AAN oVde ToV oikeiov Owuaros 7 TNs UmTpos Wuxn, Tov
Ö Ev abrn AaAMAorpiov kal Ts ololas EKTos, eimep On Kkav ToIs AAAoıs TAs
pavracias old Te nv Ev ToIs EKTos amouopyvvoda. ioTeov Ye wmv Kükeıvo
kat uaNov pndnoeoda neANov kara IMarwva: del yüap Kar’ aurov Ta
ano TNs oVeias Tivov Yevvaueva Ümoßeßnke (kard) Övvaueıs Kal oVorlas
+ adıa TOV YeyevvnKkoTwv, Kal AdVvaTov uEv OUOOVTLA eivan TOoLS YeryevvnKo-
ow, enımedn (de) Ye TWS T@V TEKOVTWV Ylyvera Kal Um’ Ekeivwv TeXeiov-
Tal. OVTW Yap dLavora yevvnua oboa vov Vmoßeßnke uev Kar’ oVaiav Ano
TOV Yevvnoavros aurnv vov, Övvara 0 Emiotpebew auTn Tmpos ToVv vovv
kal ovvievan T@v alTtov, ei kal un kabamep 6 vovs rns adpoas Kal ävev
dıe£odov Higews Eotıv Eumopos: aA i aAoylaı TO Aoyo ouvabıs yev-
vnua oboa ToV Aoyov EoTi uev kat oloiav Aoyıou@v Auoıpos, Aeyerau de
Kara Aoyov, Kal Kata Tnv oikellav) obaiav Aoyık@s kıweiodu advvaros oVoa
imo Tov Aoyov TeAeiovra. TNS ON AXoylas Kal 0Aws Tod Emvuntıkov
yevvnna oboa 1 bvrn ara Tov IMarwva vmoßeßnke uev Kart’ ovolav
amo Ts Öogaotırns Te kal pavraorıkns Wuxns, Stokeioda de Öduvaraı
6 aurov P 3 xp@lovras K: xpwlovra P 17 ekros RK: evror P 19 (kara) K
vergl. kart’ obvotav Z. 22 und 29 20 ä&ıa P: ano M 21 (öe) K 21.22 re\ciovra K:
reXeiovvrar P 22 vo K: ee P 25 Euuopos K (nicht belegt, aber auch sonst hergestellt
z.B. von Kirchhoff Plot. IV 8, 6 [150, 18]): evnoıpos Kroll: äuopor P 7 To. Aoyoı wieder-
holt, das erste getilgt P 26 rov Aoyov K: rar Aoyoı P vergl. XIV 3 28 reAcaiovru K:
reXeiovuevn P vergl. Ötaßeßaornevo 39, 10 29 IMarwva]| vergl. IV ı
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NEPI TOY NINZ EMWYXOYTAI TA EMBPYA Vs5—VIl:. 43
imo ns havraorıns Kalmep Anoıpos (oV)oa davrarias Kal Öogns' olTws
ye Toı Kal Ta Pvra mawWeveoda imo Yeopyias kat T(harceveorda Aeye-
rau, oby örı havranla eoti rns | Tov Yewupyovvrov (bw)v(ns ÖJEIKT)IRd, OTı
de ayeodaı (oia Te nv) Kal (k)uBepvardaı Umo TponynTov xeipaywyovueva
roıs nadenı. Havuaorrov oVv oVdev nv ns OnAelas Bvrırnv avubvoav rn
Övvaneı TOV OTEpnAaTos, Ayovoav Emimeideıav |kai| TO bavraoTıro Tns un-
Tpıns wuyns, madeıv TO eidos Tov kown bavraodevros. kai yap EXeyonev
os TO nev madnua TO aiodnrıkov Tov mladnTıR)os Eyovros nv Itov, i7 de
ovveois Kal 1 KAT auto Yv@pıoıs TNS auTokıwnTov Wuyns' TO Öe ToUV
nAaTTouevov Eidos kata To mados Kal TO TUTWNA, OU Kara TNv OVveaw
Kal mv yvocıv.
Ai de Tonıkal Kıvnoeıs Toıs &ußpvos EppıLwuevoıs karta Tov OudaNov
os Av elev Kad öpunv Kal davractav, Eoıkviaı uaNNov Evrepwv oTpobaıs
Kal TmaAuols Hep@v ois Av amoAnpOn Tvevna; Ylyvovra de Kal Ev nv uv-
ptaı Twov Tomıkal ueraßdoeıs apavraoroı, ola ön Kali; ns Tpocbns eivaı
mapadedorau, Nv Ödeyera nev Ev Toıs 6dovoı uera ovvaodnoews Axpı Acı-
now 7) yaorıp, TO 6 Evrevdev ollte) Tw(s) MeTTouevns Kal TO NEev XpN-
oıuov eis TO Amap Avadıdovons TO 6 Aypnorov eis Tnv aNAyv Komlav Kai
Ta Evrepa, oVTE TO AypnoTov Üypov eis TNV KVOTIV Tapameun(ov)ons Yiyve-
rar ovvaiodncıs: obd av nv ESamarwdeıoav Ev ynarı 00H" OMWws eis Kap-
dlav Avamenmeı n bVcıs, TO Tpvywdes eis xoAnv Ötarpivaoa, Evnv bavraodn-
vaı oU0’ Omws i) kapdia Taıs dAeıhiv Avameumeı, ai ö Apdevovaı Tnv Tapka'
000 ONWS OMepnaromoıeral Tı TOVTOV uEpos AmoAaßovoa, TOAAATAATLA-
Covoa ToVs &avrns Aöyovs Ev TO yıyvouevo, Eotıv aiodeodaı. aAXa macalı)
Tomıkal kıvnaoeıs abra oboaı oVTe Kad öpumv oVre Kara cbavranlav EKTe-
Aovvra, @s oVoe ai TOV Eußpvov Kıvyaeıs' Kal ai hdoval Toivvv kat di
Avrraı Ölayvoeıs joav kal ovoroXal, al On Kav Toıs puvroıs Hewpovvrar Er
Ohbns TE napawouevoıs kal €k TNS TpooDopas Tov Üypov avadarAov(ow).
@s oVv Kal Önyav Acyeraı Tavra kai maNıv Kopov loyew AabavrdoTtws, Kal
WOTEP TPOS MAWv TIva TPEMETAL Kal Ovurmepiayera ovunerapeponeva
Taıs KAlGEOL TPOS TAs Exeivov Kaumas, TA de Kal oyxileraı mpos Tmv
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ev? K 2r yıyvera K: yivedaP 25 [9] K, viell. ka 26 mepıßarrovons K s. Plot. II 9, 12
(201, 13) u. Hipp.: rapaßaXXovons P Immoxp.] 1. bVo. maıd. 12 (VII 488,13 ff. L.) xaı n yovn
Unevovraı dvowuern: mepıreraraı yap ab’ abryv To EEwdev auveyks Yırouevov 29 7 loyov M:
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ı (ös) K 2 ovummooovons K vergl. Z.6 und XVI2 (mAdovew kal myooew): ovumeo-
oovone P 4 anayn K: arayeı P 5 mepıßoAns M: mapaßoAno P 6.7 veos karaakevij
vergl. Hermipp. 55,11 (62,21); Einl. S. 20? 10 (äv) K ıı e£as M: E£eı P 15 mapoAov
geändert aus rap’ "////Nov (= aAXov?) P I9 Try dur. mpoox., aber corrigirt P 20 deovron
geändert in deovroo P 23 Kıpvauevov verbessert aus kpıvauevov P 25 diadeoenı K:
diadereın P 27 Erowos »bin ich bereit« vergl. Heindorf zu Plat. Phaedr. 2532 A Ev AAAoıs
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xs, 7 Epnu(ov) kußepvnrov Eri Tov Iwwv oVdaues ryv bvrimv elaoe Ye-
veodau yruyiv, AAN oi uev | marepes Ovvovoav alüT)nv Emioxvovaı uov(ov)
mpos TO (Epyov), n de (E)Ewdev mpos TO Epyov Tns unTpos Emioxver Eu-
nveovoa kadarmep Ekeivor Kal kußepva TO Epyov kadarep (ai a)v(dpwr)ın(aı)
Yoyai Ta Tov oikelwv dicewv Epya.
Eußaiveı de 6 Kußepvntns eis dos mp(oe)Adovo(ns) ns dVoews uera
rov Epyov (oik) dvaykalouevos. kadamep 6 Ev roıs Hearpoıs (Ewp)alk)a,
oi rov IMpoundea wınobuevor Keıuevov TOoVv TAdOuUaTos nv Wvynv ToLeiv
avaykalovraı (e)ilo)OVvew eis TO o@ua, T@v TaAaıwv Iows dla Tov uvdov
oUK Avdyknv mapaornoaı BovAouevov TNS eiokpice(ws), Orı de uera Tv
Kunoıw Kal mAaodevros Tov FWuaTos 7 Euwvywoıs MapıoTavrwv uovov' ©
en Kal 6 rav EPpaiwv HeoAoyos onnalveıw Eoıkev, OTav METAAOUEVoVv ToV
avdpwrivov F@uaros (Kal) ameıAnpoTos Tacav nv OwuaTıcnv Önovprylav
Eupvonoa Tov Heöv auto eis Yuynv (ooav Aeyn TO Tvevua. oVr' oüv
avaykalouevn i; aurokivnros Yyvyn eloeıow eis TA Owuara oVT Erı uaX-
Aov Emirnpo(vo)a TO oTöua Kal Tas pas, TA karayeXaota on Tavra A
Kal Aeywv Av Tıs aioyivorro, &b ois rwes rov IMarwvırov veuvivovrau'
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K@vov HEXPIS olpavov dLaradevros ATO TNS KOpms oVÖE AkTivwv TepıyVoews
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nera&v TOToV, örTav undev Eumoodiin eis TO Kal Avev abns Ta hpuooueva
ovundoyxew AAANAoıs’ EAkeı de Kal n nayvnrıs Aibos Kara ovyyeveav bV-
3.4 Ts ra öNa Öloıkovons apxns] vergl. Einl. S. 13 10 (obk) K; vergl. Plot. IV 3,13
13 avaykıyv K: avaykn P 15 6 rov Eßpaiov BeoAöyos] Gen. II 7 kat EmAanev 6 Beös rov avdpw-
mov xolv dmo TS yns kal Evebvonoev eis TO npoowrov aurov mvonv (wis kal Eyevero 6 avdpwmos
eis yuxnv (öcav (vergl. Porph. De antro 10 [63, ı2] und De abst. IV ı4 [251, ır]); s. Her-
mipp. 57, 8 (65, 1)ff. 20 Twes rov /IAarwvırav] wer? vergl. Arist. De an. A 5. 4rob 28 22 oVrw
yap u.s.w.] vergl. Einl. S. ı9f. 23 kovov P 24 kAdoeı dmepyacanevys K: Ar ämepyaod-
uevov P 26 vadas (kal un) abdeis apBevros mupos Diels 27 ävev abns vergl. Porph. Sent. 6;
Plot. IV 4, 32 (84, 17 ff.) 28 uayvntıs Aidos vergl. Porph. Ad Marcellam 20 (265, 8)
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7 rpoapnra K: mpoypyra P 9. IO xpnoouevn, o verbessert aus ı P II e&aldvns
u.s. w. vergl. Hermipp. 57, 3 (64, 22) f. 12 maparaoıv K: ravraraoıv P vergl. Zeile 14;
Porph. Qu. voc. 9, 18. 21 Busse; Comm. in Cat. 137, 27. 30 a u) Seren ie 15 [e] K
öorep öpveov] vergl. Hermipp. 55, 17 (62, 27)f. 16. 17 EdeAkorro] vergl. Zeller III 2° 657.
19 [kai] Kroll 20 apkıos Diels 22 xopdai] vergl. XVI 6 und Plot. IV 4, 41 (96, 3ff.);
Vergleiche aus der Musik auch Porph. Sent. 19. Comm. in Cat. 120, 6ff. 22.23 kapdov P
27 mp
Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter 1895. 1. u
50 [FAAHNOY] MPOZ TAYPON
elite abrn 7 TpoßıoTn Tapeoxev N Kai TO OMoLov TPOS TO OnDLOVv Ayovaa
7 ToV mavrTos Ölvnaıs.
Xu Ei uev oiv Eyeı Tıs Ödeıkvuvaı NpHOOUEVov Non TO O@na Kara Tıv Ev-
Tös areXeıav, avaykn ovvrideodau Evros yiryveodaı Tnv ypnoouevnv TO TrpOSs
Tv xpnow Emirnöeiw' ei de AeAvraı ev Kara YaoTpos ETi Kvovuevov TO 5
cona, Xopdomoıv de Erı xpela kat ve(vpo)orpopov, ov Tov waArov, Ti
TapEVTES GKOTELV TA Yıyvöueva eis mapa\oryovs AToTias abrovs Tapaßax-
Aouev, TO un kabopav Tapa nv Kinow nv Yuxnv eiowovoav Öo&alovres
[4 \ „ 7 [4 LL a\ e en ’ x Le)
TpoKUmTEıV Ta Eußpva Non Tavrnv mpoeAnpora; (a m)uleis) danev oVde vovv
Eyovra Ev rn Tov Taldwv Mıria kabopa(odaı): kai yap oVv kai 6 vous x
2 mpoilovons) ns hNıklas eiokpiverau. Ey® ÖE TOVTO OK eis ATomov Avadeı-
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Eauevos Fvyyopew Taparyooua, aANa Kal ei Tı aNNo draßeßamovnaı, Kal
röv IlNarwva Tov Aöyov Emayöuevos uaprvpa kal auv ToVTw Ye ApıoTo-
TeAnv, &s öye vovs avdpwmouls) Tapayiyverar Kal ode TAOIv 0UTWS, OTA-
3 vios de OTw Emirnöeia Yuyn TMpos vov Yiyveram ovvovoiav. ei be OTpa- 1:5
peioa eis Eavrnv Yun Eipiokeı TOVToVv TapoVTa, oV Onmov dla TOVTO Kal
eyovoa am’ üpyns eiverpidn‘ Ta Yap un TOT» Kparovueva unde O@uaTı-
KOS KATEXOneVva, Tas 0 EMiTNÖeITNOL T@V ÖEXoHEV @Vv Kal ÖHOLTNOL GUM-
4 ’ e [4 > ’ e ’ ’ x 7 f£ [4 7 x
Ppvöueva ouy 6 TOmos old 6 xpovos oVde an Tıs Bla Kareyeı, Aveı Öe
Kal KwAVEeı I) Avemırndeiotns Kal Kpatei Kal Gvvayeı 7 EMITMÖELOTNS, KQl zo
d0w ovubwver TOOW Kareyeı' Ö10 Kal 6 yvovs Töv Heov Eyeı Tov Heöv Tap-
ovra Kal 6 Ayvoov TO Tavrayov Tapovrı AmeoTı. Kal } oVde doum Ts
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eis ynpas üdırverraı AeAöyıorar Kal MTepoppvovcas Tas Wuxyas adırvei-
G E Ems x Le) ex \ ’ E \ 7
TOA@V apdauperodau Töv vovv, öv kaı IMarwv AyanıyTov OTw
’ x [4 Ay a [4 ’ ’ 2 ce N > [4
odaı eis rnv yeveow, kal ApıororeAns Hupadev Eyyiyveodaı ois av Eyye- >
vnraı ameöeıge‘ Aoyıouovs de Kal Tpoapereıs kal ÖoLas Ek TPWTNS Eyovaa
\ ’ ES ’ x El 7 [4 e 7 \ ” „ €
4 Yuyn Adırveira, areAns 0 Erı vnmıalwv 6 Avdpwmos. Kal oik Eotw
Kara yaorpos Con Eoıkvia rn vnmiov mpos Tov nBovra areXela, TapnX-
I abe P: au? K zpoßıorn] s. Porph. bei Stob. II 8, 39 (163, 21 W.). 42 (168, 25)
2 7 Tov mavrös Ölvnoıs] s. Porph. ebenda (168, 15. 22) 7 abrovs P 9 (H)uleis) P* von den
Gegnern? s. Iambl. bei Stob. 148,8 (317,21 W.) ovoev oiv P ıı eo P: os? K va
corr. aus? P 13 IMarwva] s. Z. 23 13.14 äpıorore\’ P s. De an. A 2.404 6. Stob. I
48,8 (318,9 W.) 14 &s öye — ovvovoiav] s. Hermipp. 55,7 (62, 17)ff. ı5 eK: 7 P
21 kare//////yeı (etwa 4 Buchstaben getilst) P 23 Nach ueub (so) hat P eine Lücke von 2
Buchstaben gelassen; Sinn: kat ob öeos u rıs neubnra TO Ta madıa (TOv maidov Kroll, rov are-
Aöv Diels) apaperodaı K IIxarov] Lach. 188 B? 24 mrepoppvovoas] Phaedr. 246C. 248C
25 ApıororeXns] De an. gen. B 3. 736® 28 av K: eav P
NEPI TOY IOZ EMWYXOYTAI TA EMBPYA XIa—XlI7. 51
[4 \ \ ’ 4 \ \ N -/ Era [4 \
Aayuevn de Kal aMota. Enpav ev yap Trp(oiovr)os ToV ypovov Tpobv
[On] Amplera), yararrı de Ev vnmiornrı Tpebera, AAN oVrTe (ToV yevov)s
Tov Eöeoudrwv Erß(eßnk)e TO yaka, oUre Öl’ aMov aAAa dia | FTouaros
e [2 e ’ x ’ ’ ’ ’ \ ’ \ ’ ’
n Opelw)ıs: 7 uevror Kara Yaotpos (Eotw iö)ia, kal ov dıa oTouaTos, ÖL
aNAov de,) ei [de] Ye Tov öubarov, Omep Av dvr@v uaAov, ov Lowr.
kai aomua nev bOEyyeraı Kal dovvera 6 vnmidlwv, AAN Ouws Ta Avmovvra
da bavraoewv Kal KAavoudrwv Emionualver: Ev Tovroıs 0 MV Aabwvos 6
Bios kat Acbavraotos. TA Te AANa, iva un TA abra aA dvayvuvouer,
nm Tov bvrov naAXAov 7 rn Tov [wwv TTPoCxwper dLalyoeı Kvovuevov Erı
7 El 12 e \ x On \ y 2 \ nm [4
Tov eußpvwv 7 Erdpeyhıs. TO ev o0v Aoyıröv Eveoti Tws kaı Tois Bpebe-
ew, Oo(Tı) kat To aiodnTıkov ÖL oD Kükelvo Aveyeiperau Tpos Evepyeıav,
AR - ES & - ’ \ m y ’ s \
Kal OU@S MOAANS TNS Er Tav (ov)Iwvrwv kalt rns EEwdev ovvevdocews imo
TovV Non Evepryeia Aoyıkov ypmleı mpos nv eis TO Evepyeiw adıEw. Tov 6’
aioÖnTıKov oVde Iyvos Ev ToIs ETı Kvovuevos Kal OTı 00de TA Opyava dı @v
ai aiodnoeıs ovö oi TOTOL oVde Ta amooTiuara Eveioi mw. TaNyol de ovy
NTTovs Kal Ev TOIs Erikvnuacı, kal orpobal oia ön EuPpiwv Kal em Tov-
TWV, WS Kal alas Kal alUTas Tas wöwoVoas MoNNakıs mAavacdaı, un Tov
Swoyovovuevov 1 TO Kiwovuevov‘ TA 6 auTa Kıwnuara Kal Tols TMaAyoUs
x \ [4 [4 En) [4 ’ . \ „ „ m
Kal TO Neyouevov mados ToV ui(Aov) Tapeyeı, @s Kal AonAov Aypı ToAAovV
yeveodaı, un kat EuPpvov 1 TO Kıvouuevov, ÜmepßdAAov de ToV Xpovov T@v
Kvovuevov MNEeyxOn‘ ovykexapnra de Ayyvya eiva ravra, bvoews uevroı
OUK Auopa, oia On Kal Ta TEepara, A Kalnep övra Tapı dvow bVoews
nv doToyovons ToV Kata Adyov Yevvnuaros. Eva de ns Opemruns nv
xpela Evepyelas abEntins TE kal MAATTIKNS, MEpLTTN Kal &umodios 7 Tns
aioOnTırns Kal bogaoTırms Övvauews EIOKpIOISs, 6Mov ye Kal vuv, ei wlev) 1)
picıs Eerdpeyreı Kal TO kart aurıv Epyov Aveumoliotws Trepavei, Eumodt-
Cerau alodncıs Kal ÜmovooTei Kata Tovs Umvovs, Kal 60W Üvöveıpos Kai
abavraoTos 6 Umvos, TOOW uaAov ı; DVcıs Evepyös, ol Ö' Aypumvor kai
nepiuvnral Arposboı, Ekkpovonevov TOV TNS Erepas Epyov Umo T@v Evep-
yeıwv ns Erepas. ei de kal Amnyinaros aioOnTıkov xpeia kal olov bwrös
2 [67] Kroll 5 [de] K ömep K: einep P 7.8 6 ßios kai K: kal ö Pioo P
II kakeıvo K: kakeiva P 12 (m)lovrov K: lovrov P 16 emkvnuacı] vergl. Hippokr.
Nepi Emkvgoros (VIII 476 L.). Arist. De an. gen. A 5. 773P ı3tt. 19 iAov]| vergl. Soran.
330, 17 R. mapexeı K: mapexew P 23 kara Aoyov M: kara Aöyov P 25 Övvaueos M:
dvvanıo P (ev) m RK: un P
XI
(5)
52 [FAAHNOY] MPOZ TAYPON
EeEw(dev) nAlov Aktıvos un eioßaAAoVons, altapkes TO Ev Vrokeevo aiodn-
m m a \ „ \ ’ EN
TIK® TO TNS ANTpos Öykw nv Önniovpylav avvreXeiodaı.
ArX örı uev ouk Evepyeia (wov TO Eußpvov oVde Wuyns Tns alrokt-
u RilereSe re Sen
E ’ , \ La " x
vnTov Evepyeia Tapovons uerTeyov, autadpkn Kal Tavra Öekvivar OTL Öe
y\ , ” Er ’ 3 [4 ’ \ en ” 4 x
un(de) Övvanecı Euyrvyov Tov Övvaneı ESakovouevov Emi Tov AveAmboTos ev
rıv EEw hovyalovros Öe Kal um Evepryovvros, Öeıkvuvar akoAovdov. To (nv
2 E [4 \ \ ’ Lo) ’ 9» en [4 . ’ 7
E)Eiw Avadederyuevov Kal um Evepyovv AAN Ev TN Övvaneı hovyalov, TEXelov
yeyovös Kata TO Eldos Npenov uev NV’ Ei Ö ATeNes ein Kata TO EIVOS, KAT-
nyopoin de Tıs abrov T(O Övvaneı), Emi TO Erepov Omuawouevov TovV Övvd-
[4 \ \ [4 x \ [4 > IN 2
neı ueraßalvov, TO (ÖE) Terayuevov Kata To TEXeIov Eidos Tov Ölvvaneı
O)nuawonevov kal uovov Ev Novxia AvevepynTov | mapaırov(uevos) cbaiverau.
oVTw yalp ...)peı ev 6 Emi rns Konmns am(0) Tns vews ErBeßAnuevns KaT-
nyop@v TO Övvaneı dla TO um Eperrew Tnv vavv TO Kal E£ıw nev TEXeıov
N ’ « D De \ n D D > a D , ’ Y
Övvaneı, movyalov (6 d)mo TNS Evepryelas Ev TN oikela Övvdneı omualvwv
€ e 3 2 Las t2 EN \ 7 \ El
eipiokera 6 0° Emi rav EVAwv TOV TPOS KOTNS KATATKEUNV ETITNdEiwv
TO Övvauecı TATTwv, Eh @v TO Eidos TO TNs Konns ounw Hewperrau, Öv-
varaı de yeveoda mo TNSs ToV TEKTOVoS TEXVNS, 000 OAWs HEV TW Evei-
var TO TNS Kwmns eldos ÖnoAoyel, Övvauevov de Yeveodaı rn Tov Övvaneı
n n \ \ > a
onuaiveı TpoONYopia, ws TOoVTO Ev Mapa To Övvaodaı avaraßeıw Tv Öv-
x \ x \ [4 E EN [4 2 4 BA e [4
vanıy, TO ÖE Mapa TO uevew Ev TN Övvaneı Eyyeyovvia non hovyalov Öv-
[4 ’ x e ’ ” bon \
vaneı Acyeodaı. Emei Tolvvv 6 Kadevdwv AvevepynTös Eotı TW@V kata Tas
aiodnceıs Evepyeıwv, AvevepynTov ÖE TOVTWV Kal TO KVOUUEVOV, OKENTEOV
ei TO novyalovrı kat kadevdovrı 7 vn Dia ye TO Kerapwuevo Eoıkev 7 TO
OTEepua N TO EKk TOV OMEPHATOS ÖnWoVpYoVUnevoV, Kal ei TN Ye Kann NOv-
’ x x E 1 ’ ’ ’ x La) ’ La ’ \ “a x
xalovon kal um Eperrovon AAN oiyi TO EVA» TO undenw TO Eidos TO
En ’ ’ 7 x \ m > x [4 ’ \ y
TNS KOTnS Avadedeyuevo. Kal umv TO Ye TÜAnbes oKkomovuevo (A)reNes Erı
paverra Aaypı Toker@v TO Eußpvov: mv Öe TO Lwıröv owpa oüy ı (E)Ew-
dev mAdoıs, olde Ye To Eidos 1) EEwdev Tepıkeiuevn mopbn, AAN n ÖL 0Aov
(T)eAeiorns Tov mAdouaTos, 1 TeXeia ns EEwdev noppns kal Tav OnAdy-
xvov kal TOV (A)AAwv ündvrwv, veipwv TE Kal ÖOT@V üprnpıwv TE Kal (DAE-
Pov, kat ovumaons Tns öpyavomouas Oewpovuevn TeXeiwoıs, kabanep Emi
TOV ükpoöpvwv TO MEnavov (E)MEyeı TO TEXeıiov, menavov de Ev Eußpvoıs
I eio in eioßaAAoVons auf Rasur P To Ev bmoreevo K: ro Evvmoreuevor P 5 jun-
(de) K: an P övvaneı Euyr. M: duvanıv Eur. P 3 npenov M: Epnuov P [zev] Kroll: uovov
wie Z.1ıı? K 10 ueraßaivov RK: neraßawvov P öe) K 12 ...peı P: Ev rpıypeı M, wozu
aber der Raum nicht ausreicht 22 Vor oxerreov getilgtes kai P 29. 31 reXeia .. reXeimoro so P
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Io
15
20
25
30
NEPI TOY NOZ EMWYXOYTAI TA EMBPYA XII7—XIVa. 53
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‚Öpva. oVnw apa aiodnTırov ws TO nv EEıw (Öe)deyuevov TO Eußpvov ovö
apa Övvaueı oVTWwoL Ye’ ol (yap) Ev ToLs areXeoroıs opyavoıs ai aiodnrı-
x [4 y ’ e ’ ’ ’ [en | [4 x n
kal (Öv)vaueıs Eveıol Tw, ws oVÖ Ev Toıs EiAoıs TNS Komns TO Eidos. Öv-
vaneı apa aiodnrıkov Kal ÖpekTikoöv (Kal) Aoyıorıkov TO Eußpvov oly ws
\ ’ \ e 4 ’ ON [4 rd ’ \ ’ 7
TO Öedeyuevov kal novyalov Ev rn Övvaneı, OrTı oVde Kadevöovrı (E)oıev,
AAN ws TO Övvanevov degaodaı kal Erı areXes. Eyeraı de ns ÖdEns Taurns
kaı (6) IMarwv, örav ryv Yuynv Ötapovnevos TO uev (hye)uovikov aurns
mepi nv kebaAnv amoveun, (T)o (de) Ovuoeıdes mepı nv kapdtav, TO 6 Ent-
\ \ So e\ y ’ v 7 \ BA ’ n’
Huumrıröov mepi TO hmap' ömov Ö oUmw (olre) kebaAn (oV)re kapdia oVd
Nmap, MWs Ekei (ol)ov TE ywpav Eyew nv Yuynv Eyyiyveodaı; (ei) 6° oVdev
un 3. .e ’ TER 7 m e \ nm > De ’ ’
ein oVd' 7 cbvoıs out Erı uaAAov 6 Heos ToLel, AAN Evekd ToV TAVTws
[Twös Evera], Aeye nos Av mapeotnoev (öpyav)ov © uno xpnodaı Övva-
Taı Emirnpovoa TO MEAXoV, aurdapkovs uev TNs DVoelws oVons Tp)os NV
Önpiovpylav, ikavos de kal ns unrpıns | Wuyns ovvepyovons (TO) KaTa-
okevaonarı EulBpvov, apy)ovo(ns) de mpos Ta ns Pioews Epya Ts Evep-
YnTuns abrtokıvnrov Wuyns. Nv Ö üneXeı Kal TOVTO Ayvonua T@v Fvveivaı
un Övvauevov, T@s 7 Wuyn Mapa TO OouaTı Kal T@s TAAV ATEOTI, Kal
OTL O0 TONKN I Tapovola TE Kal Aümovola, Kara de TNVv Emirnöcornra
kal ovvapuooriav nr(oı) Evleotw) 7 napeoti ye Kal ovupwver N AmeoTı
Kal avouoAoyel. TO 6 OVÖETw Kata ToVs Adyovs OvvnpuooTaL ToVS TNS
PVoews' T@s oiv TApeoTı TO uNnw dpnoodevrı, & mapewaı ANAWS oUX
ola Te; Kav Yap TOTW TIS Tapeivaı Ovyxopyon, AaANa ns eis (worouav
TAPOVOLAS Ob KATA TOMOV Yıyvonevns ANA Kara Ovubwviav OWUAaTos 6p-
yYavıkov Kal TOV Xpwuevov TO Öpydvo, UNTw ovupwveiv dla TO areXes
olov TE ÖVTos TOV Öpydvov AMeoTL TO Xpmoöuevov, KAv ETEDWS TIS TAP-
eivat OUYXOPN-
a ’ ’ ’ y EI [4 y [4 \ ’ a \
Nai, paotv, AAN worep 6oovrwv Eyeı Aoyov TO OoTepna, oVs uerü
\ ” ’ ’ [4 [4 \ e ’ \ [4 x
nv EE wölvwv Tp600ov TpoßaANeı, Kal WS Yevelwv Ye Kal OTEPHATOS Kal
karannviov, oVTWwoL de kal Opuns kaı bavranlas Kal aiodnoews Aoywv Evov-
Twv ai TpoßoAal uera nv Küunow. OTı Ö oi Tavra Aeyovres Ek ev TS
3 ob (yap) K: oik P 8 IMarov] Tim. 73 CD. 70A. 70D 9 kebaxıyv, keb und A
auf Rasur P (öe) K ro (ovre) K 12 Eveka rov verbessert aus Eveka Tov L 13 [rwoo
Eveka] K mapeotrnoev K: mapeornkev P 20 yr(o)] 7r P 21 owrpuoota K: ovvnp-
uooda: P 24 mapovoias M: mapovona P 26 ypnoöuevov M: xpnyozuov P
XIV
XV
54 IFAAHNOY] MPOZ TAYPON
Evapyelas obdev Ölapepovoı BLaoTıK@s, OTOXAOuOVS de Kal EIKOTA, KAK TOV
(ei) um Eviei\n, und Av uera ravra yeveodaı vonilew TPOONAoV' dryvoovaı
de imo biAoriwas omeplua)rıryv Toiovvres TyV Yvxnv Kal Kple)itrova
arocbaivovres nv bvrnv TNS alrorıwyTov YWvyns. + dpa ön Tavra Tav
2Twıkov ayvonuara ol Kkatwdev Ava EoTpanunevor ATO TOV XEıpovwv ETOA-
unoav yevvav TA Kpelittw, TO uev eivar Kal TNV oVolav MAoıv Ek TNS UANS
ÖovTes, yEvvnna de ToLovVvTes ESEws uev Tnv (bvaw, BVcews de Tnv aiodnrınv
TE Kal öpumrirnv Yoyyv, Tobtwv Ö' ab maAıv Tyv Aoyırnv Kal ns AoyloTi-
Kns TOV vovv, Kivnaewv Ölabopaıs kal mpoodnkas Kkarwdev avo MAvra Yev-
vovres Öcov Avwdev KATw Kal AMO TOV Kpeltrovos Tpodyeıv TO NTTov, OTL
Tav TO Yevvov TN AUTOV oVoLa xeipov Eavrov Tredvke Yevvav, OU Kpelt-
Tov' Kal dla ToVTo N Ev uw duricn Xeıpov Eyevva Eavrns TO Omepua
ws Av EAAelimov TN Kat Evepyeiav kıynoeı, nv TpooAaußaveı amo Te ns
ev TN unrpi bioews kai AMO TOV TepIeXovTos, TOV Evepyeia TrpoNyYovue-
vov Ev nacı ToV Övvaner. Ei ÖE Aoyoı uev Ev TO omepnarı davranlas Kal
Öpuns, Tovrovs de auhlı)s mpodyeı eis Tnv Evepyeıav n bVoıs, 6 Enımeowv
ünp ws olera Xpvommos Ana Tin) EE Wolvov TpPo00w 1 BVaıs Eorau Kı-
vndeıoa meraßaxovoa eis Wuynv, ob Ön Aödyyov olk Av AMAos Yevorro ayv-
xorepos, OTı kal adeos kat TO KpeitTov AMO ToU yelpovos Tapdıyeıv Ümo-
uevov: ei Ö oUk Eorı uev BAdornua ı Yvyn, E&vovoa Öe Ev TO owparı
KPATEITAL, TAAOUATDOEIS TE) TAv Kal TO TOLOVTOV TNS Kparnoews Öpana
xal | [rat] ovölau)ov T@v yıy... ploT(..., T)AAıw de ayvoovv(Tw)v OTL oUy @s
xeapı n deou® 7 ws Lwypio k(paryerrau in yuxn‘ oVde yap OAws ı Taurns
Kpdrnoıs Owuarırn, (AAA)a uovov Kara Thv Emirndeuornta, @s obde Up
kpareitaı ÖEOU® N xXeipl, AAAa uovov Kara Tyv TNS UAns Enırndeioryra.
Orı ö' enırndeiov aiohaverdaı kai öpnav kaı bavranıovadaı TO TPoo-
NPTNUEVOV HEV TN AITPa Kükelvn TrEOOEXOHEVoV Kal WOTEep dA Pils Tpe-
Phonevov dia Tov Öubadov, ovunenvkora be Exov Kal areAn Ta aiodnrnpıa
a
1 &abepovor Pıaotı P: mpobepovoı Buaorırov? K 2 (ei) K 4 amodaivovres KR: amo-
paivovrar P apa P: Eomı Diels: aara K 5 oP 7 morovvres K: moovv(r)aa P Ekews K:
e£eı P dVoeos K: $voeı P 8 Aoyırıjv . T. Aoyıorıjs so P 9 ravra über der Zeile P
Io rapayew? K s. Z.19 rı s. Einl. S. ı5f. 15 öe Diels: 07 P 17 Xpvormmos]
vergl. Plut. De Stoic. rep. 41,1; Plot. IV 6,8 (132, 23ff.); Porphyr. bei Euseb. Praep. ev.
XV 11,4; Tertull. De an. XXV 17.18 xıyyoe Kroll 18 Yvxnv verbessert aus dvow P
18 vvyporepos® Wendland 19 am K: im P 22 ovy os u.s. w.| vergl. Hermipp.
57,4 (64, 23) ff. 23 k(paryeirau K: keiraı P 28 ovuneuvrora M: avußeßnkora P
Io
15
20
203
25
10
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30
NEPI TOY MO EMWYXOYTAI TA EMBPYA XIV 3—-XVlIr. 55
Kal TA OTmAdyyva GToKerNeiouevov AMAVTW@V TOV TOPWV Ev Üyp® Ev & OTeE
yevorro Loov (öv) Vorepov Aövvarov owleodu, Öeitarw Tıs un ANAws
Anpew EdeAwv. ya Yap OT Ev Kıryoeı YvworTıkn TNV oVolav Eyovoa
Yuyn, ei napeoTıw, TAVTWSs @ TMÄPEOTL YV@pLoTiKOV TOVTO Tapeyeı, iva
un Tıs ToVs Kapovs kai rovs Badeıs Umvovs born Tı Acyeıw dryvoov ws Kal
Tore uev bavraleraı To Lwov, üuvnuover de udvov TOv bavraoudrwv, TO
Ö Eußpvov Aaunyavov bavraleoHdu ws Av und Evepymoav kara tyv aloÖn-
ow ab’ Is Kal oi Timo eis Tas dbavracias avanarrovra. ei de Aeyoı
Tıs 6Tı @s ev Kad Eavrnv Kal Ev TO omepparı ovoa 1 Wlv)yn pavra-
en Ss [4 e \ /Z \ EI ’ 72 x
cıovraı Kal Öpeyerau, @s ÖE (wov Kal Tov o(vv)auborepov |owuaros] wuy(n)
’ [4 7 \ ’ en \ ’ \ Gm ” au Lo x [4
oUKETI, Or unde ek Yuyns Kal omepnaros TO [wov AN Ek Yruyns Kal 0W-
naros öpyavıkov, oVdev AAAo Akyeı N OTL obden® Tapeorı TO Eußpvo &
ye unmw kouv)or Tas kad’ Eavrav Evepyeias ı yuyn Kal ob On oUk nodv
[3 € \ x L e E ’ d [4 \ \ 4 \
mov (ai ö)pnal Kal davracilaı ai di Erxei)vns. mavres de Kal IMarwv kal
0001: Kad’ Eavrav amoXelnovaı nv yuynv Kal (av)ev Tov Iwıkov ToVToUV
owuaTos alodnoeıs TE TIvas Kal Öpe&eis OUK Anoyıyv@okovaL Trepl auTmv
a \ ’ y ’ r ERS 2 »,9 ER iz \
eivar Kal dı 6Nov Ye aurnv bavıy öpav + Orte ÖL OAov öpeyeodaı kai
oikeıovodaı, vv dla nep@v TE Kal OT@v Abwpıouevov ws Orav Ev To Lwr®
TOVTw YEernTaı oWmaTı, od ON Erı Övros üreXovs Ereivpv ev Eye Tas
kad' Eavryv aiodnaeıs, Tas de avv TO ownarı TeXellw) ovrı noeiodaı os
oiov TE; Aryvooval Te ÖrTı oly worep Mpös ryv dvrimv ai eMehpeıs Kai
oi mAeovaouol obdev Eumodilovaoı TOV OWuaTos, AANA Kal TOUWV "Yıyvoue-
vov Kal alb)aıperewv Kal Umeprapkwoewv ol Tavv TI TO kara nv bvow
„ El / « x x x \ s \ ’ ’ EN
Epyov EumoöiLeraı, olr(wo)i kat (kara) Tas wvxıkas Övvaneıs adıadopel
TA Opyava' IKPOV "Yovv Üypov yevouevns ÜmoyVoews olyeran Eumodıodev
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56 IFAAHNOY] NPOZ TAYPON
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yovia bloews kal äpern yuxjs' ei u.s.w. vermuthet K (die Verbesserung äpern yvyns ist in den
Text gerathen), s. Nachtr. 12 Eemrndeov K: emryoeor P 13 rıs] wer? xkakoo geän-
dert aus oodor P 14 löpn P: läov 7? K 16 av&(onev)] vergl. f. 237 16.17 mAaooov-
ons K: raoxovono P 23 Sinn etwa örav Amin ns unrpos To Eußpvov unkeri umde Kara? K
25 deou® P 26 Edauev| VI 2.3 29 ow.., @ unsicher
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aroßAndev TO Eußpvov. Kavrevdev Kal Yv@pıona TOLVVvTaL TNS OTMOpas,
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TOTE Eewüywoerv, Orte kat EE wolvwv Tpovkvwe TO Bpebos; — AAN örı dia
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Taoov ovupwvli)av, (ü)veevos de (N Kal Ev)rerauevos Eerninre (T)ov Öt-
mAaciovos Aoyov, oVTWOL kal TO owuarılov TovV Eußpvov Kara u)ev (ya-
oTp)os Ov kal TpoSs Wuynv üpuoTrouevov, Tpiv uev amoAaßew Tov (ikavov
TPOmoV TNS TpOSs TNV Wuynv Appov)ias, ok Eyeı Talrnv, üpuoodev de
eudvs Eyeı Tapovoav TnVv xpmoouevnv (aur)o' (E)w(s OÖ Av EAXeinn N) dlp-
nov)ia, oV TapeoTı Kav TANPNS 6 KOOUOS Wuy@v N Kal vevanyuevos. @WOTEp
3.4 XaXdatov] vergl. Kroll De orac. Chald. S. 34 6 noipa] vergl. Sext. Emp. Adv. math.
V 5 (729, 21 B.); Porph. bei Stob. II 8,42 (170,6 W.) 8 kevrpov kal @pookönos] vergl.
Sext. V 12.13 (730 B.); Porph. De antro 29 ır (&) KR 15. 16 dia rovro tovrw RK: dia
rovrov rovro P 17 kat’ exeivo kaıpov] vergl. Lobeck Phryn. ecl. S. 279 19 kowavy P
20 meniorevro] vergl. vevouodernro Porph. De abst. IV 22 (268, 20); mereiparo Vita Plot. 3 (5,27);
mediNnTo 7 (13,3); KerAnro 17 (21, 21); dedorro Sent. 15 (XXXII, ro) 22 kabamep Ev @#.]
S. zu 49, 22 28 evdvs über der Zeile P 29 vevayuevos] vergl. Kühner-Blass Gr. I 2,490
Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1895. 1.
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58 ITAAHNOY] MPOZ TAYPON
yap n (wi)&lews m) Hepluns n al TWw)os mAeovaouov 7 EAXeiwews Xaka-
odvrwv Kal Avodvrov To(v HP)BaAu(ov T)nv (Ap)uovilav) malpavrika n) aioOn-
TEN Övvanıs oVde Öuvdneı mapeotı — Ömkor 6 öpav 6 a....... oo
ee .o)rı Harepw Tapnv i; Apnovia — ToVv aurTov TPOToV Kal
OA» T)D Opyavı(k)o o(wuarı AmeoTw n) xpncouevn üpuoodevrı, Ews Erı
areNes EoTı Kal AvapuooTov, (K)av (wom)ep Eobnv kar(a)m(ervkaoue)v(a
ravr) Voyais. oVTw Yap Kal nueis ToV mavros depe Talls) YVoyais
Ten(v)k(aouevov) aulm)ylavoı) Tpıwv 7 Övow vyeveodaı Ev Ötalrn owlovo@v
Tov oikeiov Aoyıouov dıa TO (mpös av npuo)odau, Kai Tns üppovias
Avouevys TO o@na aNwv uev Wuyov Emiektikov ylyver(a: olov EeÜ)A@v Te
Kal OK@ANKoVv, ns 0 oikelas kal ovubwvov Exwpn(oev). ei uev oVv (T)@v
(Yyıylov ...... (un du 0Mov ka)reywopıLe Tyv Övvanıy, EEwdev .. Kas
ET SET. A TWÜONIE evew.... wormep aueXeı maveodau ÖL OAov | 7 Teyvi-
revovoa dbvcıs‘ ei be Öl OAov, Kal iy XPNOOUEUM nenn eneeeeenenn | ro
YeyevvnKoTos, T@s Av auto Mapein 7 un E&wdev ebdeorava (auto Kal) | T®
An xpnoacdaı Orav non medvrös 6Aov N ulöv)ws Teldurvia;
Ei ö6) | unde ravra meideı, Ümonreveıs de Tns aurorıwnrov Wuyns Kai
ov ns Olpenrns Te) | kai abEnrwns ueroya eivaı Ta Eußpva dbücews,
AN Eeyw kalı mpos ToVTo eino)pnoas oV bmw To IMarwvı ExkerXlodaı
rıyv E&wdev T@v (Yvyov eis TA owuara) | eiokpıow, AAN aönAos uev Eotw
Tov NOTE O6 Kaıpos, OTı (0) ou(re 6 marnp Tv) | Wuxnv Evöldworv oVre 1
AnTnp, @s On Tı (al) ANNo Ürywvieilrau: OmAov) | yap os ei un Ek Twv
yovewv OTı E&wdelv eiver)pidn. eire (de Ev rn karaßoAn) | rov omepuaros
eITE Ev TN Ölarunwceı elite Ev © TPW@Tw (kard Tomov erı)lvnOn xp(ov)w
(ei)re Ev rn EE @dlvwv mpo00w, Ertw ei Bovreı Alubıoßnrnowov:) | örı ö°
OR Anoonaraı yuyn ek Tov yov(e)ov (N Y)vwpuori)en oVde nepileralı oüre
@s) | T@ Önoiouepn oVre &s TA Avonoronepn, ou(T oiv Wer eXarr(woe)ws
(Tov napeyov)rov TO uepos ovr Alve)v &Xartwo(ews @)ormep ai (Övva-
EIS, oUK A)meplavrov) da Towvr(wv) m(eidew) | rovs amıorovvras' mp@Ta
de Ta Öuvaneva E&Aeyyew TJovs b... riov IMa)rwvos ..... evovs T(ide-
4 örı oder En? P 6 kar(a)m(ervkaoue)v(a) M ıo eiAov] vergl. Plot. IV 3,4
(14, 21). 8 (19, 21 ff.) II Exopiodn Diels f. 22° Von hier an sind die Zeilen der Hand-
schrift durch | bezeichnet 13. 14 Teyvnrevovoa P 2ı () M 22.23 @s ... on]
Bonitz Ind. Arist. 872*1ff. Tambl. Protr. ıı (57,17 Pist.) 23. 29 Övvaneıs vergl. 59, 28 und
Porph. bei Stob. I 49, 25% (352, 24 W.) 29 para] ap 30 ü(mep) T. II. (nayou)evovs?
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ov kadarep a(mo TupovV Tupos kat €& Immov Immos, outwai) | de kaı EE äv-
Opwrov avdpwmos, AAN EE avdpwnov öpyavov (avdpwmov yiyverar Eorı
yap in) | Pur Övvanıs Opyavov avdpwrov, 6 de avdpwmos, 1) (Lwov, ouvv-
auborepov TI EoTıv &k OwuaTos Te Kal) | Wuyns Tns Aoyıorırns avveotnKös‘
OAWS de ei a(m)epna (Övvanecı avdpwros, Aeyouev Ö ori) | our Eyeı yuynv Öv-
vauei, T@s Av ein omepua av(dpwros Övvaneı wuyns aueroxov Ov;) | Emerra
Pnoovon Omas Öpav Tas yeveceıs (oVoas, TNVv uev EE Öuolwv, TyV O0 EE dvo-
uolwv‘) | Ex mupos uev yap Tovde Tode e£abHev EE önolov, T(O de Yevonevov
dia ns Tov Aidov) | 7 vapdıkwv maparpiyews 7 kat akrtivav eis Aleia) KaT-
ep(xouevov E& dvonolov nv airiav) | Tns TUpwoews Exew‘ TO uev oVv Ek
GOUMOUO (OH VERKTEN AT SA ehr a ren | emırnöeiwv rpos (A) Ye-
TOVELR ERIITNOELAA aD ar aa en nr | yiwvera Toa. kai ek
(B)onBoleav)ukauarmhreuns..... heenk Ge em Taerar rep kai ra Uumn-
VEERFOUERSERSSGTTEN(NATOS)0n.5i. san. Beh mn ehr SR | ioyvpos
ovyradnnevo EEo(dev) T......:.. Ser ee tier ae Ian;
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yeyovev(a. | worep oiv olk Arom)os 6 Tns ApvaAAidos TNVv EK TUpös
(egayııv) EEwdev baokwv yeyovevau, | (ereiön Ex ns Tov A)dov o(vy)Kpov-
vews E&wdev NV, olTws Kal 6 TA Ek Tov omepudrwv Yıyvöueva Eulyrv-
xov Ovrwv TOv T)poievrov Ta omepuara Bias EEwdev nuas avaneidwv
mpoceplxonuevnv Eyew Tyv Eu)yvyiav Eoıkörws T(ol)s un Ex omepudrwv
yıyvouevos‘ N TIvos yovv Evera | (mAeoverrew bnyoeı nv) avdpwmov dV-
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EUABOV KU... nn. )VEH@V NV OUyYxWpnTeov Yiyveodaı eEwdev; |
(ob umv aa Iwov ye)vva (6 avdpwros oV) owua uovov AANa kai Yuynv
Exov, eir' oüv Aoyovs | (EdeXeı Tıs auryv kaNeıv e)ire Övvalueıs el)re uepos
2 yap av corr. aus 6 av P 3 @mö mupov u.s. w.| vergl. Hermipp. 56, 28 (64, 16) ff.
Serge 20 (e&ayıvy) M in P; vergl. Hermipp. 55, 29 (63,14) mavrwv de aromoararov, ei rijv
nev Er mupös ıns ÖpvarXldos E£awıv E£wdev yeveodaı obk Av dainuev, Ereiöy EEwdev Er
as Tov Aldov ovykpoVgews Tv Evavoıy Eoynkev, Enyixov de Ovrov TOv mpolevrov Ta Omep-
hara Ta yıvoneva EeE abrov E£wdev ryjv Euhuxworv Eyew de&aieh’ av; hiernach könnte man
vermuthen (Sorep obv arom)os 6 .. E&wdev (un) Paokov 23 mpooep P, zweites p von M er-
neuert 26 bav Umm)veuov? 27 aANa Kal] vergl. Hermipp. 56, 30 (64.19) kai umv Ywuxnv
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vanıv edeXeı Tıs kakeiv, ov dolgoyaı
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Baivew Kal TO Tode nera Tode Mpodyew, Kal olk Emei | (uera Tyv Kuno)
odovras Ver Kal mpoeNdovros ToV xpovov Yevaıa kal nBnv, OUk Ek Omep-
naros | (Ta roiavra yevvaraı') Kal TO (ÖpenTır)@s ev Kal auENTIK@S Kı-
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vos eiorpıdevros €E£odev; lambl. bei Stob. I 381, 6ff. W. 8 kadarep u.s. w.| vergl. Herm.
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(6)
(10)
Io
(15)
15
(20)
20
30
W ortverzeichnifs.
63
Die mit * bezeichneten Wörter fehlen in den Wörterbüchern.
Die in [ ] eingeschlossenen Zahlen beziehen sich auf die Einleitung.
aßacavırros. aßavaviorws 33. |
II
aßxaßys. rirrew aßAaßn 41,ıı
ayaßos. äpıora 56,10. kpeit-
rova 54, 3. Ta Kpeittw 54, 6
ayavarreiv xaXen®s 45,1
dyamav. äyamırov 50, 23
dyeıv TO öuolov POS TO OnoLov
50, 1. emmeiderav? 43,6. Pass.
di’ ovns 37, 29. mo mpon-
yırov 43,4. davraoia 44,21
ayvoeiv Tı 44,5. ®s 45, 22.
OTL 54, 22. dyvoovoı moloVvres
38, 3
ayvonpa 53,17. Pl. 54, 5
däyvocrtos 40, 20
äypıos. @ypıa (Pvra) 40,1
aypıorys 40,3
äypvmvos 51,28
ayov 35,23
aywvileodaı on 58, 22
aonAia 35, 2I
aön‘os 58,20. aönAov um ..
Se)
adıadbopeiv 55,24
ÖVvaros 37,23. 42, 20
dei 42,18. 47,9
depwoöns. mveuua 42,8. o@ua
49,17
alwia 38,13 [15]
änp 35,11. 36, 26. 42, Io
K5)
adavaros 62,10
aßeos Aoyos 54.19
aßereiv Pass. 36, 9. ahernreov
37122
adpovs. adpdas Kal avev die&o-
dov Hıkews 42,24
aidepoöns. oöna 49,17
alna 37.4
aiodavonaı 43, 24. 54, 26
alodncıs kal öpun 33,6f. 34;
12. 38,1.11. Oepuns a. Aau-
PBavew 41,6.
ıoff. Plur. 37, 30. 51,15
aicÖnTjpLov 40,12.17. 54,28
Tov dvrov 39,
aioOnrırös 34,18. To alch.
51,11. I4. wuxy 34,8. 40, 24.
Övvazıs 51,25. 53, 3. Evepyeıa
33, 25. Ope&ıs 56, 26. madnya
43,8. amyyna 51,30. vmo-
keiuevov 52,1. alodnTık@s kKı-
verodaı 60, 5
aiodnros 40,181.
aloyvveoda: 48, 20
aitla 37,24. 38,10. 62,9?
alrıos rov Eemdvjuov 45,3
aiov. e& alovos 57,4
dkapıjs. mpös TO dkapes 36, 27
akivnTos 33, 25. 37, 26. 61,5
akım 36, 31. 56,15
akoAovdos 52, 6
akoveıv 62,14. TIvös Ölareıvo-
nevov 35,9 [23°].
45. 121. 27.040,5.28409 2318.
Gen. 47, 20
aäkparos 47.24
akpoöpvov Pl. 52, 32. 53,1
48,123. 249,,20.052,7.
DORELIT
aAndeıa 42,5
verstehen
D ’
aKTıs
aAnAıjs 52, 26
aAN\aım Nachsatz 39,17. 45.
15. 53, 23. 58,19
aAANAov 49, 22. 48, 28
aNAotos 51,1
aNNoıovv. TO bavragtıköv dX-
Aoovra 55,27
aANos. mpos aAAoıs @v 33,17.
os ön Tı kal aAXo 58, 22 (vergl.
50,12). @aAAws 53,22. 57,9.
aAADs Anpeiv 55, 2
aAA\ore 47,16
AAAOTPLoS 37,17. 42,16. Gen.
56,14
axoyia [142] 42, 25. 28. 56,5
aNoyos madyrın kivnoıs 40, 16.
oboia 56, 29. TO AAoyov rs
Yuxis 56, 27
änua 49,19. Dat. 37, 20. 54, 17
aneXeı 44,10. 53,17. 58,13
dueroxos davravias AL, 28
auıjyxavos 55,7. 58, 8?
aumyxalvomoıer) 62,15?
duvmnoveliv Tov davraoıarov
55, 6
duoıpeiv wuyns 34,8
anoıpos Gen. 40, 9. 42, 26.
43, 505 224156427
audıaßmreiv morepov... 1
13
aupo 33,9. 35,15. duboiv 35,
16. 40,15
äv fehlt beim Irr. 41,28 (vergl.
33;
N :
Evedexeto 42,10); S. ®s
av (47.10), S. kav
64
dvayıyvoakeıv [30] 33,17
49, 2 59, 18.
Pass. 48, 10.12.18
äavaykaleıv
ädvaykatos fem.? 56,17. av-
aykala 62, 17
dvaykı 48.13. (Sc.Eotiv) 34,18. |
50,4. PVoews ävaykı 49,7
dvayvuvovdv ra abra maNıv 51,8
(avarvrAouev Kroll)
övvanıy 33,15.
Yoxiv 34,9.17. Ev 52,7.
eldos 52, 26
D Sr
avadeyeodaı
AN \ P e
avadıdovar TO xpyjoruov (Tis
Tpobns) eis TO nmap 43,18.
dvadıdoraı Ta omepuara 37, 2.
avadıdouevas eis alodnoıv Kıvı)-
ces 37, 30
avadaNxXeıv 43, 28
avatpeiv ro didPopov 38,7
> v ; ß
avaxanpaveıv eis uunumv AI,
25. ekıv 52, 5. Övvanıv 52,19
avaNiokeıv. ö xpovos eis ıjv
mAdoıwv avaNiokeraı 47.6
dvaNoyla. kara avakoylav 40, 5
avanudrreıv. ol Timo eis Tas
Pdavracias dvandrrovra 55,8
avamarXeıv. ai xopdal avama\-
Aovrar 49, 24
avameißeıv nuas Acc. m. Inf.
DI
5 f ee =
avameumeıv rijv E&anarwder-
N 5 ar
av (TpoBnv) eis kapölav 43,21
avanveiv 36,25. 37,8. 46,29
ävamvon 35,11
dvapnooros 49; 5: 8 58, 6
äavacroıyeıodv Pass. 47, 2I
, , we SEN
avarıdevar To mados Ti; kıyyaeı
m Ara
Tv Önpuovprylav 44,11
5 SE,
avaroAn TovV NXlov 49, 20
Ts upmpas 44,8.
dvaroAıkös TOmos 57,7. epm
57. 4- kevrpov 57, II
aveyeipeıv Pass. mpös evepyerav
5I, Tr
äveumodıoros.
51, 26
EN
AvenmodioTws
[TAAHNOY] MIPOZ TAYPON
ävevepynros 52,11. Gen. 36,
W7j0 5
avemırndeıorns 50, 20
ävev 37,11. 46,12. 48,27.
55.15. die&ocdov 42, 24. Tov-
Tov avev 49,18
| avıjp 33,11. 46,5. 56,11. 0
ävpp Plato 40,11
\ı avßos. (av)dn 46, 27
| avdpae 62, 2gf.
avdpomıvos 48,16. (7?)
avOpwmos 39; 16. 50, 14. 27.
59. 3ff. 24
avievaı. BAoyyos dveınevos 57,
24
avonoronepns 58,27
(@vonoıos 59, 9.)
avonoıorns 62.8
*avonoNoyerv nicht überein-
stimmen 53, 21
*avoöveıpos Umvos 51,27
ävrexeiv 37,12. Avrioyeiv mpos
Tı 36, 27
davrırpvs 37.15
avo 54.5.9
ävoadev karw 54,IO. TS Aavo-
(die
animalische, vergl. karodev)
47,18
afia 42,20? (s. Nachtr.)
afıos Aoyov 35,18
afıovv uvnuns 35,18. Inf. 36,
12. Acc. m. Inf. 38, 12
aoparos 57,9
amayıs 474
amadns 49,25
dev ToV marpos Yruxns
amavrav mpos rıv Cyrnow 38,8
ara 41,18
ama£ıouv 38,10
änas 52,30. 55,1
amarav 37,20
ameivaı 53, 18ff. rıvi 50, 22
ameıpla 61,29. 62,17
amepavros? (a)mep(avrov) 58,
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amepyaleodaı rjv odubvonv
34, 26. To mados 44,9. (@ov
46,10. yovias 48, 24
’ r
amepxeodaı. amexdeiv 49,4
Ameyeıv yarpav aNANAmv 49,22
amıxnua alodnrıkov 5I, 30
amıeva. ameıaı 49,7
’ r
amidavos 34, 22
amıoreiv 58,29
» ’
AmO Tıvos JepoVS eiokpiveoda 49,
10
amoßaANxeıv. rs Bvrıkjs dror-
kjoews anoßAndev 57,13
aroyıyvockeıv |21,20. 30,2
v.u.]. öpe£es ok dmoyıyvo-
OKovo1ı ep abrıv eivar 55,16.
u) a. oT 57, 22
amodeıkvuvaı Acc. m. Inf. 50,
26
amodıdovar Tov Kaıpov 34, 24.
TO mpoonkov jerpov 47, 28.
aiodnoeıs &k Yuxijs amoöldoyue-
vas 40, 6
amoöpemeıv Med. kapmov 45,7
amokeiodaı. amereıto Tov kvov-
nevov yeveodaı (angeblich
aus Plat.) 45. 22
amorXeleıv. Gümokerkeıquevov
Tov mopwv 55,1
AmorAnpovv. amerAnpwoev (1
PVcıs) 49,8
AMOKOTTELV TV Kpacıv 47, 29
dmokpiveıv TO omepua 61,5
amokvnoıs 34, 20. 35,20. 36,6
| amoXaußaveıv. jepos amoNa-
Povoa 43,23. ameıNnporos ryv
Önuovpyiav 48,16. nep@v ois
äv dmoAndON mvenua 43,14
amoNeimeıv kaß' Eauryv nv Wrv-
xiv 55,15
amosepileıv. (vvxiv) mapa rov
marpos amonepıodeisav 55, 31
’ ’ \ an ’
aToNEepLTuoSs. TIV KAT t0tav Ev
amonepıouo (wvxnv) 56,18
amojopyvuvaı Med. eis ra ow-
nara 42,6. Ev rois Ekros 17
Aamoveneiv TO Nyenovirov mepl
tv kebaAıv 53,9
amomıumAdvar Tas emvnias
4I,II. TO eANelmov 57,1
amomimreıv eis Tyv yıv 37,11
amopeiv notepov.. 1 33,4. TOs
59; 2
amopia rov moßev ıjkeı 56, 22.
(ei)s a. mepıßaaNew 62,13.
eußaxNew (Plat.) 45, 3
ämocelieıy Med. von sich 49,25
amoomav Pass. 61,18. os ur-
Tpas 47, 3. €k TOv yoveov 58,
26
amootnja Bl 51,15
amoreNeiv 46, 27. Yeveoıv 45,
18
arortikteiv 41,9
amovoia 53,19
amobalveıv (@ov TO Kvovuevoy
36,14. kpeirrova ryv duriknv
544
ämreıv. abdeis aphevnı mupi so
48, 26
7 33, 22
äpa 45,4. 53,2f.5. 7 544.
eimep apa 35,25?
äpyelv 34,10.13.16. mpos ra
Gpya 53,16
apyos 41,15
Apdeveıv Tyv oapka 43, 22
apern 56, 9f.14
apkeiv 61,3. rıvı mpos rı 56,
18?
äpuorreıv Pass. 50, 3. 53,22.
57,27. 58, 5. mpos yuxnv ap-
nortöuevov 57, 26. BAoyyos
mpos Tv EONv NpjLooueEvos 57,
23. Emırmdeios 48, 25
apnovia 49,4. 58,4.9
apovpa (Plat.) 45,8
apmayn mryvov 35,17
apmaleıv wuyyv 35,11
appnv 35,4.10. 44,16
er
apa...
Wortverzeichnifs.
appnros. appıitwo Tporo 42,9
aprav. dd’ oD Nprnueva 37,9.
ToV peuuaros Npryra 57,9
aprnpla 52, 30
äpxeodaı ümo rıvos 42,5
apxy. am apyns 50,17. (Welt-
seele) 48, 3
aonnos. aomya bHeyyeraı 51,6
achevns. aodevos 34, 2
dokelv kat’ dperyv 56,10. ei-
kovas Tmpos KaNAos elöov Nokn-
uevas 41,25
agToyeiv wos 5I, 23
aotpann 49,13
acvumaheıa
(xopdav) 49, 27
aovubhdapros 1 0Awv kpacıs
47,27 [2of.]
acvupovia 49,25
aovubwvos 49, 24. 27
m ’ ’
Tov aoavubovav
’
ateA]s 50, 27. 52,8. 26. mo
areNes 53, 25
aroria 38,8. Pl. 50,7
dromos 50,11. emdvpia pica
41,8
artpogpos 51,29
ab 34, 7. 43, 20.
33,12. 36, 22. 54, 8
abdıs 54, 16
aubAlokos 46, 28
auvfeıv intr. 56,16. 61,8.
&eodaı) 56, 20?
av&n 36, 21
avEncıs 37,6 (vergl. 36, 21)
evepyeıa 51, 24.
yuyn 56,1. abEytıkos doıkei-
odaı 33, 8. kıverodar 60, 4
abrapkns 52,1. 56,21. eis yvo-
owv 45,5. mpos nv Önpovp-
ylav 53, 14. Inf. 41, 16. 52,4.
OVY-
6’ ad marıv
v
aUv-
r
auEnrtiros.
- vw ’
nulv abrapkovs OVToS Ei ..
x@potev 38, 5
Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1895, I.
65
abrika Ön uaNa Otav 47,7. au-
rika 2. B. gleich 42, 5
abrokivnros Yyvxy |lambl. bei
Stob. I 381,23] 38,15. 39
—41. 43-45. 52-54. 56, 3.
23. 58,17
abrokrparys (Plat.) 44, 20
42,23 475003
oder abrov zu ergänzen 39,
30. 45,29. 46,7
auToV S. Eavrov
sr ’ n
aAvTos AvTov
abrovpyos 56,13
abaıpeiodaı Tov voiv 50, 23
ähaipecıs Pl. 55, 23
abavracros Pios 51,8. Umvos
51, 28. mAnyas 40, 20. era-
PBaseıs 43, I5.
*abavraotws 43, 29
ab 48,27. 61,2
adıkveiodaı 50, 27. 46,4. eis
kopov loxeıv
meipav abrov adıynevar 41,9.
eis yijpas 50, 24. eis tv ye-
veowv 50, 24 (vergl. 46, 4)
adıEıs eis TO Evepyeiv 51,13
apopileıv 37, 6. Tov Kaıpov 34,
22 a Ze Bass: 434,23.
orav dbopıouevov 55,18. Med.
definiren 40,18
appodlcıos. Appodıcioıs bavra-
coeoı 6I,IOo
appocüvn 61,22
abwvos Pios 51,7
äxpnoros 43,18.19
aäxpı 43,16. 51,19. 52, 27. @.
Ts mpooyyoplas nur dem Na-
men nach 38,14 s. Nachtr.
axopıoros Gen. 47,15
äyrvxos 51,21. (Aoyos) awv-
“ xörepos 54,18?
awpos 47,3
Badıorıros. PBadıorıkos (nera-
rıdevar Ta okeNn) 34, 5
Ba9vs. Paders Umvovs 55,5
Baxavetov Pl. 41,7
Be)
66
Pia 50,19. ek Pias 47, 3
Pıaleıv Med. 49,7
Piatos 59, 22
Bıacrıros 54,1
Plos 51,8
Pxaortnna 54, 20
Pxaornoıs 60,3? Tekvov 56,
13
PopPopos 5915
Bovxeodaı 47,15. 48,13. ei de
PBovreı 42,1. ei BovNeı 58, 25
BovAncıs 49, 2
Ppeövkivyros 41,16
*Bpaxvkivnros 33,25
Ppe$os 34,4- 51,10. 57,15
yaka 5, 2f.
yap. MOs Yap 57,14. Kal yap
43, 7. nämlich 42,18
yaorıp Magen 43, 17. Mutter-
leib 33,10. 34,6 oft.
... Ye 34,22. 1 .. Ye
37,30. aAXa .. ye (Nachsatz)
39, 17: ye av 42,17. ye ToL
43,2. b. Rel. 55,13. 7 wm
Nia ye 52, 23. obde ye 52,28.
Ye. Kal
bs .. Ye 53, 29; S. önov u.
jr
yeNäv. yeAdoas 35,18
yeveıov Pl. Bart 53, 29. 60,3
yeveoıs 60, 1. Bl: 44,15. dt-
mAas 59, 9 (generatio aequi-
voca 59, 14.25)
yevva 57,12
yevvalos. yevvardrepov (Yevıka-
repov P) ioranevor 41,7
yevvav 42,19ff. 54, 6ff.
yEvvnya 42, 22.25.29. 51,23.
54, 7. 56, 26
YEVVMTIKOS. YevvnTikols Nopiors
457
yevos 45, 27
Yeopyeiv 43,3
yeopyla 40,I. 43, 2
yn 36,20. 37,5 usö,
IFAAHNOY] MPOZ TAYPON
ynpas. eis y. adırveitaı 50, 24
yiyveodaı [30]. 6 yiyvera 70
xöpıov 46, 27. TOv kvovuuevov
yeveodaı 45, 23.25. mepl Tov
ävaroXıköv Tomov 57,6. ev ro
owuarı 55,19.
Thatsachen, Vorgänge 33, 9.
35, 17
Yuyvookeıv |30] 45,9. 38, 10.
rov Qeov 50, 21
yropımıs 43,9
yvopıoya 40, 21. 57,13
YvopıoTıkös 55,4. Wuxn 56,
16. 58, 26. yvopıorıkos (nv
56, 20
yv@ocıs 43,II. 45,5
Yv@oTıkös. kıymaeı Yvoorıkı)
55 3
yovevs Pl. 45,8. 58, 23. 26
yovn (Plat.) 46, ıf. Pl. 56,14
yovınos.
(vom Samen) 34, 25
yovv 47,3. 55,25. 59, 24. 61,3
ypannarıry) 33,16
Ypannartıkös 33,17
ypadeıv 33,17. 44, 22
yvvn 41, 21.24. 44,16. 56,11
yovia Pl. 48, 24
ra yıyvoneva
yoviuws kparndivaı
dainov [16] Pl. 42,7
daAos 62, 27
de im Nachsatz 34,1 u. Anm.
deıkvuval 57,19. dopp. Ace.
62,10. Part. 39,19. örı 35,
19. os 35, 23. Pass. 34, 11
Eder 56,10.
deov 54,10. deovros (Schöll
Ind. zu Prokl. in Remp.)
47, 20.
Inf. 56, 25
deiv. der 34,19.
deroflal Tıvos 49, Io.
dektırös 43, 3?
devöpov 39, 14. 45, 6. 53,1
deouos 35,16. 42,1. 54, 23.
25
deos. ob Öeos um 50, 22
dexeodaı iv diwvanıy 33,15.
Yuynv 33,19. E&iv 34, 16. ma-
paramıv 49,14
67 48,19. nev ö7 39,5. yap ön
56, 2. arap öl kat 41,21. ön
oder ö7 kai b. Rel. 37, 12.
36, 30 u. ö.
4757
eNAos 34,15
ÖnAovv 33, 23.
44, 20
Önnıovp yeiv 36,17. Pass. 44,
12. 47,14. 52, 24
Önniovpynpa Pl. 47,13
Önniovpyia 36, 31. 44,11
Önnıovpyoös ris eldomouas 42,
14
önmov 44,4- 45, 26. 50,16
a
dıa Acc. 38,10. Gen. 34, 3. &”
0Xov 48, 21. 49,19. 55,17
Sıaßeßarovv Med. 39, IO. 50,
12
aurika 67 aha
os Gen. abs.
dıadeırvuvaı Ta eion av bav-
Taoudrov 42, 8.10
dıddocıs Aktivos 49, 20
dıalyeıs |15'] 51,9
dıadecıs 41,29. Pl. 47, 25
dıarpeiv Med. nv wuxyv 53, 8
diaıra 48, 2. 58, 8
Ötakpiveıv Ti Twos tıvı 38,12.
TO Tpvy@des eis yoAıjv 43, 21.
Pass. 60, Iıff. xa9’ eavra dta-
Kerpiuieva 47,25
dıakpıcıs 47,29
dLaAvoıs 49,11
dtaAvros 47,4
Ötanoppoüv 42,13
dıavora 42, 22
dıavoiyeıv Pass. eis xaoyara
44,1
dıamveiv Pass. 36, 28
dıamvpos Oepun AL, 5. anp 41,7
dıap$povv Pass. 35,4
dıaoracıs 44,1
dıaoryua 49, 26
dıaawleıv Med.ryv kpaoıv 47,22
Be
dıareiveıv Med. behaupten 35,9-
Pass. 48, 23
diatvmoüv To oma 42,11
dtarumwaıs 58, 24
dıabepeiv TIvos Tıvi 34, I2. dıe-
vıvoye 38, 2. kara moANd 47,
12. + 54,1
dıapopa Pl. 54,9.
dtacopas 36,12
5 s
eidomoroVs
dıabopos. TO Ö. dvrou Te Kal
(lwov 38,7. (ons kat alwias
To 6. moıoVuevos 38,13
dtdyvars 43, 27
dıdöovar TO Komwov 38,15. Tv
ovoiav 54, 7. Pass. 44,12
dıe£ayeıv 33,8
dre£odos. Tns Adpoas Kal avev
dıe&ocov Hıkews 42,25 [142]
dıepxeoda: 60, 16
divmaıs TOD mavros 50, 2
dıo 60, 21. dio Kai 41,23. 47,
16. 50, 21
dıoıkeiv 46, 22. Ta ONa 48,3.
Pass. m. kara 36, 21. 56, 24.
ab£nrıkos kal Öperrikos 33,9.
Pdurıkös 34,7. &s (wa 37,22
dtroiknous 37,14. 46, 20. 24.
57,12
dioAAvVvaı Pass. 36, 27. 37,1
dımAaciwov Aoyos 57,24
dımAovs. 6. Tas yeveacıs 59,9
ölyra 43, 28
dıyrav SO 43, 29
öoyna 33,2. Pl. 57,19
dokelv. TO dokovv eavro 38,17.
glauben 35, 22. 55,5
öofa Pl. 33,12. 50, 26
dofaleıv 50,8
do£acrıkos. 6. yuxn 40, 21.24.
41, 20. 42, 30." Övvanıs 51,25
Öpäna 54, 21
Öpav Eavrovs ToVTo 42,12
Övvanıs urn 45,16. rov (wı-
kov ia 47, 22. aiodyrıry 56,
25. Yvyıras 6. 55, 24. Övva-
acı dopp. Bedeut. 33, 14 ff.
Wortverzeichnifs.
52,7ff. roD evepyeia mponyov-
uEvov Ev macı ToU Övvayneı 54,15
Övvanovv Pass. 57, 8
övvacdaı 42,4. 30. 52,16ff.
övVo 35,4. Övomwv 58,8
ÖvVakoAos 34,21. 35, 23
ÖVoTokos 41,14
eav Epnuov yeveodaı 48,4. üki-
vnra 61,5. gelten lassen 37,26
€avrov viel häufiger als abrov.
abrovs dmarayev 37, 20. 42,6.
12. TO dokovv &avro ipsi 38,17
eyyiyveodaı 52,20. 53,II.
eis Ta abrjs Epya 47,15. Öv-
padev 50, 25 fe
Eyybs TOV TOKETOV 47,3
Eyelpeıv bueva 46,31. Eyeli-
peodaı) 61,1
Eyepoıs 62,26
Pass. 46, 17.
Eeykevrpileiv
21.24
eykoAmileıv. Ov av Ta eion Tals
davraciaıs Eyko\miowvrar 41,
22
Eeykoayuıos 49, 16
Eyx@peiv. Evexopeı av unpers.
37,15
eyo. ei de HOL.». emvonguus 475 8.
nueis von den Gegnern? 50,9
edeona Pl. 51, 3
edeXeıv 39,8. 55,3. 30
Edos 62, 5. kara To maXaıov dos
(Sprachgebrauch) 56, 3. dorep
edos 56,12
ei .. erdpewe (soll) 51,25. ei
ana£ 41,18
eldevar. Ye\doas olda 35,18.
ioteov 42,17. o0k ol” ömws
95
eidomoıa 42,14
eldomoıos 36,12
eidos 43, 7.10. 52, 8ff. Pl. 4r,
22. A2u0-
KaNNos elö@v Normuevas 41,25
eldöwAov Pl. 48, 24
r x
eikovas Trpös
67
eikaleıv 42,10
ein 53,12
eikos S. Eoıkevaı
eikov 41,23. Gleichnifs 47,11
eivaı zu ergänzen 42,14. 45,4.
50525, u0.
44, 5. 61, 29. un rov (woyo-
vovuevov 7 TO Kıvovuevov 5I,
yv_ Nyvonkotov
18. mpös aAAoıs @v 33,17
eimep 37,7. 22. eimep öy 42,16.
eimep apa 35,25?
eis. dtavol’yeraı eis xaonara 44,1.
eubvonoa eis wuxyv (ooav TO
mvevua 48,17. ueya eis Eumo-
diov 55, 27. eis dromov avadeı-
Eanevos 50,11 ?
eis 46,20. 49,24. kad’ Ev 57,9
eloßaAXeıv intr. 52,1
eirdvveıv moieiv 48,12
eioievaı 50,8
eiokpiveıv Pass. 39, 28. 49, II
elokpıcıs 33, I. 34— 36. 198
35, 20. 61, 22
elroıkileıv Pass. 46, 7. &v rıvı
45, 24.26. eis rı 46,4. Med.
in sich aufnehmen 37,19
*elamvoıa Tov mavröos 57,7
eiopon ToD aepos 36, 26
eita. ei’ ovrws 36, 12
elte .. elite 49,16. 58,23. 9
50,1. elite 59, 28
ex, &E. ex Plas 47,3. € Mp@-
Ts 50, 26. ek maXaıwv 57,20
erßaiveıv. erß(eßnk)e 51,3
erßarNeıv. Komns amo ns veos
erßeßAnuevns 52,12
erdexeodaı verstehen 40,2. rıv
EIERN
EIT O0WV ..
ERPONV EM TOD OmMepaTos Ek-
deyönevor 35,3
Ekel 53,11
exei(dev) 62,5
EKEivos. Kat’ Ekeivo Kaıpov 57,
17. EKEIVOS 34» 5- 395 27
ekÖpewıs 46,15. 51,10
70 IIN. ErkerXodaı
nv elakpıoıv 58, IQ
9*
EekkAiveıv.
68
Erkpeuns. odev 36,29. EE ov
46, 29
Ekkpiveıv 61,24. 60,19?
Erkpıcıs 36,18
Ekkpoveıv tiv aAndeıav 42,4.
Pass. 51, 29
ekmimreıv amo Tıvos 36, 30.
33T:
57, 24
Ekpeiv. ell@Awv Erpvevrov 48,24
ToV dimAactovos Aoyov
ekpon Tou üepos 36,25. Phe-
rekydes 35, 2
Eekreiveıv Tas EAıkas 44, 2
EerteNeiv 34,3. 4757:
43, 25. 61,2
€ekrtos 46, 31. Ta. 41,18. 42,
17. Gen. 42, 13.16
Eektpedeıv 45,15. 51, 26. Pass.
45,16
’ r
EKTpomN 1a 35,19
Pass.
e r
Eekov 59,1
eXartwoıs 58, 27f.
eNeyyxeıv. nAeyxOn 51,21
erıE Pl. 44, 2
EXKeıv 36,20. 48, 28. 57,10
EAKTIıKOS TIvos 35,13
ENKVeıV. eAkvodeions 47, 10
eANeimeıv TA Kivjoeı 54,13.
To eANeimov 56, 24. 29
eNAeıyıs 58,1.
rov 41,13. Pl. 55, 21
ern£ıs 37,2
eußaiveıv 48,9
eußarxeıv eis amopias (Plat.)
4553
eußAereıv 41,25
Eußpvov mA Eoıke 55, 28
Enetv 44,6
Eunoıpos 42, 25?
Eumn&ıs buevoons (vom xöpıov)
46, 25
EeumiumAdvam moAAns dmopias
333
» r s x r
EUTIMTELV EIS TO mados 41, Io
un”, P
Tov öpexydev-
eumveiv von der Weltseele
48,6. Pass. 56, 25
[TAAHNOY] MPOZ TAYPON
eumoöileıv eis rı 48,27. 56, 8.
mpös rı 55, 22. Pass. 51, 26.
55, 24. 56,8
eumodıos 5I, 24. Eumödtov 55,
28
Eubacıs. Eyupbdoeıs ns bavra-
oias 42,9
eubepns 47,11
Eupveiv. Eubveoda: 49, To
eubvoav rıi rı 48,17
Eeuyrvxia 45,19. 56, 24. 57,20.
39>23.125
Euwvxos 39,27. 52,5
euyrvxovv Pass. Titel
euyüyxwoıs 35,24f. 48, 14.21.
2820
Ev Tols Odovor 43,16. Ev Amoue-
piou® 56,18
Evaepıos. €. kuTos 48,2
Evarnos diara 48,2
Evavrios. Kara Tovvavriov 37,
I2
evapyeıa 36,11. 37, 20. 54, 1.
62,16. Pl. 38, 7
Eevapyıs 37, 23
evapnoleıv intr. 48, 22
Evdeıa Pl. rov Eridvsuov 44, Io
evöexeodaı. Evedeyero unpers.
42, 10
Evöıdovar TO EAAeimov 57,1.
tv vuxıv 58, 21. Pass. 62,7
Evdov 37, 21
Eveivaı 34,2. 36,19. 5I,IOo.
unpers. 43, 21. 56,3.
45,12. ©s Evi akıora 46,14
Eveka 53,12. 59,24
evepyeıa bvrıcy, alodyrırn, öp-
Ant) 33, 25.
24. Pl. 51, 29. kar’ &vepyeıav
er
Eevov
Operticn 51,
54,13. Evepyeia S. Övvaneı
Evepyeiv karaı 33,16. 55,7.
Aoyıros 56, 28
Evepynrtıros. £&. wuxns 53,16
evepyoös fem. 51,28
Evda 51,23
evdvneroda: ei un 46,13
— 2023
evırravar. Med. rıjv Cyryow
39, 29. Eveotnkev 6 Aoyos 40,6
Evioxeıv Pass. 33, 22. &möv-
Alaıs 41,9. diaheoeoı 47, 26
Evvora Pl. 61,14
evovv Pass. rois &mrmdeios 47,
23
evobdarynileıv Pass. 46, 17.
1gf.
Evoapkos 36, 22
evravda 34, 26. 35, 21. 48,2.
61,24
evreivew. bAoyyos (Ev)reraue-
vos 57. 24
Evrepov 46, 28. Pl. 43,13.19
evrevudev 57,13. TO &, 43,17
evros yiyveoda 50,4. Tü Evrös
47,4
Eevruyxaveıv Cwoıs 37, 2I
Evuypos data 48, 2
e&aınarovv. efamaroderoav
(rpobnv) 43, 20
e£aipvns 49,11
€Eakoveıv. ToU Övvalıeı e&akovo-
zen
e£amarav avrovs 45,11
r ®
HEvov Em Tov
e£amreıv Pass. 48, 26. 59,10;
vergl. 37, 10
E£awıs 48,21. 59, 20
e£eivaı. &&noav 61, 30
efepxeodaı. eis dos e&eNdov-
tov 46,7
e£evr(opeiv) 42,4
eEnyetodaı erklären (kara) 33,
20. 35, 137,10
e£&ıs 34,16. 52, 6f. 53,2. 54,7.
To ka’ E£ıv TeXeiov 52,13.
Pl. 34, 6
EEodos 40,9. 41,15
EEwdev. ris €. mepıßoAns 47,5.
7 €. mAdoıs 52,27
e£wdeiv. e&ocaı TO Eußpvov 41,
17
eoıkevaı gleichen 34,2. &oıko-
TWS 34,3. 59,23. scheinen 40,
11. 48,15. To mdavo eikonı
42,4. eikora 54,1. eikörws
38,13. 40, 22. 59, 2
emädyeıv 35,21. 40, 29. 46,8.
Emaryöjevos Aaprvpa 50,13
emaANarreıv rüs yeveoeıs 62,2
emei caus. 40, 29. 42,12
Emeiyeıv Pass. 37,11
emeıön 37,17
emeimep N 37, 20
Ereıra 59,8
eme£&ıevaı rs Wuyis tas ovu-
&bopas 45, 21
Emeodaı logisch 36, 5
EmEexeıv TO TeAeiov 52,32. eis
To un ameNdeiv 49, 4
emi. Tijv Ekponv em Ton omep-
uaros Ekdexonevor 35,3. Tas
atodoeıs rarrovonv Em TıVv TU-
wow 40,12. yivpia em w-
pioıs 49, 5
emıßaiveıv 47,10
emideıkvvvaı on 36,4
Emıdektıkös Ywuxov 58,10
emidexyeodar Errporas 35,19
erıdvunrıros. €. wuxyn 62,3.
Övvaneıs 45,7.
ts y.) 37, 27f. 38, 4:9. 42,
28. 53,9
emı@vnia 39, 27. Pl. 40,4. 41,
8. 44, 8.10. 45, 2
emiküunna Pl. 51,16
emıvoeiv m. Part. 47,9
emımeideıa 43,6?
emımeıdns aiodnoeı 56,26. *rov
Tekovrov 42, 21. -F 43, 6
emımimreiv. demmeobvänp 54,16
To &. (nöpıov
emıomjaiveıv Ta AvmoVvra 51,7
erions 37, 26
emiortpedbeıv mpOs Tov vouv 42,
23 [14°]
emioxvbeıv mpos TO Epyyov 48, 5f.
emırjdeıos mpos Tı 49,9. 59,
137. eis u 57,9. Dat. 49,2.
56,12. Inf. 54, 26. &mrmdeios
Exew 33,18. 35,15. Npuoodaı
mit Inf. 48, 25
Wortverzeichnifs.
emıtndeıöorys 33,20. 53,19.
Pl. 50, 18
EmiTnpeiv TO oTöna 48,19. To
HENNov 53,14
emitnpnois 49,2
emırıdevaı Pass. 49, 23
emituyxaveıv rs untpas 36,18
emibepeiv Pass. rıv/ 39, 24
emixopnyetv Med. ryv rpodbıv
36, 30
Epyov 47,12. 48, 6fl.
eperrteiv 52,13. 25
Epnnos kußepvjrov 48,4
Epxeodaı 61,14
Eoxaros. amopias ras €. (Plat.)
45 3
Erepos 45, 23- darepo 58, 4.
Erepws 39, 15. 53, 26. os ETE-
p»s 40,7
e7135, 210. AT,7
EroLnos sc. ei 47, 27- Erot-
nov sc. eoti 41,26 [15°]
ebyovia 56,9.12 vergl. 6
ebdeverv Med. 56,9
evdevia 56,9
evOvs 46,25. 48, 2
evkoNos 34,14
evNaßerv. eiraßndevr(a?) 62,
18
evA7. (ev)AOv 58,10
evnoıpos 42,25?
(eb mo)peiv 58,19
ebpiokeıy Tıva mapovra 50,16.
yıyvookov ebplokerat 45, 20.
52,105. 37,22. 47,4
evrovia 56, 6?
ebeAkeıv Med. 49,16
edıevaı Tols Anpoıs 41,18
edıoravaı. edeorava 58,15
Eyxeiv rı Aöyov äfıov 35,18.
altiav ueyaAnv 62,10? eis (oa
Tv mapovolav 49,19. exe
(kann) deıkvivar 50, 3. emry-
deiws 33,18 vergl.43,8. Med.
tus do&ns 53,75 S. loxeıv
Eos Ind. 58, 5 vergl. 57, 28
69
nv Purıkos 33,5. Tols dbvrois
mapan\yoios 38, 5. ob Yvopı-
OTIKOS 56, 20
Inreiv 37,24. 39, 7
Snrnoıs 33,3. 38,8. 39, 29
Cöypıov 54, 23
Con önovuuos 39, 25. durırm
36,19. (ons romos 57,11
Cwıros. C.yvxn 33,12.21. 0o®-
na 52,27
Cooyoveiv 57,6. Pass. 51, 18
(voyovia 33,1. 34, II. 47,11.
57, 10
lo ov. ldorns 33, 5. 36,22; bei
Platon 44, 15 fl.
(womoıla 53,23
Swomoıös wuxy 34,9
(worns 57, 10
(wovv Pass. 33,11. 36,16
Corıros. (. ujrpa 56, 21. peuna
57,14
Page äpa, möTepov, Ye
Bav 50, 28
ıßn 60, 3
jyetodaı (oa ra Eußpva 33,5.
10. 57,19. Acc.m.Inf. 37, 16
jyenovırös. TO 1. 53,8
707 34, 10.12
7dovn 37,28. 30. 40,10. 43,26
nos 40, 2
jkeıv 56, 23
7Aıkla 50, 1of.
7Ntos 49, 20f. 52,1
nuepa 35,4
7nepos 39,14
Nuerepos 42,13
map 43,18. 53, of.
jmep 44,21
penetv 49,25
penos 52,8
novyxaleıv 33, 20. Ev Ti Öuvd-
nei 52,7.
52, 14
7Toı 53, 20?
amd TS Evepyelas
70
Öaxarra 47, 8.10
davpuleıv ei 36,15f. mos 36,
16
davnaoros.
43,5
Oea 61,4
0earpov Pl. 48,10
Heros. dUoews Aelas Epyov 37,
24. kpaoıv 47, 22. pevua 57,4
HeueX:os avrov (rov &ußpvov)
kareßAn0n 57,87
deoAöyos Moses 48,15
0ie0s/ 48,17.) 50,21. 33, 12
Oepun 41,5. 58,1? Pl. 44,3
deonos. Yeonois ducews 48,1
dewpeiv Pass. 33,7. 43, 27-
52,16. 31
OnAvs. OnAea 41,16. Tas Oy-
Nelas 43, 5. 35,4
OiEıs. ns aßpoas Kal ävev dıek-
odov dikews 42,25 [14?. Plot.
V225roVilng,7]
Ovijoxeıv. Tedvnköta 4I,I4. Te-
davuaorov oboev
Oveurwv OL, 27
Ovnros 36, 22. 45, 25f.
Opemriros. Opemticn 33, 6. Ev-
epyeıa 51,24. wuxn 56,1. dV-
cıs 58,18. Öpemrikos drorker-
odaı 33, 8. kıveiodaı 60,4
Opeyıs 36, 21. 37,6. 51,4
OpvarXis 59,19
Ovnoeıöns. To 0. 53,9
Ovupadev (Aristot.) 50, 25
Ovpis 49,15
iarpos 33,4
7dıos Gen. 42,14. !ov 60,1.
kar' iöiav 56,18. 60,19. Ida
33,12. lölos 34,17
ldıorns 33,5. 35,13
ievaı eis yovyv (Plat.) 46, 1
iepos. ev @AAoıs lepois Aöyoıs
47,27 ler]
ikavos Inf. 62, 12. ikavos 53,15
ikereveıv Inf. 49,7
[FAAHNOY] MPOZ TAYPON
iruas 36,20. 37,5
iva 42,5. so dass 46, 3.5 [15°]
immos 41,23
imtaodaı 49,15
!vos Dat. 44,11. lows 48,12
ioravar. ioracdaı Stand halten
41,7
irropeiv 35,5. 61,29
Yoxeıv Yuxyv 39, 9. Kopov 43,
29. ndaooos 40,1
ioxvpös Aoyos 61,33. ioyvp@s
59, 16
ixvos 51,14
kadamep 33, 22.24. 35,5
kaßeıp&ıs 35,16
kadeAxkveıv (rjv vauv) 47,8
kadevdeıv 33,17. 52, 21.23.
53, 6
kadıEvar 49,6. To omepna 46,
14. intr. eis nı 33,3
kadopäv rıjv Wuyjv elorovoav
50, 8. Pass. 10
kal. a kal Aeyov Av Tıs aloyv-
voro 48,20. Kal ot 51,14
vergl. 54,1. kal .. de 36, 6?
46,12. kal yap 43,7. Kal ..
äpa 45,4. Kal .. Ye 34, 22.
40, 28. kal mv 52, 26
kaimep 33,23. 43,1. 5I, 22.
56, 27
kaıpos. map’ övKk. 45,28. kaß’
Ov K. 57,12. Kar’ Exeivo Kat-
po® 57,17. ToV more ok. 58,
21. Pl. 60, 2ı
kaltoı 34, 4- 47,4
kakos abrovpryos 56,13. xeipwv
54, 5. ııfl.
kaxaın 60,10.12
kaNelv rapı ro (nv (mov 39,8.
amo Tov (Mv 4I,4. Tas kakov-
nevns Evrepıovns 36, 28
KAaANOS Eeid@v AI, 24
kaumy Pl. mMAiov 43, 31
kapdia 43, 20. 22. 53, gf.
we Be MR a f
kapos 33,22. 34,2. Pl. 55, 5
kapovv. kekapwevo 52,23
kapmos 36,29. 37,10
kapmoböpos 61,17
kapva 60,17 von der Frucht?
vergl. 60, 13f.
kap&os Pl. 49,1. 22.25
kara Acc. in der Bedeutung 33;
18. 19f. kara rıv &k Tys unrpos
&uyrvxiav Ötorkobpevov 56, 24.
ka’ 6 42,7. Kara yaotpos
34,1.6
karaßaANeıv Pass. (Samen)
34,23. 47,19. 6 BeueA1os kar-
eßAn0n 57,18
karaßoAı (omepnaros) 35,25
karayeXacros 48,19
karaXanupaveıy. ras karahap-
PBavovous as kvovoas ovubo-
päs 44,5. XoAjs karakaßovons
av aveyya 55; 26
karakeimeıv gelten lassen 34,19
karaAnwıs 40,18
kartauıvıos. Karaunviov 53,30
karamvkaleıv 58,6? vergl. 8
karagkevaleıy. awarı kara-
okevaodevrı 46, 8
karackevaoıa eußpvov 53;15
katackevij veos 47,6. Komns
92319
karacmeipeıv (Plat.) 45, Sf.
karatartreıv 36, 22. 37,5
karareiveıv 46, 28
karabaiveıv. dlcews deias Ep-
yov eivar karapaivoıro 37, 25
kartabepeıy. karabepeodu To
omepna 61,3
karaxywpileiv. _ (ka)rexopıle
58,12 [Plot. III 2,12]
karaywevdeodaı Tav Yıyvoue-
vov 61, 26
karepyaleodaı (ryv Tpodv)
36, 23
karepyxeodaı 59,11
Kkareyeiv 50,19. 2I. Owuarıkös
karexöueva 50, 18
RE WR SEE HE
karyyopeiv tıwos TI 33, 19.
52, 8. em Tıwvos tu 52,12. To
modev eANDAn 36,3
karnyopos Gen. 47, 26
karykoos Gen. 44, 17ff.
kdrtomtpov 42,9
karop®ovv 61,25
kato 54, 10
karoadev 54,5.9. ooa «duoeı
(Ernährung und
Wachsthum) 46, 21
- ‚ n r
Kei odaı. KEIJIEVOU TOU mNaOHaTos
karodev
48, I
(ke)Av@&(os) 46, 27
kevos 6 &oßos 61, 28
kevovuv? -- kevor 56,7
kevrpov astrologisch 57, 8. 11
kepavvvvat. kpadevra 47, 21
kepaNatov Aeyo 56,15
kebaAatovv rov Aoyov eis TO...
40, 22
kebakn 53, gf.
kıvdvveveıv jumoev Evvievar 39,6
kıveiv 34,4. 57,5. Pass. ne-
raßarıkods kara Tomov 41,5.
Aoyıras 42, 27. (Apemtik)os
abEnrikos vonrikos 60, 4fl.
kivmpa 39, 25. Pl. 51,18
kivmoıs 40, 14ff.
44, 9. Pl. romıkat 43,12. 25
47, 23
Ts wjTtpas
Kıpvavat. Kıpvanevav
[Porph. Sent. 4]
kioca Pl. 45,4
kıocav 44,8
kAados 61,18
kAacıs 48,24
"kAavopa. da KAavonaroyv SO
51,7
kAtocıs Pl. 43, 31
koıXla 43,18
kownv dopav 57,19.
kon 43,7. Koıwos 33,3
koıvovv tivi TI 55,13
kopn Pupille 48, 23
KOPOoS. Köpov loyeıv 43, 29
kooyuos 57,5. 29
koıvos.
Wortverzeichnifs.
kpacıs eis jiav dVow 46,19.
delav 47, 22. aovubdapros 27
[20 £.]
kparteiv 50, 20.
42,7. Pass. 54,2 ıfl. yoviuos
kparnOnvar 34, 25
kpatnoıs 35,15. 54, 21. 24
kpovodelons (xopöns)
Aöyos kparer
kpoveıv.
49, 24
kraodaı. yuyyv kertnueva 39,
28
kvßepvav 48,7.
44, 11. 62,3
kvßepvnaus 49, I
kvßepvnyrtns 47,88. |202. Plat.
Phaidr. 247 C.]
kveıv 41,8 (44, 5f.?)
kveiv 44,5f.? Pass. 36, 5. 50, 5.
kundev 39,9. 46,16
Kunaıs 37,13. 48,14. 57,1.
60, 22. 50,8 (für amokunoıs)
kviokeıv Pass.(von der Frucht)
45, 24. 28. 46, 3
KkVpıos. Kupios 40, 3. 45,17
KVOTIS 43,19
Pass. 43, 4-
kVTos Evaepıov 48, 2
kbov 41,24
KoAvVEeıV 50, 20. av avveyeiav
36, 27.
49, 26. TI koAveı 61, 24. ko-
Avdevra 36, 26
koAvna Tov Ektos 47,1
s\ \ e [4
mpös nv önomafeıav
kovos 48, 23
komn 52,12fl. 53,4
Aaınos 43,16
Nanßaveıv TO TeXeıov - 36, ZI.
alodnaıv 41,6. maparacıv 49,
ı2. Med. rov owuaros 46,
ıo. Pass. 36, 3
Aeyeıv rı etw. besagen 55,5
Aelos 59, IL?
Nemrtos 46, 28
Nemvpov 60,14
NeEıs. Kata Aekıv 44,13
Anpeiv 55,3
71
Anpos Pl. 41,18
Aldos yayvnrıs 48, 28
Aoyileodaı (wa ra Eußpva 33,
14. 37,21. 50,24. ®s 57,21
Noyıros. (yuxy) 54, 8.
51,10. 61, 21. Aoyıkos kıvei-
To N.
odaı 42, 27. Evepyeiv 56, 28
Aoyıouös 40, 2. 50, 26. 58, 9
Aoyıorıkös 53,5. Yvxn 40,
24. 54,8. 59, 6
Aöyos 50,13. (Gegens. aXo-
yla) 42, 25 ff. dımAacıov 57;
25. Pl. 35,18. (= X. omep-
narıkös) 43, 24. 53,21ff. 54,
15. 59, 28. 60, ıo0 fl. [13'.
Stob. I 347, 4ff. W. Eus.
Br.Kev.. III 'o, 5]
Aoımos. Aoımov 47,1
Aveıv 50,19. Pass. 49,4. 50,5
Avmeiv 51,6
Avmn 37, 29f. 43, 27
Avoıs 33, 23
hayvnrtıs Aidos 48, 28
nata Pl. 51,17
HaKpos. jakpav amexeiv 49, 22
haNa. avrika 67 uaNa Otav 47,7
naANov. or Erı naNXov und
noch weniger 48,18. sogar
34, 2I. naAıora 46,29. os
Evı uaNıora 46,14. Kav Ta ua-
Aıgta 40, Io
kapalveıv. Qurois ex Öhrns na-
pawvonevoıs 43, 28
kaprvpeiv rı 33,9 vergl. 36,
I
haprvpeodaı rıyv Evapyeıav 36,
LI
Adprvs ToV Aoyov 50,13
hartaıos 61,23
naxeodaı Tois evapyeoıv 37,23.
38,7
ueyas 55,27. 62,9. neya map-
ıevres 45,11. jeilovos 38,8,
neyiorys 44,1
72
nedeEıs 41,14
neXerav. HEHENETNKOTWV ‚pflegen
33, TI
HEAAEıV moıeiv 62, 22. momoeıv
56,11. TO ueNAov 53,14
54, 20. 55,6.
19? 52,8? doppelt 57,25f.?
nev .. uevror 37,235 .. aANa
46, 8f. ev ö 45,6
neveıv 33» 25- 49, 26. 52, 20
nEvToı 34,6. Kal evroı Kal AI,
24
nepiCeıv Pass. 58, 26
nepınvytns Pl. 5I, 29
HEpos wuxis 35, 24. uepn Kör-
pertheile 43,14. @varoXıra 57,4
necos 37,9. 46, 28. bAoyyos
. TpOs Tv HEoNV NpLLOGJLEvos
57,23
nera Acc. 34,19. Gen. 43,16.
58, 27
ıeraßaiveıv Em TO Erepov 52
F D
ev Stellung:
Io
neraßarnNeıv eis wuxijv 54,
18
neraßacıs. Tomkal H- 43,15
neraßarıros. neraßarıkös kı-
verodaı 41,5
netaßoAn &k durou eis (mov
37, 23
herakıveiv 35,12
herakayyxaveıy tıvos 40,8
nera£v. dia ToD u. Tomov 48,
27
nerarıdevaı (Ta oKeAn) 34,5
nerabopa. kara 1. 40, 3
HETEXEIV TIvos 33,13. 21
hEToxos TIVos 38, 1. 39, 22 ff.
kETpov 47; 28
nExpı(s) 47, 2. 48, 23
u. ui (@ov 34,12. TO ovuma-
des mpos ToUTo, dANG un TovTo
49) 29
undanuos 55,28
unde 47,25. 34, 24
undeis 39 6. 48, 27
[TAAHNOY] NMIPOZ TAYPON
unden® 52,25
unkeri 56, 23
anKos. eis yujkn Kal mNarn 46,
31
unv Monat 56,7
Av 47, 29. ob umv 34,10. Ye
jujv 42,17. kal av 52, 26
unviyE 55, 26
unvVeıv 36,2. 41,13
unmore ob doch wohl nicht 42,
13f.
ujmo 33,15. 21 (mo u 60,22)
Are .. wire 33,17- ut" odv
. are 34,15
antnp 35, 20.26. 47, 20
anti ye woxiis ..
oıv Gmepyaranevns wenn nicht
34» 25
AyTpa 34,24. 35, 11. 14. 44,22
unrpırös. wuxıl 43,6. 53,15
uiyvvodaı coire 35,15
AIKPOS. JuKpoV Üypod 55,25.
26. TO Mapa jukpov 55,27.
EAdyıorov Uypov 56,7. rrov
35, 23. Nkıora 41,13
aınetv Med. darstellen 48, 11
Tv ouupv-
wiuvnokeiv. Tovrwv Euvnodnv
57,18
hıcetv 61,27
niloxos 36, 29. 37,10. 46,29
avaum 35,18. 41,25
Avnnovevrtıros 61,13
hoipa 44,12. astronom. Grad
57, 6
novos 36, 28.
uovos 58,16
Aoptov rjs Yuxns 37, 27. Tov
äppevos 44,15. Yevvntikois ji.
457
koppn 52, 28f.
pkovoukos (Plat.) 46, 2
avdos 48,12. Pl. 35,17
uuNos mola Mondkalb 51,19
pavploı 35, 19. Aupla em Aupioıs
49, 5
uovov 46, 151.
vai 53, 28
vep@n& Pl. 59, 11
varreıv. Wux@v vevayyıevos 57,
=
vavanyös 47, 7fl.
vaus 47,6.9. 52,12f.
vevria Pl. 44,7
vavrıav 44,7
vabHas 48, 26
vevpov Pl. 52, 30
"vevpoortpobos 50,6
vn. 7 vn Aia ye 52, 23
vymialeıv 50, 27. 51,6
vmios 50, 28
vymiorns 5I,2
vonros. peuua v. 57,4
vonrtirös. v(o)ntır(@s) kıveiodaı
60,7
vouileıv 54, 2
vous 40,2. 42,22fl. 50, gff.
549
vov 39,7. 51,25. Ta viv 39,29
Enpos 5ı,1
£uXov 52,25. Pl. 53,4. 52,15
Evv- Ss. ovvievaı [31]
[<P3
wird gern ausgelassen: 48,
22. 50, 28. 53,16. T® Em-
Tndeios Eye weil .. 34, 17.
Ö yiyveram TO xopıov 46, 27
öykos 52,2. 56,7. 60,14.23
öde 59,10. 60, 2
ödeveıv dia Tov yıyveodaı 49,
IL
ödovs Pl. 43,16. 53, 28. ödov-
ras &vVeı 60, 3
0dev 33,7. 36, 29
oleodaı 44,11. 54,17
oikelos 42,15. 46,19.
57,10. oikeıorarns 37,18
oikeıovv Med. 55,18
oikia 49,15
oikiokos 42,1
”
eıs Ti
oikovoyla 475 28
olos 46,26. 59,25. olov 51,30.
olos re 42, 5f. olov re 36, 8.
old re nv 42,17. ola do 51,16
olxyeodaı fort sein 55,25
Okvelv 39, 24
6A yos. kart’ 6Alyov 49, 10.13.
61,19f.
oAı0oWos Sat
0Xos. ta ONa 48,3. 4
48,21. 58, 12fl. dı' 6Aov kpa-
oıs [20f.] 47,27: OAws 39, 6.
old OAws 52,17
önoronepns 58, 27
öuoıos 50,1. 59, 10ff. Dat. 33,
10. öuorov &s el 41,29. Önoiws
37, 8
önoıorys 62,9. Pl. 36, 1. 50,
18. 62,6
ÖönoAoyelv 52,18. eavro 57,
OXov
22. buoNöynrta 41,21
önoovcıos 62,1. Dat. 42, 20
önomaßera 49,27 (plotinisch)
önov 40,24. 60, 8.13
Oupa‘os 37,9. 41,3. 43,12.
46, 30. 51, 5. 54, 28
önwvvnia 39, 30
öumvvnos 39, 11f.
40, 4f. rıvi 39, 25
Ouws. AAN 6. 38,14. 51,6.
60,11. kal 6. 39, 22. 51,12
ÖH@vuuws
*öveıpatıkoös 61,4
omn Pl. 49,6. 55,18
ömolos 34, 23
omov 53,10. 6. Ye kal vv 5I,
=u
omas 38,9. 43, 20.
onos 59,1
öpav 48, 22ff. |1gf.] &’ oXov
5517
öparıkos. TO 6. 55, 26
öparos 48,24
F9r
olk ol0
öpyavıros. (wov 49, 28. owya
49, 5. 53, 24
öpyavov 59,4f. Pl. 36,24. 51,
14
Wortverzeichnifs.
öpyavomoıla 52,31
öpeyeıv Med. 55; 17.
37, 29. Pass. 41,13
öpe&ıs rov dvrov 39, II. ala dy-
Tr 56, 26. Pl. 55,16
öpektıkös 53,5. 62,4
öpyav 54, 26
öpun 33,6ff. 34,12. Pl. 55,14
öpumrıkrös 34,18. Tijs 6. 41,
14. wuxn 34, 8. evepyeıa 33,
25
öpveov 49,15
Opos 34,14
ös. ois nach Fem. 38,1. &' 7s
m. Ellipse 37,17
u er ET,
000s 55,15. 00w avupwver TO-
‚
OLTIOV
00 kartexei 50, 21. 00@ ävo-
5027 [5
domep 49,12. 56,19. 51,5?
dorıs 57,2. OTw 50,15.23
veipos
ocrovv 52, 30
ooeroöns 60, 15f.
oTav 34, 23. Orav nporov 35,3.
Causal 48,27 vergl. 53,8.
Bonitz Ind. Arist. 538b7
oTE Opt. 55,I. öre mp@rov 34,
18. orte kal zumal 45,3
orı 45,26; nach os 58, 23.
örı kalt 5I,II. 54,19 [15%]
ov nach ei 54,20; nach wax-
Aov 51,5; beim Part. 56, 8.
ovxi 61,12. 37, 3.9
obdanov 54, 22
obdau@s 42,9. 48,4: 49,8
obdE ye 52,28. oW’ av 43, 20
obdev Tı TOoUTWv 49,3.
... 49, Io
obdero 41,4. 45,15
obkerı ohne zeitliche Bedeu-
tung 55,II. 39, 22?
e 3 x \ F ’
oUv. Kat Yap oVv 50,IO. maAıy
ovdeis.
ovdev dendeloa Tou
olv 37,10; S. elite, ovre
ovmo 34, 3. 45,10. T 43,17
obpavos 48,23
oboia 42,13fl. 54, 6.11. 55, 3.
aNoyos 56, 29. Pl. 47, 26
Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1895. I.
73
ovr’ (ovv) 48,
17. 41,9. 36,8; .. de 47, 29f.
oDTos. 7 woxn m raurns 47,
„ am. RR
OUTE. OUT OVV ..
20. 34,14. Tovroıs SC. alodı]-
veı kat öpun 38,12; vergl.
Nachtr. zu 43, 23. dia rovro
nach Gen. abs. 40,2. Tav-
rnoi 56,4
ovro vor Cons. (35, 22), ov-
os vor Voc. (45,12) und
Cons. (36, 9)
o0TmcaL ye 53,35 S. zu 34,1
oPharuos 48. 22. mpo obhax-
nov deodaı 36,11
öyxeia Pl. 35,10. 41, 22
Oxeveıv. Oyevonevas AI, 26
OYeE 50,14
madnpa aioOnrıov 43, 8
madnTrıros. dVcews m. 39, 23.
Kkıvjoeos 40,16. M(aßyrıR)os
Eyovros 43,8
mados 33,23. ToV JwAov 5I,
19. B1240,7
maıdeia 40, 3
maıdeveıv. Pass. ra dvra(Plat.)
39 39. 43, 2
mals 33,15f. ev r7 Tov m. nAı-
kia 50, Io
maNaıos 48,12. kara ro m. €dos
56, 2. ek naAaıwv 57, 20
maNıv 35,14. 51,8. maAıv ovv
37,10; S. av
maNNeıv 44,3
maNuos Pl. 43,14. 51,15.18
mavraxoßdev 37,11.13
ravraxov 46,9. 50, 22
mavreAs. mavteNös 33,25.44>4
mäavın 37,1. 45,1
ravros 53,12. 55,4
mavv. ob mavv Tı 55,23
mapa Gen. 41,17. Acc. 50,8.
51,22; bei kaXeiv, Aeyeıv 39,
8. 52, 19f.
27. Dat. 35, 1f.
10
To m. jukpov 55,
74
mapaßarNeıv eis dromas au-
tovs 50,7. 't 46, 26
mapdyeıv TO Kpelttov dmo Tov
xelpovos 54,19
mapayiyveodai zıwı 50,14
rapayoyı Pl; 42,4
mapadıdovaı. rapadedoraı 43,16
mapaöofos 47, 22
mapaßeoıs 37,2
mapaıreiv Med. rı 37,17. Inf.
50, 12
mapakelodail mıyı 42,8
mapakoveıy Aeyovros 45,29
mapakpoveıv 62,12
mapaANNartreıv. mapıANaynevn
50, 28
mapaXoyos. mapaNöyovs dTo-
mias 50,7
mapame£ımeıv TO axpyotov eis
Tjv Kkugrtıv 43, 19
mapaninrteıv 59,2?
mapanmAncıos 41,26. Dat. 36,
14. mapan\noios 37,10
mapdanyos. Tapdonna Tikrew
41,12
maparacıs 49,12.14
raparıdevaı. maparedevra 38,
16
mapdatpıyıs 59,IL
mapaxpnna 36, 26
mapeival qıvı 55,12. T07@ 53,
23. apa 53,18
m&pepyos. mapepyws 46,13
mapevpecus Pl. 42,3
mapexeıv 50,I. 5I,Ig. Yropı-
orıröv (praed.) rı 55,4
mapievaı rı 37,19. 45,11. Inf.
507
mapıoravaı 13. TO öumvv-
Pi ’ A
hov 39,12. dvayknv 48, 13.
or 14
mapoAov — ÖiöXov 47,15?
mapovaia 49,3. LI. 53,19. eis
ra (oa 49,19
rapwdeiv. mapwoanuevo 40, 26
- \ x - ‚
mas. nv dia TATO)V gvupoviav
IFAAHNOY] MPOZ TAYPON
57,24. TO nav 57,1.8. 50,2.
58,7
maoyeıv 41, 29f. madeiv mo ei-
dos 43,7
marıp 35,24. marepes Eltern
36, 2. 48,5
maveıv Med. 58,13
meideıv Med. meideı 58,17
meipa.
41,9
meıpaodaı 35,23
meumeıv vuxas 57,6
meraiveıv. memavdevres 36, 31.
37, 10
memavos 52, 32
’ ’ı_r D r
EIS T. AUTWV adıyjevaı
mEepas. Ek meparov Ts yıs eis
Ta mepata 49, 21
mepi Gen. 35,6. Acc. 36,13.
42,10. 53, gf.
mepıBarNeıv eis dmopiav 62,
13; vergl. 46, 26
mepıßoAn 47,5 (rapaß. P)
mepıeXukıs 46, 31
mepıexeiv 35,11. 54,14. Pass.
Ev oikiokw 42, 2
mepıreiadaı 36, 20
mepımaryaıs 34,3
(mepıyrimreıv 41,7?
(mep)ıorepd 41,24
mepırros 5I, 24
mepıyeiv. mepıkexvuevov Dat.
3754. Bl. 31, Cr
mepiyvoıs 37,1.13. 48,23 |[s.
Nachtr. zu 15?]
mereodaı 49,16
merreıv verdauen.
43,17 (medial?)
mnAos 55, 28
mnEıs 47,6
mjoceıv 56,7
merronevns
mıdavos 42,4
mimreiwv 41,7?
mıoreveıy 62,27. Memiorevro
Euyrvxia 57, 20
migTıs. &k TOv. Yıyvouevav Tas
mio reis Nanßavovra 37,16
mıoTos 57,18
axNavacdaı 45,1. 39, 29. u ..
I 51,17
mAavn 38,17
mAacıs 47,4.6. 52, 28
mNaopa 35,19. 45,15. 48,11.
52, 29
mNaouaraöns 34, 23. 54, 21
TAAaCOTIKOS. Evepyelas mA. 5I,
24
mANarTos. eis un kal m\arn 46,
31 :
mAarreıv 56, 7.16. Pass. 43,
10. Med. 45,15
MAEKEıV. men\eyuevns 47, 5
mNeovaleıv 46, 22
mAeovacoyuos 58,1. Pl. 55, 22
aAnyn Pl. 40, 7.20. 44,9
aANPNS Yuyav 57,29
mAnclov. ras mAnoiov (xopdas)
49, 23ff. ro m. Nähe 27
mvevna 36,30. 43,14
mvevnaradns 49,17
mviyeıv. muyevra 36, 26
modev 36,3. 61, 22
moıelv 47,14. 53,12. zeugen
56,11. ra dura (wa 38,3.
545.7. Med. 36, 26. 38,73:
59, 20. 57,13
moıörns Pl. 46, 23
moANdkıs 51,17
moANamNacıaleıv 43, 23
moAvVs praed. 34, 22. 51,12.
kavravda moNVs (multus) 6 Nov-
ijvios 34,26. äypı moAAoV 51,
29
möpos Pl. 55,1
more 39,28. 58, 21
m. de 46, 22
7 33, 4-13
mov indef. 45,21. 55,14. 56,
13; S. dnmov
MOoTE ev...
möorepov..
mpäyna Pl. 56, 22. 62,15
mpiv Inf. 36, 16, 57 26. zuwor
(Plat.) 40, ı
mpo 36,11. 40,9.
TpoTepov
NEN
DEE TE u =
TE Um D
41,9. mp@ros 58, 24. mp@rov
36,1
mpodyeıv 54,16. 56, 7. ablei-
ten 54, 10?
mpoaıpeiv Med. 49,7
mpoaipecıs 49, 3- Pl. 50, 26
mpoßaiveıv rakeı 60,1
mpoßarNeıv ödovras 53, 29
mpoßıorn 50,1 [15"]
rpoßoXA7. Aoywv .. mpoßoXai
535 3I
mpoönAos 54,2
mpoepxeodaı rijs yaorpos 36,
15. Ek yaorpos 33,10. eis
dos 48,9.
xpovov 60, 3
mpoeNdovros Tov
mponyeioda:ı Gen. 54,14. mpo-
nyovuevos 33, 2. 36,4
Tponynrtns 43,4
mpo@vula 35,10.14
mpoievaı. mpoiovons ns NAı-
klas 50,11. 51,1
mpoievaı Ta omepnara 59, 22
mpokerodaı. mporemevnv Önry-
ow 38,8
mpokumreıv 50,9. €Ek unrpos
57, 9.15. eis Tv depa 57,
T2
mpokvyıs 37,20. 2E w@dlvov
57, 20
mpoXayßaveı. TpoeıAypora
50, 9
mpovoıa rjs Ta OAa diokoVvons
apxis 48, 3
mpo00dos 47,2. ek yaopos 37,8.
eE Ddivav 53,29
mpös aAkoıs @v 33,17. Gen.
33, 21. Acc. bei kwAvew 49,
26. mpos TO äkapes 36, 27.
mpös wupov 37,12. Vergleich
50, 28
mpocayopeveıv To kivnna (orv
39, 25. 40, 15f.
Tpocaprav. MpoOmpTnLEvov rn
wirpa 54, 27
apooßoAN Tov depos 62,25
Worterzeichnifs.
mpoceivaı 47,4. rıvi zukom-
men 40, 29
TpoGTexeıv. Exeivy MpPoGexöne-
vov 54, 27
mpoonyopla 52,IQ
mpoonkeıv 36, 21. 47, 28
mpocdev zukp® 45,13
mpocievaı vi 56,9
mpooNaußaveıv 61,15. ru ano
TIvos 54,13.
mpooAaußavönevos 57, 23
mpoomaßeıa 40,13
ev phöyyoıs 6
mpoorıYevaı. Tenaxıov TPoC-
rideraı 62, 20
mpoo&bop& ToV Urypov 43, 28
mpooyxwpeiv rıvı 47, 16ff. [20]
ähnlich sein 36,13. 51,9
TPOXELPOS. mpoyeipws 37, 20
mrepoppvetv (Plat.) 50, 24
mtyvov 35,17
mukaleıv 58,8?
auAn woxov 57,7
muUp 48,26. 54, 24. 59, Io
mupoös 60, 9.11
ripwcıs 59, 12
mo 51,15. 52,17. xpelas To IM)
ovons 60, 22
mös yäp 57,14; indef. 39, 9.
42, 21. 46,17. 5I,Io
padıos. padios 42,4
peiv 61,4
pevna Heiov 57, 4ff.
Pnros. pnros Pyow 45,3
pila 36, 20. 37,9. 46, 28
pıCovv Pass. E« Twos 41,2.
46, 29. kara rı 43,12
pis Pl. 36, 25. 37,8. 48,19
sap 43, 22
vapıys. ovapos 39,18. 45, 20
vergl. 9
ceAnvn 44,1
euvuveıv Med. &mi zıvı 48, 20
75
omnaiveıv 48,15. ompamwonevov
32,9
oenwıs Pl. 59,15
eıyav on 55,3
cıönpıov Pl. 49,1
cıriov Pl. 37, 29
okeXos Pl. 34, 3
okemreodaı 36,13. 52, 22
okıprav 41,6
okoweiv 50,7. Med. 46,12.
52, 26
cKoöTos 48,1
okoänE Pl. 58,11. 59, 25
omav 37,5
omavıos 50,14
orepna 35,3. 46,18. 56,5.
60,1. 61, 3fl. yuxn & To
om. 42,11. 55,30
omepnaiveıv 46.3
OMEePNHATLKOS. OMepuarık)v Mor-
ovvres ryv Youxyv (die Stoi-
ker) 54, 35 S. Aöyos
*omepnuaromoıetv Med. 43,23
omAayyxvov Pl. 52, 29. 55,1
omop& 57,13
omovdaleıv 38,10
omovdatos. 6 07. kakös abTovp-
yos eis rervov BNdoryow 56,
I2
omovön. bmo omovons 38, 6
-cc- viel seltener als -rr- [31]
arteyeıv 47, 29
orepeös 55,29)
orona 36,19. 23. 48,19
oroxyacyos Pl. 54,1
orpedeıv Tov Koauov 57,5.
orpadeioa eis &avryv vun 50,
15. Karwdev Ava Eotpajıevor
545
otpooy
43,13
eV AI,29. 42,2
cvyyeveıa. kara 0. 48, 28
1 er
, r
EVTEP@V
ovykadnodaı 59,17
ovykaumreıv (Ta okeAn) 34,4
ovykaraßanıeıv Pass. 35,24
10*
76
cuykpovaıs 59, 20
*ovykviokeıv Pass. 45, 29
auyxelv. ovykeyvra 60,9.
FUryxeouevovs bmo TS Ölmvv-
jias 39, 29
ouyxvaıs 60,19
cvyxwpeiv 50,12. 33,10. 38,5.
ei .. edeXoı 39,8. Pass. 33,
ie Sy
(av) (nv 51,12
ovlvyos. T) War) kıyjaeı
ns Yovxijs 0. Kivpow 40,15
ovANaußdveıv Pass. 35,14
evAAyYıs 35,16
ovußalveıy. av ovußamwovrov
Tv Evapyeiav 37,19
ovnßarAsıv Med. eis rı 46,15.
mpos tı 49, 3
ovunerapepeıv Pass. 43, 30
ebunırros Ek Tıvov 49,18
Fvujdeıv. Ovujenvkora Exov Ta
aioAnrıpıa 54, 28
ovumadıjs 49,29. TO ©. rijs
jujrpas 35,11
ovumas 52, 31
ovumaoyeıv aNAnAoıs 48, 28
ovumepiayeıv Pass. 43, 30
ovumepiNaußaveıvy Ta durü
rois (woıs 38,14
ovummaaeıv 47, 2
ovumveliv Ti dur) mpos Ta
Epya 47,18
ovumvoıa 56,1,
ovupavraleodai rıvı 4L,IQ
Pass. 47, 21.
ovuddeipeıv
23
ovudopa 45,25. Pl. 44, 6. 45,
21
ovudbvaıs 34,25 (S. 46,17).
T 435
ovudveıv Pass. 50, 18. rıvi 46,
17
ovußwvelv 50,21. 53,20. 25.
Dat. 49, 8
ovudovia dla maoov 57,24.
kata 0. 48, 21. 53, 24
[FAAHNOY] MIPOZ TAYPON
ovubwvos 49,24. 58,11. ri
57, 2
cUv 35,12. 42,1. 50,13. 55,20
cvvayeıv 50, 20
gvvarpelv 46, 23
ovvalodncıs 43,16. 20
ovvandborepos S. zu 34,13
ovvapııoleıv 40, 21; intr. 57,
16.
53, 21. ovvapnoodeioa xopdat
3 \ \ r
Pass. KaTa TOVS Aoyovs
49, 22. 26
ovvapnocrtia 53, 20
Fvvaprav. ovvnprmuevov Ti) vn
47,9
cvvaprııcıs 56,29
ovvabns ro Aoyw 42,25 |Plot.
VI 5,4 (388, 2)]
ovvoofaleıv Tıvi 41,19
ovveivaı 48,5. rıvi 42,8
ovverdıdovar 41,17? (ovvevö-
douevns K)
avverdp@okeıv. avverhopoucav
35,13
ovvevdocıs 51,12
cvveois 43, 9gf.
GVvevmopelv avrois eis TO
41,18
ovvexeıa 36, 28
ovvexyjs 60,13
FvvijKeıy Tals TOv MoNAOV do-
Eaıs 33,I2
Fvvievaı 53,17.
38, 9.
Tıvos 42, 24.
Ewvievaı 39 6. 45,5
[31]
cvviıoraval kpaoıv 46,19. &£
ändoiv mv karaımyıy 40, 18.
avveotyKkos 59,6. Tas ldorn-
Tos ev alodyoeı ovvioTajıevns
33, 6
cvvopnav rıvı mpös Tı 41,15
ruvvovola vov 50,15
ovvreXeiv Pass. 52, 2
ovvrıdevaı Med. Acc. m. Inf.
50, 4
cvv@vvj1os. Tols dvrols avvw-
wiuws 39,18
Pe a a a ad a |
evoracıs is &uyrvxias 59, 25.
Ts kara Tıyv (woyoviav av-
ortaoews 47,11
ovoroAn Pl. 43, 27
oabaıpoeıöns mepıeXukis 46, 31
(vom Chorion)
axeööv 33,4. 44,11. 46,9
oyxiCeıv Pass. 43, 31
owleıv [30] 47, 24: 58, 8. row
ovupwviav 57, 23. Pass. 55,2
owAnv 35,13
oona 55,22. Opryavıröv 49, 5.
pn oonara [20. 21°] 47,25.
aidepodes 49,17
cwuackelv 56,111.
OWwpaTıkoös. 0. kivpaıs 40,131.
Önuovpyla 48,16. kparyoıs 54,
24. obola 56, 29? owuarıkos
Karexöjeva 50,17
coyndrıov 57,25
cwnarovpyos 56,15
raıs. rageı mpoßaiveıv 60, I
Tapaooeıv Ta mpaynara 56,22
, van Te
TAaATTELV TAS aioOyceıs EeTmt TNV
‚ a 27
Tinwow 40,11. em tov &v-
Nov .. To Öuvaneı 52,16. Pass.
52,10
TE .. drap ON kal AL, 21
tekvov Pl. 56,13
TEeRToVv 52,17
teXeıos (TeAcav nur 61, 22)
xa0’ &Ev
TeXeimarıs
eis arımv 36, 31.
S2,13:
52, 29. TO T. 52,32
TeNeıoTys ToV mAdolaros 52,
20
teXeıovv Pass. 61,19. 42, 21.
28 (Plot. V 1,7 [170, 3]. 9,4
[251, 18])
reXeimaıs 46,6. 52, 31
TeNeit ..
teXeoıovpvyeiv Pass. 37,7
teXevralos 42,5
reudyıov 62, 20
repas Pl. Mifsgeburten 51, 22
—
EEG TEE ET LE En
ee,
GERT EEE EDEN TEEN DE ELLE a u
rexvn 52,17
Texvıreveiv 58,13
rıdarceia 40,3
rıdaoweveıv Pass. 43, 2
tıdacroos. rUlaooos 38, 23.
40, I
tıdevar 35,4. 40, 22. 4I, 25.
Med. Ace. m. Inf. 40, 17
Tikteiıv AI,IIf. TOv Tekövrov
42,2%. Kassa, 17. 57,2
mESES0,02 027
Tis. obdev Tı TOVUTWwVv 49, 4. Everd
rov 53,12. ob nawv rı 55,23
Toi. ye toı 43,2
roivvv 36, 4.18. 43,26
ToLoVTOoSs 44, 22. Tolavry ola
39» 25
tokerösPl.41,14. 47,3. 52,27
ToAnav 54,5
roun Pl. 55, 22
TOmMIKOS. TomKal kıvyaeis 43,12.
25. ob T. ı mapovola 53,19.
TOomIK@sS 34, 5
Tomos avaroAıköos 57,7; (ons
II. dia ToV nera&v T. 48,27.
TOT mapeivar 53, 23; Kpatei-
oda: 50,17. kara T. mapovola
53,24; kıveiodaı 41, 5. Pl. 51,
15
Tocos S. 0008
rocovros 56,6
torte 35,18. 57, 14f.
Tpets 58,8
rpedeıv 56,17. Pass. 36,19
tpiros 37» 27
Tpomos 35,19. Pilns Tpomov
46, 28. övrep tpomov 49,12.
appitw Tpono 42,9
tpodı 36, 23. 30. 51,1
tpddınos 36, 20
Tpvyoons 43, 21
-rr- viel häufiger als -oo-
[31]
ruyxäveıv vos 41,12. Part.
36, 29
rUmos 41,12. Pl. 55,8
Wortverzeichnijfs.
Timwna 43,10
TUTwWOIS 40,12.17
uUypos 30,31. 43,19. 55,25.
56,8
vdop 55,29
URAN 54, 6.25
vuevodys Eumn&ıs vom Chorion
46, 25
vunv 47,1 (Amnion oder De-
eidua reflexa ?)
Umapxeıv 37,15. 40,Io
vmevavrios Dat. 37,18
bmepßaäNeıv Tov xpovov 5I,
20
vmepoapkwaıs Pl. 55, 23
Ümnvejutos. Ummveua Sc. wa 59,
16. (Umn)veuov 59, 26° vmy-
vena z. B. Philopon. in De
gen. an. 50'9
Umvos Pl. 51,27. 55,5
vmo Gen. 38, 6. 54, 3. Acc. 42,
15. 60, 14.
vmoßaiveıv. bmoßeßnke 42,19.
22.29 [142]
vmoön(uaromoıos) 62, 21
vmodoxn 49,9
bmokeroda:ı 39, 24. 46,18.23.
49,19. 52,1
dmoNaußaveıy 33,13
bmoneveıv 37,13
vmovora Pl. 34, 26
vmovocreiv 51,27
bmomreveıv 58,17
vroyvous (des Auges) 55, 25
Vortepos. vorrepov 55,2. 32. 60,
I2
Uobavrys 62, 21
boıoravaı Med. 49,13
daiveodaı 52,27. Part. 36,
14. 52,11
bavaı 45,26. 53, 28. panevov
57:4
27
davraleodaı 41, 28f. bavra-
odnvar 43, 21
dbavracia 33,8. 42,9% Bl.
41, 22. öveıparıkas 61,4
pavramıovadaı 54,26. 55,9
$avracıs Pl. abpodıaioıs 61,
10. Ta Avrovvra dia &. Kal
KNavouarov Emonnaive 51,7
$avracua Pl. 42,7. 55,6
bavractıkos. d.Yvxn 41,20.
60, 27. TO db. 55, 26. 43, 6
dackeıy 59, 20
Pepeıv 4I,12. depe 58,7. Pass.
37,4- 48,1
pPhEeyyeodaı domua 51,6
$delpeıv Pass. 49,12.14. 62,16
p9oyyos 22
Pırnoraxos (Plat.) 46, ıff.
dıRocogos 39,6
BıXorinla. vmo dıkorıuas 54,3
prev. Pl. 43,22. 52, 30
BAGE 62, 28. 30
$oßos un 61,28
$opa. nv kownv &. 57,19
bparreıv To oToua 49, 6
$Veıv ödovras 60, 3. medbure Inf.
36,17. 54,11.
To Tooovrov ÖL, ZI
$UAAov 60,10
$vräv 62,29
pvoıkös 48, 21. Naturforscher
33,4: Pvoos 44,3
$voıs Oeia 37, 24. Ev TO omep-
Pvouevov eis
narı 37, 28. madytır) 39, 23.
$. dortoyovans 51, 23. obdev
ein moiel 53,12. yevvnua Efews
(stoisch) 54, 7. evyovia 56,9.
yevvnna öpekews
56, 25f. reyvırevovoa 58,14;
s =
aloOnrtıRs
vergl. Aoyos
Pvriroös. 7 6.42, 29. 47,17fk.
Övvanıs 45,16. vwuxy 48,4.
evepyeıa 33, 24. (on 36,18.
atoOncıs Kal 7dovn 40,10. di-
oikyaıs 45,9. TO d. 38,9.
purıkos 33,5. 34,7
78
burov. lorys 33, 6. eldomoiovs
diapopas 36,12. Bewegungen
4327
dwAela 33, 24. 34, 2
BwXeveıv 33, 24. mupös.. Bw-
Aevovros 62, 27
dovn 43,3?
$ös 45, 20. 48,1. 5I, 30
xaNav 58,1
xaNemos. xaXemos dyavarrovv
45,1
xapaE& Pl. 44, 2
xaona Pl. 44,1
xeiv. keyunevo 37, 1?
xeip 44, 2. 54, 23- 25
xeıpayoyeiv Pass. 43,4
xepvatos 37,1.13
xAopos 60,13
xoAn 43,21. 55, 26
xopen Pl. 49, 22
xopdomoıos 50,6
xopnyeiv 46,16. Pass. ryv rpo-
dv 46, 30 |
[TAAHNOY] MPOZ TAYPON
xopnyla rjs rpopns 46,16
xopnyods ToD omepuaros 35,12
xöspıov 37,10. 46, 27
xpela twos 56, 4fl.
56,19. Inf. 56,19. Pl. 60, 24
xp" 39, 29. 57,21; zu ergän-
zen 33,Io vergl. 55,19
xpileıv [30] Twos 51,13
xpnedaı 39,15. 53,13. 25f.
xpnTınos 43,17. eis rı 37,7
xpücıs 50,5
xpovos 51,20. 60,3. 61,19
xp@Leıv [30] 42,8
xöpa. xopav Eyew &yylyveodaı
53,11
xopeiv 58,11?
Tıvi TIvos
xopiCeıv Pass. rıvos 47,13
xopis 33,7; nachgestellt 8
YaArns 50, 6
Yvxy Stoiker 54, 8. Chaldaeer
(Yvxov mUAn) 57, 3ff. Vergl.
aioOnTıkos dXoyos avadev av-
Entikos abrokivnros YvopıaTı-
ros dofaorıros Emvunrikos
Operrıros Aoyıkos Aoyıorıkös
ÖpumTırös omepa OTmepjarıkös
Pdavractırös (39, 23fl. 55, 3 ff.
3of.)
Yvxıros 60,7. Övvaneıs 55,24.
kıvyuarov 28
Yvyovv 57,15.
37, 26
Pass. 33,19.
{veıv 51,17
10 B1.5,3,29: DAS TaSe
20. 58, 25
&patos 61,4
a6
a6
&pookomos 57,8
os av 38,13. 41,I5. 33,20.
denn 49, 3. 56,9. sodass 36,
9 SIEKLTE
vergl. 36,9.
o&s Erepws 40,7
os .. om 58,
22. buoNoynrar ®S .. Tikrew
AI, 21
&oavTws 40,29. 45, 29
@omep 42,9. 56,11. 58,13
oore 38,1. 39,16
Namenverzeichnifs. 79
Namenverzeichnifs.
AueAns motauös 35, 1 ime2BrANOEe 40, 19
(Anonymi 35,9. 56,13) ARE lo 46, 7f.
Apıororeäns De an. A 2. 404”6 ... 50,13 Sao re 40, 19
, De an. gen. B 3. 73628 ... 50,25 OA Eee 53, 8f.
ITaAnvos Titel. Einl. ırff.] OD er 53, St
Tavpos Titel. 33, 2 [14°] 1oDIBEr er amN2n
'Eßpatoı. ö rov Eßpaiov HeoAdyos EN) ern; 53,8
Gen. II7 2... 48,15 76E—-77C 38, 17
Zevs. 7 vn Ala ye 52,23 N 39, 12
‘Hoiodos 35,2 N Ben 39, 19. 40, 25
“Immorparns ryv burikjv Övvanıy Eoıke wuxmv RS ee: 41,1
kaNeiv 56, 2 klingen 3727
fl. pic. mau. 12 ... 46, 26 Gene are 44,13
OR ZIRARE, ONAE Bere perne.re 44, 17
aan. gıB-D .... 44, 23
Novunvıos 34, 26
Opgıroi 35,2
Mnatov 34,14. 35, 23. 36, 9. 38, 9.11. 39, 5.
7.9.11. 17. 40,10. kara IMAarova (neupl.)
42,18.29. 45,1. 3.5. IO. 20. 46,7.12. 50,13.
IIX. kat 000: ka0’ Eavryv dmoXeimovor Tv
Yuxıv 55,14. 58,19. 30. 59,1.
Epin. OD re Al
Lach. 188 Br. 2. 50,23
Phaedr. 246C .... 46,9. 50, 23f.
BASIC -LIE-50,28,8:
248D..... 45,29
PoliteiaX 621A .... 35,1
Narovıroi. Tıves Tov IMNarovırov 48, 20;
vergl. 58, 30
MNpoundevs 48, ı1
Mvdayopas. oi ras IMlvdayopov tmovolas e&n-
yovnevor 34,26 (s. Nachtr.)
Itve 35, 2
Ztwıkoi 54,5 vergl. 59, 28fl. 47,25. 50,9
und s. Xpvormmos
Tinaros 44, 13. 46,8 s. IMarov
Paiöpos 45,29. 46,9 Ss. IINdrov
Depervöns 35,2
XaAdatoı 57,3
Xpvoımmos 54,17. 62,24
80 [FAAHNOY] TIPOZ TAYPON Nachträge.
Nachträge und Berichtigungen.
4° Der Plural des Praedicats steht auch nach
Ta avOn kai To keAubos 46,27, wo aber
vielleicht amoreAovons zu schreiben ist.
15! mepiyvors findet sich auch in einer her-
metischen Schrift Stob. I 471,12 W.
16,6 v.u. |. omepnanı st. aoyarı
27 rechts, 19 /wpiov OxAov V
31,3.4: Die zahlreichen Schlimmbesserungen
auf S. 33—39, welche ich vom Text fern-
gehalten habe, scheinen alle von späterer
Hand zu sein; man erkennt sie nament-
lich daran, dafs die Tinte des Correetors
durchschlägt.
34,2 7 vor dwAela aus 7 corr. P
3 ovro, ov und » auf Rasur P
21 9] 7 P
26 /lvdayopov)| vergl. auch Alex. Poly-
hist. bei Diog. VIII 28f. Zeller III 23
89f. 96.
35,9 Anm. lies jwjv st. ev
36,2 ex vor rov ist vielleicht zu tilgen.
38,14 aA öyws] nahe liegt aAAa wovov K
(vergl. Vahlen zu Arist. Poetik ? S. 114 *)
oder aAXa uovos Kroll.
42,19 vmoßeßnke Övvanews kal obolas afıa
TOv yeyevvykotov? K
26 Aeyeraı] ayeraı? K vergl. 37, 29. 43, 4-
44, 21 und 56,27 To aAoyov ..
yov pvßyilerau
43, 23 Tovrov näml. ToV aiuaros, welches aus
’
vmo Ao-
rıyv e&aınarodersav (Tpobyv, Z. 20) zu ent-
nehmen ist.
44, 13—32 ist offenbar benutzt von Johannes
Philoponos (oder vielmehr Michael v.
Ephesos s. Fabrieius-Harless, Bibl. Gr.
X 6477) im Commentar zu Arist. De gen.
an. fol. ıg"ı (Venet. 1526) ypadeı yap
(näml. 6 /Mdrov ev ro Tinaio) kara NE-
Eiv Tavra' »Tov TIS ovvovglas &pwra oi eol
»r " Sn ee er
— Euyrvyov« Gore (Da Ev nulv Aeyeı,
di’ Ov ai yeveceıs, TO TE Aöpıov ToD
äppevos kal tns Yuvakos TyVv unTpav,
(oa dE oüux orı (acı uovov, aAN orı
kaı (so Paris. 1921) karykoa rns auro-
[4 3.59) m - ’ ’
Kıvı) Tov Kat’ Ereivov WUxNS' Aeyeı Yap
x x N ee ’ B (4 ’ -
»To mepl Tv TOv aldoiwv duo — Emyeipei
= N Re r " ,
kpareiv.« mepl de rns unjrtpas or Te (@ov
eorı Kal aurn Kal Ta amo ToV marpos E&ep-
xoneva nöpıa, Tauta maxıv Aeyeı IInarov-
al Ö’ ev rals ywvalıv ad uprpaı — (mov
amoreNeowor yeveoıy.«
46, 27 amoreXovow s. Nachtrag zu 4°
48, ı5ff. vergl. Nemesios ıo5M.
49, 16f. vergl. Kroll De orac. Chald. 47. 64
51,8 ävarur\@uev Kroll.
54,4 beginnt $ 3.
22 BE P; das zweite y und o
sind nicht sicher.
56,6 ns neAAoVonys Diels (Ti ueANovon mülste
von der Mutter gesagt sein).
9 os elyovia blcews apern (sc. Eumodileı)
Yuynjs kai apern QVceı Diels.
57,1 vergl. Stob. I 377, ızft. W.
24 vielleicht (em)ırerauevos
'K. Preuss. Akad. d. Wissensch. Anh. 2. d. Abh. 1895. Phil. - hist. Cl.
Con. Parıs. Surrr. Gr. 635 f. 21.
LH >
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Nez. ,eZ ; 7:
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RER ERSGET SEES ER
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En} N L IR
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FEN EEE EI
K. Kalbfleisch: Die neuplatonische, fälschlich dem Galen zugeschriebene Schrift
Ipös Taupov repi Tov mws emhvyovra Ta Eußpva.
Re
K. Preuss. Akad. d. Wissensch. Anh. z. d. Abh. 1895. Phil.-hist. Cl.
Cop. Parıs. Super. Gr. 635 f. 23".
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FEN: 3 ee or ya)
K. Kalbfleisch: Die neuplatonische, fälschlich dem Galen zugeschriebene Schrift
Npos Iavpov mepi Tov TwSs Ewhvyovraı Ta Eußpva.
Westfriesische Studien.
Von
Dr. THEODOR SIEBS,
Universitätsprofessor in Greifswald.
Vorgelegt in der Sitzung der phil.-hist. Classe am 20. Juni 1895
[Sitzungsberichte St. XXXI. S. 665].
Zum Druck eingereicht am 18. Juli, ausgegeben am 12. August 1895.
Seit dem Jahre 1886 hatte ich gewünscht, die friesischen Iunius-
Handschriften der Bodleianischen Bibliothek einzusehen und fest-
zustellen, was werthvolles in ihnen enthalten sei; es war mir aber nicht
vergönnt, und so mufste ich mich in dem kleinen Abrifs der friesischen
Literaturgeschichte 1890 auf ein paar kurze Bemerkungen! beschränken,
die eigentlich nur die Hoffnung auf dereinstige Ergebnisse aussprachen.
Diese Erwartungen gründeten sich auf die Handschriftenkataloge und ferner
auf eine unzuverlässige Abschrift kleiner altfriesischer Stücke, die mir im
Herbst 1886 in Leeuwarden bekannt geworden war. Sie enthielt den Text
»homa enen man ti jeldum biada scil«® und die bis jetzt noch nicht ge-
druckten »/eppa wilkerran«, aus einer »Handschrift Iunius No.49 zu Ox-
ford« entnommen. — Im Herbste des Jahres 1892 hatte Prof. Franz
aus Jena die Güte, in Oxford auf meine Bitte die Tunius- Manuskripte ein-
zusehen, und theilte mir aus dem — unten zu besprechenden — Ms. Iun.
No. 78 eine Zeile im Faksimile mit. Daraufhin liefs ich mir in Oxford
gröfsere Stücke abschreiben und versuchte zugleich, die Codd. Tun. 49.
78. 117 durch diplomatische Vermittelung zu bekommen. Die Bemühungen
waren vergeblich, und ich sah mich zu einer Reise nach England ge-
nöthigt. Sie ward mir im Herbst 1893 durch eine Unterstützung von
Seiten der Königlichen Akademie der Wissenschaften ermöglicht. Ich sage
! Grundri/s der germanischen Philologie, hgg. von H. Pavr. Bd. II, 498. 499. 503.
® Oude friesche Wetten, hgg. von M. pe Haan Herrema II, 178-180. Nach einer
Kollation von LoGeman in Gent ist dieses Stück sowie ein Theil der »Authentica« gedruckt
bei F. Burrenrusr Herrema, Bloemlezing uit oudfriesche Geschriften. Leiden 1890. S. 1-5;
22-25.
I*
4 TH. SıEBs:
hierfür meinen ergebenen Dank, indem ich die Ergebnisse meiner Arbeiten
vorlege. In den Erwartungen von dem Cod. No.78 bin ich etwas ge-
täuscht worden, sehe mich aber reichlich belohnt dadurch, dafs ich in
Cod. 49 und Cod. 109 die Apographa und Kollationen einer verlorenen
altwestfriesischen Rechtssammlung entdeckt! und aus anderen Handschriften
Verschiedenes für das Studium des GIssBERT JArıks und seiner Zeit Wissens-
werthe entnommen habe.
A. Die Apographa und Kollationen des Codex Unia.
I. Die friesische Überlieferung des westerlauwerschen Rechtes.
Unsere Kenntnifs des altwestfriesischen Rechtes beruhte bisher auf
zwei umfangreichen Sammlungen in heimischer Sprache: dem sogenannten
»alten Druck« des westerlauwerschen Landrechtes und der Papierhandschrift
»Jus munieipale Frisonum.« Sehen wir ab von einer Anzahl friesischer
Urkunden und von dem Manuscriptum Roorda,” welches aufser den ersten
15 Paragraphen des Schulzenrechtes und den Upstalsbomer Gesetzen nur
eine umfangreiche Kompilation römischen und kanonischen Rechtes aus
dem Ende des 15. Jahrhunderts enthält, so waren mit jenen beiden Rechts-
büchern die altwestfriesischen Texte überhaupt erschöpft. Der alte Druck
ist eine Inkunabel, die um 1475 entstanden und uns in nur wenigen Exem-
plaren erhalten ist; die Sprache dieses Buches, dem vermuthlich eine
Sammelhandschrift zu Grunde liegt, weist keinesfalls über den Anfang des
15. Jahrhunderts zurück. Das Manuscript »Ius munieipale«, welches aus
dem Jahre 1464 stammt, ist viel reichhaltiger; mag nun der des Friesischen
wenig kundige Schreiber eine fertige Sammlung abgeschrieben oder mag
er erst selbst verschiedene Stücke zu einem Ganzen vereinigt haben, jeden-
falls spiegelt das »Ius munieipale« die einzelnen Vorlagen, auf welche die
Sammlung schliefslich zurückgeht, getreuer wieder als der Druck. Die
Sprache weist — von einem kleinen Theile abgesehen — ebenfalls nicht
über den Beginn des 15. Jahrhunderts zurück.?
‘ Vergl. die Angaben in Psınıpe Heer, die altfriesische Gerichtsverfassung. Mit sprach-
wissenschaftlichen Beiträgen von TuEopor Sırss. Weimar 1894. S. 487-490.
* Vergl. von Rıcmrsoren, Untersuchungen über frs. Rechtsgeschichte I, 242 ff.
®° Hierüber Genaueres S. zı ff.
Westfriesische Studien. 5
Vor etwa zweihundert Jahren noch lagen die Dinge weit günstiger.
Sınon ABBES GABBEMA, der seit 1659 in Franeker die Stellung eines »Ge-
schichtsschreibers von Friesland« bekleidete, besafs aufser den genannten
Rechtsquellen noch eine weitere, einen »liber manuscriptus in quarto«,
aus dem er verschiedene Citate an den Rand der Handschrift »Ius muni-
cipale« geschrieben hat.‘ GaBBEmA spricht in der Vorrede zu GIsSBERT
Jarıks’ »Friesche Rijmlerije«, die er 1684 herausgegeben hat, von dem
alten Drucke und fährt dann fort: »een boek hebbe van de zelfde stoffe met
de hand van Zısps Una in den jaare 1175 geschreven, dat van het voor-
verhaalde niet verschilt«. Diese Angabe ist entnommen aus einem hand-
schriftlich überlieferten Werke des BortE van Horpımea »de origine, anti-
quitate et situ totius Phrysiae,« welches um 1570 verfafst ist. Es gehörte
dem GABBEMA und ist mit seinem Nachlasse in den Besitz des »Friesch
Genootschap van Geschied-, Oudheid- en Taalkunde« zu Leeuwarden über-
gegangen. Horvınsa sagt darin: » Habemus et alium libellum eiusdem argu-
menti, manu cuiusdam nobilis viri Sidzonis Unyae scriptum anno MCCCE
et septuagesimo quinto, ita ut non multum diversae aetatis fuerit, cwius et im-
pressus, qui praedietam divisionem ut veracem testatur et indicat«. Dafs besagter
Copex Uns in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts dem GABBEMA gehörte,
geht vor Allem daraus hervor, dafs dieser in der erwähnten Ausgabe des
Jarıks die Leeuwarder Bulstaxen (S. 22-41) in zwei Texten abgedruckt
hat, sowohl »ew Ms. nostro in folio« als auch »ew Ms. nostro in quarto«:
in jenem haben wir das »lus munieipale«, in diesem den CopEx Usa zu
erkennen. Und dazu stimmt auch die Bemerkung des BARON TOE SCHWARTZEN-
BERG EN HOHENLANSBERG,” GABBEMA habe in seinem Exemplar des alten
Druckes die Notiz gemacht: » Libri Üli supra memorati Boethii ab Hol-
dinga et Sidzonis Uniae iam penes me sunt«. Das ist die letzte Nach-
richt von der Handschrift Usta. SCHWARTZENBERG a. a. 0. bedauert, dals sie
verloren sei; der gelehrte Marrmmas von Wicut’ weils nichts Näheres von
ihr; und zuletzt ist sie erwähnt worden von K. Frur. v. Rıcutuoren"
! Vergl. die Ausgabe von Herrema, Oude friesche Wetten. II. Band. Leeuwarden
1847. Z.B. S. 82-96 in den Noten.
®2 Vorrede zum 2. Bande des Groot Placaat- en Charterboek van Vriesland. p.LXXXV.
® Vorrede zur Ausgabe des »Östfries. Landrechts nebst dem Deich- und Syhlrechte.«
Aurich 1746. S. 143.
* Untersuchungen über frs. Rechtsgeschichte II, 3.
6 TH. SIEBS:
mit den Worten: »unbekannt ist, ob dies Manuskript dem alten Druck zu
Grunde lag, ob es lediglich eine Abschrift von ihm war oder selbständig
die einzelnen in ihm enthaltenen älteren Stücke darbot.«
Es ist mir nun gelungen, auf der Bodleiana im Ms. Iun. No.49 in 4°
die Apographa des gröfsten Theiles jenes lange vermifsten CopEx UxtA
zu entdecken und im Ms. Iun. No.109 in 8° die Kollationen fast aller
übrigen Stücke desselben. Alles ist von der Hand des Francıscus Iusıus
geschrieben, und damit wird dem Einsichtigen die Zuverlässigkeit schon
verbürgt sein. Übrigens beweist der Vergleich der Apographa mit dem ge-
nannten Excerpt in der Jarmsausgabe, dafs unser Zutrauen zu Iunıus!
auch in diesem Falle berechtigt ist, und dafs wir somit den Verlust seiner
Vorlage, des CopEx Unta, nicht allzusehr bedauern brauchen.
II. Beschreibung der Handschriften des Iunius No.49 und 109 und des
Mareschallus No. 60.
Ms. Jun. 49. 4°.
Der Einband besteht aus schwarzer Leinwand mit braunem Leder-
rücken. Nach dem Handschriftenkatalog enthält es
1. Jus comitatus Frisiae, Lingua Frisica, ex codice Domini WERNERI
Emmen. Reip. Groninganae Senatoris.
2. Leges Frisicae in duabus partibus; ex SımoXis GABENNAE (so!)
Codice MS.
Upstalbomiei Conventus leges quas Latine edidit SIBRANDUS SICCAMA
in GABENNAE (so!) Legum Frisicarum Cod. MS. in 4. inveniuntur
os
Frisicee: ex quo huc descripsit ilas Iuxıvs. haec manu propria
Tun, ın 4.
Thatsächlich besteht die Handschrift aus fünf Theilen Apographa von
des Iunıvs Hand:
mhrenl;
Einem Titelblatte, auf dem von Iunıvs’ Hand geschrieben ist » WERNERI
Enumen codex MS. in 4°, folgen 30 Seiten Excerpte der friesischen Rechts-
handschrift aus den östlichen Ommelanden, welche gewöhnlich als Fivelgoör
! Vergl. auch die Apographa der sogenannten Fivelgoer Handschrift; s. unten S. 7.
|
Westfriesische Studien. 7
Manuskript bezeichnet wird. Eine Beschreibung dieser, nach 1427 ge-
schriebenen Papierhandschrift giebt v. Rıcntuorzn, Uss. über frs. Rechts-
gesch. I, 23 ff. 205 ff. Sie gehörte um 1700 dem WERNER Emmen, Senator
in Groningen, und von diesem hat Iunivs sie entliehen. Auf pag. ı heisst
es: haec descripsi ex codice D“ Werneri Emmen. Dann: hie incipit Tus Co-
mitatus Frisiae (fälschlich aus »ztatis der Hs. aufgelöst, d.h. ciwitatis) u. s. w.
bis zum Schlusse des Syndriucht, also der Text, welcher von Herrema'
auf S. 2-58 gedruckt ist (es fehlt das Stück »van ene thiaf« S. 58).
Dann folgt: Haee omnia hoc ipso modo atque ordine perscripta inveni in co-
ni
dice MS?” ornatissimi consultissimique Do“ Domini Werneri Emmen integerrimi
Groninganae reipublicae senatoris. Es folgen dann 12 leere Seiten. — Zur
Beurtheilung der friesischen Apographa des Iunıus überhaupt war es von
Werth, diese Stücke mit dem Original zu vergleichen. Es ward mir im
Frühjahr 1894 ermöglicht:” die Lesungen des Iusıus haben sich dabei als
viel gewissenhafter und seine Verbesserungen als treffender herausgestellt
Schon das Format [Breite
=, Umksı12]
denn die des späteren Herausgebers HETTENA.
15°, Länge 194“. Rand oben fehlt, rechts und unten etwa 2
unterscheidet dieses Stück vom
22 Uhren:
Ein Heft von 44 Seiten, nieht paginirt. Es enthält Apographa »ex
SIMONIS GABBEMAE cod. MS’ in quarto«. Näheres darüber bei Besprechung
des 4. Theiles, der eine direkte Fortsetzung des 2. Theiles ist. An manchen
Stellen bricht die Abschrift plötzlich ab, und es wird mit den Worten »vide
quoque editas leges Frisicas pagind ....« auf den alten Druck (Ms. Iun. 109)
verwiesen, wo eine Kollation als Fortsetzung der Apographa gegeben ist
[B. 12°5, L. 19°”, kein Rand].
3. Theil.
4 Blätter aus stärkerem Papier [B: 13°"5, L. 19]. S.ı und 2 ent-
halten einen Theil des niederdeutschen Textes vom sogenannten Privileg
! Het Fivelingo@r en Oldampster Landregt. Herausgegeben von M. pe Haan HerrEma.
Dockum 1841.
2 Hr. Oberregierungsrath a. D. Dr. Kart Freiherr vow Rıc#rHoren hat mir ermög-
licht, dals ich im Frühjahr 1894 bei einem längeren Aufenthalte auf Schlols Kohlhöhe in
Schlesien seine friesischen Handschriften kollationiren durfte. Auch an dieser Stelle sage
ich für die grolse Güte und Liebenswürdigkeit aufrichtigen Dank.
8 Tu. SIEBS:
Karls des Grofsen, beginnend »Dat keyserlicke recht wye dat hem anfuchte
die sal wesen in der achte van onsen rechte ende infames. Ende in de paws
banne. vrouwen ende mannen«, vergl. RıicHTHoren, Rechtsqu. 355, ı1ff. Die
Überlieferung weicht von dem Sneeker Text von 1456 (Uss. über frs.
Rechtsgesch. U, 214 ff.) ziemlich stark ab. Sie ist eine Abschrift aus dem
Ms. Roorpa, wie sich mit Sicherheit aus der Angabe des Iunius feststellen
lässt: »Insignem U. Frisicarum codicem MS" in folio, ex quo hanec notarialem
epistolam descripsi, humanissime nobis communicavit doctissimus idem ac nostri
amantissimus SImoN ABBES GABBEMA, praepotentium Frisie ordd. historio-
graphus. Harum porro legum partem aligquam ex eodem libro adscripsi, ut
curioso Lectori qualecungue specimen nunguam satis laudati codieis exhiberem«.
Und dann folgen viele Abschriften aus dem Ms. Roorda: S. 3-8 enthalten
S.ı-ıo jener Handschrift, d. h. eine andere Redaction der Stücke, die
im »Jus municipale« die Einleitung und die ersten 15 (16) Paragraphen
des Schulzenrechtes umfassen (HETTENA, oude friesche Wetten II. p. 20-34,
Zeile 20). Mitten im Satze (dat dy fria Fresa ne thoer ...) bricht, wie die
Handschrift, so auch das Apographon ab. Der dritte Theil schliesst mit dem
Verweis auf » Vpstalbomiei conventus leges«, mit denen der 5. Theil beginnt. —
Das Privileg Karls des Grofsen ist heute im Ms. Roorda nicht mehr zu
finden; vermuthlich war es früher der Rechtssammlung vorgeheftet.
A übten.
Er bildet die direkte Fortsetzung des 2. Theiles und besteht aus einer
Lage von ı3 und einer Lage von ı4 Blättern [B. 15“”s, L. 19%5]. Auf
S.ı nur die Worte »GABBEME codex MS. in quarto;« S.2 leer; S. 3-52
enthält weitere Apographa jener dem GAsBBEema entliehenen Handschrift.
Ich bezeichne sie als Copex Unsa auf Grund! einer Notiz, die sich am
Ende der 52 Seite findet:
scriptor sit crümine
Explieit iste liber liber.
su Friso per omnia
Finitum & completum est hoc plebicitum per manus Sırpzonıs WNINGHA.
in profesto ‚conceptionis Marie, Hora quasi tercia post meridiem. A° dnü
! Ich führe diesen Namen ein, weil GAgsEna viele Hss. hatte und darum die früher
von mir gewählte Benennung »CoDEx GABBENE in 4°« leicht milsverstanden werden kann.
Westfriesische Studien.
nice libertatis."
s. die Beschreibung des Ms. Iun. 109.
h)
MCCCCLXXV. Orate pro eo umım pr nr et unum ave maria causa dei et Friso-
Eine ähnliche Notiz finden wir unter den Kollationen in der Inkunabel,
Tu EEE TEE RT
5. Theil.
Ein Band von 20 Blättern [B. 14°7, L. 19°"5], welcher als Fortsetzung
von Theil 3 verschiedene Stücke des Ms. Roorda wiedergiebt:
a) S. 1-9, Zeile 6 » Upstalbomiei conventus leges quas Latine edidit Sr-
BRANDUS SICCAMA, in GABBEME ll. frisicarum codicee MS’ optim@
note in 4° inveniuntur Frisice perscripta pag. 79, a; vide quoque
veterem_ editionem Coloniensem, pag. 171. Potiorem tamen earundem
legu partem aliquantö fusius translatam eshibet alter ejusdem GAB-
BEME codex MS in folio, qui et ipse non vulgarem pre se fert
antiquitatem, Vpstalbomieique conventus leges Frisice sic ewhibet«. Es
folgt dann der Text, der von HrrremA, Iurisprudentia frisica II,
2-16 (Leeuwarden 1835) abgedruckt ist; hinter der 28. Sache
ist eingefügt: »Item hwarso sijn hera daed slee, etc. dat sieck hür
to far in da fiarda seeck«. Zum Schlusse: »Aique hic in codice
GABBEME, unde hasce Vpstalbomici conventus Frisicas leges descripst,
deerant postremi septem articuli, quos tamen, sicuti et antecedentes
omnes, Latine exhibebat idem codew MS“. Textum vero Latinum hoc
in loco non adscripsi, quoniam eum jam ante contuleram cum 'SI-
BRANDI SICCAME conventus opstalbomici legibus, editis Franeker@
MDCXVII, ubi et precipuas hujus MS?" codieis variantes lectiones
ad oram annotavi (vergl. unten Ms. Iun. ıı1).
Phil,-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter, 1895. 11.
! Dann folgen die Abschreiberverse:
Seriptoris munus sit bos bonus aut equus umus.
Non sit paucorum, sed multorum söolidorum. ete.
Heu male finivi quöod non bene scrivere scivi.
Penna non valet dicit qui seribere nescit.
Qui plus incipiunt quam finiri (so!) bene possunt,
De numero non sunt qui prudenter agunt.
Si vis laudari, venerari sive beari,
Desine furari, nugari, turpia fari.
[5
10 Ta. Sızss:
b) S. 9, zweite Hälfte, und S. 10 leer; S. 11-40 folgen, nach Ms.
Roorpa kopirt: De sententia excommunicationis. ex eodem codice sicuti
et sequentia (Tur. fris. S. 264-280); de jure dotium (280-288); de
sponsalibus et matrimonüs et impedimentis eorum (288-292, 11); de
sponsalibus et matrimonüs (292, 12-298); de divortüs et impotentid
coeundi (298); de adulterio et accusatione adulterü (300-304); de
secundis nuptüs (304-310); de sortilegüs (260-264); de privilegüs
($ 3 ist ausgelassen; 256-258); de decimis (253-260); de con-
secratione ecclesie und de prebendis et ecclesiasticis benefieüs (250
— 256); de crimine falsi et calumpmiatoribus. de usura et simonia.
de bonis proscriptorum (224-230); de emunitate et sacrilegio (246
— 250); de presbiteris et clerieis. de clerico egrotante (236-242).
Ms. Iun. 109.
Liber legum et consuetudinum frisicarum, frisice. Impressus. Cui adduntur
in margine notae MS. et praemittuntur unum et alterum esxcerptum ex UBBone
Enmıo et syllabus capitum per Ci. Iunıum. 8. Es ist ein in Pergament
gebundenes Exemplar der seltenen Inkunabel des westerlauwerschen Land-
rechtes. Vor dem Drucke sind 9 Blätter eingeheftet, aufserdem nach S. 8
und S. ı4 je ein vierseitiger und nach S. 8 ein einseitig beschriebener
Zettel mit Bemerkungen, die für uns nicht von Bedeutung sind.
S. ı-8 leer; nur oben auf S. 7 steht von Iunms’ Hand geschrieben:
» Frisiorum antiqua lingua nuncupatur Teutonica p.85« (vergl. Rıcnruoren,
Rechtsqu. 401,7). S. 9-13 Excerpte des Iunius aus Usgo Emmius (Rer.
frisic. lib. V ad ann. DCCCX, lib. XI ad ann. MCCLXXVI). S.ı14 ist von
der Hand des Ianus Vrırius geschrieben: »A Cl. e. Humanissimo Viro Franc.
Iunıo accepı Hage prid. Non. VIles MDCLIX Hage«. Dann später: »item
eidem cum masximis gratüs restitu MDCLX Nonis Februarüs. Janus VLırivs.«
S.15 von Iunms’ Hand geschrieben die in den übrigen Exemplaren des
Landrechtes gedruckt erhaltene Vorrede und Inhaltsangabe, vergl. Rechtsqu.
XXIV. XXV: »Ther era godes« .... bis »dat sauntiende is fan da saun
zelanden«. S. 16-18 folgen die Kapitelangaben des alten Druckes, die
römischen Ziffern aber fehlen hier. Als Kap. ı wird bezeichnet: Haet is
riucht? bis einschliefslich Fan da tweer koninghen Kaerl ende Radbod.
Westfriesische Studien. 11
Sodann der Druck. S.ı beginnt mit haet is riucht (Rq. 4344 26),
und zwar ist über den ersten Zeilen (bis dat meent) die Kollation des Copex
Uxıa eingetragen, ohne dafs dieser genannt wird. — Im weiteren Verlaufe
sind einzelne wenige und unbedeutende sprachliche Erklärungen und Ver-
weisungen gegeben, die ich hier nicht weiter berücksichtige. — S. ı2
(Rq. 388a 5) ist am Rande hinzugefügt: »dat Ay nmymmen wald jeff «et
onrüuchtes dwe«, also eine Kollation des Ms. Roorda (vergl. unten S. 48).
Desgleichen von S. ı4 ab (Rq. 388b 28) öfter. — S. 19 (Rq. 391a 30)
ist wiederum der Copex Uns, ohne besondere Angabe, kollationirt bis
clagath (Rq. 391a 31). Vereinzelt wird auch die Ausgabe der Lex Frisionum
von Sıccama herangezogen (vergl. Ms. Iun. 111). — 8.40 (Rq. 3995 1 ff.)
findet sich die erste längere Kollation des Copex Una eingetragen: er
wird als »Ms. GABBEME in quarto« bezeichnet. Von da ab sind gröfsere
Stücke, die jedesmal zur Fortsetzung der Apographa dienen (s. oben S. 7),
kollationirt, und es werden auch des öfteren am Rande des Druckes die
entsprechenden Stellen des Copex Una eitirt, so dafs sich dieser nach
Leider sind einzelne
den Angaben im alten Drucke rekonstruiren läfst.
Worte der Kollation durch Beschneidung des oberen und unteren Randes
verloren gegangen. Die Kollationen laufen, mit Unterbrechung, fort bis
S.175 einschliefslich (tractaet van da 7 selanden). — S.45 am Schlusse des
Stückes »König Karl und Radbod« steht nach den Worten »aldus ist land-
riucht alra Fresena« (Rg. 440b 9) Folgendes: »Ibidem adduntur sequentia.
Explicit hoc plebieitum per manus SIDzonıs WNINGHA.
\ seriptor sit erimine
Explieit iste liber liber (vergl. oben S. 8).
I sum Friso per omnia
Dem Drucke folgen 7 Blätter. Auf der ersten Seite stehen einige
unwichtige lexikalische Bemerkungen, theils mit Bleistift und theils mit
Tinte von der Hand des Vrırius geschrieben; die übrigen Seiten sind leer.
Ms. Mareschalli 60.
Es ist ebenfalls ein in Pergament gebundenes Exemplar der seltenen
Inkunabel und ist von der Hand des Iasus Vuırius (Jan van Vrier) nach
dem soeben beschriebenen Buche des Iusıus eingerichtet worden. Für uns
hat es vor Allem deshalb Werth, weil es über die Geschichte der friesischen
Studien des Iuxıus aufklärt (vergl. unten S. 60).
DEE
2 TH. SıEgs:
Zunächst 5 Blätter Schreibpapier. SS. ı, 8, 10 enthalten Auszüge aus
den Angaben des Iunms (Ms. Iun. 109) und belanglose sprachliche Er-
klärungen. — S. 2-7 ist leer. — S. 9 bildet ein geschriebenes Titelblatt:
»Dae Freeska Land-riuchta mit siner taofla, en eenige aenteyckeningen van
vorscheyden geleerden in Taelen«. Darunter:
Janı VLıTıS
dono Rev. V. TuomE
Brunxoniıs S.T.D.
1660.
Darunter, von Marsnaır's Hand: Accepi donatum a Cl. Francısco Iunıo
Tno. MargscHArzus. Obschon »ex dono« zu erwarten wäre, so kann doch
diese Angabe eine Dedikation in dieser Form und unten auf dem Titel- |
blatt wäre undenkbar — nur so verstanden werden, dafs Ianus Vuırmws
das Buch von dem Rev. Tuomas Bruno, sacrae theologiae Doctor, im
Jahre 1660 zum Geschenk erhalten hat. Dieser Tnomas Bruno ist zweifels-
ohne 'Tmomas BrownE, Doctor of Divinity, Canon von Windsor, später
Rektor von Oddington in Oxfordshire, der von 1604-1673 lebte. Jan
VAN VLIET, geboren im Haag, war Sekretär in Breda und starb dort 1666.
Es hatte als Rechtsgelehrter, als Chronist und Dichter einen- grofsen Ruf.
Mit Iusnıus war er nahe befreundet, und von ihm entlieh er im September
1659 bis Februar 1660 den Druck des westerlauwerschen Landreehts (s.
oben Ms. Iun. 109) und im Jahre 1660 den Codex Aysma (s. unten Ms.
Tun. 78; S. 37 ff... Da er in demselben Jahre (jedenfalls einige Zeit vor
dem 7. Februar, wo er dem Iusıus sein Buch zurückgab) ein Exemplar
von Tnomas BrownE erhielt, dieser aber mit dem Iunms als dem Lehrer
des jungen Grafen pe VerE von Oxford höchst wahrscheinlich bekannt
war, so ist anzunehmen, ‚dafs Vrıriws die Inkunabel durch Vermittelung des
Ivsıus von Browne zum Geschenk erhalten hat. Nach dem Tode des
Virus (1666) scheint das Buch an Iunıus gekommen zu sein, denn dieser
hat die Doublette seinem Freunde Tnomas MaArescuauL (D. D., Rector of
Lincoln College, Dean of Gloucester) geschenkt, und mit vielen Manuskripten
und Büchern ist es nach dessen Tode (18. April 1685) in den Besitz der
Bodleiana übergegangen. — SS. 11. 12. 17. ı8 enthalten gedruckte Inhalts-
und Kapitelangaben; S. 13-16, 19, 20 ist leer; S. 2ı und 22 geben ver-
schiedene unwichtige Notizen und Worterklärungen.
Westfriesische Studien. 13
Dann beginnt der Druck, mit der Paginirung des Ms. Iun. 109. Das
ganze Buch ist mit Papier durchschossen und enthält Citate und Erklärungen
von des Vrrrws und Iusıus Hand, zum grofsen Theil aus dem Exemplar
des letzteren entnommen; ferner Versuche, eine Handschrift nachzuahmen
und Federproben; endlich zwischen S. 8 und 9 sind 4 Blätter eingeheftet,
darauf »ex biblijs Island. et ex biblijs Danicis« die 10 Gebote.
Bemerkenswerth ist, dafs an mehreren Stellen ein Manuskript zum
Vergleiche herangezogen wird: z. B. Iunıus zu S. 44 axa (Ms. holt) »aliter
MS. noster p.314« (Rq.439b 30); zu S.74 (14. Landrecht) »MS. p. 103
ita habet« ete. Damit ist der Copex Aysma gemeint. — Der Copex Uxıa
wird nicht verglichen, wird jedoch einmal erwähnt. Hinter dem Drucke
sind 19 Blätter eingeheftet, und auf der linken Seite des vorletzten Blattes
schreibt Vuırius: »Sitter dietus est, qui possidet quod actor petit. onspreker
ni fallor in cod. Gab. Authentica ........ [hier stehen zwei Wörter,
die ich nur als de releg lesen kann] boick in keyser-recht Teutonista« und
dann als Anmerkung dazu » (od. Gabbeme scriptus erat manu Südzonis Wningha
Anno dom. MCCCCLXXV«. Wir lernen aus diesen Betrachtungen Folgendes:
als Vrırıus von Iusıvus 1659 das Ms. Tun. 109 entlieh, waren dort die Kolla-
tionen des Copex Usıa nocht nicht eingetragen, sonst hätte doch Virus
Manches daraus übernommen; Vrrrmws (7 1666) hat den Copex Una ge-
kannt, aber nicht etwa aus des Iunms Abschrift, sondern vermuthlich im
Original, denn wo bei Iunıus deutlich » Autentica en recht boick« zu lesen
ist, vermag er das Wort nicht zu entziffern.
II. Inhalt der Apographa und Kollationen des Codex Unia.
Es sollen nun die Stücke angegeben werden, die in dem ı. Theile
der Abschriften des Copex Una (Ms. Iun. 49, 2. Theil) auf 44 Seiten von
je etwa 50 Zeilen enthalten sind; wo die Apographa durch Kollationen
im alten Drucke (Ms. Iun. 109) ersetzt werden, ist das besonders bemerkt
worden. Die Parallelstellen sind nach der Ausgabe des »Ius munieipale«
von Herrema (OÖ. F.W. I) und nach dem v. Rıcntnoren’ schen Abdrucke
der Rechtsquellen eitirt. Auf bedeutendere Abweichungen im Inhalte ist
aufmerksam gemacht.
14 Ta. Sıesgs:
Seite der || Kapitel u. $ | Seite Ius municipale | Westerlauw,
Apogr. bez. des Inhalt der Apographa und Kollationen. nach Hettema, | Landrecht nach
Kollation Codex Unia. OFW. Richthofen, Rg. |
| |
Prima pars legum Frisicarum ex Simonis
Gabbemae codice Ms. in 4.
I—2,2.5 I,$ı-5 $ı Haet is riucht? &2 Ho manich riocht is ther? 20— 22,21 434a 26 bis
$3 Hwer om is riocht set? %4 Hot is there ewa 4355 21
riocht? 85 Wonicheid ete. bis thet blind siande aghe;
vergl. auch Ms. Roorda, fol. 1,2.
2 II De juris conditoribus. Hwa fand and sette aller arst| 22,22 —2 3,19 4355 22 bis
riocht? bis and tha riocht nei godis Jefta scopen. 436a 20
(Ms. Roorda, fol. 2, 3). I
23 III, $ı Primum edictum pacis servandae et per quem. $ı Hwa| 23,20— 25,8 |436a21— 437a2
bande thine arsta fretheban bis alla godwilliga liodum
[and sprak]! Gloria in excelsis; vergl.
Ms. Roorda, fol. 3, 4. i
3 III, $2 Quis primo jus scripsit. Hua screef thet riocht aller| 25,9—26,3 437a 3— 28 j
arst? bis kerte |wilkaran aller arst Julianus] , |
vergl. Ms. Roorda, fol. 5.
3 IV,$ı Hwa sette wilkaren aller arst? bis under alla mannis \26,4—26,5v.u.. 4374 29 bis
Joten, vergl. Ms. Roorda, fol. 5, 6. 4375 21
3,4 IV,$2 Tha sinte Wilbrord thit land bikerde bis huse nenne 26,4 v.u.—27,3| 4375 22 bis
koningh therefter of ne theide, Ms. Roorda, fol. 6. vu. 438a 16
4 V,8ı1-3 1. Quis primo jus scripserit. Nu hastu bis lerde and 27,2 v.U.—30,4| 438a 17 bis
wegade. 4385 36
2. Decem precepta: Thit sint tha tian word bis ther
endegat and bigent an thesse lian wordim.
3. Hwa sette aller arst bis there werde en fogüh et
tiuge ad et ethe, vergl. Ms. Roorda, fol. 6, 7:
5 VI Thit is landriocht Fresena ad scelta r3 bis |l30, 5—30, 5v.u.| 387@ 25— 388a
oen fia; es fehlt hier, wie auch im alten Druck
(D) der Zusatz Ius mun. 30, 4u.3 v.u. und
Ms. Roorda (R), fol. 8.
VI—XIV Thit is riucht thet thi fria Fresa ni thor Jardera|\ 30$2—33$9 | 388a10-38ga1ı
herefird fara bis there famna riocht ti Jeftinge twer
scillingan,, vergl. Ms. Roorda, fol. 8, 9.
6 XV-XX1 weitere Paragraphen des Schulzenrechtes bis unt 33$10—35$18| 3894 11 bis
lettera ewen nacht mith tuam pundum beta (Rq. 339 a 3904 14
28—30 fan fyf seckum etc. und der Zusatz in
Ius munic. 35, 9. ıo fehlt). Die Stücke bis
Kap. XXI inel. sind auch in Ms. Roorda, fol.g. ro
enthalten. '
' Eckige Klammer bezeichnet Zusätze des Copex Unia.
Kapitel u. $ | Seite
Westfriesische Studien.
15
Inhalt der Apographa und Kollationen.
Ius munieipale
nach Hettema,
OFW.
Westerlauw.
Landrecht nach
Richthofen, Rq.
ee en TE
“ Seite der
Apogr. bez. des
' Kollation Codex Unia.
6 XXIV
47b
7 XXV
7 XXVI
7 (XXVI?
unbezeichnet)
7 XXVIN,
( FOLD.EE
7 XXX,
(:
8 (XXXII?)
8 XXXxII
N 8 XXXIV
\
\ 8 XXXV,$ı
1.4
i XXXV,82
XXXV,83
\
8 XXXVI
8,9 XXXVI, Sr
9 XXXVL, $2
XXXVI,S83
9 XXXVIILSI
|
$1=lus munie. $19; $2=lus munie. $ 20,1;$3=
Ius munic. & 20,2. Dann folgt in den Apogr.
ein Zusatz, der in I und D fehlt.
That! is riucht that ma silan sette and that land
wetrie tha folke to nethum. that bad thi ile mach-
tiga god to haldane and ti havane alla Cristena
Julke to nethum. Hanc constitutionem habet codex
Gabbeme fol. 47, b.
Die erste Zeile fehlt .... bis erues.
(in edito codice est caput XXIX partis Prime): Thit
is riucht, so whersoma en wif an nede nimth bis
jefta sexasum unswora.
(in edito est capitis XXX S$ 1): Thit is riucht an
there hemmerke bis al unt hit ful bithingat ist.
(capitis XXX $ 2) Thit is riucht umbe en hemmerke
bis thi eth sworen is; und Thit is riucht, thet thi
asega dela scel bis mith sunderga tiuge winna scel.
(capits XXX $ 3): Thit is riucht jef thiu hemmerke
unedeled is bis tua pund sceldich; und Thit is
riucht jef thera enech unwillich is bis mith tham dela.
(in edito codice est Prime partis cap. XXXII): Tat
is riucht alder thi fria Fresa bis uppa tha erwe.
Thit is riucht that hi hine thes selva deis bis mith
riuchta landriuchte.
Thit is riucht thet nen man sin erwe bis thi other
nene fia fullane.
Thit is richt, thi ther ti stride thingia wolle bis
thes stridfretha.
Thit is riucht, asma ti lessa stride bis ther on scenian.
Thit is riucht thet thi asega bis ther thet strid mede
bithingat ist.
Thit is riucht thet thi ketel bis and thenne eth festia.
Thit is riucht thet thi fria Fresa bis so scel hi ther
lesse strid ongan,
Thit is riucht thet thi swerdkempa bis vnt thi ethstrid
sworen iS.
Thit is riucht, thet hia etta thinge bis beta scel.
Nu thi strid eth sworen is bis ti tha otherum jef
hi moge (es fehlt wie in lus munic, die Stelle
Rq. 3945 21-25).
35 $$ 19.20
35 $21-36824
38 u.39 932
39 $33
39,6 v.u.— 40,13
40,13 — 19
40u.41835
41,836
41,837
41 u.42$38
42839
42 $40
42 u.43 941
43 $42
43» SV. U.—44,2
44,3—45»5
45 u.46 $44
3904 15— 30
3900 31— 39057
391a 30 bis
391b 14
3g1b 15— 33
391a 34 bis
3924 19
3924 20— 28
392429— 39265
3925 6-19
3925 20—31
392b 32-3930 4
3934 5-8
393@ 9-15
3930 16-3935 2
3936 3-16
3935 17—29
393630-394425
394a 26 bis
3945 21
! Statt Zhet, falsch aufgelöst aus th3.
16
Seite der
Apogr. bez.
Kollation
9, 10
Io
Io
Io
IO, II
IE
I2
13
13
13
Kapitel u. $
des
Codex U
XXXVIILS2
XXXVINS3
XXXVII,S4
XXXIX
XL, $ı
XL, $2
XL,$3 |
RLISI—4
XLII-XLIV
XLV
XLVItis
XLVN
XLVIN-LI
LIISıu.2
LI
LIV
Seite
nia.
Inhalt der Apographa und Kollationen.
Thit is riucht so wher so thi fria Fresa up otherne
bis thinga se.
Thit is riucht so thi fria Fresa ti stride bis hof ni heth.
Thit is riucht thet hi sine sculte bis andwerda scel.
(in edito est prime partis cap. 26). Thit is riucht
thet thi ther hir ban leth bis and sine ban leda.
(in edito etc. cap. 27). Thit is riucht that tha
sceltan bis tuam pundum.
Thit is riucht thet tha scultan bis unfengen.
Thit is riucht thet thi grewa bis fimelthing.
Thit is riucht that tha scultan bis thet hia ni thorwen
efter tham ti there jer tele grewa ni sculta ban
thielda.
(in edito est Prime partis cap. 39-41). Thit is riucht
JF thi landzeta queth bis and dor (so!) sine sele
thine other del.
(Von den 3 im Jus munie. enthaltenen Versionen
des letzten $ hat Cod. Unia nur die dritte.)
(in edito est 42). Thit is riucht. Ief thi fria Fresa
thriu efte thing bis than ni habbe. Jus munie,
$54 = Rq. 39556 34-37 fehlt im Codex Unia.
(in edito est 43, 44). Ief ther emma bis ther hit
ter werenden.
(in edito est 45—48). Niogen hwarva scelma hine
bodia bis stande.
(in edito est 49). Ief ma enne man ti howe bodiath
bis jefta sevasum ti riuchtane.
(in edito est 50). Thit is riucht so hwer so en man
otherne bigret bis than hise unslita scell (stark
abweichend).
(in edito est 51). Thit is riucht thet ma mith this
dada tiuge naut wera ni mei bis hof frethe. Es
fehlt der Zusatz Ius munie. 55, 12—23.
(in edito est 52). Thit is riucht, jef en man ina
otheres epina slat spreka welle bis mith efta
deithingum.
(in edito est 53). Alder ma ene manne sin god
ofstelt bis merkede.
Ius munieipale
nach Hettema,
OFW.
46845
46, $46
47, 847
36,$25
37.826
37827
37 u.38,828—31
47 U.48,
$48u.49551,852
51,853
51,9v.uU.—52,13
52, 14-53,
Iov.u.
53,9 V-U.—54,3
544555
55,6-12
55,4 v.u.—56,2
56, 3-6 v.u.
Ief ma en goed binna enes mannes kamere bis
thrimen penning.
Ief thi frana mith tha liudem bis tha grewa tua pund.
56, 5v.u.—57,7
57, 866
Westerlauw. |
Landrecht naecl
Richthofen, Rq
3946 26-33
3945 34—395@ 3
395@ 4-17
3906 9-22
3906 23-35
390b 36-3914 3
391a 4-9
39Ia 10—28
395a 19 bis
3955 26
3956 27—33
396@ 1-26
396a 26 bis
3965 z1
3965 32 bis
397a 10 |
3974 11-3975 8
3975 9-16
39756 17—25
3975 26 bis
398a II
398a 12—28
398a 29-3985 2
an
Westfriesische Studien.
17
Seite der
Apogr. bez.
- Kollation
Kapitel u. $
des
Codex U
Inhalt der Apographa und Kollationen.
Ius munieipale
nach Hettema,
OFW.
Westerlauw.
Landrecht nach
Richthofen, Rq.
en a ee ee
14
14, 15
15
15
15
16
16
16, 17
17
on
i 17, 18
|
|
1
Kollation
LVII-LIX
LX-LXII
LXIV, $ı
LXIV, $2
LXV
LXVI
U-VII, $ı
VII, $2
I-VI
Phil.- hist. Abh. nicht
144
(in edito est 54-57). Ief en man ina en bodel
thingia welle bis hwoder hia unswore than hia jelde
(Ius mun. $ 67 = Rq. $ 68 fehlt).
(in edito est 59-62). Thit is riucht hwoder hiara
sinena bis thi del to wariane over al, und zwar
ist als Kap. LX zusammengefasst Rq. und lus
munie. $ 72 u. 73; LXI » That is riucht hwersoma
en bodel dela sal, that ma hit also dela sal asma
hit samnade«; LXU, LXII =Rgq. u. Ius munic.
$ 74 u. 75; auf Seite 15 der Apogr. ist nach
einer Kollation auf S. 40 des alten Druckes
(Ms. Iun. 109) der Bodeled eingetragen, der
Codex Unia pag. 5o gestanden hat.
That is riucht so wher so thi scelta bis ban thilda.
Thit is riucht, an welik ban bis nenne dom dela.
That is riucht an hueleca banne bis fersta welle. Es
fehlt hier Rq. $ 79 as thi grewa bis Fresisca
mercum, ist aber laut Apogr. pag. 14 im alten
Drucke S. 42 (Ms. Iun. 109) nach Cod. Unia
(wo?) kollationirt.
That is riucht. Hwa so en hors bis twer scilling &
fartha (so!).
Secunda pars legum Frisicarum (vide editum
codicem pag. 45).
Qualiter Romani a Frisonibus sint vieti. Wella j har-
kia and leta jo rathia bis thes koninges hacha hera-
natan. Magnusküren.
2 bis 7. Küre des Magnus: Alder efter kas Magnus
thine letera kere bis and alle hethen waren.
Aller arst tha him that breef bis alle Fresu ti erim
Alhir bighint tha wilkarren.
Thit is riucht and reth and wilkere thera wisistera
bis riucht bihalden havit, Fortsetzung Kollation.
alter Druck S. 122ff. so isti frethe achtich ponda
(Rq. 4745 2) bis orkindan.
Sodann fehlen $$ 15, 16, ı7 der Rq. (lus munie.
$$ 6, 7, 8). Es folgt: otherne (?) dustsleken bis
nene sicringga.
Es fehlt $ 22 der Rq. (fehlt auch in lus munic.)
und es folgen $$ 23 bis 29 der Rq. Hwaso
57-59, $68—-70
60u.61,872—75
61,7 v. 1.62, 3
62,8 v.u.—4 V.Uu.
62,4 v.u.—IVv.U.
66, 1-67, 9
67, 10-68, 3 v.U.
68,2 v.u.—69, 14
149,5-150, II
150,1I—22;5151,
$9 u.1o
152, 13—153, 8
others hus instat bis twa pond setta.
zur Akad. gehör. Gelehrter. 1895. I.
153, 9 bis
154, Iv.Uu.
3
3986 3—19;27bis
3994 37
3995 24 bis
400q 22
4000 23—400b 4
400b 5-9
400ob 12—15
400b 21—31
440, I
4400 20 bis
4415 17
4416 18-33
4744 1—47452
4746 2—475@ 14
4754 28 bis
4755 18
4755 19 bis
476a 26
18
Tn. Sıess:
m en
Seite der
Apogr. bez.
Kollation
18, 19
19
Kollation
Kollation
20
20, 2I
Kollation
Kollation
Kapitel u. $
des
Codex Unia.
I—VII
X—-XV]
I—-IV
V-XXIV
174
175
2ıb
23q
Inhalt der Apographa und Kollationen.
Es folgten im Codex Unia nun noch einige von
Ius muniec. und D stark abweichende Stücke,
die Apogr. pag. 41 verzeichnet sind: nämlich
Rq. $30, $31, 32 (l$20); sodann »thria saka
therma naut ne ach to senane«; Jus muniec, 156,
$22 »alse thi grewa bis warat« und Widekin bis
mercum.
Dit send tha kesta.
Thit is thio forme kest bis tha koninge riuchta. Der
Text stimmt zu Rq. Küre 1-8, nur dafs Küre 6
der Zusatz fehlt »datse papen ende wise leken deer
naet oen sanne«.
Thio IX kest is bis and hara scatha hara hende
methe to betane; und zwar Rgq. ı5bı bis and
ther of hiara scathe fullia, ther methe to wariane
(Rg. 176 13), dann fortfahrend With tha sawen
‚pan’. saun rume streta bis also frilike ti sine lande
senda (Rq. 16 Note, Zeile 9 v. u. — 17 Note,
Zeile 5), dann cumt hit bis betane (Rq. 175
13-17). Rq.1756 17—22 fehlt. (Die Kollation
setzt ein bei ach thi fria Fresa Rq.ı6, N.6
v2RU%):
Thio tiande kest is bis and that ne havit nenne ende
(Rq.29 Note 13). Der Text stimmt inhaltlich zu
D, nur dals Rq. 215 17-19 (iof bis frana) fehlt.
Thit send tha landriocht alra Fresena,
Thit is that arste landriucht bis so ach hi to Fellane
wed and scolinga bi sextega mercum. Der Text
stimmt inhaltlich zu D.
S.61 des alten Druckes enthält die Kollation der
Vorrede zu den Landrechten: Hit is eserewen bis
aller mannecum sin landriucht.
Landrecht V bis XXIV That V landriucht is: To
hwam soma land aschat bis Jeta ach hi tha liu-
dum thine frethe to fellane,
Der Text entspricht in Anordnung und Inhalt im
Allgemeinen dem der Rq. Bedeutendere Ab-
weichungen sind:
VII. Landrecht: es fehlt der Zusatz Rq. 575 18—23;
IX. Landrecht schliefst: so bethe hit thi other thet
hit an sin scot fochten se. Es fehlt der Zusatz
Ius munieipale
nach Hettema,
OFW.
69,1 v.u.— 74,5
74; 8-75, 8
75,12—79,1v.u.
82,12— 86,8
80, 6— 82,8
86, 9— 96,6 v.u
Westerlauw.
Landrecht nach
Richthofen, Rg.)
— 7 — 4 qsqztzzztztztee |
3bı—ı3b 24
ısbı—ızbı7.
176 25—29 Note,
6v.u.
|
4ıbı—sıb4
584
5ıb 11 — 796 34
Westfriesische Studien.
19
ee TT—_—_ _<_<_<_—
Seite der
'Apogr. bez.
Kapitel u. $
des
Seite
Inhalt der Apographa und Kollationen.
Ius munieipale | Westerlauw.
nach Hettema, | Landrecht nach
Kollation Codex Unia. OFW. Richthofen, Rq.
2I
Kollation
22
23
III VIII
48a
agb u.
924
264
Rq. 595 9-14; XI. Landrecht falst XI. u. XI.
Ldrecht der Rq. zusammen (615 11-635 2);
XU. Landrecht=Rq.635 10—23; XII. Land-
recht schlielst: and thria pund tha frana umbe
thine liud fretha (es fehlt Rq.655 2-6); XIV.Land-
recht=Rq. XV; XV. Landrecht = Rq. XV];
XVI. Landrecht=Rq. XVII; XV. Landrecht =
Rqg. XVII, 675 26 — than sin ain goed 686 ıı
(685 ı1— 22 fehlt); XVIIL.—XX.Landrecht=Rq.
XIX—XxXTI. Ldreceht.; XXI. Landrecht = Rq.
XXI. Ldrecht, doch statt 735 34— 36: „bi thio
mot hit erwe bihalda mith tuam ded ethum utor
strid; XXI. Landrecht lautet: Hethelis (so!) wivis
VIII panningam (so!). Enis hethelis wivis wetma
sind hundert enzina. That is ac riucht, that manic
sines selva walde so lange so hit naut vrloren ne
heve; XXI. u. XXIV. Landrecht=Rgq. 755 14
bis 795 34 (es fehlt jedoch Rq. 775 33—795 2,
vergl. Ins munic.).
Hir biginnat tha domen ther tha Fresen habbat
wilkarad. De aetate virginum nubentium. Thi arsta
dom is bis ni were here lethena. that is riucht alra
Fresena.
De ingquilinis. Thi thredda dom is bis ther that qued
we jowen \s.
Hier bighinnet da sex wenden. With thisse sex
saka ne (ne) send nene with athan. Tha Fresan thin-
ghaden bis and hi thana geit mit blodecha wepne, so ne
meima there Pan aim with eth biada. Sie
dede nenne \
sind im Cod. Unia in 2 Texten erhalten; in den
Apographa sind die Kollationen des zweiten
Textes über dem ersten eingetragen. Die An-
ordnung der Wenden ist dieselbe wie im alten
Drucke und Ius munieipale; in den Rq. ist sie
durch die synoptische Darstellung gestört, bei
Herresta durch Verheftung eines Blattes der
Hs. unterbrochen.
Hyr bighintdat syndriuchtint ghemeen (diese
Überschrift von Iunıus nach dem alten Drucke).
wetma that send VIII pund and VIII ensa and
115,10 v.u. bis 42046-420613
116,14
116,15 — ı18,3| 4200 14 bis
4216 14
118,4—12; 33b1— 39525
120, 10— 30
3*+
a
Seite der
Apogr. bez.
Kollation
25
=>
26
26
27, 28
Kollation
28, 29
Kapitel u. $
Jnia.
304
335
Inhalt der Apographa und Kollationen.
Ohne Paragrapheneintheilung das Stück Rq.$ 1-14
(pag. 402 ff.) in zum Theil stark abweichender
Gestalt. 4025 23 (soe schiller) bis 403a ı (soen)
fehlt hier und ist später eingeschoben (s. Apogr.
5.26); 403a 22-23 fehlt Aiz bis monde; 4044
30-32 fehlt.
De pueris ilegitime natis: lef en man enes bernes
tlat bis thio menethe hlia welle,
Fan this biscopis tianda (That is riucht. Hwer so
en wied sto is bis prowistis); Fan this biscopis
synede (This fiarda jeris bis er thi biscop come);
Fan this biscopis teringum (That is riucht that tha
capella papan bis thi ne thor nenne thianist duan).
Thit send sunderlike sinneth riucht (That senethriucht
gaf uns bis and wi alle heiden waren. hi het that
wit also helde).
Alse thi biscop ina thet land welle » so sculdere selva
coma bis leca sone (dazu der Zusatz: Ai sal habba
anna ethsuara also ra and aso rike, that hi this
‚biscopis ban beta muche, vergl. Ius munie.).
De teste synodali (Thi deken an Freslande bis wit
sine prester).
(Qui aceusari possunt et qui non (Hwat so thi deken
wreit bis Fresana; so scelma riuchta aller arst
bis wether screven).
Fan tha kercwei (Ther scen wasa bis Fresena).
Als hit an Christes morne Jefta an Pascha morne bis
Jefta to riuchta were worde ; (50 scel ordil Rq.407a 21
bis immunitatem 40755 istin den Apogr. auf'einem
Zettel geschrieben, der fälschlich zwischen S. 6
und 7 eingeheftet ist).
Alse thi prester clagat uppa thine husman bis pro-
wenda.
Alse thi leca bitichat tha prestere bis ther hi mede
ride efter sine gae. Explieit. (Tus munie. TIO-I15S
$ 37-40; 42-50; sr).
Mandatum pacis servando. Nu thit 1s afte thing.
Nu bannie frethe allerekum bis so biad ic mi ti
riuchta andiworde. Im alten Drucke nicht VOor-|
handen, in Ius munie. stark abweichend über-
Ius munieipale
nach Hettema,
OFW. R
97,1—103,8v.u.
106, 10-6 v. u,
110, I5—III,24;
103,7 v.u. bis | 405010-4055.22
I04,1v.u.
TO —5,
14— 106, 2
106, 3-9
106, 4 v. u. bis | fehlt (vergl. 40
LET,
107, 8—20
107,9 v.U.—3
vu.
107,2 v. u. bis
109,8 v. u.
109,7 v. u. bis
110, 14
2 En n
118—122
Westerlauw.
Landrecht naclı
ichthofen, Rq.
4026 20 —4o5ag
4064 9 —go6br |
(vergl. 403 83) |
Westfriesische Studien.
Seite der
Apogr. bez.
32,33
33, 34
34
35, 36
37, 38
Kapitel u. $
des
345
354
444
46a
465
475
sob
52a
Inhalt der Apographa und Kollationen.
liefert und in Hervema’s Ausgabe durch Ver-
heftung der Blätter entstellt.
Tu sprecht this man to bis than thi other se to
vndsuarane.
Faxfeng, wedscerd, fluiswerp ete. bis to vndfane.
Fan husbreke. Iefma ene manne bitigat bis beta.
Aller lie ther hus and hof havit bis and jef hise...
ouerherich halt bis jef hi witseke, [so is hi ban
schieldich].
Hir biginnet tha merket riucht.
That is riucht that thi scelta mot thingia bis upbringa.
That is riucht ther mit falischer meta an tha merkede
bis jefta thi asega delt him tuelif ethan. Es fehlt
Rq. 86; in I ist der Schluls von VII ein be-
sonderer Abschnitt (werth deer en montere bifensen).
That is riucht vmbe mordbrand. bis bitalad wort.
Hir bighinnet da suarta swinghen, That is en
riucht swart sweng bis nemma vntbinda mei bihalva
thi Pawis (Rq. $ 1-5; I hat $ 5 nicht).
Hir bighinnet tha scaeckraef. That is en scack-
raf. Ha so farth bis wit tha ewa and wit that riucht.
Das Räthsel von den drei Brüdern. Ther
waren thre brotheran ete. — lur. fris. (Ms. Roorda)
ll, pag.ı28, Zeile 16-18 (bis moders); pag. 130,
Zeile 14-18 (bis wirda); pag. 128, Zeile q v.u.
bis ı v.u. Es folgt: Thi man mei enis deis thria
hauddeda duan, wifneda, man slan, stalla. Die-
selbe Zusammenstellung in Einsigoör und Hun-
singoör Quellen (Rq. 244a, 331a). — Sodann
»Decem pre@cepta dni.«, lateinisch und friesisch.
Homa enen man ti jeldum biada seil, gedruckt
Bloemlezing uit oudfriesche Geschriften S. 1-5.
Wildi heran halda to hleste bis and thine fiand in
alla logum lastrie. Amen.
Homa thine dels grietman, ther ma scelta hat,
in that riochte stawia scel. Der Text weicht
von Jus muniec. sehr stark ab, vergl. Hrex, die
altfriesische Gerichtsverfassung S. 333:
Ius munieipale
nach Hettema,
OFW.
120,5—7;5 121,7
v. U.— 122,14
122, 15—17
122, I8— 21
122,9 v. u. bis
123,3
123,3 135,7
v.u.; 139,6 v.u.
bis 140, 1 v. u.
I4T u. 142
$1-4
142— 144
$ 5-10
144 $rı
145, 1- 146, 2
146,4-148,9
178,8-180,2 v.u.
299,9 v. u. bis
30I, 20
Westerlauw.
Landrecht nach
Richthofen. Rq.
ı Kollation Codex Unia.
413b 20 bis
4144 10
4766 32— 36
420b 1-4
4144 II—23
414a 23—42045
421a ı6 bis
422a9
422a 10 bis
422b 25
4220 26—42353
4230 5—423b 18
423b 20 bis
424b 16
DD
DD
Tan. Sızss:
Kapitel u. $ |
des
Codex Unia.
Seite der Westerlauw.
Landrecht naelf
Jus munieipale
nach Hettema,
OFW. Richthofen, Rp
Tr |
38 536 |Homa thin gaes gretman, therma asinga hat,|| 302, 10-3 v.u. —
in that riocht stawia scil vergl. den Ehera-
eid in I.
39, 40 54a | Weitere Eidesformeln: tAir atthena stawinga | 302, 2 v. u. bis —
Apogr. bez.
Rollation
Inhalt der Apographa und Kollationen.
(Ius munie. vergl. dyck atta eedt); there tolwana
stawinga, thi leedeth; Vogteid. In den Rgq. 488
bis 491 sind diese Stücke nach I abgedruckt.
4ıI Kleinere Stücke, s. oben $.18, 2r.
304, Io v. u.
305, I—20
42,43 79a |Dit sint daewilkoeren fan Vpstallisbame. In — 1200 reg |
nomine Dni. Amen. Dit is dio aerste secke bis
bliwa wile. Der Text stimmt im Inhalte zu dem
des Druckes (Rq. 1026 10-1075 5). Es fehlt
1025 21— 23 (fan rawe bis halda); 106512 steht:
vm dere brodera bede ; 102b 3—6 die Vorrede steht
am Schlusse des Ganzen.
43, 44 153a(?)| En stowinga thes riuchtis (andere Formel des _ —
Richtereides).
Kollation 55a | Tha thi koning Karle and thi koning Redbad |63,13 v.u.—65,1 4394 1— 44059
bis tha sawen tha sex in ti haliane. Aldus ist v.u.
landriucht alra Fresena. Explicit ete. (s. oben S. ı1).
Kollation 320 |Vmbedadslag... mannis. That is riucht. Alder 48, 16— 50, 8 410a 15 bis
thi fria Fresa bis pundum beta. 4115 26
Kollation 41b || Fan dadslachta (Iefma vmbe anne dadne man bis 135,8 v.u.bis| 411 27 bis
wilker) und das Stück van lamthe. 139,7 v.u. 4135 ı9
Kollation 57a |Münzbestimmungen. 194—196 3855 ı—-387b 20
Kollation 836 |Rudolfsbuch. Leider ist uns dieser Theil sowie | 156, 8 v.u. bis| 424a 23 bis
auch die letztgenannten Abschnitte lediglich 178, 7 4345 25
durch Kollationen im alten Drucke, nicht aber
durch Apographa überliefert: so läfst sich
über die Reihenfolge der einzelnen Kapitel des
Rudolfsbuches im Covex Unta Nichts mehr
feststellen. Es fehlt 433a@ 22—27 (want bis
cordium; 433@ 31 —433b ı (want bis supplicium) ;
4330 9—25 (hwant bis egerunt). 4335 33 steht
Herderic statt Frederick. Zum Schlusse heifst
es: Explieit tractatus Rodolphi per Herdricum
in scriptis redactus, vgl. Heck, altfrs. Gerichts-
verfassung S. 455.
Westfriesische Studien. 23
Der 2. Theil der Apographa des Copex Uns (d. h. der 4. Theil der Apographa Tuniana
Ms. 49) enthält auf S. 3—52 folgende Stücke:
Tl, >
Seite der Kapitel u. $ | Seite Ius munieipale | Westerlauw.
Apogr. bez. des Inhalt der Apographa und Kollationen. nach Hettema, | Landrecht nach
Kollation Codex Unia. OFW. Riehthofen, Ryq.
3—14 gsb fl.| Thi foerdghung this riochtis. Es ist die,
Übersetzung eines im Mittelalter sehr beliebten
lateinischen processus juris oder ordo judiciarius,
der — wie die Formeln und versus memoriales
zeigen — nicht für die Gelehrten verfalst war,
sondern ein praktisches kurzgefalstes Lehrbuch
über den Procels in Civilstreitigkeiten beim
geistlichen Gerichte sein sollte. Diese lateinische
»Summa de ordine et processu judieii spiritualis»
ist nicht, wie WunperLich und nach ihm
Ruvorrr und Rıc#'rnoren ! angenommen haben,
| dem Iomannes ANDREE (-} 1348 in Bologna)|
zuzuweisen, sondern sie ist ein älteres Kompen-
dium, das er nur der übersichtlichen Ein-
leitung seiner Vorlesungen zu Grunde gelegt
hat. Die erste Redaktion ist, wie RockınGer ®
erwiesen hat, im Anfange des 13. Jahrhunderts
(vor ı215 oder 1220) von einem Kanonisten
verfalst worden, und zwar in Deutschland, denn
! alle Handschriften — mit Ausnahme einer einzigen
| französischen — weisen in ihren lokalen Be-
! ziehungen auf Deutschland hin. Eine Über-
i arbeitung, worin die Dekretalen GRrEGoRS IX.
benutzt sind, ist zwischen 1234 und 1254 ent-
standen. Dieses Büchlein hat sehr grolsen Ein-
{lufs auf die Reception des römisch-kanonischen
Rechtes in Deutschland geübt, und es ist ver-|
muthlich in vielen Übersetzungen in Gebrauch
gewesen. Über eine dänische und eine deutsche
Bearbeitung s. Ruporrr (a. a. O.), Eine ost-
friesische Übersetzung aus dem Emsigo, von)
! Vergl. Iorannıs Anpgez Summula de processu judieii ed. Acarnon WUNDERLICH. Basilex 1840. — Ruporrr,
über den Processus juris des Ionanses Anprex. Zeitschr. f. geschichtliche Rechtswissensch. XI, 99 ff. Berlin 1842. —
v. Rıcmınoren, Uss. über frs. Rechtsgesch. I, 222 Note r.
2 Rockınger, L., über einen Ordo judieiarius, bisher dem Jon. Anprez zugeschrieben. München 1855. — Dals
die Ergebnisse R.’s von der Wissenschaft angenommen seien, bestätigt mir freundlichst Hr. Prof. Weısmann in Greifs-
wald. — Vergl. M. A. v. Berumann-Horıwes, der germ,-römische Civilprocels im MA, Bonn 1874. III, 144 fl. 238.
Kapitel u. $
Seite der
Apogr. bez.
Kollation Codex Unia. OFW. Richthofen, Rq.|
38, 16 bis
39, 34
des
73a ff.
1433
1865 (?)
149@
15Iq
Tao. SIiEBs:
Inhalt der Apographa und Kollationen.
1457 datirt, hat Rıc#'rnoren nach einer Wolffen-
büttler Handschrift als »Verfahren der Send-
gerichte« abgedruckt (Rq. 248-257); ein west-
friesischer Text ist in das Ms. Roorda hinein-
gearbeitet, weitere enthält der Codex
Aysma, s. u. S. go fl.
Dit sint dae Leowerdera bota mei hiara om-
landum. Sie sind — ungenau — abgedruckt nach
Copex Unsa in GABBEmaA’s Ausgabeder » Röjmlerije«
des Jarıxs II, 23-41; inhaltlich entsprechen sie
der Fassung im Ius munic. (danach Rgq. 451 ff.),
zeigen aber einen Zusatz von 14 Zeilen.
Dit sint dae Dongra bota.
stehen sie den Bulstaxen von Wimbritzeradeel
(OFW 185—193) am nächsten, weichen aber
auch von diesen stark ab.
Dit sint dae Franckera and Woldenzera bota
sowohl von dem Texte des alten Druckes (Rq. 462
bis 473) als auch des Ius munie. (224-246) sehr
verschieden.
Others bota. Sie gehören nach Wimbritzeradeel
und stimmen in ihrem Anfange inhaltlich zu
Jus munic. 222, 3 v. u.—223, 5 v.u., in der Fort-
setzung zu 185, I-192, Io v.u.
En statuta des dekens van Wirdoem. Zuerst
gedruckt von Gassrna in seinem Verhaal van
Leeuwarden S. 27, darnach SCHWARTZENBERGH,
Charterboek I, 375 und Hewresa OFW 314,
13 v.u.—318, 13. Wegen mancher orthogra-
phischen Abweichungen glaube ich nicht, dafs
Gassema’s Text aus dem Copex Unıa ent-
In OFW fehlt nach 318, 13 ein
Zusatz: Item en testament det rijst fan der wraldscher
lioden weghena ende der rijst fan en erwenscip dat
dat wraldsk riocht to riuchten en di decken naet.
Finis. Gheven int jeer ons heris ete.
Wilker thes nija londes, nach einer ungenauen
Abschrift Brom, de
dorpgemeenten in Friesland. de vrije Fries. 1881
XIV,433—443. Über die Abfassungszeit (1242?)
s. unten S. 35.
zwei
Dem Inhalte nach
nommen ist.
gedruckt von Pn. van
Jus munieipale
nach Hettema,
246, 7—259, 2
Westerlauw. |
Landrecht nach]
(451a ı bis
4585 25)
Westfriesische Studien. 25
Seite der || Kapitel u. $ | Seite Jus municipale | Westerlauw.
‚ Apogr. bez. des Inhalt der Apographa und Kollationen. nach Hettema, | Landrecht nach
Kollation Codex Unia. OFW. Richthofen, Rq.
39, 35 —40 152a |Dit sint tha leppa wilkerran, noch nicht ge-
druckt. Vergl. unten S. 36.
41— 52 107a | Hier bighint thet autentica riocht. Daneben
steht Autentica, en recht boick in keyser - recht.
Teutonista. — Ein Stück daraus ist abgedruckt
” bei Herrema, Bloemlezing uit oudfriesche Ge-
schriften, pag. 22—25. — Am Schlusse des
Ganzen: Explieit ete. s. oben S.8. Es ist eine
Sammlung, die bunt durcheinander Stücke aus
dem römischen, kanonischen Rechte und den
friesischen Rechten enthält und bisweilen auch
katechetische Sätze einmischt, die zu den Rechten
in keiner Beziehung stehen. Es ist ein ähnliches
Konglomerat, wie es der grölste Theil des
Codex Aysma (s. u. S. 38) bietet. Der Name
Autentica giebt gar keinen Sinn und lälst sich
nur durch ein Milsverständnifs erklären." Die
Sammlung beginnt: Zhi feder mei sine sone onerwia
om XV sacka, und nun folgen die ı5 Gründe
gemäls Novelle rı5 cap. III des Corpus juris.
Vielleicht war die Überschrift »caput ex Authentica«
(non licet parenti), und das ward von dem Teutonista
(Verdeutscher?) fälschlich als » Anfang der
Anuthentica« aufgefalst. — Dals diese sinnlos
zusammengefügten Sätze Authentica genannt
seien, weil so die Summulae der Glossatoren
bezeichnet wurden, ist nicht anzunehmen.
IV. Anlage und Heimat des Codex Unia.
Iunıus hat verschiedentlich in den Apographa, häufiger noch in den
Kollationen die Seitenzahlen des Copex Uxıa angegeben: dadurch läfst sich
mit annähernder Genauigkeit der Umfang der Seite und der Zeile und
dann auch die Anlage der ganzen Handschrift bestimmen. Sie war foliirt
und bestand aus wenigstens 152 Blättern = 304 Seiten; die Seite falste
entweder 27 oder 28 Zeilen, die Zeile durchschnittlich ı7 Silben. Der
! Diese Ansicht verdanke ich der Güte des Hrn. Prof. Pescarore in Greifswald.
Phil,- hist. Abh, nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1895. II. 4
26
Ta. SıEgBs:
Text der Apographa und Kollationen vertheilte sich auf die Handschrift
folgendermalsen.
fol.
1a-ı3b
14a-15a
15b-17a
17b-20b
21a-25b
26a-31b
320- 33a
330-344
345
35a
355
36a—b
37a—b
enthielt den Text der Apographa S. ı-15.
I. Theil: a) über Begriff und Entstehung des frs. Rechtes
(etwa Rq. 4344 26-4385 36); b) das sog. Schulzenrecht
(Rq. 387a 25-4005 31).
II. Theil: a) Magnusküren b) die sog. Wilküren c) die allge-
meinen Küren d) die Landrechte; und zwar
Magnusküren (etwa SoZeilen = 3 Seiten; Apogr. 16, I-17, 37).
Rq. 440a 12-4415 33.
Wilküren (etwa 4 Seiten zu je 28 Zeilen; Apogr. 17-18,
Koll., vergl. Apogr. 41). Rq. 47441-476426.
die 17 Küren (etwa 7 Seiten; Apogr. 18-19; Koll.) Rq. 36
I-29N.6v.u. Mitte der 9. Küre auf fol.ı9a.
Vorrede (23 Zeilen; Rq. 584) und die 24 Landrechte (9 Sei-
ten; Apogr. 20-21, Koll.; 2. Landr. fol. 22 OFWS3;s,n. 2;
9. Landr. fol. 230) Rq. 4161-79534.
IH. Theil: Sendrecht (Apogr. 23-28, 8 und Koll.; es um-
falst nahezu ı3 Seiten und nahm also wahrscheinlich noch
einen Theil von 324 ein). Rq.402b 20-410b14. Explicit.
IV. Theil: Kleinere Stücke.
Vmbe dadslag... mannis (Koll., etwa 2'/, Seiten, also wohl
Mitte 320 beginnend) Rq.410a 15—-411b 26.
Mandatum pacis servando (Apogr. 23-29; füllt gerade 2 Sei-
ten). Jn den Rq. nicht vorhanden; Ius munie. 118-122.
Ju sprecht this man to (Apogr. 29) und Faxfeng ete.
(Apogr. 41). Rq.4135b20-414a10; 4765 32-36.
Fan husbreke (Apogr.29) Rq. 420b 1-4; aller lic ther hus and
hof... (Apogr. 30; Koll.) Rq. 41 4a 11-4145 26. Es umfafst
noch über die Hälfte von 355. Sodann Fan scette rawe (Koll.)
Rgq. 4175 27-35.
Allerek etc. bis twa pond; fan here wege; fan tha licwegum
(Koll.; zusammen 2 Seiten) Rq. 4146 36-4155 23.
De ambitu wille; fan syl an wanwirke (Koll., zusammen
362.); fan tha dike (Koll., 182.) Rq. 4156 24-4165 27.
fol.
38a—b
39a—b
40a-b
ala
416-435
44a—455
46a
46b-47b
45a—- 494
49b-51b
524-53q4
535
54a-b
ID
EN}
Westfriesische Studien.
Fan tha dike (Koll.) Rg. 4165 28-417a 38.
De aggeris violatore; fan ouirscere; de raptore eguorumy
de fossa injuste facta; van tiefte (Koll.) Rq. 4175 ı-ı8;
4195b 15-19; 417b 19-418a 16
De navem occupando,; fan oenspreke des eerwes; de emp-
tione et venditione inter maritum et uxorem; de respon-
sione pro familia (Koll.) Rqg. 418q4 17—-419uq 29.
De fure familiari; fan bihaldena tolne (Koll.) Rq. 419«
30-4195 14. Von hier ab sind die Zeilen wohl zu etwa
ı3 Silben zu rechnen oder ist eine geringere Anzahl Zeilen
für die Seite anzusetzen.
Fan dadslachta und daran anschliefsend van lamthe (Koll.;
5 Seiten) Rq. 41165 27-4135 19.
De rebus inquirendis; van raefrede u.s. w. (Koll.) Rq. 4195
20-420a5; Merkedriucht (Apogr. 30, 31, 32; etwa ı ı Zeilen
auf fol. 44a, der Rest auf den 3 folgenden Seiten) Rq. 42 1a
16-4235 3.
Tha swarta swingen (Apogr. 32, 33) Rq. 423a 5-423b 183.
Tha scackraf (Apogr. 33, 34) nehmen wohl 465 und 47a ein,
Rq. 4235 24-424b21; sodann 47b That is riucht that ma
silan sette (Apogr.6 s. oben 8.15), thre brotheran (Räthsel)
und Decem praecepta (Apogr. 34). Diese nahmen sicher-
lich noch die Hälfte von fol. 48a ein.
Domen, mindestens 85 Zeilen a 17 Silben umfassend (Apogr. 21;
Koll.) Rq. 42046-4215b ı5. Da sie erst auf der 2. Hälfte
von 48a begannen, reichten sie wohl tief auf 495 herab.
Wenden (Apogr. 22) Rqg. 335 ı-395 25. Sie nahmen jeden-
falls den Rest von 495 sowie 50a ein; den gröfsten Theil
von 505 füllte der Bodeleth (Koll.) Rg. 3995 1-23; sodann
5ob Homa enen man ti jeldum biada scil (etwa 60 Zeilen;
Apogr. 35-36) Ius munic. 178-180.
Schulzeneid (Apogr. 37, 38)
Asegeneid (Apogr. 38).
Attheneid, Zwölfereid, Leiteid (Apogr. 39, 40), etwa
60 Zeilen umfassend, also wohl auf 55@ hinabragend.
4*
28
fol.
55a-56b
57a-b
58a-72b
73a-78b
79a-8ob
81ra-83a
S3b-gıb
92a-b
93a—-98a
g98b-ıo6b
107a-ı14b
ı15a-142b
143a-146a
1465b-148b
Pa. 'STEBS:
Vogteid (Apogr. 40; 17 Zeilen); auf 55a, wohl am Schlusse,
beginnt »König Karl und Radbod« (Koll.) Rq. 439a
1-440b9.
Münzbestimmungen (Koll., etwa 60 Zeilen, also vielleicht
auf 58a hinabgehend), Rq. 3855 1ı-387b 20.
scheinen leer geblieben zu sein.
V. Theil.
Leowerdera Bota, vergl. Ius munic. 246, 7-259, 2 (Apogr. ll,
15-22), etwa auf 12 Seiten zu veranschlagen.
Wilküren von Upstalsbom (Apogr. 42, 43) Rq. 1025 ı-107b
5, auf 4 Seiten zu veranschlagen.
Dongra Bota (Apogr. II, 23-26), auf wenigstens 5 Seiten zu
berechnen.
Rudolfsbuch (Koll.), Rg. 4240 23-4345b25; es ist auf etwa
17 Seiten zu je 28 Zeilen (von je 17 Silben) zu taxiren.
Wenden (Koll. über dem Apogr. 22 gegebenen Text), Rq. 335
ı-395 25; etwa 1'/, Seiten.
scheinen leer geblieben zu sein.
VI. Theil: Römisches und kanonisches Recht.
Die westfrs. Übersetzung des processus judieii. Es sind
etwa 490 Zeilen zu je 17 Silben, sodafs das Ganze auf etwa
17 Seiten zu berechnen ist (Apogr.II, 3-14).
die als » Authentica« bezeichnete Sammlung von Rechtssätzen ;
auf etwa 460 Zeilen = 16 Seiten zu schätzen (Apogr. Il,
4152).
scheinen leer geblieben zu sein.
VII. Theil: Bufstaxen aus dem Westergo und kleinere, ur-
kundliche Stücke.
Franekera and Woldenzera Bota (Apogr. Il, 27-32), auf
7 Seiten zu taxiren.
Others Bota (aus Wimbritzeradeel; Apogr.Il, 32-35, etwa
150 Zeilen = 5 Seiten). Iunmus giebt zu Anfang als Seiten-
zahl 1865 an; das mufs für 1465 verschrieben sein, denn
die höchste Blattzahl ist 153; auch pafst dieses Stück ge-
rade auf die 5 Seiten 1465 bis 148b.
Westfriesische Studien. 29
fol.
149a-150b) En Statuta des Dekens van Wirdoem (Apogr.ll, 36-38), auf
4 Seiten anzuschlagen.
ı5ıa-b | Wilker thes nija londes (Apogr.Il, 33-39), etwa 2 Seiten.
ı52a-b | Leppa wilkerran (Apogr.1l, 39-40) etwa 2 Seiten.
153a-b | Stowinga thes riuchtis (Apogr.1l, 43-44), etwa 40 Zeilen.
Man möchte glauben, dafs diese Eidesformel auf S. 53a-b
eingeschaltet gewesen sei, und dafs Iunmus 153 für 53 ver-
schrieben habe; dagegen spricht aber, dafs die Sprache
dieses Stückes nicht zu derjenigen des 4., sondern des
7. Theiles stimmt.
Der Codex, den wir auf solche Weise rekonstruirt haben, ist (s. oben
S. 8) im Jahre 1475 von Sımzo Wnisena geschrieben worden. Dieser
Sınzo, weleher der bekannten friesischen Adelsfamilie der Uta (oder Uningha,
Unema, Wninga) entstammte, war der Sohn eines gewissen TJEBBE Unta
und einer Barrn Pısgesp LiuseA, die beide im Jahre 1484 gestorben sein
sollen.‘ Der Sitz der Familie Usıa war damals Wirdum, eine Meile süd-
lich von Leeuwarden. Vielleicht ist auch unsere Sammelhandschrift dort
entstanden. Jedenfalls stammt sie aus dem Ostergo: Gründe dafür sind,
dafs die Bufstaxen von Leeuwarderadeel und Dongeradeel vor allen anderen
berücksichtigt sind, während die dem Westergo angehörigen Bufsregister
von Franekeradeel, Wonseradeel und Wimbritzeradeel erst später abgesondert
und anhangsweise folgen; ferner dafs die übrigen drei Stücke des Anhangs,
sowohl die Statuta des Dekans von Wirdum als auch die Wilker thes nija
londes und die Leppa wilkeran sämmtlich in den Östergo weisen; endlich
dafs sich die im Processus judieii angewandten Formeln (s. u. S. 35)
sämmtlich auf Utingeradeel und Leeuwarderadeel, also auf den Ostergo
beziehen.
V. Zur sprachlichen Beurtheilung der Vorlagen des Codex Unia.
Sınzo Unıa hat den gröfsten Theil seines Codex in einer Sprache
geschrieben, die unter keinen Umständen dem Ende des 15. Jahrhunderts
angehören kann. Ob dem Schreiber eine ältere Sammelhandschrift vorlag,
! Ich danke diese Mittheilung aus dem mir nicht zugängigen »Stamboek von den
frieschen Adel« der Freundlichkeit des Hrn. Dr. pe Boer in Leeuwarden.
30 Tr. SIEBS:!
oder ob er sein Manuskript nach verschiedenen Vorlagen selbst zusammen-
gestellt hat, läfst sich nicht entscheiden; sicher ist nur Folgendes. Die
Sprache des gröfsten Theiles der Handschrift, namentlich fol. 1-58, führt
uns allerspätestens in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts; jünger
kann sie unter keinen Umständen sein. Dafs nun Sımzo Usa sich nicht
etwa einer archaisirenden Schreibung befleifsigt hat, ist gewifs: in solchem
Falle würden die einzelnen Stücke, besonders von fol. 73 an, nicht eine
zeitlich (und auch zum Theil örtlich) stark von einander abweichende
Sehreibung zeigen; auch dafs auf fol. 4956 und 92a zwei Texte der Wenden
verzeichnet sind, die sich lediglich durch ihre Sprache unterscheiden, ist
beweisend dafür, dafs der Schreiber sich streng an seine Vorlage anschloßs.
Es können also die Vorlagen des gröfsten Theiles der Handschrift
keineswegs jünger sein als die Mitte des 15. Jahrhunderts: dieser Terminus
ad quem ist nicht schwer zu gewinnen, da wir aus dieser Zeit eine grölsere
Zahl von friesischen Urkunden besitzen und zum Vergleiche heranziehen
können; viel schwieriger ist es, das zeitliche Verhältnifs der einzelnen
Stücke zu einander aus der Sprache zu bestimmen, denn es fehlen uns
sicher datirbare Urkunden in friesischer Sprache aus der Zeit vor 1374
gänzlich, und auch aus- der Zeit von 1374 bis um 1430 sind ihrer nur
wenige vorhanden.
Es kann selbstverständlich noch nieht meine Aufgabe sein, das sprach-
liche Verhältnifs der einzelnen Texte zu einander sowie zu den Urkunden-
texten erschöpfend zu behandeln; ich will nur einige der Hauptkriterien
erörtern, welche die Sprache des Copex Una in seinem ersten, wichtigsten
Theile auszeichnen. Es kommt mir dabei nicht so sehr auf die Fest-
stellung mundartlicher Eigenthümlichkeiten an, als auf orthographische
Erscheinungen, deren Einführung sich zeitlich bestimmen läfst. Im Wesent-
lichen deeken sich diese Kriterien mit der gröfseren oder geringeren Be-
einflussung der friesischen Schreibung durch die niederländische. Während
in älterer Zeit die friesische Sprache nach selbständigen Grundsätzen fixirt
wird, vor Allem solange noch das Lateinische als Urkundensprache dient,
dringt im 14. Jahrhundert mehr und mehr die niederländische Orthographie
ein. Anfangs treten ihre Fixirungen ganz vereinzelt auf, mit der Zeit
werden sie immer konsequenter verwendet.
ı. Die Vokallängen sind in den älteren Texten von U noch nicht
bezeichnet. In dem gesammten Schulzenrecht werden langes a (ae) und
Westfriesische Studien. 31
u (wu) überhaupt nicht dargestellt; ee neben e erscheint ganz vereinzelt
in deen (gethan) neben den und zweimal in der Form bereemd (Verschreibung
für berend); ü (niemals ij) tritt neben i einige Male in füf und für auf;
oe erscheint, wechselnd mit 0, in moet (mufs), goed (gut, wohl zum Unter-
schiede von god = Gott?); in groet (grofs, zweifellos aus dem grat der
Vorlage verschrieben) und in oen (ohne, fälschlich statt one aus oe der Vor-
lage aufgelöst). In den entsprechenden Stücken der Hs. Ius munic. über-
wiegen ae, ee, ij, oe die einfachen Sehreibungen a, e, i, o bedeutend, und
auch in den ältesten Texten (OFW 185-259), zu denen ich in erster Linie
die Hemstera Bota rechne, sind ae, ee, ij, oe, ww nicht selten. Der alte
Druck (Dr) verwendet beide Bezeichnungen ziemlich inkonsequent neben
einander, und das Ms. Roorda (R) hat das niederländische Prineip befolgt,
wonach nur in geschlossener Silbe die Vokallänge bezeichnet wird.
2. Die alte interdentale Spirans (h, d) erscheint in den älteren
Texten von U regelmäfsig als th (von den später entstandenen Kapitel-
überschriften ist natürlich in allen diesen Fragen abzusehen); alle jüngeren
Texte schreiben im Anlaute der enklitischen und proklitischen Pronomina
sowie im Inlaute d, in den übrigen Fällen # und stimmen in dieser Unter-
scheidung zur neufriesischen Aussprache. Auch die älteren Texte (OFW
185-259), die dem Schreiber der Hs. I vorlagen, vertreten den Standpunkt
von U, wenngleich nicht mit annähernd derselben Konsequenz; alle anderen
Stücke, sowie Dr und R folgen der neuen Orthographie.
3. Inlautendes und auslautendes g werden in den älteren Theilen von
U regelmäfsig durch 9 gegeben, in den übrigen Quellen wechseln 9 und
gh ohne ersichtlichen Grund.
4. Anlautendes sc ist in den älteren Theilen von U konsequent durch-
geführt; in I zeigen die entsprechenden Stücke fast nur sch, während in
den älteren sc ziemlich regelmäfsig erscheint. Dr hat sch, ganz vereinzelt se;
R hat durchgehends sch. — Anlautendes s ist in U und Dr durchgeführt;
I und R schwanken zwischen s und 2.
5. Für die Konjunktion »und« wird in U durchgehends ande, and
gebraucht; in Dr, R und I erscheint ende oder end, und nur in den älteren
Stücken von I tritt auch ande, and auf. Trotzdem dafs in den Vorlagen
hierfür häufig eine Abkürzung gebraucht sein mag, die von den Ab-
schreibern konsequent entweder als and(e) oder end(e) aufgelöst ward, ist
diesem Kriterium doch der Werth nicht abzuspreehen,
32 Tn. SIEBS:
6. Es kommen ferner noch eine Menge anderer Kriterien in Betracht,
die freilich im Einzelnen nicht so konsequent und augenfällig, jedoch in
ihrer Gesammtheit von Bedeutung sind: vor Allem die Erhaltung des e
der unbetonten Endsilben (z. D. Dat. Sing. Fem. Pron. dem. there U (ther) der
dir I der DrR); die Verdrängung des Acc. Sing. Masc. Pron. hine U und I
(185 ff.) durch den Dativ hem I him Dr hym hem R; die Vertretung des u
vor Nasalen durch 0, die verschiedenartige Entwicklung des Diphthongen ix
u. A. m. — Schwer fallen natürlich auch die syntaktischen und lexikalischen
Eigenthümlichkeiten ins Gewicht — alles Dinge, die erst in einer Ausgabe
der Texte erschöpfend behandelt werden können.
Wie stellt sich nun zu diesen Erscheinungen die Sprache der ältesten
sicher datierbaren Überlieferungen?
1. Die angeblich älteste friesische Urkunde (gedruckt im
Charterboek I, 239, Rq. 559a 31-5605 ı7, Bloemlezing uit oudfriesche
Geschr. I, 64) ist ausgestellt »op sinte Saruatius dei) jnt jeer fioüwer ende
sauntich«. Warum sie auf den 13. Mai 1374 angesetzt wird, kann ich nicht
beurtheilen, da ich das Original in Franeker nicht eingesehen habe. Die
Namen auf den Siegeln der Greetmannen sind sonst nicht bezeugt; die
Sprache weist frühestens in das 15. Jahrhundert. Da scheint mir doch,
dafs man 1474 als Jahr der Ausstellung statt 1374 ansetzen mulfs.
2. Die Wilküren von Wildinge, datirt vom 29. Juni 1379 (direkt
nach dem Original abgedruckt in Scnorasus’ Chronyk, darnach bei HrrremA
OFW 311-314) zeigen eine von U nicht stark abweichende Sprache, sind
aber in der Schreibung der langen Vokale, des inlautenden g (gA) und in
der Vertretung des inlautenden th (=d) weniger konsequent.
3. Urk. vom 22. November 1390, ausgestellt zu Tunawerth (Ternaerd)
in Westdongeradeel, vergl. Charterboek I, 250; Rq. 560a 19-5605 29;
Bloemlezing S.65. Sie zeigt unter allen Stücken die den älteren Theilen des
Copex Usıa am nächsten kommende Sprache. Leider ist die Urkunde sehr
kurz. Die Abweichungen von U, wenn auch an Zahl nicht grofs, wiegen da-
rum schwer: es erscheint ee für e (ieer), y und ö für langes i (z. B. dykam, hür),
2 neben s (thuzent), gh neben g, en neben and »und«, th statt £ in ith, hith.
4. Urk. vom Juni 1392 (Charterb. I, 252) steht betreffs des anlauten-
den fh zwar noch auf dem älteren Standpunkte, in den übrigen Erscheinun-
gen aber auf dem jüngeren (ende statt and; ther statt there, we, oe statt 0;
y statt i); desgleichen Urk. vom 14. Februar 1402 (Charterb. I, 332).
Westfriesische Studien. 33
5. In den Urkunden von 1400 ab treten nun immer mehr und
mehr die neueren Schreibungen auf. Die Urk. vom 16. Februar 1400 hat
bereits ende=und, mehrfach = für s und zweimal anlautendes d statt th
(doren, dissis), s. Bloemlezing S. 66; die Urkunden des Sint Anthonij Gasthuis
te Leeuwarden (eerste Deel Nr. 1-9) von 1406-1436 zeigen die wildeste
Inkonsequenz der Schreibung in allen den erwähnten Punkten. Urk. vom
24. März 1418 (Bloemlezing S. 67) hat noch das anlautende {4 bewahrt, aber
bezeichnet bereits häufig die Länge der Vokale (ae, ee, ij, oe, ui). Von da
an ist auch das anlautende th durch f bezw. d ersetzt.
Vergleichen wir diese Ergebnisse mit der Sprache des Gopex Unra,
so kommen wir zu dem Schlusse, dafs die Vorlage des ersten Haupt-
theiles fol. 1-58, des wichtigsten Abschnittes, allerspätestens gegen
das Ende des 14. Jahrhunderts geschrieben sein kann, dafs aber die
Wahrscheinlichkeit für eine noch frühere Zeit spricht.
Und Solehes möchte ich noch aus einem anderen Grunde annehmen.
Der Copex Uxıa enthält in seinem dritten Haupttheile das Stück »ti foerd-
ghumg this riochtis«, eine westfriesische Übersetzung des »Processus judieii«
(s. oben S. 23). Die direkte Vorlage, aus der Sınzo Unta diese abgeschrieben
hat, mufs zwischen 1433 und 1437 aufgezeichnet sein. In den Formeln
nämlich, die man ja in einem so praktischen Lehrbuche auf die Gegenwart
zu übertragen pflegte, werden genannt Kaiser SıcısmunD (1410-1437), Papst
Euernıus IV. (1431-1447) und Runoren von Driernorz, Bischof von Utrecht
(1433-1456). Die Sprache aber mufs noch älter sein: das kommt uns klar
zum Bewufstsein, wenn wir mit dieser Übersetzung des Processus judieii
die zweite der beiden Fassungen vergleichen, die uns im CopEex AysmA
(s. u. S. 41) überliefert sind. Sie zeigt eine bedeutend jüngere Sprache
als das betreffende Stück des Copex Unta, und doch weist sie nach Mals-
gabe der Formeln für eitatio und sententia fast in dieselbe Zeit zurück
(zwischen 1447 und 1455). Die starke sprachliche Differenz zwischen den
beiden Texten läfst sich nieht etwa durch den Dialekt erklären, sondern
nur dadurch, dafs wir annehmen: die Fassung des Copex Aysma ist that-
sächlich in der Sprache von etwa 1450 geschrieben; derjenige aber, welcher
um 1435 die Vorlage des Unxta schrieb, hat eine ältere Fassung des »foerd-
ghung this riochtis« kopirt und nur bei den Formeln die für seine Zeit
passenden Änderungen vorgenommen. Zu dieser Ansicht stimmt auch,
dafs die Sprache der Formeln von dem übrigen Texte verschiedentlich
Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1895. II. 5
34 "Da. SIEBS:
abweicht. Gesetzt nun, diese Vorlage habe nicht über 1400 zurückgereicht
(jünger dürfte sie aus den genannten sprachlichen Gründen nicht sein),
so müssen doch gegenüber diesem Stücke die Vorlagen der ersten Ab-
schnitte des Copex Una in Anbetracht der Sprache um ein gut Theil älter
gewesen sein. Wir dürfen darum mit höchster Wahrscheinlichkeit an-
nehmen, dafs sie in der Gestalt, in der sie uns überliefert sind, mindestens
in die Mitte des ı4. Jahrhunderts zurückreichen.
Während dieses von dem ersten Theile (fol. 1-58) gilt, weist ein
weiterer Theil (fol. 73-87), der die Bufstaxen von Leeuwarderadeel und
Dongeradeel sowie die Wilküren von Upstalsbom enthält, auf eine Vorlage
zurück, deren Sprache derjenigen des alten Druckes ungefähr gleichkommt.
Eine andere Sprache, die etwa zwischen der des ersten Theiles (fol. 1-58)
und des zweiten die Mitte hält, bieten die Vorlagen des — ziemlich schlecht
überlieferten — Rudolfsbuches und des zweiten Textes der Wenden.
Ein weiterer Theil enthält die Übersetzung des Processus judieii und
das als »Autentica« bezeichnete Stück. Auf Grund der Sprache dürfen
wir diese beiden Abschnitte einer und derselben Quelle zuweisen. Wie
wir oben festgestellt haben, ist die direkte Vorlage, die Sınzo Unta benutzt
hat, zwischen 1433 und 1437 geschrieben. In der Formel der Citation
heifst es: Eugenius een biscop en knappa der knapene wse liawe sinne H. Henric
psona to Borne end cömendwr to Nesse sillich" and tha pauslijke benedige.
Voer ws is cömen Petrus psona to Westermer and deken over Bornefrede van
IH. Rodolphus Dephaltz wegena biscop to Wtracht clajane ho dat H. Merten
biscop this stichtes Magionensis' nw wonhaftich toe Liowert ete. In der Formel
für die Apostel heifst es: Thin allermachtichsta and truchliuchtichsta forsta
prinza Segismundus konig to Beman and keiser to Rome wi grietmans and
riochteren this landis van Fresland etc. Zu der Datirung, die wir aus
diesen Formeln gewonnen haben, stimmt, dafs Henric persona to Borne
commendwr to Nesse in Urk. 1472 (Charterb. I, 650) und Urk. 1479 (Char-
terb. I, 693) bezeugt ist. Ferner werden in der Libell- und Urtheilsformel
genannt louka Gela in Ackmarijp: 1449 finden wir einen Ioecke Ghellema,?
' Was damit gemeint ist, vermag ich trotz aller Bemühungen nicht zu ergründen.
Ist das irländische Majo darunter verstanden, das im 16. Jahrhundert mit dem Archi - Epi-
scopat Tuan vereinigt ward? Ein Bischof Marrıy ist dort aber nicht nachzuweisen.
2
” A. J. Anpreae, Nalezing op de nieuwe naamlijst van grietmannen van Barrpır
van Suinıa, Leeuwarden 1893. S. 103, 104, 91.
Westfriesische Studien. 35
grietman »des Warstalle tho Wobbighebreggha« in Utingeradeel, vergl. auch
Petrus von Thabor, der zum Jahre 1459 einen Jlouck Ghellema in Ack-
marijp nennt; Wiba Ielkema, gritman in Wt Emdyera dele, erscheint als
mederiuchter in Urk. April 1425 (Charterb. I, 464); ein Tjepka Oenama in
Tereaple wird 1466 genannt (Charterb. I, 616), ein Bocko Haringsma (1499)
noch 1493 (Charterb. I, 760). Die Beispiele sind aus Utingeradeel und
aus Leeuwarden genommen, also alle aus dem Östergo. — Wenn man
die Sprache der mitgetheilten Citate aus den Formeln mit der Sprache
des übrigen Textes vergleicht, so wird man sofort die jüngeren Einflüsse
erkennen (der knapene; end neben and u. A. m.), die in eine ältere Über-
lieferung eingefügt sind. Aus welcher Zeit diese stammt, läfst sich nicht
sagen. Solange man annahm, dafs das lateinische Original von JOHANNES
ANDREAE verfalst sei (F1348), hatte man einen Terminus a quo. Diese
Ansicht aber ist aufgegeben (s. 0. S. 23).
Der Schlufs des CGopex Uxta enthält Stücke verschiedener Art und
verschiedenen Alters. Die Sprache, in der uns hier die Bufstaxen von
Franekera- und Wonseradeel, sowie die » Others bota« vorliegen, repraesentirt
einen jüngeren Standpunkt als der erste Theil der Handschrift (fol. 1-58),
einen älteren als der gröfsere Theil des »Jus munieipale«, als der alte
Druck und das Ms. Roorda. Sie steht der Sprache des processus judieii
nahe und ist mit Wahrscheinlichkeit nicht später als 1400 anzusetzen. —
Das nächste Stück, en Statuta des Dekens van Wirdoem, zeigt eine
inkonsequente Schreibung: es wechseln willkürlich 4 und d, z und s,
gh und g, in offener Silbe oe und o ete. Somit ist sehr wohl möglich,
dafs dem Sınpzo Usa die Originalurkunde vom 24. Juni 1412 vorgelegen
hat. — Keineswegs aber dürfen wir das annehmen von dem nun folgen-
den Stücke, der » Wilker thes nija londes«. Hätten wir hierin die
Abschrift einer friesischen Originalurkunde vom 23. Juni 1242 zu sehen,
so wäre es plötzlich um die Geschichte der altwestfriesischen Sprache
besser bestellt. Dem aber widersprechen zwei gewichtige Gründe: einmal
dafs wir gar keine Spur von Urkunden in friesischer Sprache aus dem
13. Jahrhundert kennen, vielmehr die älteste friesische Urkunde, wie wir
gesehen haben, im Jahre 1379 ausgestellt ist; zweitens, dafs die Sprache
der Urkunde, wie sie dem Sınzo Usa vorlag, auf Grund der oben er-
wähnten Kriterien frühestens auf die Mitte des 14. Jahrhunderts weist (man
nehme uur Formen wie other neben oders und odir; dit; tioech: oppenbere;
I
36 Ta. SIEBS:
Wımenze, das allerdings für Winenge verschrieben sein kann, u. A.m.). An
eine Fälschung der Urkunde freilich denke ich deshalb nicht, denn dagegen
würde eine Urk. vom 24. Juli 1453 sprechen (Charterb. I, 546), in der es
heifst: » Item, alle raef ende reynd foerbeden in dae lande ende wt dae lande,
ende wi) onder mallicoderem to allen tiden, by pena als Wynjemma (Wynigha)
wilkoren inhaldeth, dat is dy Hana twischet, ende dat Riucht dat tredde
schet, ende als dy clagher ney komt den hana, dat wt to riuchten Ihnwers wr
nacht bynna trim deghum.« Das stimmt sachlich genau zu den Worten
unserer Wilker thes nija londes, die für das neu angeschwemmte und koloni-
sirte Land der Middelzee im Ostergo' gilt: »brecht him this riuchtis and hy
tha thiuthe mit quede beta schel, soe schil hijt tham thir by hanighet is beta
thet een schet and thet odir schet, and tha riuchterem also fulle to breke als
thio tiuthe graet is, hit ne se th3 hia him nede dwan willet«. Wir haben es
somit nieht mit einer Fälschung?” zu thun, sondern entweder mit der
Übersetzung einer lateinischen Urkunde von 1242 oder mit einer friesischen
Originalurkunde aus der Mitte des 14. Jahrhunderts (1342?). Ersteres ist
aus verschiedenen Gründen wahrscheinlicher. Einmal, weil auch für die
Zeit um 1350 friesiche Urkunden noch nicht bezeugt sind. Ferner: mag
auch die Überlieferung im Copex Uxta manchmal recht ungenügend sein,
und mag sich auch der Schreiber bisweilen in den Zahlangaben geirrt
haben’, so ist doch das Datum a® dni MCCXXXX secundo immerhin ein
gewichtiges Zeugnils. Endlich spielt der coetus Wynenge als Vereinigung
der Deele des Östergo bereits von 1224 an eine bedeutende Rolle (vergl.
ANDREAE, Grietmannen, S. 134; Charterb. I, 149, 248; v. Rıcntnuoren, Uss.
über frs. Rechtsgesch. I, 143. 145. I, 630. 633).
Die sodann folgenden Leppa Wilkerran führen in der uns über-
lieferten sprachlichen Gestalt keineswegs über die Mitte des 14. Jahrhunderts
zurück. Sie galten für den Leppaverband, eine Vereinigung von Leeu-
! Vergl. AnprREAE, Indeeling van Friesland ete., de vrije Fries XIV, 216. van Brom,
ebenda XIV, 433 ft.
* Vergl. Cornson, G., Register van Oorkonden, die in het Charterboek ontbreken.
Leeuwarden 1884. S. 15.
® Bei der Citation heilst es im »foerdghung this riochtis«: Alther om firia wi thine dei
Cosme and Damiani in tha era wser frouwa, want Wilhelmus ti NXIIsta Grewa van Holland
slain word, want tha Fresen thine sige wonnen. Damit ist Wilhelm IV. gemeint: den Gedenktag
seiner Niederlage bei Stavern am 27. September 1345 haben die Friesen Jahrhunderte lang
gefeiert.
Westfriesische Studien. 3%
warderadeel, Idaarderaldeel, Tietjerksteradeel, Smallingerland und der Stadt
Leeuwarden zum Zwecke gemeinsamer Deicharbeit. Ich glaube den Namen
dieser Genossenschaft am besten als »Spatenverband« zu deuten, denn
frs. Zeppa, leppe, lep bedeutet den zum Deichbau verwendeten Spaten!. Die
Lepparechte werden vermuthlich aus der Zeit der Gründung des Verbandes
stammen. Wann diese geschehen ist, vermag ich nicht festzustellen; die
erste Erwähnung der Organisation finde ich in einer Urkunde vom Juni 1392
(Charterboek I, 252), welche vier Gretmannen »in ther leppa yn Lyouwerdera,
yn Thiatzerckera, in Smellenghera ende yn Eedawerdera delem« nennt. Genauere
Bestimmungen des Lepparechtes giebt eine Urk. vom Oktober 1450 (Char-
terb. I, 539) und der Leppabrief vom 2. September 1477 (Charterb. I, 670 ff. ;
vergl. auch Urk. Februar 1461, ebenda I, 600).
B. Der Codex Aysma (Ms. Iun. 78. 8°).
Der Handschriftenkatalog der Bodleiana verzeichnet:
Ms. Iun. 78. 1. Leges Frisiorum MS. cum notis Cl. Tunü.
2. Hymnus ad virginem Mariam, Frisice, p. 272.
SS
Gesta Frisiorum, lingua Frisica, p. 304.
Eine Hs. in modernem Leinwandband mit Lederrücken; zunächst ein
modernes Einschlagblatt; dann ein Registerblatt, auf welehem rechts oben
ven des Ianus Vrırıws Hand geschrieben ist: Beneficio Nobilissimi. et Clariss.
V. Francıscr Iunır libro hoc utor 1660 lanus Vrırıvs. Darunter steht ein
kleines unvollständiges Sachregister in lateinischer Sprache, von luxus
geschrieben.
cm em
Sodann beginnt das Manuskript. Die Seiten sind 21°” lang, 13
breit; der obere Rand beträgt durchschnittlich 2°”, der untere 3°”8; links
ist in der Regel ein Rand von 1“"7, rechts von 2°”
lang ist. Das Ms. ist paginirt (S. I1-320).
fo} fo}
Es ist eine Sammelhandschrift, die verschiedenartigsten Materien um-
gelassen, so dafs die
em
geschriebene Zeile etwa Io
fassend, von verschiedenen Händen geschrieben. Auf Grund der Beurtheilung
des Inhaltes, der Schrift und des Papiers ergiebt sich über den Codex
Folgendes.
! Vergl. Wassengergn, Ev., Taalkundige Bijdragen, Leeuwarden 1702, IS. 55; lep »vier-
kantige ijzeren schop« Morrma, Groning. Woordenb. S. 539; in niederd. Form loppa im
Deichrecht von Humsterland Rq. 365, 2.
38 Tu. SıErBs:
I. Haupttheil.
Er besteht aus S Lagen von je 24 Seiten.
1. S. 1-74 bilden den ersten Band: es sind 3 Lagen von je 24 Seiten,
davor ein Registerblatt ohne Paginirung; ein Blatt (S. 73-74) ist hinzu-
geheftet. Alles dieses ist zweifellos von der gleichen Hand und mit der
gleichen Tinte geschrieben: ziemlich blasse Tinte, roth gestrichene Initialen;
Sehrift und Papier sind frühestens dem 15. Jahrhundert zuzuweisen. Es
ist eine Sammlung von Rechtssätzen aus dem römischen und kanonischen
Rechte, unter die auch vereinzelte Stücke aus den friesischen Landrechten
aufgenommen sind — in willkürlicher Anordnung, wie in der sogen.
Authentiea (s. oben S. 25). Die einzelnen Sätze sind mit dem lateinischen
Texte interpretirt, wie es auch im Ms. Roorda der Fall ist. Es sind
Überschriften und Verweise sowohl von des Iuxıus als auch von des
Vurrivs Hand, aufserdem noch Überschriften von einer dritten Hand ein-
gefügt. — Das Papier der ersten Lage hat als Wasserzeichen! ein Wappen
mit Lilie und Schlangenkopf, das mir sonst nieht bekannt geworden ist;
die zweite Lage zeigt den seit dem 15. Jahrhundert, namentlich auf
holländischem Papier, so häufigen Ochsenkopf, die dritte Lage eine andere
Form des Ochsenkopfes.
Auf Seite 74 steht Nichts geschrieben als der Besitzername SyBouT
Avsma; derselbe Name findet sieh bereits auf S. 34 und dann späterhin
auf 8.217. Dieser Sysour oder SıorLp” von Aysma ist 1534 geborert;
1566 hatte er sich in Leeuwarden der aufständischen Partei angeschlossen
und soll dann die 'Thaten des Bürgermeisters Tsıerk Waruıs aufgezeichnet
haben; 1568 ward er verbannt und floh mit seinem Bruder Hesser nach
ümden; später ist er zurückgekehrt und in seiner Heimat als Steuer-
einnehmer am 8. Dezember 1604 gestorben. Er ist zu Wirdum begraben.
Nach ihm, als dem ältesten nachweisbaren Besitzer, nennen wir die
Handschrift.
2. 8.75 setzt eine andere, der ersten nicht sehr unähnliche Hand
ein, die mit braunerer Tinte schreibt. Sie hat die Abkürzungen der
ersten Hand zum Theil aufgelöst, hat aber auch neue Kürzungen ein-
! Vergl. Samuel Leigh Sornepy, Prineipiatypographiea. Vol.Ill: Paper-Marks. London1858.
® Die Identität des Sırorp van Aysma (van der Aa, biogr. Woordenboek) mit Syrou'r
Aysna (Stamboek van den frieschen Adel, heg. von Hrewrema) hatte Hr. Dr. pe Borr die
Güte, mir zu bestätigen.
Westfriesische Studien. 39
geführt. Beweisend für das Einsetzen eines neuen Schreibers ist auch,
dafs zunächst (S.75) wiederholt wird, was bereits $S.72,17-73,19 ge-
schrieben steht; ferner, dafs ein ganz anderes Papier verwendet ist: es
hat als Wasserzeichen den P-Buchstaben, die Initiale Philipps von Burgund.
Diese zweite Hand schreibt die ganze nächste Lage (S. 75-98) und von
der dann folgenden Lage 8 Seiten (bis S. 106). Der Text enthält die
Fortsetzung des ersten Theiles. [Bemerkenswerth ist, dafs von der Mitte
der Seite 94 an bis Seite 98 die Hand sieh einer steileren, breiteren
Schrift befleifsigt, nachher bei der Durchsicht aber in der ursprünglichen,
schrägeren Schrift verschiedene Worte auf 8.97 und 98 eingefügt hat.
Eine neue Hand sehe ich hierin nicht.]|
3. Mit S. 106° setzt wieder eine andere Hand ein, in der ich die erste
(von S. 1-74 schreibende) zu erkennen glaube, und sie schreibt bis S. 177
einschliefslich. Den Inhalt bildet bis S. 131 einsehliefslich die Fortsetzung
des Vorhergehenden; von S. 132 bis Anfang 149 ein ziemlich schleehter
Text der Übersetzung des Processus judieii, s. unten sub 5; von da bis
S. 177 einschliefslich die Fortsetzung der Rechtssammlung.
4. Mit S. 178 setzt eine ganz neue, enge und kleine Sehrift ein (vergl.
unten sub 8 die letzte Hand). Die Initialen sind nieht mehr roth ge-
strichen. So geht es bis S. 183,3. Von da ab bis S.184 einschliefslich
schreibt eine weitere (also die vierte) Hand — die erste Hand (von S. ı
his 74) darf man in dieser viel kleineren und spitzeren Sehrift schwerlich
sehen; die Initialen sind roth gestrichen. Dieser Theil (S. 178-184) ent-
hält den Schlufs der Rechtssammlung. — Von S. 75-184 ist das gleiche
Papier verwendet (das Wasserzeichen ist die P-Initiale); eine Ausnahme
bildet nur die Lage S. 123-146, in der als Wasserzeichen der Ochsenkopf,
der P-Buchstabe und das mit dem Kreuz gesehhmückte Wappen der Cham-
pagne wechseln.
IH. Haupttheil.
5. Eine neue Hand, mit breiteren dieken Zügen und tief schwarzer
Tinte schreibt zunächst S. 185-188 das gereimte »Hoe dae friesen roem
wonnen«. Dieses Stück entspricht dem » Hor dae fresen toe fridom koemen«
der Hs. Ius munieipale (pag. 1080-1115), welches von Hrrrema ungenau
abgedruckt ist (de vrije Fries I, 263 ff.). Die Abweichungen von dem bis-
her bekannten Texte sind sehr bedeutend. Den Inhalt bildet eine, ver-
40 ie, Suenuang
muthlich aus dem 13. Jahrhundert stammende Ausgestaltung der Sage,
dafs Karl der Grofse den Friesen die Freiheiten geschenkt habe, um sie
für ihre Tapferkeit bei der Erstürmung Roms zu belohnen. Ich glaube,
dafs die ganze Geschichte schliefslich auf die (im Chronicon Menconis mit-
getheilte) Erzählung zurückführt, wie die Friesen nach der Eroberung von
Aachen im Jahre 1248 wider den Willen der Feldherren von König Wil-
helm die Erlaubnifs zur Heimfahrt erhalten und damit für ihre ruhmvollen
Kriegsthaten belohnt werden: nur dadurch ist es erklärlich, dafs der
Bruder König Karls, der geblendete Papst Leo, in Aachen erscheint. Die
Sage ist dann mit der Sage von Magnus (der aber hier nicht genannt
wird) und mit der Erzählung von dem Herzog Gerold des Schwaben-
spiegels verquiekt worden.
Dieselbe Hand schreibt sodann, mit etwas gröfseren Zügen, auf S. 189
bis 215 einen anderen, besseren Text der Übersetzung des Processus
judieii. Wir kennen somit 4 verschiedene Überlieferungen dieser west-
friesischen Version:
a) Die Bearbeitung im Copex Uns, aus dem Ostergo stammend,
s2oben NS: 28, 33.
b) Die in das Ms. Roorva hineingearbeitete Übersetzung, beginnend
auf pag. ı3 der Handschrift mit den Worten: » Aleer ick bygin to
sprecken fan da foergongh dis riuchtes, soe scheltu wita, haet riucht
se« etec., vergl. HErTTEmA, Jurisprud. frisica I, 6. Die Formel der
Citation (I, 38) ist datirt: wYown to Bolswert 1180. Für die
Heimatsbestimmung ist hieraus Nichts zu gewinnen, denn alle
übrigen Formeln werden nur mit Buchstaben (A. zu B. an C.)
oder ganz willkürlich gewählten Ortsnamen erläutert, und als
ein solcher mag auch hier Bolsward aufzufassen sein.
c) Cop. Avysma S. 132-149. Aus den Formeln lassen sich nur über
den Ort Vermuthungen aufstellen. Es werden genannt P, deken
zu Mirdum, und Herr Symon, Person zu Oudemirdum; ferner ein
Peter van Sindle und ein Douwe van Rughehusen. Alles das weist
mit Sicherheit auf das Zuidhoek’sche Gaasterland hin. Das
Urtheil ist aus Leeuwarden datirt: es erscheinen dort ein dekan
Johan, der in Lewerth um 1435 nachweisbar ist (Charterh. I. 5ır)
und ein Jella, persona zu Leeuwarden, in dem wir vielleicht den
um 1470 dort öfters genannten Jelle Jwuwsma erkennen dürfen.
Westfriesische Studien. 41
Für die Zeitbestimmung läfst sich Nichts gewinnen, besonders
weil infolge einer Verderbnifs der Name des derzeitigen Papstes
nicht erhalten ist.
d) Cop. Aysma S. 189-215. Als Vorlage hat eine Handschrift ge-
dient, die zwischen 1447 und 1455 anzusetzen ist. Es wird
nämlich Papst Nıcoraus (V.) erwähnt. Ferner erscheint Anpreas,
Dekan von Franeker: zweifellos der Herr Anpkıes, der am 21. Juli
1436 (Charterb. I, 514) an Stelle des Herrn Intner dort angestellt
ist (OFW II, 299); sodann Dyura, persona to Tjum, ein Wiba
Herana von Herns (Harlingen) und Sonstige aus Tjum und
Franeker. Die Version wird demnach aus Franeker oder doch
aus Franekeradeel, also aus dem Ostergo stammen. Der Text
ist in fehlerhafter Gestalt benutzt in Iur. fris. IIL, 33 ft.
So haben wir also Versionen aus dem Ostergo, Westergo und Zuidhoek
kennen gelernt. Die Sprache der beiden letztgenannten weist uns in das
15. Jahrhundert. Inwieweit sich mundartliche Unterschiede feststellen
lassen, behalte ich einer weiteren Untersuchung vor.
S. 217 hat lediglich den Namen des Sysout Aysma; S. 216, 218-226
sind leer.
S. 227-242 stehen, von der Hand des ganzen 5. Theiles geschrieben,
die (niederdeutschen) Statuten und Landrechte des Herzogs Georg von
Sachsen vom 4. Juli 1503, vergl. Charterb. I, 234; I, 35 ff. Dieser ganze
5. Theil, von einer und derselben Hand geschrieben, bildet (S. 185-242)
4 Lagen zu je 16 Seiten, von denen jedoch in der letzten Lage (vor der
Paginirung des Codex) 6 Seiten ausgeschnitten sind. Das Papier ist überall
gleich: es hat als Wasserzeichen den Kelch mit der Lilie.
6. S. 243-262 bilden einen besonderen Band von ursprünglich 24 Seiten,
von denen aber die letzten 4 herausgeschnitten sind. Das Papier zeigt
— im Gegensatze zu den benachbarten Lagen — als Wasserzeichen die
P-Initiale (wie S. 75-122, 149-184 der Rechtssammlung). Mit einer
sehr deutlichen, dieken Schrift, die von den anderen Händen stark ab-
sticht, ist auf S. 243-255 unter dem Titel » Variae muletae paenales« eine
Sammlung von Bufstaxen aufgezeichnet, die aus den Bufsen der ver-
schiedenen Deele kombinirt zu sein scheint. Die Sprache ist bedeutend
älter als die der übrigen Theile der Hs., und auf Grund der oben ge-
gebenen Kriterien scheint mir die Vorlage dieses Stückes mindestens in
Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1895. 11. 6
42 TH. SIiEBs:
die letzte Hälfte des ı4. Jahrhunderts zurückzuweisen. Es ist der werth-
vollste Abschnitt der Hs., und besonders wichtig ist,' dafs an verschiedenen
Stellen die lokalen Unterschiede der Bufsberechnung hervorgehoben werden,
z.B. S. 254: »In Wolnzera deel sint tha minsta walda twa ensa.... In
Wijnbritzera deel sint da minsta walda II punt .... Hwa so orem een wey-
schettene deth II ensa in wollenzera deel, in wijnbritzera deel II punt ....«. —
S. 256-262 sind leer.
7. S. 263-303 besteht aus mittelniederländischen Stücken religiösen
Inhaltes, die alle von derselben Hand geschrieben sind:
263-265,8 ein Stück, beginnend: Alsoe vele als ic bescheiden bijn,
alsoe ghehoersaem bijn ie. Ende alsoe hoersam als ie bijn, alsoe
vreetsam byn ic. Ende alsoe vreetsam als ie byn, soe wys
byn ic ete.
265, 9-268, 2ı Dit is een capittel vter ewygher wysheit, alsoe als
die dienre mitter ewigher wisheit sprack van verduldighen liden ete.
Es folgt dann das Gespräch.
269. 1-271,6 Koning david was koning ouer voel riken en hy
woende in die heilighe stede iherusale, daer so brocht hy voel
godes dienst op daer toe voren niet was u.s. w. von Zacharias
und Johannes Namengebung. Bruchstück.
272-276, 7 ein mittelniederländ. Memento mori in Versen,
mit einer Apostrophe an die Jungfrau Maria. Es ist im
Handschriftenkatalog fälschlich als friesisches Marienlied
aufgeführt, vergl. Prıessch, Zeitschr. f. deutsches Alter-
thum XXXVI, 240; Kalf, Tijdschrift IV, ı88 ff.; Mone,
Quellen u. Forschgen I, 126 ft.
277-279.23 Urkundlicher Vertrag zwischen Haerlem und Wolder-
kum, betreffend die freie Durchfahrt von Bier u. A. —
S. 280 ist leer.
281-303,8 Dyt syn die vonnisse van den water rechte ten damme
in vlanderen.
8. 8. 304-320. Von einer ganz kleinen, zierlichen Handschrift (in
der ich diejenige von S. 178-183, 3 wiederzuerkennen glaube) sind die
Gesta Fresonum aufgezeichnet, s. Gesta Fresonum wit de Apographa
! Ich verdanke diese Bemerkung wie so mancherlei werthvolle Hülfe der Güte des
Hrn. Prof. Heck in Halle.
Westfriesische Studien. 43
Iuniana (so!!) met Aanteekeningen ... van J. W. DE ÜRANE. witgeg. door het
friesch Genootschap ete. Workum 1837. S. 119-189.
Den 7. und 8. Theil der Hs. bilden zunächst eine Lage von 5+5 Blättern,
wovon I Blatt herausgeschnitten ist (also S. 263-280); dann 2 Lagen von
je 8 Blättern (S. 231-296; S. 297-312) — bis dahin ist überall das gleiche
Papier verwendet: es hat als Wasserzeichen eine besondere, von der bisher
vorgekommenen abweichende Form der P-Initiale; endlich 5 Blätter (Wasser-
zeichen Kelch mit Lilie, vergl. 5. Theil), wovon das letzte leer ist:
S. 313-320.
Anhang.
Der Vollständigkeit halber will ich an dieser Stelle einiger kleinen
altfriesischen Stücke Erwähnung thun, die mir auf der Bibliotheque
Nationale zu Paris im Herbste 1893 bekannt geworden sind. Im Hand-
schriftenkatalog Sg steht unter Nr. 45 verzeichnet: Recweil de lois fri-
sonnes. Le Ms. comprend plusieurs collections independantes de mains. diffe-
rentes, on y a meme insere une collection imprimee Es enthält:
1. fol. 1-1555b einen umfangreichen ndd. Text der friesischen Rechte
aus dem Huusingo, Fivelgo, Oldampt etc.
2. fol. 156a leer (nur einige gestrichene frs. Zeilen eines frs. Rechts-
textes, vermuthlich Federproben). fol. 1565-1695: Loix, Edits et Ordonnances
donnes par Frederic de Blanchenhem, Eueque d’Ütrecht, aux Ville d’ Utrecht,
Deuentre, Campen et Zwolle. ı7. September 1412; Declaration du dit eueque
en faveur du pays de Drenthe. 1394; Edit de Rudolphe de Depholte, Eueque
d’Utrecht .... 1447 (ndd.). — 170a leer.
3. fol. 1705: »Recueil des Loiw, Edits et Ordonnances donnes aux
Frisons par lempereur Rudolphe. Und nun fol. 171a-258a (also 175 Seiten)
der vollständige alte Druck der Westerlauwerschen Rechte,
beginnen mit » Haet is riucht?«, schliefsend mit » Hyr eyndichgied da wilkerren
fan opstallisbame«.
4. 2585 2. ı-20 »formule de serment en frison«. Es ist die Formel
eines Utrechter Dekanatseides für Friesland: »Ie manye yo by gode en by
Juwer seel en by da deppelsa der y ty da font hebbit ontfynsen, ....dat y da
decknya habba heert noch kopit noch mit nener samenya kriget« ete.
4. 2585b 21-2595 30 ndd. Groninger Urkunden von 1493 und 1485
(besiegelt 1495).
6*
44 Ta. SIEBS;
5. 2595 31-260a inel., friesisch: Dye gastelike to riochte verbiede dat
aeft twysken tyender handen persone ney dat gastlick sib X ponta yn dae font
en X in dae formynghe. Dae arste pont ete.
6. 260b-261a. Dyt synt dye XII gulde verydaghe dye elemet dye paus
heeft gevonde... (ndd.).
7. 261b-262a. Verband friesischer Städte (wy Landen, Steden en
steme deer wse name by wse zyglen scryouwe staet ete.) 1495; in frs. Sprache.
8. 262b-270b eine Sammlung von Sätzen aus dem römischen und
kanonischen Rechte in friesischer Sprache, wie sie im Ms. Roorda ent-
halten sind; hier aber ohne Ordnung, sowie in der Rechtssammlung des
Codex Aysma. Die Sprache aller dieser Stücke setze ich in die Zeit
um 1500.
C. Die Ausgabe der westfriesischen Rechtsquellen.
Eine Ausgabe der altwestfriesischen Rechtsquellen besitzen wir bis
jetzt noch nicht. Die alte Inkunabel war — nach Borro van Horvinena’s
Zeugnils — um 1470 auf Veranlassung des Hımpo van Kaummena gedruckt
worden', und zwar wahrscheinlich zu Köln. Ein Fortschritt ist in den
letzten vierhundert Jahren für das Westfriesische nicht zu verzeichnen.
Die alte Ausgabe ist — ungenau — abgedruckt worden im Jahre 1664 von
Cnrıstian ScHoTasus in der »Beschryvinge van de Heerlyckheidt van Fries-
landt tusschen 't Flie end de Lauwers«, S. 36-106. — Im 18. Jahrhundert
hatte BARON THOE SCHWARTZENBERG EN HOHENLANSBERG eine Ausgabe der west-
friesischen Rechtsquellen für das Charterboek van Vriesland beabsichtigt”,
die von NıcoLaas THuoLen und Aprıanus Herınsa besorgt werden sollte;
doch der Plan scheiterte. — Perrus Wırrpsma und Brantsma haben ebenfalls
den alten Druck ihrer Ausgabe zu Grunde gelegt; von ihr sind leider nur
zwei Drittel erschienen, unter dem Titel: »Oude friesche Wetten. Met eene
! Über Ort und Zeit des Druckes vergl. nz Haav Hersena, Beknopte Opgave der
Handschriften. pe Jacer’s Taalkundig Magazijn 11, 246 ff.; W. Erexsorr, de vrije Fries VII,
362 ff.; J. G. Orrema, over den ouden druk der friesche wetten. de vrije Fries VIII, 364 ff;
F. B. Herrema, Bijdragen tot het oudfriesch Woordenboek. Diss. Leiden 1888; ders..Der
alte Druck der westerlauwerschen Rechte. Germania. 1890. XNXXV, r ff.
® Vorrede zum Charterboek I Q. 2; 11,'70; Ercknorr, Geschiedenis van het Charter-
boek. de vrije Fries VII, 329; Everısz, U. A., Frisiaca. de vrije Fries VII, 274.
Westfriesische Studien. 45
nederduitsche Vertaaling en ophelderende Aantekeningen voorzien. Eerste
Stuk. Te Campen en Leeuwarden, by DE UnaLmor en SEYDEL. 1782.«
Wenngleich Wıernsma auch Handschriften berücksichtigt und viele gute
Erklärungen gegeben hat, so wird man doch nicht sagen können, dafs
seine Ausgabe den Ansprüchen der Philologie genüge. — v. RıcHTHorEn’s
Druck der westfriesischen Rechtsquellen steht hinter seiner Ausgabe der
ostfriesischen bedeutend zurück, und das ist auch begreiflich: im Jahre
1840 standen dem um das friesische Recht so verdienten Gelehrten noch
keine Handschriften zur Verfügung; zudem ist v. RıchtHuoren weniger
dem alten Drucke gefolgt als der Ausgabe von ScmorTanus und von
WIERDSMA.
Den Werth der Handschrift »Ius municipale« (s. 0. S. 4) hat v. Rıcut-
HOFEN auch späterhin, als sie sein Eigen war, sehr unterschätzt. In den ent-
gegengesetzten Fehler ist pe Haas Hrrrema verfallen, der in seinen »Oude
friesche Wetten. Leeuwarden 1840« fast nur jene Handschrift berück-
sichtigt. Das wäre dem Herausgeber, der weder philologische Schulung
noch genügende Kenntnifs der friesischen Sprache besafs, zu verzeihen:
aber nicht die ungenaue Lesung, welche die Ausgabe für philologische
Arbeit unzuverlässig macht.
. Wäre es also schon seit langer Zeit wünschenswerth gewesen, dafs
endlich einmal eine kritische Ausgabe der gesammten altwestfriesischen
Rechtsquellen geschaffen würde, so hat dieser Wunsch jetzt, wo wir neben
dem alten Drucke und der Handschrift »Ius munieipale« eine dritte
Rechtssammlung besitzen, eine besondere Berechtigung, und eine um
so höhere, weil sie sich aus sprachlichen und sachlichen Gründen als die
älteste erweist. Die Rechtswissenschaft wird die Nothwendigkeit einer
kritischen Ausgabe der altwestfriesischen Rechtsquellen nieht minder em-
pfinden, als die Sprachwissenschatft.
Die Grundlagen einer solchen Ausgabe aber müssen — und damit fasse
ich unsere Ergebnisse zusammen — folgende sein:
I. Die Apographa Iusıana und Kollationen des Copex Usa {U) in
Mss. Iun. 49 und 109. Ich habe sie im Herbste 1893 auf der Bodleiana
abgeschrieben.
U. Die Handschrift »Ius munieipale Frisionum« (I). Sie ist beschrieben
von DE Haan HETTEmA, DE Jacer's Taalkundig Magazijn II, 240 ff. und
Oude friesche Wetten II, 5; v. Rıchtuoren, Uss. über frs. Rechtsgesch. I, 25.
46 TH. \STEBs:
Der grofsen Güte des Hrn. Dr. Karı Frur. v. Rıcnrnoren danke ich es,
dass ich die Handschrift im April 1894 benutzen durfte.
II. Der Inkunabeldruck der westerlauwerschen Rechte (Dr). Die uns
bekannten Exemplare dieses höchst seltenen Druckes befinden sich auf der
Bodleiana, in Paris, in den Niederlanden. Eine dankenswerthe Kollation
hat F. B. Hrrrena (Germania XXXV, ı ff.) gegeben.
Dies sind die Hauptquellen des westfriesischen Rechtes. Ferner sind
heranzuziehen:
IV. Das Manuscriptum Roorda (R), welches die Einleitungen, die
ersten (16) 15 Paragraphen des Schulzenrechtes und dann als Haupttheil eine
Kompilation aus römischen und kanonischen Rechtssätzen enthält. Es ist
beschrieben von v. RıcHTHorEen, Uss. über frs. Rechtsgesch. I, 242 ff. Ich
habe die Hs. im April 1394, zusammen mit I, benutzt.
V. Die für das Friesische in Betracht kommenden Theile des Codex
Aysma (A). Ich habe sie auf der Bodleiana im Herbst 1893 abgeschrieben.
VI. Die (nicht sehr zuverlässigen) Apographa des Sımon ABBES GABBEMA,
im Besitze des Friesch Genootschap zu Leeuwarden befindlich. Sie wurden
mir gütigst im Dezember 1894 für längere Zeit geliehen, und ich sage
auch an dieser Stelle besten Dank dafür. Vor Allem kommen in Betracht
die Statuten der Bolswerder Dekenye, vergl. F. B. Hertema, Bijdragen tot
het oudfriesch Woordenb. S. XXXI.
VI. Eine gröfsere Zahl von Urkunden, theils aus sachlichen Gründen
von Wichtigkeit, theils zur Beurtheilung der Sprache nothwendig. Gedruckt
sind sie zumeist (ziemlich ungenau) in SCHWARTZENBERGS Uharterboek van
Vriesland; man vergl. dazu Register van Oorkonden, die in het Charter-
boek ontbreken, uitgeg. door G@. CorLmsox. Leeuwarden 1884. Viele Urkunden
sind noch ungedruckt. Eine Sammlung von Privaturkunden enthält die
Ausgabe der »Oorkonden der Geschiedenis van het Sint Anthonij - Gasthuis
te Leeuwarden. 1876. 2 Bde.«
VII. Niederdeutsche Handschriften des westfriesischen Rechtes, die
zur Erklärung und Ergänzung der friesischen herangezogen werden müssen.
Inwieweit das nothwendig sein wird, darüber steht natürlich in erster
Linie dem Rechtskundigen ein Urtheil zu; an dieser Stelle, wo ich nur
über die Rechtsquellen westfriesischer Zunge zu berichten habe, beschränke
ich mich auf die Bemerkung, dafs vor Allem eine Handschrift des 16. Jahr-
hunderts in Betracht kommt, die M. S. Pors eingehend beschrieben hat
Westfriesische Studien. 47
(de zoogenaamde westerlauwersche rechten. Verslagen en Mededeelingen
der Vereeniging tot Uitgave der bronnen van het oude vaderlandsche
recht. Nr.V. I. Band, 362-368. S’Gravenhage 1834); von den nichtfrs.
Handschriften, die in dem Manuskript Ius munieipale öfters erwähnt
werden, Ms. Isbrand. und Ms. Belg. (vergl. z. B. OFW S.69 ff.) ist uns
die erstere nieht bekannt; die letztere ist ostfrs.-niederdeutsch ; vergl. de
vrije Fries II, 349 ff.
IX. Die Vergleichung der ostfriesischen Rechtsquellen.
Um kurz und klar zu veranschaulichen, wie der neue Text der alt-
westfriesischen Rechtsquellen aussieht, den wir im Anschlusse an den
Copex Usta und mit Berücksichtigung der bisher bekannten Quellen her-
stellen, gebe ich die ersten 16 Paragraphen (Rq. 1-15) des sogenannten
Schulzenrechtes, die uns in U, I, Dr und R erhalten sind, und stelle
hier — in einer kritischen Ausgabe wird man natürlich darauf verzichten
dürfen — die verschiedenen Überlieferungen synoptisch nebeneinander.
Meine Gestaltung des Textes begründe ich im Einzelnen nicht, weil dazu
längere sprachliche Erörterungen nöthig sein würden. Ich bemerke nur,
dafs im Texte von Dr die offenbaren Druckfehler der Inkunabel gebessert
und Abkürzungen, welche für die Herstellung des Textes keinerlei Be-
deutung haben, aufgelöst sind: ferner, dafs Worte, die ich nieht mit
Sicherheit dem zu konstruirenden Texte einverleiben möchte, in eckige
Klammern eingeschlossen sind.
I hie
Neuer Text
[thera] Fresena and skel-
tanriucht. Thi grewa, ther
U
I. Dit is landriucht d’
is landriucht\ I. Thit is landriocht\ I. Dit is landriocht der
Fresena ad scelta v3. Thi| Fresena. dy greuwa deer | Freesna.
grewa ther an Freslande | oen Freesland griouwa wessa Di grewa deer an fres-
I. Dit is landriucht d’
‚Freesna.
dij grewa deer an Fres-
an Freslande [grewa] wessa
skel, hi skel wessa fulre
berde bern and sin riucht
unforlern. Hi skel to Suther-
mutha inkoma and koma
to Franekere [in thet del]
_ mith werdere were, mith thes
koninges iefte, mith breve
and mith insigele. Ther agen
hine tha Fresen to und-
wessa scel, hi scel wessa
JFulre berde and sin
riocht unforloren. Hi scel
ti Suthermutha incoma and
bern
coma to Franekere..... ;
ad mith insigele. ther agin
hine tha Fresen to unfane
‚fane and riuchtes to stedi-
ad riuchtis ti stedigiae. ther
schel dy schel wessa ‚fulre | lande grewa wessa schel, land grewa wessa schil dy
berte bern, ende zym riocht | dy schel wessa fulr bertha | schel wessa fulre berthe
onferlerren. hy schel toe | bore en syn riucht 0 for-\boren Ende sy r3 onfer-
suda moeta in komma ti lore. hi schie to Sudermuda | loren. hij schil to Sud’muda
fraenkere in dat del mey ıcoma en coma to fracker in comma Ende comma to
werdere were, mey des |? dat del, mit wird’ were, \/raenker in dat del. mit
konynges iefte mey brief mit des koninghes iefta ende | wirder werra, mit dis konig3
ende mey insighele, deer | myt breue ende myt insigel. jeffta. ende mit breeff ende
aeghen hem dae fresen toe deer agen him da frese to insigel. deer aghen hym da
ontfaene ende riochles toe \ontfaen ende to riucht to fresen to ontfaen. ende to
stedegrane. deer aech hem \staen. deer aegh him di|riucht to staen. deer aegh
Ta. SIıEBsS:
1
ED DB 12 0 VE ee a ma a
Neuer Text
| a Ve —— — |
thi
asega enne frethe to delane
giane; ther ach him
and hine him selva to ban-
nane, thet him emma aut
unriuchtes dıwe. Thenneagen
him tha liude thenne frethe
ther ach thi
grewa allera manna likum
also hit
an sinre were hede, one fia.
So thes grewa komsteketh
is, so is sin frethe,
to sterkiane;
sin len ti iewane,
binna
there komste, thi dadslachta |
fiower and sextich pund.
I]. Thit is riucht thet thi
Jria Fresa ni thor fira®
hereferd fara, thur ban ni
thur bod, than mittha ebba
wt and mittha flode up,
truch tha ned, thet hi thenne
ower alle deyan wera” skel
with thenne salta
with thenne wilda witsing,
mith fif wepenum,
spada and mith forka, mith
skelde and mith swerde and
mith [thur
thet, thet hi thenne ower
waria skel] bi sinre liud-
werthene, ther hit him keth
worde® mith boda iefta mith
bakne. Iefta sexasum swera®,
mith
etkeres orde,
se and
bi sinre liudwerthene ther
‚frethe ti delane ad hine him
th; ach thi grewa alla!
Jria Fresa ni thor fardera®
sexasum swera®, th3 hit him
ach him thi asega enne
selva ti bannane th3 him
emma aut unriuchtes due.
thenne agen him tha liude
thenne frethe ti sterkiane.
mannalikum sin len ti ge-
wane, ascha hit an sinre
were hede oen? fia.
II. Thit is riucht thz Ih |
herefird fara, thur ban ni
thur bod, than mittha ebba
wt and mittha flode up,
truch tha ned, th3 hi thenne
ower alle degan wera scel
with thenne salta se and\
with thenne wilda wising,
mith füf wepnen, mith
spada and mith forka, mith
scelde, mith swerde, and
mith ettekere, thur th3 ther |
hi thenne ower waria scel
hit him keth worde® mith
boda, jefta mith bakne, jefta
need,
ı spada ende mey forka, mey
I |
dy asegha enen ferde toe
delane, ende hi self toe\
bannane, dat hem emma
wald ief onriocht dwe. deer
aeghen dae lioede den ferde
toe sterkiane, deer aegh dy
griouwa aller mannalikum |
syn len toe iewane, als hyt
oen synre were hede one
fa ieftem.
Soe des griouwa kompst
kethis, soe iszyn frede binna
der komste dy daedslagha
Fyouwer ende sextich punda.
II. Dit is riocht, dat
dy frya Fresa ne thoer forra
an hereferd ferra, truch
banner truch bod, dan mey
dae ebba wt ende mey da
Jlode op. Ratio. Truchdae
dat hy den ouwer
waria schel alla daghen
tenst den salta se ende ienst
den wilda witzenges floed
mey fyf wepenem,
mey
schiolde ende mey swirde,
ende mey etkeres orde,....
by symre lioed
wirdene, als het hem dat
Dr
aesga een ferd to delen ende
hi him self to bannen, dat
him nimmen aet onriuchtes
dwe. soe aghen dae Iyoed
dıme ferd toe sterkiane. deer
\aegh dy greuua aller man-
liku syn leen toe geuuane,
als hüt oen synre wer hede,
sonder fya.
II. Dit is riucht dat =
/rya Fresa oen nen heer-
Jerd thoer fora fara,....
dan mitta
ebba wt ende mitta floed
op. truch dae need dat hy
dyne owera biwarria schil
alle daghen toienst din salta
se ende toeienst dyn wylda
wysingh. mit oyf wepen, myt
spada ende myt furka myt
schield ende myt swird. ende
myt etkeris oerd
by eenre®? iyodd
wirden ieftit hem keth wirt.
mit boeda. iefta bakene. iefta
keth werdde mey boede iefta
sevasum onsuuara dattethym
„
Die Vorlage von U hatte vielleicht alla (= allera).
Die Vorlage von U hatte wohl oe.
Stets wohl für ende (und).
Wohl verschrieben für LXIIII.
Diese und andere Verbesserungen nach dem entsprechenden Texte
Unklar, ob so oder ob furdera (fürdera?).
Oder ist nach I, Dr, R und der 5. Magnusküre waria aufzunehmen?
In U ist unsicher, ob in der Stammsilbe o oder e zu lesen ist.
Die lokale Bedeutung der Ziudwerthene (vergl. Liowerd—
(und daher sinre in eenre verändert).
der 10. Küre und der 5. Magnusküre,
Leeuwarden) ist in Dr und R milsverständlich als Bulse aufgefalst
Es sind homonyme Worte,
hym dij aesgha een ferd to
delan. ende hij him self to,
bannane dat hym nymme |
wald jeff aet onriuchtz dwe.
So agen da Iywd hym dyn
Jerd to sterknia. deer aegh
dy grewa aller manalyke |
s7 leengued.\.® land bo
Jowane. Als hyt oen synre | |
wer hede sonder fya jefften. |
Als dy grewa komste |
ket is, so is sy ferd byma
d' komste dy daedslachta |
IXTIII* pod. |
II. Dit is riucht dat | |
/rya fresa oen neen |
ebba wt ende myt da |
op. om da need dat hy
dy owea waria schil alle
daghin, tojeens dyn salta 2 |
ende tojens dyn wylda
wysing. mit fyff wepe, m
spada. ende myt furka mü
schyld ende myt swird En
myt ettekers oerd
wirde jefta hym keth wirth.
mit boda. iefta bakane jeffta
sexasum onswa dattet im
Westfriesische Studien.
Neuer Text
U
I
Dr
| 3 Bei ee ee
het hit him mith boda ni
\mith bakne keth ni worde!.
III. Thit is riucht, tet!
Wthi fria Fresa ach sines,
\selves deda ti witane uppa
mith
Vriuchte than him se emma
Vtha helgum mara
kover ti tiugane; hit ne se
\so fir bithingat mith scelta
Ubanne and mith asega dome,
Vthet tha niugen tiuch sines
veinne ath binima.
\ IV. Thit is riucht, thet,
\thi fria Fresa thet wita mot,
ımith hwelkere meta thes
Wdikes and weges hi litha
\muge mith mara riuchte
\ than hine thi grewa ther to,
\ banne, thet hi thet werk* ther
hi ne muge.
ı V. Thit is riucht, thet thi\
' fria Fresa wita mot uppa
tha helgum an there hem-
\ merke, ther hi inne erwed,
is and ein an sinre were,
hede, hwer se thes koninges
ande thes santes [land],
thet hi thet wise and naut
ne litikie.
VI. Thit is riucht, so
hwer so ma tha fria Fresa
eneunderhewa lawegath, thet
mith boda, ni mith bakne
keth ni worde!.
III. Thit is riucht, th3
thi fria Fresa ach sines
selves deda ti witane uppa
tha helgu,
than him se emma
over ti thiugane. hit ne se
so für bithingat mith sculta
banne and mith asega dome
thet tha mugen truch sines
enine ath? binima.
IV. Thit is riocht, th3
thi fria Fresa th3 wita
moet mith wilkere meta this
\dikis and weges hi litha
muge mith mara riochte
than hine thi grewa ther to
banne thz hi thet werk ther
hi ne moge.
V. Thit is riucht thz thi
fria Fresa wita moet uppa
tha helgum an there hem-
merke ther hi inne erwed
is and ein an sinre were
hede hwer so thes koninges
ande thes sentes, ther hü
th3 wise and naut ne li-
tieke.
VI. Thit is riucht. So
wher so ma tha fria Fresa
ene other hewa lawegat, th3
hi tha winne ewenpenninge,® | hi tha winne ewen penninge
alther hit mith kape wint,\ alther hith mith cape wint
:aldeer hyt mey kaepe wint,
meı banneieftamey baeckna.
Iefta sexasum” ontswerra
dat hit him mey boda ner
mey baekna keth ne werde.
III. Dit is riocht dat
dy frya Fresa aech syns
selffs deda toe wytan oppa
dae helghum mey mara
riochte, dan him emma sie
toe wrtiogane het ne se alsoe
fyr bithingath mey schelta
banne ende mey aesga doeme,
dat dae mogen thing symes
ena eedt byneme.
IV. Dit is riocht dat
dy frya fresa moet wwita,
mey hoeckra meta dykes|
ende weys dat hi lia moeghe
mit mara riochte, dan hem
dy griouwa deer to banne |
dat hi dat wirtse deer hy
ne moeghe.
V. Dit is riocht, dat
dy frya fresa dat wita
moet oppa dae helligum
ander hemmercke deer hy
in eerwat is ende ayn oen
zynre were haet,
datse des santes ende des
konynghes land, dat hy
dat wyse ende naet litikie.
VI. Dit is riocht. aldeer
di fria fresa ene onderhewa
lauwegath wirdet, dat.hi dat
hweer
winna schel enen panninge
naet keth were. hor myt
boda ner myt bakene.
aegh to wyta op dae helgum
myt mara riucht dan him
ymmen aeghtoe wr tyoghane.
hit ne se dat hi soe für
bitinget se mit scelta banen
dae nyoghen tyoegh synes
aynes eed binyme.
IV. Dit is riucht dat di
fria Fresa wyta moet mit
hwelker meta dikes ende
weyes hy lida moeghe myt
mara riucht dan him di
grewa deer toe banne. dat
| moege.
V. Dit is riucht dat dı |
‚Fria Fresa dat wyta moet oen
eerwe, dat hy dat wise ende
naet ne litikie.
|
VI. Dit isriucht, hweerso
dy frya Fresa een onder-
haua lawiget wirdet, dat hy
dat winna scil enen penninge,
al deer hyt mit kape wint
IIJ. Dit is riucht dat di
\,fria Fresa syn seluis deda
ende mit aesegha doeme. dat
hy dat witse deer hy naet
deer hy
08 eerwed is. ende ayn aen|
synre wer haet, hweer se
dis santis. ende dis koninges
\naet keth weer. hor mit
\bodde ner myt bakane.
|
|
III. Dit is riucht dat dij
Frya fresa synes seluis deda
\aegh to witen op da helli-
ghem mit mara riucht dan
hym yme aegh to wr tyuge.
hit ne se dat hij so fyr bitinget
| se mit schelta ban ende myyt
aesga doem dat da nyugen
tywgh eed
\ bynime.
\ IV. Dit is riucht dat dij
\frya fresa wyta moet myt
\ hwelker meta dyckes ende
synes aynes
\weyes hy lidza moghe my
\mara riucht dan hym di
grewa deer to banne. dat
hy dat wirtse deer hy naet
| moge.
V. Dit is riucht dat dy
Frija fresa dat wyta moet
oen da helligem oen da
hemmerick®° deer hy oen
eerwed is. ende ayn oen
synre wer haet. Hwerso
dis sanctis. ende dis konigis
| eerwa. dat hy dat hy dat
wisa ende naet ne lytickye.
VI. Dit is r3 hweerzo
\dy frya Fresa een ander
‚ haua lawiged wirdeth, dat
hy dat wynna schil enen
pennige, aldeer hyt
mit
! In U ist unsicher, ob in der Stammsilbe o oder e zu lesen ist.
2 Die Hs. hat .serasim vergl. unten twira sim S X.
3 ath für eth kommt in U öfters vor.
* Konjunktiv von werkia? (= ahd. werkön); wirtse ist Konj. von wirtsa
5 Die Hs. hat hemierick.
6 penninge= Abgabe, Bezahlung; milsverstanden als »Pfennig«.
Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1895. I.
ahd. wirken. witse (Dr)
u |
Konj. von wika?
u —— ———— SEELE BUBEN
Neuer Text |
—— a a
Jef hine |
thet
hi an unwonnena lande sitte,
thru !
thi foged up sennath,
‚Penninge.
so is hiniar mith sine sowen
orkendum thenne foged ti
techtane and thera alleralik
skeldigia mith sunderga ethe.
Jef him thes berst, thi foged |
dwe ther mede thet hi wolle.
VI. Thit is riucht thet
thi feder ne ach nene manne,
sine dochter ti iewane ower |
thur thet hiu
wald ni ach mer
And iefth
hi se ower hire willa [and
ower hire wald] and hire
misskith an tha onwilla,
ach hi thet beta mith
[frethe and mith] festa,
also hise mith
Forslain hede.
VIII. Thit is riucht, thet
nemma thenne mund ni ach
hire willa ,
nautes
hera® leithena.
so
sinre hand
and there wida , nüwere hire
sone; tef hi verich se, tefta
thi selva, ther tha aftinga
thenne"ach; of thi sone ni
liwath, so ach hithes mundes |
fiower penningan min than
twa merk.
IX. There famna riucht
is: ti eftinge twer scillingan |
[thes mundes]. |
thin penninge. Ief hine thi
fogeth up sennath thet hi
an unwonena lande sitte, so
is hi niar mith sine sowen
orkendü thenne thi? fogeth
ti jechanne and thera alle-
ralik® sceldigia mith sun-
derga ethe. Ief him thes
berst,
mede thet hi wolle.
VII. Thit is riucht thz
{hi feder ne ach nene manne
sine dochter ti gewane ower
thur that* hiu
nautes wald ni ach mer hara
leithena. And jeftth® hi se
hire willa.
ower hire willa,
hire miskithan tha omuilla,
so ach he thet beta mith
esta, also hise mith sinre
hand forslagen® hede.
VII. Thit is riucht thz |
nemma thenne mund ni ach
and there wida, niwere hire |
\thenne ach of thi sone mi
| Tiwat so ach hi thes mundes | luwat
‚tua merk.
IX. Thera famna riocht
ti jeftinge twer scillingan.
thi fogith due ther |
ERORASCRN and
twi pannynge. Ief hem dy
JFoghed op sanna wolle, dat
hy oen onwennena lande
sitte soo is hi niaer mey
toe
techtane den foghed, ende
der ellkerlyck schel sidza
mey sondrigha ede ief him
des onbreet, dy foghed
dwe deer mey deer hy wolle.
| VII Dit is riocht, dat
di fadir ne aegh sine dochter
sine sauwen orkenen
nennen man to jaen wr hir
wila, om datse nautes an
wald ne aegh in toere here
ledena ende ief hise iout wr
hir willa ende wr hir wald,
ende hir dan oen dae omvilla
misschyd soe aegh hi dat
toe betan mey ferda ende
mey esta alsoe ief hise
mey syne handen wrslain
habba.
VIII. Dit is riocht, dat
nemma dine mond ne aegh
oen der wyda hine weer hir
| sone, jef hi jerich se. jef sen tef hy ierich sie iefta
|tha thi selva tha efta thing dy selle, deer dae aftingha
dan aech ief dy sen naet
soe aegh hy des
Weiber Penningan min than | mondes fiouwer Panningen
|min dan twa merk.
| IX. Der famna riocht
is, dy deer hia aftigie des
mondes twer scillinghen.
Dr
hy tueen penigen. Ieft him
dy foget deer um sarına wil,
dat hy oen onwonna land
sitta, so is hy nyer mit sine
saun orkene to iechtae dine
Joget, ende da aller Iyc
scellet sidza mit sonderlinga
ede; ieft hi dis brect, di
Joget due deer mede syne
willa.
VII. Dit is riucht, dat
die fad’ aech syn docht nen
man to iaen wr hern willa,
um dat hyo naet waldes
aech oers dan her ledena ;
ende ieft hyse iout wr her
willa, ende her on da oe
willa misscey, so aech hyt
to betane dye ferd
als ieft hyse mit synre hand
wrslayn hede.
VIII Dit isriucht datter
nımen aech dyne mondscet
oe der wedue dan her soe.
so fyr als hi ierich se, iefta
dy selua deer da da aef-
tingha aech; Iywet ny dy
soe, soe aegh hy dan des
monnadeys yower pennig-
hen min dan twa merck.
IX. Deer famna riucht is,
dy ien deersa aeftighet tueer
schillinghen desmonna deys.
R
cape vint dyn penningh.
Ieff hem dy foged deer um
sana wil, dat hy oen on-
wennena land sitte So is hy |
nyer myt syn sawn orken&
to jechtane dım foged. Ende
dae allerlyck schellet sidza |
myt sonderinga eda jeff hym
dis brect. di) foged dıwe deer | |
mey deer hy wsil.
VI. Dit is riucht, dat
di fader aegh syne dochter
neen man to jaen wr herne
willa. om dathyonaetwaldes |
ne aech. oers dan ha ledana
Ende ieff hyse jout wr her |
willa, ende wr her wald |
ende her dan onda on willa |
misschyd, So aegh hy dat
to beten mey ferd en festa
also als jeff hise myt syn |
han wrslayn hede.
VII Dit is riucht dat |
nymmen dyne mondneaech
oen der wida. dan her seen.
so fyr als hi) jerich se ieffta
dy selua deer dan da acf-
tinga aegh. Iyweth ny dy
soen so aegh hy des mondes-
scips fyower pennighe myn
dan twa merck. (Weiter
in derselben Zeile:)
IX. Der famma rz is dy
deerse aeftig; II schillingen
dis mondes.
! thiu penninge
2 thenne ist Acc. Masc..
4
»eben die Bezahlung«
(wiederholend).
fälschlich als »denn« (£han) aufgefalst; dann ist thi eingeschoben.
® Unklar, ob allerelik oder alleralik.
Öfters falsch aufgelöst aus Zh3.
° hara fälschlich in U gelesen aus Aa’ der Vorlage, vergl. R.
6
Unklar, ob j oder g zu lesen ist.
u u En a rn Anne
Westfriesische Studien.
Neuer Text
ro Don
X. Thit is riucht, ief hi
‚thenne mundsket mi wolle
iewa and riucht wifaftes und-
‚fan, thet thi thes monandeis
‘and also ford alle tha fif
‚degan unt thenne sateris dei
'ban thelda skel and aller
‘deganalikes thes halsfenges
tuirasum undsuora veftha
‚thenne mundsket lesta! ; and
‚thes sateris deis thenne
mundsket tuiskette lasta
ieftha an stride withstan
ieftha thredda kest. half
bodel* iewa binetha balkem.
XT. Thit is riucht lutheres
lana°, thet thi
sinre* moder tolef ier aller
[ieralikes to] lan ti iewanne
fif scillingan, as hi sine
breid halath, thet hi une-
wemmed se fan [wan-]°
warlashed.
XII. Thit is riucht, of
hi wemmed is and hit sin
moder kenna ni welle, so
ach hit mith ene athe an ia
ti brengane and ther methe
ti thet lan
moder.
XIII. Thit is riucht. So
thi iongera brother en wif
nimt, [thet] hi and sin wif
werane
sone ach
sinre
U
X. Thit is riucht, jef hi
thanne mundschet ni wolle
| gewa and riucht wif afthes
unfan, thet his thes monan-
deis and also fort alle tha
‚fif degan unt thanne sateris |
dei ban thelda scel, and
alle deganlikes thes hals-
‚fenges
‚jefta thenne mundschet lesta.
tuirasum unsuora
ande thes sateris deis thenne
mundschet twischette lasta,
ieftha an stride withstan
ieftha thredda kest half bodel |
gewa binetha balkem.
XT. Thit is riucht lutheres
lawa® th3 thi some ach siner
\ moder tolef jer aller lan...
\t gewanne füf seillingan,
as hi sine breid halath, thz
hi unewemmed se van wan |
warlashed.
XII. Thit is riucht. of
hi wemmed is ad hit sin
\ moder kenna ni welle, so
ach hit mith ene athe an
\hia ti brengane and ther
methe ti werane thz lan,
\ sinre moder.
XIII. Thit is riocht. So
thi jonghera brother en wif
| ” ” - “ ” I}
\nimt, hi and sin wif sine
51
I |
X. Dit is riocht, ief hy
dyne mond schet naet iaen
wol, ende dat wuff aftes
oenfenzen haet, dat hy des
manendeys ende ford alle dae |
degan, ont den saterdey,
ban tivilda schel ende aller
degalikes des hals enges
twira sim oenswerra, ef
den mondschet laetsta ende
Dr | R
X. Dit is riucht, iefthy X. Dit is v3, ieff hy
dyne mondschet naet lasta | dyne monschet naet lasta wil
enwille, ende hi dat wyf Ende hij dat wyff toe aeffta
toe aefta on fucht, soe schel | ontfucht. Soe schel hy des
hy dis monnadeis ende aec \ monnendeys ende foert alle
‚foerd al da fyf daghe al \da fuf dagen al ont des
ont des saterdys ban tielda, | saterdeys ban tyelda Ende
ende alle da dayhen des alle da dagen des halsfanges
halsfanges twyrasum on- | Zwirasum ontsuerre jeffta dy
| suerre, iefta dyne mondschet
des saterdeis den mondschet | laesta des saterdeys teifald,
twischette laesta iefta an .tefta oen stride staen.
st’de iens staen, iefta tredda | iefta tredda kest half boedel |
kest, hael bodel deel benida iaen bmia dae balkem.
dae balkem. |
XI. Ditisriocht lutheres| XI. Dit is riucht luters-
laen. Dat dy sen aegh syn |laen, dat dy soen aegh
moeder toe iaen toulef ieer | synre moeder toleff iera |
allreierekes fyf schillinghen, | aller ieerkis toe iae fu
als hy sine breid hellet, ief | schillinghen als hy synre |
hy oen wennet se fan wan- | breid halled, so fyr dat
waerlasere hoeden | hy onwemed see Fan warlas-
\ heed'.
XII. Dit is riocht. Ief, XII. Dit is riucht,
hi weemd se ende hit
ioft
syn
wil
ede
oen her toe winnen , ende |
deer mey byhalda dat lae
hi. wemnid is, ende het zım
moeder kanna nelle, soe moeder maet bycanna
aegh hyt mey een ede oen | so aegh hyt mit sym
her toe brengame, ende deer
mey bihaldere dat laen zynre
moeder.
XIII. Dit is riocht aldeer
dy jongara broer en wyf
synre moeder.
XIII. Dit is riucht, als |
di iöghera brod’ een wyf |
halath dat zyn wyf zyn | halle, so schel syn wyf syn
monsch3 lasta des saterdeys
twyfald, jeffta oen strida
staen jeffta tredda kest half
bodel jaen bynnia da balkem.
XT. Dit is riucht luteres
laen. dat dy zoen aegh
syner toleff jeers
aller jeerlykers to jaen fu
schillingen. als hy syne
breyd haleth So fyr dat
mod’
\ hy omweemd se fen warles-
\ heed?.
X.
hi weemd se ende hit sym
mod’ naet bycanna wil so
aegh hyt myt een eed oen
Ende
deer mey byhalda dat laen
hers to wynnen,
synre mod’.
XIII. Dit is riucht als
di jongera brod’ een wyf
halet So schel sy wyf sy
1 Zesta und lasta wechseln in U.
2 Ob hier bodel oder bedel zu lesen ist, ist unsicher; die e- Form erscheint in menbedle.
3 „Das ist das Recht der Lohnzahlungen für die Behütu
westvlaemsch Idiot. S. 573.
4 Die Vorlage von
U hatte wohl sin‘.
5 Die doppelte Negation verstärkt hier.
6 Für /aua, das aus lana verlesen ist.
? fan fyf seckum :
mx
4
ng in den Windeln«, vgl. ahd. Zudara, vlaemisch Zuder, luider, s. ve Bo,
fan swynes twsch, fan honna eetsle, ‚fan hwndes bythe, fan hynstes hoeff ende fan reederis hoerne.
5 fan fuff secken: fan swynes tusch, fan hona eetzel, fa hondz byth, fan hyn.xstes hoeff. ende fan rederis hoern.
sine aldera brothere iewa
skel fif skillingen; and thet
word, thet hi thet bed reme
sine iongera brothere and
sine wive, Thet is takeres
riucht.
XIV. Thit
thet to there haudsto sken
is riucht,
gan fiower wegan alle thera-
lik skel wessa bred fiower
molles fota umbe tha fiower
hit
stedes overe.
halva , ne stande an
thet thera fiowera en an
thene herewei kume, so mei |
thi herewei wel wessa bethe
herewei and kerikwei‘ al.
bi enre brede.
XV. Thit is riucht, thet
umbe thet hof buta thes
|
wedeles werpe skel en wei
gan ther se sex an tuntiga
molles fota bred, and thenne
ach thi skelta mith banne
ti haldane. Ther agen
/rethe on alle tha, ther
thet godes hus sekath; of
hem emma theron skathath,
so skel hi tuiskette beta.
XVI. Thit is riucht,
thet thi fria Fresa ni thor
thes grewa ban thelda, ni
were twisk thire sumeres
lettera
ther antwiska
nacht and ewen
nacht, ni
thor hi leng ban thelda
[ner bod], ni were thre
lIeftha hit se, |
aldera brothere gewa scel
Fif seillingan an that word
th3 hi thet bed reme sine
Jonghera brothere and sine
wive. th3 is takeres riucht.
XIV. Thit is riucht thz
to there haud sto scen gan
fiower wegan alle theralik
breth fiower
molles fota umbe tha fiower
halve, hit ne stande an
Ief tha hit
se th3 thera fiowera en an
scel wessa
stedes overe.
there herewei cume, so mei
thi herewei wel wesa bethe
herewey and kerikwei al
bi enre rede.
XV. Thit is riucht thz
umbe thet hof buta_ thes
wedeles werpe scel en wei
gan, ther se sex an tumtiga
molles fota bred, and thenne
thi scelta mit banne thi
haldane. ther agen rede
on alle tha ther th3 godes
hus sekat. of hem emma
theron scathat, so scel hi
tui scette beta.
XVI. Thit is riocht th3
thi fria Fresa ni thor thes
grewa ban thelda ni were
twisk thine sumeres nacht
and lettera ewen nacht.
ther antwiska ni thor hi,
| leng ban. thelda ;
ni were thre degan th3 hi
Tu. SıeEgs
| ioldera broer iaen schol fyf
schylingen an dat
dat hi dat bed reme zyne
Jongra broer ende zyn wiue
dat is taekeres iefte.
word
XIV. Dit is riocht, dat
toe dir haud stoed gaen
schil fyouwer wegan ende
yen elkerlyce schel wessa
fiouwer molles foeta breed,
ende des mollis foetan sent
Fiouwer ierd foeten omme
‚fouwer halua, hit ne standa
oen stedes owere ief der
‚fiouwera een oen den here
wey coeme soe mey di here
wey wol wessa bede here
wey ende tzerck wey, all
by eenre breede.
XV. Dit is riocht, dat
omme dat tzerckhoff schel
gaen en wey buta dae wedeles
werpe sex ende tweyntich
Joeta breed molles foeta,
dyn aech die schelta mey
banne toe halden ende deer
aeghen alle dae erde in
deer dat goeds huus sekath,
ief hem emmen deer aet oen
scadet soo yst twi bete.
XVI. Dit is riocht dat
di fria fresa ne thoer des
grewa ban tiulda? ni were
twisscha someres nacht ende
letthera euen nacht, Deer
an twiska ne thoer hi ban
tiulda® ni were tre daghen,
dat hi one biwollid thana
R
ieldera broeder iaen fyff
schillighen; ende dat deer
Jelde'a brod’ jaen Fuff
schülingen ; ende dat wirda.
dat hy dat bed rema sy
Jmghe'a brod’ ende sy
wiue dat is takeris ieffta.
um dat hy dat bed reme
syn ioghera broeder ende
syne wiue dat is takeris
tefta.
XIV. Dit is riucht, dat
tod’ haedstoe scells ghaen
Fyower waeghe,; da schillet
allerlyc wessa fyower molles-
Joten breed um da fiower
halua sida, hit ne stade aen
stedis ouere, ief dat disse
fiow, ee an die heer wei
500 di heerwei
wessa bede heer wei ende
kercuei al by e£re meta.
XIV. Dit is r3 dat toder
haudstoe schell3 gaen fyower
wagen. da schellz allerlyck
wessa fyower molles foten
breed omda fiower halua
syda, hit ne stande an stedis
ouere jef dat dera fiower
een an dyne heer wei comme
coe, mei So meij dij heer weij wessa.
| bede heer wei) ende kerck-
wei) al by eenra meta.
XV. Dit is riucht, dat
om dat tzerckhou buta des
XV. Dit is rz dat om
dat kerckhoff buta dis
widelis werp schel een wey
gaen deer XXI molles foeta
breed se Ende dyn aegh
dij schelta myt ban to hald3.
deer agen ferd ven alle dae
Jen. deer dat gods huus
seket. of him deer ymmen
oen byschadz, So schil hyt
twy beet beta.
wideles werp scel een wey
ghaen, deer XXI molles-
Foeta breed se, ende diin
aegh di schelta mit ban toe
haldene. Deer aghen ferd
alle dae
dat goedes huus seket; of
ven ien deer
him deer ymme oe bischa-
digh3, soe schel hyt toybeet
beta. i
XVI. Dit is riucht, dat
di fria Fresa ne thoer dis
grewa ba tyelda tuisscha
AXVI. Dit is r3 dat dy
frya fresa ne thoer dis
grewa ban tyelda twischa
sumeris nacht ende lettera
| rwennacht; deer een twischa.
ne thoer hij nee ban tyelda
ner bod vers dan tree deggs
sumeris nacht en lettera
ewanacht; deeren tuisscha
ne thoer hi nee ba tyelda
ner bod,
oers dan tree‘
dagen, comt hi öbiclaghet | comt hij onbeclags fan dana.
! Ist Lehnwort aus dem ndd.; frs. Zserk-.
® Unklar, ob fulda oder tulda.
Verwechslungen von iz, ui, in, ni, m sind in den meisten dieser Hss. häufig.
Westfriesische Studien. 53
Neuer Text | U | I | Dr | R
{ ER . | . = | .
\degan; thet hi biwollen thana | biwollen thana cume so ne come soe ne thoer hi des fa dana, soe ne thoer hi\so ne thoer hij neen ko-
'kume, so ni thor hi nen|thor hi nen koninges ban | konenges ban tiulda eer dat|men koniges ban tyelda eer \nynges ban tyelda eer dat
koninges ban thelda, er |thielda er thet jer umbe- | teer al omme kompt. | dat ieer om comt. | Jeer om comt.
| | |
|
\thet ier umbekumeth. kumeth. | |
D. Die übrigen friesischen Schriftstücke der Bodleiana.
Ms. Iun. 110,
nach Angabe des Handschriftenkataloges » Hymni canendi per circulum anni,
in lingua frisica cum interpretatione Latina interlineari Manu Iunz. 4°«. Es
ist nieht mehr vorhanden und scheint um die Mitte des vorigen Jahrhun-
derts bereits verloren gewesen zu sein, denn B. BanvpiseL (Librarian seit
1813) hat im Oxforder Katalog schriftlich angemerkt »lost in Dr. Owens
time or before« (Owen war Librarian seit 1747). — Man denkt hier sofort
an die Murbacher Hymnen, umsomehr als eine Abschrift von diesen ganz
kurz vorher unter Ms. Iun. 74. 4° mit dem Titel verzeichnet ist » Hymni
canendi per eirculum anni, Francice, cum interlineari versione Latina«. So ist
wohl ein Mifsverständnifs im Katalog anzunehmen, indem vielleicht eine
zweite Abschrift der Hymnen bestanden hat und fälschlich als friesisch
bezeichnet ward; oder aber, falls wir es wirklich mit friesischer Sprache
zu thun haben, war es eine — etwa von Iunıus gemachte? — Übersetzung
der deutschen Interlinearversion ins Altfriesische. An eine alte friesische
Handschrift ist schon deswegen nicht zu denken, weil sie von luxus in
seinen altfriesischen Glossaren zweifellos benutzt sein würde.
Ms. Tun. 111.
»Lex Frisionum sive antigque Frisiorum leges. A reliquis veterum Germa-
norum legibus separatim adite et Notis üllustrate a SIBRANDO Sıccama IC”.
Franekere, Anno MDCXVI.
Nach Ms. Iun. 49, Theil 5 (s. oben 8.9 ff.) zu urtheilen, hat Iusıus
den Cod. Gaserm& fol., d.h. Ms. Roorda, zu Sıccama’s Ausgabe S. 53-62
kollationirt. In dieser Kollation finden sich unbedeutende Abweichungen
54 Ta. Sıess:
von der Ausgabe Herrexma’s (Jurisprud. fris. II, 18ff.) — Auf der letzten
Druckseite steht » Age Sıccama — afstammeling van de author — Oxford,
den 4. Julius 1829.« Über dessen frs. Studien vergl. HaLgerrsma, Letter-
kundige naoogst I, 284.
Ms. fun. 115a und 1152. 4°.
» Fasciculus septem voluminum a Cl. Iuxıo propria manu descriptorum
cum relatione ad Glossas descriptas Num. 116. 117 infra, continens in Vohimine.
3. Diectionarium Frisico- Latinum 4.
7. I. Carmina frisica cum notis Iuxır in chartis laceris.
IT. De literis frisicis tractatus quem transeripsit Tuxnıus e G@ABBEME
chartis. Dies Stück, dessen Inhalt wir aus GaBBemA’s Ab-
druck (Erkema’s Japiksausgabe II, 14-21) kennen, fehlt in
der Hs.
Ms. Iun. 1155 enthält nichts Friesisches, aufser dafs vereinzelt im
Glossar auf Stellen der Leges verwiesen ist.
Ms. Iun. 115a enthält unter den umfangreichen althochdeutschen ete.
Glossaren den Versuch eines altfriesischen Glossars, das aber sehr dürftig
ist und von nur geringer Kenntnils der frs. Sprache zeugt. Die Stellen
sind nach den Kapp. und Paragraphen des alten Druckes angegeben, wie
sie sich Iusıus dort am Rande notirt hat. Es sind nur Stellenangaben,
keine Erklärungen; öfters aber ist ags., ndd., ahd. in das Friesische
eingefügt. Alles in Allem ist das Ms. für uns ohne Bedeutung.
In den Fascikelband Ms. ıı5@ aber sind hinten neufriesische Dich-
tungen eingeheftet: G1JsBERT Jarıks hat sie verfalst, und von ihm sind sie
— zweifellos vor dem Drucke — dem Iunms während eines Aufent-
haltes in Friesland zur Abschrift gegeben worden. Den gröfsten Theil
dieser Gedichte hat mir Hr. Prof. Franz freundlichst im Herbst 1892 ab-
geschrieben, und ich habe 1894 die Sammlung vervollständigt. Der Inhalt ist
S. ı-1ıo Remer in Sappe (vergl. GwsBERT Jarıks, friesche rijmlerije,
hgg. v. Erkema S. 56-63); sodann, mit neuer Paginirung einsetzend
S.1ı-ıı Tidkirttige praeterie lanze wei), twissche Egge, Wijnering in
Goodsfrioen (S. 64-73);
S. 12-20 Nijschierige Jolle in Haytse-yem (S. 49-55);
S. 21-26 Sjolle Kremer in Tetke (S.7-12);
x
Westfriesische Studien. 55
S.27. 2 Gedichte, die von I. H. HaLgertsnA (letterkundige naoogst.
Deventer 1840, I, 296ff.) und F. B. Hrrreua (Bloemlezing uit middelfriesch e
Geschriften. Leiden 1887. roff.) gedruckt sind.
Diese Texte sind deswegen für uns von Werth, weil sie im Wortlaüt
und namentlich in der Schreibung nicht nur von den späteren Ausgaben
des Jarıxs, sondern auch von der ältesten (Bolsward 1668) stark abweichen:
sie sind die einzige Fassung, von der wir mit Sicherheit annehmen können,
dafs sie dem Dichter selbst vorgelegen hat. Von dem ältesten Drucke
läfst sich das nämlich nieht behaupten. Er ist 1668, zwei Jahre nach
dem Tode des Dichters erschienen, und wenn auch die vom 4. Juli 1655
datirte niederländische Vorrede, sowie die drei einleitenden Sprüche (Erkema’s
Ausg. S.XXXII) auf eine Sammlung und Vorbereitung zur Ausgabe hin-
weisen, so ist deshalb doch keineswegs sicher', dafs der Druck vor dem
Tode des Dichters begonnen habe, oder dafs er nach dessen Tode streng
nach der Vorlage eines hinterlassenen Manuskriptes erfolgt sei. Mir ist
Beides unwahrscheinlich, denn in dem Briefwechsel zwischen Jarıxs und
GaBBEMA während der Jahre 1654-61 ist viel von den Handschriften die
Rede, niemals aber von dem Beginn des Druckes; und der Buchdrucker
SAMUEL van Harınsnour wird doch, wie es damals üblich war, nament-
lich bei einem Manne geringeren Standes, ebensowenig Anstand genommen
haben, die Manuskripte zu ändern, als es ı3 Jahre später der Freund des
Dichters, S. A. GABBEMA, gethan hat.
Dafs nun des Iunmus Abschriften unter des Dichters Augen entstanden
sind, ist längst vermuthet worden (HALBERTsmA a. a. O. 247). Bewiesen
wird es vor Allem dadurch, dafs zwischen Blatt S und 9 der Gedichte ein
Autograph des Gijsbert Japiks eingeheftet ist, welches rechts das Lied an
Wobbelke (Epk. S.27), links die Spuren sprachlicher Unterweisung ent-
hält: wir finden da von Jarıks Hand die Tagnamen auf friesisch und
niederländisch’, von Iusıvs’ Hand die Zahlwörter. Dann aber sind auch
in jenen Theil des Ms. ı1ı5a verschiedene Zettel eingeklebt, welche Er-
klärungen der Gedichte enthalten. Sie scheinen dem Iusıus von Jarıks selbst
U W. Drsgstra, Gysbert Japiks frysce rymlerye. Franeker 1853. nimmt das als selbst-
verständlich an.
?2 Nach Art des praktischen Lehrers unterscheidet GissBEerr: sneyn Sondags, hy het
my sneyn hy heeft my gesneden.
56 TH. SıEgBs:
diktirt zu sein. HaLsBertsmA (a. a. O. S.284 ff.) hat einen kleinen Theil
davon und diesen fehlerhaft abgedruckt. Die werthvollen Interpretationen
beziehen sich auf Baarpr's Prognostikatie sowie auf Ansck in Houck (s. Ms.
Tun. 122), ferner auf Jarızs’ Friessche Tjerne, Woutir in Tjalle, Egge in
Wijnering, Jolle in Haytse-yem, Sjolle in Tetke, Remer in Sappe.
Ms. Iun. 122. 4°.
nach dem Katalog »friesche spreeckwoorden«.
Das ist eine durchaus ungeeignete Bezeichnung der werthvollen
Sammlung. Nach drei starken Quartblättern, die leer sind, sind auf einem
dritten Blatte zwei alte Drucke (breit 15”, lang 9°”) unter einander ein-
geheftet.
Der obere ist betitelt: Friscke Ger-Spraeck fen ien Moer mey her
Man-eele' Dochter. De Dochter hijt Houck. De Moer hijt Ansck. Heel
nochlick in nylick for Famnin in Feynten om ünt Frijsck to leszen in to
syonghen. Gedruckt tot Leeuwarden, by Jan en Pieter van den Rade, Boeck-
Druckers. 1639. Es ist ein 15 Seiten langer Dialog in Versen, meines
Wissens bis jetzt unbekannt”. Der Verfasser wird nicht genannt; Japiks
kann es aus inneren und äufseren Gründen nicht sein. — Hierzu ein Zettel
mit Erklärungen.
Das untere Stück ist: G@er-spraeck fen twaa Frijscke Huws-lioe, Woutir
in Tialle....u.s.w. Anno 1639. Wir kennen eine ältere Ausgabe von
1609, eine jüngere von 1714 (vergl. VERF., z. Gesch. der engl.-frs. Sprache
S. 365).
Dann folgen wieder 2 leere Blätter und auf einem weiteren Blatte
unter einander, in gleichem Formate wie die erwähnten Drucke, 2 Exem-
plare von Jarıks »Friessche Tjerne, Ofte Bortlijcke Rijmlery, Trogh ien, in-
‚Jierd, aad, sljoecht, ien faadigh Huws- Man, di on-forsjoens ijn de Gear-Jefte
fen syn Laan-Here koom. Ghedruckt tot Leeuwarden, by Claude Fonteyne,
Ordinaris Landtschaps- Drucker, woonende in de Groote Kerck-straet. Anno
1640«°. Es ist anonym erschienen, aber unterzeichnet mit Jarıxs’ Wahl-
spruch »Slioecht in Rioecht«. Das zweite Exemplar trägt von Jarıks’ eigner
! Mannstoll.
® Hr. Dr. ve Boer in Leeuwarden bestätigt mir freundlichst auf meine Anfrage, dals
die Drucke dort nicht bekannt seien.
Westfriesische Studien. 57
Hand die Übersetzung von Ort und Jahr ins Friesische: ’tis druwkt to
Leauwerd .... Lanschips-druwker, hi; wennet ynne grete Tjerck-stritte. ynt
Jjer ijen-tuwzen segs-hcoo in fjortig. Dahinter ist ein Zettel mit vielen Er-
klärungen eingeheftet. — Wir lernen hieraus, wie unrichtig die allgemein
verbreitete Ansicht ist, von den Rymlerye sei zu Lebzeiten des Dichters
weiteren Kreisen Nichts bekannt geworden; und wir gewinnen durch diese
Drucke und durch die Abschriften des Iunmws den für eine Ausgabe des
trefflichen Dichters grundlegenden Text.
Dann folgen wieder 2 leere Blätter und dann in 6 Theilen von je
16 Seiten (8:6) »Oude friesche Spreeck-woorden. Gelijck die selve huyden
daegs by haer, in haer eyghen Vaderlant, gebruyckt ende gesproken worden, by
die Letter A. B. C. ghestelt. Tot Franeker, Ghedruckt by Vlderick Balck, Ordinaris
Zantschaps Boeckdrucker, Anno 1641.« Junsus hat viele Verbesserungen ein-
gefügt. Auch dieser Druck ist meines Wissens unbekannt. — Ihm folgt
ein Heftchen (24°) von 15 Seiten, welches viele Erklärungen zu den Sprich-
wörtern enthält; darunter ein Zettel mit 8 Versen des Jarıks, unterzeichnet
»@. J. z.« und »Sljoecht in rjoecht«.
Dann folgt einem leeren Blatte ein Druck: Petri Baardt Friesche Boere-
VEyRaBOn ae Leeuwarden 1840; hinter 2 leeren Blättern dann ein zweites
Exemplar desselben. Ein Zettel mit vielen Erklärungen ist eingeheftet. Das
Stück ist ohne Angabe des Verfassers und der Zeit abgedruckt von Har-
BERTSMA, Hulde aan G. Japiks II, 242 ft.
Sodann wieder 2 leere Blätter und schliefslich: Jan Jansz Starters Ver-
maeckelijcke Sotte- Klucht Uan een Advocaet en een Boer, op het platte Friessch
.... Leeuwarden ... 1644 (nebst einem Zettel mit Erklärungen). Wir kennen
einen älteren Druck von 1618.
E. Über die friesischen Studien des Iunius.
Uber die friesischen Studien des Iunıus ist viel geschrieben, aber
wenig Sicheres festgestellt worden. Aus seinen Briefen läfst sich Nichts
gewinnen', und die Mittheilungen von Zeitgenossen über diese Dinge sind
gering und wenig verläfslich.
! In Folge meiner Anfrage hatte Hr. Dr. ve Borr die Güte, die Briefe des Iunıus,
die sich in Gassema’s Nachlals befinden, daraufhin durchzusehen.
Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1895. II.
[0 0)
58 Ta. SıEss:
Seit UrrensacH's und des Grarvıus Angaben hatte sich die Ansicht
festgesetzt, dafs Francıscus Iunıvs mehrere Jahre bei GISsBERT larıks geweilt
hätte, um Friesisch zu lernen: Andere, wie I. W. pe Crane haben das des-
halb bestritten, weil sich in des Iunıus Leben dafür kein Raum finden lasse,
und haben vor Allem über die Zeit seiner friesischen Studien Vermuthungen
angestellt'. Diesen gegenüber halte ich Folgendes für sicher: der Beweis,
dafs Iusıus von Jarıks im Neufriesischen unterwiesen worden ist, wird
dureh die oben mitgetheilten Aufzeichnungen beider in Ms. 115«@ gegeben;
der Annahme aber, dafs Iusivs längere Zeit auf diese Studien verwandt
habe, widersprechen der verhältnifsmäfsig geringe Umfang seiner neufrs.
Sammlungen und seiner neufriesischen Kenntnisse. Es mag ein Mils-
verständnifs des — bedeutend jüngeren — GRAEVIUS gewesen sein, wenn er
in seiner Lobrede auf Iunıus Solehes berichtet hat: dafs er Genaueres von
der Sache überhaupt nicht wulfste, zeigt sich schon darin, dafs er den
Jarıks gar nicht erwähnt. Vielleicht hatte er nur gehört, dafs Iuxmvs zu
zwei oder mehreren Malen in Friesland gewesen sei, und daraus entnahm
er »duos vertentes annos«.
Mafsgebende Zeugen sind eigentlich nur 2 Leute: A. Tymens, der
zum Lobe des Gisgerr sagt (Ausg. der Rymlerye von 1681, 8.4;
Epk. XI):
Wilt dan, Taalkundige, niet op dee?’ spraak- kunst smalen,
Den grooten Iunxzus, ’t Orakel van veel talen,
Quam in Bolzuinaas stad, en leerde ’t van dees Man.«
Und ferner GABBEMmA, der in seiner Vorrede zur Ausgabe der Rymlerye
über Iuxtus berichtet: » Ahvaaromme uyt Engeland in Friesland ooverscheepende
binnen Bolswaard quam, alwaar eenige tijjd, onder den naam van NADABUS
Asmonıvs, de onderwijzinge in de zelfde by onzen Mr. GYsBERT IacoBs zoon,
zaliger gedachtenisse, met genoegen heeft genooten, gelijk mi) gedenkt, zulkx uyt
de mond van zijn Eedele in ’s Graavenhaage verstaan te hebben.«
! Urrensach’s Reisebericht bei Wassengeren, Taalkundige Bijdragen. Leeuw. 1702.
I, 183; 1. G. Graevıvs, Vita Franeisci Iunii. Vorrede zum Etymologieum Anglicanum und zu
De pietura veterum. Rotterod. 1694; I. W. pe Crane, Oratio de Vossiorum Juniorumque
Familia. Franeker 1820; Ders., Voorlezing over Franeiscus Iunius. Uitgeg. door het Friesch
Genootschap. Workum 1837; I. H. Hırzerrsna, Hulde aan G. Japiks. Leeuw. 1824. 1827;
Herrema, Taalkundig Magazijn I, 272; M. v. Wıc#ht, Vorrede zum ostfrs. Landrecht,
S. 4o u. Anm.
Westfriesische Studien. 59
Es liegt kein Grund vor, die Angaben GAaBBEnA’s für Erfindung zu
halten: warum kann denn nicht Iusıvs incognito in Friesland gewesen
sein, etwa um seinen Beziehungen in Leeuwarden (MarruAarus Vosstus,
IoHANNES DE VENo) zu entgehen oder aus irgend einem anderen Grunde?
Weder Jarıks noch sonst Jemand hat zu des Iuntus Lebzeiten jenen Besuch
in Friesland erwähnt: das spricht für die Anonymität; auch läfst es ver-
muthen, dafs Iunivs nicht lange in Friesland geblieben ist und späterhin
nicht mit Jarıks in Briefwechsel gestanden hat.
In welche Zeit nun fällt dieser Aufenthalt? Wäre Iunıus — ob unter
seinem wahren Namen oder nieht, ist gleichgiltig — nach 1654/5 in
Friesland gewesen, so würde er doch zweiffellos schon damals die Bekannt-
schaft GagBema’s gemacht haben, der seit 1654 in Friesland lebte und
mit Jarıks in regem Briefwechsel stand; ferner würde er sich gewifs nicht
auf die Sammlung der weltlichen Lieder des Jarıks beschränkt, sondern
auch Einiges aus den Psalmen aufgeschrieben haben, die — laut einem
Briefe des Jarıks vom 17. März 1655 — damals bereits gedichtet waren
und von dem Dichter besonders geschätzt wurden. Also Iunmus war vor
1654 bei Jarıms. — Im Ms. Iun. 122 finden wir Text und Erklärung von
STArTErRs’ Sotte- Klucht, herausgegeben 1644: also nach 1644. Und dafs
wir ferner in Ms. ı22 Textdrucke von 1639. 1639. 1640. 1640. 1641.
1644 finden, aber keine aus späteren Jahren, spricht für die Zeit kurz
nach 1644; auch würde Iusıus später, etwa kurz vor 1654, als Jarıks
bereits an eine Gesammtausgabe der Rymlerye dachte (s. Vorrede), das
Abschreiben der Gedichte wohl unterlassen haben; endlich stimmt die
Schreibung der Apographa durchaus zu dem Drucke von 1640. Iunmus
war damals (seit 1641) Lehrer des jungen ALBERICUS DE VERE, Grafen von
Oxford, und er begleitete ihn 1644, 1645 und 1646 auf Reisen in den
Niederlanden (vergl. DE CrRANE, a. a. OÖ. S. 112). Der Graf hatte nahe
Verwandte in Friesland, die bekannte Familie der HrmmemAa in Berlikum;
vielleicht weilte er bei diesen zum Besuche, und Iunms, der durchaus
nicht an die stetige Begleitung seines Zöglings gebunden war, benutzte
die Gelegenheit, um incognito friesische Studien zu machen.
Von diesen neufriesischen Arbeiten sind die Abschriften der alt-
friesischen Rechtsquellen und die Kollationen des Copex Unta zeitlich
durchaus zu trennen. Smox ABBES GABBEMmA nämlich, der 1628 geboren
war, wird im Alter von etwa 20 Jahren jene Manuskripte wohl noch nieht
60 ar ISTEES:
besessen, sondern sie erst während seiner Berufsthätigkeit in Friesland er-
worben haben; auch heifst es in den Apogr. (s. oben S. 8), Iunmus habe
das Ms. in folio (Roorda) von dem »pre@potentium Frisie ordd. historio-
graphus« entliehen, und diese Stellung hatte GABBEMmA erst seit 1659 inne.
Sind somit die altfriesischen Handschriften nach 1659 benutzt worden, so
mufs es im Haag geschehen sein, denn dort lebte Iunıus 1655-1675; und
dazu stimmt ja auch die Nachricht des GassBEmAa, dafs Iusıus ihm im
Haag von seinen neufriesischen Studien erzählt habe. Ja, wir können
noch Genaueres feststellen. In den Apographa (s. oben S. 8) sagt Iunms:
»ich will dem Leser eine Probe aus dem Cod. Gabb. fol. geben«: er hat
also die Abschriften nicht nur für seinen eigenen Gebrauch gemacht, son-
dern zum Zwecke einer gedruckten Ausgabe friesischer Rechtsquellen. Ihr
sollten auch Stücke aus der Fivelgoer Handschrift einverleibt werden, und
diese entlieh Iusıus (Apogr. ı. Theil. S. oben S. 7) von WERNER EuMen,
dem »integerrimus Groninganae reipublicae senator«. Emmen war Senator!
1671-2; 1674-5; 1677-8. Also fällt die Abschrift dieses Codex in die
Zeit zwischen 1671 und 1677, dem Todesjahre des Iunıus; und die zu dem-
selben Zwecke gemachten Abschriften der anderen Codices werden doch
wohl ungefähr um dieselbe Zeit entstanden sein.
Zu diesen Ergebnissen stimmt, dafs der alte Druck (Ms. No. 109 s. o.
S. 13) um 1659-60, als Vrırws ihn von Iuxms entlieh, die Kollation des
Copex Usa noch nieht enthielt. sondern nur andere Anmerkungen. Sie
sind, wie oben erwähnt, in das Ms. Maresch. 60 von Vuırivs eingetragen
worden. Diese Anmerkungen mufs Iusıus also vor 1659 gemacht haben;
zu einem Theile aber nur kurz vor 1659, denn es werden eitirt: GERARDI
Vossı de vitiis sermonis nach der Ausgabe von 1645 (zu dem Worte
wancluga); Joh. Loccexu antiquitates Sueo-Gothicae, die zuerst in Stock-
holm 1647 (2. Ausg. 1654) erschienen sind; Somxerı Glossarium in seriptt.
hist. Angl., welches 1652 edirt ist; des Cur. Scnortanus Geschichtliche
Schriften, die 1655 und 1658 erschienen sind.
So haben wir, im Gegensatze zu den bisherigen Darstellungen, er-
wiesen: I. dafs Iusıus seine neuwestfriesischen Studien bei Jarıks zwischen
1644 und 1654, höchstwahrscheinlich um 1645 gemacht hat; 2. dafs die
geschichtlichen und sprachlichen Anmerkungen zu dem alten Drucke
! So theilt mir auf meine Anfrage freundlichst Hr. Dr. px Borr mit.
# Westfriesische Studien. 61
Bi |
= gröfstentheils vor 1659, zu einem Theile sicherlich in den fünfziger Jahren, | B
" gemacht sind; 3. dafs die Apographa und Kollationen des Coprx Unta 2
Ri zum Zwecke einer Ausgabe nach 1660 im Haag gemacht sind, und zwar
er: höchstwahrscheinlich um 1670.
3 Es ist mir eine Freude und eine Pflicht, am Schlusse dieser Berichte |
Hrn. Geh. Rath Prof. Dr. Wemnorn aufrichtigen besten Dank zu sagen
für das so gütige Interesse, mit dem er meine Arbeiten verfolgt und ge- ° |
fördert hat.
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