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NN. 5 1
ABHANDLUNGEN
DER
KÖNIGLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
1897.
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ABHANDLUNGEN
KÖNIGLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
AUS DEM JAHRE
1597.
MIT 4 TAFELN.
BERLIN.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
1897.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
FICE LIBRARY
OF THE
ithsomian Institution.
4.OeH, o> 12
Inhakt
@ftenilehe, Sitzungen ir. 2a, vg gap een A ee S. vıi—vın.
Verzeichnils der im Jahre 1597 gelesenen Abhandlungen . . . . . 8. vırm—xvı.
Verzeichnils der im Jahre 1897 erfolgten Geldbewilligungen aus aka-
demischen Mitteln zur Ausführung wissenschaftlicher Unter-
nehmungen . . © REN SR RK:
Verzeichnils der im ‚Jahre 1897 erschienenen im Auftrage oder mit
Unterstützung der Akademie bearbeiteten oder herausgegebenen
Werke len 2 ee OERL RATTE
Veränderungen im Personalstande der Akademie im Laufe des Jahres 1397 8. xxıı—xxın.
Verzeichnils der Mitglieder der Akademie am Schlusse des Jahres 1897 S. xxıy —xxxt.
KöHLEer: Gedächtnilsrede auf Ernst Curtius °. . ©» 2 2 2.2.2. .Ged.Red.Il:S.1—14.
Abhandlungen.
Philosophisch -historische Classe.
Erman: Bruchstücke koptischer Volkslitteratur . . » » 2.2... Abh. 1.
WEInHoLD: Die mystische Neunzahl bei den Deutschen . . . . . » IM.
Harnack: Berichte des Secretars der Brandenburgischen Societät der
Wissenschaften J. Th. Jablonski an den Präsidenten G. W. Leibniz
(1700—1715) nebst einigen Antworten von Leibniz. . . . . » II.
Anhang.
Abhandlungen nicht zur Akademie gehöriger Gelehrter.
Physikalische Abhandlungen.
Korscen: Das Rückenmark von Zlephas indieus. (Mit 1 Tafel). . . Abh. 1.
Kayser: Über die Bogenspeetren der Elemente der Platingruppe. . » I.
S. 164
Sal 61
S.1—120.
S.1—18.
Ss. 1 —44,
Make aktzche Abhandlungen. ; yet 5
7
Brenner: Mars-Beobachtungen 1896-97 auf der Manora- Sternwarte Ol A
in Lussin pieeolo. (Mit 3 Tatela.).. m... ... Abh, 1 Ss.
Philosophisch-historische Abhandlungen.
w-
Fränxer: Epigraphisches aus Aegina . . . sep ER Abh.I. S. 1
Jah11897.
Öffentliche Sitzungen.
Sitzung am 28. Januar zum Gedächtnifs Friedrich’s II. und
zur Feier des Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers
und Königs.
Der an diesem Tage vorsitzende Secretar Hr. Waldeyer eröff-
nete die Sitzung mit einer Rede, in der er zunächst die Glück-
wiünsche der Akademie zum Geburtsfeste Seiner Majestät des re-
gierenden Kaisers und Königs darbrachte und mit Worten der
Erinnerung Friedrich’s des Grofsen gedachte. Alsdann legte er
die Entwickelung der Naturwissenschaften im 17. und 18. Jahr-
hundert dar, um zu zeigen, dafs die vielfach üblich gewordene
Benennung des 19. Jahrhunderts als des naturwissenschaftlichen
in dieser allgemeinen Fassung nicht zulässig sei.
Darauf wurden die Berichte erstattet: über die »Politische
Correspondenz Friedrich’s des Grofsen« —— über die » Acta Borussica«
— über die »Sammlung der griechischen Inschriften« — über die
»Sammlung der lateinischen Inschriften«e — über die »Prosopo-
graphie der römischen Kaiserzeit« — über die » Arıstoteles-Commen-
tare« — über das »Corpus nummorum« — über den »Thesaurus
linguae latinae« — über das »Historische Institut in Rom« — über
die »Kant-Ausgabe« — über die »Humboldt«-, »Savigny«-.
»Bopp«-, »Graf Loubat«-. »Eduard Gerhard«- und »Hermann und
VIII
Elise geb. Heckmann Wentzel«-Stiftungen. In dem Bericht über
die zuletzt genannte Stiftung waren zugleich die Berichte über
das »Wörterbuch der deutschen Rechtssprache« und über die
» Ausgabe der griechischen Kirchenväter« enthalten.
Zum Schlufs berichtete der Vorsitzende über die seit dem letz-
ten Friedrichs-Tage im Januar 1896 in dem Personalstande der
Akademie eingetretenen Veränderungen.
Sitzung am 1. Juli zur Feier des Leibniz’schen Jahrestages.
Hr. Vahlen, als vorsitzender Secretar, eröffnete die Sitzung mit
einer Rede über Leibniz als Schriftsteller.
Die neu eingetretenen Mitglieder der philosophisch -historischen
Classe, HH. Koser und Lenz. hielten ıhre Antrittsreden, die von
Hın.Vahlen als Classensecretar beantwortet wurden.
Ferner wurden Gedächtnifsreden auf zwei der seit dem letzten
Leibniz-Tage verstorbenen Mitglieder, von Hın. Köhler auf Ernst
Curtius, von Hrn. Dames auf Heinrich Ernst Beyrich ge-
halten.
indlich wurde ein Beschlufs der Commission für die Eduard
Gerhard-Stiftung mitgetheilt.
Verzeichnils der im Jahre 1897 gelesenen Abhandlungen.
Physik und Chemie.
Fischer, über die Constitution des Caffeins, Xanthins, Hypoxan-
thins und verwandter Basen. (G.S. 7.Jan.; S.B.)
Planck, über irreversibele Strahlungsvorgänge. Erste Mittheilung.
(Cl. 4. Febr.; S.B.)
IX
van't Hoff und Meyerhoffer, Dr. W., Untersuchungen über die
Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen, ins-
besondere des Stafsfurter Salzlagers. I. (Cl. 4. Febr.; S. D.)
Kohlrausch, Statistik der Löslichkeit einer Gruppe von Salzen
im Wasser bei mittlerer Temperatur. (G.S. 11.Febr.; S. D.)
Holborn, Dr. L., die Magnetisirung von Stahl und Eisen in schwa-
chen Feldern. Vorgelegt von Kohlrausch. (G.S. 11. Febr.;
S.B.)
Warburg, über die Verzögerung bei der Funkenentladung. (Cl.
18.Febr.; S.B.)
van’t Hoff und Meyerhoffer, Dr. W., Untersuchungen über die
Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen, ins-
besondere des Stalsfurter Salzlagers. I. (Cl. 18. Febr.: S. B.)
Lohse, Dr. O., Untersuchung des violetten Theils emiger Iimien-
reicher Metallspectra. Vorgelegt von Vogel. (Cl. 18. Febr.;
S.B. 4. März.)
van’t Hoff und Meyerhoffer, Dr. W., Untersuchungen über die
Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen, ıns-
besondere des Stalsfurter Salzlagers. II. (Cl. 4. März; S. B.
6. Mai.)
Röntgen, weitere Beobachtungen über die Eigenschaften der X-
Strahlen. (G.S. 29. April; S.B. 13. Mai.)
Landolt, über das Verhalten einiger dampfförmiger Substanzen
im elektrischen Liehtbogen. (Cl. 6. Mai.)
van’t Hoff und Kenrick, Dr. F.B., Untersuchungen über die Bil-
dungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen, insbe-
sondere des Stalsfurter Salzlagers. IV. (Cl. 6. Mai: S. BD.)
König, Prof. A., die Abhängigkeit der Sehschärfe von der Beleuch-
tungsintensität. Vorgelegt von v. Bezold. (G.S. 13. Mai: S. B.)
Boltzmann, über irreversibele Strahlungsvorgänge. Erste Mit-
theilung. (Cl. 17. Juni; 8. B.)
x
Planck, über irreversibele Strahlungsvorgänge. Zweite Mittheilung.
(Cl. 8. Juli; S. B.)
König, Prof. A., über »Blaublindheit«. Vorgelegt von v. Bezold.
(Cl. 8. Juli; S.B.)
König, Prof. A., die Abhängigkeit der Farben- und Helligkeits-
gleichungen von der absoluten Intensität. Vorgelegt von
v. Bezold. (G.S. 29. Juli; S.B.)
Goldstein, Prof. E., über die Structur des Kathodenlichts und die
Natur der Lenard’schen Strahlen. Vorgelegt von Warburg.
(012217, 0et3..2))
Fischer, über Hydurinphosphorsäure. (Cl. 4. Nov.; S. B.)
Fischer, über den Einflufs der Salzbildung auf die Metamorpho-
sen der Purinkörper. (Cl. 4. Nov.)
ran't Hoff und Meyerhoffer, Dr. W., Untersuchungen über die
Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen, ins-
besondere des Stafsfurter Salzlagers. V. (Cl. 4.Nov.; S.B.
18.Nov.)
Boltzmann, über irreversibele Strahlungsvorgänge. Zweite Mit-
theilung. (Cl. 18.Nov.; S. BD.)
Kayser, Prof. H.. über die Bogenspectren der Elemente der Platin-
gruppe. Vorgelegt von Warburg. (Cl. 2.Dec.; Abh.)
Planck, über irreversibele Strahlungsvorgänge. Dritte Mittheilung.
(C1.:16..Dee.; ,S..B.)
van't Hoff und Donnan, Dr. F. G., Untersuchungen über die Bil-
dungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen, insbe-
sondere des Stalsfurter Salzlagers. VI. (Cl. 16. Dec.; S. BD.)
Mineralogie, Geologie und Palaeontologie.
Cohen, Prof. E., über em neues Meteoreisen von Locust Grove,
Henry Co., Nord-Carolina, V.St. Vorgelegt von Klein. (Cl.
4. Kebr.: 5.2.)
XI
Cohen, Prof. E., das Meteoreisen von Forsyth Co., Georgia, V.St.
Vorgelegt von Klein. (Cl. 4. März; S. B. 18. März.)
Klein, über Ganggesteine und ihre Stellung im System der Eruptiv-
gesteine. (Cl. 8. Juli.)
Dames, über Brustbein, Schulter- und Beckengürtel der Archae-
opteryx. (Cl. 22.Juli; S. B.)
Leiss, C., über ein neues, aus Kalkspath und Glas zusammen-
gesetztes Nicol’sches Prisma. Vorgelegt von Klein. (Cl.
2 Oct.5-839%)
Cohen, Prof. E., ein neues Meteoreisen von Beaconsfield, Colonie
Victoria, Australien. Vorgelegt von Klein. (Cl. 4. Nov.;
S.B. 18. Nov.)
Botanik und Zoologie.
Schwendener, die Gelenkpolster von Mimosa pudica. (G.S.
11. März; S. B.)
Brandes, Dr. G., die Spermatozoen der Dekapoden. Vorgelegt
von Schulze. (Cl. 18. März; S. 5.)
Heymons, Dr. R., über die Organisation und Entwickelung von
Bacillus rossit Fabr. Vorgelegt von Schulze. (Cl. 18. März;
SD.)
Schulze, Revision des Systems der Asconematiden und Rossel-
liden. (G.S. 13. Mai; S. B.)
Engler, über die systematische Anordnung der dikotyledoneen
Angiospermen. (G.S. 29. Julı.)
Heymons, Dr. R., Mittheilungen über die Segmentirung und den
Körperbau der Myriopoden. Vorgelegt von Schulze. (Cl.
21%.0et.S2B3)
Möbiıus, die Fauna von Deutsch-Ostafrika. (Cl. 2. Dee.)
b*
Xu
Anatomie und Physiologie.
Hertwig, über einige am befruchteten Froschei durch Centrifugal-
kraft hervorgerufene Mechanomorphosen. (Cl. 14. Jan.; S. B.)
Kopsch, Dr. F., das Rückenmark von Elephas imdieus. Vorgelegt
von Waldeyer. (Cl. 4. Febr.; Abh.)
Flatau. Dr. E., das Gesetz der excentrischen Lagerung der langen
Bahnen im Rückenmark. Vorgelegt von Waldeyer. (Cl.
18. Mäız; S.B.)
Munk, weitere Untersuchungen über die Schilddrüse. (C1. 22. April.)
IKopsch, Dr, N... über ‚einge Doppel-Gastrula bei Lacerta agılıs.
Vorgelegt von Waldeyer. (G.S. 3. Juni; S..D.)
Waldeyer, das Trigonum vesieae. (Cl. 17. Juni; S.B. 8. Juli.)
Krause, Dr. R., über Bau und Function der hmteren Speichel-
drüsen der Octopoden. Vorgelegt von Hertwig. (G.S. 9.Dee.:
S.B.)
Anthropologie.
Virchow, die Bevölkerung der Philippinen. (Cl. 18. März; S. D.)
Astronomie und Geophysik.
Auwers, über einen Fundamental-Catalog für den südlichen Him-
mel. (Cl. 1. April.)
Wien, Prof. W., über die Temperatur der Planeten. Vorgelegt
von Kohlrausch. (G.S. 8. April.)
ischenhagen, Prof. M.. über schnelle, periodische Veränderungen
des Erdmagnetismus von sehr kleiner Amplitude. Vorge-
legt von v. Bezold. (G.S. 24. Juni; S. B.)
Vogel, über die Spectra der der ersten Speetralelasse angehören-
den helleren Sterne. (Cl. 21. Vet.)
Brenner, L.. Beobachtungen des Planeten Mars in der Oppo-
sition 1396-97. Vorgelegt von Auwers. (Cl. 21.Oet.; Abh.)
XII
Fauth, Lehrer Ph.. Zeichnungen der Planeten Jupiter und Mars.
Vorgelegt von Auwers. (Cl. 21.0et.)
Mathematik.
Koenigsberger, über verborgene Bewegung und unvollständige
Probleme. , (Cl. 4. März; S.B.)
Schwarz, über ein bestimmtes Problem der Variationsrechnung,
zu dessen vollständiger Lösung elementare Hülfsmittel aus-
reichen. (G.S. 8. April.)
Fuchs, zur Theorie der Abel’schen Functionen. (Cl. 20. Mai: 8. B.)
ı u(k)
v. Mangoldt. Prof. H., Beweis der Gleichung , a Vor-
y IX v
gelegt von Schwarz. (Cl. 20.Mai; S.B. 22. Juli.)
Weber, H., über die Differentialgleichungen der elektrolytischen
Verschiebungen. (Cl. 21.Oct.; S.B. 4. Nov.)
Koenigsberger, über die Darstellung der Kraft in der analyti-
schen Mechanik. (Cl. 21.0et.; S. 5.)
Schwarz, zur Lehre von den unentwickelten Funetionen. (G.S.
ENoy-; 2.2.)
Frobenius, über die Darstellung der endlichen Gruppen durch
lineare Substitutionen. (Cl. 18.Nov.: S.B.)
Molien, Th., über die Invarianten der linearen Substitutionsgrup-
pen. Vorgelegt von Frobenius. (Cl. 16.Deec.; S. B.)
Philosophie.
Dilthey, über die Hermeneutik von Baumgarten und Semler. (Cl.
4. Febr.)
Geschichte.
Dümmler, über den furor Teutonieus. (Cl. 18. Febr.; S. B.)
Schürer, über die Juden im bosporanischen Reiche und die Ge-
nossenschaften der aeßouevo Heov Uyrıorov ebendaselbst. (Cl
4. März; S. B.)
XIV
Köhler, über Probleme der griechischen Vorzeit. (G.S. 11. März;
SD.)
Harnack. zur ältesten Geschichte der K.Preulsischen Akademie der
Wissenschaften. (Cl. 18.März; Abh. unter dem Titel: Berichte
des Secretars der Brandenburgischen Societät der Wissen-
schaften J. Th. Jablonskı an den Präsidenten G.W. Leibniz
(1700-1715) nebst einigen Antworten von Leibniz.)
Koser, über die von der Archivverwaltung aus dem Nachlafs
von Feuillet de Conches angekaufte Sammlung der Briefe
Friedrich’s des Grofsen an Maupertuis. (G.S. 29. April.)
Lenz, über den Ausbruch des ersten Revolutionskrieges 1792.
(Cl. 6. Maı.)
Harnack, über die »Ordinationes« im Papstbuch. (Cl. 17. Juni;
S.B. 8. Julı.)
Wattenbach, über die Quirinalien des Metellus von Tegernsee.
(Cl. 22. Juli; S. B.)
Harnack, über die jüngst entdeckten Sprüche Jesu. (Cl. 22. Juli.)
Klostermann, Dr. E., die Schriften des Origenes in Hieronymus’
3rief an Paula. Vorgelegt von Harnack. (G.S. 29. Juli; S. BD.)
Sachau, über eine arabische Chronik aus Sansıbar. (Cl. 21.0ct.)
Hirschfeld, die Haeduer und Arverner unter Römischer Herr-
schaft. (G.S. 25.Nov.; S. BD. 9. Dec.)
Borchardt, Dr. L., ein neuer Königsname der ersten Dynastie.
Vorgelegt von Erman. (G.S. 25.Nov.; S. B.)
Staats- und Rechtswissenschaft.
Schmoller, über das deutsche Münzwesen des Mittelalters und
der beginnenden neueren Zeit. (G.S. 21. Jan.)
Brunner, Bericht über die Herstellung eines wissenschaftlichen
Wörterbuches der deutschen Rechtssprache. (Cl. 4. Febr.;
S. B.)
xV
Pernice, Fahrlässigkeit und Erfolghaftung im ältern römischen
Strafrechte. (G.S. 28. Oct.)
Brunner, zur Geschichte des germanischen Ständewesens. (Ul.
4.Nov.)
Schmoller, über die Entwickelung des deutschen Münzwesens
von der Einheitsmünze des Denars zu einem vielgliederigen
System kleiner. mittlerer und grofser Münzen 1300-1600.
(Cl. 16. Dec.)
Allgemeine, deutsche und andere neuere Philologie.
Weinhold, die mystische Neunzahl bei den Deutschen. (Cl.
4.März; Abk.)
Schmidt, E., die Quellen der »Comischen Einfälle und Züge«
Lessing’s. (Cl. 1.April; S.B. 22. Aprıl) Nachtrag. (G.S.
3. Juni; S. BD.)
Tobler, über die Legende des heiligen Julian in der schönen
Litteratur. (G.S. 15.Julı.)
Schmidt, E., Uhland’s »Märchenbuch des Königs von Frankreich«.
(6.8. 11. Nov.; S. B.)
Classische Philologie.
Diels, zur Pentemychos des Pherekydes. (G.S. 25. Febr.; S.B.)
Fränkel, Prof. M., Epigraphisches aus Aegina. Vorgelegt von
Kirchhoff. (G.S. 11. März; Abh.)
Vahlen, hermeneutische Bemerkungen zu Aristoteles’ Poetik. (G.S.
3. Juni; S. B.)
Ziebarth, Dr. E., neue attische Hypothekeninschriften. Vorgelegt
von Kirchhoff. (Cl. 17. Juni; S.B.)
Schmidt. J., Kretische Pluralnominative auf -e. (Cl. 18.Nov.)
Diels, über ein Fragment des Empedokles. (Cl. 2.Dec.; S.B.)
xXVI
Wendland, Dr. P., eine doxographische Quelle Philo’s. Vorgelegt
von Diels. (Cl. 2.Dec.; S. B.)
Kunstwissenschaft und Archaeologie.
Stumpf. zur Theorie der Consonanz. (G.S. 25. Febr.
p!:
Borchardt, Dr. L., über das Alter des Sphinx bei Giseh. Vor-
gelegt von Erman. (Cl. 8. Juli; S. B.)
Örientalische Philologie.
ürman, Bruchstücke koptischer Volkslitteratur. (Cl. 14. Jan.; Abb.)
Sachau, geographische Studien zu den Assyrischen Königsin-
schriften. (Cl. 22. April.)
Weber, A., Vedische Beiträge. VI. (Cl. 20.Mai; S.B.)
Schrader. über eine altbabylonische Thontafelinschrift. (Cl.
17. Junı.)
Verzeichnifs der im Jahre 1897 erfolgten Geldbewilligungen
aus akademischen Mitteln zur Ausführung wissenschaftlicher
Unternehmungen.
Es wurden im Laufe des Jahres 1597 bewilligt:
7200 Mark den Mitgliedern der Akademie Hrn. Diels und Stumpf
zur Fortsetzung der Arbeiten für die Herausgabe der
griechischen Commentatoren des Aristoteles.
25000 » dem Mitgliede der Akademie Hrn. Dilthey zur Her-
ausgabe der Werke Kants.
nr
XVII
3000 Mark dem Mitgliede der Akademie Hrm. Kirchhoff zur Fort-
6000
2000
39000
12000
3000
18000
s00
300
1500
00
>00
200
»
setzung der Arbeiten für Sammlung der griechischen
Inschriften.
den Mitgliedern der Akademie IIrn. Koser undSchmol-
ler zur Fortführung der Arbeiten für Herausgabe der
politischen Correspondenz König Friedrich’s 1.
dem Mitgliede der Akademie Hrn. Engler zur Heraus-
gabe von Monographieen afrikanischer Pflanzenfamilien.
dem Mitgliede der Akademie Hrn. Schulze zur Bear-
beitung und Herausgabe eines Werks »Das Thierreich.«.
dem Mitgliede der Akademie Im. Conze zu einer topo-
graphischen Aufnahme der Umgegend von Pergamon.
dem Mitgliede der Akademie Hın. Harnack zu weiteren
Vorarbeiten für die zum bevorstehenden Jubiläum ab-
zufassende Geschichte der Akademie.
dem Mitgliede der Akademie Hrn. Sachau zur Her-
ausgabe der Geschichte des Islam von Ibn Saad.
Hrn. Prof. Dr. Robert Bonnet in Greifswald zur Be-
arbeitung eines Werks über das elastische Gewebe
der Blutgefäfse.
Hrn. Dr. Gustav Brandes in Halle zu Studien über
Nemertinen.
Hrn. Prof. Dr. Emil Cohen m Greifswald zu Unter-
suchungen von Meteoreisen.
Hrn. Prof. Dr. Friedrich Dahl m Kiel zur Ordnung des
von ihm in Ralum gesammelten faunistischen Materials.
Hrn. Prof. Dr. Drechsel in Bern zur Fortführung sei-
ner Untersuchungen organischer Jodverbindungen bei
Thieren.
Hrn. Lehrer Philipp Fauth in Landstuhl zur Heraus-
gabe von Zeichnungen der Planeten Jupiter und Mars.
c
XVII
1500 Mark Hrn. Prof. Dr. Fritz Frech in Breslau zur Vollendung
YO0
3000
1000
>00
1200
850
700
900
2000
1100
3000
»
»
seiner geologischen Untersuchung der Radstädter
Tauern.
Hın. F. K. Ginzel m Berlin zur Herausgabe des von
ihm bearbeiteten speciellen Canons der Finsternisse für
das Gebiet der classischen Alterthumsforschung.
Hrn. Hofrath Dr. B. Hagen in Frankfurt a.M. zur Her-
ausgabe eines anthropologischen Atlas.
Hrn. Dr. Norbert Herz in Heidelberg zur weiteren Re-
duetion der von ıhm auf der v. Kuffner’schen Stern-
warte m Wien beobachteten Zonen.
Hrn. Dr. Richard Hesse in Tübmgen zu Untersuchun-
gen über die Augen niederer Seethiere.
Hrn. Dr. Carl Holtermann in Berlin zur Herausgabe
eines Werks über ostindische Pilze.
Hrn. Prof. Dr. Karl Hürthle ın Breslau zur Beschaffung
von Instrumenten für Momentaufnahmen von contra-
hirten Muskeln.
Hrn. Dr. Martin Krüger ın Berlin zu Untersuchungen
über die in thierischen und pflanzlichen Organen vor-
kommenden Xanthinstoffe.
Hrn. Dr. Gustav Lindau in Berlin zu lichenologischen
Studien.
Hrn. Dr. Max Lühe in Königsberg zur Untersuchung
der Fauna der Salzseen in Französisch Nordafrika.
Hrn. Prof. Dr. Fr. Paschen in Hannover zu Versuchen
über die Energie in den Spectren schwarzer Körper.
Hrn. Prof. Dr. G. Schweinfurth in Berlin zur Heraus-
gabe einer ersten Abtheilung der von ihm in der ara-
bischen Wüste von Aegypten aufgenommenen Karten.
1500
3000
1000
600
>00
1000
S00
1000
1500
1000
XIX
Mark Hrn. Dr. Ludwig Wulff in Schwerm ı. M. zur Fort-
»
setzung semer Versuche zur Herstellung künstlicher Kry-
stalle.
Hrn. Oberbibliothekar Dr. Karl de Boor in Breslau zur
Vorbereitung einer-Ausgabe der Chronik des Johannes
Monachos.
Hrn. Prof. Dr. Theodor Büttner-Wobst in Dresden
als Honorar für die Herausgabe des 3. Bandes des Jo-
annes Zonaras.
Hrn. Prof. Dr. Konrad Burdach in Halle zu Unter-
suchungen über Ursprung und Ausbildung der neuhoch-
deutschen Schriftsprache.
Hrn. Dr. Georg Ellinger in Berlin zu bibliothekarischen
Untersuchungen über neulateinische Litteratur in Süd-
deutschland und Oberitalien.
Hrn. Prof. Dr. V. Fausböll in Kopenhagen zur Heraus-
gabe des 7. (Register-) Bandes semes Jätaka-Buchs.
Hrn. Prof. Dr. Heinrich Finke in Münster 1.W. zur
Vollendung seiner Ausgabe der Acta concilii Constan-
tiensis.
Hrn. Prof. Dr. Jakob Freudenthal ın Breslau zu For-
schungen über das Leben Spinoza’s.
Hrn. Dr. Hans Graeven in Rom zu einer Gesammt-
ausgabe der antiken Elfenbeindiptychen.
Hrn. Prof. Dr. Joseph Hansen in Köln zu Vorarbeiten
für eine Geschichte der Inquisition in Deutschland.
Hrn. Dr. Joseph Paczkowski in Göttingen zur Fort-
setzung seiner agrarhistorischen Untersuchungen.
Hrn. Dr. Konrad Plath in Berlin zu einer Ausgrabung
der Königspfalz in Kırchheim ım Elsafs.
xXxX
360 Mark der G. Reimer’schen Buchhandlung in Berlin zur Her-
ausgabe von Gerhard, Etruskische Spiegel, Band >.
Heft 15. 16.
1000 » Hrn. Prof. Dr. Theodor Schiemann in Berlin zu Vor-
arbeiten für eine Geschichte Kaiser Nicolaus’ I. von
Rufsland.
500 » Hrn. Dr. Richard Schmidt in Eisleben zur Herausgabe
einer Übersetzung des Kämasütram.
400.» Hrn. Bibliothekar Dr. Georg Steinhausen m Jena für
die Herausgabe deutscher Privatbriefe des 14. und 15.
Jahrhunderts.
540 » der E. Weber’schen Buchhandlung m Bonn für die
Herausgabe des 3. Bandes des Joannes Zonaras.
Verzeichnifs der im Jahre 1897 erschienenen im Auftrage
oder mit Unterstützung der Akademie bearbeiteten oder
herausgegebenen Werke.
Commentaria in Aristotelem graeca. Vol.4. Pars 5. Ammonius in
Aristotelis de interpretatione commentarius ed. Adolfus
Busse. — Vol.14. Pars 2. loannis Philoponi in Aristotelis
libros de generatione et corruptione commentaria ed. Hiero-
nymus Vitelli. — Vol.15. Joannis Philoponi in Aristotelis
de aniıma libros commentaria ed. Michael Hayduck. Be-
rolinı 1897.
Corpus inscriptionum Atticarum. Appendix. Defixionum tabellae
Ätticae ed. Rieardus Wuensch. Berolini 1597. fol.
XXI
Corpus seriptorum historiae Byzantinae. loannis Zonarae epitomae
historiarum librı XVII. Tom. 3. Libri XIII-XVII. Ed. Theo-
dorus Büttner-Wobst. Bonnae 1897.
Politische Correspondenz Friedrich’s des Grofsen. Bd.24. Berlin
1897.
Prosopographia imperu Romanı saec. I. I. II. Pars 1.2. Ed. Eli-
marus Klebs et Hermannus Dessau. Berolini 1897.
Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhun-
derte. Hrsg. von der Kirchenväter-Commission. Hippolytus.
Bd. 1. Leipzig 1597. (Unternehmen der Wentzel-Stiftung.)
G. Lejeune Dirichlet’s Werke. Hrsg. von L.Kronecker. Fortgesetzt
von L. Fuchs. Bd.2. Berlin 1897: 4.
ürgebnisse der Plankton-Expedition der Humboldt -Stiftung. Bd. I.
F.f. Heinrich Simroth: Die Brachiopoden. — Bd@.Il. K. b.
Carl Chun: Die Siphonophoren. Kiel und Leipzig 1897. 4.
Altmann, Wilhelm. Die Urkunden Kaiser Siıgmunds (1410-1437).
Bd. 1. Lief.2. Bd.2. Lief. 1. Innsbruck 1897. 4.
Bethe, Albrecht. Das Nervensystem von Carcinus Maenas. Th. 1.
Mitth. 1.2. Bonn 1897. Sep.-Abdr.
R . Vergleichende Untersuchungen über die Func-
tionen des Uentralnervensystems der Arthropoden. Bonn 1897.
Sep.-Abdr.
Deussen, Paul. Sechzig Upanishad’s des Veda aus dem Sanskrit
übersetzt und mit Einleitungen und Anmerkungen versehen.
Leipzig 1897.
Dove, Karl. Deutsch-Südwest- Afrika. Ergebnisse einer wissen-
schaftlichen Reise ım südlichen Damaralande. Gotha 1896.
Fausböll, V. The Jataka together with its commentary bemg
tales of the anterior births of Gotama Buddha. For the
first time edited. Vol. 7. (Postscriptum and Index.) London
1897;
XXI
Gerhard, Eduard. Etruskische Spiegel. Bd.5. Bearbeitet von
A. Klügmann und G. Körte. Heft 15. 16. (Schlufs.) Ber-
lin 1897. 4.
Philonis Alexandrini opera quae supersunt ed. Leopoldus Cohn
et Paulus Wendland. Vol. 2. Berolini 1897.
Salomon, Wilhelm. Über Alter, Lagerungsform und Entstehungs-
art der periadriatischen granitischkörnigen Massen. Habili-
tationsschrift. Wien 1897.
Schmidt, Richard. Das Kamasütram des Vätsyäyana, die indi-
sche ars amatoria nebst dem vollständigen Commentare
(Jayamangala) des Yacodhara aus dem Sanskrit übers. und
hrsg. Leipzig 1897.
Volkens, Georg. Der Kilimandscharo. Berlin 1597. (Unternehmen
der Humboldt-Stiftung.)
Veränderungen im Personalstande der Akademie im Laufe des
Jahres 1897.
Zum Ehren-Mitgliede der Gesammt- Akademie wurde gewählt:
Se. Majestät der König von Schweden und Norwegen, Oskar Il.
am 29. Juli 1597, bestätigt durch K. Cabinetsordre vom
14. September 1897.
Zu eorrespondirenden Mitgliedern wurden gewählt:
in der physikalisch-mathematischen Classe
Hr. Otto Bütschli in Heidelberg am 11. März 1597,
» Gaston Darboux in Paris am 11. Februar 1897,
» Ernst Ehlers in Göttingen am 21. Januar 1597,
» August Weismann in Freiburg ı.B. am 11. Mäız 1897;
Eh:
Ei
Eh:
XXIII
in der philosophisch -historischen Classe
". Ernst Immanuel Bekker in Heidelberg am 29. Juli 1897,
)
Karl Adolf von Cornelius ın München am 28. October 189
7%
Bernhard Erdmannsdörffer in Heidelberg am 28.October 1897
Gaston Maspero in Paris am 15. Juli 1897,
Girolamo Vitelli in Florenz am 15. Juli 1897.
Gestorben sind:
das ordentliche Mitglied der physikalisch-mathematischen UClasse:
Karl Weierstrafs am 19. Februar 1897:
das ordentliche Mitglied der philosophisch-historischen Classe:
Wilhelm Wattenbach am 20. September 1897:
die correspondirenden Mitglieder der physikalisch-mathema-
tischen Ulasse:
Francesco Brioschi ın Mailand am 13. December 1597,
Alfred-Louis-Olivier Des Cloizeaux ın Paris am 8. Maı 1897,
Remigius Fresenius m Wiesbaden am 11. Juni 1597,
Rudolf Heidenhain in Breslau am 13. October 1897,
Vietor Meyer in Heidelberg am 8. August 1897,
Ernst Schering in Göttingen am 2. November 1897,
Albrecht Schrauf m Wien am 29. November 1597,
Japetus Steenstrup in Kopenhagen am 20. Juni 1897,
James Joseph Sylvester m London am 15. März 1897,
August Winnecke in Stralsburg am 2. December 1897.
XXIV
Verzeichnils
der
Mitglieder der Akademie der Wissenschaften.
Am Schlusse des Jahres 1897.
l. Beständige Secretare.
Gewählt von der
Hr. Auwers > 202002000. phys.-matlı. Olasse
Sollen RB: phil.- hist. -
Se ee Fenhilhist -
= Woldeyer ze En phys.-math. -
Il. Ordentliche Mitglieder
der physikalisch-mathematischen Classe der philosophisch -historischen Classe
Hr. Heinrich Kiepert
Hr. Karl Friedr. Rammelsberg Se Be
- Albrecht Weber .
- Theodor Mommsen
- Adolf Kirchhoff.
- Arthur Auwers a
- Rudolf Virchow ee u, 26 0
- Johannes Vahlen
- Eberhard Schrader
- Alexander Conze
- Simon Schwendener .
- Hermann Munk . A Hrn
= Adolf Tobler
- Hermann Diels .
Datum der Königl.
Bestätigung
1578 April 10.
1893 April 5.
1895 Nov. 27.
1896 Jan. 20.
Datum der Königlichen
Bestätigung
1853 Juli 25.
1855 Aug. 15.
1857 Aug. 24.
1858 April 27.
1860 März 7.
1366 Aug. 18.
1873 Dec. 22.
1874 Dee. 16.
1875 Juni 14.
1877 April 23.
1879 Juli 13.
1880 März 10.
1881 Aug. 15.
1581 Aug. 15.
XXV
der physikalisch mathematischen Ulasse der philosophisch-historischen Ulasse Dance Range
m lm U —< =
IHir, ns Jbemahlla 0 Wo ee ee ee) Ve) ES ran 7
Een WalNeimE Walde 1854 Febr. 18.
Hr. Alfred‘ Pernice . . .,. . 1884 April9.
- Heinrich Brunner . ‘. . . 1884 April 9.
- Johannes Schmidt . . . . 1884 April 9.
SL ee en 18842 Apriled:
ne: anoh Schulz ee 2188 Yunm2l.
- Otto Hirschfld. . . . . 1885 März 9.
- Wilhelm von Bezold. . . . - 886 Aprilide
- Eduard Sachau. . . . . 1887 Jan. 24.
- Gustav Schmoll® . . . . 1887 Jan. 24.
- Wilhelm Dithey . . . . 1887 Jan. 24.
Orr 88 FA prIlNG;
EN ee 58 Apr:
- Ernst Dümmle . . . . 1888 Dee. 19.
- Ulrich Köhler . . . . . 1888 Dee. 19.
- Karl Weinhold . . . . . 1889 Juli 25.
Ana EEnglen 2 ne ee 1890 Jan. 29.
- Adolf Harnack. . . . - 1890 Febr. 10.
Hermann Korlı Vogel en 1892 März 30.
ee. 18927 März/30.
Hermann, Amandus. Schwarz mr... 1892 Dee. 19.
- Georg Frobenius a eann ld:
Eee ee Ya 1898,. Hebr..6:
acer © N AAN SER LEE 219° 18939 "Aprilim.
ENGEL me ee ERELAD ANE 1A N Turms II
- Karl Sumpf . . . . . 1895 ‘Febr. 18.
- Erich Schmidt . . . . . 1895 Febr. 18.
- Adolf Erman . . . . . 1895 Febr. 18.
rc, Kohlrausch ee 1895 Aug. 13.
nd Warburg) ee ee ee en ee 1895 Aug. 13.
Er lakob, Heinrich want Hof 2. u. nun nr 1896 Febr. 26.
= Remhold Koser ° . . . B 1896 Juli 12%
- Max Lenz . - : -» . . 1896 Dec. 14.
XxXVI
Il. Auswärtige Mitglieder
der physikalisch-mathematischen Classe der philosophisch -historischen Ulasse
Hr. Robert Bunsen in Heidelberg .
- Charles Hermite ın Paris
Hr. Otto von Boehtlingk in
Leipzig
- Albert von Kölliker in Würz-
burg ER BEE or,
- Eduard Zeller in Stuttgart
IV. Ehren-Mitglieder.
Earl of Orawford and Balcarres in Dunecht, Aberdeen
Hr. Max Lehmann in Göttingen . ;
Se ntdung aBoltemannene\Vgen Sr ee er
Se. Majestät Oskar Il., König von Schweden und Norwegen
Datum der Königlichen
Bestätigung
1562
1884
1885
1892
1895
März 3.
Jana2.
Nov. 30.
März 16.
Jan. 14.
Datum der Königlichen
Bestätigung
(u
1883
1887
1888
1897
Juli 30.
Jan. 24.
Juni 29.
Sept. 14.
V. Correspondirende Mitglieder.
Physikalisch-mathematische Classe.
Hr. Ernst Abbe in Jena
Sir
Alexander Agassiz ın Cambridge, Mass.
Adolf von Baeyer in München .
Friedrich Beilstein in St. Petersburg
Eugenio Beltrami in Rom
Eduard van Beneden in Lüttich
Otto Bütschli in Heidelberg .
Stanislao Cannizzaro in Rom ’
Ehwin Bruno Christoffel in Stralsburg
Ferdinand Cohn ın Breslau .
Alfonso Cossa in Turin
Laigi Cremona in Rom
Gaston Darboux ın Paris
Richard Dedekind ın Berkelwas
Ernst Ehlers in Göttingen
Rudolf Fittig in Stralsburg .
Walter Flemming in Kiel
ir Edward Frankland in Reigate, Surrey
". Karl Gegenbaur ın Heidelberg .
* Archibald (reikie ın London .
". Woleott Gibbs m Newport. R. 1. th Le, N
David Gill, Königl. Sternwarte am Cap der Guten Hoffnung
Narl Wilhelm von Gümbel in München
Julius Hann in Graz
Franz von Hauer in Wien
Wilhehn His in Leipzig
Wilhelm Hlittorf in Münster .
‚Joseph Dalton Hooker in anagdals
William Huggins in London.
Lord Kelvin m Glasgow
Hr.
Leo Koenigsberger in Heidelbers
Carl von Kupfer in München .
Rudolf Leuckart in Leipzig .
Franz von Leydig in Würzburg
Rudolf Lipschitz in Bonn
Moritz Loewy in Paris
Eleuthere Mascart in Paris
Karl Neumann in Leipzig
XXVIl
Datum der Wahl
a ——
1896
1895
1884
1388
1881
1887
1897
1888
1568
1889
1395
1886
1897
1880
1897
1896
1893
1875
1884
1889
1885
1890
1595
1589
1881
1893
1884
1854
1895
1871
1893
1896
1887
1887
1872
1895
1895
1593
d°
Oct. 29.
Juli 18.
Jan: 17.
Dee. 6
Jan:!6o.
Nov. 3.
März 11.
Dee. 6.
April 2
Dee. 19.
Juni 13.
Juli 15.
Febr. 11.
März 11.
Jan. 21.
Oct. 29.
Juni 1.
Nov. 18.
Jan:'l7.
Febr. 21
Jan. 29
Juni 5.
Juni 13.
Febr. 21.
März 3.
Juni 1.
Juli 31.
Juni 1.
Dee. 12.
Juli 13.
Mai 4.
April 30.
Jan. 20.
Jan. 20.
April 18.
Dee. 12.
Juli 18.
Mai 4.
XXVII
Hr. Georg Neumayer in Hamburg
Simon Newcomb in Georgetown Hirehis, D. C. x
Max Nöther ın Erlangen .
Wilhelm Pfeffer in Leipzig
Eduard Pflüger in Bonn .
Henri Poincare ın Paris
Georg Quincke in Heidelberg
William Ramsay in London
Lord Rayleigh in Witham, Essex .
Hr. Friedrich von Recklinghausen in Seafebure :
Gustav Retzius in Stockholm
Ferdinand Freiherr von Richthofen in Berlin
Wilhelm Konrad Röntgen in Würzburg
Heinrich Rosenbusch in Heidelberg
George Salmon in Dublin
Giovanni Virginio Schiaparelli in Malaen
ir George Gabriel Stokes in Cambridge
". Eduard Strasburger in Bonn
Otto von Strwwe in Karlsruhe
August Töpler in Dresden
Gustav Tschermak in Wien
Heinrich Weber in Stralsburg
August Weismann in Freiburg 1. B.
Gustav Wiedemann in Leipzig
Heinrich Wild ın Zürich .
Alexander William Willamson ın Eich Pitfold, Haslemere
‚Johannes Wislicenus in Leipzig .
Adolf Wüllner in Aachen .
'erdinand Zirkel in Leipzig .
Karl Alfred von Zittel in Manchen
Philosophisch-historische Classe.
. Wilhelm Ahlwardt in Greifswald
Graziadio Isaia Ascoli ın Mailand .
Theodor Aufrecht in Bonn
Ernst Immanuel Bekker in Heidelberg
Otto Benndorf in Wien
Franz Bücheler in Bonn .
Georg Bühler in Wien
Ingram Bywater in Oxford .
Antonio Maria Ceriani ın Mailand
Datum der Wahl
ern
1896 Febr. 27.
1883 Juni 7.
1896 Jan. 30.
1889 Dee. 19.
1873. April 3.
1896 Jan. 30.
1879 März 13.
1896 Oct. 29.
1896 Oct. 29.
1855 Febr. 26.
1893 Juni 1.
1881. März 3.
1896 März 12.
1887 Oct. 20.
1873 Juni 12.
1879 Oct. 23.
1859 April 7.
1889 Dee. 19.
1868 April 2.
1879 März 13.
1881 März 3.
1896 Jan. 30.
1897. März IR
1879 März 13.
18817 Jan226-
1875 Nov. 18.
1896 Oct. 29.
1889 März 7.
1887 Oet. 20.
1895 Juni 153.
1888 Eebr. 2.
1887 März 10.
1864 Febr. 11.
1897 Juli 29.
1893 Nov. 30.
1882 Juni 15.
1878 Apnil 11.
1887 Nov. 17.
1869 Nov. 4
XXIX
Datum der Wahl
Ar. Karl Adolf von Cornelius in München . . . „2.2... 1897 Oct. 28.
Edward Biyles Cowell in Cambridge 1593 A pri. 20.
DeopDLAmEIDelsien me Banısa a, 2 ee ken: 1.867, April. 11.
HemmicheWenyie in om a. al una 18907 Dee.1 18.
Walhelm Dittenbergr m Halle . . . . . 2... Iunkra u. „1882 Juni 15.
Louis Duchesne in Rom . . 1893,
Bernhard Erdmannsdörfer in realer MEI EOCLTZS.
Julius Ficker, Ritter von Feldhaus ın Innsbruck 12189377 Jul2 0:
Kunoktseliersinalleidelberern ea 9 185 an, 29.
Paul Foueart in Paris. . . BE SA uhr 7
Karl Immanuel Gerhardt in GEer ARDSE NE N all dantal.
eodorAomperz in Waen 2 2 02 02 0 rm cs 21893, 0.119.
Wilhelm von Harte n Wien . . 2. 2 2 mel... 0.0.1893. Oct. 19.
Karl von Hegel in Erlangen. . . ES ES STH April:
‚Johann Ludwig Heiberg in Bo pentisgen ee 1896 Märzeil2:
Antoine Ileron de Villefosse m Paris . . . . . . 2218937 "Rebr.. 2:
HermarnvonsHolsenn Chicago. 22. Es Fre 1589 Julı725.
Theophile llomolle in Athen. . . aysal. ea SSAZ Nov. 17.
Friedrich Imhoof- Blumer in W ne rau:
Vratostau.Jagie na Whenlkr ke. Fa 1880 DEE. 16:
Kor IUsta Bonnie re el. 251893 Nov. 30.
BanagwuslRabbudassing Athen, © scan a a l887ur Nov. 17.
George Karbel nn \xöttingen.. 14, Sa ee ae fear SIT lumı 4.
Franz KRielhorn in Göttingen - - >» 2 2.2.2..2020...1880 Dec. 16.
Georg Friedrich Knapp in Stralsburg. . . . . 2..2.....1893 Dee. 14.
Sigismund Wilhelm Koelle in London. . . . 2. 2... ...1855 Mai 10.
Stephiömos' Kumanudes" in Athen WW. nr in 2.0.0... 18700 Nov. 3.
Basil Latyschew in St. Petersburg. . . » 2 2.2 ..2.....1891 Juni 4.
(Tiac0omoN Bumbr850° in Rom 2 een 1874 ANov. 12.
Gaston Mlasperopin»Parısen Ms Halt sure ee 1897 ‚Juli 15.
Konrad von Maurer in München . . -. . 2 2.2..2.....1889 Juli 25.
Adolf Michaelis in Stralsburg . re unsoile
Marz MallernOxtorde ee RE eo Jan: 12:
Theodor Noldeke ın Stalsburg ff. 2 | „m na Pr a2 18785 SEebr. 14.
uns "Oppert in Paris! WEN TER. Kaas nl. 21862,1\März. 13.
Gast karısuinnRanistt, AmIEr en ihee Hlena 1882, April 20.
(Georges Perrot in Paris . . Er a3 ulinlia.
Wilhelm Pertsch n Gotha . . . 2. 2 2 2.2.20.2...1888 Febr. 2.
Wilhelm Radlop; ın St. Petersburg. . .». . 2». 2.0... 1895 Jan. 10.
Behr Ravassson ın Pans 2 a ee, ee, Ir 1547 uni 10.
Wiommibbeekhinakeipziois „MA ISEREBN N EN. en 1896 Juli 16.
Datum der Wahl
——
Eirkmil Schürersan Göttingen. 2.2.0. Er 3):
Se ieodor won» Sıckel un Rom 22 RE te BeNDrO:
= Olmstoph'von Sıqwart in Tübıngen . . „n... 07.0. 771885 Jan. 129.
-© Frmedrich von Spiegel in München. !. 2. 2 72 Fr 862MArzil3:
-eiellam, Stubbs in Oxford ee Ne8s2 en Marzr30:
Sir Edward Maunde Thompson in London . . . . ........1895 Mai 2.
Er'@ Hermann” Ysener ın. Bonn 7%...
- HGarolamo Vatelı ın“ Blorenz SEIT ua:
Se Curt Wachsmuch annkeipze Nele Turıpet:
=: /Hemmch!Wel ın PBatis mn BIER
- Ulrich von Wilamowitz- Möllendorff in Westend, Berlin. . . 1891 Juni 4.
=S Truchvig) Wammer. ın Kopenhagen . Dres:
=eeFerdinandWüstenjeld, ın Hannover 2 res7sekebr.27:
Karl Zangemeister in Heidelberer. re SSeRebriil)
Wohnungen der ordentlichen Mitglieder.
Hr. Dr. Aumwers, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Lindenstr. 91. SW.
- von Bezold, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Lützowstr. 72. W.
- Brunner, Prof., Geh. Justiz-Rath, Lutherstr. 36. W.
- Conze, Professor, Villen-Colonie Grunewald, Wangenheimstr. 17.
- Dumes, Professor, Fasanenstr. 82. W.
- Diels, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Magdeburgerstr. 20. W.
- Dilthey, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Burggrafenstr. 4. W.
- Dümmler, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Königin Augusta-Str. 53. W.
- Engler, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Motzstr. 89. W.
- Erman, Professor, Südende, Bahnstr. 21.
- Fischer, Professor, Geh. Regierungs-Rath, Dorotheenstr. 10. NW
- Frobenius, Professor, Charlottenburg, Leibnizstr. 70.
- Fuchs, Professor, Rankestr. 14. W.
- Harnack, Professor, Fasanenstr. 43. W.
- Hertwig, Professor, Geh. Medieinal-Rath, Maafsenstr. 34. W.
- Hirschfeld, Professor, Charlottenburg, Carmerstr. 3.
- van't Hoff, Professor, Charlottenburg, Uhlandstr. 2.
- Kiepert, ‚Professor, Lindenstr. 11. SW.
- Kirchhoff, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Matthäikirchstr. 23. W.
XXXI
Hr. Dr. Klein, Prof., Geh. Bergrath, Am Karlsbad 2. W.
Köhler, Professor, Königin Augusta-Str. 42. W.
Kohlrausch, Professor, Charlottenburg, Marchstr. 25°.
Koser, Prof., Geh. Ober-Regierungs-Rath, Director der Königl.
Staatsarchive und des Geheimen Staatsarchivs, Charlottenburg,
Hardenbergstr. 20.
Landolt, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Albrechtstr. 14. NW.
Lenz, Professor, Augsburgerstr. 52. W.
Möbius, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Sigismundstr. 8. W.
Mommsen, Professor, Charlottenburg, Marchstr. 8.
Munk, Professor, Matthäikirchstr. 4. W.
Pernice , Prof., Geh. Justiz-Rath, Genthinerstr. 13". W.
Planck, Professor, Tauentzienstr. 18%. W.
Rammelsberg, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Grofs-Lichterfelde, Belle-
vuestr. 15.
Sachau, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Wormserstr. 12. W.
Erich Schmidt, Professor, Matthäikirchstr. S. W.
Joh. Schmidt, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Lützower Ufer 24. W.
Schmoller, Professor, Wormserstr. 13. W.
Schrader, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Kronprinzen-Ufer 20. NW.
Schulze, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Invalidenstr. 43. NW.
Schwarz, Professor, Villen-Colonie Grunewald, Boothstr. 33.
Schwendener, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Matthäikirchstr. 28. W.
Stumpf, Professor, Nürnbergerstr. 14/15. W.
Tobler, Professor, Kurfürstendamm 25. W.
Vahlen, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Genthinerstr. 22. W.
Virchow, Prof., Geh. Medieinal-Rath, Schellingstr. 10. W.
Vogel, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Potsdam, Astrophysikalisches
Observatorium.
Waldeyer, Prof., Geh. Medieinal-Rath, Lutherstr. 35. W.
Warburg, Professor, Neue Wilhelmstr. 16. NW.
Weber, Professor, Ritterstr. 56. SW.
Weinhold, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Hohenzollernstr. 15. W.
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Gedächtnifsrede auf Ernst Curtius.
! LE Eee \.onarn
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Rx t
I HHRIEHROHLERS
Gehalten in der öffentlichen Sitzung am 1. Juli 1397
[Sitzungsberichte St. XXXI1. S. 712].
Zum Druck eingereicht am gleichen Tage, ausgegeben am 7. Juli 1897.
|Be ist eine lobenswerthe Einrichtung unserer Akademie, an dem Tage,
weleher dem Andenken ihres Stifters gewidmet ist, auch der Mitglieder
zu gedenken, welche im Laufe des Jahres aus dem Leben abberufen worden
sind. Einer der ersten schweren Verluste, welcher unseren Kreis im ver-
ilossenen akademischen Jahre getroffen hat, war der Tod von Ernst Cur-
tius. Wenn ich es übernommen habe, dem Verstorbenen, mit welchem
mich von meiner Studienzeit in Göttingen her mannigfache Bande der Dank-
barkeit und immer erneuter wissenschaftlicher und persönlicher Beziehungen
verknüpft haben, hier die Worte des Gedächtnisses zu sprechen, so habe
ich mich nieht ohne ernste Bedenken dazu entschlossen. Was Gurtius als
Gelehrter und als Mensch für die Akademie, zu deren langjährigsten Mit-
gliedern er gehörte und der er mehr als zwanzig Jahre als Secretar einen
Theil seiner besten Kraft gewidmet hat, für die Wissenschaft und für die
gebildete Welt gewesen ist, erschöpfend darzustellen, würde nicht allein
mein Vermögen, sondern auch die Grenzen der mir vergönnten Zeit weit
überschreiten. Meine Aufgabe muls sich darauf beschränken, seine wissen-
schaftliche Thätigkeit in ihren Hauptrichtungen, wenigstens in den Um-
rissen zu zeichnen und so gut ich es vermag, ein Bild seiner Persönlich-
keit zu entwerfen; denn wenn von einem unserer grolsen Gelehrten der
Satz gilt, dafs die persönliche Bedeutung von der wissenschaftlichen Wirk-
samkeit nicht zu trennen sei, so trifft er für Öurtius zu. Auch in dieser
Beschränkung aber hat sich mir die Aufgabe, wenn sie nicht allzu sehr
hinter dem Ziele zurückbleiben soll, als eine nicht leichte dargestellt.
Keinem, der Curtius’ Leben überblickt, kann die Bemerkung ent-
gehen, dafs dasselbe von Anfang an unter ungewöhnlich günstigen Bedin-
gungen verlaufen ist; Curtius hat viel Glück gehabt in seinem Leben, wie
1*
4 Ur KöHrteEr:
man es wohl aussprechen hört. Im Jahr 1814 in der alten Hansestadt
Lübeck als Sohn eines hochgebildeten, patriotisch gesinnten Vaters geboren
und von der Natur körperlich wie geistig mit freigebiger Hand ausgestattet,
ist er in Verhältnissen aufgewachsen, welche eine harmonische Ausbildung
der ihm verliehenen Gaben und Fähigkeiten ermöglichten und ihn gegen
den niederdrückenden Einflufs materieller Nothdurft sicher stellten. Seiner
Vaterstadt hat Curtius, auch nachdem ihm die geschichtliche Mission
Preufsens in Deutschland zum Bewufstsein gekommen und nachdem die
Stunde der Erfüllung geschlagen hatte, mit der pietätvollen Treue, welche
einen Grundzug seines Wesens bildete, angehangen. Curtius’ Universitäts-
studien fallen in die Zeit, in welcher die elassische Philologie, die ihn schon
auf dem Gymnasium an sich gezogen hatte, als Alterthumskunde einen
neuen Inhalt gewonnen hatte und damit zu ihrer gröfsten Blüthe gelangte,
und es ist ihm vergönnt gewesen, in Bonn, Göttingen und Berlin den Lehr-
vorträgen derjenigen Männer, welche an der Spitze dieser wissenschaft-
lichen Bewegung standen, zu folgen und dieselbe in vollem Mafse auf seinen
empfänglichen Geist einwirken zu lassen. An die Lehrjahre haben die
Wanderjahre sich angeschlossen: eine glückliche Fügung hat Curtius un-
mittelbar von der Universität weg nach Griechenland, welches er sich be-
reits gewöhnt hatte als seine geistige Heimath anzusehen, geführt und ihn
während eines mehrjährigen Aufenthaltes in Athen im Hause des dahin
übergesiedelten Philosophen Brandis, eines seiner Bonner Lehrer, und
durch Reisen auf dem Festlande, sowie auf den Inseln, die lebendige An-
schauung des elassischen Bodens und seiner Denkmäler sich erwerben lassen,
die von so grofser Bedeutung für seine spätere wissenschaftliche Thätigkeit
gewesen ist. Curtius’ Heimkehr aus Griechenland fällt in den Anfang
des Jahres 1841; ein Paar Jahre später, nachdem er mittlerweile eine öffent-
liche Lehrthätigkeit in Berlin übernommen hatte, ist er, wie bekannt in
Folge eines vor einem auserlesenen Publicum gehaltenen Vortrags über die
Akropolis von Athen als Erzieher des jungen Prinzen Friedrich Wilhelm
in das persönliche Verhältnifs zu dem, dem Throne am nächsten stehenden
Zweige des preufsischen Königshauses getreten, welches den Höhepunkt
seiner Entwickelung bezeichnet. In seiner Stellung zum Hofe hat sich Cur-
tius den freien Blick, der über die Schranken des berufsmäfsigen Gelehrten-
thums weit hinaus reichte, und zugleich die weltmännischen Formen, welche
auch den Gelehrten zieren, angeeignet; sein Verhältnifs als Prinzenerzieher
ne A ie EEE TEE
Gedächtnifsrede auf Ernst Curtius. 5
brachte ihn ungesucht in Berührung mit allen Gröfsen auf den Gebieten
der Wissenschaft, der Litteratur und Kunst, welche in der Mitte des Jahr-
hunderts in Berlin versammelt waren, und diente auch insofern dazu, seinen
geistigen Horizont auszudehnen. Die Bedeutung, welche es für die Wissen-
schaft hatte, dafs Curtius durch die erfolgreiche Hingebung, mit welcher
er sich seiner paedagogischen Aufgabe widmete, in immer steigendem Mafse
sich die Huld und das Vertrauen der fürstlichen Eltern, des nachmaligen
Königs und Kaisers Wilhelm und seiner hochsinnigen Gemahlin, erwarb,
sollte später zu Tage treten. Gewils, Curtius hat viel Glück im Leben
gehabt, aber eben so sicher ist es, dafs die Gunst des Geschickes nie
einem Würdigeren zu Theil geworden ist.
Curtius selbst hat in seinen späteren Jahren mit dem frommen Sinn,
der ihm eigen war, in der Gestaltung seines Lebens die Hand Gottes er-
kannt. Den Männern, welche ihn in die Wissenschaft eingeführt und seinen
Studien die Richtung gegeben hatten, hat er bis zum letzten Athemzuge
die Dankbarkeit gewahrt. Ungezählte Male nennt er in seinen Schriften
Böckh, Weleker und K. Ötfr. Müller als seine Lehrer und Vorbilder.
Zu Welcker scheint er in ein näheres persönliches Verhältnifs nie getreten
zu sein; um so inniger gestalteten sich nach der Heimkehr aus Griechenland
seine Beziehungen zu Böckh. Am stärksten hat doch Otfr. Müller auf
Curtius eingewirkt, nicht allein weil dieser ihm im Lebensalter näher stand
als Böckh und Weleker, sondern weil Curtius und Müller grundver-
wandte Naturen waren. Der angeborene Sinn für die Form und die ideale
Auffassung waren Beiden ebenso gemeinsam wie die lebhafte Einbildungs-
kraft, nur dafs diese für den Gelehrten und Schriftsteller wesentlichen
Eigenschaften bei Curtius, ich möchte sagen, in der höheren Potenz vor-
handen, der Formensinn noch ausgebildeter, die Phantasie blühender waren.
Wenn Curtius an Müller die Frische des Geistes, welche die Schönheit des
Alterthums mit poetischem Sinne auffafste und in edler Form zum Ausdruck
brachte, und an einer anderen Stelle die unglaubliche geistige Elastieität
preist, die denselben auf den verschiedensten Gebieten thätig sein liefs, so
läfst sich das alles unverändert auf ihn selbst anwenden. Curtius’ erstes
bedeutendes Werk, durch welches er sich die ihm gebührende Stelle in der
gelehrten Welt eroberte, ist in Folge einer direeten Anregung Otfr. Müller’s
entstanden. Schon durch die Lehrvorträge Müller’s in Göttingen war in
Curtius der Sinn für die geographischen und topographischen Verhältnisse
6 U. Könrer:
der elassischen Länder wachgerufen worden. In Müller war seit der Ab-
fassung der Geschichten hellenischer Stämme und Städte der Gedanke ge-
reift, eine allgemeine Geschichte des griechischen Volkes zu schreiben, welche
alle Seiten des nationalen Lebens umspannen sollte; als derselbe auf seiner
griechischen Reise, von welcher er nicht heimkehren sollte, in Athen an-
gekommen war, machte er Öurtius den Vorschlag, sich mit ihm zu ver-
einigen und eine Beschreibung des griechischen Landes als einleitendes
Werk zu der allgemeinen Geschichte zu liefern. Daraus ist als Torso Cur-
tius’ Werk über den Peloponnes entsprungen, dessen beide Bände in den
Jahren 1851 und 1852 ans Licht traten. Als historisch-geographische Be-
schreibung hat CGurtius seinen Peloponnes auf dem Titelblatt bezeichnet;
er hat damit selbst dem Leser im voraus den Schlüssel zum Verständnils
des Werkes als Ganzes in die Hand gegeben. Die nach allen Seiten hin
bahnbrechende wissenschaftliche Bewegung, die in der ersten Hälfte dieses
Jahrhunderts in Berlin herrschte, hatte sich auch auf die Erdkunde er-
streckt; es waren die durch Karl Ritter begründeten Anschauungen von
der Wechselwirkung der natürlichen Verhältnisse der Länder und des ge-
schicehtlichen Lebens der Bewohner, welche von Gurtius in eigenartiger
und selbstständiger Weise auf einen Theil von Griechenland angewendet
wurden. Die lebendige Gestaltungskraft und die Beherrschung des Stoffes
war dem Begründer der vergleichenden Erdkunde versagt. An Reisewerken
über den Peloponnes fehlte es nicht: das in diesen aufgespeicherte Material
wurde von Curtius nach bestimmten Gesichtspunkten gesichtet und durch
die localen Anschauungen, welche er selbst sich auf seinen Wanderungen
erworben hatte, bereichert und belebt: auf Grund der eigenen und der
fremden Beobachtungen führt er dem Leser in durchsiehtiger Klarheit und
plastischer Anschaulichkeit, mit feinsinnigem Verständnils immer nur das
Wesentliche und Charakteristische im Auge habend, im beständigen Hin-
blick auf die Geschichte ein Bild des Peloponnes nach seiner natürlichen
Gliederung im Ganzen und im Einzelnen und seiner antiken Denkmäler und
Überreste vor. So steht das Werk über den Peloponnes bis auf den heutigen
Tag als ein in seiner Art unerreichtes Vorbild da; Curtius selbst hat
meines Bedünkens das, was er im Peloponnes als Forscher und Schrift-
steller geleistet hat, in keinem seiner späteren Werke überboten. Partien
wie die lichtvolle Schilderung der Landschaft Lakonien im zweiten Bande
gehören zu dem Gelungensten, was Curtius geschrieben hat. In der all-
Gedächtnifsrede auf Ernst Curtiuus. 7
gemeinen Einleitung des Werkes, in welcher der Bau der gewaltigen Halb-
insel, die in den Peloponnes als letztes Glied ausläuft, vor den Augen des
Lesers zergliedert wird, sind auch die Gründe angegeben, welche eine be-
sondere Behandlung dieses Theiles Griechenlands rechtfertigen; die Wissen-
schaft hat es zu beklagen, dafs der ursprüngliche Plan, welcher das ganze
griechische Land umfafste, nieht zur Ausführung gekommen ist.
Das Werk über den Peloponnes erschlofs Curtius die Pforte der Aka-
demie; in der Ansprache, mit welcher er sich am Leibniz-Tage 1853 in
den akademischen Kreis einführte, finde ich den frühsten Hinweis auf das
Werk, welches Curtius’ Namen weit über die gelehrten Kreise hinaus in
der gebildeten Welt bekannt machen sollte. Schon 1857 konnte der erste
Band der griechischen Geschichte erscheinen; damals nahm Curtius bereits
seit einem Jahre den Lehrstuhl an der Georgia- Augusta ein, den vor ihm
Welcker und Otfr. Müller innegehabt hatten. In der Stille des Göttinger
Lebens, welche erst durch das Kriegsjahr 1866 unterbrochen wurde, ist
die griechische Geschichte zu Ende gereift: der Abschlufs des dritten Bandes,
erschienen 1867, bezeichnet in litterarischer Beziehung auch den Abschlufs
von Öurtius’ Thätigkeit in Göttingen; im nächsten Jahr ist Gurtius zurück-
gekehrt nach Berlin, um hier die Doppelstellung als Vertreter der Archäo-
logie an der Universität und Abtheilungsdireetor in den Königlichen Museen
zu übernehmen, welche er, zum Segen der beiden Anstalten, bis zu seinem
Ende bekleidet hat. Den rechten Standpunkt für eine Würdigung von
Curtius’ griechischer Geschichte zu gewinnen, ist schon heutzutage nicht
ganz leicht. Curtius wurzelte mit seinen Anschauungen vom Alterthum in
der goldenen Zeit der deutschen Litteratur; das Hellenenthum war für ihn,
was es für Herder, Goethe, Schiller gewesen war, der Inbegriff freier und
edler Menschlichkeit. Nur in einem idealen Lichte konnte Curtius die
Geschichte des griechischen Volkes darstellen wollen. Die Culturbewegung,
die fortschreitende Entwickelung in Litteratur und Kunst, in Religion und
Wissenschaft ist dasjenige, was ihm am Herzen liegt; das staatliche und
politische Leben steht ihm weniger nahe; um so lebhafter werden die wirk-
lichen oder vermeintlichen Stammesunterschiede in der Geschichtserzählung
betont. Die griechische Colonisation wird mit besonderer Liebe beschrieben,
weil durch die Coloniegründungen der griechischen Cultur und Bildung neue
Stätten geschaffen wurden. Dafs die griechische Geschichte bei dieser Auf-
fassung von Gurtius nicht über den Beginn des politischen und geistigen
8 U. Könrer:
Verfalles der Nation hinabgeführt werden konnte, ist klar. Die localen
Ansehauungen, welche er gewonnen hatte, lieferten ihm den festen Hinter-
grund für die Geschichtserzählung, liefsen ihn aber auch Manches richtiger
sehen als seine Vorgänger. Dafs zwischen den westlichen und östlichen
Gestaden des ägeischen Meeres seit den ältesten Zeiten ein Völkerverkehr
stattgefunden haben müsse, hatte ihm der Blick auf die Inselwelt gelehrt.
In bestimmtem Gegensatz zu Otfr. Müller, dem er so gern folgte und
dessen Anschauungen auf seine Auffassung der älteren Zeit wesentlich ein-
gewirkt haben, trat er energisch dafür ein, dafs die griechische Cultur in
ihren Anfängen von der älteren orientalischen abhängig gewesen sei. Die
monumentalen Entdeckungen in der Argolis und in anderen Theilen Grie-
chenlands haben Ourtius in der Hauptsache Recht gegeben. Man sollte
meinen, die Entdeckung der prähistorischen Fürstengräber auf dem Burg-
hügel von Mykene wäre von Öurtius mit Genugthuung begrüfst worden,
das war jedoch nicht der Fall. Von einem Ausfluge nach Mykene, den
er im Spätherbst 1877 am Schlusse der Ausgrabung gemeinschaftlich mit
seinem Freunde Charles Newton von Athen aus machte, kehrte er ver-
stimmt zurück; das Prunken mit Gold, welches sich ihm in der Ausstattung
der Gräber kund gab, schien ihm so gar unhellenisch zu sein; der Eindruck
des Barbarischen, den er erhalten hatte, war so stark, dafs ihm Zweifel
an dem Alter und dem Ursprung der ans Licht gezogenen kostbaren Gefälse,
Waffen und Sehmueksachen entstanden waren. Bestand haben konnte diese
Skepsis nicht. Aber in der Darstellung der Vorzeit im ersten Bande der
griechischen Geschichte hat Gurtius auch in der letzten Auflage seines
Werkes nichts geändert, sei es nun, dafs es seinem ästhetischen Gefühl
widerstrebte, an dem fertigen Bau zu flicken oder dafs er andere Gründe
gehabt hat, den ursprünglichen Text unverändert zu lassen; lieber hat er
die geschichtliche Bedeutung der monumentalen Entdeckungen in einem An-
hang am Schlusse des Bandes gewürdigt. Die grofsen Vorzüge des Curtius-
schen Geschichtswerkes haben dasselbe in weiten Kreisen im In- und Ausland
wirken lassen, wie allein schon die Zahl der Auflagen und die Übersetzung
in alle Gultursprachen Europas beweist; dafs man in engeren fachmännischen
Kreisen fand, Curtius habe, besonders in der Darstellung der älteren Zeit,
der Phantasie einen zu grolsen Spielraum gelassen und zwischen beglaubigter
Geschichte und sagenhaft-mythischer Tradition zu wenig geschieden, konnte
daran nichts ändern. In Frankreich und England hat Öurtius’ Griechische
Gedächtnifsrede auf Ernst Curtius. )
Geschichte vielleicht eine nachhaltigere Wirkung ausgeübt, als selbst in
Deutschland.
Seitdem Curtius zur Geschichtsschreibung übergegangen war, hat auch
das Problem der Gesehichte als Wissenschaft seinen Geist beschäftigt. In
der akademischen Rede über Philosophie und Geschichte, gehalten am
Leibniz-Tage 1873, bezeichnet er es als die Aufgabe des Historikers, »das
fragmentarisch Überlieferte in seinem Zusammenhange und das Vollendete
in seinem Werden zu verstehen«; dazu gehört als Vorstufe »Quellenforschung
und Urkundensammlung«. Das Haupterfordernifs des Historikers ist Un-
befangenheit und Unparteilichkeit in den politischen und religiösen Fragen.
Die Anklänge an die Anschauungen Ranke’s sind unverkennbar. Gegen-
über der Tendenz, das geschichtliche Leben der Völker und Staaten aus
wirthschaftlichen und socialen Gesetzen zu erklären, will Curtius, in Über-
einstimmung mit seinem jüngeren Collegen und Freunde Heinrich von
Treitschke, der sittlichen Freiheit und Verantwortlichkeit in der Geschichte
ihr Recht gewahrt wissen, ohne deshalb das Anregende und Fruchtbrin-
gende jener Betrachtungsweise in Abrede zu stellen; an einer anderen Stelle
nennt er neben den sittlichen Mächten die Offenbarung eines göttlichen
Willens. Um die schädliche Einwirkung eines einseitigen Parteistandpunktes
auf die Geschichtsbetrachtung darzuthun, verweist er auf die Darstellungen
der griechischen Geschichte von Mitford und Grote; die Bedeutung des
Grote’schen Geschichtswerkes hat er trotz des prineipiellen Gegensatzes
jederzeit anerkannt, sowie ihm überhaupt nichts ferner lag, als die Lei-
stungen Anderer herabzusetzen, um sich selbst auf ein höheres Piedestal
zu stellen. Curtius war ein ungemein fruchtbarer Schriftsteller; den grofsen
darstellenden Werken gingen zu jeder Zeit Abhandlungen und kleinere Auf-
sätze zur Seite, welche theils als Vorstudien zu jenen gedacht, theils durch
sie hervorgerufen sich allmählich auf fast alle, auch sehr entlegene Gebiete
des griechischen Alterthums erstreckten. In seinem Peloponnes hatte er
mehrfach Gelegenheit gehabt, auf die Spuren alter Kunststrafsen auf der
Halbinsel hinzuweisen; daraus ist die berühmte Abhandlung »Zur Geschichte
des Wegebaus bei den Griechen« erwachsen, in welcher ein bis dahin
von Niemandem ins Auge gefafster Gegenstand von ihm in bahnbrechen-
der und zugleich abschliefsender Weise tractirt wurde. Und ähnlich in
anderen Fällen. Gemeinsam ist allen diesen Arbeiten die Beziehung auf
das Allgemeine im geschichtlichen Zusammenhange. Auch wo Gurtius
Gedächtnifsreden. 1897. 1. 2
10 U. Könter:
von einem bestimmten Monument, einem Kunstwerk, einer Inschrift oder
einer Münze ausgeht, weils er sofort sich zu allgemeinen Gesichtspunkten zu
erheben, von denen aus das jedes Mal vorliegende Objeet betrachtet wird.
Das ist es, was seinen kleineren Arbeiten das Gepräge giebt und auch den
an sich weniger bedeutenden einen bleibenden Werth verleiht. Strenge
Untersuchung im Kleinen war nicht seine Sache. An den Ansichten, welche
sich Curtius mehr durch Intuition aus sich heraus als auf inductivem Wege
gebildet hatte, hielt er fest wie an Glaubenssätzen; so stark waren seine
Überzeugungen, dafs sie ihn leicht auch begründete Einwendungen über-
hören liefsen. In vertrautem Gespräch konnte er sich unmuthig darüber
äulsern, dafs man seine Arbeiten, statt sie als Ganzes, wie sie coneipirt
seien, aufzufassen und zu widerlegen oder ihm zuzustimmen, in Einzelheiten
zerpflücke und diese bestreite.
Während Curtius, wenn immer es galt in Rede oder Schrift ideale
Interessen zu vertreten, einen feierlichen Ernst an den Tag legte, war ihm
sonst eine strahlende Heiterkeit, der unmittelbare Ausflufs eines harmonisch
gestimmten Seelenlebens, eigen, die in jedem Kreis, in welchen er eintrat,
Licht und Wärme um ihn verbreitete und ihn auch in schieksalschweren
Momenten seines Lebens nicht ganz verliels. Die liebenswürdigen Züge in
Curtius’ Wesen, die ursprüngliche Frische, die ungetrübte Heiterkeit und
die freie Sicherheit traten vielleicht bei keiner anderen Gelegenheit erfreu-
licher zu Tage als auf seinen Reisen im Süden in dem ungebundenen Verkehr
besonders auch mit seinen jüngeren Reisegefährten. Unvergelslich ist mir
das Bild, wie eines Tages der fast Sechzigjährige Allen voran einen steilen
Hügel an der Bai von Salamis hinanstürmte und mitten im Klettern die
Wacht am Rhein anstimmte. Seiner persönlichen Liebenswürdigkeit haupt-
sächlieh auch ist es zuzuschreiben, dass er für die wissenschaftlichen Unter-
nehmungen, die er zu verschiedenen Zeiten ins Leben rief, in nicht zur
gelehrten Welt gehörigen fachmännischen Kreisen stets zu jedem Opfer an
Kraft und Zeit bereite Gehülfen und Genossen fand.
Unter den kleineren Arbeiten von Curtius nehmen die Beiträge zur
griechischen Landeskunde, der sein Werk über den Peloponnes gewidmet
war, einen breiten Raum ein, nur dafs sich in der späteren Zeit sein In-
teresse mehr und mehr auf Attika und die Topographie von Athen con-
eentrirte. Nicht weniger als drei Mal hat Gurtius es unternommen, die
Grazie der attischen Landschaft in Worten zu schildern, eine Aufgabe,
Gedächtnifsrede auf Ernst Curtüus. 11
welche Weleker in dem Tagebuche seiner griechischen Reise für unlöslich
erklärt. Ihren Abschlufs erhielten diese Studien in der Stadtgeschichte
von Athen, erschienen 1891, genau 50 Jahre, nachdem Gurtius in seiner
Promotionsschrift De portubus Athenarum zum ersten Male eine Frage der
attischen Topographie selbstständig behandelt hatte. Man kann vielleicht
verschiedener Meinung darüber sein, in wie fern es theoretisch gerecht-
fertigt sei, eine Stadt als solche, und sei es auch Athen, zum Gegenstand
einer geschichtlichen Darstellung zu machen; dafs und wie es praktisch
ausführbar ist, hat auf dem Gebiete des Alterthums Curtius an Athen in
mustergültiger Weise gezeigt. Den Vorarbeiten für die Stadtgeschichte ging
die Herausgabe der Karten von Attika dureh Curtius und den Geh. Kriegs-
rath Kaupert zur Seite. Einen Genossen in höherem Sinne hatte sich
Curtius geworben in dem Generalfeldmarschall Moltke, der in der Erin-
nerung an die von ihm selbst in jüngeren Jahren in der römischen CGam-
pagna, in der Umgebung von Constantinopel und in Kleinasien ausgeführten
kartographischen Arbeiten dem Unternehmen von Anfang an das lebhafteste
Interesse widmete und nicht allein Curtius in Kaupert den geeignetsten
Mitarbeiter zuwies, sondern auch dafür Sorge trug, dafs unter dessen tech-
nischer Leitung durch Offieiere des grolsen Generalstabes die Aufnahmen
in Attika zu Ende geführt wurden. So ist ein Kartenwerk entstanden,
welches der geschichtlichen Forschung eine sichere Grundlage gewährt und
nur bedauern läfst, dafs der Plan auf die eine Landschaft von Griechenland
beschränkt geblieben ist; man kann sich denken, mit wie hoher Freude
Curtius diese schönen Blätter, von denen jedes in der sauberen Ausfüh-
rung wie ein kleines Kunstwerk erscheint, hat entstehen sehen. In der
Gedächtnifsrede, welehe Uurtius dem Grafen Moltke als Ehrenmitglied
der Akademie am Leibniz-Tage 1891 gehalten hat, hat er mit warm em-
pfundenen Worten den grofsen Strategen als Förderer der geographischen
und historischen Wissenschaft und classischen Schriftsteller gefeiert. Wenn
Gurtius auch das griechische Alterthum nie anders denn als ein Ganzes
aufgefalst hat und dasselbe in seinen verschiedenen Erscheinungsformen
aufzuhellen und zu beleuchten bemüht gewesen ist, so hat er doch stets
der griechischen Landes- und Ortskunde das lebendigste Interesse entgegen-
gebracht, so dafs man wohl von einer besonderen Veranlagung sprechen
darf, und die Nachwelt wird vermuthlich dieser Seite seiner wissenschaft-
lichen Thätigkeit den Preis zuerkennen. Aber Curtius’ Interesse beschränkte
12 U. Könurer:
sich nicht auf die Formen des Bodens und die Überreste des geschicht-
lichen Lebens auf der Oberfläche; während des mehrjährigen Aufenthaltes
in Griechenland war ihm die Erkenntnifs aufgegangen, dafs unter dem
Boden Schätze der Erlösung harrten und dafs der gelehrten Forschung die
experimentirende, wie er sich ein Mal ausdrückt, zur Seite gehen müsse.
Im Anfang des Jahres 1852 hatte Ourtius vor einem auserlesenen
Kreise von Zuhörern seinen Vortrag über Olympia gehalten, in welchem
er am Schlusse, anknüpfend an Winckelmann, die Aufdeckung dieser
alten Feststätte mit der ihm eigenen Beredsamkeit als eine unabweisliche
Forderung der Wissenschaft hinstellte. Seitdem hat er unermüdlich in
diesem Sinne gewirkt. Als am 23. October 1869 der damalige Kronprinz
Friedrich Wilhelm im Strahle der griechischen Morgensonne, selbst strah-
lend in männlicher Schönheit und fürstlicher Würde, vor den Säulen des
Erechtheion stand, äufserte er, nachdem ihm zu Theil geworden sei, die
Akropolis von Athen durch den Augenschein kennen zu lernen, sei in ihm
der Wunsch, Olympia möge ausgegraben werden, aufs Höchste gewachsen;
einer der Begleiter des Prinzen erhielt den Befehl, seinen Herrn nach der
Rückkehr in das königliche Schlofs daran zu erinnern, ein Telegramm an
Curtius zu richten. Das bedarf keiner Erläuterung. In Erfüllung gehen
sollte der Wunsch des Kronprinzen erst nach der Aufriehtung des deutschen
Reiches. Dem Sinne Kaiser Wilhelm’s I. mufste die Motivirung, auf die
T'haten und Errungenschaften des grofsen Krieges ein Friedenswerk folgen
zu lassen, an welchem ideell die gebildeten Kreise aller Nationen Theil
hätten, besonders zusagen; der Fürst-Reichskanzler lieh dem Unternehmen
seinen starken Arm und die gewählten Vertreter des deutschen Volkes gaben
einmüthig ihre Zustimmung. Nachdem die erforderlichen Unterhandlungen
mit der griechischen Regierung zu Ende geführt waren, konnten im Herbst
1875 die Ausgrabungen beginnen. Die oberste Leitung des Unternehmens
hatten Gurtius und Friedrich Adler übernommen; die Leitung der Ar-
beiten an Ort und Stelle wurde während der sechsjährigen Dauer von einer
Reihe von wissenschaftlich oder technisch geschulten jüngeren Männern,
meist Schüler des einen oder des anderen der beiden obersten Leiter, ver-
sehen. Das harmonische Zusammenwirken der in Olympia versammelten
Arbeitsgenossen gereichte Curtius zu besonderer Freude. Von den Ergeb-
nissen der Ausgrabungen brauche ich nicht zu sprechen; nieht mit Unrecht
ist gesagt worden, die Auffindung des Hermes des Praxiteles allein habe
Gedächtnifsrede auf Ernst Ourtius. 13
die aufgewendeten Mittel reichlich gelohnt: Die Sache hat aber noch eine
andere Seite. Es war das erste Mal, dafs eine Stätte der griechischen
Cultur nach einem wissenschaftlichen, auf das Ganze angelegten Plan und
mit Zuziehung verschieden geschulter Männer als Leiter ausgegraben wurde.
Das Beispiel hat gewirkt; seit der zweiten Hälfte der siebziger Jahre haben
Regierungen, gelehrte Gesellschaften und Private gewetteifert, der histori-
schen Wissenschaft an andern Stellen des griechischen Landes den gleichen
Dienst zu erweisen. Mit dem Freimuth, der ihm so gut stand, hat Curtius
es in weiteren Kreisen ausgesprochen, welchen Werth er darauf legte, so
viel an ihm lag, den Anstofs zu diesem Wettstreit gegeben zu haben.
Ich würde glauben, eine nicht zu entschuldigende Lücke in dem Bilde
von Öurtius’ Wirksamkeit zu lassen, wenn ich von seinem Verhältnifs zu
unserer wissenschaftlichen Station in Griechenland schweigen wollte. Es
verdient wohl aufbewahrt zu werden, dafs die erste Anregung zur Grün-
dung des archäologischen Instituts in der griechischen Hauptstadt von
Curtius ausgegangen und dafs der Keim während seines Besuches in Athen
im Herbst 1871 gelegt worden ist. Anfänglich war es nur darauf abgesehen,
einen deutschen Gelehrten als Vertreter der Interessen der Alterthumswissen-
schaft daselbst zu fixiren, aber noch in Athen steckte Curtius das Ziel
höher; »der Kronprinz wird helfen« getröstete er sich. In einem Vortrag
über die Ergebnisse seiner Reise, den er bald nach der Heimkehr in
Berlin vor einem grölseren Publicum hielt, wies er auf die Nothwendigkeit
hin, der deutschen Wissenschaft in Griechenland eine bleibende Stätte zu
bereiten; schon im Herbst 1874, gerade ein Jahr vor dem Beginn der Aus-
grabungen in Olympia, konnte das athenische Institut als Schwesteranstalt
des nicht lange vorher aus einer preufsischen in eine Reichsanstalt ver-
wandelten römischen seine Thätigkeit eröffnen. Dafs die Entwiekelung des
neu gegründeten Instituts sich nicht ganz so vollzog, wie Curtius wohl
gewünscht hätte, hat ihn nicht davon abgehalten, demselben seine werk-
thätige Theilnahme bis zum letzten Augenblicke zu widmen.
Curtius war zart gebaut, aber kerngesund; nach dem Muster seiner
Hellenen liefs er es sich angelegen sein, den Körper geschmeidig zu er-
halten; noch in der Göttinger Zeit konnte man ihn am Reck und ein Pferd
tummelnd sehen; später ersetzten längere Reisen die gymnastischen Übungen.
Um so tiefer mufs er es empfunden haben, als gegen das Ende die Ge-
bresten des Alters in herbster Form über ihn hereinbrachen, aber die Heiter-
Gedächtnifsreden. 1897. 1. 3
14 U. Könner: Gedächtnifsrede auf Ernst Curtius.
keit des Gemüths hat ihn auch in diesen schweren Stunden nicht verlassen,
so wenig wie die Klarheit des Geistes. Curtius ist, obwohl körperlich
gebrochen, in voller geistiger Rüstung aus dem Leben geschieden; die letzte
grölsere Arbeit, welche er vollendet hat, bezieht sich auf die Geschichte
von Olympia. Sein Andenken wird in unserer Akademie, zu deren Säulen
und Zierden er nahezu ein halbes Jahrhundert gehört hat, unvergänglich
fortleben; sein Name gehört der Geschichte des geistigen und litterarischen
Lebens des ablaufenden Jahrhunderts an.
PHILOSOPHISCHE UND HISTORISCHE
ABHANDLUNGEN
DER
KÖNIGLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
AUS DEM JAHRE
1897.
BERLIN.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
1897.
GEDRUCKT IN DER REICHSDRUCKEREI.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
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Inhalt.
Erman: Bruchstücke koptischer Volkslitteratur . . 2 2 220.2. Abh. 1.
WeEınHorLDp: Die mystische Neunzahl bei den Deutschen . . . . le
Harnack: Berichte des Seeretars der Brandenburgischen Societät der
be)
Wissenschaften J. Th. Jablonski an den Präsidenten G.W. Leibniz
(1700 —1715) nebst einigen Antworten von Leibniz a er » 111.
S. 1— 64.
S. 1— 61.
S. 1—120.
Bruchstücke koptischer Volkslitteratur.
Von
H”" ADOLF ERMAN.
Philos. - histor. Abh. 1897. 1.
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Gelesen in der Sitzung der phil.-hist. Classe am 14. Januar 1897
[Sitzungsberichte St. III. S. 19].
Zum Druck eingereicht am 11. Februar, ausgegeben am 13. April 1897.
DEZE zu
Ws ich hier veröffentliche, steht auf losen Blättern gewöhnlichen Papiers,
wie sie in dem Schutte der mittelalterlichen Städte Aegyptens gefunden
werden, und ebenso unscheinbar wie dieses Äufsere und wie diese Herkunft
ist auch der Inhalt dieser Texte. Aber sie haben uns zweierlei zu bieten,
was man in der offieiellen Litteratur der Kopten vergeblich sucht: eine
natürliche Sprache, die nicht vom Griechischen beeinflufst ist, und, was
noch wichtiger ist, unzweifelhafte Beispiele koptischer Metrik. Und diese
Metrik scheint, soweit ich sehen kann, nichts mit der griechischen zu
thun zu haben, die sich ja auch nur sehr gewaltsam auf die koptische
Sprache übertragen liefse; ist sie aber einheimischen Ursprungs, so gewinnen
wir damit die Hoffnung, dafs sie uns einmal auch die alten aegyptischen
Verse lesen lehrt, die in ihrer vokallosen Schrift bisher jeder Bemühung
gespottet haben.
Über das Alter dieser Bruchstücke kann man eigentlich nur sagen,
dafs das, was sich von derartigen koptischen und arabischen Papierblättern
in den Sammlungen datiren läfst, meist in das zehnte und elfte Jahrhundert
gehört. Auch der sprachliche Charakter unserer Texte stimmt gut zu den
von Krall (Corpus Papyrorum Raineri Nr. I und II) veröffentlichten Notizen
aus dem Jahre 1019 n. Chr.
Beim Abdruck der Texte habe ich unsichere Buchstaben dureh unter-
gesetzte Punkte, fehlende durch Sternchen bezeichnet. Diese letztere An-
gabe aber bitte ich mit Vorsicht zu benutzen, denn die ungeschulte Schrift
dieser Blätter erlaubt keine genaue Abschätzung. Auf dem gleichen Raume
stehen je nachdem 4, 5, 6 oder 7 Buchstaben, und es kommt dem Schreiber
auch nicht darauf an, mitten drin ohne Grund einen leeren Fleck zu lassen
je:
4 A. ErmaAn:
oder eine Zeile nicht bis zum Ende voll zu schreiben. Meine Angaben
der Lücken werden in der Regel ihre Maximalgröfse angeben. — Den sprach-
lichen Charakter dieser Texte sowie den Bau ihrer Verse behandeln besondere
Exkurse.
I. Archellites und seine Mutter. (Ein Gedicht.)
Zwei Blätter im Format ı4cm Höhe x ı3 cm Breite, die im Jahre 1887
in die Königlichen Museen zusammen mit dem von Steindorff, ÄZ. 1892,
37 veröffentlichten Bannbrief eines Bischofs von Schmun gelangten; heute
P 3213. Es sind ein äufseres Blatt einer Lage und ein inneres einer anderen,
ich scheide sie als A und B. Sie sind so schlecht erhalten, dafs die Schrift
auf den unteren Enden der Seiten vielfach auch bei scharfer Beleuchtung
kaum noch sichtbar ist; sie dürften leider bald ganz unlesbar werden. Die
Verse werden durch Punkte, die Halbstrophen und Strophen durch besondere
Interpunktionszeichen geschlossen. Auf den Rändern und zwischen den
Strophen stehen einzelne nicht zum Text gehörige Worte, die ich unten
(S. 43) besprochen habe.
A.1. Tage au
I. Aywıt Hacy MTETHATE Egon.
TAHOCT EPATI] MMAMTO ehoN.
TAHAY ETIE[IO Se-oYeboA Ton Te.
MERALT EST-TIENPOECTOC.
TATISWL MIEEX HMA NNatueAoc.
TARO MMOCT OM-TIMOHACTHPIOM.
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NTE-POME IM 30 MITerTaslo:] ——
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I. Hrep ist sicher.
Zeile.
A.2.
Bruchstücke koptischer Volkslitteratur.
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AAPpXK EAN ITHC BwR ETAICHT].
IC OYMAWE HHOOY EIINAY ETIE]90.7
EWWWITE TEROMAQ TIALHPE MAMEPIT.
epe NOT HACTOR = R0N.
EWWTE OM AKRA-COMAT E9 Pal.
1I2BIaR
5.
ı. Die Ergänzung, zu der der Raum wohl genügt, nach Vers 21.
SEISICH
TPeponbe mar mawynpe amep|vr.|
[dpIx eAAıtne nerime mmor].
narnpam e[t[poAS grTaranpo.
EMHMTAT EMAY + cahAAarı.
MACHHY ment terco[oyi| emor
MaApoYepoYbe >’ NCeAYIIH tes ="
ERM-TIIMOY MIALYApE maMeprr|.]
= ME ENENTACTWOTE MAMOo[TT: |
(Hier fehlen vermuthlich 4 Seiten).
2
So, über der
4. Korrigirt aus apra-. . Das m in mapor korrigirt aus er.
> J >
6. Gewils nemas, doch ist der Raum etwas knapp dafür.
6 A. Erman:
A.3. Letztes Wort einer verlorenen Strophe: swwyr: ——
6. BAMOT EeitEe-MTATIAT EWR EILMOHACTAPION.”
EATIA OPWMANOC,
WATIITETOYAAL XEe-ApxX eAAıtHc.
TE[TAPARAÄT MMOTL
TEIWAÄHA EIHOYTE e9paı exwr].
WAPE-NOYZAT TAgoc]'
SE-EPENNOYTE WITIE,
WOOI MEMALT:
oy Peone ent MAIOTE eToyaab.
De
Ma > > > »
Ta Tanor erma EPE-IIPOME ENOHTTL
TABOR TATTAPARAAT MAMOLL.
APHY WAPE-TIErTHA TA9ONLz
MON EPE-OYWONHE HMACA MOIOYM.
eIC OYMHLJE MOIOOY MITELME EIETTOW.
TABOR TATIAPARAAT MMOrL.
APHY WAPE-MOYZAI TAg9or
8. #21? Teecosme enTe = ycReoc esweg.’
ce Mepewbor EeIIMa ETMMAY:
99 eAHpIoN g1TEgIH.
AYD OU #3:222 WT.
ay s° neroyaalb]lss” A, ze-apxeAdırnc.
MEIHAY ETIIO NICHTLME WAENEQ: AAAoc
9. MWAHA exwı NAPX Henscronoc.
TABOR WATEO POMAHIA.
MON ALCHOTM ETbe-apxX eAAıtHc.
ZAtjepoytos ereAtoc.
ı. Der Vers ist wohl unrichtig getheilt, der Punkt sollte vielleicht hinter kw stehen.
2. So, wohl ohne Punkt; ob er irrig hinter me gesetzt ist? 3. Die letzten Worte in
Ligaturen, da der Raum am Zeilenende knapp war. Aus diesem Grunde fehlt auch das
Zeichen des Versschlusses. 4. Oder a statt a? Auch x ist fraglich. 5. Ex
kann man kaum lesen, doch ist das & wohl nur ein milsgestaltetes «. 6. Reste, die
vielleicht nıı gewesen sind; es geht aber nicht an, davor noch ein w zu ergänzen.
7. Es fehlt wohl nichts, er wird das Zeilenende nicht ganz beschrieben haben,
bruchstiicke koptischer Volkslitteratur.
-_
TABOR TAEPMOHAXH HAOTHLJ.
TENAPAYE KORK ehoA'
10. mar MAIWT TAPX HEIICKOTIOC.
MO MAX PHMA TERRAAY 9AOTHR.
MON AIENPOME EPMHTPE MAL.
ze-ApxX [e]AArrnc mawyepe onao.
EIWANDOR TARTOT TAEL.
WAITT HOYMEPOC ETERRÄHCIA.
eNyAHBOR OM’ NTASW 9A9 THCL.
TAAY EIOHRE MEeHoptbatoc:
B.1. WOMT Ee9wcy?’
11. TraAagn wracht gAapor.
ATW tEeRIbe HAT ETARAT MMOOY.
ETOOY HE MAT ETLITE TCWR.
APX EAA THE MAMEpIT.
TITAPRO MMOR EITEQICE.
ETANIEXKE WONOY g9Apoıt.
EWWTL! merer eboA TAHAT ETIERIO’
Tertspaye zur e|boA]°
12. aaa Bor axıc eapxX YAAırHe.
SE TERMAAY TECAHEPATC’ EPOoR.
NTAIE" WAPOR TAHAY ETTERIO.
ENZAHHAY EPOR MAPIMOY.
AMoY eboA TIamepır.
TERTE MOYCOACHA ETAAFYXKH.
ranad|eiergo.
1. Das letzte Wort in Ligatur wegen des Zeilenendes; daher fehlt auch wieder das
Schlufszeichen. 2. o könnte wohl auch a sein, von w ist nur ı erhalten. 3. So,
über der Zeile. 4. Sic. 5. Ob hinter ehoA ein Punkt stand, ist nieht zu sehen. Ver-
muthlich sollte auch hinter ergo ein Punkt stehen, der Schreiber vergals ihn aber und trug
ihn dann über der Zeile nach, und zwar aus Flüchtigkeit hinter ve. 6. ehoA scheint in
einer Abkürzung über dem Zeilenende gestanden zu haben; des Raummangels wegen fehlt
auch das Schluflszeichen. 7. Sie, Tec-. 8. Sic.
s A. Erman:
TENAOHT EMTON [emorj: - ——]
wex se
B.2. 13. Ascmıne etoyataoHkH.
MEIINOYTE MIHWMAPABA MaMoc.
ze-minpcaboA erıpo.
MIHAY EIIIO ITCOTME [WAEHEI.
EWWTIE WAPSWD MITIMA,
» TAMAAY RO OHNHTE NH.
eWWTE WAPBOR enoyat.
epe TOT XIMOET IE’
14. Ar NTE9POMAHIA NEON
Alet METOW ETMAAACTIIH.
SIOYWOLW TAHAY EITERIO’
APXK EAAÄITHE TIALUHPE MAMEPIT.
TE NE9OLME NEAAÄACCA.
WTAMACA NOHTOY.
force mar
HOE MIIWASE HTARAYOTT.
SE-MINAY EIIIO NCHIME WACHEQ: — na‘Aoc
15. naAAoc Axıc enatyape TIAMepIT.
sic tterıbe le|TaycanoTıyr.
ceAgEPATOY EPOR.
EYEINOYMI HNAY EPORZ
apx eAArrnc HAMEPIT.
Aamoy eboX.
TAHAY EPOoR.
TAACHATE MMOR
Terapaye zwR echo‘
1. Unter der letzten Zeile des Blattes. 2. Wegen des Raummangels am Zeilen-
ende die letzten Worte in Ligatur, und kein Schlulszeichen. 3. Hier ist gewils ein
Punkt ausgelassen; Zeilenende. 4. Lies rayog. 5. Der Raum am Zeilenende so
knapp, dafs kaum Platz für einen Punkt blieb. 6. Kein Platz für ein Schluls-
zeichen.
Bruchstiicke koplischer Volkslitteratur. $)
16. Bor axıc eTeyuRÄYTIEH TAMAaY.
SE-AICMITE MOYAIAOH.'
MEenNoyre [Tre.
AHOR MIHWMAPABA MMOC.S
HaNtoyc Talıtay e|ttoy9o.
HN TMHTEPO MEIiHyYe
»2* TAIIAOTOC.
EITA = #
gattenrataay: |]
Ta
B. 3: 147% Bor ENTWARE METAMAAY
7 w N
Ze-79:
:bwR WATOYTATPIC.
MON AITI NOYAoUTOC EnoyTe irre:
MWUMAY EITIO NCHIME WACHEg.
MIHWMAPADA MATAOHRH.'
TAI MTAICMHNTC MEINMOYTE.
MHITO MCISWMT Eepor’
IchoXe" cAboA emorg: - AAAocC
18. Bor ierwaxe Menatynpe.
ApxeAArıne netue wor].
ZE-AMOR NE TEYHRÄYTIEH TERMAAY.
ETAIEI EIIIMA TAHAY EPoR.z
eic \EeRIbe MAT ETARZT MMOOY.
TRANAOY ETACTWOYI 9APOR.
ceagepare’ enhoA empo.
ECOYOW EWAZE Item
19. Attmapko’ 0 TAamaay.
ENIPAIT EITOT EILESONM.
ew|o]|re waprıoıce ar.
acer "chboA TAHAYy eiloYo9o.
armt-Aotoc.
L. Sic. 2. Von e noch ein Rest erhalten. SMSIC 4. Anstatt sta. könnte
man zur Noth ra. lesen. 5. Ohne Punkt, Zeilenende. 6. Sie. TE SIG;
8. Abkürzung für nemar, wegen Raummangel am Zeilenende; daher auch kein Schluls-
zeichen. . o korrigirt aus? Io. Sic.
>
Philos. - histor. Abh. 1897. 1.
[69]
10
nicht,
I.
sie
DL
D
zu
trennen.
5. Wohl nicht eycon. 6. Für das ganze Schlufszeichen fehlte der Raum,
A. Erman:
ENMOYTE WTTIE.
SE-MINAY EII9O eit[coime]|'wyaenen.
MIHLITTAPADA MMOcC,
TENAMOTTE NOR EeboA: ———
A1tapkok ENMOYTE WTTIE'
APX EAAITHE MALYHPE MAMEPIT.
WEHEOTHR 9APOI AMOY eboA Hal TaHay EPor.'
API-TIMEYE 0 TIALUHPE.
ILITEOICE MTAMYONOY MEMAR.
ERAAH EX» HASIm.
EITI-ERIbE EHOYM EPOR.
ss» 1ay en|[er]|90.
namepır rovoen enabal|.|
e0# @1@ = HOYTE:
er%
“
7
= MEPQ #5: MPOMNE'
Gone IM ETAYÄTIE-[WHPE.
cwoyag wrerjsplsjau] memar.
SOYIUHPE NOYWT AIXTIOL].
AMOR TIEHTALMIIEMOY MAC,
Toyo oycon’ ewamay epor.
MIAPA EX PHMA THPOY MIIKOCMOC.
oc Te TTAbOoHEoc.
epentapooyty IHX Eepocj:
Hecoıme EeNTAayXTe-[yHpe.
CWOYAI NTETHPIM MEMAL.
SE-OYWHPE HOYPWT ATXTIOT].
AMOR TIEHTAIMTIELTMOY MAT
AIXOOYR EAOITITEOC.
MEeitbepeToc ZERANOT ECgAL.
Er hat eine Verschreibung verbessert und dabei come ausgelassen.
Punkt wegen Raummangels. 3. Offenbar zwei oder drei Verszeilen, doch wage ich
4- Überschrift wie bei A.ı, B.r; vor nm fehlt kaum etwas.
2
Ohne
Bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 11
AHkHRBaA-IaI THPOT MCoHh.
ARboR SKEPMWMAX OCE — WOHMT EIWOST
23. Artcer-nmos emeAatoc.
zit ETNOAIC HPOMH.
Alet WAPOR.
APX ENAITHE MALWUHPE MOTOT.
moyoen erjgimabal.z
ANOR ATIMAT THPOT ERON
o nawynpe ap[xX eAlArrıc.
A9IPOT ANOR EMICOOYM COYas5€
AUMMTERMOY’ MAR:
24. Bıark [elopar Ternay enago.
APXK ENÄITHE TIALUHPE MMEPIT.
ANOR TIE TEYURÄYTIEH TERMAAY'
WTAIET ETIMA Tana|T e|por.z
HaMTaAIeı Taua|y] epor.
TE 2 M En EST Er epon
Alel WAPOR TALJHPE MMepır“
MEI MAY E MOY :
ı. Das s stände vor cooyıt, mit dem eine neue Zeile beginnt, am Rande, wie eine
Korrektur. — Hinter es wohl kein Punkt. 2. Streiche ein u. 3: Hinter eo par
noch der Rest eines Zeichens? 4. Ob ein Punkt stand, ist nicht zu sehen (Zeilenende).
5. Oder una? 6. Punkt nicht sichtbar.
Von der folgenden Strophe (25) sind nur noch einzelne Worte lesbar:
(7 Buchstaben) um acwyw (10 Buchstaben) noywnpe (13 Buchstaben)
wnpe soyo|[Tt] (24 Buchstaben) aeponaor (25 Buchstaben) au (23 Buch-
staben bis zum Schlufs der Seite).
Dafs der Text in der Hauptsache aus Wechselreden zwischen einem
heiligen Archellites und seiner Mutter Tsynklytike' besteht, die ihn im
Kloster aufsucht und die er nieht wiedersehen will, sieht man leicht,
! Der apxeAArske (in Vers 12: apx YAArsıınc) ist ein ApyvAlöys, die reynrAyTıcH
eine ZvykAyrıry. Da dieser letztere Name hier stets den Artikel hat, muls der Verfasser
unseres Textes sich noch seiner Bedeutung bewulst gewesen sein.
12 A. Erman:
aber wäre uns nicht (worauf mich Oscar von Lemm hinwies) die Ge-
schichte dieses Heiligen im Synaxarium erhalten, so würde es schwerlich
jemandem glücken, alles zu errathen, was zwischen diesen einzelnen Reden
geschieht und sie veranlafst. Ich mufs daher zunächst mittheilen, was der
koptische Heiligenkalender unter dem 14. Tybi, dem Todestage unseres
Heiligen, berichtet; ich gebe unten (S.22) den arabischen Text nach den
Göttinger Hss., deren Abschrift ich der Güte Pietschmann’s verdanke.
Eine vollständige Übersetzung findet sich in Wüstenfeld’s Synaxarium
Sr 2370:
Arschelides entstammte einer vornehmen Familie Roms und war der Sohn
eines Johannes und einer Seklatika (var. Scheklatiki), die beide fromm waren.
Als er sein zwölftes Lebensjahr erreicht hatte, ging sein Vater in Frieden
zur Ruhe, und seine Mutter beschlofs, ihn zu.verheirathen, er wollte es aber nicht.
Da rieth sie ihm, zum König zu gehen und die Stelle seines Vaters zu nehmen,
und sie sandte zwei von seinen Dienern mit ihm und viele Geschenke, dafs er
sie dem Könige bringe und die Stelle seines Vaters nehme‘.
Auf dieser Reise leidet der Jüngling Schiffbruch, rettet sich aber allein
an den Strand, und hier ist es, wo ihm ein vom Meere ausgespülter
Leichnam die Nichtigkeit dieser vergänglichen Welt und das II „U u
so vor Augen führt, dafs er der Welt zu entsagen beschliefst.
Dann lief er schnell und begab sich nach einem Kloster, das dem heiligen
Rumanius (var. Rumanus) geweiht war, und blieb in ihm, nachdem er ihnen
gegeben hatte, was ihm noch an Schätzen und an Kleidern geblieben war.
Dort kasteite er sich und gelangte zur äufsersten Vollkommenheit, und der
Herr gab ihm die Gnade, Kranke zu heilen, und wer zu ihm kam von söämmt-
lichen Krankheiten, über dem betete er und er wurde geheilt. Er machte mit dem
Messias einen Vertrag, dafs er kein Frauengesicht sehen werde.
Als eine Zeit vorbei war und die Nachricht von ihm bei seiner Mutter aus-
blieb und sie nicht wufste, was mit ihm geschehen war, so meinte sie, er sei
gestorben und trauerte sehr über ihn.
Dann baute sie eine Herberge (funduk) und stiftete sie für die Fremden
und Reisenden, darin einzukehren. Dann machte sie ein Zimmer darin und
bewohnte es.
' Es sind etwa die Verhältnisse des vierten Jahrhunderts vorausgesetzt, da der Kaiser
nach dem folgenden in Konstantinopel residirt.
Bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 1:3
Eines Tages hörte sie, wie ein Kaufmann dem anderen von dem heiligen
Arschelides erzählte und von seiner Heiligkeit und seiner Frömmigkeit und von
der göttlichen Gnade‘, die er hatte. Dann beschrieb er sein Wesen und seine Ab-
zeichen. Da machte sie sich an den Kaufmann und erfuhr (?) von ihm über
ihren Sohn und erkannte, dafs es ihr Sohn war. Da machte sie sich augen-
blicklich auf und reiste zu dem Kloster.
Sie sandte zu ihm, ihm ihre Ankunft zu melden und die Zusammenkunft
mit ihm zu erstreben. Da sandte er und sagte ihr, dafs er sich gegen den Herrn,
den Messias, verpflichtet habe, keineswegs ein Weibergesicht zu sehen und dafs es
ihm unmöglich sei, die Verpflichtung zu übertreten. Da wiederholte sie ihm ihre
Bitte und beschwor ihm, dafs sie ihm sähe, und lefs ihn wissen, dafs, wenn
er nicht mit ihr zusammenkäme, sie in die Wüste gehen würde, dafs die Thiere
sie früfsen. Als er erkannte, dafs sie ihn nicht verlassen würde und dafs er
die Verpflichtung, welche er mit dem Messias eingegangen war, nicht übertreten
werde, so betete er und bat den Herrn, den Messias, dafs er seine Seele nähme.
Dann sagte er zu dem Thürhüter : »bitte sie, einzutreten«, und der Herr nahm
seine Bitte an und erhörte sein Gebet und nahm seine geheiligte Seele.
Als sie zu ihm eintrat, fand sie, dafs er seine Seele schon hingegeben hatte,
und sie schrie mit lauter Stimme und weinte. Dann bat sie den Herrn, dafs er
auch ihren Geist empfinge, und der Herr nahm ihre Bitte an und nahm ihren Geist.
Beim Begräbnifs aber kam aus dem Leibe des Heiligen eine Stimme und
bat, sie beide in einem Grabe beizusetzen, wie es denn auch geschehen ist.
So die Fassung des Synaxariums. Wo unser Gedicht beginnt, steht
Archellites an der Pforte des Klosters des Romanus und der Vorsteher
befiehlt, ihn einzulassen:
Ie Öffnet ihm und führt ihn herein,
stellt ihn hin vor mich,
dafs ich sein Gesicht sehe, von wannen er ist.
Der Vorsteher sagte:
ich vergleiche’(?) sein Haupt der Art der Engel
und” ich setze ihn in das Kloster.
! Nämlich seiner Heilkraft.
® Das etwa mag die Wendung »ich gebe sein Haupt dem oynua der Engel« be-
deuten, die ich sonst nieht kenne.
3 Der Sinn ist gewils: »weil er mir wie ein Engel erscheint, nehme ich ihn auf», aber
wie sind diese Konjunktive, denen kein anderes Verb vorhergeht, zu erklären? Die Fälle
)
elliptischen Gebrauchs des Konjunktivs, die Stern, Gramm. $ 446 aufführt, sind nicht ähnlich,
14 A. Erman:
Heilungen werden durch ihm geschehen
und alle Leute werden seinen Ruhm sagen.
Der Heilige bittet ihn, ihın unter die Mönche aufzunehmen:
2. Ich rufe dich an, mein Vater,
du Vorsteher dieses Klosters.
Du sollst mich zum Mönche bei dir machen,
dafs ich unter dem Schatten des ... bleibe.
Mein Herr und Vater! wirf mich nicht heraus,
denn du wirst Rechnung für mein Blut ablegen.
(Gott vom Himmel ist mein Helfer,
meine Sorge ist auf ihm geworfen.
Ohne weiteres wird nun der Schauplatz der Handlung nach Rom verlegt,
wo die Synklytike um ihren Sohn klagt. Sie hatte ihn (es ist das eine
Abweichung von der arabischen Fassung) »zur Schule« geschickt oder wie
Vers 22 es genauer ausführt, »nach Athen und Beryt, um schreiben zu lernen«
und nun ist er verschollen”.
WASHASE er Ar: era ?
Archellites, mein lieber Sohn,
dessen Name süfs ist für meinen Mund'.
bin ich täglich getröstet, wenn ich dein Gesicht sehe.
Die Habe deines Vaters genügt mir und dir.
Gro/s ist mein Kummer.
4. Wenn ein Mann in die Fremde geht
und er verbringt ein Jahr, so kehrt er zu seinem Hause zurück.
Archellites ging zu der Schule —
! Das Fehlen des Artikels in eswr ist merkwürdig.
2 Das Motiv, dafs der heilige Jüngling zum Studium nach Beryt geschickt wird, aber
lieber ins Kloster geht, findet sich im Synaxarium in der Geschichte von Johannes und Arcadius,
die mit der unseren auch sonst Verwandtes hat (Synaxarium, übers. von Wüstenfeld S. 124).
® Vielleicht ist zu lesen sooyr ecgas, und die Mutter klagt wie in 22 darüber,
dals sie ihn zur Erlernung des Schreibens ausgeschickt habe.
* Gegen die Grammatik, aber doch sicher so gemeint. Ebenso unten in 7, 11, 12 und 23.
5 Es stand wohl etwa: Wenn du zurückkehrst, so bin ich getröstet, denn ich habe
ja für uns beide genug zu leben,
Bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 15
seit vielen Tagen sah ich nicht sein Gesicht.
Wenn dw lebst, mein lieber Sohn,
so wird dich der Herr zu mir zurückführen‘,
wenn aber” du gestorben bist,
so möge der Herr mit dir Mitleid haben.
5. Ich traure um dich, mein lieber Sohn,
Archellites, den ich liebe,
dessen Name süfs ist für meinen Mund,
aufser dem ich keinen habe.
Meine Brüder und meine Bekannten,
mögen sie mit mir trauern und klagen
über den Tod meines lieben Sohnes,
[ich weifs nicht]’, was [ihm] begegnet ist.
Damit endet das erste Bruchstück; 10 Strophen, wenn nieht mehr,
sind verloren gegangen. Synklytike hat ihre Herberge gegründet und
(hier entfernen wir uns wieder von der arabischen Fassung) »heilige Väter«,
also wohl Mönche‘, sind bei ihr eingekehrt. Sie hören von jemand, der an
einer Krankheit gestorben ist, und erzählen daraufhin von dem Wunderthäter.
6. Ach hätte dieser doch gehen können
zum Kloster des Apa Romanus,
zu diesem Heiligen, Namens Archellites,
und er hätte ihm angerufen”
und er hätte zu Gott für ihn gebetet,
(so) richtet ihn die Genesung auf,
denn Gott vom Himmel
ist mit ihm.
! cro hat hier gewils diese Bedeutung, die für das B. vaceo die gewöhnliche ist, vergl.
auch unten S. 33.
2 ot heilst in diesem Text auch »aber«, vergl. auch Vs. 1o.
® Lies etwa Mıerme.
* Falls das »heiliger Vater« nicht etwa bei diesen späteren Kopten nur zu einer ehren-
den Bezeichnung — etwa wie heute zu& — geworden ist, vergl. unten S.30 und S.35.
5 Die auffallende Verbindung ene wra- hat Stern, Gramm. $ 630 schon belegt. Nur
durch die diehterisch lebhafte Sprache lälst es sich erklären, dals sich an dieses Perfeetum das
praesentische yape- schlielsen kann; man erwartet: »es hätte ihn die Heilung aufgerichtet«.
6 TapakakXeiv.
16 A. Erman:
Synklytike merkt, dafs es ihr Sohn ist und will auch zu ihm, dafs
er sie von ihrer Krankheit, dem Kummer, heile.
7. Ich bitte euch, meine heiligen Väter,
sagt mir den Ort, wo dieser Mann weilt,
dafs ich gehe und ihn anrufe;
vielleicht richtel mich sein Mitleid auf.
Eine Krankheit ist ja' in meinem Innern,
seit vielen Tagen kenne ich ihre ...” nicht;
dafs ich gehe und ihn anrufe;
vielleicht richtet mich die Genesung auf.
Die Väter warnen sie vor diesem nutzlosen Beginnen:
8. Du Weib, wir... ein... auf ihm’:
du kannst nicht zu jenem Orte gehen.
4
Es sind viele... auf dem Weg
und weiter ... [schauen]
° den Heiligen, Namens Archellites,
er sieht ewiglich kein Weibergesicht.
Sie aber beharrt auf ihrem Entschluls und geht zum Erzbischof, ihm
ihre Habe anzuvertrauen.
9. Bitte für mich, du Erzbischof,
und so gehe ich nach der Romania.
Ich habe ja von Archellites gehört,
dafs er ein grofser Vollkommener geworden ist.
Und ich gehe und werde Nonne bei ihm
und meine Freude wird voll.
10. Mein Vater, du Erzbischof,
nimm" meine Schätze und lege sie zu dir.
! Dies most, das auch in Vers 9. 10. wiederkehrt, wird wohl moson sein, das aber
eine leise begründende Bedeutung angenommen zu haben scheint.
? Twuy.
3 Man muls wohl lesen: ewi[s o]ycreoc exweg, was ich aber nicht verstehe.
* Anpson; man erwartet: Räuber, wilde Thiere oder ähnliche Schrecknisse. Ob enpion
zu lesen ist?
5 Der Sinn ist natürlich: »und selbst wenn du hingelangst, so kannst du den Heiligen
doch nieht sehen«. Demnach ist [&w]ıyr zu lesen, aber weiter wage ich nicht zu ergänzen.
%$ Das Wort ist aus dem Boheirischen bekannt; dals es auch sahidisch vorkommt, habe
ich von OÖ. von Lemm erfahren, der die Belege in der Festschrift für Ebers mittheilen wird.
bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 17
Es haben mir ja Leute bezeugt,
da/s mein Sohn Archellites lebt.
Wenn ich gehe und umkehre und zurückkomme,
so gebe ich einen Theil an die Kirche‘;
wenn ich aber gehe und bei ihm. bleibe,
so gieb sie den Armen und den Waisen.
Zwischen diesen letzten Versen und dem Anfang des dritten Bruch-
stückes fehlen mindestens 5 Strophen. Synklytike ist zum Kloster ge-
kommen und sendet einen Boten zu ihrem Sohne, ihn herauszurufen, er aber
weigert sich zu kommen. Ob dieses Gespräch bei Vers ıı erst beginnt, wie
man zunächst denkt, bleibe dahingestellt; es ist sehr wohl möglich, dafs sie
sich das Alles schon einige Male vorher gesagt haben, wie sie es sich ja
auch nachher noch einige Male sagen.
ı1. Synklytike: Der Leib, der dich getragen hat,
und diese Brüste, die du genommen hast,
sie sind diese, die? dich suchen,
Archellites, mein Geliebter.
Ich beschwöre dich bei den Schmerzen,
die Christus für uns erlitten hat,
dafs” du herauskommst, und dafs ich dein Gesicht sehe,
dafs meine Freude voll werde.
ı2. Geh und sage zu Archyllites:
Deine Mutter ist’s, die an deiner Thür steht.
Ich bin zu dir gekommen, dafs ich dein Gesicht sehe.
Wenn ich dich sehe, mag ich sterben.
Komm heraus, mein (eliebter,
und gieb meiner Seele Trost,
dafs ich dein Gesicht sehe,
dafs mein Herz sich beruhige.
! Nämlich als Dank für die Aufbewahrung.
2 Dieselbe ungrammatische Verbindung wie in 3,7 und wie im folgenden Verse.
3 Auch von dieser Verwendung der Conditionalpartikel euywrre weils das ältere Koptisch
nichts. Nach unserer Stelle und der ihr parallelen, Vers ı9, giebt es also:
TITAPRO MMOR EUWTIIE WAREI ; = ich beschwöre dich,
wörtlich: »ich beschwöre dich, wenn du kommst« \ nicht zu kommen
TITAPRO MMOR EUUWI MEREI / = ich beschwöre
\
wörtlich: »ich beschwöre dich, wenn du nicht kommst« dich, zu kommen.
Philos. -histor. Abh. 1897. 1. 3
18 A. Erman:
13. Archellites: Ich habe einen Vertrag gemacht
mit Gott, ich kann ihm nicht übertreten,
dafs ich nicht aus dieser Thür herausgehe
und kein Weibergesicht ewiglich sehe.
Wenn du hier bleibst,
o meine Mutter, so habe‘ das Kloster;
wenn du zu deinem Hause gehst,
so weist der Herr dir den Weg.
14. Synklytike: Ich liefs die Romania hinter mir’,
ich kam zu den Gauen von Palaestina,
denn ich will dein Angesicht sehen,
Archellites, mein lieber Sohn.
Nicht haben die Fluthen des Meeres,
auf denen ich gefahren” bin,
mir (solchen) Schmerz bereitet,
wie dies Wort, das du geredet hast:
»ich sehe kein Weibergesicht ewiglich«.
15. Sage meinem geliebten Sohn:
Sieh, die Brüste, die dich ernährt haben,
sie stehen an deiner Thür,
sie begehren dich zu sehen.
Archellites, mein Geliebter,
komm heraus,
dafs ich dich sehe,
dafs ich dich grü/se,
da/s meine Freude voll werde.
16. Archellites: Geh und sage zu Tsynklytike, meiner Mutter:
»ich habe einen Vertrag gemacht
mit Gott vom Himmel.
! So wörtlich, falls der Text richtig ist.
2 Nämlich auf meiner durch die R. führenden Reise. Es ist wohl hier so dem Wort-
laut entsprechend zu übersetzen; gewöhnlich verwendet man aber zw ca einfach für »ver-
lassen«.
3 nAea; auf diese eigenthümliche Umbildung von mAeiv hat schon Revillout in seinen
»Melanges d’epigraphie« (in den Melanges d’Archeologie &egyptienne et assyrienne Il, 167)
hingewiesen. Auch mAaa findet sich in der unlängst von Turajeff herausgegebenen Grab-
schrift (Kais. Russ. Archaeolog. Gesellsch. 1896 S. 79).
bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 19
Ich kann ihn nicht übertreten.
Es ist gut, dafs‘ ich dein Angesicht sehe
in dem Königreich der Himmel
U ERNE und ich lege Rechmung ab
von dem, was ich gethan habe.
17. Geh und sprich mit meiner Mutter:
Du(?) gehst zu deinem Vaterland.
Ich habe Gott vom Himmel gelobt”:
»ich werde kein Weibergesicht ewiglich sehen«.
Ich kann diesen Vertrag nicht übertreten,
den ich mit Gott geschlossen habe,
damit er mir nicht zürne
und mich (?)’ von ihm verstofse.
18. Synklytike: Geh und sprich mit meinem Sohne,
Archellites, den ich liebe:
Ich bin die Synklytike, deine Mutter,
die ich hierher gekommen bin, dafs ich dich sehe.
Sieh, diese Brüste, die du genommen hast,
der Leib, der dich getragen hat,
sie stehen vor dieser Thür
und wollen’ mit dir reden.
19. Archellites: Ich habe dich beschworen, o meine Mutter,
bei dem Namen des Herrn der Heerscharen,
dafs du mich nicht quälst,
dafs ich herausgehe und dein Gesicht sehe.
Ich habe gelobt
Gott vom Himmel:
»ich sehe ewiglich kein Weibergesicht«.
! Der Sinn wird sein: wenn ich dich jetzt im Leben sehen würde, so würde ich den
Himmel und damit auch die Hoffnung, dich ewig zu sehen, verlieren.
® Dies muls hier und in 19 titoyAowoc und FAovoc nach dem Zusammenhang heilsen,
im Unterschied von $Aowoc »Rechenschaft ablegen« das in Vers 2 und 16 vorkommt.
® Dals stenoxe in ımoxe zu verbessern ist, wird durch Vers 19 wahrscheinlich.
An beiden Stellen habe ich übersetzt, als stände nicht noxe oder noxehoA »dich verstolsen«
sondern noxt »mich verstolsen«, wie das ja der Zusammenhang fordert. Sprach man etwa
das Suffix et damals £? in Vers 2 schreibt er freilich korrekt noxr.
“ * Oder — je nachdem man die Confusion des Textes so oder so ändert — »er (der
Leib) steht ‚,.. und er will... .«,
3%
20 A. Erman:
Ich kann es nicht übertreten,
dafs mich mein Gott nicht verstofse.
20. Synklytike: Ich habe dich bei Gott vom Himmel beschworen,
Archellites, mein lieber Sohn,
habe Mitleid mit mir,
komm heraus zu mir, dafs ich dich sehe.
Gedenke, o mein Kind,
an die Schmerzen, die ich mit dir erlitt,
als ich dich auf meinen Händen trug (?)”
und deinem Munde die Brust gab.
RE dein Gesicht sehe,
mein Geliebter, du Licht meiner Augen,
De (Eko 000.088
Dafs zwischen diesen Worten der Mutter und den folgenden nun die
Katastrophe liegt, das scheinbare Nachgeben des Heiligen, sein Gebet, Gott
wolle ihn zu sich nehmen, und sein Tod, würde niemand aus unserem Ge-
dichte allein ersehen. Erst durch den arabischen Text erkennt man die
folgenden Verse als die Totenklage der Mutter und versteht es, warum sie
sich in ihnen anklagt, dafs sie selbst ihrem Sohne den Tod gebracht habe.
21. Alle ihr Frauen, die ihr Kinder gebart,
sammelt euch und weint mil mir,
denn einen einzigen Sohn gebar ich
und ich war es, die ihm seinen Tod brachte.
Ich wünsche mehr, dich einmal zu sehen
als alle Schätze der Welt.
Der Herr ist mein Helfer,
meine Sorge ist auf ihn geworfen.
22. Ihr Frauen, die ihr Kinder gebart,
sammelt euch und weint mit mir,
denn einen einzigen Sohm gebar ich
und ich war es, die ihm seinen Tod brachte.
Ich habe dich nach Athen? geschickt
! Eigentlich »und so verstölst mich Gott«, als ginge vorher: »ich übertrete es«.
? Ich denke an enaAny eannadız; eqgaAny sagt auch der Physiologus (AZ. 1895, 56)
vom Vogel auf dem Baume.
° asıtteoc (d.h. eigentlich wohl Aßnvaios) und heperoc.
Bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 21
und nach Berytos, damit du schreiben lerntest‘.
Du hast alles dieses verlassen,
du gingst und wurdest Mönch.
[97
195)
Ich habe dies grofse Meer durchfahren (2)?
von der Stadt Rom an,
ich bin zu dir gekommen,
Archellites, mein einziger Sohn,
du Licht, das in meinen Augen ist.
Ich habe dies Alles über mich gebracht,
o mein Sohn Archellites
Warum ... ich
ich habe dir deinen Tod gebracht.
24. Blicke auf und sieh mein Gesicht,
Archellites, mein lieber Sohn.
Ich bin Tsynklytike, deine Mutter,
die ich hierher kam, dafs ich dieh sähe.
ER die ich kam, dafs ich dich sähe,
u Mean. 25 Plenlanee gene zu mir.
Ich kam zu dir mein lieber Sohn,
ich. .sehe nicht "ass... Tod.
Wie man sieht, ist es für das Verständnifs all dieser locker an ein-
ander gereihten Reden nothwendig, dafs man sich den Gang der Handlung
ständig vor Augen hält. Man kann daher nicht wohl bezweifeln, «dafs der
Vortrag unserer Verse einst noch von emer gleichzeitigen Wiedergabe der
Legende begleitet war, die ihn erst ganz verständlich machte. Und da
weiter, wie unten (S. 43) dargelegt ist, die Beischriften einzelner Strophen
diese als selbständige Lieder mit besonderer Melodie kennzeichnen, so wird
unser Text eben nur das enthalten, was bei der Vorführung der Archellites-
geschichte gesungen wurde.
Es liegt uns nun am nächsten, uns diese Vorführung als eine drama-
tische zu denken; Schauspieler stellen die Geschichte des Heiligen dar, in-
dem sie die gewöhnlichen prosaischen Gespräche improvisiren, aber die
besonders rührenden Reden singen. Indessen darf man eine Stelle unseres
Textes nicht übersehen, die diese Erklärung mindestens erschwert. Das ist
1 voeiw.
? cwr in dieser Bedeutung ist mir nicht bekannt.
22 A. Eruman:
Vers ı, in dem ein der Vorsteher sagte mitten im Verse ganz wie ein Stück
Erzählung aussieht!. Ich möchte daher einer anderen Auffassung den Vor-
zug geben, bei der diese Stelle weniger anstölsig ist: die Geschichte wird,
etwa von einem öffentlichen Erzähler, frei vorgetragen sein, der seine Prosa
dann an den Hauptstellen durch Gesang dieser Verse unterbrach. Das wäre
dann dieselbe Art, in der noch heute in Kairo die Geschichten von Abu
Zeid vorgetragen wurden”.
Der arabische Text der Archellites-Geschichte.
akt LE al IT a ed RE De
ob LES 8 IE ET, ul, Kon al "us "ann, er Il cm 8 AR
Al, as ae ae öl se el Us ie va alla. 8 Nenn tt üleiı all AS
ym Sol, SU N ar u le wLäb ei A rl, re Yun
BD Al, sth %) ESCHE 5 „la, sule ur ule Au u! "NS, au)
ar rt bes nl u, Po au, ale LE l Iauns Le al
16
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DE EN) ev) "uam ad, er zu gi! TR ER, u Di gs 0)
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FEIN Sn in 5 U nr Ta 8 5;
Aal a u
Der Text nach der Göttinger Handschrift, Ms. arab. ıı2. Ich gebe die wesentlichen
Varianten der anderen Göttinger Handschrift, Ms. arab. 113.
1. Ohne zul). 2. Die Titulatur des Heiligen ist hier USt ASS vl.
3 w„AHLs] wie 112 auch weiter unten giebt. 4 Min, ade. 5
fehlt. IO. won. 21 Nur 9. 12. Wohl für auf wos; ı13 hat nur SU Las.
ea =
6. ASIICH 7. Les Ben Ik,. 8a. Ohne As. 8b. cp &L Ja 9. Dr
13. sd a le. 14. aü>. I5. wm. 16. - st. I SOSYE
0463) St \ & (ohne N). 18. Sm bt. &lo: 19. al ESYO CR! a gm Sum.
20: 21. A| 8 bl 22. Ohne N. 23. ren, 24. m ES TON 6 CP}
uns. 25. Lies al, wie auch ı13 hat; für („ hat es &. 26. Nur ein.
! Die ungezwungene Erklärung der Stelle ist: [der Vorsteher sagte:] Öffnet ihm und
bringt ihn hin vor mich. [Er ward hineingebracht.] Der Vorsteher sagte: Er sieht ja wie ein
Engel aus u. s.w.
®2 Vergl. Lane, Manners and customs II 117.
Bruchstücke koptischer V olkslitteratur. 23
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lead! le u v8 6023|] zu RL, al Sl, KEN sl > Han Sl ES
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Ad) om Ab, ad aa) sP I ee u I > Lil Di, Ui
Am rl DJ! ui Er Les 5 I md Seh 4) Pat a Ben,
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o, I 7 Laıl 4a, va o lee SP] el uns, ip Mel ° ur uad
ur En nn EZ © er 22 62. © Dre U,» ie A>), Leiten 52 slim
eu eine ee, Be wei ai AN SE FE: wu asst a En Ben
una! "a Io Em 6°9 vH sülaLo SPA») u 3
27. Lies mit 113 of 0 28. ya SB 29. A. 30. a &
sl... 31. Nur WE. 32. de. 33. will. 34.088. 35 lube. 36. wä>T.
37: BER. 38. d u>lo bl. 39. Ohne Ale. 40. wma, AL. u
42. ül. 43. Nur a Adl. 44: pr 45. Ru fehlt. 46. Nur lv.
47: 8 Nam wo, 48. eb ssAg5, 2 bi. 49. 8. 50. nd or 51. (gen.
52. Slam fehlt. 53. Erst a5o, dann Alam. 54. an). 55. vu>o cr)
56. a1. 57. Laıl 2. 58. al. 59. Pan 60. An. 61. sAm> m pn.
62. Nur das. 63. Ohne a&u>. 64. Ohne Xles. 65. Nur Lies alle.
II. Ein Mährchen von Salomo.
Die Texte II-IV sind den Resten einer Sammelhandschrift entnom-
men, in der sich ein Kopte (nach S. 19 wird es Humisi, Sohn des Apa David
gewesen sein) Mährchen und Lieder zusammengetragen hat!. Sie befinden
sich im Besitze des Hrn. Dr. Carl Schmidt, der mieh durch ihre freundliche
! Er benutzte für seine Handschrift altes Papier, denn auf dem unteren Theile von
S. 5 stehen Reste eines arabischen Textes, die älter sind als der koptische.
24 A. Ernmans:
Mittheilung zu besonderem Danke verpflichtet hat. Erhalten sind 16 Seiten
im Format 18° hoch x 13°" 5 breit, Reste zweier auf einander folgender Lagen,
deren jede aus drei Blättern bestanden haben wird. Erhalten sind von den
24 Seiten dieser beiden Lagen:
Seite 5-7 Schlufs eines Mährchens von Salomo.
Seite 8 Lied esoyew-oypomr.
Seite 11-ı8 Mährehen von Theodosius und Dionysius.
Seite 19 Titelblatt und erste Zeile eines Liedes.
Seite 20. 23. 24 Lieder; da auf Seite 23 der Schlufs zu dem auf S. 20
2
beginnenden Liede steht, so müssen auch 21 und 22 dazu gehört haben.
Von dem ersten Mährchen ist nur das folgende erhalten:
5lerap aAcjss [uoyanor] sepm AsTaab macsssss merkelo|yp
EIIECHT" epacf Acahossssess WARE MMAL ZEe-eys5>:CW MNOTATNOT
NEPM ETgITEeRSIS wareehro aunlelkaur[o] e&[oA]
Aa sTov WTASIHTAS NOTO TAYWAZE lenMsAs => cwAomon loc]
eitep|pwo7] ewwne Ta5s0555>5% | ar oveppwssessrBelbro]s |’ ass wsr=e
1s0Cs2e: so» s»uÖdas20282:@Chro MIIeRM[To e]boA
s 1An[oT eprt]
O :::c1TyAAoc 91Taxopa @ cwAomon 11|oC]| eiteppwor KWaızaoy
rerenvrep emm[a] ywabepıyooy gırernaAAation (leer)’ may Kara maoyan
Goo[ylga epar verenomon ru[ploy ergarerzoyceı[la] »> over se paı
MIEETTAAOC 555: YapIL Triesjoyar ze oysss:|wy|a-poyygi anmegbessess
ureynoy:armalyyı renjowon Trrespoylar ywacwAonlon z[e]-zımm[ßi]
sse0 ss: 1Wyla|mımı (leer) Twyareıe yapar emiervAAoe
Hra epe-ryaze o1-pory c@Aomon eife-Tjagı maenomon Acıı
epeiteetyAAoc HIEMIECTENA9 erjtons (leer) TION Erica META NOH
MMEIATE MEHEM # #4 &
ı. en glaube ich in Resten zu sehen; jedenfalls fehlen nur zwei Zeichen. DESRANE
dem untersten Theil der Seite standen schon einzelne arabische Worte, die von einer früheren
Benutzung des Blattes herrühren. Der Schreiber hat die dazwischen liegenden freien Stellen
beschrieben, die Grölsen der Lücken sind daher nicht zu ermessen. 4. Anscheinend leer
gelassene Stelle inmitten der Zeile, von drei Zeichen Breite. 5. Desgleichen am
Zeilenende; es könnten aber allenfalls noch unter dieser letzten Zeile Worte gestan-
den haben.
Bruckstücke koptischer Volkslitteratur. 25
e
Bewpra IM ETsss2RAQ CE CHO 9PAT 9sssTectyAoc epssss ton
MIIPH MIUTS 585 9Rwc, oywynlujp[s mmalt &tar epor (leer) #» =. Tanz
ayer'
1. Anscheinend fehlt nichts.
Denn er |nahm?] einen Becher Wein und gab ihn ihr [und legte?] seinen
Ring in ihn hinein‘ . . > [Sie] sagte zu ihm: »Wenn ich einen Becher Wein trinke,
der in deiner Hand ist, so demüthige ich mich vor dir«.
leRnderde a N und ich spreche mit [dir?|, o Salomo, du |Herr]
der Könige: Wenn... BENENNUNG diesen Becher | Wein]
re [ich] demüthige mich vor dir.«
»[Es ist eine] Säule in meinem Lande, o Salomo, du Herr der Könige. Wenn
du hinschickst und sie hierher bringst, so ist sie nützlich (?)* in(?) deinem Palast«°.
» Versammelt euch zu mir, alle ihr Geister, die ihr unter der Macht® steht
halte er Ss die Säule.« ... der erste eilte und sagte’: ».... bis zum
Abend«. Der zweite ...: »... sogleich«. Die Geisterhälfte (?)* eilte
und sagte: »Von dem Athem ...... an bis zu dem Athem’ bringe [ich] dir
die Säule«.
! Vergl. unten S.30 Anm. 6 ayraay enecht eyAeıtort »er legte sie (die Werkzeuge) in
ein Tuch«, wo der starke Ausdruck für »herunter« noch anstöfsiger ist als an unserer Stelle.
®2 Mit dem acaho ... vermag ich nichts anzufangen, falls darin nicht etwa der Name
der Königin steckt.
® Hier können ganze Sätze fehlen.
* Man denkt an Bwyay, doch kommt die irrige Schreibung von o für korrektes a
sonst nicht vor. Das folgende o1- wohl für ost- (d.h. ait-), vergl. S.28 Anm.2; 30 Anm. 12.
5 Die hierhinter stehende Bemerkung gehört nicht zum Text.
° Lies »unter meiner Macht«; dies spricht Salomo, wie aus dem folgenden hervorgeht.
? Dieses ze für eqxw Mwoc ze kenne ich bisher nur aus dem von mir veröffent-
lichten Zaubertext U.B.M. Kopt.r,2. Die Stelle ist auch inhaltlich der unseren merkwürdig
ähnlich. Hier wie dort müssen die verschiedenen Geister angeben, wie schnell sie den
Auftrag ausrichten wollen und hier wie dort ist der dritte der schnellste und geht so schnell
wie der Athem.
* So kann man mar mremonson unbedenklich übersetzen, aber diese Übersetzung
ist wohl kaum richtig. Denn »die dämonische Hälfte« wäre ein seltsamer Ausdruck für »die
Hälfte der Dämonen« und dann, was soll die »Hälfte der Geister« als dritter Theil zu dem
»„ersten« Geist und zu dem »zweiten« Geist? Was man erwartet, ist, dals ein bestimmter
dritter Geist genannt wird. Und in der That ist maus nach dem folgenden ein bestimmtes
geflügeltes Wesen; vielleicht irgend ein Geistervogel.
° Hier fehlt wohl ein Genetiv. Der eben genannte Zaubertext lälst den Geist fortgehen
»im Athem deines Mundes«, und wiederkehren »im Athem deiner Nase«, als nähme er an,
Philos.-histor. Abh. 1897. I. 4
26 A. Erman:
Dann, als das Wort! (noch) im Munde Salomo’s war, siehe, da kam die
(reisterhälfte (?2) und die Säule war auf ihrem Flügel und wandte sich hierhin
und dorthin wie die...” und die
Alle Wissenschaft, die |auf der| Erde ist, steht geschrieben auf der Säule,
und das ... der Sonne und des |Mondes?] stehen auf ihr. Es ist ein Wunder,
ste zu sehen’.
Es sind das nur geringe Reste einer Erzählung, aber man kann doch
nicht ohne Wahrscheinlichkeit ihren Inhalt errathen. Die Königin von Saba
ist zu Salomo gekommen, und er bringt sie durch irgend eine List dazu,
aus einem Becher zu trinken, in den er seinen Zauberring gelegt hat. Da
demüthigt sie sich vor ihm und schenkt ihm eine Säule, auf der alle Weis-
heit geschrieben ist. Salomo sendet die schnellsten seiner Geister hin und
sie bringen sie ihm.
Über die hinter dem dritten und dem letzten Abschnitt stehende Be-
merkung
MAN KATA TAOYaAH
> 2# Ta ITAYET
vergleiche unten S. 43.
III. Mährchen von Theodosius und Dionysius.
I
UNoyW@gArneToX oc 5:
7
en
= EPIOBIy ETMET-
Xınlaloyo waeeraufcıoc meppo] ze- tretyghep meAoc exit’
Alılomreroe npocks
= eberieoeMi AHAT epar x:
METO # #5" MIITSOS5C ETOITE > MUTPACOY HTARHAY epalc]: s g1Tep-
RACIA MIIATI erwbı
1. Über der Seite in einer Umrahmung; vergl. S. 44. 2. Die Ergänzung durch
den Schluls (S. 28) gesichert, doch ist der Raum für sie knapp: 3: Nicht exent. 4. Es
wird zu lesen sein erenmer(mer)onkn.
dals der Mensch abwechselnd mit Mund und Nase athme. Danach möchte man auch hier er-
gänzen: »von dem Athem [deines Mundes] an bis zu dem Athem [deiner Nase]«, d.h. zwischen
zwei Athemzügen.
' Nämlich der Befehl, den er der maıys geben will; ehe er ihn ausspricht, hat sie
ihn vollbracht.
® Auch die oase sind nicht bekannt; wir können daher auch nicht beurtheilen, ob
wir das most richtig übersetzen.
® Was noch nach dem Zwischenraum folgte, gehört nicht zum Text.
Bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 27
a
8
Uneyoeuy eneort eToyaah Ara KRepoc TAPX HEIIICKOTIOOE" EW INT
HZEN-BOCTAINTHOYOATE ePe-MEPPOOY IHMWTATCE HALT ATCHOTIA es
MENOG ETTIWAÄIC
12 Mir = TEMATOC ETATAH MITEPPO “
NMAL ETAO MOC:
94 e9orit erAnpır [oc] s=++ Ha gpat ennoyTt are
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ss:noY[elppo Tebuaan: mat =:
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AHA KYPOC = 5% XE WOPM EepAcTe KIPIARH WAHCOOYIA THPN ETERRAECA
THIUYAHA EnNMoyTt gAmıoWF] soyst! POMEe cHaAy MOHRE Nep|racr]| re
MUMMA MTE-TEXOPA NEHME TIPAN EOYA NOHTOY TIE HEPAWCIE IPA
ENREOYA Tre Arwineroce” BAoeyawcioc may eypaAcoy ATzaac Trebiybep
AIWNHCIOE enwyahboA” epaı ıutpacoy wyarep-oygebaonac MEpu =»
NCHAC] Eiepgory mac axeıt-bern oHTtepracıa wmlalreroßt Mit kleiner
Schrift: TaNoc Aezıc
Hınay epat 9Noy9opoma eiyxe EIHNOYCOWeEe ecoyao eboN epe-
OYMHHLJE MECOOY WOON EIHTE MIEEEPION MIETESJHAYE AIHAY ENEPOME
MILMO ETMAY uwWneol[e|pıon auerebnaye nray[e] Tapoy wmnamro
eboA AYHAHTOY AYIPocKyit mar Aatay eygienb eboyan el!poT raß-
MNAOYAIL ENNOY AYT’ NoY9onrAon HHTAsız nboyp moycehictH eTasız
HOTHAM ABEMCOT HEN-OYEPoINtoc Apwaı m Teooy tar Aßı Yapoı Itsı-oy-
Pome toyoenm Abt mar HOYMAHRWE WIALYT MITEWSMFAM AMAIT MMAY
AITAAY ENERSIR Toitncioc" KATA TPACOY MTARNAY EePoc Apıy Apept
OFOW AAR MEPPO TERt Hat NtEelyALyT EILERATIWOHRH
5Aoepawcıoc WAXE NEMAcT XE-TWOoYM TEhoR TeItepRacıa ZENOY-
ach nmart amalpa] ya” Atosıneroe wazl[e te]mar TWoyrenkor"
ereneAtca (c1a)" TENHAY EIEPPO MWAYTAULT 91XOM TEP@ME IIIM TIPOC-
KYM MAT AYTOOYH AYboR ererkecta AYAOHPATOY IMAHOYUHRHYE" erbe-
TMETOHRH ETOYTUOON EOHTC MTEPE-TINAY MIIDIC ause" WWTE EIC OYAITOC
? ? RT
TE"SIC. 2. Verbessert aus maoıt. BEESIC: 4. Es wird nur oyent gestan-
den haben. 5. Hier endet wohl ein Abschnitt, der aber, weil er mit dem Ende der
Seite zusammenfiel, nicht besonders bezeichnet ist. 6. Das m könnte nur noch ein s
sein. 7. Sic. 8. Lies unoy-? 9. Nicht ay. 10. Lies sııa. ı1. Oder
Raum für zwei Zeichen, falls er wegen des Zeilenendes besonders eng geschrieben hatte.
r2. Sie; zwischen den beiden a eine grolse Lücke, die den Abschnitt bezeichnet.
Sie. 14. Das Eingeklammerte gestrichen; vor der Verbesserung stand etesteAroacıa.
Sie. 16. Sie:
-
an
28 A. Erman:
Abı eboA gime‘ epe-oyRAam MOM MMAPRAPITHE MIOYSFEpo<T enorh
torbac epe-Tmaen enecpoe orzocy 16felpe-maroe Bopı may ehep-
OYoEm egoynpn eymoyT ETTESTPAM ze9paraHnA narcaAıız ETMEI ipawe
1Aapx auueAoc EWOYTTAIOTT ALTTOPH FOEYAWCIOE ALTOMCOrT OISM-
4 €
TTEEPONOC ATAAOC THP ol eboA ze-Rypiekeicon EYAWcCIe Arjeppo’ Mit
kleinerer Schrift Nezıc
Hrepe-seyawcıoc epeppo Abeprıwbuy eRIwitHcioe AMriecjepriec uRecH
Erhe-TMETIHRH ETITZOLT HTEPE-NZOR EPAMMECHWT ARIWONACIOC KI-NEcKeyc
eyYep9orf ETMETNATIETOWBL abraa enechr eyAenton abraday graır-
tehnagcje’
IA6ı enpo mmaAAatıoı AcfmoyT eycioyp itre-neppo ze-z1 mar
WAEEFAWCHE Te|ppo] zoymecrnpion trentepp[woy] mapxXeon ireb-
zsıroy [e|goyit warteppo AbrfoA eboA enAecıton absmıecreve eyepgorj
MOHTOY Eepe-Terjppan MIND 9X00Yy Alleppo TOOYH AIZI-TIETEPONDE
Abı warchybeep ebzw mmac zero ilalı naıwr eroyaak abzılrc
[egloy' ergnpAatrom’ Avapıcra MitsepHy
ATCWOFA9 THPOY ENST-TIeRÄHpoc Ayeı waoypawcıoc B[ın]eppo
Aroy eboA evaw Mmoc ze cabt man moyersckonoc’ ze amııor [a]ııa
KYpoc moy Aramag|T]” oız etwnncre Aabah tapx Hercronoc Ab-
WWTE NWIOT ereberk‘ecsa Mit kleiner Schrift: TaAoc
Artereng OR BoA HEWOYy ZE-OYMEeTEPPoO OYMHTOYHHR goycar'
KATA TIETCHO HINMEeRPAbH XIMAOY? WAHEYAOCIC TIeppo
12 SIC 2. Lies agepeppo. 3. Der Abschnitt ist nicht besonders bezeichnet,
da er mit dem Ende der Seite zusammenfällt. 4. Man möchte lesen egoyst e, doch stand
hinter oyst wohl nichts mehr. 5. So korrigirt aus negaAAartoıt. 6. Korrigirt aus
EILICTOTIOC. 7. Zu einem zweiten Buchstaben ist kaum Platz. 8. can als Korrektur
eingefügt. 9. Sie.
Melde von mir dem Könige Theodosius: »Der Freund! ...... Dionysius
verehrt dich und wünscht dich zu sehen, |denn ich habe nicht] unsere | Dürftig]keit
vergessen und das |Gespräch], das zwischen (?) uns war”, und den Traum, den du
gesehen hast, sammt (?) der Ziegelarbeit.
' Was sich in dem folgenden Worte meAoc verbirgt, vermag ich nicht zu errathen. —
Dieser erste Absatz ist wohl als ein Brief des Dionysius zu fassen, mit dem er dem Kaiser
die folgende Geschichte ihrer Jugend übersendet.
® Ich lese n[AJo[vo]e erorre[sin]at, wobei o1- wieder für or- (d. h. o1t-) stände,
Bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 29
Zur Zeit unseres heiligen Vaters, des Erzbischofs Apa Kyros, der Vater war
über Konstantinopel, indem die Könige ihm untergeben‘ waren, versammelten sich
die Grofsen der Stadt. ...... ” in die Halle des Königs ...... unser Vater
Apa Kyros. [Sie verhandelten?] mit ihm und sagten: »...... Geistliche . . . . -\.
Gott, [wir haben?] keinen König [gefunden ?], der uns weide; [wir sind wie] diese
Schafe, wenn sie keinen |Hirten] haben«. Unser Vater Apa Kyros sagte |zu
ihnen]: » Morgen früh, am Sonntag, versammeln wir ums alle in der Kirche
und beten zu Gott für diese Saches. Es waren zwei arme fremde Arbeitsleute
vom Lande Aegypten, von denen einer Theodosius, der andere Dionysüus hie/s.
Theodosius sah einen Traum und sagte zu seinem Freund Dionysius: »wer mir
diesen Traum deutet, dem will ich eine Woche Blut(?)- Arbeit” thun und ohne
Lohn in der Ziegelarbeit für ihn arbeiten«.
Ich sah mich in einem Traumgesicht, als wäre ich auf einem ...... Felde
und eine Menge Schafe waren auf ihm und Thiere und Vieh. Und ich sah, wie
die Leute jenes Ortes und die Thiere und das Vieh alle vor mich kamen; sie
warfen sich nieder und verehrten mich. Ich sah, wie ein saugendes Lamm mich
BRÜhSAS EN. &NE Ol salbte; es legte mir ein Ehrenkleid an und (?) eine Stola von
der Farbe des Golde. Man gab eine Waffe (?) in meine linke Hand und
Einen a. 3. 2r ° in meine rechte Hand. Es setzte mich auf einen Thron und
alle Leute priesen mich. Ein strahlender Mann kam zu mir und gab mir eine
Menge Schlüssel; ich konnte sie nicht fassen und gab sie in deine Hände, Dio-
nysius.« — »Nach dem Traum, den du gesehen hast, will Gott vielleicht dich
zum König machen und du giebst mir die Schlüssel deiner Speicher. «
Theodosius sprach zu ihm: »Stehe auf, dafs wir zu unserer Arbeit gehen,
denn wir sind sehr, über die Mafsen müssig«. Dionysius sprach zu ihm:
»Stehe auf, dafs wir zur Kirche gehen, dafs wir den König sehen, den man
über uns setzt, dafs ihn alle Leute verehren«. Sie standen auf und gingen
zur Kirche und stellten sich hinter |die| Menge wegen der Dürftigkeit, in der
sie waren. Als die Zeit des Tpıoayıos kam, siehe, da kam ein Adler vom
I Vmoraoceıv.
2 Auch in dem nartoc steckt wohl etwas Griechisches.
® So, wenn der Text richtig ist; lieber würde man aber epvost mac verbessern.
4
Was ist ecoyagc (oder ecoyace) ehoA? Steht es etwas für ovamye »weit«?
5 Die aeßaorn könnte der Reichsapfel sein, wie ihn die byzantinischen Kaiser tragen.
Auch in dem ömAov möchte ich hier das sehen, was sie wirklich in der Hand führen, das
Scepter, den »goldnen Stab, auf dem das Kreuzzeichen ist«, wie unser Text es weiter unten
beschreibt.
30 A. ErmaAn:
Himmel, |in dessen Krallen?|' eine Krone von Steinen und Perlen war und
ein Stab von Gold und Elfenbein(?), auf dem das Zeichen des Kreuzes war.
Der Adler trug sie, indem er mehr als die Sonne leuchtete; man nennt ihn
Raphael, den mit der freudevollen Posaune, den verehrungswürdigen Erzengel.
Er rifs den Theodosius fort und setzte ihn auf den Thron. Das ganze Volk
schrie: Kyrie eleison, Theodosius ist König geworden.
Als Theodosius König wurde, vergafs er des Dionysius und |dachte|” nicht
wieder an ihn wegen der Dürftigkeit, die auf ihm lag. Als das Ende zweier Jahre
[gekommen war]', nahm Dionysius die Werkzeuge’, mit welchen sie die Ziegel-
arbeit verrichteten, und legte sie auf ein Leinen und nahm sie auf seinen Nacken.
Er ging zur Thür des Palastes und rief einem Eunuchen des Königs zu:
» Nimm dies zu dem Könige Theodosius, denn es ist ein Geheimnifs der alten
Könige« und er nahm sie herein zum Könige. Er löste das Tuch auf und
fand’ die Werkzeuge, mit denen sie arbeiteten, auf denen sein Name und der
seinige® stand. Der König stand auf seinem Throne auf und ging zu seinem
Freunde und sagte zu ihm: »verzeih mir, mein heiliger Vater" «.
Er nahm ihn hinein in seinen Palast und sie frühstückten mit einander.
Alle Geistlichen versammelten sich und gingen zum König Theodosius und riefen:
» Verschaffe” uns einen Bischof, denn unser Vater Apa Kyros ist gestorben«.
Er fafste die Hände des Dionysius und machte ihn zum Erzbischof; er wurde
Vater seiner Kirche.
Es erfüllte sich an ihnen‘, was geschrieben steht: » Königthum und Priester-
thum zusammen« gemäfs dem, was in'” den Schriften steht. Melde von mir dem
Könige Theodosüus.
! Diese Worte hat der Schreiber irrig übergangen.
® Lies eAechac?
® Hinter neq ist wohl meeye ausgelassen.
* Der Schreiber hat ıwywre übergangen.
° oxkevos. Dies Lieblingswort der Kopten heilst hier cxeve.
% Über das emecmr siehe oben S.25 Anm. ı. Gemeint ist, dals er sie in das Tuch
einwickelt, wie aus dem Folgenden erhellt.
? In ahsıneckeve hat man ayası-neckesc zu erblicken; ebenso schreibt die Hand-
schrift in einem Liede (unten S. 35) assınorrooc.
® D.h. natürlich: der des Dionysius.
° Man darf aus dieser Anrede schwerlich folgern, dafs diese Ziegelarbeiter Mönche oder
Geistliche sind; sie ist wohl zum Höflichkeitsausdruck geworden. Vergl. oben S.15 Anm. 4.
1° Wörtlich »bereite«.
!ı Über die Übersetzung dieser Formel vergleiche das unten S. 32 Anm. 2 Bemerkte.
'® Wieder o1- für on-.
Bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 31
Dafs unser Mährehen aegyptischen Ursprungs ist, zeigt schon die An-
gabe über die Herkunft der beiden Leute; dafs es aus einer Zeit stammt,
in der das Band zwischen Aegypten und Konstantinopel längst zerschnitten
war, zeigt seine naive Vorstellung von den dortigen Verhältnissen. Trotz-
dem enthält es eine historische Reminiscenz, denn (ich verdanke das
Folgende der freundlichen Mittheilung Harnack’s) es hat wirklich in
Konstantinopel einen Patriarchen Kyros gegeben und zwar im Anfang des
8. Jahrhunderts (etwa 705-712). Und ungefähr in die gleiche Zeit fällt
auch ein Kaiser Theodosius (Th. II, 716-717). Dagegen ist der Patriarch
Dionysius freie Erfindung, denn der einzige Patriarch dieses Namens lebte
gegen Ende des 15. Jahrhunderts, ist also gewils jünger als unsere Handschrift.
Über die Bemerkungen, die auch in diesem Text am Ende der ein-
zelnen Abschnitte stehen, siehe unten S. 42.
IV. Lieder aus dem Scehmidt’schen Bruchstück.
Die Enden der Verszeilen sind hier nur durch gröfsere Zwischenräume
bezeichnet; die Strophen sind durch Striche getrennt.
a.
8 HOYWIMCTOX oc Tıra’
Gioyey-oYP@MT HATMOY WACHEO
TAXD EPAtT EeTTAM'RAQ” EOHT
ENHANMOY TErWAHA 91x01
TIeXze-NATAaC enoyb 1W
SE-POME MIM ETIISM-TIRAO
wape-nercH|g z]wr eboA oızloJoy
DRITM TAPM
= TEMA 2 MIIMOYTE
m
=» € Maße » Pac’
1. Steht als Überschrift der Seite in einer Umrahmune. 2. Der Punkt zwischen
A und x, als solle man pam kah trennen. 3. st Korrektur.
Ich suche‘ einen Mann, der niemals stirbt,
dafs ich ihm meinen Kummer sage,
! oswuy hier gebraucht wie das alte w%3, auf das es ja nach Sreınvorrr’s Bemerkung
auch zurückgeht.
32 A. Erman:
wenn ich sterbe‘', dafs er für mich bete.
Johannes mit der goldenen Zunge sprach:
Alle Menschen, die auf Erden sind,
was geschrieben steht, erfüllt sich an? ihnen.
[Der Tod?] nimmt uns alle
[nach dem Willen? Gottes,
Sünde ... gegen (?) ihn’.
b.
19 Blatt, das als Titel des folgenden Theiles der Handschrift dienen
sollte. Zwischen Linien:
eo
cdyu OMINOYTE: MWOPIL: oo
MEME (AMOR 3 90 YAICHS YEARS °)°
NOT CMOY Eepac: g9AMHI Eectywrte’
Mit Gott. Im [Namen] Gottes zuvor. Ich Humisi, der Sohn des Apa David.
Der Herr segne ihn. Amen, so sei es.
Darunter als Anfang eines Liedes:
Ayzır exit-oyroy' ecpxocl[e]
Sie führten mich auf einen hohen Berg ...
TeISie. 2. Das Eingeklammerte hat ein späterer Besitzer des Buches getilgt.
B.SIC. 4. Sic.
C.
20 Als Überschrift der Seite in einer Umrahmung:
InJoyo[om]| :ceTo:xXoc muos
Oynel[rjwybeep an! ne oyam g1cw
AAAa TAMEeTWybep Hanoye TE Tas
1. Der Schreiber trennt oymerwy beepaım neoywm, was vielleicht nicht zufällig ist.
! Man wird diesen Satz mit dem folgenden verbinden wollen (»dals er bei meinem
Tode für mich bete«), aber ist das grammatisch möglich ?
® So wird man osıs1t- hier und oben S.30 Anm.ır doch wohl übersetzen müssen, ob-
gleich ich es sonst so nicht belegen kann. Doch steht im Bohairischen Matth. 13, 14 eceawr
ehoA exwoy ze +ıpobnta srercanc »es wird für sie die Prophezeiung des Jesaias
erfüllt: werden«, wo e@n- wenigstens ähnlich gebraucht ist.
3 Verbessert in »uns«.
Bruchstücke koptischer V olkslitteratur. 33
EPWAIL-TIERJEEP HHOYIAPATITOMA
TERT-TERLYKH co g9ArTory'
Hewbeep naaan-Te’ 1reX pc
MHAY eTacjpnmtehrapabacıe
Acptriesgewma MAT-TIerjcHor] 9Apor]
WAITEeheTat ETEJAPKH NIREcoN
1. Sic. 2. SIC: 3. SIC.
Freundschaft ist nicht Essen und Trinken,
sondern die gute‘ Freundschaft ist diese:
wenn dein Freund in Sünde ist,
und du giebst deine erlösende Seele? für ihn.
Der Freund Adam’s ist Christus
als er* in seiner Übertretung fiel ?).
Er gab seinen Leib und sein Blut für ihn,
bis er ihn aufs neue in seine Herrschaft zurückführte®.
Man möchte fast vermuthen, die erste Zeile wende sich gegen ein
bekanntes weltliches Lied, das die Freundschaft im Essen und Trinken
suchte.
d.
sAAac
Oya eboA Tom ne TIPWMEe Hoyoecin
WTALTEP-UIFAM OHITAPICTOM
oya eb[oA] ..... nu‘
21-22 fehlen.
RER RER 222222. QHTRAATAATA
1. nıs steht unter der letzten Zeile der Seite und ist wohl bedeutungslos.
! Man möchte zunächst emmanoye herstellen, es wird aber dem Sprachgebrauch dieser
Texte entsprechend das participiale enanoye sein.
® Man kann sagen epenerw. 9noyn. »dein Freund ist in Sünde« ohne ein anderes
Verb des Seins als epe, aber kann man nun wirklich in diesen Satz noch was einschieben ?
Muls da nicht yoon zugefügt werden?
3 Man erwartet »du giebst deine Seele zur Erlösung«, doch darf man schwerlich so
übersetzen.
* Das mstay hier und S.4ı steht nach dem S. 55 Bemerkten für annay »zur Zeit
(wo)«; vielleicht ist herzustellen mnay etagon orteh.
5 Über cro vergl. das oben S.ı5 Anm. ı Bemerkte.
Philos. -histor. Abh. 1897. 1. 5
34 A. ErMmAn: ö
EC[eIT TIRENOC ETAYEIA
oya eboA Tot TIE MIMAOHTHC
MAT MHTACLCANTOY [eJoyagoy teocy
aep'-nca ren|sjoena
MUTEXAPIC ETssss Eepay
APHY Trecag Trecpteho may
waırebreabay eiiehnercahH
Tejsıt[o]y egoym erteapıcron
T# Tepwa grrebmereppo
1. Sie. Siehe die Bemerkungen S. 59.
Von wo' ist dieser strahlende Mann,
der die Wunder bei diesem Mahle gethan hat?
von wo ist dieser ......
[Es fehlen 20-30 Verszeilen.]
echte . in Galilaea,
er wird zum Geschlechte David’s gezählt”.
Von wo” sind diese Jünger,
die er erwählt hat, um ihm zu folgen?
sie(?) ... die Seite(?) der Begierde
und der Gnade, die sie ......
Vielleicht ist es der Meister, der‘ sie unterrichtet,
bis er sie seine Weisheit lehrt
und sie hinein zum Mahle nimmt,
dafs sie das Fest in seinem Königreiche feiern.
P
In einer Umrahmung (inmitten der Seite):
TOYD 9M CTO xe®c INOoG
! Eigentlich: »Einer von wo«, man erwartet dafür oyekoA twn, aber vergl. Stern,
Gramm. $ 264.
® Was der Schreiber geschrieben hat, heilst »er zählt das Geschlecht«, was er meint,
ist aber wohl eqnm enwenoc.
® Dafs hier der Gleichheit der Versanfänge zu Liebe »Einer von wo sind diese
Jünger« steht, ist seltsam.
* Für nertchw, wie oben S.7 TVECAIEPATC.
bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 35
Dann:
AYPOMe epoynahı AYUHHYe Moy
Akeoya Tebab AYUHHWYEe WNAQ
»2#1XA10C" ETs»ebeptaht
°s YRQAAZE ss arg 2tenarerfuoy
1. An dem ersten a ist korrigirt; die Spuren, die von den ersten Buchstaben noch
sichtbar sind, verbieten nicht «apıcasoe zu lesen.
Ein Mensch sündigte und eine Menge starb,
ein anderer reinigte ihm und eine Menge lebte.
She [Pharisäer?] ...... er sündigt,
[sie?] züchtigen ihn, ehe er stirbt.
Wie in dem Liede e. sind sich Adam und Christus gegenübergestellt.
f
AlEt EMOOWE YITEHIH
AISINOYROOC ELIMHP #3 MOOYT
aha‘ chboA ahbzenar HAT
Alel WAPAR TIAIWT eTOYAAb
TERBOA epaı g1TeRcwehra
Ich ging, um zu wandeln, auf dem Wege
und fand eine Leiche‘, gebunden und todt.
Ich löste [sie|” und sie sagte mir dieses:
»ich bin zu dir gekommen, mein heiliger Vater,
dafs du mich(?) lösest in(2) deiner Weisheit«.
So dunkel dies klingt, so läfst sich der Sinn doch errathen, wenn man
sich erinnert, dafs ja auch sonst in koptischen Legenden der Heilige eine
Leiche findet und durch ihren Anblick zur richtigen Schätzung der Welt
geführt wird’. So trifft er auch hier eine Leiche, und als er sie von ihren
! Der kwwe ist eine bestattete Leiche, z. B. eine Mumie. Danach möchte man auch
Aanp als »eingewickelt« fassen, aber kann woyp das bedeuten?
?2 Da hier nicht die absolute Form &oA (= &wA), sondern die Suffixform Aa‘ (= hoX;)
steht, so muls man wohl haAg herstellen.
® Geschichte des Archellites (Wüstenfeld, Synaxarium S. 237), des Schenute (eben-
da S. 172), des Gesius und Isidorus (ÄZ. 1883, S.ı41) und gewils auch sonst.
5%
36 A. Erman:
Binden »löst«, mag sie etwa zu ihm sagen, er solle lieber das Räthsel des
Todes »lösen« — &wA heifst ja auch erklären.
9.
AAAoc
Oyymm erpxoce erw mırFeTap'
EX[CONT EMAT YHTIE HITEPPO”
At[oH enKkag nore[aln noywr
ATterJrapmIoc boR ETITARA
oybraAscoHtsız efleppo
EIcw MIIESTEPTT eboA
1. Den anscheinenden Rest des ı und den horizontalen Strich über dem Worte würde
man zu einem & verbinden, wenn nur der Schreiber den Strich seines & sonst nicht immer
steil in die Höhe richtete. 2. # ist wahrscheinlicher als ı.
Ein hoher Baum, der ...... ! war,
der sehr geschätzt” war im Hause des Königs,
er fiel mit einem Male zur Erde
und seine Früchte gingen zum Verderben.
Eine Schale, die in der Hand des Königs war,
aus [der] er seinen Wein trank ......
V. Lieder aus einem Bruchstück der Berliner Sammlung.
Ein Doppelblatt mit 4 Seiten im Format von 18°” Höhe x 13°" 5 Breite.
In das Königl. Museum 1894 mit der Sammlung Mosse gelangt, heute P$127.
Seite ı und 2 enthalten Lieder von Salomo und Elias; Seite 3 und 4
Marienlieder; zwischen Seite 2 und 3 können die inneren Blätter der Lage
fehlen.
Man könnte sich fragen, ob dieses Bruchstück nicht zu derselben Hand-
schrift gehöre wie die Blätter m Dr. Schmidt’s Besitz, doch ist die Sprache
(oder vielleicht riehtiger die Orthographie) eine andere; unser Bruchstück
bezeichnet das alte kurze 0 stets mit a, jenes ist darin schwankend.
' Bei dem rap hat man vielleicht an rap »Spitze« zu denken.
® Eigentlich: »auserlesen«.
Bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 37
Dafs auch diese Texte Lieder sind, zeigt das nOVWwgem cT@xX ec über
Seite 3; die Enden der Verszeilen sind theils durch Punkte und Doppel-
punkte, theils nur durch Zwischenräume bezeichnet. Diese letzteren sind
nicht immer mit Sicherheit von zufälligen Zwischenräumen zu unterscheiden
und diese Lieder sind daher mit Vorsicht zu benutzen.
a.
173 Aac'
NIEPA ETIMAAC HEXEN-TIEBEPWNWC.
ebtgarı kaAwe.
gEN-OYCAYTEeN
epemmaxar” gerehn
HAT TTE CDADOMON TIZAPE MAAYerR
EPENTDENGOMIOM gemteher . OVEepIRo i
ı. Klein oben am Rand. 2. Sie. 3. m aus m korrigirt. 4. Mit kleinerer
Schrift.
Dieser König, der auf seinem Throne sitzt
und schön richtet,
mit Billigkeit,
während diese ....' in seinem Hause sind.
Dies ist Salomo, der Sohn David’s,
während die Geister in seinem Hause sind.
1
Das davorstehende raAac (s. unten S. 42) macht es wahrscheinlich,
dafs dies nur ein Abschnitt, nicht ein am Anfang vollständiges Stück ist.
Vergleicht man es aber mit dem folgenden, so möchte man glauben, dafs
auf das »dies ist Salomo« eigentlich noch eine längere Ausführung, das
eigentliche Gedicht, folgen sollte. Salomo mit seinen Geistern deutet auf
ein volksthümliches, nicht kirchliches Lied.
b.
nexaah MST-IHAS ECAI IWIANHE
SE-TIIeprartec ebepgab kAaAwc
eperteriot MI Mat
wrabet noymwAte
AYTALZT II8WE
! Die einfachste Deutung des räthselhaften axas ist noch atyar »nutzlos«,
38 A. Erman:
ATttecwoh yon gizen-nebstz
mar sıle gJeAsac rtenpwebHrtee
straße ses mcauybı [npanjmı morboo|n]
2% RAHMEYEN 0
SbcWTsz:11CA HE:
mtauoypu[oe]
Abepr|[n]e moaner.
=® ST - NIMOYTE
abeprikag nmen[sm]e
I OTFTE IWTE ?
& NIIERET TE MONO gersuren
:WAMTE Npamne mecaly ttebar|]
»=#0 RaAoO
2ereierawye manabı eyeıpfe] may
“ MET 1 MET
ANHOYTE 1A NTTegeAtac 1a
Abrrawy TIEX POHwe.
gab emah
ABbFal WAMTE NPAMIIT Mecay \ebar
Abt ab ıyarnre nparıe: mecay tehar
AboA’ nie ea‘ ecw NIAMET.
MENTIRAO eb rer’
AYoYA IWTE EMECcEeT
9IMENO = zay TAAoc
arıRag enraßb abtfrapııwc
Altetgkit Poy' ss Tıreyulalprıoc.
anıplolme wuag »se nerrehn[ayleı
»s2 T-eaay emot
ı. s als Korrektur. 2. Klein über der Zeile. 3. Korrigirt aus ece, eco.
4. Vielleicht ist hier eine Trennung. 5. Allenfalls auch aA. 6. Vielleicht Trennung.
Ti: 8. Zwischen w und y ist kaum für o Platz; es wird trotz der Grölse der
Lücke wohl pwy[r ay]t zu lesen sein. 9. Wohl nur we-.
Der grofse Meister Johannes sagte:
Dieser Arbeiter, der schön arbeitete,
und den sein Herr liebte,
er forderte eine Stadt‘.
' So als mragarrer kann man jedenfalls die Stelle auffassen; aber vielleicht versteckt
sich ganz Anderes darin,
Bruchstücke koptischer V olkslitteratur. 39
Er wurde über sie gesetzt,
ihre Verwüstung geschah auf seinen Händen‘.
Dies ist Elias der Prophet
NE Pre sieben Jahre Hungersnoth
Es hörte auf das, was [er sagte]
(Gott der Schöpfer.
Er machte den Himmel aus Erz,
er machte die Erde aus Eisen
u weder Thau [noch] Regen (?)*
ARM drei Jahre und sechs Monate
ee die Erde
er BE der Menge der Sünden’, die sie thun.
(Gott hatte Erbarmen, Elias hatte kein Erbarmen.
Er theilte die Zeit zwischen sich und ihm,
er nahm (sich) drei Jahre und sechs Monate
und gab ihm drei Jahre und sechs Monate.
Er nahm den Himmel fort, der aus Erz war,
und die Erde, die von Eisen war,
er träufelte Thau hernieder und Regen.
Die Erde aber trug Frucht,
die Bäume wuchsen [und] trugen ihre Frucht.
Die Menschen lebten mit ihrem Vieh
[und sie] priesen den Herrn.
Man hat also etwa folgenden Inhalt. Der zornige Elias bittet Gott über eine
sündige Stadt eine siebenjährige Dürre zu verhängen und Gott macht den Him-
mel strahlend wie Erz und die Erde hart wie Eisen. Als die Hälfte der sieben
Jahre verstrichen ist, hat Elias noch kein Erbarmen, denn die Menschen
sündigen noch. Gott aber erläfst ihnen die ihm zustehende Hälfte der Strafzeit
und läfst wieder regnen. — Auch dieses Lied, das Elias und Jonas zu vermischen
scheint, möchte man nicht für kirchlich halten, trotzdem es ebenso wie das
Wohl irgend eine Redensart.
Ich verbessere oyre wie OTTE MOYHPWOT.
Lies stertahr.
40 A. Erman:
nächstfolgende und wie das Lied S. 31 von Johannes Chrysostomus zu
sein behauptet.
e.
Ing» 9eM cTwXec. (In einer Umrahmung über der Seite.)
AAGFEPAUII unoyh KATA Tora MCAAOMOH:
AAHETENAO EIAT RATA TIETCEH:
HEBAYEIA
TOYSIHHEMARC.
MENTOYSINTOY* TE IHAPMA NIEX OpoBın
MAT EYIEHAUTIEYE
HATEM-TIOYIYHPT MMAHOYHA
EYTAYA MPICHARISE
ze-Royaah royaab royaak
Nwyamer [ecarı
Tepa& ETIEMAMIIEYE
Meine goldene Taube nach der Weisheit Salomo’s,
du mit silbernen Flügeln, wie geschrieben steht
durch David,
dein Sitzen und dein .... ist der Wagen der Cherubim, 4
die im Himmel sind
bei deinem Sohn Immanuel,
indem sie Trishagios sagen:
Heilig, heilig, heilig bist du — dreimal,
du König, der im Himmel ist.
Wie das folgende ein Marienlied.
d.
EX PICWETOMDE HEAAY MEHNTAIA
wrm[apeenoc]eroyaak uapıa
Aezaah ze-ayTage- TIAPONC.
e9oyit TIEpIIH.
MOYTEP@HENOT MIEFAM
an[apla venapeenoe THPoY IATmRaQ'
1. Sie.
Bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 41
ultjoysen-nercant emapıa Tepw:
MMAY ECEHIOYM' ENRITOM EeiwWcerh
epe-nateAwc.
Mey Wapac
EYTIPOCKIMT OTZEHTECATIH
[o]yenoyrAam ton eme:
EMAPRAPITHE.
IZENTAIIH EMAPIA TEPW:
EPE-METCHOYC" MONI EME HIXENTIERAAM:
ecwanpire ete[c]ga erca eitemaya
WAPWAMETr [no] ##5%:% [o]lyanıı epac
RATA TITE # : oyaak
EXENTEIOEITE
ECWANPIRE eTtecga erica [etenen]|T
WAPE-WAMET MON => [oyanı e]pac
ent ETTWAMET| to]
= TA TIEN: IT EHOYM
abo’
I. Sie. 2. w als Korrektur über a? 3. Unter der letzten Zeile.
des Erzbischofs Johannes des Chrysostomus .... zu dem Lobe und
der Ehre der heiligen Jungfrau Maria. Er sprach:
Sie stellten die Jungfrau
hinein in den Tempel
a: ' des Herrn der Heerscharen
über alle Jungfrauen der Erde
und sie fanden das Erlesenste für Maria, die Königin,
als sie” in dem Gemach” des Joseph war.
Die Engel kamen zu ihr
und verehrten‘ .... auf ihrem Haupt.
Eine Krone von Edelstein und Perlen
ist auf dem Haupt der Königin Maria.
! Mir unverständlich.
vw
Vergl. oben S. 33 zu mnareragonstehtapahacıe.
KoıTov.
* Es fehlt wohl »die Krone«, wie nach dem Folgenden zu vermuthen ist.
Philos. - histor. Abh. 1897. 1. 6
42 A. ErmaAn:
Zwölf Edelsteine sind auf der Krone.
Wenn sie ihr Gesicht neigt nach der Seite des Ostens',
so leuchten drei Steine ... zu ihr (?)
gemäfs dem .....
u... heilig... auf. demsdl@leudes37. 228.
Wenn sie ihr Gesicht neigt nach der Seite des Westens,
so leuchten drei Steine .... zu ihr (?)
die drei Steine .....
VI. Die Beischriften für den Vortrag der Gedichte.
Ich habe oben bei der Übersetzung der Texte die einzelnen Worte
unübertragen gelassen, die ihnen am Rande, am Anfang oder am Schlusse
beigefügt sind und augenscheinlich Anweisungen für den Vortrag des be-
treffenden Stückes enthalten.
In dem Theodosiusmärchen sind so die Worte TaXoe und Aezıc ge-
braucht:
ı. Erzählung der Wahl. — Es gab damals zwei Leute, deren einer
träumte. TAAoc Aezıc.
2. Erzählung des Traumes und seiner Deutung. — Theodosius wird
König. Aezıe.
3. Theodosius vergifst seinen Freund. Die Wiedererkennung. Dio-
nysius wird Patriarch. TaAoc.
4. Schlufsformeln.
Von diesen Worten ist das Aezıce schon Lagarde in liturgischen
Handschriften begegnet‘, der bemerkt, dafs es durch «&3 übertragen wird.
Aus seinen Inhaltsangaben dieser Handschriften ergiebt sich, dafs es hier
eine Besonderheit bei der Reeitation der Psalmen sein mufs: es wird z.B.
Psalm 44, ı1 vorgetragen, dann folgt: Aezıc Vers ı2. Man wird also wohl
noch aus dem heutigen koptischen Gottesdienste feststellen können, was
die Aezıe ist.
Das raAoc (das reXos sein könnte) kehrt auch in unserem Gedicht von
Elias (oben S.37) wieder und zwar am Ende seines vorletzten Abschnittes; auch
! malıya.
®2 Lagarde, Örientalia S.4: »das oft wiederkehrende Aezıe zu erläutern, überlasse
ich anderen«.
Bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 43
das raAac, das auf denselben Blättern, scheinbar am Anfang des Gedichtes
von Salomo, steht, wird damit identisch sein. Vielleicht auch das naAAoc,
mit dem Strophe 14 des Archellites schliefst und Strophe 15 beginnt.
In dem Salomomärchen finden sich am Schlufs eines Abschnittes und
am Ende des Textes Worte, die etwa malt RATATIAOYAN »... gemäls dieser
Farbe« lauten und die etwa »in dieser Art weiter auszuführen« bedeuten
könnten.
Interessanter sind die Beischriften der poetischen Texte. Zwar das
AAAoc, das in dem Schmidt’schen Bruchstück zweimal den Beginn eines
neuen Liedes bezeichnet, während es im Archellitesgedicht am Ende ein-
zelner Strophen‘! steht, mufs eine allgemeine Bedeutung haben und auch
das oyepiko am Schlufs des Salomoliedes (S. 37) bleibt besser bei Seite.
Aber die anderen Beischriften beziehen sich gewils zumeist auf die Melodie,
in der der betreffende Vers zu singen ist oder die man dazu zu spielen
hat. Es sind:
. tuagrce am Arch. 1; Ynaor ib. 7; Tıragıce ib. 17 — moywom
wer +tna Schmidt (S. 31).
marar Arch. 5; mar ib. 10.
NOYWHMCTOX oennos Schmidt (S. 32 und 34).
1at@:»z Arch. am Schlufs von 4.
womrt egwej Arch. rı und am Schlufs von 22.
anpH Arch. 3.
rascerne Arch. 8 (Lesung fraglich).
AAN Arch. ı2 (vielleicht nur ein aAAoc).
sitepgs=>== mpomnme Arch. 21.
oO NS DEE
10. Zerstört: yex == am Schlufs von Arch. 12 — Io s 9emeTw@xX ec »
Marienlied (S. 40) — NOYWOMIICTOX 0C # == über dem Theodosiusmärchen.
Dafs diese Worte: ich leide nicht, der Diakon, der gro/se, mein Vater,
drei Dinge, die Sonne hat Liederanfänge sind, liegt auf der Hand. Auch
von den koptischen Kirchenliedern der »Theotokia«, mit denen wir uns
unten noch zu beschäftigen haben, tragen einige Ähnliche Angaben am
Schlulfs:
Eure bartoc > Et » Melodie Dornbusch «
! Es sind 3, 8, 17, vielleicht auch ı5, falls das oben erwähnte naAAoc auch dazu
gehört. In allen diesen Fällen folgt auf die betreffende Strophe eine andere von gleichem
Metrum und so könnte das aAAoc hier vielleicht bedeuten; »eine andere (gleicher Art)«.
6*
44 A. Erman:
HXoc nmAoby Werawn zul Xu Su »Melodie des Daches(?), zu
sprechen (?)«'.
Wo es in diesen Kirchenliedern ux oe heifst, heifst es in den Schmidt-
schen Texten und in unserem Marienlied HOYDIMETOX 0C, NHOYWIMICTO
xoc, nolywlsgemerwxee. Dafs dabei das eToxoe ein oroıyos ist, ist
klar, aber was ist noywgm? Ich möchte nicht an oywom denken, sondern
glaube, dafs nach dem S. 55 Bemerkten die korrekte Form noy@ gM-MEeTOX 0€
ist: »das oyw in dem Verse ...«. Für noyw weils ich freilich keinen Rath,
es sei denn, man denke an das z1ı-naoyw, mit dem die Theodosiusgeschichte
nach der Überschrift NHOYDO OM-TICTOX oc beginnt; die einleitende Musik
könnte ja wohl »die Meldung« heifsen.
VII. Zur koptischen Metrik.
Wir gehen am besten von dem Archellitesgedichte aus, bei dem die einzel-
nen Verszeilen und Strophen unzweideutig in der Handschrift geschieden sind.
Man sieht zunächst, dafs die meisten Strophen (17 unter 24) aus acht
Zeilen bestehen, von denen wieder je vier eine Halbstrophe bilden’. . Da-
neben kommen auch andere Strophen vor und zwar:
Strophe 8 und 9: sechszeilig.
Strophe 14 und 15: neunzeilig.
Strophe 19 und 20: vielleicht beide zehnzeilig.
Strophe 23: anscheinend neunzeilig.
Die ungewöhnlichen Strophen treten also paarweise auf, offenbar als
Wechselgesänge an besonders pathetischen Stellen; S und 9 enthalten die
Warnung vor der Reise und den Entschlufs, sie doch zu wagen, 14 und ı5
die Klage der Mutter über die Abweisung, in 19 und 20 »beschwören«
sich Sohn und Mutter gegenseitig”.
Dals der metrische Bau dieser Verse auf dem Wortaccente beruht, der
Ja im Koptischen eine so grofse Rolle spielt, ist von vornherein anzunehmen.
! Theotokia p. }®., ., 4... Dem arabischen Übersetzer sind diese Melodiennamen noch
so geläufig gewesen, dals er &aroc und nıAw&ıy nicht übersetzt, sondern in arabischer
Schrift wiedergegeben hat.
® Das Zeichen der Halbstrophe steht in 4. 7. 13. 15. 16. 17. 18. 21. 22. 23. 24; es fehlt
inıer. 215.0 6910.41 7.472}
® Auch die beiden Strophen vor 19 und 20 und die beiden nach denselben bilden
Paare unter einander, so dals also die ganze Stelle 17—22 aus drei Strophenpaaren besteht.
Bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 4
Aber wenn wir diesen Accent auch in der Grammatik zur Genüge zu kennen
glauben, hier, wo es sich darum handelt, seine Verwendung in der Metrik
festzustellen, ergeben sich doch allerlei Zweifel und Schwierigkeiten. Vor
allem, wie steht es in längeren Wortgruppen mit dem Nebenton? In epe-
OYWWME, IN eTAYXTIELyApE oder nentTaimrnerjmoy liegt ja nach der Gram-
ımatik der Accent allein auf ywo-, wyn- und moy, und alle Silben, die davor
liegen, sind theoretisch tonlos, aber unmöglich kann man doch »vv-v,
suutu, vuuu- sprechen, ohne auch einer der theoretisch unbetonten Silben
einen Nebenton zu verleihen. Aber welche war dies im einzelnen Falle'?
und in wie weit zählte sie in der Metrik mit?
Wie steht es weiter mit der Betonung der griechischen Lehnworte
und Namen? Nach der Art, wie sie in den Reimen der Kirchenlieder ver-
wendet werden, möchte man glauben, dafs die Endungen -oc und -ou be-
tont sind, während bei Worten wie mapıa, cotpra u. s.w. der Accent auf
dem x liegt. — Zählen ferner Worte wie gute], NoxT oder wie Mat, MOoeCIT,
pooyw oder wie Taay, kaay als ein- oder zweisilbig? Hat man ein
muoyre wre pnute "ntpe zu lesen oder pnutentpe?® Und endlich giebt es
nicht vielleicht auch Fälle, wo ein der Theorie nach betontes Wort im
Verse als unbetont oder schwach betont gebraucht wird? Wenn in zwei
im Übrigen gleichlautenden Halbstrophen (21 und 22) es das eine Mal heifst
I I
MECHIME ENTAYPRTIE- WWHPE neshime entauzpesere und das andere Mal COIME
[ I I
IM ETAYZSTIE- WUHPE shime nim_ etauzpesere, so fragt es sich wirklich, ob
das metrisch verschieden sein soll: es wäre wohl möglich, dafs man das
dem Substantiv nachhinkende wm trotz seiner theoretischen Selbständig-
keit halb tonlos gesprochen hätte. Und ebenso möchte man dem Verse
MENRA MIIERIOT POIYEPor teMmar (3), der zwischen solchen mit vier He-
bungen steht, nicht gern fünf zuschreiben; ich glaube eher, dafs das pow
epoı hier nur mit einem Ton (»»-) zu lesen war, nicht mit zwei (-v-),
wie es die grammatische Theorie erfordern würde”.
! Nur ausnahmsweise kann man auch einmal in der Grammatik einen Nebenton fest-
stellen. Im Futurum I und II euacomn ist das sta- theoretisch tonlos, wie es ja denn auch
als solches verkürzt ist. Aber der altfaijumische Dialekt, der betontes a in e verwandelt,
unbetontes als a bewahrt, sagt nertecwt, erernegywns, cemeoyamoy u. s. w.; er spricht
also gewils das a- mit schwacher Betonung.
Au . : ß sig
* Ebenso möchte man in der ersten Zeile des Gedichtes aywn stay rermurg eooyn
das mac für metrisch unbetont halten.
46 A. Erman:
Angesichts dieser Schwierigkeiten beschränke ich mich darauf, hier
die folgenden Punkte festzustellen:
1. Berücksichtigt man nur die Hauptaccente der Worte und nimmt
man an, dafs vier- und fünfsilbige griechische Worte zwei Tonstellen hatten,
so haben weitaus die meisten Verse drei oder vier Hebungen, z. B.
drei: “-u-u0- HANOTE TAHAY ENOY90
vu-u-u- TENAPAYE SUR ehoA
.-v-000 EPWAHOTPOME BWR EerIyeno
vucuusve RETERMAAY TECAIEPATC EPOR
-u-uwuu-u boR MERWAXEe Menatyape (ungewöhnlich)
Ein rein iambisches Mafs (»-»-»-) scheint nicht vorzukommen.
vier: v-v-u-u0- BIATR Ee9PAT TERNAY EITA9O
Sry ass FEONE EMOTH MAIOTE ETOyaak
vouscvvcosn WAICOACA EMANE EIMAY ETIER9O
Vaucusscuun TAMOT EILMA EPE- TIP@ME ENOHHTC]
-u-uuu- Toyo eycon ewyarmay epoR
"-uu-unu- ETAIET EIIMA TAHAY EPOR
-u-uu-u- TEIWAHA ENNoyTe e9gpat exwej]
000090 OYMOHTAÄASFO NAWWITEe eboA g1TooTeL
Ein rein iambisches Mafs (»„-=-»-s-) scheint nicht vorzukommen.
Die Verse mit drei und vier Hebungen scheinen als ziemlich gleichwerthig
zu gelten und stehen in derselben Strophe durcheinander.
Weit seltener sind Verse mit zwei Hebungen, die besonders in den
nicht achtzeiligen Strophen vorkommen und lebhaft zu sein scheinen:
u-uu- TAMAY EITIER9O
u-u- Aamoy ehoA
'-00- CEAIEPATOY EPoR
-+-©0 QMTMHTEPO Nternye (ungewöhnlich)
u woon stemacı (ungewöhnlich)
Die drei oder vier Verse, die fünf Hebungen zu haben scheinen', und
die zwei, die scheinbar nur eine haben’, sind so' vereinzelt, dafs man sie
bis auf weiteres besser unberücksichtigt lälst.
! Ayw nersbe Mar ETARAI MMOOY(II) und emwm merer ehoA Taray ETIEROO(IT);
vielleicht auch gamors eıtenranas etybor emmonactkpron(T6) und BwR Axıc ETCYNHKÄTTIKH
TANSaY (10).
2 . /
asmsAotoc (19) und YSHENTAISAY(IO).
Bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 47
2. Die Verse mit vier Hebungen zerfallen in zwei Hälften, die zwei
Satztheilen oder Sätzchen entsprechen:
WAIcoAcA eumie || emay erierngo (3)
Teponbe ar || awyspe mmepır (5)
TEpyAHA ermtoyre | eopar exwe (6) © -v-ullu-v-
MEIITHAY EITIO ILCHTME WAEHES (8) > u
Nur lange griechische Worte reichen über diese Theilung hinweg:
24)
AMOR TIE Teyul[kArtıRH TERMAAY (
HAIWT ApxX llenteronoe (10)
3. Wie schon die obigen Beispiele zeigen, beginnen fast alle Verse
mit unbetonten Silben und enden auf eine betonte; auch die erste Vers-
hälfte endet gern auf eine Hebung und die zweite beginnt fast immer mit
einer Senkung. Es herrscht also fast immer ein iambischer oder ana-
paestischer Rhythmus.
Freilich ist dies überhaupt der natürliche Rhythmus der koptischen
Sprache; ihre Worte beginnen mit tonlosen Vorsilben (Praepositionen, Hülfs-
verben u.s.w.) und schliefsen mit einem Substantivum oder Verbum, die
ja beide zum grofsen Theil den Accent auf der letzten Silbe haben. Auch
ein Prosatext bewegt sich daher meistens in einem Rhythmus wie
vu-u-uu-
u--|[v u-||ou-##-||v-uu0-4-
Auch die Abweichungen von diesem Rhytlımus ergeben sich von selbst:
ein Imperativ oder ein Substantiv z. B., die einen Vers beginnen, werden
ihn in der Regel zu einem trochaeischen oder daktylischen machen:
INOYTE iTne te naboHeoc (2)
boR ENUWASE MeTaMaay (17)
Man darf aber wohl annehmen, dafs der Dichter sich der verschie-
denen Wirkung dieser Verse bewulst gewesen ist und sie absichtlich herbei-
geführt hat.
4. Die gewöhnlichen achtzeiligen Strophen bestehen, wie schon oben
gesagt, aus zwei vierzeiligen, die syntaktisch gar nicht oder doch nur lose
(z. B. durch einen Konjunktiv) verbunden sind. Die einzelnen Verszeilen
! Lue.15,18. Die ersten Worte natwoym Tabak warnaecıwr bilden einen richtigen
Vers mit drei Hebungen.
48 A. Ermas:
haben zumeist drei oder vier Hebungen; für die Schlufszeilen der beiden
Halbstrophen scheinen drei Hebungen beliebt zu sein. Als Probe gebe
ich Strophe 4:
ersan- uröme bök epsemo
tefer - urompe, safktof epef- .
a- -Archellites böh etansef |
is-umese enhow epinau epefho.
esöpe Iekonah, pasire emmerit
ere- pzajs nastok 7
esöpe on akka-söma ehray,
j l
l
mare-p2ojs er-una nemak.
Unter den Liedern des Schmidt’schen Bruchstückes sind e und g
derartige achtzeilige Doppelstrophen, während # aus einer einzelnen vier-
zeiligen Strophe besteht.
Seltener finden sich in den achtzeiligen Strophen auch Verse mit nur
zwei Hebungen gebraucht, so sicher die siebente Verszeile von Strophe 12,
wo das kurze raııay emergo den Wunsch der Mutter leidenschaftlich wieder-
zugeben scheint.
5. Neben den vierzeiligen Strophen, deren Wiederholung die acht-
zeilige Strophe bildet, giebt es auch dreizeilige Strophen, die ebenfalls aus
Versen mit drei oder vier Hebungen bestehen. Aus ihnen sind die sechs-
zeiligen Strophen 8 und 9 des Archellitesgedichtes und das neunzeilige
Lied « des Schmidt’schen Bruchstückes zusammengesetzt. Also:
I I
eiwes - urömi Era Saeneh,
tazo eraf epacmkah ehe,
l
eisanmu, tefslel hizdj.
Dagegen gehören die neunzeiligen Strophen 14, 15, 23 nicht hierher,
da sie eine Halbstrophe von fünf Zeilen enthalten.
6. Eine Strophe von fünf Zeilen zu drei und vier Hebungen bietet
das Schmidt’sche Lied f und die neunzeiligen Strophen 14. 15. 23 des
Archellites enthalten ebenfalls, wie die Theilung in 15 und 23 zeigt, eine
ne nn
bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 49
derartige Halbstrophe. Die ungewöhnlichen vielzeiligen Strophen wie 19
und 20 des Archellitesgedichtes oder wie die Lieder des Berliner Bruch-
stückes entziehen sich einstweilen jeder Beurtheilung.
Das ist etwa, was sich unseren Texten heute über die koptische
Metrik entnehmen läfst; es ist nicht viel, aber es ist doch genug, um uns
nun auch andere koptische Verse erkennen zu lassen, deren metrischer Bau
bisher nicht bemerkt worden ist.
Zunächst das merkwürdige faijumische Bruchstück, das ich UBM. kopt.
Nr. 30 veröffentlicht und zweifelnd als »poötische Bearbeitung der Leidens-
geschichte« bezeichnet habe. Wer es heute ansieht, erkennt leicht in ihm
ein Seitenstück zum Archellitesgedicht. Es sind drei durch & geschiedene
Strophen; in der ersten redet der Heiland zu Judas, in der zweiten redet
die Frau des Pilatus, in der dritten hält Christus dem Judas seinen Verrath
vor; was dazwischen lag, wurde eben so wie dort frei erzählt. Die Vers-
zeilen sind nur selten getrennt, und ich wage daher über die beiden ersten
Strophen nichts zu sagen. Dagegen ist die dritte die gewöhnliche acht-
zeilige Doppelstrophe:
loyaac urnseAtaßr Aer.
OYAE AMETIMACTIMAREN.,
ARZT HTATIMIT ARTET ebaA
AMEIOYAET KIT AMSANPOYME s
rloylom Ay» TIcw Hemer
TIMOTTI ACER ZENACAM.
ARTI-TIERTIbec e9par orz[ws]
AREAAYMA TAMETEPA ©
Judas, ich sündigte nicht gegen dich
und: na
Du nahmst Geld(?) für mich, du verkauftest mich,
die Juden führten mich zu den .....
Ich esse und ich trinke mit dir,
ich rufe dieh »mein Bruder«;
du hast deine Sohle auf mich gesetzt,
UN ee: mein Reich.
Philos. - histor. Abh. 1897. 1.
u |
50
Weiter haben die bohairischen
A. Erman:
Kirchenlieder, deren Sammlung von
Tuki abgedruckt ist‘, durchweg ein bestimmtes Metrum, Strophen von vier
Zeilen, die in der Regel zwei, seltener drei Hebungen haben’.
SE TEINACMOY EPoR:
@ ıtenoc Inc: 8
HAQMEN SEHTIERPAI:
Ze AttepgeÄre EepoR
TIERPAM SeitiiebHOoyYT:
ze PapanA mıawpı:
WAYMOoYT epor:
Se OF1or] MOHT -|.
pwcj wAap MIIERIWT!
ETOT MMEOPE SApPOoR:
Se HEOOR TIE TTALWAPI:
AMOR Aızthor Mtbooy -|-
v-u-u-_
ART EITIROCMOC:
NITEN-TERMETMAIPOMI:
ATRTHCIC THpPcC:
ocAHA ZSarıeramı |.
So z.B.:
Wir preisen dich,
unser Herr Jesus.
Erlöse uns durch deinen Namen,
denn wir hofften auf dich. (Th.-p.x)
Dein Name im Himmel
Raphael der Starke,
man nennt dich:
Herzensfreude. (Th. #1)
denn deines Vaters Mund
ist's, der für dich bezeugt:
»du bist mein Sohn,
heute habe ich dich gezeugt«. (Th. vi)
du kamst in die Welt
durch deine Menschenliebe;
die ganze Schöpfung
Jauchzte bei deinem Kommen. (ib.p.)
In diesem letzten Beispiele wird die zweite Zeile wohl noch einen
zweiten Accent (etwa auf mer-) haben, wie denn überhaupt die Behand-
lung des grammatischen Accentes in
eine sehr freie zu sein scheint.
folgenden Strophe.
ATI Mary toyAshanoc we HoyT
em oyMoyb 9we oypo:
MEMOYWAA eeptarım:
enet[Xitmoy Itperjranso -|
! Die sogenannte »Theotokia«:
abor xosar (Rom 1764).
2
diesen bohairischen Liedern vielfach
Man vergleiche z. B. die erste Zeile der
sie brachten ihm Weihrauch als Gott
und Gold als König
und Myrrhe, die hinwies
auf seinen belebenden Tod. (Th. \t?)
TUISWYM MTE MI DSEOTORIS THEM RKRaTa TAZIC NHTE TI
c
Die Punkte, die die Verse scheiden, sind öfters in Tuki’s Abdruck irrig ausgelassen,
doch ist man selten über die richtige Theilung im Unklaren.
Bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 5l
Es ist wirklich ein Kunststück, diese erste Zeile den anderen einiger-
malsen entsprechend zu lesen:
I j I
auini naf enulibanos hös nuti
I |
nem unub hös uro
j j
nem usal_ eftimeini
I j
epefzinmu ®nreftanho.
Auch die Willkürlichkeit, mit der in den meisten Liedern die End-
silbe behandelt wird — bald ist sie betont und bald nieht — zerstört für
unser Ohr den Rhythmus. Diejenigen Lieder, die sich auch des Reimes
bedienen, sind gewils auch die jüngsten; auch sie haben noch das gleiche
Metrum, wenn es auch neben dem Reime wenig zur Geltung kommt:
TNNGT Iipecjgrwngg: v-uwuu- Der grofse Prediger
SentKopa re Km: = uwuou im Lande Aegypten,
WHaproc marocroAoc: uu-u- Markus, der Apostel,
NECWOPTT IIPec[epgemt +) ‚-uvu-u sein erster Steuermann. (Th. 79)
TEHSICH MMO em GAscahber: v-uv=uu-u-
SeitmeitctPOTOy MEMMENOHT! vu-uvu-
APITIENMEYI @ THMAHT! vuu-uuuu-
eobe-TERMAY NWENET »
. vuu-uu-
Wir preisen dich und Elisabeth
mit unseren Lippen und unseren Herzen.
Gedenke unserer, o du Mitleidiger,
wegen deiner bräutlichen Mutter. (Th. }*.) “
Auf der gleichen Stufe wie diese letzten Beispiele steht dann auch
das einzige sahidische Gedicht, das wir bisher kannten, die späte Reimerei,
die in süfsen Worten den Brüdern den Nutzen dieser aegyptischen Sprache lehren
soll, d.h. die schon geschrieben ist, um das Koptische in seinem Kampfe
gegen das Arabische zu unterstützen‘. Sieht man von den Künsten und
! Veröffentlicht sind bisher nur die von Zo@äga gegebenen Proben (Catalogus p. 642 ff.);
ein vollständiger Abdruck wird schon wegen des reichen Wortschatzes des seltsamen Textes
nicht zu umgehen sein. Doch mufs dann nothwendig der arabische Text mit abgedruckt
werden, der zum Verständnils dieser Barbarei nicht zu entbehren ist,
—1
52 A. Ernman:
Gewaltsamkeiten ab, zu denen diesen »Dichter« die Reimnoth gezwungen
hat, so findet man, dafs bei den meisten Strophen der metrische Bau
deutlich ins Ohr fällt, wie er denn auch Zo&öga offenbar nicht entgangen
ist‘. Sie haben alle, wie üblich, vier Zeilen. Z.B.
Mit drei Hebungen, fast rein iambisch, wie es im Archellites nicht
vorkommt: -
HTOCT TIETZWE MIIOHE v-u-u-u
ert MIIONO MMITAOE uv-u-u-u
AxsIcC HAI TEMOY SERIE Vu urzEe
MEIJHATL ME YJEMATIPOH v-uuou-
Mit drei und vier Hebungen, dem Archellitesmetrum ähnlich:
MIIPIOTIE NEE NUUAPpe Itteobw vu-uu-u-uuu-
ZEINEL[TAIOTH NST IINOS MOba vuuu-uuunu-
KO9 RE ETIENTATOYWH Nenn vu u nv
EISWWT ETNOÄTC HAX EIPOTIEIHTON v-v-vuv-unv-
Mit vier Hebungen, die dritte Zeile rein iambisch:
Torowy TeNoY erpahor egpama u-u=uu-u-u
TALYIME MMAY CA9AI NHPOME u=uu-uu-u-u
TABOR HMMAY ETHOÄTC HPOMH yu-u-u-u-u
TAOYWI HOHTE HOE MTIAYAoC HAPXHACRTOM vou-uouuunu-
Mit fünf und vier Hebungen, wenn nicht mit mehr:
MTOLT OM MENTALTTAMIE-TICOYFNIOOP MUTILFOTLLT v--vuuuu-uc
At[oTEgCAHME HHOYHHD EPORO MIIHHMAP MATLZOT vous uan uns
HOE ETOYPORO MIICEEE ETHAWORII v-uu-u-uuu-u
eboA gurecooy MNMACKA HNOYMMTATTTON u-uu-u-uuuuuu-
Einzelne Strophen haben sogar Verse zu sechs und sieben Hebungen;
die vierte Verszeile, die durch das ganze Gedicht auf on reimt, weicht auch
in der Zahl der Hebungen meist von den anderen ab.
! Er sagt: Iuvat barbarae poeseos exhibere specimina nonnulla, seleetis iis quae faciunt
ad linguae notitiam augendam vel ad rhythmi illius indolem demonstrandam — eine Be-
merkung, die unbeachtet geblieben ist.
bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 53
VII. Zur Grammatik.
Die Texte, die ich hier veröffentlicht habe, gehören alle dem ober-
aegyptischen Dialekte an und gewifs auch ein und derselben Zeit, aber
sie unterscheiden sich doch nicht unwesentlich von einander. Vielleicht
entstammen sie daher verschiedenen Gegenden Oberaegyptens, vielleicht
aber rühren diese Differenzen auch nur von dem verschiedenen Bildungs-
grade ihrer Schreiber her. Denn was man in dieser Zeit schrieb, war
wohl längst nicht mehr der lokale Dialekt der einzelnen Stadt; der war
nicht schriftmäfsig. Es war vielmehr eine gemeinsame aus dem Sahidi-
schen erwachsene Schriftsprache, die nur von dem einen »richtiger«, d.h.
weniger dialektisch, als von dem anderen gehandhabt wurde. Selbst ein
Faijumer schreibt, wenn er gebildet ist, ein leidliches Sahidisch, bei dem
höchstens das a& für o noch an den alten faijumischen Dialekt erinnert,
wie er uns aus seiner Bibelübersetzung bekannt ist. Anders der Ungebildete,
dem sich aus der Sprache des täglichen Lebens Formen und Laute ein-
drängen, von denen das Sahidische nichts weils'.
Wenn daher beispielsweise das Archellitesgedicht, das wahrscheinlich
aus Schmun stammt, das o stets richtig bewahrt, während die anderen
Texte schwanken, oder wenn jenes im Konjunktiv enw und ıej hat, wo
diese TeR und Teß setzen, so kann das zwar auf eine verschiedene Heimat
dieser Schreiber deuten, es kann aber auch nur daher rühren, dafs die einen
weniger in der alten Litteratur bewandert waren als die anderen.
Wenn ich eben die Sprache unserer Texte als oberaegyptische Schrift-
sprache bezeichnet habe, so bitte ich. dabei freilich nicht an die Sprache der
alten sahidischen Litteratur und der Bibelübersetzung zu denken, denn von
dieser liegt sie weit ab. Fort sind die langen Perioden, die das alte
Koptische dem Griechischen nachgebildet hatte, und fort sind fast alle die
griechischen Konjunktionen, die man einst der Sprache aufgepfropft hatte.
All diese Unnatur ist wieder abgestolsen, und was übrig geblieben ist, ist
! Ich möchte bei dieser Gelegenheit auf ein gutes Beispiel für das hier Gesagte auf-
merksam machen. Wir haben zwei Texte, deren Schreiber wahrscheinlich in demselben
Dorfe des Faijum zur gleichen Zeit gelebt haben, die Notiz des Diakon Joseph, die Quatre-
mere, Recherches sur la langue p. 248 veröffentlicht hat, und die Sammlung von Volksmitteln
UBM. kopt. Nr.26. Jener schreibt ein etwas wildes Sahidisch, dieser einen ausgesprochenen
Vulgärdialekt.
54 A. Erman:
eine Sprache, die einen wirklich aegyptischen Eindruck macht. So sind
diese Bruchstücke auch sprachlich wohl zu beachten.
Die folgende Übersicht soll zusammenstellen, wie sich die einzelnen
Texte in charakteristischen Punkten verhalten; ich berücksichtige dabei zum
Vergleich noch die kleine Bannbulle eines Bischofs von Schmun, die Stein-
dorff (ÄZ.1892 S.37) herausgegeben hat und die mit dem Archellites zu-
sammen erworben ist, sowie zwei andere ähnliche Bruchstücke unserer
Sammlung, die ich schon an anderer Stelle veröffentlicht habe, das Bruchstück
des Physiologus' und die Sammlung von Volksmitteln®. Alle drei dürften
unseren Stücken etwa gleichzeitig sein; die Volksmittel stammen wahrschein-
lich aus dem Faijum und sind im ı1. Jahrhundert geschrieben. Noch An-
deres heranzuziehen erschien mir bei diesem ersten Versuche nicht rathsam.
Ich bezeichne mit
A.: das Archellitesgedicht,
Bb.: die Bannbulle,
Sch.: die Schmidt’schen Bruchstücke (oben S. 23.26.31),
BL.: unser Bruchstück P 8ı27 (oben S. 36),
Ph.: den Physiologus,
Vm.: die Volksmittel.
Konsonanten.
x und &.
Alle wie im Sahidischen ; Vrr. schreibt auch nazary- für nerwyag-.
p und A.
Alle wie im Sahidischen: auch Vrn. macht keine Ausnahme, falls man
nicht das eine orAecg »auf ihm« (das offenbar der alten faijumischen Form
oNecj entspricht) als solche rechnen will.
& und gy.
Alle gebrauchen & im Auslaut auch für eg; Sch. schreibt auch umgekehrt
90% für gauß und Va, guefTomac für gebaomac.
Anlautendes 9.
Sch. und Vm. schreiben für okoyp »links« auch koyp (mit Artikel neßkoyp).
ı ÄZ. 1896 S. 53.
® UBM. kopt. Nr. 26.
Bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 55
Anlautende Doppelkonsonanaz.
BL. schreibt sepannı, gemaac.
Bb. schreibt muoyre und mıomoc, also *mnu für tmpnu. — Sch. schreibt
MIIPICHATIE, MMAY Und MOYWHMETOX 0C neben NOYWAUNETOX oC, also
empris für mptris, *mnau für mpnau, hemstochos für hempstochos. — BL.
schreibt ebenfalls no[lyo]gemerwx ee, und mmay und sogar MPICHARIWwe
d.h. emris für mptris.
Sch. schreibt gume, also Aenpe für Aentpe.
Behandlung des en, en.
In allen diesen Texten schwindet dieses *n leicht. Geht das vorher-
gehende Wort konsonantisch aus, so wird es zu e, während es nach einem
Vokal sich meist an diesen anschliefst. — Die Verdoppelung des # vor
oy- (ennu für en-u), die z. B. im alten Faijumischen so häufig ist, hat nur
Bb.: aygwejr NNOYRAT, oymArHporopia NNOYoHY.
Ti des Genetivs.
A. Geht das vorhergehende Wort konsonantisch aus, so wird I zu e:
NAEMRAQ Ee9HT; geht es vokalisch aus, so bleibt es R': oywmpe noy@r.
Es ist dies wohl usere’nwöt zu sprechen’.
Bb. Wie A.; (dabei auch nn ewpannoksce, also nı €) mit konso-
nantischem Auslaut gesprochen). — Das mıeAax eıtericronoec erklärt sich
aus dem zu BL. Bemerkten.
Sch. Wie A.; doch hält sich wm manchmal auch nach konsonantischem
Auslaut’.
BL. Wie A.'; doch ist zu bemerken: ı. Fängt das Nomen reetum
vokalisch an, so steht stets u: wamer non (lies Samet nöni?). 2. Fängt
es mit ı oder m an, so verschmilzt ft mit diesen zu enne, emme: TanıH
emapıa (lies emmaria), TISC NMEFAM.
Ph. eu, ı und e wechseln fast regellos (sogar gaAHT THpoY ern);
zuweilen ist das Genetivpraefix auch gar nicht in der Schrift bezeichnet,
so WAMT gaay neben WAMT egaay, yı cnay toyb für si snau nnub.
! In diesem Fall wird es vor un und m meist wie im S. zu m; ebenso in den anderen Texten.
2 Nach dem Suffix qq bleibt w: eparg anmamro.
> Nach dem Suffix qq wieder m: por stcwAomon.
* Nach dem Suffix e steht en: ecengoyn.
56 A. Erman:
Vm. Nach vokalischem Auslaut mw (selten em); nach konsonantischem
meist e (selten eu oder m). — Beginnt das Nomen rectum mit einem Vokal,
so steht meist 1 (TeMa9 HOTHAM, oygahe HABISGENT, TIHT HOYkoykoyrier), doch
kommt auch hier e vor, das dann mit « kontrahirt wird (mteg eyepr »Rosenöl«,
tehba‘ eYaderTop). — In nerarerntgader, TaTierterjregen ist der Genetivex-
ponent ungeschrieben geblieben oder vielmehr mit dem ihm vorhergehenden €
zusammengefallen.
Praeposition it.
A. Wird nach konsonantischem Auslaut zu e- (axıc ertatynpe). Nach vo-
kalischem bleibt n- (aw unespraso 20 'mpeftajo); die Schreibung eu- kommt nur
nach emıne und pwMme vor, was nicht zufällig sein wird. — Bemerkenswerth ist,
dals raay und arıras dabei zu den konsonantisch auslautenden Worten zählen.
bb. Wie A.: zu enooy; doch auch hier vor vokalischem Anlaut w:
AY9WcT ınoykan, wobei @n-u zu Innu wird.
Sch. Wie A., doch findet sich uw auch nach konsonantischem Auslaut,
6)
besonders vor Vokalen (aak 1teppo)“. — Zuweilen ist die Praeposition in
der Schrift gar nicht bezeichnet: arpzaac rrehwybep.
BL. Nach vokalischem Auslaut w, nach konsonantischem e und ı.
Ph. Nach vokalischem Auslaut m und eıt, nach konsonantischem e, eu
und ıw. — Auch hier zuweilen gar nieht ausgeschrieben.
Vrn. Nach vokalischem Auslaut u, nach konsonantischem e oder, falls
ein Vokal folgt, u (oyawyk 1tornag).
MAMOLT.
A. Nach vokalischem Auslaut mmocy (TITApro mmor), wofür einmal auch
Mmocj vorkommt (netae Mocj neben rierime mmocjp). Nach konsonantischem
Auslaut emory (caboA emor]).
bb. Nach vokalischem Auslaut mwmogg.
Sch. Nach vokalischem Auslaut mac (selten MMatj), nach konsonan-
tischem emagı.
BL. Nach vokalischem Auslaut mac.
Ph. Nach vokalischem Auslaut ac (selten emacy), nach konsonantischem
MAC (IN TIETEMAY »jener«).
Vm. wie Ph.
' Nach dem Suffix qq wieder ı: zwe MnecX Hma.
® Nach g theils ıı (g0g nortoy). theils e (epaq eramkag).
=]
Bruchstücke koptischer Volkslitteratur.
Partikel sict.
A. Nach konsonantischem Auslaut ecı.
Sch. Nach vokalischem Auslaut euss, est.
BL. Nach konsonantischem Auslaut wen.
Ph. Nach vokalischem und konsonantischem Auslaut es“.
Pronomen Wrocy.
A. Am Versanfang erooy: nach vokalischem Auslaut wror.
Relativ üt- vor dem Perfektum.
A. Nach vokalischem Auslaut häufiger wrarj- als eracj-, die indessen
geradezu mit einander wechseln. Einmal auch ewracy- (nach coıme). Nach
konsonantischem Auslaut einmal eracy-.
Bb. Nach konsonantischem Auslaut wrac-.
Sch. Nach vokalischem Auslaut wrac-.
Ph. Nach konsonantischem Auslaut Ta- (sie), nach gaay steht era.
Vm. Nach nuas steht erla]-.
Negirtes Perfektum “necj-.
A. Nach g900Y steht sowohl mm- als ens; am Versanfang steht ne-.
Sch. Nach konsonantischem Auslaut artesp-, doch kommt für MnaTj-
nach konsonantischem Auslaut enarTerj- vor.
BL. Nach vokalischem Auslaut ıre-.
mu »und«e.
A. Vor Konsonanten theils me (mentoyre, meramaay), theils mei
(menbeperoc).
Bb. Vor Konsonanten mu; mit dem pluralischen Artikel bald zusammen-
gezogen (mitec-), bald nicht (miunerem-).
Sch. Meist mu oder mu (aunob, mit dem pluralischen Artikel
Mieoepion), aber auch menar.
BL. wie A.
Ph. Meist mei, mir (mit dem pluralischen Artikel mente-, miunte-, MIT-),
aber auch mencrar.
Vm. Nur me, auch vor einem Vokal (meovng).
Philos. - histor. Abh. 1897. 1. 8
58 A. Ermans:
On- »in«e.
A. ou- (bez. 9M-) vor Konsonanten.
Bb. Vor Konsonanten und Vokalen ON-, gel-.
Sch. olt- vor oy und in oume »im Himmel«; sonst vor m und T stets
o9H- oder 91m.
BL. gen- vor oy; sonst meist 9e- (geriebm, neben gemreben).
Ph. Vor Konsonanten 91-'.
Vm. Vor Vokalen ge- (geoyeanı, geymewm).
gEeit- unbestimmter Artikel.
Bewahrt in A. (auch ou), Bb. (om) und Von. sein w.
gu und verwandtes.
A. Neben exmnmoy einmal ezanasız (d.h. exiutasız).
bb. In einer Bemerkung von anderer Hand schon gızw nAaoc; vergl.
bei Vrn.
Sch., BL. bewahren das u; Ph. zieht es mit dem pluralischen De-
monstrativ zusammen HIXIHIPELT-.
Vrn. Theils korrekt grzenmeoboyp; exeunerepe, theils mit Verlust
des 2 gixenoynam. Dafür nach Analogie der Suffixform dann auch: 9180
TIERZEeNg9 und eXw OYP@AMI.
S. ment.
A. MHTpe, MHTepo. Sch. Mmereppo, muroynmb. Ph. WAMT, METpe.
Verschiedenes.
A. reg (d.h. ettef) für fire (entef).
Sch. woyrenbor und Twoyureßor für towen tenbök.
Ph. esyreror (neben TenTton) für Zentontt.
Vokale o und a.
S. 0 wird a.
A. und Bb. behalten das 0 ganz wie die alte Schriftsprache bei.
Sch. Jedes 0 ist wohl zu a geworden, doch wird es nicht immer
als solches geschrieben: epacg — epor]:; WAPAR — WAPOT; CAT — 106;
' Die Praepositionen on- und or- fallen also in PA. und Sch. lautlich zusammen.
Bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 59
oyoveın — oYyaı; rcabay — €cooY u.s.w. — Ausnahme o, das Partieip
von eipe.
BL. Jedes 0 ist a und wird auch so geschrieben. — Ausnahme das
Partieip von eıpe.
Ph. Wie Sch. (98A% — 900Y; Nas — 1106).
[Le
Vm. Wie BL., mit der gleichen Ausnahme.
S. ö bleibt ©.
A. und 5b. behalten jedes o bei.
Sch., BL. und Vm. behalten S. o »seiend« bei, das sie stets
schreiben.
S. 6 bleibt ©.
A. schreibt es theils w, theils o (par = por »deine Thür«).
Bb. schreibt stets &,. mit Ausnahme von cooya9 (neben cworag).
Sch. Wie A. (pocy »sein Mund«, gwzor neben g1xweJ).
<_ «_
BL. bezeichnet das ö nur mit & und schreibt auch jedes griechische
o und ® mit & (X ponwe "u. 8. w.).
Ph. Wie A. und Sch.
Vm. Wie BL.
A
au und 6.
Ph. schreibt uw für waw »Zeit«.
Vrn. schreibt narav neben nierw » welcher ist«.
ae für aue,
Sch. aepriea für AYP--
Ph. aepamerprH für ayP- und waae für wyooYye.
QGSZUR e:
A., Bb., Sch., BL. behalten stets @ wie im S.
Ph. desgleichen, doch hat er einmal wer für warnt.
Von. verwandelt betontes a in e: I. vor o (ceot, SaACgHT, TeotT,
oyegrj, Tegceb, Aegmerp); 2. in teec »sie waschen«, aber nicht in raaty;
in Rovkorvner » Wiedehopf«. — In allen anderen Worten bleibt betontes
2
al
und unbetontes a unverändert.
3%
60 A. ErMAN:
Vokale € und e.
e wird a.
A. nur in eranor (Fut. IIT = erenof) und in examtasız für extnasız.
Sch. in auay »um zu sehen«, in egoyanpn »mehr als die Sonne«.
Vr. in naray für nero; nazxacjay für nerwarjaay:
S.1&
A. schreibt es theils m, theils e (wmpe — wepe).
Sch. Wie A. (epm).
BL. schreibt häufiger e als nu (eı — mı; ce9; mneye; Tawye »Menge«).
Ph. schreibt es stets m.
Vm. schreibt häufiger e als m.
S.& als tonlose Endung.
A. stets e; Ausnahme pım.
bb. stets e.
Sch. Unterschiedslos s und e, aber für Zd stets t.
BL. Unterschiedslos ı und e, und zwar auch nmoyTe, WAMTe.
Ph. Wie BL.; sogar erh.
Vm. Stets 1, sogar ıı für me; Ausnahme kecene, wHpe.
S.d als betonte Endung.
A. nme Himmel, ge Art, me lieben.
bb. ge Art, me lieben, aber pmon frei.
Sch. ne Himmel, aber om Art, om fallen, cab weise.
BL. ne Himmel, eprın Tempel.
Ph. sıu Himmel, merpe, merpm Zeuge.
Elision des Ein ze.
A. zarz (für wear), zer> (für ze erz), xız (für ze eiz), ze (für
Ze eic), zoywnpe neben ze oywynpe im selben Vers. Aber ze epe- und
stets ze APX eAAITHc.
Bb. zuraz für ze Ta.
Sch. zes für ze eits, zoy- für ze oy>; aber ze eis und ze az.
Ph. SB8AaMmıTeTn (sic) für ze AMHITM.
Bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 61
Elision der Praeposition e.
A. powyepor (für pwotwye epor); Aremerow (für Ateı eiteTow).
Bb. eımengwb (für eıme eripwß).
Sch. vebor Teitepracıa (für ereitepr.); zoR boA (für zur ehoA).
BL. egoyw teprn (für eneprin).
Ph. ewmerjma (für es ertec]ma).
Anderweitige Verschleifung eines e.
Sch. oypiadtcoHnTtsız (für oybraAn ecstt-); TMETWYbep nanoye (für
enanoye statt erm.).
Die Schreibung des ®.
€ nieht bezeichnet.
A. Bb. Sch. BL. Ph. Der Gebrauch, das € durch einen Strich über der
Linie zu bezeichnen, ist abgekommen. Wo nicht wie gewöhnlich für “ ein
voller Vokal geschrieben ist, fehlt jede Andeutung.
Vm. Als Zeichen dient wie in den bohairischen Hdss. ein Punkt, der
aber ebenso oft auch fehlt: ep » Wein«, sbswboy, cARt], OYauyc], Oyaocl-
Auch ein volles e wird oft unrichtig so geschrieben: nef- »sein«, kbat
und royow (für er-), to »Öl«.
Merkwürdig ist nun aber, dafs dieser Punkt zuweilen auch da gesetzt
wird, wo ein Vokal vor dem letzten Konsonanten steht, und zwar in epafc],
9apary, Mac, oidec] (auch grAccı) und in mapec] »binde sie« und in dem
unklaren wauywß; sodann in oboyp und SAKAbw@p, in oyon und in
oymar. Also bei -t[, -m, -ı und -p; man ist versucht, zu glauben, dafs
das mehr als eine Marotte des Schreibers ist und dafs er wirklich Abir,
wön, wnacm, eradw, hilew zu hören glaubte. — Dagegen ist der Punkt,
den er auslautenden Vokalen beischreibt, wohl nur ein Lesezeichen, wie es
ja auch in alten sahidischen Hdss. ähnlich vorkommt.
Bezeichnung des © durch e.
A. In stemacg und emrow.
Sch. In wemacj, eppo, ep-, ochbro und rebaß (d.h. hhocH).
BL. In wemaß; in ep-, epa »König«, epw »Königin«, wamer.
Ph. ep-, Tes-, tewron und wepooy, pooy »die Könige«.
Vm. neMmaR, EP-, OYepT, Teperj, TIApıyery u. Ss. W.
62 A. ErMan:
Bezeichnung des ° durch m.
A. HP-, HW-, MHNTAL CMHITE, COAcHA.
Sch. MHMTOY, cHIUt, AHıt-.
Andere Färbung des €.
A. ewoyag und das merkwürdige goAys neben 908.
bb. ewoyag.
Sch. vetag9; cwoyag (zweimal), neben cwoyga (dreimal). Die letztere
Form erinnert an die alten achmimischen Formen.
BL. vena9, @MAQ.
Vm. mapacy neben mapecg »binde es«, also mit Angleichung des © an
den vorhergehenden Vokal.
Die sogenannte Brechung.
A. Woon, TOOT[, oyaah, maay, TAaay, kaay, AaTt. Aber une,
MEYE, OHNHTE.
bb. korrekt neec; irrig Toow als Singular; schwankend in waap, WAP-
Sch. MHHWe, wybeep neben wybep, Twwohr neben Twbr, wyoon, oyaak,
raay und raab. Aber ab (für aacy), mon.
BL. oyaah, gemaac (d. h. gmooe) und gegen den Gebrauch des
< < toll:
sahidischen nezaab.
Ph. aay, aber tab (für raacp) und gegen den Gebrauch nexzaacı
und c®8wMHT.
Von. seec (für eraac), eec, zaac und meeyer. Aber mewys (für maHge).
Bemerkenswerth das ww in dem arabischen SAX AbOWp.
Demonstrativ und Artikel.
Demonstrativ.
Bei allen absolut ar u. s. w. (in Vrn. nicht belegt), verbunden mı- u. s.w.
Artikel.
A. n-, r- (vor Doppelkonsonanz ne). Aber im Plural stets we- vor
Konsonanten und n- nur vor Vokalen.
Sch. Wie A. — Das necag, neapıeron in dem Lied S.34 ist viel-
leicht Demonstrativ,
bruchstücke koptischer Volkslitteratur. 63
BL. Wie A. (Ausnahmen regoerre und naemomon).
Ph. Wie A. — Ein rtepome scheint »dieser Mensch« zu heifsen.
Vm. Wie A. (Das nmecuys ist mecenyı).
Verbum.
Der Verbalstamm vor direktem Objekt.
A. korrekt bis auf ko emmmTte.
Sch. Unverkürzt in oywoMm epwt und oyww aar. Von se bildet er
SIN- in Sineckeye und SItorRooc.
BL. Gebraucht nawy-, SAan-, Woya-, Taya- vor direktem Objekt, also
die mit Suffixen üblichen Formen!. Daneben aber auch korrekt TAQE-, GEN-.
Vm. Ähnlich wie BL.: san-, cap-, bar-, rca-. Daneben korrekt
TALJE-, &I-.
Praesens II.
A Sch. Neben eı-, ecj-, epe- auch einmal ape-. Ferner neben emyan-
auch einmal swan-.
Von. soyow »wenn du willst« (also für eroyow). Sodann nere-
Koywycj und meraroyauycy für »wen du willst«.
Futur. II neg.
A. mıu- für ma.
Konjunktiv.
A. Vor nominalem Subjekt re- und ıtre-. — Sing. I. TA-, NTA-,
2. Masc. TER-, EIT-, MER-, 3. Masc. Tec, Me, 3. fem. stc-. — Plur.
2. WTETM-, 3. ice. — Gebrauch sehr weit und oft rein final.
Sch. Vor nominalem Subjeet Te-. — Sing. I. TA-, 2. masc. TeR-,
3. masc. Tej-, Teb-, sireb-. — Plur. 1. raut-, Teit-, Te-. — In den Liedern
auch final gebraucht.
BL. 3. Plur. w[r]oy-.
Ph. ı. Sing. Ta-.
Vm. Sing. 2. masc. TeR-, 3. masc. Teej-, Teb-, 3. fem. Tec-.
! Dieselbe Erscheinung auch sonst im Faijumischen, wo schon in der Jesaiasübersetzung
coywst- vor nominalem Objekt vorkommt; das Purpurrecept UBM. kopt. Nr. 2ı gebraucht
ebenso gan- (neben &en-), TAAa-, cert- (von cine). Ebenda euyv als absolute Form für
Eertye. — Ähnliches auch vereinzelt im Achmimischen.
64 A. Erman: Bruchstücke koptischer Volkslitteratur.
Relativsätze.
Partieip an ein bestimmtes Nomen angeschlossen.
A. npan erfpoAs, TIMA EPemip@Me ENHHTI|, ETOOY ME Mal Eyigimne
und sogar TERMAAY Tecagepartc »deine Mutter ist es, welche steht«.
Sch. wecreyce eyepgorf MOHTOY, TMerwbep manore (für enanoye)
und sogar mecag Tecpfebw »der Meister ist es, welcher lehrt«.
BL. nieprartec ebeppwb u. s.w., wle]waßı eyepfe]may, war eyge-
HAMTIEYE.
Ph. necras ewow falls dies nicht als ess68 (für etsös) zu fassen ist.
Relativ von wacy-.
Sch. wwyayrawye; und sogar mit dem Artikel nenwahboX.
Ph. euwyaysanı].
Griechische Partikeln.
A. kein ae; überhaupt nur: das & der Anrede, napa, mHuno »damit
nicht« und mon, falls dies auf monon zurückgeht.
bb. enııtH.
Or . ..
Sch. kein ae; überhaupt nur ura und wewap.
BL. Ph. keine.
Vm. Das mau in Malt OYXAPIC TIT AHA OY@LJ TIT eNteRcoycla »es ist
eine Gnade und ist reich an Macht« ist vielleicht das mom von A. Sonst
nichts.
Syntaktisches.
A. Anrede ohne Artikel S.14 Anm.ı. — Gebrauch von war] 8.15
Anm. 5. — Absoluter Gebrauch des Konjunktivs S.13 Anm. 3. — eue nratjs
»ach dafs doch« S.15 Anm. 5. — Merkwürdige Verwendung von ewywrte
nach rapko S.17 Anm. 2.
Sch. Gebrauch von epwanız S. 33 Anm. 2. — xe allein für »indem
er sagte« S.25 Anm.7.
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen.
Von.
E"- KARL WEINHOLD.
‚Philos.-histor. Abh. 1897. Il. 1
Gelesen in der Sitzung der phil.-hist. Classe am 4. März 1897
[Sitzungsberichte St. XIII. S. 199].
Zum Druck eingereicht am gleichen Tage, ausgegeben am 8. April 1897.
re A
De die Untersuchungen von Herm. Diels in seinen Sibyllinischen Blät-
tern (Berlin 1890), durch A. Kaegis Abhandlung über die Neunzahl bei
den Ostariern (Philologische Abhandlungen für Heinrich Schweizer-Sidler
50-70), durch die Samlungen von Ed. Wölfflin über: novem und sep-
tem in seinem Archiv für lateinische Lexikographie und Grammatik IX,
333-351, ist in den letzten Jahren die Aufmerksamkeit wiederholt auf
die mystische Bedeutung der Neunzahl bei West- und Östariern ge-
lenkt worden‘. Es ist auch bekannt, dafs die Neun, dieses Quadrat der
heiligen Drei, in den religiösen Anschauungen und Gebräuchen der Ger-
manen sich bedeutend zeigte und von da auch in das profane Leben sich
eindrängte. Wenn die Zeugnisse dafür nicht aus dem höchsten Alterthum
stammen, so ist die Zahl derselben doch eine überraschend grofse und sie
reichen durch lange Jahrhunderte bis in die Gegenwart hinein. Eine ge-
ordnete Zusammenstellung derselben unter den gehörigen Gesichtspunkten
verspricht daher nicht unwichtige Ergebnisse. Es schien mir der Mühe
wert, diese Arbeit zu unternehmen.
Juris idem tribus est quod ter tribus, omnia in istis
kann man als Motto über Untersuchungen der mystischen Neunzahl stellen,
denn was von der Neun gilt, gilt ebenso und zwar als ursprünglich von
' Nachdrücklich hat Gius. Pitre, Canti popolari sieiliani. II. ed. Vol.r, p.136f. auf
die grolse Bedeutung der Drei und Neun in der süditalienischen und sieilianischen Poesie
hingewiesen. Bekannt ist, wie Dante in der Vita nuova überall in Beatricens Leben Bezie-
hungen auf die Zahl neun findet, und das Wunderbare in ihr damit begründet. In der let-
tischen Volksdiehtung begegnet man nach Aug. Bielensteins Zeugnis der Neun sehr häufig.
1*
4 K. WEIınHoLp:
der Drei. Eine vollständige Behandlung der Zahlenmystik müfste die Drei
nicht blofs mit herbeiziehen, sondern zu Grunde legen, wobei sich ergeben
würde, dafs der einfacheren Zahl ganz dieselben Kräfte inwohnen als der
dreifachen, und dafs erst das jüngere Bedürfnis nach verstärkten Mitteln
die 3x3 erzeugt hat, wie dann weiter die 9 zur 3X9 gesteigert und als
der perfectissimus numerus die 9x9 angesehen und angewandt ist.
Ich verzichte im folgenden auf die Behandlung der magischen Drei
im allgemeinen und ziehe sie nur hier und da herbei, so gleich im An-
fang, wo ich die Gruppen himlischer und irdischer Wesen samle.
Die ältesten Nachrichten über den germanischen Götterglauben zeigen
Triaden.
Caesar b. g. VI, 21 kennt als die einzigen göttlichen Mächte, an welche
die Germanen glaubten, Sol. Luna, Vulcanus. Plinius h. n. IV, 99 und Ta-
eitus germ. 2 nennen die drei Verbände der Ingvaeonen, Istvaeonen und
Erminonen, die sich durch halbgöttliche Stammväter auf die Götter Ing,
Ist und Ermin zurückleiten, die unter den Namen Nerthus, Wodan und
Tius allgemein bekant sind. Tacitus germ. 9 weils von der Verehrung des
Mercurius, Mars und Hercules; so übersetzten die Römer die deutschen
Wodan, Tiu und Thunar. Thuner, Woden, Saxnot (= Tiu) mufsten die
heidnischen Sachsen abschwören, als sie Karl d. Gr. zur Taufe zwang
(Sächsisches Taufgelöbnis).
In dem Upländischen Tempel in Upsalir stunden die Bilder der Götter
der drei skandinavischen Hauptkulte: Thorr in der Mitte, zu den Seiten
Odin und Freyr (Frieco), wie Adam von Bremen IV, 27 berichtet.
In den nordgermanischen schriftlichen Quellen finden sich die Triaden
Odin, Hoenir, Lodr (Voluspa 17. 18); Odin, Hoenir, Loki (Sigurd. Fafnisb.
I. Einleit.: Sn. E. Bragaroed. e. 2); Hler (Aegir), Logi, Kari (Fundinn No-
regr); Byleystr, Helblindi, Loki (Gylfaginn. ec. 33); und die jüngeren Odin,
Vili, Ve oder Vidrir, Vili, Ve, so wie Har, Iafnhar, Thridi. Mögen auch diese
letzteren den Einflufs der kristlichen Trinität verraten. so verbürgen doch
die übrigen auch für die Germanen den Zug, göttliche Gestalten zu dreien
zu verbinden. Auch die Dreiheit der Nornen ist, obschon die Urdr (Wurth)
als älter und bedeutender wie Skuld und Werdandi, gewissermafsen als
die Urnorne anzusehen ist, auf jenen Grundzug zu stützen, den die Moiren
und Parzen, so wie die drei süddeutschen Schicksalsfrauen weiter be-
weisen.
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 5)
Gruppen von neun hohen Gottheiten, wie die uralten sabinischen No-
vensides (Novensiles) gewesen sein mögen, oder wie die neun tuskischen
Gewittergötter (Plin. h. n. II, 152), denen man die lettischen drei, neun
oder dreimal neun Pehrkoni vergleichen könte, ganz zu schweigen der
egyptischen grofsen Götterneunheit, kanten die Germanen nicht. Nur untere
göttliche Wesen werden neunzählig genannt. Vor allen Meerweiber: so
die neun Töchter des Aegir von der Ran (Sn. E. Skaldsk. 25. 61), Verkörpe-
rungen der wilden brandenden Wogen, die man nicht aus dreimaligem
Dreischlag der See zu deuten braucht. Meerweiber sind auch die neun
Mütter Heimdalls (Hyndlul. 35-38), die zwar andre Namen tragen, aber
schwerlich von den Aegistöchtern zu trennen sind. Auch in der Saga
von Hialmter und Olver (ce. 12) treten neun Meernixen auf, und Beowulf
erlegt neun Seeungeheuer (niceras nigene, Beow. 575). Die Skaldskaparmal
führen unter den Heiti neun Odins Mädchen mit echten Walkürennamen
auf, die an die novem Jovis concordes filiae sorores erinnern könten, wie
Naevius (ap. Cesium Bassum p. 266. K.) die Musen nennt.
Neun Jungfrauen umgeben die göttliche Menglod, das ist Frigg oder
Freyja (Fiolsvinnsm. 37. 35). Neun Zwerge werden in den Fiolsvinnssprüchen
(34)
' als Gesellen bei kunstreicher Arbeit genannt.
Die jüngere Olaf Tryggvasonsaga ce. 215 erzählt von zwei geisterhaften
Scharen: neun Disir in schwarzen Gewändern nähern sich dem Hofe Halls
Thorsteins; im Kampfe gegen sie findet Thidrandi, Halls Sohn, den Tod.
Sie werden als Fylgjen (Schutzgeister) seines Geschlechts gedeutet, die sich
vor dem Untergange der alten Zeit noch ein Opfer aus dem Hause holen
wolten. In der Niala e.97 wird darauf angespielt. Eine Schar von neun
weilsen Disen ist in der Olafssaga dazu erfunden.
Die Zahl von neun elbischen (auch hexenhaften) Weibern ist aus deut-
schen Überlieferungen zu erweisen. In Mecklenburg hat sich eine Schutz-
formel gegen neunerley elwen gefunden’. In Hans Sachsens Schwank vom
Unhuldenbannen treten die Truden oder Unhulden in der Neunzahl auf
(Kellers H. Sachs IX, 273)’. Eine obersteirische Geschichte weils von
neun Hexenpferden, das sind neun in Rosse verwandelte verwünschte Sen-
! Bugges Edda S. 447-
2 Wossidlo in der Rostocker Zeitung vom 29. September 1895.
3 Weshalb H. Sachs in einem andern Gedicht (Keller V, 285) fünf Unhulden nennt,
ist nicht abzusehen.
6 K. WeEınnorp:
nerinnen, die auf der Alm des Messerrückenberges ihren Spuk treiben
(Meine Zeitschr. f. Volkskunde 5, 409).
Eine Schar von sieben und zwanzig Walküren (prennar nıundir meyja)
reitet in der Helgaquida Hjörv. (28,1) einher. Dreimal neun priesterliche
Jungfrauen kennen wir aus dem römischen und griechischen Cultus (Diels,
Sibyllin. Blätter 38. 45). Eine dunkle Erinnerung an die heidnische Neun-
zahl bei Kulthandlungen können die neun Knaben sein, die in Neuhausen
bei München den Pfingstumritt hielten (Panzer, Bayrische Sagen und
Bräuche II, 81) und die neun Buben, die in Holzheim in Schwaben an
den drei Sonntagen vor Pfingsten mit Haselruten in der Hand, Sprüche
sprechend von Haus zu Haus gehn oder gingen (Panzer ebd. 5).
Auch in der Zahl der gebrachten Opfer finden wir die Neun. Bei
dem grofsen dänischen Opferfest in Ledra, das alle neun Jahre gefeiert
ward, fielen nach Thietmar von Merseburg (l.9) neunmal neun Menschen
und ebenso viel Rosse, Hunde und Hähne den Göttern zur Sühne'. An
dem grofsen schwedischen Fest zur Frühlings-Tag- und Nachtgleiche, das
zu Upsala alle neun Jahr begangen ward, fielen neun Häupter jeder männ-
lichen Gattung (Adam. hist. ecel. Hamab. IV, 27). Die Ynglingasaga ce. 29
erzählt von dem schwedischen Könige Aun oder Ani, dafs er dem Odin
alle neun Jahre (hit tiunda hvert är) einen Sohn in Upsalir für die Ver-
längerung seines Lebens opferte. Nachdem er so neun Söhne dargebracht,
verbot ihm das Volk, auch den zehnten dem Odin zu geben, und er starb.
Die Neunzahl mystischer Bedeutung hat auch auf die Gruppirungen
zu Neun im gewöhnlichen Leben gewirkt. Auf der Grenze stehn gewisser-
mafsen die neun Mähder des Baugi im Odrerirmythus.
In den heiti der Skaldskaparmäl heifst es in der Aufzählung von
Menschenmehrheiten von I-Ioo zur Neun: nautar eru nıu, neun Männer
werden Genossen genannt, wobei man an Varros Worte (ap. Gellium 13.
ı1, 2) denken kann: convivaruım numerum ineipere debere a tribus et
consistere in novem; allenfalls auch der Worte Ulrichs von Singenberg
(MS. ı, 153°): so enfunde ich niht den niunden, der mirs gunde.
Neun Schiedsrichter kennt die Niäla e.143. Über den Landfrieden
am Rhein waren im 14. Jahrhundert bei streitigen Sachen die Nüner ge-
! Kägi, Neunzahl 19 verglich dazu die nach Vendid. XXI, 20 dem Ahura geopferten
9 Hengste, Kamele, Bullen und Stück männlichen Kleinviehs.
J & s 9
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 7
setzt (Sechab, Geschichte des rheinischen Städtebundes II. n. 115. a. 1335).
Wenn sich die grade Zahl der Richter über ihren Spruch nicht einigen
konte, pflegte einer hinzugezogen werden, so dafs ein dritter, fünfter,
siebenter, neunter als obirman, overman hinzutrat (Haltaus, Glossar. med.
aevi I, 245. 547. 1414). Als Schiedsrichter kennt Fischart im Gargantua
ı8o’ die Neuner, und in Baiern waren die Neuner beim Kegelspiel als
Schiedsleute noch in neuer Zeit bekannt (Schmeller, B. Wb. I’, 1748).
Der Abt von Tholey ernante für das Jahrding von S. Walafrid neun
aus seinen Hofleuten, die dann zu Meier, Schöffen und Büttel bestellt wur-
den (Weist. 2, 91).
In Luzern hat durch Jahrhunderte zur Aburtheilung leichterer Polizei-
vergehen das Gericht der Neuner oder Neunmänner bestanden, gegen deren
Entscheidung keine Berufung galt (Brandstetter, Reception der neuhochd.
Schriftsprache in Luzern S.ı0. Einsiedeln 189r).
Der Familienname Neuner geht auf Theilnahme an solchen Körper-
schaften zurück.
Gelehrten und wol auch fremden Ursprungs sind die Triaden heid-
nischer, jüdischer und kristlicher Helden, die seit dem Ausgang des Mittel-
alters von deutschen Künstlern in Bildwerken und Gemälden dargestellt
wurden. Die neun starken Helden am schönen Brunnen in Nürnberg, die
Fresken in der Runkelsteiner Burg und in dem Hansasaal des Kölner Rat-
hauses geben bekante Beispiele.
In einem Fastnachtspiele des 15. Jahrh. (Keller Nr. 47) erzählen neun
Ritter, wodurch sie die Ritterwürde erlangten; in einem andern (Nr. 30)
treten neun Narren auf. Hans Sachs berichtet von den neun ellenden
Wanderern (Keller V, 282), er dichtet von den neun getrewen Mendern
und neun getrewen Frauen (ebd. II, 305), von den neun getrewen Haiden
(II, 299) und reimt das Meisterlied von den neun Schwaben, die Quelle
der volksthümlichen Geschichte von den sieben Schwaben, in der die alte
Neun von der jüngeren Sieben seit Anfang des 17. Jahrh. verdrängt wor-
den ist (J. Bolte in meiner Zeitschr. f. Volkskunde 4, 432).
Die Volksthümlichkeit der Neunzahl zeigt sich auch durch ihr Leben
in Sagen, Märchen, Liedern und sprichwörtlichen Redensarten. Nach der
Sage hat die Stifterin des Nonnenklosters in Lausnitz dasselbe zuerst mit
neun Jungfrauen aus Halle besetzt (Eisel, Sagenbuch des Vogtlandes
Nr. 825).
8 K. Weınnmorn:
Von neun Burschen in der Spinnstube, denen sich heimlich ein zehn-
ter, der Teufel, beigesellt, erzählt eine Braunschweiger Sage (Voges Nr. 45).
In dem balladenartigen Volksliede von Ulrich und Rautendelein (Erk-Böhme,
Liederhort I. 42") hat ein schlesischer Text statt der zwölf gemordeten
Mädchen neun (Hoffmann-Richter, Schles. Volksl. Nr.ı2. S. 26). Das
Grimmsche Märchen von den Zwölf Brüdern (Nr. 9) wird in Litauen
(Schleicher, Litauische Märchen, Sprichworte, Rätsel und Lieder S. 35)
von neun Brüdern und in Poitou von neuf freres erzählt (Pineau, Folk-
lore de Poitou S. ıf.)'. In der südslavischen Gestalt der Geschichte von
den Mönchen von Kolmar treten statt der gewöhnlichen drei (v. d. Hagen,
Gesamtabent. II, S. XXXV) neun Franziskaner auf (Fr. S. Kraufs, Sagen
und Märchen der Südslaven I. n. 98). Ihrer Neun rauften nach der Über-
lieferung während einer Hungersnot im Türkenkriege um eine Maus (Leeb,
Sagen Niederösterreichs Nr.152).
Eine Mecklenburger Redensart bei heftigem Winde ist: Dat is’n storm
dat negen (Var. seven) oll wiwer nich 'n bessenstel hollen können (Meine
Zeitschr. 5, 442). Die enge Zusammengehörigkeit der Gevattern drückt
Oberpfälzer Volksmund so aus, dafs neun Gevattern am Lichtmelstage von
einer Lerchenzunge essen sollen (Schönwerth, Aus der Oberpfalz I, 164).
Uralt scheint der Satz, dafs Neun Kinder dem zeugungskräftigen
Manne zukommen.
Das friesische Emsigoer Recht (224,6 Riehthofen) bestimmt, dafs
einem Manne, der durch Verwundung zeugungsunfähig geworden, 9 Mark
Bufse gebühren für die 9 Kinder, die er hätte zeugen können. Entspre-
chend setzt das Hunsigoer Recht (332, 9 Richth.) fest: wenn ein Mann
so in das Gemächte verwundet wird, dafs er keine Kinder mehr zeugen
kann, so sind ihm neun Totschläge (niugen dadele) zu büfsen.
Neun mufs auch bei den Nordgermanen der volle Kindersatz gewesen
sein. Es ergibt sich aus den lästerlichen Vorwürfen gegen Männer, denen
zeitweilige Verwandlung in Weiber zugeschrieben ward, wobei neun Kinder,
die sie geboren haben sollen, genannt werden (Helgaqu. Hund. I, 39.
Kristnisaga ce. 4).
Neun Buben einer Familie erscheinen in einer Tiroler Geschichte
(Meine Zeitschrift 6, 318). Nach der Sage von der Gräfin von Querfurt
! In einem jettischen Hochzeitliede En die Dan neun Brüder, Em. Bielenstein
Wie die Letten gefreit haben S. ı12.
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. )
gebiert dieselbe neun Knaben auf einmal (Kuhn-Schwartz, Nordd. Sagen
Nr. 234)‘. Verwandt ist darin die Sage vom Grafen Uffo, der in der
Fremde träumt, seine Frau habe in seiner Abwesenheit neun Kinder ge-
boren. Sie ergeben sich als neun von ihr gestiftete Kirchen (Grimm,
Deutsche Sagen Nr. 549). Das bekante Märchen vom Gevatter Tod be-
ginnt in Oberpfälzer Fassung: Ein Schneider hatte für sein neuntes Kind
keinen Gevatter (Schönwerth 3,12)”.
Neun Söhne sind auch in neugriechischen Volksliedern typisch (Sa-
kellarios, Kyprische Volksl. Nr. 517. Jeannaraki, Kretas Volksl. Nr. 5)
und dazu stimmen die neun Brüder (Sakellarios Nr. 31. 413. 523).
Aus allem vorgetragenen empfängt die mittelrheinische Redensart
»Dreimal drei ist Bubenrecht« ihre Erklärung: Neun Buben ist der per-
fectus numerus. Den Satz von neun Kindern kannte auch Ed. Mörike,
als er seinem Freunde OÖ. Schönhuth bei der Geburt von dessen erstem
Töchterchen scherzend zusang: Es macht die Neunzahl schön zu füllen,
Ein hörnen Siegfried den Beschlufs (Gesammelte Schriften ı, 221. Stuttg.
1878).
Auch Thiere werden zu neun gruppirt. Hadamar von Laber führt
in seinem allegorischen Gedicht die Jagd (Str. 10-13) eine None allegori-
scher Hunde auf. In dem Grimmschen Märchen Nr. 122 zanken sich neun
Vögel um den Wunschmantel. Nach Lechthaler Volksmeinung ist unter
neun Elstern, die beisammen sitzen, eine Hexe (Zingerle, Sitten, Bräuche
und Meinungen Nr. 333). Ein siebenbürgisch-sächsisches Märchen (Hal-
trich Nr. 33) erzählt von neun Schweinen. Wallonischer Aberglaube
macht neun Hammel zur guten Vorbedeutung (Monseur, Folklore Wallon
Nr. 658). In Beschwörungsformeln gegen die wurmartigen Krankheitsdä-
monen finden sich diese zu 3, zu 9 u.s.w. gedacht. Darüber wird bei
dem Abschnitt über die Zahl 9 im Heilverfahren des weiteren gehandelt
werden.
Die Neunzahl lebender Wesen, die bei Sühnopfern fielen, findet ihr
entsprechendes auch bei Opfern aus dem Pflanzenreich. Bis in die
(egenwart haben hessische Kinder, wenn sie in den Wald gingen, Heidel-
! Eine Variante giebt sieben an.
2 Von einem Tiroler mit neun Buben wird aus der Wirklichkeit in meiner Zeitschr.
6, 318 erzählt.
Philos. - histor. Abh. 1897. 11.
[SG
10 RK. WEIınwoLD:
beren zu lesen. die schönsten neun Beren, die sie fanden, in die Hölung
eines Baumes »als Zehnten« gelegt, zuweilen mit einem Blumenstraufs
(Mülhause, Gebräuche der Hessen in d. Zeitschr. f. hess. Gesch. N. F. 1, 274).
Beachtenswert dabei ist, dals in Treysa im Kr. Ziegenhain und in Rosen-
thal die neun Beren zu je drei Stück rückwärts auf die Erde geworfen
werden und in Treysa ein Knoten in eine Grasschmele unter die Rispe
geknüpft wird.
Opfer sind ursprünglich auch die neunerlei Kräuter, die zu heiligen
Zeiten gepflückt und verschieden verwandt werden.
Als Opferspeise erscheinen sie am Gründonnerstage. Wer sie nicht
geniefst (d. i. das Opfer der Gottheit nicht bringt), trägt übele Folgen da-
von: er bekommt das Fieber (Chemnitzer Rockenphilos. III. e.95. Panzer,
Bayr. Sagen und Sitten 1.258). In ganz Niederdeutschland wird an diesem
Neunkräutergericht, das Gesundheit, Stärke und langes Leben verleihen
soll, am Gründonnerstage überall festgehalten, und es besteht meist aus
denselben Frühlingskräutern, deren Zahl von selbst bei zeitigen Ostern
überdies beschränkt ist. Zur Negensterke (Neunstärke), wie das Gericht
im Braunschweigischen heifst, werden genommen Sprossenkohl, Brennnessel,
taube Nessel, Giersch (Gesche), Kälberkropf (Chaerophyllum) oder Kuh-
blume (Leontodon tarax.), Scherbock (Ranmune. ficar.), Rapunze, Brunnen-
kresse, Malve. Die gleichen Kräuter werden in Mecklenburg dazu ge-
nommen; fast dieselben in Hannover, wo das Gericht auch Neunstärke
heifst; gleiche und verwante in Westfalen‘. Die Zahl neun gilt auch in
Oldenburg, in Brandenburg, in Anhalt und wie es scheint auch am Nieder-
rhein®. Anderwärts wird nur im Allgemeinen darauf gehalten, dafs am
Gründonnerstage eine Kräutersuppe gegessen werde oder grünes Gemüse
auf den Tisch komme‘. Theils soll es Gesundheit geben, theils gegen
mancherlei Unangenehmes schützen. Man sieht, wie der alte Brauch von
seiner bestimten Art und Bedeutung verliert.
! R. Andree, Braunschweiger Volkskunde S. 244 f. mit Anmerk. Seemann, Han-
noversche Sitten und Gebräuche (Leipz. 1862) S.8. Kulın, Westfäl. Sagen Il, 133. U. Jahn,
Opfergebräuche 145.
® Strackerjan Il.4ı. Engelien-Lahn, Volksmund 232. Meine Zeitschr. 7, 75.
E. Meier, Sagen aus Schwaben 386. Zingerle, Sitten d. Tiroler Volkes Nr. 727.
Kehrein, Volkssprache in Nassau 2.258. Wolf, Beiträge 1, 70 (Wetteran). Ebenso in
der Oberlausitz und in Schlesien.
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 11
Das Neunkräutergericht war hier und da auch zu Johannis üblieh.
Den um Reichenhall früher zu Sunnwenden gebackenen Johanniskücherln
waren folgende neun Kräuter beigemischt: Brennessel, Gundermann, Holler
(Sambueus), Kukuksklee (Oxalis acetosella), Raute, Salbei, Sauerampfer.
Schwarzwurz, Weinstock (dafür auch Löwenzahn: Anzeiger f. Kunde deut-
scher Vorzeit 28, 204).
Zu Weihnachten hat sich hier und da der Brauch erhalten. neun Ge-
richte aufzutragen. So in der Gegend des östlichen Grenzgebirges zwischen
Niederoesterreieh und Steiermark, in der Christnacht nach der Mette (A. Hofer.
Weihnachtlieder aus Niederoesterreich. Wiener Neustadt 1890. S. 6). Auch
aus dem Vogtlande lassen sich die neun Speisen vom Christ-, Sylvester-
oder Fastnachtabend nachweisen (Wuttke, Deutscher Aberglaube S 341).
Im Erzgebirge und in der Karlsbader und Duppauer Gegend pflegt man sie-
ben- oder neunerlei Gerichte am Weihnachtabend zu essen, um gesund zu
bleiben (Wuttke 8 78. Wilhelm, Aberglaube aus dem Karlsbad -Duppauer
Gelände S. 23).
Nach steirischem Aberglauben giebt der Genuls von neunerlei oester-
lichem Weihfleisch , zumal wenn es in neun verschiedenen Häusern genossen
wird, Stärke und schützt gegen tolle Hunde (Pfeiffer, Germania 35, 390).
Übertragen ward die Neunzahl der Opferspeisen auf bestimte welt-
liche Malzeiten. So mufsten dem Abt von Mettlach bei dem Jahrding zu
Beringen a. d. Saar neun Gerichte vorgesetzt werden (Weist. 2, 63).
Ursprünglich waren diese Kräuterspeisen an heiligen Zeiten Pflanzen-
opfer, die von den Darbringern ebenso verzehrt wurden. wie Theile der Opfer-
thiere. Entsühnungen und Segnungen gingen deshalb von ihnen aus.
Weit verbreitet ist der Glaube, dafs Johanniskraut (ypericum perfor.);
in der Johannisnacht von neun verschiedenen Stauden gepflückt, gegen
Feuer, Gewitter, Hexen und böse Geister schütze und starke Heilkraft habe
(Wuttke $ 92). In Masuren pflückt man am Johannisabend stillschweigend
neun bestimte blühende Pflanzen, windet schweigend Kränze daraus und
hängt sie in den Stuben auf. Sie haben grofse heilende Kraft (Toeppen,
Aberglaube aus Masuren 8.71).
Am ı5. August feiert die katholische Kirche das Fest der Himmel-
fahrt Mariae, den grofsen Frauentag, auch Mariae Wurz- oder Kräuterweih
genannt. Die abgeschnittenen Stauden und Blüten werden in Menge in
die Kirehe gebracht und vom Priester geweiht, wodurch sie allerlei gute
DL;
y
2 K. WeEınHorp:
Kräfte erhalten. Es ist ein aus heidnischer Zeit überkommener Brauch,
der sich an einen kirchlichen Tag am Abschlufs des Sommers heftete.
Nach der Legende war Maria eine Freundin der Blumen.
Das »Weihgebund« besteht in Oesterreichisch-Sehlesien aus neun
Pflanzenarten: Ringelrose (calendula),. Baldrian, Krauseminze, Dill, Wermut,
Dost, Meisterwurz (ömperatoria), Reinfarn, Königskerze, also aus bekanten
Heilkräutern (A. Peter, Aus Oesterr.-Schlesien 2, 249'). Wo noch alte Sitte
besteht, werden die Kräuter vor Sonnenaufgang und schweigend gesammelt.
Aufser der heilenden Wirkung bei Menschen und Thieren, schützen sie
das Haus, auf dessen Dachboden gewöhnlich sie aufbewahrt werden, gegen
Gewitterschaden. Wenn ein Wetter aufzieht, werden Kräuter aus den ge-
weihten Büscheln genommen und in das Herdfeuer geworfen. Der auf-
steigende Rauch (Opferrauch) schützt gegen den Blitz.
In Baiern, namentlich in der Holletau zwischen Isar und Donau, ge-
hören 77 Kräuter (die kirchliche Zahl- statt der volksthümlichen 99) zu
dem Buschen, der von den Mädehen am grofsen Frauentage in die Kirche
gebracht wird, vor allem der Himmelbrand (Königskerze, verbascum), der
in die Mitte des Straulses kommt (Panzer Il, ı2).. Auch die Weihraute
(ruta graveolens) darf nicht fehlen (Schmeller, B.Wb. II, 175).
Zu Sunnwenden oder Johannistag, auf der Höhe des Sommers, werden
neunerlei Blumen zu Kränzen gewunden. Sie dienen den Mädehen zur
Losung über nahe oder ferne Verheiratung. In Ostpreufsen werfen
die Mädehen nach Sonnenuntergang am Johannistage die aus neun Kräutern
schweigend gewundenen Kränze auf einen Baum®. So oft der Kranz da-
bei herunter fällt, so viel Jahre bleibt das Mädchen noch ledig (E. Lemke
Volksthümliches in Ostpreufsen ı, 28). In Thüringen (Pflege Reichenfels)
suchen die Mädchen in der Mittagsstunde (11-12 Uhr) des Johannistages
neunerlei Pflanzen, worunter Storehschnabel, Feldraute und Weide nicht
fehlen dürfen. Der Faden zu dem daraus gewundenen Kranze mufs von
der Binderin in gleicher Stunde eines Johannistages gesponnen sein. Dann
wirft ihn diese rückwärts und schweigend auf einen Baum. So oft er
herabfällt, so viel Jahre währt es noch zur Hochzeit (Witzschel, Sagen,
Sitten und Gebräuche aus Thüringen 2, 210). Im Vogtlande holen sich
Altgermanischer Brauch war es, die Opfer an die Bäume zu hängen oder in das
Geäste zı werfen.
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 13
die heiratslustigen Mädchen um ı2 Uhr Mittags am Johannistage einen
Straufs von neunerlei Blumen vom Felde und werfen ihn durch die Thür
oder das Fenster in ihr Haus. Dann werden sie in nächster Nacht ihren
künftigen Mann im Traume sehen (Wuttke S. 229). Ebenso hoffen die
Mädehen in der Mark Brandenburg (Neumark) in der Johannisnacht im
Traum den Zukünftigen zu sehen, wenn sie zwischen ıı-ı2 in der Nacht
einen Kranz aus neunerlei Blumen schweigend gewunden haben (Meine
Zeitschr. f. Volksk. 1,181). In Böhmen flechten die Mädchen in der Johannis-
nacht Kränze aus neunerlei Blumen, setzen sie auf und gehn bei Sternen-
licht zu einem Wasser, an dem ein Baum steht (auf den sie den Kranz
werfen). Sie sehn dann das Bild des Bräutigams im Wasser (Wuttke
$ 356). Die Lettinnen in Kurland flechten am Johannisabend eine jede
neun kleine Kränze und gehn auf neun Kreuzwege. Auf jede Wegscheide
legen sie einen Kranz nieder und denken bei jedem an einen bestimten
Burschen. Am nächsten Morgen sehen sie nach, welche Kränze noch dort
liegen. Ist einer verschwunden, so wird der Bursche, dem er zugedacht
war, das Mädchen heimführen (Mittheilung von Frl. M. Rehsener).
In OÖstpreufsen, Schlesien, Schweden legen sich die Mädchen einen
aus neunerlei Pflanzen gewundenen Kranz unter das Kopfkissen. Was sie
in dieser Johannisnacht träumen, wird wahr (Wuttke S. 223).
In der Eifel war das Binden von Johanniskränzen sehr verbreitet und
nicht blofs von erwachsenen Mädchen gethan. In Rengen laufen die Kinder
am Nachmittag in die Wiesen, pflücken Blumen (die Zahl neun scheint
vergessen), winden Kränze und werfen sie auf die Dächer der Häuser und
Ställe. Dieselben sollen die Gebäude gegen Brand und Gewitter schützen.
Johanniskraut und Jungfrauflachs müssen dabei sein. Die Kränze bleiben
oben liegen, bis sie der Wind verweht. — In Niederehe aber sammelten
sich die Kinder, wenn die wilden Stachelberen (Krönschel) reif wurden,
an einem Sonntag Nachmittag um ein altes Mütterchen, holten alle welken
Johanniskränze von den Dächern und zogen betend aus dem Ort. Die
dürren Kränze und Sträufse wurden draufsen auf einen Haufen geworfen
und angezündet. Dann liefen sie mit den brennenden Stauden zu den
Stachelberheeken und beräucherten sie. Sie zogen darauf unter Gebet mit
der alten Frau in das Dorf zurück, knieten vor ihr hin und empfingen
von ihr mit einem Stabe jedes den Jesusknüppes, d.i. einen leiehten Schlag
14 K. WEıInHouLn:
an die Stirn. Von nun ab durften sie in die Stachelberen gehn (Schmitz,
Sitten und Bräuche des Eifler Volkes 40-42).
Es geht hier verschiedenes durch einander: die heiligen Kräuter werden
zu Kränzen und Sträufsen gebunden und, nachdem sie beim Feste gedient,
zum Schutz der Häuser verwendet.
Die h. Kräuter werden in das Johannisfeuer als Opfer geworfen. Ihr
Rauch hat segnende Kraft, und so wird damit die Fruchternte der Jahres-
zeit geweiht. Die Kinderprozession mit der führenden Alten ist Nach-
bildung kirchlicher Bittgänge: das ganze ist zu einem Kinderfeste gemacht.
Zu den priesterlichen Räucherungen der Häuser, die alles böse
abwehren sollen, Hexen und höllische Geister, mengt man unter den Weih-
rauch und die Wachholder(Kranwit)beren auch neunerlei Kräuter. wahr-
scheinlich aus dem Weihgebund von dem grofsen Frauentag. Diese Räuche-
rungen, die zuweilen auch der Hausvater vornimmt, geschehen in den
Rauchnächten, d. h. Thomas-, Christ-, Neujahr- und Dreikönigabend. Hier
und da heifsen auch die Zwölfnächte von Weihnachten bis Perchtentag
(Dreikönige) so (Wuttke 8 253).
Handlungen zur Erforschung der Zukunft finden in Deutsch-
land nicht blofs am Mittsommerfest (Johannis) statt. wovon wir vorhin
sprachen, sondern auch gegen und um Mittwinter.
In Oberoesterreich bezeichnet man neun Nächte des Jahrs, die ledigen
Mägden zur Erkundung ihrer Verheiratung taugen: Thomasnacht, die Nacht
vor dem Kristabend. die heilige Weihnacht selbst, Neujahrsnacht, Drei-
königsnacht, Palmsonntag, den Frühlingstag, an dem man den Kukuk zu-
erst hört, Sunnwendtag und Barharatag (4. Dec.). (Amand Baumgarten,
Aus der Heimat 3, 39).
Weit verbreitet in Oesterreich und Süddeutschland, auch in Schlesien
und am Harz ist. dafs Mädchen am Andreasabend 9 (oder 7) Zweige von
Fruchtbäumen oder Sträuchern ins Wasser stecken und aus Zahl und Farbe
der zu Weihnachten entwickelten Blütenknospen auf Heirat oder anderes
Glück schlielsen (Wuttke $ 347).
Am Andreasabend machen Mädchen im Erzgebirge ein Feuer von neu-
nerlei Holz. Wer in die Stube tritt, während dieses Feuer brennt, dessen
Name ist der Name des künftigen Ehemannes (Wuttke $ 364). J. Präto-
rius erzählt in seinen Saturnalia oder Weihnachtfratzen (Leipz. 1663 S. 408).
dafs manche Mädehen am Tage vor dem Weihnachtabend neunerlei Holz
u es
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 15
schneiden und in der folgenden Nacht in einer Stube ein Feuer davon
machen. Sie ziehen sich ganz nackt aus, werfen die Hemden vor die Stu-
benthür und sprechen: »Hier sitze ich splitterfasernackigt und blofs, | Wenn
doch mein Liebster käme und würfe mir mein Hemde in den Schofs«.
Der Liebste mufs dann kommen, das Hemde herein werfen, und sie kön-
nen ihn erkennen. Prätorius berichtet darauf eine hierzu stimmende Ge-
schichte aus Koburg.
Bei den Niederlausitzer Wenden ist Brauch der Mädchen, in den letzten
9 Tagen vor Weihnachten an jedem Tage bei Sonnenuntergang 9 Späne zu
sammeln, sie rückwärts von 9-ı zu zählen und dann von allen am h. Abend,
wenn es zur Kirche läutet, ein Feuer zu machen. Kommt, während sie
brennen, ein freilediger, so ist Aussicht auf einen ledigen Mann; kommt
ein verheirateter, auf einen Witwer. Wie bei den Weibsen, geschieht dieses
auch bei den Mansen. Noch andre Heiratlosung wird in diesen 9 Tagen
geübt (v. Schulenburg, Wendische Volkssagen S. 246. 248). Man ver-
gleiche auch die Liebesorakel der Zigeunermädchen, die Wlislocki, Volks-
glaube der Zigeuner S.130f., berichtet. Andreas, Sylvester, Oster- und
Pfingstnacht, Georgi sind die Zeiten dafür.
Am Abend der betreffenden Tage werfen sie Schuhe auf einen Wei-
denbaum: nur neunmal dürfen sie werfen. Bleibt der Schuh in den Ästen
hangen, so heiraten sie im nächsten Jahre. Für dieses und andere Heirats-
orakel darf sich das Mädchen neun Tage lang vorher nicht waschen, darf
nicht küssen oder eine Kirche betreten.
Wenn die Zigeunerin wissen will, ob der Künftige alt oder jung sein
werde, knetet sie einen Teig aus neun Handvoll Erde, die aus neun ver-
schiedenen Stellen genommen sind, mit Wasser aus neun verschiedenen
Brunnen oder Bächen und thut neun Stechapfelkerne hinein, von neun ver-
schiedenen Stauden genommen. Dieser Teig wird am Öster- oder Georgi-
morgen auf einen Kreuzweg gelegt. Wenn auf denselben zuerst ein Weib
tritt, so bekommt das Mädchen einen Witwer oder einen alten Mann: tritt
ein Mann zuerst darauf, einen jungen Gatten (Wlislocki, Volksglaube der
Zigeuner 130f£.).
In dem Torda-Aranyosszeker und in dem Toroezköer Bezirk in Un-
garn fastet das magyarische Mädchen einen Tag vor Andreas und kniet
dann an dem Abend auf ihr zusammengelegtes Sacktuch, sprieht neun
Vaterunser und legt eine Männerhose, einen Kamm, ein Stück gerösteten
16 K. Weınuornn:
Brotes, einen Flederwisch und ihren linken Schuh unter ihr Kopfkissen.
Unter ihr Bett legt sie Salz in einem Lappen, vor das Bett stellt sie einen
Teller mit Wasser, in das sie Löffel. Messer und Gabel thut. Erwacht sie
um Mitternacht und bliekt bei brennender Kerze in den Spiegel, so sieht
sie ihren Künftigen. Verschläft sie die Mitternacht, so wird sie ihn im Mor-
gentraum erblicken (Jankö, Magyar nepe 247, vergl. meine Zeitschrift f£.
Volksk. 4, 407).
In Oberoesterreich gilt als Vorbedeutung naher Hochzeit, wenn das
Mädchen am Johannisabend neun verschiedene Sunnwendfeuer sieht (Baum-
garten, Aus der Heimat ı, 28).
An keine bestimte Zeit gebunden ist ein niederoesterreichischer Brauch,
der auch weitere Beziehung als auf Heirat hat. Man zählt durch neun
Tage neun Sterne; kommt keine trübe Nacht dazwischen, so geht in Er-
füllung, was man beim ersten Zählen gedacht hat (Hofer, Weihnachtlieder
S. 6). Dazu stimmt ein wallonischer Brauch. In Nivelles beobachtet man
ebenfalls an 9 Abenden 9 Sterne. Kommt ein trüber Abend dazwischen,
so muls man von vorn anfangen, bis man neun heitere hinter einander
gewinnt. In Lüttich ist die Neun zur Siebenzahl gewandelt. Wenn der
Versuch geglückt ist, pafst das Mädchen, das ihn gemacht, auf den ersten
Jungen Mann auf, der ihr die Hand reicht: das ist Er (Monseur, Folk-
lore Wallon Nr. 658).
Im Zusammenhang mit den germanischen Opfern, die zu Mittwinter
für das Gedeihen der nächsten Sommerernte (til grödrar, Ynglingas. e. 8)
gebracht wurden, stehn erhaltene deutsche Volksbräuche zur Erforschung
des nächsten Feldsegens.
Im Erzgebirge und im Vogtlande theilt man am Sylvesterabend in einer
Schüssel, worin etwas Wasser steht, durch Stäbchen neun Fächer ab; schüttet
in jedes eine andre Fruchtart und beobachtet am andern Morgen, welcher
Samen am besten gequollen ist oder die meisten Luftblasen hat. Dieser
wird die beste Ernte bringen (Wuttke $ 329). In Schwaben werden zwölf
Mäfschen am Christabend mit verschiedenen Getreidearten, die genau ge-
messen sind, gefüllt. Am andern Morgen mifst man wieder. Nach Zu-
oder Abgang schliefst man auf Steigen oder Fallen der Getreidepreise, wol
in den zwölf Monaten (Birlinger in der Zeitschr. f. deutsche Mythologie
4.48). In Oesterreichisch-Schlesien wird (wahrscheinlich in der Krist-
oder Sylvesternacht) Korn in vier Seidelgläser gefüllt, ausgeschüttet und
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 17
wieder eingefüllt. Aus dem Mehr oder Weniger deutet man steigende oder
fallende Getreidepreise in den verschiedenen Vierteljahren (A. Peter, Aus
Oesterr.-Schlesien 2, 260).
Andere Weissagung und Losung, worin sich die Neunzahl erhielt,
möge sich anreihen.
Im Vogtland glaubt man, wenn jemand am Christ-, Sylvester- oder
Fastnachtabend von den neun Gerichten, die Abends aufgetragen werden
müssen, Reste in einen Tischtuchzipfel thut, unter den Arm nimmt und
dann an den Fensterladen des Nachbarhauses klopft, so wird das wahr
werden, das er sprechen hört (Wuttke $ 341).
Nach Göttinger Sage prophezeite 13552 ein Graumännlein aus den
Stücken von neun Kartoffeln das Aufhören der Kartoffelkrankheit und die
Nähe einer mörderischen Seuche (Schambach-Müller, Niedersächsische
Sagen S. 240). .
Aus Mittelsteiermark wird der Versuch, in die Welt des Todes zu
blicken, leider nicht genau (Zeitschr. f. oesterr. Volkskunde 1, 243) berichtet.
Wenn eine Frau erfahren will, ob im nächsten Jahre jemand aus dem Hause
sterben werde, so kehrt sie (wahrscheinlich am Krist- oder Sylvesterabend)
neunmal die Stube von vorn nach hinten aus und lauft (wahrscheinlich nackt)
neunmal um das Haus. Beim zehnten Mal sieht sie durch das Fenster in das
Zimmer, ob ein Sarg darin steht. Das ist das Vorzeichen eines Sterbefalls.
Weit verbreitet ist der Glaube, dafs die Thiere in der Kristnacht pro-
phetisch sprechen und das Verständnis davon zu erlangen, den Menschen
möglich sei. Nach dem Glauben der kärntischen Winden gelingt es dem,
der Stiefel mit neun Sohlen trägt und in den Stiefeln auf Farnsamen steht
(Meine Zeitschrift 4, 155).
An diese Arten der Weissagung und des Einblieks in die Zukunft,
in denen die Zahl Neun ihre Wirkung bewährt, schliefsen wir den eigent-
lichen Zauber, bei dem unsre Zahl hilft. Sie verleiht besondere
Kräfte, schützt gegen böse Geister und wehrt die Krankheiten ab,
die auch bei uns als Angriffe böser Geister galten.
Nach Wernigeroder Hexenacten aus dem 16. und 17. Jahrhundert
brauchten die Hexen immer neun Kräuter zu den Zaubermitteln (Zeitschr.
des Harzvereins 4, 298).
Philos. - histor. Abh. 1897. II. 3
18 K. Weısnorn:
Wenn ein Bursche die Liebe eines Mädchens gewinnen will, nimmt
er neun Stengel der Zaunrübe (Bryonia alba), näht sie heimlich in die
Kleider der Geliebten und dieselbe wird ihn von Stund ab wiederlieben
(A. Peter, Aus Oesterr.-Schlesien 2, 212).
Ein englisches Liebesrecept giebt an: das Mädchen, das einen unge-
treuen Liebhaber zu sich zaubern will, borge sich ein Federmesser und
steehe, bevor es zu Bett geht, in das Schulterblatt eines Schafes an ver-
schiedenen Stellen. Das mufs neun Nächte hinter einander geschehen! und
dabei gesprochen werden:
"T is not this bone I mean to stick,
But my lovers heart I mean to prick.
Wishing him neither rest not sleep.
Till he comes to me to speak.
Nach neun Tagen wird er kommen und um etwas bitten, das er auf die
Wunden legen könne, die ihm beigebracht wurden (Hartland, the Legend
of Perseus II, 102).
Wer einen dreijährigen Hahn über einem neuen Topfe durchsticht
und ihn dann neun (oder drei) Tage lang in einen Ameisenhaufen vergräbt,
findet in seinem Kopfe einen weilsen Stein. Wer diesen bei sich trägt,
dem kann niemand etwas versagen (Albertus Magnusbüchlein 2, 10. 51).
Die Buben am Lechrain, die im Raufen gern Herr wären, suchen in
Besitz von neun Otterzungen zu kommen, die sie aber den lebenden 'Thieren
ausreilsen müssen. Dazu gehört Schneid und der Teufel sucht es obendrein
zu hindern. Ohne die Finger eines ungebornen Kindes oder auch ohne
einen Wetterstein kann es keiner zu den neun Zungen bringen (v. Leo-
preehting, Aus dem Lechrain 8.78).
Ein besonderes Kraftstück führte der im Oberennsthal berüchtigte Zau-
berer, der Jager Peterl, aus, als er einen Halbstartin Wein den Hexen in
der Walpurgisnacht mit 99 Par vorgespannten Katzen auf das 2236 Meter
hohe Gumpeneck hinaufführte (Meine Zeitschrift 5, 410).
Unsichtbar zu werden hilft bekantlich der Farnsamen. Nach ober-
steirischer Anweisung mufs man in drei Nächten der Zwölften mit einem
Kreuz von Elsberbaum (Kornelkirsche) in einen Zauberkreis treten. Man
mufs dazu neun Kelchtücher haben (Tücher, womit der Mefskelch bedeckt
! Neunmalige Wiederholung der Defixionsformel bei griechischem Liebeszauber: Ber-
liner Wochenschrift f. klass. Philol. 1891. S. ro.
Er
Die muystische Neunzahl bei den Deutschen. 19
wird); denn wenn der Teufel den Farnsamen bringt, fällt derselbe durch
acht Tücher durch und bleibt erst im neunten hangen (Weinhold, Weih-
nachtspiele S.29. Wolf, Zeitschr. f. deutsche Mythol. 2, 30).
Das Wolfsturner Hausbuch aus dem 15. Jahrhundert enthält ein anderes
Mittel, »unsichtig« zu werden. Man gehe zu einem Ameisenhaufen, der
neun Gänge hat, und zünde denselben an. In der Asche wird man einen
Stein finden, der die Unsichtbarkeit verleiht (Meine Zeitschrift ı, 324).
Für Räuber und Diebe galt als Mittel unsichtbar zu werden der Ge-
nuls von neun Herzen ungeborner männlicher Kinder (v. Tettau und
Temme, Volkssagen Ostpreufsens. Littauens und Westpreufsens S. 266).
Nach demselben scheuslichen Aberglauben, der die Ermordung vieler
schwangerer Frauen verschuldet hat, gelangte man durch das gleiche Mittel
zur Fähigkeit, wie ein Vogel fliegen zu können (Lammert, Volksmedizin
in Bayern S. 84).
Um Diebe zu zwingen, das Gestohlene wieder zu bringen, stellte man
in Mecklenburg an drei Abenden gegen Mitternacht drei neue Teller auf
den Herd, je mit Brot, mit Salz, mit Schmalz gefüllt, legte Blechdeckel
darüber und glühende Kolen darauf. Neunmal sprach man leise einen
Segen darüber. Wenn der Dieb nicht schon über schiffbares Wasser war,
wurde er dadurch gezwungen, indem ihn brennende Schmerzen trieben,
den Diebstahl zurückzubringen (Bartsch, Sagen und Gebräuche aus Meck-
lenburg 2, Nr. 1623).
Beim Dreschen in Büchersreut in der Oberpfalz fing einmal die Hälfte
des ausgedroschenen Weizen zu laufen an. Der herbeigerufene Pfarrer be-
segnete den Körnerhaufen und liefs einen Knecht mit einer Kranewit(Wach-
holder)gerte drauf schlagen. Beim neunten Hiebe kam ein Bauer aus Ilsen-
hach mit neun blutigen Striemen im Gesicht gelaufen und bat abzulassen,
er wolle es nimmer thun (Schönwerth, Aus der Oberpfalz 1,437).
Wer bestohlen wird, der nehme die schwarze oder schwere Fast ge-
gen den Dieb auf sich. Er nehme nämlich eine schwarze Henne und esse an
neun Freitagen samt der Henne nichts. Der Dieb wird dann entweder
das Gestohlene zurückbringen, oder sterben (Haltrich-Wolff, Zur Volks-
kunde der Siebenbürger Sachsen S. 292).
Nach wendischem Glauben kann man Schätze heben oder wenigstens
einen Weehselthaler gewinnen, wenn es gelingt. eine lebendige ganz schwarze
Katze, die man mit 99 Knoten in den Fäden in neun "Tücher eingenäht
2%
oO
20 K. WeınHorp:
hat, in der Christnacht in der Kirche als Hasen zu verkaufen an einen,
der darauf wartet, dem man aber verfällt, wenn es nicht gelingt, schnell
unter eine Dachtraufe zu entkommen (v. Schulenburg, Wendische Volks-
sagen S. 202).
Soll sich einer von den Soldaten freilosen, so mufs man ihm still-
schweigend und ohne dafs er davon weils, eine Scehote mit neun Erbsen
in den rechten Rockärmel stecken (Bartsch 2, 350).
Will ein Hirte sein Vieh auf der Weide zusammenhalten, so stecke
er einen Stock mit neun Krümmungen in die Erde (Wuttke $ 684). In
einem unvollständigen Segen zum Zusammenhalten des Viehs (J. W. Wolf,
Beiträge 1, 259) heifst es: da macht er einen Ring um mein Vieh, und
der Ring ist beschlossen mit 77 Schlössern '.
Ein Messer mit den Zeichen von neun Kreuzen und Monden, ein so-
genantes Pinzgermesser, bringt verlaufene Thiere zurück (Baumgarten,
Aus der Heimat 1, 31. Alpenburg, Mythen und Sagen Tirols, S. 365, über
die Pinzgermesser).
Wenn die Zaubermittel, die wir hier aufführten, wesentlich offensiver,
angreifender Natur waren, so lassen wir nun andere folgen, welche den
Zauber und die Zauberer abwehren.
Gegen die Wiehte und die neun gefallenen Geister (wid nygon wuldor-
geflogenum), gegen die neun Gifte und die neun anfliegenden Krankheiten
schützen die neun Kräuter, die der altenglische Neunkräutersegen (Grein-
Wüleker, Bibliothek der angelsächsischen Poesie I, 320 f.”) in ihren Wir-
kungen schildert: Mucegwyrt (Beifuls), wegbräde (Wegebreite), stune oder
lombes cerse (Pfennigkraut; thapsi arvense), attorläde, maegde (Kamille),
wergulu oder nätala, äppele, fille (Kerbel) und fimle (Fenchel). In diesem
Zaubersange (galdor) heifst es auch von Woden, dafs er mit neun heiligen
Zweigen (wuldortänas) die Natter schlug, dafs sie in neun Stücke brach.
Im Grindelwalder Thale im Berner Oberlande tragen die Leute die
Wurzelknolle eines Lauchs (allium vietorale), Nünhemmerle genant, weil sie
neun Häute hat, gegen Hexen, sowie gegen Krämpfe und Zahnweh in der
Tasche bei sich (Vernaleken, Alpensagen 8.418).
! Das Wunderschwert Laevateinn, das Loptr (Loki) schmiedete, mit dem der die Götter
bewachende Hahn Widofnir allein getötet werden kann, liegt hinter neun Schlössern (njardlä-
sar nıu) in eiserner Kiste (Fiolsvinnsm. 26).
2
? Vergl. Hoops, über die altenglischen Pflanzennamen 56 ff. (Freiburg i. Br. 1389).
U
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 21
Das Vieh gegen Verrufung zu schützen, ist gut ihm neunerlei Kräuter
zu geben, die auf neun Scheiden (Rainen) gesammelt sind (Knoop, Sagen
aus Hinterpommern 8.171).
Wenn eine Vogtländer Wöchnerin zum ersten Male nach der Entbindung
in den Keller geht, mufs sie zum Schutz gegen die Kobolde die Kräuter
Dosten und Dorant oder neunerlei Band bei sich tragen (Wuttke $ 576).
Gegen Milchzauber wird in Thüringen mit neunerlei Holz geräuchert
(Witzschel, Sagen aus Thüringen 2, 271). In Mecklenburg wird, wenn
dem Vieh »wat andön is« Holz von negen Sülln (neun Thürschwellen) ge-
nommen, angezündet und damit der Stall geräuchert (Bartsch 2, Nr. 673).
Die Chemnitzer Rockenphilosophie (1706) nennt als verbreitetes Mittel ge-
gen Beschreiung die Räucherung der beschrienen Personen mit neunerlei
Holz (’e33).
Aus einer mährischen Judengemeinde (Schaffa im Znaimer Bezirk) wird
folgendes Mittel gegen Beschreiung berichtet (Zeitschr. f. oesterreich. Volks-
kunde 2, 318), das kein jüdisches ist, weil die unsemitische 9 darin wirkt.
Man legt ein Bündel von neun Tüchern um den Hals oder man bindet
neun Tücher um den Kopf, nachdem sie mit neun Kräutern geräuchert
wurden. Um zu erfahren, ob jemand beschrien ist, zähle man 9 (oder 7)
Kolen rückwärts (d. i. von 9 bis ı hinab) und thue sie in ein Glas voll
Wasser. Gehn die Kolen unter, so ist er beschrien. Dasselbe Mittel mit
den neun Kohlen wird im Böhmerwald angewandt, um zu erfahren, ob
Jemand »verneidet« ist (Meine Zeitschr. 1, 312). In Thüringen wird still-
schweigend neunerlei Holz gesammelt und um Mitternacht in das Bade-
wasser des kranken Kindes gethan. Geht auch nur ein Holzstückchen
unter, so ist dem Kinde etwas »angethan«.
Gegen Berufung "eines Kindes ist ein siebenbürgisch -sächsisches Mittel,
9 glühende Kolen in einem Becher Wasser zu löschen. Jedesmal, wenn
man eine Kole hinein thut, legt man die Hand darüber und macht unter
Anrufung der h. Dreifaltigkeit ein Kreuz darüber. Mit diesem Wasser wird
das Kind gewaschen: auch giebt man ihm davon zu trinken. Das übrige
Wasser wird an die Thürangeln gegossen und nicht aus dem Hause hinaus
geschüttet (J. Hillner, Volksthüml. Glaube und Brauch bei Geburt und
Taufe in Siebenbürgen. Schäßburg 1877. 8.22).
Verwandt ist der böhmische Brauch gegen Beschreiung, 9 Stückchen
3rot und 9 Kolen in ein Glas Wasser zu thun und das Wasser übers
22 K. Weınmorp:
Kreuz (d. i. an vier Stellen des Glases) zu trinken. Der Rest wird an die
Thürangeln geschüttet (Wuttke $ 413).
(regen Bezauberung des Gewehrs hilft, die Gliederknoten von neun
Strohhalmen, auf denen eine Sau mit ihren Jungen gelegen hat, in den
Schaft zwischen die zwei Hafte zu legen (Albertus Magnusbüchlein ı, 22).
“in Weinfuhrmann in Tirol sah plötzlich eins seiner Fässer rinnen.
Da nahm er ein Beil und schlug die neunte Radspeiche' durch. Damit
zerschlug er das Bein der Hexe, die ihm den Wein abzapfte (Zingerle,
Sagen aus Tirol, 2. A. Nr. 719).
Wenn die Windsbraut den zum Dörren ausgelegten Har (Flachs) an-
greift. so schützt man ihn durch Festigung mit drei oder neun Haselzweigen
(oder auch dureh Burzelbäume, die man darüber schielst. Baumgarten,
Aus der Heimat 1, 40.)
Zur Vergleichung seien einige zigeunerische Abwehrmittel gegen Hexen
angeführt.
Die Zigeuner in Südungarn, Bosnien und Serbien suchen Hare, Nagel-
sehnitzel, irgend etwas von der Kleidung der Hexe zu bekommen und
werfen das in ein Feuer auf einem Kreuzwege. Sie springen neunmal
darüber, indem sie den Namen der verdächtigen Person rufen und in die
Flamme spucken und pissen (Wlislocki. Volksgl. der Zigeuner 112).
Ein Hexenbann der Zigeuner in der Bukowina lautet: »g Jahre sollst
du bleiben wo du bist und dann verfaule! 9 Jahre sollst du dürsten, 9
Jahre sollst du hungern, 9 Jahre sollst du nicht schlafen, 9 Jahre nicht
der Liebe geniefsen, wenn du böses Weib in unsre Nähe kommst«. Diese
Worte werden auf einen Zettel geschrieben, um einen Schlehdornzweig
gewiekelt und unter der Hausschwelle der Hexe vergraben (Wlislocki
ehd. 120).
Bei dem überall sich äufsernden Glauben an die Einwirkung böser
Geister oder zauberkundiger Leute muls es wiehtig sein, dieselben zu
erkennen. Deshalb bietet der deutsche Aberglaube Mittel dafür, und
auch darin erscheint die Zahl Neun.
Verbreitet ist die Meinung, man könne die Weiber, die Truden oder
Hexen sind, erkennen, wenn man in der Christnacht in der Kirche während
les Gottesdienstes auf einen Schemmel knie, der aus neunerlei Holz ge-
! Das neunspeichige Rad: dat neghen-spakede veel (niughen -spetzie fial) richtet nach
der Emsigoer (und Hunsigoer) Küre den Kirchenräuber, Richthofen, Fries. Reehtsquellen 30.
u
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 23
macht ist (v. Leoprechting, Lechrain 13). Als die neun Holzarten werden
in der Oberpfalz (Waldmünchen) genant: Eichen, Buchen, Linden, Ahorn,
Birke, Haselstaude. Fichte, Föhre, Kranewit (Wachholder) (Schönwerth
3,174). In Niederoesterreich ist die Zeit der Erkennung auf die Wandelung
beschränkt: der Schemmel mufs am Johannistag vor Sonnenaufgang aus neun
Laubhölzern gefertigt werden (Hofer, Weihnachtlieder S.6). In Ober-
steiermark werden dagegen neun Nadelholzarten verlangt; nur während des
Opfergangs in der Christmette sind die Hexen zu erkennen (Reiterer in
meiner Zeitschrift 5, 409). In der mittleren Steiermark soll der Schemmel
in der Thomasnacht gemacht werden. Man erkennt die Hexen hier daran,
dafs sie dem Altar abgekehrt in den Kirchbänken stehn (Zeitschr. f. oesterr.
Volksk. 1, 247). In Tirol kommen die Hexen zur hintern Kirchthür herein
und setzen sich mit dem Rücken gegen den Altar auf das Speisegatter
(die Kommunionbank), ohne dafs es die andern merken aufser dem Späher
auf dem Schemmel von neunerlei Holz (Zingerle, Sitten und Meinungen
Nr.900). Im Oetzthal ist das neunerlei Holz vergessen, Ja sogar ein Schemmel
von gleichem Holz gefordert. Durch das Loch in dem Sitzbret erkennt
man, welche Weiber Hexen sind (Ebd. Nr. 282). In Niederösterreich ob
dem Wiener Wald will man die Truden daran erkennen, dafs sie in der
Kirche Melkkübel auf dem Kopf tragen, andern als dem Späher unkennbar,
dem aber zu raten ist, eilig ins nächste Haus zu flüchten, weil er sonst
zerrissen würde. Auch die Bergmanderln (Zwerge), die zur Christmette
kommen, kann man von solchem Schemmel wahrnehmen.
Dieser Aberglaube ist auch in Schwaben, Franken, Schlesien, Pfalz,
Elsals, Westfalen zu finden. Nicht immer ist das neunerlei Holz im Ge-
dächtnis geblieben; in Oesterreich ist hier und da sieben statt der neun
eingedrungen; auch andre Mittel treten an die Stelle. So in Böhmen ein
neunmal geweihter Pimpernufszweig (staphylea), mit dem man die Pferde-
füfse der Hexen sieht (Wuttke $ 373. 374. Schlesische Provinzialblätter
1873. 48.4238).
In Franken heifst es, man könne die Leute, die Alpe sind, erkennen,
wenn man in der Kirche um Mitternacht (wol in der Christmette) neunerlei
Holz scehnitze (Wuttke $ 378). Auch hier ist der Brauch halb vergessen,
aber doch deutlich genug die Fertigung des Schemmels noch angedeutet,
der den Einblick in die übersinnliche Welt vermittelt. Er erinnert an
den nordgermanischen Seidhjallr, das Zaubergerät der Seidmänner und
24 K. Weınmon:
Weiber!. Eine weitgehnde Verwendung des Schemmels aus neunerlei Holz
kennt man noch in der mittleren Steiermark. Auf einem solehen Schemmel
(13 erlei Holz wird hier dazu genommen) kann man an den heiligen Abenden
und auf Kreuzwegen alle bösen Geister bannen, in die Zukunft schauen,
Schätze und anderes Gewünschte gewinnen. Der Schemmel ist dreibeinig;
zu den Holzarten gehören Birke, Sevenbaum, Buchs, Erle, Trauerweide.
Jede Holzart darf nur an einem Tage für sich genommen werden. Es
wird 13 Tage lang daran gearbeitet und alles mufs stillschweigend ge-
sehehen. Vor dem Gebrauche des Schemmels mufs ein Kind einen Tag
lang mit dem Stühlchen spielen (Zeitschr. f. oesterr. Volkskunde 1, 245).
Herbeiloecken kann man die Hexen nach dem Glauben um die hohe
Salve in Tirol durch ein Feuer aus Holz von neunerlei Bäumen, die weilse
Beren tragen.
Ich behandele nun die abergläubischen Meinungen und Bräuche, die
als medieinische bezeichnet werden müssen und in denen der Zahl Neun
oder einer ihrer Vervielfachungen wichtiger Einfluls gegeben ist.
Die Verschiedenheit der körperlichen Leiden führte zur Vorstellung
einer bestimmten Zahl von Krankheitspersonifiecationen oder Krankheits-
geistern,. ganz wie wir das von den Naturvölkern wissen (M. Bartels, Die
Medizin der Naturvölker S. 11 ff.).
Um zu erfahren, wieviel »Suchten« den Menschen befallen haben, soll
man nach Meeklenburger Recept in ein Gefäfs. worin man Freitag Abends
sein Wasser gelassen hat. vor Schlafengehn Zweige von neun Fruchtbäu-
men oder Sträuchern werfen. von Pflaumen, Kirschen, Äpfel, Birnen, Flie-
der (sambucus). Johannisbere, Stachelbere, Himbere und Brombere, an de-
nen Blatt- und Fruchtknoten sind. Die Zweige, die Morgens oben schwim-
men, zeigen die Zahl der Suchten an. Man nehme diese Zweige und hänge
sie in den Schornstein oder in den Sehwibbogen, dafs sie verdorren (Bartsch
2.116, Nr. 453. 455). Neun Zweige werden gefordert, weil es neun Suchten
giebt. Als Holzarten werden auch Äpfel, Birnen, Flieder, Hollunder, Stachel-
ber, Johannisber, Hainbuche, Pappel und wilde Rose genannt (Am Urquell
! Konr. Maurer, Bekehrung des norweg. Stammes 2,136. Finnur Jönsson, om
Saldra seid seidmenn og völur S. 17.
ID
en
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen.
3.237), statt des Harns auch gewöhnliches Wasser. Stehn die Stäbchen am
Morgen aufrecht im Wasser, so sind die Suchten halb gebrochen (Bartsch
2; Nr.4:55).
Neun verschwisterte Fiebergeister denkt sich der russische Volksglaube
in einer Erdhöle angekettet. Wenn sie sich losreilsen, fallen sie über die
Menschen her (Grimm, D. Mythol. 2,1107). Auch die Zigeuner, beson-
ders die serbischen und türkischen, glauben an neun Krankheitsdämonen,
die sich mit einander vermischen und unzählige Krankheiten erzeugen (Wlis-
locki, Volksglaube der Zigeuner S. 19 f.).
In einem altsächsischen Segen gegen die stechenden Schmerzen, die
inneren Würmern zugeschrieben wurden, wird der alte nesso mit seinen
neun Jungen beschworen, der nesso mid nigun nessiklinon (Müllenhoff-
Seherer, Denkmäler IV. 5). Als Führerin von Krankheiten (nagedo ste-
chedo erampho tropho gegihte)' erscheint die nessia in einem in mehreren
süddeutschen Handschriften des 12. und 13. Jahrhunderts überlieferten Se-
gen (Germ. 18, 46. 234. Z. f. d. A. 17, 560. 22, 246).
In Dänemark kennt das Volk neun Arten von Rhachitis (skerfva), in
Schweden drei (meine Zeitschrift 7,53). Nach einem finnischen Zauber-
liede gebar Launawatar neun Knaben, verderbliche Krankheiten (Grimm,
Mythol. 2°, 1113).
Die gewaltige Vermehrung der Krankheiten bezeugen auch neuere deut-
sche Segen: die 9 werden zu 99°, namentlich nach Mecklenburger Bespre-
chungsformeln. Gegen 99 Fieber wenden sich die Segen bei Bartsch
(Sagen, Märchen und Gebräuche aus Mecklenburg) 2, Nr. 1843-45. 1848.
1853; gegen die 99 Gichten Nr. 1880. 1894, ebenso ein Schleswigholstei-
nischer bei Müllenhoff (Sagen — aus dem Herzogth. Schlesw.-Holst. u.
Lauenburg S. 513, Nr. 17). wo sogar noch 100 zugefügt werden. In Böh-
men gilt der Wegerich (plantago offic.) als vortrefliches Fiebermittel, weil
er 99 Würzelehen hat, deren jedes ein Fieber vertreibt (Wuttke $135).
Auch ein Fieberpulver aus 99 Blättern, die von 99 Weiden genommen
sind, weist auf 99 Fieber (Wuttke $ 529).
! Die Neunzahl ist hier zerstört und wie es scheint auf die kirchliche Siebenzahl ge-
bracht; in dem herdo der Admonter Formel (Germ. 18, 234) mag der sechste aus der Nesse-
brut stecken.
® Kägi, Die Neunzahl bei den Östariern (S.ı9 oder 68), hat aus einem Zauberspruche
des Rigveda 99 giftzerstörende Pflanzen nachgewiesen.
Philos. - histor. Abh. 1897. II. 4
26 K. WEINImoLD:
Ein ganzes Heilverfahren ist aus Hagenow in Mecklenburg überliefert
(Bartsch 2. Nr. 457). Der Kranke wird bei abnehmendem Monde auf
fruchttragende Erde gelegt, beide Arme ausgestreckt gleich dem Gekreuzigten.
Dann geht einer neunmal um ihn herum, unter Hersagung eines geheimen
Spruches, worin 99 Suchten genannt werden. Jedesmal, wenn er am Kopf
und an einem der Arme und Fülse vorbeikommt, steckt er einige Getreide-
körner in die Erde. Alles geschieht in gröfster Stille. In diesem merk-
würdigen Brauche erscheint noch deutlich das den Erdgöttern gebrachte
Sühnopfer.
Neben die 99 drängt sich die 77. Im einem lauenburgischen Segen
stehn 99 und 77 Gichten neben einander (Wuttke $ 229), ebenso in Fieber-
segen aus der Grafschaft Ruppin 99 und 77 Fieber (Meine Zeitschrift 7, 69).
Die 77 drängen die heidnischen 99 in den nord- und süddeutschen Segen
zurück, und überwiegend begegnen wir den 77 Fiebern, Fraisen, Gichten,
Zahnrosen, Geschwülsten. Würmen und Kaltwehen'.
Wir sammeln nun, auf welche Art die Neunzahl bei den Heilver-
suchen, die sämtlich auf rituellem Grunde stehn, in Anwendung kommt.
Zunächst die stoflichen Mittel.
An die Spitze gehören die Kräuter, diese Gaben der Erdgeister an
die Menschen. Von ihrer Verwendung bei Weissagung und der Abwehr
böser Mächte sprachen wir schon. Sollen die an sich heilsamen Pflanzen
die rechten Wirkungen thun, so müssen sie unter besonderen Bedingungen
gesammelt werden: zu heiligen Zeiten, vor Sonnenaufgang oder nach Sonnen-
untergang (seltener in der Mittagsstunde), in heiliger Zahl, stillschweigend
und nackt’. Der römische Brauch, wie er sich aus Angaben in der historia
naturalis des Plinius ergiebt (J. Grimm, D. Mythol. 2, ı 146ff.) stimmt dazu
und enthält manches, das uns aus den Berichten über dem deutschen bis
jetzt entgeht.
Besonders die Sonnenwende im Juni, wenn die Pflanzenwelt in der
schönsten Entwiekelung steht, galt und gilt als beste Zeit des Einsammelns.
In der Umgebung des Zobtenbergs in Schlesien, des alten Silingerberges
' A. Kuhn in s. Zeitschr. für vergl. Sprachforschung XIII, 128—135, wo auch Beispiele
von 70 und 72 gegeben sind. In dem in Südwestdeutschland verbreiteten Albertus Magnus-
büchlein herrschen 77 und 72.
2 Dals die Nacktheit ursprünglich auch hierfür gefordert war, beweisen die in meiner
Abhandlung zur Geschichte des heidnischen Ritus (Berl. 1896) S. 46. gegebenen Beispiele.
m
Die mustische Neunzahl bei den Deutschen. 27
(Mons Zlenz). sammelt man am Johannisabend neunerlei Kräuter, auch Zweige
von Obstbäumen und Haselsträuchern, die durch die heilige Zeit besondere
Kräfte erhalten. In der Mittagsstunde des Johannistages wird vornem-
lich Kümmel gesammelt als ausgezeichnetes Mittel gegen Gicht und Flüsse
(Schles. Provinzialbll. 1873. S. 238). Früher pflegte man auch in Schlesien
zu Johannis den Samen von neun Kräutern in einen Topf zu säen. Was
davon aufging, war gut gegen das Fieber (Schroller, Schlesien 3, 280).
Über die neun Kräuter als Opferspeise oder auch als hilfreieh zur
Zukunfterforsehung am Johannistage haben wir früher (S. 10 ff.) Mittheilung
gemacht.
Aus Mecklenburger Hexenacten des 16. Jahrhunderts erkennt man,
dafs die armen Opfer des Wahnes ihrer Zeit oft nur heilkundige Weiber
waren, die ihre Kuren mit Kräutern, Bädern und Segensprüchen vornahmen.
Nach der vergleichenden Zusammenstellung der Bekenntnisse war das Ver-
fahren so, dafs sie zu dem Heilbade Wasser gegen den Strom in aller Teufel
Namen schöpften, dasselbe durch ein Feuer aus neunerlei Holz (Eichen,
Buchen, Ellern. Quitzen d.i. Ebereschen, Alhorn (Öhlkirsche, Elxenbauın)
und mehreren Dornarten) erhitzten. neunerlei Kräuter hineinthaten und
ihre Segen dazu sprachen.
Als die neun Kräuter werden genannt: Wermut, Pappel (Malve), Un-
vertreten (Polygonum), Mater (Matricaria parthen.). Adermonig (Agrimonia),
Glatter Heinrich. Spieknarde, Eberraute (Artemisia abrotanum), Neunkraft
(Tussilago). Oder: Mater, Wermut, Balsam, Polei, Beifuls, Raute, Johannis-
kraut (Hypericum). Eferich. Kattenstart (equisetum). Oder: Kamille, Huder
(Hedera). Polei, Efermonie, Ribort (Ribbewort, plantago), Lumeke, Born-
kresse, Lübbestock (evistieum), Löwenholt. Oder: Witten Munte, Zesenbram
oder Krusenbalsam, Feldkümmel, Unstedenkrut, Polei, Göldeke (calendula),
Kreuzraute, Huder oder Blutbrekekrut. Sma. Oder: Unfletkrut, Austinek-
krut, Mater, Hundeblume (Anthemis cotula). Bitterling. Kamille, Fenchel,
Pferdemünze, Aklei (Bartsch 2,8. ı1. 13. 16-18).
In das heifse Badewasser warfen die Weiber zuweilen neun Steine,
die sie von drei Feldscheiden geholt hatten. Soviel deren dabei zischten,
so »menege Undererdesche« kamen von dem Kranken.
Zu den Heilbädern wurde auch Wasser aus neun verschiedenen Quellen
oder Brunnen genommen. So in Böhmen als Mittel gegen Abzehrung der
Kinder. Ein Knabe wurde mit einem Hunde, ein Mädchen mit einer Katze
4
28 K. WEINHoLD:
gebadet: die Abzehrung ging dann auf das Thier über (Wuttke $ 486).
Statt der Kräuter kommen auch frische Zweige von neun Baumarten in
das Badewasser. Die Bäume verdorren, wenn die Krankheit vergeht;
bleiben aber im andern Falle grün. Auch hier also Übertragung (Bartsch
a.a. 0. 2,9). In der Gegend um den Zobten und Geiersberg in Schlesien
wird ein Gebräu aus neun Kräutern und neunerlei Zweigen gemacht und
bei abnehmendem Monde um Mitternacht stillschweigend vergraben. Hilft
gegen angehexte Krankheiten (Urquell. N. F. I, 20).
Die mystische Wirkung von Tränken, die aus Stoffen in heiliger
Zahl zusammengesetzt waren und in entsprechender Zahl der Züge oder
Schlucke genommen wurden, ist von andern Völkern her bekannt. so von
den Römern der aus neun Stoffen bereitete Trank Dodra (Wölfflin Archiv
IX, 341) und die drei, neun, siebenundzwanzig Züge (Wölfflin, a. a. 0.
336 ff.); aus dem Vendidad die zur Reinigungsceremonie einer Wöchnerin
gehörenden drei, sechs oder neun Schlucke eines besonderen Trankes
(Kaegi, Neunzahl 16 oder 65).
Das altenglische Laeceböe (Coquayne, Leechdoms. Wordeunning and
Starcraft. II), das freilich den priesterlichen Eintluls überall zeigt, bietet
manche hergehörige Mittel. Heilsam gegen Schlagflufs ist nach ihm (III,
47. Coquayne II, 338) ein Sud aus neun Kräutern und sechs Baumrinden.
(Gegen Besessenheit hilft ein Trank aus zwölf Kräutern, über die sieben
Messen gesungen wurden, und der aus einer Kirchenklingel getrunken
wird (1,63). Ebendort (I, 39) wird gegen Epilepsie ein Trank empfohlen
aus neun Kräutern, die über Weihwasser und Ale (ealod) abgezogen sind.
Der Trank mufs in der Messe gesegnet sein und an neun Morgen genossen
werden. Ein andres Recept verordnet als Form des Nehmens nigon supan
(neun Schluck) an drei Morgen hinter einander. Im wallonischen Flandern
gilt als Mittel gegen den Schlucken neun Schluck hinter einander zu trinken
(boire neuf coups de suite. Questionnaire de Folklore Nr. 498).
Als heilsamer Trank wird in dem altenglischen Läcnunga b. IV ver-
ordnet: der Kranke soll zehn! Pflanzen vor Beginn des Sommers in drei
Nächten, ohne Eisen zu brauchen, ausgraben und einen Trank daraus be-
reiten, die folgende Nacht wachen und drei Trünke nehmen, den ersten,
! Die Wandelung der Neun in Zehn komt durch die Kirche oft vor, Wölfflin, Ar-
chiv IX, 341.
’&
[09]
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. )
wenn der Hahn kräht. den zweiten. wenn sich Tag und Nacht scheiden,
den dritten bei Sonnenaufgang.
Ratherius von Verona (974) erzählt in seinen Praeloquiis (Lib. I, ed.
Ballerini S. 31) zweifelnd die Geschichte ‘der Heilung eines Epileptischen
dureh einen Öltrank, in den die Blüten eines Pfirsichbaums gethan waren,
unter dem das Öl im Glasgefäfs ein Jahrlang, von April zu April, ver-
graben worden war. Der Baum verdorrte dann, das Gefäfs aber wurde
heimlich unter einem Altar versteckt und dort gelassen, bis neun Messen
darüber gelesen waren. Bei einem Anfall mufste der Kranke neun Schluck
von dem Öl nehmen, während das Vaterunser gebetet ward. Dem Libera
nos a malo fügte der Betende hinzu: libera deus istum hominem a gutta
cadiva. Dann mulste der Kranke neun Tage hinter einander die Messe hören,
ungesäuertes Brot und Fastenspeise genielsen und darauf sei die Heilung
eingetreten.
Das Albertus Magnusbüchlein (2, 23) nennt neun Pflanzen, mit denen
ein heilsamer Kräuterwein bereitet werden könne: Rofshufen (Tussilago),
Felsennägelein, Steinblümlein, Hahnenfuls. Ehrenpreis, Raute, Salbei, Spitz-
wegerich,, Lungenkraut.
Nach Zigeunerbrauch mufs der mit Eiterbeulen Behaftete aus «drei
Quellen oder Bächen trinken und neunerlei Holz ins Feuer werfen (Wlis-
locki, Aberglaube der Zigeuner S. 60 f.).
Auch entsühnende und daher heilende Speiseceremonien weisen die
Zahl neun auf.
Schwedischer Aberglaube schreibt folgendes vor: Wenn eine Schwan-
gere von dem aus Trogscharre (dem im Baektroge zusammengescharrten
Teigreste) gemachten Brote ifst, bekommt ihr Kind die Brotrhachitis (kak-
skäfver). Da mufs sie Mehl von neun Orten betteln, einen Teig daraus
machen, um ein Fafs legen und durch das so entstehnde runde Gebäck
ihr Kind dreimal hindurchziehen (Wigström, Folkdigtning 2,276. Göte-
borg 1881). Hier ist das bekante Durchziehen Kranker dureh einen Spalt
oder eine Hölung mit dem Backopfer verbunden.
In Böhmen bettelt man sich aus neun Häusern Mehl, bäckt einen
Kuchen daraus und legt ihn auf einen Kreuzweg (als Opfer der Unterirdi-
schen). Probatum est gegen Abmagerung (Wuttke $ 545).
Im ostpreufsischen Kreise Salfeld braucht man gegen das Fieber fol-
c
gendes Mittel. das auf ein Jahr seine Kraft behält: Man macht aus neun
30 K. WEımworp:
starken Schmelenstängeln einen sogenanten Weihnachtbaum, indem man
dieselben in Teig steckt: einen in die Mitte, acht ringsum. Auf die Spitzen
der Schmelen thut man runde Teigklümpehen, wie Äpfelehen, und bäckt
das ganze. Die Klümpehen behalten auf ein Jahr Kraft gegen das Fieber
(E. Lemke, Volksthüml. in Ostpreufsen 1. 2).
In einer Handschrift des 10./1 1. Jahrhunderts in der Kathedralbiblio-
thek von Worcester findet sieh ein lateinischer Fiebersegen. Man schreibe
den Namen Jesus Christus auf neun Oblaten und spreche neun Paternoster
darüber. Jeden Tag soll der Kranke drei Oblaten essen, während ein an-
gegebener Segen dazu gesprochen wird (J. Zupitza im Archiv f. neuere
Sprachen 84, 324).
Trockene Kräuterpulver als Heilmittel kommen selten vor.
Ein mecklenburgisches Recept empfiehlt gegen Hämorrhoidalknoten
ein trocknes Pulver aus 99 Kräutern. wie sie hier zu Lande wachsen
(Bartseh2,1rt).
Ein mährisches Fiebermittel sind 9 pulverisirte Espenblätter, die von
neun Bäumen genommen wurden (Wuttke $ 529).
Dafs der Rauch heiliger Feuer sühnende, Böses abwehrende, aber
auch heilende Kraft hat, ist bekant. auch manches davon schon oben
(S. 12.13.21) angeführt worden.
Uralt bei den Deutschen ist das Notfeuer, das auf der fränkischen
Synode von 743 als »sacrilegi ignes quos niedfyr (nodfyr) vocant« verboten
ward' und bis in neuste Zeit landschaftlich im Brauche gewesen ist.
Wenn eine Seuche Thiere oder Menschen heimsuchte, so ward alles
Feuer im Orte gelescht, gleich wie auf Lemnos bei dem grofsen Feste, wo
auf neun Tage alles Feuer erlosch, bis ein Schiff neues Feuer von Delos
brachte. Möglich, dafs auch bei uns ursprünglich eine solehe feuerlose Zeit
geboten war. Wir finden aber davon nichts erhalten; nur dafs neues Feuer
entzündet und damit ein Holzstofs in Brand gesetzt ward, zu dem aus
jedem Hause Scheiter gebracht wurden. Durch das Feuer trieb oder treibt
man (dann alle Thiere dreimal dureh: Schweine, Rinder, Rosse, Federvieh,
und auch die Menschen sprangen darüber, beräucherten mit den brennen-
den Holzstücken Wiesen, Felder und Obstgärten, oder streuten die Asche
! Die oft gedruckte Stelle samt dem Indieulus superstitionum zuletzt bei G. Gröber,
Zur Volkskunde aus Concilienbeschlüssen und Capitularien (1893) Nr. 27. 29.
Die mustische Neunzahl bei den Deutschen. 31
auf die Äcker und in die Krippen der Ställe‘. In die Flammen wurden
auch Getreidekörner und Brot geworfen.
Das Feuer ward durch Reiben oder Drehen erzeugt (de igne fricato
de ligno i. e. nodfyr. Indieul.). Auf der schottischen Insel Mull ward ein
Rad mit neun eichenen Speichen so lange von Ost nach West gedreht, bis
es sich entzündete. Auf andern schottischen Westinseln erzeugte man das
tinegin (wie es scheint, schottische Übersetzung des englischen needfire) so,
dafs 99 verheiratete Männer zwei grofse hölzerne Bohlen hielten und dafs
neun von ihnen dieselben gegen einander rieben, bis sie brannten (J. Grimm,
Myth. 574-576). Im Braunschweigischen war unter den verschiedenen Ar-
ten, das Notfeuer zu erzeugen, nach dem Wolfenbüttler Recetor Reiske
(Untersuchung des Notfeuers, Frankf. u. Leipz. 1696, S. 51) auch diese üb-
lich. einen dieken Strick um zusammengelegtes neunerlei Holz zu drehen,
bis es brannte. Auch in Schweden nahm man Äste von neun verschie-
denen Bäumen oder Sträuchern dazu (Grimm 574). In Mecklenburg ist
noch im 18. Jahrhundert siebenerlei Holz zur Nährung des Feuers genom-
men worden (Bartsch, Sagen 2, 150).
Die Handlung vollzog man ursprünglich in der Morgen- oder Abend-
dämmerung und stillschweigend. Der Rauch des heiligen Feuers war das
entsühnende. —
Unter den weiten Begriff sympathetischer Mittel kann man wol
stellen, wenn in der Grafschaft Ruppin einem Blutflüssigen neun Stachel-
berdornen in die Seite gestochen werden unter Segenspruch (meine Zeitschr.
7.59), oder wenn man in Thüringen einen bösen Finger mit neun Erbsen
reibt (Wuttke $ 520).
Das Albertus Magnusbüchlein empfiehlt gegen Schwindsucht (Schweine)
von Menschen und Thieren, an einem Freitag vor Sonnenaufgang drei Klet-
tenwurzeln auszugraben, von jeder drei Rädlein zu schneiden und diese
neun in ein Tuch zu nähen, das man über das schwindende Glied bindet.
Nach einigen Tagen wird das Tuch abgenommen und das Mittel bis zur
Heilung wiederholt.
Gegen böse Augen sucht man in Östpreufsen schweigend neunerlei
Kräuter, näht sie in ein ungekrimptes graues Tuch mit einem Faden Garn,
! J. Grimm, D. Mythologie 1°, 570. A. Kuhn, Herabholung des Feuers 36—48.
U. Jahn, Die deutschen Opfergebräuche 26—34. R. Andree, Das Notfeuer im Braun-
scehweigischen, im braunschweigischen Magazin I, Nr.ı (1895).
32 K. Weısıorn:
das ein siebenjähriges Kind gesponnen, ohne einen Knoten zu machen und
ohne den Faden zu vernähen; wickle das ganze in rohe Leinwand und
trage es neun Tage auf dem Leibe. Schliefslich vergrabe man es dahin,
wohin weder Sonne noch Mond scheint (Wuttke $495).
Wer das Fieber hat, wickele nach mecklenburgischem und lauen-
burgischem Aberglauben einen blauen Wollenfaden neunmal um eine Zehe
des linken Fulses und trage ihn mehrere (wol neun) Tage. Dann gehe
man vor Sonnenuntergang stillschweigend an einen Hollunderbusch, binde
dem Stamm den Faden um und spreche: Goden Abend, Herr Fleder, Hier
bringe ick min Feber, Ick bind em di an, Und geh davan Im Namen u. s. w.
u.s.w. (Wuttke 8488).
Wenn serbischen und kroatischen Müttern mehrere ihrer Kinder klein
gestorben sind und sie die andern am Leben erhalten wollen, so nehme
man von neun Frauen, die Stoja (Steh fest) heilsen, von jeder neun Woll-
fäden, flechte von diesen $ı Fäden eine Schnur und wickle diese um das
Kind, so wird es nicht sterben (meine Zeitschr. 1, 151).
Zigeunerbrauch ist, wenn einer das ganze Jahr gesund und stark blei-
ben will, dafs er in der Oster- oder Pfingstnacht einen Teig anmache
und neun Zwirnfäden verschiedener Länge (Symbole von neun Krankhei-
ten) hineinknete. Diesen Teig thue er samt einer lebenden Schlange oder
Eidechse in ein ungebrauchtes irdenes Gefäls und werfe dasselbe samt sei-
nem Inhalt in den nächsten Bach mit dem Gesicht stromabwärts und sage:
Geh, geh, komm nimmer wieder! Der Wassergeist soll dieh fressen! (Wlis-
locki. Aberglaube der Zigeuner 66.)
Bei den Fäden, die umgebunden werden, sind die Knoten zuweilen
wesentlich: verletzte oder zerrissene Glieder sollen dann symbolisch zu-
sammengeknüpft werden.
Hat man sich die Hand übergriffen oder den Fuls vertreten, so nimmt
man in der Oberpfalz ein Sackbändchen, macht neun Knoten hinein, die
ınan beim knüpfen, von 9 anfangend,, rückwärts zählt, und umbindet damit
die Hand oder den Fufls (Schönwerth 3, 236).
Nach schottischer Überlieferung (in R. Chambers Fireside stories)
wird bei Verrenkung eines menschlichen Gliedes ein schwarzer Wollfaden
mit neun Knoten um das verrenkte Bein oder den Arm gebunden und
dabei ein Spruch gesprochen, der mit dem Merseburger zweiten Segen
verwandt ist (Grimm, Mythol.° 1182).
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u
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 33
Nahe steht ein estnischer Spruch über ein verrenktes Pferdebein.
Auch hier werden in einen schwarzen oder roten Wollfaden neun Sehlingen
gemacht und der Faden um den Fufs gebunden, unter Sprechung jener
Formel: Haut gegen Haut, Blut gegen Blut, Fleisch gegen Fleisch, Adern
gegen Adern (A. Kuhn in seiner Zeitschr. 13, 153). Bei den Finnen werden
drei Knoten in das Band geknüpft, das aus ungewaschenem Garn, aus
Seide oder rotem Zwirn, und aus gefundenen Pferdeharen geflochten ist
(ebd. 152).
Deutlich erhielt sich der ursprüngliche Sinn des Zusammennähens in
einigen lettischen Segen, die von J. Alksnis (Materialien zur lettischen
Volksmedizin, in den histor. Studien aus dem Pharmakol. Institut in Dor-
pat 4. 166-283) mitgetheilt wurden:
Die h. Maria Gottesmutter, sitzend auf weilsem Meere, hält in der
Hand eine Nadel mit weilsem Seidenfaden, näht alle Adern zusammen
(Nr. 87).
Hinter dem Jordantluls sind drei dichtbelaubte Linden. Jede Linde
hat neun Zweige, jeder Zweig neun Jungfrauen. Sie vernähen dort, sie
verstricken dort. wie unser Heiland vernäht und verstrickt die Blutadern.
Blut bleibe ruhig! (Nr. 100).
Hier haben wir also die Steigerung 3:9:27.
In dem finnischen Epos Kalewala wird die Adernjungfrau Suonetar
angerufen, die Adern und Sehnen zusammenzufügen, sie mit dem Seiden-
faden in weicher Nadel zu stopfen, das Fleisch fest an die Knochen zu
binden, die Fugen und Spalten mit Gold und Silber zu löten: Bein an
Bein, Fleisch zum Fleische, Glied an Glied! (Kalewala, übersetzt von
A. Schiefner S. 78).
Gegen den Elben- oder Hexenschufs wird in Schweden mit dem
Weidenbogen (pilebage) geschossen. Der pilebäge ist ein kleiner Weiden-
stab, der an einem Ende gespalten ist. In den Spalt werden neun Weiden-
holzstückehen (pilehanker) geklemmt und zu je dreien nach Ost, Süd und
West über den von den Elben geschossenen Menschen geschnellt (Hazelius,
Smaland. Afbildningar af Nord. Museet. Stoekh. 1888. Afbildn. 46. 47).
Ein symbolisches Abwischen der Verzauberung ergiebt ein masurischer
Brauch: Wer vom bösen Blick (urok) getroffen ist, dem fahre man mit
neun verschiedenen Tüchern über das Gesicht (Töppen, Aberglaube aus
Masuren 52).
Philos. - histor. Abh. 1897. 11. 5
>4 K. Weıisuorn:
Auf‘ Sympathie beruht der Braueh, neun lebende Inseeten in einer
Umhüllung um den Hals zu hängen oder auf das leidende Glied zu legen.
Mit ihrem Absterben vergeht die Krankheit. So werden in Niederoesterreich
gegen die Gelbsucht neun Seitlinge (Wasserschaben) in einem Leinwand-
lappen auf den Rücken gehängt (Leeb, Sagen Niederösterreichs Nr. 30);
im wallonischen Flandern neun Kellerasseln (c/oportes) in ungebrauchter
Leinwand auf die Brust oder um das Handgelenk eines an Abzehrung
leidenden Kindes gelegt (Monseur, Folklore Wallon Nr. 515).
In den aufgeführten Heilmitteln diente eine Verneunfachung des
Stoffes zur Steigerung der magischen Wirkung. Aber auch die Vielfältig-
keit des Spruchs oder der rituellen Handlung wirkt mit gleicher
Kraft.
Neun Fimbulliöd lernt Odin von einem Riesen, dem Sohne des Bolthorn
und der Bestla, durch welche er in den Besitz des Wundertranks Odrerir
kommt (Hävamal 140).
Neun Zaubergesänge (galdrar) singt Gröa dem Svipdagr zu seiner ge-
fährlichen Fahrt (Grögaldr 6-14).
Neunmal ward der römische Spruch zur Beschwörung der Manen
wiederholt (Ovid. fast. V, 435fl. 443).
Dreimalneunmal mulste gegen das Podagra der Vers gesungen werden
Terra pestem teneto, Salus hie maneto (Varro de re rustica I. 2, 27).
Dreimal neun Jungfrauen sangen im hannibalischen Kriege auf Befehl
der Decemvirn das Sühnlied dureh die Stadt (Liv. XXAIL, ı2).
Wenn ein verstümmelter Gebetruf der Schnitter zum Wol oder Waul
(Woden) im Schaumburgischen dreimal, im Hessischen neunmal erklang',
so wird das ein Zeugnis der germanischen drei- oder neunfachen Anrufung
der göttlichen Mächte sein.
Ein angelsächsischer Segen über verzaubertes Land schreibt vor, neun-
mal Creseite et multiplicamini et replete terram und ebenso oft das Pater-
noster zu sprechen (Grein-Wülcker, Bibl. d. ags. Poesie I, 313).
? Kuhn-Schwartz, Nordd. Sagen S.395. Pfannenschmid, German. Erntefeste 104.
U. Jahn, Opfergebräuche 166. — Uber die dreimalige Wiederholung der Besprechungen
Wuttke $ 481.
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Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 35
Dreimalneunmal (27x) war ein Segen über den Kopf eines kranken
Menschen oder in das linke Ohr eines kranken Rosses am Abend und am
Morgen am fliefsenden Wasser und gegen den Lauf desselben zu singen
(Läenunga 119).
Das Wolfsturner Hausbuch (Tirol, 15. Jahrhundert) giebt ein Mittel gegen
Wunden, indem über einen Zettel mit dem Namen des S. Maternus neun
Messen gelesen werden sollen (Meine Zeitschr. 1, 317).
Neunmal gesegnetes und neunmal geweihtes Benedietuskreuz wird in
Tirol im Stubaithal gegen jähen Tod beim Gewitter angerufen.
Sich lieb und wert zu machen, helfen drei Benedietuspfennige', die
9X9X geweiht und gesegnet wurden (J. Grimm, Myth."* S. CXLVI.**
3, 505).
Die Sachsinnen in Siebenbürgen sprechen gegen das leidige Gebr&ch
(heftigen Katarrh) eines Kindes zwei Zauberformeln je dreimal und machen
neunmal das Kreuz über das Brüstchen des Kleinen (Hillner, Velksthünl.
Glaube und Brauch bei Geburt und Taufe im Siebenb. Sachsenlande.
Schäfsburg 1877. S. 49).
In Masuren wird gegen die Mahr, welche Kopf- und Magenkolik ver-
ursacht, neunmal die Bannformel gesprochen, und das dreimal wiederholt
(Töppen, Aberglaube aus Masuren S. 31). Die Ruthenen in der Buko-
wina wiederholen neunmal die Beschwörungen über Kranke (Am Urquell 2, 42).
Bei der Taufe eines Zigeunerkindes sagen die Zauberfrau, der Alte
und die Mutter des Kindes neunmal einen Spruch zur Austreibung der
Krankheitsgeister (Wlislocki, Abergl. d. Zigeun. 72).
Wir finden selbst, dafs der gespenstische Hahn im Löcherberge bei
Langenorle im Vogtland nach der Sage gmal kräht und das dreimal wie-
derholt (Eisel, Sagen aus dem Vogtlande Nr. 394).
Für die neunmalige Wiederholung einer rituellen Handlung gebe ich
folgende Zeugnisse.
Nach oberoesterreichischer Meinung soll man gegen Fuls- und Kreuz-
weh neunmal über das Sunnwendfeuer springen”. Ebendort herrscht der
Glaube, man müsse am Sunnwendabend neun Johannisfeuer sehen, sonst
sterbe man innerhalb eines Jahres (Baumgarten, Aus der Heimat 1.23).
! Über Benedietuskreuz und Benedietuspfennig(medaille): Friesenegger, Die Ulrichs-
kreuze S. 39. Augsburg 1895.
? Über das heilsame Springen über das Johannisfeuer U. Jahn, Opfergebräuche 37.
{9}
36 K. Weıwmnmor:
Bei dem bekannten Durchziehen oder Durchkriechen dureh einen Spalt
oder eine Hölung ist die Neunzahl auch nachzuweisen. In Mecklenburg
kriechen die Leidenden gewöhnlich dreimal durch den Wunderbaum, in
schweren Fällen neun- oder zwölfmal, d.h. an 3, 9 oder ı2 Tagen (Bartsch
2,322). In den Landes um Bordeaux haben manche Kirchen Pfeiler, dureh
welche ein Loch durchgeht. Dort werden die Kranken zuerst neunmal um
len Pfeiler geführt, während Gebete gesprochen werden, und dann erst
kriechen sie durch die veyrine oder verrine (Gaidoz, Un vieux rite me-
dieal 40ff.).
Bei Quetschungen pflegen die Zigeuner auf den leidenden Theil eine
Messerklinge zu drücken, wobei man je nach dem Schaden 3mal, 7mal,
gmal einen Spruch sprieht und das Messer ebenso oft in die Erde steckt
(Wlislocki 174).
Bekantlich ist Ausspucken eine abwehrende, Böses scheuchende Hand-
lung, die denn auch mit segnen und besprechen verbunden ist (Wuttke
$ 251). Bei den ruthenischen Bauern in der Bukowina haucht das be-
schwörende Weib den Kranken gmal an und spuckt gmal aus (Am Urquell
ZU 42).
Von Einflufs auf Gesundheit und Karacter eines Kindes ist die Vor-
nahme von irgend welcher profanen neunerlei Arbeit dureh die Mutter.
Während der Taufe des Kindes soll sie nach Mecklenburger und Branden-
burger Aberglauben negenerlei arbeit daun, denn ward det kint flitig
(Bartsch 2, 46. Wuttke $ 597). Gegen das Schreien des Kindes hilft,
es in einen Kleiderschrank einsperren, bis die Mutter neunerlei Arbeit ge-
than (Wuttke $ 571).
Am 27. Juli 1584 bekannte eine Mecklenburger sogenante Hexe, dafs
sie ein Kind in den Hof gelegt, daneben ein Butterbrot und ein Messer.
und weil das Volk ausgehn müssen, hätte sie inzwischen negenderlei ar-
beit gethan und darnach das Kind wieder zu Bette gelegt (Bartsch 2, 18).
Aus dem Bericht wird der Zweck des ganzen nicht deutlich.
In den vorausgegangenen Ausführungen ist die Bedeutung der Neun-
zahl in dem geheimnisvollen mystischen Leben nachgewiesen worden, von
dem freilich auch manche Ausstrahlung auf das gewöhnliche geschehen ist.
nn
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 37
In dem folgenden wollen wir den Einflufs der magischen Zahl auf die Be-
stimmungen in Zeit. Raum und Mafs nachweisen. Zunächst in der Zeit-
theilung und der Ansetzung von Fristen. In welcher Art das klassische
Alterthum auch nach dieser Richtung dem Einflufs der Drei und Neun un-
terlag, ist bekannt. Bei uns Deutschen war es nicht anders.
Das wilde Männlein oder der Unterirdische einer weitverbreiteten Sage',
der etwas überraschendes, nie von ihm gesehenes schaut, berechnet sein
Leben nach dem neunmaligen Wechsel von Wiese und Wald oder Stock
und Wald. Auch so, dafs er neunmal jung und neunmal alt war, oder
nach dem Alter eines berühmten grofsen Waldes, wie des Böhmer-, des
Thüringer-, des Westerwaldes. Das geht noch weit hinaus über den per-
feetissimus numerus quem novem novies multiplicata eomponunt, das Le-
bensalter, das Plato. der veteris philosophiae sanctissimus erreicht hat, der
das höchste Alter des Menschen aus dem Quadrat der heiligen Neun be-
rechnet hatte, die selbst das Quadrat der heiligen Drei ist (Senecae epistol.
58, 31. Censorin. de natur. 14, 12).
Neun Jahre waren die Frist, in der die grofsen dänischen und schwe-
dischen Opferfeste in Ledra und Upsala nach den Berichten Thietmars von
Merseburg I, 9 und Adams von Bremen IV, 27 gefeiert wurden. Es ist wol
auch nicht zu kühn, aus der oberoesterreichischen Meinung, dafs der Acker,
auf dem ein Johannisfeuer angezündet wird, sich neun Jahre darauf gefreut
habe (Baumgarten, Aus der Heimat 1,28) auf eine deutsche neunjährige
Frist grofser Opferfeste zurück zu schliefsen.
Neun Jahre waren die Riesinnen Fenja und Menja in der Unterwelt
herangewachsen zu den gewaltigen Thaten, die sie dann vollbrachten
(Grottasongr ı1), wozu man vergleichen kann, dafs die Aloiden Otus und
Ephialtes jeden Monat um neun Finger wuchsen und als sie neun Jahr
alt geworden, den Himmel stürzen wolten (Serv. ad Aen. 6, 532).
Neun Jahre wird nach Schweizersage der Riesenstier mit Milch von
ı-g Kühen (jedes Jahr eine mehr) herangezogen, der das Unthier töten
soll, das im Gebirge zwischen Engelberg und Uri hauste. Es war das
Erstlingskalb einer starken Kuh. Als die neun Jahr vorüber waren, führte
! Grimm, Mythol.2 437 f. v. Muchar, Gastein 137. Zingerle, Sagen aus Tirol
2.A. Nr. 78. 84. 85. 96. ı18. 119. 135. 187—ı9r (mit Nachweisungen). Leeb, Sagen Nieder-
Oesterreichs Nr.16. Dreimal statt Neunmal bei Zingerle Nr. 84. 85. 118. Thiele, Dan-
marks Folkesagn 1.48.
38 K. WeEımHonp:
eine reine Jungfrau ihn an ihren Haarschnüren auf die Surenenalpe und
dort bestund er siegreich den Kampf (Vernaleken, Alpensagen 8.7).
Nach oberpfälzischer Meinung verwandeln sich die Katzen, wenn sie
neun Jahre alt sind, in Hexen und zwar in eine andere Art als die mensch-
lichen (Schönwerth 1, 357. 3, 186).
Auch dem neunjährigen Hahn wird magisches zugeschrieben. Er
legt ein Ei und brütet es aus. Alle Kinder, die ein solches Hühnchen
sehen, müssen sterben (Haltrich- Wolff. Zur Volkskunde der Siebenbürger
Sachsen S. 292).
Nach nord- und süddeutscher Meinung fährt ein Donnerkeil neun
Klafter tief in die Erde und steigt erst in neun Jahren wieder herauf'.
In Oesterreichisch -Schlesien, Böhmen, in der Pfalz wird die 9 in 7 gewandelt
(Wuttkesırr. A. Peter, Aus Oesterr.-Schles. 2, 250). Zigeuneraberglauben
weils, dafs bei jedem kalten Schlage ein länglichter Stein in den Erdboden
fährt, der erst nach 9 Jahren 9 Monaten 9 Wochen 9 Tagen 9 Stunden
wieder aus der Erde kommt, obschon er jeden Augenblick eine Meile auf-
wärts steigt (Wlislocki, Volksglaube der Zigeuner 177).
Wenn einem Obstbaum die ersten Früchte, die er trägt, gestohlen
werden, so trägt er nicht mehr wieder oder erst nach 9 (oder 7) Jahren,
laut einem über Deutschland verbreiteten Glauben (U. Jahn, Opfergebräuche
S. 210). Die Gottheit, der das Erstlingsopfer entzogen ward, straft. Die
Diebe sind hier nur an Stelle der geizigen gottlosen Besitzer des Baumes
gesetzt, die das herkömliche fromme Opfer vorenthielten.
Das Sprichwort im Reinhart Fuchs SS, dafs sich »manee troum über
siben jär erscheine«, hat ursprünglich gewis auf neun Jahr gelautet.
Ein neun Jahr getragener Rosenkranz, der von einer ledigen Person
gefunden wird, hat nach Oberpfälzer Glauben die Kraft, Schwangere zu
bewahren, die Geburt zu erleiehtern und Kinder von Fraisen (Krämpfen) zu
heilen (Schönwerth 1, 161).
Neun Jahr (Winter) hielten die gefangenen Schwanjungfrauen bei ihren
Männern aus, dann trieb sie die Sehnsucht nach dem göttlichen Leben
zur Flucht (enn niunda vetr naudr umskildi, Volundarqu. 3)*.
IC Baumga rten, Aus der Heimat 1, 58. Bartsch, Mecklenb. Sagen 2, 205. Knoop,
Hinterpomm. Sagen S. 181. Ein roher westfälischer Fluch lautet: ek woll, dat mek en
sleinign Donnerkil niögen un niegenzig ältprülssche Klafter deip im den Erdbuam schleug
(Firmenich, German. Völkerstimmen r. 366).
® Vergl. S. 39 unten eine Erklärung dieser Frist.
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Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 39
Als Orendel endlich seine Hochzeit begehn kann und mit Bride in
die Brautkammer getreten ist, erscheint ein Engel und gebietet ihm, »biz
von hiut über niun jär« enthaltsam zu bleiben (1809. 1829).
Bei den slavischen Völkern der Balkanländer darf eine Frau, deren
Mann neun Jahr nicht heimkehrte, sich wiederverheiraten; der Mann gilt
dann für tot. Kommt er doch später zurück, so kann er die Frau von
dem zweiten Mann zurückfordern, falls sie keine Kinder von demselben
hat (Fr. S. Kraufs, Sitte und Brauch der Südslaven 229-32).
In das dunkle Gebiet der Totenwelt gehört der pommersche Aber-
glaube, dafs die sogenanten Nachzehrer neun Jahr lang im Grabe keine
Ruhe haben und jedes Jahr einen Menschen töten, der plötzlich stirbt,
keine Verletzung am Körper hat und nur einen kleinen Blutfleck am Strumpf.
Auch unter dem Vieh giebt es solche Naejendoeder (U. Jahn, Volkssagen
aus Pommern und Rügen Nr. 511).
Als profane neunjährige Fristen seien angeführt die 9 Jahre und 9 Tage
oder 9 Jahre und zehn Laubrisen', welche den Besitz unanfecehtbar machen,
wenn kein Anspruch während ihrer erhoben ist (Weist. ı, 46. 172).
Für die neunjährige Periode in der antiken Welt zeugt vornehmlich die
Meineidstrafe der olympischen Götter. Wer von ihnen falsch schwor, ward mit
neunjähriger Verbannung in den Tartarus gestraft (Ferd. Dümmler, Delphies
S. 10f.). Der neunjährige Dienst Apollos bei Admet steht in Bezug zu der neun-
‚jährigen entsühnenden Bufse, die Apollon auf sich nehmen mufste, nachdem er
sich durch Pythons Blut verunreinigt hatte. Dem Herakles legte Apollon den
neunjährigen Dienst bei Eurysthus auf (eine evvaerepıs) als Strafe, dafs er
seine Kinder von der thebanischen Megara getötet hatte. Mit den neun Sühn-
jahren scheinen auch die neunjährigen Regierungsperioden des Minos auf
Kreta zusammenzuhangen, der sich immer nach neun Jahren (Odyss. 19,
179) in eine Höhle zurückzog, worin er mit seinem Vater Zeus verkehrte.
£&s wäre möglich, dafs die neun Jahre, welche die Walküren in mensch-
lieher Verbindung als Frauen bleiben müssen, eine Sühnzeit sind, die
ihnen von ihrem göttlichen Herrn (Wodan) auferlegt ward.
Neunzig Tage kenne ich nur aus dem Zigeunerglauben als Frist.
Die neugeborene Schlange wird erst nach neunzig Tagen giftig. Am neun-
! Das muls bedeuten neun Jahre und darüber die Zeit bis zum zehnten Herbst. Die
Frist 9 Jahre 9 Tage finden wir im griechischen Alterthum auch: Deukalion schwamm so
lange in seiner Arche.
40 K. Weıs or:
zigsten Tage spannt sie ein Säckchen oder Häubcehen gegen die Sonne auf
und fängt die Strahlen darin auf. Dann frilst sie es und füllt ihre Zähne
mit Gift (Wlislocki 8. 67).
Neun Wochen lang konte ein Mann den Arm nicht brauchen, der
auf einen gespenstischen Mann ohne Kopf geschossen hatte (Eisel, Sagen-
buch des Vogtlands Nr. 158).
Wenn ein Kind bei der Taufe schreit, wird es höchstens neun (oder
sieben) Wochen alt (Schönwerth 1, 169)".
Unsicherheit, welcher Zeitabschnitt in der Neunzahl gelten werde,
verrät die Erzählung von der Schädlichkeit eines Trunkes aus dem Währ-
ingsborn bei Grofssera im Vogtlande. Die übeln Folgen sollen in g Tagen
oder Wochen oder Monaten oder Jahren eintreten (Eisel Nr. 648).
Im Verhältnis, als der Tage mehr den Menschen beschieden sind denn
der Jahre, erscheint auch die neuntägige Frist öfter als eine neunjährige.
Dafs dieselbe im germanischen Alterthum die gewöhnliche Woche war,
werden die gleich vorzulegenden Zeugnisse beweisen. Die Germanen stimmten
also auch hierin mit den italischen Völkern überein, bei denen — selbst
bei den Etruskern — vor Einführung der orientalischen siebentägigen
Woche der neunte Tag, festlich begangen, den Wochenabschnitt machte,
die nundinae. Auch für die Hellenen ist die alte neuntägige Woche zu er-
schliefsen: Herondae Mimi iambi VII, 127.
Neuntägige heilige Zeiten kennen wir aus dem römischen Alterthum
in dem saecrum oder sacrifieium novendiale, ein Sühnfest. das bei übeln
Vorzeichen begangen ward. Das dorische Fest des Apollon Karneios, die
Karneen, beging man in Sparta vom 7-15 Tage des Monat Karneios, also
9 Tage lang. Wir wissen von dem neuntägigen Fest der Aphrodite auf
Sizilien. den avayoyıa und karayoyıa, wenn die Göttin mit ihren Tauben
vom Berge Eryx nach Lybien ging und von dort zurückkehrte”.
Auf‘ weit abgelegenem Boden finden wir auch in neuer Zeit neuntägige
Festdauer: die Navajos. neumexikanische Indianer, feiern im Winter neun
Tage lang den Berggesang (dsilyidje quacal), um Regen zu erbitten und
Krankheiten zu beschwören (v. Andrian, Wetterzauberei 42).
! In der Mark Brandenburg gilt dagegen ruhiges Verhalten des Kindes bei der Taufe
als Vorzeichen baldigen Todes (Kuhn, Märk. Sagen S. 377):
® Vgl. Wellmann im Hermes 26, 490.
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ran
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 41
Ich glaube nun, dafs die grofsen dänischen und schwedischen Opfer-
feste, von denen Thietmar von Merseburg und Adam von Bremen berichten
(oben S. 6), eine neuntägige Dauer gehabt haben. Sie werden durchaus,
in der Frist der Wiederkehr und in der Zahl der Opfer, von der Neun-
zahl beherrscht: daher meine ich auch, dafs ihre Dauer dadurch bestimmt
war. Zur Stütze der Vermutung kann ich freilich nur modernes anführen,
aber modernes mit altem Geruch. Es sind zunächst die neun Tage, die
einigen heiligen Tagen vorausgehn.
In dem Gebiet zwischen den niederösterreichischen Alpen und der
Donau, besonders um Mank, werden die neun Walpurgisnächte (die neun
Nächte vor dem ı. Mai) im Volksglauben ausgezeichnet. In ihnen wird
die heilige Walpurga durch böse Geister von Dorf zu Dorf verfolgt und
sucht einen Winkel, in dem sie vor ihren Feinden sich verbergen könne.
Gewöhnlich flieht sie in offene Fenster und birgt sich unter dem Fenster-
kreuz. Zum Dank für gewährten Schutz läfst sie ein Goldstück zurück,
weshalb die Leute durch alle neun Nächte ein kleines Fenster im Hause
offen halten. Wer ein Vaterunser für die Rettung der h. Walpurga in jeder
der neun Nächte betet. soll gar durch einen Goldklumpen belohnt werden.
Die Hexen können in diesen neun Tagen mancherlei Gaben (Walpurgis-
kräuter, -fäden, -spiegel) von der Heiligen erlangen (Vernaleken, Alpen-
sagen, 1858, S.ı09)'. In diesem auf eine Kirchenheilige übertragenen
Aberglauben steckt die Erinnerung an das alte Frühlingsfest, an welchem
dramatisch dargestellt worden sein mag, wie die Sommergöttin im April
noch einmal durch die rauhen Nachzügler des Winters, die kalten Stürme
mit Schnee, in Gefahr gebracht wird. Dieses Frühlingsfest dauerte neun
Nächte und schlofs mit Maianfang.
Auf diese neuntägige heilige Woche, zugleich auf die entsprechende
vor Wintersbeginn deutet die Bestimmung im friesischen Rüstringer Recht.
dafs der Probst von Rüstringen nigun nacht vor S. Walburgen und nigun
nacht vor S. Michaelstag das Sendgericht vor den vier Gaukirchen anzu-
kündigen habe (v. Richthofen 128, 12)’. Für eine neuntägige Festwoche
! Fast wörtlich ist aus Vernaleken diese Geschichte in Grohmanns Sagen aus
Böhmen (Prag 1864, S. 44) durch einen Hrn. Bondy gekommen und in das Riesengebirge
übertragen worden!
®2 In die Anmerkung verweise ich den Bericht Schönwerths (Aus der Oberpfalz 3,
208) über die neuntägige Verehrung der h. Corona (ihr Fest fällt den 14. Mai), die am neunten
Philos. -histor. Abh. 1897. II. 6
42 K. WeEınmmorp:
zu Mittsommer kann zeugen, dafs die Johanniskränze, die in dem Anhaltschen
die Häuser schmücken, noch heute in einigen Orten nur neun Tage an ihrer
Stelle belassen werden (meine Zeitschr. 7.148).
Eine arme märkische Hexe gestund in ihrem Prozefs, dafs sie neun
Tage lang vor Sonnenaufgang jedesmal einen Topf mit Bier und Brot in
einen Fliederbusch gesetzt und gesprochen habe: »Guten Morgen, Flieder,
du viel guter! ich bringe dir Bier und Brot. hilf mir aus aller Not, und
so du mir helfen wirst, so werde ich morgen wieder bei dir sein« (A. Kuhn.
Märk. Sagen 376). Es wäre dies ein Beweis auch persönlicher neuntägiger
Gebete und Opfer: in der kirchlichen Novene, die mit Messe, Fasten und
Gebeten verbunden war, kann ich nur etwas verwantes sehen, aber nicht
die Quelle des Brauchs jenes märkischen Weibes. Ebenso wenig entstam-
men der kirchlichen Novene die volksthümlichen, lange vor der Gründung
der Kirche üblichen Gebräuche des neuntägigen Toten- und Lustrationskultus.
den wir bei Italern und Hellenen finden (Diels, Sibyllin. Blätter 40 ff.) und
den auch die Germanen übten, worauf hinreichende Spuren führen.
Die mythische Erzählung, dafs Odin einst neun Nächte lang (n«tr
allar niu) als sein eigenes Opfer vom Ger durehbohrt am windigen Baum
hing (Havamal 138). um die Runen (die geheime Kunst) zu erwerben. ist
die Übertragung des üblichen Opferritus, mit dem sich nordische Männer
freiwillig dem Odin opferten, auf den Gott selbst, der durch dieses Opfer
seine Macht vermehren will. Die Zahl neun entspringt der neuntägigen
Lustrationsdauer im Totendienst.
Erinnerungen an dieselbe bietet der deutsche Volksglaube genug. Der
Verstorbene kehrt am dritten (dem Begräbnifstage) oder am neunten "Tage
noch einmal in sein Haus zurück (Wuttke 8 747). Die Leichen ertrunkener
werden neun Tage vom Wasser behalten, dann wirft es sie aus (Wuttke
$ 741). Die neunte Nacht nach ihrem Tode kam eine Tiroler Magd zu ihrem
Bauer und würgte ihn, weil er die versprochenen Selenmessen nicht hatte
lesen lassen (Zingerle, Sagen, 2.A. Nr. 502). Neun Tage flofs der Zwerg-
lesbrunn beim Dorfe Wonsgehay in Oberfranken, als sich die beiden Zwerge
des Neunbergs getötet hatten (Panzer 2,102)‘
Die mit dem Vorgesicht begabten sehen ungefähr neun Tage vor dem
Tode eines Menschen einen leichten grauweilsen Nebel um den Kopf des-
Tage rasselnd unter Donner und Blitz angefahren kommen und den in Geldnöten befind-
lichen, die sie anrufen, eine Gabe auf den altarmälsig hergerichteten Tisch legen soll.
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Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 43
selben, der sich tagtäglich verdichtet, bis er einem weilsen Schleier gleicht.
der den Kopf verhüllt. Dann ist die 'Todesstunde gekommen (Bartsch,
Mecklenb. Sagen 2, 88).
Die Begegnung mit Wesen der Unterwelt bringt nach neun Tagen
den Tod. Ein Knecht begegnete mit seinem Gespann einer Schar Grau-
männlein (Unterirdischer). Neun Tage darauf war er tot (Eisel, Sagen-
buch des Vogtlands Nr.89)'. Ebenso geschah einem Knechte, dem ein
umgehender Geist aufgehockt war (ebd. Nr. 89). einem andern, den ein
Kobold anrannte (Nr.117) und einem Schneidergesellen, dem eine Hexe
aufgesprungen war (Nr.225). Wenn ein Toter (ein Gespenst) jemanden im
Sehlafe berührt. so bekommt derselbe schwarzblaue Flecke (Wuttke 8771).
Wer ein Gespenst sieht. darf erst am 3. oder 9. Tage davon sprechen.
sonst stirbt er oder hat andres Unglück (Wuttke $ 772). So geschah einem
Manne, der auf einen Mann ohne Kopf schofs. Neun Wochen lang konnte
er den Arm nicht rühren (Eisel Nr. 155).
Nach der Meinung mancher in Oberoesterreich soll der Totenwagen
(Leiehenwagen) drei oder neun Tage rasten, d.h. zu keiner andern Arbeit
gebraucht werden. Statt neun Tagen werden auch drei oder sechs Wochen
angegeben (Baumgarten, Aus der Heimat 9,120).
Aus diesen Erinnerungen des deutschen Volkes an die Beziehung der
Neunzahl auf Sterben und Tod darf man wol auf eine uralte deutsche,
lem lateinischen Novendial, den griechischen evara, der altindischen zehn-
tägigen Sühn- und Trauerzeit entsprechende Frist schliefsen, die dem Toten-
kult gewidmet war und am neunten Tage mit einem Opfer schlofs:; eine
sakrale Einrichtung, die auch den ostarischen Völkern wertraut war”. Die
Trauerzeit endete zugleich mit der Reinigung der Hinterbliebenen von der
Betleekung durch den Toten. ‚
Beweise für heidnische deutsche Totenopfer giebt das Fragment eines
Capitulares von 721 (Gröber, zur Volkskunde aus Coneilienbeschlüssen
! In Nr.1ıo2. 103 ebd. werden drei Tage angegeben.
Kägi, Neunzahl 5. 9. 12. 15. Rohde, Psyche 213. Preller, Röm. Mythologie
23,97. G. Homeyer, Der Dreifsigste gof. Zur Vergleichung indianischer Totenbräuche:
Bei den Ivaros in Ecuador am Ostabhang der Cordilleren wird der Kopf eines tapfern
Feindes 9 Tage lang präparirt. Aın ro. beginnt das Fest, an dem er zum Götzen gemacht
wird: R. Andree, Parallelen 143. Bei den Tolkotins in Nordamerika muls die Witwe
auch im heilsesten Sommer neun Nächte neben ihrem toten Gatten schlafen: Mittheil. d.
Anthropolog. Gesellsch. in Wien. XXVI, 442.
6*
44 K. WEInHoLD:
und Capitularien Nr.23), dann das Schreiben P. Gregors II. ad optimates et
populum provinciae Germaniae vom J. 731, worin die divini sortilegi vel
saerifieia mortuorum verboten werden (ebd.); ferner das Verbot der pro-
fana saerifieia mortuorum der deutschen Kirchenversammlung von 743
(Gröber Nr.27) sowie die beiden ersten Titel des Indieulus superstitio-
num von 743: de sacrilegio ad sepulchra mortuorum und de sacrilegio
super defunetos. i. dadsisas. Eine Zeitangabe findet sich hier nirgends,
aber mittels der Vergleichung der altindischen, hellenischen und römischen
Einrichtungen und unter Erwägung des fortlebenden deutschen Aberglaubens
dürfen wir auf den neunten Tag als Abschlufs der germanischen Toten-
woche schliefsen. Auch die alten Preufsen hielten am 3., 6., 9. Tage nach
der Bestattung ein Totenmal. zu dem sie die Sele des Verstorbenen ein-
luden (Rohde, Psyche 219). So ist auch noch deutscher Aberglaube hier
und da, dafs der Tote an dem unmittelbar nach dem Begräbnis gehaltenen
Leichenschmause unsichtbar theilnehme (Wuttke $ 747) und dafs, was
bei dem Schmause getrunken werde, dem Toten »zu gute« komme (Schön-
werth, Aus der Oberpfalz 1,257. G. Homeyer, Der Dreifsigste S. 162).
Die nur noch vereinzelt in katholischen deutschen Landschaften be-
stehende Sitte, auch am 7. und 30. Tage nach dem Tode ein Leiehenamt
zu halten, ist Rest der alten kirchlichen Feier am 3.. 7. und 30. Tage
zum Selenheil des Verstorbenen (Homeyer S. 146).
Das weltliche Erbmal, das in Skandinavien beim feierlichen Erbantritt
(les Haupterben stattfand, war meines Wissens an keinen bestimten Tag
gebunden. —
Wir verfolgen die Zahl Neun in den Zeitbestimmungen weiter, immer
unter dem Eindruck ihrer mystischen Bedeutung.
Verborgene Schätze gehören den Unterirdischen; darum erscheint die
Neun auch in Beziehungen zu ihnen. Wo neun Tage hinter einander kein Thau
liegt, ist ein Schatz verzaubert (nach Colerus’ Hausbuch 1614). Ein Graumänn-
chen geleitet neun Tage hindurch einen Arbeiter von Mildenfurt nach Hohen-
ölsen im Vogtlande. Neun Wochen später kommt es zu ihm und fordert
ihn auf, nun auch ihn einmal nach Hause zu führen, um den Schatz, den
es im Mildenfurter Kornhause hüte, zu heben (Eisel, Sagenbuch Nr. 109.)
Die Schatzhütung ist mit der Erlösung des geisterhaften Wesens ver-
bunden, das ihn hüten mufs. So auch in den Sagen von der weilsen Frau
und den verwanten elbischen Geistern. Nach Luxemburger Sage verlangt die
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 45
Melusine von dem, der sie erlösen will, dafs derselbe an neun auf einander
folgenden Tagen jede Nacht Schlag zwölf hinter dem Altar der Dominikaner-
kirche in Luxemburg stehn müsse, keine Minute früher oder später. Habe er
das neunmal gethan, so werde sie in der zehnten Nacht ihm als Schlange
mit dem Schlüssel im Munde erscheinen, den er ihr abnehmen und in die
Alzet werfen müsse (Gredt, Sagenschatz des Luxemburger Landes S. 9)'.
Im Zauberwesen hat die neuntägige Woche grofse Bedeutung.
In Norwegen und auf Island herschte der Aberglaube in alter Zeit,
dafs gewisse Männer jede neunte Nacht zu Weibern werden und geschlecht-
lichen Verkehr mit Männern haben könten (Niala e. 124. Krokarefss. e. 7.
Thorsteinss.. Siduhallss.. Gulathingsl. 138).
Nach der Wolsungasaga ce. 8 dauerte der Werwolfzauber neun Tage: am
zehnten konten die Menschen aus der Wolfshaut wieder heraus. Neuere islän-
dische Sage nennt den neunten Tag als den erlösenden für ein zur Hündin ver-
wünschtes Mädchen (K. Maurer, Isländ. Volkss. S. 315). Nach dänischer Volks-
meinung kann sich der Seehund jeden neunten Tag in einen Menschen verwan-
deln (Thiele 3,51). Der antike Aberglaube stimmt auch hier überein. Nach
neunjähriger Bufse kehrt der bei einem Feste des Zevs Avkavos verwandelte Wer-
wolf als Mensch wieder (Preller, Griech. Myth. 1, 99). Plinius (h.n. VIII, 22)
berichtet, dafs dies möglich sei, wenn er in den neun Jahren keinen Menschen
gefressen habe. Auch nordgermanische Sage dehnte zuweilen die Zeit des
Wolfsthums auf 9 Jahre (auch 3 oder 7) aus (Grimm, Mythol. II’, 1049).
Nach einer Erzählung aus Gersthofen im bayrischen Schwaben bestellte
ein altes Weib, das ein junges Mädchen zur Hexerei verführen wollte, das-
selbe »in die neunte Nacht«. Da werde wer da sein, der es hexen lehren werde.
Geheimnisvolles liegt auch darin, dafs die Heckringe jede neunte Nacht
ihre Kraft äufsern, so Odins Ring Draupnir, von dem jede neunte Nacht
acht gleichschwere Bauge abtropften (Gylfaginn. ce. 44).
! Die Frist, in der die Melusine zu ihrer Erlösung erscheint, sind sieben Jahre
(Gredt S. 8); ebenso die Jungfer vom Johannisberge in Luxemburg (ebenda S. 217. 222. 228);
nicht minder das wilse Wibje im Hörselberge (Witzschel, Sagen 1, Nr.ı31r), die weilse
Jungfer von Einbeck und von Heldenburg (Schambach-Müller, Nds. Sagen Nr. 117. 107, 3).
Die 7 hat hier überall die 9 verdrängt. Unbestimmte Erlösungsfristen: 25 Jahre: Scham-
bach-Müller Nr.130 f., — 100 Jahre: ebd. Nr. 106. 109, 3. 110. 119,2. 122. 132. 133,1, —
1000 Jahre: ebd. Nr. 117, 2, — in viel Jahren: Nr.ırz. Wenn der Baum gewachsen u. s. w.
Schambach-Müller Nr.109,4. rı1. 1ı2. 118,1.2. 122 und sonst, so in Schlesischen Sa-
gen. — bis einer mit einem Glasauge kommt: Schambach-Müller Nr. ı2r.
46 K. WeEınHorn:
Wer sich neun Tage durch nieht wäscht, nicht betet, nicht in die
Kirche geht und Weihwasser nimmt, erlangt nach verbreitetem Glauben
durch Teufelshilfe höhere Gaben: er kann in die Zukunft schauen. den
künftigen Gatten erblieken (Baumgarten ı, 31. Leeb Nr. 35. 120.
Schönwerth 1, 145): aber er verfällt auch dem Teufel (Baumgar-
ben 2, 23).
Wer schweigend und rücklings zu einer Beifufspflanze (artemisia vulg.)
geht und sie ausgräbt, findet in der Wurzel ein schwarzes Würmcehen, «as
er in einer Flasche aufbewahren muls. Dann darf er sich neun Tage nicht
waschen, darf nicht beten und mufs jeden Tag beim Mittagessen einen
Bissen Brot unter den Tisch werfen. Wenn das alles geschehen, fängt am
neunten Tage das Würmchen zu reden an und gewährt dem Besitzer so
viel Geld, als er verlangt. Nur mufs dieser das Geld an demselben Tage
wieder ausgeben (Reichenberg i. Böhmen: v. Reinsberg-Düringsfeld,
Festkalender aus Böhmen S. 130).
Wie sehr in der geheimnisreichen Volksmedizin die Neunzahl der Mittel
wirkt, haben wir früher (S. 26) ausgeführt. Die Wirksamkeit ist aber
auch zuweilen von der zeitlichen Neun abhängig.
Neun Tage mufs man die Segensformel gegen das Fieber auf der Herz-
grube tragen und am zehnten stillschweigend in ein Wasser werfen, das
die Krankheit fortträgt (Bartsch, Mecklenb. Sag. 2. Nr. 1855. 1856). Der
Gebrauch im Böhmerwald (meine Zeitschr. 1. 208) stimmt damit überein.
In Böhmen hilft gegen das Fieber eine am Georgstage abgezogene Schlangen-
haut, die man neun Tage um den Hals trägt (Wuttke $ı53).
Der fieberkranke Zigeuner sammelt neun Tage seine Exkremente und
legt sie dann in einen holen Baum unter einem Spruche. Dann nährt er
sich neun Tage lang nur von Brot, Knoblauch und Brantwein (Wlislocki,
Volksgl. der Zigeuner 165).
Hat man sich verbrannt. nehme man ungewässerte Butter und bestreiche
damit die wunde Stelle. Dann thue man die Butter neun Tage lang an
einen stillen Ort, und das Verbrannte wird darauf heil sein (Albertus
Magnusbüchlein 2, 14). Bei dem früher schon mitgetheilten ostpreulsischen
Mittel gegen böse Augen (oben S. 31) wird auch gefordert, das Mittel neun
Tage lang auf blofsem Leibe zu tragen.
Neun Tage braucht ein Heilverfahren in Ungarn, woran sieh neun
Verwandte des Kranken betheiligen müssen. Sie dürfen ihn während
Te WERE
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 47
dieser Frist nicht beim Taufnamen nennen, sonst erhalten sie einen Theil
der Krankheit (Wlislocki, Aus dem Volksleben der Magyaren S. 144).
In dem wallonischen Flandern, auch in Frankreich ist die neuntägige
Andacht (une neuvaine) bei Krankheitsbehandlungen nicht selten (Monseur,
Questionnaire de folklore Nr. 496. 514. Gaidoz, Un vieux rite medical
S.39f.). Wir können sie hier beiseite lassen, da sie kirchlicher Brauch
ist. Nur sei erwähnt, dals die Gebete en reculant gesprochen werden,
nämlich so, dafs am ı. Tage neun Paternoster am Morgen gesprochen
werden, 8 Mittags, 7 Abends u.s. w. Das Rückwärtszählen von 9-ı kommt
auch in Deutschland gegen Verschreiung vor und gilt überhaupt für wirkungs-
voll (Heim, Incantamenta magica graeca latina Nr.96. Liebrecht, Zur
Volkskunde S. 371).
Eine wichtige Stütze für die altgermanische neuntägige Woche geben
die bekanten Bestimmungen der lex Salica XXIV,4. XLI, 10. 1. Sal. reform.
NXXVI5 und der Ribuaria (XXXVI, ı0), dafs die infra novem noctibus
erfolgende Namengebung das Kind in sein volles Wergeld einsetzt. Der
Name macht es zur Persönlichkeit und giebt ihm sein Recht. Die West-
goten und die Alemannen (pact. Alam. 2,31) machen dementsprechend das
Erbrecht des Neugeborenen von dem neuntägigen Leben abhängig.
Die ersten neun Tage des Lebens war das Kind nach römischem
Glauben unrein gleich der Mutter, die erst am neunten Tage aufstund und
in das Familienleben zurückkehrte. Der dies lustrieus. dieser neunte Tag
gab auch dem römischen Kinde Namen und Weihung. Das germanische
Kind ward am neunten Tage als Mensch anerkannt. Die Schwaben und
die Hessen liegen neun Tage blind wie die Hunde, sagt uralter Volks-
scherz, dann öffnen sie erst die Menschenaugen.
Die skandinavischen Quellen kennen zwar die Wasserweihe, verbunden
mit der Namengebung. aber nicht die neuntägige Frist. Für die Angel-
sachsen verbürgt die neun Tage wol das Northumbrische Priestergesetz ($ 10),
dafs jedes Kind binnan nigon nihton getauft werden müsse.
Mutter und Kind haben dieselbe Zeit der Unreinheit zu tragen. Noch
heute gelten bei uns die neun Tage der Wöchnerin, wie sie bei den Römern
gegolten haben und bei den alten Indern. »Am zehnten Tage (also nach
Vollendung der neun) läfst der Hausvater die Frau aufstehn, opfert den
Göttern unter Weihesprüchen, speist die Brahmanen und giebt dem Kinde
den Namen, so dafs es alle hören (Kaegi, Neunzahl 16 [65]).
48 K. WErNnHorD:
Verbreitet ist in Deutschland die Meinung, man dürfe die Wöchnerin
in den neun Tagen nicht allein lassen, weil die bösen Geister (Kobolde.
Hexen, Teufel) ihr oder dem Kinde etwas anhaben könten (Wuttke 8575.
577: 576. 582). Sie soll deshalb auch nicht die Stube verlassen. Sie darf
nicht in den Spiegel sehen, weil sie den Teufel oder unheimliche Wesen
drin erblicken könte (Schlesien. Brandenburg). In dieser Zeit darf auch
nichts aus dem Hause geliehen werden. weil es behext zurückkommen und
der Frau schaden könne. Echt bäuerlich gilt das in Thüringen auch für
die drei oder neun Tage einer kalbenden Kuh (Witzschel, Sagen, Sitten
und Gebr. S. 278, Nr. 28.32).
In mystischer Einkleidung hat ein Lied des Wunderhorns die neun-
tägige Absonderung der Wöchnerin. Eine Frau stirbt vor der Geburt im
Kindbett. Die hinterlassenen Kinder gehn täglich zum Grabe der Mutter
und weinen. Am neunten Tage hören sie im Grabe eine liebliche Stimme
ein Wiegenlied singen. Das Grab wird geöffnet, und die Frau mit einem
neugeborenen Kindlein lebend gefunden. Sie kehrt in ihr Haus zurück,
mufs aber nach drei Jahren für immer scheiden‘. Der Neun der Wochen-
stube können wir noch anreihen, dafs in der Oberpfalz die Doden (Paten)
dem Kinde das erste Dodengewand nach neun Monaten, das zweite naclı
neun (oder 12) Jahren schenken (Schönwerth 1,173).
In Mecklenburg glaubt man, dafs man Kinder und junges Vieh nicht
Kriet nennen dürfe, sonst hätten sie in neun Tagen keine Deg (kein Ge-
deihen. Bartsch 2, 183).
In Lauenburg glaubt man, dafs man unter dem Bette eines Schlafenden
nicht auskehren dürfe, sonst schlafe er neun Tage nicht (Wuttke $ 463).
Neun Tage als Zeitmafs schöpfen wir auch aus poetischer Überlieferung.
Gott Freyr mufs neun Tage auf die Vermählung mit Gerdr warten, nach
der Zusage, die sein Freiwerber Skirnir erhielt (Skirnisfor 39). Neun
Tage mufs Hermödr reiten, ehe er von Asaheim zu Hel gelangt (Gylfaginn.
e.44). Volle neun Tage braucht König Günther mit den Gefährten, bis
er von Worms in Brünhilds Land kommt (Nibel. N. 496, 1). Neun Tage
behält Siegfried die burgundischen Boten im Niederland, die ihn zu
Günthers Fest laden (Nib. N. 700, 1). Bis auf den neunten Morgen ver-
! Das Lied (Erk-Böhme, Liederhort 1, 594) ist wol von Arnim oder Brentano
in die gedruckte Gestalt gebracht. Zu Grunde aber liegt ein Volkslied, ähnlich dem von
A. Peter, Aus Oesterr.-Schlesien 1, 202 mitgetheilten.
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 49
birgt König Arons Tochter vor ihrem Vater den klugen Raben. den Oswald
von England als seinen Brautwerber geschiekt hat (Oswald 1069). Neun
Tage steigt in dem siebenbürgischen Märchen vom Wunderbaum (Haltrich
Nr. 15 [16]) der Hirtenknabe dreimal empor.
Selbst in profane Redensarten gingen die neun Tage über. »Ik schla
di bi de Ohre, dat du nägen Dag vom Düwel draemst« hört man in
Hinterpommern, nicht minder »de geht, as wenn he nach den nägden Dag
söcht« (Knoop, Volkss. aus dem östlichen Hinterpommern S. IX).
Verbreitet ist die Redensart von einem mürrischen: er schaut drein
wie neun Tag Regenwetter (Baumgarten, Aus der Heimat ı, 37).
Neun Regen werden in einer andern oberoesterreichischen Redensart
als Zeitmals gebraucht: wo Wallfahrer des Weges gezogen sind, kann der
Teufel nicht hin. bis neun Regen das Erdreich abgewaschen haben (Baum-
garten 2, 30). Mit andrer Beziehung spricht man in Poitou von neuf
couches de neige, die fallen müssen, damit die folgende Jahresernte gut
werde (Pineau, Le Folklore de Poitou S. 519).
Am Karsamstage soll es neunerlei Wetter haben, und neunmal soll
der April jeden Tag d’ Fal(?) aus dem Feld jagen (Baumgarten 1, 47).
Eine derbe mecklenburgische Redensart lautet: de Harwstnacht het
nägen un nägentigerlei Ort Lun. de Winternacht het nägnerlei Ort Lun;
de Winternacht is as’'n Kinnerors, bald schiten’s un bald mijen’s (meine
Zeitschr. 5, 318).
Neunmalige Wiederholung einer Handlung im Laufe des Tages dient
zur starken Bezeichnung karacteristischer Eigenschaften von Thieren in der
Meinung, dafs das Rofs und die Katze neunmal täglich ihren Herrn töten
wollen, und der Hund dagegen ihn neunmal retten will (Schönwerth 1,
323. 355). Im Obersteiermark (Eisenerz) wird statt vom Rofs dasselbe von
der Schlange gesagt, in misratener Besserung.
Unter den Stundenzahlen haben die drei und ihre Vervielfachungen
auch geheimnisvolle Bedeutung. In der dritten, der neunten , der zwölften
Stunde (Eisel, Sagenbuch Nr. 202) gehn die Geister oder Gespenster um,
dann haben die Unterirdischen Macht.
-1
Philos. - histor. Abh. 1897. II.
50 K. WEINnHoLD:
Auch in Raumbestimmungen erweist die Neunzahl ihre Bedeutung.
Entfernungen wurden nach neun Fülsen oder Schritten gemessen.
Neun Fufs ging Thörr, der Fiorgyn Sohn, noch, als ihn die Welt-
schlange zu Tode getroffen hatte (Voluspa 56).
Neun Fufs (nioghen feet) sollen zwischen dem Vatermörder, der seine
Sünde noch nicht gebüfst hat, und jedem andern Manne bleiben. nach
Westerlauwer Friesenrecht (Richthofen 423. 31). Die verbreitete Redens-
art: bleib mir neun Schritt vom Leibe! beweist, dafs diese Mafsbestimmung,
wie weit sich ein Übelthäter von andern Menschen entfernt zu halten habe,
allgemein war.
Neun Schritte (nioegen stapen) höchstens darf sich ein verdächtiger
Münzmeister von seinem Amte entfernt haben, wenn er seine Unschuld
beweisen will (Westerlauw. K. 428, 20). Novem pedes werden im lango-
bardischen Gesetz (ed. Roth. 147) bei rechtswidriger Verrückung des Herdes
als Mafls angegeben.
Zur Bestimmung der Schwere von Knochenwunden verwendet das
Westergoer Recht (Richthofen 470, 3) den Schall, den das herausge-
hauene Knochenstück in einem Metallbeeken auf neun Schritt hin macht,
oder den man, nach Emsigoer (I) und Hunsingoer (II) Gesetz, aus den neun
Fachen des Hauses (ur niugen feke huses, Richthof. 42. 9) vernimmt.
Andre Raummafse sind neun Äcker oder Beete. Bei Eisenberg im Vogt-
lande heifst ein Feld die neun Äcker, davon dafs einst ein Mädchen, das
nit einem verheirateten Manne gesündigt hatte, nach der Enthauptung ne-
ben dem Seharfrichter, der ihm ein Rasenstück auf den Rumpf gelegt,
über die neun Äcker bis zum Scheiterhaufen geschritten ist (Eisel, Sa-
genbuch Nr. 936)".
Bei Sulzbach in der Oberpfalz nahm ein Mädchen an einem heissen
Erntetage, um sich abzukühlen, einen Strohhalm zwischen die Fufszehen
und schritt damit über neun Ackerbeete. Sofort entstund ein Gewitter,
das Kühlung brachte (Schönwerth 3,184).
Neun Raine, Scheiden oder Ackergrenzen stellen sich den neun Äekern
ganz gleich.
Am Tag des h. Stephan, des Rofspatrons. mufs man die Pferde über
neun Raine reiten, so gedeihen sie gut (Franken, Wuttke $ 711).
! Vgl. meinen Aufsatz zu Goethes Parialegende, in meiner Zeitschrift 2, 46 — 50.
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 51
Am Hexenabend (Walpurgis) soll man dem Vieh Kräuter von neun
Rainen (Karlsbad-Duppau) oder Scheiden (Hinterpommern) zu fressen ge-
ben, dann kann es nicht behext werden (Wilhelm, Aberglaube im Karls-
bad-Duppauer Gelände 27. Knoop, Sag. a. Hinterpommern Nr. 150). Man
erinnere sich der Heil- und Zauberkraft der neun Kräuter, S. T0-13.20.27.29.
In Ostpreufsen trägt der Fieberkranke ein Geld- und ein Brotstück
in einem Lappen über neun Grenzen unter einen Stein und sprieht: »Grenze,
Grenze. ich klage Dir, kalt und heifs plaget mir. Der erste Vogel, der
drüber fliegt. der nehm es unter seine Flücht« (Frischbier. Hexenspruch
53. 3).
Auf drei Grenzen beschränkt ist ein probates schlesisches Mittel gegen
den Hausschwamm: Man gehe vor Sonnenaufgang schweigend über drei
Grenzen und sehneide drei Hasel- oder Erlenruten von sich weg ab u.s. w.
(Mittheil. der Schles. Gesellsch. f. Volkskunde 1896, S. 49).
In einem oberpfälzischen Liebessegen, durch den ein Mädchen den
entfernten Geliebten herbeizaubern will, ruft es den Abendstern an: »Schein
hin, schein hin, schein über neun Eek! Schein über meines Herzliebsten
sein Bett! Lafs ihm nicht Rast, lafs ihm nicht Ruh, dafs er zu mir kom-
men thu!« (Wuttke $ 548).
Dieses über neun Eek kann über neun Haus- oder Strafsenecken be-
deuten, auch über neun Bergvorsprünge, würde auch dem Ausdruck »über
neun Jöcher« entsprechen können, den wir in einem schönen Tiroler Spruche
finden: »Mutterkreuz (das Segenzeichen der Mutter über ihr Kind) geht
über neun Jöcher (= begleitet das Kind in weite Entfernung) «.
Durch neun Felswände hat der Teufel einen übermütigen Melcher ge-
holt, der sieh in Mileh badete. Im Südosten des Hollerbachthals im Ober-
pinzgau sieht man noch oben an einer Felswand ein Loch, das Melcher-
loch oder Kuhfenster genant, dem jenseits des Wildbachs eine ähnliche
Öffnung entspricht. Das sind zwei von den neun Wänden, durch welche
der Teufel den Meleher führte (v. Kürsinger. Ober-Pinzgau. Salzburg 1841.
S. 75).
Formelhaft ist der Ausdruck volksthümlicher Reehtsaufzeichnungen über
neun Zäune in der scherzhaften Bestimmung, wie ein impotenter Mann sei-
ner Frau zu ihrem fräulichen Recht verhelfen soll. Er soll sie über neun
Zäune oder Erbzäune (Weist. 3. 48. 70. 311)' auf seinem Rücken tra-
! seven erftuine Weist. 3, 42.
52 K. WeEınmonn:
gen und die Nachbaren rufen, dafs sie ihm seines Weibes Not helfen
wehren.
So ist denn über neun Zäune gleich bis ins neunte Haus. Neun Nach-
baren sollen der Frau die Nachbarhilfe thun.
Nach elsässischem Glauben kann man dem Vieh den Milehnutzen weg-
nehmen bis ins neunte Haus, wenn man ihm falsches Futter bringt (Stö-
ber, Zur Geschichte des Volksaberglaubens aus Geilers Emeis S.65)'.
Auf neun Dörfer wird entsprechende Raumbestimmung ausgedehnt in
der wallonischen Legende von der heil. Rolande. In Gerpinnes im Hene-
gau solte ein junges Mädchen zur Heirat gezwungen werden. Es entfloh
deshalb aus seinem Dorfe, wanderte durch neun Dörfer und starb in Villers-
Potteries an einer Quelle. Zu seiner Ehre wird la chässe de sainte Rolande
noch jetzt von Gerpinnes aus in feierlicher Prozession begangen (Harou,
Contributions au Folklore de la Belgique. Paris 1892. S. 4r).
Das Glück komt von ungefähr wol über go Stunden, sagte Grimmels-
hausen im Simplieissimus.
Wie die Länge, so mals man auch Höhe und Tiefe durch Neun.
Der Lehmriese Mockrkälfi. den die Riesen beim Zweikampf mit dem
Donnergott dem Hrungnir als Hilfe zur Seite stellten, war neun Rasten
hoch gemacht und drei Rasten breit über die Hüften.
Neun Stufen gehn zur Höle der Wilden Fräulein im Oetzthal zwischen
Kropfbüchel und Unterastlen hinab (Zingerle, Sagen. 2. A. Nr. 67).
In der Nähe des Bauler Kläuschen unweit Vianden in Luxemburg
liegt ein Schatz neun Fufs tief in der Erde (Gredt, Sagenschatz d. Luxemb.
Landes S. 38).
Der Donnerkeil fährt neun Klafter tief in den Erdboden (Leeb, Sagen
N.-Oesterr. Nr. 3. Baumgarten, Aus d. Heimat ı, 58). Neun Klaftern wird
in einem Segen einer S. Blasier Hs. (Anfang d. XVII. Jh.) der wilde Schols
(Elbenschufs) in die Erde besehworen (Mone, Anzeiger VI, 470).
In den untersten Tiefen liegt nach isländischer Vorstellung, wie die
Gylfaginning sie giebt, Niflhel, die neunte Welt (vgl. auch Wafthrudn. 43).
Damit sind wir zu den neun Welten der nordgermanischen Mythologie
gelangt. In den südgermanischen Quellen findet sich von ihnen nichts,
und so sind sie von den Forschern, die einen guten Theil der isländischen
ı Durch den nuindesten zun brauchte Geiler in seinen Predigten, Scherz-Oberlin
Glossar 1139.
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 53
Mythologie auf die Rechnung kristlicher und gelehrter Einflüsse schreiben,
besonders von E. H. Meyer (Die eddische Kosmogonie 61 ff. German. Mythol.
ı91) aus der Lehre der Kirchenväter abgeleitet worden.
Schon Augustinus (de genesi XII, 17) nahm neun Himmel an: Gregor
d. Gr. und Isidor von Sevilla ordneten die Engel in neun Chöre oder
Himmel. was von späteren wiederholt ward. E. H. Meyer lehrt dann
ohne weiteres: »Die Neunzahl der lleime ist christlich. Denn Honorius
von Augustodunum kannte auch sowol «drei Himmel wie neun Himmels-
sphären«. Damit wird dieser ganz unbedeutende Compilator aus der Zeit
K. Heinrichs V., der eine Zeit lang in der Geschichte der deutschen Litteratur
des ı1. 12. Jahrh. eine unverdiente Rolle gespielt hat', als vernichtender
Zeuge in die Streitsachen der germanischen Mythologie hingestellt!
Die neun Welten werden aufser in der Gylfaginning erwähnt in der
Woluspa 2 (hier zusammen mit den ividir, den Weltbäumen oder Stützen
der Welt), in den Wafthrudnismäl 43 und in einer eingeschobenen Strophe
der Alwısmäl (8-9).
Schon Kenner des indischen Alterthums haben auf vedische Drei-
theilung der Welt hingewiesen (Zimmer, Altindisches Leben S. 358), und
wie aus diesen drei Welten von selbst durch Dreifachung neun Welten
hervorgehn. Nach der Lehre der Parsen gab es drei Himmel, drei Mittel-
stationen und drei Höllen (Kaegi, Neunzahl S. 18). also zusammen neun
Welttheile. Die Dreitheilung der Welt ist auch griechisch und wahrschein-
lich auch germanisch gewesen’: die neun entstunden auf dem Wege der
Steigerung daraus. Die Neun finden wir auch bei den Römern: novem
orbibus vel potius globis connexa omnia (Cicer. republ. 6, 17). Neun eireuli
umschliefsen nach Servius ad Aen. VI, 426. 439.533 das Elysium.
Dafs die Neun in den Raumbezeiehnungen germanisch ist, habe ich
gezeigt. Es sei aber noch besonders darauf hingewiesen, dafs jedes Viertel
Islands in drei Gerichtsbezirke, Pingsöknir, zerfiel, jede Pingsökn in drei
godord, sodals also jedes Landviertel neun Tempelbezirke besafs, mit Aus-
nahme des Nordviertels, das aus besondern Gründen vier Pingsöknir grofs
war (K. Maurer, Bekehrung II, 210. Th. Möbius, Ares Islendingabök S. 56).
' J. Kelle wird dem nun wol ein Ende gemacht haben (Gesch. der deutschen Litte-
ratur 2, 92).
® Konr. Maurer, Bekehrung des Norweg. Stammes 11.8, Anm.ı7 vermutete das
schon und stellte Asgard, Midgard, Utgard als die drei ältesten Welten hin.
54 K. WEIınHouLD:
Dem in neun Heime getheilten Weltgebäude vergleicht sich nun auch
das in neun Fache zerlegte Menschenhaus, bezeugt durch das Emsigoer
und Hunsingoer Friesenrecht (Richthofen 42, 9).
So möge denn der Zeuge Honorius abtreten!
Die mächtige heilige Zahl Neun wird als Mafsbestimmung auch im
gewöhnliehen Leben verwandt.
Die Stärke eines menschlichen Wesens neunmal genommen ist sprich-
wörtlich. Das älteste Beispiel giebt wol die Geschichte von Odins unrühm-
licher Erwerbung des Odrerir, wie er in menschlicher Verhüllung, um in
den Dienst des Riesen Baugi zu kommen, dessen neun Mähder zu Tode
bringt und dann in der Heuernte statt ihrer Neunmännerwerk (niu manna
verk) verrichtet (Bragaroed. 62).
Als Landmals komt in Sehenkungsurkunden vor: so viel Wiesenland
als neun Männer an einem Tage mähen können (Schannat, hist. Wormat.
1,129. a.1181). Als Gewicht: eine Bürde dürren Holzes soll so grols sein,
dafs ein mann deren neun tragen könne von Üönen bis Trier (Weist.
2,87).
Neun Männer Stärke mufs ein Weib bei Geburt eines Kindes haben,
sagt man in Oberösterreich (Baumgarten 3, 21. Anm. 2).
Neunfache Wirkung gewöhnlicher Heilkräuter hatten «die Kräuter zu
heiligen Zeiten, wie wir früher S. 10-13 gesehen haben. Aber auch einzelnen
Pilanzen, die grofses Vertrauen genossen, wie Schafgarbe und Huflattich,
schrieb man das heilige Kraftquadrat zu, wovon sie den Namen Neunkraft.
Negenkraft, Neunkraftwurzel, Neunkraut trugen (Grimm, D.Wb. VII, 653.
Sehiller-Lübben, Mnd.Wb. II, 169”). Neumannskraft heifst livländisch
die Königskerze (verbascum th.), Neunherr livländisch das Hexenkraut, mauscus
terrestris (v. Gutzeit, Wörtersehatz der deutschen Sprache Livlands II, 257).
Die Vervielfachung der körperliehen Glieder zum naiven Ausdruck des
Überragens menschlicher Art ist aus den Mythologien bekannt. Die ger-
manische kennt die 900 Köpfe der riesischen Ahnfrau des alten Himmels-
gottes Tyr (Hymisqu. 8).
Von Herrn Nägenkopp, einem menschenfresserischen Ungethüm, er-
zählt ein holsteinisches Märchen (Müllenhoff 8.450).
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 55
Neun Herzen haben. ist ein Lob bei unsern mittelalterlichen Diehtern.
Reinmar von Zweter rühmt den Erzbischof Siegfried III. von Mainz als
einen niunherzigen man. Dafs er drei Fürstensitze einnehme, sei kein
Wunder, aber dafs er niunherzeeliche leben könne mit einem einzigen
Leibe, überrasche (Spruch Nr. 228). Von mystischen Auslegern wurden die
sprichwörtlichen neun Herzen auf neun geistliche Eigenschaften gedeutet
(Haupt Z. f. d. A. 2, 541). Neunherz ward Familienname, wie ihn der
schlesische Kirchenliederdichter Johann Neunherz (1653— 1737) führte.
Neunäugig (negenögd, Doornkaat, Östfries. Wh. 2,645) wird von sehr
scharfsichtigen, alles bemerkenden. neunhäutig von durchtriebenen Leuten
gesagt. »Ein vielerfahrener und durchtriebener, neunhäutiger schlauer po-
litieus und kluger Weltmann: ein Schalk oder neunhäutiger Gast in der
Haut«, heifst es in Zusätzen zum Simplieissimus (Kellers Ausg. I, 47. 202).
Etliche Weiber sind von newn heuten, sagte Hans Sachs (V. 233, 5), und
wie es gemeint ist, ergiebt sich aus seinem Gedicht: Die neunerley hewt
einer poesen frawen samt jrer neun eigenschaften (V. 232. Fabeln und
Schwänke, herausg. von Goetze I. n. 54). Des neunhäutigen und hain-
buchenen Bauernstands und Wandels übel sitten- und lasterprob von Ve-
randro aus Wahrburg, spricht schon im Titel die Bedeutung des neun-
häutig aus.
Niederdeutsch heilst von je ein sehr böses Blutgeschwür negenhüde,
negenoge (Schueren, Teutonista uitgeg. door Boonzajer, 181. Mnd. Wörterh.
II, 170: Brem. Wb. III, 22
sich abblättern. bis es heilt.
9. Doornkaat II, 645). Neun Häute müssen
»Dir mutte erscht nägen Felle aftrucke wern«, sagt man in Hinter-
pommern von einem schlimmen Kerl, wie von einem überschlauen: Dei
is ok nägnen to klauk (Knoop, Sagen aus Hinterpommern S. IX). Ein
soleher Überkluger heifst denn auch niederdeutsch nägenklök. neunklug.
oder in Fr. Reuters Platt nägenklauk (un 'n beten hürt hei tau de Nägen-
klauken, Läuschen u. Rimels). Turnvater Jahn nahm neunklug in das
Deutsch seiner Merke zum deutschen Volksthum auf. Die Leipziger Mund-
art hat neunklug und neunhäutig (Albrecht, Leipz. Ma. 175).
Gleichbedeutend dem neunklug ist neungescheit, das ziemlich ver-
breitet ist (D.Wb. VII, 682). neundrähtig (ebd. 680), neunschälkig (683).
Neunfältig steht dem emfältig in Sprichwörtern des 16. 17. Jahrh. gegen-
über (D.Wb.VI, 682). Alle diese neundrähtigen, neunfältigen, neunhäu-
6 K. WEINuUOoLD:
tigen, neunschälkigen können Neun- und neunziger werden. Der Spate
(Gasp. v. Stieler) karacterisirt die Neun- und Neunziger als proditores.
sycophantae (Teutscher Sprachschatz Sp. 1352). Alle diese Gesellen sind
neunfache Teufel, Neunteufel: das Wort ist auch Familienname geworden,
wozu es das Sachsenhäuser Schimpfwort Neunmolös (neunfaches Aas)
schwerlich gebracht hat.
Von dem Neunäugigen gilt das von Seb. Franck verzeichnete Sprich-
wort: Du siehst schärfer denn ein fränkischer Reuter, der siehet durch
einen neunfachen Kittel, wieviel Gelts einer im Seckel hat.
Ein Hauptmanns Fluch etzt gar durch neun Harnisch, wie ein Fuhr-
manns Gebet Schiff und Wagen treibt, sagt Fischart im Gargantua.
Die neun bezeichnet eben überall ein tüchtig Mafs und tüchtige Ver-
steifung.
Den Zauberzweig Laevateinn verwahrt eine eiserne Lade mit neun
Schlössern (halda niardlasar nıu, Fiolsvinnsmäl 26)'. Entsprechend heifst
es in einem Weistum (1.139): die wynreben zu Wülflingen sollend also
in gutem frid sein und ligen als ein gut in nün ettern (Zäunen d.i. ein
aufs stärkste umfriedeter Hof).
Wir reihen andre Verwendungen der Neun in Mafsbestimmungen an.
Die Kleinheit der Zwerge bezeichnet eine brandenburgische Sage so,
dafs ihrer neun in einem Backofen hätten dreschen können (Kuhn-Schwartz,
Nordd. S. Nr. 120,1).
Ein neugeborenes Kind mufs nach oberpfälzischer Meinung mindestens
neun Pfund wiegen, ein Pfund auf jeden Monat (Schönwerth 1,179).
Neun Becher mögen auch den Deutschen als Mafs eines sittigen Trin-
kers gegolten haben, wenn man den hinterpommerschen Spruch: de erschten
nägen sind de schlimmsten, recht versteht und sich des horazischen Tribus
aut novem miscentur eyathis pocula commodis (carm. II, 19)” erinnert.
Hans Sachs, der die alte volksthümliche Neun, wie wir schon früher S.7
bemerkten. oft anwendet. handelt u.a. von den neun Geschmeck im ehe-
liehen Stant (Fabeln und Schwänke herausg. von Götze. I. Nr. 54), von
den neun Verwandlungen im Ehestant (ebd. Nr. 129), von den neun lester-
' In einem lettischen Hochzeitliedehen ist die Braut, nach der gesucht wird, mit neun
Schlüsseln in der Klete eingeschlossen: Em. Bielenstein, Wie die Letten gefreit haben
S.ırı (Riga 1896).
® Dazu Wölfflin, Archiv IX, 330.
N
1
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen.
lichen Stuek eines Mannes (ebd. Nr. 22). von den neun verpotten Speis (ebd.
Nr. 324). von den neun Lehr im Bad (ebd. Nr. 305), von den neun groben
Fragen', von der bös Gesellschaft mit ihren neun Eigenschaften (Keller
III, 444), von den neun Stuck der Armut (Keller XX, 499). In andern
Gedichten des Nürnberger Meisters drängt sich die Sieben, wie sonst im
16. Jahrhundert hervor.
Der Tiroler Kapuziner Heribert von Salurn predigte über die neun
fremden Sünden (Dominieale concionum pastoralium I, 269-322) d.h. über
neun verschiedene Weisen, wie man fremde Sünden unterstützen könne.
Fisehart bietet die Neun auch in mancherlei Redensarten, z.B. in
seiner Geschichtklitterung: deiner neun frifs ich zur Morgensupp (S. 140
der Hallischen Ausgabe von 1891); ich süff dieh dafs du neunerley Treck
schissest wie ein Leidhund (8.150); hiefs sie sich ins grass strecken dafs
sie neun ffils von sieh streekt (S. 154); dafs es wol neuntzig küen hett
vergeben mögen (S. 157); aber er war mechtig lustig, war über neun Leuten
und neuntzig Affen mit seim Volek (S. 258).
Neunmal etwas thun umschreibt formelhaft oft wiederholtes thun: &
wolt ich niunmäl sterben. heifst es in einem Gedicht der Hätzlerschen
Sammelhandschrift 291, 56.
Ein junger Man kan neunmal verderben und dennoch genesen, liest
man in Agricolas Sybenhundert und fünftzig teutscher Sprichwörter (1534.
Nesat),
De möt ok nägenmol bi Petrus ankloppen, sagen Mecklenburger von
einem dem Tode nahen, meine Zeitschrift 4, 189.
Das Verhältnis von 3:9 tritt auch im Zahladverb hervor. Im Rein-
hart Fuchs 2244 heifst es vom sterbenden Löwen: sin houbet sich endriu
spielt, enniuniu sich sin zunge vielt.
Ein echter Sachsenhäuser Fluch mache den Schlufs dieser Reihe: neun
un neunzig Stick Steube (Staupenschläge) sollste krin (Firmenich 2, 72).
Nachdem wir die grofse Bedeutung der Neun durch die verschieden-
sten Gebiete verfolgt haben, bleibt noch übrig, ihre Spur in dem Rechts-
leben zu finden.
! Neun Fragen werden in dem siebenb. sächs. Märchen der Erbsenfinder (Haltrich,
Volksmärchen aus dem Sachsenlande, 3. A. Nr. 33) gestellt.
Philos. - histor. Abh. 1897. Il. b)
58 K. Weısmor:
Wir haben sie bereits (S. 47) am Beginn des Lebens in der neuntägigen
Frist zur Namengebung erkannt, mit der die Erbberechtigung eintrat. Wir
finden sie dann in der Berechnung der Sippe zu neun Gliedern. Die Rechte
und die Pflichten der Blutverwantschaft konten nieht in das unendliche
ausgedehnt werden; sie musten an einem bestimten Gliede abschliefsen.
Dasselbe wird verschieden genommen, als das fünfte, sechste, siebente Knie
(«@rimm, RA. 468. Brunner, D. Rechtsgeschichte 1,217). Im merwingi-
schen State galt das neunte als das letzte heranzuziehende nach Gregor von
Tours (hist. Frane. VII, 2: tune rex juravit quod non modo ipsum -Eber-
ulfum-verum etiam progeniem ejus in nonam generationem deleret). Zu
dieser Stelle ist schon von Heinr. Brunner auf Willems Reinaert 1,2538
verwiesen worden, wo es heifst, dafs alle Verwandten Reinaerts bis zum
zehnten Gliede (die hem ten tienden lede siin belanc) seine Falschheit
bülfsen sollen. Verwandte (fründe) bis tom neggeden lede kennt das Hof-
recht von Loen $64, und das alte Engelberger Hofrecht (Weist. ı, 2) be-
stimmt, dafs die dortigen Gotteshausleute ihre Lehen unz an das niunde
geslehte vererben dürfen.
Süd- und nordgermanische ins übersinnliche greifende Meinungen be-
weisen die tiefe Wurzelung der neun Sippeglieder. Jeder neunte (oder sie-
bente) Stamm eines Schmidts mufs die in Rosse verwandelten Pfaffenköchin-
nen mit Eisen beschlagen (Zingerle, Sitten und Meinungen des Tiroler
Volkes Nr. 690).
Eine beleidigte Salige (Bergelbin) legte auf eine Bauernfamilie in Bar-
bian im untern Eisakthal Armut bis in den neunten Grad (Zingerle, Sa-
gen, 2A, 8599).
Nach einer feröischen Sage verspricht der Huldermann der Hebamme,
die seinem Weibe in Kindesnöten beistund, Glück bis ins zehnte Glied
(meine Zeitschrift 2,1). Ein verschmähter Freier auf Island hatte seinem
glücklichen Nebenbuhler und dessen Frau ein Gespenst zugeschickt, das
ihnen bis ins neunte Glied folgen solte (meine Zeitschr. 6, 384, Anm. 4).
So geschehen in unserm Jahrhundert.
Aufserhalb des germanischen Kreises tauchen die neun Verwandtsehafts-
glieder auch auf. Nach dem Avesta richtet ein unbulfsfertiger Sünder seine
Sele zu Grunde bis ins neunte Glied, d.h. die Selen seiner Nachkommen
bis ins neunte Geschlecht (Kaegi, Neunzahl 19 = 68). Die Wichtigkeit
der Dreizahl beim vedischen Ahnen- oder Manenopfer (Vater, Grofsvater,
mu.
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 59
Urgrofsvater), und die Drei- und Neunzahl in dem dazu gehörigen Ritual
ist auch zu erwägen (Kaegi 20 = 69)".
Im Litauischen wird ein weitläufiger Verwandter das neunte Wasser
vom Hafermehlbrei genannt (Schleicher, Litauische Märchen S. 185).
Selbst aufserhalb des arischen Volkskreises finden wir entsprechendes.
Nach magyarischem Brauche müssen neun Verwandte als Helfer bei Hei-
lung eines Verwandten thätig sein (Wlisloeki, Aus dem Volksleben der
Magyaren S. 144).
Die Neunzahl tritt sodann in dem Feuerordal auf, bei dem Tragen des
glühenden Eisens oder dem Schreiten über glühende Pilugscharen, worüber
die lex Anglorum et Werinorum, eine angelsächsische, dem König Äthel-
stan (7 941) von einigen zugeschriebene Verordnung (Schmid 414), so wie
eine nach England gehörige lateinische Exorcismusformel (Schmid 419).
eine fränkische formula liturgiea (Walter Corp. II, 574). eine Reihe frie-
sischer Küren (Richthofen 35,14. 76,10. 77,3.14. 336,26) und das äl-
teste Schonensche Recht Bestimmungen enthalten.
Das glühende Eisen mufs neun Fufs weit (ad novem pedum mensu-
ram. — novem vestigiis procedens) getragen werden, oder der beklagte mufs
mit blofsen Fülsen über neun glühende Pflugschare, die je einen Fufs von
einander liegen, schreiten. Uns geht die Neunzahl hier an, die ganz ebenso
in den entsprechenden altindischen Anordnungen sich findet, wo auch beide
Arten bestehn, einmal das tragen einer glühenden Kugel durch 7-9 Kreise,
deren jeder einen Fuls vom andern absteht; zweitens das feste langsame
barfülsige Schreiten über (meist) neun glühende Eisen, die je einen Schritt
von einander liegen (Kaegi, Alter und Herkunft des germanischen Gottes-
urtheils S. 48). Der Zweifel an der volksthümlich-germanischen Natur der
Gottesurtheile ist durch die vergleichende Untersuchung Kaegis widerlegt,
und nicht minder die Neunzahl als indisch und germanisch bezeugt worden.
Sie ist altheilig und in engem Bezuge zu den unterirdischen Sühngottheiten.
In demselben Boden wurzeln die neun Eide friesischer Küren (Richt-
hofen 214,14. 332.9. 31) in Strafsachen’; ferner die nün from redlich man,
! Spiegel in Webers Indischen Studien 3,449 rechnete 9 Verwandtschaftsglieder
heraus, die zu den nabänazdista (näbhänedishtha) gehören. Vgl. auch A. Weber, Episches
im Vedischen Ritual S. 44.
® Das gewöhnliche war der Zwölfereid. Brunner, Rechtsgesch. II. 384. Aufdie Grund-
zahl drei, deren heilige Steigerung die 9 ist, deuten Bestimmungen der L. salica über die
60 K. WEınworLD:
die beim Bahrgericht 1503 in Luzern genannt werden (Baechtold in den
Roman. Forschungen V,227); ferner die neun Zeugen, die in schlesischen
Grenzprozessen des 16. Jahrhunderts den Schwur unter dem Rasen ablegen
müssen (meine Zeitschrift 3, 224).
Bei Verhandlung über Totschlag mulste der Beklagte nach Westerlawer
Gesetz (Richthofen 413,12) neunmal (nyoghen hwara) von dem Schult-
heifsen vor Gericht geladen werden.
Den neunfachen Wert des Streitobjeets setzt die Lex Burgund. 8,2.
45. 80,2 auf falschen Eid.
Die Steigerung der 3 zu 9 im Rechtsgang ist hinreichend bekannt:
die Fristen, die Zeugen, die Bufsen werden verdreifacht (l. Sal. LI. de rem
prestitam. XXXIX, 2. Walter III, 556).
Neun Jahr und neun Tage (Weist. 1,46) oder neun Jahr und zehn
Laubrisen (Herbste') Weist. 1,172. gelten in Schweizer Hofrechten als Frist,
innerhalb der ein Kaufanspruch erhoben werden kann und nach der das
Ersitzrecht unanfechtbar wird.
In Kent galt, dafs, wenn der Inhaber von Rentengütern dieselben durch
sehlechte Rentenzahlung verwirkt hatte, er sie zurückgewinnen konte, wenn
er den neunfachen Rückstand erlegte*.
Mehr als einmal haben wir neben der Neun eine Zehn, weit häufiger
die Sieben auftreten sehen. Die Dekade liegt der Enneade ganz nahe und
kann nur als kleine Erweiterung genommen werden, wie umgekehrt neun
und acht sich oft berühren. Die Zehn kann aber auch kirchliche Verbesserung
der heidnischen Neun sein. wie die Bemerkung des h. Hieronymus zu
Aggai 2.11.19 ergiebt: noni mensis numerus nusquam in bonam partem
legitur, wozu man die Worte Gregors d. Gr. Moral. 35.42 halte: denarius
numerus perfeetus est, quia lex in X. praeceptis coneluditur (vgl. Wölfflin
Archiv IX, 341).
Wie die Sieben in Italien durch den griechischen Einflufs gegen die
Neun vorgedrungen ist, hat Wölfflin (Archiv IX, 344 fl.) nachgewiesen.
tres seniores unter den Eideshelfern, und die tres aloarii einer fränk. Formelsamlung,
Brunner II, 386.
Vel. meine Dentsehen Monatnamen. Halle 1869. S.48.
® Polloch and Bastlund, History of the English Law 2,269. Mittheilung H. Brunners.
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. 61
Mindestens seit Sulla trat die griechische Sieben in der römischen Litteratur
in den Vordergrund. Da nun aber bei den Hellenen die Neun auch uralte
mystische Bedeutung hatte, so mufs auch bei ihnen die Sieben erst
durch fremden Einflufs empor gekommen sein, und das ist der semitisch-
orientalische.
Die jüdische Sieben drang dann als herrschende Zahl auch in die
christliche Kirche ein. Der h. Hieronymus zu Amos II. 5, 3 nennt den
numerus septenarius den numerus sanctificatus atque perfeetus et ut ita
dicam verus numerus. Demgemäfs herrscht die Sieben in der ganzen
kirchlichen Litteratur und in den Ceremonien, wo es sich um Zahlensym-
bolik handelt (Wölfflin IX, 347: J. Kelle, Geschichte der deutschen
Litteratur II, 126f. 327 £.).
So erwuchs denn auch in den deutschen mystischen Gebräuchen und
von hier aus auch im Profanen der alten indogermanischen Neun ein sehr
gefährlicher Nebenbuhler in der kirchlichen Sieben. Dafs dieselbe aber
nicht vollen Sieg gewann, dafs die Neun wol beschränkt, aber nicht ver-
nichtet werden konte auf dem Gebiete, das wir durchwandert haben. das
haben unsre Samlungen und Ausführungen bewiesen.
Philos.- histor. Abh. 1897. 11. I
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Berichte des Secretars der brandenburgischen Societät
der Wissenschaften J. Th. Jablonski an den Präsi-
denten G.W. Leibniz (1700-1715) nebst einigen
Antworten von Leibniz.
Von
H”" ADOLF HARNACK.
Philos. - histor. Abh. 1897. III. 1
Ir x . “ fY 1)
Gelesen in der Sitzung der phil.-hist. Classe am 13. März 1897
[Sitzungsberichte St. XV. S. 275].
Zum Druck eingereicht am 15. Juli, ausgegeben am 9. August 1897.
|F dem auf der K. öffentlichen Bibliothek zu Hannover aufbewahrten Brief-
wechsel von Leibniz befinden sich auch die Berichte, die J. Th. Jablonski
als Seeretar der brandenburgischen Societät der Wissenschaften an den Prä-
sidenten Leibniz regelmäfsig abgestattet hat!. Leibniz lebte in Hannover
und leitete von dort aus die neugestiftete Societät. Der Secretar war durch
sein Anstellungsdecret vom 6. Oct. 1700 verpflichtet”, »nomine Soeietatis die
Correspondenz mit dem Praeside zu führen«. Aber auch Leibniz hatte die
Pflicht übernommen, mit der Societät regelmäfsig zu correspondiren°, da er
als kurfürstlich hannoverscher Beamter nur selten in Berlin anwesend sein
konnte. Beide Männer haben die übernommene Aufgabe mit Gewissenhaftig-
keit erfüllt, und wenn der Briefwechsel nicht reichhaltiger ist, so liegt das
an den dürftigen Umständen, in denen sich die Societät der Wissenschaften
befand. Der Vorwurf, Leibniz sei in seinem Verkehr mit der Societät lässig
gewesen, trifft höchstens für die letzten drei bis vier Jahre seines Lebens
zu; aber nach allem, was er trotz unermüdlicher dreizehnjähriger Arbeit
erfahren hatte, ist das nicht verwunderlich. Es kam dazu, dafs es wenig
zu berichten, also auch wenig zu beantworten gab; denn die Societät war
»in einen gewissen languorem verfallen «.
Wie eifrig er bestrebt gewesen ist, den Zusammenhang mit der Societät
aufrecht zu erhalten, sie zu fördern und in die Höhe zu bringen, zeigt un-
widersprechlich die Thatsache, dafs in 16 Jahren mindestens 5-600 Briefe
! Siehe E. Bodemann, Der Briefwechsel des G.W. Leibniz in der K. öffentlichen
Bibliothek zu Hannover (1889) S. or f.
®? Concept im Geh. Staatsarchiv, Abschrift im akademischen Archiv.
® Siehe das Decret seiner Bestallung bei Klopp. Werke von Leibniz, 10. Bd. S. 328 ff.
(Original in Hannover).
1*
4 A. Harnack:
über Angelegenheiten der Societät von Berlin aus an ihn gerichtet worden
sind, und dafs er selbst gewifs nicht viel weniger in Societätssachen dorthin
geschrieben hat. Die Mehrzahl jener ist — gröfstentheils auf der K. Biblio-
thek zu Hannover — noch erhalten; die Mehrzahl dieser ist untergegangen.
Leibniz’s Correspondenten in Berlin waren, aufser dem Secretar, dessen Bruder
— der Hofprediger D. E. Jablonski' —, der Archivrath Cuneau [Chuno]”,
der Legationsrath Aneillon°, der Bibliothekar La Croze‘, der Buchhändler
Papen°, der Lehrer am Grauen Kloster Frisch, der Astronom Kirch und
dessen Gattin’ u. A. Dazu kommt die Correspondenz mit den brandenburgi-
schen Hof- und Staatsmännern von Wedel, Graf Wartenberg, von Fuchs,
von Tettau, von Hamrath, von Ilgen, Spanheim, von Printzen u. A:
Die beiden Jablonski’s waren Enkel des Amos Comenius; der Secretar
war der ältere (geb. am 15. Dec. 1654) und stand bereits im 46. Lebensjahr,
als er sein Amt antrat, für welches Leibniz ursprünglich den Mathematiker
Naude ins Auge gefafst hatte. Es war nicht ganz glücklich, dals zwei
Brüder neben Leibniz die Societät regierten; denn der Vorwurf der Üliquen-
! Der Briefwechsel (älterer Theil) ist von Kapp (Sammlung einiger vertrauter Briefe...
zwischen ... G.W. von Leibnitz und dem Hofprediger Hrn. D.E. Jablonski u. s. w.; Leipzig
1745) herausgegeben worden; die zahlreichen späteren Briefe sind in Hannover, wo ich sie
excerpirt habe, und werden demnächst von Kvacsala publicirt werden (vgl. Bodemann,
a.a. 0. S. 100 f.).
2 Einige Briefe sind in Oerlichs’ »Berlinischer Bibliothek « ı. Bd. 1747 erschienen,
die Mehrzahl liegt in Hannover, wo ich sie durchgesehen habe (Bodemann S.4r).
3 Einige Briefe sind bei Feder, Commerce. epist. Leibnitii gedruckt; die Mehrzahl liegt
ungedruckt in Hannover, wo ich sie durchgesehen habe (Bodemann S. 5).
* Einige Briefe sind bei Kortholt, Leibnitii epp. ad diversos etc. I S. 373 ff. und im
Thesaurus epistolicus Lacrozianus 1742 ff. abgedruckt, die Mehrzahl liegt ungedruckt in Han-
nover (Bodemann S.ı25). Durch die Güte des Herrn Oberbibliothekars Bodemann be-
sitze ich eine Abschrift derselben.
5 Die Briefe sind in Hannover, ein paar auch im akademischen Archiv (Bodemann
S. 216).
$ Diese Briefe befinden sich in Hannover (Bodemann S.63 f.) und sind mit grolser
Sachkunde hrsg. von L.H. Fischer im Archiv der »Brandenburgia« 2. Bd. 1896.
7 Diese Briefe befinden sich theils in Hannover (Bodemann S.113), theils in der
Bibliothek des Joachimsthalschen Gymnasium zu Berlin, wo ich sie durchgesehen habe.
5 Siehe Bodemann unter diesen Namen. Einige Briefe an Staatsmänner befinden sich
auch im akademischen Archiv. Von den Briefen an die Staatsmänner sind die wichtigsten
gedruckt bei Klopp, Werke, ı0.Bd. Auch einige Briefe an den König sind vorhanden,
dazu ein Theil der reichen Correspondenz mit Sophie Charlotte und ein paar Briefe an
Frl. von Pöllnitz.
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ur u eier 4 ee
Az
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briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 5
Wirthschaft konnte leicht erhoben werden und ist erhoben worden. Aber
beide waren rechtschaffene Männer von ruhigem Temperament, und ihre
Unparteilichkeit wurde bald allgemein anerkannt.
J. Th. Jablonski war kein bedeutender Gelehrter, ja man kann ihn über-
haupt kaum einen Gelehrten nennen; er war ein geschätzter Pädagog — als
Prinzenerzieher und fürstlicher Secretär war er thätig gewesen und hatte
vor seiner Berufung nach Berlin ıı Jahre in Barby am sächsisch - weilsen-
fels’schen Hofe zugebracht —, kannte Holland und England und verfafste
Schulbücher, eneyklopädische Werke, Elogien, auch eine Übersetzung von
Taeitus Germania. Seine »Geschichte der Thorner Unruhen 1724« ist ins
Französische übersetzt worden'. Er war im Stande, den Wissenschaften
gleichsam als Buchhalter zu folgen, ohne ein tiefer gehendes Interesse für
sie zu verrathen. Der Societät hat er durch seine Gewissenhaftigkeit und
Ordnungsliebe unschätzbare Dienste geleistet, aber ein bedeutenderer Mann
an dieser Stelle wäre sehr nöthig gewesen. Er war nicht nur Secretar,
sondern auch Archivar, Protocollant, Schatzmeister, Kassirer und führte die
Aufsicht über die Unternehmungen der Societät, besonders über die Heraus-
gabe der Kalender. Nur die Herausgabe der Abhandlungen der Societät war
einem Anderen (zuerst dem Archivrath Uuneau im Verein mit Leibniz)
übertragen; auch verfafste nicht er, sondern sein Bruder, der Hofprediger,
bez. der Archivrath Cuneau die Eingaben an den König und die wichtigen
Schreiben. Als er am 28. April 1731 im 77. Lebensjahr starb, dichtete
Noltenius auf ihn folgende Grabschrift?:
»Gottesfurcht, ohn Heuchelei,
Wissenschaft, ohn Prahlerei,
Liebes-Werke, im Verborgen,
Klugheit, ohne eitle Sorgen,
Redlichkeit, die Probe hält,
Ernst, der nicht beschwerlich fällt,
Manches Leid, doch ohne Klagen,
Grolsmuth, die nieht kann verzagen,
Und was sonst die Welt nicht kannt’,
Lieget hier verscharrt im Sand«.
Da die Societät von 1700 bis zum Januar 1711, d.h. bis zu ihrer
wirklichen Einrichtung, nur selten und nicht regelmäfsig Sitzungen abge-
- halten hat und die Protocolle im akademischen Archiv fehlen, so ersetzen
! Siehe Allg. Deutsche Biographie, 13. Bd. S. 525 f.
2 Im Druck erschienen, ein Exemplar im akad. Archiv.
6 A. HAarnNAck:
uns die Berichte J. Th. Jablonski’s an Leibniz dieselben, haben also für die
Urgeschichte der Societät einen unschätzbaren Werth, so wenig sie in die
Tiefe der Angelegenheiten eindringen. Wir sind aufserdem in der glück-
lichen Lage, ihre Vollständigkeit für den Zeitraum vom ı. Nov. 1700 bis
zum 30. Dec. 1710 urkundlich eontroliren zu können. Das akademische Ar-
chiv besitzt nämlich noch das von J. Th. Jablonski geführte »Diarium So-
cietatis Scient. Brandeb.« für diese Zeit. In ihm sind Tag für Tag die ab-
gegangenen und angelangten Briefe verzeichnet. Es ergiebt sich aus ihm,
dafs Jablonski vom 13. Nov. 1700 an (das ist das Datum des ersten Briefs)
bis Ende Dee. 1710 einhundertzwanzig Briefe an Leibniz geschrieben hat.
Von diesen besitzen wir 106, nämlich 10 in der Sammlung von Kapp ge-
druckt', 96 in Hannover bisher ungedruckt. Aufserdem aber sind in Han-
nover noch 2 Briefe von Jablonski an Leibniz aus dieser Zeit, die er im
Diarium anzumerken vergessen hat, und 3 andere stehen in der Sammlung
von Kapp’. Es fehlen also nur 14 Briefe von Jablonski”; doch mag noch
einer oder der andere im Diarium vergessen sein.
Viel ungünstiger steht es mit den Briefen von Leibniz an Jablonski.
Das Diarium ergiebt, dafs Jener an Diesen bis zum December 1710 etwa
neunzig Briefe geschrieben hat; davon sind uns nur 5 erhalten — denn
Leibniz pflegte bei solchen Briefen kein Concept zu machen —, nämlich 3
(die drei ersten) in Kapp’s Sammlung (gedruckt), ı in Hannover (unge-
druckt) und ı (der Brief vom 24. März 1701) im akademischen Archiv (un-
gedruckt).
Für die Zeit vom Januar 1711 bis zum Juni 1715° vermögen wir die
Briefsammlung in Hannover nicht zu controliren, da im akademischen Archiv
für diese Zeit kein Diarium vorhanden ist. Jene Sammlung hat aus dieser
Zeit 44 Briefe von Jablonski (einer ist unter die Briefe von La Croze an
ı Es sind die 10 (+ 3) ersten, die nicht in die Bibliothek nach Hannover gekommen
sind; die hannoversche Sammlung beginnt mit dem Brief Nr.1ı7 vom 23. Aug. 1701. Kapp be-
nutzte, wie er selbst in der Vorrede erzählt, die von Christfried Kirch gesammelten, von
Jordan i.J.1733 ihm, Kapp, übergebenen Originale. Wohin sie gekommen, weils man nicht.
2 Es sind das die Briefe Nr. 2. 3. 6. 21. 27 unserer Ausgabe.
3 Es sind das Briefe vom 9. Aug. 1701, 1. Dec. 1703, 5. Mai und 28. Nov. 1705, 7. Juni,
6. und 27. Aug., 5. und 29. Nov. 1707, 25. Sept. und 2o. Oct. 1708, 23. Nov. 1709, 22. April
und 13. Dec. 1710.
* Hier bricht der Briefwechsel mit dem Secretar ab; denn dieser ging als Prinzen-
erzieher auf Reisen. An seiner Stelle schrieben nun bis zum Tode von Leibniz (14. Nov.
1716) der Hofprediger Jablonski und Frisch.
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 7
Leibniz gerathen, nämlich Nr. 160 vom 10. April 1714; ich habe ihn mit
veröffentlicht) und 2 von Leibniz (alle ungedruckt). Dafs nicht einmal die
Jablonski’schen Briefe vollständig sind, geht aus dem alten Inhaltsverzeichnils
des Leibniz-Faseikels im akademischen Archiv hervor. In diesem wird mit-
getheilt, dafs der Faseikel einen Brief von J. Th. Jablonski an Leibniz vom
14. Febr. 1711 enthalte: »Von der Bemühung der Societät in Ansehung der
teutschen Sprache und von einigen vorzuschlagenden Mitgliedern«. Der
Brief ist jetzt nicht mehr vorhanden und fehlt auch in der hannoverschen
Sammlung.
Die vier im J. Th. Jablonski-Faseikel dieser Sammlung enthaltenen Acten-
stücke, nämlich je ein Brief der Frau Astronomin Kirch und des Buch-
händlers Papen, sowie zwei königliche Erlasse (Nr. 87. 77. 68. 165), habe
ich mit abdrucken lassen, sowie zwei Briefe von Leibniz an den König und
den Oberkammerherrn (Nr. 109. 110) bei Gelegenheit der Übersendung des
1. Bandes der Miscellanea Berolinensia, die sich ebenfalls unter den Jablonski-
Briefen zu Hannover befinden.
Es sind also im Ganzen 168 Briefe, die hier veröffentlicht werden
(darunter 16 bereits gedruckte), und zwar 155 von Jablonski und 9 von
Leibniz. Die Abschriften habe ich durch gütige Vermittelung des Herrn
Oberbibliothekars Dr. E.Bodemann in Hannover, des ausgezeichneten Leib-
niz-Forschers, erhalten; ich sage ihm dafür meinen verbindlichsten Dank.
Das Diarium, welches zur Controle der Vollständigkeit der Jablonski-
Briefe dient, enthält trotz seiner Kürze manche für die Geschichte der So-
eietät wichtige Notiz — so zum 21.Febr. 1701 »mit H. Ferber geredet,
wegen eines Gemachs auf dem Berliner Rathhause zu denen Zusammen-
künften der Soeietät«; zu anderen Daten werden Zusammenkünfte der So-
cietät und der Ort, wo sie gehalten, vermerkt; zum 14. Juni 1701 wird die
Drucklegung der Epistola ad amieum verzeichnet; ebenso wird angegeben,
bei welchen Conferenzen Leibniz persönlich zugegen gewesen ist. Doch
würde es sich nicht lohnen, das Diarium zu publieiren.
Ich verzichte darauf, einen Commentar zu den Briefen Jablonski’s zu
schreiben', da die »Geschichte der K. Preufsischen Akademie der Wissen-
ı Alle Stücke, bei denen kein Fundort angegeben ist, stammen aus der hannöverschen
Bibliothek.
8 A. Harnack:
schaften«, welehe zum Jubiläum i. J. 1900 erscheinen soll, einen solchen
bringen wird. Einstweilen verweise ich auf die oben angeführte Publieation
des Briefwechsels von Frisch und Leibniz (von Fischer), aus der man
sich über den wichtigsten Inhalt auch des Jablonski’schen Briefwechsels
(besonders über die eitirten Personen) zu orientiren vermag.
1.
Jablonski an Leibniz.
13. November 1700.
[Kapp, Sammlung u. s.w. S.2ı1f.]
Nachdem ich in diesem Ort angelanget, die bey der Societät der Wissenschafften
mir gnädigst anbefohlne Funetion würcklich anzutreten, so habe meiner Schuldigkeit er-
achtet, Ew. Excell. solches hiemit gehorsamst zu hinterbringen. Und wie mir zu besondern
Ehren rechne, unter Ew. Excell. hohen Directorio solche meine Function zu verwalten, also
werde in Beobachtung sowohl gegen Ew. Excellenz schuldiger Ehrerbietung und gehorsamster
Ergebenheit, als im übrigen nöthiger Treue und Geflissenheit mich dergestalt zu erweisen
bemühet seyn, damit des in mich difsfalls gesetzten gnädigsten und hochgeneigten Vertrauens
nicht unwürdig angesehen werden möge. Zu dem Ende Ew. Excell. beliebige Befehle er-
warte, und unter gehorsamster Empfehlung zu beharrlicher Hochgewogenheit verbleibe u. s. w.
Berlin, den 13 Nov. 1700.
2.
Jablonski an Leibniz.
15. Januar 1701.
[Kapp, Sammlung u. s.w. S.287f.]
Ew. Excellentz gratulire in gehorsamster Ergebenheit wie zu der glücklich zurück-
gelegten langwierigen Reise, also zu dem eingetretenen neuen Jahr und wünsche von Hertzen,
dafs dieselben unter göttlichem Schutz und Seegen bey beharrlicher Leibesgesundheit und
in aller selbstverlangten Zufriedenheit den glorieusen Lauf Dero hohen Chargen und Verrich-
tungen zum Besten und Aufnehmen sowohl anderer, als insonderheit auch der Societät, zu
vielen Jahren in vollkommenen Wohlergehen continuiren, mir aber das Glück wiederfahren
möge, durch immerwährende wohlgefällige Proben meiner ergebensten Dienstgeflissenheit
dero hochgeschätzte Gewogenheit verdienen und mich derselben beharrlich versichern zu
können.
Was die Zeither bey der Societät vorgegangen, wird ohne Zweifel von denen andern
H. Herren Membris ausführlicher angezeiget werden. Es hat zwar der Mangel einer be-
quemen Gelegenheit, ordentliche Zusammenkünffte zu halten, dergleichen zum öfftern anzu-
stellen nicht verstatten wollen, doch sind sie in nöthigen Fällen nicht unterlassen, und vor-
nehmlich die inwendige Disposition des zum Observatorio destinirten Pavillons eingerichtet;
re F
een
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. )
der zweyte Eck-Pavillon zur Wohnung vor den Astronomum (nachdem der erste von
dem Ober - Kammerherrn anders verwendet worden), durch ein Churfürstl. Deeret versichert,
die Redressirung einiger Contraventionen wieder das Calender-Ediet ausgewürcket, und
die Verfertigung des Siegels angeordnet worden, damit so bald nach Wiederkunft des Hofes
die solenne Ouverture der Societät geschehen könne.
Unter beygeschlossenen Schreiben ist eines, so am vergangenen Montag von dem Herrn
Hofrath Chuno mir zugestellet worden und bey demselben eine geraume Zeit auf die Nach-
richt von Ew. Excellentz glicklichen Heimkunft wird gewartet haben. Ich erwarte ferner
dero beliebigen Befehle und verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin, den 15 Jan. 1701.
3.
Jablonski an Leibniz.
20. Januar 1701.
[Kapp, Sammlung u. s. w. S. 289.]
Nachdem diesen Morgen zu spät gekommen, beykommende Concepte zu beliebiger
Übersehung selbst zu behändigen, so habe ich hiemit gehorsamst einsenden und ferneren
Befehls erwarten sollen.
Den Kammerherrn von Tettau habe täglich gesucht, aber nie antrefflen können.
Diese Woche hat er die Aufwartung, da es wohl unmöglich seyn wird, an ihn zu kommen,
weil er beständig um den König seyn muls, doch will ich an meinem Fleils nicht ermangeln
lassen, und verharre u. s. w.
d. 20. Jan. 1701.
4.
Leibniz an Jablonski.
31. Januar 1701.
[Kapp, Sammlung u. s. w. S.289 ff.]
Meines hochgeehrten Herrn Secretarii Werthes habe zu recht erhalten. Bedancke mich
dienstlich wegen des guten Wunsches, reciproeire selbigen von Hertzen und wünsche, dals
mein hochgeehrter Herr Königl. Majest., dero Societät der Seienzen und dem Publico
in völligem Vergnügen und erwünschter Gesundheit lange Zeit nützliche Dienste leisten möge.
Ich habe Herrn Hofrath Cuno ausführlich geschrieben gehabt, von einem und andern,
so unsere Societät angehet, wundere mich, dals wieder Gewohnheit noch keine Antwort
erhalten. Will ja nicht hoffen, dals der Brief verlohren gangen, so vermuthe auch nicht,
dals er abwesend.
Ich habe ohnmasgeblich vorgeschlagen, dals, sofern man es gut finden möchte, wenn
das Sigillum societatis fertig, an einige intendirende Membra, so, dals es ihnen lieb, zu ver-
stehen geben, Diplomata receptionis geschickt werden möchten: als nehmlich an Herrn D.
Schmidt, Abt zu Marienthal und Prof. Theologiae zu Helmstädt, an Herrn Probst
Müller zu Magdeburg, an Herrn D. Gerard Meyer, berühmten Theologum und Pastorem
bene meritum zu Bremen, welcher viel Schönes unter Händen hat pro illustrandis antiqui-
tatibus linguae Germanicae, an Herrn Joh. Bernoulli, Professorem Matheseos zu Grö-
ningen. Ich hätte bald vergessen Herrn D. Fabrieium, berühmten Theologum und Faeultatis
Philos.- histor. Abh. 1897. III. 2
10 A. HAarnack:
Seniorem zu Helmstädt, der vermuthlich an Herrn Abt Calixti Statt Abt zu Königs-
luthern werden wird. Herr Acoluthus zu Brelslau giebt sich auch an; seinen Brief schicke
an den Herrn Hofprediger.
Ich bilde mir ein, Herr Junius wird seiner Ephemeridum Speeimen Soeietati dedi-
eirt haben.
Damit man sehen möchte, wie es die Academia Regia Parisina halte, habe ich deren
Diploma receptionis vor mich in copia an Herrn Hofrath Cunoen geschickt gehabt, ja ich
will hoffen, das Calenderwesen werde wohl von statten gehen, und verlange zu erfahren,
ob es proportionirliche Hoflnung eines guten Ertrags gebe.
Bitte um Verzeihung, dals ich so confus und übel schreibe, bin sehr distrahiret und
hoffe, mein hochgeehrter Herr werde mehr auf die Realia als Form sehen.
Bitte Herren Kirchen meinetwegen ohnbeschwehrt zu grüssen. Wenn er einsmahls
etwas Zeit, so verlange seine Reflexiones über einige sonderliche englische Communicata,
wie weit sie mit seinen Observationibus und Caleulis zutreffen. Communieire, was mir Herr
Römer pro Observatorio geschrieben, erwarte es wieder zurück samt unserer Herren Ge-
dancken. Herrn Hofrath Rabenern habe von einem wichtigen Invento geschrieben, davon
ein Speeimen Ihro Majest. nach der Rückkunft vermuthlich angenehm seyn würde. Die Be-
schreibung werde förderlichst zufertigen.
Herr Ober-Syndieus von Mastricht hat mir von einem Künstler zu Duysburg
gesprochen, der Schlangensprützen um einen billigen Preils machet. Man könnte sich
per tertium erkundigen. Es wäre auch wegen Brors zu vigiliren.
5.
Jablonski an Leibniz.
15. Februar 1701.
[|Rapp, Sammlung u. s.w. S.292 fl.]
Ew. Excell. geehrte beyde habe mit Respect erhalten, und zwar das vom 31. Jan. vor
2 Tagen, vom 4. Febr. aber am vergangenen rrten dieses, und die Inlagen gehöriger Orten
übergeben. Der Herr Hofrath Chuno entschuldiget seinen bilsher genommenen Aufschub
mit denen, bey Abwesenheit des Hofes und dadurch vervielfältigten Correspondentz, über-
häufften Geschäfften, will aber alles mit künftiger mehreren Exactitude einbringen.
Das Schreiben des Herrn Römers ist noch in Händen der hochgeehrten Herren von
der Societät, welche es ein jeder vor sich insbesondere zu lesen verlanget, soll aber mit
nechstem anbefohlener Massen zurück erfolgen.
Der Herr Kirch hat die erwarteten Reflexiones noch nicht fertig, weil es ihm an
gutem Wetter einige noch nöthige Observationes zu halten ermangelt, ist aber derselben gar
wohl eingedenck und hoffet damit ehestens dienen zu können. Der Herr Hofrath Rabener
ist am vergangenen 29 Jan. in dem Herrn selig entschlafen. Das an ihn gerichtete Schreiben
ist in Collegio zu eröflnen gut gefunden worden, weil die Anzeige vorhanden gewesen, dafs
dessen Inhalt nicht nur privata, sondern auch die Societät betreffende wäre.
Die Sache wegen der Feuerspritzen ist wegen ein und anderer Schwürigkeiten
zu reiferer Überlegung ausgesetzet worden. Indessen versichert der Herr Chuno, Broers
sey dergestalt prevenirt worden, dals er zum Nachtheil der Soecietät und ihres Privilegii
2 u Ai ei eier
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 11
etwas zu suchen sich nicht gelüsten lassen werde, und, allenfalls er es thäte, schlecht
reussiren dörffte.
Die Abschrifft von dem Parisischen Diplomate receptionis habe von dem Herrn
Chuno empfangen. Sobald nun beschlossen seyn wird, in was für Sprache die auszugebende
Diplomata gesetzt werden sollen, will eine Übersetzung davon zu beliebiger Verbesser- und
Einrichtung übersenden. Hier ist auf die teutsche Sprache gestimmet worden, um soviel
mehr, weil unter denen Objeetis der Soeietät auch deren Cultur begriffen ist. Erwarte
difsfalls Ew. Excell. gefällige final Ordre.
Zu der endlichen Ausfertigung würden auch die eigentlichen Nahmen und Qualitäten
derer Recipiendorum nöthig seyn. Das Siegel wird diese Woche fertig werden.
Der Herr Junius hat der Soeietät nichts dedieiret, und meynet Herr Kirch, es
werde auch wohl dabey bleiben.
Der Abgang der Calender ist so grofs nicht gewesen, als vermuthet worden, und
werden derselben viel tausend liegen bleiben. Die Gelder kommen auch noch sehr sparsam
ein, und sind die zum Verlag aufgenommene Posten noch nicht bezahlt. Nachdem aber
der Debit nun meistentheils vorbey, wird man die Factores in den Provintzen zur Richtigkeit
anhalten. Der-Herr Chuno, welcher bils daher die Sachen in Händen gehabt, hat mir die
Calenderrechnung schon übergeben, die Geldrechnung aber zu schlüssen noch keine
Zeit gehabt. Mein Bruder läfst nebst dienstlicher Empfehlung bitten, nicht ungleich zu ver-
mercken, dafs er um dringender Verrichtungen willen diese Post überschlagen müssen, will
aber seine Schuldigkeit mit nechstem beobachten, und ist das Projeet de lingua Germanica
excolenda bey ihm in guter Verwahrung. Indem dieses schreibe, wird mir Ew. Excell.
Geehrtes vom rzten dieses gebracht, und soll der Einschlufs mit heutiger Post nach Preussen
bestellet werden.
Bey der Societät ist nun beschlossen, alle Woche ordentlich einmahl zusammen-
zukommen, zu dem Behuf ein bequemer Ort gesuchet wird, dessen man sich, bils der
Pavillon ausgebauet, bedienen könne, und ich verharre mit schuldiger Observanz u. s. w.
Berlin, den ı5 Febr. 1701.
6.
Jablonski an Leibniz.
5. März 1701.
[Kapp, Sammlung u. s. w. 8.294 f.]
Nachdem auf die vermuthete Antwort von denen Herren, an welche von Ew. Excell.
ich einige Schreiben überliefert, bifs hieher vergeblich gewartet, so habe endlich nicht länger
anstehen sollen, Ew. Excell. aufzuwarten und schuldigst zu berichten, wie das Siegel nun-
mehr fertig, dannenhero ein Concept und Modell des Diplomatis receptionis nach der Pari-
sischen Copie verfertiget, so von denen übrigen Herren gut gefunden, und nunmehr auf
Ew. Excell. hochgeneigten Censur oder Approbation beruhet, worauf mit der Ausfertigung
nicht soll gesäumet werden, allermassen dero beliebige Ordres mit nechstem erwarte.
Der Calenderabgang befindet sich so schlecht, dafs fast der vierte Theil des Drucks
lieeen bleibt, wodurch nicht nur an dem vermutheten Profit ein Merekliches hinwegfällt,
sondern noch ein Empfindliches an denen aufgewandten Kosten verlohren gehet. Indessen
ist der Calenderdruck auf dieses Jahr aufs neue schon veranstaltet, und wird ein besserer
I
12 A. HARNAcK:
Vertreib gehoffet, weil nicht nur eine Varietät darinn beobachtet wird, sondern man auch
zu rechter Zeit damit fertig werden kan.
Der Königl. Aufbruch von Königsberg ist nun auf den ten dieses feste gestellet, und
wird nun wohl nöthig seyn, zu völliger Niedersetzung der Societät das Nöthige zu beob-
achten, wovon bey nechster Zusammenkunfft Anregung thun werde, der ich mit schuldigem
Respect verharre u. s.w.
Berlin den 5 Mart. 1701.
7
Jablonski an Leibniz.
15. März 1701.
[Kapp, Sammlung u. s. w. S. 296 ff.]
Demnach Sr. Königl. Majestät hohe Gegenwart nun ehester Tagen vermuthet wird,
indem dieselben nächstkommenden Freytag zu Oranienburg erwartet werden, so ist bey
der Soeietät vorkommen, wie dieselbe nunmehr völlig formirt und sollenniter niedergesetzt
werden möge. Zu dem Ende bey jüngster Zusammenkunft die verschiedene Designationes
derer Personen, so darinn aufzunehmen wären, hergenommen und daraus die in beygehendem
Aufsatz Benannte!) zur Wahl vorgetragen worden, womit es nun auf Ew. Excell. hochge-
neigten Beyfall und endlichen Schlufs beruhet?). Dieweil auch noch unbekannt, ob einige
darunter solche Wahl wohl aufnehmen möchten, so ist die Meynung dahin gegangen, dafs
dieselben, von welchen dergleichen Zweifel schwebet, dilsfals zuvor sondirt werden möchten;
wie aber und durch wen solches geschehen solle, wird Ew. Excell. hochbeliebige Meynung
erwartet.
Und wenn ferner für nöthig angesehen worden, aus der General-Instruction diejenigen
Artickel, so nicht die innere Verfassung der Societät, sondern derselben Zweck und vor-
gegebene Arbeit ingemein betreffen, also allen Membris zu Beobachtung ihrer Schuldigkeit
zu wissen nöthig sind, auszuziehen und abdrucken zu lassen, damit sie denen Reeipiendis
zur Nachricht mitgetheilet werden können, so wird auch solches zu Ew. Excell. hochgeneigten
Mitbelieben gestellet?). Von dem Herrn Naude ist der Einschluls bey mir eingelauffen, die
übrigen bleiben noch zurücke, und ich verharre mit geziemendem Respeet u. s. w.
ı) Beilage zu Brief Nr.7.
In die Societät der Wissenschafften als Membra aufgenommen zu werden, sind im
Coneilio den ıı Mertz zur Wahl vorgetragen worden:
Einheimische: Auswärtige:
D. Albinus. Hr. D. Schmidt zu Helmst.
D. Krug. Hr. D. Fabrieius daselbst.
D. Thermann. Beyde Herren Bernoulli.
D. Jägwitz. Hr. Probst Müller zu Magdeburg.
Herr von Besser. D. Meyer, Past. zu Bremen.
Hr. Hofpr. Sturm. M. Vignole.
Hr. Naude. Hr. Prof. Bläsing zu Königsberg.
Hr. Chauvin. Hr. Prof. Grüneberg zu Franckfurth.
Hr. Baum. Grüneberg. Hr. Eimmarth.
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 13
Einheimische: Auswärtige:
Hr. Schlüter. Hr. Wurtzelbauer.
Hı. Bott. Hr. D. Bekmann zu Franckfurth.
Hr. Ober-Ingen. Beer. Hr. Hofpr. Mellen zu Königsberg.
Hr. von Seidel.
Hr. Beger.
Hr. la Oroze.
Hr. Sterke.
Hr. Bosse.
Hr. Eosander.
2) Leibniz’s Bemerkungen zu vorigem Brief (s.zu diesem Concept den Brief Nr. ro,
der die Ausführung enthält).
2) Den Einheimischen auctoritate regis zu bedeuten, haben ius assistendi eonventibus
ordinariis, keine andere Öbligation, als dals sie ad scopum, soviel sie ohne Bedencken
können, an Hand gehen, Auswärtigen zu Zeiten Correspondenz.
3) Die Membra nicht weiter zu verbinden, als dafs sie bey Gelegenheit, was ihnen
Dienliches vorkommt, proprium vel alienum, so ohne Bedencken, der Societät communieiren,
welches entweder Diplomati receptionis einzuverleiben oder besser beyzufügen. Zu den
Rinheimischen etwa zu fügen: der Herr Fiscal Müller, ein Frantzos, so beym Herrn von
Schwerin, so mir ihn selbst reecommandirt, der Obriste von der Artilleri Ginherr, Director
des Gielshauses, Director der Glalshütten, si tanti, des Cronprintzen Informator, der Mons.
de Margas.
Auswärtige:
Herr D. Hofmann zu Hall. Ob niemand zu Düfsburg und sonst im Clevischen? Es
sind zwey Westhofii Brüder, einer hält sich auf, glaube, zu Hamm und dortherum, so hier
Leib-Medicus gewesen, untersuchet mit Fleils die teutsche Sprache. Der andere Bruder ist,
glaub ich, zu Emmerich oder dortherum und ein Mathematicus in Wasserbau exereiret.
Der junge D. Spener zu Giessen (si petit). Mons. Oudin zu Leiden. Herr Neu-
mann und Herr Acoluthus zu Brefslau. Herr Hartmann, der de suceino geschrieben.
Herr Bussing und Herr Fabrieius zu Hamburg. Herr Schamberger zu Leipzig, Herr
Junius. Herr D. Reiher zu Kiel, Herr Schelhammer ibid. Herr Pechlin, Leib-
Medieus, Le Mort zu Leiden, Barckhausen Chymicus.
8.
Leibniz an Jablonski.
18. März 1701.
[Kapp, Sammlung u. s. w. S.299 ff.]
Meinem hochgeehrten Herrn Secretario schicke hiebey den Entwurf des Diplomatis
receptionis, wie von selbigen erhalten, mit einigen geringen Änderungen, deren Rationes
mit wenigen angedeutet und vestro communi judieio submittire!. Füge dabey Nahmen und
Umstände derer, so etwa zu recipiren seyn möchten ?.
! Die Entwürfe liegen bei, und sind von Kapp mit abgedruckt; ich lasse sie hier bei Seite.
2 S. unten.
14 A. Harnack:
Verlange zu wissen, wer etwa jetzo bereits zu den Zusammenkünfften gezogen worden.
Die Calender haben freylich mehr Varietät nöthig, und mufs man suchen sie auf
allerhand Weise angenehm zu machen und zu consideriren als die Bibliotheck des gemeinen
Mannes. Es wäre zu dem Ende gut, dals ınan eine gute (Quantität alter Calender ansehe
und consulire. Item Simplieissimi (sie dieti) ewigen Calender.
Es wäre auch gut, weil die Veränderung die Feste verrücket, dafs man denen Bauern
zum Besten anzeige und speeifieire, wo nun die ihnen bekannten Tage hingefallen. Ich
schicke hier einen Hof-Calender von Wien. In den unsrigen könnte man die Crönungs-
Acta bringen.
Es könnte auch ein Calender gemacht werden, darinn alle Königl. vornehmste Be-
dienten nach den Collegiis und allerhand Landsachen, so den Unterthanen zu wissen dien-
lich. Item ein allgemeiner Post-Calender vor die Reisenden in allen Königl. Landen
samt einer geographischen Charte, so die Post-Routen andeute, und daraus zu ersehen,
welche Zeit die Post an den fürnehmsten Orten durch passire.
Also ein Gerichts-Calender, darinn die Termini und andere dienliche Nachrich-
tungen die Tribunalia betreffende.
So könnte auch wohl ein Policey-Calender gemacht werden, darinn allerhand
Verordnung zu Nachricht von manniglich angedeutet, also Müntz- und Wechselrechnungen,
Reductio nach dem Leipzigischen Fuls, Zinfsrechnungen.
Es könnte auch ein Andachts-Calender seyn, darinn alle Wochen und bey den
sonderbaren Tagen kurtze, doch nachdenckliche Andachten an Hand gegeben.
Andere mathematische, physicalische, öconomische und historische Sachen, Verände-
rungen durch Geburth, Absterben, Verheyrathung grosser Herrn, Wappen und dergleichen
zu geschweigen. Ich habe einsmahls zu Berlin erinnert, dals man von Regenspurg aus
auch aus den Mercuriis und Relationibus leicht die Veränderungen haben und zu Ende des
Jahres in einem Reichs-Calender aller Fürstl. und im Reich Stimm habender Familien,
Gräfl. Personen und Residentzen, oder doch wenigstens die Veränderungen anführen könnte.
Allein zu diesen Dingen werden mehr Personen und andere Anstalt erfordert, als wir
jetzo haben. Doch kan man ein und anders bereits vornehmen, viel auch aus alten Calen-
dern brauchen. Theil-Appendices können a part verkaufit werden, und gehen sie nicht
alle ab, dienen sie künfftiges Jahr wiederum. Einige Sachen, so beständig bleiben, kan
man in Kupffer stechen, die Ephemerides figuratae wären nicht zu vergessen. Ich habe
unterschiedene Vorschläge gelassen, so Herr Hofrath Cuno eommunieiren wird; bitte, daraus
dienliche Agenda pro memoria zu ziehen. Ich habe im Vorigen geschrieben wegen der
Sprützen zu Düfsburg; bitte, dafs man sich deshalben wegen der Societät erkundige.
Vorgeschlagene Membra (Concept, liegt der Ausführung in Nr.1o zu Grunde):
ı. Der Herr C. A., glaube Christian Albert von Greiffenkrantz, Geheimter Rath.
Der Herr von Greiffenkrantz ist Holstein - Gottorpischer Abgesandter zu Wien und Regens-
burg, hernach Ost-Frisischer Geheimter Rath und Drost gewesen, wohnt jetzo auf seinen
Güthern. Hat seines gleichen wenig in historia und genealogia. Der Hr. Imhof zu Nürn-
berg und der Autor der historischen Remarken zu Hamburg nehmen offt Zuflucht zu ihm,
wie es denn jener auch sehr rühmet. Wäre also vornehmlich seiner bey Reisen und wich-
tigen Verrichtungen erlangten grossen Erfahrenheit und Nachricht der Historien Teutsch-
und anderer Europäischen Lande, der hohen Häuser und anderer vornehmen Geschlechter
zu gedencken.
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 15
2. Herr Probst Müller, der ist genugsam bekannt.
3. Herr D. Joh. Fabricius, Primarius Professor Theologiae zu Helmstädt. Er ist de-
signirter Abbas zu Königslutter an des sel. Calixti Statt, wäre also die Ausfertigung des
Diplomatis an ihn und seinen Herrn Collegen, Herrn Abt Schmidt, zu verspahren, bis
Herr Fabricius titulum abbatis annimmt. Er hat wohl gereiset, ist lange teutscher Prediger
in Venedig gewesen, hat eine eruditionem elegantem in historia und Sprachen.
4. Herr D. Jolı. Andr. Schmidt, Abt zu Marienthal, Prof. Theol. zu Helmstädt, der
ist bekannt.
5. Herr D. Gerhard Meyer, berühmter Theologus reformirter Religion und wohl-
verdienter Pastor in Bremen. Ich kan jetzo die Kirche nicht nennen. Er ist in eru-
ditione elegante wohl erfahren, hat solche eine Zeitlang her zu Illustrirung der teutschen
Sprache, Alterthümer glücklich applieiret. Wird bald ein Speeimen glossarii etymologiei
Saxoniei herausgeben.
6. M. des Vignoles, Pasteur de l’eglise frangoise a Brandebourg. Ist ein grolser
Historieus und sonst gelehrter Mann.
7. Herr D. Friedrich Hofmann zu Halle. Ist ein berühmter Medieus und Chymicus,
wird gnugsam bekannt seyn. Ist sonderlich wegen schöner chymischer Erfindungen zu loben.
8. Herr Joh. Bernoulli, Professor Matheseos zu Gröningen, allda auch zu er-
wehnen, dafs er schöne Erfindungen herfürbracht.
Man könnte vielleicht alle die Diplomata receptionis auf einen Tag datiren. Verlange
zu wissen, wer sonst etwa in Vorschlag aufser Herrn Acoluthum. Denn man sonderlich
vor andern auf die Innländische Capital zu machen billig haben sollte. Herr D. Beeman zu
Francfurt an der Oder, Hr. Chauvin, Herr la Croze und andere wackere Leute in Berlin
kommen billig in Consideration. Sonderlich ist nöthig, einige der Herrn Frantzosen dazu
zu nehmen, damit sie nicht meynen, man negligire sie gar, unter andern auch Mons. — — —,
so sich bey dem Herrn von Schwerin aufhält.
Wie wollen sie es mit den Hn. Leib-Medieis halten, item mit Architectis und In-
genieurs, in specie dem Herrn Obristen der Artillerie? Ich sollte vermeynen, Herr Eimart
zu Nürnberg und Herr Wurtzelbauer sollten auch billig mit der Zeit dazugezogen werden.
Ich hätte bald den Herrn Römer, Königl. Majest. zu Dennemarck Hofrath und sehr
berühmten Mathematicum vergessen, dessen Titel man doch erst recht haben müste. Herr
Neumann zu Breislau (so gute theologieo-politische Vorschläge gethan, wie Observationes
auf Art der englischen bils of mortality zu machen etc.,) sollte uns auch wohl anstehen.
g:
Jablonski an Leibniz.
22. März 1701.
[|Kapp, Sammlung u. s. w. S.307.]
Meine unterm 15. Febr., 2. und 15. Mertz gehorsamst Eingesendete werden hoffentlich
wohl überkommen seyn. Zu Gegenwärtigem veranlassen mich die Beylagen, und weil die
allergnädigste Herrschafft nunmehr angelanget, auch insonderheit die Königin nach dem
Zustand der Societät gefraget, so wird es nunmehr Zeit seyn, dieselbe zu ihrer völligen
Consistenz zu bringen, so bald durch Ew. Excell. sehr verlangte Gegenwart das Werck kan
befördert werden, und ich verharre mit schuldiger Observanz u. s. w.
Berlin, den 22 Mertz 1701.
16 A. Harnack:
10.
Leibniz an Jablonski.
24. März 1701.
[Original im akadem. Archiv, nicht mehr ganz leserlich.]
Es ist sehr wohl gethan, dals man die Soecietät in eine geziemende Verfalsung zu
bringen trachtet, und ist Zeit, auf! anstehende Gliedmalsen zu gedencken. Weilen unter-
schiedene (von denen Herrn Einheimischen sonderlich) vielleicht so gar grols empreslement
dazu zu treten nicht zeigen würden, so halte ohnmalsgäblich, dals nöthig seyn wird, auf
gewilse Malse Königl. Mt. allerhöchste Autorität darein zu engagiren, dals von wegen der-
selben etwa durch Herrn von Wedel oder sonst jemand zu verstehen gegeben werde, was-
malsen Ihre Mt, allergnädigst verlangen, dals nach dem Exempel der Parisischen Academi
der Scienzen (darin der General Ingenieur zu Walser und Land, Herr Vauban und Renaud,
der Ober-Baumeister Mons. Mansard, der Königl. Leib-Mediceus M. Fagon, auch einige be-
rühmte Geistliche sich befinden) einige distinguirende Leute verschiedener Professionen und
Objeeta auch herbey gezogen würden, zumalsen unsere Societät nicht nur auff die Scienzen,
so man eigentlich also benennet, sondern auch auff die belles lettres gehet, und beyder
Königl. franz. Academien Stelle zugleich vertritt.
Nun ist bekand, dals unter den 40 Personen der Academie Francoise sich viel vor-
trefliche Leute befinden, so den Studien zur Zierde gereichen. Es müste aber dabey be-
deutet werden, dafs man so wenig als in Franckreich geschicht, solche gemeiniglich sehr
oecupirte Personen zu etwas anders als dazu engagiren wolle, dals sie belieben, bey Ge-
legenheiten mit demjenigen, so dem scopo Soeietatis gemäls und ihnen etwa zu Handen
komt, soviel ohne ihre Ohngelegenheit und ohne Bedencken geschehen kan, zu Ehre des
Allerdurchlauchtigsten Fundatoris und Besten des Publiei an Hand zu gehen. Es solle auch
bey ihnen stehen, wenn sie wollen, die Conventus ordinarios Societatis zu beehren, ohne
dals sie dazu gebunden. Es würde dabey privatim zu bedeuten seyn, dals bey den Con-
ventibus extraordinariis, wenn nicht ein anders angesaget wird, nur diejenigen seyn werden,
die sich in speeiales labores pro fundanda et ornanda Societate eingelassen und aus denen
das Coneilium bestehet, welche auch die Privat-Angelegenheiten der Societät zu beobachten
haben, wegen des fundi experimentorum laborum operum privilegiorum &e. Denen Aus-
wärtigen wäre zu bedeuten, dals man ebenmälsig Communication dessen hoflet, so zum
scopo der Societät dienlich; item dals sie etwa zu Zeiten correspondiren und dadurch
wiederumb der Avantagen der Societät werden genielsen, und nuzliche Dinge erfahren,
auch vorschlagen, und ihre guthe intentiones zu Nutzen des Publiei und ihrer eigenen Re-
putation befördern können, indem in communi causa einer dem andern wohl zu Hülffe
kommen kan suppeditando, monendo, eoncurrendo, dergleichen etwas köndte gefalset und
communieiret werden. Mit dem Druck aber solcher legum et eonditionum köndte man noch
vielleicht ein wenig anstehen. Man würde sehen können, was dienlich aus der Instruction
darein flielsen zu lalsen.
Zu den Einheimischen wären vielleicht ohnmasgeblich zu fügen der Obrister von der
Artillerie, wenn er nieht schohn darunter, der Hr. Fiscal Müller, der Informator des Cron-
prinzen, vielleicht auch Monsieur de Margas. Denn ich solte hoffen, weil es ein curioser
Man, wie Jederman bekandt, solten seine etwa habende Affairen daran nicht hindern. Haben
sie(?) keinen Generalquartiermleister] oder Generalquartiermeister(?)-Lieutenant, der in studüs
m + =
briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 17
etwas praestiret? Ich vermeine, diejenigen, so die Gielserey der Statuen, die Glashütten,
die Commercien und Manufacturen, die Marine, das Agtsteinwerck &e., Bergwercke, Salz-
wercke &e., diejenigen solle man billig auch nicht vergelsen. So düncket mich auch, Mons.
.arrey(?) und Monsieur Ancillon Conseillers d’Ambaslade gehöhrten uns hauptsächlich zu
AS Lama eo araro-e 0.0.0 0 «0, 2rol don.) oLro,n ed er N Lore
Monsieur Heilser(?), delsen Erudition nicht gemein... der gelehrte Franzos, so bey
Hl.von Schwerin, und den mir dieser Herr selbst dazu reeommendiret, gehöhret auch dazu.
Vielleicht ist es M. Beausle, den ich in catalogo finde unter dem Namen von M. Bosfe.
Solte sich unter den Subalternen des Forst-, Jagd- und Falkenierwesens, auch des Garten- und
Plantationswercks, auch unter den Herren Policey-Bedienten einige wackere Leute finden,
so wolte ich auch dazu rathen, denn solche können mit nüzlichen Nachrichtungen zu statten
kommen. Diese Personen werden theils zu den folgenden gehöhren.
Betreffend die Abwesenden, so wolte rathen, dals man etwa bedächte, was für curiose
Leute hin und wieder in den Provintzen, nicht nur bey Universitäten, Schulen, Theologia
und Medieina, sondern auch Justiz, Militar, Policey ... und Cameral-, auch Forst, Jagt und
andern oeconomischen Bedienten und Beamten. Ich hätte zu dem Ende nicht nur Berolinum
literatum (wie man Hamburgum literatum und Lubecam literatam hat und Lipsiam literatam
dem Vernehmen nach bald haben wird), sondern auch Marchiam literatam, Pomeraniam,
Prusfam, Cleviam cum Marca literatas gewündschet. Interim wird man doch ohngefähr
viel Leute wissen. Mich düncket, Cleve und Westfalen ist in der Liste gar vergessen. Es
sind ja wackere Leute in Dülsburg. Man köndte den Hr. Costerum, vielleicht auch mit-
nehmen Hrn. D. Westhof, so — glaub ich — von Ham und hier eine Zeit lang Leib-Medieus
gewesen, ist sehr ergeben den Untersuchungen der teutschen Sprache; er hat auch, deucht
mich, einen Bruder — glaube: aus Emmerick oder dort herum —, welcher in Walserbau
und dergleichen mathematischen Wercken versiret und etwas davon drucken lafsen, so ich
unter meinen Papieren haben werde. Sonst solte von Auswärtigen vorschlagen: Herrn
Bülsing und Hrn. Fabritium, beyde ministros verbi divini in Hamburg, jener in morali(?),
dieser in re literaria ungemein, Hrn. D. Reiher- Mathematicum und Hrn. Schelhammer
Medieum zu Kiel, beydes berühmte Leute.
Ich habe auch gedacht auff Hrn. D. Schamberger und Hrn. Junium in Leipzig, auch
in Holland auff Hrn. Le Mort und Hrn. Barckhausen, gute Chymicos, und insonderheit
auff Hrn. Casimirum Oudin, so durch seine Scriptores ecelesiasticos bekand, hält sich zu
Leiden auff, ist vor diesem ein Ordensmann in Franckreich gewesen, hat viel schöhne Sachen
in Historia mitgebracht. Ich wechsele zu Zeiten Briefe mit ihm. Zu Brefslau möchte ich gern
[slehen nicht nur Herrn Acoluthum, sondern auch Hrn. Neuman, weil dieser viel guthe Ge-
dancken hat betr. politico-theologica, wie er’s nennet, insonderheit solche Observationes, der-
gleichen aus den bills of mortality der Engländer zu nehmen. Vor allen Dingen würde Hrn.
D. Hofmann zu Hall nicht zu vergessen seyn; ich wolte auch zugleich zu dem Hrn. Stahl
profelsore-chymiae daselbst rathen, so auch ein wackerer Mann. Wer ist Salzgraf zu Hall?
Vor Alters habe ich Herrn Hohendorff alda gekennet; wenn der jetzige einige Curiosität
hat, würde er auch nicht übel anstehen. Mir hat der junge Hr.D.Spener, so jezo zu Giessen
Profelsor, nicht übel gefallen. Doch stelle es dahin, weil er fast noch zu jung.
Weil man wird Conventus ordinarios zu gewisser Zeit anstellen müssen, da alle
membra, so gegenwärtig, sich einzufinden möchten (?) haben, würde zu überlegen seyn,
was etwa in denselben zu tractiren. Es werden meines Ermessens zu produciren seyn
commercia literaria, was den membris, so gegenwärtig, vor nuzliche Novitaten zukommen,
Philos.- histor. Abh. 1897. 111. 3
18 A. HArnack:
oder die nicht- Gegenwärtige eingeschickt: überdiels alle Sorten von Diariis eruditorum aus
Teutschland, Franckreich, England, Hispanien &e., welche zu haben Anstalt zu machen. Ich
rechne dazu nova literaria maris Baltici, Remarquen, Mercure galant, auch andere Mercures;
denn offt findet man Bücher und literaria, auch wohl physica darinn. Damit man aber in
der Zusammenkunfft nicht Zeit mit der Durchlesung verlöhre, köndten membra beladen
seyn, daraus und aus neuen Büchern von Consequenz was von Wichtigkeit schiene und der
Soeietät zu einer nüzlichen Untersuchung, Observation, Experiment, Anlals geben köndte zur
Reflexion (?). Die Resolution aber betr. dasjenige von einiger Wiehtigkeit, so die Societät
vornehmen wolte, würde nach Gelegenheit nicht in diesen Conventibus ordinariis, sondern
im Concilio zu nehmen seyn; inzwischen allerhand Vorschläge und guthe Gedancken der
membrorum ad notam zu nehmen, und was (unter ihnen) dessen würdig zu annotiren und
gleichsam zu protocolliren. Wenn der Soeietät wegen einige Experimenta oder Observationes
oder Untersuchungen geschehen, so köndten sie nach Befinden bey denen conventibus ordi-
nariis zu Zeiten auch referiret und mit den erscheinenden membris daraus communieiret
werden, nachdem man findet, dals solche Theil daran nehmen und etwa mit Rath und That
coneurriren. Und wäre die Sache also zu temperiren, dals man ihnen wegen des Coneilii
keine Jalousie gebe, gleichwohl aber auch sich nicht zu weit ein- und eingreiffen lasse.
Ich hätte bald unter den Einheimischen oder zu Berlin Gegenwärtigen etwa in Vor-
schlag kommen könnenden membris des Monsieur Dangicourt vergessen, welcher mir
meditatif scheinet und capabel, etwas in Analysi zu praestiren, wolte also anrathen, ihn
auch mit dazu zu nehmen.
Mein Hochg. Hr. Seeretarius wird verhoffentlich die Guthigkeit haben, aus allen Puncten,
so in diesem und vorigen meinen Schreiben ohnmalsgäblich vorgetragen, mit denen übrigen
Herrn zu communieiren und mir etwa dero Sentimenten, zumahlen wo sie etwa einige Be-
dencken haben, wissen zu lassen.
Damit man auch, zumahlen bey denen Aulswärtigen, die nicht in den Königl. Landen
sich aufhalten, auf! keinen Stuz lauffe und sich invitis oder doch non valde eurantibus ob-
trudire, so kan ich von denjenigen, so ich in meinen vorigen vorgeschlagen, respondiren,
weilen ich sie sondirt oder sondiren lassen. Darunter war auch Herr von Greiffeneranz,
welcher sich schohn in antecelsum gegen wich bedancket. Es ist auch ein wackerer Mann
Profes[or matheseos in Academia illustri zu Lüneburg, Hr. Pfeffinger; er ist autor von dem
Buch, so heraus kommen, von der Fortification unter dem Titel du Chevalier de Cambray,
hat notas in vitrjilarium de jure publico herausgegeben, arbeitet in Historia und Genealogia,
sonderlich germanica, ist von einer sehr diffusen Erudition. Vor diesen hat man auch auff
die beyden Hrn. Sturmios, patrem et flium, gedacht gehabt. -
Wenn in der Academie der Mahler und Seulpteurs die Direetion von ohngemeiner
Capacität wäre, stände dahin, ob auf? solchen auch zu reflectiren. Ich schreibe alles con-
fuse, wie mir’s in Sinn komt und als ob ich gegenwärtig wäre, welches mein Herr ent-
schuldigen wird.
Ich verbleibe jederzeit meines insonders Hochg. Hrn. Secretarii u. s. w.
Vertatur si placet.
[P. S.] Weil in den conventibus Societatis ohnedem von vielen Büchern referiret
werden müste, so stände dahin, ob bey der Gelegenheit etwas, so einem Diario eruditorum
ähnlich, zu resuseitiren; es wird sich aber dieses selbst ergeben. Monsieur Ancillon le juge
sagt mir, dals in den Zusammenkünfften bey dem Herrn von Spanheim man Materien dis-
a A
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 19
tribuiret und hernach tractiret; dergleichen etwas köndte auff gewisse Malse resuseitiret
werden, doch dals es gleichsam indireete nur die Societät anginge. Ich gebe alles zu be-
dencken. Viel wird sich mit der Zeit selbst schicken.
IM
Jablonski an Leibniz.
5. April 1701.
[Kapp, Sammlung u. s.w. S. 307.]
Ew. Excell. Geehrtes vom 19. Mertz habe am 23. ejusd. erhalten und die Inlagen be-
höriger Orten abgegeben.
Die Diplomata receptionis sollen nach dem corrigirten Concept ausgefertiget und
damit ehestens der Anfang gemacht werden, immassen nur auf die von Ew. Excell. jüngst
übersandte Liste der vorgeschlagenen Membrorum, und wie solche von Ew. Excell. dörfften
approbiret werden, gewartet wird, denen noch diejenigen, so in Ew. Excell. letztem Auf-
satz enthalten, dort aber nicht benennet, beygefügt werden sollen.
Die von Ew. Excell. berührte Zugaben, womit denen Calendern sowohl eine Varietät,
als sonderbare Nutzbarkeit zu geben wäre, können dieses mahl wohl nicht alle in Acht ge-
nommen werden. Doch wird es zu künfftiger Vorsorge unter den Agendis seyn, und ist
bey solcher Veranlassung ein Projeet eines Welt- oder Staats-Calenders formirt
worden, welcher aber bils zum Ende des Jahrs verspart werden müste, damit die hohen Ver-
änderungen in den regierenden Häusern, so weit als möglich, mit eingeführt werden können.
Von dem Herrn Hofrath Chuno kommt hiebey ein Schreiben, worinnen er auf das-
jenige, so an ihn gelanget, hoffentlich dienen wird.
Ingleichen von dem Herrn Kirchen des Herrn Römers Epistola mit seinem Judieio,
der Extract des Schreibens aus Engelland, der Caleulus der letzten Mondsfinsternils und
einige Observationes von dem Cometen de A. 1680.
Aus Preussen ist mit Aufrechnung der Calendergelder etwas Gold, weil der
Factor die dortige Müntze nicht besser umzusetzen gewust, eingekommen. Wenn nun Ew.
Excellenz es also gefällig, so wollte davon bils 300 Rthlr. zusammen machen und dero
Disposition darüber erwarten. Was aus den andern Orten einkommt, ist wenig und
muls gleich wieder zu dem neuen Calenderverlag angewendet werden. Ich verharre mit
schuldigem Respect u. s. w.
Berlin, den 5 April 1701.
(Leibniz’s Anmerkung) Habe geantwortet, dals, weil noch nicht weils, wie bald
nach Berlin werde kommen können, ich annoch anstehe, ob das vor mich parate Geld
allda auf meine Ankunfft warten oder deswegen vor mich disponirt werden solle.
12.
Jablonski an Leibniz.
16. April 1701.
|Kapp, Sammlung u. s.w. S. 309 f.]
Ew. Excell. geehrte zwey Schreiben sind mir den 6. und ı2. dieses zukommen, hoffe,
es werde mein Gehorsamstes vom 5!" auch eingelauffen seyn.
Die mir anbefohlne Inlagen habe richtig bestellet. Bey der Societät habe Ew.
Excell. Gedancken, was sowohl die noch ferner aufzunelımende Membra, als die übrige
Z3*
20 A. HArNAcK:
Verfassung und Einrichtung der Conferenzien betrifft, mittelst Verlesung dero Schreibens
gebührend vorgetragen, und ist für gar gut und nöthig gefunden worden, durch den Herrn
von Wedel denjenigen, da es nöthig, dergleichen Insinuation thun zu lassen, damit sie
zu Ehren des Fundatoris der Societät sich gerne aggregiren lassen, und wird solches
hoffentlich nicht ohne Effect seyn.
üs ist aber wegen des Königs beständiger Abwesenheit der Herr von Wedel gleich-
fals nicht hier und eine Zeit lang in Potsdam gefährlich kranck gewesen, so dals es noch
keine Gelegenheit gehabt, dergleichen Vorstellung bey ihm anzubringen.
Was die ferner benannte Subjecta betrifft, so ist zwar nicht zu zweiffeln, dafs die
Societät derselben in Fortgang nöthig haben und sich nützlich gebrauchen könne. Weil
demnach ınehrere Umstände dabey vorkommen, so mehrere Überlegung nöthig haben, ist
beliebet worden, die endliche Entschliessung difsfals zu Ew. Excell. Gegenwart aufzu-
schieben. Inmittelst werden die Diplomata receptionis, soweit man damit fortkommen kan,
ausgefertiget, und können mit Nächstem die, so Ew. Excell. verlangen, übersendet werden.
Das Datum wird noch nicht beygesetzt, und erwarte ich Befehl, wie solches einrichten soll.
Die Einrichtung der künfftigen Deliberationen betreffend, ist beschlossen, aus der In-
struction und andern vorhandenen Memoires ein Project aufzusetzen und zu künfftiger Aus-
machung bey mehrer Frequenz der Membrorum in Bereitschafft zu halten, welches denn
auch nicht eher als in Ew. Excell. Gegenwart geschehen wird.
Die Acta und Nova literaria, so viel deren zu bekommen, werden angeschaffet. Es
gehet aber mit den hiesigen Buchführern etwas langsam und unrichtig, und wenn man
alles complet und zeitig haben wollte, würde eigne Correspondenz in Hamburg, Amster-
dam, auch wohl gar Paris und London nöthig seyn, wie es an Gelegenheit nicht er-
mangeln dörffte, wenn die Societät wird in völligem Stande seyn.
Dieser Tagen ist mir ein gedrucktes Werck von 2 Bogen zukommen unter dem Titul:
das itztlebende Leipzig, darinnen alle bey dem Hofgericht, Consistorio, Universität,
Ministerio, Rath und Gerichten in Diensten und Ämtern stehende Personen, doch blofs mit
ihren Nahmen, erzehlet werden. Hamburgum Literatum ist auch zu bekommen. Mehrers
von dergleichen habe noch nicht gesehen, womit in schuldigster Observantz verharre u. s. w-
Berlin, den 16 April 1701.
13.
Jablonski an Leibniz.
30. April 1701.
[Kapp, Sammlung u. s. w. S. 311 £.]
Das Letzte, womit gehorsamst aufgewartet, ist vom 16! dieses gewesen und wird
hoffentlich wohl eingelauffen seyn. So darinnen oder in den vorigen etwas vergessen wäre,
wird solches der Herr Hofrath Chuno, deme Ew. Excell. an mich abgelassene Schreiben mit
einander auf Begehren zugestellet, hoffentlich ersetzen.
Den Einschluls habe einige Tage bey mir, in Hoffnung, dafs einige Antworten mehr
einkommen sollten. Weil sich aber niemand gemeldet, so habe solchen länger nicht auf-
halten mögen. Von denen hohlen Brenngläsern, derer Verfertigung dem Herrn D. Jägwitz
anbefohlen gewesen, sind zwey allbereit fertig, so im Diameter etwa 9 Zoll halten. Sie
sind aber noch mit keinem Liquore angefüllet, dals von ihrem Effeet möchte geurtheilet
werden. Ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin, den 30 April 1701.
2.
1;
RE
A)
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 21
14.
Jablonski an Leibniz.
30. Juli 1701.
[Kapp, Sammlung u. s. w. S. 312 f.]
Was Ew. Excell. jüngsthin, belangend die Vocation des Herrn Bernoulli oder des
Herrn Prof. Sturms zu der Professione mathematica nach Franckfurt, an mich hoch-
geneigt erlassen, solches habe in eoncilio gehörig vorgetragen, und wird der Hofrath Chuno
aus einem von dem Herrn D. Bekmann an ihn eingelauffenen Schreiben einige fernere
Nachricht diefsfalls zweifelsohne ertheilen.
Sonst stehet es um die Societät gar wohl, nur dals die Beschleunigung des Calender-
drucks, woran zu einem profitablen Debit so viel gelegen, durch des Herın Kirchen
langwürige Unpälslichkeit sehr aufgehalten worden. Von Königl. Majest. ist ein allergnädigstes
Rescript erhalten worden, dahin dals die beede zum Gebrauch der Societät destinirte Pa-
villons noch vor Winters zu nöthiger Vollkommenheit gebracht werden sollen, defsen man
sich so viel möglich zu prävaliren suchen wird.
Die Diplomata receptionis sind bils auf das Datum fertig, so viel deren bilsher ange-
geben werden. Dieses ist in gestriger Conferentz beliebet worden, dals es der ır. Jul. seyn
solte. Wenn nun Ew. Excell. es Ihnen also gefallen lassen, sollen dieselben also geschlossen,
die so von Ew. Excell. angeordnet, deroselben zugesendet, die andern aber hie distribuiret
werden. Das eingeschlolsene Schreiben an Herrn Stoschium ist demselben behändiget, der
Herr Chuno hat zugleich übernommen, bey Gelegenheit mit dem Herrn Stoschio wegen
solcher Medaille zu sprechen.
Die 300 Rthlr. in Golde, wovon in einem meiner vorigen gemeldet, sind noch vor-
handen und warten auf Ew. Excell. beliebige Disposition, ich aber verharre mit schuldigster
Öbservantz u. s. w.
Berlin den 30 Jul. 1701.
15.
Jablonski an Leibniz.
6. August 1701.
[Kapp, Sammlung u. s. w. S.314.]
Als auf die von Ew. Excell. vormals gegebene Anleitung und zu einiger Nachfolge
des Wienerischen Hof-Calenders ein gewisser Vorschlag eines Königl. Preufsischen
Staats-Calenders vorkommen, so habe den davon gemachten Entwurf zusamt des
Herrn Hofrath Chuno dabeygefügten Anmerckungen, weil die übrigen Herren nichts erinnern
mögen, Ew. Excell. zu Dero beliebigen Approbation oder Verbesserung hiemit gehorsamst
einsenden wollen, damit folglich, und wenn von Ew. Excell. der Vorschlag beliebet und
völlig eingerichtet worden, bey Hofe davon Ouverture geschehen und die Meinung sondirt
werden möge, wornach so dann allenfals die Ausarbeitung vorgenommen werden könnte,
und ich verbleibe u. s. w.
Berlin, den 6. Aug. 1701.
16.
Auszug aus einem Schreiben von Leibniz an Jablonski.
12. August 1701.
[Kapp, Sammlung u. s. w. S.315 f.]
Was die Stelle alda der Societät der Scientzen zu gedencken betrifft, sollte ich
fast meines hochgeehrten Herrn Meynung seyn, dals sie mit der Academie der Künste beym
22 A. HARNAcK:
Hofstaat nächst der Bibliotheck und Kunstkammer kommen könne. Es wäre dann, dafs man
mit dem Herrn Hofrath Chuno vor dienlich halten sollte (wozu ich auch nicht ungeneigt) einen
eigenen Titel nach dem Rirchenwesen zu machen. Die Verfassung zu Aufnahme der
Künste und Wissenschafften, alda hin zu rechnen nieht nur Societas scientiarum und Aca-
demia pietorum samt den Architeetis, Medailleurs, sondern auch die Anstalten zu Commer-
eien, Manufaeturen, Schiffarten, Bergwercken und dergleichen. Ja weil dieser Titel sowohl
bey Hof, als in den Provintzen statt hat, so stünde dahin, ob in gedachten Provincien die
Universitäten nicht selbst dahin zu ziehen, es wäre dann, dafs man sie mit einigen zu
den Kirchenwesen referiren wollte. Auf allen Fall, wenn die Universitäten bey dem Kirchen-
wesen bleiben und unsere Societät mit der Academie und dergleichen zum Hofstaat gerechnet
werden sollte, so könnte doch die Verfassung behuf der Commereien, Schiffarten, Manu-
facturen, Bergwercke, Agsteinwerck und dergleichen ihren eignen Titel bey den Regierungs-
sachen ins besondere haben. Beyım Hofstaat aber könnten nach der Societät und Academie
gesetzt werden allerhand bey Hof besoldete mit unsern Objeetis verwandte Personen, als
Architecti, Medailleurs, Kupfferstecher, Hofbnchdrucker, der Intendant der Ornamenten, so
das Vernisse auf Chinesisch macht ete. Noch vor der Bibliotheck könnten kommen die
Herren Leib- und Hof-Mediei, sammt Hofapotheker, Hof-Chirurgo. Bey dem Regierungs-
staat insgemein könnte gefüget werden das geheime Justitzwesen, so die Jura prineipis an-
gehet, alda die Lehen und Grenzsachen hinzuziehen, man wolte es dann (so auch vielleicht
das Beste) als einen Appendicem des Geheimten Raths tractiren ete. An einigen Orten ist
ein eigen Collegium der Clostersachen, pfleget doch auch vom Geheimen Rath zu depen-
diren. Bey dem Kriegsstaat möchten folgende Rubriquen seyn 1. Generalität. 2. Völker,
nehmlich Regimenter und frey Compagnien zu Rofs und Fuls, auch Dragoner, darunter zu-
förderst Maison du Roy. 3. Vestungen mit Commendanten und Garnisonen. 4. Artillerie mit
Zeug- und Giefshäusern. 5. Proviantwesen mit Magazinen. 6. Kriegsjustitz.
Beym Hofstaat nach den Öberämtern, Hofprediger, Leib-Mediei, General - Postamt,
Bibliotheeck und Societas seientiarum, Hof-Buchdrucker, Academie der Künstler mit den
Architeetis, Künstlern, Gärtnern und andern.
Der Geheimte Rath mit dem geheimten Justitzwesen, wohin Lehen und Grentzsachen
zu ziehen, Geheimter Kriegsrath und General-Commissariat, Hofkammer mit denen Com-
mercien und Schiffartssachen.
Beym Regierungsstaat jeder Provintz wären die Landräthe und Landschafftsbediente
zu fügen.
7.
Jablonski an Leibniz.
23. August 1701.
Die Anstalt mit den Calendern dieses Jahr ist so gefalset, dals die meisten gegen
Michaelis fertig werden sollen, allermalsen theils schon gefertiget, die übrigen in voller Arbeit
stehen. Mit denen besondern Sorten hat der Hr. Kirch nicht eilen wollen, weil er vor einem
plagio besorgt gewesen. Der projeetirte Staats-Calender kan, wenn defsen Methode einge-
richtet, gar wohl noch dieses Jahr herauls kommen, weil allenfals die Helffte davon schon
fertig, und die in lang Duodez gedruckte dazu sich gar wohl schieken werden. Wenn E.
Excell. hie zugegen sein werden, wozu die abermahl gemachte Hoffnung mit Frewden ver-
nommen, und ein glücklicher Erfolg gewünscht wird, kan dilsfals der endliche Schluls ge-
macht werden.
briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 23
Von denen verlangt und angeordneten diplomatibus receptionis kommen fünf hiebey
gehorsamst über, das sechste an Hrn. D. Meiern in Bremen ist noch nieht fertig, und die
übrigen beede an Hrn. D. Hoffmann und M. de Vignolles werden von hierauls bequemer
übermacht werden können.
Den Einschluls an den Hrn. Rath Chuno habe gebührend behändiget, und verharre mit
schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 23. Aug. 1701.
18.
Jablonski an Leibniz.
3. September 1701.
E. Excell. geehrtes Schreiben vom 26. Aug. an meinen Bruder ist demselben zu Han-
den kommen, als er eben in procinetu gewesen, eine Reise in aufgegebenen Kirchenverrich-
tungen nach Prentzlaw zu thun, weshalb er mir anbefohlen, wegen eines Logements und
Kutsche nötige Erkundigung einzuziehen und Ew. Excell. behörige Nachricht zu erstatten.
Ich habe die Sache gestern im Concilio vorgetragen, da denn vorgeschlagen worden, dals
entweder in der Brüderstralse, in demselben Hause, wo E. Excell. vormals gestanden, oder
an der langen Brücke, oder, wenn man etwas tiefer “in die Stadt hinein wolte, in der h.
Geiststralse auch sonst beqweme Stuben zu bekommen. Wenn nun E. Excell. den Tag Dero
Ankunfft eigentlich bestimmet hetten, könte dergleichen Stube vorher besprochen werden
und man sich derselben also versichern, dals gleichwohl auch keine vergebliehe Kosten, wenn
sie einige Zeit ledig werden müste, verursacht werden. Zu einer Kutsche findet sich auch
leicht Rath, indem ein Kauffmann an der Schleuse, ingleichen der Mühlen - Amptmann auch
andere dergleichen Herren Kutschen in und außerhalb der Stadt zu gebrauchen halten, dar-
unter E. Excell. selbst gegenwertig nach Dero Convenientz und Gelegenheit des erwehlten
Logements, oder Billigkeit des Preises am besten die Wahl werden anstellen können.
Was sonst zu Beforderung der Hauptsache nötig, wird möglichst veranstaltet und so-
wohl die Diplomata distribuirt, als vor einen Ort zu den Zusammenkunfften,, einen Aufwärter
und dergleichen möglichst gesorget. Wir wünschen allerseits mit Dero hohen Gegenwart
baldigst erfrewet zu werden, und ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 3. Sept. 1701.
19:
Jablonski an Leibniz.
10. September 1701.
[Kapp, Sammlung u. s. w. S.317.]
Hiebey übersende gehorsamst das Diploma, so vormals unter andern verlanget worden
und neulich bey Übersendung der übrigen noch nieht fertig gewesen, womit in schuldigem
Respect verharre u. s. w.
Berlin, den ro Sept. 1701.
20.
Jablonski an Leibniz.
24. October 1701.
Beygehende Avisen sind einige Posten her an mich, unwilsend zu was Ende, einge-
lauffen, bifs auf mein Zuschreiben das dabey befindliche &elaircisfement darüber einkommen,
worauf selbe hiemit gehorsamst behändige. ?
24 A. HARNacK:
So ist auch gestern mir ein unbekantes Couvert an mich gerichtet zukommen, bey
delsen Erbrechung nebst zweyen versiegelten auch zwey offene Schreiben an Ew. -Ex-
cell. darinnen gefunden, welche in eine Envelope einzuschlielsen ohne Zweifel vergelsen
worden.
Die übrigen Paquette sind verschiedentlich eingelauffen, welche in dieses zusammen
gemacht, damit sie E. Excell. durch Dero Diener, wenn derselbe, wie zu geschehen pfleget,
herein kommen möchte, zugebracht werden, und ich verharre u. s. w.
Berlin d. 24. (im Diarium Jablonski’s 23. Oet., wenn die Briefe
identisch sind) Octob. 1701.
21.
Jablonski an Leibniz.
20. December 1701.
Sobald von E. Excell. glücklicher Widerankunfft in Hannover durch den Hr. Chuno
vergewilsert worden, habe mich schuldig erachtet, die bilsher eingelauffene Zeitungen hiebey
gehorsamst einzusenden, und wird der Correspondent numehr hoffentlich beschieden sein,
dieselben nicht mehr hieher gehen zu lalsen. Sonst habe gehorsamst zu vermelden, wie auf
der Hertzogin Radzivil Ansuchen ein Königlicher Befehl an mich ergangen, in einigen Dero
Angelegenheiten anf bevorstehenden Reichstag nach Warschau zu gehen, und ich mit Ge-
nehmhaltung der Membrorum Coneilii zu solcher Reise mich binnen wenig Tagen anschicke,
zweifle nicht, es werden auch E. Excell. hiemit hochgeneigt zufrieden sein und wie ich solche
Reise längstens in zwey Monaten zurückzulegen hoffe, also werde solche Anstalt hinterlalsen,
dals in denen meiner Besorgung anbefohlenen Verrichtungen nichts verabseumet werde, wo-
mit verharre u. s. w.
Berlin d. 20. Dee. !
1701.
22.
Jablonski an Leibniz.
25. April 1702.
Wals der Hr. Kirch von dem newerscheinenden Cometen einige Tage her observirt,
würde zufolge meiner Schuldigkeit gehorsamst zu hinterbringen nicht ermangelt haben, wenn
nicht der Hr. Hoffvath Chuno solches übernommen, wie in Beygehendem zu befinden sein
wird. Es ist dergleichen Relation auch Sr. Mt. nachgeschickt, wie nicht weniger an Hr.
Bläsing in Königsberg nomine Soeietatis communieirt worden, und wird dergleichen der Hr.
Kirch nach Nürnberg gethan haben. Nach Leiptzig ist von mir an einen Freund davon Er-
öfnung gethan worden, und ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 25. Apr.
1702.
! Leibniz reiste damals mehrmals zwischen Berlin und Hannover in politischen Angelegenheiten
hin und her (s. Klopp, Werke, 8. Bd. S. LIX f.); am 30. Dee. präsidirte er wieder einer Sitzung der
Soeietät in Berlin. .
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 25
23.
Jablonski an Leibniz.
29. April 1702.
Hiebey habe gehorsamst einsenden sollen, was der Hr. Kirch an dem Cometen ferner
observirt; es hat dilsfals wenig geschehen können, weil die meiste Zeit trübe und Regen-
wetter gewesen, und ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 29. Apr.
1702.
Observation des Cometen.
Den 23. April. umb 10 Uhr Abends machte der Comet mit dem Kopf des Serpentarii
und dem Kopf Herculis beynahe einen triangulum zequilaterum. Man sahe nun eigentlich,
dals der Comet abnahm, sowohl an der Grölse als auch am Lauff.
Den 26. Apr. frühe zwischen ı und 2 Uhr waren caput Herculis et Serpentarii und
der Comet in einer geraden Linie. Er war schon sehr schwach.
Den 28. Apr. umb 9 Uhr 45 Min. war der Comet vom ö des Schlangenträgers 3 gr. ıım.,
umb ı2 Uhr ro min. war er vom o der Schlange 3 gr. 5 m.
Wenn man auf dem Globo den Nordpol 65 gr. erhebt und läfst d. ogr. Scorpii auf
gehen, so zeiget der Ost-Horizont beyleuffig den Weg des Cometen.
24.
Jablonski an Leibniz.
13. Mai 1702.
E. Excell. geehrtes vom 28. April ist mir den 7. May behändiget, und der Einschlufs
an M.d’Angieourt dem Hrn. Rath Chuno zugestellet worden.
Der Hr. Lubieniecki hat sich in der Astronomie, so viel ihm zu seinem Zweck nötig,
genugsam perfeetionirt und wartet nun noch einiger Instrumente, nach deren Erhaltung er
fertig sein wird, seine Reise anzutreten. Die Chartam magneticam, im fall er es vergelsen
solte, abzufordern wird man schon eingedenk sein.
Die Sachen der Societiet sind in dem vorigen Zustand, indem es sich noch nicht
schieken wollen, einige Zusammenkunfft der Glieder anzustellen, viel weniger ordentlich
einzurichten, und scheinet solches wohl bils in das Observatorium verspart zu bleiben, an
welchem nun ziemlich fortgefahren wird.
Der Calenderdruck auf das künfltige Jahr ist nötiger Orten bestellet und wird mit
der Arbeit zum Theil fortgefahren, ich aber verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 13. May
1702.
25.
Jablonski an Leibniz.
27. Mai 1702.
Auf Dero geehrtes vom zr. diene in schuldiger Antwort, was die Loterie betrifft, dals
solches Werk vor geraumer Zeit dem Hrn. von Schweinitz zur Aulsarbeitung übergeben
worden, damit er als Direetor des Armenwesens das Interesse des Armenhauses dabey so
Philos. - histor. Abh. 1897. III. 4
26 A. Harnack:
viel befser wahrnehmen möge. Es ist aber derselbe wegen seiner bey dem Dohm-Capitul zu
Magdeburg ihm dieses Jahr obliegenden Funetion dorthin verreiset und soll dem Verlaut
nach nicht eher wider kommen, bils S. K.M. auls Cleve widerkehren, damit er bey Dero
Durchreise in Magdeburg sie daselbst bedienen helffen könne.
Zu der Calender zeitigen Verfertigung ist die nötige Anstalt überall gemacht, und wird
hoffentlich daran nicht mangeln, wie denn auch damit denen Unterschleiffen mit mehrern Nach-
druk begegnet werde, das Ediet mit einigen Verenderungen zu ernewen vorgenommen worden.
Bei dem Königl. Polnischen Seeretario habe keine Briefe gefunden, er hat mir aber
versprochen, sobald ihm dergleichen zukommen solten, solche mir unverweilt zu behändigen.
Er heifset Wolters. Die Herren Chuno und Kirch nebst meinem Bruder lafsen sich
dienstlich empfehlen; der Hr. D. Jägwitz ist mit seiner Hochzeit, so nechstkommende
Woche geschehen soll, beschäfftiget.
Der Ertzbischoff von Philippopoli ist noch hir. Er redet, so viel man weils, allein
italiänisch, wie denn die Königin in solcher Sprache sich mit ihm ınterhalten, und Hr. D.
Kortholt befunden, dals er nicht einmahl griechisch könne, indem er ihn zwar in solcher
Sprache verstanden, aber auf italiänisch geantwortet. Der Hr. Lubieniecki wartet nur
bifs er seine Instrumenta beysammen habe, und übet sich inmittelst in der Astronomie und
was ihm sonst zu seinem Zweck nötig ist; ich aber verharre mit schuldigem respect u. s. w.
Berlin d. 27. May
1702.
26.
Jablonski an Leibniz.
4. August 1703.
E. Excell. geehrtes vom 4. Jul. habe mit Respeet erhalten und den darin enthaltenen
Befehl bei Hrn. Kirchen ungeseumt aulsgerichtet, welcher darauf übernommen, dafs er nicht
nur mit dem Hrn. Römer nach gegebener Anleitung correspondiren, sonders auch die Auf-
sätze wegen des bevorstehenden Österfestes sowohl als über des Hrn. Bianchini Vorschläge
fordersamst verfertigen und an E. Excell. zur Überlegung gelangen lalsen wolle.
Mit den Calendern ist er bils auf den astronomischen fertig, welcher auch schon geen-
diget wäre, wenn nicht auf E. Excell. Anregung er nötig gefunden, demselben anzuhängen
eine gründliche Rechenschaft über die von ihm angesetzte Osterzeit; es wird aber dieses
nicht hindern, dals man nicht mit dem völligen Druk noch vor Michaelis fertig werde.
Des Hrn. Römers Dankschreiben habe ad Acta gelegt und bin demselben vor die
Ehre seines hochgeneigten Grulses schuldigst verbunden.
Sonst bleibt bey der Soecietiet alles in vorigem Wesen und wird nur daran gearbeitet,
dals die Pavillons zu dem nötigen Brauch und Beqwemlichkeit der Societzt eingerichtet
werden. Das Observatorium wird noch vor dem Winter unter Dach seyn, mit dem Inwen-
digen wird es sich dann auch wohl geben.
Ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 4. Aug.
1703.
27.
Jablonski an Leibniz.
r1. September 1703.
E. Excell. geehrtes vom 6. Aug., welches ich den 13. empfangen, ist mir zu einer Zeit
eingelaufen, da mir die Rechnung gemacht, dafs meine auf Dero hochgeneigtes Voriges ge-
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 27
horsamst erlafsene Antwort gleichfals würde eingelanget, und darin auf das meiste von mir
Begehrte Genüge geschehen seyn. Wals wegen der Maulbeerbäume der Hr. Chuno zu beob-
achten übernommen, davon wird derselbe Nachricht zu geben nicht ermangelt haben, und
von dem Hrn. Kirch bin auch versichert worden, dals er der ihm aufgetragenen Dinge ein-
gedenk sey.
Mit dem Bau des Observatorii und Ecekpavillons gehet es, nachdem die meiste Schwü-
rigkeit mit dem Hrn. Baur gütlich abgetahn, wohl von statten und soll mit nechsteintreten-
dem Früling alles in brauchbarem Stande seyn. Sonst ist in Societatsachen nichts vor-
gefallen ohne dals auf Recommendation des Hrn. Chuno der Hr. Hartsoeker in Societatem
aufgenommen worden; ich aber verharre u. s. w.
Berlin d. ır. Sept.
1703.
28.
Jablonski an Leibniz.
6. November 1703.
E. Excell. mit schuldigster Antwort auf Dero vor acht Tagen erhaltenes aufzuwarten,
hätte nicht so lange angestanden, wenn nicht auf den Hrn. Kirch gewartet, in Meinung, der-
selbe auf das ihm Behändigte sich hinwieder vernehmen lalsen werde, womit er aber aufsen
geblieben. Sonst sind die gewöhnlichen Calender vorlängst fertig und wird nur an dem
Adrels-Calender noch gearbeitet, welcher aber auch zu rechter Zeit hoffentlich wird ver-
schaffet werden können. Der Hr. Kirch arbeitet von geraumer Zeit her an denen von
E. Excell. ihm aufgegebenen Dingen, damit er in Zeiten damit zu Ende komme und die
Calenderarbeit wider hernehmen könne.
Was für Personen seither E. Excell. Abwesenheit in Societatem aufgenommen worden,
wird die Beylage ergeben.
Der Hr. D. Zwinger ist nicht hieher gekommen, sondern hat die angetragene Vocation
aufsgeschlagen; an defsen Statt ist die Wahl auf den Hrn. Gundelsheim, welcher wegen der
mit dem M. Tournefort nach Africa und Orient getahnen Reise bekant ist, gefallen, so
sich auch schon hie befindet, und machet ınan sich die Hoffnung, es werde durch delsen
Reception der Societzt ein sonderbarer Nutz und Ansehen zuwachsen.
Der Hr. Hoffraht Chuno wird nicht ermangeln, vor das Seidenwesen zu sorgen. Sonst
hat der Hr. Petit, einer von denen auls Orange vertriebenen Predigern, die Nachricht ge-
geben, dafs unter seinen Landsleuten verschiedene sind, welche von der Seidenzucht ihre
eigene Hantierung machen, welche denn zu solcher Fortsetzung hie zu Lande nützlich
werden anzuwenden seyn.
Mein Bruder danket vor das geneigte Andenken und erstattet hinwieder seine dienst-
liche Empfehlung, ich aber verbleibe u. s. w.
Berlin d. 6. Nov.
1703.
| Beilage, von Jablonski’s Hand.]
Hr. Ciprianus, Direetor Athenaei zu Coburg,
Hr. Ihring, Metropolitanus zu Calsel, | e
; 5 d. 3. April.
Hr. Segers, Inspector alumnorum Regiorum \
zu Königsberg
Hr. Hartsoeker d. 7. Sept.
4*
28 A. Harnäack:
29.
Jablonski an Leibniz.
ı. März 1704.
Demnach das vor die Societzt gewidmete Observatorium nach und nach zu brauch-
barem Stand gelanget, also dals in Kurtzem die gehörige Versamlungen darin angetreten
und fortgesetzt werden können, so hat man nötig gefunden, das ehemals punctweise ent-
worfene Projeet eines Reglements nach denen darüber gehaltenen Deliberationen in eine
Form zu bringen und zu der Königlichen Bestätigung zu befordern, hiemit auch um so
weniger säumen, als von einer baldigen Reise Sr. K. Mt bey Hofe stark gesprochen zu
werden beginnet.
Und wenn hiemit allein auf E. Excell. Wiederanherokunft, zu welcher, dals sie mit
dem Gefolg 1. M. unserer Königin geschehen werde, uns die Hoffnung gemachet worden,
zugewartet wurde, solche aber unvermuhtet weiter hinauls verschoben worden, so habe den
abgefalsten Entwurf sotanen Reglements anbefohlener Malsen hiemit übersenden sollen, zu-
gleich im Nahmen derer membrorum, so dazu eoncurrirt, dienstlich bittend, denselben hoch-
geneigt zu durchsehen und nebst denen etwa beyfallenden Monitis mit nächstem zurück-
gehen zu lalsen, damit die Sache zum Bestand zu bringen die beqweme Zeit nicht ent-
gehen möge.
Der Adrels Calender ist nunmehr fertig und wird mit einigem Succesf[ distribuirt. Er
ist etwas stark und 6% Bogen grols geworden, welshalben ihn bey der Post zu übersenden
Bedenken habe, bifs vorher desfals Befehl erhalte, womit in schuldiger Observantz ver-
bleibe u. s. w.
Berlin d. 1. Mart.
1704.
ENS:
Von Königsberg erwarte mit ehestem eine Remise von 300 Thlr., welche vor E. Excell.
destinire. Weil aber solche, indem hie kein gröber Geld im Cours zu sehen, aufs höchste
nur in 2 Gl.-Stücken eingehen wird, und solche auf der Post zu versenden beschwerlich
werden möchte, so ist mir beigefallen, ob solche Summa nicht etwa durch einen Umschlag
dort empfangen und an den Churfürstlichen Residenten alhie von mir hinwider aufsgezahlt
werden könte.
30.
Jablonski an Leibniz.
15. April 1704.
Die mir jüngst anbefohlene Beischlülse habe mit Fleifs bestellet und den! an den Hrn.
Grafen Flemming gerichtete Schreiben delsen Stallmeister behändiget, welcher die fernere
Sorge dafür übernommen. Des Hrn. Otten Antwort kommet hiebey zurük.
Der Adrels Calender findet den Abgang nicht, delsen man sich versehen, und wird
von 5000 Stücken, womit man kaum auszulangen vermeinet, der mehriste Teil wohl liegen
bleiben.
I Sie!
PEN oe hl DE
Bus a a
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 29
E. Excell. glückliche Überkunft wird von uns mit Verlangen erwartet, da inmittelst
der Bau an dem Observatorio immer fortgehet. Ob bis dahin ich mit dem jüngstgemeldeten
Gelde zuwarten oder disfals E. Excell. Ordre vorher noch empfangen soll, stehet zu belie-
biger Anordnung, und ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 15. Apr.
1704.
31.
Jablonski an Leibniz.
10. Mai 1704.
E. Excell. geehrtes vom 30. Apr. ist zu recht eingelaufen und der Einschluls gehörigen
Orts abgegeben worden.
Vom dem heurigen Adrels Calender wird auf das zukünftige Jahr schwerlich etwas zu
gebrauchen seyn, teils wegen vieler Fehler, so ziemlich eingeschlichen, und desfalls von.
denen Interesfenten täglich mehr Erinnerungen geschehen, teils auch wegen vieler vorge-
fallenen Änderungen, so nur in der kurtzen Zeit eingefallen und deren folglich vor Ablauf
des Jahrs noch mehr zu vermuhten stehen.
Der boshafte und zum Schein mit einem nichtswehrten Saum verkleidete Nachdruck
des Adrels Calenders ist ein Werk des hiesigen Buchführers Rüdigers, dagegen man sich zu
festen bedacht ist, wiewohl bei gegenwärtiger des Hofes Entfernung es langsam hergehet.
Die grofse in dem Cammerwesen vorgegangene Veränderung hat auch den Bau des
Observatorii gehemmet, so dals es vergeblich ist, auf defsen zeitige Hinausführung und darauf
vorgehabte Inauguration der Societät dieses Jahr zu gedenken, und würde genug seyn, wenn
man nur so viel zu erhalten wüste, dafs er nicht gar liegen bliebe, so aber um so viel mehr
zu besorgen, weil stark geredet wird, dafs an allen Königlichen Gebäuden die Arbeit merk-
lich eingezogen werden soll. In der Taht siehet man nicht, dafs aulser dem Canal nach
Schönhausen und dem Fundament neben der Walserkunst sonderlich gearbeitet werde. Ich
verharre in schuldiger Ergebenheit u. s. w.
Berlin d. 10. May
1704.
32.
Jablonski an Leibniz.
17. Juni 1704.
Wegen des Rüdigerischen Nachdruks ist ein Memorial dem Hrn. von Hamraht einge-
geben, aber noch zur Zeit darauf nichts resolvirt worden. Man hat indelsen nähere Kund-
schaft erhalten, dafs er in Halle gedrukt und auch daselbst in grolsen Partagen verkauft
worden, worüber aber, weil man in 4 Wochen nicht zusammen kommen können, noch kein
Schluls gefalset.
Wegen des Baues an dem Observatorio ist auch ein Memorial an den Ober - Cammer-
herrn gerichtet worden, worauf der Befehl, solehen Bau fortzusetzen, des Bauschreibers
Aussage nach, ergangen seyn soll. Der Effeet wird sich zeigen.
Von Hrn. Ötten ist beykommende Antwort eingelaufen, und ich verharre mit schuldigem
Respect u. s. w.
Berlin, d. 17. Jun.
1704.
30 A. Harnack:
33.
Jablonski an Leibniz.
2. August 1704.
E. Excell. geehrtes vom 10. Jul. ist mir am 23. behändiget und der Einschlufs an Hrn.
Otten sofort bestellet worden.
Der Hr. Grebe ist eine Zeit her die Brunneneur zu gebrauchen nach Freienwalde ver-
reiset; so bald er wieder komt, werde Gelegenheit suchen, die anbefohlene Erinnerung bei
ihm zu tuhn.
Wegen des begangenen Nachdruks ist wider Rüdigern nichts auszurichten; er hat
gewilse Patronos am Hofe, die ihn gegen allen Anlauf vertreten. Nachdem aber der eigent-
liche Druker entdeket worden, dals es einer Nahmens Renger in Halle sey, so hat man
Ordre gestellet, ihn vor der dortigen Regierung zu denunciren. Ob es damit belser als
mit der hie eingelegten Klage gehen werde, muls man erwarten. Die obwaltende Ferien
werden vermuhtlich es aufhalten, dals noch nichts vorgenommen werden können. Inlie-
gendes ist von dem D. Neumann aus Breslau mit der Post an mich gelanget, und da ich
es am vergangenen 30. Jul. erhalten, hat mich sehr befremdet, zu sehen, dals das dabei
gefügte Adresischreiben den 2. May datirt. Wie dieses zugehe, kan nicht ersinnen.
Mein Bruder läfst sich dienstlich befehlen und ist nebst mir erfreuet, zu vernehmen,
dals der Zufall, so Ew. Excell. verlangte Ankunft bis daher verhindert, sich zu erwünschter
Befserung neige und uns die Hoffnung überlielse, Dieselben bald bei uns zu sehen. Wir
wünschen solches um so viel mehr, weil sonst nicht leicht ein Mittel übrig ist, den Bau des
Observatorii wieder in Gang zu bringen, welchen die Cammer unter allerhand nichtigen
Ausflüchten von sich abzuwenden trachtet, darauf zwar die nötige Gegenvorstellung ge-
schiehet, welche aber zu schwach seyn dürfte, wo nicht eine mündliche dazu komt von
einem, der cum autoritate davor sprechen kan. Ich verbleibe u. s. w.
Berlin d. 2. Aug.
1704.
34.
Jablonski an Leibniz.
4. April 1705.
Das erlalsene Paquet mit verschiedenen Einschlülsen, samt dem darauf gefolgten
Schreiben von E. Excell. sind mir zu recht geworden, die Einschlülse auch. richtig be-
stellet.
In Sachen der Societät ist nichts vorgangen ohne dafs bey dem Cammerherren von
Tettau die Angelegenheit wegen des Pavillons aufs beste angebracht, und von ihm die Ver-
sicherung erhalten worden, dals er eine neue Königliche Verordnung darüber auswirken
und folglich die Einweis- und Übergebung selbst verrichten wolle, defsen Erfolg nun er-
wartet wird.
Bey mir sind 300 Thlr. bereit an E. Excell. zu entrichten, weil sie aber in lauter
kleinem Gelde an 2 Gglst. bestehen, so erwarte Befehl, wie solche zu übermachen, der ich
in schuldiger Ergebenheit verharre n. s. w.
Berlin d. 4. Apr.
1705.
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 31
35.
Jablonski an Leibniz.
21. April 1705.
Zufolge dem erhaltenen Befehl habe das bewuste Geld an M. Hugoni ausgezahlet, und
wird durch seine Vorsorge solches hoffentlich wohl überkommen.
Die Abwesenheit des Königs, deme der Hr. von Tettau gefolget, machet, dals man
noch nicht weils, wals er wegen des Pavillons ausgerichtet, man wird aber alle nöhtige
Vorsichtigkeit brauchen, die Sache zu vollkommenem Bestand zu bringen.
Die Soeietät ist im Nahmen des Ober-Cammerherren ersuchet worden, gewilse Sinn-
bilder und Überschriften zur Auszierung des Trauer-Tempels, so zur künftigen Leichbegängnis
der Königin bereitet wird, aufzusetzen.
Ob nun wohl dergleichen Arbeit zu der aufgegebenen Verrichtung der Societät nicht
gehöret, so haben doch diejenigen Glieder, welche nahmentlich dazu angesprochen worden,
worunter der Hr. Chuno, sich dazu verstanden und solche Arbeit übernommen. Sonst ist
nichts Veränderliches, ich aber verbleibe mit schuldigem Respeet u. s. w.
Berlin d. 2r. Apr.
1705.
36.
Jablonski an Leibniz.
19. Mai 1705.
Beikommende Einschlüfse, darunter der eine schon einige Posten gewartet, geben mir
Anlals, hirmit schuldigst aufzuwarten und zugleich meine vormalige Bitte inständigst zu wieder-
holen, zumalen die Zeit unvermerkt verlauft und eine dergleichen Arbeit sich nieht gerne
übereilen lälset.
Die Sachen der Societät beruhen in vorigem Stande. Mit dem Calender-Kram dörfte
es dieses Jahr etwas schlecht ablaufen. Der Hr. Kirch nimt von seiner anhaltenden Un-
pälslichkeit Anlals, alle Arbeit von sich zu schieben und solche dem Hrn. Hoffmann aufzu-
bürden, darüber dieser sehr schwürig ist und auf die Gedanken einer vorzunehmenden
Veränderung gerahten. Indelsen, und da die Jahrszeit schon so hoch angelaufen, ist noch
auser dem Preulsischen kein eintziger Calender fertig, so wenig als zu hoffen, dals sie zu
gehöriger Zeit abgedrukt werden könten, welches den Vertreib unfehlbar merklich hindern
und einen empfindlichen Schaden nach sich zu ziehen nicht ermangeln wird. Dannenhero
bey gestriger Zusammenkunft mir aufgegeben worden, E. Excell. solehes vorzustellen und
Dero Gedanken, wie etwa solcher Unordnung künftig vorzukommen wäre, zu erbitten.
Von meinem Bruder ergehet eine dienstliche Empfehlung, und ich verbleibe u. s. w.
Berlin d. 19. May
1705.
DAS:
Als Obiges so weit geendiget, empfange ich E. Exec. geehrtes ohne dato, so von einer
unbekanten Person meinem Diener auf der Stralse behändiget worden. In demselben haben
sich zween der gedachten Einschlülse an M. Hugoni und den Raschmacher, das dritte auch
angeregte aber an Papen nicht befunden. Jene sollen aufs beste besorgt werden.
Wals von dem Hın. Kirchen, belangend die von ihm verlangte Observationes, zu hoffen,
kan aus dem, so oben angeführet, abgenommen werden. Von des Hrn. Hoffmanns Abferti-
32 A. HArnAcKk:
gung nach Coppenhagen ist gestrigen Tages gesprochen, dieselbe aber vor der Hand vor
unmüglich geachtet worden, weil er mit der unter Handen habenden Calenderarbeit kaum und
mit genauer Noht fertig werden dörfte, alsdenn wenn die künftige unumgänglich wird vor-
genommen werden mülsen, wo man nieht damit immer weiter zurück fallen will. Unter-
delsen werde bey nächster Zusammenkunft E. Excell. Meinung vorzutragen gehorsamst un-
vergelsen seyn.
37.
Jablonski an Leibniz.
26. Mai 1705.
Ew. Excell. geehrtes vom 20. habe zu recht erhalten und die Einschlüfse alle richtig
versorget.
Dem Hrn. Kirchen werde ehesten Tagen besuchen, um sowol seiner Gesundheit halber
mich eigentlich zu erkundigen, als wals er mit der vorgehabten Edition seiner Observationum
zu tuhn entschlolsen, zu vernehmen und von denen Frantzösischen Ephemeridibus ihm Nachricht
zu geben. Von allem werde sodann Ew. Excell. gehörigen Bericht zu erstatten nicht unterlalsen.
Inliegendes ist von dem Hrn. Hugoni mir anbefohlen worden.
Am vergangenen Freytag ist der Schlolshaubtmann von Printzen zum Wirklichen Ge-
heimen Raht ernennet worden und hat alsofort seinen Sitz in selbigem Collegio eingenommen.
Ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 26. May
1705.
38.
Jablonski an Leibniz.
30. Juni 1705.
Ew. Excell. geehrte Schreiben vom 3. 17. und 25. Jun. sind zu recht eingelaufen und
die anbefohlene Einschlülse von mir selbst behändiget worden. Weil aber die darauf etwa
erwartete Antworten nicht an mich gelanget, werden solche zweifelsohne durch andere Wege
seyn abgelalsen worden.
Die Leichbegängnis der hochseeligen Königin ist am bestimmten Tag in guter Ordnung,
ohne einigen Zufall oder Unglück, wofür man gleichwol, vermuhtlich aber ohne Grund,
ziemlich besorgt gewesen, verrichtet worden, wovon wie auch von dem Mausoleo die Be-
schreibungen mit ehestem herauskommen werden.
Der Hr. Huyslen ist vor drey Tagen aus Sachsen hie wieder angelanget, doch weils
man nicht, wie lang er sich hie aufhalten möchte.
Der Hr. Chuno und mein Bruder danken des hochgeneigten Andenkens und erwiederen
es mit einer gehorsamen Empfehlung. Jener ist zuweilen mit harten Zufällen von dem Colica
gequälet, wovon er auch in verwichener Woche angegriffen worden, dafs er sich bis daher
einhalten mülsen. Ich verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 30. Jun.
1705.
39.
Jablonski an Leibniz.
4. Juli 1705.
E. Excell. zwey geehrte Schreiben vom 26. und 28.Jun. habe zugleich empfangen und
die darin befindliche Einschlüfse an M. Naud&, Hugoni und den Raschmacher Otten ge-
hörig behändigen lalsen.
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 33
Mit der Calenderarbeit wird so viel müglich nichts versäumet, vornemlich aber dahin
getrachtet werden, die Sache nechstens also zu falsen, damit diesfalls weiter keine Sorge
übrig sey und die rechte gehörige Zeit allenthalben in Acht genommen werde.
Die neuen Ephemerides von Paris sind hie noch nicht zu sehen gewesen; wenn sie
zu haben, soll ein Exemplar behalten werden.
Nachdem die bisherige grolse und allgemeine Beschäftigung nach vollendeten Leich-
bestattungs -Solennien aufgehöret, so wird man bedacht seyn, den Anbau des Observatorii
zu erinneren, damit er dieses Jahr nicht gantz und gar liegen bleibe.
Mein Bruder und der Hr. Chuno empfehlen sich dienstlich, und ich verbleibe u. s. w.
Berlin d. 4. Jul.
1705.
M.
Jablonski an Leibniz.
ı1. Juli 1705.
Gleichwie E. Excell. geehrte nach einander richtig erhalten, also werden meine darauf
gehorsamst erlalsene Antworten, wie Dero Befehle von mir beobachtet worden, zu erkennen
gegeben haben.
Die Auction der Bibliothee des seel. Begeri ist daher gestocket worden, weil sie eben
auf den Tag nach dem Königlichen Leichbegängnils angesetzt gewesen, da wegen so vieler
anwesenden Fremden Niemand sein selbst mächtig gewesen, also der Zeit nicht gehabt, sich
dazu einzufinden. Nun haben die Erben beschlofsen, solche Auction gantz einzustellen und
die Bücher aus der Hand zu verkaufen. Ich habe nun [nach] dem Preils des Musaei Wor-
mianı mich erkundiget und ist derselbe mir auf 24 Rthlr. gesetzet worden. Ob nun Dem-
selben das Buch anstehen werde, erwarte nebst weiterem Befehl zu vernehmen.
Von denen übersandten Personalien der hochseeligen Königin habe nichts erfahren,
weil durch des Hrn. Bischofs anderweite Anstalt die Aufsetzung derselben von mir auf den
Hrn. Chuno gewendet worden. Die Inseription habe nebst dem Schreiben dem Hrn. von
Ilgen behändiget, von dem sie, wie ich hernach vernommen, an Hrn. Chuno gelanget,
unter denen bisher in Druck gekommenen Sachen aber von mir noch nicht gesehen worden.
lch werde nicht ermangeln, bey nächster Zusammenkunft mit dem Hrn. Chuno darnach zu
fragen, und verharre mit schuldigem Respeet u. s. w.
Berlin d. ır. Jul.
1705.
41.
Jablonski an Leibniz.
25. August 1705.
Nach E. Excell. in Dero letzteingelaufenem Schreiben enthaltenen Befehl habe das
Musaeum Wormianum erkauft und dem Raschmacher Otten, welcher gestern von hie nach
Braunschweig abgereiset, durch Hrn. Papen zustellen lalsen.
Von meinem Bruder, welcher zugleich seinen gehorsamen Gruls und Empfehlung über-
schreiben lälst, hat vor einiger Zeit an E. Excell. ein Schreiben samt einem Teil der er-
warteten Sachen durch die Hand des Hrn. D. Fabritii zu Helmstät abgehen lalsen, und weil
von dem Einlauf bey ihm die Nachricht schon zurückgekommen, wird solches nunmehr auch
an E. Excell. gelanget seyn.
Philos. - histor. Abh. 1897. IIl. 5
34 A. HArnack:
Der Bau des Observatorii wie aller übrigen Königlichen Werke hat so lange mit Auf-
richt- und Abbrechung des Königlichen Mausolaei und wals dem anhängig zu schaffen ge-
wesen, stille stehen mülsen, weil die meisten Werkleute dorthin verwendet werden. Nun
wird endlich wieder etwals getahn; es gehet aber gar schläferig von statten, weil ein Treiber
ermangelt.
Der Abgefertigte des Hrn. von Kroseck ist nach dem bestimmten Ort abgangen, und
der Hr. von Krosecek, welcher mit seinem Observatorio alhie bald zum Stande kommen, hat
eigene Leute bestellet, so der Observationen warten sollen, dem Hrn. Hoffmann aber die
Direction anbefohlen.
Den Hrn. Kirch habe gesprochen und von ihm verstanden, dals er de Anno 701 keine
maculas in sole observirt habe, sich aber erinnerte, dals von dem Hrn. Wurtzelbauer ihm
dergleichen ecommunieirt worden, welches er aufsuchen und mir heut zu rechter Zeit noch
einschicken wolte, defsen denn augenblicklich gewärtig bin, und mit schuldigem Respect
verharre u. s. w.
Berlin d. 25. Aug.
1705. .
42.
Jablonski an Leibniz,
1. September 1705.
Es hat der Hr. Schütze, ein Liebhaber der Astronomie und fleilsiger Observator,
welcher E. Excell. hoffentlich nicht unbekannt seyn wird, nachdem er in seiner Geburts-
statt Belgard der Schulen Rector worden, Ansuchung getahn, in die Societät als ein Mit-
glied aufgenommen. zu werden. Ob ihm nun hierunter zu willfahren, habe E. Excell. ge-
fällige Meinung hiemit vernehmen wollen, nach welcher ohne Zweifel auch die übrigen
Herren bey Abfalsung des Schlufses sich riehten werden.
Und weil gedachter Hr. Schütz die Observationes meteorologieas bis daher auf eine
besonders sinnliche Weise genau fortgesetzet, auch vielleicht gerne sähe, wenn dieselben,
gleich vormals denen Hoffmann- und Gotschedischen geschehen, auf der Societät Kosten
i
Der Hr. von Krosiek ist mit seinem Observatorio mehrenteils fertig und verlanget,
gedrukt würden, so wird auch dies
alls E. Excell. beliebiges Gutfinden erwartet.
dafs der zu Leiptzig erkaufte, aber in Engelland verfertigte Quadrant, so lange das Obser-
vatorium der Societät noch nicht im Stande ist, dahin geliehen werde, welches ihm um so
williger zugestanden worden, weil hiemit zugleich der Nutz sotanen Quadrantens gegen die
andere gemeine Instrumenta sich zeigen wird. Ich verbleibe mit schuldigem Respeet u. s. w.
Berlin d. 1. Sept. 1705.
[P. S.] Der Einschluls ist aus einem von dem Hrn. Brochhausen kürtzlich an mich
eingelaufenen Schreiben gezogen, delsen Wichtigkeit vielleicht ein weiteres Nachdenken
verdienet.
|Anliegend der erwähnte Einschluls:]
Extraet Schreibens aus Molskau d. 15. Jul. 1705.
BSR:
Sonst kan nieht umhin zu berichten, dafs ich das Glück gehabt, mit einem vor-
nehmen teutschen Mann, der noch in J.Z. Mt wirklichen Kriegsdiensten alhie stehet, be-
kannt zu werden. Dieser ist vor einigen Jahren von J.Z. Mt in Sibirien gesandt worden,
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Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 35
des Landes Beschaffenheit sich zu erkundigen, da er denn nicht allein zwo partieulier
Landkarten, sondern auch verschiedene Silber-, Kupfer-, Eisen-, Bley-, volatilische Gold-
und andere mineralische Ertze mit herausgebracht, bishero aber alles sehr geheim gehalten.
Nachdem ich nun in sehr genaue Bekantschaft mit ihm gerahten, ihm auch von der
Brandeburgischen Societät Intention wegen China Apertur getahn, ist er gegen mich sehr
vertraut heraus gangen, und weil er dabey ein sehr gottfürchtiger Mann ist, hat er sich
gefreuet, dals durch solehe Weise das reine Christentum nicht allein in China, sondern
auch unter den Heyden in Siberien gepflantzt werden könte, wozu auch Gott Mittel genug
an die Hand gäbe durch Zeigung so vieler reichen Bergwerke in selbigen Landen, welche
er teils selbs gesehen und probiret, teils sichere Nachricht davon hätte. Er hat mir zu
dem Ende sechserley Ertze und noch vier andere mineras! zugestellet, welche ich mit
nächster Gelegenheit an Hrn. D. Hartmann in Königsberg senden werde, um solche zu pro-
biren. Es versichert mich dieser vornehme Mann, dals in selbigen Landen ein unergründ-
licher Schatz vun dergleichen Bergwerken sey, und weil sichs gegen Osten und Mittag
wendet, sey das Clima viel belser als hier, malsen mich der Hr. Isbrand auch versichert,
dals in der sogenanten grolsen Tarterey und im nordischen China bils Peking die Luft
sehr rein und gesund sey. Ferner soil an diesen Siberischen Orten ein Überflufs von
Fischen, Wildprett und anderen Vietualien seyn; die Landesinwohner gutartig von Natur,
und frugal leben, und weil sie keine recht formirte Secte unter sich haben, sehr begierig
seyn, von dem walıren Gott zu hören. Dieser vornehme Mann, der alhie grolse Chargen
bedienet, aber wegen vieler Contrecarrirungen diese Dinge sehr heimlich gehalten, treibt
mich sehr an, dals ich solches bey der Englischen Soeietät de propaganda fide und bey
der Königl. Preuls. Societate seientiarum bekannt machen möge, ob vielleicht Gott der Herr
durch dieser beiden hohen Potentaten Vermittelung eine Tühr Öffenen und sein wares Er-
käntnils in selben Landen aufgehen lalsen wolte, und solchen Falls ist dieser rechtschaffene
Mann aus Eifer zu Gottes Ehre und Liebe zu seinem Nächsten bereit, selbst ein Anführer zu
seyn, wozu er alle requisita hat, malsen er von Jugend auf in Kriegsdiensten gestanden und
jetzt Generalmajor ist, im 56. Jahr seines Alters, hat ein Haus alhier und zwey Landgüter
in dieser Provintz, laborirt beständig in chymieis und verfertiget viele köstliche Artzeneyen.
Ich schreibe diese Woche durch den von hier über Archangel gehenden englischen
Prediger an obwolgedachte Societät nach London in eben diesem Sujet, sende ihnen auch
eben die Ertzproben, als ich an Hrn. D. Hartmann tuhe.
[Hierunter ist von Leibnizens Hand geschrieben :]
Hr. Secr. Jablonski schreibt mir de dato Berlin ı. Sept. 1705: »Der Einschluls ist aus
einem von dem Hrn. Brochhausen an mich eingelaufenen Schreiben gezogen«.
43.
Jablonski an Leibniz.
26. September 1705.
Vor Einlauf Dero geehrten vom 28. Aug. habe die von dem Hrn. Kirchen erhaltene
Observationes übersendet, welche nebst dem Musaeo Wormiano hoffentlich wol werden ein-
gelaufen seyn.
Sic:
or
36 A. HArnAcK:
Wegen des Observatorii ist man dieser Tagen in Conferentz gewesen und scheinet
die Cammer zu defsen Ausbauung sich nun williger anzuschieken. Wegen des Eckpavillons
aber ist noch nichts geschehen, weil der Cammerherr von Tettau eine Zeit lang bettlägerig,
der Hr. von Schlüter aber die meiste Zeit abwesend gewesen, weils man also nicht, wie
man damit noch auskommen werde.
Der Hr. Profefsor Sturm hat jüngst um seine Pension Erinnerung getahn. Nun be-
sinne mich, dafs bey Ew. Excell. Anwesenheit dieser Sache gedacht, auch ein Schlufßs ge-
macht worden; dieweil aber der Denkzettul, worauf derselbe verzeichnet, mir nicht zu
Handen gekommen und der eigentliche Inhalt mir nicht beiwohnet, so habe dilsfalls um
anderweiten Befehl ersuchen sollen, und verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 26. Sept.
1705.
[Auf dem zweiten Blatte dieses Briefes findet sich von Leibnizens Hand das nach-
folgende Concept seiner Antwort, olıne Datum und Unterschrift; nach dem Diarium erhielt
Jablonski am 4. und 8. October je einen Brief von Leibniz; der letztere wird der nach-
stehende sein.]
44.
Leibniz an Jablonski.
Anfang October 1705.
Dals das Museum Wormianum zurecht geliefert worden, wird m. Hr. aus meinem
vorigen verstanden haben, alwo mich auch wegen der diefsfals angewendeten Mühewaltung
gebührend bedancket.
Hr. Profelsor Sturm anlangend erinnere mich nicht, dals etwas geschlolsen, sondern
nur von der Sache discurriret worden und man dafür gehalten, die Societät sey nicht
schuldig, die Pension ihm allezeit zu reichen, sondern habe sich nur interimsweise ein-
gelalsen, bils ihm anderwerts dergleichen zuwüchse; welches bereits geschehen wäre. Ob
ich mich nun der Umbstände recht erinnere und 'es in der That also bewand, wird m. Hr.
etwa genaue Erkundigung einzuziehen belieben, damit er nicht etwa Briefe aufweisen möge,
die ein Anderes besagen.
Sulte sich nun die Sach also befinden, so hätte freylich die Societät freye Hände; ich
solte aber dennoch zu überlegen anheimstellen, ob man gutlhı finden möchte, noch zwar
einige Zeit nach Befinden und mit gebührender Verwahrung de non praejudicando zu con-
tinuiren, hingegen aber von ihm gewilse labores zu stipuliren, dadurch der Societät ein
würcklicher Nuz geschaffet werden köndte. Nun ginge man unter andern damit umb, wie
mit der Zeit die Artes mechanicae wohl beschrieben werden möchten und sonderlich sehe
man gern, wenn die Manufacturen, die einen grolsen Einfluls in das Publicum haben und
von der Weberey dependiren oder damit verwandt, zuforderst beschrieben würden, zumahlen
davon noch nichts rechtes vorhanden. Um den Anfang zu machen, so wolte man den Hr. Pro-
fes[or ersuchet haben, das so genante Mestier oder Strumpfstricker-Instrument deutlich zu
beschreiben und vorzustellen, dals man es sowohl perspeetivisch im Ganzen, als auch jedes
Theil absonderlich sehe und deren usum mit der ganzen Invention aus der Beschreibung
und den Figuren daraus verstehen könne. Zu welchem Ende solche Arbeit des Instruments
mit dem ordinari Stricken, so mit der Hand geschicht, zu vergleichen und ipse modus in-
ventionis, wie man darauff kommen konte, ein gleiches durch die machinam zu leisten.
briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. St
Würde verhoffentlich wenigstens innerhalb Jahreszeit dazu zu gelangen seyn. Solte sich
aber finden, dals man gegen Hrn. Sturm pure und beständig engagiret, so lange er sich zu
Franefurt befindet, so ist es doch dergestalt zu verstehen, dals er dagegen auch zu dem
scopo Soeietatis zu concurriren gehalten und wäre zwar das prooemium zu ändern, das
postulatum aber würde ein Weg wie den andern verbleiben.
45.
Jablonski an Leibniz.
6. October 1705.
Aus dem hiebey zurück kommenden Schreiben des Herren Hermanni haben die wenigen
noch zur Zeit privatim zusammen kommende membra Societatis den tödtlichen Abgang des
Hrn. Bernoulli ungerne vernommen und den Verlust eines so vortreflichen Mitgliedes, wie
billig, beklaget. Wenn aber die Notification nicht an die Societät publico nomine gerichtet,
so hat man davor gehalten, dals auch eine Beantwortung publico nomine nieht wol Statt
habe, sondern mit dem Gegencompliment bei der Weise des Compliments verbleiben könne,
allermalsen E. Excell. solche Mühewaltung zu übernehmen geziemend ersuchet und die Ein-
richtung Dero hochgeneigten Gutfinden überlalsen wird. Die Aufnahme des itztgedachten
Hrn. Hermanni, wie imgleichen des Hrn. Omeisii lälset man nach Ew. Excell. Belieben sich
auch gefallen, und soll die Ausfertigung geschehen, sobald von ihren Namen und Qualitäten,
als welche dem Diplomati einverleibet werden, die nöhtige Nachricht einleuft.
Der Hr. Kirch hat sich dieses Jahr etwas verspätet und gestern erst das Letzte des
astronomischen Calenders übergeben. Es ist ihm aber eine neue Methode angekündiget
worden, nach welcher man begehret, dals hiernächst die Manuseripta auf einander geliefert
werden sollen, und wenn, wie man hoffet, er auch es verheilsen, solche beobachtet wird,
kan solcher Fehler in Zukunft verbelsert werden.
Den Hrn. Hoffmann hat man in so weit wieder zufrieden gesprochen, dafs er die Ge-
danken einer vorhabenden Veränderung fahren lalsen, wie man ihm aber eine wirkliche
Güte erweisen möge, solches stehet noch in Überlegung.
Der Hr. Raht Chuno lälset nechst dienstlicher Empfehlung die Nachricht erteilen, dals
das Epitaphium vor die Königin von dem Hrn. von Ilgen ihm zukommen, auch wieder zurück
gegeben und wegen des Befehls zum Druck verschiedenlich erinnert, aber nichts erhalten
worden, daher vermuhtlich bey damaliger Verwirrung und Überhäufung von dergleichen
Sachen dieses Mannseript etwa verlegt worden seyn möchte: wenn aber Ew. Excell. eine
neue Abschrift einzusenden belieben wolte, wolle er ihm die Beforderung zum Druck noch-
mals angelegen seyn lalsen.
Das verlangte Rangreglement kommet hiebey, und von meinem Bruder eine dienstliche
Empfehlung; ich verharre in schuldiger Observantz u. s. w.
Berlin d. 6. Oct.
1705.
46.
Jablonski an Leibniz.
27. October 1705.
E. Excell. geehrtes vom 10. Oct. ist zu recht eingelaufen und die Einschlüfse wol be-
stellet worden.
Wegen des Hrn. Sturms hat man die Verschreibung nachgesehen, und weil dieselbe
gantz unbeschränkt eingerichtet, noch nieht vor gut befunden, ihm die Pension gar zu ent-
38 A. Harnack:
ziehen, sondern beschlofsen, sein leichtsinniges und der Soeietät verkleinerliches Verfahren
ihm nachdrüklich zu verweisen und die Verwarnung anzuhängen, dals auf den Fall erman-
glender Verbelserung man sich an solche Verschreibung nieht mehr verbunden achten werde.
Inliegendes von dem Hrn. Valentini ist also blos von dem Hrn. D. Spener dem
Hrn. Chuno zugestellet worden, der es mir an E. Excell. einzuschlielsen befohlen. An dem
Observatorio wird allgemach gearbeitet und weilen es nur einmal im Gang ist, hoffet man,
es werde also eontinuiren. Ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 27. Oct.
1705.
47.
Jablonski an Leibniz.
21. November 1705.
E. Excell. geehrtes vom 13. Nov. habe zu recht erhalten und die Einschlülse gehöriger
Orten übergeben. Hr. Küster gedenkt nicht wieder nach Engelland, indem er hie den Titul
eines Rahts und Oberbibliothecarii (welches letztere die andern Bibliothecarii ihm noch
streiten) mit einer Besoldung von 800 Thlr. erhalten.
Dem Hrn. D. Spener habe selbst aufgewartet und hat er versprochen, wegen der herbae
vomitoriae Americanae an den Hrn. Valentini zu schreiben, hat aber vorläufig seine Meinung
darüber eröfnet, wie er davor halte, dals es die Brasilianische Wurtzel Ipecacoanha seyn
werde, davon zwar 4 species, so er alle in seinem Musaeo hat und mir gezeiget, die braune
aber insonderheit, wegen ihrer gelinden Würkung zum Vomit. berühmt und als etwas be-
sonders gebraucht wird, daher auch sehr teuer sey und das 4 auf 72 Rthlr. komme.
Wals Hr. Tentzelius in seine eurieuse Bibliothee eintlielsen lalsen, solches habe er
nicht vor einen dislensum, sondern vor eine Objeetion, welche der Autor ihm selbst ge-
macht, auch wieder aufgelöset angesehen, wolle es aber nochmals erwegen, auch mehrere
Nachricht in dem Journal des savans aufsuchen.
Hr. Kirch ist mit dem Calendercaleulo auf das 707. Jahr so beschäftiget, dals er so
bald an seine Observationes nicht wird gedenken können. Indelsen will ınan überlegen, ob
und welchergestalt zu der verlangten Beihülfe des Druckes zu gelangen seyn möchte. Ich
verharre in schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 21. Nov.
1705.
48.
Jablonski an Leibniz.
15. December 1705.
E. Excell. geehrtem vom 4. Dee. zu gehorsamsten Folge habe das anbefohlene Com-
pliment bey dem Hrn. Raht Küster abgeleget, der denn nebst dienstlicher Gegenempfehlung
mir zur Antwort gegeben, dals er die verlangte Nachricht in seinem jüngsten, welches
hoffentlich mit dem übrigen in dem von mir am 28. Nov. abgelalsenen Paquet wird zu recht
eingelaufen sein, albereit erteilet.
Wenn der Hr. Küster sich in wirklichen Besitz und Übung seines Amts wird gesetzet
haben, worin er von seinen künftigen Collegen noch einige Hinderung empfindet, wird er
hoffentlich ihm die Verbefserung der Bibliothee mehr, als bisher geschehen, lalsen angelegen
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 39
sein, und hiemit um so leichter fortkommen, als der gegenwärtige Proteetor derselben ein
geneigteres Gehör bei dem Könige, als sein Vorfahr findet.
Ich erwarte täglich eine Post Geldes aus Preulsen, mit deren Einlauf die Calsa im
Stande sein wird, abermal 300 Rthlr. an E. Excell. zu entrichten. Auf solchen Fall er-
warte Befehl, auf wals Weise solche zu übermachen habe, und verharre mit schuldigem Re-
spect u. Ss. w.
Berlin d. 15. Dee.
1705.
49.
Jablonski an Leibniz.
12. Januar 1706.
üw. Excell. gratulire aus schuldiger Obliegenheit zu dem durch göttlichen Beistand aber-
mal in hohem Wolstand erreichten Jareswechsel und wünsche zu vielen nachfolgenden nebst
ersprielsender Leibesgesundheit alles erfreuliche und nach eigenem Selbstbelieben gedeihende
Wolvergnügen, mir aber viel Gelegenheit und Vermögen, um Dero hohe Gewogenheit mich
mehrers verdient zu machen.
Das eingeschlolsene Schreiben an Hrn. Prof. Sturm ist anbefohlenermalsen in con-
ferentia verlesen und nach Verlangen eingerichtet befunden worden. Der Mann hat ohne
Noht grofse Verdrielslichkeiten erhoben, und wenn Jemand mit ihm nach seiner Weise an-
binden wollen, hätte es an ihm nicht gelegen, an allen Ecken Lärmen zu blasen, doch wird
er nu hoffentlich stille sein.
Mit des Hrn. Küsters Hieverbleiben ist es wol riehtig, weil seine Besoldung und Rahts-
titul ausgemacht. Nur stockt es noch an dem verlangten Protobibliothecariat, welches er
begehrt, die Andern aber ihm nicht einräumen wollen. Und obwol er sich defsen nu gerne
begeben wolte, scheinet es doch als ob es so schlecht in seiner Hand nicht stehe. Doch
wird mein Bruder die Ehre haben, hievon genauere Nachricht zu erteilen.
Seine, des Hrn. Küsters Sache ist vornemlich durch den Hrn. von Printzen getrieben
worden, daher ich vermeinet, es habe derselbe die Procuration der Bibliothee wirklich er-
halten. Ob nun wol vernehme, dals solches nicht ist, so scheinet doch, er werde sich
tacite darein setzen, von den Andern aber nicht leicht Jemand ihm hierin hinderlich sein.
Hr. Kirch ist itzo fleilsig über die Calender auf das 707. Jar, sobald er damit zu
önde, wird er sein besonder Werk mit allem Fleiss vor die Hand nehmen; inmittelst lälset
er sich dienstlich empfehlen.
Die Erinnerung an den Hrn. D. Spener habe noch nicht tuhn können, soll aber ehe-
stens geschehen.
Der vormals gedachte Hr. Brochhausen hat etliche Proben von Ertzen aus denen
Siberischen Bergwerken eingesandt, davon die Probe möchte genommen und die Sache so-
dann in fernere Überlegung genommen werden. Es wird aber dieses auf E. Excell. ver-
hoffte glückliche Überkunft gesparet, dahin auch zu anderweitem Befehl die Geldsache aus-
gesetzt bleibet, und ich verharre mit geflilsenster Ergebenheit u. s. w.
Berlin d. 12. Jan.
1706.
Der Hr. Chuno hält sich gefalset, mit nächstem nach Calsel in Königl. Geschäften,
die Verlalsenschaft der hochseel. Erbprinzelsin betreffend, abzureisen.
40 A. HaArNmacK:
0.
Jablonski an Leibniz.
13. Februar 1706.
Nachdem verschiedene Schreiben an Ew. Excell. bei mir eingegeben worden, so habe
dieselben nicht länger aufhalten sollen, sondern nebst einem Adrels-Calender hiebei schul-
digst übersenden sollen. Dieser letztere ist voritzo etwas spät fertig worden, weil die
Profelsores bei der Ritteracademie sich um den Rang gezanket und zuletzt anders nicht
denn durch eine Commilsion von den drei ersten Staats-Ministern entschieden werden
können, worauf man mit dem Druck 14 Tage warten und endlich noch ein Blatt umdrucken
mülsen.
Der Hr. Profelsor Zwinger, M.D. zu Basel, hat zu verstehen gegeben, dals er ver-
lange in die Societät aufgenommen zu werden, welches denn ihm auch von denen hie-
seienden Membris eoneilii zugestanden worden.
Es liegen nunmehr 600 Thlr. bei mir in Bereitschaft, so auf E. Excell. Ordre warten,
und ich verbleibe mit schuldiger Observantz u. s. w.
Berlin d. 13. Feb.
1706.
51.
Jablonski an Leibniz.
9. März 1706.
Aus Dero geehrteım vom 26. Feb. habe mich erfreuet, dals es bei dem beständigen
Entschluls bleibe, uns an diesem Ort in Kurtzem wieder zu besuchen; wünsche, dals es bei
ersprieslicher Gesundheit und Wolvergnügen geschehen möge.
Das mehrgemeldte Geld soll auf E. Excell. Ordre in Bereitschaft bleiben.
Von denen kleinen in Kupfer gestochenen Calendern ist mir nur einer zu Teil worden,
welchen hiebei gehorsamst übersende.
Bei der Soeietät bestehet Alles im vorigen. Herr Hoffmann hat eine Beschreibung der
bevorstehenden grolsen Sonnenfinsternils herausgegeben , nachdem der Sächsische Astronomus
Junius in seinem Calender dieselbe gantz verkehrt vorgestellet. Ich weils nicht, ob er damit
aufgewartet. Sie ist nicht auf Kosten der Societät gedruckt, sondern von dem Buchführer
verlegt worden; man hat aber einige Exemplare vor die Soeietät behalten, womit ich auf
Befehl dienen kan.
Die anbefohlene Einschlülse habe behändiget, und mein Bruder lälst seine dienstliche
Empfehlung hinwieder zurück gehen, ich aber verharre mit schuldiger Observantz u. s. w.
Berlin d. 9. Mart.
1706.
52.
Jablonski an Leibniz.
20. März 1706.
Dero geehrtes vom 12. Mart. ist mir richtig behändiget und die Einschlülse gehöriger
Orten abgegeben worden.
Der Hr. D. Spener lälst sich hinwieder dienstlich empfehlen und hat nach Verlesung
des Memorials wir zurückzuvermelden befohlen, dafs von denen verlangten Nachrichten ihm
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 41
niehts gedächtlich beiwohne, weil er aber seines seel. Vaters Sachen in gute Ordnung ge-
bracht, werde er, ob etwas in denselben zu befinden, bald aufsuchen; im entsprechenden
Fall aber bei seinem Vetter, welcher zu Hanau Cantzler ist und aus selbigem Archiv die
beste Kundschaft erlangen kan, sich des Nöhtigen erholen können, und solches folglich mit-
zuteilen nicht unterlalsen.
Der Hr. Chuno hat zu seiner Abwesenheit drei Monate angesetzet, es pfleget aber zu
geschehen, dafs ınan eher etwas zulegen muls, als abbrechen kan, also dals er schwerlich
eher als etwa kurtz vor Pfingsten zurück vermuhtet wird. Noch zur Zeit ist nichts von
ihm eingelaufen.
Durch den Tod des Hrn. von Brand ist abermal eine Stelle im Geheimen Raht: nebst
mehr andern wichtigen Functionen erlediget worden, wozu nun mancherley Praetendenten
verspüret werden.
Dem Befehl wegen des Geldes werde gebührend nachkommen, und verharre mit schul-
digem Respect u. s. w.
Berlin d. 2o. Mart.
1706.
53.
Jablonski an Leibniz.
15. Mai 1706.
Ew. Excell. habe gehorsamst berichten sollen, dals die jüngst vorbeigegangene Sonnen-
finsternils bei sehr schönem Wetter nicht nur von dem Hrn. Hoffmann auf dem Öbserva-
torio des Hrn. von Krosick, sondern auch auf dem Observatorio publico von dem Hrn.
Kirch in Beisein vieler vornehmer Liebhaber observiret worden, und werden sie zweifels-
ohne solche ihre Observationes mit ehestem herausgeben.
Itztgedachtes Observatorium ist noch immer in vorigem Stande und wird daran so
sparsam gearbeitet, dafs, wenn es nicht befser gehen solte, in vielen Jaren noch kein Ende
zu hoffen. Mit vieler Mühe ist so viel erhalten worden, dals ein einiges Gemach, welches
der Hr. Kirch seine Observation anzustellen erwehlet, nur in der Eil und verlohren mit
Bretern beleget worden, dals es zu obigem Gebrauch vor dieses Mal dienen können.
Der Hr. Chuno ist von seiner Reise noch nicht wieder angelanget, wird aber stündlich
erwartet. Alsdann will man überlegen, ob der Cammer ein Vorschlag getahn werden möge,
wie sie sich solehen Baues auf einmal lols machen könne.
Wegen der Wonung vor den Astronomum hat es Mühe gekostet, den Hrn. von Bauer
dahin zu treiben, dafs er sich endlich erklären mülsen, vier Zimmer in dem Pavillon nach
der Statt zu solchem Gebrauch anzuweisen, womit es aber auch auf die Rückkunft des
Hrn. Chuno wartet.
Der Hr, Küster hat mit seinem Vorhaben hie nicht nach Willen aufkommen können,
sondern so viel Hinderungen im Wege gefunden, dals er seine Bestallung wieder aufgegeben
und in Gesellschaft derer von der Universität Cambridge zu dem Jubilaeo nach Franckfurt
Deputirten mitgegangen, des Vorsatzes, in Holl- oder Engelland, wo es sich am besten wird
tuhn lalsen, ein Etablifsement: zu suchen.
Die vormals gedachte Gelder warten bei mir noch immer auf Dero Disposition, und
ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 15. May
1706.
Philos. - histor. Abh. 1897, I11. 6
42 A. Haırnack:
54.
Jablonski an Leibniz.
31. Juli 1706.
Der Einschluls, so mir mit Fleils anbefohlen worden, veranlalset mich zu gegen-
wärtiger Aufwartung, wobei zugleich gehorsamst melde, dals verschiedene ÖObservationes
der jüngst vorbeigegangenen Sonnenfinsternils von Rostok, Belgart und Minden eingelaufen,
welche nebst des Hrn. Kirchen und Hrn. Hoffmanns seinen sumtibus Soeietatis unter
E. Excell. Mitgefallen drucken zu lalsen beliebet worden. Hr. Prof. Bläsing in Königsberg
ist um seine Observation zwar ersuchet worden, aber hat noch nichts eingesandt, auch
nicht einmal geantwortet. Hr. Prof. Sturm hat die seine zwar eingesandt, aber selbst ge-
beten, dals sie nicht möge gedruckt werden; womit er einen nicht geringen Kummer ge-
hoben, indem sie so beschaffen, dals sie ihre Stelle schlecht würde vertreten haben. Des
Hrn. Reiheri Observation wird noch erwartet, wozu dem Hrn. Hoffmann Hoffnung ge-
macht worden.
Mit dem Bau des Observatorii bleibt es bei dem Vorigen; man hoffet aber in Zukunft
damit belser fortzukommen, nachdem ein und andre Subalterne gewonnen worden, und ich
verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 31. Jul.
1706.
55.
Jablonski an Leibniz.
16. October 1706.
Ew. Excell. geehrtes vom 5. dieses habe zu recht erhalten und den Einschluls an
Hrn. Hoffmann alsofort behändiget.
Inmittelst ist Beikommendes nebst einem eingebundenen Buch von dem Hrn. Naude
an Ew. Excell. zu übermachen mir anbefohlen worden, davon ich aber das letztere bis auf
näheren Befehl zurückbehalten, insonderheit weil von Dero baldigen Zukunft an diesen Ort
uns neue Iloffnung gemachet wird, wornach uns alle nicht wenig verlanget.
Mit dem Pavillon vor den Astronomum hätte die Sache schon zur Riehtiekeit sein
können, wenn nicht der Hr. Kirch selbs unwilsend der Übrigen darin einen Anstand ver-
ursachet, weil aber der Hr. von Tettau sich hierunter sehr geneigt erweiset, als hoflet man
es noch wieder zu recht und wenigstens gegen künftige Ostern zum Stand zu bringen.
Mit dem Observatorio gehet es auch den alten Gang, und so langsam, dals kein
Ende abzusehen. Es beruhet blols auf dem Cammerpraesidenten von Gröben, welcher
eine Ausftlucht nach der andern hervorsucht.
Die ehemais gedachte 600 Thlr. sind immer beisammen und ich warte täglich etwas
aus Preulsen, wodurch noch 300 dazu kommen können.
Mein Bruder befiehlt sich dienstlich, und ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 16. Oct.
1706.
56.
Jablonski an Leibniz.
31.May 1707.
Inliegendes, so nach Dero Abreise eingelaufen, habe gehorsamst hiemit übersenden sollen.
Die Cammer ist über dem eingelieferten Königl. Reseript wegen des erkauften Hauses
vor die Societät sehr schwürig und will mit einem Bericht dagegen einkommen. Insonder-
u en Ads
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 43
heit nimmt sie es vor eine Öffension, dals der Bauschreiber ohne ihr Vorwilsen sich unter-
standen, in Handlung zu treten und Kauf zu schliefsen, und will man ihm deswegen stark
zu Leibe.
Ob zwar Hr. Hartmann noch nicht bekannt gemacht, dals mit der Factorei eine En-
derung vorgenommen worden, so kan es doch sein, dals er davon anderswoher Nachricht
erhalten und deshalb unwillig geworden, welches mir daher anscheinen will, dals da vor
ı4 Tagen wegen des vorhabenden Verlags ein und anderes an ihn gelangen lalsen, ich
noch keine Antwort erhalten.
Wals ferner vorfallen wird, unterlalse nicht anbefohlener Malsen zu berichten, und
verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 31.May
1707.
57.
Jablonski an Leibniz.
18. Juni 1707.
Die langwürige Abwesenheit des dermaligen Cammerpraesidenten verhindert, dals die
in dem Königl. Reseript anbefohlene Erkaufung noch nicht zum Stande gekommen; es lalsen
sich aber ein und andere favorable Aspecten erblicken, woraus man zu hoffen Anlals nimmt,
dals es damit keine sonderbare Schwürigkeiten haben werde.
Der Hr.D. Scheuchzer hat ein Ms., so er »Iter Alpinum anni 1706« nennet, und dem-
selben eine Zuschrift an die Societät vorgesetzet, durch ein Schreiben an den König adre-
[sirt, der es sehr wol aufgenommen und nebst dem Schreiben ad archivum Soeietatis über-
geben lalsen.
Mit dem Hın. Hartmann ist wegen des aufgetragenen Verlags alles richtig geschlofsen
und wartet nur auf die Materie; ich aber verharre mit schuldigem Respeet u. s. w.
Berlin d. 18. Jun.
1707.
58.
Jablonski an Leibniz.
2. Juli 1707.
Dero geehrtes vom 23. Jun. habe zu recht erhalten und die Einschlüfse gehöriger
Orten behändiget auser dem an Hrn. Kortholt, welcher mit der Fürstin Ragoczy nach Danzig
abgereiset, aber täglich hie zurück erwartet wird, bis dahin solch Schreiben bei mir behalte.
Mit dem Hrn. von Gröben sowol als mit dem Cammermeister ist schon vorhin wegen
des Hauskaufs vor den Astronomum gesprochen worden; beide haben sich ganz gut erkläret
und allein über den gegenwärtigen Geldmangel geklaget. Doch hat der Hr. Cammerpraesident
verlanget, dals der Verkäufer selbs sich angeben möge, wozu denselben zu disponiren der
Hr. Kirch übernommen; und wird man nu erfahren, wie er wird aufgenommen werden.
Der ersehene Verleger zu den Colleetaneis hat die vorgeschlagene eonditiones alle ein-
ge
genommen werden könte.
Mein Bruder, so sich hinwieder dienstlich empfihlet, vermeinet, das erinnerte Manu-
gangen, so dals, wenn dieselben nur beisammen wären, der Druck von Stund an vor-
seript vorlängst wieder zurück gegeben zu haben.
Den Catalogum membrorum habe noch nicht zum Druck gegeben, weil mir dilsfals
nichts Eigentliches befohlen worden und ich vermeinet, dals es damit bis zu Ende des Jares
6*
44 A. HAarnAck:
Anstand haben könne, damit es nicht sowol vor eine Correction, sondern vor eine Conti-
nuation angesehen werde, wenn erscheinen würde, dals eine Anzahl neuer membrorum,
deren einige schon nach dem ersten Druck aufgenommen sind, und mehr andere dazu
kommen können, sich dabei befinde. Indelsen habe doch von dem ersten Druck keine
Exemplaria mehr ausgegeben. Wenn aber der neue Druck ohne Aufschub beschaffet werden
soll, so erwarte nur Befehl.
Der Rector zu Belgard in Pommern, ein grolser Liebhaber der astronomischen und
meteorologischen Observationen, Hr. Schüze, hat seinen Wettercalender von dem vergangenen
Jahr auch eingesandt, welcher gleich dem vorigen auf der Societät Kosten zum Druck be-
fordert worden, wiewol der von a. 1705 durch des Druckers Versehen erst kürzlich fertig
worden. Ob davon ein oder mehr Exemplar ınit der Post übersenden soll, erwarte gleich-
falls beliebigen Befehls, und verharre mit schuldiger Observantz u. s. w.
Berlin d. 2. Jul.
1707.
59.
Jablonski an Leibniz.
16. Juli 1707.
Bei Gelegenheit des Einschlulses habe gehorsamst vermelden sollen, dals wegen des
bewusten Kaufs die Sache noch in dem Vorigen beruhe. Es ist dem Bauschreiber anbe-
fohlen worden, seinen Bericht zu tuhn, wie es mit solehem Kauf dahergegangen. Ob nu
hierauf die Kammer ihren Bericht, wie es die Meinung hat, an den König erlalsen werde,
muls man erwarten und wird man alsdann sehen, wie solcher zu widerlegen, wo nicht par
intrigue etwas resolviret wird, bevor die Societät dilsfals gehöret worden.
Der Hof gehet nächste Woche nach Freienwalde, wodurch die Geschäfte einigen An-
stand leiden werden.
Die Colleetanea kommen langsam zusammen, und wartet der Hr. Chuno noch auf ver-
schiedene Stücke, bevor er die Anordnung zum.Druck machen könne. Ich verbleibe mit
schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 16. Jul.
1707.
60.
Jablonski an Leibniz.
23. Juli 1707.
Die Inlagen, so mir heute eingelaufen, habe unverzüglich übermachen sollen.
In der Erkaufung des bewusten Plazes will es sich noch schlecht anlalsen. Die Amts-
kammer hat ungeachtet aller Vorstellung und eingezogener Nachrichten einen Gegenbericht
an den König abgehen lalsen. Wo sie nu einen geneigten Referenten antrifft, der ohne die
Societät darüber zu vernemen eine Resolution veranlalset, so dörfte dieselbe wol nicht gar
favorable ausfallen. Hiezu wird es gute Gelegenheit gegeben haben, da der König diese
Woche zu Freienwalde gewesen und also leicht einseitig mit ihm gehandelt werden können.
Man muls es erwarten, wie es ausfallen will. Ich verbleibe in schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 23. Jul.
1707.
DZ u u Ze LUD ZU 02
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 45
61.
Jablonski an Leibniz.
8. October 1707.
Dero geehrtes jüngstes habe richtig erhalten und die anbefohlene diplomata ausge-
fertiget, welche hiebei überkommen.
In der Sache wegen des Plazes wird noch fleilsig gearbeitet und auf alle Weise ge-
suchet, die vorkommende Hinderungen aufzuräumen, wiewol sich immer eine Schwürigkeit
nach der andern hervortuht. Nun ist es an dem, dafs man einer endlichen Resolution ge-
gewärtig ist, wo die umschlagen solte, würde wol schwer sein, etwas weiter vorzunehmen.
Die Historia phosphori, wenn sie an mich adrelsirt gewesen, habe nicht empfangen,
vermeine aber, sie werde bei dem Hrn. Chuno sein. Wals bei demselben von Andern ein-
gelaufen und einiger Revision von ihm nötig geachtet worden, kommt hiebei zu E. Excell.
beliebigen Übersehung.
Das Excerptum aus D. Scheuchzers Itinere Alpino wird hoffentlich der Hr. Spener
einzurichten die Mühe übernehmen. Die Holzschnitte, wenn deren einige angebracht werden
können, wird man hie oder in Stargard haben können. Wegen der Kupfer erwarte noch
Befehl.
Der Hr. Chauvin dörfte wol nicht gerne sehen, wenn seine Arbeit zurück gesetzet
bliebe. Der Hr. Starke, obwol er angezeigt, dals bei dem Buchdrucker Lorenz eine ara-
bische sehr reine Schrift vorhanden, hat doch die Schwürigkeit wegen der Correetur be-
eriffen und sich der Hoffnung, sein Werk den andern beigefügt zu sehen, von selbs be-
geben. Ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 8. Oct.
1707.
62.
> Jablonski an Leibniz.
22. October 1707.
In schuldiger Antwort auf Dero geehrtes vom r5. Oct. berichte, dals jemehr die
Schwürigkeiten wegen des behandelten Platzes und delsen endlicher Behaubtung zunehmen,
je mehr Fleifs und Nachdruck angewendet werde, dieselben zu überwinden, und weil die
Sache abermal in des Oberkammerherrn Hand laufen zu lalsen die Notdurft erfordert, wird
das von Ew. Excell. erlafsene Schreiben eben zu recht gekommen sein, das hiesige Ansuchen
zu secundiren.
Die erwartete Colleetanea werden nebst denen Diplomatibus, so nach Italien destinirt,
inmittelst hoffentlich wol eingelaufen sein.
Von dem P. Cima ist noch nichts zu vernehmen gewesen; wenn er sich angeben solte,
wird man ihn nach Verdienst aufzunehmen nicht unterlalsen. Es ist aber ein Anderer hie,
so als Milsionarius viel Jahre im Orient zugebracht, nun aber zu der protestantischen Re-
ligion sich bekennet. Ich habe ihn heute an einem dritten Ort ungefähr gesehen und werde
Gelegenheit nehmen, mit ihm näher bekannt zu werden.
Mein Bruder bleibt dabei, dals er das Original de l’education d’un Prince von sich
gegeben, auf Ew. Excell. Anleitung aber hat er eine Abschrift aus der vor sich genommenen
machen lalsen, welche er an der Stelle des Originals destiniret.
Fr
46 A. Harnäck:
Mit Ausbauung des Observatorii gehet es gar wol von Statten und wenn auf solche
Weise fortgefaren wird, kan die Introduetion auf bevorstehenden natalem Societatis gar wol
geschehen, inmalsen schon die beiden obersten Stöcke mit allem fertig sind und wenn es
das Wetter zulielse, den Winter durch das übrige geendigt werden könte. Zum wenigsten
wird man dahin sehen, dals mit erstem Früling die Arbeit, so die strenge Kälte etwa
unterbrechen möchte, wieder vorgenommen werde. Ich verharre mit schuldigem Re-
spect u. Ss. w.
Berlin d. 22. Oct.
1707.
63.
Jablonski an Leibniz.
26. November 1707.
Nach erhaltenem Dero geneigten Befehl überkommen hiebei die vormals erwehnte
300 Thlr., hoffe, sie werden richtig einlaufen. Zugleich ergehet ein Paket von dem D. Neu-
mann aus Brelslau, so dieser Tagen über Frankfurt an mich gelanget.
Zu Behaubtung des bewusten Hauskaufs ist wenig Hoffnung übrig und beginnen alle
Kammern und Calsen sich dergestalt zu falsen, dals sie alle neue Anweisungen, sogar von
5o Thlr. und in causis favorabilibus mit Berichten von sich weisen.
Die Schrift de phosphoris ist bei mir nicht eingelaufen; ob es bei dem Hrn. Chuno
geschehen, wenn sie an ihn eingeschlolsen gewesen, habe noch nicht erfahren, weil ich
nicht mit ihm gesprochen, hoffe aber, ihn künftigen Montag zu sehen und mich desfalls zu
erkundigen.
Die Geburt unseres Prinzen von Oranien hat dem Hrn. von Dankelmann, gewe-
senen Öberpraesidenten, seine Freiheit und eine Pension von 2000 Thlr. zuwege ge-
bracht.
Der Hr. von Hamraht, so auch einen Versuch zu seiner Begnadigung getahn, hat
nichts erhalten, und sind die hiezu gesetzte Commilsarii beschäftiget, seinen Procels aus-
zumachen.
Der vorgegebene Graf Gaetani hat das Feld gewonnen, nachdem er mit guter Weile
durch Hülfe eines banqueroutiers von seinen Landsleuten alles das seine auf die Seite ge-
schaffet und viele Tausende an Schulden hinterlalsen. Er hat den nächsten Weg nach der
Sächsischen Grenze genommen, alwo er frische Pferde in Bereitschaft gefunden, mit welchen
er weiter gegangen, nachdem er seine Leute bis auf einen Läufer zurückgesandt. Man
zweifelt, ob er sich in Saclısen aufhalten werde, und weil die grolse Freude inzwischen
eingefallen, bleibt er auf eine Zeit vergelsen. Der Baron Meder sitzt zwar noch im Arrest,
er hat aber ein neues Laboratorium angelegt und durch Hülfe eines grolsen Verlegers seine
Arbeit von neuem angefangen.
Nachdem die Wettercalender des Hrn. Schützen, Rectoris zu Belgart, auf Kosten der
Soeietät gedruckt werden, habe einige Exemplare davon hiebeigelegt. Weil aber keine
Frage darnachı und nichts davon verkauft wird, so stehet dahin, ob es rahtsam, die Kosten
fürohin daran zu wenden. Ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 26. Nov.
1707.
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 47
64.
Jablonski an Leibniz!.
31. December 1707 (nach dem Briefbuch).
E. Excell. geehrte beide vom 30. Nov. und 1. Dec. habe, jenes zwar den 9. und dieses
den 29. dieses zu recht erhalten, auch daraus, dals mein letzt übersandtes Paquet wol ein-
gelaufen, gerne vernommen. Die mir anbefohlene Einschlülse sind jedesmal sicher bestellet
worden und kommt hiebei die Antwort von Hrn. Frisch zurück.
An der Sache mit dem Hauskauf wird nach Möglichkeit gearbeitet, wie weit es damit
zu bringen, wird sich zeigen, sobald man dem Hrn. Kammerpraesidenten von Görne den
letzt beredeten Vortrag zu tuhn wird Gelegenheit gehabt haben, sobald er von seinen Gütern,
alwo er die Feiertage zugebracht, wird zurück gelanget sein.
Weil der Catalogus membrorum Societatis bald wieder soll aufgeleget werden, so er-
warte Befehl, ob die vier Profelsores Patavini mit hinein zu setzen, weil man hie noch
keine Nachricht hat, ob sie ihre Reception angenommen.
Schlielslich wünsche, dals der instehende Jahreswechsel mit Gesundheit und allem
selbsbeliebigen hochvergnügtem Wolergehen eintreten und zu langen Zeiten beständig also
fortfaren möge, womit zu beharrlicher ... . .
69.
Jablonski an Leibniz.
10. Januar 1708.
Nach Dero geneigtem jüngsten Befehl überkommen hiebei drei kleine Kupfer Calender,
die übrigen sollen begehrtermalsen mit Gelegenheit erfolgen.
Die Schrift de phosphoris findet sich hie nicht, es weils auch Niemand unter uns sich
zu besinnen, dals sie an ihn gekoınmen wäre.
Wegen des Kaufgeldes zu der Wohnung des Astronomi ist man schon zweimal an den
Öbercammerherrn gewesen, des? es aber jedesmal von sich auf den Cammerdireetor ge-
schoben. Mit diesem ist auch verschiedenlich und von Verschiedenen gesprochen worden;
man hat ihm aber noch nichts abgewinnen können. Morgen will der Hr. Chuno und ich
wieder zu ihm gehen; ob wir glücklicher sein werden, steht zu erwarten.
Wenn die zu den Miscellaneis Societatis gehörige Stücke werden hie sein, soll mit dem
Druck unverzüglich verfaren werden.
Wegen der Kupfer zu diesen Miscellaneis, imgleichen wegen der adoptirten membrorum
zu Padua wiederhole meine vorige gehorsamste Erinnerungen in Erwartung dilsfalls nötigen
Befehls, und verbleibe mit schuldigem Respeet u. s. w.
Berlin d. 10. Jan.
1708.
66.
Jablonski an Leibniz.
4. Februar 1708.
Nach vielfältigem Aufwarten haben endlich Hr. Chuno und ich die Ehre gehabt, heute
den Hrn. Cammerpraesidenten von Gören zu sprechen und auf allerhand Weise versucht, ihn
! Von diesem Briefe fehlt der Schlufs mit Datum.
2 Sie!= der.
48 A. Harnack:
zu einer favorableren Erklärung zu bringen, wiewol mit schlechtem Erfolg, indem er allezeit
darauf bestanden, dafs der Cammeretat mit Alsignationen überhäuft, und es sei dann, dafs
deren ein Teil ihr abgenommen und anderswohin verwiesen, oder zur Erfüllung des Er-
mangelnden neue Zugänge vor dieselbe erdacht werden, könne er nicht versichern, wenn
auch schon die begehrte Kaufsumma dem etat einverleibt würde, dals darum die Zalung er-
folgen könne.
Wie nu hieraus genugsam zu sehen, dals an diesem Ort auser unendlichen Schwürig-
keiten nichts zu hoffen, so ist der Hr. Chuno auf die Gedanken gekommen, durch ein noch-
maliges Memorial dem Obercammerherrn solches alles vorzustellen und zu bitten, wenn die
begehrte Zahlung nicht erfolgen könte, die vorige Ordre wegen Anrichtung des Pavillons
zu erneuren und defsen Instandsetzung zu befordern. Weil aber auch bei diesem Vorschlag
nicht wenig zu bedenken, so hat man ohne E. Excell. Vorwilsen und Einrahten nichts be-
schlielsen, vielmehr solches vorher, wie hiemit beschiehet, erbitten sollen.
Auf Recommendation des Hrn. Oelven hat sich ein neuer Aspirant angegeben, der Hr.
Marperger, von welchem, wenn er nicht bekannt, kürtzlich dieses zu sagen, dass er ein in
Handlungssachen erfahrener Mann, davon er verschiedene Schriften schon herausgegeben,
und nun noch eines unter der Presse hat: das allgemeine Kaufmanns-Magazin genannt,
darin von allen Handlungen und Wahren, so in der Welt sind, gehandelt werden soll. Er
hat sich schon geraume Zeit hie aufgehalten und an einem Commereien -Collegio gearbeitet,
damit aber noch nicht aufkommen können. Erwarte auch hierüber Dero beliebigen Befehl,
und verbleibe u. s. w.
Berlin d. 4. Feb.
1708.
67.
Jablonski an Leibniz.
ı1. Februar 1708.
Dero geehrtes vom 26. .Jan. habe am abgewichenen 6. dieses erhalten und den Ein-
schluls an Hrn. Frischen behändigen lalsen.
Wenn ein Schreiben an mich verlohren gangen, muls solches durch eine dritte Hand
geschehen sein, denn auf der Post ich noch nie etwals vermilset. Die zu denen vorhabenden
Collectaneis gehörige Stücke werden erwartet, weil die Zeit herannahet des Druckes halber
den Schluls zu machen, indem solches vor Ostern geschehen muls, damit derjenige, so den
Druck übernimmt, sich dazu anschieken und mit nötigen Leuten, welche alsdann zu wechseln
pflegen, versehen könne. Ich schreibe darum heut an den Hrn. Hartmann, welcher sich vor-
mals zu solchem Verlag erboten, zu vernehmen, ob er noch des Sinnes sei, nachdem er
der Factorei entsetzet worden.
Wie die Kammer gegen den ihr anbefohlenen Kauf des Platzes gesinnet, habe vor acht
Tagen gehorsamst berichtet und um anderweite Weisung gebeten.
Der Catalogus membrorum nach dem von E. Exe. corrigirten Exemplar und mit zu-
gehörigen Supplementis kommt in Abschrift hiebei und wird deshalb der Entschlufs mit
ehestem zurück erwartet.
Wals wegen des Druckes obgedachter Colleetaneorum erinnert worden, soll mit Fleils
beobachtet und dahin gesorget werden, damit solcher Druck auf das vollkommenste und
beste ausgefertiget werde. Die Correetur will ich zwar vor itzo und solange meine Function
noch nicht in völliger Übung stehet, so wie ich auch mit einigen Calendern bisher getahn,
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 49
gerne verrichten, ich hoffe aber, dals, wenn ich künftig mehrere oceupationes haben solte
und hiezu die Zeit nicht erübrigen könte, solches zu keiner Folge oder mir zur Last ge-
reichen werde.
Der Hr. Frisch hat die abermal angewiesene Summa abgeholet und vermeinet dieselbe
nicht minder wie die vorige zu grolsem Vorteil anzulegen, wovon zweifelsfrei er seinen
eigenen Bericht erstatten wird.
Inliegende beide Schreiben hat mein Bruder nebst seiner dienstlichen Empfehlung zu
übersenden mir zugestellet, und ich verharre mit schuldigem Respeet u. s. w.
Berlin d. ı1. Feb.
1708.
68.
Friedrich König in Preufsen u. s. w.
Wir haben aus eurem im vorigen Jahr abgestatteten allerunterthänigsten Bericht er-
sehen, dafs diejenige 2100 Rthlr., welche zu Bezahlung des auff Unsere Genehmhaltung vor
die Societät der Wilsenschafften erkaufften Hauses erfordert werden und Wir unterm 28.
Aprilis 1707 auf Unsere hiesige Cammer-Gefällen assigniret haben, indem damahlen bereits
erfüllet gewesenen Cammer-Etat nicht eingebracht werden könten. Wir haben aufs solchem
Bericht auch vernommen, was ihr sonsten weiter wegen dieser Sache fürzustellen nöhtig
gefunden. Weil Wir aber gedachtes Hauls vor die Societät der Wilsenschafften aufs der
Uhrsache erkauffen [zu] lafsen in Gnaden gut gefunden haben, damit dieselbe von dem ihr
eonceedirten Eck -Pavillon des Stalles hingegen abstehen und die nun 7 gantze Jahr zwischen
der Societät und denen Befehlshabern des Stalles geschwebte Differentz endlich celsiren
möchte, dabeneben es auch an dem, dals ohne dieses Expediens der eine Pavillon mit
grolsen Kosten zur Wohnung des Astronomi aus denen Cammer-Gefällen hätte aptiret
werden mülsen, so bleiben Wir dabey, dals solche Haufskauff-Gelder aufs Unsern hiesigen
Cammer-Gefällen gezahlet werden sollen. Wie Wir aber selbst leicht urtheilen, dals bey
denen andern vielen Aulsgaben es die Cammer in etwas incommodiren möchte, diese Summe
der 2100 Rthlr. auff einmahl oder in einem Jahr abzuführen, Also haben Wir auch den
von Seiten der gedachten Societät gethanen Vorschlag, dals nemlich diese Kaufgelder in
drey Jahren und Etate vertheilet werden möchten, weil dabey die Cammer-Etate nicht
sonderlich beladen werden, in Gnaden aggreiret, und befehlen euch dahero hiemit aller-
gnädigst und dabey ernstlich, nicht allein solche Kauff-Summe der 2100 Rthlr. in den dils-
jährigen auch ohne erwartet weiterer Verordnung in die beyde nechstfolgende Cammer-
Etate, und zwar in jeden mit 700 Rthlr. zu Aulsgabe anzusetzen, sondern auch dahin be-
sorget zu seyn, dals die in jedem Jahr und Etat angesetzte Posten an den Seeretarium
Societatis Jablonski gegen delsen Quitung gezahlet werden, damit dieser diejenige Gelder,
so mit Unserm allergnädigsten Special-Consens der Societät inzwischen zu diesem Hauls-
kauf! negoeiren und bey der Tradition des Hauses in ihre Hände, dem Verkäuffer aber
baar und auff einem Bret aufszahlen muls, nach und nach davon wieder abführen könne
und also die Interelsen, so die Societät von solchen auffgenommenen Geldern inzwischen be-
zahlen muls, zu Ende solcher drey Jahr ohnfehlbar celsiren mögen.
Ihr habet auch mehrgedachter Societät einen Schein aulszustellen, dals ihr dieser
Unserer allergnädigsten Verordnung richtig und zu rechter Zeit allerunterthänigst nach-
Philos. - histor. Abh. 1897. I11. 7
50 A. HARNAcK:
kommen werdet, damit jene sich dieses Scheins bey Negoeirung der Gelder nach Befinden
bedienen können. Und Wir seynd euch in Gnaden gewogen.
Gegeben zu Cöln d. 9. Martii 1708.
Friederich.
An
die hiesige Ambts - Cammer. G. v. Wartenberg.
69.
Jablonski an Leibniz.
10. März 1708.
Wals durch den Hrn. von Ilten überkommen sollen, ist bifs itzo noch nicht eingelaufen,
die Historiam phosphori aber habe empfangen. Nu entstehet eine neue Schwürigkeit wegen
des Druckes, indem Hr. Hartmann den vormals übernommenen Verlag unter scheinbarem
Vorwand versaget. Man ist seiner in kurzem hie gewärtig, und stehet dahin, ob er sich
noch werde bereden lalsen, bei der ersten Meinung zu bleiben. Es haben zwar die Ernste
sich zu solchem Verlag schon damals erboten, ob sie aber den Zweck erfüllen und den
Vertreib weit genug ausbreiten können, stehet dahin. Sie haben zwar eine Handlung in
Leipzig angefangen, ob sie aber wol von statten gehe, habe so genaue Nachricht nicht.
Wegen des Hauskaufs vor den Astronomum ist die Königl. Resolution erneuet und
deshalb wiederholter Königl. Befehl unter der Feder, womit man endlich durchzudringen
hoffet, wiewol mit einiger Last der calsa, weil man die Gelder aufzunehmen und bis zu
der vorgeschriebenen terminlichen Zahlung zu verzinsen übernehmen mülsen.
Hr. Marperger hat kein gewilses £tablilsement, und weil er an dem Öbermarschall
hanget, dieser aber zur Zeit in grolsen Widerwärtigkeiten stehet, dörfte es schwer her-
gehen, vor ilın eines zu erlangen. Sonst habe ein Stück seines Werks, so er gegenwärtig
unter der Preise hat und das General- oder Allgemeine Magazin nennet, mit grolsem Ver-
gnügen angesehen, als woraus sein grolser Fleils und ungemeine Erfahrung in Dingen, so
zu den Commereiis, Manufacturen, Handwerken u. dgl. gehören, zu ersehen. Es wird
gleichsam ein ausführliches Dietionarium reale et technieum sein, wie es denn auch nach
dem Alphabet eingerichtet und in der Grölse bis 6 Alphabet austragen. Nach meinem we-
nigen Ermefsen könte dieses Werk zu seiner praetension ihn zulänglich qualifieiren, wenn
nicht seiner Person wegen einiges Bedenken wäre. Ich will unvermerkt mich seines Zu-
standes genauer erkundigen, um zu erfahren, worauf er eigentlich hie bestehe.
Ich habe bei heutiger Post 300 Thlr. von Magdeburg an E. Excell. zu übersenden
dem dortigen Factor ordinirt, hoffe von deren richtiger Überkunft bald benachrichtiget zu
werden, und verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 10. Mart.
1708,
70.
Jablonski an Leibniz.
17. März 1708.
Nach Ablauf meines jüngsten habe Dero geehrtes mit der Erinnerung zu der Schrift
de frietionibus erhalten. Kurz darauf ist auch das Packet mit denen zurückgesandten zu den
Miscellaneis Societatis gehörigen Stücken eingelaufen. Nu liegt es nur noch an dem Ver-
leger, und weil ich des Hrn. Hartmanns mich täglich versehe, hat man auf einen Andern
re
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 51
zu denken angestanden, ob etwa dieser sich noch wieder umstimmen lalsen wolle; wo
nicht, wird anders wo Raht geschaffet werden mülsen, damit solcher vorhabende Druck
nicht länger zurückbleibe. Wals wegen der Kupfer und Holtzschnitte nötig, soll bei
nächster Zusammenkunft abgetahn und sodann ungesäumt in’s Werk gerichtet werden.
Zu dem Catalogo membrorum kommt des Hrn. Römers Titul hiebei. Hr. la Croze
ist nieht Consiliarius, und Hr. Schott ist es aus einem Versehen der Canzelei geworden.
Die Erinnerung bei dem Hrn. von Greifenerantz soll beobachtet werden, und wenn solcher
Catalogus durehgehends eorrigirt, erwarte denselben zurück, damit er unter die Presse
komme, weil viel Fragens darnach ist.
Das diploma von dem Hrn. D. Behrens soll ausgefertiget werden, sobald man weils,
ob und wals vor ein Praedicat ihm zu geben.
Der mehrgedachte Marperger hält sich hie auf als Intendant de la maison des Grafen
von Witgenstein, von dem eine Besoldung von 200 Thlr. hat. Sonst lept! er sehr ordent.
lich und hat keinen anderen Vorwurf als rem angustam domi. Er hat einen Catalogum
seriptorum editorum et edendorum ausgelalsen, welchen ieh vor 2 Tagen in dem Buchladen
gefunden und hie beilege. Sein ältester Sohn stehet schon in Ministerio zu Nürmberg, der
Jüngste ist auf der Universität und studirt jura.
Ich verbleibe mit schuldiger Observantz u. s.w.
Berlin d. 17. Mart.
1708.
71.
Jablonski an Leibniz.
7. April 1708.
Dero geehrtes vom 20. Mart. habe den 27. und 4 Tage hernach das vom 16. erhalten.
Nachdem es mit dem Hauskauf so weit gekommen, dals ob summum in mora perieulum
mit Aufnehmung des Kaufgeldes nach dem Königlichen Reseript und speeialen Concelsion
verfaren werden mülsen, man auch so glücklich gewesen, die nötige Summa zu finden, so
hat es damit insoweit seine Richtigkeit und ist Hr. Kirch wirklich eingezogen. Demnach
habe das an des Obercammerherrn Excell. gerichtete Schreiben zurück behalten. Die Kammer
will noch neue Schwürigkeiten machen, man hoffet aber bei Wiederkunft des Hrn. Cammer-
praesidenten, ihn auf geneigtere Gedanken zu bringen.
Ich erwarte täglich sowol des Hrn. Hartmanns von Frankfurt, als Jänischen von
Stargard, und hoffe mit dem einen oder dem andern die Sache wegen des Verlags zum
Stande zu bringen. Es ist sonst Alles beisammen und wird die Dilsertation des Hrn. Chauvin
von dem Hrn. Chuno hoffentlich überkommen sein, damit sie gehörig verbelsert und folg-
lich dem Übrigen beigefüget werden könne.
Die Einschlülse, so an mich gelanget, werden jedesmal mit allem Fleils bestellet.
Dafs die 300 Thlr. von Magdeburg richtig eingelaufen, vernehme gerne und wird die
Quittung darüber vermuhtlich an den Factor zurück ergangen sein.
Nach dem Catalogo membrorum ist viel Fragens, wenn er bald zurückgelangen könte,
wolte man mit dem Druck nicht säumen. Hr. Marperger ist sehr erfreuet, dals ihm die
Ehre widerfaren, die Zahl zu vermehren, und ich verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 7. April
1708.
ı So Hdschr.
52 A. Harnack:
72.
Jablonski an Leibniz.
28. April 1708.
In schuldiger Antwort auf Dero geehrtes vom 13. April diene hiemit, dals wegen des
bewusten Hauskaufs das Haubtwerk so schwer hergehe, indem bis diese Stunde von der
Kammer noch keine Erklärung zu erhalten ist, dafs mit dem Vorbehalt der Nebendinge
auszubrechen man sich noch nicht getrauet und solches zu belserer Gelegenheit wird aus-
setzen mülsen.
Nachdem Hr. Hartmann den Verlag der Miscellaneorum rund abgeschlagen, die Ernste
aber denselben zu übernehmen sich nicht herauslalsen wollen, so hat sich Papen dazu er-
boten und will die Bedinge, worüber man mit Hartmann einig gewesen, eingehen. Man
wird demnach bemüht sein, ehestens zusammen zu kommen, die verschiedene Stücke in
ihre gehörige Ordnung zu bringen, zu der übrigen Notdurft die Anstalt zu machen und
also den Druck endlich einmal ins Werk richten zu können.
Toland ist hie gewesen, aber nur wenig Tage; wals seine Verrichtung betroffen, habe
nicht erfahren.
Der Hr. la Croze und Hr. Oelven sind wegen eines Anagrammatis so hart an einander
gerahten, dals dieser jenen in einer gedruckten Schrift schimpflich durchgezogen, jener
aber darüber an den König gegangen und sich beschweret. Solte die Sache an die Societät
remittiret werden, würde dieser eine beschwerliche Last aufgebürdet und man Mühe haben,
sie aus einander zu sezen, weil Hr. Oelven, ob er gleich nach eigenem Geständnils der Be-
leidiger ist, mit nichts weniger als einer öffentlichen Abbitte zufrieden sein will. Der
von Meisenbug meinet auch mit eingeflochten zu sein und macht ein gros Wesen.
Der Hof ist die Zeit über auswärtig bis nach Linum gewesen und verweilet itzt in
Potsdam, daher die Ausfertigungen etwas langsam ergehen: es wird sich aber doch endlich
zeigen, wo es damit hinaus wolle. Ich verbleibe mit schuldigem Respeet u. s. w.
Berlin d. 28. Apr.
1708.
Jablonski an Leibniz.
5. Mai 1708.
Die völlige Nachricht, wie es mit dem bewusten Hauskauf stehe, wird aus beigehen-
der Abschrift des Königl. Reseripts zu nehmen sein!. Man hat nach demselben, so viel auf
dieser Seite zu tuhn gewesen, alles beobachtet und das Haus in so weit behaubtet. Von
Seiten der Kammer ist noch nichts geschehen und weils man nicht einmal, ob es bei dem
Reseript gelalsen worden oder eine nochmalige Gegenvorstellung darwider geschehen solle,
weil der Hr. Cammerpraesident, als ich das letzte mal mit ihm gesprochen, das Reseript
wegen seiner vielfältigen Abwesenheit noch nicht gesehen und mir also mehr nicht geant-
wortet, als nur: es würde alles sehr gut sein, wenn sie nur kein Geld geben dörften, denn
das hätten sie nicht.
Kein Maitre de requetes ist izo nicht, sondern die geheimen Rähte tragen ein jeder
vor, wals zu seinem departement gehöret. Itztgedachtes Rescript hat der Hr. von Ilgen
ausgewürket.
! S. oben Nr. 68.
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 53
Des Hrn. Chauvins difsertation, so mir der Hr. Chuno zu dem Ende zugestellet,
kommt hiebei. Zu dem Verlag der Miscellaneorum hat sich Hr. Pape erboten, und weil er
gute Correspondentz sowol mit Geditschen in Leipzig als mit Schillern in Hamburg hat
und hiedurch den Vertreib genugsam fordern kan, hat man mit ihm zu schliefsen bis auf
E. Excell. Ratification vor gut angesehen, zumalen da der Ernstische consorte von Stargard,
so schon vor 14 Tagen erwartet worden, sich noch nicht sehen läfset.
Eine besondere Quittung über die jüngst ausgezahlte 300 Thlr. wird als ein Beleg zu
der Rechnung wol nötig sein, weil das Schreiben, worin der Einlauf benachrichtiget wird,
hiezu nicht dienet. Die Quittungen, sonderlich die letzten, sind immer nur generaliter ein-
gerichtet gewesen, es wäre aber leicht, dato termino a quo sie künftig zu specifieiren. Ich
verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 5. May
1708.
74.
Jablonski an Leibniz.
19. Mai 1708.
Hiebei kommet gehorsamst die jüngst zurückgebliebene Abschrift des Königl. Reseripts
wegen des erkauften Platzes!. Der Hr. von Tettau hat übernommen, bei dem Hrn. Ober-
marschall und bei dem Hrn. Cammerpraesidenten zu treiben, dals sie der Sache nicht mehr
zuwider sein, sondern es dabei bewenden und zu gehöriger Zeit Genüge tuhn sollen.
Des Hrn. D. Behrens von Hildesheim ist einmal gedacht worden, worauf derselbe in
conventu praeconisirt und beliebt worden: die darauf verlangte Nachricht aber von seinem
Nahmen und völliger Titulatur, so zu Ausfertigung des diplomatis nötig, wird noch erwartet.
ey
Des Hrn. Hänflings ist noch nie gedacht worden, wenn er aber E. Excell. Approbation
hat, wird er ohne Zweifel keinen Widerspruch finden und wird es nur auf seinen Namen
und Qualität ankommen, dals das diploma gefertiget werde.
Von der Streitigkeit des Hrn. laCroze mit Hrn. Oewen [Oelven] habe vor der Zeit kürz-
lich etwas erwehnet. Der Ursprung ist von einem Anagrammate, so Hr. Öewen auf den numehr
seligen Prinzen von Oranien gemacht und aus seinem Namen herausgebracht: Fili, Caesar
eris Dux purpureusque Sionis vincendo, welches er vor etwas mehr als ein blolses Letter-
spiel angesehen haben, und es kurzum vor eine Prophezei aufdringen wollen. Und weil
Hr. la Croze sich delsen nicht so bald überreden lalsen, ist er auf ihn losgezogen, wie in
beiliegendem Extraet? zu sehen. Als hierüber Hr. la Croze sich beschweret und die Sache
endlich klagbar an den König gebracht, hat Hr. Öewen eine Verantwortung, in Form eines
Briefs geschrieben, umher gehen lalsen, da er es noch ärger als in dem gedruckten macht.
Die Sache ist dann Generalfiscal Duhrem [Duhram] übergeben worden, sie mit einander
wieder zu vergleichen.
Auf dieses Hrn. Duhrems Angeben, wiewohl ohne der Societät Communication, ist
derselben durch ein Königlich Deeret die Censur aller kleinen politischen Schriften, so sie
zum Druck kommen, anbefohlen worden. Man hat aber gut gefunden, solches, weil hiezu
eine besondere Wilsenschaft um die eigene Absichten und Interelse des Hofes und ein näherer
Zutritt zu den Staatsgeschäften, als irgend einem Glied der Societät beiwohnet, erfordert
ı S, oben Nr. 68.
?2 Im Anhang dieses Briefes.
54 A. Harnack:
wird, abzulehnen und hingegen sich zur Censur derer in die Gelehrsamkeit und Literatur
laufenden Sachen erboten, wodureh künftig! solche Ärgernifse wie das Avisä M. Baile, des
Sever. a Clamoribus Epistola und nu des Hrn. Oewen Monatliche Praesente, worin er hie
und da der Societät selbs nicht genugsam schonet, angerichtet, vermieden werden können.
Wegen des Verlags ist mit Papen insoweit geschlolsen und wird nu daran gearbeitet,
wie an den Druck die Hand fordersamst geleget werden möge; zu welchem End künftige
Woche eine grolse Zusammenkunft der Glieder obhanden ist. Ich verbleibe u. s. w.
Berlin d, 19. May
1708.
[Anhang zu Brief 74, nicht von Jablonski’s Hand.]
Man könte was bilshero von diesen Raritäten gesagt worden stille stehen und das
Übrige der göttlichen Providentz anbefehlen, jedoch wir mülsen weiter gehen und denen
aufgeblasenen Klüglingen, die sich durch ohne judieio zusammengeklaubte und Keinem in
der Welt nützende D. H.? nicht famam, sondern infamiam zuwegen bringen, und von denen
Frantzösische und Holländische Journalisten zum Praejuditz einer ansehnlichen Societät der
Wilsenschaften vor Pasquillanten und famosorum libellorum autores aulsgetrummelt worden,
ein wenig die hoffärtige Flügel beschneiden, wann sie die Production nicht ohne Nasen-
rumpfen angesehen und nichts weiter gesagt, als »es wäre nur ein Anagramına«. Es ist
wahr, mein gelehrter, aber nur philosophischer ohder grammaticalischer Kaldaunenschlucker,
ein mehreres ist es nicht, bleibe aber nicht an den Schalen hängen, sondern besiehe und
erforsche den Kern oder den Geist delselben, anders möchtest du s. v. Dreck vor Schnupf-
toback in die Nase bekommen. Nim dir auch die Zeit und cabalisire ein wenig in dem
Worte: »CALORES«, welches so viel heilsen soll, alls unzeitige chaleurs oder palsions, item
allerhand Dünste und vapeurs der solipsorum, die einem ins cerebell steigen und dalselbe
confus machen, da wirstu gar apposite dich und deinen Genium versteckt finden. Trotz
dir Seiole! wo du mit allem deinem Sammelsurium von Lateinisch - Hebräisch -Arabisch-
Rufsisch- und Bretonischen Sprachen mir dergleichen wirst zuwegen bringen. Urtheile von
dergleichen Dingen nicht nach Affeeten, die du wieder deinen Nächsten unverschuldeter
Weise hegest, sondern erkenne die Gutthaten der Teutschen, die dich auls dem Staub er-
rettet und ein reichliches Stück Brodt zugeworffen haben. Mehr hat man vor dielsmahl dir
nieht sagen wollen, ein Mehrers kanstu erfahren auls Bibl. Chois. tom. XIV, darin ein gantz
gepfefferter Artickel vor dich allein behalten, an dem nichts zu tadeln, also dals du die
Ehre eines Wiedersachers, der ein Docteur de Sorbonne heilset, haben solst.
79.
Jablonski an Leibniz.
23. Juni 1708.
Zufolge Dero geehrtem jüngsten habe die diplomata vor den Hrn. D. Behrens und den
Hrn. Turretin, vor welchen der Hr. Ancillon sollieitiret, angegeben; der Schreiber aber,
so dieselben ins Reine bringen solte, hat wider die Gewonheit mich damit bisher aufgehalten.
Sobald sie fertig, werde das vor den Hrn. Behrens übersenden, das andere aber dem Hrn.
Aneillon zustellen.
! Hdsehr. »künfte«,
2 Mir unverständlich.
Be U u u U_U>9 ua
briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 55
Der angemmuhteten Censur hat man die Societät nicht allerdings erlafsen wollen, so
dals man sich bequemen und auf gewilse malse dieselbe anzunehmen erklären mülsen.
Es wird dilsfals noch eine Vorstellung geschehen, sobald der Hof wieder hie sein
wird, defsen Rückkunft man mit dem Ende der nächsten Woche vermunhtet.
Mit Papen soll mit ehestem förmlich geschlolsen werden, damit man beiderseits wilse,
woran man ist, und ich verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 23. Jun.
1708.
76.
Jablonski an Leibniz.
30. Juni 1708.
Hiebei übersende das Diploma vor den Hrn. Behrens, das vor den Hrn. Turretin
habe dem Hrn. Ancillon zugestellet.
In unsere Sachen ist nichts Veränderliches vorgefallen. Der Baron Meder, nachdem
die Zeit, binnen welcher seine Creditores zu befriedigen er sich eidlich verbunden und dar-
über des Arrests erlalsen worden, verflolsen und diese sich nicht besonnen, ihn damit aufs
neue zu belegen, hat sich der Gelegenheit bedienet und das Weite genommen. Er muls
eine grolse Gabe gehabt haben, die Leute zu überreden, weil unter andern er auch den
D. Spener, der sonst dem Werk allezeit widersprochen, dahin gebracht, dals man- sagt, er
habe sein Haus verkaufen und das Geld zu der Arbeit zuschielsen wollen. Ich verharre
mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 30. Jun.
1708.
Tire
Pape an Leibniz.
3. Juli 1708.
Ew. Excellenz höchstgeehrtes Schreiben vom 26. Junü h. a. habe ich den 1. dieses
wohl erhalten, worauf in schuldigster Antwort melden sollen, dafs ich den Vertrieb der Mis-
cellaneorum wohl befördern will, und soll es mir recht lieb sein, wenn nur ein gutes Sor-
timent dagegen bekommen kan, wo ich denn Gelegenheit genug habe, dieses mit denen Buch-
händlern umzusetzen.
Monsieur Hertenstein habe seyd meinem letzten nicht. wieder gesehen, sobald ich aber
den Tractat Hrn. Eisenschmids von ihm erhalte, werde ich solichen ungesäumt dem Hrn.
Jablonsky zustellen.
Bey der Universal-Einrichtung des Schulwesens ist Direetor (so viel ich vernehmen
können) der General- Commilsarius von Danckelman, und Commilsarii sollen seyn Hr. Pro-
felsor Beeman in Franckfurt, Hr. Hofprediger Jablonsky und Hr. Hofraht Chuno. Solte
ich aber erfahren, dafs mehrere darbey sich befinden sollten, so werde ich nicht ermangeln,
Ew. Excellenz schuldigster Malsen schleunige Nachricht darvon zu geben, inzwischen aber
meine vormahls unter einer gewilsen Bedingung delsfals gethane Bitte wiederhohle, nicht
zweifelnd, dafs E. Exc. gnädigst darauf refleetiren werden.
Herrn Kirchen habe dato selbst gesprochen, welicher sich in seiner neuen Wohnung
gesund und vollkommen vergnügt befindet, insonderheit wegen des darbey sich befindenden
recht anmuhtigen Gartens. Ich habe zugleich das gantze Revier, welches etwan E. Exec. be-
56 A. Harnack:
ziehen könten, besehen und befunden, dals Sie daselbst so gute Bequemligkeit finden, als
Sie letztens bey Mr. Vincent gehabt; es ist im Eingange des Hauses zur rechten Hand
ein sauber Stübgen und daselbst gegenüber eine Cammer, wo E. Exec. Diener logiren
können, ein Stall, darin 4 Pferde stehen und der Kutscher schlafen und auf dem Boden
das Futter geleget werden kan. Ferner ist auf dem Hofe ein Schoppen, darunter trucken
nicht eine, sondern wohl 3 Kutschen stehen können. Solten E. Excell. etwa gedencken
noch diesen Sommer oder Herbst hierzukommen, so würde nöthig seyn, dals Sie Befehl
ertheilten, dals es bey Zeiten renoviret würde. Könte ich hierzu etwas beytragen, so
würde ich mich darzu bereit und willig finden lalsen; inzwischen aber ich beständig ver-
bleibe u. s. w.
Berlin den 3. July
1708.
78.
Jablonski an Leibniz.
21. Juli 1708.
Mit den Anstalten zu dem Druck der Miscellaneorum wird nach Müsglichkeit fort-
gefahren und wals mir dilsfalls anbefohlen bestellet werden. Das Übrige ist in Händen des
Hrn. Chuno, delsen überhäufte Geschäfte und zum offtern anfallende Unpäflslichkeiten ihn
ohne Zweifel hindern und dem Werk einen Anstand machen.
In der Societät Hause ist ein Stüblein zur Herberge vor E. Exe., Dero verheilsene
Überkunft uns sehr erfreuen wird, und eine Kammer vor Dero Bedienten ausgesezet, und
vor die übrige Notturft wollen Hr. Kirch und Pape sorgen.
Wegen des verordneten Kaufgeldes ist bei der Kammer noch nichts zu erhalten, es
hat aber der Kammerherr von Tettau versprochen, an fleilsiger Erinnerung bei dem Ober-
marschall sowol als bei dem Kammerpraesidenten nichts ermangeln zu lalsen, so dals man
dilsfalls das Beste noch zu hoffen hat. Wegen der verlangten Preufsischen Wapen hat der
Hr. Chuno übernommen, in einem Manuscript, so er in Händen hat und worin er einige
dergleichen gesehen zu haben sich erinnert, nachzuschlagen. So er etwas findet, will es
unverzüglich berichten, wo nicht, so werde nach Königsberg schreiben und von denen die
nötige Nachrichten einholen. so der dasige Factor ohne Zweifel wird verschaffen können.
Wegen der Censur ist auf die getahne Vorstellung noch keine Resolution erfolget, sie
wird aber täglich erwartet.
Mit der neuen Anstalt bei dem Schulwesen ist der Anfang zwar gemacht und ein Ver-
such getahn worden, zu einer Conformität mit der Lateinischen Grammatie zu gelangen.
Allein weil die Directores soleher Sache mit mehr andern Geschäften beladen, können sie
dieses nicht mit genugsamen Fleils warten. Hr. Chuno und mein Bruder sind zwar auch
zu denen dilsfalls angestellten Berahtschlagungen gezogen worden, jener vigore commilsionis
regiae, dieser blos pro consilio, der Societät in corpore aber ist noch nichts zugemuhtet
worden; ich glaube auch nicht, dafs, wenn sie daran Teil nehmen wolte, man sie gerne
zulafsen würde, nachdem gewönlicher Malsen ein jeder hie über seinem Ansehn eifert und
nicht gerne etwas davon vergibet.
Ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 2r. Jul.
1708.
briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 57
Jablonski an Leibniz.
28. Juli 1708.
Indem man mit den Anstalten zu dem bevorstehenden Druck beschäftiget ist, findet
sich, dafs die grobe Schrift, so damals im Vorschlag gewesen, zu dem Druck gebraucht zu
werden, mitlerzeit ganz abgenüzet und nicht mehr dienen kan, dergleichen aber neugegolsen
weder hie noch in Frankfurt zu bekommen. Indelsen hat man eine andere Schrift gefunden,
dazu die Matrizen der hiesige Gielser neulich aus Holland erhalten und davon eine Probe
nebst der vorigen zugleich hie beigehet. Weil nun sotahne Schrift an sich rein und wol ins
Auge fällt, daneben merklich grölser als die, so in den Actis Eruditorum gebrauchet wird,
also man einer noch grölseren um so belser zu entrahten vermeinet, weil dadurch auch die
Grölse des Buchs, also mithin die Kosten vermindert, hiemit aber der Vertreib befordert
würde, auch die Ephemerides naturae curiosorum, worauf damals das Absehen gewesen, nicht
durch und durch mit einerlei Schrift gedruckt sich befinden, so haben die hie
gen membra,
so sich darüber berahtschlaget, bei solcher neuen Schrift es bewenden zu lalsen gut ge-
funden, den völligen Schluls aber zu Ew. Excell. geneigten Beifall und Approbation aus-
gestellet, delsen auch mit ehestem verständiget zu werden hoflen, damit keine Zeit mit dem
Gielsen verseumet werde.
Das von dem Hrn. Chuno verlangte Excerptum kommet hiebei, und ich verharre mit
schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 28. Jul.
17098.
Jablonski an Leibniz.
25. August 1708.
Vor vier Wochen habe von der! zu denen Miscellaneis in Vorschlag gekommenen
Schrift Nachricht gegeben, und weil die hohe Zeit der Veranstaltung solchen Druckes, wenn
er nicht noch ein Jahr liegen bleiben soll, vorhanden ist, als wird mit grolsem Verlangen
auf Dero geneigte Erklärung gewartet.
Wals der Hr. Hartmann abermal wegen einer Verbelserung seines Gehalts eingegeben,
wird aus dem Beischluls zu ersehen sein. Die hiesigen membra haben dahin geschlofsen,
dals aus angeführten Ursachen ihm eine Verbelserung von 20 Thlr. järlich, und zu Erstat-
tung der etwa schon angelaufenen Schulden 20 bis 30 Thlr. überhaubt wol zu gönnen wären.
E. Exec. werden auch hierüber Dero geneigte Meinung fordersamst zu eröfnen belieben.
Die zum Erkauf des Plazes und Wohnung vor den Astronomum angewiesene Gelder
sind zwar auf den Cammeretat gesezet, weil aber derselbe auf dieses Jahr die Einnahme
mit 38/m. Thlr. übertrifft, so machet der Rentmeister schlechte Hoffnung, dals etwas davon
so bald erfolgen werde, zumalen da die neue und gar grolse Extraordinar-Unkosten in den
Weg kommen.
Der Hr. Rödike hat ein Speeimen seines erfundenen characteris universalis an den
König gebracht, welches der Societät die Möglichkeit delselben zu untersuchen übergeben
worden. Derselbe hat vor wenig Tagen davon eine mündliche Erläuterung getahn, so aber
ı Hdschr. »den«.
Philos. - histor. Abh. 1897. III. 3
58 A. HARnNAcK:
viel zu weitläufig überzuschreiben. Kurz beruht die Sache darauf, dals er 90 characteres
erfunden, unter welchen er die Haubteoncepte der Dinge begriffen haben will und durch
deren modificationes, derivationes und compositiones, welche allein durch beigesezte puncte,
Striehlein und andere kleine Zeichen geschehen, auf ıo0/m und mehr concepte und Be-
deutungen zu bringen, durch solche Vervielfältigung aber nicht nur alles, was in einer
Sprache immermehr erdacht oder gesagt werden kan, sondern viel tausendmahl mehr, und
init dem wundersamsten Nachdruck vorzustellen gedenket. Nach der Art, wie er es aus-
legt, ist die Erfindung etwas philosophisch, weil sie lauter Realeoncepte vorstellet, aber
dabei sehr sinnreich, und die nieht ohne Nuzen sein würde, wenn sie zu völliger Ausübung
gedeihen könte, von welcher sie, wie alle noviter inventa im Anfang noch etwas entfernet
scheinet. Ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 25. Aug.
1708.
sl.
Jablonski an Leibniz.
22. September 1708.
Wie gerne man die Geldangelegenheit der Societät bei der Amtscammer befordern
wolte, ist doch hiezu bei gegenwärtigen Umständen, da der grofse Mangel in allen Calsen
so siehtbarlich herfürbricht, dafs er dem Könige selbs nicht länger ganz verborgen bleiben
können, so wenig Anschein, nach Wunsch fortzukommen, dals man sorgen muls, der Sache
mehr zu schaden als zu nuzen, wenn man sie itzunder wagen wolte. 1
Diese Woche hat sich die Cammer angemeldet und das Observatorium übergeben
wollen, weil man aber bei delsen Besichtigung noch allzu viel, obgleich nicht eben grolse
Mängel daran befunden, hat man sich entschuldiget und die Erinnerungen defsen, so man
vorher gerne zum Stand gebracht sehen wolte, übergeben.
Dem Hrn. Rödiken soll E. Excell. Meinung von seinem Invento hinterbracht werden,
und weil er eines gar docilen humeurs ist, zweifle nicht, er werde das Erbieten willig an-
nehmen. Er hat auch in Mechanieis einige Concepte von nüzlichen Erfindungen, womit er
zum Teil am Hofe sich schon gemeldet, weils aber nicht, wie weit damit fortgekommen.
Mit Abgielsung der beliebten Schrift wird numehr fortgefahren und dieselbe bald an-
geschaffet sein. Die Erfindung eines geschickten Kupfers hat der Hr. Werner übernommen,
auch einen guten Anfang gemacht, so dals es nur an dem Entwurf fehlet, welchen zu
machen seine stätige Unpäfslichkeit ihn bisher gehindert.
E. Excell. vertröstete baldige Gegenwart erfrenet uns alle und wird bei derselben die
übrige Veranstaltung solchen Druckes und wals sonst der Societät Angelegenheit belanget,
füglicher ausgemacht werden können; ich aber verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 22. Sept.
170
[e'.}
82.
Jablonski an Leibniz.
15. December 1708.
Auf des Hrn. Rödieken Ersuchen ist die von ihm aufgesetzte Anzeige von seiner Er-
findung des characteris universalis abgedruckt worden, damit sie den gelehrten Liebhabern
hin und wieder mitgeteilet werden könne. lch habe davon ein Exemplar hiebei übersenden
briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 59
sollen, deren auf Begehren noch mehr erfolgen können. Man wird sie auch anderwärts an
die membra Societatis communieiren, um deren vota zu colligiren, daraus der Bericht an
den König hiernächst abgefalset werden möge, weil Hr. Rödicke begehret, über die Müg-
lichkeit und Nuzbarkeit dieser Erfindung die Societät zu vernehmen.
Auf besondere Veranlalsung des Hrn. la Croze ist er noch weiter gegangen und hat
auch eine linguam universalem, nach welcher die characteres gelesen werden mögen, er-
sonnen, wovon hiebei auch die Probe gehet.
Sonst ist in Soecietätsachen nichts Veränderliches und bleibt Alles in dem vorigen,
auch die Renitentz der Cammer wegen der angewiesenen Hauskaufsgelder, wodurch die
Last der Calsa zuwächst. Doch ist bei dermaliger Confusion aller Königlichen Calsen schwer-
lich etwals hiebei zu tuhn. Ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 15. Dee.
1708.
s3.
Jablonski an Leibniz.
9. März 1709.
Dero glücklich behaltene Überkunft, wie sie gewünschet und gehoffet, also wird sie
auch von uns allen mit Vergnügen vernommen werden.
Nachdem der Factor zu Magdeburg berichtet, dals wegen Dero Eilfertigkeit bei der
Durchreise er die angewiesene Zahlung nicht tuhn können, so habe ihm die Weisung ge-
tahn, dals er solches Geld mit ehestem bei der Post übermachen solle, und bitte gehor-
samst, wenn es einlenft, die behörige Quittung darüber an ihn oder an mich unverlängt
einzusenden.
Des Newtons Optica habe von Leipzig erhalten; sobald sie eingebunden, werde sie
dem Hrn. d’Angicour zustellen.
Der Obercammerherr ist an einem Seitenstechen krank und, wie man saget, nicht
auser Gefahr.
Ich verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
3erlin d. 9. Mart.
1709.
54.
Jablonski an Leibniz.
9. April 1709.
Eine schwere Krankheit, von welcher ich seither drei Wochen überfallen worden und
wovon ich mich kaum ein wenig wieder erhohle, hat mich verhindert, auf Dero geehrtes,
so mir am 27. Mart. eingelaufen, meine Schuldigkeit zu rechter Zeit zu beobachten.
Das Packett in der Post ist ausgelöset, und eröfnet worden von dem Hrn. Chuno,
welcher auch wals er darinnen gefunden hoffentlich wird berichtet haben.
Die Historia phosphori ist vorhanden und bei die andern Stücke der Miscellaneorum
an gehörigen Ort geleget worden.
Zu dem Druck weils ich, dafs alle Anstalten gemacht sind, nur weil ich noch nicht
aus dem Bette komme, kan ich nicht sagen, wie weit es damit gelanget.
Inmittelst berichtet der Factor von Magdeburg, dals er die ordinirte 300 Thlr. den
18. Mart. abgehen lalsen, aber keine Nachricht zurück erhalten, ob sie richtig überkommen.
8*+
60 ANHARNACK:
Solte nu wider Verhoffen hieran ein Fehl sein, wäre gut, deshalb je eher je lieber Nach-
richt zu haben, damit die gehörige Nachfrage bei der Post angestellet werden könne, ehe die
Sache zu alt wird.
Gestern ist der Hr. Hofprediger Serlig[?] an einem kalten Brand in dem Fuls, woran
er lange bettlägerig gewesen, verstorben. Auserdem regieren die Frülingskrankheiten mehr
als jemals.
Mein Bruder ist verreiset ohne dals Jemand wilse: wohin, oder wann er wieder-
kommen werde. Ich verbleibe u. s. w.
Berlin d. 9 April.
1709.
85.
Jablonski an Leibniz.
27. April 1709.
Dero geehrte beide, das Pakett, so Hr. Kroppe überbracht, und das Schreiben vom
19. dieses, so bei der Post eingelaufen, sind mir richtig geworden.
Ich bedaure, dafs mein elender Zustand, indem ich an einem vor wenig Tagen ent-
standenen Schaden am Fuls mit grolser Beschwerliehkeit darnieder liege, mir nicht verstattet,
der anbefohlenen Verrichtungen gehörig zu warten, doch werde so viel mir immer müglich
gehörigen Fleilses beobachten.
Die nachgesendete Stücke habe dem Hrn. Hofraht Chuno zustellen lalsen, der die Mühe
übernimmt, vor Alles zu sorgen und ohne Zweifel E. Exceell. schon von Alleın wird Bericht
erstattet haben. Nach der gewönlichen Sprache der Wundärzte will man mich ziemlich
weit hinaussezen, welches, so es also erfolgte, mich sehr betrüben würde. Ich verharre mit
schuldigem Respect n. s. w.
Berlin d. 27. Apr.
1709.
6.
Jablonski an Leibniz.
6. Juli 1709.
Nachdem mir der höchste Gott so weit wieder geholfen, dafs ich meiner Geschäfte
mich annehmen kan, so habe die Correetur der Miscellaneorum angetreten, worin man bis
auf den Bogen E, wovon ich eben die zweite Correetur abfertige, gekommen. Der Hr. Oewen,
welcher vor das hiebeigehende Geheimnils von der Königin eine Pension erhalten, hat vor-
längst um ein diploma receptionis vor den Hrn. de la Ramee, gewesenen Landshaubtmann
der Grafschaft Hanstein sollieitirt. Nun hat man dieses Orts dilsfalls angestanden, weil er
aber hart und endlich mit Bedrohungen darauf dringet, so erwarte E. Excell. Ordre, ob ihm
hierunter zu willfahren.
So ist auch neulich auf Königlichen Befehl und eingelegtes Vorwort des Kaiserlichen
Gesandtens in der Schweiz an den Hrn. Grafen von Metternich, ein Medieus zu Lucern
Nahmens Lange mit einem diplomate versehen worden, und neulich hat der Hr. Mel [Mell]
vor einen lutherischen Profelsorem zu Erfurt, den er wegen seiner sonderbaren Experienz
in naturalibus sehr rühmet und davon speeimina offeriret, geschrieben, der aber auf die
Einsendung solcher speeiminum verwiesen worden.
Der Hr. Oewen, welcher vor andern mit solehen Reeommendationen sich gerne beladet,
hat noch zween andere vorgeschlagen, nemlich einen Prediger zu Brandeburg, so mit einem
ji
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 61
neuen systemate philosophiae ad veritatem s. sceripturae exacetae schwanger gehet und davon
hiebeigehendes speeimen herausgegeben: und den Nürmbergischen Geographum Homann;
weil man aber noch nicht siehet, wals diese beide Würdiges geleistet, oder zum Zweck der
Societät beitragen können, hat man darauf keine Reflexion gemachet.
Es liegen abermahl 300 Thlr. bei mir, so auf Dero rückständige Besoldung disponirt.
Ob nun solche gerad auf der Post übersenden soll, erwarte Befehls. Sie bestehen meist in
eroben Sorten und also beqwem, auf der Post gesandt zu werden. Ich verbleibe mit schul-
digem Respect u. s. w.
Berlin d. 6. Jul.
1709.
87.
Maria Marge. Kirch an Leibniz.
17. Juli 1709.
Dals an Ew. Excellenz zu schreiben ich mir die Künheit nehme, bitte nicht übel
zu vermercken. Ich habe nicht unterlalsen wollen, meine Auflwartung zu thun durch
Überschiekung beykommender himmlischen Anmerckungen bey demjenigen, was in kurtzem
hier in Berlin vorgangen, worvon Sie ohne Zweifel schon genugsame Nachricht haben
werden. Auf! Ew. Excellenz Befehl und Anordnung habe nieht unterlalsen, meine Auff-
wartung am Hoffe nach Gelegenheit dann und wann zu machen; sonderlich bey Ihrer
Hoheit Marggraff Alberti Gemahlinn, die gar gnädig sich gegen mich bezeuget. Werde
auch itzt dran seyn, auf Dero Begehren ein Thema vor Ihre am ı1. Mai neu gebohrne
Prinzefsinn auffzurichten (oder zu stellen); habe auch sogleich als meine Vorstellung in
Drucke fertig war, solche an Ihre Hoheiten übergeben wollen, so aber beyderseits damals
noch in Potzdam bey der Hohen Königlichen Gesellschafft waren. Ich liels es aber doch
bey einer ihrer mir wol bekandten Bedientinn, habe auch durch selbe so viel Nachricht,
dals sie es beyden Hoheiten übergeben. Zu der Königin Frau Oberhoffmeisterinn gieng ich
zwar auch, als schon die Königinn wieder herein war, und suchte meine Auffwartung zu
machen; bey welcher ich aber nicht vorkam, sondern Sie schickte ein Frauenzimmer zu mir
heraus; bey derselben legte ich mein Compliment ab und gab ihr drey Stück, mit Bitte,
wenn eines an Ihre Maj. die Königinn und eines an die Kronprinzelsinn Königl. Hoheit
könte gegeben werden: weils aber nicht, ob solches geschehen.
Gestern vor Mittage war der Herr Oberhoffmeister des Königes von Dennemarck
auf! unserm Observatorio, welcher mich so hart anredete: dals er gehöret, als wäre
meinem Manne ich in der Astronomia behülfflich. So überreichte ihm ich eines von
meiner himmlischen Vorstellung. Da sprach er gnädig: ich solte ihm doch eines mitgeben
vor seinen König; so ich auch gleich bey der Hand hatte. Gestern nach Mittage um
4 Uhr giengen Seine Maj. der König von Dennemarck von hier weg und, wie gesagt wird,
nach Hannover. Vielleicht werden Ew. Exeellenz solchen wol dort sprechen.
Der König Augustus ist noch allhier und haben wir gestern unsere gantze Hohe
Herrschafft, Gott sey Danck, gesund gesehen und aus des Herrn Feldmarschalls Wohnung
kommen, woselbst sie Mittags Mahlzeit gehalten hatten. Schlülslich habe Ew. Excellenz
meines Mannes gehorsamste Dienste und Gruls zu vermelden. Empfehle Sie hiermit in
Göttliche Gnadenobacht, mich aber und die Meinigen in Dero hohe Gunstgewogenheit und
verharre u. Ss. w.
Berlin den 17. Jul.
1709.
62 A. HARnNAcK:
[An den Rand ist von Leibnizens Hand geschrieben :]
Mercure historique et politigue, imprim@ ä la Haye Aoust 1709, p.143: Un astrologue
remarqua que le 2. de ce moi, qui fut le premier jour que ces planetes furent ensemble;
le soleil, Saturne et Venus &toient l’un pres de l’autre en droite ligne. On pretend qu'il
y a la dedans quelque chose de significatif.
88.
Jablonski an Leibniz.
3. August 1709.
E. Excell. geehrtes vom 16. Jul. ist mir richtig eingelaufen. Den Brief an Hrn. Chuno
habe nebst denen zugehörigen Stücken demselben alsofort behändigen lalsen, mit dem Hrn.
la Rose aber selbst gesprochen und von ihm zur Antwort erhalten, dals er das Geld gerne
mitnehmen wolle, wenn es nur bis zu seiner Abreise, welche erst in 14 Tagen oder 3 Wochen
erfolgen werde, Anstand haben könne. Wie ich nun glaube, dals an solchem Verzug E. Excell.
nicht gelegen, so habe ihn defsen also versichert und erwarte nu, wenn er das Pakett werde
abfordern lalsen, weil er es nicht eher als eben auf seiner Abreise anzunehmen begehret.
Die Bücher von dem Hrn. Chuno habe ich schon bei ihm gesehen.
Der Hr. OÖewen hat ohne Zweifel seine eigene Absichten bei allen denen, welche er
der Societät praeconisiret, womit er doch meistenteils eben wie mit seinen übrigen Dingen
nur Verdruls und Beschwerlichkeit erwecket, dergleichen eine nicht der geringsten ist die
Censur seiner »Monatlichen Praesenten«, welche voller Extravagantien sind, die nicht palsiret.
werden können; darüber aber er sich gerne formalisirt, wenn sie ausgestrichen werden.
Neulich schiekte er einen von dem Abt Bignon an ihn geschriebenen Brief zur. Censur, der
in originali und in seinem Umschlag übergeben wurde, er aber nachgehends ihm einen ganz
confusen und falschen Titul, wie ihn Hr. Chuno nennet, vorgesetzet, welches künftig zur
Warnung dienen wird.
Der von dem Hrn. Mel [Mell] praeconisirte Profelsor wird nicht genennet, weil er
aber einige speeimina von ihm (in Mathematieis et Physica experimentali) versprochen und
solche täglich erwartet werden, werde daraus ferner Nachricht zu geben nicht unterlalsen.
Die Miscellanea Societatis gehen im Druck immer fort. Der erste Teil, worin die
Literaria, ist fertig, wiewohl dabei des Hrn. Starken Syınbola aulsgeblieben, weil man zu
dem arabischen Druck hie nieht gelangen können. Mit dem zweiten Teil, worin Physica
und Medica, ist der Anfang gemacht. Und so weit getraue mir mit der Correetur wol
fortzukommen; wenn es an die Mathematica kommt, wird man einen Andern zu finden be-
mühet sein, der solche Correetur übernehme.
Das obangeführte abgedruckte Schreiben lege hiebei, und verharre mit schuldigem
Respeet u. s. w.
Berlin d. 3. Aug.
1709.
Jablonski an Leibniz.
ro. August 1709.
Wals Dieselben an Hrn. Hofraht Chuno vor einiger Zeit durch Convert und an mich
dureh die Post jüngsthin abgehen lalsen, ist sowohl als das an den Hrn. des Vignolles
ZZ
briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. b:
richtig eingelaufen; wegen dieses letztern hat auch itztbesagter Hr, des Vignolles mit dem
Hrn. Chuno sich allbereit besprochen und wird alles gehörig in Acht genommen werden.
Wegen des von dem Factor Papen über Halberstatt abgelalsenen Päckleins habe mit
demselben gesprochen, da denn er sich über den Unfleifs des Factors zu Halberstatt be-
klaget, als von welchem er auf seine geschehene Erinnerung keine Antwort erhalten, wie
solches und ein mehrers aus dem Beischluls von ihm wird beliebig zu ersehen sein.
Der verlangte Zuschuls einiger zu den Miscellaneis gehöriger Stücke ist geschehen und
wird solchen Hr. Chuno bei sich haben.
Von dem Hrn. la Rose erwarte der versprochenen Nachricht, wann er werde reise-
fertig und ihm gelegen sein, das bewuste Gelt anzunehmen, da dann ihm solches zu be-
händigen und davon Nachricht zu geben nicht ermangeln werde.
Nachdem auch Hr. Rödicke auf einen Bericht wegen seiner Sache dringet und der-
selbe nach Anleitung derer darüber teils schriftlich eingelaufenen, teils hie ausgefallenen Mei-
nungen entworfen worden, so wird darüber E. Excell. beliebiges Gutachten erwartet, zu dem
Ende solcher Entwurf hiebei gehet, ich aber verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. ro. Aug.
1709.
9%.
Jablonski an Leibniz.
24. August 1709.
Nachdem die Kronprinzelsinn ihren Kirchgang nunmehr gehalten und Hr. la Rose sich
bei mir nicht gemeldet, habe ich vor acht Tagen ihn nochmals gesuchet und von ihm die
Versicherung erhalten, dals er gegen seine Abreise das Packett vor E. Excell. gewils ab-
fordern lalsen wolle, wie ich denn ihm meine Wohnung schriftlich aufsezen mülsen, wobei
es nu bewenden lafse und des Erfolgs erwarte.
Von dem Halberstättischen Factor habe ein Schreiben an Papen gesehen, darin er
sich beklaget, wie es ihm mit dem adrelsirten Packett so unrichtig gegangen, hoffe aber,
es werde numehr zu gehörigen Händen gelanget sein.
Nachdem der Königliche Geburtstag abermahl vorbei gegangen, ohne dals man zu der
solennen inauguration gelangen können, so wird man wohl einer andern gelegenen Zeit
damit erwarten mülsen. Indefsen ist von der Kammer zu verstehen gegeben worden, dals,
nachdem sotahnes Observatorium in brauchbaren Stand gesezet, man bereit sei, solches
der Soecietät zu übergeben. Ob nun zwar wir schon Polselsion davon und alle Schlülsel
in Händen haben, so kan doch nicht schaden, wenn ein dergleichen Actus zum Übertluls
vorgehe, und hat man sich darauf heraus gelalsen, dals man hiezu bereit sei und von der
Kammer erwarte, wann und wie solche Übergabe zu tuhn es ihr gefallen werde, worauf
die Antwort noch erwartet wird. Unter der Hand ist vorgeschlagen worden, dals es am
kürzesten zugehen könne, wenn dem Bauschreiber hiezu schriftliche Vollmacht oder ordre
aufgetragen würde, so könte von dieser Seiten an den Factor Papen dergleichen geschehen
und sotahne ordres bei der würcklichen Übergabe, so allein unter ihnen beiden vorgehen
würde, ausgewechselt werden.
Dem Hrn. Angicourt habe sein Packett zustellen lalsen und soll bei dem Druck und
delsen Correetur alles aufs beste beobachtet werden. Das Kupferblat ist, wie ich nicht
anders weils, in der Zeichnung bei Hrn. Blasendorf, mit welchem man auch die andern
Kupfer verdungen.
64 A. HarnaAck:
Wafs vor neue unfertige Händel der Hr. Oewen angefangen, ist aus beikommenden
Abschriften beliebig zu ersehen. Man hat darauf im Nahmen des Direetorii der Societät
eine vorläufige Antwort blols zur Information abgestattet und fernere Verantwortung auf
vorgängige Communication mit E. Excell. vorbehalten. Die Meinung dieserseits gehet dahin,
dals man die injuriosa dieta et facta des Hrn. Oewen klagbar vorstellen und deshalb ihn
rechtmälsig anzusehen bitten wolle. Wals E. Excell. hierunter gut finden und verordenen
werden, wird nebst Zurücksendung solcher Abschriften erwartet. Das Beste ist, dals der
Hr. von Ilgen die Sache nicht vorgetragen, sondern die Explication von der Societät erst
erwartet, da denn [aus] dem ihm mitgeteilten Extract der jährlichen Calenderreehnungen ihm
gleich in die Augen leuchten kan, wie unverschämt der angemalsete Angeber von Dingen,
davon er nicht die geringste Wilsenschaft hat, in den Tag hinein redet und den Hof mit
ganz ungegründeten Vorstellungen zu verleiten bemühet ist.
Ich verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 24. Aug.
1709.
91.
Jablonski an Leibniz.
31. August 1709.
Dero geehrtes vom 23. ist ınir richtig eingelaufen und die Einschlülse gehöriger Orten
bestellet worden.
Das anbefohlene Schreiben an den Hrn. von Sparvenfeld soll mit ehestem ausgefertiget
werden und mit dem Bericht wegen des Hrn. Rödiken, wenn er einlauft, ein gleiches
geschehen, wiewohl damit nichts versäumet wird, weil der König mit einem gar wenigen
Gefolg eine Reise gegen Preulsen vorhat, mit welcher er sich drei bis vier Wochen auf-
halten wird. Der Aufbruch soll, wie man sagt, nächstkommenden Dingstag geschehen.
Dem Hrn. la Rose hätte das Gelt gerne alsofort einhändigen wollen, er hat es
aber anzunehmen geweigert, vorschüzend, dafs er es nicht sicher genug zu verwahren
wilse, also nicht eher als gleich vor der Abreise es abholen lalsen wolle, worauf ich nu
täglich warte.
Der Hr. Oewen hat verlanget, dafs man ihm ein Duzet [sie] Tahler zu Fortsetzung seiner
kostbaren Correspondenz mit dem Abbe de Bignon reichen möge, puisque je suis, sagt er,
le seul qui ait soutenu jusyues ici la reputation de la Societe; es ist ihm aber noch nicht
gewilliget worden. Ich verbleibe mit schuldigem Respeet u. s. w.
Berlin d. 31. Aug.
1709.
92.
Jablonski an Leibniz.
7. September 1709.
Dero geehrte beide, vom 22. Aug. mit dem Bericht wegen Hrn. Rödieken, und vom
1.Sept. durch Mad. Roberton, sind richtig eingelaufen; es hat auch gedachte Frau das Gelt
durch des Hrn. Hofraht Ludwigs Diener abfordern lalsen und versiegelt empfangen, hoffe,
dals es wol zu Handen kommen werde. Dafs die Schuld an mir nicht sei, wenn solch
Gelt durch den Hrn. la Rose nieht überkommen, wird aus meinen vorigen hochgeneigt
sein ersehen worden. Der Sortenzettul kommt hiebei und wird sich hoffentlich alles
richtig befinden.
briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 65
Hr. Oewen führt sich offentlich als aceusator gegen die Societät auf und treibet mit
Ungestüm auf eine Commilsion, seinen angemalsten caleulum zu justifieiren und zu er-
weisen, dals über 70/m Thlr. in calsa Societatis liegen mülsen, davon er und mehr andere
mülsige Hummeln, so mit ihm complotiren, wie die von ihm selbst communieirte Briefe
verrahten, reichlich versorget werden könten. Der Herr von Ilgen wird von ihm darüber
täglich mit Briefen angelaufen, in deren einem er also schleulst: »und wenn ich ja nichts
erhalten soll, so bitte ein- vor allemahl um ein gnädiges Almosen«, welches denn seinen
Zweck entdecket, dals er nichts anders suche, als sich des Hungers zu erwehren, und
darum solche extrema hervorsuche. Man hat dagegen sehr gebeten, ob zwar Sr. Königl.
Mt von dem Zustand der Calsa Rechenschaft zu tuhn man sich schuldig erkenne, auch
Rechnung abzulegen alle Stunden bereit sei, dafs doch solches, wenn es verlanget wird,
autoritate regia und nicht auf eine so schimpfliche Weise per modum inquisitionis ad in-
stantiam incompetentis accusatoris oder vielmehr calumniatoris geschehen und verordnet
werden möge.
Das schändliche Ende des Goldmachers Cajetani wird bekannt sein und wolte man
ihm gerne den Baron Meder zugesellen, es wollen ihn aber die ereditores, so ihn zu Prag
sezen lalsen, nicht herausgeben , bevor sie befriediget worden.
Des Königs Reise nach Preulsen ist auf einige Tage ausgestellet, soll aber noch
gewils vor sich gehen, und ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 7. Sept.
1709.
93.
Jablonski an Leibniz.
14. September 1709.
Die Kronprinzelsin und mit derselben Mad. Robeton wird nu wohl in Hannover an-
gelanget sein und das mitgenommene Packett überbracht haben. Seit dem ist nur ein grols
Packett an E. Excell. eingelaufen. Es scheinet ein Buch in 8. eines Fingers dick darin ein-
geschlofsen zu sein, daher es bis auf anderweiten Befehl oder gute Gelegenheit hie behalten.
Auf Hrn. Oewens Anbringen hat man vorläufig geantwortet und einen Auszug der
Reehnungen bis A. 1702 [es ist wohl 7 zu lesen] inclus. beigeleget, welches so viel gewürket,
dafs der Hr. von Ilgen die Sache nicht vortragen mögen, dennoch aber an sich behalten
und ihn mit Glimpf zu stillen gesuchet, so aber wenig verfangen, wie denn wenig Tage
vor des Königs Abreise er aufs neue angesezet. Nachdem hat man nichts weiter vernommen,
und weil nu der Hof abwesend, hoffen wir wenigstens so lange Ruhe zu haben. Interim
aliquid fiet.
Die Observationes Reiheri sind zu spät gekommen, weil man schon in dem mathema-
tischen Teil begriffen, und werden nebst einigen andern Dingen zu einem künftigen volumine
zurück bleiben.
Die Briefe nach der Schweiz hat Hr. Chuno zu bestellen übernommen.
Der Hr. Werner, so das Titulblatt in Kupfer zu zeichnen übernommen, ist seither
etlichen Wochen vom Schlag gerühret, so dals man ihn schon aufgegeben, er soll sich aber
ziemlich wieder erholet haben und will Hr. Chuno, weil er allein mit ihm bisher gehandelt,
obgleich er selbst sich nieht allzu wol befindet, ihn besuchen, um zu sehen, wie weit solche
Zeichnung gebracht und wie sie möge vollendet werden.
Philos.-histor. Abh. 1897. III. 9
66 A. HarnaAck:
Von Königsberg laufen die Zeitungen sehr schlecht. Solte das Unglück an diesem
Ort einreilsen, würde es uns nicht wenig Schaden bringen. denn Preulsen und die Mark
unser Bestes und so zu sagen unser Ganzes sind. Gott wende Alles in Gnaden ab!
Ich verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 14. Sept.
1709.
94.
Jablonski an Leibniz.
28. September 1709.
Die Frau Robeton wird numehr hoffentlich das hie empfangene Gelt überliefert und
es also hiemit seine Richtigkeit haben.
E. Excell. geehrtes, worin des Hrn. Waldschmids Observationes de monstro vi eorpore |?]
eingeschlofsen gewesen, ist lange nach dem ersten und auch nach dem vom 12. Sept., nem-
lich erst mit letzt verwichener Post eingelaufen, und obzwar solche Stücke, wie aus meinem
vorigen erhellet, vor itzo nicht mit eingerücket werden können, so sind sie doch unver-
lohren und werden in dem zukünftigen tomo dienen können. Der gegenwärtige tomus wird
gegen der Neuenjahrsmelse fertig sein können, wo nicht die Kupfer es aufhalten. Mit deren
Abdruck soll die anbefohlene Weise, dals sie auser dem Buch aufgeschlagen werden, ge-
hörig in Acht genommen werden.
Hr. Oewen hat eine Commilsion auf den Hrn. Hülsemann und Fuchs erhalten, seine
Vorschläge zu untersuchen. Ob nun und wie weit die Soecietät hiebei mit implieirt werden
wolle, wird sich zeigen, wenn man nähere Communication des Commilsorialis und wie die
Commilsarii die Sache tractiren werden, erhalten kan. Noch zur Zeit hat sie kein Teil
daran, und wo sie mal ä propos darein gezogen werden wolte, wird man es auf alle füg-
liche Weise abzuwenden suchen.
Der Hr. von Meisenbug hat einen garstigen Handel gehabt, aus welehem er doch durch
Hülfe seiner Freunde sich so weit herausgewickelt, dafs er mit einer Ehrenerklärung davon
kommen und des Arrests erlalsen worden. Bald darauf verlautete, dals er die Römische
Religion angenommen und als Resident am Kaiserlichen Hofe in Churpfälzische Dienste trete.
Nachdem habe weiter niehts von ihm gehöret, will aber mich difsfalls näher erkundigen.
Von der verlangten Epistola ad amieum erfolgen hiebei 6 St. samt dem jüngst gedachten
Packett, weil es bei solcher Gelegenheit im Porto wenig austragen wird, und ich verharre
mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 28. Sept.
1709.
95.
Jablonski an Leibniz.
26. October 1709.
Ich zweifle nicht, es werde sowohl das übersandte Gelt, als auch meine seit dem ab-
segangene Schreiben wol zu Handen gekommen sein.
Mit dem Druck der Miscellaneorum wird dergestalt geeilet, dals sie wo nieht auf die
Leipziger Neuejahrs-, doch auf die Frankfurter Fastenmelse unfehlbar fertig sein sollen.
Vor acht Tagen hat der gewönliche Schweizer Bote an E. Excell. ein Päcklein nebst
dem hiebeigehenden Schreiben überliefert, in welchem, nachdem es auf dem Packhof geöfnet
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 67
worden, sich 4 Exemplare von des Hrn. Langen Historia lapidum Helvetiae befunden, wor-
über nun Dero ordre erwarte. Der zweite Einschlufs ist von dem Hrn. Aneillon mir an-
befohlen worden.
Der Rittmeister Oewen ist nu stille, ob er, wenn der Hof wieder anlangen wird, von
neuem anheben werde, muls man erwarten, und ich verharre mit schuldigem Respeet u. s. w.
Berlin d. 26. Oet.
1709.
96.
Jablonski an Leibniz.
2. November 1709.
Dero geehrte beide, davon das erste vom 22. Oct., habe mit denen zwei letsten nach-
einander folgenden Posten richtig erhalten und die Einschlülse gehörig übergeben, allermalsen
die eine Antwort von dem Hrn. la Croze hie beigehend zu befinden und vor Schlielsung des
Packetts vielleicht ein mehrers einlaufen wird.
Dals die bedeutete zwei physicalische Stücke begehrtermalsen dem Werk angehänget
werden, wird der Herr Chuno hoffentlich besorgen.
Der Hr. Aneillon hat versprochen, die nötige Nachrichten zu Ausfertigung derer an-
befohlenen diplomatum herbeizuschaffen; sobald solches geschiehet, soll das Übrige unver-
weilet geschehen.
Dals die hin und wieder regierende oder auch nur aufblickende Krankheiten ansteckend
seien, ist wohl nieht zu zweifeln: doch sind sie von der eigentlichen Pest unterschieden.
Daher auch zu Königsberg, obgleich von geraumer Zeit her dergleichen sieh dort geäusert,
ja so weit eingerilsen, dals bis tausend Menschen in einer Woche gezählet worden, dennoch
weder die Statt gesperret, noch in derselben der gewöhnliche Umgang unter einander bisher
untersaget worden, auser dals in zweien Rirehspielen man nötig erachtet, die Kirchen zu
schliefsen und die Galsen nach den andern Vierteln der Statt zu versperren. Es soll auch,
wie die jüngste Nachrichten geben, das Übel merklich nachlalsen.
Hie in der Mark bei Brandeburg hat in einem Dorf sich etwals geäusert, so vor ge-
fährlich angesehen und bei dem niedergesetzten Collegio sanitatis als etwals Wichtiges ein-
gebracht worden, so aber bei genauerer Untersuchung sich gar anders und unverfänglich
befunden. Daher nicht zu verwundern, wenn von abgelegenern Orten und durch fliegende
Gerüchte Dinge ausgesprengt werden, die wider die Warheit laufen.
Die letzte Quittung, so ich in Händen habe, ist gestellet worden, bevor der Auszug
aus denen Rechnungen über die gesamte Zahlung genommen, daher sie noch »auf Abschlag«
lautet. Es wird aber hoffentlich die damalige Berechnung bei Händen und aus derselben
leicht zu nehmen sein, wie die Quitungen über die beide nachher geschehene Zahlungen
einzurichten, und ich verharre mit schuldigem Respeet u. s. w.
Berlin d. 2. Nov.
1709.
Jablonski an Leibniz,
16. Nov. 1709.
Der Einschlufs gibt mir Gelegenheit zu vermelden, wie seither acht Tagen der Hr. Hof-
raht Chuno von einem besehwerlichen Anstols eines Schlagflulses befallen worden, woran [sie]
er auf der linken Seiten sehr gelähmet gewesen, davon aber durch angewandte kräftige
9*
68 A. Harnack:
Mittel ziemlichermalsen wieder befreiet worden und in der Hoffnung völliger Belserung sich
befindet, so dals er sich der Besorgung des Drucks der Miscellaneorum, welcher immerhin
wol von Statten gehet, wieder annimmt. Wir wünschen aber zu Gott, dals er uns diesen
absonderlich bei der Societät so nützlichen Mann noch ferner lalsen und ihm neue Kräfte
verleihen wolle, vor das Aufnehmen derselben wie er bilsher so eiferig getahn, ferner zu
sorgen.
Der Hof ist nun wieder hie und die Gefahr der Ansteckung aus der Nachbarschaft
beginnet zu verschwinden. Ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 16. Nov.
1709.
98.
Jablonski an Leibniz.
21. Dee. 1709.
Der Einschluls veranlalset mich, abermahl mit gegenwärtigen Zeilen aufzuwarten und
nur dieses zu berichten, dals mit des Hrn. Chuno Gesundheit es noch zu keiner beständigen
Belserung gedeihen wolle, wiewol er inmittelst der Arbeit, so viel er kan und vielleicht
mehr als ihm dienet, oblieget.
Es hat vor kurzer Zeit ein Mechanieus sich hie eingefunden, eine Machine, so er zu
einem gewilsen Brauch zu Magdeburg erfunden, am Hofe zu zeigen und delsen Beifall zu
suchen. Soviel man an dem Modell vernehmen können, dörfte dieselbe, wenn sie, wie
solches in Frankreich gehalten wird, der Soeietät zur Untersuchung übergeben würde, einige
Verbelserungen wohl leiden: doch ist es ebenso gut, dals man damit zufrieden gelalsen wird,
weil man doch noch nicht im Stande ist, dilsfalls gehörige Genüge zu tuhn. Dieses aber
ist nicht zu übergehen, dals er eine Probe aufzuweisen hat eines hydrocaustici, wie er es
nennet, oder mit Walser gefülleten Brennglases, so zwar nicht grols und nur etwa 9 Zoll
im Diameter, delsen Einfalsung aber genugsam zeiget, dals sie auch in grölserer Form füg-
lich angehen werde, welches dem Hrn. D. Jegwiz, der vor einiger Zeit auch daran gear-
beitet, die grölseste Schwürigkeit gemacht. Und weil er sich eines besonderen Handgriffs
rühmet, die hiezu nötige Gläser behend zuzurichten, wird er, woferne es ihm gelinget, hie
in Dienst genommen zu werden, wie ihm der Hr. Eosander dazu die Hoffnung macht, zu
Fortsetzung dieses Experiments nüzlich zu gebrauchen sein.
Zu denen bevorstehenden Feiertagen und annahenden Jahreswechsel wünsche bei er-
sprielslicher Gesundheit alles selbstgefällige beständige Wolergehen, mir aber die Beharrlich-
keit Dero hochgeschätzten Gewogenheit und dafs durch viel wolgefällige Proben mit schul-
digem Respeet auch in der Taht erweisen möge als u. s. w.
Berlin d. zr. Dec.
1709.
33:
Jablonski an Leibniz.
II. Januar 1710.
Aufs Dero geehrtem vom 26. des jüngstverflolsenen Jahres habe Dero glückliche Wieder-
erholung von einer zugestolsenen Leibesschwachheit erfreulich vernommen, wünsche von der
göttlichen Güte zu dem neu eingetretenen und vielen folgenden Jahren nebst beständiger
Leibesgesundheit alles selbstbeliebige vergnügte Wolergehen, mit aber erbitte die Ehre Dero
beharrlichen Hochgewogenheit.
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 69
Mit dem Hrn. Chuno will es sich noch nicht beständig befsern, welches uns sehr leid
und auch in den Sachen der Societät merkliche Hinderung tuht. Ich habe ihn vor wenig
Tagen gesehen und ziemlich munter gefunden, erfahre aber daneben, dals es gleichwol zu-
weilen wechsle, und weil das Kopfweh, als die Quelle des Übels, noch unablälsig anhält,
ist nicht zu verwundern, wenn die Anstölse der Schwachheit von einer Zeit zur andern
wiederkommen. Wir wünschen von Herzen, dals er völlig wieder zukehren möge und
wird er vielleicht von seinem Zustand selbst Nachricht geben.
Die Conferenz mit dem Hrn. des Vignolles über des Hrn. Hänflings Musicalia dörfte
der gegenwärtige Zustand des Hrn. Chuno schwerlich verstatten, wiewol er sich dazu willig
erkläret, wie er denn in alle dem Übrigen an seiner Vorsorge noch nichts abbrechen will,
auch sein Schediasma wo möglich zum Stande zu bringen oder begehrtermalsen zu über-
senden versprochen , allermalsen delsen E. Excell. zu versichern und vor Dero gütigen Wunsch
und Andenken Dank zu sagen er mir anbefohlen.
Den Hrn. Werner habe selbst besucht und wegen des entworfenen Titelkupfers so
viel vernommen, dals er solches seinem Sohn zu völliger Ausarbeitung übergeben, welcher
auf geschehene Anfrage solches nächstbevorstehende Woche fertig zu liefern versprochen,
defsen man denn also gewärtigen muls, und werde ich an fernerer Erinnerung es nicht
mangeln lalsen.
Der Hr. Naude& hat sich der Correetur der mathematischen Sachen unterzogen; es
klaget aber der Hr. Chuno, dals ein Bogen darunter, nicht zwar aus des Hrn. Correctoris,
sondern aus des Sezers Schuld nicht allzuwol gerahten, dafs er fast auf die Meinung falle,
dals er umgedruckt werden mülse. Sonst gehet der Druck immer seinen Gang und wenn
nicht der Adrelscalender einigen Anstand verursachet, würde man dem Ende gar nahe sein.
Wals hinten noch anzuhenken befohlen, soll geschehen, auch des Hrn. Frischen eaeruleum
darunter begriffen werden. Des Hrn. Dagly seine Notitz ist übersetzt und an ihren Ort
eingerücket.
Der von mir jüngst gedachte Mathematicus stehet dem Hrn. Eosander so wohl an,
dals er ihn hie anzubringen gedenket, ihm auch eine Machine zu inventiren aufgegeben, mit
welcher durch ein Walserrad die Lasten an dem Schlofsbau bis 50 Centner schwer in die
Höhe gezogen, bei der Nacht aber das den Tag über nötige Walser hinauf gepompet werden
möge. Er sagte mir neulich, dals er das Modell davon schon angegeben. Die machine, so
er in Magdeburg anzubringen vermeinet, soll dienen, die Schiffe gegen den starken Fall,
welchen der Strom unter der Brücke machet, mit leiehterer Mühe hinaufzuziehen: es scheinet
aber dieselbe also componirt und gekünstelt zu sein, dals sie in praxi schwerlich reulsiren
dörfte, auser wals sie vor Mängel in der Stärke selbst zeiget. Die hiesige hat etwals mehr
auf sich, und wo er damit zurecht kommt, wird er ein grolses Meisterstück beweisen.
Mit denen Exemplarien des Hrn. Langen soll verordnetermalsen verfahren werden;
vor mein Teil sage schuldigen Dank. Die Schreiben nach der Schweiz zu befordern suche
eine beqweme Gelegenheit; sobald solche finde, sollen sie abgehen.
Wegen der Kaufgelder des Societäthauses ist so leicht keine Hoffnung zu machen,
weil des Geldes hie gar zu wenig, und noch neulich die Amtskammer Befehl bekommen,
alle ihre Einnahmen in die Rentei zu liefern, auch sogar mit Hindansezung ihrer eigenen
Besoldungen, welche sie doch jederzeit vormals vorwegnehmen dörfen, so dals sie ver-
schiedenen Bedienten zu 2 und 3 Quartalen würklich zurückstehen.
Die in Pohlen hin und wieder aufschlagende Contagion rühret blos von der unvor-
sichtigen Beziehung der angesteckten Häuser und übereilten Gebrauch des unreinen Haus-
70 A. HARnNAcK:
rahts und Kleiderwerks her, womit die Leute, es sei aus Unwilsenheit oder aus Geiz nicht
recht umgehen.
In Preufsen will es ebenfalls sich noch nicht recht legen, wiewol es an guten An-
stalten numehr nicht ermangelt.
In meinen Rechnungen finde, dals auf E. Excell. Besoldung ferner bezahlet worden:
Anno 1707: 600 Thlr.
Anno 1708: 300 »
Anno 1709: 900 » „
wovon aber die zwo letzte Quitungen jede von 300 Thlr. noch zurück sind und nach
obiger Rechnung die letzte mit 1.May 1707 schlielsen würde.
Es sind wieder 300 Thlr. bereit, zu deren Übermachung die beliebige Anordnung
erwarte.
Mein Bruder lälset seine dienstliche Empfehlung hiebei gehen, und ich verharre mit
schuldigem Respeet u. s. w.
Berlin d. rr. Jan.
1710.
100.
Jablonski an Leibniz.
1. Februar 1710.
Mein jüngstes vom ır. dieses wird hoffentlich wol eingelaufen sein. Mit gestriger
Post habe ein Schreiben vom Hrn. D. Langen aus Lucern erhalten, so aber etwals alt und
den 1. Jan. datiret, worin er meldet, dals er dem Hrn. Bondeli ı2 Exemplare seines Trac-
tats de origine lapidum figuratorum, welchen er der Societät dedieiret, hieher zu bestellen
übergeben, so zum Dienst der Societät gewidmet. Sobald das Packett wird eingelaufen sein,
werde davon gehörige Nachricht erteilen und ferneren Befehls erwarten.
Der Hr. Dagly hat eine grolse Sache vor und gehet mit einer Probe um, das Holz
für dem schädlichen Wurmfrals, welchem die Schiffe in den Amerikanischen Meeren unter-
worfen sind, zu bewahren. Die Probe seines .unzerstörlichen Kitts hat er schon vor vier
Wochen bei dem Englischen Gesandten ablegen sollen; er gehet aber mit dem einen und
dem andern so langsam um, als ob er keine Lust dazu hätte.
Es hat sich einer mit einer neuen Machine hervorgetahn, die ich aber noch nicht
erkundigen kan. Der Erfinder ist ein Idiot, so einen Verwalter oder Kornschreiber auf
dem Lande abgegeben, daher um so viel mehr zu verwundern, wenn die Erfindung so be-
schaffen ist, wie verlautet. Es bestehet aber solche in einem nieht gar grolsen Kasten, darin
ein Mehlwerk, so durch eigenen Trieb in 24 Stunden 6 Schll. Mehl abmahlen kan. Die,
so ich davon reden hören, stimmen nicht überein, ob es von selbst und immerwärend gehe,
oder durch ein Getrieb, so aufgezogen werden muls. Er hält sich damit sehr heimlich und
will es Niemand, als den König sehen lalsen, wozu er aber noch nicht gelangen können.
Ich kan noch nicht erfahren, wo er diese machine niedergesezet, und weil es auf der Fried-
richstatt sein soll, so lälst die obhandene Winterluft nur nicht zu, so weit hinaus zu laufen
und darnach zu fragen. Doch habe ich verschiedene Freunde besprochen, so mir nähere
Nachrichten erteilen wollen. Sobald etwals Gründlicheres erfahre, will es unverweilt über-
schreiben. Ich besinne mich hiebei einer dergleichen machine, so der Mechanicus Trescher
in Königsberg vor etlich und dreilsig Jahren erfunden, so ebenfalls in einem Kasten be-
standen, in welchem durch eines Menschen Hand in 24 Stunden 28 Schll. Korns abgemahlen
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 71
werden können. Es wurde aber solche Machine ihm abgenommen und bei hoher Strafe
verboten, dergleichen nicht mehr zu machen. Vermuhtlich dürfte die hiesige kein belseres
Glück haben.
Der Hr. Chuno bleibt noch immer im vorigen Stand, indem der heftige Zufall zwar
gehoben, die Ursach delselben aber, die unablälsige Kopfschmerzen einen Weg wie den
andern anhalten. Indelsen nimmt er sich der Geschäfte, so viel er im Hause abtuhn kan,
wieder an und treibt auch den Druck der Miscellaneorum. Ich verbleibe mit schuldigem
Respect u. s. w.
Berlin d. 1. Feb.
1710.
101.
Jablonski an Leibniz.
ı. März 1710.
Dero geehrtes jüngstes aus Braunschweig ist zu recht eingelaufen und habe ich dem
Hrn. Hofraht Chuno davon Nachricht gegeben, welcher übernommen, nach dem unter Ein-
schlufs an Hrn. Ludwigen abgelalsenen Packet zu fragen. Wenn solches zu rechter Zeit
überkommen wäre, hätte der Druck, so in delsen Ermangelung um 4 Wochen stille stehet,
schon geendiget sein können.
Indelsen wird mit dem Abdrucken der Kupfer fortgefahren. Es sind derselben ziem-
lich viel, daher der Verleger besorget, sie werden das Werk höher in Preis sezen, als es
zum erstenmahl diensam sein möchte.
Der Hr. Chuno beginnet wieder auszugehen, muls sich aber sehr schonen, weil die
Kälte ihm noch sehr schädlich ist, im Hause aber kan er seine Arbeit ungehindert verrichten.
Der von Magdeburg hie angelangte Künstler wird dem Ansehen nach mit seinen Ma-
chinen nicht viel ausriehten und lälset mehr und mehr vermerken, dals er die Grundsäze
der Mechanique entweder nicht recht begriffen oder nicht recht anzubringen wilse. Indelsen
findet er doch hie so viel zu tulın, dals er sein Brot ehrlich gewinnet.
Der Andere, so die behende Mehlmühle erfunden, hat zu seiner Belohnung so unge-
reimte Dinge gefordert, dals er damit kein Gehör gefunden, worüber er ungedultig worden
und wie ınan sagt naclı Holland gegangen. Die machine stehet bei dem Feldmarschall, ist
aber nicht im Gang und weils sie auch Niemand darein zu bringen. Der Hr. Chuno, so
vormals mit dem Feldmarschall über dergleichen anderweite Erfindungen gesprochen, nach-
dem ich ihm hievon gesaget, will, sobald es seine Gesundheit zulälset, hingehen und ver-
suchen, ob er das Werk zu sehen bekommen könne. Es hat sich einer angegeben, so in
die Societät aufgenommen zu werden verlanget. Er ist aus dem Stift Paderborn, hat sich
den studiis und sonderlich der teutschen Antiquität dermalsen gewidmet, dals, derselben
desto fleilsiger zu obliegen, er allen Bedienungen und offentlichen Functionen abgesaget und
zu Hause in der Stille zu leben beschlolsen, weil ohne dem seine Gesundheit, so er durch
seinen Fleifs selbst geschwächet, ihm solches anräht. Er heilset Elsler, und sein Bruder,
so vor ihn anhält und ein Doctor juris ist, befindet sich itzo hie in anbefohlenen Verrich-
tungen. Ich habe ihm gesagt, dals die Statuta Societatis erfordern, dals ein Aspirant sich
durch gewilse specimina recommendiren könne; worauf er geantwortet, dals dergleichen hie
noch nicht in Druck vorhanden, aber künftig erfolgen sollen, allermalsen das Absehen dahin
sehe, sein Lehen zu gelehrter Arbeit zu widmen. Wals hiebei zu tuhn, wird E. Excell.
hochgeneigtes Gutfinden erwartet.
02 A. HaArRrnack«k:
Meine vorigen werden hoffentlich wol eingelaufen sein, worauf nach Dero Gefallen
die ermangelnde Quittungen samt Ordre, wie das hie bereit liegende Gelt zu übermachen
mit nächstem erwarte, und mit schuldigem Respeet verharre u. s. w.
Berlin d. ı. Mart.
1710.
102.
Jablonski an Leibniz.
8. März 1710.
Dero geehrtes vom 18. Jan. aus Hannover ist mir erst am verwichenen 4. dieses durch
Hrn. Chuno behändiget worden.
Wegen der Erinnerungen bei dem obhandenen Druck habe noch nicht Gelegenheit
gehabt, mit dem Hrn. Chuno mich zu besprechen; das Meiste wird auch wol vor dieses
mahl nicht geändert werden können und zu anderweiter Verbefserung überbleiben mülsen.
Die verlangten kleinen Calender kommen hiebei. Weil aber die Person, durch welche
sie überzumachen begehret worden, weder mit ihrem Nahmen noch nach ihrer Bedienung
bedeutet worden, indem an beiden Stellen sich ledige spatia befinden, so habe den Weg
der Post ergreifen mülsen, um die Zeit zu gewinnen.
Mit Übermachung des Geldes durch sichere Gelegenheit dörfte es etwals ungewils
sein, weil ich hie keine Gelegenheit habe, dergleichen in Erfahrung zu bringen, es wäre
denn, dals sie mir von dort aus angewiesen würde. Doch werde hiebei mein Möglichstes
zu tuhn nicht unterlalsen.
Bei der Beschauung der jüngsten Sonnenfinsternils hat sich befunden, dafs die Calender-
rechnung an der Zeit sowol, als an der Gröfse um ein Ziemliches gefehlet, und sind in dem
Caleulo selbst der hiesige und der Sächsische merklich unterschieden. Ich verharre mit
schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 8. Mart.
1710.
103.
Jablonski an Leibniz.
22. März 1710.
Dero geehrtes vom 12. dieses habe durch Hrn. Ancillon richtig erhalten, diene darauf
in schuldiger Antwort:
Dafs das durch Hrn. Raht Ludwig beforderte Packett richtig eingelaufen und darauf
das Nöhtige besorget worden.
Die kleine Calender, so vor ı4 Tagen bei der Post abgehen lalsen, werden inmittelst
zurecht gekommen sein.
Das Schreiben an den Hrn. von Sparvenfeld habe dem hiesigen Schwedischen Ab-
gesandten in die Hände geliefert, der es angenommen und an seinen Ort zu befordern ver-
sprochen.
Die Figur zu des Hrn. Hänflings Musicalischen Gedanken hat mülsen in Kupfer ge-
stochen werden, weil es sich anderst nicht schicken wollen.
Der Hr. Chuno beginnet wieder auszugehen und ist der starken Anfälle wieder be-
freiet, die Wurzel aber des Übels, das Haubtwehe, hat noch nicht gehoben werden können.
Ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 22. Mart.
1710.
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 73
104.
Jablonski an Leibniz.
8. April 17 0.
Weil es mit dem Druck der Miscellaneorum zu Ende gehet und der Verleger stark
darauf dringet, dals sie vor der bevorstehenden Leipziger Melse fertig werden, damit sie
auf dieselbe gebracht werden können, und dann es an dem Titel, Vorrede und Zuschrift
noch fehlet, so ist mir anbefohlen worden, bei E. Excell. diesfalls nochmahlige Erinnerung
zu tuhn. Und zwar wals den Titel betrifft, ist der letzte Schluls den 14. Feb. 1709 dieser
gewesen, dals er lauten solle:
Miscellanea Berolinensia ad inerementum scientiarum pertinentia, ex transmilsis
ad Secretarium Societatis Regiae scientiarum &e.
Ob es nu dabei bleiben oder wals und wie geändert werden solle, wird Dero schlielsliche
Meinung erwartet. Die Vorrede haben damals E. Excell. selbst aufzusezen übernommen,
und solten die ingredientia sein eine kurze Anzeige der Absicht des Werks und Entschul-
digung, dals es so langsam herauskommt. Nach solcher Vorschrift kan sie, wenn E. Excell.
sich der Mühe überheben wolten, auch hie entworfen und so noch etwas mehr nötig, auf
Dero Gutfinden eingerücket werden.
Von einer Zuschrift ist damals auch gerahtschlaget, solche aber vor diesesmahl aus-
zulalsen beschlolsen worden. Solte nu ein Anderes gefällig sein, wird man auch demselben
beistimmen.
Es hat vor einiger Zeit ein Königsbergischer Magister Lilientahl eine Schrift de historia
literariae certae gentis seribenda im Druck ausgelalsen und der Societät dedieirt. Dieser hat
nachgehends zu verstehen gegeben, wie er verlangete, in Societatem aufgenommen zu wer-
den, allermalsen er verschiedene Schriften mehr fertig habe, die er alsdann herausgeben
wolte. Ob nu seinem Suchen, welches zwar dieses Orts keinen Anstand gefunden, Statt zu
geben, wird E. Excell. hochgeneigte Meinung erwartet. Der von mir jüngst gemeldte Aspi-
rant Hr. Elers ist kürzlich in Frankfurt mit Tode abgangen. Ich verbleibe mit schuldigem
Respect u. s. w.
Berlin d. 8. Apr.
1710.
105.
Jablonski an Leibniz.
19. April 1710.
Dero geehrtes vom 9. April ist richtig eingelaufen, hoffe, es werde mein jüngstes vom
8. dergleichen getahn haben, in welchem ich um die Praefation zu den Miscellaneis ange-
halten, weil solche inständigst verlanget wird, wenn das Werk auf die Melse herauskommen
und nicht wieder ein Jahr liegen bleiben soll.
Die Frau Hofmeisterinn der Kronprinzelsinn schickte neulich an mich, mit Vermelden,
dals eine Gelegenheit vorhanden, so aber in einer Stunde nach Hannover abgehen würde.
Ich will aber mit dem Hrn. Raht Ludwig richtige Abrede nehmen, damit der nächsteinfallen-
den mich bedienen könne.
Des Königs Bildnils kommt en buste auf das Titelkupfer und ist auch eine Anzahl
exemplaria auf Postpapier bestellet.
Philos. - histor. Abh. 1897. I11. 10
74 ANDEI ANBEN A ck:
Sobald wir nach den Feiertagen wieder zusammen kommen, werde die vorgeschlagene
Candidatos anzeigen, und wie hoffentlich kein Anstand sich dabei finden wird, sollen als-
dann die diplomata ausgefertiget werden.
Der Hr. Rödike hat eine Verantwortung von sechs Bogen, auf den über seine Erfin-
dung von der Societät erstatteten Bericht eingegeben. Man hat aber nicht rahtsam geachtet,
anders als in generalibus darauf zu antworten und die Sache ganz von sich zu weisen.
Die beede Quittungen über die vor dem Jahr getalıne Zahlungen erwarte noch, und
nehme die Freiheit, darum zu erinnern, um so viel mehr, weil meine Rechnung ins Reine
zu bringen bemühet bin, der ich mit schuldigem Respect verharre u. s. w.
Berlin d. 19. Apr.
1710.
106.
Jablonski an Leibniz.
3. Mai 1710.
Dero geehrtes vom 22. April an mich ist sowohl als das vorige an meinen Bruder
richtig eingelaufen und die übersandte Dedication und Praefation eben zu rechte gekommen,
da sie am nötigsten gewesen, so dals sie nu noch geraum fertig werden können.
Das Kupfer ist auch verlangtermalsen eingerichtet und die angegebene Schriften darauf
gesezet worden.
Die Behändigung des Exemplars an den König wird wol nicht anders als durch den
Obercammerherren oder einen andern vornehmen Ministre geschehen können, und wird man
sorgen, damit es damit am füglichsten angestellet werde.
Die beiden zuletst eingesandten Stücke haben dasmahl nicht beigefügt werden können,
weil das Werk schon geschlolsen gewesen und der Custos des letsten Bogens auf den In-
dicem gewiesen.
Nachdem E. Excell. die Abrechnung vielfältig in Händen haben und entweder nach
derselben oder wie vorhin auf Abschlag die Quitung beliebig einrichten können, so habe
hierunter nichts vorzuschreiben und stelle es zu Dero Gefallen. Wenn man hiemit richtig,
werden dieselben über die von geraumer Zeit her fertig stehende 300 Thlr. zu disponiren
belieben, denen in kurzem gleich so viel aus Magdeburg folgen können, und ich verharre
mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 3 May
1710.
Indem ich schlielse, sendet Hr. Frisch den Einschluls, mit Begehren, dals er unver-
züglich befördert werden möge.
107.
Jablonski an Leibniz.
17. Mai 1710.
Die letst eingesandte Errata sind zwar zu spät gekommen, darum aber nichts ver-
5 ji 8
sehen, sondern durch des Hrn. Chuno sonderbaren Fleils diese sowol als andere mehr an-
gemerket und verbelsert worden.
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 75
Das Buch ist zwar in Leipzig schon heraus, hie aber wird es noch nicht ausgegeben,
bis es am Hofe überreichet worden, wozu die Exemplaria bei dem Buchbinder in der Ar-
beit sind.
Wie viel Exemplaria und wie beschaffen E. Excell. vor sich verlangen auch auf wals
Weise solche zu übersenden, erwarte Befehl. Man hat vermeinet, den Catalogum mem-
brorum Soeietatis bis hieher continuirt abdrucken zu lalsen und bei der Übersendung der Mis-
cellaneorum an die auswärtige membra mit beizulegen, wenn E. Excell. es also gut befinden.
Mit dem Hrn. Öewen ist es so weit gekommen, dals er von seinem Schwager nach
Ruppin abgeführet worden, weil er sich ganz eontraet nicht nur am Leib, sondern auch am
Gemüht befunden und so wenig seine Gliedmalsen als den Verstand mehr brauchen können.
Ich verbleibe mit schuldigem Respeet u. s. w.
Berlin d. 17. May
1710.
108.
Jablonski an Leibniz.
14. Juni 1710.
Dero geehrtes mit dem Einschluls an des Oberkammerherrn Exe. &e.! ist zu rechter
Zeit eingelaufen, und weil der Hof sich beständig auser dieser Residenz aufhält, habe sol-
chen nebst denen zugehörigen Exemplarien durch den Hofraht Groben behändigen lalsen.
Der Kronprinz, die Markgrafen wie auch die Ministri haben gleichfalls ihre Exemplaria
empfangen, und nu werden die anwesenden, bei Gelegenheit auch die abwesenden Mitglieder
damit versehen. Wieviel Exemplar und wie beschaffen E. Excell. verlangen, erwarte noch
Dero beliebigen Befehls.
Ich vermeine, es werde der Factor zu Magdeburg 300 Thlr. übersendet haben. Alhie
habe dergleichen Summ zum Absenden fertig.
Dörfte ich einen Vorschlag tuhn, so möchte eine Quitung an den Hrn. Raht Ludwig
gesendet werden, welche es bis zu einer vorfallenden sicheren Gelegenheit bei sich behalten
und sodann gegen Empfang des Packetts mir ausantworten könte.
Wals diesesmahl bei dem Druck versehen worden, wird man ein andermal zu ver-
belsern bedacht sein mülsen; die Erfahrung ist die beste Meisterinn, und ich verbleibe mit
schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 14. Jun.
1710.
[Bei diesem Briefe liegen die beiden nachfolgenden (109. 110.) Concepte von Leibnizens
Hand, ohne Datum, stark corrigirt.]
109.
Leibniz an den König.
Es wird E. Königlichen Majestät von wegen Dero Soeietät der Wissenschafften diese
kleine Probe allerunterthänigst überreichet, unsern Eifer zu Dero Glori und gemeinen Nuz
zu beweisen.
Solten wir das Glück haben, dals E.Mt. ein allergnädigstes Wohlgefallen darob be-
zeigen möchten, würden auch diejenigen aufgemuntert werden, die sonst aus vermeynter
! Siehe Br. 109 u. 110.
10*
76 A. Harnack:
Ermanglung delsen hieran das Theil nicht nehmen werden, so ihnen zukomt; und wir
dürfften uns dadurch verhoffentlich bald in Stand sehen, denen auswärtigen Societaten
dielsfals an die Seite zu treten, wozu nichts anderes als die fernere nachdrückliche Hand-
habung der hohen Königl. Verordnungen erfordert wird.
Ich habe wegen bisherigen Zustandes meiner Gesundheit dieses Probestück zu E. Mt.
Fülsen zu legen nicht vermocht, hoffe doch die Gnade von Gott, dals ich bald werde
gegenwärtig zu erkennen geben können, wasgestalt ich Lebenszeit mit unabläfsiger devotion
verbleibe u. s. w.
110.
Leibniz an den OÖberkammerherrn.
La Soeiete a juge necelsaire de produire un petit elsay, pour marquer qu’on en peut
attendre quelque chose. Peu de personnes surtout de ceux du pays y ont concouru, mais
si l’on voit que e’est l’intention du Roy, que chacun false le sien encore en cela, il y aura
bien autre chose, et les produetions de la Soeiete repondront mieux a la gloire du fondateur.
J’espere qu’on aura droit d’en juger ainsi par cet echantillon. Vostre Excellence en ayant
jette les fondemens Elle meme sous les auspices de Sa Majeste, y pourra mieux contribuer
que personne, et je la supplie de presenter a ce grand Prince le livre avec ma lettre, estant
avec respect etc. =
int.
Jablonski an Leibniz.
12. Juli 1710.
Ob ich zwar in meinem gehorsamen jüngsten der Einsendung einigen Geldes von
Magdeburg gedacht, so habe doch dieser Tagen die Nachricht erhalten, dals solche noch
nicht geschehen, daher es hiemit erinnern sollen, damit dilsfals keine fernere Bemühung
erwachse. Ich werde aber die Anstalt machen, damit solche mit ehestem noch erfolge.
Wie es mit der Maulbeerpflanzerei fortgehe, wird aus dem Einschluls zu sehen sein.
Der Hr. Profelsor Starke ist kürzlich an einem Schlagfluls verstorben und dadurch
ein fleilsiges Mitglied der Societät abgegangen.
Der Hr. Rödike hat eine Commilsion ausgebeten, seine Sache aufs neue zu unter-
suchen, darunter zwar einige membra der Societät mit vorgeschlagen worden, doch nicht
als membra Societatis, sondern als gelehrte und von der Sache zu urteilen tüchtige Leute
dabei angesehen.
Hr. Hoffmann ist so glücklich gewesen, die Bestallung eines Informatoris der Cadets,
die ihm ı5 Thlr. monatlich einträgt, zu erhalten, so ihm und der Societät wol zu Statten
kommt. Ich verbleibe mit schuldigem Respeet u. s. w.
Berlin d. 12. Jul.
1710.
112.
Jablonski an Leibniz.
26. Juli 1710.
Nicht ohne traurige Bewegung muls berichten, dals es dem grolsen Gott gefallen, den
Hrn. Kirch nach einer kurzen Schwachheit gestern durch den zeitlichen Tod abzufordern.
Ob nun zu defsen Stelle sich auswärtige Competenten angeben möchten, stehet dahin.
An diesem Ort und in der Nähe ist Niemand, der mir bekannt wäre, und weil der Hr. Hoff-
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. Tori
mann auf solche Hoffnung bisher gehalten worden. würde es sich übel schicken, wenn er
zurückgesezt würde. Zum wenigsten werden E. Excell. gut finden, dals man bei Hofe trachte
vorzubauen, damit ohne Vorwilsen der Societät Niemand eingeschoben werde, der ihr nicht
anstehen dörfte. Unterdefsen wird die Stelle doch auch nicht lange ledig bleiben mülsen,
weil der Preulsische Calender gleich mit Anfang des Jahres fertig sein muls, damit er gegen
den Königsbergischen Johannismarkt abgedruckt sei.
Weil mein Bruder in einer Commilsion verreiset und der Hr. Chuno in seinem Garten
auser der Statt seiner Gesundheit noch pfleget, so habe mit ihm hieraus mich noch nicht
unterreden können, es wird aber ehestmöglich geschehen und E. Excell. davon gehörige
Nachricht erteilet werden.
Der Oberkammerherr ward vor drei Tagen zu Oranienburg von einem heftigen Zufall
ergriffen, dals auch der Ruf erschollen, als ob er todt sei. Es hat sich aber nachgehends
wieder gebelsert, doch scheinet es, er werde nicht so bald zum Stande völliger Gesundheit
wieder gelangen.
Auf meine verschiedene vorige erwarte noch Dero geneigten Befehls und verharre u. s. w.
Berlin d. 26. Jul.
1710.
113.
Jablonski an Leibniz.
16. August 1710.
Aus Dero geehrtem vom 7. dieses ersehe zuforderst, dafs von dem Factor zu Magde-
burg das angewiesene Gelt überkommen, aber in teils geringen Sorten bestanden. Es sind
zwar die Orte über der Elbe und bils in Westphalen, aber vor allen Magdeburg mit solchen
Geltsorten, so hie nicht gangbar oder doch nicht ohne Verlust ausgebracht werden können,
der Calsa jederzeit beschwerlich gewesen, doch hätte nieht vermuhten sollen, dals in Magde-
burg auch solche Sorten, so in dortiger nächster Nachbarschaft ungangbar, laufen solten,
und würde der Factor, wenn er sich hierunter finden wolte, schon zu ralıten wilsen. Die
andern zu Halberstatt, Minden &c. sind endlich darauf gefallen, dals sie harte Sorten ein-
senden, aber in so hohem Preis, sonderlich das Gold, dafs es hie davor nicht auszubringen,
zum wenigsten nicht ohne Unterschied.
Die Frau Kirchin hat ein langes Memorial übergeben und darin Verschiedenes gesuchet,
worüber man mit nächstem sich berahten wird.
Hr. Wagner hat bei einem reichen und curieusen Edelmann in Schlesien Dienst ge-
nommen, dahin er vor einiger Zeit auch abgereiset und also auf eine Zeitlang versorget ist,
doch an einem Ort, da man ihn allezeit und leichter als wenn er nach Molskau gegangen
wäre, wird haben können, wenn man seiner bedörfen solte.
Des seel. Hrn. Kirchen Observationes sind in guter Verwahrung, die Wittwe weils,
wals daran zu tuhn und hält sie wie einen Schaz, daran sich der Sohn, welcher von dem
Vater gar fleilsig angeführet worden und, wie man sagt, ziemlich weit gekommen sein soll,
sich künftig erholen könne.
Mit Einsendung der Exemplarien hat man nur auf E. Excell. beliebige Ordre wegen
der Zahl und Beschaffenheit sowol, als des Weges gewartet. Nunmehr soll mit nächster
Gelegenheit über Magdeburg von jeder Sorte Papiers ein Exemplar überkommen, auch an
die angezeigte auswärtige Gelehrte die verordnete Exemplaria übersandt werden, sobald man
hiezu eine beqweme Gelegenheit findet, welche wol schwerlich vor der Leipziger Melse sich
78 A. Harnack:
äusern dörfte. Nach Engelland ist an den Hrn. Harris ein Exemplar auf sein Ansuchen ge-
sandt und hierunter die Beforderung des hiesigen gesandtschaftl. Predigers gebraucht worden,
durch welchen man auch das an den Hrn. Newton wird bestellen können. Die Seidenpflan-
zung wird man in ernstliche Berahtschlagung ziehen, sobald man dazu wird gelangen können,
welches bei dermahliger Zerstreuung nieht geschehen können, wobei denn auch des Hrn.
Frischen Vorschlag kan überleget werden. Das Werk läfst sich so an, dafs, wenn es recht
angegriffen wird, es der Mühe wol lohnen solte, zum wenigsten die Möglichkeit der Sache
samt ihrer Nuzbarkeit zu zeigen, und den übrigen Einwohnern mit dem Exempel vorzu-
leuchten. Gott bewahre uns nur, dals wir im Lande und sonderlich an diesem Ort von
dem herumschleichenden Übel nicht erlanget werden, sonst wie alles Andere, also auch die
Societät in ihrem Vornehmen mächtig zurückgesezt werden müste.
Unterdefsen sind wir nicht auser Gefahr, nachdem das Übel sehon in Prenzlau einge-
drungen, wiewol man hoffet, dals ihm noch zu steuren sein werde, weil es bei denen erst
angesteckten Häusern noch zur Zeit verblieben und die Krankheit nicht weiter um sich ge-
griffen. Ich verharre mit schuldigem Respeet u. s. w.
Berlin d. 16. Aug.
1710.
114.
Jablonski an Leibniz.
13. September 1710.
Die drei Exemplar der Miscellaneorum, wovon in meinem jüngsten gedacht, sind
dieser Tagen nach Magdeburg abgangen und werden hoffentlich wol überkommen.
Bei der Soecietät ist sonst nichts Veränderliches vorgefallen. Der Hr. Chuno hat den
Sommer über und noch, seiner Gesundheit belser zu pflegen, in seinem Garten auser der
Statt gewolnet, wodurch denen vorkommenden Sachen einiger Anstand, doch ohne haubt-
sächliche Verabsäumung gegeben worden, so aber mit nächstem einbringen zu können ge-
hoffet wird.
Die Contagion in Preulsen und Pommern tuht auch unserem fundo merklichen Ab-
bruch; Gott verhüte nur, dals es nicht weiter einreilse, wie denn zu hoffen ist, dals in
Stargard und Prenzlau es sich mit der Zeit legen werde, weil die Ansteekung nicht heftig
ist, sondern blos durch Vorwiz der Leute und weil sie sich gar nicht wollen sagen lalsen,
verursachet und fortgeschleppet wird. Sonst werden die gemachte Ordnungen nach der
Strenge beobachtet und täglich einige Übertreter zur Strafe gezogen. Ich verharre mit
schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 13. Sept.
1710.
115.
Jablonski an Leibniz.
27. September 1710.
Dero geehrtes nebst dem Buch von dem Hrn. Hartsoeker ist mir behändiget worden.
Der Frau Kirchin Suchen kommt in Abschrift hiebei. Wenn E. Excell. Dero Gedanken dar-
über zu eröfnen belieben, so können dieselben bei bevorstehender Überlegung derselben zur
Richtschnur dienen. Hie ist ınan vorläufig der Meinung, dals man die Sache so ansehen
mülse, wie sie nicht nur gegenwärtig, sondern auch in Zukunft allezeit bestehen könne,
immalsen wals ihr eingeräumet würde, denen Künftigen zum Exempel dienen werde.
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 79
Die Schreiben von und an den Hrn. Bourget sind noch bei dem Hrn. la Üroze, von
deme sie aber mein Bruder (so hiebei zugleich seine dienstliche Empfehlung abgehen lälset)
ehestens abfordern will.
Mit Versendung der Miscellaneorum an die auswärtigen Membra bedienet man sich
der vorfallenden Gelegenheiten wie man kan, wiewol noch die wenigsten damit versehen
worden, weil man sie ihnen gerne frei verschaffen, annebst aber auch das Postgeld sparen
wolte. Wie nu dieses mit denen nach Italien angehen werde, will ich durch einen bekannten
Kaufmann, so nach Venedig Freundschaft hat, bei bevor stehender Melse aus Leipzig einen
Versuch tuhn. Man muls hoffen, es werde das vor itzo gegebene und ferner zu gebende
Exempel auch diejenigen, so noch nichts beigetragen, aufmuntern, dals sie fleilsiger sein,
etwals beizutragen.
Das Seidenwerk, so weit es in unsern Händen ist, würde wol von Statten gehen,
wenn es recht angegriffen würde, wie die heurige Probe solches dargeleget. Und weil man
dieses siehet, ist man bedacht, es also zu falsen, damit es in dem guten Gang, wozu es
sich anlälset, erhalten und gefördert werde.
Die bei Dero Anwesenheit alhie lezt ausgestellte Quitung ist gleich den vorigen nur
auf Abschlag gerichtet, weil sie vor der gehaltenen Abrechnung erteilet worden. Die Ab-
rechnung haben E. Excell. eigenhändig ausgezogen und zu sich genommen. Wenn nun die-
selbe sieh dort finden wolte, so wäre es leicht, sich daraus zu finden, soll ich aber einen
neuen Auszug verfertigen, so erwarte dilsfalls gefälligen Befehles.
Der Hr. la Rose ist, als ich nach ihm fragen lalsen, schon wieder abgereiset gewesen,
welches mir leid ist, weil das Gelt eben bereit ist und ich es gerne abgeliefert hätte. Der
Hr. Chuno hatte sein Packett von dem Hrn. Merian, als ich ihm die Nachricht davon ge-
geben, noch nicht empfangen.
Mit der obhandenen Veränderung bei der Societät wird auf Niemand anders denn
Hrn. Hoffmann gezielet, des Astronomi Stelle zu ersezen, weil man Niemand weils, der
hiezu tüchtiger wäre und sich belser schicke. Ob aber seine Stelle so bald wieder zu be-
sezen, solches wird noch in Bedenken gezogen, zumalen es delsen keine dringliche Noht
hat und vor der Hand noch Niemand zu finden, so sich dazu genugsam fügen wolte.
Ich verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 27. Sept.
1710.
116.
Jablonski an Leibniz.
1. November 1710.
Zufolge Dero geehrten jüngsten vom 19. Oct. übersende hiebei den Auszug über Dero
vorhandene Quittungen und wals darüber noch bezahlet, davon die Quittungen noch er-
mangeln, wornach nun die termini künftig können richtig fortgetragen werden, wenn die
abgängige Quittungen ersezet oder doch generaliter abgetahn werden.
Von des Kronprinzen Abreise nach der Görde wird hie nichts gehöret; solte ich zeitig
genug etwas davon erfahren, werde solche Gelegenheit zu beobachten nicht ermangeln.
Der Frau Kirchin gönnet Jedermann alles Gutes und wird ihr Niemand entgegen
sein, ihr alles zuzuwenden, wals möglich und anständig ist. Dals sie aber bei der Calender-
arbeit oder Observiren gebraucht und beibehalten werde, würde sich darum so viel weniger
schieken, weil schon zu ihres Mannes Lebzeit sich Spötter gefunden, so der Societät auf-
80 A. Harnack:
gebürdet, dals ihre Calender durch ein Weib verfertiget werden, denen man hiemit das
Maul noch weiter aufsperren würde.
Mit dem Seidenwerk hoffet man ziemlich fortzukommen, wenn es, wie man vor hat,
recht in die Hände genommen wird. Es hat unlängst der Hr. Chuno nebst dem Hrn. Frisch
die Gelegenheit zu Köpenick besehen und wals zu der Sachen Beförderung nötig sein möchte,
angemerket, worüber nun mit nächstem wird gerahtschlaget werden. Der Hr. Frisch läfset
indelsen ihm die Fortpflanzung der Stämme bestens angelegen sein und hat einen fleilsigen
Pflanzer an der Hand, welcher gute Dienste leistet und hiernächst zu einem mehrern kan
angewendet werden.
Das Packett des Hrn. Hartsoeker an den Hrn. Chuno ist zu recht gekommen. Mein
Bruder, welcher sich dienstlich empfiehlet, hat übernommen, wegen der dem Hrn. la Croze
mitgeteilten Schreiben die nötige Sorge zu tragen, und ich verharre u. s. w.
Berlin d. r. Nov.
1710,
1172
Jablonski an Leibniz.
8. November 1710.
Bei Gelegenheit des Einschlulses berichte gehorsamst, dals des Kronprinzen Königl.
Hoheit durch Dero stätiges Ab- und Zureisen zwischen hie und Wusterhausen verursacht,
dals von Dero Abreise nach Hannover nichts kund worden, bis dieselbe von dem lezten
Ort aus wirklich erfolget. Daher ich zu der bewusten Übersund keine Gelegenheit gefunden.
Soll ich aber den Weg der Post nehmen, welches, weil das Gelt in lauter groben Sorten be-
stehet, bequem geschehen kan, so erwarte Befehls, und verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 8. Nov.
1710.
118.
Jablonski an Leibniz.
29. November 1710.
Es ist jüngster Tagen abermahl alhie ein Kopfsteuer - Patent publieiret worden, welches
das vierte, so ich hie erlebet, und darin wie in den vorigen verordnet wird, dals die, so
einige Pensionen oder Besoldungen genielsen, anstat des Kopfgeldes den zwölften Teil solcher
Besoldung oder Pension, aus wals vor einer Immediat- oder Mediat-Calse die auch her-
flielsen möge, entrichten sollen: mit dem Anhang, dafs die Säumigen das duplum, und die,
so sich nicht selbst angeben, das quadruplum zu erlegen angehalten werden sollen. Bei
denen vorigen nun hat man es darauf ankommen lalsen und meinet auf den Fall einer An-
mahnung sich damit zu schüzen, dals S. Königl. Mt. versprochen, diejenigen, so allein von
der Societät dependiren, oder auch Andere insoweit sie davon dependiren, privilegia per-
sonarum academicarum genielsen zu lalsen. Es ist auch also hingegangen, dafs man nicht
gemahnet worden und hiemit frei verblieben.
Dieweil aber dem gegenwärtigen Ausschreiben eine besondere Clausel vorgesezet, dals
vor diesesmal auch die Profelsores auf Universitäten und Gymnasiis nicht ausgenommen sein
sollen, so habe nötig erachtet, E. Excell. geneigten Befehls und Gutachtens mich zu er-
holen, wie mich hierunter zu verhalten; und erstlich zwar: ob man wie vormals also auch
izo sich stille halten und nicht melden solle? Oder, wo man sich melden wolte, an welchem
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 81
Orte und bei wem Solches zu tuhn? Die andern Calsen sind alle an den Ober- Empfänger
Kraut gewiesen und sollen die ratam aller zu bezahlen habenden Besoldungen nach einer rich-
tigen Specification in summa demselben einliefern und seiner General-Quitung darüber ge-
wärtig sein. Und endlich: wie es einzurichten, damit durch jeziges Anmelden nicht Anlals
gegeben werde, nach den vorigen Kopfgeldern zu fragen und deren Rückstand zu fordern.
Ich erwarte dilsfals Dero beliebige Weisung und Befehl, der ich mit schuldigem Respect
verharre u. s. w.
Berlin d. 29. Nov.
1710.
119.
Jablonski an Leibniz.
9. December 1710.
Dero geehrte beide vom ı. und 4. Dec. mit eingeschlolsener Quitung habe zu recht
erhalten. Zufolge Dero Befeh! sende hiebei abermal 300 Thlr., wie solche in dem Sorten-
zettel sich finden werden; hoffe, sie sollen richtig überkommen.
Bei dem gegenwärtigen Kopfgeld ist nur dieses zu bedenken, dals die vorzuschüzende
academische Immunität noch nicht ausdrücklich bestätiget sich befindet und solche Bestäti-
gung allererst gesucht werden müste, womit aber, wenn es gemerket würde, warum es zu
tuhn, man fortzukommen Schwürigkeit haben dörfte. Hingegen, da man aus Unachtsam-
keit die vorige mahl übersehen worden, wenn man sich jezo melden wolte, dürfte man die
Einnehmer, die ohne dem lieber aus einem Pfennig zween machen, des vergangenen ein-
gedenk machen und die Rückstände zu fordern Anlafs geben. Nun stünde dahin, welche
unter beiden Gefahren man am ersten laufen wolte: entweder stille zu sein und es darauf
ankommen zu lalsen, dals man wie vormals wieder übersehen werde, oder wenn solches
nicht geschehe, in das quadruplum verfalle, wobei es zweifelsohne nicht einmahl bleiben,
sondern über das noch die Rückstände gefordert werden dörften: oder sich mit dem gegen-
wärtigen melden und erwarten, wie es um die Rückstände laufen werde. Der Hr. Chuno
und mein Bruder haben davor gehalten, dafs man am besten tähte, wenn man sich meldete
und bei der Meldung selbst supponirte die angemafste Immunität, dergestalt, dals man sagte,
wie man sich eben darum melde, weil vor dieses mal auch diejenigen, mit denen man sonst
bisher gleicher Befreiung genolsen, herbeigezogen werden. Wolte solche Vorstellung nicht
angenommen worden, so wäre alsdann Zeit genug, den König anzugehen und nicht eben
confirmationem, sondern manutenentiam in polsefsione vel quasi zu suchen. Ew.Exc. ge-
ruhen, der Sache nachzudenken und mich fordersamst meines Verhaltens zu bescheiden.
An die Hauskaufsgelder zu gedenken dörfte nu wol von der Zeit nicht sein, weil alle
Calsen, sonderlich aber die Amts-Cammer, an welche wir gewiesen, so ledig und so über-
laden, dals die Einnahme kaum zur Hälfte der Ausgabe reichet. Und dörften wir schwer-
lich jemals etwas zu hoffen haben, wo wir nicht andere Wege finden, wie denn durch den
Hrn. von Prinzen gelegentlich dazu zu gelangen sich einige Hoffnung zeiget, als welchen
der König die Sachen der Societät zu respieiren verordnet, wie aus beigehendem Reglement
zu sehen, welches nach so langer Zeit endlich zu Stande gekommen und dem zufolge am
verwichenen Donnerstag eine Zusammenkunft gehalten worden, nach der darin enthaltenen
Weisung sich zu falsen und auseinander zu sezen, damit man einmal zu der so lang ge-
wünschten Activität gelangen könne. Wie das Werk weiter fortkommen und wals nach
und nach vorgehen werde, ermangele nicht, in Zukunft gehorsamst zu berichten.
Philos. - histor. Abh. 1897. III. 11
82 A. HARNAcK:
Die ansteckende Seuchen machen uns in unserm Calenderwesen grolse Schwürigkeiten,
dals wir fast nicht wilsen, wie wir es mit dem Druck anfangen sollen, sonderlich vor
Preufsen, dahin nichts zu bringen, und die Wege nach Danzig Gott weils, aus wals vor
Ursach oder auf welsen Angaben gesperret sind, auch nicht abzusehen, nachdem es sich in
Pommern auf dem Lande anlälst, dals solche Sperrung bald aufhören werde.
Der Aufnehmung des Hrn. Wolfii werde eingedenk sein, und verharre mit schuldigem
Respect u. s. w.
Berlin d. 9. Dee.
1710.
120.
Jablonski an Leibniz.
27. December 1710.
E. Excellence gratulire in schuldiger Ergebenheit zu dem instehenden Jahreswechsel
und wünsche, dals Sie denselben wie in guter Gesundheit und völligem Vergnügen antreten,
also noch viele dergleichen in allem selbstbeliebten Wolergehen erfreulich erreichen mögen.
Hiernächst habe gehorsamst vermelden sollen, wie S. Königl. Mt. allergnädigst beliebet,
die Societät solenniter nidersezen zu lalsen, auch hiezu den nechstbevorstehenden 19. Jan.
bestimmet und die Ceremonie zu verrichten dem Hrn. Geheimen Raht von Prinzen auf-
gegeben, wie derselbe solches vorgestern meinem Bruder zu verstehen gegeben.
Wenn nu bei derselben, wie gehoffet wird, E. Excell. sich einzufinden belieben wollen,
so werden Dieselben dilsfals zu befehlen, wie auch wegen des Kopfgeldes den endlichen
Schlufs zu eröfnen geruhen.
Wals wegen der Reception des Hrn. Cupers, Ba[s]nage und Wolfii an den Hrn.
Ancillon gelanget und von demselben mir zu fernerer Beforderung anbefohlen worden, deme
soll gehörige Folge geleistet werden, und ich verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 27. Dec.
1710.
121.
Jablonski an Leibniz.
30. December 1710.
Deroselben mit Gegenwärtigem aufzuwarten geben mir beikommende Einschlülse An-
lafs, davon der eine von dem Hrn. Kemmerich mir sonderlich anbefohlen worden.
Meine vorigen vom 9. und 13. dieses werden nebst dem jüngsten, so mit letstvoriger
Post abgangen, hoffentlich wol eingelaufen sein, worauf Dero beliebiger Befehle noch gewärtig
bin, der ich mit schuldigem Respect verharre u. s. w.
Berlin d. 30. Dee.
1710.
Die am hiesigen Hofe vorgefallene grolse Veränderung wird ihres Orts zweifelsohne
schon bekannt sein.
122.
Jablonski an Leibniz.
10. Januar I7IT.
E. Excell. werden hoffentlich sich hochgeneigt erinnern, dafs, als vor etwa anderthalb
Jahren das Observatorium der Societät in ziemlich brauchbarem Stand eingeräumet worden
und also wenn anders nichts gewesen wäre, per honorem Societatis die Einrichtung der-
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 83
selben in ihren Gang und Trieb nicht länger ausgesezet werden können, ich verschiedenlich
berichtet, wie man im Werk begriffen sei, die Societät zu ihrer Activität zu bringen, ob-
zwar des Reglements insbesondere nicht erwähnet, weil solches als eine vor nu fast sieben
Jahren entworfene und mit E. Excell. gutem Belieben so gut als abgetahne Sache angesehen,
dals also mir hierunter einiger Untleils oder Nachlälsigkeit hoffentlich nicht wird beigeleget
werden wollen, wie denn hierum gehorsamst bitte. Sonst ist es mit der Sache so langsam
hergegangen, dals man wenig Anlals gehabt, derselben oft zu erwähnen, indem sie fast ein
Jahr lang in der Ministres Händen gewesen, und da sie endlich heraus kommen um vieler
eingefallener Hinderungen willen nicht eher als geschehen zur Vollstreckung gedeihen können.
Es sind auch mehr nicht als zwo allgemeine Versammlungen seither gehalten, in derer ersten
denen gesamten Mitgliedern von dem bisherigen Zustand der Societät und wie weit es end-
lich damit gelanget, Nachricht gegeben, zugleich mit sämtlichen Belieben die Directores er-
wählet; in der zweiten aber die Tage und Stunden der künftigen beständigen Unterredungen,
derer Ordnung und Anfang verabredet und bestimmet worden, und sollen dieselben, weil
die Inauguration von des Hrn. von Prinzen Exc. nachmals auf den 19. dieses angesezet,
mit dem 29. den Anfang nehmen; wegen der Inauguration habe E. Excell. alsofort gehor-
samste Nachricht gegeben, wiewol dieselbe erst nach Erlalsung Dero geehrten an mich ein-
gelaufen zu sein abnehme.
Des Hrn. von Prinzen Exc. sind bei der ersten Aufwartung die Abschriften der Fun-
dation- und General-Instruction übergeben worden, mit einem mehrere denselben zum An-
fang zu beladen hat man nicht rahtsam erachtet, es wird aber unfehlbar im Fortgang, nach
dem es nötig sein wird, geschehen.
Das Diploma vor den Hrn. Banage ist hie unter der Feder, der Entwurf desjenigen
vor den Hrn. Cuper kommt anbefohlener malsen hierbei und wird auf erfolgte Dero beliebige
Verbelserung zur Ausfertigung zurück erwartet.
Der kleine Calender des Hrn. Blesendorf ist noch nicht fertig; sobald man sein wird
habhaft werden, sollen die begehrten Exemplaria erfolgen, und ich verharre mit schuldigem
Respect u. s. w.
Berlin d. 1o. Jan.
1711.
123.
Jablonski an Leibniz.
31. Januar 1711.
Die bestimmte Ein- und Nidersezung der Societät ist an dem gesezten Tage glücklich
und mit allgemeinem Vergnügen vollbracht worden, wie aus beiliegendem Bericht mit Mehrerem
wird zu ersehen sein. Absonderlich haben S. Königl. Mt. darob grolses Wolgefallen bezeuget
und der Societät absonderlich aufgegeben, das erste, so sie vornehmen werde, dieses sein
zu lalsen, dals sie ein Teutsches Wörterbuch ausarbeite. Weil nu dieses bald im Anfang
von E. Excell. angegeben worden, auch einige nähere Gedanken und Entwürfe deshalb vor-
handen, so wird bei nächster Zusammenkunft des Teutschen Abteils am ersten hievon ge-
sprochen werden, wiewol ich wenig Leute an diesem Ort sehe, so daran zu arbeiten es
sey Lust oder Zeit oder Fähigkeit, am wenigsten alle drei beisammen hätten. Wals bei
solcher und allen den andern Unterredungen vorgehen wird, davon werde jedesmal gehörigen
Bericht zu erstatten nicht ermangeln.
Vorgestern ist die erste Zusammenkunft des medieinischen Abteils gehalten und dabei
sonderlich angetragen worden, dals man auf benötigte Werkzeuge die erforderte Experimenta
1
34 A. Hırnack:
vorzunehmen und deren Anschaffung, imgleichen die auswärtigen sonderlich in den König-
lichen Landen lebende Medicos einige Observationes anzustellen zu ermuntern bedacht sein
möge. Dieser des Hrn. Raht Hoffmanns Vortrag ist durchgehends beifällig aufgenommen
und zu fernerer Fortsezung defselben ein und andere Anstalten beliebet, daneben auch er-
innert worden, ob nicht die Mitglieder unter sich die verschiedene Objecta dieser Clafsis
teilen und ein Jeder in seiner Ordnung bei denen künftigen Zusammenkünften etwas in
Bereitschaft mitbringen wolle, davon alsdann gehandelt werden möge, worüber man sich
hiernächst zu vergleichen beschlofsen.
Künftigen Donnerstag wird die Ordnung clalsem mathematicam treffen, worauf die
clalsis philologiae Germanicae und dann die philologia et literatura exot. folgen wird.
Das Schreiben an den Hrn. Bourget ist bestellet.
Die kleine Kupfer-Calender habe von dem Hrn. Blesendorf noch nicht bekommen,
auch sind die Adrefs-Calender noch nicht fertig.
Mit denselben soll das von dem Hrn. Neukirch verfertigte Carmen, imgleichen einige
Stück der Medaille, so auf diese Begebenheit gepräget worden, erfolgen.
Man hat Hoffnung, die von dem Hrn. von Prinzen gehaltene Rede zu bekommen, als-
dann ist man Willens, dieselbe samt der Antwort mit einer kurzen Erzählung der Fundation
und bisherigen Ergehen der Societät teutsch und lateinisch um der Ausländer willen heraus
zu geben und das diploma fundationis, das letzte Reglement nebst dem Catalogo membrorum
beizufügen, wenn E. Excell. solches also gut finden.
Ich verbleibe in schuldiger Ergebenheit u. s. w.
Berlin d. 31. Jan.
1711.
124.
Jablonski an Leibniz.
7. Februar 1711.
Hiebei überkommt gehorsamst der Adrels-Calender, nachdem er endlich mit Mühe
fertig worden. Imgleichen das von Hrn. Neukirch auf die vorgewesene Solennität auf-
gesezte Carmen und vier Stück von denen darauf geprägten Schaupfennigen. Dem Könige
hat das Carmen so wol angestanden, dals Er den Hrn. Neukirch in die Societät aufzu-
nehmen befohlen.
Am vergangenen Donnerstag ist die ordentliche Zusammenkunft des mathematischen
Abteils gehalten worden, dabei aber wegen unvermuhteten Ausenbleibens des Hrn. Chuno,
so durch einen Anstols von der Darmgicht verursachet worden, nichts weiter vorgegangen,
als dafs auf die Anschaffung der nötigen Instrumente angetragen worden.
Künftigen Donnerstag wird die Teutsche Zunft zusammenkommen, und da insonder-
heit auf Königlichen Befehl über die Verfertigung eines »vollständigen«, wie der König
sich ausgedrücket, Wörterbuchs zu rahtschlagen sein, wozu aber hie gar wenige Glieder,
die etwas beitragen könten, vorhanden, und auch auswärtig, wie Hr. Neukirch davor hält,
nicht viele dörften gefunden werden. Indelsen soll von dem, so dabei vorgehen wird,
gehöriger Bericht erfolgen, und ich verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 7. Feb.
I7IT.
NB.: Über einen jetzt fehlenden Brief vom 14. Feb. ı7r1 s. die Einleitung.
briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 85
125.
Jablonski an Leibniz.
Ich habe von Polnischen Zeitungen nichts als wals ein guter Freund mir des Sonn-
abends blos zu lesen zuzusenden pfleget, wiewol es oft auch später kommt, malsen das jüngste
mir erst am Sonntag zukommen. Darin war vornemlich enthalten, dafs der Sohn des
Tartar-Chans nebst dem Wojewoden von Kijow durch einen Umweg über den Dniester ge-
kommen und hinter der Molskowitischen Postirung über Niemirow nach Wollhynien gehen,
der Hoffnung, die Polen auf ihre Seite zu ziehen, malsen zu gleicher Zeit der Balsa von
Bender den Kronfeldherren wilsen lalsen, dals die Pforte mit Polen nichts Feindseliges
vorhabe, sondern nur die Molskowiter verfolge und die Polen von ihrer Bedruckung zu
befreyen suche. Der Cham [sie] selbst hätte sich mit einem grölseren Haufen gegen den
Dnieper gewendet.
Danzig werde von den Molskowitern um 500/m Thlr. zur Satisfaction wegen alter
Beleidigungen angesprochen und im Weigerungsfall mit der Execution bedrohet.
Die Diplomata sind in der Arbeit und der Catalogus membrorum kommt hiebei, ich
aber verharre u. s. w.
Berlin
[Datum fehlt.]
126.
Jablonski an Leibniz.
Mit der jüngsten Danziger Post ist aus Polen weiter nichts gekommen als dals der
Sultan Gerey, nachdem er gesehen, dals die gemachte Hoffnung, einen Anhang vor den
Stanislaum es sey bei dem Adel oder bei der Cronarmee zu gewinnen, fehlgeschlagen, sich
wieder zurück, doch nicht auf Bialacerkiew, wie vorhin gemeldet worden, sondern weiter
hinab auf Czyrkalsy und Krylow gewendet. Der Czar habe beschlolsen, seine Grenzen
gegen die Tartaren, als welche ihm keinen sonderbaren Schaden zufügen könten, nur de-
fensive zu verwahren, Polen aber mit seiner besten Macht zu bedecken, und sobald die-
selbe beisammen sein werde, den Krieg über den Dnieper in das Türkische Gebiet zu
versezen.
Der Freund, von dem ich die Zeitungen zu bekommen pflege, hat dieser Tage eine
Beforderung erhalten, so dals ich nicht weils, ob und wie ich es dilsfals mit ihm hinfüro
haben werde. Das letzte mal habe die Zeitung erst am Sonntage bekommen; wie es heute
werden möchte, mufs erwarten. Solte zu rechter Zeit noch etwas einlaufen, so werde da-
mit gehorsamst aufwarten, der ich verbleibe u. s. w.
[Ohne Datum.]
127.
Jablonski an Leibniz.
23. Mai 1711.
Nachdem ich nicht zweitle, Dieselben werden numehr an Ihrem Ort glücklich wieder
angelanget sein, so habe beikommende Schreiben, so nach Dero Abreise eingelaufen, hiemit
gehorsamst übersenden sollen.
Imgleichen kommt das diploma receptionis vor den Hrn. Varignon.
s6 A. Harnack:
An den Hrn. Zendrini ist ein Exemplar der Miscellaneorum abgegangen.
Mit dem von der Kammer übernommenen Anania gibt es viel Verdrüfslichkeit, die
aber, sobald man nur allerseits vollkommen richtig sein wird, hoffentlich sich werden heben
lalsen. Sonst ist bei der Societät nichts Veränderliches vorgegangen.
Durch einen gewilsen Die[sbach ist eine Eröfnung getahn worden eines Vorschlags,
wie ohne des Königs und sonst Jemandes Beschwerung der Societät ein Zugang geschaffet
werden könne, worüber mit nächstem soll gerahtschlaget werden. Ich verbleibe mit schul-
digem Respect u. s. w.
Berlin d. 23. May
TFT,
128.
Jablonski an Leibniz.
8. August I7II.
Nach Dero Befehl habe an Mr. Ottens Ehefrau ı2 Thlr. bezahlet; die darüber empfan-
gene Quitung behalte, mich derselben bei nächster Gelegenheit zu bedienen.
Der Hr. Raht Chuno und mein Bruder lalsen sich dienstlich empfehlen und werden
nicht unterlalsen, den Vorschlag mit dem Hrn. Raht Hoffmann zum Stand zu bringen, wenn
es immer möglich, die Gemüter, so hiezu noch nicht genügsam geneigt sich anlalsen, zu
gewinnen, welches sich, wenn nach den Ferien die Versammlungen wieder angehen, bald
zeigen wird.
Der Buchdrucker Schlechtiger hat um die Bestallung als Drucker der Societät an-
gehalten. Man hat dabei um so weniger Anstand gefunden, als man Ursache hat, mit seiner
die Zeit her gelieferten Arbeit vor anderen wol zufrieden zu sein, im Übrigen aber keine
Beschwerlichkeit oder besondere Verbindlichkeit dabei verlanget wird.
Ich verbleibe u. s. w.
Berlin d. 8. Aug.
1711.
129.
Jablonski an Leibniz.
29. August 17II.
Nachdem die gewönliche Augustfeyer geendiget, so haben am vergangenen Donners-
tag die gewönlichen Versammlungen bei der Societät sich wieder angefangen. Künftigen
Donnerstag ist die Reihe an der Clalse medica, da denn man sehen wird, ob die Sache mit
dem Hrn. Raht Hoffmann zum Stand kommen wolle. Wiewohl wenn es wahr wals am Hofe
geredet wird, dals er wieder nach Halle gehen werde, jenes alsdann von selbst hinfallen
würde.
Von dem Hrn. Neukirch will auch verlauten, dals er in seinem Vaterland, wohin er
vor einigen Wochen abgereiset, eine beqwemere Ruhestelle suche, und auch wol erhalten
werde. Dieser dürfte auf solchen Fall bei seiner Clalse eben wie der Hr. Hoffmann bei der
seinigen vermilset werden.
Der Einschlufs ist mir gar drünglich anbefohlen worden, und ich verbleibe mit
Respect u. s. w.
Berlin d. 29. Aug.
LET.
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 87
130.
Jablonski an Leibniz.
19. September 1711.
Dero geehrtes vom 3. Sept. mit 8 Beilagen von Schriften zu denen künftigen Miscel-
laneis gehörig, habe zu recht erhalten. Auser dem Hrn. Raht Schott und Hrn. Naude hat
meines Wilsens noch Niemand etwals herbeigegeben. Der Hr. Raht Spener hat mich jüngst
versichert, dals er mit seinem Beitrag ehestens fertig sein wolle. Hr. des Vignoles ist noch
nicht hie; ich zweifle aber nicht, er werde mit seiner Arbeit auch bereit sein. Hr. Chauvin
hat versprochen, aus des Hrn. Colas eingesandten vielen Sachen das Beste herauszuziehen
und aus dem Französischen ins Latein zu übersezen. Mit dem Theatro anatomico hat man
nicht fortfahren können, weil das dazu dienende Gemach mit dem Druck von Hofe noch
eingenommen ist; die Antlia pneumatica aber ist aus Holland unterweges.
Die Historia Societatis teutsch wird diese Melse fertig sein; ich bitte, zu befehlen,
mit wie vielen Exemplaren aufwarten soll. Die lateinische Übersezung wird man gegen
Ostern zu beschaffen bemühet sein.
Des Hrn. Junkeri Reception wird keine Schwürigkeit haben. Auser diesen wird der
Hr. Reue, Archidiaconus bei S. Nicolai alhier, ein Mann, der in Physica experimentali sehr
tleifsig ist, von meinem Bruder, und der junge Hr. Naude von dem Hrn. Raht Chuno re-
commendirt. Von der Reception des Hrn. Retzals ist schon bei E. Excell. Anwesenheit ge-
sprochen worden, und weil sie bei dem medieinischen Abteil beliebt worden, hat man dabei
keinen Anstand gefunden.
Ob die zu den Miscellaneis hie einkommende Sachen zum Übersehen an E. Excell.
übersenden soll, erwarte Befehls und verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 19. Sept.
EUR:
PAS:
Von dem Streit des Hrn. Raht Hoffmanns habe so viel vernommen, dals selber über
einem Recept entstanden, so der Hr. D. Mentzel in Abwesen des Hofes dem Prinzen von
Oranien verordnet, der Hr. Hoffmann aber getadelt, worüber jener die Sache an den Hrn.
Gundelsheim nach Holland gebracht, weleher ihm beigefallen und dem Hrn. Hoffmann mit
einiger Heftigkeit widersprochen. Endlich haben sie auf gewilse medicinische Faeultäten
compromittirt; ich habe aber nicht vernommen, auf welche Seite der Ausspruch ausgefallen.
Der Hr. Hoffmann ist itzo mehr als vorhin beständig bei Hofe, wiewol man dennoch sagen
wollen, dafs er wol wieder nach Halle, alwo seine Bedienungen ihm noch alle offen stehen,
kehren dörfte.
131.
Jablonski an Leibniz.
24. October 1711.
Das von dem Hrn. la Croze mir anbefohlene hiebei kommende Packet gibt mir Anlals,
einige Exemplar der numehr in Druck herausgekommenen Historia Societatis zu übersenden,
wobei ich 2 Exemplar der General-Instruetion gefüget. Diese ist zu drucken nötig ge-
funden worden, damit die Mitglieder ihre Obliegenheit daraus ersehen können, der Historia
58 A. Harnack:
aber nicht beigefüget, weil sie nicht Jedermann zu wilsen nötig. Wenn mehr Exemplaria
verlanget werden, sollen sie auf Befehl erfolgen. Man hat derer 5oo vor die Societät auf-
gelegt, damit sie sonderlich auch hie unter alle ansehnliche Leute ausgeteilet werden mögen.
Nun wird an einer lateinischen Übersezung gearbeitet, die den Ausländern dienen und gegen
künftige Ostern mit Gottes Hülfe fertig werden soll.
Dem Hrn. Junker werde durch eine sichere Gelegenheit, so bis Jena gehet, sein
Diploma ehester Tagen übersenden.
Aus dem hiesigen Ministerio ist der Hr. Reue, Archidiaconus zu S. Nicolai, und auf
des Hrn. Chuno Vorwort der junge Hr. Naude& aufgenommen worden, wie ich glaube in
meinem jüngsten, dals solche Receptiones obhanden, schon gemeldet zu haben.
Wenn auch ich im Stande bin, zu denen vormals gezahlten 200 Thlr. so viel zu legen,
dals 600 Thlr. voll werden, so erwarte darüber beliebigen Befehls, ob solche auf der Post
übersenden möge, weil ich sonst keine Gelegenheit weils. Ich verbleibe mit schuldigem
Respect u. s. w.
Berlin d. 24. Oct.
RUTarITE
132.
Jablonski an Leibniz.
5. December 1711.
Dero geehrtes vom 23. Nov. ist zu recht eingelaufen und wals darinnen dem Hrn.
Observatori Hoffmann anbefohlen, ihm in conferentia clalsis mathematicae vorgestern ange-
zeiget worden, dem er auch fordersamst nachzukommen verheilsen.
Der Hr. Heineceius hat bei seiner Anwesenheit alhie gewilse Schreiben sowol an des
Hrn. Herzog Ludwig Rudolphs Durchl., als an E. Exec. veranlalset; ich zweifle aber, ob er
das letztere persönlich übergeben werde, weil er Dieselben zu Wolfenbüttel nicht antreffen
wird, welches zu Beforderung der Sache wol dienlich gewesen wäre.
Der Hr. Naude hat wegen eines Buchs »Elemens des courbes du Marg. de l’Hopital«,
so bey E. Exec. sein wird, erinnert und gebeten, ob er es wieder zurück bekommen möge.
Wenn dieses geschähe, könten die etliche Bände Actorum Soeietatis Anglieanae mit zurück
kommen, weil verschiedenlich darnach gefraget worden.
Die Antlia pneumatica, so aus Holland verschrieben, ist nu angelanget und wird man
ehestens einen Versuch tuhn, die Experimenta damit zu machen, wiewol auser dem Hrn.
Chauvin Niemand hie ist, so damit recht umzugehen wilse und dieser ziemlich schwach zu
werden beginnt.
Die jüngstgedachte 400 Thlr. kommen hiebei nach inliegendem Sortenzettel, erwarte
dagegen eine Quitung über 600 Thlr. vom ı. May 170g bis dahin 1710; dagegen die Interims-
quitung über 200 Thlr. zurückgeben werde.
Der Hof soll nach dem Krönungsfest nach Preulsen gehen und, wie man sagt, ein
Jahr, auch wol länger, da verbleiben. Ob hierunter die Soecietät nicht auch etwals leiden
werde, stehet zu erwarten; zum wenigsten wird man eilen mülsen, dasjenige, so wegen der
Seidenzucht bei Hofe noch zu erhalten ist, vor der Abreise richtig zu machen, und ich ver-
harre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 5. Dec.
1711.
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 89
133.
Jablonski an Leibniz.
27. December 1711.
Ich will hoffen, es werde(n) seither dem Ablauf Dero geehrten vom 14. dieses, welches
ich den 2o. richtig erhalten, das durch den Hrn. D. Heineccium abgelalsene Schreiben ein-
gegangen sein. Gestern ist von demselben die Nachricht von seiner gehabten Verrichtung
eingekommen, wovon die Abschrift hiebei gehet, und wie daraus zu ersehen, dals eine
schleunige Wiederantwort erfordert werde, solche aber ohne E. Excell. Mitwilsen und Zu-
stimmung abzufalsen bei dem Concilio alhie angestanden wird, als werden Dieselben nomine
concilii dienstlich ersuchet, Dero beliebige Meinung darüber fordersamst zu eröffnen.
Wenn das übersandte Geld wohl überkommen, ist es mir lieb. Ich finde, dafs der
terminus a quo ist der ı. Mai 1700 und werden mit dieser letzten Post eben zehn Jahr
bezahlet sein.
Dals der Hr. Naude sein pensum in Beschreibung des Strumpfstuhl wol abgelegt,
werde in einem meiner vorigen schon berichtet haben. Es wäre zu wünschen, dals mehr
andere seinem Fleils nachtuhn wollen.
Zu denen Observationibus sowol magnetieis als astronomieis ist alles Mögliche und
Nötige verschaffet und zugerichtet, und so noch etwals daran mangelt. ist es blos des Ob-
servatoris Schuld, weil er die Anstalt dazu zu verfügen, zum offteren erinnert worden. Dals
aber würklich etwals geschehen sey, habe noch nicht vernommen. Vielleicht hätte er eines
Adjuncti, wie die Frau Kirchinn ist, nötig, der ihn ein wenig antreibe. Diese hat auch
sich und ihren Sohn schon dazu angeboten, so aber bedenklich gefunden wird.
Nachdem in der Streitsache des Hrn. Hof[fJmanns und Menzels die Responsa, worauf
sie compromittirt, eingelaufen und dem Hrn. Hof[f]mann zuwider ausgefallen, ist ihm der Hof
verboten worden, wobei es meines Wilsens noch verbleibet. Solte aber, wie wohl zu ver-
muten, auch die Besoldung ihm eingezogen werden, dörfte man ihn hie verlieren.
Der Hr. Frisch befindet sich noch wol und hat mit Versezung der Maulbeerpflanzen
im späten Herbst ziemlich zu tuhn gehabt, weil man die, so in hiesigem Lustgarten sowol
als die, so zu Glinicke gesäet waren, aus Noht zur höchsten Unzeit ausheben mülsen, und
ist das gelinde Wetter uns noch zu Statten gekommen, dals sie nicht gar verdorben.
Mit der Besoldung vor den Hrn. Hermanni zu Frankfurt kan man noch nicht auf-
kommen. Der Hr. Geh. Raht von Bartholdi ist kürzlich zu Frankfurt gewesen und hat
den Zustand des Einkommens selber Universität untersuchen sollen. Wals er da ausgerichtet,
davon wird nichts gehöret; es ist ihm aber alda viel Ehre widerfahren.
Dals die Besoldungen zu Duisburg an sich selbst schlecht und noch schlechter bezahlt
werden, ist mir äuserlich bekant, werde aber um eigentlicher Nachricht bei erster Gelegenheit
mich erkundigen.
Sobald der Kupfer-Calender des Hrn. Blesendorfs wird fertig sein, will mich be-
mühen, die verlangte Zahl unter den Ersten zu bekommen.
Schlielslich wünsche zu dem bevorstehenden neuen Jahr nebst beständiger Gesundheit
alles selbst verlangende vergnügte Wolergehen und verbleibe u. s. w.
Berlin d. 27. Dec.
1711.
[Zwischen den Zeilen dieses Briefes und an den Rändern findet sich von Leibnizens
Hand das (sehr eilig hingeworfene unleserliche) Concept der Antwort, nachfolgend Nr. 134.]
Philos.-histor. Abh. 1897. III. 12
90 A. Harnack:
134.
Leibniz an Jablonski,
Dero wehrtes ist mir nach Abgang meines Schreibens an m. Hrn. mit der Post erst
zukommen, und weil eine schleunige Antwort verlanget wird, habe ohnmafslich melden
sollen: es köndte meines Bedünkens Hr. D. Heineccio Folgendes vorgängig bekand gemacht
werden: dafs der Praeses der Societät bereits zu Torgau das Verlangte bey des Czaars
Majestät besorget, der sich dazu allergnädigst erbothen, und scheine, dals diesem grofsen
Monarchen, so selbst ungemeines Licht in den Wilsenschafften hat, nicht mit blofsen Schreiben,
sondern mit Realien gedienet, dazu auch Vorschläge gethan und einige Anstalt gemacht
worden. Wo solehe nun vorhanden, würden hohe Recommendationes mehr Nachdruck haben,
sonsten aber mit blolsen Worthen beantwortet werden. Es würde der Praeses auch ehestens
der hohen Herrschafft zu Wolfenbütel (:nach abgelegter Ihrer DDD]urchlauchten] Reise zu
Kayserlicher Majestät:) unterthänigst aufwarten und nicht allein Dero hocherleuchtete Ge-
dancken vernehmen, sondern auch der Societät bekand machen, darauf die weitere Noth-
durfft zu verfügen.
Im Übrigen kan nicht umbhin, gegen m. Hrn. zu melden, dafs mich wundert, worumb
Hr. D. Heineccius zu Torgau gegen mich von seinem Vorhaben nichts gedacht, so mich doch
sowohl meines Aınts als meiner Studien wegen angegangen, sehe auch nicht, worumb er
gezweifelt, ob ich zu Hannover sey. Mich wundert auch noch mehr, worumb sein Schreiben
an mich zwischen Wolfenbütel und Hannover verunglücket. Ich bin ganz versichert, dafs
alle Schreiben und Memorialen an den Czar ohne etwas Würckliches nicht nur vergeblich
seyn, sondern auch tort thun werden. Dafs der Hr.von Schleinitz nach den Feyertagen
nacher Moscau gehen werde, ist irrig, denn er mir selbst alhie leztens gesagt, er wolle
nachı den Feyertagen wieder nach Hanover kommen und alda wegen des Czars den Winter
verbleiben.
Nachdem die Jahre, darauf Hr. Herman zu Padua engagiret, bald aufhöhren wer-
den, wäre hohe Zeit, dahin zu arbeiten, dals seine Vocatur nach Frankfurt zu Stande
komme.
135.
Jablonski an Leibniz.
23. Januar 1712.
Dero geehrte sind mir richtig eingelaufen und die Einschlülse wol bestellet worden.
Die Erinnerung an den Hrn. Hof[fJmann, eine Anweisung zu denen Observationibus mathe-
matieis aufzusezen, ist einmal in pleno und nachgehends insbesondere zu mehrenmahlen ge-
schehen, von mir aber noch nichts gesehen worden. Ob er bei dem Hrn. Chuno etwas
eingegeben, ist mir nicht wilsend.
Die hiesige Hof-Calender sind etwals langsam fertig worden, nun kommen aber die
verlangten 4 Stücke nebst einem Adre/s-Calender hiebei; wenn ein Mehrers verlanget würde,
soll es erfolgen.
Die Frau Kirchinn hat mir die Inlage fleilsigst anbefohlen. Vielleicht hat sie auch
wegen ihres hiesigen Gesuchs etwals erwehnet, welches aber bei den Direcetoren schlechten
Beifall findet.
Ich verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 23. Jan.
1712.
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 91
136.
Jablonski an Leibniz.
5. März 1712.
Seither meinem gehorsamen lezten ist beikommendes eingelaufen, welches, weil es
so angelegen gemachet wird, hiemit übersende.
Die Sache des Hrn. Hermanni soll sich geändert haben und seine Berufung in der
Ausfertigung sein, woran insonderheit der Hr. Chuno stark gearbeitet.
Das Schreiben an den Hrn. Ancillon ist, wie alle die andern Einschlülse jedesmal,
richtig behändiget worden. Ihn selbst habe in langer Zeit nicht gesehen, von Hrn. Papen
aber vernehme, dals er wegen vieler Anstölse und Beschwerlichkeiten sich sehr übelauf
befindet und selten aus dem Hause kommt.
Der Hr. Colas ist ursprünglich ein Franzos, aber in Engelland, dahin sein Vater
geflüchtet, geboren. Er hat naclı delselben Tod seine Mittel zusammengeklaubt und sich
damit nach Königsberg begeben, alwo er sich auf dem Lande durch Ankauf eines Gutes
gesezet; sonst ein in der architeetura eivili und Landmelserey vornemlich wolgeübter, auch
in Untersuchung der Natur fleifsiger und in der Arbeit unermüdeter Mann. Er ist vor
einiger Zeit, weils nicht wo, Medicinae, und neulich zu Frankfurt abwesend Juris Doctor
creiret worden, auch, ohne Zweifel auf Recommendation der Grafen von Dona und Dön-
hof, denen er von langer Zeit in ihrem Bauwesen bedient gewesen, kürzlich den titre als
Königl. Ober-Baudirector im Königreich Preulsen erhalten. Er schickt ohn Unterlals
etwals ein, von Bau-, Landmels-, Physicalischen, Medieinischen und andern Sachen, auch
allerhand Proben von Experimenten und Observationen. Weil es alles unter einander,
theils zu dem Objecto der Societät nicht gehörig, Manches eben nicht so gar sonderlich
(wie die Herren der clalsis medicae davon geurteilet) und französisch geschrieben ist, dürfte
es Mühe haben, einen Ausschuls davon zu machen und die Übersezung zu beschaffen, da-
mit ein Theil in die Miscellanea gebracht werden könne, wiewol er verlanget, dals alles
und zwar in der Sprache, in welcher er es aufgesezet, hineingerücket werde. Wenn E. Exec.
eine Probe davon verlangen, will ich etliche Hefte (deren schon ein gantz Alphabet bei-
sammen) übersenden.
Der Hr. Hoffmann gehet nun auf Königlichen Befehl wieder nach Halle und hat das
Unglück, dals er am Hofe von Niemandem beklaget wird. y
Wals von E. Excell. Erhebung zu der Reichshofrahtsstelle alhie ausgebreitet worden,
ist aus des Hrn. von Prinzen Hause gekommen, wenn es noch nicht richtig damit wäre,
so wünsche wenigstens, dafs meine gehorsame Gratulation dilsfalls bald zu wiederholen Ur-
sach habe, der ich mit schuldigem Respect verharre u. s. w.
Berlin d. 5. Mart.
1712.
137.
Jablonski an Leibniz.
30. April 1712.
Auf Dero geehrtes vom 12. dieses diene hiebei gehorsamst mit denen verlangten
Stücken von dem Hrn. D. Scheuchzer. Ich sehe noch wenig, so von andern Orten ein-
gekommen wäre; von den hiesigen membris ist auser dem Hrn. Spener, welcher zugleich
12*
92 A. HArRnNAcKk:
von ein und andern seinen auswärtigen Correspondenten etwals theils schon beigetragen,
theils noch vertröstet, dem Hrn. Schott und dem Hrn. Dangicour wenig zu hoffen. Der
Hr. Raht Hoffmann ist noch hie, weil ihm sein Gehalt bis Johannis gelalsen worden, als-
dan er aber sich von hinnen zu begeben die Anstalt machet, wiewol man noch nicht weils,
wohin er sich wenden werde. Nach Halle wiederzukehren mag er wol schlechte Lust
haben, weil ihn die profelsio physicae abgenommen und seinem aemulo dem Hrn. D. Stahl
übergeben worden. Es hat verlautet, ob sey er als Leibmedieus nach Hanover beruffen
worden, weil aber E. Excell. hievon nichts wilsen, hat man es nicht vor gewils annehmen
wollen, wie es denn nu auch sich anders weiset.
Der Beischluls an den Hrn. de Larray ist bestellet und kommt dagegen ein ander
von dem Hrn. la Croze zurück. Die mir vor einiger Zeit überschickte Verzeichnils derer
Quitungen und ausgezahlten Posten habe gegen die hie befindlichen Belege gehalten und
richtig befunden, wird also hiernach der terminus ad quem sich leicht ergeben. Wenn es
E. Excell. zufrieden, werde mit ehestem eine Post abermal übersenden können, oder wenn
Dieselben einen Umschlag zu treffen wüsten, könte die Zahlung hie geschehen, und ich
verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 30. Apr.
1712.
138.
Jablonski an Leibniz.
28. Mai 1712.
Die Instruction zu denen Observationibus magnetieis ist vor einiger Zeit von dem
Hrn. Hoffmann aufgesezt und dem Hrn. Chuno übergeben worden, der aber noch etwals
hinzuzusezen nötig geurteilet und zu solchem Ende sie dem Hrn. Hoffmann wieder zurück
gegeben. Dieser hat bei seiner drünglichen Calenderarbeit sich nicht daran machen können,
jedoch versprochen, dals es ehestens geschehen solle.
Der Hr. Raht Hoffmann macht sich nu fertig, weil die ihm vorgeschriebene Zeit heran-
nahet, von hinnen zu ziehen und, wie man nicht anders weils, wieder nach Halle, wiewol
er sein allda gehabtes Haus neulich erst verkaufet.
Das Seidenwerk ist durch fleilsige Überlegung ja wol gefalset, wie es am besten fort-
gezet werden könne. In der Ausführung aber finden sich immer Schwürigkeiten, unter
welchen eine nicht der geringsten, dals man ungeachtet aller angewandten Bemühung zu
einem Land, darauf eine zulängliche Baumschule angeleget werde, nicht gelangen kan. Man
ist aber damit noch bemühet und hoffet endlich etwals auszufinden. Unterdelsen sind schon
viel tausend Stämme in und auser Landes ausgebreitet, und also ein guter Anfang gemacht,
die Zucht fortzusezen und unter dem Volk eine Lust dazu zu erwecken.
Der König hat zu Erbauung der nötigen Häuser hie und zu Potstamm einen Vor-
schub an Holtz getahn.
Die Blätter sind auf dieses Jahr verpachtet worden, aber in allem nicht viel über
30 Thlr. tragen. Künftig wird man sie belser zu nuzen trachten.
Mit Übermachung des Geldes werde mich nach Dero Befehl richten und warte nur
auf eine Post, so mir mit ehestem einlaufen soll, alsdann ich etwals werde einsenden können,
und verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 28. May
E02.
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 93
139.
Jablonski an Leibniz.
ı1. Juni 1712.
Dero geehrtes vom 30. May ist mir zu recht worden und habe ich die Einschlülse
richtig bestellet. Die Bedienten von der Ritteracademie haben ihren Gehalt noch auf ein
halb Jahr zu genielsen, nach solcher Zeit wird mit denen dazu gewidmeten Geldern schon
disponiret seyn und ist es so weit davon, dals man bei gegenwärtiger Verwaltung geneigt
seyn solte, neue pensiones aus des Königs Einkünften zu machen, dals man vielmehr alles
wals nur möglich ist, sogar den weiteren Gnadengehalt einzuziehen beschäftiget ist. Unter-
defsen ist der Vorschlag wehrt, in Überlegung gezogen zu werden, und wird man darüber
bei dem nächsten Coneilio sich unterreden.
Hiebei überkommen 300 Thlr. besage einliegenden Postenzettels. Wenn E. Excell. es
so gefällt, so kan die Quitung über die vorige 400 Thlr. bis Ausgang 1709 gestellet werden
und die folgenden sodann allezeit von halbe zu halben Jahren fortgehen.
Der Hr. Spener ist unlängst zu Leipzig gewesen, da er mit verschiedenen Leuten, so
der Societät nüzlich sein können, bekannt worden, unter andern mit dem D. Lehmann,
einem gelehrten und sehr curieusen Mann in naturalibus sowol als artificialibus, und mit
dem Profelsore chymiae, der ihm von vielen vortrefflichen Experimenten gesagt und solche
nach und nach mitzutheilen versprochen. Diese beide hat er zu membris Soeietatis recom-
mendirt. Imgleichen hat er daselbst einen gelehrten mechanieum Leupold gefunden, der
auser andern schönen Erfindungen sonderlich die antliam pneumaticam in vielen Stücken
vermehrt und verbelsert. Diesen will man herkommen lalsen, um unsere antliam zu besehen
und wals von denen dazugehörigen Stücken unterweges zerbrochen, zu ergänzen oder wals
noch dazu gebracht werden könte, anzuschaffen. Ich verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. ır. Jun.
1772
140.
Jablonski an Leibniz.
2. Juli 1712.
Mein jüngstes vom ı1. Jun. mit 300 Thlr. an Gelde wird hoffentlich wol überkommen
sein, desfalls ich bisher auf Nachricht gewartet und mit dem Einschlufs, so mir inmittelst
zukommen, an mich gehalten, das aber mir zu lang werden wollen, solchen nicht länger
aufhalten mögen.
Das Seidenwerk ist am Hofe wieder in Bewegung. Einer von denen, so einige Bäume
von uns angenommen, hat Anlals gegeben, dals der König einige Cammerrähte verordnet,
sein Werk (wiewol es eben nicht zum besten gerahten) anzusehen. Diese, weil sie meisten-
teils dem Werk vorhin gewogen waren, sind weiter gegangen und haben auch von denen
Anstalten, so zu der Fortpflanzung der Bäume gemacht worden, in ihren Bericht etwals
einfliefsen lalsen, woraus ein guter Erfolg verhoffet wird. Der Kronprinz hat nun auch
befsere Gedanken von der Sache bekommen und wird uns nicht mehr zu hindern begehren.
Unter den vorgedachten Commilsariis ist auch der bekannte Kappisch, der zwar wider die
Societät diesfalls sehr eingenommen gewesen, nunmehr aber auch zurecht gebracht worden.
Die Bäume zu Spandau sind von dem Hrn. Frisch vor 2 Jahren an einen Franzosen
daselbst verpachtet worden um 8 Thlr. Dieser hat heuer daraus 40 #4 Seide gemacht und
94 A. Harnack:
bekennet, dals er nicht alle Blätter verbrauchet, weil es ihm an Würmern gemangelt, indem
er nur 4 Unzen auskriechen lalsen, da er wol 5 oder 6 ausfüttern können. Also lernet
man algemach die Sache kennen und muls ein Tag des andern Lehrmeister sein.
Man hoffet, übers Jahr ganz andere Anstalten zu machen und auf die Spur zu kommen,
wie man die stehende Maulbeerbäume anders als bisher geschehen und mit grölserem Vor-
teil nuzen ınöge.
Ich verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 2. Jul.
1712.
141.
Jablonski an Leibniz.
16. Juli 1712.
Dero geehrte beide vom 1. und 5. Jul. habe zu recht erhalten und die dabei gewesene
Einschlülse gehörig bestellet.
Am vergangenen Montag ist der verordnete Wechsel des Vicepraesidii bei der Societät
vorgegangen und solches dem Hrn. Krug von Nida übertragen worden.
Die Fortpflanzung der Maulbeerbäume ist das erste gewesen, worauf bei der über das
Seidenwesen angestellten Überlegung das Absehen gerichtet worden, und wie man hiezu
alle nötige Mittel vorkehret, also ist man absonderlich bemühet, einen gelegenen Raum zu
einer Baumschule, die 40 bils 50 tausend Stämme halten könne, zu finden, womit es aber
schwer hergehet. In dem Weinberg ist etwals zu versezen angefangen worden, aber nicht
recht und mit Unwillen der Weingärtner, daher es auch schlecht fortkommet. Unterdelsen
ist noch für viel hundert Stämme Raum vorhanden, welchen nach und nach zu besezen,
und künftiges Frühjahr den Anfang zu machen mit der Kammer schon Abrede genommen.
Man ist auch bedacht, anderswo im Lande dergleichen Pflanzung auszubreiten.
Anania thut etwals, aber nur vor sich; uns ist er viel zu kostbar und wird man ihn
wol mülsen gehen lalsen, sobald man sich ein wenig belser gefalset hat.
Die Departemens kommen zwar ordentlich zusammen, es ist aber einer vor dem andern
darin etwals fleilsiger. Verschiedene, so zu den künftigen Miscellaneis etwals beizutragen
versprochen, wenn sie delsen erinnert werden, geben immer neue Vertröstungen, nur dals
es allezeit auf einen neuen Aufschub ankommt. Hr. Colas hat in langer Zeit nichts einge-
schickt, es wird aber davor gehalten, dals daran wenig verlohren, weil nicht alles und, wie
Hr. Spener urteilet, das wenigste so beschaffen, dals es darin Platz finden könne. Unter
andern hat er eine weitläufige Unterweisung von dem Zimmerwerk, welches er an gewilse
architeetonische Regeln binden will, und also a priori demonstriren, wobei viel Zeichnungen
vorhanden. Man glaubt, dals dieses Werk den Liebhabern angenehm und nüz sein könne,
ob es aber in den Miscellaneis Statt habe, ist man noch nicht einig worden. Der Hr. Beer,
welcher gebeten worden, es zu überlesen und sein Gutachten davon abzustatten, hat sich
wegen seiner andern Geschäfte entschuldigt. Also weils man noch nicht, wals es eigentlich
auf sich habe. Des Hrn. Hoffmanns Instruction zu denen Observationibus magneticis ist bis
auf etliche Rifse fertig. Des Hrn. Speners Cabinet ist auf dem Observatorio, aber unter
seinem Schlüfsel. Er hat ihm den Raum zu demselben da erbeten, und wenn er sein Haus
zu verkaufen entschlolsen und wenn er zur Miete wohnen müste, näher zukommen kan,
nachdem er sich delsen entlastet, über dals es auch in einem sichern und beständigen Ort
befser verwahret ist, als wo es der Feuersgefahr unterworfen und oft gerücket werden
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 95
müste. Wie man sich deshalb in Zukunft mit ihm vergleichen werde, stehet dahin. Man
hatte einen Vorschlag, zu einem neuen fundo zu gelangen, es scheinet aber, dals nichts
daraus werden wolle.
Hr. Raht Hoffmann ist wieder nach Halle gezogen, nachdem die ihm verliehenen
Gnadenquartale vertlolsen.
Die Quitung über die lezt eingesandte Gelder habe empfangen, finde sie aber um ein
Jahr zu kurtz gestellet. Der terminus a quo ist die Mitte des 1710. Jahres und sind 6000 Thlr.
bezahlt, welche bis in die Mitte des (nicht 1709! , sondern) 1710. Jahres reichen. Doch
dieses ist leicht zurecht zu bringen. Ich verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 16. Jul.
72%
142.
Jablonski an Leibniz.
20. August 1712.
In beikommendem Packett wird endlich die Instruction, wie die magnetischen Ob-
servationes anzustellen, enthalten sein. Der Hr. Hoffmann ist an einem hitzigen Fieber
todtkrank gewesen und hat wenig gefehlet, dals er nicht draufgegangen, welches gewils
uns nicht wenig Ungelegenheit gemacht hätte.
Zu Beforderung des Seidenbaus ist von ungefehr Gelegenheit zu einem sehr vorteil-
haften Vorschlag gegeben worden, davon aber der Ausschlag bei damaligen Ferien, da fast
Niemand zugegen, und auch der Hof selbst sich entfernt, noch zu gewarten stehet.
Es betrifft derselbe ein Stück Landes, so uns zu einer Baumschule hochnötig ist und
von geraumer Zeit her vergeblich gesuchet worden, hie aber um einen leidlichen Erbzins
erhalten werden könte. Und weil wir einen grolsen Vorraht von Stämmen, so nohtwendig
versezt werden mülsen, albereit haben, so suchen wir ebenfals Raum, dieselben zu lalsen,
und wird deshalb wol ein und andere Reise getahn werden mülsen. Der Hr.von Prinzen
ist dem Werk sehr geneigt; wie der Hr. von Kameke dagegen gesinnet, weils man noch
nicht; es wird sich aber wol bald äusern mülsen, wenn der obengedachte Vorschlag wird
zur Überlegung kommen, denn auf ihn dörfte der Ausspruch ankommen. Ich verbleibe mit
schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 20. Aug.
1712.
143.
Jablonski an Leibniz.
29. October 1712.
Dero geehrtes vom 19. dieses ist richtig eingelaufen und die dabei gewesene Einschlülse
gehörig bestellet worden.
Die Observationes declinationis magnetis allhie will ja Hr. Hoffmann fortgesezt
haben; ob er davon ordentlich etwas zusammengetragen, weils ich nicht, weil er die jähr-
liche Observationes, so er zu übergeben sich verbindlich gemacht, noch nicht geliefert. Es
scheinet auch, dafs es damit schwer hergehen möchte, weil die unumgängliche Calender-
arbeit so mühsam von ihm zu bekommen ist, dafs darüber nicht geringe Hinderung und
Versäumnifs in dem Calenderdruck verursacht wird; weshalb ich diesen Punct als ein ob-
jeetum deliberandi bei dem nächstbevorstehenden Coneilio mit aufgesezet. Sonst ist um
96 A. Harnack:
solche Observationes wie auch die Ermelsung longitudinis und latitudinis nach Königsberg
geschrieben worden und stehet zu erwarten, ob der Hr. Bläsing sich hie fleilsiger, als
da anno 1706 um die Observation der grolsen Sonnenfinsternils an ihn gelanget worden,
darauf aber nichts erfolget.
Der Hr. Colas hat in geraumer Zeit nichts eingeschickt. Von seinen Sachen wäre
ein und anderes wol zu gebrauchen, er will aber, dafs nichts davon gelafsen, auch nicht
ins Latein übersezet werde, was er französisch geschrieben (denn was er zuletzt über-
schickt, war lateinisch gestellet), deren erstes aber die, so seine Sachen gelesen, nicht
tuhlich finden, das lezte aber wider die Einrichtung der Miscellaneorum ist.
Mit dem Seidenwerk unterläfset man ja nichts was möglich ist, ihm aufzuhelfen; doch
will es sich noch schlecht anlalsen, dals die Societät einigen Nuzen davon haben werde,
weil ihr zu viel Schwürigkeiten und Hinderungen erwachsen, auch selbst von denen, so
ihr Bestes fördern solten und sich defsen angemafset. Indefsen muls man sehen, wie weit
man gelangen kan. Der Hr. Frisch, weil seine Wohnung für dem Brand erhalten worden,
hat keinen weitern Schaden gelitten, als wals im Retten und Räumen verstreuet oder be-
schädiget worden. Einige aber seiner Collegen, so in dem hintern Gebäu gewohnet, sind
übel zu kurz gekommen.
Über 8 Tage werde abermal 300 Thlr. übersenden. Des Hrn. von Prinzen Excell.
sind tödtlich krank gewesen, nun aber wieder auf dem Wege der Belserung.
Die Fürsten- und Ritteracademie ist nicht, wie der Ruf gegangen, eingestellet, sondern
man hat dieses Mittel erfunden, sich einige Personen, die man davon lofs werden wollen,
zu entledigen. Nachdem solches geschehen, soll sie unter der Direction des Hrn. Geh. Rahts
von Osten in kurzem wieder aufgerichtet werden. Der Hr. Hamraht hat in seiner
Sache Revisionem actorum erhalten und sind der Hr. Graf von Dohna und der Cammer-
gerichtspraesident Hr. von Sturm zu Commilsariis oder Revisoren verordnet, die auch nu
würklich daran arbeiten.
Der Hr. Spener ist beschäftiget, sein Cabinet in dem auf dem Öbservatorio ihm ein-
geräumten Zimmer aufzustellen, und die antlia pneumatica mit vielenteils neuen Instrumen-
ten und Machinen ist auch in Stand gebracht, so dafs man mit der Zeit etwas haben wird,
die Curiosität der Liebhaber zu vergnügen.
Die Frau Kirchin hat das Krosiekische Observatorium bezogen, weil die, so bis-
her darauf gewesen, ihrer Verbindlichkeit keine Genüge getahn. Ich verbleibe mit schuldigem
Respect u. s. w.
Berlin d. 29. Oct.
1712.
144.
Jablonski an Leibniz.
20. December 1712.
Dero geehrtes vom 19. Nov. aus Dresden habe richtig erhalten und die Einschlülse
gehörig abgegeben. Hätte mit der schuldigen Antwort nicht so lange angestanden, wenn
nicht auf die Nachricht von richtigem Einlauf des überschickten Geldes zugewartet. Nach-
dem aber beikommende Einschlüfse meiner Bestellung anbefohlen worden, habe mit den-
selben nicht verweilen sollen.
Dem Hrn. Astronomo hat nomine Concilii eine Weisung geschehen mülsen, worauf
man hoffet, dals er befseren Fleifs anwenden werde. Der Frau Kirchen Hülfe hat er sich,
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 97
wie sie sagt, zwar heimlich bedienet, offentlich aber alle Zeit darwider gesprochen, sie
auch niemals auf das Observatorium lalsen wollen, wiewol sie defsen nu nicht mehr be-
nötiget, und nachdem sie eine so schöne Gelegenheit, ihre Observationes zu üben, erlanget,
auch mit den herausgegebenen Anmerkungen über die grolse Conjunction sich ziemlich bekannt
gemacht, dörfte sie leicht bewogen werden, diesem Wege nachzusezen und mit dergleichen
Herausgebungen fortzufaren.
Der Hr. Frisch hat sich anfänglich des Seidenwesens wol angenommen und dem An-
sehen nach nichts davon genolsen, allein nachdem er viel tausend Stämme in und auserhalb
Landes vor die seinen verkauft, numehr auch eine eigene Pflanzung vor sich angelegt, im-
gleichen mit dem Hrn. von Arnim sich gesezt und bei demselben eine starke Pflanzung ein-
gerichtet, wovor ihm eine ansehnliche Belohnung, wie ich berichtet worden, von 100 Thlr.
zugesagt, so hat er die Angelegenheit der Societät aufgegeben, und weil er die Kunden an
sich gezogen, können wir an keinem Ort fortkommen. Man tulıt zwar sein Bestes hin und
wieder, allein noch mit schlechtem Succels. Der Ernst zu Stargard, welcher damals, als
er sich um die Factorey der Calender beworben, güldene Berge versprochen, hat auf mein
Anbringen dieserwegen begehret, dals man ihm erst zu einer gewilsen Aufsicht über die
ehemals anbefohlne Pflanzungen fruchtbarer Bäume auf dem Lande, warum er sich schon
damals bemühet, verhelfen solle, und da man dieses Beding abgelehnet, hat er weiter nicht
einst [sic] antworten mögen.
Der Hr. von Kameke, so als Hofkammerpraesident auch sonst der Sache einen guten
Vorschub ohne einigen Schaden des Königs oder sonst Jemandes tuhn könte, ist ihr zuwider
und bei ihm nichts zu erhalten. Unterdelsen muls man sehen, wie weit man kommen kan,
ad impolsibilia nemo tenetur.
Der Graf Alexander von Dona ist hieher berufen gewesen wegen eines Streits, den
er mit seinem Concommilsario, dem Hrn. von Osten, gehabt, der aber also beigeleget worden.
dals man dem von Osten einen Verweis, dem Hrn. Grafen eine pension von 4000 Thlr. ge-
geben, die Sache selbst aber in medio gelalsen und sie also wieder fortgeschickt.
Die zu Mitgliedern vorgeschlagene Subjeeta sind ohne Schwürigkeit beliebt und zugleich
Hr. D. Pauli, Ertzpriester zu Mümmel, so etliche Jahr als Generalstabs-Feldprediger bei der
Rulsischen Armee gedienet und grolse Bekanntschaft in Molskau hat, imgleichen der D.
Sloan(n)e, Secretarius der Königl. Societät zu London praeconisirt worden.
Wie es um die Collection zu dem neuen Volumine Miscellaneorum stehe, weils ich
nicht, weil die Sache in verschiedenen Händen, welchergestalt ein Ganzes zu machen etwas
schwer ist.
Dals der König Stanislaus auf der Post nach Bender abgereiset, wird bekannt sein.
Unser Abgeordneter ist auf dem Rückwege und hat nichts ausgerichtet. Die Schwedische
Sache in Pommern stehet in momento ceritico, wie die Zeitungen versichern. Ich verbleibe
mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 20. Dec.
1712.
145.
Jablonski an Leibniz.
31. December 1712.
Wenn Dieselben den instehenden Jahreswechsel in Gesundheit und vergnügtem Wol-
wesen, wie ich hoffe, erreichet, so habe dazu hiemit schuldigst gratuliren sollen, mit eife-
rigem Wunsch, dals die Göttliche Güte über Denselben ferner gnädig walten, Dero wichtige
Philos.- histor. Abh. 1897. III. 13
98 A. Harnack:
Vornehmen und Verrichtungen zu dem gemeinen Besten und Dero eigenen Ruhm ausschlagen
und Ihnen alle selbstbeliebige Zufriedenheit auf lange Zeit beständig widerfahren lafsen wolle,
ich aber Dero verehrten Gewogenheit mich bis ans Ende unverruckt erfreuen möge.
Mein jüngstes vom 2o. wird hoffentlich eingelaufen sein. Seither ist nichts Veränder-
liches vorgelaufen. Wie das diploma receptionis an den Hrn. M. Täuber zu bringen, er-
warte beliebigen Befehls.
Vor drey Tagen habe mit dem Hrn. Conrector Frisch, weil uns gesamtlich die Be-
sorgung des Seidenwesens von dem concilio aufgetragen worden, mich zusammengetahn
und in einer weitläufigen Überlegung dasjenige, so zu diesem Zweck in bevorstehendem
Jahr vornemlich zu tuhn nötig sein möchte, vest gestellet, so dals wir hoffen, wenn unsere
Anstalten gelingen, einen Schritt weiter vorwärts zu tuhn. Vom Hofe haben wir nichts zu
gewarten, weil der Hr. von Kameke gar keine Lust zu der Sache bezeuget, also mülsen
wir sehen, wie wir uns selbst forthelfen.
Sonst ist ein Vorschlag auf der Ban, wodurch die Societät zu einem Anfang eines
Laboratorii gelangen kan, durch Verleihung eines privilegii über die Bereitung des Scheide-
walsers und anderer dergleichen Artäten, welches ein gewilser mit Namen König zeither
gehabt, delsen aber misbrauchet und darauf stehet, dals er delselben verlustig erkannt
werden soll. Die Sache ist so weit gut eingefädelt, wenn nur der Hr. von Prinzen, welcher
bisher ein mächtiger Beschüzer des König gewesen, kan umgestimmet werden.
Ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. zr. Dec.
1712.
Der Hr. Rödicke hat nach einem langen Lager, darin ihn die Walsersucht gehalten,
endlich die Zeitlichkeit gesegnet. Man ist bedacht, seine Mss. von der lingua universali
von den Erben zu erlangen.
146.
Jablonski an Leibniz.
18. Februar 1713.
Mein jüngstes vor 8 Tagen unter der anbefohlenen Adrelse des Hrn. Hennebergs wird
hoffentlich wol überkommen und daraus ersehen worden sein, dals Dero vorige nur richtig
eingelaufen.
Das letztanbefohlene Schreiben an Hrn. Dagly, so in Dero geehrten ohne Datum am
vergangenen 15. dieses mir zukommen, sende heut nach Wesel, alwo derselbe sich eine
geraume Zeit aufgehalten und Werkstücken nach seiner Erfindung gielsen soll, die den
natürlichen an Härte nichts bevor geben. Von seinem gerühmten Ciment habe von ihm
selbst viel gehöret, und mehrmalige Versprechungen erhalten, die Probe davon, wenn er
dieselbe hie oder da (wie er vorgegeben, dals geschehen solte) ablegen würde, mit anzu-
sehen. Es hat nur aber so gut nicht werden wollen, wiewol er doch eine bewärte Probe
zu Calsel in dem neuen Lustgarten bei denen Walserkünsten daselbst getahn und davor
1000 spec. Ducaten bekommen. Er hat das folgende Jahr wieder dahin und ferner nach
Mainz gehen sollen; warum es nachgeblieben, weils ich nicht. So viel habe von ihm ge-
höret, dals der Landgraf ihm einen Gehalt ausgemacht, so ihm folgen soll, wo er auch
sein möchte. Ich habe nicht einmal das Glück haben können, nur ein Stücklein davon zu
sehen zu bekommen. wiewol ich inständig darum gebeten. Sein Hausgenolse, den er viel
briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 99
Jahre bei sich gehabt, ist kürzlich auch weggegangen, so dafs ich Niemand antreffen können,
der mir ein Mehrers von solchem Ciment sagen können.
Mit des Königs Zustand hat es sich vor 4 Tagen unvermutet heftig verschlimmert. S. Mt.
aber haben sich nu wieder erholet und befinden sich auf dem Wege verhoffter Belserung.
Ich verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 18. Febr.
1713.
147.
Jablonski an Leibniz.
1. April 1713.
Dero geehrtes vom 8. Mart. ist mir richtig geworden und hat die Nachricht von Dero
vergnügtem Wolbefinden mich und alle die mit mir daran Teil nehmen, höglich erfreut,
delsen angenehme Folge wir zugleich wünschen. Der hohe Todesfall hat mehr Verände-
rungen nach sich gezogen, als man je vermutet. Sie betreffen aber meist die Oeconomica
und haben S. K. Mt. sich so weit herausgelalsen, dals Sie erst einen beständigen Grund
guter Haushaltung legen mülsen, damit Sie zuforderst eine ansehnliche Kriegsmacht wol
unterhalten und nachgehends ihren Untertahnen einige Erleichterung schaffen können. Her-
nach werden Sie schon Mittel finden, auch ihre treue Diener zu belohnen; vor den Anfang
aber mülsen sie sich mit ihm in die Zeit schicken und nach seinem Exempel rüchtiger haus-
halten lernen. Die unmälsige Besoldungen einiger Hof- und Staatsbedienten sind merklich
eingezogen und aller Überflus bei Hofe gemälsiget worden, so dals man sagt, es werde an
Küche, Keller und Silberkammer allein bis 400/m Thlr. jährlich ersparet werden.
Die Mahleracademie ist aufgehoben, wenigstens weil ihnen die Besoldungen genommen,
wird sie von selbst zergehen, und man weils noch nicht, ob sie die Gemächer auf dem
Stall behalten werden. Von dem Öbservatorio sind auch gefährliche Gerüchte gegangen und
weils man noch nicht recht, woran man ist, wie denn nach der Leichbegängnils erst Alles
in rechten Stand soll gebracht werden. Sonst hat der König von der gehabten Abneigung
von der Feder viel nachgelalsen und selbst gestanden, wie er nu wol sehe, dafs mit dem
Degen allein sich nicht Alles ausrichten lalse. Er hat selbst Hand angelegt und alle Rech-
nungen, Aufsäze und was ihm nötig gewesen, mit unglaublicher Arbeitsamkeit durchgesehen
und die nötige Änderungen mit eigener Hand hinzugesezet. Er deeretirt auf gleiche Weise
mit eigener Hand teils publique Sachen, die ihm auf einem halbgebrochenen Denkzettel ge-
geben werden mülsen, teils Privatmemorialien, die er willig annimmt und mit Fleils durch-
lieset. Er will ernstlich der Justiz aufgeholfen und die Procelse verkürzt wilsen, wozu auch
schon eine Commilsion niedergesezt ist, mit der es aber nicht recht fort will.
Der Graf Christoff von Dona ist bei dem König wol angesehen und der erste
unter den Vieren, so den neuerrichteten Cabinet recht ausmachen; die andern sind die
Herren von Ilgen, von Prinzen und Grumkau. Dals aber der Graf Alexander so
bald herkommen solte, wird nicht gehöret. Der Hr. von Hamrat ist zum Praesidenten
von der Regierung zu Halberstatt ernennet und soll ehestens dahin gehen. Der Hr. Feld-
marschall Gr. von Wartensleben hat alle seine Bedienungen behalten.
Der Hr. Chuno ist unpälslich gewesen, es hat sich aber mit ihm gebelsert.
Das Seidenwerk suchet man aufs möglichste zu falsen; es scheinet aber, dals in den
ersten Jahren etwas verseumet worden, zum wenigsten, wenn die gegenwärtigen Anstalten
damals den Anfang genommen hätten, würde man so viele Zeit gewonnen haben.
132
100 ANHARNACK:
Auf die Miscellanea ist man mit Ernst bedacht, einen neuen tomum zusammen zu
bringen, weil aber die Sachen in verschiedenen Händen stecken, weils ich und Keiner nicht,
was da sei oder nicht da sei. Vielleicht wird der künftige Vicepraeses sich der Sache
tleifsiger annehmen. Der Vorschlag wegen des Scheidewalsers hat mit der eingefallenen
Veränderung einen Sto[s bekommen, doch wird man suchen, ihn wieder zu erwecken. Ich
verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. ı. Apr.
1713.
P.S. Es sind bei mir Schreiben und Bücher vor E. Exe. von dem Hrn. D. Neumann
in Breislau und von dem Hrn. D. Wolf zu Halle. Der Hr. Oberpraesident von Dankel-
mann ist auf Königl. Befehl hergekommen und wird sehr wol angesehen. Worauf es aber
gemeinet, ist noch unbekannt.
148.
Jablonski an Leibniz.
22. April 1713.
Meine vorigen werden hoffentlich richtig überkommen sein. Immittelst hätte wol
Ursach gehabt, von dem hiesigen Zustand eher zu berichten, wenn nicht von Brelslau aus
mir Hoffnung gemacht worden wäre, Dero ehester Herauskunft selbigen Weges, wobei ich
vermutete, dals die fernere Reise hieher zutreffen werde. Nachdem aber es sich damit so
lange verzogen, so habe gehorsamst melden sollen, dafs es mit der Societät mehr an deme
gewesen und vielleicht noch ist, dals sie das Glück mehr anderer Collegien haben dörfte.
Allzeit das Observatorium ist auf Königlichen Befehl von der Amtskammer zur Miete öffentlich
angeschlagen worden, und als man sich dagegen gemeldet, hat man kaum erhalten, dals
das Memorial nur ad acta genommen worden. In termino hat sich zwar Niemand gefunden,
der das Observatorium zu mieten verlanget, also hat man sich von Seiten der Societät auf
die getahne Vorstellung bezogen und zur Antwort erhalten, es solle derselben in dem Be-
richt gedacht werden. Wie es nu ferner laufen werde, lehret die Zeit. Die Mahleracademie
hat ihre Zimmer um 60 Thlr. in Miete genommen, nach deren Exempel es mit dem Ob-
servatorio wol auch wird geschehen mülsen. Ob es aber dabei aufhören werde, stehet
dahin!. Es äusern sich täglich neue machinationes zum Nachteil der Societät, dagegen
man zwar alles Mögliche vorkehret, allein weil direete nichts auszurichten, muls man es
dabei bewenden lalsen, dals man indireete wehret so viel man kan.
Der Hof hat sich sehr verändert und hat der ganze Zustand eine andere Gestalt ge-
wonnen, so dals man sich kaum mehr darein finden kan.
Wenn die Leichbegängnils vorbei, wird sich der Ausschlag dieser und mehr anderer
Sachen, die noch in der Ungewilsheit schweben, ergeben, alsdann hoffe etwas Belseres zu
berichten, indelsen verbleibe u. s. w.
Berlin d. 22. Apr.
1713.
[Marginalien von Leibnizens Hand:]
„Am Saal des Parlements, so England kann gebieten,
Schrieb Cromwel endtlich an: Der Orth ist zu vermiethen.
Dem Kunstwerck zu Berlin geschicht noch grölsre Ehr,
Ein König schreibt ans Hauls: Weicht oder Thaler hehr!«
! [Hier hat Leibniz an den Rand die am Schlufs des Briefs abgedruckten Verse geschrieben.]
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 101
149.
Jablonski an Leibniz.
15. Mai 1713.
Dero geehrtem vom 6. dieses zu gehorsamer Folge diene hiebei mit den verlangten
Exemplarien der Epistola ad amieum. Wie es um die Societät stehe, habe in meinem lezten,
so durch den Hrn. D. Neumann über Breislau befördert, berichtet. Seitdem ist es also ge-
blieben auser dals der Ruf von Einziehung des Calenderverlags sich wieder verlohren. Unter-
delsen ist man doch nicht sicher und hat demnach beschlolsen, sobald der Hr. von Prinzen,
welcher seiner Gesundheit zu pflegen auf das Land gereiset, wieder hier sein wird, mit
demselben in Raht zu stellen, ob man nicht die Bestätigung der vorigen Verschreibungen
bei iztregierender Königl. Mt suchen solle!,
Sonst haben die Veränderungen gar weit um sich gegriffen und ist Niemand damit
verschonet worden weder im Civil- noch Militairstand. Unter andern hat es auch die Biblio-
thec gar hart betroffen und der Hr. Schott nicht mehr denn 200 Thlr. behalten, der Hr.
la Croze aber Alles verlohren.
Sonst sind S. Kgl. Mt bei Dero Regierung sehr fleilsig und decretiren unzählbare Sup-
plicata mit eigener Hand. Sie eifern absonderlich über schleunige und richtige Verwaltung
der Gerechtigkeit und haben schon einen Anfang gemacht, die Procelsordnung am Kammer-
gericht zu reformiren, wodurch die Rechtssachen merklich verkürzt werden sollen.
Einen würklichen Maitre des requetes haben Sie nicht bestellet, es ist aber einer
Nahmens Köppen, ein Generaladjutant, so stets um Dieselben sein muls und alle Suppliquen
annimmt. Der Hr. von Kreuz ist würklicher Staatsministre und Directeur general des finances
geworden.
Die Gelehrten möchten sich wol wenig zu erfreuen haben. Von denen Condolenz-
und Gratulations Complimenten, so ein und andere dem König überreichen wollen, hat er
keine angenommen. Es haben auch keine in der Schlolsdruckerei angenommen werden
dörfen, daher hie fast nichts dergleichen bei der vorbeigegangenen Leichbegängnils zu sehen
gewesen auser die Beschreibung der Leichprocelsion, des Sarges und der Verzierungen in
den Kirchen, so der junge Rüdiger und Hr. Wechter auf ihren Kosten drucken lalsen und
ihren Wucher damit getrieben. Dem lezten ist es auch nicht zu verdenken, weil er gleich
Andern seine pension verlohren und sich hieran erholen muls. So ist mir auch gesaget
worden, der König habe dem Pagenhofmeister ausdrücklich verboten, die Pagen im Latein
unterweisen zu lalsen. Bei solcher Bewandnils ist nicht wol zu glauben, dals Er die Ritter-
academie wieder aufrichten werde, wie man sagen wollen, wo nicht der Hr. von Dankel-
mann noch etwas ausrichtet, wiewol auch dieser schon ein Teil seines Ansehens soll ver-
lohren haben.
Der König ist die meiste Zeit zu Mittenwalde und Wusterhausen bei seinen soge-
nannten Kindern, ganz allein, und kommt nicht herein als auf die Rahts- und Sonntage.
Weil auch der König die auswärtig gewesene Abgesandten zurückberufen und nur Resi-
denten halten will, so machen die sie seienden fremden Abgesandten sich gleichfalls fertig,
nach Hause zu gehen.
! [Hierzu hat Leibniz an d. Rand bemerkt:] »Man mache zugleich einen neuen tomum Miscel-
laneorum praesentiren und allerhand manifeste utilia hineinbringen«.
102 A. Harnack:
Mein Bruder befindet sich wol und lälst sich dienstlich empfehlen. Hr. Chuno hat vor
einiger Zeit einen Zufall vom Schlagfluls gehabt. davon er bettlägerig worden, auch noch
nicht recht wieder aufgekommen.
Ich verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 15. May
1713.
150.
Jablonski an Leibniz.
10. Juni 1713.
Auf Dero Begehren erfolgt hiebei die General-Instruction. Mit der Societät stehet
es noch bei dem Vorigen, und wiewol man versuchet, die Bestätigung derer ihr ertheilten
Verschreibungen zu erbitten, ist doch von dem Hrn. Protectore solehes noch nicht de tem-
pore erachtet worden, weil der König noch zur Zeit mit andern Dingen gar zu sehr ein-
genommen ist.
Von der Einrichtung eines neuen Tomi Miscellaneorum wird zwar jezuweilen ge-
sprochen, aber ohne genugsamen Nachdruck. Vielleicht wird es belser gehen, wenn bei
nächster Versezung das Vicepraesidium an den Hrn. Chuno gelangen wird.
Der Hr. la Croze, so bei der Bibliothee völlig ausgetahn gewesen, hat das Glück
gehabt, bei dem Markgrafen von Schweet als Informator mit 400 Thlr. Besoldung wieder
bestellet zu werden, welches ihm wol zu gönnen, weil man sonst ihn hie würde ver-
lohren haben. ;
Ich verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 10. Jun.
17:38
151.
Jablonski an Leibniz.
1. Juli 1713.
Ich weils nicht, wie es zugegangen, dals der zweite Bogen der General-Instruction
jenes mal zurückgeblieben; weshalb dienstlich um Vergebung bitte und denselben hiebei
gehen lafse.
Das Diploma vor den Hrn. Varignon kan leicht ausgefertiget werden; wie es aber
sicher an ihn zu bringen, wird eine neue Sorge erfordern. Doch weil bei erfolgtem Frieden
der Briefwechsel richtiger und leichter geworden, wird es sich auch hiemit schicken.
Der Hr. Hermann hat nichts zu sorgen, malsen die hiesigen Veränderungen nicht bis
dahin gehen.
Es ist eine kleine Schrift unter der Preise, so bei nächster Veränderung des Viceprae-
sidii soll ausgeteilet werden: »Von der Möglichkeit und Nuzbarkeit des Seidenbaues«. Der
Zweck ist, zu delsen Fortsetzung aufzumuntern, und weil man vermerket, dafs der König
an solchem Bau Wolgefallen hat, wird gehoffet, dals ihm solches angenehm sein werde.
Ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. ı. Jul.
1713.
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 103
152.
Jablonski an Leibniz.
12. August 1713.
Nachdem bei jüngster Versezung das Vicepraesidium an den Hrn. Chuno gekommen
und dieser ihm nu angelegen sein lälset, die Ausfertigung eines neuen tomi der Miscella-
neorum zu wege zu bringen, so findet sich unter andern, dals von E. Excell. einige vorhin
eingesandte Stücke wieder zurück gefordert, auch von mir übersandt worden. Solte nu
Dero Wiederkunft nach Hanover so bald noch nicht geschehen, so werden Dieselben so
gütig sein, Jemand, der solches auszurichten vermöge, aufzutragen, dals er solche Stücke
daselbst aufsuchen und mir fordersamst zuschicken möge.
Der Zustand der Societät bleibt bei dem vorigen, und weil der König fast aller Affairen
auser die das Soldatenwesen betreffen, sich entschlägt, so wird zwar eine der Societät nach-
teilige Veränderung nicht leicht zu besorgen, hingegen auch vor dieselbe wenig Vorteile
und Woltahten zu hoffen sein.
Von dem Zustand der Gesundheit zu Wien laufen hie so mancherlei und widerwärtige
Zeitungen, dals man nicht weils, was davon zu glauben. Ich wünsche das Beste und ver-
bleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 12. Aug.
L73:
153.
Jablonski an Leibniz.
. 9. September 1713.
Der Einschluls gibt mir Gelegenheit, mit diesem abermal aufzuwarten und zu be-
richten, dals mit der Societät es noch bei dem alten Wesen verbleibe. Insonderheit ist der
Hr. Spener bei seiner neuen Profelsion gar tleilsig und dörfte wol mit ehestem ein Sub-
jeetum erhalten, an demselben seine Kunst durch würkliche Section zu beweisen, da mitler-
zeit das Theatrum anatomicum vollends fertig werden kann.
Ich wünsche, dals die Gefahr Ihres Orts mit fortgehender Jahreszeit sich vermindern
möge, sowie dergleichen auch von Hamburg gehoffet wird, delsen Sperrung in allen Stücken
viel Ungelegenheit nach sich ziehet und sich hie stark empfinden lälset. Ich verbleibe mit
schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 9. Sept.
1703.
154.
Leibniz an Jablonski.
6. December 1713.
Wien 6. Decemb. 1713.
Es hat des neuen Königs Mt. der Welt gezeiget, dals Sie nicht nur vor die Waffen
sorgen, sondern auch guthen Raht zu ergreiffen wilsen. Sie haben durch Erlangung des
Besizes von Stetin erhalten, wornach ihr Hr. Vater glorwürdigsten Andenkens (des Hrn. Grols-
vaters zu geschweigen) vergebens getrachtet. S. Mt. haben noch dazu Tonningen erhalten
und den Grund zu der nordischen Ruhe wenigstens in den Reichslanden geleget und da
anderswo nur zugesehen worden, die Hand an das Werk mit Nachdruck geleget. Ist also
104 A. Hırnack:
auch billig, dals Sie delsen genielsen. Es heilset jura vigilantibus scripta sunt. Ich schlielse
auls diesem allem, dals S. Mt. den Studien nicht abgeneigt seyn, sondern wohl wilsen werden,
was im Regiment daran gelegen. Daher ich auch der Hoffnung lebe, Sie werden die von
ihrem Hrn. Vater fundirte Societät der Wilsenschafften allergnädigst protegiren.
Es ist nöthig, dals man dahin bedacht sey, wie künftiges Jahr ein neues Volumen
Miscellaneorum Berolinensium zu Stande komme, darin nicht nur speculativa et curiosa,
sondern auch practica et utilia zu bringen; wie man zwar auch beym ersten Volumine darauf
gesehen. Ich will unter andern ein Problema tacticum inseriren: wie auls einer gegebenen
Zahl ein bataillon quarre vuide also zu formiren, dals am wenigsten Personen übrig bleiben,
item etwas ad rem balisticam. Und weil der König auch die Manufacturen gern befordert,
so stelle dahin, ob einige merkwürdige Vortheile oder Observationen und dergleichen zu
haben und beyzufügen. Ich solte vermeynen, in Berlin würde sich dazu Gelegenheit finden.
Hrn. Naude& bitte auch bey Gelegenheit meinetwegen zu grülsen und zu entschuldigen,
dals ich noch nicht sein Buch restituiret; meine theils unvermuthete Reisen haben es ver-
hindert; es ist aber unverlohren.
P.S. Weilen ich hier eine überaus grolse und zwar doppelte Taxe, eine bey der
Reichscanzley, die andere bey der Hofcammer zu zahlen habe, so sich fast auf 800 Thlr.
erstrecket, ehe ich zum würklichen Genuls gelange, so muls m. Hrn. ersuchen, mir wenigstens
300 Thlr. rückständiger Besoldung hieher zu schieken.
155.
Jablonski an Leibniz.
16. December 1713.
Dero geehrte beide vom ı1.Nov. und 6.Dec. habe zu recht erhalten. Wenn dann
aus dem jüngsten ersehe, wie Dieselben an jenem Ort eine neue ansehnliche Bestallung er-
halten, wozu in schuldiger Ergebenheit gratulire und wünsche, dals Sie derselben mit hohem
Ruhm und vielem Vergnügen lange genielsen mögen.
Der Hr. Vicepraeses ist allezeit fleilsig daran gewesen, die Materie zu einem neuen
volumine Miscellaneorum zu sammlen und haben die meisten anwesenden Mitglieder das ihre
beigetragen.
Weil er die Sachen alle bei sich hat, erwarte ich die Verzeichnils derselben von ihm
augenblicklich und hoffe, sie noch vor Abgang der Post zu erhalten. Seine öftere Unpäls-
lichkeit ist ihm sehr hinderlich, dals er damit so wie er gerne wolle, nicht fortkommen kan.
Die Anatomie und Botanica, so der Hr. Gundelsheim in seine Obsorge genommen,
finden durch Beforderung Sr. Königl. Mt. ziemliches Aufnehmen, und ist dieser Tagen eine
Demonstratio anatomica publice gehalten worden; dergleichen nach dem Fest wieder vor-
genommen werden soll, weil ein neues Subjeetum schon vorhanden.
Die andern Künste und Wilsenschaften haben sich noch wenig zu rühmen, und wenn
es wahr, was verlauten will, dals das Naturalien-Cabinet zusamt der Antiquitaten- und
Medaillen-Cammer an Chursachsen verhandelt worden, so verlieren wir nicht nur einen
srolsen Schaz zur zierlichen Gelörsamkeit nötig, sondern auch einen in dieser Erkänntnils
gründlichen Mann, zugleich aber die Gelegenheit, curiosos, die dieses studii Liebhaber sind,
hieher zu ziehen.
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 105
Die verlangte Summa kommt durch remise hiebei. Die anbefohlene Bestellungen habe
ausgerichtet, und verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 16. Dec.
1713.
[P.S.] Der Hr. Rödicke, Erfinder der Universal-Sprache ist an einer Walser-
sucht gestorben. Ich hab ein und andermal erinnert, ob man seine Mss. hiezu gehörig
(denn sein Übriges ist sub hasta verkauft worden) an sich handeln wolte, als etwas Curioses
beizulegen, habe aber kein Gehör gefunden. Hr. Marperger ist über ‚Jahresfrist als
Fürstlicher Hofraht zu Oels gestanden, hat aber den Dienst wieder aufgegeben und ist nu
des Hrn. Kreutz Consulent bei Einrichtung der Manufacturen. Hr. Frisch lebt nach der
alten Weise. Das Seidenwerk wird nu von dem Commilsariat vor die Hand genommen und
stark getrieben; wie lange, stehet dahin. Es ist auch eines solchen Nachdrucks noht, wo
es einigen Fortgang gewinnen soll.
Die hiebei gehende Continuatio I Catalogi membrorum Societatis, so bei jüngstem
Anniversario herausgegeben worden und jährlich continuiren soll, wird zeigen, wie die Zahl
derselben bis dahin und izo angewachsen.
Ich bediene mich der vorigen Adrelse, bis ich das Glück habe, eine neue zu erfahren.
[NB. Diesem Brief liegt ein gedrucktes Quartblatt bei, welches Jablonski Leibniz
übersandt hat.]
Continuatio |.
Catalogi Membrorum Regiae Soc. Scient. Prusso-Berolinensis.
Exhibens nomina eorum, qui ab initio an.ızır ad medium
an. 1713 in Soc. sunt cooptati, recepto ordine disposita:
Ioh. Barbeyrac, Juris et Historiarum Prof. P. in Acad. Lausanensi.
Henr. Iac. van Bashuysen [sic], S. T. D. eiusdemque et philosophiae Prof. Ord., Dicasterii
Ecelesiastiei Consiliarius et Pastor Hanov.
Henr. Bernoulli, Reg. Brit. Societatis Socius.
Joh. Chamberlaine, Reg. Soc. Brit. Socius et eius quae de propaganda fide instituta est,
Secretarius.
Sam. Grolserus, Rector Gymn. Gorlicensis.
Pet. Ludov. Henrich, S. T. D. Reg. Maj. Pruss. Concionator aulieus et Bibliothecarius Berol.
Christ. Gottlieb Hertel, Matheseos Prof. in illustri Collegio Imper. Lignic.
Gabr. Holst, J. U. D. Gedan.
Matth. Kramer, Linguarum Prof. Noriberg.
Ioh. Christ. Lehmanus, Med. D. Physices P. P. Ord. Lipsiens.
Ioh. Georg. Lenkfeldius, Pastor Primarius Groning. Ser. Duc. Brunsvico -Luneb. Consiliarius
rerum eccles.
A. Maurice, Pastor Eceles. et Historiarum iuxta ac Humaniorum Litter. Prof, Genev.
Claud. Grosteste de la Mothe, Ecel. Gallicae Londinens. Pastor F.
Ioh. Arnold Pauli, S. T.D. Pastor ecclesiae et Archipresbyter Dioeceseos Mummelens.
Henr. von Sanden, Med. D. Prof. Physices ordin. et Medieinae extraordin. Regiomont.
Christ. Schlegelius, Bibliothecarius & Antiquarius Prineip. Schwartzburg. Arnstatt.
Hans Sloane, Med. D. einsdemque Prof. et Soc. Reg. Brit. Socius Londin.
Philos.- histor. Abh. 1897. III. 14
106 A. HArRnNAcK:
Gottfr. Tauber, Ser. Due. Saxo-Cizie. Concionator aulieus.
Ioh. Christ. Wolfius, Prof. Linguarum Orient. in Gymnasio Hamburg.
Schriftlich bemerkt Jabl.: »Noch sind dazu gekommen
M. Bonet, K. Resident zu London,
M. Bentley, Director Collegii Trinitatis zu Cambridge«.
156.
Jablonski an Leibniz.
27. Januar 1714.
Dals das remittirte Geld wol überkommen, ist mir lieb; es ist solches hie in lauter
Dritteln bezahlet worden. Es wundert mich aber nicht, dals die Französische Thlr. und
wichtige Ducaten dort so hoch im cours sind, weil sie eben auch hie ziemlich gestiegen und
ich keinen Ducaten anders als vor ı8 gr.[?] und die Französische Thaler zu 2 R. Reinisch
gerechnet bekomme, welche hie so häufig sind, dals aus Magdeburg und weiter hinaus fast
kein ander Gelt bei mir einleuft.
Von den Denkmünzen der Societät werden noch ein paar übrig sein und könte damit
gedienet werden, wenn man nur wüste, wie er [sic] überzubringen, denn auf der Post alhie
dergleichen nicht angenommen werden dörfte, weil die reitenden Posten nichts als blolse
Briefe führen dörfen.
Der Hr. Colas aus Königsberg ist auf Befehl des Königs vor einiger Zeit hieher ge-
kommen und ferner nach Magdeburg gesandt worden nebst dem hiesigen Oberlandbaumeister,
einige Schaden an der Elbe zu besehen. Er ist bei dem König in sonderbaren Gnaden und
wäre zu wünschen, dafs er viel um ihn sein möchte oder die, so um den König sind, ihm
gleicheten. Von seinen Sachen werden einige sehr curiose Observationes de generatione in-
sectorum den Actis miscellaneis Societatis einverleibt werden. Er hat auch etwas vom
Zimmerwerk ausgearbeitet, so er gerne darin haben wolte, es ist aber in Französisch ge-
schrieben und würde schwer zu übersezen sein. Zudem sind die dabei gefügte Rifse sehr
künstlich und würden viel Mühe erfordern, in Kupfer gebracht zu werden.
Das Teutsche Abteil der Societät hat nu die Orthographie vorgenommen und ist
schlüfsig worden, seine Gedanken stückweise herauszugeben und unter der Hand mit ge-
lehrten Männern in Teuschland sich darüber zu vernehmen, um einen Versuch zu tuhn, ob
man zu einer gemeinsamen Zusammenstimmung gelangen könne. Die erste Probe davon soll in
der nächsten Zusammenkunft überlegt und, wenn sie eingerichtet, ferner ausgebreitet werden.
Die anatomischen Übungen werden fleilsig getrieben und sind kürzlich zwo sectiones
männlicher subjeetorum vorgegangen, denen mit nächstem eine dritte folgen soll, inzwischen
aber ein Hirsch, davon hiernächst ein Gerippe zu machen, eingekommen, und noch eine
Sau und ein ungemein grolser Hund zu eben dem Ende von dem König versprochen worden.
Der Hr. Spener hat sich angestellet, als ob er nach Rufsland in Czarische Dienste
gehen wolte, welches uns ein grolser Schaden wäre, weil bei dem medieinischen Abteil er
fast der einige ist, der mit Lust sich der Sachen annimmt und statliche Briefwechsel unter-
hält. Es ist aber davon wieder still geworden.
Ich verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 27. Jan.
1714.
briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 107
157.
Jablonski an Leibniz.
17. Februar 1714.
Es hat meinem Bruder geglücket, mit dem König ein-, mit der Königinn aber zu
mehr malen von der Societät und deren Angelegenheiten zu sprechen, da denn er an
beiden Orten einen guten Eingang angetroffen und gnädig angehöret worden. Was es
aber vor eine Folge haben werde, stehet noch zu erwarten. Der König hält viel auf die
Anatomie und läfset sie [sie] dieselbe nicht wenig kosten, nur weil das Werk von dem Hrn.
Gundelsheim herrühret und also auser der Societät seinen Anfang genommen, so kan ihr
davon wenig zukehren, wiewol man nichts gesparet, sich mit dem Hrn. Gundelsheim
näher zu sezen und wo möglich das Werk der Soeietät völlig einzuverleiben.
Von dem Hrn. Colas habe, seitdem er nach Magdeburg verreiset, nichts vernommen,
kan aber nicht glauben, dals er wieder zurück, viel weniger nach Hause gekehret sei ohne
bei mir einzusprechen, erwarte also seiner alle Tage. Seine Schrift von dem Zimmerwerk
dergestalt absonderlich dem Druck zu untergeben habe schon vorgeschlagen, es scheinet
aber weder er dazu, noch die Herren Direetores zu Verlegung der Kosten grolse Lust
zu haben.
Was bei der Societät belangend die teutsche Orthographie aufgesezet worden, ist
nicht zum offentlichen Druck, sondern nur dahin gemeinet, dals der Gelehrten Meinungen
darüber eingezogen und nachmals als durch gemeine Zustimmung ein beständiger Unter-
richt daraus gezogen und aufgesezet werden könne, dieweil, wenn schon die Societät
unter ihrem Namen etwas heraus gäbe, solches gleichwol ohne dergleichen vorhergehende
Beraht- und Vernehmung vor ein Privatwerk angesehen und keine mehrere Folge, als
andere dergleichen Schriften mehr, haben würde. Was nun hier entworfen worden, soll
nach und nach bogenweise ausgeteilet und herumgeschicket werden.
Die meisten bei der Societät vorfallende Sachen sind so bewandt, dals sie keinen
langen Verzug leiden, sondern bald abgetahn werden wollen, worunter mehrenteils auch die
Receptiones membrorum Soeietatis, dieweil sie bei gewilsen Occasionen sollieitirt werden,
da man mit der Ausfertigung kaum fertig werden kan. Sonst würde nicht ermangeln, von
allem Zeitigen Vortrag zu tuhn.
Dem Hrn. Abt Varignon sein diploma zu übermachen hat Hr. Herrmann über-
nommen, dem es auch nächstens zufertigen werde.
Die Denkmünze vor den Hrn. von Greifenkranz soll in Vorraht verbleiben, und ich
verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 17. Feb.
1714.
158.
Jablonski an Leibniz.
3. März 1714.
Der Hr. Colas ist, nachdem er von der Oder bis an den Rhein alle vorhandene Walser-
schaden besichtiget, hie wieder angelanget und seinen Bericht darüber abgestattet. Nu
stehet er auf der Abreise nach Preulsen, alwo er als Ober-Ingenieur und Landbaumeister
alle Hände voll zu tuhn hat. Er hat der Societät nicht wenig Dienste getahn und dem
König einen befseren Begriff von derselben beigebracht, als Er im Anfang mag gehabt haben,
14*
108 A. Harnack:
so dals S.K.Mt. sich erkläret, dafs Sie die Fundation derselben und wals der anhängig
bestätigen, auch das Theatrum anatomieum ihr einverleiben wollen. Hierüber wird nu bei
dem nächstbevorstehenden Coneilio gerahtschlaget werden, wie insonderheit solche Ein-
verleibung mit gutem Willen derer, so die Anatomie bisher independenter von der Societät
gehandhabet, geschehen möge.
Der Einschluls ist von dem Mahler, welcher schon ehedefsen ein Schreiben von mir
beischlielsen lalsen, und ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 3. Mart.
1714.
159.
Jablonski an Leibniz.
24. März 1714.
Dero geehrtes mit dem Einschlufs an Hrn. Secretarium Oppermann ist mir wol worden
und nachdem derselbe mir die Inlage wieder zugestellet, habe solche zu übersenden nicht
verabsäumen wollen.
Die Exereitia anatomica werden fleilsig getrieben, doch weils ich nicht, dals dabei
etwas Neues vorgekommen wäre, so eine besondere Anmerkung; verdiente, es wäre denn,
dals der weilse Bär, welcher gestern mir unwilsend secirt worden, und ich also nicht dabei
gewesen, etwas an Hand gegeben hätte.. Dieses ist das zweite Stück von Tieren, so der
König hergegeben und davon Gerippe zu machen anbefohlen.
Hingegen geht es bei der Societät etwas schläferig zu wegen anhaltender Unpäfslichkeit
zweier Direetores: des Hrn. Chuno und Hrn. Schott, welche letztere verhindert, dafs die
entworfene Probe der Teutschen Rechtschreibung noch nicht eingerichtet ist. Mit derselben
hat es die Meinung nicht, dals sie gewönlich in den Druck gegeben, sondern allein, dafs,
die Mühe des Abschreibens zu ersparen, Abdrücke davon gemacht werden sollen, die Mei-
nungen der Gelehrten darüber einzuholen, und werden E. Excell. der erste sein, dem hiemit
soll aufgewartet werden.
Der Mahler, von welchem ich einsmals ein Schreiben eingeschlolsen, ist verschiedenlich
bei mir gewesen und hat gefragt, ob nicht ein Befehl an ihn eingelaufen.
Ich verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 24. Mart.
1714.
160.
Jablonski an Leibniz.
1o. April 1714.
Dero geehrte beide vom 21. und 31. Mart. habe zu recht erhalten und die Einschlülse
richtig behändiget, davon das hiebei Zurückkommende zeugen wird. Den Catalogum der
Stücke, so zu den Miscellaneis gesammlet worden, hätte schon gesandt, wenn nicht des
Hrn. Chuno teils Unpälslichkeit teils Unmülsigkeit, indem er mit Räumung eines Teils des
Archivs, so wegen des fortzusezenden Baues abgebrochen wird, beschäftiget gewesen, mich
daran verhindert. Sobald dazu gelangen kan, soll er erfolgen. Das diploma vor Hrn.
Varignon habe auf des Hrn. Hermanns Begehren demselben zugeschickt, der die fernere
Bestellung über sich genommen. Der von dem König bestellte Profefsor anatomiae ist der
Hr. Hofraht Spener, der bei denen vorgegangenen verschiedenen Sectionen seinen Fleils
nicht gespart, sein Auditorium wol zu unterrichten und bei einem jeden neuen Subjecto
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 109
eine neue Methode zu gebrauchen. Er ist auch bisdaher darin so wol fortgekommen, dafs
er eine allgemeine Beistimmung und grolsen Ruhm erworben. Der König hat nicht nur
Mensch-, sondern auch thierische Körper zu verschaffen versprochen, darunter ein Hirsch
und ein Bär albereit geliefert worden und die Gerippe davon aufgestellet werden sollen.
"Von dem Observatorio ist noch zur Zeit keine Miete gegeben worden, obgleich viel-
leicht aus Irrtum eine Anfrage darum geschehen, so man aber abgelehnet. Der König hat
auf des Hrn. Colas Zureden eine gar gute Meinung von der Societät geschöpfet, wiewol von
einigen Andern Ihm eine gar widerige beigebracht worden, und wird man ferner suchen,
Ihn darin zu stärken, wozu der Seidenbau einigen Anlals geben wird, als welchen der
König ernstlich will fortgesezet wilsen.
Hr. Colas ist gestern wieder abgereiset, sehr vergnügt über der Gnade des Königs,
aber um so viel mehr mit neidischen Augen angesehen von Andern, die sich eines mono-
polii der Königl. Gnade anmalsen.
Ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 10. Apr.
1714.
Der Hr. La Croze hat das Glück gehabt, bei dem Prinzen Friedrich Wilhelm als
Informator bestellet zu werden, aber auch das Unglück, dafs nach wenig Monaten aus
einigem empfangenen Milsvergnügen er wieder abgedanket. Und weil er durch die ge-
schehene Reduction das meiste seiner Pensionen verlohren, also hie bequemlich nicht zu
leben hat, ist er kürzlich nach Leipzig und Dresden gegangen, wiewol sein Absehen mit
solcher Reise noch nicht bekannt ist.
161.
Jablonski an Leibniz.
12. Mai 1714.
Ich habe nicht umgehen sollen zu berichten, welchergestalt der Hr. Raht D. Spener
nach einer kurzen Krankheit von 9 Tagen an einem hizigen Fieber sein kurzes Leben, in-
dem er nur 36 Jahr alt worden, beschlolsen und am vergangenen Dienstag begraben worden.
Es hat die Societät an diesen Mann viel verlohren, weil er nicht allein vor sich curios und
ein fleilsiger arbeitsamer Mann gewesen, der das Aufnehmen der Societät ihm ernstlich an-
gelegen sein lalsen, sondern auch eine statliche Correspondenz gehabt, wodurch er der
Societät viel Ehr und Vergnügens geschaffet.
Der Hr. Gundelsheim hat schon einen andern Profelsorem anatomiae verschrieben,
einen Namens Henrici, so Profefsor medieinae extraordinarius zu Halle gewesen. Auch in
diesem Stück verliert die Societät nicht wenig, dafs die Communication derselben mit dem
Hrn. Gundelsheim, die ihr doch auf gewilse malse nötig ist und durch den Hrn. Spener als
ein Mitglied derselben noch so unterhalten werden können, nun auf einmal aufgehoben, und
wol zu zweifeln, ob sie durch den neuen Ankommenden werde können wieder angezettelt
werden.
S. Königl. Mt. haben endlich die Privilegia der Societät auf gewilse malse bestätiget,
wiewol das Diploma confirmationis noch nicht ausgefertiget ist. Ich verbleibe mit schuldigem
Respect u. s. w.
Berlin d. 12. May
1714.
110 A. Harnack:
162.
Jablonski an Leibniz.
28. Juli 1714.
Berichte gehorsamst, wie unter mancherlei Bedrückungen der Societät, darunter sie
sich schmiegen und biegen muls, die gewönliche Versezung des Vice-Praesidii bei allge-
meiner Versammlung der sämtlichen Glieder am vergangenen ı1. Jul. vollbracht worden. Es
ist dabei gleich wie vor dem Jahr die Continuatio catalogi membrorum ausgeteilet worden,
wovon ein Blättlein hiebei lege.
Die Clafsis medica will durch die lange Abwesenheit des Hrn. von Nida und das Ab-
sterben des Hrn. Speners etwas trauren; damit sie nı wieder aufgemuntert werde, hat man
den D. Schwarzen, so sich schon einige Jalır hie aufgehalten und neulich durch Beforderung
des Hrn. Gundelsheim zum Raht und Hof-Medico erklärt worden, zum Mitglied auf-
genommen.
So hat auch der gewesene und nunmehr in dem Rulfsischen Reich fürstlich versorgte
Hospodar aus der Wallachei sich zu einem Mitglied angemeldet. Er wird als ein in ver-
schiedenen Sprachen wie auch in den orientalischen Geschichten wolerfahrener Herr gerühmt
und hat ein küriges [sie] Ms. de vita et gestis Ottomannorum in Arabischer Sprache, welches
er in Latein zu übersezen und mit seinen Anmerkungen herauszugeben gedenket.
Ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 28. Jul.
1714.
163.
Jablonski an Leibniz.
18. December 1714.
Dero geehrtes ohne Datum habe erhalten und den Einschluls an Hrn. Hoffmann
richtig behändiget.
Mit der Societät ist es seither einiger Zeit in einen gar andern Zustand gerahten,
indem derselben in ihren fundum gegriffen und über 1000 Thlr. daraus jährlich durch eine
Königliche Verordnung zu einem anderweiten Vorwand zu zahlen, auser dem aber andere
Zahlungen zu tuhn mir verboten worden. Deme zufolge werden E. Excell. mich hoch-
geneigt entschuldigt halten, wenn mit der verlangten Geldsumme diesesmal nicht andienen
kan, der ich verbleibe u. s. w.
Berlin d. 18. Dec.
1714.
164.
Jablonski an Leibniz.
6. April 1715.
[Ein Auszug aus diesem Brief findet sich auch im Geh. Staatsarchiv; Leibniz hat ihn dem
Minister von Printzen zugesandt.]
Auf Dero geehrtes vom 21. Dec. jüngsthin hätte mit der schuldigen Antwort eher auf-
warten wollen. wenn nicht die Zeit her die Sache der Societät in einer stäten Bewegung
gewesen wäre, da man immer gearbeitet, die Brüche derselben auf einige Weise zu stopfen
und sie vor dem gänzlichen Einsturz zu bewahren. Und in solcher Hoffnung habe selbst
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 1a
mit Gutfinden der Herren Direetoren mein Schreiben aufgeschoben, bis ich etwals Bestän-
diges zu berichten hätte, worüber denn die Zeit unvermerkt verlaufen.
Es wird bekannt sein, wie nach veränderter Regierung die Societät den ersten Anstols
gelitten, da der ganze Marstall und mit demselben specifice auch das Observatorium durch
offentlichen Anschlag zum Vermieten ausgeboten worden. Ob nu wol, weil Niemand zu
solcher Miete sich gefunden, die Societät im Besiz des Observatorii geblieben, so hat man
doch im folgenden Jahr daher Anlals genommen, unter dem Namen einer Miete 50 Thlr.
von der Societät zu forderen, welche dem Aufwärter bei dem Theatro anatomico zu seiner
Besoldung angewiesen worden. Kaum hatte man nach langem Weigern sich hierin be-
qwemet, so wurde ein Aufstand der Societät-Rechnungen von den nächsten 3 Jahren ge-
fordert, und bald darauf ist die in Abschrift hiebei kommende Verordnung ergangen, welche
mit der auch hiebei kommenden Nachricht begleitet worden.
Wie nu dawider direete nichts anzufangen gewesen, so hat man versucht, ob nicht
indirecte eine Änderung zu erhalten, und darüber eine Unterhandlung angetreten, von der
man sich anfänglich etwals Gutes versprochen, die aber endlich in Stocken gerahten und
allem Ansehen nach also bleiben wird.
Hiebei ist das widerige Verhängnils der Soecietät nicht stehen blieben, sondern, nach-
dem man resolviren mülsen, weil anders das Maulbeerlaub zu Potstamm nicht zu nuzen
gewesen, ein eigen Haus mit nicht geringen Kosten anzurichten, mit einem feinen Saal und
ordentlichen Rüstungen in demselben zu Erziehung der Seidenwürmer, denselben auch vor
ı8 Thlr. und mit einer jährlichen Erhöhung vermietet, so haben die grolsen Grenadiere, so
daselbst einquartirt sind, sich den Ort so wol gefallen lalsen, dals unter Vorwand König-
licher Ordre, die aber nicht vorgezeiget worden, sie die Tühr erbrochen, die Rüstungen
ab und zum Fenster hinaus geworfen und den Saal eingenommen. Zum Unglück ist, da
dieses vorgehet, der Hr. Protector nicht zugegen, sondern abwesend in seinen eigenen An-
gelegenheiten, so dafs man sich ohne Raht und Hülfe befindet. Dieses lezte ist um so viel
mehr zu beklagen, weil, wenn der Seidenbau an dem Ort, wie man Ursach zu hoffen hatte,
bei so guter Einrichtung wol gelungen wäre, solches ein Exempel zu Nachfolge vielen An-
deren würde gegeben haben. Die Herren Chuno und Schott sind auch, und der lezte von
langer Zeit, unpälslich, dafs sie den Versammlungen nicht beiwohnen können, wodurch
denn die Societät in einen languorem verfällt, daraus sie sich mit Mühe wird helfen können.
Ich verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 6. Apr.
1715.
|Diesem Briefe liegen bei die sub Nr. 165 folgenden Abschriften von Jablonski's Hand.]
165.
Demnach S. K. Mt. in Preulsen, unser allergnädigster Herr, aus der eingeschickten
Speeification der Einnahm und Ausgabe und dabei gefügten Nachricht ersehen, welchergestalt
die bei der Societät der Wilsenschaften alhie einkommende Gelder zu allerhand und zum
Teil unnötigen Dingen verwendet worden, und dann Dieselben allergnädigst resolvirt, eine
gewilse Anzahl junger Leute zu choisiren, die in der Chirurgie und Wundarztnei und andern
dem gemeinen Wesen nüzlichern Wilsenschaften sich exereiren, und zu deren Perfeetionirung
in auswärtige Länder reisen, die dazu erforderte Kosten aber aus obgedachten Geldern her-
12 A. Harnack:
nehmen sollen, und dahero nötig erachtet, wegen der bei obgedachter Societät der Wilsen-
schaften zu salariren seienden membris eine andere Repartition, als bisher geschehen, zu
machen, gestallen [sic] denn Dieselben hiemit allergnädigst wollen und befehlen, dafs dem Praes.
Leibniz hinfüro nır 300 Thlr., dem Seeretario 200 Thlr., und zu denen extraordinär Ausgaben,
Bau und mathematischen Instrumenten in allem mehr nicht als 830 Thlr. jährlich ausgezahlt,
der Überschufs der 1000 Thlr. aber zum Behuf erwehnter in der Chirurgie studirenden
Jugend employirt werden sollen: Als befehlen allerhöchstgedachte S. K. Mt. Dero Societät
der Wilsenschaften hiemit in Gnaden, sich hiernach allergehorsamst zu achten, was dem
Praesidi, Secretario und an Extraordinarien verordnet ist, in denen behörigen Quartalen aus-
zuzahlen und damit von bevorstehendem Lueiae- Quartal bis Reminiscere 1715 den Anfang
zu machen, die überschielsende 1000 Thlr. aber an Dero Hofraht, Praesidenten des Collegii
mediei und ersten Leibmedieum Gundelsheimer quartaliter mit 250 Thlr. gegen Quitung
abfolgen zu lalsen.
Signatum Berlin den 29. Nov. 1714.
Fr. Wilhelm.
M.L. von Prinzen.
Ich gebe mir die Ehre, dem Hrn. Hofraht Chuno hiebei zu communieiren eine König-
liche Verordnung, welche S. K. M!. mit Dero eigenen höchsten Hand angegeben und mir
allergnädigst anbefohlen, ohne Remonstration sofort expediren zu lalsen, und wird der
Hr. Hofraht Chuno wol belieben, selbige bei der Königlichen Soecietät gebührend publieiren
zu lalsen. Den 30. Nov. 1714.
M.L. von Prinzen.
166.
Jablonski an Leibniz.
20. April 1715.
Zufolge Dero geehrtem vom ı1. dieses sende hiebei 4 Lot Maulbeersamen und habe
damit um so weniger seumen wollen, weil die Jahreszeit schon ziemlich weit gekommen,
damit er noch zu rechter Zeit bestellet werde.
Bei dermaliger langueur der Societät ist der Seidenbau das einige, wodurch man ge-
hoffet, den Vorwurf abzuwenden, dals bei der Societät nichts getahn werde, darum denn
auch dieses Werk mit Fleils fortgesezet worden. Es scheinet aber, als wenn ein besonderes
unglückliches fatum ihr über dem Haubt schwebe, dafs sie nirgens auf- und durchkommen
kan und in allen guten Intentionen eine Schwürigkeit und Hinderung über die andere er-
fährt, auch da man sich derselben am wenigsten vermuten sollen. Es sind nu anderthalb
Jahr, da man Rahts worden, aus der hie gewonnenen Seiden ein Stück Damast weben zu
lafsen, um solches am Hofe vorzulegen. Wie sehr man sich nu bemühet, ja mit Händen
und Fülsen gearbeitet, solches zuwege zu bringen, hat es nicht fertig werden können, bis
nu da es binnen 8 Tagen vollendet sein soll. Wals es gehindert und warum es sich so
lange damit verzogen, würde.kaum mit der Einbildung zu falsen sein, wenn man es nicht
in der Taht erfahren hätte und hie zu erzählen viel zu lang fallen wolte. Wenn dieses Einige
zu rechter Zeit wäre herfürgebracht worden, hätte hoffentlich viel Widerwärtiges abgewendet
werden können. Ob es nunmehr post vulneratam causam noch einigen guten Effect tuhn
werde, ist wol mehr zu wünschen als zu hoffen.
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 113
Es ist aber in dieser Sache allein nicht so gegangen. Die Acta Societatis geben, dals
vor mehr denn vier Jahren damit umgegangen worden, wie ein Theatrum anatomieum an-
zurichten und publica speeimina anzustellen. Allein weil auf dem Öbservatorio hiezu kein
Raum und an den Pavillon, der nachmals dazu angerichtet worden, dazumal nicht zu ge-
denken gewesen, hat es nachbleiben mülsen. Das Unglück der Soecietät ist, dals diejenigen,
so derselben Ehr und Aufnahme suchen, nicht so mächtig sind, als die ihr zu schaden
trachten, daher alle gute intentiones vor dieselbe stecken bleiben. Insonderheit zu dieser
Zeit, da sie in languore und fast in agone liegt, nicht nur morali, sondern auch physico,
indem diejenigen, so bisher am meisten getahn und zu tuhn Lust gehabt, durch Krankheit
und andere Zufälle in ihrer Activität gehindert werden. Ich meine vornemlich die Herren
Chuno und Schott, die von ihrer Unpälslichkeit noch nicht wieder aufkommen können,
daher auch die Zusammenkünfte des Coneilii nicht ordentlich gehalten werden und man sich
nicht gehörig berahten kan, wie es doch so hoch nötig ist. Man muls aber das Beste hoffen.
Ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 20 Apr.
T7EG:
167.
Jablonski an Leibniz.
18. Mai 1715.
Eine Ungelegenheit an der rechten Hand, von welcher ich noch nicht gäntzlich wieder
zurecht gekommen, hat mich gehindert Dero geehrter [sic] vom 25. Apr. mit gehöriger Antwort
eher zu bedienen, da inmittelst Dero folgendes vom 29. Apr. wiewol etwals langsam ein-
gelaufen.
Es ist nicht ohne, dafs die progrelsus bei der Societät von Anbeginn nicht mit solchem
Nachdruck getrieben worden, wie es wol zu wünschen gewesen. Aber wals ist solches
grols zu bewundern von Leuten, die von ihrem Fleils und Arbeit nichts zu gewarten hatten,
und an einem Ort, da das primum mobile aller Dinge ist res privata. Wenn man nu hin-
zusezt die lange Zeit, da die Societät als noch nicht formirt in der Inaction bleiben mülsen,
und die kurze Zeit, da sie durch die eingefallene Veränderung in ihrer kaum erlangten
Activität wieder gestöret und fast gar daraus gesezet worden, so kan ein Mehrers, als wals
sie geleistet, ihr kaum abgefordert werden, man wolle denn von einem kaum gebohrenen
Kinde die Tahten eines gesezten Mannes fordern.
Die besondern Mitglieder betreffend, so ist der Hr. Colas (welcher eben derjenige in
Königsberg ist, defsen Name E. Exc. entfallen) unglücklich gewesen, indem er sich eines
Mehrern, als ihm zugekommen, angemalset und die Landesoeconomie reformiren wollen, bei
der Probe aber, die der König in Gegenwart selbst abgenommen, gegen seine Widersacher
nicht bestanden und also aus des Königs Gnade gefallen. Ob er im Grund Unrecht gehabt,
lalse dahin gestellet sein. Und eben er hat indirecte zu dem Abfall der Soeietät viel bei-
getragen, weil er den Hrn. Gundelsheim ihm zum Feind gemacht. Hr. Hoffmann hat die
Gabe nicht, opera supererogatoria zu tuhn und will ihm alle seine Zeit zu seiner ordent-
lichen Arbeit kaum zureichen. Hr. Spener ist uns ein unersezlicher Verlust, weil er nicht
nur die Lust und den Fleifs hatte, Physicam experimentalem zu treiben, sondern auch eine
statliche Correspondenz, die mit ihm gar aufgehört, weil Niemand ist, der nach ihm der-
gleichen wieder hernehmen könte. Hr. la Crose [sie] hat sich von Anfang der Societät geäusert
und ist gar selten in denen Versammlungen erschienen.
Philos. - histor. Abh. 1897. III. 15
114 A. HarnaAck:
Wals die Societät am meisten in ihrer Hand und Gewalt gehabt und womit sie am
besten aufgekommen, ist der Seidenbau, soweit nemlich es auf Sie angekommen, einen Vor-
raht junger Stämme zuzuziehen und die vorhandenen alten Bäume zu Nuz zu bringen. Es
stehet in verschiedenen Baumschulen ein Vorraht von mehr denn 50o/m Stämmen, die zum
Versezen dienen, und weil der Hr. von Gromkau als General- Commilsarius die Sache ihın
sehr angelegen sein lälset, auch deshalb eigene Königliche Befehle in das Land veranlalset,
so stehet zu hoffen, wie es sich denn auch in der Taht zu zeigen beginnet, dafs solche
Stämme nach und nach abgeholet, dadurch der Societät die aufgewandte Kosten nicht nur
wieder eingebracht, sondern auch noch wol ein ansehnlicher Nuzen zuwachsen werde. Nur
ist auch hiebei das Unglück, dals dem König, welcher noch als Kronprinz der Sache über-
aus zugetahn gewesen, dieselbe in odium Soeietatis dermalsen verleitet [sie] worden, dals er
sie nur en ridieule handelt. Aus denen alten Bäumen, wiewol sie vor den Anfang, um
den Leuten eine Lust zu erwecken, nur gar gering verpachtet, werden mit diesem Jahr
anzufangen über 50 Thlr. gelöset und sind derer, so weit man hin und wieder kommen
können, noch viele roo nachgesezet, welche mit der Zeit ihre Nuzung auch zu tragen be-
ginnen.
Der Hr. Chuno hat zur Zeit seines Vicepraesidii die Ausgebung eines neuen Tomi
Miscellaneorum ihm angelegen sein lalsen, wegen seiner eingefallenen schweren Unpälslich-
keit aber damit nicht zum End gelangen können. Und weil eben diese Hinderung seinem
Nachfolger, dem Hrn. Schott im Wege gestanden, ist es dabei geblieben. Dem Könige ist
zwar mit gelehrten Sachen nichts gedienet, denn er fraget nicht, wals die Societät denke
oder erfinde, sondern nur wals sie tuhe. Vor der Welt aber sich in Reputation zu er-
halten, würde freilich nötig sein, mit etwals Neues aufzutreten. Es solte auch, soviel mir
davon wilsend, weil Hr. Chuno Alles in seine Hände hingenommen, so schwer nicht sein,
dergleichen zusammen zu bringen, wenn nur Jemand vorhanden wäre, der die Zeit und
Kräfte hätte, den vorhandenen Vorraht zu übersehen und in Ordnung zu bringen und
einige der Auswärtigen, so das Ihrige, wozu sie Hoffnung gemacht, noch nicht beigetragen,
zu erinnern.
Hr. Frisch, delsen ich eher gedenken sollen, ist ohne Widerrede der activeste, aber
unter so viel objeeta zerstreuet, dals man oft kaum weils, wo man ihn suchen soll. Izo
hat er eine Pflanzung von etlich rooo Maulbeerbäumen angelegt, und weil der Plaz noch
innerhalb der Landwehr, dals er leicht ab- und zugehen kan, ist er täglich draulsen und
arbeitet mit eigenen Händen. Er verspricht allerhand Observationes sowol was die Fort-
pflanzung der Maulbeerbäume, als wals die generationem insectorum betrifft, die er aus
eigener Erfahrung samlet.
Mit mir ist eine Veränderung obhanden, davon ich hiemit Nachricht zu geben nicht
umgehen wollen. Es ist einige Zeit verflolsen, da ich der Information eines Prinzen des
Königlichen Hauses admovirt worden. Und nachdem derselbe an dem ist, seine Reisen
in die Fremde anzutreten, hab auch ich Befehl, ihm darauf zu folgen. Bei dem Concilio
ist man intentionirt, meine Function provisionaliter durch verschiedene Mitglieder versehen
zu lafsen, damit, wo ich mit Gottes Hülfe wiederkomme, sie mir offen bleibe; es ist aber
der Vorschlag bei Hofe noch nicht angebracht.
Ich verharre mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 18. May
1715.
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz. 115
168.
Jablonski an Leibniz.
15. Juni 1715.
Indem ich eben auf der Abreise begriffen, erhalte Dero geehrtes vom 3. Jun. und
ersehe daraus unter andern, wie Dieselben etwals auf Dero Rückstand verlangen. Weil
ich nu meine Rechnungen geschlolsen und Alles von mir gegeben, ist es nicht mehr in
meiner Hand, hiemit zu dienen. Es ist auch noch Niemand bestellet, der die Geldsachen
übernehmen soll, wiewol es doch mit ehestem geschehen muls. Indelsen habe Dero Schreiben
in Händen des nächstkünftigen Vicepraesidis, de/sen Reihe auf bevorstehenden ı1. Jul. meinen
Bruder treffen wird, gelalsen und unter die proxime agenda verzeichnet.
Der Prinz, mit dem ich reise, ist des seel. Markgrafen Philip Wilhelms ältester Sohn.
E. Excell. danke vor den gütigen Wunsch und erwiedere denselben mit einem schuldigen
Gegenwunsch alles hochvergnügten zu langen Zeiten beständigen Wolergehens, erbitte mir
die Beharrung Dero hochwehrten Gewogenheit und verbleibe mit schuldigem Respect u. s. w.
Berlin d. 15. Jun.
1715.
Register.
[Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Briefe.)
Academie der Künste 147. 148 Bartholdi, von, Geh. Rath, 133
Acoluthus, Pastor u. Prof. in Breslau, 4. 7. 10 Bashuysen, van, in Hannover, 155
Acta eruditorum 79 Ba[s]nage, im Haag, 120. 122
Adrefs-Kalender s. Staats-Kalender Baur [Bauer], von, in Berlin, 27. 53
Albert’s, Markgrafs Gemahlin, 87 Bayle 74
Albinus, Leibarzt in Berlin, 7 Beer, Oberingenieur in Berlin, 7. 141
Amtskammer s. Finanzkammer Beger, Rath u. Biblioth. in Berlin, 7. 40
Anania, ital. Gärtner, 127. 141 Behrens, in Hildesheim, 70. 74. 75- 76
Anatomie s. Theatrum Anatomicum Bekmann, Prof. in Frankfurt a. O., 7. 8. 14. 77
Aneillon, Karl, Legationsrath, 10. 75. 76. 95. 96. | Bentley, in Cambridge. 155
103. 120. 136 Bernoulli, die beiden Brüder, 7
Angieour[t] s. d’Angicourt Bernoulli, Heinrich, 155
Arabische Typen 88; Arabisches Ms. (Gesch. d. | Bernoulli, Jakob, Prof. zu Basel, 45
Öttomanen) 162 Bernoulli, Johann, Prof. zu Groningen, 4. 8. 14
Arnim, von, 144 | Besser, von, in Berlin, 7
Astrologie, von Frau Kirch getrieben, 87 | Bianchini 26
August, König von Polen, in Berlin, 87 | Bibliothek, Bücher-, Mss.- und Zeitschriften- An-
kauf 10. 12. 39. 145. 155
Barbeyrae, Prof. in Lausanne, 155 Bibliothek, Königliche, 149
Barckhausen, holländischer Chemiker, 7. To Bignon, Abt, 88. gı
116
Blasendorf [Bläsendorf, Blesendorf], Verleger, 90.
122. 1230733
Bläsing [Blüsing], Prof. zu Königsberg, 7. 22. 54.
143
Bondelli 100
Bonet, in London, 155
Bosse (= Beausse?), Hauptmann und Mathematiker
in Berlin, 10
Botanik 155
Bott, in Berlin, 7
Bourget 115. 123
Brand, von, Geh. Rath in Berlin, 52
Brandenburg, ungenannter Prediger zu, »so mit
einem neuen systemate philosophiae ad veritatem
s. scripturae exactae schwanger gehet« und zum
Mitglied vorgeschlagen ist, 86
Brochhausen 42 (Auszug aus seinem Bericht über
Sibirien). 49
Brors (Brörs) 4. 5
Büssing, zu Hamburg, 7. 10
Cajetani s. Gaetani
Calixt, Abt zu Königslutter, 4. 8
Cassel, Wasserkünste, 146
Cement, neuer, von Dagly erfunden, 146
Öensur über polit. Schriften, der Societ. übertragen,
74: 75. 78. 88
Chamberlaine, in London, 155
Chauvin, Prof. in Berlin, 7. 8. 61. 71. 73. 130. 132
Chinesische Expedition der Societät 42
Chirurgie, Sorge Friedrich Wilhelm’s £. dieselbe,
165, s. auch Theatrum Anatomicum u. Sectionen
Chuno s. Cuneau
Cima, Pater, 62
Ciprianus s. Cyprianus
Colas, Mitglied d. Soe., in Königsberg, 130. 136.
14I. 143. 156. 157. 158. 160. 167
Coneilium der Societät 10. 18. 49. 133. 139. 143.
144. 145. 158. 166. 167
Coster (Köster), in Duisburg, 10
Creuz, von, s. Kreuz
Cuneau [Chuno], Archivrath u. Mitstifter der So-
eietät, 2: 435. 8 2 73: 147 2520172021.422.004:
25. 27. 28. 35. 38—40. 45. 46. 49. 52. 53. 59.
612163. 165.166. 27 1.7327 7078: 179.284. 35.188:
89. 93. 96—IO3. 107. II2. II4. II5. II6. 119.
124. 128. 130. 131. 135. 136. 138. 147. I49. 150.
152. 155. 159. 160. 164. 165. 166. 167
Cuper 120. 122
Cyprianus, in Koburg, 28
A. Harnack:
Dänemark, König von, und sein Oberhofmeister in
Berlin, 87
Dagly 99. 100. 146
d’Angieourt (Dangicourt), Mathematiker in Berlin,
Io. 24. 83. 90. 137
Dankelmann, von, Generaleommissar,
[Danckelmann]
Dankelmann, von, Staatsminister (Oberpraesident),
63. 147
Departements der Soc. s. Klassen
Deutsche Sprache, Pflege ders. durch die Soeiet.,
5. 123. 124. 156. 157. 159
Diaria Eruditorum 10
Diener der Soeiet. 18
Diefsbach 127
Diplome der Societ. 4—8. I1. 12. 14. 17—19. 45.
61. 62. 70. 74. 75. 76. 86. 96. 105. 122. 123.
125. 145. 15T. 157. 160
Direetoren der Societät 122. 135. 157. 164
Do[hJna, Grafen v., Alexander und Christoph, 136.
143. 144. 147
Drucker d. Soc. 128
Drucksachen auf Kosten der Societät (s. auch Ob-
servationen) 42. 51. 54. 58. 61. 63. 82. 151. 157.
159
Druckschrift 79
Duhram [Duhrem], Generalfiscal, 74
Duisburg, Univ., 133
77. 149
Eimmarth (Eimart), zu Nürnberg, 7. 8
Einnahmen der Soeietät und Kassenverwaltung (90.)
92. 93. 94. I14. 127. I4I. 163. 164. 165
Einrichtung und Eröffnung der Societ. 2. 7. 9. Io.
12..25. 31.162.9904.1119:5120.7 122-5123
Eisenschmidt 77
Elers s. Efsler
Eosander, Baumeister, 7. 98. 99
Epistola ad amieum 94. 149
Ernst, Factor in Stargard u. Leipzig, 69. 72. 73-
144
Efsler, in Paderborn, 101 (es ist wahrscheinlich
derselbe, der 104 Elers heifst)
Fabrieius, Prof. Theol. zu Helmstädt, 4. 7. 8. 41
Fabrieius, Pastor zu Hamburg, 7. 10
Fagon, Leibarzt des Königs von Frankreich, 10
Feldmarschall ro1 (wahrscheinlich der Graf v.War-
tensleben)
Feuerspritzen-Privileg der Societ. 5. 8
Finanzkammer 56ff. ıı8ff. 140. 141. 148
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz.
Finanzverhältnisse des Staats 31. 66. 68. 80. 81.
82. 99. 1I8— 120. 139. 147. 148
Flemming, Graf von, 30
Frankfurt a. O., Univ., 133
Friederich I., König, 105. 123. 124. 146. 147;
Erlafs des Hauskaufs wegen 68; Überreichung
der Miscellanea 106. 108—110; Schreiben von
Leibniz an ihn 109; Pflege der deutschen Sprache
123. 124
Friedrich Wilhelm, Kronprinz, 108. 116. 117. 140;
König, seine neuen Mafsregeln, Veränderung
des Hofs u. s. w., 147. 148. 149. 152; anderes
151; Vorliebe f. die Anatomie und Chirurgie 157.
160. 165; Beförderung des Seidenbaues 160;
schickt sich an, die Privilegien d. Soc. zu be-
stätigen 161; greift in ihren Fundus ein 163.
164; Erlafs, die Verwendung der Gelder betreft.
165; der König behandelt das Seidenwerk der
Soc. en ridieule 167: er fragt nicht, was die
Soe. denkt und erfindet, sondern was sie thut 167
Friedrich Wilhelm, Prinz, 160
Frisch, am Grauen Kloster zu Berlin, 64. 67. 99.
106. 113. II6. 133. 140. 143. 144. 145. 155. 167
Fuchs, in Berlin, 94
Gaetani, Graf, 63. 92
Geditsch [Gleditsch], Verleger in Leipzig, 73
Gehalt, akademischer, s. Pension
General-Instruction der Soeciet. 7. 122. 131. 150. I51
Gerey, Sultan, 126
Ginherr, Oberst der Artill., 7. 8. 1o
Görne (Gören), von, Kammerpraesident, 64. 66
Grebe (?) 33
Greiffenkrantz, von, Geh. Rath, 8. 10. 70. 157
Grenadiere, die grofsen, quartiren sich gewaltsam
in das Seidenwerk-Gebäude der Soc. ein 164
Grobe, Hofrath, 108
Gröben, von, Kammerpraesident, 55. 57- 58
Grofser, Reetor in Görlitz, 155
Grosteste de la Mothe, Prediger in London, 155
Grumkau [Gromkau], Cabinetsminister, 147. 167
Gundelsheim, Leibarzt des Königs, 28. 130. 155.
157. 161. 162. 165. 167
Hänfling [Henfling], in Ansbach, 74. 99. 103
Hamrath, von, 32. 63. 143. 147
Harris, in England, 113
Hartmann, Prof. in Königsberg, 7. 42. 30
Hartmann, Verleger und Buchdrucker, 56. 57. 58.
67-169: WTO- MT LAT2
21%
Hartsoeker, in Amsterdam u.s. w., 27. 28. 115. 116
Heineceius, in Halle, 132. 133. 134
Heifser (?), in Berlin, 10
Henneberg 146
Henrich, Hofprediger in Berlin, 155
Henrici, Prof. Med. in Berlin, 161
Hermann, in Padua und Frankfurt a. O., 45. 133.
134. 136. 151. 157. 160
Hertel, Prof. in Liegnitz, 155
Hertenstein 77
Historia Soc., 1711 gedruckt, 123. 130. 131
Hoffmann, Fried., Prof. Med. in Halle, Leibarzt
in Berlin, 7. 8. ı0. 17. 123. 128—130. 136.
137. 138. 141
Hoffmann, J. H., zweiter Astronom der Soeiet., Io.
B6=41. 45.151. 53.154355 NERT-KL2 0155 03220338
135. 138. 14I—144. 163. 167
Hofrang-Ordnung 16. 45. 50
Holst, Dr. jur. in Danzig, 155
Homann, Geograph in Nürnberg, 86
Hopital, de l’, Mathematiker, 132
Hospodar aus der Wallachei 162
Hülsemann, in Berlin, 94
Hugo 35—37. 39
Huysen [Huyfsen], Geh. Rath bei Peter I., 38
Jablonski, D. E., Hofprediger, 4. 5. 18. 33. 38. 39.
41. 49. 58. 62. 67. 77. 78. 84. 112. II5. II9. 120.
157. 168
Jägwitz [Jagwitz], Dr. in Berlin, 7. 13. 25. 98
Jänisch, Verleger zu Stargard, 71
Ihring, Metropolitan zu Cassel, 28.
llgen, von, Minister, 40. 45. 73. 90. 92. 93. 147
Ilten, von, 69
Imhof, zu Nürnberg, 8
Inseeten-Kunde 156. 167
Instrumente, naturwissensch., 123. 124. 133. 143.
166
Ipecacoanha 47
Isbrand 42
Junius, Astronom zu Leipzig, 4. 5. 7. 10. 51
Junker, Recetor zu Eisenach, 130. 131
Kalender und -Privileg der Soeiet. 2. 4—6. 8. ı1.
14. 15. 17. 24—26. 28. 31—33. 36. 39. 45. 47-
49. 51. 53. 54. 55. 65. 93. IO2. 103. 112. II4.
116. 119. 133. 138. 143. 149
Kameke, von, Hofkammer-Praesident, 142.144.145
Kappisch, Finanzrath, 140
Kassen-Verwaltung der Societät s. Einnahmen
118
Kemmerich, Jurist in Berlin, 121
Kirch, G., Astronom der Societ., 4. 5. IT. 14. 17.
22. 23. 25—28. 36. 37. 41. 43. 45. 47. 49. 58.
TI ES LT2 BLZ
Kirch, iun., 113. 133
Kirch, Frau Margrete, Brief an Leibniz 87, ihre
»Himmlischen Anmerkungen« ebendort; 113. 115.
116. 133. 135. 143. 144
Klassen der Soc. 123. 141. 156. 162
König. Inhaber des Scheidewasser-Privilegs, 145
Königsberg, Seuche daselbst, 93. 96. 97. 99. 113. ete.
Köppen, General-Adjutant, 149
Komet, Observation, I1. 23
Kopfsteuer-Ersatz 118— 120 (Professoren und Aka-
demiker nicht ausgenommen)
Kortholt 25. 58
Kramer, Prof. in Nürnberg, 155
Kraut, Obersteuer- Empfänger, 118
Kreuz, von, Staatsminister, 149 [Kreutz]; (155)
Kroppe 85
Kroseck (Krosick), von, in Berlin (Privat-Observa-
torium) 41. 42. 53. 143
Krug von Nidda, Leibarzt, 7. 141. 162
Küster, Rath und Oberbibliothek.. 47—49. 53
Laboratorium, cehemisches, 145
La Croze, Bibliothekar, 7. 8. 70. 72. 74. 82. 96.
115. 116. 131. 137. 149. 150. 160. 167
Lange, Arzt zu Luzern, 86. 95. 99. 100
La Rose 88 — 92. ı15
Larray, de, 137
Lehmann, Prof. in Leipzig, 139. 155
Leibniz, Briefe von ihm und kleine Bemerkungen
zu fremden Briefen, 4. 7. 8. 10. I1. 16. 42. 44.
55. 87 [Astrologische Anmerkung]. 134. 149. 154;
»Education d’un prince« 58. 62; Wohnung in |
Berlin 18. 77. 78; Schreiben an den König 109;
Schreiben an den Oberkammerherrn ı1o; Ein-
ladung an Leibniz zur Eröffnung der Societät |
ı20: Leibniz, Verf. der Dedication, Vorrede
und der Inschriften auf dem Titelkupfer des
I. Bds. der Miscell., 106; Reichshofrath 136. 1354.
155: Spottvers auf die vom König angeordnete
Vermiethung der Räume der Kunstakademie 148;
Beurtheilung Friedrich Wilhelm’s I. 154; um des
Königs Willen müssen praetiea und utilia von
der Soe. publieirt werden; Leibniz will über ein
taktisches und ein balistisches Problem schreiben
Meyer [Meier], Pastor zu Bremen, 4. 7. 8.
A. Harnack:
Leipzig. der Prof. der Chemie daselbst, 139
Le Mort, zu Leiden, 7. 10
Lenkfeld [Leuckfeldt?]. Pastor in Groningen, 155
Leupold, Mechaniker in Leipzig, 139
Lilienthal, Gelehrter in Königsberg, 104
Local der Sitzungen der Societ. 5. 18
Lorenz, Buchdrucker, 61
Lotterie-Privileg der Societ. 25
Lubieniecki 24. 25
Ludwig, Hofrath, 92. ıo1. 103. 105
Ludwig Rudolf von Braunschweig 132. 134
Luftpumpe 130. 132. 139. 143
Maitre des requets, der Posten ist aufgehoben,
73. 149
Mansard, Oberbaumeister in Paris, 10
Manufaeturen sollen von der Soe. berücksichtigt
werden 154
Margas, de. in Berlin, 7. 10
Marperger, Mitglied der Societ., 66. 69. 70. 71. 155
Maschinen - Beschreibung von der Societ. geplant
44
Maschinen, neue, — die Societät soll sie begut-
achten, 98—IOI. 133
Maschine, schnell arbeitende, verboten 100
Mastricht, von, Obersyndieus, 4
Maurice, Prof. in Genf, 155
Medaillen der Soeiet. 14. 123. 124. 156. 157
Meder, Baron, Goldmacher, 63. 76. 92
Meisenbug [Meiseburg], von, Mitglied der Socie-
tät, 52. 94
Mell, Hofprediger zu Königsberg, 7. 86. 88
Mentzel, Arzt in Berlin, 130. 133
Merian 115
Meteorologische Beobachtungen 42. 58. 63
Metternich, Graf von, 86
17
| Miscellanea Berolinensia der Soeiet. 10. 56— 59.
154: Leibniz’ Gehalt nieht ausgezahlt 163: auf |
die Hälfte redueirt 165
62. 65. 67. 69— 74. 77— 80. 84. 85. 86. 88. 89.
93—97- 99— 110. 113. I14. 115. 130. 136. 137.
TAI. 143. 11448 147.01508 152.10154.11155-,756-
160. 167.
Missionsthätigkeit der Societät 42
Mitglieder, Vorschläge, Katalog, Aufnahme und
Verpflichtungen 4. 7. 8. 10—12. 17. 42—45-
50. 58. 64. 66. 67. 70. 71. 74. 86. 88. 96. 101.
104. 105. 107. II5. II8—120. 122. 123. 124.
125.012730130: IST-#132-2735- 4139. I44-0T195-
155. 157. 162
Monatliche Praesente, Oelven’s Zeitschrift, 74. 88
Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz.
Mondfinsternifs rı
Müller, Fiscal in Berlin, 7. ro
Müller, Propst zu Magdeburg, 4. 7- 8
Naturalien-Cabinet sammt Antiquitäten- und Me-
daillen- Kammer soll vom König nach Kursachsen
verhandelt sein 155
Naude, Mathematiker in Berlin, 7. 39. 55- 99.
130. 132. 133. 154
Naude, iunior, Mathematiker, 130. 131
Neukirch, Verf. des Gedichts auf die Inauguration
der Soe., 123. 124. 129
Neumann, Pastor in Breslau, 7. 8. 10. 33. 63. 147. 149
Newton 113; Optica 83
Observationen, magnetische u. astronomische (In-
struetion f. solehe, v. d. Soc. hrsgegeb.), 133.
135. 138. I4I. 142. 143 u. sonst
Observatorium, Bau desselben (auch Eekpavillons),
2. 14. 24. 26. 27. 29—34. 39. 4I. 43. 46. 53.
54. 55. 62. 66. 81. 90. 141. 143. 144. 147. 148.
160. 164 (es wird vermiethet). 166; Wohnung
des Astronomen (Grundstück gegenüber dem
Observat.) 56—71. 72. 73- 74: 78. 80—82. 99. 119
Oelven [Oewen], von, Rittmeister u. Mitglied der
Societ., 66. 72. 74 [seine Schmähschrift gegen
La Croze]. 86. 88. 90—95. 107
Omeis 45
Oppermann, Secretär in Berlin, 159
Oranien, des Prinzen von, Geburt, 63. 74, u. Krank-
heit 130
Orthographie, Unternehmen d.Soe. sie zu verbessern,
156. 157. 159
Östen, von, Geheimrath, 143. 144
Otto, Raschmacher, 30. 32. 33. 36. 39. 41. 128
Oudin, zu Leiden, 7. 10
Paduaner Professoren 64. 65
Pagen, sollen kein Latein lernen, 149
Pape, Verleger und Buchdrucker zu Berlin, 36.
41. 72. 73. 74- 75- 77 [Brief an Leibniz]. 78.
89. 90. 136
Pariser Akademie 4. 5. 10
Pauli, Erzpriester zu Mümmel, 144. 155
Pechlin, Leibmedieus, 7
Pensionen, akademische, 43. 44. 46. 165 (der Ge-
halt des Praeses und Seeretars wird auf die
Hälfte redueirt)
Peter der Grofse 125. 126. 134
Petit, Prediger, 28
119
Pfeffinger, in Lüneburg, 10
Philipp Wilhelm’s, des Markgrafen, ältester Sohn,
167. 168
Philippopel, Erzbischof von, 25
Phosphori historia 61. 63. 65. 67. 34
Polen, Krieg in, 125. 126
Printzen [Prinzen], von, Geh. Rath, 37. 49. 119.
120. 122. 123. 136. 142.143. 145.147. 149.
150. 164. 165
Processe von Akademikern gegen Akademiker 74. 90
Procefsordnung, Reform, 147: 149
Rabener, Hofrath und Mitstifter der Soeiet., 4. 5
Radzivil, Herzogin, 21
Ragozy, Fürstin, 58
Ramee, de la, Landeshauptmann der Grafschaft
Hanstein, 86
Reiher, Prof. zu Kiel, 7. 10. 54: 93
Renger, Buchdrucker zu Halle, 33
Retzel [Retzal], Medieiner in Braunschweig, 130
Reue [Raue], Archidiaconus, 130. 131
Ritterakademie 50. 139. 143. 149
Roberton (Robeton), Mad., 92. 93. 94
Rödike, Universalschrift u. -sprache, 80. 81. 82.
89. 91. 92. 105. III. 145. 155
Römer, dänischer Mathem. u. Astronom, 4. 5. 8.
II. 26. 70
Rüdiger, Buchführer, 31. 32; iun. 149
Rufsland s. Sibirien u. 132—134
Sanden, von, Prof. in Königsberg, 155
Schamberger, in Leipzig, 7- 10
Scheidewasser -Privileg 145. 147
Schelhammer, in Kiel, 7. 10
Scheuchzer, Verf. des Iter Alpinum in Zürich,
57. 61. 137
Schiller, Verleger in Hamburg, 73
Schlechtiger, Drucker der Soe., 128
Schlegel, Bibliothekar in Arnstadt, 155
Schleinitz, von, 134
Schloisbau 99
Schlüter, der Baumeister, 7. 43 (Antheil am Bau
des Observatoriums)
Schmidt, Abt zu Marienthal u. Prof. Theol. zu
Helmstädt, 4. 7. 8
Sehott, Bibliothekar zu Berlin, 70. 130. 137. 149.
159. 164. 166. 167
Schulwesen, Neue Einrichtung, 77- 78
Schütze, Rector in Belgrad, 42. 58. 63
Schwarz, Hofmedieus, 162
120 A. Harnacx: Briefwechsel zwischen J. Th. Jablonski und Leibniz.
Schwedt, Markgraf von, 150
Schweinitz, von, 25
Schwerin, von, 7. 8. Io
Secretar der Soe., wird auf längere Zeit beurlaubt,
167. 168
Sectionen, anatomische, 153. 155. 156. 159
Segers, zu Königsberg, 28
Seidel, von, in Berlin, 7
Seiden -Privileg und Seidenwerk der Soeiet. 27. 28.
67. III. 113. 115. II6. 132. 133. 138. 140—145.
147. 151. 155. 160. 164. 166. 167
Serlig (?), Hofprediger, 84
Seuchen im Lande u. sonst 93. 96. 97. 99. 113.
114. II9. 152. 153
Sibirische Expedition geplant 42. 69
Siegel der Soeiet. 2. 4—6
Sitzungen der Societ. 2. 5. 8. IO. 24. 29. 45. 49.
74. 122. 123. 124. 129. 132.135. 141.156. 164. 167
Sloane, Secretar der Londoner Societät, 144. 155
Societät, die, dem Untergang nahe aus äufseren
u. inneren Gründen, 163 fl.
Soeietät, die, ist nie im Flor gewesen, die Mitglie-
der selbst sind daran schuld, 167
Sonnenfinsternifs 51. 53. 54. 102
Sophie Charlotte, Königin, 9; ihr Leichenbegäng-
nifs und Mausoleum 35. 38—41. 45
Sophie Dorothea, Kronprinzessin u. Königin, 87.
90. 93. 157
Sophie Luise, Königin, 86. 87
Spanheim, von, Zusammenkünfte bei ihm, 10
Sparvenfeld, von, schwedischer Gelehrter, 91. 103
Spener iun., Naturforscher in Giefsen u. Berlin,
7. 10.46. 47.7%49.052; 167.76. 130.0137.0139.
I4I. 143. 153. 155. 156. 160. 161. 162. 167
Spener sen. 52
Staats-, Hof- und Adrefs -Kalender
28—33. 50. I24. 135
Stahl, Prof. Chem. et Med. in Halle, 10. 137
Stanislaus von Polen 126. 144
TIEONSSEIT.
Starke, Conreetor und Semitist in Berlin, 7. 61.
88. 111
Statuten u. Ordnungen d. Societ. 7. Io. I2. 29.
101. 119. 122. I31. 149. 150. 158. 161
Sterke [Stercky], Pastor in Berlin, 7
Stosch, in Berlin, 14
Strumpfstuhl, Maschine, 133
Sturm, Hofprediger in Berlin, 7
Sturm, von, RKammergerichtspraesident, 143
I
Sturm, Mathematiker in Frankfurt a. O., 10. 14.
43. 44. 46. 49. 54
Tartaren-Chan, Sohn desselben, 125
Täuber, Hofprediger in Zeitz, 145. 155
Tentzel 47
Tettau, von, Kammerherr, 3. 34. 35. 43. 55. 74. 78
Theatrum anatomieum 130. 153. 155. 156. 157.
158. 159. 160. 164. 166
Thermann [Thormann], Dr. in Berlin, 7
Toland, englischer Aufklärer, 72
Tournefort 28
Trescher, Mechanieus, 100
Turretin, in Genf, 75. 76
Varignon, in Paris, 127. 151.
Vauban 10
Verweis, einem Mitglied ertheilt, 46. 49. 144
Vice-Praeses 141. 147. 150. 152. 162. 167. 168
Vignoles [Vignolles], des, Pastor zu Brandenburg
und Berlin, 7. 8. 17. 89. 99. 130
Vincent, Bürger in Berlin, 77
157. 160
Wagner, Astronom in Berlin, 113
Waldschmid 94
Wappen, Preufsisches, 78
Wartenberg, Graf von, Oberkammerherr, mehr-
mals bei den Verhandlungen über den Hauskauf,
s. auch 69. 71. 83. 108. 110. 112
Wartensleben, Graf von, Feldmarschall, 101.
Wasserschäden 156. 158
Wechter, Factor, 149
Wedel, von. Requetenmeister, 10
Werner, Kupferstecher, Director der Akademie der
Künste, 81. 93. 99
Werner, Sohn des vorigen, 99
Westhofen, Brüder, zu Hamm und Emmerich, 7. 10
Witgenstein, Graf von, Oberhofmarschall, 70
Wörterbuch, deutsches, soll auf K. Befehl von
der Soc. ausgearbeitet werden, 123. 124
Woiwode von Kiew 125
Wolf, Chr., Prof. d. Philos. in Halle, 119. 120. 147
Wolf, Joh. Christ.. Prof. in Hamburg, 155
Wurtzelbauer [Wurtzelbau], Astronom in Nürn-
berg, 7. 8. 41
147
| Zendrini ı 27
Zwinger, Prof. in Basel, 28. 50
ANHANG ZU DEN
ABHANDLUNGEN
DER
KÖNIGLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
ABHANDLUNGEN NICHT ZUR AKADEMIE GEHÖRIGER GELEHRTER.
AUS DEM JAHRE
1897.
MIT 4 TAFELN.
BERLIN.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
1897.
GEDRUCKT IN DER REICHSDRUCKEREI.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
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Inhalt
Physikalische Abhandlungen.
Korsen: Das Riückenmark von Elephas indieus. (Mit 1 Tafel.) . . Abh. I. S.1—18.
Kayser: Über die Bogenspeetren der Elemente der Platingruppe . » 11. 8. 1—44.
Mathematische Abhandlungen.
Brenner: Mars-Beobachtungen 1896-97 auf der Manora- Sternwarte
Inelussingpiceolo- Be (Mitzorglarelns)g er. m ea. a. Abh. 1. S. 1—32.
Philosophisch-historische Abhandlungen.
Kranmeen: Bpiswaplusches aus Neon. sn mann num Abh. I. S. 1—38.
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PHYSIKALISCHE ABHANDLUNGEN.
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AEDATIIAAHE IN DAREAHTS TE
Das Rückenmark von Zlephas indicus.
Von
Dr. FR. KOPSCH,
Assistent am I. Anatomischen Institut der Universität Berlin.
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1897. 1. 1
=
”
Vorgelegt in der Sitzung der phys.-ımath. Classe am 4. Februar 1897
[Sitzungsberichte St.V1. S. 55].
Zum Druck eingereicht am 11. Februar, ausgegeben am 6. März 1897.
Dec das dankenswerthe Entgegenkommen des Hrn. Dr. Heck, Directors
des Zoologischen Gartens zu Berlin, bot sieh dem Verfasser im Frühjahre
ı892 die Gelegenheit, das Rückenmark eines männlichen indischen Ele-
phanten zu erlangen. Der Wunsch, dieses seltene Material zu untersuchen,
veranlafste mich, an die mühsame Arbeit zu gehen, welche zur Gewinnung
des Organes nothwendig war. Mufste doch von dem grolsen Cadaver_ die
Rückenmuseulatur entfernt und alsdann der Wirbelkanal in einer Länge
m
von ungefähr 2” aufgemeilselt werden.
Die Durchsicht der Litteratur' ergab nur bei Owen” einige kurze
Bemerkungen über die beträchtliche Gröfse des Subduralraumes und über
den Unterschied zwischen dorsalen und ventralen Wurzeln. Leider giebt
Owen weder an diesen Stellen noch an einer anderen, welche von den
Geschlechtsorganen des Elephanten handelt, die Quelle an, aus welcher er
! Zur Durchsicht gelangten für die Litteratur der Jahre:
1700-1846 Bibliotheca historico-naturalis von Engelmann;
1846—1860 Bibliotheca Zoologica;
1861-1871 Wiegmann'’s Archiv;
1872-1896 Jahresberichte der Anatomie und Physiologie von Hofmann und
Schwalbe;
1879-1895 Zoologische Jahresberichte;
1896 Anatomischer Anzeiger.
Eine sehr vollständige Litteraturzusammenstellung enthalten die Arbeiten von:
L. C. Miall und Greenwood, Anatomy of the Indian Elephant. London 1878. 8.
M. Watson, On the Anatomy of the Female Organs of the Proboseidea. Trans-
actions of tie Zoologieal Society of London. 1885.
® On the Anatomy of Vertebrates. Vol. Ill. Mammals. London 1868. p. 75 and 166.
1*
4 Fr. Korsen:
seine Kenntnisse von der Anatomie des Elephanten-geschöpft hat, während
im Übrigen die Litteraturnachweise in seinem Werke sehr reichlich sind.
Owen selbst hat nach dem am Schlufs des dritten Bandes befindlichen
Litteraturverzeichnifs nichts über Elephanten-Anatomie publieirt, und in
den dort aufgeführten Arbeiten, welche diesen Gegenstand behandeln und
welche ieh, soweit sie mir zugänglich waren, nachgeschen habe, finden
sich keine Angaben über das Rückenmark. Sollte mir eine Arbeit über
dieses Organ entgangen sein, so wäre mir der Nachweis derselben sehr
erwünscht.
Die Eröffnung des Wirbelkanales geschah unter Durchtrennung der
Wirbelbögen vermittels kräftiger Meifsel, und zwar vom dritten Halswirbel
bis zum Os sacrum. Die beiden ersten Halswirbel waren im Zusammen-
hange ınit dem Schädel behufs Erlangung des Gehirns schon früher entfernt
worden. Den Wirbelkanal auch noch in der ganzen Ausdehnung des Os
sacrum aufzumeilseln, verhinderte der Eintritö der Dunkelheit und die Er-
müdung, welche sich nach siebenstündiger ununterbrochener Arbeit einstellte.
Nach Entfernung der Wirbelbögen zeigt sich die äufsere Fläche des
inneren Duralblattes, von welcher zahlreiche bindegewebige Faserzüge zu
dem die Wand des Wirbelkanales bekleidenden äufseren Duralblatt ziehen.
Es fällt namentlich auf der weite Raum zwischen den beiden Blättern der
Dura mater. Derselbe ist bekanntlich ein Lymphraum (Epiduralraum) und
enthält beim Menschen aufser einem mächtigen Venenplexus reichlich Fett-
gewebe. Letzteres ist beim Elephanten an dieser Stelle nicht vorhanden,
von dem Venenplexus war auch nichts zu bemerken, doch soll daraus
nicht geschlossen werden, dass derselbe nicht vorhanden ist, vielmehr liegt
die Vermuthung nahe, dass in Folge des starken Ausblutens — die Haut
des Thieres war abgezogen, der Kopf abgeschnitten, die Eingeweide waren
entfernt — die Venen nicht mehr zu erkennen waren. Die im Subdural-
raum befindliche Cerebrospinaltlüssigkeit war ebenfalls abgetlossen: nur in
der Sacralgegend fand sich noch ein wenig klare, fleischwasserähnlich aus-
sehende Flüssigkeit sowohl im Subduralraum als auch zwischen dem Binde-
gewebe des Epiduralraumes.
Alsdann wird die Dura mater durch einen medianen Längsschnitt ge-
spalten, um die Länge des in situ befindlichen Rückenmarkes und die
Lage seiner einzelnen Abschnitte zum Skelett festzustellen. Was die Zahl
der Wirbelkörper anlangt, so sind vorhanden: 7 Halswirbel, 19 mit Rippen
Das Rückenmark von Elephas indieus. >
versehene Wirbel' und 3 Lendenwirbel. Das caudale Ende des Conus
terminalis liegt in der Höhe des ersten Sacralwirbels. Wie weit das Filum
terminale reicht, vermag ich nieht anzugeben, da der Wirbelkanal ja nur
bis zum Os sacrum eröffnet wurde.
Der transversale Durchmesser des Wirbelkanales beträgt innerhalb der
Halswirbelsäule 65""o-75""o, nimmt alsdann im Bereiche der Brustwirbel-
säule ab bis auf 40””o (in der Höhe des ı0. Brustwirbels) und ist inner-
halb der Lendenwirbelsäule wieder 60"”"o. Im Vergleiche hiermit sind die
Querdurchmesser entsprechender Stellen des Rückenmarkes nur ungefähr
halb so grofs. Die folgende Tabelle enthält eine Zusammenstellung der
Malse entsprechender Stellen vom Rückenmark und Wirbelkanal.
| Transversaler Durchmesser
Wirbelkörper des Wirbelkanales des Rückenmarkes
| mm | mm
ec. I | 65.0 CE 32
CHA | 75-0 GC. VLVI 28—29
DA I 60.0 D. I-II 24.75 — 22.5
D.X | 40.0 | IDERZXIIT 20—21
L. I 60.0 breiteste Stelle der 26.5
\ Intumescentia lumbalis
er Subduralraum zeig ‚enso wie der Duralraum eine beträchtliche
Der Subduralraum gt el ler Dural beträchtliel
/eite, was wen” gegenüber den Verhältnissen bei den Üetaceen be-
Weite, (6) gegenül 1 Verhält l len Üet l
sonders hervorhebt. Genaue Mafse über die Entfernung der Dura von der
ia lassen sich aus naheliegenden Gründen nieht beibringen, doch kann
Pia 1 ha ıheliegenden ( l ht beibring loch |
man aus der Breite des Ligamentum denticulatum eine gewisse Vorstellung
über den Abstand der beiden Hüllen von einander gewinnen. Die Breite
les Ligamentum dentieulatum beträgt im Cervicalmark ı0""o-—12"'"o, im
Dorsalmark 7""o-8""o, im Lubalmark 6""o-8""o.
ie Länge des in situ befindlichen Rückenmarkes, gemessen vom cra-
Die Länge d tu befindlichen Rücl k g om era
nialen Ende des dritten Cervical-Segmentes bis zum caudalen Ende des
freigelegten Stückes vom Filum terminale, betrug 1750. Nachdem jedoch
die Spinalnerven durchsehnitten waren und die Dura mater. losgelöst war,
' In Bronn’s (lassen und Ordnungen wird die Zahl der Rückenwirbel bei Elephas
indieus auf 19—20 angegeben. Nach F. Schlegel, Der sumatranische Elephant, Zoologischer
Garten 1870, S. 333— 335, hat Zlephas sumatranus 20 Rippen, indieus 19, africanus 21.
2
a ARD: 57:
6 Fr. Korscenr:
verkürzte sich die Länge auf 150“o. Dabei waren keine Falten oder
Runzeln an der Pia zu sehen, dieselbe sah ebenso glatt aus wie vorher
im ausgespannten Zustande. Worauf nun die beträchtliche Verkürzung
beruht, darüber kann man nur Vermuthungen aufstellen. Es liegen zwei
Möglichkeiten vor, wie mir scheint: einmal, dafs das Rückenmark, wie
auch andere Organe des thierischen Körpers, intra vitam sich in einer
gewissen Spannung befindet, zum zweiten, dafs bei der Lage des Cadavers
(der Rumpf des Thieres lag abgehäutet und ohne Eingeweide und Extre-
mitäten mit seiner ventralen Seite auf der Erde, indes die Wirbeldornen
nach oben geriehtet waren) das Rückenmark sich in einer starken Spannung
befand, bei deren Nachlassen in Folge des Loslösens der Hüllen von den
benachbarten Knochen es sich auf seine natürliche Länge zusammenzog.
Welches nun auch der Grund für die Verkürzung sein mag, so liegt es
doch nahe anzunehmen, dafs bei den Bewegungen eines so grofsen Thieres
das Rückenmark eine beträchtliche Dehnung erfahren wird. eine Vermuthung,
welehe an Wahrscheinlichkeit gewinnt durch einen Befund an der Arteria
spinalis anterior, von welchem weiter unten (S. ı2) die Rede sein wird.
Das Gewieht des Organes konnte leider nicht festgestellt werden, da
(die Hüllen mit demselben im Zusammenhang bleiben mufsten behufs guter
Erhaltung der äufseren Form.
Die Conservirung geschah in Müller’scher Flüssigkeit. In dieser blieb
das Organ bis zum Herbst 1894 und wurde dann in 70 Procent Alkohol
übertragen.
Vierzehn Tage nach der Herausnahme wurden bei Verkleinerung auf
die Hälfte von dem Rückenmark photographische Aufnahmen gemacht und
unter Zugrundelegung derselben eine Zeichnung angefertigt, welche das
Verhältnifs der Länge zur Breite und das Verhalten der Nervenwurzeln
zeigen soll.
Versuchen wir an der Hand der Fig. ı einen Gesammtüberblick über
das Rückenmark zu erhalten, so fällt die Schmächtigkeit desselben auf,
welche bedingt ist durch den im Verhältnifs zur Länge nur geringen trans-
versalen Durchmesser. Aus demselben Grunde treten die Inturmeseentia
cervicalis und lumbalis nur schwach hervor. Die Zahl der austretenden
Nervenwurzeln beträgt 41, davon sind in der Abbildung nur 39 vor-
handen, da die beiden obersten Gervicalsegmente im Zusammenhang mit
dem Gehirn herausgenommen worden sind. Mithin sind die sechs obersten
Das Riückenmark von Elephas indicus. 7
Nervenwurzeln der Fig. ı die Cervicalnerven III-VIII. Dorsale Nerven-
wurzeln sind vorhanden 19, lumbale 3, sacrale 5. Die noch vorhandenen
6 Nervenwurzeln müssen mithin als Nervi eoceygei bezeichnet werden.
Die gröfste Breite der Intumescentia cervicalis befindet sich bei ©. II
und (©. IV, woselbst der transversale Durchmesser 32"""o beträgt: bei C. V
mm
hat derselbe um 2”"o abgenommen und wird nach dem Dorsalmarke zu
und im Bereiche desselben immer geringer, bis er bei D. III nur 22" 5
beträgt. Im Bereiche der Segmente von D. IV an bis D. XII bleibt er
ziemlich constant (20""o-21""0). Bei D. XIV beginnt die Intumescentia
lumbalis, deren gröfste Breite bei D. XIX mit 26”"5 erreicht wird. Von
diesem Segment an nimmt die Lendenanschwellung wieder ab und geht
über in den langgestreekten Conus terminalis, dessen transversaler Durch-
messer in der Höhe der Wurzel des letzten Nervus coceygeus noch 4""o
beträgt.
Der sagittale Durchmesser zeigt nur geringe Schwankungen. Er ist
am längsten im Bereiche der Intumescentia cerviealis mit 19""'o, im Dorsal-
marke ist er von D. I bis D. XVI constant (15""5 und 16""o), innerhalb der
Intumescentia lumbalis erfährt er erst bei D. XVII eine geringe Zunahme, am
gröfsten ist er bei D. XIX, bei welchem Segmente der Lumbalanschwellung
auch der transversale Durchmesser am gröfsten ist. Von D. XIX findet
eine allmählige Abnahme statt; beim Nervus Coce. II ist der sagittale
Durchmesser gleich dem transversalen, nimmt aber alsdann schneller ab
als der transversale Durchmesser, so dafs er bei Cocc. VI wieder kleiner ist.
Die Wurzelfasern von D. XIX bis Coce. VI bilden eine Cauda equina,
deren längste Fasern, gemessen vom Austritt aus dem Rückenmark bis
zur Durehtrittsstelle durch die Dura, bei 8. II 60""o, bei Coce. IV 68""o
betragen.
Tabelle 1.
Se i transversaler | sagittaler ee | transversaler sagittaler
Segmen | Segmen E
re | Durchmesser | Durchmesser | °s Durchmesser , Durchmesser
| I__ |
| |
GTZ 32.0 | 19.0 II D. I 25.0 16.0
IV 32.0 | 19.0 | Il | 23.0 | 16.0
y eranial. 32.0 | oe | II | 22.5 | 15:5
caudal. 30.0 | ” |
| SE: | | IR 21.5 15.75
vI cranial. 30.0 | | | za
| caudal. 28.75 | | NE 21.0 15-5
VII | 28.25 | 18.0 IN Ne] 21.0 15.5
VII | 26.25 17.0 Vi | 21.0 | 15.5
8 Fr. Korsen:
Beet transversaler sagittaler S er transversaler sagittaler
DESMENE | Durchmesser | Durchmesser | Durchmesser | Durchmesser
„ | b* | eranial. 26.0
: va | 21.0 15.5 | Z. ET a 17.0
IX | 21.0 15-5 I
= = I 23.0 17.0
| PET 15-5 III 22.0 16.0
xXI| 20.5 15-5 | S |
Xu | 21.0 15.5 Er | 19.5 238
XIH | 21.0 15-5 lt | 115 14-5
Enial III | 16.0 13.0
xıy | ranial. 22.0 1.3 a
3 caudal. 23.0 == IV 13.0 UNO
EREVII| 23.0 15.5 | N
XVI 24.0 15-5 | Cocc. I
XVII ı 25.0 16.5 II |
XVII | 26.0 16.5 | II 8.0 8.0
eranial. 26.0 IV
XIX |Mitte 26.5 17.0 | v
caudal. 26.25 | VI ES 3.0
Die Mafse sind genommen von dem noch mit der Pia umgebenen Rückenmarke.
Die Mafsverhältnisse der ventralen und dorsalen Nervenwurzeln hin-
sichtlich der Breite beim Austritt aus dem Rückenmark, ihrer Entfernung
von den benachbarten Wurzeln und von der Mittellinie, sowie die Höhe
der einzelnen Segmente sind zusammengestellt in der folgenden Tabelle.
Tabelle I.
II. Hintere (dorsale) Wurzeln
I. Vordere (ventrale) Wurzeln
Abstand der Abstand der Länge
Austritts- Austritts- der.
stellen von stellen von ur
links | rechts| links | rechts |aer Mittellinie|| links | rechts| links | rechts der Mittellinie| Segmente
Breite Entfernung
Breite Entfernung
C. UI| 26 5.5 48.0(?) ?[40.0] —_ 26.50
DNales2 5.5 26.0 | 35.0 0.0 32.00
Vale32% 5.0 19.0 | 24.0 8.5 32.75
Ylaas: 4.0 EB LSER 285 25.75
NE a 3.5 .5.| 16.5 75 27-25
MI e23: 3.5 235 7-5 25.25
D I| 28.5 | 28.5 _ 1.5 25.5 | 2r.o 5 6.0 8.25 29.25
II I 40.0 | 38.5 1.5 5 27:5. | 225 TION ETTER 8.25 2.25
III | 46.0 | 45.0 3.0 4.0 43.0.| 29.0 | 5.0. | 11.0 9.0 49-50
IV | 53.0 | 52.0 4.0 5.0 38.0 | 33.5 | 26.0 | 23 9.0 57-75
V | 61.0 | 59.0 5-5 8.0 38.0 | 30.0 | 28.0 | 32.0 8.5 67.25
VII 54.0 | 59.0 7.0 7-75 59.0 | 37.0 | 19.0 | 29.0 8.0 61.75
VI | 62.0 | 62.0 8.5 4-5 || 55-5 | 37-5 8.5. [133.0 7-5 68.75
VII | 62.0 | 61.0 5.0 2.0 | 40.5 | 36.5 | 22. 32.0 7-5 67.00
IX I 58.5 | 58.0 5.0 7-5 | 41.0 | 40.0 | 30.0 | 29.0 7-5 64.50
X | 59.0 | 58.5 7.0 7-5 33.0 | 31.0 |. 18.0 | 29.0 7:5 64.50
u un
Das Rückenmark von Elephas indicus. )
II. Hintere (dorsale) Wurzeln
Abstand der
Breite Entfernung EdT Breite Entfernung | pastritts- ans
links | rechts| links | rechts ce Mittellinie links | rechts| links [ rechts ac Mittellinie Segmente
DI ST 4.0 | 6.0 =$ 26.0 |: 27.0 60.75
XI 6.5 6.0 = 41.0 | 46.0 64.25
XII 4.0 55 42.0 | 28.0 50.50
XIV 5.0 _ a3 29.0 |, 38.5 57-75
xV 6.5 _ Sue 30.0 | 40.0 48.00
XVI Bu5 3.0 2 33-5 | 29.0 40.00
XVII 4: 00 33.00
XVII 32.75
XIX 26.50
L. I 22.00
u 19.75
III 12.0 16.25
S I 7-5 5 10.50
II _ — n 9.0 8.5 11.00
I u Bi 65| 7.0 8.50
IV — — Se 5.5 | 8.0 10.00
V 5 6.5 | 9.50
Coce: I 6.0 9.00
II i 5.0 i 8.50
III 4.0 | 3.5 TIGE #8:0 9.50
IV 5.0 | 6.0 4:58 mals 10.2
4 4.5 | 50 1.5 3:5|...3:5 3 £ 8.50
VI 4-5 5.0 125 | 0,5| ı15 | 3.0 5.0 1.5 4.75
Die Höhe der Segmente ist berechnet aus
ihnen befindlichen
Die Zahlen drücken die Länge in Millimetern aus.
den Zahlen über die Breite der vorderen linken Wurzelbasen und den zwischen
Entfernungen.
Die Länge des Filum terminale beträgt (soweit das Filum am Praeparate erhalten ist) go", so
dafs die Gesammtlänge des Rückenmarkes vom cranialen Ende von C. III bis zum Ende des Filum
terminale 140°"3 beträgt (berechnet aus der Breite der vorderen linken Wurzelbasen und den zwischen
ihnen befindlichen Entfernungen plus der Länge des Filum terminale). Bei der Addirung der Wurzel-
basenbreiten der anderen Wurzeln erhält man Werthe, welche von dem angeführten um einige Millimeter
verschieden sind. Die gröfste Differenz beträgt noch nicht ı Procent, so dafs dieser Fehler wohl nicht
als zu grofs zu bezeichnen ist, zumal da er bei solchen Messungen sich nur schwer vermeiden lälst.
Auch für die Länge der Segmente würde man bei Zugrundelegung der Mafse der anderen Wurzel-
reihen etwas verschiedene Mafse erhalten, doch ist ja überhaupt eine genaue Abgrenzung der Segmente
von einander schon dadurch unmöglich, dafs die zu demselben Segmente gehörenden Wurzeln oft in
verschiedener Höhe und mit verschiedener Breite ihrer Basen entspringen, wie ein Blick auf die Ent-
fernungen der Wurzelbasen zeigt.
[84
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1897. 1.
10 Fr. Korsen:
Das Bemerkenswertlieste aus diesen Messungen ist Folgendes: Als ein
allgemeiner Unterschied zwischen den dorsalen und ventralen Wurzeln findet
sich, dafs die Breite der dorsalen Wurzelbasen durchgehend geringer ist
als der entsprechenden ventralen, so dafs die Entfernungen zwischen den
benachbarten Wurzeln auf der dorsalen Fläche gröfser sind als auf der
ventralen.
Die Breite der ventralen Wurzelbasen schwankt im Cervicalmarke
zwischen 23.0 und 34"””o; am breitesten sind sie bei .IV und C©.V.
Von ©. II bis €. VII liegen sie dicht an einander (Fig. 2) mit Ausnahme
einiger kleiner Entfernungen, welche an drei Stellen vorhanden sind.
Dagegen schwankt die Breite der entsprechenden dorsalen Wurzelbasen von
16.5 bis 35""o, und die Abstände zwischen denselben betragen 5.0 bis 9”"o.
Nur bei ©. VI und €. VII (Fig. 3) stofsen die Wurzeln dicht an einander.
Im Dorsalmark nimmt die Breite der Wurzelbasen allmählig zu, um
bei D. VI und D. VII (Fig. 4, 5) mit 62""o am gröfsten zu werden. Von
D. VII an findet wieder eine allmählige Abnahme statt. Die weitesten
Abstände der ventralen Wurzelbasen sind 8""s5, der dorsalen 36""o.
Von D. XIX bis zum Ende des Rückenmarkes nehmen die Entfernungen
zwischen den benachbarten Wurzelbasen, sowie die Breite derselben und
ihr Abstand von der Mittellinie ganz allmählig ab (Fig. 6 und 7). Die ven-
tralen Wurzelbasen von 8.1 bis Coce. VI grenzen wieder dicht an einander.
Die Entfernung der Wurzelaustrittsstellen von der Medianlinie ist am
grössten im Öervicalmark und wird nach dem caudalen Ende des Rücken-
markes in gleichmäfsiger Weise geringer. Nur im Bereiche der Cervical-
segmente VI bis VIII ist die Entfernung geringer als in den nächst obern
Uerviealsegmenten und den nächst unteren Dorsalsegmenten.
Die Länge der Wurzelfäden, gemessen von der Ursprungsstelle aus
dem Rückenmark bis zur Durchtrittsstelle aus der Dura, ist verschieden,
sowohl nach den Segmenten, als auch innerhalb der einzelnen Wurzeln
(Fig. 1-7). Sie ist bedingt erstens durch die Höhe und die Breite des
Segmentes und zweitens durch die Entfernung desselben von der Austritts-
stelle der Nervenwurzeln aus der Dura. Deshalb sind am kürzesten die
Wurzelfäden von D. XVI bis XVII, bei welchen die Segmente kurz, der
transversale Rückenmarksdurchmesser klein und die Austrittsstelle aus der
Dura gegenüber der Mitte des Segmentes gelegen ist. Am längsten sind,
wie schon oben bemerkt, die Wurzelfäden der Cauda equina. Denselben
Das Rückenmark von Elephas indicus. 11
kommen am nächsten diejenigen der hohen Dorsalsegmente (Fig. 4, 5).
Was den Längenunterschied der Fasern innerhalb derselben Wurzel anlangt,
so sind die eranial gelegenen Fäden länger als die caudalen, da die Aus-
trittsstellen der Nerven aus der Dura mit Ausnahme von D.XVI bis D.XVII
:audalwärts verschoben sind (Fig. ı-7). Innerhalb der langen Dorsalseg-
mente aber sind die mittleren Fäden die kürzesten, die caudalwärts ent-
springenden etwas länger, am längsten die cranialen, weil bei diesen
Segmenten die Austrittsstelle der Wurzeln aus der Dura zwar auch caudal-
wärts verschoben, aber immer noch mehr cranial liegt als die Ursprungs-
stellen der untersten Fäden des betreffenden Segmentes (Fig. 4: 5).
In dem Aussehen und der Zahl der Wurzelfäden findet sich ein grofser
Unterschied zwischen den dorsalen und ventralen Wurzeln, was Owen für
len Elephanten besonders bemerkt'. Die 'Thatsache, dafs die ventralen
Wurzeln mit zahlreichen dünnen, die dorsalen mit wenigen dicken Bün-
deln entspringen, ist ja allgemein bekannt. Da aber bei diesem Materiale
der Unterschied ein so aufserordentlich grofser ist, so ist ein besonderer
Hinweis darauf wohl gerechtfertigt (Fig. 2-7).
Die Länge (Höhe) der Segmente beträgt bei C.V 32""o: sie nimmt
im Öerviealmarke ab bis auf 25”"25 (bei €. VII). Innerhalb des eranialen
Abschnittes vom Dorsalmark findet von Segment zu Segment eine beträcht-
liehe Längenzunahme statt, bis bei D. VII mit 68""75 die gröfste über-
haupt an unserem Objeete beobachtete Länge erreicht wird. Von D. VII
bis zum Filum terminale findet nun ein allmähliges Kürzerwerden der Seg-
mente statt, bis auf 4""5 bei Coce. VI, wobei innerhalb der Intumescentia
lumbalis ein etwas gröfserer Abfall zu beobachten ist (Fig. 2-7).
Von den Blutgefäfsen ist das stärkste die Arteria spinalis anterior,
mm
deren Dieke trotz starker Zusammenziehung noch ı""5 im Üervicalmarke
beträgt. Sie entspringt nach der Angabe von Mayer’ aus der Arteria
vertebralis dextra nahe an ihrer Verbindung mit der Arteria vertebralis
sinistra und verläuft, ohne wesentlich an Caliber zu verlieren, bis zum
Conus terminalis. Dort wird sie dünner und theilt sich in zwei Äste,
welehe das Filum terminale begleiten. Sie liegt in der Fissura longitudi-
nalis anterior, bedeckt von einem bindegewebigen Band (Fig. 2, 4, 6). welches
! A.a. 0. S.166.
® Mayer, Beiträge zur Anatomie des Elephanten und der übrigen Pachydermen.
Nova acta Leopold XX1U. p. 47-
2*
> Fr. Korsenr:
fest mit der Pia verwebt ist und die Fissur zudeckt, so dafs die Arterie
in einem auf dem Querschnitt dreieckigen Kanal verläuft. Im Cervical-
mark (Fig. 2) zeigt die Arterie eine leichte Schlängelung, und das sie be-
deckende Band ist nur an einigen Stellen mit der Pia mater und der
Gefäfswand verwachsen. Infolgedessen treten die Windungen des Gefälses
seitlich neben dem Bande hervor. Sucht man nun nach einer Erklärung
für dieses abweichende Verhalten, so wird man in erster Linie daran
denken, dafs die Halswirbelsäule sehr ausgiebige Bewegungen vollführt
und wird in dem Verhalten des Bandes und der Arterie eine Vorrichtung
erblicken dürfen, durch welche das Gefäfs einerseits gegen Zerrung, anderer-
seits gegen Zusammenschiebung gesichert ist. Bei der Bewegung des Kopfes
nach hinten brauchen die Windungen des Gefälses sich nur auszugleichen,
so dafs keine Dehnung eintritt, und bei der Bewegung nach vorne können
die Windungen mehr oder weniger neben dem Bande hervortreten, wodurch
die sonst eintretende Zusammenstrebung verhindert wird.
Ein in ähnlicher Weise erklärtes Verhalten der Gefälse findet sich im
Ovarium der Säugethiere, dessen Gefälse korkenzieherartig gewunden sind.
Zur Erklärung dieser Erscheinung dient die abwechselnde Vergröfserung
und Verkleinerung des Eierstockes, welche mit seiner Function zusammen-
hängt. Indem bei der Vergrölserung des Organes die Windungen der Ge-
fälse sich ausgleichen und bei der Verkleinerung wieder auftreten, werden
sowohl Zerrungen, wie ein Zusammendrücken vermieden.
Was das die Arterie begleitende Band anbetrifft, so sind ähnliche
Längsbänder von den französischen Forschern Jolyet und Blanchard' am
Schlangen -Rückenmark beschrieben worden. Die genannten Autoren be-
schreiben bei Boa constrictor, Tropidonotus natrix und Python Sebae kräftige
Längsbänder von faserigem Bau, welche, in der ganzen Länge des Rücken-
markes sich findend, innerhalb der Hülle desselben verlaufen. Die Liga-
mente liegen symmetrisch auf beiden Seiten und sind begleitet von einem
Blutgefäls, welches in derselben Richtung verläuft. Bei der Boa kommen
aufser diesen beiden seitlichen Verstärkungsbändern noch zwei andere mehr
ventral gelegene vor. Jolyet und Blanchard schreiben diesen Bändern
eine grolse physiologische Bedeutung zu und stellen die Frage auf, ob sie
UF. Jolyet und R. Blanchard, Uber das Vorkommen eigenthümlicher Bänder am
Rückenmarke der Schlangen. Zoologischer Anzeiger. Il. 1879. S. 284—286.
Das Rückenmark von Elephas indieus. 13
nicht dazu dienten, das Hin- und Herziehen des Rückenmarkes zu verhin-
dern, wofür auch die seitliche Lage zu sprechen scheine, da ja die Seiten-
bewegungen bei den Schlangen im höchsten Grade entwickelt sind.
Diese Beobachtungen bei den Schlangen sind wohl geeignet, die oben
von mir ausgesprochene Ansicht zu stützen, dafs das die Arteria spinalis
begleitende Band als Schutzvorrichtung aufzufassen ist, welche das Rücken-
mark oder nur das Gefäls vor Zerrungen schützen soll. Wir werden darum
die von den französischen Forschern gegebene Erklärung, dafs die von ihnen
bei den Schlangen beschriebenen Bänder das Hin- und Herziehen verhin-
dern sollen, dahin modifieiren, dafs vielmehr gerade durch die Bänder die
Dehnung, welche bei plötzlichen Bewegungen nur eine Stelle des Rücken-
markes treffen würde, auf eine grölsere Strecke desselben vertheilt wird.
Die Arteriae spinales posteriores liegen auf den Seitenflächen des
Rückenmarkes zwischen dem Ligamentum dentieulatum und den hinteren
Wurzeln. Sie stehen in Verbindung mit Gefäfsen, welehe mit den hinteren
Nervenwurzeln an das Rückenmark herantreten.
Von den Hüllen des Rückenmarkes ist wenig zu berichten, da sie
sich im Wesentlichen genau so verhalten, wie es bei den anderen Säuge-
thieren bekannt ist. Die Pia mater ist 0"”5 diek:; das Band, welches die
Arteria spinalis anterior bedeckt, ist oben schon beschrieben worden. Die
Dura mater hat eine Dicke von 1.5-2""o. Ihre innere Oberfläche ist glatt
und glänzend. Nach aufsen lockert sich das derbe Bindegewebe, aus welchem
sie besteht, auf und befestigt gleich einer Gefäfs-Adventitia das Rücken-
mark und seine Hüllen im Wirbelkanale. Am reichliehsten ist es entwickelt
am caudalen Ende des Rückenmarkes, mit welchem die im Wirbelkanale
noch eine Strecke weit verlaufenden Nervi sacrales und eoceygei dureh das
genannte Bindegewebe verbunden sind.
Die Arachnoides erscheint in Gestalt feiner Fasern; als zusammen-
hängende Haut wurde sie an keiner Stelle gefunden.
Das Ligamentum denticulatum ist sehr kräftig ausgebildet (Fig. ı 1g.
dent.). Die Anheftungslinie desselben an der Pia befindet sich im Cervical-
marke und im Dorsalmarke ungefähr gleich weit entfernt von der vorderen
und von der hinteren Fissur auf der Seitenfläche des Rückenmarkes. Inner-
halb der Intumescentia lumbalis aber rückt sie etwas weiter nach vorn.
Der laterale Rand des Bandes ist verstärkt durch einen ungefähr 2"""oo
dieken Strang, von welchem die einzelnen Zacken ausgehen. Die Zahl der
14 Fr. Kopsch#:
letzteren beträgt 27 (von €. II an). Die caudalste Zacke befestigt sich an
der Dura zwischen den Austrittslöchern von L. I und 7. IH. Die Ineisura
anterior ist im Verhältnifs zur Grölse des Rückenmarkes und zur Dicke der
Pia als schmal zu bezeiehnen, sie enthält einen Pia-Fortsatz, reicht bis zur
vorderen Commissur und verbreitert sich dort um ein Weniges (Fig. S-21).
Die Hinterstränge sind von einander durch ein Septum posterius getrennt.
Die Sulei laterales sind mehr oder weniger deutlich in den einzelnen
Rückenmarks-Abschnitten. Der Suleus lateralis anterior, welcher bei ©. IV
(Fig. 8) sehr deutlich ausgeprägt und auch bei ©. VIII (Fig. 9) noch zu er-
kennen ist, erscheint im Dorsalmarke
nur als seichte Furche (Fig. 10-15), erst
von D. XVII an (Fig. 16-21) tritt er
wieder in Gestalt einer breiten Furche
auf. Was seine Form anbetrifft, so ist
er am besten zu vergleichen mit einem
seichten Graben mit flacher Sohle (Fig. 17
links, Fig. 18, 19). Letztere wird von den
Dureh die mit den Nummern r-ır bezeichneten Striche 2 SR - an
sollen die Stellen bezeichnet werden, an welchen de Zählreichen feinen Wüurzelfäden “durch-
in Tabelle II aufgeführten Mafse genommen wurden Z n E
Es sind: x. Breite des Vorderhornes; 2. Höhe des Vor- brochen. Der Suleus lateralis posterior
derhornes, gemessen auf dem durch die hintere Com- 3 is n “2
missur gelegten transversalen Durchmesser; 3. Breite dagegen ıst ın der ganzen Länge des
des Hinterhornes in der Gegend des Hals 4. Höhe Ye e Far 8 3 A
des Hinterhornes von der Mitte der Basis bis zum Rückenmarkes als scharfe Rinne VOT-
Apex; 5. Breite der gesammten grauen Substanz, ge- ._p B .
messen auf dem durch die hintere Commissur gelegten handen ’ welche am tiefsten wird ınner-
transversalen Durchmesser; 6. Vorderstrang, Breite; 3 h F
7. Vordereteing Höhe: BSchkenekrang röfste Breite: halb der Intumescentia lumbalis (Fig. 18
g. Hinterstrang, Breite in der Gegend des Halses vom . a Bi 4 ger
Hinterhorn; 10. Hinterstrang, Breite in der Gegend der bis 20). Von den Sulei intermedii Ist
Lissauer’schen Randzone; ır. Höhe des Hinter-
N anleonel der vordere gar nicht zu erkennen, der
hintere ist nur schwach ausgebildet.
Die Gestalt der grauen Substanz und ihr Verhältnifs zur weilsen
ist untersucht worden mit Hülfe von Querschnitten (Fig. 8-21). An den-
selben fällt vornehmlich auf die grofse Menge der in die graue Substanz
einstrahlenden Faserzüge. Wie viele davon bindegewebige Septa sind
und was Nervenfasern, kann natürlich nur an mikroskopischen Prae-
paraten eıftschieden werden. Die vordere und hintere Commissur treten
sehr deutlich hervor (Fig. 8) wegen der zahlreichen Nervenfasern, welche
in denselben liegen. Der Üentralkanal ist nicht zu erkennen. Die Sub-
stantia gelatinosa ist kräftig entwickelt, namentlich im Cervieal- und Lum-
balmark.
Das Rückenmark von Elephas indicus. 15
Uber die Mafsverhältnisse der grauen und weilsen Substanz auf den
14 abgebildeten Querschnitten giebt die folgende Tabelle Aufschlufs. Die
Figur auf S. 14 zeigt, in welcher Weise die einzelnen Mafse genommen
wurden.
Tabelle I.
C. IV Eva D.I D.II| D.V|D.xu D.XxV D.XVID.XVU
I. Graue Substanz. | | | | |
ı. Vorderhorn. | | | | |
a) gröfste Breite ..... 5.58 0.4:08 61252 1.00 720 | zn Bon 20 36 5.25 | 3.5 |3.0| 125
DE Hoher eek 5022 5:08 03.04 |13:5 | 2.75| 3.0 | 3.0 3.0 3-25 3:25 4.0 io | 30
2. Hinterhorn. | | | | |
GP Breite. uann..2u. 2.5| 275| 2.25| 1.75 1.5 1.5 3.0 2.75 3.0 3.0 2.75 | 3.25 | 4.25 Ie5
DIEEIchekeee een ee 5.01 40 |3.75| 3.25| 4.0 | 2.175 | 45 A | 6.0 5.25 | 4.5 | 3.0 1.75
3. Breite der gesammten | | | | | |
grauen Substanz...... 12.5 | ı1.0 | 8.75| 5.75| 4.25| 6.5 8:5..1159.0 9.5 12.5 14.0 8.5 | 8.0 4.0
| | | | | | |
II. Weifse Substanz. | | | | | | | |
ı. Vorderstrang. | | | | | | | | |
WIMBreiterneresereer 3.0 | 3:5, | 2.75) 2.25 | 1.25| 1.5 | 2.25 2.25 |_ 2.25 | 2.25 2.0 1.75 5
DyNHöhern.eeeesaet 7.5 | 8.0 | 7.0 | 6.5 |60 | 6.5 | 6.25 | 6.25 6.75 | 75 7.0 6.0 | 5.0 2
2. Seitenstrang. | | | | | | | | |
G)UBreIter. Arellerieteniet 8.5 | 7.75| 80 8:5 | 8.25| 7-5 | 7:5 | 6.5011127:0 | 6.25 5.5 4.25 | 3.0 2.0
3. HHinterstrang. | | | | | |
a) Breite in der Gegend | | | | | | | | |
des Halses........ 3:75, 2.50 Frers | 1.75| 1.25| 1.25 | 2.25 | 2.5 2.75 3-5 3.25 | 1.75 | 1.0 |
b) Breite in der Höhe | | | | | | |
der Lissauer’schen | | | | | | |
Randzone.......... 9.1517 71:5. 6.0) 16.251116:5 | 6.5 ‚| 7:5 8.25 8.25 8.5 8.0 6.5 | | 25
G)EHOnerpra ee 9.5 | ‚7-75| 7.0 | 7.0 | 7-5 | 6.75 | 6.5 6.25 | 7:5 7:75 8.0 5.75 |4.25| 25
4. Breite der Lissauer- | |
schen Randzone...... 325 93:5 173.751, 4:0H| 4:04 3:75:11 2.254 2-5 2.001, 210 1.5 To/u|T.o 0.75
Die Mafse wurden genommen an den zweimal vergröfserten Photographien, welche zur Ausführung der Fig. 8-21 dienten;
durch Division der erhaltenen Werthe mit 2 wurden die in obiger Tabelle angeführten Werthe erhalten, welche die wirkliche Grölse
der betreffenden Durchmesser darstellen.
Betrachten wir nun das Aussehen der grauen Figur auf den ein-
zelnen Quersehnittbildern, so haben wir zuerst zwei Schnitte vom Üer-
vicalmark C. IV und ©. VII. Die graue Figur ist sehr grols; besonders
bemerkenswerth sind die langgestreckten Commissuren, sowie die an der
Spitze des Hinterhornes liegende Substantia gelatinosa. Die Veränderungen,
welche sich vom 0. IV bis €. VIII bemerkbar machen, bestehen haupt-
sächlich in einer für alle Theile der grauen Figur gleichmäfsigen Abnahme
16 Fr. Korsenr:
der Durchmesser. Bei D. I dagegen macht sich nicht allein in Bezug auf
die Gröfse, sondern vor Allem hinsichtlich der Stellung der einzelnen Theile
zu einander ein bedeutender Unterschied bemerkbar. Das Vorderhorn hat eine
mehr sagittale Richtung, indes das Hinterhorn sich mehr nach der Seite
und hinten erstreckt und die Substantia gelatinosa etwas auf die mediale Seite
rückt, was auch schon bei €. VIII etwas angedeutet ist. Bei D. HI und D. V
wird die graue Figur noch kleiner, bei D. XII aber nimmt sie schon wieder
an Gröfse zu und hat bei D. XV ungefähr wieder Gröfse und Aussehen, wie
es bei D.I der Fall ist, so dafs eine Unterscheidung derselben schwierig
wäre, wenn nicht die Stellung des Hinterhornes eine verschiedene wäre.
Die Richtung desselben wird nämlich in den unteren Dorsalsegmenten immer
mehr seitlich, was hervorgerufen wird durch die Vergröfserung der Hinter-
stränge. Von D. XVI beginnt wieder eine schnelle Zunahme der grauen
Substanz und tritt eine Änderung ein in der Stellung der Hinterhörner.
An den Vorderhörnern bemerkt man bei D. XVI, XVII, XVII nur eine
Verbreiterung, ihre Stellung bleibt annähernd dieselbe, das Hinterhorn
aber bekommt allmählig wieder eine mehr sagittale Richtung. Bei D. XVI
und XVII verläuft es zwar noch bedeutend lateralwärts, bei D. XVII aber
ist es schon weit weniger der Fall und bei D. XIX ist seine Richtung
wieder ziemlich genau sagittal. Dabei rückt auch die Substantia gelatinosa
wieder an die Spitze des Hinterhornes und nimmt an Mächtigkeit zu. Bei
D. XIX zeigt die graue Figur schon die gedrungene Gestalt, welche für das
Lumbalmark charakteristisch ist, und die laterale Ecke des Vorderhornes
verlängert sich nach vorn und aufsen. Bei dem nächsten Schnitt (Grenze
von 8. I und II) ist dadurch die Richtung des ganzen Vorderhornes eine
schräg nach vorne und aufsen gerichtete geworden, so dafs die vorderen
Wurzelnfasern auf seiner medialen Fläche austreten. Das Hinterhorn bleibt
in seiner sagittalen Lage, es wird immer breiter und gedrungener dadurch,
dafs seine Höhe nur in geringem Mafse abnimmt, während die Breite bei
S. III sogar noch gröfser wird. Im Lumbal- und Sacralmark, sowie im Conus
terminalis, werden die Commissuren allmählig immer dicker, so dafs schliefs-
lich (vergl. Coce. I, II) Vorder- und Hinterhörner wie Appendiees an der
grolsen Masse der Gommissur erscheinen.
Über das Seitenhorn und den Processus retieularis können keine be-
stimmte Angaben gemacht werden, weil diese Theile der grauen Figur an
den Quersehnitten nicht deutlich genug abgegrenzt werden konnten.
Das Rückenmark von EBlephas indieus. 17
Was die weilse Substanz anbetrifft, so ist der Vorderstrang am kräf-
tigsten bei ©. IV, VIH und D. I, d. h. innerhalb der Intumescentia cervi-
:alis. Im Dorsalmark werden die Dimensionen geringer, bleiben aber ziem-
lich constant sowohl im Dorsalmark wie in der Intumescentia lumbalis; eine
stärkere Abnahme findet erst von 8. I an statt. Der Hinterstrang dagegen
ist zwar in ©. IV am gröfsten, im unteren Cervicalmark und Dorsalmark
aber bedeutend schwächer als innerhalb der Intumescentia lumbalis, wo er
dorsalwärts hervorspringt und die bedeutende Tiefe des Suleus lateralis
posterior bedingt. Der Seitenstrang und die Lissauer’sche Randzone neh-
men von ©. IV an allmählig ab.
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1897. 1. 3
18 Fr. Korsen: Das Rückenmark von Elephas indieus.
Erklärung der Figuren.
Fig.ı. Übersiehtsbild vom Rückenmark. Dorsal-Ansicht. Zg. dent. Ligamentum den-
tieulatum. F.t. Filum terminale. Grölse +.
Fig. 2. Cervicalsegment VI und VII. Ventrale Ansicht. A. sp. a. Arteria spinalis aute-
rior. Lg. das die Arterie deckende Band.
Fig. 3. Cerviealsegment VI und VII. Dorsale Ansicht. Fig. 2 und 3 sind Zeichnungen
von demselben Stück; in Fig. 3 sieht man oben auf der rechten, wie auf der linken Seite
noch Wurzelbündel von €. V; auf der rechten Seite unten auch noch ein Wurzelbündel von
c. VII.
Fig. 4. Dorsalsegment VIII. Ventrale Ansicht. ZLy. das die Art. spinalis auterior
deckende Band.
Fig. 5. Dorsalsegment VIII. Dorsale Ansicht.
Fig. 6. Lumbalsegmente I, II, III. Sacralsegment I. Ventrale Ansicht. 4A. sp. a. Ar-
teria spinalis auterior. Lg. das die Arterie deckende Band.
Fig. 7. Lumbalsegmente I, II, III. Sacralsegment I. Dorsale Ansicht. Auf der rechten
Seite oben befindet sich noch ein Wurzelbündel von D. XIX.
Fig. 8-21. Zeichnungen nach Querschnitten durch das in Müller’scher Flüssigkeit
gehärtete und in Alkohol von 70 Procent aufbewahrte Rückenmark. Die Zeichnungen sind
eine ganz genaue von Hrn. Dr. Müller mir freundlichst angefertigte Wiedergabe dessen,
was man bei Lupen-Vergrölserung auf einem Schnitte sehen kann. Die Genauigkeit wurde
dadurch erreicht, dafs den Zeichnungen Photographien zu Grunde gelegt wurden.
Es entspricht Fig. 8 — C. IV. Fig. 15 — D. XV.
» 9 — C. VII. » 16 — D. XV.
» 10 —D.|. » 17 — D. XVII.
» ır — D. 1. » 18 — D. XIX.
» 12 — D.V. » 19 — Grenze von 8.1 und 1.
» 13 — D. X1l. » 20 — S. IIl.
» 14 —D.XV. » 21 — Grenze von Cocc. II und I.
Fig. 2—7 natürliche Grölse. Fig. $-2ı doppelte Grölse.
Die Praeparate, nach welchen die Zeichnungen angefertigt wurden, sind aufgehoben
in der Sammlung des I. Anatomischen Instituts zu Berlin.
_K. Preufs. Akad. d.Wissensch. Anhang z. d. Abh. 1897. Phys.-math. Classe.
nn Zu
Fig.ı0. D.1.
——
Fig.17. D.XVIN.
; Fig. 19.
Fig.18. D.XIX. Grenze von 8. Iu. I. Fie.20. SU Ber
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Kopsch: Das Rückenmark von Elephas indieus.
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Fig.18. D.XIX.
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Über die Bogenspectren der Elemente der Platingruppe.
Von
Dr. H. KAYSER,
Professor an der Universität Bonn.
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1897. II. 1
Vorgelegt in der Sitzung der phys.-math. Classe am 2. December 1897
[Sitzungsberichte St.L. S. 1081].
Zum Druck eingereicht am 14. December, ausgegeben am 31. Januar 1898.
Bis vor wenigen Jahren waren die Speetra der 6 Platinmetalle: Platin,
Osmium, Iridium, Palladium, Ruthenium, Rhodium so gut wie unbekannt.
Für Ru und Rh lagen gar keine Messungen vor, für Ir hatte Kirchhoff"
von unreinem Material 3 Linien des Funkenspeetrums erhalten, und Lockyer’
hat ebenfalls einige Linien des Bogenspeetrums zwischen 4000 und 3900
gegeben; für Os hatte Huggins” 18 Linien des Funkenspeetrums gemessen,
und nur für Pt und Pd lagen Messungen der stärksten Linien im sicht-
baren Theil des Funkenspeetrums von Kirchhoff‘, Huggins’, Thalen‘
und Leeog de Boisbaudran’ vor.
Den ersten Versuch einer modernen Erforschung dieser Speetren ver-
danken wir MeClean“, welcher mit Rowland’schem Concavgitter die
Funkenspeetra zwischen den Wellenlängen 5700 und 3800 photographirte
und mit übergedruckter Scala der Wellenlängen publieirte. Leider waren
seine Materialien sehr unrein, so dafs zahlreiche Linien in mehreren Speetren
vorkommen. Immerhin würde es möglich sein, aus den Tafeln die stärkeren
Linien der Elemente bis auf 0.1 Ä.E. genau zu ermitteln.
Das Bogenspeetrum von 5 der Elemente ist dann von Rowland'
zwischen den Grenzen 3000 und 4500 gemessen worden; Ir ist nicht unter-
sucht. Rowland macht dabei auf die besondere Schwierigkeit dieser
Untersuehung aufmerksam, die darin liegt, dafs es fast unmöglich scheint,
! Kirchhoff, Untersuchungen über das Sonnenspectrum (1861).
Lockyer, Phil. Trans. 1881.
Hussins. Phil. Trans. 154 (1864).
* Thalen, Nova acta Reg. soc. scient. Upsal. (3) 6 (1868).
5 Leeog de Boisbaudran, Speetres Lumineux. Paris 1874.
MeClean. Comparative Photographie Speetra of the Sun and the Metals (1891).
Rowland, Astrophysical Journal 2 (1895) und 3 (1896).
1*
4 H: KAYSER:
die Elemente chemisch rein darzustellen, so dafs bei ihm namentlich in
den Speetren von Rh, Ru und Pd auch die stärkeren Linien der übrigen
Elemente erscheinen.
Die neuesten Publicationen betreffen wieder das Funkenspeetrum,
welches Exner und Haschek' mittels Rowland’schen Concavgitters
zwischen 4700 und 2200 photographirten und nach einer zwar schnellen,
aber wenig genauen Methode ausmafsen. Die Metalle bezogen sie von
Heräus in Hanau.
Ich selbst habe im Jahre 1891 Theile der Bogenspeetra der Platin-
elemente photographirt, 1894 gemeinsam mit Runge ihre vollständige
Untersuchung aufgenommen. Wir hatten die Speetra zum gröfsten Theil
durchgemessen, als durch meinen Umzug nach Bonn unsere gemeinsamen
Arbeiten unterbrochen wurden. Die Elemente hatten wir auch von Heräus
bezogen, und zwar als denkbar rein für speetralanalytische Zwecke. Pt und
Pd erwiesen sich auch als brauchbar, aber die vier übrigen Elemente waren
aufserordentlich unrein, so dafs die meisten Linien in den Speetren meh-
rerer von ihnen vorkamen. Es wäre wohl nahezu unmöglich gewesen,
aus diesen Speetralaufnahmen die Zugehörigkeit der Linien zu den ver-
schiedenen Elementen festzustellen. Glücklicherweise erhielt ich aber bes-
seres Material. Dr. Bettendorff in Bonn hatte Salze der Platinelemente
mit aller denkbaren Sorgfalt dargestellt. um neue Bestimmungen des
Moleeulargewichts auszuführen, und er hatte die grolse Gefälligkeit, mir
sein Material zur Verfügung zu stellen. Da ich gleichzeitig m den Besitz
einer wesentlich besseren 'Theilmaschine gelangte, auch das der Berliner
Akademie der Wissenschaften gehörige Gitter, welches ich benutzen konnte,
sich als besser herausstellte als das in Hannover gebrauchte Gitter, verwarf
ich die alten Platten vollständig und begann die Untersuchung ganz von
neuem.
Das benutzte Concavgitter hat 110000 Furchen, 65 Krünmungs-
radius; es befand sich in der von Rowland vorgeschriebenen Aufstellung.
Bei jeder Aufnahme wurde zum Schlufs auf die eine Hälfte der Platte das
Eisenspeetrum photographirt, indem ein kleines Stückchen Eisen in den
Bogen geworfen wurde, der bis dahin mit den Salzen oder, für Platin und
Palladium, mit den Metallen selbst beschickt worden war. So stand eine
' Exner und Haschek. Wiener Sitzungsber., Math.-naturw. Classe, 104.11 (1895)
und ro5.1l (1896).
Über die Bogenspeetren der Elemente der Platingruppe. b)
reichliche Zahl von Normalen zur Berechnung der Wellenlängen zur Ver-
fügung. Bei dem grofsen Linienreichthum der vorliegenden Spectra —
es kommen bis zu 5 Linien eines Elementes innerhalb des Intervalls einer
Angström’schen Einheit vor — war zu erwarten, dafs recht häufig Linien
verschiedener Elemente nahezu an dieselbe Stelle fallen würden: es schien
deshalb wünschenswerth, die Genauigkeit in der Bestimmung der Wellen-
längen so weit wie möglich zu treiben, wo möglich bis auf einige Tausendstel
einer Angström’schen Einheit zu bringen, statt bis auf einige Hundertstel,
wie bei den gemeinsamen Arbeiten mit Runge erreicht worden war.
Dazu sind sehr zahlreiche, genau bekannte Normalen nöthig. Als
solehe benutzte ich, wie auch bei den früheren Arbeiten, die Eisenlinien.
Als Grundnormale dienten ausschliefslich die von Rowland' veröffent-
lichten Eisenlinien im Bogenspectrum, dagegen keine Linie des Sonnen-
speetrums. Auf diesen beruht auch die früher von Kayser und Runge’
publieirte Nachtragsliste zum Eisenspeetrum; da wir aber bei ihrer Auf-
stellung nur eine Genauigkeit von einigen Hundertsteln der Ängström-
schen Einheit erstrebten, konnte ich sie jetzt nicht gebrauchen, sondern
mulste zunächst neue Tabellen des Eisenspectrums herstellen, welche die
erforderliche Genauigkeit besafsen. Ich habe daher das Eisenspeetrum
unter Fortlassung der schwächsten Linien 6 bis 10 Mal zwischen den
Wellenlängen 2300 und 4500 gemessen und mittels der Rowland’schen
Normalen berechnet. Aus den sehr gut übereinstimmenden Werthen gehen
Mittelwerthe mit einem mittlern Fehler von 0.001 bis 0.005 A.E. hervor.
Für gröfsere Wellenlängen als 4500 A.E. gibt Rowland leider viel
zu wenig Normalen, als dals man durch Interpolation zwischen ihnen solche
(Genauigkeit erhalten könnte. Es bliebe hier nur der Weg übrig, nach der
Coineidenzmethode die langen Wellenlängen aus den kurzen in zweiter Ord-
nung zu bestimmen. Da diels aber eine ziemlich zeitraubende Arbeit ist,
habe ich mich entschlossen, von 4500 Ä.E. an Rowland’s Eisenlinien des
Sonnenspectrums zu benutzen. Diese Wellenlängen stimmen zwar sicher nicht
mit denen im Bogenspeetrum überein, aber sie bilden doch wenigstens ein
wohldefinirtes System von grofser Genauigkeit; auch ist die Verschiebung
zwischen Bogenlinien und Sonnenlinien sicher nur eine geringe, und es
! Rowland, Phil. Mag. (5) 27 (1889).
® Kayser und Runge. Abhandl. d. Berl. Akademie 1890.
6 H. KıAYSER:
wird später jederzeit möglich sein die kleine Correetur anzubringen, so-
bald diese Verschiebung genau genug gemessen ist.
Durch die besprochenen Eisenlinien sind die Spectralaufnahmen der
Platinelemente ausgewerthet worden. Jede Linie ist wenigstens auf 2 ver-
schiedenen Platten, jede Platte wenigstens 2 Mal gemessen worden, so dafs
für jede Linie mindestens 4 Messungen vorlagen, aus denen das Mittel ge-
nommen wurde. Die einzelnen Werthe stimmten sehr gut überein, Ab-
weiehungen um 0.015 A.E. vom Mittel sind selten, aufser bei unscharfen
Linien; nicht selten stimmten die 4 Messungen absolut überein. Der mittlere
Fehler der Mittelwerthe liegt fast stets zwischen 0.000 und 0.005 Ä.E.
Als Beispiel gebe ich ein beliebig herausgegriffenes Stück des Speetrums
von Ruthenium:
Einzelmessungen Mittel Mittl. Fehler
5040916 5040906 5040905 5040906 5040.908 0.003
5041528 5041522 5041535 5041.528 0.004
5045574 5045569 5045576 5045560 5045-570 0.004
5047477 5047470 5047474 5047464 5047-471 0.003
5053108 5053118 5053114 5053115 5053.114 0.002
5057495 5057489 5057485 5057480 5057-487 0.004
5062816 5062816 5062806 5062821 5062.815 0.003
5073143 5073145 5073137 5073140 5073-141 0.001
5077240 5077248 5077240 5077244 5077-243 0.002
Ieh kann danach wohl annehmen, dafs Fehler von 0.010 A.E. beim Mittel
nur selten vorkommen werden.
Ein Vergleich meiner Wellenlängen mit denen Rowland’s, welcher im
allgemeinen nur die stärkeren Linien gemessen hat — seine Messungen
sind in den folgenden Tabellen hinter den meinigen angeführt — zeigt
genügende Übereinstimmung, wenn man annimmt, dafs Rowland's mittlerer
Fehler etwa ebenso grols ist wie der meinige. Wir haben z. B. im Pd
41 Linien gemeinsam, die mittlere Differenz beträgt 0.006 A.E.: Differenzen
zwischen 0.002 und 0.005 Ä.E. kommen 2ı Mal vor, solche zwischen 0.006
und 0.010 A.E. ı4 Mal, zwischen 0.011 und 0.020 6 Mal, über 0.020 kein
Mal. Ebenso sind uns für Os gemeinsam 141 Linien, die mittlere Differenz
beträgt 0.007 A.E.; Differenzen zwischen 0.000 und 0.005 kommen 73 Mal
vor, zwischen 0.006 und 0.010 37 Mal, zwischen 0.011 und 0.020 24 Mal,
über 0.020 7 Mal.
Ein Vergleich mit den Zahlen von Exner und Haschek hat kaum
Zweck, da dieselben nur auf 0.1 A.E. messen, und vor allem, weil ihr
Über die Bogenspectren der Elemente der Platingruppe. T
Funkenspeetrum sehr verschieden von dem Bogenspectrum zu sein scheint.
Ich habe nur einzelne Stellen zu vergleichen gesucht, z. B. im Speetrum
des Ru. Im sichtbaren Theil ist eine Identificirung ihrer Linien mit meinen
wohl möglich; zwischen den Wellenlängen 465 uu und 435 ua schwanken
die Differenzen zwischen +0.2 A.E. und —0.4 A.E. Im äufsersten Ultra-
violett aber sind die Spectren so verschieden, dafs man nicht ahnen würde,
dafs sie von demselben Körper herstammen.
Sehr viel Mühe verursachte die Aussonderung der fremden Linien trotz
der relativen Reinheit meines Materials. Zuerst wurden die bekannten Ver-
unreinigungen, die von der Kohle herrühren, ausgeschieden: Ca, Al, Na,
Mn, Cr, Ni, Tiu.s.w. Das war dadurch erleichtert, dafs sie sich in den
meisten der Elemente wiederfinden. Dann wurden für jedes der 6 Elemente
Listen der stärksten Linien angefertigt und constatirt, ob und mit welcher
Intensität sie in den Speetren jedes der anderen Elemente vorkommen. So
zeigte sich beispielsweise, dafs bei Ir viel Ru-Linien vorkommen, und zwar
alle, deren Intensität im Ru auf 6 oder höher geschätzt war, fanden sich
mit einer um 4 bis 5 Stufen niedrigeren Intensität, während von den im Ru
mit 4 bezeichneten Linien nur noch wenige mit der.Intensität © vorkamen.
Es wurden daher im Speetrum des Ir alle Linien gestrichen, die nahezu
dieselbe Wellenlänge hatten, wie Ru-Linien, aber eine um 4 bis 5 Ein-
heiten kleinere Intensität. Dagegen wurden Linien von nahezu derselben
Wellenlänge als zwei verschiedene Linien angenommen, wenn z. B. ihre
Intensität im Ru zu 4, im Ir zu 3 geschätzt war. Es sind auf diese Weise
viele Hunderte von Linien aus den ursprünglichen Listen gestrichen worden,
und es mag dabei manche weggelassen worden sein, die hätte stehen bleiben
sollen; aber dafür hoffe ich, dafs es mir gelungen ist, wenigstens die Mehr-
zahl der fremden Linien beseitigt zu haben. Mehrfach fanden sich in den
Spectren aller oder der meisten der 6 Elemente Linien von derselben, meist
geringen Intensität, ohne dafs ihr Ursprung nachgewiesen werden konnte.
Solche Linien sind als gemeinsame Verunreinigungen betrachtet und fort-
gelassen worden.
Indem ich nun zu den Listen der Wellenlängen übergehe. bemerke
ich, dafs die Intensitäten von o bis 10 geschätzt sind, wobei o die kleinste,
ı0 die gröfste Intensität bedeutet. Diese Intensitätsschätzungen befinden
sieh noch in einem recht unbefriedigenden Zustande. Wenn man auch durch
viele Übung dahin kommt, fast immer gleiche Schätzungen auszuführen,
fo) H. Kayser:
so fallen dieselben doch je nach dem Charakter des Speetrums ganz ver-
schieden aus, so dals z.B. eine 5 im Spectrum des Ir ganz etwas anderes
bedeutet als im Spectrum des Ca. In einem Speetrum mit lauter schwachen
Linien schätzt man unwillkürlich alle Linien höher als in einem Speetrum
mit starken Linien. Daher haben die Intensitäten höchstens innerhalb eines
Spectrums eine gewisse Bedeutung. Die umgekehrten Linien lassen sich
überhaupt nicht mit den anderen vergleichen; so habe ich diese nach einer
besonderen Scala von 3 bis 10 geschätzt. — In den Tabellen bedeutet ein
r hinter der Intensität, dafs die Linie umgekehrt war, % bedeutet unscharf,
U sehr unscharf, «AR unscharf namentlich nach der Seite der gröfseren
Wellen, #V unscharf namentlich nach der Seite der kleineren Wellenlängen.
d bedeutet, dafs die Linie doppelt zu sein schien.
1 Platin:
Es wurde von Heräus bezogenes metallisches Platin benutzt, welches
sich recht rein erwies; nur Ir war stark beigemischt.
2305.72. 2 2418.15I 3 2498.592 4 2560.438 0
2308.12 3 2420.9I2 O0 2500.895 0 2564.263 0
2315.58 2 2424.964 2 2503.075 2 2572.723 0
2318.37 1 2 2426.523 2 2504.128 2 2574.580 2
2326.185 2 2428.206 8r 2506.014 4 2582.415 2
2331.047 I 2429.186 2 2508.589 3 2587.890 2
2340.255 2 2434-551 0 2510.604 0 2596.081 4
2343.468 0 2436.771 4 r 2513.999 © 2599.148 0
2346.822 Oo 2439.533 I 2514.165 2 2599.986 2
2347.239 O 2440.158 q4r 2515.119 3 2602.182 0
2353.123 0 2450.527 2 2515.666 3 2603.223 4
2356.415 0 2451.046 3 2517.273 I 2606.126 o
2357.181 ar 2460.160 I 2520.356 Oo 2608.333 o
2357.656 © 2461.474 0 2522.616 oO 2613.204 0
2368.357 4r 2467.504 6r 2529.499 2 2613.337 0
2380.035 0 2469.537 © 2536.068 2 2614.701 2
2383.732 4 2471.092 3 2536.581 4 2616.839 0
2386.886 o 2473-247 0 2538.361 0 2619.668 4
2387.448 0 2477-365 0 2539.285 3 2619.977 0
2389.615 3 2481.270 2 2541.433 2 2625.419 2
2391.856 0 2483.312 2 2544-042 4 2627.484 4
2396.243 2 2483.452 2 2544-807 2 2628.122 7r
2396.762 o 2487.261 47 2546.562 0 2635.372 0
2401.089 I 2488.819 4 2546.986 0 2639.434 5
2401.959 3 2490.217 2 2548.194 0 2645.453 4
2403.180 q4r 2495.910 4 2549.552 3 2646.969 6r
2413.138 ı 2497-197 I 2552.326 3 2650.938 4r
2653.867
2656.907
2658.266
2658.790
2659.535
2664.723
2668.748
2673.707
2674.649
2677-232
2686.990
2688.352
2694.314
2696.069
2698.498
2701.208
2702.484
2705.985
2713.215
2714.613
2715.866
2717.709
2719.125
2725-433
2730.002
2733-725
2734-057
2734-584
2736.886
2737-656
2738.569
2744.928
2747-701
2753.850
2753-957
2754-327
2755-003
2757-799
2758.164
2758.333
2759-424
2763.299
2766.764
2769.940
2771.750
2772-925
2773.696
2774-095
2774-306
2774-880
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1897. II.
°
ro 0o%»
vov ou un DAN OD O+ UN NO NORD Oo
Dover +++ OO OD OLD + OD N en
Über die Bogenspectren der Elemente der Platingruppe.
2776-111
2776.859
2777-558
2788.728
2790-593
2790.987
2793-372
2793.736
2794-304
2796.165
2800.560
2803.338
2806.151
2807.396
2808.603
2810.921
2813.080
2814.121
2818.354
2818.741
2821.179
2822.273
2822.602
2825.192
2830.402
2831.981
2834.815
2837.338
2837-643
2839.345
2848.406
2849.241
2853.207
2853.484
2854.781
2855.866
2868.783
2870.572
2878.823
2884.583
2885.447
2888.307
2890.495
2891.030
2891.170
2891.873
2893.335
2893.984
2896.245
2897.988
NI-BIEOTTOTEOZOTHOTE
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2899.764
2900.903
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2903.129
2904.258
2906.001
2908.008
2908.928
2910.569
2911.888
2912.884
2913.361
2913.655
2914.443
2915.278
2916.505
2919.451
2921.336
2921.498
2922.381
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2928.226
2929.903
2930.904
2933.837
2938.935
2941.219
2941.908
2942.880
2944.879
2948.844
2949.900
2950.929
2951.34 1
2958.650
2959.219
2959.825
2960.864
2967.596
2969.965
2974:252
2978.179
2982.414
2983.882
2984.565
2988.177
2988.913
2989.915
2994.916
NA O0 0 8 On 0 0 our Rn on Oo NOW HOUR Fo OOo OO OO RS VL oO m
2998.087
3001.304
3002.385
3003.400
3004.269
3005.911
3010.051
3012.498
3014.636
3015.013
3015.510
3017.450
3018.003
3019.961
3022.957
3024.410
3025-179
3025.671
3026.446
3036.554
3039.612
3041.323
3042.752
3048.6
3054-4
3054-8
3055.402
3056.719
3059.748
3061.905
3062.3
3062.845
3064.825
3069.207
3070.369
3072.042
3074-938
3075.122
3078-948
3079-674
3081.172
3082.779
3084.217
3084.978
3087.319
3088.677
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3098.887
3100.146
3101.077
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3104.170
3112.718
3118.547
3119.911
3122.192
3123.065
3132.187
3133-443
3133-785
3134-413
3136.381
3139.503
3141.767
3154.858
3156.686
3159.841
3160.314
3169.006
3174-959
3176.081
3177-7907
3179.650
3191.604
3192.635
3199.076
3199.215
3200.848
3204.165
3207-347
3208.968
3212.502
3218.603
3218.972
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3252.785
3253-319
3255-356
3256.048
3256.634
3258.551
3259.282
3259.866
3261.202
3261.818
3263.737
3268.557
3282.104
3283.336
3283-443
3285.367
3287-245
3290.363
3293.615
3293.820
3298.688
3300.070
3302.015
3311.504
3311.959
3312.614
3313.186
3315.186
3323-914
3325.861
3327-234
3338.214
3342.429
3344-031
3367.139
3368.628
3372.960
3406.733
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3428.079
3431.495
3432.002
3448-523
3454-290
3464.097
3472.080
3483-588
3485-430
3488.877
3491.155
3498.321
3505-848
3514.869
3528.700
3611.057
3615.443
3621.839
3628.275
3629.025
3638.956
3643.331
3652.411
3654.132
3659-571
3663.239
3668.564
3672.165
3674-207
3675-107
3681.22
3683.169
3687.582
3700.070
3706.685
3818.827
3898.880
3900.873
3903-864
3904.534
3906.433
3911.045
3923.105
3925-483
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.554 R.
‚059 R.
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886. R.
‚874 R.
‚050 R.
‚106. R.
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3948.550
3953.70
3966.507
3976.460
3980.746
3996.720
4002.649
4054.928
4066.087
4081.631
4092.426
4118.854
4164.709
4192.577
4201.374
4247-838
4251.277
4263.664
4269.411
4274-042
4281.905
4288.215
4291.070
4327-243
4334-827
4343.852
4358-522
4364.624
4391.999
4411.580
4414.420
4437-470
4442.730
4445.710
4473-633
4481.808
4484.882
4493-350
4498.926
4511.417
4521.099
4523.192
4548.056
4552.116
4552.586
4554-759
4560.209
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.723 R.
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‚930 R.
594 R.
‚828 R.
1
2
Rowland gibt 4252.22
Rowland gibt 4358.025; wohl ein Druckfehler,
; vielleicht liegt ein Druckfehler vor.
Über die Bogenspectren der Elemente der Platingruppe. 11
4577.584 4 4980.532 I 5257.609 ou 5475-996 6
4580.685 2 4998.123 2 5260.9982 3 5478.722 6
4580.828 2 5002.762 2 5265.290 0 5514.324 4
4639.982 4 5033.686 4 5275.008 ou 5526.077 4
4650.192 I 5037.859 ou 5286.289 ou 5560.245 2
4658.105 5 5038.681 0 5295.918 0 5684.908 2
4684.255 4 5044.194 4 5301.182 6 5699.190 I
47137.722 2 5044.645 6 5306.493 © 5700.672 0
4739.924 I 5050.006 I 5319.540 0 5728.369 o
4746.046 I 5059.658 5 5324.799 0 5762.877 3
47172.467 I 5095.950 ou 5369.188 4 5763.778 3
4831.371 0 5118.583 1 5388.105 2 5840.354 5
4854-067 4 5194.050 I 5391.010 4 5845.050 4
4862.577 © 5208.775 0 5452.984 0 5861.074 2
4879.700 4 5227.782 6 5469.714 2
Rowland führt noch 16 Linien an, welche ich nicht gefunden habe.
Ein Theil davon fällt in die Gyan- und Kohlebanden, die viel verdecken, so
dafs die Linien wohl vorhanden sein können, ohne dafs ich sie gefunden
habe. Von einigen aber habe ich das Fehlen auf meinen Platten sicher
eonstatirt, so dafs ich sie nicht für Platinlinien halten kann. Diefs sind:
2627.228, 3959.170, 4012.016, 4047.796, 4069.850, 4132.544, 4370.483,
4379-184.
2. Palladium.
Es wurde von Heräus bezogenes metallisches Pd benutzt, welches als
Verunreinigung nur etwas Pt enthielt. — Das Pd-Speetrum ist durch eine
grolse Anzahl äufserst unscharfer Linien ausgezeichnet, die man überhaupt
nicht Linien nennen kann. Man sieht sie nur als dunkle Wische auf der
Platte, ohne deutliches Intensitätsmaximum, so dafs von einer genaueren
Messung keine Rede ist.
2316.569 o 2418.835 0 2471.275 0 2544.821 4
2319.328 Oo 2421. 3U 2473.011 2 2546.283 O0
2327-575 © 2424.564 © 2476.509 ıor 2546.990 ©
2336.522 0 2426.964 0 2482.05 oU 2548.165 0
2336.663 o 2431.05I 0 2486.618 ı 2551.095 0
2347.6I1 0 2435.408 © . 2489.010 4 2551.971 0
2351.428 o 2441.52 6rÜU 2498.873 3 2564.0 2UR
2357-732 © 2446.275 0 2503.597 © 2565.595 0
2360.614 0 2447:998 ıor 2505.804 2 2605.157 4
2362.406 0 2457.361 0 2513.0 ı U 2609.716 ©
2368.044 0 2461.2 ıU 2521.102 O0 2614.270 I
2373.701 © 2469.353 0 2536.872 2 2631.692 0
2414.850 0 2470.09I © 2539.690 © 2641.149 0
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12
2653.7
2655.1
2658.819
2663.249
2676.050
2686.373
2734-095
2742.532
2751.972
2763.199
2802.009
2806.561
2807.8
2835.133
2835.385
2837.2
2839.5
2846.4
2849.912
2854.694
2875-875
2922.615
2932.4
2936.570
2936.901
2938.552
2950.920
2951.134
2956.811
2962.443
2968.356
2975-953
2995.400
2996.660
3002.775
3009.903
3010.980
3014.733
3015.052
3020.835
3021.859
3022.744
3025.094
3028.031
3028.894
3029.600
3032.324
3036.220
3038.830
3039.128
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oo. oO "20 oO WW N Oo mw» 0000 0.00 ©
3039.748
3041.102
3046.614
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3062.3
3062.430
3063.537
3065.425
3066.210
3067.243
3068.564
3073.924
3075-274
3073.356
3088.636
3089.756
3103.176
3103.909
3107-435
3109.276
3114.157
3122.917
3138.417
3139.531
3139.804
3142.932
3146.075
3147.730
3148.532
3168.022
3213.018
3219.088
3242.824
3251.754
3258.907
3272-925
3284.080
3286.337
3287-378
3299.875
3300.325
3302.253
3310.251I
3311.136
3313.093
3317-455
3321.100
3346.268
3373-137
3380.840
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3383.025
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3389.192
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3396.926
3404.732
3406.210
3419.818
3421.368
3433-582
3441.548
3442.545
3460.888
3481.308
3488.293
3489.930
3517-087
3528.881
3553-242
2566.775
2571.305
3574-040
3596.795
3609.698
3634.840
3646.116
3654.574
3690.491
3719.061
3799-332
3894.335
3958.777
3992.5
4007.6
4011.8
4020.3
4021.2
4087.518
4098 bis
4101
4123.761
4170.005
4213.116
4268.4
4321.8
4328.125
4344-8
4351.1
4358.773
4360.4
.195 R.
.725 R.
.196 R.
‚803 R.
.367 R.
578 R.
-539 R.
.548 R.
‚884 R.
.300 R.
.9I5 R.
.o96 R.
‚878 R.
‚236 R.
.781 R.
.302. R.
.804 R.
.696 R.
‚841 R.
483 R.
.046 R.
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.334 R.
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‚513 R.
‚006 R.
.II5R.
4379.8
4386.614
4388.776
4406.759
4421.217
4443.191
4458.785
4469.307
4473-771
4489.64 1
4497.813
4516.406
4541.314
4553.096
4590.191
4632.770
4677-617
4708.261
4724-204
4762.098
4776-715
4788.327
4791.061
4817.26
4817.662
4822.347
436.654
4875-577
4919.008
4924-373
4930.145
4972.081
5063.549
5101.704
5110.940
5114.530
5117.158
5127.849
5161.491
“ZB <TD Er BTITEe OTTTO OTE OT OT FOTO a N Or ini BR TO Ra ar Re
5163.970 10
5209.044
5234-992
5256.321
5294.267
5295-744
5312.752
5345-278
5346.980
5362.864
5363.474
HR oO pıR
S|
S
S
uR
761. R.
Über die Bogenspectren der Elemente der Platingruppe. 13
5377.833 u 5542-997 10 5642.898 5 5690.333 4
5385-668 0 5547.219 9 5655.628 5u 5695.293 9
5394.958 4uV), 5548.514 2u 5664.578 1 5700.978 ©
5395.471 8 uR\ 5562.902 2u 5668.605 2 5736.826 5
5427.425 1 5601.867 3 5670.263 10 5737-842 3
5435-379 3 5608.229 5u 5674.432 2 5739-881 4
5497-056 4 5619.667 9 5680.993 0 5760.122 ı
5529.657 6 5621.520 2 5687.670 2
Rowland gibt noch zwei Linien: 3486.122 und 3662.520, von denen
ich die letztere für entschieden nicht zu Pd gehörig halte.
3. Ruthenium.
Es wurde Kalium Ruthenium Sesquichlorür von Dr. Bettendorff be-
nutzt, welches reichlich Os, etwas Ir und Spuren von Pt enthielt.
2335-047 2 2450.464 © 2479.611 0 2513.417 2
2338.094 2 2450.650 I 2481.216 oO 2515.372 I
2340.7167 2 2454.267 O 2482.628. o 2516.882 o
2342.920 2 2455.005 2 2484.055 0 2517.403 2
2351.41I 2 2455.614 5 2490.017 2 2517.7128 2
2357-991 2 2456.376 © 2490.555 0 2518.601 ©
2370251 2 2456.519 4 2491.847 2 2520.041 O0
2375.346 2 2456.666 4 2494.116 2 2520.925 I
2392.501 2 2457-050 I 2494.773 I 2521.700 2
2396.791 2 2457.3II 0 2495.775 2 2522.4I0O O
2402.802 4 2458.706 2 2498.512 2 2524.952 ©
2407.997 2 2459.146 © 2498.670 2 2525.263 Oo
2408.744 I 2461.506 © 2499.873 2 2525.726 oO
2420.905 2 2463.026 2 2500.484 © 2526.011I ©
2429.672 2 2464.474 © 2500.940 © 2526.914 2
2434.980 © 2464.781 2 2501.569 2 2528.027 ©
2437.019 0 2467.674 0 2501.990 © 2528.813 0
2439.715 0 2470.608 © 2502.484 0 2529.8I2 I
2441.05I I 2470.805 O0 2502.966 © 2532.128 I
2441.419 0 2471.576 oO 2507.090 2 25333310 7
2443.036 © 2472.215 O0 2508.377 2 2535.147 0
2444.129 I 2474-115 I 2508.508 2 2536.315 0
2444.497 0 2474.506 0 2509.160 I 2537.776 0
2444.924 0 2475-483 2 2509.709 0 2538.565 0
2445.519 0 2476.395 0 2510.238 o 2539.822 I
2447.537 u 2476.960 2 2511.058 o 2540.4II O
2448.958 0 2479-010 2 2511.652 I 2541.381 0
I 2479.458 0 2 2542.601 O0
2449.958
2512.898
! Vielleicht Ränder einer umgekehrten Linie, welche dann die stärkste des ganzen Speetrums
wäre. Huggins, Thalen, Kirchhoff und Lecog de Boisbeaudran geben im Funkenspectrum
eine starke Linie bei 5393.
14
2543.240
2543-349
2543-778
2544.318
2545.866
2546.765
2547.600
2549.260
2549.576
2549.664
2550.946
2551.466
2551.822
2552.083
2552.384
2552-524
2552.965
2554.060
2554.790
2555-734
2555-955
2556.100
2556.994
2557.74
2558.359
2558.626
2559.497
2560.347
2560.920
2562.252
2564.503
2564.674
2565.277
2566.666
2567.981
2568.854
2569.840
2570.180
2571.068
2572.379
2572.512
2573-654
2575-339
2577-052
2578.653
2579-071
2579-309
2579-623
2579-879
2580.316
Lu ME BI. BEE) = VE oz) SEGEL SEE] DIES SPEER I EST BEE ET VIEL DIEB ZT EI ET lo EL JE eo). Koll EINE EL Le) = AN do)
OOVBH DD NOHMHONDDDOD»
2580.883
2581.216
2581.990
2583.131
2584.211
2585.412
2585.815
2586.157
2587.413
2589.129
2589.649
2589.886
2591.087
2591.201
2591.710
2592.093
2594-926
2595-734
2596.043
2597-417
2598.681
2600.840
2601.392
2601.553
2604.409
2605.439
2605.950
2607.440
2608.024
2609.143
2609.573
2611.130
2612.165
2612.990
2613.143
2614.15I
2614.671
2615.179
2617.882
2619.105
2619.745
2620.154
2520.713
2621.173
2623.914
2625.168
2626.290
2626.444
2627.737
2628.375
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SI I07 OB MOTTO Orr die 02888) N BHO DI 80 8 © 070 mi © ON ID OB oO
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26283.621
2630.010
2630.314
2631.657
2632.210
2632.584
2633.537
2635-451
2635.927
2636.617
2636.760
2638.597
2639.205
2640.413
2641.549
2642.063
2642.607
2643.042
2643.600
2644.187
2644.711
2646.087
2646.715
2647-394
2648.019
2648.535
2648.706
2648.872
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2650.076
2650.486
2650.693
2650.968
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2651.603
2651.936
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2653.240
2653.776
2654.563
2654.898
2655.193
2655.292
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2656.641
2656.776
2657.249
2658.482
2658.862
2660.673
9.09, Be are a AB, ao an loNN 95.0510, BHOL Si HN. OL BNLONOHOFRTOFS ol tr DI.HL. NORA OT OF Ho
2661.249
2661.690
2661 937
2664.833
2665.227
. 2665.542
2665.803
2667.479
2668.042
2668.421
2670.586
2670.813
2672.451
2673.089
2673-550
2673.691
2674.930
2674-273
2676.430
2677-057
2677.406
2677-967
2678.267
2678.837
2679.843
2683.756
2684.172
2684.540
2685.242
2686.375
2687.214
2687.580
2688.216
2688.668
2688.969
2690.487
2690.904
2691.199
2693.392
2693.750
2696.653
2697-595
2698.161
2699.957
2700.578
2700.772
2701.434
2702.916
2703.221
2703.403
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2703.891
2705-416
2708.054
2708.930
2709.157
2709.291
2709.851
2710.321
2712.169
2712.493
2712.967
2713.272
2713.824
2715.326
2715.595
2717.100
2717.510
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2721.937
2722-493
2722.760
2722.903
2724-153
2725-549
2727.063
2729.540
2730.115
2730.416
2731.028
2732.01 1
2733-167
2734-438
2735-806
2736.412
2736-917
2738-983
2739-311
2740.085
2740.327
2744.022
2744-541
2744-821
2745-343
2746.169
2746.991
2749-923
2190.45 2
9197077987079 7387 TE TE OO TORI ro Fa rn IN FO In an. I OTTO a TO TO TREO ED TO THAN TO ERFOEO TO AB FOTO FEREO EN
Über die
bogenspectren der Elemente der Platingruppe.
2751.698
2752.548
2752.868
2753-543
21,3:1°2.19
2757-912
2758.104
2760.268
2762.400
2763.232
2763-513
2764.005
2764.824
2765.530
2766.323
2768.032
2769.024
2769.993
277190.399
2770.805
2772.716
2773-068
2774-589
2775-288
2715-723
2776.009
2777-629
2779-081
2780.858
2782.305
2784-625
2784-978
2785.746
2787-930
2789.720
2790.695
2791.164
2792.418
2792.746
2795-464
2796.652
2800.243
2800.785
2802.260
2802.907
2803.593
2806.845
2808.335
2810.131
2810.645
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2810.788
2811.360
2812.925
2813.807
2815.410
2817.192
2818.460
2818.913
2819.062
2819.667
2821.279
2821.504
2822.142
2822.371
2822.659
2822.912
2824.004
2824.866
2827.627
2827.969
2829.253
2830.815
2831.280
2832.755
2834-107
2836.254
2836.684
2837-384
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2840.657
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2842.859
2843.277
2846.430
2846.662
2848.688
2849.399
2851.225
2853-433
2854.173
2854.465
2854.820
2855.454
2855.995
2856.153
2857.367
2857.770
2858.693
2860.114
OO, OO - BDO-N DD DON DO OH NA O OO ON ON OHM ON OR UWO ON OO
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2860.491
2861.508
2861.833
2862.963
2863.112
2864.726
2866.743
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2868.426
2868.662
2869.047
2870.322
2871.296
2871.756
2872.468
2874.161
2875.104
2877.197
28377.930
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2882.697
2883.701
2884.601
2886.640
2887.224
2888.112
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2889.543
2891.242
2891.762
2892.654
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2895-554
2895.925
2896.638
2897.820
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2898.845
2899.817
2901.890
2902.223
2902.969
2903.180
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2905.756
2905.952
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15
16
2906.424
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2910.542
2912.451
2912.555
2912.866
2913.286
2914.403
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2916.351
2917.249
2917-353
2917.880
2919.276
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2920.369
2921.068
2921.276
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3463.751
OFEN DO#ARLNDMDOLOOFRLN DD OO HH OR OF OLFUDOLFOLFPLOWDOFOLFN LOHN OLADND
Über die Bogenspectren der Elemente der Platingruppe.
IR.
.389 R.
.236 R.
.089 R.
.460 R.
.769 R.
.689 R.
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3660.964
3661.486
3661.727
! Rowland gibt 3584.349; wohl ein Druckfehler.
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Über die Bogenspectren der Elemente der Platingruppe.
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4593-161
4593-367
D#$+ OR" OO a + oO um
Den.
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D+ oO oO +UON HH CO PO ND PP RT OL LTD LH
.935 R.
‚681. R.
‚509 R.
.197 R.
.100 R.
‚617. R.
‚316. R.
.265 R.
364 R.
.063. R.
.985 R.
.124 R.
.467 R.
‚031 R.
.I2I R.
.293 R.
.697 R.
.168 R.
.619 R.
‚285. R.
‚699 R.
4596.879
4599.271
4601.933
4602.978
4605.833
4617.827
4626.184
4628.495
4635.849
4638.569
4639.490
4641.135
4642.548
4642.752
4645.264
4646.326
4646.967
4647-787
4648.293
4652.371
4654.489
4654-901
4662.663
4670.146
4674.821
4681.563
4681.966
4683.258
4684.196
4685-947
4690.284
4709.672
4712.146
4714.335
4716.201
4718.228
4721.078
4731.504
4733-486
4733.710
4738.587
4743-205
4751.197
4753.280
4756.402
4758-043
4764.532
4767-315
4769.464
4773-325
--- OOo +09 -0o no wm a-
mn o0o0>-
“-+0r, 0 #+.+00+ 00
or OOo on OO - OR OD HH Oo Nn o aA»
22
4774-168
4781.937
4794-547
4795-721
4798.607
4801.343
4805.043
4806.375
4813.412
4814.895
4815.694
4817.512
4822.738
4828.865
4833-157
4839.174
4339.930
4844.720
4854.731
4862.024
4863.265
4865.253
4869.314
4869.952
4874-489
4875-188
4877-598
4882.832
4885.186
4895-474
4895.555
4895.745
4899.416
4901.234
4902.033
4903.223
4905-179
4908.045
4910.384
4911.755
4921.233
4935.805
4938.587
4955-416
4960.022
4969.055
4974-255
4975-534
4976.351
4980.498
"WON OO,-WM OO oO ON N DD ©
u GE DET OEL oJ o Zt oJ ZIEL „EL — Et o EI Er ar
nı oo oo „- +
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= 0
[U Zu SI o Ei o Zu SE]
4987.412
4992.89 1
5003.697
5005.394
5010.765
5011.387
5019.140
5020.472
5026.343
5039.794
5040.521
5040.908
5041.528
5045.570
5047-471
HO53-1T4
5057-487
5062.815
5073.141
5077-243
5077-484
5093.996
5101.553
5101.892
5107.230
5127-423
5134-059
5134.285
5136.717
5142.933
5147-401
5151.230
5153-364
5055:302
5160.167
5168.237
5168.793
5169.242
5171.193
5174.105
5176.361
5195-171
5200.040
5202.285
5209.667
5213.586
5214.247
5223.708
5235-774
5242.560
(Se Er Ye Sr oT VE oa u ol Keynes Ko) (Ryelzı
Se oo ao Von Pen FU oO N DNB On
SS -HW&8 DD
H. Kayser:
5243.109
5245.112
5245.612
5251.816
5257-240
5264.113
5266.642
5266.988
5275-240
5280.989
5284.256
5291.327
5305.030
5306.035
5306.624
5307.481
5309.440
5315.520
5333-114
5334.901
5336.110
5348.340
5361.967
5362.271
5365.799
5373-505
5378.042
5386.083
5401.234
5401.609
5419.056
5427.815
5439.421
5439.618
5452.930
5455.018
5456.329
5471.755
5473-050
5475-377
5479.619
5480.507
5484.524
5484.850
5494-575
5496.899
5501.230
5507-151
5510.934
5512.593
"+" rn Oo NN “DO nd
DD OD A" DD >PFPLRUIL OO N UT OO DO DAR OO +
[m Bu S To 2 5° Zu 5
no -.»
Ss
SZ
5518.056
5531.220
5540.88 1
5549.960
5556.719
5559-962
5569.233
5570.906
5578.594
5578.914
5579.650
5582.501
5600.753
5603.370
5603.782
5606.958
5609.360
5619.558
5627.722
5629.984
5636.441
5641.848
5647.755
5648.058
5649.737
5650.981
5653.005
5653.482
5657.127
5663.233
5665.370
- 5876.720
5679.790
5688.990
5692.288
5693.190
5694.626
5696.526
5699.224
5699.741
5702.522
5713.025
5714.391
5724-975
5725.895
5730.122
5734.606
5740.710
5745-770
5746.131
“Oo, DO NDNW-MON IT - DON WODND N DD N HN HAC.HOW N DD DB
- oO OD HL LD ALL NH N HN HF
+
Über die Bogenspectren der Elemente der Platingruppe. 23
5747-623 5 Smı-3527 0 5804.461 4 5833.561 ou
5752.163 3 5774.533 2 5815.157 5 5864.830 0
5753-772 I 5782.5I1 2 5826.018 o 5887.371 0
5756.980 3 5782.720 4 5828.235 2
5758-875 © 5790.741 I 5828.580 ı
5768.066 3 5792.382 I 5833.380 2
Rowland führt noch 20 Ru-Linien auf, welche bei mir fehlen. Der
egröfste Theil derselben liegt in der Cyanbande bei 3883, die auf meinen
Ru-Platten sehr stark war, so dafs ich keinen Grund habe, die Richtigkeit
dieser Linien zu bezweifeln. Von einigen anderen gilt das nicht: 2997.536
und 3097.337 kommen in allen 6 Speetren mit Intensitäten zwischen o
und 2 vor. Für letztere Linie fand ich z. B. im Pt: 3097.340 (0), im Pd:
3097.338 (0), imIr: 3097.333 (1), im Ru: 3097.335 (2), im Rh: 3097.338 (0),
im Os: 3097.343 (0). Die Linie ist zwar am stärksten im Spectrum des
Ru; aber da z.B. im Speetrum des Pt selbst die stärksten umgekehrten
Linien des Ru fehlen, so kann es hier keine Ru-Linie sein. Ich halte
es also für eine gemeinsame unbekannte Verunreinigung. 3933.700 habe
ich nicht gefunden, möglich ist freilich, dafs sie bei mir unter der starken
Ca-Linie Ä verborgen ist. 4045-949 fehlt bei mir ebenfalls, vielleicht ver-
deckt hier die Eisenlinie 4045.97:
4. Rhodium.
Zur Darstellung des Speetrums hatte ich folgende Salze von Dr. Betten-
dorff zur Verfügung: schwefelsaures Rhodiumoxyd Natron, schwefligsaures
Rhodiumoxyd Natron, Rhodium Sesquichlorür, Rhodium Ammonium Ses-
quichlorür. Die Salze enthielten nur Spuren von Os.
2308.88 2 2396.617 0 2418.718 3 2433.346 O0
2318.432 2 2399.044 0 2420.271 2 2436.974 0
2319.1730 2 2406.472 O0 2420.947 0 2437-174 2
2328.737 2 2407.974 2 2421.060 2 2439.338 0
2334.762 I 2408.100 0 2422.237 0 2440.427 2
2345.597 1 2408.275 I 2424.021 2 2442.830 ©
2368.380 3 2408.745 0 2424.521 0 2443.221 O0
2369.654 2 2409.626 © 24.27.1938. 3 2443.812 0
2370.642 2 2410.348 © 2427-177 2 2444.337 4 U
2382.969 2 2412.613 I 2429.053 2 2444.843 0
2383.490 2 2414.433 0 2429.268 0 2445.714 2
2384.751 2 2414.662 0 2429.610 2 2448.378 0
2386.222 4 2414.927 3 2431.936 2 2448.923 2
2386.489 0 2417.523 0 2432.755 I 2450.660 4
24
2453.898
2455-521
2455.788
2456.277
2459-004
2459-237
2461.120
2463.670
2469.203
24 70.486
2470.860
2471.561
2472-571
2473-199
2474.116
2474-677
2475-097
2475-749
2475-978
2477-618
2480.596
2480.921
2481.686
2483.423
2485.688
2487-581
2488.547
2489.986
2490.860
2492.395
2493.733
2494.604
2499.095
2500.668
2500.740
2501.115
2502.546
2502.843
2503.458
2503-939
2504.384
2505.189
2505.758
2507.342
2508.743
2509.788
2510.747
2511.133
2512.180
2513.464
- OO SNU NO PR“) OO ©
"09 9 m 2 nn 0 9 989708 © 97
- oO "bb On bh +
DUO OLD»
2515.833
2518.561
2520.623
2522.988
2525.221
2526.092
2526.244
2526.744
2530.284
2531.053
2531.369
2531.920
2532.743
2533.687
2534-170
2534-682
2536.803
2537-155
2537-721
2539.860
2541.096
2543.648
2544-317
2545-794
2547-366
2548.679
2551.289
2553-426
2555.0I0
2555-449
2556.172
2558.714
2560.322
2562.741
2564.900
2565.388
2566.137
2566.960
2567-374
2569.171
2570.206
2573-577
2574-332
2574.751
2576.330
2579-487
2579.650
2580.043
2581.100
2581.790
oO SS O0 0 D8.N7 BD N N DO A N DD DO OO BD PH AO ON N OD ON AND DR» OND NND NO OO OO OO DH ON DD Oo
EHSRUASSER:
2584.016
2586.897
2587.245
2587.353
2588.545
2589.892
2592.247
2596.134
2597.014
2597-484
2597-774
2598.166
2599.352
2601.926
2603.500
2605.807
2606.540
2607.831
2608.639
2609.266
2610.156
2612.315
2613.145
2613.689
2615.735
2616.178
2618.596
2621.099
2622.661
2622.756
2624.821
2624.948
2625.309
2625.496
2625.973
2626.776
2627.042
2628.222
2630.003
2630.509
2633-373
2633.523
2634.605
2635.082
2635.407
2636.744
2637-484
2638.388
2638.839
2639.097
DP OoOoONnS NOW OO - O OD D -
DON, DP OO O Oo nn nn»
oO OO == + ON BUND OONDH- DD OO +
2639.327
2642.857
2643-077
2643.691
2647-375
2648.681
2649.636
2650.985
2651.973
2652.750
2656.000
2658.515
2659.098
2659-573
2659.937
2663.389
2663.764
2666.498
2667.317
2667.453
2669.419
2671.144
2671.529
2674.059
2674.287
2674-525
2676.200
2676.573
2680.379
2680.717
2681.873
2682.624
2683.660
2684.30
2685.551
2686.608
2687.015
2687.411
2688.173
2689.022
2689.716
2692.390
2692.463
2693.726
2694.405
2697-955
2700.384
2700.688
2702.158
2702.337
DNS OO N PLARONDON DAL DENN DD FH OO ON DO N BD ON OO - BD PKNPOTGS
DDR Se
2702.621
2703.820
2705.059
2705.718
2706.135
2707.320
2707-896
2709.613
2714-499
2714.881
2715-149
2715.399
2716.645
2718.912
2717.606
2718.111
2718.648
2720.235
2720.622
2722.243
2722.389
2725.961
2726.934
2729-034
2729.611
2731.874
2732.261
2734.906
2736.860
?737-509
2737-717
2738.359
2739-845
2740.027
2740.304
2740.487
2740.647
2743-568
2751.140
2751.450
2752-941
2754-845
2757-005
2760.541
2762.311
2762.938
2764.909
2767.832
2768.336
2770.277
ABB N On on lo oa oa N HEN NV nd Oo Oro No © 9 N WS a N ON on OS San Rn BO N ©
Z
Über die
Bogenspectren der Elemente der Platingruppe.
2771.615
2773-397
2774-557
2775-869
2778.162
2778-967
2779-654
2730.439
2781.184
2783.140
2785.920
2786.934
2790.493
2790.872
2791.270
2792.886
2794-020
2794-587
2795-366
2795.824
2796.743
2799.536
2799-705
2800.021
2801.674
2802.113
2804.020
2805.908
2806.212
2807.270
2809.853
2810.999
2814.817
2816.979
2819.367
2819.742
2820.946
2821.620
2822.850
2822.979
2823.504
2323.756
2823.988
2826.532
2826.798
2827-433
2828.259
2829.421
2829.664
2831.398
"OO 08 DD NN OO 0 Oo DD - ON NA N NN OUT HDD WDR UND Hp
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Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör
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3698.415 3 .410R. 3891.953 © A218.142. 2 FELsaiR. 4571.466 4
3608:.7158, 15 2:.TA2ıRs 3904.362 2 .359 RR. 4228.002 Oo 4572.794 2
3699.461 2 .458R. 3905.423 1 4230.354 2 .358R. 4599.553 0
3701.057 8r .o56R. 3912.97 I 2 .964 R. 4244:598 4 599 R. 4601.792 2
S1T3.1506° Ara rgoiR: 3913.657 4 .648.R. 4258.608 ı .617.R. 4608.294 2
3713.59 3 -575R. 3922.340 4 337 R. 4270.696 2 28 4620.059 5
3714.9899 4 .975 R. 3934-384 - 4r .368R. 4273.57 4 -58ıR. 4626.105 ı
3725.091 2 3935.123, 2 ..120.R. 4276:962 2. 2r9yark. 4634.017 4
3735-429 4 .429R. 3935.982 4 .983R. 4278.744 3 .755R. 4639.526 4
3737-448 4 -421R. 3942.862 5 ?2 4288.8833 7 .867 R. 4643.337 6
3744-3233 4 -325.R. 3953.214 2 4296.926 4 .931ı R. 4666.261 2
37148.3833 5 .362R. 3958.313 4 4308.982 2 .988R. 4675.187 7
3754.269 4 .268R. 3959.006 5r .oogR. 4315.126 2; ‚zr23,R- 4677-532 4
3754-44I 3 _ .431.R. 3964.688 4 .688R. 4325.584 0 _.578R. 4683.093 3
3755.290 ı 3968.320 2 4336.181 ı .176 R. 4689.610 I
3755:7148 2 .736R. 3975-4722 5 -465R. 4342.608 ı .604R. 4696.463 I
3760.554 2 .559R. 3976.240 2 4345.24] 2 .245R. 4704.230 5
37105:232! 57. 2.227)R. 3984.555 5 -556R. 4345.629 3 .626R. 4707-108 ıu
377.130 4 .ı25R. 3995.768 4 .766R. 4349.336 2 .333R. 4719.545 2
3771.779 2 3996.313 5 .307. R. 4362.393 ou 4721.148 6
' Rowland gibt 3886.470, was wohl Druckfehler ist.
® Rowland gibt 3942.059. wahrscheinlich ein Druckfehler.
® Rowland gibt 4260.706, wohl ein Druckfehler.
Über die Bogenspectren der Elemente der Platingruppe. 29
47124.483 2 5028.492 2 5292.279 4 5555.288 o
4731.333 Tu 5046.583 2 5314.911 3 5556.968 3
4745-276 6 5057.576 2 5329:571 0 5557-364 1 u
4750-007 © 5064-475 4 5329.890 4 5568.495 0
4755-717 4 5073.607 © 5331.237 2 5595.053 2u
4770.938 3 5085.676 4 5336.794 © 5599.620 6u
4771.687 2 5088.949 0 5339.845 © 5605.214 0
4777.304 2 5090.795 5 5349.463 2 5607.898 3
4791.164 3 5110.115 2 5354-573 7 5608.541 4
4791.0640 © 5120.824 I 5356.638 3 5626.254 2
4794-364 0 5130.903 2 5359.850 0 5632.954 2
4798.829 4 5145.110 2 5364.290 © 5634.847 2
4801.517 Tu 5155.691 5 5369.470 1 5651.466 ıu
4803.393 0 5157.224 2 5379.275 5 5659.791 4
4810.645 6 5157.8314 5 5381.683 0 5659.924 2u
4813.678 ı 5160.464 ou 5384.214 0 5686.543 4
4817.233 © 5165.561 0 5390.622 5 5695.823 ı
4833.027 0 5174.883 0 5404.898 q4u 5700.628 u
4842.556 4 5176.110 6 5408.972 2 5708.950 ou
4844-145 6 5177-396 3 5423.483 2u 5713.799 1 u
4851.777 6 5178.311 0 5424.910 4 5718.038 0
4856.614 0 5184.342 4 5425.636 4u 5726.875 Tu
4861.497 2 u 5185.172 1 5431.813 2u 5727-466 3
4861.808 ou 5187.088 o 5432.224 2u 5730.600 2
4865.922 4 5193.276 7 5439.783 4 5742.985 ©
4888.045 0 5197.697 1 5441.547 4U 5755.894 0
4898.022 I 5203.468 2 5444.508 2u 5792.824 4
4908.744 2 5207.099 3 5445.424 4 U 5795-936 2
4913.649 2 5211.637 4 5468.288 3u 5797:.668 2
4918.953 2 5212.866 4 5468.921 2u 5803.482 2
4919.823 2 5213.491 2 5471.040 5u 5807.058 4
4922.633 2 5214.913 3 5475.318 zu 5821.991 2
4944.975 2 5222.783 4 5480.997 0 5831.730 4
4960.318 ı 5225.706 I 5481.602 2u 5833.808 Iu
4961.012 0 5230.752 4 5484-421 4qu 5871.947 I
4963.831 4 5237.284 5 5492.048 2u 5899.128 ı
4966.51 2 5237-918 ı 5497-197 0 5907.478 ı
4977-869 4 5248.918 o 5503.776 2u 5918.698 I
4985.107 2 5251.549 2u 5504.845 4u 5941.743 1
4996.012 0 5259.382 3 5534.074 1u 5952.791 ©
4997-919 1 5268.092 0 5535.235 5u 5983.830 4
5012.538 o 5269.429 3 5542.260 O0
5025.692 ı 5280.250 2 5544.797 6uR
Rowland gibt noch 25 Linien, die ich aber meist für falsch halte.
30706.006,3282.455,3302.712, 3303.668,.3345.156,3345.707, 3346.071
sind die stärksten Zinklinien, über deren Auftreten man sich nicht wun-
dern kann, da Zink bei der Darstellung der Elemente benutzt wird. Weiter
fehlen bei mir zweifellos: 3100.407, 3100.556, 3261.175 (vielleicht ist
30 H. Kayser:
diefs Cd), 3602.182 (Cu?), 3654.569 (Ru?), 3656.994. 3709.773, 3736.295.
Die bei mir fehlenden Linien: 3673.710,. 3679.353, 3683.030 bezeichnet
schon Rowland selbst als zweifelhaft. — Die übrigen Linien können bei
mir von den ÖOyanbanden überdeckt sein.
5. Osmium.
Es stand mir Kalium Osmium Chlorid von Dr. Bettendorff zur Ver-
fügung, welches viel Ir, Spuren von Pt und Ru enthielt.
2325.636
[6) 2394.379 © 2429.025 0 2477-100 O0
2327.081 Oo 2395.969 © 2429.801 © 2480.825 Oo
2329.356 © 2396.855 0 2431.299 I 2481.802 I
2332.288 ı 2397.730 0 2431.699 I 2482.524 2
2334.640 I 2398.300 © 2434.605 0 2485.424 0
2336.876 ı 2401.219 2 2434.731 0 2486.326 3
2338.723 1 2402.328 O0 2437-798 o 2488.415 ı
2340.732 0 2402.620 0 2440.913 © 2488.640 4
2342.043 O0 2403.944 I 2442.104 O0 2488.890 ©
2343.831 I 2405.176 oO 2445.980 0 2489.113 0
2345.855 0 2405.531 0 2446.125 I 2489.370 ©
2347-480 O0 2406.053 O0 2449.987 © 2491.106 2
2350.323 O 2408.764 2 2450.58I o 2491.789 2
2351.878 o 2409.0I0 1 2450.833 I 2492.477 2
2351.826 Oo 2409.476 © 2451.290 © 2493.710 0
2355.378 0 2410.282 O0 2452.869 Oo 2493.935 ©
2356.999 © 2411.536 I 2453.392 O 2496.425 I
2357.344 0 2411.992 O0 2453.989 0 2498.512 Iu
2362.498 0 2414.042 O 2454.278 0 2500.82I1 I
2362.855 2 2414.198 0 2455.002 I 2501.016 ©
2363.128 0 2414.639 I 2455.422 O0 2501.963 ©
2363.421 I 2415.436 oO 2455.716 oO 2502.382 2
2367.434 2 2418.081 I 2456.555 I 2503.766 2
2369.346 ı 2418.457 0 2457.273 © 2504.486 2
2370.796 I 2418.618 ı 2457.804 0 2504.603 ©
23727 2420.137 O0 2459.940 0 2506.481 Oo
2376.398 0 2421.268 © 2461.508 3 2506.767 ©
23171282 2421.949 O0 2464.577 1 2507.282 Oo
2377:704 © 2422.106 O 2466.535 0 2508.707 I
2378.842 0 2423.158 2 2467.420 © 2509.809 ©
2379.482 I 2424.102 O0 2468.209 0 2510.024 2
2379.730 © 2424.655 I 2470.925 © 2510.591 0
2379.931 0 2424.820 O0 2472.378 ı 2512.970 2
2332.595 O0 2426.297 O0 2473.756 0 2513.340 2
2384.715 0 2426.907 © 2475.064 © 2515.140 2
2387.378 2 2427.280 © 2475.709 0 2518.006 2
2391.248 o 2427.386 © 2476.179 0 2518.533 2
2393.986 © 2427.997 0 2476.923 2 2519.886 ı
2520.156
2524.879
2526.833
2527.174
2527-335
2527.832
2529.047
2532.083
2532.732
2534-270
2535-484
2536.184
2538.087
2538.174
2538.500
2539-751
2540.230
2540.835
2541.747
2542.592
2543-892
2544.067
2546.261
2547.289
2548.196
2548.930
2550.873
2554-558
2555-205
2555-378
2555.902
2556.179
2557-868
2558.191
2560.308
2560.578
2560.831
2562.771
2563.257
2564.287
2564.469
2565.261
2565.816
2566.595
2567-335
2568.937
2570.855
2571.244
2571.611
2571.878
LIE 1 jo Je] Sie ef o Ir Se ER VEN JE Keane Le Fo I Lese Ko Keike)
BIO OTTO INT 0783 70778 79 EIN ERTEO FOTO ae TO De FH rent oO
Über die Bogenspectren der Elemente der Platingruppe.
2572.572
2573.198
2573.601
2574-852
2577-141
2573.284
2578.430
2579.839
2580.120
2581.154
2582.027
2586.995
2587-575
2588.517
2589-495
2589.595
2590.859
2592.082
2594.000
2594.238
2596.101
2596.474
2596.783
2597-092
2597-319
2597-664
2597.999
2600.008
2600.560
2600.855
2602.444
2603.323
2603.554
2604.701
2605.051
2608.342
2609.303
2609.669
2610.881
2611.410
2612.732
2613.167
2614.158
2615.122
2617.062
2617.895
2618.435
2618.923
2620.035
2620.723
(eXeF Yin
DD OU - O0 -
D#+ 00000 O9 oO N NND NND ODONDOO - OO rn - oO oO» Oo RR OL N OD LO OO »- oO
2621.473
2621.912
2623.711
2624.677
2625.436
2628.377
2632.994
2634.375
2634.547
2637.223
2638.081
2638.428
2639.533
2640.079
2640.625
2641.271
2641.700
2643.132
2643.727
2644.211
2645.207
2647.817
2649.428
2650.754
2651.562
2652.369
2653.068
2653.388
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2655.297
2655.879
2656.774
2657.203
2658.682
2659.924
2661.011
2662.069
2662.653
2663.314
2663.950
2664.390
2664.879
2665.370
2666.079
2666.295
2667.593
2669.158
2669.606
2670.640
2672.145
oO ONDOONN OP OONDND NH BLOND H ON - N OO ON N OP DD HO OO Oo OF HN HN OO ON ©
2674.654
2674.793
2674.969
2677-473
2678.870
2679-457
2679.825
2680.806
2682.279
2683.974
2684.497
2685.973
2686.624
2686.777
2687.277
2688.174
2689.447
2689.904
2691.483
2692.021
2692.790
2694.615
2694.854
2696.709
2697.338
2698.321
2699.688
2700,840
2703.203
2704-551
2704.695
2705.547
2706.804
2707-519
2708.276
2799-953
2712.848
2713-300
2714.744
2714-997
2715.471I
2715.726
2717.162
2717.488
2717-839
2718.796
2720.130
2720.578
2721.959
2722.700
= oO OO NNOWDOOND NN NND OO DON FOND OONND OO RN NO OO ON ON OO Oo Oo vn od
-— +
or
31
32
2722.867
2727-357
2728.364
2729.093
2730.782
2731.467
2731.931
2732.905
2735-848
2736.479
2738.427
2738.636
2740.414
2740.70I
2740.862
2742.801
2744-981
2745.632
2748.003
2748.964
2750-9709
2751.246
2751.875
2753-792
2754-780
2755.680
2756.095
2757.902
2758.775
2758.923
2760.168
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2761.530
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2774-125
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2957-774
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Über die Bogenspectwen der
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Elemente der Platingruppe.
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3054.780
Phys. Abh, nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1897. Il.
19}
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.708 R.
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Do oo vn «Bm N DD KON OO OO “+ U DO "OO oO Wr HN DK OO FR OO pr oO rn oO 2 —m
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Über die Bogenspectren der Elemente der Platingruppe.
‚301 R.
730. R.
.001 R.
.654 R.
3406.816
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Sao 314
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3675.599
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.699 R.
.346 R.
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.484 R.
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.053 R.
‚040 R.
3681.705
3689.191
3691.750
3700.688
3703-391
3746.612
3895-331
3900.54 1
3901.851
3915-543
3925-253
4926.923
3928.557
3928.691
3930.14
3931.660
3933.739
3939-704
3949-925
3952.904
3960.656
3961.159
3963.774
3965.106
3969.332
3975-596
3977.389
3979-524
3988.340
3988.785
3995-103
3996.979
3999.110
4003.652
4004.184
4015.203
4018.425
4035-249
4036.640
4038.009
4038.813
4042.081
4048.216
4051.584
4053-417
4055-647
4055-859
4066.460
4066.862
4071.020
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.660 R.
‚739 R.
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.921 R.
.653 R.
.163 R.
.777 R.
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‚835 R.
‚598 R.
‚391 R.
.521 R.
.343 R.
783 R.
.096 R.
.972 R.
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.652 R.
.193. R.
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.430 R.
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.634 R.
.017 R.
.782 R.
.073 R.
.197 R.
.580 R.
.407 R.
‚641 R.
.464 R.
.848 R.
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4071.169
4073.768
4074-829
4088.598
4091.980
4097.087
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4100.436
4112.177
4124.760
4129.114
4135-955
4138.021
4152.448
4172.708
4173-391
4175.783
4190.059
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4212.028
4219.005
4229.531
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4252.718
4261.011
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4273-984
4275-074
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4286.056
4294-105
4296.382
4297-556
4299.870
4309.041
4311.561
4317-754
4319.513
4326.413
4328.838
4338.913
4342.681
4351.695
4354-631
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.435 R.
.710R.
.386 R.
.781.R.
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.528 R.
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‚331 R.
.690 R.
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.903 R.
.521 R.
.767 R.
‚945 R.
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.302 R.
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.o56. R.
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.383 R.
.538 R.
‚856 R.
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.560 R.
.743 R.
.502 R.
‚416 R.
‚840R.
.9I9 RR.
.678 R.
‚69T R.
626. R.
36 H. Kayser:
4as80o7 1 MEISZERE 4420.639 5 .633RR. 4507.590 0 4738.215 1
4358.318 ı .304 R. 4428.059 I 4514.445 0 4738.508 2
4361.126 0 4432.584 2 .582 RR. 4519.050 0 4744:.050 2
4365.3355 3 .837R. 4436.490 3 .488R. 4525.0355 ı .0355R. 4755.332 ı
4370.826 3 .824R. 4437.258 17 W257R. 4529848 ı .842R. 4763.263 ©
4377.070 1 .068R. 4439808 2 .S8ıoR. 4540.093 2 .o87R. 4794-177 5
4385.068 0 4445.582 I 4548.836 ı .327R. 4816.105 2
4386.485 1 4445.8554 0 .850R. 4550.584 4 .57IR. 4865.759 2
4390.406 © 4447-535 3 -520R. 4551.461 3 .463R. 4899.386 o
39T DL POASR: 4459.646 0 .658R. 4595.206 3 4912.771 I
4395.040 4 .042R. 4459.90 0 .78ı R. 4597-321 2 4937-522 0
4397-424 3 -427R. 4462.473 1 .470R. 4616.948 4 .944 R. 5031.988 ı
4400:75I 1 .747 RR. 4466.134 1 .I2IR. 4632.000 4 5103.670 2
4402.901 3 .904R. 4479:974 2 .976R. 4634.930 ı 5149.895 2
4404-375 1 .378R. 4484.935 2 .930.R. 4642.010 0 5202.789 3
4410.899 ı 4488.771 I .766 RR. 4663.977 4 5523.786 2
4411.298 ı 4503.774 © 4692.220 2 5728.735 2
Rowland gibt 14 Linien mehr, von denen ich folgende für Verun-
reinigungen halte: 3895.023, 3918.388, 3919.107, 3991.640, 4005.324,
4033.095 , 4071.716, 4097.004. 4305-440. Diese Linien fehlen auf meinen
Platten sicher. 4090.922 dagegen kommt bei allen 6 Elementen als schwache
Linie vor.
6. Iridium.
Ich hatte zur Darstellung dieses Speetrums von Dr. Bettendorff er-
halten: Ammonium Iridium Sesquichlorid, Iridium Ammonium Chlorid, Na-
trium Iridium Sesquichlorür. Die Salze enthielten ziemlich viel Ru, sonst
noch Spuren von Pt.
2321.481 oO 2343.062 © 2363.134 4 2398.824 0 2422.286 Oo
2321.622 0 2343.255 2 2365.849 I 2401.866 2 2424.406 O
2324.006 © 2343.0684 2 2367.469 © 2402.379 I 2424.741 O0
2324.754 0 2347.329 I 2368.120 4 2403.113 O0 2424.971 I
2325.029 I 2349.400 © 2368.486 © 2405.955 0 2425.069 2
2328.046 0 2349.790 © 2370.462 2 2406.115 0 2425.744 2
2328.324 0 2350.136 © 2372.856 4 2409.465 1 2426.622 I
2328.598 o 2351.492 I 2375.195 2 2410.264 2 2426.875 0
2328.790 O0 2352.705 0 2381.714 2 2410.818 I 2427.189 Oo
2329.469 0 2355.082 2 2383.270 I 2414.473 0 2427.694 2
2333.372 2 2356.122 Oo 2383.890 0 2415.950 2 2427.878 0
2333.917 2 2356.388 0 2386.665 ı 2416.334 0 2429.830 ©
2334-406 © 2356.674 2 2386.981 2 2416.6072 oO 2431.331 2
2334-575 2 2357.623 0 2390.706 2 2418.190 2 2432.021 2
2337.0628 o 2358.245 I 2391.282 3 2418.657 0 2432.439 I
2342.573 0 2359.668 © 2394:.404 © 2420.698 ı 2432.667 Oo
2342.763 1 2360.790 2 2395.974 © 2421.306 © 2433-433 ©
2434-107
2436.513
2445.184
2445-436
2446.926
2447-583
2447.850
2448.316
2449.112
2449.916
2452.893
2454-212
2454-945
2455-691
2455-949
2456.882
2457-123
2457-312
2462.454
2463.118
2464.462
2467-382
2468.263
2468.705
2469.594
2469.848
2470-143
2470.607
2472.709
2474-170
2475-209
2478.190
2479-255
2480.685
2481.262
2482.383
2486.463
2486.826
2488.325
2489.293
2491.778
2492.406
2493.163
2495.680
2495-951
2496.360
2500.357
2502.710
2503.068
2504.446
Bon Oo = m or or 0 Oro OO ur oO 0 mi arao: 0 07 Or 0. m O9: Wal (Or Hi LOB Br FON IR OFT OEL TNE O5 07, NTOF OO
n#+
Über die Bogenspectren der Elemente der Platingruppe.
2505.308
2505.814
2507.712
2508.434
2509.798
2512.016
2512.191
2512.665
2513.799
2515.448
2521.175
2523.290
2524.953
2526.856
2527.868
2528.011
2529.559
2529.870
2530.200
2530.498
2530.786
2532.290
2534-103
2536.760
2537-309
2537-770
2538.548
2538.949
2540.483
2541.556
2542.097
2544.059
2545.620
2545.868
2547-278
2550.987
2551.475
2554.480
2555-425
2555-955
2556.860
2557-285
2558.821
2559.643
2562.999
2563.365
2564.253
2564.922
2566.442
2568.407
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2569.962
2572.156
2572-459
2572.784
2573-338
2577-622
2573.794
2579.008
2579.573
2579-860
2581.019
2581.523
2583.261
2584.867
2586.146
2589.057
2589.231
2589.470
2590.296
2591.129
2591.927
2592.146
2593-224
2595.188
2595-914
2599.129
2599-224
2602.122
2604.645
2606.081
2606.668
2607.608
2608.314
2609.996
2610.198
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2612.344
2614.287
2615.064
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2617.177
2617.514
2617.872
2618.352
2619.967
2620.102
2621.610
2622.203
2623.736
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2625.396
2626.844
2628.271
2629.498
2634-340
2634-513
2635.353
2636.967
2637-407
2639.073
2639.510
2640.462
2644.279
2646.334
2650.584
2653.124
2653.853
2654.033
2654.670
2656.898
2657-587
2657:799
2657-993
2660.040
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2662.080
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2663.400
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2669.070
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2673.694
2675.37
2676.911
2677.899
2679.506
2681.184
2682.536
2683.387
2688.381
2689.769
2691.154
2691.998
2692.267
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2692.964
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2695.550
2696.010
2698.688
2701.200
2704.117
2704.722
2705.213
2705.296
2795-453
2705.632
2706.985
2707.265
2708.752
2710.177
2711.402
2712.817
2713-195
2714.643
2716.612
2717.730
2719.906
2720.534
2721.443
2723.248
2723.849
2724.884
2726.566
2728.22
2728.494
2729.638
2730.500
2731.954
2732.752
2734-596
2735-165
2736.509
2738-875
2739-413
2740.085
2740.166
2740.267
2740.432
2743-477
2743.769
2744-091
2747-383
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37
38
2747.602
2748-395
2749-075
2753-954
2756.206
2758-325
2759.100
2759-405
2760.009
2760.207
2760.474
2761.227
2761.700
2763.287
2767-423
2767-764
2771.711
2712-547
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2775-073
2775-646
2777-149
2777-530
2777-645
2779-752
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2782.342
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2783.492
2783-797
2785-319
2787.099
2787-687
2789.066
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2793-907
2794-189
2796.558
2797-456
2798.283
2799-522
2799-835
2800.755
2800.923
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2806.479
2806.772
2807.754
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2815.744
2816.409
2817.039
2817.284
2819.848
2820.614
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2823.280
2823.83 1
2824.228
2824.546
2826.316
2827.259
2829.720
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2830.964
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2833-337
2833.777
2835.408
2835.762
2836.197
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4056.620 2 4240.644 0 4362.289 ı 4548.645 4 4939.3I11 0
4059.377 2 4241.198 0 4376.575 © 4550.941 2 4970.629 0
4070.067 4 4243.944 0 4377-175 3 4568.246 4 4999.898 2
4070.822 3 4257.528 2 4380.930 ou 4570.183 2 5002.874 I
4072.532 2 4259.280 4 4392.758 3 4604.629 3 5009.323 0
4075.774 2 4261.408 2 4399-645 6 4614.342 0 5046.227 0
4080.737 2 4262.05I Oo 4403.952 4 4616.549 6 5050.001 ©
4081.564 0 4265.450 2 4406.926 © 4640.231 2 5178.128 ı
4082.542 I 4266.202 I 4411.344 2 4656.329 4 5239.091 I
4092.7167 3 4266.532 0 4422.12 I 4669.130 2 5340.932 I
4115.957 4 4268.251 4 4425.930 © 4792.751 © 5357-081 0
4166.22 3 4269.101 0 4426.459 6 4709.034 2 5364.507 2
4172.736 1 4286.776 2 4449.540 © 4729.005 4 5449.716 4
4182.626 ı 4300.802 ı 4450.346 2 4732.014 I 5454.724 2
4200.031 2 4301.776 4 4452.987 I 4756.613 4 5469.648 ı
4212.197 0 4305.359 © 4478.649 4 4758.107 2 5620.266 ı
4212.383 2 4310.750 4 4491.523 2 4778.330 4 5625.772 3
4217.908 2 4311.669 5 4492.333 1 4795.827 3 5894.324 2
4218.243 0 4316.456 ı 4495.525 3 4807.302 0
4218.428 ı 4330.060 © 4496.200 1 4809.636 2
4220.950 2 4332.490 0 4533-003 2 4840.934 2
4223.327° 0 4351.462 I 4538.819 ı 4845.539 0
Bei so linienreichen Spectren, wie den vorliegenden, scheint es fast
aussichtslos, falls nicht auffallende Gesetzmäfsigkeiten vorliegen, nach solchen
zu suchen: und die Arbeit ist enorm, wenn man alle Linien in Betracht
ziehen will. Trotzdem habe ich wenigstens einen Versuch machen wollen,
und nahm dazu Pd, da diefs das einfachste Spectrum hat. Ich wählte die
stärksten und die ganz unscharfen Linien aus, im ganzen 128, und be-
rechnete die Schwingungsdifferenzen zwischen ihnen. Es zeigte sich in der
That eine ganze Anzahl von Gesetzmäfsigkeiten, deren auffallendste folgende
ist: eine Gruppe von 3 Linien wiederholt sich im Speetrum 6 Mal. Es sind
diefs die Linien:
4473-771 7 3799.332 57 3634.840 1or
4213.116 6r 3609.698 gr 3460.888 7r
3958.777 57 3421.368 Ir 3287.378 5r
3894.335 67 3373-137 67 3242.824 107
3553.242 77 3114.157 5” 3002.775 4”
3441.548 6r 3028.031 4r 2922.615 77
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1897. II, 6
42 H. Kayser:
Die Schwingungszahlen dieser Linien und ihre Differenzen sind:
Zahlen Differenz Zahlen Differenz Zahlen
2235251 396781 2632032 119121 2751153
2373530 396785 2770315 119117 2889432
2526033 396787 2922820 T19118 3041938
2567833 396781 2964614 119118 3083732
2814331 396803 3211134 II9II1Q 3330253
2905669 396804 3302473 119120 3421593
Die erste Schwingungsdifferenz kommt noch 3 Mal vor bei den Linien:
4087.531 3 3517.087 8r
3690.491 6r 3219.088 4
3433-582 5r 3021.860 4
Deren Schwingungszahlen und Schwingungsdifferenzen sind:
Zahlen Differenz Zahlen
2446465 396797 2843262
2709667 396803 3106470
2912410 396800 3309220
Es zeigt sich also, dafs zwar nicht Serien von Paaren oder Triplets
vorhanden sind, wohl aber Gruppen mit constanter Schwingungsdifferenz
sich vielfach wiederholen. Ähnliches haben Kayser und Runge! für As,
Sn, Pb, Sb, Bi nachgewiesen, und kürzlich hat Rydberg” das gleiche
für Cu gefunden. Offenbar ist das Auftreten der Serien von Paaren oder
Triplets nur der einfachste Fall des gesetzmäfsigen Baues der Speetren, der
denn auch zuerst gefunden worden ist und sich einigermafsen hat mathe-
matisch formuliren lassen, während wir über die Art des Gesetzes in com-
plieirteren Fällen, wie dem vorliegenden, noch keine Ahnung haben.
Bei Betrachtung des Charakters der oben angeführten Linien fällt so-
fort auf, dafs fast alle umgekehrt sind, nämlich 19 von den 24. Im ganzen
Palladiumspectrum habe ich nur 32 umgekehrte Linien gefunden, so dafs
fast 3 derselben als nach einem unbekannten Gesetze gelagert nachgewiesen
sind. Es zeigt sich auch hier wieder die hervorragende Bedeutung der
umgekehrten Linien für die Speetren. Von den unscharfen Linien ist keine
einzige aufgenommen worden.
Ich habe darauf das Speetrum des Platins einer gleichen Untersuchung
unterzogen, indem ich alle umgekehrten Linien und die, deren Intensität
! Kayser und Runge, Abhandl. d. Berl. Akad. 1893.
* Rydberg, Astrophysical Journal 6. 1897.
Über die Bogenspeetren der Elemente der Platingruppe. 453
mindestens zu 5 geschätzt worden war, nahm, im ganzen 63 Linien. Ich
fand. dafs ein Paar mit der gleichen Schwingungsdifferenz 6 Mal vorkommt.
Es sind diefs die Linien:
3323-914 6 3240.324 5
3139.503 7 3064.825 6
2998.087 7r 2929.903 8r
2766.764 5 2677.232 4r
2705.985 5r 2650.938 gar
2628.122 7r 2467.504 8r
Deren Schwingungszahlen und Schwingungsdifferenzen sind:
Zahlen Differenz Zahlen
3008501 77610 3086111
3185218 77611 3262829
3335460 77622 3413082
3657568 77633 3735201
3700299 77607 3777906
4020487 77608 4052678
Diese Paare lassen sich aber nicht in Serien unterbringen, weder ihrer
Lage noch ihren Intensitätsverhältnissen nach. Es ist also auch hier das
zu Grunde liegende Gesetz ein verwickelteres als bei den Elementen mit
niedrigerm Schmelzpunkt.
Ich habe schliefslich noch das Speetrum des Ru auf eonstante Sehwingungs-
differenzen hin untersucht, wobei ich mich wieder auf die umgekehrten und
die stärksten Linien beschränkte, im ganzen auf 96.
Das Spectrum zeigt in viel höherm Mafse, als ich es bisher bei
irgend einem Elemente gefunden habe, das wiederholte Auftreten derselben
Schwingungsdifferenz. Ich habe über 200 verschiedene Differenzen 2, 3
oder 4 Mal gefunden. Trotzdem tritt ein gesetzmässiger Bau noch viel we-
niger hervor, als bei den übrigen Speetren.
Ich will mich darauf beschränken, nur einige wenige solcher Bezie-
hungen anzuführen. Dabei soll der Kürze wegen statt der Schwingungs-
zahl die Wellenlänge selbst in ihren 4 ersten Zahlenstellen in Klammern
gegeben werden.
(5699) — (5510) = 60109 (4758) — (4554) = 93832 (5559) — (4342) = 504374
(4354) — (4243) = 60116 (4385) — (4212) = 93825 (5484) — (4296) = 504386
(3428) — (3359) = 60125 (4372) — (4200) = 93830 (4869) — (3909) = 504372
(3368) — (3301) = 60116 (4243) — (4080) = 83818 (3799) — (3188) = 504372
Jede der hier vorkommenden Linien ist wieder mit einer ganzen Menge
anderer verknüpft, wofür ich auch nur ein paar Beispiele anführe.
44
(5699) — (4647) = 397098
(5699) — (4385) = 525609
(5699) — (4294) = 573848
(5699) — (4076) = 698379
(4354) — (4342)= 6377
(4354) — (4241) = 61226
(4354) — (4080) = 153934
(4354) — (4022) = 189543
(4354) — (3985) = 212823
(4354) — (3730) = 383963
(4554) — (4385) = 84673
(4554) — (4385) = 84673
(4554) — (4372) = 91547
(4554) — (4320) = 119040
(4554) — (4200) = 185377
(4554) — (3926) = 351540
(4554) — (3923) = 353120
II
H. Kayser: Über die Bogenspectren der Elemente der Platingruppe.
(4647) — (3799) = 397093
(5336) — (4167) = 525614
(5336) — (4085) = 573830
(4320) — (3742) = 698387
(2866) — (2861) = 6382
(3409) — (3339) = 61239
(4349) — (4076) = 153924
(4599) — (4230) = 189546
(4903) — (4439) = 212809
(3727) — (3260) = 386952
(4460) — (4297) = 34678
(3436) — (3339) = 84679
(3790) — (3663) = 91540
(3799) — (3635) = 119026
(4410) — (4076) = 185377
(4167) — (3635) = 351536
(3736) — (3339) = 353114
Ich will es bei diesen wenigen Beispielen bewenden lassen, da sie
doch keine Aufklärung über den Bau des Spectrums geben. Vielleicht
würde sich ein günstigeres Resultat gefunden haben, wenn ich noch schwä-
chere Linien berücksichtigt hätte; aber die Rechnungsarbeit wächst damit
so gewaltig, dafs ich darauf verzichten mulste. Aus demselben Grunde
habe ich auch die drei übrigen Speetren nicht untersucht.
MATHEMATISCHE ABHANDLUNGEN.
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m. ZZ
Mars-Beobachtungen 1896-97
auf der Manora-Sternwarte in Lussin piceolo.
Von
LEO BRENNER.
Math. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1897. 1. 1
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Vorgelegt in der Sitzung der phys.-math. Classe am 21. Oetober 1897
j [Sitzungsberichte St. XL. 8.884].
Zum Druck eingereicht am gleichen Tage, ausgegeben am 25. März 1898.
rl, 3 15151 Ali
iur a
Vorbemerkungen.
Während der letzten Erscheinung des Mars wurde dieser Planet in der Zeit
vom 8. Februar 1896 bis 20. Mai ı897 102 Mal von mir beobachtet (217 Stun-
den), wobei ich 73 Zeichnungen und eine Anzahl Skizzen aufnahm. Die hier
beigefügten Tafeln geben einige dieser Zeichnungen wieder, nebst einer Karte
der Mars-Oberfläche, welehe alles enthält, was ich während der letzten Er-
scheinung nach und nach gesehen habe. Wenn ein Object sich zu ver-
schiedenen Zeiten verschiedenartig zeigte, so wählte ich für die Karte das
Aussehen, welches ich für das merkwürdigste oder ungewöhnlichste hielt.
Für die Karte habe ich nieht wieder die Mercator-Projecetion gewählt,
in welcher die dem Bericht über meine Marsbeobachtungen 1894-95 (Astron.
Nachr. Nr. 3268 u. 3288) beigefügte entworfen wurde, weil ich die durch
diese Projeetion bedingte übertriebene Vergröfserung der Polarregionen für
einen Nachtheil halte, der gröfser ist als das Ausziehen derselben in Länge.
Die gegenwärtige Karte zeigt aber überhaupt im Vergleich mit der früheren
ein verändertes Aussehen, welches theilweise auf wirklichen Veränderungen
beruht. theilweise darauf, dafs ich in Folge gröfserer Übung trotz des klei-
nern Durchmessers der Planetenscheibe bedeutend mehr wahrnehmen konnte
als während der vorletzten Erscheinung.
Da die Farbe der Planeten-Oberflächengebilde für deren Erklärung von
Wichtigkeit ist, habe ich seit Gründung unserer Sternwarte alle Zeiehnungen
in Farben ausgeführt, und so erscheinen auch die der hier beigegebenen
Tafeln in annähernd denjenigen Farben, welche mir der Planet zeigte. Ganz
genau liefsen sie sich schon aus technischen Gründen nicht wiedergeben.
Alle Zeiehnungen wurden nach Augenmals angefertigt, und nur nach
der Opposition manche Punkte mikrometrisch festgelegt. da mir nur während
1.
4 L. BRENNER:
des letzten Theils der Beobachtungsreihe, von Mitte Februar 1897 ab, ein
brauchbares Mikrometer zur Verfügung stand. Trotzdem kann ich für die
richtige Wiedergabe einstehen, weil ich mich durch Versuche überzeugt
habe, dafs ich mich eines vorzüglichen Augenmalses erfreue. Alle Beobach-
tungen geschahen mit dem Refractor von 268°" Brennweite und 178” freier
Öffnung von Reinfelder & Hertel in München, mit voller Öffnung. Wenn
nicht der Planet bei Tage beobachtet wurde, benutzte ich stets zwei röth-
liche Blendgläser vor den Ocularen, durch welche die Bilder an Deutlich-
keit wesentlich gewannen. Die Oculare (positive von 146-410-facher, am
Mikrometer zuweilen eins von 790-facher Vergrölserung, und negative von
98-830-facher Vergröfserung) sind ebenso tadellos wie das Objectiv, dessen
hohe Vollkommenheit in Verbindung mit unseren Luftverhältnissen, welche
in Europa nicht ihresgleichen haben, und mit meinem in Planetenbeobach-
tung sehr geübten Auge die erzielten Erfolge ermöglicht haben.
Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die angestellten Beob-
achtungen und deren nähere Umstände.
| | |
Stunde | Se Ver- | | |)-Stünde-| er |/U Yer-
Tag Ba es Luftzustand | Tag | R ne er Luftzustand
M.E.Z. | \gröfserung | M.E.Z. \gröfserung,
| | messer | | | | messer |
1896 Febr. 8 | 2143— 224 | 4.40 | 196 3 (Deel. des Plan. 1896 Juni 14 Mrs 6'73 | 410 | 2, später 4-5 und
| | —240)| | | | Wolken
März 20 | 211— 22 4.92 | " |3 I » 18|194—22$| 6.82 | 242—410|4, später 3
April ro | 23—234| 5.20 | 146—196 | 4 | » 19| 20—24 6.84 | 242—830 [3
14 20—214| 5.25 | 242—310 | 2-3, etwas Wind || » 21| 20—22 6.90 242 MA
» 15 | 20— 22 | 5.26 | 3, starker Wind ».22| 20— 21 6.93 | 242—410 [3
ı9| 20—2ı | 5.36 | [3 "„ 23| 21—23 6.95 310—410|4
24| 20—22 5.50 | 242—410 | 3, aber Wind Abe | 193 — 20% | 7.06 | 98—410|4
26| 20—21 5.54 ZA 3 Juli 2 |183—19$ | 7.19 | 310410 | 2-3
» 29| 20—2ı%4| 5.63 196 2-3 2| 2143 — 221 ” 410 |3
Mai 5| 21—224| 5.78 | 242—310| 2-3 6| 19— 2214| 7.31 | 242 3; aber Wind
ı0| 20—203| 35.91 | 196—242 | 3-4 7| 20—203| 7.34 410 |3
18 | 195 — 223 | 6.11 310 3 und Wind 8|.20—2ı |. 7.36 | 196—242 | 4
19 | 182 — 22 6.14 | 310—410 | 2-3 | ” 9|173—1ı83| 7.39 | 310—830 | ı
20| 18—20%| 6.17 | 242—410 | 3, heftiger Wind "» 9|203—214 » | 196—310|3
24| 20— 224 | 6.26 | 3 10|195— 20% | 7.41 | 146—410 | 2, später 4 und
26 | 193— 213 6.30 410 13-4 Wolken
27|205— 212 | 6.32 » 3 I1| 19— 20% | 7.44 n | 3, aber Wind
Juni 2|19%--224| 6.45 | 310-410 |4 » 15 | 16$—204 | 7.60 2420 |
» 4| 19-22 6.50 | » » [2-3, aber Wol- » 16) 17 — 184 | 7.62 | 242—830 | 2
ken | » 19 |173— 18% | 7.69 | 310—410 |4. Wind
12 | 205— 221 6.69 10 3Windu.Wolken » 20| 19$3— 20% | 7.72 | 146—410|4, Wind
131202 2131116. 7i1 242 4-5 " 21 2053— 22 7-75 | 242--410'|4, dunstig
u
Mars- Beobachtungen 1896-97. 5
| Schein- Schein-
Stunde | Ver- | | Stunde Ver-
rn barer | barer | f
Ta | Luftzustand Ta | re Luftzustand
5 M.E.Z. | Durch- 'gröfserung | 5 | M.E.Z. | Purch- \sröfserung,
messer | | messer
| |
1896 Oct. 6 181 — 204 | ı2!ı2 |242—410 3 und Wind
1896 Juli 22 | 17$— 194 | 7'80 | 310—830 | 2
„ 23| 17 —ı8 | 7.84 | 410—830 | 2-3 7 143 — 164 | 12.20 242 |3 und Wind
„25 | 1743 —19$ | 7.90 | r ” |2-3 " 25| 11—ı93| 14.05 | 196—830 1
» 26| 19— 20% | 7.93 146 4 | Nov. 9 | 144— 163 | 15.59 | 200—302 | 3.u. starker Wind
»„ 27\183—20%3 | 7.95 | 242 3 12 | 15$— 17 | 15.93 | 200—480 | 3 und Wind
» 29| 19— 20% | 8.06 166 4 | » 12| 18— 19% 15.94 302 3
Aug. ı| 19— 21 8.16 | 242—410 | 3, aberWind und ».19| 8—9 16.40 146 4-5
| Wolken || » .24| 94—163| 16.85 | 200—302 | 2-3, später 2, zu-
» 2|195—21%| 8.19 | » „12 | letzt Wind
a ı8t— 20% | 8.22 | 196—830 | 2 30 7—8 17.08 | 146— 790 | 3 und Wind
„ 4| 16—20 | 8.26 |310—410 |4, später 3 | » 30 9—ı2$ » 410 2
ı2| 19-—203 | 8.61 | 410 | 3-4 Dee. 9 7—13 |17.03 |242—410|2, später 5
» 13) 19— 20% | 8.65 | 242—410 | 3 II 7— 174 | 16.95 | 196— 410 | 1, zuletzt 5 (Wol-
» 14| 19— 21 | 8.69 | ” Ol | | | ken)
» 17| 19—21 8.83 | 242—830 | 3 1897 Jan. 4 9— 114 | 14.56 | 242—410 | 4 und Wind
18 | 194— 21 | 8.88 | 242—410 |4, blickweise 3 » 5| 5—1I3 |14.45 | 4Io 3, später 2
) 19— 203 | 9.17 | 196—830 | 4 „ 26| 64—9 11.75 | 196— 310 | 4-5
» 25 |19$— 20% | 9.22 | 242—410 4, Wolken » 29| 5-94 |11.36 | 310-410 |4, später 3
Sept. ı | 17—214| 9.60 | 4ıo |2, später 3 und Febr. 4 43—93 |10.64 | » » 3
Wind role 10.08 | 242—410 | 3
» 3|16$— 213 | 9.70 | 242—830 | 3, später 4 | PAETT 6— 74 | 9.97 | 410—830 | 2
7|184—21 9.94 | 242—410 | 2-3 „ ı5| 5t—7% | 9.61 | 410 \ 3, später Wind
» .8| 15$— 163 | 10.00 | 410— 830 | I ı8| 53— 73 | 9.23 | 410—790 | 4, später Wind
8 | 174— 20% » I | | | 310—830 | 3, aber bisweilen
. 12 1821 10.26 | 242 3, später 4 l | | Wolken
15 | 18$— 21 | 10.46 » 3, später 4 | » 14| 5$3— | 7.57 |310—410|4
» 16|13$— 19 |10.52 | 242—410| 2, später 3-4 | » 15| 64—7 7.51 |410—830 | 2, aber Wind
21 | 144 — 17 | 10.87 | 302—410| 2, später 3—5 | »„ 24| 63—7 | 7.01 410 13-4
27| 19—20 | 11.32 | 242—410|4, aber Wind April27 | 63—74 | 5.65 | » 3
» 28| ı9—2r [11.40 302 |3 » 28| 63— 7% | 5.62 | 410—830 |4
Oct. 5| 17—22 |12.03 | 242—410| 3-4, später 5 Mai 9| 53— 74 5.31 » » |4, später 3
6| 164—ı74| 12.12 | » » |3 und Wind | » 20| 74—84 | 5.06 | 410 4
Nur ı2 Beobachtungen fallen in die Zeit, während welcher der Planet
einen scheinbaren Durchmesser von 14" bis 17" besafs, dagegen 55 in solche
Zeiten, zu denen dieser weniger als S" betrug, also so klein war, dafs die
wenigsten Beobachter Mars der Beobachtung würdigten. Diefs erklärt sich aus
folgenden Umständen. Von vorn herein war es meine Absicht gewesen, mit
den Marsbeobachtungen früher zu beginnen, als diefs je zuvor geschehen
war. Die ungünstigen klimatischen Verhältnisse von Mailand hatten Schia-
parelli gezeigt, dafs es verlorene Zeit sei, dort Mars vor der Opposition zu
beobachten, und seinem Beispiele waren die meisten Astronomen gefolgt;
6 L. BRENNER:
selten begann einer die Beobachtungen zwei Monate vor der Opposition.
Lowell war der erste, welcher es 1894 unternahm, Mars schon nahezu
5 Monate vor seiner Opposition zu beobachten und bis 5 Monate nach der-
selben zu verfolgen. Ich selbst hatte damals meine Marsbeobachtungen erst
3 Monate vor der Opposition begonnen, sie aber dafür bis auf 64 Monate
nach derselben ausgedehnt — länger als ein anderer Beobachter bis da-
hin — und war durch die Entdeekung der Neubildung des Südpolarschnees
und des Auftauchens der Nordpolarealotte belohnt worden. In Folge dessen
begann ich 1896 meine Beobachtungen bereits 10 Monate vor der Oppo-
sition, weil es meine Absicht war, wo möglich zu erforschen, ob die von
Lowell über die Beschaffenheit der Mars-Öberfläche aufgestellte Hypothese
haltbar wäre oder nicht. Zu diesem Zwecke wollte ich auch die Beobach-
tungen wieder so lange nach der Opposition fortsetzen, wie zwei Jahre zuvor.
Die Beobachtungen begannen auch mit dem schönsten Erfolge; leider
aber überanstrengte ich meine Augen (da ich gleichzeitig auch Saturn,
Uranus und Mercur beobachtete) derart, dafs ich mir eine Augenentzündung
zuzog, die mich zu längeren Unterbreehungen zwang. Obendrein herrschte
gerade in den Monaten um die Opposition herum auf unserer Insel eine
ganz ungewöhnlich schlechte Witterung, so dafs die so schön begonnene
Reihe der Beobachtungen ganz lückenhaft wurde. Ein ungünstiger Zufall
wollte es zudem, dafs ich gerade die Gegenden zwischen 0° und 100° nur
wenige Male unter guten Umständen betrachten konnte, während ich die
Gegenden zwischen 100° und 320° besonders häufig gut sah. Die natür-
liehe Folge davon ist, dafs meine Entdeekungen sich hauptsächlich auf
diesen Theil des Planeten beziehen. Sonst würde wahrscheinlich auch der
Rest viel mehr neue Objeete zeigen. Immerhin ist der Hauptzweck doch
gelungen: die Unhaltbarkeit der Lowell’schen Hypothese trat klar zu Tage,
wie ich an anderm Orte eingehend darlegen werde, während ich mich
hier auf den Nachweis des thatsächlich Beobachteten beschränke.
Schliefslich sei noch bemerkt, dafs für die südliche Halbkugel des
Mars am 18.Februar 1896 das Frühlings-Aequinoctium, am 13. Juli das
Sommer-Solstitium, am 19. December das Herbst- Aequinoctium, am 6. Juli
1597 das Winter-Solstitium stattfand und dafs der Planet am 10. Decem-
ber 1896 in Opposition zur Sonne stand.
Als ich meine Beobachtungen begann, stand der Planet sehr tief (Deel.
— 233°) und zeigte uns seinen Südpol: am 26. Mai betrug seine Deelina-
x
eye
Mars - Beobachtungen 1896-97. 7
tion 0°, aber die Breite seines Mittelpunktes (ß) immer noch — 243°. Am
24. September zeigte er uns seinen Aequator central (8 = 0°), während seine
Deelination bereits +224° erreicht hatte. Am 19.Oectober betrug B+3°,
'so dafs also schon der Nordpol des Planeten uns zugekehrt war, doch
währte das nicht lange, denn schon am 25. November zeigte er uns wieder
seinen Aequator central, worauf seine Neigung beständig zunahm, indem
er uns seinen Südpol zuwendete, bis 15. Januar 13897, wo 8=—74° war.
Dann nahm die Neigung wieder ab, indem der Aequator am 13. März
wieder central stand und zu Ende meiner Beobachtungen (20. Mai) der
Nordpol uns ziemlich stark zugeneigt war (= -+15°); die Declination des
Planeten war dabei beständig eine hohe gewesen, hatte am 13. März mit
+253° ihren Höhepunkt erreicht und selbst zum Sehlusse der Beobach-
tungen noch +214° betragen. Aus diesen Gründen fand die letzte Oppo-
sition trotz der gröfseren Entfernung des Planeten unter günstigeren Um-
ständen statt als die beiden vorhergegangenen, und namentlich die Ab-
und Zunahme der Polarflecke liefs sich gut studiren.
Südpolarfleck.
Zu Beginn meiner Beobachtungen war der Südpolarfleck das einzige,
was sich (aufser der Phase) erkennen liefs; deshalb nahm ich erst am
1.4. April meine erste Zeichnung auf, weil aufser der Südcalotte damals
auch noch die Meerbusen Aonius und Titanum deutlich sichtbar waren,
während Amazonis besonders hell glänzte. Die Schneezone muls, da sie sich
bis auf ein Viertel der Planetenscheibe erstreckte, bis über den 50. Breiten-
grad gereicht, also Thyle vollständig bedeckt haben. Am 24. April be-
stimmte ich mit ziemlicher Genauigkeit, dafs die Schneegrenze unter 105°
den 50. Breitengrad erreichte, während eine 5 Tage später aufgenommene
Zeichnung sie bei Noachis Regio nur bis zum —52° zeigt. Der Schmelzungs-
procefs scheint dann unaufhörlich weiter vor sich gegangen zu sein, denn
meine weiteren Zeichnungen zeigen die Schneegrenzen unter folgenden
Breitengraden:
5.Mai (unter 310%): —s5° | zo.Mai (unter 95°): —68°° | 14. Juni (unter 215°): —78°
Io. » 233 69, | 264.» 69 65 Imp22: 169 81
18.» 147 65 2. Juni 2: 70 2. Juli 46 77
Tosn 180 66 4. 336 72 Dar 89 80
IE 118 66 4. o 71 1: 18 80
19,» 158 67% | 12. 275 u I.» 333 80
Ss L. BrEnNneRr:
10. Juli (unter 346°): —81° | 25.Juli (unter 165°): —83° 8. Sept. (unter 90°): —88°
I5. 250 82 | 1. Aug. 120 84 8.» 121 90
= £ 215 2 er $ es = (In den nächsten Tagen war wohl
BE > EM Se t er “ der Südpol hell, aber kein eigent-
Le, Ei 3 SDopl. 53 9 | lieher Polarfleck erkennbar.)
22. » 195 83 a 196 90 |
23. m 179 83 | Chan 66 85 |
Seither blieb der Südpolarfleck verschwunden, denn wenn ich auch
am 8.März (unter 64°) eine Schneezone zeichnete, scheint es doch, als
wäre es nicht der Polarfleck gewesen, den ich gesehen, sondern die oft
blendend helle Insel Argyre II, weil sich jener sonst bis zum —61° er-
streckt haben mülste, was natürlich unmöglich ist, weil die damalige Jahres-
zeit des Mars-Südpols dem Anfang November unseres Nordpols entsprach.
Ob es also zum vollständigen Schmelzen des Südpolarschnees und zur
Neubildung desselben kam (wie beides zu beobachten mir in der vorletzten
Erscheinung gelungen war), läfst sich deshalb nicht feststellen, weil gerade
in den entscheidenden Momenten Mars uns seinen Nordpol zukehrte. Zwar
wäre es im Januar möglich gewesen, das Vorhandensein des Südpolarflecks
festzustellen, aber leider konnte ich nur am 5. Januar Zeichnungen aufnehmen,
welche den Südpol wohl hell, aber keinen eigentlichen Polarfleck zeigen.
Es ist jedoch möglich, dafs man auf anderen Sternwarten in dieser Bezie-
hung glücklicher gewesen ist.
Nordpolarfleck.
Zum ersten Male vermuthete ich den Nordpolarfleck am 3. September,
weil bei der Spitze der Phase eine glänzende Stelle war, die selbst mit
Vergröfserung 330 noch deutlich sichtbar blieb. Es unterliegt keinem Zwei-
fel, dafs es wirklich der Nordpolarfleck war, den ich sah, weil er 5 Tage
später ganz deutlich hervortrat. Seine Sichtbarkeit wurde durch zwei Um-
stände beeinträchtigt: durch die Neigung des Planeten und mehr noch durch
die Phase, welche den ganzen Nordpol verdeckte, so dafs nur seine Aus-
läufer gesehen werden konnten. Über seine Ausdehnung auf meinen Zeich-
nungen gibt nachstehende Tabelle Aufschlufs:
3. Sept. unter 195°: +56° |: 2ı1.Sept. unter 355°: +50° | ı2. Nov. unter 213°: +60°
83.» 106 55 | 5. Oct. 233 53 (WERT2.70% 250 62
83» 130 56 Bun 189 60 2 263 45
8. 170 55 6 172 60 I 309 53
lo 40 56 6. » 212 Dos | Fer 339 58
16. » 340 58 175 Sa 12a 351 53
16. = 0 59 Tr 205 45 | 24. » I 55
16. 60 50 NAEH 28 59 24. 20 65
7 325 58 | 12. Nor. 184 60 |" 24% = 30 60
Mars- Beobachtungen 1896-97. 9
24. Nov. unter ‚50°: -+50° ı1. Dec. unter 170°: -+58° 5..Jan. unter 330%: -+58°
24.0 ın 12 65 | IE sn 190 63 Den o 52
24. 100 58 IT. in 200 60 syn» 30 57
30. » 290 63 ke, 220 60 8. März 64 60
30. » 300 53 Im An 230 64 | I5. 320 50
Bo:7 315 60 Llrın 250 63 Isar 357 44
30. » 325 54 ale SE 270 61 | TE 40 50
30.038 355 60 Denn 280 60 27. April 275 52
9. Dee. 170 60 0 Fu 300 65 27. » 313 52
9.» 203 60 5. Jan. 240 53 27: 350 55
oa 240 80 5.» 260 63 28. » 303 56
IT 140 55 5» 285 54 9. Mai 170 56
Ih » 153 60 or 300 63 9.» 250 56
(Am 15.März, 27. und 28. April und 9. Mai wurde die Ausdehnung der
Nordpolarcalotte mikrometrisch bestimmt.)
Aus dieser Tabelle (wie auch aus. meinen Zeichnungen selbst) ergibt
sich, dafs die Schneegrenze der Nordcalotte sehr unregelmäfsig verlief und
namentlich viele stark hervorspringende oder stark eingezogene Stellen hatte.
Es erklärt sich diefs ganz natürlich aus den klimatischen Verhältnissen,
welche auf ausgedehnten Continenten viel wechselnder sind als in offenen
Meeren. Übrigens zeigt die beigegebene Karte die Schneegrenze der einen
Halbkugel, wie sie am 24. November, und der anderen, wie sie am ı1.De-
cember annähernd verlief. Ich betone das »annähernd«, weil die Be-
grenzung nur den Zeichnungen entnommen wurde, und deshalb nicht ganz
genau sein kann, weil der Polarfleck nahe dem Rande der Scheibe stand,
wo ein Verzeichnen gleich einen Fehler von vielen Graden verursachen kann.
Die neue Marskarte.
Die beigegebene Marskarte entstand in folgender Weise. Auf ein Grad-
netz trug ich zunächst alle Objeete ein, welche sich auf meinen Zeichnungen
finden, nachdem ihre Lage natürlich vorher genau bestimmt worden war.
Die Umrisse der Küsten liefsen sich daraus mit Leichtigkeit feststellen;
schwieriger war es aber mit den Kanälen. Hier trat es manchmal ganz deut-
lich zu Tage, dafs mehrere dicht neben einander liegende Kanäle identisch
waren und ihre abweichende Lage nur auf Fehler beim Zeichnen zurück-
zuführen war. Bei solchen Kanälen wurde natürlich jene Lage als am wahr-
scheinlichsten angenommen, welche sich auf der besten Zeichnung vorfand,
also z. B. auf einer solchen, wo der Kanal central stand. Unter sonst
gleichen Verhältnissen nahm ich das Mittel aus den abweichenden Lagen.
Die so gereinigte Karte übertrug ich hierauf auf ein anderes Gradnetz und
Math. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1897. 1. 2
10 L. Brenner:
verglich zunächst alle Schiaparelli’schen Objeete mit meiner Karte. Was
sich auf diese Weise identifieiren lie(s. wurde auf ein drittes Gradnetz über-
tragen. Dann verglich ich die restlichen Objeete mit der Lowell’schen
Karte und trug die identificirten ebenfalls in das dritte Gradnetz ein. Was
nun übrig blieb, konnte entweder neu oder nur auf Zeichenfehler zurück-
zuführen sein; deshalb untersuchte ich neuerdings die fraglichen Objeete
in Bezug auf die Eintragungen im Journal und auf die Verläfslichkeit der
betreffenden Zeichnungen. Was sich dabei als zweifelhaft herausstellte,
wurde weggelöscht. Trotzdem stiefs ich auf einige Objeete, bei denen es
mir zweifelhaft blieb, ob sie neu waren oder nicht. Diese Objeete nahm
ich zwar schliefslich auch in die Karte auf (um mir die Priorität der Ent-
deekung zu wahren), aber ich machte im 'Text meine Zweifel ersichtlich.
Übrigens steht es frei, die Namen jener Objeete wieder über Bord zu werfen,
deren Identität mit anderen sich in der Folge vielleicht erweisen sollte.
Was die Nomenclatur der Karte betrifft, so habe ich selbstverständlich
zunächst alle Schiaparelli’schen Namen beibehalten und auch diejenigen
Lowell’schen, welche nicht mit den ersteren im Widerspruche stehen. Bei
allen war diefs nieht möglich, weil Lowell vielen neuen Kanälen dieselben
Namen gibt, welche Schiaparelli schon vorher anderen Kanälen gegeben
hat (worauf auch im Texte jedesmal hingewiesen ist); denn die Lage der
von Schiaparelli mikrometrisch bestimmten Fixpunkte weicht oft von der
Lowell’schen Karte so beträchtlich ab, dafs auch die angrenzenden Objecte
dann von Lowell falsch identifieirt werden mussten.
Den neuen Objeeten habe ich Namen gegeben, welche mit dem Schia-
parelli'schen System im Einklang stehen (worauf Lowell z. B. gar nicht ge-
sehen hat); also aegyptische Namen für die Gegend zwischen Thoth und
Arsanias, indische für die Gegend zwischen Gehon und Fortuna, Namen
aus der Unterwelt für die Gegenden um das Trivium, Namen von Riesen
und Ungeheuern für die Gegenden um Gigas, Namen aus der griechischen
und römischen Mythologie und Geographie für den Rest. Prof. Schiaparelli,
dem ich die Namen für meine ersten 36 Objeete vorlegte, erklärte sich
auch mit ihnen einverstanden, und machte mich darauf aufmerksam, dafs
es nieht nur mein Recht, sondern auch meine Pflicht sei. den von mir ent-
deekten Objeeten Namen zu geben. Ich gab daher auch den übrigen Objeeten,
welche sich nachträglich als neu herausstellten, Namen, welche im Ein-
klang mit der ganzen Nomenclatur standen.
Mars - Beobachtungen 1896-97. a
Die Zahl der neu entdeckten Objecte übertrifft jene der von mir in
Nr.3411 der »Astron. Nachr.« mitgetheilten um das doppelte, und auch
ihre Lage wird man etwas verändert finden. Die Ursache liegt theils darin,
dafs sich jene nur auf das Jahr 13896 bezogen, theils aber auch darin, dafs
ich, so lange die Beobachtungen währten, mich damit begnügte, meine
Zeichnungen mit der Schiaparelli’schen Karte zu vergleichen und die Identi-
fieirung nach Augenschätzung vorzunehmen. So kam es, dafs ich viele
thatsächlich neue Objeete wegen ihrer Nähe zu bereits bekannten mit diesen
für identisch hielt, während sich jetzt, bei sorgfältiger Bearbeitung der Be-
obaechtungen, herausstellte, dafs eine Identität ausgeschlossen ist. Inter-
essant ist, dafs manche meiner neuen Objecte von Schiaparelli bereits 1579
—1884 gesehen wurden, wie im Text ersichtlich gemacht ist. Der Mai-
länder Astronom glaubte jedoch an fehlerhafte Eintragung, als er sie in
späteren Erscheinungen nicht wiedersah, und gab ihre ursprünglichen Namen
anderen, benachbarten Objecten.
Kanäle.
Alle von mir während der letzten Erscheinung gesehenen Kanäle führe
ich nachstehend in alphabetischer Reihenfolge und mit den Nummern an,
welche sie auf meiner Karte führen. Die von mir entdeckten sind durch ',
die Lowell’schen durch " kenntlich gemacht. Alle anderen sind Schia-
parelli’sche.
ı. Abudad. Am 5.Jan. entdeckt und am 8. März wiedergesehen.
2. Acheron. Am'1., 2., 3.Aug., 1., 7., 8.Sept. und am 6. Oct. .ge-
sehen; im September ziemlich breit, fast wie ein Meeresarm.
3. Aeakos. Am 5.0et. entdeekt, am 9. Dec. und 5. Jan. wiederge-
sehen; manchmal ziemlich breit.
4. Aesacus. Am 1.Sept., 5.0ct. und 9.Nov. gesehen und notirt, dass
die Richtung nicht genau mit der Schiaparelli’schen Karte übereinstimmt.
5. Aethiops. Am 1.Sept., 5. Oct. (breit), 9., 12.Nov., 9. Dee. (breit),
ı1. Dee. und 5. Jan. gesehen.
6. Agathodacmon. Am 8., 12., 15. Sept., 24. Nov., 29. Jan. und
8. März gesehen.
7. Aleyonius. Am 1.Sept. so breit wie Propontis; auch am 5. Oct.
gesehen und am 9. Dec. zusammen mit Astapus und Padus eine ver-
schwommene Linie bildend.
12 L. BRENNER:
8. Ambrosia. Nur am 24. Nov. gesehen.
9. Amenthes. Am 5. Oet., 30.Nov. und ı1. Febr. gesehen.
10. 'Amystis. Am 4. Aug. gesehen.
ı1. Anian. Am 5.0ct. gesehen. Er bildet die Fortsetzung meines
Kanals » Aeakos «.
ı2. Antaeus. Am 12.Nov., 11.Dec. (sehr dunkel) und 24. März gesehen.
13. Anubis. Am 30.Nov. sah ich ihn bogenförmig bis zur Nilosyrtis
ausgedehnt, während er bei Schiaparelli in den Kreuzungspunkt von Phison
— Astaboras mündet. Seine Nordhälfte ist also neu; doch sah ich von einer
Namengebung ab, weil das neue Stück mit dem alten augenscheinlich ein
Ganzes bildet.
14. "Arachne. Am 1.Sept. entdeckt und am 5., 6. Oet., 9. und
ı2.Nov. wiedergesehen. Fauth sah ihn am 16. Febr.'
15. Arar. Am 5.0et. entdeckt und am 6. Oct., 9. Dec. (breit) und
ı1. Dec. wiedergesehen. Er scheint mit dem namenlosen Parallelkanal
des Hyblaeus der Schiaparelli'schen Karte von 1881 identisch zu sein und
findet sich auch auf Fauth’schen Zeichnungen vom 2. und I0.Nov.
16. ,Araxes. Am 3.Sept.,. 7. Oct. ‚und:. 11. Dec. gesehen.
17. und 18. 'Arsanias. Am 21., 28. Sept., 30. Nov. und 11. Febr.
bald 17, bald 18 gesehen. Am 30. Nov. glaubte ich beide Arme zu sehen.
19. Asclepiades. Am 30.Nov. entdeckt und 11. Dec. wiedergesehen.
20. Asclepius. Am 5.0ct., 15. und 18. Febr. gesehen.
21. Astaboras. Am 16. Sept. und 30. Nov. gesehen.
22. Astapus. Am 9. und ı1.Dec. gesehen.
23. Asterios. Am 5.0ect. entdeckt und am 11. Dec. wiedergesehen.
24. Astusapes. Am 30.Nov. und 5.Jan. gesehen. Am letztge-
nannten Tage durch seine Dunkelheit und Breite ein sehr auffälliges Object.
25, KAshymg Amer. Dee.jgesehen.
26. Atropos. Am 1. Sept. entdeckt und 9., ı1. Dee. und 5. Jan.
wiedergesehen. Fauth zeichnete sie am 2. Nov. (mit Padus verschmolzen)
und 16. Febr. Schiaparelli hat ihr ÖOstende (zwischen Lacus Trasimenus
und Hyblaeus) bereits 1881 gesehen, aber nicht benannt. Lowell’s Karte
! Hr. Ph. Fauth, Besitzer der Privatsternwarte von Landstuhl, hat mir 78 Zeichnungen
zugeschickt, die er vom Mars mit seinem 7-Zöller aufnahm. Einige darunter sind sehr
sut gelungen und zeigen viele Kanäle, die ich zu identifieiren vermochte. Soweit er solche
zeichnete, die mit von mir entdeckten übereinstimmen, werde ich sie in der Folge erwähnen.
Mars- Beobachtungen 1896-97. 13
zeigt einen etwas südlicher laufenden Parallelkanal (den er »Boreas« nennt,
obgleich er von dem Kanale dieses Namens ganz verschieden ist), welcher
wahrscheinlich mit meiner Atropos identisch ist, weil ich bei Durchsicht
meiner Zeichnungen aus der Erscheinung 1894-95' fand, dafs ich Atropos
thatsächlich am ı2. und 14. Oct. gezeichnet, aber für Boreas-Hyblaeus ge-
halten hatte.
27. Avernus. Am 9.Dec. gesehen, aber nicht ganz so wie Schia-
parelli ihn gezeichnet hat.
28. Axion. Am 6. Oct. entdeckt, am 7. Oct., 9., ı2. Nov. und
11. Dee. wiedergesehen, und auch von Fauth am 28. Febr. gezeichnet. Er
könnte vielleicht mit dem »Cocytus« der Schiaparelli'schen Karte von 1881
oder mit Eurotas identisch sein.
29. Boreas. Am 1.Sept., 5., 6. Oct., 9., 172. Nov. und 11. Dec. ge-
sehen; meist breit und sehr dunkel.
sol#BoreosyrtisHltAm 21,028! Sept.,)5!, 16.10et!130.'Nov;,Tm1. Dee;
5.Jan., ı1., 18. Febr., 24. März und 27. April gesehen; fast immer sehr dunkel
und breit, manchmal sogar einem Meeresarme gleichend und fast schwarz.
31. 'Brontes. Am 1., 2. Aug., 6., 7. Oct., 9. und ı1. Dec. gesehen,
doch hatte ich ihn unabhängig von Lowell bereits am 22. Nov. 1894 entdeckt.
32. Callirrho@&. Am 25.0ct. sehr breit und verschwommen gesehen.
33. 'Cambyses. Am 9. und 12. Nov. gesehen.
33a. 'Cantabras. Am 8. März gesehen.
34. '"Centaurus. Am 1.Sept. entdeekt, am 8. Sept. wiedergesehen.
35. Ceraunius. Dieser Kanal glich fast beständig einem Binnen-
meere oder wenigstens Meeresarme und war wegen seiner Dunkelheit und
seines Umfanges stets zu sehen. Seine Ausdehnung schwankte aber,’ und
es scheint, dafs der meeresartige Eindruck nur durch das Zusammentreffen
der vielen in ihn mündenden Kanäle hervorgerufen wurde, weil ich letztere
manchmal so verfolgen konnte, wie aus meiner Karte ersichtlich ist.
! Als ich bei der sorgfältigen Ortsbestimmung der Objecte auf meinen letzten Zeich-
nungen fand, dals ich viele Kanäle falsch identifieirt hatte, der blolse Vergleich mit der
Karte also unverlässlich sei, unterzog ich mich der Mühe, auch auf meinen Zeichnungen von
1894-95 die Lage der Kanäle genau zu berechnen. Dabei fand ich thatsächlich, dals ich
14 bez. 15 meiner neuen Kanäle bereits 1894-95 entdeckt hatte.
? Am 3. Aug. z.B. sah ich an seiner Stelle einen grolsen Binnensee in der Ausdehnung,
welche man auf der Karte (in blasserm Tone gehalten) angegeben findet.
14 L. BRENNER:
36. Gerberus. Vom 19. Juli bis 18. Febr. stets zu sehen, und zwar
fast immer auffallend breit und dunkel; namentlich zwischen dem Trivium
und dem Lacus Mortis.
37. Charon. Am ı1.Deec. entdeckt; aber bereits auf meiner ersten
Zeichnung vom 10. Aug. 1594 zu finden und vielleicht auch mit Lowell’s
»Hades« identisch.
38. 'Chiron. Am 2. Aug. entdeckt und 8. Sept., ı2.Nov., 11. Dec.
wiedergesehen. Fauth zeichnete ihn am ı. März.
39. Chronius. Diesen Namen gab ich mit Zustimmung des Hrn.
Prof. Schiaparelli einem von ihm entdeckten und von mir am 25. Oct. ge-
sehenen Kanal von grofser Breite.
40. Chrysorrhoas. Am 8., I5., 16. Sept., 25. Oct., 24. Nov. und
8. März gesehen; manchmal sehr breit.
41. und 42. Gyelops. Zwischen 5. Oct. und 18. Febr. beständig ge-
sehen, und zwar manchmal mit dem Meridian parallel, manchmal zu diesem
geneigt, wie auf der Karte ersichtlich. Zieht man dazu Schiaparelli’s Karte
von 1881 in Betracht, so scheint es, dafs es sich thatsächlich um z wei
verschiedene Kanäle handelt, die von mir abwechselnd, von Schiaparelli
aber bisweilen gleichzeitig gesehen wurden.
43. Danaides. Am 5.0ct. entdeckt, am 6.Oct. und 12.Nov. wieder-
gesehen, aber Identität mit Orcus-Eumenides nicht ausgeschlossen.
44. Dardanus. Am 4.Aug., 15., 16. Sept., 25. Oet. und 24. Nov.'ge-
sehen. Am 25. Oct. war er intensiv schwarz und so breit, dafs er eher einem
Meeresarme glich.
45. Deucalionis Fretum. Diesen Namen gab ich mit Zustimmung des
Hrn. Prof. Schiaparelli dem ursprünglich von ihm entdeckten Kanale, der das
Ostende der Halbinsel Deucalion von ihr abtrennt. Ich hatte ihn schon 1894 ge-
sehen und sah ihn jetzt wieder am 25.0ect., 9., 12., 24. und 30. Nov. und 5. Jan.
46. Deuteronilus. Vom 15. Sept. bis 15. März beständig gesehen,
und zwar meistens breit und dunkel.
47. Dipsakos. Am 11.Dec. entdeckt.
48. Doanos. Am 24. Nov. gesehen.
49. Dryas. Am 2.Aug. entdeckt und 7. Sept., 11. Dee. und 8. März
wiedergesehen.
50. Echidna. Eigentlich schon 27. Sept. 1594 entdeckt und diefsmal
am 7.Oet. wiedergesehen; doch könnte dieser Kanal nebst seiner Verlänge-
Mars- Beobachtungen 1896-97. 15
rung »Kanake« mit dem westlichen Arme des doppelten Pyriphlegethon
identisch sein, wie er von Schiaparelli schon 1881 gezeichnet wurde.
51. 'Elison. Am 3., 8. Sept., 7. Oct. und ı1. Dec. gesehen.
52.. Erebus. lAmzrt.Sept.;i 5:56. 0et. gesehen:
53. Eros. Am 7.0et. entdeckt, doch ist Identität mit Sirenius nicht
ausgeschlossen. Wahrscheinlicher ist jedoch seine Identität mit dem Low-
ell’schen »Sirenius«.
54. Eumenides. Am 2. Aug., 1.Sept., 6.Oct. und 12.Nov. gesehen.
55. Eunostos. Zwischen 1.Sept. und 24. März immer gesehen. Am
ı1. Dec. besonders breit.
56. und 57. Euphrates. Zwischen 15.Sept. und 15. März immer ge-
sehen, und zwar bald den rechten, bald den linken Arm; nur am 30. Nov.
glaubte ich beide Arme gleichzeitig zu sehen. Sonst scheint es, als ob
beide zusammen den Eindruck eines sehr breiten Kanals hervorgebracht
hätten, wie diefs überhaupt bei den meisten als »doppelt« bezeichneten Ka-
nälen der Fall war.
58. Euripus. Am 11.Dec. als Meerenge sichtbar.
59. Fama. Am S8.Sept. entdeckt.
60. Fatua. Am 24.Nov. gesehen, aber schon am 3. Dec. 1894
entdeckt.
61. Feronia. Am 1. Aug. entdeckt und 2. Aug. wiedergesehen, doch
ist Identität mit Iris nicht ausgeschlossen.
62. Fortuna. Am 4.Aug., 8. Sept. und 24. Nov. gesehen.
63. Furia. Am 8.Sept. entdeckt; von Fautl am ı. und 2. März ge-
zeichnet.
64. Galaxias. Am 1.Sept. und 5. Oct. gesehen, aber nur bis zur
Klotho reichend.
65. Ganges. Vom 20. Mai bis 8. März stets gesehen, und zwar so
auffallend breit, dafs es keinem Zweifel unterliegt, dafs beide Arme ent-
weder zu einem einzigen Meeresarme vereint waren oder mir wenigstens
diesen Eindruck verursachten. Er zeichnete sich auch meist durch beson-
dere Dunkelheit aus.
66. Gehon. Zwischen 7. Juli und 8. März stets gesehen, und zwar
meistens breit und dunkel.
67. Gigas. Zwischen 25. Juli und ı1.Dee. stets gesehen, aber nie-
mals weiter als bis zum Pyriphlegethon reichend.
16 L. BRENNER:
68. Goliath. Am 1. Aug. entdeckt, doch könnte er auch mit Gigas
identisch sein.
69. Gorgon. Am 2.Aug., 3. Sept. und ı1.Dec. gesehen, und zwar
schien er mir längs dem 146. Meridian zu laufen.
70. Gyndes. Am 1.Sept. und 5.0ct. gesehen.
71. Hades. Am 1ı.Sept., 5., 6. Oct., 9., 12. Nov., 9., 11. Dec. gesehen.
72. Heliconius. Am 5., 6. Oct., 30.Nov. und 27. April gesehen.
73. Hereulis Columnae. Am 25.Juli, 1. Sept. und 11. Dec. gesehen.
74. Hiddekel. Zwischen 7. Juli und 15. März stets gesehen, und zwar
meist sehr breit und dunkel.
75: Horos. Am 16. Sept. entdeckt. Möglicherweise ist er mit dem
Nordarme des doppelten Typhon der Schiaparelli'schen und Lowell’schen
Karte und mit jenem des doppelten Orontes der Schiaparelli'schen Karte
identisch. Nur stimmt damit nicht seine Ausdehnung bis zum Gehon.
76. Hyblaeus. Am 1.Sept., 5.. 6. Oct., 9. und 11. Dec. gesehen, je-
doch etwas abweichend von der Schiaparelli’schen Form.
77. Hydaspes. Am 15. Sept. und 5. Jan. gesehen.
. 78. Hydraotes. Am 12.Aug., 15., 16. Sept., 24. Nov. und 29. Jan.
gesehen.
79 und 80. Jamuna. Vom 2.Juli bis 29. Jan. immer gesehen, aber
nie beide Arme gleichzeitig.
Sı. Jason. Am 1. Sept. entdeckt (aber bereits auf meiner Zeichnung
vom 12. Oct. 1894 erkennbar) und ı2. Nov. wiedergesehen, wo er durch
Schwärze und Breite das auffallendste Objeet der Oberfläche war.
82. Ichor. Am 24.Nov. entdeckt.
83. Inachos. Am 16. Dec. entdeckt und im Südende wahrscheinlich
mit dem »Antaeus« der Lowell’schen Karte identisch.
84. Indus. Vom 2.Juli bis 15. März stets sichtbar und zwar meist
sehr breit und dunkel.
85. Jordanis. Am 25.Oect. und 9. Nov. verschwommen gesehen.
86. Josis. Eigentlich schon am ı2. Oct. 1894 entdeckt und diefsmal
am 12.Nov., ı1. Dec. und 5. Jan. wiedergesehen. Auch Fauth zeichnete
den Kanal am 16. Febr. Er dürfte mit dem Lowell’schen »Triton« iden-
tisch sein.
87. Iris. Vom 20. Mai (1896) bis 5. Jan. stets sichtbar.
88. Issedon. Am 24. Nov. gesehen.
Mars- Beobachtungen 1896-97. 17
89. 'Ixion. Am 5. Oct. entdeckt, am 6. Oet., 9. und ı1. Dee. wieder-
gesehen. Vielleicht mit dem Südarm des Erebus der Schiaparelli’schen Karte,
oder mit dem »Erebus« der Lowell’schen identisch.
90. 'Kanake. Eigentlich schon am 27. Sept. 1894 entdeckt und diefs-
mal am 8. Sept. wiedergesehen. Auch von Fauth am ı. März gezeichnet.
Trotzdem ist Identität mit Pyriphlegethon nicht ausgeschlossen.
91. Kandulos. Am 1. Sept. entdeckt.
92. 'Kapys. Am 6. Oct. entdeckt.
93. Klotho. Am 5. Oet. entdeckt.
94. Kneph. Am 29. bez. 30. Nov. entdeckt, wo er sehr dunkel,
breit und augenfällig war, und am 5. Jan. wiedergesehen. Fauth zeichnete
ihn am 29. Nov. Er dürfte jedoch mit dem »Astaboras« der Schiaparelli-
schen Karte von 1879 identisch sein.
95. Lacinia. Am 8.Sept. entdeckt und möglicherweise mit der »For-
tuna« der Lowell’schen Karte identisch.
96. Lachesis. Am 12. Nov. entdeckt, doch ist Identität mit Cam-
byses nicht ausgeschlossen.
97. Laestrygon. Vom 1. Sept. bis ı1. Dee. gesehen; meist dunkel
und breit.
98. 'Lamia. Am ı. Aug. entdeckt, am 8. Sept. wiedergesehen, doch
könnte sie vielleicht auch mit Furia oder Gorgon identisch sein.
99. 'Lapithus. Am 8.Sept. entdeckt und 12. Sept. und 11. Dee. wie-
dergesehen. Er scheint übrigens bereits 1351 von Schiaparelli gesehen
worden zu sein, weil er auf dessen damaliger Karte ohne Namen einge-
zeichnet ist.
100. 'Levana. Am 2.Aug. entdeckt und 8. Sept. und 7.Oet. wieder-
gesehen. Scheint mit dem namenlosen Kanal der Lowell’schen Karte iden-
tisch zu sein, welcher Cyane Fons mit Lacus Phoenieis verbindet. Fauth
zeichnete ihn am 1. März.
ı0o1. Liriope. Dieser Kanal wurde eigentlich von mir schon am
14. Oet. 1894 entdeckt und am 16. Nov. 1894 wiedergesehen. Diefsmal sah
ich ihn am: 5. Oct., 12. Nov., 9. und ı1. Dee.
102. 'Lybas. Entdeckt am 4. Aug., wiedergesehen 8. Sept.
103. "'Maesolus. Entdeckt am 24. Nov., wo er sehr deutlich war. Sein
Südende ist vielleieht mit Lowell’s Baetis oder Hebe identisch.
104. 'Manadas. Am 24. Nov. entdeckt, aber undeutlich gesehen.
Math. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1897. 1. 3
en
ee
18 L.. BRENNER:
105. Melissa. Entdeckt am ı. Sept., wiedergesehen am 3. Sept.,
5.Vect. und 12.Nov.; könnte vielleicht mit Lowell’s »Galaxias« identisch sein.
106. "Mendes. Bereits 12. Oct. 1894 entdeckt und diefsmal am 5. Jan.
wiedergesehen. Fautlı zeichnete ihn am 2. und 30. Nov.
107. Minos. Am 3. Sept. entdeckt, aber wahrscheinlich identisch mit
dem Ostarme des Lowell’schen »Hades«.
108. ‘Mnevis. Am 5. Jan. entdeckt. Seine Südhälfte entspricht dem
Lowell’schen » Anubis«.
109. Najade. Am 7.Oet. entdeckt und von Fautlı am 28. Febr. ge-
zeichnet. Könnte vielleicht mit Lowell’s »Iris« identisch sein.
ı1o. Nectar. Am 24. Nov. gesehen.
ııı. 'Neith. Am 30.Nov. entdeckt und 5. Jan. wiedergesehen.
ı12. Nepenthes. Am 16.Juli, 30. Nov., 11.Deec. und 5. Jan. gesehen.
113. Nephthys. Am 30. Nov. entdeckt und 5. Jan. wiedergesehen.
ı14. Nilokeras. Vom 8.Sept. bis 8. März immer gesehen; am letzt-
genannten Tage zeigte er die merkwürdige Unterbrechung, welche man auf
der Karte sieht.
115. Nilosyrtis. Vom 15.Juli bis ı 1. Febr. beständig breit und dun-
kel gesehen — manchmal durch »Brücken« unterbrochen. (Siehe Pontes
Heetoris, Ajaeis und Patroclis.)
116. Nilus. Am S. (sehr breit), 12. Sept. (riesig breit), 24. Nov. und
S. März gesehen, und zwar um 10 Längengrade weiter reichend als auf der
Schiaparelli’schen Karte.
117. 'Okeanides. Am r. Sept. entdeckt; vielleicht ist er aber mit
dem Lowell’schen »Nymphaeus« identisch.
118. Orcus. Am 1.Sept., 5., 6. Oet. und 9., 12. Nov. gesehen.
119. "Oreada. Am 8. Sept. entdeckt, am 12.Sept. und ı1.Dee. wie-
dergesehen.
120. Orontes. Am 15., 16. Sept., 12., 24., 30. Nov. und'5.Jan. ge-
sehen.
121. Osiris. Eigentlich am 7. Oct. 1894 entdeckt und diefsmal am
9. Dec. wiedergesehen. Seine Südhälfte entspricht dem » Anubis« auf Schia-
parelli's Karte von 1881.
122. Oxus. Am 15., 16., 21.Sept., 24.Nov., 4. und 5. Jan. gesehen.
Anfangs war er so breit und dunkel, dafs der Unterlauf des (schmaleren)
Indus ihm anzugehören schien.
Ne)
Mars- Beobachtungen 1896-97. 1
1213
x
Paetolus. Am 1. Sept., 9., 12. Nov. und 11. Dec. gesehen.
124. "Padus. "Am 1. Sept. entdeckt, 5. Oct., 9., 12. Nov., 9. und
ı1. Dec. wiedergesehen und auch von Fauth am 2. Nov. gezeichnet. (Am
ı1. Dec. war er mit Gyndes und Heliconius verschmolzen.)
ı25. 'Parthenios. Ursprünglich schon am 14. Oct. 1894 entdeckt, sah
ich ihn diefsmal am 5. Oct. und ı1. Dec. wieder. Fautlh zeichnete ihn am
2.Nov. und 16.Febr. Er könnte mit der Schiaparelli’schen Verdoppelung
der Eunostos identisch sein.
126. 'Persephonia. Eigentlich schon am 22. Nov. 1894 entdeckt und
dielsmal am ı1.Dec. wiedergesehen. Das Nordende könnte auch mit Schia-
parelli's Avernus identisch sein, das Südende möglicherweise auch mit
Lowell’s Avernus oder Axius.
127. Phasis. Vom ı3.Mai bis 24. Nov. immer gesehen.
ı28. Philia. Am 9. Dec. entdeckt und 11. Dee. wiedergesehen. Ihr
Südende vielleicht mit Lowell’s »Ammonium« identisch (?).
129. und 130. Phison. Vom g9. Juli bis ı1. Febr. stets gesehen:
manchmal den östlichen, manchmal den westlichen Arm.
nat >leoetuhlons "Am! 1942.03. Aue.,\n.,35 7.78. Sept. 5:2.6. Okct.,
9. und 11. Dec. gesehen.
132. Phtha. Am 30. Nov. zuerst vermuthet, am 5. Jan. mit Sicher-
heit gesehen und möglicherweise auch von Fauth am 25. Nov., da seine
Zeichnung eine Linie zeigt, welche aus Sitacus und Phtha zusammenge-
setzt zu sein scheint. Trotzdem wäre es nicht unmöglich, dafs er viel-
leicht mit dem Westarme des Phison oder mit dem Ostarme des Euphrates
identisch ist.
33. Pierius. Am 27. und 28. April gesehen.
34. Plutus. Am I. Sept. gesehen.
135. Polyphemus. Am 8.Sept. entdeckt und 12.Sept. wiedergesehen.
136. Protonilus. Vom 15.Sept. bis 27. April stets gesehen; meistens
sehr breit und dunkel.
37.. Pyriphlegethon.'! Am .r$&.'Mai,.'27: Juli) ı. Aug’; T.,3.5 7,
8. Sept., 7. Oct., 11. Dec. und 8. März gesehen.
138. Rhadamantos. Am 1. Sept. entdeckt und 5., 6., 7. Oct. und
ı2. Nov. wiedergesehen. Auch von Fauth am 16. Februar gezeichnet. Er
dürfte mit dem Westarme des Laestrygon der Schiaparelli’schen Karte von
18354 und mit dem Lowell’schen Laestrygon identisch sein.
20 L. BRENNER:
139. 'Rhesos. Am 27. Juli entdeckt, 1., 2. Aug., 7., 8., 12. Sept. wie-
dergesehen. Möglicherweise sind die Lowell’schen Kanäle »Glaueus« und
»Medus« Bruchstücke von ihm.
140. Rhodope. Am 25. Oct. entdeckt und 24. Nov. wiedergesehen;
dürfte aber mit dem in annähernd gleicher Gegend liegenden namenlosen
Kanal der Schiaparelli'schen Karte von 1884 und mit der »Callirrhoö« der
Karte von 1881 identisch sein.
141. 'Ripheos. Entdeckt am 8. Sept., wiedergesehen am 7. Oet.,
ı2. Nov. und 11. Dee., dürfte jedoch wahrscheinlich mit dem »Titan« der
Schiaparelli’schen Karte von 1384 (und vielleicht auch mit dem Lowell’schen
» Titan «) identisch sein. Ich habe jedoch den Namen »Titan« correeterweise
jenem Kanale belassen, welcher ursprünglich von Schiaparelli so benannt
worden war und der ebenfalls noch existirt.
142. Scamander. Am 22., 25. Juli und ı1. Dec. gesehen.
143. Serapis. Diesen bereits am 16. Nov. 1894 von mir entdeckten
Kanal sah ich diefsmal am 18. Aug. wieder.
144. Simois. Nur am 25. Juli gesehen.
145.5 Sizenius.;- Am..27. Juli, ;4.,Aug.,.7. Septi,7.. Oct}, Lu. Dee.,
8. März gesehen, aber immer nur seine Südhälfte.
146. 'Sisyphus. Am 5. Oet. entdeckt — oder eigentlich schon am
14. Oct. 1894 — und am 9. und ı1. Dec. wiedergesehen; auch von Fauth
am 10. Nov. gezeichnet. (Am ıı1. Dec. war seine Westhälfte sehr breit.)
147. 'Sitacus. Am 18. Aug., 24. und 30. Nov. gesehen, wenngleich
etwas anders als Lowell, bei dem sein Ostende eigentlich mein »Sera-
pis« ist.
148. 'Sothis. Eigentlich schon am 7. Oet. 1894 von mir entdeckt und
dielsmal 5. Oet. wiedergesehen. Fauth zeichnete ihn am 29. und 30. Nov. und
19. Febr.
149. 'Steropes. Am ı. Aug., 7. Sept., 6. Oct., 12.Nov. und ı1. Dec.
gesehen.
150., Styx. ‚Am; Sept., 5.'Oct:,.9., 12. Nov..und/ 21. Dec. gesehen.
Am 11. Dec. war er sehr breit.
151. Tanais. Am 25. Oct. gesehen: meeresartig.
152. Taphros. Am 24.Nov. und ıı. Dec. gesehen.
153. und 154. Tartarus. Vom 22.Juli bis ı1. Dec. stets gesehen
und zwar bald den östlichen, bald den westlichen Arm. Da auch Schiapa-
Mars- Beobachtungen 1896-97. 21
relli beide Arme sah und Lowell den östlichen, unterliegt es keinem Zweifel,
dafs wir es mit zwei verschiedenen Kanälen zu thun haben.
155. Thoth. Am 11. Dee. gesehen; ziemlich breit.
156. 'Tigris. Am 5. Jan. entdeckt.
157. Titan. Vom 24. April bis ı 1. Dec. fast immer gesehen. (Siehe
Ripheos.)
158. Triton. Am 11. Dee. und 5. Jan. gesehen. (Am 11. Dee. war
er breit.)
159. 'Tynna. Am 5.Jan. entdeckt, doch wäre Identität mit Jamuna
nicht unmöglich.
160. Typhon. Am 16., 28. Sept., 24. und 30. Nov. und 5. Jan. ge-
sehen.
161. Uranius. Am $8., 15. Sept. und 8. März gesehen.
162. Xanthus. Am 22.Juli und 11. Dec. gesehen.
163. "Zaradres. Am 1. Aug. entdeckt und 2. Aug. wiedergesehen,
doch ist Identität mit Fortuna nicht ganz ausgeschlossen. Allerdings ent-
sprieht er andererseits der »Fortuna« auf der Schiaparelli'schen Karte von
1879, so dafs es sich vielleicht doch um zwei verschiedene Kanäle han-
deln dürfte.
164. Zarathustra. Am 29. Jan. entdeckt und vielleieht mit Lowell’s
»Jamuna« identisch.
Wie ersichtlich enthält also meine Karte 165 Kanäle (mit 33«@), dar-
unter 88 Schiaparelli’sche und 9 Lowell’sche'. Unter den übrigen 68 Ka-
nälen befinden sich ı5, die ich schon 1894 entdeckt hatte, aber auch
etliche, welche wahrscheinlich mit solehen identisch sind, die Schiaparelli
schon früher gesehen, aber nieht benannt, oder deren ursprüngliche Namen
er später anderen benachbarten Kanälen gegeben hat, sowie solche, welche
vielleicht mit Lowell’schen Kanälen identisch sind, aber von ihm irrthüm-
! Von den Kanälen der Schiaparelli'schen Karte, welche ich hätte sehen können,
blieben mir folgende 9 dielsmal unsichtbar: Arnon (den ich allerdings am 24. Nov. am Rande
vermuthete), Xenius, Apis, Ascanius, Eosphorus, Hephaestus, Lethes, Alpheus und Peneus.
Die 6 letztgenannten hatte ich aber 1894-95 gesehen. Alpheus, Peneus, Apis und Asca-
nius zählen zu den schwierigsten Kanälen und dürften diesmal wohl auch von keinem andern
Beobachter gesehen worden sein. Arnon und Xenius lagen ungünstig nahe dem Rande; da-
gegen ist mir die Unsichtbarkeit von Hephaestus, Lethes (die ich allerdings am 9. Nov. am
Rande zu sehen glaubte) und Eosphorus unbegreiflich.
5 j 8
8 !
[89]
2 L. BRENNER:
lich für Kanäle der Schiaparelli'schen Karte gehalten und daher fälschlich
mit deren Namen belegt worden. Dadurch erklärt sich das vermeintlich
»Räthselhafte« mancher Veränderungen auf Mars. Es liegt auf der Hand,
dafs die Kanäle nicht ihre Lage willkürlich um mehrere Grade ändern
können; andererseits lehren die bisherigen Beobachtungen, dafs auch die
ganz sicheren und leichten Kanäle niemals vollzählig sichtbar sind, son-
dern bald diese, bald jene, wie sie ja auch bald intensiv dunkel, bald
verschwindend schattenhaft aussehen. Offenbar ist also die Sichtbarkeit der
Mars-Kanäle an gewisse atmosphärische (oder sonstige) Bedingungen ge-
knüpft. Anders wäre es nicht erklärlich, dafs z. B. manche Kanäle, die ich
für neue Entdeckungen hielt, weil sie auf der Schiaparelli’schen Karte von
1338 fehlten, thatsächlich in gleicher Lage schon auf seinen Karten von
1879, 1882 und 1884 zu finden sind. Dafs es sich dabei nicht um perio-
dische Ortsveränderungen handelt, ist durch den Umstand bewiesen, dafs ich
gleichzeitig auch Jene benachbarten Kanäle sah, welche Sehiaparelli in späteren
Oppositionen gesehen und deshalb mit seinen ersten Kanälen identifieirt hat.
Dasselbe gilt von manchen Lowell’schen Kanälen.
Über die Schlüsse, zu welchen ich auf Grund meiner vierjährigen
Beobachtungen gekommen bin, werde ieh demnächst an anderer Stelle be-
richten.
Binnenseen.
165. 'AponiFons. Am ı2. Nov. gesehen, aber in etwas anderer Lage
als bei Lowell.
166. 'Crocodilorum Laeus. Am 11. Dee. entdeckt, doch scheint er
von Schiaparelli bereits 1881 gesehen worden zu sein.
' Es mag vielleicht verwundern, dafs ich von den 44 die Meere durchkreuzenden
Kanälen der Lowell’schen Karte (die übrigens auch in Flagstaff nur von Douglass, aber weder
von Lowell noch von Pickering gesehen wurden) keinen einzigen gesehen habe. Es ist aber
eigentlich noch viel verwunderlicher, dals Douglass bereits als Anfänger im Beobachten zwar
so seltsame Objeete sah — die selbst Schiaparelli's scharfen Augen durch 20 Jahre ent-
gangen sein sollten — hingegen (gleich Lowell selbst) von so leichten und auffallen-
den Objeeten, wie Noachis, den beiden Argyre, den drei Thyle und Taprobane nichts
sah, wie auch, dafs Lowell die breiten Meeresarme zwischen Hellas und Ausonia. so-
wie zwischen Deucalion und Pyrrha als schmale Kanäle zeiehnete! Solcher Unbegreiflich-
keiten und Widersprüche enthält die Lowell’sche Karte eine Menge, und sie werden dureh
Vergleich mit den in seinem Werke »Mars« als auserlesene Muster &
gegebenen, aber sehr
detailarmen Originalzeichnungen nur noch unerklärlicher.
Mars- Beobachtungen 1896-97. 23
167. Eurydieis Fons. Am 11. Dee. entdeckt. Meiner Überzeugung
nach hat dieser See Hrn. Antoniadi auf die Vermuthung geführt, das
»Trivium« sei doppelt. Die Definition war aber damals eine so ausge-
zeichnete und das Bild so scharf und deutlich, dafs ich darüber auch nicht
den mindesten Zweifel hege.
168. Fucinus Lacus. Am 8. Sept. entdeckt und auch von Fauthı am
ı. März gezeichnet.
169. Ismenius Lacus. Am 24., 30.Nov. und 29. Jan. gesehen. Am
24. Nov. tiefschwarz und auffallendster Punkt der Scheibe.
170. Kopais Palus. Am 1. Aug. entdeckt, aber möglicherweise mit
Lowell’s »Bandusiae Fons« identisch.
171. 'Labeatis Lacus. Am 4. Aug., 15. Sept. und 24.Nov. gesehen.
172. Lunae Lacus. Am 8., ı2., 15. Sept., 24.Nov. und 8. März ge-
sehen. Am 12. Sept. war er durch Dunkelheit und ungewöhnlichen Um-
fang das auffallendste Object.
173. Moeris Lacus. Am 30. Nov. und 11. Dec. sehr deutlich, sonst
aber wie eine kleine Bai gesehen.
174. Mortis Fons. Am 9.Dec. entdeckt, am ı1.Dee. und 15. Febr.
(auffallend dunkel) wiedergesehen.
175. Niliacus Lacus. Vom ı2. Aug. bis 15. März immer gesehen,
aber bis auf ein einziges Mal (siehe Achillis Pons) stets mit dem Mare
Acidalium vereint. Seine Ausdehnung schwankte beträchtlich, dagegen war
er fast immer durch besondere Dunkelheit (am 24. Nov. tiefschwarz) auf-
fallend.
176. Phoenieis Lacus. Nur am ı11.Dec. mit Deutlichkeit ge-
sehen. Scheint diefsmal viel kleiner und unauffälliger gewesen zu sein
als 1894.
177. Prasias Lacus. Am 1.Sept. entdeckt und auch von Fauth am
2. Nov. gezeichnet. Er könnte vielleicht mit Lowell’s »Clepsydra Fons«
identisch sein. ü
178. Propontis. Vom 1. Sept. bis ı1. Dee. beständig gesehen. Ihre
Ausdehnung schwankte dabei wiederholt, und am ı1. Dee. sah ich sie deut-
lieh doppelt, so wie auf der Karte dargestellt ist. Meist war sie sehr
dunkel und dann parallelogrammartig. Zu anderen Zeiten unterschied sie
sich kaum von den angrenzenden Kanälen derselben Breitengrade, mit denen
sie dann auch an Breite übereinstimmte.
24 L. BRENNER:
179. Salutis Fons. Am 11. Dee. entdeckt, doch wäre Identität mit
Lacus Crocodilorum nicht unmöglich.
180. Solis Lacus. Vom 19. Mai bis 24. Nov. stets gesehen, aber
niemals besonders scharf
wie 1894-95.
ı8ı. "Tamiatis Palus. Am ı1.Dec. entdeckt, doch ist seine Exi-
In dieser Beziehung war ich ebenso unglücklich
stenz nicht ganz sicher, weil er zu nahe dem Rande stand.
182. Tithonius Lacus. Vom 7.Sept. bis 29. Jan. stets gesehen, und
zwar diefsmal, gerade so wie in der letzten Opposition, genau so, wie
ihn Schiaparelli zeichnete. Überhaupt kann ich bei dieser Gelegenheit gleich
bemerken, dafs ich im Jahre 1894 diesen See einmal so scharf und deutlich
begrenzt sah, dafs mir die Lowell’sche Darstellung einfach ein Räthsel ist.
183. "Trasimenus Lacus. Am 12. Nov. entdeckt, aber, wie es
scheint, auch von Schiaparelli gesehen, weil seine Verdoppelungskarte von
ıSS8 an nahezu gleicher Stelle einen namenlosen dreieckigen See aufweist.
184. 'Triehonis Lacus. Am 5. Oct. entdeckt und auch von Fauth
am 2.Nov. gezeichnet.
ı85. Trivium Charontis. Vom 22.Juli bis 5. Jan. stets gesehen,
aber niemals viereckig, sowie es 1894-95 war, sondern immer rund. Seine
8;
Ausdehnung und Dunkelheit schwankten. Bezüglich seiner angeblichen Ver-
doppelung siehe unter »Eurydieis Fons«.
ı86. ‘Veritatis Fons. Am ı2. Nov. entdeckt und ı1. Dec. wieder-
gesehen; auch von Fauth am 2. Nov. gezeichnet. Scheint übrigens auch von
Schiaparelli gesehen worden zu sein, da sich auf seinen Karten von 1879,
1881, 1884 und 1888 an annähernd gleicher Stelle namenlose Seen finden.
187. ‘Vitae Fons. Am 5.0et. entdeckt und 6.Oet. wiedergesehen ; auch
von Fauth am 2. März gezeichnet. Möglicherweise mit Lowell’s »Ferentinae
Lacus« identisch.
Wie ersichtlich, enthält meine Karte 23 Seen, worunter sich 9 Schiapa-
relli'sche und 2 Lowell’sche befinden. Aber auch von den übrigen ı2 könn-
ten etliche bereits vorher von Schiaparelli oder Lowell gesehen worden
sein. Den von mir 1894 im Kreuzungspunkte von Alpheus und Peneus
entdeckten kleinen See — den ich »Lacus Helladis« nannte — konnte
ich diefsmal nicht sehen: ebensowenig die Schiaparelli’schen Seen: Arethusa,
Dirce und Juventae Fons.
Mars- Beobachtungen 1896-97. 25
Meere und Meerbusen.
188. Acidalium Mare. Vom 16. Sept. bis 29. Jan. stets gesehen,
aber immer mit dem Lacus Niliacus vereint. Nur am 29. Jan. zeigte es
sich von ihm durch »Achillis Pons« getrennt.
Aonius Sinus. Vom 14. April 1596 angefangen, stets so gesehen
wie die Karte zeigt.
Aurorae Sinus. Vom 19. Mai an gesehen und zwar oft von auf-
fallender Dunkelheit.
Australe Mare. Diefsmal viel dunkler gewesen als 1894-95.
Chronium Mare. Diefsmal weniger deutlich gesehen, als während
der Opposition 1894-95.
Cimmerium Mare. Vom 23. Juli an deutlich gesehen, und zwar
war es meistens ziemlich dunkel. Ein Verblassen wie 1894 oder Theilung
durch die Insula Cimmeria beobachtete ich niemals.
Erythraeum Mare. Stets dunkler gewesen als 1894-95, wo es
bekanntlich auffallend blafs war.
189. Hadriaticum Mare. Dieses (von Lowell seltsamerweise als
schmaler Kanal gezeichnete) Meer unterschied sich in nichts von seinem
Aussehen im Jahre 1894.
190. Margaritifer Sinus. Vom 24.Mai ab gesehen; meist dunkel,
oft sogar schwärzlich.
191. Sabaeus Sinus. Vom 6.Juli ab gesehen; anfangs in seiner
ganzen Ausdehnung, später zeigte er sich wiederholt durch Xisuthri Regio
in eine dunklere (am 4.Jan. tiefschwarze) Westhälfte und in eine weniger
dunkele Osthälfte getrennt (siehe Xisuthri Regio).
Sirenum Mare. Vom 23. Juli ab gesehen, und zwar meist sehr dunkel
(nur 3. Aug. auffallend blafs) und immer so wie auf der Karte gezeichnet,
welche mit der Schiaparelli'schen Darstellung übereinstimmt. Die Lowell-
sche Darstellung hat mich schon 1894 fremd angemuthet, weil das Mare
Sirenum damals wiederholt äufserst scharf begrenzt von mir gesehen wurde,
wobei es mit der Schiaparelli'schen Karte vollständig übereingestimmt hatte.
192. Syrtis Major. Vom 15.Juli ab gesehen und zwar meist sehr
dunkel, namentlich gegen Norden zu. Bezüglich ihrer Form gilt dasselbe,
was ich eben über jene des Mare Sirenum gesagt.
193. Syrtis Minor. Dasselbe zu bemerken.
Tyrrhenum Mare. Meist besonders dunkel.
Math. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1897. 1. 1
[I
[or
L. BRENNER;
Gegenden.
194. Achillis Pons. Siehe Mare Acidalium.
195. Adria. Am 15.Juli auffallend glänzend.
196. Ajacis Pons. Am 21.Sept. entdeckt und 28. Sept. wieder-
gesehen; vielleicht aber mit Hectoris Pons identisch (siehe diesen).
197. Amazonis. Am 14. und 15.April auffallend hell.
198. Arcadia. Am 15.April auffallend hell.
Argyre I. Vom 26.Mai ab gesehen.
Argyre Il. Nur 15.Sept., 26.Jan. und 8. März gesehen, an welchen
Tagen diese Insel blendend hell glänzte.
Atlantis I. Vom 25.Juli ab (wo sie auffallend breit war) bis 12.Nov.
meist mit Leichtigkeit gesehen, manchmal aber unerkennbar.
Atlantis II. Nur am ı2.Nov. und ı1.Dec. gesehen; zudem am letz-
teren Tage nicht mit Sicherheit. Am 6. Oct. vermuthet.
Ausonia Australis. Vom 5. Mai ab mit Leichtigkeit gesehen.
Ausonia Borealis. Nur ı1.Dec. und 5. Jan. gesehen.
199. Baltia. Am 25. Oct. gesehen.
200. Öydonia. In dieser Gegend glänzte am 29. Jan. ein heller Fleck.
Deucalionis Regio. Vom 5. Mai ab meist sehr deutlich gesehen.
Am 16. Sept. war diese Halbinsel auffallend breit und durch Xisuthri mit
Edom verbunden, welche Verbindung auch später noch oft gesehen wurde.
(Siehe Xisuthri Regio.)
Electris. Vom ı0. Mai ab gesehen, manchmal sehr hell, aber Ende
Juli bis Sept., gleich Phaetontis, auffallend blafs.
201. Elysium. Am 9. und ı1.Dec. und 9. Mai stach diese Gegend
durch ihre blendende Helle von dem Reste der Scheibe ab.
Eridania. Vom ı0. Mai ab stets gesehen. Am 14. Juni glänzte sie
als hellster Theil der Scheibe.
202. Hectoris Pons. Am 30.Nov. entdeckt (und auch noch ı 1. Febr.
gesehen) — falls er nieht mit dem schon am 21. Sept. gesehenen Pons
Ajaeis identisch ist. Schiaparelli hat eine ähnliche Überbrückung der Nilo-
syrtis auf seiner Karte von 1881, aber unter +43°, wo sie die Boreosyrtis
abtrennt. (Siehe auch »Patroclis Pons«.)
Hellas. Vom 5. Mai ab gesehen; in der Ausdehnung schwankend;
ebenso in der Helligkeit.
PR
Mars- Beobachtungen 1896 - 97. 27
Hesperia. Vom 14. Juni ab gesehen; in der Form schwankend, aber
doch von der ihr von Schiaparelli gegebenen wenig abweichend. Bei dieser
Gelegenheit mag bemerkt werden, dafs ich 1894 diese Halbinsel meist mit
der wunderbarsten Schärfe sah, aber niemals in der eigenthümliehen Form,
welche sie auf der Lowell’schen Karte hat und am allerwenigsten doppelt.
Letzteres mufs entschieden auf irgend einen Irrthum zurückgeführt werden.
Japeti Regio. (Siehe Xisuthri Regio.)
Japygia. Schon 1894 hatte ich diese Insel der Schiaparelli’schen
Karte als Halbinsel gesehen, welche von Hanımonis Cornu gegen das Mare
Hadriatieum zog. Während der letzten Opposition und zwar vom 21. Sept.
ab (wo sie bis Hellas reichte), sah ich genau dasselbe. Die Ausdehnung
und Helligkeit dieser Halbinsel schwankte wiederholt, ebenso ihre Rich-
tung; einmal, am 5. Jan., überraschte sie mich sogar dadurch, dafs sie
bis gegen Ausonia australis reichte. Dieser Verlängerung gab ich den
Namen:
‘Japygia Nova, und man findet sie auf dem rechten (westlichen)
Ende der Karte dargestellt, während die gewöhnliche Form von Japygia
auf dem linken Ende der Karte wiedergegeben ist.
203. Nerigos. Am 25. Oct. gesehen.
Noachis Regio. Vom 5. Mai ab sah ich die beiden Inseln, welchen
dieser Name zukommt. theils vereint, theils einzeln, aber selten scharf
begrenzt und meist wenig hell.
204. Oenotria. Vom 30.Nov. ab in der Form gesehen, welche diese
Halbinsel auf der Schiaparelli’schen Karte von 1888 hat. Am 10. Juli hatte
sie mit Japygia zusammen eine grolse Insel gebildet.
Ogygis Regio. Vom 16. Sept. ab wiederholt, aber meist nur matt
und undeutlich gesehen; mitunter schienen Ogygis, Argyre I und Noachis
ein zusammenhängendes Ganzes zu bilden.
205. Patroelis Pons. Am 5.Jan. entdeckt, doch ist es nicht un-
möglich, dafs er mit Hectoris Pons (s. diesen) identisch ist.
206. Phaetontis. Vom 14. April ab stets gesehen.
Pyrrhae Regio. Vom 4. Aug. ab (wo diese Halbinsel so hell wie
das Festland war) fast immer gesehen, jedoch mit wechselnder Helligkeit,
Ausdehnung und Sichtbarkeit; manchmal sehr matt, manchmal ganz hell.
207. Thaumasia. Vom 14. April ab gesehen, aber niemals unter
besonders günstigen Umständen.
28 L. BRENNER:
208. Terranova Bruciana. Diese Halbinsel entdeckte ich bereits am
1. Sept. 1594, doch sah ich damals von einer Namengebung ab, weil Prof.
Schiaparelli meinte, das Gebilde könnte vielleicht nur vorübergehender
Natur sein. Während der letzten Opposition bildete es aber seit 15. Juli
jederzeit ein sehr auffallendes Objeet (auch von Fauth wiederholt gezeich-
net), ist also sicher permanenter Natur. In Ausdehnung und Helligkeit,
ebenso wie in Richtung, notirte ich Schwankungen.
Thyle Il. Nur am 14. und 22. Juni (wo sie mit Eridania Eins bil-
dete und hell glänzte) und am ı1. Febr. (hell) gesehen.
Thyle Novissima. Nur am 16. Sept. gesehen (hell).
209. Xisuthri Regio. Diese Insel, sowie die danebenliegende »Ja-
peti Regio« der Schiaparelli'schen Karte sah ich wiederholt als eine Land-
enge, welche Deucalion mit Edom verband. Zuerst nahm ich diefs am
16. Sept. wahr, zuletzt am 15. März. Auch Fautl zeichnete Xisuthri am
25. Nov. in gleicher Weise.
Nachsehrift.
Seitdem vorstehende Abhandlung geschrieben war (Juli 1897), sind noch drei
Marskarten erschienen, von denen die eine — in Schiaparelli's »Memoria quinta« —
sich auf das Jahr 1886, die andere (im »Bulletin de la Soe. belge d’astr.«) auf die
Beobachtungen des Hrn. Cerulli in Teramo während der Jahre 1896-97 bezieht,
während die dritte (in den »Memoirs of the British Astronomical Association« vol. VI
part III) die Arbeiten aller Seetionsmitglieder (1896-97) zusammenfafst. Schiaparelli’s
Karte umfalst eigentlich nur die nördliche Halbkugel, und ihr neues Detail bezieht
sich hauptsächlich auf diejenigen Gegenden, die während meiner letzten Beobachtun-
gen vom Polarschnee bedeckt waren. Immerhin finde ich manche interessante Über-
einstimmung. So z. B. scheint es mir sicher, dafs mein Kanal »Rhodope« mit Schia-
parelli's neuem Kanal »Cedron« identisch ist; mein »Pons Ajacis« ist auch bei
Schiaparelli zu finden; mein »Chronius« ist in seiner nördlichen Hälfte mit Schia-
parelli's »Lacus Hyperboraeus« identisch (seine südliche Hälfte wurde aber von
Schiaparelli ebenfalls gesehen — wahrscheinlich erst 1888); mein Kanal »Rhesos«
erscheint in seiner Osthälfte bei Schiaparelli als Verdoppelung des »Nilus«: das
Nordende meines Kanals »Polyphemus« dürfte mit einer Verdoppelung des Schia-
parelli’schen »Gigas« identisch sein: die dunklen Querstriche im »Sirenius« der
Schiaparelli'schen Karte (der vielleicht theilweise mit meiner »Dryas« identisch
Mars- Beobachtungen 1896-97. 29
sein könnte) würden sich sehr gut dureh die vielen ihn kreuzenden Kanäle meiner
Karte erklären lassen; die Richtung des »Titan« bei Schiaparelli, welche von
derjenigen auf seinen vorhergehenden Karten abweicht, läfst keinen Zweifel dar-
über, dafs es eigentlich mein »Ripheos« war, den Schiaparelli 1886 gesehen und
für den östlicher liegenden »Titan« gehalten hatte; was Schiaparelli mit »Phle-
gethon« bezeichnet, ist mein Kanal »Axion«, während mein »Phlegethon« offenbar
mit dem von Schiaparelli mit ??? bezeichneten Kanal identisch ist: mein »Charon«
erscheint bei Schiaparelli als »Hades«, welcher Namen aber dem östlicher davon
liegenden Kanal zukommt, den man auf meiner, wie auf Schiaparelli’s früheren
Karten in gleicher Richtung findet; mein »Lacus Trichonis« ist bei Schiaparelli
verschwommen angedeutet; ebenso sieht man dort die Osthälfte meines Kanals
»Atropos«, sowie die Südhälfte meines »Arar«, ın gleicher Lage, aber ohne
Namen; mein »Lacus Veritatis«< und mein »Fons Salutis« sind bei Schiaparelli
angedeutet; auch lälst sich aus der verschwommenen Darstellung des »Eunostos«
bei Schiaparelli schliefsen, dafs meine diesen Kanal flankirenden Kanäle » Asterios«
und »Parthenios« mit dem Eunostos zusammen diesen verschwommenen breiten
Sehatten hervorgerufen haben.
Aus dem vorstehenden geht nun zweierlei hervor: erstens, dafs viele der von
mir gezeichneten neuen Objeete thatsächlich bereits früher von Schiaparelli ge-
sehen wurden — ohne dafs ich diefs wufste — was also ihre reelle Existenz aulser
Frage stellt; und zweitens, dafs die Verschiedenheit in der Riehtung und Lage
mance her Objeete auf den verschiedenen Karten von Schiaparelli nieht durch frühere
irrthümliche Bestimmungen oder durch wirkliche Ver änderung jener Objecte
im Laufe der Jahre zu erklären ist, sondern einfach dadurch, dafs es sich in den
verschiedenen Fällen um verschiedene Objeete handelte, welche Schiaparelli
wegen ihrer Nachbarschaft für identisch hielt und mit dem alten Namen belegte,
während es thatsächlich neue Objecte waren. Denn das ist ja eine vollständig
erwiesene Thatsache, dals niemals alle Objecte zugleich sichtbar sind, und dals
selbst mehrere Erscheinungen vorübergehen Be ehe man ein einmal gesehenes
Objeet wiedersieht. Ebenso ist manchmal das eine Object auffällig, das andere
kaum wahrnehmbar und ein anderes Mal gerade das Gegentheil der Fall.
Was Gerulli’s Karte anbelangt, so will ich mich hier nicht in eine Kritik
derselben einlassen, sondern nur die Punkte hervorheben, die sich mit meinen
neuen Objeeten im Einklang befinden. Meine Halbinsel »Terranova« heifst bei
Cerulli »Jarmuk«, hat aber eine ganz andere Form, die mir geradezu unbegreif-
lich ist, weil alle anderen mir bekannten Beobachter sie so gesehen haben wie
ich sie gezeichnet habe. »Brontes« und »Cantabras« sind identisch mit denjenigen
meiner Karte. Das Nordende seines »Gigas« könnte mit meinem »Öentaurus« iden-
tisch sein. Cerulli’s »Titan« ist offenbar mein »Ripheos«:; ebenso sein »Lyeus«
meine »Levana«: auch sein »Tamyras« dürfte mit meinen Kanälen »Lapithus« und
»Oreada« identisch sein, das Nordende seines » Erebus« mit meinem »Kapys«, sein
»Bostrenus« mit meinem »Sisyphus«, — möglicherweise auch sein »Sares« oder
30 L. BRENNER:
»Sarad« mit meiner »Persephonia« und seine »Iris« mit meiner »Najade«. Sein
»Lacus Pambotis« entspricht meinem »Fons Mortis«, vielleicht auch sein »Hades«
meinem »Minos«, sein »Styx« meinem »Charon«, sein »Hyblaeus« meinem »Arar«,
möglicherweise sogar sein »Hephaestos« meinem »Fons Veritatis«. Das Südende
seines »Lethes« ist identisch mit meinem »Josis«, sein »Pharphar« mit meinem
Kanal »Danaides«, sein »Laestrygon« möglicherweise mit meinem »Rhadamantos«.
Bezüglich der Karte der B.A.A. läfst sich nichts bestimmtes sagen, weil
dieselbe ein Conglomerat ist. und ich nicht weils, ob Hr. Antoniadi die Kanäle
nach genauer Bestimmung der Lage der Objeete (in den Originalzeichnungen)
eintrug, oder nur nach oberflächlicher Schätzung. Ich halte letzteres für das
wahrscheinlichere und schliefse überhaupt aus Antoniadi’s Bericht, dafs er bei
seinen Identifieirungen diejenigen Kanäle, welche annähernd bereits bekannten
entsprachen, mit den letzteren identifieirte. Diefs läfst aber die Möglichkeit offen,
dals manche meiner neuen Objeete auch von Mitgliedern der B. A. A. gezeichnet,
aber von Antoniadi, dem ihre Existenz nieht bekannt war, wegen ihrer Nachbar-
schaft zu bereits bekannten Objeeten mit solchen identificirt wurden. Denn
schon aus dem Texte und den Kärtchen geht hervor, dafs Capt. Molesworth
meinen »Lacus Trasimenus« sowie meine Kanäle »Manadas«, »Ichor«, » Asclepiades«,
».Josis« und »Maesolus« sah und vielleieht auch »Aeakos«. Mithin wurden von
meinen neuen Objecten 33 Kanäle (I4, I5, IQ, 26, 28, 37, 38, 43, 53, 63, 82, 86,
90,, 94,199, 100, 1103; "104, 106,.107,108, I09, 121, 124,125; 138, 139, 140,MAT,
146, 148, 163 und 164) 9 Seen (166, 167, 168, 177, 179, 183, 184, 186, 187) und
3 andere Objecte (196, 202, 208) bestimmt, 17 Kanäle (3, 23, 34, 49, 50, TIER
83, 89, 92, 95, IOS, I17, IIQ, 126, 128, 132, 135) und I See (170) wahrschein-
lich auch von anderen Beobachtern gesehen. Diefs dürfte am besten die Realität
der neuen Objeete und die Verläfslichkeit meiner Beobachtungen beweisen.
II. März 1898. L.B.
Mars- Beobachtungen 1896-97. 31
Nummern -Erklärung zur Karte.
Kanäle. 40. Uhrysorrhoas 83. "Inachos 123. Pactolus
1. 'Abudad 41.42. Uycelops 84. Indus 124. Padus
2. Acheron 43. "Danaides 85. Jordanis 125. "Parthenios
3. "Aeakos 44. Dardanus 86. "Josis 126. "Persephonia
4. Aesacus 45. Deucalionis Fretum 87. lvis 127. Phasis
5. Aethiops 46. Deuteronilus 88. Issedon 128. "Philia
6. Agathodaemon 47. "Dipsakos 89. "Ixion 129. 130. Phison
7. Aleyonius 48. Doanos 90. "Ranake 131. Phlegethon
8. Ambrosia 49. "Dryas 91. "Kandulos 132. *Phtha
9. Amenthes 50. "Echidna 2. *Kapys 133. Pierius
10. TAmystis 51. !Elison 93. "Klotho 134. Plutus
ı1ı. Anian 52. Erebus 94- "Kneph 135. "Polyphemus
12. Antaeus 53. "Eros 95. "Lacinia 136. Protonilus
13. Anubis 54. Eumenides 96. "Lachesis 137. Pyriphlegethon
14. "Arachne 55. Eunostos 97. Laestrygon 138. "Rhadamantos
15. "Arar 56. 57. Euphrates 98. "Lamia 139. 'Rhesos
16. Araxes 58. Euripus 99. "Lapithus 140. "Rhodope
17. 18. TArsanias 59. *Fama 100. "Levana 141. "Ripheos
19. "Asclepiades 60. "Fatua 101. "Liriope 142. Scamander
20. Asclepius 61. "Feronia 102. "Lybas 143. "Serapis
21. Astaboras 62. Fortuna 103. "Maesolus 144. Simois
22. Astapus 63. *Furia 104. "Manadas 145. Sirenius
23. "Asterios 64. Gralaxias 105. "Melissa 146. "Sisyphus
24. Astusapes 65. Ganges 106. "Mendes 147. }Sitacus
25. Athyr 66. Gehon 107. "Minos 148. ‘Sothis
26. *Atropos 67. Gigas 108. "Mnevis 149. !Steropes
27. Avernus 68. "Goliatlı 109. "Najade 150. Styx
28. "Axion 69. Gorgon 110. Nectar 151. Tanais
29. Boreas 70. (iyndes ııı. "Neith 152. Taphros
30. Boreosyrtis 71. Hades ı12. Nepenthes 153. 154. Tartarus
31. !Brontes 2. Heliconius ı13. *Nephthys 155. Thoth
32. Callirrhod 73. Hereulis Columnae 114. Nilokeras 156. "Tigris
33. !Cambyses 74. Hiddekel 115. Nilosyrtis 157. Titan
33a. Wantabras 75. "Horos 116. Nilus 158. Triton
34. "Centaurus 76. Hyblaeus 117. "Okeanides 159. “I ynna
35. Ceraunius 77: Hydaspes 118. Orcus 160. Typhon
36. Cerberus 78. Hydraotes 119. "Oreada 161. Uranius
37: Charon 79. 80. Jamuna 120. ÖOrontes 162. Nanthus
38. "Chiron 81. "Jason 121. "Osiris 163. "Zaradres
39. Chronius 82. ‘Ichor 122. Oxus 164. "Zarathustra
L. Brenner: Mars- beobachtungen 1896-97.
Binnenseen. Meere und Meerbusen. Gegenden.
165. tAponi Fons 138. Acidalium Mare 194. Achillis Pons
166. *Croecodilorum Lacus 189. Hadriatieum Mare _ 195. Aöria
167. *Eurydieis Fons 190. Margaritifer Sinus 196. "Ajacis Pons
168. *Fuceinus Lacus 191. Sabaeus Sinus 197. Amazonis
169. Ismenius Lacus 192. Syrtis Major 198. Arcadia
170. *Kopais Palus 193. Syrtis Minor 199. Baltia
171. tLabeatis Lacus 200. Uydonia
172. Lunae Lacus 201. Elysium
173- Moeris Lacus \ “ 202. *Heectoris Pons
174. *Mortis Fons 203. Nerigos
175. Niliacus Lacus 204. Oenotria
176. Phoenieis Lacus 205. "Patroclis Pons
177. "Prasias Lacus 206. Phaetontis
178. Propontis 207. Thaumasia
179. "Salutis Fons 208. "Terranova Bruciana
180. Solis Lacus 209. Xisuthri Regio
181. "Tamiatis Palus
182. Tithonius Lacus
133. "Trasimenus Lacus
184. "Trichonis Lacus
185. Trivium Charontis
186. "Veritatis Fons
187. "Vitae Fons
K.Preuss. Akad. d. Wissensch. Anh. z.d. Abh. 1897
Az0E Ne
1897 Jan.5.e). d-14"44 1896 Sept.16 d-10"53
1-67: 902 N 12
1896 Nov. 2412) d -16"85. 1896 Sept.8u) d=107 1896 Sept.8«e) ad = 10"
NE1638 IFA 1902
1896 Dec.liın. d = 16"95. 1896 Oct.6 ale 1896 Dec.iic2) d=16"95
Leo Brenner : Mars-Beobachtungen 1896-97.
Tafsl.
«
K.Preuss. Akad. d. Wissensch. Anh = d Abh 1897
NZ9I0- 12103 Nm Zulel:
1896 Sept.1 d-9"60. 1897 Mai 9 desua1 896 Nov 12 d=15"94.
N=229? NER 230
1896 Dec.11(a) d-16”94 896 Dec 11(4) d=16"94 1896 Maı 5. desuge
N 315) Nu NEBS0E
1896 Nov. 30. d-17”08. 1897 Jan.5( d-14"45 1896 Nov. 244) d-16"84
-
lL.eo Brenner : Mars-Beobachtungen 1896 -97.
lie 2,
K.Preuss. A
‚Akad.d. Wissensch.
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Anh. z.d. Abh. 1897.
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eo Brenner: Mars - Beobachtungen 1896-97.
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PHILOSOPHISCHE UND HISTORISCHE
ABHANDLUNGEN.
AHDALTOTZEN AT SIHODAIHTOAOKE
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Epigraphisches aus Aegina.
Von
Prof. Dr. MAX FRÄNKEL | “
in Berlin.
[3 .
I
j
. fit 2er
Vorgelegt in der Gesammtsitzung am 11. März 1897
[Sitzungsberichte St. XIV. S. 227].
Zum Druck eingereicht am gleichen Tage, ausgegeben am 31. Mai 1897.
Aur der im Herbst 1896 unternommenen zweiten Reise für das von mir
zu bearbeitende Corpus Inseriptionum Graecarum Peloponnesi et insularum
vicinarum, auf der ich mich wie auf der ersten der Begleitung des Herrn
Dr. Karl Fredrich zu erfreuen hatte, habe ich mich neun Tage auch in
Aegina aufgehalten. Inschriften trifft man hier, aufser einigen bekannten
im Gebirge noch annähernd an ihren ursprünglichen Stellen im Freien
liegenden archaischen Stücken und den in den massenhaften Gräbern, so-
weit man sie gerade nicht wieder zugeschüttet findet, aufgemalten, in pri-
vaten Grundstücken zerstreut und vor allem zahlreich in verschiedenen
Räumen des Dimarehion und in oder vor dem grofsen Gebäude, das jetzt
als Gefängnifs dient und ehemals Waisenhaus war. Ich habe gegen hundert
Steine copiren können und verdanke diesen reichen Erfolg der thatkräftigen
Unterstützung Einheimischer, zunächst dem stellvertretenden Dimarchen
M. Emmanuil, dessen Machtwort oder Empfehlung mir in den öffent-
lichen Gebäuden jeden Winkel zugänglich machte und stets hülfreiche Hände
zum Wenden der Steine bereit stellte; für die zerstreuten Inschriften hat
mit unermüdlicher Liebenswürdigkeit der ortskundige Lehrer Antonios
Pelekanos, der mich Tage lang begleitete, unschätzbare Dienste geleistet:
ebenso auch der in Deutschland gebildete Vorsteher der hellenischen Schule
Dr. P. Iriotis, der die epigraphische Wissenschaft durch eine als Schul-
programm 1593 veröffentlichte werthvolle Monographie über aeginetische In-
schriften bereichert hat.
Die in den beiden öffentlichen Gebäuden vorhandenen Denkmäler sind
der Überrest des ersten eentralen Antikenmuseums, das der neue griechische
Staat in dem damaligen Waisenhause von Aegina gegründet hatte. Es
|*
4 M. FrRÄNKEL:
wurde im März 1829 unter der Ephorie von A. Mustoxydis eröffnet; sein
erster Vorsteher war der Archimandrit Leontios Kampanis, der bis Juli
1832 fungirte. Sein und zugleich Mustoxydis’ Nachfolger A. Iatridis blieb
im Amte, bis im October 1834 die aeginetische Sammlung ihrer Bestim-
mung als Gentralmuseum entkleidet wurde und er die Schlüssel mit einem
doppelt ausgefertigten Inventar an den Leiter der Kriegsschule zu übergeben
hatte. Am 24. November 1836 wurde der Transport der Alterthümer nach
Athen verfügt und im September 1837 ausgeführt; doch sollte in Aegina
ein Localmuseum verbleiben, und es wurden daher laut Protokoll vom
28. September 1837 dem Dimarchen »eine Anzahl von Architekturstücken
und werthlosen Gefälsen, 48 Inschriften und 87 Reliefs« übergeben. Unter
den Reliefs sind hier, wie der heutige Bestand zeigt, zu allermeist eben-
falls mit Inschriften versehene Grabsteine verstanden. Nach Athen kamen
»neun mit Gefälsen gefüllte Körbe, einige andere Altertümer und 95 Sta-
tuen und Reliefs«.
Diese Thatsachen, die ich aus Paul Kavvadias’ Prolegomena zu sei-
nen [Avmra Tov Edvikov Movoeiov I (ev Adyvas 1890-1893) wiederhole,
zeigen, dafs die Provenienz der in den beiden öffentlichen Gebäuden von
Aegina befindlichen Steine zunächst ganz unsicher ist. Nach Kavvadias’ auf
das Protokoll gestützten Mittheilung (a.a.O. p. 20) meinte man, »aulser zweien
Reliefs alles auf der Insel selbst Gefundene und eine Anzahl hauptsächlich
aus Delos stammender verstümmelter Reliefs« zurückgelassen zu haben.
Aber dafs diefs keinen Anhalt gewährt, zeigt sich schon darin, dafs wir
einerseits von den ehemals im aeginetischen Museum vereinigten Inschriften
u.a. eine so wichtige aeginetischer Provenienz wie das Psephisma C. I. Gr.
H add. 21395' jetzt im Museum von Athen finden, andererseits in Aegina
Steine, die sofort als megarisch und attisch zu erkennen sind. Unsere
Mittel, eine Sonderung durchzuführen, würden ganz unzureichend sein,
wäre nicht das Inventar aufgefunden worden, das Kampanis über die
Eingänge des ihm unterstellten Museums von dessen Eröffnung bis zu seinem
Abgange geführt hat, wobei er die Provenienz jeder Nummer angegeben
hat. Diese unschätzbare Urkunde, die bei der General-Ephorie im Unter-
richts-Ministerium zu Athen aufbewahrt wird, veröffentlicht zu haben
(INvrralp.ııfl.), ist eines der grofsen Verdienste von Paul Kavvalias.
' Vergl. das gleich zu erwähnende Inventar von Kampanis p. 32 Nr. 344.
Epigraphisches aus Aegina. 5
Die einzelnen Actenstücke, aus denen das Inventar besteht, sind sämt-
lieh am 10. Juli 1832 von Kampanis unterzeichnet worden', also begleitete
es offenbar das Protokoll, durch das er die Sammlung seinem Nachfolger
übergab’. Das entsprechende Inventar latridis’ vom Jahre 1834 ist leider
bisher nicht wieder zum Vorschein gekommen, und so bleiben wir über
eine Anzahl von Steinen (S.11 Anm.r) noch in bedauerlicher Unsicherheit.
Die Pflicht, die Herkunft der von mir in Aegina gesammelten In-
schriften nach Möglichkeit zu ermitteln, nöthigte zu einer Durcharbeitung
des Verzeichnisses von Kampanis, unter Heranziehung der anderen Zeug-
nisse über den inschriftlichen Bestand des ehemaligen Gentral- Museums’.
Das Ergebnifs dieser Arbeit will ich in der Weise vorlegen, dafs ieh in
übersichtlicher Aufzählung die Mittheilungen über die von mir gesehenen
Steine mit dem aus den gedruckten Quellen zu Gewinnenden vereinige.
Den Hauptzeugen Kampanis habe ich, um für die Benutzung meiner Listen
weiteres Nachschlagen möglichst zu ersparen, fast überall mit seinen eigenen
unverkürzten Worten sprechen lassen. Ausgeschlossen habe ich von den
in seinem Verzeichnifs enthaltenen Stücken nur, was das zukünftige Corpus
allein angeht, also das Peloponnesische und Aeginetische, dem nicht in
der Litteratur fälschlich eine andere Herkunft zugesprochen worden ist.
Voranschieken möchte ich einigen einleitenden Ausführungen eine Pro-
venienz-Liste der gesamten, also nicht blos der inschriftlichen von Kam-
panis verzeichneten Eingänge, wobei jedoch seine Aufzählung von Münzen,
Terracotten und anderen kleinen Gegenständen (S. 33 ff.), die er ohne Nume-
rirung gelassen hat, aufser Acht bleiben konnte. Die Zahlen geben Kam-
panis’ fortlaufende Nummern an.
Aegina. ı-21. 47-56. 71-75. 80. 81°. 82. 83. 84°.
I41I-144. 153. 165. 168. 171. 174-176. 209. 210. 228. 303. 312. 315-320.
328. 329. 335. 339. 344. 346. 347.
! Die Jahreszahl 1830, die wir einmal, auf S. 26, lesen, ist gewils nur Druck- oder
Schreibfehler.
® Dazu stimmt sein unten S.6 Anm.5 abgedruckter Vermerk.
® Nicht benutzen konnte ich leider Mustoxydis’ 'H Aiyıvata, "Ennepis diXoAoyırı) (1831),
die ich in den Bibliotheken von Berlin, Bonn, Göttingen und Halle vergeblich gesucht habe.
* „’Eoepev abro .. 6 bmorpodos ns kußepvpoens«. Die Angabe der Provenienz würde
nicht fehlen, wenn es nicht Aegina selbst wäre. Es ist gewils das noch heute im Dimarchion
befindliche Grabrelief, dessen Inschrift bei Le Bas, Voy. Inser. 11 1747 steht.
5 Über die Provenienz von 83.84 s. unten zu unserer Nr. 51.
6 M. FrÄnKkEL:
Attika. 145.91 40:310! 210 grg.N Athendgg6NL 7273 22
226. Salamis 25-32. 36. 37. 88-90. 115-122. 150. 155-164. 169.
170. 301. 306. 307: 321-325. 334. 345. 354. ‘'Eleusis 123. 124.133:
340. Eleusis und Megara 191-196. 198-206.
Megara. 38-46. 69. 70. 97. 98. 309. 327. 338. 341. 350. 351. 353.
Peloponnes. Korinth 105-108. Nauplion 231. Myli' 227. Ha-
gios Petros (Kynuria) 177-187. Hermione 66-68. 214-219.
Nordgriechenland. Theben 211-213. Naupaktos 109-112. Ma-
kedonien 102-104.
Inseln. Poros 207. 208. 222-225. Keos 138. 139. 147-149.
Kythnos 33-35. Andros 125. 126. Tenos 132. Mykonos 242-297”.
Aus Mykonos, ursprünglich rheneischer Provenienz 22-24. Rheneia’
57-65. 134. 188-190. 298-300. 302. 304. 308. 314. 326. 330-333. 336.
337: 342. 348. 349. 352. Syra, 127-131. 154. 166. 167. Confiscirt-in
Syra 232-241. Aus Syra, ursprünglich parischer Provenienz 91-94. Pa-
ros 76-79. 99-101. I13. 114°.343. Kreta Ist. 152.
Unbekannte Provenienz. 86. 87. 220. 229."
Ehe wir die Kampanis’schen Listen benutzen, müssen wir prüfen, mit
welchem Zutrauen wir diefs thun dürfen. Es hat sich ergeben, dals das
von Kavvadias ([Avrra Ip. 10) ausgesprochene Urtheil lediglich zu wie-
derholen ist: es fehlt den andeutenden Beschreibungen jede Sachkunde
und Genauigkeit, aber die Angaben über die Herkunft sind sorgfältig und
zuverlässig. In der That werden diese in allen Fällen bestätigt, wo uns
eine ganz sichere Controle durch andere Zeugen möglich ist: man findet
Belege hierfür unten zu unseren Nummern 30. 32. 33. 43. 45. 46. 106-108.
111. 112. 115. Damit smd die Bestätigungen nicht einmal erschöpft: wir
können hierin also unbedingt auf das Inventar bauen, und die starken, bei
! „rov MvAwv«, gewils das argivische Mylı (Lerna); das euboeische wäre wohl näher
bezeichnet worden.
2 S. unten S.7f.
® Es steht immer AnXos, womit bei Grabsteinen nur Rheneia, neugriechisch Meyaxy
AnXos, gemeint sein kann. Das eine Mal, wo Kampanis Delos verstanden wissen will
(Nr. 244), sagt er unterscheidend Mirp& AnXos.
* Über die Provenienz von 113 und 114 s. unten zu unserer Nr. 113.
° Die Nummern 140 und 197 sind aus Versehen in dem Inventar übergangen, was
Kampanis bei der Übergabe ausdrücklich zu Protokoll gab: p. 25 »197. 140 Apıduol un ebpn-
2 R R 2 R = ER
devres eis rov mapovra Karaxoyov, di Peßuovra mapa rov Iölov K. Kanmävy«.
Epigraphisches aus Aegina. 7
der Lesung der Inschriften begangenen Fehler haben seinen hohen Werth
für unsern Zweck nieht wesentlich beeinträchtigt, da die Identifieirung
dennoch zumeist mit Sicherheit möglich ist. Wo nur das Vorhandensein
einer Inschrift ohne eine Andeutung ihres Inhaltes angegeben ist, habe ich
auf Vermuthungen verzichtet; es mag hier eine kunstarchaeologische Unter-
suchung, die dringend zu wünschen ist, noch einige Identifieirungen heraus-
bringen können.
Einer Rechtfertigung bedarf die Zuteilung der Kampanis’schen Num-
mern 242-297 (unten in dem Abschnitt IV C) nach Mykonos. Diese Her-
kunft wird nämlich nieht angegeben; die Steine sind in einem besondern
Actenstück verzeiehnet, das folgende Aufschrift trägt: »KaraAoyos Tov
APXUOTNT@V, AMOOTENAouevov MOOS TNV Emirponnv rns Oikovowias dla ToV
um apıd. 4486 Eyypapov«, d.h. »Verzeichnifs der laut Begleitschreiben
Nr. 4486' an den Vorstand der Verwaltung eingesandten Alterthümer«. Die
Aufzählung erfolgt dann in kleinen, 1-12 Nummern umfassenden Abschnitten,
deren jeder eine Überschrift trägt: der letzte » Annoyepovria Mnkwvov
(‚Ältestenrath von Mykonos’) Öwpeal«, die übrigen je einen Personen-(Vor-
und Familien-)\Namen, drei Mal ebenfalls mit dem Zusatz Öwpeal”.
Offenbar war der Wohnsitz dieser Personen, selbstverständlich der Vor-
besitzer, mit dem Absendeort, der aus dem Begleitschreiben zu ersehen
war, identisch; denn wären, was an sich ja möglich wäre, die Stücke
aus verschiedenen Orten vorerst an eine Sammelstelle zusammengebracht
worden, um von da nach Aegina befördert zu werden, so ist es un-
denkbar, dafs man nicht zu den Personennamen die Wohnorte angegeben
hätte. Also’ ist die Provenienz aller dieser 56 Stücke eine einheitliche:
Mykonos. Nun berichtet der Bildhauer Emil Wolff in den Annali dell In-
stituto 1829 p. 141 »Ricontrai -- molti - - cippi presso diversi abitanti di Sira
e di Miconi ed in un magazzino dell’ ultima isola ne vidi pin di quaranla,
i quali per ordine del governo come effetti pubbliei erano raccolti dai parti-
| : /
! Diese authentische Übersetzung verdanke ich Hrn. Paul Wolters in Athen. Nach
gütiger Auskunft des Hrn. Kavvadias ist das Begleitschreiben nicht mehr vorhanden.
® Nach gütiger Belehrung des Hrn. Prof. Mitsotakis stammte die Dimogerontia
von Mykonos noch aus der türkischen Zeit; noch heute gäbe es diese Einrichtung in den
unter türkischer Herrschaft stehenden griechischen Inseln. Die Dimogeronten, die Vorsteher
der christlichen Gemeinde, von der sie gewählt werden, haben unter dem Vorsitz des Bischofs
die christlichen Schulen und Kirchen und die vormundschaftlichen Angelegenheiten zu ver-
walten und ihre Gemeinde gegenüber den türkischen Behörden zu vertreten.
Ss M. FrÄnKEL:
colari possessori, che solevano formarsene una specie di commercio coi capitani
de’ bastamenti e co’ viaggatori che approdavano all’ isola«. Aus diesem ma-
gazzino von Mykonos wird nach Wolff’s Zeichnung in den Annali p. 146
die Inschrift veröffentlicht, die sicher als von Kampanis Nr. 274 (s. unten
unsere Nr. 94) in unserer Rubrik aufgeführt zu erkennen ist, und die auch
von den Mitgliedern der Expedition de Morde in Mykonos gesehen war;
vergl. III S.34 Nr. 20, mit der Angabe p. 8 »venant de Delos et dessince
|T.19, ı] & Myconi«. Noch zwei weitere zugehörige Stücke haben die
Mitglieder dieser Expedition in Mykonos gezeiehnet: Kampanis’ Nr. 262
(s. unten unsere Nr. 86) und die von Kekule, Die antiken Bildwerke im
Theseion S. ı 11 unter Nr. 274 als »abbozirte Harpyie« beschriebene Marmor-
figur, die in dem grofsen französischen Werke IH pl. 22,1 mit der Angabe
(p-S) abgebildet ist » Cette figure, maintenant au musce d’Eyine, a ete dessinde
a Myconi«. Denn diese Figur ist, wie mir Paul Wolters bemerkt, iden-
tisch mit der von Kampanis Nr. 242 sonderbar beschriebenen: »AyaAya
napuapıwov, Uyos Tpıov AyyAıkov Todov, TapaoTawvov ÖcuuoVviov Yuvaukos,
imo eXepavriaoıv maoyovons«'. Man sieht, dafs der Schlufs auf einheit-
liche Provenienz aller dieser Stücke die Probe aushält. Ohne Zweifel hatten
die aus Privatbesitz stammenden den Inhalt des von E. Wolff erwähnten
Magazins gebildet, der von der Regierung zum Zwecke der Überführung
nach Aegina theils durch Kauf, theils durch Sehenkung erworben worden
war: die vorherige »Sammlung« derselben bedeutete keine Confiscation,
sondern nur die Sicherung gegen befürchtete Ausfuhr. Es ist sehr ver-
ständlich, dafs der Ältestenrat die in seinem Besitz, vermutlich in der
Schule befindlichen fünf Stücke als Geschenk hinzufügte. Dafs für das
aeginetische Museum auch durch Kauf gesorgt wurde, ist sicher durch mehr-
faches Zeugnils Kampanis’”.
Das Museum war, wie die Liste S. 5 f. ergibt und natürlich ist, vor-
zugsweise aus Gegenden beschickt worden, von denen der Transport leicht
war. Für unsere Vorstellung von den Provenienzen, die dennoch möglich
' Rekule sagt nicht zutreffend, vermutlich auf mündliche, ungenau aus Kampanis’
Inventar geschöpfte Auskunft von Evstratiadis (vergl. S. IX), dals das Stück, ebenso wie seine
Nr. 65 und 163, »von Leuten aus Mykonos, welche diese Sachen in Delos (Rhenea) gefunden
hatten, dem Gouvernement geschenkt wurde«. Nr. 65 ist gewils Kampanis’ Nr. 244.
® S. unten zu Nr. 33. 51, aulserdem Kampanis zu Nr. 221 und mehrfach zu den nicht
numerirten kleinen Alterthümern: p. 34. 35. 30.
Epigraphisches aus Aegina. 9
sind, ist am lehrreichsten unsere von Kampanis noch nicht verzeichnete,
also zwischen 1832 und 1834 eingegangene Nr. 50, die aus Mistra ge-
kommen ist. Aufser der Insel selbst überwiegen Salamis, Megara, vor
allem aber die Cyeladen. Unter den 352 Stücken, die Kampanis ver-
zeichnet hat, waren aus Mykonos 59, aus Rheneia 31, aus Syra 21, zu-
sammen ııı gekommen, und da man wulste, dafs vielfach antike Grabsteine
nach Mykonos und Syra von dem benachbarten Rheneia herübergebracht
wurden, kann es nicht Wunder nehmen, dafs sich den ersten unkritischen
Autopten für die in Aegina gesammelten Sepuleralsteine die Vorstellung
rheneischer Provenienz nahezu verallgemeinerte. Die Mitglieder der franzö-
sischen Expedition nach Morea hatten eine beträchtliche Anzahl dieser Grab-
schriften aufgenommen, die Ph. Le Bas in der Kuwpedition de Morce Ill, 1838,
p- 31 ff. und in den Inseriptions Greeques et Latines recueillies en Grece par
la commission de Morde Cah. 5, 1839, p. 139 ff. unter der Überschrift » Rhe-
nee« veröffentlichte. Der gleichen Übertreibung machte sich Pittakis
schuldig, dessen Scheden über die Le Bas’schen und andere in Aegina be-
findliche Inschriften Boeekh für die Addenda zum Corpus Inscriptionum
Graecarum Il 23225 ı-99 benutzt hat; für einzelne Stücke zeigten zwei-
und dreifache Scheden Pittakis’ ein Schwanken, das sofort die Unzuver-
lässigkeit seiner Angaben verrät: so hat er b20. 22. 24 einmal Salamis,
einmal Delos zugewiesen; 92 zweimal Delos, einmal Salamis; 43 einmal
Delos, einmal Mykonos. Es ist sehr natürlich, dafs Boecekh Pittakis nun
keinen Glauben schenkte, wenn er einmal richtig eine andere Provenienz
als Delos angab (b 42: s. unten Nr. 21). Als dann Le Bas die ehemals
aeginetischen Inschriften in der grolsen Sammlung seines Werkes »Voyage
archeologique« abermals veröffentlichte, hat er trotz einiger berichtigter Zu-
theilungen nicht blos durch Wiederholung alter Irrtümer, sondern aueh durch
Hinzufügung neuer die Verwirrung vermehrt!'.
Um eine vollständige Übersicht zu gewähren, habe ich in das unten
folgende Verzeichnifs von den in den Addenden des Corpus unter Rheneia
gestellten Inschriften auch die aufgenommen, die nicht in Aegina ge-
wesen sind. Es fragt sich, was von der ursprünglichen Provenienz der
Stücke zu halten ist, die sich ehemals in Mykonos, Syra und Tenos be-
fanden; sie sind unten getrennt unter IV A, 5, C aufgeführt. Die von My-
! So sind fälschlich nach Rheneia verwiesen unsere Nr. 1.4. 32, nach Aegina 2. 46. 47.
ırı—114, nach Salamis 19.
Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1897. 1.
[597
10 M. FrÄnkKeL:
konos sind gewis zum allergröfsten Teile aus Rheneia; wenige davon
werden auf Mykonos selbst gefunden, wenige von anderwärts gebracht
worden sein. Denn dafs man von dem nächst gelegenen lebhaften Eilande
her die verlassene delische Totenstadt lange ausgebeutet hat, ist sicher;
Kampanis gibt für drei inschriftlose Denkmäler von Mykonos (Nr. 22-24)
rheneische Provenienz an, ein anderes Zeugnifs findet man bei Rofs, Reisen
auf den Inseln II 28; noch in unseren Tagen sind ja die kleineren delischen
Funde der Franzosen in Mykonos geborgen worden. — Aus Syra hatte
Boeckh Absehriften zur Verfügung, die Rofs aus einem von Kokkonis ver-
fafsten handschriftlichen Kataloge des Museums von Hermupolis im Sommer
1835 genommen hatte. Es ist anzunehmen, dafs Kokkonis für die im Corpus
Inseriptionum Graecarum zu Rheneia gestellten Stücke (s. unten Nr. 98) diese
Herkunft ausdrücklich angegeben und auch dafs er sie nicht generell ohne
Prüfung vorausgesetzt hatte; denn für einen Grabstein des von ihm ver-
walteten Museums, €. 1. Gr. 2372d, hatte er Keos als Fundort vermerkt
und über 578 nach Boeckh’s Lemma vorsichtig nur ausgesagt. er scheine
rheneisch'. Für unsere Nr. 100 werden wir Kampanis’ Ausdruck so auf-
fassen müssen, dafs der Stein in Syra selbst gefunden sei. Für Nr. 99 ist
diefs zweifelhaft; ganz unsicher aber ist die Herkunft der noch übrigen
Stücke Nr. 101-103, die in Syra mit sieben anderen confiseirt worden waren”,
und die Annahme von Rheneia willkürlich. So hat Kampanis unter Nr. 91-94
Stücke, die aus Syra nach Aegina gekommen waren, aber aus Paros
stammten (darunter unsere Nr. 109), und unsere Nr. 105 war über Syra
aus Andros gekommen. — Von den wenigen ehemals tenischen Stücken
sind unsere Nummern 66 und 71 ausreichend, 104 nicht so zuverlässig als
rheneisch bezeugt.
Jedenfalls steht für die unter IV €, D, E vereinigten Stücke fest, dafs
sie nieht aus dem Gebiete meines künftigen Corpus (und auch nicht aus
Attika) stammen. Dagegen verbleibt von den Steinen des ehemaligen aegi-
netischen OÖentral-Museums ein beträchtlicher Rest, über deren Herkunft
! Später ist auch der von Thiersch in Paros abgeschriebene Stein €. I. Gr. II add.
2414k ins Museum von Hermupolis gekommen, aus dem ihn Conze (Bullettino dell’ Inst.
1859, 169 Nr.6) nochmals veröffentlichte. Der letzte wissenschaftliche Besucher des Museums
von Syra L. Pollak sagt (Mitt. d. athen. Inst. 1896, 194), seine Inschriften seien »von den
verschiedenen Kykladen nach Hermupolis, dem Sitz der Nomarehie, geschickt«.
® Emil Wolff (Annali 1829 p. 140) sah in Syra zwanzig einem französischen Reisenden
beschlagnahmte Grabsteine, die aus Rheneia gewesen sein sollen.
ei en
Epigraphisches aus Aegina. 11
jeder authentische Anhalt fehlt. und diese werden aus Nothbehelf mit Vor-
behalt unter den Inschriften von Aegina abzudrucken sein'.
Besonders hervorheben möchte ich noch die auch für Archaeologen
nicht unwichtige Thatsache, dafs beim Transport des aeginetischen Mu-
seums nach Athen sich ein Mifsgeschick ereignet hat: ein Teil der Steine
ist im Piraeus verblieben, unter die Erde gekommen und, wenn sie wieder
ausgegraben wurden, als dort ursprünglich verschüttet angesehen worden.
Zwar zeigt z. B. unsere Nr. 112, dafs selbst eine datirte Fundangabe Pittakis’,
wie sie für Nr. 12.15.25 vorliegt (s. dort), auf Glauben keinen Anspruch zu
haben braucht, und die übereinstimmenden Mitteilungen Rangabe's dürfen
vielleicht nur als Wiederholungen angesehen werden. Aber eine Bestätigung
gewährt Evstratiadis’ Zeugnils über Nr. 26, und dafs ferner Pittakis’ Aus-
sage gerade für drei aus Aegina überführte Steine wiederkehrt. dafs er
einmal die Gegend des Piraeus, zweimal bestimmte Ausgrabungen, bei denen
die Funde gemacht sind, bezeichnet, läfst einem Zweifel an der Thatsache
keinen Raum.
Schliefslich bemerke ich, dafs alle im Folgenden mitgetheilten neuen
Lesungen und Vergleichungen, soweit es nicht anders angegeben ist, meine
eigenen sind.
I. Attika.
A. Nicht im Corpus Insceriptionum Atticarum.
1. Im Dimarchion. Oberteil einer Herme. H.o0.41, br. 0.27. t. 0.095.
IRQRNINEIKOMHA
"fovı Neikosmo]| ns
N E Q 7 E P [0} >= veWrepos
Me 's.
ME AITEYZ eAıTevs
Bei Le Bas, Voy. Inser. II 1958 als rheneisch. Die Inschrift wird. solange
sieh nieht ein glaubhaftes Zeugnifs für ihre Herkunft aus einer Kleruchie
findet, mit Nr. 2 und 3 unter die attischen aufzunehmen sein, wie mit Recht
bei Nr. 10, 11, und C.I.A. Il 2300 geschehen ist, "weleher Stein gleichfalls
! Von den Rheneia zugewiesenen sind dies ©. I. Gr. 23225 4. 8. 16. 17. 19. 29-32. 37:
45. 49-53. 56. 60. 73. 77. 85. 86 (?, vergl. unsere Nr.95). 88-90. 94. 96. 99 = Le Bas 1927
1933. 1944. 1945. 1948. 1957. 1959-61. 1969. 1976. 1984. 1985. 1988. 1993. 1995. 1996. 1999.
2011. 2017(?). 2018. 2020. 2023. 2024. 2028. 2030. 203I. 2033.
12 M. FrÄnkEL:
im Museum von Aegina war (auch ©. I. A. II 1866). — Eine Weihung an
Ion ist sonst nieht bekannt, sein Schatz aus ©.1. A. 1210 Z. 8. Die Schrift
schien mir etwa dem ersten vorchristlichen Jahrhundert anzugehören.
2. Im Dimarchion. Fragment einer Platte aus hymettischem Marmor.
H40:19,@br.0.38,1 1304 7.
ig! ZA MET E: Wn]|boanelvns ns
DINTERSREEN A TUNMANDY 2 m|orens Aixliav) Avolıorpa-
IH NEKKEPAMESR\ r|yv Ex Kepaueo|v ...
ZAYFYNAIKAARNC ...ov, yuvalka A(ovktov) Io. .
5 ee a ee olv, Orar]iäuos?
Bei Le Bas, Voy. II 1744 unter Aegina. Aveolıorpar|yv habe ich geschrie-
ben wegen ©. 1. A. II 1724 Avoiorparos € Kepanewv; möglich ist auch
Avo]ınayx nv.
3. Im Dimarechion. Grabstele mit Palmettenbekrönung; weilser Mar-
mor. H. 0.83, br.’ 0.31, t. 0.08.
EIXTZEIKZNGHIGS:
EyxerAns
AUPEXZIERZADELILONGGE \ ApxırAeiovs
PFAFMINF ON & 170% 'Pauvovouos.
vacat BA Bis
5 H le NE
vacat
Der Schrift nach wohl noch aus dem vierten Jahrhundert v. Chr., in welche
Zeit auch die Orthographie ApyırXeiovs palst; s. Meisterhans, Grammatik
der att. Inschriften S. 36. 4. — Zeile 3 und 4 scheinen nicht viel später
hinzugefügt: sie enthielten den Namen und Vatersnamen eines zweiten
Todten.
4. Im Dimarchion. Linke obere Ecke eines Grabsteins in Form eines
Naiskos; vom Relief erhalten verstümmelter Kopf eines Jünglings. Weilser
Marmor 'EINo.22)Ehr.ro.40, 1.0810.
EKAATAIOCAÄPTEMAC
Kampanis p. 20, 156 »’Ereuyrev aura |Nr. 155-164] 6 kupıos larpiöns nv
9 Iavvapiov 1831 (Ladauıvos) ... AvayAvbov Eyov TO TE TPOOCWTOV Kai
Tas xeıpas diebhapueva: ne emeypapyv: KAavöıos Aprenas«. Bei Le Bas
Voy.1ı997 als rheneisch:
u
Epigraphisches aus Aegina. 13
5. Kampanis p.17,115(-122) »2aAauis'. Tunna nappapov wuxpov, ue
eriypapyv: Eri apyovros Itpa.... | .Kaddıkparovusin.an. ae: .
6. Kampanis p. 17,118 »KoAwvn wxpa Eyovoa emiypabyv: Meve-
Kpartns«. Aus Salamis, s. zu Nr.5. Identität mit ©. I. A. 111736 ist nicht
möglich, da diese Inschrift nach Rofs, Demen p. 57 Nr. 34 schon im De-
cember 1532 in Athen war.
7. Kampanis p. 31,325 » Errvulßıov) ayvBadlwrov)? akadıouevov —
Apxı Xaplov kA. ZaXapwos)«. Die Identität mit ©.1.A. I 2184: apxınz
RNVLINERT. Ir ist nach der Beschreibung von Mylonas (Bullet. de corr.
hellen. 4, 480 Nr. 8) »amoAnyovoa Avw eis EAıKoeıön Koouov, TrpOS de TMV
Baoıw amorerunuevn« nicht unmöglich, und die Fundangabe »Ev Toıs epı&
rov A@nvov« hindert nicht sie anzunehmen (s. oben S. 11); doch kann, da
Ja Xapiov ohne Anstofs ist, auch eine andere Inschrift gemeint sein.
|7a. Es sei die Gelegenheit benutzt, auf eine nach Korinth verschleppte
attische Prytanenliste aufmerksam zu machen: Milchhöfer, Mittheil. des
athen. Inst. 4, 160.]
B. Zum Corpus Insceriptionum Atticarum.
8. II 957. Im zweiten Hofe des Gefängnisses. Platte von blauem
Marmor, auf Vorder- und Rückseite in gleicher Weise ornamentirt: s. die
im Corpus nicht erwähnte Abbildung Zwxpedition de Morce II T. 45, 3.
H. 0.64, br. 0.70, t. 0.16. Die sehr sorgfältige Schrift zeigt zum Teil
deutliche Apices: sie wird trotzdem etwa dem Ende des vierten Jahrhun-
derts angehören. Sie ist jetzt erheblich verstümmelt: Z.ı endet mit oOlr,
Z.2 schon mit THz, Z.5 mit ENE!I und vorn sind nach AEFz von 9 Buch-
staben nur die unteren Theile der drei ersten erhalten, auch in der ersten
Hälfte von Z. 6 sind Theile von Buchstaben geschwunden: die stärkste
Einbufse hat die Schmalseite betroffen, von der Z. 1-6 zerstört sind, von
Z.7 ist nur das schliefsende x übrig, von Z.8 ınoz, von Z.9 Z0®2N, von
Z.10 und ıı fehlt je der erste Buchstabe.
! Dieser auch für Nr. 6. 15. 30. 34 geltende Herkunftsvermerk ist im Druck durch
Versehen ausgefallen, wie Hr. Paul Kavvadias die Güte hatte mir mitzuteilen.
® Hr. Prof. Mitsotakis hat mich belehrt, dals diels in dem Inventar öfter vorkom-
mende Verbaladjeetiv von ayvßada „Hohlmuschel’ gebildet ist, also ‚muschelartig’ bedeutet.
Vergleicht man die bekannten Steine, bei denen das Wort angewendet ist (unten Nr. 10. 13.
23. 25), so zeigt sich, dals Kampanis damit halbkreisförmige Bekrönung bezeichnen will.
14 M. FrÄnkEL:
9. 111920. Im zweiten Hofe des Gefängnisses. Grabsäule von blauem
Marmor, unten gebrochen. H. 0.32. Die Zeilen beginnen in der gleichen
Linie, © und 2 sind kleiner und stehen über der Zeile.
10. II 2123: Enwparns | Kndıciov | 'lwviöns. Kampanis p. 32. 345
’ x NL ’ x ” , E) [4
»AyvBaowrov akaXıouevov (uapuapov) ue Eriypauua — ETIRpaknsK.T.N.
AyvBadorov aradıouevov (napuapov) na — Emirp N
2Zaxlauwos).« Nach Exped. de Morce II p.8 zu Taf. 23, 1.2 aus Delos ins
Museum von Aegina gekommen; Pittakis (Eodnuepis 1764) gibt die Her-
kunft richtig an, fälschlich aber »eupedn To 1833«. — Kekule, Theseion 71.
11. I 2137. Im Dimarchion. Obertheil einer Grabsäule mit Profil von
blauem Marmor. H.o.21. Die flüchtige Schrift schien mir etwa dem dritten
Jahrhundert v. Chr. anzugehören.
DE aaa,
AN ERANONT Ardvöpov
ESKSKSE PB AMES®2N ek Kepaneov
an yımı.
C.1.Gr. 232259, Expedition de Morde II 32 Nr. 10 und Le Bas, Inseriptions
de Moree V Nr.208 (Z.1: MPAZA) als rheneisch.
12. II 2275: Hynoımnmos | Kndıorodwpov Aaumrpevs. Offenbar iden-
tisch mit Kampanis p. 32, 346 »IMakxa nappnapov pırpa — Hynoınmos
Knd. «TA. Aiyivns«. Danach ist der Stem aus der Reihe der attischen
zu streichen; er gehörte einem aeginetischen Kleruchen, stammt also noch
aus dem fünften Jahrhundert, welcher Entstehungszeit das ionische Alpha-
bet nieht widerspricht (s. Ulrich Köhler, Athen. Mittheil. 10, 378). — Der
Stein ist nach Pittakis ('EPnnepis 275) am 22. Februar 1839 bei Ausgra-
bungen im Piraeus gefunden (auch Rangabe Antiquites 1535 sagt »trouvee
au Pirce«), mufs also beim Transport von Aegina 1837 verschüttet worden
sein; vergl. auch Nr. 15. 25.26 und vorn S. ı1. — Als rheneisch (©. I. Gr. U
add. 23225 3 und Le Bas, Voy. 1934.
13. I 2358. Im Dimarchion. Obertheil einer marmornen Stele mit
elliptischem Abschlufs, in dem Palmettenornament. H. 0.56, br. 0.31,
t. 0.07. Von dem letzten Sigma fehlt die untere Hälfte. Kampanis p. 31,
322 » Erırvußıov ayvBadwrov. Xapitns u.K.T.‘. 2aNauıvos)«. Die Pro-
venienzangabe Pittakis’ ist also zutreffend.
14. 112364. Salamis, das Kekule, 'Theseion 210 als Fundort angibt,
bezeugt Kampanis p.ı5, 88 »’HAdov [Nr. 38-90] Ex Tns 2ZaAauwos nv
Epigraphisches aus Aegina. 15
30 Auyovorov Tov 1830 — AÄvayAvoov Kwvoeıdes TPLIWV TPOCW@NWV ---.
Enıypapn ApıororAns lopyo Apıorovikn«.
15. 112366 steht vollständig, aber fehlerhaft bei Kampanis p. 17, 116,
mit der Angabe der Provenienz aus Salamis (s. zu Nr. 5), während Pittakis
(Eobnu. 537) und Rangabe (Ant. 1566) aussagen, dafs der Stein 1840 bei
Ausgrabungen im Norden des Piraeus gefunden ist; s. zu Nr. 12.
16. II 2445. Im Dimarchion. Obertheil einer Grabsäule von blauem
Marmor. H.0.40. Folgt hier wegen der Buchstabenformen.
ERBIERSBFAT TE
ERDETERSREAETBOFN:
BIrSIEIREPAFTIENES
Kampanis p. 15, 90 » HAdov &&k ns Zaxauwos |s. zu Nr.14| ... KoAwvn
ne emeypabyv: Enırparns Erırparov lleiıparevs«. Pittakis (Eobnn.
1792) hat also die Herkunft richtig angegeben.
17. 112458 war zugleich mit Nr. 14-16 aus Salamis gekommen: Kam-
panis p. 15, 89 »KoAovn ne Eemiypapas Aeyovoas PiXıwvos Atopdavrov
Ieıpauevs | yovov de Apıorouevonve.
18. II 2602. Im Dimarchion. Säule von blauem Marmor. H. 0.40.
Die Publication ist correet; nur sind die Zeilen gleich lang.
19. 112842: Knpdırodwpos ITloAvapyov Alyxlawos, von Velsen im Waisen-
hause von Aegina abgeschrieben, ist zweifellos identisch mit Kampanis
p- 11,9 »(Er ns Aiyivns.) Mapuapov eidos koAwvas, ue Bacıv Kal Emiypa-
by: Knd. [oA.«. Die Inschrift ist also aus den attischen zu streichen,
unter die sie aufgenommen ist, da sie Le Bas, Voy. 1664 als salami-
nisch hat.
20. II 3346. Kampanis p. 21, 172 (-173) »Eive rov Adnvov: mAdov
rıuv 7 DeBpovapiov 1831. AvayAvpov nwov Akovros ne Eemiypapıv: Acwv
Zıvw@mevs«.
21. II 3406. Kampanis p. 31, 334 » KoAwvidiov ne Errtypanpa — Xpn-
orov Teyvwovos «TA. 2aXlauıwvos)«. Von Boeckh, C.I.Gr. I add. 23225 42
trotz Pittakis’ richtiger Angabe Rheneia zugeteilt.
[22. II 3521, nach Kumanudis (Artıns erıypabai emriußoı 2644)
in Salamis gefunden, stammt nach dem Zeugnifs Kavvadias’ ([Avrra I
759) aus Aegina, was hier mitangeführt sei, obwohl der Stein nieht im
ehemaligen Central-Museum war.]
16 M. FrÄNKEL:
23. II 3783. Im Dimarchion. Obertheil einer marmornen Grabstele
nit bogenförmiger Bekrönung, in der ein Blattornament. H. 0.72, br. 0.32,
t. 0.07. Die dem vierten Jahrhundert angehörende Inschrift in der oberen
linken Ecke des Feldes der Stele. — Kampanis p. 31, 323 » Erırüußtov
ayvBadwrov. — Oe66oros. ZaA(auıvos)«. — Provenienz richtig bei Pitta-
kis, Eobnuepis 1788.
24. 11 3793 »columella« scheint identisch mit Kampanis p. 30, 310
» KoAwvidiov ne emiypauna OeopıXos. Kk. T.‘. Ayapviov)«. (Nach gütiger
Auskunft des Herrn Kavvadias steht das als Angabe eines attischen De-
mos in der Handschrift vereinzelte Ayapv. wirklich da.)
25. 113968. Kampanis p. 31,324 »Erırüulßiov) ayvBaölwrov) oka-
Auouevov auopbov — Mvnoıotparn — 2aXaulwvos)«. Die Identität mit
dem sehr schönen Steine bei Heydemann, Marmorbildwerke zu Athen 116;
Friederichs-Wolters 1106 ist zweifellos, da er nach dem Zeugnifs der Euxpe-
dition de Morece Il p. S (zu Taf. 23, 3.4) im Museum von Aegina gewesen
ist; er erfährt hier die übliche Zuweisung nach Rheneia. Nach Pittakis,
Eobnnepis 273 wurde er am 16. April 1838 im Piraeus gefunden; s. zu
Nr. ı2. — Dafs Pittakis, Eonuepis 1789 von dem ebenfalls aus Salamis
stammenden und eine gleichlautende Inschrift tragenden, aber mit figür-
lichem Relief versehenen Steine ©. I. A. II 3969 sagt »uerekonuiodn eis Tnv
ev rn Aiyivn apyaoAoyırnv 2vAAoynv«, beruht gewils nur auf Verwechse-
lung mit dem unsrigen, obwohl er die Verschiedenheit der Steine aus-
drücklich hervorhebt. Kavvadias, [Avrra 1826 ist Pittakis gefolgt.
26. Il ao1ıı »tabula cum anaglypho« ist unzweifelhaft identisch mit
Kampanis p. 29, 277 »AvayAvbov ue Emiypabyv, rabos Nıralas yuvar-
Kos«, denn dafs jene angeblich attische Inschrift im Museum von Aegina
war, ist sicher durch das Zeugnifs Virlet’s (Le Bas, Inscriptions ... de Morce
Cah. 5 p-1ı76 Nr.250). Sie steht als rheneisch C.1I. Gr. 2322582 und
Le Bas, Voy. 2043 und lautet: Nxata Newvos | ypnorn‘ yaipe. Die zweite
Zeile fehlt dem Abdruck im C.1. A., der nur auf eine Abschrift von Evstratia-
dis (bei Kumanudis, Arrırns Erıyp. emır. 3195 ß) zurückgeht. Dafs dieser
den Stein in einem Hause des Piraeus fand, beweist nichts gegen die Identi-
tät mit dem ehemals in Aegina befindlichen (s. zu Nr. 12). Er war dorthin
aus Mykonos gekommen, ist also aus der Reihe der attischen zu streichen.
27. 14208. Die Herkunft aus Salamis bestätigt Kampanis p. 30,
306. Als rheneisch C.I. Gr. 2322595 und Le Bas, Voy. Il 1986.
Epigraphisches aus Aegina. 17
28. III829. Im Dimarechion. Marmorplatte. oben und unten gebrochen.
9 Ss
E30:12, br. 0.32, t.©.15.
Dis naeEs Kann jetzt mit Sicherheit hergestellt werden:
Y AS>EENIQSNA Tolv ap" £al|rias
MAPA O2 NION Pra(ßıov) Zeviova
TONK PRAMT SI TIO Mapadoviov,
rov kparıoro[v
s HU ANMIENINO61INXO 27
ze s ‚welt|n|v, 6 PiÄols.
In Zeile 4 stand hinter O nichts mehr; es mufs also rechts eine andere
Platte angeschlossen haben, die auch das Sigma von dos Z. 5 trug.
Für einen von Dittenberger als zweifellos angesehenen Genetiv wie Tov
marpos wäre noch eine 6. Zeile erforderlich gewesen; aber die Nothwen-
digkeit eines solchen Zusatzes kann nicht zugegeben werden. Denn es ist
schon nicht undenkbar, dafs ein Erwachsener sich den Freund eines Knaben
nennt; noch weniger, dafs ein dem Geehrten Gleichalteriger von seinem
Vater die Mittel zu der Stiftung erhalten hat.
29. II 9ı2 (aus Mustoxydes’ Scheden). Im Dimarehion. Deekplatte
einer Rundbasis von hymettischem Marmor, rechts und links gebrochen.
HB. 0.19, br. 0.35, 1.0.38.
um PB 3Y AH zum
III
Früher war viel mehr zu lesen:
/ H Povan
f JIRIIIIITTIIIINIEITINIEG © X TA . kviav MNoxvxappov
j’ UNTEN II A PERL Aldıeos Ovyarepa
/ vacat ) ulunderoav ap’ Eortias.
N
30. III 1689 (nach ©. I. Gr. 633, aus Fourmont’s Scheden): Eupa-
vns | Erıyevov | Eüfw|vvuevs. — Kampanis p. 17,117 » Tunua napuadpov To
karwdev Evos avayAVhov ne emiypapas: Erbavns | Enıyevovs | Eiw-
vVuov«. Aus Salamis (vergl. Nr. 5), wo in der "That Fourmont den Stein
gesehen hatte. Exbavns wird, wie sicher EVwviuov, ein Lesefehler Kam-
panis’ sein; ob er aber das Sigma am Ende des Vaternamens eigenmächtig
hinzugefügt hat, steht dahin. — C.I. A. IH ı161 haben wir eine Ehren-
basis, auf der Spon Erubavnv Enriyevov Eiwvvuea las, der sicher ein
Mitglied derselben Familie war wie der Todte von III 1689, ja vielleicht
mit ihm identisch, indem Spon sehr wohl versehentlich den geläufigern
Namen Epiphanes zu erkennen geglaubt haben kann. Auch in der Epheben-
Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter, 1897. 1. 3
IS M. FrRÄnKEr:
liste O.1. A. 1465 2.72 ist Ei- oder Erıbavn|s Emiyevovs Eiwvunevs zu
ergänzen.
31. Il 2ııı. Aus Eleusis (s. das Lemma). Im Dimarchion. Relief im
Giebel einer marmornen Grabstele, rechts und links gebrochen: Mann mit
Ruder in einem Boot, links Delphin. H.o.13, br. 0.15, t. 0.18.
\ IBOSEAIONY s/ - - rıköos Aovve -
NINENWARPITTIESNZIC | Xo]Aapyevs.
Le Bas, Voy. 1935 als rheneisch.
32. III 2885. Im zweiten Hofe des Gefängnisses. Grabrelief von
weilsem Marmor mit Giebel: in einer von einem Bogen abgeschlossenen
Nische stehender Mann von vorn, rechts ihm zugewandt Frau. H.1ı.16,
br.0.50. 1.0.22. Oben:
A j 16) N aM 2 | 6) & Atovveıos
\INHOFNEN FREINNITON AlmoaAwviov
zZ. A N AM ZEINIIONSE ZaNajıeivios.
Kampanis p.ı1,25(-32) »HAYov &k Tns vnoov LZaxauıvos — AvayAvdbov
ne emiypapnv: Arovvoros AmoAAwviov ZaXanivıos«. Kampanis’ Her-
kunftsangabe bestätigen die älteren Reisenden (s. Lemma zu Ü. I. Gr. 762).
33. III 3092: Awdoros ) xaıpe. Kampanis p. 21, 168: »AvayAvdov
To örolov owleı uovnv nv KebaAnv aßAapn |Heydemann, Marmorbildw.
154], kat Tıv avaypasıv: Aısdoros yatpe. Eive rns Aiyivns: mAdev nv
27 lavovaptov 1831: ayopaodev da yYpocıa Tovpkıka 20«. Die Inschrift
ist also aus den attischen zu streichen.
34. 11 3412. Kampanis p. 17,120 » Tunna nappapov Aevkov ne Emi-
ypapnv: Pırorparns | "Hpws« mit dem Herkunftsvermerk ZaAxayus (s. Nr. 5),
wo Fourmont den Stein gesehen hat (C. I. Gr. 1017).
I. Megara.
35. C.1. Gr. Sept. 24. Im Freien vor dem Gefängnifs. Grofse Stele von
weilsem Marmor. H.1.36, br. 0.54, t. 0.24. Auf der einen Breitseite zwei
Inschriften im Gegensinne: die eine (A), die von den früheren Augenzeugen
Fourmont und Le Bas nicht mitgetheilt ist, hat grofse Buchstaben von etwa
5 Gentimeter; die andere (5) ist klein und gedrängt geschrieben und na-
mentlich rechts heute ganz abgescheuert, so dafs sie sehr schwer lesbar
Epigraphisches aus Aegina. 1)
ist und ich bei drängender Zeit eine hinlängliche Entzifferung nicht versuchen
konnte. A lautet
a RA TE RE
DERZEPREOFT
Der Verdacht. dafs diese Zeilen erst nach der Zeit Le Bas’ (der den
Stein schon an der heutigen Stelle fand) entstanden sind, liegt nahe, ob-
gleich ihm ja sehr starke Nachlässigkeiten zuzutrauen sind. Doch hat mich
der seltsame Inhalt schon vor dem Original veranlafst, modernen Ursprung
zu erwägen, ohne dafs ich in der tief und scharf eingegrabenen Schrift
dafür ein Merkmal entdecken konnte, und es wäre dann wohl auch ein
Sinn und Zweck der monumentalen Aufzeichnung schwer abzusehen. A er-
scheint älter als B, etwa aus dem dritten Jahrhundert n. Chr.. und auf
frühere Verwendung von B deuten auch das Profil und die Rosette, die
auf jeder Schmalseite vorhanden sind. Danach ist die Inschrift vollstän-
dig: sie wird also nur Aparns | Oovpor gelesen und als die Weihung
eines Barbaren an eine barbarische Göttin aufgefafst werden können.
36. G.I.Gr.Sept.25. Im Freien vor dem Gefängnifs. Marmorbasis, oben
Profil. Unten gebrochen, links vorn bestofsen. H.0.58, br. 0.49, t. 0.60.
Unten ein Blatt und ein Vogel, der einen Zweig im Schnabel trägt. Wegen der
unregelmäfsigen, eigenartigen Schrift sei ein Faesimile meiner Copie gegeben.
ewNnmolewCM R
ZPock PoraNonkefe:
INKONKANM € TAAWN MemnH
€ FRE SIR
Ih La Nur: I
veApA SNAYT
n an DNE Te]
20 M. FrÄnkKEr:
Es ergibt sich, dafs eine oberste Zeile mit Ayadn ruyn nur auf einem
besondern Steine gestanden haben könnte. Z.3 zu Anfang, wo die älteste
Abschrift (des Petersburger Köhler) OHPOocC hat, ist OfvJnpos. wie allge-
mein angenommen wurde, des Raumes wegen unmöglich, vielmehr B]npos
zu lesen. Zu Ende von Z.4 gibt Le Bas (Voy. II 37) falsch noch My, das
erst in Z. 5 stand.
37. U.1.Gr. Sept. 26. Der Stein ist zerschlagen, da ich ein Bruch-
stück im zweiten Hofe des Gefängnisses wiedergefunden habe. H. 0.17.
br. 0.41, t. 0.45. Es zeigt oben und links den Rand und umfafst von den
ersten sechs Zeilen (im Corpus ist falsch gezählt) bis zu 12 Buchstaben:
eine Variante ergibt sich nicht.
38. 0.1. Gr. Sept. 36. Im zweiten Hofe des Gefängnisses in der Erde
steekend. Basis von weilsem Marmor mit Profil. H. mehr wie 0.45,
br. 0.53, t. 0,35. Rechts bestofsen; links schlofs ein anderer Stein an, da
hier das Profil fehlt. Oben zwei Fulsspuren und zwei Zapfenlöcher; unter
der Schrift freier Raum. Sie ist jetzt durch Hammerschläge beschädigt,
der Anfang der Zeilen 2-4 und einige andere Buchstaben zerstört. Pu-
blieation eorreet; nur ist Z. 3 mehr nach rechts zu rücken: das erste OY
steht unter TO, das letzte OY unter PO.
39. ©. I. Gr. Sept. 70 Fragm. db. Im Freien vor dem Gefängnifs. Block
blauen Marmors: rechts, links und oben gebrochen: in Zeile 6 nach ANEXS
und unter dieser Zeile freier Raum. H. 0.50, br. 0.57, t.0.46. Nach der
von Hrn. Dr. Fredrich genommenen und von mir revidirten Abschrift ist
Jetzt von Z.ı oben ein Theil abgebrochen und fehlt aöpıa gänzlich; Z. 3
ist etwa um den Raum eines Buchstabens mehr nach reehts zu rücken;
zu Anfang von Z. 4 ist mehr zu lesen: \ıoY. Die Buchstaben haben
Apices.
40. 0.1. Gr. Sept. 72. Ebenda. Grofse Basis von blauem Marmor mit
Profil. H. 0.65, br. 1.07, t. 0.48. Oben zwei Fulsspuren und vier Zapfen-
löcher. Z. 2 ist etwas länger, Z. 3 und noch mehr Z. 4 kürzer wie Z.1.
Die Buchstaben haben Apices.
41. C.1.Gr. Sept. 73. Ebenda. Form und Material wie Nr. 40, auch
die Mafse gleich bis auf die Breite: 1.46. In Z. 2 stehen je ein Punkt
in mittlerer Höhe vor und nach TAM®YAOI und vor IOY; in Z.3 vor
zTPATH. Zeileı steht um zwei Buchstaben über Zeile 2 und 3, die gleich
lang sind, hinaus.
— ne
Epigraphisches aus Aegina. 21
42. 0.1. Gr. Sept. 96. Ebenda. Grofse Basis mit Profil oben und
unten. H. 0.80, br. 0.57, t. 0.46. Oben zwei Zapfenlöcher. Schrift lang-
gestreckt und schmal; unten freier Raum. Die von Dr. Fredrich genommene
Absehrift ergibt, dafs die mehr runde Interpunetion auch in der Mitte
von Z. 2 steht: AAINEHNs und in Z.4: BHToN®. Z:2 zieht sich bis
unter das M der oberen.
43. 0.1. Gr. Sept. 102. Kampanis p. 32, 350 » Terpaywvos oTNAn uap-
uapov° em ns kopvebns oxnuarileı orndos Kal Auınov avdpwmov ävev ke-
paans. — H BovAn Nirlav krA. Meylapwv)«. In Megara hatten in der
That Spon und Wheler den Stein an einer Kirche vermauert gesehen.
44. U.1.Gr. Sept. 106. Im Freien vor dem Gefängnifs. Block von
weilsem Marmor; unten und oben Ansatztläche. H. 0.88, br. 0.58, t. 0.54.
Linke Seite der Schrift jetzt völlig abgerieben und unleserlich. Die Buch-
staben haben starke Apices; Formen: A, e und €, U, K, A, =: Ende von
2.13 BIONx. Keine Variante.
45. C.1I. Gr. Sept. 107. Im zweiten Hofe des Gefängnisses. Vier-
seitige Basis mit Profil. H.0.59, br. 0.77, t. 0.40. Zu verbessern wäre
an der Publication nur die Stellung der Buchstaben unter einander. Kampanis
p- 13. 39 »HAdov ex Meyapwv.... Mapuapov uoAvBöoypwov, Eidos kıßwriov,
ne wndıoua Piaßlav Ar.«. Von älteren Reisenden in Megara gesehen.
46. C.1. Gr. Sept. 151. Im Dimarchion. Linke obere Ecke einer Stele
von weilsem Marmor mit Giebel, in dem eine Schale. H.0.38, br. 0.28,
t- 0.10.
Von Spon in Megara noch vollständige gesehen:
DER NDSRTEN E a: 5 > 55
Nikov Ayadovos'
xXAIl Pı
xaipe.
Dafs der erste Buchstabe Ny, nieht My war, ist auch heute noch sicher.
2 y.
Kampanis p. 32, 351 »OAaona Emirvußiov INKRNAYad. «TA. Meyla-
pwv)«. Bei Le Bas, Voy. 11729 als aeginetisch in dem jetzigen Zustande.
II. Antikyra.
47. Der bei Le Bas, Voy. II 1699 als aeginetisch mitgetheilte Stein
wird im Gefängnifs bewahrt. Vierseitiger Block. H. 0.92. hr. 0.48, t. 0.40.
Nach Dr. Fredriech’s Collation sind nur die Buchstabenformen incorreet
22 M. FrÄnket:
gegeben: Apices; Alpha nieht mit ungebrochenem Querstrich, sondern durch-
gängig A; =. Ihren Stifter gibt die Inschrift selbst an: 6 dnuos 6 Avrı-
Kupiov. Wir kennen drei Städte des Namens Antikyra. Dafs der Stein aus
dem malischen Antikyra nach Aegina gebracht war, ist schr unwahrschein-
lich; er wäre aus jener Gegend der einzige. Als Ethnika der phokischen
Stadt kennen wir Avrıkvpevs (Steph. Byz. Pausan. 10, 36,5f. Zwei nach
Korinth verschleppte Inschriften, Mittheil. d. athen. Inst. 4.161) und 'Avrı-
Kvparos (Steph. Byz.): schwerlich hat es noch eine dritte Form des Ethnikon
gegeben. So bleibt das lokrische Antikyra übrig, und diese Provenienz
wird dadurch beinahe zur Gewifsheit, dafs nach Kampanis p. 16, 109-112
den 15. October 1330 eine bedeutendere Sendung aus dem nahen Naupaktos
ankam: die Torsen zweier Statuen, einer kolossalen (109) und sicher der
bei Kekule, Theseion Nr. 257 aufgeführten (1I0O+11ı1), und eine Inschrift
(112) »Ilerpa mayeıa TapaAAnAöypanpos uoAvBooxpwos Eyovoa Emiypabıv
ruyv e&ns: Avtorpartop..... «. Hier pafst die Beschreibung völlig auf
unsern Stein, und dafs er in Wahrheit mit Avrorparopa beginnt, kommt
bei den sonstigen Lesefehlern Kampanis’ nicht in Betracht. Er ist also
entweder ursprünglich von der Nachbargemeinde in Naupaktos errichtet
oder später dorthin verbracht worden. Für das lokrische Antikyra haben
wir demnach neben dem in der Inschrift Bullet. de corr. hellen. 5,138 Col. I
2.25 bezeugten Avrıkvyparas als Ethnikon Avrıkvpaios gewonnen.
IV. Rheneia.
|® bedeutet im Folgenden: C. I. Gr. II add. 2322 b.]
A. Mit Unrecht Rheneia zugeschrieben.
b3. S. oben Nr. 12.
bg. S. oben Nr. ı1.
48. bıı: Tıuapio ra Akavdia: xaıpe. Kampanis p. 13, 72: »Eive rns
Aiyivns. -- Mapuapov narpv, avodev okaAıouevov ne Emeypabnv Aeyov-
oav: Tıuapıe Taapnvia yaipe«. Bei Le Bas, Voy. I 1739 richtig unter
Aegina. Der Stein befindet sich im Dimarchion, wo ich ihn abgeschrie-
ben habe.
b 36.
b 42. S. oben Nr. 2ı.
un
. unten Nr. 114.
nn
un u u ET LEELIETEIAITLTEETEITIEELEU— TEE
5 U ET
m
=
Bar u ae EEE IT I
Epigraphisches aus Aegina. 23
49. b43 (Le Bas 1991). Kampanis p. 32,339 »Mioov avayAvbov.
AyadorAns «.T.X. Aiylivns)«.
50. b47 (Le Bas 2029). Ist von Virlet (Kupedition de Morde Il 79
und Le Bas, Inser. ... de Morde Cah. 2 p. 151 Nr. 43) in Mistra abgeschrie-
ben, stammt also aus Sparta. Der Stein befindet sich im Dimarehion; die
Publieationen sind recht fehlerhaft. Meine Lesung ist: Avva Abpoderw
eavrn | ka To iöiw avöper Kevı | |xalı Tervw TepvAAiwvı | [ulveias yapır.
51. b55 (Le Bas 1977). Kampanis p. 15, 83-84 »’HAdov ruv 16 Avvyov-
oTov 1330 Ayopaodevra rapa ns A. erAaumpornros Tov Ilpoedpov. —
33 2uvßAaouevov avayAvpov Övo owuadrov |Heydemann, Marmorbildw. zu
Athen 100], Eyovrwv Emiypabas Anıarıros Neıkyba' Kal üaAAn«. Da-
nach ist als sicher anzunehmen, dafs Mustoxydes Nr. 51 und 52 in Aegina
selbst erwarb, und da nicht aufserdem eine Provenienz angegeben wird,
dürfen wir an der Herkunft von dort nicht zweifeln, die auch in der ersten
Veröffentlichung Expedition de Morce II 62 Nr. 33 bezeugt wird.
52. b57 (Le Bas 1978). Kampanis p.ı5, 84 »ÄAvayAvbov oWwov dvo
o@uarov |Kekule, Theseion 305] exovrov ras &Ens emiypabas Ap#ovnros
2Zwrnpiwvos. Awrnpis PıAovuevns. Eyov karwdev Eva hniovov«. —
Verel. zu”Nr: Sr.
53. b62 (Le Bas 1980). Kampanis p. 19,142 »Eive rns Aiyivns. - -
Mapnapov kadapov Eenırvuupıov ne Eeneypapas Aeyovoas: Aauo Aroyevov
xaipe. Tapavrıve Tapavrivov yaıpe«.
54. b 70 (Le Bas 1983): Oeöbıos EikAeovs u. s. w. ist gewis iden-
tisch mit Kampanis p.14, 74 »Eive rns Aiyivns. -- Teuayıov napnapov
ne emiypapnv BobıXos kAr.«.
55. 572. Kampanis p.13, 71 »Eive rns Aiyivns. Tenayıov napua-
pov Aevrov, ne eniypadbnv Aeyovoarv, 2ıBoitns Aarnevov xatpe«. — Bei
Le Bas 1727 richtig unter Aegina. Von mir im Dimarchion abgeschrieben.
56. b74 (Le Bas 2008). Kampanis p. 14, 73 »Eive ns Aiyivns. - -
Tenaxıov napuapov ne emiypabnv, Kepöwv AxeE&avöpov yatpe«. Von
mir im Dimarchion abgeschrieben.
695. S. oben NT. 27.
B. Rheneisehe Provenienz sicher.
57. bıo (Le Bas 1932). Kampanis p. 30, 298 »AvayAvdov |Kekule,
Theseion 28 ıe eniypauma, Dıro&eve Pıro&evov. Ankov«.
\ 2
24 M. FrRÄnKeEı:
58. bı2 (Le Bas 1936). Kampanis p. 30,299 » AvaryAlvbor) eANeıres
Kara yv kepaAnv —- Zyvov Znv... AnA(ov)«. — Im Dimarchion. Unter-
theil eines Grabreliefs: stehender Mann. H.0.33, br. 0.28, t. 0.07.
ZHN2NZHNANOZA Zijvov Zijvovos A-
NEE NAPEYXPHZ Ae&avöpev xpyo-
TE X AIPE TE, xaipe.
59. b20 (Le Bas 1949). Kampanis p. 30, 302 » Emiriußov Terpayw-
vov ue orebavov — Eiolas Epyiov x. T.X. AnMov)«.
60. b 21. Kampanis p. 32, 348 »Emröußıov napuapov — Aiovvcıe
Koöivıe «rA. AyAlov). — Ch. Lenormant (Le Bas, Inser. ... de Moree,
Cah.5 p.165 und Expedition de Morce UI p. 37 Nr. 35) las Kooovvıe; Pit-
takis Kooouwvıe, was auch Le Bas, Voy. 2004 gibt.
61. b23 (Le Bas 1950). Kampanis p. 31, 326 »Ermrüuß(iov) ava-
yAvbov avıp EoTmKos Kal mANTIov auTov ev madapıov |Kekule, 'Theseion
278] — lopyla ö.... «Am. AnAlov)«.
62. b24 (Le Bas 1952). Kampanis p. 30, 300 »AvayA(vbov) ONaone-
vov Maxxiwv &.T.X. AnX(ov)«. — Im Dimarehion. Grabstein von Marmor,
oben gebrochen. In vertieftem Felde zwischen Pfeilern nach rechts sitzender
Mann, links neben ihm ein stehender Mann und eine kleinere Figur. H.0.35,
br:,9.37,:.40:.0:09/
MANKIQON
ATOAARNIOY
NAOAIKEY
XPHZTE
OR IR IPSE
63. b33 (Le Bas 1962). Kampanis p. 32, 337 » Emiruu(ßiov) davayAv-
pov wxpov |Kekule, 'Theseion 44] 7 Emeypabn Phapnevn ...... Poynara
«.T.X. AnAlov)«. Die Identität wird nicht zweifelhaft sein: die erste
schwer lesbare Zeile, die Pittakis und Le Bas recht verschieden geben,
hat Kampanis nicht entziffern können und diefs durch Punkte ange-
deutet.
64. b 39 (Le Bas 1971). Kampanis p.13,65 »Ek ns vioov AnAov.
--- Tenaxıov avayAupov ne Emiypapıv Aeyovoav: AXe&avöpos Nıro-
Aaov. AreE&as AXe&avöpov. LZupıioı ypnoTol xaipere«. — Im Di-
marchion. Untertheil eines Grabreliefs von Marmor: von einem sitzenden
u
IV
an
Epigraphisches aus Aegina.
und einem vor ihm stehenden Mann nur die Füfse erhalten. H. 0.19,
br. 0.30, t. 0.08.
AEZANAPOCNIKO
NAROYANEHACHA NE
ZANAPOYCYPIOI
X PHCTOI XAIPETE
65. 561 (Le Bas 2001). Kampanis p. 32, 336 »Navayıov rwos IAv-
kov Ipwroyevov «.T.X. AnAlov)«. Boeekh gibt nach Pittakis [Aavkwrv;
wie Kampanis lesen auch Le Bas und Heydemann, Marmorbildwerke zu
Athen 490.
66. 568 (Le Bas 2038). Kampanis p. 23, 188-190 »Eive rns AyXorv,
adıepwoev avrta 6 K. I. Mavpoyevns --- nv 13 AnpıXlov 1831 -- 190.
AvayAvpov ÖVvo TpoooTWVv Eyov Emiypapıiv: Zooa Pı%ounrop | xpn-
orn xyaıpe«. Kxpedition de Morde Il; p.8: »venant de Delos et dessinde
IT. 17,1] @ Tinos«.
67. b79 (Le Bas 2042). Kampanis p. 32, 352 »’Erepov (Adoya) pı-
KpovrCekov uexaıva. AnAlov)«. — Im Dimarchion. Linke obere Ecke einer
Grabstele mit Giebel. H. 0.26, br. 0.21, t. 0.04.
MEAAIN/ Mexauvla.
68. 584 (Le Bas 2016). Kampanis p. 13,59 »Ek tus vyoov AyAov.
-- - AvayAvbov ue Eeriypasnv Aeyovoav, Koivros' eipıokonevov eis Tv
KAlvnv TOV Avöpos, Tapakadnra i; Tovrov avQvyos«. Die Identität geht
aus der Beschreibung des Reliefs hervor. — Kekule, 'Theseion 238.
6.95.15. S.roben Nr. 27.
69. 5 98 als rheneisch; als aeginetisch C. I. Gr. II add.2140@ 11 und
Le Bas, Voy. 1724. — Kampanis p. 32, 349 » Ermrvußiov wkrpov — "Ep-
pros Ayopıos «TA. AyAov)«. — Im Dimarechion. Grabstein mit Giebel.
H. 0.47, br. unten 0.29, oben 0.24, t. 0.06. Abschrift von Fredrich.
EHPIPINOTZTAFTIENT PA
OXXPHZSTEXÄIPE
[70. Es seien hier die Stücke aufgezählt, deren Ursprung aus Rhıe-
neia durch andere Zeugen wie Kampanis festgestellt ist; s. die Lemmata:
DrauFaoN7 6593:
71. Den rheneischen Inschriften hinzuzufügen ist die ©. I. Gr. II add.
2346c als tenisch gegebene, nach Kampanis p. 23,188 (den Herkunfts-
vermerk s. oben zu Nr. 66) »AvayAvbov [Kekule, Theseion 53. Cavvadias,
Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1897. 1. 4
26 M. FrÄnNKEL:
IMunta 1028] ne kaaıyv apxırekrovrmv avwdev Exov Eemrypapnv yv eEns:
Nirn Awcıdeov Oacla ypnortn kat BıAooTopYye xatpe«. Rhenei-
sche Provenienz gibt auch Expedition de Moree Ul p.S an: »venant de Delos
et dessinee |T. ı8, 2] @ Tinos«.
C. Ehemals in Mykonos.
[S. oben S. 7 f.]
72. Kampanis p. 29, 275 »AvayAvbov ne Eemiypaspyv, yvvanos Aro-
Öwpas Atovvkrov«. Ich zweifele nicht. dafs C. I. Gr. 232251 (Le Bas, Voy.
1925. Kekule, Theseion 319) gemeint ist, deren erste Zeile lautet
AIOARPAAPPOAIZIOY, denn
wurde von dem zweiten Namen nur AI Oo AI-IOY
gesehen, so konnte diefs AZOZNIYKEOSC
mifsdeutet werden.
73. b2 (Le Bas 1926). Kampanis p. 29. 230 »AvayAvbov ne emt-
ypadbnv, tapdos avöpos ZwiXov«. — Im Dimarchion. Marmorstele mit
Giebel. H. 0.90, br. unten 0.35, oben 0.43, t. 0.11. Unter einem Bogen
ist ein sitzender Mann dargestellt, der einem stehenden die Rechte reicht:
neben dem Stuhle ein kleiner Knabe, in der Rechten einen Kranz haltend.
= KASITE QIKAVE EEE
ID IN ODNIFNIORGFALO.EENVANE
SAPSHESTTEONZSALIEBIE TEE
ZwiXe | ZwiXov | kat ZwiXe ZwiAov
Aßnvate xpnorol- yaipere.
Die gleichnamigen Todten waren gewifs Vater und Sohn; bei diesem wird
der Unterscheidung und der Ehre halber zugesetzt, dafs er das attische
Bürgerrecht erlangt hatte.
74. b5 (Le Bas 1928). Kampanis p. 27, 250 »AvayAvbov ne emı-
ypadbyv, rabos Oeayyexov«.
75. b7 (Le Bas 1930): Nixoyevn Koo uov kA. Kampanis p.27,248
»AvayAvbov |Kekule, Theseion 220] ue ereypapnv, rabos avöpos: Nıro-
YEvıKoSs«.
76. bız3 (Le Bas 1938). Kampanis p. 27, 254 »AvayAvdov | Heyde-
mann, Marmorbildw. 499] ue Emeypapnv, rapos avöpos Anunrpiov«.
77. bı4 (Le Bas 1939): Zyvov ... (E)pwris. Kampanis p. 27. 259
»AvayAvbov [Kekule, Theseion 293] ue Eemeypapnv, Tapos avöpos Kal Yv-
vaıxos, ZuCwvos kal 'Epwrause.
EEE
I
Epigraphisches aus Aegina. 7
78. b22. Kampanis p. 29, 281 »AvayAvbov ne emeypapnv, Tabos
yuvawos I Aavkivns«. — Im Dimarchion. Stele, oben gebrochen. H. 0.62,
br. 0.37, t. 0.08. Darstellung: sitzende Frau.
TAYKINNAAXOoAIKISEN
TYNHTENN\aoY
X AHOIN2SXPHETHKAIANAYME
In der dritten Zeile wurde das erste Wort immer arg verlesen: AATOINQE
Virlet (Expedition de Moree IL 35 Nr. 24 und Le Bas, Inseriptions ... de
Moree, Cah. 5 P.157 Nr. 222); ...x.IN2Z, ein anderes Mal ---nıan Pit-
takis; ANnoıNnOz Le Bas, Voy. 1951. Es heifst:
IAvkıvva Aaodıkıoaa,
R IR
yuvn levvadon,
[@]AnlOlıvos xpnery kat axvme.
79. b25 (Le Bas 1953). Kampanis p. 26, 245 »AvayAvpov |[Kekule,
Theseion 153] we dımAnv erıypabnv, Mioras yvvawros kaı AmoAAwviov
avöpos«.
80. b27 (Le Bas 1955). Kampanis p. 29, 292 »Eriypabn PıXov-
uevns Arovvolov«.
81. b28 (Le Bas 1956). Kampanis p. 27, 247 »AvayAvdov [Kekule,
Theseion 310] ue ÖmAnv Eemiypapnv, Tapos Avöpos kal yvvarkos, Avoıud-
xov kat Avcoınaynse.
82. baı (Le Bas 1973): Epria AmoAAodwpov | Tüpıe KTA. ist ge-
wis identisch mit Kampanis p. 28, 263 »AvayAvoov ue emiypapnv, Tabos
yuvaros Epyuelas, eis Tpla kouuarıa«. Kampanis milsverstand den Voca-
tiv Epwia, was um so leichter geschehen konnte, als die Darstellung
ein sogenanntes Todtenmahl ist (Kekule, 'Theseion 280) mit auf der Kline
sitzender Frau.
83. b46 (Le Bas 1981): Aide Eyvarıe Kr\. Kampanis p. 27,
»AvayAvbov [Kekule, Theseion 302] ue emiypapyv, rabos AulAwyvarlov«.
84. b48 (Le Bas 1992): Avrioye Aaßınve «TA. ist schr wahrschein-
lich Kampanis p. 29, 276 »AvayAvdov reyvirov Poualov, ue Emiypasyv,
rapos üvöpos Außulov«.
85. b54 (Le Bas 1998): Apremowpe Anunrpiov wahrscheinlich iden-
tisch mit Kampanis p. 28, 261 »AvayAvdov ue Emiypasnv, Tabos dvöpos
Aprenıddov Hpavouevove.
DIS
4*
28 M. FrÄnket:
86. 564 (Le Bas 2034). Kampanis p. 28, 262 »AvdyAvobov [Heyde-
mann, Marmorbildw. 491] ue emiypapnv, rabos yvvaros Anunrplas, eis
Övo kounarıa«. — Expedition de More II p. 38 Nr. 46: T. 20 fig. 2 »venant
de Delos et dessinee a Myconi« (p.S).
87. b69 (Le Bas 2039). Kampanis p. 27, 255 »AvayAvdov [Kekule,
Theseion 261] ue Ereypabnv, rabos yuvaros HparXelas«.
88. b75 KOKKIQNAIO/MEIOOY u.S.w. ist sicher identisch mit Kam-
panis p. 29, 279 »AvayAvoov wuxpov Öıedapuevov, rabos avöpos Kopn-
voölov«; die Beschreibung stimmt mit der Virlet's (nach dessen Abschrift
Le Bas, Inseriptions ... de Moree, Cah. 5 p.179 Nr. 257. Ewpedition de Moree
III 40 Nr. 60 und Voyage 2010) »petit bas-relief ... tres fruste representant un
homme dge«. Er las KOKXIıRNn, Boeckh gibt, gewils aus Pittakis’ Scheden.
das Obenstehende, was wahrscheinlicher ist, da Kampanis leichter k in H
verlesen konnte als x.
89. bSo (Le Bas 2012). Kampanis p. 29, 290 »AvayAvdov |Kekulk,
Theseion 212] ne Eereypasyv, Mnvodwpov Arovvaiov«.
90. bSı (Le Bas 2015). IMönmAuos "Aovios Neryep: yarpe »sub magno
anaglypho eleganter facto« scheint identisch mit Kampanis p. 27. 252 » Ava-
“YAvobov OTNAns aukakwrns Kal erriypapnv, rabos [lorXlov«. Der Ausdruck
auAakorn, d.h. ‚mit Rinnen’, soll gewifs bedeuten ‚mit gegliederten Profilen
versehen’ (wie Kampanis 313 »oTnAn wuıkpa ne alXakas«) und palst nicht für
b90, eine von mir im Dimarchion abgeschriebenen Stele in Form einer Aedi-
enla mit Giebel, an deren Inschrift (/lorAte nie) man sonst denken könnte.
[goa. 582 (Le Bas 2043). S. oben Nr. 26.]
gı. b87 (Le Bas 2019): Ilavoavia Meiswvos KA. Dafs dies Grab-
relief in Mykonos war, bezeugt Expedition de Morce II p. 8: »venunt de
Delos et dessinee |T. 21, 3.4] @ Myconi«.
92. bgı (Le Bas 2047). Kampanis p. 29,289 »AvayAvdov [Kekule,
Theseion 240] ne Eemeypapdnv Zıvön« (wohl nur Druckfehler für 2ivön).
93. b92 (Le Bas 2022). Kampanis p. 27. 249 » Mırpov Epuawov yvvar-
KÖS, Happapov Kowöov ---. Aevkıe 2Z0Abıe, Zmoplov vie KAn.«c. — Im
Dimarchion. Stele, oben gebrochen. H.0.42, br. 0.38, t.0.99. Dargestellt
ist in sehr roher Arbeit eine sitzende Frau, einem Vogel, den ein am Boden
hockendes Kind hält, eine Traube hinreichend.
AEYKIECOASdIECTTOPIOYYIE
ANZ ITERSANURIE:
Epigraphisches aus Aegina. 29
Boeekh hatte drei Abschriften Pittakis’, zu denen er zweimal die Provenienz
Delos, einmal Salamis angab.
94. C.1.Gr. II 23285 (p.250), besser in den Addenden p. 1051 (Le Bas
1942): Aupuia Avöpouayidov Apedovaia ypnotn kA. Bonde Lauov Ape-
Hovaıe xpnoTe KTA. ist zweifellos Kampanis p. 28, 274 »AvaryAvbov |Kekule,
Theseion 37] udpnapov IMlapov, ne Ereypabas. Tados Avöpos kai Yuvaıkos,
oikoyeveias Apedovvelas«. — S. oben S. 8.
Folgende drei von Kampanis aufgeführte Stücke scheinen nicht sicher
identifieirt werden zu können:
95. pP. 28, 264 »AvayAvbov ne erıypapnv orparıwrov immews, Tabos
latov PıXEeAAnvos«. Recht wahrscheinlich ist, dafs 5 S6 (Le Bas 2017)
gemeint ist, ein jetzt im Dimarchion befindliches Relief, das einen Reiter
neben einem Baum darstellt, mit der Inschrift FAILOBEAÄIETO TNIOY KTA.
Die Verkennung des Gentilnamens würde sich durch die in jener Zeit von
dem Begriffe des Philhellenismus erfüllte Phantasie glaubhaft erklären lassen,
die durch die Buchstabengruppe ®EAAN angeregt wurde. Aber da es mög-
lieh ist, dafs ein Römer der Kaiserzeit als dıAEeAAyv hervorgehoben wurde,
könnte es sich auch um eine verschollene Grabschrift handeln, deren Gen-
tilnamen Kampanis ausgelassen hätte.
96. pP. 28, 266 »AvayAvdov ne Emiypadyv, rabos IXavkwvos«.
97. P.28,269 »AvayAvdov ne emeypapnv, rapos DıXovuevns lepic-
cas eis Övo kounarıa«. Auf dem Steine stand gewils ®iAovuevn |n]plolioc«.
D. Ehemals in Syra.
[Vergl. auch Nr. 105. S. oben S. 10.]
[98. Unter dieser Nummer fasse ich die von Rofs aus dem Museums-
katalog von Syra copirten Stücke (s. oben S. 10) zusammen: 56.15.18.
206935. 58.59.03.05..606.67.71. 78 (=ke'Bas; V07:1929. 191. 1040. 1054.
1966. 1979. 2032. 2002. 2035. 2036. 2005. 2007.2041). Von diesen stehen
b1S.26.35.58.59.66 bei Le Bas, Inseriptions ... de Morce, Cah. 5 p. 146 ff.
als Nr. 209. 215. 214. 238. 234. 235 unter der grofsen Rubrik » Mhenee«
mit dem für die »/Inseriptions funeraires« geltenden Vermerk (p. 139) »toutes
ces insceriptions ont ee transportees dans le musce d’Egine, et cest la que les
membres de la commission les ont copices«. Diefs widerspricht aber dem Zeugnils
der Expedition de Moree, wo mehrere dieser Grabreliefs Pl. 14, 3. 16,1. 16,3.
30 M. FrÄnkEL:
15,6. 14,1. 14.2 abgebildet sind und im Index als »dessinees a Syra« be-
zeichnet werden. Zu b66 wird Exped. p. 37 Nr. 38 und Inser. p. 167 Nr. 235
angegeben, dafs diefs Stück in Syra eopirt und danach ins Museum von
Aegina gebracht worden sei; aber gerade für diesen Stein (wie für 515)
haben wir das Zeugnifs von Rofs (Inselreisen I 9), dafs er noch 1835 in
Syra war, also zu einer Zeit, als das Museum von Aegina schon geschlossen
war, und die Steine b 26. 58. 63. 7ı haben sich noch 1858 im Schulhause
von Syra befunden, wo sie Conze abschrieb (Bullettino dell’ Instituto 1359
pP: L69-.NT. 4. pP. 170 Nr.10, p. 269 Nr.7. D.170 Nr.un)@ DerivonpkerB:s
angerichtete Wirrwarr ist zweifellos dahin aufzulösen, dafs alle diese Stücke
nicht nach Aegina gekommen sind; ich habe auch weder in Aegina eines
davon gefunden, noch in den Katalogen der athenischen Sammlungen von
Kekule, Heydemann, Sybel. Wahrscheinlich sind sie noch heute im Museum
von Hermupolis, über dessen Zustand Pollack. Mittheil. des athen. Inst. 21,
194 berichtet hat.]
99. bS3 (Le Bas 2014). Kampanis p. 21,167 »HAdov ek 2upas nv
26 Iavovapiov 1831 --- AvayAvobov bepov rn uev de&ia omadnv, rn © apı-
orepa aorida |s. Kekule. Theseion 258]' Eyeı Emrypasnv: Nırmbope Xpn-
FTE yalpe«.
100. C.I.Gr. 11 2347f (aus Mustoxydes’ Scheden) und Le Bas, Voy.
2009 als rheneisch. Danach C.1I. Lat. III 486: p.984 nach Abschrift von
R. Schöll wiederholt: nochmals Supplementum Nr. 7243 nach Abschrift von
Loewy. — Im Dimarchion. Grabrelief von Marmor: in vertieftem Felde
Mann, der in der gesenkten Linken eine Tasche, in der erhobenen Rech-
ten einen länglichen Gegenstand hält. Links kleiner Knabe in die Höhe
blickend. H. 0.51, br. 0.24, t. 0.06.
E LER: I
| P r D | I«ueii) Plostumiti) Cladi.
)
Aevkıe Noorone
DBESYERK AT EBNTEOSSETEUEHTTTE Kxalöde: xaipe.
is E $APE
Z. 3 in den ersten beiden Publicationen noch vollständig. Die Ligatur in Z. 2
erklärt die Varianten: TOYM Mustoxydes, TYM Le Bas, TOM Schöll und
Loewy. — Kampanis p. 18, 129 »AvayAvbov ... eyeı emeypasnv Aarwırnv Kai
EAAnvırmv Aeyovoav: Aovrıe Tloorouıe Kiade yarpe. eive rns Lvpas«.
nee
Epigraphisches aus Aegina. 31
101. b 35 (Le Bas, Voy. 1970). — Nach Kampanis’ Zeugnifs (p. 26, 235)
im Januar 1830 in Syra confiscirt, mit Nr. 102 und 103. »AvayAvdbov ue-
yaXov yuvamkos Eexovons Heparawav |Kekule, Theseion 156] ue Emiypadbnv:
2ZrtvubaNla yvvn de LZapaniwvos xpnotn xatpe«. Nach Pittakis’
Behauptung 1ı831(!) in Rheneia gefunden.
102. b44 (Le Bas, Voy. 2027). — Kampanis p. 26, 237 »AvayAvdov
yuvakos, Eyovons Tov de&iov Moda Emi Tov apıorepov |s. Heydemann, Mar-
morbildwerke zu Athen Nr.493]' exeı emiypapyv: AyeXawoıoıdorov aAUrTE
xpnotn xaipe«. — Provenienz s. zu Nr. 101.
103. Im Dimarehion. Untertheil eines Grabreliefs in Form eines Nais-
kos: erhalten nur die beiden Fülse eines Stehenden. H. 0.17, br. 0.41,
20:07.
AY A EMMEN N M A X OY
NS EHNESDETTERPBEFXTRIERSZITZ EIXTANIZPRZE
Noch vollständig bei Le Bas, Voy. 2021 (als rheneisch) und Kampanis p. 26,
240 ȀvayAvopov Kouuevov eis Tpla Tunuara, ne Emiypabnv: AlXe ZovA-
wikıe, Ävoınayov vie vew@repe, XpnoTte xyatıpe«. Dals im Gentile
OY geschrieben war, scheint der Raum auszuschliefsen, Y mülstein O einge-
schrieben gewesen sein wie in Nr. 100: vermutlich hat aber Le Bas richtig
ZOATIIKIE, denn zu dieser älteren Orthographie palst der griechische Name
des Vaters. Das Stück war in Syra confiseirt (s. zu Nr. 101), vielleicht
stammt es aus Naxos, wo die Familie der Sulpieier durch ein gleichfalls
den Vornamen Aulus führendes Mitglied bezeugt ist (C. I. Gr. 2416 Z. 13).
E. Ehemals in Tenos.
[S- oben S. 10.]
b68. S. oben Nr. 66.
6/1. Gr addı2346.c:r,S: oben Nr. 71:
104. b 97 aus Ewpedition de Moree UI p. 35 Nr. 43 (Abschriften von Ra-
voisie und Poirot), wozu p. 8 angegeben ist »venant de Delos et dessince
[T. 17, 3] @ Tinos«. Gewifs identisch, nur rechts mehr verstümmelt ist
Le Bas, Voy. 2049:
A. KEupedition. B. Le Bas, Voyage.
xXAFAANAICAS KEASBEIHTZIDUN PAS EN“
RIPELIIZUFTGERSUATAT: BAHT
32 M. FrRÄNKEL:
Zu A, wo an XAP als Anfang des Namens nicht zu zweifeln ist, be-
merkte Boeekh »mihi videtur nomen in wv desinens latere«, was in B ge-
boten wird. Die Beschaffenheit der eontrolirbaren Abschriften der Ewpe-
dition macht die Fehler nicht im geringsten unwahrscheinlich. In B ist
dann aus einem sehr häufigen Versehen in Z.2 am Ende H statt E gegeben.
Es ist also zu lesen
Xapirov Atodo|pov
xpner|e rat alävre,
[xape.
V. Andros.
105. Im Dimarchion. Vierseitiger Block, links gebrochen, rechts vorn
bestofsen. Oben zwei Einsatzlöcher. H.o.12, br. 0.35, t. 0.20.
5a loFy. BEISENBIHERSTEONYZARTE HN]
WVWNYASENERKTRNTIAUMMM
Arovvoia Arov?]voiov iepna rov Aro|vuoov
\ \ . r ’ - dr
Tov vaov ET- oder kareoke]|vaoev EeK TWV | dtov.
Dafs der Stein früher in Palaeopolis auf Andros war, steht fest durch
Virlet’s Zeugnis, nach dessen Abschrift er Expedition de Morce II p.ıı Nr. ı
und Inseriptions ... de Moree, Cah.5 p.53 Nr.ı71 veröffentlicht ist (da-
nach ©. I. Gr. II add. 2349e und zwei Mal bei Le Bas, Voy.: 1686 als aegi-
netisch, 1797 als andrisch). Die Inschrift war nach Aegina über Syra ge-
kommen: Kampanis p.18, 131 »Aerpa ne emiypapyv: n Epna rov Ävos.
ek ns 2upas«. Virlet gibt am Ende von Z.1 eine Hasta mehr als jetzt
vorhanden ist: AIOI, und ich bin bei dem Ergänzungsvorschlage diesem
keineswegs zuverlässigen Zeugen gefolgt, aber sicher ist nieht, ob nicht
Kampanis mit seinem Ars Recht hat. Denn ein Heiligthum des Zeus Mei-
lichios ist in Palaeopolis inschriftlich bezeugt (Mitth. des athen. Inst. 18 p. 9
Nr. 4), und eine Priesterin des Zeus wird nicht auffallender sein als die
des Herakles in Thespiae (Paus. 9, 27, 6). Die Lesung Aro[vvoov| — die
drei letzten Buchstaben haben dann auf einem rechts anstofsenden Blocke
des Architravs, zu dem unser Stein gehört zu haben scheint, gestanden —
wird aber wohl dadurch empfohlen, dafs sich aus ihr leicht eine Beziehung
Epigraphisches aus Aegina. 33
der Personennamen zu dem des Gottes und dann vorn in Z. 2 eine genau
dem Raume von Z. ı entsprechende Ergänzung ergibt. An sieh wäre in Z. ı
[4 .. .
auch Alvotiov oder Ma]vaiov u. A. möglich.
VI. Paros.
106. Kampanis p. 14.76 »HAdov kat Ta reroapa € ns vycov Tlapov.
Tunua napnapov wrpov ne Ereypadyv: Ilapıas Marta xpnorn xaıpe«.
C.1.Gr. I add. 2414/, Le Bas, Voy. 2143. In Paros hatte Virlet den Stein
copirt (Le Bas, Inseriptions ... de Morce, Galı. 5 p. 205 Nr. 277); Pittakis
hatte wieder Delos als Provenienz angegeben.
107. Kampanis p. 14.77 (mit Nr. 106) »Mapuapov eis eidos rapaX-
AnAoypduuov Eyov ÖVo areavovs 6 de kadeis Eyeı Eeneypabyv' 7 wa Eemı-
ypabn: O Anuos orparnynoavra: nm aMn O Annos moAirtas Av-
Tpwoauevov«. — (.1.Gr. 2375 aus Vidua, der die Inschrift in Paros sah,
wie auch noch Virlet (Expedition de Morce 11 44 Nr. ı und Le Bas, Inseriptions
. de Moree, Cah. 5 p. 195 Nr. 270). Le Bas, Voy. 2096. Pittakis gab Her-
kunft aus Thera an.
108. Kampanis p.14,79 (mit Nr. 106) »AvayAvdov TO nuov |Heyde-
mann, Marmorbildw. 122]: TO de Aoımov nwov ne Eenıypabas oVTw Awxdap-
Bovimaday al. al | emıreaıs BHıuEevo........ | ei yap kai mav-
pas: Erna Mestata ses s. anal. Mel an. el. «. C.1. Gr. 2408
(nach Clarke, der die Herkunft aus Paros bestätigt; Pittakis gab einmal
Delos, einmal Mykonos an). Le Bas, Voy. 2119.
109. Kampanis p.ı5, 92: »HAdov ano Tnv Lupav Tyv 4 Lemreu-
Bpiov 1830. Eive ns IMapov'--- AvdayAvpov dVo Tpooonwv Eodıovrwv
neh’ Evos Bpehbovs, Eyov Emiypapniv: Epnoyevns«. — Im Dimarchion.
Sogenanntes Todtenmahl: Mann, Frau und Kind auf einer Kline liegend:
unten Speisetisch. H.0.41, br. 0.40, t. 0.09. Die Herkunft aus Paros
giebt auch Virlet an, nach dessen schon in Aegina angefertigter CGopie
die Inschrift sehr schlecht Euxpedition de Morde II 46 Nr. ıo und Inseriptions
de Moree, Cah. 5 p. 207 Nr. 289 veröffentlicht ist; daraus wiederholt
C. I. Gr. Hadd. 2414p und Le Bas, Voy. 2137.
ORDMONCEUTNTJEDWIC
Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1897. T. 5
34 M. FrÄnKEL:
Es wird zu lesen sein: Oepno[&]eva Epwis (für npwis). Das Zeichen nach
dem Alpha wohl Interpunetion, nicht der Asper, der in dieser späten Zeit
zwar auf Steinen vorkommt, aber nicht in dieser Form.
110. Kampanis p.16,99 »HAdov &k Tns vnaov llapov nv 6 'Ok-
Toßpiov 1830 -- AvayAvbov Tpwv TPOOCW@TWV Exovrav Eemiypabnv Tv
e&ns: Oporvxos Zwoluov | Nein Awpıöos«. — Im Dimarehion. Ganz
spätes Grabrelief, oben gebrochen. Zwei lagernde Männer, auf der Kline
sitzt eine Frau, anscheinend ein Wiekelkind in der Linken. Unter der Kline
Speisetisch. H. 0.41. br. 0.40, t.0.06. Unten die Inschrift, die ausreichend
Le Bas, Voy. 2122, schlechter ©. I. Gr. I add. 24140 gedruckt ist. Die von
Boeckh verworfene Lesung Zwooduov ist die richtige: er hatte sie aus Pit-
takis’ Scheden, der wieder Provenienz aus Delos angab.
111. Kampanis p. 16, 100 (mit Nr. 108) »Baoıs avayAvhov 7 ayaAuaros,
Eyovoa ryv EEns Emiypabyv: Eürmopla Oeayevov Xpnotn Äatpe«. —
Im zweiten Hofe des Gefängnisses, an der Gitterthür im Boden steckend.
Vierseitiger Marmor, unten und oben Profil. H.o.22, br. 0.51, t. 0.18.
EııToOPIA
EOTENOY
NO PIEISSEISEIEA TISCH PIE
Kampanis’ Herkunftszeugnifs bestätigt Prokesch, der den Stein in einer
Kapelle auf Paros sah; aus seinen und Pittakis’ Scheden (der Delos angab)
C. I. Gr. 2409. Le Bas, der den Stein zweimal richtig als parisch ver-
öffentlicht hatte (Eiwpedition de Morde II 45 Nr. 5. Inscriptions ... de Morce,
Cah. 5 p. 202 Nr. 274), gab ihn das dritte Mal Voy. 1734 als aeginetisch. —
Oeoyevovs (Pittakis) stand nicht.
112. Kampanis p. 16,101 (mit Nr. 110.111) »Erepa PBaoıs Eyovoa nV
e&ns emiypapnv: Ariovvooowpos Apıoreov«. Wieder liegt eine Controle
für Kampanis’ Herkunftszeugnifs durch Vidua und Prokesch vor (C. I. Gr.
2404): bei Le Bas, Voy.1720 als aeginetisch. Pittakis gibt (Ednuepis 1893)
Herkunft aus Salamis an, wo das in Wahrheit am 6. Oetober 1830 nach
Aegina gekommene Stück am 28. December 1830 gefunden sei.
113. Kampanis p. 17, 113-114 »’HAdov Tyv 23 Oktwßpiov 1830. —
113 Baoıs yaumAn €K napuapov Aevrov Exovoa Tv E&ns Emiypapnv: 2w-
kparns Avrıyöovov: kat Nikn AXe&avöpov Umep Tov viov Oeore-
NOUS «. Die Herkunft aus Paros, die durch irgend ein Versehen bei
Epigraphisches aus Aegina. 35
Kampanis nicht angegeben ist, steht durch Vidua’s Zeugnis fest; s. C.1. Gr.
2390. Bei Le Bas, Voy.ı685 als aeginetisch.
114. Kampanis p. 17.114 »Baoıs xaun\n Ex napuapov Aevrov Eyovaa
nv eEns Emiypabnv: Aanas | Bepevikns | 2ıöwvios. | Xpnorte xatpe.
— In einem Keller des Gefängnisses von Dr. Fredrich abgeschrieben.
Basis einer Stele, oben und unten Profil. H.0.25, br. 0.51, t. 0.35
u
AAMAZ
BEPENIKHE
ZIARNIOXS
XRSHESZT ER ASIHRZE
Die Provenienz des Steines ist dadurch gesichert. dafs er mit dem vorigen
zusammen (s. dort) nach Aegina gekommen ist. €. 1. Gr. IH add. 23225 36
als rheneisch, Le Bas II ı736 als aeginetisch.
115. Kampanis p.32,343 »Bacıs 2 — ivayXipov — IlpwrorAns ..
Ipoodevn .. Iapov«. C.1.Gr. I 2414 nach Prokesch, der wieder die
Herkunft bestätigt, und gewifs nur danach Le Bas, Voy. 2133 so: NP2-
IEDIAUNK EM RIORSIOJEIN ON.
36 M. FrÄnNKEL:
Inhalt.
Seite
Eimleitung” m...) 2 20 ehe ee en ee DR: T
J. Attika.
A. Nicht im Corpus Inseriptionum Atticarum: Nr.I-7., ». 2 2.20 .. 11
B. Zum Corpus Inseriptionum Atticarum: Nr. 8-34. » 2 2 2 2 2 2. 13
IM Miepara: Nt.35—40,, re de 2 Re a er ee 18
TI 2 Ant ulleyarzas N 72470, einer ee re eees Baer Ber Te ra ar Ge 21
IV. Rheneia. ;
A. Mit Unrecht Rheneia zugeschrieben: Nr.48-56 . 2 . 22 2 2020. 22
B:@Rheneische: Provenienz sicher: Ne. 7, 70 23
G.jEhemalsiıny Mykonos: Nr.72— 970 22 Eee er 26
DE Ehemalssin Syras Nm 098—1og en. zu. Be GE Eee rec)
BE AEhemalsin®Rengs:I Nr 104 law .ih..un u LE SR SR: 3I
VEAndros; Nr.nost zumel Hl. SHE a: Eurer SR een Fr 32
VE Parosı Nn106- Lug 0 Eee re 33
Kampanis Nr. = Unsere Nr. | Kampanis Nr. = Unsere Nr. Kampanis Nr. = Unsere Nr. | Kampanis Nr. = Unsere Nr.
9 19 100 111 237 102 275 72
25 32 101 112 240 103 276 84
39 45 109-112 47 242 S.8 277 26
59 68 113 113 245 79 279 88
65 64 114 114 247 81 280 73
71 55 115 5 248 75 281 78
72 48 116 15 ı 249 93 289 92
73 56 117 30 250 74 290 89
74 54 118 6 251 83 292 80
76 106 120 33 252 90 298 57 :
77 107 129 100 254 76 299 58
79 108 131 105 255 87 300 62 i
81 S.5 Anm.4 142 53 259 77 302 59
83 51 156 4 261 85 306 27
34 52 167 99 262 86 310 24
88 14 168 33 263 82 322 13
89 17 172 20 264 95 323 23
90 16 188 71 266 96 324 25
92 109 190 66 269 97 325 7
99 110 235 101 274 94 326 61 i
Epigraphisches aus Aegina.
37
Kampanis Nr. = Unsere Nr. | Kampanis Nr. = Unsere Nr. | Kampanis Nr. = Unsere Nr. | Kampenis Nr. = Unsere Nr.
334 21 343 115 346 12 350 43
336 65 344 S.4 Anm.2 348 60 351 46
337 63 345 10 349 69 | 352 67
339 49
Corpus Inseriptionum Graecarum
Nr. | Nr. Nr. Nr. Nr. Nr.
2139b S.4 | 23225 ı17* 2322b 38 ı01 | 2322b 59 98 | 2322b 78 98 | 23225 97 104
2140@ Iıı 69 18 98 39 64 60* | 79 67 98 69
23225 11. 72 19* 40 70 61 65 80 89 99*
Zn 20 59 41 82 62 53 81 go | 23285 94
3012 2ı 60 42 21 63 98 82 26 | 2346c 71
4* 220 78 43 49 64 86 83 99 | 2347 f 100
Su 7a, 23 67 44 102 65—67 98 84 68 | 2349e 105
698 24 62 45* 68 66 | 85* 2375 107
13.15 25 19 46 83 69 87 | 86 95 | 2390 113
8* 26 98 47 50 | 707 54 87 91 | 2404 112
9 11 27 80 48 84 7198 88 —90* 2408 108
ı0 57 28 8ı 49—53* 721,55 91 92 | 2409 101
1 48 29—32* 54 85 73° 92 93 | 2414 115
ı2 58 33.03 ST 74 56 93 70 | 2414kS.10 Annı.ı
13.76 34 70 56* 75 88 94° 24141 106
dan 35 98, 57 52 76 70 95 27 | 24140 110
15 98 36 114 | 58 98 77° 96* 2414p 109
ı6* a, |
* bedeutet: S.ır Anm.t.
Le Bas, Voyage, Inser. II
Nr. Nr. Nr. Nr. Neal Nr.
1664 19 1932 57 1955 so 1985* 2010 88 2031*
1685 113 1933* 1956 81 1936 27 2011* 2032 98
1686 105 1934 12 1957* 1988* 2012 89 2033*
1699 47 1935 31 1958° 1 1991 49 2014 99 2034 86
1720 112 1936 58 1959—61* 1992 84 2015 90 2035—36 98
1724 69 1938 76 1962 63 1993* | 2016 68 2038 66
1727 55 1939 m 1966 98 1995* 2017 95 2039 87
1729 46 1941 98 1969* 1996* 2018* 2041 98
1734 051 1942 94 1970 101 1997 4 2019 91 2042 67
1736 114 1944* 1971 64 1998 85 2020* 2043 26
1739 48 1945” 1973 82 1999* 2021 103 2047 92
1744 2 1946 98 1976* 2001 65 2022 93 2049 104
1797 105 1948* 1977 5I 2002 98 2023* 2096 107
1925 72 1949 59 1978 52 2004 60 2024* 2119 108
1926 73 1950 61 1979 98 | 2005 98 2027 102 2122 110
1927* 1951 78 1980 53 2007 98 2028* 2133 115
1928 74 1952 62 1981 83 2008 56 2029 50 2137 109
1929 98 1953 79 | 1983 54 2009 100 2030* 2143 106
1930 75 1954 98 1984*
* bedeutet: S.ıı Anm. 1.
Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1897. 1. 6
38 M. Fränker: Epigraphisches aus Aegina.
Corpus Inseriptionum Latinarum
III 486 (= Suppl. 7243) Nr. 100.
Corpus Inseriptionum Atticarum
II 465 Nr.3o 12275 Ne.s2 II 2602 Nr.ı8 II 3793 Nr.24 III 912° Ni:
987 "8 2358 » 13 2842 » 19 | 3968 » 25 1689 »
1161 » 30 2364 14 3346 "20 | 3969 zu» 25 2111 ”
1920» 9 2366: "15 | 3406 »z2ı | 4011 n 26 2888 »
212354», TO 2445 » I6 | 3521 "22 4208 »127 309022 »
ZUSTTE 2458 * 17 3783 » 23 III 829 » 28 3412. 95
|
Corpus Inseriptionum Graeciae Septentrionalis
24—26 Nr.35—37 | 70 Nr.39 | 73 Nr.4ı | 102 Nr.43 | 107 Nr.45
36 38 | 72 192,401,11..96,5 942 106» 44 I5SI » 46
Kekule, Die antiken Bildwerke im Theseion zu Athen
Nr. = Unsere Nr. Nr. = Unsere Nr. Nr. = Unsere Nr. | Nr. = Unsere Nr. Nr. = Unsere Nr.
37 94 153 79 220 75 ‚261 87 293 77
44 63 | 156 101 238 68 274 8.8 302 83
53 71 | 163 S.8 Anm. 2 240 92 278 61 | 305, ı 52
65 S.8 Anm. 2 | 210 14 | 257 47 280 82 310 81
71 10 212 89 | 258 98 285 57 | 319 12
Heydemann, Die antiken Marmorbildwerke zu Athen
Nr. = UusereNr.| Nr. = Unsere Nr. Nr. = Unsere Nr. Nr. = Unsere Nr.
100 5I | 122 108 490 65 | 493 102
|
116 235 | 154 33 491 86 | 499 76
Halt
un bi
B N R,;
Be
Ei
BR use
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Ü
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Bene
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