Natural History Museum Library
000328288
23 0011909
Abhaodluogßs der ioigll PreySiscbeo Gsologisckes Laiiesnsfait
»Folge, Heft 55.
Die rezenten Kaustobiolithe
und ihre Lagerstätten.
Band X :
Die Sapropelite.
Eine Erläuterung zu der von den Deutschen Geologischen Landesanstalten
angewendeten Terminologie und Klassifikation.
Von
Dr. H. Potonie,
Kgl. Landesgeologen und Professor.
»InL fcv K ..r4*
Zweite, sehr stark erweiterte Auflage von desselben Verfassers
»Klassifikation und Terminologie der rezenten brennbaren Biolithe
und ihrer Lagerstätten« (Berlin 1906).
Herausgegeben
von der
Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt.
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BERLIN
Im Vertrieb bei der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt
Berlin N 4, Invalidenstraße 44
1908.
Preis 8 Mark
Abha n diu ngen
der
Königlich Preufsischen
eologischen Landesanstalt.
rV e w e Folge.
Heft 55.
BERLIN.
Im Vertrieb bei der Königlichen Geologischen Landesanstalt
Berlin N. 4, Invalidenstr. 44.
1908.
Die rezenten Kaustcbiolithe
und ihre Lagerstätten.
Band I:
Die Sapropelite.
Eine Erläuterung1 zu der von den Deutschen Geologischen Landesanstalten
angewendeten Terminologie und Klassifikation.
Von
Dr. H. Potonie,
Kgl. Landesgeologen und Professor.
7
Zweite, sehr stark erweiterte Auflage von desselben Verfassers
»Klassifikation und Terminologie der rezenten brennbaren Biolithe
und ihrer Lagerstätten« (Berlin 1906).
Herausgegeben
von der
Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt.
BERLIN.
Im Vertrieb bei der Königlichen Geologischen Landesanstalt
Berlin N. 4, Invalidenstr. 44.
1908.
Inhalts-Übersicht,
Seite
Vorwort . VII
Einleitung . 1
Zersetzungsprozesse . . ’ . 3
Verwesung . 4
Vermoderung . 5
Vertorfung . 9
Fäulnis . . 9
Allgemeines zur Genesis von Kaustobiolithen . 27
I bersiclit über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten . 31
I. Sapropelgesteine . 32
Sapropel . 32
Saprokoll . 33
Sapropel-Torfe . 33
Diatomeen-Sapropel . 33
Sapropel-Kalk usw . 34
Sapropel-Erden . ... 34
II. Humusgesteine . 36
A. Lagerstätten . 36
1. Flachmoore . 36
2. Zwischenmoore . 38
3. Hochmoore . 38
B. Gesteine . 41
a) Torf . 42
b) Moder . 44
c) Humuserden . . 45
III. Liptobiolithe . 47
Darstellung eines ausgewählten Falles als Überblick über die Haupt¬
typen von Sumpf und Moor . 47
Die Sapropelbildungen . . . 59
Sapropelit-Bildungs- und Lagerstätten . 62
Die Sapropel bildenden Organismen . . . 75
Das Sapropel . 101
Termini für Sapropelite, besonders für reines und reineres Sapro¬
pel und Saprokoll . 143
Sapropel mit reichen akaustobiolithischen Zutaten und Sapropelerden 169
Sapropel und Calciumcarbonat . 169
Sapropel und Silicium dioxyd . 190
1. Der Diatomeen -Pelit . 190
2. Der Sapropel- (Saprokoll-) Sand .... 206
Sapropel und Eisen- (auch Mangan-) Verbindungen . . 208
1. Sapropelitemitreduzierten Eisen Verbindungen 208
2. Oxydierte Eisen- (und Mangan-) Verbindungen 215
1. Limonite . 224
2. See-Eisenerze . 225
3. Mangan . ... 230
Sapropel-Erden . . • . 232
239
Register
>
Y orwort.
Die Einsicht, daß auf unserm Gebiet eine Revision statt¬
finden muß, hat schon zu wiederholten Anläufen nach dieser Rich¬
tung Veranlassung gegeben, für die Kgl. Preußische Geologische
Landesanstalt besonders, seitdem sie sich eingehender mit der
Moorkartierung ihres Gebietes beschäftigt. Es kam ihr daher ein
Antrag gelegen, in die vom »Verein Deutscher forstlicher Versuchs¬
anstalten« berufene »Kommission zur Vereinbarung über die
Bezeichnung der Humusformen« einen oder einige Vertreter der
Geologischen Landesanstalt zu entsenden. Es fanden in Berlin zwei
Sitzungen dieser Kommission statt: die erste am 31. Oktober 1905,
die zweite am 6. April 1906. Auf der Kgl. Preuß. Geolog. Landes¬
anstalt hatte schon längere Zeit vor dem erwähnten Antrag eine
Aussprache unter den interessierten wissenschaftlichen Beamten
der Geolog. Landesanstalt stattgefundeu, in der der Verfasser aber
vorläufig nur kurz auf die Notwendigkeit einer Vereinheitlichung der
Nomenklatur hingewiesen hatte; am 3. April 1906 wurde der Ge¬
genstand noch einmal in demselben Kreise, diesmal eingehender
besprochen. In der Sitzung des Internationalen Verbandes der
Forstlichen Versuchsanstalten vom 16. September 1906 wurden
dann die folgenden Beschlüsse gefaßt:
o o
a) Für die Bezeichnung der Humusformen des trockenen
Waldbodens (im Gegensatz zu den Humusbildungen im
Nassen, wie Moor usw.) gelangen die in den Vorlagen der
Humuskommission am 11. und 13. September enthaltenen
Bezeichnungen zur Anwendung.
© ©
b) Für die Bezeichnung der übrigen Humusformen schließen
sich die forstlichen Versuchsanstalten an ihre?
VIII
Vorwort.
c) Die forstlichen Versuchsanstalten werden für möglichste
Verbreitung und allgemeine Anwendung der unter a ge¬
nannten Bezeichnungen, namentlich auch bei den forst¬
lichen Standortsbeschreibungen, eintreten.
d) Die Verbreitung dieser Bezeichnungen in fremden Sprachen
ist wünschenswert und daher, zunächst deren Übersetzung
ins Französische und Englische anzustreben.
Bei den Sitzungen vom Oktober 1905 bis April 1906 diente
als Grundlage der Beratungen eine als Manuskript gedruckte
Schrift, die im September 1905 zur Ausgabe gelangte und etwas
erweitert unter dem Titel erschien: H. Potonie, »Klassifikation
und Terminologie der rezenten brennbaren Biolithe und ihrer
Lagerstätten« lierausgegeben von der Kgl. Preußischen Geolo-
gischen Landesanstalt, Berlin 1905. Diese dann öffentlich heraus¬
gegebene Schrift wurde in Stuttgart zugrunde gelegt und ebenso
am 24. September 1906 in Eisenach auf der Versammlung der
Direktoren der Geologischen Landesanstalten der Deutschen
Bundesstaaten, die die vom Verfasser gemachten Vorschläge durch¬
weg annahm (vgl. das Protokoll dieser Versammlung, S. 15). Die
Schrift von 1906, die im wesentlichen nur für die Verhandlungen
bestimmt war und daher möglichst kurz gefaßt sein mußte, infolge¬
dessen vieles nur durch die bloße Angabe eines Terminus an¬
deutet, wird nun durch die vorliegende Arbeit, als Erläuterung zu
der in dem genannten Protokoll gebotenen Übersicht, ganz we¬
sentlich erweitert, also in ausführlicher Ausarbeitung der bloßen
hinweisenden Vermerke noch einmal herausgegeben. Es ist aber
wohl zu beachten, daß die vorliegende Schrift durchaus kein aus¬
führliches Handbuch über die rezenten Kaustobiolithe (d. h. über
die rezenten brennbaren organogenen Gesteine) ist oder sein will,
sondern wesentlich nur eine Klassifikation und Terminologie zum
Gegenstände hat mit den zum Verständnis nötigen Erläuterungen,
ohne dem Verf. aber Beschränkungen aufzulegen, dort ausführlicher
zu werden, wo er es für zweckdienlich hielt, wie in dem vor¬
liegenden Band »Die Sapropelite«. Die Hochmoore aber z. B.
(Humusgesteine und Liptobiolithe werden im II. Bande be-
Vorwort.
IX
handelt) habe ich zum Teil weniger eingehend vorgebracht als
das inhaltreiche Buch von C. A. Weber von 1902 (Üb. die
Vegetation und Entstehung des Hochmoors von Augstumal im
Memeldelta). Ein ausführliches Handbuch müsste sehr viel um¬
fangreicher ausfallen als das vorliegende Werk. Wer freilich
den Gegenstand nicht recht übersieht, wird meine Darstellung
im ersten Augenblick zu umfangreich finden. Einerseits habe
ich in der Tat mit Charles Darwin (vergl. seine Autobio¬
graphie, deutsche Ausgabe, S. 76) gedacht: »Jede neue An¬
sicht muß in ziemlicher Ausführlichkeit mitgeteilt werden, um
die öffentliche Aufmerksamkeit erregen«; anderseits aber habeich
mich sehr beschränkt, um durch den bei eingehender Behandlung
notwendigen sehr großen Umfang nicht von der Kenntnisnahme
des Gegenstandes geradezu abzuschrecken. Ich habe also nicht
laviert, wie das etwa bei vollständiger Erforschung eines Gewässers
notwendig ist, sondern bin möglichst geradlinig gefahren, d. h.
ich habe zur Sache nur das Prinzipielle gebracht und
bringen wrollen, abgesehen von dem, was die Terminologie
angeht, die ich so ausführlich berücksichtigt habe, wie sie mir er¬
reichbar war.
Übrigens habe ich bei der vieljährigen Bearbeitung des Ge¬
genstandes immer mehr verzichten gelernt, etwas einigermaßen
Erschöpfendes bieten zu wollen. Wer sich in ihn wirklich vertieft,
sieht natürlich erst, was da noch alles zu tun ist. So muß ich
mich wohl oder übel darin schicken, mit dem vorliegenden Werk
nur eine Grundlage zu bieten, die — hoffe ich — nützlich
sein wird für die Weiterarbeit, die noch sehr viel Zeit und viele
Bemühungen kosten wird. Es ist immer im Auge zu behalten,
daß ich in erster Linie dem Geologen zu nützen bestrebt sein
mußte und daher auch mancherlei Elementarbotanisches zu bringen
o
hatte, weil die Flora für die Beurteilung der Kaustobiolithe und
ihren Lagerstätten eine ganz beträchtliche Rolle spielt.
Wenn ich auch der Meinung bin, daß die von mir begründet
vorgeschlagene Klassifikation des Stoffes einen nicht unwresent-
lichen Fortschritt bedeutet, so habe doch gerade ich durch
X
Vorwort.
intensives Studium des Gegenstandes alle Veranlassung, den
Ausspruch eines der älteren Moorforscher, nämlich von Leo
LesquereüX, voll zu würdigen, der da sagte: »Die Natur
weicht oft durch die Mannigfaltigkeit ihrer Schöpfungen den
Klassifikationen aus, durch welche wir sie unserer Ohnmacht zu
unterwerfen meinen«.
Da es sich hier um die rezenten Bildungen allein handelt,
sei ausdrücklich betont, daß auf die umfangreiche Terminologie
der fossilen Bildungen nicht eingegangen werden konnte; sie wird
in meinem Buche über die Entstehung der Steinkohle gebracht
werden als 5. Aufl. meines Heftes »Die Entstehung der Stein¬
kohle« 4. Aufl. Berlin 1907. Die Gestaltung der Terminologie
o o
für die rezenten und fossilen Kaustobiolithe muß natürlich kon¬
kordant gehen; ich hatte das Gesamtgebiet im Auge zu behalten,
und es ist daher verständlich, daß dieser umfassende Standpunkt,
also der stete Hinblick auch auf die fossilen Bildungen, mancherlei
Abweichungen vom Gebräuchlichen in der Nomenklatur bedingt
hat; es ist wohl verständlich, daß von den Forschern, die sich
nur mit den rezenten Kaustobiolithen beschäftigen, die Gründe für
diese Abweichungen zunächst noch nicht durchschaut zu werden
scheinen. Die Ziele _sind eben verschiedene. Auch die Macht
der Gewohnheit wirkt erhaltend auf Ausdrucksweisen und An¬
sichten, die man besser fallen ließe. Das freilich sehr große, aber
notwendig in Angriff' zu nehmende Ziel, das ich mir gestellt habe,
ist also, eine — auch terminologisch — homogene Übersicht üb e r
das recht umfangreiche Ge samt gebiet anzustreben.
Hinsichtlich der Prinzipien, die mich bei der Namengebung
geleitet haben, das Folgende.
Worte, Namen sind das Unwesentlichste in einer Wissen¬
schaft, denn es ist im Grunde gleichgültig, wie man eine Sache
nennt, wenn man sich nur versteht. Wir müssen aber in einer
Disziplin, die eine große Terminologie mit vielen Synonymen auf¬
weist, mit der Begrenztheit der geistigen Aufnahmefähigkeit rechnen,
so daß schließlich das Bedürfnis immer dringender empfunden
wird, den im Verlauf wissenschaftlicher Betätigung entstandenen
Vorwort.
XI
terminologischen Ballast über Bord zu werfen und nur das zurück¬
zubehalten, was unentbehrlich ist. Auf unserem Gebiet liegt
ebenfalls bei der sehr üppig blühenden Terminologie eine große
Schwierigkeit vor, sich zu einem Verständnis der Kaustobiolithe
durchzuringen, soweit man das nur auf Grund der unübersehbaren
Literatur machen wollte. Wer würde es daher wohl wagen zll
leugnen, daß eine gute zweckmäßige Terminologie nicht
nur ein äußerst wertvoller Apparat für die Forschung
ist, sondern aucli pädagogisch gar nicht zu überschätzen
ist? Die Rücksichtnahme auf schuelle und leichte Auffassung
wissenschaftlicher Dinge sollte der Gelehrte, dem es wahrhaft
darum zu tun ist, seiner Wissenschaft Jünger zu gewinnen und
leicht verstanden zu werden, d. h. seinen Mitmenschen Zeit zu
sparen, niemals bei Seite lassen. Das ganze Streben der Wissen¬
schaft geht auf Vereinheitlichung und Zusammenfassung des uus ent¬
gegentretenden Vielerlei: es ist das der naturgemäße philosophische
Zug des Forschens. In einer Disziplin, in der so viel gearbeitet
worden ist, wie in der unsrigen, ist eine überreiche, verwirrende Ter¬
minologie begreiflich. Oft haben die Autoren die bereits vorhandene
Literatur nicht genügend herangezogen und so bereits benannten
Gesteinen, Lagerstätten usw. neue Namen gegeben, so daß für
ein und dasselbe Gebilde verschiedene Namen auftreten; ferner
wurde es versucht, neue Begriffe und damit neue Namen einzu¬
führen, die keinen Anklang finden konnten; weiter ist die Be¬
nutzung eines bereits früher gebrauchten Terminus in gänzlich von
dem ursprünglichen abweichenden Sinne dann recht störend, wenn
dies ohne System — mehr aus Zeitmangel sich umzusehen, Nach¬
lässigkeit oder Unkenntnis — geschieht. Recht oft werden die-
selben Namen für Verschiedenes gebraucht; teils wird dasselbe
Wort von dem einen Autor in umfassenderer, von dem anderen
in engerer Bedeutung augewendet. Endlich ist es störend, wenn
in Veröffentlichungen, die für einen weiteren Kreis berechnet sind,
Lokal- Bezeichnungen zur Anwendung kommen, die den Meisten
nicht geläufig sind.
So ist denn eine Klärung der Terminologie unserer Disziplin
dringend zu versuchen oder doch anzubahnen, mit der Tendenz,
KU
Vorwort.
nur diejenigen Termini beizubehaltcn, die nach dem Stande der
Wissenschaft unentbehrlich scheinen. Solange eine solche Reduktion
und genauere Fixierung der Terminologie nicht stattgefunden hat,
ist es insbesondere für den Gelehrten einer bestimmten Disziplin,
der genötigt ist, sich aus einem verwandten Gebiet eine Orientierung
zu holen, oft unmöglich, jedenfalls äußerst zeitraubend, sich zurecht
zu linden.
Wie eine jede Klassifikation eine Schematisierung bedeutet,
die zur Gewinnung einer ordentlichen Übersicht unentbehrlich ist,
so sind auch die Termini nur dazu da, um sich so bequem
wie möglich zu verständigen. Das ist nun freilich trivial,
aber es wird oft genug vergessen, daß diese Selbstverständlichkeit
als Leitstern bei einer Behandlung terminologischer Fragen zu dienen
hat. Es gibt 2 Extreme: die einen legen gar kein Gewicht auf
eine gut entwickelte Terminologie, die anderen aber möchten ihr
wohl noch den Rang einer besonderen Wissenschaft belassen wie
in älteren Zeiten. Daß in der ersten Hälfte des vorigen Jahr¬
hunderts die Terminologie als besondere Disziplin gepflegt wurde,
hat gute Früchte getragen, und jetzt beginnt sich's zu rächen
(z. B. in der Botauik), daß vielseitig nicht mehr hinreichend auf
eine gute weitere Ausgestaltung und Umbildung der Terminologie
gemäß den Fortschritten gesehen wird.
Die leichteste Verständigung wird stattfinden, wenn mög¬
lichste Einfachheit der Namen angestrebt und die Bemühung
darauf gerichtet wird, daß sie bezeichnend seien. Es ist be¬
kannt, wie schädlich und zu Mißverständnissen führend Termini
wirken, die etwas anderes bedeuten als sie dem Wortsinne nach
ausdrücken. Trotzdem sind aber — um den Anschluß an das
Bisherige nicht zu verlieren — die bis dahin üblichen Termini zu
berücksichtigen, d. h. das Historische hat gebührende Würdi¬
gung zu erfahren. Also wäre unter Umständen ein gut einge¬
führter, wenn auch nicht bezeichnender Name beizubehalten. Denn
/
es ist ebenso bekannt, wie zähe ein schlecht gebildeter, aber viel
gebrauchter Terminus festgehalten wird, wie fast unmöglich es
meistens ist, ihn auszurotten und durch einen besseren zu er-
Vorwort.
XIII
setzen. In solchen Fällen ist leider meist darauf zu verzichten,
durch die Bezeichnungen die Ordnung in dem Gesamtsystem der
Disziplin auszudrücken, obwohl das Ideal darin gefunden werden
müßte ; aber das System, die Klassifikation, ist abhängig von
einem bestimmten Stande der Wissenschaft, und so könnte eine
rein systematische Terminologie doch nicht auf Bestand rechnen.
Die systematischen Termini werden so schließlich nur noch histori¬
sche, die damit doch immer wieder in den Vordergrund treten.
Nun ist freilich die richtige Abwägung der angegebenen Gesichts¬
punkte in den einzelnen Fällen oft nicht leicht. Die Würdigung
des historischen Moments (womöglich des Prioritäts-Prinzips) in
Verbindung mit dem Streben nach einer ausschließlich sachge¬
mäßen Nomenklatur ist für die Entscheidung dem Takt und
O
den Kenntnissen des Autors überlassen, denn die beiden ge¬
nannten Forderungen widersprechen einander nur zu oft.
In der folgenden Auseinandersetzung fehlen — und zwar ge¬
wiß eine große Menge — Termini, die mir im Verlauf meiner
Studien nicht vorgekommen oder aufgefallen sind. Ein langes
Menschenleben würde bei Weitem nicht dazu ausreichen, alle die¬
jenigen Schriften durchzusehen, die Beiträge liefern könnten.
Manche Arbeiten habe ich absichtlich — um nicht gar zu weit¬
läufig zu werden — - nur nebenbei oder gar nicht berücksichtigt.
Meine folgende Darbietung ist daher unvollkommen: ich bin bei
der Bearbeitung von der Fülle der Literatur fast erdrückt worden
und habe schließlich aufhören müssen, sie noch weiter zu verfolgen,
als es geschehen ist. Besonders störend ist die Vielsprachigkeit
der Wissenschaft: so bietet z. B. sicher die russische Literatur
vielfache Anregungen, auf die ich aber bei der Unkenntnis der
Sprache leider verzichten mußte.
Am besten wäre es, internationale Termini zu schaffen, aber
wir müssen uns darauf beschränken, zunächst erst einmal einheit¬
liche Termini für die deutschen Sprachgebiete zu erreichen, wie
denn auch naturgemäß die folgende Aufstellung in erster Linie
von den Verhältnissen beeinflußt ist, wie wir sie in Norddeutsch¬
land finden.
XIV
Vorwort.
Man halte bei der Beurteilung der vorliegenden Schrift da¬
ran fest, daß ich — wie schon vorn angedeutet — versucht habe,
mich nicht nur den Bedürfnissen der Geologie anzupassen und
zwar hier besonders der Palaeontologie, soweit sie sich mit
der Genesis der organogenen Gesteine beschäftigt, sondern auch
der Geographie, der Biontologie (Botanik und Zoologie),
der Bodenkunde, wie sie Agrikultur, Forstwirtschaft
und Gartenkunst veranlaßt haben. Ich habe mich bemüht, alle
diese Hauptfächer, die mit unserer Sache zu tun haben, im Auge
zu behalten. Es ist nicht angängig, die Terminologie nur auf
eins dieser Gebiete zuzuschneiden: geschähe dies, so würden wir
bei dem jetzt bestehenden Dilemma verbleiben, das darin besteht,
daß jedes Fach seine eigene Terminologie hat, und man sich
gegenseitig nicht versteht. Bei diesem Streben ist ganz besonders
darauf zu achten, daß es zu vermeiden ist, bei diesem oder jenem
der genannnten Fächer eingeführte und viel gebrauchte Namen,
wo es nicht unbedingt erforderlich ist, neue oder wesentlich andere
Begriffe vorzuschlagen.
Zu einer genauen Festsetzung der Synonyme wäre unerlä߬
lich, daß die Autoren durchweg übereinstimmend z. B. die gleichen
Moorformen als Flach-, als Zwischen- oder als Hochmoorbildung
erkannt und es auch verstanden hätten, ordentlich die bei uns
meist durch die Kultur getöteten, d. h. die »toten« Moore von
den noch lebenden zu unterscheiden. Das ist aber nicht der Fall,
und so sind Fehler derzeitig in einer Zusammenstellung wie der
vorliegenden leider unvermeidlich, so sehr man auch bemüht ist,
aus den Angaben der Autoren einen Schluß auf das zu ziehen,
was sie meinen könnten. Auch sind die Synonyme solche oft
nur in weiterem oder engerem Sinne, und so manche sind wegen
ungenügender, jedenfalls uns heute nicht genügender Definition
nur unsicher, andere kaum noch exakt unterzubringen, abgesehen
davon, daß die fortschreitende Wissenschaft zu anderen und zu
früher nicht beachteten Gliederungen gelangt.
Mein Manuskript war in der Grundlage, also im wesentlichen
bereits fertig, als Früh und Schröter^s schönes Buch: »Die
Moore der Schweiz« (1904) erschien; ich habe nur nach Möglich-
Vorwort.
XV
keit die seitdem erschienene Literatur berücksichtigt und vor allem
meine neueren Erfahrungen. Insbesondere habe ich es für nütz¬
lich gehalten, die letzte Zeit dazu zu benutzen, möglichst aus¬
giebig photographische Aufnahmen zu veranlassen oder selbst zu
machen, die, hoffe ich, das Verständnis des Textes ganz wesentlich
unterstützen werden.
H. Potonie.
.
■
>■
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.
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■
■
Einleitung.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit einer Gruppe von
organogenen Gesteinen, Biolithen1), und zwar nur mit den brenn¬
baren Biolithen, die wir kurz Kaustobiolithe2) nennen
wollen, im Gegensatz zu den Akaustobiolithen (wie z. B. Ko-
rallenrifi'kalk), das sind diejenigen Biolithe, die nicht brennen
resp. keine brennbaren Bestandteile mehr enthalten. Die Grenze
zwischen beiden läßt sich nicht peinlich innehalten: es werden
daher im Folgenden, wo es zweckmäßig erscheint, auch diejenigen
Biolithe und nicht biolithischen Bildungen behandelt, die nur ge¬
ringe Mengen kaustobiolithisches Material enthalten. Wo es zu
einem besseren Verständnis des Ganzen nötig ist, werde ich auch
die sich unmittelbar anknüpfenden Akaustobiolithe erwähnen.
Im weitesten Sinne würden zu den Kaustobiolithen auch ge¬
wisse gasförmige Produkte gehören wie dasjenige Methan, das
durch Zersetzungsprozesse aus organischem Material hervorgeht;
man kann danach kaustobiolithisches und nicht kaustobiolithisches3)
Methan unterscheiden. Wie das Methan, CH4, enthält die ganz
überwiegende Menge von Kaustobiolithen das Element C, aber
es gibt auch — wenn auch weit untergeordneter — solche ohne
C, wie eventuell gewisse Schwefel-Vorkommen, die einer Organis-
men-Tätigkeit (Bakterien) den Ursprung verdanken, worüber weiter
hinten. Auch hier wird man daher bequem von kaustobiolithischem
und nicht kaustobiolithischem Schwefel reden können. In der
b Der Terminus Biolith stammt von Ch. G. Ehrenberg.
2) Vom Griechischen kaustos — brennbar und Biolitb.
3) Wohl zu unterscheiden von »akaustobiolithisch«. Ein Akaustobiolith ist
immer ein Biolith; das nicht kaustobiolithische Methan jedoch ist kein Biolith.
1
Neue Folge. Heft 55.
2
Einleitung.
vorliegenden Schrift handelt es sich jedoch wesentlich nur um die
flüssigen, weichen oder festen, brennbaren, kohlen¬
stoffhalt igen subfossilen oder rezenten Produkte der
Lebewesen.
Diese C-haltigen Kaustobiolithe bringe ich, geleitet durcli die
Verschiedenheit ihrer Genesis, ihrer chemischen Zu¬
sammensetzung und infolgedessen ihrer verschiedenen
technischen Wertigkeit, ferner insbesondere ihres hervor¬
ragenden rezenten und fossilen Auftretens, in drei
große Gruppen, die genannt werden :
I. Sapropel ^-(Faulschlamm-) Bildungen,
II. Humus-Bildungen,
III. Liptobiolithe1 2): Harz-, Wachsharz- und ver¬
wandte Bildungen.
Für die Entstehung dieser Kaustobiolithe kommt in Frage:
1. die Beschaffenheit der Urmaterialien.
2. die Art der Zersetzung, denen die Urmaterialien unterwor¬
fen sind, insbesondere nach ihrer Einbettung durch Sauerstoff*
abschließende Medien, die die Zersetzung ohne zurückbleibendes
festes brennbares Material verhindern. Ich habe es daher für
notwendig gehalten, der systematischen Vorführung der rezenten
Kaustobiolithe und ihrer Lagerstätten eine Betrachtung der Zer-
Setzungsprozesse, die zu den in Rede stehenden Biolithen führen,
vorauszusenden.
1) Auszusprechen Sapropel, vom Griech. sapros = faul (stinkend) und pelos
= Schlamm); das Wort soll als Neutrum gebraucht werden — (Saprol ist ein
ölartiges Desinfektionsmittel, das wasserlösliche Kresole enthält).
2) Vom Griechischen leiptos , latinisiert liptos — zuriickgelassen und Biolith.
Zersetzungsprozesse.
Änderungen in der Zusammensetzung von Gesteinen bezeich¬
net man als ihre Verwitterung; die physikalische Verwitterung
heißt Zerfall, die chemische Verwitterung heißt Zersetzung1).
Für uns kommt nur die letztere in Betracht.
Die Z ersetz ung der pflanzlichen und tierischen Stoffe äußert
sich im Speziellen je nach den Verhältnissen in verschiedener
Weise, nämlich — soweit es für uns in Betracht kommt — als
Verwesung, Vermoderung, Vertorfung und als Fäulnis2).
Im wesentlichen handelt es sich für uns um die Zersetzung von
Kohlenhydraten, besonders von Zellulose; die Zersetzung stick¬
stoffhaltiger Substanzen kommt untergeordneter in Frage. Nicht
nur ist quantitativ der Gehalt an Stickstoff bei den Pflanzen
wesentlich geringer als bei den Tieren, auch innerhalb der Pflanzen-
b Nack Hamann, Bodenkunde, 2. Aufl. , Berlin 1905, S. 3 u. 4. — Der
Ausdruck »Zersetzung« ist freilich nicht für alle chemischen Umbildungen, die mit
den Produkten der Organismen vor sich gehen, exakt. Denn im Verlaufe dieser
Umbildungen können z. B. auch Polymerisationen Vorkommen.
2) Ich habe mich bemüht, die Bestimmungen der für den Gegenstand wich¬
tigen und wichtigeren Begriffe nach Möglichkeit dem Üblichen anzupassen, je¬
doch ist zu beachten, daß die wissenschaftliche Behandlung beson derer Fragen
oft zu mehr minder weitgehenden Veränderungen vorliegender Begriffe nötigt,
wenn man nicht bei den geringsten Verschiebungen der Definitionen, die sich
als zweckmäßig erweisen, gleich neue Termini einführen will. Ich bemerke dies¬
bezüglich zu Obigem, daß ich »Vertorfung« und »Fäulnis« so trenne, daß beide
formell koordiniert werden. Übrigens entsprechen die oben gegebenen Begriffs¬
bestimmungen denjenigen, wie sie J. v. Liebig gegeben hat (vergl. Felix
B. Ahrens, Das Gärungsproblem. Stuttgart 1902, S. 455), nur daß ich —
unserem Spezialzweck entsprechend — die »Vertorfung« einschalten mußte.
Uber die Neigung, »Vertorfung« von reiner »Fäulnis« zu scheiden, siehe auch bei
C. A. Weber, Über Torf, Humus und Moor, 1903, S. 472.
1*
4
Zersetzungsprozesse.
weit besitzen unsere Haupt-Humus-Bildner, die Torfpflanzen, viel
weniger Stickstoff1 als die übrigen Pflanzen. Die Wasserpflanzen
jedoch, insbesondere die Algen — wie die Tange des Meeres und
dergl. — sind stickstoffreich und auch sonst, worauf auch u. a.
der Schwefelgehalt der Tange hinweist, in ihrer chemischen Kon¬
stitution den Tieren ähnlicher.
G. Andersson und Früh1) haben gezeigt, daß von den Pflan¬
zenstoffen Zellulose sich leichter zersetzt als Lignin, Kork, Harze
und* Fette.
Verwesung.
Verwesung (Eremakausis, vom griechischen eremos = still
und kausis = Verbrennung) findet statt bei Gegenwart von reich¬
lichem Sauerstoff (von Luft) und Wasser (Regen und Feuchtig¬
keit) .
Hierbei werden die organischen Stoffe (unter Zurücklassung
der Asche bildenden Mineralstoffe) verflüchtigt ohne Hinterlassung
fester Kohlenstoff- Verbindungen. Die Verwesung ist also im
chemischen Sinne eine »langsame (stille) (Sauerstoff-) Verbrennung«,
ein vollständiger Oxydatiohsprozeß. Mit der Verwesung ist eine
Wärmeentwicklung verknüpft. Es entstehen insbesondere CO2 und
HqO; aus dem Schwefel, der in den Organismen vorhanden ist,
wird z. B. SO3 (Schwefeltrioxyd, Schwefelsäureanhydrid): alles be¬
reits vollkommen verbrannte Produkte. Bei der Verwesung spielt
die Tätigkeit von Pilzen, insbesondere von Bakterien, die die
Zersetzung teils bedingen, teils beschleunigen, eine große Rolle.
Es ist ferner darauf hinzuweisen, daß die Gegenwart von Licht
den Verwesungsprozeß unterstützt: das Bleichen von Wäsche ist
bedingt durch den Wechsel von Trockenheit und Nässe bei Ge-
genwart von Licht, da das Sonnenlicht H20 zersetzt, wodurch
der Sauerstoff in statu nascendi seine in diesem Zustande beson¬
ders starke Wirkung ausüben kann.
l) Früh, Moore der Schweiz, 1904, S. 174.
Zersetzungsprozesse.
5
Vermoderung.
Die V erm oderung (Aposepsie, vom griechischen apo = \ on,
weg und sepsis = Fäulnis) ist eine Verwesung bei ungenügendem
Luftzutritt: sie ist kurz gesagt eine unvollständige Verwesung.
Während bei der echten Verwesung eine vollständige Oxydation
statthat, die das Vorhandensein hinreichender Mengen von Sauer¬
stoff voraussetzt, wie bei der Verbrennung an der Luft, ist bei
der Vermoderung das Sauerstoff- Quantum bemessen, so daß eine
unvollständige Verbrennung stattfindet, wie etwa im Kohlenmeiler.
H ier bleibt Kohlenstoff zurück, und die Neigung, kohlenstoffreiche
Produkte zu bilden, ist auch bei der Verwesung vorhanden. Die
bei der Vermoderung von Landpflanzen zurückbleibenden festen,
sehr kohlenstoffreichen Produkte sind im wesentlichen Verbin¬
dungen von Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff und zwar in
Mengenverhältnissen, die an die der Kohlenhydrate erinnern, doch
so, daß es sich gewissermaßen um dehydratisierte Kohlenhydrate
handelt. Diese Produkte (Humusstoffe) haben die Tendenz, bei
der Destillation Verbindungen der aromatischen Gruppe (wie
Benzol oder Verwandte desselben) zu liefern, die kohlenstoffreicher
sind als die Verbindungen der Fettgruppe (wie z. B. Paraffine).
— Das vermodernde Material ist nach dem Gesagten in Verwe¬
sung begriffen, d. h. es verschwindet als festes Produkt leicht
vollständig; der feste zurückbleibende Rest ist beim Vermoderungs¬
prozeß daher meist recht geringfügig.
Stellt man Vermoderungs-Bedingungen künstlich her, so kann
Selbsterhitzung, schließlich Selbstentzündung erfolgen, das ist u. a.
jedem Landwirt bekannt, der diese Eigenschaft zur Erzeugung von
»Brennheu, Braunheu« ausnützt, wobei der Vorgang so ge¬
leitet wird, daß die Temperatur nicht über rund 70° steigt.
Bei der lockeren Zusammenhäufung eines bereits in einem
Zersetzungsstadium befindlichen Kaustobioliths kann ebenfalls
Selbsterhitzung eintreten. Herr Dr. H. Goebel aus Ludwigshof
in Pommern teilt mir diesbezüglich unterm 27. September 1905
das Folgende über Sapropel mit. »Wir schütten den luftge-
6
Zersetzungsprozesse.
trockneten Faulschlamm mit einem Wassergehalt von etwa 40 bis
50 pCt. auf eine größere Halde von etwa 4 rn Höhe auf. Ich
habe nun vor Jahren bereits beobachtet, daß die Temperatur im
Innern dieser Halde sich erheblich steigerte, wobei sich die ein¬
zelnen Faulschlammbrocken mit weißem Mycel eines Pilzes be¬
deckten, der einen starken Geruch nach frischer Gartenerde hatte.
Diese Erscheinung tritt nun so intensiv auf, daß die Temperatur
im Innern des Faulschlammberges sich bis zu 70° steigert. Dabei
macht sich ein intensiver Geruch wie nach heiß «^wordenem
Pferdedüno*er bemerkbar. Kommt der erhitzte Faulschlamm mit
O
der Luft in Berührung, so tritt Abkühlung ein«.
Nach Hugo Miehe1) erfolgt die Selbsterhitzung in zusammen¬
gepackten, feuchten Pflanzenmaterialien dort, wo Säfte in den
Massen vorhanden sind, die zur Ernährung von Mikroorganismen
tauglich sind oder wo es sich um lebende Pflanzenteile handelt.
Sterilisiertes Heu hatte die Fähigkeit, sich zu erhitzen, eingebüßt.
Einerseits kommen also Mikroorganismen in Betracht, andererseits
vermögen noch lebende Pflanzenteile durch Atmung ihre Tempe¬
ratur weit über die der Umgebung zu erhöhen. Bei der Selbst¬
erhitzung wird O verbraucht und CO2 entwickelt; der Sauerstoff
ist eine notwendige Bedingung: er bringt bei der Gärung in erster
Linie Kohlenhydrate (Stärke, Zucker) zum Verschwinden. Wenn
die O-Zufuhr experimentell verhindert wird, so findet eine Tem-
peratursteigerung nicht statt, und eine Zersetzung des von Miehe
zum Experiment benutzten Heus war äußerlich nicht zu bemerken;
auch Schimmelbildung war unterblieben. Solange freilich noch
O da ist, der von Anfang an in der Masse vorhanden ist,
findet eine geringe Temperaturerhöhung statt. Pferdemist in
gleicher Weise behandelt (durch Gayon 1884) zeigte außer CO2-
Bildung reiche Entwicklung von Methan. Die Ursache der
Selbsterhitzung kann demgemäß sein 1. eine physiologische Ver¬
brennung (Atmung), wenn es sich nämlich um noch lebende
Pflanzenteile handelt, sonst sind 2. die auf den abgestorbenen
Teilen lebenden Pil ze und Bakterien durch ihre Lebenstätigkeit
die Ursache, so daß — wie gesagt — sterilisiertes Heu die Fähig-
■) Miehe, Die Selbsterhitzung des Heus. Eine biologische Studie. Jena 1907.
ZersetzuDgsprozesse.
7
keit, sich zu erhitzen, einbüßt. Die Selbsterhitzung kann sich
soweit steigern, daß das Heu sich selbst entzündet, wodurch der
Haufen im Innern ganz verkohlen kann und zwar in der Art der
echten Verkohlung wie sie Holzkohle zeigt.
Bacillus coli forma foenicola t) »siedelt sich nämlich gern auf
solchen Substanzen au und vermehrt sich ungeheuer. Dadurch
nun, daß eine solche große, poröse Masse einen sehr schlechten
Wärmeleiter darstellt, wird die Wärme, die jener intensiv arbeitende
Bazillus entwickelt, zurückgehalten. Die Temperatur steigt und
steigt, bis ihr Erreger selbst an ihr zugrunde geht, bis also etwa
40° erreicht werden. Da jetzt eine andere, der merkwürdigen
Gruppe der wärmeliebenden Bakterien angehörige Art (Bacillus
calfactor) anfängt, sich üppig zu vermehren, so geht die Tempe¬
ratursteigerung noch weiter, und da dieser zweite Bazillus noch
bis über 70° wachsen kann, erhitzt er durch seine Wärmebildung
die Masse schließlich bis zu dieser Temperatur«. (Miehe* 2).
Miehe denkt sich im Anschluß an Untersuchungen von
Ranke den Vorgang der Selbsterhitzung folgendermaßen : »Durch
die sehr lange Einwirkung der Temperatur von 70° erfährt das
Heu eine trockne Destillation. Es nimmt nach und nach immer
mehr die Natur von Kohle an. »Die Kohle ist von einer außer¬
ordentlich feinporösen Struktur, da ja jede Zelle erhalten bleibt.
Es wäre, wohl denkbar, daß sie in ähnlicher Weise, wie sehr fein
verteiltes Platin (Platinmohr) Sauerstoff verdichten könne. Sie
würde dann vielleicht ähnlich dem Platinmohr starke Oxydations¬
kraft gewinnen und Oxydationen ausführen, die normal erst bei
viel höherer Temperatur möglich wären. Sie könnte entweder
sich selbst direkt oxydieren oder aber andere, absorbierte, bei der
langsamen Destillation oder der Zersetzung der organischen Be¬
standteile des Heues entstandene leicht oxydable Gase, wie z. B.
Wasserstoff, Phosphor Wasserstoff, flüchtige Kohlenwasserstoffe
(Methan, Äthylen usw.). Derartige Oxydationen könnten vielleicht
schon im unberührten Heuhaufen nach gewisser Zeit bei be¬
schränktem Sauerstoffzutritt sich vollziehen. Dann würde schon
ß Miehe, Über Selbsterhitzung. (Mediz. Klinik Bd. XVIII, 1907).
2) Miehe, Die Bakterien. Leipzig 1907, S. 41.
8
Zersetzungsprozesse.
jetzt die Temperatur langsam weiter steigen. Oder aber, was das
wahrscheinlichere ist, sie treten erst auf, wenn reichlich Sauerstoff
hinzutreten kann, mit anderen Worten, wenn der Haufen ausein¬
ander geworfen wird oder Luftzugänge absichtlich oder unab¬
sichtlich geschaffen sind.« In der Tat geben die verschiedenen
Autoren übereinstimmend an, daß eine Entzündung erst dann
eintritt, wenn durch Einstoßen von Stangen, Anlagen von Luft¬
schächten usw. der Luft freier Zutritt gewährt wird.
VJ
Es ist nicht daran zu zweifeln, daß Selbsterhitzung auch in
der freien Natur Vorkommen wird, denn die für eine solche not¬
wendigen Bedingungen sind sehr einfache. Wo z. B. eben ab¬
gefallenes Laub durch Wind zu ordentlichen Haufen vereinigt
wird und genügende Feuchtigkeit besitzt, wird eine Selbsterhitzung
und schließlich auch -entzündung statthaben und sich verkohltes
Material subfossil oder fossil erhalten können; vielleicht vermag,
wenn viel Oel in den Materialien vorhanden ist, die Selbst¬
erhitzung resp. -entzündung auch auf rein chemischem Wege zu
erfolgen, d. h. ohne Unterstützung von Bakterien. Daß Organe, die
sich in hervorragend eifriger Lebenstätigkeit befinden, ihre Tem¬
peratur wesentlich zu erhöhen vermögen, ist lange bekannt,
namentlich an Blütenkolben gewisser Aroideen, bei denen sich
die Erhöhung bis über 20° und an der Blume der Victoria regia ,
bei der die Temperatur bis über 12° steigen kann. Daß wesentlich
höhere Temperaturen durch noch lebende Pflanzenteile erzielt
werden können, wenn man sie zusammenhäuft, ist dem Pflanzen¬
physiologen ebenfalls lange bekannt; die Lebenstätigkeit währt
eben längere Zeit, und wenn man die infolgedessen leicht vor sich
gehende Zersetzung wertvoller Substanzen in Pflanzenteilen ver¬
hindern will, so kann man dies nach dem Patent Cresp von 1906
dadurch erreichen, daß man das Leben vollständig zerstört, indem
man die Teile mit harten Körpern fein zerreibt und so durch
Zerstörung der Organisation die Lebensvorgänge abschneidet.
W. Pfeffer sagt in seiner Pflanzenphysiologie1): »Schon bei Ver¬
wendung von mäßig großen Gefäßen ergeben Versuche mit . . . .
lebhaft atmenden Objekten eine Temperatur-Erhöhung von einigen
9 Pfeffer, PfLanzenphysiologie, 2. Aufl., 2. Bd., Leipzig 1904, S. 835.
Zersetzungsprozesse.
9
Graden. Bei Umhüllung mit Baumwolle usw. oder bei Anhäufung
einer großen Menge wird die Temperatur um 10° C oder auch
soweit gesteigert, daß die Pflanzen absterben« usw. Schließlich
vermag es dann bei dauernder Feuchtigkeit mit Selbstentzündung
zu enden.
Vertorfung.
Die Vertorfung ist das Zwischenglied zwischen der Ver¬
moderung und der Fäulnis. Zunächst findet Vermoderung, später
jedoch Fäulnis statt. Die entstehenden festen Produkte sind eben¬
falls wesentlich Verbindungen von Kohlenstoff, Wasserstoff und
Sauerstoff1, jedoch ist gegenüber der Vermoderung hervorzuheben,
daß die Anreicherung an Kohlenstoff nicht so schnell vor sich
geht wie bei der Vermoderung. — Näheres zur »Vertorfung« im
Folgenden.
Fäulnis.
Als Fäulnis (Putrefactio, vom lateinischen jputor die Fäul¬
nis und facere machen ; putrefacere faulen machen) sei die Zer¬
setzung in Gegenwart von Wasser bei vollständigem Sauerstoff¬
mangel bezeichnet. Sie ist im chemischen Sinne eine »langsame
Destillation«, ein Reduktionsprozeß. Unter den dabei entstehenden
Gasen ist das Methan (Sumpfgas, CH4) besonders lange als ent¬
stehendes Produkt bekannt und in der Tat auch auffällig. Des¬
halb sei hervorgehoben, daß nach der Untersuchung von W. Ome-
liansky die Anzahl der zur Methanzersetzung fähigen Verbin¬
dungen eine sehr beträchtliche ist; den unter Umständen Methan
gebenden Stoffen sind nicht nur verschiedene Repräsentanten N
freier Verbindungen (Kohlenhydrate, Säuren), sondern auch N
haltige Körper (Eiweiß, Leimstoff1 usw.) zuzuzählen. Die Haupt¬
rolle der Methangärung in der Natur spielen zweifelsohne Sub¬
stanzen pflanzlicher Herkunft, besonders die zur Gruppe der
Cellulose gehörenden, zugleich findet aber auch Methanzersetzung
N-haltiger Körper, hauptsächlich tierischer Überreste statt. Die
Methangärung von Milchsäure und namentlich die von Essig- und
Buttersäure bildet gleichsam ein Zwischenglied, da diese orga¬
nischen Säuren als Zersetzungsprodukte sowohl von N-freien, als
10
Zersetzungsprozesse.
auch von N-haltigen Stoffen auftreten können T). Außer CH4 ent¬
stehen durch den Fäulnis-Prozeß als gasförmige Produkte wesentlich
noch nicht verbrannte Gase, nämlich H, NH3, bei Vorhandensein von
Schwefel- Verbindungen H2S, usw. Es wird auch das Entweichen
von freiem N angegeben, jedoch hat E. Jentys2) gezeigt, daß bei voll¬
ständigem O-Mangel die Exkremente kein freies N abgeben, auch
verbindet sich N schlechter zu Gasen mit C, wie O und H. Dar¬
aus erklärt sich der relativ hohe N-Gehalt im Sapropel und Torf,
die 4 und mehr pCt. der aschenfreien Substanz betragen kann ; es
findet ebenso eine Anreicherung von N statt wie an C, wenn auch
die von C naturgemäß wesentlich auffälliger ist.
Dementsprechend sagt G. Schneider (Obersee p. 31): »Daß
fäulnisfähige Substanz im Wasser des Obersees kaum gelöst vor¬
kommt, beweist die völlige Abwesenheit gelöster stickstoffhaltiger
V erbindungen. «
Bemerkenswert ist — bei der Haltbarkeit vieler derselben ist
das verständlich — die relativ wesentliche Anreicherung an Fett¬
substanzen oder auch die Neigung zu ihrer Entstehung; so zeigten
zur Bereitung von Viehfutter für den Winter eingemietete Zucker-
rüben-Abfälle nach L. Malpeaux und G. Lefert3) bei der Ein¬
mietung in ihrer Trockensubstanz 0,60 pCt. Fettsubstanz, 11 Mo¬
nate nach ihrer Einmietung aber 1,60 pCt., d. h. das 16-fache (!)
des ursprünglichen Fettgehaltes, wobei die Autoren bemerken, daß
diese Vermehrung wahrscheinlich auf einer Umbildung von Zucker
in Fett beruht, wie denn überhaupt die Neigung bei der Fäulnis,
Fett- oder fettähnliche Substanzen zu bilden, hervorzuheben ist.
K. B. Lehmann erinnert diesbezüglich daran4), daß begra¬
bene Leichen bei Abwesenheit von Luft und Anwesenheit von
0 Omeliansky, Über Methanbildung in der Natur bei biologischen Prozessen.
(Centralbl. für Bakt., II. Abt., Bd. XV, Jena 1906, S. 673 — 687).
2) Jentys, Sur la decomposition et fassimilabilite des matieres azotees con-
tenues dans les dejections d’animaux ferme. (Anzeiger der Akad. der Wiss. in
Krakau 1893, S. 34 i — 348).
3) Malpeaux und Lefert, Annales Sciences agronomiques, 10. Jahrg. Bd. 2,
S. 227 (vergl. Ref. in Centralbl. für Agrikulturchemie 1907, S. 113 ff.).
4) Lehmann, Ein Beitrag zur Frage nach der Entstehung des Leichenwachses
aus Eiweiß. (Sitzungsber. Würzburger physik. -medicin. Ges. 1888, S. 19).
Zersetz ungsprozesse.
11
vielem Wasser sich zum größten Teil in eine wachsartige Masse
(Leichen wachs, Leichenfett, Adipocire) verwandeln, die
ans Fetten, Fettsäuren und fettsauren Salzen besteht. Be¬
sonders fette Leichen neigen zur Leichen wachsbildung, indem
hierzu das Körperfett verwendet wird; jedoch ist auch die Ansicht
vertreten, daß aus Eiweiß sich Leichen wachs bilden könne. Um
dieses letztere zu beweisen, stellte der genannte Autor folgenden Ver¬
such an: Aus einem Filet vom Pferde wurden zwei Fleischstücke aus¬
geschnitten, das eine in Alkohol konserviert, das andere zur Leichen¬
wachsbildung verwendet, nachdem beide durch sorgfältigste Prü¬
fung gleich frei von Fett gefunden wurden. Das zweite Stück
wurde in einem Tüllsack in eine Flasche gebracht, durch welche
7i/2 Monate lang ein kontinuierlicher Strom von Flußwasser hin¬
durchfloß. Das Fleisch war nach dieser Zeit in eine an weichen
Käse erinnernde Masse von schwachem Geruch verwandelt und
zeigte unter dom Mikroskope nur körnige und schollige Massen.
Die chemische Untersuchung ergab, daß das in Alkohol aufbe-
wabrte Fleisch auf 100 Teile 3,66 Teile Neutralfett enthielt,
während das gewässerte Fleisch 1 Teil Neutralfett, 2,27 Teile freie
Fettsäuren und 3,990 Teile Fettsäuren als Seifen enthielt. Es
hatte sich also in dem gewässerten Fleisch während der 7^2 Monate
3,700 g Fettsäuren gebildet oder eine Zunahme des Fettsäurege¬
haltes um 100 pCt. stattgefunden. — Es ist bedauerlich, daß das
Experiment nicht auch mit stagnierendem Wasser, also unter reinen
Fäulnisbedingungen gemacht wurde, jedoch genügt für uns auch
das LEHMANN sche, da das durchfließende Wasser offenkundig nicht
O genug enthält, um eine vollständige Zersetzung der brennbaren
Bestandteile zu veranlassen. Die Bedingungen waren also der reinen
Fäulnis (in unserem Sinne) stark angenähert. Übrigens ist es be¬
kannt, daß Leichenwachs aus Leichnamen in nasser Erde oder
stockendem Wasser entsteht, ebenso wie es sich in den Macerier-
gefäßen der Anatomieen vorfindet.
Die Fäulnis ist besonders in stagnierendem Wasser zu Hause,
in ruhigen Seen und Buchten. Es entstehen feste Verbindungen
ebenfalls wesentlich aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff,
die aber im ganzen viel weniger kohlenstoffreich sind, als die
12
Zersetzungsprozesse.
durch Vermoderung und Vertorfung hervorgegangenen Produkte,
d. h. sie gehören zu H-reicheren Verbindungen. Das tut sich bei
der Destillation (Verschwelung) kund; diewesentlich unterVer-
torfuugsbeding ungen geratenden Organismen oder Teile
von Organismen liefern hierbei kohlenstoff-reichere
Verbindungen (Teer), die von vornherein wesentlich
unter Fäulnis- Bed ingungen geratenden jedoch (d. h. die
Sapropele) kohlenstoff-ärmere Verbindungen (Ölteer).
Liebig sagt1), daß eine Berührung mit Sauerstoff, mit Luft,
d. h. eine anfangende Verwesung eine Bedingung der Fäulnis sei,
ohne welche die Zersetzung nicht beginne. Gemäß unseren heutigen
Kenntnissen auf bakteriologischem Gebiet wissen wir, daß auch
Bakterien, die bei Luftmangel zu leben vermögen (anaerobe
Bakterien), Zersetzungsprozesse einleiten, und solche Bakterien
werden wohl beim Beginn von Fäulnisprozessen selten fehlen,
davon aber muß die langsam vor sich gehende Selbstzersetzung
der organischen Materialien unterschieden werden, als Fortsetzung
der durch Bakterien eingeleiteten Fäulnis im engeren Sinne,
die aber auch ohne alle Anregung durch Bakterien stattfindet,
worauf weiter hinten noch eingegangen wird.
Es ist nach dem Gesagten verständlich, daß die Humus-Ge¬
steine, die wesentlich dem Vermoderungsprozeß unterlagen, ver¬
schieden von denen ausfallen müssen, die vorwiegend Fäulnis¬
prozessen zugänglich waren. Der Unterschied wird noch größer,
wenn es sich nicht um dieselben Materialien handelt, die den ge¬
nannten Prozessen unterlagen, sondern um wesentlich verschiedene.
Die Örtlichkeiten, die Vermoderungs- und Vertorfungs-Bedin¬
gungen schaffen, werden von Landpflanzen (einschließlich der
Sumpfpflanzen) bewohnt, deren Hauptmasse Kohlenhydrate sind,
die Örtlichkeiten hingegen, die mehr Fäulnisbedingungen schaffen,
d. h. die stagnierenden oder halbstagnierenden Gewässer, beher¬
bergen Organismen (Wassertiere und Pflanzen, unter diesen be¬
sonders wichtig die Ölalgen), die u. a. durch ihren Fettgehalt
ausgezeichnet sind. Die aus den Wasser-Lebewesen gebildeten
’) Ahrens, Gährimgsproblem, 1902, S. 464 — 465,
Zersetzungsprozesse.
13
Ablagerungen (Schlamme) sind daher so verschieden, daß wir ihr
Material von dem Humus trennen müssen; wir nennen es, wie
gesagt, Faulschlamm, Sapropel. Ist der Fäulnisprozeß in
einem solchen Schlamm über das erste Stadium hinaus, so ent¬
stehen recht beständige Verbindungen, die auch dann noch lange
stabil bleiben, wenn nunmehr Luft hinzutritt. So habe ich ein
noch im schlammigen Zustande befindliches Sapropel jahrelang
in schlecht verschlossenen Gefäßen aufbewahrt, ohne daß ich bis
heute durch den Geruch Zersetzungserscheinungen wahrgenommen
hätte. Verschiedene Sapropele verhalten sich diesbezüglich ver¬
schieden.
Wenn eine gewisse Stabilität in der Zusammensetzung des
Sapropels erreicht ist, was sich dadurch zu erkennen gibt, daß es
geruchlos geworden ist, so wird man es als » mineralisiert«
oder »ausgefault« bezeichnen.
Der Sauerstoff- Abschluß ist die Haupt-Ursache der schnellen
Mineralisierung, denn Humus bildende Substanzen werden unter
der gleichen Bedingung ebenso schnell — und zwar zu »Torf« —
mineralisiert. Die Tatsache, daß möglichster Sauerstoff- Abschluß
eine größere Stabilität sonst labiler organischer V erbindungen
bedingt, macht sich die Landwirtschaft z. B. im Gebiet des Magde-
burgischen zu Nutze, indem dort Abfälle auf Zucker verarbeiteter
Rüben, nämlich »Rüben-Schnitzel« und »Rüben-Kraut«, d. h. die
abgeschnittenen Köpfe der Rüben mitsamt ihren Blättern im Freien,
aber unter dichter Erdbedeckung gemischt und dicht gepackt auf¬
bewahrt werden, um das entstehende Produkt als gutes und beliebtes
Viehfutter zu verwenden.
Ich habe sehr leicht zersetzliche Substanzen (Algen, Fleisch
usw.) in Reagensgläsern unter gewöhnliches, mir zur V erfügung
stehendes Wasserleitungswasser offen auf bewahrt. Zunächst findet
eine starke Zersetzung statt, die sich durch intensiven Geruch be¬
merkbar macht, bald aber ist irgend eine weitere Zersetzung nicht
mehr auffällig, ja es macht den Eindruck, als herrschte vollkommene
chemische Ruhe. Der Geruch kann keinerlei Gasentwicklung mehr
wahrnehmen, jedenfalls geht die Zersetzung nunmehr unbemerkbar
langsam vor sich. Dabei wurde das verdunstende Wasser einfach
14
Zersetz ungsprozesse.
nachgegossen, und die Proben haben sich trotz dieser Zufuhr von etwas
Sauerstoff, der im Leitungswasser stets vorhanden ist, »minerali-
siert«. Sie standen »unverändert« 4 Jahre hindurch auch ohne
Schutz vor Temperaturänderungen im Studierzimmer. Schwer
zersetzliche Stoffe, wie in gleicher Weise behandelter Blütenstaub
von Ainus und Corylus , zeigten überhaupt kaum eine Verände¬
rung. Die Farbe blieb fast durchaus die ursprüngliche, abgesehen
von der obersten, direkt mit dem Wasser in unmittelbarer Berührung
befindlichen dünnen Schickt.
Demnach gellt die Mineralisierung leicht zersetzlicher organi¬
scher Stoffe unter den angegebenen Bedingungen verhältnismäßig
schnell von statten, und es ist daher begreiflich, wenn reichlich
Sapropel bildende und enthaltende Gewässer dennoch meist ein
Wasser von »guter Qualität« für den menschlichen Gebrauch
führen. Der z. B. sehr wesentlich einen Sapropelsand enthaltende
Obersee bei Reval in Livland versorgt nach Guido Schneider
schon seit dem Mittelalter die Stadt mit »gutem« Wasser1).
Solche Beispiele ließen sich reich vermehren.
Nach den Versuchen P. Regnard's2) wird der Fäulnisprozeß
unter hohem Druck verlangsamt resp. »aufgehoben«. Er benützte
einen Apparat, der sehr hohe Drucke — bis 700 Atmosphären —
längere Zeit unverändert anzuwenden gestattete. Außer mit Urin
wurde experimentiert mit einem zuckerhaltigen Hefe- Aufguß, mit
Milch, mit Eiern und mit Fleisch. Alle diese Substanzen wurden
mit in starker Zersetzung begriffenen Stoffen infiziert und bis zu
20 Tagen dem Druck von 700 Atmosphären ausgesetzt. Als
Resultat ergab sicli, daß unter dem hohen Druck in allen Fällen
eine Fäulnis nicht eingetreten war, während Kontrolsubstanzen
unter gewöhnlichem Atmosphärendruck die höchsten Grade von
Zersetzung und das üppigste Gedeihen der Bakterien aufwiesen.
b Schneider, Der Obersee bei Reval. (Archiv für Biontologie, II. Bd.,
1. Heft, Berlin 1908.)
2) Regnard, Comptes rendus de la societe de Biologie 1883, Serie 3,
Bd. I, p. 124.
Zersetzungsprozesse.
15
Eine Erwärmung über die mittlere Jahrestemperatur als Folge
des Fäulnisprozesses organischer Substanzen konnte nicht konsta¬
tiert werden. Die tägliche periodische Wärmeschwankung oder
der Wärmeaustausch ist im Moor sehr viel geringer als z. B. im
Sand- und Granitboden ]), weil Temperaturänderungen, infolge der
zur Verdunstung an der Oberfläche erforderten Wärmemenge sowie
der schlechten Wärmeleitung, sehr abgeschwächt in die Tiefe
dringen. Es wird dies erwähnt, weil manche Autoren bei der
Entstehung von kohlenstoffreicheren Zersetzungsprodukten an
eine Verbrennung nach Art der Selbsterhitzung glauben. Es ist
aber darauf hinzuweiseu, daß Selbsterhitzung nie unter Fäulnis¬
bedingungen zu Stande kommt, sondern nur dann, wenn Sauerstoff¬
zufuhr möglich ist. — Vergl. weiter vorn S. 8 bei Vermoderung. —
Das Experiment zeigt, daß unter Fäulnisbedingungen eine Selbst¬
entzündung nicht stattfindet* 2), d. h. fest zusammengepacktes Heu
oder z. B. Pferdedünger3) erhitzen sich nicht, während gleiche
Packungen, doch so, daß O hinzukann, Selbsterhitzung aufweisen.
Die reduzierende Wirkung von Sapropel ist die Ursache,
daß sich eiserne Gegenstände (Anker, Ketten) in Schlammen mit
hinreichendem Sapropel- Gehalt ohne zu rosten halten und den
Rost sogar verlieren. Verrostetes Eisenblech, das ich in Sapropel
tat, war durch Reduktion nach einigen Wochen blank geworden.
Moortorf verhält sich — wie man ebenfalls leicht feststellen kann
— anders. A. Orth teilt z. B. mit4), daß ein eisernes Kabel, das
durch Moore hindurchgelegt worden war, durch die sauren Ver¬
bindungen derselben zersetzt wurde: wird doch Eisen von den
schwächsten Säuren angegriffen.
Bei der Vertorfung und Fäulnis entstehen schnell Kohlen-
Stoffverbindungen, die ein Pilzleben und ein Leben überhaupt
unmöglich machen. Im Torf sind es saure Verbindungen (»Humus-
b Johannes Schubert, Der Wärmeaustausch im festen Erdboden, in Ge¬
wässern und in der Atmosphäre. Berlin 1904, S. 6.
2) Vergl. Miehe 1907, S. 22.
3) U. Gayon, Recherches sur la fermentation du furnier. (Compt. rend. de
l’Academie, Paris 1884, Bd. 98, p. 528.)
4) Orth, Kalk- und Mergel-Düngung, 1896, S. 73.
16
Zersetzungsprozease.
säuren«). Bakterien — wenigstens lebende — fehlen daher im
eigentlichen Moorboden1) und überhaupt in Böden, die unter
Fäulnisbedingungen entstanden sind, durchaus, ja diese Böden
wirken sogar aseptisch. Bakterien sind gegen größere Säure¬
mengen empfindlich, weshalb sie den Torf meiden, und im Sa-
propel, das säurefrei ist, können Bakterien wegen der dichten
Packung mächtigerer Lagen nur in den oberen Schichten wirksam
sein: Nach den Untersuchungen von A. Stälström (1898) sowie
O. Fabriciüs und H. v. Feilitzen2 3) ist der Hochmoorboden in
natürlichem Zustande arm an Bakterien, der Flachmoorboden
reicher, in einiger Tiefe ist aber der Torf in beiden Fällen ganz
steril.
Die aseptische Wirkung der aus Torfmooren austretenden
Wässer und der »Schwarz wässer« überhaupt wird auch trefflich
durch die Tatsache nahegelegt, daß es sehr viel länger seinen
Zustand beibehält als die meisten anderen natürlichen Wässer.
Der Mississippi entspringt aus kleinen Seen und Torfmooren
in Minnesota und sein bis St. Louis noch deutlich braunes Wasser
hat sich 4 Jahre in Tonnen erhalten ohne zu verderben, und
das sogar in den Tropen und am Äquator8). Die Reisenden und
Indianer im Amazonenstromgebiet trinken denn auch mit Vorliebe
braunes Wasser4). Frisches Fleisch, in Torf verpackt, erhält sich
sehr lange ohne sich zu zersetzen und Proben von Obst-Sendungen,
verpackt in Torf-Mull, aus der nördlich gemäßigten Zone nach den
Tropen haben gute Resultate geliefert5 * *).
Wenn ich mir auch nicht verhehle, daß die folgende Beob¬
achtung noch eventl. einer kritischen Nachprüfung bedarf, so will
1) Yergl. z. B. Früh, 1883, S. 39 und Moore der Schweiz, 1904, S. 173.
2) Über den Gehalt an Bakterien in jungfräulichem und kultiviertem Hoch¬
moorboden (Centralbl. für Bakteriologie, II. Abt., März 1905, S. 161 — 168.)
3) Nach Lesquereux, mitgeteilt von Früh, 1885, S. 723 u. 1904, S. 156 — 157.
4) Yergl. z. B. Reindl, Die schwarzen Flüsse Südamerikas. München 1903,
S. 36 u. 38.
5) Siehe u. a. G. Schweinfurth, Der Torfmull und seine Bedeutung für den
Verkehr mit den Tropen. (Deutsche Kolonialzeitung, Berlin, 18. VIII. 1906,
S. 322—323.)
Zersetzungsprozesse.
17
ich sie doch zur Anregung für weitere Untersuchungen nach dieser
Richtung wiedergeben, da sie ebenfalls sehr gut für die desinfi¬
zierende Wirkung der vertorften oder in Vertorfung begriffenen
organischen Substanzen spricht. Rittergutspächter Walther Frei
berichtet nämlich1) über seine praktischen Erfahrungen mit Torf¬
streu. Als seinerzeit die Maul- und Klauenseuche in seinem Distrikte
ausbrach, hatte er zufällig Torfstreu vorrätig. Er stellte nun
alles Vieh auf Torfstreu und ließ fleißig einstreuen. Während
überall sonst in der Nachbarschaft die Seuche recht bösartig; auf-
trat und beispielsweise in einer benachbarten Bauerngemeinde
sieben Rinder daran eingingen, war in seinem Stall der Verlauf
äußerst gutartig. Die Klauen heilten schnell, die Euter wurden
fast gar nicht wund, und wo es doch der Fall, heilten dieselben
in wenigen Tagen ab. Von insgesamt hundert Rindern ging nicht
ein einziges, nicht einmal ein Kalb, durch die Seuche zugrunde.
Daß nun tatsächlich die Torfstreu so günstig gewirkt hatte, wurde
dem Verfasser klar, als er aus Sparsamkeitsrücksichten gegen Ende
der Seuche zur Einstreuung von Streustroh zurückging. In
wenigen Tagen trat bei einer Anzahl Kühe eine auffällige Ver-
schlimmerung ein. Alle bereits überwunden geglaubten Krank¬
heitserscheinungen flackerten wieder auf. Der Verfasser stellte
aber, sobald er dies bemerkte, alle rückfällig gewordenen Tiere
auf Torfstreu und diese haben in kurzer Zeit auch die letzten
Reste der Seuche überwunden.
Es ist dabei freilich nicht zu übersehen, daß die »Torfstreu«
und der »Torfmull« des Handels aus Sphagnetumtorf hergestellt
wird, und die Sphagnen sind toxische, besonders stark desinfi¬
zierende Pflanzen.
Nach alledem erhalten sich denn auch Organismen, die in ein
im Fäulnis-Stadium befindliches Material hineingeraten, über¬
raschend gut. Man hat in den Kaustobiolithen, die nur oder fast
ausschließlich Fäulnißprozessen ausgesetzt wTaren, den Eindruck,
als wenn gewisse in ihnen noch figuriert erhaltene organische Reste
geradezu wie in luftdicht verschlossenen Konservenbüchsen auf-
b Im Organ der schlesischen Landwirtschafts-Kammer 1905.
Neue Folge. Heft 55.
2
18
Zersetzungsprozesse.
bewahrt worden sind. Wir wollen hier — da dies gewisse wich¬
tige Tatsachen erklärt — insbesondere betonen, daß z. B. zarte
Algenformen, die, nach dem Absterben in reines Wasser getan, sich
sehr schnell zersetzen, sich jedoch im Moorwasser merkwürdig
gut erhalten1). Das geht so weit, daß oft genug namentlich in
Sapropel-Bildungen sogar der grüne Pflanzen- Farbstoff, das Chloro¬
phyll, noch vorhanden ist, während unter Vertorfungsbedingungen
sich das Chlorophyll schnell zersetzt2).
Hierbei spielt gewiß das Licht die Hauptrolle, denn Chloro¬
phyll ist im Lichte sehr leicht zersetzlich. Bei der Torfbildung
bleiben die grünen Pflanzen an der Oberfläche, bei reichlicher
Bildung von Faulschlamm aber können chlorophyllführende Orga¬
nismen sofort nach ihrem Absterben dem Licht entzogen werden,
indem sie auf den Boden eines Gewässers sinkend, dort leicht
schnell bedeckt werden, sei’s durch andere der Faulschlammbildung
entgegengehende Materialien, sei’s durch sonst welche Sedimente.
Bei solchem Lichtabschluß erhält sich Chlorophyll leicht, wie sich
denn Chlorophyll sogar und zwar als wichtigerer Bestandteil in
den Exkrementen von Raupen findet, aus denen es in ergiebiger
Menge rein erhalten werden kann3). Auch den Verdauungssäften
höherer Tiere widersteht Chlorophyll leicht.
Bei solchen Tatsachen war es denn möglich, daß seinerzeitEHREN-
BERG, veranlaßt durch den guten Erhaltungszustand vieler der Orga¬
nismen in Faulschlammgesteinen, zu dem uns jetzt so auffallend er¬
scheinenden Irrtum geführt werden konnte, daß gewisse Algen (Kie¬
selalgen, die Diatomeen) in diesen Schlammen noch leben. Er
glaubt4) »es durchaus und bestimmt aussprechen zu dürfen und
zu müssen, daß die vorhandenen Organisationsverhältnisse nicht
b Vergl. auch Früh, 1885, S. 723.
2) Früh, Moore der Schweiz, 1904, S. 173 — 174.
3) Nach A. Casali, nach einem Referat im Centralblatt für Agrikultur¬
chemie, 1891, S. 600 — 602.
4) Ehrenberg, Ein Lager foss. mikroskopischer Organismen. Berlin (Yerhandl.
d. kgl. Preuß. Akad. d. Wiss. zu Berlin, 1841, S. 231 — 235) und Weitere Resultate
seiner Untersuch, über die in Berlin lebenden mikroskopischen unterirdischen
Organismen (1. c, S. 362 — 364). Yergl. ferner 1. c. 1842, S. 294 usw.
Zersetzungsprozesse.
19
erlauben, die Massen für leblos zu erklären, so wenig auch dem
Ungeübteren in solchen Beobachtungen das Leben derselben ein¬
leuchten möchte«. Ja Ehrenrerg fügt sogar noch hinzu: »so
findet denn also Leben, grüne Färbung und Fortpflanzung der
kleinsten Organismen in lichtlosen fossilen Lagern statt, bei denen
das Wasser allein die Atmosphäre zu vermitteln scheint« (!).
Wenn bei der Zersetzung »die organische Substanz sich so
weit verändert hat, daß von einer solchen nach dem Sprachge¬
brauch nicht gut mehr die Rede sein kann, uud das entstandene
Produkt mehr einen anorganischen oder Gesteins -Habitus ange¬
nommen hat« *) wollen wir die weitere Zersetzung der festen Re-
sidua in Anlehnung an Gümbel2 3) als Inkohlung8) bezeichnen,
während wir von Verkohlung nur dann reden wollen, wenn
wirklich wesentlich das Element Kohle, besser Kohlenstoß:1, C, das
feste Residuum einer Zersetzung ist; die festen Inkohlungspro¬
dukte sind Kohlenstoff- Verbindungen, das feste Verkohlungs¬
produkt hingegen ist das Element Kohlenstoff (z. B. Holzkohle).
Die Inkohlung ist das Ende der Vermoderung und der Ver¬
torfung.
Bei der Fäulnis des Sapropels geht die Zersetzung einen
anderen Weg: als Endprodukte sind H- und O-reichere Verbin¬
dungen vorhanden, die zur Paraffin-Reihe und zu Naphten-Bil-
dungen neigen oder ihnen angehören. Wo dies auffällig wird,
sei nicht von Verkohlung, sondern von Bi tum in ierung gesprochen.
Unter Bitumen verstanden die Alten Erdöl und Asphalt4 * * *); wir
*) Sachsze, Agrikulturchemie, Leipzig 1888, S. 113.
2) Gümbel, Beiträge zur Kenntnis der Texturverh. der Mineralkohlen. 1883,
S. 191.
3) Sehr gut fügt Sachsze hinzu: daß beim Inkohlungsprozeß (er sagt wie
bisher üblich Verkohlungsprozeß), »bei dem die Beteiligung von Fermenten aus¬
geschlossen ist, durch die Atmosphärilien allein, allerdings in geologischen Zeit¬
räumen Veränderungen bewirkt werden, die den Veränderungen durch Fäulnis
ganz analog sind«.
4) Herr Oberlehrer Prof. Dr. Franz Matthias schreibt mir freundlichst:
»Das Wort Bitumen kommt wiederholt bei dem Architekten Vitruvius (unter
Augustus) und bei Plinius (f 79 n. Chr.) vor. Vielleicht liegt auch ein fremder
Wortstamm zugrunde«. Bei Rinne, Gesteinskunde 2. Aufl. 1905, S. 265 finde ich
die Angabe: Bitumen sei entstellt aus pix tumens (= aufwallendes Pech).
2*
20
Zersetzungsprozesse.
wollen hier unter bituminösen Gesteinen solche verstehen, die ent¬
weder sehr wasserstoffreiche Kohlenwasserstoffe enthalten (wie
Paraffine i. w. S. und Naphthene) oder schon nach einfacher Destil¬
lation (z. B. im Reagenzglase) leicht zu erkennen gehen. Es ist
für viele Fälle wahrscheinlich, daß Bitumina erst bei der Destil¬
lation entstehen; wo das in reicherem Maße geschieht, ist zu ver¬
muten, daß die organische Substanz des betreffenden Gesteins we¬
sentlich einen Fäulnisprozeß durchgemacht hat. Dabei ist freilich
sehr in Rücksicht zu ziehen, daß gewisse Pflanzen resp pflanzliche
Teile vermöge ihrer chemischen Zusammensetzung (so ölproduzie¬
rende Algen, harz- und wachshaltige etc. Teile) und insbesondere
die Tiere eine größere Tendenz haben, wasserstoffreiche Verbin¬
dungen zu liefern als die so verbreiteten Kohlenhydrate (Holz etc.)
der höheren Pflanzen. Da die Kohlenwasserstoffe im allgemeinen
um so mehr den festen Zustand verlassen, je größer der Wasser¬
stoffgehalt ist, so zeigen die Bitumina mehr oder minder weiche
bis flüssige Konsistenz.
Freilich ist bei der Bituminierung nicht außer acht zu lassen,
daß mit ihr eine Inkohlung Hand in Hand geht.
O o
Auf Grund dieser meiner Definition hat Friedrich Späte
eine Anzahl rezenter und fossiler Sapropelite analysiert, und er
kommt zu einer Bestätigung, indem er nunmehr — vermöge seiner
Analysen — den Begriff der Bituminierung wie folgt erläutert1):
»Wie die Inkohlung, führt auch die Bituminierung zu einer An¬
reicherung des Kohlenstoffs. Während aber bei der Inkohlung
der Kohlenstoff sich auf Kosten sämtlicher anderen Komponenten
anreichert, reichern sich hier Kohlenstoff und Wasserstoff gemeinsam
auf Kosten der übrigen Komponenten (O, N, S) an«. Stremme2),
der ein ausführliches Referat von Späte’s Arbeit gibt, drückt sich
so aus: »Wir definieren danach die Bituminierung als einen in
der organischen Substanz der Sapropelgesteine vor sich gehenden
b Späte, Die Bituminierung. Ein Beitrag zur Chemie der Faulschlamm¬
gesteine. Inaugural-Dissertation, genehmigt von der phil. Fak. der Univers. zu
Berlin, 1907, S. 44—45.
2) Stremme, Über die Bituminierung (Monatsber. der Deutsch. Geolog. Ge-
sellsch. 1907, S. 160).
Zersetzungsprozesse.
21
Prozeß, durch den der Kohlenstoff angereichert und der Sauerstoff
gemindert wird, während er den Wasserstoffgehalt nicht ändert«.
Stremme gibt1) 57 Analysen zusammenfassend zur Bestätigung
des Gesagten die folgende Tabelle:
Sapropelgesteine
Humusgesteine
Liptobiolithe
C
pCt.
H
pCt.
H
C =
auf
- 100
C
pCt.
H
pCt.
H auf
C = 100
C
pCt.
H
pCt.
H auf
C = 100
Quartär . . .
50—57
6-7
12
50-60
5—6
10
72—82
7—11
12
Tertiär . . .
65
8,5-9
13
60—75
4—6
7,5
64-86
5,5 — 11,5
12,5
Mesozoikum
69,5 — 76
8,5-12
14
75-87
4 — 5
5,5
—
—
—
Paläozoikum
75-83
7,5-10
11
80-95
1,5-6
4
—
—
—
Übersichtlich gibt die folgende Tabelle das Wichtigste von dem
wieder, was im Vorausgehenden über die Zersetzungsprozesse ge¬
sagt wurde.
Bezeichnung
der Prozesse
Verh alten
des 0
V erhalten
des HoO
Es handelt sich
kurz
Entstellende Gesteine
Diesen Pro¬
zessen sind be¬
sonders Land-
und Sumpf¬
pflanzen aus¬
gesetzt
Diesem Pro¬
zeß sind be¬
sonders die
echten
Wasser - Orga¬
nismen aus¬
gesetzt
Verwesung
findet statt . .
Ver¬
moderung
findet statt . .
Vertorfung
findet statt . .
bei Gegenwart
von 0
bei Gegenwart
von weniger 0
und Vorhan¬
densein von
Feuchtigkeit
Es bleiben keine brenn-
um eine vollständige baren C-haltigen Pro-
Oxydation ! dukte zurück
zunächst bei
Gegenwart,
sodann bei
Abschluß von
0 .
und zunächst
bei Gegenwart
von Feuchtig¬
keit, sodann
in stagnieren¬
dem H2O
In¬
koh¬
lung
u
<0
Fäulnis
findet statt .
bei Abschluß
von 0 . . .
und in
stagnierendem
HoO
wesentlich
um Destil¬
lationen :
.Reduk¬
tionen
Feste Verbin¬
dungen, die
C-reiche Kohlen¬
wasserstoffe er¬
geben
Ul
Ö
)jj
M
o
Feste Verbin¬
dungen, die
C-ärmere (H-rei-
chere) Kohlen¬
wasserstoffe
liefern
CD
Pj
o
f-l
p.
c5
m
x) Vergl. auch Stremme und Späte, Die Verwitterung der brennbaren orga-
nogenen Gesteine (Kaustobiolithe). (Zeitschrift für angewandte Chemie, Leipzig
1907, S. 1842.)
22
Zersetzungsprozesse.
Die folgenden beiden Tabellen sollen die Erinnerung wach
rufen, inwiefern die Vergleiche der geschilderten Prozesse mit der
Verbrennung und Destillation zutreffende sind.
Oxydation.
Bei der langsamen Verbrennung,
der Verwesung,
entstehen insbesondere:
Bei der schnellen Verbrennung
im Feuer
entstehen insbesondere:
viel Wasser
viel Wasser
Kohlendioxyd
Kohlendioxyd
Humus, der bei fortschreitendem
Prozeß ebenfalls wesentlich in
verkohlte (gebräunte und geschwärzte')
Materialien, die bei fortschreitender
Verbrennung ebenfalls wesentlich in
Wasser und
Wasser und
Kohlendioxyd aufgeht.
Re du
Kohlendioxyd aufgehen.
ktiou.
Bei der langsamen Destillation,
der (Vertorfung und) Fäulnis
entstehen besonders:
Bei der schnellen Destillation
unter Feuer
entstehen besonders:
Methan
Leuchtgas
Ammoniak x)
Ammoniak
Kohlendioxyd Kohlendioxyd
Humus und Sapropel, d. h. flüssige
und feste Kohlenstoffverbindungen.
Koks und mehr minder flüssige Koh¬
lenstoffverbindungen wie Teer.
Daß in der Natur die 4 Prozesse (Verwesung, Vermoderung,
Vertorfung und Fäulnis) rein kaum allein Vorkommen, sondern
fast stets zusammen, so daß freilich meist einer dieser Prozesse das
Übergewicht hat, braucht kaum besonders hervorgehoben zu werden.
l) Die Entstehung von NH3 durch weitere Zersetzung von Sapropel kann
man ad oculos leicht durch Erzeugung von NEUCl-Nebel durch Einführung
eines in HCl-Lösung getauchten Glasstabes in ein nur zum Teil mit Sapropel
gefülltes Glas beobachten.
Zersetzungsprozesse.
23
Über den wichtigen Prozeß der Vertorfung sei noch beson¬
ders erwähnt, daß Verwesungs- und Vermoderungs-Prozesse bei
demselben in den oberen, der Luft zugänglichen Partieen vor sich
gehen. Kleine erhöhte Partieen auf der Oberfläche von Mooren,
die wir als Bülte noch näher kennen lernen werden, sind beson¬
ders disponiert zu Moder zu werden *). Bei dem in die Höhe¬
wachsen eines Torfmoors rücken aber die ursprünglich an der
Oberfläche gelegenen Partieen immer tiefer und werden so immer
mehr von der Luft abgeschlossen. In diesen Teilen kommt dann
nur noch der Fäulnisprozeß in Frage, namentlich dann, wenn
die in Zersetzung begriffenen Substanzen ständig durch stehendes
Wasser bedeckt sind. Haß Torf (im zweiten Stadium) unter Luft¬
abschluß gebildet wurde, kann man schon dadurch wahrnehmen,
daß er, frisch gestochen, oft eine andere (braune) Farbe besitzt
als diejenige ist, die er an der Luft annimmt, an der er nach¬
dunkelt, schwarz wird. Dieselbe Erscheinung kann man übrigens
auch noch an Braunkohle (z. B. derjenigen des Revieres N. W.
von Cöln) beobachten.
Es handelt sich demnach im wesentlichen im zweiten (Fäulnis-)
Stadium der Vertorfung um eine langsame Zersetzung der Humus-
Stoffe, dadurch bedingt, daß sie in chemischer Hinsicht leicht aus
dem Gleichgewicht kommen. Es ist clabei die Tendenz vorhanden,
eine homogene Humussubstanz zu bilden, die wir später unter
dem Namen Dopplerit näher kennen lernen werden. Diese Zer¬
setzung hat sogar mit der Erreichung des Inkohlungs-Zustandes
— wie die Weitererzeugung von Kohlendioxyd und Methan er¬
weist, das mit Luft gemengt die explosiblen »Grubengase«
(schlagenden Wetter) ergibt — also mit der Steinkohlenbildung
noch nicht ihr Ende erreicht. Die beim Anbohren von Torflagern
mit der Peilstanoce oft zischend und fauchend ausströmenden Gase
besagen dasselbe, ebenso wie die »mudlumps« (d. h. Schlamm¬
klumpen, Schlammassen) des Mississippideltas, das sind kleine
Schlammhügel mit kraterförmigem Gipfel, die dort beobachtet
x) Siehe auch C. A. Weber, Frühdiluviale und vorzeitliche Flora bei Lüne¬
burg, 1904 S. 12, Anmerkung.
24
Zersetzungsprozesse.
werden, wo alluviales anorganisches Sediment mit organischer
Substanz gemischt ist, die sich nun zersetzt und die entstandenen
gasförmigen Produkte in dem leicht zersetzlichen Sediment aus¬
stößt, wodurch die mudlumps entstehen1).
Es ist hervorzuheben, daß in den letzterwähnten Fällen nur
eine Selbstzersetzung (sogen, rein chemische Zersetzung) in
Frage kommen kann.
»Es ist also nicht richtig, daß die weitere Zersetzung der
Humusstoffe durch lebende Organismen unterhalten wird. Es sei
diesbezüglich darauf hingewiesen, daß Gemüse und Fleisch auch
in den fest verschlossenen Konservenbüchsen sich, wenn auch
sehr langsam, so doch tatsächlich allmählich zersetzt, und zwar
tun dies alle Konserven, ohne daß lebende »Konserven-Verderber«
vorhanden zu sein brauchen, die natürlich sehr schnell arbeiten.
Die Konserven werden bei der Selbstzersetzung geschmacklos und
beginnen zu zerfallen, das Fleisch zerfasert sich, wie jede große
Konservenfabrik weiß. Was schließlich daraus werden würde,
ergibt sich aus dem Studium der fossilen Humus- und Sapropel-
bildungen, die nun in großen Zeiträumen solchen Bedingungen
ausgesetzt waren: wir würden, je nach dem konservierten Material,
entweder Inkohl ungs- oder Bituminierungs-Produkte erhalten.
Sind diese Erfahrungen an gut sterilisiertem Inhalt von Kon-
servenbüchsen hinreichend zur Begründung der Selbstzersetzung
unter Luftabschluß, so sei noch auf Experimente hingewiesen, die
P. P. Deherain und C. Bemoussy2) angestellt haben, die auch
Selbstzersetzung ergaben bei Vorhandensein von Luft (von Sauer¬
stoff“). Es sei nur eines dieser Experimente angeführt.
25 g Humuserde und 6 g Wasser wurden in einer mit
Wattepfropfen verschlossenen und zugeschmolzenen Röhre zunächst
durch einstündiges Erhitzen auf 120° C. sterilisiert. Nach dem
Erkalten wurde die zugeschmolzene Spitze abgebrochen und die
b Yergl. Rud. Credner, Die Deltas. (Peter mann’ s geographische Mittei¬
lungen. Ergänzungsheft Nr. 56, 1878, S. 18.)
2) Annales agron. 1896, Bd. 22, p. 305.
Zersetzungsprozesse.
25
Luft aus der Röhre gepumpt. Dann ließ man frische Luft eiu-
treten, die durch einen Wattepfropfen keimfrei gemacht wurde,
schmolz die Röhre wieder zu und ließ sie 1 1 Tage bei Zimmer¬
temperatur stehen. Nach Beendigung des Versuchs fanden sich
20,3 ccm Luft mit 2 ccm Kohlendioxyd und 1,6 ccm Sauerstoff.
Hier war also mehr Sauerstoff verbraucht, als zur Kohlendioxyd¬
bildung nötig war.
Wir sind bei den Vorgängen in der Natur, da sie in geolo¬
gischen Zeiträumen vor sich gehen, in der Zeit nicht beschränkt;
die bald eintretende langsame Selbstzersetzung erklärt es, daß sich
trotz der gewaltigen Zeiträume, die vergangen sind seitdemBeginnder
Entstehung aller Kohlen und Bitumina, doch figurierte Bestandteile
noch erhalten haben. Bei der dauernden Mittätigkeit von Orga¬
nismen, die außerordentlich schnell zersetzend wirken, würde das
nicht verständlich sein. »Die Fermente — sagt Carl Oppen-
heimer1) — sind im Stande, chemische Prozesse auszulösen, die
auch von selbst, wenn auch in langsamerem Verlaufe,
einzutreten bestrebt sind«. So sagt z. B. auch schon Ro¬
bert Sachsze2): »Es wäre prinzipiell falsch, wollte man die Zer¬
setzung organischer Stoffe lediglich als Fermentwirkung ansehen,
oder wollte man annehmen, daß jene, wenn nur vor Fermenten
geschützt, unveränderlich sein würden, da man damit den organi¬
schen Verbindungen eine geradezu unerklärliche Festigkeit zu¬
sprechen m ii ßt e « .
Die Selbstzersetzung kann man sich so vorstellen, daß die
chemischen Verbindungen der noch nicht absolut mineralisierten
organischen Zersetzungsprodukte bei ihrer Labilität u. a. bestrebt
sind, weitere Reduktionen vorzunehmen, sich also gegenseitig des
Sauerstoffes zu berauben suchen. Sofern dabei Gase entstehen,
werden die zurückbleibenden festen (oder flüssigen) Verbindungen
sich immer mehr Kohlenwasserstoffen und schließlich dem reinen
Kohlenstoff nähern müssen.
J) Oppenheimer, DieFermente und ihre Wirkungen, 2. Aufl., Leipzig 1903, S. 18.
2) Sachsze, Lehrbuch der Agriculturchemie 1888, S. 111.
26
Zersetzungsprozesse.
Auch hei noch lebendem organischem Gewebe sind ja Zer¬
setzungen bekannt, die auf Einwirkungen von Bakterien und
Pilzen nicht zurückzuführen sind. Die eintretende Braunfärbung
absterbender Pflanzen zeigt beginnende Humusbildung an; ein
Apfel bräunt sich auf den Schnittflächen sehr schnell, innerhalb
weniger Minuten, gewiß ein Zeichen — meint Hoppe-Seyler — ,
daß in diesem Fall die Spaltpilze unschuldig sind. Nicht nur das
Torfwasser ist bakterienfrei, sondern sogar der zu praktischer
Verwendung zerkleinerte Torf, »Torfmull«, besitzt, wie wir sahen,
noch »ein ziemlich starkes Desinfektionsvermögen«1).
In den Torfmooren haben wir also im Allgemeinen in den
oberen Partieeu , denen der Luft-Sauerstoff in Fülle leicht zu¬
gänglich ist, Verwesungsprozesse, darunter tritt Vermoderung,
dann Fäulnis ein.
Schließlich muß noch darauf hingewiesen werden, daß nicht
nur Unterschiede der erreichten Kau stob iolithe zwischen Humus
und Sapropel zu statuieren sind, sondern auch innerhalb der Bil-
düng der Humusprodukte selbst. So sind auch die Torfe ver¬
schieden, je nach der vorwiegenden Masse der der Vertorfung
unterliegenden Bestandteile. Moose und in Folge dessen auch
Moostorfe z. B. sind sehr schwer zersetzbar und erhalten sich sehr
lange als Mooslager eventuell zwischen sehr stark zersetzten Torf-
lagern, die dann aber aus anderen Pflauzen-Gemeiuschaften her-
vorgegangen sind, wie z. B. wesentlich aus Heide: Heidetorf wird
schnell schwarz und breiig.
b Vergl. z. B. Wollny, Zersetzung, 1897, S. 272 — 273.
Allgemeines zur Genesis von Kaustobiolithen.
Sehen wir uns nach Orten auf der Erde um, wo Gelegenheit
gegeben ist, brennbare organische Produkte so zu bewahren, daß
nicht durch Verwesung das gesamte Material zum Verschwinden
gebracht wird, fragen wir nach der Art der Örtlichkeiten, wo
hinreichende erhaltungsfähige Ansammlungen von kaustobiolithi-
scher Substanz möglich sind, so erhalten wir darüber am besten
und schnellsten eine generelle Auskunft, wenn wir uns die Ent¬
stehung solcher Ansammlungen vergegenwärtigen. In kurzer
Übersicht wären die folgenden Fälle zu unterscheiden:
I. Alltoclitkonie : Die festen Zersetzungsprodukte sind boden¬
eigen, d. h. sie erhalten sich am Heimatsorte der Organismen,
wo sie lebten. Je nachdem es sich um im Wasser oder in der
Luft lebende Organismen handelt, ist zu unterscheiden eine
1. aquatische Autochthonie (= autochthone Sedi¬
mentation) von einer
2. terrestrischen Autochthonie.
Di ese Unterscheidung ist geboten wegen der Hinneigung der
ersteren zu den allochthonen Bilduugeu. Die Reste der im Wasser
lebenden Pflanzen und Tiere werden am Boden des Gewässers,
in dem sie lebteu, aufgespeichert. Bei Bewegung des Wassers
kann eher eine partiell größere Anhäufung, z. B. in Buchten, statt¬
finden als an anderen Steilem Die aquatische Autochthonie ist
auch als autochthone Sedimentierung bezeichnet worden, im Gegen¬
satz zur allochthonen Sedimentierung von herbeigeführtem Ton,
Sand u, dgl.
28
Allgemeines zur Genesis von Kaüstobiolithen.
II. Allo clitllO llie : Die festen Zersetzungsprodukte sind boden¬
fremd, d. h. es findet ein Transport und darauffolgende Ablage¬
rung vorwiegend von Pflanzen-Materialien statt.
O O
1. Wehen: Ablagerungen durch Vermittelung des Windes.
O O O
2. Drift, Verschw emmung (allochthone Sedimen-
tierung): Ablagerung durch Vermittelung des Wassers. — (Durch
die Drifttheorie von Lyell, der mit dieser die Anschauung zum
Ausdruck brachte, daß unsere erratischen Blöcke einst von schwim¬
menden Eisbergen herbeitransportiert worden sein sollten, ist das
englische Wort drift so in die geologische Terminologie überge¬
gangen, daß es wohl am besten ist, dieses Wort für durch Ver-
mittelung von Wasser herbeigeführte Materialen beizubehalten.
Drift und Trift sind ja übrigens auch deutsch.) — Es sind zu
unterscheiden:
a) S t r a n d d r i ft , U f e r d r i f t : Ansch wem m ung an das
Land, und
b) Flötzdrift1): Ablagerung der gedrifteten Materialien unter
W asser. Sofern diese hier dauernde Lager bilden, entsteht ein
Flötz im eigentlichen Sinne des Wortes. Es ist angezeigt, zu
unterscheiden zwischen
ci) Nahedrift und
ß) F erndrift.
Es kann gedriftet werden: 1. frisches, zum Teil noch leben¬
des Pflanzen-Material, 2. rezentes oder fossiles kaustobiolithisches
Material,
b Da in den Worten Driften und Flößen übereinstimmend der Begriff des
durch Wasser von der Stelle Bewegten zum Ausdruck kommt, enthält die obige
Bezeichnung »Flötzdrift« einen Pleonasmus; jedoch ist darauf zu achten, daß der
Geologe und Bergmann mit »Flötz« ein durch Sedimentation (unter Wasser) ent¬
standenes Gesteinslager bezeichnet. Flötzdrift soll also heißen; diejenige Drift,
die unter Wasser sich bildende Lager veranlaßt. — Es sei die Gelegenheit
benutzt hier hinzuzufügen, daß ich Flötz nicht Flöz schreibe. Dr. W. Gothan
macht diesbezüglich auf analoge Wörter aufmerksam (Naturwiss. Wochenschr. vom
19. Nov. 1905 p. 751) wie reißen — Ritze, (ge-)nießen (Nießbrauch) — nützen
(Nutzen), schießen — Schütze, Schweiß — schwitzen, heiß — Hitze. Dement¬
sprechend kann aus fließen nur Flötz werden.
Allgemeines zur Genesis von Kaustobiolithen.
29
3. Moor- Au sb rii che (Mur gänge) und Rutschungen
(Schlipfe).
4. a) Durch Niederschlag aus Lösungen, wie Humus¬
säure-Niederschläge aus »Schwarz wasser«. b) Durch ehe¬
rn i s c h e ü m bildu ng von Sa propel-Bestand teilen von
Sapropeliten zu wandernden flüssigen Kaustobiolithen
(Petroleum) oder zu festem Kaustobiolith (wie Ozokerit = Resi¬
duum von Petroleum nach der Verflüchtigung der leichteren
Kohlenwasserstoffe).
Es lassen sich naturgemäß scharfe Grenzen zwischen diesen
Fällen nicht ziehen, und ferner kann ein und dasselbe Kausto-
biolith-Lager in seinen verschiedenen Teilen in verschiedener Weise
zu Stande gekommen sein. Diesbezüglich sei als Beispiel auf die
später näher beschriebenen Sapropel-Gesteine aufmerksam gemacht,
die im wesentlichen aus den Resten der Organismen bestehen, die
im Wasser gelebt haben, so daß im ganzen aquatische Autochthonie
vorliegt. In die Sapropel-Gesteine sind aber während ihrer Ent¬
stehung mehr oder minder zahlreiche Teile durch Drift hineinge-
raten. Durch Ferndrift können z. B. Holzfragmente u. dergl.
hinzugekommen sein, durch Nahedrift andere Elemente, wie
z. B. Reste von Landpflanzen, die am Ufer oder in unmittel¬
barer Nähe des Wassers lebten, so Blätter, Früchte, Blütenstaub
u. dergl., die dann unfern ihrer Herkunft Beiträge zur Ablage-
rung liefern. Wenn wir uns in der Jetztzeit umsehen, welcher Vorgang
oder welche von den aufgeführten Vorgängen heute für die Ent-
stehuug von Kaustobiolithen ausschlaggebend sind, so bemerken
wir, daß der Fall der Autochthonie so außerordentlich die anderen
aufgeführten Fälle überwiegt, daß die anderen dagegen geradezu
verschwinden. Nichtsdestoweniger werden gerade die gelegent-
liehen Vorkommnisse von vielen Autoren zur Erklärung der Ent-
Stellung der fossilen Lager von Kaustobiolithen, insbesondere von
Kohlenlagern, in den Vordergrund gerückt. Aber man durch¬
schaut schnell, daß diesen Autoren die für die Beurteilung der
Frage nötige allgemeine Übersicht fehlt, daß sie auf einen neben-
geordneten Punkt, sei s durch Beobachtung, sei s in der Literatur,
30
Allgemeines zur Genesis von Kaustobiolithen.
gestoßen sind und diesen nun sofort, ohne weitere Studien anzu¬
stellen, als generelle Grundlage für ihre Erklärungen benutzen,
unbekümmert um das ihnen unbekannte oder sehr ungenügend
bekannte Wichtigere. Aber auch auf unseren wie auf allen wissen¬
schaftlichen Gebieten ist nur durch volle kritische Berücksichtigung
des gesamten zum Gegenstände gehörigen Stoffes eine der Natur
entsprechende Ansicht zu gewinnen.
Es sei erwähnt, daß ein kritischer Vergleich der heutigen
Merkmale für Autochthonie und Allochthonie mit denen, die noch
die fossilen Verhältnisse hergeben, unweigerlich dazu führt, auch
die ganz überwiegende Mehrzahl der fossilen Kaustobiolithe als
autochthone anzusehen. Das Gros der Steinkohlenlager z. B.
ist durchaus autochthon : man sollte also eigentlich nicht von
Steinkohlen f 1 ö t z e n sprechen 1).
!) Eine Übersicht hierüber habe ich geboten in der kurzen Schrift: »Ent¬
stehung der Steinkohle« (4. Aufl., Berlin 1907 [1.— 3. Aufl., 1905]) und in der
Abhandlung »Formation de la houille et des roches analogues y compris les pe-
troles (Publications du Congres international des mines, de la metallurgie, de la
mecanique et de la geologie appliquees, Liege 1905). In Vorbereitung befindet
sich seit langem als 5. Aufl. ein ausführliches Werk über denselben Gegenstand.
Übersicht über die Kaustobiolithe
und ihre Lagerstätten.
Bevor ich mich nun über die rezenten Kaustobiolithe und
ihre Lagerstätten eingehend verbreite, halte ich es für zweckin äßig,
eine kurze Übersicht der fundamentalsten Hauptpunkte des nun¬
mehr zu behandelnden Gegenstandes vorauszusenden, wobei ich
wegen der entscheidenden Wichtigkeit, die die Klassifikation der
rezenten Kaustobiolithe für diejenige der fossilen und deren Genesis
besitzt, auch Andeutungen über die entsprechenden fossilen Bil¬
dungen machen werde. Ich halte mich dabei an diejenigen kurzen
Übersichten, die ich bereits im »Protokoll über die Versammlung
der Direktoren der geologischen Landesanstalten der Deutschen
Bundesstaaten« (verhandelt Eisenach, den 22. Sept. 1905) und in
den »Sitzungsberichten der königl. preuß. Akademie der Wissen¬
schaften« (vom 13. Februar 1908) geboten habe, nur daß ich dem
vorliegenden Zweck entsprechend hier anschließend daran auch
einen Spezialfall mit Beigabe einiger Abbildungen bringe und auch
sonst Veränderungen vornehme. Die umfangreiche darauffolgende
Darstellung wird durch die knappe übersichtliche Einführung in
den Gesamtgegenstand durchsichtiger werden, wenn es sich auch,
wie gesagt, in dem Schlußbeispiel nur um einen Sonderfall han¬
delt. Die Vorführung desselben bietet aber den Vorteil, nicht durch
gleichzeitige Berücksichtigung von Abweichendem störend abge¬
lenkt zu werden, so daß von vornherein die Gewinnung eines
typischen Maßstabes ermöglicht wird, der es dann gestattet, die
abweichenden Besonderheiten durch Vergleich richtig zu erfassen.
o ö
32
Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten.
I. Sapropelgesteine.
Die Sapropelgesteine sind besonders Sapropelite, wobei
»Pelit« nur auf die feine, tonartige Beschaffenheit hinweist. Ein
Sapropelit kann ganz rein sein (ausschließlich aus organischen
Resten hervorgegangen), oder kann noch anorganische Bestand¬
teile, ebenfalls von Pelitnatur, enthalten. Wo die Sapropelgesteine
viele psammitische Bestandteile haben, ist von Sapropsam miten
zu sprechen, die weit seltener sind.
Lagerstätten von Sapropelgesteinen sind vor allem stagnierende
bis halbstagnierende Wässer. Sind sie mit Sapropel -oder Sapropel
enthaltenden Sedimenten vollständig erfüllt, so haben wir sehr
gefährliche Sümpfe.
Sapropel entsteht aus den im Wasser lebenden tierischen
und pflanzlichen Organismen, unter denen für die Sapropel-Bildung
die Planktonten die hervorragendste Rolle spielen. Die abgestor¬
benen Organismen und die Exkremente der Tiere sammeln sich am
Grunde der Gewässer an, wo sie oft mächtige Schichten bilden,
die jedoch stets, wenn auch zuweilen nur untergeordnet, Drift¬
bestandteile enthalten; so findet sich so gut wie immer im Sa¬
propel Blütenstaub von Wiudblütlern. Auch in bewegtem Wasser,
vorausgesetzt, daß die sapropelbildenden Teile schnell etwa durch
Tonsediment zur Einbettung gelangen, kann ein Sapropelit ent¬
stehen. Rezentes frisches Sapropel ist ein Schlamm: ein fließender
dünner Brei.
Im Gegensätze zu den Humusbildungen, deren wesentliche
Urmaterialien Kohlenhydrate sind, spielen in den Sapropelurma-
terialien die Fette und wohl auch die Proteine, überhaupt ihre
besondere chemische Zusammensetzung eine besondere Rolle, d. h.
die genannten Stoffe üben einen wesentlichen Einfluß auf die ent¬
stehenden Kaustobiolithe aus, indem die sich zersetzenden Kohlen¬
hydrate anders charakterisierte Gesteine ergeben wie Urmateri¬
alien, die weniger Kohlenhydrate, dafür aber relativ viel Fettsub¬
stauzen etc. enthalten, deren Zersetzung daher auch andere Pro¬
dukte liefert.
Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten.
Unter Sapropel verstellen wir nur die noch wirklich oxydier¬
baren (brennbaren) kohlenstoffhaltigen Teile; sind diese bereits
ganz oder fast ganz oxydiert, so können zwar immer noch we¬
sentlich orgauogeue Bestandteile Zurückbleiben, z. B. beim Diato-
meenpelit die Schalen, aber dieser Rest ist kein Sapropel mehr,
sondern tritt zu den Akaustobiolithen über.
Saprokoll (Faulgallerte) ist älteres, fest-gallertig gewor¬
denes Sapropel, es sei denn, dato sich in dem Gestein sehr zahl¬
reiche Skelettteile, z. B. Diatomeenpanzer, befinden, wodurch die
gallertige Konsistenz naturgemäß sehr wesentlich herabgemindert
werden kann.
Von fossilen Sapropeliten gehören hierher die reinsten tertiären
Dysodile und die reinsten paläozoischen usw. Can n eikohlen.
B oghe adko lilen sind meist So »aschereich«, daß sie oft fossile
Sapropeltone sind. Die fossilen, aus Sapropel hervorgegangenen
Kohlen (S apanthrakone) sind Mattkohlcn.
Sapropel- (Saprokoll-) T o r f e b e z w. T o r f s a p r o p e 1 e
(-sap rokolle) nennen wir solche Kaustobiolithe, die sowohl in
auffälliger Weise Sapropel- als auch Torfbestandteile enthalten,
und zwar kann man unterscheiden: 1. Streifentorfe, bei denen
schwache Saprokoll- und Torflagen miteinander abwechseln.
2. Sumpftorfe, deren Struktur, da die Sapropel- mit der Torf¬
bildung gleichzeitig einhergeht- homogener als die von Streifen-
torfen ist. 3. Doppleritsaprope 1 bezw. -saprokoll, der Sa¬
propel bezw. Saprokoll mit reichlichem Humussäure- bezw. Schlämm-
und Schwemmtorfzusatz ist. — Von fossilen Sapropeliten wären
die Streifen kohlen fossile Streifentorfe, gewisse »Pseudo-
cannelko lilen« fossile Sumpftorfe bezw. fossile Dopplerit-
sapropele.
D i ato ni een sapr op el bezw. -saprokoll nennen wir einen
Sapropelit, in welchem die Diatomeen gegenüber allen anderen
Bestandteilen ganz außerordentlich überwiegen, so daß sie die
Hauptmasse ausmachen. — Diatomeenpelite umfassen sowohl
die Diatomeensapropele bezw. -saprokolle als auch die aus bloßen
3
Neue Folge. Heft 55.
34
Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten.
Diatomeenschalen zusammengesetzten Gesteine, die brennbare or¬
ganische Materialien nicht mehr enthalten. — Da die Diatomeen-
Schalen aus SiC^-f-t^O bestellen, sind, sie relativ leicht löslich
und werden daher fossil zeitlich nach rückwärts immer seltener.
Die gelöste Si0*2 schlägt sich daun gern zu opalartigen Konkre¬
tionen nieder, wie der »Menilit« im Menilit-Schiefer eine solche
Bildung ist.
Sapropel- (bezw. Saprokoll -) K alk oder Kalks apropel
(bezw. -saprokoll) ist Sapropel mit einem hohen schwankenden
Gehalt an organogenem Kalk und dem von Pflanzen niedergeschla-
genen Kalk. — (Bei sehr geringem oder fehlendem Sapropelgehalt
haben wir den Seekalk [wenn das Material am Grunde von
Gewässern auftritt] oder Moorkalk bezw. Wiesenkalk [wenn
verlandetes Wasser von Torf eingenommen wird, unter dem sich
nunmehr das Material vorfindet]. Streng genommen gehören diese
als Akaustobiolithe nicht hierher.) — Häufig ist bei diesen Ge¬
steinen ein mehr oder minder reichlicher Gehalt an Diatomeen,
die bei ihrer Auffälligkeit unter dem Mikroskop zu einer Ver¬
wechslung mit Diatomeenpelit geführt hat. Hierher gehört z. B.
die sogenannte »Berliner Infusorienerde« Fiirenberg’s, bei der
es sich um Diatomeen führenden Sapropelkalk (und Saprokollkalk)
handelt. — Fossile Sapropelkalke usw. sind die bituminösen
Kalk e.
Sapropel- bezw. Saprokol leiden sind Sapropelite mit
Ton- oder Sand- oder Mergelzusatz. Im Schlammzustande sind
sie oft so sapropelähnlich, daß sie sich nur unter dem Mikroskop
und chemisch zu erkennen geben; lufttrocken hingegen sind sie
andererseits oft wieder nicht von sapropellosen Tonen, Sanden
oder Mergeln zu unterscheiden. Wenn es sich um duukelgefärbte
Sapropelite handelt, ist oft die wesentliche, starke Aufhellung be¬
merkenswert, namentlich wenn der Schlamm Einfach-Schwefel-
eisen (FeS) enthielt. (Reine Snpropelite dunkeln im Gegensatz
hierzu oft nach.) — 1. Sapropelton sieht meist aus wie Ton, da
die Sapropelbestandteile oft nicht oder kaum färben; jedocli ist
der Sapropelton von sehr weicher (halbflüssiger), schlammiger,
Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten.
gallertiger Konsistenz. Derzeitig werden sowohl der Sapropeltou
wie der kein Sapropel enthaltende Ton beide zusammengeworfen
und häufig als Schlick bezeichnet. Beim Erhitzen unter Luftab¬
schluß wird der Sapropeltou aber durch den Destillationsrück¬
stand (Kohlenstoff) des Sapropels schwarz, wodurch das Gestein
als Sapropeltou leicht von bloßem Ton unterschieden werden kann.
Wenn man ganz sicher gehen will, wird man eine mikroskopische
Untersuchung vorangehen lassen. Je nach dem geringeren oder
höheren Tongehalt gewinnen die Sapropeltone die von dem luft¬
trocknen Sapropel her bekannte hohe Festigkeit oder sie zer¬
fließen, in Wasser getan, wie Ton. — Von fossilen Sapropeliten
gehören die bituminösen Schiefertone und Tonschiefer
hierher (Posidonomyenschiefer usw.). — 2. Sapropelsand kann
flüssig-gallertig sein, da der Sand — meist Feinsand — im Sa-
propel suspendiert ist. Lufttrocken — oder wenn er in der Natur
den Schlammzustand verlassen hat (z. B. in Profilen) — sieht er
aber wie Sand, gewöhnlich Feinsand, aus und ist hell, gewöhnlich
hellgrau bis dunkelgrau. Besonders wenn es sich um Feinsand
handelt, ist der Sapropelsand im lufttrocknen Zustande locker,
porös, zuweilen so stark porös, daß man einen stark ausgelaugten
Feinsand oder einen Diatomeenpelit vor sich zu haben glaubt.
Beim Erhitzen unter Luftabschluß wird er aber wie der Sapropel-
ton durch den Destillationsrückstand schwarz. Eine vorherige
mikroskopische Untersuchung ergibt natürlich figurierte Sapropel-
bestandteile (z. B. u. a. auch Diatomeen, wodurch eine Verwechs¬
lung mit Diatomeenpelit erst recht möglich ist). Die lockere Be¬
schaffenheit des nicht mehr im Schlammzustande befindlichen Sa-
propelsandes bedingt die leichte vollständige Zersetzung der
Sapropelbestaudteile. Die Sapropelsande zeigen also nach dem
Gesagten lufttrocken nichts von der bedeutenden Festigkeit des
O
lufttrockneu Sapropels, sondern zerfallen sehr leicht.
36
Übersicht über die KaustobioJithe und ihre Lagerstätten.
II. Humusgesteine.
A. Lagerstätten.
Bildung von Humus'findet statt: a) auf dem Boden, und zwar
auf nassem und troeknem, b) untergeordnet in dem Boden durch
sich zersetzende oder solche Pflanzenteile, die in frischem Zustande
von Sedimenten eingebettet werden. Diese Bildungsstätten
können zu Humuslagerstätten führen, und zwar sind die wichtig¬
sten derselben die Moore. Es gibt aber auch Humusvorkommen,
die nicht gleichzeitig die Bildungsstätten sind, wo nämlich fertiger
Humus einen Transport erlitten hat und zum Wiederabsatz ge¬
langt ist.
Moore sind Gelände mit Humusboden; der Humus ist ent¬
weder unter Wasser oder auf nassem oder vernäßtem Boden ent¬
standen und muß in reichlicher Menge vorhanden sein. — Wo die
Bodenbeschaffenheit sumpfig ist, wird man von einem Sumpfmoor
sprechen, im Gegensatz zu einem Sapropelitsu mpf. Wo die
Humus- (Torf-) Entwicklung schwächer ist, das Gelände nur einen
etwas moorigen Boden besitzt, sprechen wir von einem anmoori-
o'en Gelände oder Boden. Die verschiedenen Moorarten cha-
rakterisieren sich durch Unterschiede in ihrem Vegetationsbestaude.
Die meisten unsrer Moore sind namentlich durch die im Interesse
ihrer Bewirtschaftung vorgenommenen mehr oder minder weit-
gehenden Entwässerungen nicht weiter Humus produzierende oder
nur unwesentlich zunehmende, bei überwiegendem Verwesungs¬
prozeß sogar an Humus abnehmende »Tote Moore«. Bei den
»Lebenden Mooren« hingegen findet eine durch Wachstum
O O
erfolgende gleichmäßige Humusvermehrung statt. — Wir unter-
o O O u
scheiden 1. Flachmoore, 2. Zwischenmoore und 3. Hoch¬
moor e.
1. Flachmoore.
Sie entwickeln sich, wo tellurisches (für die Pflanzen nähr¬
stoffreiches) ruhiges oder im Ganzen wenig bewegtes Wasser vor¬
handen ist; das ist in erster Linie in den Niederungen der Fall,
Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten.
37
wo die FJaclmioore Ausfüllungen mit ebenen öder nahezu ebenen
Oberflächen bilden. Bei dein vorhandenen Nahrungsreichtum ent¬
wickeln sich auf den Flachmooren große Pflanzen mit reichlicher
Stoffproduktion. Je nach der Art der zur Verfügung stehenden
anorganisch-mineralischen Nahrung kann man, wenn Eisen- oder
Calcium- Verbindungen besonders stark hervortreten, Eisenmoore
und Kalkmoore unterscheiden.
Die Flachmoore treten in verschiedenen Typen auf; sie können
z. B. entwickelt sein als Flachmoorsümpfe, d. h. als Sümpfe,
die in Flachmoorbilduug begriffen sind. Die Flachmoorsümpfe
können Übergänge von der Sapropelitsumpfform zur eigentlichen
Moorform sein. Bei einer Verlandung eines Wassers oder
Sumpfes durch Sumpf- und Moorpflanzen erzeugen diese auf der
Oberfläche vom Bande des W assers oder Sumpfes aus eine
schwimmende Decke, die, indem sie von Jahr zu Jahr mächtiger
wird, vertorft und schließlich, begehbar werdend, ein Schwing-
(flach)moor wird.
Ferner seien erwähnt die Flach moorwiesen. Die meisten
derselben sind bei uns wie auch die meisten nicht moorbildenden
Wiesen überhaupt Kunst wiesen i. w. S., die durch das Mähen
oder Ab weiden als solche erhalten bleiben. Es gibt aber auch
Natur wiesen, und zwar in den Überschwemmungsgebieten der
großen Flüsse. Hochwasser vernichten alljährlich alle oberirdischen
Teile; Gehölze werden namentlich durch Eisgang zerstört. So
findet gewissermaßen eine natürliche Mahd statt. — Wo Flach-
moorbildung möglich ist, aber wegen klimatischer Einflüsse Baum¬
wuchs fehlt, tritt ebenfalls natürliche Wiesenbildung auf, ebenso
wie dort, wo ein Baumwuchs aus anderen Gründen hintangehalten
wird, wie z. B. in absolut stagnierendem Wasser, das von unserin
Hauptflachmoorbaum, der Erle ( Ainus glutinosa ), nicht vertragen
wird.
Eine besondere Wichtigkeit haben die Fla chmoorwä lder.
Wo die Einflüsse, die zur Flachmoorwiesenbildung führen, nicht
zur Geltung kommen, sehen wir Flachmoorwaldbildung eintreten.
Die Bewaldung von Mooren findet bei uns vorwiegend durch Erlen
O w
38
Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten.
statt: Erlenmoore. Es gibt auch Eichenmoore, bestanden
mit Quercus pedunculata, Fichtenmoore, bestanden mit Picea
excelsa , Birkenmoore, bestanden mit Betula pubescens usw. oder
mit Mischwäldern.
Die fossilen Kohlenlager, insbesondere die Steinkohlen - und
Braun kohlenlag er, sind allermeist fossile Waldflachmoore.
2. Zwischenmoore.
* Zwischonmoore tragen Pflanzengemeinschaften, die teils dem
Flachmoor angehören, andernteils aber für das Zwischenmoor¬
stadium charakteristisch sind. Hierhin gehören Ledum palustre
(in der östlichen Hälfte Norddeutschlands und weiter nach Norden)
und Andromeda calyculata (in Ostpreußen und ebenfalls weiter
nach Norden), sowie Myrica, gale (wesentlich im westlichen Teil
Norddeutschlands sowie an der Küste der Ostsee und weiter nach
Norden bis Lappland) und andere. Da bei der durch Fortbil¬
dung; stattfindenden ßodenanhöhung in den Flachmooren aus diesen
o o
dadurch ein nahrungsschwächeres Moor, ein Zwischenmoor werden
kann, indem es sich durch die Boden an hölnmg allmählich den Ein-
flössen des Grundwasserstandes entzieht, so kommt als eigentüm¬
liches Merkmal für die Zwischenmoore hinzu, daß vermöge der
größeren Trockenheit des Bodeus gegenüber dem Boden der Flach-
O O O
(und, wie wir sehen werden, auch Hoch-) Moore sich auch gern
eine Anzahl Waldpflanzen unserer nichtmoorigen Wälder eiufinden.
Dort, wo sich auf den Zwischenmooren Wasser ansammelt, sind
S cheuchzeria palustris und Rhynchospora alba so recht zu Hause.
Von Carices sind die Parvocariceten für die Zwischenmoorbildungen
charakteristisch, während Magnoeariceten dies für Flachmoorbil¬
dungen sind. Von Bäumen sind bei uns besonders die Kiefer
(. Pinus silnestris ) und Betula pubescens vorhanden.
3. Hochmoore.
Hochmoore entwickeln sich, wo atmosphärisches (für die
Pflanzen nährstoflarmes) Wasser oder hinreichende Luftfeuchtig¬
keit vorhanden ist; wir treffen sie daher in erster Linie auf aus¬
gelaugten (uährstoffarmen) Böden und auf den Höhen. Unter der
Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten.
39
Voraussetzung, daß ein Bodenwasser sehr nährstoffarm ist, tritt eben¬
falls die Hochmoorptlanzeugemeinschaft auf. Das Zentrum großer
Hochmoorflächen liegt höher (der Unterschied kann mehrere Meter
betragen) als der Rand der Moore (daher der Name Hochmoor).
Bei dem Nahrungsmangel entwickeln sich auf den Hochmooren
kleine Pflanzen mit geringer Stoffproduktion, oder die unter
anderen Bedingungen groß werdenden Pflanzen bleiben auf dem
Hochmoor kleiner und wachsen wesentlich langsamer. .Die Zwischen¬
moore pflegen im Allgemeinen relativ schnell in Hochmoor über¬
zugehen. Unter den Pflanzen ist sehr wesentlich das Torfmoos:
die Gattung Sphagnum (einige Sphagnum- A rten kommen auch auf
Flachmooren vor, aber immer nur untergeordnet). Die Fälligkeit
der Arten dieser Gattung, besonders viel Wasser (es kommt das
atmosphärische Wasser in Betracht) zu speichern, bedingt eine
starke Vernässung des entstehenden Hochmoores; man könnte die
außerhalb des Wassers, auf dem Trocknen lebenden Arten, die ein
Wasserspeicherungsvermögen in hervorragendem Maße besitzen,
deshalb fast als an der Luft lebende Wasserpflanzen be¬
zeichnen, da sie sich durch ihre besondere histologische Einrich¬
tung, die ihnen zum Leben — um nicht auszutrocknen — so not¬
wendige große Wasserquantität schaffen (Fig. 1). Daher vernäßt
denn auch ein vergleichsweise trocknes Zwischenmoor, das dem
Hochmoorstadium entgegengeht, wieder stärker. — Von den
Zwischenmoorpflanzen gellt eine Anzahl auf das Hochmoor; viele
derselben treten aber hier nicht in derselben üppigen Entwicklung
auf und zeigen damit an, daß geeignetere, d. h. die eigentlichen
Wohnstätten für sie bei uns die Zwischenmoore oder ihnen ent¬
sprechende Böden sind. So ist es mit den schon genannten Arten
Leclum palustre , Andromeda calyculata usw.
Besonders wichtig sind bei uns die Spha gnetum- Moore,
überwiegend mit Sphagnum bestanden und außer Krüppelkiefern
usw. wenige kleine andere Pflanzenarten dazwischen. Dieser Typus
ist für regenreiche oder luftfeuchte Gebiete charakteristisch. Be-
sonders durch Entwässerung gehen aus den Sphaguetum- Mooren
Heidemoore hervor, überwiegend mit Ericaceen, namentlich
40
Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten.
Figur 1.
Sphagnum »Teile mit Wasser=
Speicherzellen.
A einige Zellen aus dem Blatt von Sphagnum
cymbifolium , von der Blattfläche aus gesehen.
— B desgleichen aus dem Blatt von S. cuspi-
datum im Blattquerschnitt. — C Stengelquer¬
schnitt von S. cymbifolium. Alles mehrere
100 Male vergrößert (nach Schi m per). —
A zeigt 1. gestreckte, schlauchartige Assi¬
milationszellen und zwischen diesen 2.
größere, durch Verdick ungsleisten versteifte
und mit nach außen mündenden Löchern zur
Wasseraufnahme versehene Wasserzellen.
B veranschaulicht drei Assimilationszellen und
einige Wasserzellen im Querschnitt. Der
Stengelteil C besteht aus einer dicken Rinde
von Wasserzellen.
Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten.
41
Calluna vulgaris , bestanden. Sie tendieren in ihrem Vegetations-
bestande wieder zum Zwischenmoor. ln Gebieten geringerer Luft¬
feuchtigkeit bezw. wo die Niederschlagshöhe geringer ist, neigen
die Hochmoore ebenfalls zum Heidemoortypus, jedenfalls treten
dann die Sphagna zurück, und es drängt sich ein anderes Moos,
nämlich Polgtrichum strictum, etwas stärker hervor. Danach kanu
man — wenigstens in Norddeutschland — Hochmoore von Küsten-
hoch m oorty pu s (Sphagnetum-Moore) und andere vom Binuen-
hochmoortypus unterscheiden, ohne daß freilich die ersteren nur
an den Küstengebieten auftreten. Sie gehen oder besser gingen
westlich der Elbe weit ins Land hinein.
Fossile Kohlenlager, die man als die fossilen Torflager von
Hochmoorbildungen ansehen könnte, haben sich bis jetzt nicht
gefunden.
Lagerstätten von Trockentorf-, Moder- und andern humosen
Böden treten den genannten gegenüber an Bedeutung so zurück,
daß sie hier übergangen werden mögen; sie ergeben sich übrigens
aus dem Folgenden.
B. Gesteine.
Das Wort Humus wird nicht nur von Laien, sondern nicht
selten auch von Gelehrten auf jede durch zersetzte Pflanzen- und
Tierreste schwarz oder dunkel gefärbte Bodenart angewendet. Es
sei daher ausdrücklich hervorgehoben, daß hier unter Humus aus¬
schließlich die Residua der Organismen verstanden werden
(d. h. also einschließlich ihrer Aschenbestandteile), sofern es sich
um kohlenstoffhaltige brennbare Produkte handelt, und zwar ist
zu betonen, daß es wesentlich die Residua von Laudpflanzenresten
— demnach in erster Linie von Kohlenhydraten — sind, die den
Humus bilden. Nur untergeordnet können Tierreste beige-
mengt sein.
Bei der Humusbildung findet eine ständige Anreicherung von
Kohlenstoff in den Substanzen statt. Der Humus ist aus differenten
42
Übersicht über die Kaustobiolitlie und ihre Lagerstätten.
Humus stoffen zusammengesetzt, deren chemische Charakterisie¬
rung jedoch noch immer aussteht. Ganz generell heißen die kolloidal
im Wasser und in Alkalien löslichen (sich mit diesen wohl verbin¬
denden) Humusstoffe Humussäuren. Gewässer, die dunkle,
färbende Humussäuren in Lösung enthalten, heißen Schwarz¬
wässer. Dopplerit besteht aus niedergeschlagenen, im berg-
feuchten Zustande fest-gallertigen, dunklen Humussäuren.
Die Streu (Streu d e cke), d. h. alle der Zersetzung ver¬
fallenden Pflanzenteile des Landes, kann — sofern sie nicht voll-
/
ständig verwest — Humusformen erzeugen, die sich in zwei
große Gruppen scheiden: in a) Torf und b) Moder.
a) Torf.
Bei der Vertorfung kann — wie weiter vorn S. 9, 23 u. a.
ausführlich auseinandergesetzt wurde — erst Verwesung (voll¬
ständige Zersetzung) und Vermoderung (Zersetzung bei ver¬
mindertem Sauerstoffzutritt) statthaben; nach dem Luftabschluß des
Materials findet »Fäulnis« (Zersetzung bei vollständigem Sauer¬
stoffabschluß) statt, die bei der Entstehung des Torfs in erster
Linie in Betracht kommt.
Der Torf unterscheidet sich in: Trockentorf, der auf dem
Trocknen, und 2. Moortorf, der im Wasser entsteht.
Trockentorf besteht aus zusammenhängenden, dicht gela-
gerten, schneidbaren humosen Massen mit hohem Gehalt an ma¬
kroskopisch erkennbaren Pflanzenresten.
Den AI o o rt or f muß man unterscheiden, 1 . in u n r e i f e n
Torf oder Rohtorf, der erst im Anfangsstadium der Vertorfung
begriffen ist, so daß die ihn zusammensetzenden Pflanzenteile noch
frisch sind, 2. in halbreifen Torf und 3. in reifen oder Speck¬
torf. Er ist ein sehr verbreitetes Ubergangsglied zum Dopplerit.
Die fossilen, aus reifem Moortorf hervorgegangenen Kohlen
sind Gl anz kohlen, sofern nicht wie bei den jüngeren (insbe¬
sondere tertiären) Kohlen durch Harzgehalt eine matte Farbe be¬
dingt wird.
Je nach den Pflanzen oder Pflauzenteilen, die an der Zn-
T'bersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten.
48
sammensetzuug des Torfes teilnehmen oder ihn wesentlich oder
ganz zusammensetzen, werden die Namen der betreffenden Pflanzen
benutzt, um die Torfarten zu kennzeichnen. Es ist aber dabei zu
unterscheiden, ob es sich erstens nur um zwar charakteristische
Bestandteile im Torf handelt, die, da sie sich figuriert besser er¬
halten haben, auffällig geblieben sind, die dabei aber nur be¬
schränkter zu dem Torfmaterial beigetragen haben, oder ob zwei-
tens die Bestandteile, die die Namengebung veranlassen, aus reinen
oder reineren Vegetationsbeständen hervorgegangen sind. Mit
Rücksicht darauf, daß die Vegetationsbestände nach den vorherr-
sehenden Arten bezeichnet werden, z. B. als Phragmiteten (nach
Arundo phragmites — Phragmites communis ), muß man dem Ge¬
sagten zufolge aus solchen hervorgegangeue Torfe auch als
Ph raginitetum- usw. Torfe bezeichnen, zum Unterschiede von
so leben T orfen, in denen zwar die auffälligen Phragmites communis-
Rhizome vorhanden sind, ohne daß aber die Torfe aus Phragmi¬
teten hervorgegangen wären. Diese Torfe sind weiter nichts als
Phragmites enthaltende Phragmites-Torfe, die in ihren we¬
sentlichen Bestandteilen aber aus andern Pflanzen hervorgegangen
sind.
Die meisten Torfe sind entstanden aus torf bildenden Pflanzen¬
gemeinschaften, die an Ort und Stelle lebten, wo jetzt der aus
ihnen entstandene Torf lagert. Es gibt aber auch allochtkone
y O O
Torfe, nämlich
1. die Schwemmtorfe, entstanden aus gedrifteten, ver¬
seil wemmten, noch unvertorften, abgestorbenen oder im Absterben
begriffenen Pflanzenteilen. Hier haben wir den Häcksel torf
(aus natürlichem Häcksel hervorgegangener Torf, d. h. entstanden
aus Pflanzen material ien, die beim Transport durch mechanische
Angriffe zerkleinert wurden). Material, das als Strand- und Ufer¬
drift auftritt und auf dem Lande, wo es hingeraten ist. zu einem
Lager aufgehäuft wird, wird leicht Moder, wenn die Ablagerung
nicht ausgiebig ist, so daß auch die unteren Partieen vor Sauerstoff'
und weitgehender Auslaugung nicht geschützt sind. Ein spezieller
Häckseltorf ist der Drift holz torf, durch Zusammenhäufung von
44
Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten.
Holz, auch ganzen Stämmen, entstanden. — Der durch Flötzdrift,
d. h. unter Wasser, abgesetzte Schwemmtorf erleidet im Wasser
gern eine Separation ; es gibt dann spezielle Schwemmtorfe, so den
Laubtorf, durch Zusammenhäufung von Laubblättern entstanden.
Laubtorf kann übrigens auch auf dem Trocknen entstehen, wo
der Wind sehr viel Laub zusammentreibt (Laub wehen). Da
sich beide Laubtorfarten unterscheiden können, namentlich durch
Sapropelgehalt des ersteren, ist es zweckdienlich, beide zu unter¬
scheiden in Wasserlaubtorf und Trockenlaubtorf.
2. Torfe an zweiter Lagerstätte. Sie treten in zwei
Formen auf, nämlich als Schlämmtorf, der meist aufgearbeiteter
(ausgeschlämmter) und meist unter Wasser wieder abgesetzter
Moortorf ist, und Bröckeltorf, der durch die Anschwemmung
von Torf brocken und -fetzen entsteht, die, vom Wasser losgerissen,
gelegentlich zu Lagern oder Nestern angehäuft werden und durch
Sedimentbedeckung erhalten bleiben.
Von fossilen Kohlen gehört zu den fossilen Torfen an zweiter
Lagerstätte z. B. die tertiäre »Rieselkohle«.
Hier wären auch die Moorausbrüche und -rutschungen
zu erwähnen, die große Torfmassen verlagern können.
b) Moder.
Moder ist in Verwesung und Vermoderung begriffenes
Material. Die Durchlüftung und damit hinreichende Sauerstoff¬
zufuhr wird besonders durch wühlende Bodentiere (in erster Linie
bei uns durch Regenwürmer) besorgt. Moder ist also zerkleinerte,
zu Humus werdende Streu, welche auf dom Mineralboden lose
gelagert aufliegt und ziemlich leicht weiter zersetzbar ist. — Ein
Torf, der sich bei Luftzutritt weiter zersetzt, wird naturgemäß
ebenfalls zu Moder (Moortorf-Moder).
Moderbildungen an zweiter Lagerstätte sind 1. der Schwemm¬
moder, entstanden aus transportiertem lebenden oder im Ab¬
sterben begriffenen Pflanzenmaterial, abgelagert z. B. an einem
St rand, wo der Vermoderungsprozeß möglich ist, und 2. der
Schlämm moder. Von diesem beansprucht der Alpenmoder ein
Übersicht über die Kanstobiolithe und ihre Lagerstätten.
45
besonderes Interesse; er ist durch Ausschlämmung von (Alpen-)
Trockentorf und Ablagerung des zu Tal geführten, ausgeschlämm-
ten Materiales entstanden.
c) Humuserden x).
Humuserden sind anorganische mineralische Erden mit
Humusgehalt oder Humus mit bemerkenswerteren anorganischen
mineralischen Beimengungen. Im ersteren Falle spricht man von
(schwach, stark) humosen Sauden, Tonen u. dgl., wobei es
dahingestellt bleibt, wie die Mischung zustande gekommen ist.
Der Zusatz des Wortes »-Erde« zu einem anderen Wort deutet
also hier stets auf ein Mischprodukt von anorganiscli-minerali-
schem Material mit Humus.
Die Humuserden sind zu scheiden in:
1. Solche mit vorherrschender Vermoderung (milde Humus¬
erden).
Mullerd en sind solche Erden, bei denen das organische
Material größtenteils verwest ist; es bleibt im organischen Mineral¬
boden nur verhältnismäßig wenig, und zwar gleichmäßig zersetzter
Humus zurück, der den Boden so homogen durchdringt, daß der
Humus dem Boden eine einheitliche dunkelgelbe, hellbraune bis
schwarze Färbung; verleiht. Die Mächtigkeit von Mullerden kann
weit über ^2 Meter erreichen. Die Humussubstanz der Mullerden
heißt Mull; sie trägt den Charakter chemischer Ausfällungen. Die
Mischung von Mull mit Mineralboden ist also Mullerde. Man
wird demnach unterscheiden stärker oder schwächer mullhaltige
Mullerde. Reine Mullböden (aus Mull allein bestehende Böden)
sind nicht bekannt. Es ist daher sehr darauf zu achten, daß
für einen aus Mullerde bestehenden Boden nicht Mullboden,
sondern Mullerdeboden zu sagen ist. — Es gehören zu den
Mullerdeböden: 1. Die Ackerböden in ihrem regelmäßig bear¬
beiteten humushaltigen oberen Teil. 2. Die Waldböden mit bis
ca. 5 pCt. (selten mehr) Mull; gewöhnlich zwischen 30 — 100 cm
!) Vergl. hierzu vorn S. 34 das Seitenstück Sapropel- hezw. Saprokol i -
erden.
46
Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten.
mächtig. Hierher gehören die besten Waldböden aus Mu Il¬
le hm, Mullsand usw. 3. Die Schwarzerdeböden. Die
Schwarzerde bildet sich in fruchtbaren, unausgelaugten , kalk¬
haltigen, meist lößartigen Böden, die bei feuchtem Wetter eine
üppige Vegetation tragen. Die Erhaltung der Humussubstanz in
der Schwarzerde ist bedingt durch die Trockenheit in der wärmeren
Jahreszeit, wodurch die Verwesung verhindert oder vermindert ist.
Modererde ist mit Mineralsubstanz gemischter Moder, unter¬
scheidet sich demnach von der Mullerde dadurch, daß der Moder
noch zum wesentlichen Teil figuriert erhalten ist.
2. Solche mit vorherrschender Vertorfung, d. h. mit dz blei¬
bendem Humussäuregehalt (mehr oder minder saure Humus¬
erden).
Die Moorerden. Moorerde ist ein Gemisch von vertorften
und vermoderten Pflanzenresten mit anorganisch-mineralischen
Bestandteilen.
Die Bleicherden und H u m usorterd en. Wo eine V er-
torfung eingetreten ist, wird der Mineralboden unter dem Moor¬
torf bezw. Trockentorf durch Infiltration von Humussäuren mehr
oder weniger stark entfärbt; infolge der Auflösung (Auslaugung)
leichter löslicher anorganisch-mineralischer Bestandteile (Eisen- usw.
Verbindungen), die tiefer geführt, sich dort wieder ausscheiden,
bildet sich eine »Orterde« ("bei noch erdiger Beschaffenheit). Bei
uns1 speziell handelt es sich, da in derselben Zone auch die Humus¬
säuren zum Niederschlag kommen, um H um’usörterd e bezw. —
wenn die Erde vollständig zu »Stein« verkittet worden ist — um
Humusortstein. Humusort heißt das Gestein im Gegensatz zum
Eisenort: Eisen ortstein bezw. Eisenorterde. Zwischen
Humusort und Eisenort sind alle Übergänge vorhanden. Man
wird typische Mittelbilduugen H um useis enorterde bezw. -stein
nennen. Die entfärbte Schicht ist die Bleicherde (speziell z. B.
Bleie hsand). Sie ist oft durch Humussäuren und einge¬
schwemmte Humussubstanz mehr oder weniger stark, unter Um¬
ständen bleigrau bis schwarz gefärbt, kann aber auch fast gänz¬
lich der Humusbestandteile ermangeln (reine Bleicherde). Es ist
Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten.
47
darauf hinzuweisen, daß gewöhnlich die unmittelbar unter dem
Torf lagernde Bleicherde (das Sohlbaud) tortiger ist als die dann
darunter folgende. Es scheidet sich also in den Profilen die
Bleicherde oft merkbar in zwei Horizonte: eine stärker torfige
(bezw. humose) obere und eine weniger torfige untere
Bleicherde.
III. Liptobiolithe.
Die Stoffe, aus denen die Gesteine bezw. Mineralien dieser
Gruppe bestehen, sind schwer verweslich, weshalb sie, bei hin¬
reichender Produktion durch die Pflanzen, leicht nach der voll¬
ständigen Verwesung der übrigen Bestandteile Zurückbleiben. Aus
einer sehr stark harz- und wachsharzhaltigen Flora können daher
die genannten Produkte als Gestein zurückgelassen werden, wie
das bei dem rezenten Denhardtit und dem (tertiären) reinen
P y r o p i s s i t der F all ist.
Hierher gehören also die Harz- und verwandten Bildungen
bezw. solche, die durch diese Stoffe wesentliche Eigenschaften ge¬
winnen. Als Beispiele seien erwähnt Ko pal, Fichtelit, Fim-
menit (durch Ablagerung von Erlenpollen entstanden). — Von
Fossilien gehört hierher z. B. der Bernstein und, mit dem Fim-
menit zu vergleichen, der paläozoische T asm anit (wesentlich aus
Sporen zusammengesetzt).' — Natürlich gibt es hier viele Uber¬
gangsbildungen zu den vorausgehenden Gruppen wie z. B. Harz-
(Resinit-) Torfe und diesen entsprechend die Harzkohlen,
wie die mit Pyropissit gemengte Braunkohle und dergl.
Darstellung eines au sge wählten Falles als Ueherblick
über die Haupttypen von Sumpf und Moor.
Eine jetzt noch treffliche Örtlichkeit zum Studium der Sa-
propel-Sumpf- und der Moorbildung ist besonders das Gelände
bei Juwendt (südlich Nemonien im Memel-Delta) am Kurisclien
Haff mit einer Sapropelitbank und das sich östlich daran schließende
Gebiet. In diesem Spezialfall hat mau das wesentliche auf engem
Raume und doch nicht in nur modellhafter Entwicklung beisammen
48
Haupttypen von Sumpf und Moor im Memel delta.
und kann durch unmittelbare Vergleiche die charakteristischen
Merkmale der Lagerstätten und der Hauptkaustobiolithe sehr
schön studieren.
Bei Juwendt selbst ist als schlammiges Ufer des Kurischen
o
Haffs eine mächtige Sapropelitbank entwickelt (Fig. 2), gebildet
aus dem im Wasser des Haffs vorhandenen Plankton und dem
vom Grunde durch die Bewegung des vom Winde gepeitschten
Wassers aufgewühlten und ans Ufer gebrachten Sapropel, wobei
natürlich auch Sedimente anorganisch-mineralischer Natur beige-
mengt werden. Insbesondere aber sind es Sedimente, die die
Mündungsströme der Memel aus dem Innern des Landes herbei-
führen, die sich mit dem Sapropel mischen, um den in Rede
Figur 2.
B
Sapropelit-Bank (S) bei Juwendt am Ostufer des Kurischen Haffs.
Unbegehbar.
An der Grenze der Bank nach dem Lande zu ein Bestand von Bidens cernuus
(B), hier als erster torf bildender Verlander auftretend. Bei T ist die Verlandung
durch Vertorfung so weit gediehen, daß dort die Fläche begehbar ist. D ist ein
Stückchen des Deiches.
(Aufgenommen am 12. IX. 1907.)
Haupttypen yon Sumpf und Moor im Memeldelta.
49
stehenden, sehr sandigen, aber doch stark gallertig-schlammigen
Sapropelit zu erzeugen. So erblicken wir denn (bei S auf unserem
Bilde) einen nicht begehbaren Sumpfstreifen breiiger Natur, und
man kann vom Ufer aus nach Osten schreitend sehen, daß der
Boden aus einem solchen, das Land allmählich nach Westen vor¬
schiebenden, Sapropelit besteht. Dieser Boden wird die Stätte
für Sumpf- und sonstige Landpflanzen. In unserem Spezialfalle
erblicken wir als einen dieser ersten Vorposten bei B einen Streifen
von Bidens cernuus; sonst ist es gern der Röhricht-Pflanzenverein
mit unserer charakteristischsten Pflanzenart dieser Gemeinschaft,
Arundo phragmites (Schilfrohr), das als erste Laudpflanzen- Ver¬
landungsvegetation auftritt. Eine solche Vegetation erzeugt unter
den vorhandenen Bedingungen Torf, der nur wenig mächtig zu
sein braucht, um schon begehbar zu sein. So erblicken wir auf
unserem Bilde bei T eine solche erste Torffläche, die, als
Kulturwiese behandelt, nicht mehr die ursprüngliche Natur auf¬
weist, abgesehen davon, daß auch sonst hier Kultureiuflüsse mit¬
spielen, besonders gegeben durch den künstlichen Deich, von
welchem wir in Fig. 2, rechts unten bei D, ein kleines Stück
erblicken. Bei dem großen Sandgehalt unseres Sapropelits und
dem verhältnismäßig schnellen Wasserverlust desselben, wodurch
die schlammig- breiige Sapropelnatur schnell verschwindet, ist
das entstehende Neuland sehr bald für Kulturzwecke geeignet,
freilich durch leichte Uberschwemmbarkeit naturgemäß sehr ge-
fährdet, weshalb denn auch dort, wo Landwirtschaft und Wohnsitze
vorhanden sind, eine Eindeichung erforderlich oder erwünscht ist.
Gräbt man den sehr wenig mächtigen Torf bei T auf, so haben
wir naturgemäß in seinem Liegenden den früher gebildeten Sapro-
pelsand. Unter natürlichen Verhältnissen wird ein Boden wie T
sehr schnell durch Gehölze besiedelt, unter denen bei uns die
Schwarzerle, Ainus glutinosa , die Hauptrolle spielt, und so er¬
blicken wir denn auch weiter nach Osten in unser Revier vor¬
dringend, wo der Vegetationsbestand zum Zwecke forstlicher
Kultur in seiner verhältnismäßig natürlichen Form belassen worden
ist, einen ausgedehnten Erlenbestand, in den unsere Fig. 3 einen
Einblick gewährt. Bei der bis jetzt angedeuteten Genesis des
4
Neue Folge, Heft 55.
50 Haupttypen von Sumpf und Moor im Memeldelta.
Bodeus dieses Geländes, die ein sehr flaclies, niedriges Gebiet
schafft, bleibt — wie gesagt — das Grnndwasser leicht zugäng¬
lich, und der Boden bleibt sehr naß. Eine Begehung ist demnach
in dem nicht durch Eindeichung geschützten Walde höchstens mit
hohen Wasserstiefeln möglich. Für den Forstbetrieb sind denn
auch an Stelle begehbarer Wege meist mit dem Kahn befahrbare
Gestelle geschaffen worden, indem der Boden durch Aufschüttung
seitlicher Dämme, D in unserer Abbildung 3, noch etwas vertieft
worden ist. Aber auch diese dadurch geschaffenen schmalen
Dämme sind oft genug überschwemmt.
Figur 3.
D
Erlensumpfmoor östlich Nemonien (Memel=Delta).
Ein Gestell in Form eines mit Kähnen befahrbaren Grabens. Links der bei der
Vertiefung des Grabens aufgeworfene Damm (D) mit Urtica dioeca , die im Sumpf¬
moore selbst fehlt.
(Aufgenommen am 13. IX. 1907.)
Haupttypen von Sumpf und Moor im Memeldelta.
51
Die überbaubaren Partieen werden denn auch nur im Winter
geschlafen, wenn der Boden durch. Bildung einer Eisdecke für
O 0 7 ö
die Forstarbeiter bequem zugänglich ist. Wir haben es in diesem
Erlenbruch mit einem Sumpfflachmoorwald zu tun. Dauernd ist
aber dieses Erlensumpfmoor nicht von Bestand, denn durch die
stetige, von der vorhandenen Pflanzengemeinschaft veranlaßten
Torfproduktion findet allmählich eine Bodenanhöhung statt, die
immer mehr und mehr aus dem höchsten Grundwasserstand her¬
austritt. Es bleibt das Gebiet zwar dann zunächst noch als Erlen-
moor bestehen, aber die Sumpfpflanzen des Untergrundes (Iris
pseudacorus, Glyceria ßuitans etc.) treten immer mehr und mehr
zurück und verschwinden schließlich, Landpflanzen sonst trockner
Böden mischen sich bei und gewinnen sodann die Oberhand, wie u.a.
die große Brenuessel, Urtica dioeca , die wir schon auf den künst¬
lich geschaffenen Erhöhungen im Erlensumpfmoor, nämlich auf
den Dämmen D, reich vertreten finden. Je weiter wir demnach
nach Osten vorschreiten, um so mächtiger wird die Torfschicht
entsprechend dem Alter des Deltalandes, das in unserem Gebiete
nach Westen zu sich allmählich ergänzt. Schreiten wir durch
das Erlenmoor noch weiter nach Osten, so kommen wir bald in eine
Zone, die Überschwemmungen überhaupt nicht mehr ausgesetzt
ist oder vielleicht nur in ganz besonderen Ausnahmefällen noch
einmal gelegentlich in Mitleidenschaft gezogen wird. Es wird also
hier durch irdisches Wasser so gut wie keine Nahrung für die
Pflanzen mehr zugeführt, abgesehen von derjenigen Nahrung, die
die Wurzeln des Pflanzenbestandes aus dem dicht darunter be¬
findlichen Grundwasser aufzunehmen vermögen. Unter diesen
veränderten Verhältnissen ändert sich eben auch die Pflanzen¬
gemeinschaft. Von Bäumen treten die Erlen immer mehr und
mehr zurück und die Kiefer ( Pinus silcestris ), auch die Moorbirke
(Betida pubescens) gewinnen die Oberhand. Gleichen Schritt hält,
wie augedeutet, der Wechsel der grundständigen Flora ein. Wir
sehen hier nunmehr als besonders auffällig den Sumpfporst, Ledum
palustre , oft den Boden dicht, in schönen, großen Sträuchern
überziehen und in dem hier besprochenen Revier auch die sonst
seltene Andromeda calyculata : wir sind im Zwischenmoor, Fig. 4.
4*
52 Haupttypen von Sumpf und Moor im Memeldelta.
Unsere Wanderung weiter nach Osten zeigt uns, daß das Zwischen¬
moorgebiet verhältnismäßig schmal ist. Sobald wir es durchquert
haben, nehmen wir zu unserer Überraschung wahr, daß wir wie¬
derum in eine sehr nasse Zone geraten, und besonders auffällig
ist hier das Auftreten des Rohrschilfs, Fig. 5, das sonst eine
typische Verlandungspflanze ist und die wir daher sonst dort zu
erblicken gewöhnt sind, wo eine Vertorfung erst eingeleitet wird.
Figur 4.
Zwischenmoor mit Andromeda calyculata (rechts und im Mittelgründe)
und Ledum palustre (u. a. links).
Baumbestand wesentlich Pinns silvestris , vorn in der Mitte eine kleine Picea excelsa.
Försterei Laukwargen östlich Nemonien (Memel-Delta).
(Aufgenommen am 25. IX. 1907.)
Hier aber würde man erwarten, da doch die Torfanhöhung immer
weiter fortgeschritten ist, in immer trocknere Gebiete zu kommen.
Diese erwähnte, eigentümliche Erscheinung des Wiederauftretens von
s *zj O
Arundo phragmites erklärt sich durch das vorn S. 38 — 41 über die
Hauptlypcn von Sumpf und Moor im Memeldelta. 53
Entstehung der Hochmoore Gesagte. Wir haben gesehen, daß
nach Maßgabe der Anhöhung des Bodens durch Torfbildung
schließlich nur noch atmosphärisches Wasser für die Vegetation
zur Verfügung steht. Die Sphagnen, die sich erst zögernd hei¬
mischen, werden immer häufiger; sie sammeln das atmosphärische
Wasser und beginnen wiederum den Boden zu vernässen. Haben
Figur 5.
Arundo phragmites = Zone am Rande des Hochmoors.
Bäume, besonders Firnis silvcstris, kleiner als im Zwisckenmoor (Fig. 4).
Östlich des Zwischenmoors Fig. 4.
(Aufgenommen am 25. IX. 1907.)
die Sphagnen und die mit ihnen vergesellschaftete Pflanzen¬
gemeinde den Boden weit genug durch Torfbildung erhöht, so
muß das Wasser des so entstandenen Hochmoorgeländes an den
Rand desselben herabfließen und hier eine besonders nasse Grenz-
54
Haupttypen von Sumpf und Moor im Memeldeita.
zone bilden. So geringfügig nun auch vergleichsweise die Nahrung
o o o o o o
ist, die dadurch in dieser Grenzzone angereichert wird, so genügt
diese doch in Verbindung mit dem vorhandenen mehr offenen
und etwas bewegten Wasser, um von der Röhrichtpflanzengemein¬
schaft besonders Arundo phragmites einen geeigneten Standort zu
gewähren. Die geringere Nahrung, die aber doch hier vorhanden
ist, tut sich kund in dem sonst weniger üppigen Pflanzenbestaud;
es sind im allgemeinen kleinere Pflanzen, die uns hier entgegen¬
treten. Haben wir diese gewöhnlich relativ schmale Wasserzone
überschritten, so treten wir in das Hochmoor: Fig. 6. In unserem
Falle ist dies eine ausgedehnte, viele Quadratkilometer umfassende
Fläche, die freilich durch die Kultur schon sehr stark vermindert
worden ist. In unserem Hochmoorgelände, Fig. G, mit kleinen
Pflanzen und Krüppelkiefern (Pinus silvestris) , kann man den
Einfluß der Kultur besonders im Vordergründe daraus ersehen, daß
hier eine reiche Entwicklung von Besenheide, Calluna vulgaris,
vorhanden ist, die auf Hochmooren besonders dort sich breit
macht, wo künstliche Entwässerungen bereits einen Einfluß aus¬
üben, wie hier durch einen künstlichen Graben vor unserem Bilde
oder wo trockenere Zeiten das üppige Wachstum von Sphagnum
zurückhalten. Dringen wir weiter in das Zentrum des Hochmoores
vor, so treffen wir auf Wasserstellen: einsam gelegene Seen, Teiche
und Wasserlachen, in denen Regenwasser sich sammelt, Fig. 7.
Bei der Größe des in Frage kommenden Geländes fließt, wie wir
schon andeuteten, ein Teil des Regenwassers zum Rande, und
zwar auch in kleinen Bächen, Rüllen genannt, von deneu wir in
Fig. 8 eine erblicken. Auch hier kann dann wiederum Rohrschilf
am Rande der Rüllen auftreten, eine Pflanze, die — wie schon
erwähnt — etwas bewegtes Wasser liebt und auch etwas mehr
Nahrung gebraucht als die typischen Hochmoorpflanzen, und
diese ihr notwendige Nahrung ist naturgemäß in einem fließenden,
wenn auch nahrungsschwachen Wasser bei dem ständigen Wechsel
o o
desselben leichter zu haben. Auch die in Fig. 8 photographierte
Rülle ist leider dem Untergänge geweiht, wie denn auf dem Bilde
die Einwirkung der Kultur an dem Absturz des Wassers ganz
Haupttypen von Sumpf und Moor im Mcmeldelta.
55
o
u
Ö
Hochmoor mit Krüppel=KEefern (Pinus silvestrls) bei Franzrode westlich des Timberfiusses (MemePDelta).
(Aufgenommen von Hrn. Assmann aus Jodgallen, Spätherbst 1907.)
5G
Haupttypeu von Sumpf und Moor im Memeldelta.
vorn zu bemerken ist: es gellt dort, vor der Riille, ein Entwässe¬
rungsgraben durch.
Daß die Moore bei uns im Verschwinden begriffene Gelände¬
formen sind, wenn dies auch bei dem Fortschreiten der Kultur
nicht gut anders sein kann, ist doch aus wissenschaftlichen, aber
auch ästhetischen Gründen tief bedauerlich. Es sollte, ehe es ganz
zu spät ist, für die Erhaltung eines hinreichend großen Moor-
Figur 7.
Im nördlichen Teile des großen Moosbruches im Memel=Delta.
Hochmoor=TeIche, durch Sphagnum verlandend.
(Aufgenommen am 25. IX. 1907.)
ixebietes Sonxe getragen werden. — Großartig ist die Natur des
O O O O O
Moores. Das wird freilich noch nicht allgemein empfunden. Auch
die Schönheit und Erhabenheit von hohen Gebirgen, der Alpen, zu
empfinden, ist ein Werk höherer Gesittung und Bildung. Einst
empfand man nur die körperliche Mühsal, die diese Hindernisse
des Verkehrs bieten, und jetzt versenken wir uns mit großen Ge-
Ilaupttypen von Sumpf und Moor im Memeldelta. 5 7
fühlen in jene Wunder der Berge. Der besondere Reiz, den die
Naturbetrachtung auf uns ausübt, liegt in den zunächst im Hinter¬
gründe schlummernden, dann mehr oder minder bewußt empor¬
tauchenden Gedanken über das Wesen jener Wunder, das zu er¬
gründen, eine natürliche, menschliche Regung ist. Ein Gedanke,
der sich unfehlbar anknüpft, wenn wir ein Moorgelände betrachten,
Figur 8.
Rülle mit Arundo phragmites. Nördliches Elchtal, im nördlichen Teil
des Großen Moosbruches (Memel = Delta).
Quer zur Rülle verläuft vorn (auf dem Bilde unsichtbar) ein künstlicher Entwässe¬
rungsgraben, in den das Rüllenwasser, wie auf dem Bilde zu sehen, abstürzt.
(Aufgenommen am 25. IX. 1907.)
ist der über das Werden des Moores, über die Zeit, die bei einem
auch nur wenige Meter mächtigen Torflager seit dem Beginn seiner
Entstehung verflossen ist im Vergleich zu der Zeit, wo wir eine
sogenannte menschliche Weltgeschichte haben, oder gar zu der
58
Haupttypen von Sumpf und Moor im Memeldelta.
kurzen Spanne, die dem Einzelnen gewährt ist; und wenn wir
die Millionen kleiner Pflänzclien betrachten, die den Boden be¬
decken und einzeln genommen ein Nichts als Beitrag vermögen, aber
gemeinsam und in aufeinander folgenden, zahllosen Generationen
unaufhaltsam die mächtige Umgestaltung und Erhöhung des Ge-
O O O o
ländes bewirken: dann drängt sich auch aus einer beschaulichen
Betrachtung der Moore ein Gefühl der Erhabenheit auf, daß all¬
überall Quellen findet, wo wir uns liebevoll in die Natur ver¬
senken. Wenn man auf einem großen Hochmoore steht, wo der
Blick gar nicht oder nur in weiter Ferne durch anderes Irdische
begrenzt wird, so lenkt die Einsamkeit, die ungestörte Ruhe, die
Gedanken ohne weiteres zu jenen Betrachtungen, und Natur¬
stimmungen wirken auf uns ein, die durchzukosten, einen unver¬
gleichlichen Genuß bereitet.
Die Sapr op e 1 -B i 1 du n gen .
Sapropel (Faulschlamm) entsteht aus den im Wasser lebenden
tierischen und pflanzlichen Organismen, indem diese oder Teile
derselben und die Exkremente der Tiere zu Boden sinken, wo
sic ein Lager bilden. Unter den pflanzlichen Organismen sind
besonders wichtig die ölführenden Algen. Die abgestorbenen Or-
minismen und die Exkremente der Tiere sammeln sich am Grunde
der Gewässer an, wo sie oft mächtige Schichten bilden, die je¬
doch stets, wenn auch zuweilen nur untergeordnet, Drift-Bestand¬
teile enthalten; so findet sich so gut wie immer im Sapropel
Blutenstaub von Windblütlern. Im Gegensatz zu den Humus-
Bildungen, deren wesentliche Urmater ialien Kohlen¬
hydrate sind, spielen' in den Sap ro pel-Ur mate rialien
die Fette und gewiß auch die Proteine eine besondere
Rolle, und zwar in beiden Fällen in demselben Sinne, d. h. die
genannten Stoffe üben einen wesentlichen Einfluß auf die ent¬
stehenden Kaustobiolithe aus, indem die sich zersetzenden Kohlen¬
hydrate der Landpflanzen anders charakterisierte Gesteine ergeben
wie Urmaterialien, die weniger Kohlenhydrate, dafür aber relativ
viel Fett- und Protein-Substanzen enthalten, deren Zersetzung
daher auch andere Produkte liefert. Wo — kürzer gesagt —
einerseits Kohlenhydrate, andererseits Fette und Proteine stark
vertreten waren, müssen daher auch die resultierenden Kausto¬
biolithe dementsprechend von einander abweichen1). Das Prinzi-
Bei der Kürze, mit der icli mich in den vorläufigen Mitteilungen aus-
diücken mußte, haben meine früheren diesbezüglichen Angaben zu Mißverständ¬
nissen Veranlassung gegeben, z. B nach der Richtung, als sei ich der Meinung,
daß die Fette noch wesentlich als solche in den Sapropel-Gfesteinen vorhanden
seien. Die obige ausführlichere und exaktere Darstellung wird hinsichtlich dessen,
was ich meine, aufklären. Näheres ergibt sich aus dem Text im Kapitel »Das
Sapropel«.
60
Die Sapropel-BildungeD.
pielle dessen, was ich meine, ist der generelle wesentliche Unterschied
in dem quantitativen Vorhandensein von Fetten und Proteinen
einerseits, nämlich in den Sapropel-Urmaterialien, und in dem von
Kohlenhydraten andererseits, nämlich in den Humus-Urmaterialien,
sowie überhaupt der chemische Unterschied zwischen beiden, der
sich, wie es scheint, auch auf die allgemeine Beschaffenheit der
Kohlenhydrate beider Gruppen erstreckt, wie denn auch die
Fettarten der Landbewohner sich von denen der echten Wasser¬
organismen unterscheiden. Ein weiteres Eindringen der organi¬
schen Chemie in diese Unterschiede wäre freilich für unseren
Gegenstand sehr erwünscht. Humus und Sapropel sind also che¬
misch so verschieden, daß eiue Scheidung beider geboten ist; jetzt
wird noch beides zusammengeworfeu, z. B. von den »Humus«-Be-
standteilen von Diatomeenpelit gesprochen.
Es soll nur dann von Sapropel resp. Sapropel- Gestein ge¬
sprochen werden, wenn der organogene Schlamm der angegebenen
Entstehung noch wirklich oxydierbare (brennbare) kohlenstoffhaltige
Teile enthält; sind diese bereits ganz oder fast ganz oxydiert, so können
zwar immer noch wesentlich organogene Bestandteile Zurückbleiben,
z. B. beim Diatomeenpelit die Schalen, aber dieser Rest ist kein
Sapropel mehr; wir haben es dann mit einem Akaustobiolith zu tun.
Die Hauptörtlichkeiten, wo Sapropel entsteht, sind stagnie¬
rende oder der Stagnation angenäherte Gewässer und auch solche
Gewässer, deren Trübe die organischen Reste sofort dicht ein-
bettet. Dies tun tonige, überhaupt pelitisehe Sedimente. Auch
das Sapropel selbst hat pelitisehe Beschaffenheit. Sapropelit
bedeutet demnach ein mehr oder minder stark Sapropel enthalten¬
des Gestein von Pelit-Natur, d. h. dieser Terminus umfaßt das
reine Sapropel und die Sapropel-Gesteine mit pelitischen anorga¬
nischen Zutaten, wobei »Pelit« demnach nur auf die feiue, ton¬
artige Beschaffenheit hinweist*). Ein Sapropelit kann also ganz
*) Im Anschluß an Carl Fried. Naumann nennt man Gesteine von feinerdiger,
tonähnlicher Beschaffenheit Pelite. Es ist für uns — wie z. B. in der Zusam¬
mensetzung Diatomeen-Pelit — vielfach bequem, den Terminus Pelit zu benutzen,
wenn man nämlich nichts über den Sapropel- Geh alt aussagen will. In gleicher
Weise werden wir für stark sandige Gesteine den Zusatz Psammit gebrauchen.
Die Sapropel-Bildungen.
61
rein sein (ausschließlich aus organischen Resten hervorgegangen),
oder kann noch anorganische Bestandteile, ebenfalls von Pelitnatur,
enthalten.
Auch gröberen Sand (Feinsand gekört dagegen zu den Pe-
liten) kann Sapropel durch Einbettung enthalten; wir haben dann
Sapr opsammit, der aber untergeordneter auftritt.
Übersichtlich: Alle Gesteine von Pelit-Natur, deren Charakter
durck das Vorhandensein oder Vorhandengewesensein von Sa-
propel-Material mitbedingt wird, inkl. derjenigen, die ausschließlich
oder fast ausschließlich nock Sapropel (in Schlamm-Konsistenz)
sind oder die bereits den Saprokoll-Zustand angenommen haben
oder aber bereits vollkommen erhärtet sind, sind Sapropelite.
Ein Zusatz zu Sapropelit — wie Di atomeen-Sapropelit (kurz
Diatomeen-Pelit) — würde also über den Zustand des Ge¬
steines, ob schlammig, gallertig oder fest, nichts aussagen, sondern
in dem angegebenen Beispiel nur bedeuten: ein Sapropel oder ein
aus Sapropel hervorgegangenes Gestern, dessen wesentliche Ur-
materialien Diatomeen sind. Die bituminösen Tone und Mergel
(z. B. der Posidouomyen-Schiefer) und bituminösen Kalke sind eben¬
falls Sapropelite (Ton - resp. Kalk-Sapropelit). Der Ausdruck
Diatomeen-Pelit besagt nichts über den Gehalt an brennbarer
organischer Substanz, umfaßt also auch die aus bloßen Diato¬
meenpanzern. bestehenden Gesteine, bei denen die brennbare
organische Substanz durch Verwesung (oder Auslaugung?) ver¬
schwunden ist.
Sapropsammite sind bei der porösen Beschaffenheit des
Sandes, wodurch die Sapropel-Bestandteile sehr vergänglich werden,
wie gesagt, weder rezent noch fossil wichtig, es sei denn, daß
psammitische Bestandteile nur untergeordnet beigemengt sind.
Im Gegensatz zu den Sapropeliten und -psammiten stehen die
II umipelite resp. H um ipsammite, bei denen der brennbare
organische Gemengteil eine H umus-Bildung ist.
Nach der Ablagerungsweise handelt es sich bei der Sapropel-
bildung um eine Sedimentierung, die aber wesentlich an Ort und
© ©7
Stelle geschieht, wo die Organismen gelebt haben, d. h. um eine
62
Die Sapropei-Bildungen.
aiitochthone Sedimentierung, im Gegensatz zur alloch-
thoneu Sedimentierung von herzugeführter anorganischer
Mineraltrübe (Ton, Sand etc.). Im Vergleich zur Antochthonie
auf dem trocknen Boden, d. h. der terrestrischen Autoch-
thonie z. B. von Moortorf, wären die Sapropel Bestandteile eines
Schlammes als aqua tisch autochthon zu bezeichnen, nur ist
dabei zu berücksichtigen, daß innerhalb eines Sapropel bildenden
Gewässers, sofern dieses gelegentlich durch den Wind in stärkere
Bewegung gebracht wird, dann innerhalb dieses Wassers die
weniger tief abgelagerten Sapropelit- Massen gern aufgerührt und
transportiert werden, so daß sicli dann oft Sapropelit- Bänke
bilden, die entweder nur eine geringe Wasserbedeckung aufweisen
oder auch vollständig zu Tage treten, wie z. B. oft genug am
östlichen Ufer des Kurischen Haffs, Fig. 2, wo der stellenweise
2 m mächtige Sapropelit bei Sturm aufgewühlt wird und das
Wasser stark trübt.
Zuweilen sieht man, daß durch die vom Winde verursachte
Bewegung des Wassers auf dem Boden desselben — falls die
Wasserbedeckung über dem Sapropelit nur gering ist — dieses
letztere in Geröllform gebracht wird. Ich sah dies u. a. im Feder¬
see nördlich des Schussenrieder Moores in Württemberg, wo an
einer Stelle die Oberfläche des Sapropels mit größeren gallertig-
weichbreiigeu Sapropel-Klumpen in Geröllform bedeckt war.
Sapropel-Bildungsstätten und -Lagerstätten.
Lagerstätten von Sapropelgesteinen sind vor allem stagnierende
(stockende) bis halbstagnierende Wässer (unter den Torfen kommen
ebenfalls gewisse Sorten in offenen Wässern vor [vergl. unter
Schwemm- und Schlämm-Torf]).
Die Wasserstellen, die für Sapropel-Bildungeu geeignet sind,
verteilen sich auf ruhige oder ruhigere Küsten- und Ufer-Stellen des
Meeres, großer Kontinental-Seen oder von Flüssen, und auf ruhige
oder ruhigere Seen, besonders auf solche ohne Zu- und Abflüsse
(»Blindseen«) und Teiche. Es ist für uns notwendig, Seen im
engeren Sinne und T eiche ( W e i her, T ü m p e 1 usw.) zu
Die Sapropel-Bildungen.
63
unterscheiden (vergl. diesbezüglich auch io Bd. II das Kapitel Flach-
moor-Sümpfe), d. h. die tieferen Wasserwannen und die ganz
flachen, höchstens einige Meter Tiefe erreichenden geschlossenen
w asserstellen, denn es wird vielleicht möglich werden, die Sapro-
pelite der Süßwässer hinsichtlich ihrer Entstehung in Seen oder
Teichen mikroskopisch zu unterscheiden, wenn wir erst über die
Verschiedenheit des Planktons in beiden genauer orientiert sein
werden. (Näheres im Kapitel: die Sapropel bildenden Organismen.)
Auch ist darauf zu achten, daß die Zersetzung von Sapropel an
wenig tiefen Wasserstellen eine intensivere sein muß wegen der
ständigen Durchwühlung, die es — abgesehen von gerade liier
gern lebenden Wassertieren wie Schlammwürmern usw. — durch
griindelnde Wasservögel erfährt. Ist eben ein für Sapropel-Er-
zeugung sonst geeignetes Gewässer gleichzeitig besonders günstig
für das Leben von Schlammbewohnern, z. B. von Schlammwürmern,
so wird weniger Sapropel entstehen, als man es sonst zu er¬
warten hätte. Guido Schneider ]) gibt n. a. als Schlammbe¬
wohner an: von Rhizopoden Arcella vulgaris , Difflugia- Arten, von
Insektenlarven Chironomus usw., von Würmern Tubifex rivulorum ,
Dorylaimus stcignalis , Plagiostoma lemani , von Krebschen Lynceus
affinis. Von Fischen wühlt Abramis brama zur Nahrungssuche im
oberen Schlamm. Usw.
Sind Wasserstellen mit Sapropel oder Sapropel enthaltenden
Sedimenten vollständig erfüllt, so haben wir sehr gefährliche
Sümpfe. Ein Sumpf ist eine mit Schlamm erfüllte, nicht be¬
gehbare Stelle. Als Schlamm (im eigentlichen Sinne) darf nur
ein naßschlüpfriges, gleitendes, fließendes Material bezeichnet
werden, nicht fest genug, um etwa einen Menschen zu tragen.
Dieser Schlamm kann Humus sein oder humusreich, gewöhnlich
ist er ein Sapropelit, der in vielen Fällen den Boden für eine
Moorbildung abgibt.
Es ist demnach darauf zu achten, daß Moor und Sumpf zu
unterscheiden sind: ein Moor ist ein — wenn auch oft schwierig
und gelegentlich wegen Hochwasserstand gar nicht — begehbares
!) Schneider, Der Obersee bei Reval (Archiv für Biontologie, Berlin 1908,
S. 36, 37 und 57 ff.).
t
64
Die Sapropel-Bildungen.
Torfgelände; ein Sumpf hat aber eine schlammige Boden¬
beschaffenheit, die wegen steten Vorhandenseins von Wasser und,
da Schlamm nicht tragfähm ist, ein Begehen verbietet. Freilich kann
auch der Torf breiig, schlammig sein, dann haben wir eben einen
Torf- Sumpf oder aber nur sumpfige Moore1). Wo Sapro-
pelite in genügender Menge vorhanden sind, ist aber das Gelände
bei der dann stets schlammigen Beschaffenheit des Bodens immer
ein Sumpf: ein Sapropelit- Sumpf. Ein Terrain, das einem
Sumpf angenähert ist, wird man als ein sumpfiges bezeichnen.
Ein Moor kann also mehr oder minder sumpfig sein.
Sumpf wird meistens anders definiert. Bei F. A. Forel
z. B. finden wir2): »Sümpfe sind Weiher von so geringer Tiefe,
daß sich überall die durch ihre über den Wasserspiegel empor¬
reichenden Triebe ausgezeichnete Sumpfflora entwickeln kann.«
Dazu ist zu bemerken, daß solche Stellen freilich meist oder oft
Sümpfe in unserem Sinne sind, aber einerseits kann eine solche
Stelle auch festen begehbaren Boden haben, andererseits umfaßt
diese Begriffsbestimmung bei Forel nicht die durch Sapropelit-
ausfüllung aus stehenden, tieferen Wässern entstandenen Sümpfe,
ebensowenig wie die mit Torfbrei erfüllten Moorstellen auch aut
Hochmooren oder überhaupt viele mit wirklichem Schlamm be¬
setzte Stellen.
Zur Synonymie: Meermoore nennt A. v. Chamisso 18*24
Lager aus Meerpflanzen. Als Kalkmoore bezeichnet Kefer-
STEIN (1826, S. 78) speziell die Sapropelkalk- Lagerstätten (vergl.
Kalkmoor in unserem Sinne, S. 37). Eiu Sumpf heißt auch Morast,
der altplattdeutsche Ausdruck Vie ist jetzt in der Bedeutung
Sumpf erloschen3).
Es liegt auf der Hand, daß Gewässer, die keine hin¬
reichende Nahrung für ein üppiges Leben echter Wasserorganismen
b Den Ausdruck Sumpfmoor brauchen wir für einen besonderen Moor-Typus,
worüber später Ausführliches; s. auch schon vorn S. 36.
2) Forel, Handbuch der Seenkunde. Allgemeine Limnologie, Stuttgart
1901, S. 4.
3) Die obige Angabe über Yie verdanke ich Herrn Bezirksgeologen Dr. W.
Wolff, der hinzufügt: Yie ist stammverwandt mit veen, fenn. Tn der Weser¬
marsch bei Bremen gibt es ein Nieder- und Ober-Yieland.
Die Sapropel-Bilflungen.
65
bieten, auch dann keine geeigneten Sapropel-Bilduugsstätten sind,
wenn sie der anderen Hauptbedingung genügen, nämlich der, mehr
oder minder stagnierendes Wasser zu enthalten. So gibt es Hoch¬
moorseen, die so gut wie kein Sapropel erzeugen. Bei Dretschungen,
die ich im Hornsee im Schwarzwald (einem baden-württember¬
gischen Grenzsee) und in anderen Hochmoor- Teichen und -Seen
vornahm, konnte ich wesentlich nur Schlämmtorf als Boden des
Sees wahrnehmen.
Sapropelite können eine mehrere Meter (ich konstatierte in
einem rezenten Vorkommen in Ostpreußen ca. 15 m) starke
Mächtigkeit gewinnen; sie sind weit verbreiteter als Humusge¬
steine — sowohl rezent wie fossil — und zwar heute in allen
Zonen der Erde, die überhaupt organisches Leben gestatten,
während Humusgesteine in den Tropen, wie es scheint, weit
untergeordneter vertreten sind als in der nördlich gemäßigten Zone.
Auch aus den heißesten Tropen sind mir an Sapropel reiche Sapro¬
pelite bekannt. So erhielt ich einen sehr sapropelreichen Schlamm
— in der Trockensubstanz rund 50 pCt. Brennbares — von Herrn
Prof. Stille aus der Lagune von Maracaibo (Venezuela). Er hatte
einen Bekannten, Herrn Hans Stumpf, gebeten, ihm für mich
von dem Material zu besorgen. Herr Stumpf schreibt:
»Ich versuchte selbst eines Sonntags Nachmittag mit dem
Dampfer an die passendste Stelle des Sees zu gelangen und mir
dort die Flaschen zu füllen, dabei wurden mir aber die Schrauben¬
flügel im Tang unklar und ich brachte das Boot nur mit tausend
Mühen nach Haus. So ließ ich den Stoff dann durch Indianer
besorgen.«
Ich veröffentliche diese Briefstelle, um auf die Schwierigkeit
aufmerksam zu machen, die die Aufsuchung von Sapropeliten oft
bereitet, woraus sich zum Teil die geringe Beachtung erklärt, die
sie gefunden haben. Mit »Tang« ist hier offenbar wesentlich der
Schlamm gemeint.
Das mir vorliegende Material stammte aus einem mit der
Lagune durch einen Kanal verbundenen See (Cienega) auf dem
durch Verlandung entstandenen Gelände, das im Osten die La¬
gune von dem Golf trennt. Auch in der Lagune selbst ist an der
5
Neue Folge. Heft 55.
66
Die Sapropel-Bildungen.
Küste dieses Geländes Sapropelit vorhanden. Die Lagune führt
von Dezember bis März Brackwasser. Die Gezeitendiffereuz
beträgt 40 cm. Im Kanal lag der Schlamm 1 bis l1/2 Fuß tief,
im See wurde er mit einer Stange von einigen Metern Länge
nicht durchteuft.
In der großen Fischbai, die von großen Organismen namentlich
Fischen und einer Fülle kleinerer und namentlich mikroskopischer
pflanzlicher und tierischer plauktouisch lebender Organismen
wimmelt, »scheint — sagt Carl Chun1) — der massenhaft nieder¬
sinkende organische Detritus nicht vollständig aufgezehrt zu
werden2); namentlich im hinteren Teile der Bucht, wo auch die
Grundfauna nur spärlich entwickelt ist, war dem Schlamme
übelriechende, in Zersetzung befindliche organische Substanz bei¬
ge in engt.«
Es sind — wie gesagt — die ruhigen Gewässer, die für die
Entstehung vou Faulschlammen oder Faulschlamm-Gesteinen in
erster Linie in Frage kommen, da naturgemäß die Hintanhaltung
o/o o
oder wesentliche Erschwerung vollständiger Verwesung, die die
bewegten Wässer durch die Sauerstoffzufuhr bewirken, Bedingung
ist; sie ist eben dort, wo mehr oder minder stagnierendes oder
nur wenig bewegtes Wasser vorhanden ist, erfüllt. Wir finden
denn auch Faulschlamm- Ablagerungen in Seen ohne oder mit nur
sehr schwachen Zuflüssen in allererster Linie.
Welchen Unterschied bieten nicht die echten Faulschlammseen
gegenüber denen, die kaum oder auch nicht eine Spur unzersetzter or¬
ganischer Reste aufzubewahren im Stande sind ! Das organische Leben
drängt sich mit Macht in den Bereich der Faulschlammseen, um ihn
schließlich durch die Fülle des erzeugten organischen Stoffes zu be¬
wältigen. Vom Wasser aus zum Lande sieht es aus wie ein Kampf,
den die Lebewesen gegen das offene Wasser führen, das ihnen doch
gerade die nützlichsten Lebensbedingungen bietet. Im Wasser selbst
O o o
1) Aus den Tiefen des Weltmeeres. Jena 1900, S. 130.
2) Auch dann, wenn alles aufgezehrt würde, müßten doch wenigstens Kot-
Ansammlungen vorhanden sein ; übrigens sind auch in den Tiefseeschlammen (s.
z. B. hinten über Globigerinen-Schlamm) noch — wenn auch geringere Mengen —
Quantitäten verdaiumgsfähiger Substanzen vorhanden.
Die Sapropel-Bildungen.
67
häuft sich von Jahr zu Jahr der organogene Schlamm immer mehr
au und erhöht ständig den Seeboden; vom Lande her treten die
Sumpfpflanzen heran, die schließlich bei hinreichender Annäherung
der Oberkante des Faulschlammes an den Wasserspiegel diesen
Schlamm als Boden benutzen. Bei ausnahmsweise niedrigem
Wasserstand oder nach künstlichen Seespiegel-Senkungen kann
— wie unsere Figur 9 veranschaulicht — der nackte Faul-
schlämm, d. h. noch unbestanden von Sumpfpflanzen, an der Ober¬
fläche erscheinen, und wer diesen tückischen, breiigen Boden nicht
kennt, der meint wohl ihn betreten zu können; der Sumpf, der
nunmehr an Stelle des Sees oder eines Teiles desselben vorhanden
ist, gehört aber zu den gefährlichsten Geländen. Schon das Heran¬
kommen vom Lande her verbietet sich allermeist von selbst. So
ist es denn unter natürlichen Verhältnissen und ohne besondere
Vorkehrungen überhaupt oft unmöglich, das Ufer des verbleibenden
Wasserspiegels eines Sapropelitsees zu erreichen. Seine Ufer sind
Sumpfpflanzenbestände, die vorpostenartig von der Wasserfläche
Besitz ergreifen.
Einen vollen Gegensatz, das andere Extrem zu solchen Faul¬
schlamm-Seen, bilden z. B. die Seen in jungen Gebirgen mit
vielen Steilhängen und dadurch Steinschlag, der die Ufer und den
Grund einnimmt. So zeigte der Lüner-See in Tirol Ende
August 1906 ein rund 10 bis 15 m breites vegetationsloses, steiniges
Ufer mit kleinen Terrassen, die andeuten, daß der Wasserstand
stark und regelmäßig wechselt1). Das Wasser selbst ist unheim¬
lich klar, sofern nicht ausnahmsweise die stärker anschwellenden
Zuflüsse Trübe mitbringen; nur Forellen und einige andere Fische
und wenige Organismen vermag die spärliche Nahrung des Sees
zu erhalten. Das unbewaffnete Auge sieht überhaupt nichts von
organischem Leben und erblickt durch das kristallklare Wasser
den Grund, wo bei Sonnenschein die Kalksteinbrocken einen sicht¬
baren Schatten werfen. Das stark bewegte einfließende Wasser,
der Abfluß des Sees, der periodische Wechsel des Wasserstandes
l) Der Lünersee hat überdies in dem kurzen Zeitraum von 1873 bis 1887
nach Löwe seinen Wasserspiegel um 6,5 m gesenkt. (Zeitschr. des Deutschen
und Österreichischen Alpenvereins 1888, S. 27 ff.)
o*
Ein Teil des Schwarzen Sees bei LiebemühJ bei Osterode in Ostpreußen,
die Verschlammung durch Faulschäamm (F) zeigend.
Wasser, S = Sumpfflora (Typ ha usw.), dio Sumpftorf erzeugend auf dem Faulschlamm ein Schwingmoor gebildet bat.
B = Birkenmoor (auch Erlen) als weitere Etappe der Verlandung.
Die Sapropel-Bildungen.
69
bedingen eine reichliche Sauerstoffzufuhr und verhindern jegliche
auch noch so geringfügige Ansammlung sich zersetzender orga¬
nischer Reste. Auch die Durchschnittskälte stört das Planktou-
leben im Liinersee.
Es gibt übrigens auch Gewässer, die hinreichende Bedingungen
für eine SapropehEntstehung bieten, denen man das aber nicht
ohne Weiteres ansieht. Natürlich ist dies dann zunächst der Fall,
wenn der See noch nicht gehörig mit Sapropelit erfüllt ist, er insbe¬
sondere nur anorganisch mineralische Ufer besitzt. Steht man am
Ufer, so vermag man — wenn es sich also nicht uni fast vollständig
mit Sapropelit erfüllte Seen handelt — oft nicht zu erkennen, daß
das Becken zu den Sapropel bildenden gehört; denn die Sapropel-
Urmaterialien werden vom Wasser zu den ruhigsten Stellen ge-
führt, d. h. in die Tiefen und an windgeschützte Stellen wie
Buchten oder dann auch gelegentlich ans Ufer. So weisen die
Ufer der Seen des Grunewaldes bei Berlin durch ihre meist san¬
digen Bestandteile nicht darauf hin, daß diese Seen ziemlich große
Sapropelitmengen beherbergen; an der geschützten Stelle des
Schlachtensees am Bahnhof Schlachtensee jedoch bildet — wie
unsere Figur 10 zeigt — eine tüchtige Sapropelit-Bank (aus Sapropel-
Kalk) das unscharfe Ufer, eine Bank, die den Boden für Sumpf¬
pflanzen abgibt, die landwärts eine begehbare Torffläche gebildet
haben1). In unserem Fall kommt hinzu, daß der Schlachtensee
und die anderen Seen derselben Seen-Kette ansteigende Ufer be¬
sitzen, so daß stärkere Regengüsse an den meisten Stellen immer
wieder Sand ans Ufer bringen und so eventuell vorhandene Sa¬
propelit- Bildungen übersanden. Dretscht man in gehöriger Ent¬
fernung vom Ufer, so erhält man vielfach reines Sapropel, nament¬
lich unter der durch die Einflüsse der Menschen (Schiffahrt,
Fischerei usw.) stärker veränderten und mit unnatürlichen Zu¬
taten gemischten obersten Schicht.
Außer stagnierenden Seen kommen als Sapropelit-Bildungs-
stätten in Betracht Altwässer, seeförmige Buchten langsam fließen-
9 Die.-e instruktive Stelle, bestanden mit Cladium Mariscus usw., ist durch
Umgestaltung des Ufers Jeider wohl der Vernichtung verfallen.
70
Die Sapropel-Bildungen.
der Gewässer, wie z. B. die der Havel, usw. Es ist dabei
gleichgültig, ob es sich um Süß- oder Salzwasser handelt: Salz-
seen kommen in den abflußlosen Gebieten vor. Wenn Sapropelite
in Meerwasser entstehen, kommen die Strandregionen in Betracht;
besonders genannt seien die flachen Salzwassersümpfe (z. B. Man-
Figur 10.
Sapropelit=Bank mit Sumpfpflanzen
am Schlachtensee im Grunewald bei Berlin;
Partie am Bahnhof Schlachtensee.
Den Vordergrund bildet eine wesentlich mit Sumpfpflanzen bestandene Bank aus
Sapropel - Kalk. Am Wasserrande eine Zone bestanden mit qSenecio paluster , da¬
vor Stratiotes aloides , vorn Glycerin aquatica und Cladium Mciriscus.
(Aufgenommen im Sommer 1907.)
groven-Siimpfe), in denen Sapropelit gebildet wird *). Die Brack¬
wasser-Zone ist überhaupt besonders hervorzuheben. Die Man-
groven-Formation findet sich in den Tropen da, wo die Küste
0 Warmiisg, Ökolog. Pflanzengeogr., 2. Autl., 1902, S. 311,
Die Sapropel-Bildungen.
71
ganz allmählich in den Meeresboden übergeht. Besonders bevor-
zugt sind die Mündungen der Flüsse; entlang den letzteren gehen
die Vertreter der Mangroven-Formation auch ins Innere hinein1).
An günstigen Örtlichkeiten ist die genannte Formation sehr aus¬
gedehnt; Mohnike2) sagt z. B. von der Ostküste von Sumatra:
»Dieser ganze, sich durch 10 Grade geographischer Breite hin¬
ziehende Küstenstrich ist mit diesen Wäldern bedeckt«. Die an
den Flachküsten verbreiteten seichten, vom Aleere abgesclmittcnen
oder noch mit ihm in Verbindung stehenden wasserbedeckten
Stellen sind dann hier noch zu erwähnen.
Um sich weiter zu vergegenwärtigen, wo Sapropel- Gesteine
entstehen, mag auch auf das Wattenmeer3) zwischen den nord¬
friesischen Inseln und der Küste von Schleswig-Holstein liinge-
wiesen werden, dessen Boden hier und da ein Schlick ist, dem
aus den abgestorbenen, im Wattenmeer lebenden Tieren und
Pflanzen Teile und Zersetzungsprodukte beigemengt sind. Solche
') K. Goebel, Pflanzenbiolog. Schilderungen I. 1889, S. 113 — 114.
^ Mohnike, Das Pflanzen- und Tierleben in den niederländ. Malayenlän-
dern, S. 137. Zitiert bei Goebel, 1. c., S. 114.
3) Unter Watten versteht man dasjenige Gebiet im Bereiche von Meeres¬
küsten, das bei Hochwasser überschwemmt, bei Niedrigwasser in großen Flächen
als Land hervortritt. Das Wort Watten hängt etymologisch mit waten zusammen:
es bezeichnet also die amphibischen Strecken, die sich bei Niedrigwasser durch¬
waten lassen. Das franz. Wort vase (= Schlamm) ist desselben Ursprungs.
Herr Oberlehrer Prof. Dr. F. Matthias schreibt mir: Watt, masc. und neutr.
bedeutet »ein seichter Ort im Wasser, besonders die bei der Ebbe trocken lau¬
fende Abflachung der Ufer des Marschlandes« (Sanders). Es ist abzuleiten von
waten (althochdeutsch watan, mittelhochdeutsch waten, mittelniederdeutsch und
neu niederdeutsch waden). Zu vergleichen ist auch altnordisch vadha = waten,
vorwärtsdringen, stürzen. Watt ist also eine Stelle, wo man hindurchwaten
kann. Der Stamm ist indogermanisch, denn auch das Lateinische hat vädare =
waten und vädum = seichtes Wasser, Untiefe, Furt; auch vädere = schreiten
gehört wohl trotz des langen a zur Verwandtschaft. Es ist übrigens merkwürdig,
daß gerade wie im Deutschen bei Watt so auch im Lateinischen neben dem
Neutrum vädum ein Masculinum, vädus vorkommt. Schon die Römer haben
unser Wattenmeer an der Nordsee mit demselben Namen bezeichnet. So spricht
Tacitus in den Annalen I, 70 von dem vadosum mare an der Emsmündung,
und II, 23 werden i. J. 16 n. Chr. die Schiffe des Germanicus bei Sturm aus
Südwest verschlagen in insulas saxis abruptis (Helgoland!) vel per vada
occulta infesias (die ostfriesischen Inseln!).
72
Oie Sapropel-Bildungen.
sehr häufigen Gesteine — , von denen der Wattenmeer-Schlick nur
deshalb erwähnt wurde, um eiu Deutschland angehöriges Beispiel
zu zitieren, und weil ich gerade dieses Gebiet im Hinblick auf
meine Studien besucht habe, — enthalten oft reichlich kohlenstoff¬
haltige Bestandteile in allen Übergängen hinsichtlich der Quantität
derselben. Außer mehr oder minder einem Wattenmeer ähnlichen
Strecken wären als Bildungsstätten von Faulschlamm-Gesteinen
zu erwähnen die Yalli oder Paludi salzi (die Salz-Sümpfe) und
Pal u di dolci (die gesundheitsgefährlichen Süßwasser- Sümpfe,
»toten Lagunen«) der Italiener, die Etangs der Franzosen1), unsere
FI aff s (vom schwedischen Wort für See), die Limans (aus dem
griech. Ihnen der Hafen, die Bucht) der Russen etc. Alle diese
mehr oder minder weitgehenden Wasserabschnürungen der Meeres¬
küste selbst oder besondere Stellen derselben, namentlich natürlich
dort, wo sie besonders ruhige Stellen aufweisen oder gänzlich den
Zusammenhang mit dem offenen Meerwasser aufgegeben haben,
kommen in Frage, so daß hier dann auch Süßwasser-Sapropel
entsteht. Kurz gesagt, die Lagunen (d. h. Küstenseen mit Sü߬
wasser) und Haffs (d. h. Küstenseen oder seeartige Buchten oft mit
Salzwasser) kommen hervorragend in Betracht. Im Innern der
Kontinente sind unter den Becken mit stagnierendem Wasser
besonders die Salz-Seen der Steppen hervorzuhebeu.
Aus dieser Aufzählung geht hervor, daß es sich im allge-
meinen um flache Wässer handelt, die der Sapropel -Bildung
günstig sind, denn die Zersetzung, Lösung und Chance gefressen
und so weiter zersetzt zu werden, steigert sich beim Niedersinken
des organisches Sedimentes mit der durchgemessenen Wassersäule2).
Die Schlammarten tiefer Seen wie auch des tieferen Meeres und
erst recht wohl der Tiefsee besitzen daher meist nur Spuren oder
kleine Quantitäten brennbarer organischer Zutaten.
Uber Ansammlungen solchen organischen Materials am Meeres-
O O
boden sind wir — wenn wir zunächst ein wenig tiefes Neben-
b Vergl. z. B. den von Ch. Barrois berührten Fall auf S. I08 seiner
»Legende de la feuille de Saint-Nazaire de la carte geologique de France« (Ann.
soc. geol. du Nord. Lille 1896).
2j Vergl. hierzu auch Früh, Moore der Schweiz 1904, S. 19d.
Die Sapropel-Bildungen.
73
meer betrachten — z. B. hinsichtlich der Ostsee insoweit orientiert,
als wir wissen, dato die Vertiefungen damit erfüllt sind. Über
(iie Herkunft dieses in Zersetzung begriffenen Materials ist das
Folgende zu sagen1)- Zunächst sei daran erinnert, daß die Tem¬
peratur-Schwankung des Meeres kleiner ist als die des festen Landes;
im Sommer ist daher das Land wärmer, im Winter hingegen die
See. Es folgt daraus im Sommer eine Windbewegung der käl¬
teren unteren Luftschichten über der See zum Lande. Dieser
»Seewind«, die »Seebrise«, bedingt an der Küste einen »Anstau«,
»Windstau«. Dieser erhöht den Wasserstand am Strande, bewirkt
aber eine am Boden seewärts gerichtete Gegenströmung (den »Soog«),
die alles leicht Bewegliche vom Strande hinweg zu fegen bemüht
ist, während die Oberflächendrift alles Schwimmende und Trei¬
bende an den Strand bringt. Der Unterstrom wäscht nun in der
Ostsee den Boden rein von organischen Resten und spült diese in
die benachbarten Vertiefungen, wo die weitere Zersetzung erfolgt.
Der Schlamm riecht stark nach H2S, womit stattfindende Re¬
duktionen angedeutet werden, die die organischen Teile an den S
enthaltenden Salzen des Meereswassers vornehmen. Dieser orga¬
nische Schlamm »charakterisiert auch die submarinen Furchen,
wie denn den auf Newyork segelnden Kapitänen die »mud-holes«
(= Mud -Gruben) in der Hudsonfurche während der dort recht
häufigen Nebel eine willkommene Orientierung darbieten« (Krümmel
1. c. S 165).
H. Fraude2) drückt sich so aus: es sind Schlickboden auf
dem Grunde der Ostsee an tiefer als die Umgebung gelegenen
Stellen vorhanden, die reichlich mit in Zersetzung begriffenen or¬
ganischen Resten durchsetzt sind. »Es sind diese Gruben die Ab¬
fuhrstätten des Meeres, auf denen die toten Leiber der Tiere und
Pflanzen wieder zum Anorganischen verarbeitet werden. Üble
b Vergl. u. a. 0. Krümmel, Handbuch der Ozeanographie. 2. Aufl. Stutt¬
gart 1907, S. 165— 166.
2) Fraude, Grund- und Plankton- Algen der Ostsee. (X. Jahresbericht der
Geographischen Gesellschaft zu Greifswald 1905 — 1906. Festschrift zum 25jähr.
Bestehen der Gesellschaft, herausgegeben von K. Crkdner, Greifswald 1907.
S. 229-230.)
74
Die Sapropel-Bildungen.
Gase verpesten sie. Auf Muscheln in sie hiueintreibende Pflanzen
«rehen bald zu Grunde, auch sind Steine in ihnen stets unbe-
wachsen. Durch die Sinkströmungen wird iliuen stets neues
Leicheumaterial zugeführt. Was irgendwo abstirbt, wird sofort
in diese Gruben abgetrieben. So erklärt es sich, daß, wo wir
auch immer den bewachsenen Meeresboden untersuchen, wir nie¬
mals am Grunde abgestorbenen Moder (besser wäre hier der Aus¬
druck Sapropelit oder dergl. — P.) finden«.
Aus der Tiefsee, als Gegensatz zur flach einfallenden Konti¬
nentalstufe des Meeres (dem Schelf), von der aus die erstere meist
plötzlich in starker Böschung abfällt, sind an Sapropel erinnernde
Schlamme nur sehr selten heraufgebracht worden. Ich selbst habe
so etwas von Herrn Prof. F. E. Schulze erhalten, gedretscht
von der holländischen Siboga-Expedition aus einer Tiefe von
1158 in in der Mündung des Boni-Golfes. Der Leiter der Ex¬
pedition Prof. Max Weber gibt dort an: »coarse grey mud, su¬
perficial layer more liquid and brown«. Es handelt sich demnach
durchaus nicht um eine Sapropel-Ablagerung, sondern nur um
einen Anflug davon. Meine Probe bestand aus einem Gemenge
von grobem Sand, Ton und Sapropel. Aus dem »Report on Deep-
Sea Deposits« von Murray und Renard (London 1891) geht
übrigens zur Genüge hervor, daß weder der Flach- noch Tiefsee-
meeresboden geeignete Bildungsstätten für ordentliche Sapropelite
bietet. Es ist das auch leicht erklärlich, da im Meere unablässige
Bewegung stattfindet; es ist steter, wenn auch in den Tiefen sehr
langsamer Fluß vorhanden, der ständig Sauerstoff auch in die
tiefsten Tiefen des Meeres führt. Wie sollten auch sonst die Tief¬
seetiere, unter denen sich viele größere und große befinden, leben
können? Die oberflächlichen Sedimente bestehen denn auch, so¬
weit sie überhaupt leicht oxydierbar sind, zum ganz über¬
wiegenden Teile aus oxydierten Verbindungen; es ist in der
Meerestiefe daher wesentlich nur ein Verwesungsprozeß möglich,
d. h. eine Zersetzung nach der Richtung, daß nur Wasser, Kohlen¬
dioxyd und dergl. entstehen, aber keine festen, kohlenstoffhaltigen
Produkte Zurückbleiben können. Nur wenn Pflanzenteile recht¬
zeitig unter ruhige Wasserbedeckung und damit unter Luftabschluß
Die Sapropel- Ril dun gen.
7 5
geraten, können je nach dem eingebetteten organischen Material
Sapropel oder Humus entstehen, aber die Sedimentierung in land-
feruen Gebieten der See ist nur schwach oder kaum der Rede
wert. Es kommt hinzu, daß beim Durchsiuken großer Wasser¬
säulen — bevor das organische Material auf den Boden gelangt
— eine besonders schnelle Zersetzung statthat.
In den Gräben allergrößester Meerestiefen, die man für be¬
sonders geeignet halten könnte als Sapropel-Bildungsstätten, ist
denn auch Sapropel ebenfalls nicht gefunden, wie u. a. aus einer
Mitteilung von G. Schott1) hervorgeht.
Die Sapropel bildenden Organismen.
Von Organismen kommen als Bestandteile des Faulschlammes
wesentlich in Frage:
1. Die Boden-Flora und -Fauna, das Phyto- und Zoo-Benthos.
Die Benthos-Flora bringt Warming (Lelirb. d. ökolog. Pflanzen-
geogr., 2. Aufl. 1902, S. 146 — 167) in die folgenden Vereinsklassen:
A. Die Nereiden2), d. h. diejenige Flora, die an eine feste
und harte Unterlage an Küsten und Ufern gebunden ist. Im
Salzwasser sind nur Algen als Nereiden vorhanden, im Süßwasser
teils Algen (fast allein Chlorophyceen, Schizophyceen und Diato¬
meen), teils Moose ( Fontinalis u. a.), teils Angiospermen (Podoste-
monaceen).
B. Die Enaliden3) (Seegras- Vegetation), die auf losem Boden
des Salzwassers leben, wohin nur wenige Algen gehören (z. B.
Caulerpa- Arten, Characeen); Angiospermen aber treten hervor, wenn
auch mehr durch ihre Masse als durch ihre Artenzahl (27) be¬
merkenswert; es sind dies Potamogetonaceen (wie Zoster a, das See¬
gras usw., und im Brackwasser Ruppici und Zannichellia) und
Hydrocharitaceen.
1) Schott, Lotungen .... im westlichen Stillen Ozean (Annal. d. Hydrogr.
und Marit. Meteorol. 1907, S. 113).
2) Der Name ist der griechischen Mythologie entnommen. (Nereus und
seine das Meer bewohnenden Töchter.)
3) om griech. en = in und ods = das Meer.
76
Die Sapropel-Bildungen.
C. D ie Li in n äen1) , auf losem Boden des Süßwassers gedei¬
hend und zwar
a) in nährstoffreichen Gewässern (hier von Algen: Characeen,
Grünalgen; von Moosen: Fontinalu , Hypnum- Arten; von Pterido-
phyten: Marstlia^ Pilularia\ von Angiospermen : Potamogetonaceen,
Plydrocharitaceen, Sparganium simplex u. a., Batrachium. Nym-
phaeaceen u. a.).
b) in nährstoffarmen Gewässern (hier von Algen (als Epiphyten)
besonders Oscillariaceen ; von Moosen: Sphagnum ; von Pterido-
phyten: Isoetaceen; von Angiospermen: Sparganium minimum u. a.).
L). Die Schi zophyceen- Vereine.
a) In warmen Quellen (Thermen) leben Beggiatoa , Lyngbya ,
Oscillaria , llgpheothrix u. a. als verschiedenfarbige, schleimige oder
fadenziehende Massen von mehreren cm Dicke, die bisweilen an¬
scheinend fast strukturlose Gallerte sind. In europäischen Thermen
lebt Anabaena thermalis (in Temperaturen bis 57° C.), Lepto -
ihr ix (in Karlsbad: 55,7° C.), Beggiatoa , Oscillaria (44 — 51° C.)
usw. Es werden Schizophyceen in Temperaturen bis über 90° C.
angegeben.
b) Saprophyten- Vegetationen, auf toten organischen Massen
lebend, namentlich Oscillarien und Bakterien. Besonders inter¬
essant sind die »Schwefelbakterien«, die z. B. weite Strecken von
Meeresküsten so zahlreich bedecken, daß sie von weitem gesehen
werden können. Besonders in ruhigen Buchten mit Brackwasser
und Anhäufungen von Tangen etc. kommen sie vor und scheiden
hier (wie in heißen Quellen) in ihrem Innern Schwefel ab, indem
sie den durch Reduktions- Vorgänge der sich zersetzenden orga¬
nischen Teile gebildeten H2S aufnehmen und zu S reduzieren
(Näheres in dem Kapitel Sapropel und Eisen).
2. Das Pleuston2) (ein von C. Schröter in seiner Schwebe¬
flora 1896, S. 10 eingeführter Terminus), d. h. die Schwimmflora,
die an der Wasseroberfläche schwimmenden Pflanzen, zum Teil
auch schwebend, soweit sie nicht oder fast mikroskopisch klein
x) Vom griech. limne •■= Sumpf.
2) Vom griech. pleo = ich segle, ich schwimme (d. h. an der Oberfläche wie
Schiffe etc.).
Die Sapropel-Bildungen.
77
sind. Warming (Öko). Pfl. geogr. 1902, S. 144 — 146) scheidet
die Hydrochariten, wie er diese Klasse nennt, in
A. Vereine in nährstoffreichem Wasser. Hierher von Algen
besonders Conjugaten, die Pseudo -Wasserblüte bilden können
(vergl. weiter hinten), so Zygnema , Spirogyra , Mougeotia u. a. Eine
Trennung vom Plankton wäre besonders schwierig. Von Moosen
sind zu erwähnen Riccia. Amblystegium giganteum u. a., von Pte-
ridophyten Azolla , Salvmia , von Angiospermen
a) untergetauchte ( Ceralophyllum , Utricularia , Aldrovcindia ,
Lern na trisvlca , Lebewesen, die man mit allen denen, die
wie die genannten größtenteils oder ganz im Wasser
schwebend leben, auch als Makroplankton zusammen¬
gefaßt findet; ferner ist zu a) zu rechnen z. B. die halb¬
untergetauchte Stratiotes aloides ),
b) mit Schwimmblättern versehene (wie Hydrocharis morsus
rancie, Lern na minor u. a.),
c) und Ubergangsformen zu den Limnäen, wie Hottonia pa¬
lustris u. a.
B. Vereine in nährstoffarmem Wasser. Hierher eine sehr
artenarme Vegetation, zuweilen nur flutendes Sphagnum; Tierleben
äußerst arm.
3. Das N ekton1), d. h. die aktiv schwimmenden Organismen,
soweit sie nicht mikroskopisch klein oder doch sehr klein sind und
dann zum Plankton gerechnet werden. Hierher Tiere wie Fische usw.
4. Das Plankton, im engeren (eigentlichen) Sinne (Micro-
pl an kt on), die mikroskopischen und überhaupt sehr kleinen
Sch webe- Organismen, die Schwebe-Flora und -Fauna (das Phyto-
und Zoo- Plankton). Das ozeanische (an das offene Meer
gebundene) Plankton ist wesentlich an Individuen und Formen
ärmer als das ner ei tische (an die Küsten gebundene) Plankton
des Meeres ebenso wie das Süßwasser-Plankton. Auch kleine
Organismen mit Eigenbewegung gehören zum Plankton wie kleine
Crustaceen u. dergl., die trotz dieser Fähigkeit doch wesentlich
im Wasser treiben, d. h. den Bewegungen des Wassers preis-
gegeben sind.
*) Vom griecli. ne(ch)o =
ich schwimme (d. h. ich gehe nicht unter).
78
Die Sapropel-Bildungen.
Es ist von vornherein zu betonen, daß von diesen Gemein¬
schaften dieses Plankton als Urmaterial des Sapropels die
hervorragendste Bedeutung hat; mit diesem müssen wir
uns daher näher beschäftigen.
Wie H. Lohmann1) gegenüber W. Ostwald2) betont — kann
von einem Herabsteigen der Planktonorganismen auf den Meeres¬
boden im Ozean gar nicht die Rede sein. Früher hatte man all¬
gemein die OsTWALDsche Vorstellung von dem jährlichen Auf-
und Absteigen der Planktonorganismen. In dem Worte »Auf¬
trieb« kommt diese Vorstellung zum Ausdruck. Die Tatsachen
widersprechen dem aber. PIensen hat gezeigt, daß die erwähnte
Vorstellung unzutreffend ist, und hat deshalb für das Wort
»Auftrieb« das WTort »Plankton« (d. h. Schwebe-Organismen)
eingeführt.
An geeigneten Stellen (und diese sind h ä u f i g ) kann
das Plankton in erstaunlich großer Individuen zahl ver¬
treten sein; daher kommt es bei der Sedimentierung
mehr in Betracht als die Reste der abgestorbenen
Fische und anderer größerer Sapropel bildender Or¬
ganismen. Das wird gemeinhin übersehen. Die Mi k ro¬
und die kleineren Organismen überhaupt' spielen die
Hauptrolle als Urmaterialien von Sapropel: die Quan¬
titäten organischen Stoffes, die sie produzieren und die
jahrein jahraus an geeigneten Stellen zu Sapropel
werden, genügen vollkommen zur Erklärung der vor¬
handenen Sapropel-Mengen. Bedenkt man noch, daß Mikro¬
organismen sehr viel leichter ansiedelungsfähig sind als die Ma-
~ O C5
kroorganismen, so erhellt leicht die Bedeutung der ersteren für die
Sapropcl-Bildung. Wo größere Wasserorganismen unmöglich sind,
sehen wir Mikroorganismen entstehen; sie leben sogar in bloßen,
schnell vergänglichen Regenpfützen u. dergl., in denen sich z. B.
b Lohmann, Neue Untersuchungen über den Reichtum des Meeres au
Plankton (in: Wissensch. Meeresuntersuchungen Abt. Kiel, N. F., Bd. 7, S. 81f.).
-) Ost Wald, Zur Lehre vom Plankton (Natunviss. Wochenschr., Jena,
12. «Juli 1903).
Die Sapropel -Bildungen.
79
die Alge Haematococcus pluvialis findet. Gewisse Mikroorganismen
(Tiere und Pflanzen) sind solchem bloß periodischen Vorhandensein
von Wasser besonders angepaßt.
»Behelfe, lange Dürreperioden zu überstehen, gibt es zweierlei
entweder der ganze Organismus scheidet eine undurchlässige Hülle
aus, welche ihn, wenn es trocken wird, als schützende Kapsel um¬
gibt und in sich einen minimalen Feuchtigkeitsvorrat bewahrt;
oder die in versiegenden Gewässern gerade vorhandene Gene¬
ration muß sterben, benützt aber die noch übrige Zeit, um eine
widerstandsfähige Form von Fortpflanzungskörpern (Dauereier,
Dauersporen) von sich zu geben. Im eingekapselten Zustand er¬
warten vornehmlich niedrigste Tiere, so Aufguß- und Rädertier¬
chen, aber auch der afrikanische Molchfisch das erlösende Naß ;
Dauereier geben namentlich Vertreter der Ringelkrebse (Wasser¬
flöhe, Hüpferlinge, Muschelkrebschen), Dauersporen Vertreter der
niedrigsten Pflanzenklasse, der Algen ab. Leichtere Kapseln und
Keime werden oft vom Wind ergriffen und, wenn der Zufall es
will, ins Wasser geweht, wo sie zu neuem Leben erwachen. Des¬
halb ergrünt jedes stehengelassene Wasserglas so schnell von den
hineingelangten Algenkeimen, — und betrachten wir solche Tropfen
mit dem Vergrößerungsglase, so wrerden auch die Aufgußtierchen
nicht mehr fehlen. In größter Menge liegen aber organische Dauer¬
keime im Boden periodisch austrocknender Gewässer beisammen.
Schon ein kleines Krümchen derartigen Schlammes, mag es stehen¬
dem oder fließendem, süßem oder salzigem Wasser angehört haben,
enthält eine kleine Welt für sich, die nach erfolgter Vermischung
mit Wasser zu reger Tätigkeit wiederaufersteht«. (Kämmerer)1).
Plankton-Organismen vermehren sich vielfach unter geeigneten
Bedi ngungen ganz ungeheuerlich. So wurde berechnet, daß sich
ein erwachsenes Weibchen des gewöhnlichen Wasserflohs in
2 Monaten auf über 1 Milliarde Individuen vermehren kann.
0 Kämmerer, »Über Schlammkulturen« (Archiv für Hydrobiologie, II. Band,
1907), Wiedererweckung kleiner Tiere und Pflanzen aus getrocknetem Schlamm
(Blätter für Aquarien- und Terrarienkunde, 1907, Nr. 23 — 26). Obiges nach
einem Selbstreferat K.’s in der Zeitschrift »Prometheus«.
Die Sapropel-Bildungen.
SO
Richard Volk1) hat eine von Sfxk vorgenommene Bestimmung
des Phyto -Planktons im Elbwasser bei Hamburg mitgeteilt. Da¬
nach berechnet sich die Anzahl der Individuen auf nur einen
Kubikcentimeter wie nachstehend:
Chlorophyceae
1 . Confervoideae .
2. Palmellaceae
3. Desmidiaceae .
Diatomaceae
1. Raphideae .
2. Pseudoraphideae
3. Cryptoraphideae
Schizophyta .
Unsicherer Stellung .
70
19 250
37
55
29 330
31 730
/
19 357
61 115
10 617
1 731
92 820
Um eine weitere Vorstellung von den Planktonmengen zu
gewinnen, welche in Oberflächenwässern sich finden, seien noch
einige quantitative Untersuchungsergebnisse mitgeteilt, die Kolk¬
witz2) unter Verwendung der von ihm konstruierten 1 ccm- Plank¬
tonkammer gewonnen hat.
O
1. Sommerplankton aus dem Tegeler See bei Berlin, entnommen
am 19. Juli 1906. In 1 ccm Wasser 12 600 Algenzellen.
2. Sommerplankton aus der Havel bei Konradshöhe bei Berlin,
entnommen am 29. Juli 1906. In 1 ccm Wasser 4 600 Algen¬
zellen.
3. Sommerplankton aus dem Wannsee bei Berlin, entnommen am
27. Juni 1906. In 1 ccm Wasser waren so viele Melosirci-
Algenfäden vorhanden, daß diese ein förmliches Planktonge-
9 Volk, Hamburgische Elbuntersuchung: 1. Allgemeines über die biolo¬
gischen Verhältnisse der Elbe bei Hamburg und über die Einwirkung der Siel¬
wässer auf die Organismen des Stromes (Mitteilungen aus dem Naturhistorischen
Museum zu Hamburg, 2. Beiheft des XIX. Jahrganges 1903).
2) Kolkwitz: Entnahme- und Beobachtungsinstrumente für biologische
Wasseruntersuchungen. (Mitteil, aus der Kgl. Prüfungsanstalt für Wasserver¬
sorgung und Abwässerbeseitigung zu Berlin, Heft 9, 1907.) — Ferner: Über bio¬
logische Selbstreinigung und Beurteilung der Gewässer. (Hygienische Rundschau
1007, Nr. 2.)
Die Sapropel-Bildungen.
81
rüst zu bilden schienen. (Eine Angabe, die ich nach eigener
Beobachtung durchaus bestätigen kann — P.).
4. Sommerplankton aus dem Orankesee bei Berlin, entnommen
am 2. August 1906: In 1 ccm Wasser ca. 200 000 Algen-
zellen ( Polycystis aeruginosa und Aphanizomenon flos aquae).
5. Sommerplankton aus dem Kleinen Teich im Riesengebir^e,
entnommen im August 1906: In 1 ccm Wasser 4 — 6 Algen-
0 o
zellen (Desmidiaceen).
6. Winterplankton aus dem Wannsee bei Berlin, entnommen am
5. Dezember 1906: In 1 ccm Wasser:
Asterionella . 8 lebende Zellen
Melosira . 55 » »
Cryptomonas .... 8 » »
Nauplius . 1 » »
Detritus . zahlreiche Flöckchen (wegen
stürmischen Wetters).
7. Frühlingsplankton aus dem Hundekehlensee bei Berlin, ent¬
nommen am 1. April 1907: In 1 ccm Wasser:
Euclorina . ca. 1000 Zellen
Golenkinia .... » 500 »
Stephano discus ... » 5400 »
Sa. ca. 7000 Algenzellen
8. Frühlingsplankton aus dem Lago maggiore, entnommen bei
der Isola bella im April 1906: In 1 ccm Wasser 1 — 2 Algen¬
zellen ( Ceratium hirundinella').
Rechnen wir den ccm zu 18 Tropfen, so ergibt sich:
Zahl der Algenzellen pro Wassertropfen:
Ort
Jahreszeit
Algen
pro Tropfen
Tegeler See .
Sommer
700
Havel .
»
255
Orankesee .
»
ca. 11 000
Kl. Teich im Riesengebirge
»
fast 0
Wannsee .
»
viele hundert
Wannsee .
W inter
4
Hundekehlensee ....
Frühling
389
Lago maggiore ....
»
fast 0
Neue Folge. Heft 55.
6
82
Die Sapropel-Bilduogen.
Ein Blick auf die Tabelle lehrt, daß die klaren Gebirgsseen
wie Lago maggiore und Kl. Teich im Riesengebirge naturgemäß
wenig Plankton enthalten, während die Niederungsseen und -flösse
einen reichen Planktongehalt aufweisen, besonders im Sommer.
In nicht seltenen extremen Fällen kann das Wasser vor Or¬
ganismenfülle förmlich breiig werden, wie noch näher auseinander¬
zusetzen sein wird.
Algen können also bei der aquatischen Autochthonie eine
beträchtliche Rolle spielen. Die schwebenden und an der Ober¬
fläche lebenden Algen geraten beim Absterben auf den Grund und
können sich gelegentlich reich an den organogenen Ablagerungen
beteiligen.
Bei der unter dem Namen der Wasserblüte (auch See-
bliite, an unseren Haffs Haffblüte) allbekannten Erscheinung
stehen die Algen in der ersten Linie.
Die A lgen -Wasser bl ü te (französisch fleurs d’eau, eng¬
lisch water bloom)1) besteht darin, daß das Wasser unter
geeigneten Verhältnissen intensiv gefärbt (z. B. grün) und ganz
trübe wird, was auf der massenhaften Produktion kleiner Algen
beruht. In der Havel z. B. spielt Microcystis (Polycystis) flos aquae
als Aigen-Plankton eine ganz hervorragende Rolle; die Kolonieen
dieser Species färben an warmen August-Tagen das Wasser
intensiv pflanzengrün. Eine mächtige Vermehrung der Plankton-
Alge Sphaerella ( Haematococcus ) pluvialis kann das Wasser intensiv
blutrot färben, daher der Name Blutalge. Wer denkt dabei nicht
an das Rote Meer, das der in demselben stark auftretenden
Plankton-Blut- Alge Trichodesmium erythraeum seinen Namen ver¬
dankt. Eine »rote Seeblüte« (»Burgunderblut«) wird auch von
Oscillatoria rubescens z. B. im Murtensee erzeugt. Andere Plank¬
ton-Algen, besonders Diatomeen, bedingen eine gelbe (z. B.
Trichodesmium Thiebauti ), wieder andere eine braune Färbung, so
daß man ein Wasser, das dick mit solchen Diatomeen-Arten er¬
füllt ist, bei denen das Chlorophyll durch einen braunen Farbstoff
b In Shropshire spricht das Volk nach Hughes, On the transport of fine
mud and vegetable matter by conferva (Proc. Cambridge Phil. Soc. III, 1880,
p. 340), von »breaking of the water«.
Die Sapropel-Bildungen.
verdeckt wird, leicht fälschlich für verschlammt durch Eisenocker
halten kann.
Es können dicke, breiähnliche Massen (z. B. von Chroococca-
ceeu) entstehen, die das Wasser derartig durchsetzen und bedecken,
daß u. a. die Fische absterben. Insbesondere häufen sich dick¬
schaumige und breiige Massen an, wenn der Wind Gelegenheit
hat, die Algen in Buchten oder sonst zusammenzutreiben, wobei
sie auch ans Ufer gebracht werden. Im August 1904 zeigte die
Havel stellenweise auf der Leeseite mehr oder minder auffällig
breiiges Wasser.
Sehr auffallend ist dieselbe Erscheinung im Meere, die
» Me er es - V e rs ch leim u ng« , von den italienischen Fischern, die
hierdurch in ihrer Berufstätigkeit stark gestört werden, Meer¬
krankheit (malattia del mare) genannt. Im Golf von Triest
sah man im Juli 1905 »im Meere enorme Mengen von Schleim-
massen treiben. Man muß dies mit eigenen Augen gesehen haben,
um sich von dem Umfang dieser Erscheinung eine richtige Vor¬
stellung bilden zu können« sagt Carl J. Cori1). Es waren Peri-
dineen, wohl hauptsächlich Peridinium- Arten, die in Frage kamen.
»Stundenlang konnte man fahren und sah immer und immer die
Schleimmassen das Meer erfüllen. Das Bild war so, als ob sich
der mit Wolken bedeckte Himmel im Meere abspiegeln würde.«
In dem in der Tiefe treibenden Meerschleim fanden sich u. a.
nahezu Reinkulturen von Diatomeen. Schleimige Diatomeenmassen
in der Adria bei Triest hatte früher schon Syrski beschrieben
unter dem Namen »masse glutinöse« (italienisch2). Mari-
naris nennt ähnliche Massen — nach Bruno Schröder3) —
»limonata«. A. Forti hat in der »mare sporco«, d. h. im
l) Cori, Die Erscheinung der Meeresverschleimung. (Die Umschau, Frank¬
furt a. Main, 28. Oktober 1905, S. 868 — 870.) (Dasselbe in der Österr. Fischerei-
Zeitung 1905.) — Ferner derselbe »Über die Meeresverschleimung im Golfe von
Triest während des Sommers von 1905« (Archiv für Hydrobiologie und Plank¬
tonkunde von Zacharias, Stuttgart 1906, S. 385 — 391).
2) Syrski, Sülle masse glutinöse (Diatomee) oss n. part. setten tr. delf adri-
atico. Trieste 1872.
3) Schröder, Beiträge zur Kenntnis des Phytoplanktons warmer Meere.
(Vierteljahrschr. der Naturf.-Ges. in Zürich 1906, S. 373).
6*
84
Die Sapropel-BiM ungen.
schmutzigen Meer, wie die in Rede stehende Erscheinung des
Adriatischen Meeres genannt wird, 1891 und 1905, in welchen
Jahren sie besonders auffällig war, 46 Arten von Mikroorganismen
gefunden1). Schröder bemerkte im Indischen Ozean (vergl. 1. c.)
ein ähnliches Vorkommen von Ceratium volans und anderen Cera-
tien und Hundshausen schrieb ihm : es sei ein massenhaftes Vor¬
kommen von Individuen dieser Gattung im Indischen Ozean zu
erwarten »nach den großen, braunpurpurigen Flecken, mit denen
die Oberfläche seines schwarzblauen Wassers ununterbrochen be¬
deckt war«, als der Genannte 1901 dort verweilte.
Als Beispiel dafür, daß auch Tiere in ungeheuren Scharen
auftreten können, sei auf eine Medusen plage an der Ligu-
rischen Küste hingewiesen, die sich in den ersten Tagen des
Juni 19032) unangenehm bemerkbar machte. Das Meer war mit
einer ungeheuren Masse von Meerestieren bedeckt, die durch
heftige, zwei Wochen andauernde Winde gegen die Küste ge¬
trieben worden waren. Diese lebendige Flutwelle bestand aus un¬
zähligen Individuen der Gattung Velella (Scheibenschwimmpolypen)
» Die Überschwemmung mit ihnen erstreckte sich über die Riviera
di Ponente und die Riviera di Levante in so enormen Massen,
daß an einigen Orten, wie in Pegli, Sturla und Sori, die Ufer
damit vollständig überdeckt waren, und daß für die Küstenbe¬
wohner eine wahre Plage daraus entstand. Es mußte für die Ver¬
nichtung der Quallen Sorge getragen werden, weil sie bald in
Fäulnis übergingen und einen furchtbaren Geruch verbreiteten.
Ganze Wagenladungen der Tierleichen, die die Luft zu verpesten
begannen, wurden im Sande vergraben. Die Velella spirans —
um diese handelt es sich ausschließlich — ist im Mittelmeer sehr
verbreitet und lebt gewöhnlich in großen Trupps zusammen. Sie
besteht aus einer flachen knorpligen Scheibe, die auf der Ober¬
seite einen wie ein Segel senkrecht gestellten Kamm trägt, durch
den sie sich vom Winde treiben läßt. Infolgedessen sammeln sich
die Quallen bei langanhaltendem, warmem Seewind häufig am
9 Forti, Alcune osservazioni sul »Mare sporco« ed in particolare sul fe-
nomcno avvenuto nel 1905 (Nuovo Giornale bot. it. 1906, p. 357 — 408).
2) Verg'l. Zeitschr. Globus (Braun schweig) vom 9. VII. 1903.
Die Sapropel-Bildungen.
85
Ufer, doch ist eine so kolossale und über so weite Küstenstreeken
gehende Überschwemmung, wie sie in diesem Fall im Ligurischen
Meerbusen eingetreten war, eine ziemlich seltene Erscheinung.
Erklärt wird sie diesmal dadurch, daß im letzten Frühjahr die
Fortpflanzung der Quallen durch das monatelang schöne und ruhige
Wetter begünstigt worden war.«
Über Wasserblüte bildende Algen hat sich H. Klebahn
geäußert1). Er beschränkt die Bezeichnung Wasserblüte auf die¬
jenigen Organismen, die vermöge ihres geringen spezifischen Ge¬
wichtes an der Oberfläche schwimmen. Für uns ist das gleichgültig:
es soll ja hier nur auf die elementar leicht zu beobachtende Form
des Vorhandenseins auch zahlreicher Algen in geeigneten Wassern
aufmerksam gemacht werden. Die vielen im Wasser schwebend
(als Plankton) lebenden Arten wie z. B. Volvox (Otto Zacharias
berechnete im Pfaffenteich zu Schwerin 1904 rund 680 Voloox-
Kolonieen in einem Liter des Teich wassers : vergl. Fischerei-Ztg.,
Neudamm 1905, S. 286), Pediastrum und überhaupt sehr viele
Grünalgen, Diatomeen usw. sind natürlich für unseren Gegenstand
ebenso wichtig, doch wird so oft gerade von der wegen des Ober-
flächen-Lebens auffälligen Algen-Wasserblüte gesprochen, daß
wir auf diese noch etwas eingehen wollen. Das eigentliche Bereich
der Wasserblüte — in Klebahn s Sinn — sind bei uns die etwas
größeren, sowie die großen stehenden oder sehr langsam fließen¬
den Gewässer. In vor dem Winde geschützt liegenden kleineren
Wasserbecken treten die in Rede stehenden Algen wohl nur als
Wasserblüte auf. In den größeren Gewässern hingegen, die selten
hinreichend ruhig sind, leben diese Algen schwebend unter der
Oberfläche und treten — nur bei großer Ruhe — als Wasserblüte
auf. Namentlich in der wärmsten Jahreszeit vermehren sich die
Algen ganz gewaltig, so daß sie eine zusammenhängende Schicht
wie einen Schäum bilden können. »Nicht selten — sagt Klebahn
') Klebahn, Über Wasserblüte bildende Algen, insbesondere des Plöner
Seegebietes, und über das Vorkommen von Gasvacnolen bei den Phycockroma-
ceen, (Forschnngsberichtc aus der Biologischen Station zu Plön, IV. Teil 1896,
S. 189 — 206.) — Literatur über Wasserblüte auf Schweizer Seen vergl. in der
Bibliographie Ed. Fischek’s »Flora helvetica (1530 — 1900).* Bern 1901, S. 48 fT,
Die Sapropel-Bildungen.
86
weiter — scheint dieser Höhepunkt ihrer Entwicklung eine ab¬
norme, rasche Vernichtung der Algen zur Folge zu haben, da die
dichte Zusammendrängung so zahlreicher Individuen, verbunden
mit intensiver Bestrahlung der Sonne, namentlich für das Leben
dieser Algen, die auch beim Zusammenhäufen in kleineren Ge¬
fäßen in kürzester Zeit zug-runde gehen, wenig günstige Bedin-
O ö j o o o
gungen liefert.« »Es ist nicht ausgeschlossen, daß das plötzliche
Absterben der Fische, das mitunter in Verbindung mit dem Auf¬
treten der Wasserblüte beobachtet worden ist, eher auf eine Er¬
krankung der Fische durch die Fäulnisprodukte .... zurückzu¬
führen ist.«1) Solange sich die Algen am Leben befinden, können
sie die Tiere (Fische u. dergl.) nicht schädigen; es sei denn, daß
die eventuell breiige Konsistenz des Wassers die Tiere in der
Atemtätigkeit stört. Sonst verbessern die Algen im Gegenteil das
Wasser für die Tiere, indem sie durch ihre Assimilations-Tätigkeit,
bei der sie Kohlendioxyd aufnehmen und Sauerstoff abgeben, das
Wasser durchlüften. Sind aber zuviel Algen vorhanden, so sterben
sie massenhaft ab und verbrauchen nun durch ihre Zersetzung viel
Sauerstoff und entwickeln überdies giftige Gase. So kann reiche
Wasserblüte ein großes Fischsterben und Absterben von Wasser¬
tieren überhaupt veranlassen und so nicht nur selbst — wenn es
sich um ein geeignetes Wasser handelt — sondern es können zur
selben Zeit auch viele andere Organismen periodisch besonders
viel Sapropel-bildendes Material zur Ablagerung bringen. Es ist
klar, daß das periodisch übermäßige Vorhandensein von Algen-
Wasserblüte in Gewässern, die große Gemeinden versorgen, zu
einer Calamität werden kann, wie dies wiederholt mit dem aus
dem Obersee stammenden Trinkwasser der Stadt Reval der Fall
') Aus den Seen bei Plön gibt der genannte Autor die folgenden Wasser¬
blüte bildenden Algen an: Codosphaerium Kützingianum Näg., Polycystis aerugi¬
nosa Kürz , Trichodesmium lacustre Kleb., Gloeotrichia eehinulata P. Richter,
Anabaena fios ayuae und noch drei andere Arten dieser Gattung, Botryococcus
Braunii Kürz., er nennt nach anderen Autoren noch: Polycystis prasina und P.
ßos-aquae Wittk., Oscil/atoria rubesccns De Can dolle, 0. prolißca (Grev.) Gomont,
t>. Agardhii Gom., A’iabaena variabi/is Kürz, und Ilassalii (Kürz.) Wittk, Noda-
laria spumigera Mertens.
Die Sapropel-Bildungen.
87
gewesen ist, wo durch Anabaena flos aquae die Oberfläche des
Sees sich gelegentlich »mit einer rahmartigen Schicht« be¬
deckt ]).
Im Brackwasser und im Meere kommt, wie gesagt, Algen-
Wasserblüte ebenfalls vor.
Übrigens können auch Algen, die nicht zu den mikroskopisch
kleinen gehören, gelegentlich das Wasser streckenweise oberflächlich
bedecken und eine Pseudo-Algen-Wasserblüte erzeugen, so
Figur 11.
W = Algenwatte am Südufer der Krummen Lanke
im Grunewald bei Berlin.
(Aufgenommen von Herrn Lehrer E. Steinau
bei Gelegenheit einer vom Verfasser veranstalteten Exkursion
am 5. Oktober 1907.)
l) Schneider, Obersee bei I\eval 1908, p. 39.
88
Die Sapropel- Bildungen.
Fadenalgen *), die durch die bei der Assimilation gebildeten Gas¬
blasen, die zwischen den Fäden festgehalten werden, an die Ober¬
fläche gelangen. Sie schwimmen dadurch wie eine grüne Watte
(» Algen watte«) an der Oberfläche des Wassers (Fig. 11).
Hughes2) macht darauf aufmerksam, daß manche fließende
Gewässer in warmen Sommern ganz trübes Wasser aufweisen,
obwohl dasselbe gewöhnlich hell und klar ist. Der Boden des
Wassers ist dann mit Fadenalgen (H. sagt Conferven) besetzt, die
insbesondere bei Sonnenschein durch die Ernährungstätigkeit viel
•Sauerstoff produzieren, der sich in Blasenform zwischen die Fäden
festsetzt. Die Algenmassen werden dadurch so leicht, daß sie sich
schließlich vom Boden erheben, um mit Schlamm, den sie mit¬
nehmen und der vom Wasser wieder ausgespült wird, mit dem Ge¬
wässer herabgeführt zu werden. In gleicher Weise können übrigens
O o ö
auch schleimige Kolonieen, z. B. von Diatomeen, in großen Fladen
transportiert werden3). Am h Steine können emporgehoben und
dann auch transportiert werden ; besonders auffällig geschieht dies
durch Vermittlung von Tangen. Tange wachsen nicht auf losem
o ö r>
Grund und Boden, sondern nur auf festem Gestein. Sind es Ge¬
schiebe, die den Boden bilden, so können die Tange, vermöge
ihres geringen spez. Gewichts emporstrebend und -wachsend,
immer größere Lasten tragen und schließlich den Stein, auf dem
sie festsitzen, emporziehen und so die V eranlassung werden, daß
der Stein, durch Wellen und Fluten bewegt, an den Strand ge¬
worfen wird. Dieser Gesteinstransport aus der Tiefe durch Ver¬
mittlung von Tangen ist besonders schön und reich u. a. auf Hel¬
goland zu beobachten, wo eine Unzahl von Geschieben umherliegen,
denen die Algen noch anhängen (Fig. 12).
a) Oft habe ich im Frühjahr an stilleu Stellen von Seen bei Berlin z. B.
Spiroyyra mit etwas Cladophora vermischt in dieser Weise üppig und dicht das
Wasser bedeckend beobachtet. Im Züricher See beobachtete C. Schröter
(Schwebeflora 1 806, S. 11) Algenwatten von OscHlatoria limosa. Usw.
2) Hughes, T.Mc. K., On the transport of fine mud and vegetable matter by
eonferva. (Proeeedings Cambridge Philosophical Society. Yol. III, Pt. VIII, 1 SSO,
p. 330—341.)
3) Kolkwitz, Uber biol. Selbstreinigung und Beurteilung der Gewässer
(Hygienische Kundsehau 1907),
Figur 12
Die Sapropel-Bildungen.
89
Gerolle mit anhaftendem Tang .(Laminaria), von diesem aus dem Meeresgründe aufgeholt.
Strand von Helgoland.
Die Objecte wurden vom Verfasser auf dem Saudstrand ausgebreitet, um die Geschiebe zu vereinzeln und dadurch zu verdeutlichen.
(Aufgenommen im Herbst 1904).
90
Die Sapropel-Bildungen.
Natürlich findet in gleicher Weise auch eine Bewegung von
geeigneten Organismen, insbesondere von Mollusken-Schalen statt.
Diesbezüglich berichtet C. Sauyageaü von einem neu auftretenden
Austernfeind1) in Gestalt der Alge Colpome7iia sinuosa. Sie ist in
allen nicht zu kalten Meeren verbreitet und kommt sowohl im
Mittelmeere, wie in den benachbarten Teilen des Atlantischen
Ozeans vor. Wahrscheinlich gelangte sie an dem Rumpf eines
Schiffes in den Golf von Morbihan, wo sie nun den Bestand der
Austernbänke von Vannes (nicht weit von Bordeaux) bedroht.
C. sinuosa siedelt sich auf der Oberfläche der Austernschale an,
wo sie ziemlich rasch den Umfang großer Hühnereier erreicht.
Die Wandung ist sehr dünn und elastisch; die mit Wasser ge¬
füllten Schläuche fallen zur Ebbezeit in sich zusammen. Durch
die Risse ihrer Hülle entleert sich ihr Inhalt, aber infolge seiner
Elastizität füllt sich der Schlauch darauf mit Luft und der Riß
verschließt sich wieder. Während der Flut werden dann die
Austern, auf denen sich die Algen angesiedelt haben, von den mit
Luft gefüllten »Ballons« (diesen Namen geben ihnen die Austern-
züchter) an die Oberfläche des Wassers gebracht.
Doch das sind Ausnahmserscheinungen; wo ruhige Verhält¬
nisse herrschen, sinken schließlich die Plankton-Algen, gelegentlich
auch Algen watten zu Boden und vermischen sich dort mit den
sonstigen Resten der Schwimm- und Schwebe-Flora und -Fauna,
wie Diatomeen, Infusorien usw. des Zoo- und Phyto-Benthos und
Nekton sowie den Exkrementen der Wassertiere. Aus diesem
Material besteht der Faulschlamm, dem außerdem noch allermeist
Reste von Landpflanzen wie Betulaceen- und Kiefern-Pollen, ge¬
legentlich noch bestimmbare Blätter, Früchte, wie Haselnüsse u.
dergl. als Drift-Materialien beigemischt sind, unter Umständen auch
Humus an zweiter Lagerstätte, wie Schlämmtorf. Die beigemengten
Pollen-Massen können vorher auf dem Wasser als Polle n-
Wasserblüte (»Falsche Wasserblüte«) in die Erscheinung ge¬
treten (Näheres hierüber später), demnach aus »Schwefelregen«
') Sauvageau, A propos du Colpomenia sinuosa signale dans los huitriercs
de Vannes (Bull, de la Station biologique cTArcaclion 1906).
Die Sapropel-BilduDgen.
91
hervorgegangen sein. Sapropel ist daher nur selten, vielleicht kaum
jemals rein autochthon, d. h. allein entstanden durch die abge¬
storbenen Organismen (und ihre Ausscheidungen), die in dem
Wasser lebten; vielmehr zeigen, wie wir sehen werden, die
hierher gehörigen Bildungen, wenn sie überhaupt noch hinreichende
Struktur zur Erkennung der zusammensetzenden organischen Be¬
standteile aufweisen, fast stets auch solche, die durch Drift hinein¬
gekommen sind. Der Faulschlamm ist also gewöhnlich zum Teil
autochthon, zum Teil allochthon. Wir werden bei reichlicher Drift-
Zufuhr die Bildung besser kurz als semi-autochthon bezeichnen
und dann nicht mehr von Sapropel schlechtweg sprechen.
Nicht bloß brennbare organische Bestandteile tragen zur Bil-
o o
düng der in Rede stehenden Gesteine bei, sondern — sofern das
Wasser kalkhaltig ist — auch Kalkskelett-Teile von Organismen
und anderweitig abgeschiedener Kalk, ferner — sofern das Wasser
hinreichend Kieselsäure in Lösung enthält — Kiesclskelette von
Organismen, und endlich können auch, wenn Zuflüsse vorhanden
sind, allochthone Sedimente, wie Ton, Grob- und Feinsand, dem
Faulschlamm beigemischt werden. Generell wird man daher von
Sapropel- (Faulschlamm-) Gesteinen sprechen und diese
unterscheiden in (reinen) Faulschlamm (Sapropel), Kalk-
Faulschlamm usw., während man die reichlicher mit anorgani¬
schen Sedimenten versehenen als Faulschlamm- (Sapropel-)
Erden bezeichnen wird, die samt und sonders Sapropelite sind.
Ist auch das Vorhandensein eines relativ ruhigen Wassers
eine Hauptbedingung für die Entstehung von Sapropel, so ist doch
die Quantität, die innerhalb eines gewissen Zeitraumes entsteht,
noch von anderen Bedingungen abhängig.
Wässer, in denen eine relativ niedere mittlere Temperatur
herrscht, beherbergen weniger Planktonten als Wässer mit höheren
Temperaturen., Was das Phytoplankton anbetrifft, so ist das der
eigentlichen Hochgebirgsseen sehr arm sowohl an Arten wie auch
an Individuen. Unter 11 Seen der Ostalpen, die 1260 — 2500 m
über dem Meere liegen und freilich nur einmal während des
Jahres von V. Brehm und E. Zederbauer besucht wurden, be¬
fanden sich 4, in denen überhaupt kein Phytoplankton gefunden
92
Die Sapropel-Bildungen.
wurde; in 3 anderen wurden nur Fadenalgen ( Zygnema , Spirogijra)
gefunden; in den übrigen war die Zusammensetzung des Planktons
sehr verschieden 1). Ganz benachbarte Seen können zu ein und
derselben Jahreszeit ein ganz verschiedenes Plankton besitzen2).
W. und G. S. West führen die sehr große Fülle von Desmidia-
ceen in den schottischen Seen auf den Mangel an Kalk und das
Vorhandensein von Humussäuren aus den anliegenden Mooren
zurück3). ln kälteren Gegenden scheint das Zooplankton zu
überwiegen4), aber es tritt dort überhaupt quantitativ so zurück,
daß offenbar auch die Sapropelbildung gegenüber der Torfbildung
nach steht.
Diese Verschiedenheit in der Zusammensetzung und in dem
Produktionsquantum des Planktons in den verschiedenen Ge¬
wässern erklärt zweifellos, daß in ziemlich gleichaltrigen Seen, z. B.
bei uns in Norddeutschland in unseren Grundmoränen-Seen, doch
die Mächtigkeiten der Sapropelbildungen recht verschiedene sein
können. Es ist aber selbstverständlich, daß bei hinzukommenden
Zusätzen wie Kalk oder Feinsand oder dergleichen die Sapropelit-
entstehung wesentlich schneller vor sich gehen kann, als die des
reinen Sapropels, um die es sich hier handelt. Die Sapropel¬
bildung nimmt wie die Torfbildung (worüber Näheres im zweiten
Bande) sehr viel Zeit in Anspruch; denn betrachten wir Bei¬
spiele, die uns einigermaßen ein Urteil darüber gestatten, wie
z. B. die Vorkommnisse im Grunewald bei Berlin, so bemerken
wir, daß die bereits vollständig durch Vertorfung verlandeten
Seen und Teiche als Liegendes des Torfes nur Andeutungen von
9 Brkhm und Zederbauer, Beobachtungen über das Plankton iu den Seen
der Ostalpen. (Archiv für Hydrobiologie und Planktonkunde. Bd. I. Heft 4.
1906 p 469 — 495.) — Yergl. z. B. auch K. v. Keissler, Über das Phytoplankton
des Traun-Sees. (Österr. botan. Zeitschr. 57. Jahrg. 1907. p. 146 — 15*2.)
2) Vergl. z B. K. v. Keissler, Planktonstudien über einige kleinere Seen
des Salzkammergutes. (I. c. 1907. p. 51 — 58.)
3) W. und 0. S. West, A further contribution to the freshwater plaukton
of the Scottish Lochs (Trans. Royal Soc. Edinburgh 1906. p. 477 — 518.)
4) C. II Ostenfeld und C. Wesenberg Lund, A regulär fortnightly explo-
ration of the plankton of the two lcelandic Jakes, Thingvallavatn and Myvatn
(Proceedings Royal Soc Edinburgh 1906. p. 1091 — 1167).
Die Sapropel-Bildungen.
93
Sapropelit, oft nur von Zentimeter oder Dezimeter Mächtigkeit
aufweisen, während die noch nicht verlandeten Seen stellenweise
mehrere Meter mächtige Lager von reinem Sapropel oder Sapropel-
kalk oder Sapropelerden an ihrem Grunde besitzen: Sapropelite,
die also im letzten Falle seit dem Rückzuge der diluvialen Eis-
decke in Entstehung begriffen sind, aber im Verlauf der voll¬
ständigen Verlandung der Gewässer noch stark an Mächtigkeit
O o o
abnehmen würden mit Rücksicht auf den sehr starken Wasser¬
gehalt der frischen Sapropelite, dessen mehr oder minder weit¬
gehender Verlust die Mächtigkeit stark reduziert.
Von mir untersuchte kontinentale rezente bis diluviale Sapro¬
pelite Norddeutschlands, meist je mehrere Proben von über 80 ver¬
schiedenen Fundorten1), ergaben, soweit es sich um ohne größere
Mühe bestimmbare Bestandteile handelt, die folgenden noch figu¬
riert erhaltenen Reste oder Individuen. Einige Einschaltungen
wurden hinsichtlich der Algen im weitesten Sinne nach Lagerheim
vorgenommen. Die Liste macht aber auf Vollständigkeit keinerlei
Anspruch, sondern soll nur dazu dienen, den Charakter der er¬
haltungsfähigen Elemente vorzuführen. Die häufigsten und häu-
figeren Reste wurden durch den Druck hervorgehoben und auch
diesbezügliche Bemerkungen beigesetzt:
Pflanzliche Reste:
Schizophyten S chizophy c eae (häufig2).
Oscillariaceen ( Oscillaria ).
Nostocaceen (wie Anabaena).
Rivulariaceen (. Rivularia , Gloeotrichia).
Chroococca ceen (wie die Gattungen Aphanocapsa , Aph a-
nothece , Gloeocapsa , Gloeothece , Microcystis , Polycystis ) zuweilen so
]) Herrn Dr. W. Gothas sage ich besten Dank für die Unterstützung, die
er mir bei der zeitraubenden mikroskopischen Untersuchung der vielen Proben
geleistet hat.
2) Wegen der Algen im weitesten Sinne vergl. G. Lagerheim, Unter¬
suchungen über fossile Algen: I. Übersicht der bisher in quartären Ablage¬
rungen gefundenen Aigen. II. Über das Vorkommen von Phacotus lenticularis
(Ehrenb.) Stein in tertiären und quartären Ablagerungen. (Geol. Foren. Förhandl.
1902.) — Siehe auch Früh, Torf und Dopplerit 1883: Neuweiler, Beiträge zur
Kenntnis Schweiz. Torfmoore 1901 und andere Schriften.
94
Die Sapropel-Bildungen.
massenhaft, daß sie über wiegen oder die Grundsubstanz bilden
können ; so bestand die Hauptmasse mancher Sapropele aus Micro-
cystis (Polycystis) flos aquae auch Clathrocystis aeruginosa.
Schizomyceten (Bakterien) z. B. Leptothrix ochracea (vergl.
das Kapitel über Eisen) u. a.
Algen (echte1) (sehr häufig).
Chrysomonadinen.
Confervaceen ( Conferva , Ophiocytiuvi).
Zygnemaceen {Spiro gyra und Mougeotia ).
Desmidiaceen ( Closterium , Cosmarium , Desmidium , Eicastrum ,
Hyalotlieca , Pleuro taen ium , Staurastrum, Xanthidium. Siehe u. a.
Nordstedt 1870 und Raciborski, Bot Centralbl. XXX, 1887,
p. 33).
Diatomaceen (Baci llariaceen) (oft außerordentlich häufig,
zuweilen so überwiegend, daß man dann von Diatomeen-Pelit
spricht).
Phacotaceen: Phacotus lenticularis (besitzt eine Kalkschale).
Nach Lagerheim (1. c. p. 481 — 498) nur in kalkhaltigen Ablage¬
rungen, wie jetzt vorwiegend in kalkreichen Gewässern.
Volvocaceen {Pandorina).
Tetrasporaceen {Botryococcus).
Protococcaceen.
Scenedesmaceen (wie Scenedesmus , Coelastruni).
ITydrodictyaceen {Pediastrum , Tetraedroii).
Oedogoniaceen (wie Oedogonium).
Cladophoraceen.
Vaucheriaceen ( Vauclieria , s. WiTTROCK, Bot. Zentralbl. XXIX,
1887).
' Cli arales.
Pilze (wie Hyphen, Sporen: Teleutosporen u. a., nicht häufig).
Bryophyten (Sporen, Stengel- und Blattreste, z. B. auch
Hypnaceen- und Sphagnum- Blattstücke).
Pteridophyten (z. B. Sporen, gelegentlich Sporangien, Gewebe¬
fetzen, wie Hydro'iden).
*) Nomenclatur und Reihenfolge der Algen nach Oltmanns, Morph, u. Biol.
der Algen, 1904.
Die Sapropel-Bildungen.
95
Gymnospermen (Holzreste wie Hydrosterei'den , zuweilen holz-
koldig erhalten, gelegentlich Nadelreste, z. B. von Juniperus). Be¬
merkenswerter sind :
Pinus silv estris -Pollen, -Zapfen, -Borke.
Picea excelsa - Pollen.
Monocotyledonen. Gewebefetzen, namentlich Epidermisfetzen
von Gramineen oder Cyperaceen, Cyperaceen- Pollen etc.
Dicotyledonen. Gewebefetzen, u. a. Epidermisfetzen z. ß. von
Nymphaea , Innenhaare von Nymphaea , nicht selten Laubblätter,
Lemna-lleste usw. — Samen (z. B. von Menyanthes ), Früchte, ge¬
legentlich z. B. Trapa natans usw. — Pollen oft häufig, so na¬
mentlich von Ainus , Betula und Corylus. Ericaceen-Pollen.
Tierische Reste:
Khizopoden (wie Arcella , Centropyxis , Difflugia , Lesquereusia ,
Quadrula (Lagerheim 1. c. 1902, p. 489, 490 etc.; ich selbst habe
aber ebenfalls in rezenten Sapropeliten der Provinz Brandenburg
etc. Rhizopoden-Gehäuse z. B. von Arcella gefunden1).
Spong illenn adeln (sehr häufig).
Schnecken- und Muschelschalen oder Stücke davon (meist sind
dieselben jedoch vollständig zersetzt, zerfallen, daher figuriert dann
nicht mehr konstatierbar. Schneckendeckel halten sich länger).
Crustaceen -Reste (die Chitinteile sehr häufig), nament¬
lich sind es die kleinen Formen, deren Reste in den Sapropeliten
immer wiederkehren, so von Alonci , Acropcrus , Bosmina , Cerio-
daphnia, , Daphnia.
Insektenreste (Chitinteile, Haare, Eier z. B. von Wasserwanzen.
Tardigradeneier (selten).
Fische (Abdrücke, gelegentlich Knochen, Schuppen, nicht ge¬
rade häufig).
Kot.
Varia :
Gallertige Gr und Substanz aus zersetzten orga-
»z; O
nischen Massen und von gallertigen Teilen, an denen viele
echte Wasserorganisfhen besonders reich sind.
9 Zum Bestimmen von Rhizopodengeliäusen ist sehr empfehlenswert: Eug.
Pe na kd, Faune rhizopodique du bassin du Loman. Geneve 1902.
96
Die Sapropel-Bddungen.
Kalk,
Ton,
Sand,
Ferrosulfid (Einfach-Schwefeleisen).
Kleine Pyrit-Konkretionen, beim Druck unter dem Mikroskop
zuweilen in Kryställchen zerfallend. (Vergeh auch Früh 1885,
p. 707/708.)
Kieselscheibchen.
Vi vianit (gelegentlich).
Usw.
Dem Biologen wird sofort auffallen, daß figurierte Bestand¬
teile gewisser Organismen fehlen, trotzdem sie in den Gewässern
Norddeutschlands — und die untersuchten Proben sind ganz über-
wiegend norddeutsche — sehr häufig sind, daß andere ebenso häufige,
aber figuriert erhalten gebliebene nur gelegentlich auftreten und
wiederum andere, die nicht häufiger sind als die, von denen figurierte
Bestandteile fehlen, solche doch zahlreich hinterlassen. So fehlen
z. B. in den untersuchten Sapropeliten als solche erkennbare Reste
von Geiselinfusorien (Mastigophoren) durchaus, obwohl sie oft in
enormer Zahl im Wasser vorhanden sind1). Es gemahnt dies ein¬
dringlich, aus den figurierten Bestandteilen in Sapropel-Gesteinen
nicht zu schließen, daß nun diese auch unbedingt die wesent¬
lichsten Lieferanten des Sapropel-Materiales sein müssen; viel¬
mehr hängt das Vorhandensein figurierter Bestandteile ab von dem
Vorhandensein schwerer zersetzbarer Teile, während die als amorphe
Grundmasse in die Erscheinung tretenden vollständig zersetzten
Teile, z. B. in einem sogenannten »Algen«-Sapropel-Gestein, we¬
sentlich anderer Herkunft sein können In gewissen Fällen werden
sich auch leichter zersetzbare Teile figuriert erhalten können, wenn
nämlich eine gewaltige periodische Produktion gewisser Organismen
(wie bei der Wasserblüte) stattfindet, die dann, gleichzeitig abster¬
bend, auch eine verhältnismäßig dicke Bodenlage schäften, so daß
die untersten durch die bedeckenden Organismen sofort hinreichend
vor schnellerer Zersetzung geschützt sind.
b Yergl. auch Schröter, Moore der Schweiz, 1904, S. 29.
Die Sapropel-Bildungen.
97
A. Seligo *) nennt die oberste 5 m-Schicht norddeutscher Seen
die trophogene Region (»Nährschicht«), weil in der Regel in über
5 m Tiefe überhaupt keine Ernährung der Algen und grünen Pflanzen
mehr stattfindet, da in größerer Tiefe die Licht-Intensität nicht aus¬
reicht; jedoch hat die größere Tiefe Bedeutung für die Planktontiere,
deren Mehrzahl lichtscheu ist und kühlere Temperatur bevorzugt.
Daher gedeihen sie nicht in flachen Gewässern. — Vergl. hierzu
O o
auch im 2. Bande das über die »photische« (helle) Region etc.
Gesagte.
Strömung wirkt auf Plankton »offenbar als verscheuchender
Reiz. Man findet auch in Gewässern, die mit größeren fließenden
Gewässern in direkter Verbindung stehen und an deren Anschwellen
und Absinken regelmäßig teilnehmen, nur ausnahmsweise und in
geringer Entwicklung eigentliche Planktonten« (1. c. p. 17).
Je nach der Tiefe des Wassers und den sonstigen Verhältnissen
kann daher die Zusammensetzung des entstehenden Sapropels recht
verschieden sein.
Unter den Sapropel bildenden Gewässern gibt es eine große
Zahl, die höchstens die angegebene Tiefe von 5 m erreichen und
in solchen Fällen sind die Verhältnisse nicht nur dem Plankton
günstig, sondern unter Umständen eben so sehr dem Leben von
Boden-Flora (und Fauna). Bis 3 m Tiefe haben wir bei uns in Sü߬
wässern Existenzbedingungen für fast alle Wasserpflanzenarten, und
auch große Sumpfpflanzen können gedeihen, wie insbesondere viele
Arten der Röhrichtgemeinschaft (Arunclo phragmites, Scirpus lacustris
usw.). In einer größeren Tiefe, zwischen 3 — 4 m, sind besonders
Nymphaeaceen und Potamogeten, nämlich die mit Schwimmblättern
versehenen Arten zu Hause, in einer noch größeren, 4 — 6 m, Pota¬
mogeten mit untergetaucht verbleibenden (submersen) Blättern; in
einer noch bedeutenderen Tiefe, bis 10 m, kommt noch Najas vor, auch
Fontinalis (ferner gehen Characeen bis hierher)2). Die Folge ist, daß
flache Wässer, wenn sie stagnieren oder sich stark der Stagnation
* O O
9 Seligo, Hydrobiologische Untersuchungen II, Danzig 1907, S. 3.
2) Ausführliches über diesen Gegenstand vergl. im 2. Bande über die Ver¬
landungs-Pflanzen; überhaupt ist zum Obigen das dort über Teiche und Seen
Mitgeteilte zu vergleichen.
Neue Folge. Heft 55.
7
98
Die Sapropel-Bildungen.
nähern, ganz dick voll mit solchen Pflanzen erfüllt sein können,
z. B. bei Neapel mit Potamogeton , auch Ruppia , oder bei uns mit
Nymphaeaceen, Potamogeton , Hippuris u. dergl., und zwar in so
dichtem Bestände gewöhnlich ein und derselben Art oder einiger
weniger Arten in großer Individuenzahl, daß unter Umständen die
Wasserfläche wiesenartig aussieht.
In solchen Fällen wird die Planktonbildung zurückgehalten,
O O
und das sich aus diesem bildende Sapropel ist besonders reich
vermischt mit Produkten der genannten Humuslieferanten.
Auch dann tritt Plankton wesentlich zurück, wenn es sich um
sehr nahrungsarme Gewässer handelt, wie dies u. a. die kleinen auf
Hochmooren vorkommenden Seen sind. Hier und überhaupt in
Moorgewässern kommt noch etwas anderes hinzu. In diesen finden
sich gelöste, oft sauer reagierende Humussubstanzen: »Humussäu¬
ren«. Nun hat aber H. Moliscfi nachgewiesen1), daß die Algen zu
ihrem Gedeihen meist einer Nährflüssigkeit mit ganz schwacher
alkalischer Reaktion bedürfen. Das hat dann später O. Richter 2)
speziell für die Kieselalgen (die Diatomeen) noch besonders her¬
vorgehoben. Durch sauer reagierende Nährlösungen werden die
Algen in ihrer Entwicklung gehemmt oder sogar getötet. Molisch
erläutert dies an Arten von Spirogyra , Vaucheria , Claclophora , Oeclo-
gonium und Oscillaria. Natürliche Gewässer mit Algenvegetation rea¬
gieren daher meistens alkalisch. Die Experimente, die dies erhärten,
entsprechen den natürlichen Verhältnissen; denn es ist zu beob¬
achten, daß die speziell für eine reiche Algenentwicklung geeignet¬
sten Gewässer der freien Natur die Weiß wässer sind (Gewässer,
die keine Humussäuren enthalten), während in Moorgewässern die
Algen Vegetation in der Tat sehr zurücktritt. Es ist auffällig, daß
auch Gewässer, die man ohne weiteres für typische Weißwässer
halten möchte, gelegentlich keine oder doch keine auffällige Algen-
Wasserblüte aufweisen, obwohl die Gewässer daneben sie reich-
9 Molisch, Die Ernährung der Algen (Süßwasseralgen, II. Abteilung).
(Sitzungsber. der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien. Math. Kl., Bd. 1G5,
1896, S. 1—16.)
2) Richtlr, Sitzungsber. der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien, i 906.
Die Sapropel-Bildungen.
99
lieh besitzen; so ist es mit einigen mit der Havel in Zusam¬
menhang stehenden Seen, wie dem Sacrower See und dem
Heiligen See bei Potsdam — wenigstens habe ich im August 1904
in diesen Seen vergeblich nach ordentlicher Wasserblüte gesucht,
während sie gleichzeitig in der Havel mächtig in die Erschei¬
nung trat. Vielleicht spielt auch in solchen Fällen das Vor¬
handensein oder Fehlen von Säuren eine Rolle. Es wird noch
lauerer Untersuchungen über die Bedürfnisse der verschiedenen Or-
ganismen- Arten und die Eigenschaften der Gewässer bedürfen, um
das massenhafte Auftreten oder Fehlen bestimmter Arten in Ge¬
wässern, die sonst gleiche Natur zu haben scheinen, zu erklären.
Es sei diesbezüglich noch ein weiteres Beispiel nach Josef Brunn-
THALER geboten, der1) auf den Gegensatz in dem spezifischen
Gehalt an Lebewesen in dem Brückenwasser einerseits und dem
Karpfenwasser (2 Alt wässern der Donau) aufmerksam macht. »Das
Brücken wrasser — sagt er — ist ein Chroococcaceen-See im Sinne
Apstein’s, das Karpfenwasser ein D i nobryon-See. In ersterem
dominierte Clatlirocystis aeruginosa , Dinobryen sind wohl vorhanden,
überwiegen aber nicht. In letzterem fehlt dagegen Clatlirocystis
vollständig, was um so merkwürdiger ist, als ursprünglich (bis in
die siebziger Jahre) eine Verbindung zwischen beiden Wässern
bestand. Dinobryen sind zeitweise sehr häufig, außerdem ist Sy-
nura Uvella . charakteristisch«. Auch z. B. Guido Schneider
(Obersee 1908, p. 125) sagt u. a. vom Obersee bei Reval, der ein
Chroococcaceen-See ist: »Unter den sehr zahlreichen Chroococca-
ceen sind quantitativ die wichtigsten und bilden Wasserblüte
Microcystis- Arten und Clatlirocystis aeruginosa. Es bestätigt sich
also die Trennung der Weißwasserseen bei uns in 2 Kategorien,
wie sie CarlApstein 18942) vorgenommen hatte. Er fand3) die
folgenden Unterschiede:
9 Buunntkaler, Die Algen und Schizophyceen der Altwässer der Donau
bei Wien. (Verhandl. K. K. zool.-bot. Ges. Wien 1907, S. 178 — 179.)
2) Apsteis, Vergleich der Planktonproduction (Ber. Naturf. Ges. Freiburg
im Br. 1 894) •
3) Apstein, Das Süßwasserplankton. 1896, S. 95.
7*
100
Die Sapropel-Bildungen.
Chroococcaceenseen : Dinobryonseen :
Chroococcaceen
zahlreich .
selten
Dinobryon (eine Flagellate) .
fehlend oder selten
zahlreich
Chydorus (eine Daphnide) .
pelagisch ....
litoral
Plankton .
reich .
arm
Wasser .
trübe (durch Organis-
men) .
klar
O. Zacharias hat das Seen - Plankton als Limno-
Plankton bezeichnet im Gegensatz zu dem Teich-Plankton,
das er Heleo-Plankton nannte. Nach seiner Zusammenstellung
über die Unterschiede beider1) wissen wir bis jetzt diesbezüglich
das Folgende:
Teiche.
mannigfaltiger,
weniger zahlreich.
P. u. D. und andere Algen spielen eine
große Rolle, außer den links ge¬
nannten auch Golenkinia rndiata ,
Dictyosphaerium pulchellum , auch
Scenedesmus- Arten, Glosterium. Ferner
Pediastrum, Rhaphidium polymorph um.
D.-P. sind spärlich, jedoch Asterionella
manchmal in einiger Häufigkeit und
viel Attlieya und Rhizosolenia.
Rädertiere besonders häufig ( Brach ionus .
Schizocerca diversicornis , Pedalion
mirum.
\
Der genannte Autor sagt zum Schluß »mit einigem Vorbe¬
halt«, »daß sich die meisten limnoplanktonischen Arten auch in
Teichen wiederfinden; aber im umgekehrten Sinne aufgestellt, würde
dieser Satz durch viele Tatsachen widerlegt werden, weil es eine
ganze Menge Komponenten des Heleoplanktons gibt, die niemals
oder höchstens ganz sporadisch in Seen angetroffen werden«.
Seen.
Plankton weniger mannigfaltig.
Zahlreiches Auftreten von Planktonten,
Protococ-caeeen und Desnfidiaceen und
andere Algen spielen geringe Rolle.
Von Desm. sagt Chodat, die Ab¬
wesenheit der sonst so häufigen Gat-
tuugen Cosmarium , Euastrum , Staur¬
astrum etc. sei charakteristisch.
Diatomeen-Planktonten sind häufig.
0 Zacharias, Das Süßwasser-Plankton. Leipzig 1907, S. 99 — 105.
Das Sapropel.
101
Das Sapropel.
Der reine Faulschlamm, von dem wir zunächst eingehender
sprechen, ist einmal mehr pflanzlicher Herkunft (phytogen), ein
andermal mehr tierischer Herkunft (zoogen), und Post stellt die
letztere für die von ihm untersuchten Fälle in den Vordergrund.
In der Tat ist das Wasser vergleichsweise tierreicher als das
Land und besonders sehr viel tierreicher als die Moore, deren
saurer Boden in Verbindung mit der ständigen Nässe sogar Regen¬
würmer unmöglich macht1 * *).
Wir hatten als Bedingungen für die Entstehung von Faul¬
schlamm (Sapropel) angegeben: 1. Das Vorhandensein von stag¬
nierendem oder mehr oder minder stagnierendem, daher dem Fäul¬
nisprozeß günstigem Wasser, in welchem 2. ein organisches Leben
üppig gedeiht, und als Folge: die Entstehung einer Ablagerung
aus den abgestorbenen Organismen (und ihren Exkrementen), die
wegen des Mangels oder starken Zurücktretens von Sauerstoff
namentlich am Boden des Wassers nicht vollständig verwesen
können, sondern — da eben unter diesen Bedingungen wesentlich
ein Fäulnisprozeß stattfindet — einen bleibenden festen Rest zu¬
rücklassen. Die Eigenart der Sapropele ist nun aber nicht allein
von den angegebenen Umständen abhängig, sondern wesentlich
auch von der Beschaffenheit der Organismen selbst. Diesbezüg-
lieh ist nicht nur darauf zu achten, daß im W7asser das Tierleben
besonders reichlich entwickelt zu sein pflegt, sondern auch darauf,
daß die typischen Wasserpflanzen durch ihren oft reichlichen Ge¬
halt an fettem Öl in chemischer Hinsicht Verwandtschaft mit den
Tieren zeigen und sich von den Landpflanzen entfernen, wenig¬
stens diejenigen Wasserpflanzen, die — wie die Öl führenden
Plankton- Algen — als Ur-Material des Sapropels hervorragend mit
in Frage kommen. Schon die Verwesungsgerüche von Algen, die
an die von Tieren erinnern, deuten auf die chemische Natur dieser
l) Entwässerte Moore (tote Moore) jedoch geben für die Regenwürmer na¬
türlich oft einen passenden Boden ab; diese sind aber keine eigentlichen ordent¬
lichen Moore mehr.
102
Das Sapropel.
Pflanzen; Kolkwitz (1906, S. 230) spricht ganz treffend von
»Fischgeruch« bei der Zersetzung von Asterionella , einer Öl-Dia-
tomee; überhaupt entwickelt sich dort, wo Algen verwesen, ein
pestilenzialischer Geruch wie bei Tieren: man kann das gelegent¬
lich bemerken, wenn übermäßige Entwicklung von Algen- Wasser¬
blüte auch eine Zersetzung an der Oberfläche des Wassers bedingt,
oder wenn sie, vom Winde ans Ufer geworfen, dort ganz an die
Luft gerät. Welcher Unterschied gegenüber der Verwesung der
Landpflanzen, die höchstens den durchaus nicht unangenehmen
schwachen Modergeruch besitzen !
Das Plankton — und diese Lebensgemeinschaft ist die für
die Sapropel-Bildung wichtigste — ist relativ reich an Fett: auch
das Phytoplankton, wohl weil fettes Öl ein geringeres spezifisches
Gewicht hat als Stärke, das hauptsächliche Stoffwechselprodukt
der Sumpf- und Landpflanzen, so daß ein Schweben im Wasser
leichter ermöglicht wird.
Den Diatomeen und Cyanophyceen, zu denen die meisten
Plankton- Algen gehören, fehlt Stärke völlig. »Auf größeren Seen
— sagt C. WESENBERG-Lund J) — sieht man manchmal an stillen
Tagen unregelmäßige und ihre Form ändernde Stellen, die der
Wind nicht beeinflußt. Sie liegen wie glatte, schwimmende, stille
Wasserstellen auf dem sonst schwach gekräuselten See. Ganz
ähnliche Stellen kann man leicht erzeugen, wenn man nur ein
Stück recht fettfleckiges Butterbrotpapier auf das Wasser wirft.
Um das Papier bildet sich dann, besonders bei warmem Wetter,
ein fettiger Fleck«. Aller Wahrscheinlichkeit nach' entstehen die
glatten Stellen »durch das Öl, welches während des Verwesungs¬
prozesses des organischen Materials, u. a. jedenfalls zu überwiegen¬
dem Teil des Planktons, frei wird. Dieses Öl steigt empor und
breitet sich auf der Oberfläche aus«. Auch auf die Schaum¬
streifen an den Meeresküsten macht der Autor aufmerksam, dessen
Entstehung zum Teil durch frei gewordenes Planktonöl mitbedingt
ist. Namentlich alter Schaum fühlt sich fettig an. Es sei dem
hinzugefügt, daß auch größere planktonreiche Seen des Kontinents,
>) W KSEiNBKKG, Uber SüßvvasserplaDkton. (Prometheus: Berlin 190G, S. 802.)
Das Sapropel.
103
sofern der Wind nur überhaupt etwas Brandung zu erzeugen ver¬
mag, Fettschaumstreifen zeigen1).
Um der Sache auf chemischem Wege näherzutreten, habe ich
Herrn Prof. C. Engler in Karlsruhe gebeten, eine in der Mark
Brandenburg besonders als Sapropel-Bildnerin auftretende Kleinalge
zu untersuchen, nämlich Micro ci/stis flos aquae , die in der Havel zu
Zeiten die ganz überwiegende Lieferantin des Urmaterials für das
entstehende Sapropel ist. Er fand2) nicht weniger als rund 22 pCt.
mit kochendem Äther aus dem getrockneten Material zu extra¬
hierende Stoffe, die »in der Hauptsache als Fett resp. Wachs in
Anspruch genommen werden dürfen« 3). Demgegenüber enthalten
J) Die glatten Stellen auf dem Wasser, von denen Wesenberg spricht,
mögen wohl in manchen Fällen durch Fett veranlaßt sein. F. A. Forel (Le
Leman, 1895, p. 241 ff.), der die Erscheinung schon seit 1863 studiert, berichtet
über die »Öl-Flecken« unter dem Namen »taches d’huile«. Die Anwohner des
Leman (des Genfer Sees) nennen sie in der Annahme, daß ihre Ursache in unter¬
seeischen Quellen läge, »fontaines« und in dem Fall, daß eine solche Stelle wie
ein geschlängelter Weg verläuft, sprechen sie von »chemin«. Die verschiedenen
Ansichten, die über die Natur der Flecke geäußert worden sind, findet man bei
Forel. Er macht zur Erklärung derselben darauf aufmerksam, daß, wenn der
See bei Regen ganz ruhig und glatt ist, an seiner Oberfläche weiße Flecken ganz
entsprechend den erwähnten auf grauem Grunde zu beobachten sind, die dadurch
entstehen, daß die Regentropfen innerhalb und außerhalb der Flecke in von ein¬
einander abweichende Medien fallen, indem innerhalb der Flecke, die von den
Tropfen erzeugten kleinen Wellen schnell verlöschen, während sie das reine
Wasser fein kräuseln. Gelegentlich irisieren die »Öl-Flecken«. E. v. Cholnoky,
der die Erscheinung am Balaton- (Platten-) See untersucht hat, begründet nun
aber eingehend, daß die »taches d’huile« »einfach solche Stellen sind, wo die
Geschwindigkeit der Luftströmung 0,3 m pro Sekunde nicht erreicht«. (Die
Farbenerscheinungen des Balatonsees. Resultate der wiss. Erforsch, des Balaton¬
sees, I. Bd., 5. Teil, 2. und 3. Section Wien 1906, S. 51 ff.)
2) Yergl. Potonie, Zur Frage nach den Urmaterialien der Petrolea (Jahrb.
der Kgl. Preuß. Geol. Landesanstalt für 1104. Berlin 1905, S. 348).
3) In einer neueren Mitteilung, betitelt »Die neueren Ansichten über die
Entstehung des Erdöles« (Berlin 1907, S. 10), spricht C. Engler von einer An¬
reicherung von Fett auf 20 pCt. und mehr in dem ihm von mir gesandten Ma¬
terial, »während die frische Pflanze nur 1,7 pCt. enthielt«. Hierzu bemerke ich,
daß ich Herrn Prof. Engler (wie in meiner Schrift »Zur Frage nach den Ur¬
materialien der Petrolea«, Berlin 1905, S. 347 angegeben) nur frisches, soeben
ans Ufer geworfenes Material der Alge zugesandt Labe, die sofort am Ufer in
Zersetzung eingegangen war. Ich hatte das Material daher — um die weitere
Zersetzung zu sistieren — mit HgCJ-2 und anderen Desinficientia versetzt, so daß
104
Das Sapropel.
Landpflanzen (inkl. Sumpfpflanzen) — abgesehen von Spezialfällen,
die gegenüber der Masse der anderen ganz zurücktreten — sehr
viel weniger Fettsubstanzen und dafür mehr zu den Kohlenhydraten
gehörende Verbindungen.
Für unseren Zweck ausnutzbare Angaben finden sich in
K. Brandt’s Arbeit »Beiträge zur Kenntnis der chemischen Zu-
ich annehmen muß, daß ganz wesentliche Unterschiede im Fettgehalt der noch
lebenden Organismen gegenüber den in den Anfängen ihrer Zersetzung begriffenen
nicht vorhanden wareD, d. h. ich meine, daß der gefundene Fettgehalt auch im ganzen
‘genommen demjenigen in den lebenden Organismen entsprechen muß. Ich glaube
nach dem Gesagten berechtigt zu sein, auf einen höheren wesentlichen Gehalt der
echten Wasserorganismen gegenüber den Landpflanzen und den zum Wasser¬
leben zurückgekehrten Pflanzen schließen zu dürfen, in Ansehung der Tatsache,
daß die meisten der in Frage kommenden Algen usw. wie Microcystis in ihren
Zellen relativ viel »Ol« zu erkennen geben. Herr Prof. Engler hat die 1,7 pCt.
offenbar nur so erschlossen, daß er bei einigen Wasserpflanzen, nämlich bei
»Grünalgen« und Hypnum aduncum die Zahlen 1,6, ferner 2,0 und 1,0 pCt. Fett
findet. Aber die »Grünalgen« waren wohl nicht Ölalgen, die bei der Sapropel -
Bildung so reich in Betracht kommen, sondern wohl Fadenalgen aus der wesent¬
lich Kohlenhydrate enthaltenden Gruppe wie Spirogyra etc., und Hypnum aduncum
hat hier erst recht auszuscheiden. Wir wissen, daß die Moose — gleicbgiltig
ob es sich um Landmoose oder um Wassermoose handelt — keine Sapropel-
Bildner sind. Will man chemische Untersuchungen über die wesentlichen Ur-
materialien des Sapropels anstellen, so muß man echtes Plankton zur Verfügung
haben. Wenn in dem Sapropel eine wesentliche Anreicherung von Fetten, die in
der oben angegebenen Weise extrahierbar bleiben, stattfände und nicht vielmehr
— wie ich annehme — eine Zersetzung in Richtung der » Bituminierung«, so
müßten ja die Sapropele, je älter sie sind, auch im Durchschnitt um so reicher
an Fett sein; die Untersuchung erweist das aber nicht. Es fanden sich im
rezenten Ludwigshofer Faulschlamm — wie wir sehen werden — 3,6 (Krämer
u. Spieker) resp. auf aschenfreie Substanz berechnet 5,12 und 5,78 (Holde) pCt.
Fett; in einem diluvialen Sapropelit (Diatomeen-Pelit untersucht von A. Böhm)
fanden sich 2,41 pCt. in der aschenfreien Substanz, und ich habe Herrn Dr.*BöiiM
gebeten, diesbezüglich auch einen Sapropelit tertiären Alters zu untersuchen,
nämlich den »Dysodil« von Messel bei Darmstadt, und er fand nach 6 ständiger
Extraction 2,73 pCt. fettartige Stoffe in der lufttrocknen , ascheufreien Substanz,
extrahiert nacheinander mit Petroläther (zog aus 0,71 pCt.), Benzol (0,04) und
Toluol (1,08). Das Alles spricht durchaus nicht für eine wesentliche »Anreiche¬
rung« von »Fett«. Ich könnte auf Grund der Tatsachen daher nur — bis auf
weiteres — annehmen, daß im Verlaufe des ersten Zersetzungsstadiums das Fett,
weil haltbarer als die anderen wesentlichen Bestandteile (Proteine, Kohlenhydrate),
sich wohl etwas anreichern möchte, daß es jedoch schnell genug der Bituminie-
rung in dem S. 19 ff. angegebenen Sinne anheimfällt.
Das Sapropel.
105
sammensetzung des Planktons«1). Wir finden dort auf S. 73 (31)
Planktonfänge u. a. auf ihren Protein- und Fettgehalt, berechnet
auf aschenfreie Trockensubstanz, angegeben. Danach enthielten
11 Planktonfänge, die im Folgenden angegebenen Prozente von
Protein und Fett:
Proteine Fett Proteine H- Fett
? -+- 5,15 = ?
24,25 4- 2,35 = 26,60
22,13 + 2,47 = 24,60
24,92 4- 3,80 = 28,72
29,04 4- 6,22 = 35.26
33,89 4- 6,49 = 40,38
40,32 -4 10,98 = 51,30
59,70 4- 2,59 = 62,29
41,64 4- 10,82 = 52,46
33,36 4- 5,03 = 38,39
? 4- 8,55 = ?
Hingegen berechnen sich aus den Angaben 1. c. S. 87 (45)
und 89 (47) die Prozentquantitäten der gleichen Stolle, ebenfalls
auf aschenfreie Trockensubstanz bezogen, für Landpflanzen wie
folgt2) :
Proteine Fett Proteine + Fett
Wiesenheu, weniger gut
Wiesenheu, gut .
Junger Roggen (= Roggen-
Grün futt er) .
Futterwicke, sehr gut
Fettweide .
Lupine, gut . . .
9,23 4- 1,80 = 11,03
14,81 4- 3,48 = 18,29
12,73 4- 3,51 = 16,24
26,6 4- 3,0 '= 29.6
23,0 4- 5,0 = 28,0
25,5 4- 2,8 = 28,3
') Erschienen in den »Wissenschaftlichen Meeresuntersuehungen«, heraas¬
gegeben von der Kommission zur Wissenschaft!. Untersuchung der deutschen Meere
in Kiel und der Biolog. Anstalt auf Helgoland. Neue Folge. 3. Bd. Abt. Kiel.
Kiel und Leipzig 1898, S. 45—90.
2) Yergl. auch die bezüglichen Angaben bei J. König, Untersuchung landw.
und gewerbl. wichtiger Stoffe. Ferner: Chemie der menschlicbeu Nahrungs- und
Genußmittel, die übrigens Brandt zum Teil ebenfalls zugrunde gelegt hat.
106
Das Sapropel.
Der Unterschied ist also ein recht beträchtlicher, und er würde
noch mehr in die Erscheinung treten, wenn ich nicht — aus Mangel
an geeigneteren Angaben — besonders gute, d. h. protein- und
fettreiche Futtermittel hätte heranziehen müssen, sondern wenn
mir hinsichtlich ihres wilden Vorkommens dem Plankton gleich¬
wertig zu setzende Angaben über Landpflanzen zur Verfügung
ständen. Immerhin ist der Unterschied zwischen dem durchschnitt¬
lichen Protein- und Fettgehalt des Planktons einerseits und der
Landpflanzen andererseits auch nach Obigem auffällig genug. Es
wäre aber interessant, die Untersuchungen fortzusetzen, um rich¬
tigere Zahlen zu erhalten, die dann noch extremer ausfallen müssen.
Nehmen wir z. B. eine Pflanzenart, deren Futterwert als ein nur
»mäßiger« angegeben wird, so erhalten wir gleich sehr auffällig
extremere Zahlen, die den Unterschied zwischen Plankton und
Landpflanzen noch viel krasser illustriert. So fand Fingerling
bei älteren Pflanzen von Alopecurus agrestris !) (auf aschenfreie
Substanz umgerechnet) in der Trockensubstanz nur
Proteine Fett Proteine 4- Fett
7,18 -+- 2,45 = 9,63 pCt.
Wir haben also in den herangezogenen Fällen beim Plankton
O O
24,60— 62,29 pCt. Fett -4- Protein, während die erwähnten Land¬
pflanzen nur 9,63 — 29,6 pCt. aufweisen. Gewiß schon jetzt ein
sehr beträchtlicher Unterschied!
Äußerungen bezüglich des hier hervorgehobenen Unterschiedes
finden sich auch bei Brandt. Er sagt 1. c. S. 89 (47): Wenn man
ganze Futterpflanzen betrachtet, »so ist ein so bedeutender Fett¬
gehalt wie bei Diatomeen nie vertreten. Auch der Eiweißgehalt
der Diatomeen ist verhältnismäßig sehr hoch«, und die zum Ver¬
gleich mit den Diatomeen von ihm herangezogenen Futtermittel
(Futterwicke, Fettweide und Lupine), die wir oben ebenfalls zum
Vergleich benutzt haben, sind eben besonders protein- und fett¬
reiche Pflanzen. Brandt fährt fort: »Durch sehr hohen Gehalt
an Fett und durch Armut an Kohlenhydraten unterscheidet sich
9 Mitgeteilt Id Fkuwirtm, Der Ackerfuchsschwanz. Berlin 1908, p. 18.
Das Sapropel.
107
also die aschenfreie Trockensubstanz der Diatomeen von derjenigen
der Futterpflanzen«. Für letztere gibt er in seinen Vergleichs¬
objekten rund 70 pCt. (nämlich 67,8, 70,0, 71,6 und 72,0) und
für Diatomeen 63,2 pCt. Kohlenhydrate an. Auf S. 90 (48) lesen
wir dann noch, daß in gewissen Planktonfängen der Prote'ingehalt
»sehr bedeutend, der Fettgehalt in einem Falle niedrig, im anderen
abnorm hoch und der Gehalt an Kohlenhydraten verhältnismäßig
sehr niedrig« sei. Bei alledem ist aber noch zu beachten, daß
auch das, was als Kohlenhydrat oder Rohfaser beim Plankton an¬
gegeben wird, sich sicher chemisch nicht wenig von den Kohlen¬
hydraten bezw. der Rohfaser der Landpflanzen unterscheiden wird
— diesbezüglich läßt die Chemie noch zum guten Teil im Stich — ,
so daß auch dieser Unterschied möglicherweise für die entstehen-
den subfossilen und fossilen Produkte von Einfluß ist, d. h. viel¬
leicht ebenfalls einmal für die Erklärung: der Verschiedenheiten
zwischen den fossilen Sapropeliten und Humusgesteinen wird in
Rechnung gezogen werden müssen.
Demzufolge ist es nicht unmöglich, daß im Gegensatz zu
den wegen ihres hohen Fettgehalts als Öl-Algen bezeichneten Sa-
propel-Bildnerinnen die anderen Algen mit vorwiegendem Kohlen¬
hydratgehalt , die man kurz als Kohlenhydrat- Algen bezeichnen
könnte, nichtsdestoweniger in ihrer Wirkung auf den entstehenden
Kaustobiolith diesem eine Bituminierunofs-Tendenz verleihen. Erst
wenn wir über die Fäulnisprodukte der Landpflanzen-Kohlen-
hydrate einerseits und der Kohlenhydrate der echten Wasserorga¬
nismen andererseits unterrichtet sein werden, wird sich etwas Be¬
stimmtes darüber sagen lassen. Jedenfalls bleibt die Tatsache be¬
stehen, daß eben die Kaustobiolithe, die wesentlich aus Land¬
pflanzen hervorgehen, von denjenigen, die wesentlich aus echten
Wasserorganismen hervorgehen, sich so auffällig unterscheiden,
daß eine klassifikatorische Trennung beider Gruppen geboten ist.
Die für Brandt (1. c. S. 57 [15]) ausgeführten Plankton-Fettbe-
stirnmungen beruhen auf der Extraktion der Substanz mittels über
Natrium getrockneten Äthers. Eine derartige Extraktion nahm
bei dem Material ca. 6 Stunden in Anspruch. »Ist dieselbe be¬
endet, so gießt man den vor Extraktion verwendeten Äther in eine
108
Das Sapropel.
Schale oder besser noch in ein Kölbchen und verjagt den Äther
auf einem erwärmten Wasserbade. Das so erhaltene Fett trocknet
man eine Nacht im Exsiccator und 2 Stunden bei 100° C. und findet
dann den Fettgehalt durch Wägung und Subtraktion des gewogenen
Kölbchens«. Ich gebe hier die für Brandt befolgte, bekannte
Methode der Fettbestimmung so ausführlich an, weil die Quantität
des gewonnenen Materials je nach der Verschiedenartigkeit der
Art und Weise, sie zu bestimmen, auch recht verschieden ist. Or¬
dentliche Resultate wird man natürlich auch nur erreichen, wenn
die beste (d. h. derzeitig aber auch gleichzeitig die langwierigste)
Methode der Fettbestimmung für alle und sämtliche in Vergleich
zu ziehende Substanzen zur Anwendung gelangt. Solche ganz
exakten Untersuchungen stehen aber für unseren Fall noch nicht
zur Verfügung.
Untersuchen wir chemisch die Sapropelite, so finden wir oft
weniger durch Extraktionsmittel nachweisbare Fette als in ihren
Urmaterialien. G. Kraemer und A. Spilker geben1) im Sa¬
propel von Ludwigshof in Pommern 3,6 pCt. »Fettwachs« in der
Trockensubstanz an. Kraemer hat das Material — wie wir noch
sehen werden — fälschlich für Diatomeen-Pelit gehalten, was für
die vorliegende Fett-Frage freilich belanglos ist, da auch ein
kaustobiolithischer Diatomeen-Pelit ein Sapropelit ist. Ich habe
aber einen (diluvialen) Diatomeen-Pelit (von Bispingen in der
Lüneburger Haide) untersuchen lassen; in diesem fand Herr
Dr. Arthur Böhm 2,41 pCt. (Aethyläther-)Extrakt in der aschen¬
freien lufttrocknen Substanz, und zwar eine »feste grüngelbe
wachsähnliche Masse, die beim Erhitzen wachsig-teerigen Geruch
zeigt«. Kraemer und Spilker haben zur Erzielung reichlicherer
Ausbeuten das Ludwigshofer Sapropel zuvor längere Zeit mit
5-prozentiger Salzsäure gekocht, wodurch nahezu die Hälfte der
Trockensubstanz in Lösung ging. Der ungelöst bleibende Teil
wurde nach dem Trocknen im Soxhlet-Apparat mit Toluol ausge¬
zogen. Herr Prof. Holde, der freundlichst 2 Proben desselben
l) Kraemer und Spilker, Das Wachs der Bacillariaceen und sein Zusammen¬
hang mit dem Erdöl (Ber. Deutsche ehern. Ges, 1899, S. 2944).
Das Sapropel.
109
Materiales für mich untersuchte, fand in der aschenfreien Trocken¬
substanz 5,12 und 5,78 pCt, und zwar wurden von diesem als
Extraktionsmittel nach einander benutzt Petroläther, Benzol und
Toluol. Die extrahierten Stoffe waren »wachsartig« grün, gelb¬
braun, braun und schwarzbraun und rochen z. T. »schwach bitu¬
minös«. Der Sapropelit von Maracaibo (Venezuela) enthielt 3,42
in derselben Weise extrahierte geruchlose Stoffe von ebenfalls
wachsartiger Beschaffenheit, bräunlichgelber und brauner Farbe.
Torfproben, die ich dem Genannten zum Vergleich mitgab, er¬
gaben nach derselben Untersuchungs-Methode, und zwar sehr
reifer, alter Flachmoortorf von Aussee 2,58 pCt. wachsartige, hei 1-
und dunkelbraune, »sehr schwach faulig riechenden« Stoffe, Dop-
plerit von Aussee 0,25 pCt. fettartige und wachsartige, grünlich¬
gelbe und gelblichbraune, geruchlose Stoffe und ein jüngerer
Sphagnetum-Torf aus dem Kehdinger Moor bei Stade 2,88 pCt.
wachsartige und kolophoniumartige spröde, braungelbe, braune und
schwarzbraune, schwach faulig riechende und geruchlose Stoffe.
Es ist bei solchen Vergleichen nicht zu vergessen, daß die
richtigen relativen Zahlen nur gefunden werden, wenn man unge¬
fähr gleichalte Materialien vergleicht, denn gewisse Fette, auch
Wachse und insbesondere Harze reichern sich im Verlaufe der
Zersetzung organischer Substanzen an, andererseits muß auch das
ungefähr gleiche durch die Zeit gegebene Zersetzungsstadium vor¬
liegen. Im Vergleich zu anderen Zersetzungen organischer Sub¬
stanz im gewöhnlichen feuchten Zustande zersetzt sich nach
Hübner1) von dem Fett nur eine sehr geringe Menge, in sehr
nassem Boden konnte er keine Zersetzung beobachten : hier ver¬
hindert die mangelnde Durchlüftung eine Fettoxydation. Es ist
aber zu beachten, daß die Fette, die in den echten Wasserorganismen
vorhanden sind resp. diejenigen der Organismen, die wesentlich
als Urmaterial des Sapropels in Betracht kommen, nach dieser
Richtung noch nicht untersucht sind. Instruktiv ist hierzu immer¬
hin die Tatsache, daß in einem Material, das auf der Grenze steht,
0 Rubner, Über Spaltung und Zersetzung von Fetten und Fettsäuren im
Boden und in Nährflüssigkeiten (Archiv für Hygiene, Bd. XXXVIII, S. 67).
110
Das Sapropel.
zwischen einem ganz reinen Akaustobiolith, das soll heißen einem
Biolith, der gar keine brennbaren C-haltigen organischen Bestand¬
teile mehr enthält, und einem solchen, der noch geringe Quan¬
titäten davon besitzt, nämlich in dem Globigerinen-Schlamm ozea¬
nischer Tiefen durch Gümbel1) wesentlich »eine Art Fett« als Re¬
siduum der brennbaren organischen Substanz nachgewiesen worden
ist. Es trat in Gestalt von blendend weißen Knöllchen auf, war
durch kochenden Alkohol herauszuziehen und schied sich beim
Erkalten oder Vermengen mit Wasser wieder aus. Gümrel
•schätzte den Anteil in seinem Fall auf 0,1 pCt. des Globigerinen-
Schlamms, dieser bei 100° getrocknet. Im ganzen erhielt er in
diesem Zustande 6 pCt. organische Betandteile und Wasser. »Be¬
sonders reiche ausgesuchte Stücke enthielten 5,7 pCt. der Fett¬
substanz« 2).
Wenn man das Gesagte berücksichtigt, ist es klar, daß sich
ein ganz falsches Bild ergeben muß, wenn man etwa einen alten
Torf mit einem jungen Sapropelit vergleicht. Als Beispiel sei nur
angeführt, daß ein reifer (alter) Sphagnetum-Torf des Kehdinger
Moors (»älterer Moostorf«) nach einer Untersuchung von H errn
Prof. Holde 7,67 pCt. Extrakt! v-Stoffe ergab. Es muß übrigens
bei diesen Untersuchungen stets dahin gestellt bleiben, inwieweit
es sich außer Fetten und Wachsen auch um Harze handelt, daher
’) Gümbel, Die miüeralogiseh-geologische Beschaffenheit der auf der For¬
schungsreise S. M. S. >■ Gazelle« gesammelten Meeresgrund-Ablagerungen. (Die
Forschungsreise S. M. S. «Gazelle« in den Jahren 1874 bis 1876, herausgegeben
von dem Hydrographischen Amt der Admiralität. II. Teil. Berlin 1888, S. 73
bis 74, auch S. 75 unten.)
2) Als ich meine Abhandlung über die Urmaterialien der Petrolea schrieb,
war es mir entgangen, daß Gümbel auf Grund der oben mitgeteilten Tatsache zu
der Ansicht gelangte (1. c. S. 74): »Es wird daraus für die in vielen Meeresabla¬
gerungen ans älteren geologischen Zeiten vorkommenden bituminös-fettigen
Beimengungen und vielleicht auch für das Petroleumvorkommen in Fällen, in
denen tierische oder pflanzliche Einschlüsse sich nicht deutlich erkennen lassen
oder bemerkbar machen, eine befriedigende Erklärung abgeleitet werden dürfen«.
Freilich hat auch er das rezente massenhafte Vorhandensein von Sapropel-Erden
mit ganz wesentlich größerem Gebalt an brennbarem Material übersehen Es
ist immerhin bemerkenswert, daß Gümbel schon die »Fett «-Quantität des Glo-
bigerinenschlammes für ausreichend hielt, das viele Petroleum zu erklären.
Das Sapropel.
111
vorsichtig nur von »Extraktiv-Stoffen« die Rede war1). Die Be¬
merkung von Prof*. Holde, daß ein Teil dieses Sphagnetum-Torfs
kolophoniumartig spröde ist, macht den Gedanken rege, daß
aus Sphagnetum -Torf vielleicht fossil ein Liptobiolith werden könnte.
Hiermit stimmt auch eine Bemerkung von Herrn Prof. Dr. H. TiiOMS
überein, der mir freundlichst mit demselben prinzipiellen Resultat
einen anderen alten Hochmoortorf untersucht hat, und der hinzu-
fügt; es handelt sich in dem Extraktiv-Stoff seines Hochmoortorfs
(von Dalle in der Lüneburger Haide) um ein » mon tanwachs «-
ähnliches Produkt, und das ist ein aus einem tertiären Lipto¬
biolith, nämlich aus Pyropissit oder aus einer mehr oder minder
pyropissitischen Kohle gewonnenes Produkt, das E. v. Boyen aus
dem genannten, in der Technik als Schwelkohle bezeichneten
Material durch Extraktion mit Benzin gewann2). Auch Herr Dr.
A. Böhm, der älteren Sphagnetum-Torf des Kehdinger Moores
untersuchte und mit Aethyläther 5,10 pCt, extrahierte, sagt von
diesem Extraktionsprodukt in prinzipieller Übereinstimmung mit
den beiden vorgenannten Herren, dieses Produkt sei eine »feste
dunkelbraune wachs-harzähnliche Masse von leichter Sprödig¬
keit«, die beim Erhitzen einen wachsig-teerigen Geruch habe;
') Es sei die Gelegenheit benutzt, Definitionen von Fett, Wachs und Harz
zu geben, die ich Herrn Prof. Holde verdanke: Er schreibt: »Fette sind in
Wasser nicht lösliche Verbindungen von Glycerin (dreiwertiger Fettalkohol) mit
höheren Fettsäuren, Wachse Verbindungen von einwertigen Fettalkoholen (Aethyl-
alkohol, Myricilalkobol usw.) oder einwertige aromatische Alkohole (Cholesterin,
Isocholesterin) mit höherer Fettsäure Je nachdem in den Fetten und Wachsen
flüssige oder feste Säuren vorwiegen, gibt es flüssige und feste Fette und Wachse,
also auch Fette von äußerlich wachsartiger und Wachse von äußerlich fettartiger
Beschaffenheit, also flüssige Wachse. Als Nebenbestandteile finden sich in Fetten
und Wachsen freie Fettsäure, Kohlenwasserstoffe, Farbstoffe etc. Einzelne Fette
z. B. Butter, Kokosfett etc. enthalten auch Glycerin, flüchtige Fettsäuren, aber
nur in kleineren Mengen. Die Harze enthalten in erster Linie, so weit es sich
um Fichtenharz etc. handelt, feste hochmolekülare Säuren, auch Kohlenwasser¬
stoffe, Superoxyde ctc.; sie sind im allgemeinen spröde. Es finden sich aber auch
fett- und wachsartige chemische Verbindungen und auch noch Verbindungen
anderen chemischen Charakters in ihnen, so daß sie nicht leicht einheitlich zu
definieren sind«.
2j Näheres über Montanwachs vergl. in E. Elidmann, »Die Chemie der
Braunkohle«. Halle a. S., 1907, S. 78.
112
Das Sapropel.
und dabei ist zu beachten, daß alle drei unabhängig und unbe¬
einflußt von einander gearbeitet haben. Dazu kommt nun noch
eine wichtige Mitteilung von V. Zailer und L. WiLK1), die bei
3 Sphagnum- Aorten 0,93, sodann 1,27 und 2,13 pCt. durch Äther
aus der Trockensubstanz extrahierbare Stoffe angeben, jedoch als
alkohollöslich resp. angeben 2,58, sodann 3,87 und 4,37 pCt. Be¬
rücksichtigt man, daß durch Äther extrahirt werden »der Haupt¬
sache nach ätherische und fette Öle, Fette (Wachs) und ein Teil
der Harze, sowie geringe Mengen von Chlorophyll und Alkaloide,
die bei Anwesenheit von Fett zum Teil ausgezogen werden und
andere in Spuren vorhandene Substanzen wie flüchtige Säuren,
Aldehyde und Ester enthalten, während die alkohollöslichen Sub¬
stanzen größtenteils aus Harzen, Gerbsäuren, Bitterstoffen, Alka¬
loiden, Glykogen und Farbstoffen bestehen« (1. c. S. 77), so weist
auch dies darauf hin, daß die wesentlich aus Sphagnum hervor¬
gehenden Torfe trotz der großen Mengen Extraktivstoffe, die sie
enthalten, diesbezüglich nicht mit den Sapropelen zusammen¬
geworfen werden können, sondern zu den Liptobiolithen tendieren.
Übrigens ist auch darauf hinzuweisen, daß bei dem Extraktions¬
verfahren die strukturelle Beschaffenheit des zu untersuchenden
Materials offenbar eine beträchtliche Rolle spielt. Bei dem einen
Stoff’ wird man viele Tage, ja Wochen gebrauchen, um die ge¬
samte extraktionsfähige Substanz zu erhalten, bei einem anderen
Stoffe jedoch können unter Umständen ein paar Stunden dazu hin¬
reichen. Herr Dr. A. Böhm von der KM. Geolog. Landesanstalt
O Ä *
in Berlin hat nach dieser Richtung für mich freund liehst sorgsame
Untersuchungen angestellt. Ein Sapropelton, dessen Inneres auch
nach Pulverisierung für die Extraktionsmittel schwer zugänglich
ist, verlangt für die Extraktion sehr viel Zeit, Sphagnum jedoch
ist durch seinen histologischen Bau dazu prädestiniert, die lösungs¬
fähigen Substanzen relativ schnell herzugeben. Wir haben es, wie
wir sahen, bei dieser Gattung mit einem Gewebe der Blätter und
Stammrinde zu tun, das nach außen durch recht große Löcher
l) Zailer u. Wilk, Einfl. der PÜanzenkonstituenten auf die pliys und cliem.
Eigensch. des Torfes. 1907, S. 76, 77.
Das Sapropel.
113
kommuniziert, die im Leben das atmosphärische Wasser aufnehmen
(vergl. vorn S. 39 und Fig. 1), bei der Extraktion aber der Ex¬
traktionsflüssigkeit bequemsten Zugang zu den Zellen mit den
lösenden Stoffen gestatten. Werden doch diese Zellen vermöge des
erwähnten besonderen Baues dann von den Lösungsmitteln um¬
spült. Es ist demnach einzusehen, daß die Anwendung der Zeit¬
räume für die Extraktion bei heterogenen Materialien, die ver¬
glichen werden sollen, verschiedene sein müssen, und es ein Trug¬
schluß wäre, zu glauben, daß nur dann exakte Zahlen zu gewinnen
seien, wenn mit der Anwendung gleicher Lösungsmittel nun auch
gleiche Zeiten zugrunde gelegt werden.
Wie beim Sphagnetum-Torf ist es auch mit unseren übrigen
echten Torfen: die Extraktivstoffe sind hier nur zum Teil Fette
und Wachse, bei den Sapropelen aber über wiegen die Fette und
Wachse. Aber wenn auch weitere Analysen diesen Unterschied
mehr verwischen sollten, so ist doch hervorzuheben, daß die¬
jenigen Zersetzungsprodukte der Fette, Proteine usw., die in dem
Sapropel verbleiben, diesem offenbar zum großen Teil seine Eigen¬
tümlichkeit verleihen. Was diese Zersetzungsprcdukte chemisch
sind, wissen wir noch nicht. Offenbar verhalten sie sich gegen¬
über den Fettlösungsmitteln nicht wie Fette. Wir befinden uns
hier in der gleichen Lage wie mit den wesentlich Kohlenhydrate
enthaltenden Humus bildenden Pflanzen. Auch hier zersetzt sich
z. B. die Cellulose, die dann aber nicht mehr als Cellulose nach¬
zuweisen ist, ebenso wfie die Fette der Sapropel-Urmaterialien als
solche nur noch zum Teil in den Sapropel-Gesteinen vorhanden
sind. Die zurückbleibenden Zersetzungsprodukte der Cellulose etc.
einerseits und der Fette etc. andererseits bedingen aber den Cha¬
rakter und zwar einerseits der Humus-Gesteine, andererseits der
Sapropele wesentlich mit. Man darf von vornherein nicht er¬
warten, in den Kaustobiolithen die chemischen Verbindungen der
lebenden Organismen wiederzufinden1), wenn auch die stabileren
unter ihnen sich am längsten erhalten werden. Die Fette der Sa-
]) Vergl. Potonie, Die Entstehung der Steinkohle. 4. Aull. Berlin 1!X)7.
S. 43-44.
Neue Folge. Heft 55.
114
Das Sapropel-
propel bildenden Organismen gehören aber unter den Fetten viel¬
leicht zu den leichter zersetzlichen Kurz, hier findet der Chemiker
noch sehr viel zu tun.
Nun ist aber in der Fettfrage noch ein sehr wesentlicher
Punkt zu beachten. Es ist nämlich zu erwägen, inwieweit die
Fette des entstehenden Sapropels verseift werden, also in dem
fertigen Sapropel als Seifen vorhanden sind. Auf S. 11 wurde
darauf hingewiesen, daß in einem Specialfall bei Fleisch, das an¬
genäherten Fäulnisbedingungen unterworfen wurde, eine Zunahme
um 100 pCt. des Gehaltes an Fettsäure, zum größten Teil verseift
gebunden, zu beobachten war. Gleiche Verhältnisse sind bei der
Entstehung von Sapropel anzunehmen. Die große Verbreitung des
Kalkcarbonats insbesondere lenkt das Augenmerk auf die Entste¬
hung von Kalksalzen (Kalkseifen). A. Künkler und H. Schwed-
helm sagen z. B.1): Das Kalkcarbonat »reagiert schon bei nor¬
malen Druck- und Temperaturverhältnissen, besonders bei An¬
wesenheit von Wasser, unter CO2- Entwicklung auf flüssige Fett¬
stoffe und zwar energisch auf Fettsäuren, langsam auf Glyceride
unter Emulsionsbiidung. Es bilden sich die Kalksalze«. In
einer Anmerkung hierzu wird hinzugefügt: »ebenso verseifen
doppeltkohlensaure Alkalien, sämtliche kohlensaure Erdalkalien
und Aluminiumhydroxyd.« Es gibt übrigens auch Eisenseife.
Es ist nun darauf zu achten, daß Kalkseifen etc. sich nicht
in den üblichen Fett- Lösungsmitteln lösen, daß also das ur¬
sprüngliche Vorhandensein reichlicher Fettmengen sich dann auf
diesem Wege nicht nachweisen läßt. Die Eigenschaften der
Seifen, beim Erhitzen besonders viel brennbares Gas zu liefern,
drücken aber diesbezüglich den Materialien denselben Stempel
auf als seien unverbundene Fette vorhanden. In Kalkseife etc.
läßt sich die Fettsäure freimachen durch Zusatz von HCl, so
daß Chlorcalcium etc. entsteht, Auswaschen des überschüssigen
HCl, durch d as Filtrieren und Untersuchen des Restes auf Fett-
0 Künkler und Schwedhelm, Uber das Verhalten der Fette und fetten Öle
zu kohlensaurem Kalk (Seifensieder-Zeitung und Revue über die Harz-, Fett- und
Ölindustrie. Augsburg lt>08)
Das Sapropel.
115
säure mit den üblichen Fett- Lösungsmitteln. Herr Dr. Böhm ist
damit beschäftigt, den tertiären Sapropelton von Messel in dieser
Weise zu untersuchen und hat in Uebereinstimmung mit dem Ge¬
sagten in der Tat nach dem Behandeln mit HCl, in der theore¬
tischen Annahme, damit eventuell verseifte Fettsäuren extraktions¬
fähig zu machen, eine wesentliche Erhöhung der Extractiv-Stoffe
beobachtet. Es ist dabei aber zu berücksichtigen, daß zunächst
noch tagelang eine Extraction mit Chloroform weitergeführt wurde,
die noch beträchtliche Mengen unverseifter Extractivstoffe ergab;
erst danach wurde mit HCl aufgeschlossen. Bis jetzt hat er auf
diese Weise in dem Sapropelton von Messel ca. 10 pCt. Extrac¬
tivstoffe in der wasser- und aschenfreien Substanz gefunden. Man
vergleiche damit die in der Anmerkung S. 104 angegebene Zahl
2,73; hierzu kommen ca. 5 pCt. Chloroformextrakt und ca. 2,3 pCt.
Produkte nach dem Behandeln mit HCl, was etwa ca. 10 pCt.
ergibt. — Über die Fortführung der Untersuchungen zur Ent¬
scheidung der im Vorausgehenden aufgeworfenen Fragen chemi¬
scher Natur wird der Genannte seinerzeit berichten.
Das reichere Vorhandensein von Proteinen in den
Organismen, die die Urmaterialien des Sapropcls sind, kommt, wie
aus mehreren Angaben im Vorausgehenden ersichtlich ist, ebenfalls
in Frage, weshalb wir besonders in den Tabellen S. 105 die Pro¬
teine mitberücksichtigt haben. Bei der Anreicherung von fettartigen
Stoffen oder Fett-Derivaten in dem Sapropel spielen u. a. auch
die Proteine eine Rolle, denn bei ihrer Zersetzung entstehen —
wie schon im Kapitel »Zersetzungsprozesse« S. 11 erwähnt und
worauf soeben S. 114 noch einmal aufmerksam gemacht wurde
— erhebliche Mengen von Fettsäuren 1). Eine hierher gehörige
interessante Beobachtung hat A. Seligo gemacht. In dem Barle-
witzer See2) waren im harten und langen Winter 189G — 1897 fast
alle in ihn hineingesetzten Fische erstickt. »Die toten Aale —
sagt er nun — hielten sich noch bis in den Sommer 1897 hinein
1) Vergl. auch C. Neuberg, Die Entstehung des Erdöles (Akad. d. Wiss.,
Berlin 1907).
2) Seeigo, Untersuchungen in den Stuhmer Seen. Dauzig 1900. S. 1.
3*
116
Das Sapropel.
kaum verändert. Die Reste fanden sich noch bis zum Herbst 1898,
aber in auffallend veränderter Form. Alle stark knochenhaltmen
Teile, Kopf, Flossen, Schwanzende, waren verschwunden, die
Knochensubstanz der Wirbelsäule ausgelaugt, auch die Eingeweide
fehlten, nur der Rumpf war übrig geblieben. Die Haut war
panzerartig erhärtet mit unregelmäßigen Erhöhungen, wie wenn
sie geschmolzen und unregelmäßig wieder erstarrt wäre. Die
Substanz desFleisches war schneeweiß und sehr bröcke¬
lig«. Es handelte sich um entstandenes Leichenfett.
Im Gegensatz zu den hauptsächlichsten Urmaterialien der Sa-
propele sind die Hauptmaterialien, die die höheren (zu den Pterido-
phyten und Siphonogamen gehörigen) Wasserpflanzen und die
Sumpfpflanzen zusammensetzen, also insbesondere diejenigen Pflan¬
zen, die an Örtlichkeiten wachsen können, die dem Vertorfungs¬
prozeß günstig sind, Kohlenhydrate wie bei den ausschließlichen
Landpflanzen. Diese sind denn auch erst die richtigen Humus¬
bildner. Es ist hervorzuheben, daß diese höheren Pflanzen und
der Torf eine beträchtliche Quantität Pentosane enthalten, d. h.
relativ widerstandsfähige Kohlenhydrate von der Formel C5H8O4.
Bei Calluna vulgaris fand H. v. Feilitzen1) in der aschen-
freien Trockensubstanz 15,36 pCt. davon, bei Sphagnum cuspi-
clatuni 14,7 2), in Hochmoortorf 2,65 — 12,75 pCt. Im reinen Sa¬
propel hingegen tritt ebenso wie in den typischen Urmaterialien
desselben der Pentosan-Gehalt mehr zurück. Herr Prof. Dr. 11.
Thoms, dem ich zur Untersuchung eine Probe Sapropel von Lud¬
wigshof in Pommern zustellte, fand in der aschenfreien Trocken¬
substanz 6,56 pCt. Pentosane. Es ist bei Beurteilung dieser Zahl
darauf zu achten, daß es sich um ein junges Sapropel handelt, da
in den älteren Kaustobiolithen der Gehalt an Pentosanen durch
ihre Zersetzung abnimmt3).
Auch die bloße Verschwelung, von Sapropel einerseits und
') Feilitzen, Über die Zusammensetzung des Torfes etc. Göttingen 1897.
3) Weitere Beispiele in der von Fu. Czapek »Biochemie der Pflanzen«
(Jena 1905) I, S. 543 gegebenen Zusammenstellung.
3) v. Feilitzen und Tolless, Uber den Gehalt des Torfes an Pentosan und
anderen Kohlenhydraten (Journal f. Landw. 1898, Bd. 46).
Das Sapropel.
117
Torf andererseits gibt zu erkennen, daß beide recht verschie¬
den sind.
Bei einer Verschwelung (trocknen Destillation) lufttrocknen
Materiales ergab sich in einer Sap ropel- Probe (25 Gramm) von
Ludwigshof (siidl. des Stettiner TIaffs) in Pommern:
21,05 pCt. Ölteer, 25,15 pCt. Koks, 53,80 pCt. H20 und Gase1).
Prof. C. Engler in Karlsruhe (Baden) hatte in einer anderen
Probe gleichen Herkommens gefunden (veröffentlicht in Potonie
1905, S. 347):
30,8 pCt. Ölteer, 33,3 pCt. Koks, 35,8 pCt. H20 und Gase.
Ein in gleicher Weise für mich von Hrn. Bergingenieur JöS.
Kern unter Leitung des Vorstehers des Laboratoriums für Boden-
Untersuchungen der Kgl. Geolog. Landesanstalt in Berlin, Herrn
Dr. Robert Gans, untersuchtes Sapropel von Liebemühl in Ost¬
preußen ergab :
28,13 pCt. Ölteer, 29,97 pCt. Koks, 23,97 pCt. H2Q, 18,35 pCt. Gase.
Zur richtigen Würdigung der sich aus diesen Tatsachen er¬
gebenden Eigenheiten des Sapropels gegenüber dem Humus seien
zum Vergleich die Resultate mitgeteilt, die sich aus gleicher Be¬
handlung von Moortorf ergeben.
Ein von mir untersuchter Torf von Purpesseln in Ostpreu ßen
ergab :
4,46 pCt. Teer, 40,03 pCt. Koks, 55,51 pCt. H20 und Gase.
Herr Prof. C. Engler hat freund liehst eine andere Probe
desselben Vorkommens untersucht und gefunden:
11,0 pCt. Teer, 33,8 pCt. Koks, 29,8 pCt. H20 und 25,4 pCt. Gase.
Eine von Hrn. Kern wie oben untersuchte Torf-Probe von
Liebemühl ergab:
10,58 pCt. Teer, 43,88 pCt. Koks, 15,90 pCt. H20 u. 29,64 pCt. Gase.
E. und K. Birnbaum (1880, S. 243) bieten nach verschiedenen
Beobachtern eine Tabelle, ans der sich eine vollkommene Uber-
') Asche und anorganische Sedimente also hier und in den folgenden Ana¬
lysen abgerechnet.
118 Das Sapropel.
ei u Stimmung der Resultate mit den unsrigen ergibt. Lufttrockne
Torfe enthalten danach:
1,46 1
18,97 1
21,19 \
11,11
bis >
Teer, bis ;
Koks, bis >
H20, bis
9,08 )
42,5 )
58,03 )
57,75
Es sind bei Untersuchungen vorstehender Art streng typische
Sapropele von typischen Moortorfen zu unterscheiden. In der
Literatur gehen als Torfe auch Streifen- und Sumpf-Torfe, also
reichlich Sapropel- (resp. Saprokoll-) haltige Torfe, ja sehr oft
auch reinere Sapropele oder Saprokolle. Ubergangsbildungen von
Sapropel zu Torf (Saprokoll-Torfe, S. 33) und von Torf zu Lipto-
biolithen, also mit hervorragenderem Gehalt an harzigen und
wachsigen Teilen zeigen natürlich auch hinsichtlich der oben an-
gegebenen Charakteristika Übergänge.
Dementsprechend schreibt mir denn auch Herr Prof. C. Engler:
»Mit Ihrer Unterscheidung zwischen Torf und Sapropel bin ich
prinzipiell vollkommen einverstanden. In der Tat wird ein Rest
mit viel Fett resp. Fettwachs wie im Sapropel stets eine höhere
Teerausbeute ergeben müssen als im wirklichen Torf. Es wird
aber doch auch daran zu denken sein, daß sich unter besonderen
Verhältnissen, also ausnahmsweise auch in einem Torf, die Fette
bezw. Wachse und Harze so anreichern können, daß höhere Teer¬
ausbeuten resultieren. Auch hierbei können aber die Grenzen
übereinander greifen, gerade wie etwa der Kohlenstoffgelialt der
Steinkohlen, Braunkohlen und des Torfes.«
Bei den oben ausgeführten Experimenten ist ferner zu beachten,
daß natürlich die »Menge der einzelnen Substanzen verschieden
ist je nach der Art der Destillation und nach der Beschaffenheit
des Rohmaterials. Erhitzt man den Torf langsam, beginnt man die
Destillation bei Rotglut und bewirkt die weitere Erwärmung durch
sehr allmählich gesteigerte Heizung, so erhält man viel Teer und
eine lockere Kohle; wird dagegen die Erhitzung des Torfes rasch
vorgenommen und von Anfang an bei hoher Temperatur durch¬
geführt, so gewinnt man neben guter kompakter Kohle sehr viele
gasförmige Zersetzungsprodukte« (E. u. K. Birnbaum, 1880, S. 242).
Das Sapropel.
119
Will man daher vergleichbare Zahlen erhalten, so müssen die
Torf- und Sapropel-Proben unter denselben Bedingungen ver¬
schwelt werden 1).
Die sich aus den einfachen Versuchen ergebenden Unterschiede
sind durch Gegenüberstellung im Folgenden hervorgehoben:
Sapropel.
1. Das Destillationsprodukt
ist ein Ölteer (es sieht aus wie
dickflüssiges Petroleum). Bei
guter Kühlung der Vorlage (ich
selbst hatte nur eine Vorprobe mit
unvollkommenen Einrichtungen
gemacht) ergibt das Sapropel
über Y4 seines Gewichtes Ölteer.
2. Es bleibt Ys bis 1/^ der
Substanz als Koks zurück.
3. Das H2O reagiert al¬
kalisch.
4. Die sich entwickelnden
Gase sind gut und andauernd
brennbar.
Moortorf.
1. Das Destillationsprodukt
(Teer) besitzt nicht ölige Kon¬
sistenz; es macht nur rund Y20
und noch weniger vom Gewicht
des verbrauchten Torfes aus.
2. Es bleibt fast Y«s der Sub-»
stanz als Koks zurück.
3. Das H20 reagiert meist
sauer.
4. Die sich entwickelnden
Gase sind schlecht und mit
Unterbrechungen brennbar.
o
In gleicher übersichtlicher Zusammenstellung der Unterschiede
o O
zwischen Sapropel und Moortorf sei das vorher Gesagte im Fol¬
genden rekapituliert mit Hinzufügung noch anderer bemerkens¬
werter Eigentümlichkeiten :
O
Sapropel.
5. Das Urmaterial besteht
wesentlich aus echten Wasser¬
organismen , besonders kommt
das (Micro-) Plankton in Betracht.
Moortorf.
5. Das Urmaterial besteht
wesentlich aus Landpflanzen, be¬
sonders kommen die »Sumpf¬
pflanzen« in Betracht.
’) Yergl. z. B. diesbezüglich auch E. Börnstein, Über die Zersetzung fester
Heizstoffe bei langsam gesteigerter Temperatur. (Journal für Gasbeleuchtung u.
Wasserversorgung, Karlsruhe 1906\
120
Das Sapropel.
Sapropel.
6. Dementsprechend ist das
A usgangsmaterial reicher an
o o
Fetten und Wachsen, so daß
der resultierende Kaustobiolith
dadurch in seinen Eigenschaften
wesentlich beeinflußt wird.
7. Harze fehlend oder sehr
stark zurücktretend.
. 8. Es findet wesentlich ein
Bituminierungs-Prozeß statt.
9. Demgemäß reichert sich
H an.
10. Dementsprechend C -
ärmer.
11. Reicher an Proteinen,
12. also auch reicher an N.
13. Das Urmaterial ist ärmer
an Kohlenhydraten.
14. H umussäuren fehlen, da¬
her keine Schwarzwässer er¬
zeugend.
O
15. Deshalb wird Eisen, das
in Sapropel getan wird — wegen
der Reduktionsvorgänge in dem
letzteren — konserviert und,
wenn es rostig war, durch Des¬
oxydation wieder blank (vergl.
S. 15).
16. Sapropel ist eine breiig¬
fließende, gallertig - schlammige
Masse, während es
Moortorf.
6. Dementsprechend ist das
Ausgangsmaterial ärmer an
o O
Fetten.
7. Harze und harzartige
Stoffe reichlich vorhanden.
8. Es findet wesentlich ein
Inkohlungs-Prozeß statt.
9. Demgemäß tritt ein be¬
merkenswerter Verlust von H
ein.
10. Dementsprechend C-
r ei eher.
11. Ärmer an Proteinen,
12. also auch ärmer an N.
13. Das Urmaterial ist rei¬
cher an Kohlenhydraten, wodurch
der resultierende Kaustobiolith
in seinen Eigenschaften wesent¬
lich beeinflußt wird.
14. Humussäuren vorhanden,
daher Schwarzwässer erzeugend.
15. Deshalb wird Eisen, das
in Moortorf getan wird — trotz
der Reduktionsvorgänge in dem
letzteren — zerfressen (vergl.
S. 15).
16. Moortorf ist im allge¬
meinen eine zusammenhaltende,
schneidbare Masse,
Moortorf.
Sapropel.
17. lufttrocken ungemein
hart ist.
17 lufttrocken ist er leicht
oder leichter brechbar (wird aber
um so fester und härter, je mehr
Sapropel in ihm vorhanden ist).
Es wurde in der zweiten Spalte der Moortorf als Vergleich
herangezogen, weil dieser die verbreitetste, jedenfalls an Quanti¬
tät hervorragendste Humusart ist, jedoch gilt das für diesen Ge¬
sagte in den wesentlichen Punkten, jedenfalls für die meisten
Unterschiede, auch für die anderen Humusarten, z. B. vom
TrOckentorf, der sich im allgemeinen sogar noch weit auffälliger
als der Moortorf vom Sapropel unterscheidet.
Bezüglich der unter 5 — 15 erwähnten Unterschiede sei noch¬
mals ausdrücklich in einem zusammenfassenden Satze hervorge-
hoben, daß die bei der Vertorfung und die bei der unter
Wasser stattfindenden bloßen Fäulnis entstehenden
Produkte in ihren chemischen Eigentümlichkeiten nicht
allein von der Verschiedenheit der Prozesse abhängig
sind, sondern, was wesentlicher ist, von der ur¬
sprünglichen (chemischen) Beschaffenheit der Orga¬
nist e n.
Zu 16 und 17 wird noch Näheres weiter hinten gesagt.
Wir sehen aus alledem, daß eine systematische Scheidung
der Humus-Gesteine und Sapropel- Gesteine geboten ist, und dies
zeigt sich noch weiter und eindringlicher, wenn auch die fossilen
Kaustobiolithe in Rücksicht gezogen werden.
Was- nun die Trennung der genannten Kaustobiolithe von den
Liptobiolithen angeht, so kann ich mich ganz kurz fassen, denn
hier hat die bisherige Wissenschaft schon lange vorbereitet: einen
Kaustobiolith, wie z. B. den Bernstein, hat man stets in einer be¬
sonderen Klasse behandelt, jedenfalls nicht zu den Humus-Gesteinen
gerechnet, z. B. nicht in die engere Gruppe gestellt, in die die
Steinkohle gehört. Anders ist es aber hinsichtlich derjenigen
»Kohlen«, die Sapropelite sind, wie die Cannel- und Boghead-
Kohlen, die man in unseren besten Mineralogien bei den
122
Das Sapropel.
Harzen untergebracht findet, so bei Naumann-Zirkel1) und zwar
deshalb, weil die Bogbead kohle »mehr H als O« enthält. Ebenso
ist es bei F. Klockmann, wo sogar der Dopplerit, das reinste Hu¬
mus-Gestein, das wir überhaupt besitzen, bei den Harzen figuriert2).
Nun haben in der Tat — wenn auch nicht die Humus-Gesteine —
aber doch die Sapropel- Gesteine eine größere chemische Hin¬
neigung zu den Liptobiolithen, und es ist hier deshalb die Grenze
in chemischer Hinsicht schwankender als zwischen den Humus-
Gesteinen und den Liptobiolithen. Es wird in einigen Fällen noch der
‘Streit intensiver möglich sein, ob man gewisse Kaustobiolithe zu
den Sapropeliten oder zu den Liptobiolithen stellen will. Deshalb
bin ich bis auf Weiteres geneigt, hier ganz besonders die Herkunft
der Urmaterialien mitsprechen zu lassen. Kommen sie von Land¬
pflanzen, wie die Erlenpollen- Ansammlungen (Fimmenit) oder wie die
Sporen beim Tasmanit des Palaeozoicums, bei dem es sich um eine
Ablagerung von Pteridopliyten-Sporen handelt, so stelle ich diese
Gesteine zu den Liptobiolithen, weil die wesentlichen Sapropelit-
Urmaterialien eclite Wasserorganismen sind, und zwar geschieht
dies trotz des oft sehr hohen »Fett«-Gehaltes der Pollen und
Sporen, der eben den wesentlich aus ihnen hervorgegangenen
Kaustobiolithen ein Gepräge aufdrückt, das ihre Trennung von
den Humus- Gesteinen verlangt. Es bleibt da nur zu ent¬
scheiden übrig, ob man nun solche, in ihren Urmaterialien stark
»fett« -haltigen Sonderbildungen zu den Sapropeliten oder zu den
Liptobiolithen stellen soll, und ich lasse hier, wie gesagt, die Her¬
kunft von Landpflanzeu den Ausschlag geben.
Kurz und bündig: Bieten auch die Liptobiolitlie in ihren
chemischen Äußerungen so viel Übereinstimmendes mit Sapropel-
Gesteinen, daß man sie diesbezüglich vielleicht zusammentun
könnte, so empfiehlt sich doch wegen der sehr verschiedenen Ge¬
nesis ihrer Urmaterialien ihre Trennung. Überdies sind gewisse
Endprodukte als Mineralien oder Gesteine so verschieden — wie
0 Naumann, Elemente der Mineralogie. 15. Aufl. von Zirkel, Leipzig
1907. S. 787.
2) Klockmann, Lehrbuch der Mineralogie. 4. Aufl. Stuttgart 1907. S. 592.
Das Sapropel.
123
z. B. einerseits der Liptobiolith Bernstein und andererseits die
Sapropelite Cannelkohle, Sapropel usw. — daß hier unbedingt
eine scharfe systematische Trennung erforderlich ist.
Pollen und Sporen, besonders erstere, sind übrigens in so
gut wie allen Sapropeliten vorhanden. Außer den im Wasser
lebenden Wesen pflegt überhaupt das Sapropel auch Reste von
Landbewohnern zu enthalten, die in das Wasser geraten sind,
wie Laubblätter von Bäumen, Früchte, wie Haselnüsse usw.; be¬
sonders bemerkenswert sind nun eben in dieser Beziehung die oft
sehr zahlreichen Pollen- und Sporen-Masseu (siehe Pollen- Wasser¬
blüte). Alle Übergänge vom autochthonen Faulschlamm bis zum
Drifthumus, d. h. bis zu dem vollständig durch Drift zusammen¬
gebrachten Material, können beobachtet werden.
Liegen an einem Wasser, das die Bedingungen für die Ent¬
stehung von Faulschlamm erfüllt, Humuslager, z. B. Torfmoore,
so können Teile davon als »Schlämmtorf« hinzugeführt werden,
die sich dann mit dem Faulschlamm vermischen.
Auch Schwarzwasser-Niederschläge können das sich absetzende
organische Material vermehren helfen (Näheres unter Dopplerit-
Sapropel), und ferner enthält der Faulschlamm — wie wir sahen
— naturgemäß oft mancherlei unorganisches Material, wie Kalk,
Ton und Sand als Übergangsbildungen zu den Faulschlamm¬
kalken, Faulschlammtonen usw. (s. dort).
Als Beispiel eines reinen Sapropels sei hier dasjenige vorge¬
führt, das sich am Boden eines ursprünglichen Sees (des »Ahl-
becker Seegrundes«) bei Ludwigshof bei Ueckermünde am Stettiner
Haff vorgefundeu hat, dessen stark vorgeschrittene Verlandung
durch Ablassen von Wasser noch weiter gefördert wurde. Unter
einer Torfdecke, die jetzt die ursprüngliche Wasserfläche ein¬
nimmt, steht dort eine mächtige Schicht von Faulschlamm an, die
au einer Stelle bei einer in Gemeinschaft mit Herrn Dr. C. Goebel
unternommenen Peilung die in dem folgenden Profil angegebene
Mächtigkeit aufwies:
Verlanduno;storf . 30 cm
Faulschlamm . ca. 5,50 m
Kalk-Faulschlamm . mehrere Meter.
124
Das Sapropel.
Mikrophotogram in einer Fiachmoortorfprobe von dem bei Triangel
in der Lüneburger Heide aufgeschlossenen Torfprofil.
Der reife Torf, dem das Präparat entnommen wurde, stammt aus dem untersten
Teil des Torflagers. Rechts geht ein Epidermisfetzen einer Monocotyledone
(Graminee?) schräg durch das Bild.
Während Torf im mikroskopischen Bilde — soweit die figu¬
rierten Bestandteile überhaupt noch bestimmbar sind — diese
naturgemäß vorwiegend oder ausschließlich als von pflanzlicher
Dieser Faulschlamm ist graubraun, von dickbreiiger Konsi¬
stenz und fühlt sich fettig-schlickig an. Lufttrocken wird er
außerordentlich hart. In Wasser weicht er dann allmählich, aber
ohne die frühere Schlammbeschaffenheit auch nur annähernd wieder
zu gewinnen, wieder etwas auf, indem er höchstens einen festeren
S ap rokoll-Z us tan d a n n i m m t.
Figur 13.
Das Sapropel.
125
Herkunft abstammend erkennen läßt, Fig. 13, zeigt Sapropel,
Fig. 14 und 15, unter dem Mikroskop vorwiegend figurierte Reste
von echten Wasserorganismen; in dem Sapropel von Ludwigshof
z. B. sind vorhanden sehr viele tierische Reste, wie Häute, die
von kleinen Crustaceen stammen, ferner sonstige figurierte Chitin-
reste solcher Tiere, wie Gliedmaßen und dergleichen und auch
Figur 14,
Sapropel, 75 x vergrößert, aus dem Ahlbecker Seegrund
bei Ludwigshof in Pommern.
Rechts ein Kopfstück einer Bosmina (B. longirostris oder coreyoni ?), ferner Panzer¬
reste von Cladoceren usw., Cauda von Lynceus sp.? — Pmws-Pollen und dicht
dabei Pediastrum. Melosira. Usw.
(Freund liehst aufgenommen von Herrn Rich. Volk.)
(Das Bild wurde aus den Mikrophotogrammen zweier verschiedener Präparate
kombiniert; die Grenzlinie beider ist rechts sichtbar.)
etwas Spongillen-Nadeln, von Pflanzenresten sind Algen bemerkens¬
wert, und zwar viele Fadenalgenstücke ( Oscillaria u. dergh), sehr
viel Pediastrum (P. duplex und bory anuni ), wenig Diatomeen
( Melosira usw.), ferner durch Nahedrift hiuzugekommene Pollen
126
Das Sapropel.
von Pinus silvestris und Betula , Epidermisfetzen höherer Pflanzen,
eventuell von Wasserpflanzen und endlich mit bloßem Auge er¬
kennbare Stengel- und Wurzelteile. Der Kalkgehalt ist gering
und wohl durch Wasserpflanzen niedergeschlagen, sonst sind noch
Sand- (Quarz-) Partikel, die wohl wie die Pollen ebenfalls vom
Winde in das ursprüngliche Wasserbecken getrieben worden sind1).
Figur 15.
Sapropel, stärker vergrößert als das Präparat Fig. 14,
ebenfalls vom Ahlbecker Seegrund bei Ludwigshof in Pommern.
Mit 2 Exemplaren von Pediaslruin , Diatomeen (z. B. links oben),
einem Pollenkorn von Pinus sifvestris (oben) usw.
(Freundlichst aufgenommen von Herrn Dr. Stange.)
(Das Bild wurde aus den Mikrophotogrammen zweier verschiedener Präparate
kombiniert; die Grenzlinie beider ist links sichtbar.)
Wir haben übersichtlich in den untersuchten Proben des Faul¬
schlammes im Wesentlichen:
') Ich habe absichtlich das obige Beispiel gewählt, weil G. Krämer und
A. Spilker (Das Wachs der Bacillariaceen und sein Zusammenhang mit dem
Das Sapropel.
127
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Schalen von Arcella
Spongillen-Nadeln (selir wenig)
Crnstaceen-Reste (sehr viele)
Fischreste(Skelettteile u. Schuppen) (wenig)
Amorphes Material, wohl besonders viele
tierische Exkremente und homogen
zersetztes Pflanzenmaterial (sehr viel)
Kalk: phytogenen und zoogenen Ursprungs
(wenig)
! Fadenalgen (viele)
P ediastrum (viel)
Diatomeen (weniger)
Gewebe-Fetzen und Teile höherer Wasser-
und Land-Pflanzen, wie Farnspreu¬
schuppen u. dergl.
Pöms-Pollen (viel)
Betula- Pollen (weniger)
Sand (sehr wenig)
Tier-
Reste
n
i-i
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"Ö
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85
P
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CD
D
P
P
P
N
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P
W
CD
O)
<-E
CD
Im Prinzip sind unsere kontinentalen Faulschlamme immer
so zusammengesetzt, wie der von Ludwigshof; es können einmal
die Tierreste mehr zurücktreten, andere Pflanzenreste hinzu¬
kommen, andere fehlen, aber immer stammen die Reste von Or¬
ganismen, die vorwiegend im stillen oder stilleren Wasser leben.
Auch dort, wo Zuflüsse stattfinden, nicht stark genug, um die
Erdöl, ßer. d. D. ehern. Ges. 1899, S. 2942) von dem Material sagen: »Man
hat es offenbar im See von Ludwigshof mit einem großen Leichen fei d von
Bacillariaceen zu tun«, und auf dieser Auffassung fußend nun die chemischen
Produkte, die sie aus dem Material gewonnen haben, auf Diatomeen (Bacillaria¬
ceen) zurückführen. Obiger Untersuchung habe ich absichtlich eine große Probe
von 1j 2 Kilo zugrunde gelegt, die ich Herrn Prof. Krämer selbst verdanke.
Übrigens geht schon aus den von ihm 1. c. auf S. 2943 abgebildeten figurierten
Bestandteilen des Materials hervor, daß es sich nicht um ein Diatomeen Lager
handelt. Ich selbst kenne das Vorkommen von Ludwigshof durch wiederholten
Besuch genau und habe dann noch viele Kontrolluntersuchungen mit anderem
Material des Sapropel-Lagers angestellt. Der Biontologe sieht dem Material sofort
ohne Weiteres an, daß Diatomeen-Pelit nicht vorliegt, aber in der Literatur spielt
das angebliche »Bacillarien-Lager« von Ludwigshof immer noch seine Rolle.
128
Das Sapropel.
Gezeichnet von Dr. AY. Goth an.
Figurierte Bestandteile aus dem Faulschlamm des Ahlbecker Seegrundes
in 220 : 1 der natürlichen Größe.
H = Kügelchen aus Schwefeleisen
B = Diatomee ( Gymbella )
Ms u. Mg = Diatomeen (Melosira, s =
Schalen-Ansicht, g = Gürtel- An¬
sich t)
P = Pediastrum
0 = Oscillaria ?
X = Pilzspore?
M = Macrosporen-Exospor?
Po = Pinus- Pollen
C = Cony/tfS- Pol len
A = M//u/s-Pollen
Be = Betula-P o\\en
Bo = Bosmina- Antenne
Dp = Daphniden-Haut.
Cr = Abdomen-Fetzen einer Crustacee
I = Crustaceen-Gliedmaßen-Stück
Z = Ei einer Wasserwanze ? *)
Das Sapropel.
129
Sapropelbildung zurückzuhalten, aber doch so, daß eine allochthone
Sedimentierung statthat, so daß vorwiegend sandige und tonige
Sapropel-Erden entstehen, ist die generelle Zusammensetzung des
Sapropels in solchen Sapropeliten die gleiche: immer ist zu beob¬
achten, welche hervorragende, ja erste Holle die Plank¬
ton-Organismen als Urmaterialien spielen. So enthält
der Neuwarper See bis zu seiner Mündung in das Stettiner Haff
überall einen Sapropel enthaltenden Schlamm, eine Sapropel-
Erde, in einer Mächtigkeit von mehreren Metern. Nach Angabe
der Fischer würde der Schlamm bis 12 m mächtig sein. Eine
mikroskopische Untersuchung ergab hinsichtlich der organischen
Bestandteile eine im Wesentlichen vollkommene Übereinstimmung
mit dem Schlamm des Ahlbecker Seegrundes. Ebenso der Schlamm
aus dem Kleinen Mtitzelburger See usw.
Im Sommer ist der ganze Neuwarper See dermaßen mit
Wasserpflanzen bedeckt, daß er von weitem einer Wiese gleicht.
Der Wind treibt gelegentlich das Wasser so weit aus, daß Sapro-
pelit-Bänke zutage treten: schon so weit ist diese Bucht durch
Sapropelit verlandet. Untersuchte Proben ergaben :
Spongillen-Nadeln \
Mollusken-Beste f 0
\ lier-Keste
Crustaeeen-Reste (sehr viele) (
Fisch-Reste /
*) (Arun. zu S. 128) ln früheren Veröffentlichungen hatte ich (vergl. z. B. Potoxie,
Die Entstehung der Steinkohle. 4. Aufl. Berlin 1907, S.9, Fig. 3) das Gebilde Z nach
freundlicher Bestimmung von Herrn Realschuldirektor Breddin in Oscherslebeu als
Ei von Corixa angegeben. Der Genannte schreibt mir aber jetzt (unterm 27. XI.
1907): »Das dargestellte Objekt gleicht in der Form und auch in der Verkapse¬
lung (der darin liegende Teil ist der abgesprengte Deckel) auf den ersten Blick
dem Ei einer Corixa. Es war mir aber entgangen und ich habe erst jetzt aus
der Figur entnommen, daß das Gebilde nur etwa ßö mm lang ist. Da kann es
natürlich nicht das Ei einer Corixa sein. Wohl aber — und ich möchte im Hin¬
blick der oben erwähnten Übereinstimmung meine Vermutung in dieser Form
aufrecht erhalten — könnte es ein Ei von der Corixa nächststehenden Gattung
Micronecta Kirk. ( Sigara auct.) seiD, deren bei uns vorkommende Arten die Länge
von l'USVi mm erreichen, so daß das Ei die angegebenen Maße haben dürfte.
Die Micronecta leben bei uns in Schwärmen in seichtem Wasser, z. B. in den
Altwässern der Elbe bei Magdeburg.«
Neue Folge. Heft 55.
9
130
Das Sapropel.
Amorphes Material ) Tierisch, u. pflauzl.
Kalk ) Ursprungs
/ Fadenalgen
j Pediastrum
Algen 11. a.
V Diatomeen (viel)
Gewebe-Fetzen
Pollen
Sand (mehr oder minder)
Seen ed es m us quadricauda
Pflauzen-
Reste
Der Sapropelit des Kleinen Mützelburger Sees enthielt be¬
sonders Crustaceen-Reste, amorphes Material, Algen (Fadenalgen,
Pediastrum , Diatomeen, Pollen von Pinus silvestris ) usw. , kurz,
man sieht, die generelle Zusammensetzung dieser Sapropelite ist
durchweg dieselbe.
Auch die Sapropelite aus der Umgegend Berlins, die ich be¬
obachtet habe, so aus dem Rummelsburger See (einer Bucht der
Spree), der Havel zwischen Tegel und Potsdam, der Seen des
Grunewaldes, des ehemaligen Bäketals in Gr. Lichterfelde usw.
zeigten nur untergeordnete lokale Verschiedenheiten. Unter den
noch vertretenen figurierten Bestandteilen spielen meist Crustaceen,
Algen, und unter diesen Diatomeen, Pollenkörner u. dergl. die
hervorragendste Rolle.
Ein Sapropelit vom Ufer des Gr. Aweyder Sees (vergl. das
Profil S. 132) in Ostpreußen enthielt:
Amorphes Material (sehr viel)
Crustaceen-Reste
Chroococcaceen und andere Algen (sehr viele)
Pilzhyphen
Gewebe-Fetzen höherer Pflanzen
Sporen von Bryophyten und Pteridophyten
Pollen von Pinus und Betula
usw.
Solche Fälle habe ich in großer Zahl untersucht, und zwar
immer aus Seen und ruhigen Buchten oder doch nur sehr lang-
O ij
sam bewegten Wassern.
Das Sapropel.
131
Zum Vergleich der herangezogenen norddeutschen Vorkommen
seien — um die generelle Übereinstimmung zu kennzeichnen —
noch die figurierten Bestandteile in dem Sapropelit eines weit
abgelegenen Gewässers, des Obersees bei Reval, nach Guido
Schneider (1. c. p. 35/36) vorgeführt.
Er giebt von Organismen und ihren Teilen an: »Panzer von
Rotatorien«. Crustaceen : »Schalen und Ephippien von Cladoceren,
namentlich charakteristisch Schnäbel von Bosmina coregoni. Zer¬
krümelte, auch mehr oder weniger ganze Schalen von Anodonta
variabilis. Feine Substanz von schwarzbrauner Farbe, die zum
größten Teil wohl aus den abgestorbenen Zellen der die Wasser¬
blüte bildenden Algen ( Clatlirocystis aeruginosa , Microeystis- und
Anabaena-\vte\i) besteht. » Pediastrum und Reste anderer Algen
in großer Menge.« Teile von Hypnum und Sphagnum. Phane-
rogainenreste, hauptsächlich von Gramineen, auch größere Stücke
von Arundo phragmites , Graphephorum arundinaceum, Scirpus - und
Carex- Arten. Pollen von Picea eoccelsa.
Man bemerkt bald, daß es in erster Linie für die Entste¬
hung von reinem und reinerem Faulschlamm auf Gewässer an-
kommt, die keine wesentlichen Zuflüsse haben, die ruhige Ver¬
hältnisse mit mehr stagnierendem Wasser bieten.
Das diluviale Saprokoll von Klinge bei Cottbus z. B. ist eben¬
falls in einem alten See entstanden. Wir haben dort das Profil:
usw.
A
5. 0,5-
—0,75 m
Torf,
4.
0,50 »
Saprokoll,
3.
0,20 »
kalkige Schicht,
2.
bis 4 »
Ton,
1.
1 »
Kies ü
Nicht nur dieses Profil weist aus dem angegebenen Grunde
auf stagnierendes, jedenfalls sehr ruhiges Wasser, sondern auch
die in den Schichten 4 und 5 des Profiles aufgefundenen Pflan-
h Yergl. Näheres bei Nehring, Wirbeltier-Reste von Klinge. 1895. S. 184.
9*
132
Das Sapropel.
zenreste, wovon ich mich an Ort und Stelle überzeugen konnte.
Sie sind von C. A. Weber1) genauer bestimmt worden; insbe¬
sondere sprechen hier die weiße und gelbe Seerose, die sowohl
im Saprokoll als auch in dem alten Torf darüber Vorkommen, für
ruhiges Wasser.
Bei Orlowen in Ostpreußen zeigt das aus einem verlandeten
See hervorgegangene Flachmoor östlich des Widminner Sees am
Südrande des Messtisch-Blattes zu oberst:
4. 1,50 m Torf, dann
3. 0,50 » Saprokoll, dann
2. 0,60 » Saprokoll -Kalk (graue Seekreide), und als ur¬
sprünglichen Seegrund
1. 1,40 » kalkigen Sand.
Das Westufer des Gr. Aweyder-Sees, südlich von Pruschniowen,
Kreis Sensburg in Ostpreußen, zeigt das folgende Profil:
3. 1,40 m Torf,
2. eine dünne Lage Saprokoll,
1. 1,60 m Wiesenkalk2).
Solche Beispiele könnten gewaltig vermehrt werden.
Die vielfach gute Erhaltung der Sapropel-Konstituenten , die
so oft noch eine weitgehende Bestimmung zuläßt — vergleiche
auch das S. 143/144 bei »Algentorf« Gesagte — zeigt, daß. in diesen
Fällen in der Tat die Fäulnis in unserem Sinne die Hauptrolle
gespielt hat. Das geht auch daraus hervor, daß gewisse der in
Rede stehenden Bildungen an der Luft die Farbe wechseln als
o
Anzeichen dafür, daß durch den nunmehrigen Zutritt von Sauer¬
stoff ein Oxydationsprozeß eingeleitet wird.
Besonders gut erhalten sind von figurierten Bestandteilen die-
jenigen, die noch frisch oder verhältnismäßig frisch in den Schlamm
geraten sind, wie das gerade bei Algen und Pollenkörnern leicht
vorkommt. Die Teile jedoch , die sich vor ihrer Ablagerung län-
J) Weber, Über die diluviale Vegetation von Klinge (Beiblatt zu Engler’s
botan. Jahrbüchern. Leipzig 1893).
2) Diese beiden letzten Beispiele verdanke ich Herrn Landesgeologen Dr.
F. Kaunhowen.
Das Sapropel.
133
ger schwimmend oder schwebend im Wasser aufgehalten haben,
ebenso wie die sehr labilen Bestandteile (Proteine u. dergl.) sowie
die Exkremente werden vorwiegend die nicht mehr figurierten
Massen im Faulschlamm bilden: sie können überwiegen, und
jedenfalls geht aus dieser Überlegung hervor, daß ein sehr
algenreicher Faulschlamm nicht ohne Weiteres in dem Sinne als
Algen-Sapropel bezeichnet werden darf, daß die Algen die Haupt¬
lieferanten waren. Die figurierten Konstituenten sind nur in
der bereits homogen zersetzten Hauptmasse gewissermaßen ein¬
gelegt wie ein zu konservierendes mikroskopisches Präparat in
Glycerin, Spiritus oder dergl.; es ist denn danach weiter kein
Wunder, daß Hoppe-Seyler bei der Untersuchung alkoholischer
Auszüge von Faulschlamm mit dem Spektroskop den Absorp¬
tionsstreifen des Chlorophylls zwischen den Linien B und C
beobachtet hat, »so daß der Farbstoff sich verhielt wie frisch aus
lebenden Pflanzen aufgelöstes Chlorophyll, nicht wie das Chloro-
phyllan oder aus zersetzten Pflanzen ausgezogener Farbstoff« 1).
Wie schon PIampus von Post (1864, S. 16) zeigte, geben Sa-
propelite rot-fluorescierende alkoholische Lösungen, woraus schon
auf Chlorophyll- Gehalt zu schließen ist. Übrigens kann man ge¬
legentlich in sehr alten Sapropeliten noch Chlorophyllkörper unter
dem Mikroskop beobachten. Schon Senebier hat 1782 gezeigt,
daß Chlorophylllösungen, die in undurchsichtigen Gefäßen der
Wirkung des Sonnenlichtes preisgegeben waren, ihre ursprüngliche
Farbe beibehielten2). Wenn also durch reichlichen gleichzeitigen
Planktonregen auf den Boden des Gewässers die unterste Lage
des Planktons schnell bedeckt und vom Licht abgeschnitten wird,
so haben wir das Experiment Senebier’ s durch die Natur ver¬
wirklicht, und es ist das Vorkommen von Chlorophyll in Sapro¬
peliten sonach leicht erklärlich8).
Es müssen bei der Bildung des Faulschlammes aseptische
’) Nack Früh, Krit. Beit, zur Kenntnis des Torfes. 1885. S. 703, und
Moore der Schweiz. 1904. S. 173.
2) Vergl. L. March lrwski, Die Chemie des Chlorophylls. 1895. S. 6,
3) Vergl. über Chlorophyll auch vorn S. 18.
134
Das Sapropel.
Substanzen entstehen (er reagiert in frischem Zustande alkalisch).
Ich habe — vergl. auch S. 13 u. 14 — jahrelang Faulschlammpro¬
ben in nur oberflächlich verschlossenen Gefäßen für meine Unter¬
suchungen auf bewahrt, ohne daß bis jetzt eine Veränderung der¬
selben (eine weitere Zersetzung) zu bemerken gewesen wäre.
Gewiß kann bei großer Produktion an organischem Material
auch in einem Wasser, das reichlich Sauerstoff enthält, einmal
ein Sapropel-Lager entstehen, das dann auch durch Verwesungs¬
und Vermoderungs- Erscheinungen — soweit diese unter Wasser
stattfinden können — bemerkenswerter angegriffen ist.
Je nach dem Fehlen von Sauerstoff-Zuführung oder dem Vor¬
handensein einer solchen, werden sich die Lager verschieden ver¬
halten.
Im Einzelfalle wird es oft unmöglich sein, eine Trennung
vorzunehmen, ja, ausgeschlossen ist sie, wenn beide Prozesse ziem¬
lich gleichmäßig Platz gegriffen haben. Dauernd erhaltungsfähig
ist aber ein Sapropelit nur, der von vornherein oder doch rechtzei¬
tig in die Bedingungen gerät, die vorwiegend einen Fäulnisprozeß
zulassen, da andernfalls alles durch Verwesung beseitigt wird.
In frischem Zustande ist der Faulschlamm leicht als solcher
zu erkennen ; in richtig (der Natur entsprechend) besetzten und
behandelten Aquarien (deren verdunstendes Wasser man ersetzt,
ohne aber das Wasser zu wechseln), kann man ihn entstehen sehen.
Er ist eine leicht fließende, schlammige, gallertig-breiige Masse.
Th. Fontane sagt sehr gut: er sei so weich, »wie ein mit Hilfe
von Reagentien eben gefällter Niederschlag« 1).
Im älteren Zustande, namentlich wenn der Faulschlamm sich
schon lange unter einer Sediment- oder Moor-Bedeckung befindet,
nimmt er Eigenschaften an, die seine Erkennung für denjenigen, der
ihn nicht schon vorher kennt und nicht untersucht, durchaus nicht
ohne Weiteres zulassen, und er hat denn auch in dieser subfossilen
und in fossiler Form zu Irrtümern Veranlassung gegeben. Ins-
besondere ist darauf hinzuweisen, daß Faulschlamm und Saprope-
*) Fontank, Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 4. Teil. Spreeland:
Die wendische Spree (S. 85 der mir vorliegenden 4. Aufl. Berlin 1899.)
Das Sapropel.
135
lite überhaupt schon unter gelindem Druck eine Schieferung an-
nehmen, so der vorn beschriebene Faulschlamm des Ahlbecker
Seegrundes, der unter dem Druck, den stellenweise der wenig
mächtige Verlandungstorf und eine geringe Sand Beschüttung aus¬
übte, dort zu einem festgallertigen Gestein geworden ist, das ge¬
trocknet Schieferung zeigt. Älteres, fest-gallertig gewordenes Sa¬
propel nenne ich Sa pro ko 11 (Faulgallerte); wenn sich in dem
Gestein sehr zahlreiche Skeletteile, z. B. Diatomeenpanzer, befinden,
wird jedoch die gallertige Konsistenz von vorn herein naturgemäß
sehr wesentlich herabgemindert. Schieferung ist überall zu beob-
achten wo Sapropel durch Verlandung des Wassers, in dem es ent¬
stand, unter Torf usw. gerät, d. h. wo es zu Saprokoll geworden
ist, z. B. auch bei dem in starker Verlandung begriffenen See bei
Liebemühl. Im offenen Wasser dieses Sees, Fig. 9 S. 68 befindet
sich Sapropel, also ein halbflüssiger Brei, unter den mächtigeren
Torflagern am Rande des ursprünglichen Sees aber fest-gallertiges
Saprokoll. Eben dasselbe ist sehr oft zu beobachten, nämlich
immer dort, wo ein ruhiges Wasser durch Moorbildung im Er¬
löschen (in Verlandung) begriffen ist. Ein hervorragendes Beispiel
bietet das große Schussenrieder Moor in Wüittemberg mit seinem
noch un verlandeten Wasserrest, dem Federsee (genannt nach dem
»Federgras« wie dort Eriopliovum heißt). Dieser enthält schönes
reines Sapropel, und unter dem Torf findet man beim Graben Sa¬
prokoll. Bei einer für mich freundlichst Ende August 1906 durch
Herrn Forstamtmaun Dr. K.Raü veranlaßten Aufgrabung, einige km
von der jetzt noch übrigen Wasserfläche entfernt, fand sich das Profil :
4. Torf (früher ca. 3 m, jetzt zum Teil abgetragen),
3. Dopplerit-Saprokoll (schwarz) 40 cm,
2. Saprokoll (grau) 20 cm,
1. Saprokoll-Kalk ca. 25 cm.
In frischem Zustande ist Sapropel, je nach den wesentlichen
Konstituenten und den Beimengungen, gelb, grau, braun bis schwarz
mit mehr oder minder grünem Farbenton; es ist dickflüssig bis
gallertig -schlickig, an einer hineingestoßenen Stange bleibt es
— wenn es nicht gerade sehr flüssig ist — in mehr oder minder
136
Das Sapropel.
dicker Lage kleben. Wo es sich um mächtigere Schichten han¬
delt, ist die oberste Lage mehr flüssig, darunter durch den Druck
und geringeren Wasserreichtum fester-elastisch ; wo es unter hin¬
reichend mächtigem Verlandungstorf oder sonst unter Bedeckung
liegt, wird das Sapropel, wie gesagt, fest -gallertig, in allen Über¬
gängen bis zur Breiform vorkommend. In dieser festen Form
(Saprokoll) läßt es sich wie fester (Hart-) Käse in Stücke schneiden.
Die gallertige Konsistenz in Verbindung mit der wasserhal¬
tenden Kraft des reinen Faulschlamms und der Sapropelite über¬
haupt machen sie zu einem ausweichenden, schwankenden, ge¬
fährlichen Boden, der der Bautechnik große Schwierigkeiten bringt,
wie das z. B. in und bei Berlin und beim Bau des Teltow-Kanals
usw. genugsam unangenehm in die Erscheinung getreten ist. Sa-
propelit und Torf verhalten sich als Baugrund sehr verschieden.
Oft genug ist ersterer verkannt und für Torf gehalten worden;
die Folge dieser Verwechslung ist für die Kostenanschläge oft
verhängnisvoll gewesen (wie beim Bau der Teltow-Kanal-Strecke
durch Groß-Lichterfelde). Wo die Natur des Sapropelits richtig
erkannt wird, hilft man sich, wo augängig, dadurch, daß das
Material durch ein anderes, haltbareres weggedrückt wird. Es
weicht bei seiner breiigen Beschaffenheit aufgeschüttetem Sande,
Fig. 17, leicht aus, wie wir das an dem künstlichen Sanddamm
links auf unserem Bilde sehen, der rechts im Wasser eine große
Sapropelit-Insel hervorgepreßt hat, obwohl die anorganisch-mine¬
ralischen Drift-Bestandteile in diesem Fall weit überwiegen. Gewiß
wird durch natürliche Vorgänge gelegentlich dieselbe Erscheinung
o o o o o
eintreten, wie sie unsere Abbildung in dem Havelwasser östlich
des Picheiswerders (der den Hintergrund des Bildes einnimmt)
veranschaulicht. So mag die bald wieder verschwundene »Pfingst-
insel« im Havelwasser westlich des Picheiswerders auf natürlichem
Wege entstanden sein. Diese neue Insel entstand vor etwas mehr
als 100 Jahren, am 17. Mai 1807. Den Namen gab man der Insel,
weil sich der Vorgang gerade in der Pfingstnacht ereignete. Auf
welcher Stelle des Havelstroms damals eventuell ein Druck aus¬
geübt wurde, um bei Picheiswerder die Schlamminsel emporzu-
Das Sapropel.
137
treiben, hat sich infolge der unruhigen Zeiten nicht feststellen lassen.
Die französischen Offiziere, die damals zur Besatzung Spandaus
gehörten, schrieben — erzählt man sich — an ihre Angehörigen,
daß sich bei Berlin mitten im Flusse ein Erdbeben ereignet habe.
Lufttrocken werden Sapropel und Saprokoll sehr hart; beim
gewaltsamen Zerschlagen bricht das erhärtete Gestein, insbeson¬
dere das Saprokoll muschelig. Gesagt wurde ferner schon, daß die
meisten Saprokolle beim Trocknen durch mehr oder minder deut-
Figur 17.
Durch den künstlichen Sanddamm links
aus dem Wasserspiegel emporgepreßter Sapropelit im Stößensee
(Bucht der Havel südlich Spandau).
Die Sauddammschüttung erfolgte zur Gewinnung eines festen Untergrundes
für den Bau der Überführung der Döberitzer Heerstraße.
(Frühjahr 1907.)
liehe Aufblätterung Schieferung zeigen. Sapropele und Sapro¬
kolle werden, nachdem sie einmal lufttrocken (hart) gewesen sind,
nicht wieder schlammig-breiig, sondern höchstens schwach gallertig.
Lufttrocken gewordener Faulschlamm vom Ahlbecker Seegrund
(Pommern), den ich mehrere Jahre lang unter Wasser gelassen
habe, wurde nicht wieder breiig, sondern nur weicher, behielt
aber seine Form, ein Zeichen, daß mit dem Trocknen eine che-
138
Das Sapropel.
mische Veränderung vor sich gehen muß, wie das von Torfen her
bekannt ist, die, einmal trocken geworden, nicht wieder die ur¬
sprüngliche Weichheit annehmen, da Humusstoffe durch Trocknen
unlöslich werden. Der wieder erweichte Faulschlamm (vom Ahl-
becker Seegrund) brach leicht, wie eine ziemlich feste, aber
bergfeuchte Erde. Die Bruchfläche erschien dann rauh. Der Zu¬
sammenhalt war aber, trotzdem die Probe jahrelang im Wasser
gelegen hatte, doch so groß geblieben, daß ein ähnlich der Bran¬
dung bewegtes Wasser die Probe bequem in Geröllform hätte
bringen können, sie also gewiß nicht sofort in lauter Partikelchen
zerlegt hätte. Das Alter der Gesteine spielt hierbei eine wesent¬
liche Holle. Der nachträglich wieder aufgeweichte Faulschlamm
hatte ganz die Konsistenz des »Töck« (vergl. unter Sapropel-
Erden), der heute, unter Meereswasser lagernd, in schönen Geröll¬
formen auf Helgoland ausgeworfen wird. Unsere Figur 12 S. 89
zeigt rechts unten ein flaches, von Bohrmuscheln durchlöchertes
Geröll von Töck.
Frische Faulschlamme, die ich daraufhin (mit Lackmuspapier)
untersuchen konnte, reagierten alkalisch. Mit Alkalien (Kali oder
Ammoniak) tritt bei gewissen Sorten in der Lösung keine Braun¬
färbung auf; bei anderen — sobald höhere Pflanzen und Schwarz¬
wässer Beiträge geliefert haben — ist schwache Bräunung zu be¬
merken, bei wieder anderen eine stärkere, während bei den echten
Torfen die Braunfärbung (durch »Humussäuren«) stets charakte¬
ristisch ist. Sapropele oder Saprokolle, mit Alkohol behandelt,
geben eine rot fluorescierende Lösung, auf Grund des Gehaltes
an Chlorophyll (vergl. S. 133), das mit Alkohol eine solche Lö¬
sung ergibt.
Unter dem Mikroskop ist zunächst die amorphe, meist wolkige
Grundsubstanz zu unterscheiden, von den vollständiger zersetzten
organischen Teilen und den tierischen Exkrementen herrührend;
in dieser eingebettet finden sich noch figuriert erhaltene, tierische
und pflanzliche Teile von Organismen, die wesentlich durch aqua-
tische Autochthonie hineiugelangt sind, aber auch Drift-Bestand¬
teile, insbesondere solche der Nahedrift, fehlen niemals, ebenso
Das Sapropel.
139
wenig, wenn auch oft nur äußerst geringfügig, durch Wind oder
auch durch Driftung hineingelangtes mineralisches Material. Bei
stärkerem Mineralgehalt erhalten wir Übergangsbildungen 1. zu
Kalk-Faulschlamm, wenn dieser in frischem Zustande noch die
gallertige Beschaffenheit des Faulschlammes hat, oder bei stärke¬
rem Kalkgehalt zu Faulschlamm-Kalk, 2. zu Ton-Faulschlannn
oder Faulschlamm-Ton und 3. bei wesentlichem Sandgehalt zu
Sand-Faulschlamm oder Faulschlamm- Sand, der bei weitem nicht
die feste Konsistenz gewinnt, sondern bei höherem Sandgehalt
leicht zerbrechlich ist
Die ordentlich gefaulte Masse hüllt die schneller niedersinkenden
Teile ein, die so dem wenigen Sauerstoff, der eventuell am Grunde
des Wassers vorhanden ist, ganz entzogen werden. Dadurch
zeigen sich gewisse figurierte Bestandteile, sogar ganze Organis¬
men, so oft noch in trefflicher, dauernder Erhaltung. Es wurde
diesbezüglich ja schon darauf hingewiesen, daß sich sogar das
Chlorophyll im Faulschlamm erhalten kann.
Von den Landtorfen unterscheiden sich die Faulschlamme
auch durch die stark hervortretenden tierischen Teile, da tierisches
Leben in den Wassern, die Faulschlamm besitzen, sehr viel stärker
entwickelt ist, als auf dem Lande, und hier insbesondere die
Moore arm an Tieren sind.
Getrocknet brennen Sapropel und Saprokoll mit leuchtender
Flamme (ähnlich der reinen Cannelkohle, die ein fossiler Sapropelit
ist), sie produzieren also eine Menge brennbarer Gase, was durch
einen Destillationsversuch im Reagenzglas oder Platintiegel mit
durchlochtein Deckel leicht zu beobachten ist.
Zum Schluß ist noch einiges über eine besondere Form des
Sapropels zu sagen, nämlich über sein Vorkommen auf dem
Trockenen als Teppich.
Sapropel-Teppiche, Fig. 18, entstehen auf unseren Wiesen,
Torflagern und feuchten Stellen, besonders nach dem Zurückweichen
vonUberschwemmungswasser, aus den Organismen (besonders Faden-
140
Das Sapropel.
algen) des Wassers, die Zurückbleiben; und zwar können sich diese
Organismen im Überschwemmungswasser erst entwickeln, oder sie
werden von demselben schon mitgebracht. Gelegentlich sind Sa-
propel-Teppiche aucli auf Hoclimooren zu .beobachten (vergl. auch
Früh, 1904, S. 191); in diesen Fällen handelt es sich dann aber
natürlich um die spärlichen Rückstände eines aquatischen Lebens
aus meteorischen Wassern. Ordentlich gesehen habe ich übrigens
Sapropel-Teppiche dort — aber immer nur dünnere Lagen — nur auf
toten Hochmooren. Hierbei meine ich aber nur diejenigen, deren
Oberkante zu hoch liegt, um Überschwemmuugswasser empfangen
zu können; kommen sie periodisch mit diesem in Berührung, so
wird der Charakter als Hochmoor verlöscht, wenu nicht etwa nur
ein minz nahrungsschwaches Wasser in Betracht kommt. Bei dem
geringen Plankton- usw. Leben in den nur wenige mineralische
Nahrung enthaltenden Wässern der Hoclimoore sind eben hier
Sapropel-Teppiche nur eine untergeordnete Erscheinung. Ehren-
berg berichtete: Eine »Papier- und Watte-ähnliclie Substanz« war
im August und September 1736 in Schlesien nach einer großen
Oder-Überschwemmung auf den tiefen Wiesen und Feldern zurück¬
geblieben. Sie bestand wesentlich aus Fadenalgen, Diatomeen
und anderen Algen. Auch sonst ist in der Litteratur wiederholt
auf Sapropel-Teppiche aufmerksam gemacht worden, z. B. von
Kirchner1) und S. Stockmayer2).
Handelt es sich um dünne Lagen, daun bleichen sie an der Luft
ganz aus, bei dickerer Lage aber nur oberflächlich, während die
darunter liegende Partie sich gewöhnlich nicht oder kaum zersetzt,
sich demnach wie ein Sapropel bildendes Material verhält, das von
vornherein gut abgeschlossen wird. Wenn also auch dünnere
Sapropel-Teppiche nur die einfach getrockneten Organismenleichen
sind, so befinden sich dickere von vornherein in dem Zustande,
den auch die Sapropel bildenden Materialien einnehmen; findet eine
nachträgliche Abschließung durch Bedeckung statt, so wird Sa-
9 Kirchner, Algen flora von Schlesien 1878, S. 5.
2) Stock mayer, Die Bildung des Metcorpapiers. (Verhau dl. d. K. K. zool.-
botan. Ges. in Wien. Jahrg. 1893. 43. Bd. Wien 1894, S. 28 — 30t)
Das Sapropel.
141
prokoll aus dem Teppich. Der von Stockmayer beschriebene
Sapropel-Teppich aus dem Inundationsgebiet der Donau bei Wien
bestand wesentlich aus der gewöhnlich marinen öscillariaeee Micro-
coleus chthonoplastes und der Nostocacee Calotlirix parietina. Meist
sind es — das Folgende nach Stockmayer — Confervaceen, wie
Claäopliora fracta, Rhizoclonium riparium und Conferva bombycina ,
die Sapropel-Teppiche bilden, während die Zygnemaceen ( Zygnema ,
Spirogyra und besonders Mougeoiia ) sich leicht schneller zersetzten;
Figur 18.
Sapropelteppich zwischen einem Röhricht in einer Vertiefung
auf einer Salzwiese bei Thießow (Mönchgut) auf Rügen.
(Nach einer Photographie, freundlichst für mich angefertigt
von Herrn Rud. Langenberg in Ilmenau in Thüringen.)
diese bilden dafür gern auf dem Wasser ausgebreitete Algen¬
watten. Algenteppiche bilden sich auch dort, wo ein Boden
sehr naß ist. Der von dem Genannten bei Wien beobachtete
Aigen-Teppich entstand Mitte Februar auf nassem Boden in
6 Tagen als dünne, blaugrüne Haut, die nach weiteren 8 Tagen
dick und mehr lederD geworden war. Am 15. März war die
O o
Haut im ganzen wenig geändert, vielfach von Moos durchwachsen.
142 Das Sapropel.
Ähnliches habe ich an einer nassen Sandfläche der Knrischen
Nehrung beobachtet.
Gegen den Ausdruck Sapropel-Teppich läßt sich einwenden,
daß soeben abgestorbene Organismen noch kein Sapropel seien;
dem ist aber entgegen zu halten, daß eine scharfe Trennung
zwischen dem endgültigen Sapropel-Zustand und dem Zustand des
eben abgestorbenen Materials wegen des sehr allmählichen Über¬
ganges nicht gut durchgeführt werden kann, resp. ein Bedürfnis
für eine genaue Scheidung vor der Hand sich noch ebenso wenig
dringend fühlbar gemacht hat und diese auch ebenso wenig leicht
möglich ist, wie beim Torf. Wie wir hier unreifen, halbreifen und
reifen Torf unterscheiden müssen, so wird man bis anf weiteres,
wo nötig, auch beim Sapropel von unreifem, halbreifem und
reifem Sapropel resp. Saprokoll sprechen. Unreifer Torf,
z. B. aus Sphagnum oder Hypnum , unterscheidet sich in seinen
chemischen Eigenschaften noch kaum von eben abgestorbenem
Moos-Pflanzen material; entsprechend ist es beim Sapropel.
Synonyme zu Sapropel-Teppich sind u. a. : Algenhaut,
Algenpapier, Bl ahm (ein Ausdruck, den ich von den Mönch-
gutern auf Rügen hörte1)), Diatomeenpapier, wenn Diatomeen
in den Sapropel-Teppichen vorherrschen, Fluß haut, Flußpapier,
II aut (im Memel- Delta z. B. sagt man einfach: die von dem Über¬
schwemmungswasser gebildete oder zuriickgelasseue »Haut« erstickt
das Gras), Meteorpapier (Ehrenberg 1841, S. 225 — 227), Oder¬
haut (Oder-Gebiet), Wasserwatte (hörte ich bei Haffstrom, einem
Dorf am Frischen Haff, sagen, womit auch die auf dem Wasser
schwimmenden Algenwatten gemeint sind), Wiesenleder, Wie¬
senpapier, Wiesentuch, papier d’algues der Franzosen,
Ängsgyttja und Pappersgyttj a der Schweden.
l) Geschrieben habe ich das Wort nirgends gefunden. Herr Prof. Dr. Her¬
mann Engelmann in Groß-Lichterfelde teilt mir bezüglich Blahm das Folgende
mit: »Blahm geht ohne Zweifel auf slavische Wurzel plawati schwimmen,
schweben zurück. In den besseren russischen Wörterbüchern findet sich Blalmi
entsprechend: n./iaHiia = plawnja erklärt als »schwebender mit Röhricht bestan¬
dener Boden«. Das Wort hat auf niederdeutschem Boden die erste Lautver¬
schiebung mitgemacht, so daß p zu b geworden ist.«
Termini für Sapropelite.
143
Termini für Sapropelite, besonders für reines
und reineres Sapropel und Saprokolb
Die vielen volkstümlichen Namen, die das Sapropel und das
Saprokoll, sowie die rezenten Sapropel-Gesteine überhaupt nament¬
lich in Norddeutschland erhalten haben, zeigen schon, daß es sich
hier um sehr häufige Bildungen handelt. Daß von diesen Namen
so viele in die Literatur übergegangen sind, aber wissenschaftlich
allgemein angewendete Termini fehlen, erläutert die Unsicherheit,
in der viele Autoren befangen gewesen sind; oft beziehen sich die
Namen auf Besonderheiten dieser Gesteine, die wir teils schon
kennen gelernt haben, teils kennen lernen werden, indem wir diese
Termini in alphabetischer Ordnung vorführen.
Wohlbemerkt: es handelt sich in der folgenden Liste nicht
allein um die reinen und reineren Sapropele und Saprokolle, son¬
dern auch um Sapropelite mit starken Beimengungen besonders
anorganischer Mineralien. Weiteres findet sich dann noch in den
folgenden Kapiteln: Sapropel und Calciumcarbonat, Sapropel und
Siliciumdioxyd, Sapropel und Eisen-Verbindungen und endlich
Sapropel- Erd en.
Adamisclie Erde (terra adamica): »Der Rückstand von ver¬
westen Leichen, der Schlamm von verfaulten Stoffen im
Wasser« (Heyse's Fremdwörterbuch, 13. Aufl., Hannover 1865,
S. 14/15). Nach Nemnichs Allgem. Polyglotten-Lexikon I, 1793,
S. 70 versteht man unter adamitischer Erde auch noch andere
»Erdarten«. Adamisclie Erde soll heißen die Erde, aus der der
erste Mensch geschaffen wurde. (Vergl. hierzu die Ansicht des
Aristoteles: Entstehung von Fröschen etc. aus Schlamm.)
Als Algeiltorf hat namentlich Früh1) solches Saprokoll be¬
zeichnet, das sich durch reichliches Vorhandensein von Algen aus¬
zeichnet, die übrigens meist vorhanden sind. »Es gibt — sagt
Früh — einen eigentlichen Algentorf, gebildet aus niederen, eine
Gallerthülle absonderuden Formen. Das ist der einzige gallert¬
artige und — nach dem Trocknen — mit Wasser wieder die
*) Früh, Torf und Dopplerit 1883, S. 24 und vorher und 1885, S. 710,711.
144
Termini für Sapropelite.
frühere Beschaffenheit annehmende Torf'1).« In der Tat nimmt
ein vorher lufttrocken, also hart gewordenes Saprokoll, das hin¬
reichend viele Gallertalgen enthält, wie wir schon sagten, in Wasser
getan wieder etwas gallertige Konsistenz an, indem er jedenfalls
so weich wird, daß er sich wie Hartkäse schneiden läßt.
Es ist bemerkenswert, daß Algen-Gallerte unter Luftabschluß
so lange ihre Eigenschaften, insbesondere die hervorragende Quell¬
barkeit, bewahrt. Die oft treffliche Erhaltung der Algen auch in
recht alten Sapropeliten ist recht auffällig, wenn man bedenkt, daß
* abgestorbene Algen sonst in reines Wasser gebracht, schnell, durch
viele Bakterien angegriffen, vollständig zugrunde gehen2). Diese
Tatsache — auch in älteren und alten Torfen finden sich schön
erhaltene Algen — weist darauf hin, daß im Sapropel bei der
dichten Lagerung der sich zersetzenden Stoffe der bakterienfreie
Zersetzungsprozeß (die Selbstzersetzung) die Hauptrolle spielt. Es
braucht kaum besonders hervorgehoben zu werden, daß die Be¬
zeichnung des Gesteins als »Torf« nach unseren jetzigen Be¬
griffsbestimmungen unzulässig ist; wollen wir das Material beson¬
ders benennen, so muß es Algen -Saprokoll heißen.
Amorpher Torf (dänisch amorf Törv) heißt das Saprokoll
bei Vaupell3), und in der Tat sieht Saprokoll makroskopisch
betrachtet amorph aus, als wenn es aus einer ganz homogenen
Masse bestände; diesbezüglich erinnert es gauz an manche Matt¬
kohlen (Sapanthrakone) des Kaeno-, Meso- und des Paläozoikums.
Baggertorf ist zwar ein Ausdruck, der sich 'nur auf die Me¬
thode der Gewinnung bezieht, da aber gerade rezenter Faulschlamm
meist gebaggert oder gedretscht werden muß, ist es besonders oft
dieser, der unter dem Namen Baggertorf geht (Senft, Die Humus*
etc. Bildungen 1862, S. 129). Er wird, wie viele echte Torfe, um
ihn zu verbrennen, geknetet und gepreßt, daher auch er Streich -
torf heißt. In Schonen heißt er Klapptorf ( Klappe rtorf).
>) 1. c. 1883, S. 40.
2) Früh, 1. c. 1883, S. 40.
s) Vaupell, De nordsjaellandske Skovmoser, Kopenhagen 1851, S. 1(J — 18,
nach Fischer -Benzon, 1891, S. 39.
Termini für Sapropelite.
145
Senft fügt bei der Besprechung dieser »Torfe« hinzu: »Wird in
der Neuzeit am meisten zur Bereitung von Paraffin verwendet«,
was schon darauf hinweist, daß unter diesem Namen vielfach
Sapropel gemeint ist.
Blättertorf findet man hier und da Saprokoll oder Dopplerit-
Saprokoll genannt, wenn diese lufttrocken auffällig aufblättern.
Der Ausdruck ist sehr schlecht, da man auch Laubblatt-Ansamm¬
lungen, die vertorft sind, Blättertorf nennt.
Braune Leber wird das Saprokoll (die meisten Namen be¬
ziehen sich ja auf den subfossilen oder, wenn mau lieber will,
fossilen Zustand des Gesteins) in der Provinz Schleswig- Holstein
genannt1) wegen des oft mehr oder minder leberfarbenen Aus¬
sehens.
Brennbare Leber = Lebertorf.
Chitin- Gytt ja oder -Gytje ist ein Chitin -Sapropel oder Sapro-
pelit. Der Ausdruck wird benutzt, wenn man einen hervorragen¬
den Chitingehalt besonders hervorheben will (vergl. z. B. Wesen¬
berg-Lund, 1901).
Conferventorf : Saprokoll mit vielen Conferven oder fast ganz
aus ihnen bestehend.
Cyanopliyceen- Gytje (Wesenberg -Lund 1901). Sapropelit
mit vielen Cyanophyceen.
Daulebm ist eine westfälische Bezeichnung für Saprokoll2),
wegen der oft lehmgelblich-grauen Farbe.
o ö O
Dopplerit-Saprokoll und Dopplerit-Sapropel. Die letztgenannte
Bezeichnung wurde von mir zuerst gebraucht in »Zur Frage nach
den Ur- Materialien der Petrolea, 1905, S. 354, die erstgenannte
in Klass. und Term, der rezenten brennbaren Biolithe« 1906, S. 26.
Diese Gesteine bestehen aus Sapropel mit reichlichem Humussäure-
Zusatz, auch Schwemmtorf und Schlämmtorf, letzterer herstammend
von dem am Ufer vorhandenen Torf, ersterer entstanden aus der
!) Nach L. Meyn, Amtlicher Bericht über die XI. Versammlung deutscher
Land- und Forstwirte zu Kiel. Altona 1848, S. 586.
2) C. A. Weber, Vegetation zweier Moore bei Sassenberg in Westfalen.
1897, S. 315.
Neue Folge. Heft 55.
10
146
Termini für Sapropelite.
Anschwemmung von höheren Wasser- und Sumpf-Pflanzen-Teilen.
Dopplerit-Sapropel frißt daher z. B. Eisen-Blechbüchsen durch, in
denen das Material frisch aufbewahrt wird, was reines Sapropel
nicht tut. In Zweifelsfällen leicht von letzterem durch die sehr
starke Bräunung der Flüssigkeit nach Behandlung mit Ammoniak
zu erkennen. Dopplerit-Sapropel oder — wenn die Sapropel-
Bestandteile zurücktreten und die anderen Bestandteile überwiegen
— Sapropel-Torfe geben gern den Boden für die Entwicklung von
Röhricht-Beständen ab, so daß in Profilen dann darauf folgt Röh¬
richt-Torf. — Es sei rekapituliert: Die hier erwähnten Gesteine
enthalten neben Sapropel-Bestandteilen auch Torf-Bestandteile; sie
gehören also zu den Torf-Sa propelen resp. bei vorwiegendem
Torf Sapropel-Torfen. — Vergl. auch unter Dy.
Dy (schwedisch) heißt einfach Schlamm und wurde namentlich
von v. Post in die Literatur eingeführt; es ist wesentlich Dopp¬
lerit-Sapropel, also entstanden wesentlich durch eine Vermischung
von Sapropel mit Humussäuren, die aus einem in der Nähe oder
aus einem darüber befindlichen Sumpftorf stammen können. Da
niedergeschlagene Humussäuren, die ein fest- gallertiges, dunkel¬
braun-schwarzes Gestein liefern, als Mineral den Namen Dopp-
lerit führen, kann das Gestein daher bequem als Dopplerit-
Sapropel bezeichnet werden oder, wenn es feste Gallertkonsistenz
gewonnen hat, als Dopplerit-Saprokoll. Häufig sind dem
Gestein Driftbestandteile beigemengt, und zwar Schlämmtorf- oder
Schwemmtorf bestandteile, d.h. transportierte Torfteilchen oder Reste
von Bäumen, Sträuchern usw. oder von höheren Wasserpflanzen.
Da die eingeschwemmten Bestandteile besonders an den Ufern
eingelagert sind, so unterscheidet man auch einen Uferdy (v. Post,
schwedisch Stranddy) von dem reineren Dy, der so nur in etwas
tieferem und offenem Wasser vorkommt, dem Seedy (v. Post,
schwedisch Sjödy). Nicht nur Wässer mit Ufern aus Torf wer¬
den aus dem Torf Humussäuren aufnehmen, die sich dann am
Grunde niederschlagen und hier mit dem Faulschlammgestein resp.
reinen Faulschlamm vermischen, sondern auch dort, wo reichlich
höhere Schwimmpflanzen (Stratiotes, Potamogeton , Nymphaeaceeu,
Termini für Sapropelite.
147
Polygonum amphibium , Myriophyllum , Batrachium usw.) vorhanden
sind, die daher v. Post besonders Dy -bildend nennt, ist Veran¬
lassung gegeben zur Entstehung von Humussäure und damit von
Dy. Dementsprechend sind die etwa bis nur 5 m tiefen Sapropel
bildenden Gewässer besonders geeignet zur Dy-Bildung, weil ge¬
rade diese (vergl. vorn, S. 97) den höheren Wasserpflanzen geeig¬
netste Bedingungen bieten, insbesondere wird das unmittelbar unter
dem die Verlandung einleitenden Sumpftorf befindliche Sapropel
mit Humussäure versetzt sein können; man findet denn auch nicht
selten das Profil:
Sumpftorf
Dopplerit-Sapropel resp. -Saprokoll
Sapropel resp. Saprokoll.
Ist genügend Eisen und Kalk vorhanden, so wird es sich in
den doppleritischen Beimengungen um Kalk- oder Eisen-Humate
handeln. Ist das Material nicht mehr schlammig, befindet es sich also
im subfossilen Zustande, so sprechen die Autoren von Torfdy oder
Dytorf. Diese Ausdrücke sind aus zwei Gründen zu verwerfen:
1. Handelt es sich nicht um Torf, nur gewisse Bestandteile des
Materials sind Torf in dem engeren, allein annehmbaren Sinne,
und 2. ist »Dy« bei seiner bloßen Bedeutung »Schlamm« nur eine
Zustandsbezeichnung.
Dygyttja ist ein besonders viele mineralische (anorganische)
Bestandteile wie Sand und dergl. enthaltender Dy.
Dytorf siehe Dy.
Eisen - Sapropelit siehe Kapitel »Sapropel und Eisenverbin¬
dungen«.
Faulgallerte = deutsche Bezeichnung für Saprokoll, wie sie
von der Königl. Preuß. Geolog. Landesanstalt neben Saprokoll ge¬
wünscht wurde.
Den Ausdruck Faulschlamm für das Sapropel habe ich zu¬
erst in der Notiz »Eine rezente organogene Schlammbildung des
Cannelkohlen-Typus« 1904, S. 406, gebraucht. — Faultorf nannte
ich, ohne eine Definition gegeben zu haben (im Programm der
10*
148 Termini für Sapropelite.
Königl. Bergakademie zu Berlin für 1903/1904, S. 50), ursprüng¬
lich Saprokoll. — Die Bezeichnung »Fauler See«, die öfter wie¬
derkehrt, so für einen bereits vollständig verlandeten, also früheren
See bei Ziesar in der Provinz Sachsen, ferner für Seen südöstlich
Spandau und bei Lychen in der Provinz Brandenburg, einem See
südlich des Stettiner Haffs in Pommern, einem anderen bei Gran¬
see, einem weiteren bei Königl. Rehwalde, NO. Briesen usw., be¬
zieht sich vielleicht zuweilen auf ihren Gehalt an Sapropeliten resp.
au Sapropel bildenden Organismen in warmen Sommerzeiten; jeden¬
falls sind die genannten und andere »Faule Seen« mehr oder minder
mit Sapropelit erfüllte und vertorfte noch offene oder bereits er¬
loschene Wasserstellen. In anderen Fällen — wie in dem Alt¬
wasser »Faule Spree« östlich Spandau — bezieht sich der Name
wohl nur auf das Auf hören der fließenden Bewegung des betreffenden
Wassers, wodurch dann allerdings solche abgeschnittenen Flußteile
ebenfalls leicht zu vertorfenden Sapropelit- Gewässern werden. —
Im übrigen siehe Sapropel. — (»Fauls chie fer« hat mit dem
Sapropelgehalt eines Schiefers nichts zu tun; so heißt nämlich ein
bröckeliger, daher leicht wasserdurchlässiger und infolgedessen für
die Forstkultur schlechter, trockener Boden bei den Forstleuten im
nördlichen Sauerlande.)
Der Fetttorf G. Andersson's 2) ist wohl zum Teil wenigstens
Saprokoll.
Flieh storf wird nach einer mir gemachten mündlichen Mittei¬
lung des Herrn Professors Conwentz in Westpreußen volkstüm¬
lich für Saprokoll gebraucht resp. für einen stark saprokollhaltigen
Sapropelit. (Bei seiner Farbe wird hier und da — z. B. in der
Gegend von Triangel in der Lüneburger Heide — auch der unreife
Sphagnetum-Torf Fuchstorf genannt.)
Gein, wie es Senft (1862, S. 23) beschreibt, ist Dopplerit-
Sapropel.
Grüner Torf ist z. B. die Bezeichnung für das Saprokoll, das
den am Rande des Schwarzen Sees bei Liebemühl bei Osterode
in Westpreußen vorhandenen Moortorf unterlagert.
9 Andersson, Studier öfver Finlands Torfmossar. Bull. Com. geologique
de Finlande. Helsingfors 1898, p. 33.
Termini für Sapropelite.
149
Gyttja (auch Gytja geschrieben) ist eine schwedische Bezeich¬
nung für Schlamm (dänisch Gy tje). H. v. Post1) hat Sapropelit als
Gyttja beschrieben, und dieser Ausdruck ist seitdem auch bei uns
sehr gebräuchlich geworden. Der genannte Autor bezeichnet die
Farbe als grau oder graulich bis hellbraun. Nach ihm wäre die
Hauptmasse der Gyttja Kot von Wassertieren. Wie wir, so haben
auch die Schweden noch eine Reihe von weiteren Namen für
die Sapropelite, so Bundmög, Fede, Fedtmög2); immer
handelt es sich entweder um Synonyme oder um mehr oder
minder voneinander abweichende Variationen in der Zusammen¬
setzung und Beschaffenheit der Faulschlamm-Bildungen. Wie
wir sehen, ist es der vorwiegend zoogene Schlamm, den v. Post
im Sinne hat, und manche Autoren sind ihm genau seiner De¬
finition gemäß gefolgt und haben nur diesen als Gyttja be¬
zeichnet, so Nathorst3) und z. B. auch Diederighs4), der stets
Gyttja von Lebertorf (s. hierhinter) unterscheidet. Die Mehr¬
zahl der Autoren versteht aber jetzt unter Gyttja jeden Sapro¬
pelit mit keinen, wenig, meist aber vielen anorganischen Drift¬
bestandteilen. Auch dann, wenn diese Begriffserweiterung nicht
stattgefunden hätte, würde doch der Terminus Gyttja — dann
aber allgemein für Sapropelit, nicht aber speziell nur für Sapropel
— hier auszumerzen sein, da er in der Volkssprache, wie gesagt,
weiter nichts als Schlamm bedeutet. Es ist aber noch weiter zu
bemerken, daß manche schwedischen Autoren — gemäß der letzt¬
erwähnten Bedeutung — u. a. Diatomeenpelit auch zu den Gytjen
rechnen und die zoogene, wesentlich aus Molluskenschalen gebildete
Seekreide als Snäck gy ttja (dän. Snäckgytje) bezeichnen usw.
Übrigens enthält die von Post als Beispiel analysierte Gyttjaprobe
56,79 pCt. Sand und Ton, und dementsprechend ist es immer mehr
1) Ramann, Die v. Post’ sehen Arbeiten über Schlamm, Moor, Torf und Hu¬
mus (Thiel’s Landw. Jahrbücher, Berlin 1888).
2) Post- Ramann, 1. c. 1888, S. 410.
3) Nathorst, Über den gegenwärtigen Standpunkt unserer Kenntnis von dem
Vorkommen fossiler Glazialpflanzen. Stockholm 1892.
4) Dikderichs, Über die fossile Flora der mecklenburgischen Torfmoore,
Güstrow 1894, S. 10 u. a.
150
Termini für Sapropelite.
Gewohnheit geworden, die mit vielen anorganischen Mineralteilen
versetzten Sapropelgesteiue Gytjen zu nennen, so daß man oft in
Profilen »Gyttja« und »Lebertorf« angegeben findet, letzterer dann
als reineres oder reines Saprokoll oder Doppleritsaprokoll unter¬
schieden. Eine treffliche Illustration zu dem heutigen allgemeinen
Gebrauch des Wortes Gyttja gibt die Definition dieses Terminus
bei C. WESENBERG-Lund 1). Er schreibt: »I only apply the term
to those particular mudformations of coprogen nature, which occur
at the bottom of pure, limpid waters and which commonly contain
• a considerable amount of clay and lime (20, 30pÜt.), and only a
slight amount of indigested material.« Ja, er fügt ausdrücklich noch
hinzu: die »pond-gytje« (= T e i chg y tj e) »must be excluded«;
hiermit meint Verfasser offenbar in diesem Falle reines Sapropel resp.
Saprokoll. Noch weiter geht Ramann2). Er sagt: »Der Gehalt an
organischen Stoffen ist in der Gytje gering bis mäßig und über¬
steigt selten 25 pCt.« Das würde danach heißen, die Verwirrung in
der Terminologie unseres Gegenstandes weiter unterstützen, wenn
man den Terminus Gytje für Sapropel benutzen wollte. Nach
dem heutigen gewöhnlichen Gebrauch des Wortes Gytje enthält
diese Sapropel, wie Meerwasser Salz enthält, deshalb ist aber das
Meerwasser kein Salz und die Gytje kein Sapropel. Daß Ra¬
mann3) Gytje und Sapropel für Synonym hält, zeigt, daß er meine
vorausgehenden Äußerungen zum Gegenstände leider gar nicht
oder nicht hinreichend berücksichtigt hat; als Beweis dafür ist zu
erwähnen, daß er hinzufügt, die Bezeichnung Sapropel sei »sehr
unglücklich gewählt, da in ausgesprochenen Gytjeablagerungen
Fäulnisvorgänge so sehr zurücktreten, daß auch leicht zersetzliche
Körper wie Chlorophyll sehr lange erhalten bleiben«. Diese Eigen¬
schaft der Sapropelite hatte ich gerade selbst vor der Veröffent¬
lichung Ramanns im Anschluß an Früh besonders betont als
1) Wesenberg, Summary of studies upon lake-lime etc. in danish lakes. Copen-
hagen 1901, S. 161.
2) Ramann, Einteilung und Benennung der Schlammablagerungen (Deutsch.
Geol. Ges., Monatsber.) 1906, S. 180.
»
3) Ramann, Vorschläge für Einteilung und Benennung der Humusstoffe.
(Zeitschr. für Forst- und Jagdwesen) 1906, S. 637, Anm.
Termini für Sapropelite.
151
charakteristisch für die »Fäulnisprozesse« der in Rede stehenden
Gesteine. Ramann aber definiert stillschweigend offenbar den Be¬
griff Fänlnisprozeß ganz anders als ich ihn ausdrücklich vorher
für meine Zwecke im Anschluß an Liebig angenommen und ein¬
gehend auseinandergesetzt hatte. Nun kommt aber drittens noch
hinzu, daß Ramann in den beiden oben zitierten Schriften (es
kann sich also nicht gut um ein Versehen oder Druckfehler han¬
deln) von den »Gytjestoffen« (das ist also nach Ramann = Sa-
propel) sagt, sie seien »meist feinfaserige Körper«. Nun ist aber
Sapropel alles andere eher als faserig: im Gegenteil gerade die
auch von Früh1) mit Recht betonte amorphe Beschaffenheit ist
charakteristisch, und gerade dieses dem echten, eigentlichen Torf
gegenüber so auffallende Merkmal hat ja dem Sapropel resp. Sa-
prokoll den Namen »amorpher Torf« (vergl. vorn S. 144) einge¬
tragen. Daher ist ja auch Saprokoll von einigen Autoren (z. B.
Kossmann) mit Dopplerit verwechselt worden oder mit Dopplerit
verglichen worden (vergl. hinten unter »Phytocollit«). Ramann ist
in seiner Synonymsetzung von Sapropel und Gytje von C. Wesen-
BERG-Lund beeinflußt worden, der2) zunächst ebenfalls auf dem¬
selben Standpunkt steht, so daß der Verdacht gerechtfertigt ist,
daß auch dieser auf dem Gebiet sonst so bewanderte Autor wirk¬
liches Sapropel gar nicht kennt3). So kommt es denn, daß
Wesenberg (Prometheus 1905, S. 561 ff.) auch die wenig Sa¬
propel enthaltenden Schlicke als Gytjen bezeichnet, z. B. als »ma¬
rine Strand gytje « , die aber von reinem Sapropel ganz und gar
verschieden sind. Andererseits wurde auch Sapropel noch als
Gytje von den Skandinaviern bezeichnet, wie z. B. von E. J. Miche-
let4), der eine »Badegytje« vom norwegischen Badeort Modum
9 Früh, Moore der Schweiz 1904, S. 210, und in früheren Veröffentlichungen.
2) WESENBERG-Lund, Über Süßwasserplankton (Prometheus 1906), S. 803.
3) Ich habe aber Herrn Prof. Ramann auf seinen Wunsch nach der Ver¬
öffentlichung seiner beiden obigen Schriften eine größere Probe von echtem Sa¬
propel gesandt, so daß nun hoffentlich die wünschenswerte Einigung erzielt
werden wird.
4) Michelet, Archiv for Mathematik og Naturvidenskap, Bd. 27, Kristiania
1906.
152
Termini für Sapropelite.
angibt mit nur 4,44 pCt. »Asche«. Es ist ein ganz unhaltbarer Zu¬
stand, so verschiedene Dinge als Gytje zu bezeichnen, ohne wei¬
tere terminologische Klassifizierung. Was ist z. B. in dem von
Andersson (1893, S. 55) angegebenen Profil:
Strandgrus, ^
Torf,
Gyttja,
Torf,
Gyttja,
Mergel
das, was in demselben als »Gyttja« bezeichnet wird? Ist es Sa-
prokoll oder Dopplerit-Saprokoll oder ein wesentlich mit anorga¬
nischem Sediment (Sand, Ton) vermischter Sapropelit oder Kalk-
Saprokoll usw. ? Kurz, die Angabe Gyttja genügt auch dann
nicht, wenn wir deu Ausdruck nicht ganz allgemein als Schlamm
verstehen, sondern so, wie er jetzt üblicherweise in der Literatur
gebraucht wird. Wenn man nach diesem Üblichen geht, hätte
ich den Terminus Gyttja bei Sapropelerden abhandeln müssen; da er
jedoch, wie wir sahen, auch für reines Sapropel benutzt wird, ist er
schon hier vorgeführt worden, um so mehr, als es gut ist, über diesen
vielverwendeten Namen von vornherein orientiert zu sein. Es sei
deshalb auch gleich hier erwähnt, daß die » Gyttj a « -Arten nach
dem Ort ihrer Entstehung von den Schweden (s. besonders Ham-
pus von Post) unterschieden werden in Sj ögyt tj a (See schlämm),
Strandgyttja(Uferschlamm),Damgyttja (Teichschlamm),
Flodgyttja (Flußschlamm), Källgyttja (Quellschlamm)
u. a. Dem Sötvatten sgy ttj a (Süßwasserschlamm) setzen
die Schweden die Hafsgyttja oder Salvattensgyttja (Meer¬
schlamm oder Salzwasserschlamm) entgegen (Sveriges geol.
Undersökning 1902). Usw.
Abgesehen von den angegebenen Gründen, die unvermeidlich
dazu drängen, den Ausdruck Gyttja für etwas anderes außer
Schlamm in der volkstümlichen Bedeutung abzulehnen, ist noch
Termini für Sapropelite.
153
hervorzuheben, daß die Geologen und Bergleute, die nun genötigt
sind, die rezenten Gesteine mit den fossilen zu vergleichen, mit
dem Ausdruck Gyttja nichts anfangen können: die Unterschiede der
fossilen »Gytjen« sind ebenso wie die der rezenten zu große, als
daß nicht das Bedürfnis vorhanden wäre, enger zu klassifizieren,
z. B. in Cannelkohle, bituminöse Tone oder Tonschiefer (Sapro-
pelittone), bituminöse Kalke (Sapropelitkalke) usw.
Infraaquatisclier Torf, s. in Bd. II die Liste der Ausdrücke
für Flachmoorbildungen.
Kalkgyttja oder -gytje s. im Kapitel »Sapropel und Calcium¬
carbonat«.
KalkfaulscMamm oder -sapropel resp. Kalkfaulgallerte oder
-saprokoll etc. (wie vorher).
Klapptorf s. Baggertorf.
Der Klibberigte Darg Eiselen’s 1802, S. 30 ist zum Teil Sa¬
prokoll resp. Doppleritsaprokoll.
Leber s. Lebertorf.
Lebermudde sagt C. A. Weber neuerdings (20. Oktober 1905,
S. 1651) für Lebertorf, woraus man schließen möchte, daß auch
er nunmehr anerkennt, daß es unzweckmäßig ist, Sapropelite als
»Torfe« zu bezeichnen, was mich ja eben nach mehrjähriger
Überlegung veranlaßt hatte, schon lange vorher für das in Rede
stehende Material im Schlammzustand (Sapropel, Faulschlamm) und
für das subfossile, festgallertige Material Saprokoll (Faulgallerte)
einzuführen. Vergl. hierzu auch unter »Gyttja«, ein Ausdruck,
den Ramann an Stelle von Faulschlamm wünscht, ferner unter
Leberschlamm (hierhinter) und »schwarzer Schlamm« (unter Sapro¬
pel und Eisenverbindungen), den Stahl irrtümlich für Sapropel
nimmt, und endlich unter »limnischer Torf«, wie Früh für Sapropel
sagen möchte. Weber gebraucht den Ausdruck Lebermudde sowohl
für Sapropel wie Saprokoll, wesentlich für letzteres, wie überhaupt
zwischen Sapropel und Saprokoll nicht unterschieden worden ist.
Es muß aber unterschieden werden das Material im Schlamm¬
zustand (Sapropel), gallertig (Saprokoll) und fest (wie Saprodil
= reines Dysodil und Sapanthrakon = reine Cannelkohle).
154
Termini für Sapropelite.
Sonst wäre Cannelkohle auch Lebermudde. Es ist bei den Autoren
der Mangel zu verspüren, daß sie die korrespondierenden fossilen
Kaustobiolithe nicht kennen resp. übersehen, ihre Nomenklatur
also zu beschränkt ist, keine Rücksicht nimmt auf das, was aus
den rezenten Gesteinen schließlich wird, und inwieweit die
fossilen eine terminologische Scheidung verlangen, die auf die
rezenten Kaustobiolithe klärend zurückwirkt. Es muß eben nach
Möglichkeit Alles berücksichtigt werden. In einer Darstellung
der Genesis der fossilen Kaustobiolithe mit Rücksicht also auf
* die rezenten, die ich seit Jahren unter der Feder habe, wird das
klarer hervortreten als in der vorliegenden Zusammenstellung, die
nur ganz gelegentlich einmal auf die Fossilien eingeht.
Leberschlamm ist ein neu auftretender Terminus und zwar
bei E. Ramann1) als Synonym zu Lebertorf (s. dort). Der
Lebertorf ist aber Saprokoll oder doch ein saprokollähnlicher
Sapropelit, aber kein Schlamm; ebensowenig wie der jurassische
Posidonomyen-Schiefer ein Schlamm ist: dieser Sapropelit ist ein
Schlamm gewesen, ebenso wie der Lebertorf, d. h. wie Saprokoll
resp. Dopplerit-Saprokoll. Über den Ausdruck Leberschlamm
wäre sonst dasselbe zu sagen wie vorher über Lebermudde.
Auch Ramann hat nun wohl infolge der Aufstellung meiner
Termini Sapropel, Saprokoll und dergl. die Empfindung gehabt,
daß die Bezeichnung Lebertorf besser zu vermeiden ist und sagt
nun Leber sch lamm. Es ist bedauerlich, daß die Synonymie nun
gleich wieder so belastet worden ist.
Lebertorf ist eine Volksbezeichnung, die in der Literatur
schon bei Eiselen 1802 vorkommt2). Seit R. Caspary's Be¬
schreibung des Materials aus dem Liegenden des Torflagers von
Purpesseln bei Gumbinnen3) ist der Ausdruck in der Literatur
häufiger geworden. Er beschreibt das von ihm so bezeichnete
*) Ramann, Einleitung und Benennung der Schlammablagerungen (D. Geol.
Ges., Monatsber. 1906) S. 183.
2) Eiselen, Handbuch zur näheren Kenntnis des Torfwesens, 1802, S. 29.
3) Caspary, Lebertorf von Purpesseln. (Schriften der Königl. physikalisch¬
ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg. 11. Jahrgang 1870. Königsberg 1871,
Sitzungsbericht S. 22—24.)
Termini für Sapropelite.
155
Saprokoll makroskopisch als grünbraun, dick und gleichartig, sehr
elastisch1), mit grobmuscheligem Bruch. Beim Eintrocknen wird
es blättrig (ist also dann schon vorher durch den Druck der
hangenden Massen geschiefert worden) oder es bleibt gleichmäßig
dicht und wird grauschwarz. Unter dem Mikroskop bemerkt man
— wie das für Sapropel-Gesteine typisch, ist — Wassertierreste
(Crustaceen- Hautstücke), Pollen (von Pinus silvestris ), Algen (Cos-
marium) usw. Der Lebertorf hat — wie überhaupt die in Rede
stehenden Bildungen — »ganz vorzügliche Heizkraft und hinterläßt
wenig Asche«. Lebertorf ist demnach in diesem Falle subfossiler,
nicht mehr schlammiger, sondern bereits fester (fest-gallertig) gewor¬
dener Faulschlamm : eben typisches Saprokoll. Ich habe die klas¬
sische Fundstelle bei Purpesseln besucht. In seinen oberen Partieen
enthält das dortige Saprokoll — die Arbeiter nannten das Material
einfach Leber — viele Rhizome und Wurzeln als Anzeichen
dafür, daß die oberste Schicht der Boden der Vegetation war, die
die jetzt vollständig vollzogene Verlandung besorgt hat. Der
Lebertorf von Purpesseln enthält Humussäuren, die ihm aus den
vertorfenden Verlandern beigemengt wurden; es handelt sich also
streng genommen, insbesondere in den oberen Partieen, um ein
Dopplerit-Saprokoll. Überhaupt geht unter Lebertorf zweierlei:
das reinere Saprokoll und Dopplerit-Saprokoll. Der Terminus
Lebertorf ist überdies auch deshalb unhaltbar, weil »Torf« zweck¬
mäßig für Humusgesteine zu reservieren ist.
Als Limnischen Torf bezeichnet Früh (Moore der Schweiz
1904, S. 188 und 203) das Sapropel und Saprokoll, aber auch
Schwemm- und Schlämmtorf ist natürlich dem Sinne nach »limni-
scher Torf«. Der Ausdruck ist also nur z. T. ein Synonym zu
Sapropel resp. Saprokoll, die überdies keine »Torfe« sind.
Meergeil heißt das Saprokoll oder Dopplerit-Saprokoll nach
Fleischer2) im Wesergebiet.
!) Ramann sagt, der Lebertorf sei »knetbar und elastisch«: das sind inso¬
fern Widersprüche, als ein Stoff innerhalb seiner Elastizitätsgrenze nicht knetbar
sein kann.
j- 2) Fleischer, in Yogler’s Grundlehren der Kulturtechnik. I, 1903, S. 95.
156
Termini für Sapropelite.
Meer-Lebertorf nennt C. A. Weber (Über Litorina- und
Prälitorinabildungen der Kieler Föhrde 1904, S. 4 und 23) marines
Saprokoll. Das von dem Autor beschriebene Material aus der
Kieler Föhrde ist lehmgelb »ohne Spur von Schichtung«. Beim
Trocknen dunkelte die Masse stark und wurde endlich schwarz¬
grau; sie wurde dabei »hornartig und nahm ein scherbig-blättriges
Gefüge« an. Die getrocknete Masse, in destilliertes oder Salz¬
wasser getan, erweichte, gewann aber weder den ursprünglichen
Rauminhalt, noch die ursprüngliche Konsistenz, noch nahm es
• die frühere Farbe wieder an. Durch die noch figuriert erhaltenen
Konstituenten ergibt sich dieses Saprokoll als im Salzwasser ent¬
standen.
Ich selbst habe eine Probe von Saprokoll-Kalk aus einer
Bohrung nördlich Ellerbeck (Bohrung 57 im Kieler Hafen) unter¬
suchen können. Das Profil war
4. 0— -9,8 m Schlick mit Meeres-Conchylien.
3. 9,8—11 » Moortorf.
2. 11 — 12,1 » Saprokoll-Kalk.
1. 12,1 — 13,2 » Kiesiger Sand.
Eine Probe der Schicht 2. enthielt an organischen Resten
u. a. viele Diatomeen, und zwar sowohl marine wie Süßwasser¬
arten, Desmidiaceen, Spongillen-Nadeln, einige Moosblätter (wie
Sphagnum ), Pollen von Ainus.
Das Wort Mod.de gebraucht u. a. Reinke (1903, S. 372 und
380) für den organischen Detritus im Meere; er schreibt mir, daß
dies wohl das hochdeutsche Wort des plattdeutschen Mudd oder
Mäd sei. Bei Kiel »sagen die Leute zum Meeresschlamm
Mudd«. In Ostpreußen (z. B. von Fischern des Ilgen-Sees unweit
Liebemühl) hörte ich für schlammige Sapropelite Modd oder
Mott sagen. Siehe auch unter Mudde S. 159. Es war mir vor¬
geschlagen worden, für Faulschlamm das englische Wort für Modde
= Schlamm, uämlich »mud« zu benutzen; allein Herr Professor
E. Philippi schreibt mir hierzu das Folgende, aus dem erhellt,
daß mit dieser Bezeichnung etwas ganz anderes gemeint ist.
»Murray und Renard (Deep Sea Deposits, Challenger Report)
Termini für Sapropelite. 157
verstehen unter »Mud« die terrigenen, schlammigen Absätze der
Tiefsee, d. h. diejenigen Tiefseeablagerungen, welche ihr Material
größtenteils vom Lande beziehen. Sie unterscheiden einen blauen,
roten, grünen, vulkanischen und Korallen-»Mud«. Der Gehalt
an organischer Substanz ist in allen »Muds« nach den vorliegenden
Analysen gering, aber beträchtlicher als in den landfernen Tiefsee¬
ablagerungen. Man übersetzt »Mud« wohl am besten mit Schlick,
da sich die Zusammensetzung, besonders die des am meisten ver¬
breiteten blauen »Muds«, der des Schlicks unserer Wattenmeere
nähert.« — Herr Lehrer Müller in Schmalkalden teilt mir noch
freundlichst mit, daß das Wort Mud auch in der deutschen
Sprache vorkommt und zwar im Nassauischen der Umgegend von
Frankfurt für den feinen Bodensatz, der sich in der Kaffeetasse
bildet, wenn der Kaffee durch ein nicht genügend feines Sieb
gegossen worden ist. — Vergl. auch Mudde.
Das Wort Modder kommt schon bei J. H. Degner (1760,
S. 31) vor. Außer dem Folgenden vergl. über Modder auch das
bei den Synonymen im Kapitel Sapropel und Calciumcarbonat
Gesagte. — Modder nennen besonders die Bewohner der Provinz
Brandenburg jeden Schlamm, wie den schmutzigen Schlamm der
Spree und dergl., und daher ist auch der reine Faulschlamm
»Modder«. Dementsprechend nennt z. B. Joh. Frenzel1) einen
schwarzen Sapropelit des Müggelsees bei Berlin Modder, und der
Kleine und der Große Modder -See bei Köris bei Halbe haben
ihre Namen von einer Sapropel-Erde (einem Sapropel-Sand), die
diese Wässer stark erfüllt. Ich kann es mir nicht versagen, die
Worte Theodor Fontane’s hierherzusetzen, die sich (an der schon
S. 134 zitierten Stelle) auf eine Befahrung dieser Seen beziehen.
»Das Wasser in diesen Becken — sagt er — stand nur etwa
fußhoch über einem aus gelbgrünen Pflanzenstoffen bestehenden
Untergrund, der so weich war, wie ein mit Hilfe von Reagentien
eben gefällter Niederschlag. Unser Schiff durchscknitt diese reiz¬
losen, aber für die Wissenschaft der Torf- und Moorbildungen
*) Frenzel, Die Diatomeen und ihr Schicksal. Naturw. Wochenschrift
vom 4. IV. 1897, S. 160 Anm.
158
Termini für Sapropelite.
vielleicht nicht unwichtigen Wassertümpel) die vor uns, un-
aufgerüttelt, in smaragdner Klarheit, hinter uns in graugelber
Trübe, wie ein Quirlbrei von Lehm und Humus lagen«.
Moor werden oft organische Teile enthaltende Schlamme
genannt, so also auch Sapropelite, unter diesen gelegentlich sogar
der Faulkalk. Wie Meer ein Gelände mit Wasser ist, so ist
Moor (Meer und Moor hängen übrigens etymologisch zusammen)
ein Gelände mit Humus und zwar mit Torf. Wie ein Meerbad,
ein Seebad, ein Bad im Meere ist, so wäre ein Moorbad ein Bad
* in einem Moor. Die Mediziner sagen für Moortorf etc. freilich
abgekürzt oder in übertragenem Sinne einfach Moor und dem-
entsprechend Moorbad für ein Bad in Torf oder in gewissen
Schlammen; dieser Gebrauch wird auch kaum zu beseitigen sein.
Für rein wissenschaftliche Dinge ist aber die genaue logische
Scheidung einerseits von Moor als Gelände und andererseits von
Torf usw. als Gestein streng zu handhaben. — Die »Moorlake«
bei Potsdam (eine Bucht der Havel) führt gewiß ihren Namen
von ihrer Bodenbeschaffenheit; wir finden dort einen Schlämmtorf-
Bestandteile enthaltenden Sapropelit.
Moorboden ist die Übersetzung, die Ramann 1888, S. 411
für Dy gebraucht hat. Es braucht kaum gesagt zu werden, daß
heute das Wort Moorboden nicht mehr für ein Gestein benutzt
werden darf, ebensowenig wie etwa Sandboden.
Moorschlamm nennt Rämann- Post (1888, S. 409) Gyttja, wenn
Sand, Ton usw. eingeschlämmt ist. E. Geinitz (Seen, Moore usw.
Mecklenburgs 1886) nennt die Sapropelite der Mecklenburger
Seen Moorschlamm und Conwentz z. B. das Sapropel des Okunek-
Sees bei Briesen moorigen Schlamm (die Gefährdung der Flora
der Moore, Prometheus 1901/02). Bei anderen Autoren ist Moor¬
schlamm schlammiger, breiiger Moortorf. Also wieder einmal ein
Terminus Norddeutschlands, der in höchst verschiedenem Sinne ge¬
braucht wird. Vergl. auch unter Myrdynd.
Mott (Femininum) heißt bei den Fischern am Kurischen Haff
der Sapropelit dieses Haffs. So lesen wir bei B. Benecke (Fische,
Fischerei und Fischzucht. Königsberg i. Pr. 1881, S. 344): »Es
Termini für Sapropelite.
159
darf nur auf der Tiefe des Haffes, in dem Strom oder der Mott
mit dem Herbstgarn gefischt werden, ohne die Schaareu und flachen
Stellen zu berühren.« Das Wort Mott kommt auch für andere
Kaustobiolithe und auch für Straßenkot vor und zwar als Mascu-
linum oder als Neutrum.
Mudde (Fern.). — Muddebildun gen nennt C. A. Weber
(Augstumalmoor 1902, p. 227, u. Darst. der Moor-Vers. Stat. auf
der Ausst. für Moorkultur 1904, S. 6, 7 und 14) sowohl unsere
Sapropelite (inklusive der Sapropel-Kalke = Kalkmudde usw.)
als auch das, was wir als Schlämm- und Schwemmtorf (»Mudd e-
torf«) scheiden; auch Sapropel mit Schwemmtorf-Bestandteilen
nennt Weber (20. Oktober 1905, S. 1651 — 52) Muddetorf. Sa¬
propel, Schlämmtorf usw. kommen aber in der Natur vergleichs¬
weise rein und in hinreichend auffälligen Ablagerungen vor, um
ihre Unterscheidung zu verlangen. Der Faulschlamm besitzt sehr
oft Schlämmtorf-Bestandteile. — In seiner letzten Äußerung drückt
sich der Genannte1) so aus: »Es sind jene zerteiltpflanzlichen,
limnischen Torfarten, die man bei uns als Mud den (Sing, die
Mudde), bei den Skandinaviern als Gyttja und Dy bezeichnet, und
deren besondere Form Lebermudde (Lebertorf), Torf-
mud de, Kalkmudde, Ton mudde, Schnecken mudde usw.
heißen.«
Myrdynd (d. h. übersetzt Moorschlamm) ist (z. B. bei
G. Andersson 1903) Dopplerit-Sapropel.
Panzers chlamin wurde neuerdings das Sapropel des Ahlbecker
Seegrundes bei Ludwigshof bei Eggesin in Pommern genannt als
Reklamename für seine medizinische Benutzung (Schlammpackun¬
gen), in der fälschlichen Annahme, daß dieser Schlamm zu % aus
Panzerresten von Diatomeen bestehe.
Papiergyttja (z. B. bei Andersson, 1. c. Helsingfors 1898,
S. 185). Nach dem Trocknen blättrig zerfallende Gyttja. Siehe
auch unter Lebertorf.
*) Weber, Aufbau und Vegetation der Moore Norddeutschlands.
4. Zusammenkunft freie Vereinigung System. Botan. Pflanzengeogr.
1907, S. 21.
Bericht
Leipzig
160
Termini für Sapropelite.
\
Papierlehm ist ein Sapropel-Gestein von Saprokoll-Beschaffen-
heit, das Wittrock unter dem angegebenen Namen beschreibt
(Botan. Centralbl. XXIX, 1887, S. 222 — 223), den er aber viel¬
leicht irgendwo schon vorgefunden hat. Unter Torf von 0,4 bis
1 m Mächtigkeit gibt er ein Lager von 0,2 — 0,6 m Mächtigkeit von
»Papierlehm« an, das von figurierten Bestandteilen enthielt wesent¬
lich Vaucheria , deren Zellwände noch schöne Cellulose -Reaktion
mit Chlorzinkjod zeigten, ferner Diatomeen, Mycelfädeu eines auf
Vaucheria schmarotzenden Pilzes und endlich Reste phanerogamer
* Wasserpflanzen. — Ob es sich wesentlich um eine Humus- Erde
handelt oder um ein Saprokoll ist nicht klar.
Pflanz enpelit findet sich bei E. Geinitz, 1906, S. 9, der an¬
gibt, daß es sich um ein schiefriges Material mit Spongillennadeln
usw. handelt, also offenbar um ein lufttrocknes Saprokoll.
Die Phyto collite von H. C. Lewis (On a new substance re-
sembliug Dopplerite from a peat bog at Scranton. Amer. Philos.
Soc. 1881) sind Saprokoll resp. Saprokoll-Gesteine.
Saprokoll (Faulgallerte) (soll als Neutrum gebraucht werden;
früher von mir Saprocoll geschrieben) ist älteres, fest-gallertig ge¬
wordenes Sapropel, es sei denn, daß sich in dem Gestein sehr
zahlreiche Skelettteile, z. B. Diatomeen-Panzer, befinden, wodurch
die gallertige Konsistenz naturgemäß zurücktritt oder fast ganz oder
ganz herabgemindert werden kann. — Wie lange Saprokoll oder
eine Übergangsbildung zu Sapropel schon bekannt ist und von
guten Beobachtern von dem echten Torf unterschieden wurde,
dafür mag das Folgende zeugen, das ich aus Keferstein (1826,
S. 37/38) entnehme: Binge (Beiträge zur Naturkunde und Ökono¬
mie. Altona 1817, S. 17) beschreibt 2 ost-holsteinische Torflager,
die auf »einer breiartigen Leimmasse« ruhen; »dieser Torf er¬
scheint frisch als ein gewöhnlich schwärzlicher Torf, mit vegetabi¬
lischen Resten, beim Trocknen zerspaltet er sich in starke Blätter,
die das Ansehen von Schuhsohlen haben; ganz ausgetrocknet
werden diese Blätter so dünn als feines Schreibpapier und kräuseln
sich in stark gebogene Wellenlinien ; manche Stücke nehmen beim
Austrocknen eine leberbraune Farbe an und gleichen dann voll-
Termini für Sapropelite.
101
kommen einer dickschaligen Kiefernrinde«. An einigen Stellen
beobachtete Binge viele Muschelgehäuse, auch Braunmoostorf. Das
Lager ist von feinkörnigem Mergel bedeckt.
Saprokoll-Erdeil resp. Sapropel-Erden sind die reich mit
anorganischen Sedimenten versehenen Sapropelite. Schon manches
der in dieser Übersicht der Termini für Sapropel und Saprokoll
Vorgeführte gehört besser zu den Sapropel-Erden; bei dem allmäh¬
lichen Übergang, und weil vielfach die Autoren Sapropel resp.
Saprokoll einerseits und Sapropel-Erden andererseits nicht unter¬
schieden haben, wurde jedoch schon hier auch auf Gesteine, die
zu den Sapropel-Erden gehören, Bezug genommen. Im Übrigen
vergl. das Kapitel Sapropel-Erden, wo sich noch weitere Termi¬
nologie vorfindet.
Sapropel (Faulschlamm) kommt zuerst vor in meiner Notiz
»Über Faulschlamm -(Sapropel-) Gesteine« (Sitzungsber. d. Ges.
naturf. Freunde 1904).
Es soll nur dann von Sapropel gesprochen werden, wenn der
organogene Schlamm noch wirklich oxydierbare (brennbare) kohlen¬
stoffhaltige Teile enthält; sind diese bereits ganz oder fast ganz
oxydiert, so können zwar immer noch wesentlich organogene Be¬
standteile Zurückbleiben, z. B. beim Diatomeenpelit die Schalen
der Organismen, aber dieser Rest ist kein Sapropel mehr, sondern
tritt zu den Akaustobiolithen über. Zum Begriff Sapropel gehört,
daß (freilich nie fehlend) nur ganz untergeordnet fremde, nicht
organische Bestandteile vorhanden sind. Einige Autoren haben
oder hatten zunächst noch irrtümlich auch die mit reichlich anor-
ganischen Sedimenten vermengten Bildungen, die Sapropel-Erden,
zum Sapropel selbst gerechnet und dadurch in ihren Schlußfolge¬
rungen mehr oder minder fehlgegriffen. Yergl. diesbezüglich das
unter Gyttja und Lebermudde Gesagte; auch bei H. Monke und
F. Beyschlag1) werden z. B. beide in ihren typischen Ausbildungen
so sehr verschiedenen Gesteins-Kategorien noch durcheinander ge¬
bracht.
9 Monke und Beyschlag, Über das Vorkommen des Erdöls. Zeitschr. f.
prakt. Geologie, Berlin 1905, S. 9 u. 10 des Separats.
Neue Folge. Heft 55.
11
102
Termini für Sapropelite.
Sapropelite sind alle rezenten, auch fossilen Gesteine (Schlamme
bis feste Gesteine) von Pelit-Natur, die wesentliche Eigenschaften
durch einen Sapropel-Gehalt gewinnen. Bei dem ganz unter¬
geordneten Vorkommen von Sapropsammiten wird man für recente
oder fossile Sapropel enthaltende Gesteine, sofern der Gehalt
an diesem Material bemerkenswerter ist, generell den Ausdruck
Sapropelit gebrauchen können. Er ist besonders insofern becpiem,
als er über die schlammige, gallertige oder feste Beschaffen¬
heit, dementsprechend auch über das geologische Alter eines Ge¬
steins nichts aussagt. Bezeichnungen wie Kalk-, Eisen-, Dia¬
tomeen- etc. Sapropelit usw. sind daher sehr geeignet, wenn
man kein Gewicht darauf legt, ob das Gestein sich noch im schlam¬
migen oder gallertigen oder schon im festen, harten Zustand vor
findet. Der Ausdruck Sapropelit-Kalk z. B. deckt die recenten
noch schlammigen Sapropel-Kalke bis zu denjenigen »bituminösen«
Kalken aller geologischen Formationen, soweit das in ihm vor¬
handene kaustobiolithische Material genetisch Sapropel ist (vergl.
S. 32 u. 60).
Sapropsammite vergl. im Kapitel »Sapropel und Silicium¬
dioxyd«.
Schief ertorf oder Torfschiefer heißt Saprokoll besonders
gern dann, wenn es lufttrocken blättrig ist oder überhaupt
eine deutliche Schichtung zeigt. Im werdenden Zustande ist bei
dem Faulschlamme irgend eine Schichtung und Schieferung natur¬
gemäß nicht zu beobachten, da es sich um einen mehr oder minder
leicht fließenden Brei handelt. Die entstehende Blättrigkeit ist also
in erster Lin ie keine Folge des allmählichen Absatzes der abge¬
storbenen Organismen und ihrer Reste. Vielmehr kommt die Blät-
trigkeit erst durch Druck zu Stande, sei es bei mächtigerer An¬
häufung des Materiales durch Druck desselben auf seine tiefsten
Lagen, sei es durch Überlagerung mit anderem Gestein wie Torf,
Sand u. dergl. Der Ahlbecker Seegrund bei Ludwigshof südlich des
Stettiner Haffs ist ursprünglich ein See. Dort wo der Faulschlamm
des Seegrundes durch Verlandungstorf und eine Sandbeschüttung
bedeckt wird, ist er — wie schon früher gesagt — geschiefert,
obwohl er noch sehr weich ist, während der Schlamm sonst ein-
Termini für Sapropelite.
163
fach breiig ist und von irgend einer Schichtung keine Spur
aufweist. Solche Beobachtungen widersprechen der Annahme
FrÜh’s (1. c. 1885, S. 710), daß die Blättrigkeit »eine innere
strukturelle Ursache habe«. Gelegentlich kann wohl eine reiche
Zufuhr von Nahedrift der Sand- und Ton-Einführung die »Blättrig¬
keit« unterstützen; sie ist aber ursprünglich im Faulschlamm selbst
nicht vorhanden. Torfschiefer1) brennt mit stark leuchtender und
anhaltender Flamme wie eben die echten reinen Sapropele und die
sapropelhaltigeren Sapropelite überhaupt alle.
Schlamm übersetzt Hamann (1888, S. 406) das bei v. Post
als Gyttja (s. dort) bezeichnete Material. Neuerdings hat der erst¬
genannte Autor eine »Einteilung und Benennung der Schlamm¬
ablagerungen« geboten (Zeitschr. d. Deutsch. Geolog. Ges. 1906,
S. 174 — 183). Die »Schlammablagerungen« teilt er nun aber in
2 Gruppen, nämlich in »Schlamm« und »Schlick«, erstere Be¬
zeichnung für die unter Süßwasser entstandenen, letztere für die
unter Salzwasser entstandenen Bildungen. Das ist gewiß nicht
glücklich, denn auch Schlick ist — wie er selbst ganz richtig sagt —
(vergl. auch sein Selbstreferat im Geologischen Zentralblatt) schlam¬
mig. Man kommt eben über den volkstümlichen Sinn von Schlamm
nicht hinaus, da man ihn zu oft gebraucht und kein anderes Wort
dafür hat, auch wohl vergeblich gegen den Begriff des Schlammes
im gewöhnlichen Sinne kämpfen würde: man müßte dafür ein
anderes Wort vorschlagen , das aber sicher nicht auf Annahme
würde rechnen können. Allgemein (volkstümlich) bereits benutzte
Worte muß man auch, wenn man einmal eine bestimmte Sprache
anwendet, in der Wissenschaft weiter so benutzen, höchstens
kann man die Worte genauer definieren, aber man darf sie in
O 7
ihrem Sinne nicht zu sehr verschieben, wenn man Verwirrung
vermeiden will. Wenn der genannte Autor früher, d. h. in der
Übersetzung der PoST’schen Schrift den Ausdruck Schlamm für
Gyttja benutzte, so ist dagegen nichts einzu wenden, da Post
selbst kein anderes Wort als Gyttja, d. h. eben Schlamm,
hatte; damals war die Anwendung des Wortes auch auf das Sa-
’) Vergl. z. B. Früh, 1885, S. 709.
11*
164
Termini für Sapropelite.
propel eine Verlegenheits-Bezeichnung. Nachdem wir nun aber
über das Material jetzt besser unterrichtet sind und wir wissen,
daß es sich um einen Schlamm besonderer Art handelt, für den
ein sonst passender, nicht mißverständlicher Terminus nicht vor¬
handen ist, ist die Benutzung der Termini Faulschlamm resp. Sa-
propel gegeben.
Ramann s Einteilung ist folgende:
»I. Unter Salz wasser: Schlick.
a) Ablagerungen der Tiefsee: Roter Tiefsee¬
schlick (bisher roter Ton); Radiolarienschlick ; Di¬
atomeenschlick; Globigerinenschlick; Pteropoden-
schlick ; Laterit sch lick (bisher Rotschlamm); Schlick
des Schwarzen Meeres.
b) Flachsee und Küste: Blauschlick (bisher Blau¬
schlamm); Grünschlick (bisher Grünschlamm); Wat¬
ten sch lick (Ablagerung der Nordseeküste); See¬
schlick (Ablagerung brackischer Meerbusen und Flu߬
mündungen) und dessen Schwefeleisen enthaltende
Abart = Pulvererde. Mangroveschlick.
c) Schlick der Salzseen.
II. Unter Süßwasser: Schlamm.
1. Vorherrschend zugeführtes Material: Flu߬
schlamm ; Pollenschlamm.
2. Ausgefälltes Material: Kalkcarbonat (Seekreide;
Wiesenkalk; Uferkreide); Eisenverbindungen (Eisen¬
oxydhydrat ; Schwefeleisen).
3. Tier- und Pflanzenreste, Tierkot; Diatomeen¬
schlamm.
Als wichtigste Untergruppen werden unterschieden Gytje
(Teich sch lamm), vorherrschend feinfaserige, strukturlose, graue
bis bräunliche Massen: vorwiegend durch Bakterien veränderter
Tierkot. — Mud de (C. Weber) vorherrschend strukturlose, gal¬
lertartig aufgelockerte hell- bis dunkelbraune, an der Luft rasch
dunklere Färbung annehmende liumose Massen (Dy bei v. Post).
— Teichschlamm ist die Schlammform der keine gelöste organische
Termini für Sapropelite.
165
Substanz enthaltenden Gewässer, Mudde die vorherrschende Schlamm¬
ablagerung der Schwarzwässer.«
Die in dieser Tabelle unter II, 3 aufgeführte kaustobiolithi-
sche Schlammgruppe enthält also als wichtigste Untergruppen nach
dem Genannten »Gytje (Teichschlamm)« und »Mudde«. Es mag
ja sein, daß es für die Bedürfnisse des praktischen Bodenkundigen
deshalb wenig auf eine genauere, durchsichtigere, wissenschaftliche
Behandlung und Benennung der Schlamme ankommt, weil sie
landwirtschaftlich gegenüber den anderen Bodenarten nur ganz
untergeordnet in Frage kommen, und darin dürfte sich wohl auch
das derzeitig noch geringere Verständnis für den Gegenstand er¬
klären. Wer aber in der Lage ist, die fossilen Bildungen mit in
Rücksicht ziehen zu können und zu müssen und damit eine weitere
Einsicht in den Gegenstand hat, sieht bald die Unmöglichkeit
einer so beschränkenden, wenig durchgreifenden und auch nicht
ganz klaren Nomenklatur ein, wie sie noch immer von einigen
Seiten durch unangebrachtes und auch der Wissenschaft nicht nütz¬
lich es Festhalten an einmal Gesagtem benutzt wird. Wer sach¬
verständig auch die fossilen Schlamme in Einteilungen wie die
IiAMANN sche als Probe ihrer Haltbarkeit unterzubringen sucht, der
gerät sofort in Kollision. Was ist nach Obigem z. B. Cannelkohle
und was Pseudocannelkohle? Nach der eben gegebenen Einteilung
ließe sich die erstere nur als fossiler »Teichschlamm« angeben, nur
daß sie überwiegend gar nicht in »Teichen« entstanden ist. Es
gibt eben in der RAMANN’schen Einteilung keine Rubrik für solche
wichtigen fossilen Kaustobiolithe. Übrigens wäre der Sapropelit
des Kurischen Haffs hinsichtlich des in ihm vorhandenen Sapropels
danach auch »Teichschlamm«. In logischer Weiterbildung einer
solchen Nomenklatur wäre dann das Sapropel des Wattenmeeres
»Teichschlick«, also Sapropel-Ton des Wattenmeeres wäre Teich¬
schlick-Ton (!), denn das Pendant von Schlamm — im Süßwasser
— soll ja Schlick — im Salzwasser — sein. Finden wir also
Sapropel-Material im Salz wasser, so wäre das danach Teich¬
schlick, entsprechend Teichschlamm im Süßwasser. Von den
fossilen Kaustobiolithen wissen wir zum Teil gar nicht, ob es sich
um einen Schlamm oder einen Schlick im Sinne Ramann’s bnn-
166
Termini für Sapropelite.
delte. Wo gehören aber nun die vielen Sapropelite des Brack¬
wassers hin? — Wir geraten also damit vollständig in die Brüche,
d. h. diese wissenschaftlich überwundenen Einteilungen sind und
bleiben ein unhaltbarer Zustand, sobald man das gesamte in
Betracht kommende Gebiet in Rücksicht zieht, abgesehen
davon, daß eine weitergehende Vertiefung, auch schon bloß in die
rezenten Sapropelite, die Unzweckmäßigkeit der alten Termini auf¬
deckt. — Ich habe die von Ramann gegenwärtig bis auf Weiteres
gewünschte Terminologie so ausführlich behandelt, weil gerade er
einer der heute angesehensten Bodenkundigen ist und daher natur¬
gemäß auch eine weitgehende Einwirkung auf den Gegenstand
auszuüben in der Lage ist. Demnach ist auch ein besonderes
Eingehen auf seine Ansichten bezüglich der Schlammformen an¬
gebracht, um genauer meinen gegensätzlichen Standpunkt kenn¬
zeichnen zu können.
Schlammmull. Wollny (1897) hatte die Vorstellung, daß im
Wasser aus den sapropelbildenden Organismen Parallelen zu den
außerhalb des offenen Wassers vorhandenen Humusbildungen vor¬
handen sein müßten. Wie er nun hier in der üblichen Weise
unterschied in »Mull« (das ist jetzt unser Moder), »Rohhumus«
(das ist bei uns Trockentorf) und »Torf« (also Moortorf oder Torf
im engeren Sinne), so unterschied er dementsprechend Schlamm¬
mull, Schlamm-Rohhumus und Schlamm-Torf. — Schlammmull
geht danach — nach W. (1897, S. 196) — in sauerstoffreichen
Gewässern aus den Resten von Wasserpflanzen, Tieren und ihrem
Kot hervor; er ist grau- oder grünbraun, sehr feinkörnig und ge¬
wöhnlich mit unorganischen Beimengungen versehen. W., der
also meinte, daß es sich um ein wie Moder leicht zersetzliches
Material handelt, setzt synonym hierzu den Schlamm Ramann's
(= Post’s Gyttja). — Bei seinem Schlamm-Rohhumus legt
W. (1897, S. 196 und 202) hinsichtlich der beigemengten orga¬
nischen Teile den Nachdruck darauf, daß diese durch Drift hinein¬
gelangt sind. Schlicke, bei denen wesentlich letzteres der Fall
ist, sind natürlich vorhanden, es handelt sich aber im allgemeinen
um Sapropel-Schlick, um eine Sapropel-Erde. — Der Schlamm-
torf Senft’s (Humus-, Marsch- und Limonit-Bild, 1862, S. 120 und
Termini für Sapropelite.
167
129), von dem dieser bemerkenswerter Weise sagt, daß er wie bitu¬
minöser Tonschlamm aussehe, ist ein Saprokoll. Wollny bringt
den Schlammtorf (1897, S. 214) in Gegensatz zu seinem Schlamm¬
mull. Der erstere entstehe in sauerstoffarmen Gewässern aus den
Resten von Wasserpflanzen, Tieren und ihrem Kot; er ist rot¬
braun oder braunschwarz. Auch Fleischer1) unterscheidet
zweierlei und zwar »Lebertorf« und »Schlammtorf«; er sagt von
letzterem, daß er beim Trocknen sehr hart wird und dann Wasser
kaum noch aufnimmt. Auch früher ist der Ausdruck Schlamm¬
torf oft für Saprokolle gebraucht worden (vergl. Keferstein,
1826, S. 32, 39 und 64, Wiegmann, 1837, S. 13). Auch Früh
(1904, S. 210) wendet noch den Ausdruck Schlammtorf als Syno¬
nym für »Lebertorf« an.
Schlamm-Rohlmmus s. Schlamm- Mull.
Schlamm-Torf s. Schlamm-Mull.
Schlick ist einerseits ein Verlegenheitsausdruck der Technik
für echtes Sapropel2), da jedoch andererseits richtiger Schlick
— nämlich abgesetzte feinste Trübe (wesentlich aus Ton) aus
Fluß- und besonders Meer- Wasser — ebenfalls technische Ver¬
wendung — und zwar als Düngemittel — findet, kann, um Irrtti-
inern zu begegnen, das Sapropel auch von der Technik nicht mehr
als Schlick bezeichnet werden. — Vergl. auch unter »Schlamm«*
Schn ecken gytje oder -gyttja s. Gyttja.
Schwarzer Moder und schwarzer Schlamm ist meist durch
Gehalt an Einfach -Schwefeleisen schwarzfarbig. Näheres über
denselben im Kapitel über Sapropel und Eisenverbindungen.
Seedy (= Sjödy von Post) s. Dy.
Seemoor ist Ramann’s (1888, S. 412) Übersetzung für PoSTs
Seedy. Vergl. unter Moor.
Slläckgyttja (Schneckengyttja) s. unter Gyttja.
Strandmoor ist Ramann’s (1888, S. 412) Übersetzung für
PoSTs Uferdy. Wir werden das Wort Strandmoor für Moore
reservieren, die am Strande liegen.
9 Fleischer, 1. c. 1903, S. 95.
2) Vergl. Poto NIE, Eine rezente Schlamm-Bildung des Cannelkohlen-Typus
1904, S. 406.
168
Termini für Sapropelite.
Tangsaprokoll (= »Tangtorf«) entsteht aus Stranddrift vod
Tangen (Fucaceen und Laminariaceen), die durch Bedeckung durch
Sediment sich erhält. Es bedarf dieses Gestein übrigens hinsicht¬
lich seiner Eigenschaften noch der näheren Untersuchung. Herr
Kustos Prof. Dr. P. Kuckuck von der Kgl. Biologischen Anstalt
auf Helgoland übersandte mir ein Stückchen von älterem Tang-
Saprokoll, der beim Bau der neuen Landungsbrücke in dicken
Lagen freigelegt wurde; das Material sieht äußerlich durchaus wie
ein Saprokoll aus, ist in lufttrockenem Zustande sehr hart und
blättert auf.
Der Tiefenschlanim Passarge’s (1902, S. 93 und 96) ist wesent¬
lich Faulschlamm, der die tiefsten Stellen der von Passarge unter¬
suchten Seen bedeckt.
Torfdy s. Dy.
Torfgyttja (v. Post) ist subfossile Gyttja, wie sie sich im
Liegenden von lacustren Torfmooren findet.
Torfleber — Lebertorf; Torfleber heißt aber auch der
Dopplerit.
Torfschiefer *) s. Schiefertorf.
Uferdy (= Stranddy v. Post’s) s. Dy.
Weißer Torf heißt das Saprokoll gelegentlich dort, wo es
durch helle Farbe besonders auffallend in Gegensatz tritt zu da¬
rüber liegendem, schwarzem Verlandungstorf, so nach Mitteilung
des Herrn Rektors Heym in einem Torfmoor bei Rehden bei
Briesen in Westpreußen. (Auch unreifer und halbreifer Sphagne-
tum-Torf heißt weißer Torf oder Weißtorf.)
Wienerde ist ein Ausdruck, den ich von Herrn Direktor
Rotbarth jun. in Triangel hörte, für den Sapropelit, der stellen¬
weise an der Basis des dortigen großen Torflagers vorkommt.
So hätten wir denn für die rezenten und subfossilen Sapro¬
pelite wahrlich Namen genug zur Verfügung, und es sind deren
noch viel mehr, wie wir bei der Besprechung der weiterhinten be¬
sonders herauszuhebenden Sapropel-Erden sehen werden. Diese
Fülle verwirrt aber mehr denjenigen, der sich nicht selbst fach-
*) 15. Geinitz nach Früh, 1883, S. 21.
Sapropel mit reichen akaustobiolithischen Zutaten.
169
männiseh mit dem Gegenstand beschäftigt, als daß sie fördernd
wirkte. Ebenso ist es bei den weiter hinten behandelten Sapropel-
Erden.
Sapropel mit reichen akaustobiolithischen Zutaten
und Sapropel-Erden.
Unter den Sapropeliten mit reichen akaustobiolithischen Zu¬
taten sind in erster Linie zu nennen der Sapropelit-Kalk oder
Kalk-Sapropelit, unter den Sapropelführenden Gesteinen mit reich¬
lichem anorganischem Sediment, d. h. unter den Sapropel-Erden
(vergl. vorn S. 34) sind besonders hervorzuheben der sehr häufige
Sapropel-Ton (ein Sapropelit) und der seltenere Sapropel-Sand
(Sapropsammit).
Synonyme zu den hier zu behandelnden Gesteinen wurden
schon unter Sapropel S. 143 ff angegeben (vergl. dort z. B. unter
Gyttja, Moorschlamm usw.); weitere Synonyme finden sich in den
4 folgenden Kapiteln, welche die Sapropelite (und Sapropsammite)
behandeln, sofern Kalk, Kieselsäure, Eisen, Ton usw. in ihnen
eine besondere Rolle spielen. Auch war es zum besseren Ver¬
ständnis gegeben, im Folgenden auf einige Akaustobiolithe und
ihre Namen einzugehen, weil oft genug auf die brennbaren Be¬
standteile keine Rücksicht genommen worden ist und so Kausto-
und Akaustobiolithe zusammengeworfen worden sind. So bei
den Sapropelit-Kalken , den Diatomeen-Peliten usw. Gewisse
Akaustobiolithe nennen die Engländer Ooze, nämlich die organo-
genen küstenfernen Tiefseebildungen; sie sprechen danach von
Pteropoden- , Globigerinen-, Diatomeen-, Radiolarien-Ooze. Al.
Agassiz unterschied slab als biogenes, im Gegensatz zu silt als
terrigenes, schlammig-schlickiges Material.
Sapropel und Calciumcarbonat.
Die meisten Seen Norddeutschlands enthalten nährstoffreiches,
insbesondere kalkhaltiges Wasser; so besetzen denn kalkliebende
Pflanzen und Tiere (von diesen besonders Mollusken) die geeigneten
170
Sapropel und Calciumcarbonat.
Stellen des Wassers, von ersteren unter den Algen gern Charaeeen
und höher organisierte Wasserpflanzen (Laichkräuter [Potaviogeton -
Arten], Hydrocharis usw.), die sich mit Kalk inkrustieren. Nach
Siegfried Passarge1) enthalten Chara in lufttrockenem Zustande
65 — 70 pCt., Stratiotes , Myriopliyllum, Ceratophyllum rund 60 pCt.,
Eiodea rund 50 — 55 pCt. Calciumcarbonat oder nach Fried. Georg
Kohl2) in der Asche Chara foetida 05 — 96 pCt., die Alge Cla-
dophora glomerata 59 pCt., Nuphar luteum 42 pCt. und Eiodea
35—53 pCt.
Es wird gewöhnlich angenommen, daß die in Rede stehenden
Wasserpflanzen die Fähigkeit hätten, aus dem im Wasser enthal¬
tenen Calciumbicarbonat ihr zur Assimilation nötiges Kohlendioxyd
aufzunehmen, wobei sich dann Calciumcarbonat auf der Pflanze
absetzen kann, denn in CO‘2-freiem H2O löst sich CaC03 durch¬
aus nicht. Kohl macht jedoch darauf aufmerksam (1. c. 1889,
S. 102), daß wenn diese Anschauung richtig und dieser Prozeß
die alleinige Ursache der Kalkablagerung auf Wasserpflanzen
wäre, so müßten notwendigerweise alle in kalkreichen Gewässern
lebenden Gewächse Kalküberzüge besitzen, was nicht der Fall ist
(z. B. nicht bei Zygnema , Spirogyra usw.). Immerhin ließe sich
denken, daß eben gewisse Arten die Fähigkeit hätten, in der an¬
gegebenen Weise CO2 dem Calciumbicarbonat zu entreißen, andere
nicht. Die absterbenden Organismen und auch schon die als
Kalkregen abfallenden Inkrustationen der lebenden erzeugen daher
auf dem Boden des Sees sehr kalkreiche Schichten, die sich zu¬
nächst durch ihre Leichtigkeit und geringe Bindigkeit auszeichnen
') Passarge, Die Kalkschlammablagerungen in den Seen von Lychen, Ucker¬
mark. Jahrb. d. Kgl. Preuß. Geolog. Landesanstalt und Bergakademie für
1901, Bd. XXII, Heft 1, Berlin 1902, S. 110. — Von den Schriften, die sich
mit der Genesis der organogenen Kalkschichten der in Rede stehenden Art be¬
schäftigen, sei zuni Studium auch empfohlen:
C. WESENBERG-Lund, Studier over Sokalk, Bönnemalen og Sögytje i danske
Indsöer. (Meddelelser fra dansk geologisk Forening No. 7, p. 1 — 180.) Kopen¬
hagen 1901. Ein gutes ausführliches Resume von Dr. Wolfe befindet sich in
Jusx’s Botanischem Jahresbericht, Paläontologie, Arbeiten für 1902, S. 775 — 776.
2) Kohl, Anatom. -phjsiol. Untersuchungen der Kalksalze und Kieselsäure
in der Pflanze, Marburg 1889, S. 10,
Sapropel und Calciumcarbonat.
171
und gelegentlich bei Vor wiegen von Characeen als bröckliger
Characeenkalk und feinerer Phanerogamenkalk unterschieden werden
können. Je nach den Beimengungen kann der Kalk dunkelgrau
bis hellgrau oder durch Eisenoxydhydrat gelblich gefärbt sein.
Wenn die Kalkabseheidung durch Pflanzen oder Tiere sehr be¬
trächtlich war und die organische Substanz vollkommen verwest
ist oder doch sehr zurücktritt, kann der Kalk schließlich so rein
werden, daß nur weiße Kalkschichten erhalten bleiben, die unter
dem Namen Seekreide (nach der Bedeckung durch Torf als
Moor kr ei de) bekannt sind. Manche unserer Seen haben dann
einen schneeweißen Untergrund und davon ihren Namen, wie u a.
der »Weiße See« östlich von Buckow bei Strausberg in der Pro¬
vinz Brandenburg danach benannt ist1). Kalksapropelite ent¬
stehen mit Rücksicht darauf, daß die kalkreichen Wasser einem
zahlreichen und üppigen organischen Leben sehr günstige Bedin¬
gungen bieten, verhältnismäßig schnell. Nach Maßgabe der Kalk¬
entnahme aus dem Wasser und der Auslaugung der Umgebung
des Sees wird der Kalkgehalt des Wassers naturgemäß allmählich
geringer, so daß im Verhältnis zu der Kalkproduktion durch die
Pflanzen (oder Tiere) immer und immer mehr organische Sub¬
stanz zusammen mit dem Kalk zur Ablagerung gelangt. In diesem
Falle erhalten wir ein von dem vorigen durch den stärkeren Sa-
propelgehalt abweichenden Sapropelit und zwar bei geringerem
Sapropelgehalt einen Sapropelkalk (Faulschlammkalk, kurz
[incl. Faulgallertekalk] = Faulkalk), bei stärkerem ein Kalk-
sapropel. Schließlich wird nur noch — wieder in langsamem
Übergang durch allmähliches, vollständiges Verschwinden des Kal¬
kes — reines Sapropel abgelagert2), falls nicht schon vorher die
Verlandung eingetreten ist.
') Natürlich können sich älmliche Namen auch auf genetisch nicht zu den
Akaustobiolithen gehörige Kalkablagerungen beziehen, so auf das Vorhandensein
ron Quellkalksinter, wie die Namen »Kalkbach« und »Kalkholz« bei Mühlen¬
kamp (Kreis Bublitz) in Pommern, wo diese Sinter 6 m mächtige Ablagerungen
in einer Ausdehnung von 1,5 km bilden; wahrscheinlich hängt damit auch der
Name »Kalkhorst« (ein Buchenwald) bei Altstrelitz zusammen.
2) Ein weiteres Eindringen in den Gegenstand wird erst zeigen, in wieweit
eine bestimmtere Definition der oben genannten Sapropelite zweckmäßig sein wird.
172
Sapropel und Calciumcarbonat.
Es sei nochmals betont, daß diese Folge nur da möglich ist.
wo das Wasser aus den angegebenen Gründen bis zum Verlust
oder zur wesentlichen Herabminderung des Kalkes immer kalk¬
ärmer wird, und das ist gewöhnlich in Seen der Fall. Es muß
aber gleich hinzugefügt werden, daß in Seen usw. je nach den
Bedingungen gleichzeitig an der einen Stelle kalkreiche, an
anderen kalkarmere und auch Ablagerungen mit sehr geringem
Kalkgehalt entstehen können *). Insbesondere ist hervorzuheben,
daß unsere wesentlichen Kalkbild'ner, die Charaarten und Muscheln
und Schnecken gern die weniger tiefen Randpartieen der Wässer
bewohnen und dort kalkreiche Ablagerungen bilden, die tieferen
Stellen derselben Wasser aber kalkarmen Faulschlamm besitzen
können, ganz entsprechend dem Kalkabscheidungsvermögen der
Organismen, und da diese in verschiedenen Tiefen leben, so unter¬
scheidet sich auch die Beschaffenheit verschieden tief gelegener
Bodenstrecken tieferer Seen namentlich hinsichtlich ihres Kalkge¬
haltes unter Umständen sehr wesentlich. Demgemäß entsprechen
in den Seen bis 32 m Tiefe, die Passarge (1. c.) untersuchte, die
verschiedenen Schlammformen eines und desselben Sees den ver¬
schiedenen den Boden bewohnenden Lebewesengemeinschaften. Der
Pflanzenrasen zerfällt hier in drei Typen: 1. in den reinen Chara-
rasen, 2. den gemischten Rasen aus Chara , Elodea , Potamogeton,
Ceratophyllum , Myriophyllum , Stratiotes und 3. den Vaucheria-
Rasen. Die Schlammarten sind nun den verschiedenen Pflanzen¬
rasen entsprechend: 1. »t/mm-Schlamm«, 2. »gemischter Schlamm«,
3. » Vaucheria- Schlamm« und 4. »Tiefenschlamm«, letzterer in
Tiefen über 7 m. Der Charaschlamm hatte 70—80 pCt., gemisch¬
ter Schlamm 50 — 60 pCt. Calciumcarbonat. Vaucheria scheidet
keinen Kalk ab. Ihr Schlamm enthält daher nur wechselnde
Mengen Kalk, der an Conchylienschalen gebunden ist. Der Tie¬
fenschlamm ist, wie Passarge sagt, ein Produkt von zusammen¬
geschwemmtem Detritus von Tieren und Pflanzen, Fischkot und
Planktontieren. Daher hat er auch sehr wechselnde Kalkmengen
(16—50 pCt.). Die Bildung von Seekalk ist demnach nicht allein
’) Siehe auch WESENBERG-Lund und Passarge, 1. c.
Sapropel und Calciumcarbonat.
173
abhängig von der Höhe des Kalkgehaltes des Wassers; eine gleich¬
mäßige Ablagerung von Seekalk ist nur da zu erwarten, wo sich
die Wassertiefe in gleichen Zahlen bewegt, und selbst dann sind
Unterschiede vorhanden, je nach den Stellen, wo Wasser ein- und
ausfließt usw.
Dort, wo die Bedingungen zur Entstehung von Seekalk und
von Faulschlamm vorhanden sind oder die Möglichkeit eines stän¬
digen Zuflusses von kalkhaltigem Wasser gegeben ist, wird natür¬
lich kein reiner Faulschlamm, sondern wesentlich Kalkfaulschlamm
oder Faulschlammkalk gebildet, und das ist in den Buchten resp.
überhaupt an den weniger bewegten Stellen solcher Bäche und
Flüsse möglich, die mehr als eine durch Wasserverbindungen an¬
einander gereihte Seenkette erscheinen, wo also ständig gelöster
Kalk hinzugeführt wird, der durch Aufnahme und Niederschlag
seitens der Pflanzen und Tiere bei dem schließlichen Niedersinken
zur Ruhe gelangt. Solche Verhältnisse herrschten vielfach in der
Provinz Brandenburg, z. B. im alten Berliner Haupttal, dem bei
seinem geringen Gefälle (das zwischen Cöpenick und Spandau,
in Luftlinie eine Strecke von ca. 27 km, nur ca. 2 m beträgt) von
dem langsam fließenden, kalkigen Wasser feine Sande zugeführt
wurden, das aber in Buchten und sonst an ruhigeren Stellen viele
Gelegenheiten zur Entstehung eines Sapropelits bot, der dann ein
Sapropelkalk war, der sich vielfach in diesem Tal, so auch in
Berlin selbst im jetzigen Untergründe unter Torf vorfindet (vergl.
über diesen Faulkalk unter Diatomeen-Sapropel-Kalk). Fr. Kaun-
howen gibt über das Vorkommen an1):
»Das Hauptverbreitungsgebiet des Torfes und Faulschlamm¬
kalkes in Berlin liegt zu beiden Seiten der Spree und ihrer jetzt
schon meist beseitigten Arme, wo sie nicht selten bis 10 m und
mehr Gesamtmächtigkeit erreichen ; ferner sind das Panketal und
die das Teltowplateau durchziehenden Rinnen reich daran. Der
südliche Teil von Berlin enthält ausgedehnte und teilweise mäch-
tige Ablagerungen von Torf und Faulschlammkalk in einem Ge¬
biet, das sich aus der Gegend des Hafen- und Askanischen Platzes
b Kaunhowen in der Festschrift des Vereins deutscher Ingenieure. Berlin, 190G.
174
Sapropel und Calciumcarbonat.
über den Belleallianceplatz, die Puttkaraer-, Bessel-, Hollmannstraße,
an der Jerusalemer Kirche vorbei bis zur Neuen Grünstraße aus¬
dehnt und ebenfalls auf einen uralten Flußarm in dieser Gebend
hindeutet. Ohne Pfahlroste ist hier kein Bau zu errichten.«1)
!) Berlins Häuser sind in diesem Sinne zum Teil sehr kostspielige »Pfahl¬
bauten«', auf eingerammten Pfählen zur Schaffung eines festen Untergundes er¬
baut. Bekanntlich ist das heutige Berlin aus ursprünglich 2 gleichalten Gemein¬
den, (Alt-) Berlin und Kölln, hervorgegangen, und beide Namen weisen mit
großer Wahrscheinlichkeit auf Geländeformen, die der Sapropelbildung günstig
. sind. Herr Geheimer Oberverwaltungs-Gerichtsrat Immanuil Hoffmans schreibt
mir diesbezüglich auf meine Anfrage : »Bei der Erklärung des Wortes B erli n dürfte
davon auszugehen sein, daß dieses Wort nicht bloß zur Bezeichnung von Städten,
sondern auch von Seen und Plätzen gebraucht wird. Es gibt bei Wittstock zwei
Seen, welche der große und der kleine Berlin heißen, in Halle zwei Plätze, die diese
Namen führen (vergl. Dr. Killisch, Berlin, der Name der deutschen Kaiserstadt, S. 8
und 9). Auch wird daher Berlin in alten Urkunden öfters »der Berlin« genannt
(1392 wird geschrieben »An die vier Gewerke und die ganze Gemeinheit tu dem
Berlin«). Ich bin deshalb auf den Gedanken gekommen, daß der Name Berlin
mit dem Namen Warbelin oder Werbellin identisch und aus diesem Namen
durch Metathesis entstanden sein könnte. Bekannt ist ja der Werbellinsee und
das an diesem See liegende Dorf gleichen Namens und die durch den Sieg des
Großen Kurfürsten über die Schweden berühmt gewordene Stadt Fehrbellin, die
noch im Jahre 1217 urkundlich Warbelin heißt. (Bf.rgau, Bau- und Kunstdenk¬
mäler der Provinz Brandenburg — Artikel Fehrbellin.) Daß nun Werbelin oder
Warbelin mit dem wendischen Wort für die Weide ( salix ), das wrba heißt (der
zwischen w und r liegende Vokal schwankt zwischen a und e und hat überdies
ein leises j vor sich, weshalb das Wort auch oft wjerba oder wjarba geschrie¬
ben wird) zusammenhängt, ist wohl als sicher anzunehmen. Im Alt-Wendischen
wird wjerb(o)liny jasor der Weidensee, wjerblina wass das Weidendorf, wjerblino
mesto der Weidenplatz geheißen haben, und wie wir im Deutschen statt Liuden-
dorf oder Lindenau einfach Linden (bei Hannover) und statt Eichenplatz einfach
Eiche (in Niederbarnim) oder Eich (Luxemburg und Hessen) und statt Weiden¬
dorf Weiden (Bayern) sagen, so ließ wohl auch der Wende jasor (See), wass
(Dorf) oder mesto (Platz) fort und brauchte einfach wrblin (wjerblin) (Werbelin),
um einen mit Weidenbäumen bepflanzten und umpflanzten (oder bestandenen. — P.''
Ort (Gau, See, Niederlassung usw.) zu bezeichnen. Daß nun aber aus dem wendischen
Wrblin sehr leicht Berlin im deutschen Munde werden konnte, dafür sprechen
viele Analogien. Wie aus dem mons Vosegus die Vogesen wurden, so konnte, aus
dem wrblin das bequemer zu sprechende Berlin werden. Wurde doch aus dem
serba (reka) — dem sorbischen Fluß — durch Metathesis (Sbr(e)a, unsere
Spree. Der Sorbenfluß hieß die Spree, weil das Volk, welches der Deutsche
die Wenden nannte und heute noch nennt, sich selbst die Sorben nannte und
heute noch nennt. (Der wendische Titel des Lausitzisch-We ndi sehen Wör¬
terbuches von Pfuht. lautet Serbski Slownik). Für diese Ableitung des Namens
Sapropel und Calciumcarbonat.
17b
Paul Range hat ein bestimmtes Vorkommen in einer Notiz
näher beschrieben 1). Das Profil des Untergrundes des Patholo¬
gischen Instituts der Charite in Berlin wies danach über alluvi-
&
alem Sapropel-Sand ein 4 — 14 m mächtiges Faulkalk-Lager auf,
darüber Torf. »Es hat also hier in alluvialer Zeit ein tiefes See¬
becken bestanden, wahrscheinlich als ruhige Seitenbucht der Spree,
etwa wie jetzt der Wannsee südwestlich Berlin. Nach und nach
wurde das Becken von Faulkalk erfüllt, verlandete schließlich und
wurde von einem Bruch wald überwachsen.«
Heute kann man die Bildung solcher Lager verfolgen an be-
sonders ruhigen Stellen der Havel und des Havelgebietes. Das
ist z. B. der Fall im Sacrower See, im Heiligen See und im
Griebnitz-See bei Potsdam, während die ruhigeren Stellen der
Havel, soweit ich sie zwischen Spandau und Potsdam abgedretscht
habe, so die Scharfe Lanke, die Gargen-Lanke, die Klare Lanke,
der Wannsee, die Strecke westlich der Pfaueninsel, Moorlake, der
Schwielow-See, weniger kalkreichen Faulschlamm, mehr oder
minder stark vermischt mit tonigen und sandigen Teilen, auf¬
wiesen.
Wenn solche Strecken mehr oder minder noch durch Torf¬
bildung verlanden, wie das bei dem in die Havel einmündenden
Bäketal der Fall ist, das zum größten Teil von dem jetzigen Teltow¬
kanal benutzt wird, so haben wir, wie die Aufschlüsse zeigten, die
Berlin aus Wrblin spricht aber auch noch der Umstand, daß das Ländchen
Bellin — sein Hauptort ist Fehrbellin, weshalb der Name dieser Stadt auch als
»Fähre im Lande Bellin« erklärt worden ist — noch heute seinem Namen Ehre
machen würde durch die Fülle seiner Weidenbäume, wenn auch »Bellin« nur
eine Zurechtmachung des wendischen Wortes wrblin wäre. Endlich sei darauf
hingewiesen, daß die heutigen Wenden unsere und ihre Hauptstadt nicht Berlin,
sondern Barlin nennen. Ist also die Deutung »Weiden« richtig, dann träte hier
wieder, wie in dem für Fehrbellin bezeugten »Warbelin« das a in wrba (wjarba)
hervor. — Da Kölln, wie wohl jetzt allgemein anerkannt ist, nichts anderes als
»Pfahlbau« bedeutet (Kollna heißt noch heute jedes Haus im Spreewald, da es
auf Pfählen steht (kol der Pfahl, kolk Pfählchen, Schandpfahl am alten Berliner
Rathause), so wird Berlin seinen Namen vielleicht schon von den im Spreetal
sich in der Urzeit ansiedelnden wendischen Pfahlbauern erhalten haben.«
b Range, Der Untergrund des Pathologischen Instituts der Königlichen
Charite zu Berlin. (Jahrb. d. Kgl. Geolog. Landesanstalt für 1907, S. 457 — 461.)
176
Sapropel und Calciumcarbonat.
der Kanalbau so schön gewährte (z. B. ca. 300 m nordöstlich des
durch den Kanal vernichteten Teltower Sees), das folgende Profil:
3. Sumpf-Torf,
2. Faul-Kalk, stellenweise bis über 8 m mächtig,
1. Ton und Feinsand,
oder an einer anderen Stelle (weiter nördlich der vorigen):
3. Sumpf-Torf,
2. Faul-Kalk und Faulschlamm-Ton,
1. Moor-Kreide.
Alte, jetzt verlandete Teiche, die vom Teltowkanal durch¬
schnitten wurden (so z. B. in Steglitz westlich der Siemensbrücke),
ergaben generell wiederholt das Profil
5. Torf,
4. Saprokoll,
3. Kalk-Sapropel,
2. Sapropel-Kalk,
1. Sand.
Bohrungen auf dem jetzigen Witzlebensplatz am Lietzensee
in Charlottenburg ergaben das Profil:
(4. Aufgefüllter Boden bis 5 m),
3. Torf bis 3,60 m mächtig,
2. Sapropel-Kalk bis 3,20 m mächtig, ,
1. Sand.
Ein weiteres Beispiel — wenn wir Berlin und Umgebung ver¬
lassen — ergab sich z. B. im Kieler Hafen nördlich von Ellerbek
durch Bohrungen, wo sich fand:
5. Hafen- Wasser,
( 4. Schlick mit Meeres-Mollusken-Schalen,
Alluvial 3. Torf über 1 m mächtig,
v 2. Faulkalk (mit vielen Diatomeen) über 1 m mächtig,
Diluvial 1. Kies-Sand.
Sapropel und Calciumcarbonat.
177
Noch ein Beispiel sei erwähnt: der wiederholt schon ge¬
nannte Ahlbecker Seegrund südlich des Stettiner Haffs, wo, wie
wir schon sahen, stellenweise vorhanden ist:
4. Torf,
3. Faulschlamm (mehrere Meter mächtig),
2. Faulschlamm-Kalk resp. Kalk-Faulschlamm (mehrere
Meter mächtig),
1. Sand.
Die in Rede stehenden Kalkgesteine sind sehr verbreitet; es
sei nur auf die »Kalakari-Kalke« Süd-Afrikas hingewiesen, die —
um ihre Genesis zu verstehen — Passarge1) zu dem Studium der
bei uns heimischen Seekalke geführt haben.
In Deutschland haben die See- und Moor -Kalke bei ihrer
Häufigkeit verschiedene Namen erhalten, die im folgenden vorge¬
führt werden und zwar inkl. der Synonyme für diejenigen Kalk¬
gesteine (See- oder Moorkreide), die bei einer genetischen Grund¬
lage der Betrachtung den Sapropeliten nahestehen, also einschlie߬
lich der akaustobiolitischen Kalke.
Alm (Sendtner 1854, S. 123, meint, daß dieser Volksaus¬
druck vielleicht aus dem Lateinischen alba terra entstanden sei)
heißt in Südbayern die Wiesen- oder Moorkreide (vergl. hinten
S. 181/182) und der Faulschlamm-Kalk (S. 179). Es geht aus der
Beschreibung Sendtner’s (1. c., S. 123 — 124) hervor, daß dort
meist Faulschlamm-Kalk vorliegt. Dieser Autor hat die Genesis
der in »Südbayern weit verbreiteten Bildung« allerdings falsch
aufgefaßt, indem er den Alm für eine Kalkbildung hält, die von
Quellen ausgeschieden sei, also für Kalksinter, den die Süddeutschen
übrigens unter Alm einbeziehen, so daß besser zu sagen ist, daß
sie früher den prinzipiellen Unterschied der beiden in Frage kom¬
menden Kalk-Gesteine nicht erkannt haben. Dieselbe Anschauung
findet sich bei Gümbel (Geologie von Bayern II. 1894, S. 269
und 308) vertreten. Er sagt (S. 308): Alm entsteht »durch Aus-
l) Vergl. Passarge, Die klimatischen Verhältnisse Süd -Afrikas seit dem
mittleren Mesozoicam. (Zeitschr. d. Gesellsch. f. Erdkunde, Berlin 1904, S. 183 ff.)
Neue Folge. Heft 55.
12
178
Sapropel und Calciumcarbonat.
Scheidung von anfänglich amorphem, mit organischen Substanzen
verbundenem, breiigem Kalkschlamm aus Quellen oder auch aus
dem kalkigen Grundwasser.« Auch aus dieser Bemerkung geht
hervor, daß Faulkalk gemeint ist. Auch C. A. Wiesner1) — um
noch einen weiteren Autor zu zitieren — wirft beides, den
organogenen Kalk und den Kalksinter, zusammen, indem er u. a.
(S. 5 (23) und S. 6 (24)) den Alm und den »white clay of
bottom«, der den Untergrund des »großen schrecklichen Sumpfes«
(the great dismal swamp) der atlantischen Ebene des mittleren
Nord- Amerika bildet, einen Tuff nennt. Dieser white clay besteht
aber aus phytogenem und zoogenem Kalk; er enthält (außer Dia¬
tomeen usw.) u. a. Characeen und Conchylien. Den Alm beschreibt
Wiesner als breiig, organische Substanz enthaltend, mit Spon-
gillen-Nadeln usw. Übrigens sind diejenigen Autoren, die sich
eingehender mit den rezenten, organogenen Süßwasser-Kalken be¬
schäftigt haben, nicht zweifelhaft, daß Alm genetisch ein Seekreide-
Gestein ist (vergl. z. B. Passarge, S. 80).
Bacillarien-Kalk-Faulschlamm oder B.-Faulsclilannn-Kalk. Siehe
unter Diatomeen-Faulschlamm-Kalk und »Modder«.
Bergmilcli (Fischerström 1784, S. 257 nach Keferstein
1826, S. 59).
Blake und Bleke (Fischerström 1. c.), schwedisch, = See¬
kreide.
Cliara- (resp. Cliaraceeil-) Kalk heißt unser organogener Kalk,
wenn wesentlich aus einem Charetum hervorgegangen.
_ ' —
Diatomeen- (Bacillarien-) Faulschlamm- (oder Sapropel-) Kalk.
Besonders häufig ist u. a. in der Mark Brandenburg2) ein Gestein,
das in seiner Eigenart am schnellsten durch den Namen Diato-
m een- Sapropel -Kalk charakterisiert wird, also ein Sapropel-Kalk
oder Kalk-Sapropel, der viele Diatomeen enthält oder wo doch unter
den noch figuriert erhaltenen organischen Resten die Diatomeen-Scha-
len besonders auffällig sind. Es ist dies die namentlich durch Ehren-
Ö Wiesner, Beitrag zur Kenntnis der Seekreiden und des kalkigen Teich¬
schlamms der jetzigen und früheren geologischen Perioden. Yerhandl. der
physikal.-medizin. Gesellschaft zu Würzburg. 1893.
2) Potonie, Kalkgytje aus dem Bäketal, 1903.
Sapropel und Calciumcarbonat.
179
BERG so bekannt gewordene, jetzt gewöhnlich » B erliner Diato-
meen-Erde« genannte Bildung, die dieser Autor selbst noch zu
seiner »Infusorien-Erde« rechnete, die aber in Wirklichkeit
wesentlich ein Sapropel-Kalk mit vielen Diatomeen ist. Der
Modder der Berliner (vergl. S. 157, 173 und 1801)) ist bei dem
häufigen Vorkommen dieser Bildung im Untergründe Berlins daher
meist das in Rede stehende Faulschlamm-Gestein. Die Dänen
nennen es Kieselag (Forchammer und Steenstrup 1842, vergl.
Ramann-Post S. 416); auch diatomeenreiche »Kalk-Gy tj en «
gehören hierher. Was ich selbst aus Berlin gesehen habe
(alte und neue Proben aus hunderten von Bohrungen und Auf¬
schlüssen von der Charite bis zur Museumsinsel, hier die neuen
Bohrproben des Terrains, auf dem jetzt das Kaiser Friedrich-
Museum steht, und von anderen Stellen), war kein Diatomeen-
Pelit, sondern eben Sapropel-Kalk, der sich stellenweise bei An¬
reicherung von Diatomeen allenfalls als Diatomeen-Sapropel-Kalk
bestimmen läßt. Interessant ist die Angabe Lossen V2), der darauf
aufmerksam macht, daß dieser Schlamm entzündliches Grubengas
enthält. Man kann es in recenten Sapropelen besonders leicht
und reichlich fast stets beobachten. Daß zu dem hier beschrie¬
benen Gestein als wesentliche Zutaten Ton- und Feinsand-Sedi¬
mente hinzukommen können, sei der Vollständigkeit halber noch
erwähnt.
Erdkalk (v. Klöden, 10. Stück, 1837, S. 9) = Moorkalk.
Faulschlamm-Kalk (gekürzt inkl. Faulgallertekalk = Faulkalk)
oder bei vorherrschendem Sapropelgehalt Kalk -Faulschlamm (ge¬
bildet entsprechend z. B. den beiden Ausdrücken Ton-Mergel und
Mergel-Ton) s. unter Sapropel-Kalk.
Der gemischte Schlamm Passarge's (1902, S. 96, auch S. 92)
ist im Wesentlichen Kalk-Faulschlamm; sein VaucherHa- Sch lamm
ebenfalls, nur daß hier Vaucheria- Arten die Haupt-Sapropelbildner
sind, wie in anderen Fällen Diatomeen überwiegen können.
*) Lossen, General- Bericht über die im Aufträge des Magistrats der Königl.
Haupt- und Residenzstadt Berlin ausgeführte Geologische Untersuchung des
städtischen Weichbildes. Berlin 1879, S. 1039 und 1041.
2) Lossen, 1. c., Berlin 1879, S. 1042.
12*
180
Sapropel und Calciumcarbonat.
Graue und weiße Leber ist in Schleswig-Holstein (Fischer-
Benzon 1891, S. 37) ein Sapropel-Kalk bis Moorkreide. Über
»Leber« vergl. im Kapitel über die reinen Sapropele, S. 154/155.
Gytja (Gyttja) siehe S. 149.
Humoser Süßwasserkalk ist ein schlechter Ausdruck, da die
Beimengung nicht Humus ist; freilich wurden aber früher und
werden noch jetzt ohne Unterschied die- meisten brennbar-organo-
genen Reste des Bodens Humus genannt.
Kalkbrei, Lorenz 1858, S. 31 und 41.
Kalk-Faulschlamm resp. -Faulgallerte s. unter Sapropel-Kalk.
Kalk-Gyttja ist ein öfter gebrauchter Ausdruck für ein phy-
togen-zoogenes Faulschlamm-Gestein, das sehr reich an Kalk ist.
Siehe Näheres unter Sapropel-Kalk.
Kalkmudde (Weber 1904, S. 6) ist Faulschlammkalk. Mudde
s. S. 159.
Kalk-Sapropel resp. -Saprokoll s. unter Sapropel-Kalk.
Limuocalcit ist identisch mit Seekalk der Süßwässer, also
Süßwasserkalk.
Mergel-Sapropel (oder Sapropel-Mergel) oder -Saprokoll siehe
Kapitel Sapropel-Erden, S. 232.
Mergeltorf oder Torfmergel ist gelegentlich ebenfalls hierher
gehörig (in anderen Fällen handelt es sich jedoch (vergl. Ramann
1905, S. 181) sinnentsprechend um einen Halbtorf mit hohem
Kalkgehalt).
Modder der Berliner nennt Lossen (1879, S. 1039) das, was
ich als Sapropel-Kalk bezeichne, oder — da in dem Berliner
Modder besonders viele Diatomeen-Schalen sind — genauer Di-
atomeen-Sapropel-Kalk genannt werden kann; es ist das die so¬
genannte Berliner Infusorien- oder Diatomeen-Erde. Wie schon
S. 179 erwähnt, heißt sonst beim Berliner usw. jeder Schlamm
Modder, aber unter diesen ist der genannte im Untergründe Berlins
besonders verbreitet. Übrigens ist auch das Gestein, das Julius
Schumann 1857 als »Königsberger Infusorienlager« beschreibt,
ebenfalls kein Diatomeenpelit, sondern ein etwas reichlich Diato¬
meen führender Sapropelit. Da der Sapropel-Kalk oft auffallend
Sapropel und Calciumcarbonat.
181
hell ist, hört man ihn denn auch besonders charakterisieren als
Weißen Modder, im Gegensatz zu schwarz oder dunkel ge¬
färbtem Schlamm (also auch Sapropeliten), der dann Schwarzer
Modder z. B. in der Gegend von Buckow bei Straußberg, (d. h.
in der »Märkischen Schweiz«) heißt.
Molluskeil-Kalk (Schnecken-Mergel = Snäck-Gyttja
der Schweden), wenn das Gestein vorwiegend aus Mollusken-
Schalen entstanden ist.
Moorkalk ist Seekalk oder irgend einer von den genannten
Kalk-Sapropeliten, sofern er nach der Verlandung des Wassers
durch Moorbildung sieb unter Torf gelagert vorfindet in allen
Übergängen von Kalk-Sapropel bis zu reinem, schneeweißem Kalk
(Kreide). In dem letztgenannten Falle wollen wir den Moorkalk als
Moorkreide unterscheiden.
Moor-Mergel ist bei manchen Autoren Faulschlamm-Kalk oder
Kalk-Faulschlamm mit tonigen Beimengungen (Schlick-Beimengung).
Nach Hrn. Geh. Bergrat F. Wahnschaffe wird jedoch auf den
Karten der Königl, Preuß. Geolog. Landesanstalt unter Moor-
Mergel ein sandiger Humus (unsere Moorerde, S. 46) verstanden,
der nachträglich durch Überrieselung mit kalkhaltigen Wässern
oder durch Auflösung der reichlich vorhandenen Mollusken-
Schalen einen mehr oder minder hohen Gehalt an Kalkkarbonat
*
erlangt hat.
Muschelkalk heißt Sapropel-Kalk resp. Moor- oder Seekalk
gelegentlich bei der Landbevölkerung. (Vergl. Jentzsch 1892,
S. 229.)
PhacotllS - Kalk. In dem graublauen Süßwasserkalk von
Hollerup in Dänemark, sagt G. Lagerheim (Untersuchungen über
fossile Algen 1902, S. 498), kommen P/mcoto-Schalen so massen¬
haft vor, daß der Kalk zum großen Teil daraus besteht und zweck¬
mäßig als Phacotus- Kalk bezeichnet werden kann. Als dieses Se¬
diment abgesetzt wurde, muß das Wasser von den zahllosen,
herumschwimmenden Phacotus- Zellen grün gefärbt gewesen sein.
Die Polleu-gytje Steusloff’s (Torf- und Wiesenkalk- Ablage¬
rungen im Kederang- und Moorsee-Becken 1905, S. 39) ist, wie mir
182
Sapropel und Calciumcarbonat.
Hr. Steusloff unterm 11. September 1905 auf meine Anfrage mit¬
teilt »ein Wiesenkalk mit ca. 60 pCt. CaCOg, dessen organischer
Teil fast nur aus Pollenkörnern besteht. Sonst unterscheidet er sich
von dem Wiesenkalk aus anderen Tiefen desselben Lagers nicht,
ist also kein Pollentorf (Fimmenit). Den Namen wählte ich in
Anlehnung an Wesenberg-Lund’s Diatomeen-, Cyanophyceen- und
Chitin-gytje (Summary of studies upon lake-lime, pea-ore and lake-
gytje in Danish lakes. Copenhagen 1901), wenn man allerdings
den Pollen auch nicht direkt zum Plankton rechnen kann.« Es
handelt sich also durchaus nicht um Fimmenit, wie man aus dem
Namen Pollen- Gytje schließen möchte, sondern um Sapropel-
Kalk, denn unter den noch figuriert erhaltenen organischen Bestand¬
teilen sind nur die Pollenkörner besonders auffällig. Der Name ist
also nicht geeignet.
Sapropel- und Saprokoll-Kalk (Faulschlamm- und Faulgallert-
Kalk) resp. Kalk-Sapropel und -Saprokoll (Kalk-Faulschlamm und
-Faulgallert) sind sehr häufig und bilden unter Umständen mäch¬
tige Lager. Bei einigermaßen unter dem Mikroskop auffälligem
Vorhandensein von Diatomeen sind diese Gesteine oft für Diatomeen-
Pelit angesehen worden (Näheres S. 178/179). Der Sapropel- Kalk
ist an Ort und Stelle breiig (schlammig), er wird bei Wasserver¬
lust zunächst gallertig, in welcher Form er subfossil als Sapro¬
koll-Kalk häufig ist; er ist lufttrocken ein poröses, leichtes
und meist leicht brechbares Gestein, das bei hohem Kalkgehalt
sich der See- und Moorkreide nähernd schmutzig-weiß, mehr oder
minder grau, bei Eisenoxydhydrat-Beimengung gelblich oder auch
— - wenn durch Humus usw. beeinflußt — schwarz gefärbt ist. —
Kalk-Sapropel hingegen ist, wegen des hohen Sapropel-Gehaltes,
lufttrocken sehr hart.
Schnecken -Kalk, -Mergel etc., s. Mollusken-Kalk.
Seekalk ist dasselbe wie Moorkalk, so lange das Material noch
den Boden unverlandeter Wässer bildet. Den schneeweißen, sa-
propelfreien oder fast sapropelfreien Seekalk wollen wir
Seekreide nennen, sei es, daß in diesem Falle von vornherein
durch reiches Vorhandensein von Kalkwasser wesentlich Kalk ab¬
geschieden wurde, sei es, daß die Sapropel-Substanzen Gelegenheit
Sapropel und Calciumcarbonat.
183
hatten, der vollständigen Zersetzung anheim zu fallen. Seekalk
bildet sich übrigens — wie aus früher Gesagtem hervorgeht —
natürlich nicht blos in Seen.
Seemergel = vorwiegend Seekreide.
Weiße Leber, s. graue Leber.
Weißer Modder, s. unter Modder.
Weißer Sohlton (nämlich »white clay of bottorn«) wird der
Moorkalk des Great dismal-swamp genannt.
Weißsand (Gümbel, Geologie von Bayern II, 1894, S. 365)
ist ein Synonym für Alm.
Wiesenkalk und -kreide. Synonyme zu Moorkalk resp. Moor¬
kreide.
Wiesenmergel desgl.
Die meisten dieser Termini beziehen sich auf Saprokoll-
Kalk, oder bei stärkerem Sapropel-Gehalt auf Kalk-Saprokoll.
Beide haben etwa die Konsistenz von festerem Quark. Auch bei
reichlicherem Sapropel-Gehalt kann lufttrockener Sapropel-Kalk
sehr hell oder fast bis ganz weiß sein. Will man sich nun schnell
und bequem orientieren, ob man es wirklich mit Kalk-Sapropel
oder Sapropel-Kalk zu tun hat oder aber mit reinem Kalk, so
empfiehlt es sich — wenn man nicht eine mikroskopische Unter¬
suchung vorzieht — - das Material unter Luftabschluß zu erhitzen,
wobei die Sapropel-BestandteiJe als Destillations-Rückstand Kohle
zurücklassen, die die Gesteine schwarz färbt, während der reine
und reinere Kalk (See- und Moorkreide in unserem Sinne) weiß
bleibt, höchstens (bei sehr geringem Sapropel-Gehalt) hellgrau
wird.1)
Letzteres ist sogar bei der Rügener Kreide der Kreideforma¬
tion der Fall! — Um sich zu vergewissern, daß es sich wirklich
in der schwarzfärbenden Substanz um Kohle handelt, wird man
9 Ich nehme für dieses einfache Experiment einen mit Porzellandeckel be¬
deckten kleinen Platintiegel, der durch einen Bunsenbrenner erhitzt wird. Dies
gestattet auch ein approximatives Urteil über den Gehalt an brennbaren Destil¬
lations-Produkten zu gewinnen, die in Gasform zwischen Deckel und Tiegelrand,
resp. bei zentral durchlöchertem Deckel aus dem Loch entweichend, dort ver¬
brennen.
184
Sapropel und Calciumcarbonat.
zur Kontrolle eine bei Luftabschluß geglühte Probe nachträglich
bei Luft-Gegenwart glühen, wobei durch Verbrennung der Kohle
wiederum Aufhellung stattfinden muß. Kommt nämlich FeS2
(Zweifach-Schwefeleisen, Schwefelkies) in Sapropeliten vor, so er¬
gibt sich nach dem Glühen ebenfalls Schwarzfärbung durch Bil¬
dung von FeS (Einfach-Schwefeleisen). Um nun in solchen Fällen
zu sehen, ob außerdem nun noch Kohle entstanden ist, wird man
das FeS durch Behandlung mit HCl verwandeln in das in Lösung
hellgrüne FeCl2 (Ferrochlorid); es entwickelt sich H2S, das sich
durch den Geruch bemerklich macht. Bleibt danach die Probe
doch noch schwarz, so ist Kohle vorhanden und man wird dies
ebenfalls durch Verbrennen bei Luft-Gegenwart kontrollieren. Da
es nun aber auch Humus-Gesteine und Liptobiolithe gibt, die beim
Glühen unter Luftabschluß dunkel bis schwarz werden, nämlich
dann , wenn helle Humusstoffe oder harzige etc. Stoffe in dem
Gestein vorhanden sind, so ist es in den Fällen, in denen es zweifel¬
haft ist, ob man es mit einem Sapropelit zu tun hat, die mikrosko¬
pische Untersuchung nicht zu umgehen.
Je nachdem in dem Material von Pflanzen oder von Tieren
gebildeter Kalk vorwaltet, wird man phytogenen oder zoogenen
Kalk oder Sapropel-Kalk usw. unterscheiden. Charac#en-Kalk-
Reste z. B. können Seekreide fast ganz ausschließlich zusammen¬
setzen und ihm einen besondern Charakter verleihen (Characeen-
Kalk), der sich von dem derjenigen Seekreiden unterscheidet, die
vorwiegend aus Molluskenschalen (M oll u ske n- K alk) bestehen.
Da die Kalk-Skelette in den See- und Moor-Kreiden oder Kalk-
Sapropeliten jedoch meist so zerfallen, daß sie nicht mehr zu er¬
kennen sind, ist es nicht immer festzustellen, ob der Kalk wesent¬
lich phytogener oder zoogener Herkunft ist. Gewöhnlich handelt es
sich um phytogen-zoogene Kalke wie in den folgenden Beispielen.
Die noch figuriert erhaltenen, bestimmbaren Bestandteile eines
bestimmten Falles von Sapropelkalk unter Flachmoortorf, ca. 300 in
NO. des Teltower Sees (H. Potonie leg. 1903) waren1):
9 Bei der Bestimmung der Reste hat mich Hr. Prof. Dr. Marsson freund-
lichst unterstützt. Potonie, Über Kalkgytje aus dem Bäkethal in Engler’s Bot.
Jahrbüchern, Beiblatt, Leipzig 1903, S. 79.
Sapropel und Calciumcarbonat.
185
Pflanzliche Reste:
Gewebefetzen höherer Pflanzen (z. B. u. a. ein Fetzen einer
Coniferen-Hydrostereide, Lemna , Epidermis und Wurzeln),
viele Pollenkörner von Pinus silvestris ,
Farn- und andere Sporen,
Moosreste,
Pediastrum boryanum var. longicorne u. var. granulatum ,
Fadenalgenstücke (wie Cladophora und Vaucheria ),
sehr viele Diatomeen-Arten *).
Tierische Reste:
Schnecken und insbesondere ihre Deckel,
Chitinpanzerstücke von kleinen Crustaceen und Insekten,
Schnabelstücke von Bosmina ( longirostrisf ),
Insektenlarven und Insekteneier,
Eihüllen von Rotatorien,
Spongillennadel,
Cryp to difflugia .
Das ganze noch bestimmbare Material ist in einer gallertigen
Grundsubstanz eingebettet, herstammend aus verfaulten Teilen der
Organismen und gewiß -auch Tierkot. Außerdem viel CaCOg vor¬
handen.
In einer anderen Probe eisenhaltigen Sapropel-Kalkes unter
Torf (darunter Sand) von Beelitzhof bei Wannsee (Havelgebiet) be¬
stimmte Hr. Prof. Marsson freundliehst:
Pflanzliche Reste:
viele Diatomeen: Cymbella cistula , Navicula viridis und
major , Navicula inflata , Cymatopleura vo/öa-Fragmente,
Synedra uhia- Fragmente, Epithemia- Fragmente, Melosira
tenuis- Fragmente, S tephanodiscus sp., Encyoneum ventri-
cosum ,
viel Pinus- Pollen,
Pediastrum boryanum var. longicorne ,
pflanzlicher Detritus.
Eine Liste der Diatomeen-Arten findet sich weiter hinten im Abschnitt
Sapropel und Siliciumdioxyd.
186
Sapropel und Calciumcarbonat.
Tierische Reste:
Euglypha alveolata , einzeln,
Hüllen von Rotatorien-Eiern,
Hüllen von Insektenlarven, nicht selten,
viele Chitinpanzerstücke von Crustaceen, besonders Daph-
niden: Chydorus sp., Alona sp., Daphnia sp.,
Gerüstnadeln von Spongillen.
Im Übrigen wie vorher, dazu noch reicherer Eisengehalt.
Der ebenfalls ziemlich eisenhaltige Sapropel-Kalk von dem
S. 176 angegebenen Profil in Charlottenburg (Witzlebenplatz)
zeigte von organischen figurirt erhaltenen Teilen:
Pfl anzen-Reste:
Diatomeen, sehr spärlich,
Microcystis ,
Nymphaeaceeen-Innenhaare,
Betulaceen-Pollen,
Einus silvestris- Pollen und Spiral-Hydroide wohl von der¬
selben Spezies,
unbestimmte Gewebefetzen usw.
Tierische Reste:
Gastropoden-Schalen,
Insekten-Beinreste,
Eier von Wasserwanzen.
Ferner:
Schwarze Pyrit-Kügelchen, massenhaft.
Ein von Prof. Jentzsch 1905 mitgebrachter Sapropel-Kalk
von Gosslershausen in Westpreußen (Grenze Hohenkirch-Bruzwa)
wies auf:
P fl anzen-Reste:
Viele Kleinalgen, wie Palmelia , Microcystis , Scenedesmus ,
Cosmarium , Pediastrum ,
Leptothrix- Fäden,
Farnsporangium-Ring,
Pmws-Pollen (viel), Betulaceen-Pollen,
Nymphaea- Gewebereste und andere.
Sapropel und Calciumcarbonat.
187
Tierische Reste: •
Crustaceen-Häute und -Gliedmaßen,
Eier von einer Wasserwanze, wie Fig. 16 z.
Ferner:
Pyrit-Kügelchen (wenig).
Diese Beispiele mögen genügen, um zu zeigen, daß ein prin-
cipieller Unterschied hinsichtlich der noch figuriert vorhandenen
Bestandteile zwischen reinem Sapropel und Sapropel-Kalk etc. nicht
besteht.
Im Gegensatz zu den Pflanzen- und Tier-Kalken stehen
die ohne Unterstützung von Organismen gefällten Kalkniederschlä¬
ge, nämlich die Kalksinter.
Kalksinter (oder leider dann oft Kalktuff genannt, wenn
das Material mehr porös, locker ist1), Travertin, lapis
tiburtinus — Tiber-Gestein etc.) ist ein Kalkabsatz in meist
reinerer Form aus solchen Kohlendioxyd-Quellen, die reich an ge¬
löstem Calciuinbicarbonat sind. Aus dem Quellwasser wird an alle im
Wasser befindlichen Gegenstände (Steine usw.) CaCOs niederge¬
schlagen, da das Wasser an der Luft das Kohlendioxyd leicht abgibt,
wodurch die Lösungsfähigkeit für Calciumcarbonat aufhört. Daß
solcher Kalk natürlich auch an Pflanzen, die in dem von der Quelle
gespeisten Wasser leben und zwar (vergl. S. 170) dann besonders
reichlich niederschlagen wird, ist natürlich, macht aber diese Kalk¬
sinter noch nicht zu echten ausschließlichen Pflanzenkalken. Aber es
gibt danach selbstredend Übergänge zwischen dem meist festen, nur
zuweilen lockeren, aber doch immer mehr oder minder als Krusten-
Absätze erscheinenden Kalksintern und den mehr erdigen Pflanzen¬
kalken, die lufttrocken bei uns gewöhnlich stauben. Gewisse Pflan¬
zenkalke (Algenkalke) des Meeres sind hingegen gewöhnlich so
1) Se nft, 1861, S. 266, unterscheidet die an der Oberfläche der Erde ent¬
stehenden Kalk- Ausscheidungen als Kalktuff von den im Innern der Erde (in
Höhlen usw.) gebildeten als Kalksinter. Andere — - wie Walther — wollen für
obige Gesteine nur von Kalksinter gesprochen wissen, da es sich nicht um (vul¬
kanischen) Tuff handele. In der Tat ist Kalktuff nur im übertragenen Sinne
Tuff, diesem nur in der lockeren Beschaffenheit gleichend.
188
Sapropel und Calciumcarbonat.
fest wie Korallenkalke, so die Lithothamnion- Kalke. Die beiden
Gesteins- Arten sind aber in ihrer so überwiegend häufig typischen
Entwicklung durchaus zu trennen.
Ob manche Kalksinter in der Tat — wie angenommen wird
— nur durch Vermittlung von Pflanzen entstehen oder nicht
auch gebildet würden, wenn die die Bildung freilich unter¬
stützenden Pflanzen nicht da wären, wäre doch noch näher zu
untersuchen. Eine sehr kalkreiche Quelle muß, sollte man den¬
ken, an das Freie kommend, aus rein chemischen Gründen Kalk
absetzen. Ferd. Cohn meint1), daß es wesentlich Schizophyceen
(Phycochromaceen, Cyanophyceen) seien, die durch krystallinische
Ausfällungen im Innern ihrer Gallerte die Travertine erzeugten.
Bei den im Anio liegenden Blättern, Stengel- Teilen und dergl.,
die mit einer Kalkkruste überzogen sind, ist diese Kruste freilich
von solchen niedersten Algen bedeckt2). Auch in den warmen
Quellen von Karlsbad hat der Genannte3) beobachtet, daß Kalk¬
sinter gleich dem , aus welchem die ganze Sprudeldecke besteht,
innerhalb der lebendigen Decke blaugrüner Schizophyceen abge¬
schieden wird. Ähnliches konnte dann noch vielfach anderweitig
konstatiert werden, so an den Sinterterrassen der Mammut Springs
(von 78° C.) im Yellowstone-Park, Colorado4). Cohn sagt, daß
es sich offenbar um ein Speicherungsvermögen gewisser Algenarten
in ihren Gallert -Scheiden handelt, wie es auch den kalkabschei-
denden Tieren (Mollusken, Echinodermen, Polypen, Foraminiferen
usw.) zukommt.
Die erwähnten Kalksinter sind freilich niemals oder doch nicht
irgend wie bemerkenswerte sapropelhaltige Gesteine.
Fossil, d. h. in den vordiluvialen Formationen sind bekannt¬
lich organogene Kalke sehr häufig, aber ebenso häufig sind fossile
b Cohn, 70. Jahresber. der Schles. Gesellsch. für vaterländische Kultur
Breslau 1893, S. 77 — 79.
2) Yergl. auch Cohn, Jahrb. für Mineralogie 1863.
3) Cohn, Uber die Algen des Karlsbader Sprudels mit Rücksicht auf die
Bildung des Sprudelsinters, 1862.
4) W. H. Weed, Formation of travertine aud siliceous sinter by the Vege¬
tation of hot springs. U. S. Geol. Surv. Report 1887/88. Washington 1891.
Sapropel und Calciumcarbonat. 189
Sapropel-Kalke: es sind dies die so sehr häufigen »bituminösen
Kalke«.
Die Kalke, ob rezent oder fossil, sind — wenn sie überhaupt
kaustobiolithisches Material führen — ganz vorwiegend Sapropelit-
Kalke, während Humus- Substanzen sich in Kalk weit schlechter
konservieren. Diesbezüglich mache ich auf eine Mitteilung Kefer-
STEIn’s (1826, S. 66) aufmerksam, der schon schreibt: »Hr. Ab-
beston zeigte (Ann. philos. Aug. 1819), daß Kalk die Fäulnis
der animalischen Substanz in eben dem Maße verhindere, als er,
den Vegetabilien zugesetzt, die Zerstörung desselben befördere;
er vergrub Fleisch mit Kalk umgeben und nach 5 Monaten war
es noch ganz unverdorben; Vegetabilien auf gleiche Art behandelt,
zeigten sich in der gleichen Zeit vollkommen zerstört.« Wir
wissen, daß dort, wo sich »Humussäuren« bilden, diese bei hinrei¬
chend vorhandenem Kalk »Kalkhumat« bilden; dieses zerfällt aber
relativ leicht wieder, doch so, daß zwar auf der einen Seite wieder
Calciumcarbonat entsteht, das dann von neuem Humussäure bildet,
auf der anderen Seite jedoch entstehen sich meist verflüchtigen¬
de Gase. Die vollkommene Oxydation von Humussubstanzen wird
•
also durch Kalk beschleunigt1), wie das von der Kalkdüngung
von Humusböden her bekannt ist, während bei den für das Sapropel
wesentlichen Bestandteilen, wenn der Kalk auf ihre Zersetzung über¬
haupt einen Einfluß übt, dieser jedenfalls kaum gegenüber demjeni¬
gen *auf Humussubstanzen in Rechnung kommt. Es scheint rich¬
tig, daß CaCOs (von Ca(OH)2 sehe ich ab, da er in der freien
Natur nicht in Betracht kommt) auf die wesentlichen Urmateria-
lien von Sapropel (Proteine, Fett) konservierend wirkt. Ich habe
in Reagenzgläsern Sapropel-Kalk-Pulver und Wasser 1. mit rohem
Rindfleisch, 2. mit Rinderfett, 3. mit frischen Tfr/aaWAws-Blättern,
4. mit frischem Moor -Torf zusammengetan, einige Jahre stehen
lassen (nur gelegentlich H20 nachgefüllt) und glaube bemerkt zu
haben, daß die Humus^esteine in der Tat sich schneller zersetzen.
Die Experimente müßten aber genauer wiederholt werden.
b Vergl. B. WoLLNy, Die Zersetzung. Heidelberg 1897, S. 130 ff.
190
Sapropel und Siliciumdioxyd.
Es würde daraus folgen, daß in einem Kalk-Sapropelit, der
sich unter Zersetzungs-Bedingungen befindet, die Humus-Bestand¬
teile schneller verschwinden als die Sapropel- Beimengung.
Sapropel und Silioiumdioxyd.
Die wesentlich Siliciumdioxyd führenden Sapropelite sind in
2 Gruppen zu scheiden.
1. Sapropelite mit organogenem Siliciumdioxyd. Unter ihnen
sind die Di atomee n-Pelite die wichtigsten für uns, weil sie es
unter den Kieselskelettablagerungen sind, die noch besonders viel
brennbare organische Substanz enthalten. — Diatomeen-Sa-
propel nennen wir einen Diatomeen - Pelit mit reichlicheren
brennbaren Teilen. Der Ausdruck Diatomeen- Saprokoll ver¬
steht sich nach dem Gesagten ohne Weiteres.
2. Sapropelite mit anorganogenem Siliciumdioxyd. Diese sind
solche, die durch Drift oder Wind beigemengten Quarzsand ent¬
halten; hier haben wir also Sapropel- (Saprokoll-)Sand (wenn
der Sand gröber: Sapropsammit) u. dergl.
1. Der Diatomeen-Pelit.
Neben den Pflanzen, die große Mengen von Kalk zu ihrem
Skelettbau verwenden, gibt es auch solche, die dazu lösliches Si¬
liciumdioxyd benutzen und bei reichem Vorhandensein im Saprope-
lit diesem dadurch besondere Eigentümlichkeiten verleihen. In
erster Linie kommen hier die Kieselalgen in Betracht, deren
Kieselskelettanhäufungen den Characeen- und Algenkalken über¬
haupt entsprechend nun sehr kieselreiche Ablagerungen von »Di¬
atomeen-Pelit« zu bilden vermögen.
Es gibt Plankton- und Schlamm-Diatomeen, auf Wasser¬
pflanzen befestigte oder zu Kolonieen vereinigte, angewachsene Di¬
atomeen, und unter diesen sind es die Plankton-Diatomeen, die
ordentliche, oft recht mächtige Ablagerungen erzeugen.
Die Bezeichnung der in Rede stehenden Kieselalgen als
Diatomeen ist am gebräuchlichsten, obwohl die Kieselalgen schon
1817 von Nitzsch als Bacillarien bezeichnet worden sind, während
Sapropel und Siliciumdioxyd.
191
der Name Diatomee erst 1824 von Agardh gegeben wurde1).
Ich schließe mich trotz der Priorität, die der Name Bacillarie hat,
dem Gebrauch Diatomeen zu sagen an, weil das Wort Bacillaria
nicht nur dem Sinne nach, sondern auch lautlich dasselbe bedeutet
wie Bacterie (vulgo Bacillus ); die Diatomeen besitzen ja aber nur zum
Teil die Form von Stäben (bacilli, bacilla, sing, bacillus, bacillum).
Insbesondere dem Mediziner bezw. Bakteriologen kann die nament¬
liche starke Übereinstimmung für diese beiden so heterogenen
Organismengruppen nicht genehm sein, so finden wir denn auch
z. B. bei B. Proskauer, der sich mit dem Diatomeengehalt eines
Bodenuntergrundes beschäftigt, die Diatomeen als »sogenannte Ba-
cillarien« bezeichnet2).
In Meeresbildungen würden außer Diatomeen auch die tieri¬
schen Kieselskelettbesitzer, die Radiolarien, in Betracht kommen.
Und wie es Diatomeenlager gibt, so gibt es auch solche, denen
0 Nach einer brieflichen Mitteilung von Herrn Prof. Dr. Otto Müller in
Tempelhof bei Berlin. Er schreibt mir unterm 1. II. 1904: »Der Name »Ba-
cillariaceen« ist der richtige, und ich habe mich desselben bei allen meinen Ar¬
beiten bedient, wenn auch der Ausdruck »Diatomaceen« weitaus gebräuchlicher,
insbesondere im Auslande, ist. — Die Gründe sind in E. Pfitzer, Bau und Ent¬
wicklung der Bacillariaceen, S. 5 ff. ausführlich entwickelt. Gmelin gab 1788
dem Vibrio paxillifer den Namen » Bacillaria paradoxa « und stellte damit die
erste Bacillariaceengattung auf. Die Gattung » Diatoma « wurde erst 1805 von
de Candolle gebildet. Nitzsch nannte 1817 die ganze Gruppe »Bacillarien«
und Bory de St. Vincent 1822 richtiger »Bacillariees«. Erst 1824 bildete
Agardh den Namen »Diatomeen«. Ehrenberg hielt mit Recht stets an der Be¬
zeichnung »Bacillarien« fest. Auch Kützing’s Hauptwerk führt den Titel: Die
kieselschaligen Bacillarien oder Diatomeen. Der Familienname Bacillarien
stammt also 1817 von Nitzsch her, während Agardh erst 1824 den Namen
Diatomeen gebrauchte. Die Ableitung von der Gattung Diatoma besteht zudem,
wie der Gattungsname selbst, zu Unrecht, da Loureiro 1790 eine Myrtacee als
Diatoma brachiata bezeichnete. de Candolle unterdrückte später den Namen
und änderte ihn zu Gunsten seiner Gattung Diatoma in Petalotoma. — So liegt
die Sache; das hinderte aber nicht die weitaus größere Verbreitung der Namen
Diatomeen bezw. Diatomaceen. — Richtig müßte es heißen: Bacillariaceen-Erde,
allerdings ein sehr langes Wort.«
2) Proskauer, Über die hygienische und bautechnische Untersuchung des
Bodens auf dem Grundstücke der Charite und des sogenannten »Alten Charite¬
kirchhofes«, S. 8. (Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten von Koch
und Flügge, 11. Bd., Leipzig 1892.)
192
Sapropel und Siliciumdioxyd.
viele Radiolarienschalen beigemengt sind, natürlich sind auch aus
beiden Kieselskelett-Elementen gemischte Ablagerungen bekannt.
Ich selbst konnte eine von der Valdivia-Expedition mitge¬
brachten Probe untersuchen. Sie stammte aus 5508 m Meeres¬
tiefe, aufgeholt aus 590 1?2' südlicher Breite und 47° 38,3' östlicher
Länge, und glich einem reinen Diatomeen-Pelit mit nur noch
Spuren organischer brennbarer Substanz. Die mehr oder minder
diatomeenreichen Diatomeen-Schlamme der Tiefsee gehören der
kalten Region (der Arktis und Antarktis) an, nur ausnahms¬
weise kommen sie auch in der tropischen Meeresregion vor wie1)
im Perustrom nahe am Äquator (nach Alex. Agassiz) und öst¬
lich von den Philippinen (nach Flint). Es steht das in einem
Gegensatz zu der Verbreitung des Radiolarienschlammes (eines
roten Tones mit vielen Skelettresten von Kieselorganismen, be¬
sonders von Radiolarien, aber auch von Diatomeen und Kiesel-
spongien, deren Nadeln sich in dem Schlamm finden), der in ge¬
ringerer Verbreitung nur in tropischen Regionen zu Hause ist.
Die Diatomeen lieben in der Tat im allgemeinen klares und
kühles Wasser, weshalb ein solches Wasser ein besonders reiches
Diatomeenleben aufweist, wie dies z. B. beim Traunsee der Fall
ist, in welchem unter dem Plankton den Diatomeen nach K. von
Keissler die Hauptrolle zufällt. Jedoch bedürfen die Arten, die
in dem genannten See mit relativ niedriger Mitteltemperatur Vor¬
kommen, der Sommertemperatur, um sich massenhaft zu entwickeln.
Asterionelia formosa var. subtilis ist dort durch lange Zeit hin¬
durch führend, so daß dort Reinkulturen davon vorhanden sind2).
Kalkliebende Organismen gedeihen im Gegensatz zu den Diato¬
meen in den kälteren Gewässern weniger gut, dem entspricht
dann auch die gewaltige Verbreitung des Globigerinenschlammes,
besonders in den tropischen und subtropischen Meeresregionen.
Ist wenig oder kein Kalk in Lösung, so wird auch aus
diesem Grunde das Diatomeen-Plankton reichlicher sein. Je ge¬
ringer der Kalkgehalt, um so zahlreicher sind die Diatomeen3).
9 Vergl. Krümmel, Ozeanographie 1907, S. 205.
3) Keissler, Phytoplankton des Traunsees, 1907.
3) S. diesbezüglich auch Tolf, Sv. Tidskrift 1902, p. 283.
Sapropel und Siliciumdioxyd.
193
Dies ist der Fall in Gegenden mit ausgelaugten Böden, oder wo
von vornherein kein oder zu wenig Kalk vorhanden ist. In diesem
Falle ist die Lösungsfähigkeit des Wassers für Siliciumdioxyd
größer. So fand sich in einem Fall nach einer Analyse von
Wein *)
in 1 1 Flachmoorwasser 102 mg CaCOß und 1,6 mg Si02,
in 1 1 Hochmoorwasser jedoch kein CaCOß, aber 10,18 mg SiCV
Dem entspricht die Angabe S. Passarge s bei Besprechung
der in allen Wüsten häufigen Kieselsäurebildungen* 2), indem er als
Vorbedingung für ihre Entstehung auf die Anreicherung von
Salzen, namentlich kohlensauren Alkalien (doch auch Chlornatrium
kommt in Betracht) hinweist, die Siliciumdioxyd stark lösen, so¬
bald sie selbst bei Beginn nasser Perioden in Lösung geraten.
Diese Lösungen fällen bei der Verdunstung des Wassers Opal
und Chalcedon aus und »kiesein« lockere Gesteine (Sand) ein.
Daher finden wir Diatomeenlager, rezent und fossil, z. B.
häufig in der Lüneburger Heide und auf Böden bezw. in Medien
mit eruptiven Silikatgesteinen, wie im Cantal (Frankreich)3), im
trachy tischen Gebiet vom Monte Amiata (Italien)4), im südöstlichen
Teil der Pinal County (Arizona), wo ein sehr mächtiges Lager
von Diatomeenschalen, vermischt mit äolischer, vulkanischer Asche
vorkommt als Ausfüllung eines ehemaligen Sees 5).
Im Gegensatz zum Kalk sind eisenhaltige Wässer für die
Entstehung von Diatomeen-Lagern nicht störend: in der Lüne¬
burger Heide sind die Diatomeen-Pelit-Lager in Sande eingelagert,
die stark durch Eisenoxyd hydrat gelb gefärbt sind. Am Monte
Amiata kommen sie zusammen mit Eisenocker (»Bol«) vor. Das
ist überhaupt oft der Fall, so z. B. auch bei dem diluvialen Di-
9 Mitgeteilt in Reindl, Die schwarzen Flüsse Südamerikas, München 1903,
S. 96.
2) Passarge, Kalahari, Berlin 1904.
3) Heribaud, Les Diatomees fossiles d’Auvergne (Paris 1903 und vorher).
4) B. Lotti, Kieselgur und Farberden in dem trachytischen Gebiet vom
Monte Amiata. (Zeitschr. prakt. Geologie, Berlin 1904, S. 209 ff.)
5) W. P. Blake, Diatom-earth in Arizona (Americ. Jnst. Mining Engrs.
Trans. 1903, p. 38—45).
Neue Folge. Heft 55.
13
194
Sapropel und Siliciumdioxyd.
atomeenlager bei Klieken zwischen Roslau und Coswig (Anhalt)1).
Ja diese Erscheinung ist so allgemein, daß sich sogar in einem
sehr viele Diatomeen in 25 Arten enthaltenden Staub, der bei
Camberwell und St. Kilda in Australien durch Regen niederge¬
schlagen wurde, — nach der Mitteilung von F. Chapman und
H. J. Grayson2) — auch reichlich Limonit vorfand, daher der
Name »roter Regen«. Diese Bestandteile kamen wahrschein¬
lich aus den Gebieten nördlich und westlich von Melbourne
her, von wo sie während der abnormen Trockenzeit von den
Rändern der Sümpfe und Salzseen weggefegt worden waren.
Nach alledem ist es erklärlich, daß Diatomeen-Lager im
Meerwasser, wie schon gesagt, in den kalten Regionen vorhanden
sind, wo sie sich durch einfaches Niedersinken der absterbenden
Planktonindividuen bilden. Besondere Bedingungen kommen unter
Umständen hinzu. So treten nach H. Lohmann3) in gewissen
Meeressedimenten (im »roten Ton« und im »blauen Mud«) im
Atlantischen Ozean zwischen den Azoren und New York fast
immer gewisse große Diatomeen, Koscinodisken, auf und zwar an
einzelnen Stellen in so großer Menge, daß jedes mikroskopische
Präparat des Schlammes zahlreiche Exemplare enthält. Der Kos-
cinodiskus ist Coscmodiscus radiatus Ehrbg., eine sehr verbreitete,
aber vor allem in den nordischen und arktischen Küstengebieten
häufig vorkommende Art. Da nun die koscinodiskusreichen Se¬
dimente in dem Gebiete liegen, wo das kalte Labradorstromwasser
mit dem warmem Golfstromwasser zusammentrifft, so wird hier
wahrscheinlich ein unausgesetztes massenhaftes Absterben der
Diatomeen erfolgen, und da die zarten Skelette der Thalassiosiren,
Skeletonemen und von Chaetoceras , sowie die meisten übrigen echt
pelagischen Diatomeen schnell aufgelöst werden, bleiben in den
Ablagerungen nur die dickschaligen Koscinodisken übrig.
Diatomeen-Ablagerungen im Meerwasser mögen auch dadurch
b Vergl. K. Ströse, Das Bacillarienlager bei Klieken in Anhalt (Dessau
1884) und Mitteilung über das Diatomeenlager bei Klieken (Dessau, Schulpro¬
gramm, 1891).
2) Chapman und Grayson, Victorian Naturalist vom Juni 1903.
3) Lohmann, Sitzungsber. d. Kgl. Akad. d. Wiss. zu Berlin vom 30. April 1903.
Sapropel und Siliciumdioxyd.
195
entstehen können, daß durch ständigen Transport von Plankton-
Arten in Strömungen aus Wassern bestimmter Salzkonzentration
in Gewässer mit wesentlich anderer Konzentration, die dem Leben
dieser Arten ungünstig sind, ein stetiges massenhaftes Absterben
und daher Ablagern von Schalen bedingt wird. H. Reichelt
präzisiert das genauer in der folgenden Weise1): »Die Pflanzen¬
zellen sind (nach den Untersuchungen von Hugo de Vries) für
Änderungen im Salzgehalt ihrer Umgebung wegen der dadurch
bedingten Veränderung der in ihnen herrschenden Druckverhält¬
nisse empfindlich, und es können infolgedessen diese Druckver¬
hältnisse durch Änderungen im Salzgehalt der umgebenden Flüssig¬
keit gemessen werden. Lebende Bacillarienzellen, in denen durch¬
schnittlich ein Druck von 4 — 5 Atmosphären vorhanden ist, sind
es in hohem Grade. Werden Süßwasserbacillarien in Salz wasser
gebracht, so zieht sich der Protoplasmainhalt zusammen. Umge¬
kehrt tritt beim Eindringen von Diatomeen aus Wasser von hohem
Salzgehalt in solches von niederem eine Ausdehnung des Plasina-
körpers bis zur Sprengung der Zellhaut ein. Aus dieser Ursache
findet an den Mündungen der Flüsse und überall, wo sich Fluß-
und Meerwasser mischt, fortwährend ein massenhaftes Absterben
von Bacillarien statt, und die nun zu Boden sinkenden, verkiesel-
ten Schalen tragen an geeigneten Stellen zur Bildung von Schlick¬
ablagerungen bei.«
Von Übergangs-Bildungen des Diatomeen-Pelits zu anderen
Gesteinen ist besonders der S. 178/179 beschriebene Diatomeen-
Sapropel-Kalk hervorzuheben. Bei der Tatsache, daß die Saprope-
lite bisher nicht genügend untersucht und klassifiziert wurden, ist
es Gewohnheit geworden, auch solche Gesteine, sofern sie auch nur
einige Diatomeen in jedem Präparat aufweisen, insbesondere Sa-
t
propel-Kalk, bei uns auch gleich als Diatomeen-Pelit u. dergl. zu
bezeichnen. Der längstwährende Irrtum dieser Art ist auf
Ch. G. Ehrenberg zurückzuführen, der seinerzeit einen etwas
stärker Diatomeen führenden Sapropel-Kalk Berlins »Infusorien-
!) Reichest in F. Schicht, Das Wasser und seine Sedimente im Flutgebiet
der Elbe. Jahrb. d. Kgl. Preuß. Geol. Landesanstalt für 1904, S. 455 — 456.
13*
196
Sapropel und Siliciumdioxyd.
Diatomeen = Pelit,
300 x vergrößert, von Ober = Ohe in der Lüneburger Heide.
(Freuudlickst für mich aufgenommen von Herrn Richard Volk.)
dann zur Folge, daß verkehrte Theorien zuwege kommen, wie die¬
jenige von der Herkunft des Petroleums wesentlich von Diato-
meen-Lagern. Vielfach ist Diatomeen-Pelit nur ein Verlegenheits¬
ausdruck geworden, weil die Autoren das Gestein sonst nicht zu
bestimmen verstehen. Die Diatomeen sind unter dem Mikroskop
dermaßen auffällige und als Diatomeen so leicht zu bestimmende
Organismen, ihre Erkennung ist so leicht, daß ihr bloßes Vor-
Erde« nannte ebenso wie die reinen Diatomeen-Pelite, und Krä¬
mer nennt aus demselben Grunde — wie wir S. 126 (Anmer¬
kung) sahen — ein ganz typisches, sehr gemischt zusammen¬
gesetztes, auch Diatomeen enthaltendes Sapropel ein »Leichen¬
feld von Bacillariaceen« , indem er freilich vieles als dieser Fa¬
milie zugehörig angesehen hat, was nicht dahin gehört; das hat
Figur 19.
Sapropel und Siliciumdioxyd.
197
bandensein nur zu oft für die Autoren genügend war, um ein
Gestein als Diatomeen-Pelit anzusprechen. Was müßte man dann
aber nicht dazu rechnen? Wo kommen nicht Diatomeen vor?
Vom Winde transportiert, findet man sie oft im Staub, in Exkre¬
menten von Wasservögeln, die sie mit der Nahrung aufnehmen,
so im Guano sind sie sehr häufig usw. Deshalb, weil Meerwasser
Kochsalz enthält, ist es doch noch kein Kochsalz; wenn ich dem¬
entsprechend in einem Gestein eine Anzahl Diatomeen finde, darf
ich doch nicht ohne Weiteres dieses Gestein als Diatomeen-Pelit
ansprechen! Diatomeen-Pelit darf in Zukunft nur ein Gestein mit
so vorwiegendem Diatomeen-Gehalt genannt werden, daß es tech¬
nisch als »Kieselgur« verwertbar ist, Fig. 19, ebenso wie man z.B. von
Steinkohle nur dann spricht, wenn das Gestein als gutes Brenn¬
material brauchbar ist und man dementsprechend einen nur etwas
kohligen Schiefer nicht als Steinkohle bezeichnet.
Um eine Vorstellung davon zu geben, wie viele Diatomeen-
Arten zusammen leben und sich dementsprechend in Diatomeen
führenden Sapropeliten vorfinden können, sei eine Liste von Arten
geboten, die Herr Prof. Dr. Otto Müller in einem kleinen Pröbchen
Diatomeen-Sapropel-Kalk, den ich in 8 m Tiefe unter Torf beim
Bau des Teltowkanals bei Gr.-Lichterfelde nordöstlich des Teltower
Sees vorfand, freundlichst für mich bestimmt hat. Dieses berg¬
feucht nur wenige Zentimeter große Pröbchen enthielt:
cd o
Amphora ovalis Kütz.
» ovalis var. affinis — A. affinis Kütz.
» ovalis var. Pediculus = A. Pediculus Kütz.
Cocconeis Pediculus Ehr.
» Placentula var. lineatci Cl
Cyclotella comta (Ehr.) Kütz.
» comta var. radiosa Grün.
» Kützingiana Chauv.
» Meneghiniana Kütz.
Cymatopleura elliptica (Breb.) W. Sm.
» Solea (Breb.) W. Sm.
» Solea var. n.
Cymbella affinis Kütz.
198
Sapropel und Siliciumdioxyd.
Cymbella amp)hicephala Naeg.
» Cistula Hempr.
» cuspidata Kütz.
» cymbiformis Ehr.
» Ehrenbergii Kütz.
» Ehrenbergii var. delecta Cl. — C. delecta A. S.
» helvetica Kütz.
» lanceolata Ehr.
» leptoceros (Ehr.) Grün.
» maculata (Kütz.) — C. Cistula var. maculata Cl.
» parva W. Sm.
» aequalis W. Sm. = C. obtusa Greg.
» aequalis var. subaequalis Cl.
Epithemia Argus (Ehr.) Kütz.
» turgida (Ehr.) Kütz.
» Zebra (Ehr.) Kütz.
» » var. proboscidea Grün.
Eunotia gracilis (Ehr.) Rbh. nee. W. Sm.
» pectinalis var. stricta Rbh.
Fragilaria construens var. venter Grün.
Gomphonema acuminatum. Forma Brebissonii Cl. = G. Bre¬
bissonii Kütz.
Gomphonema acuminatum var. intermedia — G. ac. v. elon-
gata W. Sm.
Gomphonema constrictum Ehr.
» constrictum var. subcapitata Grün.
» intricatum Kütz.
» parvulum Kütz. = G. Lagenula Kütz.
» subclavatum var. Mustela Cl. = G. Mustela Ehr.
» subclavatum var. montana Cl. = G. montanum
var. suecica Grün.
Naviculae:
Anomoeoneis sphaerophora Kütz.
Coloneis Silicula y genuina Cl. — Nav. limosa Donk.
?> Silicula var. alpina Cl. = Nav . Silicula Grün.
Sapropel und Siliciumdioxyd.
199
»
»
»
Navicula anglica Ralfs
gastrum (Ehr.) Donk.
oblong a KÜTZ
oblonga Kütz. var.
Piacentula Ehr. \ Uneolatae Cl.
radiosa var. tenella Breb. i
radiosct var. acuta Grün.
Reinhardtii Grün.
rostellata Kütz.
Tuscula (Ehr.) Grün.
cuspidata Kütz. Orthostichae Cl.
Pupula Kütz. Mesoleiae Cl.
BacHlum Ehr. ) ^
f naciUares EL.
Pseudobaciüum Grün. \
Neidium bisulcata Lgst.
amphigomphus Ehr.
affine var. amphirhynchus Ehr. = Nav. amphirhynchus
» Iridis Ehr. = Nav. firma Kütz.
Pinnularia major Kürz.
» nobilis (Ehr.) 'Kütz.
»
»
»
»
»
»
» viridis Kütz.
» microstauron Ehr. = P. Brebissonii Kütz
» stauroptera Grün.
\
» stauroptera var. in te rrup tct'N L .
Stauroneis P/wenicenteron Ehr.
Pleurosigma attenuatum (Kütz.) W. Sm.
Nitzschia sigmoidea (Ehr ) Sm.
» recta Hantzsch.
Rhopalodia gibba (Kütz.) O. M.
Synedra capitata Ehr.
» Ulna var. splenclens
Surirella constricta Ehr.
» biseriata Breb
» elegans Ehr.
200
Sapropel und Siliciumdioxyd.
Melosira grenuiata var. ambigua Grün.
» granulata (Ehr.) Ralfs.
» granulata , forma australiensis var. procera
» granulata var. jonensis , forma procera
» tenuissima Grün.
Herr Dr. Otto Müller berichtet hierzu unterm 5. Septem¬
ber 1903:
»Die gestellte Frage: ob die in der Schlammprobe vorkom¬
menden Arten alle zu der jetzigen Flora der Provinz Brandenburg
gehören, bezw. ob wesentliche Abweichungen gegenüber der heu¬
tigen erkennbar sind, vermag ich nicht mit genügender Sicherheit
zu beantworten. Die Diatomeen -Flora der Provinz Brandenburg
ist bisher nicht systematisch bearbeitet worden; die Aufgabe wird
die unlängst gebildete Kommission für die Kryptogamen-Flora von
Brandenburg erst im Laufe mehrerer Jahre lösen. Ich bin daher
auf meine beschränkte Kenntnis dieser Flora angewiesen.
Dagegen kann ich aussagen, daß alle in der Liste aufgeführ¬
ten Arten zu den heute lebenden gehören und daß die Mehrzahl
derselben mir auch aus der Provinz Brandenburg bekannt sind.
Wesentliche Abweichungen hinsichtlich der Gestalt oder der Größe
sind nicht aufgefallen; doch kommen Formen von Cymatopleura
Solea vor, welche vielleicht als neue Varietät aufzufassen wären.
Von besonderem Interesse dagegen ist das häufigere Vor¬
kommen der Surirella constricta Ehr. Ehrenberg fand diese
Art in der Berliner Diatomeen-Erde x) und bildete sie in der Mi-
••
krogeologie Tab. XIV., Fig. 37 ab. A. Grunow (Osterr. Diät.
1862. Erste Folge S. 451) suchte sie daselbst vergebens und auch
ich habe sie in Proben aus der Karlstraße nicht aufgefunden; sie
scheint daher in der Berliner Diatomeen-Erde selten zu sein. Nach
der allein vorliegenden Abbildung Ehrenbergs blieb die Art
zweifelhaft. Grunow hielt die im fossilen Depot von Benis Lake,
White Mountains U. S. vorkommende Form mit S. constricta Ehr.
identisch und bestimmte ferner eine im Brasso-Flusse bei Santos
*) Ist, wie das Material von Gr. Lichterfelde, das Herr Prof. 0. Müller unter¬
sucht hat, ein Sapropel-Kalk, aber kein Diatomeen-Pelit (vergl. S. 178/179). — P,
Sapropel und Siliciumdioxyd.
201
in Brasilien lebende Form als Varietät. Stärker abweichende Va¬
rietäten fand ich lebend im Nyassa- und Malomba-See in Süd-
Ost- Afrika. — Eine kurze Form aus der Erde von Klieken bildet
Stroese (Bacillarienlager bei Klieken, Tab. I, Fig. 26) ab. Diese
und die Formen von Benis Lake stimmen in der Tat mit den in
der Teltower Probe vorhandenen, mannigfach variierenden, Formen
überein. — Lebend wird Surirella constricta Ehr. von Racibors-
ki und Gutwinski aus der Tatra zitiert; ob es sich hier um die
EHRENBERG’sche Art handelt oder um Surirella linearis var. con¬
stricta W. Sm., ist mir zweifelhaft. Vielleicht aber gehört diese
letztere, von W. Smith (British Diatomaceae, Bd. I, Tab. VIII,
Fig. 58 a) abgebildete Art richtiger zu Surirella constricta Ehr.,
und dann würde sie nach A. Grunow nicht selten in Alpenbächen
und Alpenseen Vorkommen. Ich kenne S. linearis var. constricta
leider nicht aus eigner Anschauung. — Daß Surirella constricta
Ehr. jetzt noch lebend in der Provinz Brandenburg angetroffen
werden wird, ist zwar nicht ausgeschlossen, aber nicht wahrschein¬
lich.«
Bezüglich der im Folgenden vorgeführten Synonyme ist zu
bemerken, daß sie sowohl Diatomeen-Sapropel und Diatomeen-Sa-
prokoll umfassen, als auch diejenigen Diatomeen-Pelite, die brenn¬
bare organische Materialien nicht mehr enthalten. Diese Syno¬
nyme sind:
Algenmehl (Steinvorth 1864, S. 22).
Bacillarien(Badllariaceen)-Er(le.
Bergmehl.
Diatomeen- (oder Diatomaceen)-Erde.
Diatomeen- Schiefer. Die Diatomeen-Pelite entstehen durch
Sedimentierung, wodurch von vorn herein eine Schichtung der
Lager angestrebt ist. Durch nachträglichen Druck resultiert eine
senkrecht zur Druckrichtung orientierte Schieferung.
Diatomeeil-Sclilamm wird meist für Tiefsee-Diatomeen führen¬
de Ablagerungen gesagt. Der reinere D.-Schl. ist Diatomeen-
Pelit. Ramann möchte für diesen, sofern er dem Meere entstammt,
einführen (vergl. S. 164):
202
Sapropel und Siliciumdioxyd.
Diatomeeu-Schlick.
Diatomeen-Torf. Sogenannt von Früh, wenn noch brennbare
Bestandteile in dem Gestein vorhanden sind. Ein von dem ge¬
nannten Autor (Üb. Torf u. Dopplerit, Zürich 1883, S. 21) unter¬
suchter »Diatomeen-Torf« enthielt mindestens 90 pCt. Diatomeen,
im Übrigen sogen. »Humus« und Chitin.
Fossiles Mehl, nämlich farina fossile sagt man in Italien.
Inflisorien-Erde (auch lnfusorien-Kieselerde und In-
fusorien-Mehl genannt) Ehrenbergs, der die Diatomeen für
Tiere (Infusorien) hielt. Seine Berliner Infusorien -Erde ist aber
kein Diatomeen-Pelit (s. S. 178/179).
Kieselgur (gewöhnlich Kieselguhr geschrieben, gur stammt
aber von gären).
Kieselmehl.
Kieseltllff, der ein vom Wasser, nicht durch Vermittelung
von Organismen abgeschiedener Kieselsinter ist, ein Ausdruck, der
aber leider auch gelegentlich für Diatomeen-Pelit Verwendung
findet, die doch keine »Tuffe« oder besser Sinter sind.
Modder der Berliner. Siehe S. 157 u. 180.
Polierschiefer der Technik.
Raudanit, benannt von Salvetat nach der Örtlichkeit Randan
in Frankreich.
Saug - Kieselschiefer und Saug-Sehiefer ist ein von Opal¬
masse durchdrungenes Diatomeen-Gestein, das lufttrocken begierig
Wasser einsaugt. Bei der leichten Löslichkeit der Diatomeen-
Schalen bildet sich beim Wiederniederschlagen des Materiales
Opal (Hornstein), sodaß schließlich auch in Schichten, die viele
Diatomeen enthalten, Opalknollen (Hornsteinknollen, Menilite) ent¬
stehen, wie im »Menilit- Schiefer« des Tertiärs. In der unteren
Partie eines Diatomeen-Lagers vom Monte Amiata in Italien traf
B. Lotti (Zeitschr. f. Prakt. Geol. vom Juli 1904, S. 209) hie
und da gelatinöse, leicht an der Luft erhärtende Kieselsäure und
in den mit den Lagern verbundenen Eisen- (Ocker-) Schichten,
die Diatomeen- Schalen enthalten, »Halbopalplättchen« (S. 1. c.
211), offenbar aus den aufgelösten Schalen herstammend.
Sapropel und Siliciumdioxyd.
203
Schwimm-Kiesel ist ein Name, der sich auf die Schwimm¬
fähigkeit von lufttrockenem und dann viel Luft enthaltenden Dia-
tomeen-Pelit bezieht.
Terra silicea ist eine Bezeichnung, die man neben Kieselgur
gelegentlich im Handel findet und zwar die gebrannte als terra
silicea calcinata.
Tripel, Tripelscliiefer (frz. Tripoli, lat. lapis Tripolis und
terra tripolitana) sind von der Technik häufig benutzte Bezeich¬
nungen. Ich gebe in Klammern die lateinischen Ausdrücke mit
an, um auf die Etymologie des Wortes Tripel aufmerksam zu
machen.
Nicht zu den Synonymen von Diatomen-Pelit gehören, obwohl
es dem Wortsinne nach so sein müßte, außer Ehrenberg’s Ber¬
liner Infusorienerde, die — ich habe sehr viele Proben unter¬
sucht — generell durchaus kein Diatomeen-Pelit ist, ferner der
Kieselag der Dänen (Forchhammer und Steenstrup, 1842),
die Diatomeen-Gytj e Wesenberg- Lund’s u. a. Diese sind
Sapropel-Kalke oder Kalk-Sapropele mit besonders vielen Diato-
meen-Schalen, die aber in kaum irgend einem Sapropelit fehlen.
Mit dieser Aufzählung ist schon auf eine Anzahl Merkmale
i
des reinen Diatomeen-Pelits hingewiesen.
Diatomeen-Pelit kann schneeweiß sein und bildet einen äußerst
t
feinen aber scharfen Staub. Es ist aber zu beachten, daß solcher Dia¬
tomeen-Pelit nur da möglich ist, wo nachträglich oder bald nach oder
während der Bildung derselben eine Verwesung der verbrennlichen
kohlenstoff-haltigen Bestandteile möglich war. Es kann demnach
von vornherein Diatomeen-Pelit an Stellen unter Wasser entstehen,
die wegen größerer Sauerstoff-Zufuhr für die Bildung von Faul¬
schlamm ungünstig sind. Meist allerdings findet erst nachträglich
eine Verwesung resp. Auslaugung statt, die dann die Kieselpanzer
zurückläßt. So beobachtete ich in einer Kieselgurgrube der Lü¬
neburger Heide das Fig. 20 wiedergegebene Profil, das einen durch
Aufpressung hervorgebrachten Sattel von Diatomeen-Pelit zeigt.
Ganz unabhängig von den die Schichtung des Diatomeen-Pelits an¬
zeigenden Linien sind nun die tieferen und höheren Lagen in diesem
Profil so verschieden stark ausgelaugt, daß die oberste Partie
204
Sapropel und Siliciumdioxyd.
schneeweiß, die mittelste Partie dunkelgrau und die stärkste, un¬
terste Partie noch durchaus typische Faulschlamm-Farbe besitzt,
in diesem Falle dunkelgrünlich-braun. Im Kieselgur-Betrieb wird
danach weiße, graue und grüne Kieselgur unterschieden.
Die beiden letztgenannten Sorten müssen denn auch, um eine
handelsfähige Waare zu liefern, vorher gebrannt werden, und es
ist meist derartig reichliche organische Substanz darin, daß dieser
Diatomeen-Pelit, nachdem er lufttrocken geworden ist, in Form
von Meilern zusammengepackt, weißbrennt (»calciniert«). Der sich
dabei entwickelnde brenzliche Geruch ist bei richtigem Wind kilo-
Figur 20.
Profil durch ein aufgesatteltes Diatomeenpelit = Lager bei Ober = Ohe
in der Lüneburger Heide.
1 = Geschiebesand, 2 = weißer, 3 = grauer, 4 = grüner Diatomeenpelit.
meterweit zu verspüren. Es ist unter diesen Umständen nicht
wunderbar, wenn Diatomeen-Sapropel (graue und grüne Kieselgur)
als Isoliermasse, etwa für Dampf- und Warmwasser-Heizrohre be¬
nutzt, bevor sie »calciniert« (gebrannt) wurde, gelegentlich Brände
zu erzeugen im Stande sind, wie das z. B. in Hamburg manchmal
vorgekommen ist. Es darf für solche Zwecke eben nur gebrannte
Kieselgur benutzt werden.
Von figurierten Bestandteilen fand ich im Diatomeen-Pelit
von Ober-Ohe in der Lüneburger Heide:
Diatomeen (zahllos),
Sporen (wohl von Pteridophyten),
Sapropel und Siliciumdioxyd.
205
Pinus- Pollen (viel), einzelne Hydrostereiden und Holz von
P. silvestris und Zapfen dieser Spezies, sowie von Picea excelsa ,
Ainus-, Betula -, Corylus-B ollen,
Calluna-B o\\en (jedenfalls Ericaceenpollen, viel),
Gewebefetzen höherer Pflanzen, Holz von Pinus silvestris usw.,
Laubblätter und andere Reste höherer Pflanzen,
Haare von?
Fischreste und Fische,
Schwarze Pyritkügelchen,
Organische, brennbare Grundsubstanz (viel).
Die Diatomeen- (auch Radiolarien- usw.) Schalen bestehen
wie der Opal aus SiC^-f-aq. Diese Verbindung ist sehr viel
leichter löslich und angreifbar als Quarz (Si O2). Beim Diato-
meen-Lager von Klieken findet man stellenweise nach StröSE
(1884, S. 5) »meist talergroße Stücke amorpher, fester Kieselerde,
wahrscheinlich durch Lösung von Bacillarienerde entstanden«.
Dementsprechend sind in rezenten Vorkommen (am Boden von Ge¬
wässern) und diluvialen Ablagerungen oft angegriffene (korrodierte)
Diatomeen-Schalen zu finden, und auf den Boden sehr tiefer Ge¬
wässer gelangen aus den oberen Regionen des Wassers oft nur
wenige oder keine Schalen hinab, da sie unterwegs beim Niedersinken
gern in Lösung übergehen. Daher ist auch anzunehmen, daß die
fossilen und subfossilen Diatomeen-Lager in seichten Gewässern ent¬
standen sind, entsprechend den heutigen Verhältnissen, wie wir sie
z. B. in Buchten der Ostee (Häfen) beobachten können.
Spongillennadeln (ebenfalls SiOg-f-aq) bilden nur ganz ge¬
legentlich so reine Anhäufungen wie die Kieselschalen von Dia¬
tomeen in den Diatomeen-Peliten. Aus einer Bohrung beim
Bahnhof Bellevue in Berlin habe ich eine Sapropelitprobe untersucht,
die aus dem Liegenden eines Torflagers stammte, die von figu¬
rierten Bestandteilen fast nur Spongillennadeln in sehr großer
Zahl aufwies.
Sind die Diatomeen-Pelite in lufttrockenem Zustand erdige
(mehr oder minder staubende) Gesteine, abgesehen von den Fällen
wie beim Saugschiefer und ähnlichen, so gibt es doch auch durch
206
Sapropel und Siliciumdioxyd.
Vermittelung von Pflanzen abgeschiedenes Siliciumdioxyd-Gestein,
das von vornherein oder sehr schnell steinfeste Konsistenz ge¬
winnt. Nach Weed nämlich (1. c. 1891) u. a. können sich — ähn¬
lich wie das beim Kalksinter der Fall ist (vergl. S. 187) — durch
Vermittlung von Schizophyceen Kieselgallerte ausscheiden, die
mächtige Kieselsinter-Ablagerungen erzeugen.
2. Der Sapropel- (Saprokoll-) Sand (Faulschlamm-
[Faulgallerte-] Saud)
ist im Schlammzustande wie auch Sapropel-reichere Sapropel-
Tone und überhaupt ordentliche Sapropelerden makroskopisch von
Sapropel oft nicht zu unterscheiden ; er kann flüssig-gallertig sein,
da der Sand — meist Feinsand — im Sapropel suspendiert ist
wegen der äußerst wasserreichen Beschaffenheit der gallertigen
Grundsubstanz des Sapropels. Älteres Material kann ganz wie
reines Saprokoll aussehen. Lufttrocken — oder wenn er in der
Natur den Schlammzustand verlassen hat (z. B. in Profilen) —
sieht er aber wTie Sand, gewöhnlich Feinsand, aus und ist hell,
gewöhnlich hellgrau bis dunkelgrau. Besonders, wenn es sich um
Feinsand handelt, ist der Sapropelsand im lufttrockenen Zustande
locker, porös, zuweilen so stark porös, daß man einen stark aus¬
gelaugten Feinsand oder einen Diatomeen-Pelit vor sich zu haben
glaubt. Beim Erhitzen unter Luftabschluß wird er durch den
Destillationsrückstand schwarz. Eine vorherige mikroskopische
Untersuchung ergibt natürlich figurierte Sapropelbestandteile (z. B.
u. a. auch Diatomeen, wodurch eine Verwechslung mit Diatomeen-
Pelit erst recht möglich ist). Die lockere Beschaffenheit des nicht
mehr im Schlammzustande befindlichen Sapropelsandes bedingt
die leichte, vollständige Zersetzung der Sapropelbestandteile. Die
alten Sapropelsande zeigen also nach dem Gesagten lufttrocken
nichts von der Festigkeit des lufttrocknen Sapropels, sondern zer¬
fallen sehr leicht. Sapropelsand kommt z. B. im Wattenmeer, den
Hafis (im Kurischen Haff), im Havelgebiet usw. vor.
In dem schon S. 176 erwähnten Profil eines verlandeten Teiches
westlich der Siemensbrücke in Steglitz bei Berlin kam an der Basis
auch eine Schicht Sapropelsand vor, der sich an der ausgetrock-
Sapropel und Siliciumdioxyd.
207
neten Profilfläche wie ein helles Band von lockerem Feinsand stark
von den dunklen, an Sapropel reicheren Sapropeliten abhob, die
dieses Band unten und oben begleiteten. Beim Glühen unter O- Ab¬
schluß wurde dieser Sand ganz schwarz. Unter dem Mikroskop
zeigten sich sehr viele, sehr feine Sandpartikel, ferner Diatomeen,
teils noch mit Chlorophyllinhalt, Spongillennadeln, viele teils noch
grüne Algen- undPflanzenfetzchen, eine Schmetterlingsschuppe usw.
Bei dem Glühen unter Luftabschluß, wie das S. 183/184 unter
»Sapropel und Calciumcarbonat« bereits geschildert wurde, gibt sich
der Sapropelgehalt durch die hellleuchtende, entweichende Gasmenge
zu erkennen, die geringer oder größer ist, und dadurch einen Wink
über die Höhe des Sapropelgehaltes abgibt; die Schwarzfärbung
des Rückstandes ist dabei charakteristisch, auch wenn nur wenig
Sapropel im Gestein vorhanden war, zuweilen so wenig, daß man
das Vorhandensein überhaupt nicht ohne weiteres vermuten konnte.
A-ndererseits überschätzt man — wie gesagt — bei frischen (noch
schlammigen) Sapropeliten das Quantum an vorhandenem Sapropel
sehr leicht. Will man darüber schnell — insbesondere schon im
Felde — ein Bild gewinnen und die Sapropelite bestimmen, so
ist es zweckmäßig, eine Streichprobe zu machen, indem ein
Pröbchen mit dem Messer — so viel auf seine Spitze geht — auf
Papier abgestrichen wird. Solche Proben sind eingefaltet bequem
transportabel und werden dann offen hingelegt. So trocknen sie
schnell genug und zeigen dann bequem, um was es sich handelt.
Als Sapropel wird man das Material bestimmen, wenn es zu einem
harten, zerspringenden Hornhäutchen zusammentrocknet. Die
einzelnen Teilchen bleiben, zwischen den Fingern gerieben, ganz
oder zerspringen wie zarte Schüppchen aus Horn oder aus ge¬
trockneter Gelatine oder getrocknetem Leim. Je nach dem stär-
keren Zusatz von Kalk, Ton oder Sand sind die Proben mehr
oder minder leicht zerreibbar oder nähern sich der hornigen Be¬
schaffenheit. Meist sieht man bei größerem Kalk-, Ton- und
Sandgehalt den wie angegeben behandelten Proben ohne Weiteres
an, ob es sich um Sapropel-Kalk, -Ton oder -Sand handelt, über¬
dies steht ja zur Prüfung des Kalkgehaltes Säure zur Verfügung.
Während naß gewesener, als Streichprobe behandelter Sand nach
208
Sapropel und Eisen-Verbindungen.
dem Trocknen von dem Papier ohne Weiteres herabrieselt oder
durch nur sehr geringe Nachhilfe sich lockert, klebt der Sapropel-
Sand dem Papier mehr oder minder an, und auch die einzelnen
Sandkörnchen bleiben in besserem Zusammenhänge.
Sapropel- und Eisen- (auch Mangan-) Verbindungen.
1. Sapropelite mit reduzierten Eisenverbin düngen.
Viele Sapropel-Erden sind ausgezeichnet durch einen mehr
* oder minder hervorragenden Eisengehalt, insbesondere findet man
unter den Sapropel-Schlicken von Meeresküsten, aber auch des
Kontinents, wo hinreichende Ruhe vorhanden ist zum Absatz von
Feinsediment, also auch von Sapropel, schwarz oder schwarzdunkel¬
blau gefärbte Schlamme, deren Färbung meist auf dem Vorhandensein
von intensiv schwarz färbenden, nicht oxydierten Eisenverbindun¬
gen (besonders FeS, Ferrosulfid, Einfach-Schwefeleisen) beruht,
entstanden durch die stark reduzierenden Eigenschaften des Sa-
propels, das z. B. auch im Kupferschiefer den Kupferkies, das
Buntkupfererz und andere reduzierte Mineralien geschaffen hat.
Inwieweit bei dieser Reduktion die von W. M. Beijerinck1) auf¬
gefundene Bakterie Spirillum desulfuricans eine Rolle spielt, d. h.
event. mehr oder minder notwendig ist für diesen Prozeß, ist für
uns weniger wichtig; uns ist die Hauptsache, daß unter den an¬
gegebenen Bedingungen die Reduktion zu FeS stattfindet.
An der Luft hellen sich die »schwarzen Schlamme« oft
mehr oder minder auffällig stark durch Oxydation auf, da ans
FeS an feuchter Luft Ferrosulfat wird, weshalb denn auch oft zu
beobachten ist, daß die oberflächliche Schicht einer schwarzen Sa-
propel-Erde in einem See wesentlich heller sein kann als der
übrige Schlamm. Sehr auffällig beobachtete ich dies u. a. im
Illgensee in der Kgl. Forst Liebemühl in Ostpreußen, der mit
einem eisenhaltigen, mehrere m mächtigen Sapropel-Kalk erfüllt
ist, der oben hell, darunter dunkler ist. Noch viel auffälliger
ist es mit dem schwarzen Schlamm aus dem Toten Meer, den mir
l) Beijerinck, Über Spirillum desulfuricans als Ursache von Sulfatreduktion
(Zentralbl. f. Bakteriol. 1896).
Sapropel und Eisenverbind ungen.
209
Herr Dr. Werner Magnus mitbrachte, ebenso mit demjenigen
des Schwarzen Meeres usw. usw. Im Gegensatz zu dieser auf¬
fälligen schnellen Aufhellung der schwarzen Eisen-Sapropelite
steht z. B. Dopplerit-Sapropel, das nachdunkelt, schwarz wird, eben¬
so wie überhaupt Sapropele, die mehr oder minder stark miPHu-
mussäuren oder überhaupt mit Torfsubstanzen versetzt sind. Das
Sapropel aus dem Schwarzen See bei Liebemühl in Westpreußen
z. B. hat sich aus diesem Grunde in den Glasbüchsen, in denen
ich es seit mehreren Jahren auf bewahre, in seinen oberen, der
Luft ausgesetzten Partieen geschwärzt. Es kann daher Vorkommen,
daß Ferrosulfid enthaltende Schlamme sich nicht auf hellen, wenn
nämlich gleichzeitig reichlicher Humus beigemengt ist, und daß
sie auch keinen H2S Geruch besitzen, dann ist der Nachweis von
Ferrosulfid durch Beifügung von Salzsäure sofort zu erbringen
durch die Entwicklung von H2S:
2 HCl 4- FeS = FeCl2 -j- H2S
Salzsäure -4- Ferrosulfid = Ferrochlorid -p Schwefelwasserstoff.
FeS hat die Tendenz in FeS2 (Eisendisulfid, Pyrit) überzu¬
gehen unter der Voraussetzung bleibenden Luftabschlusses. Bake-
nell beobachtete1) an Mäusen, die er in FeS04- Lösung aufbe¬
wahrte, Kryställchen von FeS2. Der Schwefel stammt 1. aus den
Organismen, 2. aus den Salzen des Wassers.
Zu 1: Beim Zusammentun von Ferrihydroxyd (oder Ferrosulfat)
mit faulenden schwefelhaltigen Organismen oder ihren Teilen (z.
B. Fleisch) kann man die Entstehung von Schwefeleisenverbin¬
dungen leicht beobachten, wodurch die Masse dann naturgemäß
die schwarze Farbe des Einfach-Schwefeleisens (das zunächst ent¬
steht) annimmt. Ich habe solche Experimente wiederholt in Rea¬
genzgläsern gemacht.
Zu 2: Bekanntlich enthält das Meerwasser reichlich Sul¬
fate, außerordentlich viel mehr als Süßwasser. Die Möglichkeit
H2S zu bilden , das zunächst entsteht, ist daher im Meer- oder
Brackwasser sehr viel größer. H2S wird dann aber bei Vorhan¬
densein von Fe- Verbindungen zunächst zu FeS. Ist nicht hin-
') Nack Fuchs, Die künstlich dargestellten Mineralien. S. 55.
Neue Folge. Heft 55.
14
210
Sapropel und Eisenverbindungen.
reichend Fe vorhanden, so riecht der Schlamm resp. das Wasser
nach H2S und hier ist daran zu erinnern, daß das Meerwasser
relativ wenig Eisen- Verbindungen enthält. Danach ist es klar,
daß gerade die Schlamme ruhigerer Salz Wasserstellen besonders
prädestiniert sind stark nach H2S zu riechen. Sehr instruktiv ist
für das Angegebene, daß die an ruhigen Stellen in der Ostsee
und ihren Salzwasser enthaltenden Buchten vorhandenen Saprope-
] ite stark nach H2S stinken, während der Sapropelit z. B. des
. Kurischen Haffs, das Süßwasser führt, keinen irgendwie auffälligen
Geruch von sich gibt.
Synonyme. — Schwarze Schlamme, namentlich aus Tei¬
chen und Seen russischer Salzsteppen wrerden als »sch warze Heil-
• ••
schlämme« der Mediziner zum Baden benutzt. Ähnliches Ma¬
terial im Schlamm - Zustande resp. subfossil heißt in den Marsch¬
ländereien auch Pulvererde. Von Warming !) wird der schwarze
Schlamm organischer Schlick (sehr mißverständlich!), von
H. A. Meyer und K. Möbius1 2) auch schwarzer Moder genannt,
C. A. Weber3) sagt zu dem Schlamm der Kieler Föhrde, den auch
M. und M. im Auge haben, schlammige Moor er de und schlam¬
miger Moorsand. Otto Krümmel nennt4) speziell den schwar¬
zen eisenhaltigen Schlamm des Schwarzen Meeres Schwefel ei¬
senschlick. Usw.
Ein mäßigerer Gehalt an FeS bedingt eine mehr blaue Farbe,
wie sie der unter dem Namen Blauschlamm (blauer Schlamm,
blauer Schlick) bekannte, sehr verbreitete, schwach Sapropel-
und FeS -haltige Meeresboden der Flachsee zeigt5). Die oberste
Lage des Blauschlammes ist rot bis braun durch Oxydation, die
am Meeresgründe durch das sich fortbewegende Wasser durch-
1) Warming, Ökologische Pflanzengeographie. 2. Aufl. 1902, S. 147.
2) Meyer und Möbius, Fauna der Kieler Bucht, T. Bd., Leipzig 18G5, S. XIV.
3) Weber, Uber Litorina- und Prälitorinabildungen der Kieler Föhrde (Engler’s
Botan. Jahrbücher, Leipzig 1904, S. 3, 4 und 23).
4) Krümmel, Ozeanographie 1907, S. 178.
5) Die Farbe des in der Literatur als Rotschlamni (roter Schlamm)
aufgeführten Materiales, ist — abgesehen von dem Rotschlamm der Tiefsee,
vergl. S. 164 — bedingt durch Vorhandensein von roten Bakterien ( Pseudomonas
( Chromatium ) Okenii und vinosn ) in Süß- und Brackwasser und zwischen sieh
zersetzenden Tangen.
Sapropel und Eisen Verbindungen.
211
gängig die Reduktion überwiegt. Gelegentlich ist an Stelle des
Blauschlammes ein fast schwarzer (eisenhaltiger) Schlamm vorhan¬
den wie nach K. Natterer1) vor Akka an der Küste von Palästina.
»Die Dicke der hellen Schlammschicht war in den verschiedenen
Teilen des östlichen Mittelmeeres verschieden groß, manchmal
betrug sie nur wenige Millimeter.« »In der Regel brachten jedoch
sowohl das Lot als auch das beiläufig 0,25 m in den Grundschlamm
eindringende Schleppnetz nur hellen Schlamm herauf, d. h. es
ist in der Regel dem freibeweglichen, sauerstoffreichen Meerwasser
Gelegenheit geboten, bis zu dieser Tiefe in den Schlamm einzu¬
sinken und die Bildung dunkelgefärbter organischer Substanzen
oder gar von Schwefeleisen zu verhindern.« (1. c. S. 24 — 25).
Schwarze Eisen-Schlamme kommen in Norddeutschland und
sonst sehr häufig vor. Sie sind insbesondere vorhanden an ruhi¬
geren Ufern und Mündungs-Stellen von Flüssen, wo das abgelagerte
feine Ton-, Sand- und Mergel -Material Sapropel bildende Orga¬
nismen (insbesondere Plankton) einzubetten in der Lage ist. Die
Salzseen der abflußlosen Gebiete, enthalten besonders auffällig
schwarze Schlamme2). — Dort, wo namentlich in Küsten-Gegen-
'den des Meeres ruhigere Verhältnisse walten, wie in Wattenmeer-
Gebieten — z. B. im Königshafen an der N.-Spitze von Sylt, wo
der schwarze Schlamm stellenweis wieder von Sand bedeckt wurde,
wird solcher Schlamm abgesetzt, auch unter Umständen da, wo
man es nicht vermuten sollte. So hatte ich gehört, daß S.O. der
Insel Amrum sich Schlamm finden sollte, der verrostete eiserne
Gegenstände wieder blank machte. Danach mußte sich dort ein
Schlamm finden, der durch die sich zersetzenden Organismen re¬
duzierende Eigenschaften besitzt, ln der Tat ist dieser Schlamm
vorhanden, der durch Ferrosulfid -Gehalt schwarz gefärbt ist und
sich am Sauerstoff’ der Luft schnell auf hellt: ein Hinweis darauf,
daß die viel besprochenen schwarzen Schlamme des Schwarzen
!) Natterer, Über chemisch-geologische Arbeiten der »Pola«-Expedition
(VII. Intern. Geogr. Kongreß. Berlin 1899. »Auszug von Vorträgen«) S. 25.
2) Vergl. z. B. Ferdinand Ludwig, Chemische Untersuchung einiger Mine¬
ral-Seen ostsibirischer Steppen. Zeitschr. für praktische Geologie. Berlin 1903,
S. 401 ff.
14*
212
Sapropel und Eisenverbindungen.
Meeres durchaus nichts Besonderes sind, sondern an geeigneten
Stellen wohl aller Meere eine häufige Erscheinung sind. Überall
wo eisenhaltige Wässer unter genügendem Luftabschluß mit sich
zersetzenden organischen Bestandteilen vorhanden sind, kann man
Schwarzfärbung und schnelle Aufhellung an der Luft beobachten,
sogar an vielen Stellen am Strande unter der oberen Sand-
decke ist diese Erscheinung oft zu beobachten. Ein Nachgraben
ergibt hier überraschend häufig schwarze oder schwarzblaue, sich
.schnell aufhellende Sande. Für die Bildung stärker Faulschlamm
enthaltende Böden ist das Wattenmeer im allgemeinen durch die
Ebbe- und Flut -Erscheinung zu bewegt. Die Stelle bei Amrum
ist recht interessant, da sie zeigt, daß auch unter oder in nächster
Nähe von recht stark bewegtem Wasser noch Bedingungen
vorhanden sein können, die die längere Erhaltung von Faulschlamm
begünstigen. Bei Amrum handelt es sich um den Schutz, den
eine Sandbank gewährt. Als weiteres Beispiel sei auf den schwar¬
zen Schlamm des Zicker Sees (einer Ostseebucht) auf Rügen
hingewiesen. Auch der schwarze Schlamm des Schwarzen Meeres
gehört — wie gesagt — hierher und ist nichts Besonderes.
Durch freundliche Übersendung von Proben aus dem Schwarzen
M eer, die ich Herrn Nik. AndrüSSOW verdanke, und einer Probe
aus der Region des Kaspischen Meeres, die ich Herrn A. F.
Stahl verdanke, wurde ich in die Lage versetzt, diese schwarzen
Schlamme mit solchen aus kontinentalen Gewässern und von der
Meeresküste Norddeutschlands zu vergleichen.
Der schwarze Schlamm vom Schwarzen Meer sowohl als auch
z. B. der vom Zicker See, ebenso der von der Kieler Föhrde u. a.
riechen wegen der sich in ihnen abspielenden Reduktions- Vor¬
gänge bei reichlich außer in den Organismen besonders in den
Sulfat- Salzen des Wassers vorhandenem Schwefel nach H2S ; sie
hellen sich an der Luft schnell und beträchtlich auf und werden
hellgrau. Das mir zur Verfügung stehende Material des Schwarzen
Meeres (Dredge VIII aus 387 Faden Tiefe) von geringem spezifi¬
schen Gewicht, zerging in Wasser getan sofort. Es bestand aus
sehr feinem anorganischen Sediment (viel feiner als eine Probe aus
Sapropel und Eisenverbindungen.
213
200 Faden Tiefe), dessen Bestandteile kleiner waren als die reich¬
lich beigemengten noch figurierten organischen Teile. Die sehr
ähnliche Probe aus 200 Faden Tiefe (Station 34) enthielt in dem
Mineralschlamm eingebettet verschiedene Diatomeen - Arten und
andere Reste von Plankton- usw. Organismen z. T. mit schwarzen
Inhaltskörnern, die Pyrit waren ; überhaupt waren solche schwarzen
Kügelchen auch außerhalb der Organismen sehr häufig. Pyrit
fehlt in den schwarzen Schlammen neben FeS fast niemals und ist
in Sapropeliten überhaupt häufig, in denen oft mikroskopisch
kleine Kugeln von Pyrit zu beobachten sind, die dann leicht Spo¬
ren oder ähnliche Objekte vortäuschen : hielten doch früher eini¬
ge Zoologen solche Kügelchen, die in faulenden Foraminiferen
auffällig sind, für »Keimkugeln« dieser Kalkschalentiere, bis dann
L. Rhumbler definitiv die Pyritnatur dieser Gebilde nach wies1).
Auch im Lumen abgestorbener Pflanzenzellen (z. B. auch in Dia¬
tomeen) können die schwarzen Kügelchen gelegentlich beobachtet
werden2). Neuerdings hat W. Deecke3) aus dem ältesten Tertiär
(Unter-Eozän) aus FeS2 bestehende Kieskerne von Diatomeen be¬
kannt gemacht, als vollständige Ausfüllungen der Diatomeen- Kiesel-
- schalen, die aber selbst vollständig verschwunden (gelöst) waren.
c
Prinzipiell stimmt auch der mir vorliegende schwarze Schlamm
vom Tschale Deria nördl. vom Kaspischen Meer mit dem des
Schwarzen Meeres überein. Er ist sehr feinsandig, hellt sich an
der Luft auch im feuchten Zustande schnell auf, indem er grau
wird; er riecht nach H2S und enthält Diatomeen, viele andere
organische Reste, auch Pollenkörner und ebenfalls wieder viele
Pyrit- Kügelchen. Aus der Gegend des Toten Meeres hat mir
Herr Dr. Werner Magnus freundlichst Schlamm mitgebracht.
Er schreibt mir:
h Rhumbler, Eisenkiesablagerungen im verwesenden Weichkörper von Fo¬
raminiferen, die sogenannten Keimkugeln Max Schültze’s u. a. (Nachrichten von
derfKönigl. Gesellsch. der Wiss. und der Universität zu Göttingen, Göttingen 1 81)2,
S. 419—428).
2) Siehe u. a. auch Steusloff 1905.
3) Deecke, Diät omeenkieskerne im paleozänen Tone Greifswalds. (Monats¬
berichte der Deutschen geologischen Gesellschaft 1907. Protokoll S. 254 —255.)
214
Sapropel und Eisenverbindungen.
»An der rechten Seite der Mündung des Jordan in das tote
Meer befinden sich in etwa 1 km Entfernung von der Mündung
und etwa 200 m vom Ufer des toten Meeres eine Reihe brackiger
D
Tümpel, an deren Rand teilweise nur schwer heranzukommen war,
da der Boden schlammig ist. Diese Zone kann überschwemmt
werden, wie sich aus zahlreichen Reisebeschreibungen ergibt, eben¬
so aus dem gänzlichen Vegetationsmangel an diesen Stellen. Das
Ufer des toten Meeres selbst ist hier mit Kieseln bedeckt. Der
Grund dieser Tümpel sieht weißlich oder schwärzlich aus oder auch
* grünlich, nämlich wenn sich, wie häufig, eine starke Cyanophyceen-
flora vorfindet.
Die Probe ist aus etwa ^2 m Tiefe an einer mehr weißlichen
Stelle entnommen. Sie enthielt bei mikroskopischer Untersuchung
am nächsten Tage lebende Diatomeen, Cyanophyceen und Spi¬
rillen (wohl schwefelhaltig?). Geruch war salzig brackig, nicht
oder kaum nach Schwefelwasserstoff riechend. Schwefelhaltige
o
Quellen befinden sich, soweit zu ermitteln, nicht in der Nähe.
Standort: Nahe dem »Badeplatz« am toten Meer. 25. 4. 1905.«
Die mir übergebene Probe war ganz schwarz, hellte sich an
der Luft in der üblichen Weise stark auf und roch stark nach
H2S. Es fanden sich von organischen Resten viele Diatomeen
usw. und wiederum die schwarzen Kügelchen.
Den Schlamm vom Zicker See hat Herr Dr. Gans freund-
lichst auf seinen Eisengehalt untersucht und in getrocknetem Zu¬
stande ungefähr 1,8 pCt. Eisenoxydul gefunden und zwar in Ver¬
bindung mit S, d. h. ca. 2,2 pCt. H2S. Der Schlamm ist stark
sandig, enthält viele Diatomeen-Arten, Desmidiaceen (Cosmarium) ,
Pediastrum , Betulaceen- und Pmws-Pollen, unbestimmbare Pflanzen-
und Tier-Reste, Spongillennadeln, Crustaceen-Reste u. dergl.
Lebedinzeff hat1) das Vorkommen von H2S in tieferen
Schichten von Seen als regelmäßige Erscheinung betont und
Seligo bestätigt2), daß er selbst in verhältnismäßig planktonreichen
1) Lebedinzeff, G-asumtausch in abgeschlossenen Wasserbecken und seine
Bedeutung für die Fischzucht. Berichte der Fischzuchtanstalt zu Nikolk 1904.
Russisch mit deutschem Resume.
2) Seligo, Hydrobiologische Untersuchungen, II und III. Danzig 1907.
Sapropel und Eisenverbin düngen.
215
kleinen Seen H2S in den tieferen Schichten nachweisen konnte.
Ich selbst finde H2S auch in großen Seen und auch in offenen,
aber stagnierenden bis halb stagnierenden Gewässern mit Sapro-
pelitboden. »Die Planktontiere — sagt Seligo, 1. c. S. 4 —
scheinen gegen einen gewissen H2S-Gehalt nicht besonders empfind¬
lich zu sein, wenn gleichzeitig genügender Sauerstoff vorhanden
ist.« Im schwarzen Schlamm des Zicker Sees auf Rügen, der
stark nach H2S riecht, leben übrigens u. a. viele Aale.
Der Sapropel- Gehalt der in Rede stehenden schwarzen
Schlamme schwankt natürlich in allen Grenzen, eine lufttrockene
Probe solchen Schlammes von der Gargen-Lanke bei Schildhorn
(Havel) von 22 g Gewicht verlor durch Glühen 9 g Substanz, so
daß hier auf jeden Fall über die Hälfte, vielleicht 2/ß anorganisches
(sedimentäres und äolisches) Material darunter ist. Der schwarze
Schlamm des Neuwarper Sees (Bucht des Stettiner Hafis1)) verlor
durch Glühen einer lufttrocknen Probe von 49 g Gewicht 17 g,
södaß 32 g übrig blieben usw.
Stahl sagt2), daß er den Faulschlamm oder das Sapropel in
seinen »früheren Artikeln als schwarzen Schlamm bezeichnet« habe.
Der Schwarze Schlamm ist aber — wie aus dem Mitgeteilten her-
Vorgeht — kein Sapropel, sondern enthält nur mehr oder minder
große Quantitäten davon. Mit demselben Rechte könnte man
sagen, gewisse helle schlammige Ton- Absätze, das sind gewisse
»Schlicke« (nämlich die Sapropel-Tone) seien Faulschlamm oder
ein Sand, der wenige Prozent Humus enthält, sei Humus.
2. Oxydierte Eisen- (und Mangan-) Verbindungen.
Handelt es sich in den schwarzen, eisenhaltigen Schlammen
um reduzierte Eisenverbindungen, bedingt durch sich zersetzende,
organische Stoffe, so werden andererseits auch vollständig oxydierte
9 Ich habe früher einmal (Eine rezente organogene Schlammbildung des
Cannelkohlen -Typus. Jahrb. der Königl. Preuß. Geol. Landesanstalt für 1903,
Berlin 1904, S. 407) diesen Schlamm vor seiner näheren Untersuchung einfach
als Faulschlamm bezeichnet, jedoch handelt es sich, wie man oben sieht, um
eine Sapropel-Erde.
•’) A. F. Stahl, Einige Bemerkungen zu Potonie’s: Zur Frage nach den
Urmaterialien der Petrolea. Chemiker-Zeitung 1903, 30, Nr. 3.
216
Sapropel und Eisenverbindungen.
Eisenverbindungen geschaffen, aber in diesem Falle durch noch
lebende Organismen.
Eisenoxyd ist in der Natur in vielen festen Verbindungen
(Ferri- Verbindungen) vorhanden; es wird durch sich zersetzende
organische Teile reduziert zu Ferro- (Eisenoxydul)-Verbindungen
und geht in dieser Form leicht in Kohlendioxyd (oder organische
Säuren) enthaltendem Wasser in Lösung. Noch leichter freilich wird
das Calciumcarbonat gelöst, und in der Regel erst, nachdem dieses
wesentlich entfernt ist, geht das Ferrocarbonat in Lösung.
Nächst Calcium- und Siliciumverbindungen sind also
Eisen Verbindungen die wesentlichsten, die in den natürlichen
kohlendioxydhaltigen Süßwässern gelöst sind. Wie nun gelöste
Calcium- und Siliciumverbindungen durch die Tätigkeit der Pflanzen
und Tiere wieder zum Niederschlag gebracht werden können, so
auch die gelösten Eisenverbindungen, und auch hier resultieren
nicht selten aus dieser Tätigkeit Eisenerzlager, wie in den ersten
Fällen Kalk- und Kiesellager.
In näherer Ausführung des Gesagten das Folgende:
Die Lösungen von Calcium- und Eisenverbindungen verhalten
sich in der Natur sehr ähnlich. In kohlendioxydhaltigem Wasser
— das besonders bei dem überall durch die Zersetzung der Or-
ganismen entstehenden Kohlendioxyd so gut wie überall verbreitet
ist — löst sich Calciumcarbonat, indem es zu Calciumbicarbonat
wird, aus welcher Form es dann von Pflanzen und Tieren wieder
zum Niederschlag gebracht, wie wir gesehen haben, zu organo-
genen Kalklagern Veranlassung gibt. Dementsprechend finden
wir auch Ferrobicarbonat in den natürlichen Wässern sehr ver¬
breitet; sind doch zur Enteisenung vieler Wässer, die nutzbar ge¬
macht werden sollen, besondere und kostspielige Einrichtungen
vonnöten. Ferner sei an die dicken, verstopfenden Eisenrost¬
krusten erinnert, die hier und da in Wasserleitungsröhren ent¬
stehen und ferner an den der Technik so lästigen »Kesselstein«,
der beim Sieden des Wassers in den Dampfkesseln nach dem
Entweichen von Kohlendioxyd entsteht, indem dann insbesondere
Calciumcarbonat, aber auch Ferrocarbonat und Eisenoxyd als feste
Masse sich ausscheidet.
Sapropel und Eisenverbindungen.
217
Besonders sind es die in Zersetzung begriffenen organischen
Substanzen, die das häufige Eisenoxyd zu Oxydul reduzieren. Das
gleichzeitig entstehende Kohlendioxyd macht Ferrocarbonat daraus,
das von dem kohlendioxydhaltigen Wasser zu Ferrobicarbonat ge¬
löst wird. Daß trotz des überall reichlich in der Natur vorhan¬
denen Eisens, dort wo auch viel Kalk vorkommt, dieser letztere
als Wiederablagerung in größerer Menge auftritt als Eisen Verbin¬
dungen, hat seinen Grund in der Tatsache, daß in der Regel zu¬
nächst wesentlich Calciumbicarbonat in Lösung übergeht und erst
nach seiner Auflösung das Ferrocarbonat »durch Auflösung« als
Ferrobicarbonat »in Bewegung kommt« (A. Orth1)). Es ist das
das ÜRTH’sche sog. »Gesetz des Kalkes und Eisens«.
Darauf beruht z. B. die Enteisenung des Wassers durch Zusatz
von Ca(OH)2 oder CaC03, denn wo die üblichen Eisenverbindungen
in Wasser gelöst sind und die Lösung auf Kalk trifft, wird
dieser gelöst und die Eisen Verbindung als Ferrihydroxyd gefällt;
man kann daher in Ferrihydroxyd metamorphosierte Mollusken¬
schalen finden2), und der von Hans Hess y. Wichdorff be¬
schriebene Fall Ȇber einige in Raseneisenerz umgewandelte fossile
Hirschgeweihe aus einem Raseneisensteinlager der Provinz Posen«
(Jahrb. der Königl. Preuß. Geol. Landesanstalt, Berlin 1907,
S. 544 ff.) gehört ebenfalls hierher.
Es ist bei diesem Verhalten der löslichen Kalk- und Eisen-
Verbindungen zu einander begreiflich, daß es Flachmoore mit viel
Eisenmineral gibt (Eisenmoore) und dann wenig anderen, ins¬
besondere Kalk-Mineralien, sowie umgekehrt andere mit großem
Kalk- und dann geringem Eisengehalt (Kalkmoore im engeren,
eigentlichen Sinne). J. M. van Bemmelen z. B. gibt3) in der
Asche des Sumpftorfes (der Dargschicht) des Drenther Moores
einen hohen Gehalt an Eisenoxyd und nur eine minimale Quanti-
9 Orth, Kalk- und Mergel-Düngung. Berlin 1896, S. 44.
2) C. WnsENBERG-Lund, Summary of studies upon lake-lime, pea-ore and
l'ake-gytje in danish lakes. Meddelelser fra dansk geologisk forening. Kopen¬
hagen 1901, p. 159, Kap. II.
3) van Bemmelen, Über das Vorkommen, die Zusammensetzung und die
Bildung von Eisenanhäufungen in und unter Mooren. Zeitschrift für anorgani¬
sche Chemie. 22. Bd. Hamburg und Leipzig l90ü, S. 350.
218
Sapropel und Eisen Verbindungen.
tät anderer mineralischer Bestandteile an. Flachmoore in Ländern,
deren Boden ein vorgeschrittenes Auslaugungsstadium zeigt, der
also kalkarm ist, wie der Boden der Lüneburger Heide, sind über¬
haupt besonders reich an Eisenerzen.
Daß die Organismen Eisenverbindungen nur mehr unterge¬
ordnet als Skelettmaterial benutzen und überhaupt weniger oft Ge¬
legenheit haben, Eisenverbindungen zum Niederschlag zu bringen,
hängt offenbar mit dem genannten Orth sehen »Gesetz« zusammen.
Enthält doch das Meerwasser, dem namentlich an den Küsten
durch die Flüsse reichlich Calciumbicarbonat zugeführt wird, da¬
her nur Spuren von Eisen Verbindungen. Wo aber vorwiegend
eisenhaltige W7ässer vorhanden sind, da sehen wir auch Nieder¬
schläge von Eisen Verbindungen durch Vermittlung der Organismen
eintreten. Es sind Pilze (Bakterien), Algen und gewisse Tiere
(Flagellaten) diesbezüglich besonders hervorzuheben, aber auch
höhere Pflanzen verstehen Eisenverbindungen niederzuschlagen, und
zwar sind es naturgemäß wie beim Kalk wiederum Wasserpflanzen,
die hier in erster Reihe stehen *).
Unter den Bakterien sind zu nennen die fadenförmigen,
großen Arten Ch l amy do thrix (Leptothrix) ochraceci (Kützing) Mi-
gula, Ch la my d o tlirix ( Grallionelia ) ferruginea (Ehrenberg) Migula * 2 3),
Cladothrix dichotoma Cohn, der »Brunnenfaden« Crenothrix poly-
spora Cohn, Clonothrix fusca Schorler und Spirophyllum ferne- .
gineum Ellis, die durch Oxydation von gelösten Ferroverbindungen
Ferrihydroxyd (Eisenocker) zur Ablagerung bringen. Diese Eigen¬
schaft hat ihnen den Namen Eisenbakterien eingetragen4). In den
geeigneten Wässern treten oft mächtige, rostfarbene Schleimmassen
auf, bei deren mikroskopischer Untersuchung solche Eisenbakterien
0 Verg]. besonders H. Molisch, Die Pflanze in ihren Beziehungen zum
Eisen, 1S92.
2) Migula hält Leptothrix ochracea und GallioneUa ferruginea neuerdings
für ein und dieselbe Art.
3) Wegen der letztgenannten Spezies vergl. David Ellis, A contribution to
our knowledge of the thread-bacteria. Zentralbl. für Bakteriologie. 2. Abt.
Jena, 18. Okt. 1907, S. 502 ff.
4) s. Winogradsky, Uber Eisenbakterien. Bot. Ztg. Leipzig 1888. S. 261
bis 270.
Sapropel und Eisen Verbindungen.
219
Eisenocker mit Chlamydothrix (Leptothrix) ochracea
aus einem schwach fließenden Wasser bei Bispingen
in der Lüneburger Heide (leg. 1905).
Stark vergrößert.
(Das Mikrophotogramm hat Herr Dr. Stange in Leipzig
freundlichst für mich angefertigt.)
hängt. Ohne Zufuhr von Eisenoxydul wachsen die Fäden z. B. von
Leptothrix ochracea nicht. Die Zellen oxydieren also die Eisenver¬
bindungen vollständig, dann scheiden sie sie aus. Zur künstlichen
Erzeugung von Ferrihydroxyd durch Bakterien nahm Wino-
massenhaft sichtbar werden, Fig. 21, und auch mit bloßen Augen
kann man in eisenhaltigen Wässern die schwach milchigweißen
Kolonien der Bakterien als große, wolkig-schleimige Massen be¬
obachten. Winogradsky hat nachgewiesen, daß nur dann eine
Eisenausscheidung erfolgt, wenn es sich um lebende Bakterien
handelt, mit deren Lebensvorgängen die Ausscheidung zusammen-
Figur 21.
220
Sapropel und Eisen Verbindungen.
GRADSKY ein Glasgefäß, in das er maceriertes, in sehr viel Wasser
ausgekochtes Heu tat, dem er frisch gefälltes Ferrihydroxyd und
Brunnenwasser hinzufügte. Durch die Zersetzung des Heus traten
nun Kohlendioxydbläschen auf und das Ferrihydroxyd wurde in¬
folge der sich zersetzenden Pflanzenmasse zu Ferrohydroxyd redu¬
ziert; dieses konnte nun in dem Kohlendioxyd wasser als Ferrobi-
carbonat gelöst werden und alsbald traten im Wasser rostfarbene
Flöckchen auf, die fast ganz aus Eisenbakterien bestanden. Übri-
gens läßt sich das Experiment bequemer machen, indem man ein-
* fach eine sehr schwache Ferrosulfat-Lösung (kaum 1 : 5000) be¬
reitet, in die man vielleicht ein Steinchen legt. Enthielt das
Wasser Keime, z. B. von Crenothrix polyspora, so wird das
Steinchen bald Rasen dieser Art aufweisen und das Wasser durch
Ferrihydroxyd-Bildung getrübt werden. Auf diese Weise kann man
Crenothrix- Keime im Wasser nachweisen *), die zum Auswachsen
gebracht werden, wenn eisenhaltige Flüssigkeit geboten wird.
Auch in diesem Falle findet eine Oxydation des Ferrosulfats statt.
B. Schorler* 2) beschreibt Wasserleitungsröhren der Stadt
Dresden von 10 cm lichter Weite, die durch Rostbildung außer¬
ordentlich bis zur stellenweis vollständigen Verstopfung verringert
war. Es zeigte sich, daß G-allionella die Ablagerung veranlaßt
hatte. Trotzdem konnte man in den festgewordenen Partien des
Ferrihydroxyds selbst keine Spuren von Gallionella wahrnehmen,
da molekulare Umlagerungen in dem Rost vor sich gehen, die zu
einer Krystallisation führen und dadurch die Bakterienfäden zum
Verschwinden bringen. Es erklärt sich dadurch, warum in solchen
natürlichen, festen Eisenerzen, deren Entstehung durch Vermitt¬
lung von Bakterien anzunehmen am nächsten liegt, doch Reste
dieser Organismen sich nur selten finden. Auch der Kalk hat die
Neigung, leicht krystallinisch zu werden, und die figurierten orga¬
nischen Bestandteile werden dann ebenfalls meist ganz vernichtet
oder doch nicht mehr konstatierbar. Es muß noch hinzugefügt
werden, daß das Dresdener Leitungswasser nur 0,20 — 0,30 mg
0 0. Rössler, Deutsche MediziE. WockeQSchr. 1906, Nr. 40.
2j Schorler, Die Rostbildung in Wasserleitungsröhren. Zentralbl. für Bak¬
teriologie. Jena, 21. Dez. 1905, S. 564 — 568.
Sapropel und Eisen vorhin düngen.
221
Eisen pro Liter enthält, und dieser geringe Gehalt hat doch hin¬
gereicht, die Röhren in 30 Jahren mit einer 3 cm dicken Rost-
Schicht auszutapezieren. Aber die Rostablagerungen — sagt
SCHORLER — »würden ohne die Gallionella nicht möglich sein«.
Der Genannte hat denn auch gezeigt, daß das Eisen nicht den
Röhren entnommen war, sondern diese, selbst wo sie die dicksten
Rostkrusten hatten, noch ganz unversehrt waren.
Unter den Algen findet eine Einlagerung bei gewissen Arten
auch in den Membranen statt, und auch im Zehinhalt kann Eisen
und zwar dann in der Form von Ferrohydroxyd und Ferro-Ferri-
Hydroxyd aufgenommen werden. Bei gewissen Conferva- (Psicho-
hornium ), Oedogonium- und Cladophora- Arten können gelbliche bis
rostrote Körnchen oder Brocken von Ferrihydroxyd stellenweise um
die Fäden eine ziemlich dicke Kruste bilden (Molisch, 1892, S. 12).
Die Fäden von Cladophora aegagropila z. B., die in Alpenseen in
Seeball ähnlichen Hohlformen1) von durchschnittlich Faustgröße
auftritt, erscheinen nahezu alle mit einem Überzug von Ferrihy¬
droxyd mit etwas Beimengung von Ferrohydroxyd versehen, Ver¬
bindungen, die bald inselartig, bald in dünner oder dickerer
Schicht als geschlossene Kruste die Fäden bedecken, und auch die
Zellhaut selbst erscheint bei vielen Fäden auf kurze Strecken hin
von diesen Eisenverbindungen durch und durch imprägniert
(Molisch 1892, S. 14).
Von Desmidiaceen sind u. a. nach Georg Klebs2) Closte-
rium- Arten zu nennen, bei denen die Zellhaut Eisenoxyd speichert,
so daß man nach dem Glühen Eisenoxydskelette erhalten kann.
Das Eisen muß in den Verband der Zellhautmicellen selbst
aufgenommen sein, da sich die Zellen dabei fortpflanzen und
leben, ln der Gallerte jedoch ist kein Ferrihydroxyd vorhanden,
höchstens aus dem Wasser niedergeschlagenes. Lange im Dunkeln
<D O O
gehalten, nimmt die Wand der Closterien Schwarzfärbung an noch
') Uber Seebälle, vergl. in Bd. II des vorliegenden Werkes.
2) Klebs, Über die Organisation der Gallerte bei einigen Algen und E'la-
gellaten. (Untersuchungen aus dem botanischen Institut zu Tübingen. Herausg.
v. Pfeffer, II. Bd., Leipzig 1 88ß — 1 888, S. 333 — 418, Taf. III und IV.) Vergl.
besonders S. 383 — 385.
222
Sapropel und Eisenverbindungen.
während des Lebens: augenscheinlich hat sich Schwefeleisen ge¬
bildet. Durch wenig Schwefelwasserstoflwasser kann man die Er¬
scheinung erzeugen. Im Licht findet Zersetzung des Schwefel¬
eisens statt, und die Zelle kann sich dabei lebend erhalten.
Gewisse Diatomeen wären ebenfalls zu nennen, da unter
ihnen solche vorhanden sind, die außer Siliciumdioxyd in ihrem
Panzer auch Eisenoxyd besitzen.
Wie sich die kalkniederschlagenden Pflanzenarten in einem
und demselben Wasser verschieden verhalten, indem die einen
viel, die anderen weniger und endlich wieder andere gar keinen
Kalk niederschlagen, so ist es auch mit den Eisenorganismen, mit
deren Natur es also ebenso wie bei den Kalkpflanzen zusammen¬
hängt, Eisenverbindungen niederzuschlagen. Algen, die sich ganz
mit Kalkcarbonat beschlagen, zeigen häufig auch Krusten von
Ferrihydroxyd, während umgekehrt die Algen, denen das Ver¬
mögen der Kalkanlagerung abgeht, auch kein Ferrihydroxyd anzu¬
nehmen pflegen. Es gibt aber viele Kalkalgen, die kein Ferrihy¬
droxyd annehmen (Molisch 1892, S. 15 und 16).
Unter den Tieren sind eine Anzahl Protozoen als Ferri-
hyd roxyd speichernde Organismen beachtenswert. So sagtBüTSCHLi1) :
»Im allgemeinen scheint ein Gehalt an Eisenoxyd überhaupt für
das Schalenzement mannigfacher Sandrhizopoden charakteristisch
zu sein«, so daß rote bis braune Färbung von Sandschalen ge¬
wisser Rhizopoden, die z. B. »8,9 pCt. Eisenoxyd« enthalten können,
charakteristisch ist.
Aus der Familie der Flagellaten seien unter den Proto¬
zoen genannt Anthophysa vegetans , deren Stil, der den Tierkolonien
gemeinsam ist, durch Einlagerung von Ferrihydroxyd eine auf¬
fällige Färbung erhält, ferner die Gattungen Trachelomonas und
Chlamydobiepharis , Fig.22; die Ferrihydroxydpanzer bestehen wie die
der Diatomeen im übrigen aus Opal (wasserhaltigem Siliciumdioxyd2).
J) Bütschli, » Protozoa « in Bronn’s Klassen und Ordnungen des Tierreichs,
1880-82, S. 32, s. auch II. Abt. 1883—87, S. 688.
2) Es sei schon liier nebenbei erwähnt, daß die Bakterien (nach Molisch
1892) und Anthophysa (Oskar Adlkk 1903, S. 218) auch Manganverbindungen
zu speichern verstehen. Vergl. auch S. 230 u. ff.
Sapropel und Eisenverbindungen.
223
Von Moosen sei auf die im Wasser lebende Fontinalis an-
tipyretica hingewiesen. Unter dem Mikroskop erscheinen die Zell¬
häute älterer Blätter infolge ihres Ferrihydroxydgehaltes schwach
hellbräunlich. Bei Font, squamosa kommen dünne Decken Ferri-
hydroxyd auf den Blättern vor usw. (Molisch 1892, S. 30 — 36).
Von noch höheren Wasserpflanzen ist Trapa natans her¬
vorzuheben. Die etwa 1 mm dicke, dunkle Fruchtschale dieser
Spezies »stellt vielleicht das eisenreichste Gewebe dar, das es
überhaupt gibt«. »Die Asche derselben enthält (nach E. Wolff,
1871) etwa 68 pCt. Eisenoxyd!« und der Prozentgehalt in der
Asche der Vegetationsorgane erreicht die abnorme Höhe von
23—29 pCt. (Molisch 1892, S. 39).
Figur 22.
Schale einer Chlamydoblepharis,
durch Eisenoxyd tiefbraun gefärbt.
Stark vergrößert. — Nach France.
Daß Ferrocarbonat in Lösung haltende, sehr kohlendioxyd¬
reiche Quellen, wenn sie an die Luft kommend, dort Gelegenheit
haben, viel Kohlendioxyd abzugeben, infolgedessen beträchtlichere
Lager von Eisenverbindungen, Eisensinter (Quel 1 [eisen] er z),
veranlassen, daß ferner im Wasser gelöste, noch oxydierbare
Eisenverbindungen auch durch den Sauerstoff der Luft reichlich
oxydiert werden, und so Niederschläge erzeugt werden, ist selbst¬
verständlich: die jedem bekannten, in allen Farben schillernden
Häutchen von vollständig oxydierten Eisenverbindungen auf der
Oberfläche eisenhaltiger Wässer erinnern immer wieder daran;
allein in große n Qu antitäten kommen solche Niederschläge be-
224
Sapropel und Eisenverbindungen.
sonders leicht durch die angedeutete Vermittlung von Organismen
zustande, und die in den Flachmooren vorhandenen Eisenerze von
der Zusammensetzung des Brauneisensteins, Brauneisenerzes (2 Fe203,
3H20), verdanken vielfach organischer Tätigkeit ihren Ursprung.
Diese Eisenerze sind bei ihrer Häufigkeit unter verschiedenen
Namen bekannt.
1. Limonite.
Limonit ist ein gern benutzter wissenschaftlicher Name (vom
griechischen leimon, die Wiese, daher Limonit die Übersetzung
* von Wiesenerz), der zweckmässig für solche wesentlich durch
Mithilfe von Bakterien etc. entstandene Brauneisenerze reser-
virt wird. Limonit tritt in Knollen, in Klumpen, in Lagen,
dicht f und fest oder porös, schwammig und durchlöchert auf; er
ist rostfarben bis pechglänzend. Der Ausdruck Limonit wird auch
auf die hinten zu» beschreibenden Seeerze angewendet; wir wollen
ihn jedoch hier nur sinngemäß gebrauchen. — Klump heißt das
Gestein, wenn es von Klumpenform ist. — Modereisen ist
wesentlich sogenanntes Eisenhumat. (Bemmelen 1900, S. 339).
»Lösungen von Humussubstanzen können FeO und Fe203 in
kolloidaler Lösung enthalten. Wenn sich eine Verbindung von
Humussubstanzen mit FeO oder Fe203 daraus abscheidet, so ist
dies keine chemische, sondern eine Absorptionsverbindung im Gel¬
zustande.« — Morasterz oder Schlammerz ist das Produkt in
noch schlammigem Zustande. — M 00 re is e n erz , Rasenerz,
Raseneisenerz, Rasen eisen stein, Wiesenerz heißt es, wenn
es verfestigt ist. — Sumpferz und Sumpf eisen sind weitere
Namen. — Top hu s Tubalcaini ist eine von Linne gegebene
Bezeichnung vom neulateinischen Toplius, das ist ein trockenes,
brüchiges, geschwulstartiges Gebilde, und Thubalcai'n, dem
»ersten Schmied«, der nach der Sage schon Eisen aus Limonit
dargestellt haben soll (vergl. 1. Buch Mose 4, 22).
Übrigens kommt gelegentlich »ein an Eisenoxyd reicher,
rotbrauner Schlamm nebst ebensolchen erzartigen Plattenstücken«
auch am Meeresgründe vor, wie das mit den obigen Worten
K. Natterer (1. c. S. 27) von einer tieferen Stelle im Roten
Meer angibt.
Sapropel und Eisenverbindungen.
22 5
2. See-Eisenerze.
Die See-Eisenerze, kurz gewöhnlich See-Erze genannt, be¬
dürfen einer besonderen Besprechung. See-Eisenerz tritt am Boden
offener Wässer auf. Es findet sich nur in einer bestimmten Tie-
Figur 23.
See = Eisenerz, Molluskenschalen
und deren Trümmer vom Boden des Madüsees bei Seelow in Pommern.
Natürliche Größe. — Nach W. Weltner.
fenzone (1 m und weniger) der Gewässer, nämlich in denjenigen,
die den Eisenverbindungen niederschlagenden Organismen die
besten Lebensbedingungen bieten. Die See-Erze sehen gewöhn-
Neue Folge, Heft 55. 15
226
Sapropel und Eisen Verbindungen.
lieh wie mehr oder minder kugelige Konkretionen aus (Fig. 23),
und es ist anzunehmen, daß bei der Entstehung der in Rede ste¬
henden Bildungen — wie die oft konzentrisch lagenweise Schich¬
tung zu erkennen gibt — auch durch chemische Attraktion ohne
Mitwirkung der Organismen Niederschlag erfolgt, so daß die See-
Erze in der Tat mehr oder minder als Konkretionen, als Oolithe
anzusehen sind, deren erste Veranlassung jedoch die Fähigkeit von
Organismen ist, Eisenverbindungen zu speichern, wodurch zunächst
. ein Attraktionszentrum geschaffen ward.
Auch hinsichtlich der Geröllform (ohne daß die in Rede stehen¬
den Bildungen Gerolle wären1), besteht zwischen Kalk und Eisen
eine Parallele. Wie namentlich die Gallertscheiden von Leptothrix
Ferrihydroxyd speichern, so speichern gallertige Scheiden von
Algen Kalkcarbonat. Es können dabei »erbsen- bis kartoffelgroße,
isoliert auf dem Grunde in 20 — 30 cm Tiefe liegende« Kalk¬
knollen2) zustande kommen, die hohl sind.
Es sei vorbeugend bemerkt, daß jedoch nun nicht etwa gesagt
sein soll, daß alle Kalk- und Eisenkonkretionen in ihren ersten
Stadien organischem Leben die Anregung zur Entstehung ver-
danken. Es gibt Eisen- und Kalkkonkretionen, die auf reine che¬
mische Konzentrationsvorgänge zurückzuführen sind. »Im fossilen
Nilschlamm (am Blauen Fluß) sind eine Menge Kalkknollen von
Erbsengroße bis Kubikfuß verstreut, die ohne Zweifel Ausschei¬
dungen der im Schlamm verteilten Kalksalze sind3)«. Und wenn
man in diesem Fall auch zweifelhaft sein kann, ob diese Knollen
nicht vielleicht durch die Lebenstätigkeit von Organismen ver¬
anlaßt sind, so ist dies doch in anderen Beispielen sicher nicht der
Fall, so bei den als Osteocollen (Beinbruchstein) bekannten Kalk-
concretionen4) und anderen.
*) Diese Bemerkung, weil W. Weltner (Uber den Tiefenschlamm, das See-
Erz und über Kalksteinablagerungen im Madüsee 1905, S. 288) die Kugel- und
Knollenform seiner See-Erze durch fortwährende rollende Hin- und Herbewegung
erklären möchte; hat doch auch schon Gümbel für die Manganknollen der Tief¬
see eine Bewegung durch aufsteigeude Quellen angenommen.
3) Schröter, in »Moore der Schweiz«, 1904, S. 34.
3) Walther, Lithogenesis, 1894, S. 704, der Ressegger als Gewährsmann zitiert.
4) Potonie, Lehrbuch der Pfiauzenpaläontologie. Berlin 1897, p. 5 u. 47.
Sapropel und Eisenverbindungen.
227
See-Erze werden namentlich in Schweden zur Verhüttung ge¬
baggert; innerhalb 15 — 30 Jahren hat eine hinreichende Neubil¬
dung stattgefunden, um das Baggerverfahren an derselben Stelle
wieder lohnend zu machen. Wo ich selbst in der Provinz Bran¬
denburg See-Erze (von mehr oder minder Kugelform) aufgeholt
habe, handelte es sich stets um (wenn auch schwach) fließendes
Wasser, so daß ein Ersatz, eine stete Zuführung von eisenhaltigem
Wasser stattfand. Auch in Schweden handelt es sich übrigens
um fließendes Wasser.
Je nach der Form der See-Eisenerz-Scheingerölle (Konkreti¬
onen) spricht man von Münzerz, von Münzenform, Pfennig-,
Linsenerz, Kugelerz, Klettenerz, Pulvererz auch Schie߬
pulvererz von der Form eines groben Pulvers, Bohnenerz von
Bohnenform u. dergl. Im Innern sind auch die See-Erze gern
hohl oder von lockerer Beschaffenheit.
Ossian AsCHAN1) stellt sich die Entstehung von See-Eisenerz
so vor, daß die Humussäuren in Gewässern sich mit Fernver¬
bindungen in denselben zu löslichem Ferrohumat verbinden.
Auch wenn durch wasserlöslichen Sauerstoff Ferrihumat entsteht,
kann dieses unter Umständen in Lösung bleiben. A. meint
nun, daß »allem Anschein nach die Ferro- und Ferrihumate . . . .
gewissen Mikroorganismen zur Nahrung« dienten; sie werden von
denselben, unter gleichzeitiger Abscheidung des Eisens als wasser¬
haltiges Eisenoxyd in einfache Bestandteile zerlegt«. Der in allen
untersuchten finnländischen Seeerzen (bezw. Sumpferzen) vorfind-
liche organische Kohlenstoff ist in Form von Testierenden Humus¬
stoffen vorhanden, die ohne Schwierigkeit nachweisbar sind. Da¬
durch wird die Mitwirkung der Letzteren bei der Bildung der
Erze unzweideutig indiziert.« Hierzu ist zu bemerken, daß Ferro-
oder Ferrihumat durchaus nicht nötig sind, wie u. a. das vorn S. 220
angegebene Experiment mit Ferrosulfat nachweist; vielmehr han¬
delt es sich offenbar in den von den Eisenorganismen bewirkten
Oxydationen bei Eisenverbindungen um einen Prozeß zur Gewin-
b Aschan, Die Bedeutung der wasserlöslichen Humusstoffe (Humussole)
für die Bildung der See- und Sumpferze (Zeitschr. für prakt. Geol. Berlin 1907,
S. 56 ff.
15*
228
Sapropel und Eisenverbindungen.
nung von Lebensenergie: um eine Atmung. Wenigstens ist es so
bei den Bakterien und es bedarf daher der Untersuchung, inwie¬
weit dasselbe bei den anderen Eisenorganismen der Fall sein könnte.
D er Atmungsprozeß beruht stets — gegenüber dem Assimilations¬
prozeß der Pflanzen, der sauerstoffreiche Verbindungen in O-är-
mere Pflanzensubstanz überführt — in Oxydations- Vorgängen, sei es,
daß dabei — wie das meist der Fall ist — organische C- Verbin¬
dungen verbrannt werden, sei es, daß — wie bei gewissen Bak¬
terien — andere Substanzen zur Verbrennung gelangen. So oxy¬
dieren die Schwefelbakterien den Schwefelwasserstoff' zu Schwefel
und diesen zu Schwefelsäure1); die Nitritbakterien bilden aus Am¬
moniak und Amiden salpetrige Säure, die Nitratbakterien hieraus
Salpetersäure. Die Eiseubakterien verbrennen Eisenoxydulverbin-
dungen zu Eisenoxyd. Wieder andere verbrauchen CH4 oder noch
andere H, kurz stets noch oxydierbare (unverbrannte) Stoffe.
Die rezenten Brauneisenerze (Limonite und See-Erze) sind —
wie wir sahen — im Wesentlichen aus Oxydatiousprozessen her¬
vorgegangen, seis durch direkte Oxydation, seis durch Vermitt¬
lung lebender Organismen. Aber auch die in Gegenwart abge-
storbener organischer Teile, d. h. von Humus oder Sapropel, vor¬
kommenden Prozesse der Reduktion von Eisenverbindungen sind
für uns beachtenswert; die Reduktionen werden insbesondere durch
faulende organische Reste oder Organismen bedingt. So sehen
wir Eisenoxydul- Verbindungen entstehen, z. B. das an der Luft
leicht zu Ferrihydroxyd sich umsetzende Ferrocarbonat (Eisenspat,
von holländischen Torfbauern [vgl. Bemmelen 1900, S. 352] am
9 Die Tatsache des Vorhandenseins von Schwefelorganismen« hat die Mei¬
nung bedingt, daß gewisse Schwefelvorkommen einer Organismen-Tätigkeit den
Ursprung verdankten. Allein es ist nicht recht ersichtlich, wie man sich das
vorzustellen hätte. Der Schwefel wird von den Organismen, wie oben gesagt,
verbrannt, nicht aber etwa als Ausscheidungsprodukt gebildet und als solches
dauernd erhalten. Die Schwefelbakterien, besonders Beggiatoa , gebrauchen H-.S
zu ihrem Leben und dieser gibt bei Vorhandensein von 0 so wie so leicht S ab
durch Bildung von HaO. Immerhin bedürfte der Gegenstand, inwieweit gewisse
Bakterien etwa die Ablagerungen von S unterstützen könnten wie die Eisen¬
bakterien Ferrihydroxyd noch der näheren Untersuchung. Eine gute Zusammen¬
stellung über die Tätigkeit der Schwefelbakterien findet sich in Ludwig Josts
Buch »Vorlesungen über Pflanzenphysiologie« (Jena, 2. Auf!., 1908 S. 258 fl).
Sapropel und Eisenverbindungen.
229
Drenther Moor weiße Torfsubstanz [Witte Klien] genannt)
bleibt erhalten oder entsteht auch erst aus Ferrihydroxyd durch
Reduktion in Gegenwart des von dem faulenden Medium gebilde¬
ten Kohlendioxyds, und das Vorkommen von Ferrophosphat
(V i vianit), das an der Luft durch Oxydation blau werdend zu
Ferriphosphat (Blaueisenerde) wird, spricht dieselbe Sprache.
Die Phosphorsäure des Vivianits stammt von Tieren her, die im
Moor oder in dem Sapropelit bildenden Wasser gelebt haben,
woher denn auch tierische Einschlüsse gelegentlich Vivianit-Be-
kleidungen zeigen.
Alle diese Eisenverbindungen in Mooren, die in konkretionären
Formen, in Nestern und Lagern Vorkommen, können mehr oder
minder auffällige Tonbeimengungen aufweisen1), womit darauf
hingewiesen wird, daß das Eisen durch Wasserläufe, die auch
Tontrübe mitbracbten, in die Moore eingefuhrt worden ist, be¬
ziehungsweise, daß lösliche Tonerde, die fast in jedem Wasser —
wenn auch nur in Spuren — vorhanden ist, zusammen mit dem
Eisen gefällt worden ist.
Es wurde schon angedeutet, daß in vielen Fällen durch die
Tätigkeit der lebenden Organismen offenbar nur die Anregung
zum Ausfällen des Eisens gegeben ist, daß in anderen Fällen
diese sehr leichte Ausfällung auch in anderer Weise geschieht.
Diesbezüglich sei die Tatsache herausgegriffen, daß z. B. abge¬
storbene Wurzeln in dicke tonhaltige Eisenerzzylinder eingebettet
auftreten können, wobei aber diese Wurzeln wesentlich nur die
Attraktionspunkte für den Niederschlag gewesen sind, wie es jeder
andere heterogene Bestandteil in einer homogenen Masse wie Ton,
Sand oder dgl. sein kann2). Höchstens mögen Rednktionsprozesse,
eingeleitet durch die sich zersetzenden Wurzeln, im ersten Stadium
mitspielen. Solche Ton-Eisen-Hosen kommen in den verschieden¬
sten Formationen vor; sie sind konkretionäre Bildungen. Lebende
Wurzeln bedingen umgekehrt — da die Pflanzen das Eisen ge¬
brauchen — eine Enteisenung des Bodens (Daubree, Comp. rend.
b Vgl. z. B. Sitenski 1891, S. 217.
') H. Potonie, Lekrb. der Pflanzenpaläontologie 1899, S. 5 und 47.
230
Mangan.
Paris XX, p. 1777); solche Wurzeln »entfärben« daher in ihrer
Nähe auf einige Zentimeter einen eisenhaltigen Boden.
3. Mangan.
Wiederholt ist auch eine Speicherung der dem Ferrihydroxyd
entsprechenden Mang an Verbindung durch Organismen beobachtet
worden, wo Mangan eben zur Verfügung steht (vgl. z. B. Molisch
1892, S. 72). Es spielt dann dieselbe Rolle wie sonst das Eisen.
— In 1800 — 5000 und mehr Metern Meerestiefe finden sich auf
• dem Meeresboden Mangan-Eisenkonkretionen : die konzentrische
Schichtung (vgl. z. B. die Abbildungen bei John Murray und
A. F. Renard1) beweißt, daß es sich um Bildungen handelt wie
die See-Erze, und die Annahme liegt nahe, daß auch zur Bildung
der Mangankonkretionen organisches Leben den Anstoß gegeben
haben dürfte.
Man könnte, wenn man die Genesis in der Bezeichnung zum
Ausdruck bringen will, unterscheiden Eisen-Limonite von
Mangan-Liinoniten (Man ganwiesen erz, Mangansumpf-
erz) im Gegensatz zu den Eisen-Seeerzen, die etwas Mangan ent¬
halten, durch die Manganeisen-Seeerze mit z. B.2) 27,06 pCt.
Fe20g und 23,60 pCt. MnÜ2 bis zu den Mang an -Seeerzen.
Nach der Zusammenstellung von Bergeat kommen Mangan-
Limonite vor nach Strishow im Bogoslowskischen Bergrevier im
Ural in quartären Sanden, auch in Deutschland hier und da, z. B.
in Sand und Ton eingebettet ein 5 — 7 m mächtiges Lager zu
Oberrosbach bei Homburg v. d. Höhe. Nach Katzer kommt im
Überschwemmungsgebiet des Amazonenstroms Manganerz (Psilo-
melan M11O2) vor von schaliger Struktur, das nach dem Genannten
entstanden wäre aus Mangancarbonat-Lösungen infolge einer Oxy¬
dation unter Verdrängung des Kohlendioxyds. Solche schalig
struierten Psilomelan-Platten sind mir auch aus Überschwemmungs-
9 Murray u. Renard, Report on deep-sea deposits. Report scient. results
Challenger. London 1891, Taf. II, III, IV. — Ich selbst habe Abbildungen ge¬
boten in der »Naturwissenschaftlichen Wochenschrift« Jena 1906, p. 411 u. 412.
2) Nach Schwager, vergl. Bergeat, Die Erzlagerstätten. Unter Zugrunde¬
legung der von Alfred Wilhelm Stelzner Unterlassenen Vorlesungsmanuskripte
lind Aufzeichnungen. I, Hälfte. Leipzig 1904, S. 262 — 264.
Mangan.
231
gebieten Norddeutschlands gelegentlich — und zwar jedesmal mit
der Frage, ob es sich um fossiles Holz handle — vorgelegt worden.
Die einzelnen Schalen wurden daher für Jahresringe gehalten.
Sind solche Manganstücke angewittert, so treten die Schalen noch
auffälliger in die Erscheinung, indem dann ausgewitterte Partien
mit stehen gebliebenen, senkrecht zu den Begrenzungsflächen der
Schalen gerichteten, abwechseln, so daß man etwa glauben könnte,
die ausgewitterten Partien entsprächen dem leichter zerstörbaren
Gewebe, etwa den Markstrahlen. Ein Stück, das mir vorliegt,
stammt vom Ufer des Schiefen Sees bei Samotschin (Prov. Posen)
und wurde dort ca. x/2 m tief in »Moorerde« gefunden. J. H. L.
Vogt1) gibt das Vorkommen von Mangan-Limonit, auch verge¬
sellschaftet mit Eisen-Limonit in Ockerform als unmittelbares
Liegendes von norwegischen Torflagern an. Dieser Mangan-Li¬
monit ist sehr locker (»Manganocker«), frisch sehr H20-haltig und
zerfällt lufttrocken größtenteils zu Pulver.
Auch sonst (in Nord-Amerika z. B.) sind Mangan-Limonite
nichts Seltenes. Inwieweit bei solchen Mangan-Limoniten auch Or¬
ganismen wie beim Eisen eine hervorragende Rolle spielen können,
wäre noch näher zu untersuchen. Tatsache ist jedenfalls, daß Or¬
ganismen auch Manganihydroxyd niederzuschlagen fähig sind, wie
z. B. nach O. Adler2) die S. 222 schon genannte Protozoe Antliophysa
vegetans . Eisenschlamme sind durch ihre gelbrote Färbung sehr
auffällig; die entsprechenden Mangan schlämme aber sind schwarz
und können daher leicht übersehen werden, wenn man nicht sein
besonderes Augenmerk darauf richtet. Es ist bemerkenswert, daß
nahe bei einander in ein und demselben Wasser, z. B. in nur
200 m Entfernung von einander , an der einen Stelle Mangansee-
erz (z. B. mit u. a. 36,10 pCt. Mn02 und 25,83 pCt. Fe2Og), an
der anderen Eisenerz (z. B. mit u. a. 3,28 pCt. Mn02 und 69,47 pC.
Fe2Og) entstehen kann3). Das regt den Gedanken an, ob nicht
0 Vogt, Uber Manganwiesenerz und über das Verhältnis zwischen Eisen
und Mangan in den Seen und Wiesenerzen. (Praktische Geologie. Berlin 190b
S. 217 ff.)
2) 1. c. 1903, S. 217.
3) Vogt (1. c. S. 226 — 227) hält diese Niederschläge für rein chemische Pro¬
zesse,
232
Sapropel-Erden.
hier verschiedenartige Organismen in dem einen Falle vorwiegend
Mn-, in dem anderen vorwiegend die Fe-Verbindung zum Nieder¬
schlag gebracht haben.
Es ist zu beachten, daß auch dann, wenn die Organismen
nicht tätig wTären, freilich das Eisen und Mangan wieder nieder¬
geschlagen wrerden würden, aber die Anreicher u ng an bestimmten
Örtlichkeiten wird durch die Organismen befördert, während an¬
dernfalls eine gleichmäßigere^ Verteilung der niedergeschlagenen
Erze statthaben würde.
Wie »Eisenpflanzen« besonders unter den Wasser- und Sumpf¬
pflanzen verbreiteter sind, so ist es nach J. Gossl1) auch mit den
»Manganpflanzen«.
Sumpf- und Wasserpflanzen speichern allgemein mehr Mangan
als Bodenpflanzen, von denen aber gewisse Arten ebenfalls viel
Mn aufnehmen können, wenn es ihnen geboten wird. So enhielt
Carcx hirta , das auf einem längere Zeit im Freien lagernden Haufen
von Mangansehwarz wuchs, nach H. Syoboda2) in der Asche
7,91 pCt. Mnß04 neben nur 2,31 pCt. F ^ O3 -f- AI2O3 usw., jedoch
läßt sich — soweit die Versuche reichen3) — das Fe bei höheren
Pflanzen nicht durch Mn ersetzen , wenn sie auch Mn willig auf¬
nehmen.
Sapropel-Erden.
Sapropel-Erden4) sind Sapropelite mit reichem Ton- oder
Mergelzusatz oder Feinsandzusatz, andererseits Sap ro psammite,
d. h. also Sapropel-Gesteine mit reichem Zusatz gröberen Sandes.
Im Schlammzustande sind sie oft so Sapropel-ähnlich, daß sie sich
nur unter dem Mikroskop zu erkennen geben; lufttrocken hingegen
sind sie andererseits oft wieder nicht von sapropellosen Tonen,
Sanden oder Mergeln zu unterscheiden. Oft ist hierbei die wesent-
*) Gössl, Über das Vorkommen des MaDgans in den Pflanzen (Beih. z. B.
Centralbl. 1904, S. 119—132).
2) Svoboda, Uber abnorm hohen Mangangehalt einer P Ü an ze nasche. Ca-
rinthia II. Mitteil. d. naturhist. Landesmuseums f. Kärnten 1902, S. 192 — 194.
3) Vergl. G. Spampani, Le StazioDi Speriment. Agrar Ital. Bd. XIX, 1890,
S. 1—33.
4) Vergl. hierzu das Seitenstück Humuserden im II. Bande.
Sapropel-Erden.
233
liehe, starke Aufhellung bemerkenswert, namentlich wenn der
Schlamm Einfach-Schwefeleisen (FeS) enthielt (vergl. S. 208).
Reine Sapropelite dunkeln im Gegensatz hierzu oft nach. Kurz
gesagt sind also die Sapropel-Erden diejenigen Sapropel-Gesteine,
die einen reicheren oder reichen Gehalt an herzugedrifteten anorga¬
nischen Mineralteilen besitzen.
Handelte es sich bei der Genesis der Sapropel-Kalke, des Diato-
meenpelits und der reinen Sapropele um autochthone Sedimentierung
(aquatische Autochthonie), so sind die Sapropel-Tone und -Sande
wesentlich durch allochthone Sedimentierung — nämlich hinsichtlich
der Ton- und Sand-Bestandteile — zuwege gekommen. Für eine rein
wissenschaftliche Auseinandersetzung, wie die vorliegende, ist es nicht
von Belang, genau festzusetzen, wieviel Gewichtsbestandteile von
den autochthonen Sedimenten einerseits und wie viele von den
allochthonen andererseits vorhanden sein müssen, um schon oder
noch von Sapropel schlechtweg oder Sapropel-Tonen oder -Sanden
sprechen zu dürfen, kurz von Sapropel einerseits oder Sapropel-
Erden andererseits. Beide Gesteins-Arten gehen natürlich ganz
allmählich ineinander über und die beiden Extreme nennen wir
eben Sapropel einerseits und Sapropel-Ton resp. -Sand oder Sa-
propel-Ton-Sand andererseits. Das Bedürfnis einer genauen Fixie¬
rung von Grenzen, bis wohin die einen und bis wohin die anderen
dieser Gesteine zu rechnen sind, mag für die Praxis von Belang
sein, für unsere theoretische Auseinandersetzung sind über das
Gesagte hinausgehende beschränkende Definitionen nicht notwendig,
wenigstens gibt die wissenschaftliche oder kulturtechnische Praxis
vor der Hand noch keinen Wink, wohin die Grenzen aus Zweck-
mäßigkeitsgründen zu legen wären. Einen Sapropel-Sand würde
ich aber z. B. jedenfalls jedes Sapropel-Gestein nennen, das luft¬
trocken wie Sand aussieht, mag es noch so sehr im Schlammzu¬
stande reines Sapropel Vortäuschen.
Wie man frische Sapropel-Erden im Felde schnell erkennen
und bestimmen kann, wurde S. 207 beim Sapropel-Sand angegeben.
Im Zusammenhang mit dem Gegenstand der vorausgehenden
Kapitel wurden nämlich von Sapropel-Erden bereits der Sapropel-
Sand besprochen, und diejenigen, die durch FeS dunkelblau-
234
Sapropel-Erden.
schwarz gefärbt sind, die »schwarzen Schlamme«, ferner mußte
schon wiederholt auf sie Bezug genommen werden, insbesondere
in dem Kapitel Sapropel, wo u. a. auf die Gytjen aufmerksam
gemacht wurde (S. 149), worunter nach heutigem gewöhnlichen
Gebrauch vorwiegend die Sapropel-Erden verstanden werden.
Es bleibt aber noch insbesondere der außerordentlich häufige
Sapropel-Ton zu besprechen.
Sapropel- resp. Saprokoll-Ton (Faulschlamm- resp.
Faulgallerte-Ton, für beide kurz Faul ton) sieht meist aus wie
Ton, da die Sapropel-Bestandteile nicht oder kaum färben; jedoch
ist der Sapropel-Ton von sehr weich (halbflüssiger) schlammiger,
gallertiger Konsistenz. Derzeitig werden sowohl der Sapropel-Ton
wie der kein Sapropel enthaltende Ton beide zusammengeworfen
und meist als Schlick bezeichnet. Beim Erhitzen unter Luftab¬
schluß wird der Sapropel-Ton aber durch den Destillations-Rück¬
stand (Kohlenstoff) des Sapropels schwarz, wodurch das Gestein als
Sapropel-Ton leicht von bloßem Ton unterschieden werden kann.
Wenn man ganz sicher gehen will, wird man eine mikroskopische
Untersuchung vorangehen lassen. Je nach dem geringeren oder
höheren Tongehalt gewinnen die Sapropel-Tone die von dem luft¬
trocknen Sapropel her bekannte hohe Festigkeit oder sie zerfließen
in Wasser getan wie Ton.
Sapropel-Ton kann sich bilden, wo ein reiches Leben, nament¬
lich von Planktonorganismen mit Sedimeutierung von feinstem Ton-
Material einhergeht wie etwa an besonders ruhigen Stellen watten¬
meerähnlicher Gebiete, sogar an Stellen, wo unter anderen Um¬
ständen die abgestorbenen Organismen sonst der vollständigen Zer¬
setzung, der Verwesung, anheimfallen würden. Die Gleichzeitigkeit
der Sedimentierung absterbender und abgestorbener Organismen
mit feiner Ton-Trübe bedingt eine Einbettung ersterer und dadurch
einen Abschluß des Sapropel bildenden Materials durch den Ton.
Gerade die so entstehenden Sapropelite sind dann gern diejenigen,
die makroskopisch durchaus nicht den Eindruck machen, als ent¬
hielten sie überhaupt Sapropel, da bei dem sofortigen Einschluß
des Ur-Materiales wie in Konservenbüchsen die Zersetzung wohl
nur äußerst langsam vor sich geht. Sehr auffällig ist es dann,
Sapropel-Erden.
235
wenn solche durchaus wie reine, etwa eiseugefärbte Tone aus¬
sehenden Sapropelite beim Glühen einen unter Umständen sehr
großen Gasgehalt entwickeln und der Rückstand kohlschwarz wird.
Ein subfossiler, schwach sapropelhaltiger Sapropel-Ton aus
dem Berliner Alluvium (Alte Jakobstraße 40/41) enthielt von
figurierten Teilen Diatomeen, sehr viele Spongillennadeln und
Kleinhäcksel (Mikrohäcksel) von stark ramponierten Gewebefetzen
höherer Pflanzen. Beim Glühen unter O-Abschluß wird das ton¬
eisenfarbige Material schwarz. Außer sehr vielem Ton ist etwas
Feinsand vorhanden und Ferrihydroxyd.
Im Flötzgebirge aller geologischen Formationen sind fossile
Sapropel-Erden außerordentlich häufig und unter den Namen bi¬
tuminöse Tone, Tonschiefer, Schiefertone usw. bekannt.
Ein sehr schöner, mioeäner Sapropel-Ton (ein bituminöser Ton),
der makroskopisch durchaus wie ein durch Eisenoxyd gefärbter,
sonst reiner Ton aussieht — , obwohl er bei nicht ganz 100° getrocknet
nach freundlicher Untersuchung von Herrn Bergingenieur J. Kern
15,30 pCt. brennbare organische Substanz enthält, — kommt z. B. bei
Königsberg bei Eger in Nordböhmen vor. Der mikroskopische Be¬
fund, das Schwarzwerden nach dem Erhitzen und der erstaunlich
große Gehalt an brennbarem Gas geben leicht Auskunft über die
wahre Natur dieses Gesteins.
Zu den Synonymen zu rezenten Sapropel-Erden gehört
vielleicht die Bergpech erde von Cancrin’s (1789, S. 70),
ferner das neuerdings von Ramann (Einteilung 1900, S. 182) für
Sapropel-Ton geschaffene Synonym Ton-Gytje.
Des weiteren ist hier zu nennen der Töck (zum Teil). Töck
ist eine (friesische) Lokalbezeichnung von Helgoland. Wie mir
Eingeborene mitteilten und auch Dames erfahren hat1), versteht
man unter Töck sowohl das Material, aus dem die tonigen (hellen)
Lagen der unteren Kreideformation, als auch einen (dunklen)
festen Sapropel-Ton, der sich im und am Nordhafen jetzt ca. 5 m
unter dem mittleren Wasserspiegel befindet und oft in größeren
und kleineren Brocken an den Strand geworfen wird. Ich habe
9 D4MES, Über die Gliederung der Flözformation Helgolands 1893, S. 620.
236
Sapropel-Erden.
Proben nicht nur vom Grunde anfgeholt, sondern auch viele
Stücke am Strande, namentlich der Düne, aber auch der Haupt¬
insel gesammelt, besonders zwischen dem Tang, der ihn als Unter¬
lage benutzt und emporgezogen hat. Dieser Töck hat offenbar
diluviales Alter, vielleicht postglaziales x). Er ist eine Süßwasser¬
bildung mit Landpflanzen und -Resten; Mollusken hat schon Ad.
LäSARD nachgewiesen* 2). Eine größere Anzahl hineingedrifteter
Landpflanzen hat Hallier bekannt gemacht3). Es handelt sich
aber trotzdem nicht um einen Schwemmtorf, sondern um eine
Sapropel-Erde mit Nahedriftmaterialien: Laubblättern von Bäumen,
wie Eichen ( Quercus ;), Eicheln, Walnußresten ( Juglans ), Hain¬
buchenfrüchten (i Carpinus Betulus) usw., auch ein Blatt von Ilex
aquifolium wurde neuerdings (von Inspektor LÜHRS auf Helgo¬
land) gefunden, daneben aber sind — wie gesagt — Süßwasser-
Mollusken usw. vorhanden.
Bei der mikroskopischen Untersuchung fand ich ziemlich
viele Gesteinssplitter, von tierischen Resten zahllose Spongillen-
nadeln und Reste kleiner Süßwasser-Crustaceen, von pflanzlichen
Resten wenig Diatomeen, Pollen von Pinus , Corylus und Ainus ,
Sporen usw. Der Töck ist lufttrocken hart und zähe und sieht
daun braunkohlenartig aus; er weicht in Wasser nicht wiederauf,
wenu er auch unter Wasser weich ist, sonst hätte er sich ja auch
im Meereswasser, unter das er gesunken ist, nicht erhalten können.
Die liegende Partie des Lagers ist heller und etwas kalkreicher. Der
Sapropel-Töck (im Gegensatz zu dem Kreide -Töck) ist vielfach
von Bohrmuscheln durchlöchert worden. Vergl. unsere Fig. 12 rechts
unten auf S. 89. — Denselben Töck (ob von Helgoland hingedriftet
durch Vermittlungaufsitzender Tange?)fand ich in einigen Rollstücken
an der Südküste von Föhr. Der mikroskopische Befund ergab große
Vergl. W. Wolff, Einige geologische Beobachtungen auf Helgoland.
(Zeitschr. der Deutschen Geol. Ges., Berlin 1903, Dezember-Protokoll.)
2) Lasard, Neue Beiträge zur Geologie Helgolands. Zeitschr. der Deutschen
Geol. Gesellsch., 21. Bd., Berlin 1869, S. 581— 586.
3) Hallier, Helgoland. Erschienen vor 1869 (dieselbe Ausgabe wiederholt,
zuletzt 1892 mit verändertem Titelblatt ausgegeben), S. 79 ff. und 312 ff. Er
hielt den Töck für eine aus einem Waldmoor hervorgegangene Tertiär-Braunkohle-
Sapropel -Erden.
237
Übereinstimmung mit dem diluvialen Helgoländer Töck, esfandensich
nämlich Spongillennadeln, Crustaceen-Reste ( Bosmina ), Pediastrum ,
Diatomeen, Teleutosporen, Sphagnum-JSiiktteT und Epidermis-Fetzen
höherer Pflanzen. Auf der Westküste der Kurischen Nehrung
und zwar zwischen Rossitten und Sarkau fand ich Gerolle eines
Sapropelit-Tones, die dem Helgoländer Töck sehr gleichen, und
die von den unter das Meerwasser geratenen Landstrecken stammen
ebenso wie die dort häufigen Land-Torf-Gerölle ; wie denn natur¬
gemäß überhaupt dort, wo Torfgerölle vorhanden sind, gelegentlich
auch Sapropelit-Gerölle Vorkommen: eine besondere Ausnahmeer¬
seheinung bildet sonach der Helgoländer Sapropel-Töck nicht.
Eine zu den Sapropel-Erden gehörige Bildung des hohen Nordens
ist der Kryokonit (vom griechischen (kryos = Frost, Kälte und
konis = Staub). Er ist das früher von Nordenskjöld für vul¬
kanischen Aschenstaub oder für Meteorstaub gehaltene Material,
das sich auf der Oberfläche des grönländischen Inlandeises findet.
Ich hatte Gelegenheit, einige Proben hinsichtlich der organischen
Bestandteile zu untersuchen ])- Diese Proben bestanden wesent¬
lich aus tonigen, aber auch sandigen Partikeln, die als Staub zu¬
geführt wurden. Dieser enthält etwa fi pCt. organische Bestand¬
teile. Von noch Struktur zeigendem Material fanden sich als
Hauptteile: Algen, unter diesen auch Diatomeen, ferner Tiere, wie
u. a. Bärentierchen (Tardigraden) usw.; als Staub hineingeraten:
ein Fetzchen einer phanerogamen Pflanze und die Schuppe eines
Schmetterlingsflügels. Wir haben also hier eine mit Sapropel
vermischte äolische Bildung, die in Wasserstellen des Eises ent¬
stand.
In unseren Seen, die keine Zuflüsse haben, bringt der Staub
ebenfalls einen verunreinigten Sapropelit hervor; man darf also
nicht immer ohne Weiteres aus dem Vorhandensein von Ton und
Sand im Faulschlamm darauf schließen, daß ein Zufluß vorhanden
gewesen sei, abgesehen von Einschwemmungen, die durch Regen-
b Meine Mitteilung darüber befindet sich in dem Grönland-Werk von
Erich v. Drygalski, 1897. — Siehe auch meine Notiz in der Naturwissenschaft¬
lichen Wochenschrift, Berlin den 10. 1Y. 1898, S. 173. — Vergl. ferner auch die
Zusammenfassung in Zirkels Lehrb. der Petrographie III, 2. Aufl., 1894, S. 782.
Sapropel-Erden.
238
wasser erfolgen. Da Kryokonit alle Staubmassen heißen, die sich
auf dem grönländischen Inlandeise befinden, enthalten wohl nicht
alle Proben Sapropel-Bestandteile. — (Gelegentlich wird in über¬
tragenem Sinne auch der Humusstaub als Kryokonit bezeichnet,
der sich auf Eisfeldern der Alpen als Anflug vorfindet). Wie
beim Sapropel-Teppich (S. 142) kann man auch beim Kryokonit
und überhaupt bei allen eben erst im Entstehen begriffenen Sa-
propei-Gesteinen den Einwand erheben, es sei die organische Bei¬
mischung des Kryokonits noch kein Sapropel, sondern erst dann,
wenn es einen Zersetzungsprozeß durchgemacht habe. Darauf wäre
dasselbe zu erwidern wie das schon am angeführten Orte Gesagte.
Register.
Seite
A
Aale in schwarzem Schlamm . . 215
Abramis brama . 63
Ackerboden . 45
Acroperus . 95
adamische Erde . 143
Adipocire . 11
Akaustobiolithe . 1
alba terra . 177
Aldrovandia . 77
Algen . 94, 155
Algenhaut . 142
Algenkalk . 187
Algenmehl . 201
Algenpapier . 142
Algensaprokoll . 144
Algentorf . 143
Algenwasserblüte . . . . . 82, 85
Algenwatte . 87, 88
Algenwatte (Abb.) . 87
alkohollösliche Substanzen . . . 112
allochthone Sedimentierung . 28, 62
allochthone Torfe . 43
Allochthonie . . - . 28
Alm . 177
Ainus . . 14, 95, 128, 156, 205, 236
Ainus glutinosa . 37, 49
Alona . . . w . 95, 186
Alopecurus agrestis . 106
Alpenmoder . 44
Altwässer . 69
Amblystegium giganteum .... 77
amorf Törv . 144
amorpher Torf . 144, 151
Seite
Anabaena . . ; 93, 131
Anabaena flos aquae .... 86, 87
Anabaena Hussalii . 86
Anabaena thermalis . 76
Anabaena variabilis . 86
Andromeda calyculata . . 38, 39, 51
Andromeda calyculata (Abb.) . . 52
Ängsgyttja . 142
anmoorig . . . 36
Anodonta variabilis . 131
Anstau . 73
Anthophysa vegetans . . . 222, 231
Aplianizomenon flos aquae ... 81
Aphanocapsa . 93
Aphanothece . 93
Aposepsie . 5
aquatische Autochthonie . . 27, 62
Arcella . 95, 127
Arcella vulgaris . 63
Aroideen . 8
Arundo phragmites 43, 49, 52, 54, 97, 131
Arundo phragmites (Hochmoorrand¬
zone; Abb.) . 53
Aster ionella . 81, 100, 102
Asterionella formosa . 192
ätherlösliche Substanzen . . . 112
Attheya . 100
Auftrieb . 78
ausgefault . 13
autochthone Sedimentation . . 27, 62
Autochthonie . 27
Autochthonie, aquatische . . 27, 62
Autochtonie, terrestrische . . 27, 62
Azolla . 77
240
Register.
Seite
Seite
B
Blauschlick ....
. ... 164
Bacillaria .
191
Bleicherde ....
. . . . 46
Bacillariaceen .... 94,
127,
191
Bleichsand ....
.... 46
Bacillariaceen (-arien)- Erde .
201
bleke .
. ... 178
Baciliaria paradora . . . .
191
Blindsee .
.... 62
Bacillarienfaulschlammkalk
178
Blutalge .
. . . . 82
Bacillarienkalkfaulschlamm
178
bodeneigen ....
. . . . 27
Bacillus calfactor .
7
bodenfremd ....
.... 28
Bacillus coli foenicola . . .
7
Boghoadkohle . . .
. . . . 33
Badegytje .
151
Bohnenerz ....
227
Baggertorf .
144
Bol .
. ... 193
Bakterien .
76
, 94
Bosmina . . 95, 125
, 1 28, 1S5, 237
Ballons .
90
Bosmina coregoni . .
. ... 131
Bärentierclien .
237
Butrgococcus . . .
.... 94
Batrachium .
76,
147
Botrgococcus Braunii .
.... 86
Beggiatoa .
76,
228
ßrachgonus ....
.... 100
Beinbruchstein ......
226
Brauneisenerz . . .
. . 224, 228
Benthos .
r-i r
i 0
Braune Leber . .
.... 145
Bergmehl .
201
Braun heu .
5
Bergmilch .
178
Braunkohle . . . .
. . . 23, 236
Bergpech erde .
235
Braunkohlenlager . .
.... 38
Berlin, Etymologie . . . .
.
174
brennbare Leber .
.... 145
Berliner Diatomeenerde . .
.
179
Brennheu .
. . . . 5
Berliner Infusorienerde . 34,
195,
203
Bröckeltorf ....
.... 44
Bernstein . .
47
Brunnenfaden . . .
.... 218
Besenheide . .
54
Bryophyten ....
.... 94
Betula . 95, 126-128, 130,
186,
205
Bryophyten sporen .
.... 130
Betula pubescens .
38, 51
Bult .
.... 23
Bidens cernuus .
49
Buntmog .
.... 149
Binnenhochmoor-Typus .
•
41
Burguuderblut . , .
.... S2
Biolith .
1
Birkenmoor .
38
1 C
Bitumen .
19
Calluna .
.... 205
Bituminierung .
19
Calluna vulgaris
. 41, 54, 116
bituminöser Kalk 34, 61, 153,
162,
189
Calothrix parietina
. ... 141
bituminöser Mergel
•
61
Cannelkolde ....
. 33, 139, 153
bituminöser Schieferton (Touschie-
Carex .
.... 131
fer, Ton) . . . . 35, Gl,
153,
235
Car ex birta ....
. . . 232
Blahm .
142
Carices .
.... 38
blake .
178
Carpinus Betulus .
.... 236
Blättertorf .
145
Caulerpa .
.... 75
Blaueisenerde .
229
Centropijxis ....
.... 95
blaue Mud .
194
Ceratium hirundinella .
.... 81
blauer Schlamm .
210
Ceratiuni volans
.... 84
blauer Schlick ......
210
Ceratophgllum .
. 77, 170, 172
Blauschlamm ....
i 64,
210
Ctnodaphnia
.... 95
Register.
241
Seite
Chaetoceras . 194
Chara . 170, 172
Characeen . . 75, 76, 95, 170, 178
Characeenkalk . 184
Chara foetida . 170
Charakalk (Cliaraceenkalk) . . . 178
Charales . 94
Cbararasen . . 172
Charaschlamm . 172
Chitingyttja . 145
Cliitinteile . 95
Chironomus . 63
Chlamydoblepliaris . 222
» (-schale, mikroskop.
Bild) . 223
Chlamydothrix ferruginea . . . 218
Chlamydothrix ochracea . . . . 216
Chlamydothrix ochracea mit Ferri-
hydroxyd (Mikrophotogr.) . . 219
Chlorophyceen . 75
Chlorophyll . 18, 133
Chlorophyllan . 133
Chlorophyllkörper . 133
Chromatium Okenii . 210
» vinosa . 210
Ckroococcaceen . . .83, 93, 100, 130
Chroococcaceen-See .... 99, 100
Chrysomonadinen . 94
Chydorus . 100, 186
Cladium mariscus . 69, 70
Cladoceren . 125, 131
Cladophora . 98, 185, 221
» aegagropila . . . . 221
Cladopkoraceen . 94
Cladophora fracta . 141
Cladophora glomerata . . . . 170
Cladothrix dichotoma . 218
Clathrocystis aeruginosa . 94, 100, 131
Clovotlirix fusca . 218
Clo steriuin . 94, 100, 221
Coelastrum . 94
Coelosphaerium Kützingianum . . 86
Colpomenia sinuosa . 90
Conferva . 94, 221
Conferva bombycina . 141
Confervaceen . 141
Neue Folge. Heft 55.
Seite
Conferventorf . 145
Conjugaten . 77
Copal . 47
Corixa . 129
Corylus . . . 14, 95, 128, 205, 236
Coscinodiscus radiatus .... 194
Cosmarium . 94, 100, 155, 186, 214
Crenotlirix polyspora . . . 218, 220
Crustaceen 95, 127, 128, 129 ff., 155,
185—187, 236, 237
Cryptodifflugia . 185
Cryptomonas . 81
Cyanophyceen . 102, 188
Cyanophyceengytje . 145
Oymatopleura solea . 200
Cymbella . 128
Cyperaceen . 95
D
Damgyttja . 152
Daphnia . 95, 186
Daphniden . . 128, 186
Darg . 217
Daulehm . 145
Denhardtit . 47
Desmidiaceen 81,92, 94, 100, 156,214,221
Desmidium . 94
Diatoma . 191
Diatoma brachiata . 191
Diatomaceen ........ 191
Diatomaceen (-meen) -Erde . . 201
Diatomeen 18, 75, 82, 83, 88, 94, 98,
100, 102, 106, 127, 128, 130, 156,
160, 237
Diatomeen und Eisen .... 222
Diatomeen, ihr Vorkommen . . 192
Diatomeen artenlisten . 185, 197 — 200
Diatomeenfaulschlammkalk . , . 178
Diatomeengytje . 203
Diatomeenkiessteinkerne. . . . 213
Diatomeenooze . 169
Diatomeenpapier . 142
Diatomeenpelit . 33, 61, 94, 108, 190
Diatomeenpelit (Mikrophotogr.) . 196
Diatomeenpelitprofil bei Ober-Ohe
mit Auslaugungserscheinungen
(Abb.) . 204
16
242
Register.
Seite
Seite
Diatomeensaprokoll .
. . 33,
190
Enaliden .
75
Diatomeensapropel . .
. . 33,
190
Eremakausis .....
4
Diatomeensapropelit . .
. . 61,
162
Erdkalk .
179
Diatomeensapropelkalk .
. 178,
195
Ericaceen .
Diatomeenschiefer . . .
201
Ericaceenpollen ....
205
Diatomeenschlamm . .
. 164,
201
Eriophorurn .
135
Diatomeenschlick . . .
. 164,
202
Eilenmoor .
38
Diatomeentorf ....
202
Erlensumpfmoor (Abb.) .
•
• •
50
Dicotyledonen ....
95
Euastrum .
. 94,
100
Dictyosphaerium pulchellum
• • •
100
Eudorina .
81
Difflugia .
. . 63
, 95
Euglypha alveolata . .
•
.
186
Dinobryon .
. . 99,
100
Dinobryonsee ....
. . 99,
100
F
Dopplerit .
23, 4-2,
168
Fadenalgen .
139-
-140
Doppleritsaprokoll . .
33, 145,
146
falsche Wasserblüte . .
•
• •
90
Doppleritsapropel . . .
33, 145,
146
farina fossile ....
202
Doryleimus stoynalis . .
• • •
63
F arnreste .
1 85,
186
Drift .
28
Faule See .
14S
Driftholztorf .
43
Faulgallerte . . . 33,
135,
147,
160
Drifthumus .
123
Faulgallerteton ....
234
Dy .
. 146,
164
Faul gallertekalk . . .
•
179,
182
Dygyttja .
147
Faulgal lert (e) sand
•
.
206
Dysodil - .
33, 104,
153
Faulkalk .
171,
179
Dytorf .
147
Fäulnis .
.3, 9, 21
Fäulnis i. e. S. ...
12
E
Faulschiefer .
148
Echinodermen ....
188
Faulschlamm 13, 59, 90,
91,
101,
147
Eichenmoor .
38
161
Eisenbakterien ....
218
Faulschlammerden . .
•
•
91
Eisenkonkretionen . . .
226
Faulschlammgesteine .
•
• •
91
Eisenlimonit .....
230
Faulschlammkalk . . .
•
171,
182
Eisenmoor .
. . 37,
217
Faulschlammkalk Berlins
•
, ,
173
Eisenocker .
193
Faulschlammsand . . .
206
Eisenorganismen . .
227
Faulschlammsee . .
66
Eisenort .
46
Faulschlamm ton
234
Eisenorterde .
46
Faulton .
234
Eisenortstein ....
46
Faultorf .
147
Eisenpflanzen ....
232
Fede .
149
Eisensapropelit ....
. 147,
162
Fe der gras .
135
Eisenseeerz .
230
Fedtmög " .
149
Eisensinter .
223
Ferrosulfid .
96
Eisenspat .
228
Ferndrift .
28
Eisenverbindungen, oxydierte . .
215
F ett .
111
Eisenverbindung, reduzierte — in
Fettsubstanzen bei Sapropelbild-
Sapropeliten ....
208
nern .
. . 101ff
Elodea .
. 170,
172
Fetttorf .
148
Register. 243
Seite
Seite
Fiehtelit .
. . 47
graue Leber ....
180
Fichtenmoor . .
. . 38
graue Seekreide . .
132
Fimmenit .
. 47, 122
Grubengas ....
. . . 23,
179
Fische . . 63, 67, 95,
127,
129, 205
Grünalgen ....
76
Flachmoor .
. . 36
Grüner Torf . . .
148
Flachmoorsumpf . . .
. . 37
Grünschlamm .
164
Flachmoortorf (Mikrophotogr.) . 124
Grünschlick ....
164
Flachmoorwald . . . .
. . 37
Gymnospermen . .
95
Flachmoorwiese . . .
. . 37
Gytje .
. 149, 164,
234
Flagellaten .
218, 222
GytjestofFe ....
151
fleurs d’eau . . . . .
. . 82
Gyttja (Gytja) . . .
. . 149,
153
Flodgyttja .
. . 152
Motz (Flöz) .
. . 28
H
Flötzdrift .
. . 28
Häckseltorf ....
43
Flußhaut .
. . 142
Haernatococcus pluvialis
. . . 79
82
Flußpapier .
. . 142
Haff ......
72
Flußschlamm . . . .
•
152, 164
Haff blüte .....
82
Fontinalis .
. 75, 76, 97
Haff gyttja ....
152
Fontinalis antipyretica
•
. . 223
halbreifer Torf .
42
» squamosa
■
. . 223
Harz .
111
Foraminiferen . . .
. . 188
Harzkohle ....
47
fossiles Mehl . .
. . 202
Harztorf .
47
Fucaceen .
. . 168
Haut .
142
Fuchstorf .
. . 148
Heidemoor ....
39
Heleoplankton . .
100
G
Ilippuris .
98
Gallert .
. . 95
Hochmoor ....
38
Gallionel/a ferruginea . .
a
218, -220
Hochmoor (Abb.) .
55
Gastropoden .
. . 186
Hochmoorteiche (Abb.)
• • • •
56
Gein . .
. . 148
Hornstein ....
202
gemischter Rasen . . .
. . 172
Ilottonia palustris .
77
gemischter Schlamm . .
•
172, 179
llumipelit ....
61
Glanzkohlen .
. . 42
Humipsammit . .
61
Globigerinenooze . .
. . 169
humoser Süß wasserkalk
• • • •
180
Globigerinensehlamm
66,
110. 192
Humus .
... 2 1
, 41
Globigerinen sch lick . .
#
. . 1 64
1 lumusbildungen . .
• •
2
Gloeocapsa .
. . 93
Hummeisenorterde
•
46
Gloeothece .
. . 93
llumuseisenortstein
• • • •
46
Gloeotrichia .
. . 93
Humuserden.
45
Gloeotricliia echinulata
•
. . 86
Humusformen .
42
Glyceria aquatica . . .
. . 70
11 umusgesteine .
36
Glyceria flu i tan* . . .
Hu musorterde .
46
Golenkinia
. . 81
Humusortstein .
46
Golenkinia racliata
.
. . 100
Humussäuren
• • • «
42
Gramineen
. . 95
Humusstaub ....
Grapliephorum eirund inaceum
. . 131
Humusstoffe ....
42
16*
244
Register.
Seite
Hyalotheca .
94
Hydro charis .
170
Hydrocharis morsus ranae
• •
•
77
Hydrocharitaceen .
• •
75
76
Hydrochariten ....
77
Hydrodictyaceen . .
94
Hypheothrix .
76
Hypnaceen . . . . .
94
Hypnum .
76,
131,
142
Hypnum aduncuvn . . .
104
I
Ilex aquifolium ....
236
infraaquatischer Torf
• 0
•
153
Infusorien .
96
Infusorienerde . . 34,
179,-
195,
202
Infusorienkieselerde . .
, .
202
Infusorienlager ....
180
Tnfusorienmehl ....
202
Inkohlung .
19
Insekten .
95,
185,
186
Insektenlarven ....
63
Iris pseudacorus . . .
51
Isoetaceen . . .
76
J
Juglans .
236
Juniperus .
95
K
Kalaharikalke . . . .
177
Kalk, bituminöser . . .
■
34
, 61
Kalkbrei .
180
Kalkfaulgallerte . . .
153,
180,
182
Kalkfaulschlamm . . .
91,
153,
182
Kalkgyttja f-gytje) . .
153,
179,
180
Kalkkonkretionen . . .
226
Kalkmoor .
37
64,
217
Kalkmudde ....
159,
180
Kalksaprokoll . . 34,
153,
180,
182
Kalksapropel .. . 34,
153,
171,
182
Kalksapropelit . . . .
61,
162,
169
Kalk sinter .
187
Kalktuff ......
187
Källgyttja . . . . .
152
Kaustobiolitli . I
Seite
Kaustobiolithe, ibre Genesis . . 27
Kaustobiolithe, Übersicht ... 31
Kieselag . 179, 203
Kieselguhr . 202
Kieselgur . 197, 202
Kieselgur, graue, grüne, weiße . 204
Kieselmehl . 202
Kieselscheibchen . 96
Kieseltuff . 202
Klappertorf . . . 144
Klapptorf . 144, 153
Kleinhäcksel . 235
Klettenerz . 227
Klibberigte Darg . 153
Klump . 224
Kohlenhydratalgen . 107
Kölln, Etymologie . 175
Korallenkalke . 1S8
Koscinodisken . 194
Krebschen . 63, 79
Kreide . 181
Kreide der Kreideformation . . 183
Kreidetöck . 236
Krüppelkiefer . 54
Kryokonit . 237
Kngelerz . 227
Küstenhochmoortypus .... 41
L
Lagune . 72
Laichkräuter . 178
Laminariaceen . 168
lapis tiburtinus . 187
lapis Tripolis . 203
Lateritschlick . 164
Laubtorf . 44
Laubwehen . 44
lebende Moore . 36
Leber . 145, 153, 155
Lebermudde . 153, 159
Leberschlamm . 154
Lebertorf. . . . 154, 159, 167, 168
Leduin palustre . 38, 39, 51
Ledum palustre (Abb.) .... 52
Leichen fett . 1 1
Leichenwachs .
Register. 245
Seite
Seite
Lemna .
. 95, 185
Meergeil .
155
Lemna minor ....
. . 77
Meerkrankheit . . .
83
Lemna trisulca ....
. . 77
Meerlebertorf . . .
156
Leptothrix . . . .76,
94,
186, 226
Meermoor ....
64
Leptotlirix ochracea .
•
. . 218
Meerschlamm . . .
152
Leptotlirix ochracea (Mikrophot.). 219
' Melosira .
80, 81, 125,
128
Lesquereusia .
. . 95
Menilit .
... 34,
202
Liman .
. . 72
Menilitschiefer . . .
... 34,
202
Limnäen .
. . 76
Menyanthes . . . .
95
limnischer Torf . . .
•
153, 155
Mergel, bituminöser .
61
Limnocalcit .
. . 180
Mergelsaprokoll . .
180
Limnoplankton ....
. . 100
Mergelsapropel . . .
180
limonata .
. . 83
Mergeltorf . . . .
180
Limonit .
. . 224
Meteorpapier . . .
142
Linsenerz .
. . 227
Methan, kaustobiolithisches . .
1
Liptobiolith .... 2,
47,
111, 121
Microcoleus chthonoplastes . . .
141
Lithothamnion-Ka\ke .
.
. . 188
Microcystis ....
93, 99, 131,
186
Lynceus .
Microcystis flos aquae
. 82, 94,
103
Lynceus affinis ....
. . 63
Micronecta ....
129
Lynghya .
. . 76
Mikrohäcksel
235
Mikroplankton . . .
77
M
mineralisiert ....
13
Mäd .
. . 156
Modd .
156
Magnocariceten ....
. . 38
Modde .
156
Makroplankton ....
. . 77
Modder .
. 156, 179,
180
malattia del mare . .
. . 83
Moder .
• 21, 44,
166
Mangan .
. . 230
Modereisen ....
224
Manganeisenseeerz . .
•
. . 230
Modererde ....
46
Manganeisenkonkretionen
•
. . 230
Mollusken . .
129, 188,
236
Manganlimonit ....
. . 230
Molluskenkalk . . .
. . 181,
184
Mangan ocker ....
. . 231
Monocotyledonen . .
95
Manganpflanzen . . .
. . 232
Montanwachs . . .
111
Manganseeerz ....
. . 230
Moor .
... 36, 63
Mangansmnpferz . . .
. . 230
Moor (als Gestein)
• i » •
158
Manganverbindungen, oxydierte . 215
Moorausbrüche . .
. . . 28, 44
Manganwiesenerz . . .
. . 230
Moorboden ....
158
Mangrovensümpfe .
. . 70
Mooreisenerz . . .
224
Mangroveschlick . . .
. . 164
Moorerde v . . . .
46
mare sporco .
. . 83
mooriger Schlamm
• • • •
158
marine Strand gytje . .
•
. . 151
Moorkalk .
... 34,
181
Marsilia .
. . 76
Moorkreide ....
. . 171,
181
masse glutinöse . .
. . 83
Moormergel ....
181
Mastigophoren ....
. . 96
Moorschlamm . . .
. . 158,
159
Mattkohle .
. . 33
Moortorf .
. . . 42,
166
Medusenplage ....
. . 84
Moortorf (Unterschied
von Sa-
Meeresverschleimung . .
•
. . 83 1
propel) .
119
246
Register.
Moortorfmoder .
Seite
44
Moose und Eisen
223
Moosreste . .
185
Morast . . .
64
Morasterz . .
224
Mott ....
. . 156,
158
Mougeotia
• •
. 77, 94,
141
mud ....
156
Mudd ....
156
Mudde . . .
. . 159,
164
Muddebildungen
•
• • • •
159
Muddetorf . .
159
Mud-gruben . .
73
mud-holes . .
73
mud-lumps . .
23
Mull ....
166
Mullerde . .
Mullerdeboden .
45
Mulllehm . . .
45
Mullsand . . .
45
Münzerz . . .
227
Murgänge . .
28
Muschelgehäuseteile .
• • • •
95
Muschelkalk . .
181
Myrdynd . . .
159
Myrica gale .
38
Myriophyllum
•
. 147, 170,
172
Nahedrift . . .
N
28
Najas ....
97
Nauplius . . .
81
Nekton . . .
•
• • • •
77
Nereiden .
75
Nitratbakterien .
228
Nitritbakterien .
228
Nodularia spumigera .
• • • •
86
Nostocaceen . .
93
Nuphar luteum ,
• •
• • • •
170
Nymphaea . .
95
Nymphaeaceen .
• •
. 76, 97,
146
Nymphaeaceen- Innenhare u. a.
-Reste .
186
Oderhaut .
0
142
Oedogonium .
• •
. 94, 98,
221
Seite
Ölalgen . 101 ff
Öldiatomee • . 102
Ölteer . 12
Ooze . 169
Opal . 202
Ophiocytium . . . . 94
organischer Schlick . 210
Orterde . 46
ORTH’sche Gesetz des Kalkes und
Eisens ......... 217
Oscillaria . . . 76, 93, 98, 125, 128
Oscillariaceen ....... 76
Osci/latoria Agardhii . S6
Oscillatoria liinosa . 88
Oscillatoria prolificci . 86
Oscillatoria rubescens .... 82, 86
Osteocollen . 226
Ozokerit . 29
P
Palmella . 186
paludi dolci . 72
paludi salzi . 72
Pandorina . 94
Panzerschlamm . 159
papier d’algues . 142
Papiergyttja . 159
Papierlehm . 160
Pappersgyttja . 142
Parvocariceten . 38
Pedalion mirum . 100
Pediastrum 85, 94, 100, 125 - 128, 180A5
186, 214, 237
Pediastrum boryanum . 185
Pelit . 32, 60
Pentosane . 116
Peridineen . 83
Peridinium . 83
Pttalotoma . 191
Petroleum . 29, 196
Pfennigerz . 227
Pflanzenkalke . 187
Pflanzenpelit i . 160
Phacotus . 181
| Phacotus- Kalk . 181
Phacotus lenticularis . 94
Register.
247
Seite
Seite
photische Region . .
.... 97
Psilomelan ....
230
Phragmites communis .
.... 43
Pteridophyten . .
94
Pliragmites- Torf . .
.... 43
Pteridophytensporen .
. 130,
204
Phragmitetum-Torf .
.... 43
Pteropodenooze . .
• • •
169
Phycochromaceen .
.... 188
Pteropodenschlick . .
• • •
164
Phytocollit . . . .
.... 160
Pulvererde ....
. 164,
210
phytogener Kalk . .
.... 184
Pulvererz ....
227
Phytoplankton . . .
... 77, 91
Putrefactio ....
9
Picea excelsa . 38,
52, 95, 131, 205
Pyritkonkretionen . .
• • •
96
Pilularia .
.... 76
Pyropissit ....
. . 47,
111
Pilze .
... 94, 168
Pinus . . . 125—128, 130, 214, 236
Q
Pinus silvestris 38, 51,
54, 95, 130, 155,
Quadrula .
95
185, 186, 205
Quelleisenerz . . .
223
Plagiostoma Lemani .
.... 63
Quellerz .
223
Plankton .
... 77, 78
Quellschlamm . . .
152
Plankton, nereitisches
.... 77
Quercus .
236
Plankton, ozeanisches
.... 77
Quercus pedunculata .
•
• • •
38
Pleurotaenium . . .
.... 94
Pleuston .
.... 76
R
Podostemonaceen . .
.... 75
Rädertiere ....
100
Polierschiefer . . .
.... 202
Radiolarienooze . .
169
Pollen .
. . . . 95
Radiolarienschlick . .
164
Pollengytje . . . .
.... 181
Randanit .
202
Pollenschlamm . . .
.... 164
Raseneisenerz . . .
224
Pollenwasserblüte . .
.... 90
Raseneisenstein . . .
224
Poiycystis .
.... 93
Rasen erz .
224
Poiycystis aeruginosa .
. . . 81, 86
Regen würmer . . .
101
Poiycystis flos aquae .
. . 82, 86, 94
reifer Torf ....
42
Poycystis prasina . .
.... 86
Resinittorf ....
47
Polygonum amphibium
.... 147
Rhaphidium polymorph um
• • •
100
Polypen .
.... 188
Rhizoclonium riparium
•
c • •
141
Polytriclium strictum .
.... 41
Rhizopoden ....
•
63, 95,
222
Pondgytje . . . .
.... 150
Rhizosolenia ....
100
Posidonomyenschiefer
. 35, 61, 154
Rhync/iospora alba
•
• • •
38
Potamogeton ... 97, 146, 170, 172
Rieda .
77
Potamogetonaceen . .
... 75, 76
Rieselkohle ....
44
Proteine .
Rivularia .
93
Protococcaceen . . .
... 94, 100
Röhrichttorf ....
146
Protozoen und Eisen .
.... 222
Rohhumus ....
166
Psammit .
.... 60
Rohtorf .
42
Pseudo- Algenwasserblüte ... 87
Rotatorien ....
•
131, 185,
186
Pseudocannel kohle
.... 33
roter Schlamm . . .
210
Pseudomonas Okenii .
.... 210
rote Seeblüte . . .
82
Pseudomonas vinosa .
.... 210
roter Tiefseeschlick .
•
• • •
164
Psichohornium . . .
.... 221
roter Ton ....
. 164,
194
248
Register.
Seite
| •
Seite
Rotschlamm .
• • •
164,
210
: Sapropelitbank, emporgepreßt
Rülle .
54
(Abb.) .
137
Rülle im Hochmoor
(Abb.)
• •
57
Sapropelitbank mit Sumpfpfl
an-
Ruppia ....
. 75, 98
zenbestand (Abb.) . .
70
Rutschungen . .
28
Sapropelitbank (Abb.) .
.
•
48
Sapropelite, Synonyme .
.
. 143 ff
S
Sapropelitkalk . . .
153,
162,
169
Salix . . • . .
174
Sapropelitsee . . . .
67
Salvattensgyttja
152
Sapropelitsumpf . . .
•
3f
>, 64
Salvinia ....
77
Sapropelit-Ton . . . .
153
. Salzseen ....
72
Sapropelkalk . . . .
34,
171,
195
Salzsümpfe . . .
72
Sapropelmergel . . .
180
Salzwasserschlamm
152
Sapropelsand 35, 169,
190,
206,
233
Salzwassersümpfe .
70
Sapropelschlick . . .
166
Saudrhizopoden
222
Sapropelsee (Abb.) . .
•
•
68
Sapanthrakon . .
. 33,
153
Sapropelteppich . . .
139
Saprocoll ....
160
Sapropelteppich (Abb.) .
•
•
141
Saprodil ....
153
Sapropeltöck . . . .
236
Saprokoll . . .
. . 33,
135,
160
Sapropelton .
34,
169,
234
Saprokoll- und Sapropelkalk
182
Sapropeltorf .
33,
146
Saprokoll, unreifes, halbreifes und
Saprophyten .
76
reifes ....
142
Sapropsammit . . . 32,
61,
190,
232
Saprokollerde . .
. 34,
161
Saugkieselschiefer . . .
202
Saprokollkalk . .
34
Saugschiefer .
202
Saprokollmergel
180
Scenedesmus .
94,
100,
186
Saprokollsand . .
190, 208
Scenedesmus quadricauda
•
.
130
Saprokollton . .
234
Scheingerölle ....
227
Saprokolltorf . .
33
Schelf .
74
Saprol .
2
Scheuchzeria palustris
•
38
Sapropel 13, 21, 32,
59 ff, 90, 91, 101,
Schiefertone, bituminöse
• •
35
, 61
161
Schiefertorf .
162
Sapropel (Mikrophotogramme)
125,
126,
Schießpulvererz . . .
227
12S
Schizocerca diversicornis
• •
•
100
Sapropel und Calciumcarbonat .
169
Schizomyceten ....
94
Sapropel und Eisen-
(auch Man-
Schizophyceen ....
75,
93,
1S8
gan-) Verbindunge
n . .
• •
208
Schizophyceen- Vereine .
• •
•
76
Sapropel- und Siliciumdioxyd
•
190
schlagende Wetter . .
• •
•
23
Sapropel, unreifes, halbreifes
und
Schlamm .
63,
163
reifes ....
142
Schlammbewohner
• •
•
63
Sapropel (Unterschied von Moor-
Schlammerz .
224
torf) ....
119
schlammige Moorerde
• •
•
210
Sapropelbildungen
•
2
59
schlammige Moorsand .
• •
.
210
Sapropelerde . .
.34, 91,
169,
232
Schlammmoder ....
44
Sapropelgeröll . .
62
Schlammmull ....
166
Sapropelgestein . .
. . . 32, 60
91
Schlammrohhumus . .
• •
•
166
Sapropelit ...
. . 32
60,
162
Schlammtorf ....
166
Register.
249
Seite
Seite
Sclilämmtorf . . 44,
123, 145,
146
Seeschlick ......
164
Sch lamm wärmer . . .
63
Selbstentzündung . . . ’
5
Schlick .71, 157, 163,
164, 167,
234
Selbsterhitzung .
Schlipfe .
28
Selbstzersetzung ....
. 12.
24
Schnecken .
185
semiautochthon .
• •
91
Schneckengehäuseteile .
• • •
95
Senecio paluster ....
• •
70
Schneckenmergel . . .
1S1
Sigara .
• •
129
Schneckenmudde . . .
159
Silt .
• •
169
schwarzer Heilschlamm .
• • •
210
Sinura Uvella .
99
schwarzer Modder
• • •
181
Sjödy .
146
schwarzer Moder . . .
. 167,
210
Sjögyttja .
152
Schwarzerdeboden . .
• • •
46
Skeletonemen .
194
schwarzer Schlamm . .
153, 167,
208
Slab .
•
169
schwarzer Schlamm des schwarzen
Snäckgyttja (-gytje) . . .
149,
181
Meeres .
212
Sohlband .
• •
47
Schwarzwasser . . . .
42
Soog .
73
Schwebeorganismen . .
. . 77
, 78
Sötvattensgyttja ....
• *
152
Schwefel .
228
Sparganium .
76
Schwefel, kaustobiolithischer . .
1
Specktorf .
42
Schwefelbakterien . . .
. . 76,
228
Sphaerella pluvialis . . .
• •
82
Schwefel eisen-Schlick
• • •
210
Sphagnetum-Moor ....
39
Schwefelregen . . . .
90
Sphagnetumtorf ....
110,
168
Schwemmmoder . . .
• • •
44
Sphagnum 39, 40, 53, 54, 76, 77,
94,
Schwemmtorf . . . .
43, 145,
146
112, 131, 142,
156,
237
Schwimmflora . . . .
76
Sphagnum (Abbildung zur Histo-
Schwimmkiesel .
203
logie) .
40
Schwingmoor . . . .
37
Sphagnum cuspidatum . .
. 40,
116
Scirpus .
131
Sphagnum cymbifolium . .
• •
40
Scirpus lacustris . . .
97
Spirillum desulfuricans . .
• •
208
Sedimentation, autochtho
ne . 27
, 62
Spirogyra 77, 92, 94, 98, 104
, 141, 170
Sedimentierung, allochthone . 28, 62
Spirophyllum ferrugineum .
• •
218
See i. e. Sinne .
62
Spongilla . . 127, 156, 160,
185,
186
Seeblüte .
82
Spongillennadeln . 95, 129,
205,
237
Seedy .......
. 146,
167
Staurastrum .
. 94,
100
Seeeisenerz .
225
Steinkohlenlager ....
38
Seeeisenerz mit Molluskenschalen
Stephano discus .
81
auf Seegrund (Abb.) .
• • •
225
Stranddrift .
28
Seeerz . • .
225
Stranddy .
146
Seegras .
75
Strandgyttja .
152
v Seekalk .
. . 34,
182
Strandmoor .
167
Seekreide .
164, 171,
182
Stratiotes . . 146,
170,
172
Seemergel . . . .
• • •
183
Stratiotes aloides ....
. 70
, 77
Seemoor .
167
Streichprobe zur Bestimmung
von
Seenplankton . . . .
* 3 t
100
Sapropeliten .
207
Seerose . . .
132
Streichtorf .
144
Seeschlamm .
152
Streifenkohle .
33
250
Register.
Seite
Seite
Streifentorf ......
. . 33
Tonschiefer, bituminöser
• « 3d
, 61
Streu .
. . 42
Tophus .
224
Streudecke .
. . 42
Tophus Tubalcaini . .
• • •
224
Sumpf .
. 32, 63
Torf .
21, 42,
166
Sumpfeisen .
. . 224
Torf, unreifer, halbreifer und reifer
142
Sumpferz .
. . 224
Torfdy .
147
Sumpfmoor .
. 35, 64
Torfgyttja .
168
Sumpftorf .
. . 33
Torfleber .
168
Surirella constricta
. . 200
Torfmergel .
180
Surirella linearis ....
. . 201
Torfmudde .
159
Süßwasserkalk .
. . 180
Torfmull . .
. . 17
, 26
Süßwasserschlamm . . .
. . 152
Torfsaprokoll ....
33
Torfsapropel ....
. . 33,
146
T
Torfschiefer .
162
taches d’huile .
. . 103
Torfstreu .
17
Tang als Transportmittel .
. . 88
Torfsumpf .
64
Tang mit anhaftenden Gerollen
tote Moore .
. . 36.
101
(Abb.) .
. . 89
Traehelomonas ....
222
Tangsaprokoll .
. . 168
Trapa natans ....
223
Tangtorf .
. . 168
Travertin .
187
Tardigraden .
. . 95
Trichodesmium erythraeum
• • •
82
Tasmanit .
. 47, 122
Trichodesmium lacustre .
• • •
86
Teer .
. . 12
Trichodesmium Tliiebauti
• • •
82
Teich .
. . 62
Trift .
28
Teichgytje .
. . 150
Tripel .
203
Teichplankton .
. . 100
Tripelschiefer ....
203
Teichschlamm .
152, 164
tripoli .
203
Teichschlick .
. . 165
Trockenlaubtorf . . .
44
Teichschlickton .
. . 165
Trockentorf .
. . 42,
166
Teleutosporen .
. . 237
trophogene Region . .
• • •
97
terra adamica .
. . 143
Tubalcain .
224
terra silicea .
. . 203
Tubifex rivulorum . . .
63
terra silicea calcinata . .
. . 203
T ümpel .
62
terra tripolitana ....
. . 203
Typha .
68
terrestrische Autochthonie .
. 27, 62
Typha (Abb.) . . . .
68
Tetraeclron .
. . 94
Tetrasporaceen .
. . 94
U
Thalassiosiren .....
. . 194
Uferdrift .
28
Tibergestein .
. . 187
Uferdy .
. 146,
167
Tiefenschlamm .
168, 172
Uferkreide .
164
Tierkalke .
. . 187
Uferschlamm ....
152
Töck .
138, 235
unreifer Torf ....
42
Töck (Abb.: Fig. 12 rechts unten) 89
Urtica dioeca ....
51
Tongytje .
Urtica dioeca (Abb.) . .
• • •
50
Tonmudde .
. . 159
Utricularia .
77
Tonsapropelit .
. . 61
Register.
251
valli .
. 72
Vaucheria 94, 98,
160, 172, 179, 185
Vaucheria-H&seTi
Vaucheria- Schlamm
. . . 172, 179
Velella .
. 84
Verkohlung . . .
. 19
Vermoderung . .
. . . .3, 5, 21
Verschwelung . .
. 12
Verschwemmung .
. 28
Vertorfung . . .
. . 3, 9, 21, 23
Verwesung . . .
... .3, 4, 21
Verwitterung
. 3
Vibrio paxillifer
. 191
Victoria regia . .
. 8
Vie .
. 64
Vivianit ....
.... 96, 229
Vögel .
. 63
Volvocaceen . . .
..... 94
Volvox ....
Wachs . .
Waldboden .
Wasserblüte .
Wasserlaubtorf
Wasserwanze
Wasser watte
water bloom
Watten . .
Wattenmeer .
Wattenschlick
Wehen . .
Weide . . .
Weiher . .
. 111
. 45
. 82
. 44
95, 128, 186, 187
. 142
. 82
. 71
. 71
. 164
. 28
. 174
. 62
Seite
weiße Leber . . .
.... 180
weißer Modder . . .
.... 181
weißer See ....
.... 171
weißer Soolton . . .
.... 183
weißer Torf ....
.... 168
weiße Torfsubstanz .
.... 229
Weißsand ....
.... 183
Weißtorf .
.... 168
white clay of bottom
. . 178, 183
Wienerde .
.... 168
Wiesenerz ....
.... 224
Wiesenformen ,
.... 37
Wiesenkalk ....
. 34, 164, 183
Wiesenkreide
.... 183
Wiesenleder ....
.... 142
Wiesenmergel . . .
.... 183
Wiesenpapier . . .
.... 142
Wiesentuch ....
.... 142
Windstau ....
.... 73
witte Klien . . . .
.... 229
W ürmer .
.... 63
X
Xanthidium ....
.... 94
Z
Zannichellia ....
.... 75
Zerfall .
.... 3
Zersetzung ....
.... 3
zoogener Kalk . . .
.... 184
Zooplankton ....
... 77, 92
Zostera .
.... 75
Zwischenmoor . . .
.... 38
Zwischenmoor (Abb.) .... 52
Zygnema .... 77, 92, 141, 170
Zygnemaceen . 94, 141
23 OCX 1909
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Buchdruckerei A. W. Schade, Berlin N., Schulzendorfer Straße 26.
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