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Full text of "Allgemeine Forst- und Jagdzeitung 92.1916-93.1917"

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G. Otto's Eofbuddruceret in Darmſtadt. 


Allgemeine 


fort- und Jagd-Jeitung. 


Herausgegeben 


von 


Dr. Karl Wimmenauer, und Dr. heinrich Weber, 


Geh. Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft 
| * an der Univerſität Gießen. 


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Zweiundneunzigfter Jahrgang. 


1916. Jannar. 


Frankfurt am Main. 
J. D. Sauerländer's Verlag. 


— ——— — . —ñ— — ———— — TEN — — — A — — ——— 


Die Allgemeine Forh- und Zagd-Beitung erſcheint regelmäßig jeden Monat und 
wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗ 
lungen und Poſtanſtalten. 


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Anzeigen. = 


Breife: / Seite 60.— Mk., ½ Seite 32.— Mk., Seite 17.50 Mk., ¼ Seite 10 Mk., ½ Seite 7.50 Dt., ! Seite 5.50 Mk. 

bei kleineren 77 die 40 mm breite Betitzeile 30 Pfg. — Rabatt bei Wiederholungen 15 % bei 3c, 25% bei 

6, 33½ % bei 10x, 40 % bei 12 , 50 % bei 24 ~ iger Aufnahme eines Inſerates. — Textänderungen bei längeren 
Aufträgen unberechnet. Beilagen⸗Preiſe nach Vereinbarung, je nach Gewicht des beizulegenden Proſpektes. 


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Das Erscheinen der fünften Auflage legt am besten 
Zeugnis ab von der allseitigen Anerkennung, die das 
Werk durch die prägnante und klare Darstellung des 


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Stoffes und durch seine mehr popularisierende und auf 


mit Familienanschluss. Angeb. erbittet, Hervorhebung der praktischen Gesichtspunkte ab- 


Otto Apel, Dortmund | zielende Richtung in Fachkreisen gefunden hat. 
Hansastrasse 86. | Frankfurt a. M. J. D. Sauerländer’s Verlag 


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Süd- und Norddeutschland unter Kontrolle des deutschen Forstwirtschaftsrates gewonnen, Petroleum 
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— —— oe 


haben abzugeben 


W. Bode Nachf. 
Samenuntersuchung sasici! voigeprüft und ersten Samenkontrollsiationen attestiert : u 
emphehli Geh Bra n 


Conrad Appel, Sqamen-werke, Darmstadt! Serun 8. 42 
Kontroliklengen des deutschen Forstwirlschafisrates. Gegr. 1789. U 1 


Snhalts-Derzeichnis 


der 


Allgemeinen Forf- und Saqgdzetiung. 


dabrgang 1916, - 


Nuffähe. 


Forſtwiſſenſchaft i. A., Forſtgeſchichte, 
Biographien. 
Forſtliches aus dem „Teſſin“. Von W. Keßler, 
Kgl. Preuß. Forſtmeiſter a. d. 
Die Forſtwirtſchafts⸗Philoſophie der Gegenwart. 
Von Heinrich Weber, Großh. Heſſ. Forſtaſſeſſor 
2 


Waldbau⸗ Schutz und Pflege. 


Erſcheint es, beſonders in Rückſicht auf Erhal⸗ 


Beiträge zur Anzucht von Carya⸗Arten. 


und Vermehrung der Bodengüte, geboten, 

bei Fichte und Kiefer anſtelle des Kahlſchlag⸗ 

betriebes den Femelſchlagbetrieb einzuführen? 

Von Forſtmeiſter a. D. Tiemann in Göttingen 

Von 
Forſtmeiſter Rebmann in Straßburg 

Darſtellnng des Verhaltens der Holzarten a 
Waſſer von. Dr. phil. Anderlind 


Forſtbenutzung einſchl. Trausportweſen. 


Erfahrungen bei der Verwertung des Buchen- 


Zur Statik des Durchforftungsbetrie. 


brennholzes. Von Frh. Forſtmeiſter Härter, 
Forſthaus Weißenbach. f 

Zur Frage der inneren Mängel des Rundholzes. 
Von Oberförſter Alfred Müller (Klingenthal, 
3. Bt. im Felde7 

Lache oder Lachte? Dechſel oder Dächſel: ? Bon 
Baltz, ſtädt. Revierverwalter a. D., Hannover 


Forſtliche Betriebsfächer. 


(Forſteinrichtung, Vermeſſung, Holzmeßkunde, Wald- 
wertrechnung und Statik, ſorſtſtatiſche Verſuche.) 


Von Dr. 
Von 


Eine Waldteilung im Odenwalde. 
Wimmenauer in Gießen 


‚Dr. Hemmann in Gießen 


Seite | 


1, 26, 49 


75, 304 


141 


217 


101 


205 


4 


Forſtverwaltung. 


(Politik und Statiſtik, N Unterrichts⸗ und 


Vereinsweſ en.) 


Die Verwendung von Kriegsgefangenen in der 
Forſtwirtſchaft. Von K. Forſtmeiſter Schin- 
zinger in Hohenheim 

Gedanken über Vereinfachung fab Ginfpacung 
in der badiſchen Forſt⸗ und Domänenverwal⸗ 
tung aus dem Kriegsjahr 1916. Von gorit 
vat Rünige-Heidelberg . 

Sn zu en fab 

. Winemtenauer . . 


Bon 


Jagd und Sifierei 


Verwertung der e a ERE 
der Forellen 

Die Jagd in Belgien und die sent Bagh- 
ordnung für Belgien . 

Unſere Weidmannsſprache. Von Balh- Sade 

Die Okkupation des Wildes. Von M. Reuter 


Forſtliche Hilfsfächer. 


(Mathematik und Naturwiſſenſchaften ꝛc.) 


Aus dem Humus iſolierte Subſtanzen. Von 
H. Bauer-Münden . . 

Kaliinduſtrie und, Qand- und Forſtwirtſchaft 

Biologiſche Umwälzungen, insbeſondere bei 
Leporiden und Sciuriden. Von Wilhelm 
Schuſter ; ae a ne ge ar 


Titerarifche Berichte. 
Forſtwiſſeuſchaft i. A., Forſtgeſchichte, 
Biographien. 


Neues aus dem Buchhandel 


Die’ Bedeutung des Waldes insbeſondere im 
Kriege. Von Franz von Mammen 


39, 112, 193, 


Seite 


190 


237 


252 


25 
77 


177 
181 


107 
110 


297 


310 


220 


Waldban, -Shug nud ⸗Pflege. 


Die Technik des Forſtſchutzes gegen Tiere. Von 
Prof. Dr. Eckſtein. 2. neu bearbeitete Aufl. 

Mitteilungen der ſchweizeriſchen Centralanſtalt 
für das forſtliche Lerſuchsweſen von Prof. 
A. Engler. XI. Band, Heft 1 

Einfluß = Grundwaſſerentziehung auf den Wald 
und ſeine Bewirtſchaftung. Von Kgl. Sächſ. 
Forſtmeiſter Linz, Naunhof bei Leipzig ; 

Zur Frage der Buchennachzucht im Sächſiſchen 
Erzgebirge. Von Oberförſter Graſer 

Maſſenbekämpfung der Kaninchenplage unter 
Anwendung von ee eee Von 
Dr. A. Ströſe 5 ; ; 


Forſtbenutzung einſchl. Transportweſen. 


Praktiſcher Pilzfammler. Von Dr. Johann 
Madi und Al. Kafpar . . ; 

Pilzkochbuch. Von Prof. Dr. Johann Madii 

Das Holz als Bauſtoff. Von G. Lang, Wies— 
baden . 

Tafeln zum Abſtecken von einſeitigen offenen 
Wegkurven mit Beibehaltung des Weg-Ge- 
fälles berechnet von F. W. Fürſt zu Yſenburg 
und Büdingen in Wächtersbach. . 

J. Großmann, das Hols und eine Bearbei- 
tung. 

Der Wald als Retter in der Not. 
Rudolf Jugoviz . 

Die Eichenrinde. Von Prof. Dr. Joh. Paeßler 

Die Sonnenblume, ihre Kultur, Nutzwert, Wür— 
digung und ee als Oel- und . 
mittel ; R i 


Von Dr. 


Forſtliche Betriebsfächer. 


144 
312 
313 
315 


315 


(Forſteinrichtung, Vermeſſung, Holzmeßkunde, Waldwert— 


rechnung und Statik, forſtſtatiſche Verſuche.) 


Bodenunterſuchungen auf Rotbuchen-Streu— 
verſuchsflächen im Forſtbezirk Philippsburg 


in Baden. Von Forſtpraktikant Karl Ganter 
Waldbilder aus Sachſen. Von . Dr. Borg— 
mann-Tharandt . 


Wachstum und Ertrag der Fichte im n Dodge- 
birge. Von Prof. Dr. A. von Guttenberg . 
Mitteilungen der ſchweizeriſchen Centralanſtalt 
für das forſtliche Lerſuchsweſen von Prof. 
A. Engler. XI. Band, Heft 1 N Tape 
Lehrbuch der Holzmeßkunde. Von Dr. Udo 
Müller, o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft an 
der Techniſchen Hochſchule zu . 

Zweite neubearbeitete Auflage . 


Forſtverwaltung. 
(Politik und Statiſtik, forſtliches Unterrichts- und 
Vereins weſen.) 

Deutſcher Forſtkalender des u Forſtver— 
eins für Böhmen. 1916. Jahrgang 
Forſt⸗ und Jagdkalender 1995 0 Jahrgang 
Preußiſches Förſter— nn * 1915. VI. Bd. 
Der Foriter . ; 


4] 
65 


115 


163 


284 


14 
14 
15 
15 


Frommes forſtliche Kalender-Taſche 1916 von 
K. K. Hofrat Emil Böhmerle . . 
Taſchenbuch für Jäger und Jagdfreunde, zugleich 
Repetitorium für das Studium der Jagdwirt— 
ſchaft und die Vorbereitung zur Jagdprüfung 
von K. K. Hofrat Emil Böhmerle . . 
Der deutſche Wald. Von Prof. Dr. M. Buesgen. 
Zweite, durchgeſehene Auflage . 
Der deutſche Wald. Von Vrof. Dr. Hans Haus⸗ 
rath in Karlsruhe. Zweite Auflage ; . 
Reſultate der Forſtverwaltung im Regierungs- 
bezirk Wiesbaden. Jahrgang 1914. 
Deutſchlands und Oeſterreich-Ungarns Holzzoll⸗ 
politik vor, während und nach dem Kriege 
von Prof. F. von Mammen, ; 8 y 
a im Mittelſchul-Unterrichte. Von 
k. Oberforſtrat Dr. Rudolf Jugoviz. 


Jagd und Fiſcherei. 


Weidmanns Erinnerungen von Erzherzog Joſeph 
Jagd- Abreißkalender 1916 .. 

„Waldheil“. Kalender für deutſche Forſtmänner 
und Jäger auf das Jahr 1916. 28. anye 
gang i 

Wild— und Gundtatenber. XVI. Jahrgang 
Arthur Achleitner: Im grünen Rod. . - 


Forſtliche Hilfsfächer. 


(Mathematik und Naturwiſſenſchaften.) 
Die Beziehungen der Tiere und Pflanzen zu— 


einander. 2. Aufl. Von K. Kräpelin 
Ratgeber-Bibliothek. „Mein Sonntagsblatt“. 


125 


Jahres-Bericht über die Erfahrungen und Fort— 
ſchritte auf dem Geſamtgebiete der Landwirt- 
ſchaft .. . ae A A 

Boden und Pflanze. Von Eduard J. Ruſſel . 

Notwendigkeit und Nutzen des Vogelſchutzes im 
Land- und Gartenbau. Von Friedrich Schwahl 

Die Bodenkolloide von Paul Ehrenberg. 

Streifzüge durch Wald und Flur von B. Lands⸗ 
berg. Fünfte Aufl. Von Dr. A. e 
und Dr. W. B. Schmidt 

Die wirtſchaftlichen Fragen der Zeit. Von 
Oekonomierat Dr. phil. h. e. Hoeſch . 

Geiſenheimer Mitteilungen über Obſt- und Gar- 
tenbau. XXXI. Jahrgang Su: 

Kaninchenzucht. Von Fr. R. Paulus 


Verſchiedenes. 


Hermann Löns: Goldhals ‘ 

WirticdhaftSseitung der gentralmächte. 

Deutſche Heldenhaine. Herausgegeben von Willy 
Lange in Wannſee bei Berlin 

Richtlinien für die Erſtellung von Kriegserinne— 
rungszeichen. Herausgegeben vom (ſtaatlichen) 
Württemberg. Landesausſchuß für Natur- und 
Heimatſchutz .. 

Hirſchbrunn. Eine Erzählung aus dem Wald 
von Ferdinand von Raesfeld 

Hermann Löns: Tal der Lieder 


282 


283 


286 
312 


Geſchäftsbe richt des Erholungs-, Alters ⸗ und 
Invalidenheims für Jäger und Schützen des 
deutſchen Heeres in Marburg (Lahn) - 


Briefe. 
Aus Baden. 


Begünftigung des Eichelaufſchlages 1915, Voll⸗ 
zug der Hiebspläne für 1916, Nutzbarmachung 
von Waldſamen . ue. : 

Kriegsmaßnahmen der badiſchen Forſtverwaltung 

Verſchiedene Kriegsmaß nahmen 


Aus Heſſen. 


Die Beſteuerung der Waldungen 
Beobachtung über Blitzſchläge. Von Geh. Ober⸗ 
forſtrat Joſeph in Darmſta de 
Mitteilungen aus der Forſt⸗ und Kameralver⸗ 
waltung für die 


Aus Bayern. 


Forſtdienſttauglichkeit „„ „ 
Der Forſtetat in der bayeriſchen Abgeordneten- 

tamet e a a a a T a 
Forſtliches Fortbildungsweſen f 


Aus Preußen. 


Aus der Preußiſchen Forſtverwaltung - 
Der Etat der Domänen”, Forſt⸗ und landwirt⸗ 
ſchaftlichen Verwaltung für das Etatsjahr 
1916/1917 , 
Die Rechtsſtellun 


Jahre 1914 und 1915 225, 257 


des Wildes in eingeſriedig l 
. 149 


V 


— 


Seite 


Zum Gedächtnis 
Karl Eduard Ney t 
Oberförſter Robert 
Geheimer Rat Dr. 


Fiſcher T 


314 & os 
Guſtav Marhet t 


Forſtbenutzung einſchl. Transportweſen. 


Original⸗Erntebericht über Laub⸗ und Nadel- 
holzſamen von Conrad Appel, Samen-Werfe 


Darmitadt. 

Harzleim a ee 
15 Kriegsausnutzung des Waldheidekrauts : 
121 Der Prafident des Kriegsernährungsamtes an 


291 die Bundesregierungen: Beeren- 
Rapsanbau auf Eichenſchälſchlägen 
Desgl.: Samengewinnung für Rapsanbau 
Ueber die Bedeutung der Waldweide, Gras- 
und Futterlaubnutzung für die Viehhaltung 
im Kriege. Von Prof. Dr. Borgmann 
Günſtige Witterung für den Anbau von Winter- 
raps auf Eichenſchälwaldſchlägen. Von Dr. 
Borgmannn 
Auskunftsſtelle für Speiſepilze . , 
Aufruf zum Sammeln von Bucheckern für die 
Gewinnung von Del. Von Prof. Dr. Borg⸗ 
mann 
Der Einfluß der 
fabrikation 
Rohrkolben⸗Verwertung f 


Forſtliche Betriebsfächer. 


(Forſteinrichtung, Vermeſſung, Holzmeßkunde, Wald⸗ 
wertrechnung und Statik, orſtſtatiſche Verſuche.) 


Die praktiſche Verwertbarkeit der Bodenrein- 


und Pilz 
ernte aa ; 
Desql.: 

68 


198 


71 


290 Kaliabwäſſer i auf die Leder- 


16 


ten Wildgärtennn! % f ertragstheorie >? 
Die Beratungen des Abgeordnetenhauſes über j 
den Etat der Forſtverwaltung . 8 Forſtverwaltung. 
Aus der Preußiſchen Forſtverwaltung - 169, (Politik und Statiſtik forſtliches Unterrichts- 
195, 221, 287 und Vereinsweſen.) 
Einſammeln von Brenneſſeln 255 Forſtliche Vorleſungen an den Hochſchulen im 


Ueber die Notwendigkeit der Schaffung von 


Moorſchutzgebieten 315 Prüfung für den Revierverwaltungsdienſt der 
Privaten Ken Forſtfistus 
Aus Würltemberg. Streit des Holzkäufers mit dem Forſtfiskus 
sabe 56 wegen der Hol abnahme 50 
Der Anbau der Brenneſſel im Walde. Von N nacheihten 175, 204, 245, 
Forſtmeiſter Dr. Schinzinger, Hohenheim 256 Der Deutſche Fo rſtvern n 
ER Forſtliche Vorleſungen an den Hochſchulen im 
Aus Rumanien. Winterſemeſter V 
Holzreichtum und Verwertung 201 [Das vorläufige Feſtnahmerecht der Forſtbeamken 
HDolzlieſerungen für die Eiſenbahn 292 Der Forſtverein für das Großherzogtum Heſſen 
Gegenüberſtellung des deutſchen und öſterreich⸗ 
ungar. Zolltarifes e tet Y 
Notizen. DRI 
! Jagd und Fiſcherei. 

Gortwifent Gey 5 er Forſtgeſchichte, Feſtſetzung der, Höchſtpreiſe für Wild. 
iographien. Jagdvergehen infolge paſſiven Verhaltens gegen 
Je achruf „ e Ses 48 über dem jagenden Hunde (durch Nichtabrufen 
Seheimerat Dr. Richard Heß 48, 99 aus dem angrenzenden fremden Jagdgebiete) 
Orſtrat Dr. Georg Roth 7 72 Höchſtpreiſe für Wid. e a 

SF griltrat a. D. Julius Hamm T 122 Feſtſetzung der Höchſtpreiſe für Fiſche 


Sommerſemeſter 1916 - 


76 
319 
204 


229 
236 
236 


292 


19 


> 


Streckung des Weidmwertz? . 

Muß der Käufer eines Grundbeſitzes i in den 
darüber abgeſchloſſenen Jagdpachtvertrag ein- 
treten. 

Unberechtigte Jagdausübung durch Anſtehen auf 
eigenem Bezirk. 

Die „Hähne“ oder „Hahnen“ der Waldhühner 

Die Beeinfluſſung der Ausübung des . 
durch den Krieg , 

Jagdliches aus dem Schützengraben a 

Ueber die Bedeutung des Wildes für die Volks⸗ 
ernährung im Kriege. 

Maſſenüberwinterung von Schnepfen. in beut- 
ſchen Winterquartieren aw, 4 

Die Okkupation des Wildes. 

Schriftlichkeit der Jagdpachtverträge 

Zur Frage der Tötung n Bunde durch 
Forſtſchutzbeamte 

Tötung revierender Hunde 

Wildernde Hunde 

Schonung des Raubwildes? — - Srvangaveifer 
Abſchuß des Nutzwildes! ' 

Iſt Mövenfleiſch geniegbar? . . 

Freiſprechung eines Förſters durch das Ober⸗ 
verwaltungsgericht, nachdem er wegen Er- 
ſchießung eines wildernden Hundes vom Schöf— 


© 
fengericht wegen e ee verurteilt 


worden war 
Wann iſt ein Sagbrevier ne s „Tiergarten · ane 
zuſehen. ; * T 


Forſtliche Hilſefächer 


(Mathematik und Naturwiſſenſchaften.) 


Ueber Vogelſchutz 
Kaninchen als Liebhaber der Vowife 
Ueber Pflanzenſchutz f 


Verſchiedenes. 


Ein für Kriegergräber geeigneter immergrüner 
Baum 

Mißhandlung von Wäldern feit Sriegaausbrucy 
Heldenhaine . . 

Warum kleiden die Raubvögel ihr Net mit 
grünen Pflanzenſtoffen aus?. 

Beſchlagnahme der Wallnußbäume 

Seit 50 Jahren Mitarbeiter der e Sort 
und Jagdzeitung 

J. D. Sauerländers Verlag. ; 

Vertretung der deutſchen Sorftvietchatt int 
Kriegsernährungsamt . 


— m ͤ a — 


204 
269 


Vil 


Alphabetiſches Sachregiſter. 


Achleitner, Arthur: Im grünen Rod 42. 


Baden, Briefe aus: 15, 121, 291. 

Bayern, Briefe aus: 71, 224, 290. 

Bedeutung des Waldes im Kriege 220. 

Beeren» und Pilzernte 230. 

Belgien, Jagd und deutſche Jagd⸗ 
ordnung daſelbſt 77. 

Beſteuerung der Waldungen im Großh. 

eſſen 68. 

Biologiſche Umwälzungen 297. 

age Beobachtungen darüber 198. 

Bodenfolloide 148. 

Bodenreinertragstheorie 176. 

Boden und Pflanze 42. 

Bodenunterfuhungen 
„ 
Philippsburg 41. 

Brenneſſeln, Einſammeln und Anbau 


auf Rotbuchen⸗ 
im Forſtbezirk 


Bucheckern für die e 271. 

Buchennachzucht im Sächſiſchen Erzge⸗ 
irge 194. 

Buchhandel, neues aus dem: 39, 112, 
193, 310. 


GaryasKulturen 125. 


Deutſcher Forſtkalender des deutſchen 
forftvereins für Böhmen 1916 14. 

Deutſcher . 204. 

deutſcher Wald von Buesgen 195. 

deutſcher Wald von Hausrath 195. 


Eichenrinde 315. 

Erholungsheim für Jäger und Schützen 
des Heeres in Marburg 314. 

Etat der bayerifchen Forſtverwaltung in 
der Abgeordnetenkammer 224. 

Etat der preußiſchen Forſtverwaltung 
93, 144. 


1 


i der Forſtbeamten 236. 
pia im Hochgebirge. Von von Guts 
tenbe 5 


gl : 
Sider, obert, Oberförſter, Nekrolog 
4. 


i in Bayern 71. 
$örfter, der, Kalender 15. 

Forſtſchutz gegen Tiere, deffen Technik. 
; Don Edflein 11. 

| forfte und Jagdkalender 1916 14. 


| sorftwirtfhafts-Philofophie der Gegen⸗ 
wart 278, 304. 

Senne forſtliche HKalendertaſche 1916 

fortbildungsmefen, forſtliches in Bayern 


| Gedidinis früherer Schüler der Univers 
ſität Gießen 124. 


| 
| 


Geifenheimer Mitteilungen über Obft- 
und Gartenbau 254. 
Grundwaſſerentziehung 193. 


„Hähne“ oder „Bahnen“ 175. 
Hamm, Julius, Forſtrat a. D. f 122. 
Harzleim 48. 
eldenhaine 23, 282. 
eidekraut 123. 
Heß, Dr. Rihard + 48, 99. 
Heſſiſche Forſtverwaltung 225, 257. 
Heſſen, Briefe aus: 68, 198, 225, 257. 
Heſſen, Forſtverein für das Großherzog⸗ 
tum 236. 


Hirſchbrunn 286. | 

Hochſchulnachrichten 175, 204, 295, 319. 

Böchſtpreiſe für Wild 19, 45. 

Höchſtpreiſe für Fiſche 45. 

Holzabnahme 76. 

Holz als Bauſtoff 63. 

Holzlieferungen für die Eiſenbahn in 
Rumänien 292. 

Holzmeßkunde, Lehrbuch. Don Dr. Udo 
Müller 284. 


Holz und feine Bearbeitung. Don Groß: 
mann 312, 

Bolzzollpolitik Deutfchlands und Geſter⸗ 
reich⸗Ungarns 286. 

Humusſubſtanzen 107. 


Jagdabreißkalender 1916 14. 

Jagdausübung 122. 

Jagdliches aus dem Schützengraben 229. 

Jagdpachtvertrag 100, 293. 

Jagdrecht im Krieg 175. 

Jagende Hunde 42. 

Jahresbericht über die Erfahrungen und 
Fortſchritte auf dem Gefamtgebiete 
der Landwirtſchaft 13. 


Kahl oder Femelſchlagbetrieb d 83. 

Kali-Abwäſſer 293. 

Kaliinduſtrie und Land, und Forſtwirt⸗ 
ſchaft 110. 

Kaninchen als Liebhaber der Bowiſte 204. 

Haninchenplage 310. 

Kaninchenzucht 255. 

Kriegergräber 22. 

Kriegserinnerungszeichen 283. 

Kriegsernährungsamt 204, 230, 232, 233. 

Kriegsgefangene in der Forſtwirtſchaft 
190 


Kriegsmaßnahmen in Baden 15, 121,291. 
Lache oder Lachted 217. 

Löns, Hermann: Goldhals 42. 

Löns, Hermann: Tal der Lieder 312. 


Marchet, Dr. Guſtav, Nekrolog 202. 
Maſſenüberwinterung von Schnepfen 270. 


Mitarbeiter der Allgem. Forſt⸗ und Jagd: 
zeitung 175. 

Mittelſchul⸗Unterricht 313. 

Moorſchutzgebiete 315. 

Mövenfleiſch 319. 


Nachruf Kübler 48. 
Ney, Karl Eduard, Nekrolog 147. 


Okkupation des Wildes 181, 293. 


Pflanzenſchutz 269. 

Pilzkochbuch 40. 

Pilzſammler, praktiſcher 39. 

Preußen, Briefe aus: 16, 93, 119, 144, 
169, 195, 221, 255, 287, 315. 

Preußiſche Forſtverwaltung 16, 93, 144, 
169, 195, 221, 287. 

Preußiſches Förſter⸗Jahrbuch für 1916 
15 


Privat- Revierverwaltungsdienſt, Prüfung 
für denſelben 76. 


Rapsanbau auf Eichenſchälſchlägen 232, 
268 


Ratgeber: Bibliothek 12, 255. 

Raubvögel⸗Neſter 45. 

Kohrkolben⸗ Verwertung 295. 

Roth, Dr. Georg, Forſtrat, Nekrolog 72. 

Rumänien, Briefe aus: 201, 292. 

Rumäniens Holzreichtum und Derwer: 
tung 201. 

Kundholzmängel 141. 


Samengewinnung für Rapsanbau 233. 

Sauerländers Verlag 176. 

Schonung des Raubwildes 317. 

Schweizeriſche Sentralanftalt für das 
forſtliche Verſuchsweſen, Mitteilungen 
daraus 163. i 

Sonnenblumen 315. 

Speiſepilze 269. 

Statik des Durchforſtungsbetriebs 205. 

Streifzüge durch Wald und Flur 253. 

Süßwaſſerfiſche, deren Verwertung 25. 


Taſchenbuch für Jäger und Jagdfreunde 
168. j 


Teſſin, forſtliches aus dem 1, 26, 49. 

Tiere und Pflanzen, deren Beziehungen 
zueinander 11. 

Tiergarten d 320. 


Vereinfachung und Einſparung in der 
badiſchen Forſt. und Domänenverwal⸗ 
tung 237, 252. 

Verhalten der Holzarten zum Waſſer 149. 

Verwertung des Buchenbrennholzes 108. 

Vogelſchutz 20, 66. 


VIII 


Po ran forftliche im Sommerfemefter | Waldweide, Gras: und Futterlaubnutzung Wild als Dolfsernährung 235. 
1916 


im Kriege 233. Wildernde Hunde 296, 317, 319. 
im Winteefemefter 1916/17 229. Wallnußbäume, deren Beſchlagnahme 174. | Wildgärten 119. 
Wegkurven⸗Abſteckung 144. Wilde und Hundkalender 14. 

Wald als Retter in der Wot 313. Weidmanns Erinnerungen an Erzherzog 13 Fragen der Seit 25 
Waldbilder aus Sachſen 65. Joſef 12. wirtſchaftszeitung der Fentralmäch 
Waldheil- Kalender 14. wWeidmanns Sprache 177. Württemberg, Briefe aus: 256. 
Waldſamenernte-Bericht von Konrad Weidwerk, deſſen Streckung 73. 

Appel, Samenwerke 22. Wiesbaden, Nefultate der Forſtverwal- Zolltarif Deutſchlands und Oeſter i 


Waldteilung im Odenwald 101. | tung 254. Ungarns 292. 


Allgemeine 


Fort: und Sagd-Feitung. 


Januar 1916. 


Jorſtliches aus dem „Leſſin“. 
Von W. Kekler, Kgl. Preuß. Forſtmeiſter a. D. 


I. Standort und Beſtände. „O sole mio“! 

Kalt und grau lag der Winter auf Deutſchlands 
efilden. In der Reichshauptſtadt war auf harten 
roſt und Schnee Tauwetter mit eiſigem Regen und 
digem Nordweſt gefolgt, welcher den Aufenthalt und 
13 Fortkommen im Freien verleidete und erſchwerte. 
in Süddeutſchland und der Nordſchweiz war es trock⸗ 
er, aber noch kälter. Eine tiefe Schneedecke verhüllte 
ie Fluren und grauweißer kalter Nebel ließ von der 
mſt ſo freundlichen Landſchaft am Vierwaldſtätterſee 
ur ſchwache Umriſſe ſichtbar werden. In Göſchenen 
ar alles noch grau in Grau und die Temperatur 5° 
nter Null. 

Noch eine Viertelſtunde — und der Gotthardtunnel 
dar paſſiert. Wirbelndes Schneegeſtöber begrüßte uns 
ei der Ausfahrt in Airolo, inmitten hellen Sonnen⸗ 
hein’. Es war wie der Uebergang in eine andere 
jone, eine andere Welt. Immer heller und ſonniger 
ſurde es auf der Talfahrt längs des rauſchenden 
tejfin. In Faido glaubte man fih ſchon in den 
züden verſetzt und in Bellinzona zeigte der Thermo: 
jeter in der Sonne 20% C.] Man konnte es ver: 
ehen, daß die Herren der alten Urkantone Uri, Schwyz 
nd Unterwalden mit zäher Liebe an ihrem „Sonnen⸗ 
arten“, dem Teſſin, gehangen hatten; was ſie freilich 
ider nicht abhielt, während der 3 Jahrhunderte ihrer 
derrſchaft einen Despotismus zu entfalten, der an Harte, 
ingerechtigkeit und Beſtechlichkeit feines Gleichen ſuchte. 
| Dem Reiſenden, welcher im Gotthardexpreß das 
eſſintal durchfliegt, fällt beim erſten Blick die Nackt⸗ 
it und Waldarmut der Berge und Hänge auf, zu⸗ 
al im Winter, wenn der lichte und niedrige Buſch⸗ 
ald, welcher ſie dürftig bekleidet, im blattloſen Zu⸗ 
and doppelt kahl und arm erſcheint. Nur in den 
öheren Regionen findet fein Auge, das an den dichten 
tottannıenforften der Nordſchweiz fih erfreut hatte, 
‚oh einige geſchloſſene Waldinſeln dunkler Nadelholz⸗ 
eſtände. Kein Wunder, daß der Beobachter die un⸗ 
unftigften Schlüſſe auf Waldreichtum und Waldzu⸗ 


1916 


— — — — . . nn 


ſtand des durcheilten Gebietes zieht und unwillkürlich 


an die Felswüſten des Südens mit ihren devaſtierten 
Wäldern und kahlen von aller Vegetation entblößten 
Gebirgen denkt. Sein Gedächtnis ruſt ihm dunkle Er⸗ 
innerungen an verhängnisvolle Bergſtürze und große 
Ueberſchwemmungen infolge des Austretens der Wild⸗ 
bäche wach, welche viele Menſchenleben vernichtet und 
rieſige Verheerungen angerichtet haben. Mit einem 
aus Bedauern und Entrüſtung gemiſchten Gefühle be⸗ 


trachtet er die Landſchaft; im Herzen den etwas ſelbſt⸗ 


gerechten Gedanken: „Seht, wir Deutſchen ſind doch 
beſſre Menſchen“! 

Teſſin, Land der Sonne, der Berge, der Waſſer⸗ 
fälle, der Kirchen, Kapellen und Glocken, und — des 
Weins! Wenig gekannt und gewürdigt, trotz der 
Tauſende von Gäſten, welche alljährlich an ſeinen 
weltbekannten und weltbeliebten Seen in Lugano und 
Locarno ſich einfinden, und meiſt nach kurzem Aufent⸗ 
halt wieder ſcheiden, ohne mehr als die nächſte Um⸗ 
gebung dieſer Kurorte kennen gelernt zu haben und 
ohne zu ahnen, wie viel Schönes und Intereſſantes 
gerade die entlegneren Teile dieſes eigenartigen Kan⸗ 
tons bergen, der auch in forſtlicher Beziehung eine 
ganz beſondere Stellung einnimmt. 

Wie die ganze Flora des Teſſin in ſeltenem Reich⸗ 
tum ſüdliche und nördliche Formen vereinigt, — ſo 
zeigt auch der Wald die denkbar größten Verſchieden⸗ 
heiten je nach ſeinem Standort. Einige nähere Nach⸗ 
richten und Schilderungen von den forſtlichen Bu- 
ſtänden dieſes Südalpenlandes dürften auch den deut⸗ 
jhen Fachgenoſſen nicht unwillkommen fein !). 

In Form eines Dreiecks, deſſen Grundlinie ſich an 
das Gotthard-Maſſiv anlehnt und zwiſchen Gotthard— 
und Greinapaß erſtreckt, und deſſen Spitze bis nahe 
an den Comer See in die Lombardei vorſpringt, 


1) Zur weiteren Orientierung verweiſe ich auf die ver— 
dienſtvolle kleine Schrift von F. Merz, langjährigem Stans 
tonsforſtinſpektor in Bellinzona, jetzigem Bundesforſtinſpek— 
tor in Bern: „Die forſtlichen Verhältniſſe des Kantons 
Teſſin“, welche ſ. Zt. als Vortrag für die 1903 zu Locarno 
abgehaltene Jahresverſammlung der ſchweizeriſchen natur— 
forſchenden Geſellſchaft ausgearbeitet iſt. 

1 


2 


— u —— — — 


` 


zwiſchen 69.5’ u. 6 0.49“ öſtl. Länge und 45 0.46.45“ 
und 46 0.31.15” nördl. Breite gelegen, ift der heutige 
Kanton Teſſin in ſeiner Abgrenzung das Reſultat 
einer durch jahrhundertlange Kämpfe fortgeſetzten, oft 
ſcheinbar in wirren und willkürlichen Zickzacklinien ver⸗ 
laufenden politiſchen Entwicklung, deren Leitmotiv ſeit 
Urzeiten der Streit um die Beherrſchung der wichtigſten 
Alpenpäſſe (Gotthard, Lucmanier, San Bernardino) 
und ihrer ſüdlichen Zugangsſtraßen war. Seitdem 
der Teſſin, zunächſt als Vaſallenland, dann feit 1815 
als gleichberechtigter Kanton, der Eidgenoſſenſchaft an: 
gehörte, hat ſich in ſeiner Ausdehnung und Größe, 
welche 2818 km? beträgt, nichts weſentliches geändert. 
Die Meereshöhe bewegt ſich zwiſchen 3398 m (Rhein⸗ 
waldhorn) und 197 m (Lago maggiore), wobei oſt 
auf kurzen Strecken von kaum 5 km ein Abfall von 
mehr als 2000 m ſich findet. Ueberhaupt iſt der jähe 
Abſturz der Gebirgsketten nach den faſt durchweg in 
nordſüdlicher Richtung verlaufenden, tief eingeſchnittenen 
Längstälern ſehr charakteriſtiſch. Abſätze und Terraſſen, 
welche die Steilhänge mildern und unterbrechen, ſind 
meiſt nicht oder nur in geringer Ausdehnung vor: 
handen. Das ſo häufige, zur Verſchönerung des Land: 
ſchaftsbildes beitragende Auftreten von Waſſerf | 
wohl auf dieſe Bodengeſtaltung zurückzuführen, ebenſo 
wie die Gefahr, welche die mit ſtärkſtem Gefäll herab: 


umfaßt, find die Formen der Oberfläche im all:! 
meinen weit milder und abgeſtumpfter, auch die Flu. 
läufe mit wenigen Ausnahmen (3. B. Caſſarate) flat 
und harmloſer. Der geologiſche Aufbau weiſt * 

manche Verſchiedenheit auf. 

Durchaus vorherrſchend und für die geologic 
Struktur ausſchlaggebend find für den Teſſin d. 
kryſtalliniſchen Schiefergeſteine des Urgebirges, namer 
lich Gneiß und Glimmerſchiefer. Das oberſte Que. 
tal des Teſſin, das Val Bedretto, trennt das Grau! 
maſſiv des Gotthard von der großen Gneißzone t: 
Südabfalls. Nur vereinzelt treten im Sopracen: 
jüngere Formationen, wie z. B. Dolomitadern ::. 
Leventina⸗ und Bleniotale, auf und erſt nahe 
Lago Maggiore finden hid zuſammenhängende jünge! 
Schichten. 

Auch die Kette des Monte Ceneri, welche den Grab 
Nordteil des Kantons von der kleineren Südſpiz! 
trennt, beſteht noch aus kryſtalliniſchen Schiefer 
Weiter ſüdlich begegnen wir dann jüngeren Eruptir | 
geſteinen; Porphyr, Kalk und Dolomit. Der be 
rühmte Ausſichtsberg von Lugano, der Monte E 
Salvatore, beſteht aus Dolomit der Triasformatio: 
während die weiter ſüdliche gewaltige Kette des Mont: 
fo dem unteren Lias angehört. Die Lia 
gruppe mit ihren charakteriſtiſchen Kieſelſchichten Herri: 


ſtürzenden Wildbäche bei ungewöhnlichem Anſchwellen | dann auch weiter bis über die italieniſche Grenz 


für das untere Gelände bilden. Die Geſchichte der 
Ueberſchwemmungen, in welcher das Jahr 1868 mit 
Rieſenlettern eingeſchrieben iſt, umfaßt eine lange 
Reihe von ſchmerzlichen Erinnerungen an die Ge— 
walt des ungehemmt von den Steilhaͤngen abftrömen- 
den Waſſers. 

Andererſeits beruht auf dieſer gefahrvollen Ge— 
ſtaltung des Terrains und der Waſſerverhältniſſe auch 
der große Reichtum des Teſſin an Waſſerkraft, 
der ſogen. „weißen Kohle“, welche immer mehr zur 
Gewinnung von Elektrizität ausgebeutet wird. Nach 
oberflächlicher Schätzung beträgt die verfügbare Waſſer⸗ 
kraft der 5 Haupttäler im nördlich des Monte Ceneri 
belegenen Teil des Kantons, dem ſogen. Sopraceneri, 
bei niedrigſtem Waſſerſtande mehr als 140 000 Pferde— 
kräfte. 
bis jetzt für Beleuchtungs- und Transportzwecke aus: 
genutzt. 


Nur etwa der 4. Teil dieſes Reichtums wird 


| 


In Hochwaſſerzeiten fteigert fih Waſſermenge und 


Waſſerkraft ins Ungemeſſene. Um nur 2 Beiſpiele 
anzuführen, ſo kann der Teſſin bei Bellinzona von 
14 auf 1400 cbm, alſo auf das Hundertfache ſteigen, 
und die Maggia bei Ponte Brolla gar von 4 auf 
1000 cbm. 

Im ſpitz zulaufenden Südteile des Kantons, dem 
Sottoceneri, welcher die Kreiſe Lugano und Mendriſio 


hinaus. 

Gneiß und Granit geben übrigens dem Teſſin di | 
Möglichkeit einer nicht unwichtigen Stein⸗Induſtrie 
welche in Herſtellung von Treppenſtufen und abr: 
lichem Bedeutendes leiſtet. Jedem Beſucher von Locarne 
und Umgegend werden auch die zahlreichen tamale: 
Steinſäulen, vielfach auch als Weinbergspfähle, auf 
gefallen ſein, welche namentlich früher zu unglaublich 
Steen Preiſen hergeſtellt und zu allen möglich | 
| Zweden verwendet wurden. 

Die Schiefergewinnung im oberen Maggiatal, der: 
Val Lavizzara, ift leider in neuerer Zeit ſehr zurüf: 
gegangen, ebenſo wie die einſt berühmte Marmor | 
induſtrie im Kreiſe Mendriſio durch den modernen 
billigen Stuck faſt ganz verdrängt iſt. Dagegen werden 
die in dieſem Südteil varhandenen reichen Kalk- und 
Tonlager immer mehr ausgebeutet. 

Der aus den genannten Grundgeſteinen hervor: 
gehende Verwitterungsboden iſt im allgemeinen für 
den Pflanzenwuchs, namentlich auch die Holzgewächſe. 
nicht ungünſtig, wobei allerdings mit der großen Ralf: 
armut der Urſchiefer gerechnet werden muß. Hindernd 
und ſchädigend wirkt, namentlich für die Wiederkultur 
kahler Flächen, die ungünſtige äußere Bodenge 
ſtaltung, die Steilheit der Hänge, Schmalheit der Fels 
rücken uſw. 


3 


Die Ergebniſſe der großen Anſchwemmungen in 
en unteren Flußteilen und den Mündungsdeltas des 
zeſſin, der Maggia uſw. find mehr oder minder aus: 
edehnte Ebenen mit meiſt fruchtbarem Boden, welcher 
nur durch breite Kiesbetten alter Flußläufe und durch 
nit dem Hochwaſſer herabgeſchwemmte Felsblöcke von 
Nt rieſigem Umfang überlagert und entwertet wird. 
Froßartige Meliorations⸗ und Korrektionsarbeiten 
haben hier, namentlich an der Teſſinmündung, be— 
deutende Flachen der Kultur gewonnen und geſichert. 

Die zahlreich vorhandenen Moränen ſind auch in 
den Teſſiner Bergen ſtets die Stellen größter Frucht⸗ 
barkeit und üppigſten Pflanzenwuchſes. 

Ebenſo mannigfaltig und eigenartig, von wilder 
Schroffheit bis zur größten Milde wechſelnd, wie die 
Bodengeſtaltung und Bodenbeſchaffenheit, iſt nun auch 
der zweite Faktor des Standorts, das Klima. 
Siit der wackere Shing in den Jahren 1770/72 
die erſten ſorgfaͤltigen Temperaturbeobachtungen in 
Locarno machte und veröffentlichte, iſt das Klima des 
Teſſin der Gegenſtand fortgeſetzter Aufmerkſamkeit der 
Meteorologen geweſen. Beſonders die Mönche, die 


Kapuziner vom St. Gotthard und die Benediktiner 


von Bellinzona, haben fleißige Meſſungen und Be- 
obachtungen gemacht; bis dann vom Jahre 1863 ab 
ein regelrechter Wetterdienſt unter Leitung der meteoro: 
logiſchen Zentralanſtalt zu Zürich mit ca. 20 Stationen 
eingerichtet wurde. 

Wie bei der wechſelnden Höhenlage nicht anders 
möglich, find die mittleren Jahrestempera⸗ 
turen der einzelnen Stationen außerordentlich ver⸗ 
ſchieden: Am Gotthard — 0,6; in Locarno 11,8 C. 

Die abſoluten maxima und minima haben in 
dem 25 jährigen Zeitraum 1864/88 in Lugano 36,1 
und — 11° (im Jahre 1870) betragen. 

Im allgemeinen finden ſich in Teſſin bei gleicher 
Hoͤhenlage höhere Mitteltemperaturen, und namentlich 
viel geringere Minima und dementſprechend auch ge— 
tingere Schwankungen ſowohl in den Monatsmittel 
wie in den einzelnen Tagestemperaturen als in der 
Nordſchweiz (Merz). 

Nicht ohne Grund nannten die früheren Zwing⸗ 
herren des Landes den Teſſin ihren Sonnen: 
garten! Die im großen und ganzen vorherrſchende 
Abdachung nach Süden bewirkt neben anderen Gat: 
toren, daß der Teſſin wohl der ſonnen⸗- und lidt- 
teichſte Landſtrich Mitteleuropas ift. 
Lugano z. B. hat im Mittel der 39 Jahre 1864 — 
1903 jährlich- 125 helle Sonnentage, daneben 103 
lrockne Tage mit bedecktem Himmel, und nur 2 Nebel: 


tage gehabt. Im November 1914 habe ich ſelbſt in 


Locarno 23 helle Sonnentage und nur 7 regneriſche 
gezählt. Nicht ſelten hat der Januar bis zu 25 Sonnen⸗ 


und niedrigſten Teile herab. In Locarno z. B. hatten 


tagen! Lugano, das an Sonnenreichtum von Locarno 
noch übertroffen wird, hat im Durchſchnitt von 25 
Jahren jährlich 2244 Sonnenſtunden, davon im 
Winter 831, gehabt. Für das klimatiſch keineswegs 
ungünſtige Zürich, welches jedenfalls hinter deutſchen 
Orten wie Stuttgart, Karlsruhe uſw. nicht zurück⸗ 
ſtehen dürfte, betragen dieſelben Zahlen 1671 (1219 
und 452); für das wegen ſeines Klimas ſo gerühmte, 
aber durch ſeine Nebel benachteiligte Montreux ſogar 
nur 1621 (1098 + 523) Stunden! 

Natürlich nimmt mit zunehmender Meereshöhe 
nicht nur die Temperatur, ſondern auch die Sonnen⸗ 
menge ab. Airolo z. B. bei etwa 1150 m hat nur 
noch 108 heitere Tage und nicht ſelten find in den 
höheren Tälern Ortſchaften, welche während eines ge⸗ 
wiſſen Teils des Jahres von der Sonne überhaupt 
nicht mehr erreicht werden. Ungewöhnlich reich wie 
die Beſonnung ift aber auch die Niederſchlags⸗ 
menge. Hier werden Zahlen erreicht, welche am 
Nordabhang der Alpen gänzlich unbekannt find. Am 
regenreichſten iſt unbedingt der Landſtrich am Lago 
Maggiore von Monte Ceneri bis Briſſago. Letzteres 
weiſt 2118 mm, Locarno 1911 mm, aber auch Rivera 
am Südabhang des Ceneri 1940 mm als durchſchnitt⸗ 
lichen jährlichen Niederſchlag auf. Teſſinaufwärts 
nimmt die Regenmenge etwas ab (Faido nur 1423 mm), 
während einige Stationen zwiſchen 700 — 1000 m wie 
Ruffo u. Crana⸗Sigirino wieder auf 1900 —2100 mm 
kommen und auch der Monte generoſo bei 1610 m 
Höhe in 9 jährigem Durchſchnitt noch 1829 mm ge⸗ 
habt hat. 

Dieſe bedeutende Regenmenge fällt vorwiegend, 
wenigſtens im Hauptteile des Landes und beſonders 
im eigentlichen Teſſintale, in den Sommer: und Herbſt⸗ 
monaten Mai — Oktober. Nur in einigen höheren 
Lagen (3. B. Fuſio, Sonogno) iſt auch Januar, März 
und April niederſchlagsreicher, während überall Februar, 
November und Dezember die trockenſten Monate ſind. 

Der Schneefall iſt im höheren Gebirge ſtets ſehr 
reichlich, geht aber mitunter auch bis in die ſüdlichſten 


wir während der Monate Januar — Februar 1915 faſt 
beſtändig Schnee, welcher tagsüber auftaute und nachts 
gefror. 

Die Grenze des ewigen Schnees liegt be 
etwa 2750 m. Der bedeutenden Niederſchlagsmenge 


und dem Umſtand, daß fie hauptſächlich in der wär: 


meren Jahreszeit fällt, find denn auch die zeitweiſe auf: 

tretenden, recht gefährlichen Hochwaſſer und Ueber— 

ſchwemmungen zu verdanken, welche in der Geſchichte 

des Teſſin eine fo große und unheilvolle Rolle ge: 

ſpielt haben. Namentlich der Monat September hat ſich 

als gefährlich erwieſen (z. B. im Jahre 1829 und 1868); 
1* ` 


aber auch im Oktober kommen große Ueberſchwem⸗ 


mungen vor, wie z. B. 1913, und ſelbſt im Juni 
haben wolkenbruchartige Regen großen Schaden an— 
gerichtet. In manchen Fällen bekannter Zerſtörungen 
hat freilich die geologiſche Beſchaffenheit des Gebirges 
den weſentlichen Ausſchlag gegeben. 

Nicht felten beſteht auch ein Zuſammenhang zwiſchen 
heftigen Regengüſſen und dem Winde. Gefürchtet 
ift namentlich der heißfeuchte, aus SO. kommende Si- 
rocco, hier „marenca“ oder „marin“ genannt. Ec 
hat, namentlich im September und Oktober ſchon 
wahre Wolkenbrüche mit einer Niederſchlagsmenge von 
170 mm in 24 Stunden mit ſich gebracht. Im Laufe 
des Oktober 1907 ſind in Locarno 700 mm regiſtriert 
worden, alſo ungefähr die durchſchnittliche Jahresmenge 
des Unterengadin und des Wallis! 

Gänzlich verſchieden vom Sirocco iſt der Föhn 
(Favonio), welcher im Teſſin von Norden kommt, ſehr 
trocken und ſtets von ſchönem klarem Wetter begleitet 
iſt; während auf der Nordſeite der Alpen dann faſt 
immer dauernder Regen herrſcht. 

Dieſer trockene Nordföhn hat übrigens u. a. den 
großen Brand von Airolo verſchuldet, welches am 
17. Sept. 1877 faſt ganz in Flammen aufging. 

Im übrigen herrſchen viele lokalen Winde. Die 
durch das Teſſintal von N. nach S. ziehende Luft⸗ 
ſtrömung ſcheint bei Locarno aus SW. zu kommen, 
(„Inverna“) während fie bei Lugano SO. Richtung 
annimmt. Forſtlich ſpielt der Wind durch direkte 
Waldbeſchädigungen wie Windbrüche uſw. keine er⸗ 
hebliche Rolle, wie denn überhaupt der Teſſin durch 
ſeine Lage am Fuß und umgeben von hohen Gebirgs— 
wällen wohl eine der ſturmfreiſten Landſchaften Eu— 
ropas iſt. 

Boden und Klima beſtimmen die Pflanzen- 
welt eines Landes. 

In Reiſehandbüchern und. Reiſebeſchreibungen über 
den Teſſin, welche meiſt an Oberflächlichkeit nichts zu 
wünſchen übrig laffen, wird häufig in überſchwäng— 
lichen Ausdrücken von einer faſt „tropiſchen“ oder 
„ſubtropiſchen“ Vegetation gefabelt, welche ſich hier 
in unvergleichlicher Ueppigkeit entfalte. In Wirklich— 
keit gehört auch der Teſſin noch im weſentlichen dem 
nördlichen europäiſch⸗aſiatiſchen Florengebiete an, welches 
ſich vom atlantiſchen bis zum Stillen Ozean erſtreckt. 
Im übrigen ftoßen hier 2 Untergebiete zuſammen; 
die der Mittelmeerflora naheſtehende ſogen. Inſu— 
briſche Flora und die Alpenſlora. 

Als ihre Trennungslinie wird die Bergkette vom 
Camoghé über den Monte Ceneri bis zum Tamaro, 
alfo die Scheide zwiſchen Ober- und Unter⸗Teſſin, an: 
gegeben. Richtiger iſt es wohl den Unterlauf des 
Teſſin und den Langenſee, alſo die Linie Bellinzona: 


Locarno-Briſſago als Grenze der beiden Vegetati. 
gebiete anzunehmen, da die Pflanzenwelt dieſer 2: 
landſchaft unbedingt noch der ſüdlichen Zone zu 
rechnen iſt. 

Durch dieje Berührung zweier artenreicher Flore, 
gebiete und das dem Pflanzenwuchs fo auferordert:.. 
zuſagende vielſeitige Klima ift nun allerdings e 
Reichhaltigkeit der Pflanzenwelt und eine- Kraft 
Entwicklung im einzelnen geſchaffen, welche in den? 
mäßigten Breiten unſeres Planeten ihresgleichen fut: 
dürfte. Nicht mit Unrecht kann man deshalb den Te 
als ein Paradies für den Botaniker, wie auch als č 
Akklimaliſationsgebiet erſten Ranges für Einführe: | 
und Anbau fremder Kulturgewaͤchſe, namentlich Sc 
arten, bezeichnen. | 


Wenden wir uns nun im beſonderen den 0. 
gewächſen gu, fo begegnen wir einem ftauner: 
werten Reichtum von Arten und Unterarten. In . 
ſehr fleißigen und verdienſtvollen Werke von Dr. Ar 
noldo Bettelini: „La Flora legnosa del Sotto: 
ceneri“ Bellinzona 1904 (als Doktordiſſertation fr 
Zürich verfaßt) find 166 einheimiſche Holzarten mi 
vielen Varietäten (bei Castanea vesca allein 16) aui 
geführt. Faßt man den ganzen Kanton, alfo ax: 
den Nordteil Sopraceneri, ins Auge, fo vermehrt fa 
dieſe Anzahl noch um einige nördliche bezw. Hot 
gebirgsarten, wie Pinus Cembra, welche im Südtei: 
nicht vorkommt. 

Unter Hinzurechnung der vielen eingeführten Aus 
länder, unter denen namentlich Cedern und Bypreffer: 
arten hervorragend gedeihen, werden ſich weit übt 
200 Holzgewächſe aufzählen laſſen. 

Bevor wir auf die einzelnen Holzarten je nat 
ihrer forſtlichen Bedeutung näher eingehen, möchte | 
verſuchen, dieſe überreiche Flora nach ihren hauptſäch 
lichſten pflanzengeographiſchen Regionen, Zonen und; 
Gruppen kurz zu gliedern. | 

Die Waldgrenze liegt im Teſſin nach Fmbi ; 
zwiſchen 1900 und 2000 m; im Mittel bei 1920 m. 
während ſie im trockneren Wallis faſt 300 m babe | 
ift. Der hervorragende Botaniker Chrift gibt als 
mittlere Höhengrenze des eigentlichen Hochwaldes 
1800 m an. Darüber hinaus gehen nur noch Kleinen , 
Gruppen und“ einzelne Stämme als Vorpoſten; mei 
aus Lärchen beſtehend. Die Gründe der relativ niederen 
Waldgrenze werden teils in den großen jährlichen 
Niederſchlagsmengen, teils in der an ſich geringeren 
Maſſenerhebung des Gebirges geſucht. i 

Wenn man die I. Alpine Region, wie & 
üblich ift, erft bei 2000 m beginnen läßt, fo finde , 
man in ihr eigentlichen Wald nicht mehr vor. Sein 
letzten Ausläufer find einige vom Sturm vielfach gt | 


5 


drehte 
Arven. 
i Alnus viridis und Rhododendron ferrugineum 
ſind die weſentlichſten Sträucher dieſer Region, welche 
weiter noch niedrige Kriechweiden (Salix herbacea 
und retusa) Azalea procumbens und an moorigen 
Stellen vaceinium;uliginosum aufweiſt. Der Bo: 
- tanifer findet in dieſen Höhen noch zahlreiche Pflanzen: 
gruppen, die er je nach Standort (Schneetäldhen, Ge: 
röll u. a.) zu beſonderen Formationen zuſammenfaßt. 
Steigen wir jetzt bergab zur II. ſubalpinen 
Region zwiſchen 1500 — 2000 m, fo gelangen wir in 
das eigentliche Nadelholzgebiet. Hier können 
wir 2 Stufen unterſcheiden; zu oberſt von 1750 bis 
2000 m den Larchen⸗ und darunter den Fichten⸗ 
wald. Alpenerle (A. viridis) ‘und Alpenroſe finden 
hier, namentlich auf früherem Waldboden, ihr beſtes 
Gedeihen. Heidelbeere, Preißelbeere und Zwergwach⸗ 
holder bedecken den Boden auf den offenen frucht⸗ 
bareren Stellen. Die obere Fichtengrenze liegt bei 
etwa 1800 m. Die Folgen der großen Waldzer⸗ 
ſtörungen, welche ſeit etwa einem Jahrhundert leider 
im Teſſin vor ſich gegangen ſind, machen ſich hier 
ſchon erheblich bemerkbar. Noch mehr freilich in der 
folgenden III. Region von 1000 — 1500 m, der Buchen: 
region. Freilich reicht die Rotbuche vereinzelt noch 
in das vorige Gebiet hinein, wo ihre oberſte Grenze 
eima bei 1700 m liegt. Im eigentlichen geſchloſſenen 
Waldbeſtand dürfte ſie jedoch 1500 m nicht erheblich 
überſchreiten. 


Leider ſind die einſt ſo ausgedehnten herrlichen 
Buchenwälder des Teſſin heute bis auf ſpärliche Reſte 
verſchwunden. An, den ſtattlichen Exemplaren, oft 
wahren Baumrieſen, welche man an den oberſten Rän⸗ 
dern der Waldtäler, namentlich an Sennhütten und 
Weideplätzen noch häufig findet, kann man ermeſſen, 
welche Waldſchätze hier einſt vorhanden geweſen und 
kurzſichtiger Weiſe zerſtört find. Dieſe Hutebuchen, 
wie wir ſie deutſch nennen würden, im Teſſin „Merig⸗ 
gio, d. h. Mittag (= Mittagsraſt) genannt, find 
übrigens im ganzen Lande, namentlich auch im Sottp= 
ceneri, verbreitet und liegen meiſt unmittelbar am 
Buchen⸗Alp⸗ oder Weidewald, kümmerlichen 
unter fortgeſetztem Verbiß durch Weidevieh leidenden 
Reften einſtiger ausgedehnter Waldgürtel. 


Das von der Buche verlorene Terrain hat zum 
großen Teil die Weißerle eingenommen, welche 
überhaupt im Teſſin eine bedeutende Rolle ſpielt, ja 
vielleicht naͤchſt der Edelkaſtanie die größten Flächen 
bedeckt. Auch Alpenerle, Birke und Haſel treten hier 
teils unterholzartig, teils beſtandbildend, namentlich an 
flachgründigen Hängen, in großer Ausdehnung auf. 


und vom Schnee beſchädigte Laͤrchen und 


Natürlich erſcheinen im Kaſtgniengebiet, beſonders in 


Aus dem Reich der Buche führt uns der Weg 
| bergab in die unterfte und reichhaltigſte Waldregion, 
welche durch die heute wohl wichtigſte Holzart des 
Teſſin, die Edelkaſtanie, bezeichnet wird und die 
Höhenlagen von 300 - 1000 m einnimmt. 


Abgeſehen von Corſica, wo in einem großen Teil 
der Inſel die Kaſtanie nicht nur der herrſchende 
Waldbaum, ſondern auch die wichtigſte Wirtſchafts⸗ 
pflanze iſt, auf welcher die Exiſtenz der Einwohner 
vorwiegend beruht, iſt mir kein Land bekannt, wo die 
Kaſtanie eine ähnlich bedeutende Rolle ſpielt, als im 
unteren Teſſin. Nur Mais: und Weinbau können 
als Bodenkulturen ähnliche Wichtigkeit beanſpruchen; 
während die früher bedeutende Maulbeerzucht immer⸗ 
mehr abnimmt. 

Oberhalb des Kaſtanienwaldes, welcher im All⸗ 
gemeinen bei 800 — 900 m feine Höhengrenze erreicht, 
ſchiebt ſich bis zur Buchenregion häufig noch ein 
ſchmaler Gürtel von Eichen und Birken ein. 


feinem unteren Teil, auch alle jene zahlreichen ſüd⸗ 
lichen und ſüdöſtlichen Holzgewächſe, welche die Baum⸗ 
flora des Teſſin ſo bunt und reichhaltig geſtalten und 
von denen ich hier nur Hopfenbuche, Mannaeſche, 
Zürgelbaum und Zerreiche erwähnen will. 

Außer nach den vorſtehend aufgeführten Höhen⸗ 
regionen kann man die Pflanzenwelt des Teſſin in 
gewiſſe große Formationen zuſammenfaſſen, von 
denen die allgemein und für uns wichtigſte die 
A. Waldformation iſt. Weiter werden dann 
unterſchieden: B. die Haide; C. Wieſen und Weiden; 
D. Felſen und Geröll mit beſonders reicher Hora: 
E. Waſſer und Sümpfe, namentlich Hochmoore und 
Deltabildungen. 


In der Waldformation unterſcheidet nun Dr. Bet⸗ 
telini 12 einzelne Gruppen nach beſtimmten leiten⸗ 
den Holzarten; nämlich: ö 


1. Gruppe der Hopfenbuche; 


2s ca der Kaſtanie; 

3. „ der Eichen; 

4. „ des Flußniederungswaldes (Erlen und 
Eſchen); 

Di: g der Birke; 

6. „ der Haſelnuß; 

Teer der Buche; 

8. „ der Nadelhölzer (beſonders Lärche); 


9. „ der Alpenerle; 
10. „ der Alpenroſe; 
|; „ des Ginſters; 
12. „ der Heide. 


gurzer und überſichtlicher erſcheint mir die Ein⸗ 


teilung nach den folgenden 8 Gruppen: 


6 


— 0. 


Kaſtanienwald; 

Eichenwald, der allerdings in reinen aus⸗ 
gedehnten Hochwaldbeſtänden kaum vor— 
kommt und auch Hopſenbuche, Mannaeſche 

uſw. einſchließt; 

Buſchwald; ſehr artenreich; oft den maquis 
ſich nähernd; 

Schwemmbodenwald; 

Birkenwald; 

Haſel⸗ und Weißerlenwald; 

VII. Buchenwald; 

VIII. Nadelholzwald. 

Um die einzelnen Holzarten nach ihrem forſtlichen 
Verhalten und ihrer Bedeutung zu würdigen, wollen 
wir mit der letzten Gruppe, dem Nadelholzwald, 
beginnen. 

Fichte und Lärche dürften im Teſſiner Hod: 
gebirgswald ungefähr gleiche Wichtigkeit beanſpruchen; 
die erſte mehr für die geſchloſſeneren Beſtände der 
mittleren Hänge; die letztere, vielfach auch mit Fichte 
gemiſcht, in den oberen Lagen; oft in lichten Be: 
ſtänden, die in den raumen Hutwald übergehen. 
Unter der Lärche gedeiht bis nahe an die Waldgrenze 
der Graswuchs vorzüglich, ſo daß hier Wald und 
Weide vereint ſind. In der Maſſenerzeugung hat 
natürlich die Fichte den Vorrang; in Holzqualität die 
Lärche. 

In geſchützten Lagen und mittleren Höhen (1200 
— 1500 m) geſellt ſich auch die Weißtanne den 
obigen Nadelhölzern als Miſchbaum zu. Ich fand 
ſie am reichlichſten und beſten entwickelt oberhalb 
Dalpe an den Hängen des Piumognatals. Die Be— 
wirtſchaftung der Beſtände erfolgt ausſchließlich im 
Plänterhiebe, der freilich leider ſtellenweiſe zum Kahl: 
hiebe ausartet. Die Verjüngung geſchieht, ſoweit ſie 
nicht die Natur beſorgt, durch Pflanzung. 

Weit weniger Wichtigkeit hat die Kiefer, welche 
meiſt in kleinen Beſtänden mehr horſtweiſe vorkommt 
und vielfach unter dem Fraß von Cnethocampa Pityo- 
campa, leidet. 

P. Cembra erſcheint nur ganz vereinzelt an der 
oberen Waldgrenze im äußerſten Norden des Kantons 
und ijt forſtlich ohne jede Bedeutung; ebenſo wie die 
Krummholzkiefer, welche hier nicht annähernd eine 
aͤhnliche Verbreitung beſitzt als in den Nordalpen 
oder gar den Karpathen. 

Die Gruppe des Buchenwaldes iſt zweifellos 
urſprünglich die wichtigſte geſchloſſene Waldformation 
des Teſſin geweſen. Auch heute noch bedecken Reſte 
einftiger ausgedehnter Beſtände viele N., NO. und O.: 
Hänge der Bergketten, z. B. im Campotal, am Gene— 
roſo uſw. Manchmal ſind es Niederwaldformen, in 
denen die Rotbuche unter vielen andern Einſpreng— 


III. 


IV. 
V. 
VI. 


lingen vorherrſcht. 


Nicht ſelten finden ſich noch 
Meereshöhen von 1200 m Miſchbeſtände von Buche, 
Varden und Fichten. | 
Daß die Buche nicht nur im freiftehenden Einz..- 
ſtamm, wie bei den Meriggio-Rieſen, fondem auch i⸗ 
Beſtande fih vorzüglich entwideln und große Daft! 
wertvollen Holzes erzeugen kann, daß fie zudem r: 
Waldſtreuerzeugung und Bodenverbeſſerung unerreic: | 
daſteht, beweiſen die noch vorhandenen Beſtände la. 
und deutlich. Ihre Verjüngung und Fortpflanzun: 
durch Samen wäre bei den äußerſt günſtigen Elim: | 
tijden Bedingungen leicht und ſicher — wenn es n: 


gelänge, ſie vor dem Zahn des Weideviehs, ame 


lich der Ziegen, zu ſchützen. 


In der Beſeitigung ue 


wenigſtens Einſchränkung der Ziegenweide liegt te: 


ganze Problem der Erhaltung und Verjüngung de 
Buchenwaldes! 

Dr. Bettelini empfiehlt, wenigſtens für den x. | 
tocenert, bet den nur zu umfangreichen notwendiger 
Aufforſtungen möglichſt Laubhölzer zu wählen, ba di: 
dunklen Nadelhölzer nur ſchlecht zu dem lichten freund 
lichen Ton der ganzen Landſchaft paßten. Ich möcht. 
auf dieſe forſtäſthetiſche Frage hier nicht näher ein 
gehen, muß aber, was die Rotbuche anlangt, aller 
dings beſtätigen, daß ſie in Schönheit der Färbung 
alle anderen Holzarten, auch die bunten Amerikaner. 
weit übertrifft. Mein werter alter Freund, der Fort: 
aͤſthetiker H. v. Saliſch, hat dies ſtets behauptet. Sen 
ich die Rotbuchen im oberen Collatal und vor allem 
die Bergwand zwiſchen Mergoscia und Contra an 
Val⸗Verzasca in Oktoberfärbung und Beleuchtung 
geſehen habe, muß ich zugeſtehen, daß er Recht hat 

Von Begleitern der Rotbuche und Gliedern ihret 
Gruppe will ich nur als die wicheigſten und ſchönſten 
anführen: Den Mehlbeerbaum, welcher mit ſeinen 
ſilberhellen Blättern eine Zierde der Wieſen und 
Bachränder in den oberen Tälern ift; ferner die 
Vogelbeere, welche auch hier wie in anderen Gebirgen 
bis an die obere Waldgrenze geht; klein- und (seltener 
großblättrige Linde, Birke, Bergahorn, Stechpalme 
die beiden Alpenroſen (Rh. ferrugineum und au | 
kalkhaltigem Boden Rh. hirsutum), Hopfenbud: 
(während die Hainbuche felten ift), Berberitze, Bogel: 
kirſche, Schlehe, mehrere Weidenarten, Goldregen, 
Wachholder uſw. 

Die Gruppe des Haſelbuſchwaldes möchte 
ich mit der freilich weit mehr verbreiteten Weißerle 
zuſammenfaſſen, obgleich beide Holzarten in ihrem 
Vorkommen, namentlich der Meereshöhe nach, keines weg? 
völlig übereinſtimmen. Weißerle wie Haſel ſtocker 
dort, wo fie zuſammenhängende größere Beſtände 
bilden, meiſt auf früherem Buchenboden, den fie in 
erwünſchter Weiſe decken und ſchützen. 


— . — Ä1w —— —¼— m . . —vi; rr rr I 


| 


Der eigentliche Buſchwald im engeren 
Sinne, den Bettelini als Gruppe der Hopfenbuche be⸗ 
zeichnet, iſt nicht nur die artenreichſte, ſondern auch 
nach ſeiner ganzen Zuſammenſetzung ſüdlichſte Wald⸗ 
form unſeres, Gebietes und in deſſen nördlichen und 
rauheren Teilen überhaupt nicht vertreten. Er er⸗ 
innert durchaus an die Maquis Korſikas und Sar⸗ 
diniens, von denen er ſich jedoch wiederum durch 
lichteren Stand und Anftreten nördlicher Arten unter⸗ 
ſcheidet. Die Zahl der in ihm vorkommenden Holz⸗ 
gewächſe iſt unter Umſtänden erſtaunlich groß. Hat 
doch Bettelini im Buſchwald des bekannten Monte 
Sau Salvatore bei Lugano nicht weniger als 86 
Holzarten feſtgeſtellt! Hopfenbuche, Manngaeſche, Büt- 
gelbaum, Goldregen (4 Arten), Feige, Mispel, Blaſen⸗ 
ſtrauch miſchen ſich hier mit Eiche (4 Arten), Buche, 
Ulme, Linde; 2 Sorbus: 2 Pyrus⸗, 4 Prunus⸗, 4 
Roja: und 5 Rubusarten ſind vorhanden. 

Im nördlichen Teil des Kantons findet ſich eigent⸗ 
licher Niederwald hauptſächlich an und in den Fluß⸗ 
tälern. An den unteren Hängen herrſchte früher die 
Rotbuche auch im Ausſchlagwalde vor, bis die alten 
Stöcke micht mehr lebensfähig waren. Im Ganzen 
ſollen im Teſſin etwa 25 000 ha Niederwald ſein. 

Auch die Eichengruppe umfaßt im Weſent⸗ 
lichen Mederwaldbeſtände, beſonders von Qu. lanugi- 
nosa und sessiliflora. Größere zuſammenhängende 
Hochwaldbeſtände ſind mir nicht bekannt geworden. 
In den Flußtälern findet ſich oft die Stieleiche in 
Horſten und Einzelmiſchung zwiſchen anderen Holz⸗ 
arten. Im Allgemeinen herrſcht ſonſt im Gebirge die 
Traubeneiche vor, neben der auf ſonnigen Flächen im 
ſüdlichen Teil die Zerreiche häufig iſt und bis zu 
1200 m anſteigt. Gerade dieſe letzte Art tritt auch 
in reinen Beſtänden auf. 

Nach den vielen Ortsnamen zu ſchließen, welche 
von dem italieniſchen Stamm rovere (Steineiche) und 
cerro (Zerreiche) ſich ableiten laſſen, mußz die Eiche 
in früheren Zeiten im Teſſin eine weit größere Ver⸗ 
breitung und Bedeutung beſeſſen haben als heute. 

Die letzte und wirtſchaftlich bei weitem wichtigſte 
Gruppe der Holzgewöchſe des Teſſin iſt die der Edel⸗ 
kaſtanie, welche jedoch botaniſch am artenärmſten 
und einförmigſten iſt. Die Kaſtanienſelve, d. h 
der Kaſtanienhochwald, ift im ſüdlichen Teil des Teſſin 
die vorherrſchende Form des Kulturwaldes, in welchem 
neben der Kaſtanie kaum ein anderes Holzgewächs 
auftritt oder geduldet wird. Wo die Selve ſich mehr 
dem Naturwald nähert, meiſt in abgelegeneren Teilen, 
ſtellen ſich als Unterhölzer manche Strauchholzarten, 
wie Mispel, Kornelkirſche, Vogelkirſche, Hollunder, 
Goldregen u. a. ein. Die Kaftanienfelve, welche allein 
im Sottoceneri mehr als 4000 ha einnimmt, iſt für 


> Ueber die Weißerle und ihr im Teſſin ſo aus⸗ 
- gedehntes Reich ließe ſich allein eine umfangreiche Ab⸗ 
handlung ſchreiben. Ohne dieſe vielſeitige und unver: 
wüſtliche Holzart wären weite Flächen kahl und ver⸗ 
abet. Die Haſel trifft man übrigens auch als boden⸗ 
ſchützendes Unterholz unter raumen Lärchen (3. B. bei 
Bosco). Künftige Waldkulturen und Aufforſtungen 
werden in vielen Fällen nur im Schutz dieſer beiden 
nützlichen Helfer möglich ſein und gedeihen. 

Die Birkenformation, deren Gebiet unter 
dem Buchenwalde liegt, it häufig mit der Weißerle 
vermiſcht, indem letztere das Unterholz unter den 
Birken bildet. Dieſe Buſchwaldform iſt namentlich in 
der Gegend von Locarno an den unteren Hängen der 
Taler, welche nach dem Teſſin und der Maggia aus⸗ 
münden, und zwar ſowohl an der Sonnen⸗ wie der 

Schattenſeite reich vertreten. Wie leicht zu begreifen, 
hat auch die Birke viel vom früheren Buchengebiet 
erobert. Sie muß aber auch ſchon in älteren Zeiten 
weit verbreitet und nicht ohne wirtſchaftliche Bedeu⸗ 

tung geweſen ſein. Dr. Bettelini führt zum Beweis 
deſſen wohl mit Recht an, daß viele Ortsnamen mit 
dem Stamme Betula gebildet find, 3. B. Bedolla, 

Beduglio, Bedeglia uſw. 


Die Birke leitet. häufig in den unteren Flußtälern 
den Uebergang zum Alluvialwald ein, welcher 
fich auf dem Schwemmboden der Flüſſe und ihren 
Deltabildungen entwickelt hat. Auch hier ſpielt die 
Weißerle eine wichtige und nützliche Rolle, indem ſie 
namentlich Geröll und Bergſtürze zuerſt bekleidet, ſo⸗ 
fern fie nur einigen Wurzelboden findet. Auf dem 
leider nur zu oft vorhandenen nackten Kies und Ge⸗ 
röll iſt es hauptſächlich der Sanddorn, welcher zuerſt 
Fuß faßt, meiſt begleitet von der Tamariske und 
ſchmalblättrigen Weiden. Auf etwas beſſeren Böden 
iſt die Schwarzpappel herrſchend, oſt in größeren 
Horſten und ſtattlichen Stämmen. An den feuchteren 
Rändern wächſt die Schwarzerle, welche übrigens auch 
auf moorigen Bergwieſen viel vertreten iſt. Die 
fruchtbarſten und mildeſten Standorte werden von 
der Eſche bevorzugt. 


Bemerkenswerter Weiſe gedeiht übrigens die Kiefer, 
mit welcher ſowohl im Maggiadelta bei Locarno, wie 
im mittleren Maggiatale ſelbſt, z. B. bei Cevio, An⸗ 
bauverſuche gemacht find, ſtellenweiſe recht gut auf 
dieſem Geröll⸗ und Schwemmland, deſſen Boden⸗ 
beſchaffenheit ſie erſichtlich verbeſſert und wo ſie durch 
Anflug ſich ſelbſt fortpflanzt und verbreitet. Auf den 
beſten Stellen findet ſich auch die Traubeneiche ein, 
während die vielfach angebaute Akazie hier wie ſo 
häufig in ihrem Fortkommen und Gedeihen wechſelnd 
und unſicher ift. 


den Teſſiner Landmann zugleich Frucht⸗, Holz: und 
Streulieferant und ſoll in guten Lagen jährlich bis 
250 Frs. Reinertrag je ha liefern. Der Fruchtertrag 
des einzelnen Baumes ſchwankt ſehr je nach Stand: 
ort, Sorte und Alter; von 30—400, kg grüner 
Kaſtanien. 

Bettelini erörtert mit vielem Fleiß und großer Aus⸗ 
führlichkeit die intereſſante Streitfrage, ob die Kaſtanie 
in den Südalpen und Italien eine eingeführte Rul- 
turpflanze oder von Natur einheimiſch ſei. 

Im Gegenſatz zu dem Philologen Victor Hehn, 
welcher aus ſprachwiſſenſchaftlichen Gründen alle wich⸗ 
tigen Kulturgewächſe der Mittelmeerzone (Olive, Feige, 
Weinſtock u. a.) aus dem Orient ſtammen und von 
Pelasgern und Griechen eingeführt ſein läßt; und dem 
Botaniker Engler, welcher meint, daß, wenigſtens in 
den Südalpen, die Kaſtanie auf urſprünglichem Buchen 
gebiet künſtlich angebaut ſei und ohne menſchliches 
Zutun von der Buche auch wieder verdrängt ſein würde, 
kommt B. in Uebereinſtimmung mit dem wohl beſten 
Kenner der Schweizer Flora, dem Botaniker 
Chriſt, Verfaſſer des „Pflanzenleben der Schweiz“ und 
auf Grund prähiſtoriſcher Funde aus der Zwiſchen⸗ 
eiszeit zu dem Schluß, daß die Heimatsberechtigung 
der Kaſtanie wenigſtens für den Teſſin und feine Nach⸗ 
barlandſchaften Piemont uſw.) nicht angezweifelt werden 
könne. B. verweiſt darauf, daß der Kaſtanienwald 
ſtets eine ganz beſtimmte Zone einnehme, welche der 
Buche ſchon zu heiß und trocken ſei, daß die raume 
und lichte Beſtandsform der meiſten Kaſtanienwälder 
ſich ebenfo in den nicht ſelten an ſie anſchließenden 
Eichenhainen finde, deren Urſprünglichkeit doch niemand 
beſtreite, und daß die Kaſtanie erſt veredelt werden 
müſſe, um als Kulturbaum wirklich eßbare Früchte 
zu tragen. 

Ich halte mich natürlich nicht für berechtigt und 
berufen, in dieſem Streit der wiſſenſchaftlichen Autori- 
täten eine Anſicht zu verfechten, möchte aber doch eher 
den Gründen Bs. als denen ſeiner Gegner beipflichten. 
Ob man nun freilich die natürliche Verbreitung der 
Edelkaſtanie auch auf die Nordſeite der Alpen in der 
Schweiz und auf Süddeutſchland uſw. ausdehnen pmi 
und will, ift eine weitere Frage. 

B. führt aus dem Sottoceneri niht weniger als 
16 bekannte deutlich uuterſchiedene Unterarten dieſer 
ſo nützlichen und wertvollen Holzart an, von denen 
die „Marron“ genannte Varietät die beſten Früchte 
liefert, aber durchaus friſche Standorte verlangt. Man 
muß überhaupt ſtreng zwiſchen dem eigentlichen Ka— 
ſtanienwald, in lichter hainartiger Stellung meiſt 
nahe den Ortſchaften und aus durchweg veredelten 
Bäumen beſtehend, und der Selve im engeren Sinne, 
dem Kaſtanienhochwald ſchlechthin, unterſcheiden. 


— A—)—ᷓ—̃̃äu—ê—d 


Vollreife kommen. 


an •—m6———ů—ß—ß—ů—ßů—5—ß—i—ß—ß—ößii—58d'.—ä ü '.ů. ä . ä u 
. 


Letzterer liefert weit mehr und beſſeres Holz, aber 8 
ringere und ſpärlichere Früchte. Solche gefchloffere 
Kaſtanienhochwaldbeſtände fah ich z. B. im Gambr 
rogno, dem am Südrande des Langenſees belegere- 
Teile des Kreiſes Locarno. 

Die Höhengrenze der Kaſtanie liegt im Sottocen er 
etwa bei 1100 m, im Sopraceneri noch 100 — 150 r 
höher; ihr Optimum dürfte zwiſchen 300 und 700 r 
fih befinden. Freilich findet man auch noch in höhere: 
Lagen vorzüglich entwickelte Stämme. Die berühmt: 
Rieſenkaſtanie von Peccia z. B., welche in 1,5 r 
Höhe 13,5 m Umfang meſſen fol, ſteht bei etm.’ 
900 m Meereshöhe. Hierbei möchte ich übrigens be 
merken, daß dieſe uralten unförmlichen Rieſenſtämm : 
faſt ſtets als Kopfholz behandelt find und aus einer - 
mehr oder weniger dicken unteren Ende, eigentlich nı: 
einem hohen Wurzelſtock, mit mehreren jüngeren Wipfe!: | 
und Seitenzweigen beſtehen. Das Köpfen erfolgt no: į 
türlich ſtets oberhalb der Veredlung, falls ſolche ge: | 
ſchehen iſt. 

Die Kaſtanie bevorzugt die ſonnigen Lagen der 
Taͤler; dunkle kaltfeuchte Standorte fagen ihr niemals 
zu und laſſen auch die Früchte nicht zur eigentlichen 
Andererſeits liebt ſie keineswegs 
geradezu trockne und dürre Böden. Vielleicht beruf! 
auch mit auf dieſem Umſtande ihre wenigſtens für den 
Teſſin unbeſtreitbar nachzuweiſende Kalkfeind⸗ 
lichkeit. Gerade über dieſe Eigenſchaft der meri: 
würdigen Holzart iſt ebenfalls viel geſtritten und ge⸗ 
ſchrieben worden. 

A. Engler beſtreitet, daß die Kaſtanie den Kalk 
fliehe, auf Grund feiner Beobachtungen in ber Mord: 
ſchweiz, namentlich auch im Verſuchsgarten zu Zürich, 
wo diefe Holzart auf Böden mit 10 - 20% Kalkgehalt 
gut fortkommt. Er nennt aber trotzdem die Kaſtanie 
eine Kalipflanze, welche Böden mit großem Reichtum 
an Kieſelſäure beanſpruche. Die franzöfiſchen Bota⸗ 
niker (Mathieu u. a.) erklären im allgemeinen die 
Kaſtanie für eine Kieſelpflanze, welche auf Kalkböden 
nicht gedeihe. 

- Der italienische Forſtinſpektor Ludovico Piccioli, 
welcher eine Monographie der Kaſtanie verfaßt hat 
und jedenfalls einer ihrer gründlichſten Kenner iſt, 
behauptet, daß ein gewiſſer geringer Kalkgehalt (bis 
1.8% ) von der Kaſtanie ohne Schaden vertragen 
werde und daß reicher Kaligehalt des Bodens die 
ungünſtige Wirkung des Kalkes aufhebe. 

Aus den ſehr gründlichen Unterſuchungen von 
Bettelini im Sottoceneri geht wenigſtens für dies Be: 
obachtungsgebiet mit Sicherheit hervor, daß die Kaſtanie 
auf Granit, Gneis, Glimmerſchiefer und Porphyr 
normal gedeiht, auf dem Dolomit dagegen fehlt. Nur 
wo Moränen den Doloniit bedecken, erſcheint die Sta: 


— — i — . — — a o 


ſtanie wieder. Auf dem Keuperkalk kommt fie nur 
dort vor, wo großer Reichtum an Kieſelſäure vor⸗ 
handen iſt und der Kalkgehalt zurücktritt. Auf den 
Kalkböden am S. Salvatore und Monte Brad bei 
Lugano fand B. an den Stellen, wo die Kaſtanie 
noch fortfam, einen Gehalt an Kieſelſäure von 64 bis 
75%, ͤ bet einem Kalkgehalt von 0,4 und 0, 7%. 
Wir dürfen daher die weite Verbreitung und das Ge⸗ 
deihen der Kaſtanie im Teſſin wohl dreiſt dem Bor: 
herrſchen der Urſchiefer und Silurgeſteine zuſchreiben. 

Wo der Standort der Kaſtauie wirklich zuſagt, 
zeigt ſie ein vorzügliches Gedeihen und erreicht ein 
hohes Alter. Außer der ſchon genannten Rieſen⸗ 
kaſtanie von Peccia ſind noch mehrfach, namentlich 
im Sottoceneri, Stämme von 9— 10 m Umfang am 
unteren Ende bekannt, 

Ueber die erreichbare Altersgrenze ſtehen mir leider 
keine zuverläſſigen Angaben zur Verſügung. Ich 
glaube aber nicht zu irren, wenn ich den ſtärkſten 
Patriarchen dieſer Holzart ein Alter von 200—300 
Jahren zuſchreibe. Da die meiſten der älteften Kaſta⸗ 
nien infolge von Kopfholzbetrieb uſw. inwendig hohl 
ſind, iſt bei ihnen eine genaue Jahrringzählung auf 
glattem heilem Wurzelſtock felten möglich. 

Piccioli will feſtgeſtellt haben, daß die Blüte der 
Kaſtanie eintritt, wenn die mittlere Temperatur 15 
—18° C. erreicht hat, was im Teſſin je nach der 
Lage im Mai und Anfangs Juni der Fall iſt. Dann 
beleben die zahlloſen hellen weißgelben Rispen der 
männlichen Blüten die ganze Landſchaft. 

Die Befruchtung erfolgt wohl im Allgemeinen 
Dird) den Wind, welcher den feinen Pollenſtaub weit 
vecbreitet. Andererſeits wird auch den Bienen, welche 
aus der Kaſtanienblüte einen recht konzentrierten ein 
wenig bitteren Honig bereiten, eine große Rolle bei dieſem 
wichtigen Geſchäft zugeſchrieben. Jedenfalls hat die 
Kaſtanienblüte für die Honigerzeugung im Teſſin eine 
große Wichtigkeit. Die Reife der Früchte ſoll nach Piccioli 
eintreten, wenn diefe nach der Blüte 2000 - 2300 
Wärme in mittlerer Tagestemperatur genoſſen haben. 
Nach meinen diesjährigen Beobachtungen fiel die Reife⸗ 
und Erntezeit je nach Meereshöhe und Lage zwiſchen 
den 25. September und 15. Oktober. Nach alter 
Sitte wurde in früheren patriarchaliſchen Zeiten den 
armen an den Selven nicht als Eigentümer berech— 
tigten Einwohnern erſt zu Martini die ſog. Ruſpada 
(Scharrecht“) geſtattet, d. h. die Befugnis, die noch 
auf dem Boden liegenden Kaſtanien in den dann oft 
ſchon leicht verſchneiten Selben für fih zu ſammeln. 

Erfahrene Kenner des Landes behaupten, daß heute⸗ 
die Kaſtanie in Teſſin als Fruchtbaum und Nahrungs— 
ſpender längſt nicht mehr die Rolle ſpiele, wie vor⸗ 


dem, wo ihre Frucht das Brot großenteils erſetzen 
1916 


mußte. Es iſt richtig, daß infolge des durch Eiſen⸗ 
bahnen und Straßen erleichterten Verkehrs heute Ge— 
treidemehl und Brot auch in die entlegenſten Tåler 
gebracht und weit mehr verzehrt wird als früher. 
Dennoch bildet auch in der Gegenwart noch neben der 
Polenta aus ſelbſtgebautem Mais die Kaſtanie in der 
verſchiedenſten Form (meiſt als Pellkaſtanie geſotten) 
eins der weſentlichſten Nahrungsmittel nicht nur der 
Armen. Vielleicht ließe ſich durch ähnliche Trocknung, 
wie ſie neuerdings bei der Kartoffel angewendet wird, 
auch die bis jetzt leicht dem Verderben ausgeſetzte 
Kaſtanie für längere Zeiträume erhalten und damit 
für die Volksernährung noch nutzbarer machen. Ein 
reichlicher Zuſatz von Kaſtanienmehl zum Brot macht 
letzteres eigentlich wohlſchmeckender, aber ſchwerer ver⸗ 
daulich. 


Ein großer und zwar der beſte Teil der geernteten 
Kaftanien wird übrigens heute als „Maronen“ ver: 
kauft und ausgeführt. Die geringeren Qualitäten 
werden zur Schweinemaſt verwendet. 


Sehr wichtig iſt für den Teſſiner Bauer die 
Kaſtanie als Streulieferant für ſeinen meiſt 
verhältnismäßig hohen Viehſtand an Rindvieh und 
Ziegen. Da im ganzen Lande und beſonders in den 
Hochtälern der Getreidebau nur verſchwindend gering 
iſt, muß der Wald und namentlich die am nächſten 
und bequemſten belegene Kaſtanienſelve faſt den ganzen 
Bedarf an Streu für die 6-8 Wintermonate decken. 
Man kann nicht ſagen, daß dem Vieh hiermit ein be⸗ 
ſonders weiches Lager geboten wird; denn mit den 
Blättern werden meiſt auch die ſtachligen äußeren 
Hüllen der Früchte zuſammengebracht und eingeſtreut. 

Während der Kaſtanienfruchtwald meiſtens teilweiſe 
reines Privateigentum ift, gehört der ſonſtige Kafta- 
nienhochwald faſt durchweg ſchon zum gemeinſamen 
Eigentum der alten Bürgergemeinden, hier Patri: 
ziate genannt; iſt alſo nach unſeren Begriffen un⸗ 
geteiltes Gemeindemitgliedervermögen. Er 
dient vorwiegend der Holzgewinnung und enthält wenig 
oder gar keine veredelten Stämme. 

Wie dem Bewohner des Nordens die Nadelhölzer 
alles liefern, was er an Baus, Nutz- und Brennholz 
benötigt, ſo iſt für den Teſſiner Landmann in der 
Kaſtanienregion dieſe Holzart der ausſchließliche Spen⸗ 
der allen Holzbedarfes. Höchſtens, daß er zur Her- 
ſtellung ſeiner Holzſchuhe („zoccoli“) das leichtere 
Pappelholz nicht entbehren kann. Sonſt wird Alles 
aus Kaſtanienholz gemacht. Auch als Brennholz hat 
die Kaſtanie bei weitem den Vorrang, da Birke, Buche 
und Haſel in dieſen Gebieten entweder zu ſelten ſind 
oder zu wenig Maſſe liefern. 

Sehr viel Kaſtanienholz wurde früher und wird 

2 


auch heute noch zu Holzkohle verſchwelt, welche zu 
Schmiedezwecken ſehr geſchätzt wird. 


ſagt ( palo = Pfahl) ſoll er weſentlich zur Er 


ziehung von Pfahlholz, beſonders für den Weinbau, 


Auch Gerbſtoff wird von der Kaſtanie gewonnen. | dienen. Als Umtriebszeiten werden 8—35 Jahre, je 


Namentlich im letzten Jahre, wo wegen des Krieges 
alle Gerbmaterialien im Preiſe ſehr geſtiegen ſind. 
bin ich Transporten von Kaſtanienrinde wiederholt 
begegnet. Wenn ich mich recht erinnere, wurde an 
Ort und Stelle ein Preis von 10 Frs. für 100 kg 
gezahlt. Eine Tanninfabrik in Maroggia iſt zur Ge: 
winnung dieſes Gerbſtoffes aus dem Kaſtanien holz 
gegründet worden. 

Ueber die Maſſenerzeugung des Kaſtanienhoch⸗ 
waldes habe ich ſichere Angaben nicht finden können. 
Ich glaube, daß bei etwa 120 jährigem Umtriebe wohl 
500 - 600 fm per Hektar erreicht würden. 

Wie an der oberen Waldgrenze die Lärche als 


unteren die Kaſtanie im lichteren Hochwald⸗ oder | 
Fruchtwaldbeſtande der Hutebaum, unter dem Gras: | 


wuchs, namentlich im Frühling und Herbſt, freudig 
gedeiht. 

Der Verjüngung der Kaſtanienbeſtände wird leider 
viel zu wenig Sorgfalt und, Aufmerkſamkeit zugewendet, 
obgleich weder Saat noch Pflanzung beſondere Schwie⸗ 
rigkeiten bieten, vorausgeſetzt, daß man den nötigen 
Schutz gegen Weidevieh gewährt. Auch natürliche 
Verjüngung durch Aufſchlag halte ich bei entſprechen⸗ 
der Boden vorbereitung und Einzäunung für recht gut 
ausführbar. Sie ſoll an mehreren Stellen, z. B. 
zwiſchen Ronco und Briſſago beobachtet worden ſein. 


| 


nach der Lage und den Zwecken, für welche das Hol; 
beſtimmt iſt, genannt. Für ſchwache Weinbergpfäh le 
werden 8— 10 Jahre genügen; für Erziehung von 
den viel verlangten Telegraphenſtangen find 25 — 35 
Jahre erforderlich)). Neben und zwiſchen dieſen Ber: 
wendungszwecken und dem Brennholz gibt es zahlloſe 
andere Sortimente zu allen möglichen Gebrauchsgegen⸗ 
ſtänden und Gerätſchaften; z. B. zur Herſtellung der 
im Teſſin ſo verbreiteten Kiepen und Tragen. 


Unter günſtigen Verhältniſſen machen die oft 
ziemlich hoch belaſſenen Stöcke im erſten Jahr Ane 
ſchläge von 2—3 m Höhe Nach Merz folen die 


Stöcke ihre Ausſchlagsfähigkeit bis zum 150 jährigen 
Baum der Waldweide ſich auszeichnet, ſo iſt an der 


Die Ergänzung des Fruchtwaldes erfolgt zumeiſt durch 


Pflanzung ſtarker 2—3 m hoher, bereits veredelter 
Heiſter. Nach Merz keimen die im Frühling geſaͤten 
Kaſtanien in 30—40 Tagen und erſcheinen Würzelchen 
und Stämmchen beide an der zugeſpitzten Seite der 
Frucht, weshalb die Ausſaat in horizontaler Lage ge 
ſchehen ſollte. 

Die unſchöne und vom forſtlichen Standpunkte 
durchaus verwerfliche Kopfholzwirtſchaft iſt lediglich 
ein Notbehelf und Zugeſtändnis an die Viehweide. 

Der Kaſtanie beſonders ſchädliche Inſekten find mir 
nicht bekannt. Ihre einzigen wirklich gefährlichen 
Feinde ſind das Weidevieh, namentlich die Ziege, 
welche unerbittlich etwaigen Aufſchlag und teilweiſe 
auch den Ausſchlag vernichtet — und das Feuer. 

Allerdings iſt die raume Selve und namentlich 
der Fruchtwald nicht ſo ſehr dem Waldbrand ausge— 
ſetzt, zumal wenn ihm die Laubſtreu entzogen wird 
und dichteres Unterholz fehlt, als der Kaſtanien— 
niederwald, die ſogen. Palina. Wie ſein Name 


a — 


Alter behalten. 


Unter und zwiſchen den Kaſtanienwäldern liegt 
in den Tälern und im ſüdlichen Teil des Landes die 
Region der Weinberge, vorwiegend in Terraſſen 
angelegt und ſtets in Lauben⸗, Spalier⸗ und Guit: 
landenform gezogen, wozu es eben ftärferer Stützen 
und Pfähle bedarf. 


Als Erſatz der Kaſtanienpſähle, welche immerhin 
nur eine Reihe von Jahren aushalten, und der heute 
zu koſtſpieligen Steinſäulen, hat fih in manchen Gegen: 
den, namentlich bei Locarno, die Verwendung des 
Feldahorn als lebendiger Stützen eingebürgert. Die 
Stämme werden durch Köpfen und Schneideln in ent: 
ſprechender Höhe und Stärke gehalten und erfüllen 
ihren Zweck in beſter Weiſe, ohne, wie es ſcheint, dem 
Boden zuviel wertvolle Kräfte zu entziehen. 


Die trotz Phylloxera, Peronospora und Oidiuin 
immer noch weit ausgedehnten Teſſiner Weinberge ge 
währen durch die Verbindung verſchiedener Kulturen: 
— Gras und Gemüſe unter dem Weindach; Obft, 
namentlich Pfirſiche und niedrige Aepfel und Birnen, 
oft auch Maulbeeren in den Zwiſchenräumen — und 
nun daneben noch eine Art Holzzucht durch die leben⸗ 
den Pfähle — von Frühjahr bis Spätherbſt einen 
eigenartigen und freundlichen Eindruck, welcher von 
der Fruchtbarkeit des Landes zeugt. (Fortſ. f.) 


1) Schweizer Telegraphentechniker rühmen die Kaſtanien⸗ 
ſtange wegen ihrer außerordentlichen Biegungsfeſtig- 
keit und Ausdauer beſonders in der Erde, wo Fäulnis faſt 
unbekannt ift. Namentlich bei hohen Bergleitungen wird 
ſie mit Vorliebe verwendet und ſoll dort faſt unbegrenzte 
Dauer (bis 50 Jahre) zeigen, während fie auch in den un 
teren Regionen die ſonſt viel benutzte Lärche noch erheblich 
übertrifft. 


— ee 


Zn ge a ur 


11 


Literariſche Berichte. 


Die Beziehungen der Tiere und Pflanzen 
zueinander. Nr. 426 u. 427 der Teubnerſchen 
Sammlung aus Natur und Geiſteswelt. 2. Aufl., 
von K. Kräpelin. Leipzig 1913. 


In den letzten Dezennien hat in der Erweiterung 
unſeres Wiſſens über die Lebeweſen die Biologie be⸗ 
ſonders ſtark die Aufmerkſamkeit der Forſcher in An: 
ſpruch genommen; beſonders die Lehre von den Cin: 
flüſſen der Umgebung auf die Lebeweſen, die Lehre 
von der Geſtaltung und Haushaltung der Lebeweſen 
durch die auf ſie wirkenden Faktoren, die Oekologie, 
hat ſich als beſonders gepflegter Wiſſenszweig heraus: 
geſchält, der für die angewandte Naturwiſſenſchaft viele 
neue Geſichtspunkte gebracht hat. Heſſe und Doflein 
haben für das Gebiet der Zoologie, die Werke Schim⸗ 
pers, Wiesners und Warmings für das Gebiet der 
Botanik, Nußbaum, Karſten und Weber für das Ge— 
ſamtgebiet der Biologie namentlich die ökologiſche Seite 
ihres Themas betont. Auch unſere Lehre des Wald⸗ 
baus hat durch H. Mayr infolge der ökologiſchen Be⸗ 
trachtungsweiſe (Beſtandesklimatologie, Soziologie) eine 
neuartige Behandlung erfahren. 

Dem Charakter der Sammlung entſprechend konnte 
der Verf. nur das Weſentliche in kurzem Umriß geben; 
der Text der beiden Bändchen ift aus einem Vortrags⸗ 
zyklus entſtanden und bedurfte daher Erläuterungen 
durch Abbildungen, da vieles nur geſtreift wurde. Es 
find fo dem Band I 64, dem Band II 68 Abbildungen 
im Texte beigegeben. 

Band I behandelt die Beziehungen der Tiere zu: 
einander. 

Von den einfachſten Beziehungen, den geſchlecht— 
lichen Beziehungen derſelben Arten ausgehend, gibt 
Verf. Einblicke in das Familienleben der Tiere, in das 
ſoziale Zuſammenleben über die Familie hinaus — 
(Schwarm⸗, Herden⸗, Staatenbildung) und erläutert 
dann die Beziehungen verſchiedener Tierarten zuein⸗ 
ander, indem er auf Synökie, Paraſitismus und Sym: 
bioſe eingeht. Die Vieh- und Sklavenhaltung im Jn- 


ſektenſtaat tritt uns als höchſtentwickelte Form der 


Symbioſe entgegen. 

Im 2. Bande wird zunächſt auf die Beziehungen 
der Pflanzen untereinander, dann die Beziehungen 
zwiſchen Pflanzen und Tieren eingegangen. Von den 
erſteren ſind für uns beſonders anziehend die Be— 
ziehungen derſelben Art zueinander, wie fie im Kon: 
kurrenzkampf und im geſelligen Zuſammenleben der 
Pflanzen hervortreten. Die Beziehungen der Indi— 
viduen verſchiedener Arten zueinander werden von den 
Geſichtspunkten des Nahrungs- und Raumwettkampfes 


beſprochen. Der Bedeutung des Lichtes im Kontur- 
renzkampf der Pflanzen wird ein beſonderer Abſchnitt 
gewidmet. Weiter ſchildert K. die Ausnutzung der 
Mitpflanzen durch die Licht und Raumparaſiten und 
die echten Paraſiten. Die Symbioſe unter den Pflanzen 
wird durch das Leben der Knöllchenbakterien und durch 
das Zuſammenleben von Algen und Pilzen, das die 
frühere Klaſſe der Flechten geſchaffen hatte, veran⸗ 
ſchaulicht. 
Der letzte Teil, der von den Beziehungen der 
| Pflanzen zu den Tieren handelt, ift in drei Kapitel 
eingeteilt, die behandeln: Feindliche Beziehungen 
zwiſchen Tier und Pflanze, einſeitige Ausnutzung der 
anderen Partei ohne feindliche Abſicht, Beziehungen 
der Tiere und Pflanzen mit Vorteil für beide Teile. 
Der Beſtäubung der Blüten durch Tiere iſt dabei der 
größte Raum gewidmet. 

Der knappe Ausſchnitt aus dem weiten Gebiete der 
Biologie wird Anregung zum weiteren Eindringen in 
dieſes Wiſſensgebiet geben; möge er viele auf dieſe 
Seite der Naturwiſſenſchaft hinweiſen. 

Dr. Wimmer. 


Die Technik des Forſtſchutzes gegen Tiere 
von Prof. Dr. K. Eckſtein. 2. neubearbeitete 
Auflage. Berlin, Parey. 1915. 

Zu Havelberg in den Tagen der Winterſchlacht an 
den maſuriſchen Seen hat Eckſtein das Manuſkript 
der 2. Aufl. ſeiner Technik des Forſtſchutzes vollendet, 
die ſchon bei ihrem Erſcheinen in erſter Auflage 1904 
berechtigten Beifall gefunden hatte. Die Technik der 
Schädlingsbekämpfung hat in dem abgelaufenen Deze- 
nium weſentlich Fortſchritte gemacht. Vieles iſt er⸗ 
probt, manches als unbrauchbar, manches als nützlich 
gefunden worden. Entſprechend dieſem Gang der 
Schaͤdlingsbekämpfung haben einzelne Abſchnitte eine 
tiefgreifende Veränderung erfahren. Dem Zweck des 
Buches entſprechend, das eine Anleitung zur Aus— 
führung von Vorbeugungs- und Vertilgungsmaßregeln 
in der Hand des Revierverwalters, Forſtſchutzbeamten 
und Privatwaldbeſitzers ſein ſoll, iſt Eckſtein der knap— 
pen, allgemeinverſtändlichen Faſſung treu geblieben 
und hat in klarer Weiſe das Wichtigſte aus der an— 
gewandten Zoologie und dem Forſtſchutze dem Zwecke 
gemäß zuſammengeſtellt. 

Einige Schädlinge ſind neu aufgenommen, die 
Blattläuſe etwas ausführlicher als früher behandelt 
worden; ſie werden in gegebenen Rahmen immer ein 
ſchwer zu behandelndes Kapitel bleiben. Im J. all: 

2* 


12 


gemeinen Teil befpricht Verf. die Bedeutung der Tier: | Weidmanns Erinnerungen von Erzherzog 


welt für den Wald und die allgemeinen Maßregeln 
zum Schutze des Waldes gegen ſchädliche Tiere und 
geht dabei auf die allgemeine Vorbeugungsmaßregeln, 
auf die Paraſiten, Abwehr und Bekämpfung und 
Verwertung der geſammelten Schaͤdlinge im allge⸗ | 
meinen ein. 

E. macht bei der Verwertung der Schädlinge den Vor⸗ | 
ſchlag, daß einzelne Forſtbeamte beſtimmte Schädlinge in 
ihrer biologiſchen Entwickelung oder als fertige Samm⸗ 
lungsobjekte ſammeln und dieſe einer Zentrale ab: 
liefern ſollten, die dann an einen wohltätigen ſorſt⸗ 
lichen Verein (Waldheil, Forſtwaiſenverein, Verein 
deutſcher Privatforſtbeamten uſw.) angegliedert, die 
Verwertung an Naturalienhandlungen zu Gunſten der 
Witwen und Waiſen unſerer grünen Farbe durd)- 
führen ſollte. So könnten durch Luſt und Liebe ge— 
ſammelte Schädlinge das Wiſſen der Sammler be: 
reichern und das Bewußtſein geben, zur Beſſerung 
der Notlage von Angehörigen unſeres Standes bei⸗ 
zutragen. 

Der, II. ſpezielle Teil des Buches gliedert ſich in 
die Bekämpfung der forſtſchädlichen Wirbeltiere — auf 
60 Seiten — und die Bekämpfung der forſtſchaͤdlichen 
Gliedertiere — auf 146 Seiten. — In einem Schluß⸗ 
kapitel ſind Liſten und Nachweiſe in praktiſcher An⸗ 
ordnung zuſammengeſtellt, wie ſie bei der Schädlings— 
bekämpfung am zweckentſprechendſten geführt werden 
ſollen. | 

Bei jedem Schädling wird zunächſt äußere Er: 
ſcheinung und Lebensweiſe dann der Scha— 
den und zuletzt die Abwehr beſchrieben. 

Im allgemeinen betont Eckſtein die Belim- 
pfungsmittel aus dem Reiche des Anorganiſchen gegen— 
über der biologiſchen Bekämpfungsweiſe etwas ſtark. 
Es liegt dies zum Teil darin begründet, daß über 
letztere, wenigſtens in unſeren forſtlichen Betrieben, 
noch wenig poſitive Reſultate vorliegen und das Buch | 
nur die erfolgreichen Abwehrmaßregeln zuſammenfaſſen | 
will. E. würdigt die biologiſche Bekämpfungsweiſe 
zwar im einleitenden Abſchnitte, betont aber m. E. | 
namentlich in dem Abſchnitt über die Bekämpfung der 
Dipteren zu wenig, daß wir mit all den dort ange— 
führten Mitteln auch eine große Anzahl ihrer Feinde | 
damit vernichten. Sicherlich gebührt aber in un: | 
ſerem arbeitsextenſiven forſtlichen Betriebe der biolog. 
Bekämpfungsmethode noch ein weites Feld. Möge | 
das aufs befte von dem bekannten Verlag P. Pareys | 
ausgeſtattete Werkchen eine möglichſt weite Verbreitung 
in der Praxis erlangen, das als orientierendes Buch 
jedem Revierverwalter zur Verfügung ſtehen ſollte. | 

Dr. Wimmer. 


— ———— — 


Joſeph. Wien 1915. Verlag des Aktionskomitees 
für die Herausgabe des St. Hubertus-Kriegskreuzes. 
In Kommiſſion für den Buchhandel bei Wilhelm 
Frick, Wien und Moritz Ráth, Budapeſt. 176 ©. 
Lexikon⸗8 °- Format auf imit. Büttenpapier, ſteif 
broſchiert. Preis geh. 5 Kr. 
Erinnerungen an unvergeßliche Jagden feines 
35 jährigen Jägerlebens nennt der Verfaſſer ſein dem 
erſten Weidmann Oeſterreich-Ungarns, dem Kaiſer 
Franz Joſeph, gewidmetes Buch. Und wenn er ſchlicht 
hinzufügt, daß es die ſchönſten Erinnerungen eines 
Weidmanns ſeien, der feine höchſte Freude in der Hert: 
lichkeit der großen Natur finde, fo ift damit der Cha⸗ 
rakter des Buches gekennzeichnet. Es enthält eine Aus⸗ 
wahl von Jagderlebniſſen, deren Schilderungen jeden 
echten Weidmann vom Anfang bis zum Ende feſſeln. 
und zwar nicht nur der ſpannenden Jagderlebniſſe 
halber, ſondern vor allem wegen der lebensfriſchen 
Darſtellung. Das Buch iſt mit ſeltener Liebe zur 
Natur geſchrieben; der Verfaſſer iſt ein Kenner und 
ein warmherziger, aufrichtiger Freund der Natur. Das 
verrät jede Seite des Buches, ob der Verfaſſer nun 
in ſeiner „lieben, ſchönen“ Marmaros, in der Tatra 
oder im Alföld birſcht, ob er an der Nordſee 
oder in den Steppen Afrikas oder am Nile dem Weid⸗ 
werke obliegt. | 
Der Ertrag des Buches fol der Fürſorge für die 
Witwen und Waiſen von im Felde geſtandenen Be⸗ 
rufsjägern zufallen, und es ſei daher ſeine Anſchaffung 
allen denen aufs wärmſte empfohlen, die Intereſſe an 
weidgerechter Jagd und liebevoller Naturſchilderung 
haben und die ſich zugleich wohltätig erweiſen N 
e. 


Ratgeber - Bibliothek. „Mein Sonntage: 
blatt“. Wochenblatt für Haus, Hof und Garten. 
Praktiſcher Ratgeber für Jedermann. Verlag der 
L. v. Enders'ſchen Kunſt⸗Anſtalt; Neutitſchein, Wien, 
Leipzig. 

Aus dieſer Ratgeber-Bibliothek liegen uns folgende 
Bändchen vor: 

1. Die Feinde der Geflügelzucht unter 
den Bakterien. Die Erreger der anſteckenden 
Krankheiten. Mit 11 Illuſtrationen aus F. Kral's 
bakteriologiſchem Muſeum in Wien. Von Georg 
Wieninger, Konfulent für Geflügelzucht im k. k. 
Ackerbauminiſterium. Preis 50 Pf. 

2. Beeren obſt. An 140 Rezepte über die Ver⸗ 
wendung von Beerenobſt zu Saucen, Suppen, Mehl— 
ſpeiſen, Chaudeaux, Bäckereien, Torten, Gilgen, Crê: 


mes, Eis- und Eisbomben, Bowlen, Säften, Beeren: 
| wein und Champagner, Eſſig, Likör, Sorbett, und 


— — — 


—ͤ— — — — —— —— 


ſchließlich zum Einkochen in Dunſt, zu Marmeladen, 
Jam uſw. Im Anhange eine Belehrung über die 
Zuckergrade, über die Bereitung von Chaudeaux, Dunſt⸗ 
fiederei, Fruchtgelee, Jam und über die Herſtellung 
von Gefrorenem (Eis). Von Käthe Roch⸗Nicolai. 
Preis 25 Pf. 

3. Sommer⸗Schnellküche. Eine Sammlung 
von Speiſen, die zum Teil nur auf dem Spiritus— 
kocher, zum Teil auf dem Herde in etwa einer Stunde 
fertig zu ſtellen ſind. Im Anhange Rezepte für er⸗ 
friſchende Getränke. Von; Käthe Roch-Nicolai. 
Preis 50 Pf. 

4. Wie gewinnen wir billig Enten und 
Bänfe?r Von Georg Wieninger. 

Ju dem unter 1 genannten Heftchen werden nach 
einer kurzen Einleitung erörtert: die Geflügelcholera, 
die Geflügelpeſt, die Geflügeldiptherie, die Geflügel⸗ 
pocke, die Tuberkuloſe des Geflügels, die Spirillen⸗ 
krankheit oder Spicochätoſe u. a. Die zur Bekäm⸗ 
pfung der Krankheiten bezw. zur Behandlung des er: 
krankten Geflügels gegebenen Ratſchläge werden vielen 
Geflügelbeſitzern willkommen ſein. 

Das unter Nr. 2 aufgeführte Schriftchen gibt Ne- 
zepte über die Verwendung der Berberitze, Brombeere, 
Ebereſche, Erdbeere, Hagebutte, Heidelbeere, Himbeere, 
des Hollunders, der Johannis-, Preiſel⸗, Stachelbeere 
und der Weintrauben. In einem Anhange wird die 
Herſtellung der Beeren⸗Obſtweine beſprochen. In dieſem 
billigen Büchlein werden die Frauen der Forſtbeamten 
manche guten Rezepte für die Ausnutzung der Früchte 
des Gartens und des Waldes finden. 

Nr. 3 enthält eine Sammlung folder Speiſen, 
welche einerſeits auf dem Spirituskocher, andererſeits 
in etwa einer Stunde auf dem Herde hergeſtellt werden 
können. In einem Anhange wird eine Anleitung zur 
Bereitung erfriſchender Getränke gegeben. 

Dieſes Heftchen ſei beſonders den Hausfrauen em⸗ 
pfohlen, die während der heißen Jahreszeit möglichſt 
ſchnell mit dem Kochen fertig zu werden wünſchen. 

Nr. 4 endlich bringt eine kurze aber gute An- 
leitung zur Enten⸗ und Gänſezucht. Auch dieſes 
Schriftchen wird vielen Forſtbeamten von Nutzen fein 
können. E. 


Jahres⸗Bericht über die Erfahrungen und 
Fortſchritte auf dem Geſamtgebiete der 
Landwirtſchaft. Zum Gebrauche für praktiſche 
Landwirte begründet von Oekonomierat Dr. Buer⸗ 
ſtenbinder. 29. Jahrgang. 1914. Unter Mitwir⸗ 
kung von Dr. von Ollech, Berlin, Dipl.⸗Ing. J. 
Hagmann, Berlin, Winterſchuldirektor Dr. A. Koſt⸗ 
lan, Duderſtadt. Herausgegeben von Prof. Dr. 
Mar Hoffmann, Agrikulturchemiker und ftaat: 


lich geprüfter Landwirtſchaftslehrer, wiſſenſchaftlicher 
Geſchäftsführer inder D. L. G., Berlin. Mit 16 
eingedruckten Abbildungen. Braunſchweig, Druck und 
Verlag von Friedr. Vieweg u. Sohn. 1915. 
Einleitend wird mit Recht auf die großen Leiſtungen 
der Landwirtſchaft während des Krieges hingewieſen. 
Deutſchland hat den Beweis erbracht, daß feine Land: 
wirtſchaft imſtande iſt, den inländiſchen Bedarf an 
Nahrung voll zu decken. Der Weisheit der verbün⸗ 
deten Regierungen tit es zu danken, daß Deutlich: 
land nicht zum einſeitigen Induſtrieſtaat geworden iſt. 
Weiter wird auf die vielen Anregungen und or: 
ſchläge zur Erzeugung ſchnellwachſenden Futters, größt⸗ 
möglicher Ernten, zweckdienlicher Ackernutzung uſw. 
hingewieſen. Die große Unterſtützung, die der Land— 
wirtſchaft durch die Forſtwirtſchaft, insbeſondere durch 
die Hergabe von Streu- und Futtermitteln, zu teil 
geworden, wird auffallenderweiſe mit keinem, Worte 
erwähnt! 
Der Jahresbericht zerfällt in folgende Abſchnitte: 
A. Pflanzenproduktion: 1. Allgemeiner 
Acker- und Pflanzenbau, Referent: Prof Dr. M. Hoff: 
maun, Berlin; 2. Spezieller Pflanzenbau, Referent: 
Winterſchuldirektor Dr. A. Koſtlan⸗Duderſtadt; 


B. Tierproduktion: 1. Allgemeiner Teil (All⸗ 
gemeine Tierzucht, Fütterungslehre, Tierheilkunde und 
Geſundheitspflege), 2. Spezieller Teil (Pferde-, Rind: 
vieh:, Spahn:, Ziegen-, Schweine-, Geflügel: und Klein: 
tierzucht, Fiſchereiweſen, Molkereiweſen), Referent: 
Dr. v. Ollech⸗Berlin; 

C. Wirtſchaftsbetrieb, Referent: Dr. von 
Ollech-Berlin; 

D. Landwirtſchaftliche Maſchinen und 
Geräte, Referent: Dipl.⸗Ing. J. Hagmann:Berlin. 

Im erſten Hauptabſchnitt findet ſich ein beſonderes 
Kapitel über „Forſtwirtſchaft“, wo folgende Auf: 
ſätze angeführt werden: Sieber: Ueber natürliche Ver⸗ 
jüngung, Schubert: Ueber den Blenderſaumſchlag, 
Bargmann: Das Schattenflächenverfahren in feinem 
Verhaltnis zum Blenderſaumſyſtem, Eberhard: Der 
Blenderſaumſchlag und ſeine Behandlung, Harbach: 
Die Dreieckſpaltpflanzung, Keh: Kiefernkulturen, Ber: 
tog: Die Beſchaffung des Kiefernſamens, Frey: An⸗ 
zucht von Waldmänteln, Neger: Anbauverſuche mit 
fremdländiſchen Holzarten, Wimmer: Zuwachs- und 
Sortimentsunterſuchungen im Buchenhochwalde, von 
Kapff: Wie treten wir den gefährlichen Schneebe— 
ſchädigungen der Wälder wirkſam entgegen?, Kühne, 
Sonnenſchein, Kutzke, Butt, Buſch, v. Seydel, Hol— 
leufer: Schutzmittel für Kulturen gegen Wildverbiß, 
v. Tubeuf: Biologiſche Bekämpfung von Pilzkrank⸗ 
heiten der Pflanzen, Haaſe: Der Kienzopf, Preuß: 


14 


ae im 


Lehrbuch des Flintenſchießens, Weber: Jahresbericht 


über die Fortſchritte des Forſtweſens. 

In dem Kapitel „Fiſchereiweſen“ werden 
u. a. erwähnt: Schiemann: Die Wanderungen unſerer 
Süßwaſſerfiſche im Binnenlande, Schulz: Wie kommen 
die Fiſche in Gewäſſer, wo vorher keine waren?, 
Waker: Der Hecht und ſeine wirtſchaftliche Bedeutung, 
Seydel: Neue Unterſuchungen über das Wachstum des 
Wales, Hofer: Städtiſche Abwäſſer und Fiſchzucht, v. 
Alten: Hydrobiologiſche Studien über Flüſſe und Kali— 
abwäſſern, Eberts: Zum Fiſchereigeſetzentwurf und die 
Vertretung der Fiſcherei bei den mit der Durchführung 
des Preuß. Waſſergeſetzes betrauten Behörden, Link: 
Bemerkungen zum Fiſchereigeſetz- Entwurf. 


Jagd Abreißkalender 1916. Herausgegeben 
von der Deutſchen Jägerzeitung. Verlag J. Neu: 
mann. Neudamm. Preis 2 Mk. 

Außer dem Kalendarium enthält der Kalender 
wertvolle Anleitung zur Jagdpflege und Ausübung. 
Er iſt zugleich eine Zierde für das Zimmer eines jeden 
Jagd- und Forſtmannes. E. 


„Waldheil“, Kalender für deutſche Forſt⸗ 
männer und Jäger auf das Jahr 1916. 
Vereinskalender des Vereins Kgl. Preuß. 
Forſtbeamten. Achtundzwanzigſter Jahrgang. 
1. Teil: Taſchenbuch; II. Teil: Forſtliches Hilfs: 
buch. Neudamm, Verlag von J. Neumann. Laden: 
preis: Ausgabe A = 1,60 Mk., Ausgabe B 2 Mk. 

Die Form von Teil I des allbekannten Kalenders 
iſt unverändert. Teil II enthält folgende Abſchnitte: 

1. Das Forft: und Jagdjahr (die Forſt⸗, Jagd: 

und Fiſchereigeſchäſte in den einzelnen Monaten; Ehon- 

zeitkalender; Begattungs:, Sak: und Brutzeiten des 

Wildes; Schrotbezeichnung); 2. Forſteinrichtung und 

Werlberechnung (Schätzungshilfen; Ertragstafeln, Form: 

zahlen, Sortimentstafeln, Formeln zu Wertberech— 

nungen, Rententafeln, Kreisflächentafeln, Zuwachser— 
mittelungen, Waſſergehalte der Schichtmaſſe uſw.); 

3. Kulturen und Wegebau (Pflanzenmengen, Kultur— 

koſten, Samenmengen, Hilfstafeln für Wegebau uſw); 

4. Holzhandel und Statiſtik (Eiſenbahntarife, Holz— 

zölle, Holzerträge, Nutzholz, Ein- und Ausfuhr, Brenn— 

kraft, Kohlenausbeute, Gewichte der Rinde und des 

Holzes, Schwindeprozent, Rindenprozent, Taxklaſſen 

für Langholz); 5. Verſchiedenes (Trächtigkeitskalender, 

Vogelſchutzgeſetz, Poſt und Telegraph). 


Wild⸗ und Hundkalender. Taſchenbuch für 
deutſche Jäger. XVI. Jahrgang. 1916. Heraus— 
gegeben von der illuſtrierten Jagdzeitung „Wild 


und Hund.“ Berlin. Verlagsbuchhandlung Paul 

Parey. 1916. Preis 2 Mk. 

Dieſer allbekannte Kalender iſt pünktlich für das 
Jahr 1916 in bewährter Form erſchienen. In ihm 
finden wir zunächſt das Kalendarium und die üblichen 
Tabellen. Sodann ſind die Schonzeiten, Abſchuß— 


regeln, Weidmannsſprache, Verhalten bei Zuſammen— 


| 


treffen mit Jagdfrevlern, jagdliche Naturgeſchichte des 
Wildes, Anlage von Wildäckern und Hochſitzen, Be: 
handlung der Jagdgewehre, Beſchußſtempel, Verſand 
von Wild, Präparieren der Rehgehörne, Wildfütte— 


rung, Jagdhunde, Schußwirkungen und vieles andere 


iſt kurz und überſichtlich dargeſtellt. E. 


Deutſcher Forſtkalender des deutſchen Forſt⸗ 
vereins für Böhmen. 1916. IX. Jahrgang. 
Bearbeitet von Dr. Richard Grieb, Direktor der 
Deutſchen Forſtſchule in Eger, ſtaatlich geprüfter 
Forſtwart, Bezirks-Forſttechniker, Zivil- Geometer 
uſw. Eger 1916. Druck und Verlag von J. Kobrtſeh 
& Gſchihay, Eger. Preis 2,60 K. 

In dieſem, beſonders in den Kreiſen der deutſchen 
Forſtleute Böhmens, beliebten Kalender finden ſich 
neben dem Kalendarium und Tagesmerkblättern Kreis: 
flächen⸗, Walzen⸗, Maſſen⸗, Formzahl⸗, Ertrags- uſw. 
Tafeln, Angaben über die Zeit der Blüte, der Samen- 
reife und des Samenabfalls der verſchiedenen Holz⸗ 
arten, über den Samen- und Pflanzenbedarf bei Kul⸗ 
turen, über das Gewicht des Holzes, den Holzhandel 
und Transport, den deutſchen Holzzolltarif, ſowie eine 
Anleitung für die erſte Hilfe bei Unglücksfällen. P 


— 


Forſt⸗ und Jadkalender 1916 Begründet von 
Schneider (Eberswalde) und Judeich (Tharand). 
Sechsundſechzigſter Jahrgang. Bearbeitet von Dr. 
M. Neumeifter, Geh. Oberforſtrat und Oberforft: 
meiſter in Dresden, und M. Retzlaff, Rechnungs: 
rat im Kgl. Preuß. Miniſterium für Landwirtſchaſt, 
Domänen und Forſten. In zwei Teilen. I. Teil. 
Kalendarium, Wirtſchafts-, Jagd- und Fiſcherei⸗ 
Kalender, Hilfsbuch, verſchiedene Tabellen und No: 
tizen. Berlin. Verlag von Jul. Springer, 1916. 
Ausgabe A in Leinw.: 2 Mk, in Leder: 2,50 Mk. 

„ BF w 2220, u e LA y 

Der Jahrgang des altbewährten Forſt- und Jagd: 
kalenders für 1916 weiſt Veränderungen in den Wild: 
ſchonbeſtimmungen des Königsreichs Sachſen und eine 
andere Formel für die Berechnung des Krümmungs— 
halbmeſſers bei Wegkurven nach. 

Was den II. Teil anbelangt, der i. J. 1915 über⸗ 
haupt nicht erſchienen iſt, wird im Vorwort zu Teil! 


\ 


4 
7 


bemerkt, daß derſelbe in dieſem Jahre kaum noch recht⸗ 


zeitig erſcheinen könne, weil die Perſonalverhältniſſe 


durch den Krieg weſentlich geſtört worden feien. 
E. 


Preußiſches Körfter : Jahrbuch für 1915. 
Ein Ratgeber für die preußiſchen Kron⸗ und Staats⸗ 
beamten. VI. Bd. Herausgegeben zum Teil nach 
amtlichen Quellen von der Geſchäftsſtelle der Deut⸗ 
ſchen Forſt⸗Zeitung. Neudamm 1915. Verlag von 
J. Neumann; 1915. Preis 3 M. 

Der vorliegende Band enthält neben den forſt⸗ 
lichen Geſetzen und Verwaltungsbeſtimmungen, die ſeit 
dem Erſcheinen des letzten Bandes ergangen ſind, in 
erſter Linie alle Vorſchriften, die für den im Felde 
ſtehenden und für den kriegsinvaliden Staatsforſtbe⸗ 
amten forte für ſeine Familie von Bedeutung find. 
Von beſonderem Intereſſe find ferner zwei, in das 
Perſonalgebiet fallende Nachweiſungen, von denen die 
eine ſämtliche nach Beendigung des Krieges zu be⸗ 


15 


— — 


ſetzende Oberförſterſtellen, die andere die für die Er⸗ 
nennung zum Förſter o. R. maßgebende Reihenfolge 
der älteſten Forſtverſorgungsberechtigten aufweiſt. Im 
übrigen iſt Einteilung und Stoff, dem der früher er⸗ 
ſchienenen Bände gleich. 


Der Förſter. Land⸗ und forſtwirtſchaft⸗ 
licher Kalender für Forſtſchutzbeamte. 
1916. Herausgegeben vom praktiſchen Forſtmann 
Th. Conrad. Preis: Kleine Ausgabe (2000 Num⸗ 

mern zur Abzählungstabelle) in Leinw. 1,50 Mk., 
in Lederb. 2 Mk.; große Ausgabe (4000 Nummern 
zur Abzählungstabelle) in Leinw. 1.80 Mk., in 
Lederb. 2,30 Mk. Graudenz, Guſt. Röthes Buch⸗ 
druckerei und Verlag „Der Gſellige“. 1915. 


Dieſer Kalender erſcheint nunmehr im 30. Jahr⸗ 
gange. Die Einrichtung des Kalenders, die ſich be- 
währt hat, iſt im weſentlichen die gleiche wie bei den 
früheren Jahrgängen. Auch die Preiſe ſind unver⸗ 
ändert geblieben. E. 


— en 


Briefe. 


Aus Baden. 
Begänftigung des Eichelaufſchlages 1915, Doll- 
zug den Rlebspläne für 1916, Dutzbanmachung 
von Waldjamen. 

Die Großherzogliche Forſt⸗ und Domänendirektion 
hat in bemerkenswerten Entſchließungen in obigen 
Betreffen Anordnungen an die unterſtellten Forſt⸗ 
aͤmter erlaſſen, aus denen die nachfolgenden kurzen 
Angaben für weitere Kreiſe Intereſſe bieten dürften. 


Infolge der überaus reichen Eichelmaſt des vorigen 
Herbſtes hat ſich in den meiſten mit Eichen beſtandenen 
Waldungen eine mehr oder weniger gute Eichenbe⸗ 
ſamung eingeſtellt, die es als geboten erſcheinen läßt, 
zur Erhaltung des natürlichen Eichenaufſchlages in 
den Hoch⸗Ueberführungs⸗ und Mittelwaldungen durch 
Auflichtung dunkler Orte in angemeſſenem Umfange 
Bedacht zu nehmen. 

Im Hod: und Ueberführungswald find Hiebe zu- 
nächſt in den Abteilungen vorzuſehen, die bereits in 
Verjüngung liegen oder in denen nach dem Einrich⸗ 
tungswerke mit der Verjüngung zu beginnen iſt; in 
zweiter Linie in ſolchen Beſtänden, die nach Ablauf 
der Einrichtungsperiode vorausſichtlich zur Verjüngung 
herangezogen werden müſſen. Bei der Auswahl der 
Hiebe iſt beſonders zu prüfen, ob die zu ſchaffende 
Verjüngung im allgemeinen Verjüngungsgang der 

betr. Unterabteilung durchgeführt werden kann. Vor 


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| 


allem ſollen die befferen Flächen der I. und II. Stand⸗ 
ortsklaſſe berückſichtigt werden. In größeren Wal⸗ 
dungen wäre den Beſamungsflächen eine verhältnis: 
mäßig größere Ausdehnung zu geben als in den 
kleineren; ſehr wichtig wegen der Möglichkeit der recht⸗ 
zeitigen Führung der Nachhiebe. 

In Mittelwaldungen dürfte es im allgemeinen ge⸗ 
nügen, außer einzelnen Nachhieben in den jüngſten 
Schlägen, vornehmlich im neuen Hiebsſchlag an be: 
ſamten Stellen das Oberholz zu lichten, in den 2—3 
nächſten Schlägen ſich aber nur auf die Durchlichtung 
des Unterholzes zu beſchränken. N 

In Anbetracht des wohl auch im naͤchſten Winter 
zu erwartenden ſchwierigen Abſatzes der Eichennutz⸗ 
hölzer werden in Miſchbeſtänden zwecks Auflichtung 
vielfach die den Nutzholzeichen benachbarten Hölzer ent⸗ 
nommen werden müſſen, die leichter verfäufliches Nuk- 
und Brennholz lieſern. Zur Vermeidung größerer 
Hiebsüberſchreitungen wie bei Arbeitermangel empfiehlt 
ſich ſtatt Lichtung im ſtärkeren Holz die Beſeitigung 
verdaͤmmenden Unterſtandes. Etwa notwendige Ab: 
weichungen von dem 10 jährigen Wirtſchaftsplan ſind 
bei Vorlage des Hiebsplants zu vermerken. 

Dieſe ſachgemäßen Richtpunkte ermöglichen es dem 
Wirtſchafter eine entſprechende freie Beſtandswirtſchaft 
durchzuführen. Infolge der Einberufungen zum Kriegs: 
dienſt wird in vielen Forſtämtern Mangel an Holz⸗ 
hauern zu gewärtigen ſein. Zur Verminderung eines 


etwaigen Arbeitermangels wird es etwas beitragen, 
wenigſtens die Brennholzhiebe ausnahmsweiſe in ftär: 
kerem Holz zu führen. An Oertlichkeiten mit großer 
Verbringungsweite ſoll tunlichſt wenig gehauen werden. 
Bei empfindlichem Arbeitermangel wird die Einſtellung 
von Kriegsgefangenen zu erwägen ſein. Wegen des 
zu erwartenden großen Pferdemangels iſt empfohlen, 
die Hiebe im Hügel: und Berglande ſoviel als möglich 
an Orten mit gut fahrbaren Wegen und nicht zu weit 
von den Verbrauchsorten entfernt zu legen, damit ins⸗ 
beſondere die der ländlichen Bevölkerung angehörigen 
Holzkäufer fih des Kuhfuhrwerks bedienen können. 

Mit Rückſicht auf den teilweiſen Mangel an Stroh 
und Futtermitteln zur Viehhaltung, ſowie auf die 
Knappheit an Fetten und Speiſeölen zum menſchlichen 
Verbrauch ſollen die Eiweiß, Stärkmehl und Fett ent⸗ 
haltenden Waldſamen nach Möglichkeit für die Ge: 
ſamtwirtſchaft nutzbar gemacht werden. 

Als ſolche Waldſamen kommen in Betracht die 
Früchte von Buche, Eiche, Ahorn und Eſche, ganz 
untergeordnet auch von Akazie, Linde und Roß⸗ 
kaſtanie. 

Stärkmehlhaltig ſind die Früchte von Eiche, Buche, 
Ahorn und Roßkaſtanie. Oel liefern Bucheln (21 v. 
H.), Samen von Linden bis 58 v. H. und Eſche bis 
26 v. H. In Domänenwaldungen ift die Gewinnung 
von Waldſamen ohne Beſchränkung freigegeben. Auf 
die waldbeſitzenden Gemeinden und Körperſchaften ſo⸗ 
wie auf die Beſitzer größerer Privatwaldungen ware 
hinzuwirken, daß ſie in gleicher Weiſe verfahren, wenig⸗ 
ſtens aber das Sammeln der Samen gegen Entgelt 
geſtatten. 

Die Buche, deren Samen weitaus am vorteilhaf— 
teſten zu Oel verarbeitet werden, läßt in Baden in 
den meiſten Bezirken eine Sprengmaſt, nach einer um⸗ 
faſſenden Zuſammenſtellung namentlich im Norden von 
Deutſchland eine ziemlich reichliche Ernte erwarten, ſo 
daß die Oelgewinnung aus Buchekern immerhin Be: 
deutung gewinnen Tann. Der Ertrag von Eicheln iſt 
nach der überaus reichen Maſt des Vorjahres nur im 
Rheintal und da nur ſpärlich zu erwarten. Er iſt. 
nebenbei bemerkt, auch im übrigen Deutſchland mit 
wenigen Ausnahmen ſehr mäßig. Soweit der Ber: 
brauch der Samen durch die Sammler ſelbſt nicht 
ſtattfindet, wird darauf aufmerkſam gemacht, daß die 


16 


| 


| 
| 


Bezugsvereinigung der deutſchen Land: , 


wirte, Berlin W. 35 Potsdamerſtraße 80 für gute 


| geweſen jei. 


Ware in geſunder Beſchaffenheit frei Waggon ab Ver: | 


ladeſtelle bezahlt für je 100 kg 
Eicheln lufttrocken (höchſtens 40 v. H. Waſſer) 19 Mk. 


„ gedörrt ( , 15, „ „ ) 34 „ 
Roßkaſtanie lufttrocken 15 „ 
j gedörrt 28 „ 


ferner, daß der Kriegsausſchuß für pflanzliche und 
tieriſche Oele und Jette, Berlin W. 8, Ranonier: 
ſtraße 29/30, bezahlt 
für Bucheln lufttrocken . 
i „  gedörrt . D e e FO 
„ Lindenſamen lufttroden oder gedörrt . 140 

Die ölhaltigen Samen der Eſche werden am beſten 
in den Oelmühlen verwertet. Vom Berichterſtatter 
ſei noch angefügt, daß das Kgl. Preußiſche Miniſterium 
für Landwirtſchaft Domänen und Forſten einen abn: 
lichen Erlaß herausgegeben hat. 


Aus Preußen. 
Aus den Preußifchen Forjtverwaltung. 
Holzverkauf. 

Durch Erlaß v. 7. September 1915 wird darauf 
hingewieſen, daß die Holzabfuhr durch den herrſchen— 
den Pferdemangel ſehr erſchwert und daher der Hieb 
von Handelsholz tunlichſt in die Nähe der Eiſenbahn— 
verladeſtellen zu legen fet. Damit dieſe Maßnahmen 
in größerem Umfange ausgeführt werden können, 
werden die Regierungen ermächtigt, ſelbſtändig ſolche 
Beitände, die in der Nähe einer Eifenbahnverladeftele 
liegen und hauptſächlich Gruben- und Schwellenholz 
liefern, im kommenden Wirtfchaftsjahre auch dann. zu 
nutzen, wenn ſie nicht der erſten Periode angehören. 
Vorausſetzung iſt, daß gute Preiſe erzielt werden und 
daß beſondere Gründe, wie z. B. die Rückſicht auf die 
Hiebsfolge, nicht dagegen ſprechen. 

Weiter werden die Regierungen durch Erlaß vom 
2. Oktober 1915 auch für das Jahr 1916 ermächtigt, 
bedürftigen Familien der zum Kriegsdienſt eingezogenen 
und den gefallenen Waldarbeiter der Staatsforſten 
zum eigenen Wirtſchaſtsverkehr Reiſigholz — mit Aus⸗ 
ſchluß der I. Klaſſe — gegen Zahlung eines Viertels 
des Taxpreiſes abzugeben. 

In einer Eingabe richtet der Sägewerksverband 
in Berlin die Bitte an den Oberlandforſtmeiſter, bei 
den Regierungen darauf hinzuwirken, daß eine mög” 
lichſt ſchnelle Uebergabe der Schläge ſtattfinde, damit 
den Käufern die Abfuhr des Holzes zur Winterzeit 
ermöglicht werde, da während der vergangenen Hiebs⸗ 
periode der Abtransport der Hölzer aus dem Walde 
bei Frühjahrswetter mit ungeheuren, nicht vorherge⸗ 
ſehenen Koſten zum Schaden der Holzkäufer verbunden 
Durch Erlaß v. 12. Oktober 1915 hat 
der Miniſter demgemäß die Oberförſter angewieſen, 


dieſem Wunſche tunlichſt Rechnung zu tragen. 


Ferner haben mehrere Firmen der Holzverkohlungs⸗ 


induſtrie mitgeteilt, daß ſie große Mengen von Buchen⸗ 
holz zur Herſtellung unentbehrlicher Kriegshilfſtoffe, 


| 


vor allem des zur Bereitung des rauchſchwachen Puk 


17 


vers erforderlichen Acetons, nötig haben, und endlich 
if aus Kreiſen der Handels⸗ und Gewerbetreibende 
der Beſorgnis Ausdruck gegeben worden, daß in den 
Staatswaldungen auf den Einſchlag von Brennholz | 
nicht genügend Bedacht genommen werden würde, um 
den Bedarf der Gewerbe und der Bevölkerung an 
Brennholz zu erfüllen und das Anſteigen der Brenn⸗ 
- holgpreife auf unerſchwingliche Höhe zu vermeiden. 
Hieraus nahm der Miniſter für Landwirtſchaft, 
Domänen und Forſten Veranlaſſung, die Kgl. Re⸗ 
gierungen in einem Erlaß vom 27. Oktober 1915 da⸗ 
rauf hinzuweiſen, daß beim Einſchlage auf die Er⸗ 
füllung des Brennholzbedarfes und insbeſondere auf den 
Bedarf der Holzverkohlungsanſtalten genügend Rid: 
ſicht genommen wird. Vorausſetzung für eine Ver⸗ 
ſtärkung des Brennholzhiebes ſei jedoch, daß ange⸗ 
meſſene Preiſe in Ausſicht ſtünden. 

Durch Nutzung von ſolchen Beſtänden, die haupt: 
ſächlich Brennholz lieferten, ſowie durch Ausführung 
von Brennholzdurchforſtungen werde es möglich ſein, 
den Bedarf zu befriedigen, ohne Nutzholz zu unzu⸗ 
reichenden Preiſen verkaufen zu müſſen. Vorausficht⸗ 
lich werde ſich auch Reifig und Stockholz beſſer als 
bisher verwerten laſſen. 

Die Regierungen werden ferner durch Erlaß vom 
27. Oktober 1915 ermächtigt, Beſtände, die hauptſäch⸗ 
lich Brennholz liefern und zu wertvollen Nutzholzbe⸗ 
ſtänden nicht heranwachſen werden, zu nutzen, wenn 
ſie zwar nicht der erſten Wirtſchaftsperiode angehören, 
aber in der Nähe von Eiſenbahnverladeſtellen oder 
von Brennholz beanſpruchenden Ortſchaften liegen und 
gute Preiſe ausbedungen ſind oder ſicher auf ſolche zu 
rechnen iſt. 


Allerhöchſten Erlaß, betr. die Anrech⸗ 
nung der Jahre 1914 und 1915 als Kriegs- 
jahre. 

Durch Allerhöchſten Erlaß v. 7. September 1915 
wird folgendes beſtimmt: 

Als Teilnehmer an dem gegenwärtigen Kriege 
gelten: N : 

1. Die Angehörigen des deutſchen Heeres, der 
Marine, der Schutz⸗ und Polizeitruppen in den Schutz⸗ 
gebieten, die während des Krieges an einer Schlacht, 
einem Gefecht, einem Stellungskampf oder an einer 
Belagerung teilgenommen haben, gleichgültig, ob dieſe 
Teilnahme bei den deutſchen oder den Streitkräſten 
eines mit dem deutſchen Reiche verbündeten oder be⸗ 
freundeten Staates erfolgt iſt, 

2. die’ Angehörigen des deutſchen Heeres, der Ma⸗ 
rine, der Schub: und Polizeitruppen, die, ohne vor 
den Feind gekommen zu ſein, ſich während des Krieges 

1916 


aus dienſtlichem Anlaß mindeſtens zwei Monate im 
Kriegsgebiete aufgehalten haben. 


Als Kriegsgebiet ſind anzuſehen: 
a) Das Gebiet der Staaten, mit denen das deutſche 


Reich und die mit ihm verbündeten oder befreundeten 
Staaten ſich im Kriege befinden, einſchließlich der Kolo⸗ 
nien dieſer Staaten und Luxemburg, 


b) ſämtliche deutſche Schutzgebiete, | 
c) die Gebietsteile des deutſchen Reichs und der 


mit ihm verbündeten oder befreundeten Staaten, fo- 
weit in ihnen kriegeriſche Operationen ſtattgefunden 
haben, 


d) das geſamte Meeresgebiet und 
e) das Küſtengebiet, foweit ſie vom Feinde ge⸗ 


fährdet ſind. 


Eine Anrechnung von Kriegsjahren auf Grund 


der Ziffer 2 unter c, d, e findet nur für diejenigen 
Perſonen ſtatt, die ſich in den bezeichneten Gebiets⸗ 
teilen, 
Operationen, im Falle d, e während ihrer Gefährdung 
durch den Feind aufgehalten haben. 


im Falle c während der Dauer kriegeriſcher 


In zweifelhaften Fällen entſcheidet darüber, ob die 


räumlichen und zeitlichen Vorausſetzungen zu e vorz 
liegen, die oberſte Marineverwaltungsbehörde. Dieſe 
beſtimmt auch, bis zu welchen Grenzen Einbuchtungen 


und Häfen als Meeresgebiet anzuſehen ſind. 

Denjenigen Kriegsteilnehmern, die ſowohl im Ka⸗ 
lenderjahr 1914 wie im Kalenderjahr 1915 die vor⸗ 
ſtehenden Bedingungen erfüllt haben, ſind zwei Ka⸗ 
lenderjahre anzurechnen. 


* x 
* - 


Gebührniſſe der zur vorübergehenden 
forſtlichen Verwendung beurlaubten 
kriegsinvaliden Jäger. 

Nach dem Min.⸗Erlaſſe vom 13. November 1915 
erhalten die von der Militärverwaltung zur vorüber⸗ 
gehenden forſtlichen Verwendung beurlaubten Jäger 
neben den Beſchäftigungsgeldern Dienſtkleidungszu⸗ 
ſchüſſe, ſowie freies Brennholz oder eine bare Brenn⸗ 
holzentſchädigung, ſoweit ſie einer zu dieſen Bezügen 
berechtigten Beamtenklaſſe angehören. Dienſtbeklei⸗ 
dungszuſchüſſe ſind aber nur dann zu bewilligen, wenn 
die Jäger während der iforſtlichen. Verwendung die 
Walduniform tragen. 

Den gelernten Jägern, die noch nicht zur Klaſſe A 
verpflichtet find, ſtehen demnach nur die Beſchäftigungs⸗ 
gelder zu. Sie haben, da ſie noch nicht auf Forſt⸗ 
verſorgung dienen, weder die ‘Pflicht, noch das Recht 
zum Tragen der Walduniform. 

Die den Urlaubern für die Hine und Rückreiſe 
neben dem Erſatz der Ausgaben für Militärfahrkarten 

3 


zu zahlenden geſetzlichen Reiſetagegelder find in Höhe 
der vollen Gage zu gewähren. 
* * 
* 
Miets- und Brennholzentſchädigung für 
diejenigen Familien von Kriegsteil⸗ 
nehmern, welche die Dienſtwohnung 
haben verlaſſen miffen. 

Durch Erlaß v. 28. Juni 1915 wurde von dem 
Miniſterium für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten 
folgendes beſtimmt: 

„Hat die Familie eines zur Fahne einberufenen 
oder freiwillig eingetretenen Staatsforſtbeamten aus 
Gründen, die die Kgl. Regierung als triftig aner⸗ 
kennt, die Dienſtwohnung verlaſſen und eine Miets⸗ 
wohnung bezogen, ſo iſt dem Stelleninhaber die Dienſt⸗ 
wohnung für die Dauer ihrer Mitbenutzung als ſolche 
zu entziehen und hiernach eine Miets- und eine bare 
Brennholzentſchädigung zu gewähren. Die Mietsent⸗ 
ſchädigungen haben ſich innerbalb des Höchſtſatzes zu 
halten, der für die Ortsklaſſe des bisherigen Amts: 
ſitzes des Kriegsteilnehmers vorgeſchrieben iſt. Bleibt 
das Mobiliar und das tote Inventar des Stellenin⸗ 
habers während der Dauer der Entziehung der Dienſt⸗ 
wohnung ganz oder teilweiſe in dieſer, ſo hat der Be⸗ 
amte für die Nutzung der Dienſtwohnung als Auf⸗ 
bewahrungsraum eine jährliche Vergütung zur Forſt⸗ 
kaſſe zu entrichten, die in der Regel auf etwa „eine 


Mark“ für jedes volle Tauſend desjenigen Betrages 


zu bemeſſen iſt, zu welchem die aufbewahrten Gegen⸗ 
ſtände gegen Feuer verſichert ſind. Im Einzelfalle 
hiervon abweichende Feſtſetzungen zu treffen, bleibt den 
Kgl. Regierungen überlaſſen, beſonders auch dann, 
wenn eine Feuerverſicherung nicht abgeſchloſſen worden 
iſt und der Verſicherungsbetrag nicht feſtgeſtellt werden 
kann.“ 

Ein weiterer Erlaß vom 15. November 1915 trifft 


hierzu noch folgende ergänzende Beſtimmung für die⸗ 
jenigen Familien der am Kriege teilnehmenden Forſt⸗ 
beamten, denen keine Dienſtwohnung überwieſen ift: | 


„Hat die Familie eines zur Fahne einberufenen oder 
freiwillig eingetretenen Staatsforſtbeamten, dem keine 
Dienſtwohnung überlaſſen iſt, aus Gründen, die die 
Kgl. Regierungeu als triftig anerkennen, den zuge⸗ 
wieſenen Amtsſitz verlaſſen und muß die bisherige 
Naturallieferung der freien Feuerung infolgedeſſen ein⸗ 
geſtellt werden, ſo iſt eine bare Brennholzentſchädigung 
zu gewähren. Vorausſetzung hierfür iſt, daß die Fa⸗ 
milie nicht etwa unentgeltliche Aufnahme gefunden hat, 
ſondern daß ihr zum mindeſten Feuerungskoſten er- 
wachſen. 
Amtgſitz geblieben ift, kann die Umwandlung der Brenn: 
holzlieferung in eine Holzvergütung erfolgen uſw.“ 
* * 


* 


Auch wenn die Familie an dem bisherigen 


| Winterfütterung der Vögel. 
Hinſichtlich der Winterfütterung der Vögel hat be: 
Miniſterium für Landwirtſchaft, Domänen und Forſte: 
unter dem 22. Oktober 1915 folgende allgemeine Ver 
| fügung erlaſſen: 

W Wie in der kleinen Schrift „Löſung der Vogel 
| ſchutzfrage“ nach Freiherrn v. Berlepſch von Martin 
Hieſemann unter Abſchnitt II B „Winterfütterung‘ 
des näheren ausgeführt ift, bedürfen gerade unfer 
nützlichen Vögel, Meiſen, Kleiber Spechte u. a. be: 
Witterungsverhältniſſen, die ihre gewöhnlichen Nak: 
| rungsquellen unzugänglich machen, wie Rauhreif un: 
Glatteis, der künſttichen Ernährung, da ſie infolge 
| ihres raſchen Stoffwechſels in wenigen Stunden der 
| Entbehrung zu grunde gehen. Nach der Bekannt: 
machung des Herrn Reichskanzlers vom 15. Juli 1915 
| find Raps, Rübſen, Hederich, Dotter, Mohn, Leir: 
| jamen und Hanfſamen beſchlagnahmt, und auch Gor 
nenblumenkerne werden im Handel ſchwer zu haben 
| jen. Nun hat allerdings der Herr Reichskanzler auf 
Grund des § 9 diejer Verordnung genehmigt, daß der 
Kriegsausſchuß, ſoweit dies feine Vorräte erlauben, den 
folgenden Verteilungsſtellen von den beichlagnahmter 


1. für Brandenburg, Pommern, Oft: und Welt: 
preußen der Firma Adolf Rappaport⸗Charlotten burg, 


| 
2. für Schleſien und Poſen der Firma Bernh. 
| Jof. Grund- Breslau, 
3. für Bayern und Pfalz der Firma Joh. Schmitz 
München, 
| 4. für die Hanſeſtädte, Schleswig⸗Holſtein, Han: 
nover, Mecklenburg, Braunſchweig, Oldenburg der 
Firma Karl A. Grütter u. Komp. in Hamburg, 
5. für Königreich Sachſen, Provinz Sachſen, Thi: 
| ringiſche Staaten der Firma J. O. Rohleder⸗Leipzig, 
| 6. für Rheinland, Weſtphalen, Heffen und das 
| übrige Süddeuſchland einſchließlich Eljaß- Lothringen 
der Firma De Haen Carftanjen & Söhne⸗Düſſeldorf. 
Da jedoch nicht feſtſteht, welche Mengen abgeb⸗ 
bar ſind, und es jedenfalls angezeigt iſt, von dieſer 
Genehmigung nur im Notfalle Gebrauch zu machen, 
empfiehlt es ſich, bei der Vogelfütterung den Mangel 
an Oelfrüchten nach Möglichkeit durch Aushängen von 
Kadavern uſw. auszugleichen. Beſonders in größeren 
Waldungen muß mit dem Aushang alsbald begonnen 
werden, um die Vögel an die Futterplätze rechtzeitig 
zu gewöhnen. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, 
wie wertvoll die Erhaltung dieſer nützlichen Vögel für 
unſere Land- und Forſtwirtſchaft iſt. 


* 


* 


Begriff der Uniform. § 360 Abi. 1 Nr. 8 
St. G. B. 


Ueber den Begriff der Uniform hat das Reichs⸗ 
gericht durch Urteil vom 4. April 1914 eine wich⸗ 
tige Entſcheidung getroffen, welche unzweifelhaft die 
vielfach, auch beſonders unter Privatforſtbeamten ver⸗ 
breitete Anſicht widerlegt, daß eine Zuwiderhandlung 
gegen § 360 Nr. 8 dann nicht vorliege, wenn jemand 
eine Berufskleidung ſo einrichte, daß ſie in geringen 
Punkten von der Uniform der Staatsbeamten ab⸗ 
weiche. 


19 


In dem vorliegenden Falle war A. wegen unbe⸗ 


fugten Tragens einer Uniform verurteilt worden. Seine 
Reviſion hatte keinen Erfolg. „Die Annahme des 
Landgerichts, daß die von A. getragene Kleidung als 
eine „Uniform“ anzuſehen war, läßt keinen Rechts⸗ 
irrtum erkennen. Insbeſondere genügte für den Be⸗ 
griff der Uniform im Sinne des $ 360 Abſ. 1 Nr. 8 
St. G. B. die Feſtſtellung, die Kleidung des A. 
habe nach ihrem Geſamteindruck, trotz ber 
kleinen Abweichungen von der echten Uniform eines 
Angehörigen der Schutztruppe in ſämtlichen Teilen, 
doch eine derartig auffallende Aehnlichkeit mit der 
Schutztruppenuniform gezeigt, daß jeder, der nicht 
deren Einzelheiten genau kennt, getäuſcht wurde.“ 


Das was hier für die Schutztruppenuniform ge⸗ 
ſagt iſt, gilt ſelbſtverſtändlich auch für jede andere 


A. Feſtſetzung der Höchſtpreiſe für Wild. 


: Auf Grund der im Dezemberbeft 1915 mitgeteilten 
Verordnung des Bundesrats vom 28. Ottober 1915 hat 


der Reichskanzler unter dem 29. November 1915 über 
die Regelung der Wildpreiſe folgendes beitimmt: 

I. Der Preis für Wild darf beim erſten Verkaufe 
lur befte Ware folgende Sätze nicht überſchreiten: 

bei Rot- und Damwild für 0,5 kg mit Decke 0,60 M 
„ Rehwild cass es. de i. ao) OAD: y 
„Wildſchweinen „ „ „ „ (Schwarte) 0,55 „ 
„Haſen für das Stück mit Fell (Balg) S 
* Lauinchen " n" ” * ” n 1,00 ” 
Faſanenhähne „ „ „ „Federn 2,50 „ 
Faſanenhennen „ „ „ 1,75 


et werden, dürfen ſie für beſte Ware folgende Sätze 
it überſchreiten: 

ei Rote und Damwild für 0,5 kg 1.40 M. 
„Rehwi „ io. & 170 „ 

Wildſchweinen „ „ 1, 10 „ 


Uniform, alſo auch für die Uniform der Kgl. Forſt⸗ 


beamten. 


* x 


Sammeln abgeworfener Hirſchſtangen. 

Durch eine Polizeiverordnung des Reg.⸗Präſidenten 
zu Gumbinnen vom 2. Februar 1900 ift das unbe- 
fugte Suchen und Sammeln von Geweihen oder ein⸗ 
zelnen Stangen von Rothirſchen in den Kgl. Forſten 
beſtimmter Kreiſe verboten und mit Strafe bedroht 
worden. Ein auf Grund dieſer Polizeiverordnung 
wegen unbefugten Sammelns von Hirſchgeweihen Be⸗ 
ſtrafter hat gegen das betr. Urteil Reviſion eingelegt 
und behauptet, daß die Polizeiverordnung ungültig 
ſei, weil dem Regierungspräſidenten die Berechtigung 
gemangelt habe, fie zu erlaſſen. § 6a des preuß. 
Geſetzes über die Polizei⸗Verwaltung vom 11. März 
1850 habe die Grundlage der fraglichen Polizeiver⸗ 
ordnung nicht abgeben können, weil hier, bei den Ge⸗ 
weihen und Stangen kein Eigentum in Frage ſtehe. 
Dementgegen hat das Reichsgericht durch Urteil vom 
16. März 1914 die Reviſion mit der Begründung 
verworfen, daß die fragliche Polizeiverordnung den 
Schutz des Jagdrechts bezwecke und daß dieſes nur 
ein Ausfluß des Eigentums ſei. Es brauche deshalb 
nicht erörtert zu werden, inwieweit andere Vorſchriften 
jenes Geſetzes den Ausgangspunkt der Verordnung 
gebildet haben, gegen deren Rechtsgültigkeit auch im 
übrigen keine Bedenken vorlagen.“ . 

* 


Notizen. 


Stück ohne Fell 


bei Haſen für das 4,50 M 
„ Dafen ie ag „ mit „ 5,00 „ 

„ raninchen „ „ „ ohne „ 1,30 „ 
„ Naninchen „ „ „ mit „ . . 1,60 „ 

„ Faſapenhähnen für das Stück mit Federn . 3,50 , 

„ Faſanenhennen „ „ „ ohne „ 2,50 „ 
Bei abweichender Anordnung der Grundpreiſe ge— 


mäß 8 3 der Verordnung des Bundesrats vom 28. Ok⸗ 
tober 1915 tritt eine entſprechende Aenderung dieſer 
Sätze ein. 

III. Dieſe Beſtimmung tritt mit dem 1. Dezember 
1915 in Kraft.“ 

Der Magiſtrat von Berlin lätt nun weiter eine 
Verordnung, wonach der Preis für 0,5 kg beſter Ware 
im Kleinhandel folgende Preiſe nicht überjteiaen Darf: 
a) ber Rot- und Damwild: 


für Keulen und Jiletrücken . 1,40 M 
für Oberrücken 0,90 „ 
ſür Blätter 0,80 „ 
für Kochſteiſch 0,50 „ 
b) bei Rehwild: 
jür Keulen und Rücken 1,80 „ 
für Blätter . . Aae ee Se e e 
für Kochſleiſdkgkhgh ... 0,50 „ 


ce) bei Wildſchweinen: 


für Keulen und Filetrücken 1,10 M. 
für Oberrücken und Wampe 0,90 „ 
für Blätter „ 1,10 „ 
für Kochfleiſch . 030 „ 
d) bei Haſen: 
im ganzen mit Fell 5,00 „ 
im ganzen ohne ell . 4,50 „ 
für 1 Rüden . ; 2,00 , 
für 2 Keulen aufammenhängend 2,00 „ 
für 2 Läufe zuſammenhängend ; 0,50 „ 
für Häuten und Spicken eines Haſen bis zu 1,50 „ 
e) bei Kaninchen: 
ohne Fell ; 1,30 , 
mit Fell , 1,00 , 
fy) bei Faſanen: 
für Hähne 3,50 „ 
für Hennen 2,50 „ 


B. Heber Vogelſchutz. 

Die Tatſache, daß die Vogelwelt unſerer Zeit in 
ihrem Beſtand die Merkmale der Auflöſung und Ver— 
nichtung zeigt, hat ſeit langen Jahren die Frage nach 
einem Vogelſchutz mehr oder weniger ſtark in die Oef— 
fentlichkeit geſtellt. Man kann zwei grundlegende For- 
men des Vogelſchutzes unterſcheiden; einmal den rein 
geſetzlichen, der vornehmlich die Tötung beſtimmter Vogel— 
arten verbietet und unter Strafe ſtellt; auf der anderen 
Seite den noch weitergehenden Vogelſchutz, der den Vö— 
geln eine Erleichterung der Lebensbedingungen durch 
jegliche Mittel zu ſchaffen ſucht, wie leichte Brutgelegen— 
heit oder Stellung von Futter. 

Was den geſetzlichen Vogelſchutz anbelangt, fo wäre 
es ein Irrtum, annehmen zu wollen, daß es erſt unſerer 
Zeit vorbehalten bliebe, den Humanen Gedanken des 
Vogelſchutzes auszuſprechen. Schon um 1300 bejtanden 
Vogelſchubgeſetze; fo erließ im Jahre 1335 der Rat der 
Stadt Zürich eine Verordnung, nach welcher alle Vögel, 
ob groß, ob klein, ſofern ſie Mücken oder anderes Ge— 
würm vertilgen oder vertreiben, vom Fang ausgeſchloſ— 


fen wurden. Beſonders wurde die Wachtel geſchützt. 
Wer gegen dieſe Verordnung verſtieß, wurde mit einer 
Strafe von 5 Schillingen oder 24 Mark belegt. Wilde 


Enten dagegen durſte man ſowohl mit dem Netz, wie 
auch merkwürdiger Weiſe mittels Leim jederzeit fangen. 
Auch der Rat der alten Hanſeſtadt Lübeck erließ im 
Jahre 1483 eine ähnliche, den Vogelſchutz betreffende 
Verordnung. Man ſieht alſo, daß die Beſtrebungen des 
Vogelſchutzes uralte ſind. Vor allen Dingen ſoll man 
den Vogelſchutz nicht allein im Sinne einer Liebhaberei 
aus ethiſchen oder äſthetiſchen Gründen auffaſſen, 
dern ſich ſtets vor Augen halten, daß der Vogelſchutz 
eine ſehr wichtige volkswirtſchaftliche Aufgabe zu erfül— 
len hat. Daß unſere Singvögel durch die Inſeltenver— 
tilaung der Land- und Forſtwirtſchaft einen großen 
Nutzen ſtiſten, iſt zweifellos, daran ändert auch nichts 
die Tatſache, daß der eine oder andere Sänger in fei- 
ner Nahrungswahl auch hin und wieder Schaden ſtiftet. 
Jedenfalls überwiegt der Nutzen den Schaden bei weitem. 


Wir wollen zunächſt in eine Erörterung des geſetz— 


lichen Vogelſchutzes eintreten und uns insbeſondere den 
Maßnahmen zuwenden, die Deutſchland hier getroffen hat. 
Die erſten ſtaatlichen Maßnahmen auf dem Gebiete des 
Vogelſchutzes ergriff Deutſchland durch das Reichsgeſetz 
vom 22. März 1888, das durch das Reichsgeſetz vom 
30. Mai 1908 abgeändert wurde. Durch dieſes Geſetz 
wurde ein allgemeines Verbot gegen das Zerſtören und 
Ausheben von Neſtern oder Brutſtätten der Vögel ge— 
ſchaſſen, das im gleichen Sinne für Vogeleier gilt und 
das ſich insbeſondere auch auf die Tötung von Jungen 


ſon⸗ 


erſtreckt. 


——ä— — — — . 6Ũ— — —— — — — — 


9, 


— % 


Als Folge dieſes Verbots ift auch der 
und Verkauf, wie auch die Einfuhr, 
fuhr von Neſtern, Eiern und Brut aller in Europa tx 
miſchen Vogelarten unterſagt. 


die Eier von Möven und Kiebitzen. Es iſt ferner 


entfernen. Das Vogelſchutzgeſetz von 1908 unterſagt 
mit Schnee bedeckt iſt. 
frei iſt, 
erheblichen Einſchränkungen. Das Geſetz verbreitet f- 
über die verſchiedenen Arten des Vogelfanges, und cx 
richtet für die folgenden Arten ein Verbot. Geile! 
unterſagt iſt hiernach das Fangen von Vögeln mitte 
Leimes oder Schlingen; das Fangen und die Crleaur 


Sobald alfo die Jahreszeit fru 


Ausfuhr und Durc 


Ausgenommen hiervon fir. 
er- 
gegen dieſen geſetzlichen Beſtimmungen erlaubt, Neſter ver 
Wohnhäuſer und aus dem Innern von Hofräumen s 
fe 


ner ganz allgemein jeden Vogelſang, ſolange der Bode 


erlaubt das Geſetz den Vogelfang allerdings m 


mittels Netzen oder Waffen während der Nachtzeit. T 


Nachtzeit umfaßt den Zeitraum, der eine Stunde na” 


Sonnenuntergang beginnt und eine Stunde vor Sonnet 


aufgang endet. Wer den Vogelfang mit Körnern 
anderen Futterſtoſſen betreibt, darf hierbei weder beror- 
bende noch giftige Beſtandteile beimiſchen. Die Anwe 


dung von geblendeten Lockvögeln ift ſtreng verboten. Fe 
ner dürfen bei dem Vogelfang keine Fallkäfige ode 
Fallkäſten, Reuſen, große Schlag- und Zugnetze, fomi 


ſonſtige über das Feld oder im Wald aufgeſpanmte Nes: 
benutzt werden. Dem Bundesrat bleibt es vorbehalten. 
jedes andere Fanamittel zu verbieten, das der Maſſen— 
vertilgung von Vögeln dient. 

Nach dem Vogelſchutzgeſetz ift in der Zeit vom 1. 
März bis 1. Oktober jeder Fang, Ankauf und Berte 
europäiſcher Vögel unterſagt. Auch hat in dieſer Zern 
jeder Transport lebender wie toter Vögel zu unterkler 
ben. Für Meilen, Kleiber und Baumläufer gilt die's 
Verbot das ganze Jahr. Von dieſem Schutz find nv 
ſolche Vögel ausgenommen, die dem jagdbaren Feder 
und Haarwild, deſſen Brut und Jungen nachſteiler 
Auch die ſogenannten Fiſchräuber unter den Vögeln 
bleiben ſchutzlos. Das Vogelſchutzgeſetz läßt noch weiter: 
gewiſſe Ausnahmen zu. Wenn nämlich Vögel in Wein— 


bergen, Gärten, beſtellten Feldern, Baumpflanzungen und 
Schonungen Schaden anrichten, fo können die Hierti: 


von den Landesbehörden beſtimmten Behörden den Ge 
fhadiqten die Erlaubnis erteilen, innerhalb der betrom: 
nen Oertlichkeit mit Feuerwaffen die Tötung der Wire 
vorzunehmen. Der Verkauf dieſer erlegten Vögel ift; 
doch nicht gestattet. Die Behörden find weiter ermäch— 
tigt. Ausnahmen für Stubenvögel, für wiſſenſchaftliche 
oder Lehrzwecke zu treffen. Verſtöße gegen dieſe Verord— 
nungen ziehen eine Geldſtraſe bis zu 150 M. nach ve 
oder eine entſprechende Haſtſtrafe. Bemerkenswert Ë. 
daß die gleiche Strafe denjenigen trifft, der es unten: 
läßt, die feiner Auſſicht unterſtehenden Kinder oder er: 
fonen von Verletzungen des geſetzlichen Vogelſchutzes zu 


rückzuhalten. Neben der verwirkten geſfetzlichen Maf: 
nahme erfolgt noch die Einziehung der Vögel, Eier, 
Neſter und insbeſondere der Fanggeräte. Wir haben 
bisher die allgemeinen Beſtimmungen des deutſchen Vo— 


gelſchutzgeſetzes hier zum Ausdruck gebracht, müſſen jedes 
betonen, daß das Vogelſchutzgeſetz ausdrücllich eine ganze 
Reihe von Vögeln von dieſem Schutz ausnimmt und zwar 
ſind es die nachgenannten Vögel: alle Tagraubvögel mit 
Ausnahme der Turmfalken, Schreiadler, Seeadler, Bul 
ſarde und Gabelweihen (rote Milanen), ferner die Uhus, 
Würger, Neuntöter, Sperlinae, rabenartigen Vögel, wie 
Rabenkrähen, Nebelkrähen, Saatkrähen, Elſtern, Cichcl⸗ 
häher. Ohne Schutz bleiben weiter Wildtauben, Ringel: 
tauben, Hohltauben, Turteltauben, Waſſerhühner, Reiher, 
Rohrdommeln, Säger, wie Sägetaucher, Tauchergänſe, 
Kormorane, Eistaucher und Haubentaucher. Auch die 
im Binnenlande brütenden Möven genießen keinen Schutz. 


pods : 


| 
f 


—— m e- = | 


Für alle dieſe an fich jagdfreien Vögel beftebt jedoch cin 
Rerbot des Fangens mittels Schlingen. Das Vogel⸗ 
ſchutzgeſetz findet ferner keine Anwendung auf das im 
Privateigentum befindliche Federvieh. Auch bleiben die 
ah Maßgabe der Landesgeſetze jagdbaren Vögel vom 
Schutz ausgeſchloſſen. In der Hauptſache beſteht alfo 
erfreulicher Weiſe für alle Singvögel ein bedingungsloſer 
Schutz. 
= Ein voller internationaler Vogelſchutz hat ſich jedoch 
bis jetzt nicht durchführen laſſen; mehr oder weniger er⸗ 
folgreiche Beſtrebungen dahin ſind jedoch faſt in allen 
Ländern im Gange. In England wurde 1908 ein Ge⸗ 
ſetz beraten, nach welchem jedermann, der ſich im Beſitz 
don Bälgen oder Federn zu Handelszwecken befand, mit 
100 M. Gelditrafe im Erſtfalle belegt werden folte; in 
Wiederholungsfalle ſtieg dieſe Strafe ſchon auf 500 Mk. 
Lediglich die Federn von Strauß und der Eidernate, Jo: 
wie von Vögeln, die zu Nahrungszwecken dienten, waren 
ausgeſchloſſen. In den Vereinigten Staaten iſt in den 
lezten Jahren ein großzügiger Vogelſchutz zur Entwick— 
lung gekommen, an dem ſich allerdings nicht alle Bundes: 
ſtaaten der Union beteiligt haben. Die Vogelſchutzbeſtre⸗ 
vungen in Amerika gehen in der Hauptſache von der 
aroßen und bedeutenden Vereinigung der „Audubon-So⸗ 
ciety“ aus, die überall eine lebhafte Propaganda für den 
Vogelſchutz entwickelt. Im Staate Nordkarolina iſt dieſe 
Geſellſchaft ſogar zu einem Regierungsamt für Wildſchutz 
uusgeßſaltet worden. Die Geſellſchaft entwickelt überaus 
lebhafte Werbetätigkeit für ihre Aufgaben. Broſchüren 
mit farbigen Abbildungen werden in ungezählten Exem— 
plaren jährlich verkauft. Vertreter der Geſellſchaft halten 
überall Vorträge, beſonders in Schulen und Jagdverei— 
nen. Die Preſſe des Landes erhält regelmäßig Nachrich⸗ 
ten; auch wird eine eigene Fachzeitſchri't herausgegeben. 
Bei der Vorbereitung von Vogelſchutzgeſetzen entſendet die 
Geſellſchaft ihre Vertreter der Regierung zur Unterſtütung 
und Beratung. So hat ſich die Tätigkeit der Audubon- 
Sobiety für die amerikaniſche Vogelwel' von großer, jegens- 
reicher Wirlung erwieſen. In Südamerika jedoch liegen 
die Verhalinifie in dieſer Hinſicht troſtlos. Hier ift immer 
noch der Maſſenmord in der Vogelwelt die Hauptparole; 
beſonders beklagenswert ift die Ausrotlung der prachivol- 
len Reiher am Ama zonenſtrom. Alle Proteſte der Kul- 
tutwelt haben hier nichts genutzt. Die Mode der Damen: 
welt fordert rückſichtslos ihre Opfer. Die künſtliche Reiber⸗ 
oe ſcheint hier den einzigen rettenden Ausweg zu 
ieten. 

„Deutſchland hat ſich mit dem geſetzlichen Vogelſchutz 
keineswegs begnügt, ſondern man hat mit gutem Erfolge 


praltiſchen Vogelſchußz geübt. Die Wege hierzu find man: 


niafache. Von hohem Wert iſt naturgemäß, den Vö— 
deln gute Fortpflanzungsbedingungen, aljo ſichere, unge— 
torte Brutſtätten zu beſchaffen. Ein ſchönes, praftifches 
Beiſpiel in dieſer Hinſicht hat Freiherr von Berlepſch in 
GZemeinſchaft mit dem Grafen Wilamowitz-Möllendorf auf: 
welt. Die Genannten haben von der preußiſchen Ne: 
rung eine kleine Nordſeeinſel, den ſogenannten Mem— 
met bei Sylt, gepachtet, mit der ausſchließlichen Beſtim— 
An daß dieſe Inſel lediglich dem Brutgeſchäft der 
soal dienen fol, zu welchem Zweck eine ſtrenge Bez 
ng der Inſel durch angeſtellte Wächter erfolgt. 
in Unberufener hat dieſe Inſel zu betreten. Den glei- 
ſche Weg hat der Tochterverein „Jordſand“ des „Deut— 
ae deins zum Schutze der Vogelwelt“ beſchritten. 
nn ie Vogelkolonie „Jordſand“ iſt an der deutſchen 
er keile eine febr erfolgreiche Vogelfreiſtätte gewor- 
Jahr Die Erſolge beider Freiſtätten waren in wenigen 
chef überraſchende; es trat durch das ungeſtörte Brut- 
belte s eine ſtarke Vermehrung der Vögel ein; es han: 
ihwal ch um Silbermöven, Flußſeeſchwalben, Küſtenſee⸗ 

alben, Auſternfiſcher, Regenpfeifer und Zwergſee— 


21 


| 


| 


4 
1 


ſchwalben. Es tt dringend zu wünſchen, daß die Zahl 
dieſer Freiſtätten, insbeſondere auch an der Oſtſeeküſte 
vermehrt wird. Amerika hat mit dieſen Vögelfreiſtätten 
das erſte Beiſpiel gegeben. Da die Hutmode der Damen— 
welt vorzugsweiſe unter den Strand- und Seevögeln, wic 
Reiher und Möven ihre Opfer ſucht, jo hat ſich ein be- 
ſonderer Schutz gerade dieſer Vögel als notwendig her— 
ausgeſtellt. Auch andere Völker ſind dazu übergegangen, 
Vogelfreiſtätten an den Küſten zu ſchaffen. So hat die 
däniſche Regierung das große Gebiet um den Rönkiö⸗ 
bing Fjord mit reichem Erfolge unter Schutz geſtellt; 
in letzter Zeit haben die Holländer dem Vogelſchutz eine 
gleiche praktiſche Ausführung gegeben. 

Die Urſachen, welche die Abnahme beſtimmter Vogel: 
arten hervorgerufen, können verſchiedener Art fein. Ab— 
geſehen von dem durch die ſüdliche Bevölkerung betriebe— 
nen Maſſennord der auf der Wanderung begriffenen Bug- 
vögel gibt es zahlreiche Gründe, die die Vernichtung der 


Vögel herbeiführen können. Die ſtarke Abnahme des 
Storches bei uns beruht zweifellos darauf, daß die 
Zahl unſerer heimiſchen Sümpfe durch Trockenlegung 


immer geringer wird. Der Sumpf iſt aber dem Storch 
ein Lebensbedürfnis, wie der im Sumpf lebende roih 
ein Hauptnahrimgsmittel für den Storch bedeutet. Weber: 
haupt erſcheinen die Sumpfvögel in Europa von allen 
Vögeln am meiſten von der Vernichtung bedroht. Denn 


in allen Ländern ſucht man Sumpfgegenden durch 
Trockenlegung der landwirtſchaftlichen oder forſtlichen 
Kultur zu gewinnen. Auf der anderen Seite pflegen 


ſtarke Abholzungen gleichfalls ſchädlich auf die Vogelwelt 
zu wirken. Der Wald iſt noch immer das beſte und 
ſicherſte Brutgebiet für den Vogel. Freiherr von Ber— 
lepſch hat daher mit Recht dort, wo der Wald fehlt, 
die Anlage beſonderer Vogelſchutzgehölze empfohlen. In 
Süddeutſchland hat man dieſer Anregung vielfach Folge 
geleiſtet. Nachahmung verdient ein von der Regierung 
des Großherzogtums Weimar-Eiſenach an die Forſtverwal— 
tung gerichteter Erlaß, nach welchem alle Horſte in den 
Dickungen vom Hieb auszuſchließen ſind. Ebenſo ſind 
nach Möglichkeit alle Hecken, Dornen, beerentragende 
Bäume und Sträucher im Intereſſe der Vogelwelt zu 
ſchonen. Quellabflüſſe follen geſtaut werden, um Waſſer— 
ſtellen zu ſchaffen. Anbrüchige Bäume ſollen ſtehen blei— 
ben, damit die Höhlenbrüter bequem Niſtgelegenbeit fin— 
den. Hand in Hand hiermit muß natürlich ein ver: 
ſtändiger Pflanzenſchuz gehen. Bedauerlicherweiſe muß 
der gerade in Deutſchland immer ſtärkere Ausdehnung ge— 
winnende Nadelwald für die Vogelwelt als wenig för— 
derlich bezeichnet werden, da die Laubbäume dem Vogel 
beſonders in der Brutzeit einen viel größeren Schutz 
gewähren. Auch das preußiſche Miniſterium für Land— 
wirtſchaft, Forſten und Domänen betätigt ſich praltiſch für 
den Vogelſchutz. Mit beſonderen Anweiſungen iſt in die- 
ſer Hinſicht die Kgl. General- und Spezialkommiſſion 
für die Flurbereinigung verſehen worden, die berechtigt 
ijt, auf Antrag ſtaatliche Unterſtützungen für Vogelſchutz— 
anlagen zu gewähren. Auch die Eiſenbahnverwaltungen 
ſind angewieſen, Bahndämme nach Möglichkeit mit ſchützen— 
den Hecken und Gebüſchen zu verfeten. 

Den Höhlenbrütern unter den Vögeln kann man ſehr 
nützlich werden, wenn man ihnen künſtliche Niſthöhlen 
zur Verfügung ſtellt. Dieſe Maßnahme iſt nicht nur auf 
Obſtgärten zu beſchränken, ſondern ſie hat ſich insbeſon— 
dere auf den Wald zu erſtrecken. Freiherr von Ber— 
lepſch, der ſeine Waldungen mit einer großen Zahl von 
künſtlichen Niſthöblen verſah, hatte die Genugtuung, als 


gelegentlich Nachbarwälder durch Raupenfraß faft zer: 
ſtört wurden, feine Wälder im vollſten Grün prangen 


zu ſehen. Die angeſiedelten ſtarken Vogelkolonien verhin— 
derten das Aufkommen der gefräßigen Raupen voll— 
ſtändig. 


Auch der Kaiſer bringt der Vogelſchutzbewegung ein | Keciftande ziemlich ſchnell wächſt. Diefer Baum bil 


lebhaftes Intereſſe entgegen. So iſt auf den Wunſch des 
Kaiſers auf dem Kgl. Schloß zu Celle eine geradezu vor⸗ 
bildliche Vogelſchutzſtätte eingerichtet worden. Der Mto- 
narch ließ, wobei ihm der „Bund für Vogelſchaltz“ be: 
ratend zur Seite ſtand, die ganze weſtliche Schloßberg— 
anhöhe zu Celle zu einem prachtvollen Vogelſchutzgehölz 
ausgeſtalten. Neuerdings hat ſich auch die Militärverwal— 
tung auf den ihr gehörenden Geländen prakiſch im 
Vogelſchutz betätigt, indem in den Gärten der Kaſernen 
und Lazarette Vogelſchutzanlagen Platz gefunden haben. 

Eine große Gefahrenquelle für die Vögel lilden die 
Starkſtromleitungen, wenngleich kleinere Vögel, wie Fin— 
kommen, da dieſe kleinen Vögel nur ſelten mit ihren 
Flügeln gleichzeitig zwei Drähte berühren. Mehr fallen 
die Raubvögel den Starkſtromleitungen zum Opfer, da 
dieſe Vögel ihre Beute oſtnals unter Benutzung des Lei: 
tungsmaſtes als Stützpunkt verzehren, wobei dann leicht 
Berührungen mit den Drähten eintreten. Auch Spechte 
und Meiſen find hier rielfach das Opfer, da das Her: 
umflettern am Maſt und an den Iſolatoren leicht zu 
Berührungen zweier Drähte führt. Schutzmaßregeln ſind 
auf dieſem Gebiet bisher nicht ergriffen worden. Worl 
mit der wertvollſte Vogelſchutz iſt in der Winter- und 
Frühjahrsfütterung gegeben, da man in dieſen Notzeiten 
natürlich zur Erhaltung der Vogelwelt am wirkſamſten 
beitragen kann. Für Inſekten- oder Körnerfreſſer find 
fetthaltige Stoffe, wie Butter, reines Fett, Talg, ölhal— 
tige Sämereien, wie Hanf, Leinſamen, Mohn uf. ſehr 
zu empfehlen. Der im Publikum ſo beliebte Rübſamen 
wird nur von wenigen Vögeln genommen. Wird Brot 
verabreicht, ſo muß es vor Feuchtigkeit geſchützt wer— 
den, da es ſonſt ſäuert und dem Vogel alsdann gefähr— 
lich wird. Man vergeſſe nicht, für eine Gelegenheit zur 
Waſſereinnahme zu ſorgen. Leider ift die Zahl der naz 
türlichen Feinde der Vogelwelt recht groß; abgeſehen von 
der in erſter Linie zu nennenden Hauskatze, die übri⸗ 
gens bei richtiger Erziehung für die Vogelwelt harmlos 
werden kann, ſind zu erwähnen Iltis, Marder, Fuchs 
und Eichhörnchen, ſchließlich die Raubvögel ſelbſt gegen— 
über den Singvögeln. Wohl wird man keineswegs grund— 
ſätzlich die Ausrottung dieſer Vogelfeinde fordern können, 
da vielen von ihnen eine nützliche Seite anhaftet. Auch 
wird man trotz mancher Schädlichkeit je nach der Sach— 
lage vereinzelt für einen ſolchen Vogelräuber aus Selten— 
heitsgründen, wie beim Iltis den „Naturſchutz“ mit Er- 
folg geltend machen können. Wo eine Vertilgung dieſer 
Vogelräuber angebracht ift, wird fih nur in Beritdfichi- 
gung der örtlichen Verhältniſſe von Fall zu Fall ent: 
ſcheiden laſſen. 

Wie dem auch fei, die Gegenwart hat die Pflicht, 
der Vernichtung der Vogelwelt, die Wald und Haide 
erſt mit erquickendem Odem belebt, in jeder Weiſe zu 
ſteuern und man wird dieſen unſeren Beſtrebungen in der 
Nachwelt ſicher zu danken wiſſen. 

Duisburg a. Rh. 


C. Ein für Kriegergräber geeigneter 
immergrüner Baum.) 
Ich erlaube mir, die Aufmerkſamkeit auf einen Baum 
zu lenken, eine Buche (Nothofagus Dombeyi), die i m- 
mergrün iſt, ein Baum bis 40 Meter Höhe und im 


Dr. P. Martell. 


1) Der geehrte Herr Verfaſſer ſchickt uns dieſe Notiz 
unter Beifügung eines Ausſchnittes der aut deutſch ae: 
ſinnten „Deutſchen La Plata-Zeitung“, in welchem das 
ſchwarze, d. h. rauchgeſchwärzte, Land in der Umgebun! 
von Lens und die dortigen Kriegergräber 
werden. D. Red. 


22 


= rado blue spruce 
= bas ie 
fen, Ammern, Schwalben uſw. weniger hierbei zu Tode Bee 


geſchildert 
gen 


große Beſtände in Süd-Chile und in Argentinien = 
der chileniſchen Grenze uſw. (Scottsberg 1907). 

Die Wälder, da fie immergrün find, bieten ce 
ſchönen Anblick das ganze Jahr hindurch, und dba ` 
Baum zwiſchen dem 37. und 54.9 ſüdlicher Nr: 
(Feuerland-Inſeln) gedeiht, dürſte er wahrſcheinlich 
der Gegend um Lens ohne weiteres angepflanzt te 
den können. 


Meine unmaßgebliche Meinung ift: die Buche, wen 


Cohigue auf ſpaniſch heißt, gemiſcht vielleicht mit Ce: 
(Colorado, blaue Fichte, Nord An 
dürften zwei Holzarten fein, die den Friede 
ſchmücken ſollten. 

Die Cohigue-Samen könnten im Februar und N. 
geſammelt ſein. Adreſſen von Sammlern: Baron 
Bülow, Bariloche, Neuquen, Argentina, Baron de 
Lilienthal (Ex-Garde-Leutnant) daf. und Fr. Albert, `- 
Oficina bosques, Santiago, Chile. Wenn Sie diefed 
gefälligſt publizieren in Ihrer Zeitſchrift, vielleicht : 
nert ſich nach dem Kriege ein Forſſmmann und mad >» 
betreſſenden Behörde den Vorſchlag. 


Max Rothkugel, 
Buenos Aires, Florida 524, 5 0 pi: 


a 


D. Driginal⸗Erntebericht über Laub⸗ und 
Nadelholzſamen von Conrad Appel, Gamen: Wende 
Darmſtadt. 


Da es gerade in Kriegszeiten, in welchen wir itt; 
unſerer günſtigen Waſſenerfolge leider immer noch leber 
müſſen — es heißt eben in jeder Hinſicht „durchhalten“ — 
beſonders erwünſcht fein wird, zur Beſtimmung der au— 
führbaren Kulturen über die Ernteverhältniſſe der me 
tigſten Laub- und Nadelholzſamen unterrichtet zu fer 
fo erlaube ich mir, hierüber nachſtehend folgendes mi 
zuteilen: 

Von den Laubholzſamen hatten Eicheln i 
Deutſchland nur in einigen Gebieten kleine Maſt, wore: 
ich mir einige Poſten vorzüglicher Saatware ficert 
Das Ausland hatte beſſere Ernte, die Bezüge daher waren 
indeſſen mit Schwierigkeiten verknüpſt. Wegen it 
Verwendung als Futtermittel find Eicheln derzeitig b 
ſchagnahmt, es dürfte jedoch ſpäterhin eine teil wei 
Freigabe der Vorräte zu Saatzwecken zu erwarten fein 
Roteicheln ſind bei zufriedenſtellender Qualität zu 
mittleren Preiſen erhältlich. Buchen (Buchedern! des 
Inlandes werden größtenteils zur Oelgewinnung bert. 
ausländiſche Früchte umterliegen der Beſchlagnahn 
Roßkaſtanien, die teilweiſe befriedigende EM 
brachten, ſind ebenfalls als Futtermittel beſchlagnahmt. 


Berg- und Spitzahorn verzeichnen günttigen 
Ertrag und find tn vollterniger Ware preiswert erbäll 
lich, von Birke wurde nur wenig eingefammel, 
Hainbuche zeigte in einigen Bezirken kleinen S 
hang, Weißdorn it genügend geerntet worden, eb‘ 
iit Eſ che gut geraten. Von Linden, die auch als 
Oelfrucht Verwendung finden, ift taft nichts zur Saal 
frei, Weißerle it in guter Qualität vorteilhaft lie 
ferbar, Roterle dagegen ſehr geſucht. Von Stach el— 
ginſter find noch kleine Mengen an Lager, Ginfle! 
in neuer Ware knapp, Akazie wird gefragt ſein. 

Zu den Nadelhölzern übergehend, kann feſtgeſtell 
werden, daß die Kiefer in dieſem Jahre wieder ein 
mal einen befriedigenden Ertrag in Ausſicht ſtellt und 
ſomit, da auch die Güte des Samens allen Anſorderun⸗ 
entſprechen dürfte, garantiert deutſcher 


= — — ——— a ttm a a is LS, a Se 


tiefernfamen wieder unter günftigen Bedingungen 
1 etjter Linie in zuverläſſiger Caatware durch die Kon- 


rollllengen des Deutſchen Forſtwirtſchaftsrates, wozu 
amentlich auch meine Firma ſich zählen darf, erhältlich 


ein wird. 
Nitte Tezember aus alten, gutwüchſigen Beſtänden qe- 
ammelten Zapfenmaterials vermittels meines äußerſt 
orſichtigen Klengverfahrens werde ich in der Lage fein, 


23 


Teils weil ſie überhaupt nicht zur Stelle waren, da in 


den Krieg gezogen, teils weil namentlich zu Anfang des 


Durch mein Syſtem, Verarbeitung nur nach 


or allen Dingen einen hochkeimenden Samen mit guter 


teimenergie zu liefern, welchen ich auch, infolge meiner 
Aufflärungen über die tatſächlichen Ernteverhältniſſe und 
Bemühungen, fiskaliſche Klengen und Landwirtſchaftskam⸗ 


durch den ſonſt fo ſchönen Grunewald bei Ber⸗ 


nern von übertriebenen Preisanlagen für Kiefernzapfen ferne | 


zuhalten, vorausſichtlich zu weſentlich günſtigeren Preiſen 
vie in den letzten Jahren abzugeben vermag. 
haften diesjährigen Verhältniſſe werden gewiß Veranlaſſung 
geben, noch räckſtändige und irgend möglich ausführbare 
kulturen vorzunehmen, wozu von praktiſcher Seite 
der Güle des Saaigutes nur geraten werden kann. Be— 
ſonders hervorheben möckte ich noch, daß ich ſowohl in 
meinen hieſigen Klenganlagen, wie auch in meinen Zweig— 
flengen in Süd- und Norddeutſchland unter Kontrolle des 
Deulſchen Forſtwirtſchaftsrates nachweisbare große 
Mengen heſſiſche und überhaupt ſüddeutſche 
Japfen verarbeite, ebenſo aber auch dank meiner aulen 
Verbindungen mit norddeutſchen Forſtbehörden beträcht— 
liche Quantitäten norddeutſche Kiefernzapfen zur 
Zamengewinnung beziehe, ſowie auch durch meine nord— 
deutſchen Zweigklengen norddeutſches Kiefern— 
faataut in beſter Qualität erhalte, ſodaß ich jeg— 
lichen Sonderwünſchen der Waldbeſitzer bezüglich der Her- 
kunft von Kiefernſamen nachzukommen vermag. 

Fichte verzeichnet kaum nennenswerten Ertrag, es 

ſteht indeſſen gutgelagerter voriäbriger Samen mit febr 
hoher Keimkraft in grobtörniger Ware zur Verfügung, 
auch der Bedarf an Lärchen wird in zuſriedenſtellen— 
der Qualität zu mittleren Preiſen gedeckt werden kön— 
nen. Von Weymouthskiefern vermag ich durch 
Erwerbung des Zapfenertrages eines alten, gutwüchſigen 
und beliebten Beſtandes eine äußerſt hochkeimende vor— 
züaliche Qualität preiswert zu liefern, dagegen iit 
Weißtannenſamen mit hohen Schnittprozenten 
ſehr gefragt, die Zapfenernte war eine beſchränlte. 
. Obige Nadelhokzſamen gewinne ich 
aus nachweisbar deutſchem Zapfen ma— 
terial in meinen eigenen Klengen und 
llefere ſolche unter Garantie für Her- 
kunft und höchſte Keimkraft. 

Schwarzkiefer wird in mittlerer 
normalen Preiſen am Markt ſein. 

Die geſragteſten aus ländiſchen Conife— 
tenſamen (Exoten), welche nach eingegangenen Be: 
lichten meiner zuverläfſigen Sammler eine befriedigende 
Crne verzeichnen follen, werden aller Vorausſicht nach 
bei den unſicheren Verſchiffungsverhältniſſen nicht gelie— 
ert werden können. 

Darmſladt, den 23. Dezember 1915. 

Conrad Appel, 
Kontroll Plenganitalten 
des Deutſchen Forſtwirtſchaftsrates. 


Qualität zu 


E Mikhandinug der Wälder feit Kriegsansbruch. 
Heldenhaine. 


Seit dem Kriegsausbruch — ſo wird geklagt — 
daben 


und agen. Die zuſtändigen Stellen übten den Forſt⸗ 
ind Vildſchutz nur mit äußerſter Nachſicht oder garnicht. 


| 
| 


ſich da und dort beſonders ſchwere Nißſtände etn- 


Dieſe vorteil⸗ 


bei 


Krieges heimiſche Parole war: 
faire — laßt die 
alles erlaubt (— 
Verwilderung der 


laissez aller, laisser 
armen Leute gehen, es iſt ihnen jetzt 
übrigens, nebenbei geſagt, die gleiche 
Sitten beobachtet man vielfach in der 
Jugendpflege und ſeitens der Weiber in der Häuslich⸗ 
leit —). Es gilt dies in der Hauptſache von Wäldern, 
die in der Nähe großer Städte liegen. Die Folgen blei⸗ 
ben ja natürlich nicht aus. Ich bin im Oktober 1915 


Tin gegangen; es hat mich feiner gejammert wie den 
Herrn des armen Weibes. Die Mißhandlung iſt hier 
ganz typiſch. Ich habe dann einen alten Waldläufer, 


Vogelkenner und Eierſucher unbedeutenden Namens auf— 
geſucht — früher war mein Vertrauter der bekannte Zoo⸗ 
loge H. Hocke, der jetzt tot iſt — und herausbekom⸗ 
men. was an dem allen ſchuld iſt. Schon im Früh jahr 
waren die Zugangswege zum Grunewald alle Tage mit 
Scharen von Perſonen und Gefährten jeder Art bedeckt, 
die abends hochgefüllt mit Holz heimkehrten. Da in den 
Stangen- und Althölzern die den Wohnquartieren am 
nächſien liegen, das Raff- und Leſeholz für diefe Samm- 
lungen nicht ausreichte, nahmen viele Sammler in rück⸗ 
ſichtsloſeſter Weiſe die Schonungen in Anſpruch, um dort 
mit Händen und Gerätichaiten Holz abzubrechen. Dabei 
find erhebliche Beſchädigungen der Bäume an der Tapes- 


ordnung. Daß und wie die Holzſucher „wüſten“, 
Bäume zerreißen und dergleichen, ſolange ſie keine Be⸗ 
aufjidyiiqung fürchten, ift ja bekannt. Die abgeriſſenen 


Reſte reißen Teile der Rinde, vielfach auch des Stammes 
mit heraus, der Baum wird krank und für Schädlinge 
zugänglich. Die Aſtſtümpfe wachſen in den Baum ein 
und erzeugen die Aſtlöcher in den Brettern, die ſpäter 
aus den Hölzern geſchnitten werden. Aber die „freund: 
lichen“ Beſucher gingen noch weiter. Sie benutzten Aexte 
und Sägen, und als die Kriegsgefangenen zu 
ſchlagen begannen, ſammelten ſie ſich an den Arbeitsſtät⸗ 
ten, um den Gefangenen das Zupf- und Aſtholz förm— 
lich unter den Händen wegzureißen. Schließlich ſcheuten 
ſie ſich auch nicht, das ſchon aufgeſetzte Holz einfach zu 
nehmen und warteten, bis die Gefangenen verſchwanden, 
um in Ruhe die Verladung vorzunehmen. Holzzettel 
werden erſt garnicht mehr gelöſt. Mit O lfe der Polizei 
wurde ſolchem Unfug weniaſtens einigermaßen geſteuert. 
Ohne Schein und an nicht freigegebenen Tagen darf über— 
haupt nicht mehr geſammelt werden. — Auch die Ra u— 
cher ließen ſich trotz der Dürre vollſtändig „gehen“. 
Viele Brände haben erheblichen Schaden angerichtet. — 
Die Verunreinigung des Waldes durch 
Papier hat auch im Kriege kaum nachgelaſſen. Die 
Schulen und die Preſſe werden immer wieder gebelen, 
belehrend auf die große Maſſe zu wirken. Wenn die 
Sitten der Beſucher nicht beffer werden, was fol dann 
aus dem mißhandelten Grunewalde werden, den jetzt die 
Groß-Verliner Steuerzahler doch erhalten follen? 

In dieſem Zuſammenhange möchte ich noch auf eine 
andere Form der „Kriegswälder“ zu ſprechen kommen, auf 
die Ehrenhaine aus Heldeneichen. Ich ſchließe mich 
ganz dem Urteil des Herrn Geh. Regierungsrats Prof. 
Dr. Schwappach-⸗Eberswalde an, welches er in der 
„Deutſchen Forſtzeitung“' über ſolche geplanten 
Haine fällt: 

„Der bloße Gedanke an die Errichtung von hundert: 
tauſenden ſolcher Heldenhaine nach gleicher Schablone er— 
regt Schaudern. Von Memel bis zum Bodenſee, von 
Aurich bis Paſſau ſollen ſich künftig etwa alle fünf Kilo— 
meter dieſe Pflanzungen von Eichhorſten wiederholen, die 
ſich lediglich durch die Zahl der Eichen unterſcheiden!“ 

Bekanntlich iſt man ja jüngſt in der Preſſe mit 
viel Stimmung für dieſe neue Form der Heldenehrung 


eingetreten. Als nämlich jüngſt in der Preſſe über den 
Plan einer pfälziſchen Stadt, ihren Gefallenen ein Denk⸗ 
mal zu ſetzen, berichtet wurde, erhielt die „München: 
Augsburger Staatszeitung“ aus Offizierskreiſen folgende 
Zuſchrift: 

„Wir danken für dieſe Ehrung. Es gibt nur eine 
Form: Weitgehende dauernde Fürſorge für die Hinter⸗ 
bliebenen, die Waiſen und Witwen. Dazu nehmt das 
Geld, das Ihr für Denkmäler verſchwenden wollt! Gebt 
es als Grundſtock einer Stiftung, die Ihr nicht flink ge: 
nug errichten, nicht reichlich genug beſchenken könnt! 
Denn die Verlaſſenen werden unzählig ſein und Eure 
Schande ebenſo, wenn Ihr ſie darben laßt. Gebt Brot 
ſtatt Steine, und wenn Ihr dann noch eiwas tun wollt, 
ſchreibt die Namen Eurer toten Kameraden auf ſchmuck⸗ 
loſe Tafeln in Euren Kirchen!“ ` 

Daraufhin hat in der „Täglichen Rundſchau“ der 
Königl. Gartenbau-Direktor Willy Lange in Berlin: 
Dahlem den Vorſchlag gemacht, „jedem, ohne Unterſchied 
von Raſſe und Glauben, der durch ſeinen Opfertod zum 
Helden Deutſchlands ward, in ſeiner Heimatgemeinde 
eine, feine Eiche zu pflanzen, um den Friedens- 
baum die Kaiſerlinde — ſodaß Deutſchland als 
Sinnbild ſeiner Ehre und ſeiner Kraft das Land der 
Heldenhaine würde“. Tauſende von Zuſtimmungen aus 
allen Volkskreiſen der Heimat und beſonders aus den 
Reihen der Kämpfer in Oſt und Weſt und auf der See 
trafen ein. Dank dieſer ungeteilten Zuſtimmung hat ſich 
eine „Arbeitsgemeinſchaft für Deutſchlands Heldenhaine“ 
(ehrenamtliche Geſchäftsſtelle: Berlin-Wannſee, Bismarck— 
ſtraße 5) gebildet und eine Schrift: „Deutſchlands Qel 
denhaine“ iſt in Vorbereitung. Es ſind folgende Geſichts— 
punkte aufgeſtellt: 

1. Es fol jedem feine Eiche, nicht einer 
Gruppe von Kämpfern ein Baum gepflanzt werden, denn 
damit würde die brüderlich-völkiſche Grundlage vernichtet. 

2. Eichen follen gepflanzt werden, nicht Bu- 
chen oder Rüſtern, denn eben mit dem Helden— 
baum der Deutſchen verbindet fic) ‘ener Begriff, den 
wir auch ohne Wort und Stein zum Ausdruck bringen 
wollen. Die neugermaniſchen Eichenhaine follen die Wer- 
bindung mit unſeren Altvorderen wiederherſtellen. 

3. Im Mittelpunkte ſtehe die Linde als der 
alte deutſche Gemeinde- und Friedens 
baum, denn jedes Kampfes Ziel und Ende iſt der 
Friede. Die Kaiſerlinde aber blühe dem Friedenskaiſer, 
der uns aus dem heiß umworbenen Frieden durch Kampf 
zu neuem ehrenvollen Frieden führt. 

4. Als hegende Form der Umrahmung empfehlen 
ſich Wall und Graben, mit Buſchbaum- und 
Wildhecke beſetzt, demnächſt eine niedrige Feldſtein— 
mauer. 


5. Keine Verquickung ſinde ſtatt mit 
Friedhofsanlagen, denn hier haben wir eine 
Stätte fortdauernden Lebens, den Gemeindeplatz für völ— 
kiſche Weihefeſte. i 


Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenaner, 
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländer s Be tla 
Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. M. — G. Ottos Hoſbuchdruckerei in Darmſtadt. 


24 


u 


6. Die Verbindung großartiger Dendmäler mit > 
Eichenhain entzieht der Kriegsfürſorge notwendige Min 
man übereile die Vorbereitung der ſteinernen Male feir. 
falls. 

7. Der „Ring“ um die Linde als altgermanii: 
Sinnbild der Geſchloſſenheit und Selbſtſich e rheit | 


deutſchen Weltkampf diene als Weibefeftplag! 


Nun wird man wns aber gewiß folgende Einwaär— 
geſtatten. 

Zu 1. 
feine beſondere Eiche erfordert und nur auf diefe 
das hohe, die Gegenwart beſeelende Gemeinſchafts ze. 
verſinnbildlicht wird, fo ernſtlich wird man fid doch? 
vor zu hüten haben, daß die Einheit und Einfach; 
der Idee zur Einerleiheit in der Form führt. Es tür: 
jonit in den lebendigen Ehrendenkmalen die Schablone! 
wiederholen, die in der Denkmälerfabrikation uns fo 3r 
felhaft „beglückte“, wogegen fic) eben auch Geh. Re: 
rungstat Prof. Dr. Schwappach⸗Eberswalde in der „De 
ſchen Forſtzeitung“ mit Recht wandte. 

Zu 2. Wenn auch die Eiche als der Freiheitsber- 
des deutſchen Volkes und das Sinnbild deutſcher Held. 
zuerſt und vornehmlich für die Ehrung in Betracht fore 
jo vermag doch da, wo fie etwa nicht gedeiht oder = 
einen krüppelhaften Hain abgeben würde, oder wo ww | 
die örtlichen Verhältniſſe, die Mittel und der Geld: 
ein beſonderes Wörtlein reden, auch jede andere cini: i 
liche Laub- oder Nadelholzanpflanzung ein würdiges Ehn 
zeichen abzugeben. Denkbar wäre fogar die Pflanzur 
von Fruchtbäumen, deren reife Früchte bei der e 


So gewiß der Einheitsgedanke für je: 


Jy. -- 
— ss 


ſtändig neu das Bild der Vollendung deutſcher Qe 
vor das Auge führten — ſo meint unter anderen 
Otto Eberhardt —; immerhin fragt ſich, ob fich eine Ob 
pflanzung mit dem Gedanken eines Heldenhains 9 
verträgt (im Geſchmack der Forſtleute liegt er m: 
kaum!) Die Pflege und Erträgniſſe folder Fruchtbäun 
ließen fic) freilich wieder volkswirtſchaftlich für d! 
Kriegsbeſchädigten oder andere Bedürftige nutzbar much 
So geſchieht es feit Jahren mit dem Herzl waldi! 
Paläſtina. 

Zu 3. Eichenpflanzungen über ganz Deutſchland! 
Ehren der Gefallenen — vor einer gar zu eintönig 
Durchführung wird auch bewahren, wenn wir nicht ur 
bedingt auf der Verbindung mit der Friedens- w- 
Kaiſerlinde beſtehen. Die Eichengemeinſchaft bedarf nic: 
notwendig ſolcher Anlehnung. Urſprünglich wird & 
Vätern der Heldenhaine vermutlich nur der Eichen 
als das Sinnbild der gefallenen Helden vorgeſchwel⸗ 
haben. Breitet aber eine Friedenslinde in der Fit 
des eichenumkränzten Haines auf freiem Rundplatz ite 
Aeſte, fo beſſeht immer noch die Möglichkeit der Aus 
geſtaltung: Die Anlage kann mehr parkartig erfol 
oder auch den Charakter des Waldes ebenſogut wie te 
des offenen Haines tragen. Nur den Eindruck einer tor 
nungsvollen Baumſchule vermeiden! Wo alte Jh" 
Eichen oder Lindenhage, einzeln ragende Bäume obtt 
alte Baumgruppen jind, follten fie unbedingt ausgenußl 
werden. Pfarrer W. Schuster. 


— — 


mm eee ——̃ 


Allgemeine | 
Fort: und Zagd⸗Zeitung. 


Dr. Karl Wimmenauer, und Dr. heinrich Weber, 
Geh. Forftrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft 
an der Univerſität Gießen. 


Zweiundneunzigfter Jahrgang. 


— 


1916. Februar. 


Frankfurt am Main. 
J. D. Sauerländer’8 Verlag. 


— 


Die Allgemeine Forf- und Bagd-Beitung erſcheint regelmäßig jeden Monat und | 
wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗ i 
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Allgemeine 


fork und Jagd 


Februar 1916. 


Berwertung der Süßwaſſerſiſche, insbeſondere 
der Forellen. 


8 

Vielen Beſitzern von Fiſchereien fällt es ſchwer. 
Abnehmer für ihre Fiſche zu finden. Forellen ſind 
in vielen Gegenden kaum abſetzbar. Der deutſche 
Fiſcherei⸗Verein hat es fih daher zur Aufgabe ge: 
nacht, deren Abſatz zu fördern, und zu dieſem Zwecke 
un Rundſchreiben veröffentlicht, welches folgendermaßen 
lautet: 

„Wohl wird noch immer Geld für Auſtern, Steinbutt 
und andere feinen Gerichte, die aus dem Auslande ſtammen, 
zusgegeben, den Genuß von Forellen aber ſcheint der größte 
Teil des bemittelteren Publikums für einen unverzeihlichen 
Luxus zu halten. Infolgedeſſen find unſere Forellenzüchter, 
die ſchon durch die Unterbindung der Ausfuhr nach Frant- 
teich und unter dem Mangel an Juttermitteln empfindlich 
zu leiden haben, in eine Notlage gekommen. Um den Nb- 
dak wieder zu beleben und nicht dauernd große Beſtände 
weiter füttern zu müſſen, hat ſich eine große Zahl von 
Forellenzüchtern bereit erklärt, ſowohl kleine Poſt⸗ wie Bahn⸗ 
pakete friſch geſchlachteter, fertig ausgenommener Forellen 
zum Preiſe von 2 bis 3 Mk. für das Pfund — gegen 3 
bis 5 Mk. früher — direkt an eine Haushaltung für eine 
oder mehrere Familien, die gemeinſchaftlich beziehen wollen, 
zu verſenden. So iſt es den Hausfrauen möglich, ein vor- 
zügliches, äußerſt geſundes Gericht von 3 bis 4 Fiſchen zu 
dieſem verhältnismäßig ſehr billigen Preiſe zu bereiten. 
Auch werden Warenproben von 2 Fiſchen in waſſerdichten 
Rollen verſandt. Die Adreſſen der liefernden Fiſchzuchtan⸗ 
ſtalten weiſen die Landes- und Provinzialfiſchereivereine 
oder der „Deutſche Fiſcherei⸗Verein“, Berlin W. 10, 
Königin⸗Auguſtaſtr. 21 nach; in eiligen Fällen iſt dieſer 
auch bereit, Beſtellungen direkt an die dem Beſteller nächſt⸗ 
liegende Fiſchzuchtanſtalt weiterzuleiten. Beim direkten Be⸗ 
zuge vom Züchter geht der Käufer auch ficher, daß er deutſche, 
nicht däniſche Forellen erhält.“ 

Im Anſchluß an dieſes Rundſchreiben hat der 
deutſche Fiſchereiverein ein weiteres Rundſchreiben fol: 
genden Inhalts verſendet: 

Infolge unſeres Rundſchreibens zur Steigerung des 
Jorellenverbrauchs in einer Tageszeitung find uns eine 
Menge von Anfragen nach Züchtern, Probefendungen 
ulm. aus dem Leſerkreiſe dieſer Zeitung zugegangen. Die 
wenigen Fiſchzüchter der betreffenden Gegend, welche fid 
„at erklärt haben, Forellen zu Kriegspreiſen direkt an den 
Verbraucher zu fenden, werden kaum imſtande fein, die Be- 
N ſtellungen zu erledigen. Wir bringen dies zur Kenntnis 
aller ine lente, damit die Beteiligung größer wird. 
6 


Scheinbar ſetzen viele Züchter als ſelbſtverſtändlich voraus, 
daß wir ihnen bei uns einlaufende Beſtellungen oder Nach— 
fragen nach Bezugsquellen überweiſen. Deshalb fet aus⸗ 
drücklich bemerkt, daß nur diejenigen Züchter berückſichtigt 
werden können, welche auf unſeren früheren Aufruf hin 
erklärt haben oder noch erklären, Forellen zu billigeren 
Kriegspreiſen (2—3 Mk. per 1 Pfund) zu verkaufen und ge- 
ſchlagene Fiſche in Paketen direkt an Haushaltungen zu 
verſchicken. Alle Züchter, welche dem deutſchen Fiſcherei— 
Verein in Berlin (W. 10, Königin⸗Auguſtaſtr. 21) angeben, 
zu welchen Preiſen fie liefern, welche Wochen- oder Monats- 
mengen, welche Arten. (Bach⸗ und Regenbogenforelle oder 
Bachſaiblinge), ob nur lebende oder geſchlagene, in Poft- 
oder Bahnexpreßpaketen, Warenproben uſw., werden in einer 
Liſte eingetragen und bei Anfragen, die dem deutſchen 
Fiſchereiverein zugehen, berückſichtigt. Gleichzeitig machen 
wir bekannt, daß unſere Verſuche, Forellen in Pappdoſen 
und Pappkiſten zu verſenden gute Ergebniſſe gezeitigt haben. 
Es hat ſich herausgeſtellt, daß in einer beſonderen Art 
waſſerdichter Pappbüchſen zwei geſchlagene mittelgroße Speife- 
forellen ſehr gut für 20 Pfg. als Warenprobe verſendet 
werden können. Die Pappbüchſen würden bei Herſtellung 
im großen, die der deutſche Fiſcherei-Verein ev. veranlaſſen 
wird, nur ungefähr 11 Pfg. das Stück koſten. Holzkiſten 
für den Poſt⸗ und Expreßverſand könnten gleichfalls vom 
deutſchen Fiſchereiverein beſchafft werden. Der Preis dafür 
würde bei Großbezug nur 25—35 Pfg. fürs Stück betragen. 
Angeſichts der Preisſteigerung für derartige Fabrikate wäre 
es erwünſcht, daß die Züchter baldigſt ihren vorausſichtlichen 
Bedarf mitteilen.“ 

In weiten Kreiſen iſt leider die Anſicht verbreitet, 
daß lebend zu Markte gebrachte Fiſche vor geſchlach— 
teten Fiſchen den Vorzug verdienten. Dieſe Anſicht 
iſt eine irrige, vorausgeſetzt, daß es ſich um friſche 
tote Fiſche handelt. Ob dies letztere der Fall iſt, läßt 
fih an dem Ausfehen der Fiſche leicht erkennen ). 
Lebend zu Markte gebrachte Fiſche find ſelbſtverſtänd⸗ 
lich erheblich (etwa 20 %) teurer, wie tote Fiſche, zu: 
dem ſind ſie weniger wohlſchmeckend, als die gleich 
nach dem Fange geſchlachteten. 

Daß ſie teurer ſind, iſt ſelbſtverſtändlich, denn die 
Transportkoſten find bei lebenden Fiſchen recht er: 
heblich; daß ſie weniger wohlſchmeckend ſind, iſt nicht 
ſo einleuchtend, aber trotzdem der Fall. 


1) Friſch geſchlachtete Fiſche ſind ſteif (Todesſtarre), 
fühlen ſich ſchleimig an; die Augen ſehen klar aus; die 
Kiemen ſind tiefrot und ohne Schleim. 


4 


Wenn man fid den Transport fold) lebender Fiſche 
einmal genauer anſieht, dann wird man bald hiervon 
überzeugt werden. Was müſſen ſolche Fiſche alles 
über ſich ergehen laſſen, bis ſie endlich in der Küche 
des Verbrauchers enden! Nachdem ſie mit Netz oder 
Angel gefangen worden ſind, werden ſie in kleine Be⸗ 
hälter gebracht, wo ſie bis zum Abtransporte zum 
Verbrauchsorte aufbewahrt werden. In dieſen Be⸗ 
hältern bleiben ſie oft eng zuſammen gedrängt, ohne 
Nahrung aufzunehmen, längere Zeit, um dann wieder 
mit einem Käſcher gefangen und in das Transport- 
gefäß gebracht zu werden. Ohne Verletzungen — ab: 
geſehen von der Hetze — geht es in der Regel hier⸗ 
bei nicht ab. In dem Transportgefäße werden nun, 
um die Transportkoſten fo billig wie möglich zu 
machen, ſo viele Fiſche untergebracht, wie nur irgend 
möglich. Infolge des in dieſem engen Raume er: 
folgenden ſtetigen Drängens, Stoßens, Schlagens und 
Reibens kommen die durch das längere Faſten bereits 
abgematteten Fiſche in völlig erſchöpftem, zerſchundenem 
Zuſtande, oft vielfach mit blutigen Wunden am Markt⸗ 
orte an, wo die Quälerei von neuem beginnt. Die 
Fiſche werden nun wieder mit dem Käſcher gefangen, 
lebend verwogen und ſodann zappelnd in Netzen oder 
Körben von dem Käufer nach Hauſe getragen. Hier 
ſterben ſie eines langſamen qualvollen Todes, oder 
werden im günſtigſten Falle von unkundiger Hand 
geſchlachtet. Daß die Fiſche auf dieſem Leidenswege 
an Wohlgeſchmack erhebliche Einbuße erleiden, iſt ſelbſt⸗ 
verſtändlich. Ebenſo wie gehetztes oder erſt infolge 
eines Schuſſes nach längerer Zeit verendetes Wild min: 
derwertig iſt und an Geſchmack und Haltbarkeit ver⸗ 
liert, ebenſo geht es den Fiſchen. 
Veenrgegenwärtigt man fih einmal die Qualen, die 
ſolche Fiſche aushalten müſſen, bis ſie in der Küche 
des Verbrauchers ihr Ende finden, dann muß man 
ſich wundern, daß nicht ſchon längſt vom tierſchütz⸗ 
leriſchen Standpunkte gegen dieſe Tierquälerei, die der 
Verſand lebender Fiſche zu Genußzwecken darſtellt, ein- 
geſchritten worden iſt. Welchen Apparat haben ſeiner 
Zeit die Tierſchutzvereine in Bewegung geſetzt, um den 
Krammetsvogelfang im Dohnenſtiege zu verbieten. 
Sind die Qualen, die die armen Fiſche beim Aufenthalt 
in Hältern, beim Verſand in kleinen Transportfäſſern 
und beim Verkaufe in lebendem Zuſtande erdulden 
müſſen etwa kleiner wie der nur kurze Zeit dauernde 
Todeskampf des in der Schlinge gefangenen Kram— 
metsvogels? 


Die heutigen Beſtrebungen gehen auf die Beſchaf⸗ 


fung möglichſt vieler und billiger Lebensmittel hinaus. 
Durch die Verſendung lebender Speiſefiſche werden 
die Fiſchpreiſe unnötig verteuert. 

Nach alledem muß dem Beſtreben, die Fiſche lebend 


26 


zu Markte zu bringen, mit allen Kräften entge 
gearbeitet werden. 

Friſch geſchlachtete tote Fiſche ſind | 

1. billiger als lebend zu Markte gebrachte. 
fie geringere Transportkoſten verurſachen; 

2. beffer an Geſchmack, weil ſie nicht xz 
den Aufenthalt in Hältern ohne ausreichende Nahr 
und durch die Qualen des Verſandes uſw. gell 
haben, und 

3. beſſer von Ausſehen, weil ſie nicht kun 
den Transport, das wiederholte Fangen mit d: 
Käſcher uſw. zerſchunden und mit Wunden belt 
ſind. 

Sehr erwünſcht wäre es, wenn fih die Bevölkn: 
von der alten Gewohnheit, den lebend zu Markte y 
brachten Fiſchen vor den geſchlachteten Fiſchen = T: 
Vorzug zu geben, entwöhnen wollte! Hierdurch mi: $ 
fie in der Lage fein, ſich billigere und wohlſchmackn 
dere Fiſche zu verſchaffen und es würde außerdem der 
Fiſchern und Fiſchzüchtern ihr Betrieb erheblich ch. 
leichtert werden, da die Lieferung lebender Fiſche wegn 
Mangels an Hilfskraͤften und Fuhrwerk ſowie ing 
der während des Krieges vielfach ungünſtigen Ei 
bahnverbindungen ſehr erſchwert iſt. Eberts 


Torſtliches aus dem „Jeſſin“. 
Von W. Keßler, Kgl. Preuß. Forſtmeiſter a. D. 
(Fortſetzung.) ; 
„Nothing should be permitted to stand in tè 0 - 


way of the preservation of the forests.“ 
Roosevelt. 


II. Früherer und gegenwärtiger Waldbeſtand, Wd 
abnutzung und Forſtſchnutz. 

Genau 600 Jahre waren am 15. November 1915 
verfloffen, feit die Eidgenoffen, deren Kern die 3 Ur f- 
kantone oder Waldſtätte Uri, Schwyz und Unterwalde , 
bildeten, mit der ſiegreichen Schlacht beim Morgat | 
am Aegeriſee ſtolz und tapfer ihren Einzug in die 
Weltgeſchichte feierten. Mit dem erlangten Selbſtbe 
wußtſein entſtand und wuchs auch naturnotwendig bas 
Streben nach Ausdehnung über die engen Grenzen bt 
beſchränkten kleinen Heimat hinaus. Für die am Sat: 
abhang der Mittelalpen belegenen Kantone ergab f 
naturgemäß und unabweisbar der Zug nach den 
Süden, wo reichere Länder unter wärmerer Sonne 
feit jeher das Ziel kühner Eroberer geweſen ware 
Führten doch die nördlichen Zugangswege zu den vic 
tigſten Alpenpäſſen durch das Gebiet der wahl 
Was Wunder, wenn nun ihr Wunſch dahin ging, be 
Päſſe ſelbſt und die nach Süden von ihnen elan 
den Straßen mit ihren Talgebieten zu befigen un 
zu beherrſchen. 


Seit etwa 1400 beginnen die Eidgenoſſen, nament⸗ 
ich Uri, feſten Fuß in den Tälern des Teſſin zu 
aſſen. Auch die Niederlagen von Arbedo, wo am 
29. Juni 1422 die Mailänder die nordiſchen Eroberer 
ſeſiegten, und die viel größere und wichtigere von 
Marignano, wo am 13. und 14. September 1515 
Franz I. von Frankreich die Schweizer zum Rückzug 
aus der Lombardei und damit aus der Weltgeſchichte 
zwang, haben nicht vermocht, ſie aus dieſem Beſitz 
wieder zu verdrängen. Seit 1512 waren dieſe Süd— 
provinzen als Vaſallenländer derart verteilt, daß Uri, 
Schwyz und Unterwalden das eigentliche Teſſintal bis 
Bellinzona zuſammen beherrſchten, während das Mag: 
giatal, Locarno und das Sottoceneri (Lugano und 
Mendriſio) gemeinſamer Beſitz der ganzen Eidgenofjen: 


27 


ſchon ein Vorteil, daß wenigſtens der äußere Fried⸗ 
des Landes geſichert war, ſo daß bei der hohen künſt⸗ 
leriſchen Veranlagung ſeiner Bewohner ſich jener wohl 
in der neueren Geſchichte einzig daſtehende Reichtum 
von Künſtlern aller Art, beſonders Malern, Bild⸗ 
hauern und Baumeiſtern, entwickeln konnte, die in der 
ganzen Welt Meiſterwerke, ihres Könnens geſchaffen 
haben. 


Von kundiger Seite (3. B. Merz) wird behauptet, 
daß auch der frühere Waldreichtum des Teſſin 
durch die Landvogtherrſchaft geſchaffen und erhalten 
ſei. Nun iſt es ja eine bekannte und in der Geſchichte 


der Länder und Völker häufig feſtgeſtellte Tatſache, 


ſchaft, damals aus 12 Kantonen beſtehend, wurden. 


Das noch nicht dem Bunde angehörige Graubünden 
hatte ſich das Miſoxtal (Meſolcina) und den Veltlin 
zugeeignet. Alle hatten ſo ihren „Sonnengarten“, ihr 
Weinland; und haben es unentwegt als ſtrenge Herren 
faſt genau 3 Jahrhunderte beherrſcht und genutzt, bis 
die große Revolution des weſtlichen Nachbarlandes 
auch hier Wandel ſchuf. Nach verſchiedenen Kämpfen 
und Uebergangszuſtänden wurde dann 1815 der Tef- 
ſin als ſelbſtändiger Kanton anerkannt und in die 
Eidgenoſſenſchaft aufgenommen. 

Während der 3 Jahrhunderte der Zwingherrſchaft 
wurde die Regierung durch Landvögte ausgeübt, 
welche alle 2 Jahre wechſelten, ihre Stellen oft ge: 
kauft hatten und meiſt auch vorwiegend nach dem Ge— 
ſichtspunkt perſönlicher Bereicherung verwalteten. Am 
ſchlimmſten ging es wohl in dieſer Hinſicht im Südteil 
des Teſſin zu, wohin jeder der 12 Herrenfantone alljähr: 
lich noch einen beſonderen Vertreter (sindicatore) neben 
den Landvögten ſandte und die gerichtlichen Bußen wie 
die üblichen Beſtechungsgelder nun immer vielfach ge: 
teilt werden mußten. Kein Wunder, daß noch heute 
im Teſſiner Volke ein gewiſſes Mißtrauen in Bezug 
auf Rechtſprechung und Gerechtigkeit der Behörden vor— 
handen iſt. 

Auch die heute noch den Teſſinern eigene Neigung 
zum zeitweiſen oder gänzlichen Auswandern iſt eben— 
falls ſchon in dieſer Zeit der Zwingherrſchaft und Mig- 
regierung entſtanden. 

Als 1798 die Despotenherrſchaft der Landvögte 
ein Ende nahm, waren im Teſſin weder Volksſchulen, 
noch Straßen, noch öffentliche Güter und Fonds vor— 
handen! Neben den großen und beklagenswerten Nach— 
teilen, welche das Vaſallenverhältnis zu den harten 
und habgierigen Herren auf der Nordſeite für den 
Teſſin gehabt hat, darf man doch auch gewiſſe Licht— 
retten dieſer 300 jährigen Unterdrückung nicht über: 
eben. Zunächſt war es in jenen unruhigen Zeiten 


daß ein autokratiſches und despotiſches Regiment eben 
durch die Eindämmung des Einzelwillens und Eigen⸗ 
nutzes der Beherrſchten die Waldzerſtörung in ge⸗ 
wiſſem Grade hemmt, ſelbſt wenn nicht, wie in Deutſch⸗ 
lands Vergangenheit, Rückſichten auf Jagd und an⸗ 
dere angenehme und wertvolle Regale zum Schutz und 
zur Erhaltung des Waldes wirken. 


Nach Merz hat die große Waldverwüſtung und 
⸗Zerſtörung erft feit den Tagen der Unabhängigkeit 
und perſönlichen wie kommunalen Freiheit begonnen. 
Nach den Anführungen von Bettelini (S. 188 ff.) 
haben jedoch ſchon in den früheren Jahrhunderten, be⸗ 
ſonders im 18., umfangreiche Holzſchlaͤge und Holz⸗ 
verkäufe nach der holzarmen Lombardei, namentlich 
Mailand, ſtattgefunden. In Locarno und Briſſago 
hatten ſich zu dieſem Zweck förmliche Holzkontore ge⸗ 
bildet, welche den Ankauf des Holzes im Walde und 
feinen Transport bis zur Verwendungsſtelle vermit⸗ 
telten. | 

Von den Kahlſchlägen wurden die Stämme in 
Klötzen (borre) von 2,5—5 m Länge mittelſt Holz: 
riefen (sovende“ !), die oft mehrere Hundert Meter 
lang waren und hauptſächlich bei ſtarkem Froſt im 
Winter benutzt wurden, bis in die Flußtäler gebracht 
und von dort auf den, wenn nötig, durch Klauſen 
angeſtauten Flüſſen in den Teſſin, den Langen See 
und den aus ihm nach Mailand führenden Schiff: 
fahrtskanal. Aus dem Sottoceneri, welchen keine 
direkte Waſſerſtraße mit Mailand verband und wo 
große nutzholzreiche Nadelholzbeſtände ſeltener waren, 
wurde hauptſächlich Holzkohle ausgeführt, die großen⸗ 
teils auf Saumtieren nach Luino geſchafft und von 
dort in Barken auf dem Waſſerwege weiter befördert 
ward. Um das Jahr 1770 herum hatte die Ber: 
kohlung von Kaſtanienholz bereits ſolchen Umfang er— 
reicht, daß die Landvögte mit Ausfuhrverboten ein— 
ſchritten, über welche dann die Mailänder Behörden 
Beſchwerde erhoben. Unbedingt hat die planloſe Forſt⸗ 


1) Von „Schwänden“ (verſchwenden). 
40 


28 


abnutzung und Waldzerſtörung ſchon vor der Be— 
freiung des Kantons aus ſeinem Untertänigkeitsver⸗ 
hältnis begonnen. Da die Landvögte ſich im allge: 
meinen um die Patriziatswirtſchaft nicht kümmerten, 
iſt auch eigentlich kein Grund einzuſehen, weshalb die 
waldbeſitzenden Gemeinden, an deren Spitze noch dazu 


nicht felten Holzhändler ſtanden, nicht jede Verwer⸗ 


tungs⸗ und Abſatzmöglichkeit hätten benutzen ſollen. 
Was den Wald damals noch erhielt und ſchützte, war 


die wenigſtens ſtellenweiſe abſolute Wertloſigkeit oder 


richtiger Unverwertbarkeit ſeiner Erzeugniſſe. 

Nur darin ſcheint die alte Herrſchaft der Land⸗ 
voͤgte waldſchützend gewirkt zu haben, daß fie die 
Waldzerſtörung zu Gunſten der Aus: 
dehnung der Weide verhinderte und auf die Er: 
haltung der Bannwälder (boschi sacri oder favre) 

achtete. N 

Unbeſtreitbar hat dann die Waldvernichtung in 
den erſten Jahrzehnten nach der Befreiung ganz außer— 
ordentlichen Umfang, namentlich in dem für den Ver⸗ 
kehr ſchon etwas mehr erſchloſſenen Sottoceneri, an: 
genommen. Da die Holzpreiſe noch immer ſehr niedrig 
waren, handelte es ſich oft weniger um Erzielung von 
Gelderträgen aus der Holznutzung als um Beſeitigung 
des läſtigen Waldbeſtandes zur Gewinnung von wei— 
terem Gelände für die Waldweide. 

Die Beſitzverhältniſſe erleichterten nur zu 
ſehr eine derartige kurzſichtige Wirtſchaft. 

Die Gebirgswaldungen des Teſſin waren nämlich 
und ſind noch heute größtenteils in Beſitz und Eigen— 
tum der ſogenannten Patriziate, d. h. einer Kor⸗ 
poration der alten ortsangeſeſſenen Familien. Ur: 
ſprünglich iſt wohl das Patriziat aus der Gemeinde 
entſtanden und mit ihr zuſammengefallen, bis neue 
Einwohner, die nicht den Patriziern entſtammten, Hin: 
zukamen. Ihnen gegenüber ſchloß ſich die alte Voll: 
bürgergemeinde mit ihren Gerechtſamen und Anteilen 
am bis dahin Allmend⸗artigen Gemeinbeſitz an Wieſen, 
Weiden und Waldungen ſtreng ab. Die oft faſt feind- 
liche Trennung ging ſoweit, daß in manchen Gemeinden 
den Nichtpatriziern ſogar die Mitbenutzung der aus 
dem Patriziatsvermögen unterhaltenen Schulen ver- 
wehrt wurde. Neuere Geſetze haben hierin Wandel 
geſchaffen. Meiſt iſt das Verhältnis jetzt derart ge— 
regelt, daß auch die Nichtpatrizier, die ſogen. Kommu- 
niſten, durch Zahlung einer einmaligen oder jährlichen 
Taxe an den Nutzungen des Patriziats teilnehmen 
können. Bis zum Jahre 1835 beſtand jedoch über— 
haupt keinerlei Geſetz über Art und Nutzungsrecht des 
Patriziatsvermögens und es muß als eine große Unter— 
laſſungsſünde der früheren Herrſchaft bezeichnet werden, 


daß ſie dieſe wichtige Frage ganz überſehen und ver- ſtände ſind, können als unanfechtbare noch lebende 


nachläſſigt hat. 


Die völlig geſetz⸗ und aufſichtsloſe Zeit, welche 
erſte Hälfte des vorigen Jahrhunderts umfaßt, iſt 
unbedingt die Periode der größten Waldzerftörung 
den Patriziatsgemeinden geweſen. Jede Korporat: 
handelte nach Willkür und Belieben aller oder d. 
mehr wohl meiſt einzelner maßgebender Mitglied 
In vielen Fällen wurde die Allmende und auch ! 
Wald zum realen Eigentum aufgeteilt; in ande: 
wurde nur die Nutznießung geteilt uſw., fo daß name: 
lich im Sottoceneri die bunteſten Eigentums: und Iu: 
nießungsverhältniſſe entſtanden, welche noch heute fa: 
zu entwirren ſind. l | 

In allen Fällen aber ging es über den aef 
Wald und Holgbeftand her. Es ift eine uralte, a:f 
in Deutſchland, Oeſterreich, Skandinavien uſw. imm: $ 
wiederkehrende Beobachtung, daß der kleine Bar 
namentlich im Gebirge, ſtets der erbittertſte Feind | 
Waldes ift, den er förmlich haßt, weil er feine E f 
zeugniſſe nicht richtig zu würdigen vermag und im 
Wald nur ein, Hindernis für weitere Ausdehnung d 
ihm unmittelbaren Gewinn abwerfenden anderen Boden 
benutzungsarten, namentlich Ackerbau und Biehreitt 
erblickt. In ſüdlichen Ländern und Gebirgen it Š 
diefe Nichtachtung und Befeindung des Waldes un 
fo größer, als der Brenn: und Bauholzbedarf X: f 
Einwohner durch Klima und Steinreichtum febr x f 
ring iſt. | = 

Es fehlt leider an jedem genauen Anhalt zur & f 
antwortung der Frage, wie groß die Waldfläche und f 
der Waldreichtum des Teſſin vor etwa 100 Jahren 
geweſen ift. Merz fegt anſcheinend voraus, daß aut | - 
damals nur die heute angenommenen 60 bis 70 
Tauſend ha Waldfläche vorhanden geweſen wärn 
Aus vielen Tatſachen, welche teils geſchichtlich ef 
ſtehen, teils aus örtlichen Beobachtungen ſich ergeben, 
läßt ſich jedoch ſchließen, daß nicht nur eine reſie 
Zerſtörung der Waldbeſtände und Holzvorräte, fonder 
aud) eine erhebliche Verminderung ber Bald: 
fläche überhaupt ſtattgefunden hat. Leicht erklär 
licher Weiſe iſt beſonders die obere Waldgrenze 
gegen die Alpen oder Weideflächen der höheren Ce 
birgslagen herabgedrückt worden. Bettelini führt zun 
Beweis dieſer Tatſache das Vorhandenſein zahlloee 
alter Kohl- oder Meilerſtellen in Höhenlagen N 
1500 m und darüber) an, wo heute längſt kein Wa 
überhaupt oder doch nur in kümmerlichen Reſten 1 
ſich findet, zur Zeit der Köhlerei aber doch unbedingt 
genügender Holzbeſtand und zwar ü ber den Meiler 
ſtellen geweſen fein muß. Auch die uralten prächtigen 
Schattenbäume (Meriggi) an der heutigen oberen Walk 
grenze, welche doch ſicherlich Reſte weiterer höherer Be 


Zeugen früherer größerer Waldausdehnung gelten 


29 


enfo wie die rieſenhaſten teilweiſe ſchon verfaulten fein. Es wird wenigſtens berichtet, daß gerade in die 


töcke, die ſich auf heute ganz oder faſt ganz ent⸗ 
aldeten Alpenflächen finden. | 

Aber auch indirekte Anzeichen früherer umfang: 
icherer Bewaldung laffen ſich aus der Boden: 
Lora oberhalb der heutigen Waldgrenze ableiten. 


kach der wiſſenſchaftlich wohl begründeten Anſicht nam⸗ 


alter Botaniker wie C. Schröter und Rikli, gibt es. 
ber der jetzigen Waldgrenze deutliche Formationen 
on Farren, Gräſern und Blumenarten, welche aus⸗ 
eſprochene Waldpflanzen ſind und als Zeugen früheren 
Zaldbeſtandes gedeutet werden müſſen. Namentlich 
ſt auch das dichte Auftreten der Alpenroſe (Rh. ferru- 
num), welche einſt das Unterholz unter Waldbeſtand 
ebildet hat, iſt in dieſer Hinſicht beweiſend. 

Daß alſo der Wald zurückgedrängt und die von 
Hm eingenommene Fläche beſchränkt ift, dürfte keinem 
Zweifel unterliegen. Nun wird es ſchwerlich möglich 
ein, über das Maß der Waldzerſtörung und 
das Verhältnis der früheren Waldfläche zur jetzigen 
ein begründetes Urteil zu gewinnen. Ich halte die 
Annahme, daß die frühere Waldfläche im letzten Jahr⸗ 
hundert um 20 — 25% vermindert worden ift, noch 
für mäßig. 

Hätten nun wenigſtens noch die Einwohner und 
Waldbeſitzer entſprechenden Nutzen von der Wald: 
abnutzung gehabt, hohe Geldeinahmen erzielt und gute 

Weiden gewonnen: ſo hätte die wirtſchaftliche Um⸗ 
ſtürzung des Beſtehenden wenigſtens noch finanzielle, 
wenn auch nur vorübergehende, Vorteile gebracht. Aber. 
auch hieran hat es meiſt durchaus gefehlt. 

Der Wald iſt zerſtört und nichts dafür! gewonnen 
worden als unfruchtbare Heideflächen, auf denen nicht 
einmal ein dürftiger Buſchwald mehr gedeiht. Merz 
wie Bettelini führen als recht bezeichnendes Beiſpiel das 
Val Colla an, das obere Talgebiet des bei Lugano in 
den See einmündenden durch feine Hochwaſſer berüd): 
tigten Caſſaratefluſſes. Hier wurde z. B. eine Eiſen⸗ 

gießerei gegründet, um die reichen Vorräte, namentlich 

an ſtarkem Buchenholz, auszunutzen. Das Roheiſen 
mußte auf Saumtieren meilenweit bis zur Hütte ge⸗ 
ſchleppt werden, welche dafür nicht nur ihren Gols: 
bedarf unentgeltlich aus den umliegenden Waldungen 
entnehmen durfte, ſondern ſogar noch eine Belohnung 
für die Abholzung erhielt, die ſich je nach der Größe 
der abgetriebenen Fläche ſteigerte! Heute ſind die da— 
mals entwaldeten Hänge dürre unfruchtbare Halden, 
lo daß die Anwohner genötigt find, meilenweit nach 
etwas Brennholz zu gehen, und der Caſſarate hat mit 
zahlloſen Sperrbauten befeſtigt und geſichert werden 
mlüuͤſſen, welche Hunderttauſende gekoſtet haben! 

Wohl mag der Waldzerſtörung an manchen Orten 

zunächſt eine Ausdehnung der Weidewirtſchaft gefolgt 


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am meiſten entwaldeten Oſtteile des Sottoceneri gett: 
weiſe auch große Herden aus den anſtoßenden italieni⸗ 
ſchen Provinzen Bergamo und Cremona zur Weide 
gebracht ſeien. Lang dürfte jedoch auch dieſe Freude 
nicht gewährt haben. 

Alle Verſuche, welche die Kantonsbehörden in zu⸗ 
nächſt recht ſchüchterner Weiſe machten, um wenigſtens 
einige Ordnung in dieſen Wirrwar zu bringen und 
durch Geſetze und Verordnungen den gröbſten Miß⸗ 
brauchen zu ſteuern, waren vergebens. Zumal in 
Zeiten und Orten, wo das Holz ſchon höhere Preiſe 
hatte und ſich abbringen ließ, wurde genutzt und ver⸗ 
kauft, was überhaupt erreichbar war. Manchmal waren 
die Aufſichtsbeamten ſelbſt Holzhändler, welche mit 
den Beherrſchern der Patriziate gemeinſame Sache 
machten. In vielen Gemeinden wurde durch Jahre 
überhaupt keine Rechnung gelegt und der Erlös aus 
den Wald⸗ und Holzverkäufen wanderte einfach in die 
Taſchen von Geſchäfts⸗ und Privatleuten ). 

Nachdem im Sottoceneri nicht mehr viel zu holen 
und auszuführen war, kam der Sopraceneri, nament⸗ 
lich das obere Teſſintal, die ſogen. Leventina, und 
ferner das Maggiatal, in ſeinem oberen Teil Lavizzara 
genannt, und das Verzaſcatal an die Reihe. Aus 
allen 3 Tälern wurde das Holz gunddft auf den 
Flüſſen bis in den Langen See getriftet und dann 
weiter zu Waſſer in die Lombardei und nach Mai— 
land gebracht. Merz führt an, daß allein in der 
Ladizzara in der Zeit von 1830 — 50 mindeſtens 
600 000 fm Holz eingeſchlagen und verkauft ſeien. 
Man kann annehmen, daß hierdurch mehr als 1500 ha 
Wald in dem beſchränkten Talgebiete völlig devaſtiert 
und kahl gehauen ſind ). Der Forſtinſpektor Kaft- 
hofer aus Bern, welcher im Jahre 1846 die Teſſiner 
Waldungen beſichtigte, hat den Geldwert der damaligen 
jährlichen Holzausfuhr aus dem Kanton auf 3 ½ Mil: 
lionen Frs. berechnet, während alle anderen viel wald⸗ 
reicheren Kantone der Schweiz zuſammen nur für 
etwa 67/4 Mill. Frs. exportierten! 


Nachdem ſchon in den Jahren 1807, 1808 und 
1824 Geſetze und Beſtimmungen zur Sicherung gegen 
Mißbräuche bei der Benutzung der Wälder erlaſſen 


1) Nicht uniſonſt bildete ſich im Volksmund das Sprich— 
wort: 

„Il denaro di selva venduta, d. h. „der Gelderlös aus 
Waldverkauf. E farina che in crusca si muta“! gleicht Mehl, 
das in Schalen (Spreu) ſich wandelt“. 

2) Sehr zur Waldzerſtörung trugen die auf lange Friſten, 
oft Jahrzehnte, abgeſchloſſenen Holzverkaufsverträge bei, 
welche nur das Intereſſe der Käufer verfolgten, ſowie der 


Unmſtand, daß der Bau der damaligen ſchwierigen und koſt— 


ſpieligen Rieſen, ſtets große Holzmengen an deinem Ort cer- 
forderte. 


80 
waren, erſchien im Jahre 1840 ein umfaſſendes Forſt⸗ | meit ſchwächeren Stämmen von 3-5 m Länge: 
geſetz für den Teſſin mit Gültigkeit vom 1. Januar 20 — 50 em Starke in den Langen See einge] 
1841, welches an Vortrefflichkeit- der Beſtimmungen worden. Dennoch beharrten das eigentliche Zei 
nichts zu wünſchen übrig ließ. Nach demſelben wurden Volk und feine Vertreter, der ſogen. Gropgrat, | 
alle Waldungen unter Staatsaufficht geſtellt. Die Tei- ihrer kurzſichtigen, eigennützigen und waldfeindlit⸗ 
lung von Gebirgsforſten wurde unterſagt und ebenſo Politik. Im Jahre 1860 war ein neuer Fock: 
Kahlhieb, Stockroden und Urbarmachung an allen ſpektor, diesmal ein Graubündener, Andreas Gri 


* 


Stellen, wo Erdrutſchungen und Lawinen zu befürchten gewählt worden. Auch er kam zu keiner erfolgreite 


waren. Der Weidebetrieb ſollte eingeſchraͤnkt und ge: Tätigkeit, wurde vielmehr nach 3 Jahren durch Gr: 
regelt, Servituten ſollten abgelöſt werden uſw. Bur ratsbeſchluß wieder entlaſſen, „da das Volk von Fos 
Ausführung aller dieſer ſchönen Vorſätze wurde die ordnung nichts wiſſen wolle“ (Merz). Zugleich wir 
Ernennung eines Kantonsforſtinſpektors, mehrerer Be: der ganze Forſtetat einfach abgeſetzt. Die früher x 
zirksförſter und zahlreicher Waldhüter vorgeſehen. gerichteten Baumſchulen uſw. ließ man eingehen ~ 
Sehr merkwürdiger und bezeichnender Weiſe ift überall herrſchte wieder unbeſchränkt der Holzhau 
dies vorzügliche Geſetz zunächſt viele Jahre gar nicht | der Hirt!) und — die Ziege! 
zur eigentlichen Durchführung gekommen; höchſt wahr⸗ Endlich übernahm die Natur ſelbſt das Amt x: 
ſcheinlich, weil der Einfluß der an ungehinderter Mahners und Erziehers. Im September 1868 kw 
weiterer Waldausnutzung intereſſierten Kreiſe zu mad: nach ſtarken Regengüſſen jene ſurchtbaren Hoda": 
tig war. | und Ueberſchwemmungen, welche in der Geſchichte di 


Endlich wurde im Jahre 1856 der erſte Kantons- Teſſin fo leicht nicht vergeſſen werden dürften. Whe 


forſtinſpektor gewählt. Der wackere Kollege, ein Thur: der direkte Schaden, welchen jie anrichteten, wird o 
gauer mit Namen Brunnſchweiler, konnte bald mit | fat 5 Millionen Frs. veranſchlagt! Allgemein br: 
Wehmut ſingen: ſich die Einſicht Bahn, daß diefe Naturkataſtrop⸗ 
„Oh, welche Luft, Forſtmann zu fein (nb. im Teſſin)“! durch die frevelhaften und unſinnigen Entwaldung 
Trotz beſten Willens und beſter Abſichten konnte [namentlich an den Steilhängen, verſchuldet ſei, un 
er nicht nur nichts erreichen, ſondern fühlte fic) auch daß unbedingt Wandel geſchaffen werden müſſe. Y. 
bald feines Lebens nicht mehr fider und zog es vor Jahr 1870 wurde deshalb auch ein neues Forſtgeſ⸗ 
nach wenigen Jahren feinen undankbaren und gefähr- erlaſſen, welches die Staatsaufſicht über die Fort! 
lichen Poſten aufzugeben (1859). Um dieſe Zeit wurde wiederherſtellte und die Anſtellung eines Rantonsior’ 
der bekannte Züricher Forſtmeiſter und forſtliche Lehrer inſpektors und dreier Kreisoberförſter anordnete. +" 
am Polytechnikum, Landolt, beauftragt, die Hoch ge- erſtere wichtige Stelle wurde einem tapferen und ener 
birgs⸗Waldungen der Schweiz und namentlich auch giſchen Graubündner, Namens Zarro, aus dem b: 
des Teſſin zu bereifen und zu begutachten. Er hat nachbarten Meſoccotale ftammend, übertragen, welch“ 
im Jahre 1861 hierüber einen ausführlichen Bericht!) 18 Jahre lang fein ſchwieriges Amt mit Ausdaut 
erſtattet, in welchem der troſtloſe Zuſtand der Forſten und Erfolg verwaltet hat. Sein hauptſächlichſter Kamp 
klar erſichtlich gemacht ift. Auch einſichtsvolle Tef: | galt den Ziegenherden, welche bis dahin je! 
ſiner ſelbſt, wie Franscini, Lavizzari u. a. bemerkten | Kultur und Verjüngung unmöglich machten. 
und beklagten die Waldverwüſtung ihrer ſchönen Heis 1876 wurde durch Bundesgeſetz die Oberaufſic 
mat. Der Letztere wies u. a. in Uebereinſtimmung | der Eidgenoſſenſchaft auch über die Forſten des Zelt 
mit den Landolt'ſchen Angaben nach, daß die damalige erklärt und damit eine bis dahin nur zu ſchmeiklit 
jährliche Holzerzeugung des Teſſin durch Zuwachs nur | vermißte Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der forf: 
| 
| 


72954 fm oder einſchließlich der Kaſtanienwälder mit lichen Behandlung und Ueberwachung geſichert. Eine 
40 500 fm im ganzen 113454 fm ausmache, während Folge dieſer ſegensreichen Maßregel war dann en 
geſchlagen wurden 225 747 km und davon nach Italien | neues Kantonsforſtgeſetz von 1877. Inzwiſchen war 
ausgeführt 101250 fm, alfo faft foviel als der wirk- auch in weiteren und Laienkreiſen der Teſſiner Ball 
iche Zuwachs betrage ?). Nach Lavizzari find noch in kerung eine gewiſſe Bewegung zugunſten des Wolde 
den Jahren 1853—60 allein auf den am Oſtrande entſtanden. Als im Jahr 1872 der Schweizer gori: 


einmündenden Flüſſen mehr als 157000 fm in verein zum erſten Male im Teſſin tagte, traten meh! 

— als 70 Teſſiner als neue Mitglieder bei. 

7 15 1 an en 1 55 ſchweizeriſchen „ über Leider war dieſe Begeiſterung, wie Bettelini, wel 

ie Unterſuchung der ſchweiz. Hochgebirgswaldungen, vor— e's . . „ tf: f 

genommen 05 oz en 188 a 1860. Bern a chem ich in der Schilderung dieſer geſchichtlichen a 
) Vergl. Escursioni nel Cantone Ticino di Luigi La- ) Nach Kaſthofer wurden früher die Hirten in bet 

vizzari. Lugano 1859- 63. ©. 787 ff. Schweiz weit beſſer beſoldet als die Lehrer! 


— . • Re— — . — — — — — —— 


oicklung im weſentlichen folge, mit Recht bemerkt, ein 
Strohfeuer, welches nur wenige Jahre vorhielt. Die 
Mächte des kurzſichtigen Eigennutzes, welche nament⸗ 
lich in den Patriziaten wirkten, waren zu ſtark, als 
daß ſie ſo raſch und leicht hätten überwunden werden 
können. Die Geſetze und Einrichtungen waren wohl 
gut und zweckmaßig, aber ihre richtige und genaue 
Durchführung ließ nur zu viel zu wünſchen übrig. 
Noch immer wurde auf perſönliche und private In⸗ 
tereſſen überwiegende Rückſicht. genommen und die be: 
rüchtigte Vettern⸗ und Parteiwirtſchaft, welche übri⸗ 
gens keineswegs nur im Teſſin daheim iſt, machte ſich 
auch auf dieſem Gebiete in hohem Maße geltend. 

Ich möchte gleich hier bemerken, daß unter ſolchen 

Verhältniſſen, wie fie im Teſſin und anderen ſüdlichen 
Bergländern herrſchen, die Verſöhnung und der Aus— 
gleich zwiſchen dem öffentlichen, allgemeinen und dem 
privaten Einzelintereſſe doppelt ſchwer iſt, ohne daß 
man deshalb dem Charakter der Bevölkerung beſon⸗ 
dere Schuld beimeſſen darf. Man verſetze ſich ſelbſt 
in die Stelle der kleinen Bergbauern, fet er nun Pa: 
triziatsteilhaber oder nicht. Immer ſpielt für ihn die 
Hauptrolle die Weide, um möglichſt viel Vieh, na: 
mentlich Ziegen, halten und durchbringen zu können. 
Jede Ziege mehr bedeutet für ihn einen Vermögens 
zuwachs von rd. 30 Frs., und ohne ihre Milcherzeugung 
vermöchte er fein ſchon an fih dürftiges Leben über: 
haupt nicht zu friſten. Welches Intereſſe ſoll nun er 
an der Aufforſtung und Bewaldung ſeiner Berge ha— 
ben, welche ihm nur ſeine Wirtſchaft, d. h. Viehhal⸗ 
tung, beſchränkt und erſchwert? Selbſt von den waſſer⸗ 
wirtſchaftlichen Maßregeln der Wildbachverbauungen 
uſw. wird er kaum berührt, da ihr Nutzen meiſt erſt 
den untenliegenden Talbewohnern zugute kommt; von 
Lawinenſchutz und dergleichen ſchönen Dinge will er 
überhaupt nichts wiſſen, wenn nicht gerade ſein Wohn⸗ 
ſitz ſelbſt direkt gefährdet iſt. So ſieht er in allen 
noch ſo gut gemeinten Schutzmaßregeln eigentlich faſt 
immer nur Beſchränkungen ſeiner perſönlichen und 
wirtſchaftlichen Freiheit, gegen welche er ſich nur zu 
gern öffentlich oder heimlich (durch Waldbrände und 
dergl.) auflehnt. 

Unbedingt bildet die Verſöhnung der weide:, 
waſſer- und forſtwirtſchaftlichen Inter: 
eſſen in den Gebirgsländern, wie dem Teſſin, eins 
der wichtigſten und ſchwierigſten Probleme, über wel- 
ches ſpäter noch zu reden fein wird. 

Durch die Geſetze und Einrichtungen der 70er 
Jahre war indeſſen wenigſtens die Grundlage geſchaf— 
ſen, auf welcher mit einiger Ausſicht auf Erfolg ge⸗ 
arbeitet werden konnte. Nachdem dann das neue 
Schweizer Bundesforſtgeſetz vom Jahre 1902 nebſt 
Ausführungsverordnung von 1903 erſchienen war, hat 


81 


der Kanton Teſſin nach einem geſcheiterten Verſuch 

vom Jahre 1908 im Jahre 1912 fein letztes Ran: 
tonsforſtgeſetz erhalten, welches hoffentlich längere 
Beit gelten und nützen wird. 

Die gegenwärtige Waldfläche des Teſſin 
wird von Merz 1903 auf 59 870 ha angegeben 
20 %o ber Geſamt⸗ und 32 % der produktiven Fläche 
des Kantons !). In dem 1914 erſchienenen Werk 
„Die Forſtlichen Verhältniſſe der Schweiz“ (beſpro⸗ 
chen im Juliheft 1915 d. A. F. u. J.⸗Z.) finden ſich, 
wohl auf Grund neuerer Ermittlungen, etwas höhere 
Angaben, nämlich 73739 ha — 26,3 bezw. 39,4, %. 
Für ein ſo ausgeſprochenes Bergland, wie der Teſſin 
es iſt, erſcheint das Bewaldungsprozent keineswegs hoch, 
zumal wenn man berückſichtigt, wie dürftig es mit der 
„Bewaldung“ der als Wald angegebenen Flachen 
größtenteils beſtellt iſt. 


Ganz beſonders groß ift auch das Verhaltnis des 
unproduktiven Bodens zur Geſamtfläche, nämlich 
33,2 %, (Deutſchland 9,3, Tirol 18,3 % . Auch wenn 
man den Hochgebirgscharakter und die ungünſtige Bo⸗ 
dengeſtaltung im größten Teil des Kantons berück⸗ 
ſichtigt, dürfte doch die Annahme nicht unberechtigt 
ſein, daß ein gewiſſer Teil der als unproduktiv ge⸗ 
ſchätzten Flächen altes und vielleicht auch wieder künf⸗ 
tiges Waldgebiet ſein könnte. Auf jeden Kopf der 
Bevölkerung kommt 0,47 ha Waldfläche (in Deutſch⸗ 
land 0, 22), was völlig genügen dürfte, vorausgeſetzt 
daß auf der Waldfläche auch wirklicher Holzbeſtand 
ſtockt. 


Was die Eigentumsverhältniſſe anbe- 
langt, fo folen nach den neueſten Angaben rd. 76 % 
(= 55 953 ha) den Gemeinden und Korporationen, 
d. h. Patriziaten gehören und 24 %% (= 7786 ha) 
Privateigentum fein. Merz führt 1903 88 und 12 %, 
1908 81 und 19% an. Sind ſeine Angaben richtig 
geweſen, ſo muß in den letzten 12 Jahren ein nicht 
unbeträchtlicher Teil von Patriziatswald aufgeteilt und 
in Einzelbeſitz übergegangen ſein. 

Wie verwickelt im Uebrigen durch die lange Zeit 
jeder geſetzlichen Aufſicht entbehrende Patriziatswirt⸗ 
ſchaft die Eigentums- und Nutzungsverhältniſſe an 
den Waldungen geworden ſind, geht aus den Angaben 
von Merz für den Sottoceneri hervor. Danach ſind 


1) In einer Statiſtik von 1908 nennt Merz folgende 
Zahlen: 

Produktive Waldfläche (einſchl. 19059 ha bewalde— 

ter Weiden s Ks 


Unproduktive Waldfläche 16 000 „ 


Geſamtfläche 88 904 ha 
Auf abſolute Genauigkeit können alle Zahlen wohl keinen 
Anſpruch machen. 


„ 


die dortigen Waldungen: ungeteilt in 24 Gemeinden; 


real zum Eigentum geteilt . „ 15 8 f 
teils ungeteilt, teils geteilt . „ 13 2 j 
zur Nutznießung geteilt. „ 4 à 
teils ungeteilt, teils zur Nutznießung 

geteillltt „ 19 
uſw. 


Die unglückſeligen Teilungen, welche man heute 
nur zu gern rückgängig machen möchte, find übrigens 
zur ſelben Zeit geſchehen, wo man auch in Deutſch⸗ 


land, und beſonders in Weſtphalen und Rheinland, die 18 176 fm und der Jahreszuwachs auf 232 fm, 


berüchtigten Gemeinheitsteilungen vornahm und die 
ſogen. Intereſſentenforſten ſchuf. 

Eine ganz beſondere Form gemiſchten Eigentums 
ſtellt das im Teſſin ſeit Jahrhunderten übliche jus 
plantandi der Patrizier dar, d. h. das Recht, auf 
dem gemeinſamen Grund und Boden gegen eine ge⸗ 
ringe Abgabe beſtimmte Bäume, beſ. Kaſtanien, zu 
pflanzen, welche dann Eigentum des Pflanzers blieben 
und von ihm beliebig genutzt werden konnten. Die 
Jahresſteuer betrug 1—5 centesimi je nach dem 
Alter und der Stärke des Baumes. In vielen Ka⸗ 
ftanienfelven wurden die einzelnen Stämme numeriert 
und nur von den betreffenden Baumbeſitzern genutzt. 

Wie leicht zu denken, gab dieſe eigenartige Holz⸗ 
zucht zu vielen Unklarheiten und Streitigkeiten zwiſchen 
Grundbeſitzer (Patriziat) und Baumbeſitzer Aulaß und 
wird demzufolge in” der Neuzeit immer mehr abge: 
ſchafft. 

In der allerjüngſten Zeit it nun auch der An: 
fang mit der Schaffung von Kantonsforſten ge⸗ 
macht worden, welche bisher dem Teſſin völlig fehlten. 

Nachdem durch das neue Forſtgeſetz von 1912 
im Grundſatz die Begründung und Erwerbung von 
einer Kantonsforſtdomäne bewilligt und ein beſonderer 
Fonds hierfür vorgeſehen war, der jahrlich 10000 Frs. 
aus Kantonsmitteln erhalten ſollte, wurde gleich in 
demſelben Jahre mit dem Erwerb von Grundſtücken 
der Anfang gemacht. 

Die erſte größere Erwerbung betraf die Anlage 
einer Schutzwaldzone im Val Morobbia zwiſchen Bel: 
linzona und Giubiasco, für welche die Alpen Giggio, 
Giumello und Buco erworben wurden. 

Der Bund ſicherte zu dieſem Unternehmen einen 
Zuſchuß von 50 % zu Grunderwerb, Aufſchließung, 
Einrichtung und Beſchützung; für die Aufforſtung 
(rd. 200 000 Frs.) fogar von 80 %% der Koſten; im 
Ganzen bis zu 251 000 Frs. zu, eine gewiß reichliche 
und weitherzige Unterſtützung. 

Im Jahre 1913 wurde zu dieſem Terrain noch 
die benachbarte Alpe Urno mit 36,8 ha hinzu erwor: 
ben. Für die Ausführung der umfangreichen und 
ſchwierigen Herrichtungs- und Aufforſtungsarbeiten 


82 


„ weitere ebenfalls; im Jahre 1913 abgeſchloſſene tÉ 
werbung im Val Vergeletto, einem Seitental ie 


| 


| 


| 


wurde ein bejonderer junger Torſttechniker als! 
manialoberförſter angeſtellt. 
Faft noch wichtiger und ausſichtsvoller dürfte af 


251 ha, darunter 124 ha mit durchſchnittlich “ 
ziemlich geſchloſſenem Nadelholzhochwald (Miſchung r 
Tanne, Fichte und Lärche mit Buchenunterholh k 
ſtanden, angekauft wurde. Der Holzvorrat war 


noch nicht ganz 2 fm je ha Waldfläche berechnet. 

Hier kann nun der Kanton beginnen, wirke 
Forſtwirtſchaft zu treiben, der ganzen weiteren l 
gebung zum Beiſpiel und Segen! 

Als erſte und notwendigſte Maßregel wird ger 
wärtig mit großen Koſten eine Zugangsſtraße gee 
welche den Wald mit dem im Uebrigen vorzüglite 
Kantonswegenetz bei Vergeletto verbinden ſoll. 

Möchte dieſer jetzt fo hoffnungsvoll bejdntter: $ 
Weg immer weiter mit Mut und Tatkraft vero f. 
werden und zu dem ſo erſtrebenswerten Ziele * 
Schaffung eines möglichſt umfangreichen Staatswal 
beſitzes führen! 

Was nun den jetzt noch vorhanden. 
Wald und den Forſtbetrieb anlangt, fo li 
wie leicht zu denken, die Beſtandsbeſchaffen 
heit im allgemeinen recht viel zu wünſchen tbe: § 
Die Hochwaldbeſtände von Fichte, Lärche und But 
feltener auch mit Tanne gemischt, welche ſich eigen: 
ganz auf den nördlichen Hauptteil des Kanton be 
ſchränken, find meiſt lückig und ungleichmäßig, t: f 
durch unpfleglichen Plänterhieb, teils durch fcbalic 
Einwirkung der Waldweide. Selten fieht man einig“ 
maßen normale und geſchloſſene Beſtände, an bet! 
das Auge des Forſtmanns fidh erfreuen kann. +" 
beſten, welche ich kenne, fand ich weſtlich oberhalb Jail 
und Dalpe, wo ſchon ſeit längerer Zeit eine vertir 
dige Patriziatsforſtwirtſchaft betrieben ift. Sie UM 
andere von ähnlicher Güte beweiſen, daß es wahlt 
nicht die Schuld der Natur- und Standortöverhäftnit 
ſondern lediglich der Menſchen ift, wenn heute del 
Teſſin den Eindruck eines armen verwiifteten Ba 
landes macht. 

Daß die Hochwaldungen durchweg im plin 
terbetriebe behandelt werden, ift bei den vorliegen 
den Beſtands⸗ und Standortsverhältniſſen durchaus 
gerechtfertigt. Merz gibt als Umtriebszeiten 80—1 
Jahre an. Selbſtredend iſt in den meiften Fallen 
ſchon der koſtſpieligen Holzbringungsanſtalten (heute 
meiſt Drahtrieſen) halber, auch nur ein ausſezende 
Betrieb mit größeren, alle 20—40 Jahre wieder 
kehrenden Hieben möglich. 


Daß dieſe Hiebe einigermaßen forſtlich⸗techniſch 
ichtig geführt werden, iſt eine Hauptſorge der Forſt⸗ 
uffichtebeamten. Der laufende jaͤhrliche Zuwachs wird 
s nach der Beſtandsbeſchaffenheit auf 4 10 fm an: 
egeben. Die lichte Kaſtanienſelve, welche einen großen 
Prozentſatz der zum Hochwald gerechneten Flächen ein⸗ 
ummt, wird wohl kaum mehr als 1 fm je 1 ha er: 
jeugen. f 

Nach einer mir vorliegenden allerdings ſchon älteren 
Angabe (aus dem Jahre 1880) ſollen von der vor⸗ 
yandenen Waldfläche etwa 70% auf Hochwald ent: 
allen, fo daß für den Niederwald nur 30% übrig 
lieben. Ich bin feft überzeugt, daß heute der Nieder: 
wald weit größere Flächen einnimmt, wenigſtens wenn 
nan die zahlreichen licht beſtockten, allerdings wohl 
eines regelrechten Betriebes meiſt entbehrenden Buſch⸗ 
waldungen von Weißerle, Haſel uſw. mit in Anrech⸗ 
nung bringt.“) 

Die vornehmſte Form des Ausſchlagwaldes iſt un⸗ 
bedingt der Buchenniederwald, der nach Merz 
in 20—25 jährigen Umtriebe mittelſt alle 6— 12 Jahre 
wiederkehrenden Plänterhieben bewirtſchaftet wird. Man 
ſchlägt dann jedesmal nur die ſtärkeren Stangen von 
6 -10 cm Durchmeſſer ein und erreicht fo, daß der 
Boden immer hinreichend gedeckt und geſchützt bleibt. 
In dieſen Beſtänden kommt auch die Selbſtverjüngung 
durch Ablegerzweige vielfach vor. Als Zuwachs und 
Ertrag ſollen im allgemeinen 3--4, in einzelnen Fällen 
bis 12 fm je Jahr und ha feſtgeſtellt ſein. 

Die wenigen vorhandenen Eichenſchälwälder hatten 
15—20 jährig. Umtrieb. 

Die übrigen Niederwälder von Kaſtanien, Weiß⸗ 
erlen uf. werden kahl abgetrieben und in meiſt kurzem 
Umtriebe von etwa 10 Jahren behandelt. In guten 
Lagen und bei guter Beſtockung ſollen nach Merz 13 
bis 21 fm je Jahr und ha erzielt werden, während 
andere Quellen als Durchſchnitt nur 4 km angeben. 

Im ſüdlichſten Teil des Kantons, dem ſogen. Men: 
drifiotto, ebenſo wie im oberen Val Verzasca ſpielt auch 
der Schneitelbetrieb eine gewiſſe Rolle. Er wird 
ſowohl bei Eichen wie bei Schwarzerlen angewendet; 
einesteils, um Nutz⸗ und Brennreiſig, und andernteils, 
um Viehfutter zu gewinnen. Die dadurch geſchaffe⸗ 
nen Vegetationsbilder ſind, wie leicht zu denken, kei⸗ 
neswegs ſchön. Wirtſchaftlich mag dieſer Betrieb in⸗ 
dien nicht unvorteilhaft fein. 

Außerdem findet ſich die Schneitelwirtſchaft nament⸗ 
lic bei der Verwendung von Feldahornſtämmen als 


) In den „Jorſtlichen Verhältniſſen der Schweiz“ werden 

S. 84 68,9 und 31,1% angegeben, aber nur für die Korpo— 
tationsforften. Da die Privatforſten großenteils ebenfalls 
Niederwald enthalten, muß der Anteil desſelben im ganzen 
weit beträchtlicher fein, zumal die ganze Waldfläche des Sotto» 
teneri, welche Bettelini auf etwa 16535 ha annimmt, dieſer 
Betriebsform angehört. 

1916 


33 


— 


lebenden Rebpfählen; wobei aber ſelbſtredend die Holz⸗ 
erzeugung ganz in den Hintergrund tritt. 

Im allgemeinen läßt ſich nicht leugnen, daß be⸗ 
ſonders für den ſüdlichen Teil des Kantons und die 
unteren Talhänge heute und künftig der Ausſchlag⸗ 
wald die gegebene und einſtweilen gar nicht zu er⸗ 


ſetzende Wald⸗ und Betriebsform iſt und bleiben 
wird. Nur muß angeſtrebt werden, daß der Hieb 


pfleglich und nach richtigen forſtlichen Grundſaͤtzen er: 
folgt und daß vor allem die Schläge gegen Weide: 
vieh und Feuer geſchützt werden. Auch verdient die 
von Merz vorgeſchlagene Einpflanzung von als Laß⸗ 
reitel überzuhaltenden Nutzholzarten, namentlich Lär⸗ 
chen und Birken, die ernſteſte Beachtung. 

Die Holzpreiſe und Gelderträge find, 
wie bei der leichten und lohnenden Ausfuhr nach der 
holzarmen aber fruchtbaren und wohlhabenden Lom⸗ 
bardei wohl erklärlich, keineswegs niedrig. Ich bin 
feſt überzeugt, daß in nicht ferner Zeit die Holzzucht 
in den Bergen des Teſſin eine der lohnendſten 
Bodenbenutzungsarten ſein wird. Gegen⸗ 
wärtig werden für mittleres Bau- und Schneideholz im 
Walde bei Fichte und Lärche nach Beſchaffenheit und 
Lage etwa 10—30 Frs. je fm gezahlt, wobei der Kau: 
fer Fällung und Transport ſelbſt zu beſorgen hat. 

Für trockenes Kaſtanienſcheitbrennholz, welches nach 
Gewicht gehandelt wird, verlangt man heute in Locarno 
und Lugano 12-15 Frs. je rm). Als Gelderträge 
des gemiſchten Niederwaldes unter allerdings günſtigen 


Verhältniſſen werden von Merz 80 — 120 Frs. je Jahr 


und ha genannt. 

In den letzten 20 Jahren ſind die Holzpreiſe um 
mehr als 30 % geſtiegen. 

Ueber den Geſamtholzeinſchlag in den 
letzten 26 Jahren habe ich nach den Rechenſchafts⸗ 
berichten?) der Kantonsregierung folgende Tabelle zu: 
ſammengeſtellt: (Tabelle nächſte Seite.) 

Wie man ſieht, iſt die jährliche Abnutzung in den 
letzten 4 Jahren beſtändig geſunken. An der erheb⸗ 
lichen Verringerung für 1914 dürfte allerdings wohl 
jedenfalls der Krieg und die durch ihn herbeigeführte 
wirtſchaftliche Depreſſion die Schuld tragen. Von dem 
Einſchlage entfallen faſt 80 %% auf den Niederwald. 

Bei einer Annahme von 56 288 ha Korporations⸗ 
und 16 616 ha Privatforſten berechnet F. Merz in 
einer Statiſtik, welche er gelegentlich ſeines Scheidens 

1) Aus dem Jahre 1860 werden von Locarno als Holz: 
preife angegeben: 37 Frs. für 1 fm Sägeholz und 8—9 Fr. 
für 1 fm Brennholz. 1895 foftete in Lugano 1 rm Buchen» 
brennholz 10 Frs. 

2) Dieſe pünktlich erſcheinenden, ſehr ausführlichen Jah— 
resberichte geben die genaueſte Auskunft über alle Vor— 
gänge des öffentlichen Lebens und Ergebniſſe aller. Vers 
waltungszweige (einſchließlich Juſtizweſen) des Kantons und 
könnten dringend zur Nachahmung auch für die Regierungs— 
bezirke anderer Staaten empfohlen werden. 

5 


34 


Zuſammenſtellung des Holzeinſchlags in den Jahren 1889—1914. 


Es ſind eingeſchlagen 


in Korporationsforſten 


— — =Ü a0! — —t 2 — — 


= Aus den For: 
_ || porationsforften fini 


worden 


— — — 


in Ganzen 
| 


me im zus im zur | im zus verkauft 
en | gady | ier jammen) Sa wd jammen! weiß eg, men) in 
e ſt meter F eſt meter | fm | frs. e. 
1889—98 152124 | 460166 | 612290 | 51432 | 362271 | 413703 | 203556 | 822437 1025903 459522 1322684 87 
mithin durchſchnitt⸗ | | 
lich jährlich 15212 46017 61229 5143 | 36227 | 41370 || 20356 82244 1025/9 45952 | 132268 — 
1899—1908 232592 | 510923 | 848515 || 101640 | 413615 | 515155 || 334132 |1024538 1358670 615695 2011814 > 
mithin e . ; . | | | 
lich jährlich 23259 | 51092 84351 10154 | 41361 | 51515 || 33413 102454 135867 61569 201181 — 
1909 23631 53935 | 77566 14683 41957 | 58640 || 38314 | 95892 134206 55624 | 251270 E 
1910 14070 | 52861 | 66931 14921 57421 72312 | 28994 | 110282 139273 | 45108 | 184501 * 
1911 20597 | 49403 | 70005 || 10773 | 4069 56842 | 31370 | 95477 126847 46165 213367 4 
1912 16605 53481 | 70086 8268 | 45795 | 54063 || 24873 99276 124149 50509 | 220846 # 
1918 18118 | 46933 65051 || 10331 | 4.006 | 54337 || 28449 90939 119388 44583 | 278060 0: 
1914 11097 | 40558 | 51655 7707 | 39 38 | 48747 | 18806 79596 98402 33245 | 15718 | 60 


aus dem Kantonsforſtdienſt nach 20 jqähriger Tätigkeit 
im Jahre 1909 aufgeſtellt hat, die jährliche Ab- 
nutzung je ha 

I. für die Korporationsforſten im Jahrzehnt 


1889—98 auf 1.1 fm 
1899 - 1908 auf. 1,5 ; 
im ganzen Zeitraum auf b a ue ee Bhs. 
II. für die Privatforften im Jahrzehnt 1889 
bis 98 aunns 2.5 fm 
1899 - 1908 auf. 3,1 „ 
im Ganzen 2,8 „ 
und für alle Waldungen im Ganzen 2 „ 


Den Nettogeldwert des Jahresein-⸗ 
ſchlags veranſchlagt M. für die genannten 20 Jahre 
unter Zugrundelegung der erzielten mäßigen Lokal⸗ 
preiſe von 2 7 Frs. je fm auf jährlich rd. 346 000 Srs., 
für das letzte Jahrfünft 1904 8 auf rd. 550 000 Frs. 

Bei Einſtellung der wirklichen Handelsholzpreiſe 
(von etwa 20 frs. je fm Nutz⸗ und 15 Frs. je fm 
Brennholz) erhöht ſich dieſer Wert auf faſt das Vier⸗ 
fache des obigen Betrages. 

Bezüglich der Aufbereitung des Holzes 
iſt zu bemerken, daß das Brennholz im Allgemeinen 
nicht in Raummaßen aufgeſetzt, ſondern nach Gewicht 
verkauft wird. Das Reiſig wird in Wellen zuſammen⸗ 
gebunden. 

Wenn es auch in den meiſten Fällen ſchon wegen 
des Mangels an genügender dauernder Beſchäftigung 
an einem geübten ſtändigen Holzhauer- und Wald: 


arbeiterperſonal fehlt, ſo, würde es doch nicht ſchwer 


halten, die Technik des Holzeinſchlages befriedigend zu 
geſtalten, wenn es gelänge, den Arbeitern einen vor- 
teilhaften Erwerb durch die Forſtarbeit zu gewähren. An 
Gewandtheit und Geſchick fehlt es ihnen wahrlich nicht. 


Als ich vor nunmehr 36 Jahren nach dem Kav: 
kaſus ging, um dort eine Waldausnutzung unter {dwt 
rigen Gebirgsverhältniſſen zu organiſieren, holte il 
mir auf der Durchreiſe in Wien bei dem damals u 
ſolchen Dingen wohl erfahrenſten forſtlichen Praktiker, 
dem Freiherrn W. v. Berg, Rat, wo ich die brauch 
barſten Arbeiter für meine Zwecke, namentlich €: 
richtung von Holzbringungsanſtalten, Triftbetried 
Köhlerei uſw. finden und gewinnen könnte. J. 
Deutſchland hatte man mir den Schwarzwald al 
Quelle für die tüchtigſten Holzhauer genannt. Hen 
v. Berg riet mir jedoch dringend von dieſen Landi: 
leuten, welche nur in ihrer Heimat am Platze feien 
ab und bezeichnete mir als die gewandteſten und brauch 
barſten Arbeiter die Italiener aus den Grenzbezirken, 
namentlich in Kärnthen. Ich habe dann auch in 
Pontafel mit ſolchen Leuten verhandelt und die Ueber⸗ 
zeugung gewonnen, daß fie den ſchwierigſten Verhälk 
niſſen auch im fernſten Ausland gewachſen war 
Beſondere Umſtände verhinderten ſpäter leider die prot: 
tiſche Ausführung des Plans und Anwerbung der Ir 
beiter. Aehnlich iſt es mit den Teſſinern und an: 
grenzenden Italienern, welche nicht umſonſt burd 
Jahrhunderte hindurch der Welt die geſchickteſten Rünk 
ler und Handwerker geliefert haben. Wo es tm zeit! 
an Einheimiſchen fehlt, ftellen die benachbarten italie: 
niſchen Provinzen, beſonders das Bergamasker Land, 
genügend tüchtige, geſchickte und kräftige Arbeiter, welche 
geradezu als Spezialiſten für Holzhieb und Holztrans⸗ 
port gelten können. 

Wo in früheren Zeiten die meiſt aus dem Ba 
Pontirone ſtammenden „borradori“ („Flößer“) ihre 
Triftkanäle zimmerten und mit Schnee- und Bel 
riefen (,strusoni*) das Holz talabwärts ſchafften, wa 


35 


naturgemäß nicht ohne ſchwere Beſchädigung von Bo⸗ | (mirtilli), hat in den letzten Jahren einen ziemlichen 


den und Beſtand abging, werden heute kunſtvolle und 
dabei doch unendlich einfache Drahtſeil-Rieſen 
gebaut, die wohl kaum irgendwo ſo verbreitet und ſo 


vielfach benutzt find, wie im Teſſin. In allen Tälern | 
wirklich gefährlichen Feinde des Teſſiner Waldes der 


ſieht man die Drähte von den Wald: oder Gras: 
regionen der Berge mehr oder minder ſteil abwärts 
an geeignete Stellen der großen Straßen oder nach 
den Ortſchaften führen. Auf den ſtärkeren aus Draht⸗ 
ſeilen mit Bremsvorrichtung beſtehenden werden die 
ſchwereren Hölzer, namentlich Sägeklötze, bis 1,5 fm 
bezw. 1200 kg Gewicht; auf den ſchwächeren, 8 bis 
12 mm ſtarken einfachen Drähten, die Reiſigbündel, 
Heu und dergl. leichtere Laſten befördert. 

Nach Merz waren ſchon vor 12 Jahren 20 große 
und ca. 130 kleinere Drahtrieſen im Betriebe, deren An⸗ 
lagekoſten ſich für den laufenden Meter auf je 4—5 Frs. 
bew 50—60 Cent. ſtellten. In einer Statiſtik vom 
Jahre 1910 werden ſchon 475 Leitungen, (darunter 
21 größere mit Bremſe) mit einer Geſamtlänge von 
435 740 m aufgeführt, welche ſich auf 454 Eigentümer 
verteilten und 364 399 Frs. gekoſtet hatten. Wie ſich 
gegenwärtig die Anzahl dieſer genialen Transportan⸗ 
ſtalten ſtellt, vermag ich nicht zu ſagen. Wahrſchein⸗ 
lich haben ſie ſich noch vermehrt. Im Jahre 1913 
iſt übrigens ein beſonderes Geſetz über dieſen Gegen: 
tand erlaſſen, welches alle Rechtsfragen bei der An: 
bringung und Benutzung der Drahtſeilrieſen ordnet.!) 

Neben dem Holz ſpielen die Forſtnebenpro⸗ 
dukte heute nur eine geringe Rolle. Lediglich die 
Holzverkohlung kann noch auf eine gewiſſe Be⸗ 
deutung Anſpruch machen. In manchen Tälern ſieht 
man Sommer und Winter den Rauch der Meiler auf 
ſteigen. Immerhin iſt die heutige Köhlerei gegenüber 
früheren Zeiten, wo jährlich 50 — 60 Tauſend Meter: 
zentner Kohlen allein nach der Lombardei ausgeführt 
wurden, gering. 

Holzaſche (zur Kaligewinnung), Harz und 
Terpentin, welche früher ebenfalls in erheblicher 
Menge ausgeführt wurden, kommen heute wohl kaum 
noch in den Handel, ebenſo iſt die faſt ganz abgekom⸗ 
mene, einſt ziemlich erhebliche Lohrindengewinnung erſt 
in der allerletzten Zeit in Folge des Krieges wieder 
aufgelebt. 

Eine Waldnebennutzung, deren Wert bis vor Kur— 
zem faſt unbekannt war, das Sammeln und Verkau— 
ſen von Waldbeeren, namentlich Heidelbeeren 

) Für Intereſſenten möchte ich noch eine größere Rieſe 
don 820 m Länge bei 450 m Höhendifferenz und 80 % Ges 
fall erwähnen, welche 1895 mit einem Koſtenaufwande von 
cw. 10000 Frs. über die Via Mala bei Rongellen erbaut 
Yes Hier wurde das Tragfeil 28 mm, das Retourſeil 
. und das Bremsſeil 12 mm ſtark genommen. Das 

gſeil ſoll, um die Abnutzung durch Scheuern zu vermin— 


ern, nicht geflochten ſein, ſondern aus nebeneinander lie— 
genden Drähten beſtehen. 


Umfang, namentlich im Südteil des Kantons mit ſei⸗ 


| nen Kurorten und Fremdenkolonien, gewonnen. 


Ueber den Forſtſchuttz ift nicht viel zu fagen. 
Wie ſchon früher hervorgehoben, ſind die einzigen 


[Menſch und die Ziege. 

Von ſchädlichen Naturereigniſſen richten 
mitunter Lawinen und Wolkenbrüche (wie am 8. bis 
9. Oktober 1913) große Verheerungen an, während 
Windbruch ſeltener ſich bemerkbar macht. Schnee⸗ 
druck und Bruch ſchädigt zuweilen beſonders die jünge⸗ 
ren Nadelholzbeſtände in erheblichem Maße. Von 
Waldverderbern aus dem Reiche der Inſekten iſt 
eigentlich nur Cnethocampa pityocampa, der Pinien- 
proceſſionsſpinner !), Tinea laricinella und allenfalls 
noch Tortrix pinicolana zu nennen. Auch der Mai- 
fajer ift ein ftändiger, aber bisher nicht gerade ge- 
fährlicher Gaſt in den Pflanzgärten und Schwemm⸗ 
landwäldern. 

Um die Menſchen in ihrer Waldfeindſchaft und 
Zerſtörungsſucht zu zügeln, ſind die gegenwärtigen 
Forſtgeſetze völlig genügend und geeignet. Auf Grund 
des Bundesforſtgeſetzes von 1902 iſt durch das Kan⸗ 
tonsforſtgeſetz vom 26. Juni 1912 nunmehr auch für 
den Kanton Teſſin alles Notwendige angeordnet wor⸗ 
den, um den Wald zu ſchützen, zu verbeſſern und, wo 
es angängig und erforderlich, zu vermehren. 

Der Artikel 1 des Geſetzes lautet: 

„Der Staat (Kanton Teſſin) übt die Aufſicht über 
die Waldungen in den Grenzen des Bundesgeſetzes 
aus und beſchützt im öffentlichen Intereſſe die Erhal⸗ 
tung und Vermehrung der öffentlichen und privaten 
Forſtflächen.“ 

18 weitere Artikel handeln dann von der Organi⸗ 
ſation der Forſtverwaltung und dem Forſtperſonal. 

Art. 22 enthält die wichtige Beſtimmung, daß die 
Forſtfläche des Kantons nicht verringert 
werden darf. Jede Rodung im Schutzwaldgebiete 
bedarf der Bundes-, im übrigen Walde der Kantons: 
genehmigung. 

Ferner wird beſtimmt, daß alle durch Hieb oder 
ſonſtige Ereigniſſe (Feuer, Wind, Lawinen) geſchaffenen 
Kahlflächen binnen 3 Jahren wieder aufgeforſtet wer: 
den müſſen; daß Korporationsforſten ohne beſondere 
Staatsgenehmigung nicht veräußert und nach geneh— 
migten Betriebsplänen bewirtſchaftet werden ſollen. 

Sehr wichtig iſt Art. 28, in welchem die verhäng— 
nisvolle Teilung ders Patriziatsforſten zu Eigentum 
oder zur Nutznießung verboten und die Wiederauf— 
hebung der jhon bewirkten Teilung den Patriziats— 


1) Dieſer ſüdliche Vertreter unſeres Kiefernproceſſions— 
ſpinners (pinivore) befällt auch gern die im Teſſin ſonſt 
vorzüglich gedeihenden Cedern, beſ. Deodara. 

6* 


36 


behörden anheimgeſtellt wird. Weitere Teilung ſchon und Uebertretungen zur Anzeige gebracht worden, mi 
beſtehender Parzellen ift auf alle Fälle unterſagt; daz hin jährlich im Durchſchnitt 176 Fälle; während i 
den 4 Jahren vorher nur 120 Fälle je Jahr ve: 
kamen. Die feſtgeſetzten Geldbußen und Strafen hate: 


gegen ſoll möglichſte Zuſammenlegung kleiner Wal⸗ 
dungen zu gemeinſamen Wirtſchaftskomplexen ange⸗ | 
ſtrebt werden. faſt 8000 Frs. betragen. Selbſtredend hat im letzte 


Alle Hiebe, welche nicht auf Grund eines beſtimmten Jahre auch auf dieſem Gebiete der Kriegszuſtand nad: 
Betriebsplanes erfolgen, bedürfen der vorherigen Ge- teilig eingewirkt, namentlich dadurch, daß viele Lokal 


nehmigung der Forſtbehörde, welche berechtigt ift, eine forſtbeamten zum Militärdienſt einberufen wurden un 
Kaution für die vorgeſchriebene Wiederkultur uſw. zu die Aufſicht nicht mehr fo jorgfältig ausgeübt werk: 


fordern. 

Die Nebennutzungen, namentlich Weide und Streu⸗ 
entnahme, ſollen, wenigſtens in den Korporationswal⸗ 
dungen, möglichſt ſtreng begrenzt und auf den dringen⸗ 
den Bedarf beſchraͤnkt werden und jedenfalls nur nach 
beſtimmten feſtgeſetzten Regeln erfolgen. 

Servituten und Berechtigungen ſind zunächſt genau 
feſtzuſtellen und dann möglichſt bald, im allgemeinen 
nur durch Geldabfindung, abzulöſen. 
können in Korporationsforſten nicht mehr begründet 
werden. 

Im Fall von Waldbränden find die Ortsbehörden 
zum ſofortigen Einſchreiten verpflichtet und für allen 
durch ihre Verſaͤumnis entſtehenden Schaden verant- 
wortlich. Die Brandflächen müſſen nach den Anord- 
nungen des Kreisforſtinſpektors behandelt und zunächſt 
von der Weide ausgeſchloſſen werden. Im Fall ſchuld⸗ 
hafter Brandſtiftung kann die ganze Waldzone be- 
ſtimmte Zeit für Weide geſperrt, geeignetenfalls auch 
auf Koſten des Eigentümers wieder aufgeforſtet werden. 

Wo es zur Erhaltung von Quellen und zur Ab: 
wendung von Gefahren durch Waſſer, Lawinen uſw. 
erforderlich ſcheint, kann die Aufforſtung beſtimmter 
Flächen gefordert und entweder auf Koſten des Eigen⸗ 
tümers, oder aber des Kantons mit Enteignung durd: 
geführt werden. Im erſteren Fall werden erhebliche 
Unterſtützungen (bis 50 % der Koſten) gewährt. 

Ueber die ſehr wichtige Beziehung der Weide zur 
Forſtkultur iſt in Art. 56 geſagt, daß möglichſt eine 
Verbindung und Verſöhnung der beiden (ſich leider 
meiſt nur zu feindlich gegenüber ſtehenden) Intereſſen 
angeſtrebt werden ſoll. Wo es nötig erſcheint, die 
Waldfläche auf Koſten der Weide auszudehnen, ſollen 
die bleibenden Weiden tunlichſt verbeſſert werden. 

Neue Kulturen und Verjüngungen dürfen nicht 
eher wieder beweidet werden, bis ſie dem Zahn des 
Weideviehs völlig entwachſen ſind. 

Die Strafbeſtimmungen (Art. 59 —64) find 
ziemlich ſtreng. So werden z. B. Zuwiderhandlungen 
gegen die Betriebspläne oder Hiebsbewilligungen mit 
50—300 Frs. geahndet. Weideübertretungen koſten 
je Fall und Kopf (des Viehs) mindeſtens 2 Frs.; in 
Schonungen und Kulturen aber mindeſtens 10 Frs. 

Seit dem Inkrafltreten des Geſetzes ſind in den 


3 Jahren 1912 14: 528 Fälle von Forſtvergehen 


Neue Laften | 


konnte. Von den verhängten Geldbußen erhält de 
Anzeigende (auch der Beamte) einen gewiſſen Teil. 

Waldbrände fptelen leider noch immer ar: 
bedeutende und unheilvolle Rolle. 

Aus dem Jahre 1912 werden 15 größere Brant: 
gemeldet, welche auf 276 ha den Holzwuchs verné 
teten. Schlimme Waldbrandjahre waren 1893 mi 
418 ha und 1899 mit 730 ha Brandfläche, w. 
ſchlimmer noch 1907, wo 2300 ha abgefengt wurden. 
Beſonders berüchtigt ift in dieſer Hinficht die Im: 
gegend von Locarno. Wohl kein Herbſt⸗ und Frit: 
| lingsgaſt verläßt diefe ſonſt fo großartige und dab 
liebliche Landſchaft, ohne das eigenſchöne Schauſpie 
eines abendlichen oder nächtlichen Waldbrandes an der 
Berghängen zwiſchen Verzascatal und Briſſago erlt 
zu haben. Nächſt Locarno ift dann das Sottocencr 
und zwar fein weſtlicher Teil, der ſogen. Malkanton 
am häufigſten der Schauplatz von Waldbränden. Ab 
geſehen von ganz vereinzelten Fällen, wo die Brände 
gelegentlichem Leichtſinn und perſönlicher Unvorfidti: 
keit ihre Entſtehung verdanken, werden dieſelben tet 
abſichtlich angelegt. Es ift gewiſſermaßen noch en 
Reſt uralter Brandkultur, welche bezweckt, dur 
Vertilgung der Buſch-, Ginſter⸗, Heide⸗ und Borſtgras 
vegetation und durch Düngung des Bodens mit del 
Aſche der verbrannten Bodendecke eine neue Frucht 
barere Grasnarbe für Weidezwecke zu gewinnen. Aud 
im weſtlichen Deutſchland finden fih ja noch Spuren 
ähnlicher Wirtſchaftsart in den Brandhainen u. bergl 
einzelner Gebirgsgegenden. è 

Man könnte für ganz beftimmte, ſtreng abgegrenzt 
Oertlichkeiten unter Umftänden das Abbrennen de 
Bodenüberzugs vielleicht geftatten, wenn nicht ſtetz bas 
Feuer auch dort angelegt würde und vor allem dahin 
übergriffe, wo es nicht nur die läſtige Unkraut un 
Buſchvegetation, ſondern auch hoffnungs⸗ und wet 
vollen Waldbeſtand zerſtört. Zudem hält die el 
ſtrebte Verbeſſerung der Grasnarbe ſtets nur kurz 
Zeit vor. Nach wenigen Jahren herrſcht wieder Ginffer. 
Heidekraut und Borſtengras wie früher. 

Faft immer ſind es trockene Südhänge, welch 
gebrannt werden. 10 

In den Rechenſchaftsberichten der Forſtbehörde et 
bitter darüber geklagt, daß es nur felten gelingt 
ſchuldigen Urheber der Waldbrände zu ermitteln un 


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ur Verantwortung zu ziehen. Die Teſſiner Forſt⸗ wollen, bleibt nichts anderes übrig als die Intereſſen 


rite können fidh hierin mit“ ihren deutſchen Kollegen 
röſten, denen es auch nicht beſſer geht. Im übrigen 
ſt begründete Hoffnung, daß mit der im Gange be- 


indlichen Vermehrung des Forſtperſonals, namentlich 


Unſtellung gewiſſenhafter und unabhängiger Wald- 


värter, auch dies Uebel erfolgreicher bekämpft werden 


vird. Sehr wirkſam würde ja die im Geſetz vorge⸗ 
ehene, in Wirklichkeit bis jetzt nur zaghaft angewen⸗ 
rete Maßregel fein, daß im Falle eines böswilligen 
Waldbrandes die Waldweide in der ganzen betroffenen 
Zone für längere Zeit verboten würde. 

Ueber den Schaden, welcher durch rückſichtsloſes 

Streurechen in den Laubholzbeſtänden angerichtet 
vird, hört man von forſtlicher Seite oft lebhafte 
Rlagen. 
Ich folte jedoch meinen, daß, abgefehen von den 
immerhin ſeltenen Buchenverjüngungen, dieſer Schaden 
ſich wohl ertragen oder doch genügend eindämmen 
ließe, zumal wenn der ſtreubedürftigen Bevölkerung 
Farrenkraut, Heide und ähnliches Material zur Ber: 
fügung geſtellt werden kann. 

Der größte und ſchlimmſte Waldfeind nächſt dem 
Menſchen iſt und bleibt nun einmal die Ziege. Die 
im Umherziehen betriebene Ziegenweide iſt die große 
Klippe, an welcher alle Forſtkultur wie in ſüdlichen 
Bergländern überhaupt, ſo ganz beſonders im Teſſin, 
ſcheitert oder wenigſtens zu ſcheitern droht. 

Die Verſöhnung von Waldwirtſchaft und Weide⸗ 
betrieb iſt wohl zur Zeit das größte wirtſchaftliche 
Problein für den Kanton, welches ſich vom einſeitigen 
forſtlichen Geſichtspunkte allein niemals wird löſen laſſen. 
= „Primum vivere, deinde philosophari (i. e. 
forestam facere)!“ Wenn man Einwohner haben 
und behalten will, muß man ihnen auch die Möglich⸗ 
keit geben, zu leben. Wohl möchte es für manche Ge⸗ 
birgsgegenden, — rein theoretiſch und abſolut betrachtet 
— das wirtſchaftlich Beſte ſein, wenn alles Gelände 
mit Ausnahme der wirklich guten Wieſen, Aecker und 
der Alpweiden über der Baumregion zu dichtem Wirt⸗ 
ſchaftswald umgewandelt und als ſolcher rationell be⸗ 
wirtſchaftet würde. 

Vielleicht wird dieſer Entwicklungsgang ſich all⸗ 
mählich in fernerer Zukunft ſtellenweiſe vollziehen, zu⸗ 
mal wenn die Holzzucht und Waldwirtſchaft ihre Renta⸗ 
bilität in bisheriger Weiſe weiter ſteigert. Einſtweilen 
hat man aber noch mit den beſtehenden Bevölkerungs— 
und Kulturverhältniſſen zu rechnen. i 

Für diejenigen, welche die jetzt ſchon ſpärliche Be⸗ 

völferung!) den Bergen und damit dem Lande erhalten 


Nach der letzten Feſtſtellung beträgt die Einwohnerzahl 

Teſſin nur 161000; mithin je (km 57. In den letzten 

n Jahren hat fie nur um rd. 30 000, alfo 23 % auge- 
en. 


des 
50 — 
nom 


derſelben mit denen der Geſamtheit, im Beſonderen 
der Tallandſchaften, in Einklang zu bringen und nicht 
ſchlechthin Meliorationen zu planen und durchzuführen, 
welche an ſich zwar notwendig und nützlich ſind, von 
den Bergbewohnern aber zunächſt "nur Opfer ver- 
langen, ohne ihnen einen ſichtbaren und direkten Vor⸗ 


| teil zu gewähren. Hierzu gehören aber Aufforſtungen, 


Schaffung von Schutzwald⸗ und Schonungsdiſtrikten, 
ja ſelbſt Schutzbauten gegen Hochwaſſer und Lawinen, 
welche zunächſt dem Anwohner nur Zwang und Be⸗ 
ſchränkung, weniger in ſeinem eigenen, als im allge⸗ 
meinen Intereſſe, auferlegen. Freunde und Kenner 
des Landes und beſonders der Berggegenden haben 
deshalb in letzter Zeit im Bundesrat ihre Stimme er⸗ 
hoben und auf die Gefahren und Unbilligfeiten auf⸗ 
merkſam gemacht, welche durch eine einſeitige Anwen⸗ 
dung des Forſtgeſetzes und Bevorzugung der for ft- 
lichen Geſichtspunkte leicht entſtehen könnten. Sie 
halten es namentlich für bedenklich, daß beim Bunde 
Forſt-, Waſſer⸗ und Weideangelegenheiten von 3 ver: 
'ſchiedenen Reſſorts abhängen und bearbeitet werden, 
und möchten dieſe ganze, für das Gebirge eine Lebens⸗ 
frage bildende Angelegenheit in den Händen einer 
Behörde wiſſen, welche dann alle Intereſſen gleich⸗ 
mäßig wahrnehmen und berückſichtigen könnte. 

Es wird auf das Beiſpiel des benachbarten Italien 
hingewieſen, wo durch den gerade als Kenner des 
Landes und beſonders der Berggegenden, hervorragenden 
Staatsmann Giolitti in neuſter Zeit mehrere wichtige 
Geſetze geſchaffen ſind, die den uralten und immer 
bitterer werdenden Konflikt zwiſchen Wald und Weide 
ordnen und löſen ſollen. Zunächſt iſt hier im Jahre 
1910 die Forſtverwaltung in eine Geſamtver⸗ 
waltung der Wälder, Wieſen. Weiden, 
und des Waſſers verwandelt worden. — Nach 
demſelben Geſetz werden alle aufgeforſteten Flaͤchen, bei 
Niederwald 15, bei Hochwald 40 Jahre, von jeder 
Steuer und Abgabe befreit und auch Privaten die 
Dienſtleiſtungen der Staatsforſtbeamten unentgeltlich 
zur Verfügung geſtellt. 

Flächen, auf denen die Weide im öffentlichen In⸗ 
tereſſe ruhen muß, erhalten einen bedeutenden Nach⸗ 
laß der Abgaben. Zur Begünſtigung kleiner Wald⸗ 
induſtriebetriebe werden den Unternehmern bis 15 
Pferdekräfte an Waſſerkraft unentgeltlich geliefert. 
Durch ein weiteres Geſetz von 1912 wurde für Auf⸗ 
hebung oder Beſchränkung der Weide in den durch 
Aufforſtung oder Waſſerbauten in Schonung gelegten 
Bezirken eine direkte Entſchädigung gewährt, was in 
den Schweizer Geſetzen bis jetzt nicht vorgeſehen iſt. 

Neuerdings hat man fogar in Italien durch Ge: 
ſetz einen großen umfaſſenden Plan feſtgelegt, wonach 
die umfangreichen Flächen, welche weder eigentlicher 


1 


88 
Wald, noch brauchbare Weiden ſind, bis zu 10 Jahren ihre Alpweiden ſogut wie nichts tun, während die 
in Schonung (riserva) gelegt und auf Staatskoſten nahe den Dörfern belegenen Wieſen leidlich gepflegt 
zur Wiederherſtellung ihrer urſprünglichen Benützung werden!). 


verbeſſert werden ſollen, wobei die Eigentümer noch Bettelini erwähnt und empfiehlt den ſchon wieder⸗ 
für die Zeit der Schonung die vordem von ihnen er⸗ holt gemachten Vorſchlag, die Alpweiden, ſoweit ſie 
zielte Rente als Entſchädigung erhalten. noch in der Baumregion liegen, mit hochſtämmigen 


Alle diefe zweifellos weitblickenden und weitherzigen | Schattenhäumen, namentlich Bergahorn, ) in ge 
Maßnahmen des Nachbarlandes werden nun der nügend weitem Abſtande (15 20 m) zu bepflanzen. 


Schweiz und beſonders dem Teſſin als nachahmens: Man will die Erfahrung gemacht haben, daß durch 


wertes Muſter hingeſtellt. eine ſolche ſchwache und milde Beſchattung namentlich 
Nun wird zunächſt der Kenner von Land und an trocknen beſonnten Hängen der Graswuchs erheblich 
Leuten in Italien, welcher die materiellen und mora- geſteigert und verbeſſert wird. 
liſchen Kräfte dieſes Landes richtig einzuſchätzen ver⸗ Ganz beſonders würde ſich auch die Lärche als 
mag, bei aller Anerkennung der guten Abſichten dieſer Baum der Weiden eignen, wenn nicht das Setzen und 
Geſetze billig bezweifeln können, ob ihre Durchfüh⸗ Schützen genügend ſtarker Pflanzen große techniſche 
rung wirklich den daran geknüpften Erwartungen Schwierigkeiten böte. 
entſprechen wird. Jedenfalls aber wird man grund— Durch dieſe Schaffung von Hutebeſtänden. wie ſie 
ſätzlich billigen und anerkennen müſſen, daß die boden⸗ | in den unteren Regionen der Kaſtanienſelven {don 
wietſchaftliche Melioration der Gebirgsgegenden einer vielfach vorhanden find, würde beiden Intereſſen, der 
Behörde übertragen und daß für jedes Opfer und | Holzzucht, wie der Weide, beſtens gedient, und kann 
jede Nutzungsbeſchränkung den Bewohnern ihre Anlage nur dringend angeraten werden. 
auch eine Entſchädigung gewährt wird. Es muß Daß im übrigen durch eigene Einſicht und Selbſt⸗ 
erſtrebt und erreicht werden, daß das Volk Einſicht zucht alles Wünſchenswerte erreicht werden kann, zeigen 
und Intereſſe für alle Arbeiten und Verbeſſerungen | einzelne Gemeinden, von denen ich namentlich Cornone: 
in ſeinem Bereich gewinnt und ihnen mit freundlichem Dalpe oberhalb Faido lobend hervorheben möchte. Hier 
Auge und helfender, ſchützender Hand zur Seite ſteht. | ift die Ziegen⸗ und Schafweide völlig abgeſchafft und 
Daß alle Meliorationsarbeiten nach einem großen die Kuhweide ſtreng geregelt, ſo daß jede berechtigte 
forgfaltig erwogenen Plane vorgenommen werden, Familie nur eine genau begrenzte Anzahl Vieh aus: 
iff ferner ein durchaus berechtigter Wunſch. Bettelini treiben darf. Während die Hauptherde den Sommer 
verweiſt in dieſer Hinſicht mit Recht auf das Beiſpiel über auf den höheren Alpweiden ſich befindet, wird 
Frankreichs, wo alle zu Wald oder Weide beſtimmten in der Nähe des Dorfes nur eine beſchränkte Zahl 
und tauglichen Flächen im Maßſtabe von 1: 25000 Milchkühe (die ſogen. „Heimkühe“) für den häuslichen 
genau aufgenommen und örtlich feſtgelegt ſind. Un⸗ | Bedarf an Milch uſw. geweidet. Die ſorgfältig ge: 


bedingt kann und muß aber auch von Seiten der | pflegten Wieſen dürfen überhaupt von Weidevieh nie⸗ 


Herdenbeſitzer und Eigentümer von Wieſen und Wei: mals betreten werden. Dafür ift denn auch der Dalper 
den noch viel geſchehen, um dieſe Flächen zu verbeſſern | Wald muſterhaft geſchloſſen und liefert neben dem 
und ihre Erträge zu erhöhen. nötigen Bau- und Brennholz für die Bürger ſoviel 
Das treffliche Organ der Teſſiner Landwirtſchaft⸗ Reinertrag, daß alle Gemeindeanſtalten wie Schule, 
lichen Geſellſchaft, der Agricoltore Ticinese, enthält Kirche, Wege ufm: davon gut unterhalten werden 
faſt in jeder Nummer dringende Mahnungen zur Ver- können. | 
beſſerung der Alpweiden und ⸗Wieſen. Seitdem Kali: Im letzten Sommer wurde durch den beſten Teil 
dünger, Thomasmehl und Phosphate auch in den ent⸗ des Waldes eine Kunſtſtraße gebaut, deren often 
legendſten Tälern unſchwer zu beſchaffen find, empfiehlt | allein auf 30000 Frs. veranſchlagt waren?! 
es ſich durchaus, dieſe gehaltreichen, leicht zu trans⸗ Dalpe gehört auch zu den bis jetzt leider nicht 
portierenden Düngemittel auch für die Alpweiden zu Zahlreichen Gemeinden, welche ſchon längſt einen vor 
verwenden, um eine beffere, nährſtoffreichere Grasnarbe ſchriftsmäßigen Betriebsplan für ihren Wald haben 
zu erzielen. Auch der bei den Ställen und Käſereien aufſtellen laffen und beobachten. (Schluß folgt 
in ſchädlichem Uebermaß abgelagerte Viehdung müßte) x a a le 7 1 
weiter verbreitet und nutzbar gemacht werden. Vor⸗ | Be 155 Tüngen aa Bewäſſſern aus der sterilen 
hergehen müßte in allen Fällen eine Saͤuberung und | Narduswieſe bald eine fruchtbare Fettweide geſchaffen werden 
Einebnung der Weideflächen, ſoweit diefe möglich und könne; 1 N , tau 
nützlich iſt. Man kann manchen Teſſiner Bergge⸗ ~ bom HV•HH»P E 15 
meinden den Vorwurf nicht erſparen, daß ſie für ſchiefergeſteine entſprechend gedeiht. . 


as. — — 


89 


Literariſ che | Berichte. 


Neues aus dem Buchhandel. 


| 


Ein zeitgemäßes Büchlein! Zeitgemäß aus dem 


Behm, Geh. Reg.⸗ u. Forſtr. B.: Anleitung zur Buch⸗ u. Grunde, weil es in der jetzigen Kriegszeit unſer Be- 


Rechnungsführung f. Privatforſtreviere. 2., umgearb. Aufl. 
(152 S.) Xer.-8°. geb. in Halbleinw. M. 6.50. J. Neu- 
mann in Neudamm. 

Förſter⸗Jahrbuch, Preußiſches, f. 1915. Ein Ratgeber f. die 
preuß. Kron- u. Staats⸗Forſtbeamten. 6. Bd. Hrsg. zum 
Tl. nach amtl. Quellen v. der Geſchäftsſtelle der deutſchen 
Forſt⸗Zeitg. (XXXVI, 212 S.) Ler.-8% M. 3.—. J. 
Neumann in Neudamm. 

Förster-Kalender f. d. Scbaltj. 1916. 26. Jg. Hrsg. v. 
Forstr. i. R. August Leuthner. (V, 268 S.) 16. Lwbd. 
M. 3.—; Ldrbd. M. 4.50. Joh. Leon sen. in Klagenfurt. 

Forst- u. Jagdkalender d. kärntner Forstvereins für das 
Schaltj. 1916. 37. Jg. Hrsg. vom kärntner Forstverein, 
(259 u. 50 S.) kl. 5%. Lwbd. M. 4.—. Joh. Leon sen. in 
Klagenfurt. 

Toritlalender, Deutſcher, des deutſchen Forſtvereins f. Böh⸗ 
men. 1916. 9. Jahrg. Bearb. v. Forſtſch.⸗Dir. Forſt⸗ 
wirt Bez.⸗Forſttechn. Ziv.⸗Geometer Dr. Rich. Grieb. (152 
u. Beilage 48 S.) kl. 8%. in Leinw.⸗Taſche u. geh. 2.40. 
3. Kobrtſch & Gſchihay in Eger. 

Forſtkalender, Schweizeriſcher. Taſchenbuch f. Forſtweſen, 
Holzgewerbe, Jagd u. Fiſcherei. 11. Jahrg. 1916. Hrsg. 
v. Prof. Thdr. Felber. (IV, 252 S. u. Schreibkalender.) 
kl. 8. geb. in Leinw. 2. —. Huber & Co., Verlagskonto 
in Frauenfeld. 

Leitfaden f. die volkswirtſchaftliche Würdigung des Weid⸗ 
werkes in den Schulen. Für die Mittelſchulen, landwirt- 
ſchaftl. u. forſtl. Fachſchulen. Verf. im Auftrage der 
„Freien Vereinigg. zum Schutze des Weidwerkes“ in Wien. 
(V. 102 S.) gr. 8°. 1.70. Alfred Hölder in Wien. 

l'ressler, weil. Geh. Hofr. Forstakad.-Prof. Dr. M. R.: Forst- 
liche Kubierungstafeln. Im Auftrage des königl. sachs. 
Finanzministeriums bearb. 16. verm. Aufl., hrsg. v. Geh. 
Ob.-Forstr. Ob.-Forstmstr. [fr. Forstakad.-Dir.] Dr. Max 
Neumeister. (VIII, 134 S.) 25%x14,5 cm. geb. in Halb- 
linw. 5.—. Moritz Perles, k. u. k. Hof- Buchhändler, 
Verlags-Konto, in Wien. 

Romstorfer, Karl A., Archit. Reg.-R.: Der land- u forst- 
wirtschaftl. Bau in Anlage u. Ausführg. unter Berücksicht, 
d. örtl. Bauweisen. Hrsg. m. Unterstützg. d. k. k. Acker- 
bauministerums. Mit 1030 Abb. (VIII, 496 S.) Lex. -8e. 
Lwbd. 17.—. Franz Deuticke Verlag in Wien. 

Weidmannsheil! Forſt⸗ u. Jagdkalender f. d. J. 1916. 
11. Jahrg. (XII, 127 u. 32 S.) kl. 8. geb. in Leinw. 
M. 1.50. Carl Kochs Verlagsbuchh. in Nürnberg. 


Praktiſcher Pilzſammler. Illuſtriertes Taſchen⸗ 
Beſtimmungsbuch zum Beſtimmen aller in unſerer 
Heimat wachſenden eßbaren und giftigen Pilze auf 
Grund ihrer wiſſenſchaſtlichen Syſtematik mit An: 
leitung zur Behandlung der Pilze in der Praxis 
und Küche. Mit 162 farbigen und 20 ſchwarzen 
Abbildungen auf 48 Tafeln. Verfaßt von Prof. 
Dr. Johann Madu und Al. Kaſpar. Ol 
mütz 1915. Verlag von R. Promberger. Preis 
3.80 K. bez. 3.20 Mk. 


| 
| 


ftreben fein muß, alle uns von der Natur für Menſch 
und Tier zur Verfügung geſtellten Nahrungsmit⸗ 
tel möglichſt auszunutzen, um unſere Nahrungs⸗ 
vorräte tunlichſt zu ergänzen und zu ſtrecken. Zwar 
iſt es unſeren Feinden trotz wirtſchaftlicher Blockade 
und trotz völkerrechtswidriger Behandlung der neu⸗ 
tralen, mit den Zentralmachten im Handelsverkehr 
ſtehenden Staaten nicht gelungen, uns auszuhungern, 
wohl aber ſind manche Nahrungsmittel knapp ge⸗ 
worden, und auf dem ganzen Nahrungsmittelmarkte 
macht ſich Teuerung in unliebſamſter Weiſe bemerkbar. 
Da gilt es denn, auch ſolche Nahrungsmittel ſtärker 
heranzuziehen, die in normalen Zeiten aus mancherlei 
Gründen zum großen Teile ungenutzt bleiben. Hier⸗ 
her gehören auch unſere eßbaren Pilze, deren Nähr⸗ 
wert beinahe jenem des Fleiſches gleichkommt, die aber 
trotzdem viel zu wenig geſammelt und verwertet zu 
werden pflegen. Dieſe Tatſache erklärt ſich wohl haupt⸗ 
ſächlich dadurch, daß Vergiftungen durch den Genuß 
von Pilzen auch heute noch nicht gerade ſelten vor⸗ 
kommen. 

Das vorliegende Büchlein will nun dazu beitragen, 
dieſem Uebelſtande abzuhelfen; es will die Pilzkunde 
mehr zum Gemeingut des Volkes machen und kann 
daher als eine willkommene Bereicherung unſerer Pilz⸗ 
literatur angeſehen werden. Es zerfällt in zwei Haupt⸗ 
teile: den Text und den Bilderatlas. Erſterer um⸗ 
faßt 208 Seiten und gliedert ſich, abgeſehen von der 
Einleitung, in folgende Abſchnitte: 

Kurzgefaßte morphologiſche und biologiſche Ueber⸗ 
ſicht. 

Tabellen zum Beſtimmen der Familien. 

Tabellen zum Beſtimmen der Gattungen. 

Tabellen zum Beſtimmen der Arten. 

Anleitung zum Gebrauche vorliegender Beſtim⸗ 
mungstabellen. 

Die Pilze in der Praxis und Küche. 

Vergiftung durch Pilze und Hilfe bei Vergiftungen. 

Naturgemäße Konſervierung der Pilze und die 
Pilzſammlung. 

Zum Schluſſe folgen noch verſchiedene alphabetiſche 
Verzeichniſſe. 

Die morphologiſche und biologiſche Ueberſicht be- 
handelt, wie das ganze Büchlein, nur die ſogen. höheren 
Pilze, die wegen ihrer großen, hutförmigen und flei- 
ſchigen Fruchtkörper als „Hutpilze“ bezeichnet werden 
und für den vorliegenden Zweck allein Intereſſe bieten. 
Sie zerfallen in zwei große Klaſſen, die Bafidienpilze 


(Basidiomycetes) und die Schlauchpilze (Ascomy- 
cetes). Die niederen „Pilze, wie Schimmel⸗, Brand- 
Roſtpilze uſw. ſind in dem Büchlein nicht behandelt. 

In der nun folgenden Syſtematik nehmen die Ta: 


Die Anleitung zum Gebrauche der Beſtimmungs⸗ 
tabellen wäre zweckmäßiger vor ftatt hinter die Ta: 
bellen geſetzt worden. l 

Die Schlußkapitel des Textes bilden eine wertvolle 


bellen zum Beſtimmen der Pilze. den weitaus größten | Ergänzung des Inhalts hinſichtlich des Zweckes des 
Raum ein. Sie, bilden den Beſtimmungsſchlüſſel, aber | Büchleins, der beſſeren und vollſtändigeren Ausnutzung 


dieſer Schlüſſel iſt nicht in der ſonſt gebräuchlichen Art 
der botaniſchen Schlüſſel ſtufenweiſe bis zu der zu be- 
ſtimmenden Art zuſammengeſtellt, ſondern nach der 
modernen franzöſiſchen dreireihigen Beſtimmungsweiſe, 
wonach zuerſt die Familie, dann die Gattung und 
ſchließlich die Art nach der Diagnoſe oder Beſchreibung 
beſtimmt wird. 
der Familien, Gattungen und Arten ſtellen lediglich 
eine überfichtlihe Klaſſifikation der Pilze dar, aber 
die Verfaſſer ſind der Anſicht, daß nur eine richtige 
und überſichtliche Klaſſifikation den Schlüſſel zum Be⸗ 
ſtimmen der Pilze bilden könne, weil eine Reihe von 
Merkmalen, die bei den Blütenpflanzen zur Beſtim⸗ 
mling dienen, wie Farbe, Geſchmack, Geruch, Stand⸗ 
ort uſw. gänzlich unbeſtändige und unverläßliche Er: 
kennungszeichen ſeien, und weil es einzig und allein 
auf Grund botaniſcher Merkmale und wiſſenſchaftlicher 
Syſtematik möglich fei, eine ſichere Beſtimmung der 
einzelnen Pilzarten vorzunehmen. 

Ueber die Zweckmäßigkeit dieſer Beſtimmungsme⸗ 
thode gegenüber der auf dichotomer Grundlage aufge: 
bauten läßt ſich ſtreiten. Und tatſaͤchlich haben die 


Verfaſſer auch nicht ſtreng an ihrer Methode feſtge⸗ 


halten; ſie ſind bei verſchiedenen ſehr artenreichen Gat⸗ 
tungen davon abgewichen, indem fie beſondere Ueber: 
ſichts⸗Tabellen beigegeben haben, die allerdings nicht 
der endgültigen Beſtimmung dienen, immerhin das 
Suchen in den Tabellen dieſer artenreichen Gattungen 
erleichtern ſollen. Das bedeutet aber doch nichts an⸗ 
deres als eine Erleichterung der raſchen und ſicheren 
Beſtimmung der Art. 

Als „Familien“ find 9 praltiſche Gruppen ausge: 
ſchieden, namlich: Blätter-, Röhren⸗, Keulen⸗, Stachel-, 
gallertartige, knollenartige, beher- oder ſchalenartige, 
morchelartige und verſchiedengeſtaltige Pilze. Den 
größten Teil des Textes nehmen die Tabellen zum 
Beſtimmen der 460 Arten ein. Neben einer Be⸗ 
ſchreibung der beſonderen äußeren Merkmale iſt die 
Zeit des Erſcheinens der Fruchtkörper, ihr Geruch und 
ihr Geſchmack ſowie der Standort angegeben. Bei 
jeder Art ſindet ſich auch eine zuverläſſige Angabe über 
die Güte der Pilze. Die ſicher eßbaren Arten 
werden als „eßbar“ bezeichnet, Arten von beſonders 
feinem Geſchmack durch die Worte „eßbar, von vor— 
züglichem Geſchmacke“, giftige Arten durch „giftig“ 
und wertloſe holzige Arten oder ſolche von widerlichem 
Geſchmacke durch „uneßbar“. 


Die drei Tabellen zur Beſtimmung 


der eßbaren Pilze zur menſchlichen Ernährung zu ! 
dienen. : 

In vorzüglicher Weile ergänzt wird ſchließlich der 
Text, ja die ſichere Beftimmnng der Arten wird erf 
ermöglicht durch den beigegebenen Bilderatlas. Mit 
Hilfe der auf 48 Tafeln gegebenen 182 Abbildungen 
laͤßt ſich die Arbeit des Beſtimmens kontrollieren. 32 
von den 48 Tafeln enthalten 162 farbige Abbildungen, 
während die 20 übrigen ſchwarzen Bilder Reprodut: 
tionen von Photographien find. Die Bilder, insbe 
fondere die farbigen, find im großen ganzen in Be 
ſtalt und Farbe gut gelungen. 

Das leicht in der Taſche unterzubringende Büch⸗ 
lein kann Pilzſammlern warm empfohlen werden. 

Zum Gebrauch für Schulen, Forſt- und Gemeinde: 
kanzleien uſw. ſind die farbigen Bilder des Büchleins 
auch in Form von „vier Wandtafeln der ef: 
baren und giftigen Pilze“ erſchienen. Der 
Preis für dieſe auf ſchwarzem Grund mit goldgelben 
Aufſchriften und in der Größe von 65: 34 cm ber: 
geſtellten Tafeln beträgt 6 K., eingerahmt unter Glas 
18 K. 

Ferner erſchienen die farbigen Bilder noch als vor⸗ 
zügliches Belehrungsmittel beſonders für Kinder in 
Form von „32 Poſtkarten der eßbaren und 
giftigen Pilze“ in einem Pappumſchlag zum 
Preiſe von 3,80 K. Hierüber wurde bereits im Febr. 
Heft 1914, S. 44 kurz berichtet. We. 


Pilzkochbuch. 100 Rezepte zur Zubereitung von 
Pilzen im Haushalte. Als Ergänzung zum „Prot: 

tiſchen Pilzſammler“ verfaßt von Profeſſor Dr. Jo: 
hann Madu. Olmütz 1915. Verlag von R. Prom: 
berger. Preis 60 Heller bezw. 50 Pf. 

Das Büchlein ſoll dem gleichen Zwecke dienen wie 
das vorige. Während aber der „Praktiſche Pilzſamm⸗ 
ler“ hauptſächlich die Kenntnis der ungeheuren Mengen 
von eßbaren und nahrhaften Pilzen, welche unſere 
Wälder und Fluren hervorbringen, vermitteln fol, 
behandelt das „Pilzkochbuch“ die praktiſche Seite der 
Mykologie, die Kunſt, die Pilze in der Küche wohl: 
ſchmeckend zuzubereiten. 

Das Büchlein zerfällt in zwei Teile: Ein all: 
gemeiner behandelt die gewöhnlichen Arten der 
Konſervierung und Zubereitung von Pilzen, der be: 
ſondere dagegen ift der ſpeziellen Verwertung em 
zelner wertvoller Pilzgattungen, wie der Champions, 


Steinpilze, Trüffeln, Morcheln, Gelblinge, Reizker, 
Broͤtlinge u. a., gewidmet. 

| Möchte das Büchlein und feine Rezepte von unferen 
Hausfrauen fleißig benutzt werden, um den in den 
Pilzen vorhandenen reichen Schatz an Eiweißſtoffen 
der Menſchheit dienſtbar zu machen. We. 


Bodenunterſuchungen über die Rotbuchen⸗ 
Streuverſuchs flächen im Forſtbezirk Phi- 
lipp8burg in Baden. Von der Großherzogl. 
Techn. Hochſchule „Frideriziana“ zu Karlsruhe ge⸗ 
nehmigte Diſſertation, von Forſtpraktikant Karl 
Ganter. (Druck von Beyer u. Söhne in Langen⸗ 
jaha.) 1914. 

Verf. bringt einleitend eine kurze Schilderung der 
Entwicklung der Anſchauungen über die Wirkung bezw. 
die Berechtigung der Streunutzung. Im allgemeinen 
handelt es ſich um bekannte Dinge, das! ſtete Für 
und Wider. 


Durch die eigenen Unterſuchungen will Ganter 
einen Beitrag zum Nachweis der Schädlichkeit der 
Streunutzung liefern und befaßt ſich vor allem mit 
der phyſikaliſchen Wirkung, wie fie in den betreffenden 
Streuverſuchsflächen zum Ausdruck kommt. 

Die Beſtockung beſteht aus 120j. aus Naturver⸗ 
jüngung hervorgegangenen Buchen III. u. IV. Boni⸗ 
tät. 4 Meter unter der Bodenoberfläche (Diluvium 
der Rheinebene) ſteht das Grundwaſſer an. 

Schon das Bodenprofil weiſt Unterſchiede je nach 
der Streubehandlung auf. Der unberechte normale 
Boden hat eine 5,7 em dicke Laub: und Moosdecke, 
darunter findet ſich eine ca. 10 em mächtige Schicht 
humoſen Sandes; letztere ift nur noch 5 7 cm, wo 
alle fünf Jahre Streu gerecht wird, und 5 em, wo 
dies alle Jahre geſchieht. 

Die Unterſuchungen, durchgeführt mit den eben 
zur Verfügung ſtehenden z. T. unzulänglichen Mitteln, 
erſtreckten ſich auf die Beſtimmung von: 

1. Waſſergehalt und Waſſerverdunſtung; 
2. Korngröße und Porenvolumen; 

3. Bodentemperaturen; 

4. Humusgehalt; 

5. Stickſtoffgehalt; 

6. Nährſtoffgehalt; 

7. Ertragsverhältniſſe. 

Verfaſſer kommt zu folgenden Nefultaten und kann 
damit zum großen Teil bereits Bekanntes beſtätigen. 

1 Die größte Geſamtwaſſermenge und die 
geringſte Verdunſtung beſitzt die niemals berechte 


Fläche; einen mittleren Waſſergehalt bei größter Ber: 
1916 


41 


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dunſtung zeigt die alljährlich berechte Fläche. Die alle 
5 Jahre berechte Fläche hatte die geringſte Boden⸗ 
feuchtigkeit und verdunſtete faſt ſo viel wie die nie 
berechte Fläche. In einer Tiefe von 25—35 cm 
konnte im alljährlich berechten Boden öfters ein höherer 
Waſſergehalt nachgewieſen werden als im unberechten. 
Dies erklärt ſich wohl ungezwungen aus der geringen 
Stammzahl von 310 Stück gegenüber von 410 auf 
der unberechten Fläche, die naturgemäß mehr ver⸗ 
dunſtet. 

2. Die meiſten abſchlämmbaren Teile wurden 
auf der alljährlich berechten Fläche nachgewieſen, die 
geringſten auf der alle 5 Jahre berechten Flache. Ihr 
ſehr nahe ſteht die niemals berechte Fläche. 


Die abſchlämmbaren Teile betragen in Prozenten 


Tiefe em 
A. Allj berechte Fläche 5—15 10.4% 
25 — 35 11.8 , 
60—70 7.6 „ 
B. Niemals berechte Flache 5—15 10.6 „ 
25 —35 6.8 „ 
60—70 7.6 „ 


d. h. die Laubſtreudecke des geſchonten Bodens ver⸗ 
hindert das Abſchlämmen der Feinerde. Im alljähr⸗ 
lich berechten Boden unterliegt dieſer durch die Um: 
ſetzungsprodukte der torfigen Decke verſtärkter Ber- 
witterung und gewinnt dadurch an feinerdigem Ma⸗ 
terial. a 

3. Das größte Porenvolumen ergab die nie⸗ 
mals und die alle 5 Jahre berechte Fläche. 


4. Die höchſte Temperatur weiſt die alljähr⸗ 
lich berechte, die niederſte die unberechte Fläche auf. 

5. Den größten Humus- und 

6. Stickſtoffgehalt zeigt die niemals berechte Fläche, 
einen etwas geringeren die alle 5 Jahre berechte und 
den kleinſten die alljährlich berechte Glade. Bezüglich 
des Stickſtoffs hat bekanntlich Ramanns Unterſuchung 
ſeinerzeit das Gegenteil ergeben. Den rel. hohen N-Ge: 
halt der jährlich berechten Fläche führt Verf. auf 
den höheren N-Gehalt der dieſen Boden bedeckenden 
Mooſe zurück. 


7. Von beſonderem Intereſſe iſt das Ergebnis der 
Zuwachs unterſuchung. Die niemals berechte Fläche 
hat die durchſchnittlich größte Höhen- und Durchmeſſer⸗ 


zunahme, ſowie den durchſchnittlich größten Kreis⸗ 


flächen- und Maſſenzuwachs; etwas abgeſchwächt äußern 

ſich die betr. Zuwachsverhältniſſe der alle 5 Jahre be— 

rechten Fläche, ausgenommen das durchſchnittliche Kreis- 

flächenzuwachsprozent, das um 0,1% höher ift als 

das der niemals berechten Fläche. Den geringſten Zu— 

wachs an Höhe, Durchmeſſer, Kreisfläche und Maſſe 
6 


42 


hat die alljährlich berechte Fläche, auch beginnt fid | Beſondere Anerkennung verdient der Bearbeiter de: 


die Gipfeldürre bemerkbar zu machen. deutſchen Ausgabe dafür, daß es ihm gelungen if 
Drei recht anſchauliche Aufnahmen aus den betr. die prägnante Ausdrucksweiſe des engliſchen Original: 
Flächen vervollſtändigen die fleißige Arbeit. wiederzugeben. 


H. Bauer. | Die Ausſtattung des Buches iſt des vorzügliche 
Inhalts würdig. 


# 


8 | H. Bauer, München. 

Boden und Pflanze von Edward J. Ruſſel, in 
deutſcher Sprache herausgegeben und bearbeitet von 

Hans Brehm, Chemiker an der pflanzenphyſio— 
logiſchen Verſuchsanſtalt Dresden, gebunden. 8.50 M. 
243 Seiten. Verlag von Th. Steinkopff, Dresden 
und Leipzig 1914. 
Der Verfaſſer des Buches iſt der Leiter der be— 


Hermann Löns: Goldhals. Ein Tierbuch. Adol 
Sponholtz Verlag, G. m. b. H., Hannover 1914, 
geb. 1. ME. 
Si Auswahlſammlung Lins ift jehr zu empfehlen. 


Löns ut ein ganz hervorragender Tierfreund um 
ühmten landw irtſchaftlichen Verſuchsſtation Rotham— Kenner. Außerordentlich charakleriſtiſch weiß er di 


ſted (gegr. 1843) und es iſt verſtändlich, daß gerade einzelnen Tiere — Marder, Schnepfe, Wildkatze, Aa: 
ihm zur Begründung mancher wiſſenſchaftlichen An: E Auerhahn, Dachs, Hiridh, Wildſau, Fuchs, 


ſchauung Verſuchsreſultate zur Verfügung ſtehen, deren k Rabe — zu ſchildern. Einzelne Skizzen find vm 
Gewichtigkeit mit der Dauer des Verſuchs zuſammen— hohem, poetiſchem Reiz. Andere zeigen einen geſunder 
hängt. Humor. Das ſehr billige Bändchen des in feinem 
Folgende Ueberſicht orientiert darüber, was in dem | 48. Lebensjahr auf dem Felde der Ehre gefallenen 
Buche behandelt wird: Dichters verdient weiteſte Verbreitung, insbefondert 
Kapitel J. Geſchichtliches und Einleitung, in den Kreiſen der heranwachſenden Jugend. 
„ II. Die Bedürfniſſe der Pflanzen, B 
„ III. Die Konſtitution des Bodens. 
„ IV. Der Kohlenſtoff- und Stickſtoffkreislauf 
im Boden, 
„ V. Die biologiſchen Verhältniſſe im Boden, 
„ VI. Der Boden in Beziehung zum Pflanzen— 
wachstum, 
„ VII. Die Bodenanalyſe und die Interpretie— 
rung ihrer Ergebniſſe, 
Anhang. Methoden der Bodenanalyfe. 
Ausgewähltes Literaturverzeichnis, zugleich Autoren— 
regiſter, Sachregiſter. 
Die einzelnen Kapitel ſind nach Material und Dar— 
ſtellung wohl das Beſte, was gegenwärtig zur Ver— 
fügung ſteht. Die beigegebenen Tabellen ſind in ihrer 
Knappheit und Auswahl muſtergiltig. 


1. 


Arthur Achleitner: Im grünen Rock. Er: 
zählungen aus dem Jägerleben. (Wild und Hund, 


Parey. 1915. Geb. 4 Mk. 


Art iſt bekannt. Sämtliche Erzählungen ſind 


Humor“ hat, wird auf feine Koſten kommen. Hervor: 
gehoben ſei der intereſſante Beitrag „Aberglaube und 
Zaubermittel der Wildſchützen“. Er fällt allerdings 
ganz aus dem Rahmen des Buches. B. Th. 


Notizen. 


A. Jagdvergehen infolge paſſiven Verhaltens gegen⸗ Kaufmann C. ſeine Jagd hat, anſtößt; ſein Neffe folgte ihm. 
über dem jagenden Hunde (durch Nichtabruſen ans Jeder hielt fein Gewehr ſchußbereit. Der etwa 7 Monate alte 
dem angrenzenden fremden Jagdgebiete). Jagdhund des S., den dieſer bei fih hatte, lief im Jagdgebiet 
Eutſch. des bayr. Oberſten Landesger. v. 18. V. 1915 R. R. des C. umher und gad hie und da Laut nach Art von Hunden, 
Nr. 103/105 welche Wild aufgeſtöbert haden. Der Hund lief eine Straße 

Ein Jagdberechtigter S. ging die Grenze ſeines Jagd-. von etwa 1300 m im Jagdgebiete des C. und hielt ſich bot 
gebietes entlang, das an die K. . . er Waldungen, woſelbſt der annähernd eine Viertelſtunde auf. Weder S. noch fein ae 


-a m nn 
— 


Jagdromane, Band 4). Berlin, Verlag von Paul 
Ueber dieſes Buch ift wenig zu ſagen. Achleitner“ 


äußerſt harmlos und unbedeutend. Die bekannten 
Figuren ſolcher Hochlands-Geſchichten — Jager, böſe 
Väter, gütige Fürſten uſw. — kehren wieder. Wer 
Geſchmack an „Gemüt“, „Sinnigkeit“ und, lebfriſchem 


gleiter trafen Anftalten den Hund zurückzurufen; fie ftellten 
Ad vielmehr etwa 100 m voneinander entfernt mit ſchußbe 
reitem Gewehr an einer Stelle der C.'ſchen Jagdgrenze auf, 
an der ſich ein Haſenwechſel befindet; ſie warteten auf Wild, 
das über die Grenze kommen würde. Der Hund beſand ſich 
auch während dieſer Zeit immer noch jagend im Jagdgeblete 
des C. Die Strafkammer ſtellte Angeſichts dieſes Sachver⸗ 
halts feft, daß S. fidh des Hundes als Werkzeug zur Auf⸗ 
ſpürung und Verfolgung des Wildes in dem frem: 
den Jagdbezirk des C. bedienen wollte — doch wohl tatſächlich 
bedient hat, ein Verſuch kommt nicht in Frage, ſondern eine 
vollendete Handlung — und verurteilte ihn wegen Jagdver⸗ 
gehens nach §§ 292, 293 StGB., wobei Jagdgewehr, Geſchoſſe 
und Hund eingezogen wurden. Gegen dieſes Urteil legte er 
Reviſion zum Oberſten Landesgericht ein, vor welchem er ings 
beſondere geltend machte, „es ſei nicht nachgewieſen, daß er 
den Hund in das fremde Jagdgebiet hineingeſchickt habe; die 
Folgerung der Strafkammer, er habe fih des Hundes als 
Werkzeug bedient, aus dem „Nichtzurückrufen“ des Ours 
bed fet rechtsirrig; es fet übrigens auch ein vergelliches 
Bemühen, einen „im Walde ſtürmenden Dackel“ zurückzurufen 
— Tatſächlich iR auch der Dachshund derjenige Hund, welcher 
in dieſer Hinſicht keine Grenzen kennt und nicht weiß, wie weit 
er zu gehen hat. Auch gelingt es nicht leicht, dem Dachshund 
einen derartigen Appell beizubringen, daß er fofort auf die 
Stimme oder den Pfiff ſeines Herrn das Jagen einſtellt. Eine 
ferme Führung vermag aber auch den notoriſch eigenſinnigen 
Dackel ſoweit zu bringen, daß er bald nach dem Ruf in ſeiner 
Jagdbegierde nachläßt und ſchließlich ſich fügt. Es iſt dies 
allerdings der Effekt einer guten Führung im Zuſammenwirken 
mit ebenſolcher vorgegangener Dreſſur und einer guten Ab⸗ 
ſtammung des Hundes. Für alle Fälle hat jedoch der Führer 
oder Begleiter des Hundes die Folgen zu tragen, wenn es 
ihm nicht gelingen folte, dem Dackel das Jagen einzuſtellen. 


Außerdem müßte man dieſer Hundeart ein Präjudiz beziehungs⸗ 


mife ein Patent für zwar nicht unberechtigtes, wohl aber uns 
bezähmbares Jagen einräumen. Es gehört aber, wie auch 
durch die Praxis erwiefen ift, nicht zu einer Unmöglichkeit der 
Leiſtung in der Dreſſur, auch dem Dachshunde, gleich allen 
übrigen im Jagdbetriebe verwendbaren Hunden, foviel Raiſon 
oder im weidmänniſchen Sinne „Appell“ beizutreiben, daß ſie 
zu gegebener Zeit wiſſen, was fie tun und laffen folen, Uebrigens 
laßt die Entſcheidung nicht erkennen, ob der Beklagte übers 
haupt nur den Verſuch gemacht hat, den jagenden Dackel zurück⸗ 
zuruſen. Jedenfall wäre die Sache anders zu beurteilen bei 
tinem Spaziergänger, welcher in erfter Linie kein Intereſſe an 
dem Jagen feines Hundes, alfo auch keinen Vorteil hiervon 
hat und in zweiter Linie trotz aller Auſtrengungen und Ab— 
tuſperſuche nicht imſtande ift, den Hund vom Jagen abzu— 
halten. Anders wenn der Spaziergänger ſelbſt eine Freude 
a dem Jagen feines Hundes hat und ſolche feinem Liebling 
nicht verderben will, daher gar keinen Verſuch macht den Hund 
abzurufen. Eine ſolche Handlung würde den Tatbeſtand eines 
Jagdvergehens qualifizieren. 


Nach der Anſchauung des Beklagten verbiete der § 292 
StB. auch nicht, einen ſich zufällig bietenden Umſtand aus⸗ 
imügen, der den Wechſel des Wildes aus dem fremden Jagd⸗ 
gebiet in das eigene erleichtert; der Jäger brauche nicht das 

hr abzulegen und dem Hunde nachzugehen. — Das ift 
herlid zutreffend, allein es ſtehen gleichwohl andere Hiliß: 
mittel zu Gehote und find diefe im Bereiche des Willens und 
ber Vollaugamdglidteit gelegenen erſchöpft, fo wird dem Führer 


| 


| 


a rn ER SEELE EEE 


wortung aufgebürdet werden können. Wie nach dem BGB. 
ein auf Unmöglichkeit der Leiſtung gerichteten Vertrag un⸗ 
gültig tft, fo z. B. ein Kaufvertrag, daß ein erworbener Hund 
nicht nach Wild jagen dürfe, eine Eigenſchaft, welche allen 
Hunden eigen iſt und von denſelben bei jeder ſich bietenden 
Gelegenheit, namentlich wenn ſie ſich unbeachtet wiſſen, aus⸗ 
geübt wird, ſo kann auch eine abſolute Haftpflicht nicht 
vindiziert werden, wenn deren Ausübung dem Machtbereich 
des Pflichtigen entrückt iſt. Wohl aber kann vertragsgemäß 
rechtsgültig feſtgeſetzt werden, daß der jagende Hund auf Nbs 
ruf die Untugend einſtellt. — Der Beklagte behauptete weiter 
es ſei nicht feſtgeſtellt, daß er den Hund ſchon von vornherein 
in der Erwartung mit auf die Jagd genommen habe, daß er 
ihm auf der fremden Jagd Wild zutriebe. Er ſei alſo nicht 
ſtrafbar, ſelbſt wenn er des Willens geweſen wäre, einen durch 
Zufall aufgeſcheuchten und in ſein Jagdgebiet verſprengten 
Haſen zu erlegen.“ Die Reviſion wurde verworſen mit folgen⸗ 
der Begründung: „Die Strafkammer hat ihre Ueberzeugung, 
daß der Angellagte fih des Hundes als eines Werkzeuges zur 
Auſſpürung und Verfolgung des Wildes in dem Jagdreviere 
des C. bediente, nicht allein aus der Tatſache, daß er den 
Hund nicht zurückgeruſen hat, gewonnen, ſie hat dieſen Schluß 
vielmehr aus verſchiedenen Tatſachen gezogen, nämlich daraus, 
daß der Angeklagte den Hund zur Jagdausübung mitnahm, 
daß er ſich an der fremden Jagdgrenze aufhielt, daß er ſah, 
wie ſein Hund in das fremde Jagdgebiet lief, abſichtlich 
aber unterließ, den Hund zurückzurufen — alſo noch 
ehe der Hund jagte —, weil es ſeinem Willen entſprach, daß 
der Hund das Wild in dem fremden Jagdgebiet aufſuchte und 
dadurch ihm zutrieb. Dieſes Verhalten des Angeklagten läßt 
den von der Strafkammer gezogenen Schluß zu; ein Rechts⸗ 
irrtum iſt hierin nicht zu finden. — Nach dieſen Ausführungen 
qualifiziert ſich ſchon das fahrläſſige Ueberlaufenlaſſen eines 
Jagdhundes von Seite des Jagdberechtigten in ſremdes ans 
grenzendes Gebiet in dem gleichen Maße als ein Jagdver⸗ 
gehen, als wenn der Berechtigte den Hund abſichtlich ins 
Revier geſandt und nicht zurückgerufen hätte, damit er ihm 
Wild zutriebe. Schon das paſſive Verhalten iſt hinreichend 
zur Begründung des Tatbeſtandes der verbots widrigen Jagd— 
ausübung im fremden Gebiete, foferne der ausübende Jäger 
keine Anſtolten gemacht hat, den Hund zurückzurufen. Selbſt⸗ 
redend kommt es auf den Erfolg zur Beurteilung der Hand— 
lung im ſtrafrechtlichen Sinne nicht mehr an, ob der Hund 
tatſächlich im fremden Revier gejagt, alfo Laut gegeben hat 
und hierdurch das Wild in das eigene Revier getrieben wurde 
oder nicht, ganz abgeſehen davon, daß es anch ſtill jagende 
Hunde gibt. 


Ob der Angeklagte den Hund ſchon vornherein in der Er— 
wartung auf die Jagd mitgenommen hat, daß dieſer Wild aus 
fremdem Jagdgebiet aufſpüren und ihm zutreiben werde, oder 
ob der Angeklagte erſt im Laufe der Jagdausübung auf ſeinem 
Jagdgebiete den Entſchluß faßte, auf die von der Straflammer 
ſeſtgeſtellte Weiſe fich aus dem fremden Jadrevier Wild zus 
treiben zu laffen, um es zu erlegen, iſt rechtlich bedeutungs- 
los; eine Feſtſtellung, daß der Angeklagte ſchon von vornherein 
den Hund in dieſer Abſicht mitgenommen hat, daher für die 
Verurteilung des Angeklagter nicht notwendig. Rechtlich 
ohne Belang iſt auch, ob der Augeklagte den Hund in das 
ſremde Jagdgebiet hineingeſchickt hat, es genügt, daß er das 
Ueberlaufen des Hundes gefliſſentlich duldete Nach den 
einwandfreien tatſächlichen Feſtſtellungen der Strafkammer ift 
ſonach der Hund nicht ohne und gegen den Willen des An— 


des Hundes auch ſchlechterdings keine ſtrafrechtliche Verant⸗ geklagten in das fremde Jagdgebiet übergelaufen; die Aus⸗ 


6* 


44 


— —— 


nutzung eines ſich zufällig bietenden günftigen Umſtandes, 
der den Wechſel des Wildes aus dem fremden Jagdrevier in 
das eigene erleichterte, ſteht nicht in Frage. Der Hinweis des 
Angeklagten auf die Unanwendbarkeit des 5 292 StGB. in 
Fällen ſolcher Art iſt daher verfehlt. Der äußere und innere 
Tatbeſtand der 88 292, 293 StGB. ift von der Strafkammer 
in allen Richtungen einwandfrei als erwieſen angenommen 
worden. 

Wie durch die Rechtſprechung ſchon wiederholt ausge⸗ 
ſprochen worden ift, kann eine verbotswidrige Jagdausübung 
auch ohne ein aktives Eingreifen von ſeiten des Jägers ſelbſt 
durch Hunde, ſelbſt Treiber im gewiſſen Sinne als Bevoll⸗ 
mächtigte oder Vollzugs organe für feine jagdlichen Intereſſen 
begangen werden. Immerhin hat der Jagdberechtigte als der 
spiritus rector in Frage zu kommen. Im vorliegenden Falle 
hatte aber ſchon ein paſſives Verhalten, das allerdings 
im Effekte gleichkommt der Inſzenierung einer verbotswidrigen 
Dienſtleiſtung für den Jagdbetrleb im verbotenen Revier, zur 
Verurteilung genügt, weil das ſelbe dem Jagdbeſitzer einen un: 
berechtigten Gewinn einzubringen geeignet iſt. 


Uebrigens nimmt auch ſchon eine Entſch. des Oberſten Bayr. 
Landesger. v. 9. VI. 1914 Ver. A. Nr. 43 929 den gleichen 
Standpunkt ein. Danach haben K. und B. in dem Gemeinde⸗ 
bezirk 8., in welchem ſie jagdberechtigt ſind, in der Nähe des 
Jagdbezirkes des Grafen A. ihre zwei Dachshunde gegen die 
Grenze losgelaſſen und anſtandslos weiterlaufen laſſen, 0% 
wohl ſie wußten, daß die Hunde ſich nicht zurückpfeifen laſſen 
und die Grenze überſchreiten; die Hunde ſind auch über die 
Grenze gelaufen und haben in der Nachbarjagd des A. etwa 
fünfzig Meter über der Grenze Wild gejagt. K. und B. wur⸗ 
den wegen gemeinſchaftlich begangenen Jagdfrevels nach § 292 
StGB. beſtraft. Nach den Entſcheidungsgründen find die 
Hunde nicht ohne Wiſſen und ohne den Willen der 
Angeklagten übergelaufen, auch haben die Angeklagten nicht 
blos eine entfernte „Möglichkeit“ des Jagens der Hunde auf 
dem fremden Jagdgebiete angenommen, ſondern ihr Verhalten 
war gerade darauf berechnet, daß die Hunde Wild auf dem 
fremden Jagdgebiete auſſuchen und auf das eigene Jagdgebiet 
der Angeklagten herüberjagen zu dem Zweck, um da von ihnen 


erlegt zu werden. Hierin liegt aber ein Eingriff in das fremde 


Das Urteil ſtellt ſomit feft, daß eine unberechtigte Jagd : 


ausübung durch Hunde in rechtlichem Sinne ftattfinden kann 
und daß für dieſelben die Beſitzer in dem Grade ſtrafrechtlich 
verantwortlich ſind, als wenn ſie ſelbſt ohne Berechtigung in 
dem Jagdrevier die Jagd ausgeübt hätten. Scheinbar ſteht 
der Wortlaut des Strafgeſetzes dieſer Auffaſſung entgegen ; 
Der § 292 StGB. ſagt nämlich: „Wer“ — alfo folte doch 
damit nur ein verantwortliches menſchliches Weſen, ein Jagd⸗ 
kundiger oder der Jagd auf irgend eine Weiſe Befliſſener ver: 
ſtanden werden, daher auch Treiber und ſonſtige Beauftragte 
des Jagdberechtigten „an Orten, an denen zu jagen er nicht 
berechtigt iſt, die Jagd ausübt, wird mit Geld bis zu drei⸗ 
hundert Mark oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten be⸗ 
ſtraft.“ 

Der Begriff „Jagd“ iſt aber im weiteſten Sinne des 
Wortes zu verſtehen, auch auf Hilfskräfte, um das Wild aus⸗ 
findig zu machen, beizutreiben, ausgedehnt und nicht auf das 
Erlegen allein. 

Es kaun ſich nach dem Wortlaute der angezogenen Ge⸗ 
ſetzesbeſtimmung, wofür auch der Abſ. 2 des § 292 a. a. O. 
ſpricht, dahinlautend: „Iſt der Täter ein Angehöriger des Jagd⸗ 


berechtigten, ſo tritt die Verfolgung nur auf Antrag ein, in 
zunehmen geneigt ſind. Veranlaſſung zu dergleichen Annahmen 


der Hauptſache nur um an ſich jagdberechtigte Perſonen 
handeln. — Hunde können überhaupt vom Gericht nicht be⸗ 
ſtraft werden. — Da jedoch auch Hunde jagen, nämlich nach 
ihrer Art und wie in berechtigter Weiſe unter Führung ihres 
Herrn, ebenſo auch in unberechtigter Weiſe eine Jagd nach 


Wild ausüben können, ſo hat gewiſſermaßen als deren Ver⸗ | 


treter und Auftraggeber der Beliger der Hunde die Folgen für 
die unberechtigte Jagdausübung ſeiner Hunde gerade ſo zu 
tragen, als wenn er ſelbſt im fremden Jagdreviere dem 
Weidwerk nachgegangen wäre. Juſofern iſt die hierdurch ge⸗ 
ſchaffene Rechtslage von der früheren abweichend und damit 
eine Frage geklärt, welche vielfach als eine Lücke im Jagd⸗ 
recht empfunden und zu unberechtigten Eingriffen in das Jagd⸗ 
gebiet eines anderen eine Handhabe geboten hatte. Es iſt ſo⸗ 
mit auch die Beſtrafung eines „doloſen“ Jagdangrenzers er: 
möglicht, wenn derſelbe durch Hunde aus dem fremden Revier 


se ͤ— — — 


ſich Wild zutreiben läßt, ſich zu dem Zwecke in der Nähe ver⸗ 


borgen hält und wenn dann ahnungslos der Angrenzer den 
revierenden „herrenloſen“ Hund umlegt, plötzlich, wie ein 
„Deus ex machina“ auftaucht, fih als Beſitzer bes Hundes 
legitimiert und Schadloshaltung wegen des Hundes verlangt. 


Jagdrecht im Sinne des § 292 a. a. O. (Entſch. des Reichs⸗ 
ger. in StrS. Bd. 211 S. 98). ö 


Nürnberg, Septbr. 1915. M. Reuter, 


Bezirkstierarzt a. D. 


B. Ornithologiſche Kriegsmiſzellen. 


Zu den ornithologiſchen Kriegsmiſzellen meines Bruders 
im Auguſtheft 1915 unſerer Zeitſchrift bemerke ich ergänzend 
folgendes: Der Zippammer, Emberiza cia, kommt in meinem 
Beobachtungsgebiet, dem Maas⸗ und Aisnegebiet noͤrdlich, 
nordöſtlich und nordweſtlich von Verdun wahrſchein lich 
nicht vor. 

Wenn im Winter 1914/15 die Saatkrähen in Luxemburg 
tatſächlich weniger zahlreich aufgetreten ſein ſollten, als in den 
Vorjahren — im Maasgebiet von nördlich Verdun bis Sedan, 
alſo in der Luxemburg nach Weſten vorgelagerten Zone, waren 
ſie nach meinen Beobachtungen nicht ſelten —, ſo hat dieſe Er⸗ 
ſcheinung wie überhaupt ganz allgemein das Auftreten oder 
Ausbleiben von Vogelarten mit dem Krieg und ſogen. Kriege⸗ 
lärm gar nichts zu tun, wie die Luxemburger Beobachter an⸗ 


hat wohl die — ſelbverſtändlich am Schreibtiſch gemachte — 
Erwägung gegeben, daß das kriegeriſche Leben, das ſich längs 
der Schlachtfronten entwickelt, die gewaltigen, die Luft er⸗ 
ſchütternden Artillerieduelle, kurz, daß der ſogen. Kriegslärm 
(von dem ſich natürlicherweiſe der heimiſche Beobachter gar 
keine richtige Vorſtellung machen kann) die Zugvögel zu einer 
Aenderung ihrer Zugrichtung, zur Meidung der Kampfgebiete 
veranlaſſen könnte; und da nun einmal eine gewiſſe Sucht be⸗ 
ſteht, auch Erſcheinungen des Vogellebens mit dem Krieg in 
Verbindung zu bringen (ſo wie man früher und heutzutage 
wohl auch noch aus dem Erſcheinen von Seidenſchwänzen auf 
Krieg und Peſtilenz ſchloß; aufgeklärter iſt ja wohl die große 
Maſſe immer noch nicht geworden), ſo wird auch hier das 
weniger häufige Auftreten von Saatkrähen flugs auf den Krieg 
zurückgeführt; dabei findet es eine natürliche und gute Ere 
klärung in den Witterungsverhältniſſen, in der Herrſchaft eines 
febr milden und ſchneefreien Winters im Jahr 1914/15, der 
den Krähen das Verweilen in öſtlicher gelegenen Ländern ge⸗ 
ſtattete. Schon ein einziger Blick auf die Karte und die Ver⸗ 
gegenwärtigung unſerer Frontſtellungen, wie ſie im verfloſſenen 


At m ——————ñ —Li 


Herbſt und Winter, zur Zeit des Eintreffens der Saalkrähen 
in weſtlichen Ländern beſtanden, hätte die Luxemburger „Bes 
obachter“ lehren können, daß das weniger zahlreiche Erſcheinen 
der Krähen in Luxemburg mit dem Kriegslärm nichts zu tun 
baben konnte. Nicht nur, daß Luxemburg im Often und Süden 
von Landſtrichen umgeben ift, die die Kriegsſchrecken nicht 
kennen gelernt haben, und daß im Norden ein Gebiet an⸗ 
grenzt, in dem ſich kaum einige kriegeriſche Operationen und 
das noch Wochen vorher abgeſpielt hatten, und das zur Zeit 
des Kroͤhenzuges gänzlich befriedet war, fo lag vor allem zur 
Krähenzugzeit die Schlachtfront mit all ihrem Lärm ein ganzes 
Stück weſtlich von Luxemburg, ca. 70 km von der ungefähren 
Landes mitte entfernt, eine Entfernung, auf der fih der Kanonen⸗ 
donner nur noch als ſchwaches Grollen bemerkbar gemacht 
haben wird. Das einzige kriegeriſche Treiben zu jener Zeit 
in Luxemburg hat ſich vorausſichtlich nur auf das häufigere 
Laufen der Eiſenbahnzüge, wie es die Truppenverſchiebungen 


und Nachſchübe mit ſich ban mußten, beſchränkt; daß hier: 
aus aber etwa eine Beunruhigung der Saatkrähen hätte reſul⸗ 


tieren lönnen, wird doch wohl niemand ernſtlich zu glauben 
geneigt ſein. 

Wie wenig ſich die Saatkrähe aus dem Schlachtenlärm 
macht, habe ich in dieſem Herbſt (1915) gut zu beobachten Ge⸗ 
legenbeit gehabt. Ich kam Mitte Oktober, zur Zeit der ſurcht⸗ 
dar kobenden Champagneſchlacht, in die Champagne nördlich 
von Maſſiges. Tagelang war die Luft von einem einzigen 
Donnern und Grollen erſchüttert worden und wurde es noch 
immer. Trotzdem waren in der Champagne überall zahlrelche 
Krähenflüge, trotzdem zogen die Krähen hoch in der Luft dem 
Velten und dem Kanonendonner entgegen. Ebenſo fah ich in 
den Argonnen die Saatkrähenſchwärme trotz Geſchützdonners 
ohne bemerkbare Erregung nach Weſten ziehen und die Kampf⸗ 
fronten überfliegen. 

In den „Ornithologiſchen Monatsberichten“ habe ich meine 
Beobachtungen über das Verhalten der Zugvögel (meine 
Wahrnehmungen erſtreckten ſich auf Kranich, Saatkrähe, Lerche, 
Ringeltaube, Buſſard) gegenüber dem Schlachtenlärm mitges 
teilt und bin dabei zu dem Schluß gekommen, daß aller Lärm 
die Zugvögel von ihrer Zugrichtung nicht abzubringen ver: 
mag, daß ſich kaum eine merkliche Beunruhigung der ziehen⸗ 
den Vögel feſtſtellen läßt; der Zugtrieb ſcheint ſtärker zu fein 
alt das Furchtgefühl. 

Daß die Standvögel (bezw. Sommervögel) ſich an 
eden Lärm längs der Fronten gewöhnen, inkl. der ſonſt ſo 
ſcheuen Rabenkrähen und Elſtern, daß ſie unbeirrt vom Kanonen⸗ 
donner dicht an die Frontlinie und Geſchützſtellungen Heran: 
kommen und hier auch niften, ift wohl allgemein bekannt; es 
liegt hierin ja auch weiter nichts verwunderliches. 

Argon nenwald, Dezember 1915. 

Kaiſerl. Oberförfter Ludwig Schuſter. 


C. Höchſtpreiſe für Wild. 
Auf Grund der Verordnung des Bundesrats vom 28. Ols 
tober 1915 itin Abänderung der Verordnung vom 22. No⸗ 
omber 1915 über die Regelung der Wildpreiſe folgendes be⸗ 
Aiunt worden: 
Der Preis für Wild darf beim erften Verkaufe für 
bete Ware ſolgende Sätze nicht überſchreiten: 
bei Rots und Damwild für 0,5 kg mit Dede 
„Rehwild für 0,5 kg mit Decke 


„ Wildſchweinen im Gewichte von mehr als 30 kg 
für 0,5 kg mit Schwarte 


0,60 M. 
0,70 


n 


0,55 


” 


45 


bei Wildſchweinen im Gewichte bis zu 30 ke einſchließ⸗ 


3jJj3J.ͤ ĩᷣͤT—. ³ ATA ⁵˙¹-AA ͤT—: ]? ———ͤ— . —. EE E A 


Paläſtina 


lich (Friſchlinge) für 0,5 kg mit Schwarte 0,70 M 
„ Hafen für das Stück mit Balg .. 4,00 „ 
„ Kaninchen für das Stück mit Balg. . . 120 „ 
„ Faſanenhähnen für das Stück mit Federn. . 2,50 „ 
„ Faſanenhennen „ „ 7 2,00 „ 


Die Preiſe ſchließen die Bahn: und Waſſerfrachttoſten, die 
vor dem erſten Verkauf entſtehen, die Abrollkoſten am An⸗ 
kunftsorte ſowie etwaige Vermittlungskoſten beim Verkaufe nicht 
ein. Sie gelten nicht für den Verkauf an den Verbraucher bei 
Mengen bis zu 10 kg. 

Inſoweit für Wild gemäß S 4 der Verordnung des Bun⸗ 
desrats vom 28. Oktober 1915 Höchſtpreiſe für die Abgabe 
im Kleinhandel an den Verbraucher feſtgeſetzt werden, 
dürfen fie für beſte Ware folgende Säge nicht überſteigen: 
bei Rot⸗ und Damwild für 0,5 kg. is . e A; 


„ Rehwild für 0,5 kg 1,80 „ 
„ Wildſchweinen im Gewichte von mebr als 30 kg 

für 05kg ... ; , 1,20 „ 
„ Wildſchweinen im Gewichte bis zu 30 kg Crt 

linge) für 0, Kg.. .. 180 „ 
„ Haſen ohne Balg, für das Stück a gane 4,75 , 
LI oe oe ee oo oo EL zerlegt 0 e 0 5,00 ve 
. ve mit IL L t ” im gangen e oe 5,25 L 
„ Kaninchen ohne Balg für das Stück 1,50 „ 
L „ mit ” IL ” .e ¢ 1,60 
„ Faſanenhähnen für das Stück mit Federn 850 „ 
„ Faſanenhennen „ „ „ „ 3,00 


Dieſe Beſtimmung trat mit dem 1. Januar 1916 in Kraft. 


D. Feſtſetzung der Höchſtpreiſe für Fiſche. 

Auf Grund der im Dezemberheft 1915 mitgeteilten Ver⸗ 
ordnung des Bundesrats vom 28. Oktober 1915 iſt über die 
Regelung der Preiſe für Süßwaſſerfiſche beſtimmt wor 
den, daß am Berliner Markt folgende Preiſe nicht überſchritten 
werden dürfen: 


a) beim Verkauf im Großhandel für 50 Kilogr. 
Reingewicht einſchl. Verpackung: 
bei Karpfen: 105 M., bei Schleien: 125 M., bei Hechten: 
110 M, bei Bleien oder Brachſen von 1 Kgr. u. darüber: 
80 M., bei Bleien oder Brachſen unter 1 Kgr.: 60 M., bei 
Plögen und Rotaugen von 1 Pfd. u. darüber: 60 M., bei 
Plötzen und Rotaugen von unter 1 Pfd.: 50 M. 


b) beim Verkauf im Kleinhandel für das Pfund: 
bei Karpfen: 1,30 M., bei Schleien: 1,50 M., bei Hechten: 
1,25 M., bei Bleien von 1 Kar. u. darüber: 1 M., bei Bieten 
unter 1 Kgr.: 0,75 M., bei Plögen u. Rotaugen von 1 Pfd. 
und darüber: 0,75 M., bei Plötzen u. Rotaugen unter 1 fd. : 
0,65 M. 

Die vorſtehenden Preiſe ermäßigen ſich bei toten Fiſchen 
um 20 v. H. 
Dieſe Beſtimmung trat am 13. Dezember 1915 in Kraſt. 


E. Warum kleiden Ranbvögel ihr Neſt mit grünen 
Pflanzenſtofſſen aus? 

Als ich im Sommer 1911 Aegypten, Syrien, 

und das Jordantal bereiſte, fiel 


46 


mir namentlich eins auf: Für den kundigen Araber bil» mals nein! So wenig trifft die Erklärung aus äſthetiſcher 
den die lebenden Zweige auf dem Horſt des Bonelli⸗Adlers (menſchlichen) Beweggründen zu wie die des weiſen Stag 
(Falco bonelli) ein Kriterium dafür, ob der Horſt | riten Ariſtoteles: Zauberwirkung, das friſche Grün diene al: 
bezogen ift; denn der Araber ſagt ſich ganz mit Recht: | Zaubermittel! — 
Der Horſt tit alt oder verlaffen, wenn er keine grünen Welches find die grünenden Stoffe, mit denen unfer 
Zweige trägt. Genau wie für den vogelkundigen Sohn der | deutſchen, beziehungsweiſe mitteleuropäiſchen Vögel ihre Neſter 
arabiſchen Berge iſt auch für den deutſchen Waldläufer bei 
Buſſardneſtern die Horſtbelegung mit grünen Kiefernzweigen | ftebendDe Wort weiterhin zu gebrauchen)? In einem nenm 
ein Kennzeichen dafür, daß der alternde Bau vom vortrefflichen Werke, betitelt „Das Problem der Brütung 
Buffard neu bezogen und wohnlich gemacht von Dr. Fiſcher ), das uns der Weihnachtsmartt 1913 be 
worden ift!) Eine — wie gefagt — dem echten Wald- ſcheert hat, ift ein ganzes Kapitel den „grünen Neſtern“ gr 
läufer ganz bekannte Erfahrungstatſache! Und überhaupt | widmet und es find daſelbſt mit raſtloſem Fleiß die ver 
ift ja dieſes Thema fo alt wie bie Vogelbeobachtung felber, ſchiedenen Pflanzenarten genannt, die in lebendem Zuſton 
hat doch ſchon der Stagirit, der weiſe Lehrer Alexanders von Vögeln benutzt werden. Darum wundere ich mich, daß 
des Großen, 350 Jahre vor Chrifti Geburt 7 Pflanzenarten bei dieſer Aufzählung außer des Kleibers Kiefernblättchen 
genannt, mit denen Vögel den Rand ihrer Neſter aus. (Rinde vom Stamm) zwei febr gebräuchliche, bei geinifin 
ſchmücken, und zwar: Lorbeerzweige, Wegedorn | Vogelarten ſehr beliebte Pflanzenſtoffe nicht genannt find: 
(Rhamnus), wilde Cicho rie (die blauen Blüten), Samens 1. Grüner Salat, der vom Star gern in den Kaften getragen 
hüllen der Schwertlilie (Iris), Vitex, Frauen⸗ wird, desgleichen bevorzugt er Thymian, das wohlriecherbe 
haar (Adiantum), Myrtenzweige — alfo Austletoungd Bergpflänzchen, weniaſtens nach meinen Beobachtungen u 
ſtoffe, von denen die modernen Ornithologen kaum eine Oberheſſen; 2. Moos, das friſchgrün in wahren Binden, 
Ahnung haben und mit benen doch tatſächlich die Vögel am Haufen oder Klumpen vom weißen Storch eingetragen mit, 
Mittelmeer feit dreitauſend Jahren und länger ihre Neſter und zwar auch dann noch, wenn die Jungen faſt erwachsen 
auskleiden (und vielleicht früher mehr als jetzt?). Und fo | find und es nicht mehr not tut, am Neft Detailausbeſſerungen 
alt das Thema ift, fo intereffant und köſtlich ift es auch: vorzunehmen. 
Läßt es uns doch einen Blick tun in das lieblichſte Neſtge⸗ Als von Vögeln verwendete grüne Pflanzenteile werden 
bilde, das mit blühendem Vergißmeinnicht am Rand belegte weiter genannt: Kiefernzweige — Lärchenzweige — Buchen 
Stiegligneft (Eckſtein, „Haus, Hof und Garten“, 1912, 18), und Tannenzwei je. Dieſe hauptſächlich von Raubvögeln 
in das zartduftige, von lieblichſtem Reiz überhauchte Wef Für den Mäuſebuſſard nennt der Ornithologe Hol! 
penbuſſardneſt mit feinen jungfriſchen grünenden Qar- auch grüne Epheuzweige. Birkenzweige find für den Turm: 
chenreislein auf dem Neftrand und den ſchönſten Eiern der | fallen gut bezeugt, friſches Heidekraut für die Steppenweihe, 
deutſchen Vogelwelt!) — zart grünlich weiß mit fo dichter | Weidenzweige und Büſchel von Seggengras für den Gere 
tief rotbrauner Bewölkung von der Farbe der frifcheften Roß. falken. Der Vonelli-Moler der Araber liebt das grüne Riña 
kaſtanie. daß die Grundfarbe oft faſt verſchwindet —; und der wilden Olive. Melierax canorus polyopterus begnügt 
wer ſchon in ein kleines nettes Kleiberneſtchen geſchaut hat, | id mit grünen Akazienblättern. Pernis apivorus (Wespen. 
wie da die zarten Eierchen auf einer Schicht feinſter, bünnfter buſſard) liebt außer friſchen Lärchenreislein auch grüne, buf 
Rindenblättchen vom Kiefernſtamm, die teils gelblich braun, tende Buchenzweige, doch nach meiner Beobachtung nie beit 
teils (da, wo fle friſch vom Baumſtamm gezerrt wurden) noch zuſammen in einem Neſt (oder richtiger geſagt: am Rand 
naturfarben grünlich find, der hat ein Bild geſchaut von in. eines Neſtes). — Die Singdroſſel trägt grüne Grlenblatter 
timftem Reiz. Da iſt eine Friſche, ein würziger Duft, eine ins Neſt. Der kleine Würger verwendet ſtets friſche, grün: 
| 


Sauberkeit zu Haufe, daß man faft annehmen möchte, dem Kleeſtengel. Sowohl Nußhäher wie Hühnerhabicht bevorzugen 
Ganzen liege der Schönheitsſinn zugrunde, den wir Menſchen Tannenzweige und erneuern fie fogar ſtets. Eine Schwarz 
haben und den wir auch dem Vogel zuſprechen möchten. Und | amfel hatte ihr Neft in einer Laube mit aufrechtſtebenden 
doch — dürfen wir das? Dürfen wir ihn „anthroprozen. Stecklingen von Kohlrabi garniert. — Ganz auffallend ift die 
triſch“ — von dem Standpunkt des Menſchen aus — bes Verwendung von friſchgrünem Moos im Vogelreich. 10 
trachten? Dürfen wir in die Natur Erklärungsprinzipe tragen, wir ab von ſolchen Vögeln, die aus Moos ihr ganzes je 
die zunächſt doch nur dem intellektuellen Weſen, Menſch ges | bauen, wie vielfach der Zaunkönig, wie z. B. ähnlich da 
nannt, angehören und die dann alſo rein — oder vielleicht: Teichhuhn aus friſchen Schilfblättern ſein Neſt Jpeg 
rein — biologiſche, ja noch ſchärfer harakterifiert: biophyſiſche | fhidtet?). Es handelt fic) hier nur um ſolche Fälle, wo 0% 
Vorgänge äſthetiſch erfaſſen und erklären? Nein, und abers grünen Pflanzenſtoffe gewiſſermaßen nur nebenbei auf oder 
das Neft gebracht werden. Da ift es hochintereſſant — un 
ich wundere mich, daß Dr. Fiſcher dies in ſeinem reich 
haltigen Buch nicht erwähnt —, daß der weiße Storch, genau 
ſo wie der ſchwarze, in ſein Neſt von Zeit zu Zeit immer 
wieder grüne Moos flocken trägt, auch dann noch, wenn ſchon 


1) Schon in meiner Jugendzeit hunderte Male von mir 
erprobt im Vogelsberg, wo ich alljährlich eine Reihe von 
Mäuſebuſſardhorſten feſtſtellte und beſtieg, einmal auch ein 
Waldohreulenei in einem Buſſardhorſt fand (bei dem oberen 
Schalksbacher Weiher — Herbſtein). Das intereſſanteſte Buf⸗ 
ſardei, ein Spurei in Dicke einer ſtarken Walnuß mit regel⸗ 
rechter Fleckung, fand ich in dem Buſſardhorſt eines Laub⸗ 
waldes zwiſchen Hopfmannsfeld und Friſchborn. 

2) Wie ich ſie in meinem Buche: „Unſere einheimiſchen 
Vögel“ nenne; die ſchönſten Eier überhaupt dürften die lack⸗ 
grünen des Schopfſteißhuhns, die man im Frankfurter Zoo 
kaufen kann, ſein (Tinamus). 


t) Dieſer Autor, Dr. Julius Fiſcher, deſſen obenge⸗ 
beſprochen habe, iſt nicht zu verwechſeln mit Dr. W. J. 1 
der uns 1914 in feiner „Vogelwelt Württembergs“ eine er 
klaſſige vorbildliche „Lokalornis“ geſchenkt hat. 1 

9 1915 fand ich — bisher nie beobachtet — fein Rek 0 
und aus Blättern der Schwertlilie (Iris pseudacorus) a 
Eisſee bei Heilbronn gebildet. 


nanntes Buch ich in einer früheren Nummer dieſer Zeltſchrift 


„ausſchmücken“ (um das jetzt nicht mehr irrtümlich zu ver | 


— . 


— — ———— <> — — — T STS 
Fr Be A 2 non 2 


— — 


faft erwachſene Junge darin find’). Buchfink, Goldhähnchen, 
Braunelle verwenden beim Neſtbauen grünes Moos. Der 
Wüſtenbuſſard (Buteo desertorum) füttert fein Neft mit grü⸗ 
nem Moos aus, ebenſo der kleine Fliegenfänger, die Tannen⸗ 
meiſe, der braunkehlige Wieſenſchmätzer. Die Turteltaube ſoll 
zum Neſtbau friſche Zweiglein vom Gebüſch abbrechen, frei 
in der Luft rüttelnd, doch bezweifle ich dieſe Mitteilung, da 
ſich nach meinen ſehr ausgiebigen Beobachtungen der Turtur 
tartar im Mainzer Becken hierzu die Turteltaube weder nach 
Geſtaltung des Schnabels noch nach Temperament, noch nach 
Art des Fluges eignet. Der Star holt ſich in ſeinen Niſt⸗ 
kaſten Salat, Thymian. 

Welche Gründe haben nun die Vögel zum Auskleiden ihrer 
Refter mit grünen Pflanzenſtoffen ? 

1. Ariſtoteles vermutete eine Zauber wirkung. Der 
Gelehrte des Altertums urteilt in den Anſchauungen ſeiner 
Zeit. Für uns find dieſe nicht mehr haltbar. Wir glauben 
nicht an böfe Geiſter, die durch „Zauberaugen“ fernzuhalten 
wären. 

2 Schönheitsſinn der Vögel wird von anderen 
vermutet. Gewiß verrät die ganze Art des Aufbaus eines 
Neſtes einen gewiſſen Ordnungs⸗ und Schönheitsſinn, aber 
letzterer iſt unbewußt, d. h. ohne Abſicht vorhanden und darf 
nicht im Sinne deſſen, was der Menſch darunter verſteht, aus⸗ 
gelegt werden. Wir müſſen uns hüten, bei Vögeln von „äſthe⸗ 
tiſchem Sinn“ zu reden ). 

3. Geruch ſtroͤmen die friſchen Pflanzenteile aus (Thy: 
mian 3. B.), und dieſen folen die Vögel lieben. Dieſe Bes 
gründung fällt ganz und gar unter den Tiſch. Denn erſtens 
ift dies wieder ein rein äſthetiſches Moment, das als er: 
klaͤrendes Prinzip in die Natur getragen wird, um phyſto⸗ 
logiche Dinge zu erklären, die nur rein biophyſtſch aufgefaßt 
werden dürfen. Mit anderen Worten: Der Vogel hat eben⸗ 
ſowenig Gefallen an Wohlgeruch wie an Schoͤnheitsfinn. 
Zweitens riecht der Vogel ſo gut wie garnicht, im allgemeinen 
ſehr ſchlecht; viele Vögel können wahrſcheinlich überhaupt nicht 
riechen, und nur für einige ift es beſtimmt anzunehmen, name 
lich für den Kiwi und wenige Meervogelarten (Thalassidroma 
pelagica), bei denen die Naſenlöcher an die Spitze des Schna⸗ 
bels gelegt ſind (während ſie ja ſonſt meiſt von den Federn 
verdeckt werden) und bei dieſen wenigen Vogelarten mit zur 
Nahrungsſuche helfen. Es gilt beim Vogel der allgemeine 
Satz der Natur: Je beſſer das Geſicht, um ſo ſchlechter die 
Naſe. Der Vogel iſt ein vorzügliches Geſichts⸗, ein ſchlechtes 
Naſentier. 


) Ausführlich von mir behandelt in den Jahrbüchern der 
Société des Naturalistes Luxembourgeois. In Meerwarths 
Bildern aus der Tierwelt iſt dieſe Situation auch photo⸗ 
graphiſch ſehr hübſch feſtgehalten. Was bezweckt der Storch 
mit dem Eintragen der Moosbündel? Will er die Jungen 
weich betten ? 


) Aus dieſem Grunde, und weil es wirklich ein experi⸗ 
mentel feſtzuſtellender Irrtum it, muß man auch immer, 
vas ich nicht oft genug betonen kann, die Theſe des von mir 
im übrigen hochgeſchätzten Darwin zurückweiſen, daß im 
Rahmen der berühmten Zuchtwahl oder Ausleſe der Natur 
das Vogelweibchen dem „ſchöneren“, dem durch Farben oder 
Sejang glänzenden Männchen den Vorzug gebe. Keine 
Spur davon! Wieiich tauſendmal feſtgeſtellt habe, herrſcht 
im Vogelreiche lediglich das Recht des Stärkeren. Das phy⸗ 
fich ſtärkere Männchen wählt aus, das Weibchen nie; jenes 
kommt zu feinem Recht, herrſcht und zwingt; lediglich auf 
Brund feiner beſonderen Körperkräfte. 


47 


i 


4. Kühlung follen die grünen Pflanzenteile den Eiern 
bringen, teils direkt, teils durch Aus dünſtung von Feuchtigkeit 
und dadurch eintretende Kühlung der Luft. Allein, erſtens 
kommen die grünen Büſchel faſt nie mit den Stern direkt in 
Berührung, ſodann iſt ihre wärmevermindernde Tätigkeit eine 
ganz minimale, die vielleicht überhaupt keinen Ausſchlag zu 
geben vermag. 

5. Verdecken der Eier durch das Pflanzengrün iſt 
zwar auch ſchon angegeben worden, aber direkt Unſinn. Ich 
habe dies noch in keinem der zahlreichen von mir kontrollierten 
Fälle beobachtet. ' 

6. Reinhalten des Neſtes gibt biefer und jener 
Autor an. Aber es fragt fih nur: Wie? Auf welche Weile 
ſollen denn die wenigen grünen Pflanzenteile das Neſt rein⸗ 
halten?! Das ift doch faſt unmöglich, in den meiſten Fällen 
direkt aus geſchloſſen. 

7. Bleibt immer noch die eine Erklärung, die ich ſchon 
in meinem Buche „Unſere einheimiſchen Vögel“ (Heimatverlag, 
Gera) auf S. 1 beim Turmfalken gegeben habe: Spielerei. 
Es ift eine mehr oder minder willkürliche 
Spielerei von ſeiten der Vögel, wenn ſie 
grüne Zweige auf den Rand den Neſtes tragen. 
Nur iſt dieſe Spielerei guch wieder in gewiſſen Grenzen ge⸗ 
bannt, indem die einzelnen Arten gewöhnlich immer dieſelben 
und ganz beſtimmte Baumzweige und Pflänzlein bevorzugen 
bezw. verwenden. Vielleicht gibt uns auch dieſe Tatſache noch 
irgendwie einmal einen näheren Fingerzeig und Anhaltspunkt 
zur reſtloſen, Er⸗ und Aufklärung. Einſtweilen ift es aber 
nur als Spielerei aufzufaſſen. Fragt ſich nur noch: Wie iſt 
dieſe Spielerei zuſtande gekommen? Und darauf habe ich zu⸗ 
nächſt und einſtweilen noch keine Antwort. Ebenſo nicht auf 
die andere Frage: Warum iſt ſte zuſtande gekommen? Doch 
auf das: warum? bleiben wir ja meiſt der Naturerſcheinung 
gegenüber die Antwort ſchuldig. | 

Ich verkenne nicht die ſchwer wiegenden Bes 
denken gegen dieſe Erklärung. Denn: Spielen die 
Vögel überhaupt? Tun fie etwas in der Art deſſen, was wir 
„Spielerei“ nennen? Wäre dies nicht eine zweckloſe Lebens⸗ 
betätigung, alfo eine nutzloſe Kräftevergeudung der (ſonſt 
immer 2) zweckſetzeuden Natur? Und wäre dieſe Erklärung 
nicht wieder eine ſolche, die wir auf dem Wege „äſthetiſcher“ 
Anſchauung zu geben ſuchen? — Daß Tiere ſpielen, ſteht 
feſt. Es iſt beiſpielsweiſe nach meinen Erfahrungen gerade 
einer der charakteriſtiſchſten (freilich in keinem ornitho⸗ 
logiſchen Werke genannten) Unterſchiede zwiſchen Nebel⸗ und 
Rabenkrähe, daß jener ein außerordentlich ſtarker Spiel⸗ 
ſinn vor dieſer eignet, ein Unterſchied, der auf rein biolo⸗ 
giſchem, vielleicht fogar phyſiologiſchem Gebiet liegt. Wenn 
man den Spieltrieb der Tiere in dem Sinn auffaßt, wie 
es Groos⸗Gießen in ſeinem Buche („Spiele der Tiere“) 
tut, fo macht er ſich unbewußt geltend, ift die Auslöſung 
überſchüſſiger Körperkräfte, und hat in den meiſten Fällen die 
Zweckſetzung, daß er das junge (vorwiegend ſpielende) Tier 
auf ſpätere Lebensbetätigung (3. B. flinke Bewegung) zur Er⸗ 
werbung der Nahrung oder Beſtehung von Kämpfen vorbe⸗ 
reitet, alſo zu dieſen Zwecken tauglich macht (ſpielende junge 
Hunde, Katzen !). In unſerem Falle betr. Ausſchmückung der 
Neſter käme ja Derartiges nicht in Frage. Ueberhaupt iſt, 
wie oben geſagt, das ſchwerwiegendſte Moment gegen meine 
Erklärung mit Spielerei dasjenige, daß die einzelnen Vogel⸗ 
arten ganz beſtimmte Pflanzenſorten bevorzugen bezw. allein 
verwenden. Wenn man dieſem Umſtand näher nach⸗ 
denkt, ſo muß man ſagen: Da muß doch einmal, wenn auch 
vielleicht jetzt nicht mehr, ein ganz beſtimmter Zweck vorge⸗ 


legen haben. Es könnte ja fein, daß der Zweck in früheren 
Zeiten deutlicher vorlag, wirkliche Berechtigung hatte, und 
daß jetzt dasjenige, was früher zweckmäßig war, in Spielerei 


| 
| 
| 


ausgeartet ift, aljo im Sinne eines ataviftifden Relikts ge⸗ 


wertet werden dürfte. Allein es iſt billig, auf Atavismus 
ſchließen zu wollen, wo man einen Zweck nicht ſogleich er⸗ 
kennt, und man darf dies zunächſt auch nicht; eben darum 
neige ich mehr und mehr zu der Erklärung die ich in 
einer hier folgenden Nachſchrift gegeben habe. 


Nachſchrift. Bei einer von mir angeregten ausgie⸗ 
bigen Ausſprache über dieſes Thema im Unterländer Zweig⸗ 
ver. f. Nat. k. (Heilbronn) wies ein Apotheker darauf hin, 
daß die von den Vögeln eingetragenen grünen Stoffe meiſt 
ſtark riechen; er erklärte zweckſetzend die Erſcheinung damit, 
daß der Geruch dieſer Pflanzenteile den Vögeln läſtige, 
ihren Eiern und Jungen vielleicht ſchädliche Inſek⸗ 
ten abhalten folle. Dieſe. Erklärung erſcheint im Gros 
Ben und Ganzen recht plauſtbel (Thymian, Waldmeiſter uſw. 
legt man ja auch in Schubladen, um Motten fernzuhalten). 
In Fällen, wo die grüne Auskleidung nicht ſtark! duftet 
oder überhaupt nicht riecht, wie bei Moos, friſchem Buchen⸗ 
laub uſw., würde auch diefe Erklärung hinfällig werden. 
Immerhin haben die Inſekten ein anderes Geruchsorgan wie 
die Menſchen und könnten auch in Fällen riechen, wo wir 
keinen Geruch wahrnehmen, und dadurch abſtoßend berührt 
werden. Inſekten find ja ausgeſprochene Geruchs⸗ 
tiere. Demnach käme doch die Erklärung des Geruchs 
in Frage, nur daß er nicht auf die Vögel, ſondern die In⸗ 
ſekten bezogen würde. Auch und gerade in dieſem Falle 
dürften wir die Ausſchmückung der Neſter in ihrer Speziali⸗ 
flerung (für die verſchiedenſten Inſekten?) nicht dem Intellekt 
der Vogel zuſchrelben, es wäre eine reine Inſtinkthandlung. 

Pfarrer Wilhelm Schuster. 


F. Nachruf. 

Am 11. Dezember 1915 ſtarb wieder einer der viel: 
verſprechendſten jüngeren bayeriſchen Forſtverwaltungsbeamten 
den Heldentod. Forſtpraktikant Dr. Wilhelm Kübler, 
Leutnant im 1. bayeriſchen Reſerve⸗Fußartillerie⸗ Regiment, 
wurde durch eine Granate bei Thelus getötet. Dem erſt 
28. jährigen wäre ſicher eine glänzende Laufbahn beſchieden 
geweſen. Perſönlich ein überaus liebenswürdiger, vornehmer 
Charakter, zog ihn auf der Univerſität beſonders das natur⸗ 
wiſſenſchaftliche Studium an. Nach Abſchluß ſeines Refe⸗ 
rendarexamens, das er mit Note 1 beſtand, promovierte 
Kübler unter Vorlage einer pflanzenphyſtologiſch⸗chemiſchen 


Arbeit „Die Periodizität der Nährſalzaufnahme und Trocker⸗ 
ſubſtanzbildung von zweijährigen Buchen“ „summa cur 
laude“ an der ſtaatswirtſchaftlichen Fakultät der Münden 
Univerfität. Das Spezialſtudium des ungewöhnlich begabten 
Schülers Alimeiſter Ramanns galt der Bodenkunde und Gr 
nährungschemie der Forſtpflanzen. 

Auch die ſoldatiſchen Eigenſchaften Küblers waren gläs⸗ 
zende, wie aus den rühmenden Worten im Nachrufe feines 
Regimentskommandeurs gefolgert werden muß. B. 


G. Harzleim, 
wie er zur Herſtellung guten Schreibpapiers notwendig ijt, 
wurde ſeither durch Deſtillation aus Terpentin gewonnen: 
das letztere früher in ausgedehntem Maße von deutſchen und 
öſterreichiſchen Kiefern (Pinus silvestris und nigricans), in 
letzter Zeit vorwiegend von ausländiſchen Kiefernarten, int: 
beſondere P. palustris und maritima, aus Amerika und Frant: 
reich. Seitdem nun der Krieg dieſe Einfuhr erſchwert oder 
unmöglich gemacht hat, müßte man wieder auf die bei un: 
faft ganz abgekommene Harznutzung zurückkommen, wenn et 
nicht etwa gelingen folte, auf dem Wege chemiſcher Syntheſe 
oder durch Verarbeitung geeigneter Induſtrie⸗Produkte einen 
Erſatz für das Harz zu gewinnen. 


Dr.⸗Ing. Emil Heuſer, Brofeffor an der Techniſchen 
Hochſchule in Darmſtadt, beſchäftigt u d vor einiger Zeit 
auch zu greifbaren Ergebniſſen gelangt, fo daß der künſſtliche 
Harzerſatz bereits in einem Teile der Papierinduſtrie Ber: 
wendung findet. Für die Lejer der A. F. u. J.⸗Z. wird es 
ohne Zweifel von Intereſſe fein, zu erfahren, ob auf dieſe 
Art der inländiſche Bedarf gedeckt werden kann oder ob und 
in welchem Umfang doch die Harznutzung in unſeren Nadel⸗ 
holzwaldungen wieder einzuführen wäre. 


teilungen hierüber würden wir dankbar ſein. D. Red. 


H. Geheimerat Dr. Richard Heß, 
von 1869 bis 1910 ordentl. Profeſſor der Forſtwirtſchaft 
an der Univerfität Gießen, felt dem 1. Oktober 1910) 
ebendaſelbſt im Ruheſtand lebend, ift am 18. Januar d. 38. 


Mit dieſem Problem it, : 
wie uns in dankenswerter Weiſe mitgeteilt wird, zurzeit Herr 


Für weitere Mit: , 


nach längerem ſchwerem Leiden geſtorben. Im Juni v. Js. 


hatte er das 80. Lebensjahr zurückgelegt. In einem der 
nächſten Hefte werden wir ſein Bild mit Lebensbeſchreibung 
und Nachruf af bringen. D. Red. 


1) Val. J März⸗ und Novemberheft 1910. 


Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer, 
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländers Verlag. 
Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. M. — G. Ottos Hoſbuchdruckerei in Darmitadt. 


Allgemeine 


und Jagd⸗Zeitung. 


8 ER RE | Herausgegeben 
. Karl Wimmenauer, d Dr. heinrich Weber, 


* 
* ° . 
—— — — — . DS AH 
2 err ere. 


8 be u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft 
1 -- an der Univerſität Gießen. 


4 . 


— ——— 


Frankfurt am Main. 
J. D. Sauerländer's Verlag. 


— AS ASS Sl 


— — —— — 


— Die Allgemeine Forh- und Bagd-Beitung erſcheint regelmäßig jeden Monat und 
Er e mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗ 
lungen und Poſtanſtalten. 


—ͤ— 


PORRE er DRA AS Oe Oe” NA BE bi FT ES ene hs PS Nr a A Se „et. RTL 
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r 7 n- 4 * Sn Kur 


Preiſe: !/; Seite 60.— Mk., ½ Seite 32.— Mk., 1 Seite 17.50 Mk., ¼ Seite 10 Mk., ½ Seite 7. 50 Mk., Seite 5.50% 

bei kleineren 32 0 5 die 40 mm breite e Petitzelte 30 Pfg. — Rabatt bei Wiederholungen 15 9% 68 3%, 28% E l 

64 33½ % bei 10x, 40% bei 12 , 50% bei 24 <i er Aufnahme eines Inſerates. — Textänderungen bei längere: 
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Fork: und Jagd 


eng 


März 1916. 


— — — — — —— — — — — — —ꝛ—— m 


Torfliches aus dem „Gelfin“. 
Bon W. Keßler, Kgl. Preuß. Forſtmeiſter a. D. 

(Schluß.) 

III. 
„Arbeiten und nicht verzweifeln“! 
Carlyle. 

Leiſtungen und Ziele. Hemmungen 
und Förderungen. 

Das Jahr 1908 war ein kritiſcher Zeitpunkt in 
der Geſchichte der Teſſiner Forſtverwaltung. 

Auf Grund des Bundesforſtgeſetzes vom 11. Oktbr. 
1902 und der Ausführungs-Verordnung vom 13. 3. 
1903 war endlich im Jahre 1907 dem Großrat (Land: 
tag) der Entwurf eines neuen Kantonsforſtgeſetzes vor⸗ 
gelegt worden. Dasſelbe wurde nach ſehr eingehen⸗ 
der Beratung vom Landtag angenommen und vom 
Bundesrat in Bern beftätigt, der zugleich verweigerte, 
über Einſprüche, welche gegen das Geſetz aus dem Kan⸗ 
ton erhoben waren, zu entſcheiden. 

Anträge auf ein referendum, d. h. Volksabſtim⸗ 
mung über das Gejeg, wurden als nicht rechtzeitig 
geſtellt und genügend unterſtützt abgelehnt und das 
neue Forſtgeſetz vom 19. Juni 1903 als gültig 
erklärt. Eine Klage, welche vom Patriziat Locarno 
beim Oberbundesgericht gegen das Geſetz, welches in 
verſchiedenen Punkten gegen die Verfaſſung verſtoßen 
ſollte, erhoben wurde, ward zurückgewieſen. 


Inzwiſchen waren die Gegner des Geſetzes aber 
nicht untätig geblieben und ſtellten unterm 4. Nov. 
1908 den Antrag auf die ſogen. Initiative d. h. Volks⸗ 
miheidung über einen von ihnen dem Geſetz ent: 
gegengeſtellten neuen Entwurf. Innerhalb der geſetz⸗ 
mäßigen Friſt von 60 Tagen brachten fie 9182 Unter: 

ſtzriſten !) hierfür zuſammen und erzielten damit, daß 
am 7. November 1909 zur Volksabſtimmung über 
dus Geſetz geſchritten wurde. Von den abgegebenen 
12750 Stimmen waren 11381, alfo rd. 90 „%, gegen 
das Geſetz von 1908, welches damit fiel. 


Ban „ERBEN 


Fotſtorganiſation. 


! ) Im Kanton Teſſin find für Einbringung einer Volks— 
initiative 7000 Unterſchriften erforderlich, während für ein 
g Referendum 5000 genügen. 

i 1916 


Während des Streites um das Forſtgeſetz hatte der 
Kantonsf forſtinſpektor F. Merz, welcher 20 Jahre ſeinen 
vahrlich nicht leichten Poſten mit Eifer und Erfolg 
verſehen hatte, im Jahre 1909 feine Entlaffung ein: 
gereicht, um einer ehrenvollen Berufung als eidgenöj- 
ſiſcher Forſtinſpektor an das Bundesforſtamt in Bern 
zu folgen. 

An ſeine Stelle trat der bisherige Kreisoberförſter 
von Bellinzona, Carlo Albiſetti, welcher noch gegen⸗ 
wärtig an der Spitze der Teſſiner Forſtverwaltung 
ſteht. 

Der vorher geſchilderte Kampf gegen das Forſt⸗ 
geſetz von 1908 war nichts anderes als der Ausdruck 
eines ſchon längere Zeit gährenden und bei dieſer Ge: 
legenheit zum offenen Ausbruch gekommenen Konfliktes 
zwiſchen den Patriziaten und der Forſtverwaltung. 
Nachdem das Volk ſich in ſo entſchiedener Weiſe und 
überwältigender Mehrheit gegen die Forſtverwaltung 
erklärt hatte, wurde nunmehr ſeitens des Großrates 
eine Kommiſſion von 3 Abgeordneten zur Prüfung 
der ganzen Verhältniſſe ernannt, die nach gründlicher 
Unterſuchung unterm 5. April 1910 einen ausführ⸗ 
lichen Bericht erſtattete. 


In demſelben wurde ausgeführt, daß die eigentliche 
Schuld des Konfliktes in dem natürlichen Gegenſatz 
zwiſchen den Intereſſen der auf das allgemeine und 
die Zukunft hinzielenden Forſtwirtſchaft und dem mehr 
einſeitigen auf den gegenwärtigen Nutzen, namentlich 
durch die Weidewirtſchaft, bedachten Standpunkt der 
Korporationen liege, und daß beide Teile gefehlt hätten; 
der eine durch Mangel an Rückſicht auf die einmal 
beſtehenden Verhältniſſe; der andere durch Störrigkeit 
und kurzſichtigen Widerſtand. Eine künftige geſunde 
und ausſichtsvolle Forſtpolitik müſſe durchaus die 
beiderſeitigen Intereſſen zu verſöhnen ſuchen und 
jede unnötige Bevormundung der gegen Beſchränkung 
ihrer wirtſchaftlichen Freiheit empfindlichen Korpora— 
tionen vermeiden. 

Im beſonderen wurde empfohlen, mehr Hochwald 
zu ſchaffen, welcher der Weide weniger hinderlich ſei 
als Niederwald, und gleichzeitig die Verbeſſerung der 
Weidegründe in die Hand zu nehmen, auch betreffs 

7 


50 


der Abgrenzung des Waldes und der Weide keine un: 


durchführbaren Forderungen aufzuſtellen. 

Bei der Ausführung der Aufforſtungen möge man 
den Unfidten und Wünſchen der Waldeigentümer mög: 
lichſt Rechnung tragen. 


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Die von der Forſtverwaltung angeftrebte Auf⸗ 


hebung der Parzellenwirtſchaft der einzelnen Nutznießer 
im Niederwalde ſollte fallen gelaſſen werden, ebenſo 


wie es nicht durchführbar ſei, auf der Einführung eines 


ſtändigen verantwortlichen Hirten (pastori stabili) für 
die waldſchädlichen Ziegenherden zu beſtehen. Dagegen 
ſollte man die Zahl der auszutreibenden Ziegen, welche 
ſich übrigens ſchon von ſelbſt ſtets vermindere, mög⸗ 
lichſt beſchränken. Es wurde dann ferner empfohlen, 
die Zahl der Revierförſter zu vermehren und die An⸗ 
ſtellung eigener Waldwärter ſeitens der Patriziate zu 
begünſtigen, die im Fall der Tauglichkeit zu Revier⸗ 
förſtern befördert werden könnten. Dadurch würden 
auch die haufigen Reibungen zwiſchen den jetzigen Re- 
vierförſtern und den Patriziatsverwaltungen leichter 
vermieden. 

Auf alle Fälle aber ſei die Schaffung eigener Do⸗ 
- mänenforften für den Kanton anzuſtreben. 

Es wurde nun unter Berückſichtigung der vorge: 
ſchlagenen Aenderungen und Milderungen des Geſetzes 
von 1908 noch im Jahre 1910 der Entwurf eines 
neuen Forſtgeſetzes ausgearbeitet und ſowohl dem 


Großrate wie der Vereinigung der Patriziate und der 


Bundesforſtbehörde zur Vorprüfung vorgelegt; welches 


dann nach langen Verhandlungen im Jahre 1912 an: 


genommen und proklamiert wurde. 


Die Forſtorganiſation des Kantons ift 
nach Erlaß des neuen Forſtgeſetzes wohl auch weit⸗ 


gehenden Anſprüchen genügend. 
Das Forſtgeſetz vom 26. Juni 1912 beſtimmte in 
Art. 5 die Anſtellung 

I. eines Kantonsforſtinſpektors capo is- 
pettore forestale, etwa unſerm „Bezirks⸗Ober⸗ 
forſtmeiſter“ entſprechend, 

II. eines Forſtinſpektors ispettore forestale 
für jeden Kreis (circondario); als „Kreisober— 
förſter“ zu bezeichnen, Ä 

III. eines Unterinſpektors (sottoispettore) für 
jedes Revier (sezione) alſo Revierförſter ). 


Außerdem ſollten von den einzelnen waldbejigen: , 


den Patriziaten oder ſonſtigen juriſtiſchen Perſonen 


(ente pubblico) mindeſtens je 1 geeigneter Wald⸗ 


') Für jedes Revier iſt im Jahre 1913 eine beſondere 


Geſchäftsanweiſung erlaſſen worden, wonach z. B. die Ne- 


vierförſter fih den Patriziaten zur Verfügung halten und, 


ihre Revierbeſuche in eine bei der Korporationsbehörde ge— 
führte Kontrolle genau vormerken müſſen. 


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—p—— —öwöä— N,E—U——— — —ꝛů— 


wärter oder Bannwart (guardaboschi) angeſtell 
werden. 

Es wurde hiermit übrigens nur der ſchon be 
ſtehende allmählich herausgebildete Zuſtand geſetzlic 
feſtgelegt und erweitert; denn ſchon im Jahre 190: 
waren nach Merz außer dem Kantonsforſtinſpekto: 
5 Kreisoberförſter, 1 Adjunkt, 20 vom Staate bi 
ſoldete Revierförſter und mehr als 200 Bannwarte 
vorhanden. 

Der neueſte Etat und Rechenſchaftsbericht von 191“ 
führt auf: 

1 Kantonsforſtinſpektor, 6 Kreisoberförſter, 1 Do: 
mänenoberförſter und 37 Revierförſter. Die Zahl der 
nicht mehr zu den Kantonsforſtbeamten zählenden Wald: 
märter wird nicht genannt. Für die 8 höheren fort 
beamten war im Geſetz ein Gehalt von 4000—4500 
Frs. für den Kantonsforſtinſpektor, und 3000 —4000 
Frs. für die Kreisoberförſter vorgeſehen, außer welch 
nur noch geringe Diäten für Dienſtreiſen (5—6 Ft. 
für den Tag und 3—4 Frs. für die Nacht, neben den 
Eiſenbahn- und Poſtfahrkoſten) gewährt werden. 

Die Revierförſter ſollten 1000 — 1800 Frs. Gehalt 
und 3 Frs. Uebernachtungsgebühren erhalten. 

Nach den vorliegenden Jahresrechnungen werden 
dieje Sätze auch in Wirklichkeit ziemlich genau inne gr 
halten; jedenfalls nicht nennenswert überſchritten. Ein: 
zelne Revierförſter bleiben fogar noch hinter den Pin: 


deſtſätzen zurück und erhalten nur 500 — 900 Frs. Es 


find dies ſolche, welche aus dem Stand der Wald 


wärter hervorgegangen find. Das Geſetz ſieht nämlich 


in Art. 15 ausdrücklich vor, daß Bannwarte, welche 
die erforderliche Vorbildung nachweiſen und ein Ge⸗ 
halt nicht unter 500 Frs. erhalten, zu der Stellung 


amten, aufrücken können. 

Im allgemeinen ſollten ſonſt die Waldwärter aus 
der anſäſſigen Landbevölkerung und den Waldarbeitern 
genommen werden. Die für ſie bisher ſeitens der 
Waldbeſitzer angelegten Beſoldungen waren außer: 
ordentlich gering; 30—200 Frs. pro Jahr! Daß 
dementſprechend auch ihre Leiſtungen nicht ſehr her— 
vorragend ſein können, iſt nur natürlich. 

Nach dem Bundesforſtgeſetz vom 11. Oktober 1902 
(Art. 40) trägt der Bund zu den Beſoldungen der 
höheren Forſtbeamten 25 —35 %; zu denen der fub: 
alternen 5—20°% bei. Die Waldeigentümer haben 
für die Revierförſter 10 — 30% der Koſten berg 
ſteuern. 

Zweifellos find die vorſtehend aufgeführten Ge 
hälter, welche noch nicht die Hälfte der z. B. in Preußen 
geltenden Sätze erreichen, außerordentlich niedrig; zu— 
mal wenn man berückſichtigt, daß alle anderen Neben⸗ 
bezüge und Lebenserleichterungen, wie Dienſtwohnungen. 


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des Revierförſters, aljo eines techniſchen Kantons⸗Be⸗ 


51 


ibrennholz uſw., gänzlich fortfallen. Freilich find 
ensunterhalt und Lebensanſprüche etwas einſacher 
leichter zu befriedigen als in Deutſchland; aber 
merhin möchte man den Kollegen im Teſſin recht 
n und bald eine erhebliche Aufbeſſerung wünſchen. 

Leider iſt bei den gegenwärtigen wirtſchaftlichen 
rhältniſſen zunächſt kaum eine Hoffnung hierfür vor⸗ 
nden. Bald nachdem das neue Forſtgeſetz und die 
ue Organiſation durchgeführt waren, krachten im 
inter 1913/14 die 3 Hauptbanken des Teſſin in⸗ 
ge unfähiger und leichtiertiger Geſchäftsführung zu: 
nmen; wodurch das Volksvermögen des Kantons 
n viele Millionen geſchädigt wurde. Dann kam der 
‘elttrieg, welcher auch die neutrale Schweiz in bittere 
titleidenfchaft zog, und ganz beſonders den wirtſchaft⸗ 
h vielfach von Italien abhängigen, im übrigen auf 
remdeninduſtrie angewieſenen Kanton Teſſin. 

Man kann. es nur zu gut verſtehen, wenn gegen: 
oärtig überall geſpart und geſtrichen wird, wo es 
rgend denkbar und möglich iſt. So kommen auch 
eider die hoffnungsvoll begonnenen forſtlichen An⸗ 
äufe wieder ins Stocken. Hat man doch ſogar den 
m Geſetz ausgeworſenen Jahresbetrag von 10000 Frs. 
ür Schaffung von Kantonsforſten für die nächſten 5 
fahre wieder abgeſetzt! 

Anerkennenswert iſt übrigens, daß die ſämtlichen 
kantonsforſtbeamten jhon feit 1899 von Amtswegen 
bei der Schweizer Unfallverſicherungsgeſellſchaft in 
Dinterthur zu angemeſſenen Sätzen verſichert find, 
vobei der Kanton die Hälfte der Prämie zahlt. Alle 
fantonsforſtbeamten werden auf Perioden von 6 
Jahren gewählt. Was die Vorbildung anlangt, 
ſo haben die höheren Forſtbeamten ſelbſtredend den 
Bundesvorſchriften entſprechend die Berechtigung zur 
Anſtellung durch den ſchweizeriſchen jetzt 5 jährigen 
Studien⸗ und Uebungskurs und die damit verbundenen 
Prüfungen erworben. 


Die Revierförſter werden aus gebildeten und körper⸗ 
lich geeigneten Einwohnern gewählt, welche einen forſt⸗ 
chen Ausbildungsunterricht von 2 Monaten in 2 ge⸗ 
trennten Kurſen, einem wiſſenſchaftlichen und einem 
mehr praktiſchen, durchmachen müſſen. Es finden ſich 
unter ihnen viele fähige und gewandte Männer, u a. 
auch frühere Lehrer. An allgemeiner Bildung dürften 
Ne den deutſchen Förſtern keineswegs nachſtehen. 


Weniger günſtig iſt es mit den Waldwärtern be: 
Hellt, für welche nur kurze Ausbildungskurſe von | 
Woche abgehalten werden. Immerhin würden dieſe 
einfachen, dem praktiſchen Leben entnommenen Männer 
NA bei entſprechender fortgeſetzter Schulung durch ihre 
Lorgeſezten nicht ſchwer zu brauchbaren Gehilfen in 

Schrieb und Forſtſchutz erziehen laffen, wenn man fie 


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derart beſolden könnte, daß ſie eine gewiſſe Unab⸗ 
hängigkeit erlangten. 

Als neulich im Bezirke Lugano die Teilnehmer 
eines ſolchen Waldwärterkurſus nach Schluß deſſelben 
zur Entlaſſung kamen, wurden ihnen ſeitens der Auf- 
ſichtsbehörde Abſchieds- und Geleitsworte gewidmet, 
welche voll Anerkennung und liebevoller Würdigung 
ihrer künftigen Tätigkeit waren. Sie wurden als 
Miſſionare und Apoſtel gefeiert, welche nun die Kennt⸗ 
nis vom Walde draußen im Lande verbreiten und 
das Evangelium von der Bedeutung und dem Nutzen 
der Forſten überall predigen und verkünden ſollten! 

Gearbeitet worden iſt in den letzten Jahr⸗ 
zehnten auf forſtlichem Gebiete im Teſſin recht viel; 
wohl mehr als in den meiſten anderen Kantonen. 
Merz hebt ſchon in ſeiner Zuſammenſtellung vom Jahre 
1903 mit einem gewiſſen nicht unberechtigten Stolz 
hervor, daß in den letzten 15 Jahren 1500 ha Kahl⸗ 
flächen mit ca. 12 Millionen Pflanzen und einem 
Koſtenaufwand von rund 700 000 Frs. aufgeforſtet 
ſeien. 7 ha Pflanzkämpe waren angelegt, welche jähr⸗ 
lich ca. 800 000 Pflanzen lieferten. Er erinnert an 
das gewaltige Werk der Teſſin⸗ und Maggiakorrek⸗ 
tion!), welche weit über 2000 ha ſchützt und gegen 
600 ha teilweiſe auch zur Holzzucht brauchbaren Bodens 
gewonnen hat. Er erwähnt die verdienſtvollen La⸗ 
winenſchutzbauten im Hochgebirge, deren damals 
ſchon 23 mit einem Koſtenaufwande von mehr als 
500000 Frs. vollendet waren. Faſt noch wichtiger 
waren die Arbeiten zur Verbauung der Wild: 
bade, von denen nicht weniger als 44 allein 
54 000 cbm Mauerwerk außer Flechtwerken, Erd⸗ 
bauten uſw. erfordert hatten. Hierfür war mehr als 
5 Million Frs. ausgegeben worden. Im ganzen 
waren für alle Arbeiten, Aufforſtungen, Lawinen- und 
Wildbachverbauungen 1 600 000 Frs. aufgewendet 
worden, wovon die Eidgenoſſenſchaft mehr als die 
Hälfte als Unterſtützung gewährt hat:). 

Im Jahre 1908 wurde auf Anſuchen der Kantons: 
forſtbeamten, welche vielfache Anfeindungen ihrer Tätig⸗ 
keit und Erfolge erfahren hatten, und auf Anregung 
aus dem Landtage ſelbſt ſeitens des großen Rates eine 
Unterſuchung der bisherigen forſtlichen Arbeiten an 
Ort und Stelle durch eine Kommiſſion angeordnet, an 
welder der damalige Profeſſor der Forſtwirtſchaft am 
Eidgenöſſiſchen Polytechnikum zu Zürich, M. Decoppet 
(gegenwärtig Bundesoberforſtinſpektor zu Bern, Nach— 
folger des unverwüſtlichen und unvergeßlichen Dr. Coaz, 


1) Die Geſamtkoſten allein, der Teſſinkorrektion haben 
bis Ende 1914 5696118 Frs. betragen. 

2) In der ganzen Schweiz waren in demſelben Zeit— 
raum 6½ Millionen für Forſtarbeiten ausgegeben worden, 
fo daß auf den Teſſin / aller Aufwendungen kommt. 

7 


welcher mit 93 Jahren noch fein Amt verſah), als forft- | begünftigtes, von der Kultur aber vernachläſſigtes Lan 


licher Sachverſtändiger teilnahm. Aus ſeinem im Jahre 
1909 veröffentlichten Bericht entnehme ich folgende 
Angaben, welche auf der Merz'ſchen Statiſtik von 1908 
beruhen. 

In dem Zeitraum 1876—1908 waren neu auf: 
geforſtet mit 12313 100 Pflanzen 1900,27 ha 
für En 6. o. ee NG 723 481 Frs. 
davon 30 % Laubhölzer 
Für Einzäunungen der Kulturen 

(108 356 m) waren aufgewendet 
Zum Schutz gegen Lawinen waren 
erſtellt 58 516 ebm Mauerwerk und 
39 526 m Pfahlbauten für . 
Für Wildbachverbauungen waren 
errichtet 85107 cbm Mauern, 111386 
m Flechtzäune und 7529 m Grä⸗ 


124986 „ 


385624 „ 


ben fir Un... 688 275 „ 
Ferner waren in den Schutzgebieten 
1465 m neue Wege angelegt für 9454 „ 


Mithin für fertige Arbeiten Summe 1931830 Frs. 

Von den bereits vollendeten Arbeiten entfallen auf 
Aufforſtungen allein 37,5%; auf Gd ugar: 
beiten 62,5%. Zu den aufgewendeten Koſten hatten 
beizutragen: 

Der Bund: 55,50%, der Kanton 19,9% und 

die Grundeigentümer 24,60%. 

Man ſieht, welche im Verhältnis zur Größe des Be- 
zirks bedeutenden Summen aufgewendet!) und nament⸗ 
lich von der im Teſſin leider jo oft verkannten Bundes- 
regierung zugeſchoſſen ſind, um den Kanton in der 
ſchwierigen und koſtſpieligen Aufgabe zu unterſtützen, 
frühere Sünden wieder gut zu machen?). 

Ich möchte übrigens bei dieſer Gelegenheit be- 
merken, daß nichts unrichtiger iſt, als ſich den Teſſin, 
wie es ſo vielfach geſchieht, als ein zwar von der Natur 


) In Teſſin find aufgewendet je km? Waldfläche 2600 
Frs.; in Graubünden 825, im Wallis 250 Frs. 

) Beſuchern des Teſſin, welche ſich über „die Sünden 
der Väter“ und ihre Folgen näher an Ort und Stelle unter 
richten möchten, empfehle ich Studium des. Maggia— 
und Rovanatals, beſonders bei Someo und Campo. Das 
Maggiatal bei Someo wird vor 100 Jahren als „eine frucht— 
bare Ebene mit üppiger italieniſcher Kultur“ beſchrieben. 
Heute iſt es nach den furchtbaren Verheerungen, welche die 
Maggia nach der Entwaldung der Talhänge in ihrem mitt— 
leren und oberen Lauf angerichtet hat, eine Fels- und Stein» 
wüſte mit vereinzelten Rulturoafen. Bei dem durch feine 
gleitenden Erdſchichten berühmten und gefährdeten Campo 
hat ebenfalls Entwaldung des oberen Geländes und nament— 
lich ein unbedachter Flößereibetrieb in der durch gewaltige 
Klauſen aufgeſtauten Rovana, welcher das Bett des Fluſſes 
um mehr als 30 m tiefer aushöhlte, die ganzen Waſſerab— 
flußverhältniſſe der Art ungünſtig beeinflußt, daß die Boden— 
ſchichten ins Abrutſchen gerieten. 


52 


vorzuſtellen, deſſen Einwohner materiell und morali: 
unfähig feien, wirkſam an der Hebung ihrer Hen: 
zu arbeiten! Ich behaupte, daß der Teſſin viele de 
ſche Landſchaften in ähnlicher Lage an Kultur üb: 
trifft. Man nenne mir einmal ein deutſches Gebirg: 
land, wo 3. B. Poſtſtraßen und Poſtverkehr von äh: 
lich guter Beſchaffenheit vorhanden find! Selbſt m: 
Unterkunft und Verpflegung anlangt, bieten einſar 
Teſſiner Bergorte oft mehr als die großen Tir 
und Flecken in der Nähe Berlins! Auch an das be: 
gebrachte Märchen von der Teſſiner Armut glaube it 
nicht mehr, feit ich erlebt habe, wie anſcheinend let: 
die jo großen Schädigungen der Bankkrache ertrage 
wurden. Die außerordentliche Genügſamkeit und Spar 
ſamkeit der Bewohner überwinden auch die ungünftigfte" 
Verhältniſſe leichter, als man denkt, und der nament: 
lich im Auslande bewährte Erwerbsfleiß der Felina 
ſorgt für die Schaffung und das Zuſtrömen friſchn 


Kapitals. Ich bin überzeugt, daß auch in der Wild | 


kultur und Forſtwirtſchaft von dieſem begabten un 
unverdroſſenen Volke Gutes geleiſtet werden könn 
wenn es gelänge, die Einſicht zu verbreiten, daß dice: 
Wirtſchaftszweig zum privaten wie öffentlichen Vorteil 
gereichte. 

Dies ift der Kernpunkt für allen Fortſchritt der 
forſtlichen Beſtrebungen im Teſſin. 

Daß auf die eigentlichen Aufforſtungen mt, 
etwa / der Geſamtkoſten verwendet feien, während 
auf die Schutzarbeiten faſt 2/s entfielen, bezeichnet 
Decoppet mit Recht als ein unrichtiges für die Jork: | 
kulturen zu ungünſtiges Verhältnis. 

Im einzelnen findet dann D. bei den gemachten 
Kulturen das fo bedeutende Vorwiegen der Nadel 
hölzer (70 %) bedenklich!) und tadelt die große De 
vorzugung der Lärche, welche man auch in zu niedrige 
und zu warme Lagen gebracht habe. Er möchte, nament: 
lich mit Rückſicht auf die Feuersgefahr und Streuge | 
winnung, die Laubhölzer mehr berückſichtigt wiſen. 
verwirft aber andererſeits auch die einſeitige Abneigung 
gegen Nadelholzkulturen im Sottoceneri. . 

Er warnt ferner, das Ziel von Anfang an gleid 
zu hoch zu fteden, d. h. auch über der heutigen 
Waldgrenze ſchon Aufforſtungen zu verſuchen, während 
innerhalb des jetzigen Waldareals noch ſo unendlich 
viel zu tun bleibt. N 

Dann müßten vor allem die einmal mit ſo großen 
Koſten angelegten Kulturen auch dauernd geſchütz 
und erhalten werden, was bedauerlicher Weile u 


——— l¶ — 


1) Wohl infolge der Deſchen Ausſtellungen hat ſich fet 
1908 das Verhältnis zu Gunſten der Laubhölzer geände | 
Von 1903-14 find 2263796 Laubhölzer und nur 1505 25 | 

| Nadelhölzer ausgeſetzt, aljo 60% zu 40%. i 


nelen Gallen nicht geſchehen fei. Man habe das 
Weidevieh nicht im Zaum zu halten vermocht und die 
ganze Anlage ſei wieder vernichtet worden! 

Ganz beſonders ſcheint mir in den D.'ſchen Aus: 
ſührungen aber das Betonen eines grundſätzlichen 
Punktes von Bedeutung; daß nämlich an der Sa: 
nierung eines Talgebietes nicht nur die oben- 
liegenden Berggemeinden intereſſiert ſind, auf deren 
Gelände die Arbeiten ausgeführt werden, ſondern oft 
weit mehr die unteren Tallandſchaften, welche eben 
durch diefe Arbeiten gegen die Folgen von Ueber: 
ſchwemmungen, namentlich Ueberflutung mit herabge— 
führtem Geröll uſw., geſchützt werden. Unbedingt 
müßten auch ſie mit zu den Koſten der Anlage und 
Unterhaltung der Schutzbauten und Kulturen heran— 
gezogen werden. Als Beiſpiel wird das ſchon mehr: 
fach erwähnte Val Colla angeführt mit dem Oberlauf 
der Caſſarate, in deſſen Bereich faſt / Million Frs. 
zu Sanierungszwecken verarbeitet iſt. Das an der 
Ausmündung des früher ſehr gefährlichen Fluſſes in 


den See belegene Lugano genießt heute eigentlich den 


Hauptvorteil dieſer großen und, wie man wohl be— 
haupten darf, durchaus gelungenen Melioration! 

Von der großen dort aufgewendeten Summe haben 
die Grundbeſitzer etwa 25% und der Kanton 20% 
aufgebracht; das Uebrige iſt Beitrag des Bundes. Im 
Val Colla iſt übrigens nicht nur der unmittelbare 
Zweck; die Verbauung der Wildbäche, Befeſtigung des 
Bodens und Wiederbewaldung der Quellgebiete, er: 
wiht worden, ſondern, was vielleicht noch höher an- 
zuſchlagen iſt, die Ausſöhnung und Befreundung der 
Bevölkerung mit dem urſprünglich mit Mißtrauen 
und Feindſchaft betrachteten Sanierungswerk. 

Neben der Aufſtellung von Forſtwirtſchaftsplänen 
und Ablöſung der Servituten wird die Erwerbung 


beſtimmter geeigneter und gefährdeter Gebiete und ihre 


Aufforſtung ſeitens des Kantons auch von D. warm 
empfohlen. 

Beſonderes Gewicht legt er darauf, daß der Er: 
haltung und Verjüngung der nod vor: 


handenen Waldungen größere Sorgfalt als 


bisher zugewendet werde. 
Sicherungs- 
im Teſſin verhältnismäßig weit mehr geſchehen fei als 
in anderen Kantonen, daß aber in Schutz und Er— 
haltung der ſchon beſtehenden Wälder die Leiſtungen 
viel zu wünſchen übrig ließen. Er rät, neben Ber: 
mehrung ihrer Zahl vor allem die Stellung der 
Forſtbeamten materiell und moraliſch zu heben 
und zu beſſern, ſo daß ſie frei von Sorgen und ge— 
ſtützt durch die Regierung ihren ſchönen aber im Teſſin 
doppelt ſchweren Beruf erfüllen können. 

Jeder Kenner des Landes und wahre Freund des 


Er hebt hervor, daß in 


und Aufforſtungsarbeiten 


Teſſin wird ſich dieſem Wunſche nur von ganzem 
Herzen anſchließen können. Die Fachgenoſſen in Deutſch— 
land und anderen Ländern mit älterer feft begrün⸗ 
deter und pfleglich geführter Forſtwirtſchaft können ſich 
kaum eine Vorſtellung davon machen, mit welchen 
Schwierigkeiten die Kollegen am Südfuß der Alpen 
zu kämpfen und zu arbeiten haben. 


Nicht nur, daß ihre materielle Stellung eine un- 
zureichende ift; daß das ſchwierige oft faſt unzugäng⸗ 
liche Terrain, welches ſie nicht ſelten nötigt, gegen 
1000 m bergab und bergauf wiederholt an einem Tage 
auf pfadloſem Gelände zu machen, ihnen Anſtreng— 
ungen auferlegt, die man anderswo gar nicht kennt — 
es gilt auch für ſie, berghohe Vorurteile und abgrund— 
tiefes Mißtrauen der Bevölkerung zu überwinden, 
welche in jeder Forſtkultur nur eine Beſchränkung ihrer 
Freiheit und ihres Eigennutzes ſieht. Alles unter 
ſolchen Verhältuiſſen Erreichte iſt den Arbeitern dop— 
pelt hoch anzurechnen! 

Seit der Bereiſung und Begutachtung Decoppets 
ſind wiederum 7 Jahre verfloſſen. In dieſem Zeit: 
| raum, in welchem auch das neue Forſtgeſetz das Licht 
der Welt erblickt hat, find die Befeſtigungs- und Auf: 
forſtungsarbeiten fleißig weiter gefördert worden. 

Nach den Rechenſchaftsberichten wurden in den 7 
Jahren 1908—14 aufgeforftet: rd. 517 ha mit: 
telſt 3473117 Pflanzen und einem Koſtenauſwande 

von 2E & 237 036 Frs. 
Für Schuzarbeiten (darunter 30748 
Kubikm. Mauerwerk find ausgegeben 721348 „ 
Mithin im ganzen 958 424 Frs- 

Die Koſten für Aufforſtungs- und Schutzarbeiten 
ſtehen alſo in dem Verhältnis von 25 zu 75 /. 

Außerdem ſind von Privaten ohne Kantons- oder 
Bundesunterſtützung für Forſtkultur- und Schutzarbei— 
ten aufgewendet worden 40 652 Frs. 

Von der obigen Summe entfallen auf Unter: 
ſtützungen Seitens des Bundes. 419098 Frs. 
und „Kantons. . 182011 „ 


zuſammen. 601 109 Frs. 
Rechnet man hierzu die Zahlen der Merzſchen Zu— 
ſammenſtellung von 1876 - 1908, jo erhält man für 
den ganzen Zeitraum 1876 - 1914, der für die 
Forſtwirtſchaft und Forſtkultur im Kanton überhaupt 
nur in Frage kommt, folgende Angaben: 
Es ſind im Ganzen aufgeforſtet 2417 ha mit 
15786217 Pflanzen. Die . Kulturkoſten 
haben betragen 1085 512 Frs. 


2 ²˙ —— ̃ — 


| 


IL 


alſo 38 „0 
Für Schutzbauten, Wildbachverbau— 
ungen uſw., darunter allein 115 955 


zu übertragen 1085512 Frs. 


Uebertrag 1085512 Frs ſtellt, 24 Weideflächen gereinigt und geſäubert und 


Kubikm. Mauerwerk, find aufge: 
wendete . 1804741 „ 
alfo 62 9% | 
Mithin im ganzen 
(davon in den letzten 26 Jahren 1889 
bis 1914 allein 2 793 195 Frs.) 
und mit den Aufwendungen der Pri⸗ 
vaten 2 930 905 „ 
Zu dieſer beträchtlichen Summe hat der Bund beige: 
ſteuert 53 un =. ; 
Der Kanton 17% 


2 890 253 Frs. 


506 219 „ 
zuſammen 2 052 246 Frs. 
ſodaß von den Waldbeſitzern getragen 
find 30% = 
In dieſen Zahlen 
für Erwerb uſw. der neuen Kantonsforſten. 


868 659 „ 


In den Jahren 1912—14 find für das Demanio | 


forestale verarbeitet 57494,16 Frs., davon ift Bei: 
trag des Bundes geweſen 39 986,23 Frs. 
pflanzt ſind bis inkl. 1914 312 510 Pflanzen. 


Nicht mit enthalten in den obigen Summen ſind 
Abſchlüſſe des Pflanzgartenbetriebes, 
welcher im Teſſin eine beſondere Rolle ſpielt, bei der 
Berechnung der für die Forſtkultur aufgewendeten 


die 


Koſten jedoch inſofern außer Acht bleiben kann, als 
er einen, wenn auch geringen, Ueberſchuß ergeben hat. 
Hier ift in Umfang und Ertrag ein langſamer Rid: 
gang zu verzeichnen. 


Während im Jahrzehnt 1889 98 durchſchnittlich 
jährlich 6,066 ha Kämpe im Betrieb waren und im 


ganzen einen Ueberſchuß von 24 443,09 Fis. lieferten, 
betragen die Zahlen für 1899/1908 5,221 ha und 
4817,32 Frs. und für den Zeitraum 1908 — 14 nur 
4,363 ha und 2 185,07 Frs. 


Bis zum Jahre 1909!) waren der Forſtverwal⸗ 
tung auch die landwirtſchaftlichen Melio⸗ 


rationsarbeiten anvertraut, ſoweit dieſelben in 
ihren örtlichen Bereich fielen. | 

Merz führt im Rechenſchaftsbericht von 1908 an, 
daß in den 20 Jahren 1889 - 1908 unter feiner Lei- 
tung für landwirtſchaftliche Zwecke nicht weniger als 


52 Straßen und Brücken, 44 Waſſerleitungen mit 


Tränken und 38 Viehſtälle und Unterſtände gebaut, 
8 Bewäſſerungs- und 5 Entwaͤſſerungsanlagen herge— 


1) Wohl infolge des Gutachtens von Decoppet, wel— 
cher die Entlaſtung der Forſtbeamten von nicht eigentlich 
forſtlichen Arbeiten und die Anſtellung beſonderer Landwirt— 
ſchaftstechniker befürwortete, iſt ſeitdem die Ausführung der 
landwirtſchaftlichen Meliorationen durch die Forſtverwaltung 
nicht mehr obligatoriſch, wird aber noch häufig gewünſcht 
und auch geleiſtet. 


54 


find mit enthalten die Koſten 


Ausge⸗ 


größere Bodenmeliorationen durchgeführt feien. 


Der Geſamtkoſtenaufwand für diefe Arbeiten h. 
betragen 954 166,08 Frs., davon hatte der Bund bi 
246 408,11 Frs., der Kanto 
21% = 195 037,86 Frs., ſodaß für die Grundeigen 
tümer und Intereſſenten zu leiſten blieben 51 % = 


geſteuert 28 % 


482 720,10 Frs. 


beiten ausgeführt, und zwar im Einzelnen: 

7 Straßen nebſt Brücken in Länge 

von 9,898 m für 

9 Waſſerleitungen von 7479 m mit 

222 Tränken für 

1 Bewaͤſſerungsanlage von 106 m 
Länge . 


34 471,24 , 


3005,48 , 


7 Stallungen 24 821, — 
4 Säuberungen auf zuſammen 16 ha 

Weideflächen 3 4140,04 , 
1 Bodenmelioration auf 4,5 ha. 7 885,87 . 
zuſammen . 125 056,55 gt. 
Davon Beitrag des Bundes 38 177.44 
des Kantons 22 043,58 
der Intereſſenten 65 835,83. 


Wie bedeutend auch im übrigen gerade auf land: 
wirtſchaftlichem Gebiete im Kanton gearbeitet ift 
und wird, mag die Angabe zeigen, daß in den 16 
Jahren 1899 — 1914. im ganzen landwirtſchaftliche Me 
liorationen für 2096 371 Frs. ausgeführt find mit 
einem Bundesbeitrag von 450 580,75 Frs. und einem 
Kantonsbeitrag von 375 721,92 Frs. 
Mindeſtens ebenſoviel als für” diefe Verbeſſerungen 
ſteuert der Bund noch jährlich für die verſchiedenſten 
landwirtſchaftlichen Zwecke: Prämiierung von Zucht 
vieh, Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten, Landwirt: 
ſchaftlichen Unterricht, Viehverſicherung uſw. bei. Im 
Jahre 1911 z. B. betrug der Bundeszuſchuß für bel 


Noch im Jahre 1908 wurden von der Forſtrer 
waltung auf dieſem Gebiete weitere umfangreiche Ar 
1555727 Frs. 


50 733,52 Fr: 


Zwecke 33 708,78 Frs., während für Meliorationen be: | 


| gefteuert wurden 32 989,37 Frs. 


| 


Dauernd der Forſtbehörde unterftellt find auch die 


Zweige der Jagd und Fiſcherei. 

Bis tief in das vorige Jahrhundert waren die Jagd: 
| verhältniſſe im Teſſin verhältnismäßig gut’). Abge⸗ 
| ſehen von einem leidlichen Beſtand von Niederwil 
namentlich Hafen, auch Schneehaſen, Stein- und Shnet: 
hühnern und Birkwild, waren die höheren Bergpartien 


1 
) Geſchichtlich mag intereffieren, daß nach e 
Lavizari (S. 262) in den Jahren 1852-59 noch 7 


— — — — —— u 


. i 
(4 3 u. 8 q) und 53 Wölfe (30 F u. 23 q) im Kanton 


0 Frs. ge 
legt wurden, wofür eine Prämienſumme von 2820 Frs. 9 
zahlt ward. 


och faſt überall von Gemſen bevölkert. Beſonders das 
"Ide val Verzasca bot den Gemszjägern reiche Beute. 

Mit der Vernichtung der Wälder ſcheint auch die 
Zerſchlechterung der Jagdverhältniſſe Hand in Hand 
egangen zu fein. Als die Forſtbehörde die Aufſicht 
iber die Jagd vor etwa 40-50 Jahren übernahm, 
var auch in dieſer Hinſicht wohl zerjtört, was nur 
nöglich war. Seitdem hat es ſich um tulnlichſten 
Schutz des Verbliebenen und langſames Wiederaufbauen 
zehandelt. 

Was den Jagdſchutz aulangt, ſo iſt die Rieſen⸗ 
ahl von verbotenen Jagdgeräten (ordigni 
oroibiti), Fallen, Schlingen, Dohnen uſw. bemerkens— 


wert, welche alljährlich beſchlagnahmt werden. In ein- 


zelnen Jahren find über 30 000 Stück der Konfiskation 
verfallen; in den 14 Jahren 1901 — 1914 nicht weniger 
als 256713! Wenn man berückſichtigt, daß doch ge— 
wig nur ein beſcheidener Teil dieſer verhängnisrollen 
Werkzeuge entdeckt wird, jo kann man fih eine Bor- 
ſtellung von dem unerlaubten Jagdbetriebe und der 
Wilddieberei im Kanton machen. Denn ſelbſtredend 
haben die zahlloſen Liebhaber dieſer ſeit Menſchen— 
altern gebräuchlichen Fangapparate kaum jemals einen 
Jagdpaß (Patent) gelöſt, welcher gegenwärtig 10 Frs. 
fojtet'). Anzuerkennen ift, daß die Raubzeugver— 
tilgung ziemlich fleißig, allerdings größtenteils mit 
Giftbrocken, betrieben wird. In den 10 Jahren 1905 
bis 1914 wurden an Raubzeug gegen Prämien er: 
legt: 3658 Füchſe, 313 Baummarder, 432 Steinmar: 
der, 307 Iltiſſe, ca. 70 Fiſchotter, ferner 59 Adler, 
193 Uhu, 2134 Sperber“). 

Solange für Kraͤhen, Elſtern, Häher uſw. Prä- 
mien gezahlt wurden, kamen jährlich von dieſen Vögeln 
gegen 3000 unter dem Sammelnamen gazze zur Ab- 
lieferung. An Prämien für Raubzeugerlegung wurden 
in dem genannten Jahrzehnt 23 456,64 Frs. ausge: 
zahlt. 

In demſelben Zeitraum wurden 527 Jagdvergehen 
und Uebertretungen zur Anzeige gebracht und mit im 
ganzen 17 340 Frs. Geldbuße beſtraft. 


Außer den Forſtbeamten und der Gendarmerie 
waren noch 4—5 beſondere Auſſeher für den Jagd: 
ſchutz angeſtellt. 


An poſitiven Maßregeln zur Verbeſ⸗ 


) Zu den Zeiten Franscinis, um 1835, koſtete das Jagd⸗ 
patent nur 1 Frs. Damals wurden jährlich 1090- 1500 
Jagdſcheine für die Jagd mit Schießgewehr ausgegeben. 
Die Jagd mit Netzen uſw. war ganz frei. 

) Kenner der Vogelwelt des Teſſin haben mir die Vers 
mutung ausgeſprochen, daß unter „Adler“ alle größeren 
Raubvögel, unter „Sperber“ alle kleineren Turm- u Baum- 
falten intl.) und unter „Uhu“ alle größeren Eulen zuſam— 
mengefaßt ſeien. 


55 


ſerung der Jagd und Hebung des Wild— 


ſtandes laffen fic) anführen: 


| 

| 

| I Die Bildung von Jagdſchonrevieren, 
be denen die Jagd für einige Zeit (mindeſtens 5 Jahre) 
| 

| 

| 

| 


ruben ſoll. 

Als ſolche wurden z. B. die höchſte Gebirgsgegend 
des Kantons am Campo Tencia und Simano, und 
ipäter der Pizzo di Claro an der Bündner Grenze 
und der Pizzo Ruscada am Valle Maggia erklärt. 
Der Beſtand an Gemſen und Murmeltieren ſoll ſich 
dort erſichtlich gehoben haben. 

II. Die Bildung und Unterſtützung von 
Jagdvereinen, deren etwa 10, meiſt mit dem 
ſchönen Namen Diana, im Kanton beſtehen. An die⸗ 
ſelben werden jährlich 5— 6000 Frs. verteilt für Ber- 


beſſerung des Wildſtandes und andere jagdliche Zwecke. 
„Faſanen und Rebhühner ſind ausgeſetzt, aber bis jetzt 
ohne rechten Erfolg; wohl wegen des unpfleglichen Jagd: 


betriebes. 

Die entſtehenden Ausgaben wurden durch die Ein- 
nahmen für Jagdpatente, von denen in dem Jahre 
vor dem Kriege bis zu 3000 (!) ausgegeben wurden, 
und einem jährlichen Bundeszuſchuß von ca. 2000 Frs. 
für die Schonreviere gedeckt. Es wäre ſehr zu empfeh- 
len, daß die Jagdſcheingebühr recht erheblich erhöht 
und die Zahl der Jäger dadurch vermindert würde. 

Wohl mit reicherem Erfolge als auf dem Felde 


der Jagd hat die Forſtbehörde auf dem Gebiet der 


Fiſcherei gearbeitet, wo es ſich weſentlich darum 
handelte, die Bäche, Flüſſe und Seen des Kantons, 
welche beſonders für die Forellenzucht geeignet ſind, 
mit Salmoniden verſchiedener Art zu bevölkern In 
letzter Zeit ſind namentlich viel salmerini, d. h. Saib— 
linge oder Rötel, aus nordſchweizeriſchen Seen einge- 
führt worden Merz gibt an, daß in den 15 Jahren 
von 1893 bis 1908 mit Hilfe von 15 Fiſchbrutan⸗ 
ſtalten 10831 800 Stück Fiſchbrut geliefert und aus⸗ 
geſetzt feien, darunter allein die Hälfte Bachforellen. 

Seit 1908 iſt die Fiſchzucht erheblich weiter ge: 
fördert worden. In dem Zeitraum von 1908 — 14 
find in 14-20 Fiſchbrutanſtalten 24 466 620 Eier 
zum Ausbrüten angeſetzt und 19 791 737 Stück Fildy- 
brut ausgeſetzt worden, im letzten Jahre 1914 allein 
5 867 169, darunter 2496 759 Saiblinge! Dieſe wert: 


volle Fiſchart hat fih im Luganer See derart ver- 


mehrt, daß wohl von einer wirklichen Bereicherung 
des Gewäſſers geſprochen werden kann. Der Fiſche— 


reiſchutz, welcher freilich leichter auszuüben iſt als 
der Wildſchutz, ſcheint mit Erfolg wahrgenommen zu 
werden. In den 12 Jahren 1903—14 find 693 
Fiſchereivergehen und Uebertretungen zur Anzeige ge: 
bracht und mit Geldbußen von zuſammen 15 869 Frs. 
geahndet worden. Die Einnahmen dieſes Zweiges, 


a ae ene ne eS 


56 


welche aus dem Erlös für Fiſchereipatente (Erlaubnis: 
ſcheine) und Bundeszuſchüſſen beſtehen, haben ſich von 
2514,62 Frs. auf 24 614,52 Frs. in 1914, die Aus: 
gaben von 5733,66 auf 19 551,31 Frs. geſteigert. 
Außer den Revierförſtern und der Gendarmerie ſind 
noch mehrere beſondere Fiſchereiaufſeher für den Fiſch⸗ 
ſchutz tätig. | 

Der Bundeszuſchuß hat 1914 10202 

tragen. 
Nach der Durchmuſterung der verſchiedenen Ge- 
biete, auf denen die Forſtverwaltung im Teſſin ihre 
Tätigkeit mit vielem Fleiß und teilweiſe auch gutem 
Erfolge entfaltet hat, müſſen, um ein Geſamtbild der 
gemachten Aufwendungen zu gewinnen, auch die Be: 
ſoldungen der Kantonsforſtbeamten mit 
in Rechnung gezogen werden. 

Seitdem im Jahre 1857 zuerſt ein beſcheidener 
Betrag (von damals 8400 Frs.) für Beſoldung von 
Forſtbeamten im Etat des Kantons erſchien, um 5 
Jahre ſpäter wieder bis 1870 abgeſetzt zu werden, 
haben ſich dieſe Ausgaben naturgemäß erheblich ver: 
mehrt. Im Jahre 1908 betrugen ſie 65 532 Frs. 
und haben ſich dann annähernd auf dieſer Höhe bis 
zum Inkrafttreten des neuen Forſtgeſetzes von 1912 
gehalten. Durch die hiermit verbundene Vermehrung 
des Perſonals, namentlich der Revierförſter, hat ſich 
auch der Aufwand für Beſoldungen nicht unerheblich, 
bis auf 86 275,17 für 1914, erhöht. Der Beitrag 
des Bundes betrug 21 233,87 Frs. ö 

Seit 1908 haben die Ausgaben für Gehälter be⸗ 
tragen: 495 325,50 Frs. und der Bundeszuſchuß 
124 179,74 Frs. Im ganzen, d. h. ſeit Begründung 
der Forſtverwaltung überhaupt, kann man den Auf: 
wand für Beſoldungen auf rund 1½ Millionen Frs. 
beziffern, wovon der Bund etwa 25%, alfo rund 
370 000 Frs. beigeſteuert haben wird. 

Alles in allem genommen hat der Bund für 
forſtliche Zwecke im Kanton ſchon annähernd 
2 Millionen Frs., außerdem für landwirt— 
ſchaftliche Verbeſſerungen und Beſtrebungen ver: 
ſchiedener Art mindeſtens 1 Million Frs. zugeſchoſſen. 
Berückſichtigt man nun hierbei noch die großen Unter: 
nehmungen der Teſſin- und Maggiakorrektion, welche 
7—8 Millionen Frs. verſchlungen haben, von denen 
der Bund die Hälfte getragen hat, ſo darf man wohl 
behaupten, daß für keinen anderen Kanton auf dieſem 
Gebiete auch nur annähernd gleiche Opfer ſeitens 
der Eidgenoſſenſchaft gebracht worden ſind, als für 


‚93 Frs. be: 


den effin !). Wenigſtens in diefer Beziehung können 


die Teſſiner ſich über ſtiefmütterliche Behandlung nicht 
beklagen. Sie ſollten die ihnen geleiſtete weitherzige 


) Im Jahre 1897 z. B. find 38% aller Bundesſub— 
ventionen nach dem Teſſin gefloſſen! 


| 


4 


und großzügige Hilfe nicht vergeſſen und beherzigen 
daß dieſelbe nun auch fie verpflichtet, nach Möglich 
keit an der großen Aufgabe eifrig mitzuarbeiten, di 
geſamte Bodenwirtſchaft des Kantons zu ſichern uni 
zu heben; ſei es auch mit einigen eigenen Opfern un: 
Verzicht auf ein wenig wirtſchaftliche Freiheit, welch 
manchmal richtiger als regel: und planloſe Unge 
bundenheit zu bezeichnen iſt. 

Denn bei aller Anerkennung für das Geleiftet 
und namentlich für; den treuen Fleiß, welchen die Kol 
legen dort unten im Sonnenlande in langer mühjelige 
Arbeit entfaltet haben, muß offen erklärt werden und 
wird auch von keinem Kenner des Landes und den 
Verhältniſſe beſtritten, daß die bis jetzt er: 
reichten und vor aller Augen Liegen: 
den Ergebniſſe den für fie geleifteten 
Aufwendungen an Mitteln und Arbeit 
nicht entſprechen. 

Die Gründe liegen, abgeſehen von einigen immer: 
hin nicht erheblichen techniſchen Mängeln, weſentlich in 
der Eigenart und dem Verhalten der Bevölkerung zu 
den geplanten und ausgeführten Arbeiten. 

Entwerfen wir uns einmal in großen flüchtig um: 
riſſenen Zügen ein Bild von den zu erſtrebenden Boden 
kultur- und Wirtſchaftszuſtänden! Das Ziel aller 
Beſtrebungen darf und kann nur fein: Das mög: 
lichſte Wohl und Gedeihen der Menſchen, 
welche dieſes Fleckchen Erde bewohnen und 
bebauen, und zwar in ihrer Geſamtheit! 

Deshalb iſt die erſte und grundlegende Maßregel, 
ihnen dieſe Erde gegen übermächtige Naturgewalten, 
welche in der Form von Lawinen, Erdſtürzen und 
Ueberſchwemmungen Leben, Wohnſitze und Kultur 
land gefährden, zu ſichern und zu ſchülzen. 

An der Spitze und am Anfang aller Arbeiten 
müſſen daher unbedingt die Schutzbauten aller 
Art ſtehen, welche Erfahrung und Scharfſinn gegen 
die genannten Gefahren als tauglich und wirkſam er 
funden und erprobt haben. 

Erſt nach und früheſtens mit dieſen Anlagen 
kann die Anpflanzung von Wald an den ge— 
fährdeten Stellen geſchehen, welcher dann als Schutz 
wald zu erklären und zu behandeln iſt. Noch vor: 
handene Wälder an den betreffenden Oertlichkeiten 
müſſen von vornherein zu dieſem Zwecke der beliebigen 
Privat⸗ oder Korporationsbenützung entzogen und 
unter Schutzbann geſtellt werden. 

Am beſten und gründlichſten würden natürlich dieſe 
Zwecke erreicht werden können, wenn das Schutzge— 
lände einfach enteignet würde und in das Eigentum 
des Kantons oder des zu bildenden engeren Schutz 
verbandes übergingen. In Frankreich ſcheint dieſer 
Weg der übliche zu ſein. Will und kann man nicht 


53... — ————— ͤ——— —YV— —ß—.—— —̃——ü—̈—D— 


derart vorgehen und follen die Eigentumsverhältniſſe 
unberührt bleiben, fo muß ſchließlich ſtrenge unab- 
läſſige Aufſicht genügen. 

Die erſte und wichtigſte VBerwaltungsmaßregel vor 
Beginn aller Arbeiten muß die Bildung und Ab— 
grenzung des betreffenden Schutzbezirkes 
und Meliorationsverbandes ſein; ſowohl 
wegen Aufſtellung eines ſyſtematiſchen zuſammen⸗ 
hängenden Arbeitsplanes, als auch wegen gerechter 
Verteilung der auf die Einwohner entfallenden Laſten 
und Koften. Denn es erſcheint durchaus ungerecht 
und unzweckmäßig, bei umfaſſenden Verbauungs- und 
Sicherungsarbeiten, abgeſehen von rein örtlichen Her- 
ſtellungen gegen Lawinen und Erdſtürze, lediglich oder 
auch nur vorwiegend die Einwohner und Eigentümer 
der oberſten Quellgebiete heranzuziehen, während in 
Wirklichkeit die Anlieger der unteren Täler und ihrer 
Ausmündungen den Hauptvorteil davon haben. 

Wo ſich eine Vermögens- und Einkommensſchädi⸗ 
gung durch die Anlagen und die zu ihrer Herſtellung 
und Erhaltung erforderlichen Maßregeln, namentlich 
auch Beſchränkung der Weide, nachweiſen läßt, muß 
angemeſſen und gerecht entſchädigt werden. Iſt 
dies geſchehen, kann mit Fug und Recht auch ver— 
langt werden, daß jeder ſich in die neu geſchaffene 
Lage ſügt und die nach gerechtem Maßſtab von ihm 
verlangten Opfer traͤgt. 
| Das Verhältnis der Aufwendungen 
lit Schutzbauten zu denen für Forſt⸗ 
kulturen und Aufforſtungen iſt bisher im 
Teſſin, wie wohl in der ganzen Schweiz, zu ungünſtig 
für die letzteren geweſen. Nach den ſehr umfangreichen 
und, wie ich glaube, maßgebenden Erfahrungen, welche 
in Frankreich!) unter der bewährten Leitung des Alte 
meiſters der Wiederkultur des Hochgebirges Demontzey 
gemacht find, müßte fih der Aufwand für beide Mr- 
beiten ungefähr gleichſtellen. Demontzey hat immer 
wieder betont, daß richtig ausgeführte und weiter be— 
handelte Waldanlagen im Schutzgebiete viele koſt⸗ 
ſpielige Bauten erſetzten und überflüſſig machten, da 
durch den Wald und ſeine Vegetation, wenn auch nicht 
die Menge, ſo doch die Verteilung, die Verſickerung 
und der Abfluß der Niederſchläge bald und erheblich 
beeinflußt und geregelt werde. Zudem ſoll man nicht 
dergeſſen, daß ſchließlich jeder Wald, auch der Schub: 
wald, in Zukunft immerhin einigen Ertrag liefert, | 
wogegen die Bauwerke noch einer koſtſpieligen ſteten | 
Unterhaltung bedürfen. 


Welche Holzarten zu und im Schutzwald an: 
gebaut werden folen, muß nach den örtlichen Er: 


) Hier find 52% der Geſamtkoſten für Aufforſtungen 


und nur 48% für Schutzarbeiten aufgewendet worden. 
1916 


fahrungen und Verhältniſſen entſchieden werden. Wahr⸗ 
ſcheinlich wird die Fichte wohl die Hauptrolle ſpielen 
müſſen. In den höheren Lagen könnte auch gelegent— 
lich die Arve oder Zürbe mit herangezogen werden. 
Von einigen Seiten wird behauptet, daß Weißerle, 
Vogelbeere und Douglastanne vom Weidevieh, nament— 
lich den Ziegen, nicht angenommen und verbiſſen wür— 
den. Falls ſich dies bewahrheiten ſollte, wären dieſe 
Holzarten, wo es angängig iſt, zu berückſichtigen, zu— 
mal die Weißecle auch als Schutz⸗ und Treibholz für 
edlere Holzarten dienen kann. 

Daß für die Schutzwaldungen nur Planter: 
betrieb in Frage kommt, bedarf kaum der Er— 
wähnung. 

Sind die Schutzanlagen und Schutzwaͤlder vol— 
lendet oder doch planmäßig feſtgelegt, ſo bleibt der 
Wirtſchaftswald übrig, welcher im allgemeinen 
lediglich nach dem Geſichtspunkte des höchſten und 
beſten Ertrages behandelt werden kann. Hier kann 
den Anſichten und Wünſchen der Eigentümer und In— 
tereſſenten möglichſt freie Hand gelaſſen werden, jo: - 
weit die Erhaltung und Verbeſſerung des Waldes da— 
mit vereinbar iſt. 

B. Freuler, ſ. Zt. Kreisoberförſter in Lugano, 
hat behauptet (Schweiz. Zeitſchrift für Forſtweſen 1898 
S. 84): 

„Daß die geringſte Weide im Hochgebirge immer 
noch höhere Gelderträge abwirſt als der Wald“ und 
„daß von allen Bodenproduktionszweigen die Wald— 
wirtſchaft die geringſte Verdienſtgelegenheit bietet“. 

Wenn dieſe Ausſprüche wirklich zutreffend wären, 
ſo würde ſich jedes weitere Streben zur Vermehrung 
und Ausdehnung, wenigſtens des Wirtſchaftswaldes, 
völlig erübrigen. Sie dürften aber unrichtig oder doch 
febr cum grano salis aufzufaſſen fein. Wahrſcheinlich 
hat ihr Urheber weder das ſtete Steigen der Holzpreiſe, 
welches die Forſtwirtſchaft immer rentabler macht, ge— 
bührend berückſichtigt, noch davon Kenntnis gehabt, 
daß in großen Aufforſtungsgebieten, wie z. B. in den 
franzöſiſchen Landes, ſich Bevölkerung und Wohlſtand 
nach der Bewaldung bedeutend vermehrt und gehoben 
hat. Man hat in Frankreich überhaupt mit Sicher: 
heit feſtgeſtellt daß Entwaldung und Entvölkerung 
miteinander parallel gehen. Im Teſſin wird es nicht 
anders ſein. Die Bedeutung der Weide- und 
Alpwirtſchaft auch für den Kanton Teſſin ſoll 
damit nicht herabgeſetzt werden. 

Nach der Generalſtatiſtik der 465 Teſſiner Alpen, 
bearbeitet von Profeſſor G. Mariani im Auftrag des 
landwirtſchaftlichen Kantonal-Vereins und publiziert 
durch den Schweizeriſchen alpwirtſchaftlichen Verein 
„Solothurn 1901“, beſaß vor 15 Jahren der Kanton 


165 Alpen, auf welchen während der Alpzeit 1563 
8 


58 


— 


Manner und 950 Frauen beſchäftigt waren. Es wur: 


den damals 23 584 Stück Rindvieh, 33 510 Ziegen, 


7824 Schafe, 3852 Schweine und 203 Maultiere und 


Eſel gejömmert. - Der Wert der Milchprodukte wurde 


auf 1165 915 Frs. veranſchlagt. 

Es iſt mir leider nicht möglich, nachzuprüſen, ob 
die Angaben dieſer Statiſtik noch gegenwärtig benutz⸗ 
bar ſind. Ich glaube, daß der Wert der Jahrespro— 
duktion ſich eher vergrößert haben wird Zu demſelben 
müßte nun noch der Wert der Vieherzeugung ſelbſt, 
an Schlachtvieh wie an Zuchtvieh, ſowie des nicht auf 
den Alpen geſömmerten Viehs gerechnet werden. Es 
dürſte dann lein Zweifel fein, daß die Viehzucht 


im weiteſten Sinne heute bei weitem der wichtigſte 


Wirtſchafts- und Erwerbszweig des Kantons 
iſt. Denſelben zu ſchädigen und zu beſchränken kann 
deshalb niemals das Ziel einer verſtändigen und rich— 
tigen inneren Politik ſein. Wohl aber kann es ſich 
darum handeln, die Vieh- und beſonders die Weide: 
wirtſchaft rationeller und intenſiver und fo zu aeltal: 
ten, daß mit und neben ihr eine geſunde 
Forſtkultur beſtehen und gedeihen kann. 

Was nun die Waldbehandlung anlangt, ſo 
müſſen die noch vorhandenen Buchenbeſtände unter 
allen Umſtänden erhalten und gepflegt, auch ihre na- 
türliche Verjüngung ermöglicht werden. Wo es irgend 
angeht, ſollten wertvollere Miſchhölzer, namentlich Fichte, 
Lärche und Tanne, in die Buchen eingeſprengt werden. 

Im übrigen ift die Wahl zwiſchen Hoch- und Nie 
der⸗, Laub⸗ und Nadelholzwald der örtlichen Entſchei— 
dung und Erfahrung vorzubehalten. Naturgemäß wird 
im eigentlichen Hochgebirge ſtets der Nadelholzhochwald 
vorherrſchen, zumal hier die größere Feuersgefahr kaum 
ins Gewicht fallen kann. Auch für die unteren und 
mittleren Lagen, ſelbſt des Sottoceneri, vermag ich 
mich nicht ganz der Anſicht des Kollegen Bettelini an- 
zuſchließen, welcher beſonders aus landſchaftsäſthe⸗ 
tiſchen Gründen die Nadelhölzer dort verwirft. Ich 
möchte ſogar glauben, daß es nur zur Verſchöne— 
rung des jetzt namentlich im Winter manchmal recht 
eintönigen Landſchaftsbildes beitragen könnte, wenn 
ſtellenweiſe auch dunklere immergrüne Waldflaͤchen vor— 
handen wären. An den oberen Hängen des Camoghé 
und Monte Generoſo würden Nadelhölzer zudem ſicher 
am meiſten dem Standort entſprechen. Man darf auch 
nicht vergeſſen, daß raſchwüchſige Fichten- und Lärchen⸗ 
beſtände ſicherlich den ſchnellſten und höchſten Geld— 
ertrag liefern. Gerade dieſes letztere Moment der Ren— 
tabilität des Wirtſchafts waldes müßte meiner 
Anſicht nach weit mehr in den Vordergrund geſtellt 
werden, als bis jetzt geſchehen iſt. Wenn die Teſſiner 
Waldbeſitzer und Patrizier erſt erfahren und einſehen, 


daß ein rationeller Forſtbetrieb ſich rentiert und bei 


| 


* 


den ſicher ſteigenden Holzpreiſen eine lohnende Art 
| 


Bodenbenutzung wird, dürfte auf dem Wege durch d. 
Geldbeutel auch immer mehr Schätzung und Verſten: 
nis für die Waldwirtſchaft ih einſtellen. „L'amor 
viene del utile“, d. h. „Die Liebe kommt mit der 
Nutzen“, iſt ein treffendes landesübliches Sprichwort. 
Man darf wohl ohne Uebertreibung behaupten 
daß, wenn der noch vor einem Jahrhundert vorhar 
dene Waldreichtum des Teſſin erhalten, wirtſchaftlit 


ausgenutzt und pfleglich verwaltet wäre, heute de 


| Forſtwirtſchaft im Kanton eine Rente abwerfen könnt' 


welche der aus der Weider und Viehwirtſchaft nis; 
nachſtände!) 

Auch in dieſer Hinſicht würden gut beſtandene ur: 
bewirtſchaftete Kantonsforſte als zur Nachahmung an 
eifernde Muſter und Lehrmittel dienen. 

Was die beſondere techniſche Bewirtſchaf. 
tung der übrigen Waldformen anlangt, fo fann man 
fih wohl mit den Grundlagen einverſtanden erklären. 
welche der langjährige Kantousforſtinſpektor Merz au 
der Verſammlung des Schweiz. Forſtvereins am ». 
Auguft 1895 zu Lugano aufgeſtellt hat. Danach folle: 

I. die Kaſtanien-, Eichen- und Erlenwaldungen m 
der unteren Zone (200—700 m) durch Kab 
ſchlag verjüngt werden; 
die Buchenniederwälder in der mittleren Zone 
(700—1000 m) plänterweiſe behandelt werden. 
indem man eine Anzahl Ausfchläge überhält und 
auch die Verjüngung durch Ableger begünſtigt 
Einpflanzung von Lärchen, Fichten, Abom, 
Eſchen und Eichen als Oberſtänder iſt dringend; 
zu empfehlen; 

III. die höher gelegenen Buchenniederwälder allmaͤh— 
lich in Mittel- und Hochwaldformen übergefüht! 
und durch Einſprengung von Larden, Fichten 
uſw. verbeſſert werden. 

Ueber die Frage, ob im Hochgebirge lediglich der 
bisher im Teſſin übliche Plenterbetrieb oder tine 
Art Femelſchlagbetrieb geführt werden fol, j 
neuerdings im Nachbarkanton Graubünden eine le 
hafte Erörterung entitanden, welche in der Schwei 
rischen Zeitſchrift für Forſtweſen (1914 und 19100 
verfolgt werden kann. Wie es ſcheint, möchten die Grau 
bündener Kollegen lieber an ihrem bisherigen emel: 
ſchlagbetrieb feſthalten, weil dieſer für Holztransport, 
Werdegang, Beſtandsverjüngung und Bodenſchutz ihnen 
gegenüber dem Plenterbetriebe Vorteile zu bieten ccheint. 
Ohne die Streitfrage für die mir nicht genügend be: 
kannten Graubündener Verhältniſſe entſcheiden zu wol 
len, wo vielleicht ein langiamer vorſichtiger ſchlagweiſe 


II. 


— nmm e 


) Noch für das Jahr 1841 läßt ſich der Wert des ha 
einſchlages auf rund 4 Millionen Frs. berechnen; bant 
allein 2 Millionen für Ausfuhr! 


59 

Betrieb angemeſſen fein mag, möchte id) doch für den Folgen noch heute vor aller Augen liegen und bitter 
Ich glaube, daß auch in Baden 
mäßigem Waldbeſtand einſtweilen den Plenterbetrieb und Württemberg ähnliche Fehler begangen ſind. 
für das Richtige halten, wenn er mit Rückſicht auf Selbſtredend ließe ſich auch heute im Teſſin auf 
Verjüngung und — wegen der koſtſpieligen Holz: | dem Wege der Teilung zu freiem Einzeleigentum leicht 
bringungsanſtalten — auf genügend großen Flächen, der Patriziatsverfaſſung ein Ende machen, wobei man 
alſo in ausſetzender Nutzung, geführt wird. aber noch ein weit größeres Uebel herbeiführen und 

Steil und langwierig iſt der Weg, welcher zur | den Teufel durch Beelzebub austreiben würde. 
wirtſchaftlichen Geſundung des Teſſin durch Erhaltung . An fih kaun das gemeinſame Eigentum an 
und Verbeſſerung der noch vorhandenen Forſten und Grund und Boden nur als ein erwünſchter ſozialer 
ausreichende Wiederbewaldung führt. Schon im unteren Zuſtand begrüßt werden, welcher in den Allmenden 
Teil der vielfach unwegſamen Straße ſtoßen wir auf | der übrigen Schweiz wie Süddeutſchlands feine immer 
ein großes hinderndes und einengendes Bollwerk: die | mehr volkswirtſchaftlich als ſegensreich anerkannte Ver⸗ 
3 un welche über den bei weis körperung findet. 
tem größten Zeil der Wälder und Weiden verfügen. Es kann ſich nur darum handeln. diefe alte ge: 

Aus uralten Siedelungsverhältniſſen geſchichtlich ſchichtliche Entwicklung in ihrem urſprünglichen ſozia⸗ 
erwachſen, kann dieſe Form gemeinſchaftlichen Grund: len Sinne zu erhalten oder weiter auszubauen. 
eigentums nicht ohne weiteres beſeitigt oder verändert Genaue Kenner der Verhältniſſe wie Bettelini und 
werden. Sie ftellt dasſelbe Gemeindemitglieder⸗ oder Freuler, der jetzige und der frühere Kreisoberförſter 
Intereſſenten⸗ Vermögen dar, wie es in gewiſſen Ge- von Lugano, beklagen mit Recht, daß die heutige 
genden des deutſchen Weſtens, z. B. im rechtsrheini⸗ Patriziatsverfaſſung dem eigentlichen Geiſte einer 
ſchen Teil des Regierungsbezirks Coblenz, ſich entwickelt echten und rechten Demokratie, d. h. des gemeinen 
und ebenfalls zu den unliebſamſten Zuſtänden und | Nutzens, faft gar nicht mehr entſpreche. Wohl handele 
an I 2 ago oe aed der unter died Ä es h noch um a u = ig a 
igentum fallenden Waldungen geführt hat. meinſame Nutzung. er dieſe erfolge weſentlich na 

Wäre die Patriziergemeinde zur rechten Zeit zur | der Fähigkeit, die Ausnutzung zu betreiben und zu 
politiſchen Kommunalgemeinde umgewandelt und, wo verwerten, und nicht etwa nach für alle gleichem Maße; 
erforderlich, geteilt worden, jo wäre der Weg klar und jo daß die Hauptnutznießer die Wohlhabenden und 
einfach. Noch verwickelter iſt die Sachlage durch die Reichen ſeien. Dies iſt leider nur zu richtig. Denn, 
vor 100 und mehr Jahren bewirkten realen und wenn Weide und Wald von den Patriziatsgenoſſen 


ideellen Teilungen von Grund und Nutzung gewor- ſelbſt gemeinſam ausgenutzt werden, hat natürlich der 
den; welche hauptſächlich ihrer Zeit geſchahen, um bei Beſitzer des größten Viehſtandes auch den größten Vor⸗ 
den vor fih gehenden und weiter befürchteten politischen | teil von der Weide, und der Eigentümer der größten 
und ſozialen Umwälzungen die Beſchlagnahme des ge: Baulichkeiten den größten Nutzen vom Walde, welcher 
meinſamen Eigentums für Staats- oder Kommunal- ihm ganz oder faſt unentgeltlich Bau- und Brennholz 
zwecke zu verhindern. Hierdurch ift namentlich die [nach Bedarf liefert. Es hat denn in der Tat auch 
unſelige Quadrellen- oder Parzellen-Wirtſchaft ent: | nicht an Beſchwerden und Klagen ſolcher Patrizier 
flanden. | gefehlt, welche durch ihre Vermögens- und Wirtſchafts⸗ 
Auch hierfür finden wir im weſtlichen Deutſchland verhältniſſe gar nicht in der Lage waren, an der 
nur zu treffende Vergleiche. Ich erinnere an die ver- Nutzung von Weide und Wald teilzunehmen, und nun 
hängnisvolle Zerſtückelung der alten Markenwaldungen beantragten, die Nutzungen für das geſamte Patriziat 
in großen Teilen Weſtfalens, beſonders im Wiehen⸗ durch Weideverpachtung und Holzverkauf in Gelderlös 
gebirge und im Sauerlande, welche auf Grund der umzuſetzen und gleichmäßig unter alle Mitglieder zu 
von Friedrich dem Großen in wohlmeinender Abſicht verteilen. 
erlaſſenen Verordnung vom 4. Mai 1771) in der Da jedoch die beati possidentes und Vermögen⸗ 
kurzſichtigſten Weiſe von den betr. Behörden vorge- den in den Korporationen immer den Ausſchlag gege: 
nommen und zugelaſſen worden iſt, und deren üble ben haben, iſt bisher jeder derartige Antrag abgelehnt 
Y Die Verordnung wollte urſprünglich im Intereſſe der und zurückgewieſen worden. | 
Landeskultur nur die zu „gemeinſchaftlichen und vermengten | Die geſchichtliche Entwickelung der Siedelungen hat 


dutungen liegen gebliebenen Brüche, Hutungen, Angern d ; 
' ' en heute als großen Nachteil empfundenen Umſtand 
uſw.“, welche ſich zu Acker⸗ oder Wieſenkultur eigneten, in b 8 b $ pf 


Privateigentum und Privatbewirtſchaftung überführen, wurde geſchaffen, daß Patriziat und politiſche Gemeinde 

aber unbegreiflicher Weiſe zuerſt auf die Gebirgswaldungen gänzlich von einander verſchieden ſind. Manchmal bil— 

angewendet. den ganze Talgebiete (wie z. B. das Onſernonetal mit 
ge 


9 Gemeinden) nur 1 Patriziat. 
litiſchen Behörden auch bedeutend erſchwert, über die 
Verwaltung und Nutznießung des Patriziatsvermögens 
allgemeine und gerechte Anordnungen zu treffen und 
ihre Ausführung zu überwachen. Wohl ift die Ber- 
faſſung der einzelnen Patriziate durch Statuten (re- 
golamenti) geregelt, welche übrigens jaft alle Entſchei⸗ 
dungen von der Mehrheit der Intereſſenten abhaͤngig 
machen; eines modernen, den heutigen Zuſtänden und 
Bedürfniſſen entſprechenden organiſchen Geſetzes über 
die Patriziate und ihre Verwaltung überhaupt ent— 
behrt der Kanton noch immer. 

Die großen Schwierigkeiten, welche ſich der geſetz⸗ 


Dadurch ift den po: 


lichen Regelung dieſer eigenartigen und verwickelten 
Angelegenheit entgegenſtellen, ſind nicht zu verkennen. 


Da eine Zurückführung der Patriziate auf politiſche 
Gemeinden durch Teilung des gemeinſamen Grundbe— 
ſitzes auf ſchwer überwindbare ſachliche und techniſche 
Hinderniſſe ſtoßen dürfte, wird nichts übrig bleiben, 
als dieſe Korporationen als Zweckverbände anzu— 
ſehen und zu behandeln. Unbedingt könnte und müßte 
dann verlangt werden, daß der gemeinſame Beſitz nach 
dem Grundſatz des größten Nutzens für Alle 
verwaltet würde; alfo durch meiſtbielende Verſteige⸗ 
rung oder Verpachtung feiner Nutzungen und gleich? 
mäßige Verteilung des Erlöſes unter die Berechtigten 
nach Abzug aller erforderlichen Aufwendungen für ge: 
meinnützige Zwecke, Verbeſſerungen uſw. Wo, wie bei 
der Weide, Selbſtnutzung beibehalten werden fof, mük- 
ten die Taxen für den Kopf auszutreibenden Bieb? 
dem wahren Wert entſprechend erhöht werden. Auf 
dieſe Weiſe könnten auch die nichtpatriziſchen Gemeinde⸗ 
mitglieder, die ſogen. „Kommuniſten“ ohne Nachteil 
für die Patrizier an den Nutzungen gegen gerechtes 
Entgelt teilnehmen. 

Teilung von Waldgrundſtücken iſt ſchon jetzt geſetz⸗ 
lich ausgeſchloſſen, Verkauf von Gemeinde- und Pa: 
triziatsland nur mit Genehmigung der Aufſichtsbehörde 
zulaͤſſig. 


. zn ham — DH— — mie — . ——ę— SER 


Um die Aufforſtung geeigneten, als Weide wert: 


lojen Terrains zu bewirken und die Erhaltung vor: | 


handener Waldungen zu ſichern, waͤre natürlich das 


einfachſte und gründlichſte Mittel, wenn der Kanton 
derartige Grundſtücke auf dem Wege freiwilligen Ver: 


kaufs oder durch Enteignung an ſich bringen und in 
Selbſtbewirtſchaftung nehmen könnte. Leider wird die 


ungünſtige Finanzlage wohl noch längere Zeit die Ver— ter an den fonnigen Hagen ul. ihre Leun suche 


wirklichung derartiger ſchöner Pläne und ſegensreicher 
Anlagen in größerem Umfange verhindern und ver— 
zögern. 

Daß im übrigen Bund und Kanton wohl berech— 


tigt ſind, bei der Bewirtſchaftung und Verwaltung der 


mitzureden, ergibt fih einerſeits aus dem Begriff de: 


Staatshoheit von ſelbſt, welche für das allgemein: 
Wohl ſorgen und wirken jol — und andererſeit 
aus dem nicht zu unterſchätzenden Umſtande, daß jei 
mehr als einem Menſchenalter Kanton und namentlic 
Bund zur Verbeſſerung und Bewirtſchaſtung der Lie 
genſchaften, beſonders der Waldungen, im Teſſin Unter 
ſtützungen gegeben und Aufwendungen gemacht haben. 
welche abſolut und relativ eine Rieſenprämie fir 
die Grundbeſitzer darſtellen. 

Millionen find vom Bund für forſtliche und land 
wirtſchaftliche Schutz-, Aufforſtungs⸗ und Verbefferung:: 
arbeiten im Teſſin zugeſchoſſen worden. Bedeutend 
Summen, welche wohl 1 Million erreichen, werden 
alljährlich für diefe und andere Zwecke (Straßenbauten 
uſw.) als Hilfe gewährt: alles Mittel, die Bodentul: 
tur und den Bodenwert im Kanton zu heben. Te 


für kann jedenfalls auch das Recht zur Deitbeftinmng 


und Auſſicht über die Bodenbenutzung und die den 
Gemeinwohl am beſten entſprechende Art derſelben be 
anſprucht werden. 

Iſt das mehr künſtliche Bollwerk, durch welche 
die jetzige Patriziatsverfaſſung den Weg nach oben zu 
ſperren droht, überwunden, jo geht es eine Streck 


weit durch leidlich gehaltenen Wald und gepflegte Wie 


jen ohne Schwierigkeiten aufwärts, big fih der fda: 
ler gewordene Pfad in mit ſperrigem Buſch vewachee— 
nen Klippen zu verlieren ſcheint. Es iſt die Fels und 
Dornwildnis der Ziegenweide, welche jeden For 
ſchritt zu lichteren Regionen hemmt. Seit uralten 
Zeiten ift die Ziegenweide in den Gebirgsländern, në 
mentlich auch in der Schweiz, das Haupthindernis jeder 
Forſtkultur und jedes forſtlichen Fortſchritts geweſen 
und auch als ſolches erkannt worden. Schon m 
Jahre 1559 hat z. B. der Halbkanton Appenzell: Jr 


ner⸗Rhoden vorgeſchrieben, daß Ziegen nur auf den 
Eigentum des Beſitzers geſömmert und gewintert wer: 


den dürften. Im Jahre 1708 wurde ſogar beſtimmt, 
daß Geißen im Stall gehalten oder an einen Pfahl 
oder ein Seil gebunden werden ſollten; und 1749 und 
1762 wurde ſtreng verboten, „Geißen in gebannte noch 
in ungebannte Waldungen zu treiben“. 


Nirgends aber hat die Ziegenweide eine derartige 


verhängnisvolle Rolle geſpielt wie im Teſſin, wo 2 


coppet noch 1908 die Zahl der Ziegen auf 60 000 be⸗ 
ziffert.!) Die ſelbſtändig weidende, auch im harten Win⸗ 


nde 


| 


Ziege ift geradezu eine Beſonderheit des Teſſin und 


$ 
1 


| 


eine wenigſtens biologiſch beſtimmte Rafe geworden. 


Als man vor Jahren auch in dieſem Kanton Verſuche 


9 Für 1833 gibt Lavinari (S. 765) die Ziegenzahl auf 


Patriziatsgüter ein gewichtiges und entſcheidendes Wort | 75000; für 1859 auf 46 255 an. 


——— — 


61 

machte, die einheimiſche Ziegenraſſe durch Einführung | Vorſchlag, daß die erheblichen Unterſtützungen, welche 
edlerer Schläge zu verbeſſern, mußte man bald wieder für Meliorationen, namentlich der Wieſen und Wei: 
teumütig zu der alten Teſſiner Ziege zurückkehren, | den, den Korporationen und Privaten gewährt werden, 
weil die anderen feineren und zarteren Geißen ſich von der Bedingung der Einſchränkung und Regelung 
weigerten, im Winter und bei Kälte und Näſſe auf der Ziegenweide abhängig gemacht würden. Es kann 
die Weide zu gehen! | dies umſo eher geſchehen, als ja gerade durch die Ge- 

Die Ziege wird ſtets als die Kuh der Armen hin- winnung von mehr und beſſeren Futtermitteln die 
geſtellt und gefeiert; wie zugegeben werden muß, nicht | Durchhaltung der benötigten jetzt oft im Winter halb⸗ 
ohne gewiſſen Grund. Es wäre unſinnig und un- verhungernden Ziegen erleichtert und ermöglicht würde. 
möglich, die gänzliche Abſchaffung der Ziegenweide unter Geſetzlich iſt übrigens (in Art. 62) vorgeſehen, daß 
allen Umſtänden zu verlangen und zu verſuchen. Alles bei wiederholten Kulturbeſchädigungen die Regierung 
was erſtrebt und erreicht werden kann, ift ihre Be- die Ziegenweide in der betreffenden Gemeinde völlig 
ſchränkung und Regelung. unterſagen kann. Daß es auch ohne freie, d. h. wilde 

Schon Landolt macht darauf auſmerkſam, daß ge: Ziegenweide und ohne Ziegen überhaupt geht, zeigt 
rade die wohlhabenderen Patrizier, welche im Beſitz [das Beiſpiel von Patriziatsgemeinden, welche Ziegen 
von vielen Kühen find, auch die meiſten Ziegen, oft und Ziegenweide ebenſo wie die Schafe gänzlich abge: 
60-70 Stück, haben, während auf die ärmeren a: | ſchafft haben. 
miken nur wenige entfallen. Man dürfte alfo nur die Der von verſchiedener Seite gemachte Einwand, 
Zahl der von einem Berechtigten zu haltenden Ziegen daß durch Beſchränkung der Ziegenweide ſtets ein auf 
feſtſetzen und beſchränken, um ſofort eine erhebliche andere Weiſe gar nicht wieder erſetzbarer Verluſt an 
Verminderung der Ziegenherden zu erreichen, ohne Volksvermögen und Volkseinkommen herbeigeführt 
gerade der ärmeren Bevölkerung irgend welchen Nad): würde, ift weder allgemein noch im beſonderen Falle 
teil zuzufügen. In den angeführten Verordnungen zutreffend und anzuerkennen. Denn eben das mög- 
des Rantons Appenzell: J. Rh. war die Höchſtzahl der liche und beſſere Gedeihen der Forſtkulturen und Jung: 
Ziegen für eine Haushaltung auf 21 feſtgeſetzt; Le: wüchſe wird und fol durch vermehrten Zuwachs und 
dige durften gar keine und die Sennen nur zwei hal: dadurch ſtatthaften höheren Einſchlag den Ertrag einer 
ten. Die Verringerung der Ziegenzahl iſt übrigens Anzahl Ziegen in einer Form erſetzen, welche Allen 
auch im Teſſin von Vertretern der Patriziate ſelbſt zugute kommt. Im beſonderen Falle würde leicht 
als der beſte Weg zur Beſſerung empfohlen und be: eine Unterſtützung zur Verbeſſerung der Weidegründe 
reits eingeſchlagen worden. direkt und indirekt etwaigen augenblicklichen Ausfall 


Eine weitere unbedingt erforderliche und wohl auch reichlich ausgleichen. Mit Recht jagt jhon Decoppet: 


— —— 


im allgemeinen ohne große Härte durchführbare Maß⸗ es iſt Raum genug für mehr Vieh und mehr 
tegel wäre die Aufhebung des pascolo vagante (auch W ald ma Teſſin. 
p. vago richtiger vagantivo genannt), d. h. der Die Klippen und Dornen der Ziegenweide laſſen 
Ziegenweide ohne Hirten, welche außer der Som: ſich alſo einebnen und beſeitigen, ſo daß der weitere 
merzeit jetzt die Regel bildet. Es läßt fih nicht Weg zu beſſerer Zukunft frei wird. 
leugnen, daß ſie für die Einwohner äußerſt bequem Vor nahezu 100 Jahren, im Sommer 1821 machte 
iit: die Ziegen werden einfach morgens aus dem Stall der Berniſche Oberförſter Karl Kaſthofer eine forft- 
gelaſſen, finden fih ſelbſt zuſammen, ſtreifen überall lichen und allgemein wirtſchaftlichen Beobachtungen 
under und kehren je nach Witterung früher oder ſpä— gewidmete Reiſe über den Gotthard und Bernardinpaß 
tet wieder heim. Man muß ferner berückſichtigen, nach Graubünden, auf welcher er den Teſſin abwärts 
daß zur Zeit dieſer freien Weide, d h. im Winter, bis Bellinzona verfolgte und dann das Meſoccotal 
die ſonſt mit der Aufſicht über die Ziegen betrauten aufwärts zog. Im Eingauge (S. 9—10) ſeines Be- 
Kinder im Schulunterricht find, der im Sommer ruht. richts!) ſtellt er als Kernpunkte feiner Anſichten und 
Trotzdem wird ſich bei irgend gutem Willen ein Hirte Erfahrungen folgende Sätze auf: 
oder ſonſtige Aufſicht wohl überall ohne Schwierigkeit „Da der größte Teil der Wälder in den Gebirgs— 
beſtellen laſſen. In verſchiedenen Kantonen hat man kantonen entweder eigentümlich den Gemeinden gehört, 
ihon vor längerer Zeit die Beſtimmung getroffen, | oder durch Nutzungsrechte unter ihrem Einfluſſe liegt, 
daß, wer 1 Kuh daheim halten kann, überhaupt keine und die beſtehenden Verfaſſungen die Vollziehung von 
Ziegen austreiben darf, und daß ſtets die Ziegen⸗ | ſtrengen allgemein eingreifenden Adminiſtrations-Ver— 
haltung ſich auf die Gewinnung des Milchbedarfs für ae eu 
die einzelne Familie beſchränken ſoll. 

Bettelini macht den eigentlich ſehr nahe liegenden 


1, Vergl. „Bemerkungen auf einer Alpenreiſe über den 
Suſten, Gotthard, Bernardin, Oberalpe, Furka und Grimſel“, 
Aarau 1822. 


62 


fügungen nicht erlauben; jo kann die Erhaltung dieſer erhält. Hier müſſen Belehrung, Ueberzeugung und 
Wälder, wo ſie noch vorhanden ſind; ihre beſſere | Erziehung zu beſſerer Bodenwirtſchaft und damit au: 
Pflege, und die Anzucht neuer Wälder am Platz der Waldbehandlung und Forſtkultur den durch das G: 
zerſtörten in der gebirgigen Schweiz nicht durch die ſetz eröffneten Weg erſt erweitern und glätten. 
Regierungen, nicht durch Reglemente und nicht durch Mancherlei Mittel gibt es zu dieſem Zweck. 
Regierungsbeamte allein bewirkt, ſondern es muß zu Sehr wichtig iſt die ſchon begonnene Schaffung 
dieſem Zweck die Sorgfalt der Landleute in An⸗ | von Kantonsforſten, als Muſter pfleglicher und 
ſpruch genommen werden. einträglicher Forſtwirtſchaft und zweckmaͤßiger 

Dieſe Sorgfalt der Landleute in den Gebirgs⸗ | möglichſt billiger und einfacher Kultur. Sie würden 
kantonen wird für die Waldpflege nie allgemein tätig 
werden, wenn nicht ein beſſerer Unterricht in den Volks⸗ 
ſchulen und freie Verfaſſungen, oder eine von dem 
Geiſte freier Verfaſſungen beſeelte Adminiſtration den 
Gemeinſinn da wieder wecken kann, wo er ſich ver⸗ 
loren hat.“ 

Auf dieſen Gedanken, durch die Schule das Nn- 


| ſicherlich bald und viel von Wißbegierigen und Inte 

reſſenten beſucht und beachtet werden. 
Bis vor Kurzem erfreute ſich der Kanton ein: 
Wanderlehrſtuhles (cattedra ambulante) ji: 
Landwirtſchaft, welcher unbedingt ſegensreich gewich 
hat Landwirtſchaftliche Lehrer durchzogen den Kanton 
tereſſe für den Wald zu erwecken und das Wichtigſte und hielten bald hier bald dort Vorträge über Land 
von feiner Behandlung zu lehren, kommt K. auch und Alpwirtſchaft. Wenn eine ähnliche Einrichlung 
ſpäter immer wieder zurück; ſo auf S. 101: auch für Forſtwirtſchaft getroffen würde, d. h. an 
„Der Unterricht des Landmanns in den einfachſten geeignete mit Wald, Land und Leuten vertraute Per 
allgemein anwendbarſten Wahrheiten der Forſtwirt⸗ ſönlichkeit an den Hauptorten der Patriziate einfach 
ſchaft ift in allen Kantonen, wo der größte Teil der belehrende Vorträge über Nutzen, Bedeutung und rid: 
Waͤlder den Gemeinden eigentümlich gehört, oder von tige Behandlung des Waldes hielte, fo könnte Hier: 
der Regierung nicht frei bewirtſchaftet werden kann, durch die Arbeit der Forſtbeamten ſehr erleichtert und 
das weſentlichſte Beding der Verbeſſerung der Landes⸗ viel mehr Verſtändnis für ihr Wirken und Schaffe 
forſte“. erweckt werden. Vielleicht könnten die Kreisoberförſter 
Er möchte dann in jedem Kanton einen tüchtigen | fih dieſer wichtigen Aufgabe widmen, wenigſtens wenn 
Lehrer der Forſtwiſſenſchaft beſtellt ſehen, der geeignete fie das ganze Gebiet von Wald, Waſſer und Warde 

Jünglinge unterrichtete, welche ſpäter in ihren Ge- gemeinſam beherrſchten 

meinden die Behandlung der Wälder übernähmen. Der erwähnte Wanderlehrſtuhl ift feit dem Herbf 
K. verwirft im übrigen jede einſeitige Fachwirt⸗ 1915 mit der neu eröffneten Land wirtſchafts⸗ 
ſchaft und meint: „Die Forſtwirtſchaft muß nicht als ſchule des Kantons zu Mezzana bei Mendriſio ver: 
ein für fih beſtehender Adminiſtrations- und Produk⸗ einigt worden. Auch dieſe Anſtalt, welche jetzt bereits 


tionszweig, ſondern als ein den Rückſichten der Land: von 40 lernbegierigen jungen Landwirten beſucht wird, | 


durch Anſchauung und Erfolg überzeugend wirken un } 


—— — 


— oe 


wirtſchaft und der Viehzucht untergeordnetes Fach bez ließe ſich für die Hebung der Forſtwirtſchaft und port 


trachtet und behandelt werden.“ kultur im Kanton mit dienſtbar machen. 


Er möchte deshalb am liebſten nur Arven, Lärchen Einmal müßten den Schülern ſelbſt die einfachen 


und im übrigen Laubhölzer anbauen, weil dieſe mehr Kenntniſſe und Fertigkeiten in Holzzucht und gorf: 
Futterſtoffe erzeugten und Graswuchs zuließen. benutzung, namentlich Pflanzung und Holzverwertung: 

Auch Landolt ſagt am Schluſſe ſeines Berichtes beigebracht werden, wozu wenige Stunden wöchentlä 
ſehr treffend (S. 356): „Im allgemeinen wird der genügen würden. Dann könnte man aber auc die 
ſchweizeriſche Forſtmann ſeinen Zweck beſſer erreichen Ausbildungskurſe für Waldwärter, wenigſtens für den 
und ſeine Aufgabe vollſtändiger zu erfüllen im Stande Südteil des Kantons, wohl zweckmäßig an 
ſein, wenn er mehr durch Belehrung als durch ſtalt verlegen. 


ſtrikten Befehl zu wirken juht”. Für eine Republik, Für das Wichtigſte halte ich aber, daß auch die | 


wo jeder Bürger mit Stolz und Ciferfucht über feine Volksſchule für unſeren ſchönen und * | 


perſönliche Freiheit wacht, iſt dies Wort zweifellos eine Zweck gewonnen und mit herangezogen wird. 
tiefe Wahrheit; ganz beſonders aber für den Teſſin, die ganze Schweiz ſo hat auch der Kanton Teſſin N 
wo dreihundertjährige Bevormundung und abweichende großenteils muſterhafter Weiſe für den Unterricht der 
völkiſche Beanlagung leicht erklärliches Mißtrauen und Jugend durch Schulen aller Art geſorgt. Troß j 
geheimen Argwohn gegen fremde Beeinfluſſung und durch Wirtſchafts- und Witterungsverhältniſſe 
obrigkeitliche Verordnung, namentlich von Seiten des ſchraͤnkten Schulzeit erhalten die Kinder ſelbſt der er 
Bundes, tief eingepflanzt hat und noch immer lebendig legenſten Bergdörfer im allgemeinen einen Unterricht 


dieſe An⸗ | 


l 
i 


63 


elcher durchſchnittlichen deutſchen Verhältniſſen feines: | Appia veranftalteten Brumpflanzfefte lebhaften und 


98 nachſtehen dürfte. Nun wäre nichts weiter er- 
orderlich, als daß beim naturwiſſenſchaftlichen Unter⸗ 
icht in einfachſter Weiſe ein wenig von der Art und 
Bedeutung des Waldes den wißbegierigen Kleinen ge: 
ehrt und damit Liebe und Verſtändnis für denſelben 
n die empfänglichen Kinderherzen eingeſät würde. 


Unterricht praktiſch ergänzen, ohne daß deshalb im 
Heſamtunterrichtsplan auch nur das Geringſte ge- 
ändert zu werden brauchte. 

Ich bin überzeugt, daß eine derartige Ausſaat ge⸗ 
rade bei der im allgemeinen begabten und lernbe— 
gierigen Teſſiner Jugend reiche Frucht trüge. 

Eine ganz vorzügliche Einrichtung, die Schulen an 
der forſtlichen Aufklärung zu beteiligen und die Herzen 
der Kinder für den Wald und die Bäume zu gewin— 
nen, ſind die neuerdings auch im Teſſin eingeführten 
Baumpflanzfeſte „feste dell' Albero“, wie fie hier ge: 
nannt werden. 


Diele ſchöne Sitte, welche ſchon Bir: — 


= — — — ——— —ääü ee — 


| 
| 


gil als den alten Pelasgern eigentümlich feiert (die 


dem Gotte Silvan an beſonderen Feſttagen heilige 
Haine weihten), ift wohl aus Nordamerika durch Jta- 
lien nach der Südſchweiz gekommen. In den Ver— 
einigten Staaten ſpielten ſchon vor nahezu 30 Jahren, 
als es mir vergönnt war, einen Teil des weſtlichen 


| 
| 


Rontinent3 zu durchſtreifen, die Arbor days eine große | 


Rolle. Ich glaube ſicher, daß fie nicht wenig dazu 
deigetragen haben, die feit dieſer Zeit bewirkten Fort: 
dritte in der Walderhaltung und Waldbehandlung, 
welche drüben zu verzeichnen ſind, mit anzubahnen und 
dolkstümlich zu machen. 

In Italien wurden diefe feste dell' Albero zuerſt 
1899 durch den Unterrichtsminiſter Baccelli eingeführt, 
unter Mithilfe der Königin Margherita, welche an 
den erſten in der römiſchen Campagna an der Via 


æ ma :H— 2— — —— — — — — 


— 


Literariſche Berichte. 


das Holz als Bauſtoff, ſein Wachstum und 
eine Anwendung zu Bauverbänden von G. Lang, 
Wiesbaden. C. W. Kreidels Verlag, 1915. 


. Wenige Tage nachdem der letzte Druckbogen dieſes 
Gerkes die Preſſe verlaſſen hatte, ereilte den Verfaſſer 
in Dienſte des Vaterlandes der Tod. 


zen über Propellerhölzer im Dienſte der Heeresver. 
valtung in feinen Laboratorium zugezogen hatte. 
wor Quietmeyer hat die Herausgabe pietät— 
ollerweiſe vollendet und dem Werke eine kurze Dar- 


| 


u 3 bedeutendſte war. 
Einige Ausflüge in die nächſten Wälder könnten den 


perſönlichen Anteil nahm. 


Im Teſſin wurden im letzten Jahre an mehreren 
Orten, namentlich im Sottoceneri, ſehr gelungene feste 
dell'Albero veranftaltet, von denen das am 25. März 
1915 zu Caſtagnola bei Lugano abgehaltene wohl das 
Mehr als 650 Schulkinder nahmen 
daran teil. Der um diefe Sahe hochverdiente Shul- 
direktor A. Tamburini, welcher die Feier in trefflicher 
Weiſe leitete, hat in der Teſſiner Lehrerzeitung, dem 
„Educatore“, einen ſchwungvollen Aufſatz über die Be⸗ 
deutung ſolcher Feiern für Erweckung von Liebe und 
Verſtandnis für den Wald und feine Natur veröffent⸗ 
licht. Mit großem Nachdruck ruft er den Lehrern und 
ihren Schülern den ernſten Mahuruf zu: „Un paese, 
che disbosca, muore“, d. h. „ein Land, welches 
ſich entwaldet, ſtirbt“. Tamburini möchte, daß 
jede Schule einen wenn auch noch jo beſcheidenen „Ar- 
boreto scolastico“, einen Schulforſtgarten, erhielte, 
wo die Schüler ſelbſt Pflanzungen ausführen könnten. 


Ein eigens für dieſen Tag gedichtetes und kompo⸗ 
niertes Lied wurde von der Schuljugend geſungen. Es 
lautet in freier Ueberſetzung: 


„Allmutter Erde vertrauen wir euch an, 

Der fruchtbaren ewigen Zeugerin, 

Die ſoviel Lebensſäfte in ſich ſchließt 

Und für alle ſorgt und alle ſegnet. 

Spendet der Erde dichte, grüne Belaubung, 
Dem Boden unerſchütterlichen Beſtand; 

Schenkt bunten Blütenſchmuck 

Und warme Liebkoſung von Duft und Schatten! 
Allmutter Erde vertrauen wir euch an; 

Gedeiht geheimnisvoll in Traum und Schweigen: 
Vielleicht werden eure Wipfel grauſamen Krieg ſchauen, 
Aber die Wurzeln ſollen Frieden ſaugen.“ 


ſtellung des Werdegangs und Schaffens des Verfaſſers 
vorangeſtellt. 

Gewidmet hat Lang dieſes Buch den Bau- und 
Forſtleuten. Das Werk und die Umſtände, unter denen 


es erſcheint, ſtellen die Kritik vor keine leichte Aufgabe. 
Am 9. Juni 


tarb Profeſſor G. Lang im Alter von 66 Jahren in⸗ 


'olge einer Blutvergiftung, die er fih bei Unterſuchun- wenig verſtehen. 


Lang betont im Vorwort, daß die Bauleute von 
dem Holze, ſeinem Bau und ſeinen Eigenſchaften ſehr 
Daraus folgern nach Langs. Anſicht 
mit Recht die Forſtleute, daß ſie möglichſt viel Holz 
ohne Rückſicht auf Qualität erziehen. Den Grund für 


das mangelnde Verſtändnis der Bauingenieure für das 


Holz als Bauſtoff ſchreibt der Verfaffer dem mangel- 


haften Unterricht in dieſer Materie auf unſeren Hod: 
ſchulen zu und beabſichtigt im vorliegenden Buche den 
Technikern eine Anleitung zu dem Verſtändnis des 
Holzes und ſeiner Eigenſchaften zu geben. Lang richtet 
ſich gegen einen Ausſpruch Prof. Weilers aus dem 
Jahre 1907 auf der Tagung der Vereinigung für an: 
gewandte Botanik, der lautet: 

„An den techniſchen Hochſchulen müſſe der botaniſche 
Teil der Holzkunde von Botanikern geleſen werden, 
da die techniſchen Lehrer hierfür meiſt zu wenig vor⸗ 
gebildet ſeien.“ 

Daß Profeſſor Weiler mit dieſem Gage recht hatte, 
kann durch nichts ſchlagender bewieſen werden, als 
durch den botaniſchen Teil dieſes Buches. Verf. hat 
ſich zwar eifrig bemüht, die einſchlägige Literatur zu 
benützen, aber man merkt ihm auf Schritt und Tritt 
an, daß er ſich hier auf einem Gebiete bewegt, auf 
dem er nicht zu Hauſe iſt. Ungemein erſchwerend für 
das Studium des Buches wirkt, daß Lang mit einer 
übertriebenen Verdeutſchung alle wiſſenſchaftlichen und 
techniſchen Ausdrücke durch deutſche Ausdrücke zu er⸗ 
ſetzen ſucht. Verf. läuſt namentlich gegen die Worte 
nicht deutſcher Abſtammung auf dem Gebiete der Bo: 
tanik Sturm und glaubt dadurch das Verſtändnis zu 
erhöhen, hat meines Erachtens aber gerade das Gegen: 
teil erreicht. Welcher Ingenieur wird unter Zuhilfe— 
nahme eines Buches über Botanik ſich weitere Kennt⸗ 
niſſe auf dieſem Gebiete zu holen vermögen, der nach 
dieſen hier aufgeführten Worten darin ſucht. Er wird 
ſuchen, ſuchen und wird nichts finden; nicht einmal in 
einem Konverſationslexikon, das jetzt nach Lang „Welt: 

wörterbuch“ heißt. Die aus dem Lateiniſchen heraus. 
gebildeten techniſchen Ausdrücke, die gleichzeitig die not: 
wendige internationale Verſtändigung erleichtern, ſind 
eben keine Fremdworte; ihre begriffliche Ueberſetzung 
in dem Umfange, wie ſie der Verf. hier durchgeführt 
hat, bringt nur Erſchwerung des Gedankenaustauſches, 
oft nur Mißverſtändniſſe hervor. So wird überſetzt 
„Anatomie“ in „Kleingefüge“. Das müßten nunmehr 
nicht nur Botaniker, ſondern auch Zoologen und Ana— 
tomen annehmen. Wohin würde dies führen? Auch 
die Ueberſetzung der ſyſtematiſchen Namen in der Bo— 
tanik hat ſeine Grenzen. Dort, wo der deutſche Namen 
nicht mehr allgemein bekannt iſt, wo er lokal raſch 
wechſelt, oder gar wo es ſich um fremde Hölzer han— 
delt, da gibt es, um zur Klarheit zu gelangen, nur 
einen Ausweg, die richtige ſyſtematiſche botaniſche Be— 
zeichnung zu ermitteln, auf der allein eine Verſtän— 
digung möglich iſt. Wer ſich ſchon einmal mit der 
Benennung der Hölzer im Handel befaßt hat und er— 
fahren hat, unter welchen Namen die überſeeiſchen 
Hölzer laufen, wird das ohne weiteres einſehen. Lang 
nennt die Robinia pseudacacia Schoten dorn; 


64 


nachdem Lang aber fpdter in der zur Zeit der Gu: 
vor der Holznot von Medicus herausgegebenen 3. 
ſchrift „der unächte Akazienbaum“ (1794 - 1803) 
funden hatte, daß Hülſendorn richtiger ift, t 
er jetzt dieſen Ausdruck gewählt. Welcher Holzhänd. 
liefert einen Wagen Hülſendornholz? Welches Fo 
amt kann 100 ebm Hülſendornholz abgeben, ct: 
lange zu ſtudieren, um welche Holzart es ſich be. 
handelt? Iſt ſchließlich nicht Robinie gerade‘; 
gut deutſch als Lilie? 

Dieſe Tendenzen des Verfaſſers führen ihn gerr: 
wegs auf falſche Wege, jo teilt Lang die Bäume ein! 

A) Spitzkeimer, 
B) Nadelhölzer, 
C) Laubhölzer. 

Den Ausdruck Spitzkeimer habe ich für die Men: 
kotylen in keinem geltenden Syllabus gefunden; 18: 
hat Reichenbach die Monokotylen als Akroblaſte — 
das find wohl diefe Spitzkeimer — den Phylloblar:: 
gegenüber geftellt. Heute wird jedermann eine richt 
und allgemein gültige ſyſtematiſche Anordnung dau 
Gewächfe in einem techniſchen Lehrbuche verlange: 
da er durch dieſe Einreihung allein jhon ſeht ti 
Wiſſenswertes und Weſentliches erfährt. Die Ei 
teilung der Samenpflanzen in A) Gymnoſper mn, 
B) Angioſpermen, 1. monokoktyle, 2. dikotyle Gewäch⸗ | 
ift gerade für ein Buch, das den Holzaufbau klar dar | 
zuſtellen ſucht, die einzig mögliche, um das Thema 
folgerichtig entwickeln zu können. 

Noch ein Beijpiel einer Neuerung in technische 
Ausdrücken. Um das Kleingefüge zu ſtudieren, er 
pfiehlt der Verfaſſer 5 Schnitte. dies ſind 

1. Hirnſchnitt, 

2. Strahlſchnitt, 

3. Spiegelſchnitt, 

4. Fladenſchnitt, 

5. Sehnenſchnitt. . 

Dafür genügen doch die drei eingebürgerten Schnitte 

1. der Querſchnitt = Hirnſchnitt, 
2. die Längſchnitte, 
a) der radiale = Spiegelſchnitt, 
b) der tangentiale = Fladerſchnitt, 
denn der Strahlſchnitt ift ebenfalls ein Spiegelſchnil, 
und der Sehnenſchnitt iſt ein tangentialer Längsſchnitt 

Nun muß aber noch der alte Fladerſchnitt 
Fladenſchnitt umgetauft werden. Weshalb! Rad 
Grimms Wörterbuch heißt Flader mhd. der Ahorn 
und das könnte zu Verwechslungen führen; man komt 
glauben, man hätte nur Ahornſchnitte vor ſich, wel 
man von Fladerſchnitten ſpricht. Aber gerade weil 
der gemaſerte Ahorn dieje Holztextur beſonders aus 
geprägt zeigt, wie fie auf allen Fladerſchnitten burd 
das Ueberſchneiden der Jahrringe typiid ift, kann mal 


— 


— 


— — — 


5 
annehmen, daß auf den tangentialen Längsſchnitt die Hochwaldbäͤume, kurz nachdem fie ihr ſtärkſtes Wachs⸗ 
Bezeichnung Fladerſchnitt allgemein angewendet wurde. tum (Optimum) überſchritten haben, zu fällen. 
Den Schnitt als Fladenſchnitt zu bezeichnen, weil eine Die Sammlung ſolcher falſch verſtandener oder 
Textur zu Tage tritt, bei der die Jahrringe das Aus: einſeitiger Behauptungen, botaniſcher und forſt— 
ſehen „wie breiter Fladen“ haben, ſcheint mir ſehr licher Unrichtigkeiten ließe ſich noch leicht vermehren. 
geſucht. In den letzten Abſchnitten (4 u. 5) iſt der Verfaſſer 
Einer allgemeinen Verdeutſchung techniſcher Aus- wieder auf feinem Spezialgebiete angelangt; ſehr lehr- 
brücke ſehr mit Vorbehalt gegenüber zu ſtehen, recht | reid) find zahlreiche originelle Verſuche aus dem Ge⸗ 
jertigt das Durchblättern dieſes Buches, wie die an: biete der Feſtigkeitsprüfung. Die Verſuche mit Bam: 
geführten Beiſpiele zur Genüge erkennen laſſen. Schon | bus und mit Holzverbänden, von denen viele aus dem 
1851 ſchrieb ein deutſcher Philoſoph: „Die Einführung F des Verfaſſers ſtammen, 
der armſeligen Grammatik in die deutſche viel edlere | Iben das Wertvollſte vom inhalt des Buches. 
Sprache machen die verderblichen Galizismen aus; Den Verlag, der für die Ausſtattung viele Mühe 
nicht aber wie bornierte Puriſten meinen, die Ein⸗ und Koſten aufgewendet hat, möchten wir darauf auf⸗ 
führung einzelner Fremdwörter. Dieſe werden aſſi⸗ | merkſam machen, daß das vorliegende Format ſich für 
miliert und bereichern die Sprache“. Dieſe Sprach- | diee Arbeit wenig eignet. Es enthält 374 Seiten 
cig von en, Grenbubten toon n, | Mh 85 v 2 un F wrens Tert a 
werksmäßig geſchehen; letzten Endes entſcheidet wie . r = 
auf allen gs 8 auch hier > richtige | nur 11 Zeilen Text — ſodaß ein Zuſammenfinden des 
Gefühl, das Sprachgefühl. Textes und ein Ueberſchauen ſehr erſchwert wird; da: 
Auf Seite 112 ift noch forſtbotaniſch etwas Inter⸗ en BIER oan ns „ 
effantes zu finden. Es heißt dort: Die Abarten der 3 l ' 
gemeinen Kiefer find ſehr zahlreich. Unter den e 
europdiſchen find zu nennen: a) die Gotlandkiefer | 
oe . 5. b pe ce Waldbilder aus Sachſen von Prof. Dr. Borg: 
0 = dnerrrichiſche Schwarzkieſer. 5 bie Jirbeltiefer. 5 = coe Tabingen 
) die Beimuttiefer, cine amerikanische un a 9) Verlag der Laupp'ſchen Buchhandlung 1915. Preis 
ulm. Solche Ausführungen find falſch und vermögen 2.80 M | 
eine Grundlage fiir die Unterſchiede des Holzes der a r 
derſchiedenen Angehörigen der Gattung Pinus niemals Prof. Borgmann hat diefe Skizze für die ge⸗ 
m geben. plante XV. Hauptverſammlung des deutſchen Forſt⸗ 
, , a vereins zu Dresden im Aug. 1915 entworfen und 
Wie auf botaniſchem Gebiete iſt der Verfaſſer auch darin zu dem Verhandlungs-Thema: „Die Ent— 
auf dem der Forſtwiſſenſchaft wenig beheimatet, was wickelung des Kahlſchlagbetriebs in 
ihn jedoch nicht hindert unter anderem Folgendes | Sachſen im 19. Jahrhundert. Welches 
mit apodiktiſcher Sicherheit zu behaupten. Die ge. Ergebnis hat dieſer Betrieb gehabt 
tinge Bezahlung der guten Bauholzſorten habe die und welche Schlüſſe laſſer ſich daraus 
Jorſtwirtſchaft im vorigen Jahrhundert verführt, einen | für die Zukunft ziehen?“ Stellung genom: 
Wirtſchaftsbetrieb einzuführen, der die Erträge Hteigert men. Der Kriegsausbruch hat dieſe Tagung vereitelt 
und die Güte des Bauholzes verſchlechtert. Verf. meint | und Prof. Borgmann hat daher feine Gedanken zu 
damit die Einführung der Kahlſchlagwirtſchaft mit dem genannten Thema in der „Silva“ mit zahlreichen 
darauffolgender weitſtändiger Kultur. Zunächſt ſind wohlgelungenen Abbildungen aus den Verſuchsflächen 
für die Entwickelung unferer Forſtwirtſchaft im vorigen der Tharandter forſtlichen Verſuchsanſtalt zuſammen— 
Jahrhundert ganz andere, weit höhere Geſichtspunkte gefaßt, eine Abhandlung, die gleichzeitig als anregen— 
maßgebend geweſen als der Verf. ſich träumen läßt. der Führer durch Sächſiſche Beſtandsbilder dient. Jetzt 
Entwickelung des Verkehrsweſens und der Induſtrie). 


i i ift die Arbeit auch als Sonderabdrud im Buchhandel 
Rindeftens eben fo wichtig, wie die Beſtandesbegrün⸗ erſchienen. 


dung für die Qualität des Holzes ift der ſtandorts⸗ Schon ein Blick auf die Abbildungen wird man— 
gemäße Anbau und die Beſtandserziehung. Wie: | chen Forſtmann dadurch in Erſtaunen ſetzen, daß der 
Diele erſttlaſſige Beſtände im natürlichen Verbreitungs⸗ gemiſchte Wald heute noch in fo mannigfacher Art, 
gebiet der Fichte und der Kiefer find aus der Kahl: freilich nur in kleinen Beſtänden, in Sachſen zu finden 
dlagform ſeither hervorgegangen? Bedarf der deutſche | ft. Verbinden doch viele mit der ſächſiſchen Forſtwirt— 
Narkt nur Qualitätsbauhölzer? ſcſhaft die Vorſtellung einer alleinherrſchenden, finanziell 

an fteht der lapidare Satz: Man pflegt die | tadellos berechneten Fichtenkahlſchlagwirtſchaft, der alles 

9 


— —— — a us a — is ae 


66 


andere, was nicht in dieſe Schablone hineinpaßt, zum 
Opfer gefallen iſt. 

An vielen Orten iſt in Sachſen der reine Nadel⸗ 
wald anſtelle gemiſchter Beſtände oder des Laubwaldes 
getreten; da wo die Kiefer den Laubwald als erſte 
Nadelholzgeneration verdrängt hat, beſteht trotz der 
guten Wuchsverhältniſſe der Kiefer vielfach die Ten⸗ 
denz, der Kieferngeneration den Fichtenkahlſchlagbe⸗ 
trieb folgen zu laſſen, ſodaß der Fichtenkahlſchlagbe⸗ 
trieb weit über die Grenzen hinaus dominiert, inner⸗ 
halb deren er ſeine optimale Entfaltung, ſeine un⸗ 
leugbare Ueberlegenheit, gezeigt hat. Ueber dieſen 
Grenzen birgt dieſer Betrieb wie jede Anwendung einer 
waldbaulichen Technik, über die Grenzen hinaus, wo 
nicht alle Bedingungen zu ihrer vollkommenen Ent- 
faltung gegeben ſind, eine ſtändige Gefahr für die 
Nachhaltigkeit der Erträge. Darum kann man auch 
nicht' über den F.⸗Kahlſchlagbetrieb einfach den Stab 
brechen und aus Mißerfolgen an Standorten heraus, 
wo für eine wuchskräftige Entfaltung der Fichte die 
Bedingungen nicht mehr gegeben ſind, den Kahlſchlag⸗ 
betrieb überhaupt erledigen. 

In nicht zu großen Flächen in den rauhen, luft⸗ 
feuchten Lagen und auf friſchen Böden des Erzgebirgs 
hat dieſer Betrieb, wie auch in anderen Gebieten, in 
denen die Fichte ihre optimale Entfaltung erreicht, — 
in dem kühlſten Waldgürtel der Erde — ausgezeich⸗ 
nete Erfolge erzielt. Man hat in der Zeit der all⸗ 
gemeinen „Verfichtung“ dieſe Holzart in der ihr im 
Wirtſchaftswald am meiſten zukommenden Beſtandes⸗ 
form weit über das Gebiet hinausgetragen, in dem 
der reine Fichtenhochwald eine nachhaltig günſtige Ent⸗ 
faltung zeigt. ' 

Borgmann weißt mit Nachdruck daraufhin, daß 
faſt jede Forſtverwaltung Schmerzenskinder aufzuweiſen 
hat. Solche wenig erfreulichen Erſcheinungen gibt es 
nicht nur beim Kahlſchlagbetrieb, auch die natürliche 
Verjüngung bei der Nachzucht gemiſchter Beſtände voll⸗ 
zieht ſich nicht überall ſicher ohne Fehlſchlag. 

„Man iſt nur zu oft geneigt, Fehlſchläge im Wirt⸗ 
ſchaftserfolg einſeitig betonten öbkonomiſchen Zielen, 
einer ſtarren Schablone der Forſteinrich⸗ 
tung zuzuſchreiben, welche den Waldbau in Feſſeln 
ſchlaͤgt. Häufig mit Recht“. Nicht immer. Oft iſt 
eben unſere noch unzureichende Kenntnis bezw. Be— 
achtung der Standortsbedingungen und Lehren des 
Waldbaus dafür verantwortlich zu machen. Verf. be- 
tont, daß oft den zu niebrigen Umtrieben die Schuld 
ſür waldbauliche Mißerfolge zugeſchrieben wird ohne 
daß man die Augen öffnet und ſieht, daß zu hohe 
Umtriebe meiſt ein weitaus größeres Hemmnis für 
eine erfolgreiche naturgemäße Verjüngung in ſich 


ſchließen. 


Faſt allgemein iſt die Behauptung zu hören, daß 
der ausgedehnte Anbau der Fichte ein Ergebnis der 
Bodenreinertragslehre ſei. Demgegenüber muß man 
darauf hinweiſen, daß die Waldreinerträge der 
Fichte ihre Ueberlegenheit ſchon zur Genüge beweilen. 
In der Periode der „Fichtenmanie“ waren es in der 
Praxis vorwiegend „Waldreinerträgler“, die den Fichten. 
anbau in waldbaulich heute ungerechtfertigter Weil: 
übertrieben haben. 


Heute find die Lehren der Bodenreinertragslehre 
überall im deutſchen Walde zum Durchbruch gelangt, 
und gleichzeitig erſchallt von faſt allen Seiten der Ruf 
zur Rückkehr zu gemiſchten, die Bodenkraft erhaltenden 
Beſtandsformen. Die Bodenreinertragslehre läßt allen 
Holzarten gleiches Recht widerfahren, auch ſie betont 
die Nachhaltigkeit der Erträge und damit die Pflege 
des Standorts und der Holzart durch ſtandortsgemäße 
Beſtände. 

Auch in Sachſen begannen die Beſtrebungen zur 
Rückgewinnung und Erhaltung einer naturgemäßen 
Beſtockung, insbeſondere der Laubholzmiſchung lebendig 
zu werden. 

Die Forſtwirtſchaft ift nicht berechtigt, überkommene 
Holzarten, inſonderheit die ſtandortsgemäßen Formen 
des gemiſchten Waldes zugunſten der einen oder an 
deren heute beſonders rentabeln Holzart verſchwinden 
zu laſſen. Freilich binden den forſtl. Betrieb durch 
die Länge feiner Produktionszeiträume getroffene Ma: 
nahmen auf längere Zeit und die Umwandlung der 
Beſtände in naturgemäßere kann ſich nur allmählic 
vollziehen. „Aber er wird fic) vollziehen“ ſchliezt 


Borgmann, darauf hin deuten die heute mehr und 
mehr erkannten Ergebniſſe des ſeither eingehaltenen 


Syſtems. Eine Fülle von Anregungen und Aus 
blicken hat Borgmann in dieſer Skizze, wie Verfaſſer 
dieſe Arbeit bezeichnet, gegeben; mögen viele deulſche 
Forſtleute bald nach Beendigung des Krieges unter 
Prof. Borgmanns Führung in anregender Diskuſfion 
durch Sachſens Wälder wandern. 

Den Schluß der Bilderreihe bildet in pietätvollet 
Weiſe Heinrich Cottas Eichen bepflanztes Grab 
bei Tharandt. Dr. Wimmer. 


Notwendigkeit und Nutzen des Vogelſchutze⸗ 
im Qand- und Gartenbau. Von Friedri 
Schwahl in Seebach, Kreis Langenſalza. 

In einem unter dieſer Ueberſicht erſchienenen, von 
dem an der Verſuchs- und Muſterſtation für Vogel 
ſchutz in Seebach tätigen Ornithologen Fr. Schwahl 
verfaßten Flugblatt, welches von dem preußiſchen Land: 
wirtſchaftsminiſterium durch Erlaß vom 3. XI. 5 
allen Oberförſtereien überwieſen worden iſt, wird git 


i 
i 


— — 


67 


nächſt darauf hingewieſen, daß die allmählich üblich 


gewordenen Formen unſeres Pflanzenbaues in ſich 
ſelbſt die Notwendigkeit bergen, gewiſſe Tierarten, be⸗ 
ſonders Vögel, zu ſchützen, denn ihre Grundlage, die 
Anzucht artreiner Beſtände, ändere die Lebensbe⸗ 
dingungen der Tiere, denen das Wohnen auf und 
zwiſchen einförmigen Pflanzenſiedelungen nur aus: 
nahmsweiſe möglich ſei, im Gegenſatz zu gewiſſen 
„Schädlingen“, die hier nicht allein geeignete Nahrung, 
ſondern auch Schutz in allen Entwickelungsſtufen fän⸗ 
den. Daraus erkläre ſich der ſcheinbare Widerſpruch, 
daß die ungewollte Begünſtigung der Pflanzenfeinde 
nicht auch zugleich die Vermehrung der von ihnen 
lebenden Helfer zur Folge habe. 
nis werde freilich mit der rückſichtsloſen Ausdehnung 
der Anbauflächen erſt dort zur dringenden Gefahr, 


! 


i 


lich aufzuklären fein. Dies fet aber für die Ausübung 
eines unmittelbar und mittelbar wirkſamen Bogel: 


ſchutzes auch gar nicht erforderlich. Es wäre verfehlt, 


bei beſtimmten Zweigen des Pflanzenbaus auch nach 


beſtimmten Vogelſchutzeinrichtungen zu ſuchen, zumal 


Dieſes Mißverhält⸗ | 


| 
| 


wir jeden unſerer gefiederten Helfer nur durch lücken⸗ 
loſe Erfüllung der Geſamtheit der Lebensbedingungen 
halten könnten, die immer dieſelben, feſtgeregelten jeien. 
Die Verhütung der Ueberhandnahme der Schädlinge, 
um die es fid) bei der Bekämpfung durch Vögel ledig: 
lich handeln könne, ſei bis jetzt nur an den Orten feſt⸗ 
zuſtellen geweſen, wo alle Vögel bis auf die wenigen 
allgemein oder örtlich ſchädlichen geſchützt oder gehegt 
worden ſeien. 

Für die Höhlenbrüter ſeien die v. Berlep'ſchen Niſt⸗ 
höhlen anzubringen. Die Halbhöhlenbrüter liebten 


wo jeder Unter⸗ oder Zwiſchenbau, jede anders ge⸗ keine engen Flugöffnungen, ſie nähmen mit Rüſt⸗ 
atete Bodennutzung, beſonders aber jeder Wildwuchs löchern oder Tragbrettchen, die unter Simſen und 


ausgeſchloſſen oder beſeitigt werde. Dieſem traurigen 
Zuſtande, den z. B. unſere beiten Weinbaugebiete, 
die Ruͤbenwüſten, die waldverdrängenden Fichtenein⸗ 
öden uſw. ſchon längſt zeigten, würden noch weitere 
große Flächen entgegengeführt werden, wenn die in 
Angriff genommenen Oedflächen reft- und lückenlos 
dem Pfluge anheimfielen. 

Die künſtliche Bekämpfung der Nagez, Kerb: und 
Weichtierplagen genüge allctn nicht, fie müſſe durch 
natürliche Helfer unterſtützt werden, in erſter Linie 
durch die Vögel. Zunächſt müßten ihnen geeignete 
Niſtſtellen geſchaffen werden, weil dieſe durch die herr⸗ 
ſchend gewordene Bodennutzung zerſtört würden. Hier⸗ 
bei müſſe man ſtreng den im Urzuſtande gefundenen 
Vorbildern folgen; hieraus ergebe ſich die Einteilung 
der Vögel in Höhlenbrüter, Halbhöhlenbrüter und 
Freibrüter. 

Die verſchiedenen Zweige des Land: und Garten⸗ 
baus ſtellten ſehr häufig die Frage, welche Vogelarten 
gegen die Schädlinge, mit denen eine Gegend gerade 
zu kämpfen habe, wirkſam ſeien, und durch welche aus⸗ 
geſuchten Einrichtungen nur dieſe Arten herangezogen, 
vermehrt und feſtgehalten werden könnten. Die Be⸗ 
antwortung ſolcher Fragen ſei nicht möglich. Bis auf 
Ausnahmefälle, in denen gewiſſe Vogelarten als er⸗ 
folgreiche Vertilger bereits vorhandener und verheeren⸗ 
der Schädlingsmaſſen aufgetreten ſeien, wüßten wir 
im einzelnen gar nicht, einen wie großen Anteil am 
eigenllichen Nutzen wir einer oder der anderen Art 
anrechnen dürften. Denn, was für uns wirklichen 
Wert habe, dad fei die vorbeugende Verhütung der 
ungeſunden Vermehrung ſchaͤdlicher Kleintiere; mit 
anderen Worten, die Erhaltung des Gleichgewichts 
zwiſchen Tier⸗ und Pflanzenwelt. Wieviel hierzu die 
verſchiedenen Vogelarten beitrügen, das werde ſchwer⸗ 


t 
| 


| 


brüter in Betracht. 


Dachvorſprüngen anzubringen ſeien, gern fürlieb. Den 
Schwalben könne man nur durch zweckmäßige Ge: 
ſtaltung der Dachſimſe und durch ſtändiges Erhalten 
von Schlemmſtellen zur Entnahme von Bauftoff, bel: 
ſen. Viel ſchwieriger ſei die Hilfe bei den ſog. Frei⸗ 
brütern. Soweit dieſe Sümpfe und Moore, Geſtade 
und Inſeln oder Oedflächen bewohnten, bleibe nichts 
anderes übrig, als dieſe Gebiete ſoviel wie irgend 
möglich zu ſchonen und unverändert zu erhalten. 
Hier dürfe es nicht gehen wie bei den Flurverkoppe⸗ 
lungen. 

Für die Maßnahmen, mit denen das Kulturge— 
lände zu durchſetzen fei, kämen beſonders die Strand): 
Der wild wuchernde Buſch, das 
gleichmäßig aufſtrebende Geſtrüpp werde irrtümlich als 
die beſte Heimſtätte unſerer Sänger angeſehen. Sie 
könnten es freilich da fein, wo noch Kraͤfte walteten, 
die den Kreis bodenſtändiger Lebensgemeinſchaft ſchlöſſen. 
Gemeint fei z. B. der Wildverbiß, der Einbruch ab: 
geſtorbener Baumäſte in das Unterholz und andere 
Hemmungen des Wachstums, welche Krüppelwüchſe 
verurſachten, die bevorzugten Bauſtellen der Strauch— 
brüter ſeien. Da nun aber ſolches Zuſammenwirken 
in den eintönig erzogenen Pflanzenbeſtänden unter⸗ 
bleibe, müßte dies künſtlich durch Beſchneiden der Holz- 
pflanzen, welche Neſter tragen ſollten, erſetzt werden. 
Dazu könne leider nicht jede Baum- oder Strauchart 
verwendet werden, erfahrungsgemäß ſogar nur eine 
beſchränkte Anzahl. An erſter Stelle ſei hier der Weiß— 
dorn zu nennen, dann die Weißbuche, Ulme, wilder 
Apfel und Birne, Liguſter, die Eiche als Stockaus— 
ſchlag, im Schatten auch die Roßkaſtanie. Wenn dieſe 
Laubhölzer auszutreiben begännen, feien die frühbritten: 
den Kleinvogelarten ſchon mit dem Neſtbau beſchäftigt. 
Für die Erſtbruten ſeien deshalb immergrüne Gehölze 

9 * 


68 


erforderlich, vor allem die durch Schnitt kurz gehaltene Futterſtellen müßten von oben und allen Seiten k: 


Fichte. Einige Laubhölzer wüchfen von ſelbſt kurz⸗ 
triebig und dicht, wie z. B die Stachelbeerarten. Dieſe 
ſeien daher nicht zu beſchneiden. Wichtig ſei die Er⸗ 
haltung und Behandlung lebender Einfriedigungen 
durch richtiges und rechtzeitiges Beſchneiden. Senk⸗ 
rechte Seitenflächen und Sommerſchnitt feien nad: 
teilig für die Hecken und die Vogelbrüter. Einzeilig 
gepflanzte, nach oben verjüngte und im Winter ge⸗ 
ſchnittene lebende Zäune erfüllten ihren Zweck allſeitig. 

Ein großer Teil der im Sommer aufgekommenen 
Vögel gehe im Winter wieder zugrunde, die ziehenden 
durch die Gefahren der Wanderung, die hier bleiben⸗ 
den durch die Not des Winters. Darin komme eine 
naturgewollte Ausleſe zur Geltung, worauf ja ſchon 


| 


zur wagerechten Höhe herab überdacht fein. Da 


Vogel finde den einmal kennen gelernten Anflug ver 


der allein offenen unteren Seite ohne Schwierigkeit 
wieder. 


Nicht alle Vogelarten litten durch die modern 
Wirtſchaft, einigen würden fogar die Lebensbedingunge 
verbeſſert. Ungewollt würden gewiſſe Arten durch dir 
ſelben Vorgänge, durch die andere ungewollt vermehrt 
würden, vermindert, je nachdem ihnen die Anpaſſungs 
fähigkeit an unſere Kultur fehle oder eigen fei. E! 
entſtünden den Arten, die wir ſchützen wollten, Feinde 
durch das Ueberhandnehmen anderer Arten. Der Lan 
ſtelle fic) darunter meiſt die Raubvögel vor, währen! 


doch gerade dieſe der fortſchreitenden Kultur unter 


die erhebliche Vermehrungsfaͤhigkeit namentlich der 
Die ſchädlichen Arten, welche alle noch belafe 


kleinen Standvogelarten (Meiſen) ſchließen ließe. So 
könne es ſcheinen, als wäre ein Füttern der Vögel im 
Winter nicht erforderlich. Man müſſe aber bedenken, 
daß dies nur zutreffe, wenn alle natürlichen Nahrungs: 
quellen vorhanden wären, an die der Vogel im Ur⸗ 
zuſtande angepaßt ſei. 
Die Wildobſtarten des deutſchen Waldes ſeien ver⸗ 
ſchwunden; hohle, kranke Bäume, dichtes Unterholz, un⸗ 
durchdringliche Dickungen dulde die Durchforſtung erſt 
neuerdings wieder; an Stelle des urwüchſigen Waldes 
ſeien Baumäcker getreten. Der weſentlichſte Unterſchied 
des früheren Zuſtandes gegen den heutigen beſtehe aber 
in dem unerſchöpflichen Unterſchlupf und Nahrungs: 
quell für jedwedes Getier bei jeder Witterung damals 
und im Verſchwinden dieſer Vorräte und dem unge⸗ 


art ſolle ausgerottet werden. 
Dies ſei aber nicht der Fall: 


lager’ und heute ſchon zu den Seltenheiten gehörten. 


Lebens möglichkeiten für fih in Anſpruch nahmen m 
bei ungehemmter Vermehrung die Schwächeren unter: 
drücken würden, feien einzuſchränken, denn keine Ler: 
Dahin gehörten die 
drei Krähenarten (Häher, Elſter, Dohle), ferner bi 
Spatzen und in den Städten Mittel- und Weftdeutid; 
lands die Amſel. Nicht wenige Vogelarten unterläge 
freilich nur menſchlichem Vorurteil. Weil man ihn 


Lebensäußerungen nicht verſtehe, betrachte man fr olf 


ſchädlich. In ihrer Anpaſſungsfähigkeit an die Kulm 


welt wetteiferten zwei ſchlimme Vogelfeinde unter den 
Säugetieren mit dem Sperling: die wildernde Hans 


hemmten Einfluß der Niederſchläge auf alle noch vor⸗ 
handenen Nahrungsquellen der Vögel jetzt. Wir müßten 


daher füttern und zwar wetterſicher. Die Kleinvögel 
könnten nicht lange ohne Nahrung aushalten, auch 
nähmen ſie nicht jede an beliebigem Orte zur Stunde 


der Not gereichte Futtergabe an. Es müſſe eine An: . 


gewöhnung an die Futterſtellen ſtattfinden. 


Solche 


Antmen o e 


Briefe 


Aus dem Großherzogtum Heſſen. 
Die Befteuerung den Waldungen. 


Mit mir werden viele Leſer dieſer Zeitſchrift mit 
Intereſſe den Ausführungen der Herrn Kollegen Ur: | 
Nachhaltbetriebe einen gewiſſen Jahresertrag abwirft, 


| : i a lep’ 
dieſer Steuerfrage ebenfalls die Feder ergreife, fo ge: halte ich es nach wie vor für irrig und fehlerhaft, den 13 


ftadt und Wimmenauer gefolgt fein !). Wenn ich zu 


ſchieht es einmal, um das amtlich vorgeſchriebene Ber: 
anlagungsverfahren zu verteidigen, und ſodann um 


5 Jahrgang 1915 Juli-Auguſt und Oktober⸗November⸗ 
Heft. 


! 


| 


t 
1 


katze und die Wanderratte; im Bereich der Städte ud 


Dörfer litten die Bruten der Vögel außerdem ehe — 


lich unter dem Stöbern der Hunde. 

Auch gegen das Heine einheimiſche Raubwild (Is, 
Hermelin, Wieſel) müffe dann und wann eingeſchritten 
werden, auch dürfe man das Eichhorn nicht zu zahl 
reich werden laſſen. Immer aber müſſe vorher ge 
prüft werden, ob diefe Tiere mehr als zuträglich Wr 
treten ſeien. B. 


einzelne Mitteilungen der genannten Kollegen zu er 
gänzen ). 


) Wenn ein größerer, z B. ſtandesherrlicher Wald, im 


teren auf ein kleines Bauernwäldchen zu übertragen, * 
wenn Bodengüte und Holzart die gleichen ſind. Denn 5 
auch nur annähernd gleichbleibender Jahresertrag ift = 
eben einfach unmöglich. Das richtige Verfahren vores 
m. E. nur darin beftehen, zuerſt Boden⸗ und Veſtande 


— . —.— — — D EEE ER 


— 


lrſtadt bezeichnet es als eine Lücke, daß keine aus: 
ichen Vorſchriſten für die Ermittelung des Ein: 
mens aus Waldungen gegeben ſeien. Ich be⸗ 
e es im Gegenteil, daß hier keine ſchablonenmäßige 
ſchrift beſteht, da die Einkommen aus den zahl: 
en. zum Teil ſehr kleinen Privatwaldungen von 
t örtlichen Nommiſſion eingeſchätzt werden, die mit 
Schablone nicht viel anzufangen wüßte. Be⸗ 
t man, daß Einkommen unter 500 M. ſteuerfrei 
daß die Steuerklaſſen auch etwas willkürlich ge- 
lt find und ſich ſprungweiſe nach oben bewegen, 
z. B. bei einem Einkommen von 2299 Mk. die 
ser 33½ M., bei einem ſolchen von 2300 2600 
il.) 39 M. beträgt, jo wird man es verſtehen, 
eine verfeinerte Berechnung des Einkommens hier 
t am Platze wäre. Nehmen wir beiſpielsweiſe an, 
wahrſcheinliche (von der örtlichen Kommiſſion) ge⸗ 
gre ducchſchnittliche jährliche Reinertrag aus einem 
a großen Riefernwalde fei zu 60 M. angenommen, 
hrend der (3. B. nach Wimmenauers Vorſchlag) ge: 
u berechnete nur 45 M. betrüge, fo kann, muß aber 
it hiermit eine Verſchiebung in der Steuerklaſſe ver: 
den fein. Das Letzte findet theoretiſch nur an 
Grenzen der Stenerflaffen ſtatt. Da aber Art. 48 
Geſetzes über die Einkommenſteuer vorſchreibt, daß 
ere die Leiſtungsfähigkeit des Steuerpflichtigen be- 
rende Umſtände dergeſtalt berückſichtigt werden 


69 


unter Borfig und Leitung des Finanzamts ſicherlich 
Rechnung tragen, ſo daß Härten vermieden werden. 
Iſt aber diefe Behörde einmal im Zweifel, fo kann 
ſie die Anſicht der Oberförſterei hören, die alsdann 
nach wiſſenſchaftlichen Grundſätzen (vgl. Weber und 
Wimmenauer im F. C. Bl. Heft 11 von 1901 u. a. m.) 
verfahren wird. Bei der ſtaatlichen Vermögensſteuer 
(Geſetz vom 12. 8. 1899) haben ſich kaum Schwierig⸗ 
keiten ergeben, nachdem Wimmenauer zweckmäßige Vor⸗ 
ſchlaͤge zur Ermittelung des Waldvermögens gemacht 
hatte. Werden bei den nicht im Nachhaltbetrieb be⸗ 
wirtſchafteten Waldungen, bei den Privatwaldparzellen 
2. Klaſſe, ſog. Mittelwerte zur Feſtſtellung des Wald⸗ 
vermögens verwendet, wie dies amtlich vorgeſchrieben 
iſt, und hierbei der Durchſchnittszuwachs mit dem für 
die betr. Holzart und das Holzalter bei Berück⸗ 
ſichtigung des Beſtockungsgrads und ſonſtiger Ver⸗ 
bältnifje zutreffenden Preiſe vervielfältigt, fo kann mit 
geringſtem Aufwand an Koſten annähernd das Rich⸗ 
tige getroffen werden. In Zweifelsfällen fteht nichts 
im Wege ein genaueres Verfahren anzuwenden. Jeden⸗ 
falls ſtimme ich aber Urſtadt darin bei, daß nach nicht 
allzulanger Zeit eine Neu Veranlagung des Waldver⸗ 
vermögens ſtattfinden ſollte. Den Veränderungen des 
Waldvermögens und etwaigen unrichtigen Einſchätz⸗ 
ungen wird hierdurch am leichteſten Rechnung getragen. 
Auch hier iſt darauf hinzuweiſen, daß bei im Nachhalt⸗ 


en, daß die betr. Perſonen in der Regel zu der betrieb bewirtſchafteten Waldungen, deren Steuerwert 
m wirklichem Einkommen entipredenden Klaſſe eine | nach Wimmenauers Vorſchlag f. Z. ermittelt wurde, 


igen find, fo werden fo geringe Unterſchiede, wie 
ſich nach der mehr oder weniger genauen Berech⸗ 
ng oder Schätzung ergeben, für die Zuteilung des 
keuerpflichtigen zu einer beſtimmten Steuerklaſſe gar 
cht von Belang ſein. Demgegenüber wären aber die 
kranlagungskoſten durch Forſttechniker Angefichts der 
Meingeit der Privatwaldparzellen unverhältnismäßig 
od. Fällt aber das Einkommen aus dem Walde 
B Lewicht und haben wir es mit Einkommen von 
600 und mehr Mark (I. Abteilung) zu tun, dann 
Ande Steuererklärung durch den Waldbeſitzer ſelbſt 
Ratt, der im Zweifelsfalle ſich den Rat des zuftän- 
den Oberförſters erholen kann. Je größer dann der 
Waldbeſtz ift, um fo eher wird fih ein durchſchnitt⸗ 
lider Reinertrag berechnen laffen. Soviel mir be: 
bunt, find übrigens ſeit Einführung des neuen Ein⸗ 
loummenſteuergeſetzes Berufungen gegen die Veran⸗ 
laguniger nicht vorgekommen, vielleicht ſchon allein aus 
dem Grunde nicht, weil diefe Beſteuerung hinter der: 
mgm nach der alten Grundſteuer zurückbleibt. Den 
lutſächlichen Verhältniſſen wird die örtliche Kommiſſion 


wer abzuſchägen und dann als „Einkommen“ einen ge⸗ 
ofen Proyentfag des letzteren, vielleicht 8 bis 5%, angus 
4 fejen. Wimmenauer. 


weſentliche Veränderungen ſich unter ſonſt gleichen Um: 
ſtänden nicht ergeben werden, wohl aber iſt dies bei 
den zahlreichen kleinen, im ausſetzenden Betrieb ſtehen⸗ 
den Privatwaldungen wahrſcheinlich. Nach dem Haupt⸗ 
voranſchlag von 1916 ſoll für je 1000 M. Vermögen 
ein Satz von 1 M. erhoben werden; eine Aenderung 
des Werts der kleinen Waldparzellen wird aber 
kaum einen Einfluß auf den Steuerſatz des Eigen⸗ 
tümers ausüben. Aus dieſem Grunde iſt auch hier 
das einfachſte und gleichzeitig billigſte Veranlagungs⸗ 
verfahren das Beſte. So richtig unzweifelhaft das von 
Wimmenauer vorgeſchlagene Verfahren ift, jo dürfte 
doch deſſen Anwendung in praxi bei den Tauſenden 
von kleinen, oft ganz unvollkommen beſtockten Privat⸗ 
parzellen nicht ſo einfach ſein, daß jeder Forſtwart 
dieſe Arbeit vollziehen könnte. Ein Mehr oder Weniger 
an Wert ſpielt außerdem bei der Beſteuerung keine 
Rolle. (Vermögen unter 3000 Mk. ſind ſo wie ſo 
ſteuerfrei.) Hiermit will ich durchaus nicht ſagen, 
daß ſich nicht allmählich das richtigere Verfahren Ein⸗ 
gang verſchaffen könnte. Für unſere jüngeren Kol⸗ 
legen wäre es ja gewiß eine lehrreiche Tätigkeit, hier⸗ 
nach die Vermögenswerte, die gleichzeitig die befte 
Grundlage für die Berechnung des Wald⸗Einkommens 


abgäben, zu ermitteln — aber koſtſpielig würde eine 


70 


keits⸗Durchſchnittszuwachſes zu begutachten. Daß `: 


derartige Veranlagung, auch wenn ſie nur alle 10 Jahre im einzelnen Falle, wo doch die vorhandene — at 


vorgenommen werden ſollte, doch werden. 

Den Vorſchlägen von Urſtadt (S. 185) über die 
Beſteuerung nach dem G. U. G. von 1911 vermag ich 
nach der Abſicht des Geſetzgebers nicht zu folgen. U. 
fällt hier aus dem Rahmen der Grundſteuer heraus. 
Wir müſſen uns aber an die geſetzlichen Vorſchriften 
halten. Wollte man Härten vermeiden, ſo müßte man 
unbeſtockte oder nicht normal beſtockte Grundftüde einige 
Jahre (bis zur Herſtellung des normalen Zuwachſes) 
ſteuerfrei laſſen; allerdings fällt dann der Anreiz zum 
alsbaldigen ordnungsmäßigen Wiederanbau des Wald⸗ 
grundſtücks weg. § 3 der Dienſtanweiſung ſagt: „Die 
Grundſteuer wird als Objektſteuer vom Grundbefig 
und von den dieſem gleichzuachtenden Rechten erhoben 
. . . § 11 „Im Gegenſatz zu den landwirtſchaftlich 
benutzten Grundſtücken werden Grundſtücke, die weſent⸗ 
lich der Holzgewinnung dienen und unter Forſtſchutz 
ſtehen (Waldungen), ausnahmslos und ſtets nach dem 
Ertragswert beſteuert .. .. Entſprechend dem real: 
ſteuerartigen Charakter der Grundſteuer wird auch hier 
der objektive Reinertrag zu Grund gelegt, wie er 
bei den gegebenen Standortsverhältniſſen und Holz⸗ 
arten für die übliche Betriebsreihe und Umtriebszeit 
unter Annahme normaler forſtmäßiger Wirtſchaft zu 
erzielen iſt .. .. Bei dem ausſetzenden Betrieb wird 
von der Annahme ausgegangen, daß das Waldſtück 
im jährlichen Betrieb bewirtſchaftet werde ($ 3 der V.) 
Hiernach wird für die genannten Waldungen der nor: 
male Haubarkeits-Durchſchnittszuwachs des Geſamt⸗ 
ertrags (Haubarkeitsertrag und Vorerträge) nach Maß— 
gabe der betreffenden Holzart und unter Zugrund— 
legung der für dieſe Holzart im Nachhaltbetrieb üb⸗ 
lichen Umtriebszeit für 1 ha, und zwar nach dem Er⸗ 
gebnis gleichgelegener Waldungen ermittelt ...“. Map: 
gebend ift grundſätzlich die Ertrag sfähigkeit des 


iy 


| 


vielleicht gar nicht ftandortsgemäße — Holzart i 
daneben gleichzeitig normale forſtmäßige Wirtſchaft t: 
rüͤckſichtigt werden folen, recht ſchwierig fein kann,! 
eine Sache für ſich. Da nun der Vermögenswert na: 
dem Geſetz von 1911 über Gemeindeumlagen a. 
Grund des wirklichen oder des möglichen (ideel: 
Reinertrags durch Vervielfältigen mit 25 gebildet wir 
und c. p. fih gleichbleiben kann für eine lange Rein; 
von Jahren, falls nicht periodiſch eine Neuabſchätzur 
ſtattfindet und hierbei ſich Aenderungen ergeben, 
ift es nur begreiflich, daß der geſetzesfremde Wbt 
fiker ſich wundert, daß die Vermögenswerte für ein: 
0 - 1020 jähr. . .. —80 jähr. Beſtand + Boden fic 
gleich bleiben, während er fih doch nie darüber g 
wundert hat, daß die Grundſteuer — ohne Ridi: 
auf den Holzvorrat unverändert die Jahre hu: 
durch zu zahlen war; dabei ift die neue Grundfieue | 
(nach Gef. v. 1911) inſofern viel gerechter wie the | 
Vorgängerin, als ſie den Veränderungen der gegen 
wärtigen Waldwirtſchaft vollſtändig Rechnung trägt 
Hat doch auch bei uns in Heffen die Waldwirkſchuf 
etwa feit den 60er Jahren des vorigen Jahrhundert 
eine vollkommene Umwälzung erfahren. Während be 
dahin die Aufgabe des Forſtbetriebs darin giplele, | 
möglich viel und möglichſt gutes Brennholz zu er | 
zeugen, trat mit der ungeahnten Ausdehnung des 
Kohlenbergbaus ein vollſtändiger Wechſel ein. 
Früher befanden fih die Erzhütten inmitten große 
Waldgebiete — des Brennholzes wegen —, Stadt und; 
Land waren auf Brennholz angewieſen, damals kla 
die Buchenbrennholzwirtſchaft; daher auch die hohe 
Grundſteuer für Buchenboden. Durch die Ausbeute 
der foſſilen Brennſtoffe, die allein in der Zeit bn 
1860—1880 um das Sechsfache geſtiegen war, trat 
ein vollſtändiger Umſchwung ein. Mit jedem Bab 


Grundſtücks. Es kommt daher für die Beſteuerung gar | bau drang die Stein? und Braunkohle in neue Ab⸗ 


nicht darauf an, ob bei der Veranlagung tatſächlich 
das Grundſtück ſo bewirtſchaftet wird, wie es ord— 
nungsmäßig bewirtſchaftet werden ſollte, ob z. B. der 
Fichtenboden beſtockt oder nicht beſtockt iſt, ob auf ihm 
ein 20⸗ oder 60 jähr. Beſtand ſteht. 

Aus dieſem Grunde ſind mir die Ausführungen 
Urſtadts auf S. 185 nicht verſtändlich. Während bei 
der erſtmaligen Veranlagung für die ſtaatliche Ver— 
mögensſteuer nach dem Geſetz vom 12. VIII. 1899 die 
tatſächlichen Verhältniſſe (Bonität, Holzalter, Be: 
ſtockungsgrad, Preislage uſw.) genau zu ermitteln 
waren, um den Vermögensſtand kennen zu lernen, 
kam es nach dem Gemeindeumlagen-Geſetz vom 8. VII. 
1911 nur darauf an, die Ertrags fähigkeit eines 
Grundſtücks einzufhägen, um den normalen Haubar— 


| 


ſatzgebiete vor und fiegte bier über das Brennholz 

(Jetzt während des Krieges, wo die Kohle ſchwer 1 
beſchaffen ift, bildet fih wieder gegen die feitherst 

Entwickelung ein guter, ja ausgezeichneter Brennholz | 
markt.) Der Steinkohle folgten die Induftrien auf 
dem Fuße, die wiederum den Wald in gerade ent. 
gegengeſetzter Richtung beanſpruchten. Es kam 10 
Nutzholzwirtſchaft auf. Induſtrie, Eiſenbahnen un 
das raſche Anwachſen der Städte verlangten jo d | 
Mengen Nutzholz, daß Deutſchland allein nicht im 
Stande war, die Nachfrage zu decken. Unſere einſt ; 
ertragreichen Buchenbrennholzwälder ſanken um g | 
und die Nadelholzwälder fliegen, dabei beffeben °° 
vom H. der Einfuhr aus Nadelholz. Allein an 7 

holz werden jährlich rd. 2 Millionen Fm. eingeführ 


i 
{ 
i 


— — — — 


on 

Da ift es begreiflich, daß die Steuerwerte für die einzelnen | Jahrbuch 1915 S. 420 uff.). Für 11 große Domanial: 
Jetriebsarten fic) gewaltig änderten und fih geradezu | oberförſtereien (mit gemiſchter Beſtockung) habe ich 1,71 
imkehrten. Da die Bonitierung früher (vgl. Inſtr. 31 bis 3,01, im Mittel 2,12% berechnet. Wenn nun 
[ 1825 u. Ausſchreiben v. 14. II. 1865) nach ähnlichen aus den Reinerträgen der Vermögenswert nach dem 
Grundfagen wie jetzt erfolgte, jo geben die früheren und | Geſetz von 1911 mit 4% feſtgeſtellt wird, fo iſt es 
jetzigen Steuerwerte ein deutliches Bild von dem Um⸗ einleuchtend, daß dann die Werte gegenüber den ſtaat⸗ 
ſchwung der Waldwirtſchaft. Ende der 80er Jahre lichen Vermögensſteuerwerten etwa nur die Hälfte be: 
betrug in Heſſen im Domanialwald das Nutzholz⸗ tragen können (4% gegen 2 %% !). Zu dieſen Ertrags⸗ 
prozent rd. 20 jetzt rd. 40. Der nicht unerhebliche | werten kann natürlich c. p. der Waldeigentümer nicht 
Zugang (= 12 135 ha ſeit 1885) an Gemeinde: und verkaufen. Er wird, und dies ganz mit Recht, bei der 
Domanial⸗Waldfläche kommt der Nadelholzwirtſchaft Kapitaliſierung den ſogen. Waldzinsfuß (von 2— 8 %ů) 
zu gut. Dieſer Flächenzugang und eine intenſive Nutz: anwenden, in deſſen geringer Höhe ſich eben die Vor⸗ 
golzwirtſchaft (auch im Laubwalde) ſowie die Um- | teile des Grundbeſitzes, die künftige Wertserhöhung 
wandlungen des Eichenſchälwaldes in Hochwald er: neben der Annehmlichkeit und Sicherheit des Wald- 
klären die zum Teil auffallenden Abweichungen der beſitzes ausſprechen. Steuerwert und Verkaufswert ſind 
alten von den neuen Steuerwerten. eben zweierlei und werden fih nur in wenigen Fällen 

Wie aus Obigem ſich ergibt, haben wir in Heſſen decken. Walther. 
zweierlei Vermögenswerte, einmal nach dem Geſetz von 
1899 (ſtaatliche Vermögensſteuer) und ſodann nach 
dem Geſetz von 1911 (Gemeindeumlagen). Es iſt nun Aus Bavern. 
intereffant, beide Werte zu vergleichen. Für die ſtaat⸗ Honſtdienſttauglichkeit. 
liche Vermögensſteuer wurden die Werte der großeren Das Kgl. Staatsminiſterium hat im Vollzuge der 
von Forſttechnikern geleiteten Waldwirtſchaften wohl Allerhöchſten Verordnung vom 2. Auguſt 1915 über 
ohne Ausnahme nach Wimmenauers Vorſchlägen er: die Neuordnung des akademiſchen forſtlichen Unterrichts 
mittelt (Boden⸗ und Vorratswerte wurden getrennt kürzlich folgendes beſtimmt: 
| 
| 


berechnet). Ich habe nun für 33 Waldbefiker die | 1. Zur Forſtdienſttauglichkeit wird der Beſitz aller 

Berte zuſammengeſtellt, wobei ſich folgendes ergab. jener körperlichen und geiſtigen Eigenſchaften verlangt, 
Waldfläche: 52 883 ha, Bodenwert 21 232 682 M. die den Bewerber als den Anforderungen des äußeren 

401½ Mk. je ha), Vorratswert 54 094 411 Mk. und inneren Forſtverwaltungsdienſtes vollkommen ge- 

(1023 Mk. je ha), gemeiner Wert 75 327 093 Mk. wachſen erſcheinen laffen. 

114244 Mk. je ha). Für 13 größere Wirtſchaften Zu dieſen Eigenſchaften zählen namentlich: 


tellt fidh das Verzinſungsprozent auf 2,3. Da in den Ein im allgemeinen normaler Körperbau, Geſund— 
neiſten Waldungen konſervativ gewirtſchaftet wird, fo heit der inneren Organe, insbeſondere des 
erſchien der Vorratswert von 1023 Mk. je ha gering. Herzens und der Lunge; 

denn man nicht wüßte, daß es fih zum großen Teile Befaͤhigung zum anhaltenden Gehen bei jeder 
um Laubwaldungen (Buche!) handelte. Für mehrere Witterung auch im bergigen Gelände; 


Domanialoberförſtereien habe ich nach den Betriebs⸗ körperliche Befähigung zum Schreiben, Zeichnen, 
einrichtungen den wirklichen Vorrat an Holzmaſſe je Vermeſſen; 


h ‘ i . . 
a auf 278,12 fm berechnet (den Jahreshiebſas je ha entweder beiderſeits mindeſtens zwei drittel Seh- 


oe = 1 5 1 ſchärfe, wobei Korrektur zuläſſig ift, oder auf 
i 9 | „ 8 3 einem Auge mindeſtens zwei drittel Sehſchärfe 
10 Mk. une, ‚berechnet en Waldwert von ohne oder mit Korrektur und auf dem anderen 
72 Mk., der ſich für Fichtenwald noch um minde⸗ Auge mindeſtens halbe Sehſchärfe, ohne Korrektur; 
tms 500 Mk. erhöht. In der Rhein⸗Main⸗Ebene 


beiderſeits Hörfähigkeit von mindeſtens 3 Meter 
für Flüſterſprache. 


telte fih der bgl. Wert für einen größeren Gemeinde⸗ 
mad auf 2950 Mk. Vergleicht man nun demgegen⸗ 
lber e nad dem Pn ee a Dagegen ſchließen die Forſtdienſttauglichkeit aus: 
Jermögensſteuerwerte, jo müſſen diefe weſentlich ges Otrganiſche Nervenleiden, Fallſucht, Sprachſtörungen, 
ringer ausfallen, da hier dieſer Wert durch Kapitali- ausgedehnter auf die Luftröhre drückender Kropf, Unter: 
ſierung mit vier Prozent ermittelt wird gegenüber leibsbruch oder ausgeſprochene Anlage hierzu, dem Dienſte 
nem Waldzinsfuß von 2 3% Für das Könige hinderliche Schäden der Extremitäten, darunter Platt: 
teich Sachſen ift die Verzinſung des Waldkapitals zu fuß und ausgeſprochene Krampfaderbildungen. 

263% durchſchnittlich für 1913 angegeben. (Vgl. Th. Das Zeugnis über die Forſtdienſttauglichkeit hat 


72 


fih auf eine amtsärztliche, nach erfolgreicher Zurück⸗ des körperlichen Schadens und darüber auszufpr 
legung der forſtlichen Studien vorzunehmende Unter: ob der Schaden auf den Krieg zurückzuführen id 
ſuchung zu ſtützen. und inwieweit der Unterſuchte trotz des Schaden 

2. Kriegsteilnehmer, die bei Kriegsausbruch mine Anforderungen des Forſtdienſtes bei nicht ſchwieri 
deſtens 4 Semeſter auf das forſtliche Studium ver⸗ Berhaltniffen noch zu genügen entſpricht. ! 
wendet hatten, können beim Vorliegen einer Erkrankung die Möglichkeit folder. Dienſtleiſtung bejaht, fe 
oder Verletzung vor Wiederaufnahme ihrer Studien, trotzdem nach Beendigung der Studien die vorgelärk 
jedoch erft nach Ablauf der Erkrankung oder nach Hei: amtsärztliche Unterſuchung ſtattzufinden. Hierbei 
lung der Verletzung eine vorläufige Entſcheidung dar- jedoch jene Schäden, die bereits früher feſtgeſtel 
über herbeiführen, ob dieſer auf den Krieg zurückzu⸗ als nicht hinderlich erachtet wurden, nicht weite 
führende Körperſchaden ihre ſpätere Verwendung im Betracht zu ziehen, es fet denn, daß fie ſich inn 
Staatsforſtbetriebe ausſchließt. Das zu erholende Gut- verſchlimmert haben und nunmehr die Forſtdienſt 
achten des Amtsarztes hat ſich über Art und Umfang lichkeit weſentlich beeinfluffen. 


— — — 


Notizen. 


A. Forſtrat Dr. Georg Noth +. In Roths literariſchen Arbeiten find, wm 
Am 5. Dezember 1915 verftarb zu Laubach in Oberheſſen angedeutet, zwei Perioden zu unterscheiden: die ältere, u 
ein Fachgenoſſe, der in früheren Jahrzenten als hervorragender er ſich hauptſächlich auf forſtmathematiſchem Gebiete W 
Schriftſteller auf forſtwiſſenſchaftlichem Gebiete, insbeſondere hat, und die ſpätere botaniſche. Zum Belege dafür, le 
als wirklich ernft zu nehmender Gegner der fog. Bodenrein. Roth als den originellſten, geiſt⸗ und erfolgreichſten & 
ertragslehre, in fpäterer Zeit durch wertvolle botaniſche Arbeiten der Bodenreinertrags lehre anſehe, möchte ich an zwei T 
ſich einen geachteten Namen erworben hat. lungen von ihm erinnern, von denen die erſte mn 
Georg Roth it am 23, März 1842 i Titel „Beiträge zur Reth 
in Laubach als Sohn des dortigen ehh) | —— tätsfrage der Waldunzer 
rers, Präzeptors Noth, geboren; er be⸗ in der Monatsſchrift für das Ind 
ſuchte nach der Volksſchule und einer Pri⸗ Jagdweſen 1874 S. 887 ff., di 
vatſchule feines Geburtsortes die „höhere im forſtwiſſenſchaftlichen Cen 
Gewerbeſchule“ in Darmſtadt, deſtand da⸗ 1880 S. 152 erſchienen iſt. J 
ſelbſt 1859 die Maturitätsprũfung und wid» erſteren erhebt er — vgl. and č 
mete ſich alsdann dem Studium der Handbuch der Waldwertberechmmt I | 
Forſtwiſſenſchaft an der Landesuniverſität — gegen die Fauſtmann ſche © 
Gießen. Leiber erlitt dies infolge eines Uns erwartungswert> Formel zunäht 
falls auf der Jagd, der eine langwierige Einwand, daß fie nur mit einen 3 
Krankheit, Hüftgelenkentzündung, zur Folge fub operlere ohne zu beachten, d 
hatte, große Unterbrechungen, ſo daß der Waldwirtſchaft umlaufende a zi 
Roth erſt 1865 die forſtliche und Kapitalien nebeneinander tät | 
1866 die kameraliſtiſche Fakultäts⸗ Wolle man das beriidfidtiger, ve : 
prüfung ablegen konnte. Nachdem im Zähler der Formel die barca ' 
er hierauf die vorgeſchriebenen Bore einnahmen für Zwiſchennutzunſe 
bereitungskurſe und Staatsprüfungen im und ebenſo die Ausgaben für Kult | 
Forſt⸗ und Finanzfach mit Auszeichnung jährliche Koſten mit dem höheren ue; 
abſolviert hatte, fand er, da fein erwähn⸗ fuße außgelichenen Geldtaptielia ” 3 
tes Leiden ihm den praktiſchen Forſtdienſt das Ende des Umtriebs zu prolem 
unmöglich machte, Anſtellung als Kal⸗ dem Abtriebsertrag zuzuzählen 
kulator, ſpäter als Reviſor bei der Großh. erſt die Summe mit dem 9 —9 
Ober⸗Forſt⸗ und Domänen ⸗Dircktion, | | lichen Zinsfuße auf den Anfang bed Ri: 
bezw. der Forſtabteilung des Grofh. ~ n * triebs zu diskontieren. Hier 
Finanzminiſteriums. Gler erwarb er fic) durch die Ausarbei⸗ (ſelbſtverſtändlich!) ein größerer Bodenwert er ielt. 5y 
tung des 1883 erſchienenen „Handbuchs für die Forſt⸗ und Zweifel hat diefe Auffaſſung, wenigfteng auf den erden l 
Kameralverwaltung“ des Landes ein allgemein anerkanntes etwas Beſtechendes für fi; das hat auch zur Folge geet n aip 
Verbienit. Aber ſchon im Jahre 1887 veranlaßte fein Befund: 32 Jahre fpäter Noſſek den gleichen Gedanken wieder 
heitszuſtand die Verſetzung in den Ruheſtand wobei ihm der Titel griffen und weiter ausgeführt hat. Vgl. Oeſterreich © 
„Rechnungsrat“ gegeben wurde, was freilich feinen Wünfchen | jahresfchrift für Forſtweſen 1906 S. 148, Man ui 7 
nicht entſprochen haben wird. Er nahm nun ſeinen Wohnſitz m. E. dagegen einwenden, daß bei Berechnung aller & i PN 
in ſeiner Vaterſtadt Laubach, die er bis zu feinem Tode nicht | tungswerte künftige Geldeinnahmen und zs d 
mehr verließ. Dort wohnte er mit feinen zwei Schweſtern gue | grundfäglih nur auf einen früheren Belly? ol 
ſammen. diskontiert werden und daß die vorkommenden 


— — 


rungen nur Hilfsmittel zur bequemeren Berechnung ſind. Alle 
jene Einnahmen und Aus gaben haben den Charakter umlaufen⸗ 
der Gapitalien; da fie aber als Erträge reſp. Erforderniſſe der 
Bodenwirtſchaft ausgefaßt werden, kommt für fie nur der eben 
dieſer Wirtſchaft eigentümliche Zinsfuß in Anwendung. 

Der zweite a. a. O. von Roth erhobene Einwand gegen 
die Bea Formel betont mit vollem Rechte, daß fie vom „augs 
ſetzenden Betrieb“ ausgehe, der doch in der Forſtwirt⸗ 
ſchaft rur als Ausnahme gelten könne. Die Regel bilde 
der „jährlich nachhaltige Betrieb“, bei welchem die 
normalen Erträge bezogen werden könnten, ſobald der „Normal⸗ 
vorrat“ vorhanden ſei; alſo bei gleichzeitigem Anbau der ganzen 
Waldfläche im Alter des halben Umtriebs. Demnach könne 
hier der Waldrentierungswert 

Wr = Au + Da H... c L uv 
u. O, op 


dem Waldkoſtenwert im Jahre 


— 


2 
a z 
Wk, = (Bt+c)lop* + V(lop? —1)— 
u 
u 
Da. I, op 2 — a) 


gleichgeſetzt werden. woraus ſich für den Bodenwert im Nach⸗ 
haltbetrieb eine neue Formel 


Wr + Da. I, op 2 2) VI op? —1) 

Bene nen — e 

lop 2 

ergebe. Hiergegen läßt fih wohl einwenden, daß im halben 
Umtriebsalter vielleicht ſchon der normale Holzertrag, ſicher 
aber nicht der normale Geldertrag bezogen werden kann; daß 
in dem angenommenen Falle ein Teil der Holzbeſtände in zu 
niedrigem, ein anderer Teil in zu hohem Abtriebsalter genutzt 
wird, was immer mit Verluſten verknüpft iſt; daß alſo, wenn 
u die finanzielle Umtriebszeit bedeutet, die richtig berechneten 
Bodenwerte nicht, wie Roth meint, höher, ſondern niedriger 
ausfallen müflen als ber Ben. 

Auch dieſer Gedanke Roths iſt ſpäter und zwar von Baur 
in ſeiner Waldwertberechnung S. 192 reproduziert worden. 
Nur it dabei dem letzteren das Unglück pafftert, die Roth'ſche 
Formel falſch abgnfdreiben; er verwechſelt den Waldkoſtenwert 
im Jahre u / 2 mit dem gleichzeitigen Koſtenwerte des Beſtandes. 
Außerdem leidet das Baur ſche Zahlenbeiſpiel S. 193 an 
mehreren Fehlern in Anſatz und Ausrechnung. So ſind alſo 
Roths immerhin ſinnreiche Gedanken von feinen Nachfahren mit 
mehr oder weniger Glück und Geſchick ausgebeutet worden. 


Der ſpätere Aufſatz „Die Reinertragstheorie, inse 
beſondere die Unterſchiede zwiſchen Boden⸗ und 
Waldreinertragstheorie“ im forſtwiſſenſchafl. Central⸗ 
blatt 1880 S. 153 bringt den Beweis, daß der Walderwartungs⸗ 
wert im Nachhaltbetrieb, ausgehend von den Erwartungswerten 
der einzelnen Schläge, dem Rentierungswert 

Au + Da 4... . c uy 

Au a a = 
gleich ift, alfo mit bem Umtriebsalter des größten durchſchnitt⸗ 
lichen Gelbertrags fein Maximum erreicht. Das lift ohne Zweifel 
ganz richtig; aber für die praktiſche Anwendung iſt der 
geführte Beweis doch nicht maßgebend. Denn man hat es in 
Wirklichkeit nicht mit mehreren Normalwäldern von verſchiedenem 
u zu tum, unter benen die Auswahl zu treffen ware, ſondern 
immer nur mit sinem Walde von beſtimmter Zuſammen⸗ 
ſetzung, die höchſtens für eine Umtriebszeit normal fein kann 
und für alle anderen abnorm iſt. In dieſem Falle aber be⸗ 

1916 


73 © 


zeichnet, wenn die einzelnen Schläge normal beftanden find, 
doch immer wieder der größte Bodenerwartungswert den vor⸗ 
teilhafteſten Umtrieb und das Maximum des Vorwertes künf⸗ 
tiger Erträge. 

Ueber dieſe und ähnliche Fragen habe ich wiederholt mit 
Herrn Roth mündlich und ſchriſtlich verhandelt; zuletzt noch im 
Sommer 1914 anläßlich meines Aufſatzes „über den Streit um 
die forſtlichen Reinerträge“ im Julihefte d. Bl. Dort S. 222, 
bezw. im Auguſtheft S. 238 iſt auch über eine weitere Aus⸗ 
führung Roths in der 1874 er Monatsſchrift berichtet. Meine 
Aufforderung, etwaige Einwände in der A. F. u. J. Z. zu 
bringen, lehnte er jedoch mit der Begründung ab, daß er die 
Vermittelung der ſtreitenden Richtungen mir überlaſſen wolle. 

Seit ſeiner Verſetzung in den Ruheſtand hat Roth ſich vor⸗ 
wiegend mit Moosſtudien befaßt, als deren erſte Frucht in den 
Jahren 1904 und 1905 das zweibändige Werk „Die Euro⸗ 
päiſchen Laubmooſe“ zu Leipzig erſchien. Dasſelbe ent⸗ 
hält zahlreiche ſehr ſorgfältig und ſchön ausgeführte Zeichnungen 
nod mikroſkopiſchen Präparaten, wurde in den Kreiſen der 
Botaniker als höchſt wertvoll anerkannt und gab Veranlaſſung 
dazu, daß dem Verfaſſer von der Philoſophiſchen Fakultät der 
Univerſttät Gießen auf Antrag der Vertreter des Forſtfachs 
und der Botanik 1907 der Doktortitel honoris causa 
verliehen wurde. Kurz darauf erfolgte auch die Aenderung 
ſeines ſeitherigen Titels „Rechnungsrat“, an deſſen Stelle er 
den Charakter als „GSroßh. Forſtrat“ erhielt. In Forte 
ſetzung ſeiner Arbeiten gab R. dann im Jahre 1911 zu Dresden 
noch den erſten Band eincs zweiten ähnlichen Werkes „Die 
außereuropäiſchen Laubmooſe“ heraus. Ob dem noch 
ein zweiter Band folgen kann, weiß ich nicht; doch habe ich 


R. noch wenige Wochen vor ſeinem Tode daran arbeiten ſehen. 


Die erwähnte akademiſche Ehrung Roths liefert den Be⸗ 
weis, daß die Gießener Vertreter der Forſtwiſſenſchaft auch den 
literariſchen Gegner ſachlich und unparteiiſch zu beurteilen willen. 
Das nämliche folgt, aus der Tatſache, daß Roth zweimal und 
zwar im Jahre 1873 neben Hempel und Lorey, dann 1878 
neben Stötzer, Schwappach und mir für die zweite, damals 
außerordentliche Profeſſur unſeres Faches in Vorſchlag gebracht 
worden iſt. Daß man von ihm wieder abſah, wurde nur durch 
ſeine körperliche Unfähigkeit zur Abhaltung von Uebungen im 
Walde begründet. 

Zum Schluſſe ſoll nicht verſchwiegen werden, daß Roth in 
ſeinen letzten Jahren infolge mancher Enttäuſchungen, die das 
Leben ihm gebracht, einer krankhaften Einbildung verfallen war 
vermöge deren er ſich von gewiſſen Perſonen verfolgt und um 
den Lohn feiner Arbeiten betrogen glaubte. Inwieweit etwas 
derartiges mit Bezug auf das Honorar ſeiner botaniſchen Werke 
begründet geweſen fein mag; entzieht ſich meiner Beurteilung. 
Sein ungeteiltes Vertrauen genoß in dieſer Zeit wohl nur ſein 
gleichaltriger Jugendfreund, Graf Hermann zu Solms: 
Laubach, der bekannte und allgemein hochgeſchätzte Strap: 
burger Botaniker, der ihm um wenige Wochen im Tode voran⸗ 
gegangen iſt und ebenfalls auf dem Laubacher Friedhofe ruht. 

Beim Begräbnis am 8. Dezbr. v. J. habe ich im Auf⸗ 
trage der Philoſophiſchen Fakultät am Grabe ihres hingeſchie⸗ 
denen Ehrendoktors einen Kranz mit kurzer Anſprache nieder⸗ 
gelegt, die ich wie dieſen Nachruf mit den Worten ſchließen 
konnte: 

„Have pia anima!“ 
Wimmenauer. 


B. „Stredung des Weidwerks?“ 
Wir müſſen diefe Frage noch leinmal anſchneiden. Die 
Preisregelung für Wild ift erfolgt, und im Anſchluß 
10 


7 


daran verlangt ein fo bekannter Mann wie Dr. Fritz Skow⸗ 
ronneck in einem vielgeleſenen Berliner Bratt — Streckung 
des Weidwerks! Hören wir zunächſt, wie Skowronneck ar⸗ 
gumentiert !): 

„In Preußen ſollen Verfügungen ergangen ſein, Tiere 
und Kälber abzuſchießen. Wie ſieht es aber mit der Ause 
führung folder Verordnung aus? Erſtens find in den ſtaat⸗ 
lichen Revieren nur noch Grünröcke in höheren Sem. ftern, 
ehrwürdige Graubärte, vorhanden, von denen faſt jeder mehrere 
Reviere zu verwalten und zu beaufſichtigen hat, und ihre — 
auch ſchriftliche — Arbeitslaſt ift fo geſtiegen, daß man ihnen 
wirklich kein Weidwerk zumuten kann. Zweitens wiſſen die 
Grünröcke nur zu gut, daß ihr Forſtmeiſter, der jetzt irgend⸗ 
wo im Felde ſteht oder in einer Garniſon Dienſt tut, den Abs 
ſchuß in ſeiner wohlgepflegten Wildbahn nicht gern ſieht Da 
iſt es doch gut, wenn man keine Zeit hat, eine ſolche unan⸗ 
genehme Pflicht zu erfüllen. Die alten Forſtmeiſter a. D., 
die jetzt als Revlerverwalter tätig find, haben über den Abs 
ſchuß nichts zu beſtimmen. Zur Brunftzeit hatten übrigens 
die Garniſondienſt leiſtenden Forſimeiſter Urlaub, und es 
wurden auch hier und dort einige Geweihte geſchoſſen, deren 
Nahrungsweilt gerade in dieſer Zeit recht problematiſch ift. 
Man muß aber doch jetzt, wo unſere F.eilchvorräte durch zwei 
fleiſchloſe Tage in jeder Woche geſtreckt werden follen, fragen, 
ob es ſo weitergehen ſoll? In Friedenszeiten beträgt der 
Marktwert des erlegten Wildes etwa 40 Millionen Mark. Die 
Gewichtsmenge fol nur etwa ein Prozent des deutſchen Fleich⸗ 
verbrauchs ausmachen. Jetzt würde der Friedensabſchuß er: 
heblich mehr ins Gewicht fallen. Nun ift aber unfer Wilds 
ſtand in dieſem Herbſt erheblich größer als im vorigen Jahre. 
Davon habe ich mich an verſchiedenen Stellen der Mark und 
in Mecklenburg ſelbſt überzeugt. Daß es keine Jäger mehr 
gibt, die von den leicht zu erlangenden Einladungen gern Ge⸗ 
brauch machen würden, iſt nicht richtig. Nein, es haben nur 
viele, die früher gern und oft auf die Jagd gin, en, ihr Ge- 
wehr an den Nagel gehängt, weil ſie die Ausgabe für 
den Jagdſchein ſcheuen. Ein Gutsbeſitzer, dem ich meine 
Zweifel ausſprach, daß der Preis des Jagdoſcheins eine folde 
Wirkung ausüben könne, zählte ſoſort mehrere ältere Herren 
au“, die bisher regelmäßig feine Jagdgäſte geweſen waren, 
jetzt aber keinen neuen Jagdſchein mehr gelöſt hatten. Er wiſſe 
nicht, wie er dies Jahr ſeine Treibjagd, die mindeſtens 400 
Haſen und 200 Karnikel bringen müßte, werde abhalten können. 
Ich meine: die Verhältniſſe haben ſich ſo zugeſpitzt, daß man 
mit aller Dringlichkeit ein energiſches Eingreifen verlangen 
darf und muß: die Herabſetzung des Jagdſcheinpreiſes auf 
eine winzige Anerkennungsgebühr, wenn es durchaus nicht 
anders gehen ſollte. Richtiger wäre es jedoch, jedem, der be⸗ 
reits einen Jagdſchein beſeſſen hat, eine koſtenloſe B ſcheinigung 
zu erteilen, daß er bis zum Kriegsſchluß die Jagd ausüben 
darf.“ 


Dieſe Argumentation Skowronnecks ſcheint zunächſt 
recht zutreffend zu fein, zum wenigſten hat fie etwas Pe- 
ſtechendes an ſich. Und doch kann man ihr nicht rückhaltlos 
zuſtimmen. Zunächſt die Verteuerung des Jagdſcheins: Dieſe 
ſtieg ſeinerzeit von 3 auf 15 und dann auf 22,50 Mk. in 
Preußen; fie war eine gauz heilſame Maßrtegel nicht nur für 
die damalige Zeit, ſondern auch für die jetzige und für immer. 
Wenn jetzt tatſächlich jeder, der nur einigermaßen treffen kann, 


—— D e —— 


) Im „Berliner Tageblatt“ Nr. 489. Der Jagdſchrift⸗ 
ſteller Skowronneck verſteht unter „Streckung des Weidwerks“ 
ein Mehrabſchuß von Wild, als in Friedenszeiten Normal⸗ 
maß iſt. 


zu einer geſuchten Perſönlichkeit geworden ift, fo hieße gerak 
die Herabſetzung des Jagdſcheinpreiſes: Die Jagd dem Rid: 
jägertum, den Schießern ausliefern. Sie opfern zu Gunst 
einer nicht abſolut notwendigen Volksernäherungsmaßnahme 
denn das deutſche Volk hat nach der reichen 1915er Ernte ge 
uug Nahrungsmittel, um auch ohne Verwüſtung der Jagdde⸗ 
ſtände auszukommen. Bei Auslieferung der Jagd an Sir; 
und Kunz durch Herabſetzung oder Abſchaffung der Jagdſchein, 
preiſe würde gerade das eintreten, wogegen namentlich Privit 
dozent Dr. Guenther- Freiburg immer Front machte, wen: 
er für ſolche, die Jagd ausüben wollen, ein Examen darid 
verlangte, ob fie auch fähig find, fie fo auszuüben, wie moz 
es vom Standpunkt nicht nur der Menſchlichkleit, 
fondern auch echter Hege und Pflege des Wildes vn 
langen kann (Treffſicherheit, Kenntnis der Vogelarten, Ver 
nichtung nur der ſchädlichſten Tiere uſw.). Gerade vor 
Standpunkt des Tierkenners und Vogelſchützers aus möcht 
ich bitten und warnen, von einer „Streckung der Jagd” o 
zuſehen. Aus dieſem Grunde kann ich mich auch nicht mit den 
von vielen Seiten gebilligten Vorſch lag befreunden, die Fel? 
grauen in den Geneſungs- und Erholungsheimen zur Seb 
übung der Jagd heranzuziehen. Wenn es mit Cinidrates 
geſchieht, ſchon ja. 

„Noch vor kurzem“ ſchreibt hierzu ein Fachmann, Stun: 
ronned im „Berliner Tagblatt“ „fah ich mit einer Amati 
Vizefeldwebel, Offiz'erſtellbertreter und Feldwebelleutrants ir 
fröhlicher Tafelrunde zuſammen. Sie haben viel freie Zei, 
die fie am Biertiſch — ra, fagen wir mal offen — totichlager. 
Meine Frage, ob ſie bereit wären, ſich als Jäger zu beteiligen, 
erregte ſtürmiſche Begeiſterung Zwei der Feldgrauen eat: 
puppten fib als Förſter und alle als leidenſchaftliche Jiger. 
Von den Nebentiſchen, wo viel Mil tär ſaß, kam ſoſott das 
Angebot, Treiberdienſte zu tun. Wo liegt der Hinderarch 
grund, dieſe brachliegenden Kräfte, denen ein Jagdlag der 
licher wäre als mehrere Biertage, in den Dienſt des Weid 
werks zu ftellen. das jetzt kein Sport, ſondern ein Dienſt zur 
Fleiſchgewinnung fein ſoll?“ In dieſem Falle ift die Qram 
ziehung der Feldgrauen zur Ausübung des Weidwerks ſchon 
erwünſcht, acer nicht im allgemeinen. | 

Prüfen wir aber den Vorſchlag zur „Streckung des Weid 
werks“ noch im beſonderen von dem ſpeziell weidmännt 
{hen Standpunkt aus! Sit es wirklich wahr, daß mit 
nach „Johrzehnten ſorgſamer Wildpflege“ eine fo vortreffliche 
Wildbahn haben, daß fie „etwas ſchärfer als üblich“ angelabt 
werden kann, ohne fle zu ſchädigen? Ich meine, unſere Bil 
bahn kann nie vortrefflich genug fein, denn nach modernen Be 
griffen bezeichnet dieſes Attribut immer noch einen recht {hae 
lichen Wildbeſtand, und die vortrefflichite moderne Wildbabn 
bedarf m. C. der Schonung. Denn wo find z. B. heute die 
prächtigen Rehrudel von 30 und 40 Stück, die ich in meint 
Jugendzeit fah, wenn. ich in der Morgendämmerung über Ver? 
höhen und durch Wieſentäler des heſſiſchen Vogelsberges alt 
Lateinſchüler zum Inſtitut des Kreisſtädtchens pilgerte? Hat 
nicht in der modernen Zeit jeder aus feiner Wildbahn 109 
herausgeſchoſſen, als fie nur eben zu leiſten vermochte?! Do 
rum kann ich auch das Argument nicht verſtehen: Wir haben 
in zahlreichen Gebieten einen ſolchen Uekerſchuß an Wild, dab 
die bitterſten Klagen über Wildſchaden in der Landwirtschaft 
laut wurden. Die Landwirtſchaft wird immer klagen, an 
wenn nur noch ein Reh im Revier ſteht. „Die Klagen halfen 
ebenfowen!g wie die ganz energiſchen Beſchwerden in den Haus 
haltsausſchüſſen des Landtags und Reichstags. Die zuftänbiger 
Regierungen folen fih kühl bis ang Herz hinan verhalten 
haben“. Das glauben wir wohl. Sie werden tren guten 


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Stund dazu gehabt haben; denn fie befigen mehr eingehende 
Kenutnis der Sachlage, mehr Einſicht und Vernunft als manche 
Zeitungs ſchreiber. Wenn es aber wirklich wahr ift, daß im 
verfloſſenen Jagdjahre, vom 1. Oktober 1914 bis 30. Septbr. 
1915, nicht ſo viel Wildmenge wie in Friedenszeiten abge⸗ 
ſchoſſen wurde — eine Sache, die man ja nicht zu bezweifeln 
unbedingt gezwungen iſt, wiewohl Skowronneck irren mag, 
wenn er ſchreibt: nicht die Hälfte der in Friedenszeiten auf 
den Markt kommenden Wildmenge —, ſo verlangt dies natür⸗ 
lich eine Abhilfe; es ſollen mindeſtens ſo viel Stücke geſchoſſen 
werden, wie im Frieden, auch vom Großwild; das iſt denn 
aber keine „Streckung des Weidwerks“, ſondern der mehr oder 
minder normale Abſchuß. 

Ich will in dieſem Zu ſammenhang betonen, daß ich bei: 
ſpielsweiſe für eine vorübergehende Wiederfreigabe 
des Dohnenſtiegs in zwei ſübddeutſchen Zeitſchriſten eins 
getreten bin. Auch die KramimetBvo jel lieferten unſerem deut⸗ 
ſchen Volke alljährlich eine ganz nette Portion Fleiſch und es 
iſt kein Grund vorhanden, die Fleiſchreſervoirs der Lüfte nicht 
auszunutzen. Verboten wurde der Krammetsvogelfang aus 
humanen Gründen und weil ſich im Dohnenſtieg außer den 
rordifhen Krammetsv ð eln viele deutſche Singdroſſeln mits 
fingen. Andere Zeiten verändern die Lage. Nachdem die nor— 
diſchen Dro ſſelſcharen fih in mehrjähriger Schonzeit erholt 
haben, würden fic einen Fang wieder einmal ganz gut Ver: 
tragen; außerdem ſtreben fie, wenn fie un gefangen bleiben, 
den Italienern, unſeren Feinden, zu und helfen deren wirt: 
ſchaftliche Kraft ftärken (denn für die Mandolinenſpieler bes 
deutet die Polenta ſchon etwas). Da uns die Lande und Meer: 
wege verſperrt ſind, ſo wollen wir die Nahrung, die uns auf 
dem Luftweg zugetragen wird, ausnutzen. Dies iſt jedoch 
leichter geſagt als getan. Denn inzwiſchen — ſeit Verbot des 
Dohnenſtiegs — ſind die Dohnenſtiege verfallen und wer ſollte 
bei dem jetzigen Leutemangel wohl dieſe von Zeit und Wetter 
zerſtörten Dohnenſtiege wieder herſtellen? Allerdings darf man 
die Krammetsvögel ja auch in kleinen Fallen fangen und in 
dieſer Beziehung iſt in der Letztzeit mancherlei Brauchbares — 
darunter ganz humane Fallen — hergeſtellt worden. Natür⸗ 

lch ſollte der Krammetsvogelfang nur geſtattet werden, folauge 
der Krieg dauert — nächste Frühjahr, den darauffolgenden 
Herbſt — — —. 

Weit wichtiger wäre es aber gewiß noch, den Fang der 
wilden Kaninchen von den Hemniſſen zu befreien, die den 
nach Abſicht der Geſetzgebung „freien“ Fang ins Gegenteil 
verkehrt haben. Die Kaninchenplage, die jdou im Frieden 
viele Landwirte ſchwer bedrohte, iſt ſicherlich nicht kleiner ges 
worden. Jetzt wäre die Gelegenheit gegeben, dieſer Piage jo 
energiſch zu Leib zu rücken, daß die Ausbeute der Frettierer 
für die Ernährung ins Gewicht file Maın könnte 
hier zwei Fliegen mit einer Klappe ſchlagen. 

Mindeſtens ebenſo wichtig wäre eine Aktion des Staates 
zur Aufrechterhaltung der Berufsfiſcherei im Süß⸗ 
waſſer. Es handelt fih um ein Gewerbe, das zu Friedens⸗ 
zeiten bei Friedenspreiſen für rund 100 Millionen Mark Fiſch⸗ 
fleiſch auf den Markt geliefert hat. Und wie ſicht es jetzt 
damit aus. Hören wir das Urteil eines Sachkenners y: 

„Da ich monatelang mitten in einem Seengebiet gelebt 

dade, wo ich den „Betrieb“ dreier Großpächter, die etwa 7000 
bis 8000 Mk. Pacht zahlen, nicht nur beobachtet, ſondern 
als hochgeſchätzter „Mitarbeiter“ genau kennen gelernt habe, 
lann ich wohl auf unbedingte Glaubwürdigkeit Anfpiud machen, 
wenn ich berichte, daß der Ertrag um rund zwei Drit» 


Be e A 
—B— — 


1) Skowronneck im „Berliner Tagblatt“. 


75 


tel zurückgegangen tft. Die Urſache? Leutemangel! Zwei 
Pächter find im Felde, ihre Stellvertreter fiſchen auf 8600 und 
4000 Morgen mit drei oder vier alten Krümpern. Jetzt fol 
die Herbſtfiſcherei mit dem großen Zuggarn, die große Er⸗ 
träge zu liefern pflegt, beginnen; es fehlen leider nur die Ar⸗ 
beitskräfte.“ 

Man fragt ſich da: Sollten ſich nicht unter den ruſſi⸗ 
ſchen Gefangenen Leute finden laffen, die mit der Fiſcherei 
Beſcheid wiſſen? Da ſelbſt das Gewerbe des Fiſchfangs mit 
einer gewiſſen Paſſion verknüpft iſt, würde eine Umfrage frei⸗ 
willige Meldungen in genügender Zahl ergeben. Gegen eine 
ſolche Verwendung ruſſiſcher Gefangener könnte kein Bedenken 
vorliegen. Pfr. W. Schuſter. 


C. Forſtliche Vorleſungen an den Hochſchulen im 
Sommerſemeſter 1916. 


I. Aniverſilät Sießen. 


Prof. Dr. Weber: Waldbau II. Teil, vierſtündig. — 
Forſtſchutz I. Teil, vierſtünd g. — Forſtpolitik II. Teil, piers 
fündig. — Einführung in die Forſtwiſſenſchaft, einſtündig. — 
Praktiſcher, Rurfus über Waldbau (Exkurſionen) am Samstag 
Nachmittag. — Privaldozent Dr. Bader: Forſtſchutz II. Teil, 
vierſtündig mit Exkutſiionen. 

Außerdem zahlreiche Vorleſungen aus den Gebieten der 
Mathematik, der Naturwiſſenſchaften, der Rechtskunde, Volks⸗ 
wirtſchaftslehre, Finanzwiſſenſchaſt. Landwirtſchaft uſw. 

Beginn der Inimatrikulation: 17. April, der Vorleſungen: 
27. April. 

Das allgemeine Vorleſungs verzeichnis kann vom Univ.: 
Sekretariat bezogen werden. 

Ob die angekündigten Vorleſungen zuſtande kommen, hängt 
von der Kriegslage ab, da die beiden Dozenten der Forſtwiſſen⸗ 
ſchaft noch im Heere ſtehen und ein Nachfolger Dr. Wim— 
menauers bis jetzt nicht ernannt iſt. 

II. Aniverſilät München. 


Prof. Dr. Endres: Geſchichte des Forſt⸗ und Jagdweſens, 
dreiſtündig; U.bungen in forſtlicher Rentabilitätsrechnung; 
Exkurſionen zu der Vorleſung im Winterſemeſter über Eins 
führung in die Forſiwiſſenſchaft. — Prof. Dr. Shüpfer: 
Geodäſic, vierſtündig; Nivellieren und Wegproj«ktierung, dreis 
ſtündig: Exkurſionen und Ue! ungen. — Prof. Dr. Fabricius 
(3. Z. im Heere): Forſibenutzung, fünfſtündig; Forſtſchutz, zwei⸗ 
ſtündig; Exlurſionen. — Prof. Dr. Ramann: Agrifulture 
chemie, fürsftis dig mit Exkurſionen; Bodenkundl. Praktikum. 
— Prof. Dr. Eſcherich: Forſtzoologie II. Teil: Inſekten, 
fünſſtündig; Forſtentomologiſche Ubungen und Exkurſionen. 
— Prof. Dr. von Tub euf: Naturgeſchichte forſtlicher Kultur: 
pflanzen, fünſſtündig mit Cxkurſionen; Pflanzenpathologie, fünf⸗ 
ſtündig. 

Sonſtige Vorleſungen wie ad I. 

Im verfloſſenen Winteiſemeſter haben die genannten Herren 
mit Ausnahme des Dr. Fabricius Vorleſungen gehalten. 

III. Hniverfildt Tubingen. 
Beginn: 12. April. — Schluß: 14. Auguft. 

Prof. Dr. v. Bühler: Waldbau II (Praxis des Wald, 
baus), dreiſtündig mit Uebungen und Exkurſionen. — Uebungen 
in der Verſuchsanſtalt, dreiſtündig. — Exkurſionen und Uebungen, 
auch für Fortgeſchrittene (Kriegsteilnehmer). — Prof. Dr. Leh⸗ 
mann (3. Z. im Heere): Forſtbotanik, zweiſtündig und forſt⸗ 
botaniſche Unterſuchungen. 

Sonſtige Vorleſungen wie ad I. 


II. Lechniſche Jochſchule zu Narlsruhe. 
Abteilung für Forſtweſen. 

Geh. Oberforſtrat Prof. Siefert: Forſttechnologie und 
Waldbau II. Teil. — Prof. Dr. U. Müller: Forſteinrichtung, 
Forſtſtatik, Jagdkunde, Uebungen. — Prof. Dr. Haus rath: 
Forſtſchutz, Forſtgeſchichte, Waldwegbau⸗Uebungen. — Geh. 
Hofrat Prof. Dr. Haid: Geodät. Praktikum. — Obergeometer 
Bürgin: Plans und Terrail zeichnen. — Geh. Hofrat Prof. 
Dr. Klein: Forſtbotanik, Pilzkrankheiten der Waldbäume, 
Uebungen uſw. 

Sonſtige Vorleſungen wie ad I. 


V. — VII. Die Forſtakademieen Eberswalde, Münden und 
Sharandt 


bleiben bei Fortdauer des Krieges vorausfichtlich geſchloſſen. 


D. Prüfung für den Nevierverwaltungsdienſt der 
Privaten uſw. 


Nachdem die im Dezember 1914 vom Deutſchen Forſt⸗ 
wirtſchaftsrat ausgeſchriebene, für September 1915 angeſetzte 
Prüfung wegen unzureichender Anmeldungen ausfallen mußte, 
fol im Sommer 1916 zu Eiſenach eine ſolche ſtattfinden, falls 
ſich mindeſtens 4 Bewerber melden. 


Zu dieſer Prüfung werden ſolche Anwärter zugelaſſen, 
die den Befähigungsnachweis zum Einjährig⸗Freiwilligen⸗ 
Dienſt beſitzen, 4 Semeſter mit Erfolg an einer deutſchen forſt⸗ 
lichen Hochſchule ſtudiert haben und eine mindeſtens 2 jährige 
praktiſche Verwendung nachweiſen. Außerdem können aus⸗ 
nahmsweiſe auf Antrag eines, dem Deutſchen Forſtvereine 
angehörenden Waldbeſitzers bereits in deſſen Dienſt ſtehende 
Anwärter zugelaſſen werden, wenn ſte eine mindeſtens 4 jähr. 
praktiſche Verwendung und eine genügende allgemeine Bildung 
nachweiſen. 

Das Nähere iſt aus der Prüfungsordnung zu entnehmen, 
welche unentgeltlich vom Obmann des Prüfungsausſchuſſes 
bezogen werden kann. 

Die Anmeldungen zur Prüfung find unter Beifügung der 
in § 4 der Prüfungsordnung bezeichneten Schriftſtücke bis 
längſtens 5. Auguft 1916 an den Obmann des Prüfungsaus⸗ 
ſchuſſes, Herrn fürſtl. Oberforſtrat Eigner in Regensburg, 
Fürſtl. Domänenkammer, einzuſenden. 


Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und i D 
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Siegen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauer Ca 


` beffen hat das Reichsgericht dieſes Urteil nicht beftehen 


E. Streit des Holzkäuſers mit dem Sorkfiätns wegen 
der Holgabuabme. 


Der Geſchäftsführer einer großen Holzfirma hatte d 
Forffisfus drei verſchiedene Angebote bezüglich des Anka 
von Holz gemacht, und der Fiskus hatte die Offerten ang 
nommen. Die Firma nahm indeſſen das Holz nicht ab, de 
Fiskus brachte es daher gemäß feinen allgemeinen Berfau 
bedingungen auf Rechnung des Käufers zur Verſteigerung un 
verlangte von der Beklagten Zahlung der Differenz zwiſchen 
dem mit der Firma vereinbarten und dem bei der Verſteige⸗ 
rung erzielten Preiſe. 

Die beklagte Firma wandte eln, ihr Geſchäftsführer hab: 
zu der Zeit, als er die fragl. Offerte abgab, gar nicht mehr 
Vollmacht für fie beſeſſen. Der Geſchäftsführer fet ſonach u 
befugt für die Beklagte aufgetreten, und die Beklagte brauche 
ſich daher von dem Kläger nicht fo behandeln zu laffen, al! 
hätte ſie Vollmacht zu den Käufen erteilt. 

Tatſächlich war daraufhin auch das Oberlandesgericht 
Roftod zur Abweiſung der Klage des Forſtfiskus gelangt, in 


laſſen. Nicht das fet von ausſchlaggebender Bedeutung ob 
dem erwähnten Geſchäſtsführer zu der Zeit, als er die Offerten 
abgab, die Vollmacht von der Beklagten bereits entzogen wer, 
ſondern allein darauf komme es an, wie zur Zeit des 
Abſchluſſes der ſtreitigen Geſchäfte die dem Ge 
ſchäftsführer eingeräumte Stellung in den be⸗ 
teiligten Verkehrskreiſen aufzufaſſen war. Dit 
läßt fih, da der Widerruf nur dem Geſchäftsführer gegen 
über erklärt worden ijt und deshalb auch nicht ohne weitere! 
nach außen wirkte, für die hier in Rede ſtehende Zeit nur m 
Zuſammenhange mit dem Vorhergegangenen und aus der Lage 
heraus, die zur Zeit des Widerrufs beſtand, ermeffen. Nahm 
der Geſchäftsführer zu jener Zeit auf Grund ausdrüclicher 
oder ſtillſchweigender Einräumung oder auch nur unter Due 
dung der Beklagten bei dieſer eine Stellung ein, die ihn alt 
vertretungsbefugt für Geſchäfte der hier vorliegenden Art er | 
ſcheinen ließ, dann hätte eine nur dem Geſchäftsführer gegen‘ 
über erklärte Aenderung dieſer Befugnis gutgläubigen Dritten 
gegenüber infolange keine Wirkung, als die Stellung des St 
ſchäftsführers, welche die Befugnis ergab, nach außen fort⸗ 
dauerte. 

Von dieſem Standpunkt hat der Vorderrichter die Sache 
nicht geprüft, weshalb fie, unter Aufhebung des angefochtenen 
Urteils, in die Vorinſtanz zurückzuverweiſen war. (Reicheger. 
11. 249/15.) ö 


— 


Notizen Prof. Dr. Wimmenauer, 
nders Berlad 


Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. M. — G. Ottos Hofbuchdruckerei in Darmondt. 


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o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft 


dr. heinrich Weber, 


und 


Herausgegeben 
don . 
an der Univerſität Gießen. 


Dr. Kar Wimmenauer, 


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u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft t. R. 


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` Zweiundneunsigfter Jahrgang. 


jeden Monat und 


wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗ 


April. 
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Mit einem Bildnis. 


lungen und Poſtanſtalten. 


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Frankfurt am Main. 
J. D. Sauerländer's Verlag. 


1916. 


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Allgemeine 


fort- und Sagd-Jeitung. 


Hpril 1916. 


ordnung für Belgien. auf dem Anſtand keine Schonzeit, dagegen iſt auf be⸗ 
Für das okkupierte Belgien hat der Generalgouver⸗ bauten Feldern deffen Jagd unterſagt vom 30. 8. bis 


neur unter dem 11. Auguſt 1915 eine Jagdordnung 5 a” das Rebhuhn geht die Jagd erſt am 
erlaſſen. Mit ihr wird an die Löſung einer Frage 3 
herangetreten, die große Wichtigkeit beſitzt. Belgien | Die Jagd ift nur des Tags geftattet, nur Enten 
iſt in weiten Gebieten ein waldreiches Land. Im und auf dem Anſtande Schnepfen dürfen auch nachts 
Rahmen der Jagdausübung und Wildverwaltung wur⸗ gejagt e Kaninchen / Stunde vor Sonnen⸗ 
den erhebliche Werte umgeſetzt. Der Krieg und die aufgang bis ‘2 Stunde nach dieſem. Die Jagd iſt 
Beſetzung des Landes haben wohlgeordnete, eingehend grundſatzlich verboten während der Schonzeit. Eben: 
organifierte jagdliche Zuſtände über den Haufen ge: falls verboten iſt das Ausnehmen von Eiern oder 
worfen, deren Neuordnung für die Volkswirtſchaft Brut jagdbarer Vögel auf fremdem Grund. 
wichtig iſt. | Das Recht zur Ausübung der Jagd ift 
Das Jagdweſen iſt in Belgien geſetzlich geregelt abweichend vom deutſchen Gebrauch nicht an den Grund⸗ 
durch folgende Beſtimmungen: 1. Gef. v. 28. 2. 1882 beſitz gebunden, mithin fehlt auch der auf eine gewiſſe 
betr. die Jagd mit Ausführungsbeſtimmungen v. 2. Mindeſtgröße des Grundbeſitzes begründete Begriff des 
3. 1882. 2. Königl. Verordn. v. 1. 3. 1882 betr. ſelbſtändigen Jagdbezirks in Belgien. Jedermann, der 
Jagdſcheine. 3. Königl. Verordn. v. 10. 3. 1900 einen giltigen Jagdſchein (V. v. 1. 3. 1882) hat, ift zur 
betr. die Vertilgung von Kaninchen mit Ausf.:Beft. v. Ausübung der Jagd berechtigt auf eigenem Grund, 
4. 4. 1900. 4. Königl. Verordn. v. 15. 8. 1906 auf dem eines anderen mit deffen Zuſtimmung. Die 
betr. inſektenfreſſende Vögel. Jagd auf Staatsgrundbeſitz wird verpachtet mit Aus: 
Die weſentlichen geſetzlichen Vorſchriften erſtrecken nahme der als Hofjagd zurückbehaltenen Gebiete. Das 
ih auf Schonzeiten, Recht zur Jagdausübung, Wild. Wild gehört dem, der es getötet oder tötlich verwundet 
Wildſchadenerſatz, Jagd⸗ und Wildſchutz. | hat. Nur wenn es in einem eingehegten Grundftüd - 
Die Schonzeiten und Schußzeiten ſtehen fällt, gehört es deſſen Eigentümer. Wenn ein Grund: 
nicht geſetzlich feft, ſondern werden alljährlich von der beſitz wildſicher gegen die Nachbargrundſtücke eingehegt 
Regierung für jede Provinz oder jeden Teil einer Pro: | ift, kann der Eigentümer oder Beſitzer darauf jagen 
vinz bekannt gegeben. Das geſchieht nach vorherigem oder jagen laſſen ohne Rückſicht auf die Schonzeit und 
Benehmen mit dem ſtändigen Provinzialrat jeder Pro: ohne Jagdſchein. 
vinz und dem Zentralausſchuß für Jagd. Nachdem Die Jagd muß weidmänniſch ausgeübt werden, 
die geſetzlich vorgeſehene örtliche Verſchiedenheit des | d. h. allgemein mit den üblichen Jagdwaffen. Eigen: 
Anfangs und Endes der Schußzeit fih als zweckmäßig tümer und Grundpächter find berechtigt, wilde Tiere, 
nicht bewährt bat, wird ſeit einigen Jahren dieſe Zeit | die ihrem Grundbeſitz Schaden verurſachen, im Falle 
einheitlich fürs ganze Staatsgebiet durch Erlaß des eines Angriffs oder unmittelbaren Schadens zu ver⸗ 
Ackerbauminiſters beſtimmt, ſo für 1813/14 durch Min. ſcheuchen oder zu vernichten, ſelbſt mit der Schuß⸗ 
Erl. v. 20. 3. 1913. waffe. 
Die Schußzeit unterliegt allgemein keinen nennens⸗ Wild ſind allgemein alle eßbaren oder nicht eß⸗ 


werten Verſchiedenheiten in den Jahren, weicht aber [baren wilden Tiere, die gewohnheitsmäßig gejagt 


von den in Deutſchland üblichen vielfach ab, am meiſten werden und welche das Eigentum des erſten Beſitz⸗ 


beim Rehbock, für den die Schußzeit v. 20. 9. bis 31. ergreiſers werden können. Als wilde ſchaͤdliche Tiere 


1. dauert. Die für Faſanen iſt für Hähne v. 6. 10. gelten nach der Rechtſprechung ſolche Tiere, gegen 


bis 31. 1., für Hennen vom 6. 10. bis 30. 11. Für welche man fi) oder fein Eigentum ſchützen muß. 
1916 11 


Dahin gehören Fuchs und Wildſchwein. Sie unter: 
liegen nach Art. 6 des G. v. 28. 2. 1882 dem freien 
Tierfang. Im übrigen bezeichnen die Ausführungs⸗ 
beſtimmungen es als ſehr ſchwierig, eine Aufzählung 
der ſchädlichen wilden Tiere zu geben. Gemeinhin 
wurden dazu gerechnet Wolf, Schwein, Fuchs, Otter, 
Marder, Iltis, Wieſel, Dachs. Das Kaninchen iſt 
zwar Wild, genießt indeſſen keine Schonzeit. Jeder 
Inhaber von Grund und Boden kann es auf dieſem 
fangen oder töten. Die Anwendung von Gift iſt ver⸗ 
boten, die von Schußwaffen nur mit Erlaubnis der 
Behörde geſtattet. Die Behörde kann auch bei feſt⸗ 
geſtelltem zu zahlreichem Vorhandenſein von Kaninchen 
und Wildſchweinen deren polizeiliche Bekämpfung an⸗ 
ordnen. Wenn, wie erwähnt, für Kaninchen auf der 
Feldjagd eine begrenzte Schußzeit feſtgeſetzt iſt, ſo iſt 
hierfür offenbar nicht der Schutz des Wildes ſondern 
der Schutz der Feldkulturen beſtimmend. 

Die Strafen wegen Jagdvergehen find ver: 
hältnismäßig hoch. Beiſpielsweiſe für Jagen ohne 
Jagdſchein 100 Frs., für Jagen auf Eiſenbahn⸗ und 
öffentlichen Wegen, auf fremdem Jagdgrund ohne Er: 
laubnis des Jagdbeſitzers oder in der Schonzeit, für 
Ausnehmen der Eier von Federwild je 50 Frs. Dieſe 
Geldſtrafen werden verdoppelt und durch Gefängnis 
geſteigert, wenn verbotene Waffen angewendet oder des 
Nachts gejagt wurde, bei Verkleidung, Maskierung 
oder Bandenwilddieberei. Ebenfalls Verdoppelung tritt 
ein bei Rückfall oder wenn die Kontravenienten Zoll⸗ 
wächter, Gendarme, Feld-, Wald-, Jagdhüter find. 

Wildſchadenerſatz Die Verpflichtung zum 
Erſatz des Wildſchadens an Feldfrüchten und im Walde 
beſteht geſetzlich für jeden Inhaber des Jagdrechts und 
für alle Fälle, in denen Schaden entſtanden iſt. Iſt 
der Schaden durch Kaninchen verurſacht worden, wird 
er in doppelter Höhe eutſchädigt. (Art. 7. V. v. 4. 
4. 1900). | 

Jagd- und Wildſchutz. Die Auffiht über 
die Jagd führt allgemein die Verwaltung der Ge- 
wäſſer und Forſten durch die Forſtinſpektoren. Oeffent⸗ 
liche Auſtalten und Privatperſonen haben das Recht, 
Jagdhüter anzuſtellen. Dieſe bedürfen der Beſtätigung 
durch den Gouverneur. Sie erhalten dann das Recht, 
Waffen zu tragen und erhalten öffentlichen Glauben 
durch ein Anſtellungsdekret nach erfolgter Vereidigung. 

Die Jagdverhältniſſe Belgiens. Die 
folgenden Angaben beſchränken ſich auf die Provinz 
Namur oder das Gebiet des jetzigen Gouvernements 
Namur und weſentlich wieder nur auf deſſen ſüdlichen 
Teil. Die Jagd hier iſt durchaus charakteriſiert als 
Eigentums- und Pachtjagd. Dieſe iſt eine Folge der 
Eigentumsverteilung im bergigen Gebiete Südbelgiens, 
dem fog. Condreau. Der Grund und Boden wird 


78 


| 


vorherrſchend beſeſſen von altangeſeſſenen Adelsfamilien 
anſcheinend meiſt vlämiſcher Herkunft. 
ſich auf ihrem Grundeigen inmitten weiter Parks ihre 
Landſchlöſſer errichtet, wo fie ftändig oder zeitweis 
wohnen, kaum ja ſelbſt Landwirtſchaft betreiben. ſon⸗ 
dern ihr Land an Bauern verpachten. 
angeſeſſenen Grundeignern ſind im Laufe der letzten 
etwa 80 Jahre reiche Induſtrielle getreten wie ander: 
warts auch. Sie haben bisweilen das adelige Grund: 
eigentum nebſt Schloß und Park erworben, oder gleich 
artige neue gegründet oder haben auch nun Schloß 
und Park errichtet ohne weiteren Grunderwerb. Neben 
und zwiſchen den Großbeſitzen, die ſich da und dort 
über mehrere Ortsgemeindebezirke ausdehnen, liegen 
die kleinen Grundbeſitze ſelbſtändiger Bauern. In⸗ 
deſſen ſtehen dieſe der Fläche nach hinter dem Groß⸗ 
beſitz durchaus zurück. Im Kanton Dinant fallen 
etwa 70—80 % der Fläche auf den Großgrundbeſitz. 
Selbſt in den bäuerlichen Ortſchaften findet man einen 
mehr oder minder großen Teil der Bauern nur oder 
teilweiſe als Pächter. Die Kleinbeſitze ſind von nicht 
erheblichen Ausnahmen abgeſehen in der Regel fo Hein. 
daß ſie zur vollen Ernährung der Familie aus der 
eigenen Landwirtſchaft nicht ausreichen. Dieſe Be⸗ 
ſitzer ergänzen dann das ihnen Fehlende durch Lohn⸗ 
arbeit in den Großbetrieben. Die Gemeinden haben 
häufig auch Realbeſitz, wohl nirgends aber landwirt⸗ 
ſchaftliches Nutzland, ſondern immer nur Wald und 
Oedland. | 

Die Jagd ift überwiegend in der Hand der Groß— 
eigentümer oder der Eigner der Landſchlöſſer. Die 
Regel bildet dann, daß der Großherr zu der Jagd 
auf dem eigenen Grund, der, ſoweit es ſich um land: 
wirtſchaftliches Kulturgelände handelt, an Fermiers 
verpachtet iſt, auch die Jagdnutzung auf benachbartem 
Gelände angepachtet hat, gleichviel ob es Gemeinde⸗ 
oder Privateigen iſt. Daneben auch, aber nicht eben 
häufig, findet fih die Jagdgenoſſenſchaft gebildet von 
einer Mehrheit auch meist ſtaͤdtiſcher Jagdpaͤchter. Ber: 
pachtung der Jagd kommt auch auf Großeigentum 
vor. Es iſt dann bald der geſamte Grund und Boden 
verpachtet bald nur Teile, ſei es, daß der Grundeigen⸗ 
tümer die Jagd nicht ſelbſt ausüben kann oder will 
oder daß Teile ſeines Geländes nach Lage oder Aus⸗ 
geſtaltung ſchwer für ihn zu bejagen ſind. Hier tritt 
bisweilen auch Afterverpachtung auf. 

Unter dem Einfluß dieſer Umftände iſt Weſen und 
Form der einzelnen Jagdbezirke vielgeſtaltig, oft bunt⸗ 
ſcheckig. Als Beiſpiel mag der Zuſtand im Dorfe 
Falam angeführt werden. Zum Gemeindebezirk, 212 ha, 
gehören zwei Landſchlöſſer, das des Baron C., der in 
Jambes wohnt und das des Baron M. aus Namur. 
C. beſitz 212 ha Land, M. 282 ha. Auch im Ge⸗ 


Dieſe haber 
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79 

meindebezirk hat fih ein vermögender Induſtrieller weiterhin aber den begründeten Verdacht, daß noch 
B. aus Briiffel einen Park erworben und ein Schloß lieber ſehr ſtarkes Schrot aus großkalibrigen Flinten 
darin gebaut. B. hat nun vom M.'ſchen Grundbe- auf Hochwild verſchoſſen wird. Rotwild ift felten, von 
ſitz etwa 70 ha, von demjenigen des C. etwa 60 ha, wenigen Parks abgeſehen kommt es nur im großen 
hierzu noch in angrenzenden anderen Gemeindebezirken] Wald um St. Hubert und als Wechſelwild in den 
Gelände zur Jagdnutzung gepachtet. Wiederum be: hohen Ardennen vor. 

ſitzt M. im Dorfe Saumiere Grund und Boden, auf Der Schwerpunkt der Jagd iſt durchaus die Nieder⸗ 
dem er die Jagd ausübt und zu dem er nicht ihm jagd mit dem Ziel auf reichliche Strecke durch ele- 
gehöriges Land für die Jagd zugepachtet hat. In ganten Schrotſchuß. Selbſt das Rebhuhn iſt dem 
Falam endlich ſind vom Kleinbeſitz zuſammen gegen untergeordnet. Deſſen Schußzeit beginnt erſt 30. Aug. 
150 ha an einen Herrn D. zur Jagd verpachtet. So gleichzeitig mit der für Haſe, Faſan, Schnepfe, Wachtel. 
jagen im politiſchen Gemeindebezirk Falam vier Jagd: Das am häufigſten vorkommende und am meiſten ge- 
herren C., M., B., D. deren einzelne Jagdgebiete find | pflegte Wild iſt der Faſan, eben dasjenige Flugwild, 
aber nicht auf die Gemarkung Falam beſchränkt, ſon⸗ das auf der Treibjagd den gewandten Sportſchützen 
dern umfaffen auch Gelände in anderen Gemarkungen. fordert. Reiche Jagdbeſitzer wenden für die Anzucht 
Wie hier liegen die Verhältniſſe Häufig auch anders: und Pflege des Faſans bisweilen enorme Summen 
wo. Das erſchwert ungemein die Aufnahme einer auf. Die künſtliche Zucht ift hoch entwickelt. Winter: 
brauchbaren Statiſtik. Die Jagdherren ſtellen ihre fütterung mit Mais und Hafer iſt in den beſſeren 
Jagdhüter für ihr geſamtes Jagdgebiet an und üben Jagden allgemein üblich. Sehr verbreitet iſt das Ka⸗ 
die Jagd darauf ohne Rückſicht auf die Gemarkungs⸗ ninchen, der Hafe demgegenüber wenig. Das mag an 
grenzen aus. Bei Ermittlung z. B. der Jagdpacht⸗ dem vorherrſchenden kalten ſchweren Boden liegen, ſeit 
beträge oder der Jagderträgniſſe find daher die Jagd: Kriegsausbruch aber auch an der Schlingenſtellerei 
herren und deren Beamte nur im Stande, für den durch Wilddiebe. 

ganzen Jagdbezirk Angaben zu machen, die Orts⸗ | Die faſt alleinige Methode der Jagdausübung 
bürgermeiſter aber können, wenn überhaupt, nur Aus: bildet die Treibjagd. Sie wird in kleinen Treiben mit 


kunft geben über das im Gemeindebezirk Gezahlte und 12 — 15, höchſtens einmal 20 Flinten und der mine 
Erlegte. deſtens doppelten Anzahl von Treibern ohne Hunde 
Die Jagdausübung wird ausnahmslos als gehandhabt. Das Rebhuhn, gelegentlich wohl auch 
Sport, nicht als Nutzjagd betrieben. Sie bildet das | Gafe und Kaninchen, werden vor dem Hunde geſchoſ⸗ 
vornehme Vergnügen reicher Leute. Und der Haupt⸗ ſen. Der Anſtand wird ſelten geübt. 
reiz wird anſcheinend im Schießen und in der großen Der Jagdſchutz ift überall gut organiſiert. Die 
Zahl des erlegten Wildes gefunden. Der deutſch⸗ Jagdherren haben einen oder auch mehrere Jagdhüter 
weidmänniſche Genuß am Beobachten, Erlauſchen, Be: | angeftellt, in der Regel im Hauptberufe. Gutes Ver⸗ 
ücleichen, Ueberliſten des Wildes ſcheint dem Belgier | ftändnis für ergiebige und bequeme Treibjagden findet 
zu fehlen. Daß die Jagd auf den Rehbock erſt im | man immer bei ihnen, auch Geſchick zur Anlage von 
September aufgeht, beweiſt, daß der Belgier weder Fütterungen, zu An- und Aufzucht von Faſanen und 
die Pirfche auf den Feiſtbock noch den hohen Reiz der zur Bekämpfung von Wildſchädlingen. Als Beweis 
Blattjagd kennt, ſondern das edle ſchöne Reh zum dafür kann das faſt völlige Fehlen des Fuchſes gelten. 
Opfer des Schrotſchuſſes auf den herbſtlichen Treib: Sie find allgemein gut vertraut mit dem Kaninchen⸗ 
jagden macht. Es iſt dafür gewiß charakteriſtiſch, daß fang mit Frettchen und üben ihn fleißig aus. In⸗ 
unter den vielen Hunderten beſchlagnahmter Jagd⸗ folge des Krieges ſind viele Jagdhüter als Soldaten 
ſchußwaffen, die mir durch die Hände gegangen find, eingezogen oder geflohen oder getötet. 
Nd eine einzige Büchſe, ein Doppelbüchſendrilling be- Die Jagdpachten bewegen ſich in weiten Grenzen, 
fand. Alles andere waren Doppelflinten. Kaliber 12 nach den gewinnbaren Angaben ſchwankend zwiſchen 
bericht durchaus vor, Kaliber 16 ift felten. Es fom- etwa 100 und 1100 Frs. für je 100 ha. Ebenſo 
men aber einerſeits Kal. 20 und 24, anderſeits Kal. 8 ſchwanken die Zahlen des auf 100 ha erlegten Wildes. 
vor. Der Kugelſchuß auf der Jagd, überhaupt der Die Grenzwerte betragen etwa bei Reh 1—3, Reb— 
Pirſchgang des Einzeljägers ift dem belgiſchen Jäger | huhn 10—120, Hafe 10—140, Kaninchen 10 — 170, 
fremd. Für Schwarzwild, das im Bergland mit feinen | Faſan 20—860. 
dichten unterholzreichen Mittelwaldbeſtänden nicht ſelten Die Einwirkung des Kriegszuſtands 
it. aber fogar auf Rotwild verwendet man nur hdd: auf die Jagd war tiefgreifend aus zwei Urſachen. Die 
Heng die Rundkugel aus glattem Lauf. Die vorge: Schreckniſſe der erſten Okkupation fielen in den Be- 
hundenen Patronen laffen das vermuten, erwerben | ginn der Niederjagd. Die notwendige Beſchlagnahme 
11* 


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der Waffen machte den zur Jagdausübung an fid) Be: 
rechtigten den planmäßigen Abſchuß unmöglich. Die 
Unmöglichkeit wirkſamen Jagdſchutzes durch waffenloſe 
Hüter ließ die Wilddieberei erſtarken, die ohnehin ſchon 
immer bei den herrſchenden Jagd⸗ und Wildverhält⸗ 
niſſen gern geübt worden ſein mag, nunmehr durch 
Not und Hunger geſteigert wurde. Die Wirkungen 
auf den Wildſtand waren erheblich. Infolge Nicht⸗ 
abſchuſſes wäre der winterliche Wildſtand überall über 
den Normalſtand gekommen, wenn nicht die Wild⸗ 
dieberei wiederum ihn dezimiert hätte. Die empfind- 
lichſte Wildart, das Reh hat am meiſten gelitten. 
Der belgiſche Forſtinſpektor in Dinant ſchätzt, daß 
allein in den Jagdgebieten der Umgebung des Arden⸗ 
nenjchloffes mehr als 200 Rehe, nahezu der ganze Be: 
ſtand, in Schlingen, weggefangen find. In vielen an: 
deren Revieren iſt es ebenſo Andere mit Schlingen 
leicht fangbare Wildarten haben ebenfalls ſtellenweiſe 
ſtarke Einbuße erlitten, ſo der ohnehin nicht eben reich⸗ 
lich vertretene Haſe, das Kaninchen und der Faſan. 
Das Rebhuhn dagegen iſt reichlicher als ſonſt vertre⸗ 
ten. Im Sommer und Herbſt 1914 wurde es nicht 
beſchoſſen und mit Schlingen läßt es ſich nicht fangen. 
In manchen von Wilddieben minder heimgeſuchten 
Jagdgründen hat ſich das Kaninchen in einer für die 
Landwirtſchaft nachteilig fühlbaren Weiſe vermehrt. 
In folden Jagden, die aus Liebhaberei der Jagd: 


beſitzer infolge Fütterns und beſonderer Hege ohnehin 


überſetzt waren, tritt auch der Faſan in unerwünſcht 
großer Zahl auf. Da überall iſt als natürliche Folge 
des Kriegs und der Wilddieberei die zu große Zahl 
der Hähne im Verhältnis zu den Hennen feſtzuſtellen. 
Normal werden auf 1 Hahn 6—9 Hennen gerechnet. 
In mehreren Jagden ift das Verhältnis auf 1: 1 ge: 
ſunken, in einem hekannt gewordenen Falle gab es 
fogar mehr Hähne als Hennen. Von tieriſchen Wild: 
feinden iſt vor allem die Krähe zu nennen. Sie hat 
in geradezu erſchreckendem Umfange zugenommen und 
bildet als Räuber von Fafanen: und Hühnergelegen 
und von Junghaſen eine ſchwere Gefahr für den Wılb- 
ſtand. 

Die Wilddieberei hat im wildreichen Belgien von 
jeher eine erhebliche Rolle geſpielt. Das geht ſchon 
aus den jagdgeſetzlichen Beſtimmungen hervor, bejon: 
ders der Nov. v. 1900, die ſich vorwiegend auf ihre 
Bekämpfung richtet. Wohl in den meiſten Orten gibt 
es den und jenen, der ſie gelegentlich betreibt. Aber 
einzelne Ortſchaften ſind von Alters her, und nunmehr 
vor allem durch die Kriegsnöte, bekannt als Schlupf— 
winkel profeſſioneller Wilddiebe. 
weg den unterſten Schichten der Bevölkerung an. Sie 
betreiben ihr lichtſcheurs Gewerbe zum Gelderwerb. 
Vielfach ſind es Angehörige einer beſtimmten Familie 


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oder Sippe, die gemeinſam arbeiten. Banden wildere 
kommt häufig vor. 5, 6, 10, ja ſelbſt 30 und 4 
Mann ziehen auf Beute aus, halten bisweilen form: 
liche Treibjagden und terroriſieren die Bevölkerund 
und die Jagdhüter und die Hüter der öffentlichen Ord: 
nung. Sie fühlen ſich ſicher, weil fie wiſſen, daß 
keiner der Hüter ihnen mit der Waffe entgegentreten 
kann. Von den vorzugsweiſe heimgeſuchten Jagd: 
inhabern klagen manche, daß durch die Wilddiebere 
ihre Jagd ſchon ſo gut wie vernichtet ſei. Die Wild⸗ 
diebe arbeiten fat durchweg mit der Schlinge. Ein 
Jagdhüter gab an, er habe an einem Tage gegen 
1000 Schlingen gefunden und beſeitigt. Ein anderer 
bemaß das Gewicht der von ihm geſammelten Schlingen 
auf mehrere Zentner. Wahrſcheinlich iſt, daß trotz 
der peinlichen Beſchlagnahme aller auffindbaren Wat: 
fen auch noch die Schußwaffe gehandhabt wird. Die 
hochentwickelte Waffeninduſtrie Belgiens liefert alle 
möglichen Syſteme auseinandernehmbarer Flinten, 
Stockflinten und dergl. Aber ſelbſt mit der gemöhn: 
lichen Jagdflinte fühlen die Leute fih ben unbewaffneten 
Jagdſchutzbeamten gegenüber ziemlich ſicher. Die Stra}: 
verfolgung iſt zur Zeit nur eben möglich, wenn die 
Wilddiebe auf friſcher Tat betroffen werden und ihre 
Namen bekannt ſind. Dann treten die empfindlichen 


Strafen, die das belgiſche Geſetz androht, wirkſam ein. 


Neben dieſer Wilddieberei zeitigte der Krieg auch 
den ungeordneten Wildabſchuß durch Perſonen der 
deutſchen Truppen und der militäriſchen Verwaltungs⸗ 
körper. Das war vor allem der Fall in der erſten 


Zeit, als die innere Verwaltung noch nicht organiſiert 


war und jeder jagdluſtige Deutſche die Freiheit hatte, 
die Jagd auszuüben. Manchen Jagdgebieten iſt da: 
durch empfindlicher Schaden entſtanden, zumal ſolchen, 
die in der Nachbarſchaft viel benutzter Heerſtraßen ge⸗ 
legen, von paſſierenden Truppen, Fuhrkolonnen, In⸗ 
ſaſſen von Kraftwagen bejagt werden konnten. 


Als im Herbſt 1914 die Ordnung der inneren 
Verwaltung in die Hände der militäriſchen Kreischeſs 
gelegt wurde, wurde die Befugnis zur Jagdausübung 
bald an die Löſung eines vom Kreischef auszuſtellen⸗ 
den Jagderlaubnisſcheins gebunden, ohne daß indes 
dieſe Maßregel bei der noch nicht möglichen genauen 
Kontrolle genügt hätte, überall der räuberiſchen Schie⸗ 
Berei vorzubeugen. Einzelne Jagdherren ſtellten für 
Treibjagden ihre Reviere den Gouverneuren und den 
Kreischefs zur Verfügung, um dieſer Art einen ange: 
meſſenen Abſchuß herbeizuführen. Bei ihnen wurden 
ſolche Jagden veranſtaltet. Im übrigen verblieb es 


Dieſe gehören’ durch: bei regelloſen Streifjagden und Revierbegängen durch 


legitimierte Angehörige der Beſatzungstruppen. Den 
offiziellen Schluß der Niederjagd ſetzte ein Gonverne⸗ 
mentsbeſehl zum 15. 1. 15 feft. Der Jagdſchutz follte 


Be 99.02 cna ar ONT EEE 


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8 


durch militäriſche Patrouillen ausgeübt werden. In: Feldfrüchten vermieden werden. Für berechtigtermaßen 
deſſen gelang es nicht, ihn allgemein wirſam zu ge- geltend gemachte Schadenerſatzanſprüche haftet der Jagd: 
ſtalten; bei der Mannigfaltigkeit und Reidbaltigteit | ausübende perſönlich. Dagegen lehnt die Jagdordnung 
der dienſtlichen Aufgaben waren ſtändige Jagdpatrouil⸗ grundſätzlich die Erſatzpflicht der Jagdausübenden und 
len nicht durchführbar. Den Leuten aber, die aus überhaupt der deutſchen Militärbehörden für Wild- 
beionderem Anlaß zu dieſem Dienſt beſtellt wurden, ſchaden ab. Die Vergütung für Wildſchaden bleibt 
ſehlte bei mangelnder Orts- und Perſonalkenntnis zu: Verpflichtung des Jagdbeſitzers nach Maßgabe der 
meiſt der volle Erfolg. Auch die Ausſtattung einzel⸗ eingangs angeführten belgiſchen Geſetze. Das Aequi⸗ 
ner vertrauenswürdiger belgiſcher Jagdhüter mit Seiten- | valent dafür bietet die Beſtimmung, daß das erlegte 
gewehren konnte einen ſolchen nicht bringen. Das Wild Eigentum des belgiſchen Jagdbeſitzers ift. Nur 
alles drängte auf eine grundlegende Ordnung der die Trophäen (Gehörne, Geweihe) find ohne weiteres 
Jagdderhältniſſe im Okkupationsgebiete gebieteriſch hin. Eigentum des Erlegers. Dieſer iſt ferner berechtigt, 
Sie erfolgte durch das von ihm erlegte Wild gegen den dafür durch die 
die Jagdordnung für den Bereich des General- JO. feſtgeſetzten Preis zu übernehmen. Dieſer Be: 
gouvernements in Belgien vom 11. Auguſt 1915 trag oder aber das erlegte Wild iſt von ihm unver: 
mit Ausführungsbeſtimmungen vom ſelben Tage. züglich an den zuſtändigen zum Jagdvorſteher be- 
Sie geht aus von zwei Tatſachen: dem Umſtande, ſtellten deutſchen Offizier abzuliefern. Dieſer kann 
daß die jagd berechtigten Belgier durch den Kriegs⸗ | und fof tunlichſt das nicht vom Schützen übernom⸗ 
zuſtand an der Ausübung der Jagd verhindert find, | mene Wild an Lazarette, Truppenküchen, Offizierſpeiſe⸗ 
und der Notwendigkeit, den Wildſchaden zu vermindern | anftalten zum feſtgeſetzten Preiſe abgeben. Der jo er: 
und das Wildbret als Nahrungsmittel nutzbar zu | löfte Preis wird dem Jagdberechtigten oder falls dieſer 
maden. nicht bekannt oder nicht erreichbar ift, zu deffen Gunſten 
Zur Ausübung der Jagd find ausſchließlich dentihe | an den Gemeindevorſteher gegen Quittung gezahlt. 
Offiziere, Sanitätsoffiziere und im Offizierrang ſtehende Das fol nach der JO. unverkürzt geſchehen. Eine 
Beamte berechtigt. Nur ausnahmsweiſe können unter ſpätere ergänzende Beſtimmung geſtattet aber, daß bei 
Peihräntung auf den Abſchuß von Raubzeug und | größeren Treibjagden mit wenigſtens 20 Treibern die 
Kaninchen auch Offizierftellvertreter, Unteroffiziere und | Zreiberlöhne ganz, bei kleineren zur Hälfte aus dem 
Mannſchaſten einen Ausweis zur Führung der Jagd: | Wilderlös beſtritten werden. 
ſchußwaffe erhalten. Wer von den Berechtigten jagen Das erlegte Wild, das weder der Erleger erwirbt 
will, muß einen Jagdſchein bei ſich führen. Die Jagd: noch der Jagdvorſteher verwertet, wird dem belgiſchen 
ſcheine gelten, gleichviel wann fie ausgeſtellt find, bis [Jagdbeſitzer oder zu deffen Gunſten dem Gemeinde: 
Ende Februar des nächſten Jahres. Sie werden ge: vorſteher übergeben. In dieſem Falle muß der Jagd- 
bührenfrei vom zuſtändigen Kreischef ausgeſtellt, können vorſteher jedes Stück mit einem anzuhängenden Wild: 
übrigens ohne Angabe von Gründen auch verweigert | fhein verſehen, der Ort und Zeit der Erlegung und 
oder zurückgezogen werden. Die Beſchränkung auf | Wildart ſowie die Dauer der Gültigkeit verzeichnet. 
Offiziere und dieſen gleichſtehende Beamte hat den Nur mit Wildſchein verſehenes Wild darf in den Handel 
Seed, einmal nur zuverläſſige, moraliſch durchs eigne gebracht werden. Die Schützen und Jagdvorſteher jo: 
Gewiſſen gebundene Jäger auf dem tatſächlich nur wie andere Militärperſonen dürfen kein Wild in den 
ſcwer und unzulänglich kontrollierbaren Gebiete ber | Handel bringen. 
Jagd zuzulaſſen und alle Perſonen auszuſchalten, die Der Preis für das Wildbret, was der Jagdvor⸗ 
etwa aus Gewinnſucht oder unter Vernachläſſigung ſteher oder der Schütze übernimmt, beträgt für jedes 
der geltenden Beſtimmungen oder räuberiſch jagen. | Stück: Rehwild 25 Fr., Haie 3 Fr., Faſanenhähne 
Henn zweifellos auch unter den nicht im Offiziersrang 2.50 Fr., Faſanenhennen 2 Fr., Rebhuhn 1 Fr., 
ſtehenden Angehörigen der deutſchen Armee es ſehr Enten 1.50 Fr. Wildſchwein aufgebrochen in der 
viele geben wird, die nach Charakter und Lebensftel: [Schwarte gewogen, unter 50 kg 1 Fr., über 50 kg 
lung die gleiche Gewähr geben, ſo war doch militäriſch 0.80 Fr. für das kg., Rotwild 1 Fr. für das kg. 
eine anderweite Ausſcheidung nicht wohl möglich Der Kaninchen können ohne Bezahlung vom Erleger oder 
in Belgien Jagende hat beſtimmte Verpflichtungen zu Fänger behalten werden. Im Vergleich mit den jetzt 
übernehmen und diefe aus ſich ſelbſt ohne äußere Kon: in Deutſchland für Wildbret gezahlten Preiſe und feft- 
trolle innezuhalten. Die Jagd darf nur weidgerecht geſetzten Höchſtpreiſe ift danach das Wild in Belgien 
und ſchonend ausgeübt und es muß überall vermieden | billig. Mancher Haſe und Faſan wandert infolge: 
werden, daß der Abſchuß den Wildſtand verfchlechtert | deffen an die Angehörigen der Jäger. Die Beſtim⸗ 
oder gar vernichtet. Ebenſo muß Jagdſchaden an den | mung, daß Wild nur vom Jagdberechtigten oder deffen 


82 


Vertreter, nicht vom Jagdvorſteher oder Schützen in 
den Handel gebracht werden darf, gibt den erſteren die 
Möglichkeit, den höchſtmöglichen Nutzen zu erzielen und 
das ihnen überlaſſene Wild nach ihrem freien Er: 
meſſen zu verwerten Der größere Teil des erlegten 
Wildes wird in der Regel von den Erlegern oder 
von den Jagdvorſtehern übernommen und an die 
Truppenküchen und Offigierſpeiſeanſtalten weiterge⸗ 
geben. | 

Die Schußzeiten und die Verkaufszeiten find für 
die Wildarten feſtgeſetzt. Die letzteren enden 10 Tage 
nach Beginn der Schonzeiten. Schwarzwild und Ka: 
ninchen genießen keine Schonzeit. Die Niederjagd für 
Rebhühner 20. 8.— 30. 11., Hafen 16. 9.— 15. 1., 
Faſanenhähne 16. 9. — Ende Februar, Faſanenhennen 
16. 10.—30. 11., Rehbock Mitte Mai bis Jahresſchluß, 
weibliches Rehwild November, Dezember, Rot- und 
Damwild männlich Mitte Auguſt, weiblich Mitte Ok⸗ 
tober bis Jahresſchluß. Der Beginn der Niederjagd 
kann nach dem Stande der Erntearbeiten vom Gou⸗ 
verneur um 14 Tage hinausgeſchoben werden. 

Die örtliche Organiſation der Jagd ſchließt ſich 
der territorialen Einteilung des okkupierten Gebietes 
in Verwaltungsbezirke an. Die Provinzen Belgiens 
ſind als Gouvernements den Gouverneuren unterſtellt 
Sie gliedern ſich in Kreiſe mit den Kreischefs an der 
Spitze. Der Kreischef teilt den Kreis in Jagdreviere 
und überträgt jedes einem geeigneten Offizier, der als 
Jagdvorſteher die Aufſicht darüber führt und die Treib⸗ 
jagden leitet. Die Jagdreviere (beffer wäre die Pe: 
zeichnung Bezirke) ſind je nach den örtlichen Verhält⸗ 
niſſen ſehr verſchieden groß, in runden Zahlen 2000 
bis 40000 ha. Beiſpielsweiſe hat der 157000 ha 
große Kreis Dinant 4 Reviere von je 30 - 40 000 ha. 
Der Jagdvorſteher fol tunlichſt Erfahrung und Nei- 
gung beſitzen. Ihm liegt ob die Ordnung der Jagd— 
ausübung und die Aufſicht darüber, die Veranſtaltung 
von Treibjagden, Verwertung des Wildes, Verrech— 
nung und Buchführung hierüber. Yom tft Hilfsper— 
ſonal beigegeben, zur Unterſtützung bei Jagden und 
zur Ausübung des Jagdſchutzes. Zum Jagdüber— 
wachungsdienſt können auch die Gendarmeriepatrouillen 
ſowie vertrauenswürdige belgiſche Aufſichtsbeamte her⸗ 
angezogen werden. 

Von der Ausübung der Jagd ſind Belgier, ſchon 
wegen des allgemeinen Waffenverbots, ausgeſchloſſen. 
Nur der Fang von Kaninchen mit Frettchen und 
Netzen (nicht mit Hunden) kann ihnen vom Kreischef 
gegen beſondern Erlaubnisſchein geſtattet werden. Eben⸗ 
ſo die Ausübung des Vogelfangs in der Zeit v. 15. 
9. bis 15. 11. gemäß der belgiſchen Kgl. Ver. v. 15. 
8. 1906. Beide Arten des Tierfaugs werden viel und 
gern in Belgien geübt. Den Kaninchenfang benutzen 


beſonders die privaten Jagdhüter gern, um ſich ein 
kleine Einnahme zu ſchaffen. Gemeinhin war ihnen 


kontraktlich Abſchuß und Fang der Kaninchen zu eignen 


Nutzen eingeräumt. Seit dem Kriegsausbruch find viel: 
von ihnen ohne Gehalt geblieben. Den Vogelfang aui 
primitiven Vogelherden üben Angehörige der unterſten 
Stände nach altem Brauche im Herbſt aus. Es be: 
darf dazu der Genehmigung des Inhabers des. Jagd⸗ 
rechts. Dies Rechtverhältnis Hält ein Nachtrag zur 
JO. v. 17. 9. 15 aufrecht. Leimruten und Schlingen 
find verboten, nur der Krammetsvogelfang darf mit Rog: 
haarſchlingen, Dohnen, erfolgen. In den Vogelherden 
bildet die Hauptbeute der Waldſperling, nach ihm der 
Finke. 

Inhabern größerer Faſanenjagden kann der Kreis⸗ 
chef geſtatten, Faſanen zur künſtlichen Faſanenzucht in 
beſtimmter Zahl einzufangen. Dieſe Erlaubnis iſt in 
mehreren Fällen erteilt worden. Es gibt Züchtereien, 
die unter normalen Verhältniſſen gegen 5000 Jung⸗ 
faſanen verkaufen. 

Die Jagdordnung hat ſich, ſoweit gegen Jahres⸗ 
ſchluß ein Urteil ſich bilden läßt, im allgemeinen gut 
bewährt. Die Jagden ſind pfleglich behandelt worden; 
wenn in einzelnen Fällen der Beſtand und damit die 
Jagdbeute ſich gegen früher erheblich vermindert hat, 
ſo liegt das vor allem an der Wilddieberei, ſodann 
daran, daß die ſonſt übliche Winterfütterung und 
künſtliche Zucht. der Faſanen unterblieben iſt. Der 
ungeregelte Abſchuß, der vor Erlaß der JO. einge⸗ 
riſſen war, iſt der im ganzen weidgerechten oder doch 
weidmänniſchen Jagd gewichen und die ſcharf geregelte 
und kontrollierte Verwertung der Beute führt den 
Jagdbeſitzern eine willkommene Einnahme, den Heeres: 
angehörigen und der Bevölkerung eine ſehr geſchätzte 
billige Verſorgung mit Fleiſchnahrung zu. Die Aus⸗ 
übung der Jagd gewährt den Offizieren des Beſatzungs⸗ 
heeres im anſtrengenden oder im eintönigen Dienſt⸗ 
leben eine Gelegenheit zur Erholung, insbeſondere auch 
ſolchen, die in großen Standorten oft zu einer ſitzen⸗ 
den Lebensweiſe genötigt ſind. Der Jagdvorſteher hat 
jedem einzelnen für Suche, Anſtand oder Pirſche ein 
oder auch mehrere Einzelreviere zuzuweiſen, die nahe 
gelegen oder bequem zu erreichen ſind. Einige Schwie⸗ 
rigkeit verurſachte bisweilen bei größeren Treibjagden 
die Gewinnung genügender Schützen. Nicht nur die 
Bindung durch den Dienſt, ſondern auch die Schwierig’ 
keit, zur Jagd und wieder ins Quartier zu kommen, 
beſonders infolge der notwendigen Beſchränkung der 
Autofahrten, endlich auch die immerhin ins Gewicht 
ſallenden Koſten, zumal zu Anfang der Jagdſaiſon, 
als die Treiberlöhne von den Schützen beſtritten 
werden mußten, hielten manchen von der Teilnahme 
zurück. 


hen ae 


83 


Das nur gegendweiſe vorkommende Rot: und Dam: wald, Erzgebirge uſw.) ausſchließlich im Verein mit 


wild iſt dem allgemeinen Abſchuß entzogen geblieben. 


der Pflanzung ). 
Der Abſchuß iſt nur mit beſonderer Genehmigung des 


Wenn in ſüddeutſchen Gebirgen die Fichte vor⸗ 


General⸗ Gouvernements erlaubt, eine Maßregel. die wiegend durch Femelſchläge verjüngt wird, ſo 


ſich ohne weitere Begründung rechtfertigt. 
Jentsch. 


Erſcheint es, beſonders in Kückſicht auf Er- 
haltung und Vermehrung der Bodeugiite, ge: 
boten, bei Fichte und Kiefer anſtelle des 


zuführen? 

Von Forſtmeiſter a. D. Tiemann in Göttingen. 

Bekanntlich findet der Femelſchlagbetrieb bereits 
iet einer langen Reihe von Jahren naturgemäß bei 
der Verjüngung der zärtlicheren Holzarten, wie Buchen 
und Weißtannen ſeine hauptſächlichſte Anwendung 
und hat man ihm bisher eine beſonders ſorgfältige 
Ausbildung zugewandt. | 

Die Fichte ift in dieſem Betriebe wegen der Wind: 
bruchgefahr ſchwieriger zu bewirtſchaften, und für die 
Kiefer iſt letzterer wegen deren Lichtbedürftigkeit über⸗ 
haupt weniger geeignet. Ohnehin ſetzt er bei dieſen 
beiden Nadelhölzern eigentlich beſſeren Boden und 
bei der Fichte eine einigermaßen geſchützte Lage 
voraus. Nach dem vorzüglichen „Waldbau“ von Heyer⸗ 
Heß!) hat bei letzterer Holzart „der Femelſchlagbetrieb 
unbedingt den Vorzug in hohen Gebirgslagen und auf 
einem ſehr ſteinigen und felſigen Boden, wo von der 
Erhaltung der die Felſen bekleidenden Moosdecke die 
Möglichkeit der Beſtandsnachzucht faſt allein abhangt. 
Auf ſolchen Standorten kann ſogar der reine Femel⸗ 
betrieb angezeigt fein.” “) 

In demſelben Werke?) heißt es bezüglich der 
Kiefer: „Die große Mehrheit der Forſtwirte dürfte 
wohl der Anſicht ſein, daß die natürliche Verjüngung 
der Kiefer in Samenſchlägen nur ausnahmsweiſe, etwa 
auf beſonders kräftigen Niederungsböden und bei großer 
Luftfeuchtigkeit, ſowie auf ſogenannten Kienmooren 
(Torſdöden mit Kienporſt) Ausſicht auf Erfolg biete.“ 

Der Kahlſchlagbetrieb dagegen, in Ber: 
bindung mit künſtlicher Verjüngung, iſt bei Fichte 
und Kiefer in ausgedehntem Gebrauch, bei der 
Fichte ſchon ſeit langer Zeit, und zwar in den nord— 
und mitteldeutſchen Gebirgsgegenden (Harz, Thüringer- 


— 
— 2 [— U 


i) 5. Aufl, II. Bd., S. 113. 

) Von befonderem Intereſſe ift das in Burckhardt's 
llaffifdem „Säen und Pflanzen“ über die Bewirtſchaftungs— 
weiſe der Fichte in den Hochlagen unſeres Harzes Geſagte. 

) l. Bd., S. 143. 


— 


liegt der Grund wohl darin, daß hier die Fichte mehr 


mit Tanne, auch Buche, gemiſcht vorkommt, und 


die fo gemiſchten Beſtände, beſonders in Rückſicht auf 


die beiden letzteren Holzarten, „am angemeſſenſten, 
ſicherſten und wohlfeilſten“ zu einer ſolchen Verjüng⸗ 


ungsweiſe in Samenſchlägen führten. Ohnehin find 


Tanne und Buche ſturmfeſter, als die Fichte, 
und iſt für den Samenſchlag obiger Gebirge die Sturm⸗ 
Kahlſchlagbetriebes den Femelſchlagbetrieb ein⸗ 
z. B. für unſeren Harz’). 


gefahr vielleicht nicht von ſo großer Bedeutung, als 


Hinſichtlich der Verjüngungsweiſe der Kiefer 


wird in dem Waldbauwerke von Heyer⸗ Heß!) Folgen⸗ 


‘ 


des mitgeteilt: 

„In Norddeutſchland findet in Kiefernforſten aus⸗ 
ſchließlich Kahlſchlag⸗Wirtſchaft ſtatt; auch in Mittel⸗ 
und Süddeutſchland herrſcht dieſe Form vor. In Oſt⸗ 
preußen hingegen verjüngt man die Kiefer auf natür⸗ 
lichem Wege; auch in Bayern wird dieſe Methode hier 
und da angewendet.“ 

Der Femel⸗ oder Plenterbetrieb, die 
aͤlteſte Betriebsart, entſpricht wegen feiner bekannten 
Schattenſeiten nicht den heutigen, an den Wald zu 
ſtellenden Anforderungen und hat gegenwärtig nur 
noch „für ſehr rauhe und ſteile Lagen insbeſondere 
für die Hochgebirgsforſte, welche den Charakter als 
„Schutzwälder“ haben, ſowie bei kleinem Wald⸗ 
beſitz“ Bedeutung 4). | 

Obgleich nun bei Fichte und Kiefer der Kahl⸗ 
ſchlagbetrieb, in Verbindung mit künſt⸗ 
licher Kultur — in erſter Linie mit Pflanzung 
—, verglichen mit dem Femelſchlagbetriebe, 
viele ſehr erhebliche Vorteile bietet, und in den Gegen⸗ 
den, wo er fih, wie beſonders bei der Fichte, längſt 
eingebürgert hat, wichtige Ausſtellungen gegen den⸗ 
jelben bisher nicht erhoben find, fo treten doch in der 
neueſten Zeit, veranlaßt durch das verdienſtvolle, be⸗ 
rühmte Waldbauwerk Gayer's, Beſtrebungen hervor, 
den Kahlſchlag betrieb, wie er hauptſächlich bei 
den genannten beiden Nadelhölzern in ausgedehnter 
Anwendung ſteht, durch den gebräuchlichen Fem el- 
ſchlagbetrieb, beſonders aber durch die von Gayer 
empfohlene, plenterbetriebsähnliche, ungleich— 
alterige Form desſelben, zu erſetzen. Man geht 
dabei wohl in der Hauptſache von der Erwägung aus, 
der Femelſchlagbetrieb ſei naturgemäßer, ſtelle 

1) Il. Bd. S. 113. 

2) S. Burckhard's „Säen und Pflanzen“. 

3) 11. Bd. S. 148. 

9) II. Bd. S. 13. 


ſich infolge der natürlichen Verjüngung viel billiger 
und bewahre die Bodenkraft weit beſſer, als der 
Kahlſchlagbetrieb in Verbindung mit künſtlicher 
Wiederaufforſtung. 

Forſcht man nach den Gründen der Einführung 
des Kahlſchlagbetriebes bei der Fichte, ſo 
mußte fih ein folder ganz natürlich herausbilden, nach 
dem man ſich wohl überzeugt hatte, daß ein Ueber⸗ 
halten von Samenbäumen an vielen Orten wegen der 
Sturmgefahr ſich für die Beſamung der Schläge zwed: 
los erwieſen hatte. Weit mehr Erfolg mußten Kahl⸗ 
ſchläge mit Erwartung der natürlichen Beſamung vom 
ſtehenden mannbaren Beſtande her verſprechen. Natür⸗ 
lich durften die der herrſchenden Sturmrichtung ent: 
gegen zu führenden Fichten⸗Abtriebsſchläge wegen Er⸗ 
möglichung einer vollſtſtändigen Rand be ſamung 
nur eine geringe Breite — nach dem genannten 
Bürckhard'ſchen Werke etwa 3 Baumlängen — er⸗ 
halten ). 

Später vervollſtändigte man dieſe natürlichen Fich⸗ 
ten⸗Verjüngungen durch Saat, ſodann auch durch 
Pflanzung. Wo nun aber durch verheerende Sturm⸗ 
ſchäden große Blößen entſtanden waren, deren Auf— 
forſtung durch natürliche Randverjüngung unmöglich 
war, lag es nahe, zum Anbau der Fichte hauptſäch⸗ 
lich die leicht ausführbare, billige Saat zu verwen: 
den, während die Pflanzung nur zur Ausbeſſerung 
der Saat benutzt wurde. 

Leider wurden die Saaten anfangs viel zu dicht 
ausgeführt, was natürlich einen ſehr langſamen Wuchs 
derſelben zur Folge hatte. Schädigungen der Saat— 
pflanzen durch Gras und Forſtunkräuter führten all⸗ 
mählich mehr zu einem Verlaſſen der Saat und, be: 


84 


ſchuittes wörtlich folgen zu laffen. Derſelbe lautet nat 
der 3. Aufl. von 1867: 


„So find wir denn in dem einige Jahrhunder 


langen Entwickelungsgange unſerer hieſigen Fichten. 
zucht auf ihrem heutigen Standpunkte angelangt; «: 


ift noch der alte Kahlſchlag, den man nur kleiner 
machen möchte, aber es ift weder die vormalige Ber: 


jüngung durch Anflug, noch durch Saat, felbft di: 


ſonders in Norddeutſchland, zur faſt ausſchließlichen 


Anwendung der Fichten-Pflanzung deren Er⸗ 
folge äußerft zufriedenſtellend find. 


Aber ſelbſt da, wo eine Verjüngung der Fichte 
in Femelſchlägen möglich war und geübt wurde, 
durch Inſekten, Pilze, 


mußten ſich doch auch mancherlei ſchwerwiegende Uebel: 
ſtände geltend machen, von denen hier nur die Ab. 
hängigkeit des Betriebes von der Wiederkehr der Samen: | 
jahre — ungleiche Größe der Schläge —, ſowie die 


immerhin beſtehende Unſicherheit des letzteren durch 


Sturm⸗ und Graswuchsgefahr, erwähnt ſein mögen. 


Höchſt anziehend ift, wie Burckhardt in feinem be: | 
rühmten „Säen und Pflanzen“ die „Entwickelung der 


Fichtenzucht am Harz“ ſchildert. Es würde zu weit 
führen, hier näher darauf einzugehen und muß auf 
das bekannte obige Werk verwieſen werden. Nur möge 
es mir geſtattet fein, den Schlußſatz des betr. Ab: 


y In Heyer- Heß, Waldbau, II. Bd., 
Breite der Saunmicchläge für die Fichte mit nur 1—1,5 Baum- 
längen angegeben. 


S. 121, wird die 


| 
| 
| 
| 


| 


 Sturmfhäden.der Fidtenbeftande 


Büſchelpflanzung räumt, ungeachtet fie viel geleiſttt 
hat, mehr und mehr das Feld; es ift heute der Kahl: 
ſchlag mit Einzelpflanzung und n 
ſchulen.“ 

Wenn nun auch die Windbrudgefahr fics 
ein hauptſächliches Hindernis bei der allgemeineren 
Einführung des Femelſchlagbetriebes der Fichte 
bislang geweſen ift, fo verdient doch jetzt hervorge⸗ 
hoben zu werden, daß eine ſolche Gefahr infolge der 
bei allen Holzarten mit Recht ſehr in Aufnahme ge 
kommenen, naturgemäßen, die Standhaftigkeit und dit 
Zuwachsfähigkeit der Beſtände ungemein fördernden. 
ſtarken Durchforſtungen (C Grad), überhaupt durch 
eine rationelle Erziehungsweiſe in lockerem 
Kronenſchluſſe von Jugend an, wenn aih ih nicht 
ganz beſeitigen, jo doch aber wohl fih erheblich ver: 
mindern laffen wird, jo daß ſelbſt in weniger. ge: 
ſchützten Lagen bei der Fichte ein Verſuch mit 
der Verjüngung durch Femelſchläge einmal zu 
wagen ſein dürfte. 

Obiges Erziehungsverfahren würde auch noch in⸗ 
ſofern einer Einführung bezw. größeren Verbreitung 
des Femelſchlagbetriebes günſtig fein, als es eine früh: 
zeitigere, öftere und reichlichere Fruchbil: 
dung zur Folge hat. 

Weitere Vorbeugungsmaßregeln gegen 
ſind 


außer der genannten folgende: 


| 
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iy 


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a) Soweit möglich, Beimiſchung der Buche zur 
Fichte (zugleich gegen die, „den reinen Fichtenbeſtänden 
Schnee uſw. drohenden Ge: 
fahren“, ſowie zum Zwecke des Vogelſchutzes und der 
Waldverſchönerung zu empfehlen) „In finanzieller 
Beziehung ſteht aber der Miſchbeſtand hinter dem 
reinen Beſtand zurück!). 

Ebenſo erſcheint eine Einſprengung von W eip: 
tannen oder Lärchen in Fichtenbeſtände nützlich). 

b) Wahl kräftiger (verfdulter) Setzlinge bei 
der Pflanzung der Fichte, Meidung zu enger Ver⸗ 


| bände. 


c) Verſuch den Fichtenpflanzen in Kampen 
eine Pfahlwurzel anzuerziehen und beim Anbau 


1) S. Heyer⸗Heß, Waldbau II, S. 116. Ferner „Forſtw. 
Zentralblatt“, Heft Juni u Juli v. eae 
2) S. Heß, Forſtſchutz. 


r- 


che Pflanzen zu benutzen — der Koſtenerſparung 
gen etwa nur diejenigen, die den künſtigen Haubar⸗ 


itsbeſtand bilden ſollen —, um vielleicht ſo eine grad zu erhalten. 


85 


Wir müſſen daher ſtets darauf bedacht fein, dem 
Waldboden einen ausreichenden Feuchtigkeits⸗ 
Das geſchieht ja nun einfach da⸗ 


-ößere Sturmfeſtigkeit der Stämme zu erreichen. durch, daß wir durch angemeſſenen Beſtandesſchluß 
uch bei der Mitverwendung der Buche ware ein 


duliches Verfahren verſuchsweiſe zu beobachten !). 

d) 
rantel von Eichen, Eſchen, Bergahorn, 
VLeißtannen, Kiefern — je nach den Stand: 
rtsverhältniſſen — oder auch gewöhnlicher Wald: 
näntel — mit nieder: oder mittelwaldartiger Be: 
tockung —, nicht allein an den Rändern, ſondern 
ud im Inneren größerer, reiner Fichtenbeſtände, 
do fie auch zugleich Schutz gegen austrocknende Winde 
emdbren würden 2). 

Bei einer Vergleichung des Femelſchlagbe⸗ 
riebes mit dem Kahlſchlagbetriebe bezw. 
bei der Wahl dieſer Betriebsarten muß ſelbſtverſtänd⸗ 
lich in erſter Linie deren Wirkung auf den Boden 
maßgebend ſein; denn alle unſere forſtlichen Maß⸗ 
nahmen müſſen ſtets mit möglichſter Sorgfalt ſo ge⸗ 
troffen werden, daß die Bodenkraft erhalten und 
vermehrt wird und Rückgänge derſelben entſchieden ver⸗ 
mieden werden, zumal ja beim Forſtbetriebe — ab⸗ 
geſehen von Forſtgärten, Oedländereien, mageren Sand⸗ 
böden uſw. nicht, wie bei der Landwirtſchaft, Stall⸗ 
düngung und künſtliche Düngung, neben intenſiver 
Bodenbearbeitung, zur Anwendung gelangen können. 

Weiter bleibt aber auch zu berückſichtigen, daß „die 
Holzpflanzen, im Vergleiche zu den Agrikulturgewächſen, 
dem Boden weit weniger Mineralbeſtandteile entziehen 
und unter dieſen vorzugsweiſe ſolche, welche ſchon reich⸗ 
lich in den Böden vorkommen und am leichteſten ſich 
aufſchließen“ 3). 

Hauptſache bleibt. daß dem Waldboden der Laub⸗ 
bezw. Nadelabfall der Beſtände als Rückerſatz für die 
durch letztere entzogene Boden⸗Nährſtoffe verbleibt. 

Von den phyſikaliſchen Bodeneigenſchaften iſt 
die Feuchtigkeit von größter Wichtigkeit, da das 
Waſſer nicht allein Pflanzen⸗Nährſtoff, ſondern auch ein 
Loͤſungsmittel für die Mineralſtoffe des Bodens iſt 4). 

') Juli⸗Heft des „Forſtw. Zentralblattes“ v. 1913. 

) Intereſſant dürfte es auch fein, einmal zu unter: 
ſuchen, ob mit der Tiefe der Bodenſchichten vielleicht deren 
Schalt an mineraliſchen Pflanzennährſtoffen etwas zunimmt. 
Ware dies der Fall, ſo würde die Verwendung ſo bewur— 
zeltet Pflanzen nicht allein durch Zuführung einer größeren 
Menge an Feuchtigkeit, fondem auch an jenen Stoffen 
günſtig auf das Wachstum der Holzpflanzen einwirken. 
Auguſt⸗Heft d. Bl. v 1908. 

) S. Heyer⸗Heß, Waldbau, I. Bd., S. 33. 
Bezüglich der großen Bedeutung des Waſſers für die 
Volzbeſtäade dürften folgende Notizen bemerkenswert fein. 

a) Wie Profeſſor Hausrath in Karlsruhe in ſeinem in⸗ 
tereſſanten Werkchen: „Der deutſche Wald“ („Aus Natur 

1916 


Rechtzeitige Anlegung fturmfefter Wind: | 
die Quelle aller Bodenfeuchtigkeit, die atmoſphäriſchen 
Niederſchläge, nicht zu ſehr durch die Baumkronen 


eine zu ſtarke Verdunſtung der Bodenfeuchtigkeit verhin⸗ 


dern. Andererſeits darf aber der Beſtandesſchluß auch 


wiederum nicht ein ſo vollſtändiger ſein, daß 


vom Boden zurückgehalten werden, es würde dieſer 


ſonſt durch Austrocknung leiden, und der in dicht 
geſchloſſenen Beſtänden angeſammelte Rohhumus 
würde wegen mangelnder Feuchtigkeit ſich nicht in 
milden, der Vegetation zuſagenden Humus um⸗ 
wandeln können; das Humuskapital würde alſo den 
Beſtänden nicht den vollſtändigen Nutzen gewähren, 
oder doch erſt nach längeren Jahren gegen Ende der 
Umtriebszeit, wenn bei beginnender natürlicher Ver⸗ 
jüngung die Stellung der Vorbereitungs- und Samen: 
ſchläge eine Unterbrechung des Kronenſchluſſes 
nötig macht. 

Demnach wird es das Richtige ſein, daß wir unſere 
Holzbeſtände nicht in einem dichten, ſondern nur 
in einem lockeren Kronenſchluſſe erziehen, wie ein 
ſolcher bekanntlich von Bohdanecky und Schiffel bei 
der Fichte mit beſtem Erfolge angewendet wird und 
wie er ſich ſeit einer Anzahl von Jahren durch Ein⸗ 
führung der ſtarken Durchforſtung bezw. der H od: 
durchforſtung bei unſeren Hauptholzarten den ver⸗ 
dienten Eingang verſchafft hat. 

Ohnehin iſt ja, wie bereits früher erwähnt, dieſe 
Erziehungsweiſe naturgemäßer, ſichert durch not⸗ 
wendige größere Einwirkung des Lichtes auf die 
Baumkronen eine kräftige Ausbildung der Stämme und 
läßt daher einen guten Zuwachs neben größerer 
Widerſtandsfähigkeit erwarten. Dabei wird 
infolge zeitigerer, häufigerer und reichlicherer Frucht⸗ 
erzeugung zugleich die natürliche Verjüngung ſehr ge⸗ 
fördert. 


und Geiſteswelt“, Bändchen 153), Seite 15, anführt, hat 
„Hohnel berechnet, daß 1 ha 115 jährigen Buchenwaldes wäh— 
rend der Vegetationszeit 3 500 000 —5 400000 Liter Waſſer 
braucht“. Die Niederſchlagmenge in Deutſchland ſoll nach 
Hausrath „überall den Bedürfniſſen unſerer Waldbäume ge— 
nügen“. 


b) In dem „Botaniſchen Bilderatlas von Hoffmanns 
Dennert, 3. Aufl. von Prof. Dr. Dennert, 1911, wird in 
dem Abſchnitte: „Die Pflanze und das Waſſer“, Seite 19, 
geſagt: „Die verdunſtete Waſſermenge kann ſehr groß ſein: 
man hat berechnet, daß große Bäume täglich über 100! 
abgeben können. Natürlich iſt dieſe Menge von vielen Um— 
ſtänden abhängig (Boden, Klima, Beſonnung, Temperatur 
der Luft); jedenfalls verſorgt die Pflanze, beſonders alſo der 
Wald, die Luft mit großen Mengen von Waſſer“. 

12 


Durch den von den Mutterbäumen gewährten 
Bodenſchutz ift nun allerdings der Femelſchlagbetrieb 
gegen den Kahlſchlagbetrieb im Vorteil. 


Hinſichtlich der Einwirkung auf den Boden laſſe 
ich hier die Vorteile und Nachteile folgen, wie 
ſie in dem mehrerwähnten Waldbauwerke von Heyer⸗ 
Heß, II Bd., S. 16, beim Femelſchlagbetriebe 
im allgemeinen hervorgehoben ſind: 

a) „Die Mutterbäume erhalten nicht bloß die vor: 
handene Bodenkraft, ſondern vermehren ſie auch durch 
ihren Laubabwurf (Bereicherung der oberen Erdſchichten). 
Die Gefahr der Verunkrautung iſt bei rationeller Wirt⸗ 
ſchaft entweder gar nicht oder nur im geringen Grade 
vorhanden. 


b) Der Nachwuchs leidet entweder gar nicht oder 
nur unter gewiſſen Umſtänden (bei Löcherhieben) durch 
Froſt, Sonnenbeſtrahlung und austrocknende Winde; 
daher bleibt die Bodenfeuchtigkeit mehr erhalten. Aller⸗ 
dings darf dabei nicht überſehen werden, daß durch 
den Ueberhalt die Feuchtigkeitszufuhr zu den jungen 
Pflanzen geſchmälert wird, weil die Mutterbäume be⸗ 
deutende Waſſerquantitäten aus dem Boden für ſich 
beanſpruchen und einen großen Teil der atmoſphäri⸗ 
ſchen Niederſchläge mit ihren Kronen auffangen. Auch 
wird die Taubildung durch den Oberſtand weſentlich 
vermindert, und die von den einzelnen Stämmen re⸗ 
flektierten Sonnenſtrahlen wirken ſehr austrocknend. 
Auf armen, trocknen, flachgründigen Böden, wo dieſe 
Uebelſtände ſich beſonders bemerklich machen, kann hier⸗ 
durch dieſer Nutzen der Beſchattung mehr als aufge- 
wogen werden.“ 

Hierzu möchte ich Nachſtehendes bemerken: 

Intereſſant und von Wichtigkeit dürfte es ſein, 
wenn von den forſtlichen Verſuchsanſtalten einmal bei 
anhaltend trockenem Sommerwetter, bei derſelben Holz— 
art, demſelben Alter und unter den gleichen Stand— 
ortsverhältniſſen, der Boden in je einem voll: 
ſtändig geſchloſſenen und in je einem nur locker 
geſchloſſenen Beſtande, ferner in je einem Hemel: 
ſchlage — vor und nach der natürlichen Beſamung 
— ſowie auf je einem friſchen Kahlſchlage einer ver— 
gleichenden Unterſuchung, auf ſeinen durchſchnittlichen 
Feuchtigkeitsgehalt unterzogen würde. Am 
beſten würde es ſelbſtredend ſein, wenn letztere auf jede 
unſerer Hauptholzarlen und verſchiedene Standorts— 
verhältniſſe ausgedehnt werden könnte. Die betreffen: 
den annähernden Zahlen würden natürlich auch nach 
dem Lichtgrade der Schlagſtellungen verſchieden fein. 
Für die vorliegende Arbeit würden Unterſuchungen 
bei Fichte und Kiefer ein beſonderes Intereſſe be— 
anſpruchen. 


Es iſt hohe Zeit, daß ſich unſere forſtliche Praxis 


86 


auf derartige exakte Zahlenangaben und nicht bloß ar 
unbewieſene Meinungen ſtützen kann. 

Den obigen, nach dem gen. Werke mitgeteilt: 
Einwirkungen des Femelſchlagbetriebes ar 
den Boden mögen die dort weiter aufgeführte 
hauptjadlidjten ſonſtigen Vorteile dieſes Betrieb: 
folgen: 

c) „Man gewinnt an den Mutterbaͤumen während 
der Verjüngungsdauer einen beträchtlichen Lichtung⸗ 
zuwachs und erzieht — zumal bei langer Verjüngung⸗ 
dauer — wertvolle Starkhölzer.“ 

Bei den beiden, hier in Betracht kommenden Nade! 
hölzern: Fichte und Kiefer, hat wegen deren kurz: 
Verjüngungsdauer dieſer Zuwachs keine bejonder 
Bedeutung. Nur bei einem Lichtungs- oder etwa br 
einem Ueberhalt⸗ Betriebe — auf kräftigem Boden 
und bezw. in geſchützter Lage — würde er von Br 
lang ſein. 

d) „Die Inſektengefahr und gewiſſe Jugendkrank 
heiten find geringer als in Kahlſchlagwäldern.“ 

e) „Die Kulturkoſten fallen entweder ganz weg. 
oder ſtellen ſich doch niedriger als beim Kahlſchlag⸗ 
betriebe mit künſtlicher Nachbegründung.“ 

Ta, wo übrigens Bodenbearbeitungen in den 
Samenſchlägen, Ausbeſſerungen der Verjüngungen und 
zeitige Ausläuterungen zu dichter Stellen der natür | 
lichen Anſamungen nötig werden, ſind geringere oder 
größere Koſtenaufwendungen unvermeidlich. | 

Schließlich wird noch geſagt: „Hiernach empfiehlt 
fich diefe Verjüngungsmethode vorzugsweiſe für zärtliche 
Holzarten, wie Rotbuchen und Weißtannen, zumal in 
rauhen oder den Spätfröſten exponierten Lagen, ferner 
auf freiliegenden Bergkuppen, an ſteilen, mit grobem 
Felsgerölle bedeckten Hängen, überhaupt in Gebirgen.“ 

Als größerer Nachteil des Femelſchlagbe; 
triebes muß immerhin, wie erwähnt, die Sturm: 
gefahr, in erſter Linie bei der Fichte, hervorge⸗ 
hoben werden. Man wird daher dieſen Betrieb hier 
mehr auf geſchützte Lagen beſchränken; doch wird 
ſich jene Gefahr durch die empfohlenen Erziehungs⸗ 
maßregeln auch ſehr verringern laſſen. Der Betrieb 
eignet ſich übrigens bei Fichte und Kiefer Haupt: 
ſächlich nur für beſſere Böden. | 

Bei der Erörterung des üblichen Femelſchlagbe⸗ 
triebes darf ſelbſtredend die von Gayer in feinem be 
rühmten „Waldbau“ beſchriebene horſtmäßige Form 
dieſes Betriebes nicht unerwähnt bleiben. Indem ich 
auf dieſes Werk verweiſe, möchte ich zugleich auf die 
in dem „Waldbau“ von Heyer:Heß, Bd. II, S. 17. 
aufgeführte Vorteile und Nachteile des Gayer'ſchen 
Betriebes aufmerkſam machen. Da nach dern letztge⸗ 
nannten Werke die Vorzüge dieſer Betriebsform „auch 
bei ſach⸗ und ortsgemäßer Anwendung des Heyer'ſchen 


enelichlag: Betriebs erreicht werden, ohne daß man 


rößere Nachteile mit in Kauf zu nehmen braucht“, 


nd da vergleichende Unterſuchungen über die Reſultate 


87 


möge nun zum Vergleich der Kahlſchlagbetrieb 
einer näheren Betrachtung unterzogen werden, und 
zwar zunächſt die äußere Beſchaffenheit der Kahl: 


cider Femelſchlagformen noch nicht vor. ſchläge, wie fie fih meiſt bei den ſehr verbreiteten 
tegen, fo haben wir keine Veranlaſſung, die ge- Fichten-Abtriebsſchlägen zeigt. 


Dräuchliche Heyer fhe Femelſchlagform 
durch die Gayer’ fhe Betriebs form zu erſetzen. 
Für die in vorſtehender Arbeit beſonders zu berück⸗ 
fichtigende Fichte und Kiefer ift die Angelegenheit 
ohnehin nicht von großer Wichtigkeit. 

Zum Schluſſe des Abſchnittes über den letzteren 
Betrieb heißt es in dem Heyer⸗Heß'ſchen Werke: „Die 
Holzart, für welche dieſer Betrieb ſeine hauptſächliche 
Bedeutung beſitzt, iſt die Weißtanne. Vollmaſten 
der Buche ſind zu ſelten; auch iſt dieſe keine Nutzholz⸗ 
art). Für die Fichte eignen fih femelartige Betriebe 
— wegen der Sturmgefahr — in der Regel nicht, und 
für reine Beſtände aus Lichtholzarten (Eiche, Kiefer, 
Lärche) kann die Gayer'ſche Femelſchlagform überhaupt 
nicht in Frage kommen.“ 

Bei der Weißtanne wird in jenem Werke, 
S. 103, noch beſonders betont, daß für die lange Ver⸗ 
jüngungsdauer (Gayer's Femelſchlagform)“, wie ſie im 
badiſchen Schwarzwalde üblich ſei, „bedeutender Lich⸗ 
tungsanſehnlicher Wertzuwachs und geringere Kultur⸗ 
nachhilfe“ ſpreche. 

In geſchützten Lagen, auf kräftigen Böden 
und falls beim Femelſchlagbetriebe der Fichte der Mut⸗ 
terbeſtand durch vorangegangene ſtarke Durchforſt⸗ 
ungen widerſtandsfähig erzogen iſt, könnte behufs Er⸗ 
hung von Starkhölzern auch einmal ein Ber: 
ſuch mit einem eigentlichen Lichtungs betrieben) 
ausgeführt werden, der beim Gelingen infolge des 
Lichtungszuwachſes ſich ſehr vorteilhaft erweiſen würde. 

Da, wo wegen Graswüchſigkeit des Bodens ein 
Criolg der natürlichen Verjüngung der Fichte durch 
Samenſchläge nicht zu erwarten iſt, und wo bei Kahl⸗ 
ſclaͤgen Froſtſchäden zu befürchten find, wäre eine 
Unterpflanzung mit allmählicher Lichtung des Schutz 
beſtandes (Schirmſchlagform) zu verſuchen 3). 

Sehr lehrreich würde es ſein, wenn durch einge⸗ 
ltitete Verſuche bei der Fichte die übliche Heyer'ſche 
Femelſchlagform mit der Gayer'ſchen, ſowie mit dem 
Lichtungsbetriebe untereinander und mit dem Kahl⸗ 
ſclagbetriebe in derſelben Oertlichkeit nach ihren Er: 

folgen verglichen werden könnten. 

Nach der vorſtehenden Erörterung der Vorteile 
und Nachteile uſw. des Femelſchlagbetriebes 


) Für verſchiedene Gegenden ift übrigens in neuerer 
Zei bekanntlich auch die Buche in die Reihe der Nutzholz— 
Aten getreten. 

) S. Heyer⸗Heß, Waldbau, II. Bd., S. 139. 
) S. Heyer ⸗Heß, Waldbau, II. Bd., S. 115. 


| 


Da, wo auf dieſen Stöcke von geringer Höhe 
zum Zwecke der Rodung belaſſen werden, wie wohl 
meiſt z. B. im Harze üblich, findet letztere im folgen⸗ 
den Frühjahr und Sommer ſtatt. Das gewonnene 
Stock⸗ und Wurzelholz wurde bisher ſodann an Ort 
und Stelle in Meilern verkohlt. In neuerer Zeit 
wird aber auf den Eiſen⸗Hüttenwerken zur Ausnutzung 
der wertvollen Nebenprodukte der Holzdeſtillation (Holz⸗ 
eſſig, Holzteer, Holzgeiſt uſw.) mehr die Retorten⸗ 
verkohlung angewendet, bei der ebenfalls die Kohle 
als Rückſtand verbleibt. 

Die auf den Abltriebsſchlägen erfolgten Hölzer 
werden nach den vorgeſchriebenen Bau⸗, Nutz⸗ und 
Brennholzſortimenten — mit Ausnahme der ſtärkeren 
Bloch⸗ und Balkenhölzer — an die Abfuhrwege ge- 
rückt oder in Reihen geordnet und in Haufen bezw. 
Raummaßen aufgeſchichtet. Eine ſolche Anordnung der 
Hölzer auf dem Schlage iſt wegen Erleichterung der 
Numerierung, Abnahme und Kontrolle ſeitens der 
Forſtbeamten, ſowie um den Käufern eine gute Ueber⸗ 
ſicht zu ermöglichen, ſelbſtverſtändlich durchaus not: 
wendig. i 

Zur Verhütung von Borkenkäferfraß werden wenig⸗ 
ſtens alle etwas ſtärkeren Stämme entrindet. Die 
etwa vom Käfer befallene Rinde wird verbrannt, die 
übrige bleibt auf dem Schlage liegen. 

Das Ausaͤſtungsreiſig wird — ſoweit es nicht zur 
Aufarbeitung gelangt — bei zu ſtarker, die nachfol⸗ 
gende Pflanzung hindernder Lage, auf der Abtriebs⸗ 
fläche verbrannt, und die Aſche auf letzterer ver⸗ 
teilt. Bildet das Reiſig kein zu läſtiges Hindernis, 
wird es auf der {Fläche belaſſen. 

Auf den Nadelholz-Abtriebsſchlägen bildet ſich nun 
infolge der Freiſtellung bald ein meiſt dichter Grad: 
und Unkrautüberzug. Ein ſolcher hat beſon⸗ 
ders nachſtehende ſchädliche Wirkungen: 

a) Er verwurzelt den Boden und iſt der Kultur 
hinderlich. 

b) Er entnimmt dem Boden mineraliſche Nährſtoffe, 
die alſo den Holzpflanzen entgehen. 

c) Er unterdrückt junge Holzpflanzen durch Ent: 
zug von Licht, Wärme, Luft, Tau, Regen 

d) Er trocknet und magert als dichter Filz 
einen an und für fidh zſchon! trockenen Boden 
teils durch Abhaltung der Luftfeuchtigkeit und der 
wäſſerigen Niederſchläge vom Boden, teils dadurch 
um ſo mehr aus, als „die Gräſer durch ihre 

Wurzeln ſehr große Waſſermengen konſumieren 

12* 


88 


und durch die Transpiration ihrer oberirdiſchen | intereffant, zu unterſuchen, ob und welche mm: 

Organe wieder abgeben!)“. liſchen Nährſtoffe durch diefe Pflanzen vorwiegend d. 

Die Nützlichkeit der Forſtunkräuter würde außer [Boden entzogen werden. Es ließe fid) darnach '- 

ihrem unmittellaren Nutzen hauptſächlich tin Folgen- | ftellen, inwieweit die angebauten Holzpflanzen viell. 
dem beſtehen: . in der Aufnahme dieſer Stoffe beeinträchtigt wert: 
a) Sie erhalten durch Abhaltung der direkten Son— 4. Unterſuchung, in welchem ungefähren Ti: 
nenſtrahlen vom Boden dieſen friſcher und ſchützen. eine Vermehrung jener Nährſtoffe und des Feud: 

bei entſprechender Höhe und nicht zu dichtem keitsgehalts des Bodens durch Verweſung der Unfr.. 

Stande zarte Holzpflanzen in exponierten Oertlich⸗ ter bewirkt wird. 

keiten gegen Froſt, austrocknende Winde und Die Schlagruhe bei dem Fichten ⸗Kahlſchl.⸗ 

Hitze). betriebe bis zur Bepflanzung der Schlagflächen ift: 

b) Durch ihre Verweſung bereichern fie den Boden wöhnlich eine zwei- bis dreijährige. 

an mineraliſchen Nähritoffen?). Burckhardt äußert fih darüber in feinem voni 

Hinſichtlich der Erforſchung des Einfluſſes der Forft lichen „Säen und Pflanzen“ bei Abhandlung der Sor 
unkräuter auf den Boden der Kahlſchläge wür⸗ der Fichte folgendermaßen: „Weder im Rohhume 
den etwa nachſtehende Verſuche und Unterſuchungen noch in einer Mineralerde findet der Samen t 
von Intereſſe ſein: paſſendes Keimbett“. Fichtenabtriebsſchläge haben! 

1. Wahrend anhaltend trockener Sommerwitte- der Regel eine mehr oder minder ſtarke Decke bon 
rung wären einesteils von Unkraut befreite, andern: | Rohhumus, der man weder eine Saat noch Pflanzun 
teils von demſelben ſtark überzogene, kleine Probe- anvertrauen darf. Durch ſtreifenweiſes Reinigen ode 
Bodenflächen in der gleichen Oertlichkeit auf ihren un- durch landwirtſchaftliche Benutzung, ſonſt durch ent 
gefähren Feuchtigkeitsgehalt zu unterſuchen ſprechende Schlagruhe wird der Rohhumus unſchädlic 
und die Ergebniſſe miteinander zu vergleichen. gemacht. 

Zugleich wäre jeftzuftellen, inwieweit annähernd Bei Erörterung der Pflanzung der Fichte hein 
es: „Der Rohhumus der friſchen Abtriebsſchlä 
| iit der Fichte in folder Form nicht zuträglich; gemei 
lich läßt man daher den Schlag vor der Bepflanzun: 
| einige Jahre ruhen, damit teils der Rohhumus L 

Probeflächen nach Regenwetter anzuftellen, um zu er- zerſetze und mild werde. auch der zu lofe Boden hd 
mitteln, wie viele Negenfeuchtigfeit annähernd ! dichte, teils die größere Gefahr des Rüſſelkäfers vor; 
durch die Unkräuter vom Boden abgehalten wird. übergehe. Indes hält man es mit dieſer Schlagrul 
| 
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| 


die infolge der direkten Einwirkung der Sonnenſtrahlen 
auf den Boden verurſachte Erhitzung desſelben eine 
Ermäßigung durch die Unkrautdecke erfährt. 

2. Eine ähnliche Unterſuchung waͤre auf dieſen 


Ebenſo wäre an klaren Sommertagen der Entzug des je nach Oertlichkeit, Betrieb und Erfahrung ſehr vet 
Taues feſtzuſtellen. Natürlich ſind die betr. Feuch ſchieden. Am einen Orte liegt der Fichtenſchlag un 
tigkeitsmengen nach Art und Stand der Unkräuter 
verſchieden. 

3. Da, wo beftimmte Forſtunkräuter maſſen⸗ 
haft auf den Schlagflächen ſich vorfinden, wäre es 


ein Jahr lang, währenddem die Stuckenrodung tF; 
folgt, am andern erfordern Rüſſelkäfergefahr, ġol; 
vertrieb und Köhlerei ein zweites, ſelbſt drittes Jaht 
Bezüglich des Rohhumus muß übrigens be 
merkt werden, daß da, wo bei der Fichte die ratr 
) Daſelbſt S. 131. nellen ſtarken Durchforſtungen als wichtige Erziehung 
3) Näheres über Schädlichkeit und Nützlichkeit der Forſt⸗ maßregel eingeführt find, der angeſammelte Rohhumus | 
1 $ $ : : r È , , f | 
* on N * 1 a ſich aus bekannten Gründen bald in milden, dei 
jnt fein, daß auf Fichten-Abtriebsſchlägen mit | Beſtand tt d 8 umwandel 
friſchem humoſem Boden vieler Formationen, wie bekannt, eſtande mehr gugu ommen en Humu 11 
fofort nach dem Abtriebe der rote Fingerhut (Digitalis pur- und daher lediglich in Rückſicht auf den Boden em, 
purca) oder auch das Weidenröschen (Mpilobium angusti- eigentliche Ruhezeit der Abtriebsſchläge vor dert 
folium) maſſenhaft erſcheinen. Dieſes Auftreten der beiden Bepflanzung nicht nötig erſcheinen dürfte. Meiſtens 
Schlagpflanzen wird darauf een daß höchſtwahrſchein⸗ erfordern aber ſchon die letztgenannten obigen Rid: 
lich ſchon feit Generationen Fichtenbeſtände in denſelben , : Schlag 
Oertlichkeiten vorhanden geweſen ſind, da jene Pflanzen ſich ſichten die Innehaltung einer angemeſſene 
hauptſächlich auf großen Kahlflachen zeigen, und dieſe wohl ruhe. . 
nur in Fichtenbeſtänden — nicht in Laubholzbeſtänden Zum Zwecke einer richtigen Vergleichung des Kahl! 
üblich waren oder leicht durch Sturmverheerungen entſtehen | ſchlagbetriebes mit dem Femelſchlagbe' 


9 5 ’ » } S , ? s i ` 13 
konnten. Man muß en daß die Samen der gen triebe wird es empfehlenswert ſein, nunmehr de 
Forſtunkräuter ſich lange Jahre keimfähig im Boden er— PR Bu : teile des 
halten und auf den Abtriebsflächen infolge der Einwirkung hauptſächlichſten Vorteile und Na ch 


l Dar "i 
von Luft, Wärme und Licht zum Keinen gebracht werden. | ET ſteren Betriebes überſichtlich zuſammenzuſtell 


i S. Heß, Forſtſchutz, 2. Aufl., II. Bd., S. 132. 


ichdem beim Femelſchlagbetriebe bereits das 
Otige erörtert iſt: 
I. Vorteile bezw. günſtige Eigenſchaften des Kahl⸗ 
ſchlagbetriebes. 
. In bezug auf Erhaltung der Boden: 
güte. 

1. Soweit durch die Stockrodung bei Fichte 
ind Kiefer nicht auch die ſchwächeren Wurzeln mit 
ur Nutzung gelangen, ſondern dem Boden verbleiben, 
errotten fie und tragen zur Verbeſſerung des Bodens 
der Abtriebsſchläge bei. Zugleich wirkt die mit der 
Rodung verbundene Bodenlockerung (Einebnung der 
Stocktöcher) auf den Wuchs der angebauten Holz: 
angen günſtig. 

Eine Unterſuchung des Feuchtigkeitsgehaltes des 
Bodens einesteils auf den eingeebneten Stocklöchern, 
andernteils auf den Zwiſchenräumen würde dieje Wir: 
kung deutlich zeigen. 

Die Aſche, die durch Verbrennung des zu den 
Feuern der Holzhauer behufs Speiſenkochung benutzten 
Holzes zurückbleibt, beſſert gleichfalls bei ihrer Ver 
teilung auf der Fläche den Boden. 

2. Das auf den Schlägen verbliebene Reiſig und 
die belaſſene abgeſchalte Rinde — ſoweit ſolches Ma⸗ 
terial nicht benutzt wird — üben zunächſt durch Boden: 
deckung eine günſtige Wirkung auf die Feuchtigkeits⸗ 
ethaltung des Bodens aus!). Nach der Verrottung 
düngen ſie den letzteren. Werden ſie verbrannt, ſo 
wirkt die verteilte Aſche ebenſo. 

3. Das bei der Fällung und Aufarbeitung dem 
Boden verbleibende Sägemehl, ſowie die Hau: 
ſpäne, nützen gleichfalls durch Verrottung, wenn es 
N hier auch nur um unerhebliche Mengen handeln 

unn. 

4. Wo das gewonnene Stockholz etwa noch in 
Deilern verfohlt wird, wirkt die auf den Meiler, 
telen zurückbleibende Kohlenftübbe uſw. als Boden: 
cungung. Jene verbeffert die phyſikaliſchen Eigen: 
ſcaften des Bodens durch ihre Hygroſkopizität 2). 

5. Die auf den Abtriebsflächen aufgeichichteten 
Autz- und Brennhöͤlzer verhindern, fo lange 
e im Walde lagern, eine zu raſche Verdunſtung der 
Vodenfeuchtigkeit auf den Lagerſtellen und ſchützen 
gegen Unkrautwucherung. 

1 Allerdings erhitzen fih bekanntlich die von dem Fid- 
lenreifig abgefallenen trockenen Nadeln ſtark und wirken 
inſofern ungünſtig auf den Boden. 


S. „Beobachtungen über Erhitzung der Bodenoberfläche 


" Jahre 1914“. Vom Kgl. Forſtamtsaſſeſſor Dr. Münch. 
‚Naturwiffenfchaftliche Zeitichrift für Forſt⸗ und Landwirt» 
air" 1915, S. 249 u. f. (Beſprochen von Herrmann in 
der „Forſtlichen Rundſchau“, Heft 9 v. 1915). 

*, S. Heyer⸗Heß, Waldbau, I. Bd., S. 233. 


89 


6. Die oft maſſenweiſe auftretenden Forſtun⸗ 
kräuter ſchützen den Boden, wie bereits früher er⸗ 
waͤhnt, gegen zu ſtarke Erhitzung durch die direkten 
Sonnenſtrahlen und gegen eine zu raſche Verdun: 
ſtung der Feuchtigkeit; außerdem düngen ſie den 
Boden bei ihrer Verweſung. 

7. Etwaige Steine auf den Abtriebsſchlägen 
wirken ebenfalls günftig auf Erhaltung der Boden: 
feuchtigkeit. 

8. Die atmoſphäriſchen Niederſchläge 
werden nicht durch Baumkronen zum Teil vom Boden 
zurückgehalten und können — ſoweit ſie nicht durch 
dichtſtehende Forſtunkräuter behindert ſind — dem 
Boden in vollem Maße zugutkommen. 

9. Die von den Wurzeln des Abtriebsbe⸗ 
ſtandes während deſſen Vorhandenſeins aus dem 
Boden aufgenommene beträchtliche Feuchtigkeits⸗ 
menge verbleibt — ſoweit ſie nicht verſickert — dem 
Boden. 


B. Sonſtige Vorzüge des Kahlſchlag⸗ 
betriebes. | 

1. Dem Femelſchlagbetriebe gegenüber zeichnet er 
ſich durch große Einfachheit aus. 

2. Er ,geftattet die größte Freiheit in der An: 
lage, Form und Größe der Schläge, welcher Vorzug 
für Fichtenkahlſchlagwälder von beſonderer Bedeu⸗ 
tung iſt.“ 

3. Er „bleibt unabhängig von dem Fruchlbarkeits⸗ 
eintritt der zu verjüngenden Beſtände, ſowie von der 
Wiederkehr der Samenjahre.“ 

4. „Mit den Mutterbäumen fallen auch die Sturm⸗ 
ſchäden und die Beſchädigungen an dem Nachwuchſe 
durch die Holzernte hinweg.“ | 

5. Man erzieht gleichförmigere und überhaupt 
beſſere Beſtände“ als beim Femelſchlagbetriebe '). 

II. Nachteile des Kahlſchlagbetriebes. 

1. Durch den direkten Zugang der Sonnenſtrahlen 
zum Boden, beſonders im Sommer, kann jener, dem 
Jemelſchlagbetriebe gegenüber, durch zu ſtarke Aus 
trocknung und Vermagerung leiden, wenn der 
Bodenſchutz durch Unkräuter ſich ungenügend erweiſt; 
dieſelbe ungünſtige Wirkung können trockene Winde 
ausüben. j 

2. Infolge ungehinderten Lichteinfluſſes kann 
ein humoſer Boden durch Unkrautwuche rung 
benachteiligt werden 2). 


1) Im weiteren darf ich auf Heyer⸗Heß, Waldbau, II 
Bd., S. 18 u. 123 verweiſen. 

2) Vorteile und Nachteile der Forſtunkräuter auf den 
Abtriebsſchlägen ſind früher bereits hervorgehoben. 

Die genannten Nachteile zu 1 und 2 äußern ſich na— 
türlich je nach der Dauer der Schlagruhe und je nach den 
Standortsverhältniſſen in verſchiedenem Maße. Wiſſen wir 


3. Der Kahlſchlagbetrieb erfordert ſelbſtredend einen 
größeren Aufwand an Kulturkoſten, als der Femel⸗ 
ſchlagbetrieb, doch werden die Mehrkoſten durch die 
Vorteile des erſteren, ſowie bei der Pflanzung durch 
den Altersvorſprung der Pflänzlinge wohl meiſt reich: 
lich aufgewogen !). 

In dem mehrerwähnten „Waldbau“ von Heyer⸗ 
Heß (II. Bd., S. 19) wird bezüglich der Nachteile der 
Kahlſchlaͤge geſagt: „Allerdings ſind mit größeren 
Kahlſchlägen (Breitſchlaͤgen) die Gefahren der 
Verunkrautung, Vermagerung und Verhärtung des 
Bodens verknüpft, ſo daß leicht ein Zurückgang des 
Holzwuchſes von Geſchlecht zu Geſchlecht ſtattfindet. 
Auch leiden die auf den ſchutzloſen Schlägen begrün⸗ 
deten Kulturen vielfach von Froſt, Hitze, Winden, 
Krankheiten (Schütte) und Inſekten (Maikäfer, Rüſſel⸗ 
käfer uſw.). 

In Hochlagen kommen an ſteilen Hängen die Ge: 
fahren durch Bodenabſchwemmung und Bodenabrutſch— 
ungen, ſowie nachteilige Einwirkungen auf das Regime 
der Gewäſſer hinzu. Man muß daher hier unter 
ſolchen Verhältniſſen von der Kahlſchlag-Wirtſchaft 
abſehen.“ 

Ferner heißt es in demſelben Bande, S. 144, in 
dem Abſchnitte über die Anwendbarkeit des Femel⸗ 
ſchlagbetriebes bei der Kiefer: „Es ſoll nicht 
in Abrede geſtellt werden, daß mit größerer Aus: 
dehnung der Kahlſchlag-Wirtſchaft die Enger⸗ 
lingskalamität zugenommen hat, weil die Maikäfer⸗ 
weibchen ihre Eier lieber an freien als an beſchatteten 
Orten ablegen. Auch tritt die Schütte und der Schaden 
durch Dürre in Kahlſchlägen meiſt verderblicher 
auf als in Femelſchlägen. Allein ein Durch— 
ſchlagendes Mittel gegen diefe Feinde tft überhaupt 
noch nicht gefunden. Andererſeits könnte aber durch 
die Femelſchlag⸗Wirtſchaft der Inſektengefahr inſofern 
Vorſchub geleiſtet werden, als infolge der unvollſtän— 
digen Stockrodung eine Vermehrung der Brutſtätten 
für manche Rüſſel⸗ und Baſtkärfer eintritt.“ 

Da bei den vielen wichtigen Vorzügen des 
Kahlſchlagbetriebes für Fichte und Kiefer 
die möglichſte Erhaltung dieſes Betriebes in hohem 
Grade wünſchenswert erſcheint, könnte man die Frage 
ſtellen: Iſt die Möglichkeit vorhanden, die Nachteile 
des Kahlſchlagbetriebes durch beſondere 


doch, daß z. B. die Böden der Sandſteinformationen gegen 
Lichtungen und Bloßlegen beſonders empfindlich find. Leicht 
wuchert hier das Heidelbeerkraut, wird aber fpater durch 
Heide verdrängt, die wie bekannt, den höchſten Trockenheits— 
grad des Bodens anzeigt; auf einem ſolchen Boden vermag 
dann nur noch die Kiefer einigermaßen zu gedeihen. 


1) S. Heyer⸗Heß, Waldbau, 11. Bd., S. 124. 


Maßnahmen und welche bedeutungslos zu mar 
bezw. angemeſſen herabzumindern? 

Als ſolche Maßregeln wären etwa folge 
— allerdings teilweiſe erſt noch zu erprobende - ; 
nennen: 

1. Für obige beide Nadelhölzer find | dma! 
Schläge, aljo kleine Hiebszüge zu wählen, „weil br: 
Schläge mehr unter den austrocknenden Wirtu: 
von Wind und Sonne leiden“ ). 

In Heyer⸗Heß, Waldbau, II. Bd., S. 124, m 
bezüglich des Fichten-Kahlſchlagbetriebe 
mit künſtlichem Anbau, nachdem die Boni: 
dieſes Betriebes aufgezählt find, geſagt: „Im al: 
meinen empfehlen fih für Fichtenwaldungen — mi: 
des Schutzbedürfniſſes dieſer Holzart in der Jugend 
mehr ihmale Schläge (Abſäu mungen), mi 
da, wo eine regelwidrige Altersklaſſengruppierung 
Rückſicht auf die Sturmfolge) vorhanden ift, dur 
ſogen. Loshiebe eingeleitet werden müſſen. J 
Verminderung der Rüſſelkäfergefahr dient ein ange 
meſſener Schlagwechſel in der Art, daß man die Schlag 
in einem Forſtort (Beſtand) erft nach etwa 3-5 Jahren 
fortſetzt.“ 

Von den Kiefern-Kahlſchlägen heißt “ 
daſelbſt S. 150: „Der kahle Abtrieb in Verbindur. 
mit künſtlicher Kultur ift für die Kiefer an, 
meiſten geeignet, zumal in ihrem natürlichen Veri 
breitungsgebiet. Die beſten Reſultate erzielt man duch 
grundſätzliche Aneinanderreihung der Jahresſchläge mi 
einjähriger Schlagruhe bis zur Kultur; nur dür 
diefe nicht zu groß, bezw breit gemacht werden. De. 
gleichzeitige Angriff an möglichſt vielen haubaren B 
ſtänden, die Wahl ſchmaler Schläge von etwa 50 be 
60 m Breite und deren Fortſetzung erft dann, wen 
die Kultur auf dem vorausgegangenen Schlage t 
ſichert ift, finden zurzeit die meiſten Fürſprecher, wen 
durch die infolgedeſſen entſtehenden kleinen Hiebszüs 
die Nachteile der großen Kahlſchläge weſentlich dt 
mindert und ſonſtige Vorteile (beſte Ueberſicht, leicht 
Kontrolle, keine Beſchädigung der Kulturen durch de 
Fällung und das Rücken, Schutz gegen den Kaffe 
käfer, Erſparnis an Käfergräben uſw) erreicht werden. 

Um zu erkennen, in welchem ungefähren Maß 
der Feuchtigkeitsgehalt des Bodens auf ſchmaͤleren 
Kahlflächen größer erſcheint, als auf breiteren, würden 
vergleichende Unterſuchungen in trockener Jahreszeit 
von Intereſſe fein. Zugleich müßten diefe fid auf Be 
ſtände mit vollem und mit lockerem Kronen! 
ſchluß erſtrecken. Selbſtverſtändlich find die zu er 
wartenden Reſultate nach Boden und Lage verſchieden. 

Auch ein Verſuch mit den bekannten Wag ne“ 


1) S. Heß, Forſtſchutz, 2. Aufl., II. Bd., S. 278. 


= 


en Blenderſaumſchlägen, die, abweichend 
u der gewöhnlichen Oſt⸗Weſtrichtung, — in Rück⸗ 
bt nicht allein auf erfolgreichſte Randbeſamung, ſon⸗ 
rn auch auf Zuführung der meiſten Niederſchläge — 
on Norden nach Süden bezw. von Nordweſt nach 
üdoft geführt werden, würden durch eine Vergleichung 
it ebenjo ſchmalen, gewöhnlichen Kahlſchlägen, 
ntichtlih des ungefähren Feuchtigkeitsgehalts des 
zodens, Intereſſe darbieten. 

2. Zum Zwecke der Erreichung einigen Schutzes 
er Abtriebsflächen gegen die austrocknenden Sonnen: 
rablen dürfte es fic) vielleicht, beſonders bei der 
richte, empfehlen, verſuchsweiſe eine kleine An: 
ahl von gceigneten Stämmen ſo lange überzu— 
alten, bis die ausgeführte Pflanzung gehörig an⸗ 
ewachſen iſt. Wenn man zu einem ſolchen vorläufigen 
leberhalt wegen der Sturmgefahr auch zunächſt 
nur Schlagflächen mit kräftigen Böden und in ge: 
ſchützten Lagen wählen wird, ſo könnte man doch 
auch einmal in weniger geſchützten Oertlich⸗ 
keiten, falls dem Abtriebsbeſtande durch bereits ſeit 
laͤngeren Jahren ausgeführte ſtarke Durchforſtungen 
mehr Widerſtandsfähigkeit anerzogen fein ſollte, 
denſelben Verſuch wagen. Wären etwa einzelne gutge⸗ 
ſormte Stämme von Weißtannen und Lärchen 
vorhanden, ſo könnten natürlich auch dieſe mit über⸗ 
zegalten werden. Außer dem erreichten Schutze würde 
auch der erfolgende Lichtungszuwachs einen Vor⸗ 
tel darbieten. 

Ein Vergleich des ungefähren Feuchtigkeitsgehalts 
des Bodens auf dieſen, mit vorläufigem Ueberhalt 
rerſehenen Abtriebsflächen, mit reinen Kahlhiebs— 
laden derſelben Oertlichkeit würde über die etwaige 
Zdeckmäßigkeit ſolchen Ueberhaltes Aufſchluß erteilen. 

3. Die rechtzeitige Anlegung von Waldmänteln 
in nieder- bezw. mittelwaldähnlicher Form, nicht allein 
jon den Waldrändern, ſondern bei größeren 
Fichtenbeſtänden auch in angemeſſenen Abſtänden im 
Inneren jener, würden. wie früher erwähnt, einen 
mehrten Schutz der vorhandenen Beſtände gegen 
Stürme uſw. bieten, aber auch durch weiteres Fort⸗ 
wachſenlaſſen dieſer Waldmäntel bezw. Schutzſtreifen 
auf den Abtriebsſchlägen, letzteren ſofort nach dem Ab: 
tebe den fo nötigen Schutz gegen austrocknende 
Winde gewähren. 

Nähme man außer den Schutzſtreifen vielleicht 
noch den zu 2 bemerkten Ueberhalt gegen die, 
duch die Sonnenſtrahlen verurſachte, zu ſtarke Gr: 
hizung des Bodens, mit zur Hülfe, ſo dürfte wohl zu 
hoffen fein, daß der letztere vor empfindlicher Aus: 
lroknung mehr bewahrt bleiben würde. 


) S. Heyer⸗Heß, Waldbau, II. Bd., S. 121. 


Die bereits früher angeführten vergleichenden Unter⸗ 
ſuchungen über den Feuchtigkeitsgehalt des Bodens 
teils in geſchloſſenen Beſtänden, teils in ſolchen 
mit lockerem Kronenſchluſſe, teils auf Whtrieb 3: 
flächen, müßten, wo es ſich ermöglichen ließe, be⸗ 
züglich der letzteren teils auf mit Schutzſtreifen, 
teils auf mit Ueberhalt, teils auf- mit beiden 
zugleich verſehene Abtriebsſchläge ausgedehnt werden. 

4. Auf Kiefern⸗Abtriebsſchlägen mit 
trockenem Sandboden wäre eine Bedeckung des 
Bodens zwiſchen den Kiefern Pflanzenreihen mit grü⸗ 
nem Kiefernreiſig, zum Zwecke der Friſcherhal⸗ 
tung des Bodens und allmählichen Zuführung von 
Stickſtoff zu demſelben, zu verſuchen, ein Mittel, deſſen 
günſtige Wirkung von dem verdienſtvollen Profeſſor 
Schwappach gerühmt wird. 

5. Bei der Aufforſtung der Abtriebsflächen würde, 
ſoweit die Standortsverhältniſſe geeignet erſcheinen, 
durch Beimiſchung der Buche zu Fichte und Kiefer, 
ein etwa zu befürchtender, dauernder Rückgang der 
Bodenkraft vermieden und dieſe noch weſentlich erhöht 
werden. 

Zugleich ift diefe Miſchung bereits früher als Vor: 
beugungsmittel gegen Sturmſchäden uſw. der Fichte 
erwähnt worden. 

Wir müſſen uns nun wieder der Beantwortung 
der hier ausſchlaggebenden Frage zuwenden: Iſt bei 
dem Kahlſchlagbetriebe, wie er ſeit langen 
Jahren in vielen Gegenden, beſonders bei der Fichte, 
üblich iſt, in der Zeit vom Abtriebe des bisherigen 
Beſtandes bis zu annähernden Schluſſe der baldmig: 
lichſt nachfolgenden Pflanzung ein Rückgang der 
Bodenkraft und in welchem Maße — je nach den 
Standortsverhältniſſen — unvermeidlich, ſo daß ein 
Uebergang zum Femelſchlag betriebe not: 
wendig wäre? 

Erwägt man die bereits hervorgehobenen Vor: 
teile des Kahlſchlagbetriebes inbezug auf Er— 
haltung der Bodengüte — beſonders die volle Zu: 
führung der atmoſphäriſchen Niederſchläge zum Boden, 
den Schutz des letzteren durch Gras und Unkräuter, 
den Erſatz der von dieſen Pflanzen dem Boden ent— 
zogenen mineraliſchen Nährſtoffe durch die Verrottung 
einer ſolchen Pflanzendecke an Ort und Stelle uſw. — 
ſo ſollte man meinen, die Bodenkraft der forſtlich un⸗ 
angebauten Abtriebsſchläge könne wohl kaum weder 
phyſikaliſch noch chemiſch Abbruch erleiden, wenn nicht 
die früher zugleich erwähnten großen Nachteile 
— Gefahr der Austrocknung des Bodens durch die 
direkten Sonnenſtrahlen und trockenen Winde, ferner 
zu fürchtende ſtarke Verunkrautung des Bodens u. a. 
— beſtänden. Aber auch dieſe Nachteile würden ſich 
wahrſcheinlich durch die oben empfohlenen Maß: 


92 


nahmen, in Verbindung mit einer zeitigen, zweck⸗ 
mäßigen Aufforſtung, vermeiden oder genügend 
vermindern laſſen. Durch Verſuche und Unterſuchungen 
muß natürlich erſt noch Klarheit geſchaffen werden. 

Zunächſt müßte einmal auf verſchiedenen Stand— 
orten feſtgeſtellt werden, wie lange ungefähr eine 
Abtriebsfläche unaufgeforſtet (Schlagruhe) bleiben 
kann, ohne eine merkliche Abnahme der Bodengüte 
zu erleiden? | 

Sodann wäre es wohl von Intereſſe, aud) einmal 
die Wirkung der atmoſphäriſchen Niederſchläge auf eine 
bereits bepflanzte Schlagfläche vor erreichtem Schluß 
der Kultur etwas näher zu betrachten. In dieſer Be⸗ 
ziehung möchte Folgendes zu bemerken ſein: Die Nieder⸗ 
ſchläge verteilen fih hier ſelbſtverſtandlich direkt teils 
auf die Pflanzen, teils auf den Boden der 
Zwiſchenräume derſelben und auf den Boden unter 
den Zweigen, ſoweit das von dieſen abfließende Waſſer 
ſich auf ihm anſammelt. Die auf den Pflanzen 
verbleibende Feuchtigkeit verdunſtet hier natürlich, ohne 
ihnen zugutzukommen. 

Der auf die Zwiſchenräume der Pflanzen 
fallende Teil der Niederſchläge gelangt nur inſoweit 
auf den Boden, als er nicht etwa durch Gras und 


Unkräuter von jenem zurückgehalten wird und auf 


ſolcher Bodendecke verdunſtet. Die den Boden der 


ſeitwärts ausbreiten und fo den Waſſergehalt der 
Pflanzſtellen noch etwas vergrößern. 
zu berückſichtigen, daß die betreffende Bodendecke zwar 
aus dem Boden Feuchtigkeit und mineraliſche Nähr⸗ 


aus ſolchem erzogener Pflanzen — zu geſchehen be 
iſt ſelbſtverſtändlich. 

Die Vorzüge der Pflanzung vor der Ca: 
liegen hauptſächlich darin, daß die Pflanzung w: 
Stämmchen ſchon von der erſten Jugendzeit an cin: 
naturgemäßeren, größeren und gleichmäßiger: 
Wachs- und Nahrungsraum bietet, bei dem dieſel⸗ 
fih regelmäßiger entwickeln und raſcher erſtarken fi: 
nen Eine ſchädliche Ueberfüllung an Pflanz 
wie fie bei Saaten und natürlichen Verjüngungen e. 
eintritt, kann nicht vorkommen. Ebenſo find chen. 
regelmäßige Beſtandsmiſchungen am ber 
durch Pflanzung zu erreichen. 


Verſuche bei Fichten, auch durch Verwendu 
langwurzelig erzogener Pflanzen vielleicht m 
auf Verminderung von Sturm- und Shane 
druckſchäden, ſowie bei Kiefern auf trockene 
Sandboden durch die Benutzung ebenſo bemurzei: 
Pflanzen mehr gegen Vertrocknung derſelben bi 
zuwirken, ſetzen Pflanzung voraus. Gelaͤnge de 
Anerziehung einer Pfahlwurzelbildung bei de 
Fichtenpflanzen, ſo würde dadurch wahrſchein 
lich auch das Höhenwachstum gefördert werden 
Selbſt eine ſorſtliche Zuchtwahl, die als ein Bory: 
der natürlichen Verjüngung und der Saat hingeſtel 


. „ wird, findet bis zu einem gewiſſen Grade auch bei de 
Zwiſchenräume erreichende Feuchtigkeit wird ſich übrigens 
auch zum Teil nach den Wurzeln der Holzpflanzen hin 


Pflanzung ſtatt !). 
Durch die Wahl kleinen, übrigens kräftigen 


EEE Pflanzmaterials und die Anwendung einfacher, 


guter, billiger Pflanzmethoden ſtellen fih ®: 


Kulturkoſten kaum weſentlich höher als bei de 


ſtoffe für ſich verbraucht, aber inſofern günſtig wirkt, 


als ſie eine zu raſche Verdunſtung der Bodenfeuchtigkeit 


hindert und durch ihre Verweſung jene aufgenommenen 


Stoffe dem Boden wieder zurückgibt. 


Es wäre ſehr wünſchenswert, wenn alle dieſe Ver⸗ 


hältniſſe durch die forſtlichen Verſuchsanſtalten einmal 
gründlich unterſucht werden könnten. 

Der Wiederanbau der Abtriebsſchläge ge 
ſchieht, wie bekannt, beim Fichtenbetriebe faſt 


| 
| 


ausſchließlich durch Pflanzung, in Kiefernrevieren mehr | 


durch Saat als durch Pflanzung, doch hat letztere 


an Ausbreitung gewonnen. Auf den Anbau ſelbſt 


hier näher einzugehen, würde zu weit führen und er— 
ſcheint überflüſſig, da bei jedem Forſtmann die nötigen 
Kenntniſſe in dem fo wichtigen Forſtkulturweſen vor: 
ausgeſetzt werden können. Nur einige Bemerkungen 
mögen mir geſtattet ſein: 

Daß die Aufforſtung möglichſt bald, bei der Pflan⸗ 
zung unter Verwendung nur guten, kräftigen Pflanz⸗ 
materials — beſonders bei dem Anbau der Kiefer 
nur unter Benutzung einheimiſchen Samens bezw. 


| 


| 
| 


gegenüber. | 


Saat. Ohnehin ſchädigen die berührten Vorzüge de 
Pflanzung und der Altersvorſprung der Setzlin 
gegen einen Mehraufwand an Koften, den Saaten 
| 

Weiter möchte ich noch einmal darauf aufmerkſar 
machen, wie es zur möglichſten Vermeidung bezw. Ver. 
minderung der bekannten empfindlichen Kalamitäle! 


durchaus notwendig iſt, daß da, wo es die Stand: 


ortsverhältniſſe erlauben, viel mehr als bisher, auf di 
bereits erwähnte Beimiſchung der Buche zur Fichte um 
Kiefer geſehen werden muß. Freilich kommen ™ 
die Fichte in etwas höheren Gebirgslagen und ™ 
die Kiefer auf trockenerem Sandboden nur rein 
Beſtände in Frage. 

Auf geeignetem Boden und in paſſender Lad 
würde auch eine Einſprengung von Weiß tann? un 
Lärche in die Fichtenkulturen, wie gleich 
ſchon bemerkt, empfehlenswert fein. 

Aus allen den vorſtehenden betr. Auseinander 
ſetzungen ift nun ſchließlich zu entnehmen, daß au eim | 


1) Näheres f. Maisdeft d. Bl v. 1913, S 157. 


8 
ündlichen Beantwortung der in der Ueberſchrift die: verhaͤltniſſen oder bi längerer Dauer der Schlag: 
Artikels geſtellten Frage erft noch die Ergeb- ruhe bemerkbar machen. Bisher find, wenigſtens aus 
iſſe mancher, den Boden betreffender Unterſuchungen unſerem Harze, Klagen in dieſer Richtung, ſoweit mir 
nd Verſuche abgewartet werden müſſen. Beſonders bekannt, nicht lautbar geworden. Allerdings könnte 
üsten ſelbſtredend die Reinerträge von anzu- es ja ſein, daß fih ungünſtige Wirkungen hier und 
genden Verſuchsflächen bei beiden genannten Be: da erſt aus genauen vergleichenden wiſſenſchaftlichen 
tebSarten zu einander in Vergleich gebracht werden. Unterſuchungen und Verſuchen, ſowie aus weiteren Er: 
Da, wo ſchon ſeit längeren Jahren durch ſtarke | fahrungen feſtſtellen ließen. Auch dürfte es wohl an 
durchforſtungen auf erhöhte Widerſtandsfähigkeit der Oertlichkeiten nicht fehlen, wo vielleicht trotz aller 
ichtenbeſtände gegen Kalamitäten hingearbeitet ift, Vorſichtsmaßregeln, ſchon wegen etwa ſehr zu 
rauchten Verſuche mit Samenſchlagſtellungen fürchtender Sturmgefahr, der Femelſchlag— 
licht auf geſchützte Lagen mit gutem Boden be: betrieb bei der Fichte ſich nicht ermöglichen ließe, 
brant zu werden, fie könnten auch einmal, wie be: jo wünſchenswert ſich feine Einführung in Rückſicht 
es erwähnt, auf weniger günſtige Standorts⸗ auf den Boden auch erweiſen ſollte. 
echaltniffe Anwendung finden. Obige Erziehungs⸗ Beſonders unter Beachtung der hier in Vorſchlag 
seife würde, wie gleichfalls ſchon früher hervorgehoben, gebrachten Schutzmaßregeln wird man in reinen 
ch infofern einer weiteren Ausdehnung des Femel⸗ Fichten⸗ ſowie Kiefernrevieren getroſt den 
chlagbetriebes förderlich ſein, als bei jener zu⸗ üblichen Kahlſchlagbetrieb ſo lange beibehal— 
mich eine frühzeitigere, öſtere und reichlichere Frucht: ten können, als eine Minderung der Boden: 
+ 3 aaa pa kann. nn gtk es güte durch Vergleichung, namentlich der Bodenfeuch⸗ 
i T ae 3 3 : an oe 7 Her a tigkeit und der Erträge bei beiden fragl. Betriebsarten, 
„ tere Betrieb. auch in Gegenden mit bis- nicht deutlich nachweisbar ift. Wo ſolches aber der 
sengem faſt ausſchließlichem Kahlſchlag betriebe, Fall fein und die Umwandlung in den Femel— 


zur Einführung, wenn auch etwa nur in geringem ſchla i i i 

. 7 i : gbetrieb ratjam oder notwendig erſcheinen 
Umfange, empfiehlt. Beide Betriebsarten könnten ſollte, werden vielleicht die Boden verhältniſſe 
o vielleicht mitunter nebeneinander beſtehen, was derartig fein, daß man dieſen Betrieb durch Boden- 
En letztgenannten Gegenden zugleich eine ſehr wün⸗ bearbeitungen, ſowie durch Saaten und Pflanzungen 
tenswerte Abwechſelung und vieles Intereſſe dar: kräftig unterſtützen und ihm mehr Sicherheit 


tieten würde. f 
l , verleihen müßte. 
Wenn erft einmal unter geeigneten Standortsver⸗ y B 


hiltuiffen die ſehr zweckmäßige Beimiſchung der Buche Ohne den Ergebniſſen von Verſuchen und Erfah: 
wit Fichte und Kiefer mehr durchgeführt fein wird, rungen vorgreifen zu wollen, möchte ich mich im großen 
würden die jo herangewachſenen Miſchbeſtände ſelbſt- Ganzen bei Fichte und Kiefer mehr für die Wahl 
wend am beften. und billigſten durch Femelſchlä ge des Kahlſchlagbetriebes in Verbindung 
wrjüngt werden, und würde ſchon hierdurch ſomit mit der Pflanzung ausſprechen, unter bejon: 
vier Betrieb eine größere Verbreitung erhalten. deren Standorts, namentlich Bodenverhältniſſen aber 

In Gegenden, wo der Kahlſchlagbetrieb muß dem Femelſchlagbetriebe der Vorrang ein⸗ 
tigen feiner vielen, wichtigen, früher ſchon aufgezähl⸗ geräumt und ihm, meiner Meinung nach, eine grd> 
un Vorteile feit langer Zeit ausſchließlich in Anwen- Bere Ausdehnung als bisher, hauplſächlich in Revieren 
dung ficht. wird man fic) nur bei beſonders wichtigen mit ausſchließlichen Kahlſchlagbetriebe, ver: 
Stunden zu einer vollſtändigen oder ſtellenweiſen Um⸗ ſchafft werden, inſoweit hier die Einführung des erſteren 
wandlung in den Femelſchlagbetrieb verſtehen. Betriebes für manche Oertlichkeiten etwa durchaus 
Teruhe mit beiden Betrieben nebeneinander müßten als zweckmäßig zu erachten fein ſollte. 


mutlich eingeleitet werden. | Zum Schluß meiner Arbeit möchte ich noch eine 
y Sehr zu berüdfichtigen bleibt doch auch, daß durch | Aeußerung des ſehr verdienten Profeſſors Heß über 
wendung der bezeichneten Maßregeln die Nach- den Kahlſchlagbetrieb im allgemeinenen 
telle des Kahlſchlagbetriebes ſich, wie zu er: | in dem mehrgenannten „Waldbau“ von Heyer-Heß, 
en, mehr vermeiden oder doch vermindern II. Bd., S. 19, nicht unerwähnt laſſen. Dieſelbe 
ee werden, nachdem event. jene Maßnahmen durch lautet bei Aufzählung der Vorzüge dieſes Betriebes 
“chide und Erfahrungen ausreichend begründet find. folgendermaßen: „Es ift für den Herausgeber er: 
es event. Rückgang der Bodenkraft bei freulich. daß auch jetzt noch manche Forſtmänner — 
wi u Betriebe würde fih, wie wohl anzunehmen, | gegenüber der allgemeinen Schwärmerei für den Femel- 

nl m ten Standorts-, namentlich Boden- und Femelſchlag-Betrieb — für den Ba cree 


94 


als überwiegende Form im Hochwalde eintreten, z. B. 
Arndt”. !) 

Weiter jagt er aber auch: „Es ift ein unbeſtreit⸗ 
bares Verdienſt Gayers, in ſeinem „Waldbau“ auf 


1) Arndt: Waldbauliche Streifzüge (Zeitſchrift für Forft- 
und Jagdweſen, 1905, S. 479). 


Literariſche Berichte. 


Wirtſchaftszeitung der Zeutralmächte. Offi: 
zielles Organ des Deutſch⸗Oeſterreichiſch⸗Ungariſchen 
Wirtſchaftsverbandes und des Oeſterreichiſch deutſchen 
Wirtſchaftsverbandes. Herausgeber für das Deutſche 
Reich: Geh. Regierungsrat Prof. Dr. Paaſche, 
für Oeſterreich: Erz. Geh. Rat Dr. Wilh. Exner, 
für Bulgarien: Deputierter Exz. Kaltſchow, für 
die Türkei: Hadji Adil Bey, Präſident der 1. 
Türkiſchen Kammer. Geſchäftsſtellen: Berlin, Linden: 
ſtraße 105; Wien, Rote Turmſtraße 19; Budapeſt, 
Bajza utcza 26; Sofia und Konſtantinopel. Redak⸗ 
tion: Berlin, Am Karlsplatz 16. Erſcheint all⸗ 
wöchentlich in Berlin, Wien, Budapeſt, Sofia, Kon⸗ 
ſtantinopel. 

Das Jahres⸗Abonnement beträgt für Deutſchland: 
24 M., für Oeſterreich Ungarn: 30 K., für das 
übrige Ausland. einſchl. Porto 32 M. Zu bee 
ziehen durch jede Poſtanſtalt oder direkt vom Verlag. 


Dieſe Zeitung, deren erſte Nummer uns vorliegt, 
hat ſich die Aufgabe geſtellt, die in dem Weltkriege 
zuſammen kämpfenden Staaten auch wirtſchaftlich zu 
gemeinſamer Arbeit zu verbinden, um ſich in dauern— 
dem, engſten Anſchluß aneinander ſtark und unab— 
hängig zu machen und ſich auf dem Weltmarkt die 
Stellung zu verſchaffen, die ihnen einen ſicheren Anteil am 
Welthandel gewährleiſtet und dadurch die Möglichkeit bie— 
tet, ihre wachſenden Volksmaſſen immer mehr zu berechtig— 
tem materiellen und geiſtigen Lebeusgenuß zu führen. 


In einem Artikel „Zur Einführung“ weiſt der 
Erſte Vizepräſident des Reichstages, Geh Regierungs- 


2525722 ͤ ⁵c— —x 


BER P — 


rat Dr. Paaſche darauf hin, daß der Weltkrieg mit 
unheimlicher Deutlichkeit zeige, wie notwendig es für 
jede kontinentale Großmacht ſei, ſich nicht nur mili— 
täriſch, ſondern auch finanziell und wirtſchaftlich fo ſtark 
und unabhängig wie möglich zu machen, um ihre 
Selbſtändigkeit bewahren und behaupten zu können. 
Treue Pflege der Nahrung ſpendenden Bodenkultur, 
Förderung unſeres auf wiſſenſchaſtlichex Grundlage fih 
entwickelnden Gewerbefleißes, Ausbau unſeres Verkehrs: 
weſens und Sicherung unſeres Handels durch zweck- 


die Nachteile einer übertriebenen Ausdehnung der Ke 
flächenform hingewieſen und eindringlich vor derſel 


liches, leiſtungsfähiges, afrikaniſches Kolonialreich jir 


die Lebensbedingungen dieſes neuen Völkerbundes über! 


ſchaftszeitung es zu ihren beſonderen Aufgaben rechnet, 
auf eine ſteigende, wirtſchaftliche Zuſam menarbeit det 


gewarnt zu haben. Er ift aber mit der Ver urteil 
der Kahlſchlagform etwas zu weit gegangen, und er: 
ſeiner Anhänger haben die Verherrlichung der naz: 
lichen Verjüngung auf Koſten der künſtlichen Beftar:- 
begründung übertrieben.“ 


mäßige Handelspolitik müſſe neben aller Pflege re 
giöſer und geiſtiger Bildung, neben aller wachſende 
ſozialen Fürſorge die erſte Pflicht der vereinten Vol 
ſein. Die törichten Beſtrebungen, die zurzeit in wa 
ſendem Maße in England, Frankreich, Rußland 

Italien zutage träten, die Mittelmächte Europas auch 
nach dem Kriege vom Handel mit den gegenwärtigen 
Feinden, womöglich auch mit den Neutralen, ausze 
ſchließen, würden, fo unhaltbar und undurchführbr. 
die Pläne auch fein möchten, doch für eine gewiß 
Uebergangszeit uns die alten Handelskanäle |perre 
oder ihre Benutzung ſtark erſchweren. Darum müß 
es das erſte Ziel fein, die wirtſchaſtlichen Beziehung 
zwiſchen den heutigen Bundesgenoſſen jo eng wie mig - 
lich zu geſtalten, um ein großes Wirtſchaftsgebiet W - 
ſchaffen, das mit den heutigen Weltmadten, Rußlank 
Nordamerika und England in erfolgreichen Wettbewe 
treten könne. Ein möglichſt euges Zuſammenſchließe 
Deutſchlands, Oeſterreich⸗-Ungarus, der Türkei Bul 
rieng und etwaiger ſonſtiger Balkanſtaaten würde; 
einer ungeahnten Entwicklung all der mannigfache 
wirtſchaftlichen Kräfte führen, die in dieſem große 
Ländergebiet von der Nordſee bis zum Mittelmeer u 
bis zum Perſiſchen Meerbuſen heute noch der ©. 
ſchließung harren. Gemeinſames Arbeiten, gegenſeiti 
Förderung und zweckentſprechender Schutz gegen daß; 
Ausland könnten für alle Glieder dieſes Verband 
einen weſentlichen Teil der Schäden ausgleichen, de 
durch die entſtehende Störung der Welthandelswege 
entſtehen müßten. Gelänge es dann, auch ein einhell 


= 
> 


Deutſchland zu erhalten und zu ſchaffen, jo würden 


allen Zweifel ſichergeſtellt fein. 
Es wird weiter ausdrücklich betont, daß die Wir: 


beiden Kaiſerreiche mit der Türkei und den Paltar: f 
ſtaaten, die den Anſchluß an die Zentralmächte fan: 
den oder finden werden, hinzuarbeiten. 


Es foll zunächſt von den mannigfachſten Geſichts⸗ 
inkten aus gekennzeichnet werden, in welcher wirt: 
gaftlichen Lage fih die verbündeten Reiche und ihre 
uzelnen Erwerbsklaſſen befinden, wie fih ihre Wirt⸗ 
haftspolitik geſtaltet und geſtalten muß, um ihre 
seitgebende Annäherung zu fördern, Hemmniſſe, die 
em entgegenitehen, aus dem Wege zu räumen. 

Dieſem allgemeinen Teil des Blattes wird ſich ein 
weiter anfügen, der eine fortlaufende Ueberſicht aus 
röglichſt allen Teilen des wirtſchaftlichen und wirt- 
Haftspolitiſchen Lebens in den verbündeten Reichen 
eben foll. Induſtrie, Land: und Forſtwirtſchaft, 
andel und Börſe, Banken und Kapitalmärkte, Schiff: 
ahrt. Arbeitsmärkte, die Entwickelung des Verkehrs⸗ 
efeng uſw. ſollen eine fortlaufende Betrachtung unter 
en entwickelten Geſichtspunkten erfahren. Auf dieſe 


von Dr. Ernſt Müller Meiningen, Mitglied des Reichs⸗ 
tages, „Der mitteleuropäiſche Wille“ von Dr. Fr. Nau⸗ 
mann, Mitglied des Reichstages, „Die wirtſchaftliche 
Zukunft Deutſchlands“ von Kommerzienrat Hr. Fried: 
richs, „Renten und Dividenden im Kriege“, „Export⸗ 
organiſation“, „Binnenſchiffahrtswünſche“, „Günſtiger 
Saatenſtand“, „Amtliche Mitteilungen des Deutſch— 
Oeſterr.⸗Ungar. Wirtſchaftsverbandes in Berlin“. In 
einem beſonderen Abſchnitt: „Oeſterreich-Ungarn“ wer: 
den nach einem Artikel: „Stimmen über die Wirt⸗ 
ſchaftszeitung der Zentralmächte“ Abhandlungen über 
„Wirtſchafts⸗ und Außenpolitik“ vom Reichstagsabge⸗ 
ordneten Max Friedmann, Obmann des Oeſterreichiſch⸗ 
deutſchen Wirtſchaftsverbandes in Wien, „Handels⸗ 
politiſche Annäherung der Zentralmächte“ vom k. k. 
Komm.⸗Rat H. Vetter, Präſident des Bundes öſterr. 


Weiſe ift zu erhoffen, eine gründliche, gegenſeitige Rennt- Induſtrieller in Wien, „Wirtſchaftliche Annäherung“ 


nis zu fördern, ein geſteigertes Intereſſe der Völker 


von Hamburg bis Bagdad zu erwecken. 

Dieſem Geleitwort „Zur Einführung“ folgen eine Reihe 
höchſt intereſſanter Artikel: „Deutſche Stimmen über 
die Wirtſchaftszeitung der Zentral machte“ (von Staats⸗ 
\efretär Helfferich, Geh. Regierungsrat Dr. G. Reide- 
Berlin, Franz v. Mendelſohn, Präſident der Handels⸗ 
kammer⸗Berlin, Dr. Rizoff, bulgar. Geſandter in Ber⸗ 
lin, Graf Weſtarp. Dr. Oertel uſw., Mitglieder des 
Reichstages u. a.), „Annäherung auf der ganzen Linie“ 


von Sektionschef a. D. Dr. Sigm. Broſche, ‘Präfident 
des Zentralverbandes der Induſtriellen Oeſterreichs, 
„Die Bedeutung Mitteleuropas“ von Wirkl. Geh. Rat 
Joſ. Szterényi, kgl. ungar. Staatsſekretär a. D., Mit⸗ 
glied des ungar. Reichstages, und „Wirtſchaftliche 
Rundſchau“ gebracht. 


Möge es der „Wirtſchaftszeitung der Zentralmächte“ 
gelingen, die großen Ziele, die ſie erſtrebt, voll und 
ganz zu erreichen! E. 


Briefe 


Aus Preußen. 


Der Etat den Domänen-, Forft- und landwint- 


ſchaftlichen Derwaltung fir das Etatsjahr 
J. April 190/957. 

I. Der Etat der Domänen-Verwaltung. 

Nach dem Abſchluſſe des Etats der Domänenver⸗ 


waltung betragen die Einnahmen 33 841 200 M. 


gegen 33 782 380 M. des Vorjahres, die Ausgaben 


14 325 130 M. gegen 14 846 430 M. des Vorjahres, 
es bleibt mithin ein Ueberſchuß von 19516070 M., 


gegen 1915 ein Mehr von 580 120 M. 


II. Der Etat der Forſtverwaltung. 
Der Abſchluß des Forſt-Etats lautet: 
Ordinarium. 


Tie ordentlichen Einnahmen betragen 
Die dauernden Ausgaben betragen 


Mithin Ueberſchuß im Ordinarium: 


r 


Die außerordentlichen Einnahmen betragen 


Die einmaligen u. außerordentlichen Ausgaben betr. 2 930 000 M. gegen 1915 mehr 


154 513000 M. gegen 1915 mehr 245 000 M. 


(4791000 M. gegen 1915 weniger 1 656 000 M. 


89 722000 M gegen 1915 mehr 1901 000 M. 


e 
Extraordinarium. 


2 000 000 M. gegen 1915 ebenſoviel. 


300000 M. 


300 000 M. 


1601000 M. 
13* 


Mithin Zuſchuß im Extraordinarium: 
Bleibt Ueber ſchuß: 


930 000 M. gegen 1915 mehr 
88 792000 M. gegen 1915 mehr 


96 


A. Einnahmen. 
Ordentliche Einnahmen. 


gegen den vorigen t: 


1. Holz aus dem A 1916 143 600 000 M. ebenſoviel. 
2. 8 7 709 000 „ mehr 164 000 
2. Jagd... . 800 000 „ ebenſoviel 
4. Torfgräbereien it im Forſtwirtſchaftsjahre 1916 . ss i 124 000 „weniger 16 000 
5. Rückzahlungen auf die an Forſtbeamte (Oberförſter, Revierförster, 

Förſter, Meiſter und Wärter) zur wirtſchaſtl. Einrichtung bei Ueber- 

nahme oder anderweiter ne einer Stelle m zen 350000 „ ebenſoviel. 
6. Forſtliche Lehranſtalten se 111000 „ . 
7. Verſchiedene andere Einnahmen 1819000 „ mehr 97000 

Außerordentliche Einnahmen. 

8. Erlöſe aus dem Verkaufe von n n des vor⸗ 

maligen Staatsſchatzes) „ 5 2000 000 „ ebenſoviel. 

Die Einnahme für Holz, welche im Etats- 1 3 Holguck beſtimmter Waldboden = 2729502 
jahre 1912 = 146007 147 M. und im Jahre 1913 b), „ nicht „ N = 322177 


= 151241453 M., mithin durchſchnittlich pro Jahr 
148624300 M. und im Etatsjahr 1914 = 126310420 
Mark betragen hat, iſt mit Rückſicht auf die Unge⸗ 
wißheit über die Verhältniſſe des Etatsjahres 1916 in 
der Höhe des Vorjahres wieder eingeſtellt worden 

Die Iſt⸗Cinnahme für Holz betrug in 
Millionen Mark: 


1905 = 108,8 1910 = 118,1 
1906 = 109,8 1911 = 147.2 
1907 = 117,9 1912 = 146,0 
1908 = 116,3 1913 = 151,2 
1909 = 119,2 1914 = 126,3 


Der Naturalertrag an Holz iſt für 1916 
veranſchlagt auf: 


a) kontrollfähiges Material 
b) nichtkontrollfähiges Material 
im ganzen 


Der Flächeninhalt der Staatsforſten 
hat im Jahre 1915 betragen: 


9 155 546 fm 
2089777 „ 


— 
— 


Dauernde Ausgaben. 


1. Koſten der Verwaltung und des Betriebes. 


11 245 323 fm 


im ganzen = 30516792 

gegen 3 043 425 ha im Jahre 191: 

An Erlöſen für veräußerte Forſtgrund 
ſtücke in find den Jahren 1912 und 1913 eing 
kommen: 


im Etatsjahre 1912 — 6864 158 M. 
” 1 1913 — 10 315 146 1 
„ 
im ganzen = 17 179 304 M. 


mithin durchſchnittlich für ein Jahr 8 589 652 \ 
Als mutmaßliche Einnahme ift ein Betrag von 
Millionen Mark in den Etat eingeſtellt worden. 


B. Ausgaben. : 
Die Ausgaben betrugen nach dem Etat in pite 
nen Mart: | 


1906 = 50,3 1911 = 73, 
1907 = 52,9 1912 = 73,9 
1908 = 54,7 1913 = 80,0 
1909 = 56,0 1914 = 808 
1910 = 69,4 1915 = 692 


| 

| 

den vorigen Ci! 

gegen N 


Befolbungen . 17010 380 M. mehr 130 210 
Wohnungsgeldzuſchüſſe 171000 „ „ 5 000 . 
Andere perſönliche Ausgaben ee er OS 2730448 „ ebenſoviel. 
Stellenzulagen, Dienſtaufwands- und Mietsentſchädigungen, 

Dienſtkleidungszuſchüſſe 8 4383330 , mehr 170 130 
Werben und Verbringen von Holz und anderen een l 

im Forſtwirtſchaſtsjahre 1916. 2020202020. 1I7 900 000 „ ebenfoviel. 
Unterhaltung und Neubau der Gebäude. . 3250000 „ 7 
Unterhaltung und Neubau der öffentlichen Wege. 3 600 000 „ ” 
Beihilfen zu Wege- und Brückenbauten, zur Anlegung von 

Eiſenbahngüterhalteſtellen, außerhalb der Forſten, die von _ | 

weſentlichem Nutzen für die Forſtverwaltung find. 250 000 „ ebenjoviel. Ä 
Waſſerbauten in den Forſten 8 ek 597000 „ " | 


m 
Forſtkulturen, Bau- und Unterhaltung der Wirtſchaftswege u. 
Eiſenbahngüterhalteſtellen, die im Intereſſe der Korfiverwale 
tung angelegt werden müſſen, Verbeſſerung der Forſtgrund— 


ſtücke, Forſtvermeſſungen und Betriebs regelungen .. 6 000 000 „weniger 1790000 , 
Jagdverwaltungskoſten und un TE 121000 „ ebenjoviel. 
Torfgräbereien CEE 31000 „ weniger 2500 „ 

Reifefoften > a 110000 „ „ 6400 „ 
Umzugskoſten ea 172 000 „ ebenſoviel. 
Vertilgung ſchädlicher Tiere im Wirtſchaftsjahre 1916 N oa 300 000 „ i 


Holgverfaujs: und Verpachtungskoſten, Vorflutkoſten, Prozeß-, 
Druckkoſten und andere vermiſchte Ausgaben, darunter nicht 
abgelöfte Poſtporto- und Gebührenbeträge mit Einſchluß von 
Fernſprech⸗ und Telegrammgebühren und N PR des 


dienſtlichen Verkehrs ; 1110842 „ weniger 65440 „ 
. Forſtwiſſenſchaftliche und Lehrawede. 
Beſoldungen f > wt r at. on 135550 , mehr 2970 „ 
Wohnungsgeldzuſchüſſe „„ 11420 „ ebenſoviel. 
Andere perſönliche Ausgabeeeeeeer n 59 400 „ 5 
Sonſtige Ausgaben 187 630. „ mehr 30 „ 


3. Allgemeine Ausgaben. 
Real: und Kommunallaſten und Koſten der örtlichen Kommu: 
nal: und Polizeiverwal ung in fiskaliſchen Guts- u. Amts- 


bezirken 4 100 000 „weniger 100 000 „ 
Ablöſungsrenten und zeitweiſe Biain an Etele von 
Naturalabgaben. . . 1242000 „ ebenjoviel. 


Geſetzliche Koſten der Unfallverſicherung 10 Unfallfürſ. orge aioi 
Ausgaben für die Unfallverſicherung bei den Forſtakademien 
und Beiträge zum Penſionskaſſenverbande für Gemeindeforſt— 


beamte des Regierungsbezirks Wiesbaden. 427 000 „ F 
Unterſtützungen für ausgeſchiedene Beamte ſowie Penſionen und 
Unterſtützungen für Witwen und Waiſen von Beamten .. 200 000 M. fis 


Koſten der dem Forſtfiskus auf Grund rechtlicher Verpflich⸗ 

tungen obliegenden Armenpflege mit Einſchluß von rund 

30 000 M., die im Durchſchnitt alljährlich als Beiträge der 

Forſtverwaltung zur Clausthaler Forſtarbeiterunterſtützungs— 

kaſſe im Reg.-Bez. Hildesheim gezahlt werden .. 128 000 „ „ 
Unterſtützungen aus ſonſtiger Veranlaſſung, darunter ir 

Unterſtützungen für Perſonen ohne Beamteneigenſchaft, die 

im Dienſte der Forſtverwaltung beſchäftigt werden oder be: 

ſchäftkigt geweſen find, und für ihre Hinterbliebenen .. 60 000 „ „ 
Ankauf von Grundſtücken zu den Forſtennn 1050 000 „ i 


Einmalige und außerordentliche Ausgaben. 


Ablöſung von Forſtſervituten, Reallaſten und Paſſivrenten .. .. 100 000 M. 
Ankauf und erſte Einrichtung von Grundſtücken zu den Forſten, Borchert fit Aus⸗ 
führung des Verkaufs von Forſtgrundſtücken, deren Veräußerung beabſichtigt iſt, 
4. B. Herſtellung der nötigen Straßen-, Beleuchtungs-, Entwällerungs: uſw. Un: 

lagen ſowie deren laufende Unterhaltung und Benutzung .. 1 200 000 „ 

Hier kann derjenige Teil der Iſt⸗ Einnahme bei Kap. 1 Tit 10 (Erlöse aus den Ver⸗ | 

kauf von Dömänen⸗ und Forſt⸗Grundſtücken) und Kap. 2 Tit. 8 verwendet werden, der die 
Summe von 1600000 M. überſteigt und nicht zur Erwerbung und erſten Einrichtung 
don Domänen- und Domänengrundſtücken verwendet wird. An Erlöſen aus dem Verkaufe von 
Lomänen: und Forſtgrundſtücken find veranſchlagt unter Kap. 1 Tit. 10 = 2 000 000 M. 


98 
und unter Kap. 2 Tit. 8 = 2.000 000 M. Diele 4000000 M. überſteigen die Summe von 
1600 000 M., die nicht zur Erwerbung und erſten Einrichtung von Domänen- und Forſt⸗ 
grundſtücken beſtimmt iſt, um == 2400000 M. Nach dem Verhältnis der Einnahmen zu 
einander entfallen hiervon je 1 200 000 M auf die Domänen: und Forſtverwaltung. 
Verſuchsweiſe Beſchaffung von Inſthäuſern für Arbeiter. . ee. 300 000 
Außerordentlicher Zuſchuß zum Wegebaufonds (8850000 M)): 1300 000 
Herſtellung von Fernſprechanlagen. .. 5 30 000 
Die Zahl der Forſtbeamtenſtellen hat | ſelbſtoerſtändlich Auch eine A eb Arbeitsteil 
ſich gegen 1915 um eine Forſtrendanten- und eine | zwiſchen den Oberforftmeiftern und SForfträten ift: 
Waldwärterſtelle verringert. | nicht erfolgt, obwohl die Anordnung, daß die Pritts 


Ueber die Zahl der vorhandenen Dienſtwohnungen und Feſtſtellung der jährlichen Wirtſchaftspläne d: 
und die Iſt⸗Einnahme für Holz aus dem Etatsjahre die Forſträte allein und nicht durch die beiden! 
1914, ſowie den Erlös für veräußerte Forſtgrundſtücke gierungsforſtbeamten erfolgen fof, jeit einer Reiger 
im Etatsjahre 1914 fehlen die näheren Angaben. Jahren in Ausſicht geſtellt worden iſt. 

Die Organiſationsreform ruht während des Krieges 


IHM. Der Etat der landwirtſchaftlichen Verwaltung, einſchl. der Zentralverwaltunz 
des Miniſteriums für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten. 

: gegen den vorigen Et! 

A. Einnahmen 90924208 M. mehr 3881 N 

B. Aus gaben. 


B. Dauernde Ausgaben. 


1. Miniſterium . •ꝗ ... 10973000 N 

2. Oberlaudeskulturgericht e Se Oe a a Er a er I Ey ae ues A 169010 .E: 
3. Generalkommiſſionnnneee dt 13195 421 
4. Banktechniſche Reviſoren .. r 32700 . f° 
5. Landwirtſchaftl. Lehranjtalten und routine IT ich ‘nib Legon . 50465174 
6. Tierärztliche Hochſchulen und Veterinärweſen . ... 6435035 „. 
7. Förderung der Viehzuchh . 7635 000 E 
8. Förderung der Fiſcherei .. K 588 527 „5 
9. Landesmeliorationen, Moor-, Deich⸗ Ujer- ib Dineweren nn... GAMH 
10. Allgemeine Ausgaben 1805069 . . 


Unter den unter 9 aufgeführten Ausgaben find enthalten. für: Ausführung des Geſetzes betr. Schutzwal 
N und Waldgenoſſenſchaften, ſowie Förderung der Wald- und Wieſenkultur überhaupt 195 000 M. . 
ferner für Ausführung des Geſetzes vom 16. September 1899 betr. Schußwaßregeln im Quellgebiete der] 
linksſeitigen Zuflüſſe der Oder in der Provinz Schleſien 15 000 M. * 

Unter 10 (Allgemeine Ausgaben) ſind zur Beobachtung der in den Flüſſen vorkommenden Waſſerſtände A 
und Meſſung der hierbei zum Abfluß gelangenden Waſſermengen ſowie Feſtſtellung des tatſächlichen Ber f 
laufs der Hochwaſſerwellen in den preußiſchen Stromgebieten 55 219 M. ausgeworfen. 


Einmalige und außerordentliche Ausgaben 
Hier find im Ganzen vorgefehen. .. . . = 5638 350 M 
Unter dieſen einmaligen und außerordentlichen Ausgaben ſind beſonders 5 erwähnen: u 
Für Errichtung von ländlichen Stellen mittleren und kleineren Umfangs auf e 
Grundſtücken . „ de 280 000 M. 
Zur Förderung der Land- und Forſtwirtſchaft in det weſtlichen Provinzen Se & os ae 915000 - 
Hierzu bemerfen die Erläuterungen zum Etat: 
Den weſtlichen Provinzen follen wiederum die im vergangenen Jahre überwieſenen Be: 
träge zugewendet werden, jedoch ſind mit Rückſicht auf die Kriegslage Minderausgaben für 
1915 zu erwarten, ſo daß unter Uebertragung der hieraus entſtehenden Erſparniſſe auf das 
Etatsjahr 1916 eine Kürzung des Fonds um 100 000 M. angezeigt erſcheint. Danach find 
von dem angeſetzten Betrage zu verwenden innerhalb der Rheinprovinz 400 000 M., Pro: 
ving Weſtfalen 175000 M., Provinz Sachſen 100 000 M., Provinz Hannover 80 000 M., 


Frovinz Heſſen⸗Naſſau 100 000 M., 


99 


Provinz Schleswig⸗Holſtein 40 000 M. und der Hohen: 


Ollernjdjen Lande 30000 M. Die Zuwendungen folen wie bisher unter der Voraus: 


etzung wenigſtens gleicher Leiſtungen der Provinzial: 


oder Kommunalverbände und der ge— 


meinſamen Verwendung der Fondsanteile des Staates und der N Verbände geleiſtet 


werden. 


Zur Forderung der Land- und Forſtwirtſchaft in den öſtlichen vine 


Zur Durchführung des öffentlichen Wetterdienſtes 


Zur Förderung der Kultivierung und Beſiedelung von Oedländereien i in der Provinz Düma 
Zur Förderung der Kultivierung von Oedländereien in der N a an 


Desgl. in der Proving Weſtfalen 


1252 000 
210 000 
150 000 

60 000 
50 000 


Notizen. 


A. Geheimerat Dr. Nichard Heß, 


von 1869 bis 1910 ordentlicher Profeſſor der Forſtwiſſenſchaſt 
an der Univerſität Gießen, iſt daſelbſt am 18. Januar ge⸗ 
ſtorben und am 21. unter zahlreicher Beteiligung aus den 
Kreiſen des Landes, der Stadt und der Univerſität auf dem 
alten Friedbofe an der Seite ſeiner Gattin, die ihm vor neun 
Jahren im Tode vorausgegangen war, beerdigt worden. Am 
Sarge wurden Kränze mit Anſprachen niedergelegt: namens 
der Univerſität vom Rektor Profeſſor Dr. Sievers, namens 
der Philoſophiſchen Fakultät von deren Dekan Prof. 
Dr. Kalbfleiſch, namens der Forſtabteilung des Großh. 
Finanzminiſteriums von Geh. Oberforſtrat Dr. Walther, 
ſür die Burſchenſchaften und deren Alte Herren von Geh. 
vofrat Dr. Haupt, ſeitens des ſtudentiſchen Ausſchuſ⸗ 
ſes und einer Gießener Geſellſchaft näherer Freunde, 
des ſog. „Dienstagskranzes“, dem früher auch Hundeshagen, 
Karl und Eduard Heyer ſowie deffen Amte vorgänger, der Ober: 
forfter und Profeſſor Dr. Zimmer angehört hatten. Im Auf⸗ 
nage dieſer Geſellſchaft redete der langjährige Amtsgenoſſe des 
Verſtorbenen, Geh. Forſtrat Dr. Wimmenauer. Dieſem war 
zugleich nach Verabredung mit den genannten Vertretern der 
Unwerfität die eingehendere Würdigung der wiſſentſchaftlichen 
Verdienſte des Verſtorbenen vorbehalten. Ueber deffen Lebeng- 
lauf iſt folgendes zu berichten: 

Ridhard Heß ift am 23. Juni 1835 als jüngſter Sohn 
des damaligen Regierungs- und Steuerrats, ſpäteren Geh. 
Staatsrats und Geheimerats Karl Heß in Gotha geboren. 
Seine Jugendjahre verbrachte er je nach dem Amtsorte des 
Vaters teils in Koburg, teils in Gotha, wo er die Gymnaſien 
deſuchte und im Jahre 1854 die Maturitas erlangte. Seine 
ursprüngliche Abſicht, Artillerieoffizier zu werden, hatte er ius 
folge eines längeren Ferienaufenthalts zu Oberhof im This 
ringer Walde zugunſten des ſorſtlichen Berufes, den er dort 
leunen lernte, aufgegeben. Nachdem er zunächſt dle vorges 
ſchtiebene 1½ jährige Lehrzeit, und zwar bei dem als Entomo⸗ 
logen rühmlichſt bekannten Revierförſter Kellner zu Georgen: 
tal, ugleich auch unter dem leitenden Einfluß des dortigen 
Oberſorſtmeiſters Schrödter, abfolviert hatte, bezog er gus 
nächſt im Herbſte 1855 die Akademie Aſchaffen burg. wo 
damals Stumpf, Kauſchinger und nach dieſem Gayer Forſt. 
wiſſenſchaft lehrten. und im folgenden Jahre die Univerfitat 
Göttingen, um ſtaats⸗ und lechte wiſſenſchaftliche, ſowie 


nalurwiſſenſchaftliche Vorleſungen zu hören. Hier ſchloß er 


ſich der Burſchenſchaft Brunsviga an, der er bis zu feinem 
Tode als treuer „Alter Herr“ augehörte. Die Staatsprüfungen 


— nn nn a ar ae a ze — = —— — —:.ñññ ß p ——— ee 


im Forſt⸗ und Kameralfach legte er 1856 und 1858 zu Gotha 
mit beſtem Erfolge ab. Nun folgte eine Reihe von Jahren 
während deren ſich Heß mit größtem Eifer den praktiſchen 
Arbeiten der Forſtverwaltung an verſchiedenen Revieren des 
Landes widmete. Zugleich entfaltete er ſeit 1860 eine aus⸗ 
gedehnte ſchriftſtelleriſche Tätigkeit, die ihn in nähere Berül⸗ 
rung mit Profeſſor Dr. Guſtao Heyer, dem Herausgeber der 
„Allgemeinen Forſt⸗ und Jasdzeitung“ brachte. Denn in dies 
ſer Zeitſchrift erſchienen die meiſten ſeiner damaligen Abhand⸗ 
lungen; fo unter anderem eine über „Die Loshiebe“ im Oktober⸗ 
heft 1862, der eine redaktionelle Bemerkung beſonderen Dank 
und rühmende Anerkennung zollte. Heyer ſuchte ihn bei ver⸗ 
ſchiedenen Gelegenheiten für den akademiſchen Lehrberuf zu ge⸗ 
winnen, aber Heß zog es zunächſt vor, in der Praxis zu blei⸗ 
ben. Im Jahre 1860 wurde er zum Forſtgehilfen ernannt, 
1868 als Forſtconducteur und 1868 als Forſtcommiſſair, d. h. 
als zweiter Beamter einer Forſtmeiſterei, angeſtellt. Im Jahre 
1863 gründete Heß in Ohrdruf durch ſeine Vermählung mit 
Sophie Schlenuk den eigenen Hausſtand. Dieſer Ehe find 
vier Kinder entſproſſen: zwei Töchter, Klara und Elſe, von 
denen die erſtere mit Herrn Oberſtleutnant Pampe verheiratet, 
die zweite leider frühzeitig geſtorben iſt, und zwei Söhne, Ar⸗ 
thur und Hugo, beide zurzeit im Heere ſtehend, ſonſt der eine 
Kaufmann, der andere Landwirt. 

Als nun Guſtav Heyer, zu jener Zeit ohne Zweifel 
unter allen akademiſchen Lehrern des Forſtfaches der hervor⸗ 
ragendſte, im Jahre 1868 die Profeſſur an der Univerſität 
Gießen mit der Direktion der neugegründeten Forſtakademie 
Münden vertauſchte, ſchlug er Richard Heß zu ſeinem Nach⸗ 
ſolger vor, denn in ihm glaubte er zu finden und fand er 
tatſächlich, was er ſuchte: reife Kenntniſſe auf allen Gebieten 
ſeines Faches, reiche Erfahrung in der forftlihen Praxis, 
Lehrgabe und unermüdlichen Fleiß in der Sammlung, Sich⸗ 
tung und Ordnung des Wiſſensſtoffes. Wenn Heß auch an 
Originalität und genialer Durchführung eigener Gedanken 
ſeinem Vorgänger nicht gleich kam, ſo war er ihm an Viel⸗ 
ſeitigkeit doch überlegen. Wer die Lehrmittel des Gießener 
Forſtinſtituts, die Sammlungen und den akademiſchen Forſt⸗ 
garten vor ſeiner Zeit gekannt hat und nun ſieht, was Heß 
daraus gemocht hat. der ſtaunt und bewundert feine unermüd⸗ 
liche Arbeitsleiſtung. Und wer die lange Reihe feiner Schriften 
überfieht, die bis ins Einzelne und Kleinſte mit einer uner— 
reichten Gewiſſenhaftigkeit und Sorgſalt ausgearbeitet ſind, 
der begreift es vollkommen, daß alles, was Heß an tatſächlichen 
Angaben ſeſtgeſtellt hat, von anderen unbezehen als zweifellos 


+ 
en e? « 
. 


richtig übernommen werden konnte. 
„Lebensbildern“ hervorragender Fachgenoſſen (1885), von 
ſeiner Schrift über „Eigenſchaften und forſtliches 
Verhalten der Holzarten“ (1883 und 1895), von ſeinen 


Das gilt von ſeinen 


Erfahrungen und Beobachtungen im Gebiete des Waldbaue s, 


wie ſie in den zwei von ihm bearbeiteten letzten Auflagen des 


klaſſiſchen Werkes von Karl Heyer enthalten ſind (1893 und 


1906/9), und vor allem von feinem Hauptwerke: „Der Forſt⸗ 

ſchutz“ (1878, 1887/90, 1898/1900), das in mehrere fremde 

Sprachen überſetzt worden iſt, deſſen vierte Auflage zu bear⸗ 

beiten ihm aber leider nicht mehr vergönnt war. — Im Frühe 

jahr 1869 trat Heß fein akademiſches Lehramt an; feinem 

Vater war die Freude, dies zu erleben, noch beſchieden; 

er ſtarb im März 1871; ſeine Mutter war bereits 3 Jahre 

früher heimgegangen. 

Im November 1869 hlelt Heß feine akademiſche Antrit!s⸗ 
rede „über die Organiſation des forſtlichen Ver⸗ 
ſuchsweſens“. Er vertrat darin die Anſchauung, daß dies 
einem ausſchließlich hierfür anzuſtellenden Beamten, der zugleich 
Mitglied der oberften Forſtbehörde fein fole, zu übertragen fet. 
Als danı aber im Jahre 1882 die „ſorſtliche Verfuchsanitalt 
für das Großherzogtum Heſſen“ errichtet und die Leitung der 
Verſuche den beiden Profeſſoren der Forſtwiſſenſchaft an der 
Landesuniverſität übertragen wurde, unterzog ſich Heß auch 
dieſer Aufgabe, übernahm die Geſchäſtsleitung und die Leitung 
der Durchforſtungs⸗ und Kulturverſuche, die er mit der ihm 
eigenen Sorgfalt und Gewiſſenhaftigkeit bis 1907 fortführte. 

Nicht weniger als 41 Jahre hat Heß ohne Unterbrechung 
der Gießener Univerſität ar gehört; faſt alle lebenden heſſiſchen 
Forſtleute und viele auswärtige ſind ſeine Schüler geweſen, 
die ihm 1894 und 1909 zum 25s und zum 40jährigen Amts 
jubiläum ihre Dankbarkeit und Verehrung zum Ausdruck brach⸗ 
ten. Anträge auf ſeine Berufung an die Hochſchule für Boden 
kultur in Wien und die UIgiverſität München blieben ohne Er: 
folg. Im Jahre 1877 wurde er zum Rektor der Univerſität 
Gießen gewählt, 1890 zum „Geheimen Hofrat“ und 1907 zum 
„Geheimerat“ ernannt. Heſſiſche und Go haiſche Orden zierten 
feine Bruſt; der Oeſterreichiſche Reichsforſtverein und der 
Mähriſch⸗Schleſiſche Forſtverein verliehen ihm die Ehrenmit⸗ 
aliedſchaft. Aber ſeinen höchſten Stolz dürfte er in der all⸗ 
ſeitigen Anerkennung ſeiner Verdienſte um die Wiſſenſchaft und 
ihre Lehre finden. 

Ehre ſeinem Andenken! 

Eine ausführliche „biographiſche Skizze“, von dem ſürſt⸗ 
lich Lichtenſtein'ſchen Forſtmeiſter Herrn Franz Kraetzl 
verfaßt, iſt in den „Verhandlungen der Forſtwirte von Mähren 
und Schleſien“, 53. Jahrgang, fowle als Sonderabdruck hier. 
aus 1902 erſchienen. Dieſe Schrift enthält auch ein bis dahin 
vollſtändiges Verzeichnis der literariſchen Arbeiten von Richard 
Heß. Neben den bereits erwähnten Hauptwerken feien biers 
nach noch folgende ſelbſtändige Schriften zur Ergänzung 
genannt: 

1. Grundriß zu Vorleſungen über Eneyklopädie und Methodo- 
logie der Forſtwiſſenſchaft, 1873, ſowie zu Vorleſungen über 
Forſtbenutzung und ⸗Technologie, 1876 und 1901, 

.Die forſtliche Unterrichtsfrage, 1874; über die Organiſation 
des forſtlichen Unterrichts an der Univerſität Gießen, 1877; 
der forſtwiſſenſchaftliche Unterricht an der UU⸗iverſität Gießen 
in Vergangenheit und Gegenwart, 1881; über Umfang und 


Lo 


Bedeutung der Forſtwiſſenſchaft als Univerfitäte-Diszinis 
Feſtrede 1881. 
3. Der akademiſche Forſtgarten bei Gießen, 1878 und 180 
4. Encyklopädie und Methodologie der Forſtwiſſenſchaft, 1883 
1890 und 1892. 
5. Ueber Waldſchutz und Schutzwald, Rektorats rede 1888. 
An größeren und kleineren Abhandlungen um Ir 
ſtigen Beiträgen in forſtwiſſenſchaftlichen Zeitſchti 
ten werden dort 176 aufgezählt. Davon finden ſich mehr al 
70 und auch ſpäter noch einige in der Allg. Forſt⸗ und Jag 
zeitung. Den Schluß der Aufzählung endlich bilden 11! 
Biographien, die in dem Sammelwerke der hiſtoriſchg 
Kommiſſion bei der kgl. Bayriſchen Akademie der Wiffenlaet 
ten zu München — „Allgemeine Deutſche Biographie“ — e 
ſchienen ſind. 
Wahrlich eine Fülle wiſſenſchaſtlicher Arbeit, wie m: 
wenige ſie aufzuweiſen haben! Wr. 


B. Muß der Käufer eines Erundbeſitzes in da 
darüber abgeſchloſſenen Jagdpachtvertrag eintreten. 


Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 16. Mai 1914. 
(Nachdruck auch im Auszug verboten.) | 
Für Jagdpächter und Verpächter von Wichtigkeit iR fol 
gende Entſcheidung des Oberlandesgerichts Celle. — Von Voll: 
hofbeſitzer M. pachtete der Kaufmann H. deffen Jagd auf“ 
Jahre, und zwar von 1911 bis Oktober 1917 gegen eine jähr: 
liche, im voraus zu zahlende Jagdpacht von 150 Ml. In 
März 1912 verkaufte M. ſeinen Vollhof an den Grundbeliger 
T., und dieſer verbot dem H. die Jagd auf feinem Grund um 
Boden, da durch den Verkauf des Hoſes der Jagdvertrag bic 
fällig geworden fei. Daraufhin begehrte H. durch Plage det 
ſtellung, daß er auf Grund des mit M.. geſchloſſenen Jog: 
pachtvertrages berechtigt ſei, bis zum 1. Oktober 1917 auf den 
von M. an den Beklagten veräußerten Grundbeſitz zu jagen. 
Sowohl Landgericht Stade wie Ober landesgerich 
Celle gaben der Klage ſtatt; letzteres mit folgender Begrün⸗ 
dung: Der Jagdpachtvertrag fei eine beſondere Art des Pacht 
vertragek. Pachtverträge gingen aber nicht ſchlechthin auf den 
Nacheigentümer des Verpächters über. Nur dann finde ei 
ſolcher Uebergang („Kauf bricht Miete“) ſtatt, wenn ein Grund 
ſtück verpachtet ſei und wenn außerdem das Grundück vor den 
Eigentumswechſel dem Pächter überlaſſen, d. h. im Beſitz über r 
geben fei. Das letztere treffe aber auf den Sagdpadter nit 
zu; jedenfalls treffe es im vorliegenden Falle auf den Kläger 
nicht zu. Der Kläger dringe mit ſeiner Forderung durch. 
wenn er den Nachweis erbringe, daß der Beklagte den Jar 
pachtvertrag übernommen habe, daß er alſo durch Vertrag mi | 
M. in den Jagdpachtvertrag eingetreten fei. Dieſer Bew 
jei erbracht. Beim Verkauf feines Hofes habe M. dem Ber 
klagten 75 Mk. gegeben als die Hälfte der Summe, die er von 
dem Kläger als Pacht für das erſte Pachtjahr vom Oktober 
1911 bis 1912 im Voraus erhalten habe. Durch die Annahme 
dieſer 75 Mt. habe der Beklagte nicht, wie er meine, uur die 
Pflicht übernommen, dem Kläger die Ausübung der Jagd für 
die zweite Hälfte des erſten Pachtjahres zu geſtatten, fondera 
er fei durch ſtillſchweigende Ulebereinkunſt in den Badtoertar 
eingetreten, und hahe daher zu dulden, daß der Kläger bis 
Ofiober 1917 die Jagd auf feinem Grund und Boden ausübt 
(Sächſiſche Korreſpondenz, G. m. b. H., Leipiig) 
— —_ uh 


— 


Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer, 
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländers Verlag 


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8 :Berleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. N. — G. Ottos Hofbuchdruckerei in Darmſtadt. | 


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4. 


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Allgemeine 


| 
Sort: und Jagd⸗Zeitung. 
Herausgegeben | 

Dr. Karl Wimmenauer, und Dr. heinrich Weber, 


Geh. Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft 
an der Univerſität Gießen. 8 


Tweiundneunzigſter Jahrgang. 


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—— — . — ——— BL BL E LEN NL NL EDEL NETTE ee NENNE — 


| 
1916. Mai. | | 
Mit einer Karte. 
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Mai 1916. 


— — — — — — 


Eine Waldteilung im Odenwalde. 
Von Dr. Wimmenauer in Gießen. 

Im Januar- bis Märzhefte 1906 habe ich unter 
dem Titel „Praktiſche Waldwertrechnung“ 
über die Teilung eines etwa 3000 ha großen Wald- 
befitzes im Hügellande der Provinz Oberheſſen be- 
tier. Einige Jahre ſpäter wurde mir Gelegenheit, 
an der Teilung eines noch größeren Waldgebietes, das 
ſich auf mehr als 4000 ha erſtreckt, mitzuarbeiten. 
Der Hergang hierbei iſt vielleicht für die geehrten Lefer 
der Allg. Forſt⸗ und Jagdzeitung nicht ohne Jnter- 
cie, weil es mir gelungen ift, dieſe Teilung in weſent⸗ 
lich vereinfachter Art zur Ausführung zu bringen. 

Es handelt ſich dabei um die ſogen. „Gemein⸗ 
herrſchaft Breuberg“, die ſeit mehr als 300 
Jahren ſich im gemeinſchaftlichen Eigentume der gräf⸗ 
lichen, fpdter fürſtlichen Häufer Löwenſtein und 
Erbach befindet. Auch hiſtoriſch iſt dieſe Gemein⸗ 
herrſchaft nicht ohne Intereſſe. Ich werde deshalb 
unter Zugrundelegung von G. Simons Geſchichte 
der Dynaſten und Grafen zu Erbach und ihres Landes, 
Frankfurt a. M. 1858, zunächſt kurz über die 


Geſchichte der Burg und Herrſchaft 
Breuberg 
berichten. 
An der Mümling oder Mömling, einem links⸗ 
letigen Nebenflüßchen des Mains, liegt etwa 20 km 
ſüdweſtlich von Aſchaffenburg, unweit der Grenze zwi: 
\den Heſſen und Bayern, aber noch auf heſſiſchem Ge⸗ 
biete, das alte Städtchen Neuſtadt i. O. Ueber 
denselben erhebt fih ein etwas über 300 m hoher 
Bergkegel, den die großenteils noch wohlerhaltene ſtatt⸗ 
ide Burg Breuberg krönt. Sie it nach Simons 
Annahme um das Jahr 1200 vom Kloſter Fulda 
um Schutze feiner dortigen Beſitzungen erbaut und 
bann dem angeſehendſten Adelsgeſchlechte der Um⸗ 
„Legend, den Herren von Lützelbach zu Lehen gegeben 
_ Doden. Dieſe nannten fih danach „Herren von 
reuberg.“ 
„ sit Herrſchaft Breuberg gehörten das Gericht 
| * anb die Benten Höchſt, Lützelbach und Kirch⸗ 


brombach. Die Grenze der Herrſchaft iſt auf 
der hier beigegebenen Ueberſichtskarte leicht zu ver⸗ 
folgen und verläuft nach Simons Beſchreibung wie 
folgt. Von der Böllſteiner Höhe (weſtlich von König 
und Kirchbrombach) in ſüdlicher Richtung über Hem- 
bach bis zur „Spreng“ (einem kleinen Gaſthaus an 
der Straße); dann nach Often dem Langenbrom— 
bacher Bache folgend bis zur Mümling; längs dieſer 
abwärts bis zur Mündung des Weilbachs, dem ſie 
nun wieder aufwärts bis zum „todten Mann“, einem 
alten Grenzſtein zwiſchen Breitenbrunn und Nim- 
horn, folgt. Hier wendet ſich die Grenze nach Süden 
zum Kimbacher Tal, erſteigt jenſeits desſelben die 
Höhe des Eulbacher Parkes und fällt dann wieder bis 
Ohrenbach. Von da zieht ſie zunächſt talaufwärts, 
dann längs der jetzigen Landesgrenze, am Hofe Brunn: 
tal vorüber, bis zu dem Bache, der die Dörfer Hain⸗ 
grund und Seckmauern durchfließt, dieſem folgend bis 
zur Landesgrenze und längs dieſer an den Dörfern 
Lützelbach und Wiebelsbach vorüber in nördlicher Rich— 
tung bis zum Mümlingtale; dieſes unterhalb Hain- 
ſtadt überſchreitend wieder aufwärts zwiſchen Wald⸗ 
Amorbach und Sandbach, Heubach und Hetſchbach 
hinlaufend bis Ober⸗Nauſes; von hier unweit des Ob- 
berges (bei Hering) in ſüdlicher Richtung zwiſchen Hum⸗ 
metroth und Haſſeroth nach Höllerbach und zuletzt 
zwiſchen Wallbach und Brensbach, Affhöllerbach und 
Nieder⸗Kainsbach um den Schnellerts herum wieder 
zur Böllſteiner Höhe. 


Der hervorragendſte Mann des Breuberger Ge⸗ 
ſchlechtes war Gerlach Reiz von Breuberg, der gegen 
Ende des 13. Jahrhunderts unter Rudolf von Habs⸗ 
burg und Adolf von Naſſau ſich als Heerführer aus⸗ 
zeichnete und zum Landvogt von Thüringen und der 
Wetterau ernannt wurde. 


Zu Anfang des 14. Jahrhunderts ging die Herr⸗ 
ſchaft nach dem Tode der letzten Breuberger an deren 
Erben, die Herren von Trimberg, Eppenſtein, Weins⸗ 
berg und Wertheim über, von denen die letzteren, die 
Grafen von Wertheim, 1497 bis 1556 im 
Alleinbeſitz der Herrſchaft blieben. 

14 


102 


Als nun 1556 der letzte Wertheimer, Graf Mi: 


chael III. kinderlos ſtarb, wurden wieder von ver⸗ 
ſchiedenen Seiten Anſprüche an die Herrſchaft Breu: 


berg erhoben, bis man ſich 1563 dahin einigte, daß 
die gräflichen Häuſer Stolberg-Königſtein und 
Erbach ſämtliche Nutzungen und Gefälle gemein— 
ſchaftlich beſitzen ſollten. Der Anteil des erſteren Hauſes 
ging endlich mit Anfang des 17. Jahrhunderts an die 
Grafen von Löwenſtein über. 

Obwohl die letzteren katholiſch, die Erbacher da: 
gegen evangeliſch waren, beide Condomini alſo im 
dreißigjährigen Kriege getrennten Parteien angehörten, 
beſtand die Gemeinherrſchaft fort und beſteht 
noch heute. Freilich ging es während jenes großen 
Krieges nicht ohne Streitigkeiten und wechſelnden Be⸗ 
ſitz der Burg Breuberg, die damals als Feſtung eine 
Rolle ſpielen konnte, ab. Wir finden ſie im Jahre 
1631 unter kaiſerlicher, 1634 unter ſchwediſcher, 1637 
wieder unter kaiſerlicher Beſatzung und 1644 aber⸗ 
mals im Beſitze der Gegenſeite. Daß trotzdem waͤh— 
rend mehr als drei Jahrhunderten keine Spaltung ein: 
getreten iſt, bezeugt die rechtliche und gemeinnützige 
Geſinnung der beiden hochadeligen Familien. 

Der Erbachiſche Anteil der Gemeinherrſchaft ging 
im Jahre 1747 an die jüngere Linie Erbach-Schön⸗ 
berg über, die zu Anfang des 20. Jahrhunderts in 
den Fürſtenſtand erhoben wurde. Dagegen verblieb 
der Löwenſteiniſche Anteil der (katholiſchen) fürſtlichen 
Linie Lö wenſtein-Wertheim-Roſenberg. 
Das Eigentumsrecht an der Burg Breuberg und allem 
zugehörigen Grundbeſitz ſteht nach wie vor beiden fürſt⸗ 
lichen Häuſern gemeinſam zu. 

Den größten Teil ihres Beſitzes machen 

die Waldungen der Gemeinherrſchaft 
aus. Deren Lage innerhalb der ſchon beſchriebenen Um— 
grenzung iſt aus der Ueberſichtskarte zu erſehen, auf 
welcher ſie nebſt einigen privativ fürſtlichen Wald— 
diſtrikten durch Schraffierung der en ber: 
vorgeboben find. Forſtrat Dr. Räß gibt in feinem, 
(cider Fragment gebliebenen, Werke von 1890 über 
die Ertragsregelung der Reviere Neuftadt und Biel: 
brunn die Flächengröße des gemeinherr⸗ 
ſchaftlichen Waldbeſitzes wie folgt an. 

1. Selbſtändige Waldgemarkung mit dem 

Jagdſchloß Hainhaus, dem höchſten 
Punkte des Höhenzugs zwiſchen Main 
und Mümling, die Feldgemarkung Biel- 


brunn vollſtändig umſchließend = 2591 ha 
2. Waldkomplex öſtlich von Neuſtadt, teils 
eigene Gemarkung, teils der Gemar— 
tung Rai-Breitenbach angehörend . 924 „ 
3. Waldgemarkung „Gräben“, auf der 
zu übertragen 15 ha. 


Uebertrag 3515 

Karte mit Gr. bezeichnet, Diſtrikt 

„Steinwald“ (St.) und Kohlwald“ (K.) 

bei Rimhorn . 

Waldgemarkung „Eichels“ 
König und Kirchbrombach 

5. Diſtrikt „Hermesberg“ (H.) und Schlut⸗ 

ruf (Schl.) bei Höllerbach . 

. Diftritt „Breuberg“, Diſtrikt „Schwe⸗ 

denſchanze“ (Schw), Diſtrikt „Scheuer⸗ 

berg“ (Sch.), Diſtrikt „Schließ“ uſw. 
(Schl.) bei Neuſtadt und Sandbach 

, Diſtrikt „Schnellerts“, weſtlich von Böll: 


| 
j 
| 
| u 150 
zwiſchen 

169 _ 


80 


196 


DV: 
. Diftritt „Hartſteinshecken⸗ (Hst), Amts⸗ 


gut und Kirſchberg (A.) bei Seckmauern 129 
Summe 4266 h: 


Der unter Nr. 7 genannte „Schnellerts“ mi 
ſpärlichen Reſten einer Burgruine ift im Odenwald 
nach der Volksſage bekannt als Ruheſtätte des lebte: 
Ritters von Rodenſtein, der aber nur in Friedens 
zeiten hier liegt und, wenn ein Krieg ausbricht, mit 
dem „wilden Heere“ nach der Burg Rodenſtein be 

Reichelsheim überzieht). Scheffel hat befanntii 
dieſe Sage in feinen viel geſungenen Rodenſteinlieden 
verherrlicht. Der Walddiſtrikt „Schnellerts“ ift ir 
zwiſchen da er von den anderen weit abliegt, jeilen: 
der Gemeinherrſchaft gegen eine Anzahl fiskaliſcht 
Parzellen, die an Breubergiſche Waldungen angrenzen, 
zuſammen 21 ha, ausgetauſcht worden. 

Die au fgezählten gemeinherrſchaftlichen Waldunge! 
bildeten nebſt einigen nachher noch zu nennenden priva: 
tiv fürſtlichen Diſtrikten zwei Oberförftereien: Neu 
ſtadt und Vielbrunn. Zur letzteren, die ihren 
Sitz bis vor kurzem auf dem Bremhof hatte, dann 
aber nach Laudenbach a. M. verlegt wurde, ge 
hörte der unter 1 genannte große geſchloſſene Kom: 
plex mit 5 Schutzbezirken: Hainhaus, Bremhof, Brun 
tal, Haingrund und Hengmantel; zeitweiſe auch de 

Bezirk Seckmauern Nr. 8. Alles übrige bildete 5 
ſammen das kleinere, aber wegen zerſtreuter Lage be 
ſchwerlichere Revier Neuſtadt. 


1) Aus meiner Kinderzeit iſt mir noch erinnerlich, daß 
zu meinem Vater, der ums Jahr 1850 ev. Pfarrer in Kirch⸗ 
brombach war, ein Bauersmann aus Höllerbach oder einem 
der benachbarten Orte kam und erzählte, in einer der legte" 
Nächte ſei das wilde Heer wieder umgezogen und habe, 
wie gewöhnlich, feinen Weg durch eine Scheuer (fo oviel id 
mich erinnere, in Nieder-Kainsbach) genommen, die vorn 
und hinten ein Tor habe. Am Morgen nach dem Umzug 
habe man beide Tore ausgeriſſen und niedergelegt gefun e 
Auch im Sommer 1914 ſoll, wie mir am Rodenſtein erzählt 
wurde, wieder ein Umzug ftattgefunden Haben. Tr 


103 


Die Forſtverwaltung war dadurch erheblich ers 
Hwert, daß beide Oberförftereien nicht nur über die 
ährlichen Wirtſchaftspläne, ſondern auch über alle 
ınderen wichtigen Vorſchläge an zwei Zentralſtellen, 
die fürſtlich Löwenſteiniſche Domänen⸗Kanzlei in Wert⸗ 
beim a. M. und die fürſtlich Erbachiſche Rentkammer 
in Schönberg a. d. Bergſtraße, zu berichten hatten. 
Dieſe kommunizierten“ dann untereinander und fo 
kam es, daß die endgiltige Entſcheidung oft ſtark ver- 
zögert wurde. Ein ſo ſchwerfälliger Geſchäftsgang 
paßt in die heutige Zeit nicht mehr. Man entſchloß 
ſich daher im Jahre 1903, eine Teilung, zwar 
nicht im Eigentume, weil eine ſolche wegen der agna⸗ 
tiſchen Konſenſe vielleicht Schwierigkeiten verurſacht 
haben würde, wohl aber „in Beſitz und Genuß“ 
auszuführen; dergeſtalt, daß zwei gleichwertige Reviere 
ausgeſchieden werden ſollten, von denen je eines zu 
ſelbſtändiger Verwaltung und Nutzung der einen und 
der anderen Seite zugewieſen würde. Die Ausführung 

der Teilungsarbeit wurde einer fünfköpfigen Kom⸗ 
miſſion übertragen, zu der jede der beiden fürſtlichen 
Verwaltungen zwei Mitglieder zu ernennen hatte. Von 
Lowenfteinijder Seite waren es die Herren Forſtrat 
Dr. RAB und Oberförſter von Uiblagger, von 
Erbachiſcher Seite Herr Oberförſter Scheel und der 
Verfaſſer dieſes Aufſatzes. Als fünftes unparteiiſches 
Mitglied und Vorſitzender der Kommiſſion wurde 
Herr Geh. Oberforſtrat Seyd in Darmſtadt gewählt. 
In einem längeren Gutachten hatte ich ſchon im 
Jahre 1902 näher ausgeführt, daß und warum ich 
im vorliegenden Falle ein abgekürztes Teilungs⸗ 
verfahren für anwendbar hielt. Anſtatt einer voll⸗ 
Rindigen Wertermittelung des Bodens und der Holz- 
befände, wie fie in anderen Fällen bei komplizierter 
Beftodung und Betriebsart unentbehrlich erſcheint, 
glaubte ich hier durch Ausſcheidung zweier 
Waldhälften zum Ziele zu gelangen, die wenn 
möglich 
1. gleiche, auf mittlere Bonität reduzierte 
Flächengröße, 

2. gleiche Holzvorräte und 

3. gleiche Durchſchnittserträge aufweiſen 
ſollten. Beide letzteren ſollten zunächſt in Feſt⸗ 
metern, dann aber, wenn es nötig erſchiene, auf 
Grund weniger Reduktionsfaktoren auch in Wert⸗ 
metern veranſchlagt werden. 

Denn im Breuberger Walde ſind tatſächlich nur 
zwei Holzarten, Buche und Kiefer, von weſentlicher Be⸗ 
deutung. Alle anderen wie Eiche, Fichte, Tanne, 
Lärche, ſpielen nur eine ganz untergeordnete Rolle. 
Und der Geldwert der beiden Hauptholzarten iſt auch 
kein erheblich verſchiedener, weil die Kiefer zwar mehr 
und werwolleres Nutzholz, die Buche aber das viel be⸗ 


gehrtere Brennholz liefert. Im Durchſchnitt der fünf 
Jahre 1898 bis 1902 wurden vom Feſtmeter 


Laubholz Nadelholz 
im Revier Neuſtadt 9,61 9,09 Mk. 
„ „ U Vielbrunn 9,76 10,35 „ 
„ ganzen 9,70 9,77 „ 


erlöſt. 

Sollte das oben bezeichnete Ideal gleicher reduzierter 
Waldflächen, Holzvorräte und Durchſchnittserträge nicht 
ganz zu erreichen fein, jo wäre das Hauptgewicht auf 
die Jahreserträge zu legen, zugleich aber darauf Rück⸗ 
ficht zu nehmen, daß jedem der beiden Teilſtücke mög- 
lichſt gleiche Flachen und Holzvorräte der geringeren, 
zur Umwandlung in Nadelholz vorgeſehenen Buchen⸗ 
bonitäten zugewieſen würden. 

Zur beſſeren Abrundung der beiden zu bildenden 

-Verwaltungsbezirke wurde noch beſtimmt, daß auch die 
angrenzenden beiderſeitigen privativ fürſtlichen Wald⸗ 
parzellen in das Teilungsverfahren einbezogen werden 
ſollten. Eigentum des fürftlihen Hauſes Erbach⸗Schön⸗ 
berg find nur kleine, auf verſchiedenen Gemarkungen 
zerſtreute Waldflächen mit zuſammen 19 ha. Da⸗ 
gegen gehören dem fürſtlichen Hauſe Löwenſtein⸗W. R. 
folgende Diſtrikte: 

1. Kammerſchlag und Gaisberg (auf dem 
Plane mit G. bezeichnet) bei Seck⸗ 


mauern = e 
2. Schwanne (Schw.) bei Breitenbrunn 89 „ 
3. Verſchiedene, auf dem Plane nicht aus⸗ 
geſchiedene Waldſtücke bei Vielbrunn, zu⸗ 
jammen . n 1150 
4. Dal. bei Nieder: und Mittelkinzig 33 
5. Dgl. bei Wald⸗Amorbach 24 „ 
6. Dgl. bei Schloß⸗Nauſes 92 


im ganzen 440 ha 

Der Teilungskommiſſion, welche im Jahre 1904 
zum erſten Male zuſammentrat, legte ich zwei Ent⸗ 
würfe A und B vor, von denen der erſtere Annahme 
fand. Dieſer wies dem fürſtlichen Haufe Löwenſtein⸗ 
W. R. als Oberförſterei Vielbrunn den weiter oben 
unter 1 genannten großen Waldkomplex beim Jagd⸗ 
ſchloß Hainhaus mit Ausnahme der Diſtrikte Eſchern, 
Klinge (Kl.) und Neuerwald (N.) zu, die im Plane 
durch eine ſchraffierte Grenzlinie ausgeſchieden ſind; 
außerdem die ſoeben erwähnten beiderſeitigen priva⸗ 
tiven Waldparzellen bei Vielbrunn und die unter 6 
genannten bei Schloß⸗Nauſes. Alles übrige war 
als Oberförſterei Neuſtadt dem fürſtlichen Hauſe 
Erbach⸗Schönberg zugeteilt. Der zweite Entwurf B 
unterſchied ſich von dem erſten dadurch, daß er auch 
den Bezirk Schloß⸗Nauſes ſowie einen weiteren Diſtrikt 
beim Hainhaus zu Neuſtadt, dagegen den Bezirk Seck⸗ 
mauern zu Vielbrunn ſchlug. Hierdurch wären beide 

14* 


Tab. I. 
Ueberſicht der Waldflächen in ha und der Anſprüche beider fürftlihen Häuſer. 
Laubholz in Standortsklaſſe Nadelholz a : 
Flächenteile Summe Summe | 
II — III | IV V I | II Ill | IV 
| | 
| 
Obf. Neuftadtt . . . .| 17 al 665,2 [435,6 565,5 12,6 | — 1013,7 
Eingetauſchte Parzellen“ — — — — — — 15,9 5,0 — — 20,9 
Obf. Vielbrunn . . » . | 6,6 | 25,6 325,8 5 4,8 139,7 1072,6 794 | 11,2 1404,7 
Gemeinſchaftl. Befig . 68,3 | 564,0 | 765,6 1637,8 |1027,9 1308,2 92,0 | 11,2 | 2439,3 
Hiervon die Hälfte. 29,2 282,0 382,8 818,9 514.0 6541, 460 5,6 1219,7 


Privativ Erbach⸗ | 
Schönbergiſch) — "E pS 10,2 
| 
| 
! 


9,3) 0.9 


1,1 7.5 


Anſpruch des fürſtl. Hau | | 
ſes Erbad- Schönberg . 29,2 283,1 390,8 523,3 655,0 460 65,6 | 1229,9 
Reduktionsfaktor 1,4 11 1,0 | 0,8 0,86 0,4 — 


Reduzierte Flächen 40,9 1 4 351,3 523,3. 524, 0 27,6 2,2 | 1077,1 


Hälfte des gemeinſchaftl. | 
Beſitzes 3 514,0 654,1 46,0 5,6 [ 1219,7 


| 


190,7| 101,9 
29,2 | 282,0 EE 
Privativ Löwenſteiniſch 


in der Obf. Neuftadt . 
„ „ „ Vielbrunn. 


Anſpruch des fürſtl. Hau⸗ 
ſes Löwenſtein 1 


60,0 113,9 16,7 11,6] 208,2 
— O18) — —— 135,3 
| | 


u 859,8 62,7 17,2] 1563,2 | 24792 


Dgl. in reduz. Größe. . | 7,6 |60,1 623,5 687,8 87,6. 6,9 | 1355,8 | 2231 
Tab. II. ee der zn in abfoluter und reduzierter . 
Laubholz in Standortsklaſſe Nadelholz N 
Flächenteile | | Summe | | Summe 
1 | H III | IV | V I II III IV 
| | | | | | 
Fürſtliches Haus Erbach⸗Schönberg. i 
Obf. Neuftadt . . . 1,7 | 82,7 238,2 190,7; 101,9 4356| 5655| 12,6 — | 1013,7 
Eingetauſchte Parzellen.“ — — E pe I — 15,9 5,0 — z 20,9 
Wom gemeinfchaftl. Befig | F | | | 
in der Obf. Vielbrunn | — 2,1 29,9 34,7 76,4 104,3 2,9 — 183,6 
Vom fürſtl. Löwenſt. ee | 
fig in Meuftabt . . — 10,5 9,6 2,0 51,8] 95,4 16,7 | 11,5 175,4 
| 


03} 07 — | = 1,0 


Dal. in Bielbrunn. . . | — = = 
580,0 7709 32,2 | 11,5°| 1394.6 


277,7 | 227,4 


Summe | 1,7 | 45,8 
Reduftionsfaftor . . . | 1,7 1,4 1,1 0,9 - 1,0 0,8 0,6 0,4 = — 
Reduzierte Flächen . | 2,9 63,5 305,5 204,6 639,3 580,0 616,7 19,3 | 4,6 | 1220, 6 1859,9 


Fürſtliches Haus Löwenſtein⸗Wertheim⸗Roſeuberg. : 


Vom gemeinſchaftl. Beſitz , | | | y 
in der Obf. Bielbrunn | 6,6 23,5 | 295,9| 540,3 186,8] 1003,1 | 500,0 633,4 765 | 11,2] 12211 8 
) 
9 ee lher | z: 
Beſitz - — jj 78 — 86 | 9,3 09 Er oss 10,2 
Fürſtl. Ldrweoft. Berg in | | 
Vielbrunn . . 3 — 18 12,0 16] 15,7 | 43,2 910, — — 134,2 
Dal. in Neustadt . — | 33 26,8 26,1 3,1 50,3 | 143] 18,6 — | -- 32,9 
Summe | 6,9 | 26,8 325,0 585,9 141,5| 1086,7 | 566,8 743,9 765 | 11,2 | 13084 |? 
Dal. in reduz. Größe. 87,5 358,2 527,3 84,9| 1019,7 45,9| 4,5 | 1212,3 | 2232,0 


Tab. III. 
Ueberſicht der Holzvorräte in fm und der Anſprüche beider fürſtlichen Häuſer. 
Hiervon 
a , Eiche Bude Kiefer ichte 
wladmenteile uſw. Oen a Í vid Summe A2 05 en 
Feſtmeter Jahren 
Gemeinſchaftlicher Beſitz 10058 | 337591 474245 | 46463 868357 106819 | 247856 
Hiervon die Hälfte 5029 168796 | 237123 23231 434179 53409 | 128928 
Rrivativ Erbach⸗Schönbergiſch 48 1054 1322 62 2186 47 945 
Anjprud des fürſtl. Hauſes Erbach⸗Sch. 5077 169850 238445 23293 53456 124873 
174927 261738 178829 
pro red. ha 223 243 284 
Hälfte des gemeinſchaftl. Beſitzes 5029 | 168795 | 237122 23282 434178 53410 123928 
Privativ Löwenſteiniſch | 
in der Obf. Neuſtadt 416 | 18331 | 42311 635 61693 7082 | 27761 
in der Obf. Bielbrunn . 689 | 979 | 20602 | 5118 27478 340 15197 
Anſpruch des fürſtl. Haufes Löwenſtein 6134 188105 300125 28985 60782 166886 
194239 329110 227668 
pro red. ha 222 243 
Tab. IV. 
Zuteilung der Holzvorräte. 
nn i o | f | Hiervon 
cts . Eiche Buche Kiefer Fichte Laubholz Nadelholz 
Flächenteile ufm. | Summe über 100 über 60 
| 
= Feſtmeter Jahren 
| Fürſtliches Haus Erbad): Schönberg. 
Gemeinherr{daftl Obf. Neuftadt . 1096 | 120922 | 219850 | 14727 356595 82251 | 104070 
Eingetauſchte Parzellen ehe 1088 64 1152 — — 
Cbf. Vielbrunn 109 7927 33762 349 42147 5742 10237 
8 | 
Fürſtl. Löwenſteiniſch. 416 5797 37175 | 571 48959 43 26198 
Summe 1621 134646 291875 15711 443853 38036 140500 
5 136267 307586 178536 
pro red. ha 213 252 239 
Fürſtliches Haus Löwenſtein⸗Wertheim⸗Roſenberg. 
Gemeinherrſchaftl. Obf. Vielbrunn 8853 208742 219713 | 31852 468660 688 6 133557 
Fürſtl. Löwenſteiniſch | 
Obf. Vielbrunn 689 979 20524 5089 27281 340 15189 
Obf. Neuftadt . = 12534 5186 64 17734 6989 1568 
Fürſtl. Erbach⸗Schönb. 48 1054 1322 62 2486 47 945 
Summe 9590 | 223309 246695 36567 516161 76202 | 151259 
— E Haie Era ER — 
232899 283262 227461 
pro red. ha 229 234 231 


106 


Oberförſtereien noch beſſer arrondiert worden; da man 
aber von fürſtl. Löwenſteiniſcher Seite beſonderes Ge⸗ 
wicht auf die Beibehaltung von Schloß⸗Nauſes legte, 
wurde der Entwurf A vorgezogen. 

Daß dieſer hinſichtlich der Flächen⸗Zuteilung der 
geſtellten erſten Bedingung entſpricht, beweiſen die vor⸗ 
ſtehenden Tabellen I und II, aus denen hervorgeht, 
daß die zugeteilten reduzierten Flächen den 
berechtigten Anſprüchen bis auf Bruchteile des ha ge⸗ 
nau entſprechen, daß aber auch die abſoluten Fla- 
chen annähernd zutreffen, alſo die Durchſchnitts⸗Boni⸗ 
tät der Flächeneinheit beiderſeits die gleiche iſt. Die 
Endziffern der Tabelle I und II find folgende: 


Oberſörſterei Vielbrunn Neuſtadt 
Anſpruch in abſol. Größe 2479,2 2057,4 
Zuteilung . 4 2485,1 2051,4 
Anſpruch in reduzierter Größe 223 1,6 1860,2 
Zuteilung „ i 5 2232,0 1859,9 


Die beiderſeits angewendeten Reduktionsfaktoren 
ſind aus den benutzten Ertragstafeln, die bei den Forſt⸗ 
einrichtungsarbeiten in Heſſen eingeführt ſind, abge⸗ 
leitet. Die Abweichungen der hier aufgeführten Flächen⸗ 
ſummen von den weiter oben nach Räß angegebenen 
erklären fic) dadurch, daß die Wegflächen hier aus- 
geſchloſſen, dort aber eingerechnet find. 

Daß auch die zweite Forderung, Verteilung der 
Holzvorräte nach Maßgabe der Anſprüche, annähernd 
erfüllt iſt, zeigen die Tabellen III und IV. Deren 
Schlußziffern ſind folgende: 


Oberförſterei Vielbrunn Neuſtadt 
Anſpruch im ganzen 523 349 436 665 fm 
Zuteilung „ : 516161 443853 „ 
Anſpruch an älteren 
Beſtänden 227668 178329 „ 
Zuteilung an dgl. 227461 178 536 „ 


Hiernach würde die fürſtl. Erbach⸗Schönbergiſche 
Oberförſterei Neuſtadt etwas über 7000 fm im ganzen 
zu viel und die Gegenſeite ebenſoviel zu wenig er⸗ 
halten. Das wären ungefähr 1.5% der betr. An- 
ſprüche. Dieſe Differenz verliert aber an Bedeutung, 
wenn man beachtet, daß die Zuteilung haubarer und 
angehend haubarer Beſtände, die doch den bei weitem 
größeren Teil des Wertes darſtellen, faft genau mit 
den Anſprüchen übereinſtimmt. 

Viel größer ſind allerdings die Unterſchiede zwiſchen 
Anſpruch und Zuteilung an den einzelnen Holzarten; 
hier hat Vielbrunn entſchieden zu viel Laubholz, Neu⸗ 
ſtadt zu viel Nadelholz erhalten. Aber die Durch⸗ 


ſchnittszahlen pro red. ha zeigen, daß die Beſtockung 
Immerhin weiſen 
die Zahlen beider Tabellen darauf hin, daß doch noch 
weitere Kontroll: Berechnungen notwendig erſchienen, 


im Mittel annähernd normal iſt. 


auf die ich nachher zurückkomme. 


Zunächſt it noch zu konſtatieren, inwieweit aut 
der dritten obigen Forderung, nämlich anſpruchsge 
mäßer Zuteilung von Durchſchnittserträgen. 
Genüge geleiſtet it. Dieſe Durchſchnittserträge fteler 
fih nach den Ertragstafeln für Standorte mittlere: 
Güte, nämlich 

Buchen und Eichen III. / IV. Kl. auf 5,5 fm 

Kiefern 133 

Fichten | , 
pro ha einſchließlich Zwiſchennutzungen. 

Unter Zugrundelegung dieſer Zahlen ergeben jid 
für die neu gebildete fürſtlich Lö wenſteiniſch 
Oberförſterei Vielbrunn folgende Zahlen: 


Anſpruch Zuteilung 
red. ha fm red. ha ‘fm 
Laubholz 876 4818 1020 5610 
Fichte 208 2288 253 2808 
Kiefer 1147 10323 959 8631 
Summe 2231 17429 2232 17049 
Ebenſo für die Erbach - Schönbergiſche 
Oberförſterei Neuſtadt: 
Anſpruch Zuteilung 
red. ha fm red. ha im 
| Laubhol) 783 4306 639 3514 
Fichte 166 1826 121 1331 
| Kiefer 911 8199 1100 9900 
Summe 1860 14331 1860 14745 


Auch hier Scheint das letztgenannte Revier vor dem 
anderen begünſtigt zu ſein. Ich habe deshalb auf 
Grund der ſeither erzielten Durchſchnittspreiſe eint 
Umrechnung der Holzvorräte und Durchſchnittsertraͤg 
in Wertmeter ausgeführt, wobei fih Hinfictlid 
der erſteren eine weit geringere Bevorzugung des Rev: 
ſtädter Reviers und bezüglich der Erträge eine fold 
des Reviers Vielbrunn ergab; in beiden Fallen be 
trug die Differenz nur ungefähr 19% des betr. Ar 
ſpruchs. Auf die Einzelheiten dieſer Umrechnung kann 
hier nicht näher eingegangen werden. 

Als nun die Teilungskommiſſion im April 19 
zuſammentrat und ihr dieſe Ausführungen vorgelegt 
wurden, beſchloß fie, wie ſchon erwähnt, die Annahme 
des hier näher dargelegten Teilungs⸗Entwurfs A, ber 
hinſichtlich der Flächenzuteilung alsbald in Wirkſam⸗ 
keit treten follte. Ueber die Holzvorräte ſollten nac 
Anleitung des Herrn Forftrats Dr. Räß durch einen 
Forſtaſſeſſor ſpezialiſierte Zuſammenſtellungen nad 
Holzarten, Standorts: und Altersklaſſen angefertigt 
und etwaige, fic) hierbei noch ergebende Differenzen burd 
Ueberweiſung von Beſtandsmaſſen ausgeglichen We 
den. Weitere Beſchlüſſe bezogen ſich auf beſtthende 
Berechtigungen, von denen nur ſolche auf Streu und 

Stockholz berückſichtigt werden ſollten. l 
€8 folgten dann noh zwei Rommijfionsfipuna” 


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Januar und Oktober 1905, welche zum Ergebnis | (Zellkernbeſtandteil) „Lebensträger“, ſowie aus Kople- 
ten, daß auf Grund der inzwiſchen ausgearbeiteten hydraten und Fetten zuſammen. Ajo muß auch der 
ortats⸗Zuſammenſtellungen beſchloſſen wurde, von Humus diefe und ihre Abbauprodukte enthalten. 
erauszahlungen (in Geld oder Holz) wegen der Bor: | Die Eiweißſtoffe werden zu Albumoſen, Pep- 
Usdiſſerenzen ſowie auch wegen der Stockholzberech⸗ | tonen und ſchließlich Aminoſäuren abgebaut. Humin⸗ 
gungen ganz abzuſehen, weil beide den Betrag von ſubſtanzen, Ory- und Fettſäuren, baſiſche Körper zc. 
va des Vorratswertes nicht erreichen, aljo in die find Abkömmlinge der Aminoſäuren, entſtanden durch 
unvermeidliche Fehlergrenze fallen, und die beftehenden | die Tätigkeit der Mikroorganismen. 

Streuberehtigungen durch Ablöſung zu beſeitigen. Die Kohlehydrate (Zuckerarten, Stärke zc.) 

Damit war in verhältnismäßig kurzer Zeit die | gehen allmählich durch Enzyme und Gärung in Al⸗ 
zeilungsarbeit zu Ende geführt. kohol, Fettſäuren uſw. über. 

Nachträglich ſei noch bemerkt, daß — nachdem die Die Fette werden in Glyzerin und Fettſäuren 
eihriebene „Teilung in Befitz und Genuß“ während geſpalten. „Das Glyzerin löſt fih in Waſſer und 
mer Reihe von Jahren in Geltung geweſen war — wird von den Mikroorganismen leicht aſſimiliert, wäh⸗ 
iter ein veränderter Modus eingeführt wurde, nach rend die frei gewordenen Fettſäuren z. T. als Seifen 
elchem behufs beſſerer Ausgleichung der Jahreserträge gebunden werden. Die Seifen werden durch Mikro⸗ 
me alljährliche gegenfeitige Verrechnung und Teilung | Organismen wieder zerſetzt und ebenſo wie die freien 
Der letzteren ſtattfindet; aber ohne daß hierdurch die Fettſäuren weiter verarbeitet“. “) 
ſteie Verfügung beider Verwaltungen über die ihnen Aus dem Boden wurden tatſächlich verſchiedene 
jugewiejenen Wald hälſten beeinträchtigt wird. Kohlenwaſſerſtoffe, Alkohole und Aldehyde, deren na⸗ 
mentliche Aufführung zu weit führte, iſoliert. Ferner 
gelang die Iſolierung vieler organiſcher Säuren und 
dieſe übertreffen auch der Menge nach die genannten 
übrigen Körper. Jodidi erinnert an das Vorkommen 
der Ameiſenſäure in Ameiſen, Prozeſſionsraupen, Fich⸗ 
tennadeln, von eſſigſauren Salzen in Pflanzen, dem 
Schweiße, den Muskeln und Exkrementen der Tiere, 
von Apfelſäure, Zitronenſäure, Weinſäure und Oral: 
ſäure in den verſchiedenen Früchten und Pflanzen; fer- 
ner find höhere Fettſäuren (Efter) als Fette, Oele, 
Wachſe in der Natur ſehr verbreitet; das wichtigſte iſt 
aber, daß die gewaltigen Mengen von Kohlehydraten, 
Eiweißſtoffen und Fetten in der Natur durch Verwe⸗ 
fung und Fäulnis organiſche Säuren liefern. Buder- 
arten, Stärke, Gummi. Mannit uſw. werden zu Milch⸗ 
und Butterſäure vergoren und aus Eiweißſtoffen ent⸗ 
ſteht Eſſigſäure, Butterſaͤure, Valerianſäure, Bernftein: 
ſäure uſw. Manche erleiden raſch eine weitere Zerjegung, 
ſo daß man ſie aus dem Boden noch nicht iſolieren 
konnte; wohl aber gelang dies bezüglich der Eſſigſäure, 
der Oxal-Bernſtein⸗Zuckerſäure und anderer. Die Oxal⸗ 
N begiet f anni Pi ſäure ſteht dem Endprodukte aller Oxydation der Kohlen: 
„ bun ſich natürlich nicht auf mächtigere humoſe fdure nahe, die Bernſteinſäure kommt als ſolche im 
ei gen wte Torje. Tier- und Pflanzenkörper vor, bildet fih außerdem 
iW & if jedenfalls, logiſch, anzunehmen, daß ber | aus vielen organiſchen Körpern und ſchließlich wird 
E “MS aus einer großen Menge organiſcher Subſtan⸗ die in Pflanzen häufige Aſparaginſäure durch Fäulnis 

| 1 müſſe, da doch die Gewebe der Pflanzen | in Aminogruppen und Bernſteinſäure geſpalten; fo er- 
oo. mi aus denen ſie hervorgehen, gleichfalls aus | Fart fieh deren Vorkommen im Boden, | 
; | 15 5 Verbindungen zuſammengeſetzt ſind. Iſoliert wurden ferner (neben anderen weniger 
a gto e Teil der Tier⸗ und pflanzlichen Organis⸗ intereſſanten) Eiweißſtoffe, Nukleoproteine (diefe in re: 
9 zus aus Eiweißſtoffen und Nukleoproteinen lativ beträchtlicher Menge), Pentoſane (Derivate fünf- 


5 wertiger Alkohole), Aminoſaͤure und Purinbaſen. Die 
) Landwirtſch. Verſuchsſtationen 1914 S. 859 ff. | . me | 


" Bodenbatterien und Bodenfruchtbarkeit 1914 S 18. 


Aus dem Humus iſolierte Subflanzen. 
Von H. Bauer⸗ München. 

Noch wenig bekannt iſt der forſtlichen Praxis, daß 
aus dem Boden doch eine große Zahl chemiſch wohl 
kñnierter organiſcher Körper iſoliert worden ift. Die 
Niebezüglichen Arbeiten ſtammen hauptſächlich von 
amerikaniſchen Forſchern und find faſt durchwegs neu: 
kn Datums. S. L. Jodidi berichtet hierüber.“ 
brelich bleibt der Einblick abzuwarten, in welchem 
Mengeverhältnis die gefundenen Körper zu den Ge- 
funthumusſtoffen ſtehen, aus denen fie iſoliert worden 
‚ Im. Nach den Mitteilungen ift es möglich, daß die 
o ollien Humusſäuren, wenn deren Exiſtenz und 
Kenfitution einmal einwandfrei bewieſen werden ſollte 
+ Nenbeldhabet ihrer kolloiden Eigenſchaften), einen ver: 
'mindenden Anteil an den im Boden fih findenden 
dtzaniſchen Verbindungen ausmachen. Löhnis') meint 
daß jezt etwa 2, der kohlenſtoffhaltigen Subſtanz des 
| boden hinſichtlich ihrer Zuſammenſetzung bekannt fei; 


) Lafar Hoͤbch. der Mykologie III. S. 399. 


108 


letztgenannten find vorübergehende Verbindungen, ent: 
ftehen aber fortwährend in friſchen organischen Mate⸗ 
rialien, wie in friſchem Stalldünger, bei Gründünger⸗ 
pflanzen ꝛc. 

Nach Ruſſeli) haben Schreiner und Shorey eine 
Wiederauflöſung der Humusſäure und der Krenſäure 
(d. i. des durch Salzſäure nicht fällbaren Anteils) ver- 
ſucht und dabei gleichfalls eine Menge wohl definierter 
organiſcher Subſtanzen aus dem Extrakt erhalten. 

Durch Alkohol, Aether und Toluol iſolierbare Sub⸗ 
ſtanzen, die gleichfalls zu den Humusſtoffen zählen, 
ſind wachs- und harzartiger Natur (beſ. im Heide⸗ 
humus nach Grebe). Wollny) fand, daß an die: 
ſen Stoffen am wenigſten der Mullhumus, mehr der 
Rohhumus und am meiſten die Torfe (bis zu 20 %) 
enthalten, ſelbſt Sandböden enthalten daran erhebliche 
Mengen (Grebe). Harze und Wachs find refiftent 
und häufen ſich deshalb an; durch den ſtarken Be⸗ 
netzungswiderſtand können ſie auf die Durchfeuchtung 
der Böden ſtörend wirken. 


a 


erfahrungen bei der Perwertung des Buchen⸗ 
brennholzes. 
Von Frh Forſtmeiſter Härter, Forſthaus Weißenbach. 

Mag man auch den reinen Buchenhochwald wegen 
ſeiner Unrentabilität in Acht und Bann erklären, jeden⸗ 
falls iſt er vorhanden und wird wohl meiner Ueber⸗ 
zeugung nach aus verſchiedenen hier nicht weiter zu 
erörternden Gründen, wenn auch in geringerer Mus: 
dehnung, beſtehen bleiben, ſolange über deutſchem Boden 
Wipfel rauſchen. Der Wirtſchafter in unſeren großen 
Buchenforſten ſteht mithin ganz abgeſehen von dem 
oben angedeuteten Streit vor der Aufgabe, ſein Buchen⸗ 
holz ſo teuer wie möglich zu verwerten. Da ſolche 
größeren Buchenwälder naturgemäß in abgelegenen 
und ſchwach bevölkerten Gegenden ohne größere Jn- 
duſtrie liegen und da das Buchenholz ob ſeiner Schwere 
keine weite Verfrachtung verträgt, iſt dieſe Aufgabe 
meiſt nicht ganz leicht. Es kommt hinzu, daß mit 
dem ſachgemäßeren Durchforſtungs- und Verjüngungs 
betrieb der Anfall an Buchenholz und insbeſondere an 
ſchwächerem von Jahr zu Jahr größer wird. 

Der örtliche Markt iſt nicht imſtande, die jährliche 
Hiebsmaſſe aufzunehmen oder tut das nur zu geringen 
Preiſen. Es iſt alſo zunächſt notwendig, den örtlichen 
Markt zu entlaſten, um Angebot und Nachfrage in 
Einklang zu bringen. Das geſchieht durch eine mög— 
lichſt große Nutzholzaushaltung. Die Nutzholzausbeu— 
tung der Buche erreicht aber ſchnell ihre Grenze, die 


1) Boden u. Pflanze 1914 S. 96. 
) Die Zerſetzung der org. Stoffe S. 110. 


durch die Holzſtärke und die Beſchaffenheit der Stam: 
gezogen wird. Mindeſtens 60°/o des Anfalls in eine 
größeren Wirtſchaftsganzen aus Buchenhochwald jf: 
in der Regel Brennholz. Man kann auch mit & 
viel empfohlenen und gerühmten Nutzholzaushaltu⸗ 
bei der Buche zu weit gehen und würde die ſchwächer 
Nutzholzſortimente ſehr oft beffer als Brennholz vr 
werten können. Jedenfalls liegt auf der Brenntc:, 
verwertung mindeſtens dasſelbe Gewicht wie auf X: 
des Nutzholzes. Auch das beſſere Buchenbrennholz m: 
trägt Bahnfracht und die Entlaſtung des ürllit:: 
Marktes ift nicht nur durch eine gute Nutzholza.⸗ 
haltung, ſondern auch durch ein Hinausſenden de 
Brennholzes möglich. Immer finden ſich nicht al; 
weit von großen Buchenforſten ſtärker bevölkerte ok: 
landwirtſchaftlich oder induſtriell höher entwickelte & 
biete, auch größere Städte, die einen hohen Bedarf r 
Buchenbrennholz haben, das trotz der Kohle namen: 
lich von der landwirtſchaftlichen Bevölkerung oder der 
wohlhabenderen Teil der ſtädtiſchen noch gern und z 
hohen Preiſen gekauft wird. Es gilt nur, dieſen A 
ſatz zu organiſieren und den Gewinn, welchen er bring! 
nicht in die Taſchen eines mehr oder weniger ſachge 
mäßen Zwiſchenhandels fließen zu laffen. Auch die 
Holzeſſigfabriken, denen heute noch mancher Wirth: 
große Poſten Buchenbrennholz billig verkaufen ms 
werden dann höhere Preiſe anlegen milffen. | 

Die Hauptpunkte, die hierbei zu beachten fm 
ſollen im folgenden kurz dargelegt werden, wobei il 
bemerke, daß fie bei einer jährlichen Verwertung ton 
4 5000 rm Buchenholz. die mit der Bahn fortg 
ſchafft wurden, ſich ergaben. 

Will man mit Brennholz noch weiterhin Hand f 
treiben, fo müſſen folgende Vorbedingungen erül: 
ſein. Das Holz muß tadellos ſortiert ſein, gut auf 
geſetzt werden und richtiges Maß haben. Man muß 
imſtande ſein, das Holz frei Bahnwagen Abgang 
oder Beſtimmungsort zu liefern und man muß ft 
händig verkaufen dürfen. Schließlich muß man nd 
zum Grundſatz machen, alles gute Brennholz forty 
ſchaffen und den örtlichen Verſteigerungen nur da 
geringere Holz, das keine hohe Fracht verträgt, I" 
überweiſen. 

Von den weit entfernt wohnenden Käufern fam 
man nicht verlangen, daß ſie ſich das Holz im Walde 
anſehen. Sie müſſen auch unbeſehen wiſſen, was fie 
kaufen und deshalb iſt eine genaue Sortierung nad) 
einheitlichen Grundſätzen notwendig. Im allgemeinen 
genügt eine Ausſcheidung des Scheitholzes in 2 Kalle 
und der Prügel in 3 Sorten nach Stärke, Afreinhei 
bezw. Spaltigkeit und Geradheit. Dieſe Sortierunl 
belaftet die Hauerei im Walde nicht unnötig, wie ® 
weitgehendere Ausſcheidungen tun. 


109 


Ferner muß der Käufer richtiges Maß erhalten, 


ür gutes dichtes Setzen eine Hauptbedingung iſt. 
3 bei uns hier in Bayern eingeführte Uebermaß 
5 em für den Meter Höhe ift damit aber nicht 
neint. Dieſes ſogenannte Schwindmaßz'ſtellt viel: 
hr meiner Anſicht nach ein ganz unndtiges Geſchenk 

die Brennholzhaͤndler dar. Die machen es ſich 
gelmäßig in der Weile zu nütze, daß fie 14 m im 
alde för 15 rm oder doch wenigſtens 17 rm für 18 
iter verkaufen. Es wäre wirklich an der Zeit, daß 
fer alte Zopf abgeſchafft würde, der Waldbeſitzer 
neidet fic) damit nur ins eigene Fleiſch. Gute Sor- 
rung und ordnungsgemäßes Setzen kann man nicht 
n jedem Holzhauer verlangen, zumal das gerade 
egenteil in ſeinem Intereſſe liegt. Man fährt daher 
ı beiten, wenn man für jeden Schutzbezirk einen 
Kuen Holzſetzer aufſtellt, wie das ja in vielen Gegen⸗ 
en von jeher üblich ift. Es kann leicht bewieſen 
erden, daß der rm von fortiertem und gut geſetztem 
poly 2-3 M. unter ſonſt gleichen Umſtänden mehr 
oſtet wie von ſogenanntem gemiſchtem Holz, das die 
Jolzhauer ſelbſt ins Maß geſetzt haben. 


In den abgelegenen großen zuſammenhängenden 
Bildern, von denen ja hier allein die Rede iſt, 
pielt natürlich die Anfuhr eine ausſchlaggebende Rolle. 
tur wer im Staride iſt, fein Brennholz prompt an 
ie Bahn zu bringen, kann mit einem Geſchäft in 
er geſchilderten Weiſe rechnen. Dazu gehört einmal 
in gut ausgebautes Wegenetz und dann die nötige 
Anzahl von Fuhr werken. Da gute Waldſtraßen eine 
Brundbedingung jeder gewinnbringenden Forſtwirt⸗ 
Moit find, braucht hier darüber kein Wort verloren 
u werden. Auf die Fuhrwerksfrage wird dagegen 
von forſtlicher Seite meiſt zu wenig Wert gelegt. Wie 
MM heißt es in den Holzverkaufsmitteilungen ſeitens 
der Verwaltungen „Fuhrlohn unbekannt“ oder es 
werden Fuhrlohnſätze mit fo großer Spannung an: 
gegeben, daß ſich der Händler gar nichts dabei denken 
| lan. Dieſem ift es aber einerlei, ob er ſein Geld dem 
Fuhrmann oder dem Waldbeſitzer gibt, er kalkuliert, 
wieviel ihm das Holz frei Bahn bezw. frei Verwen⸗ 
dungsort koſtet. Was alſo der Forſtmann am Fuhr⸗ 
lon uu eriparen vermag. ift fein eigener Verdienſt. 
Let Ktieg und der dadurch hervorgerufene Pferde— 
und duttermangel weiſt ja nun gerade auf dieſe Ber- 
 Nltnife mit aller Deutlichkeit hin und es gibt heute 
Wälder genug, wo niemand wegen zu hoher Anfuhr— 
toten kauft Je wertvoller das Holz iſt, eine umſo 
wugere Rolle ſpielen dieſe Unkoſten, alſo iſt bei dem 
ne memaßig geringwertigen Brennholz der Fuhr: 
| ohn von beſonderer Wichtigkeit. Hinzu kommt, daß 
die Käufer, namentlich die bäuerlichen großen Wert 
| 1916 


GE 
t 


auf prompte Lieferung legen; wenn fie erſt mitten in 
der Feldbeſtellung ſtecken, darf man ihnen keinen Wagen 
Brennholz mehr ſchicken. Man kommt daher aus allen 
Schwierigkeiten am ſicherſten heraus, wenn ſich die 
Forſtverwaltung eigene Geſpanne anſchafft. Denn 
ſelbſt da, wo aus irgend welchen Gründen zahlreichere 
Fuhrleute vorhanden ſind, tritt doch in der Zeit der 
Brennholzlieferung ein gewiſſer Mangel ein, weil dann 
auch größere Poſten Buchenſtamm- oder Schwellen: 
hölzer aus dem Walde gebracht werden müſſen. Es 
würde zu weit führen, hier auf die Einzelheiten eines 
eigenen Fuhrwerkbetriebs näher einzugehen, nur möchte 
ich aus eigener Erfahrung bemerken, daß dabei trotz 
Ankauf ſämtlichen Futters eine Verzinſung und Fil: 
gung des Anlagekapitals ſehr wohl möglich iſt. Wer 
neben großer Holzanfuhr noch ausgedehnte Wegebauten 
auszuführen hat, wird trotz Arbeit und Aerger, den 
Pferde und Knechte mit ſich bringen, doch die Unab— 
hängigkeit, die ſolche eigenen Geſpanne gewähren, 
ſegnen. 


Will man ſein Brennholz nach auswärts ver⸗ 
kaufen, muß man ſich natürlich erſt das Abſatzgebiet 
dafür erſchließen. Das geſchieht nicht durch Ver⸗ 
ſteigerung, wenn man dafür auch noch ſoviel Reklame 
macht. Dazu kommen doch immer nur wieder die 
paar bekannten Brennholzhändler, die den Verdienſt 
wegſchnappen. Man muß aus freier Hand verkaufen, 
darf einige Reiſen und Probelieferungen nicht ſcheuen. 
Sehr gute Abnehmer find die landwirtſchaftlichen Ge: 
noſſenſchaften und Konſumvereine, auch an größere 
ſtaatliche Auſtalten (Krankenhäuſer, Irrenanſtalten, Ge— 
fängniſſe) kann man unſchwer liefern. Den Händler 
ſchlägt man leicht durch das gute Maß aus dem Feld. 
Wenn erſt einmal Holz herausgegangen iſt und wenn 
die Abnehmer wiſſen, daß man bereit ift, frei Bahn— 
wagen zu verkaufen, wenn man auch noch die Fracht 
vorlegt, was der Händler meiſt nicht tut, iſt es gar 
nicht ſo ſchwer, auch private und gute Kundſchaft zu 
erhalten. 


Zum Einladen des Holzes in die Bahnwagen be— 
nutzt man am beiten einen zuderläſſigen Holzſetzer. 


Zur Berechnung der Fracht iſt das Gewicht des 
Holzes wiſſenswert und ich gebe daher im folgenden 
einige Zahlen, wie ſie ſich im Durchſchnitt mehrerer 
Jahre ergeben haben. Es handelt ſich um Buchen— 
holz, das auf Buntſandſtein gewachſen iſt und aus 
Beſtänden erſter und zweiter Standortsklaſſe (nach 
Schwappach) ſtammt. Nicht unweſentlich für Fracht— 
erſparnis und Preiskalkulation iſt die Gewichtsver— 
ringerung, die das Holz bei längerem Lagern im Walde 
erfährt und die auch aus den unten mitgeteilten Zahlen 
hervorgeht. 

15 


_10__ 


1 rm wiegt bei Scheit | Scheit 


der Verladung 1. Kl. | II. Kl. L Kl. II. Kl. 
im kg | kg kg k 
Januar | | | 
Februar 830 800 | 865 810 
März | | 
April | 650 640 833 750 
Mai Í | | 


Nach meinen Erfahrungen wird der Forſtmann 
bei einem derartigen Brennholzverkauf frei Bahn vollen 
Lohn ſeiner Mühe finden und damit eine weitere Mög— 
lichkeit, die Buchen wirtſchaft gewinnbringender zu ge: 
ſtalten. 

Raliinduflrie und Land- und Forfiwirtfdaft. 

Im Laufe der letzten 10 Jahre hat die Kaliin⸗ 
duſtrie einen ungeahnten Aufſchwung genommen und 
es unterliegt keinem Zweifel, daß hierdurch das ganze 
deutſche Volk, insbeſondere aber die deutſche Land— 
wirtſchaft, großen Nutzen gehabt hat. Andererſeits 
aber ſind durch die Einleitung der Abwäſſer der Kali— 
werke in die Waſſerläufe Mißſtände hervorgerufen 
worden, welche dringender Abhilfe bedürfen. Nicht nur 
die Fiſcherei, verſchiedene wichtige Induſtriezweige, die 
Waſſerverſorgung großer und kleiner Orte leidet durch 
die Verſalzung und Verchlorung der Gewäſſer, ſondern 
auch die Landwirtſchaft ſelbſt. Abgeſehen davon, daß 
das Waſſer derart verunreinigter MWafferläufe zum 
Tränken des Viehs nicht verwendet werden kann, 
leiden auch die Wieſen und Ackerländereien erheblich. 

Die Herren Prof. Dr. Haſelhoff, Vorſteher der 
landw. Verſuchsſtation der Landwirtſchaftskammer für 
den Regierungsbezirk Caſſel und Prof. Dr. P. Dun— 
bar, Direktor des ſtaatl. hygieniſchen Inſtituts in 
Hamburg haben hierüber in dem „Geſundheits— 
Ingenieur“ Zeitſchrift für die geſamte Städte— 
hygiene (Verlag von R. Oldenbourg, München und 
Berlin) intereſſante Abhandlungen veröffentlicht, denen 
wir folgendes entnehmen. 

Die Einnahmen im Betrage von jährlich faſt 200 
Millionen Mark, welche dem deutſchen Nationalver— 
mögen durch die Kaliinduſtrie ſchon jetzt direkt zu— 
fließen und die ſich vorausſichtlich in abſehbarer Zeit 
verdoppeln und vervielfachen dürften, ſpielen in wirt— 
ſchaftlicher Beziehung nur eine untergeordnete Rolle 
im Vergleich zu den indirekten Mehreinnahmen, welche 
unſere Landwirtſchaft durch Uebergang zur künſtlichen 
Düngung erzielt hat und zu der Tatſache, daß die 


Prügel Prügel 


ſalzen uns in der Ernährungsfrage vom Auslande 
abhängig zu machen imſtande find. Angeſichts ſol 
Tatſachen wird niemand eine Hemmung des Fe 
ſchrittes in der Entwickelung der Kaliinduſtrie win 

Ein großer Teil der geförderten Kalirohſalze k 
zurzeit nach einfachem Vermahlen, ohne weitere X: 
arbeitung, für die landwirtſchaftlichen Zwecke vermen: 
werden. Der Reſt wird zuvor einer fabrikatoriſt⸗ 
Verarbeitung unterworfen, bei der fih große Dei: | 
von Abwäſſern (Endlaugen) ergeben, die vorwieg 
Chlormagneſium enthalten. Faſt die Geſamtheit di: 
Endlaugen wird den Flüſſen überautwortet, weil f: 
zurzeit noch keine ausreichende Möglichkeit zu ii: 
Verwendung oder Verwertung bietet. Den Stun 
gebieten der Elbe und Weſer, innerhalb derer die Ker 
induſtrie ſich entwickelt hat, werden infolgedeſſen w 


unterbrochen ſehr große Salzmengen zugeführt, t 


fih von Jahr zu Jahr weiter ſteigern, und fid n 

abſehbarer Zeit vervielfachen werden. Gegen die ti ' 
dadurch ergebende Verſalzung der Flüſſe haben di 
verſchiedenſten Intereſſentenkreiſe Einſpruch erhoben. 
Wo immer ein neues Kaliwerk angelegt wird und un 
die Konzeſſion zur Ableitung feiner Endlaugen in di 
Flüſſe nachſucht, erheben fih zahlreiche Proteſte geg 

die Konzeſſionierung. Die Aufſichtsbehörden f 
dieſen Vorgängen ratlos gegenüber. Auf der enn 
Seite find die Intereſſenkreiſe derjenigen, die fih dur“ 

die Endlaugenableitung geſchädigt fühlen, zu groß un 

zu bedeutungsvoll, als daß man über fie hinwegſehe 
könnte. Auf der anderen Seite möchte man die Kalk 

induſtrie fördern, ſoweit es irgendwie möglich 1 

Andere Abwaſſerproduzenten werden von den Aufſich 

behörden dazu angehalten, ihre Abwäſſer zu reinigen 

bezw. die ſchädlichen darin enthaltenen Stoffe den 

Flüſſen fernzuhalten. Die Kaliinduſtrie erklärt, t 

gäbe für fie gar feine andere Möglichkeit, die End: 

laugen unterzubringen, als fie in die Flüſſe ab 

leiten. Hier liegt der ſtrittige Punkt. Die technik 

Möglichkeit, Kalilaugen einzudampfen, darf als er 

wieſen angeſehen werden. Während man früher o 

nahm, daß das Eindampfen pro cbm Endlaugen Rott 

von ungefähr 2 Mk. oder noch mehr verurſache, kann 

jetzt behauptet werden, daß Verfahren zur Berfügun: 

ſtehen, mittels deren dieje Eindampfung fih für wenig 

als 1 Mk. pro cbm ermöglichen läßt. Herr Bev 

aſſeſſor Dietz hat über dieſe Frage eine ſehr eingehende 

Arbeit veröffentlicht, aus der auch zu erſehen ift, bab 

ſich uns einige ausreichende Verwendungs möglichkeiten 

für die Endlaugen bieten. Das größte Intereſſe ide 

zurzeit die Herſtellung von Kunſtſteinen aus Kaliend— 

laugen zu bieten. 


Wenngleich die Urteile heute noch darüber aus: 


A e mi — 


Kaliſalze im Verein mit den übrigen künſtlichen Dung: einandergehen, ob der gegenwärtige Verſalzungsgiab 


41 


die Elbe und Weſer mit einigen ihrer Nebenflüffe 
hren, zu erheblichen Schädigungen Anlaß gibt, fo 
ı darüber doch kein Zweifel beſtehen, daß bei einer 
doppelung oder gar vielfachen Verſtärkung dieſer 
ſalzung fich völlig unhaltbare Zuſtände ergeben 
den. Ueber kurz oder lang wird deshalb unter 
n Umſtänden ein Weg gefunden werden müſſen, 
es ermöglicht, die Kaliendlaugen von den Flüſſen 
zuhalten. 
Wenngleich der Nutzen, den die deutſche Landwirt⸗ 
ft aus der Kaliinduſtrie gezogen hat, ungeheuer 
B geweſen ift, fo find es auf der anderen Seite ge- 
e doch auch mit in erſter Linie diejenigen Land⸗ 
te, deren Anbauflächen an den durch die Kaliab⸗ 
Her verſalzenen Flußſtrecken liegen, die immer wieder 
en eine weitere Verſalzung der Flußläufe durch 
liabwäſſer proteſtieren und erklären, daß ihre Lände⸗ 
en dem Untergange geweiht fein würden, falls dieſer 
ctidreitenden Verſalzung nicht Einhalt geboten würde. 
euerdings find die Ergebniſſe verſchiedener Verſuche 
röffentlicht worden, durch die bewieſen werden ſollte, 
18 der Landwirtſchaft aus der Einleitung der Kali: 
dlaugen in die Flüſſe keinerlei Nachteile erwüchſen. 
in dieſen Verſuchen hat Herr Prof. Dr. Haſelhoff 
ne vernichtende Kritik geübt und in Fühlings land⸗ 
irtſchaſtlicher Zeitung eine ausführliche Beſprechung 
Nev der Arbeiten veröffentlicht, die fih mit der Frage 
eſchaͤftigen, bei welchem Verſalzungsgrade das Waſſer 
it landwirtſchaftliche Zwecke unbrauchbar wird. Hier: 
ei iſt Prof. Dr. Haſelhoff zu folgenden Ergebniſſen 
1 
Bei Beurteilung der Wirkung, welche die 
taliendlaugen auf Boden und Pflanzen 
rusüben, kommen im deſentlichen nur Chloride, und 
zwar in erſter Linie Chlormagneſium, ſodann 
Chlornatrium in Frage. Nach den vorliegenden Unter⸗ 
ſuchungen tritt die nachteilige Wirkung auf wachſende 
pflanzen erſt bei einem verhältnismäßig ſo hohen 
Chloridgehalt auf, wie er im Zuſammenhange mit der Mb- 
leitung der Kaliabwaſſer zurzeit felten vorkommen dürfte. 
Die Keimung der Samen wird durch Chlor: 
natrium und Chlormagnefium beeinträchtigt. Der 
Grad der Beeinfluſſung iſt verſchieden je nach der 
Pflanzenart. Es kann kein Zweifel darüber beſtehen, 
bak bereits die geringe Menge von 0,087 Chlorid 
im Boden eine deutliche Schädigung der Keimkraft 
r Folge haben kann. Wenn daher angenommen 
wird. daß die direkte Schädigung des Pflanzen: 
wachstums durch Chloride keine erhebliche fei oder doch 
ut bei größeren Chloridmengen in Frage komme, fo 
mb hiervon die erſte Zeit der Entwicke⸗ 
lung, d. h. die Zeit der Keimung, ausge- 
nommen werden. 


Bei andauernder Einwirkung chlornatriumhaltiger 
Wäſſer auf Wieſen wird der Pflanzenbeſtand ein 
anderer, und zwar hinſichtlich der Futterwirkung ein 
ſchlechterer. 

Die nachteilige Wirkung der Salzlöſungen an 
Sträuchern und kleinen Bäumen, macht ſich 
umſo empfindlicher bemerkbar, je ſtärker das Wachs⸗ 
tum derſelben ift. Nach F. Storp wurden 3—4jähr. 
Eichen durch das Begießen des Bodens mit chlor⸗ 
natriumhaltigem Waſſer in ihrem Wachstum nicht ge⸗ 
ſtört, 1-2 jähr. Fichten dagegen litten ſchon erheb⸗ 
lich, wenn ſie mit Waſſer begoſſen wurden, das nur 100 
bis 600 mg Chlornatrium im Liter enthielt. Bei 
100 mg zeigte ſich die Störung zwar nicht im erſten 
wohl aber im zweiten Jahre. 

Beim Ueberbrauſen von Grasflächen mit fod: 
ſalzhaltigem Waller war die ſchaͤdliche Wirkung um 
ſo größer, je geringer die atmoſphäriſchen Niederſchläge 
ſich geſtalteten und je mehr Waſſer während und bald 
nach dem Aufbringen der Salzlöſung verdunſtete. 


Die bisherigen Verſuche berechtigen zu dem ſicheren 
Schluſſe, daß das Wachstum der Pflanzen 
durch ein Waſſer von 5g und mehr Chlor: 
natrium im Liter geſtört wird und daß 
unter Umſtänden die ſchädigende Wirkung 
ſchon bei ½ g im Liter fih zeigt. Bodenart, 
Nährſtoffgehalt des Bodens, atmoſphäriſche Nieder⸗ 
ſchläge und beſonders die Pflanzenart ſpielen dabei 
eine entſcheidende Rolle. 

Für chlormagneſiumhaltige Wäſſer wird man die⸗ 
ſelbe nachteilige Wirkung annehmen dürfen wie für 
kochſalzhaltige. Wahrſcheinlich liegt die zuläſſige Grenze 
für Chlormagneſium etwas höher als für Chlor⸗ 
natrium. 


Durch die Einwirkung der Chloride wird der Boden 
in chemiſcher und phyſikaliſcher Beziehung geändert. 

Kochſalzhaltiges Waſſer wirkt auf die Bodenbe— 
ſtandteile löſend, auswaſchend; der Zerſetzung der humus— 
bildenden Stoffe wirkt es entgegen, die bodenaus— 
waſchende Wirkung tritt bereits bei einem Chlor— 
natriumgehalt von 300 mg im Liter deutlich hervor. 
Ein Rieſelwaſſer mit 1 g Chlornatrium im Liter übt 
bei regelrechtem Rieſelbetrieb eine derartig ſtarklöſende 
Wirkung auf die Nährbeſtandteile des Bodens aus, 
daß ſelbſt in vollem Wachstum befindliche Pflanzen 
nicht imſtande ſind, dieſe Nährſtoffe aufzunehmen; ſie 
alſo mit dem Drainwaſſer verloren gehen. Die aus— 
waſchende Wirkung kochſalzhaltigen Waſſers auf Rieſel— 
waſſer beginnt bei / g Chlornatrium im Liter Waſſer; 
ein Waller mit 1 g Chlornatrium im Liter ift für 
Rieſelzwecke zu verwerfen. 

Aehnlich wie Chlornatrium wirken Chlormagneſium 

15* 


112 

und Chlorkalzium löſend auf wichtige Bodenbeftandteile | Ziel gekommen. Angeſichts der Intereſſengemein⸗ 
wie Kalk⸗ und Kaliverbindungen. i ſämtlicher Kaliwerke werden dieſe die Koſten tau. 

Der Nähritoffvorrat des Bodens wird durch die tiger ſyſtematiſcher Verſuche zur Fernhaltung des C 
Einwirkung der ſalzhaltigen Waſſer ſchneller aufge- magneſiums von den Flüſſen und Verwendung! 
braucht und hierdurch eine vermehrte Anwendung von ſelben viel leichter tragen können als die übrigen : 
Düngemitteln erforderlich. waſſerproduzenten es konnten, ſelbſt wenn zuri: 

In phyſikaliſcher Hinſicht wirken chloridhaltige | größere Opfer gebracht werden müßten. Die ler 
Wäſſer ungünſtig auf die Schlickablagerung und die induſtrie verfügt über hervorragende Sachverſtän' 
Verſchlämmung des Bodens. Salzhaltiges Waſſer ſoll mit umfaſſenden Kenntniſſen und Erfahrungen 
auf die feinerdigen, tonigen Teile, die ein Flußwaſſer den einſchlägigen chemiſchen und techniſchen Gebie: 


mit fih ſührt, niederſchlagend wirken. Dieſe tonigen Deshalb kann ein zielbewußtes Vorgehen von un 
Teilchen, ſogen. Schlick, die für die Fruchtbarkeit des herein als geſichert gelten. Die bisherigen Eric: 
Bodens von größter Bedeutung find, werden je höher ungen der Frage, wie man die Kaliendlaugen ı 
der Salzgehalt ift, um fo ſchneller niedergeſchlagen beſten verwerten könnte, gehen noch allzuſehr von“ 
werden. Je weiter abwärts die betr. Kulturflächen | Borausfegung aus, daß die Rentabilität der Bers 
liegen, je weniger werden fie daher auf Schlickablage⸗ dungsweiſe von vornherein gefichert fein müßte.“ 
rungen rechnen können. Außerdem können die jalz: | wip wäre das wünſchenswert. Wo es ſich aber! 
haltigen Waſſer noch die phyſikaliſche Beſchaffenheit | die Reinhaltung der Flüſſe handelte, hat man tmz 
des Bodens durch Verſchlämmung und Verkruſtung noch Opfer bringen müſſen. Und ſelbſt, wenn “. 
der oberen Bodenſchichten ungünſtig beeinfluſſen. Hier: | Verwendung und Unterbringung des Chlormagnetur: 
durch wird der Zutritt der Luft zum Bodeninneren | nur unter Aufwendung von Geldopfern möglid wir: 
erſchwert, was auf die Fruchtbarkeit des Bodens nad- [müßten diefe im Intereſſe der Allgemeinheit gebrat 
teilig wirken muß. werden. Es it wirklich an der Zeit, daß die verde! 

Prof. Dr. Dunbar ſchließt feine Abhandlung: | nismäßig geringen Aufwendungen gemacht werden. di 
„Kaliinduſtrie und Landwirtſchaft“ in erforderlich find, um die verſchiedenen höchſt finnmit 
Nummer 2 des „Geſundheits-Ingenieur“ v. 8. Jan. | Verfahren zur Verwendung der Kaliendlaugen, * 
1916 mit folgenden zutreffenden und zu beherzigenden erdacht worden find, praktiſch in genügend groben 
Ausführungen: Maßſtabe zu erproben, ſoweit fie auf geſunder Gut}. 

„Was können alle Beſtrebungen, den zuläſſigen | lage beruhen. Es würde ebenſo ſehr im Intereſſe kr. 
Grad der Verſalzung immer weiter hinaufzuſchrauben, Kaliinduſtrie ſelbſt, wie im Intereſſe der Algemar 
der Kaliinduſtrie ſchließlich nützen? Der Zeitpunkt heit liegen, wenn alle die Mühe und Arbeit, die je 
wird kommen, wo die Einleitung der Kaliendlaugen | darauf verwendet wird, nachzuweiſen, daß die gen 
zur allgemeinen Kataſtrophe führen muß. Dann wird wärtige Verſalzung der Flüſſe keinerlei hygiene. 
man notgedrungen nach Mitteln und Wegen ſuchen landwirtſchaftliche, induftrielle oder biologiſche EA 
müſſen, um die Kaliabwäſſer den Flüſſen fernzuhalten.] gungen verurſacht, darauf konzentriert würde, ART 
Auch die ſonſtigen Abwaſſerproduzenten find bei ihren | maßregeln zu treffen, oder wenigſlens vorzuberelg] “ 
Beſtrebungen zur Reinigung ihrer Schmutzwäſſer erſt ehe es zur Entwickelung einer allgemeinen Kalamitii | - 
durch jahrzehntelange überaus koſtſpielige Verſuche zum [gekommen iſt.“ Eberts. 


Literariſche Berichte. 


6 


Neues aus dem Buchhandel. | 26) 8. M. 1- ; Lwbd. M. 1.80. Fraud ſche n 
Berichte üb. Pflangenfaug d. Pflanzenfhurftellen an d. kgl. lagshandlung in Stuttgart. 1 
landwirtſchaftl. Akademie in Bonn-Poppelsdorf u. an d. | Forſtkalender, Schweizeriſcher. Taſchenbuch f. Forſtweiel 
fal. Lehranſtalt f. Wein-, Obſt- u. Gartenbau in Geiſen— Holzgewerbe, Jagd u. Fiſcherei. 11. Ig. 1916. Greg? 
heim. Die Vegetationsperiode 1913/14 hrsg. v. Pr E. Prof. Thdr. Felber. (IV. 252 S. u. Notizblätter. NM 
Schaffnit u. Prof. Dr. G. Lüſtner, m. 11 Textabb. (98 S) Geb. M. 2. -. Huber & Co., Verlags⸗Konto, in Fraue 
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wirtſchaftl. Akademie Bonn-Poppelsdorf, Nußallee 7. Kubier-Tabelle f. Rundhölzer. (19 S.) 8. M. Un 
Beſſer, Hans: Raubwild und Dickhäuter in Deutſch-Oſt— Keyßner'ſche Hofbuchdr. (Karl Keyßner) in Meiniag 
afrika. Mit zahle Abb. nach Orig.-Aufnahmen d. Verf., | Nubiftabellen z. Berechng. d. Grubenhölzer. Dreijtel re 
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113 


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Die Urbarmachg, d 
Sandheiden. (82 S. 


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Imann, Hans, Baumſtr. Archit.: Landwirtſchaftliches 


Bauten-Album 1: „Wohnbauten“. Eine Samnılg. v. Ent— 
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Land- u. Forſtwirtſchaft, unter bef. Berückſ. d. Qand- 
arbeiter⸗Wohng. m. zugehör. Stallg. (107 S. m. z. Tl. 
farb. Abb.) 35x45 cm. Lwbd. M. 40.—. Paul Parey 
in Berlin. 


Vachstum und Ertrag der Fichte im Hoch: 
gebirge von Prof. Dr. A. von Guttenberg, 
mit 3 Abbildungen im Text und 21 Tafeln. Wien 
und Leipzig, Deuticke, 1915. 

Nach ſeinem Rücktritt vom Lehramte fand der 
Verſaſſer erft Mufe zu dieſer Arbeit; zwar war das 
ſeſamte Material dazu ſchon faſt vollkommen geſam— 
mit und damals ſchon 2 Ertragstafeln, eine für Fichten: 
beſtände des Hochgebirges im allgemeinen und eine für 
den Staatsforſt Paueveccio, aufgeſtellt, aber diefe Tafeln 
naten mehr vorbereitende Arbeiten, die nicht der Oef: 
ſentlichkeit übergeben worden waren. Seither haben 
TA die Anſichten über Beſtandserziehung weſentlich ge: 
zendert und von Guttenberg hat in der vorliegenden 
Bearbeitung dieſen Verhältniſſen Rechnung zu tragen 
verſucht und das Thema tiefgreifend und methodiſch 
ſoriginell behandelt. Eine erſtaunliche Fülle zeitrauben— 

der Unterſuchungen liegt der Bearbeitung zugrunde. 

J 0. Guttenberg fand bei Forſteinrichtungsarbeiten in 

den Nordtiroler Alpen im Jahre 1870, daß die Er: 

kagstafeln von Feiſtmantel und Preßler und 
auch die ſpaͤter erſchienene von Baur für die Fichten⸗ 

Itelande des Hochgebirges nicht brauchbar waren. Er 

d lte daher die beiden obenerwähnten Ertragstafeln 

auf, zu deren Ergänzung bis in die 80er Jabre hin- 

ein Nacherhebungen gemacht worden find. Die end: 


gültige vorliegende Umarbeitung iſt das Ergebnis faſt 
vierzigjähriger Forſcherarbeit. 

Die Methode der Ertragstafel⸗ Auſſtellung von Gut⸗ 
tenbergs geht vom Einzelſtamme aus, wobei die Wuchs 
und Form weſentlich bedingenden Faktoren, Standort 
und Standraum, beſonders eingehend berückſichtigt wer⸗ 
den. Neben den Beſtandsmittelſtämmen, den Weiſer⸗ 
ſtämmen, find auch Stämme der ſtärkeren und ge: 
ringeren Stammklaſſen genau unterſucht worden. 

Dem Wachstumsgang des Einzelſtam— 
mes iſt der erſte Abſchnitt gewidmet; in ihm find für 
die Ertragskunde wertvolle Ergebniſſe veröffentlicht, 
auf die von Guttenberg bei ſeinen Vorleſungen, in 
ſeiner Holzmeßkunde im Lorey'ſchen Handbuch und an⸗ 
deren Veröffentlichungen teilweiſe eingegangen iſt. Vom 
theoretiſchen Standpunkte aus betrachtet enthält dieſer 
Abſchnitt das Wertvollſte. Der zweite Abſchnitt ban: 
delt von dem Wachstum des Beſtandes, dem 
dann als dritter Abſchnitt die Fichte von Pane: 
veggio (Südtirol) nach Wachstum und Er: 
trag ſolgt. 

J. Das Wachstum des Einzelſtammes. 

Die Unterſuchungen ſind auf 125 Stammanalyſen 
von Modellſtämmen der Probeflächen aufgebaut, die 
im Alter zwiſchen 60 und 320, zumeiſt zwiſchen 120 
und 160 Jahren liegen; es mußten jedoch davon noch 
18 Stämme ausgeſchieden werden, weil fie Wachstums 
anomalien infolge abnormer Beſtandsverhältniſſe auf: 
wieſen. Es blieben für die Durchſchnittsberechnung 
von Grundſtärke, Grundfläche, Höhe, Holzmaſſe und 
Formzahlen für Standortsklaſſe I 21, für Standorts: 
klaſſe II 37, für Standortsklaſſe III 20, für Stand: 
ortsklaſſe IV 21 und für Standortsklaſſe V 8 Stämme 
übrig. Aus der Betrachtung des Wachstumsganges 
des Einzelſtammes find folgende Schlüſſe zu ziehen. 

Das Höhenwachstum iſt zuerſt raſch anſtei⸗ 
gend, nach dem höchſten Punkte erſt raſch, dann lang: 
ſam fallend. Der Zeitpunkt des größten Höhenwuchſes 
tritt umſo ſpaͤter ein und die Kulmination wird um- 
ſo flacher, je geringer die Standortsgüte iſt. 

Der Grundſtärkezuwachs (die Jahrring⸗ 
breite) iſt bei der Fichte des Hochgebirges in der erſten 
Jugend am größten und nimmt von da ab anfangs, 
beſonders auf den beſten Standorten, ſehr raſch, fpater 
nur langſam ab, ſo daß auch dieſe Zunahme bei allen 
Standorten im 150. Jahre mit einer faſt gleichen 
Größe von 1,2 bis 1,4 mm pro Jahr abſchließt. Die 
Meßhöhe von 1,3 m wird auf der erſten Standorts— 
klaſſe im 8. Jahre, auf der fünften erſt mit 20 Jahren 


erreicht. Die Mittelſtämme erreichen im 100. Jahre 
auf: 
Standortsklaſſe I eine Grundſtärke von 38 em 
” V ” ” "n 20 n 


114 


ſamt Rinde, was einer durchſchnittlichen Jahrringbreite 
von 1,8 bezw. 1 mm gleichkommt. Der im Alter faſt 
gleichbleibende Grundflächenzuwachs bedingt eine mit 
dem Alter abnehmende Jahrringbreite als eine durd- 
ans naturgemäße Erſcheinung. 

„Der Unterſchied in den Grundſtärken wird mit ab: 
nehmender Standortsgüte geringer, worin der Einfluß 
der Standortsgüte auf das Höhenwachstum gegenüber 
jenem auf das Stärkewachstum ſich als überwiegend 
herausſtellt“ ſagt von Guttenberg auf Grund ſeiner 
Unterſuchungen. Es iſt bei ſeiner Ertragstafel im 
100. Jahre die mittlere Grundſtärke der I. Stand- 
ortsklaſſe nur 1,96 mal größer als die der V. Stand: 
ortskaſſe, die entſprechende Höhe der I. Standortsklaſſe 
dagegen 2,52 mal größer als die Höhe der V. Stand⸗ 
ortsklaſſe. 

Die Abſtufung der Grundſtärken iſt je nach der 
Standortsklaſſe keine ſo gleichmäßige als bei den Höhen: 
der Unterſchied in den Grundſtaͤrken wird mit abneh⸗ 
mender Standortsgüte geringer, worin der Einfluß 
der Standortsgüte auf das Höhenwachstum ſich als 
überwiegend gegenüber jenem auf das Stärkewachstum 
zeigt. Von neuem ein Beweis für die Richtigkeit der 
Bonitierung nach der Höhe! 

Im Alter 150 iſt auf Standortsklaſſe: 


I II DI’ IV V 
d = 446 387 33,4 29,3 25,6 cm 
Differenz 59 53 41 3,7 
hes 39,1 33,2 28,2 23,2 17,7 m 
Differenz 59 5,0 5,0 5,5 


Der Maſſenzuwachs zeigt ſehr deutlich den 
Unterſchied der einzelnen Standortsklaſſen in Geſamt⸗ 
leiſtung und Wachstumsgang. 

Charakteriſtiſch für den Wuchs der Fichte im Hoch⸗ 
gebirge iſt die ſehr langſame Jugendentwicklung und 
der hierauf ausdauernde Erwachs bis in ein hohes 
Alter; die Mittelſtämme erreichen auf Standortsklaſſe 

II III IV V 
im Jahre 100 eine 

Schaftmaſſe von 1,6 
im Jahre 150 eine | 

Schaftmaſſe von 2,75 18 1,1 0,7 0,4 fm 

Es leiſtet daher auf der beſten Standortsklaſſe bis 
zum Jahre 100 der Mittelſtamm nahezu das Zehn— 
fache, während im Alter von 150 Jahren dieſer 
Unterſchied nur noch das Siebenfache beträgt. 

Von den Formzahlen zeigen die Bruſthöhen— 
(unechten) Formzahlen ein von den abſoluten 
Formzahlen weſentlich verſchiedenes Verhalten. 
Waͤhrend die abſoluten Formzahlen, bei denen nur 
der Inhalt des Stammes von der Meßhöhe aufwärts 
in Betracht kommt, vom 20. Jahre an von etwa 0,33 
bis zum 90. oder 100. Jahre regelmäßig anſteigen, 


1.0 0,56 0,34 0,17 fm 


um dann wieder langſam abzunehmen (Hinad. 
des Wurzelanlaufs über die Meßhöhe!), finial- 
Bruſthöhenformzahlen anfangs raſch, nehmen 
etwas zu, um dann vom 90. Jahre an aber man 
zunehmen. : 
Dies Verhalten ift bekanntlich in der gleihjeg 
Veränderung der Stammhöhe und der Vollholz 
begründet. | 
Auch von Guttenberg’ außerordentlich peinlich $: 
inſtruktive Unterſuchungen beweiſen, daß im hiii 
Alter, in dem der Einfluß des Höhenwuchſes ſeht 
ring wird, beide Formzahlen faſt parallel verag 
ein Umſtand, der die Verwendung der unechten) 
zahlen bei älteren Beſtänden und Baͤumen berii 
Zur Erkenntnis der Stammformanderug 
in der Jugend bilden die unechten Formzahlen | 
brauchbare Unterlage. 
Aus den Unterſuchungen über die Formzahlen a 
deutlich hervor, daß die Vollholzigkeit der Etim 
mit der Standortsgüte im allgemeinen abnimmt . 
Die unechten Formzahlen find infolge der mt 
nehmender Standortsgüte abnehmenden Höhe bis zn 
50. Jahre umſo höher, je geringer die Stande: 
güte iſt. l | 
Ein Auszug aus einer auf S. 17 gufammengelte 
Tabelle der berechneten und ausgeglichenen Mitten 
läßt dieſe Beziehungen am deutlichſten erkennen: 
Formzahlen nach Alter und Standort in 9 
im Alter von 20 40 60 80 100 71 


I. abfolute Formzahlen: 
Standortsklaſſe I 336 404 440 453 453 


R II 330 400 442 455 458 455 

j III 380 420 439 442 441 4% 
e IV 376 416 436 439 488 HE. 
p v 356 384 399 406 410 „% 
II. Bruſthöhenformzahlen: i 
Standortsklaſſe I 565 457 470 476 473 466 Eh 
p II 608 466 478 484 482 45 5 | 

i ur 756 492 473 476 474 469 © 
x IV 516 492 494 488 480 5 Í 
a v 624 528 493 477 468 WE. 
Zuſammenfaſſend beurteilt der Verf. dann | . 


die formelmäßige Darſtellung der Wachen 
kurven von Prof. Weber u. E. L. Koller und. 


den Schluß, der aus der Feder eines fo lange iy 


reich wirkenden Hochſchullehrers beſonders beherzigen 5 


wert erſcheint, daß die graphiſche Darftellung Í i 
Wachstumskurven keinenfalls zu umgehen ift, aire = 
Verf. die graphiſche Methode bei feinen Borir 


fets vorgezogen habe, weil ſie anſchaulicher if p! f 
ſich dem Gedächtnis des Hörers viel beffer eint ne 


er 


als eine auf die Tafel geſchriebene Formel. 
Nach der Darſtellung der Wuchsgeſetze 


ſtammes geht von Guttenberg auf das mitten | 


ne 
Te 


des Eine x 


115 


balten und die durchſchnittliche Formausbildung 

Fichte ſowohl nach Standortsgüte als auch 
9 Standraum ein. 

Es werden hierzu nur Mittelſtämme als Normal— 
ırıme der Fichte ausgewählt. Im allgemeinen ſtimmt 
Verhalten dieſer ſorgfältig als Mittelwerte ausge: 
Aten Stämme mit den Wachstumgeſetzen der vorher 
Wähnten Modellſtämme, unter denen auch die ſtarken 
d geringen Stärkeklaſſen enthalten find, überein. Auch 
> Betrachtung dieſer Normalſtämme zeigt, daß „durch 
e Standortsgüte mehr der Höhenwuchs, 
urd den freieren Standraum mehr der 
r undſtärkezuwachs beeinflußt wird“. 

Das Verhältnis der Höhen dieſer Mittelſtämme 
im 120. Jahre von der IV. Standortsklaſſe auf— 

Its 
10:1,8: 1,6: 1,9 
as der Grundſtärken 
1,0: 1,2: 1,4: 1,6 
Bei den 3 Stammklaſſen, in die die Beſtände zer— 
igt werden, verhalten fich im Durchſchnitt der 3 in 
tetrahit gezogenen Standortsklaſſen die Höhen wie 
1,0: 1,14: 1,25 
ie Grundſtärke wie 
1.0: 1,3: 1,65. 

Die Maſſeninhalte der Mittelſtämme der 4 Boni— 

iten im Alter verhalten ſich im 120. Jahre wie: 

1,0: 1.9: 3,3: 4,9. 
Das Verhältnis der Mittelſtämme der 3 Stamm: 
koien aft von den geringen zur ſtarken Klaſſe auf 
len 3 Standortsklaſſen fait übereinſtimmend 

1,0: 2,0: 3,0. 

Fine weitere Unterſuchung an den Normalſtämmen 
diente dazu, das Verhalten des Staͤrkezuwachſes 
(Jahrringbreite) und des Querflächenzuwachſes 
am Stamm zu unterſuchen. 

Einen genauen Einblick in diefe Verhältniſſe ge- 
währt Beilage 6, in der der Stärkezuwachs und Flåden: 
zuwachs für die einzelnen Alterſtufen aus den ſektions⸗ 
wajen Meſſungen berechnet iſt. 

Erfichtlich tft daraus, daß die Stelle der gering: 
‚ten Jahrringbreite nur etwa bis zum 20. Jahre 
ju der Abhiebshöhe von 0,3 m, dann längere Zeit 

lindurch in der Meßhöhe (1,3 m), dann bis zur 
Hehe von 4.3 m, bei den Stämmen der I. u. II. Stand: 
ttsklaſſe ſelbſt bis auf 8,3 m hinaufrückt. Von dieſer 
Stelle nach abwärts nehmen die Jahrringbreiten zu; 
on der Stelle der geringſten Jahrringbreite nach auf— 
darts nimmt die Jahrringbreite ebenfalls durchweg 
qu und erreicht im Gipfel oft die doppelte Jahrring- 
breite wie im unteren Stammteil. 

Der Verlauf des Querflächenzuwachſes am Stamm 


A nn 3 LQ ů——ñ— 


— 3333 — 


geht am beſten aus einigen Zahlen hervor, die aus 

ausführlichen Ueberſichten hier zuſammengeſtellt ſind. 

Verhältnis des Querflächenzuwachſes je 

nach Stammhöhe für Standortsklaſſe J. 
a) Mittelſtämme: 

Im Alter von 20—30 50—60 70—80 90—100 J. 


Höhe 0,3 m 132 141 170 152 
r 13 „ 100 100 100 100 
„ 4.3, 70 95 90 86 
„ 8, e 98 88 78 
„ 12% me 93 88 74 
„ 193. = — 84 68 
„ 53a Se = 43 63 


b) geringe Stammklaſſe: 


Höhe 0,3 m 110 171 158 188 

„ 1.3 „ 100 100 109 100 

„ 434 73 101 102 97 

n 83, — 104 104 97 

„ 123, — 100 106 94 

„ 203, — — 85 88 

ia ae — — — 57 

c) ſtarke Stammklaſſe: 

Höhe 0,3 m 114 141 141 140 

„ 1.3 „ 100 100 100 100 

„ 2 88 87 8⁴ 

8 8.3 „ — 94 87 78 

„ 124, — 96 87 77 

„ 20,3 „ — 46 84 74 

„ 24,3 „ — — 57 67 

f aa. LH Höhe 

Auch das Dimenſionsverhältnis (p- Gru 


ſtärke) hat für die Beurteilung der Stammform einen 
Wert. Es iſt nicht gleichgültig, ob bei gleichem Bruſt— 
höhendurchmeſſer ein Baum 15 oder 30 m hoch iſt; 
es läßt auch Schlüſſe auf den Schlußgrad des Be— 
H 
D 
ort, um fo kleiner, je größer der Standraum des Bau- 
mes iſt. 
Die vorwiegenden Wirkungen von Standort auf 
H, des Standraums auf D kommen hierin zum Aus— 
druck. 


Mit zunehmendem Alter der Stämme iſt 5 bis 


etwa zum Alter von 80 Jahren fteigend, dann längere 
Zeit nahezu gleichbleibend, im höheren Alter etwas 


ſtandes zu iſt um ſo größer, je beſſer der Stand— 


fallend 5 des Mittelſtammes iſt im Alter von 


40 60 80 100 120 

auf Stand 
ortsklaſſe I 79 87 92 93 92 
II 74 2 86 86 86 
V 65 66 69 70 70 


116 


Dem Rindenprozent der Schaftmaſſe, das 
bei der ſorgfältigen Analyſierung der Stämme leicht 
mit erhoben werden konnte, widmet der Verf. einen 
beſonderen Abſchnitt. 


Im allgemeinen wird die Rindendicke der Fichte 
am Stamme aufwärts allmählich geringer, iſt aber 
im mittleren Stammteile auf längerer Strecke gleich⸗ 
bleibend. 

Das Rindenprozent nimmt mit abnehmender Stand⸗ 
ortsgüte zu, bis zum Alter von 120 Jahren regel⸗ 
mäßig ab. Seine Größe ſchwankte bei dieſen Unter⸗ 
ſuchungen zwiſchen 6,3 bis 14,6% ,‚ im Durchſchnitt 
war es auf Standortsklaſſe: 

I II III IV V 
8,0% 9,0 9/0 9,5/0 11%, 12% 

Das Verhältnis der Kronenlänge zur Shaft: 
länge beſpricht von Guttenberg zum Schluß feiner 
Ausführungen über das Wachstum des Einzelſtammes. 
Schiffel hat bekanntlich diefer Verhältniszahl eine 
hohe Bedeutung für die Beftandeserziehung beigelegt 
und dieſe Zahl deshalb auch in feine Fichtenertrags— 
tafel aufgenommen. 

Die Kronenentwickelung wurde zunächſt für das 
Studium des Einfluſſes der Kronenlänge auf Stärke— 
zuwachs und Schaftform erhoben; der Einfluß hat ſich 
nach den Unterſuchungen des Verf. bei der Hochge⸗ 
birgsfichte nur als ſehr wenig hervortretend gezeigt. 


Das Verhälinis Kronenläuge — 1 


Baumhöhe Ir wird mit zu: 


H 
nehmendem Beſtandesalter kleiner, mit abnehmender 
Standortsgüte größer. Es ergaben fih im Durch— 
ſchnitt Verhältniszahlen für Standortsklaſſe 

I II III IV V 

von 0,42 0,44 0,48 0,56 0,66. 

Es muß daher bet der Beſtandserziehung daz 
rauf geachtet werden, daß je geringer die Bonität iſt, 
deſto größer der Kronenanteil, deſto größer die An— 
forderung des Baumes an Licht, Luft und Boden ſind, 
um einen befriedigenden Zuwachs zu leiſten. mer: 
halb des Beſtandes betragen dieſe Verhältniszahlen für 
die drei Stammklaſſen (ſtärkſte) 0,45, 0,50 (mittel), 0,55 
(ſchwächſte). 

Höherer Wert kommt der Unterſuchung über dieſe 
Zahl dann zu, wenn ſie auf die Vergleichung von Be— 
ſtänden verſchiedenen Schlußgrades, verſchiedener Be— 
ſtaudserziehung ausgedehnt werden; es iſt dieſer Ab: 
ſchnitt auch hier erwünſcht, weil er Schlüſſe auf die 
Beſtandserziehung zuläßt, die der folgenden Ertrags— 
tafel zu Grunde gelegt iſt. 

Auf dieſen tief durchdachten und äußerſt anregenden 
Abſchnitt, in dem eine Fülle zeitraubender Einzelfor— 
ſchungen enthalten find, folgt II. die Ableitung des 


| 
| 
| 
| 
| 


Wachstums des Beſtandes, die aus deme 
Teil gewiſſermaßen organiſch herauswächſt. 

Auf Grund der unterſuchten Probeſtämme $ 
170 Probeflächen wurde der Wuchsgang und die K. 
raus ſich ergebende Ertragstafel für die Fichte 
Hochgebirges abgeleitet. Zur Einreihung der Pag 
flächen in die 5 Standortsklaſſen wurde in erſter N 
die Höhe, daneben auch die Maſſe als Funktion . 
Alters benutzt. Bemerkenswert find dazu die Iq. 
einer Probefläche, die im 50. Jahre 55,4 qm G 
fläche aufwies — mehr als die I. Standortsklaf 
dieſem Alter verlangt —, aber nur eine Höhe 
12,5 m, eine mittlere Grundſtärke von 11,5 em ia. 
der Höhe nach daher in die III., dem Durchna 
nach in die IV. / V. Bonität hätte eingereiht wi 
müſſen. l 

In Wirklichkeit gehört die Probefläche in 
II. Standortsklaſſe; gedrängter Schluß (im Alter 
noch 5400 Stämme pro ha!) hatte in dem vert 
aus Vollſaat hervorgegangenen Beſtande einen (iğ 
völligen Stillſtand des Wuchſes bewirkt; die Berma 
dung dieſer Fläche für die Ertragstafel ift rating 
unterblieben. | 

Die Höhenentwickelung der mittleren Modelltir: 
kann als mittlere Beſtandshöhe nicht unmitiis 
verwendet werden. Dieſe Stämme gehören in fel 
rem Beſtandsalter zur vorherrſchenden Stammi 
entſprechen daher mehr der Oberhöhe als der mil 
leren B.⸗Höhe. Iſt der Abſtand der Oberhöhe . 
der Beſtandsmittelhöhe in den einzelnen Alterskğ 
durch Unterſuchungen bekannt, dann läßt dies nach gg 
Oberhöhe die mittlere Beſtandshöhe leicht finden. 
ſen Weg konnte der Verf. hier nicht einſchlagen. 

v. Guttenberg hat daher die Mittel höhen der a 
zelnen Probeflächen aufgetragen und da, wo die Rut | 
ven infolge des Grundlagematerials unſicher warg 
wurde die Kurve durch den Verlauf der Hohentuy 
einer zweiten Reihe von Modellſtämmen ergänzt. De 
zweite Reihe von Modellſtämmen, die namentlich fi 
die jüngeren Alter nötig war, wurde dadurch gebil | 
daß die in der Jugend ſtark vorwüchſigen Stau] 
ausgeſchieden wurden und der Entwicklungsgang d 
Vertreter der geringen Stammklaſſe mitherangezeg f 
wurde. Auf S. 37 bringt eine Figur die mitte]? 
Höhenzunahme des Beſtandes und den Höhenzuwat⸗ . 
der Modellſtämme klar zum Ausdruck. wd 

„Die Zunahme der jeweiligen Beſtandsmittelläb | 
iſt demnach gegenüber dem Höhenzuwachs der Stämm ; 
des Abtriebsbeſtandes in der Jugend etwas langſalle, : 
anſteigend, erreicht ſpäter als dieſer ihren Höchſtbeg 
und bleibt von da ab infolge des ſteten Hinaufrüce f 
des jeweiligen Mittelſtamms in eine höhere Stamm i 
klaſſe über dem Höhenzuwachs des Einzelſtamnes 


{a 


2; E ES 


117 


Sie Stammgrundfläche konnte aus den in 
>eflächen erhobenen Beträgen derſelben ziemlich 
gezogen werden. 
>. Guttenberg konnte ſich der Anſicht, die in neue- 
Ertragstafeln zum Ausdruck kommt, daß bei einem 
== von 40—50 qm, bei lichterer Beſtandserziehung 
rx von 20 - 30 qm, eine Zunahme der Kreisflächen⸗ 
time niht mehr erfolge, nicht anſchließen. 
Hauptſächlich die Rückſicht darauf, daß in den 
gebirgsforſten die Möglichkeit eines weitgehenden 
ertfiven Durchforſtungsbetriebes in der Regel fehlt, 
v. Guttenberg zu der Feſtlegung verhältnismäßig 
yer Grundflächenſumme veranlaßt, die zwar gegen: 
>r der erſten nicht veröffentlichten Bearbeitung durch 
Sſcheidung aller Beſtände mit abnorm hoher Grund- 
He ermäßigt find; es kamen auf I. und auch noch 

Standortsklaſſe Grundflächenſummen von 70, ja 
byt von über 80 qm! vor. 

Im 100. Jahre haben für den bleibenden Beſtand 


if Standortsklaſſe I. II. III. IV. V. 
Guttenberg 64,5 58,4 52,0 45,7 35,9 
tur, Gebirge (Schw.) 
(B. Grad) 75,6 65,4 56,1 47,6 39,5 
ꝓhwappach 1890 Ndd 64,0 57,2 50,4 43,1 36,4 
z 1902 „ 48,3 43,4 38,4 33,5 27,5 
rundner (Harz) 52,0 50,0 47,0 42,0 34,9 


Die Beſtandsformzahlen haben die Eigen⸗ 
zaft eines ſtetigen Fallens. Unter Berückſichtigung 
er Tatſache wurden die aus den Stammanalyſen 
wonnenen Formzahlen, unter Ausgleichung des für 
m Einzelſtamm charakteriſtiſchen Verlaufs, benutzt. 

Die zur Charakteriſtik erwünſchtemittlere Grund⸗ 
‘atte des Beſtandes wurde analog den Höhen aus 
Nodellſtammreihen ermittelt, die dann mit den Grund⸗ 
täten aus den Probeflächen verglichen wurden, wo: 
m dann die zuletzt ausgeglichene Kurve hervorge⸗ 
angen ift. 

Die Stammzahlen der Probeflächen hat nod 
keiner der zahlreichen Ertragstafelbearbeiter benutzen 
tonnen, um daraus halbwegs ſichere Stammzahlreihen 
dzuleiten. Auch v. Guttenberg hat diefe Größe aus 
der Divifion der mittleren Grundſtärke in die Grund⸗ 
Klächenſumme des Beſtandes erhoben. 

Die Maſſeninhalte der Mittelſtämme ſind 
inmal durch Diviſion der Stammzahl in die Holz⸗ 
aſſe, dann durch das Produkt aus Grundfläche >< 
döhe >< Formzahl des Mittelſtammes beſtimmt. 

Die Holzmaſſen pro ha ergaben ſich dann 
Bus Multiplikation von Stammgrundfläche >< Be: 
nddhöhe >< Formzahl; die hieraus berechneten 


Maſſen fat ohne Ausgleich fih ergab. 
9161 


Die feither den Probeflächen meiſt mangelnde Er⸗ 
ziehung, machte die Benutzung des ausſcheidenden Be⸗ 
ſtandes dieſer Flachen zur Beſtimmung der Borer: 
träge völlig unbrauchbar; iſt es doch ſchon unmöglich 
ſolche Vorerträge bei länger beobachteten Verſuchs⸗ 
flächen zu benutzen, wenn irgend ein Faktor die Art 
der Beſtandserziehung von der genau einzuhaltenden 
Erziehungsmethode ablenkt. Im vorliegenden Falle 
wurde der Zwiſchenbeſtand nicht aufgenommen und 
v. Guttenberg hat ſich mit dem ihm allein übrig 
bleibenden Wege geholfen, die Holzmaſſe der Vor⸗ 
erträge in den verſchiedenen Altersſtufen aus der aus⸗ 
ſcheidenden Stammzahl und dem anzunehmenden mitt⸗ 
leren Kubikinhalt der ausſcheidenden Stammklaſſe zu 
berechnen. Die Ermittelungsart kann nur ein Not⸗ 
behelf ſein, der zu ganz einwandfreien Größen nicht 
führt. Für die Beurteilung des Geſamertrags des 
ausſcheidenden Beſtandes vom mittleren Beſtandsalter 
ab bis zum Abtriebsalter hat v. Guttenberg den Satz 
aufgeſtellt: die Größe des Zwiſchennutzungs⸗ 
ertrages vom mittleren Beſtandsalter bis zum 
Abtriebsertrag iſt gleich der Differenz zwi— 
ſchen der Geſamtmaſſe des Hauptbeſtandes und 
der dem künftigen Abtriebsbeſtande in der be— 
treffenden Altersſtufe zugehörigen Holzmaſſe. 
Die Maſſe dieſes künftigen Abtriebsbeſtandes in den 
betreffenden Altersſtufen iſt gegeben durch die entſpre⸗ 
chenden früheren Maſſen der Mittelſtaͤmme des Ab⸗ 
triebsbeſtandes multipliziert mit der Stammzahl des 
Abtriebsbeſtandes. Eine geringe Erhöhung der Summe 
des ausſcheidenden Beſtandes, nach dieſer Art berechnet, 
iſt angebracht und auch geſchehen, da an dieſem noch 
ein, wenn auch geringer, Zuwachs erfolgt. Zur Beur⸗ 
teilung der Vorerträge wurde die ausſcheidende Stamm⸗ 
zahl und der mittlere Inhalt dieſer Stammklaſſe maß⸗ 
gebend, der zu ½ des Beſtandsmittelſtammes ange: 
nommen worden iſt. Bei ſtarker Niederdurchforſtung 
ſtimmt dies letztere vom 50. — 80. Jahre überein, von 
da ab iſt aber der Mittelſtamm des ausſcheidenden 
Beſtandes meiſt größer als hier angenommen wird. 

Im 100. Jahre betragen die Vorerträge in %o der 
Geſamtleiſtung: 

auf Standortsklaſſe 

. II. III. IV. V 

bei v. Guttenberg (Schaftmaſſe) 23 
Grundner £ 45 
Schwappach 1890 (Derbin.) -26 
1902 Š 45 43 41 39 39 

Flury (Gebirge) „ 28 28 29 29 30 


Einen direkten Vergleich laſſen nur die v. Gutten⸗ 


24 
42 
24 


22 
37 
21 


24 
35 
17 


26 
34 
13 


tiben zeigten einen fo geſetzmäßigen Aufbau, bak bergiſche und die Grundnerſche Tafel zu, da fie allein 
kr periodiſche Zuwachs aus der Differenz der | die Schaft maſſe enthalten, während die anderen 
Tafeln auf die Derbmaſſe aufgebaut ſind. 


16 


418 


Der Grundnerſchen Tafel liegt eine ſtarke 
Niederdurchforſtung zu Grunde, Flury hat feine Fla: 


chen mäßig (B. Grad) durchforſtet; die v. Gutten: 


bergiſche Tafeln ſind nach dieſem Vergleich auf eine 


ſchwache bis mäßige Durchforſtung aufgebaut. 


Flury entnimmt mit B. Grad-Durchforſtung auf 


III. Bonität 
im Alter von Jahren: 
60 
Derbmaſſe in % des 
bleib. Beſtandes 8,2 10,7 9,7 8,9 7,0 6,2 4.9 
v. Guttenberg (Schaft: 
maſſe in °/o des blei⸗ 


benden Beſtandes 8,3 6,8 5,7 4,8 4,1 3,7 3,3 


Darnah ſcheint der Durchforſtungsgrad v. Gutten- 


berg ſich zwiſchen ſchwach und mäßig zu bewegen oder 
die Berechungsmethode der Vorerträge an dieſem Bilde 
ſchuld zu ſein. 

Die fertigen Ertragstafeln werden dann noch mit 
anderen Fichtenertragstafeln verglichen. 

Zunächſt mit Schiffels Ertragstafeln, die bekannt⸗ 
lich auf Lorey's und Schwappach's Tafel 1890 auf⸗ 
gebaut ſind und denen keine eigenen Erhebungen zu 
Grunde liegen, weiter mit Ertragsunterſuchungen der 
Fichte aus dem Mittelgebirge (Herrſchaft Weitra an 
der niederöſterreich⸗böhmiſchen Grenze). 

Darauf wird am Schluſſe noch näher eingegangen 
werden. l 

Als letzten Abſchnitt hat von Guttenberg noch eine 
Ertragstafel für die Fichte in Paneviggio in Südtirol 
aufgeſtellt. wobei er ſich derſelben Methode wie im 
vorigen Abſchnitt bedient hat. 

Herrliche Fichtenſtämme, ſchlank, vollholzig, 36 bis 
40 m hoch in einer Höhenlage von 1500 — 1800 m u. d. 
M., das Holz von gleichmäßigem Jahrringbau, 200 bis 
300 Jahre alt haben diefe Beſtände das Auge jedes Be- 
ſuchers erfreut. Weſſely's Anſicht, daß dies Waldungen 

im „Plenterbetrieb“ ſeien, kann v. Guttenberg nicht 
teilen. Beſtände mit 800 - 1200 fm pro ha, in welchen 
die jüngeren und mittleren Altersſtufenkfaſt völlig fehlen, 
find keine Plenterbeſtände. Auch die geringe Abholzig: 
keit weißt darauf hin. Umtriebe in der Höhe von 
140 Jahre laſſen ſich finanziell vielleicht gerade noch 
rechtfertigen, ſo daß wohl die älteren Beſtände ver⸗ 
ſchwinden werden, es fet denn, daß die Staatsforſtver⸗ 
waltung ſie als Naturſchutzreſervat erhält, ſchreibt der 
Verfaſſer bei der Abfaſſung dieſes Abſchnittes. 


im Alter von 


v. Guttenbergs: Fichte Hochgebirg IV. Bon. 
Schiffel (Dichtſchluß) IV. 
Grundner: IV./ V. 


" 


n" 


70 80 90 100 110 120 


Kurz vor Schluß der Beſprechung teilte de 
faſſer mit, daß diefe 200 - 300 jährigen Betink 
mehr dem Krieg zum Opfer gefallen find. Es it 
ihrer Zerſtörung kaum irgendwo mehr Gelegent:- 
boten eine Ertragstafel bis zum 200. Jahre, St. 
analyſen bis zum Alter von 250 Jahren aukır. 

Dieſe Arbeit bildet daher neben dem mifer: 
lich Intereſſanten einen Gedenkſtein für ein im K 
geopfertes Naturdenkmal. 

Die Wuchsleiſtung fet hier an der Hand e. 
Zahlen ſkizziert. 

In drei Standortsklaſſen eingeteilt leiſteten die Fz 
Beitände Paneveggios folgendes. : 


ere rte p 

Alter Stamm- Höhe Durch⸗ Schaft⸗ e 
zahl meſſer maſſe 

Jahre em em fn (Schaftmoß t 


I. Standortsklaſſe. 


50 20.0 12.4 15.0 217 266 
100 692 26.2 31.5 664 865 
150 433 33.6 424 952 1308 
200 316 | 38.8 50.8 | 1121 167 
Il. Standortsklaſſe. 
50 2720! 90| 114 | 128 1% 
10) 910 | 20.0 | 25.5 | 438 438 
150 530 | 26.8 | 36.0 | 674 674 
200 372 | 31.7 44.2 825 825 


Da der Verlauf des Höhenwachstums bei der gid 
des Hochgebirges verſchieden ijt von dem der Ù 
aus niederen Lagen, ſo iſt ein Vergleich, der auf! 
Höhe aufgebaut iſt, nicht einwandsfrei. Ein Berghe 
der auf der Geſamtwuchsleiſtung für eine beftim 
Umtriebszeit beruht, iſt ebenfalls hier anfechtbar, 
die Vorerträge nicht in ihrem wirklichen Anfall 
mittelt werden konnten. 

Die Maſſe des Hauptbeſtandes Ihm! 
je nach der Art der Beſtandeserziehung. Trotzdem MI 
ich von dieſer und zwar im Jahre 100 ausgehen 
einige Vergleiche erwähnen, die von Guttenberg E. i 
u. 54) gibt, ergänzt durch Daten aus Grundnet“ 
Ertragstafel, die allein die Schaſtholzmaſſen ™ 
von Guttenberg angibt. 

Die Hauptbeſtandsmaſſe im Jahre 10 hl 
bei v. Guttenbergs Fi des Hochgebirges. IV. a 
Schiffel (aus Schwappachs Tafel 1890 v. Lord TI 
rechnet IV. Stdkl. Grundner auf Stdkl. IV/V. 


60 70 80 90 100 110 120 


Mittlere Beſtandshöhe: m. 
91 112 13,2 14,9 165 18,0 194 20/7 
78 106 131 15,3 17,1 18,7 200 20 
97 120 142 163 182 19,9 212 2° 


— —— 2 


0 400 f 


50 


119 


Stammgrundfläche pro ha: qm. 


v. Buttenbergs: Fichte Hochgebirg IV. Bon. 28,0 33,0 37,2 40,6 43,4 45,7 47,5 48,8 

ScHiffels P IV. „ 23,6 289 33,0 36,1 386 40,8 42,4 43,6 

Grundner P VIV. „ 30,4 33,7 35,9 37,3 38,7 38,6 38,7 38,7 
Schaftmaſſe pro ha. 

v. Guttenbergs: Fichte Hochgebirg IV. Bon. 129 184 241 296 348 397 442 481 

Schi ffel j IV. , 112 177 240 298 359 398 438 467 

Grundner 5 IV. V. „ 173 231 284 330 371 402 423 239 


"5 zeigt jih, der Verlauf der Hauptbeſtandsmaſſen 
1idners ift vor dieſem Zeitpunkt höher als bei 
uttenberg, ſpäter niederer. Es ift dies die v. Gutten- 
betonte Erſcheinung, daß die Kulmination des 
mwuchſes und des Durchſchnittszuwachſes bei der 
ebirgsfichte ſpäter als bei der Fichte des Mittel- 
ges eintritt, nachher langſamer abfällt. Auf der 
Bonität (Hochgebirge) kulminiert der Durchſchnitts⸗ 
ichs erſt mit 120 bis 130 Jahren. Schwappach 
darauf aufmerkſam gemacht, daß dies zum Teil 
der Benutzung der Analyſen von Modellſtaͤmmen 
Konſtruktion der Ertragstafel herrührt. 

Die Höhen zeigen in 9 jüngeren Altersklaſſen 


| 


| einen energiſcheren Wuchs bei Grundner als bei v. Gutten- 


bergs Hochgebirgsfichte, die aber im 100. Jahre noch 
ſtarken Höhentrieb zeigt, während bei Grundners Fichten⸗ 
tafel dies nicht mehr der Fall iſt. 

Auch die Stammgrundfläche, die bei Grundner in⸗ 
folge des Standorts und der B.⸗Erziehung raſch an: 
ſteigt, nimmt im Hauptbeſtand vom 95. Jahre nicht 
mehr zu, während die v. Guttenbergſche Tafel noch 
eine weitere Mehrung zeigt. 


Ein Vergleich der Wuchs leiſtung der mittleren 


Standortsklaſſen mit denen anderer Fichtenertrags⸗ 
tafeln ſei hier noch gegeben: 


Laufender 
beſtand Vorerträge Geſamt⸗ Zuwachs 
Holzmaſſe bis z. J. 100, leiſtung jährlich 
im J. 100 bis z. J. 100 im J. 100 
f 576 168 * Guttenberg Hochgeb 
8 ) ; v. Guttenberg Hochgebirg Fi 
ee 438 134 572 82 (mittel), Fi v. Baneveggio 
f 632 203 835 8,4 Schwappach 1890 
Terbmaffe 480 338 818 8,2 j 1992 
l 740 297 1037 9,6 Flury (Gebirge) 
Schaftmaſſe 602 359 961 7,5 Grundner. 


Das vorzüglich ausgeſtattete Werk bietet eine Fülle 
n Material, das nach allen Richtungen hin tief 
uuchdacht und verarbeitet ift. Wenn meine Beſprechung 
was verſpätet erſcheint, ſo möge der Verf. es teilweiſe 
it meiner derzeitigen ſtarken dienſtlichen Inanſpruch⸗ | 
ahme entſchuldigen, teilweiſe aber auch daraus ſchließen, | 
aß mir das Werk eine Fülle von Anregungen geboten | 


Bri 


Aus Preußen. 
Die Rechtsstellung des Wildes in „eingefrie- 
digten Wildgänten“. 

I der heutigen Zeit wirft jeder neue Tag auf 
diem oder jenem Gebiete eine neue Frage auf. 

Aus dieſem Grunde hat auch auf dem Gebiete des 
Jagdrechtes, den Verhältniſſen Rechnung tragend, das 
korigliche Staatsminiſterium ſchon in verſchiedenen 
Fällen von der Befugnis Gebrauch machen müſſen, 
di ihm der Artikel 63 der Verfaſſungsurkunde für den 


| 
| 
| 


hat. Mit diefer ſorgfältigen, Arbeit hat von Gutten- 
berg für die Erkenntnis der Methodik in der Zuwachs⸗ 
lehre, namentlich des Einzelſtammes, einen klaſſiſchen 


| Bauſtein, für die praktiſche Forſteinrichtung in Hod: 


gebirgsforſten eine weſentliche Stütze geliefert; 
wünſchen ihm eine weite Verbreitung. 
Dr. Wimmer. 


wir 


e fe. 


ee Staat vom 31. Jan. 1850 verleiht Ver⸗ 
ordnungen zu erlaſſen, die ändernd in das beſtehende 
Jagdrecht eingreifen. So iſt am 30. Dezember 1915 
eine inzwiſchen vom Abgeordnetenhaus genehmigte Ver— 
ordnung erlaſſen worden, welche den § 47 der JO. 
vom 15. Juli 1907 und den $ 10 des preußiſchen 
Wildſchongeſetzes vom 14. Juli 1904, das noch in der 
Provinz Hannover gilt, aufgehoben hat. Inhaltlich 
decken fich die erwähnten Vorſchriften vollſtändig, denn 
ſie ſagen in beiden Fällen, daß alle Beſtimmungen, 
16* 


120 


welche für die Verſendung von Wild, ganz beſonders 
innerhalb der Schonzeit gegeben ſind, auch auf das 
Wild Anwendung finden, welches in eingefriedigten 
Wildgärten erlegt oder gefangen iſt. 

Die erwähnten Geſetze ſprechen weiter an anderer 
Stelle aus, daß die Vorſchriften, welche über Schon: 
zeiten gegeben ſind, auf das Fangen oder Erlegen 
von Wild in eingefriedigten Wildgärten 
keine Anwendung finden, ſo daß das hier vorhandene 
Wild das ganze Jahr hindurch uneingeſchränkt erlegt 
werden darf. Seinem Verkauf und ſeiner Verſendung 
waren aber die Schranken gezogen, die für alles übrige 
Wild zu gelten hatten. 

Durch die Verordnung vom 30. 12. 15 ſind alle 
dieſe Hemmniſſe beſeitigt worden, ſo daß heute der 
Eigentümer des Wildgartens in der Verfügung über 
das in ſeinem Beſitz und Eigentum ſtehende Wild 
keinerlei Einſchränkungen unterworfen iſt. 

Es mag auffällig erſcheinen, daß der Wildgarten⸗ 
beſitzer bei der Verwertung ſeines im Eigentum 
ſtehenden Wildes denſelben Einſchränkungen unter- 
liegen ſoll wie der Jagdberechtigte, der herrenloſes Wild 
okkupiert. 

Dieſe Gleichſtellung hat ihren guten Grund, denn 
ſchon das Geſetz über die Schonzeiten des Wildes vom 
26. Februar 1870 ging von der Vorausſetzung aus, 
daß es unbillig wäre, wenn man dem aus eingefrie⸗ 
digten Wildgärten ſtammenden Wild eine Vorzugs— 
ſtellung einräumen wollte. Für die Praxis iſt nun 
die Frage außerordentlich wichtig, was unter einem 
„eingefriedigten Wildgarten“ zu verſtehen 
iſt, denn die Meinungen der Juriſten gehen hierüber 
weit auseinander. | 

Das Bürgerliche Geſetzbuch jagt in feinem $ 960: 
„Wilde Tiere find herrenlos, jo lange fie fih in der 
Freiheit befinden. Wilde Tiere in Tiergärten und 
Fiſche in Teichen oder anderen geſchloſſenen Privat⸗ 
gemäſſern find nicht herrenlos“. Die Jagdgeſetzgebung 
hat den Ausdruck „eingefriedigter Wildgarten“ 
aus dem alten Schonzeitsgeſetz von 1870 übernommen 
und hat es — leider — unterlafſen dem Beiſpiele des 
B. G. B., das vom „Tiergarten“ ſpricht, zu folgen. 
Somit war von vornherein Veranlaſſung gegeben, die 
verſchiedenen Ausdrücke begrifflich von einander zu 
unterſcheideu. Dieſe Auffaſſung wurde beſonders da- 
durch unterſtützt, daß bei der Beratung des Wild— 
ſchongeſetzes von 1904 ein Vertreter der Staatsregie— 
rung in der Kommiſſion des Herrenhauſes erklärt 
hatte, daß „Tiergarten“ nach Auffaſſung des B. 
G. B. ein engerer Begriff als „Wildgarten“ fet, 
weil dieſer ein „Gehege“ bedeute. Es war alſo nur 
ein ganz kleiner Schritt bis zu der Auffaſſung, daß 
das unterſcheidende Merkmal zwiſchen „Tiergarten“ 


und „Wildgarten“ in der Größe beſtehe und 
Tiergarten im Sinne des B. G. B. nur dann inf 


kommen könne, wenn er ſo klein ſei, daß ein gen 


Beſitz an dem Wilde möglich erſcheine. 


Alles das hat dazu geführt, daß ein Unter 
zwiſchen „eingefriedigten Wildgärten“ und , Trergiry 


gemacht wurde. 


Nur im letzteren folte das Wild i m Cig: 
tum des Beſitzers ſtehen, während es im erſteren! 


herrenlos gelten ſollte, was namentlich ar 


strafrechtlicher Hinſicht zu den verſchiedenſten fer 


— hn .— — — — e —— — — — — — — 
—— . — ——ñ — ̃Fä . —y— ñ—1— nn nn nn nn 


quenzen führen mußte. 
Herr Prof. Dr. Carl Dickel, hat diefe Auffaflung » 
vornherein auf das Entſchiedenſte bekämpft um! 
Standpunkt vertreten, daß der Parkeigentümer u 
im größten Gehege Eigentum an den dutch die! 


zaͤunung am Entweichen abſichtlich verhinderten ag 


baren Tiere haben müſſe, weil das Gefängnis ein eur 
oder ein weiteres, alfo auch ein eingehegtes Gum 
ſtück fein könne. Das deckt fih aber auch ganz x: 
dem Wortlaut des 8 960 B. G. B., wo nicht ale 


Fiſche in Teichen, ſondern auch in anderen gef 
ſchloſſenen Privatgewäſſern nicht hene | 


find. 


Nichts ſpricht dafür, daß das Wild anden hy 
handelt werden ſollte, fo daß es einzig und aun“ 
darauf ankommt, ob den Tieren im „eingeſtiden `- 
Wildgarten“ die natürliche Freiheit entzogen ift wa p 


nicht. 


treffen muß, die Zeit in Anfpruch nehmen. | 
Es wird nach dem Inkrafttreten der neuen der 
ordnung nicht ausbleiben, daß der Verſendung jn 
Wild, das aus „eingefriedigten Wildgärten“ fam, 
Schwierigkeiten erwachſen und deshalb fei barauf aul 
merkſam gemacht, daß das Reichsgericht in fenem 


Urteil vom 9. Jan. 1902, in einem 3600 ha große “a 


Wildpark Beſitz und Eigentum des Barkeigentämtt 


am Rotwild angenommen hat, weil nach den me ; ey 
Verhältniſſen das im Wildpark eingeſchloſſene "1 


Ein ſehr namhafter Ja 


Die Richtſchnur, daß der Beſitzer jeden Augen 
in der Lage fein müſſe ein beſtimmtes Tier zu ting ~ 
beziehungsweiſe zu ergreifen und ſo tatſächlich in fe 
Gewalt zu bringen, um zwiſchen Tier- und Wildau 
zu unterſcheiden, ſtand von vornherein auf ſehr ſchwaß pi 
Füßen, denn wenn aud) der Befi einer Gade MI] -- 
der Erlangung der tatſächlichen Gewalt über die Catt r 
abhängig ift, fo folte eigentlich darüber teine Mar = 
ungsverſchiedenheit beftehen, daß man durchaus ni à 
in der Lage zu fein braucht die Berfügungsgemal 1 5 
jedem Augenblick ausüben zu können. Dieſer Ghat: ` 
punkt war unhaltbar, weil der Wildgartenbefſe n 
der Lage iſt jedes der vorhandenen jagdbaren Aut J: 
zu erlegen, wenn er auch dazu einige Vorbereitungen f: 


— 
1 A 


1 
En 


121 


Id vollſtändig am Austreten gehindert und damit 
aner natürlichen Freiheit beraubt war. 


In der neueren Zeit hat ſich auch das Kammer⸗ 
ericht in feiner Entſcheidung vom 1. Dezember 1910 
uf den Standpunkt geſtellt, daß der Begriſſ eines 
Tiergartens im Sinne des § 960 B. G. B. im weſent⸗ 
ichen eine nach den Umſtänden des einzelnen Falles 
Ju beurteileude Tatfrage iſt. Der hierfür maßgebende 
Gefichtspunkt müßte darin geſehen werden, daß durch 
Den Aufenthalt der wilden Tiere in dem betreffenden 
Gehege, deren Freiheit als aufgehoben erſcheinen müſſe. 
Die Einfriedigung des Grundſtücks begründe den Zu⸗ 
Rand der Gefangenſchaft, welche die Herrenloſigkeit 
wilder Tiere aufhebt. Danach iſt in der Praxis zu 
beurteilen ob „ein eingefriedigter Wildgarten“ in Frage 
kommt oder nicht. Nicht die Größe iſt zur Entſchei⸗ 
Dung heranzuziehen, ſondern die Sachlage, die ergeben 
muß. daß dem Wildſtande die Möglichkeit des Ent⸗ 
weichens fehlt. 

Auch ſtrafrechtlich ift dieſes von ganz beſonderer 
Bedeutung, denn die unbefugte Aneignung derartigen. 
Wildes ift nicht als Jagd vergehen anzuſehen, 
ſondern als gemeiner Diebſtahl zu beſtrafen. 

Wenn nun heute der Beſitzer des eingefriedigten 
Wildgartens in der Lage iſt, das in ſeinem Eigentum 
ſtehende Wild in uneingeſchränkter Weiſe zu verkaufen 
und zu verſenden, ſo gilt dieſes natürlich nur für das 
von der Einfriedigung betroffene Wild. 
Das Flugwild, welches von der Einfriedigung nicht 
betroffen wird, iſt ſelbſtverſtändlich auch im Wild⸗ 
garten herrenlos, wenn es nicht zu den zahmen Tieren 

gehört, und dasſelbe gilt natürlich auch für die Hafen, 
wenn die Einfriedigung eine derartige iſt, daß ihrem 
Ein⸗ und Auswechſeln keine Hinderniſſe entgegenſtehen. 
Unter dieſen Umſtaͤnden bleiben fie ſtels im Zuſtande 
der Herrenloſigkeit, ſo lange ſie ſich in ihrer natür⸗ 
lichen Freiheit befinden. Sie unterliegen dem aus⸗ 
ſchließlichen Okkupationsrecht des Jagdberechtigten und 
für fie gelten wie unter anderen Umſtänden die Bor: 
ſchriften über die Schonzeiten und auch die Bejtim: 
mungen, welche die Verſendung des Wildes regeln. 


Um ſich vor Nachteilen zu ſchützen, muß der Eigen⸗ 
tümer des „eingefriedigten Wildgartens“ dieſes be⸗ 


achten. Baltz-Hannover. 
Aus Baden. 
Kriegsmaßnahmen den badiſchen Forjt- 


verwaltung. 

In dem Briefe aus Baden auf Seite 15/1916 
d. Bl. ſind einige bemerkenswerte Entſchließungen der 
badiſchen Forſt⸗ und Domänendirektion auszugsweiſe 
wiedergegeben. Es hat nun der Großh. Oberforſtrat 


] 
Gretſch, techniſcher Leiter der badiſchen Forſtverwaltung, | 
unter obigem Titel eine Druckſchrift veröffentlicht, aus ` 
der einige Mitteilungen allgemeines Intereſſe bieten 
dürften. 

Die badiſche Forſtverwaltung hat es ſich zur be— 
ſonderen Pflicht gemacht für eine zureichende Ernäh— 
rung von Menſchen und Nutztieren Sorge zu tragen. 
Zu dieſem Behufe wurden die Waldarbeiten im Jahre 
1915 zu gunſten der dringendſten landwirtſchaftlichen 
Arbeiten, der Bergung der Ernte und Wiederbeſtellung 
der Felder tunlichſt eingeſchränkt. 


Auch fand eine weitgehende Abgabe an Waldſtreu 
und Waldgras ſtatt. 

So wurde verabfolgt gegen den Durchſchnitt 1911/13 
ein Mehr in den Domänenwaldungen an Rechſtreu 
von 40%, an Unkrautſtreu von 8%, an Dürr: und 
Futtergras von 137 °/o, bezw. in den Gemeinde: und 
Körperſchaftswaldungen von 27%, 84% und 37%. 
Von der Erlaubnis Futterlaub und Laubheu zu ſammeln 
wurde ein kaum nennenswerter Gebrauch gemacht, eben- 
ſo wenig von der geſtatteten Waldweide. Auch die 
freigegebene Schweineweide beſchränkt fidh auf den Aus: 
trieb von Zuchtſchweinen, hauptſächlich aus dem Grunde, 
weil unſere jetzigen Schweineraſſen für die Nutzung der 
Erdmaſt nicht mehr recht geeignet find und die Qand- 
wirte die Stallfütterung wegen des Düngeranfalles 
bevorzugen. 


Dieſe wurde durch die überaus reiche Eichelmaſt 
des Jahres 1914 ausgiebig ergänzt. Es kann nach 
angeſtellten Schätzungen und Feſtſtellungen die Menge 
der geſammelten Eicheln auf 200 000 Zentner veran— 
ſchlagt werden. Ein Teil der Eicheln diente zur Be— 
reitung des ebenſo wohlſchmeckenden als geſunden Eichel— 
kaffees, der entſchieden noch weitere Beachtung verdient. 
Ueber die wirtſchaftliche Behandlung der ſehr zahlreichen 
Eichenaufſchläge iſt bereits S. 15 das Erforderliche mit: 
geteilt. 

Die größte Einwirkung auf die Lage des Holz— 
marktes und die Walderträge ergab die lebhafte Rad- 
frage nach Eichenſchälrinde mit einem Preisaufſchlag 
von ſeither 2.60 bis 2.80 M. je 1 Ztr. auf 9 bis 
10 M. Es mögen nach Erhebungen und zuverläffigen 
Schätzungen auf einer Niederwaldfläche von beiläufig 
1700 ha 118 000 Ztr. (in Privatwaldungen beiläufig 
55 000 Btr.) geſchält worden fein mit einem Erlöſe 
von rd. 900 000 M. 

Auch die Fichtenrinde war lebhafter gefragt, doch 
konnte wegen Beamten- und Arbeitermangels nur eine 
mäßige Menge von etwa 35 000 Btr. mit einem Ge- 
ſamterlöſe von beiläufig 200 000 M. gewonnen werden. 

Mit der Beſchäftigung von Kriegsgefangenen in 
Staatswaldungen wurde im Frühjahr 1915 beim 


Rindenſchälen der Anfang gemacht. Im Winter 1915 
waren in 13 Forſtbezirken (von 78) 260 Ruſſen ver— 
wendet. 


| 


Hinſichtlich der Beamten: und Arbeiterfür- 


ſorge wäre Folgendes zu erwähnen: Mit Rückſicht 
auf die durch den Krieg eingetretene Teuerung der 
Lebenshaltung wurden mit Wirkung vom Juni 1915 
für die verheirateten Beamten, Bedienſtelen und ſtän— 
digen Arbeiter mit Kindern, deren monatliches Dienſt— 
einkommen weniger als 130 M. betrug, Teuerungs— 
zulagen gewährt mit je nach der Kinderzahl, der 
Dienſt⸗ und Beſchäftigungsart abgeſtuften Sätzen 


zwiſchen monatlich 3 und 12 M. für die Famil 
Die Zulagegrenze wurde vom November 1915 ar! 
170 M. erhöht. 

Die Angehörigen der vom Forſtärar beſchäftigten 
zum Kriegsdienſte einberufenen ſtändigen Arbeiter (12 
Beſchäftigungstage) erhalten als Beihilfe: die Ehefrar 
25 %, jedes Kind bis zum zurückgelegten 15. Lebens 
jahr 15% , jedes Kind eines verwitweten oder ge 
ſchiedenen Arbeiters 7/½ l/ des wirklichen Arbeit: 
verdienſtes; dieſe Sätze wurden ſpäter noch etwas er 
höht. Die Geſamtbeihilfe darf 50% des Lohnes nicht 
überſteigen. 


Notizen. 


A. Forſtrat a. D. Julius Hamm T. 


Am 17. Januar 1916 verſchied zu Karlsruhe Forſtrat 
Julius Hamm. l 

Hamm war 1842 geboren und hatte an der Karlsruher 
Hochſchule ſtudiert, wo er u. a. die anregenden Kollegien von 
Klauprecht und Dengler gehört hatte. 1864 wurde er bad. 
Forſtpraktikant, war dann längere Zeit bei der Forſteinrich⸗ 
tung und Waldſteuereinſchätzung tätig, Geſchäfte, die ihn mit 
den vielſeitigen Waldverhältniſſe unſeres Landes näher bekannt 
machten. 1871 übernahm Hamm das Forſtamt Stockach, 1884 
das Forſtamt Kenzingen und 1892 das Forſtamt Karlsruhe. 

Am 1. April 1914 war Hamm in den Ruheſtand ge⸗ 
treten, den er nur ſo kurz genießen ſollte. | 

Mit Hamm iſt eine unermüdliche Arbeitskraft dem bas 
diſchen Forſtweſen und der Forſtwiſſenſchaſt dahingegangen. 
Die ſeltene Gabe eindringender Naturbeobachtung gepaart mit 
dem eifrigen Streben, die Fortſchritte auf dem Gebiete der 
Naturwiſſenſchaft und Volkswirtſchaft zu verfolgen, befähigten 
den Verſtorbenen neben ſeiner mit großer Initiative geführten 
praktiſchen Tätigkeit, jederzeit an der Diskuſſion forſtlicher 
Tagesfragen lebhaft teilzunehmen und unſere Wiſſenſchaft durch 
literariſche Arbeiten zu bereichern. 

Neben Beiträgen ſorſtpolitiſcher und verwaltungstechniſcher 
Natur in dieſer Zeitſchrift und im Forſtw. Zentralblatt war 
Hamm's wiſſenſchaftliche Arbeit namentlich auf das Gebiet des 
Waldbaus gerichtet. 

In ſeinem erſten Bezirke Stockach entſtanden Beiträge zu 
dem blologiſchen Verhalten der Fichte, Lärche und Kiefer auf 
den Molaſſeböden des Bodenſeegebietes, denen Ertragsunter— 
ſuchungen beigegeben waren. Seit feiner Tätigkeit in den 
Rheintalforſtbezirken Kenzingen⸗Karlsruhe war es der Augs 
ſchlagwald, mit einer enormen Wuchskra't und Vielgeſtaltig⸗ 
keit nach Holzarten, der Hamm beſonders anzog. 

Hier entſtand ſeine bedeutendſte Veröffentlichung über den 
Ausſchlagwald, das einzige zuſammenfaſſende Werk über 
dieſen intereſſanten Teil des Waldbaus, das unſere forſtliche 
Literatur beſitzt. Mitten in einer ihn viel in Anſpruch nehmen— 
den Praxis fand Hamm immer Zeit zu wiſſenſchaitlicher Wr: 
beit; ſeit den 1890er Jahren hatte Hamm ſich dann noch mit 
Fragen fiſcherei⸗politiſcher Natur beſchäftigt und war für dieſes 
Gebiet techniſcher Hilfsarbeiter im Miniſterium des Innern. 

Seine faſt unbeſiegbare Lebenskraft hatte in den letzten 
Jahren Krankheit geſchwächt, die er aber mit der ihm eigenen 


Energie und Humor zu überwinden ſuchte. Im Verkehr en 
ungemein anregender und heiterer Geſellſchafter vermochte 
Hamm feine waldbaulichen Leiſtungen den Beſuchern feine 
Bezirkes auf die kurzweiligſte Art belehrend vorzuführen. Mit 
Julius Hamm iſt ſeiner Familie ein treubeſorgter Vater, den 
Forſtweſen ein Mann verloren gegangen, der über ein reiches 
Maß allgemeinen und forſtlichen Wiſſens verfügte, der mit 
Leib und Seele an feinem Fache hing und fein Auſehen zu 
fördern ſuchte. 

Wiſſenſchaft und Praxis wird ihm ein treues Anden 
bewahren. Dr. Wimmer. 


B. Unberechtigte Jagdausübung durch Auſteher 
auf eigenem Bezirk. 
Eniſch. des Bayer. Oberſten Landesger. v. 29. Juli 1915, 
Rev.⸗Nr. 173/15. 


Die Angeklagten St., M. und K. haben am 28. Januar 
1915 in der Weiſe die Jigd ausgeübt, daß einer von ihnen 
mit einem Hund in einem an das Jagdgebiet des Bierbrauen 
St. angrenzenden Jagdbezirk ein Wäldchen abging, um Wild 
aufzuſcheuchen und gegen das Jagdgebiet des Bierbrauers zu 
treiben, während die beiden anderen Jäger mit ſchußberciten 
Gewehren auf dem fremden Jagdgebiet ſtanden, um daz aus 
dem Wäldchen herauskommende Wild zu erlegen. — Die bri 
Jäger wurden wegen Vergehens des ſtrafbaren Eigennutze! 
durch unberechtigte Jagdausübung vom Landye 
richte Paſſau verurteilt, ihre Reviſion wurde verworfen. Ans 
den Gründen: „Wer eine Handlung vornimmt, durch die et 
dem Wild nachſtellt, um es zu erlegen, einzufangen, oder font 
in feinen Beſitz zu brinjen, übt die Jagd aus. Eine ſolche 
Handlung liegt in der von der Strafkammer feſtgeſtellten, ay’ 
Erlegung von Wild aus einem fremden Jagdbezirk gerichteten 
gemeinſchaftlichen Tätigkeit der drei Angeklagten, von denen 
der eine fih bemüht, in dem fremden Jagdbczirk Wild aufzu 
ſcheuchen und feinen Jagdgenoſſen zuzutreiben, während dieſe 
bereitſtanden, dieſes Wild beim Vorbrechen zu erlegen. Daß 
Wild aus dem fremden Jagddeiirke nicht hervortrat und dei 
halb eine weitere, auf Aneignung von Wild gerichtete Tätig: 
keit der Angeklagten unterbleiben mußte, tit rechtlich belanglos. 
Die Frage, an welchem Orte die Jagd ausgeübt wird, und 
ob die Jagdausübung bercchtigt ift oder nicht, entſcheidet 
nicht der Standort des Jägers, ſondern des Wil⸗ 


1 
i] 


123 


des. Das HOffupationfredht erſtreckt fih nur auf das Wild, 
das ſich im Jagdreviere des Berechtigten befindet. 
Die Strafkammer hat zwar tatſächlich feſtgeſtellt, daß St. 
1:8 Glaubens war, noch auf ſeinem Jagdgebiete zu ſtehen. 
Allein mit Recht hat fie auch dieſe irrige Meinung St.'s für 
bedentungslos erklärt, da feſtſteht. daß St. dem Wilde nad: 
ſtell“e, das ihm von den Mitangeklagteu nach feinem Willen 
ans dem fremden Jagdbezirke zugetrieben werden folte. 
Irrtum über die Jagdgrenze, ſoweit der Standort des 
Wildes in Betracht kommt, dem die Angeklagten nach ben Feſt⸗ 
ſtellungen der Straſkammer nachſtellten, ift weder von St. 
noch von einem anderen Angeklagten behauptet worden. 
Wenn die Reviſion des Angeklagten St. darzulegen ver: 
ſucht, Wille und Tätigkeitk St.'s fet nicht auf Erlegung von 
Wild aus einem fremden Jagdbezirke gerichtet geweſen, fo feg: 
ne RH in Widerſpruch mit den tatſächlichen Feſtſtellungen des 
Beruſungsgerichtes.“ 
Dieſe Entſcheidung hat eine gewiſſe grundlegende Bedeu⸗ 
tung. Hier ift inbezug auf den Standort des Wildes 
And jenen des Jägers bei der Grenzjagd und in gleicher 
Weile anch inbezug auf die Frage eines entſchuldbaren Irr- 
tums (de facto) das Reat der verbotswidrigen Jagdausübung 
durch an fih jogdberedtigte Perſonen differenziert, wie man 
bisher in der Rechtſprechung wohl noch nicht die Rechtslage 
beurteilt bat. Demnach kommt es bei der ſtrafrechtlichen Ent⸗ 
ſcheidung über eine grenznachbarliche Jagdausübung, voraus⸗ 
geſetzt. daß der Angrenzer feinen Bezirk überhaupt nicht vers 
laſſen hat oder doch, im Falle dies geſchah, ſich hierin in einem 
entſchuldbaren Irrtum befunden hat, in erſter Linie auf den 
Standort des Wildes an. Trifft der Angrenzer Maßnah⸗ 
men, durch welche das Wild in dem jenſeitigen Bezirk in ſei⸗ 
ner natürlichen Bewegung, in ſeinem Wechſel derart beeinflußt 
und abgelenkt wird, daß dasſelbe genötigt wird, in den frem⸗ 
den Bezirk überzulaufen und wenn dieſes erreicht wird, die 
Möglichkeit des Abſchuſſes für den Angrenzer beſteht, fo quali» 
fiziert fidh diefe Handlungsweiſe als eine verbotswidrige Jagd» 
ausübung nach § 292 SIEB. Auch wenn der Erfolg nicht 
erreicht wird, alſo Wild weder überwechſelt noch überlaufendes 
vu Schuß kommt, ift die Strafbarkeit gegeben. Ebenſo ift 
ed belanglos, ob die auf die Bewegung des Wildes gerichtete 
i Tätigkeit durch Perſonen, Treiber, in der Nähe der Grenze 
: angeſtellte Jäger mit oder ohne Hunde oder ob dieſelbe durch 
T fret revierendDe und von dem jagdlichen Intereſſenten in das 
fremde Jagdrevier abgelaſſene Hunde ausſchließlich inſzeniert 
wird. Das Okkupations⸗ oder weidmänniſche Aneignungsrecht 
erſtreckt ſich im weiteſten Sinne auf alles im Jagdreviere des 
Berechtigten befindliche jagdbare Wild. Dieſes im gewiſſen 
Sime abſolute Aneignungsrecht erleidet aber eine Einſchrän⸗ 
tung inſofern, wenn es ſich bei der Erlegung um Wild han⸗ 
delt, das nicht auf natürlichem Wege, entſprechend dem B tge 
des Wildes und unbeeinflußt durch einen intereſſierten Dritten, 
ſondern durch beſtimmte Berechnung von Seite des Angren⸗ 
krs, ſelbſt auf dem Wege des Blattens und Lockens (in der 
Nähe der Grenze) in ſein Revier gelangt iſt. Die Okkupation 
als ſolche iſt auch hier nicht ſtrafbar, wenn das Wild erlegt 
wird, wohl aber die Handlung, welche eine ſolche Er⸗ 
legung ermöglicht hat. Der Tatbeſtand iſt natürlich 
um ſo flagranter und markanter nach ſeiner Strafbarkeit er⸗ 
Wiejen, wenn, wie im vorliegenden Falle, eine gemeinſchaftliche 
Tätigkeit mehrerer Organe, alſo von Hund, menſchlichem Trei⸗ 
der und von Jägern zur Erreichung eines beſtimmten Zweckes 
in Frage kommt. 
Ein Irrtum über die Jagdgrenze kann nun nach der 
übereinſtimmenden Rechtſprechung von Reichsgericht und den 


einſchlägigen Landesgerichten die Strafbarkeit unter Umſtänden 
ausſchließen. Auch im gegebenen Falle würde diefe Wohltat 
von dem oberſten bayeriſchen Landesgerichte den Beteiligten 
zugebilligt worden ſein. Allein dieſes Moment war hier be⸗ 
deutungslos, weil es ſich nicht um den Standort des Jägers 
inbezug auf die Jagdausübung als ſolche, um Wild im frem⸗ 
den Jagdrevier direkt zu erlegen, handelte, ſondern um 
das Nachſtellen und Zutreiben von Wild aus dem 
fremden Jagdreviere in das eigene. Da im vorliegenden Falle 
nur der Standort des Wildes als maßgebender Faktor in Be⸗ 
tracht kam und infolge der gemeinſamen Aktion der Beteiligten 
über deuſelben ein Irrtum ausgeſchloſſen und auch nicht bee 
hauptet worden war, ſo war eine wohlberechnete Tätigkeit von 
Seite der Angeklagten, um Wild aus dem fremden Reviere in 
das eigene zu bringen, gegeben und infolge der gerichtlichen 
Feſtſtellungen eine gegenteilige Anſchauung nicht mehr halt⸗ 
bar. R. 


C. Kriegsausuutzung des Waldheidekrauts. 


Was doch der Krieg alles zuwege bringt! So manches 
alte deutſche Kraut kommt wieder zu Ehren. Und warum auch 
nicht? Warum ſoll beiſpielsweiſe der Tee aus überſeeiſchen 
Pflanzenblättern beſſer ſchmecken als der Heidekraut⸗Erſatztee? 
Es liegt vielfach nur an einer beſtimmten Geſchmacksrichtung 
— Geſchmack iſt durchaus Modeſache! —, die wir uns in der 
Zeit der Bevorzugung alles Ausländiſchen angewöhnt haben. 
Nun ſieht ſich ſogar das offizielle Wolffbüro des mächtigen 
deutſchen Reiches veranlaßt, in einem feiner täglich kommen⸗ 
den Telefonbriefe, Rubrik: „Nachrichtendienſt für Ernährungs: 
fragen“, auf den Heidekraut⸗Erſatztee die Oeffentlichkeit auf⸗ 
merkſam zu machen. Allerdings erſcheint es ja bei den jetzigen 
hohen Teepreiſen und bei der noch zu erwartenden größeren 
Knappheit an Tee und Kaffee ratſam, ſich nach einem Erſatz 
für dieſe Genußmittel umzuſehen. Es ſind auch ſchon mancher⸗ 
lei Vorſchläge in dieſer Richtung gemacht worden, die jedoch 

zum Teil wenig ausſichtsreich find. Die Schwierigkeit liegt 
eben darin, Kräuter auszuwählen, die nicht allzu ſehr an be⸗ 
kannte Volksarzneien und Hausmittel erinnern. Denn da ſpielt 
uns wieder gerade der uns angewöhnte Geſchmack einen Streich: 
Derartige Getränke würden dem an ſo ausgeſprochene Genuß⸗ 

mittel wie Tee und Kaffee gewöhnten Gaumen bald wider⸗ 

ſtehen. Der Heidetee iſt nun aber nicht nur den anderen Er⸗ 

ſatzmitteln für Tee, wie Brombeers und Erdbeerblättern, im 

Geſchmack überlegen, ſondern er ſtellt auch ein ſehr bekömm⸗ 

liches Getränk dar, wobei zu betonen iſt, daß der Heidekraut⸗ 

Aufguß keineswegs an eine Arznei erinnert, wie dies bei Ka⸗ 

millen⸗ und Lindenblütentee der Fall iſt. Es ſcheint nun auch 

tatſächlich fo, als ob der Ericatee in älteren Zeiten ein Volks⸗ 

trank war — man behauptet wohl nicht zu viel, wenn man 

dieſen Satz aufſtellt. Demnach möchte es anſcheinend nur ein 

Zurückgreifen auf ältere Volksgewohnheiten ſein — allerdings 

ein glücklicher Griff —, wenn Schneider in der Pharma- 

zeutiſchen Zentralhalle das Heidekraut als Erſatz für Tee ems 
pfiehlt. Er führt folgendes aus: 


Der mit kochendem Waſſer bereitete Aufguß des Heide⸗ 
krautes (1 Teelöffel auf eine Taſſe) iſt von blaßgelber Farbe, 
ſchwachem Geruch und ſtark zuſammenziehendem Geſchmack. 
Mit 1 bis 2 Stückchen Zucker auf die Taſſe geſüßt, iſt der 
Aufguß ein angenehmes Getränk. Auch mit Milchzuſatz ſoll 
der Geſchmack angenehm ſein. Da das Heidekraut (Calluna 
vulgaris oder Krica vulgaris) in großen Mengen vorkommt 
leicht zu ſammeln und zu trocknen iſt, läßt es ſich billig auf 
den Markt brugen Beim Einſammeln lege man Wert da- 


Do ——— —— 


124 


rauf, daß die roten Blütenhüllen mitgeſammelt werden, weil 
dadurch der Tee ein gefälligeres Ausſehen erhält. 

Für den Forſtmann, der, wenn er ein richtiger Forſtmann 
iſt, nicht nur die ihm anvertrauten Bäume, ſondern auch ſeine 
Waldkräuter betreut, iſt die Ehrenrettung der Erica wichtig 
im Hinblick auf die beſt⸗ und größtmögliche Ausnutzung ſeines 
wirtſchaftlichen Kapitals. Es würde ihm ein Leichtes fein 
aus der Einſammlung des Waldheidekrauts, ſofern es ein be⸗ 
gehrter Marktartikel würde, einen Nutzen zu ſchlagen. Eine 
gewiſſe Skepſis wird ja natürlich auch in dieſem wie in allen 
anderen ähnlichen Fällen am Platze ſein müſſen. Denn bis 
ſich ſo etwas wie Heidekrauttee im Volke einbürgert, darüber 
vergehen Jahrzehnte; ſolange aber würden wir den Krieg gar 
nicht aushalten, und mit Kriegsende käme der überſeeiſche Tee 
wieder auf den Markt. Wie ich ſchon früher an dleſer Stelle 
ausführte, laſſen ſich Volksſitten nicht von heute auf morgen 
einführen. Allein der deutſche Mann tut, was er kann, und 
es genügt uns nicht, feſtgeſtellt zu haben, daß das Heidekraut 
ein gutes Erfagmittel für Tee iſt, ſondern wir wollen es auch 
effektiv auszunützen ſuchen. Der deutſche Wald birgt noch viel 
mehr Schätze, als wir glauben. Schuster. 


| 


D. Zum Gedächtnis 


meiner im Kampfe für das Vaterland gefallenen früher: 
Schüler habe ich die nachfolgenden Angaben geſammelt u: 
in Tabellenform zuſammengeſtellt. Ich darf hinzufügen, de 
fie alle ohne Ausnahme bei mir in guter Erinnerung fie: 


Alle waren prächtige Menſchen, niemals hat meine Begiehur: 


zu ihnen irgendwelche Störung oder Trübung erfahren. Al 
haben wir bei verſchiedenen Gelegenheiten, die meiſten jue: 
noch bei meinem 25 jährigen Amtsjubiläum im April 1917, 
ihre Anhänglichkeit erwieſen. 

Ehre ihrem Andenken! 


Zur Erläuterung bemerke ich noch, daß die Namen in de: 
Lifte nach dem Alter geordnet find. In der Spalte „Ort un 
Zeit des Todes“ bedeutet W. den weſtlichen, O. den öſtliche 
Kriegsſchauplatz; außerdem iſt, wo möglich, auch der betr. On 
näher angegeben. Die unter Nr. 4 und 11 Genannten ji: 
jeit mehr als einem Jahre vermißt und wohl ſchwerlich nec 
am Leben. Alle älteren, Nr. 1 bis 13, waren heſſiſche For: 
aſſeſſoren; nur die drei jüngſten, Nr 14 bis 16, waren Thi 
ringer. Wimmenauer. 


Aamen Ort und Beit 


ter Geburt | 
1 Karl Schmall 
2 Heinrich Weiß 


3 | Leo Vogt 


Liederbach bei Als⸗ 
feld 2./12, 80 
Ben i. W. 
Schotten 28./6. 82 


Neuſtadt i. Odw. 
7.19. 82 


4 Hermann Rühl 


5 Wilhelm Brückner 


des Todes 


Gießen 27.5. 80 W. bei Weſiſchede 
8./ 11. 14 


Letzte Zivilſtellung Militäriſche Stellung 


Leutnant d. R. im Saf: 
Reg. 118 
Oberleutnant d. R. in !. 


Niederl. Kolonialdienſt auf 
Java 
Seit 29./7. 14 als Großh. 


W. vor Verdun 
27./2. 16 

W. bei Cernay en 

1./2. 81 Dormois 15/9.14 

W. vermißt ſeit 


10.9, 14 
W. bei Etalon 
24./9. 14 


Forſtaſſiſtent angeſtellt 
Fürſtl. Hohenzoll. Oberſör⸗ 
ſter in Biſtriz (Böhmen) 
Landwirtſchaftskammer der 

Rheinprovinz 
Hilfeleiſtung bei Großh. 
Oberförſterei Höchſt 


Oberrhein. Inf.:Re. 9 
Leutnant im Landw. Inf | 
Reg. 116 
1 im Juſ⸗Atg. 


9 R. im Znf. Rez. 
97 (3. eif. Kreuz vorgeſchl. 


— 


6 Ludwig Nicolaus Grebenhain 15.10. W. bei Maurupt | Fürftl. Erbach. Oberförfter | Leutnant d. R im In. 
82 10.9. 14 zu Neuſtadt i. O. Reg. 116. 
7 v. Wedekind, Frhr.] Mainz 6./8. 83 W. bei Viel St. Res Hofjagdjunker in Darme f Leutnant d. R. im Schützen 
Georg my 30.8. 14 ftadt Reg. 108 


8 Richard Kern Darmſtadt 6. / 12. 83 


O. bei Bania (Gali: 


zien) 27./5. 15 


Otterbach (Obers W. 


9 Ernſt Ruckelshauſen 
befien 19./8. 84 


in Werwicq 
21./8. 15 


W. bei Vitry le 
François 9./9. 14 


W. vermißt ſeit 13. 


9. 14 b. Soiſſons 


W. bei Craonne 
20./ 9. 14 

O. bei Lodz 21.11. 
14 


W. bei Moorslede 
20./10. 14 
O. bei Nowe a. d. 


10 Wilhelm Scheele a 5./7. 
11 Eberh. Metzger Gießen 28./ 1. 85 
12 Franz Leibfried Gor Amiran 20, 
13 Ludwig Frang eh 23./7. 
14 ritz Döll Gotha 30./4. 89 W. vor YXpern 
8 Juli 15 
15 Alexander Graf von] Oberfüllbach bei 
Keller Coburg 7./8. 90 
16 | Hans Kirſten Gotha 21. 9, 91 


Weichſ. 10./10. 14 


Aſſiſtent b. d. Bade⸗ u. Kur⸗ 
verwaltung in Nauheim 


e für Elſaß⸗ 
Lothri 


Lehrer a. b. Geragl. S.⸗Mein. 
Forſtwartſchule Sonneberg 


Frhrrl. v. Seckendorfſche 
Forſtverwaltg. Buchenau 

Forſteinrichtung für Elſaß⸗ 
Lothringen 


Reichsgräflich Schaffgotſch⸗ 
ae Ober förſter in Ullers⸗ 
or 


Forſtreferendar 
Forſtreferendar 


Stud. d. Forſtwiſſ. 


Oberleutnant d. 8. im Rel.: 
Inf.⸗Reg. 222 (ei; i 
u. Heſſ. Tapf.⸗Med. 

Bentnand, d. R. im Ji 
Reg. 99 (Gif. Kran l. 
Heli. Tapf.⸗Med.) 

Leutnant d. n im Landw. 
Juf. Reg. 1 

Qeutnant im en 
Reg 71 

Leutnant d. R. im Sale 
Reg. 172 sole 

Kriegsfreiw. Oberjäger 

irſchberger Reſ.⸗Jäger⸗ 
at. 2 

Leutnant im Reſ.⸗Juf.⸗ RE 
233 (Gif. Kreuz) 

. im Jag. 


Offizier « ‚Stellpertreer im 
Inf.⸗Reg. 95 


Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenau er, 
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauer län ders 8 


erlag 


Verleger: J. D. Sauerländer in Frankſurt a. M. — G. Ottos Hoſbuchdruckerei in Darmſtadt. 


—— — — —— 


\ Groß Umstadt 


GemeinherrschaftBreub erg 


im Odenwald. 
Maßstab 1: 100 000 
Erklärung 
Eisenbahn —ů Fuß (Main) 
.— . Landesgrenze Bache 
. Verbindi III N Gemetnherrschaftliche 
e | 11 S. Waldungen. 
Allgem. F. arst-u Jagd Zeitung 1916. Maihoft / 


Bates Google 


Allgemeine 


Herausgegeben 


von 


h. Forftrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft 
an der Univerſität Gießen. 


Zweiundneunzigfter Jahrgang. 


1916. Juni. 


Mit einem Bildnis. 


Frankfurt am Main. 
7 J. D. Sauerländer's Verlag. 


à = 
— — — 7 


lungen und Poſtanſtalten. 


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Gist uud fey 


Allgemeine 


— — — — — 


fort und Zagd⸗ Zeitung. 


Juni 1916. 


Beiträge zur Anzucht von Carya-Arten. 
t Von Forſtmeiſter Rebmann in Straßburg. 
Von mehreren Seiten aufgefordert, meine Erfah: 
ngen, die ich im Laufe von 33 Jahren über die An⸗ 
Gt einiger Caryaarten“) gewonnen habe, auch in 
ſtlichen Blättern zu veröffentlichen, entſpreche ich um 
Ver, als ich nach zahlreichen Anfragen zur Ueber: 
zeugung gekommen bin, daß jeder Beitrag zur Klärung 
„der Frage den ſich für die Anzucht intereſſierenden 
Herren willkommen ſein wird. Sind doch dieſe Hölzer 
ſo werwoll und ſo wichtig für uns, daß ſie keine Zu⸗ 
tidiegung verdienen. 
Bei dem gewaltigen Völkerringen haben wir man: 
ches gelernt, vor allem auch eingeſehen, wie wichtig es 
für uns iſt, auf eigenen Füßen zu ſtehen und vom 
Wuslande unabhängig zu fein. Dies gilt auch für 
wiere Caryahölzer. Es iſt zu hoffen, daß mancher 
Rollege, der bis jetzt der Anzucht von Ausländern kühl 
und abwartend gegenüberſtand, fernerhin aus patrio⸗ 
then Rückſichten dieſen Holzarten ein größeres Jn- 
treffe entgegenbringen wird. Die Anzucht bietet aller⸗ 
dings Schwierigkeiten; aber dies darf kein Grund ſein, 
eine fo wertvolle Holzart zu vernachläſſigen. 
Jaum gründlichen Studium dieſer Holzarten fehlt 
ú bei uns und in den angrenzenden Ländern leider 
an Gelegenheit. Aeltere und mittelalte Bäume ſind 
ſcht {etten und die jüngeren Anlagen liegen in Deutſch⸗ 
land fo weit auseinander, daß man nur einen kleinen 
U der Kulturen aufſuchen und Studien über das 
Gedeihen an Ort und Stelle machen kann. Es war 


Å 


') Jn dieſer Abhandlung ift durchweg die Benennung 
der fit nach Nuttall: alfo Carya gewählt. 
Senugt wurden folgende Schriften: 
l. Schriften von John Booth. 
2 Fremdländiſche Wald⸗ und Parkbäume für Europa von 
deine. Mayr 1906. 
3 Saubholzkunde von Camillo Schneider 1906 - 1912 
4, Artikel von Prof. Dr. Schwappach in den Zeitſchriften 
_ Tht Gort: und Jagdweſen. 
>. Unite in den D. D. G.⸗Heften von verſchiedenen Autoren. 
; Aubauderſuche mit fremdl. Holzarten von Dr. E. Wim⸗ 
le Karlsruhe 1909. 
„ The Commercial Hickories, Washington 1910. 


- 


mir jedoch möglich den weitaus größten Teil der in 
Baden, der Pfalz und im Elſaß vorhandenen Anlagen 
zu ſehen und Vergleiche über die Wuchsleiſtungen auf 
ſehr verſchiedenen Standorten zu gewinnen. 

Dadurch und durch das Entgegenkommen vieler 
Herren, die mir wertvolle Notizen gaben, ferner durch 
das Studium der vorhandenen Literatur, darunter 2 
| neuere amerikanische Broſchüren, bin ich doch in der 
Lage, weitere Beiträge zur Klärung der Frage geben 
zu können. 

Allen dieſen Herren, insbeſondere Prof. Dr. Schwap⸗ 
pad, Geh. Oberforſtrat Siefert, Privatdozenten Dr. 
Wimmer, den Gutsbeſitzern von Schlumberger in Geb: 
weiler und Gutenbrunnen, ſowie den Profeſſoren Dr. 
Fernow in Toronto und Dr. Roth in ann Arbor 
(Michigan) fei aufs wärmſte gedankt. 

Die aus N.⸗Amerika ſtammenden Carya-Arten find 
nicht nur ſehr ſchöne Zier-, ſondern auch wertvolle 
Nutzbäume. Etwa 4 Arten ſind durch ihr wert⸗ 
volles Holz, die anderen 5 durch ihre begehrten Früchte 
berühmt. Letztere Arten werden neuerdings in N.: 
Amerika viel angebaut und ſogar veredelt. Für unſern 
Zweck kommen nur jene Arten in Betracht, welche das 
zäheſte Holz liefern, das wir kennen und das für 
unſere Artillerie von allergrößtem Werte iſt und bleiben 
wird. Denn wir beſitzen in unſern heimiſchen Forſten 

kein Holz, das dem der C. porcina, alba und tomen- 
tosa ebenbürtig iſt und es voll erſetzen kann. Wir 
erfüllen durch den Anbau dieſer Hölzer ein patrio- 
tiſches Werk, welches um ſo mehr zur Geltung kommt, 
als dieſe Hölzer in der urſprünglichen Heimat ab⸗ 
nehmen und ſchließlich ganz verſchwinden. Und dieſer 
Zeitpunkt liegt nach manchen Berichten nicht ſo fern. 

Unter den zahlreichen im 18. und 19. Jahrhundert 
von Nordamerika bei uns eingeführten Arten ſind die 
Hickorys am ſchwächſten vertreten. Nur in Parkan⸗ 
lagen oder botaniſchen Gärten trifft man ganz ver⸗ 
einzelt ältere Bäume, von Pflanzenkennern gepflegt und 
hochgeſchätzt, von der großen Menge kaum beachtet. 
Das ſeltene Vorkommen der nützlichen Bäume hängt 
offenbar mit der ſchwierigen Erziehung in der Jugend: 


— 


8. ii characteristics of Canadian Trees Toronto 1914. | zeit zuſammen. Schon die Beſchaffung keimfähigen 
10 17 


Samens war zur Zeit der Segelſchiffe und bei dem 
Mangel an Wegen und Straßen mit den größten 
Schwierigkeiten verknüpft; dazu kam die Keimung. die 
ſchwierige Verpflanzung, der langſame Wuchs in den 
erſten 5—7 Jahren, die Froſtempfindlichkeit u. dgl., 
kurz Verhältniſſe, die ſehr ungünſtig waren. Man 
darf ſich daher nicht wundern, daß der Baum in 
Deutſchland ſo ſelten iſt. Wenn auch einzelne weit⸗ 
blickende Männer, wie v. Wangenheim, Burgsdorf, 
du Roi und einzelne andere für die ſo wertvollen 
Hölzer lebhaft eintraten, ſo geſchah doch für die Er⸗ 
ziehung im Walde gar nichts. 

Erſt unſer großer Kanzler brachte auf Anregung 
von J. Booth die Exotenfrage in Fluß und man ging 
von 1880 an planmäßig mit der Anzucht beſtimmter 
Holzarten voran. Nach einem Arbeitsplane, der aber 
dem Wirtſchaftsbeamten großen Spielraum ließ, wur⸗ 
den mehr oder minder geeignete Verſuchsflächen aus- 
gewählt und dieſe mit den von der Zentralſtelle ge⸗ 
lieferten Sämereien angeſäet bezw. die Pflanzen in 
der Saatſchule erzogen. Die Verſuche erſtreckten fih 
im Reichslande auf 8 verſchiedene Holzarten — da: 
von hatte ich ſämtliche Arten mit Ausnahme von 
Pinus rigida; ich darf beifügen, daß — mit Aus⸗ 
nahme von Juglans nigra — alle anderen Flächen 
ſehr ſchön ſind. 

Die Verſuche mit Carya dehnten ſich anfangs auf 
die 6 Arten alba, tomentosa, porcina, amara, sul- 
cata und olivaeformis aus und hatten leider nur 
zum kleinſten Teile Erfolg, immerhin bieten die An⸗ 

C. alba 
„ porcina „ ss = Š 
„ toment. „ P X „ 980 

Nach Dr. Mayr reicht die atlantiſche Waldregion 
etwa bis zum 90° weftlider Länge, von da an be- 
ginne die Präirie. Nach den Aufnahmen der Schrift 
The Com. Hick., die ich als maßgebend anſehe, 
geht die Verbreitung nach Weſten bis zum 95. und 
97°, — nach Norden bis zum 450. S. Zeichnung 
S. 127. — Der Artenreichtum in dieſem ungeheuren 
Waldgebiet iſt außerordentlich groß; je nach Standort 
und Bodengüte herrſcht bald das Laub- bald das Nadel: 
holz vor. 

Von den Carya⸗Arten hat alba die größte Ver⸗ 
breitung; porcina, tomentosa und amara nehmen 
einen etwas kleineren Flächenraum ein. (Siehe An: 
lage). Die Carya⸗Arten findet man meiſtens einzeln 
mit andern Laubhölzern gemiſcht — ſelten in Grup⸗ 
pen; nur beim Eingriff des Menſchen entſtehen auch 
reine Horſte oder Gruppen. Die ſchönſten und wert⸗ 
vollſten Bäume ſeien bereits gehauen. Es komme jetzt 
der ſogenannte 2. Wuchs an die Reihe. Oeſtlich vom 
Alleghany⸗Gebirge ſei der Baum ganz verſchwunden, 


97° 


126 


vom Atl. Ocean bis 1000 w. 


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lagen — auch die mißlungenen — lehrreiche Objekte 
weitere Studien. Die Flächen im Elſaß und beſond 
in Baden, deren Ergebniſſe mir gütigſt zur Verfügun 
geſtellt wurden, haben mir die Arbeit ungemein 
leichtert. Einen beſonderen Wert hatten auch die au 
N.⸗A. ſtammenden Nachrichten. Die von der Regierung 
der Ver. Staaten zu Waſhington im J. 1910 heraus 
gegebene Broſchüre: „The Commercial Hickories 
enthält ungemein wertvolle Angaben über Vorkommen. 
Anſprüche an Boden und Klima, Gedeihen, Höher: 
und Dickenwuchs, Lebensdauer, Formzahlen, Genin 
nung, Verarbeitung, Verkauf mit Bezug auf alle in 
Handel üblichen Gebräuche, fo daß man ein vollfom: 
men klares Bild über die dortigen Verhältniſſe be 
kommt. Gegen 30 tabellariſche Zuſammenſtellungen, 
deren Aufſtellung unendlich viel Zeit und Mühe tofe 
ten, erhöhen den Wert und ermöglichen einen Cinblit 
in dieſe ſchwierige Frage. Einen ähnlichen Dienf 
leiſtete mir die in Toronto 1914 herausgegebene Schrift 
Für unſere klimatiſchen Verhältniſſe haben fih die 3 
härteren Arten alba, porcina und tomentosa al 
anbauwürdig erwieſen und ſoll daher in der polge 
hauptſächlich von dieſen Arten die Rede ſein. 
Vorkommen. Um über dieſe Frage ein rid 
tiges Bild zu bekommen, müſſen wir zunädjft die Ber: 
breitung in der Heimat kennen, um Anhaltspunkte yu 
gewinnen, wie weit wir in Deutſchland gehen können. 
Nach einer Abhandlung des Hofgartendirektors Grau: 
bener — D. D. Z. v. 1911 — erſtreckt fid) das Ber: 
breitungsgebiet der 
Länge und von 32 —490 nördl. Breite, 


„ „ „ 30466 „ „ 
* ” ” 29 — 44° n „ 
weſtlich aber feien noch einige zerſtreute Gebiete, m 


ſüdlichen Ohio aber noch das meiſte Holz zu finden. 

In Deutſchland kommen nach meinen Erhebungen 
nur 37 über 50 Jahr alte Hickories vor; davon 
treffen 15 auf das nördliche und 22 auf das ſüdliche 
Gebiet. Am ſtärkſten ift alba (18) und amara mit 
12 vertreten, während von den andern Arten nur Je 
1 oder 2 Exemplare vorhanden find. Mit Ausnahme 
der 2 Bäume in Hohenheim ſtehen alle anderen m 
der Ebene. Die in den letzten 4 Jahrzehnten ange 
legten Kulturen befinden fid größtenteils in der Ebene, 
doch trifft man auch im Hügelland und im Gebirg 
ſehr hübſche Anlagen. Im Oberelſaß ging man mit 
den Verſuchen ſogar bis 990 m, welche natürlich miß⸗ 
glückten. Aber bei 600 m M. H. habe ich noch gut 
wüchſige Bäume geſehen. 

2. Standortsverhältniſſe. 
a) Klima. 

Die Hickories find wärme: und lichtbedürſtige Holz 

arten. Sie machen ungefähr die gleichen Ansprüche 


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17. 


126 
wie die Juglandaceen. Doch kommen bei den ein: | Oft:Maryland und Pennſylvanien und wie Dr. Mayr 
zelnen Arten immerhin bemerkbare Unterſchiede vor, ſagt im Treibhausklima des ſüdlichen Alleghany⸗Ge⸗ 
die nicht überſehen werden dürfen. birges. 

Schon v. Wangenheim konſtatiert, daß zwiſchen Nach einer Mitteilung des Prof. Dr. Roth in 
unſerm und dem amerikaniſchen Klima große Ver: ann Arbor kann man alba, poreina und noch tomen- 
ſchiedenheit beſteht; daß aber dort auch Länderftreden | tosa fo weit anbauen, als der Mais gedeiht.“ Ez 
mit nahezu gleichen klimatiſchen Verhältniſſen vor: | ift dies ein guter Anhaltspunkt. 
kommen, wie bei uns. So habe das Klima der Staaten, , l 
welche zwiſchen dem 39. und 45° nördl. Breite liegen, | b) Lage, Boden, Feuchtigkeitsverhält— 
die größte Aehnlichkeit mit dem von Deutſchland und niffe. 
könne man daher auch bei uns die dort vorkommenden Die Anſprüche an den Boden ſind nach den 
wertvollen Holzarten erziehen. Dieſe vor 130 Jahren amerikaniſchen Berichten groß, obgleich man auch ein: 
von v. W geaußerte Anſicht hat fih als vollkommen zelne Arten auf geringeren Böden antrifft. So finde 
richtig erwieſen. Heute find wir in der Weiterkunde man — allerdings geringwüchſig - tomentosa 
etwas weiter vor und wiſſen, daß die Witterung haupt: in Alabama und Miſſiſſippi auf dem ſandigen Boden 
ſächlich von den Windſtrömungen abhängt. Dies ift der Weihrauchliefer und die blaßblättrige Hickory auf 
dort ebenſo wie bei uns der Fall, nur ift die Wind: den trockenen Hängen und Rücken des weſtlichen Ar: 
richtung nicht die gleiche. kanſas und Miſſouri; auch poreina und tomentosa 

Bei S. und 80.⸗Winden wird die heiße feuchte treffe man auf trockenen Lagen 3. B. auf weft: und 
Luft über dem mexikaniſchen Meerbuſen und dem an- ſüdlichen Abhängen, ſowie Rücken in Cumberland uſw. 
grenzenden atlantiſchen Ozean weit ins Land hinein: aber in allen dieſen Lagen find die Baume mangel 
getrieben und verurſacht eine üppige Vegetation. Dann haft entwickelt und von Spechten verhackt. „Selbſt an 
bringen die mächtigen waſſerreichen Flüſſe, welche das Trockenheit gewöhnte Arten“ erfordern zur guten Ent: 
Land in reicher Zahl durchſtrömen und die vielen wicklung einen mäßig friſchen und fruchtbaren Boden. 
großen Seen im Norden eine Menge Feuchtigkeit, | Je beffer, fruchtbarer und tiefgründiger der Boden fei 
welche einen günftigen Einfluß auf das Pflanzenwachs⸗ | um fo beffer wäre der Wuchs! Beſonders lohne por- 
tum hat. Dagegen wirkt der W. und NW.⸗Wind in eina die größere Fruchtbarkeit; fo ift fie in den Mulden 
ähnlicher Weiſe, wie bei uns der N., NO. und O.:Wind der Cumberland-Berge im Verein mit alba und andern 
— fie bringen trockene und im Winter kalte Luft. Laubhölzern ſtets die größte und ſtärkſte Hickory. Eben: 
Das Klima in jenem Gebiet hat große Aehnlichkeit fo fei es im Flußgebiet des Miſſiſſippi, nur Pekannuß 
mit dem unſrigen, doch ſcheinen mir im ganzen die übertreffe fie dort. Bemerkenswert fei, daß C. albs 
Verhältniſſe dort günſtiger zu liegen. Ob für immer, im Süden größere Mengen Feuchtigkeit beanſpruche 
ift allerdings eine andere Frage ..! wie im Norden. Im Ohiogebiet käme fie noch auf 

Was die einzelnen Jahreszeiten betrifft, fo ift das weniger friſchem Boden auf Oft- und Nordhängen fort 
Frühjahr angenehm, doch kommen im Mai auch noch ebenſo in Cumberland aber ſtets in Miſchung mil 
Fröſte vor, die Schaden verurſachen. Der Sommer | andern Laubhölzern. l Hinſichtlich der Anſprüche A 
weicht darin von unſerm deutſchen ab, daß die Hitze Boden und Feuchtigkeit würden die Hickories folgende 
im Juli und Au guſt größer und intenſiver ift, was | Reihe bilden: C. porcina, tomentosa, alba amara, 
bei den dortigen kälteren Nächten eine ſehr ſtarke Tau- sulcata, myristicaeformis, olivaeformis und aque- 
bildung zur Folge hat. Dieſe Witterungsverhältniſſe | t102- 
| 


find inſofern für das Pflanzenleben von Bedeutung, Das Vorkommen im deutſchen Reiche beed 
als das Holz gut ausreift und auch die Vegetation tigt zu folgenden Angaben: Nach den Wahrnehmungen 
zum Abſchluß bringt. Das ift ein Vorzug, den wir von Prof. Dr. Schwappach machen die z bezeichneten 
in kalten regenreichen Sommern vermiſſen. Die Winter⸗ Arten keine ſo großen Anſprüche an den Boden, wie 
monate find in N.-A. erheblich kälter, wie bei uns, die J. nigra. Hinſichtlich des ſchweren, kalten Lehmbodens, 
Hickories leiden aber nicht unter der Kälte und können auf welchem ich Carya alba und tom. noch ziemlich 
als vollkommen winterhart bezeichnet werden. gut gedeihend antraf, ſtimmt dies mit meinen Beob- 
Sie haben nahezu die gleiche Verbreitung, wie achtungen überein; auf Urgebirgs⸗, Kalk-, Löß⸗, Dilu- 
Juglans nigra und gehen wie dieſe unter dem Ein- vialböden fand ich keinen Unterſchied in den Anſprüchen 
fluß des Seeklimas und des Golſſtromes an der atlan: an den Boden. Eine Bevorzugung einer beftimmten 
tiſchen Küſte um 2 -3 Breitegrade weiter nach Norden, Bodenart konnte ich nicht bemerken. 
wie auf der Weſtſeite, welche ſchon das trockenere Kon— | Den ſchönſten Wuchs traf ich auf milden, humoſen, 
tinentalklima hat. Den beſten Wuchs findet man in friſchen, tiefgrundigen, mineraliſch kräftigen Böden an. 


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129 


Rein Rat geht dahin, für dieſe wertvollen Holzarten 
ts den beiten Boden zu wählen, ſchon aus dem 


Orunde, weil alle durch Unbilden der Witterung, durch 
Tiere uſw. entſtehenden Beſchaͤdigungen ſchneller und 
beffer ausheilen. 

Die meiſten Carya-Anlagen befinden ſich in Deutſch⸗ 
land in der Ebene. Aber auch im Hügelland und 
Gebirg treffen wir prächtig gedeihende Horſte an. Wie 
hoch man im Gebirg gehen kann, iſt nicht genau feft- 
geſtellt, aber nach dem Vorkommen der J. regia zu 
ſchließen, welche ich im mittleren Schwarzwald und den 
Vogeſen auf 750 m Meereshöhe noch mit gutem Wuchſe 
angetroffen habe, würde ich kein Bedenken tragen c. 
alba und porcina in gleicher Höhe zu erziehen. Als 
beſte Himmelsrichtung möchte ich Oſt, Südoſt anſehen; 
Süd und Südweſtſeite nur dann wählen, wenn die 
Hänge ſanft geneigt ſind. Vorteilhaft wird es auch 
ſein, wenn im N. und NO., von welcher Seite die 
rauhen Winde kommen, ein Schutzbeſtand vor: 
handen iſt. Auf der Sonnenſeite kann und ſoll es 
offen fein. 

Nun möchte ich noch kurz die Frage über das Ge⸗ 
deihen der Hickories auf mäßig fruchtbarem und 


trockenerem Boden berühren. Es ſcheint, daß auf 


i 
4 


| 


ſolchen Lagen in N.⸗Amerika allmählich eine Ber: | 


ſchlechterung der Standortsverhältniſſe eingetreten iſt, 
wie dies bei uns auch in recht unliebſamer Weile ein: 
tritt. Wo heute gute Eichen und Eſchen wachſen, 
bringen wir bei der Wiederjüngung dieſe Holzarten 
häufig nicht mehr fort, ſondern müſſen zu genüg— 
ſameren Holzarten greifen. Genau fo wird dies überm 
Waſſer der Fall fein. Die Hickory wird man auf 
mageren trockenen Böden nicht mehr fortbringen. Als 
he ſich auf ſolchen Standorten anſiedelten, war noch 
jungfräulicher Urwaldboden da. Der iſt jetzt ver: 
ſcwunden und kommt nie mehr wieder ..! 


Eine Holzart an einen ſchlechten Boden gewöhnen 
— das gibt es nicht. 

3. Erziehung. 

Dieſes Kapitel muß feiner Wichtigkeit wegen mög: 
la eingehend behandelt werden. Hängt doch hier— 
don Gelingen oder Mißlingen ab. Es handelt ſich 
bier um Beſchaffung keimfähigen Samens, um Auf: 
bewahren deſſelben, um rechtzeitiges Keimen, Saat und 
Pflanzung und Pflege der Anlage in den verſchiedenen 
Lebensperioden. 

Die Beſchaffung guten keimfähigen Samens ift mit- 
unter dem Forſtmanne, der mit Exoten wenig oder 
noch nie zu tun hatte, gar nicht ſo einfach. Oft mehrere 
Jahre nacheinander erhielt ich ſchlechten Samen, ob: 
geh ich ihn ſtets von großen berühmten Firmen be- 
ug. Anfangs glaubte ich, daß die Keimungsmethoden 


— 


unrichtig ſeien, fand aber nach Verſuchen, die doch 
mehrere Jahre in Anſpruch nahmen, daß die Urſache 
im ſchlechten Samen zu ſuchen fei. Die Früchte hatten 
eben durch zu lange Lagerung die Keimkraft vollſtändig 
verloren. Der Ausfall an Pflanzen 3--4 Jahre lang 
iſt aber im Betrieb ſehr ſtörend, derſelbe kann ſelbſt 
einen mit guter Geduld ausgeſtatteten Beamten zur 
Verzweiflung bringen, denn er weiß, daß der Boden 
immer mehr verangert und das Aufbringen der Pflanzen 
von Jahr zu Jahr ſchwieriger wird und ſchließlich eine 
lückige Kultur übrig bleibt. Für viele Forſtleute iſt 
dies ein Grund ſolche Holzarten zu meiden — beſonders 
bei ſolchen, die auf raſche Erfolge hinarbeiten. Sie 
werfen dann die Flinte ins Korn. Gute zuverlaͤſſige 
Firmen zu kennen oder zu ermitteln, iſt daher wichtig. 
In den letzten Dienſtjahren bezog ich Hickoryfrüchte 
von der D. D. G. (dendrologiſchen Geſellſchaft) — von 
Helms Söhne in Großtabarz und direkt von Thomas 
Meehan & Sons in Dreſher (Pa.) U. S. A. einer 
berühmten Firma. Ich bekam von da an ſtets friſchen 
keimfähigen Samen. Ratſam iſt es, den Samen ſchon 
im September zu beſtellen, damit man ihn anfangs 
oder mitte November erhält. 

Was die Aufbewahrung oder Webermin: 
terung der Früchte betrifft, jo fehlt es nicht an Vor: 
ſchlägen verſchiedener Art. Ich Habe fie nicht alle er- 
probt, fühle mich aber verpflichtet ſie anzugeben: 

1. Aufbewahrung der Nüſſe in Kiſten, welche in 
trockenen Räumen oder Kellern aufgeſtellt werden. Die 
Früchte werden mit nicht zu trockenem Sand ſchichten⸗ 
weiſe gemiſcht. Die oberſte Schicht wird durch Aſche 
bewirkt, ſie verhindert ein zu ſtarkes Austrocknen und 
vor allem das Eindringen von Nagetieren 

Die Kaſtanien habe ich immer ſo aufbewahrt und 
es ſpäter mit Hickory ebenſo gemacht. Erfolg ſtets 
günſtig. 

2. Aufbewahren der Früchte in einem Gartenbeet 
oder in der Saatſchule. Man ſchüttet die Früchte auf 
den vorher eingeebneten Boden, verteilt die Nüſſe, daß 
ſie in einer Schichte nebeneinander liegen, überdeckt 
jie dann 6—8 em oder noch fidrfer mit Erde oder 
Sand und ſichert ſie durch Drahtgitter eventuell ſeit— 
wärts durch Dielen vor Nagetieren. Eichhörnchen, 
Vögeln uſw., fie find bei ſtarkem Froſt und fehlendem 
Schnee zu bedecken. Dieſe Methode habe ich vielfach 
angewandt, ſtets mit beſtem Erfolg. 

3. Aufbewahrung in Gruben. 

Man legt eine 70—80 cm breite und ebenſo tiefe 
Grube (Lehmboden, ſaudiger Lehm) an und ſchüttet 
die Früchte 20 - 25 cm hoch hinein. Damit die Seiten: 
wände nicht einfallen, werden ſie oben mit Dielen oder 


Schwarten geſpreizt. Zum Schutze gegen Kälte, Regen, 
Hitze wird die Grube mit einer dachartigen Erdſchichte, 


welche auf mit Raſen bedeckten Stangen ruht — ge: keitsverhältniſſen erfolgt die Keimung bald früher, bald 


ſchloſſen: etwa ſo: 


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Fa Ta 
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100 — 
2 S 


Erfolg ftet3 günftig; befonders bei Eicheln. 

4. Ein mit O. B. Z. unterzeichneter Herr gibt im 
Oktoberheft der Forſt⸗ und Jagdzeitung von 1887 
folgendes Mittel an: Man überwintere die Näſſe in 
flachen etwa 30 em tiefen Gruben, die man vor Ein⸗ 
tritt ſtrenger Kälte anlegt — bringt die Nüſſe hinein, 
begießt ſie reichlich mit Waſſer bis es überſteht; hier⸗ 
auf bedeckt man die Nüſſe mit einer dünnen Schicht 
trockenen Strohes, dann etwa 25 em mit Erde und 
darauf etwa 50 cm Pferdemiſt. Bei dieſer Art ſollen 
80% Früchte zum Keimen kommen. 

5. Einſchichten und Vorkeimen nach U. v. St. Paul. 
D. D. Z. (dendrolog. Zeitſchrift) 1901 S. 28. Man 
hebt eine 60—80 cm breite und ebenfo tiefe Grube 
aus, bringt in dieſe eine etwa 10 em hohe Schicht 
Pferdedung, dann eine Lage Nüſſe (10 em) vermiſcht 
mit Sand und fo fort bis die Grube angefüllt ift. 
Dann gießt man Waſſer oder verdünnte Jauche dar- 
über. Bei ſchwerem Boden empfiehlt es ſich einen der⸗ 
artig geſchichteten Hügel oberirdiſch anzulegen — aber 
mit ſtärkerer Erd-, Laub-, Schilfdeckung uſw.; zeit: 
weiſes Begießen ſei zweckmäßig. 

6. Nach einer Mitteilung des Freih v. Fürſten⸗ 
berg — D. D. Z. 1906 S. 116 werden in der Pro- 
ving Ontario Carpanüſſe in Kiſten mit feuchter Erde 
im Keller überwintert, um ſie zum raſcheren Keimen 
zu bringen. 

7. Förſter Himmespach in Pulversheim, Ober⸗ 
Elſaß (Kaligebiet), überwintert die mit Sand ver⸗ 
mengten Früchte in Fäſſern (oben offen), die er in 
den Boden eingräbt und oben mit Drahtgeflecht gegen 
Nagetiere uſw. ſchützt. Reſultate ſehr günſtig. 

Kommerzienrat Heſſe⸗Weener bezieht ſeine Früchte 
direkt aus N.⸗Amerika und behandelt ſie, wie unter 
Nr. 2 geſchildert iſt. Erfolg ſehr gut. 

Sehr wichtig ift bei allen Nußarten das An- 
keimen. 

a) Prof. Dr. Mayr ſchlägt in feinem Werke „Fremd— 
länd. Wald⸗ und Parkbäume“ (1906 S. 455) vor, die 
Nüſſe vor der Saat 10—14 Tage zur Vorbereitung 
der Keimung ins Waſſer zu legen. 

b) Die unter 2, 4, 5 und 6 angegebenen Auf: 
bewahrungsarten bezwecken gleichzeitig die Keimung. 

c) Bei trockener Ueberwinterung — Nr. 1, 3 und 
7 werden die Früchte behufs Ankeimung — etwa Mitte 
März — je nach der Geſamtwetterlage in ein Garten: 
beet, wie in Nr. 2 geſchildert, eingelegt, um ſie zum 
Keimen zu bringen. 

Je nach der Witterung und je nach den Feuchtig⸗ 


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ſpaͤter. Ein öfteres Nachſehen ift unbedingt nötig, 
Ein zu frühes Keimen würde Unheil bringen und 
muß verhindert werden. Durch ſtärkere Erdbedeckung, 
Laub oder Stroh, durch Beſchattung u. dgl. kann die 
Keimung erheblich verzögert werden, ſo daß das zarte 
Pflänzchen nicht mehr dem Spätfroſt zum Opfer fällt. 
Aber auch zu fpät darf die Keimung nicht erfolgen. 
Sind etwa bis zum 20. Mai noch keine oder nur ſeht 


— — 


wenige keimende Nüſſe da, ſo muß man eine Schichte 
Pferdemiſt über das Saatbeet ausbreiten — dann wird 
es ſchon vorwärts gehen. In der Regel wird es nicht 


notwendig werden. 


auch Unheil ſtiften. | 

Die keimenden Früchte werden täglich ausgeſucht 
und direkt in die vorbereiteten Streifen im Walde bezw. 
Pflanzgarten eingeſtuft. Daß die keimenden Früchte 
vorſichtig in Körben mit feuchtem Moog transportiert 
werden, verſteht ſich von ſelbſt. 

Nachdem Beſchaffung und Keimung des Samens 
beſprochen, können wir zur eigentlichen Erziehung über: 
gehen. Hier wird es zweckmäßig ſein einen Rückblick 
auf unſere erſten Kulturen — die ſogenannten Kultur— 
verſuche — zu werfen. Die Anſichten über dieje Ber 
ſuche und ihren Wert gehen ja auseinander und man 
hört mitunter über die Anſtalten recht abfällige Ur: 
teile. Aber dieſen Standpunkt kann ich durchaus nicht 
teilen und Jeder, der dieſe Frage gründlich und ohne 
Vorurteil prüft, der die ſchönen Reſultate z. B. in 
Baden ſieht — die ich genau kenne — muß zugeben, 
daß wir den Verſuchsanſtalten ſehr vielen Dank ſchulden. 
Die Kultur: und Durchforſtungsverſuche u. a. klären 
uns über manche zweifelhafte Frage auf und liefern 
das Material zu weiteren Studien: „Ohne die 1880 
ins Leben gerufenen Anſtalten wären wir heute in der 
Exotenfrage auf dem gleichen Standpunkt, wie vor 
130 Jahren.“ 


Es ift ja leider richtig, daß die meiſten Verſuche 


mit Carya, Juglans uſw. mißglückten, aber daren | 


find nicht die Anftalten, welche nur das Befte eut: 
ten, ſondern mancherlei andere Urſachen ſchuld. A 
geſehen von der Auswahl ganz ungeeigneter Flächen 
ſeitens der Lokalbeamten, wurden auch waldbauliche 
Fehler gemacht, die man leicht hätte vermeiden können. 
So ſäte oder pflanzte man an manchen Orten die 
Hickory einzeln oder in zu kleinen Gruppen 
— 10—12 St. — in ſchon vorgewachſene Kulturen 
von Eichen und Buchen oder Tannen und Buchen em 
oder legte Miſchbeſtände von Carya und andern Holt 
arten an. Alle derartige Anlagen mußten ja mB 
lingen. So kam es, daß von den hier — im Reichs 
land — angelegten 30 Caryaflächen nur 6 — davon 


Wo es aber nötig wird, muß es 
mit Vorſicht geſchehen, denn zuviel des Guten kann 


1131 


4 recht gut — durchkamen. Man hätte noch einige | wie die Weißtanne — in die Höhe zu bringen. Das 
Flächen durchbringen können, wenn der dem Begrün: | Schattenerträgnis der Hickorys wird auch von Prof. 
der folgende Wirtſchaftsbeamte etwas Intereſſe für die | Dr. Schwappach betont und ich ſelbſt habe mit Hilfe 


roten gehabt hatte .! des Schutzbeſtandes Erfolge erzielt. 
In Baden waren die Erfolge ſchon beſſer, aber in Die amerikaniſchen Kollegen rechnen z. Zt. weniger 
Bayern noch weit ungünſtiger wie im Elſaß. auf natürliche Verjüngung, weil durch Eich⸗ 


Die ungünſtigen Reſultate in den 80er Jahren hörnchen, Mäuſe, Schweineweide und den Menſchen ſo 
find begreiflich und zu entſchuldigen; waren uns doch viele Früchte vernichtet werden, daß genügender Auf⸗ 
damals die biologiſchen Verhältniſſe dieſer Holzarten ſchlag nicht zu erwarten ift. Man geht deshalb auch 
— insbeſondere das ſchwere Keimen bei den Juglans- zur künſtlichen Verjüngung mittelft Saat über. 
und Carya⸗Arten, der langſame Wuchs in den erſten a) Begründung von reinen Horſten 
Jahren, die Froſtempfindlichkeit uſw. — völlig unbe- | durch Saat. | 
Se 05 a iets bie Rapa in allen Wir werden gut tun, auch bei uns die Saat als 
er N 2 F großes Regel anzuwenden, da die in Betracht kommenden 

ißtrauen, das heute noch beſteht, gegen diefe | 3 Arten lange Pfahlwurzeln treiben, welche die Plan: 
pertvollen Holzarten Platz griff. Ja viele Forſtleute zung ſehr erſchweren. Unſere Buchen und Weißtannen 
glauben, daß diefe Holzarten bei uns überhaupt nicht haben in der Jugendzeit wohl die meiſte Aehnlichkeit 
gedeihen — auch in oe Broſchüre The Commercial mit dem Schattenerträgnis der Carya und wir werden 
Hickories wird dieſe Anſicht vertreten! unter dem Schirm des Altholzes, der Froſt und Un- 

Aber ſo ſchlimm ſteht es doch nicht. Wir beſitzen kraut zurückhält, die Carya aufbringen. Am beſten 
einige Dutzend ſchöner alter Carya-Bäume, die alle wird es ſein, durch Vorkulturen die Hickories in 
Unbilden der Witterung ohne jeden Nachteil überſtan- die Beſtände einzubringen, ebenſo wie es bei der Eiche 
den haben und eine Reihe hoffnungsvoller Jungwüchſe geſchieht. Es tann fih nur darum handeln, wie viel 
in Nord und Süd liefern den Beweis, daß Carya Jahre Vorſprung die Pflanze haben muß. Bei dem 
auch bei uns gedeiht. (Siehe Verzeichnis.) Umſtand, daß der Wuchs erſt mit 8 oder 9 Jahren 

Unſere Erfahrungen und Kenntniſſe über diefe unter Schirmbeſtand lebhafter wird, wird man auch 
Holzarten ſind heute andere als damals, und wir einen ebenſo langen Vorſprung wählen müſſen. Die 
können jetzt mit dem Bewußtſein vorgehen, daß wir nötigen Lichtungen wird man alle 2 oder 3 Jahre 
Erfolge erzielen. vornehmen müſſen, ſo daß man in 10 12 Jahren 


Zur Begründung von Carya-Anlagen können wir mit dem E fertig ſein wird. | 
bei uns nur mit Saat oder Pflanzung vorgehen. Fehlt ein Schutzbeſtand auf einer ſonſt ſehr geeig⸗ 
Im Heimatgehiet des Baumes iſt dies anders. Aus neten Glade, ſo wäre ein ſolcher mit Kiefern, Birken 
den amerikaniſchen Schriften entnehme ich, daß ſich die oder Weißerlen zu begründen und erſt, wenn derſelbe 
Hickories natürlich verjüngen und die Jungwüchſe ſeinen Zweck erfüllen kann, mit der Kultur zu be: 


— . ͤ B!— — 
= —— A 


Schatten und Ueberſchirmung mehrere Jahrzehnte lang ginnen. | | 
ohne Nachteil ertragen können. Und bei der Frei— Ausnahmsweiſe kann auch die Erziehung ohne jeden 
fellung follen ſich die Pflanzen verhältnismäßig raſch Schutzbeſtand auf Freilagen erfolgen — ſofern die 


Lage froſtfrei iſt und ſehr geſchützt liegt. Dies war 
z. B. bei meinen Barrer Flächen der Fall, die mit 
zu den beſten in Vogeſen und Schwarzwald gehören. 
Was die Größe der Horſte betrifft, ſo wird man im 
Hochwald nicht unter 10 — 12 a gehen dürfen beſſer 
werden Flächen von 16—20 a ihren Zweck erfüllen; 
im Mittelwald, wo es gilt, Oberholz einzeln oder in 
Gruppen zu erziehen, wird man größere Mühe haben, 
die Hickory aufzubringen. Man wird hier zur Pflan⸗ 
zung greifen müſſen. 

In Amerika iſt Streifenſaat üblich. Die Streifen: 
entfernung beträgt za. 1.50 m und auf die gleiche 
Weite werden 2 oder 3 im Sand überwinterte Früchte 
eingeſtuft. Ich kann auch nur Streiſen, die tief 
gelockert ſind, empfehlen. Die Löcherkulturen ſind zwar 


eiholen und oft beffer wachſen als freiſtehende, vorher 
nicht unterdrückte Bäume. Tas find vorzügliche Eigen: 
iaten, beinahe genau, wie fie unſere Weißtanne be: 
st. Wohl darf man annehmen, daß auf dem jung: 
jräulihen, fruchtbaren, humoſen Urwaldboden eine 
Holzart die Ueberſchirmung weit beffer verträgt, als 
auf unſeren ausgenutzten Böden. Und dann mag 
nuch die Beſchattung in den jhon kräftig durchgeplän: 
teren Beſtänden nicht mehr fo intenſiv fein, wie bei 
unſeren Hochwaldungen von Buchen, Tannen oder 
dichten. Dieſe gute Eigenſchaft ſoll beſonders bei 
C. alba, poreina und tomentosa hervortreten, fie iſt 
gerade bei uns von größter Bedeutung, weil 
he die Möglichkeit bietet, dieſe Arten unter einem 
Shugbeftand ſicher und ohne Gefahr — ähnlich 


— 


— 23 —ů——ůðvL—i c' — messen 
pe —— 


132 


etwas billiger, haben aber bei dieſen langſam wach: ſprechender Kürzung der Pfahl⸗ und eventuell 


ſenden Holzarten ſo viele Nachteile, daß ich nur drin⸗ 
gend davor warnen kann. Der Streifenbeſtand kann 
1,40 bis 1,80 m betragen; die vorher angekeimten 
Nüſſe wären je nach den Verhältniſſen auf 60 — 100 em 
einzuſtufen. Wo Kleinnutzholz — (Stöcke, Schirm⸗ 
ſtöcke, Peitſchenſtiele uſw.) — gut abgeſetzt werden 
kann, iſt ein engerer Verband vorteilhaft. Beim Ein⸗ 
ſtufen in die Streifen ijt es zweckmäßig, die Stelle, 
an welcher die Nuß liegt, durch ein kleines Stäbchen 
zu markieren, damit man bei ſich einſtellendem Un⸗ 
krautwuchs die anfangs ſehr zarte Pflanze leichter 
findet. 


Beim Einſtufen der Früchte kann man durch mehr 
oder minder ſtarkes Bedecken das Erſcheinen der Pflanze 
regulieren. Erfolgt die Keimung ſchon frühe und muß 
das Einſtufen ſchon Ende April ſtattfinden, ſo iſt ein 
tieferes, andernfalls ein ſchwaͤcheres Bedecken am Platze. 
Der; Wirtſchafter wird fih nach der mehr oder minder 
vorgeſchrittenen Keimung und nach der Jahreszeit rid- 
ten müſſen. 


b) Begründung durch Pflanzung. 


Wenn auch bei den Carha Arten die Pflanzung 
ihre Nachteile hat und zweifellos zu den vielen Miß— 
erfolgen beigetragen hat, ſo gibt es doch Fälle, wo 
wir ſie nicht entbehren können. 


Uebrigens haben wir durch Pflanzungen bei 
entſprechender ſorgfältiger Pflege auch recht hübſche 
Reſultate erzielt. Wie aus den Aufnahmen hervor— 
geht, wurden ſogar die meiſten Kulturen durch Pflan— 
zung begründet (von 52 Flächen 35 durch Pflanzung 
und 17 durch Saat; das vollſtändige Verzeichnis iſt 
in der D. D. Z. veröffentlicht). 


Es ſei hier erwähnt, daß folgende Noten bezügl. 
des Gedeihens erzielt wurden 


bei Saat Pflanzung Sa. 

ſehr gut I 4 17 21 

gut II 11 11 22 

mäßig III 1 4 5 
ſchlecht IV 1 3 4 

17 35 52 


Bei allen im Park und einzeln vorkommenden 
Hickorys darf man ohne Weiteres annehmen, daß ſie 
durch Pflanzung begründet wurden. — 


‚Eine Erziehung in der Pflanzſchule wird in dieſem 
Falle notwendig. Es wird zweckmäßig ſein den Boden 
nicht zu tief herumzuſtechen, um kürzeres Wurzelwerk 
zu bekommen. Die Pflanze muß dann 2 mal ver: 
ſchult werden und zwar je nach der Entwicklung im 
J. und 4. — bezw. im 2. und 5. Jahre mit ent: 


d ⁵ dd / / d d PPTP V nt, . e — . — a a 


Seitenwurzeln. Mit 6 oder 7 Jahren wird dann 
Pflanze zur Waldanlage verwendet. 


Im Pflanzkamp it im Frühjahr durch ſtarke Lr 
ſchattung, ſtarkes Bedecken mit Laub uſw. das Tret 
möglichſt lange zurückzuhalten und find mit Bear: 
der Vegetation die Pflanzen durch Lattengatter, on 
eventuell mit Tannenreis noch gedeckt werden fönn: 
gegen Froſt zu ſchützen. Ebenſo ift auch Schutz ger: 
grelle Sonnenhitze notwendig. Die durch Froſt oda 
jonftige Urſachen fih bildenden Doppelgipjelim 
alljährlich im Winter eventuell ſchon Juni oder cz: 
fangs Juli entſprechend zu beſchneiden, um einen hir; 
ſchen Gipfel zu erziehen. 

Was den Verband im Horſte betrifft, fo far 
man je nach der Entwicklung der Pflanzen 1,50 ts 
2 m wählen Reihen oder auch Löcherkultur. 


‘ 
1 
2 
d 


4. Wuchsverhältniſſe. 
Während der erſten Jahre verbraucht der Gidon: | 


ſämling feine Hauptkraft zur Pfahlwurzelbildung. Da 
Wurzel hat das Beſtreben in die Tiefe zu dringen 
Auf lockerem Boden wird fie im 1. Jahre etwa! 
im 2. 45, im 3. 60 und im 4. 75 cm lang. & 
ſchnell fih die Wurzel entwickelt, fo langſam geht ker 
Wuchs über dem Boden voran und dieſe Cigenidelt. |- 
die vielen Baumzüchtern nicht bekannt war und von 
der wir bei unſern erſten Kulturen auch keine Ahnung 
hatten, war mit ein Grund des Mißlingens viele 
Kulturen. Der Wirtſchafter glaubte, daß die Pflanz 
bei uns nicht gedeihe, die nötige Pflege unterblieb oder 
wurde nicht genügend beforgt, Gras und Unktaul 
erſtickten viele Pflanzen und was übrig blieb, ver: 
nichtete der Froſt. „Die Pflanzen find wieder unter 
getaucht“ — fagt Prof. Mayr treffend in feinem Be 
richt Aber die Carya-Kulturen in Bayern. Nun aber 
kennen wir diefe Eigenſchaft und müſſen die nölgt 
Rückſicht darauf nehmen. Unſere Weißtanne hal ” 
dieſer Beziehung wohl die meifte Aehnlichkeit mit Com! 

und wir werden unfer Ziel erreichen, wenn wir mo 
Jugendzeit in annähernd gleicher Art bei der Anzucht 
vorgehen. Der dichte Schirmbeſtand haͤlt Unkraut 
wuchs und Froſt ab, die Pflanze erſtarkt allmablis 
fie wird nach und nach freigeſtellt und ſchließlich ber 

Altholzreſt ganz abgetrieben. Wie lange wir den Schuß 
beſtand bei Carya belaffen müſſen, ift noch fraglich aus 

reichende Erfahrungen darüber fehlen noch. Bei den 

anfangs ſo langſamen Wuchs werden wir etwa 10 bis 

12 Jahre brauchen. Bei den einzelnen Arten iſt der Much 

nicht gleichmäßig, wie aus der nachſolgenden Weberit, 

welche der Schrift „The Commercial Hickories* fil, 

weiſe entnommen iſt, zu erſehen. 


—— eas 
4 28 8 


— 


—— 


Es erreichen hiernach im Ohiogebiet: 


3 | 4 


Jahre 
cm Höhe 


Holzart 


. alba 7 

purcina 8 14 20 30 43 
„ tumentosa 8 | 12 2 | 31 | 51 
„ana. . l 9 16 24 | 33 49 
. sulcata 11 15 28 4 | 56 
, Jirseform. 16 | 30 48 71 


Im Elſaß und in Baden ergaben die Ermittelungen 


„ Iba 5—6 15 25 | 40 55 
, tomentosa 5-6| 15 25 4) 55 
„ Aa 8 3) 80 135 


Die hier ermittelten Durchſchnittszahlen find vom 
~ Johre an etwas höher, wie die amerikanischen Zahlen, 
ulleicht eine Folge günſtigerer Verhaͤltniſſe und gut 
ingter Saatkämpe. Meine im Straßburger Gebiet 
gewonnenen Zahlen ſtehen unter dem Durchſchnitt und 
nummen bezüglich alba beinahe genau mit denen vom 
Oziogebiet überein. Erwähnen möchte ich noch, daß 
in einzelnen Pflanzenverzeichniſſen die Höhenangaben 
noch größer find, als die vorſtehend ermittelten. So 
nit z. B. Heſſe zu Weener a. d. Ems im Verzeichnis 
ol an: 

Jaht. C. alba 10—20 cm; c. amara 25 — 50 cm Höhe 
ta „ „ 30—60 „ u.toment.40—60 „ „ 

Solche Wuchsleiſtungen werden nur bei ſorgfältiger 
„ige und beſonders günſtigen Verhältniſſen erreicht, 
u allgemeinen muß man mit viel beſcheideneren Re⸗ 
aten zufrieden fein. 

Für Carya alba wurde folgendes feſtgeſtellt: 


— — -.-r - 


Bemerkungen 


Die Aufnahmen erfolgten im Freiſtand und unter 
leichter Beſchirmung im Flußgebiet des Ohio. 


75 Die hieſigen Aufnahmen erfolgten ausſchließlich im 
Freiſtande der Saatſchulen von Karlsruhe, Straß— 


burg, Pulversheim, Barr und Gutenbrunnen. 


Erſt von 7. oder 8. Jahre an wird der Wuchs 
lebhaft; Höhentriebe von 30 — 70 em erfreuen das 
Herz des Wirtſchafters und alle Sorgen über das Ge: 
lingen der Kultur ſind vorüber. 

Bekanntlich wurde vor 34 Jahren mit den Anbau: 
verſuchen begonnen und bis heute mit der Anzucht fort⸗ 
gefahren. Es ſind daher ziemlich viele Anpflanzungen 
aus dieſer Zeitperiode vorhanden. und wir find in der 
Lage zuverläſſige Zahlen über die Wuchsleiſtungen auf 
verſchiedenen Standorten ſammeln zu können. Dagegen 
haben wir nur wenig ältere Bäume und von dieſen 
wiſſen wir nicht viel. Meiſtens fehlt in den Zeit⸗ 
ſchriften, wo ſie erwähnt werden, die Angabe des Alters 
und der zur Beurteilung der Wuchsverhältniſſe nötigen 
Notizen. Immerhin bieten mehrere genaue Angaben 
gute Anhaltspunkte, die auch fürs höhere Alter au— 
naͤhernd richtige Zahlen geben. 


Ohiogebiet 


am In Deutſchland 
Diurchmeſſer em | böte in m Durch. Höhe a 
ff.. . . I meffer 

von bis Durchſchn von | bis Durchſchn em m 


1 15 3 | 1.8 14| 29 2.2 3 | 2.1 Alle Aufnahmen erfolgten im Frühj. 1914. 
2 15 4.9 32 12 6.8 71 3.5 Die Zahlen für die 2 letzten Rubriken find 
i 2 22 9.8 2 14 11.4 10.2 | 9.8 den Tabellen 4 und 6 der Schrift: „The 
í 8 23 | 10.9 6 23 12.2 : : Commercial Hickories* entnommen und 
17 31 | 15.8 14 16 15.3 13.7 | 13.1 zwar die Durchmeſſer d. T. 4 Aufnahmen 
0 — 22.3 18.6 17.3 | 15.6 aus Süd - Indiana und Nord- Kentudy ; 
le ee 28.3 25 21.2 20.3 17.7 die Höhen d. T. 6 im Ohio Valley. 

„ 33225 27 23.5 23.9 19.5 

8 5 d 36.5 | 18 25.6 26.7 21.3 

al” |5| 38 21.5 | 30 27.6 29.5 22.9 

10 39 29 241 

12 l . 

N Vergleiche find in dieſer Tabelle nur für die | unfere älteren Bäume, die, ausſchließlich im Park 
al 30 Jahre möglich, weil hier, wie dort nur erwachſen find, hat die Gegenüberſtellung weniger 


i 15 dem Walde in Betracht kommen. Für | Wert. 


18 


134 


Die Zahlen aus dem Walde weichen nur wenig Nun wollen wir noch Eiche und C. alba 
von einander ab und find rect intereſſant. Wir ſehen einander ſtellen und ſehen, wie fie fih im Bu ` 
daraus, daß C. alba hier nahezu das Gleiche leiſtet, einander verhalten. 
wie im nördlichen Heimatsgebiet und dies wird einen Nach den Ertragstafeln von Prof. Schw 


weiteren Antrieb zum Anbau dieſer vortrefflichen Holz- | erreicht 
art bilden. 
Die Eiche auf „ nn 
im C. alba 
Standortsklaſſe I tandortskl 1 
Alter N = i Me E E EEE Bemerkungen 
von Durchm. | Höhe [Durchm. | Höhe [Durchm. | Höhe 
em m em m em | m 
| 
20 4.2 7.5 49 | 6.8 Bei Carya⸗Waldanlagen 
25 5.5 9.4 3.9 6.3 7.2 9.1 ‘i i 
30 7.2 11.2 5.1 77 98 11.4 5 i 
35 9 13 6.5 9.1 12.7 18.4 i i 
40 11.2 14.7 8.1 10.5 15.8 15.3 9 
60 21 20.3 16.8 15.5 28.3 | 21.2 Parkbäume 
80 a 21.1 25.0 19.5 36.5 25.6 n 
100 40 26.8 32.9 22.2 89.5 29.5 ji 


Hiernach leiſtet C. alba im Dicken⸗ wie Höhen: ringe haben beinahe die ganze Lebensdauer hma 
wuchs ſoviel, als die Eiche auf Standortsklaſſe I im die gleiche Breite. So entnehme ich der Zakir 
Hochwaldbetrieb. Damit kann man zufrieden fein. | der öfters genannten Schrift, daß C. alba in! 
Wer die ſchönen Jungwüchſe von C. alba und tomen- Cumberlandbergen 8 Jahre braucht, um 1 Jol: 
tosa in Karlsruhe, Barr, Haslach, Finſtingen, Pulvers: 2,54 cm zu wachſen d. i. = 3,17 mm pro J 
heim und andere geſehen hat, wird nicht mehr be— Und dieſer Wuchs fol 184 Jahre der Gleitz in 
haupten, daß diefe Holzarten bei uns verſagen. Auch Dieſer ſchöne gleichmäßige Wuchs erinnert mich u 
im nördlichen Deutſchland — Hambach, Schkeuditz, herrlichen Eichen im Speſſart und Pfälzer Waldyeh 
Gaffken, Stettin uſw. haben wir noch recht gute Er— Von dieſer hochintereſſanten Tabelle 3 get 
folge. Die wärmebedürftigeren Arten laffen allerdings hier einen Auszug, weil er die Möglichkeit bietet, el 
im Wuchs nach oder verſchwinden, wie dies im Heimat- lehrreichen Einblick in die Wuchsverhältniſſe zu | 
gebiet auch der Fall ift. Sie werden dort im Süden Um Raum zu ſparen, habe ich je 4 Zoll gufammy 
auch höher und ſtärker und wachſen raſcher, wie im gezogen. Es läßt ſich aber leicht berechnen, wie Y | 
Norden. Jahre nötig find, um 1 Zoll zu wachſen. | 

Der Wuchs unſerer 3 Carya-Arten ift im Heimat: | Unm einen Durchmeſſer auf Bruſthöhe von... JH 
lande außerordentlich gleichmäßig; die Jahres- | zu erreichen, braucht ein Baum ... Jahre: 


| ii ee S.⸗Ohio N.⸗Ohio Cumberland Miſſiſſippi 
Durchmeſſer in Bruſthöhe ] Pennſplvane n [141 
Zoll = cm Porcina ‘tomentosa Pore. | alba | Porc. | alba | Porc. | alba | tom. | Porc. alba C 
ee eee Anzahl Jahre — | 
— ͤ—. u Gä—̃—̃—H — - i 
4 = 1016 41 33 33 3: | 38 36] 42 | 33 3a] 38 8) By. 
8 20.32 72 58 61 | 66 [ 70 69 76 65 64] 70 ( * | 
12 3 548 90 s2 | s| 98 | 102 | 105 | 108 | 97 | 96 102) %) PY 
16 40.64 123 109 120 | 130 | 135 | 147 | 140 | 129 | 128 | 134 | 123 ff 
20 50.80 147 140 f Tas | [172 161 161 | 166 160 e 
24 61.0 171 174 ER . | 204 | 193 | 201 | 188 | 192 15 | 
28 71.1 199 | 237 29 230 221 
. Zu den Zahlen in dieſer Tabelle wird darauf auf- ; porcina fand man in W.⸗Virginien, fie waren D 


merkſam gemacht, daß die Zeitperiode der Unter: | Jahre alt; C. tomentosa hat augenſcheinlich e 
drückung in der Jugendzeit unberückſichtigt blieb, kürzere Lebensdauer. Doch waren mehrere Bäume U 
um brauchbare Zahlen zu erhalten. | Miffiffippi- Tale über 260 Jahr alt. Bitternuß : 

Ueber die Lebensdauer der Hickorys ift fol: | Waller: und Nuttmeckhickory haben eine kürzere Leben 
gendes zu ſagen: Die älteſten Bäume von C. alba und dauer, als tomentosa. 


e Stärnme von alba und porcina find ge- 
2 — 300 Jahre alt. 

abut fei hier noch, daß im Muſeum zu New: 
e Starmmideibe einer Pekannuß fih befindet, 
bei einem Alter von 382 Jahren — 1,20 m 
Archmeſſſer und 53 m Höhe hatte. 

te weitere wertvolle Eigenſchaft beſitzen alle 
Wſoferne, als fie reichlich von Stock, Wurzel: 
und Burel ausſchlagen und dadurch fih für 
waldbetrieb eignen. Es gilt dies beſonders von 
ara, welche für Reif: und ſonſtiges Kleinnutz⸗ 
dort in Frage kommt Nur müſſe der Boden 
iederwaldbetrieb ſehr kräftig fein. 

die Ausſchlagsfähigkeit vom Stock nehme mit dem 
ab; dagegen nehme der Ausſchlag von der Wurzel 
Alter und Stärke des Stockes zu. 

sine Tabelle gibt die Prozente an, in der die 3u- 
. Abnahme nachgewieſen wird. 


5. Pflegliche Verhältniſſe. 

Der langſame Wuchs von C. alba, poreina und 
rentosa in den erſten 6—7 Jahren, ſowie die Em: 
Dhehfett gegen Spätfröſte in der Jugendzeit weiſen 
auf hin, daß die Pflege bei der Erziehung der 
inze eine ſehr große Rolle ſpielt. Das wird jeder 
ter zugeben. Wer keine Geduld hat und fid nicht 
diepen kann die Pflanze jahrelang zu pflegen, 

laffe die Finger von dieſen Anlagen; denn alle 
gaben werden vergebens — Mißerfolge aber die 
gel ſein. Auch ein weiterer Punkt iſt beim forſt⸗ 
en Betrieb von größter Bedeutung. Hat der Be: 
Inder der Kulturen die ſchwer zu erziehenden Holz: 
ten mit vieler Mühe und durch jorgfältige Pflege 
ma in die Höhe gebracht. fo bleibt ihm beim Stel: 
zuwechſel eine ſchwere Sorge für die Zukunft feiner 
Arılırge „Wird der Nachfolger das nötige Jnter: 
k und Verſtändnis, die Liebe zur Sache haben ..? 
ro er dem ſchlimmen und falſchen Grundſatz hul: 
en: zuerſt meine Kinder, dann die andern . . .? 
dies der Fall, ſo werden ſtets für die Stief⸗ 
der keine Mittel mehr da ſein und viel ver⸗ 
ende wertvolle Anlagen gehen durch eine ſolche 
wiſſenlofigkeit elendiglich zu Grunde. Es iſt febr 
aurig — leider aber nur zu oft wahr . ..! Meine 
lebniſe während einer langen Dienſt⸗ und Forſch⸗ 
ngrit berechtigen mich vollkommen zu dieſem Aus— 

ud.” 
B Oden wir nun etwas ſpezieller auf diefe Frage 
Am einfachſten geſtaltet fih die Erziehung unter 
em Schutzbeſtan d. Unkraut und Froſt werden 
my Schaden und nur geringe Geldausgaben ver: 
laden. Die Pflanze treibt infolge der ſtarken Be- 
Aung ohnehin ſchon ſpäter und ift dadurch weniger 


135 


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dem Spätfroſt ausgeſetzt. Der Wuchs iſt zwar lang⸗ 
ſamer, wie im Freiſtand, dafür aber auch ſicherer. Alle 
2 Jahre wird man lichten müſſen. 

Bei den Kuliſſenkulturen ſind die Koſten 
für Pflege ſchon größer. Es gilt das Unkraut nicht 
aufkommen zu laſſen und durch Behacken oder Aus⸗ 
jäten zu vertilgen. Das Unkraut kann man liegen 
laſſen; es verweſt, bildet Humus und wirkt günſtig 
auf den Wuchs der Pflanzen. Ueberhängende zu ſtark 
beſchattende Zweige ſind entſprechend einzuſtutzen. Der 
Froſt wird fih in den Kuliſſen aber ſchon unlieb— 
ſam bemerkbar machen und auch Koſten verur— 
ſachen. 

Die meiſte Arbeit und die größten Ausgaben ver⸗ 
urſachen die Kulturen oder das Hochbringen einzelner 
Pflanzen im Freiſtande ohne jeden weiteren Schutz. 
Unkraut und Spätfröſte und wohl grelles Sonnen: 
licht erſchweren hier ungemein die Aufzucht der an: 
fangs ſo zarten Pflanze. Beſtecken mit Reiſig hilft 
zwar ein wenig, aber nicht ausreichend. Auf Boden: 
arten, die ſtark zum Unkrautwuchs neigen, ſind die 
Ausgaben recht erheblich, denn alljährlich iſt es 2 mal 
und in feuchtwarmen Jahren oft dreimal nötig, das 
Unkraut zu vertilgen. In ſolchen Faͤllen fragt man 
ſich, ob man nicht billiger fährt, nachträglich einen 
Schutzbeſtund zu erziehen. Meiſtens wird man die 
Frage bejahen müſſen. Ich habe mich auch in einem 
Fall nachträglich zur Erziehung eines Schutzbeſtandes 
teils mit Kiefern, teils mit Weißerlen entſchloſſen. 
Später gilt es dann die Schutzhölzer entſprechend ab- 
zuäſten oder zu entgipfeln. 

Ebenſo nachteilig, wie ſtarkes Unkraut, wirken die 
Spätfröſte. Sie beeinträchtigen in ſtarker Weiſe 
das Wachstum der Pflanzen. Einzelne Pflanzen im 
Park oder Wald kann man durch rechtzeitiges Ein— 
binden wohl ſchützen, aber wo es ſich um größere An— 
lagen handelt, iſt dies meiſtens nicht möglich. Hat 
man genügende Arbeitskräfte, ſo kann man mit Ein— 
binden der Gipfeltriebe ſchon viel erreichen, bei wind— 
ſtillem Wetter auch durch Rauchentwicklung. Iſt der 
Gipfeltrieb erfroren, ſo wartet man die Bildung neuer 
Schoſſe ab und ſchneidet im Juli den oder die Doppel⸗ 
gipfel mit einem ſcharſen Meſſer glatt am Stämmchen 
ab. Es iſt nur der Gipfel zu begünſtigen, jede weitere 
Beſchneidung ſoll unterbleiben. Die Triebe ſind in 
den erſten Jahren ohnehin ſo klein und ſchwach, daß 
man nur das Notwendigſte abnehmen darf. Dann iſt 
darauf zu achten, daß nur ganz zuverläſſige Leute zu 
dieſer Arbeit verwendet werden. 

Im Schluſſe reinigen ſich die Bäumchen bald von 
den Seitenäſten und bilden einen ſchönen nahezu ay: 
linderförmigen Schaft aus. Eine Klebaſtbildung, wie 


bei der Eiche, kommt bei Hickory nicht vor. 
18* 


136 


Die Einbringung der Hickory als Einzelpflanze 
z. B. in Mittelwaldungen wird im allgemeinen 
nicht ratſam ſein, weil ſolche Pflanzen zu leicht ver⸗ 
geſſen werden und in Verluſt gehen. Allenfalls kann 
man ſie rechts und links von Straßen, breiten Wegen, 
Ruheplätzen uſw., wo man ſie ſtets im Auge hat, an⸗ 
bauen. In die Beſtände ſelbſt zu gehen, können nur 
Erfolge bei gruppen⸗ und horſtweiſem Ein⸗ 
bringen erwartet werden. 

Ein Beſchneiden verträgt die Hickory viel beſſer, 
wie Juglans, ſie kommt in dieſem Punkt der Eiche 
nahe. 

Bei Horſten, welche im engeren Verbande erzogen 
find, wird man bereits mit 12 — 15 Jahren, in welchem 
Alter die Baͤumchen 2,5 — 3 m Höhe erreichen, mit 
Durchreiſerungen beginnen müſſen, um einen räum⸗ 
lichen Stand zu erziehen Prof. Dr. Schwappach macht 


hierauf beſonders aufmerkſam und ich ſelbſt habe es | 


erlebt, daß bei Anlagen in engem Verband ein Miß⸗ 
verhältnis zwiſchen Schaſt und Krone entſtand und 
die Pflanzen ſich umbogen. Es mußten die Baͤumchen 
durch Pfähle und Stangen geſtützt werden. Bei wet: 
terem Verband 1,30 und darüber kommt dies nicht 
vor, ſo daß man dieſem Uebelſtand durch eine lichtere 
Stellung vorbeugen kann. Sind die Pflanzen einmal 
ſo weit und der Horſt geſchloſſen, ſo geht es raſch vor⸗ 
wärts und kann man mit 25 Jahren mit Durchforſt⸗ 
ungen beginnen und alle 8 10 Jahre wiederkommen, 
um auf einen Lichtwuchsbetrieb hinzuarbeiten. 
Im ganzen wird die Bewirtſchaftung die gleiche ſein, 
wie bei der Eiche, auch wird eine Unterbauung mit 
Buchen nicht entbehrt werden können 


6. Schutz gegen Feinde. 

In der beſagten Broſchüre wird geklagt über Be⸗ 
ſchädigungen durch Inſekten, Spechte, Mäuſe, Eich⸗ 
hörnchen und Verletzungen durch Fällungen, Anſchlagen 
und Anprellen der Bäume, Schaden durch Feuer und 
Weidevieh uſw. Viele Bohrkäfer würden ortsweiſe — 
beſonders im nördlichen Gebiet an ſtehendem und 
liegendem Holze — erheblichen Schaden anrichten, ebenſo 
die Spechte in trockenen Lagen. Die Stämme würden 
dadurch ſtark entwertet, öfters ganz unbrauchbar. Auch 
das Verletzen der Rinde und des Holzes durch An— 
prellen verurſache ſchwarze Flecken und Streifen im 
Holze, was zwar die Güte des Holzes in keiner Weiſe 
beeinträchtigen würde. Aber die Leute wollten ſolches 
Holz nicht. weil fie ein Vorurteil dagegen hätten. 
Solche mit Schönheitsfehlern behaftete Stämme würde 
man im Walde meiſtens liegen laſſen. Den Ausfall 
könne man mit 10 % veranſchlagen. Auch durch zu 
raſchen Wuchs in feucht⸗warmem Gelände kämen ört- 
liche Fehler im Herzholze vor, indem zu große Poren 


| 


und leere Gefäße entſtünden, welche den Wer 
Holzes vermindern würden. | 

Einer der größten Feinde fei aber dry 
Er ſei die „Haupturſache“, daß im nördlichen 
biet und auch in Deutſchland die Hickorhanpfg 
zungen keinen Erfolg hätten ...! So mei 
amerikaniſche Bericht. 

Nach meinen Beobachtungen können wir bis j 
über Inſektenſchaden nicht klagen. Daß 
Schaden in den amerikaniſchen Wäldern ſo groß 
hängt mit der ganzen Gewinnungsart aufs engfte 
ſammen, denn fo viele und fo günſtige Pruiti 
wie dort, können die Inſekten wohl nirgends finde 

Dagegen haben wir auch Beſchädigungen d 
Spätfröſte, Wild, Mäuſe, beſonders Wühlmäufe, 


| hörnchen, Haber uſw. zu gewärtigen. 


Wie wir unſere Anlagen gegen Frot füge 
unter Nr. 5 ſchon erwähnt; gegen Wild können 
nur durch Umgatterung die Pflanzen ſchützen. 
Mäuſe müſſen wir durch Gift, gegen Eichhörnchen 
Häher uſw. durch Abſchuß vorgehen. i 


7. Verſchiedenes. j 


Ueber das Verhalten der Hickories im Walde, übe 
Wuchs, Erträge an Holz und Früchten, übe Renta 
bilität und ſo manche anderen Fragen haben wir! 
Deutſchland und in den angrenzenden zur Anz 
geeigneten Ländern keinerlei Gelegenheit, um aus di 
Praxis Kenntniſſe zu ſammeln. Zur Klärung fol . 
Fragen bieten aber die zwei mir gütigſt überjand 
neuen amerikaniſchen Broſchüren, welche mit fein E 
Verſtändnis und größter Sachkenntnis auögeard 
find, ſowie die brieflichen Mitteilungen ber oben 
nannten Proſeſſoren für Forſtwiſſenſchaft reichlich OF 
legenheit, unſere Kenntniſſe zu erweitern. 

In der Annahme, daß vielen Waldbeſizern um 
Forſtmännern ſolche Mitteilungen willkommen M 
füge ich kurze Notizen, die allgemeines Intereſſe bietet 
hier bei. Die Wichtigkeit des Baumes mit feinen 
wertvollen nicht zu erſetzenden Holz für Wagenbauter, 
Werkzeuge, Radkämme, Reife, Automobile, Stöcke un 
Sportgegenſtände uſw., ſowie als beſtes Brenn 
wird gebührend hervorgehoben, ebenſo aber auch, diß 
der Verbrauch — den Vorrat leider überſteigt. G 
naue Zahlen über Vorrat und Einſchlag können c 
gegeben werden, doch nimmt man an, daß der a 
liche Totalverbrauch etwa 450 Millionen Brettfuß 
beträgt. Früher ſei der Vorrat bedeutend geweſen ; | 
habe ca. / des Hartholzbeſtandes betragen hel 
aber ſehe man der Erſchöpfung entgegen. Deftiid d 
Alleghany-Gebirge fei der Baum ganz verſchwunden 


1) 423 Brettfuß = 1 Feſtmeter. 


137 


ſeien noch einige zerſtreute Gebiete, im ſüd⸗ mitgebracht und von Ort zu Ort weiter transportiert. 
„Bio aber das meifte Holz zu finden. Dieſe Sägen werden nur für Hickory und Eiche ge: 
t Wettbewerb der Händler fet groß; fie durch⸗ braucht. Die Bedienung derſelben erfordert einen hohen 
das ganze Land und nehmen jetzt jene Hölzer, Grad von Geſchicklichkeit, weil das Holz für alle mög⸗ 
im erften Hieb als zu gering ſtehen blieben. lichen Gebrauchszwecke ſchon im Walde hergerichtet 
auch dieſe Vorräte ſeien bald erſchöpft. Die werden muß. Die Koſten der Fällung und Herrich⸗ 
quelle wird dann der ſogen. zweite Wuchs fein. | tung des Holzes, welches ohnehin zerſtreut im Walde 
ı bemerken wäre hier, daß einſichtige Leute für | vorfommt und ſchwer zu finden ift, der Transport des 
haltung des Vorrats, Regelung des Verbrauchs, Sägewerk uſw. find viel größer wie bei anderen Höl⸗ 
nung der Holzverſchwendung neuerdings lebhaft zern. Daher rentiert fih der Baum nach amerikani⸗ 
ten und auch Vereine gründen, um dieſen Zweck ſchen Begriffen nicht, obwohl bei einem 20 cm dicken 
ehen. l Baume auf Bruſthöhe 44%, bei einem von 30 cm 
inen wichtigen Faktor in dieſer Frage bilde aber | 50% und bei einem von 40 em 54% Mgebrauchs⸗ 
zeſitz ſtand. Soweit die Nationalforſte — za. | fähiges Holz verbleiben. Bei dieſer Aufbereitungsart 
eillionen Hektar — in Betracht kommen, geht es bleibt viel Holz im Walde unbenutzt liegen; man ver: 
recht ordentlich zu; aber bei den kleinen Privat⸗ | anſchlagt dieſen Verluſt auf 40 %. 
eſitzern, in deren Wäldern viel Hickories ſich be- Von den vielen in der Waſhingtoner Schrift ent: 
a, hapere es. Zum Ackerbau ift immer mehr haltenen Tabellen möchte ich nur 3, welche für unfere 
» erlorderlid, und da muß der Wald weichen. Frage beſonderes Intereſſe bieten, in aller Kürze be- 
Bedarf an Holz für Geräte aller Art und für ſprechen. 
Kung wird immer größer, andererſeits verkauft der Tabelle 7 weiſt, wie unſere Maſſentafeln, den 
ger die wertvollen Holzarten — Carya und Jug: Kubikinhalt des Baumes bei Bruſtdurchmeſſer und 
— und ſo verſchwinden dieſe Hölzer immer mehr Höhe nach; außerdem das noch gebrauchsfähige Holz 
geringwertige treten an ihre Stelle. Wohl ſind in Prozenten. Die Zahlen für Hickories ſtimmen ſo 
im unteren Miſſiſfippi⸗Gebiet größere Laubholz⸗ ziemlich mit den in unſeren Maſſentafeln von Behm 
ade vorhanden, aber nur wenige Hickories kommen für die Eichen angegebenen überein, bald find fie etwas 
> höher, bald niederer. 

r den Einſchlag des Holzes ift folgendes Sehr intereſſant iſt Tafel 12. Sie weiſt nach, 
oen. Nach der Fällung des Baumes wird fofort | wie fih die Shaftform da Hieraus z. B. 
der Aufarbeitung an Ort und Stelle begonnen. einige Zahlen: 
dieſem Zwecke werden kleine fahrbare Sägewerke 


Es beträgt 

W dem dm | In einer Höhe von 

auf Bruſthö he 1 5 e EN 40 Fuß Bemerkungen 
von = 0,8 1,52 805 6,1 9,1 12,2 2 Meter 

don cm der dm des Baumes in cm | 5 


8 20,3 26 20 15,5 15,7 | 127 | 81 Die amerikaniſchen Maße 

15 40,6 48 39 38 34,8 32,5 29,9 ſind in Meter umgerechnet 

235 60 70 68 55 5138 49,5 48,3 Bei 1 bis 4 Höhe iſt der 

ly 80 93 78,5 75 | 68,3 64,7 | 625 dm nod) größer als bei 
91,4 108 90,7 84,8 77 72,1 | 696 Bruſthöhe. 


| 205 je Tabelle ift zu entnehmen, wie vollholzig 
e Baumſchäfte gewachſen find. Schon bei unſeren 
angenhölzern fällt dieſer ſchöne Wuchs auſ. 


Tabelle 14 handelt vom Durchſchnitts« 
ertrag pro acre. 


Alter 5 Zahl | Kubik⸗Fuß Feſtmeter 
2 Bruſthöhe Höhe Ek 175 Davon Handelsware ae Seen 
N Fuß | m Bäume ganzen Kubik⸗Fuß Feſtmeter Derbholz 


! 1 acre =, 405 ha 
b 60 700 19,81 118,5 1’ = 0,3048 m 
; 9 1000 28,30 160,4 
10) 1 300 36.80 202,2 Juß, Zoll, Flä⸗ 
120 1 650 48,79 244,0 enmaße find 
200) 56,60 306,7 auf unjere Maße 


2 700 76,40 397,4 umgerechnet. 


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140 


Nach den Ertragstafeln von Dr. Schwappach hat Man glaubt jedoch, daß der Holzvorrat für J: 
die Eiche auf Standortskaſſe III nahezu gleich hohe amerika ausreicht, wenn die Hickory⸗Wälder unter ç 
Erträge. Es bietet dieſe Tabelle einen ſchönen An: Verwaltung kommen, welche die Holzverſchwendung ı 


haltspunkt für ſpätere Berechnungen. andere Mißſtände abſtellt. Eine Pflege wäre für! 
Als echte Hickories gelten bei den Amerikanern Millionen acre nötig. 

nur C. alba, porcina, tomentosa und sulcata; bei 9. Oekonomiſche Mittel 

alba und porc. fol das Schattenerträgnis am gröf: In dieſem Kapitel wird auf dkonomiſche Vi 


ten ſein. Die Fortpflanzung erfolge durch Samen, n i f 
Stock⸗ und Wurzelausſchlag. Die Samenjahre wären und forſtliche Pflege mit wohlgemeinten und pr 
l g . tijden Vorſchlägen hingewieſen. 
unregelmäßig: alle 2—3 Jahre im ſüdlichen und Das Abfallholz fol vermindert, das Vorurtel! 
mittleren und alle 3—5 Jahre im nördlichen Gebiet. J Jou vermindert, orurtei 
Ein freiſtehender Baum gebe 2—3 bushel (72—109 J) kämpft, ar a echte Bermeflungsart genoem d 
Früchte, ein veredelter Pekanbaum aber bis 15 bushel die Ueberproduktion vermieden werden. Der A: 
i ſchlagwald genüge für die Erziehung der fogenanal 
| 
| 


= 5401. Der fleinfte Teil der Früchte gelange l ; : 
; i Kleinnutzhölzer. Zur Starkholzerziehung müſſe r: 
jedoch zum Keimen, da Vögel, Eichhörnchen, Mäuſe, reine Beſtände durch Saat begründen, weil die na’: 


er 1 . liche Verjüngung infolge ungünſtiger Verhältniſe v. 
Erfolg verſpreche. Im übrigen werden wohldurchber. 


vielen Unbilden — Wild, Vieh, Feuer uſw. — aus: Í : | 
i waldbauliche Vorſchläge, die auf den Lidtwudsbete: 
geſetzt, ſo daß nur wenige durchkämen. Zum Glück eee 


jet die Ausſchlagsfähigkeit ſehr gros und können Schä⸗ 
den wieder ausgeheilt werden. Im Ohiogebiet finde 10. Schlußfolgerungen. 
Es wird nochmals auf den hohen Wert des Holz; 


man den meiſten Aufwuchs, im Süden aber wenig 
infolge der Ueberſchwemmungen und des Schweine: | hingewieſen, auf die vielen guten Eigenſchaften be 


eintriebs. Baumes, auf feinen Nutzungswert, die zur Beit hote: 
Der Wuchs der echten Hickories fei langſam, an: | Gewinnungskoſten und den geringen Reingewinn. Nei 
dere Arten würden mehr leiſten, die Weiß⸗Eiche z. B. auch darauf wird aufmerkſam gemacht, dab hd dit 
das Doppelte an Maffe und das Zwei- bis Vierfache Verhältniſſe zu gunften des Baumes ändern durd d 
an Handelsware. Das Holz der porcina gilt als gruppen: und horſtweiſe Erziehung der Hickory. & 
das befte, dann kommt alba und tomentosa; die | fei Hoffnung da, daß in abſehbarer Zeit die Anzıd 
anderen haben geringeres Holz; C. olivaeformis und | fih lohnen wird. Der Anbau dieſer wertvollen Hol 
sulcata werden nur der Frucht wegen erzogen. art könne nur aufs beſte empfohlen werden. 
Der techniſche Wert des Holzes variiert ſehr, „„ 
ſelbſt bei der gleichen Art, ja ſelbſt beim gleichen Baum. 
Der untere Stammteil hat ſtets das beſte Holz Die 
Größe der Jahrringe iſt kein Maßſtab für die Güte 
des Holzes, auch die Zähigkeit bleibe unberührt beim 
Wechſel von Kern: und Splintholz. Der befte Weri- 
meſſer für das Holz ſei das Gewicht (84 ſpez. Ge⸗ 
wicht). Die Verletzungen und Fehler wurden ſchon 
oben erwähnt. 
8. Ausblicke in die Zukunft. 
Ein Knappwerden des Vorrats ſteht unmittelbar 
bevor; die jungfräulichen Bäume find bald fort, wir 
müſſen auf den zweiten Wuchs greifen. Die Wald: 
beſitzer ſehen den Baum als minderwertig an, weil er 
ſich nicht ſo hoch rentiert wie andere raſchwüchſige 
Holzarten. Für die Wiederanzucht geſchieht nichts. 
Starkholz wird nur wenig verlangt und für die Ge: 
räte, Werkzeuge uſw. genüge ſchwächeres Holz von 


Soviel aus dieſer hochintereſſanten Schrift, Kit 
Verfaſſer die Anzucht der Hickory fo warm empfell 
und der Zukunft fo vertrauensvoll entgegenſieht. Miyet 
alle feine Erwartungen fih erfüllen! Das ift de 
Wunſch weiter Kreiſe, insbeſondere der deutſchen gori 
mănner. — | 

Im Anhange folgt noch ein Verzeichnis von eiten 
Teil der in Deutſchland vorkommenden Hickorh! 
Anlagen. Dieſe erbringen den Beweis, daß auc 
in unſerem Klima bei richtiger Auswahl des Stand: 
ortes und entſprechender Pflege die harteren Car 
Arten noch gut gedeihen. Dieſes Vorkommen, ins 
ſondere die Wuchsleiſtungen bilden das Fundamen 
auf das fih meine Abhandlung ſtützt. Es iſt 
heffen, daß die bisher erzielten ſchönen Reſultate m 
chen Waldbeſitzer und Forſtmann veranlaſſen, UT 
Verſuch mit dieſer wertvollen Holzart zu machen 


8—9 Zoll (20—30 em), das mit 40—60 Jahren Und wenn dies — wie ich annehmen darf er 
erzogen werden kann. Uebrigens rechne man bei ent: Fall ift, fo ift diefe mühevolle Arbeit nicht berge a 
ſprechender Vorratsverminderung auf eine Preiser: | gewefen. 


höhung und dann auf — Wiederanzucht. 


141 


x Frage der inneren Mängel des Rund- 
- holzes. 
n Oberförſter Alfr. Müller (Klingenthal, z. Zt. im Felde). 


Für innere oder verborgene Mängel lehnen die 
mdholzverkaufsbedingungen zahlreicher Forſthaus⸗ 
ite zur Zeit noch jede Gewährleiſtung ab. Auch 
e Handelsgebräuche der einzelnen Holzhandelsgebiete 
eutſchlands und Oeſterreich⸗Ungarns beſtimmen faſt 
irchgängig, daß der Verkäufer für innere Fehler, die 
ſt bei Verarbeitung eines äußerlich geſunden Nutz⸗ 
Azabſchnittes erſcheinen, nicht aufzukommen braucht. 
un einigen dieſer Handelsgebräuche („Uſanzen“) gilt 
terbei die Einſchränkung, daß der Rundholzverkäufer 
e Falle argliſtiſcher Verſchleierung des Mangels ver: 
atwortlich ift. Für den, der die Wechſelbeziehungen 
nden Forſtwirtſchaft und Holzhandel mit beſonderem 
zutereſſe verfolgt, ift die erwähnte Beſtimmung der 
Dolzhandelsgebräuche nicht ohne Belang. Sie kann 
entweder ihren Grund darin haben, daß Holzhandel 
und Holzinduſtrie ebenſo wie unſere meiſten Forſthaus⸗ 
"Halte (mBbefondere die ſtaatlichen) tatſächlich aner: 
kennen, daß verborgene Rundholzfehler gewährsfrei 
fin müſſen. Oder aber, die Induſtrie hält es nur 
r zweckmaͤßig, ihre Beſtimmungen über den Fall des 
perborgenen Fehlers den nun einmal herrſchenden An- 

uungen der maßgebenden großen Rundholzprodu⸗ 
enten anzupaſſen. Letzteres halte ich für den aus⸗ 
ſſhlaggebenden Grund. Nun verlangt ja das Intereſſe 
unseres Abſatzes ebenſo wie das volkswirtſchaftliche 
‚bezw. forſtpolitiſche Intereſſe heutzutage mehr noch als 
früher, daß wir mit den Wünſchen und Bedürfniſſen 
don Handel und Induſtrie dauernd engſte Fühlung 
alten und berechtigten Wünſchen nach Möglichkeit ent: 
gegenkommen. Daher fei es geſtattet, hier einige auf 
die inneren Mängel bezügliche Wünſche zu beſprechen, 
die mir im Verlaufe langjähriger holzkaufmänniſcher 

Studien näher bekannt geworden find. 


1. Daß der Rundholzverkäufer für innere Mängel, 
die wirklich von außen unkenntlich ſind und dem Ver⸗ 
käufer auch ſonſt auf keine Weiſe bekannt werden 
konnten, nicht haftet, das iſt zweifelsohne ein durch⸗ 
aus geſunder Rechtsgrundſatz. Nur muß man hierbei 
vorausſetzen, daß der Verkäufer nichts verſäumt hat, 
um ſich auch wirklich nach Möglichkeit von der inneren 
Güte des Holzes zu vergewiſſern. Je wertvoller der 
zu veräußernde Rundholzabſchnitt, umſo ſorgſamer 
muß verſucht werden, Klarheit über die innere Fehler⸗ 
freiheit zu ſchaffen. Hierzu gehört in erſter Linie ein⸗ 

gehende praktiſche Schulung des zur Aufnahme der 

geſchlagenen Hölzer verwendeten Unterperſonals, deſſen 

Blick und deſſen praktiſches Wiſſen hinſichtlich der 

mannigfachen inneren Mängel ſtändiger Weiterbildung 

| bedarf. Man kann gelegentlich beobachten, daß die 
1916 


alterfahrenen Abnahmebeamten, Regimenter uſw. einer 
Holzfirma oft eine erſtaunliche Sicherheit im Erkennen 
verborgener Fehler beſitzen. Zu derſelben Sicherheit 
kann und muß auch das Forſtperſonal gelangen, ins⸗ 
beſondere in Revieren, die hochwertige Laubholzab⸗ 
ſchnitte und ſonſtige ausgeſuchte Sortimente liefern. 
Ein wichtiges Ausbildungsmittel iſt hierbei der häufige 
Beſuch von Saͤgewerken und Holzverarbeitungsſtätten 
aller Art. 

Der Aufklärung über die innere Fehlerfreiheit dient 
ferner gelegentlich auch eine Befragung der Vorge⸗ 
ſchichte des Beſtandes. So iſt es z. B. wichtig, zu 
erfahren, daß ein Beſtand in einem beſtimmten Jahre 
unter Hagelſchlag gelitten hat, deſſen Spuren vielleicht 
längſt überwallt ſind oder, daß in ſeiner Nähe ein 
gefechtsmäßiges Schießen abgehalten worden iſt. Wie 
weit man mit diesbezüglichen Mitteilungen an den 
Käufer zu gehen hat, darüber entſcheiden ſelbſtver⸗ 
ſtändlich die örtlichen und ſonſtigen BVerhaltniffe ſowie 
Takt und kaufmänniſche Einſicht des Revierverwalters. 
Nicht außer Acht darf hierbei die Erwägung bleiben, 
daß auch der Käufer, ſeinerſeits verpflichtet iſt, ſich 
die Ware vor Kaufsabſchluß gründlich anzuſehen, wozu 
ihm der Verkäufer natürlich ausgiebig Gelegenheit 
geben muß. 

2. Eine Anzahl innerer Mängel iſt nur ſelten oder 
nie beim Rundholzverkaufe zu entdecken. Als Beiſpiel 
ſei das Vorhandenſein von Holzweſpenlarven erwähnt, 
die nachträglich höchſt empfindliche Entwertungen und 
Schädigungen herbeizuführen vermögen. In ſolchen 
Fällen wird der Rundholzverkäufer von Fall zu Fall 
erwägen, ob er den Käufer durch entſprechende nach⸗ 
trägliche Preisherabſetzung aus Billigkeitsgründen für 
den Verluſt entſchädigen darf. Ein derartiges Ent: 
gegenkommen wird in geeigneten Fällen bei einigen 
großen Forſthaushalten geübt, ohne daß hierunter der 
Grundſatz der Nichthaftbarkeit für einen tatſächlich ver⸗ 
borgenen Mangel zu leiden braucht. 

3. In höherem Maße, als allgemein bekannt ſein 
dürfte, leidet die holzverarbeitende Induſtrie unter drei 
inneren Holzfehlern, die (im Gegenſatze zu den meiſten 
anderen Fehlern dieſer Art) lediglich durch menſchlichen 
Eingriff entſtanden ſind. 

a) Fremdkörper im Holzinneren. Die vielerlei 
Fälle, in denen eiſerne Schrauben, Nägel, Krampen 
uſw. in dem lebenden Holzkörper befeſtigt werden, 
führen ſehr leicht zur Entſtehung eines ſolchen inneren 
Mangels. Wir können dies allenthalben beobachten, 
wo man Niſtkäſten, Wegweiſer, Warnungstafeln, Num⸗ 
merſchilder zur Bezeichnung der Waldabteilung u. dgl. 
auf dem lebenden Baume befeſtigt. Der befeſtigte 
Gegenſtand wird im Laufe der Zeit entfernt oder er 
fault ab und es genügen oft wenige Jahre, um den 


Nagel, die Schraube uſw. ſpurlos überwallen zu laſſen. 
19 


112 


Dasſelbe kann eintreten, wenn eiſerne Bänder, Ein⸗ 
friedigungsdrähte u. dgl. den Baum andauernd und 
feſt berühren und bei flottem Zuwachſe raſch durch 
neue Holzſchichten überkleidet werden. 

Wird ein Stück Holz, das einen ſolchen metalli⸗ 
ſchen Fremdkörper birgt, verarbeitet, ſo können dreierlei 
Nachteile eintreten. 

1. Das Holz zeigt in der Umgebung des Metall⸗ 
körpers Roſtflecken und ähnliche Farbfehler oder 
auch Faulſtellen. Diefer Nachteil tritt übrigens 
(gleich dem unter 2. erwähnten) bereits dann 
ein, wenn der Nagel uſw. noch rechtzeitig vor 
dem Ueberwachſenwerden entfernt wurde. 

2. Die Holzfaſer iſt an der verletzten Stelle zer⸗ 
riſſen und verläuft in den Ueberwallungsſchichten 
wellenförmig, wodurch manches ſchöne Nutzſtück 
für feinere Zwecke wertlos wird. 

3. Treffen die Holzbearbeitungswerkzeuge auf den 
Metallkörper, fo können ſie erheblich beſchädigt 
werden. Dies gilt nicht nur für die empfind⸗ 
licheren Meſſereiſen, Fraͤſer, Kreis: und Band: 
ſägen, ſondern auch für die robuſteren Formen 

der großen Gatterſägen. Wir können uns dies 
leicht dadurch erklären, daß die zum Zerſchneiden 
von Metallen dienenden Sägen durch andere 
Zahnform und durch die Kühlungsvorrichtung 
weſentlich von den Holzbearbeitungsſägen ab⸗ 
weichen. 

Mit dem Auftreffen auf einen Metallkörper iſt 
außer Beihädigung der Maſchinen oft auch noch eine 
Verletzung des bedienenden Arbeiters und eine mehr 
oder wenig lange Betriebsſtörung verbunden. Er⸗ 
wähnenswert iſt, daß dieſer Nachteil im Gegenſatze zu 
den beiden erſtgenannten auch bei Brennhölzern fühl⸗ 
bar werden kann, indem z. B. die Kreisſägen der in 
Großſtädten eingeführten Holzſpaltmaſchinen erheblich 
leiden können. Als einzige Schutzvorrichtung gegen 
ſolche gefürchtete Unfälle könnte vielleicht erwähnt wer⸗ 
den, daß eine bekannte Maſchinenfabrik neuerdings 
Gatter mit Walzenvorſchub baue, die einen mit Doppel⸗ 
ſchaltrad ausgerüſteten einfach und ſicher wirkenden Vor⸗ 
ſchubmechanismus aufweiſen, bei dem ein raſches Aus⸗ 
ſchalten, ermöglicht iſt. Auch die Horizontalgatter 
werden von manchen hinſichtlich ſolcher Störungen für 
günſtiger gehalten. 

Wie wir ſehen, iſt dieſer innere Mangel überaus 
nachteilig, daher ſollte ſeiner Entſtehung überall mit 
Strenge entgegengearbeitet werden. Daß die Groß⸗ 
waldbeſitzer hierin mit gutem Beiſpiel vorangehen, iſt 
ſelbſtverſtändlich. 

b) Ganz ähnliche Folgen hat das Eindringen von 
Geſchoſſen in den Baumkörper, nur daß hier meiſt 
ſtärkere phyſiologiſche Schädigungen hinzutreten, wo- 
durch der verborgene Mangel techniſch noch bedeut⸗ 


orten nach wenigen Jahren äußerlich nicht mehr er 


ſamer wird. Die Ueberwallung, die den Mangel 
einem verborgenen macht, geht übrigens oft febr raid 
von ſtatten. So fand Anfang Februar 1916 mei 
Burſche beim Brennholzmachen an der Weſtfront en 
Stück Kiefer mit einem deutſchen Infanteriegeſchoß 
welches von außen bereits unkenntlich war. Das Ga 
ihop mußte nach Lage der Dinge im Auguft oder A 
fang September 1914 in den Baum gedrungen ſei 
Die Entſtehung dieſes Mangels iſt meiſt unverme 
bar, außer bei privaten Schießſtänden, bei deren Auf 
lage fih der Revierverwalter erforderlichenfalls dag 
Einſpruch gegen ungenügende Geſchoßfänge ſichern wid; ` 
Daß nirgends einzelne Bäume zu Schießübungen diener: 
dürfen, iſt ſelbſtverſtändlich. | n 
c) Verborgene Fehler des Nutzholzes kann ſchliez 
lich noch die Aufaſtung verurſachen. Wird beiſpik⸗ 
weiſe eine Eiche erft im ſpäteren Alter aufgeaſtet (glei! 
viel aus welchem Grunde) fo ift dies auf guten Stande 


kennbar. Im Sägewerk aber zeigt der anfdeinnd‘ 
tadelloſe Rundholzabſchnitt oft innere Faulſtellen und. 
Farbfehler, günſtigſtenfalls aber ſtets Abweichungen vom‘ 
normalen Faſerverlaufe, die von der Markröhte bis 
zur Ueberwallungsfläche des ſeinerzeit entfernten NW 
reichen. Es bedarf wohl keiner ausführlicheren dan 
legung, inwieweit folder abnormer Faſerverlauf ue, 
kaufmänniſche Kalkulation bei Ausnutzung eines wert 
vollen Abſchnittes ſtört, und es fei nur geſtattet, daran 
zu erinnern, daß für beſtimmte techniſche Zwecke z By 
die Tragkraft ſowie die Spaltbarkeit ſtark hierunter 
leidet und daß die Ausführung eines exakten Bt). 
ſchnittes ſehr erſchwert wird (beſonders bei Banbjägen) 2 
Die ſpäte Aufaſtung hat alfo in dem Beilpilst, 
falle einen inneren Mangel geſchaffen, der dem Rund: 
holzkäufer mannigfache finanzielle Nachteile bringen 
kann. Wo fidh ſolche ſpäte Aufaſtungen daher au — 
nahmsweiſe nicht vermeiden laſſen, erwächſt dem De 
käufer gegenüber einem nicht ortsanſäſſigen Käufer lie 
Pflicht der Aufklärung über die ſeinerzeit erfolgte Mabe 
regel. ve 
Vom holzinduſtriellen Standpunkte aus kann eine f 
Grünäftung in der Regel nur dann erwünſcht Ih | 
nen, wenn ſie in der Jugend des Laubholzbaum * 
erfolgt. Sorgſamſte Ausführung vorausgeſetzt, über is 
wallen dann die Wunden meiſt raſch und ohne Nad; = 
teil für die innere Holzgüte. Die unteren Abſchnitte $ 
des haubaren Stammes werden in biejem Falle beim : 
Auftrennen auf der Sägemühle etwa dasſelbe Bild = 
zeigen, wie diejenigen eines im Beſtandsſchluſſe alte" ` 
und vollholzig erwachſenen Baumes. Bei beiden 5 | : 
wir in der Nähe des Martes zahkreiche Aftipuren, U u 
die Induſtrie trägt dieſem ihr von vornherein a | 
fannten Umftande dadurch Rechnung, daß fie eu?“ 
Kernbretter (Herzbretter) oder auch Kernbohlen heraus 


143 


Aus dem übrigen Teil des Abſchnittes darf fich | 
t Der Induſtrielle, mit Sicherheit aſtfreie Sorti- 
= verſprechen, zumal gelegentlich und vereinzelt 
ommende geſunde Aeſte auch bei aſtreiner Ware 
yelsüblich meiſt geduldet werden. 
Bei allen verborgenen Mängeln wird der Rund⸗ 


holzverläufer gut tun, ſich zu vergegenwärtigen, in 
welchem Umfange ſie alle Kalkulationen des Erſtehers 
zu ſchanden machen. Ein von Fall zu Fall genau zu 
erwägendes nachträgliches Entgegenkommen im Preiſe 
dient in gewiſſen Fällen mittelbar auch dem Nutzen 
des Waldbeſitzers. 


Literariſche Berichte. 


e Bodenkolloide. (Der „Kolloide in Land: und 
Jorſtwirtſchaft“ erſter Teil) von Paul Ehrenberg, 
mßerordentlicher Profeſſor und Direktor des agri- 
uurchemiſchen Inſtituts der Univerfitat Göttingen. 
Rur gebunden M. 14.50. Verlag von Th. Stein⸗ 
pff. Dresden 1915. 
Berfafjer bringt als Einleitung einen „Abriß der 
Moidchemie” ; das ift natürlich ein großer Vorzug, 
A der Lefer beim Studium fih jederzeit über die 
im etwa noch nicht geläufigen Begriffe dieſer etwas 
‚wartigen Wiſſenſchaft orientieren kann. Im beſon⸗ 
tren wird es angenehm empfunden werden, daß die 
fotetiſchen Ueberlegungen fic) nicht zu weit von dem 
- ebiete entfernen, das nachher praktiſch behandelt wird. 
Die Kolloide, die ſich durch Schweben feinſt ver⸗ 
-fter bis feiner Teilchen in einem anderen Stoffe 
eichnen und dementſprechend außergewöhnliche Ober⸗ 
nentwicklung aufweiſen, können nach Prof. Ehren⸗ 
. Rg unter den Begriff der „ungleichartigen Ber: 
zilungen“ zuſammengefaßt werden. 
Je nach den dabei aneinander grenzenden Ober⸗ 
en wird zu unterſcheiden fein. zwiſchen: ungleich 
igen Verteilungen flüſſig⸗gasförmig (Nebel, Schaum), 
fi gasförmig (Rauch, Staub), flüſſig⸗flüſſig (Emul: 
fionm oder Milcharten), hier von feinſter Art die 
Tröpſchenkolloide, zu denen Verf. als ſehr wichtig die 
kolloide Kieſelſäure wie die kolloiden Humusſtoffe zählt, 
ſef⸗flüſfig (feiner Art: die Suspenſionen oder Auf: 
ſchwemmungen; feinſter Art: die Körnchenkolloide). 
Als Uebergangsform zwiſchen Tröpfchen⸗ und Morn: 
dchenkolloiden bezeichnet E. die Hydroxyde des Eiſens 
und Aluminiums. 
Auf rund hundert Seiten werden ſodann die ver⸗ 
| open Bodenkolloide und ihre Eigen: 
\Haften beſprochen. 
Auch die Bakterienverteilungen im Boden gehören 
n den Kolloiden und zwar zu den Emulſionen bezw. 


Töpfchenkolloiden. Bekannter iſt freilich die Kolloid⸗ 
aur der Kieſelſäure, der Humusſtoffe, des Eiſen⸗ 


Ibdrats, der Tonerde; ſoweit Sande Aufſchwemm⸗ 
Jungen bilden, entſtehen ebenfalls ungleichartige Ver⸗ 
gelungen. 

As beſonders wichtig ift der Ton unter den ver: 
1 ſiedenſten Geſichtspunkten beurteilt. 


Der größte Teil des Werkes iſt den „Wirkungen 
der Bodenkolloide“ gewidmet. Es wird dar— 
getan, daß Verhältniſſe, wie wir fie beim Experiment 
beobachten, ſehr wohl auch in der Natur gegeben ſind. 
Verf. erinnert beſonders an die Ausfällung einer 
Tontrübung, die beim Verſuch wie auch im Boden 
ſtattfindet. Auch die Quellungs- und Schwindungs⸗ 
vorgänge find dem Gebiete der Kolloidchemie einzu: 
ordnen. Ganz beſonders wichtig iſt aber die Adſorp⸗ 
tion (= Abſorption) im Boden, deren Behandlung, 
gleichfalls der Kolloidchemie zuſteht und Adſorption 
tritt ebenſo an trockenen Bodenteilchen auf wie an 
unter Waſſer befindlichen oder feuchten. 

Die Bodenkolloide üben die verſchiedenſten Wirk⸗ 
ungen aus, je nach den Einflüffen, denen fie ſelbſt 
unterliegen. Solche Einflüſſe find: Natur- und Kul: 
turkräfte. Zu erſteren gehören die Witterung, die 
Adſorption, die Bodenſalze, ſchließlich Pflanzen und 
Tiere. Es gibt wohl kaum eine einſchlägige Frage, 
die nicht mit außerordentlicher Sachkenntnis behandelt 
und über die nicht mit ſtrengſter Gewiſſenhaftigkeit 
und Gründlichkeit die diesbezügliche Literatur ange⸗ 
gegeben wäre. 

Ebenſo erſchöpfend ſind die Kulturkräfte er⸗ 
örtert; ſo ziemlich jede mögliche Maßnahme iſt unter 
dem Geſichtspunkte der Kolloidforſchung behandelt Er⸗ 
wähnt ſeien die verſchiedenen Meliorationen wie das 
Brennen des Bodens, die Drainage, die Miſchkultur, 
Bewaͤſſerung uſw. 

Unter den Wirkungen der Bodenbearbeitung 
intereſſieren uns beſonders die Ausführungen über die 
Pflugſohle, auf die z. B. das ſchlechte Wachstum des 
Waldes auf Ackerland zurückgeführt wird. Wie dieſe 
Erſcheinung unerfreulicher Natur auf Bodenkolloide 
zurückgeführt wird, ſo auch jene günſtige, die wir als 
Bodengare bezeichnen; ſie wird nach Prof. E. er⸗ 
zeugt durch die Ausflockung der Bodenkolloide; dazu 
iſt ein ausreichender Gehalt an Kalk und Magneſia 
im Bodenwaſſer nötig. Die Löslichmachung dieſer 
Stoffe beſorgen die Mikroorganismen, welche Kohlen- 
ſäure bezw. Galpeterfdure z. T. aus dem Humus pro: 
duzieren. 

Ein umfangreiches Kapitel iſt der Düngung ge: 
widmet und insbeſondere dargetan, wie die einzelnen 

19* 


EE E 


Düngemittel organiſcher und unorganiſcher Natur auf 
die Bodenkolloide wirken. Der Inhalt dieſer rund 
ſiebzig Seiten iſt mit der intereſſanteſte des Werkes. 

Unter den Ausführungen über den Pflanzenbau 
findet ſich auch eine freilich kurze Ueberlegung, die ſich 
auf die in Betracht kommenden Wirkungen des Kahl⸗ 


ſchlags und Waldfeldbaus beziehen. Hinſichtlich des Tafeln enthalten alle für den praktiſchen Gebrauf 


erſteren wird neben anderem (Regenaufprall, Durch⸗ 
ſchlämmen uſw) darauf Bezug genommen, daß auf 
kalkarmen Böden „angeſammelte ſauere Humusmaſſen 
dem verſickernden Regenwaſſer die nötigen Mengen 
von Schutzkolloiden mit auf den Weg geben“. „Dann 
iſt Ortſteinbildung oder jedenfalls gründliche Boden⸗ 
verſchlechterung nahezu mit Sicherheit zu erwarten“. 
Mit der Lektüre am Schluſſe des Werkes ange⸗ 
langt, ſieht man, daß es wenige Probleme der Boden⸗ 
kunde uſw. find, die nicht in Beziehung zur Kolloid⸗ 
chemie gebracht werden können. Das Intereſſe an 
dieſen Dingen wird durch die klare Darſtellung nicht 
nur erweckt, ſondern auch geſteigert. Beſcheiden und 
vielleicht vorſichtigerweiſe nennt Berf. fein 563 Seiten 
umfafjendes, tadellos ausgeſtattetes Werk „eine Er⸗ 
gänzung für die üblichen Lehrbücher der Bodenkunde, 
Düngerlehre und Ackerbaulehre“. 
Dr. Bauer-München. 


Tafeln zum Abſtecken von einſeitigen offenen 
Wergkurveu mit Beibehaltung des Weg Gefälles 
berechnet von F. W. Fürſt zu Yſenburg und 
Büdingen in Wächtersbach. Preis M. 1.00. 


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Frankfurt a. M., J. D. Sauerländers Verlag, 1915 


Dort wird aber vorausgeſetzt, daß der zu flogen 


Die kleine Schrift ift im Weſentlichen ein Abdo 
des Abſchnittes „I. Gebrauchsanweiſung“ aus dem er 
Aufſatze im Maiheft 1915, aber vervollſtändigt du 
ſämtliche Hilfstafeln für die Kurvenhalbmeſſer u 
11 bis 20 m, während jenem Auſſatze nur ein 
ſolche Tafel (für 16 m Radius) beigegeben war. X 


im Walde notwendigen Zahlen ſowie eine Beſchreibuß 
des dazu erforderlichen einfachen Winkelinſtrumenig 
das hiernach von jedem Schreiner angefertigt werdg 
kann; fie werden in der Hand auch des mathemati 
ungeſchulten Forſtbeamten gute Dienſte leiften Be 
fih aber für die Theorie des Verfahrens intereffiert 
muß den Original: Auffag im 1915 er Maiheft de 
Allg. Forſt⸗ und Jagdzeitung nachleſen. 


Das Problem, austretende Bogenlinien von be 
ſtimmtem Halbmeſſer und gegebener Steigung atm 
ſtecken, ift m. W. zuerſt von mir in meinem „Grund 
riß der Waldwegebaulehre, Leipzig und Wien 18% 
in den Aufgaben 52 bis 58 zu § 41 gelöſt worden 


Bogen immer nur ein Halbkreis iſt, der dann beider 
ſeits durch Tangenten bis zur urſprünglich abgeftedten 
Gefälllinie fortgeſetzt wird. Das den Tafeln des Garten 
zu Y. und B. zu Grunde liegende Verfahren lit de 
kompliziertere Aufgabe, den in feiner Länge nicht de‘ 
ſchränkten Kreisbogen, der kürzer oder länger, als en; 
Halbkreis fein kann, durch Gegenkurven von 30 
Halbmeſſer mit den Gefälllinien zu verbinden. 


Wimmenatel. 


Briefe | 


Aus Preußen. 


| 
| 


diefen gefallenen Helden ein ehrendes Andenken be⸗ 


Die Beratungen des Abgeordnetenhauſes Über wahren. Die Forſtverwaltung habe ſich nach Pit: 


den Etat den Honſtvenwaltung. 


| 


Zunächſt berichtete der Berichterſtatter, Dr. Hoeſch⸗ 
Neukirchen, über die Beratungen der Staatshaus- Beamten und Waldarbeiter, aus dem Serportreter 
halts⸗Kommiſſion über den Etat der Forſtverwaltung. ſo vieler Bedürfniſſe und nach dem Machlaffer ber 


Hier fet darauf hingewieſen worden, daß man zu einem 


vermehrten Schutz der Schälwaldungen zurüd: 
kehren müſſe. Dieſe ſeien ſeit Jahr und Tag in einen 


gewiſſen Mißkredit gekommen, nachdem vom Auslande | heit zu dienen. Die Holzpreiſe ſeien in den 
außerordentlich billige Gerbmittel eingeführt worden | zelnen Bezirken und für 


ſeien, und nachdem die Technik auf dieſem Gebiete ganz 
beſonders vorgeſchritten wäre. 

Der Berichterſtatter für den Forſtberwaltungsetat, 
Graf v. d. Groeben, gedachte ſodann der im 
Kriege gefallenen Forſtbeamten; es ſeien 
von Forſtverwaltungsbeamten allein 4 Regierungs— 
forſtbeamte, 39 Oberförſter m. R., 4 Oberförſter o. 
R., 37 Forſtaſſeſſoren, 14 Forſtreferendare und 33 


| 


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| 


| 


weſen, als ſonſt. Ungünſtig beeinflußt ſeien 


teilung der Kgl. Staatsregierung, ungeachtet det 
Schwierigkeiten, die aus der Einziehung zahlreicher 


Einfuhr fic) ergeben hätten, bemüht, ihren Anforde: 
rungen nach Möglichkeit gerecht zu werden und u | 
Hintanfegung des fiskaliſchen Intereſſes der . | 
e 3 
bie einzelnen Sortimente außer 
ordentlich verſchieden. Im Jahre 1915 ſei die Nach 


frage nach Eichen-, Buchen- und Nadelholz, und zwa 


Schneide: und Bauholz, im allgemeinen geringer 3” 
die Prek 
durch ſchlechte Abfuhrverhältniſſe und den Arbeiter: 
mangel geworden. Den Schälwaldungen werde 
die Staatsregierung ihr lebhaftes Intereſſe zuwerdel | 
Die Brennholapreife feien hoch. Aber dev” 


Forſtbefliſſene gefallen. Das Abgeordnetenhaus werde verwaltung habe auch hier eingegriffen und Anweiſung 


4 


BA. S 


N, ſoviel Brennholz wie möglich einzuſchlagen 
Wenn irgend angängig, an die Gemeinden frei⸗ 
3 Zu Verkaufen, mit der Maßgabe, daß die Ge: 
edorftände dann ohne Preiserhöhung es an die 
erbemittelten Einwohner abgeben. 
3 Yet ſodann über das Weiterbeſtehen der 
Na ka demie Münden verhandelt worden. 
das Fortbeſtehen ſprächen die ſehr günſtige Lage, 
zerrliche Umgebung, die mannigfache Ausbildungs: 
nBeit und der Umſtand, daß der Wettbewerb 
den zwei derartigen Anſtalten innerhalb eines 
tes Heide anjpornten, ihren Schülern das Beſte 
ben. Auf der anderen Seite fet aber zu berück⸗ 
Gen, Daß die Forſtakademie Münden noch nicht 
lange beſtehe, und daß ſich gerade jetzt durch den 
des Direktors und das hohe Alter zahlreicher 
zenten eine günſtige Gelegenheit bieten würde, ſie 
‚ubeben. Es komme hinzu, daß für die Forſt⸗ 
demie Eberswalde die Nähe Berlins mit ſeinen 
innigfachen Lehranſtalten einen ganz gewaltigen Vor: 
bedeute. Dieſer Umſtand habe dazu geführt, daß 
e meiſten Studierenden der Mündener Akademie ſich 
ein Jahr nach Eberswalde begeben hätten. Es 
rde kaum möglich ſein, an der Frage vorüberzu— 
Feu, ob man nicht mit Rückſicht auf die durch den 
jeg gebotene Sparſamkeit davon Abſtand nehmen 
Me, fih den Luxus zweier Akademien zu leiſten. 
ps der Kommiſſion ſeien ſehr lebhafte Bedenken gegen 
t Aufhebung der Mündener Akademie geltend ge: 
acht worden, wobei namentlich auch hervorgehoben 
den ſei, daß gerade bei Münden viel Laubwald⸗ 
ände vorhanden ſeien, während in der Gegend von 
swalde in erſter Linie Nadelwälder wären. Dem: 
enüber habe die Staatsforſtverwaltung erklärt, daß 
bei Eberswalde Laubwälder vorhanden ſeien, und 
a außerdem jährlich Exkurſionen in andere Staats: 
ſorſtctviere gemacht würden, ſo daß die Studierenden 
Gelegenheit hätten, auch andere Reviere kennen zu lernen. 
Auf die Waldſtreu ſei ferner eingegangen und 
_ demeitt worden, daß die Regierung nach Möglichkeit 
bemüht ſei, dem Bedürfnis der Gemeinden nach Wald— 
1 entgegenzufommen. Ebenſo feien die Staats: 
forſten für das Eintreiben von Vieh freigegeben 
g worden, die Gemeinden hätten aber nicht in dem er⸗ 
warteten Maße Gebrauch davon gemacht. 


Der Abgeordnete Stull (Bentr.) bedauert 
Im Rückgang der Eichen ſchälwälder, der durch die 
Konkurrenz der Induſtrie und durch den geringen Zoll, 
yj auf ausländiſchen Gerbmitteln liege, veranlaßt 
yf worden fei. Die chemiſche Schnellgerberei habe be: 
deutend zugenommen und pflanzliche Gerbmittel feien 
inſolgedeſſen nicht mehr fo notwendig wie früher. Dem- 
gegenüber fei aber zu berüdfichtigen, daß das Leder, 
das mit Eichenlohe gegerbt ſei, zweifellos das beſte 


— ——————— — — — — — — — 4 4244 Gl. —⏑—ñ— . — — 


ſei und die Statiſtik der letzten Jahre beweiſe, daß auch 
bei gewiſſer Schnellgerberei große Mengen ausländi⸗ 
ſcher Gerbmittel eingeführt würden. Durch die fabrik⸗ 
mäßige Herſtellung des Leders ſeien in der Eifel und 
dem Hundsrück wie auch in Weſtfalen blühende Klein⸗ 
betriebe bedauerlicherweiſe vernichtet worden. Die Ge⸗ 
meinden, deren Schaͤlwald zurückgehe, verlören be: 
deutende Einnahmen und private Befitzer würden in 
ihrer wirtſchaftlichen Exiſtenz gefährdet. Aus dem 
Siegerlande ſeien die Klagen beſonders lebhaft, weil 
dort der Schälwald einen doppelten Zweck habe. Nach 
feinem Abtriebe werde die Flache des Schälwaldes dem 
Getreidebau zugeführt, alſo einem Zwecke, der in unſerer 
Zeit eine beſonders wichtige Rolle für unſere Volks⸗ 
ernährung ſpiele. Es ſeien im Siegerlande in letzter 
Zeit in den Wäldern Weideplätze für das Vieh an⸗ 
gelegt worden. Auch hier würde es zu bedauern ſein, 
wenn die Schälmaldungen noch weiter zurückgehen 
würden. Es werde im Gegenteil dort gewünſcht, daß 
man ſtaatliche Mittel zur Verfügung ſtelle, um den 
Schälwald in ſeiner jetzigen Bedeutung zu erhalten. 

Der Herr Miniſter habe in dankenswerter Weiſe 
verfügt, daß mit Rückſicht auf die Futternot die König⸗ 
lichen Waldreviere den Landwirten zu Weidezwecken 
freizugeben ſeien. Leider hätten die Landwirte davon 
nur geringen Gebrauch gemacht. Dieſe Erſcheinung 
ſei wohl darauf zurückzuführen, daß die gute Abſicht, 
welche die Zentralverwaltung gehabt habe, in den 
unteren Inſtanzen nicht in dem Maße vorhanden und 
ausgeführt worden ſei, wie es von oben herab gewünſcht 
ſei. Es ſeien Klagen darüber laut geworden, daß von 
den unteren Inſtanzen Schwierigkeiten bei dem Ver⸗ 
ſuch der Ausführung dieſes miniſteriellen Erlaſſes ge⸗ 
macht worden ſeien. 

Bezüglich der Akademie Münden habe der 
Miniſter in der Kommiſſion nur die Mitteilung ge: 
macht, daß die Abſicht beſtehe, vielleicht die Akademie 
aufzuheben und zwar ganz beſonders aus Sparſam— 
keitsrückſichten. Sparſamkeitsrückſichten feien zurzeit 
ſehr zu billigen, aber man müſſe ſich dabei doch fragen, 
ob man auch an der richtigen Stelle ſpare. Es komme 
hier in Betracht, daß einmal Münden mit ſeiner Um— 
gebung ſehr geeignet ſei, nicht bloß für die theoretiſche, 
ſondern auch für die praktiſche Arbeit, die zur Vor— 
bildung der Forſtmänner notwendig ſei. Jetzt habe 
Preußen zwei Forſtakademien und ſicher nicht zum 
Nachteil der Forſtwirtſchaft und Forſtverwaltung. Im 
Intereſſe der wiſſenſchaftlichen Konkurrenz würde es 
zu bedauern ſein, wenn die Regierung ſich doch dazu 
entſchließen ſollte, Münden aufzuheben. 

Abgeordneter Brütt (freikonſ.) ſchließt ſich 
dem Vorredner hinſichtlich ſeiner Ausführungen über 
die Akademie Münden an und ſpricht ſich für deren 
Erhaltung aus. 


33 a a 


Der Miniſter für Landwirtſchaft, Do: 
månen und Forſten, Dr. Frhr. von Shor: 
lemer, bemerkt, daß die Frage der Aufhebung die⸗ 
jer Akademie zunächſt nur Gegenſtand einer dor: 
läufigen Erörterung ſei und daß endgültige Entſchlie⸗ 
zungen darüber noch nicht gefaßt worden ſeien. Der 
einzige amtliche Schritt, der geſchehen jet, fet der ge: 
weſen, daß an verſchiedene Behörden eine Anfrage er⸗ 
gangen ſei, ob ſie bei eventueller Aufhebung der Aka⸗ 
demie in der Lage ſein würden, die Gebäude ander: 
weit zu verwerten. Für die Beibehaltung der Aka⸗ 
demie kämen die Gründe in Frage, die der Abgeord: 
nete Stull angeführt habe, ſeinerſeits ſeien als Grund⸗ 
für die Aufhebung nicht allein der Grund der Spar: 
ſamkeit, ſondern auch andere Gründe ins Feld geführt 
worden. Man dürfe nicht vergeſſen, daß nach einer 
ſehr ſorgfältigen ſtatiſtiſchen Zuſammenſtellung bei den 
Forſtakademien in Preußen auf einen Dozenten un- 
gefähr 5,5 Studierende entfielen, und daß der jähr⸗ 
liche Zuſchuß, den der Staat für einen Studierenden 
leiſte, bei den Forſtakademien ungefähr 2000 M. im 
Jahr betrage. Daß bei dieſen Koften. die gegenüber 
anderen akademiſchen Lehranſtalten erheblich höher 
feien, die Erwägung nahe liege, ob man vom ſtaat— 
lichen und finanziellen Standpunkte aus die weitere 
Aufrechterhaltung der Akademie noch verantworten 
könne, ſei wohl ſelbſtverſtändlich. Es komme nun auch 
noch etwas anderes hinzu. Es halte an ſich ſchon 
ſehr ſchwer, für Forſtakademien geeignete und tüchtige 
Dozenten zu gewinnen. Die Herren von der grünen 
Farbe ſeien doch in der Regel praktiſche Leute und, 
wenn ſie die Akademie hinter ſich hätten, theoretiſcher 
Beſchäftigung weniger zugänglich. Die ſonſtigen aka: 
demiſch gebildeten Lehrkräfte betrachteten die Forſtaka⸗ 
demie immer als Lehrſtätten zweiter Ordnung; ſie 
ſtrebten nach den Univerſitäten, und infolgedeſſen ſei 
es ſchwer, für die Forſtakademie tüchtige Lehrkräfte zu 
gewinnen, und noch ſchwerer, ſie dort dauernd zu er— 
halten. Wenn man dabei die Zahl der Forſtakade⸗ 

| 
| 
| 


miker betrachte, die in Münden im Durchſchnitt der 
letzten Friedensjahre ca. 73 und in Eberswalde 64 
betragen habe, dann müſſe man ſich fragen, ob es 
notwendig ſei, für dieſe geringe Zahl von Studieren: 
den foviel Lehrkräfte in Bewegung zu ſetzen, und ob 
nicht beiden Teilen damit gedient ſein könne, wenn die 
Ausbildung der Forſtakademiker an einer Stelle mit 
weniger Lehrkräften und beſſerer ſonſtiger Ausſtattung 
ſtattfinden würde. Die Sache habe aber ihre zwei 
Seiten und deshalb fei es erwünſcht, daß fih die Oef- | 
fentlichkeit mit dieſer Frage beſchäftige und daß auch | 
die weſtlichen Provinzen der Monarchie ihre Wünſche 
bezüglich der Akademie Münden geltend machen könnten. | 
| 


Der Abgeordnete Stull habe zwar anerkannt, daß 
alles geſchehen ſei, um die Benutzung der Wald— 


~ 


weide den Landwirten zugänglich zu machen. he 
aber gemeint, daß die nachgeordneten Behörden nf 
überall im Geiſte der Zentralbehörde gehandelt hat 
Vielleicht empfindet zwar der eine oder der andy: 
Waldbeſitzer und auch Waldverwalter es nicht ang 
nehm, daß die Ruhe des Waldes durch eingetriebe 
Viehherden geſtört werde, ſoweit Staatsforſtbeam 
aber in Frage kämen, habe keiner derſelben fid d 
Ueberzeugung entzogen, daß in gegenwärtiger Zeit do 
Staate ſowohl wie von den Privatwaldbeſitzern alg - 
geſchehen müſſe, um den Eintrieb von Vieh und tq” 
mit deffen Ernährung ſicherzuſtellen. Die Waldwei 
komme aber nicht überall der Bevölkerung gelegeg 
und es fei nicht ganz leicht, dieje in Gegenden ein 
führen, wo fie bisher in Friedenszeiten nicht betray 
worden fei. In Gegenden, wo bereits früher Sug- 
in den Wald getrieben worden fei, habe dies in 
Kriegszeit in verſtärktem Maße ſtattgefunden, in 
deren Gegenden habe die Aufforderung hierzu ſei 
der Behörden wenig Erfolg gehabt. Zum Teil fA” 
wohl auch der Mangel an Hirten hieran ſchuld ge! 
weſen. 


Was den Eichenſchälwald anbetreffe, fo habe 
der Krieg den Beweis erbracht, wie wichtig die pan: 
lichen Gerbſtoffe im Inlande für unſere Volkswirſchaf = 
feien, und wie notwendig daher es fei, den Eich: 
ſchälwald dem deutſchen Volke für die Zukunft zu "4 - 
halten. I. 


E 
Abgeordneter Hoff (fortſchr. Volksp.) 4 - 
grüßt im Namen feiner Partei die Erklärung I ° 
Miniſters, daß die bisherigen Verhandlungen über die 5 
Aufhebung der Akademie Münden nur einh : 
mehr akademiſchen Charakter hätten, und bittet, das 
Für und Wider nach jeder Seite hin zu erwäge; 
Es ſei nicht zu leugnen, daß die von dem Minister 
für die Aufhebung angeführten Gründe Beachtung Er = 
dienten. Wenn eine beſſere Verſorgung der Studenten ` 
durch beſſere Dozenten und beſſere Einrichtungen ge 
währleiſtet werde, ſo dürfe man dies nicht außer a . 
laſſen. Andererſeits jeien aber auch die Gründe für 1 
die Beibehaltung der Akademie ſehr wichtig. p 


Der Abgeordnete Hofer (Soz.) führt May : 
über die hohen Holzpreiſe. Brennboly habe det `; 
doppelten und dreifachen Preis wie in Frieden il. 
Erfreulicherweiſe ſuche der Miniſter Abhilfe zu ſchaffen — 
Sollten dem Forſtfiskus aus der billigeren Abgabe 
von Holz Ausfälle entſtehen, dann könnten dieſe burd 8 
die Verpachtung der Jagd in den Staatsforſten g” > 
deckt werden. > 

Abgeordneter Dr. Roeſicke (fonf.) weil au} Ss 
die Bedeutung der Eihenfhälmaldungen Me 
Die heutigen Erfahrungen zeigten, wie notwendig © ' 


> 
* 
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fei, in Zukunft diefe Quelle des Werbftoffes nicht DU 


1 

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147 


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en zu laffen. Die Aufhebung der Forſtakade⸗ 
e Münden würde er bedauern. 

Abgeordneter Krüger (nat.-lib.) bittet eben⸗ 
5 um Erhaltung der Forſtakademie Mün⸗ 
n, die für den Weſten der Monarchie von großer 


Bedeutung ſei. Weiter empfiehlt er, den Förſtern, 


denen das Dienſtland genommen und hierfür eine 
Dienſtauſwandsentſchädigung gewährt werden ſolle, 


eine Aufbeſſerung zu gewähren, weil fie fid ſonſt künf⸗ 


tig ſchlechter ſtehen würden als bisher. 


4 


Notizen. 


A. Karl Eduard Ney +. 

Am 16. Dezember v. J. ſtarb in Freiburg i. B. der dort 
1912 im Ruheſtand lebende Kaiſerliche Oberforſtmeiſter Ney 
Auer von 74 Jahren an den Folgen einer keel Sartigen Darm: 
‚fett, Sein in weiteſten forſtlichen und nichtforſtlichen Kreiſen 
unter Name wird es rechtfertigen, wenn ihm folgende Zeilen 
m Andenken geſchrieben werden. 

Ney wurde in einem pfälziſchen Pfarrhauſe geboren. Er 
dierte in Aſchaffenburg, Karlsruhe und München Forſtwiſſen⸗ 
aft und legte 1863 das bayriſche Staatsexamen ab. 1866 
at e als Leutnant für Kriegsdauer kurze Zeit in den Militärs 
aft, ebenſo 1870 als Kriegsfreiwilliger, {pater als Reſerve⸗ 
mier. Bis zu feinem am 1. Oktober 1871 erfolgenden Eins 
tn in den reichsländiſchen Forſtdienſt ftand Ney als Forſt⸗ 
‚echte im königl. bayriſchen Dienſt, ſpeziell in den Revieren 
Funden, Jägers erg, Bergzabern und Johanniskreuz. Im 
Xedeland warde ihm die ſchöne Oberförſterei Schirmeck über: 
taten, die dem ſchaffensfreudigen Mann ein reiches Feld der 
date bot, ſowohl was Kulturs und Wegebaubetrieb als 
225 bolwerwertung betraf. In die aus dem ungeregelten 
vemelbetried und dem fidh dieſem anſchließenden finnlofen frans 
uiden Flächenfachwerk (Affektationswirtſchaft) geſchaffenen abs 
atmen Waldzuſtände — große zuſammenhängende Flächen übers 
dier Tannen mit teilweiſer Verjüngung — griff er mit ſtarker 
m) geſchickter Hand ein und ſchuf in verhältnismäßig kurzer 
i gutwüchſige ausgedehnte Verjüngungen von Tanne mit 
cte Die Verwertung der anfallenden großen Holzmaſſen 
itab mit gutem Erfolg, wozu nicht wenig ein in kurzer Zeit 
zu Ney aue gebautes autes Wegenetz beitrug. Die Oberförſterei 
zar lange Zeit die einträglichſte des Landes. Jahr für Jahr 

desen rund ½ Mill ion Mk. in die Landeskaſſe. Hier wandte 

„auch erſtmalig den franzöſiſchen Abſtrichverkauf an, dem er 

thr Folge einen großen Vorzug beimaß. Die Erziehung 

inet Kinder veranlaßte N., im Jahre 1881 um feine Ver: 

‘thing in die Oberförfterei Hagenau⸗W. nachzuſuchen. In deren 

u der Aheinebene liegenden Waldungen, die aus franzöſiſchem 

A nelwaldbetrieb, fpäter aus der eigentümlichen Schlagwict⸗ 

än (coupes à tire et aire) hervorgegangen waren, hatte N. 
| beioabere Celegenheit, die feit langer Zeit beobachtete große 
ſorſtliche Verſchiedenheit zwiſchen Traubeneiche und Stieleiche 

u itobleren und feine Anſicht zu Gunſten der erſteren weiter 

in beieitigen. Mit gutem Erfolg wurde don ihm dort ter 

mawn von Eichen und Kiefernbeſtänden mit Buche bes 
güntigt, Ju Jahre 1890 erfolgte die Ernennung N.s zum 
Forterfidtsbeamten — Forſtmeiſter alten Stiles — mit 
therttagung des Aufſichtsbezirkes Straßbura— Hagenau. Doch 
ii für kurze Zeit; denn ſchon Anfang 1891 wurde ihm die 
= des Vorſtandes des Forſteinrichtungsbüros beim Minis 
1. aun übertragen. Seine Tätigkeit bei dieſer Anſtalt führte 
Se ganzen Lande herum und gab ihm neben zahlreichen 
n altdeutſcher Forſten reichlich Gelegenheit, feine foris 
den Erfahrungen und Kenntniſſe zu erweitern. Ob ihm der 
a bei der Einrihtung-aber zuſagte, möchte ich bezweifeln. 
i 9 5 hier übliche Methode des kombinierten Fachwerkes 
wen Hiebsfolge ſelbſt im Laubwald mochte ihm, der in 
In denriihen Verfahren groß geworden war, kaum liegen. 
Meute er, daß die damals übliche Dispofition für jede 
aes ung auf ein ganzes Umtriebsalter hinaus mehr oder 
ig niche Spielerei war. 
Nc. 1 erfolgte die Ernennung N.s zum Oberforſtmeiſter in 
6 Jahre lang wirkte er in dieſer Stellung, die ihm 


— —.9———————————— 
— . ——— ———— aa — —ͥ) ͤ — — — 


reichlich Gelegenheit bot, feine in der Praxis erworbenen Kennts 
niſſe zur Geltung zu bringen. Mit ganz beſonderem Intereſſe 
wandte er ſich der großen forſtlichen Aufgabe in Lothringen 
zu: Ueberführung der alten Mittelwaldungen in Hochwald. 

Die Franzoſen hatten ſchon ſeit etwa 60 Jahren hiermit 
begonnen und in einigen Bezirken mit günſtigen Standorts⸗ 
verhältniſſen (Chateau⸗Salins, Rombach, Dub, Diedenhofen) 
achtungswerte Erfolge erzielt. Die deutſche Forſtverwaltung 
ſchrieb ſehr bald das Umwandlungsverfahren für alle Staats⸗ 
waldungen vor. Der Umſtand, daß einerſeits im dünn be⸗ 
völkerten Lothringen Brennholz ſchlechte Verwertung findet, 
und daß die Arbeitskräfte für Aufarbeitung der geringen Sor⸗ 
timente fehlen, anderſeits in faſt allen Lagen, ſelbſt auf ſchweren 
Böden, die Eiche zum Nutzholzbaum erwächſt, führte unſchwer 
zur Erkenntnis, daß Hochwald am Platze fei. 

Häufiger Wechſel der Standorts⸗ und Beſtockungsverhält⸗ 
niſſe erſchweren indes die Umwandlung, namentlich bei der 
Größe der Reviere. Ney ſuchte dann ſeiner „Wirtſchaft der 
kleinſten Fläche“ zur Anwendung zu helfen. Leider fehlten für 
ein raſches Tempo der Ueberführung grade während ſeiner 
Metzer Dienſtzeit die ſehnlichſt erwarteten Eichel maſtjahre der 
Traubeneiche. Erſt das Kriegsjahr 1914 brachte Lothringen 
eine Vollmaſt, die leider nicht genügend ausgenutzt werden 
konnte. 

Ney's Stärke lag auf waldbaulichem Gebiet. Die Liebe 
zur Natur, ſeine reichen botaniſchen Kenntniſſe, viele Reiſen 


im Lande ſelbſt und in allen deutſchen Waldgebieten, verbunden 


mit einem offenen Blick hatten das „forſtliche Auge“ geſchult, 
das leicht das Weſentliche vom Unweſentlichen ſcheidet und 
ſchnell das Richtige erkennen läßt. So war ſein ſtetes Be⸗ 
ftreben auf Vereinſachung der Kulturmethoden gerichtet. Nichts 
konnte feinen Unwillen fo leicht erregen, als ein teures Pflanz⸗ 
verfahren oder koſtſpielige Spielereien in den Kämpen oder auf 
freier Kulturflä he; gedankenloſes verſchwenderiſches Erziehen 
von nicht benötigtem Pflanzenmaterial war ihm ein Greuel. 
Auch die Pflege der Schonungen und jungen Gehege nahmen 
ſeine beſondere Aufmerkſamkeit bei den fleißigen Revier⸗ 
bereiſungen in Anſpruch. Es verging kaum ein Waldbegang, 
an dem er nicht den ſtets ſcharfgeſchliffenen Hirſchfänger zog. 
um die durch Ueberwachſen bedrohten edlen Hölzer ſelbſt frei 
zu hauen. Der Förſter, der in der Freiſtellung edler Holz: 
arten ſäumig war, konnte ſicher ſein, etwaige perſönliche Wünſch 
nicht ſobald erfüllt zu ſehen. 
Galten die Sorgen in jungen Beſtänden der Entfernung 
minderwertiger Beſtandesglieder und dem Freihieb des zu⸗ 
künftigen Hauptbeſtandes, ſo wandten ſie ſich in den Mittel⸗ 
hölzern einem vernünftigen Durchforſtungs betriebe zu. Es ges 
hörte zu N.'s Verdienſten, daß er frühzeitig die Wichtigkeit 
der Hochdurchforſtungen erkannte, namentlich die Pflege einer 
guten Krone zur Starkholzzucht der Eiche im Hochwald beſtande. 
Die großen Vorräte von Eichenſtarkholz, die das Land noch 
birgt, ſtammen vorwiegend aus dem alten Mittelwald oder 
den coupes à tire et aire. Hier konnte ſich die Krone frei 
entwickeln. Im Hochwaldſchluß iſt die Lage eine entgegen: 
geſetzte. Dazu kam die Sorge vieler Forſtleute, durch vor⸗ 
zeitigen Freihieb Längenwachstum, Aſtreinheit und auch den 
Boden zu ſchädigen. Das führte zu verſpäteten Eingriffen. 
Häufig war es zu ſpät, noch eine gute Krone zu erziehen. N. 
trat für rechtzeitigen Kronenfreihieb und für Unterbau ein und 
verlangte die wiederholte Entfernung ewa auftretender Waſſer⸗ 
reiſer. Eine für die Eichenſtarkholzzucht ebenfalls wichtige 


148 


Maßnahme fand gleichfalls in N. ihren überzeugten Vertreter: 
Der Einzelüberhalt. Dieſe viel umſtrittene Maßregel hat be⸗ 
kanntlich manchen Widerſacher, begründnt durch üble Erfah⸗ 
rungen, die ſich in Wipfeldürre, Waſſerreisbildung ſchon vom 
äſthetiſchen Standpunkte garſtig aufdrärgen. N.'s Anſicht war 
auch bier richtig. In faſt allen Fällen find die Mißerfolge 
Folgen unrichtiger Erziehung und Handhabung. Wer ſchlecht 
bekronte Eichen einzeln überhält kann nichts Gutes erwarten. 
Es muß von langer Hand her für eine richtige Kronenent⸗ 
wicklung geſorgt werden, dann bleiben üble Erfahrungen weg. 
Der ſchön bekronte, waſſerreisfreie Einzelüberhalt bildet nicht 
allein ein wertvolles mit ſtarkem Maſſen⸗ und Weriszuwachs 
arbeitendes Beſtandesglied, er erfreut auch jedes für ſchöne 
Baumkronen und abwechſelungsreiche Beſtandesbilder empfäng⸗ 
liche Auge. 

Sorgte N. einerſeits für Erziehung wertvoller Hölzer, fo 
war er anderſeits auch Meiſter bei der Verwertung, ein Gebiet, 
das ihm ebenſo lag wie der Waldbau. Schon in Schinmeck 


zeigte er beſondere Geſchicklichkeit beim Holzverkauf. Der Ab⸗ 


fag forderte dort Rückſichtsnahme ſowohl auf den deutſchen als 
auch den franzöſiſchen Markt, und letzterer gab wohl den An⸗ 
ſtoß, daß N. das beim franzöſiſchen Großverkauf übliche Ab⸗ 
ſtrichverfahren im öffentlichen Verkaufe einführte, und dieſem 
Verfahren ſtets — auch unter anderen Verhältniſſen — den 
Vorzug einräumte. Natürlich — und das wurde auch von N. 
gewürdigt — eignet es ſich nicht ſür den Kleinverkauf und 
namentlich nicht für den Brennholzverkauf an den Verbraucher. 
Dem Holzverkaufe weſen wandte N. in allen feinen Stellungen 
beſondere Aufmerkſamkeit zu. Er nahm dabei den richtigen 
Standpunkt ein, auch die Intereſſen der Käufer tunlichſt zu 
berückſichtigen, was ihm auch gedankt wurde. An ſeinem Grabe 
noch bat mich der erſte Vertreter des ſüddeutſchen Holzhandels, 
bei einem Lebensbild nicht zu vergeſſen, anzuführen, was N. 
für den Holzhandel und für deſſen Vertreter getan habe, daß 
er ſtets durch ein vorurteil freies und gerechtes Handeln ſich die 
Verehrung weiter Kreiſe zugezogen habe und daß man ihm 
dafür dankbar ſei. 

Auch bei der Ausbeldung der Sortimentseinteilung (Holz⸗ 
taxklaſſen) erwarb fih N. beſonderes Verdienſt dadurch, daß 
er darauf drang, dieſe ebenſo wie die Verkaufslosbildung den 
Bedürfniſſen des Marktes anzupaſſen. 

Es entſprach feinem lebhaften ge'eligen Charakter, daß 
N. ſtets ein reger Teilnehmer an forſtlichen Vereinen war. 
Wohl kaum hat er jemals bei den Tagungen des Elſaß⸗ 
Lothringiſchen Forſtvereines gefehlt, und es war für Jeden 
ſelbſtverſtändlich, daß er ſich bei allen Debatten und Wald: 
begängen lebhaft beteiligte. Hervorragend trat ſein Vereins⸗ 
talent beim Deutſchen Forſtverein hervor. Wie deſſen Präſident 
gelegentlich der Ernennung N.“ zum Ehrenmitglied des Deuts 
ſchen Forſtvereins hervorhob, war N. es geweſen, der zuerſt 
den Gedanken, im geeinten Vaterland auch einen geeinten 
Forſtoerein für das ganze Reich zu begründen, in die Praxis 
übertragen hat. Er rief ſ. Z. den Reichsforſtverein ins 
Leben und durch ſein Entgegenkommen gelang es, den Reichs⸗ 
forſtverein mit der Verſammlung deutſcher Forſtmänner zu 
verſchmelzen und fo den Deutſchen Forftverein zu begründen. 
N. war dann jahrelang ſein Vorſitzender und gehörte bis zum 
Jahre 1913 ſowohl dem Vorſtand wie dem Forſtwirtſchaftsrat 
an, letzterem in ſeiner Eigenſchaft als Obmann für den Elſaß⸗ 
Lothringiſchen Landesbezirk. 

Außerordentlich fruchtbar war N.“'s literariſche Tätigkeit, 
zunächſt auf forſtlichem Gebiet. Schon als Forſtgehilfe ſchrieb 
er ſein gutes Werkchen: „Die natürliche Beſtimmung des Waldes 
und die Streunutzung“, das ſpeziell pfälziſchen Verhältniſſen ent: 
ſprungen war, aber auch in weiteren Kreiſen Beachtung ſand. 
Sein Waldbau, zweifellos das Beſte, was er verfaßt, litt an 
einem unzutreffenden Titel, inſofern er ihn „Die Lehre vom 
Waldbau für Anfänger in der Praxis“ nannte. Ganz im Gegen⸗ 
teil iſt dieſer Waldbau mehr als jeder andere für ältere Prak⸗ 


Für die Redaktion verantwortlich: für Aufsätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer; 
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Stegen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländ ers 
Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. M. — G. Ottos Hofbuchdruckerei in Darmſtadt. 


tiker geeignet, denn er enthält viele Erfahrungen aus ber 
förſterdienſtzeit. Der Titel mag daran Schuld fein, 
Buch weniger Verbreitung fand, als es verdient. 
„Forſtlichen Dummheiten“ enthalten viele praktiſche Erſeh 
Zu nennen find weiter „Anleitung zur Begründung na 
der Waldbeſtände“ — „Ueber den Einfluß des Wa 
das Klima“. „Die Schablonenwirtſchaft im Walde“ 
heilige Forſt von Hagenau“. Ein mit großem Fleiß 
Wiſſenſchaft geſchriebenes Werk ſind „Die Geſetze der 
bewegung im Gebirge“. Von früh auf hatte ſich N. 
Beziehungen der Niederſchläge zum Walde beſchäſtigt. 

Weit größer als bei Verfaſſung ſelbſtändiger Wer 
N.'s ſchriſtſtelleriſche Tätigkeit in den forſtlichen Feith 
in denen eine große Zahl von Aufſätzen, meiſt wadh 
Inhalts von ihm erichienen find. Von beſonderen J 
war f. Z. die Polemik mit Oberforftmetfter Dr. Ber 
bei der beiderſeits Späne flogen. N. war dacei der Au 
durch eine Notiz mit der Ueberſchrift „Ein neuer Zeh 
Waldes“. B. antwortete mit noch ſchwererem Geſchn 
hinderte aber nicht, daß ſich beide Gerren nicht lange 
bei einer in Straßburg tagenden Verſammlung deutſcher 
männer anfreundeten, wobei B. den N. mit „alter Frew 
Gewohnheitsgegner“ anſprach. 

Soweit Ney als Forſtmann. 

Nicht minder intereſſant war er als Menſch. Pii 
Geburt, verkörperte er gewiſſermaßen die Eigenſchaſten 
Volksſtammes. Eine bis zum Eintritt der tückischen F 
krankheit gottbegnadete Geſundheit ſchien den faring 
breitſchultrigen, mit ſtarker Stimme begabten Mann w 
unverwüſtlich zu machen. In dem mit Lebenskeki 
nerüfteten Körper wohnte ein von Lebensluſt deriv 
Geiſt, deffen ſonnigſte Seite ein underwifilider Hua 
Mit Humor ftand er auf, mit Humor legte er ide 
Nichts konnte ihm dieſe herrliche Gottesgabe rauben 
früh bis ſpät leuchtet ihm die Freude am Leben, an ber! 
an der Familie, an der Menſchheit. Nie fühlte er fat 
als an großer Tafelrunde beim Vortrag feiner Gediche; 
Ulkgeſchichten. Die in ihm wohnende poetiſche Ader W 
faſt ſtets in der Richtung des Ulkes von ihm erfolgreich 
tiviert. Hiervon legen 8 Bände feiner „Reimereien eiue 
Grünrocks aus der Pfalz“ reichlich Zeugnis ab. Vielfach f 
erlebte dann auch namentlich dem fröhlichen Pfälzerleben 
nommene Schwänke waren meiſt der Inhalt feiner, we § 
ſelbſt nannte, Reimereien, deren Hauptſtärke in ber vièia 
Mundart lag. 

In weiten Kreiſen bekannt, auch in mehreren 
Sprachen übertragen war ſein „Juriſt“. — 

Das Forſtmann⸗ und Jägerleben gab ihm ſelbſtbern 
lich auch reichlich Stoff zu allerhand erbaulichen Ein 
in gebundener Form. Da Ney einen ausgeſprochenen „Herd 
finn” beſaß, ein Freund der fröhlichen Tafelrunde & F 
durchaus verträglicher Menſch war, ſo kam es, daß er 
Kreiſen beliebt und gern geſehen war. Leider waren > 
Lebensjahre durch Krankheit getrübt. Eine etwa 4 Jie 
dem Tode vorgenommene Operation konnte das * 
aufhalten. Ney liegt auf dem Friedhof von Freibund > | 
begraben. Am 18. Dezember wurde unter lebhaften, 81 4 
Vogeſen herüberrollendem Geſchützdonner die Hülle des MT 
der Erde übergeben. IM 

Ney hinterläßt 1 Sohn und 3 Töchter, von denen A 
ehelicht, 1 verwitwet tft. Der Sohn tft Oberförster u 
er folgte verwundet und geſchmückt mit dem eiſernen 
1. und 2. Klaſſe dem Sarge des geliebten Vater. 10 n 

Die Gattin, mit der N. in harmoniſcher Ehe 1t 
ihm einige Jahre im Tode vorausgegangen. peda 

Die edle Charaktereigenſchaft der Menſchenliebe de ak 
N. beſonders als Vorgeſetzter durch großes Wohlwollen ere 
über den Untergebenen, die wie die Kollegen un 
dem hochbegabten Manne ein gutes Andenken bewahren 


geriet 


Allgemeine 


Fork: und Jagd- Zeitung. 


** 


EN — — — —pä re ee mn > 


| Herausgegeben 
. dr. Karl Wimmenauer, um Dr. heinrich Weber, 


Beh. Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft 
| | an der Univerſität Gießen P 


Zweiundneunzigfter Jahrgang. 


Frankfurt am Main. 
J. D. Sauerländer's Verlag. 


4 1916. Juli. 


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Wer weiss 


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in Form, Färbung und Lage als x? 


von E. Neuhaus, Oberförster in Moutier (S 
48 S. Text, 30 Wolkenbilder, 12 Tafeln, 8 Beilagen. Kl. Folio in 


Vorliegende Arbeit ist die Frucht langjähriger Beobachtungen. Ein kleiner Nes 
Orte sich bildendes Wölkchen hat uns im Sinne der lokalen W etter rprognose unter Umstän® 
als der bestfunktionierende Wettertelegraph. Es kann daher die Anschaffung dieses Werkes 
speziell den landwirtschaftlichen Schulen bestens empfohlen werden, da es zu einer zielbewußte 
anregt und besonders die Jugend anspornt, die Kräfte und E rscheinungen des Weltalls zu st 
Ausstattung ist eine ganz vorzugliche, besonders die photographischen Aufnahmen des Werkes sin 
hervorragender Schönheit. (Schulwart, Leip 


Wie sehr die Wolken in der Stimmung in der Natur mitbeteiligt sind, emptindet Jedermann; ih 
Beziehungen zur Witterung sind bekannt. Aber wie viele Leute achten weder auf die Schönheit der 
bildung, noch auf deren Bedeütung für das Wetter! Aus langjähriger Beobachtung heraus stellt der Ober 
von Moutier, unterstützt von Gelehrten, die Wolken nach Form, Färbung und Lage, nach ihrem Einflu 
die Windric htung, ihren Feuchtigkeitsgehalt und ihren Zusammenhang mit der Witterung dar. Dann s 
er von der Beobachtung und den Zeichnungen der Wolken und Temper aturerscheinungen, die für die vo 
sage der Witterung bestimmend sind. Wer seine Ausführungen beachtet, wird den Wolkenbildungen 
schärfern Augen und mehr Freude folgen; aber auch für die Erkenntnis des kommenden Wetters mehr 
baltspunkte finden, als die gewöhnlichen Wetterregeln bieten. Ein ästhetischer und praktischer Zweck ist 4 
erreicht. Der Verfasser legt als praktischer Mann das Hauptgewicht auf den letztern. 

(Schweizerische Lehrerzeitung.) 

Neuhaus bezeichnet seine Arbeit als einen Versuch, die lokale Wetterprognose um einen Schritt; 
zu bringen. Sie ist mehr als das. Auf dem soliden Grunde einer vieljährigen, systematischen Beob: 
und einläßlichen Studiums bietet der Vertasser Abhandlungen, die allgemein lebhaftes Interesse 
müssen. (Schweizerische Zeitschrift für Forstwe 


Zu beziehen durch alle Buchhandlungen. 


en — — _ . f 2 Ar 


Allgemeine 


fork- und Jagd Zeitung. 


Marteling des Yerbaltens der Holzarten zum 
Waſſer. 


Von Dr. phil. Auderliud. 

Einige namhafte Schriſtſteller, welche ſich auf dem 
Gebiete des Waldbaues betätigt haben, halten die met: 
den unſerer Holzarten nicht für fähig, Ueberſchwem⸗ 
mungen, beſonders oft ſich wiederholende, in der Bege- 
tullonszeit zu ertragen. 

Jäger?) ſchreibt, „Die Weißerle iſt hauptſächlich 
um Anbau in Flußtälern geeignet, welche ſtarken 
zeriodiſchen Uebe rſchwemmungen ausgeſetzt find, denn 
he it die einzige Holzart, welche Ueberſchwemmungen 
zu jeder Zeit zu ertragen vermag“. 

Ney?) fagt, „In der Ueberſchwemmung durch afl- 
gi wiederke hrende Hochwäſſer ausgeſetzten Tief⸗ 
lagen kann nur von der Weide, den Pappelarten 
ind rerſchiedenen geringwertigen Straucharten die 
Rede fein“. 

Borggreve!) behauptet, „Die Tanne ift un: 
"ibig Ueberſchwemmungen zu ertragen, was auch für 
alle ſonſtigen einheimiſchen Nadelholzarten gilt“. 

Und Hamm“) meint, „Am wenigſten empfind⸗ 
lich gegen Uebe rſchwemmung ift Lorbeerweide, Balſam⸗ 
dappel und andere Pappel⸗ und Baumweidenarten; 
klichwohl gehen in der Regel (ſelbſt) die widerſtands⸗ 
jähigſten Holzarten und Sträucher bei einer ſechs bis 
ae Sommerüberſchwemmung vollſtändig zu: 
Kunde“. 

Bären die Ausſprüche der genannten Autoren zu: 
lefend, fo würde man ſowohl in den ausgedehnten, 
im eberſcwemmungsgebiete großer Flüſſe gelegenen 

„„gmoldungen als auch in den Hälterwaldungen, deren 

“1 Sinvidhtung ich Schon laͤngſt und oft empfohlen habe, 
n ij den Anbau einer großen Anzahl Holzarten, und 
„ade der wertvollſten, verzichten müſſen. 
ehr Unter dieſen Umſtänden erſcheint es mir angezeigt, 
Bt 735 5 Behalten der Holzgewächſe zum Waſſer und be⸗ 
5 a E. L. Jäger, Das Forſtkulturweſen. 2. Aufl. 

) C. E. Ney, Die Lehre vom Waldbau. 1885, S. 91. 


) 8. Borggreve, Die Holzzucht. 2. Aufl. 1891. S. 62. 
| 9 un Der Ausſchlagwald. 1896, S. 60. 


Juli 1916. 


ſonders zum Oberflächenwaſſer einer Nachprüfung zu 
unterziehen. 
Dies ſoll in einer Reihe von Artikeln inbezug auf 


| die meilten für die heimiſche Forſtwirtſchaft mehr oder 
weniger in Betracht kommenden Holzarten geſchehen. 


1. Die Kiefer (P. silvestris L.). 

Die Urteile der forſtwiſſenſchaftlichen Schriftſteller 
und praktiſchen Forſtmänner über das Verhalten der 
Kiefer zum Waſſer lauten zum Teile mehr oder weniger 
ungünſtig, zum Teile günſtig. Mein eigenes, durch 
Anſchauung, Ueberlegung und wiſſenſchaftliche Studien 
gewonnenes Urteil iſt unter gewiſſen Vorausſetzungen 
recht günſtig. Ich werde im nachſtehenden, im weſent⸗ 
lichen chronologiſch, zuvörderſt die mehr oder weniger 
ungünſtigen, dann die günſtigen Urteile der Schrift- 
ſteller und Praktiker anführen und dieſen Urteilen 
meine eigenen Wahrnehmungen folgen laſſen. 

Schon durch meine erklärende und kritiſche Be— 
handlung der ungünſtigen Urteile werden diefe für den 
jetzigen Auenwaldbetrieb und vornehmlich für die in 
den Auen, Niederungen und Ebenen gelegenen Wal: 
dungen, welche nach meinem Vorſchlag zur künſtlichen 
Bewäſſerung eingerichtet werden ſollen, als im allge: 
meinen wenig bedeutſam nachgewieſen werden. 


I. Mehr oder weniger ungünſtige Urteile. 


Der erſte mir bekannt gewordene Schriftſteller, 
welcher die Kiefer unter Umſtänden für waſſerſchwach 
hält, tft Pfeil‘). Er ſchreibt, daß die Kiefer (in der 
Vegetationszeit) einer Ueberſchwemmung dort leicht er⸗ 
liege, wo ſie an trockenen Stand gewöhnt ſei. 

Es kann vorkommen, daß durch den Eintritt ſehr 
bedeutender Hochwäſſer (in Au⸗ und Niederungswal⸗ 
dungen) Kiefernanlagen vorgeſchrittenen Alters ins Waſ⸗ 
ſer geraten, welche bis dahin von Ueberflutungen ver⸗ 
ſchont waren Ein ſolcher plötzlicher Wechſel in der 
Bodenfeuchtigkeit kann der Kiefer verderblich werden. 
Sie bedarf zur Unterhaltung der Atmung der Wur- 


1) Pfeil, Neue vollſtändige Anleitung zur Behandlung, 
Benutzung und Schätzung der Forſten. 3. Ausgabe. 2 Ab— 
teilung, Holzkenntnis und Holzerziehung. 1839, S. 144. 

20 


1 


zeln eines gewiſſen Maßes Sauerftoffs. Aber durch 
das Bodenwaſſer wird die Deckung des Bedarfs plötz⸗ 
lich verhindert. Ein um ſo bedenklicherer Vorgang, 
weil die anatomiſche Struktur der Organe, inbeſondere 
der Wurzeln, ſich allmählich der Trockenheit des Bo⸗ 
dens in dem Sinne angepaßt hatte, daß die Ausbil⸗ 
dung geräumiger Luftbehälter unterblieb, aus welchen 
zum Erſatz der von außen unterbrochenen Luftzufuhr 
der Bedarf an Sauerſtoff für die Atmung eine zeit- 
lang hätte bezogen werden können. Der Ausſpruch 
Pfeils läßt fih alfo theoretiſch wohl begründen. Jn: 
des werden in Au- und Niederungswaldungen Fälle, 
daß ganz überſchwemmungsſrei aufgewachſene ältere 
Kieferubeſtände doch noch von Ueberſchwemmungen 
heimgeſucht werden, äußerſt ſelten vorkommen. Weit 
eher können überſchwemmungsfrei aufgewachſene ältere 
Kiefernbeſtände von einer Fußwaſſerdecke betroffen wer⸗ 
den dort, wo die Hälterung mit einer bis vier Wo⸗ 
chen währenden Stauwaſſerdauer eingeführt werden 
ſoll. Da wären auf trockenem Boden erwachſene Be: 
ſtände einer Bewäſſerung von langer Dauer zu 
entziehen. Jedoch nicht der Bewäſſerung überhaupt 
zu entziehen. Die Anwendung einer mäßigen Be⸗ 
wäſſerung wird ſich zunächſt in anatomiſcher Beziehung 
für die Bäume vorteilhaft erweiſen. Man kann ſich 
vorſtellen, daß hierdurch eine Aenderung der anato⸗ 
miſchen Struktur der Organe, beſonders der Wurzeln, 
in der Richtung veranlaßt wird, daß ſich umfängliche 
Lufträume ausbilden. Ein Vorgang, welcher den Bäu⸗ 
men die Gewinnung einer im Laufe der Zeit immer 
zunehmende Widerſtandsfähigkeit gegen eine Waſſer⸗ 
decke ermöglicht. Als mäßig kann man eine Bewälle- 
rung bezeichnen, welche in trockener Vegetationszeit 
etwa alle 14 Tage während einiger Stunden ſtatt⸗ 

findet. So können auch ältere Kiefern, ohne gefährdet 
zu werden, ſich der Bewäſſerung allmählich anpaſſen, 
und dadurch eine Zuwachsſteigerung erfahren. 

Leichter vollzieht ſich die Anpaſſung natürlich, 
wenn die Kiefer von früheſter Jugend an bewälſſert 
wird. Durch zweckmäßige, viele Jahrzehnte betriebene 
künſtliche Bewäſſerung (in Streifen oder Hältern) 
könnte die Kiefer dermaßen zur Anpaſſung an eine 
Waſſerdecke von kürzerer oder längerer Dauer gedrängt 
werden, daß daraus wahrſcheinlich eine äußerſt waſſer⸗ 
feſte Spielart, die Waſſerkiefer, hervorginge, deren 
Samen zur Ausſaat in den Hälterwaldungen zu be: 
nutzen ware. 

Näher liegt es, bei Einführung der Waldbewäſſe⸗ 
rung, namentlich der Hälterung, auf trockenen Stand⸗ 
orten der Niederungen für Kieſernanlagen Samen zu 
verwenden, welcher in ſolchen Kiefernwaldungen ge⸗ 
wonnen worden iſt, welche ſchon vielmals längere Zeit, 
ohne Schaden zu erleiden, im Waſſer geſtanden haben. 


50 


In dieſer Beziehung werde ich unten, an geeign 
Stelle, einen Vorſchlag von, wie ich denke, praktisch 
bedeutender Tragweite machen. 


Sodann ſei der für die Waſſerfeſtigkeit von junge 
Kiefernanlagen ungünſtig lautenden Mitteilungen d 
Königl. Preuß. Oberförſters Blankenburg in 
lig (Regierungsbezirk Breslau) gedacht. Das ober; 
halb Breslau gelegene Forſtrevier Zedlitz war unter 
allen in Niederungen der Oder gelegenen Forftrevieren: 
vor der Errichtung der Deiche dem Hochwaſſer am! 
häufigſten und längſten ausgeſetzt!). Große Stredes: 
des Revieres wurden beiſpielsweiſe durch die Flutwelle 


der Oder im Aug. / Sept. des Jahres 1854 zwei bis; 


drei Wochen lang überſchwemmt. Dieſes Hochwaſſer 
war das gewaltigſte unter den Sommerhochwäſſer, 
welche in dem 103 jährigen Zeitraum von 1813 bi: 
1915 in den Oderniederungen vorgekommen find. Es, 
erreichte am 1. Sept. in Frankfurt a. O. den höchsten 
Stand, 534 cm, und übertraf den höchſten Stand dei 
kleinſten Hochwaſſers in der bezeichneten Zeit, welcher 


in Frankfurt a. O. am 15. Sept. 1890 350 em be 


trug, um 184 em. Blankenburg ſchreibt, daß 


die Pflanzen eines infolge Dammbruches überflutet 


geweſenen Saatgartens vollſtändig, eine 5 ha umlar 
jende, gleichfalls unter Waſſer geſtandene Miefernlaat 
nahezu vollſtändig und, an einem anderen Orte, ſeldf 
ältere, 4 Fuß hohe, kräftige Kiefernpflanzen dem flu⸗, 
tenden Waſſer erlegen ſeien. Dem Berichte Blan- 
kenburgs iſt aber auch zu entnehmen, daß die 
Pflanzen des Saatgartens und der Freiſaaten durch 
die Gewalt des ſtrömenden Waſſers größtenteils um: 


gelegt wurden, und daß auch die 4 Fuß hohen Rie | 


fernpflanzen ſtarker Strömung ausgeſetzt waren und 
Schädigungen erlitten haben?). Angenommen, man 
habe verſucht, die niedergelegten Pflanzen wieder auf 
zurichten. Dann werden dieſe durch das Nieberlegen 
und Aufrichten erhebliche Wurzelverletzungen erlitten 
haben. Dadurch wurde die Nährſtoffzufuhr zu den 
Pflanzen in hohem Maße gehemmt und überdies das 
Eindringen zahlreicher fäulniserregender Bakterien in 
die Wurzeln ermöglicht. Solche durch die Gewalt des 
ſtrömenden Waſſers verurſachte Schädigungen der Pflan⸗ 
zen laſſen fih bei Ueberſchwemmungen in den AU 
-waldungen nicht leicht vermeiden. Anders liegen bie 
Verhältniſſe in den zur Beräfferung eingerichteten 
Waldungen der Niederungen. In dieſen Walbunger 
kommen heftige Strömungen des Waſſers, welche die 
1) Näheres hierüber enthalten die Mitteilungen Blan’ 
kenburgs in den Verhandlungen des Schleſiſchen port 
vereins 1855. S. 123 bis 132. ai 


2) Verhandlungen des Schleſiſchen Forſtvereins 
S. 130. 


i 
1 
| 


151 


Pflanzen in der angegebenen Art ſchädigen könnten, 
überhaupt nicht vor. | 
Schon etwas beſſer lauten die von dem Königl. 
Oberförſter Middeldorpfy in Stoberau (Regie⸗ 
tungsbezirk Breslau) über das Verhalten der Kiefer 
in ſeinem Verwaltungsbezirk gegen die Oderflut im 
Aug. Sept. des Jahres 1854 veröffentlichten Berichte. 
In einem 0,31 ha großen Kiefern- und Fichtenſaat⸗ 
garten (Jagen 1), welcher faſt drei Wochen lang der- 
maßen überflutet war, daß nur die älteſten Pflanzen 
mehrere em aus dem Waſſer hervorragten, gingen die 
liefern fat ſämtlich ein. Die Fichten zeigten ein 
gelbliches, kränkliches Ausſehen. Ich denke mir, daß 
Rodeln und Rinde der Pflänzchen durch das Waſſer 
wridlammt wurden, und daß die Schlammſchicht noch 
lange nach Ablauf des Waſſers an ihnen haften blieb, 
io daß der Zutritt der Luft für Atmungszwecke durch 
die Lentizellen der oberirdiſchen Organe wochenlang 
dußztordentlich geſchwächt war Möglich auch, daß, 
nach Verſchwinden des Waſſers aus dem Saatgarten, 
auf der Oberfläche der Beete eine Schlammkruſte 
enſtand, deren Zerkrümelung unterblieben iſt. Die 
Lurzeln, welche ſchon während der faſt dreiwöchigen 
Dauer der Bodenwaſſerdecke nur eine ſehr geringe 
Menge Luft aus dem Waſſer zu beziehen vermochten, 
waren durch das Beſtehen der Schlammkruſte mig: 
lcherweiſe auch noch für den ganzen Reſt ber Vege⸗ 
lationszeit am Luftbezug von außen behindert. Boden⸗ 
naſſerdecke und Schlammkruſte zuſammen wären für 
Nd ſcon imſtande geweſen, das Erſticken der Pflanzen 


lerbeizuführen. Ferner kommt hier in Betracht, daß 


auch die Affimilation in den Nadeln durch Minderung 
der Zufuhr von Kohlenſäure aus der Luft und — 
bſonders während der Dauer der Waſſerdecke — aus 
Dem Pflanzenkörper beeinträchtigt war, zumal dann, 
Den fih eine Schlammſchicht an den äußeren Orga⸗ 
nen abgeſetzt hatte. 

Aehnliche Beobachtungen wie bei den Kiefern⸗ und 
Sütenfaaten hat Middeldorpf auch bei völlig mit 
Boier bedeckt geweſenen Kiefern⸗ und Fichtenpflan⸗ 
Agen gemachte). Soweit die Kiefernpflanzungen im 
Jagen 9 vollſtändig unter Waſſer geſtanden hatten, 
ingen fie ein. Dagegen ließen die Fichtenpflanzungen, 
obwohl fie nach Ablauf der Flut gelb gefärbt erſchie⸗ 
"n und kränkelten, Erholung erhoffen. Aber auch 
tine in den Jagen 13 und 14 vorhandene Kiefern⸗ 
bilatung machte, obſchon fie völlig unter Waſſer ge- 
anden hatte, im Jahre 1855 neue Triebe und wuchs 
i p ibbelborpf, Folgen ber Ueberſchwemmungen 
wies Gen, Auguſt 1851 auf die Kulturen des Forſt⸗ 
Sm , oberau, Verhandlungen des Schleſ. Forſtv. 1856. 


) A. a O. S. 135. 


freudig weiter). Ich will verſuchen, die auffallenden 
Unterſchiede im Verhalten der beiden Kiefernpflan⸗ 
zungen gegen das Waſſer zu erklären. Möglich, daß 
die vernichtete Pflanzung in einer Vertiefung geſtanden 
hat und daher den Wirkungen einer Gipfelwaſſerdecke 
oder wenigſtens Wurzelwaſſerdecke mehrere Wochen 
länger ausgeſetzt war als die am Leben gebliebene, 
möglich auch, daß die vernichtete Pflanzung von Stau⸗ 
waſſer, die unverſehrt gebliebene jedoch nur von flie⸗ 
ßendem Waſſer betroffen worden iſt. Infolgedeſſen 
wäre die Luftzufuhr zu den ſpäter eingegangenen 
Pflanzen beſchränkter geweſen als die Luftzufuhr zu den 
unverſehrt gebliebenen Pflanzen. Infolgedeſſen hätte 
ferner bei erſteren eine ſchädliche Verſchlammung der 
äußeren Organe leichter eintreten können als bei den 
| am Leben gebliebenen Pflanzen. Es iſt auch nicht 
ausgeſchloſſen, daß die Wurzeln der vernichteten Pflan⸗ 
zung im Gegenſatz zu denjenigen der unverſehrt ge⸗ 
bliebenen verletzt waren, z. B. durch Kerffraß, wodurch 
| 
| 
| 
| 


den Wurzelfäulnis verurſachenden Bakterien der Zu: 
tritt zu den Wurzeln ermöglicht geweſen wäre. 
Erwähnt ſei noch, daß Middeldorpf?) wahrge⸗ 
nommen haben will, daß Kiefernkulturen, welche ge- 
ſchüttet hatten, eine Waſſerdecke ertragen haben, 
daß dagegen Kiefernkulturen, welche noch nicht ge⸗ 
ſchüttet hatten, durch die Flut benachteiligt worden 
ſeien. 


Middeldorpf berichtet weiter, daß infolge der 
Waſſerbedeckung des Bodens auch in den Kiefern⸗ 
ſtangenhölzern der Jagen 12, 13, 14, 18 und 19 viel 


1 
t 


—— — — it, 


Holz trocken geworden feis). | 
| Der Fürſtl. Trachenbergiſche Forſtmeiſter Buro 


| in Trachenberg und der Königl. Preuß. Oberforſt⸗ 
meiſter v. Pannewitz in Breslau machen gleichfalls 
Mitteilungen, welche eine geringe Widerſtandsfähigkeit 
der Kiefer gegen Waſſerbedeckung des Bodens bekunden 
ſollen. 


Buro“) gibt betreffs der im Regierungsbezirk 
Breslau gelegenen, zur Herrſchaft Trachenberg gehöri⸗ 
gen Forſte an, daß die ſchönen Kiefernjungwüchſe in 
den Vertiefungen und Einſenkungen, wo das von den 
im Sommer 1854 erfolgten Ueberſchwemmungen der 
Bartſch, Horle und Schätzke zurückgebliebene Wafer 
den Boden eine Zeitlang überſtaute, bedeutenden 
Schaden erlitten, ſo daß der Schluß der mehrere Hun⸗ 
dert preuß. Morgen umfaſſenden Beſtände infolge Ab⸗ 


1) A. a. O S. 11. 

2) A. a. O. S. 11 f. und 135. 

5) A. a. O. S. 135. 

) Buro, Beſchreibung der zum Fürſtentum Trachen- 
berg gehörigen Forſte in den Verhandlungen des Schleſ. 
Forſto. 1857. S. 236. 

20* 


152 


ſterbens zahlreicher Bäumchen an vielen Stellen Unter: 
brechungen erfuhr. v. Pannewitz!) beſtätigt diefe 
Beobachtungen auf Grund des Befundes der Kiefern⸗ 
orte „in den angrenzenden und ſonſt ähnlich gelegenen 
Königl. Forſten“. 

Indes kann aus dieſen Beiſpielen keineswegs eine 
geringe Widerſtandsfahigkeit der Kiefernjungwüchſe 
gegen das Waſſer hergeleitet werden. Schon deshalb 
nicht, weil genaue Angaben über die Dauer der Waſſer⸗ 
decke fehlen. Eine viele Wochen währende Waſſer⸗ 
decke kann der Kiefer unter gewöhnlichen Verhältniſſen 
verderblich werden. Und einer Waſſerdecke von ſolcher 
Dauer find höchſtwahrſcheinlich die Kiefernorte in den 
Vertiefungen und Einſenkungen ausgeſetzt geweſen. 
Aus der Darſtellung Buros geht nämlich hervor, 
daß die drei genannten Waſſerläufe den Boden der 
Jungwüchſe im Juni 1854 etwa 8 Tage lang, dann 
wiederum im Auguſt und September desſelben Jahres 
beinahe 14 Tage lang überfluteten. Nun ſtanden 
aber die die Vertiefungen und Einſenkungen beſtocken⸗ 
den Jungwüchſe nach Abfluß des ſtrömenden Hoch⸗ 
waſſers noch eine Zeitlang im Stauwaſſer, welches, 
weil ärmer an Sauerſtoff als fließendes Waſſer, den 
Holzwuchs mehr zu gefährden vermag als letzteres. 
Das Stauwaſſer kann ſich ſtellenweiſe im Juni und 
dann wieder im September noch mehrere Wochen er⸗ 
halten haben, bis es durch Verſickerung und Verdun⸗ 
ſtung verſchwand. Eine Waſſerdecke von dieſer Dauer 
geht über das Maß deſſen hinaus, was die Kiefer 


unter gewöhnlichen Verhältniſſen, ohne Schaden zu er⸗ 


leiden, ertragen kann. Bei den von mir zum Ge⸗ 
brauch in den Niederungen und Ebenen vorgeſchlage⸗ 
nen Bewäſſerungsverfahren ift eine Waſſerdecke von 
ſo langer Dauer ausgeſchloſſen. Das Holz erhält in 
der Vegetationszeit bei Anwendung der Streifen: 
bewäſſerung höchſtens eine etwa 5: bis 7tägige, 
bei Anwendung der Hälterung, wenn es ſich um 
Ablenkung eines Teiles des Flutwaſſers in die Hälter 
handelt, eine 1- bis 2 wöchige, in ganz ſeltenen Fallen 
eine 3 Wochen und länger währende Waſſerdecke. 
Außerdem vermag die Kiefer, beſonders wenn ſie von 
Jugend an bewäſſert wird, durch Aenderung der Or⸗ 
ganiſation, z. B. durch Vermehrung der Lufträume 
und Nadeln, Vergrößerung der Nadelflächen, durch Er⸗ 
höhung und Erweiterung der Spaltöffnungen ſich dem 
Waſſerüberfluß allmählich anzupaſſen und deſſen ge⸗ 
fahrdrohende Wirkungen zu paralyfieren. 

v. Lips?) behauptet, daß die Kiefer Wechſel von 
Näſſe und Trocknis nie ertrage und daher auch Stand: 
orte, welche zeitweiſe überſchwemmt werden, meide. 


1) Verhandlungen des Schleſ. Forftv. 1857. S. 236, 
Anmerkung. 
2) E. v. Lips, Die Schule des Waldbaues 1859. S. 120. 


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— — — —— —— —— —gy— — —äj6 — — — —— (—— — er 


Lips’ Urteil it in dieſem Umfange nicht zutreffend. 
In direktem Widerſpruch hierzu ſteht beiſpielsweiſe eine] 
Mitteilung des Königl. Oberförſters Middeldorpf), 
Verwalters des Forſtreviers Stoberau (Reg.⸗Bez. Br 
lau), welche aus natürlicher Beſamung entſtandent! 
Kiefern betrifft. Middeldorpf ſchreibt: Alljähr⸗ 
lich find hier Sommer⸗, Winter⸗ und Frühjahrsge. 
wäſſer von verſchiedenen Wärmegraden zwiſchen da 
Kiefern hingeſtrömt. In jugendlichem Alter find dieje 
von der Flut kürzere oder längere Zeit oft in einem 
Maße heimgeſucht worden, daß aus dem Waſſer ge. 
wiß nicht eine Nadel hervorragte. Trotzdem gingen; 
die jungen Kiefern unverſehrt aus der Flut hewor 
und wuchſen freudig empor. 

Hätte v. Lips gejagt, ältere, auf trockenen 
Boden erwachſene Kiefern ertragen eine ht} 
ereignende Ueberflutung des Bodens don beträchtlichen 
Dauer nicht, und umgekehrt, ältere, auf naſſen 
Boden erwachſene Kiefern ertragen plötzlich 
und dauernd eintretende Bodentrocknis nicht, jo bitte 
man dieſem Satze im allgemeinen zuſtimmen können. 
Betreffs des erfteren Teiles meines Satzes verweile ich aul 
meine Bemerkungen zu Pfeils Ausſpruch (S. 149 
Zum Beweiſe für die Richtigkeit des anderen Zeile 
des Satzes teile ich die Erfahrungen mit, welche mon 
hierüber in der Rheinpfalz gewonnen hat: Ueber in 
den „Seen“ (Lachen) des Bienwaldes in der Rhein: 
pfalz bei ſtändiger Näſſe erwachſene 60 jährige 
Kiefern berichtet Eßlinger), daß fie im Jahre 
1880 „beim Sinken“ des Grundwaſſers auf 1 m unter 
die Oberfläche innerhalb 3 Wochen abgeſtorben feien. 
Ein gleiches Schickſal erlitten, nach den Erkundigungen 
Eßlingers, viel früher auch anderwärts im Bier: 
walde auf der Sohle von „Seen“ erwachſene Kiefern. 
Nachdem die „Seen“ in den Jahren 1818 und 1819 
abgezapft worden waren, ſtarben die Kiefern in den 
darauffolgenden Sommern ab. Aehnliche Erfahrungen 
hat man übrigens vielfach auch mit anderen Holzarten 
gemacht, namentlich in Flußtälern, wenn infolge Ein: 
deichung und Geradlegung des Waſſerlaufes Ueber: 
ſchwemmungen des Waldes nahezu ausgeſchloſſen TUT 
den und das Grundwaſſer eine beträchtliche Senkung 
erfuhr (öſterreichiſche Donauauen). 

Die Kiefern, welche ihre Organiſation der häufig 
eingetretenen Waſſerfülle entſprechend allmählich ge⸗ 
ändert haben, können bei danach ſich einſtellender fån: 
diger Trocknis fih dieſer nicht ſogleich wieder anpaflen. 
Daher können die von den Bäumen zur Abwendung der 
Wirkungen anhaltender Bobennäffe getroffenen, z B. bie 


1) Verhandlungen des Schleſ. Forftv. 1866. ©. 205 f. 

2) Verhandlungen des Pfälziſchen Forſtvereins bei fer 
ner 9. Jahresverſammlung zu Kandel am 3. und 4. Sept 
1881. Bergzabern 1882. S. 22, 24. 


153 


Verdunſtung des Waſſerüberfluſſes aus dem Baum: 
körper fördernden Vorkehrungen, wie die in den Wur⸗ 
zeln und im Stamme mutmaßlich erfolgte Vermeh⸗ 
rung der Lufträume, die Aenderung bezüglich der Be- 
nadelung, der Spaltöffnungen uſw. den Holzgewächſen 
ter Eintritt anhaltender Trocknis leicht verderblich wer: 
den. Der Ernährungs und Wachstumsbetrieb wird 
ſchwach und ſchwächer, bis er völlig erliſcht. 

v. Pannewitz!) behauptet, daß junge Kiefern 
die Ueberſchwemmung im Sommer, wo das Waſſer 
warm ſei, faſt nie ertragen, ſondern ihr erliegen. 

Sind in den Wurzeln und Stämmchen der jungen 
Pflanzen Lufträume nur ſehr ſpärlich vorhanden, 
ſo werden die jungen Pflanzen — und dies gilt nicht 
bloß für die Kiefer, ſondern für alle Holzarten — 
infolge Mangels an unentbehrlicher Luft allerdings 
ſehr gefährdet. Das Waſſer, aus welchem die Wur⸗ 
zeln die in ihm, wenn auch in geringer Menge, ent- 
haltene Luft teilweiſe zu beziehen vermögen, wird mit 
zunehmender Wärme immer ärmer an Luft. Dazu 
kommt, daß junge Pflanzen, weil fie rajh atmen, 

einer verhältnismäßig größeren Luftmenge bedürfen 
als ältere Pflanzen. Indes wird das Sommerwaſſer 
nur wenn es ſteht, und nicht fließt, und wenn es an⸗ 
haltendem Sonnenſchein ausgeſetzt iſt, eine die Atmung 
der Pflanzen in hohem Maße beeinträchtigende vol- 
ſtändige Luftleere zeigen. Durch dieſe Umſtände er⸗ 
fährt der etwas ſchroffe Ausſpruch v. Pannewitz' 
eine bedeutende Einſchränkung. 

Eßlinger) bezeichnet die Kiefer in der erſten 
Jugend als ſehr empfindlich, wenn der Boden faſt 
ununterbrochen und beſonders im Frühjahr durchnäßt 
iſt und hält das oft ſich zeigende Auswintern der 
Jährlinge zum großen Teile für eine Folgeerſcheinung 
derartiger Durchnäſſung des Bodens. 

Auch Heß!) ſchreibt ſehr jungen Kiefern Empfind⸗ 
lichkeit gegen Näſſe zu. N 

Meines Erachtens gedeiht die gemeine Kiefer über⸗ 
haupt nicht gut auf dauernd naſſem Boden. Die 
Pfahl⸗ und Stechwurzeln, welche ſie bei normalen 
Dodenverhältniſſen zu treiben pflegt, können auf 

dauernd naſſem Boden nicht zur Ausbildung gelangen, 
indem fie früher oder jpäter wegen ungenügender Sauer: 
ſtofzufuhr abſterben und verſchwinden. Nur die nahe 
der Bodenoberfläche ſtreichenden Wurzeln, welche der 
Näſſe weniger ausgeſetzt find und mehr Sauerſtoff zu 
beziehen vermögen als tiefgehende Wurzeln, bleiben 


1) Verhandlungen des Schleſiſchen Forſtvereins 1866. 
S. 209. 


y Verhandlungen des Pfälz. Forſtö. 1881. S. 18, 22. 

) R. Heß, Die Eigenſchaften und das forſtliche Vers 
halten der wichtigeren in Deutſchland vorkommenden Holz⸗ 
arten. 1888. S. 131. 


am Leben. Ich habe unweit des nördlichen Endes 
des Wildſees im Schwarzwald auf naſſem, moorigem 


Boden einige, ungefähr 50 jährige, vom Winde ge- 


worfene Kiefern geſehen, deren Wurzelwerk ſehr um⸗ 
fängliche, dünne Ballen anhafteten. Auf der Unter⸗ 
ſeite der etwa 40 em ſtarken Ballen waren Pfahl⸗ 
und Stechwurzeln nicht vorhanden. Will man auf 
dauernd naſſem, moorigem Boden Nadelhölzer anbauen, 
ſo wären hierzu andere, beſonders flachwurzelige Holz⸗ 
arten, wie die Fichte, wohl geeigneter. : 

Borggreve)), welcher weitaus die meiften Holz- 
arten für wenig widerſtandsfähig gegen eine Waſſer⸗ 
decke hält, ſpricht insbeſondere der gemeinen Kiefer 
ganz allgemein die Befähigung ab, Ueberſchwem⸗ 
mungen zu ertragen, weshalb die Kiefer denn auch 
gleich allen ſonſtigen Nadelhölzern von Natur im deut⸗ 
ſchen Auwalde fehle. 

Die Kiefer, wie faſt alle in Deutſchland vorkom⸗ 


menden Holzarten, fehlt von Natur im Auwalde, wenn 


der von den Bäumen unmittelbar oder mittelbar 
(durch fließendes Waſſer, Wind, Vögel) an den Boden 
gelangte Samen immer gerade in deſſen Keimzeit 
von einer anhaltenden Waſſerdecke betroffen wird. Die 
überaus zarten Organe des keimenden Samens wer⸗ 
den dann oft ſchon nach wenigen Tagen von Fäulnis 
ergriffen. Werden aber die Flußauen nicht regel⸗ 
mäßig jedes Jahr zur Keimzeit des Holzſamens 
von Ueberſchwemmungen heimgeſucht, wie die Iſarau 
bei Plattling, die Donauau bei Linz, die Elbau bei 
Deſſau, dann erwachſen aus von der Flut oder durch 
Wind herbeigeführtem oder von Vögeln verſchlepptem 
Samen einzelne Kiefern oder Fichten oder kleinere 
oder größere Gruppen, ja ſelbſt anſehnliche Beſtände. 

Möge nun die Kiefer von Natur im deutſchen 
Auwalde fehlen oder nicht: Tatſächlich findet ſich die 
Kiefer, wie ich im 2. Teile dieſes Artikels nachweiſen 
werde, im Ueberſchwemmungsgebiete der deutſchen Au⸗ 
waldungen in anſehnlichen, frohwüchſigen Beſtänden. 
Gedeiht die Kiefer hier ſchon unter oft äußerſt ſchwie⸗ 
rigen Verhältuiſſen, fo wird fie erft recht gedeihen 
unter für fie günſtigeren Verhältniſſen, namlich auf 
den zur künſtlichen Bewäſſerung eingerichteten Böden. 
Denn hier erreicht die Dauer des Waſſerſtandes die 


im natürlichen Ueberſchwemmungsgebiete vorkommende 


bei weitem nicht uſw. | 

Erwähnt fei ferner, daß in den Verhandlungen der 
am 26. Aug. 1890 in Wien ſtattgeſundenen General⸗ 
verſammlung des Niederöſterreichiſchen Forſtvereins 
vom Oberförſter Arnold?) vor dem Anbau der Kie- 


1) B. Borggreve, Die Holzzucht. 2. Aufl. 1891. ©. 
62 f. und S. 70. 

2) Mitteilungen des Niederöſterreichiſchen Forſtvereins 
1890. S. 173. 


154 


fer in der Donauau gewarnt wird, weil Kiefernkul⸗ 
turen, welche durch Ueberſchwemmung „unter Waſſer 
geſetzt werden“, abſterben. Leider unterläßt es Ar⸗ 
nold, Angaben zu machen über die Art des Kultur⸗ 
verfahrens, welches zur Herſtellung der von einer 
Waſſerdecke betroffenen Anlagen angewandt wurde; 
über das Maß der Wurzelverletzungen, welche die 
Pflanzen, wenn die Anlagen aus Pflanzung hervor⸗ 
gingen, beim Verſetzen erfuhren; ferner darüber, ob die 
Heberſchwemmung bald nach dem Verſetzen der Pflan⸗ 
zen eintrat, ehe noch die hierdurch in größerem oder 
geringerem Maße verurſachten Wurzelverletzungen ge⸗ 
heilt waren, denn bei längerer Dauer der Ueber⸗ 
ſchwemmungen können in die verletzten Wurzeln leicht 
Fäulnis erregende Bakterien eindringen; über die Dauer 
der Gipfelwaſſerdecke; darüber, ob die Nadeln und die 
Rinde der Zweige und der Stämmchen der Pflanzen 
durch die Gipfelwaſſerdecke beſchlammt wurden und 
nach dem Verſchwinden der Waſſerdecke noch längere 
Zeit beſchlammt blieben; ob die Pflanzen durch An⸗ 
griffe von Mikroben, Kerfe, Wild, durch die Wirkung 
von Froſt, Trocknis ufo. verletzt oder geſchwaͤcht waren. 
Unter dieſen Umſtänden läßt ſich der Wert und die 
Tragweite des Arnold'ſchen Ausſpruches nicht beur- 
teilen. 

Mitteninne zwiſchen den Forſtmännern, welche die 
Kiefer, ſei es in der Jugend, ſei es überhaupt, für 
waſſerſchwach halten und denen, welche der Kiefer 
einen höheren oder geringeren Grad von Waſſerfeſtig⸗ 
keit zuerkennen, ſtehen der Enkel H. Cottas, H. v. 
Cotta und Gayer. 

v. Cotta!) fagt, die Naͤſſe ſcheine die Kiefer über- 
haupt nicht in dem Grade zu benachteiligen als man 
oft glaube, denn auch auf Torfbrüchern und Fennen 
des Moorbodens ſei ſie heimiſch. Nur könne ſie ſol⸗ 
chen Standort nicht vertragen, wo Trockenheit und 
Näſſe oft wechſeln. 

Gayer?) ſchreibt der Kiefer einerſeits auf naſſem 
Moor: und Torfboden ein „noch erträgliches“ Wachs⸗ 
tum, bei Vorhandenſein von ſtehender, gleichförmiger 
Näſſe ſelbſt einen beſſeren Wuchs als der Fichte zu, 
hält die Kiefer jedoch andererſeits für empfindlich ge⸗ 
gen extremen Wechſel der Bodenfeuchtigkeit, weil ſolcher 


| 


ſchon in einem Alter der Bäume von 30 bis 40 Jah: 


ren Wurzelfäule verurſache. Hierzu ſei bemerkt, daß 
nach der am Schluſſe dieſes Aufſatzes mitgeteilten Be: 
obachtung Middeldorpfs, wenn man ſie als all— 
gemein zutreffend anſehen darf, das Stammholz der 
Kiefer durch oft eintretende und lange waͤhrende Bo⸗ 
denwaſſerdecke nicht benachteiligt wird. 


1) H. Cottas Anweiſung zum Waldbau. 9. Aufl., 
herausgegeben von deſſen Enkel H. v. Cotta. 1865. S. 67. 
2) K. Gayer, Der Waldbau. 4. Aufl. 1898. S. 62 f. 


Ueberflutung in Frohwüchſigkeit. 


Nun will ich einige felbft beobachtete oder Wr‘ 
das Forſtperſonal der betreffenden Forſtteviereſf = 
kundete Fälle anführen, daß Kiefernkulturen durch 
Waſſerdecke von kürzerer oder längerer Dauer zum 
ten Teile oder ſelbſt vollſtändig vernichtet wu 
Dieſe Fälle ereigneten ſich in den bayeriſchen Staff ::: 
forſtrevieren Speyer, Sondernheim und Kandel! 
(Schutzbezirk Goldgrund). Im Forſtrevier Spe 
Schutzbezirk Berghauſen, erlagen zwei in den ug 
ziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ausgefü, 
Kiefernkulturen den Wirkungen einer in der BE: 
tationszeit des Jahres 1897 erfolgten Uebejdn `: 


mung faft vollſtändig!). Eine in den Jahren 10 -:: 
bis 1895 auf einer Fläche von % ha mit zwei; 
gen Pflanzen ausgeführte Pflanzung wurde in $.: 
Vegetationszeit des Jahres 1897 von einer Waff n 


decke in der Dauer von 7 bis 10 Tagen heimgeſu ;-: 
Die meiſten Pflanzen gerieten völlig unter W | 
Nach deffen Ablauf waren die von Gipfelwaſſerde -: 
betroffenen Pflanzen an den Nadeln und der Nin 
mit einer Schlammſchicht vollſtändig überzogen. A. 
fie wegen Ausbleibens ergiebiger Regenfälle oder fam .. 
ker Winde noch lange nach Waſſerablauf beſtehen bi; 
jo gingen ſämtliche völlig beſchlammten Pflanzen an;: 
Dagegen blieben ſolche Pflanzen, welche bei der lr 
ſchwemmung zum Teile aus der Wafferflache hws -.. 
ragten und daher teilweiſe der Beſchlammung entridy . 
waren, am Leben. Eine Anzahl dieſer Pflanzen was 
den dann freilich vom Rehwild durch Schlagen ung , 
Verbeißen tödlich verletzt. Bei meiner am 11. Soll, 
1904 in Anweſenheit Etzkorns erfolgten Befidtiguyy _. 
betrug die Zahl der noch vorhandenen Pflanzen dwf `- 
10 % Mdes urſprünglichen Beſtandes. Die anderen waf 
der Ueberſchwemmung betroffenen Kulturen beflandny 
aus Saaten, welche in den Jahren 1894/97 auf einen‘ 15 
ein wenig tiefer, näher am Rhein gelegenen, etwa 36% 
umfaſſenden Fläche ausgeführt worden waren. Dei ` 
Saaten, beſſeren Boden beſtockend als die vorher “ 
wähnte Pflanzung, übertrafen diefe vor Eintritt der 
Die Pflanzen n 
den durchweg und natürlich länger als die PNM 
unter Waſſer, zeigten nach deſſen Ablauf völlig be . 
ſchlammte Organe und erlagen ausnahngslos der Ba); . 
ſerdecke und der daran anſchließenden Beſchlammung | 
deren in gänzlicher Abſchließung der Luft von den p 
oberirdiſchen Organen beſtehende Wirkung die be 
Gipfelwaſſerdecke, aus welcher die Pflanzen noch en 
wenig Luft zu beziehen vermögen, übertrifft. 


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L 


7 
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) Meine Mitteilungen beruhen teils auf eg 
Anſchauung, teils auf Angaben des Forſtwartes 65“ 
korn und des Verwalters des Revieres, des inzwiſchen 
in den Ruheſtand getretenen Forſtrates Gümbel m 
Speyer. 


fr 


155 


Jn dem vom Forſtmeiſter Vill verwalteten Forſt⸗ 


r Sondernheim ift nach Angabe des Genannten 
junge Kiefernpflanzung einer Gipfelwaſſerdecke er⸗ 
t. von welcher fie in der Vegetationszeit des Jah- 


1910 heimgeſucht wurde. 


Auch hier waren ſämt⸗ 


“äußeren Organe der Pflanzen ſtark beſchlammt. 


dies war ein Teil derſelben von der Gewalt des 
nden Waffers niedergelegt. 
m das letzte Beiſpiel. Bei dem am 19. Okt. 
in Begleitung des Forſtwartes Sauer erfolgten 
des Schutzbezirkes Goldgrund, welcher einen 


des vom Königl. Forſtamtsaſſeſſor H. Röſinger 


tg verwalteten Forſtreviers Kandel⸗Süd dar⸗ 
ſah ich auf einer etwa 1 ha umfaſſenden Fläche 
He einer achtjährigen Kiefernpflanzung. „6 da: 
waren den Wirkungen der Waſſerdecke erlegen. 
meiſt ſtehende, felten ſtrömende Waſſer überhöhte 
Zeit die Pflanzen. Die Waſſerdecke währte nach 


: foe Sauers — und die Pegelbeobachtungen in 


vist 
un 


“ 


E 
| 


imiliansau beftätigen dieſe -- in der wärmiten 
hent, im Juni, Juli, Auguft, September des 
1910, ununterbrochen mindeſtens 3 Monate. 


* 


fe Beiſpiel bekundet nicht ſowohl ein geringes, 
Bern vielmehr ein verhältnismäßig hohes Maß der 
2 


derſtandsfähigkeit der Kiefer gegen eine Waſſerdecke 
i Und es itt 


“gunmen, daß die Pflanzung bei einer kürzeren 


> fatbauer, etwa bei einer foldjen von 4 bis 5 Wochen, 
Ag oder nahezu völlig unverſehrt aus ihr hervor- 


„Fangen wäre. 


Da, wo man durch Gipfelwaſſerdecke vollſtändig 


 Phlammte junge Kiefern nach Ablauf der Flut durch 


Monding der Wald ſpritze, etwa wegen der nicht 


2 mbeulenden Anſchaffungskoſten oder wegen der 
Ponierigkeit der Waſſerbeſchaffung, nicht reinigen kann, 


wie an Stellen, wo die jungen Kiefern mutmaßlich 


ige Monate hindurch der Ueberflutung ausgeſetzt 


` Miren, empfähle fidh wohl der Anbau waſſerfeſter Laub- 
i balyer, namentlich der amerikanischen Eſche (Grau: 
Babel, Stieleiche, der Silberpappel, Kanadiſchen 


Jad mittelſt Heiſterpflanzung. 


Ob freilich die 
beifer, uch wenn fie angepfählt würden, der Gewalt 


5 Nrömenben Waſſers widerſtänden, weiß ich nicht. Wie 
> beginftigt gegen Beſchädigungen der bezeichneten Art 


Ei Rane in 


k dagegen die Kiefernkulturen in den Hälterwal⸗ 
men! Hier hat man die Regelung des Waſſer⸗ 
der Hand. Außerdem iſt in jedem Forſt⸗ 


weer eine auch zur Vertilgung mancher Kerfe (Nonne, 


derwendbare 


Titer ufw.), und zur Löſchung von Waldbränden 
Waldſpritze vorhanden, mit welcher 
, Mon beihlammte Kulturen nach Ablauf des Waſſers 
i 85 zu reinigen vermag. Eine am Boden ſich 
'n igende Schlammkruſte wird mit dem leicht zu 


handhabenden Krümler zermürbt. Er beſteht aus 
einem 1 bis 1½ m langen Stängchen, an deffen un: 
terem Ende eine mit Zinken verſehene runde oder recht⸗ 
eckige Holzſcheibe angebracht iſt. 

Nachdem ich die für die Widerſtandsfähigkeit der 
Kiefer gegen eine Waſſerdecke mehr oder weniger un⸗ 
günſtig lautenden Behauptungen, Wahrnehmungen und 
Urteile erklärt und einer Wertung unterzogen habe, 
will ich nun eine ſtattliche Reihe fremder und eigener 
Beobachtungen anführen, aus welchen die beachtens⸗ 
werte Waſſerfeſtigkeit der Kiefer, insbeſondere auch in 
früher Jugend, ſich ergibt. 


2. Erfahrungen, welche eine bedeutende Widerſtands⸗ 
fähigkeit der Kiefer gegen eine Waſſerdecke von be- 
trächtlicher Dauer bekunden. 

Einen anſehnlichen Grad von Widerſtandsfähigkeit 
der Kiefernſaaten bekundet ein Bericht des Kgl. 
Preuß. Forſtinſpektors Gumtau!) zu Breslau. Da- 
nach hat eine zweijährige Kiefernſaat im ſogenannten 
Backener See, einem niedrigen flachen Gelände des 
Forſtreviers Bobiele (Reg.⸗Bez. Breslau), welches im 
Spätſommer 1854 länger als 14 Tage gänzlich vom 
Waſſer bedeckt und wiederum im Frühjahr 1855, we⸗ 
nigſtens in den Furchen, ſo überflutet war, daß die 
Pflänzchen, als Gumtau ſie ſah, entweder unter 
Waſſer ſtanden oder nur mit den Gipfeln daraus her⸗ 
vorragten, ſich im ganzen gut erhalten. l 

Erwähnenswert find auch die Beobachtungen und 
Anſichten des Forſtmeiſters Preßler?) zu Stettel⸗ 
dorf bei Wien über das Verhalten einjähriger Kiefern 
gegen eine Waſſerdecke. Preßler hatte im Jahre 
1890 in einer an einem Donauarm gelegenen Pflanz⸗ 
ihule Kiefern-, Fichten⸗ und Lärchenſamen geſät. Die 
Sämlinge zeigten ein gutes Gedeihen. Da trat im 
September des nämlichen Jahres Hochwaſſer ein, wel⸗ 
ches die Saaten meterhoch volle 8 Tage überflutete. 
Nach Ablauf der Flutwelle fand es ſich, daß ein Teil 
der Pflänzchen aus dem Boden ausgewaſchen waren 
und mit den Wurzeln bloßlagen. Preßler ſetzte 
die ausgewaſchenen Pflänzchen ſorgfältig wieder in die 
Erde. Im folgenden Jahre hatte er die Genugtuung, 
zu ſehen, daß die überflutet geweſenen Pflanzen freu⸗ 
dig fortwuchſen. Auf Grund dieſer und anderer Er: 
fahrungen empfiehlt er den Fachgenoſſen aufs ange⸗ 
legentlichſte, die Kiefer, zuſammen mit der Birke, in 
den Donauauen an paſſenden Stellen, wozu er ſelbſt⸗ 
verſtändlich die nach Ablauf der Flut noch geraume 
Zeit mit Waſſer gefüllten Einſenkungen, Mulden und 
Lachen nicht rechnet, anzubauen. Nach den Beobach⸗ 


15 Verhandlungen des Schleſ. Forſtv. 1855. S. 122 f. 
2) K. Preßler, Die Kultur der Föhre in den Donau— 
auen, Oeſterreichiſche Forſtzeitung 1891. S. 264. 


156 


tungen Pre ßlers iſt es nicht das Hochwaſſer, ſon⸗ 
dern „einzig und allein der übermäßige Wildſtand“, 
welcher alle Waldkulturen in hohem Maße benachtei⸗ 
ligt. Zur Unterſtützung ſeines Ausſpruches beruft ſich 
Preßler überdies auf die gelungenen Föhrenkulturen, 
welche der Lehrmeiſter der Auenwirtſchaft, der vor 
einiger Zeit verſtorbene Herzogl. Ratiborſche Forſt⸗ 
meiſter E. Podubetzky zu Grafenegg auf den an 
Preßlers Verwaltungsbezirk angrenzenden Strecken 
des Ueberſchwemmungsgebietes ausgeführt hat. Hier 
müßte demnach Wild garnicht oder doch nicht in einer 
die Kiefernkulturen gefährdenden Menge vorhanden ge⸗ 
weſen ſein. 

Schon wenige Jahre ſpäter hat Preßler jedoch 


Feuchtigkeit“ die Kiefer nicht mehr, ſobald fie ang 
wachſen und in Schluß gekommen iſt. 

Unter den Lehrern der Forſtwiſſenſchaft mühe 
hier Heß und Weiſe wegen ihrer Aeußerungen ik: 
das Verhalten der Kiefer zum Waſſer ermähnt mer: 
den. Heß), welcher, wie oben berichtet wurde, de 
Kiefer in der erſten Jugend gegen ſtehende Näſſe ji: 
empfindlich hält, erkennt dagegen älteren Kiefern ein 
geringe Empfindlichkeit gegen Ueberſchwemmungen zu 
MWeife?) betont die bedeutende Anpaſſungsfähigkei 
der Kiefer an Böden von verſchiedenartigem Feudty: 
keitsgehalt. Sie beſtocke Flugſand, wie Moorboden 
mit ſtauendem Waſſer und alle hinſichtlich de 
Feuchtigkeitsgrades dazwiſchen liegenden Bodenarten. 


| 
| 

den Anbau der Kiefer in der Au vollſtändig aufge⸗ Ich will nun meine teils durch Anſchauung 
geben. Aber nicht etwa wegen der Ueberſchwemmun⸗ teils durch Befragung des betreffenden Fori: 
gen, ſondern lediglich wegen der namentlich durch Reh, ſonals gewonnenen Ergebniſſe über die Wiberftan: 
Hafe und das „elende Kaninchen“ den Kiefernkulturen fähigkeit der Kiefer gegen eine Waſſerdecke hier an 
zugefügten Schädigungen ). führen. 

Auch der Oberförſter Arnoſcht?) in Sirndorf In dem zum Waldbeſitz des Fürſten Hatzfeld 
(öſterreichiſche Donauau) berichtet, daß der Wuchs und gehörigen Forſtrevier Neſigerode (Reg.⸗Bez. Breslau 
das Ausſehen der Kiefernjungwüchſe in den Auen zeigte mir am 20. Auguft 1898 Herr Revierförſter 
nichts zu wünſchen übrig laffen. Wenn die Kiefern Rudel ein ausgedehntes, etwa 30 jähriges Rie: 
dort ſpäter nicht mehr ſchieben, ihre Kronen abzurun⸗ fernſtangenholz, welches feit dem Jahre 1881 
den beginnen uſw., ſo wird dieſe Erſcheinung nicht während der Vegetationszeit viermal, davon einmal 
durch die Ueberflutungen, von welchen die Kieſernbe⸗ im Juli, vom Hochwaſſer der durch das Forren 
ſtände in der Vegetationszeit oft heimgeſucht werden, fließenden Bartſch heimgeſucht wurde. Die Kieler 
verurſacht, ſondern dadurch, daß die Pfahl- und Steh- haben in den Ueberſchwemmungsjahren durchſchnittlic 
wurzeln bei Vordringen in die Tiefe die nährſtoffarme, etwa 10 Tage lang im Waſſer geſtanden. Der Ve 
meiſt aus Schotter beſtehende Bodenſchicht erreicht ſtand mochte an einigen Stellen etwas dünner fein als 
haben. gewöhnlich in dieſem Alter, weil bisweilen einyine 

Die Befähigung der Kiefer, eine Wurzelwaſſerdecke abgeſtorbene Stämme hatten entfernt werden müſſen. 
zu ertragen, wird ferner bekundet durch die Angabe Im allgemeinen war aber hierdurch der Schluß des 
des früheren Königl. Bayer. Oberförſters Eßlinger“), Beſtandes nicht unterbrochen worden. Die Baume 
daß die im Forſtrevier Schaidt (Bienwald in der zeigten infolge der durch die Ueberſchwemmungen 
Rheinpfalz) vorhandenen, inzwiſchen trockengelegten abe en Nährſtoffzufuhr eine üppige, dichte B 
„Seen“, obſchon fie faſt beſtändig Waſſer enthiel: | nadelung. Der Unterſchied in der Benadelung 
ten, gleichwohl oft eine, wenn auch ſpärliche Beſtockung zwiſchen dieſem und einem ein wenig höher 9° 
von Kiefern, geringwüchſigen Birken und ſtruppigen legenen, überſchwemmungsfreien Stangenholz war I 
Stieleichen aufzuweiſen hatten. Nach den Erfahrun⸗ augenfällig, daß ich Herrn Ruchel darauf aufmerk: 
gen Eßlingers“!) ſchädigt ſelbſt eine „hochgradige fam machte. 

— Bei einem in Begleitung des Gorfters Herti 
Gückel am 26. September 1898 unternommenen 
Ausflug in das Herzogl. Anhaltiſche Forſtrevier Grob: 
kühnau ſah ich einen vor den Ueberflutungen der Elbe 
durch Deiche geſchützten älteren Kiefernjungwuchs. Etwa 

½ ha desſelben hat mindeſtens eine Woche bindud l 


in dem durch Luftarmut berüchtigten Druckwaſſer © 
) R. Heß, Die Eigenſchaften und das forſtliche Ver- 
halten der wichtigeren in Deutſchland vorkommenden Holz 
arten 1883. S. 132. 
) Weiſe, Leitfaden für den Waldbau. 2. Aufl. 189 
S. 208. 


1) K. Preßler, Holzartenwahl, Holzartenwechſel, die 
Kulturarten und die Beſtandspflege in den Auwäldern der 
Donau, Mitteilungen der Forſtvereine für Niederöſterreich, 
Steiermark, Krain-Küſtenland, Kärnten Jahrg. 1894. S. 210 
bis 214 

2) H. Arnoſcht, Kulturarten, Holzartenwechſel, Be- 
ſtandspflege, Haupt- und Nebennutzungsbetrieb in den Auen, 
Mitteilungen der Forſtvereine für Niederöſterreich uf. Jahre 
gang 1894. S. 220. 

) Verhandlungen des Pfälz. Forſtv. bei feiner Jahres- 
verſammlung zu Kandel am 3. u. 4. Sept. 1881. Bergzabern 
1882. S. 12. 

) A. a. O. S. 22. 


157 


en, welches durch das Hochwaſſer der Elbe im 
aft 1897 hervorgerufen worden war. Der von 
Druckwaſſer betroffene Teil des Jungwuchſes ließ 
klei Benachteiligung erkennen. 


BeadtenBwerte Wahrnehmungen über das Verhal- 
einer Kiefernanlage mittleren Alters zum Waſſer 
meten fih mir in dem 15 km oberhalb der Stadt 
shturg am linken Rheinufer gelegenen Schutzbe⸗ 
e Plobsheim, welcher zu der damals von Herrn 
Amafer Rebmann in Straßburg verwalteten 
krförſterei Straßburg gehört. Von dem Schutzbe⸗ 
wird ein anſehnlicher Teil in der Vegetationszeit 
alljährlich einmal oder ſelbſt einige Male während 
Jimer Zeit überſchwemmt. Ich habe dieſen damals 
mehreren Holzarten beſtockten Waldteil zweimal 
icht, am 6. und 20. Juni 1899, das erſte Mal 
de von Herrn Forſtmeiſter Rebmann freundlichſt 
Fordneten Begleitung der Herren Förſter G. Gaf- 
ß Plobsheim und E. Jung in Efdau. Unter: 
en für meine Beobachtungen bildeten die mir von 
yrker Gaffer perſönlich gemachten Angaben 
die die mir von Herrn Forſtmeiſter Rebmann in 
enkommendſter Weiſe zur Benutzung überlaſſe⸗ 
v Aufzeichnungen für die Jahre 1896/98 über Vege⸗ 
konsderhältniſſe und über den Waſſerſtand am Pegel 
Straßburger Rheinſchleuſe Nr. 88. 
Das Hochwaſſer des Rheins beginnt in dem der 
ſchwemmung vorzugsweiſe unterliegenden Teil des 
utbezirkes Plobsheim einzudringen, wenn der Pegel 


. Brand von 2,20 m anzeigt. Bei einem Waſſerſtand 
zu 3,00 m ift die der Ueberflutung ausgejegle Wald- 
Px vollſtändig mit Waſſer bedeckt. Unter Be: 
fitſichtigung des Waſſerſtandes von 3 m er: 
‚ Mb ſich betreffs der Dauer der Ueberflutung für die 
emn Jahre des Zeitraums 1896 bis 1898 fol: 

weg: 


| Die Plobsheimer Flutwaldfläche war während der 
. Seqeationszeit des Jahres 1896, welche in dieſem 
Jahn ſpät eintrat und fih vom Mai bis Oktober 
th, 133 Tage lang mit Waſſer bedeckt. An⸗ 
daltende, ununterbrochene Waſſerdecken beſtanden 
| | dom ö. Juni bis 14. Juli in der Dauer von 40 und 
tom 23. Juli bis 2. September in- der Dauer von 
| 2 Tagen. | 
mm Jahre 1897 erwachte die Vegetation ſchon 
1 Mirz Ende des Monates begannen bereits die 
. a Sträucher und auch einige Baumarten, näm⸗ 
| tg RoBtaftanie, Birke, Weißerle, ſich zu begrünen. 
2 * etwa vom 21. März bis Ende Oktober ſich 
i enden Vegetationszeit war der Boden des Mu- 


ji Ba während 104 Tage überflutet. Anhaltende, 
bunbrochene Flutwellen traten zweimal ein. Sie 


det Straßburger Rheinſchleuſe Nr. 88 einen Waſ⸗ 


~ 


—— 9 a — 


erftredten fih vom 26. Mai bis 12. Juli über 48 
Tage und vom 21. Auguſt bis 3. Oktober über 44 
Tage. 


1898 waren die Laubhölzer Ende April völlig 
begrünt. Die Flutwaldflaͤche war waͤhrend der Vege⸗ 
tationszeit 63 Tage mit Waſſer bedeckt. Ununter⸗ 
brochen ſtanden die Holzgewächſe in der Wachstums⸗ 
zeit 30 Tage lang, vom 13. Juni bis 12. Juli im 
Waſſer. 


Der der Ueberſchwemmung ausgeſetzte, 30 bis 40 
ha umfaſſende Teil des Schutzbezirkes Plobsheim liegt 
am linken Ufer des Rheins zwiſchen dem Strombett und 
dem ſehr hohen und ſtarken Flutdamm. Die Flache des 
Auwaldes ſteigt vom Fuße des Dammes nach dem 
Rheine hin ſanft, etwa 1 m, an. Der Auwald beſteht 
hauptſächlich aus Mittelwald und aus den oben er⸗ 
wähnten, damals etwa zwei ha umfaſſenden Kiefern⸗ 
anlagen. Dieſe ſetzen ſich zuſammen aus drei kleinen 
i'olierten Beftänden und einigen ſehr kleinen Gruppen. 
Der größte, etwa 1,25 ha umfaſſende Beſtand ſtockt 
am Ufer des Rheins und fteht, da die Bodenoberflade 
ungefähr 80 em höher liegt als diejenige der beiden 
anderen, zuſammen etwa 0,75 ha einnehmenden Be⸗ 
ſtändchen, nicht ſolange im Flutwaſſer als dieſe. Nur 
bei beträchtlicher Ueberſchwemmung zeigt das Waſſer 
in der Umgebung der beiden Beſtändchen langſame 
Strömung. Dieſes iſt daher im allgemeinen als Stau⸗ 
waſſer zu bezeichnen. 


Die Kiefernanlagen find aus einer Saat entſtanden, 
welche ein früherer Förſter des Schutzbezirkes Plobs⸗ 
heim, Klöpfer, um das Jahr 1850 ausgeführt hat. 
Dies geſchah an mehreren, durch ausgetrocknete oder 
mit Stauwaſſer gefüllte Lachen und Schlingen, viel⸗ 
leicht auch durch Buſchholz von einander getrennten 
Stellen, auf ſandigem Flußkies, einem zum Anbau 
der Kiefer wenig geeigneten Boden. Man kann ſich 
vorſtellen, daß hier ein Teil der aufgelaufenen Pflänz⸗ 
chen infolge mangelnder Nährſtoffzufuhr vertrocknete, 
ein Teil zwar am Leben blieb, jedoch in den erſten 
Jahren oder Jahrzehnten nur kümmerlich vegetierte, 
bis die Pflanzen aus der zwiſchen ihnen almählih zur 
Ablagerung gelangten Schlammſchicht Nährſtoffe etwas 
reichlicher als früher zu beziehen vermochten. Man 
ſollte denken, unter dieſen widrigen Verhaͤltniſſen hät: 
ten Kiefern in Beſtandsform nicht aufkommen können. 
Allerdings erlitten die Kiefern namentlich im Jahre 
1896, in welchem die Bodenwaſſerdecke in der Vege⸗ 
tationszeit mit Unterbrechungen 133 Tage währte und 
im Jahre 1897, in welchem der Boden mit Unter⸗ 
brechungen 104 Tage überflutet war, erhebliche Schaͤ⸗ 
digungen. Betrug doch das Anfallholz, welches wohl 
meiſt zu Laſten der Bodenwaſſerdecke zu ſchreiben iſt, 

21 


158 


in dieſen beiden Jahren ſechs Raummeter. Immer | dort unter günſtigen Verhältniſſen Kieferngruppen, 
hin entſprach der Zuſtand der Kiefernanlagen, als ich ganze Beſtände entſtehen. 


ſie am 6. und 20. Juni 1899 ſah, keineswegs der | 


oben ausgeſprochenen Befürchtung. 

Der Beſund ergab folgendes: Der hoch gelegene, 
am Rheinufer ſtockende größere Beſtand ließ aller⸗ 
dings im allgemeinen Schluß vermiſſen. Dies erklärt 
ſich zur Genüge durch die hier ſtarke Strömung des 
Flutwaſſers, welches wohl manches aus der Saat her⸗ 


vorgegangenes Pflänzchen umgelegt und überdies mehr 


Kies als Feinſand und Schlamm abgelagert haben 
wird. Aus dieſem Medium vermochten die Pflanzen⸗ 
wurzeln Nährſtoffe nur in beſchränktem Maße zu ge⸗ 
winnen. Weit beſſer war der Zuſtand der auf tiefer 
gelegenem Boden ſtockenden beiden Beſtändchen. Hier 
bewegt ſich das Flutwaſſer gar nicht oder, zeitweilig, 
nur ſchwach. Infolgedeſſen waren die Pflanzen in 
früher Jugend der Gefahr, umgelegt zu werden, nicht 
ausgeſetzt. Außerdem wird hier wohl ſchon bei Aus⸗ 
führung der Saat ums Jahr 1850 der Kies mit 
Feinſand und Schlammteilchen einigermaßen gemengt 
geweſen ſein. Allmählich ſetzten ſich aus dem 
Waſſer Feinſand und Schlamm in ſolcher Menge ab, 
daß die Pflanzenwurzeln im Laufe der Zeit ihren 
Nährſtoffbedarf aus dem Boden in immer reichlicherem 
Maße zu beziehen vermochten. Wie der Augenſchein 
lehrte, war die Bodendecke der beiden Beſtändchen ziem⸗ 
lich maͤchtig, wozu ohne Zweifel der Abfall organiſcher 
Stoffe von den Bäumen beigetragen hat. Der Schluß 
der Beſtändchen war nur wenig unterbrochen. Die 
mittlere Scheitelhöhe der Kiefern betrug 15 bis 20 m. 
Eine im Hinblick auf den urſprünglich dürftigen Boden 
anſehnliche Höhenentwicklung. Auch die Stammſtärke 
war nicht unbedeutend. Ich habe den Durchmeſſer 
zweier Stämme in Bruſthöhe gemeſſen. Der eine 
ſtockte im Innern eines hier vollkommen geſchloſſenen 
Beſtändchens, der andere an einer nicht vollkommenen 
Schluß aufweiſenden Stelle des nämlichen Beſtändchens. 
Der Durchmeſſer des erſteren betrug 21, der des letz⸗ 
teren ſogar 33 cm. 

Bemerkt ſei noch, daß ich Anflug nicht wahrge⸗ 
nommen habe. Selbſt am Rande der kleinen Be- 
ſtändchen nicht, obwohl die zahlreichen Zapfen am 
Boden bekundeten, daß die Kiefern, und wohl nicht 
zum erſten Male, gefruchtet hatten. Waſſerbedeckung 
des Bodens von einiger Dauer, wie ſie an dieſem 
Orte faſt regelmäßig in der Vegetationszeit vorkommt, 
wird — ich wiederhole es — den Kiefernkeimlingen, 
überhaupt den Keimlingen der Holzgewächſe, verderb⸗ 
lich. Möglich, daß Zapfen und Samen von der Flut 
ſtromabwärts geführt und an nicht von jedem Hod: 
waſſer überfluteten Stellen der Auwaldflächen abge 
lagert werden. Dann iſt es nicht ausgeſchloſſen, daß 


| 


Peffer noch als durch die Plobsheimer Kiefer 
anlagen wird der hohe Waſſerfeſtigkeitsgrad ber A: 
fer bekundet durch die in zwei Staatsforſtrevieren 
Rheinpfalz gewonnenen Beobachtungsergebniſſe.) hi 
werden die Kiefernanlagen zwar nicht ſo oft von 
Hochwaſſer des Rheins heimgeſucht als diejenigen n 
Schutzbezirk Plobsheim. Dafür tft der urfpriingli 
Umfang der Kiefernanlagen jener beiden Forſtrevie 
im Gegenſatz zu den Plobsheimer Anlagen genau 
kannt. Etwaige Einwirkungen des Hochwaſſers a 
die Minderung der Ausdehnung der Kieſernwi 
laſſen ſich daher dort leichter beſtimmen als hier 
Außerdem ſind die pfälziſchen Kiefernanlagen viel a 
gedehnter als die Plobsheimer und im Lebens alt 
nicht einförmig wie im Schutzbezirk Plobsheim, 
dern von einander verſchieden. 

Zuvörderſt ſei zweier Kiefernſtangenhölze 
gedacht, welche in der Abteilung 2 e, Geheg, Schußbe⸗ 
zirk Goldgrund, Forſtrevier Kandel:Sad nahe an! 
Rheine ſtehen. Herr Forſtamtsaſſeſſor H. Röſinger, 
welcher mich, ſeitdem ihm die Verwaltung des forh 
reviers Kandel⸗Süd übertragen worden ift, wiederholt 
im Goldgrund zu Beobachtungszwecken begleitete, teilte . 
mir im Jahre 1913 mit, daß fih die Stangenboler - 
aus zwei Beſtänden zuſammenſetzen, deren einer 30,! 
der andere 40 Jahre alt fei, und daß der Haden: 
umfang beider Beſtände 15,2 ha betrage. Sie foden 
auf einer Kiesbank, auf welcher gegenwärtig eine bis 
60 em hohe, aus Flutſchlick und Humus beſtehende 
Erdſchicht lagert. Augenſcheinlich iſt der 30 jährige! 
Beſtand aus Pflanzung, der 40 jährige aus Saat her 
vorgegangen. Darüber, ob der ältere Beſtand durch 
künſtliche oder natürliche Beſamung (durch vom glut 
waſſer abgelagerte Zapfen oder Samenkörner) entar: 
den iſt, vermochte Herr Röſinger aufgrund der 
Durchſicht der einſchlägigen Akten des Forſtamtsar⸗ 
chives Aufſchluß nicht zu erhalten. 

Der von 1888 bis 1912 im Goldgrund tätig . 
weſene Forſtwart Herr Sauer konnte bei bedeutenden 
Hochwäſſern feinen Schutzbezirk nur mittelſt Kahns 
beſuchen, wobei er über den Gipfeln der auf tif 9" 
legenen Flächen ausgeführten Kiefernkulturen hinge 
fahren iſt. In den beiden Kiefernſtangenhölzern be 
trug bei einem Pegelftand in Maximiliausau (be 


) Vergl. Eßlinger, Hochwaſſerſchäden in den n 
Rhein gelegenen Staats- und Gemeindewaldungen det 10 
während des Sommers 1910. Forſtwiſſenſchaftl. Sentra 
blatt 1911. S. 394 bis 400 und Bill, Die Hochwafſelche 
den in den Staatswaldungen des Königl. Forſtamtes Son 
dernheim im Jahre 1910. Naturwiſſenſchaftl. Zeitſcht 
füt Forſt⸗ und Landwirtſchaft 1911. S. 198 bis 198. 


159 


‘pon 6,60 m die Waflertiefe unterm Kahn un: | erwähnten Kiefernſtangenhölzer und find, 1897 etwa 
c8Ocm. Mithin würden die Kiefern- | 5jährig, länger als drei Wochen von Gipfelwaſſer⸗ 


genhölzer bei einem Pegelftand von 
m gerade noch waſſerfrei fein, bei 
mjold@en von 6mabereine etwa 20cm 
» Boden waſſerdecke zeigen, ſodaß der 
n auch an unebenen Stellen völlig überflutet ge- 
t fein wird. 
In neueſter Zeit hatte der Rhein die betreffs Höhe 
Zeitdauer betradtlidften Ueberſchwemmungen 
Vegetationszeit der Jahre 1897 und 1910 
wilen. Der Pegel von Marimiliansau zeigte 
ände von 6 m und darüber:!) 
Jahre 1897 am 23., 26. und 27. Auguſt, 


ununterbrochen an 21 Tagen vom 7. 


Sept. Der Waſſerſtand überſtieg an 3 Ta- 
m und erreichte am 11. Sept. das Höchſtmaß 
3m; im Jahre 1910 ununterbrochen 
Tagen vom 16. Juni bis 27. Juli, ferner 
Tagen vom 10. bis 13. Nov. Der Waſſerſtand 
„beg an 9 Tagen 7 m und erreichte am 19. Juni 
. shöhftmaß mit 7,60 m. 
ie Waſſerſtände von 7 m an aufwärts bekunden, 
ie Kiefern in mehr als 1 m hohem Waſſer ge⸗ 
gen haben. 1897 war dies an 3 Tagen der Fall. 
AIL September erreichte das Waller an den 
en mit 1,33 m die beträchtlichſte Höhe. 1910 
die Kiefern durch 9 Tage in mehr als 1 m 
Waſſer. Am 19. Juni, an welchem das Hoch⸗ 
den höchſten Stand des ganzen Jahres erreichte, 
die Waſſermarke an den Stämmen in einer Höhe 
1 m, um 27 cm höher als 1897. 
eine von mir gemeinſam mit Herrn Forſtamts⸗ 
In Köſinger am 28. Juli 1913 unternommene 
digung ſämtlicher Kiefernorte ergab, daß die 
‚ Mmgenbölger im weſentlichen unverſehrt aus den be: 
1 Ueberſchwemmungen hervorgegangen waren, 
Bunz die lezten Gipfeltriebe des 30 jährigen Stangen- 
fe eine Länge von 30 bis 40 cm, die letzten Gip- 
ach eines benachbarten 20 jährigen Kiefernjung⸗ 
,, Fades ine Länge von durchſchnittlich 50 bis 60 em 
„Frith batten. Das 30 jährige Stangenholz enthielt 
k Angabe des Herrn Röſinger auf dem ha 25 
0 Feftmeter Derbholz. 
e Sa nicht ſehr umfängliche Jungwüchſe bis zum 
sh om 20 Jahren ſtehen tiefer als die vorſtehend 


1 ; 

u und mehr betragenden Waſſerſtände des 

us N Habe ich mit Erlaubnis des Herrn Damm- 
3 Doll im Jahre 1905 aus dem Pegelſtandsbuch 

e ausgezogen. Die 6 m und mehr betra- 

1 e Ninbe des Jahres 1910 hat Herr Doll felbft 

werteiter Weiſe für meine wiſſenſchaftlichen Zwecke 
elſtandsbuche herausgeſchrieben. 


* 
y 
* 
re 
2 
— 
= 


decke und 1910, etwa 18 jährig, länger als feds 
Wochen von Wurzelwaſſerdecke heimgeſucht wor⸗ 
den, ohne Schaden zu erleiden. Nur einige kleine 
Stellen dieſer Jungwüchſe, namentlich des tiefſt gelege⸗ 
nen Jungwuchſes, welcher ungefähr 2 bis 3 Monate 
im Waſſer geſtanden hat, zeigten ſich etwas lückig. 

Sehr lehrreich inbezug auf Widerſtandsfähigkeit 
gegen eine Waſſerdecke ſind auch die Jungwüchſe, welche, 
gleichfalls auf pfälziſchem Gebiete, rheinabwärts in den 
Auwaldungen des vom Königl. Forſtmeiſter Vill 
verwalteten Forſtreviers Sondernheim ſtocken. 

Dieſe Kiefernjungwüchſe, wie auch alte Kiefern⸗ 
beſtände, welche zuletzt beſprochen werden ſollen, ſtocken 
in dem durch 8,5 m hohe Daͤmme (Deiche) geſchützten 
Teile der Auwaldungen!). Die Damme ſind ſo hoch 
und ſtark, daß deren Ueberflutung oder Durchbrechung 
durch die Rheinflut damals nicht möglich war. Un⸗ 
ſere Kiefernorte ſind daher 1910 nicht direkt von 
ſtrömendem Hochwaſſer des Rheins betroffen worden. 
Dafür wurden ſie freilich von dem in der Vegetations⸗ 
zeit für ſehr ſchädlich gehaltenen Grund- oder Druck⸗ 
waſſer des Rheins erfaßt. Dieſes erfuhr eine Verſtär⸗ 
kung durch die zeitweilig, und gerade im Jahre 1910, 
ſehr waſſerreichen Flüßchen, welche teils im Pfälzer 
Gebirge, teils in der nach dem Rheine ſich ſenkenden 
Pfälzer Ebene entſpringen und zunächſt in die durch 
den Rheindamm geſchützten Binnenwaldungen des 
Rheins ſich ergießen. Hier werden dieſe Zuflüſſe ſo⸗ 
wie das Rheindruckwaſſer des oberen Teiles der Bin⸗ 
nenwaldungen von einem in früherer Zeit entſtandenen 
Altrheinarme aufgefangen, an welchen ein diefe Waf- 
ſermaſſen dem Rheine zuführender künſtlicher Kanal 
angelegt iſt. An der Kreuzungsſtelle desſelben mit 
dem Rheindamme findet ſich eine Schleuſe, deren auf 
der Rheinſeite gelegene beide Torflügel ſich ſelbſttätig 
öffnen und ſchließen. Sie öffnen ſich nach dem Rheine 
hin, wenn das Rheinwaſſer niedriger iſt als das 
Kanalwaſſer. Sie ſchließen ſich, wenn der Waſſerſtand 
des Rheins den des Kanals überhöht. Geſchieht letz⸗ 
teres, was bei der gewaltigen Flut des Rheins im 
Jahre 191) geraume Zeit der Fall war, dann ſammelt 
fih das Waſſer in dieſem Teile des Binnenwaldgebietes 
in beträchtlicher Menge an. Wohl find zur Verhin⸗ 
derung des Eindringens dieſer Waſſermaſſen in die 
ſeit⸗ und abwärts von dieſem Altrheinarme gelegenen 
Binnenwaldungen und in die an der weſtlichen Grenze 
dieſer Waldungen vorhandenen Felder Daͤmme in der 


) Nach Vill umfaßt dieſer Teil der Auwaldungen des 
Forſtreviers Sondernheim 570 ha, der im Flutgebiet des 
Rheins gelegene, von ſtrömendem Waſſer heimgeſuchte Teil 
der Auwaldungen 530 ha 

21* 


$ 


durchſchnittlichen Höhe von 6,5 m errichtet. Bis zum 
Jahre 1910 erfüllten dieſe Dämme auch ihren Zweck. 
In dieſem Jahre jedoch erreichten die Waſſermaſſen 
eine ſolche Höhe, daß ein Teil des Waſſers ſich über 
die Dämme ergoß und das Wald- und Feldgelände, 
ſoweit es von Druckwaſſer noch frei war, überflutete. 
So glichen die Binnenwaldflächen einem ausgedehnten 
See, aus welchem nur kleine hochgelegene Waldſtrecken 
als Inſeln hervorragten!). Das Waſſer blieb auf den 
überfluteten Waldflächen ſtehen bis es bei ſinkendem 
Waſſerſtande des Rheins in dieſen mittelſt des Kanals 
und der ſelbſttätigen Schleuſe abzog oder verſickerte 
und verdunſtete. 

Dieſe Vorgänge brachten es mit ſich, daß im Jahre 
1910 jämtlihe Kiefernanlagen der Auwaldungen des 
Forſtreviers Sondernheim von einer 1 bis 2½ 
Monate andauernden Waſſerdecke betroffen wurden. 

Die Jung wüchſe im Umfange von 8 ha be⸗ 
ſtocken eine früher als Feld benutzte Fläche, welche 
zu / mittelft Pflanzung, zu / mittelſt Saat auf: 
geforſtet worden iſt. Die Anlagen waren bei Eintritt 
des Waſſerſtaues im Jahre 1910 5 bis 14 jährig. 
Der Waſſerſtau währte 1½ bis 21/e Monate, von 
Ende Juli bis Sept., an den tiefſten Stellen bis Okt. 
hinein. Die von mir und Herrn Forſtmeiſter Vill 
am 20. Okt. 1911 beſichtigten Jungwüchſe waren im 
allgemeinen von guter Beſchaffenheit. Nur etwa “ 
einer 1 ha beſtockenden 7 jährigen Pflanzung war an 
einer Stelle zum großen Teile abgeſtorben. Dies er⸗ 
klärt ſich mutmaßlich fo: Vor Ausführung der Pflan: 
zung wurde das außerordentlich ſtark von Engerlingen 
bewohnte Feld gepflügt. Auf der ein ha umfaſſenden 
Fläche wurden ungefähr 1 kbm Engerlinge geſammelt 
und vertilgt. Viele von Engerlingen bewohnte Boden⸗ 
teile werden aber von der Pflugſchar nicht erfaßt wor⸗ 
den ſein. Aber auch in den durch Pflügen an die 
Oberfläche gebrachten Bodenteilen werden eine Anzahl 
Engerlinge den Blicken der Sammler entgangen ſein. 
So konnten zahlreiche im Boden gebliebene Engerlinge 
die Wurzeln der in den umgepflügten Boden gefetzten 
Kiefernpflanzen mehr oder weniger ſtark beſchaͤdigen. 
Die Pflanzen, deren Wurzeln ſtark beſchädigt wurden, 
ſtarben ab, die Pflanzen, deren Wurzeln nur mäßig 
beſchädigt wurden, blieben zunächſt am Leben. Wohl 
werden die verletzten Wurzeln dieſer Pflanzen infolge 
der Wirkungen des Stauwaſſers abgeſtorben ſein. 
Allem Anſcheine nach waren jedoch nach dem Ver⸗ 
ſchwinden der Waſſerdecke eine, wenn auch nur kleine, 
Anzahl mehr oder weniger geſunder Wurzeln noch vor⸗ 


1) Vergl. Vill, Die Hochwaſſerſchäden in den Staats- 
waldungen des Königl. Forſtamtes Sondernheim im Jahre 
1910, Naturwiſſenſchaftl. Zeitſchrift für Forſt⸗ und Land⸗ 
wirtſchaft 1911. S. 193 f. 


* 


handen. Denn die am Leben gebliebenen PR. 
entwickelten im Frühjahr 1911 noch bis 20 en. 
Gipfeltriebe. Da trat aber in dieſem Jahre eu 
mehrere Monate ſich erſtreckende, faſt regenloſe 3 
periode ein. Die geringe Anzahl Wurzeln, weiß 
Engerlingfraß verſchont geblieben waren, vers 
nicht, den Pflanzen die ungemein beträchtlich: W 
menge zuzuführen, deren ſie infolge der überaus 
ken Verdunſtung bedurften. Die Pflanzen wig ` 
ten. Dieſe kleine, übrigens nur den 40. Teil der 
der Geſamtjungwüchſe darſtellende Fehlſtelle 
ſonach im weſentlichen durch Engerlingfraß und 
durch die Wirkungen des Stauwaſſers verrät 
den ſein. 

Am 25. Juli 1913 beſuchte ich in Begletts 
Herrn Forſtmeiſters Vill die ein Hektar unc 
achtjährige Pflanzung von neuem. Der Zuſtan 
übrigen / der Pflanzung hatte fidh feit den |’ 
des Jahres 1911 verſchlechtert. Die ganze! 
umfaſſende, ein wenig nach Süd geneigte i 
bildet, jo zu fagen, ein Stelldichein tieriſcher 8. 
linge. Außer den Engerlingen haben nau 
Kaninchen und Rehe größere oder kleinen W 
in den Kulturen verſchuldet. Beiſpielsweiſt ay. 
eine Anzahl Kiefernſtämmchen in der Höhe w: 
bis m von Rehen in der Weiſe verbiſſen, Ag 
als Aeſung dienenden Gipfel nach unten hingen 1 

Aus vorſtehender Darſtellung geht hems. 
der etwas mißliche Zuſtand des iefernjengomy ` 
nicht ſowohl durch die Wirkung des Waſſerſtaues f 
dern vielmehr durch die von Engerlingen und 
bewirkten Beſchädigungen der Pflanzen ver 
worden iſt. A 

Zum Schluß frien die die bedeutende Af 
feſtigkeit alter Kiefern bekundenden Tatil ` 
angeführt. Die in der Nähe der Kiefernjung riß 
an einigen Stellen fih findenden, mindeſtens +4 
beſtockenden alten Kieferubeſtände waren zur J. 
dis Waſſerſtaues, im Jahre 1910, 60 JM 
alt. Nach mündlicher Angabe des Herrn Forfait ‘7 
Vill hat der größte Kiefernbeſtand, ſowel ae 1. 
breite flache Mulde beſtockt, 2!/2 Monate, oe x 
in 20 cm höher gelegenem Boden wurzelt, N. 
im Stauwaffer geſtanden. Die Benadelung der n 
fern in der flachen Mulde hatte ſich infolge bit 
kung der Waſſerdecke etwas verdünnt. Herr BI 
meinte, der Erſatz für die abgefallenen Nadeln 
nicht lange ausbleiben. Wie die am 25 Juli 1 
wiederholte Beſichtigung des Beſtandes lehrte, id 
ſich dieſe Meinung als zutreffend: die Benai 
war vollkommen. Im übrigen fei über den 2. 
des nicht ſelten von anhaltender Wafferdede : 
ſuchten Beſtandes folgendes berichtet. Schluß M 


& 
= 


161 


icenlos, durchſchnittliche Scheitelhöhe (Schätzung) un: 
ihr 20 bis 22 m, mittlerer Stammdurchmeſſer 20 
8 30 cm. 

Außerdem bekundet unſer Kiefernbeſtand, welcher 
“98 und 1899 mit Buchen unterpflanzt worden war, 
aß die Kiefer die Buche in Waſſerfeſtigkeit erheblich 
otat Die Hälfte der Buchen waren der Flut 
ts Jahres 1910 erlegen. 

Betreffs der Beſchaſfen heit des Holzes 
zung von langwierigem Hochwaſſer betroffener Ries 
aundeftände habe ich etwas Ungünſtiges nicht ver- 
onmen. Der Königl. Preuß. Oberförſter Middel- 
sth) in Stoberau (Reg.-Bez. Breslau), welcher 
a fünf verſchiedenen Forſtrevieren des Ueberſchwem⸗ 
ungsgebietes der Oder ſechs oft und lange im Flut: 
‚ser geſtandene Kiefern im Alter von 32, 45, 66, 
3, 85 und 105 Jahren unterſuchte, fand die Baume 
durchweg geſund. 


Che ich meine Darſtellung über das Verhalten 
der Kiefer zum Waſſer ſchließe, möchte ich der Königl. 
Atgirung, Abteilung für Forſten, in Speyer, ſowie 
den Herren Vorſtehern der Forſtämter Kandel⸗Süd 
ond Sondernheim, Forſtamtsaſſeſſor Röſinger und 
Jorfmeiſter Will eine Bitte ehrerbietigſt unterbrei⸗ 
m durch deren Erfüllung die Forſtwirtſchaft mag: 
‚Sermeie eine überaus bedeutende Förderung erführe. 
Le Bitte lautet, es mögen Verſuche angeſtellt wer: 
. durch Gewinnung von Samen aus, den waſſer⸗ 
‘ren Kiefernbeſtänden der Forſtreviere Kandel⸗Süd 
"ıldgrund) und Sondernheim und durch Ausſaat 
ts Samens eine gegen die Wirkungen lange währen⸗ 
in Stauwaſſers ſehr widerſtandsfähige Spielart, die 
Laſſerkiefer, zu züchten. 

Leferten die Verſuche das erhoffte Ergebnis, ſo 
tite der Same oder das daraus gewonnene Pflanzen: 
uaterial zunächſt zur Befriedigung des Bedarfs der 
Yortteiere Bayerns abzugeben, der etwa verbleibende 
libencuß nach auswärts zu verkaufen. 

„Di Verſuche ließen fih auch auf alle anderen 
olig nichtigen Holzarten erſtrecken, deren Waſſer⸗ 
gleilsgrad in den genannten Forſtrevieren durch 
“alung an die nicht ſeltenen und langwierigen 


Buferdecken allmählich ein außerordentlich hoher ge⸗ 
vorden ift. 


— 


_) Verhandlungen des Schleſiſchen Forſtvereins 1866, 
8. 206 bis 208 


9 Dag Forſtamt Sondernheim ſcheidet aus meiner Bors 
Be aus, da der Herr Finanzminiſter bald nach Beginn 
i ſrieges aus militärifhen Gründen die unverzügliche 
i holzung von 140 ba Staatswald im Forſtrevier Sondern» 
= angeordnet hat. 
Fable ſämtliche Kiefernorte betroffen worden, 


tel] 


Von dieſer Abholzung find auch 
tere Pflanzen. 


Hanptergebniſſe der vorſtehenden Darſtellung. 

1. Unterirdiſche Bodennäffe, ohne Ober: 
flächenwaſſer, wird von der Kiefer länger ertragen als 
oberirdiſche Waſſerdecke. Bei unterirdiſcher Bodennälſſe 
erhalten die nahe an der wenig feuchten Oberfläche 
hinſtreichenden Wurzeln ſtets oder doch zeitweiſe Sauer⸗ 
ſtoffzufuhr direkt aus der freien Luft vermittelſt der 
Lentizellen. Bei oberirdiſcher Waſſerdecke wird Sauer⸗ 
ſtoff von den Wurzeln weit ſpärlicher aufgenommen. 
Die Aufnahme beſchränkt ſich auf die im Waſſer ent⸗ 
haltene Luft, deren Menge nur gering iſt und ſich 
überdies bei zunehmender Tiefe des Waſſers und mit 
deſſen zunehmender Erwärmung durch die Sonne und 
Luft im Sommer noch vermindert. 

2. Durch ſtehendes Oberflächenwaſſer 
oder Stauwaſſer wird die Kiefer mehr benach⸗ 
teiligt als durch fließendes. Aus erſterem wird 


| verhältnismäßig viel Luft durch Erwärmung des Waf: 


ſers in der warmen Jahreszeit ausgetrieben. Doch iſt 
der Unterſchied in der Wirkung zwiſchen ſtehendem 
und fließendem Waſſer nicht ſehr bedeutend. Ver 
mutlich, weil die Kiefer in hohem Maße befaͤhigt itt, 
die Qufträume in den Wurzeln zu vergrößern und zu 
vermehren. Stehendes Waſſer kann noch durch eine 
andere Wirkungsweiſe die Kiefer benachteiligen. Stau⸗ 
waſſer begünftigt das Entſtehen von den Holzgewäͤchſen 
mehr oder weniger ſchädlichen Bodenſäuren weit mehr 
als fließendes Waſſer, welches den Boden ſogar zu 
entſäuern und zu entſalzen vermag. Indes vollzieht 
fih die Bodenverſaͤuerung durch Stauwaſſer nur lang: 
ſam und kommt oſt nur bei Waſſerdecke von langer 
Dauer vor. 

3. Gipfelwaſſerdecke, bei welcher die Pflan⸗ 
zen völlig unter Waſſer ſtehen, iſt der Kiefer ſchäd⸗ 
licher als bloße Bodenwaſſerdecke. Durch Gipfelwaſſer⸗ 
decke wird der Zutritt von Sauerſtoff vermittelſt der 
Rindenporen oder Lentizellen nicht nur zu den Wur⸗ 
zeln, ſondern auch zu den Stämmen, Aeſten und 
Zweigen in hohem Maße gehemmt und außerdem der 
Aſſimilationsvorgang in den Nadeln außerordentlich 
beeinträchtigt. Ferner bewirkt die Gipfelwaſſerdecke, 
wenn das Waſſer ſchlammig iſt, die Ablagerung einer 
Schlammſchicht auf Rinde und Nadeln. Bleibt die 
Schlammſchicht nach Ablauf des Waſſers noch eine 
Zeitlang beſtehen, ſo erhält hierdurch die nachteilige 
Wirkung, welche bei Gipfelwaſſerdecke das Waſſer 
hervorruft, gleichſam eine Fortſetzung. 

4. Durch Gipfelwaſſerdecke werden ſehr junge 
Pflanzen, weil fie raſcher atmen als ältere und 
weil jene wegen ihrer kurzen Lebensdauer noch nicht 
imſtande waren, die Lufträume beträchllich zu ver: 
mehren und zu vergrößern, mehr gefährdet als al: 


162 


5. Die Kiefer vermag, gleich den meiſten anderen 
Holzarten, ohne Schaden zu erleiden, außerhalb 
der Vegetationszeit länger im Waſſer zu 
tehen als innerhalb derſelben. In unſeren 
Breiten atmen die Holzgewäͤchſe, insbeſondere auch die 
Kiefer, in der kalten Jahreszeit nur ſehr ſchwach, be⸗ 
dürfen daher auch nur einer geringen Menge Sauer⸗ 
ſtoffs. Außerdem ift das Waſſer unter gleichen äußeren 
Verhältniſſen in der kalten Jahreszeit reicher an Luft 
als in der warmen. 

6. Das Stammholz oft und lange im Flut⸗ 
waſſer geſtandener Kiefern iſt geſund. 


Aufgrund meiner Darſtellung habe ich den Waf- 
ſerſeſtigkeitsgrad der Kiefer eingeſchätzt. 
Hierbei blieben Keimlinge und ſehr junge Pflanzen 
unberückſichtigt. Kiefern auf ſolcher Stufe der Ent: 
wicklung atmen beſonders raſch und ſind nicht imſtande, 
die durch Ueberſchwemmungswaſſer von langer Dauer 
außerordentlich verminderte Luftzufuhr zu den Orga- 
nen durch Vergrößerung und Vermehrung der Luft- 
räume ſofort in gewiſſem Maße wettzumachen. Auch 
werden Keimlinge und zarte Pflänzchen noch nicht 
befähigt ſein, dem übermäßigen, Zellenſprengungen 
uſw. verurſachenden Eindringen von Waſſer in die 
Organe durch Verſtopfung der Zugänge in Form von 
Thyllen zu begegnen. Ferner habe ich bei meiner 
Einſchätzung angenommen, daß anhaltende Waſſerdecke 
nicht eintritt kurz nach dem Verſetzen der Pflanzen, 
ehe noch die dadurch etwa entſtandenen Wurzelver⸗ 
letzungen geheilt ſind, nicht eintritt zu einer Zeit, wo 
die Pflanzen oder Bäume etwa durch pflanzliche oder 
tieriſche Schädlinge verletzt oder geſchwächt ſind, nicht 
eintritt in Jungwüchſen, Stangen: und Althölzern, 
welche von Oberflächen waſſer nie betroffen worden find. 
Weiter iſt meine Einſchätzung unter der Vorausſetzung 
erfolgt, daß das Ueberſchwemmungswaſſer nicht eine 
den Zutritt der Luft zu den Pflanzenwurzeln abhal⸗ 
tende Verkruſtung oder Verſandung oder Verkieſung 
des Bodens bewirkt, und daß es nicht eine ſolche 
Menge Schlamm enthält, daß ſämtliche oberirdiſchen 
Organe der unter Waſſer geratenen Pflanzen mit 
einer nach Ablauf des Waſſers noch lange fortbeſtehen⸗ 
den Schlammſchicht überzogen werden. 

Unter dieſen Annahmen und Vorausſetzungen be- 
trägt die Widerſtands fähigkeit in der Bege: 
tationszeit bei von fließendem Waſſer 
dargeſtellter Gipfelwaſſerdecke etwa 4 bis 
5 Wochen, bei fließendem Waſſer ohne 
Uebergipfelung der Pflanzen für Jung: 


— ——¼ — — a a oe 222 ! 1Ü4: . a a E aa 


r WJ ᷣͤ—-V—AM-•²E. . . .. a 
— —— 333 — 


wüchſe etwa 5 bis 6 Wochen, bei fließende 


Waſſer für Stangen: und Althölzer 6 bis 
Wochen, ohne daß ein erheblicher Abgang von 

zen oder Baͤumen zu befürchten iſt. Bei beberbd 
Waſſer iſt die Widerſtandsfähigkeit der vom Waf 
übergipfelten und nicht übergipfelten Holzgewächt d 
was geringer. 


Obige Annahmen und Vorausſetzungen wein 


freilich bei der unregulierbaren natürliche 
Bewäſſerung durch eher en n 
der Au: und Niederungswaldungen 

nicht oder nur teilweiſe erfüllt werden. 
wird ſich die Widerſtandsfähigkeit der Kiefer g 
eine Waſſerdecke bisweilen vermindern. 
die Erfüllung der Vorausſetzungen für meine Ei 
ſchätzung ermöglicht durch die von mir an mehreren £! 
len!) vorgeſchlagenen und beſchriebenen, vornehr 
lich in der Streifenbewäſſerung und he 
terung der Au- und Niederungswaldunge 


beſtehenden künſtlichen Bewäſſerungsden 
fahren. Hier hat man es völlig in der Hand, de 


jenigen Waldflächen, für welche eine Waſſerzufuht 
nicht erwünſcht ift, davon auszuſchließen. Darauf 


daß man bei Anwendung der künſtlichen Bewöſſerung 
imſtande ift, dem Walde Waſſer zuzuführen, wenn es 
den Pflanzenwuchs fördert, es vom Walde auw: - 


droht, beruht die hoch bedeutſame Uehberlegenheit 
künſtlichen Bewäſſerung über die natürliche (du 
Ueberſchwemmungen). Außerdem kommen an der Zo: 


ſchließen, wenn es den Pflanzenwuchs zu a 


denoberfläche der Streifen und Halter, Senken un, 


Vertiefungen nicht vor im Gegenſatz zu den von leters 


ſchwemmungen heimgeſuchten Au- und Niederung“ 


waldungen. In deren Senken können daher die Rul 


turen nach Ablauf des fließenden Waſſers uus 


geraume Zeit den dann unerwünſchten Wirkungen bes 
ſtehenden Waſſers unterworfen ſein. Endlich möge 
erwähnt fein, daß die künſtliche Bewäſſerung das ab: 
brauſen verſchlammter Pflanzen durch die aud zur 


Vernichtung von am Stamme und an den Nadeln 


ſitzenden Schädlingen und zur Löſchung don Bränden 
verwendbare Waldſpritze ermöglicht. Schließlich 
ſei bemerkt, daß bei zweckmäßiger Anwendung bet 
künſtlichen Bewäſſerung, beſonders des Streifen: unt 
Hälterungsbewäſſerungsverfahrens, ſich möglihermeit 
äußerft waſſerfeſte Spielarten der Kiefer und woll. 
der meiſten anderen Holzarten gewinnen ließen. 
1) Oeſterreichiſche Forſtzeitung 1896, S. 145 bis 147 und 
386 f.; Allgemeine Forft- und Jagdzeitung 193, © 4 
bis 450; 1904, S. 257 bis 259; 1905, S. 403 bis 40; I 
S. 389 bis 395; Anderlind, ein Syſtem von 
zur Verhütung ſchädlicher Hochwäſſer uſw. 1904. 


Demgem 


Dagegen wit 


163 


+ | Literariſche Berichte. 


; ſeilungen der ſchweizeriſchen Central⸗ angenommen hat. Nach dem Talbotſchen Geſetze 
. Balt für das forftl. Verſuchsweſen. XI. muß gleichen Produkten aus Zeit und Lichtintenſität 
d. Heft 1. Herausgegeben von Prof. A. Eng⸗ gleiche Färbung entſprechen, es muß J. t — Ji - ti, fein. 
I Zurich, Beer u. Co. 1914. Da aber heute das lichtempfindliche Papier meiſt nicht 
s Heft enthalt 2 Abhandlungen, eine aus dem | felbft hergeſtellt wird, ſondern künstliches photogr. Ba: 
„de der Pro duktionslehre und eine aus pier zu den Verſuchen benutzt wird, ſo liegt darin 
.. Bebiete der Ertragskunde. ſchon o _— - die 1 ind 
on bhandlung berichtet Dr. W. Knu⸗ cher Popiere durch das agern ſtark beein ußt wird. 
i > Pear naa Unter: | Dr. E. Riebel nahm anſtelle des farbenempfind⸗ 
er gen im Walde. Es ift mit Freuden zu lichen Chlorfilberpapiers zu Lichtmeſſungen „Wynnes 
nn, daß hiermit wieder eine wichtige theoretifche | Infallible Exposuremeter“, ben befannten Expo⸗ 
geliefert wird, wie wir fie zur wiſſenſchaftlichen * der Photographen. der Bromſilberpapier 
unſerer Lehre vom Waldbau dringend l 
Er. 3 und öſterreichiſche nn Abgeſehen von der genannten unbeſtimmten Fehler⸗ 
uſtalt find mit ſolchen Arbeiten bahnbrechend, quelle 5 1 Methode 0 a 
Ind wi der Tatſache nicht verſchlie en dür⸗ mit allen photographiſchen Methoden — noch der 
-k = ef rr eee 5 un Mangel an, daß die Reſultate nur dann Schlüͤſſe auf 
A ieh vorwiegend auf das Gebiet der Ertrags- die Helligkeit zulaſſen, wenn die verglichenen 
p beſhränkt haben. Die Cinrichtung und wohl Lichtquellen dieſelbe Farbenzuſammen⸗ 
kde Jerſplitterung der Anſtalten im Reich ſind ſetzung haben. Die diffuſe Strahlung beſteht nun 
f ber triftigſte Grund dafür. Möge der kom⸗ aber meiſt aus den dunkeln Strahlen kurzer Wellen⸗ 
2 k Friede auch hier eine kraftige Weiterentwicke⸗ länge, während bei direktem Sonnenlicht, dieſes durch 
- (in der = deutſchen et = — 1 = ren 
haj inen gleichmäßigen Ausbau fowo nn 
N: een ber Sea a auch der Be. hat nachgewieſen, daß die Methode nicht genügend An⸗ 
mehre bringen. haltspunkte für die Beſtimmung der chemiſchen In⸗ 
5 unchel gibt zunächſt einen Ueberblick über die | tenfitäten des diffuſen und des direkten Tageslichtes 
hoden der Lichtmeſſung, die im Gebiete der Pflan- gibt. um bes pion arn = f a ae 
< nz leichen. eiter geht dann Verf. noch au ie Licht⸗ 
x Prologic feither e ene . , 5 — von 51 Boyen Jenſen, Zederbauer und 
er erſte, der photometriſche Unterſuchungen für Mar Wagner ein. 
fändnis phyfiologiſcher Vorgänge im Walde Wichtig iſt das Reſultat Zederbauers für ein 
F., War Theodor Hartig; er ſtellte ihon weiteres Eindringen in das Lichtmeſſungsproblem im 
cj ‘0 Jahren 0 : lichtempfindlichen Papieren Licht Walde. Zederbauer folgert, daß das Kronendach 
en an, die aber kein endgültiges Ergebnis des Walde eine ſelektive Abſorption auf das Tages⸗ 
Wi Prof. 3. Wiesner, der als Pflanzen⸗ licht ausübt, daß ferner die Abſorption bei den Holz⸗ 
: 180 dem Lichtgenuß der Pflanzen n groben arten verſchieden ift, weshalb Unterſuchungen über das 
ener orſchungen widmet. vereinfachte die bod Beſtandslicht die einzelnen Spektralbe zirke zu 
PEN ind Roscoe erfundene Methode der Licht⸗ berückſichtigen habe“ 
: en wuart, daß fie für biologiſche Unterfuchungen Max Wagner beſchrieb 1913 ein Photometer, 
| et baden konnte. das dem vom Verf. verwendeten im Prinzip ähnlich 
de Wieznerſche Methode wurde bekanntlich von iſt, hat aber bisher nur wenige Ergebniſſe mitgeteilt. 
bieslar⸗Wien dann zu Lichtmeſſungen im Der Einfluß der Qualität und Quantität des 
be benag.) Lichtes auf den Lebensprozeß der Pflanzen ift Gegen: 
Le genannte Methode beſteht im weſentlichen ſtand vieler Spezialarbeiten geworden. 
. d besonders bergeſtelltes lichtempfindliches Willſtätter zerlegte das Abſorptionsſpektrum von 
Fulhapie ſolange dem Lichte ausgeſetzt wird, bis Chlorophyllöſungen in 7 ſcharf getrennte Bänder; er 
dard cines konſtant gefärbten Vergleichspapiers fand, daß die Abſorption am ſtärkſten in Rot 
) Mitteilu ichs. Blau, am gerinſten im Ultrarot iſt. Timixriazef 
deft. e . foot, Berfuchömefen Ocker und Engelmann ſtimmen darin überein, daß Ab⸗ 


~ 


— 


164 


ee ma Imit 


ſorption⸗ und Aſſimilationmaximum im Rot liegen; 
Reinke gelangte zu demſelben Schluſſe. 

Kniep und Minder fanden jedoch, daß „bei 
Anwendung gleicher Intenſitäten für Rot und Blau 
nahezu gleiche Aſſimilationswerte erzielt werden“. 

Inſofern herrſcht nach dem heutigen Stande der 
Wiſſenſchaft Uebereinſtimmung, daß „alle Strahlen⸗ 
gattungen des ſichtbaren Spektrums fähig befunden 
werden, Aſſimilation hervorzurufen, den Strahlen mitt⸗ 
lerer Brechbarkeit jedoch eine geringere Bedeutung zu⸗ 
geſchrieben wird als den übrigen. Bezüglich der Ge⸗ 
ſtaltungsprozeſſe der Pflanzen weiſen die ſeitherigen 
Forſchungsergebniſſe dahin, „daß die Pflanzen ſich im 
monochromatiſchem Lichte nicht normal entwickeln, daß 
jedoch die kurzwelligen Strahlen von beſonderer Be⸗ 
deutung ſind“. 

Knuchel verwendete für ſeine Unterſuchungen ein 
unter Mitwirkung von Prof. Schweitzer konſtruiertes 
Spektrophotometer, ein ziemlich ſchwerfälliges Inſtru⸗ 


ment. Es hat den Vorteil, daß bei jeder Meſſung 
an b genau beſtimmten Stellen des Spektrums 

bei rot (Wellenlänge = 652 mm) 

„ gelb 0 = 589 „ 

„ grün j = 520° 

„ hellblau . — 472 ; 

„ dunkelblau S = 652 , 


die Yntenfitat des Lichtes gemeſſen werden kann. 
Das Inſtrument iſt nur zur Meſſung von Zenith: 
licht eingerichtet; es wird zur Lichtmeſſung im Be⸗ 
ſtande Smal aufgeſtellt: Zunaͤchſt im Freien, dann 
an der vorher beſtimmten Stelle im Beſtand, zuletzt 
wieder im Freien. Dazu ſind im ganzen 60 Ein⸗ 
ſtellungen und etwa 30 Minuten erforderlich. 

Haften auch dem neuen Photometer Nachteile an 
— der Verf. erwähnt den großen Umfang und die 
hohen Koſten des Apparates, die beſchränkte Trans⸗ 
portfähigkeit, die Notwendigkeit zweier Beobachter, die 
Beſchraͤnkung der Meſſung auf nur vertikal einfallen: 
des Licht —, ſo ſind doch erſt mit dieſem Photo⸗ 
meter Eigentümlichkeiten des Lichtes unter Baum⸗ 
kronen feſtgeſtellt worden, die mit den früheren Me⸗ 
thoden niemals zu erkennen waren. Weiter zeigt aber 
die noch etwas umſtändliche Methode neue Wege zu ein⸗ 
facheren Methoden der Meſſung des Beſtandeslichtes. 

Die Ergebniſſe ſind in den folgenden Abſchnitten 
ſehr klar und anſchaulich dargeſtellt, die folgende Punkte 
behandeln: 

I. Das Tageslicht. 

II. Die Lichtdurchläſſigkeit der Blätter. 
III. Das Licht unter einzelnen Bäumen und Beltän: 

den. 

1. Das Licht unter Kronen freiſtehender Bäume 
verſchiedener Holzarten. 


2. Die Lichtverhäͤltniſſe unter Beſtandesſchirm. 3 
3. Die Lichtintenſität unter laubloſen Kronen. 


Zum Schluſſe werden die Ergebniſſe zufammengeic . 
und Folgerungen gezogen. | 


1. 


5. 


Die Ergebniſſe ſind im weſentlichen: 


Das Tageslicht ift ſelbſt bei ſcheinbar ung 
aͤnderlichem Himmel großen nicht vom Sonn 
ſtande abhängigen Schwankungen unterworfen. 


Die grünen Blätter der Laubbäume abforbied 


die Strahlen verſchiedener Wellenlänge des f 
baren Spektrums verſchieden. 
Die Abſorption iſt bei verſchiedenen Platte 
desſelben Baumes quantitativ ſehr verfdjiebed 
Lichtblätter find im allgemeinen weniger bud 
läſſig als Schattenblätter. Hauptſaͤchlich ich 
durchläſſig find die Blattnerven; die dloropyy 
haltigen Zellen find für chemiſch wirkſame Shop 
len faſt undurchläͤſſig. : 

0 


. Beim Durdgang durd) belaubte Laubholzkro 


erleidet das Tageslicht eine Abſchwaͤchung bis od 
wenige Prozente feiner Helligkeit. Die Abſwi⸗ 
chung ift im Grün und Gelb geringer als in da 
übrigen Spektrumsteilen. $ 


Die Menge des vertikal durch Kronen von dichte 


und Tanne hindurchgehenden Lichtes beträgt meit 
nur Bruchteile eines Prozentes der Hella. 
Die ſtarke Auslöſchung des Tageslichtes durch de 
Baumkronen erklärt fih aus der geringeren Duc 
läſſigkeit und der großen Oberfläche aller Blatt 
organe des Baumes. | 
Die einfeitige Blattoberfläche aller Blatter tun 
ſtark gelichteten 100 jährigen Buchenbeſtandes f 
etwa 2—3 mal größer als die Beftandeiflit 
und in einem 55 jährigen geſchloſſenen Fihte 
beſtande beträgt die totale Nadeloberfläche niht 
als das zehnfache der Beſtandesoberfläche 


. Für die Praxis der Lichtmeſſung im Wald e 


gibt ſich, daß 

a) für feinere Unterſuchungen unter Vaubhölzern 
die einzelnen Farben getrennt gemeflen mer 
den müſſen, l 

b) daß im Nadelholzwalde dieſe getrennte Miß 
ſung nicht nötig iſt. 


Es kommt dies daher, daß das im Nadelholzte 


ſtande auf den Boden gelangende Zenithlicht mei 
Licht if, das durch die Lücken des Kronendaches e 


dringt und daher keine Veränderung in der 
| aufammenfegung gegenüber dem Freilicht erleidet, 
Ein weites Feld der Forſchung über die Rolle 


Farben: 


des 


Lichtes im Walde eröffnet das Studium der 1 1 
wiſſenſchaftlich durchgeführten Auferft anregenden 


beit, die unſerem Waldbau feſtere Grundlagen 
ben vermögen. Möge es viele zu eifrigem 


zu ge 
Studium 


| 


l 


urn 


des für die forſtliche Produktion fo wichtigen Faktors: 
Licht anregen und darin fördern. 

„Größe und Aufbau des Normal vor⸗ 
rateg im Hochwalde' ift die 2. Abhandlung be: 
ntelt, in der Flury mittels theoretiſcher Unterſuchun⸗ 
gen über den Normalvorrat die Reſultate unſerer Cr: 
tragstafeln der Forſteinrichtung leichter dienſtbar zu 
macken ſucht. 

Nicht einverſtanden kann man ſich damit erklären, 
daß Flury in der Einleitung ſchreibt: „Es iſt ohne 
meteres einzuräumen, daß bei dem heutigen Stande 
ter Forſteinrichtung und Waldbehandlung der Normal: 
rorrat gegenüber der früheren Auffaſſung erheblich an 
Vahtigkeit verloren hat“. 

Das ift nicht richtig. Der Begriff des „Normal: 
ssrrates“ iſt heute für jede nachhaltige Forſtwirtſchaft 
noch ſo wichtig wie ehedem. Geändert haben ſich nur 
bei der Entwickelung einer rationelleren Forſtwirtſchaft 
draußen im Walde die Maßnahmen ihn zu verwirk⸗ 
den. Die ſchablonenhafte Aneinanderreihung der 
Mtersflaffen ift weggefallen, die freiere Beſtandswirt⸗ 

ſtaſt it im allgemeinen an ihre Stelle getreten. 
Echt der reine Plenterwald bedarf zu feiner nad- 
sultgen Bewirtſchaftung den Begriff des „Normal: 
sorrates“ und Flury ſelbſt gibt im Gegenſatz zu den 
einleitenden Sätzen im I. Abſchnitt über den „Be⸗ 
gan” des Normalvorrates dies zu, der mit dem Satze 
dliet: „Sind auch für die endgültige Feſtſetzung des 
Elats meit andere Gefichtspunkte und Erwägungen 
beſtimmend, fo „fol uns dies nicht verleiten, deswegen 
den Normalvorrat als hemmenden Ballaſt über Bord 
iu werfen, ſolange wir an deſſen Stelle nichts beſſeres 
u legen vermögen, was in zahlenmäßiger Form ein⸗ 
her und prägnanter als Kriterium für die Side: 
tung der Nachhaltigkeit dienen könnte“. 

Nach dem I. Abſchnitt „Begriff des Normalvorrates“ 
ht Flury auf die Beſchreibung und Größe im II. 
Abidnitt ein. Zunächſt behandelt der Verfaſſer die 
derachnung des Normalvorrates aus dem jähr⸗ 
liden Haubarkeitsdurchſchnittszuwachs, 

die von der falſchen Vorausſetzung ausgeht, daß der 

made in allen Lebensaltern gleich groß iſt. 
Nv = u2:5,=u2:0-5u. 

I dieſer Formel hat der Faktor 0-5 aber nur 
ur einen Punkt der Kurve des graphiſch dargeſtellten 
Rormalvorrates Giltigkeit, was ſofort erſichtlich wird, 
wenn man den Normalvorrat nach der richtigen Me⸗ 
thode aus den Maſfenziffern einer Ertrags— 

tafel berechnet. 

Nan kann daher aus dem richtig nach einer Er⸗ 
tragêtaĵel berechneten Normalvorrat den richtigeren Wert 


—— —.—————————— —i—— ß ͤ m ᷑ ͤ——‚a:ʒ̃ꝛꝛ— ſl— —— ͤ —ñ83—cnũ nn ST 


—— 4 ̃ —2—œͤ rn e 


als . 3 oder für die fogenannte variable Konſtants 
6 


e aus der Formel: Nv =u.cu berechnen. Dieſen 
Weg hat Flury eingeſchlagen; es wurden für ver⸗ 
ſchiedene Holzarten, Bonitäten und Umtriebszeiten der 
Normalvorrat aus den Ertragstafeln berechnet und 
dann daraus die Werte für e geſucht. Zu Grunde 
gelegt wurde den Unterſuchungen für 


Fichte die Ertragstafeln Flurys 1907 
Tanne „ s Koreys 1896 
ee e Eichhorns 1902 
Kiefer „ X Schwappachs 1896—1908 
Bude „ 5 Flurys 1907 
„ ee j Schwappachs 1911 
Eiche „ * Schwappachs 1905. 


Aus den Unterſuchungen, die von dem theoretiſch 
richtigen Aufbau des Normalvorrates ausgehen, geht 
hervor, daß je langſamer der Entwicklungsgang einer 
Holzart iſt, (Licht⸗Schattholzarten) es deſto länger 
dauert, bis die Konſtante e den Wert von 0-5 er: 
reicht. Die Reſultate ſind in klaren überſichtlichen 
Tabellen ſehr anſchaulich dargeftellt. 

Für die Tanne und Buche erhält man mit der 
Haubarkeitsdurchſchnittszuwachsſormel von über 120 
Jahren den annähernd richtigen Vorrat, meiſt alſo 
einen zu hohen, was die badiſche Forſteinrichtungs⸗ 
vorſchrift in den 1880 er Jahren zu Abänderung der 
Formel auf Nv = uz x 0-45 u bewogen hat, eine 
Vorſchrift, die aber nach einigen Jahren wieder fallen 
gelaſſen wurde. 

Um ein kurzes Bild über die Größe der Konſtanten 
c zu geben, haben wir deren Wert für einige Hol: 
arten, Umtriebszeiten und Standortsklaſſen im folgen⸗ 
den zuſammengeſtellt, zumal die Arbeit vielen Forſt⸗ 
einrichtungsbeamten nicht leicht zugänglich ſein wird. 


Tabelle l. 
Wert des Konſtanten e für Derbholzmaſſe. 
Fichte (Flury) Gebirge. 


Umtriebszeit = u Standortsklaſſe 
Jahre I Il III IV V 
60 0.362 0.340 0.316 0.284 0.247 
80 0.427 0.411 0.392 0.363 0.334 
100 0.485 0.471 0.453 0.426 0.393 
120 0.537 0.525 0.480 0.484 0.453 
Kiefer (Schwappach 1908). 
60 0.439 0.409 0.374 0.301 0.234 
80 0.507 0.483 0.456 0.390 0.331 
100 0.562 0.539 0.525 0.469 0.416 
120 0.607 0.603 0.596 0.555 0524 
140 0.655 0.670 0.682 — — 
Weißtanne (Baden). 
80 0.363 0.345 0.317 0.271 0.204 
100 0.435 0.410 0.384 0.347 0.285 
120 0.483 0.463 0.487 0.400 0.348 


22 


166 


Die Konſtante c fteigt mit zunehmender Um: FJorſteinrichtung ſucht den wirklichen Vorrat mit die 
triebszeit und Standortsgüte. 


vorrates nach Altersklaſſen möglich. 

In tabellariſchen Ueberſichten, von denen ein Aus: 
zug hier wiedergegeben iſt, hat Flury den prozentualen 
Anteil der einzelnen 20 Jahre umſpannenden Alters: 


theoretiſch intereſſanten Unterſuchungen ſind die Aus⸗ 
führungen und Darſtellungen der Verteilung des 
Normalvorrates nach Alters: und Stand: | 
ortsklaſſen. | 


Höhere Umtriebszeiten verlangen einen höheren klaſſen am Normalvorrat für verſchiedene Holzarten, 


Normalvorrat. Seine Größe und angemeſſene Ver⸗ Umtriebs⸗ und Standortsklaſſen zuſammengeſtellt. 
zinſung find Hauptfragen der Forſtwirtſchaſt. Die 
| Tabelle 1. 
Verteilung des Normalvorrates nach Altersklaffen (für Derbholz). 


Altersklaſſen: 


fem Normalvorrat zu vergleichen und dies tft ein | 
Für die Praxis wertvoller als dieſe vorwiegend gehend nur bei der Kenntnis der Größe des Normal J 


Standort Normal⸗ | 
andorts⸗ ] vorrat 1-20 | 21-40 | 41-60 | 61—80 | 81-100 100 -120 
flaffe x p. 100ha|_ — 
fm Prozentualer Anteil nm Geſamt⸗Normalvorrat. 
Kiefer (Schwappach 1896). 
1 w 28608 0.9 111 22.2 80.1 86.7 — 
III 17795 0.5 9.1 219 31.2 37.3 — 
I 120 38280 0.6 7.9 15.9 21.6 25.6 28.4 
II 21062 0.4 6.4 15.4 21.9 26.3 29.6 
Kiefer (Schwappach 1908). 
I 100 24111 0.2 12.4 | 282 30.0 34.2 = 
III 14850 = 8.4 23.1 38.9 36.6 a 
I 8 27443 0.1 9.1 17.0 22.0 25.0 26.8 
III 17153 = 6.1 16.1 23.0 26.4 27.8 
Fichte (Flury, Gebirge). 
I 100 56761 0,6 8.0 | 21.4 31.1 38.8 = 
III } 88540 = 5.3 | 268 33.8 41.1 — 
1 120 87648 a 5.6 15.0 22.2 27.2 20.1 
III } 40918 = 3.6 14.2 22.4 28.1 31.7 
Tanne (Eichhorn). 
1 fon 41860 = 8.0 19.8 34.3 42.9 — 
III 23820 — 1.8 16.9 34.7 47.1 = 
I 120 61893 = 2.0 18.3 233.1 29.8 32.8 
III 30996 — 0.8 10.8 22.2 30.2 36.0 
Buche (Flury) 
1 85 27054 = 5.2 20.4 82.7 41.7 = 
III 17925 = 8.3 18.2 33.3 45,2 = 
I i 33224 = 8.5 13.8 22.2 28.3 82.2 
III 22703 = 2.2 12.0 21.9 29.7 34.2 
Eiche (Schwappach). 
1-40 ' 41—80 | 81-120 121 - 160 161—200 
I 800 35167 2.0 | 12.9 22.5 29.1 33.5 e 
II 10224 0.5 9.2 23.1 31.4 35.7 us 


Bei der Fichte in 100 jährigem Umtrieb macht der 
Vorrat der Altersklaſſen: 81— 100 Jahre 41.1% 
des Geſamtnormalvorrats aus, entſprechend bei der der III. Standortsklaſſe! 


Tanne 23.9 % auf I., 47.1% auf III. Standorts⸗ 
klaſſe, bei der Buche 41.7 % auf der I., 45.2 %% auf 


Alters: und Stärkeklaſſen. Als Beiſpiel 


167 


Eine bemerkenswerte Darſtellung iſt dann die der die Gliederung des Normalvorrates einer Fichtenbe⸗ 


* 


prozentualen Verteilung des Normalvorrates nach | triebsklaſſe im 100jährigen Umtrieb auf III. Bonität 
nach der Fluryſchen Tafel (Gebirge) hier wiederge⸗ 

dieſer zeitraubenden und peinlichen Unlerſuchungen iſt | geben. 

Tabelle I. 


Prozentuale Verteilung der Gefamimaffe des Normalvorrates nach Alters- und 
Stärkeklaſſen für 120 jäßrige Amtriebszeit. 
Fichte (Gebirge). Flury. III Standortsklaſſe. 


Anteil der Altersklaſſen 
1—20 | 21—40 | 41-60 | 61—80 | 81—100 | 100 - 120 


Prozentualer 


Stärkeklaſſen 


cm Anteil 
Jahre 

2.3 1.3 0.3 =" — 

3.8 2.7 1.4 0.4 — 

1.4 4.2 3.1 1.5 0.4 

— 8.7 4.5 2.9 1.5 

= 20 4.4 44 27 
28 > 0.9 3.8 46 44.8 
32 — 0.3 2.2 4.0 5.1 
36 — = 1.5 8.1 4.7 
40 — = 0.7 2.4 8.8 
44 = -= 0.3 1.5 2.9 
48 PE zu BR 0.9 2.0 
52 ae as — 0.3 1.2 
50 = Sen = = 0.5 
60 


* 
| 


26.0 20.1 


| 100.0 | 11 70 | 15.1 | 21.7 


Prozentuale Verteilung des Normalvorrates im Tannen: und Fidtenplenterwalb nad 
5 Hauptſtärkeklaſſen. III. Bonität. 


6-12 8.3 | 
14—24 10.0 | 
2—40 28.7 | 
42—60 45.0 

ilber 70 13.0 


Befriedigt die Gliederung des Normalvorrates nad | men. In Tabelle III haben wir die Verteilung ber 
Altersklaſſen meiſt die taxatoriſchen Anſprüche, fo ift Stärkeklaſſen der III. Standorksklaſſe dieſer Plenter- 
dies nicht der Fall bei Forderungen der Statik oder betriebe zum Vergleich angefügt. 


Beſtandsbewertung, die die Stärkeklaſſen erheben müſſen. Es ergibt ſich daraus ein viel größerer Maſſen⸗ 
Das Grundlagematerial für ſolche Unterſuchungen anteil der höheren Stärkeklaſſen am Geſamtvorrat als 
lag leider nur für Fichte und Buche vor. bei dem gleichalterigen Hochwald. 


Weiter verſucht Flury, — wie er ſelbſt einräumt, Allerdings ſind direkte Vergleiche hier nicht zu⸗ 
auf noch allerdings unvollkommenen Grundlagen — lälſſig, da die Plenterbeſtände Miſchungen von Ta und 
die Konstruktion eines Normalvorrates für den Plen: | Fi aufweifen, und beſonders bei der Tanne im Plen: 
terwald auf Grund von 6 Verſuchsflächenaufnah⸗ | terbetrieb die älteren Stämme raſch erſtarken, der 

gue 


168 


Jungwuchs aber lange zuwachsarm zurückbleibt. ks Jahrgang. Mit 45 Figuren im Texte. Druck u 

iſt dieſe Mitteilung auch nur als eine „vorläufige Verlag der Buchdruckerei und Verlagsbuchhandlun 

Mitteilung in Ermangelung von etwa Beſſeren“ auf⸗ C. Fromme, Wien. Preis Kr. 3.50. 

zufaſſen. | | Im Vorworte wird darauf hingewieſen, daß Ù 
Zum Schluſſe geht Flury noch auf das Hundes⸗ forſtliche Kalender⸗Taſche zum 30. Male unter Böhmerlez: 

hagenſche Nutzungsprozent ein. Leitung in dieſem Jahre erſcheint. Hierin liegt 
Die nachhaltig jährliche Nutzung in Prozenten des beſte Beweis für die Gediegenheit ihres Inhalts. ind 


Normalvorrates ausgedrückt ergibt bekanntlich das | zerfällt in folgende Hauptabſchnitte: 1. Allgemeine 


Nutzungsprozent: : (Kalender für 1916, Poft- und Telegraph, Map- unde 
p = 100. uz - Benistslabeten, Stempel⸗Skala, verſchiedene Beredd 
Nu nungsformeln und Tafeln, die wichtigſten Formeln 
. . | u der Waldwertberechnung uſw.); 2. Forſtbetrieb 
RRV 3 (Sortimente und Maße der Forſtprodukte der Haupt: 
u 0.5 dann p = 200 und Nebennutzung, Feſtmaſſengehalt der üblichen Raum- 
l u` . maße, Gewicht der vornehmften Forſtbetriebsſtoffe und: 
Setzt man aber wie oben ftatt der Größe 0.5: c, anderer Materialien, Schwand der forſtlichen Rohftet. : 
ſo ergibt ſich Harznutzung, Ausbeute bei der Teerſchwelerei, der Pet 4 
100 . 100 ſiederei und der Kienrußbrennerei, Knoppernnutzung. 
| P uz. cu cu Maſt, Seegras⸗Nutzung, Lindenbaſtnutzung, Holzver⸗ 
Wenn die Größe c = 0,5 ift, dann ergibt fih | kohlung, Sägenbetrieb, Schindelerzeugung, pera 
200 . nahmen, Bruſthöhen⸗Formzahlen, Normal⸗Extragstafeln, 
p = uin den anderen Fällen dagegen ergeben eee Sortimententafel Stod- und Wurzel 
ſich für ſie andere Werte. holz⸗Prozenttafel); 3. Waldbau (Gewicht, Körner: 


Unter Berüchſichtigung der wandelbaren Konſtante ce | zahl, Keimprozent der Samen, Blütezeit, Reife und 
hat dann Flury in einer Tabelle für verſchiedene Holz. Abfall der Samen, Dauer der Keimkraft, Tabelen 
arten, Bonitäten und Umtriebszeiten die Nutzungs⸗ für den Forſtgartenbetrieb und für Freilandkulturen); 
prozente berechnet und überſichtlich dargeſtellt, ein für 4. Jagd (aus der Fortpflanzungsgeſchichte des Feder: 
die Praxis der Forſteinrichtung willkommenes Hilfs- wildes, Hauptlebensmomente des Haarwildes); 5. Ted: 
mittel. : niſche Notizen; 6. Staatsprüfungsvorſchriſten; 7. For: 

Vorausſetzung für die praktiſche Anwendung der liche Staatsbehörden, Lehranftalten, Vereine und Ro: : 
Tabelle find in hohem Alter geſchloſſene Beſtände, greſſe. E. 


die wie die Beſtände der benutzten Ertragstafeln erzogen 2 
find. Stärfere een und Gidtungabetviebe Taſchenbuch für Jager und . 
ſteigern natülich das Nutzungsprozent. gleich Repertorium für das Stud inn : 

Neben wertvollen, mehr theoretiſch wichtigen Unter- Jagdwirtſchaft und die Vorbereitung 5 
ſuchungen, enthält die Fluryſche Arbeit für die Praxis Jagdprüfung. Von Emil Böhmerle, = is 
der Forſteinrichtung Anregendes und viel Nutzbares. Hofrat des techn. Departements des k. k 5 0 

Auch dieje Arbeit Flurys zeichnet fih, wie feine | Miniſteriums für die Verwaltung der Stani: a 
anderen Unterſuchungen auf dem Gebiete der Ertrags- Ben p Sai nn rg 

: peL A. 3 e 

kunde durch Gründlichkeit in der Methode und klare dungen. Dritte, gänzlich neu bearbeitete ANo 


Darſtellung aus, die bei allen theoretiſchen Erörte⸗ ' Si 
rungen die verbindenden Wege zur Praxis niemals | Wien und Leipzig 1915. 8 XVI und 636 
aus dem Auge verliert. Dr: Wimmer Preis: 11 Mk. Buchdruckerei und Verlagsbu i 
handlung Carl Fromme, Gej. m. b. H. in Wien 

V., Nikolsdorfergaſſe 7— 11. 

Das im Jahre 1903 erſchienene „Taſchenbuch für 
Jäger und Jagdfreunde“ erlebt hiermit ſeine dritte 
Auflage. Die ſyſtematiſche Einteilung des Stoffes ift 
im weſentlichen die gleiche geblieben wie die der frühe 


From mes forftliche Kalender ⸗Taſche. 1916. 
Zugleich Kalender des Allgemeinen Güterbeamten⸗ 
Vereines in Wien. Redigiert von K. K. Hofrat 
Emil Böhmerle, Ehren: und Zentral⸗Ausſchuß⸗Mit⸗ i 
glied des Allgem. Güterbeamten⸗Vereins in Wien, ren Auflage. Textlich iſt jedoch dem Fortschritte ber 
Ehrenmitglied und Erſter Bundesrat des „Bund Wiſſenſchaft Rechnung getragen worden. Um Raum 
deutſcher Forſcher“ in Hannover, Correſpondierendem zu gewinnen wurde der Abſchnitt II der früheren Auf 
Mitglied des N.-Ö. Forſtvereines uſw. XXXXIV. lage: „Schon: und Schußzeit des Wildes“ forte ein 


169 


ws Abſchnittes III: „Schonzeit der Fiſche und 
weggelaſſen, was mit Rückſicht darauf, daß 
Schonzeiten auf jeder Jagd⸗ und Fiſchereikarte 
à find, begründet erſcheint. 

eſentliche Erweiterungen haben die Abſchnitte IV: 
Hauptlebensmomente des Haar: und Federwil⸗ 
V: „Körpergröße und Gewicht der wichtigſten 


wien” und VI: „Jagd und Fang der wichtigſten 


sten” erfahren. Nen ift der Abſchnitt XII: „Die 
nen geſetzlichen Beſtimmungen für das Jagd- 


chen Normen in den Reichsratsländern“. 
übrigen ift der reiche Inhalt des Buches in 


de Hauptabſchnitte eingeteilt: 1. Die gebräuch⸗ 


Ueberficht der Jagdtiere einſchließlich der wich⸗ 
bei der Bodenkultur in Betracht kommenden 
1 3. Die Hauptlebensmomente des Haar: und 
. 3 in Oeſterreich⸗Ungarn, 4. Die Krankheiten 
Wildes und der Jagdhunde, 5. Körpergröße und 


bie ber der Weidmannsſprache, 2. Syfte: 


ba 
4 


— 
1.2 
roma 
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s, $ 
b 


5 Aus Preuſen. 
us den Preußijchen Ronſtverwaltung. 
ugung der Fichtenrinde zur Gerb- 

ftoffgewinnung.') | 

„ nter dem 26. November d. J. hat der Miniſter 

„ Landwirtſchaft, Domänen und Forſten folgende 


t 


“ss 


f bemeine Verfügung an die Kgl. Regierungen er- 
| „Ter Mangel an Gerbſtoffen nötigt dazu, die 
Miembe, ſoweit irgend angängig, zur Gerbſtoff— 
unung zu benutzen Zu dem Zwecke ift in die 
Aldderlaufsverhandlungen folgende Beſtimmung auf: 
' nånn: 

den Forſtfiskus bleibt das Recht vorbehalten, die 
Í inde von allem verkauften Fichtenholz für ſich zu ge: 
nen und zu verwerten, fo lange das Holz noch im Walde 
‚Bir. Der Käufer darf das von ihm gekaufte Holz 
Bade nicht entrinden. Er iſt jedoch zur Abfuhr 
oles berechligt, auch wenn Lie Rinde vom Forſt⸗ 

noch nicht gewonnen iſt.“ 

5 h den meiften Bezirken wurde den Käufern auf- 
t Kan Nadelholz bis Ende Mai zu ſchälen. Diefe 
“ih Mihtung muß bezüglich der Fichte in Wegfall 
Annen. Da die im Walde während des Winters 


Fi 
\ | 
„ WI. Alg. Forte u. Jagd-Beltung, 1915, S. 197. 


Mit der wichtigſten Wildarten, 6. Jagd und Fang 
F 


der wichtigſten Wildarten, 7. Die wichtigſten Jagd⸗ 


hilfsmittel, 8. Ueber Wildfütterung und Wildſulzen, 
9. Ueber Jagd- und Wildſchäden, 10. Laichzeit, Brut: 


dauer, Größe und Gewicht der Fiſche, gebräuchliche 
Köderarten, 11. Die Obliegenheiten des Berufsjägers 


in den einzelnen Monaten, 12. Die wichtigſten geſetz⸗ 
lichen Beſtimmungen für das Jagdſchutzperſonal. 

In einem Anhange werden noch eine Reihe von 
Aufſätzen und Kommentaren gebracht über: Einige 


fremdländiſche Wildarten, Jagdſtatiſtik, Wildabſchuß⸗ 
erſonal' mit Anhang „Ueberſicht über die jagd: 


vergebung in Ungarns Staatsforſten, Jagdpachtver⸗ 
trag, Schußlöhne für Wild, Beſtimmungen zum Tarif 
über Wildpreiſe und Schußlöhne, Schußliſten, Be- 
ſtimmungen für die Wehr⸗Verhaltungsmaßregeln für 


die Hochwildjagden in den k. k. Staatsforſten im 


Wienerwalde, uſw. 
In dem gut ausgeſtatteten und mit guten Abil⸗ 


dungen verſehenen Buche iſt eine Menge intereſſanten 


Materials enthalten. Auch die neue Auflage wird 
bei Jägern und denen, die es noch werden wollen, 
dankbare Aufnahme finden. E. 


5 a Briefe 


zu gewinnende Schnitzrinde wegen der Schwierigkeit 


des Austrocknens ſich zu Gerbzwecken nicht verwerten 
luͤßt, ſind die im Winter gefällten Fichten, ſofern nicht 


ganz beſondere Gründe dagegen ſprechen, nicht alsbald 


nach der Fällung zu entrinden, ſondern erſt bei Ein⸗ 
tritt der Saftzeit, dann aber ſchleunigſt zu ſchälen und 
an Stellen, die ſich nicht ſchälen laſſen, durch Schnitzen 
zu entrinden. Die Frühjahrſchnitzrinde iſt wie die Schaͤl⸗ 
rinde zu behandeln. In der Saftzeit gefällte Fichten 
werden ſofort geſchält. Die Sommerfällung iſt ſoweit 
wie möglich auszudehnen, insbeſondere für Fichten⸗ 
gruben⸗ und Papierholz zu bevorzugen. Soweit bis⸗ 
her die Meſſung mit der Rinde üblich war, verbleibt 
es hierbei. In dieſem Falle iſt an den Meßſtellen ein 
Rindenring zu belaſſen. Ich habe der Kriegsleder⸗ 
geſellſchaft in Berlin zugeſagt, ihr die geſamte im 
Staatswalde zu beſchaffende Fichtenrinde zum Preiſe 
von 5 Mk. je Zentner waldtrockner Rinde zu über⸗ 
laſſen. An andere darf demnach Fichtenrinde nicht 
abgegeben werden. 

Die Abfuhr der Rinde wird der Kriegsleder-Aktien⸗ 
geſellſchaft obliegen, doch hat der Oberförſter die Ver⸗ 


pflichtung, ihr hierbei nach Kräften beizuſtehen. Von 
den vor der Saftzeit abgefahrenen Fichten geht die 
Rinde für Gerbzwecke verloren, wenn Käufer die Rinde 
nicht ſelbſt gewinnen. 


Die Oberförſter haben daher 


170 


bei Verkauf von ungeſchältem Fichtenholz darauf hin⸗ 
zuweiſen, daß es ſich für die Käufer in ihrem und im 
allgemeinen Intereſſe empfiehlt, die Fichten auf den 
eigenen Lagerplätzen zu entrinden und ſich wegen An⸗ 
kaufs der Rinde mit der Kriegsleder⸗Aktiengeſellſchaft 
in Verbindung zu ſetzen. Haben bereits Fichtenver⸗ 
käufe ſtattgefunden, nach denen dem Forſtfiskus das 
Recht der Eutrindung nicht zuſteht, fo empfiehlt es 
ſich, mit den Käufern größerer Mengen von Fichten⸗ 
holz eine Vereinbarung dahin zu treffen, daß der Fiskus 
das Recht des Schälens erhält, oder den Käufern, 
wenn ſie hierauf nicht eingehen wollen, die Gewinnung 
der Fichtenrinde nahezulegen.“ 

Abſchrift dieſer Verfügung wurde auch den Regie⸗ 
rungspräſidenten mit dem Erſuchen zugeſandt, in jeder 
moglichen Weiſe auf die waldbeſitzenden Gemeinden und 
Privaten dahin einzuwirken, daß auch ſie ſich bemühen, 
tunlichſt große Mengen Fichtenrinde zu gewinnen. 


* 
% * 


Barzahlung geſtundeter Holzkaufgelder 
gegen Abzug von Zinſen. 

Durch Erlaß vom 30. Januar 1915 war beſtimmt 
worden, daß das bei Verkauf von ſtehendem Holz aus⸗ 
bedungene Angeld, da es hauptſachlich zur Sicherung 
des Kaufgeſchäftes dienen ſoll, bei Barzahlung nicht 
zu kürzen iſt. In Abänderung dieſer Verfügung iſt 
durch die allzemeine Verfügung vom 2. Dezember 1915 
angeordnet worden, daß denjenigen Holzkäufern, die 
auf Grund der Holzverkaufsbedingungen Anſpruch auf 
zinsloſe Stundung des Kaufgeldes haben, im Falle 
vorzeitiger Barzahlung des letzteren auch von dem in 
bar gezahlten Angelde eine Zinsvergütung bei der 
Schlußzahlung des Kaufgeldes gewährt wird. Die 
Vergütung iſt für das Angeld beſonders nach dem bei 
der Schlußzahlung angewendeten Lombardſatz auf die 
Zeit von der Barzahlung des Angeldes bis zum Kauf⸗ 
geld⸗Stundungstermin zu berechnen. Die Zinsver⸗ 
gütung kommt nur für die nach dem 1. Dezember 1915 
erfolgenden Barzahlungen von Angeld zur Anwendung 
und zwar auch dann, wenn die Sicherheit für das An⸗ 
geld vor dem 1. Dezember d. J. in Wertpapieren ge⸗ 
leiſtet wurde. i 

* * 
Stundung von Holzkaufgeldern. 

Die durch die Allgemeine Verfügung vom 30. Januar 
1915') den Regierungen erteilte Ermächtigung, die bis 
zum Schluß des laufenden Etatsjahres fälligen Holz: 
kauſgelder des Wirtſchaftsjahres 1914 auf Widerruf 
über das Etatsjahr 1914 hinaus gegen Zahlung von 
5 und vom 1. Juli 1915 ab von 6%e Verzugszinſen 


1) Vgl. Allg. Forſt⸗ u. Jagd⸗Zeitung 1915, S. 128. 


vom Fälligkeitstage ab gerechnet bis äußerſtenfallz 
1. März 1916 zu ſtunden, wenn die volle Höhe 
Holzkaufgelder durch Sicherheitsleiſtung gedeckt 
wird durch Miniſterial⸗Erlaß vom 22. Januar 
entſprechend auf die Holzkaufgelder aus dem 
ſchaftsjahre 1915 erteilt. Doch find vom Faͤllig 
tage ab 6% Verzugszinſen zu zahlen. Die Stunde 
kann äußerſtenfalls bis zum 3. März 1917 
dehnt werden, darf jedoch erſt nach Prüfung der 
lage, insbeſondere der perſönlichen Berbhaltniffe 
finanziellen Lage des Antragsſtellers gewährt we 


* 
* * 


Brennholzverkauf an Minderbemitteh⸗ 

Die erhebliche Steigerung der Brennholzpreiſe 
Veranlaſſung zu folgendem Erlaſſe des DMtinifterng - 
für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten vom 3. 
1915 gegeben: 

„Wiederholt find bei mir Klagen darüber laut] 
worden, daß Brennholz nur zu unerträglich $ 
Preiſen zu kaufen ſei. Wenn ich auch annehme, 
infolge der von mir veranlaßten Verſtärkung des 
holzeinſchlags ſowie infolge der Milde des Winks 
auf eine Ermäßigung der Brennholzpreiſe zu rechne 
ift, will ich doch die Kgl. Oberförſter ermädtigen, fo 
weit ein Bedürfnis vorliegt, an Gemeinden, die de 
Walde benachbart find, freihändig Brennholz mögld 
in günſtiger Abfuhrlage zu mäßigen Preiſen unter 
Bedingung zu überlaſſen, daß die Gemeinden das he 
ohne Gewinn unbemittelten Einwohnern zur Befri 
digung des eignen, dringendſten Bedarfs abtreten. J 
überlaffe es den Kgl. Oberförftern, den Preis von Me 
zu Fall nach Lage der Verhältniſſe feſtzuſetzen, da 
iſt mindeſtens die Taxe des Holzes zu fordern. Au 
durch die im $ 32 der Oberförſtergeſchäſtsanweiſur 
angeordnete Abhaltung von Verſteigerungen mit 
ſchränkter Konkurrenz, bei der Holzhändler, Peron 
die Holz zum Gewerbebetriebe kaufen wollen, un 
notoriſch wohlhabende Perſonen vom Mitbieten aus 
geſchloſſen werden, wird die Befriedigung des eigenen 
Vedarfs für die minderbemittelten Einwohner elei: 
tert werden können. 

** ** 
Landwirtſchaftliche Nutzung forkfiste 
liſcher Flächen aus Anlaß des Krieges 

Die Kgl. Regierungen werden auf Grund Art 
höchſter Ermächtigung durch Erlaß des Stadt' 
minifteriums vom 11. Dezember 1915 ermächtigt, de 
zur vorübergehenden landwirtſchaftlichen Nußung 9° 
eigneten forſtfiskaliſchen Schlag- oder ſonſtigen, 3 
Aufforſtung beſtimmten und zur Zeit ungenußte“ 
Flächen zur unentgeltlichen landwirtſchaftlichen Tugun 
auf die Dauer von 1—3 Jahren unter der Bedingt! 


171 


ben. daß die landwirtſchaftliche Beſtellung und 
tahme der erſten Ernte noch im Jahre 1916 
Zugleich werden die Regierungen angewieſen, 
mögliche Weiſe dahin zu wirken, daß die zu⸗ 

n Revierverwalter, deren Ermeſſen die Auswahl 
Ausgeben der in Rede ſtehenden Flächen, ſo⸗ 
ſich nicht um den Nießbrauch von Forſt⸗ 
handelt. in der Regel zu überlaſſen fein wird, 
t erteilten, den Anwohnern des Waldes ihrer- 
ſonntzugebenden Ermächtigung im Intereſſe der 
g der landwirtſchaftlichen Produktion, ins⸗ 
ps Kartoffelanbaus, ohne Rückſicht auf forſt⸗ 
ftliche Erwägungen einen tunlichſt ausgedehnten 
pd machen. Bei Zuteilung der Nutzungsflächen 
ächſt bedürftige Anwohner des Waldes, Wald⸗ 
Forfibeamte und ſonſtige kleinere Wirte, hier⸗ 
größere Wirte und Unternehmer zu berück⸗ 

Die Nutznießer der Flächen find vertraglich 

; Miäten, für den Fall, daß die Beſtellung des 
_ -fiberlaffenen Landes nicht rechtzeitig erfolgt, den 
den Grundſteuerre inertrag als einmaligen Padt: 
-g entrichten und zugleich die Flächen der Forſt⸗ 
tn zur anderweiten Verwendung zurückzugeben. 


* 
* * 


i 
= 


a Grubenholz⸗Einſchlag. 
uf \amtliche Regierungen hat der Miniſter für 
fiſchaft. Domänen und Forften folgenden Erlaß 
em 25. Februar d J. gerichtet: 
. pa einer im Handelsminiſterium erfolgten Bez 
pig mit Beauftragten von Steinkohlengruben⸗ 
n und von Grubenholzhändlern Preußens wurde 
Felt. daß auf fat allen Gruben trotz der Minder- 
Aug die greifbaren Vorräte an Grubenholz hinter 
„ pomalen Vorrat zurückbleiben, und daß ſchleunigſt 
„ Pon zur Wiederauffüllung der Beſtände ge- 
P werden müſſen. Der Holzmangel fet insbe⸗ 
I duch die Verminderung der Einfuhr aus dem 
‘Pande und dadurch herbeigeführt worden, daß der 
„ Rag in den Staatsforſten und beſonders in den 
; Aetooldungen infolge Fehlens von Beamten und 
str hinter dem der Friedensjahre zurück⸗ 
ben fei, Dazu komme, daß viele Grubenhölzer, 
"wie 1 Million Feſtmeter, zugerichtet im 
lagen, aber bisher nicht abgefahren werden 
‚da Pferde und Fuhrleute nicht zu beſchaffen 
„„Die Militärverwaltung ift erſucht worden, 
0 Wölfe zu ſchaffen, doch ift es fraglich, ob ihr 
y s moglia ſein wird. Jedenfalls hat die Staats⸗ 
un ltung die Aufgabe, nach ihren Kräften dahin 
1 daß den Steinkohlengruben das zur Auf. 
lung des Betriebs erforderliche Holz zur Ver⸗ 
gefellt wird. Ich veranlaſſe daher die Kgl. 


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Regierungen, Anträgen auf Abgabe von Grubenholz 
entgegenzukommen und dafür zu ſorgen, daß der Gruben⸗ 
holzhieb im Frühjahr und Sommer fortgeſetzt wird. 
Bei Auswahl der Schläge iſt beſonders Gewicht darauf 
zu legen, daß die Abfuhr zur Eiſenbahnverladeſtelle 
möglichſt leicht, wenn tunlich durch eine Waldbahn, 
bewirkt werden kann. Freihändige Verkäufe find nicht 
auszuſchließen. Ihnen iſt ein angemeſſener, den ört⸗ 
lichen Verhältniſſen entſprechender Preis zugrunde zu 
legen. Es empfiehlt ſich, größere Verkäufe für mehrere 
Oberförſtereien gleichzeitig abzuſchließen. Kriegs⸗ 
gefangene werden bei Mangel an Arbeitskräften über⸗ 
wieſen werden können, da der Herr Kriegsminiſter aus⸗ 
drücklich die Grubenholzſchläge als zu berückſichtigende 
Arbeiten bezeichnet hat. 
* 


* * 


Nutzung von Futterlaub.)) 


In einem Erlaſſe vom 7. Februar 1916 wird die 
Menge des auf Koften der Forſtverwaltung geworbenen 
Futterlaubs auf 90 000 Zentner angegeben. Die Wer⸗ 
bungskoſten betrugen durchſchnittlich etwa 2,20 Mk. je 
Zentner. Bei der Verwertung Haben fih Schwierig- 
keiten ergeben teils wegen der Höhe der Werbungs⸗ 
koſten, die in einzelnen Fallen mehr als das Doppelte 
dieſes Durchſchnittsſatzes betrugen, teils aus dem reg⸗ 
neriſchen Wetter während der Werbung, das bei gleich⸗ 
zeitiger Steigerung der Koſten den Wert des Futters 
ſtark beeinträchtigte, teils aus der guten Grummet⸗ 
ernte vieler Gegenden, die den befürchteten Mangel 
an Rauhfutter nicht eintreten ließ, endlich und ſehr 
weſentlich auch aus dem Mißtrauen, das die Land⸗ 
bevölkerung dem bisher unbekannten Futter entgegen⸗ 
brachte und weiter entgegenbringt. 


Weiter ermächtigt der betr. Erlaß die Kgl. Re⸗ 
gierungen, den etwa noch vorhandenen Beſtand an 
Futterlaub zu jedem erreichbaren Preiſe zu verkaufen, 
und verweiſt darauf, daß ein ſehr bedeutender Teil des 
bisher verkauften Futterlaubes an die PBroviantamter 
hat abgeſetzt werden können, die ſich zum Teil ſehr an⸗ 
erkennend über den Wert und die Bekömmlichkeit des 
Futters geäußert haben. 

Dieſe Ermächtigung erſtreckt ſich auch auf die Ab⸗ 
gabe von Futterlaub an Forſtbeamte zu einem von 
der Regierung feſtzuſetzenden Preiſe. Als Wildfutter 
ſoll das Futterlaub nur verwendet werden, nachdem 
jede andere Art der Verwertung ohne Erfolg verſucht 
worden iſt. In dieſem Falle ſollen die Werbungs⸗ 
koſten aus dem Jagdverwaltungsfonds (Titel 26) ge⸗ 
zahlt werden. | 


* * k 


1 Bgl. Allg. Forſt⸗ u. Jagb- Zeitung 1915, S. 199 u. 248, 


— 


Verwendung der geſammelten Bucheln 
| und Cideln.') 

Ueber die Verwendung der auf minifterielle An- 
ordnung in den Staatsforſten geſammelten Bucheln 
und Eicheln trifft ein Erlaß vom 14. Februar 1916 
folgende Beſtimmungen: 

1. Die von einer Anzahl von Regierungen erbetene 
Genehmigung zur Verwendung geringer Mengen von 
Bucheln und Eicheln zu Forſtkulturen wird erteilt 

2. Die noch ungeſammelten Bucheln werden zur 
Oelbereitung vorausſichtlich nicht mehr brauchbar ſein; 
ſie eignen ſich aber noch zum Verfüttern. Ihr Ein⸗ 
ſammeln auf Koſten der Verwaltung iſt deshalb nur 
da noch angängig, wo durch den Verkauf an Vieh⸗ 
halter der Sammellohn gedeckt wird. Im übrigen 
werden dieſe Bucheln durch Ausgabe von Sammel⸗ 
ſcheinen oder durch Eintrieb von Schweinen und Schafen, 
von denen die jetzt weicheren Früchte lieber als im 
Herbſt genommen werden, zu verwerten ſein. 

3. Die bereits geſammelten Bucheln werden auch 
in ganz geringen Mengen von dem „Kriegsausſchuß 
für pflanzliche und tieriſche Oele und Fette“ über⸗ 
nommen und ſind demnach ohne Ausnahme bei dieſem 
zur weiteren Veftimmung anzumelden. Die Abzüge 
für die höhere Fracht bei der Verſendung der Früchte 
als Stückgut ſind verhältnismäßig ſo gering, daß ſie 
der Stückgutverſendung nicht im Wege ſtehen können. 

4. Nachdem durch die Verordnung vom 8. November 
1915 die Verordnung vom 28. Juni 1915 (Reichs⸗ 
geſetzbl. S. 747 u. 399) auf Eicheln und Roßkaſtanien 
ausgedehnt und durch Verordnung vom 6. Januar 
1916 (Reichsgeſetzbl. S. 2) Höchſtpreiſe für dieſe Früchte 
feſtgeſetzt worden ſind, ſind die Vorſchriften gedachter 
Verordnungen ſorgfältig zu beachten. Der durch die 
allgemeine Verfügung vom 14. September 1915 zu- 
gelaffene freihaͤndige Verkauf von Eicheln an vieh⸗ 
haltende Anwohner des Waldes iſt alſo, ſoweit es ſich 
um Vorräte von mehr als einem Doppelzentner 
handelt, erſt ſtatthaft, nachdem die Bezugsvereinigung 
deutſcher Landwirte die Uebernahme der ihr anzu: 
meldenden Vorräte abgelehnt hat. Als Mengen, die 
zum Verbrauch im eigenen Betriebe der Eigentümer 
erforderlich find (8 4 der Verord. vom 28. Juni 1915), 
ſind auch die von den Staatsforſtbeamten in Anſpruch 
genommenen anzuſehen. Die nach dem Runderlaſſe 
vom 14. September 1915 ſtatthafte Abgabe von Eicheln 
an dieſe ift alfo auch weiterhin zuläſſig. Die Ber- 
wertung von Eicheln durch Einnehmen von Vieh oder 
durch Ausgabe von Sammelſcheinen iſt als ein „Ab— 
ſetzen“ der Früchte im Sinne des $ 2 der Verord. 
vom 28. Juni 1915 nicht anzuſehen. 


t Vgl. Allg. Forſt⸗ u. Jagd⸗Zeitung 1914, S. 246. 


* 


172 


5. Goweit die Bezugsvereinigung deutſcher L 
wirte auf die Abnahme der ihr angemeldeten Ei 
verzichtet, find die Vorräte nunmehr nach eig 
Ermeſſen der Kgl. Regierungen, tunlichſt aber zu 
Höchſtpreiſen zu verkaufen. 


* * 
Brennholz⸗Einſchlag. | 
Zur Befriedigung des Brennholzbedarfes hat 
Landwirtſchaftsminiſterium folgende Verfügung * 
10. Februar d. J. erlaſſen: | 

Der Herr Kriegsminiſter hat betont, daß e z 
Befriedigung des Heeresbedarfs dringend erforberig 
lei, den Holzverkohlungsanſtalten das nötige Bred 
holz zu liefern, da die Erzeugniſſe der Holzvertohlug 
(Methylalkohol, Holzeſſig, Aceton, Formaldehyd, H 
kohle) für Herſtellung von Kampfmitteln erfordert 
feien. Den Kgl. Regierungen wird es daher zn 
Pflicht gemacht, den Anträgen der Merkohlung 
induſtrien uſw. möglichſt entgegenzukommen. 

In vielen Gegenden ift die Bevölkerung wegen da 
hohen Brennholzpreiſe erregt. Daher empfiehlt es ñd 
nicht, den Verein für chemiſche Induſtrie in Man 
zu Frankfurt a. M. in den Holzverkaufsterminen mit 
bieten zu laffen, vielmehr ſcheint es geboten, hm 
größere Poſten freihändig zu verkaufen. G8 m$ 
hierbei vermieden werden, daß der Lokalbedarf om 
Brennholz unbefriedigt bleibt. Daher find in de 
Regel beſondere Hiebe zu Gewinnung des KRoblbeld 
einzulegen. In Nadelholz umzuwandelnde Buchen 
beſtände, die beim Abtrieb nur Brennholz oder aube 
dieſem nur geringwertiges Nutzholz liefern, eignen id 
beſonders für diefe Holzabgabe. Durch die vorgedadit 
allgemeine Verfügung habe ich die Regierungen be 
reits ermächtigt, derartige Beſtände zu nutzen, oud 
wenn fie nicht der I. Periode angehören. Ghenjo 
eignen ſich Buchendurchforſtungshiebe gut zur de 
ſchaffung des fal. Holzes. 

In Rückſicht auf die großen Mengen, die ber 
Verein übernimmt, wird es genügen, für das Derk: 
brennholz einen Preis zu fordern der etwa nur 30 bis 
50% höher ift, als derjenige Brennholzpreis, oder jo: 
fern geringwertiges Nutzholz mitverſchnitten wird, ale 
derjenige Preis je Feſtmeter dieſes Nutzholzes und wi 
Derbbrennholzes der betreffenden Beſtände, der in be 
letzten Friedensjahren zu erzielen geweſen ware. 

Die Regierung in T. hat dem Verein aus 9 Ober 
förſtereien 60 000 rm Buchenderbbrennholz und de ! 
zugehörige (ſtärkere) Reiſig mit der Verabredung be 3 
kauft, daß der Einſchlag den ganzen Sommer hir 
durch erfolgen kann. Doch müſſen die im Laub A 
fallten Stämme einige Tage bis zum Verwelken de?! 
Laubes unaufgearbeitet liegen bleiben. Der Beret 


173 


die Vermittlung für Beiheffung der Kriegs⸗ 
genen übernommen. Deren Arbeit war im P'er 
fe bisher billiger, als die der gelernten heimiſchen 
dauer, wenn fleißige Gefangene eine beſondere 
ung von 20 Pfg. je Tag erhielten. Voraus⸗ 
ih wird der Verein auch für den dortigen Bezirk 
"ine gleiche Verabredung bezüglich der Sommer: 
- ing und der Beſchaffung der Kriegsgefangenen ein: 
~ h Da nicht feſtſteht, daß die erforderlichen Mr- 
äfte ſicher vorhanden fein werden, wird von der 
Regierung eine Gewähr für Lieferung der ver- 
mäßigen Mengen nicht zu übernehmen fein. 


* 
* * 
ßerlaſſung von Wild an Forſtſchutz⸗ 
— beamte. 


Buch Erlaß vom 9. Februar 1916 erklärt der 
“Enter für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten 
ffir erwünſcht, daß den einen eigenen Haushalt 
renden Forſtſchutzbeamten, ſoweit dies nicht ſchon 
hiebt, von den Oberförſtern Gelegenheit gegeben 
~ fd, für ihren Bedarf Wild zu ortsüblichen 
"etjen zu erwerben.“) Als ſolche haben die behufs 
u s ſtſelung der Wildbrettaxen ermittelten örtlichen 
ttungspreiſe zu gelten. 


% 
* * 


Anpflanzen von Frühkartoffeln. 


Wenn auch das Anpflanzen von Frühkartoffeln 
12 Re forftwirtſchaftliche Maßnahme ift, jo dürfte ein 
„ fuß des Landwirtſchaftsminiſters vom 18. Januar 
RY, der fic) hierin it befaßt, für viele Forſtbeamte 
Intereſſe und Wert ſein. In dieſem Erlaſſe wird 
mdes ausgeführt: 


„Je früher die Kartoffeln gepflanzt werden, um 
0 früher tritt unter normalen Verhältniſſen die Reife 
; MM und um fo zeitiger kann mit ber Aberntung be: 
‚ ‚genen werden. Von beſonderer Wichtigkeit ift des- 
„hub ein tunlichſt frühes Auspflanzen der Früh: 
LU ſobald es die Bodenbeſchaffenheit und die 
8 Aitenngaverhältniſſe geftatten. Im allgemeinen dürfte 
| i idod für Norddeutſchland ein Auspflanzen vor An- 
_ È fong his Mitte April kaum zu empfehlen fein. Ein 
a beäßrtes Mittel, möglichſt frühzeitig Kartoffeln ernten 
h kme, it das Auspflanzen bereits vor- 
4 geleimter Kartoffeln. Zu dieſem Zwecke bringt 
unn die Pflanzknollen etwa Mitte Februar auf kleine, 
5 
. J Den ſorſttechniſchen Vorgeſetzten des Oberförſters mußte 
t m Grund deg 9.69 der Geſchäftsanweiſung für die Ober⸗ 


. 1 a iu ihrem eigenen häuslichen Bedarfe zu dieſem 


ne leit jeher auf Verlangen üherlaffen werden. 


a 
\ 


leicht zu handhabende, etwa 10 em hohe Horden von 
Holz, oder in entſprechende Holzkäſten, indem man ſie 
eine neben der anderen, mit dem Kronenende nach 
oben in dieſe einſetzt. Die ſo beſchickten Horden werden 
in einem froſtfreien, am beſten heizbaren, warmen, 
hellen, trockenen, und leicht zu lüftenden Raum unter⸗ 
gebracht. Sie werden hier entweder auf Lattengerüſten 
oder einfach übereinander geſchüttet, ſo aufgeſtellt, daß 
die Kartoffeln überall genügend Licht und Luft haben. 
und verbleiben dort bis zum Auspflanzen. Unter 
dieſen Verhältniſſen bilden ſich dann die erwünſchten 
kurzen gedrungenen und beſonders kräftigen Keime 


unter gleichzeitigem Einſchrumpfen der Knollen, wah: 


rend die Bildung langer, dünner und ſchwächlicher 
Keime, wie ſie bei dunkler und feuchter Lagerung zu 
entſtehen pflegen, verhindert wird. Wenn die Zeit 
zum Auslegen gekommen iſt, werden die Horden aufs 
Feld gebracht und die Knollen aus dieſen direkt, unter 
möglichſter Schonung der Keime, mit der Hand in die 
Pflanzlöcher, das Kronenende nach oben, geſetzt, gut 
eingedrückt nnd vorſichtig mit Erde bedeckt. Bei Ver⸗ 
wendung gut vorgekeimten Pflanzmaterials wird unter 
ſonſt günſtigen Umſtänden immerhin auf eine 10 bis 
14 Tage frühere Ernte zu rechnen ſein. Frühkartoffeln 
werden enger gepflanzt als ſpäte Sorten. Die Pflanz⸗ 
weite iſt zweckmäßig bei ganz frühen Sorten etwa auf 
40 mal 30 bis 40 mal 40 cm, bei mittelfrühen auf 
40 mal 50 cm zu bemeſſen. 

Die Bearbeitung der Frühkartoffeln iſt die 
gleiche wie bei anderen Kartoffeln. Sie iſt beſonders 
ſorgfältig auszuführen und geſchieht am beſten durch 
Handarbeit. 

Da die Frühkartoffeln häufig durch Nachtfröſte er⸗ 
heblichen Schaden erleiden, ſo muß nach Möglichkeit 
Sorge getragen werden, ſie in kalten Nächten, nament⸗ 
lich im Mai gegen Froſt zu ſchützen. Selbſtverſtänd⸗ 
lich können hierbei nur kleinere, mit frühen Sorten 
beſtellte Flächen in Betracht kommen. Man bedeckt 
die Pflanzen für die Nacht entweder mit bereitgehaltenem 
kurzem ſtrohigem Dünger, oder man deckt ſie mit Rohr⸗ 
oder Strohmatten (alten Decken, Plänen uſw.) zu, die 
auf etwa !/2 m Höhe über den Anbauflächen anzu- 
bringende Gerüſte gelegt werden, und zwar ſo, daß 
auch die Seiten durch die bis zur Erde reichenden 
Deckmittel geſchützt ſind. 

Soweit die Frühkartoffeln für Speiſezwecke Ver⸗ 
wendung finden ſollen, iſt es nicht erforderlich mit der 
Aberntung bis zu ihrer vollſtändigen Reife zu warten, 
da ſie oft ſchon weſentlich früher genießbare und markt⸗ 
fähige Knollen zu liefern pflegen. Wo es ſich dagegen 
um Gewinnung von Pflanzkartoffeln und Aufbewahrung 
dieſer während des Winters handelt, darf ein zu frühes 


Abernten nicht ſtattfinden. 
23 


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La 


Notizen. 


A. Oberförſter Robert Fiſcher +. 


Auf der Bahnfahrt von Eiſenach nach Ruhla, wo er vers 
tretungsweiſe das Großh. S. Forſtrevier Ruhla verwaltete, 
verſtarb plötzlich der Großh. S. Oberförſter Fiſcher im eben 
vollendeten 41. Lebensjahre. Der Tod riß ihn mitten aus 
ſeiner hoffnungsreichen forſtlichen Laufbahn.!) 

Im waldumrauſchten, an forſtlichen Erinnerungen reichen 
Ruhla geboren, wandte er ſich nach Abſolvierung des Gym⸗ 
naſiums Welmar dem forſtlichen Berufe zu und trat nach ſehr 
erfolgreicher Ablegung aller Prüfungen in den forſtlichen Vor⸗ 
bereitungsdienſt ein. Nach kurzer Zeit übernahm er die Vers 
waltung der Fürſtl. Wittgenſtein⸗Hohenſteinſchen Oberförſterei 
Banfe und wurde bald zum Fürſtl. Wiltgenſtein⸗Berleburg'ſchen 
Forſtinſp⸗ktor und hierauf zum Kammerdirektor ernannt. Im 
Jahre 1908 trat er in den Großh. S. Staatsforſtdienſt zurück 
und wurde zunächſt mit Betriebseinrichtungsarbeiten an der 
Großh. S. Forſttaxationskommiſſion Eiſenach beſchäftigt. Im 
Jahre 1910 rückte er zum 1. Beamten an dieſer Behörde auf 
und wurde hauptſächlich an der ehemaligen Großh. S. Forſt⸗ 
akademie als Dozent beſonders für die Betrlebsfächer ver⸗ 
wendet. 

In dieſer Stellung hat er ganz Hervorragendes geleiftet; 
daneben war er auch in ſehr bemerkenswerter Weiſe wiſſen⸗ 
ſchaftlich tätig als Referent der Thüring. Forſtverſammlung 
und in der Journalliteratur. 

Mit ihm iſt viel zu früh ein hervorragender Forſtmann 
dahingegangen, auf deſſen Leiſtungen in der Praxis und Theorie 
die Thüringer Forſtleute ſtolz waren und dem fle ein treues 
Andenken bewahren werden. Matthes. 


B. Beſchlagnahme der Walluußbäume. 


Jetzt ſind uns auch die Wallnußbäume in den Parks und 
Gärten nicht mehr ſicher. Sie werden beſchlagnahmt. Eine 
Bekanntmachung, deren Anordnungen mit dem 15. Januar 1916 
in Kraft traten, betrifft Beſchlagnahme und Beſtands⸗ 
erhebung von Nußbaumholz und ſtehenden Wall⸗ 
nuß bäumen. 


Durch dieſe Bekanntmachung werden Vorräte an Nuß⸗ 
baumholz mit einer Mindeſtſtärke von 6 em, einer Mindeſt⸗ 
länge von 100 em und einer Mindeſtbreite von 20 em, ſowie 
alle ſtehenden Wallnußbäume, deren Stämme bei einer Meſſung 
in Höhe von 100 em über dem Boden einen Umfang von min⸗ 
deſtens 100 cm aufweiſen, beſchlagnahmt. Trotz der Beſchlag⸗ 
nahme iſt die Verarbeitung zu Gegenſtänden des Kriegs⸗ 
bedarfs und ihre unmittelbare Veräußerung an ſtaatliche 
Militärwerkſtätten geſtattet. Im übrigen darf ihre Verarbeitung 
oder Veräußerung nur zur Erfüllung eines militäriſchen Liefe⸗ 
rungsauftrages erfolgen. Als Nachweis hierüber gilt eine 
ſchriftliche Beſcheinigung des Königlichen ſtellvertretenden 
Generalkommandos, in deſſen Bezirk der Verarbeiter oder Ers 
werber ſeinen Wohnſitz hat. Die Veräußerung und Ver⸗ 
arbeitung von Hölzern, die zur Herſtellung von Gegenſtänden 


) Bei ihren Vorſchlägen wegen Wiederbeſetzung meiner 
Stelle hatte die Univerſität Gießen u. a. auch Fiſchers Namen 
auf die Liſte geſetzt. Wr. 


des Kriegsbedarfs nicht geeignet find, ift allgemein geitatie 
falls der Verkaufspreis für das Kubikmeter (Feſtmetet) de 
Ware 60 M. nicht überſteigt. 

Die Beſchlagnahme der Wallnußbäume erinnert wid e 
ein höchſt perſönliches Erlebnis. Im väterlichen Pfarrgann 
zu Friſchborn im Vogelsberg (bei Lauterbach) hatten wir einen 
jungen Wallnußbaum und er war der Gegenſtand der Fürſorgze 
von uns Kindern, der Jugend. Wir doktorten nämlich fleißig 
an den Obſtbäumen im Pfarrgarten herum ſchon in oufer 
frühen Kindheit, machten Gräben im Kreiſe um die Bars, 
düngten fie, fällten alte, ſetzten neue, aßen die Kirſchen m 
Pflaumen, brachen die Aepfel und Birnen, und verſahen die 
jüngeren Stämme mit dem damals beliebten Rindenſchnit, 
einer Modetorheit, welche die Stämme, angeblich beſſerer tee 
breitung im Dickenwachstum wegen, von oben bis unten nit 
einem Einſchnitt verſah, der, wenn er nicht ganz vorſichtig g 
macht wurde und nur die oberſte Rinde ſpaltete, den Bann 
unter Umſtänden regelrecht ruinierte. Wir hatten dort auch 
einen Wallnußbaum, wie oben geſagt, der im Schatten und 
fait unter dem äußeren Kronenrand einer ungemein mächtigen 
Linde aufwuchs. Das biologiſch Intereſſante an diefem Rub: 
baum war, daß er, um Freiheit und Licht zu gewinnen, {chief 
aufwuchs, und als er fih einmal dieſer Tendenz zugewandt 
hatte, halfen die jugendlichen Gartenbeſucher unbewußt feii 
nach, indem fie an dem ſchiefen Baum hinauffletterten und 
ihn immer ſchlefer drückten. Trotzdem entwickelte ſich en 
mächtiges Exemplar von Wallnußbaum aus dem aufaͤnglichen 
Krüppel, namentlich nach der leider (infolge Pfarrhausumban) 
erfolgten Fällung der mächtigen Linde, und ich erzähle dies 
hauptſächlich aus dem Grunde, um zu zeigen, daß ſelbſt in den 
rauhen Vogelsberg den Wallnußbäumen noch ein verhältnis 
mäßig gutes Gedeihen geſichert iſt. Wir hatten im Ort einen 
anderen ſtattlichen Wallnußbaum. Dieſen dürfte nun zum Tel 
die letzte Stunde geſchlagen haben. Das bringt der Weltkrieg 
mit ſich. Zum wenigſten erfolgt eine Regiſtrierung, denn die 
Bekanntmachung ordnet außer der Beſchlagnah me eine Melde⸗ 
pflicht für alle ſtehenden Wallnußbäume (ſelbſtverſtändlich 
auch für die oben vorbezeichneten Vorräte an Nußbaumholz) 
an; dieſe Regiſtrierung dürfte auch allein ſchon an ſich wiffene 
ſchaftlich und forſtwirtſchaftlich intereſſant und wertvoll fein. 

Die Meldung hat in einer in der Bekanntmachung näher 
bezeichneten Weiſe auf beſonderen Meldeſcheinen zu erfolgen 
und zwar bis zum 25. Januar 1916. Die Meldeſcheine können 
bei dem zuſtändigen Landrat, in den Stadtkreiſen bei der Polizei 
verwaltung angefordert werden. 

Der Wortlaut der Bekanntmachung, die u. a. auch eine 
Lager buchführung für diejenigen vorſchrelbt, die Nuß baumholz 
des Erwerbs wegen in Gewahrſam haben, ijt bei den Polizei 
behörden einzuſehen. Pfr. W. Schuster. 


— 


Nachſchrift. 

Zu demſelben Getzenſtande iſt der Redaktion eine Be 
merlung des Herrn Oberſörſters Müller- Uszballen, Retz. 
Bez. Gumbinnen, zur Zeit im Felde ſtehend, zugegangen. Sie 
lautet wie folgt: 

Bet dieſer Gelegenheit möchte ich die forſtl. Preſſe I 
der Heimat auf etwas aufmerkſam machen: 


Wie ich höre, geht man den wenigen Wallnußbäumen 
t deutſchen Heimat zu Leibe. M. E. bedeutet, wenigſtens 
Mittel⸗ und Norddeutſchland, ein alter Nußbaum zumeiſt 
a altes liebes Familienerbſtück. Er gehört mit zu Haus und 
4. Man wird feinen Fall als ein ſchmerzliches Opfer auf 
mm Altar des Vaterlandes betrachten. Muß es nun fein? Ich 
hute nein! So lange nicht, als in dem beſetzten Belgien 
ie Außbäume noch in weit erheblicherer Menge umherſtehen. 
den delgiſchen, zumal walloniſchen Bauer, wird auch kaum 
mend eine ſentimentale Wertſchätzung feines Baumes nad- 
seen wollen, eine Wertſchätzung, die über den nachrechen⸗ 
xren Geldertrags wert hinausginge. Ehe man alfo den ſchmerz⸗ 
ichen Eingriff bei uns macht, hole man in Belgien das Bors 
dent. Es tft genug damit, daß die deutſchen Kupferkeſſel 
tizeſchmolzen werden und die belgiſchen unverſehrt bleiben. 
- JA kann mich als Fortmann des Verdachtes nicht ers 
zeiten, daß man über den Vorrat an greifbarem Eichen», 
Am, Kaſtanienholz in Belgien nicht genügend unterrichtet 
i Das gilt auch für Kaſtanien⸗Gerbrinde. Es handelt ſich 
pwit nicht um ſehr große Waldkomplexe, aber häufig um 
en wertvolle® Material bei außerordentlich günſtigen Trang- 
dortverhältulſſen. 


C. Hochſchulnachrichten. 
her Forſtamtmann und Privatdozent Dr. Wimmer if 
zum ußerordentlichen Profeſſor an der techniſchen Hochſchule 
w Rorlarude ernannt worden. D. Red. 


J. Seit 50 Jahren Mitarbeiter der Allgem. Forſt⸗ 
und Jagdzeitung 
ft Ottomar Viktor Anderlind, deffen Familiennamen urs 
bränglich Leo lautete. Cf. die Anzeige feiner Selbſtbiographie 
in Septemberhefte 1903 S. 811. Dem erſten Beitrage A. 's, 
det im Jahrgang 1866 S. 244 erſchien und die Imprägnierung 
w Holzes behandelt, folgten bis zum Jahre 1900 mehr als 
u gribere und kleinere Auffäge und Mitteilungen aus vers 
“ebenen Gebieten: Forſtſchutz,⸗Benutzung, ⸗Einrichtung,⸗Ge⸗ 
weihte und ⸗Politik. Seine bedeutſamſten Arbeiten find aber 
tat Zweifel die feit 1902 erſchienenen Abhandlungen, welche 
ltößtentells die Waſſerwirtſchaft im Walde behandeln 
id war auf Grund ausgedehnter Studien und Beobachtungen 
u den meiften Kulturländern der Erde. Sie finden fih in 
genden Heften: Oktober 1902, Dezember 1903, Juli 1904, 
Deyember 1905, November 1808, Muguit 1910, Oktober 1911, 
Jui 1912, Juni 1913, Februar, März und September 1914. 
Jud Abſchluß finden dieſe Unterſuchungen in der Abhandlung 
über bag Verhalten der einzelnen Holzarten zum Waſſer, deren 
erter Tal an der Spitze dieſes Heftes erſcheint. Er behandelt 
er; andere Holzarten folgen demnächſt. Wr. 


L. Die „Hähne“ oder „ahnen“ der Waldhühner. 
I Nummer 3 (März) 1916 der „Mitteilungen des nieder⸗ 
ien. Jagdſchutzbereins“ wird die Frage aufgeworfen und be⸗ 
brochen, ob für eine Mehrzahl männlicher Waldhühner die 
dtgeichnung „Hähne“ oder „Hahnen“ die richtige fet, und hiers 
bei folgende Schlußfolgerung gezogen: „Die Form „Hähne“ iſt 
blen grammatitalifch richtig und in der Fachliteratur ger 
i Hane. wogegen die Form „Bahnen“, namentlich in den 
Aiden Alpenländern, insbeſondere bei den Jägern ſehr 
verbreitet it und demnach von vielen Jagdſchriftſtellern an⸗ 
Wander wird; weshalb beiden Formen ganz einwandfrei ihre 


— nn 


Gebrauchsberechtigung in Wort nnd Schrift zuerkannt werden 
muß. Ergänzend ſei noch hinzugefügt, daß bei der Zuſammen⸗ 
ſetzung dieſer, das männliche Huhn betreffenden Worte des 
Wohlklanges wegen beiſpielsweiſe geſagt wird „Kampfhähne“, 
bezw. „Hahnenkämpfe“, gleichviel ob es fic) um Hause oder 
Waldhühner handelt.“ | E. 


F. Die Beeinfluſſung der Ausübung des Jagdrechtes 
durch den Krieg. 


Ein Jagdliebhaber hatte mit einer Gemeinde einen Jagd⸗ 
pachtvertrag für die Dauer von zehn Jahren geſchloſſen und 
in dem Vertrage ſich verpflichtet, die Pachtſumme jährlich im 
voraus zu entrichten. Bei Ausbruch des jetzigen Krieges er⸗ 
ließ der zuſtändige Bezirkspräſident eine Verfügung, wonach 
die Jagdausübung in jener Gemeinde völlig verboten wurde. 
Durch dieſes Verbot wurde der Jagdpächter faft fieben Monate 
an der Ausübung der Jagd behindert, und infolgedeſſen ſor⸗ 
derte er die Gemeinde auf, den von ihm für dieſe Zeit im 
voraus entrichteten Pachtzins auf die nächſte Jahrespacht zu 
verrechnen. Hiermit war dle Gemeinde indeſſen nicht einver; 
ſtanden. Im Verhältnis zu der langen Dauer des Pacht⸗ 
vertrages fei der Zeitraum, während deffen der Pächt r an 
der Ausübung des Jagdrechtes verhindert war, nur ein un: 
erheblicher, und es könne auch keine Rede davon ſein, ſo be⸗ 
hauptete die Gemeinde, daß der Pächter irgendwelchen Schaden 
erlitten habe, da er mit Rückſicht auf die erzwungene Schonung 
des Wildes nach Aufhebung des Verbotes in der Lage war, 
erheblich mehr Wild abzuſchießen. Der Pächter war jedoch 
der Anſicht, daß die Gemeinde durch die Zurückbehaltung des 
Pachtzinſes für eine Zeit, während welcher er an der Jagd⸗ 
ausübung behindert war, ungerechtfertigt bereichert ſei; er 
ſtrengte daher gegen ſie Klage auf Herausgade dieſes Betrages 
an und erzielte auch die Verurteilung der Gemeinde. 

Infolge der Verhängung des Kriegszuſtandes, ſo führte 
das Oberlandesgericht Kolmar in den Urteilsgründen aus, 
ſind für diejenigen Gebiete des Deutſchen Reiches, welche an 
der vom Feinde gefährdeten Grenze bezw. im oder in der Nähe 
des militäriſchen Operationsgebietes lagen, neben dem Verbot, 
Waffen zu tragen, auch noch beſondere Verbote erlaſſen worden, 
wonach die Jagdausübung nicht geftattet war. Dieſe Verbote 
ſtehen deshalb in örtlicher Beziehung zu den Jagdgrundſtücken, 
betreffen dieſe ſelbſt und befreien den Pichter von der Ent⸗ 
richtung des Pachtzinſes für die Zeit, während deren die Aus⸗ 
übung der Jagd unmöglich war. Es handelt ſich um einen 
Fehler des verpachteten Rechtes im Sinne des § 537 BGB., 
der die Tauglichkeit zu dem vertragsmäßigen Gebrauche auf⸗ 
hob. Die Behauptung der Gemeinde, es komme hierfür nur 
eine unerheblich kurze Zeit in Betracht, iſt unrichtig. Ein Zeit⸗ 
raum von ſechs Monaten kann — auch bei Berückſichtigung 
der langen Dauer des Vertrages — nicht als unerheblich 
gelten. Ohne Bedeutung iſt es, ob der Pächter mit Rückſicht 
auf die erzwungene Schonung des Wildes in der Lage war, 
mehr Wild abzuſchleßen. Denn die Gemeinde hatte nicht dem 
Kläger eine beſtimmte Menge Wildes zum Abſchuß zu ſtellen, 
ſondern ihm die Ausübung des Jagdrechtes für beſtimmte Zeit 
zu ſichern. Hat aber der Pächter aufgrund des Vertrages die 
Jagdpacht im voraus für eine Zeit entrichtet, für die er wegen 
Eintritts eines Fehlers der verpachteten Sache von der Paht⸗ 
zinszahlung zu befreien iſt, ſo iſt die beklagte Gemeinde inſo⸗ 
weit ungerechtfertigt bereichert und gemäß § 812, Satz 2 BSS. 
zur Herausgabe verpflichtet. (Oberlandesgericht Kolmar, 3. ZS., 
U 64/15, 21. Februar 1916.) 

A. Radloff, Gerichts⸗ und Verwaltungs⸗Korreſpondenz. 


23 


176 


G. Die praktiſche Verwertbarkeit der Boden: 
reinertragstheorie. 


Auf die Ausführungen des Herrn Oberförſters Hepp in 
Nr. 16 der Wochenſchrift Silva möchte ich kurz folgendes er⸗ 
widern ). Wenn Herr Kollege Hepp deutſche Brofefforen für 
ſchlimmere Gegner hält, als die Franzoſen, ſo will ich hierüber 
nicht mit ihm rechten; mit ſeiner Auffaſſung dürfte er wohl 
in jetziger Zeit allein ſtehen. Auch die deutlich hervortretende 
Meinung, daß ein Profeſſor unter allen Umſtänden ein un⸗ 
praktiſcher Doktrinär ſein müſſe, kann mich nicht in Aufregung 
bringen; denn ich glaube für meine Perſon in faſt fünfzig⸗ 
jähriger praktiſcher Tätigkeit gerade auf dem Gebiete der Wald⸗ 
wertrechnung und Statik das Gegenteil erwiejen zu haben. 
Ob etwas, z. B. eine mathematiſche Formel, theoretiſch 
richtig, aber praktiſch unbrauchbar, ja in gewiſſen Fällen ge⸗ 
radezu „falſch“ fein kann, mochte ich bezweifeln. Denn eine 
Theorie, die in ihrer Anwendung falſche Ergebniſſe liefert, 
iſt m. E. ſelber falſch. Doch auch hierauf will ich nicht näher 
eingehen; es wäre nur ein Streit um Worte, d. h. um den 
Begriff, den man mit dem Worte Theorie verbindet. Im 
vorliegenden Falle bin ich allerdings der Meinung, daß Aug» 
gaben und Einnahmen, die zu verſchiedenen Zeiten erfolgen, 
nur iu ihren Bor: und Nachwerten mit einander verglichen 
werden können; ganz ohne Unterſcheidung der Perſon oder der 
Kaſſe des Beſitzers. Herr Hepp glaubt für Staats» und Ge- 
meindewaldungen eine Ausnahme von dieſer Regel unterſtellen 
zu dürfen, weil z. B. ein Aufwand für Kulturkoſten nicht aus 
einem auf Zins und Zinſeszins angelegten Kapital, ſ ndern 
durch laufende Einnahmen bezw. Umlagen beſtritten werde. 
Ich gebe gern zu, daß er dieſe Auffaſſung geſchickt und ſinn⸗ 
reich vertreten hat; doch würde ſie immerhin zu bedenklichen 
Konſequenzen führen. Wenn mir jemand einen Wechſel über 
100 Mk., in einem Jahre zahlbar, ausgeſtellt hat, werde ich 
von jedem Bankhaus jetzt nicht 100, ſondern vielleicht nur 95 
Mark dafür ausgezahlt erhalten. Wollte ich dagegen geltend 
machen, daß ich das Geld nicht zinstragend anlegen, ſondern 
dazu benutzen werde, alsbald eine Rechnung zu bezahlen, ſo 
dürfte ſich ſchwerlich ein Gericht finden, das mir Recht geben 
und das Bankhaus zur Auszahlung des vollen Betrags von 
100 Mk. verurteilen würde. Herr Hepp wird gegen dieſen 
Vergleich einwenden, daß er hinke. Das gebe ich ohne wei⸗ 
teres zu; aber alle Vergleiche haben dieſe Eigenſchaft, d. h. 
es findet ſich immer irgend ein Punkt, in dem der Vergleich 
nicht zutrifft. Es kommt eben nur auf das tertium com- 
parationis an; hier nämlich darauf, daß ein ſpäter fälliger 
Betrag jetzt weniger als den vollen Nennwert gilt; einerlei, 
ob es ſich um 100 oder 15000 Mk. und um eine Friſt von 
einem Jahr oder von 120 Jahren handelt. 
Bleiben wir bei dem von Herrn Hepp gewählten Beiſpiel. 
Er veranſchlagt den Abtriebsertrag eines Buchenhoch⸗ 
wald es einſchließlich der prolonglerten Zwiſchennutzungen zu 
9000 Mk. pro ha und berechnet daraus bei koſtenloſer natür⸗ 
licher Verjüngung einen Bodenwert von 
9000 — — 267 Me 
1,0312060 — 1 ° 
Dem ftellt er für Tannen und Eichen 15000 Mk. Er 
trag und 500 Mk. Kulturkoſten gegenüber, wonach ſich der 
Bodenwert zu 
445-515 = —70 Mk. 
berechnet. Hieraus ſchließt er, daß ein Anhänger der Bodens 
reinertragslehre dem Buchenhochwaldbetrieb den Vorzug geben 
müſſe. Ich bin, obgleich ich 28 Jahre lang „Profeſſor“ war, 
anderer Meinung. Von den hier berechneten Bodenbrutto⸗ 
werten kommt noch das „Kapital der jährlichen Koſten“ in 
Abzug. Veranſchlagen wir dieſe nur zu 6 Mk. pro ha, alſo 


1) Dieſe Erwiderung war urſprünglich für die Silva bes 
ſtimmt, wurde aber von deren Redaktion wegen Raummangels 
abgelehnt. Wr. 


— Rn oe TznuEzE ltr ReggEggen 


das Kapital zu 200 Mk., fo bleibt für den Buchenhochwel 
betrieb nur ein Nettowert von 67 Mk. übrig; dafür wird ws 
nirgends ein Hektar Waldboden zu kaufen fein. Hier 
ſchließe ich, daß der Buchenhochwald nicht 3% abwerfen far 
Ermäßigen wir alfo den Zinsfuß auf 2 %, wie ich ihn! 
großen Waldwertrechnungen wiederholt für Laubholz gefund 
habe, fo ergibt der Buchenhochwald einen Bodenwert u 
9000 >< 0,102 — 502 — 918 — 800 = 618 Rit. 
Dem gegenüber berechnen fh für Tannen oder Ci de 
bet gleichem Zinsſuß 
15000 >< 0,102 — 500 >œ 1,102 — 300 = 
1530 — 551 — 800 = 679 Mk. 
alfo ein höherer Bodenwert! 


Nach heutigen Verhältniffen dürften in vielen Fallen ets 
8 Mk. pro Heltar für die jährlichen Koſten anzuſetzen feir 
Dann würden ſich bei 2. prozentiger Verzinſung je 100 M 
weniger, aljo Bodenpreiſe ergeben, wie fle tatfddlid dite 
gezahlt werden. Aber das gegenſeitige Verhältnis bleibt fdik: 
veiſtändlich das nämliche 


Rechnet man mit 3 %, fo ergeben ſi h bei 8 Mk. fabrics 
Koſten beiderſeits ſchon negative Bodenwerte; bei 2,5 : 
Verzinſung ſtellt ſich das Reſultat ähnlich wie bei 3 , abe 
der Unterſchied der beiderseitigen Bodenwerte wird geringer. 

Hiernach würde ich ebenſo wie Herr Hepp einem Any: 
holzbetrieb den Vorzug einräumen; zumal wenn, wit ct 
leicht fein kann, für die Nughdlger mit größerer Wahridcic: 
lichkeit auf eine höhere Preis ſteigerung zu rechnen fit 


Alſo ſchlage ich dem Herrn Kollegen vor, daß wir un 
gegenſeitig die Hand reichen und mit Befriedigung feſtftellen, 
beiderſeits, wenn auch auf verſchiedenem Wege, zu den gleichen 
„praktiſchen“ Ergebnis gelangt zu fein. Ich tue died mit dem 
aufrichtigen Wunſche, daß Herr Hepp nach dem Abſchluß tut 
ehrenvollen Friedens bald geſund in die Heimat zurückkehrm 
möge. Dr. Wimmenaner. 


H. J. D. Sauerländers Verlag 


beging am 1. Juni d. J. den Hunderten Jahrestag 
ſeines Beſtehens. Der Begründer der Firma war Johann 
David Sauerländer, der Großvater des jetzigen uhr. 
Seit dem Jahre 1845 war Heinrich Remigius S. da 
zweite Sohn des Begründers, Teilhaber und nach deſſen Tode 
(1869) alleiniger Inhaber der Firma. Dieſer nahm 188 
feinen Sohn Robert David S. als Teilhaber auf und 
ſtarb 1896. Der letztgenannte führt ſeitdem, ſetzt alfo schon 
20 Jahre lang, das Geſchäft allein. 


Die allgemeine Forks und Jagdzeitung, 18% 
von Stephan Behlen begründet, wurde 1832 von 8 % 
Sauerländer in Kommiffionsverlag übernommen und ging 184 
in deffen Verlags⸗Eigentum über. In demſelben Jahre 0 
übernahm Oberforſtrat G. W. Freiherr von weretin 
die Redattion; ihm folgten als Herausgeber 1856 u | 
Heyer, 1869 Julius Lehr und Tuis ko Sores, L 
Gorey allein, 1902 Karl Wimmenauer und 1908 . 
rich Weber als Mitredakteur. Verlag und Redaktion miet 
Zeitſchriſt haben mithin ſchon mehr als 80 Jahre lang se 
zwar im beſten Einvernehmen zuſammen gearbeitet. Dies b | 
ausdrücklich und rühmend anzuerkennen erfġeint und als © | 
fommene Pflicht. 5 
Außer unferer Zeitfchrift find in gleichen Berlage md L 
vielbenutzten Lehre und Handbücher von Hermann Stove” | 
erſchienen; ferner verſchiedene forſtwiſſenſchaftliche 225 
von Alers, Binzer, Borggreve, Fiſchbach, fon | 
brand, Pauly, Räß, Roßmann, Vonhauſen, Karl 3 i 
von früheren und jetzigen Herausgebern der Allg. Ö ated 
Jagdzeitung. D. Reb. 


JJ ³ðUñ⁊ ð K ER 


Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer, 
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländer! 


gerlad 


Berleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. M. — G. O tto Hoſbuchdruckerei in Darmſtadt. 


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; Allgemeine 


forf- und Jagd⸗Jeitung. 


Herausgegeben / 
Dr. Karl Wimmenauer, und Dr. heinrich Weber, 
Geh. Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft 


an der Univerſität Gießen. 


— — 


Zweiundneunzigfter Jahrgang. 


— 


1916. Auguſt. 


Frankfurt am Main. 
J. D. Sauerländer’3 Verlag. 


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Posten Karenina al 1 m die Roftoker Kämmerei- und Boipitalgebiete. Der Forftin! 
q È i macher at leinen Wohbnlig in Röpershagen. 

N aS Das Grundgehalt des Beamien beträgt 5000. MR., Iteigend nach Ablauf von je 3 hka 
onngon: um 500.— Mk. bis zum Bödltbetrage von 8000. Mk. Auf die Berechnung der Zulagen und 
an des Ruhegehalts werden auswärtig verbrachte Dieniljahre bis zu höchſtens 10 Yahren inlomeil as 
— | gerechnet, als fie 2 Jahre nach beitandener Forltaflefior-Prüfung liegen. Auf das Gehalt konnte 

] g in Anrechnung der nadiltehend feſigeletzte Wert der dem Beamten zuſtehenden Patna ARE RU: 

9 1. en des un neall 50 Ru u . 500, - 1 
: = 2. Nubung von 762 uten er nebli 350 ulen Gräben uſw. . 450. - 
bei Bestellungen bei 3. jährlich 120 Raummeter Brennholz . . . . . ; . 300.- Fb. 
den hier inserieren- | Für Baltung von 2 Dienitpferden wird eine Entihädigung von jährlich 1800.~ Mk. gewétr. 
den Firmen gefl. auf |. Bewerber, welche die Forltaifefforprüfung beitanden haben, werden aufgefordert, bebensisul ! 
en Beil und Zeugnille bis zum 25. Auguft d. Js. an die Ratsregiftratur hierielbit (Rathaus) einzweiden, 
die „Allg. Forst-u. Bl die Anltellungsbedingüngen eingelehen und duch gegen Erlegung pon 2.— Mk. ab- 
: 60 riftlih bezogen wer 

Jagd Zeitung Be Perlönliche Vorltellung nur auf beſondere Aufforderung. 


zug nehmen zu wollen. Gegeben im Rate zu Roitock. am 30. Juni 1916. B. Oergen, — 
Í 
i 
4 


ne — 


Im Verlag Art. Institut Orell Füssli in Zürich ist erschienen: 
Die Wolken 
in Form, Färbung und Lage als lokale Wetterprognose 


von E. Neuhaus, Oberförster in Moutier (Schweiz). 
48 S. Text, 30 Wolkenbilder, 12 Tafeln, 8 Beilagen. Kl. Folio in Mappe Mk. 12.—. 


Vorliegende Arbeit ist die Frucht langjähriger Beobachtungen. Ein kleiner Nebel, ein am bestimmten 
Orte sich bildendes Wölkchen hat uns im Sinne der lokalen Wetterprognose unter Umständen mehr zu sage, 
als der bestfunktionierende Wettertelegraph. Es kann daher die Anschaffung dieses Werkes den Schulen und 
speziell den landwirtschaftlichen Schulen bestens empfohlen werden, da es zu einer zielbewußten Beobachtung 
anregt und besonders die Jugend anspornt, die Kräfte und Erscheinungen des Weltalls zu studieren. Die 
Ausstattung ist eine ganz vorzügliche, besonders die photographischen Aufnahmen des Werkes sind von gan! 
hervorragender Schönheit. (Schulwart, Leipzig.) 


Wie sehr die Wolken in der Stimmung in der Natur mitbeteiligt sind, empfindet jedermann; ihre engen 
Beziehungen zur Witterung sind bekannt. Aber wie viele Leute achten weder auf die Schönheit der Wolken- 
bildung, noch auf deren Bedeutung für das Wetter! Aus langjähriger Beobachtung heraus stellt der Oberförster 
von Moutier, unterstützt von Gelehrten, die Wolken nach Form, Färbung und Lage, nach ihrem Einfluß er 
die Windrichtung, ihren Feuchtigkeitsgehalt und ihren Zusammenhang mit der Witterung dar. Dann 1 : 
er von der Beobachtung und den Zeichnungen der Wolken und Temperaturerscheinungen, die fiir die Vor a 
sage der Witterung bestimmend sind. Wer seine Ausführungen beachtet, wird den Wolkenbildungen 5 
schärfern Augen und mehr Freude folgen; aber auch für die Erkenntnis des kommenden Wetters en a 
haltspunkte tinden, als die gewöhnlichen Wetterregeln bieten. Ein ästhetischer und praktischer Zweck ist dam 
erreicht. Der Verfasser legt als praktischer Mann das Hauptgewicht auf den letztern. l 

(Schweizerische Lehrerzeitung.) 


Neuhaus bezeichnet seine Arbeit als einen Versuch, die lokale Wetterprognose um einen Schritt 1 
zu bringen. Sie ist mehr als das. Auf dem soliden Grunde einer vieljährigen, systematischen Beobac 1 
und einläßlichen Studiums bietet der Verfasser Abhandlungen, die allgemein lebhaftes Interesse erwe© 
müssen. (Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen.) 


Zu beziehen durch alle Buchhandlungen. 


Allgemeine 


erf. un Jagd- Jil! 


Augult 1916. 


Anſere Weidmannsſprache. 
Von Baltz⸗Hannover. 

Leider iſt es nur allzu wahr, daß vor dem großen 
dige bei uns die ſtark ausgeprägte Neigung be: 
unden hat, das Fremde, mit dem eine Berührung 
Yattgefunden hatte, aufzunehmen, und daß es heute 
noch diele gibt, die nicht begreifen wollen, daß in nichts 
mehr das Weſen eines Volkes ſo zum Ausdruck kommt, 
wie in ſeiner Sprache, deren Durchſetzung mit fremden 
Brecken gleichbedeutend ift mit dem Abbröckeln eines 
Stückes Deutſchtums, das in dauernder Wiederholung 
nicht ohne ſchädliche Entwicklung auf den Volksgeiſt 
dleiben kann. Die Sprache ift für uns nicht nur das 
Jnſtrument zur Uebertragung des Gedankens, ſondern 
ſie hat dieſe Gedanken ſo zu übermitteln, wie es dem 
unverfälſchten deutſchen Geiſte entſpricht, der nur 
dort lebendig erhalten werden kann, wo dem zerſetzen⸗ 
den Einfluß des Fremden der Eingang verwehrt wird. 

»Wie nach dieſer Richtung der Volksgeiſt zerrüttet 
den kann, dafür bieten die Franzoſen, die wir in 
welem fo gerne nachgeahmt haben, ein lebendiges Bei- 
lel, Mit großem Kraftaufwand betonen fie immer 
der ihr lateiniſches Raſſentum, ſcheinbar ohne zu 
echnen, daß fie damit das klägliche Geſtändnis ab- 
igen ganz im Geiſte ihrer Unterdrücker, der Römer, 
aufgegangen zu fein, denn die Gallier find keine Qa- 
liner. Um fo törichter erſcheint aber diefe Truthahn⸗ 
mier fih aufzublaſen, weil die Gründer des Franken⸗ 
whe Germanen waren. Als von den Römern Pe: 
hegte haben die Gallier bald die Sprache des Siegers 
angenommen, was allenfalls zu verſtehen iſt, aber als 
germaniſche Volksſtämme, die als Sieger Galliens 
Poden unterwarfen, ſoweit gekommen waren, daß fie 
‘the Sprache nicht mehr zur Geltung brachten und 
ihre Geſetze lateiniſch ſchrieben, da war Raſſen⸗ und 
Stammesſtolz im Schwinden, und fo gingen Franken, 
Burgunder, Alemannen und andere, wo fie die Herren 
waren, in dem Meer der Knechte unter. Obgleich 
' mir längſt gutes deutſches Recht haben, wühlen wir 
inmer noch im römiſchen herum. Wollen wir wiſſen, 
das ein „Wildpark“ it, dann muß das uns ganz 
dbeſensfremde römiſche vivarium herhalten, das zum 
1916 


Vergleiche nicht paßt. Unter folden Umſtänden dürfen 
wir uns nicht wundern, daß der Katzelmacher Oberſter, 
Ehren Salandra, uns vorhält, die lateiniſche Kultur 
ſei der unſrigen um 2000 Jahre voraus. 

Die Parforcejagd hat Deutſchland aus Frankreich 
übernommen. Germanen ſind es aber doch geweſen, 
die ſie ins Leben gerufen haben, denn ſchon die ſaliſchen 
Franken, deren Häuptling Pharamund der erſte König 
des Frankenreiches war, kannten etwas derartiges, be⸗ 
ſonders aber die Merovinger und Karolinger und 
ſchließlich waren es auch Weſtgoten und Vandalen, 
welche dieſe Jagd in Spanien eingeführt haben. Sie 
iſt bei uns in Vergeſſenheit geraten und in Frank⸗ 
reich allerdings zu großer Blüte gebracht. 

„Am Ende des XVII. und am Anfang des XVIII. 
Jahrhunderts“, ſagt ein franzöſiſcher Schriftſteller, 
„wollten auch die deutſchen Fürſten wie unſere Könige, 
denen fie ebenſo große Bewunderung wie Haß ent: 
gegenbrachten, es ihnen gleich tun. Alles richteten ſie 
nach franzöſiſchem Muſter ein und ebenfalls bediente 
man ſich der franzöſiſchen Ausdrücke, die gröblich ent⸗ 
ſtellt wurden“. Als „lächerliche Nachahmungen“ ſchätzte 
man dieſe Beſtrebungen ein und wenn das nach den 
obigen Erklärungen auch nicht ganz zutrifft, ſo hat es 
doch an lächerlichen Nachahmungen nicht gefehlt. 

Die Entwicklung des Sportes hat dazu geführt, 
daß franzöſiſche und ja nicht zu vergeſſen engliſche 
Brocken die deutſche Sprache geradezu verhunzten und 
wie groß das Armutszeugnis iſt, das ſich die För⸗ 
derer dieſes Gebahrens ausſtellten, ſcheinen dieſe nicht 
geahnt zu haben. Namentlich den dünkelhaften Eng⸗ 
ländern gegenüber war es eine klägliche Unterwürfig⸗ 
keit, die ſich nicht mit ſogenanntem internationalem 
Brauch rechtfertigen ließ, denn auch in dieſem Falle 
iſt eine Verleugnung des Wertes unſerer Sprache und 
Einlaufen mit vollen Segeln in fremde Sitten und 
Gebräuche ein Gebahren, das uns vor dem Auslande 
herabſetzen mußte. 

Das gilt bis zu einem gewiſſen Grade auch 
für die Weidmannsſprache, die deutſch ſein 
und den Geiſt deutſcher Jägerei atmen foll. 

Natürlich ſind es wiederum die Franzoſen, die ſich 

24 


178 


als die Väter der Weidmannsſprache betrachten, denn 
wie ſie ſagen, hat Deutſchland ſie von ihnen über⸗ 
nommen. 

In den alten deutſchen Helden- und anderen 
Liedern, da ſind die Wurzeln unſerer Weidmanns— 
ſprache zu ſuchen, und wenn wir fie heute von fran: 
zöſiſchen und engliſchen Brocken durchſetzt finden, ſo 
haben wir das leider unſeren Altmeiſtern zu verdanken, 
die ſich nur an die in Frankreich nach dieſer Richtung 
zuerſt feſtgeſetzten Regeln hielten, und das hier ge 
gebene in bekannter deutſcher Schwache der Nachwelt 
überliefern zu müſſen glaubten. 


Wer unter Berufung hierauf, wie es heißt, „aus 
Pietät“ die Fremdkörper, die wir nicht nötig haben, 
in unſerer Sprache ſtecken laſſen will, nun, der fühlt 
eben nicht deutſch, und gegen den richten ſich dieſe 
Zeilen, um den Glauben auszurotten, daß in dem 
Uebernehmen entbehrlicher Fremdwörter eine Bereiche: 
rung unſerer Sprache liegt, und um das Gefühl zu 
wecken, daß ſolche Unterwürfigkeiten dem Deutſch⸗ 
tum nur großen Schaden zufügen können, weil ſie uns 
in den Augen des Auslandes herabſetzen. 

Aus allen dieſen Gründen gehorche ich gerne einem 
von dritter Seite ausgeſprochenen Wunſche mich dazu 
zu äußern, inwieweit es möglich iſt, unſere Weidmanns⸗ 
ſprache von fremden Beſtandteilen zu reinigen und 
das ſoll an der Hand des Buches „Deutſche Weid— 
mannsſprache“ von Dombrowski in möglichſter Kürze 
geſchehen. 

Abnorm nennt man unregelmäßige Formen und 
Färbungen, und Abnormitäten unter den Geweihen 
und Gehörnen ſind die Freude des Erlegers. Norm 
kommt von Norma, die Regel. Normal iſt das regel⸗ 
mäßig entwickelte, abnorm (abnormis) das Gegenteil. 
Abnormität entſpricht dem lateiniſchen abnormitas. 

Abnorm läßt ſich durch unregelmäßig erſetzen. 
Immerhin aber iſt der Begriff abnorm ein ſchärfer 
umriſſener und beſſer durch Mißbildung gekenn⸗ 
zeichnet. 

Der Ausdruck abnorm hat ſich eingebürgert und 
iſt mit Rückſicht auf ſeine Bedeutung einer derjenigen, 
die vielleicht gerne beibehalten werden. 

à droit. Alter, heute kaum noch üblicher Befehl 
an den Hund ſich grade auf den Hinterläufen aufzu— 
richten. Er bedeutet aljo se tenir droit = fidh auf: 
recht hinſtellen. Dombrowski iſt der Anſicht, daß ein 
Ausdruck im Deutſchen fehlt. Das Wort „hoch“ mit 
entſprechender Handbewegung kann ihn vollkommen er— 
ſetzen. 

Allons cherche. Dieſer Ermunterungsruf zum 
Suchen iſt ſo überflüſſig wie nur etwas, obgleich man ihn 
noch bis in die neuere Zeit Hort. „Such!“ ift viel 
kürzer und deutſch und dasſelbe gilt von Derriere, 


das für „Zurück“ gebraucht wird, aber „hinter“ 
„Zurück“ heißt das Kommando wenn man den 
hinter ſich haben will und das „Such“ zeigt ihm 
daß er von neuem feine Tätigkeit beginnen fol. 

Appel muß der Hund haben. Appellare 
anſprechen und Appell iſt zuerſt bei Heppe in der 
deutung der Folgſamkeit des Hundes angewendet u 
bis heute beibehalten worden. Trotz der Einbürgen! 
des Ausdruckes gehört er zu den entbehrlichen u. 
erſetzbaren, denn er ſoll nur die Folgſamkeit! 
Hundes dartun und ift deshalb durch Folglam!: 
oder folgſam vollſtändig zu erſetzen. 

Dombrowski nimmt aud an, daß der Ausdtu 
à la vue keinen Erſatz im Deutſchen hat. Avew 
oder avuer heißt im Auge behalten, und vue bei 
dasſelbe wie Sicht, und ſichtig jagt der Hund, mi: 
er das Wild ſieht. „Sichtig“ kommt zwar heute up: 
ſächlich nur noch in Zuſammenſetzungen vor, wie un 
ſichtig“ uſw. wenn es fih nicht auf das Wetter $ 
zieht, aber es ift deutſch, denn es kommt von da 
mittelhochdeutſchen sihtec, sihtic und kann à la vue 
voll und ganz erſetzen. 

Das „Apportieren“ iſt uns, wie viele annehmen 
ſo in Fleiſch und Blut übergegangen, daß ſie es gar; 
und gar für unentbehrlich halten. Dieſe Aufaſun 
teile ich nicht, denn es ift kein unerſetzbares Befund 
teil unſerer Weidmannsſprache; apportare , heißt her 
beibringen und deshalb iſt Bringen“ hierfür ein aus 


reichender Erſatz, und das „Bring!“ oder „Bringher' 


erſetzt „Apporte“ oder „Faß apporte” in jeder Bre 
Deshalb ift es geradezu unverſtändlich, wie Lou 
browski zu der Anſicht kommen kann, der Augu 
jei im Deutſchen unerſetzbar. Schwieriger ift es fém 
„Apportierbock, Apportierholz“ zu verdeulſchen. 2 
Zuſammenſetzung des „Apportier“ mit „Bock um 
„Holz“ iſt ſprachlich etwas unſchönes und jedenfal‘: 
ift das aus dem Imperativ „bring“ und den deutſchen 
Ausdrücken „Bock“ und „Holz“ zuſammengeſetzte Haupt 
wort beffer. Warum nicht „Bringbock“ und „ring: 
holz“? Das Sprachgefühl ſträubt ſich dagegen keines 
wegs, denn daß das andere beffer fein fol it Ew 
bildung und weiter nichts. Daran wird aud) Dabur 
nichts geändert, daß, wie mißverkannt wird, wijde 
apportare und Bringen ein Unterſchied besteht, M 


hier nicht erörtert zu werden braucht, weil „Bing | 


apporte erſetzt. 

Arretieren (von arréter, adrestare) a 
halten) ift wohl kaum noch gebräuchlich und ganz U" 
gar überflüſſig, ſchon wegen feiner Nebenbedeutungel. 


Warum denn nicht das niederdeutſche „Stopp“ s 
nicht allein viel beffer und bezeichnender, ſondern au! 


n ni 
deutſch ift, und nicht, wie Dombrowski annm" 
dem engliſchen entſtammt. 


179 


riden nennt Dombrowski beffer als Bürſchen, 
en, Pirſchen. Das mit Recht, denn es kommt 
ersare und Bersa. Es iſt die Schießjagd 
ie Umwandlung in „Anſchleichen“ eigentlich nicht 
det. Die chasse à bercer war ganz etwas 
s als die heute darunter verſtandene Jagd, aber 
wir die Veränderung des Begriffes feſthalten 
n, dann folte man doch die richtige Schreibweiſe 
Aten. Zwar wollen im Nibelungenlied Günther 
lagene ,pirsen in den walt“ aber in den alt: 
zſiſchen Artus- und Abenteuer⸗Romanen kommt 
bercer zur Geltung. Die Birſchjagd beſtand auch 
mingeln des Standortes des Wildes, wo es dann 
ger an einen Baum gelehnt (afusté, s es- 
dre à unfust) erwartete, aber diefe Jagd fand auch 
khegen ſtatt, (berser as aceintes) und ſchloß 
Bid auch das Verfolgen durch die Hunde in ſich. 
duſchieren ift das Jagen im Walde nur mit 
Hunde. Ein Fremdwort iſt der Buſch nicht, denn 
An der deutſchen Sprache zu Haufe, wenn diefe 
pichnung schließlich auch aus dem lateiniſchen boscus, 
eus fammt. Gut klingt das Wort mit dem An- 
ips aber nicht und es ſteht nichts im Wege 
bine Stelle die Waldſuche im Gegenſatze zur Feld: 
` teten zu laffen. 
dem Buchſtaben © will ich nur das entnehmen, was 
noch gebräuchlich, das andere aber übergehen. 
Farreſſieren, heißt beffer Careſſieren mit einem 
n es kommt von caresse (Liebkoſung) (caresser, 
ſen, liebeln, ſchmeicheln), das wiederum auf carus, 
. teuer) zurückzuführen it. Wir find alfo nicht 
alegenheit das careſſieren auszumerzen. 
Ceremoniell ift der Inbegriff feierlicher Gebräuche, 
erlihe, förmliche; alfo die Gebräuche bei Jagden. 
lal. ift das verſtändlicher und auch richtiger, 
cerimonia ift ein heiliger Gebrauch und bes- 
caerimonialis, das zur Gottesverehrung gehörige. 
4. Cherche heißt zu deutſch ſuch! Chiens courants 
fein von Dombrowski die zur Parforcejagd ges 
tuen Hunde genannt. Der Begriff it zu eng, 
fu m den Chiens courants zählen alle lautjagen⸗ 
n gude. Nennen wir fie Laufhunde, weil diefe 
chung üblich ift und courant von courir (laufen) 
Ent Couche. Warum denn nur? Coucher heißt 
PR widerlegen. Couche, Kuſch = leg dich! Kurzer 
dug Es gehört auch zu denjenigen Wörtern, die 
19 fer eingebürgert haben, aber wenn man es an: 
Piel, fage man nicht „Kuſch dich“, denn das Kuſch, 
ache, ſchließt das „dich“ ſchon ein, weil Kujh „leg 
J n' heißt. Couche kommt von collocare. 
1 C8 wird krampfhaft weiter das Coupieren der 


A 5 vorgenommen. couper heißt abſchneiden, ab: 
temen, 


Es denkt aber kein Menſch dran dem Hunde die 
Rute abzuſchneiden, ſondern man kürzt ſie. Kou⸗ 
pieren iſt alſo nicht nur eine ganz überflüſſige, ſondern 
auch eine unzutreffende Bezeichnung. Man ſpricht von 
coupierten, alſo „geſchnittenen Hunden“. Nicht die 
Hunde werden kupiert, ſondern ihr Schwanz wird 
gekürzt und man muß deshalb von einem Hunde mit 
kupiertem Schwanze oder Ohren reden, denn das Wort 
fàgt nicht, was gekürzt iſt. - 

Ein couteau oder couteau de Chasse können wir 
richtig durch Jagd: oder Weidmeſſer erſetzen. 

Für Curse oder Curie haben wir keinen Erſatz. 
Nur will ich bemerken, daß ich der Auslegung des 
Begriffes durch Dombrowski nicht ganz beitreten kann. 
Kurz will ich andeuten, daß man mit wenigen Worten 
Kuree als das vom Wilde bezeichnet, was nach Bu- 
bereitung den Hunden gegeben wird. 

Für den Jäger beſteht ein Jaͤgerrecht. Dasſelbe 
bedeutet die Curie für die Hunde. 

Derby, ein beſonders abſtoßend wirkendes Wort, 
weil es von England kommt, einer Nation, die nicht 
minder verächtlich iſt wie die franzöſiſche. Warum 
ſetzen wir denn nicht Jugend ſuche, was nicht allein 


verſtändlicher, ſondern auch beffer ift. Denn es be: 


deutet urſprünglich das Rennen dreijähriger Pferde 
und wurde davon auf die Abrichtung der Hunde über⸗ 
tragen. Hier haben wir einen der Fälle unter vielen, 
wo wir ohne Not dem großmaͤuligen, anmaßenden 
Albion etwas abgegudt haben, was wie manches andere 
dieſem berechtigte Veranlaſſung gegeben hat ſich für 
überlegen zu halten. Müſſen wir Deutſche uns nicht 
lächerlich vorkommen, wenn wir mit Derby und Field 
trial um uns werfen, wo für das letzte doch wohl 
Feldprüfung ein paſſender Erſatz iſt. Iſt es nicht 
geradezu blöde in engliſcher Nachäfferei von einem Hunde 
als „Champion“ — urſprünglich = Kämpfer — zu 
reden, wo mit dem Worte „Meiſterſchaft“ alles, 
was man jetzt darunter verſteht, geſagt iſt. Früher 
waren die Hunde im Stall oder im Zwinger, heute 
im Kennel und ihre Herren bilden einen Club, bei⸗ 
leibe keinen Verein. Alles recht engliſch, aber wenn 
man den Kennelclub ins Deutſche überträgt, dann 
hat man einen Hundehütten- oder Oundeftall- 
verein. Etwas anderes kann bei der Verknüpfung 
dieſer engliſchen Brocken nicht herauskommen. 


Auf derſelben Höhe ſteht das engliſche Down, das 
wir ganz und gar nicht nötig haben. Das deutſche 
Nieder iſt mindeſtens ebenſo gut, denn es iſt deutſch. 
Oberländer hat ſchon das Wort Daun⸗Lage und da— 
mit ſprachlich ein neues Wortungeheuer erfunden, denn 
was ſoll man ſich darunter denn vorſtellen? Ebenſo 
unſinnig iſt, was hier ſchon vorweg genommen werden 


ſoll, das galliſche Tout-beau, das Dombrowski un⸗ 
24* 


180 


richtig mit „ganz gut“ überſetzt. Dobel fagt dubois 
und überſetzt mit „ſtehe oder halte“. Du Bois heißt 
„Holz“, tout beau aber „ganz ſchön“. Mit „tout 
beau“ und „down“ wollen wir ungefähr dasſelbe. 

Der Hund ſoll ſich hinlegen und das können wir 
mit „Nieder“ voll und ganz erreichen. Zuweilen wird 
tout beau auch in dem Sinne gebraucht, daß er fang: 
ſam und vorſichtig vorgehen ſoll (Hartig). Wir ſprechen 
immer von der Dreſſur, vom Dreſſeur, dref- 
ſieren uſw. und meinen damit das Abrichten des 
Hundes durch den, der es kann. Dreſſur iſt vor 
allem eine ganz willkürliche Wortbildung, die im fran⸗ 
zöͤſiſchen ganz unbekannt ift, denn hier ift nur von 
dressage die Rede. Abrichtung iſt das, was ge⸗ 
meint iſt und für dreſſieren haben wir das gute deutſche 
Wort abrichten. Der Begriff des Wortes dreſ— 
fieren iſt ein ganz anderer, denn das franzöſiſche 
dresser, von dem es ſtammt, heißt „grade richten“, 
irgend wohin, denn abgeleitet iſt es von dem latei⸗ 
niſchen directus bezw. dirigere. Ein Abrichter iſt 
der Dreſſeur und Dreſſierbock, Dreſſierhalsband ſind 
zwei zuſammengeſetzte Hauptwörter deren Beſtimmungs⸗ 
wort durch „Abricht“ erſetzt werden kann. 

Von Dubletten und dublieren hört man 
immer ſprechen. Dieſe Ausdrücke haben die allerver- 
ſchiedenſte Bedeutung im Sprachgebrauch des Lebens. 
In der Weidmannsſprache machen wir eine Dublette, 
wenn wir, ohne abzuſetzen, zwei Stück Wild erlegen; 
wir dublieren, wenn es das erſte oder auch zweitemal 
vorbeigeht. 

Wir können ebenſogut ſtatt zu dublieren zweimal 
hintereinander ſchießen, vorbei oder treffen. Doubler 
heißt verdoppeln, double doppelt oder zweifach. Ur⸗ 
ſprünglich hat man unter der Dublette den zwei- 
mal in demſelben Beſitz befindlichen Gegenſtand ge— 
meint. Der Ausdruck iſt auch anwendbar, ſo wie es 
in der Weidmannsſprache geſchehen iſt, aber der ge— 
legentlich von der Schriftleitung der Deutſchen Jäger: 
zeitung vorgeſchlagene „Doppeltreffer“ ift der Du: 
blette entſchieden vorzuziehen. 

Ferm ift der Hund wenn er gut abgerichtet ift. 
Ferm kommt vom lateiniſchen firmus. Mit dem 
„guten“ oder „zuverläſſigen“ Hund kommen wir eben- 
ſoweit. 

Auf fall choke, half choke, choke bore, chilled 
shot uſw. brauche ich wohl nicht näher einzugehen, 
denn diejenigen, welche in ſpäteren friedlichen Zeiten 
ſich von der engliſchen Waffeninduſtrie das Geld aus 
der Taſche ziehen laſſen wollen, werden ſich auch da— 
durch eines Beſſeren nicht belehren laſſen, wenn man 
ihnen vorhält, daß in Deutſchland alles mindeſtens 
ebenſogut zu haben iſt. 

Haut goüt muß das Wildbret haben und da— 


runter denkt mancher, daß es halb verweſt fein 
Unter haut-goat ift nicht „hoher Geſchmack“ zu 
ſtehen, denn aus dieſer Ueberſetzung kann ſich niem 
einen Vers machen. Unter haut gout ift der wiry 
Geſchmack oder Wildbretgeſchmack ſchlechtweg 
verſtehen. Wildbret darf wie alles übrige F 
nicht friſch gegeſſen werden, ſondern es muß eine 
lang hängen und dieſen Zeitpunkt richtig zu erfai 
das heißt den haut goat wahrnehmen, d. h. den Au 
blick, in dem es den höchſten Wohlgeſchmack erreicht ha 
Koppel ſagen wir zum Hundepaar, das j 
einander am Riemen geht. Es kommt von cou 
cople, copula, ift aber ganz und gar eingebürgg 
und ein Teil des deutſchen Sprachſchatzes geworden. 
Für das Lancieren — mit dem Hunde a 
Riemen der Fährte folgen — wird fih kaum ein I 
zeichnenderer Ausdruck finden, aber von lapins zu nde 
liegt kein Grund vor, denn Kaninchen (von canya 
conyn uſw.) iſt jedenfalls verſtändlicher. ' 
Bei à la meute fagt Dombrowski, daß der Aub 
druck unerfegbar fein fole. Das iſt doch wohl un 
teilweiſe der Fall, denn warum denn nicht an 
Meute“ rufen, wenn die Hunde ſich in einem Haufen 
ſammeln ſollen. Meute iſt allerdings auch ein grend: 
wort, denn meute oder mute kommt von mouvor 
(movere) und man verſteht oder verſtand urpring 
lich darunter eine Anzahl in Bewegung geſetzter Hunde 
Roy Modus!) fagt: „Mute de Chien est quand 
il y a douze chiens courants et un limier, et 4 
moins en y a, elle n'est pas dicte mute. 
Alfo 12 Laufhunde und 1 Leithund müſſen mw 
deſtens vorhanden fein, um eine Meute auszumabel 
Einen Erſatz für dieſen Ausdruck haben wir nicht ind 
in ſeiner Uebernahme können wir nur eine Bereicherung 
unſeres Sprachſchatzes ſuchen. Das à la“ aber kan 
ſehr gut entbehrt werden. | 
Für Munition können wir ruhig Schieß bedarf 
ſagen, denn dieſer Begriff iſt nicht minder ſcharf wi 
jeft umſchrieben und ruht ſprachlich auf feſterer Grund: 
lage. 
Die Parforcejagd hat franzöſiſchen Church 
iſt aber nicht, wie oben ſchon angedeutet, ganz j 
zöſiſchen Urfprunges, wie meifteng angenommen WI“ 
e8 fei denn, daß man fih, wie bie Franzoſen ke 
machen, auf den Standpunkt ſtellt, Karl der a 
jei ein Franzoſe geweſen und alle die Könige ™ 
Merovinger, die ſie, wenn auch in etwas ante 
Form geübt haben. R 
Eigentlich fteht die frangöfifhe Jügerei auf d 
Standpunkte, daß das chasser a force de chen 
') Le livre du Roy Modus et de la Rayne Ratio. C 


des 
Jagdkatechismus, vot 1338 geſchrieben und 1 
XV. Jahrhunderts gedruckt. Neue Auflage: Pari 


it Chasse à courre zu bezeichnen ift, abgeſehen von 
deren Bezeichnungen. Wir ſehen in der Parforce⸗ 
gd gewiſſermaßen eine Vervollkommnung der Chasse 
courre, der Hetzjagd, aber ſcheinbar nicht mit all: 
ügroßem Rechte. Chasse à courre und parforce 
ad in Frankreich ganz gleichbedeutend, denn es wird 
on Donoyer de Noirmond !) beiſpielsweiſe geſagt: 
A chasse à courre, qui conserva toujours en 
emagne son nom francais „Par force Jagd“. 

Die wirkliche Bedeutung ift in force de chiens 
u juchen, deshalb Parforcejagd, während das courre 
id auf das ſcharfe Mitreiten bezieht. Die Parforce⸗ 
cg) it einfach eine mit beſtimmten Gebräuchen ver: 
tundene Hetzjagd. Wir ſtellen uns das Reiten hinter 
den Hirſch in der Hauptſache darunter vor, aber das 
ten Irrtum, denn es wurden nicht allein Hirſche, 
damwild und Rehe à force de chiens gejagt, fon: 
dein auch Hafen, Bären, Wildſchweine, Wölfe, Füchſe, 
citer und Dachſe. Der Unterſchied zwiſchen Heb: 
und Parforcejagd, den man machen kann, iſt vielleicht 
an genügender Grund, den letzten Ausdruck beizu⸗ 
behalten. 

Rel wir zwischen Wechſel und Paß unterſcheiden 
qifen, können wir paſſieren (aus passer) nicht ent: 
hen. Einſchalten will ich hier, daß Dombrowski 
von Reißzähnen jagt, fie ſeien die beiden verlänger⸗ 
im Zähne im Oberkiefer der Raubtiere. Das find 
die Eckzähne, denn Reißzahn (Dens lacerans) heißt 
kı Raubtieren jederſeits der letzte Prämolarzahn des 
Cher: und der erſte Molarzahn des Unterkiefers. Sie 
ind nicht verlängert wie die Ed- oder Fangzähne, 
der von den andern durch Größe und Schärfe unter: 
den, ſowie durch einen beſonderen Höcker an der 
Inenſeite. 

Raſant iſt die Flugbahn des Geſchoſſes, wenn ſie 
loch nicht in hohen Bogen, verläuft. Ich nehme an, 
tah geſtreckt dasſelbe ausdrückt. 

Remiſe kann durch Schutzgehölz erſetzt werden; 
Rendez-vous durch Sammelplatz. So lange wir 
solo fingen und tanzen, können wir auch den Solo: 
länger behalten, der allein, ohne Mitwirkung anderer 
Hunde fängt. . 

Sum Schluß möchte ich noch kurz auf einige weid⸗ 
nänniſche Ausdrücke eingehen, deren Herkunft und 
deutung nicht überall bekannt ift. 

n Nr. 39 des „Weidmann“ habe ich den Jagd- 
u „Horrido“ fo eingehend erörtert, daß ich mich hier 
auf den Hinweis beſchränken kann, daß es mit „Rideau“ 
Lorhang) nicht den allergeringſten Zuſammenhang 
bat, denn es iſt ein echt deutſcher Kampf⸗ und Freu⸗ 
uf. Gier habe ich auch darauf aufmerkſam ge- 


) Verfaſſer der Histoire de la Chasse en France, 
3 Bande, 


181 


macht, daß Halali unſer bekannter Ruf, wenn die 
Jagd aus iſt, namentlich den Hunden zugerufen wurde, 
wenn ſie die Kurie erhielten, „Hallali, valets, hallali!“ 
Das ha la lit hat man in „ha, da liegt er“ (Döbel) 
übertragen und iſt dadurch dem richtigen unbewußt 
nahe gekommen, wenn der Ruf auch nicht dem zu 
Stande gehetzten Hirſch galt, ſondern ein Beſtandteil 
der nachfolgenden Feierlichkeiten war. au lit, au lit! 
heißt aber „faßt an“ und das deutet auf den An- 
feuerungsruf für die Hunde hin, denn wozu hätte 
man dieſen Jägerſchrei in dem Moment gebrauchen 
ſollen, in dem fie über die Curie herfielen. Bei dem 
feierlichen Akt war der valet de limier (Führer des 
Leithundes) derjenige, der die Decke des Hirſches von 
der Kurie fortriß und „Hallali“ ſchrie. 

Bett nennen wir die Stelle, an der ſich das Wild 
niedertut um auszuruhen, und ſo wurde auch ſchon 
die Stelle im altfranzöſiſchen bezeichnet. lit (deutſch 
Bett) wurde fie genannt, denn „Jusques au lit vins 
li vrais liemiers.“ Bis zum Bett führte der Leit⸗ 
hund, aber Halali gibt es erſt ſpäter. Hiermit oder 
auch bei der Kurie läßt ſich das „ha da liegt er“ 
wohl in Verbindung bringen, aber an der Berechtigung 
dieſer Auffaſſung zweifle ich. 

Der Ruf „Talaut“ galt ebenfalls der Meute. 
War die Curie vorbei, nahm ein Jagdknecht das vor⸗ 
her bei Seite gelegte dünne Geſcheide und ließ die 
Hunde mit dem talaut hoch und höher ſpringen, bis 
es ihnen zugeworfen wurde. Statt taiaut finden wir 
auch „Ta haut“, „tiel au“, „thyalau“ und „ty a 
hillaud “. 


Dieſer Nachtiſch wurde forhu genannt von hu 
(Lärm) huer (ſchreien, rufen). Beim forhu wurde 
nochmals la vue geblaſen (Hirſch in Sicht) und dem⸗ 
zufolge großes Getöſe durch Blaſen der verſchiedenſten 
Weiſen vor dem allgemeinen Aufbruch. 

Von der Curie ein andermal ausführlich. 

7 


Die Okkupation des Wildes. 

Das jagdbare Wild nimmt in rechtlicher wie tat- 
ſächlicher Hinſicht eine Ausnahmeſtellung ein gegen— 
über den übrigen in der Freiheit befindlichen oder 
herrenloſen Tieren. Das Okũkupationsrecht ſteht hier 
lediglich dem Jogdberechtigten beziehungsweiſe Jagd: 
beſitzer zu; derſelbe beſitzt das Eigentumsrecht auf 
alles in ſeinem Jagdbezirk befindliche Wild. Allein 
dieſes Eigentumsrecht iſt kein abſolutes, ſondern an 
gewiſſe Einſchränkungen im Rahmen des ſubſidiären 
Jagdrechtes, wie des Strafrechts gebunden. Das Recht 
der Okkupation oder der Aneignung des Verfügungs— 
rechts über das erlegte und gefallene Wild — die 


dauernde Beſitzergreifung iſt hierzu keineswegs unbe: 


1082 


dingt erforderlich — ſchließt auf der einen Seite die licht hat für den Jagdberechtigten ein ſtrafbarez 
Vornahme der auf die Aneignung abzielenden Tätig⸗ begründen. Der Jagdbegriff als ſolcher erfordert 
keit, aber auch das Recht auf Hege des Wildes in fih die Erlangung, die Abſicht, das Wild zu erlegen, nig 
($8 958 Abſ. 1, 872, 854 BGB). Hiernach erwirbt | die Aneignung oder gar wirtſchaftliche Verwertung Wi 
der Jagdberechtigte (Eigenjagdberechtigte und Jagd: Wildes. Alle jagdbaren Tiere fallen in den Be 
ausübungsberechtigte) das Eigentum beziehungsweiſe | der Jagdausübung mit der Folge der Olfupati 
Beſitztum am jagdbaren Wild in dem Augenblicke, mag ihr körperlicher Zuſtand ein normaler ſein 
in dem er die tatſächliche Gewalt über das Wild er- | nicht, daher auch krankes und ſieches Wild. Im 
langt. Ob diefe ſchon in dem Beibringen der tödlichen hin räumt aber letzteres kein Vorrecht im Falle 
Verletzung liegt, wird vom BGB. nicht entſchieden, Schutzes ein. 
ift vielmehr als Tatfrage der Entſcheidung des Rid: Nachdem nunmehr das Okkupationsrecht des Ja 
ters nach den Umſtänden des Falles überlaſſen. Selbſt⸗ berechtigten für das jagdbare, keiner Beſchrän 
redend erſtreckt fih das Okkupationsrecht nur auf unterworfene Wild, einwandfrei feftgelegt ift, jo tag: 
den Umfang des dem Jagdberechtigten gehöri- die auf Grund dieſes Rechts erfolgte Befigergreiiu 
gen Bezirkes. Trotz tödlicher Verletzung hat der: von Wild als ſolche im eigenen Revier auch in jend: 
ſelbe kein Recht zur Aneignung, wenn es dem Wilde Fällen nicht ſtrafbar fein, in welchen dieſelbe un iq: 
gelingt, noch auf das Nachbargebiet zu entkommen. Folge vorbereiteter an fic) fogar verbotener &ı 
Iſt das Wild auf den Schuß liegen geblieben, fo hat lungen ermöglicht wurde oder ermöglicht werden kom 
der Jagdberechtigte die phyſiſche Möglichkeit der tat: | Bemerkenswert iſt in dieſer Hinſicht ein in der jag 
ſächlichen Einwirkung auf dasſelbe und in dieſem Falle lichen Preſſe vielfach beſprochenes Erkenntnis des . 
ift die Okkupation im rechtlichen Sinne vollendet, ohne gerichts Eichſtädt v 16. Juni 1915. Nach dieser 
daß er das erlegte Wild effektiv an fih genommen war vom Schöffengericht ein Jagdberechtigter beſtrafß 
hat, ſofern er nur den Willen der Okkupation kund | worden, weil er und zwar erwieſenermaßen das Lor’ 
gegeben hat. Iſt jedoch eine Beſitzergreifung des durch handenſein von Füchſen und nur von folden in 
den tödlichen Schuß dem Jagdberechtigten eigentüm: einem Baue anzunehmen Grund hatte, feine beiden 
lich gewordenen Wildes im eigenen Revier nicht möglich, Teckel nach ſolchen ſchliefen ließ. Allein dieſelben ii: ` 
wie z. B. beim Waſſerwild, auch bei Hafen und Rehen derten ſtatt eines Fuchſes, einen Dachs und zwar wäh⸗ 
uſw., wenn ſolche auf Eis oder ins Waſſer ſich Müd- rend der Schonzeit desſelben zu Tage. In der 2. 
ten, dort verenden und in ein anderes Revier weiter Inſtanz wies ein als Sachverſtändiger vernommen 
getrieben werden, fo würde natürlich die Befigergreis | Forſtbeamter in ſehr ausführlicher Begründung den 
fung des im eigenen Revier erlegten im fremden Re: vorliegenden tatſächlichen und daher entſchuldbaren Jre 
vier eine verbotswidrige und daher ſtrafbare Jagd- tum nach und bemerkte, daß, wenn dieſes außerhalb: 
ausübung involvieren. Jede unberechtigte Okkupation] [dem Willensbereich des Jagdberechtigten gelegene Ver 
vom Wilde im eigenen Revier, wie z. B. des während ſehen ſtrafbar fein ſoll, das Schliefen nach Füchsen. 
der Schonzeit geſchoſſenen jagdbaren Wildes oder des während der Schonzeit einfach unmöglich fei. „Heute 
abſolut hegeberechtigten Wildes qualifiziert fih als ein | fei z. B. ein Bau mit Füchſen und morgen der gleiche 
Jagdvergehen oder ein Jagdfrevel. Der Jagdberechtigte mit Dachſen befahren, es ließe fic) niemals voraus 
kommt auf die gleiche Stufe mit einem unberechtigt ſehen, ob in einem Fuchsbau und ſelbſt neben den 
Jagenden überhaupt, in gewiſſem Sinne fogar mit Füchſen nicht auch Dachſe fein könnten ...“ Darauf. 
einem Wilderer zu ſtehen. hin erfolgte Freiſprechung. In die letzte Snflany lam 
Der Irrtum über die Jagdbarkeit iſt im Sinne die Sache nicht. Zweifellos wäre dieſelbe aber an das 
des 8 59 REIG. als faktiſcher zwar möglich, wird Landgericht zurückverwieſen und mit einer Verurteilung 
aber bei der genauen Beſtimmung der Jagdobjekte | des Beklagten beendet worden, aber nicht wegen des 
nur ſelten mit Erfolg geltend gemacht werden können. Schliefens nach Dächſen während der Schonzeit, fon 
Zweifel, ob das Tier jagdbar fet, gilt nach der Recht: dern wegen unberechtigter Okkupation des don 
ſprechung des Reichsgerichts als Eventualdolus (R. den Hunden geriſſenen und mit Schonzeit be 
StrS. E. Bd. X S. 234). legten Dachſes. Es liegt alfo in anderem Sun 
| 
| 
| 


Der Begriff des Jagens fegt die Abſicht des Jagen: | eine verbotswidrige Jagdausübung nach § 292 ron 
den, den Beſitz des zu erlegenden Wildes für fih zu vor. Der Jagdberechtigte war nicht befugt den Datz 
erwerben, nicht voraus. Rechtliche und tatfächliche t pie: 
Okkupation ſind zwei von einander getrennte Begriffe. 
Die rechtliche Okkupation kann oftmals nach der tat— 
ſaͤchlichen Seite hin, welche die Beſitzergreifung ermög— 


da er nicht jagdbar war, zu olkupieren — de : 
ter hatte denſelben in verſchiedenen Wirtſchoſten 2 
Kuriofität und Trophäe feiner wackeren Teckel 9 


zeigt —, er mußte ihn entweder liegen und zu Aas 


— —— — — 


| {allen oder der Polizeibehörde zur Verfügung 


th der 
b ſind 


gleichmäßigen Rechtſprechung der Straf⸗ 
im Sinne des § 292 StG. bei den Grenz: 


kotz des Wortlautes: „Wer an Orten, an 


Ju jagen er nicht berechtigt ift...” alle Hand⸗ 


durch 


rien 


= ötig, 


Hunde, Treiber, dritte Perſonen uſw. als 


{ ftrafbar, durch welche im fremden Jagdrevier 
lde nachgeſtellt, dasſelbe in ſeiner natürlichen 
g beeinflußt und zum Ueberwechſeln in den 


Bezirk veranlaßt wird. Auf den Erfolg 


L nicht an. Es genügt die erwieſene Tat: 
iner vorbereitenden Handlung, ſelbſt wenn ſie 
geeignet war, das Wild im fremden Be⸗ 
beunruhigen“. Der Vorſatz ein beſtimmtes 
okkupieren, ift zum Tatbeſtand des § 292 


Es genügt der Vorſatz im allgemeinen, 
nachzuſtellen, ſogar das Stehen auf dem 


in fabſt bei noch nicht geladenem Gewehr (Oppen: 
Stg. 1. Aufl. S. 783), natürlich nur dann, 


u fremden Revier gleichzeitig Maßregeln zu 
` f lleberwechſeln des Wildes getroffen find. (Hin: 
Pit Anloden des Wildes an der Grenze allein 
: Eſchiedenem Sinne entſchieden worden.) Haben 
fberbotswidrigen Handlungen einen Erfolg, fo daß 


—ſch die 


c vegen 


Okkupation des fremden Wildes im Eigen⸗ 


ermöglicht wurde, jo wird der Jagdberechtigte 


der Okkupation als ſolcher, ſondern wegen 


borbereitenden Handlungen, durch welche die 


. bnd des 


| 


v Kum Se 
* 


A ng und Okkupation des Wildes bewirkt wurde, 


Nn einem ſolchen Falle find die die Erlegung vorberei⸗ 
A handlungen darauf gerichtet geweſen, den Stand 
Ude im fremden Jagdrevier in einer derartigen 
Fe beeinfluſſen, daß dasſelbe zum Ueberwechſeln in 
kmachbarte Revier veranlaßt wurde. Nicht der 


an der Grenze poſtierten Jägers bildet für die 


Mafwindigteit der Handlung ein maßgebendes Kri- 


denn zu ſolcher Aufſtellung iſt er ja be⸗ 


mig —, ſondern der Stand des Wildes, dem 
a fd wheedtigte Machinationen im fremden Jagd⸗ 


me nacheſtellt wurde, um es im eigenen Reviere 


al ni 


— = 
— 


Rag de 


ji 


fene oder erſchoſſene Wild aus dem fremden Jagd⸗ 


A das eigene durch irgendwelche Umſtände ge 
des O 


an zu konnen. In Folge deffen ift der Jagd- 


3 ſtrafbar, wenn derſelbe nach Wild im 
N 


vier vom eigenen Bezirk aus ſchießt, gleich⸗ 
welchem Erfolg. Die Befugnis zur Okku⸗ 
auch dann nicht gegeben, wenn das ange⸗ 


metkengwert ift in dieſer Hinſicht ein Ur: 
berften Bayer. Landesger. v. 12. IV. 1913. 
melden hatte ein Jagdberechtigter in feinem 
nach einem Rebhuhn im fremden angrenzenden 


Revier einen Schuß abgegeben; dasſelbe fiel ab jen: 
ſeits des die Grenze bildenden Baches. Ein Bauern- 
burſche bemerkte dies und warf das Rebhuhn dem 
Jäger über den Bach zu, dieſer okkupierte es. In der 
Entſcheidung iſt ausgeführt, daß mit dem Schuß auf 
das Rebhuhn in dem fremden Jagdrevier die ſtrafbare 
Handlung ſchon vollendet war. Daß der Angeklagte 
ſich nach dem Rebhuhn gebückt und es aufgehoben hat, 
würde die Beſitzergreifung noch nicht ergeben. Wegen 
dieſer — und wie es ſcheint nicht einwandfrei feſtge⸗ 
ſtellten — iſt auch die Verurteilung nicht erfolgt. 

Nachdem es eine Jagd: oder Wildfolge nicht mehr 
gibt, iſt auch Wild, welches vom Berechtigten inner⸗ 
halb ſeines Bezirkes im fließenden Waſſer erlegt oder 
angeſchoſſen wurde, dann aber in den Nachbarbezirk 
weiter ſchwimmt, im rechtlichen, wie tatſaͤchlichem Sinne 
nicht als von dieſem okkupiert zu erachten. In erſterer 
Hinſicht müßte derſelbe fremdes Gebiet betreten und 
in letzterer hatte er das Wild nicht in ſeine phyſiſche 
Gewalt gebracht. War alſo die ſofortige Ergreifung 
des Wildes durch den Jäger nach den obwaltenden 
Umſtänden z. B. wegen der Terrainverhältniſſe, 
Ueberſchwemmung uſw., in der Hauptſache auch 
in Folge der Einwirkung einer vis major nicht 
möglich, und iſt das Wild nach der Verwundung 
in das benachbarte Jagdgebiet gelangt, ſo war die 
Okkupation, alſo die phyſiſche Beſitzergreifung beim 
Eintreffen des Wildes in letzteren noch nicht vollen⸗ 
det, es kam als verwundet oder als Fallwild dahin. 
der Jager, der es zur Strecke gebracht hat, hat hierauf 
keinen Rechtsanſpruch mehr. Weder das Jagdrecht 
noch das BGB. bieten hierzu eine Handhabe; es bliebe 
nur die gütliche Einigung unter den Beteiligten übrig. 
Dasſelbe trifft auch zu, wenn ein angeſchoſſenes und 
ſpäter verendetes Wild mehrere Jagdbezirke durch— 
ſchwimmt. Okkupationsberechtigt iſt derjenige Jagd⸗ 
berechtigte, in deſſen Bezirk das verendete Wild zur 
Landung kommt oder in dem deſſen Beſitzergreifung 
bewerkſtelligt werden kann. 

Die Okkupationsberechtigung kann auch zweifelhaft 
ſein für den Jäger, wenn Wild durch wildernde, fremde 
Hunde während der Schonzeit geriſſen wurde. Nach 
der allgemeinen Anſchauung ſteht hier dem Jagdbe— 
rechtigten, als rechtlichem Eigentümer des Wildſtandes 
ſeines Bezirkes das Okkupationsrecht zu. Durch die 
Hunde wurde ſeinem Wildſtande ein Schaden zuge— 
fügt, den er nicht veranlaßt hatte. Anders verhält 
ſich die Sache, wenn der Jagdbeſitzer ſeine eigenen 
Hunde während der Schonzeit auf Wild jagen, daher 
auch auf Dachſe graben läßt. In dieſem Falle hat 
der Jagdberechtigte nicht nur keinen Anſpruch auf das 
geriſſene Wild, ſondern ſogar noch Beſtrafung wegen 
verbotswidriger Jagdausübung zu gewärtigen. 


184 


Wie Grenzjagd überhaupt im Jagdbetriebe manche 
Modifikationen bedingt, ſo kann auch oft die Okku⸗ 
pation des im Bereiche der Grenzlinie ſelbſt erlegten 
oder dort verendeten Wildes zu ſehr verſchiedenen Auf— 
faſſungen Anlaß geben. 
bock, nachdem ſein Vorderkörper ſchon die Grenze 
überſchritten hat, ſo iſt es jagdlicher Brauch, aber 
keineswegs eine Rechtsregel, daß der Jagdbeſitzer okku⸗ 
pationsberechtigt iſt, in deſſen Bezirk Kopf mit Ge⸗ 
weih und Vorderteil ſich befindet. Man nimmt an, 
daß in dieſer Richtung das Wild den Lauf einge— 
ſchlagen hätte und daher doch dort noch verendet wäre. 
Solange dieſes nicht der Fall iſt, iſt auch der andere 
auf dieſem Gebiet d. h. auf der Lagerungsſtätte des 
Wildes Berechtigte in der Lage, das Wild an ſich zu 


nehmen, ohne in das Nachbargebiet phyſiſch überzu⸗ 


greifen. Auch iſt der vordere Teil des Tieres der 
wertvollere und in phyſiologiſcher Hinſicht ausſchlag⸗ 
gebendere. Infolge deſſen hätte nach dem „pars pro 
toto“ der Jagdberechtigte mit der Lagerung des Kopfes 
auch Anſpruch auf das Ganze. Im Hochgebirge iſt 
inbezug auf Hirſch- und Rehwild zwiſchen den Grenz⸗ 
nachbarn meiſt in dieſem Sinne ein Uebereinkommen 
getroffen. Im eigentlichen Sinne und ohne gegen 
den § 292 St. G., alfo gegen den Begriff der unbe- 
rechtigten Jagdausübung zu verſtoßen, müßte dem 
Jagdberechtigten geſtattet ſein, das innerhalb der 
Grenzlinie gelagerte Wild zu okkupieren, wenn dies 
ohne Betreten des fremden Bezirkes möglich iſt. Es 
müßte nur ein Stützpunkt, wie z. B. für Großwild 
gegeben ſein, von dem aus durch Herüberziehen und 
ohne Anwendung von mechaniſchen Hilfsmitteln die 
Okkupation im eigenen Bezirke möglich iſt. Aller: 
dings hat der Grenznachbar das Recht der Einrede, 
wenn er nachweiſen kann, daß der größere Teil 
des okkupierten Wildes auf feinem Gebiete gelagert 
hat. Somit hätte man dann glücklich eine geome: 
triſche Jagdfolge. Sollte cine Einigung nicht 
zu erzielen fein, fo müßte auf dem Wege der unge: 
fähren Schätzung feſtzuſtellen ſein, welches Plus der 
okkupierende Jäger feinem Konkurrenten zurückzu— 
erſtatten beziehungsweiſe in Geldwerte zu erſetzen 
hätte. Eine derartige Streitſache wäre dann auf 
dem Wege der Zivil- oder Forderungs- beziehungs— 
weiſe Entſchädigungsklage für das Zuviel des okku⸗ 
pierten Wildbrets auszutragen. Ein ſtrafbares Delikt 
iſt ausgeſchloſſen, weil ſowohl Wahrung berechtigter 
Intereſſen als auch Irrtum über die Grenze inbezuy 
auf Jagdausübung durch Okkupation in Betracht 
kommen können. Noch ſchwieriger als beim Großwild 
wird die Regelung der geometriſchen Jagdfolge im 
Grenzgebiet, wenn Kleinwild, z. B. ein Haſe, ein 
Faſan, Auer: und Birkhahn uſw. auf der Grenz: 


Fällt der angeſchoſſene Reh⸗ 


linie ſelbſt längs dieſer, alſo horizontal und nd 
diametral liegen bleibt. Offenbar können auch hig 
im Streitfalle nur die für das Großwild erörterid 
Geſichtspunkte als maßgebend für die Entſcheidung y 
der Okkupation erachtet werden. Man iſt vieti 
auch hier gewohnt, die Okkupation von der Lage un 
Richtung der Läufe und Ständer abhängig zu machen 
weil man fih jagt, der Hafe oder das Geflügel halt 
in dieſer Richtung feinen Lauf oder Flug genomme 
und wäre daher ſicher nur in dieſem Reviere, wo di 
vorgelagerten Gliedmaßen ſich befunden haben, un 
mittelbar darauf eingegangen. Allein dem ſteht an 
drerſeits doch wieder nach dem Augenſchein das ges 
metriſche Größenverhältnis entgegen, wenn dieſer Eis 
wand von dem Jagdkonkurrenten erhoben wird. Glück 
licherweiſe find ſolche Okkupationsſtreitigkeiten ineng 
auf die geometriſche Jagdfolge überaus felten und, 
wenn es gelingt den Tatbeſtand einwandfrei jet: 
ſtellen d. h. auch in der Richtung, daß Uebergnit 
ausgeſchloſſen find und die Lage des Wildes eine der: 
artige iſt, daß geradezu homogene Intereſſen im Spiele 
find, ſo wird fih leicht eine Einigung unter den Be 
rechtigten erzielen laſſen. Nur dann, wenn ein 
unverhältnismäßig kleiner Teil des geſchoſſenen 
Wildes auf der Grenzlinie desjenigen Jaghe- 
ſitzers gelegen ift, welcher Anſpruch auf die Ki 
pation macht und dieſelbe bereits vollzogen hat, wird 
es zu Mißhelligkeiten und ſelbſt zum gerichtlichen Aus 
trage kommen können. „Quod licet Jovi non licet 
bovi“, alfo die Geltendmachung eines gewiſſen Bor: 
rechtes mag hier auch oft eine Rolle fpielen. 

Das ausſchließliche Aneignungsrecht des Jagt 
rechtigten erſtreckt fih auf die lebenden jagdbaren, di 
erlegten, toten Tiere, auch auf die Eier des jagdbaren 
Federwildes, hier jedoch oft nur nach beſonderer poli 
zeilicher Genehmigung, dagegen aber nicht auf emt 
abgeworfene Geweihſtange, oder auf das Geweih und 
Gehörn, welches durch den Tod und die völlige 
Körperauflöſung des Hirſches oder Bodes vom 
Körper getrennt iſt. Solche Geweihe find vielmehr 
herrenloſe Sachen und können von Jedermann 
in Beſitz genommen werden. Dagegen beſtraft bas 
Jagdrecht nach einigen Landesgeſetzen auch die unde 
fugte Aneignung der von Hirſchen abgemorfenen Ge 
weihe, nicht aber von Rehböcken. Es kommt alfo gan 
darauf an, in welchem Lande die Aneignung ab: 
geworfener Stangen oder Geweihe von gefallenen. 
bereits in Zerfall übergegangenen Hirſchen burt | 
einen Nichtjagdberechtigten ſtattgefunden hat, . 
ſtrafbar zu bleiben oder nicht. Bayern hat in m | 
Jagdgeſetz hinſichtlich der abgeworfenen Geweihe uf 
Gehörne keine beſonderen Beſtimmungen getro" 
Auf Bayern hat daher die Rechtſprechung des Reit 


185 


serihte, wonach abgeworfene Geweihe oder folche von 
gefallenen, in Verweſung und Zerfall übergegangenen 
Hirſchen, ebenfo abgeworfene Stangen eine herrenloſe 
Zache find, die ſich jedermann aneignen darf, Anwen: 
dung zu finden. Nach einer autogr. Juſtiz-Min.⸗ 
Entſchl. ſtellt fich aber das Bewerfen, Schlagen, Verfolgen 
und Hetzen von Wild durch die Unberechtigten zu dem 
zede, daß es das lockere Geweih abwirft oder daß 


es auf der Flucht dasſelbe abſtreift oder daß es über 


wien und Abhänge ſtürzt, um die Aneignung des 
Geweihes zu ermöglichen, als unbefugte Jagdausübung 
dar. Hingegen beſitzen die Provinzen Oſtpreußen und 
Sommern Polize iverordnungen, nach welchen bei Ge- 
when das Recht zur Aneignung allein dem 
Jagdberechtigten zuſteht. Da hier lediglich Ver⸗ 
srdnungen ohne geſetzliche Grundlage maßgebend find, 
it es fraglich, ob ſolche in rechtlicher Hinſicht be: 
gründet find. Im Königreich Sachſen, in den Her: 
vatümern Braunſchweig, Anhalt und Sachſen⸗Koburg⸗ 
Gotha it durch „Jagdgeſetze“ nur Jagdberechtigten 
die Aneignung der abgeworfenen Geweihe eingeräumt. 
Arit im Jahre 1885 hat das Reichsgericht — es 
hha} einen Fall im Gothaiſchen — ausgeſprochen, 
daß es in denjenigen Gebieten, in denen die abge⸗ 
worfenen Geweihe uſw. der ausſchließlichen Aneignungs⸗ 
befugnis des Jagdberechtigten durch Landesrecht, alfo 


auf dem Wege der Geſetzgebung, vorbehalten ſind, die 


unbefugte Aneignung dieſer Gegenſtände nach 8 292 
StGB. ſtrafbar fei. 

Für das Herzogtum Braunſchweig iſt die ſtrittige 
Frage ebenfalls im obigen Sinne entſchieden worden 
und zwar durch das Reichsger.⸗Erl. vom 3. Juli 1894. 
Tanach wurde ein Nichtjagdberechtigter verurteilt, 
welcher im Herzoglichen Revier Trautenſtein das Ge: 
xih eines verendeten Hirſchen, von dem ſonſt nur 
nuch einzelne Knochenteile vorhanden waren, gefunden 
ind ſich angeeignet hatte. 

Bezieht fih das Aneignungsrecht des Jagdberech⸗ 
naten in Braunſchweig auch auf Rehgehörne ſo iſt 
dis im Königreich Sachſen, ſowie in Anhalt und 
Roburg nicht der Fall, vielmehr ſpricht hier das Ge: 
tg ausdrücklich nur von Hirſchgeweihen. Die abge: 
worſenen Rehgehörne gehören im Deutſchen Reiche mit 
Ausnahme von Braunſchweig zu den herrenloſen 
Lachen, welche ſich jedermann aneignen kann. — 
| Ye ift im Deutſchen Walde nicht viel davon zu 
unden. 

Nicht bloß das lebende Wild, ſondern auch das 
Fallwild unterliegt dem ausſchließlichen Aneig— 
nungstecht des Jagdberechtigten, doch ift der Begriff 
mer verſchiedenen Auslegung fähig. Fallwild im 
engeren Sinne, d. i. aus natürlichen Urſachen infolge 
tiner ni Abſturz, alfo auch aus mechanischen Ur: 

l 


en ng kk — . — I — —— — — — — — nn 
— NQ — 


ſachen, wie infolge einer Schußverletzung, nach einiger 
Zeit erſt eingegangenes Wild, ſomit auch Fallwild in 
erweitertem Sinne, wie durch Jagdhunde oder Raub— 
zeug geriſſenes Wild, auch ein Hirſch, welcher von 
dem andern in der Brunftzeit getötet wird, Federwild, 
welches ſich in den Telegraphen- oder Telephondrähten, 
insbeſondere an den Drahtnetzen der Ueberlandzentralen 
fängt, auch ein teilweiſe angeſchnittener, noch nicht 
unbrauchbarer Haje ulm. begründen die Okkupation. 
Dagegen gilt jenes Fallwild als herrenlos und daher 
als aneignungsberechtigt auch für den Nichtjäger, das 
die Bezeichnung Aas oder Luder verdient. Es muß 
einen mehr oder minder hohen Grad der Faͤulnis — 
alſo bei weitem nicht hinreichend der ſprichwörtliche 
haut-gout höchſter Potenz — aufweiſen. Völlig in 
Verweſung übergegangene Tierkörper oder Skelette, bt 
welchen eine wirtſchaftliche Verwertung des Wildbrets 
zu Genußzwecken, ſo namentlich beim Nutzwild, und 
ſelbſt der äußeren Körperhülle — Haut oder Decke 
beim Reh⸗, Rot: und Schwarzwild, Balg beim ge: 
ſamten übrigen Wild mit Ausnahme der Schwarte 
des Dachſes und des Fells der Wild- und verwilderten 
Katzen — nicht mehr ratſam erſcheint, gelten als 
herrenloſes Gut. 


Als Fallwild kommt auch das in einer Schlinge 
gefangene, dann verendete Wild in Betracht. Wer 
ſich ſolches unberechtigter Weiſe aneignet, begeht 
zwar keinen Diebſtahl, ſondern ein Jagdvergehen. Er⸗ 
greift aber jemand Fallwild, um es an die Jagd- 
berechtigten abzuliefern, ſo iſt dies kein Jagdvergehen. 
Hingegen iſt die Okkupation eine vollendete, wenn ein 
jagdbares Tier in dem von den Jagdberechtigten zu 
ſeinem Fange aufgeſtellten Netze ſich verwickelt hat, 
da das Netz ebenſogut die Gewalt für den Herrn 
manifeſtiert wie ein Käfig oder ein apportierender 
Hund, vorausgeſetzt die Tauglichkeit des Werkzeuges. 
Dagegen wird der Beſitz vereitelt — hier tritt Eigen⸗ 
tum und Beſitz in reziprokem Verhältnis in die Er⸗ 
ſcheinung —, wenn der Hund ſchlecht dreſſiert ift, die 
apportiekte Bekaſſine oder Ente im Sumpfe liegen 
läßt oder einem Dritten bringt, auch ſich von einem 
fremden Hunde abjagen läßt, der Fangapparat oder 
die Schlinge defekt wird und das eingefangene Wild 
wieder entkommt. Nach dem Jagdrecht der Pfalz er⸗ 
langt der Jagdberechtigte, der eine Schlinge oder Falle 
gelegt oder eine Grube hergeſtellt hat, die tatſächliche 
Gewalt über das Tier, das in einer ſolchen Vorrich: 
tung gefangen wird, es ſei denn, daß es dem Wilde 
gelingt, ſich zu befreien, und tritt der Eigentums— 
erwerb mit der Gefangennahme ein, wenn der Jagd— 
berechtigte auch von derſelben keine Kenntnis hat. 
Vermag das Tier mit der Falle zu entweichen, ſo 
verliert der Jagdberechtigte den Beſitz der Falle und 

25 


186 


erlangt nicht die tatſaͤchliche Gewalt über das Tier. 

Divergierender Anſchauung begegnet die Okkupa⸗ 
tionsbefugnis bei gewilderten Tieren. Selbſtredend er: 
wirbt der Wilderer kein Eigentum, fondern nur den 
(widerrechtlichen) Beſitz. Allein auch der Jagdberech— 
tigte erwirbt durch den Wilderer kein Eigentum, 
wiewohl hier zwiſchen jagdberechtigtem Wilde und 
Schonwild zu unterſcheiden wäre. Nach der Recht⸗ 
ſprechung bleibt das Wilderergut herrenlos, bis es 
an den Jagdberechtigten oder auch an einen gut— 
gläubigen Dritten (Erwerber) gelangt. Der Jagd— 
berechtigte kann aber dem Wilderer, wenn er ihn auf 
friſcher Tat ertappt, die Beute abnehmen und gegen 
den Wilderer ſtrafrechtlich vorgehen, wegen Diebſtahls 
und zivilrechtlich wegen Schadloshaltung (actio furti). 
Gegen diejenigen aber, welche ſich Wilderergut zwar 
unberechtigt, aber in gutem Glauben aneigneten (3. B. 
die Gemeinde eignet ſich im Bezirke des Pächters Fall: 
wild an, in dem Glauben, ein Recht zu haben) kann 
nur auf dem Zivilrechtswege (die conditio sine causa) 
vorgegangen werden. 

Schließlich wäre noch die Frage aufzuwerfen, ob 
es für den Jagdberechtigten und Jagdbeſitzer auf eine 
Okkupationsverpflichtung unter gewiſſen Verhält— 
niſſen nach dem Grundſatze: „Wo Rechte, da auch 
Pflichten“ geben könne. Es würde ſich darum handeln, 
Fallwild größerer Gattung, Aas oder Luder, wie auch 
erlegte, wildernde Katzen und Hunde zu beſeitigen d. h. 
zu vergraben. Damit ſollte den hygieniſchen und 
veterinärpolizeilichen Vorausſetzungen Genüge geſchehen. 
So müſſen alle wirtſchaftlich nicht verwertbaren ein- 
gegangenen größeren Haustiere auf den Waſen verbracht 
werden. In manchen Ländern beſteht Abdeckereizwang 
auch für techniſch noch verwertbare Tiere. Allein kleinere 
Haustiere, wie kleinere Hunde, dann Katzen, Ferkel, 
Lämmer darf der Beſitzer in der Regel ſelbſt verſcharren. 
Eine hygieniſche oder jagdrechtliche Beſtimmung auch 
ſür entſprechende Beſeitigung und Verſcharrung ge— 
fallenen unverwertbaren Wildes zu ſorgen, beſteht für 
den Jagdbeſitzer nicht. Offenbar könnte derſelbe aber, 
ſofern Gefahren durch den Prozeß der Fäulnis für 
die Oeffentlichkeit zu befürchten ware, hierzu von der 
Polizeibehörde angehalten beziehungsweiſe die Beſeiti— 
gung auf ſeine (oder des betreffenden Grundeigentümers) 
Koſten veranlaßt werden. Nur bei Wildkadavern, welche 
die Erſcheinungen oder den Verdacht auf Wildſeuche, 
Milzbrand, auch Rauſchbrand aufweiſen — Schwarz-, 
Rot-, Dam- und Rehwild kommt hierfür in Betracht 
—, ſchreitet nach dem Viehſeuchengeſetze die Polizei— 
behörde ſofort ein. Hier hat der Jagdberechtigte die 
Anzeigepflicht. Nach derſelben verliert er jede Verech— 
tigung, über das gefallene, erlegte ſeuchenkranke wie 
ſeuchenverdächtige Wild zu verfügen. Iſt der Ber: 


dacht unbegründet, fo bleibt ihm die Verwertung des 


Wildes gewahrt, außerdem werden die Kadaver nod 
den Vorſchriften des Geſetzes zur Verhütung einer Ar: 
ſteckung unſchädlich beſeitigt. Anders verhält es fid 
mit der Okkupation und Verſcharrung der erlegten 
Hunde und Katzen. Dieſe müſſen im Gegenſatz zun 
Aaswild unbedingt verſcharrt werden, fie dürfen nicht! 
länger als 24 Stunden im Freien lagern. Hat nun; 
der Jagdberechtigte und Jagdbeſitzer das Recht zur, 
bedingungsloſen Okkupation und damit auch die Ber: ! 
pflichtung zur Verſcharrung der in feinem Jagdgebiete 
erlegten wildernden Hunde und Katzen? Dieſe Frage 


muß nach beiden Richtungen verneint werden. Der 


Jagdberechtigte hat nach Maßgabe der in den einzelnen 
Ländern beſtehenden Vorſchriften, außerdem nach den Be: — 


ſtimmungen des BGB. über den Notſtand das Recht 
ſolche Tiere zu „töten“, auf welche Weiſe, ob durch be 
Schußwaffe, Fangapparate uſw. ift gleichgültig, mr 
dürfen nicht abſichtliche Quälereien ſtattfinden. Durd 
die berechtigte Tötung — und ſolche einwandfrei er: 
wieſen — wird der Jagdberechtigte aber keineswegs 
zum Eigentümer des erlegten Hundes, wie bei der ein: 
geräumten oder weidrechtlichen Okkupation des Wildes 
Es find zwei von einander völlig verſchiedene Mode: 
litäten. Die jagdrechtliche Okkupation ift Selbftzned, 
das Endziel des Jagdbetriebs, die Umlegung ber wilden: 
den Hunde und Katzen als Störenfriede der Jagd if 
jedoch nur ein Mittel zum Zweck, eine Selbå: 
und Nothilfe, um den Jagdbetrieb auf feiner Habe 
zu halten. In dieſem Falle tritt der Jagdberedhtigte 
als Korrektor und bedingter Eigentumsftellvertrelet 
für den Hundebeſitzer, welcher nach dem BGB. die 
Pflichten eines guten Tierhalters zu erfüllen hat, ein und 
zwar mit der ſummariſchen Maßnahme, die von demſelben 
durch feine Fahrläſſigkeit, durch Nichtbeaufſichtigung des 
Hundes oder der Katze dem Wildſtande drohende oder 
tatſächliche zugefügte Schädigung durch den Tod des 
Tieres abzuwenden oder zu beſtrafen. Der Tierkörper 
gehört aber dem Jäger ohne Weiteres nicht, im Gegen: 
teil hat derſelbe die Pflicht, denſelben auf Verlangen 
an den Hunde- oder Katzenbeſitzer herauszugeben. Dir 
fem kann daran gelegen fein, das Fell, das weit oder 
ſelbſt das Fleiſch zu verwerten. Eine Verpflichtung, 
den Hundebeſitzer vom Tode des Tieres in Kenntnis 
zu ſetzen, ift, wenn er dem Jagdberechtigten bekannt 
ift, ratſſam — oft aber auch nicht! —, aber keines 
wegs vorgeſchrieben. Nun fragt es ſich: „Wer hat die 
vorläufige oder dauernde Okkupation mit der golg: 
der Verſcharrung und Beſeitigung des Tieres zu über 
nehmen.?“ Der „Jäger“, der „Beſitzer des Hundes, 
wie der „Eigentümer des Grundſtückes“, auf dem der 
Hund erſchoſſen wurde, können hierfür in Betra 
kommen. Die Rechtlage wird am beſten illuſtrier 


th nachfolgendes in der „Deutſchen Jägerzeitung“, 

17 Bd. 57 enthaltene Urteil: „Der Forſtlehrling 

hatte im September 1910 bei Ausübung der 
herjagd auf der von feinem Lehrherrn, Oberförſter 
1 B., gepachteten Gemeindejagd H. einer vom Hunde 
firgten Katze einen Fangſchuß gegeben und die 
ſodann in einem Haferſtücke liegen laſſen. Es 
g polizeilicher Strafbefehl wegen Uebertretung des 
, 8. des Feld⸗ und Forſtpolizeigeſetzes. Das 
ffengericht in C. ſprach den Angeklagten frei. Die 
egen ſeitens der Staatsanwaltſchaft eingelegte Be⸗ 
wurde durch Urteil der Strafkammer in Koblenz 
ojn mit folgender Begründung: Durch das 
laſſen der Katze hat der Angeklagte ſich nicht 
t gemacht. Das Feld: und Forſtpolizeigeſetz 
iat nicht den Zweck, die öffentliche Geſundheit zu 
„ bährleiſten. Dieſes Ziel fof durch andere Geſetze 
mn werden, gegen deren Beſtimmungen der An- 

“Blage nicht verſtoßen hat. Das vorgenannte Geſetz 
: met nur, die Privatintereſſen des Grundſtücks⸗ 
timers zu ſichern. Der $ 26, 3 ſtellt nur den 

: - Ber Strafe, der unbefugt ein totes Tier liegen läßt, 
> ccharrt oder vergräbt. Ein unbefugtes Liegenlaſſen 
:: Katze ſeitens des Angeklagten würde vorliegen, 
zem das Geſetz die Verpflichtung, ein totes Tier zu 
~ Gemen, allgemein für den aufſtellte, der den Tod 
$ Tieres verurſacht hat. Eine ſolche Verpflichtung 
‚kim Geſetze nicht begründet. Als zur Entfernung 
„ Teres verpflichtet kann nur der angeſehen werden, 
: Pemerfeits berechtigt war, über das Tier zu ver: 
„anderſeits das Haferfeld betreten durfte. Im 
Fliegenden Falle könnten zur Entfernung des Tieres 
In in Frage kommen entweder der Eigentümer des 
8 oder der Eigentümer des Grundſtücks, auf 
mes ſich befand. Der Angeklagte war zur Ent: 
ung des Tieres um ſo weniger verpflichtet, als er 
À burch das Betreten des Haferſtücks, das er, um 
- W Kate zu entfernen, betreten mußte, nach $ 10 des 
. Wigmannten Geſetzes ſtrafbar gemacht hätte. Eine 
Lemfichtung des Angeklagten, dem Eigentümer der 
7 Rate ober der Ortspolizeibehörde von dem Tode der 
k Rate Mitteilung zu machen, ergibt fih weder aus 
> bem § 25,3 noch aus einer anderen Beſtimmung des ge: 
5 anner Geſetzes. Der Uebertretung einer ſolchen Vor⸗ 
at it der Angeklagte auch nicht beſchuldigt. Dem: 
a Geni war die Berufung zurückzuweiſen. Die gegen 
_ 9 9 85 Urteil ſeitens der Staatsanwaltſchaft einge: 
al le Revifion ift leider zurückgezogen worden, fo daß eine 
ade Entſcheidung nicht ergangen iſt. Letztere 

, Lourie aber kaum zu einem anderen Ergebniſſe geführt 
f Be die Neviſionsbegründung nicht ſehr über⸗ 
E oie war.“ Im gleichen Sinne ſpricht ſich auch 
"Mlheidung des Landgerichts Zweibrücken — 


„ „ 


187 


veröffentlicht in Nr. 7 des Deutſchen Jäger von 1916 — 
aus. Nach derſelben hatte ein Jagdhüter angeblich 
gegen das Ueberhandnehmen der wildernden Hunde 
Vorſtellung beim Bürgermeiſter erhoben. Als er 
wieder einmal zwei Hunde nach Wild jagend in ſeinem 
Revier antraf, ſtreckte derſelbe den einen davon nieder 
und beauftragte ſeinen Begleiter, dem vermeintlichen 
Beſitzer des Hundes hiervon Mitteilung zu machen. 
Dieſer kümmerte ſich nicht weiter darum; der Hund 
blieb liegen und der Jäger wurde wegen Nichtver: 
ſcharrens des Hundes — über 24 ftündigen Lagerns 
— mit der geringſt zuläſſigen Strafe von 1 Mk. 
belegt, weil die Polizeibehörde glaubte, den Jäger 
verantwortlich machen zu können für das Unterlaſſen 
der Verſcharrung, in der Berufungsinſtanz aber mit 
der Begründung freigeſprochen, daß zur Verſcharrung 
des Hundes der Beſitzer verpflichtet geweſen wäre, 
„weil derſelbe infolge Unachtſamkeit, durch Nichtbeauf⸗ 
ſichtigung den Tod des Hundes veranlaßt habe und 
rechtzeitig von der Tötung des Hundes verftändigt 
worden war.“ | 

In gleicher Weile wie mit der Okkupation der 
erlegten Hunde und Katzen verhält es ſich auch mit 
der Erlegung (gemeingefährlicher) herrenloſer, ent- 
laufener anderer Haustiere, oder der Gefangenſchaft 
entwichener und in den Zuſtand der früheren Wild⸗ 
heit zurückgekehrter wilder Tiere; der Jagdberechtigte 
darf ſolche erlegen und auch okkupieren, jedoch nur 
dann, wenn ſich kein Eigentümer derſelben meldet. 
Das Okkupationsrecht iſt hier gegenüber dem jagd⸗ 
baren Wilde nur ein bedingtes. Der Jäger hat dem 
Cigentümer ebenſo wie bei der Erlegung von Katzen 
auch bei anderen Tieren, zu deren Tötung er bered: 
tigt war, die Verfügung über das getötete Tier zu 
überlaſſen. Die zahmen Tiere begründen das Eigen: 
tumsrecht auch dann noch, ſelbſt wenn ſie verwildern. 
Sie gelten alſo nicht im abfoluten Sinne als „herren: 
los“, ſodaß jeder, der ſie faͤngt oder erlegt, dieſelben 
ohne weiteres behalten darf. Wohl zu unterſcheiden 
davon find allerdings gezähmte Tiere. Es find 
dies ſolche, welche ihrer Art nach zu den wilden (jagd: 
baren) Tieren gehören, aber an die menſchliche Herr⸗ 
ſchaft gewöhnt worden ſind, wie dies z. B. bei Rehen, 
Hirſchen, Störchen, ſelbſt Fiſchottern u. a. bisweilen 
geſchieht. Dieſe bleiben im Eigentum des Eigentümers, 
ſolange ſie die Gewohnheit haben, an den ihnen be— 
ſtimmten Ort z. B. in ihren Stall, Gehege zurück— 
zukehren, auch wenn ſie ihn zeitweiſe verlaſſen. Wer 
ſie bei einer ſolchen Gelegenheit einfängt oder gar 
tötet, um fie zu okkupieren, begeht, wenn er weiß, 
daß ſie gezähmt ſind, einen Diebſtahl, und ſelbſt, 
wenn er das nicht weiß, kann ihm das tote Tier vom 
Eigentümer abgefordert werden. Es iſt daher auch 


25* 


1866 
der Jäger, der Feldtauben ſchießt und okkupiert | in der Viehbucht läge „en gruglich Diert“, fie hätt 
wegen Diebſtahls ſtrafbar. Liegt jedoch tatſächlicher [ihm ſchon einen mit der Forke gegeben, es wollte aber 
Irrtum, Verwechslung mit Wildtauben ohne Ottu- nicht forgehen. Der Mann nahm feine Flinte und 
pation vor, fo kann der Schütze nur wegen Schaden: gab aus nächſter Nähe einen Schrotſchuß auf das In: 
erſatz durch den Taubenbeſitzer belangt werden. Ein getüm ab. Dies wurde der Löwin denn doch je 
Okkupationsrecht befigt in ſolchen Fällen der Yager ungemütlich; fie ſpraug auf, mitten durch die in der, 
oder Erleger nicht. Der Tierbeſitzer verliert mit dem Bucht eingepferchten zahmen Tiere, ohne dieſen indefien: 
Entweichen zahmer oder gezähmter Tiere, in dem die etwas zu tun, ſetzte über den Zaun und lief nach den, 
ſelben nicht mehr an den für fie beſtimmten Ort zu: Felde, wo fie fih wieder niederlegte. Der Butler, 
rückkehren, zunächſt nur die phyſiſche Gewalt über fie, dem der Vorfall berichtet wurde, ſandte nach Rostock 
fie werden „herrenlos“, allein eine gewiſſe rechtliche um Hilfe. Eine Kompagnie Soldaten rückte aus, der: 
Gewalt über fein früheres Eigentum bleibt demſelben Hauptmann an der Spitze, umſtellte das Tier, das 
im Falle der Ergreifung oder der Tötung doch ge: weder anzugreifen noch zu fliehen Miene machte, und 
wahrt. Es müßte denn fein, daß er fic) von freien erſchoß es. Die Ldwenjdger legten die getötete Löwin 
Stücken der Tiere entledigt und das Eigentum über auf eine Bahre, umkränzten fie mit Eichenlaub und 
dieſelben aufgegeben hat. zogen mit ihr ſiegreich in Roſtock ein. | 
Die Frage der Okkupation bei gezähmten, der Ge: Nun erhob fih der Streit um das Löwenfell. W 
fangenſchaft entwichenen wilden Tieren wird an einem | Prätendenten kamen in Betracht: der Menageriebeſitzr, 
praktiſchen Fall unter dem Titel „Die Roſtocker Löwen- der Gutsherr von Kuſſewitz als Jagd berechtigter, | 
jagd“ in „Bernhöft. Rechtsfragen des täglichen Qe- endlich der Militärfisfus, für den die Soldaten gr - 
bens“ in ſehr inſtruktiver Weiſe behandelt. Wir ent- handelt hatten. 
nehmen den intereſſanten Ausführungen das Mad): Viele, ſelbſt Juriſten, waren anfangs geneigt, fd 
ſtehende. für den Kuſſewitzer Gutsherrn zu erklären. Ihnen 
„In den achtziger Jahren des vorigen Jahrhun- wurde aber entgegengehalten, daß die medlenburgide — 
derts ereignete fih in der Umgegend von Roſtock ein] Jagdordnung nichts von Löwen ſagt, und fo fimo 
Fall, der den Juriſten Gelegenheit zu endloſen Er: die urſprünglich anſehnliche Partei ſchnell zufamme. 
örterungen gab und auch die Nichtjuriſten aller Kreife | Denn es ließ ſich allerdings nicht leugnen, daß die 
lebhaft intereſſierte. Beiläufig gejagt, wurde dadurch Löwen in Mecklenburg — und wohl auch in den an 
Ben Akiba Lügen geſtraft, denn kein Lied, kein Helden- deren deutſchen Staaten — nicht zu den jagdbaren 
buch meldet, daß jemals vor- oder nachher bei Roſtock | Tieren gehören. | 
eine Löwenjagd veranftaltet worden ift. Alſo war gemeines Recht zur Anwendung zu bringen. 
Einem Menageriebeſitzer, der fih einige Zeit in | Damals galt in Mecklenburg das römische Recht, das 
Roſtock aufgehalten hatte und von dort nach Ribnitz | in dieſem Punkte mit dem heutigen bürgerlichen Rechte 
ziehen wollte, war eine Löwin beim Füttern entkom-⸗ ziemlich genau übereinſtimmt. | 
men. Er hatte gunidft verſucht, fie wieder in den Eine große Zahl der Juriſten trat für den Men: 
Käfig zu locken, war aber, da fih dies als vergeblich | geriebeſitzer ein. Sie behaupteten, er habe bas Eigen 
erwies, nach Ribnitz weiter gezogen. Das Tier irrte tum an der Löwin nicht verloren. Gab man dad zu, 
nun in der Umgegend umher, ſcheint aber keinen Scha- | fo war die Tötung der Löwin zwar berechtigt, peil | 
den angerichtet zu haben. Wahrſcheinlich war es in dieſe trotz ihrer offenbaren Gutartigkeit immerhin eine 
der Gefangenſchaft geboren und kannte die Freiheit Gefahr für die Bewohner der ganzen Gegend war, 
überhaupt nicht; manches deutet auch darauf hin, daß aber an dem Kadaver, alfo auch an dem Felke bid 
es frank war. Jedenfalls verſtand die Löwin es nicht, das Eigentum des Menageriebeſitzers beſtehen. 
ſich bei den Landbewohnern in den Reſpekt zu ſetzen, Dieſe Auffaſſung wurde durch eine von dem ange 
der ihr eigentlich gebührt hätte. Vielfach wurde fie | fehenen Rechtsgelehiten Dernburg aufgeftellte und bu: 
für einen „großen gelben Hund“ gehalten; ein befon- | mals weitverbreitete Meinung geſtützt, daß auslän: | 
ders intelligenter Taglöhner, der fie auf dem Felde diſche Tiere überhaupt nicht bei uns durch Entfliehen 
bemerkt hatte, berichtete feinem Herrn darüber und herrenlos würden. Hierzu fei nötig, daß fie in ihre 
meinte, „das müßt’ wohl en Muleſel fin, fon Diert „natürliche Freiheit“ zurückkehrten, und von emet 
had he noch nich ſehn“. „natürlichen Freiheit“ ſolcher Tiere könne bei uns 
Schließlich nächtigte fie in dem Dorfe Kuſſewitz in nicht die Rede fein. | 
der Viehbucht eines Hofmeiſters. Des Morgens kam Der Begriff der „natürlichen Freiheit“ ift unklar Ä 
deſſen Frau, die nach dem Vieh hatte ſehen wollen, und eine ſcharfe Begrenzung der Tiere, die bei a 
zu ihm: er möchte doch einmal ſchnell herauskommen, „natürlich frei” fein können, würde auf große Gwir | 


E 
Ve 


189 


rigteuen ſtoßen. Ueberhaupt hat die Anſicht viel Be- 
denkliches, auch vom rechtspolitiſchen Standpunkte aus. 
Denn es iſt kein Grund dafür abzuſehen, daß die⸗ 
jenigen, die fremde Tiere ins Land bringen und ſie 
dann nicht bändigen können, beſſer geſtellt ſein ſollen, 
als diejenigen, die einheimiſche Tiere einfangen. Für 
das Bürgerliche Geſetzbuch (§ 960 Abſ. 2) ift die An: 
ſicht gar nicht zu halten, weil dieſes nur von „Frei⸗ 
heit“ und nicht von „natürlicher Freiheit“ ſpricht.“ 


Die richtige Entſcheidung iſt, daß der Menagerie⸗ 
tehger das Eigentum an der Löwin verlor, als er 
die Verſuche, ſie wieder an ſich zu locken, einſtellte, 
denn damit „gab er die Verfolgung auf“. Die Löwin 
xurde dadurch herrenlos und konnte nunmehr, da die 
Jagdordnung über Tiere dieſer Art keine Beſtimmung 
trifft, nach den allgemein geltenden geſetzlichen Regeln 
von jedem nicht nur erlegt, ſondern auch in Beſitz 
genommen werden. Der Millitärfiskus hatte aljo das 
Eigentum erworben. 


Zum Prozeß kam es damals nicht. Das Mili- 
tär behielt einfach das erlegte Tier, der Kuſſewitzer 
Gutsherr ſah, als ſeine Reklamationen unbeachtet 
blieben von einer Klage ab, und der Menageriebeſitzer 
meldete fih überhaupt nicht. Das Löwenfell liegt 
noch heute auf der Roſtocker Offiziersmeſſe. Es ſoll 
aber ziemlich ſchäbig ausſehen.“ 

Eigenartig geſtaltet ſich auch das Okkupationsrecht 
bei der im Jahre 1906 in Böhmen eingeführten und von 
da aus immer weiter in die benachbarten Länder vor⸗ 
dringenden amerikaniſchen Biſamratte. Dieſelbe 
iſt ein Nagetier, weder eine Ratten⸗ noch eine Biber⸗ 
art, ſondern eine Wühlmaus. Solange dieſelbe nicht 
als jagdbar oder fiſchereiberechtigt erklärt iſt, hat jeder 
das Recht, dieſelbe einzufangen und zu okkupieren. Es 
beſtehen alſo weder für Jäger noch für Fiſcherei⸗ 
berechtigte Vorrechte. Letzterer darf aber nicht durch 
die Schußwaffe, ſofern nicht der Jagdeigentümer zu 
deren Gebrauch denſelben ermächtigt hat — da das 
Betreten des Jagdreviers in Jagdausrüſtung ohne 
Erlaubnis verboten iſt —, die Okkupation der Biſamratte 
ſich ſicern. Das Gleiche würde auch für Fiſchreiher 
und Fiſchotter gelten. 


Das Okkupationsrecht für Wild in Wildparken, 
Wildhegen oder Tierparken kann oftmals zu diver⸗ 
gierenden Rechtsanſchauungen führen. Der Inhaber 
der großen Gehege iſt, wie jeder Jagdeigentümer, im 
weiteſten Sinne Eigentümer des Wildſtandes, aber 
nicht ohne weiteres Eigenbeſitzer, weil er nach 
$ 872 BGB. die Tiere inſofern nicht als ihm ge: 
hörend beſitzt, als er beliebig ſein Eigentumsrecht aus⸗ 
üben und ſie ohne weiteres in ſeine Gewalt bringen kann. 
Größe, Umzäunung, Wildſtand, insbeſondere ob das 


—— —ñ——— 


Wild durch die Beſchaffenheit der Umfriedigung ver⸗ 
hindert wird, ſich der gewollten Tötung und Okku⸗ 
pation zu entziehen oder nicht, ſind hier von Belang 
inſoferne, als ein für ſich abgeſchloſſenes Ganze, für 
das auch die Beſtimmungen über Hege (Wildgärten) 
nicht Platz greifen können, mit der Möglichkeit, jeder⸗ 
zeit die Okkupation an dem eingeſchloſſenen Wild: 
ſtande zu vollführen, in Frage kommt oder ob trotz 
des Umfanges, der Einfriedung, da mit der Möglich: 
keit des Entweichens zu rechnen iſt, die Okkupation 
erſt durch planmäßiges Jagen, wie in freier Wild⸗ 
bahn überhaupt geſchehen kann. In letzterem Falle 
würde derjenige, welcher eine abgeworfene Hirſchſtange 
als herrenloſe Sache okkupiert, keinen Diebſtahl be⸗ 
gehen — Entſch. des Oberl. Köln v. 20. X. 1895 —, 
dagegen würde jeder, der das in einem Park, Hege⸗ 
reien eingeſchloſſene Wild wider den Willen des Cigen⸗ 
tümers jagt und okkupiert, einen Diebſtahl nach § 242 
StGB. begehen. Wer aber eingezäuntes Wild nur 
tötet, z. B. aus Vergnügen an der Jagd, mit der 
Schußwaffe oder durch Hetzen mit Windhunden, ohne 
es wegnehmen zu wollen, der begeht eine Jagdſchädi⸗ 
gung. Wer dagegen im geſchloſſenen Gehege Flug⸗ 
wild, welches feinen Anflug nach oben hat, unberech⸗ 
tigt ſchießt, iſt weder wegen Diebſtahles noch wegen 
Jagdſchädigung, ſondern wegen Jagdvergehens zu be: 
ſtrafen; denn dieſes Flugwild befindet ſich in ſeiner 
natürlichen Freiheit und nicht in dem Gewahrſam 
eines andern. Daß indes der für den Ausſchluß des 
Jagdrechts inbezug auf Wildhege und für die recht: 
liche Beurteilung des Begriffes „Wildgarten“ ſehr 
weit gezogen werden kann, beweiſt ein Erkenntnis des 
VI. Ziv.⸗Senats des Reichsger. v. 9. I. 1902. Nach 
demſelben wurde für das in einem 3600 ha großen, 
von der Eiſenbahn durchſchnittenen Wildparke des 
Fürſten Henkel von Donnersmark Beſitz und Eigen⸗ 
tum des Parkeigentümers am Rotwilde angenommen, 
„weil nach den örtlichen Verhältniſſen das im Wild: 
parke eingeſchloſſene Rotwild vollftantig am Austreten 
gehindert und damit ſeiner natürlichen Freiheit be⸗ 
raubt it“. Vgl. auch den Artikel „Die Redt: 
ſtellung des Wildes in eingefriedeten Wild: . 
gärten“ auf S. 119 dieſer Zeitſchrift. 

Das Okkupationsrecht des Jagdbeſitzers iſt ſomit 
von verſchiedenen Vorausſetzungen inbezug auf Wild 
oder auf jagende und frei umherſtreifende Haustiere, 
wie der Gefangenſchaft entwichene wilde Tiere, ab- 
hängig und, ſoweit nicht die einſchlägigen Beſtim⸗ 
mungen des BGB. (8§ 854, 872, 958) anwend⸗ 
bar ſind, dem Jagdrechte der einzelnen Bundes— 
ſtaaten unterſtellt. Vielleicht bringt uns in ab: 
ſehbarer Zeit ein der ungeheueren Opfer würdiger 
Friede auch ein wahrhaft deutſches, bodenftändiges 


190 


Jagd: und ein einheitliches Okkupationsrecht. in welchem 

die Allüren der engliſchen und franzöſiſchen Fleiſch⸗ 

jäger und Wildmörder keine Stätte finden können. 
M. Reuter. 


Nie verwendung von Kriegsgefangenen in der 
Torſtwirtſchaft. 
Von K. Forſtmeiſter Dr. Schinzinger in Hohenheim. 

Zu den gewaltigen Aufgaben, welche der Krieg 
mit ſich brachte, gehörte von Anfang an für Heeres⸗ 
verwaltung wie Regierungen eine andauernde, geeig⸗ 
nete und nutzbringende Beſchäftigung der Kriegsge— 
fangenen im Dienſte der Landeskultur. Dieſe Auf: 
gabe iſt trotz ihrer außerordentlichen Sckwierigkeiten 
voll gelöſt worden. In weitgehendem Maße wurde 
den Wünſchen der Gewerbetreibenden ebenſo wie der 
Land⸗ und Forſtwirtſchaft Rechnung getragen, die Ge⸗ 
fangenen nach ihren früheren Berufsarten ausgeſchie⸗ 
den und dementſprechend verteilt. Die ſtellv. General⸗ 
kommandos ſtellten Bedingungen auf für Geſtellung 
der Kriegsgefangenen zu gewerblichen, landwirtſchaft- 
lichen und ſolchen forſtlichen Arbeiten, die in geord⸗ 
neten Forſtbetrieben vorfallen (Holzhiebe, Kultur-, 
Wegarbeiten, Rindeſchaͤlbetrieb, Schädlingsbekämpfung 
uſw.). Die Nachfrage nach Kriegsgefangenen war zu⸗ 
nächſt gering von ſeiten der Land⸗ wie der Forſt⸗ 
wirtſchaft. 

Es zeigte ſich, von größeren Betrieben abgeſehen, 
überhaupt recht wenig Neigung, Kriegsgefangene in An⸗ 
ſpruch zu nehmen. Mündlicher und ſchriftlicher An⸗ 
regung gegenüber erfolgten Einwendungen der ver- 
ſchiedenſten Art, welche indeſſen meiſt das gemeinſam 
hatten, daß ſie wenig ſtichhaltig waren. 

Mit der Steigerung der Einberufungen wuchs aber 
die Erkenntnis, daß, wenn auch mit den Beurlau— 
bungen von Mannſchaften nicht gekargt, ja bis an 
die durch militärische Intereſſen gezogene außerſte 
Grenze gegangen wurde, dennoch die land- und forſt⸗ 
wirtſchaftliche Arbeit mit den bisherigen Hilfsmitteln 
nicht bewältigt werden konnte. 

Die Not lehrte die Vorurteile überwinden, gute 
Beiſpiele taten das ihrige, die Geſuche ſchwollen in 
einer Weiſe an, daß heute bei weitem nicht mehr allen 
Wünſchen Rechnung getragen werden kann. 

Das Geſuch um Geſtellung von Kriegsgefangenen 
ift in Württemberg bei dem ſtellv. Generalkommando 
einzureichen. 

Es muß enthalten: die Zahl der Kriegsgefangenen, 
Wünſche bezüglich der Nationalität, Angabe der Arbeit, 
Beginn und Dauer der Beſchäftigung, Art der Unter⸗ 
bringung und die Erklärung, daß der Geſuchſteller 


fih den vom Generalkommando aufgeſtellten Bedin 
ungen unterwerfe. 

Der Inhalt der letzteren ift im weſentlichen jo] 
gender: Die Geſtellung ecfolgt in kleineren Betrieben 
an die Gemeinden, in größeren an die Betriebsinhaber 
(Forſtämter, Gutsbeſitzer, Pächter) als Arbeitgeber. 

Weniger als 10 Kriegsgefangene werden in der 
Regel nicht abgegeben. An Bewachungsmannicaitei . 
ſind erforderlich: 


bei 10 Kriegsgefangenen 2 Mann, 

„ 11—20 „ 8 | 

„ 21—30 = 4 „ 

„ 31—40 * 5 „ 1 

„ 41— 50 5 6 „ | 

„ 51-60 3 a he 
je mit Einſchluß des Kommandoführers (Unteroffizier, : 
Gefreiter oder Gemeiner). E 


Die Heeresverwaltung wird darauf bedacht fen. 
daß als Bewachungsmannſchaften womöglich folde. 
Leute kommandiert werden, die in der betreffenden 
Arbeit einige Erfahrung beſitzen. 

Als Entgelt für die Geſtellung der Kriegsgefange 
nen hat der Arbeigeber zu leiſten: : 

a) eine an die Heeresverwaltung zu entrichtende 
allgemeine Vergütung, die im einzelnen Fall mit dem 
Arbeitgeber vereinbart wird und fih nach den otè: 
üblichen Löhnen des Beſchäftigungsortes richtet, jedod 
unter angemeſſener Berückſichtigung der Leiſtungs⸗ 
fähigkeit und Arbeitswilligleit der überlaſſenen Kriegs. 
gefangenen; | 

b) eine tägliche Zulage an die Bewachungsmann⸗ 
ſchaften in Höhe von 50 Pfg. für den Kopf; 

c) für jeden Kriegsgefangenen eine Geldabfindung, 
die für den Arbeitstag beträgt 

bei Sſtündiger Arbeit 20 Pfg., 
” 9 ” n 25 n 
O y „ 30 „ 

d) endlich fallen dem Arbeitgeber die Koſten des 
Transportes der Gefangenen und Bewachungsmann 
ſchaften zur Laſt. 

Die Beförderung der letzteren auf der Gijenbahn 
erfolgt zum Militärfahrpreis, d. h. zum Preis von 
1 Pfg. für die Perſon und den Kilometer, der erſteren 
mit Fahrkarten 4. Klaſſe. 

Tägliche Geftellung der Kriegsgefangenen vom 
Lager aus erfolgt nur, wenn der Arbeitsort vom Lager | 
nicht weit entfernt iſt. | 

Werden — wie dies die Regel bildet — di 
Kriegsgefangenen und Bewachungsmannſchaften u 
Arbeitgeber untergebracht und verpflegt, fo werden 
ihm die Koſten hierfür zurückvergütet, und zwar fùr 
die Unterbringung 15 Pfg. für den Kopf und Tag 
für die Verpflegung der Gefangenen 75 Pfg. der 


191 


Bewachungsmannſchaften 1,20 Mk. für den Kopf und Arbeitgebers, den Gefangenen die etwa erforderliche 


Tag. 

Wird nur die Mittagskoſt von dem Arbeitgeber 
gewährt, ſo werden ihm für die Gefangenen 50 Pfg., 
für die Bewachungsmannſchaften 90 Pfg. für den 
Kopf und Tag vergütet. 

Bei täglicher Geſtellung vom Lager aus wird den 
Dewachungsmannſchaften keine Zulage gewährt. 

Die Unterbringung der Kriegsgefangenen hat ſtreng 
äbzeſondert in Schulräumen, Turnhallen, Scheunen 
oer ähnlichen Räumen, die eine leichte Bewachung 
cmagliden, zu erfolgen. 

Lagerſtätten aus Strohſäcken, dazu Kiſſen mit Heu, 
Segras oder Stroh gefüllt und 1, wenn nötig 2 
zeiene Decken. 

Den Bewachungsmannſchaften iſt angemeſſene, gute 
Unterkunft zu gewähren. 

Den Kriegsgefangenen ift eine auskömmliche, cin: 
he Koſt, welche in ihrer Menge und Zuſammen⸗ 
hung den Arbeitsleiſtungen entſpricht, zu verabreichen. 

Den Lebensgewohnheiten iſt tunlichſt Rechnung zu 
tragen. 

Die Bewachungsmannſchaft hat Anſpruch auf gute 
delöſtigung. Die Geldabfindung ift den Kriegsge⸗ 
fangenen täglich auszubezahlen. Solchen, die es an 
Gitex oder Disziplin fehlen laffen, kann die Geldab⸗ 
findung ganz oder teilweiſe einbehalten werden und 
it an die Kaffe des Depots abzuführen. Die Lohn: 
iten find dem Kommandoführer mitzugeben. 

Die Arbeitsgeräte ſind vom Arbeitgeber zu ſtellen 
miätig). Die Beſtimmungen der Reichsverſicherungs⸗ 
ordnung finden auf die Kriegsgefangenen keine An- 
Andung. 

Die Gefangenen müſſen in einem Trupp oder 
Dmigiten’ in fo großen Gruppen beſchäftigt werden, 
daß eine genügende, ſtändige Bewachung gewährlei⸗ 
et iſt. 

Wirtshausbeſuch, jeder Verkehr mit der Zivil- 
bevölkerung iſt zu unterbinden. 

Entweicht ein Kriegsgefangener, ſo ſind die nächſt 
gelegenen Polizei⸗ und Landjägerſtellen, die andes: 
polyeyentrale ſowie das Gefangenendepot telephoniſch 
in Kenntnis zu ſetzen. Die Mitteilung hat zu ent: 
hallen Namen, Perſonalbeſchreibung des Entwichenen, 
115 Angaben über ſeine Sprachkenntniſſe und Geld⸗ 
ent. 

Die Gefangenen dürfen weder Briefe zur Poft 

geben noch empfangen. Hiervon find die nächſten 
Poftanftalten zu verſtändigen. 
Erkrankte Kriegsgefangene find unter Benachrich⸗ 
tigung des Gefangenendepots in das nächſt gelegene 
Ariegsgefangenenlazarett überzuführen. 

In Fällen leichter Erkrankung iſt es Sache des 


ärztliche Behandlung angedeihen zu laffen. 
Die Geſtellung von Kriegsgefangenen erfolgt nur 


gegen Beſcheinigung des am Beſchäftigungsort befind- 
lichen oder ihm nächſtgelegenen öffentlichen Arbeits: 


amtes darüber, daß der Arbeitgeber ſeinen Arbeiter⸗ 
bedarf bei dem öffentlichen Arbeitsamt angemeldet hat, 
daß ſein Bedarf aber durch dieſes nicht oder nicht 
vollſtändig befriedigt werden konnte. 

Mit Genehmigung der K. Forſtdirektion wurden 
im Forſtamtsbezirk Hohenheim im Mai 1915 in einem 
10 Hektar großen Eichenſchälſchlag franzöſiſche Kriegs— 
gefangene aus dem Gefangenenlager Stuttgart-Berg 
verwendet, da es an einheimiſchen Arbeitskräften fehlte. 

Auf Grund der an Ort und Stelle getroffenen Rück⸗ 
ſprache war die Kommandantur des Lagers bereit, 
51 Gefangene nebſt 1 Unteroffizier und 7 Mann Be⸗ 
wachung bis auf weiteres in ſtets widerruflicher Weiſe 
täglich zu ſtellen. 

Als Entgelt für die Geſtellung hatte das K. Forſt⸗ 
amt zu leiſten: 

a) an die Heeresverwaltung eine Vergütung von 
1 Mk. für den Gefangenen und Tag, 

b) an jeden Kriegsgefangenen eine tägliche Abfin⸗ 
dung von 30 Pfg, 

c) an die Stuttgarter Straßenbahn die Koſten 
für die Geſtellung eines Sonderwagens ſamt Beiwagen 
für die tägliche Hin⸗ und Herfahrt mit zuſ. 21 Mk. 
ſür einen Tag. 

Als Lohnliſte diente das namentliche Verzeichnis, 
das der Kommandoführer täglich dem Lager über⸗ 
brachte. 

Weiter mußte das Forſtamt blaue Ueberziehhoſen 
für die Gefangenen herſtellen laſſen, bezw. mieten, mit 
breitem rotem Längsſtrich, während der Arbeit zu tragen. 

In der Nähe des Arbeitsplatzes mußte für die 
Gefangenen wie für die Bewachungsmannſchaft Ge— 
legenheit zum Austreten und zum Unterſtehen bei ſtar⸗ 
kem Regen geboten ſein. 

Der Aufwand für die Kriegsgefangenen ſamt Be— 
wachungsmannſchaft berechnete ſich folgendermaßen: 

Gearbeitet wurden 610 Tagesſchichten. 
Taggeld von 30 Pfg. an die Gefangenen, Mk. Pfg. 


zuſammeen 183 — 
Koſten der Beförderung mit der Straßen: 
Bann 2 
Verpflegung der Gefangenen und Wad: 
mannſchaften 659 76 
Gebühr an das Gefangenenlager . 610 — 
Für Benützung der Arbeitshoſen 85 — 
Zuſammen 1810 76 


Eine Gefangenen-Tagesſchicht berechnete ſich ſomit 
auf 2 Mk. 97 Pfg., entfprechend 68 % des orts: 


bo 


üblichen Taglohns eines einheimiſchen Vollarbeiters Es dürfte ſich vielleicht für künftige Fälle empi 
mit 4 Mk. 40 Pfg. Nach bisherigen Erfahrungen | len, durch Gewährung kleiner Geldprämien einen z; 
ſchätzt man die Arbeitsleiſtung franzöſiſcher Kriegs- wiſſen Wettbewerb in der Arbeitsleiſtung hervor 
gefangener auf 70 bis 75 % der Vollarbeit. rufen. 
Zu bemerken iſt zu obiger Berechnung: Daß Gefangene nur für Rindenklopfen verwende 
Die Koſten für Beſchaffung von 50 Rindenhäm- | werden follen, einem Geſchäft, das auch Mädchen unt 
mern blieben außer Berechnung, da folde weiterver- Burſchen beſorgen können, verteuert ſelbſtredend d: 


wendet werden konnten. Arbeit. 
Für Schutz gegen Regen wurden Holzhauerzelte Nachdem aber bei der Aufbereitung des Sturr: 
aufgeſtellt. Holzes im Winter 1870,71, wo die Gefangenen mi: 


Die Verköſtigung beſtand aus einem warmen Mit: Axt und Beil gewaltig mithelfen mußten, ſich teiner- 
tageſſen, das 1 ltr. Suppe mit 100 gr. Fleiſch nebſt | lei Anſtand ergeben, iſt nicht einzuſehen, warum man 
Eemüſe inbegriff, ferner einem Morgen: und Mittag: auch jetzt nicht die volle Manneskraft nutzbringend 
veſper, beſtehend in einer Wurſt. ausnützen und die Gefangenen als Holzhauer wr 

Die Bewachungsmannſchaſt erhielt dazu / Liter wenden ſollte. 

Apfelwein. Jedermann wurde ſatt und war zufrieden. Im vorliegenden Falle ift bas zum Teil auch gt. 

Es wurde hier wie auch anderwärts die Erfahrung ſchehen. als es durch weitere militäriſche Einberufn: 
gemacht, daß die Arbeitsleiſtung der Kriegsgefangenen einheimiſcher Holzhauer kaum mehr zu umgehen wu 
ſich in erſter Linie nach der Verpflegung richtet. Die Berufsholzhauer wurden herausgezogen, mit be 

Schlechte Urteile über Gefangenen⸗Arbeit haben Axt bewaffnet und konnten — vielleicht ſtolz auf to: 
vielfach ihren Grund in minderwertiger, kärglicher [Vertrauen — ruhig als Vollarbeiter angeſehen werden 
oder aber auch zu üppiger Verpflegung. Die Frage, ob fih, wenn eine Wahl möglid ii. 

Den Gefangenen wurde mit Genehmigung des für die Arbeit im Walde Franzoſen oder Ruffen befe: 
Lagerkommandanten erlaubt, auf eigene Koften Limo: eignen, dürfte ſich nach den bisherigen Erfahrung 
nade oder 1/2 Liter Apfelwein fic) zu beſchaffen, des- ohne weiteres zu Gunſten der Ruſſen entſcheiden. 


gleichen Tabak. Im Garten-, Obſt⸗ und Weinbau mag der Fror 
Rauchen innerhalb des Waldes war ſtreng ver⸗ zoſe unbedingt vorzuziehen fein, da er für dieje Ar 
boten. Die ganze Verköſtigung wurde einem Gaſt- beit Liebe beſitzt und von feiner Heimat her mit thi 
wirt vertragsweiſe übertragen unter ſteter Aufſicht des vertraut iſt. 
Forſtamts. Brot war vom Lager aus mitzunehmen. Für Ackerbau und Waldarbeit ift aber der Rut 
Die Vergütung betrug je Kopf und je Tag für weit mehr geſchaffen vermöge feiner ruhigen, andauert 
einen Gefangenen: 84 Pfg., einen Wachmann: 1 Mk. den und gleichmäßigen Arbeit, die auch einmal längere 
14 Pfg., wobei die Kopfzahl der Lohnliſte maßgebend Zeit der Aufſicht entbehren kann. 
. Kopfzahl iante p om Ele: Die anfängliche Befürchtung der Heeresverwaltung, 
gen um 1 bis 2, was nicht zu vermeiden Bar die Beſchäftigung von Kriegsgefangenen im Walde 
Teller, Belted, Gläſer ſowie friſches Trinkwaſſer müſſe mehr wie ſonſt Anlaß zu Fluchtverſuchen Beten 
e © afttoirt zu ſtellen. hat ſich nicht beſtätigt. Wohl aber hat die verlangte 
e h en wurde, m einem: eee Beſchäſtigung der Gefangenen in größeren geſchloſſenen 
Saale der Gaſtwirtſchaf:, die nur 5 Minuten vom Ar: Gruppen Nachteile gezeigt in der Richtung, daß eben 
VVV i die Franzoſen mit ihrem lebhaften Temperament um 
Die Mittagspauſe betrug 1 Stunde, die Pauſen fo öfter in der Arbeit ausfehen, je größer die Gejel: 
vor: und nachmittags je / Stunde. ſchaſt ift 
Was nun die Arbeitsleiſtungen der Kriegsgefange— e ME ER 
nen anbelangt, fo kann man dieſelbe als befriedigend Auch hier iſt der Ruſſe wertvoller. | 
Zu bemerken ift noch, daß größeren Gefangenen 


bezeichnen. i 
Ungute Elemente kommen überall vor und die- Kommandos, wie dem vorſtehenden, Dolmetscher 1 
ſelben können ſich auch recht unliebſam bemerkbar gegeben werden, welche die Anordnungen des Arbe 


machen. Das erfordert ſofort ſcharfes Eingreifen und gebers zu übermitteln haben. 

Umtauſch mit zufriedenen Leuten, wobei die Romman: Es wäre von Intereſſe zu hören, ob und 
danturen der Gefangenenlager in liebenswürdigſter auch anderwärts Kriegsgefangenen⸗Arbeit in der 
Weiſe Hilfe leiſten. wirtſchaft bewährt hat. 


— mm —̃ꝛ— — ——— —=—◻c—œ—ꝓ. — 4 [cNT—— 4 [ N— R 


wie ſich 


gorf: 


193 


Literariſ che Berichte. 


Neues aus dem Buchhandel. 


‘hard, Julius, Oberförst. Dr.: Tafeln z. Bonitierg. u. 
tragsbestimmg. nach Mittelhöhen (Höhen-Ertragskur- 
ni 1. Tanne, Fichte, Forche, Buche u. Eiche. 3. Aufl. 
S. m. 2 Fig. u. Text auf d. Umschl.) 8. Kart. in 
mal 8° M. 2.60. Carl Kochs Verlagsbuchhandlung in 
ürnberg. 
deteigeſetz, Das. Vom 11. V. 1916. (GS. S. 55.) (52 S) 
Beiepesterte Nr. 45/46.) 16°. M. —.40. Carl Heymanns 
ktiag in Berlin. 


Kereigeſetz, Das neue preußiſche. Nach d. übereinſtimm. 


kidliffen beider Häuſer d. Landtages. Textausg. m. 
Mführl. Sachregiſter. (48 S.) 8°. M. 1.—. J. Neumann 


b Neudamm. . 

Mrreigeſetz, Preußiſches. Entgült. Faſſg. nach d. Bes 
Bien d. Abgeordnetenhauſes [22. III. 1916, ftenogr. 
u. N. Sitzg.] u. d. Herrenhaufes [31. III. 1916, ftenogr. 

bet. 8. Sitzg.J. Amtl. Ausg. Abdr. d. Druckſache Nr. 197 

I goles d. Abgeordneten. (48 S.) 8%. M. —. 50. Preu- 
Bide Verlagsanſtalt G. m. b. H in Berlin. 

Rich. weil. Prof. Forſtinſt.⸗Dir. Dr.: Der Forſtſchutz. Ein 
ehr u. Handbuch. 4. Aufl. vollſt. neu bearb. v. Forſt⸗ 
„ Wled-Beof. R. Beck. 2. Bd. Lex.⸗80. 2.: Schutz gegen 

enſchen, Gewächſe u. atmoſphär. Einwirkgn. Mit 133 
Abb. u. e. ſchwarzen Taf. (XII, 461 S.) Lwbd. M. 14. 
©. Teubner in Leipzig. 
thud) d. Schleſ. Forſtvereins f. 1914. Hrsg. v. Ober⸗ 
paint. Roth. — Nebſt: Führer f. d. Exkurſion d. 
Pchleſ. Forſtvereins am 3. VII. 1914 durch d. Block I d. 
abt. Oberförſterei Lauban. Hierzu e. Karte. (IV, 256 u. 
S.) 8. Kart. M. 3.—. E. Morgenftern, Verlagsbuch⸗ 
lung in Breslau. . 

„ Mtr, E., Forstmstr.: Dr. Theodor Glaser u. seine Be- 
Fentg. f. d. Waldwertrechng. u. forstl. Statik. (46 S.) 
IL. F. M. 2.—. Gustav Neugebauer in Prag. 

Carl: Das Zielfernrohr, seine Einrichtg. u. Anwendg. 

2. verm. u. verb. Aufl. Mit 48 Abb. im Texte. (88 S.) 

„£F M. 2.—. J. Neumann in Neudamm. 

men, Franz v., Prof. Dr.: Die Bedeutg. d. Waldes 

| Ube. im Kriege. (Bibliothek f. Volks- u. Weltwirtſchaft. 

10 dag. Prof. Dr. Franz v. Mammen. 11. Heft.) gr. 8°. 

e! MI, % S.) M. 1.50. „Globus“ Wiſſenſchaftl. Verl - 

„Ant in Dresden. 

,, Mile, Bilh, Mufeumsbirektorialaffift.: Die Forft- u. Jagd- 
cbt im Vaterländ. Muſeum d. Stadt Hannover. (102 S. 
m 16 Taf.) (Veröffentlichungen z. niederſächſiſchen Ge- 
(hät. 12. Heft.) 8. M. 2.25. Friedrich Gersbach in 
damnoder. 

Banann, E., 8. März u. H. Bauer: Ueber Bodenpresssäfte. 

f Mitten. a, d. bodenkundl. Laboratorium d. bayer. 

i ber. Versuchsanstalt.) (S.-A. a.: Internationale Mit- 

4 a 1. Bodenkunde.) (26 S. m. 1 Abb.) Lex.-de. M 2.-. 

15 erlag l. Fachliteratur G. m. b. H. in Berlin. 


* 


2 


“ 


| 
u 


x 


A Enfluß der Srundwafferentziehung auf den 
al und feine Bewirtſchaftung. Vom 
dl Sächfifchen Forſtmeiſter Sinz, Naunhof bei 
Bie Sonderabdruck aus der Internationalen 


Zeitſchrift für Waſſer⸗Verſorgung. II. Jahrgang. 

Heft 7 und 8. | 

Veränderungen des Grundwaſſerſtandes innerhalb 
des Wurzelraums der Waldbäume haben häufig Nad: 
teile für den Wald zur Folge, weil die Bodengüte 
abnimmt, Zuwachsverluſte eintreten und ein Holzarten⸗ 
wechſel veranlaßt wird. An die Stelle der vorhan⸗ 
denen ſtandortsgemaͤßeſten Holzart muß eine andere 
minderwertigere treten. Da man aber nicht in allen 
Faͤllen alsbald zum Anbau der nunmehrigen ſtand⸗ 
ortsgemäßeſten Holzart übergehen kann, erhöht ſich 
der Schaden meiſt noch erheblich. 

Der Verfaſſer des Auſſatzes erläutert diefe Tat- 
ſachen an einem Beiſpiele aus dem Naunhofer Staats⸗ 
walde im nordweſtlichen Teile Sachſens. In deſſen 
Nähe ſind in den Jahren 1887 und 1896 zwei Waſſer⸗ 
werke der Stadt Leipzig errichtet worden, welche 
ihrer Umgebung das Grundwaſſer mehrere Meter 
tief entzogen haben. Eine blau gefärbte, für die 
Pflanzenwurzeln ſchwer durchdringbare Lettenſchicht 
ſchließt das obere Grundwaſſer des Geſchiebelehms, 
das ſich im Wurzelraume der Bäume befindet, von 
dem in der altdiluvialen Flußſchotterſchicht ſich fort⸗ 
bewegenden Tiefengrundwaſſer ab. 

Darüber, daß durch die Errichtung der Waſſer⸗ 
werke das Tiefengrundwaſſer im Bereiche des Schotters 
abgezapft werden würde, war man ſich von vornherein 
klar. Man glaubte aber annehmen zu können, daß 
die dazwiſchen liegende undurchläſſige Lettenſchicht eine 
Verminderung des Waſſergehalts der darüber befind⸗ 
lichen Lehmſchicht im Bereiche der Baumwurzeln ver⸗ 
hindern werde. Dieſe Annahme hat ſich jedoch als 
irrig herausgeſtellt, weil zahlreiche Bodeneinſchnitte bis 
auf die Flußſchotterſchicht, hervorgerufen durch Ent- 
wäſſerungsgraͤben, Straßenanlagen u. dergl., Verbin: 
dungswege zwiſchen dem Ober- und Tiefengrundwaſſer 
bilden. Die Waſſerabzapfung hat ſich infolgedeſſen 
auch auf das obere Grundwaſſer im Bereiche der 
Baumwurzeln übertragen, und eine nachteilige Ein⸗ 
wirkung auf den Wald war die Folge davon. War 
der Naunhofer Wald vor der Senkung des Grund: 
waſſerſtandes in der Hauptſache mit geſundem Nadel⸗ 
holze, namentlich wüchſigen Fichtenbeſtänden, zum klei⸗ 
neren Teile aber auch mit Eichen, Eichen und Rot- 
erlen beſtockt, ſo wird er in Zukunft eine weſentlich 
andere Holzartenzuſammenſetzung aufweiſen. Die hohe 
Anforderungen an die Bodenfeuchtigkeit ſtellenden Holz⸗ 
arten Fichte, Eiche, Eſche und Roterle werden mehr 
und mehr ihren Platz an die anſpruchsloſere Kiefer 
abtreten, die Laubholzwirtſchaft und die eine hohe 

26 


194 


Rente liefernde Fichtenwirtſchaft werden alſo allmählich 
aufgegeben werden müſſen. Die zur Zeit der Waſſer⸗ 
werkerrichtung vorhandenen Beſtände aber haben all⸗ 
gemein einen Rückgang im jährlichen Maſſen⸗ und 
Wertzuwachs ſowie cine Verminderung des techniſchen 
Gebrauchswerts der Hölzer erfahren, zuwachsreiche Be⸗ 
ſtände find zum Teil im Wachstum derart zurückge⸗ 
gangen, daß ſie vor dem normalen Hiebsreifealter 
abgetrieben werden mußten, die den Holzbeſtänden 
drohenden Gefahren, wie Inſekten, Pilze, Sturm, 
Schnee, Eis, Rauchgaſe, haben in erhöhtem Maße ihre 
nachteiligen Wirkungen auf die weniger widerſtands⸗ 
fähig gewordenen Beftände ausgeübt, Bodenverwilde⸗ 
rung und ⸗Verſchlechterung find vielenorts an die Stelle 
der vorherigen günſtigen Bodeuverfaſſung getreten, da: 
durch haben ſich die Koſten des Holzanbaus und der 
Boden⸗ und Beſtandspflege erheblich erhöht. Kurz: 
der dem Walde durch die Waſſerabzapfung zugefügte 
Schaden iſt leicht nachweisbar und ſehr erheblich, aber 


beſitzer keinen finanziellen Nachteil durch die Errichtung 
derartiger Waſſerwerke erleidet. Die vollſtaͤndige Ver: 
gütung des geſamten wirtſchaftlichen Schadens muß 
aber unbedingt gefordert werden. 

Der Aufſatz, dem vier Abbildungen beigegeben ſind, 
ift ſehr leſenswert. Den Bemerkungen, daß die Kiefer 
eine minderwertige Holzart und das Kiefernholz an 
und für ſich geringwertiger fei als das Fichtenholz 
kann ich jedoch nicht zuſtimmen. Weber. 


Zur Frage der Buchennachzucht im Säch⸗ 
ſiſchen Erzgebirge. Von Oberförſter Graſer, 
z. Zt. im Felde. Berlin Verlagsbuchhandlung Paul 
Parey. 1916. Sonderabdruck aus „Thar. forſtl. 
Jahrbuch“, Bd. 67 (1916) S. 1—30. 

Verfaſſer weiſt zunächſt darauf hin, daß die Flächen 
der Buchenbeſtände im ſächſ. Staatswalde infolge des 
weitgehenden künſtlichen Fichtenanbaus ſehr erheblich 
zurückgegangen ſeien. Der Anbau der Fichte in natur⸗ 
widrigen Beſtands- und Betriebsformen und zum Teil 
auch auf ungeeigneten Standorten habe dazu geführt, 
daß diefe Holzart den ihr durch Sturm, Schnee, Froft, 
Trockenheit, Inſekten uſw. drohenden Gefahren nicht 
genügend Widerſtand leiſten könne. Gegenwärtig im 
erſten Umtriebe leiſte die Fichte in finanzieller Be: 
ziehung zwar ungleich mehr wie die Buche, man binde 
ſich aber die Hände für die Zukunft, denn die Um: 
wandlung der Fichte in Buche ſei äußerſt ſchwierig, 
vielfach unmöglich. Der zu weitgehende Fichtenanbau. 
im Kahlſchlagbetriebe bringe auch Eingriffe in das 
Bodenkapital mit ſich. Die Trockentorfbildung werde 
gefördert und dieſe führe zu Wuchsſtockungen. Nur 
durch Buchenbeimiſchung könne der Boden und Be⸗ 


| 
| 


ſtand bei Fichtennachzucht geſund erhalten weil 


Die Frage der Buchennachzucht, beſtandsweiſe 


als Miſchholzart, fet daher eine der wichtigſten G 


wartsaufgaben der ſächſiſchen Staatsforſtverw al 


Verfaſſer beſpricht nun Zeit und Ort der Buh =: 
nachzucht, die Schwierigkeiten der Budenverjing 
das Schirmſchlagverfahren, das Femelſchlagverſaß 
ein kombiniertes Verfahren (eine Verbindung 


Lia 


Gayer'ſchen Femelſchlages mit 
Blenderſaumſchlag), die 


im ſächſiſchen Erzgebirge au: 
1. Erhaltung aller noch vorhandenen Buchen⸗ 


Miſchbeſtandsorte als folder und Umwandlung $: 


zelner zwiſchen die Buchenbeſtände eingejchobener, 
den vorliegenden Zweck günſtig gelegener Fichte 


in horſtweiſe (ſtark mit Buche) gemiſchte Beſtände, 4 -- 
durch Verbindung kleinerer Buchen⸗ und Laub hol 
meiſt ſehr ſchwer ſo genau zu berechnen, daß der Wald⸗ | zu größeren, zuſammenhängenden Laubholz⸗ und Mig 
beſtandskomplexen Beſtandsverhältniſſe berbeigufiheg: ; 
unter denen die natürliche Verjüngung der Buche W - 


ſpäteren Umtrieben geringere Schwierigkeiten bietet & 
gegenwärtig. 

2. Verjüngung der Buche grundſätzlich im jes 
ſchlagverfahren unter entſprechender Anpaſſung an! 
von Natur gegebenen örtlichen Verhältniſſe. Ta 
Einmiſchung von ſtandortlich und finanziell gerigna 
Miſchholzarten (Ahorn, Eſche, Tanne, Larde, in 9 
ringerem Umfange Fichte) auf etwa / — / der gii 


Anwendung des Schirmſchlagverfahrens nur auknahng 
weiſe und mit großer Vorſicht in reichen Samenjahn 7 
und unter weitgehender künſtlicher Nachhilfe. ung 


Umſtänden auch Kombination des Femelſchlagverfahte 


mit dem Blenderſaumſchlagverfahren. Inangriffnahnſ 
Norden, Nordweſten Ra 


T> 
B, 


der Verjüngung ſtets von 
Nordoſten. 


erziehung eignen würden, in Miſchbeſtände nit X 


Maßgabe, daß auf etwa / — / der Slade in Harte E 
und Gruppen die Buche beſtandbildend wird und in $ 


ziehung vorwüchſiger Buchenhorſte, Erhaltung alt 
einigermaßen tauglichen Gruppen und Gingelftdmme 


der Buche bei der Schlagführung, um fie in die gider = 
orte des nächſten Umtriebes einwachſen zu laffen ulm. © 
Eine ſolche Erziehung von Jichten⸗Bouchen⸗Miſchbefünde a 


wird durch Naturverjüngung im Blenderſaunſchlar 
verfahren weſentlich unterſtützt werden, eventuell in 
Verbindung mit dem Jemelſchlag⸗ oder Kahlſclu⸗ 
verfahren. | 


Art 


Buche im Unterſtande J 
reinen Fichtenbeſtänden, und ſtellt ſchließlich folg; 
Grundſätze für die Erhaltung und Nachzucht der Be ` 


3. Allmähliche Umwandlung derjenigen gigi! - 
beſtände, die ſich unzweifelhaft zur Buchen pol 


j 


¥ 
* 
4 


den übtigen Beſtandesteilen mögfichft gleichmäbig en? 
teilt im Unterſtande vorhanden ift. Künflliche er 


1 ` 
1 


z 


195 


4. Herſtellung einer geringen Buchenbeimiſchung in 
allen übrigen Fichtenbeſtänden behufs Bodenbeſſerung 
durch Laubſtreuung, ſoweit dies die Standortsverhält⸗ 
niſſe irgend zulaſſen. Je ungünſtiger die Verhäͤltniſſe 
auf geringen Böden und in höheren rauhen Lagen ſich 
geſtalten, deſto mehr wird jede fid bietende Gelegenheit 
und Form der Bucheneinmiſchung reſtlos auszunützen 
ſein (beſtandbildende Horſte und Trupps, Ueberhälter, 
Zwiſchen⸗ und Unterwuchs, Unterban); außerdem emp: 
fiehlt fich alsdann die weitgehende Mitberückſichtigung 
aller anderen ſtandortlich geeigneten Holzarten, um die 
Entſtehung einer gemiſchten Streu und damit geſunder 
Dumusverhältniſſe zu fördern. Bei der Verjüngung 
im Kahlſchlagbetriebe wird das anzuſtrebende Ziel, daß 
ze Flächen nach Möglichkeit der Ueberſtreuung durch 
Buchenlaub teilhaftig werden, auch dadurch zu fördern 
iein, daß große Kahlflächen und Aushiebe von Often 
in Zukunft tunlichſt vermieden werden. 

Die vorliegende Abhandlung enthält viel Zutreffen- 
des und Brachtenswertes. Ein Eingehen auf die Bor- 
ſchläge im Einzelnen verbietet uns der Raum und der 
Umſtand, daß uns die ausſchlaggebenden Boden⸗ und 
Aimatiſchen Berhaltnifje des Erzgebirges zu wenig be⸗ 
kannt find. E. 


— — m 


Brief 


Aus Preußen. 
Aus den preußischen Forftverwaltung. 


Unterſtützung der Landwirtſchaft durch 
die Forſtverwaltung. 

Unter dem 20. März 1916 hat das Miniſterium 
für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten an die Re⸗ 
gierungen folgende allgemeine Verfügung erlaſſen: 

„Das herannahende Frühjahr gibt mir Anlaß, die 
Kgl. Regierungen erneut darauf hinzuweiſen, daß die 
Ctoatsforftverwaltung verpflichtet ift, der Landwirt⸗ 
\halt in ihrer gegenwärtigen ſchwierigen und täglich 
ſcwieriger fih geſtaltenden Lage auf jede mögliche 
Beife und ohne entſcheidende Rückſichtnahme auf etwa 
entgegenſtehende forſtwirtſchaftliche oder finanzielle In: 
tereſſen helfend beizuſtehen. Ich bringe der Kgl. Re⸗ 
gierung die in dieſer Richtung ſeit Ausbruch des 
ſtiieges von mir bereits getroffenen Anordnungen über 
die Einſchränkung forſtlicher zugunſten landwirtſchaft— 
lider Arbeiten, über die Einnahme von Weidevieh und 
über die Abgabe von Waldſtreu erneut in Erinnerung. 

Was die Zurückſtellung der forſtlichen 
Arbeiten zugunſten der Landwirtſchaft 


Der deutſche Wald. Von Prof. Dr. M. Buesgeu. 
Zweite, durchgeſehene Auflage. Mit zahlreichen Ab⸗ 
bildungen und 3 Tafeln. Leipzig, Verlag von Quelle 
& Meyer. Preis: 1,80 M. 

Dieſes Werkchen ſtellt ein Baͤndchen der „Natur⸗ 
wiſſenſchaftlichen Bibliothek für Jugend und Volk“, 
herausgegeben von Konr. Höller und Dr. G. Ulmer, dar. 

Die vorliegende zweite Auflage bringt zur erſten 

Auflage keine nennenswerten Aenderungen. Wir können 

uns daher auf den Hinweis auf die Beſprechung der 

erſten Auflage im Jahrgang 85, S. 147, beſchränken. 

E. 

Der deutſche Wald. Von Prof. Dr. Hans Haus⸗ 
rath in Karlsruhe. Zweite Auflage. Mit einem 
Bilderanhang und 2 Karten. Druck und Verlag 
von B. G. Teubner in Leipzig und Berlin. 1914. 
Preis: geheftet 1 M., in Leinw. gebunden 1.25 M. 

Dieſes als 153. Bändchen von „Aus Natur und 
Geiſteswelt“, Sammlung wiſſenſchaftlich⸗gemeinverſtänd⸗ 
licher Darſtellungen, erſchienene Schriftchen iſt bereits 
im Jahrgang 84, S. 173, ausführlich beſprochen worden. 

Die zweite Auflage hat außer einigen nach dem 
heutigen Stande des Wiſſens erforderlichen Berichti⸗ 
gungen und Ergänzungen keine Aenderungen erfahren. 

E. 


— —— — Á 


| 


e fe. 


betrifft, ſo iſt die allgemeine Verfügung vom 20. März 
v. J., die zunächſt nur die Sicherung der Frühjahrs⸗ 
beſtellung des Jahres 1915 bezweckte, als maßgebend 
gegenüber allen unaufſchiebbaren Arbeiten des land⸗ 
wirtſchaftlichen Betriebes wahrend der ganzen Dauer 
des Krieges zu betrachten. Als forſtliche Arbeiten, die 
den landwirtſchaftlichen Arbeiten an gemeinwirtſchaft⸗ 
licher Bedeutung gleichſtehen und deshalb hinter dieſe 
nicht oder doch nur vorübergehend zurückgeſtellt werden 
dürfen, weil ſie unbedingt rechtzeitig ausgeführt werden 
müſſen, erkenne ich im allgemeinen nur den Einſchlag 
der — namentlich für die Heeresverwaltung — un⸗ 
entbehrlichen Hölzer und Rinden, nicht aber Kultur⸗ 
und Wegebauarbeiten irgend welcher Art an. Auch 
die Harznutzung wird zugunſten der Beſtellungs- und 
Erntearbeiten vorübergehend nach Möglichkeit einge⸗ 
ſchränkt, wenn auch nicht ganz eingeſtellt werden 
dürfen. In dieſem Zuſammenhang verweiſe ich auf 
die Beſtimmungen der Allgem. Verfügung vom 15. 4. 
15. über den zeitweiſen oder vollſtändigen Ausſchluß 
beſtimmter Perſonen von dem Sammeln von Beeren 
und Pilzen, an dem im Intereſſe der Lindwirtſchaft 
auch künftighin feſtz uhalten ift. 


26* 


196 


Der Eintrieb von Rindvieh, Schweinen, 
Schafen und Ziegen in den Wald iſt nach Maß⸗ 
gabe der Allg. Verfügungen vom 24. 8. 14, 25. 8. 
14, 13. II. 15, 20. III. 15 im weiteſten Umfang und 
ohne ängſtliche Rückſichtnahme auf das forſtwirtſchaft⸗ 
liche Intereſſe zuzulaſſen. Soweit Mangel an Gras— 
wuchs in den Beſtänden zu befürchten iſt, ſind gras 
wüchſige Blößen, wie ſchon im Vorjahre, von der Auf: 
forſtung zurückzuſtellen. Die Rückſicht auf die Jagd 
darf unter keinen Umſtänden zu einem Ausſchluß 
ſolcher Waldteile von dem Weidegang führen, die an 
ſich dieſem geöffnet werden könnten. . ! 

Dasſelbe gilt von der Streunutzung, die in 
Anbetracht des beſtehenden großen Mangels an Stroh 
von hoher Bedeutung für die Landwirtſchaſt iſt. Ich 
ermächtige die Kgl. Regierung, in Fällen des Bedarfs 
Beſtände jeglicher Art zur Streunutzung heran⸗ 
zuziehen und unter Umſtänden Streu auch an ſolche 
Landwirte abzugeben, die ihren das eigene Bedürfnis 
an ſich deckenden Strohvorrat zu Futterzwecken ver⸗ 
kaufen wollen, da es unter den gegenwärtigen Um⸗ 
ſtänden allein darauf ankommt, daß möglichſt 
viel Stroh für Futterzwecke freigemacht 
wird. Hierbei iſt es von beſonderer Wichtigkeit, daß 
die Waldſtreu nach Möglichkeit aus Beſtänden abge⸗ 
geben wird, die in der Nähe der bedürftigen Wirt⸗ 
ſchaften liegen. Der Beſtand an Zugtieren bleibt zur 
Zeit überall hinter dem Bedarf zurück und es ent- 
ſpricht den Zeitumſtaͤnden durchaus, die Streuabgabe 
ſowohl unter dem Geſichtspunkte der möglichſten Er⸗ 
ſparung von Geſpannarbeit als unter dem der mög- 
lichſt geringen Beeinträchtigung des Holzwuchſes zu 
regeln. Endlich iſt auch von der Forderung, die ge⸗ 
wonnene Streu nach Raummetern aufzuſetzen, abzu: 
ſehen, vielmehr die Streu zur Erſparung unnötiger 

Arbeit in der Regel flächenweiſe nach geſchätzten Maſſen 
abzugeben.“ 


— —— — — 


Gewinnen und Verfüttern von Laubholz— 
reiſig. 

Ueber das Gewinnen und Verfüttern von Laub 
holzreiſig als Erſatz für Heu und ſonſtiges Raub: 
futter äußert fic) ein Erlaß des Landwirtſchafts 
miniſteriums vom 11. April d. J. in folgender Weiſe: 

Gut und rechtzeitig geſchnittenes und unverdorben 
eingebrachtes Reiſig hat ſich als ein ſchätzbarer Erſatz 
für anderes Rauhfutter erwieſen. Die Gewinnung 
möglichſt großer Mengen von Futterreiſig tft daher 
ins Auge zu faſſen. 

Das Laub und die Zbweigſpitzen faſt aller Hol- 
arten ſind als Viehfutter verwendbar. Ausnahmen 
ſind Traubenkirſche, Faulbaum und Goldregen. Seinen 
höchſten Nährwert hat das Futterreiſig, ſobald die 


jungen Blätter ſich voll entwickelt haben, alſo etm 
Mitte Mai bis Anfang Juni. Nach dieſer Zeit nimm 
der Nährwert allmählich ab. Aus verſchiedenen Gründen 
empfiehlt es fih, das Gewinnen des Futterreiſigs tun: 
lichſt ſchon in der zweiten Hälfte des Mai in Angra 
zu nehmen und dann ſo ſchnell wie möglich zu Ende 
zu bringen. Infolge der Sonnenwirkung an der 
Abenden heller, warmer Tage ift das an ſolchen Abenden 
geſchnittene Futterreiſig beſonders nährſtoffreich. 
Am leichteſten und wohlfeilſten kann das Futter 
reiſig in Eichenſchäl⸗ und ſonſtigen Niederwaldſchlägen, 
Hi Gelegenheit von Durchforſtungen, beim Aushieb 
verdämmender Weichhölzer aus älteren Forſtkulturen 
und bei ſonſtigen Läuterungshieben, ferner durch das 
Schneiden junger Stockausſchläge im Mittel⸗ und im 
Niederwalde gewonnen werden. Daneben kommt dn: 
Schneiden älterer Bäume in Wäldern, Garten, Parti 
und Anlagen, an Wegen, Rainen, Bächen und Gräfe, 
von Waldſträuchern und von Hecken in Betracht. Bum 
Abhauen und Schneiden bedient man fih der Eenie, 
der Sichel, der Hecken⸗, der Garten⸗ und der Stangen: 
ſchere, heppenartiger ſchwerer Meſſer und kleiner Aerte 
Das Futterreiſig darf ältere als die vorigjährigen 
Triebe nicht umfaſſen und am Abſchnitt höchſtens / cm 
ſtark fein. Das abgehauene Reiſig wird zunächſt zum 
Vertrocknen auf dem Boden ausgebreitet und hiernach 
in Bündel von 30-40 em Stärke gebündelt. Sit 
müſſen in allen Teilen gut austrocknen und daher 
nach Bedarf umgeſetzt werden. Wird das Reiſig in 
ſcharfer Sonne getrocknet, ſo verliert es den würzigen 
Geruch, wird brüchig, läßt die Blätter leichter fallen 
und wird vom Vieh weniger gern angenommen. An 
empfindlichſten gegen das Verregnen ift Erlenreifig. 
Die Aufbewahrung erfolgt am beſten locker geſchichte 
in Scheuern. Iſt dies nicht möglich, ſetzt man es an 
zur Abfuhr bequem gelegenen Stellen, tunlichſt im 
Wetterſchutz eines höheren Beſtandes, aber nicht unter 
deſſen Traufe, in Mieten ein. | 
Zur richtigen Zeit gewonnenes und gut einge 
brachtes Futterreis hat im allgemeinen den Wert bon 
mittlerem Heu. Die nachſtehende Reihe ordnet die 
wichtigſten Laubholzarten nach ihrem Futtervert: 
Schwarzer und roter Hollunder, Bergahorn, gel: 
rüfter, Sommerlinde, Spitzahorn, Wipe, Schwarze 
Bruchweide, Winterlinde, Salweide, Eiche, Efe, Beit: 
buche, Roßkaſtanie, Weißerle, Ebereſche, Birke, Hall 
nub, Rotbuche. Der Rohproteingehalt des Futter 
reiſigs beträgt beim ſchwarzen Hollunder 27,07 % und 
bei der Rotbuche 12,67%. | 
Auch der Weinſtock und die Himbeere liefern en 
vorzügliches Futter. . 
An Pferde und Rindvieh wird das Futterreis am 
beften nur gehädjelt, gequetſcht oder eingeweicht u 


197 


ert als Beifutter und in Untermiſchung mit 
trohbadjel, Kaff, Melaſſe uſw. gegeben, zu: 
kleinen, dann in allmählich ſteigenden Mengen 
1 Erjage von etwa der Hälfte des geſamten 
tters. 
Schafe und Ziegen kann das Futterreiſig wie 
vn Bündeln liegt, alfo ungehäckſelt und ohne 
e Zubereitung in Mengen von bis zu zwei 
In des geſamten Trockenfutters gegeben werden. 
weine erhalten Futterreiſig, ſoweit es nicht in 
m Zuſtande gehäckſelt werden kann, nur in auf: 
tem Zuſtande. 
erde nehmen es, wenn es gut eingebracht wurde, 
then von den etwa zu dicken Zweigen, im allge⸗ 
m gut und willig an; Rindvieh zeigt in der 
( weder beſonderen Widerwillen, noch beſondere 
ebe, nimmt es aber im allgemeinen willig an. 
um Falle wurden dem Milchvieh bis zu 40% 
Gejamtfutters in Form von Reiſig gegeben, ohne 
tin Rückgang in der Menge oder im Geſchmack 
Milch eintrat; Schafe und Ziege freſſen es mit 
derer Vorliebe; auch Schweine nehmen es, ent⸗ 
be zubereitet, gern. 


dimmeltes und dumpf gewordenes Reiſig ift 
fömmlich und folte überhaupt nicht verfüttert 


chen⸗,Schwarzerlen⸗ und Eichenreiſig darf nicht 
| oben Mengen verabreicht werden, weil anderen: 
leicht Verdauungsſtörungen infolge von Ber: 
ng eintreten. Langes ausſchließliches Füttern 
icenteiſig ſoll unter Umſtänden bei tragenden 
ein Verwerfen und zu ſtarkes Füttern mit 
lenreifig mit Blutabgang im Urin ver: 
e Nierenentzündungen nach ſich ziehen. 

t Koſten der Jutterreiſiggewinnung haben 
1915 in den preußiſchen Staatsforſten trotz des 
‚pltnd ſchlechten Wetters während der Werbungs⸗ 
und obwohl Beamten und Arbeitern jede Er- 
ng und Uebung in dieſer Arbeit fehlte, nicht 
M als 2,20 M. je Zentner oder 2,40 M. je Raum: 
p Ar des trockenen Reiſigs betragen. 

En weites, mit Bahnverladung verbundenes Ber- 
fiben bes Futterreifigs wird dadurch erſchwert, daß 
Winters wertvollen Blätter fidh leicht von den 
en Bjen und deshalb beim Auf- und Abladen 
tila verloren gehen. Das früh im Jahre ge- 
bene Reiſig eignet fih für ſolches Verſenden noch 
beiten, weil es weniger brüchig iſt und die Blätter 
Hält als das ſpät geworbene. Im übrigen dürfte 
dus vorherige Haͤckſeln des zu verbringenden Reiſigs 


g3 
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j 
11 
c 


Ek.. 
0 Verpackung in Säcken empfehlen. 
| Beier wird in dem Erlaſſe beſtimmt: 
gf M* Abgabe von Futterreis aus den Staats⸗ 


11 


— ͤ A' ⁊— 3 —ů— 
— 4 W026 j — ⁰˙—rriꝓe . — 


waldungen zur Selbſtwerbung iſt möglichſt zu fördern. 
Sie kann auf Grund von Erlaubnisſcheinen, die auf 
ganze Familien ausgeſtellt werden dürfen und für die 
ein Preis von 50 Pf. zu zahlen iſt, geſtattet werden. 
Liegt die Entnahme von Futterreiſig wie bei Läute⸗ 
rungen, Wege: und Grenzaufhieben uſw., in unmittel- 
barem wirtſchaftlichen Intereſſe des Forſtfiskus, ſo 
können unentgeltliche Erlaubnisſcheine verabfolgt wer⸗ 
den. Die Abgabe zur Selbſtwerbung kann auch nach 
Raummetern unter Verzicht auf das förmliche Auf- 
ſetzen auf Grund von Schätzung geſchehen, in welchem 
Falle für ein Raummeter 10 Pf. zu zahlen ſind. 

Daneben iſt die Aufarbeitung von Futterreiſig auf 
Koſten der Verwaltung ebenſo wie im vergangenen 
Jahre in möglichſt weitem Umfange durchzuführen. 

Die Oberförſter ſind ermächtigt, das geworbene 
Futterreis nach eigenem Ermeſſen entweder freihändig 
gegen die Werbungskoſten zuzüglich von 10 Pf. je 
Raummeter oder öffentlich meiſtbietend zu verkaufen. 

Den Kgl. Forſtbeamten wird die Entnahme von 
Futterreis für den eigenen wirtſchaftlichen Bedarf zu 
den gleichen Bedingungen und gleichzeitig der Verkauf 
des auf den Dienſtländereien geernteten Rauhfutters 
geſtattet. 

Wert des Adlerfarns als Schweinefutter. 

Das Miniſterium für Landwirtſchaft, Domänen 
und Forſten hat unter dem 22. März 1916 die Re⸗ 
vierverwalter angewieſen, der Abgabe von Farnwurzeln 
in jeder tunlichen Weiſe Vorſchub zu leiſten. Die für 
dieſe Abgaben feſtzuſetzenden Taxpreiſe ſollen ſo niedrig 
gehalten werden, daß ſie mehr den Charakter einer 
Anerkennungsgebühr, als den einer Vergütung für den 
Futterwert der Wurzeln bekommen. 

Des weiteren wird über die Wurzeln (Rhizome) 
des gemeinen Adlerfarns (Pteris aquilina) und deren 
Wert als Schweinefutter folgendes ausgeführt: 

Der gemeine Adlerfarn iſt durch ganz Deutſchland 
verbreitet und tritt in unſeren Wäldern oft auf großen 
Flächen und in dichten Mengen auf. Er iſt der ein⸗ 
zige größere Farn Deutſchlands, der ſeine Wedel 
(Blätter) nicht zu einer Roſette zuſammenſtellt, ſondern 
einzeln aus dem Boden herortreiben läßt. Die Wedel 
erreichen eine Höhe von 1 m und mehr und find im 
Winter im abgeſtorbenen Zuſtande roftrot:braun ge- 
färbt. Die von den Wildſchweinen gern genommenen 
Wurzeln liegen wagerecht im Boden, etwa 20 — 25 cm 
unter der Oberfläche, werden bis 4 m lang und etwa 
1 cm ſtark, find ſchwärzlich gefärbt, wenig verzweigt, 
ziemlich ſaftig und von etwas bitterlichem Geſchmack. 
Sie durchziehen den Boden oft ſo maſſenhaft, daß ſie, 
aufgedeckt, das Anſehen eines loſen Geflechts bieten. 

Durch die Unterſuchungen des Geh. Regierungs: 
rats Dr. Hanſen, Direktor des landwirtſchaftlichen 


198 


Inſtituts, und des Prof. Dr. Mez, Direktor des bo: 
taniſchen Inſtituts der Univerſität in Königsberg iſt 
feſtgeſtellt worden, daß dieſe Wurzeln reich an Stärke 
find, auch nicht unerhebliche Mengen von Eiweiß ent: 
halten und als ein wertvolles Erſatzfutter für Schweine 
zu betrachten ſind. 

Die in dem Königsberger Inſtitut mit den Wurzeln 
gefütterten Läuferſchweine nahmen die ihnen zunädjt 
in geringen und dann allmählich fih verftärkenden 
Gaben gereichten Wurzeln bei langſamer Gewöhnung 
gut an, erhielten zuletzt bei Entziehung aller Kar⸗ 
toffeln täglich 2¼ Pfund Wurzeln und haben ſich 
durchaus wohl dabei befunden. Für Läufer und Zucht⸗ 
ſchweine ſtellen die Farnwurzeln hiernach ein unbedingt 
brauchbares Futter dar; für Maſtſchweine können ſie 
mindeſtens einen Teil des Futterbedarfs decken. 

Als Futter für Rindvieh kommen die Wurzeln 
wegen ihres bitteren Geſchmackes nicht in Betracht. 

Die Gewinnung der ſich unſchwer vom Boden ab— 
löſenden Wurzeln iſt leicht. Ein Arbeiter ſticht den 
Boden mit dem Wurzellager um, während ein zweiter 
Arbeiter — hierfür genügt ein Kind — die Wurzeln 
aus dem umgeſtochenen Boden herauslieſt. 

Die Wurzeln müſſen gewonnen werden, ehe die 
jungen Wedel im Frühjahr austreiben. Sobald die 
Wedel treiben, verringert ſich der Futterwert der Wur⸗ 
zeln erheblich. 

Vor dem Verfüttern ſind die Wurzeln durch Ab⸗ 
ſpülen von der anhaftenden Erde zu befreien. Einer 
weitgehenden Zerkleinerung oder ſonſtigen Zubereitung 
bedürfen fie für die Verfütteruug nicht. In luftigen 
Räumen, insbeſondere in Scheunen, laſſen ſie ſich gut 
aufbewahren. 

Den ſchweinehaltenden Wirten wird dringend em⸗ 
pfohlen, ſich das Gewinnen von Farnwurzeln noch 
während des Monats April zur Streckung ihres Futter⸗ 
vorrats angelegen ſein zu laſſen. 

Die preußiſche Staatsforſtverwaltung iſt bereit, 
das Graben der Wurzeln in weiteſtem Umfange zu 
geſtatten, auch ſteht zu hoffen, daß die übrigen Forſt⸗ 
verwaltungen das gleiche Entgegenkommen zeigen werden. 

Anbau des Walnußbaumes. 

Durch den infolge des Krieges ſtark erhöhten Pe- 
darf an Nußbaumſchafthölzern und die dadurch her⸗ 
beigeführte Steigerung der Nußbaumholzpreiſe ſind 
viele Baumbeſitzer veranlaßt worden, ihre Nußbaͤume, 
die zu anderer Zeit noch nicht gefällt worden waren, 
zu fällen. Hierdurch find die Nußbaumbeſtände Deutfch: 
lands, namentlich im Weſten und Süden, ſtark ge: 
lichtet worden. Zur Erhaltung der Nußbaumbeſtände, 
die gleichermaßen für die Herſtellung von Gewehr⸗ 
ſchaften und die Möbelfabrikation notwendig wie ihrer 
Schönheit und ihres Nutzens halber wertvoll ſind, 


—— . K 6Üͤ— 8 


hat der Miniſter für Landwirtſchaft, Domänen 
Forſten unter dem 7. März d. J. die Regierung 
präſidenten aufgefordert, die Bevölkerung durch 
Behörden und durch die Preſſe auf die Notwendig 
hinzuweiſen, unverzüglich junge Nußbäume in gif 
möglichem Umfange anzupflanzen und ſich zu 
bereit erklärt, ſolche Anpflanzungen durch Zuwendun 
aus Staatsmitteln zu unterſtützen. 
Streu-, Heide: und Weidenutzung d 
nicht landwirtſchaftlich genutzten Gru 
fti den. E 
Der Bundesrat hat unter dem 13. April II 
folgende Verordnung erlaflen: N 
8 1. Die Beſitzer von Forſten und anderen m 
landwirtſchaftlich genutzten Grundſtücken find auf $ 
ordnung der höheren Verwaltungsbehörde verpfidl 
den von dieſer benannten Perſonen, Gemeinden oh 
Kommunalverbänden zu geſtatten, daß ſie: 
1. aus den Grundſtücken Streumaterial jeder! 
ſowie Heideaufwuchs zu Futterzwecken oder fon 
Futtermittel gewinnen. 
2. auf den Grundſtücken Schweine und Rinde 
weiden laſſen und die zu dieſem Swede erf 
derlichen Hürden und Unterkunftsräume anlege 
Die höhere Verwaltungsbehörde beftimmt ben Im 
fang und die Bedingungen dieſer Nutzung und c 
insbeſondere die zu zahlende Entſchädigung endgültig 
§ 2. Die Landeszentralbehörden beſtimmen m 
als höhere Verwaltungsbehdrde im Sinne dieſer 
ordnung anzuſehen iſt. 
8 3. Dieſe Verordnung tritt mit dem Tage 
Verkündung in Kraft. Der Reichskanzler belt 
den Zeitpunkt des Außerkrafttretens. 


Uebernahme der Abfuhr von Wald 
zeugniſſen durch Kgl. Forſtbeamte. j 
Der Minifter für Landwirtſchaſt, Domänen 1 

Forſten hat durch Erlaß vom 5. April d. J. bie Ñ 

gierungen ermächtigt, den Kgl. Forſtbeamten die a 

nahme der Abfuhr von Holz: und ſonſtigen =" 

erzeugniſſen für andere oder die Teilnahne me 

insbeſondere auch das Verleihen oder e p 

eigenen Geſpannes zu ſolchem Zwecke gegen rail 

ausnahmsweiſe für die Dauer des Krieges zu geſtollen 


Aus gehen. 


Beobachtungen über Blitzſchläge.) 
Von Geh Oberforſtrat Jofeph in Darmftar 
Die in 1914 im Großherzogtum Heſſen bean 
Beobachtungen und Aufzeichnungen über die Aug H 
an Bäumen find in 1915 fortgeſetzt worden. O j | 
1) Vgl. Allgem. Forſt⸗ u. Jagd⸗Zeitung, Juli⸗ Heft l : 
©. 165 ff. | 


199 


oße Zahl der Beobachter zum Heere einberufen lange andauernden Dürre des Vorſommers, der fonft 

u viele Forſtwarteien verwaiſt ſtanden, fo kann gewitterreichſten Jahreszeit. 
w regen Intereſſe, das dieſen Beobachtungen ent: Der früheſte Blitzſchlag ereignete ſich am 24. März 
9 wird, doch angenommen werden, daß an einem 150 jähr. Eichenoberſtänder in der Ober: 
8 die im Walde vorgekommenen Blitzſchläge förſterei Konradsdorf (Oberheſſen), die ſpäteſten am 
dig gemeldet worden find. Einige find aller: | 30. Auguſt zwiſchen 3 und 4 Uhr nachmittags eben: 
irſt ſpäter entdeckt worden, fo daß die Zeit, zu falls an Eichen, deren Standort 9 bis 10 km von 
der Blitzſchlag ereignete, nicht mehr feſtgeſtellt einander entfernt war. Die eine 140 jährige Eiche 
konnte. ſtand in der Main⸗Ebene (Forſtwald der Oberförſterei 
Geſamtzahl der an Bäumen wahrgenommenen Dieburg), die andere 90 jährige auf den Vorbergen 
ge mit zuſammen 72 bleibt hinter derjenigen des Odenwalds im Beſtandsſchluß und von gleich⸗ 

en Beobachtungsjahres mit 399 weit zurück. altrigen Buchen umgeben. 
iſache hiervon ift aber wohl lediglich in den Auf die einzelnen Monate verteilen ſich in den 
ugserſcheinungen des Jahres 1915 zu ſuchen, verſchiedenen Landesgegenden die Blitzſchläge folgender: 
ſellenen Auftreten von Gewittern während der maßen: 

Rhein- u. Wetterau u. 


I Main⸗Ebene Odenwald Lahntal Taunus Obecheſſen Ganzes Land (In 1914) 
. 1 — — — l 2 (1) 
= — — — 1 1 (5) 
1 — — — — 1 (13) 
J 1 3 — 13 18 (186) 
= 1 8 2 1 7 19 (184) 
1 12 6 8 z 4 25 (10) 
5 16 15 8 1 26 66 399) 


bon 6 Bligichlägen im Walde, ſämtlich an Kiefern beſchädigt von Laubhölzern: 15 Eichen, 8 Buchen, 
fir Rhein: und Mainebene, konnte der Zeitpunkt 1 Aſpe, 1 Birke, 1 Eiche und 1 kanadiſche Pappel 
„ Entſtehens nicht mehr ermittelt werden, fie find | i. G. 27, von Nadelhölzern 39, nämlich 18 Kiefern, 
`. wahrſcheinlich dem gewitterreichen Monat Auguſt 19 Fichten und 2 Lärchen. 
kenen. Mit dieſen erhöhte fih die Zahl der Die Fichte ſteht ſonach in dieſem Jahre, zumal 
Bolge in dieſem Gebiet auf 18 im Auguft und wenn der Anteil dieſer Holzart an dem Aufbau des 
. Belamtzahl auf 22, während im Vorjahr hier Waldes mit nur 14.9% in Betracht gezogen wird, 
[Tliume getroffen wurden. Die Oberförſterei Bingen weitaus an erſter Stelle, auch die Blitzſchläge in Buchen 
rte aus dem außerhalb des Großherzogtums in zeigen eine verhältnismäßige Zunahme. Die Erklärung 
fpeußiſchen Rheinprovinz gelegenen Wald der heſſi⸗ hierfür wird ebenfalls in den Witterungserſcheinungen 
Gemeinden Ober⸗ und Nieder⸗Ingelheim noch des Berichtsjahres gefunden werden können. Die Ge⸗ 
Pußſchläge vom 24. Juni, wobei 2 Eichenüberhälter | witter entluden fih beſonders in den Monaten Juni 
5 frifjerem Eichenniederwald getroffen und vollftändig | und Juli dorzugsweiſe in dem Hügel: und Bergland, 
> 1 den Boden entrindet wurden. in Gebieten, wo Fichte und Buche ihre größte Ver⸗ 
VM Fernſprechleitungen wurden 2 Maſten aus breitung beſitzen und vielfach in reinen Beſtänden auf: 
teftongen vom Blitz getroffen, der eine in der treten. In der Ebene mit vorwiegender Kiefern⸗ und 
` Meiictern Nidda wurde zerſplittert, der andere in Eichenbeſtockung kamen bei den Frühjahrsgewittern 3 
Fr Oberförfterei Lengfeld erhielt eine ſenkrechte Blig- Blitzſchläge in 1 Eiche und 2 Kiefern vor; in der dann 
| Mne, | folgenden langen Zeit der Dürre, mit ſeltenen, meiſt 
raſch ſich verziehenden Gewitterbildungen iſt nur 1 Blitz⸗ 
ſchlag am 12. Juli, der eine Eiche traf, wahrgenommen 
: de erſten toe worden, während im Vorjahr dieſes Gebiet mit 86 und 
5 e en Sad go goben zZ N 82 Blitzſchlägen an Bäumen in den Monaten Juni 
don den ce 805 ER ne und Juli allen anderen Gegenden weit voraus war. 
. 6 — 1 toffenen Bäumen befanden fih 66 im | Erft der Auguſt brachte hier zahlreiche und ſchwere 
; P 0 Eiche, von der der Blitz auf einen Gewitter; an Zahl der Blitzſchläge übertrifft dieſer 
l th > ü erſprang, 1 Birnbaum und 3 Pyra Monat auch weit die entſprechende Zeit des Vorjahres. 
ü Moppen — in Obſtgärten und auf Wieſen. Die Beſonderheiten der einzelnen Landesgegenden 
Jnnerhalb des Waldes wurden durch Blitzſchlag und Waldgebiete hinſichtlich der Zahl der Blitzſchläge 


Bie im Vorjahre ereigneten fih weitaus die meiſten 
ühſcläge in den Nachmittagsſtunden von 2—6 Uhr; 


200 


und der im Walde getroffenen Holzarten zeigt nach: ſchläge im Walde in 1914 in Klammer beigeſezt i 


ſtehende Ueberſicht, in der die Geſamtzahlen der Blitz⸗ 


Es wurden getroffen: 


Eichen Buchen Eſchen Birken, Aſpen Kiefern Fichten Lärchen Im Gan; 
uſw. 


1. Im Gebiet der Rhein⸗ u. Main⸗Ebene 6 
2. In den Vorbergen des Odenwalds. — 


3. Im Odenwaa dd. 3 en 
4. Rheinheſſ. Hügelland . . . . 2... = — 
5. In Wetterau und im Labntal. . . . 2 2 
6. Im Taunus = — 
7. Im Berg⸗ und Hügelland von Ober⸗ 


heſſen (Vogelsberg uſw )))) 
15 8 

Die meiſten Blitzſchläge ereigneten fih hiernach in 
den Wäldern des Vogelsbergs mit ſeinen Ausläufern, 
während auf die ausgedehnten Waldgebiete der Rhein⸗ 
und Mainebene nur 19 Blitzſchläge — 11% der vor- 
jährigen Anzahl — entfallen. Auffallend iſt, daß im 
Vogelsberg — trotz geringerer Anzahl der Blitzſchläge 
im Ganzen, die Zahl der getroffenen Buchen größer 
iſt als im Vorjahre. In der Meldekarte über einen 
Blitzſchlag in eine 90 jährige Buche iſt von dem Be⸗ 
obachter bemerkt, daß dies die erſte vom Blitz ge— 
troffene Buche ſei, die ihm in 29 Dienſtjahren zu Ge⸗ 
ſicht gekommen, und daß fie nur 2,5 und 9 m von 
zwei Eichen von 30 em Bruſthöhendurchmeſſer ge⸗ 


ſtanden habe. Der gleiche Fall, daß eine von Eichen 
umgebene Buche allein vom Blitz getroffen wurde, war Blitzrinne beftand. - 


im vorigen Jahre ſchon aus dem Odenwald berichtet 
worden. Weitaus zahlreicher ſind indeſſen die Fälle, 
die für die beſondere Bevorzugung der Eiche ſprechen. 


wald (Odenwald) eine nur 10 m hohe, völlig unt 
drückte Eiche getroffen, während eine nur 2maq 
fernt ſtehende 28 m hohe, ſtarke Lärche durchaus u 
beſchädigt blieb. An dem Stamm der Eiche war de 
Rinde vollſtändig abgeſchält und hing in Fetzen i 
benachbarten Unterholz, der Stamm felbft zeigte 7! 
gleicher Richtung nebeneinander laufende Bligrinna 
Eine weitere vom Blitz getroffene Eiche in der Oben 
förſterei Dieburg war von weit höheren Birken un 
geben und von dieſen unterdrückt. Nur an der Eich 
war eine Beſchädigung wahrzunehmen, die in einer in 
15 m Höhe beginnenden, in einer Windung um da 
Stamm bis in den Boden verlaufenden, 5 em breitet 


Welche Stellung die getroffenen Bäume im Below 
einnehmen, zeigt folgende Ueberſicht: 


Im Beſtandsinnern 


Ueberhälter Randſtämme Vorherrſchend Mitherrſchend Unterdrückt Im Gange 

Eiche 3 3 5 — 4 15 4 

Wipe, 2. 2 . — 1 — — == l 

Birte . . 2... — sa 1 ee = 1 ! 

Buche — 1. 6 1 — 8 1 
Eſ chte — — 1 a ies 1 
Kanad. Pappel — 1 — = Zi I 
Kiefer . 2 22000002 4 10 2 ai 18 
Fichte 1 9 7 1 1 19 
Lärche — 2 — = = 2 
6 21 30 4 5 66 


Daß für Randbäume eine größere Blitzgefahr zu 
beſtehen ſcheint, kann auch aus den diesjährigen Beob⸗ 
achtungen wieder gefolgert werden. Die Zahl der ge- 
troffenen Randſtämme iſt ſogar verhältnismäßig noch 
größer als im vorigen Jahre. Die im Innern der 
Beſtände getroffenen Bäume waren meiſt vorwüchſig; 
von unterdrückten Beſtandsgliedern iſt — außer Eichen — 
nur eine Fichte gelroffen worden und dieſe durch einen 
von einer vorwüchſigen Kiefer abgeſprungenen Blitz. 


Die Beſchädigungen der getroffenen Bäume ſind 
wieder außerordentlich verſchieden. In 47 Fällen ſind 


Blitzrinnen entſtanden, die mitunter nur in der Rinde 
verlaufen, meiſt aber mehr oder weniger tief in das 
Holz eingreifen. Oefters ſind mehrere Blitzrinnen 
ſichtbar, die entweder in gleicher Richtung nedene 
ander herziehen oder ſtrahlenförmig auseinanbergehen 
auch mitunter ausſetzen. 

Zerfplittert, abgeſchlagen oder geſpalten wurde 
14 Fichten, 2 Buchen, 1 Eiche, 1 Eſche und 1 fan“ 
diſche Pappel. z ES 

Bei einer 100 jährigen Buche befland die Bt 
beſchädigung nur in einer 70 em langen fimt" 


201 


inne in 1,5 m Höhe, aus der ein dünnes Holz: 
hen abgelöſt war. 
Angehend find die Blitzſpuren an einer 150 jährigen 
b im Nieder - Beſſinger Gemeindewald der Ober: 
{Lich unterſucht worden. Dieſe Buche, ein Zwiefel, 
vorherrſchend zwiſchen Buchen und Hainbuchen 
urde in dem niedrigeren, nordweſtlichen Teil der 
vom Blitz getroffen. Die Blitzbahn zeigt ſich 
in zahlreichen Veräſtelungen unterhalb der Rinde, 
durch ſichtbar find, daß auf der Rinde an dieſen 
n der Flechtenüberzug verbrannte oder abgeſengt 
t. Die Veräſtelungen laufen um den Stamm 
alb des Gabelanſatzes herum und endigen unter: 
der ſüdöſtlichen Gabel in drei Blitzrinnen, von 
em Breite, die an den Tagwurzeln in den Boden 
ten. Die eigentlichen Blitzrinnen find nur auf 
‚0,5 und 1,5 m Höhe vom Boden aus ſichtbar, 
t it noch auf 0,5 m unterbrochen. Bei einer 
en 96 jährigen Gabelbuche in der Oberförſterei 
order, die in 10 m Höhe ſich in drei ſtarke Aeſte 
: H. wurde der mittlere Aft 4 m über der Gabelung 
Hoffen. Die Blitzrinne geht von der Einſchlagsſtelle 
d abwärts bis 1 m über den Gabelanſatz, ſetzt dort 
.. B, während auf der entgegengeſetzten Seite 3 m 
ter der Gabelung zwei getrennte, 20 em vonein⸗ 
fer entfernte Rinnen ſichtbar werden, die in ſchwacher 
Ffümmung zum Boden verlaufen. Vollſtändige Ent: 
ung des unteren Stammteils wurde — außer bei 
`~ Pen — wieder an einer 70 jährigen Buche beob⸗ 
tt. 
Als nachträgliche Wirkung eines am 7. Mai er⸗ 
ten Blitzſchlags in eine 91 jaͤhrige vorherrſchende 
ſer in Gräfenhäuſer Gemeindewald der Oberförſterei 
örfelden wird das vom Spätherbſt an beobachtete 
gehen von 28 Kiefern im Umkreis der getroffenen 
eldet. An den bis Ausgang des Winters abge⸗ 
thenen Stämmen konnten keinerlei Blitzſpuren entdeckt 
erden, während die fichtbar getroffene Kiefer eine fent- 
tete von der Krone zur Erde gehende Blitzrinne zeigte. 
Wurzelerkrankung oder Inſektenbefchädigung liegen nicht 
dor. Am weſtlichen Rande der entſtandenen Lücke von 
— m Am Durchmeſſer ift an einigen Kiefern noch 
Detter ein Dürrwerden der Kronenäſte wahrzunehmen, 
: i daß wohl noch weiteres Abſterben einzelner Bäume 
i watten fteht. , Seit Aufnahme der Beobachtungen 
i dis Hun der erſte Fall des gruppenweiſen Ab: 
 Recbeng von Holzbeſtand im Anſchluß an einen zweifels⸗ 
Tt feſgeſtellten Blitzſchlag. 


= 


| Aus Numänien. 
Rolzueichtum und Verwertung. 

| Mit Rüͤckſicht darauf, daß nach dem Kriege das 

= "aol an geſuchter Artikel fein wird, einmal, weil 


durch den Wiederaufbau der zerſtörten Häuſer viel Bau⸗ 
holz nötig iſt, andrerſeits aber große Werte durch die 
Kriegführung in Polen, Frankreich uſw. vernichtet ſind, 
verdienen der Holzreichtum Rumäniens und ſeine Säge⸗ 
induſtrie einige Beachtung. ; 

Nach der letzten amtlichen Statiſtik beſitzt Rumänien 
2 757 789 ha Wald und zwar: 


Kron⸗ Domänen. . 71401 ha 
Staats⸗ Wald. . 1067562 „ 
Gemeinde- „ . .. . . 125985 „ 
Privat. 1492801 „ 


Der größte Teil befindet ſich alſo in Händen des 
Großgrundbeſitzes. Von der Geſamt-Waldfläche ſind 
z. Zt. etwa 78 576 ha in Nutzung. 

Holzfällung und Transport erfolgt in den meiſten 
Fällen durch den Käufer, die Art des Verkaufs iſt 
entweder per Flächen⸗ oder Feſtmetereinheit unter Be⸗ 
obachtung einer Mindeſtdurchmeſſergrenze in Bruft: 
höhe. Nur ganz vereinzelte, von deutſchen Forſtbeamten 
geleitete, Verwaltungen haben Fällung und Transport 
in Regie eingeführt. 

Da das Holz in den meiſten Fällen weit von den 
öffentlichen Verkehrswegen, Eiſenbahnen uſw. geſchlagen 
iſt, bildet die Transportfrage die größte Sorge für 
den Intereſſenten. Alle Arten von Transportmitteln 
— vom einfachen Schleifen mit Ochſen bis zu kom⸗ 
plizierten Wald⸗ oder Drahtſeilbahnen, von der ein⸗ 
fachen Trift bis zu den großartigſten Anlagen für 
Klauſen uſw. — findet hier Anwendung. 

Abgeſehen von den zahlloſen kleinen Bauern⸗Sägen, 
die für die Waldbeſitzer unentbehrlich ſind, und die 
nicht nur den Lokalbedarf decken, waren im Jahre 
1912 in Rumänien 71 große Dampfſaͤgen (Fabriken) 
im Betrieb. 50 derſelben benutzten Dampf⸗Maſchinen 
von ca. 15000 Pferdekräften und beſchäftigten über 
12 000 Arbeiter, die jährlich ca. 8 350 000 Lei ver⸗ 
dienten. 

Für Fällung und Transport des von den Sägen 
benötigten Holzes werden noch weitere ca. 50 000 Ar⸗ 
beiter beſchäftigt. Bei einer mittleren jährlichen Ar⸗ 
beitszeit von 150 Tagen verdienen dieſe ca. 50 Millio⸗ 
nen Lei [1 Leu = 0,80 Mk.]. | 

Der weitaus größte Teil der Rundhölzer wie 
Bretterware geht ins Ausland. 

Im Jahre 1911 betrug die Ausfuhr über 400 000 
Tonnen mit einem Wert von ca. 26 Millionen Lei, 
und zwar Nadelholzbretter und Balken für über 19 
Millionen Lei, Klotzholz für ca. 4 Millionen Lei, 
Eichenbretter und Balken für 800 000 Lei, Parkett⸗ 
leiſten für 600 000 Lei und ſonſtige Holzwaren für 
1750 000 Lei. 

Die Haupt⸗Exportländer ſind: Holland (1913 
mit 4 Millioen Lei), Oeſterreich⸗Ungarn (6 

| 27 


202 


Millionen Lei), Aegypten (5 Millionen Lei), Tür- Die maſchinellen Einrichtungen, Bahnen uſw. N 
kei (3 Millionen Lei), Italien (2 Millionen Lei), ſer Geſellſchaften können außerdem noch mit ca. 
Frankreich (1,5 Millionen Lei), Bulgarien Millionen veranſchlagt werden. 
(ca. 1 Million Lei). Die fortwährende Abnahme der Wälder in a 
Es ift klar, daß durch den Weltkrieg die Ausfuhr] Ländern hat auch in Rumänien in den letzten Jah 
des Holzes ſehr gelitten, vielmehr faſt völlig aufge: bedeutende Preisſteigerung hervorgerufen und ez 
hört hat. | zu erwarten, daß auch nach dem Kriege die ho 
Nach der amtlichen Statiſtik des Miniſteriums für | Preiſe anhalten werden, um fo mehr, als 
Handel und Induſtrie gab es in Rumänien im ver- neue Gebiete für den Holzverbrauch eröffnet 
gangenen Jahre 14 Aktiengeſellſchaften für Ausbeu⸗ | 3. B. die Papierfabrifaticn, die allein ganze Wal 
tung der Wälder mit einem Aktienkapital von ca. benötigt. 3 
66 Millionen Lei, einem Umſatz von über 200 Millio- Friedrich, 1 
nen und einem Reingewinn von ca. 7 Millionen Lei. Großh. Hefi. Forſtaſſefſor $ 


Notizen. 


A. Geheimer Rat Dr. Guſtav Maret f. diſchen Fakultät der Univerſität in Wien für 1 
Wie ein Blitz aus heiterem Himmel überraſchte die Kunde und Finanzwiſſenſchaft. Als Lehrer war Marchet vielfac auß i 
von dem am 27. April d. Js. erfolgten Ableben Seiner Ers | als Fachſchriftſteller tätig. Bekannt wurde in weiteren rein 
zellenz des Geheimen Rates Dr. Guſtav Marhet. Ders | fein Werk „Das Recht des Landwirtes“. s 
felbe genoß als einſtiger Lehrer unter den Forſtwirten der Am 5. März 1891 gelangte er nach heißem Naupfe gegar E 
letzten Jahrzehnte eine beiſpielloſe Beliebtheit, zumal er gegen | den Deutſchnationalen Fiegl in das Abgeordnetenhaus, we ` 
jedermann von beftridender Liebenswürdigkeit war. Seinen | er fih der Vereinigten deutſchen Linken anſchloß. In Bar a 
Schülern blieb er allezeit ein guter Freund und Gönner fomie | lament widmete er fih beſonders den Fragen der Wenn j 
Helfer und Tröſter in der Not. 1896 wurde er in den Vorſtand der Linken und fünf Jin Š 
Marchet traf am 26. April abends als Gaſt des erz, | Später in die Obmannſchaft der Deutſchen Fortirittäpartl‘:: 
herzoglichen Domänendirektors Oscar Giel v. Gies. gewählt und war einer der Führer der Partei im Haufe. 
lingen aus Karlsbad, wo er zum Kurgebrauche weilte, Bei der Bildung des Kabinetts Beck wurde a 
in Schlackenwerth ein, um an der Schildhahnbalz teils | am 2. Juni 1906 an Stelle des damaligen Leiters des 1 
zunehmen. In früher Morgenſtunde begab fih derſelbe in richtsminiſtertums Sektionschef Dr. Richard Freiherai 
Begleitung des Direktors und eines Hegers auf den Stand v. Bienerth zum Minifter für Kultus und Un 
und nahm in einer hergerichteten Hütte Platz, worauf ſich die richt ernannt. In die Zeit ſeiner Amtsführung fallen ese . 
Begleiter entfernten. Nach kurzer Zeit hörte der Heger zwei | Reihe von Reformen auf dem Gebiete des „ : 
Schüſſe fallen, die Marchet auf Birkhähne abgegeben hatte. Großes politiſches Aufſehen erregte auch die Wahrmunde 
Da aber Marchet nicht aus der Hütte herauskam, um nach Affäre”, die dann durch die Ernennung Wahrmunde ai l 
dem Reſultat der beiden Schüffe zu fehen, begab fid) der Heger Profeſſor des Kirchenrechtes in Prag beigelegt wurde. * 
zur Hütte und fand dort Marchet entſeelt auf der Erde liegend dem Miniſterpräſidenten Dr. Wladimir 5 3 
auf. Ein Herzſchlag hatte feinem Leben ein Ende gemacht. | Beck ſchied auch Marhet aus dem Amte. Dem Herr ae 
Die Leiche wurde in das Schlackenwerther Schloß gebracht, gehörte er ſeit 1907 an, wo er ſich der ee E 
das Eigentum des Erzherzogs Joſef Ferdinand ift ſchloß, in der er eine führende Rolle inne hatte. de Bo 
Hier wurde dieſelbe im Jagdkoſtüm in einem prachtvollen bis 1914 nahm er an den bolitüfhparlamentariider 
Metallfarg gebettet und feierlich eingeſegnet. gängen den lebhafteſten Anteil; auch an den pues ` 
Nachfolgende turze biographiſche Daten follen den Lebens. Kriegszeit ſtattgehabten Beſprechungen über bie er 5 
lauf des alljeitig Gefeierten illuſtrieren: Guſtav Marder | gemeinschaft mit dem Deutfden Reiche war er rege a = . 
wurde am 29. Mai 1846 in Baden bei Wien als Sohn an der letzten Zuſammenkunft deutſch⸗öſterreichiſcher Hi 
eines Apothekers geboren. Nach Abſolvierung der Gymnaſial⸗ gariſcher Parlamentarier nahm Market teil. Dink - 
ftudien bei den Schotten in Wien und Kremsmünſter bezog Eine hervorragende Tätigkeit entwickelte er im 1 
er die Wiener Univerſität und wandte ſich dann den juridiſchen 
Studien an der Grazer Univerſität zu, an der er 1870 pro⸗ 
movierte. Ein Jahr vorher war er bei der niederöſterreichiſchen 
Statthalterei als Konzeptspraktikant eingetreten und wurde 
Aſſiſtent an der k. k. Forſtakademie in Maria— 
brunn bei Wien, woſelbſt er bürgerliches Recht und Volks⸗ 
wirtſchaftslehre vortrug. Nach Auflöſung dieſer Anſtalt und 
Kreierung der k. k. Hochſchule für Bodenkultur in Wien wurde 
er zuerſt zum außerordentlichen und ſpäter zum ordentlichen 
Profeſſor für Rechtslehre und Nationalökonomie ernannt. Seit 
1877 fungierte er auch als Prüfungskommiſſär an der juri— 


der Kriegsfürſorge; er verfaßte eine Broſchüre über » é 
jorgung ber Kriegsinvaliden“ und war der 1710 
der Aktion der Verſendung von Büchern ins dt 


Marchet war Ehrenpräſident des Allgemeinen = 


8 


reichiſchen Güterbeamtenvereins in Wien und war als freu 
und unermüdlicher Freund des Güterbeamtenſtandez für nn | 
Verein als vieljähriger wirklicher Präfident desſelben rail x 
Seiner Einflußnahme ijt das Geſetz über die a a 
und Invaliditätsverſicherung der Privatbeamten . 8 
Jahre 1906 und das Geſetz über die Regelung der rechtli 


203 


na der Privatgüterbeamten vom Jahre 1913 zu ver: 


Bo 


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karchet war Honorarprofeſſor an der Hochſchule für 


kultur, Ehrendoktor der Hochſchule für Bodenkultur und 
FPerärztlichen Hochſchule in Lemberg, Vize⸗Präſident der 


uſſenſchaftlichen Prüfungskommiſſion, Prafident des Vers 


(agitated der Wiener Handelsakademie und der k. k. Ges 


der Mufikfreunde, Vize⸗Präſident der Zentralbank der 
en Sparkaſſen, Ehrenbürger von Baden, Bergreichen⸗ 
Zubweis, Gottſchee und St. Georgen am Reith, Ins 
des Leopoldordens I. Klaſſe, Ritter des Ordens der 
er nn 1. stlafje und Komtur des Franz⸗Joſeph⸗Ordens 
m Stern. 


, Belches Anſehen der Verewigte an Höchſter Stelle genoß, 


dl am deutlichſten aus nachſtehender Depeſche hervor, 


Nui erfuhren zu Allerhöchſtihrem wärmſt empfundenen 
ern das ungewärtigte Ableben Seiner Exzellenz des 
ders a. D. und Herrenhausmitgliedes Dr. Guſtav Marchet, 
Exzellenz jah dahingegangenen Gemahls, und geruhen 
$ Grgina und Töchtern ſowie den Freiherrn Viktor 
1 2 und Hugo Haan Allerhöchftderen aufrichtigſte und 

t Teilnahme an dem Schmerz ob dieſes überaus ſchweren 
we duldvollſt auszudrücken. Die beſonders erſprießliche 

uehriad bahnbrechende Dienſtleiſtung des durch unges 
a Begabung, erleſene Bildung und nie erlahmenden 


Pe 
J 


. lichteifer hervorragenden Verblichenen ſowohl im Rate der 
t ab auch in anderweitigen Verwendungen, ſeine viels 


” 
— 


J. 


ae 


e ſozialpolitiſche, legislatoriſche und parlamentariſche, ſtets 
den lauterſten patriotiſchen Motiven durchdrungene Bes 
Weg ſichert ihm bei Seiner Majeftät eine ehrende, dant: 


~ Mee Erinnerung. Im Allerhöchſten Auftrage Generaloberſt 


* 
4 


T 


i Paar.“ 


die Leiche Marchets wurde von Schlackenwerth 


Baden überführt, woſelbſt dieſelbe von der Gemeinde⸗ 
ng empfangen wurde. Der Tod Marchets, des Ehren» 


es gers ſeiner Geburtsſtadt Baden, hat in der dortigen 


kerung große und allgemeine Teilnahme hervorgerufen. 
Berblichene erfreute ſich in Baden hoher Verehrung und 


:- Ribtheit. Vom Rathauſe und dem Gebäude der Sparkaſſe 


en Trauerfahnen und hielt die Stadtgemeinde eine Trauer 
Gab, nachdem fie ſeinerzeit die Berggaſſe in „Dr. Guſtav 
archetſtraße“ umgetauft hatte. 


ai Unter ungemein zahlreicher Beteiligung fand Dienstag, 
ai 2 Mai um 4 Uhr nachmittags das Leichenbegängnis 


Rerdets ftart, das ih zu einer eindrucksvollen Trauerkund⸗ 


x Gung geftaltete, Zwei Sonderzüge brachten die Trauergäfte 


in Dim, unter ihnen Abordnungen zahlreicher wiſſenſchaft⸗ 


: licher Inte, künſtleriſcher Vereinigungen und Kriegsfür⸗ 


lotgetorporationen, In der Kirche hatten ſich nebſt den Fa⸗ 


 Mlimengehörigen eingefunden: in Vertretung der Regierung 


der Nmiſer 


für Kultus und Unterricht Dr. Max Ritter 


i g faret-geintein, in Vertretung des Kriegsminiſters 
mull Kommandant Freiherr von Kirchbach, der Präſident 


rd 


- deck, 


Obersten Rechnungshofes Dr. Wladimir Freiherr von 
die Miniſter a. D. Baerureither, Korytowski, 


' hin von Plener, Graf Wickenburg, Bankgouverneur 
= . Popovich, Sektionschef Direktor Freiherr v. Banhans, 


k Ah 


Ge ube Freiherr v. Weckbecker und Dr. Galecki, 
Mrodiretor Dr. Scheuchenſtuchl, der Vizepräſident des 
beotdnetenhauſes Juckl mit den Abgeordneten Abrahamo⸗ 


wies, Kedlick, Denk und Prade, von der Univerſität Rektor 


z Witwe des verblichenen Geheimen Rates zukam: „Seine 


Hofrat Menzel mit den Hofräten Himmelbauer, v. Wett. 
ſtein, Fuchs und Illawatſek, von der k. k. Hochſchule für 
Bodenkultur in Wien Rektor Profeſſor Hecke, Hofrat von 
Guttenberg, u. a. der Rektor der Technik Profeſſor Jäger, 
von der Akademie der bildenden Künſte Rektor Profeſſor 
Ritter v. Helmer, Profeſſor Dr. Guido Adler, vom nieder. 
öſterreichiſchen Landes ſchulrat Vizepräſident Freiherr Rhos 
v. Sternegg und Landes ſchulinſpektor Hofrat Janauſchka, 
die Miniſterialräte Dlabac und Förſter⸗Streffleur vom 
Unterrichtsminiſterium, der Präſident des Allgemeinen Güter 
beamtenvereins in Wien Wirtſchaftsrat Lenotti mit mehreren 
Mitgliedern des Zentralausſchuſſes, der gefertigte Hofrat 
als Vertreter der Abſolventen der beſtandenen k. k. Forſt⸗ 
akademie in Mariabrunn und viele andere. 


Bei der Einſegnung Marchets in der Stadtpfarr⸗ 
kirche zu St. Stephan in Baden durch Seine biſchöfliche 
Gnaden den Weihbiſchof Th. Dr. Hermann Zſchokke unter 
Aſſiſtenz des f. e. geiſtlichen Rats, Kanonikus Karl Frim 
und dreier Kooperatoren brachte die vollſtändige Kapelle des 
Tonkünſtlerorcheſters unter Leitung des Kapellmeiſters Nedbal 
den Trauermarſch aus der „Eroica“ zum Vortrag; dieſem 
folgte Joſef Richters „Die Klage“ von neun Waldhorn⸗ 
bläſern des Philharmoniſchen Orcheſters unter Leitung des 
Hofmuſikers Stigler. Ein Sopranſolo mit Orgelbegleitung 
„Vaterunſer“ von Regenschorie Bernhard Nefzger bildete 
den Abſchluß der kirchlichen Trauerfeier. 


In den Straßen, durch die ſich der Leichenzug von der 
Kirche zum Friedhof bewegte, brannten die Straßenlaternen, 
eine dichte Menſchenmenge bildete Spalier. Am offenen Grabe 
widmete der Rektor der k. k. Hochſchule für Bodenkultur, Pro⸗ 
feſſor Hecke, ein ehemaliger Schüler Marchets folgenden 
Nachruf: „Vom tiefften Schmerz erfüllt finden Sie ſich heute 
von fern und nah, aus allen Kreiſen ein, welche einem teuren 
Verſtorbenen die letzte Ehre erweiſen, den letzten Gruß ent, 
bieten. Auch die Hochſchule für Bodenkultur ſchließt ſich an 
die lange Reihe an, denn auch ihr wurde ein treuer Freund 
entriſſen.“ „Denn er war unfer; mag das ſtolze Wort 
den lauten Schmerz gewaltig übertönen.“ Dieſes Dich⸗ 
terwort erfüllt uns, die Hochſchule für Bodenkultur, heute an 
dieſem Grabe. Ein Menſchenalter, dreißig Jahre dieſes 
inhaltsreichen Lebens, waren der Hochſchule für Bodenkultur 
gewidmet! Guſtav Marchet! So wie ich vor dreißig Jahren 
als Dein Schüler Deinen Worten lauſchte, wie ich ſpäter als 
ein Mitglied des Profeſſorenkollegiums das Glück hatte, Dich 
Kollege nennen zu können, mit denſelben Gefühlen der Dank⸗ 
barkeit und Verehrung ſtehe ich heute als Dein Nachfolger in 
dem Amte des Rektors, das Du ſo oft zum Ruhme der Hoch⸗ 
ſchule verſehen haſt, hier als ihr Vertreter, um Dir die letzten 
Grüße von uns allen zu bringen, die Grüße von einer Stätte, 
die Dir fo lieb war und wo Du Liebe erworben baft. Treu 
haſt Du zeitlebens uns Deine Liebe bewahrt. Ueber den Tod 
hinaus wird in Stolz und Dankbarkeit die Hochſchule für 
Bodenkultur ſtets Deiner gedenken. Und ſo nimm zum letzten 
Male ihren treuen Gruß.“ — Unzählige Kränze bedeckten weit⸗ 
hin die Grabſtätte des uns ſo jäh Entriſſenen. — 

Nachdem Dich, hochgeſchätzter Herr und Meiſter, Diana 
aus der Jagdhütte in die ewigen Jagdgründe ab⸗ 
berufen hat, wid met Dir dieſen letzten Bruch mit donnern⸗ 
dem Weidmannsheil Dein dankbarer Schüler 


Emil Böhmerle. 


27* 


204 


B. Kaninchen als Liebhaber der Bowie? 


Ich ſammele und effe gern Pilze, erſetzen fle doch in Wohl⸗ 
geſchmack Kalbshirn und in Nährwert Fleiſch überhaupt. Wenn 
das Pilzſammeln auch vielleicht ein Geſchäft der kleinen Leute 
ift — lieber Gott, ift Raabes „Hungerpaſtor“ nicht auch ein 
armer (aber doch glücklicher) Mann geweſen? —, ſo macht ein 
Waldläufer wie unſereins doch immer ſeine intereſſanten Natur⸗ 
ſtudien dabei. In Geffen habe ich gern die Pfifferlinge 
geſammelt, ſchon allein weil ſie mir gut bekannt waren und 
keine giftigen Doppelgänger hatten, ſo daß ſie jedermann un⸗ 
beſchadet ſeiner Geſundheit ſammeln und eſſen kann; dann aber 
auch, weil fle dort häufig wuchſen, z. B. in den Wäldern bei 
Mainz und um den Leniaberg, wo die Gonſenheimer Buben 
Sommers über Säcke voll holen, dann in den Wäldern um 
das Rabenſteiner Schloß!) bei Neckarſteinach am Neckar, mäh- 
rend ich beiſpielsweiſe im Vogelsberg in den Waldungen bei 
Lauterbach und Friſchborn den echten Reizter vielfach 
fand, den wir in Fulda in unſerer Knaben⸗Gymnaſialzeit 
kennen gelernt hatten. Augenblicklich bin ich vorübergehend 
an der pommerſchen Seenplatte in Stettin und ſammelte 
in den letzten Tagen im Eckerberger Walde unter dem Quiſtorp⸗ 
turm die vollfleiſchigen Birkenpilze (Boletus scaber), die ſich 
überall unter Birken finden, und ihre Lebenskraft aus dem 
von den herabgefallenen Birkenblättern am Boden aufgeſpei⸗ 
cherten Blattgrün, ſobald es in moderigen Zuſtand verſetzt iſt, 
ziehen, ſowie ferner feinen nah verwandten Bruder Rot: 
häutchen (Boletus versipellis), den violetten, auch als Ot: 
toberpilz noch reichlich vorhandenen Mas kenritterling 
und den nebelgrauen Ritterling, ſowie die ſtarken wohl⸗ 
ſchmeckenden Steinpilze (Boletus edulis), ab und zu an 
einer Waldwieſe einen Champignon, dann aber vor allem 
auch die eßbaren Bowiſte, Eierbowiſt und Flaſchen⸗Stäub⸗ 
ling, während ich Pfifferlinge hier garnicht finde, obwohl ſie 
doch — wahrſcheinlich aus anderer Gegend — neben Grünlingen 
auf dem Markte in Stettin reichlich zum Verkauf aufgeſtellt 
ſind. Ich beobachtete dann vielfach in der letzten Zeit, daß 
die Bowiſte bis auf den unterſten Stumpf abgeäſt ſind. An⸗ 
deres Wild als Kaninchen gibt es hier kaum, dieſe freilich in 


1) Bekannter unter dem Namen „Burg Shaded” oder 
„Schwalbenneſt“. Die Bezeichnung „Rabenſteiner Schloß“ oder 
„Rabenſchloß“ findet ſich im Volksmund, auch auf Karten und 
in Reiſeführern. Der Wald, der hier gemeint ift, beginnt an 
der Hinterburg, der älteſten der vier Burgen des herrlichen 
Reckarſtädtchens, die durch Fürſorge des heſſiſchen Staates 
vor wenigen Jahren wetterfeſt gemacht wurde, und zieht ſich 
hinter dem Schwalbenneſt über den runden Bergkegel zwiſchen 
Neckar und Steinach. 


ſehr großer Zahl. Es find auch Faſanen im Neri 
dieſen traue ich als Ornithologe das Verzehren der Pi 
zu. So bleibt meine Vermutung nur an den Kaninchen 
Direkt beobachtet habe ich es noch nicht; darum frage $ 
dieſer Stelle an, ob andere Beobachter auf ähnliche & 
nungen aufmerkſam geworden find. — Uebrigens, neke 
merkt, lernt man die Pilze, wenn man mit einem $; 
ausgeht, ſehr bald kennen und erzielt aus ihnen in 
Kriegszeit manches ſchmackhafte Gericht. 

Pfr. Wilhelm Sch 


C. Eine Sertretung der deutſchen Forkwi 
im Kriegsernährungsamt. Auf Antrag des Kr 
ausſchuſſes des Deutſchen Forſtvereins if ig 
Stelle eines Referenten für Forſtwirtſchaft in]: 
kürzlich neu begründeten „Kriegsernährungsamt“ zu Sef 
vom 14. Juni d. 38. ab der Profeſſor Dr. Bote 
aus Tharandt berufen worden. 

Wir behalten uns vor, über die Vorgänge, weld: 
genannten Berufung geführt haben, demnächſt noch 
berichten. Die Einrichtung einer, die geſamte deutſche 
wirtſchaft vertretenden, Stelle im Kriegsernährungs an 
im Hinblick auf die mannigfachen und bebeutfamen In 
die auch dem Walde in der Organiſation der Volkserni und 
während des Krieges zufallen, mit beſonderer Gem 
begrüßt werden. Die Na. 


D. Der Deutſche Jorſtverein wird laut Vac | 
Forſtwirtſchaftsrates im Jahre 1916 keine Hauptpenaan 
abhalten. 

E. Hochſchul nachrichten. Am 17. Juni d. J ny 
100 Jahre feit der Eröffnung der Forſtakademie Thons 
als Staatsanſtalt verfloſſen. Durch Reſkript vom 12. N 
1816 wurde die bisherige Privatanftalt H. Gottas u 
landesherrliche, unter die gemeinſchaftliche Oberdireftion § 
Geheimen Finanzkollegiums und des Oberhofjägermeiden 
ſtellte Forſtakademie umgewandelt. Zugleich wurde G. bo 
zum Direktor und erſten forſtlichen Lehrer der Anſtalt emi 
Am 17. Juni 1816 fand die feierliche Eröffnung der Made 
ſtatt und am 19. Juni wurden die erſten Vorleſungen geha 

Wie im Jahre 1866 die fünfzigjährtge, fo flt jets 
100 jährige Wiederkehr des Erdffnungstages der 
die Zeit eines Krieges unſeres Vaterlandes. Faſt alle ichn 
und ſehr viele ehemalige Studi rende ſtehen im Felbe. Gire 
akademiſche Feier kann daher nicht in Frage kommen. 


(Thar. fort. Zateted 


. 


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Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer, (ag l 
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländer Ser N 


Verleger: J. D. Sauerländer in ffrankfurt a M. — G. Ottos Hdofbuchdruckerei in Darmſtadt. 


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Allgemeine 


| Fort: und Jagd⸗Jeitung 


Herausgegeben 


von 


Dr. Karl Wimmenauer, und dr. Heinrich Weber, 


Beh. Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft 
| an der Univerfitat Gießen. 


rok + — — 


Zweiundneunzigfter Jahrgang. | 


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; | 1916. September. 


Frankfurt am Main. 
J. D. Sauerländer's Verlag. 


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Im Verlag Art. Institut Orell Füssli in Zürich ist erschienen: 


Die Wolken 


in Form, Färbung und Lage als lokale Wetterprognose 


von E. Neuhaus, Oberförster in Moutier (Schweiz): 
48 S. Text, 30 Wolkenbilder, 12 Tafeln, 8 Beilagen. Kl. Folio in Mappe Mk. 12.—. 


Vorliegende Arbeit ist die Frucht langjähriger Beobachtungen. Ein kleiner Nebel, ein am bestimmten 
Orte sich bildendes Wölkchen hat uns im Sinne der lokalen Wetterprognose unter Umständen mehr zu Bages 
als der bestfunktionierende Wettertelegraph. Es kann daher die Anschaffung dieses Werkes den Schulen un 
speziell den landwirtschaftlichen Schulen bestens empfohlen werden, da es zu einer zielbewußten Beobachtang 
anregt und besonders die Jugend anspornt, die Kräfte und Erscheinungen des Weltalls zu studieren. 
Ausstattung ist eine ganz vorzügliche, besonders die photographischen Aufnahmen des Werkes sind von gan 
hervorragender Schönheit. (Schulwart, Leipzig.) 

Wie sehr die Wolken in der Stimmung in der Natur mitbeteiligt sind, empfindet jedermann; ihre engen 
Beziehungen zur Witterung sind bekannt. Aber wie viele Leute achten weder auf die Schönheit der 2 
bildung, noch auf deren Bedeutung für das Wetter! Aus langjähriger Beobachtung heraus stellt der Oberförster 
von Moutier, unterstützt von Gelehrten, die Wolken nach Form, Färbung und Lage, nach ihrem Ein ul fe 
die Windrichtung, ihren Feuchtigkeitsgehalt und ihren Zusammenhang mit der Witterung dar. Dann e R 
er von der Beobachtung und den Zeichnungen der Wolken und Temperaturerscheinungen, die für die Vor 55 
sage der Witterung bestimmend sind. Wer seine Ausführungen beachtet, wird den Wolkenbildungen 115 
schärfern Augen und mehr Freude folgen; aber auch für die Erkenntnis des kommenden Wetters men ait I 
baltspunkte finden, als die gewöhnlichen Wetterregeln bieten. Ein ästhetischer und praktischer Zweck ist dam" N 
erreicht. Der Verfasser legt als praktischer Mann das Hauptgewicht auf den letztern. 

(Schweizerische Lehrerzeitung.) 


Neuhaus bezeichnet seine Arbeit als einen Versuch, die lokale Wetterprognose um einen Schritt ie 
zu bringen. Sie ist mehr als das. Auf dem soliden Grunde einer vieljährigen, systematischen Beobac 


‘ken 
und einläßlichen Studiums bietet der Verfasser Abhandlungen, die allgemein lebhaftes Interesse erwecke 
müssen. (Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen. 


oe Me ee ee 


Zu beziehen durch alle Buchhandlungen. 


¢ 


Allgemeine 


fork- und Jagd g. 


September 1916. 


— — — — —— — — 2 —Dů- 


Bon Dr. Hemmann in Gießen 

tach Unterlagen der großh. heff. forſtl. Verſuchsanſtalt 

bearbeitet. 

Nach welchen ſtatiſchen Grundſaͤtzen wird im großen 
ganzen heutzutage eigentlich durchforſtet? 

Genau wie vor einem Menſchenalter: am aller⸗ 
venigſten gerade nach mathematiſch ſeſtgelegten Richt: 
Unien! 

Bemehr betreiben mit wenig Ausnahmen jüngere 
nie ältere Praktiker ihre Beſtandespflege rein nach 
valdbaulichem Gutdünken oder überlaſſen fie 
zuweilen auch dem Ermeſſen von Untergebenen, die 
ihrerseits nun wieder mit den Beſtänden verfahren, 
die ſie es für richtig halten. 

Alles in allem aber handelt hierbei im Grunde 
ker eben nach feinem Geſchmacke, über den ſich natür- 
id nur zu häufig ſtreiten läßt 

Sft es denn auch zu verwundern, daß in den ge: 
mten Durchforſtungsbetrieb bis heute noch kein rechter 
plan gekommen ift und keine Klarheit vor allem da: 
tiber herrſcht, ob man zur Erzielung des höchſten 
virtſchaftlichen Nutzens ſtark durchforſten oder ſich 
nitmäßigen und geringen Vorentnahmen be⸗ 
guügen folle? 

Durchaus nicht; denn es ſind im ganzen noch zu 
wenig Beweiſe für die höchſte Rentabilität einer ganz 
bfimmten Beſtandespflege erbracht, die nach den be: 
fandesbildenden Holzarten verſchieden fein kann. 

Bohl haben die methodiſch geleiteten Durchforſtungs⸗ 
derſuche des Verſuchsweſens bereits mancherlei bemerkens⸗ 
werte Aufſchlaſſe gebracht über die Wirkungen der ver: 
Ihieden tarten Eingriffe auf die Maſſenerzeugung; 
zur Statik der Durchforſtungen aber, aus der allein 
Shlüffe auf die Rentabilität der praktiſch durchführ⸗ 
‘aren Durchforſtungsarten gezogen werden konnten, 
And Beiträge nur felten geliefert worden. 

Warum aber find die bisher mitgeteilten Ergeb⸗ 
nije exatter Verſuche nicht auch für die Statik ver: 
wertet worden, und wie ift es mit jenen Durch⸗ 
ſorftungzverſuchen, die ja den Ertragsverſuchen parallel 
liefen, nue bt gegangen? 


Das laßt ſich ganz gut zurückverfolgen und wird 
auch von allgemeinem Intereſſe ſein. Was man 
ſich als endliches Ergebnis vor dreißig und mehr 
Jahren von den Verſuchen hauptſächlich verſprochen 
hatte, war doch eine in Zahlen ausdrückbare 
Verſchiedenheit des Wachstums der grund: 
ſätzlich von einander verſchieden behan⸗ 
delten, urſprünglich aber gleichmäßig 
geſchloſſen geweſenen Beſtände. 

Denn die Annahme, daß dermaßen verſchieden 
angegriffene Beſtände ſchon bald in ihren Wuchs⸗ 
leiſtungen weit auseinanderſtreben müßten und die 
größere oder geringere Rentabilität dieſes oder jenes 
Durchforſtungsgrades ſich hiernach ganz klar beweiſen 
laſſen würde, war mit eine der natürlichſten, die es 
geben konnte. Zweiſel an der Erreichbarkeit poſitiver 
Reſultate dürften bei der Einleitung der Durchforſtungs⸗ 
verſuche jedenfalls kaum aufgekommen ſein. Und jeder 
praktiſche Forſtmann, der vordem zu ſtärkeren Durch⸗ 
ſorſtungen, als ſie bis dahin allgemein gebräuchlich 
geweſen, von ſich aus ſchon übergegangen war, ſah 
auch mit der Erwartung einer faſt ſelbſtverſtändlichen 
Tatſache gerade ſolchen wiſſenſchaftlichen Veröffent⸗ 
lichungen entgegen, die im allgemeinen die offenbar 
zeitgemäßer gewordenen ſtärkeren Durchforſtungen 
rechtfertigen ſollten. 

Auf eine Rechtfertigung ganz zu verzichten ging 
eben nicht gut an; denn die ungemein geſtiegenen vor⸗ 
zeitigen Gelderträge konnten ſchließlich mehr als nur 
die Zinſen vom Beſtandeskapitale darſtellen, die bei 
einem geregelten Durchforſtungsbetriebe ohnedies nur 
in anteiligen, nicht aber in vollen Beträgen bezogen 
zu werden pflegen. Verſchwendung jedoch wollte nie⸗ 
mand treiben oder verantworten müſſen, nachdem die 
Lehre von der Statik die geſamte forſtliche Praxis 
über gewiſſe untere und obere Grenzen für die Ab: 
nutzung forſtlicher Kapitalien aufgeklärt und ſich Be⸗ 
achtung von allen Seiten erzwungen hatte. Fraglich 
konnte es eigentlich nur ſein, bis zu welcher Höhe 
man die vorzeitigen Eingriffe in das Beſtandeskapital 
ſteigern durfte, ohne dieſes — wie etwa mit Lichtungs⸗ 
und Verjüngungshieben — ſelbſt angreifen zu müſſen. 

28 


206 : | 


Das aber konnte nur durch mühſeliges Berechnen und 
langjähriges Vergleichen herausgebracht werden und 
mußte dem Verſuchsweſen überlaſſen bleiben; wo wäre 
inan auch hingekommen, wenn vor jeder Durchforſtung 
in den vielen ungleichartigen Beſtänden erſt ein langes 
Rechenexempel hätte angeſtellt werden müſſen! 

Was aber haben die mancherlei Veröffentlichungen 
des Verſuchsweſens nun ergeben, zu deren letzten und 
vollſtändigſten auch diejenige gehört, die vom erſten 
Verſuchsleiter der großh. heſſ. forſtlichen Verſuchsanſtalt 
aus deren aktenmäßigen Unterlagen den Vertretern 
aller deutſchen Verſuchsanſtalten bei ihrer Tagung 
im Herbſte 1913 zu Neuſtadt a. d. Hardt vorgelegt 
und im 1914er Märzhefte der A. F. u. J. Z. dann 
auch weiteren Kreiſen zugänglich gemacht wurden? 

Entgegen allen Erwartungen forſtlicher Praxis 
die jedenfalls ſehr eigenartige Tatſache, daß der Werts: 
zuwachs und geſamte Wertsertrag der daſelbſt ver⸗ 
glichenen ſchwach durchforſteten Kiefern- und Buchen⸗ 
beſtände ſich von dem der ſtärker durchforſteten nur 
herzlich wenig unterſchied — es hierfür alfo ganz gleich— 
giltig blieb, ob man ſchwach, mäßig oder ſtark in die 
Vorräte eingriffe und ob einer dunkle oder lichte 
Stangenhölzer draußen ſtehen habe. 

Ohne die unwiderleglichen Zahlen beſonders der 
im 1914er Märzheft veröffentlichten Ueberſichten eine 
kaum für möglich gehaltene ſtatiſche Wirkung, deren 
Erkenntnis allein niemanden recht befriedigen 
konnte und die der bisher meiſt willkürlichen Beſtandes⸗ 
pflege auch kaum den Boden zu entziehen vermochte! 
Jedenfalls erſcheint es nicht ausſichtsvoll, das von den 
Verſuchsanſtalten ſeit Jahrzehnten angeſammelte Ma⸗ 
terial ſernerhin in gleicher Weiſe und lediglich für 
Ertrags- und Zuwachsermittelungen im Geſamtbeſtande 
zu verarbeiten. 


Auf welche Art aber dann? 


Hierzu wies der Gießener Profeſſor der Forſt⸗ 
wiſſenſchaft Dr. Wimmenauer in ſeiner IV. Auflage 


Wert desſelben Beſtandes, wenn dieſer ſelbe Beltan 
undurchforſtet geblieben wäre. | 

Jedermann muß zugeben, daß gegenüber allen js 
gut wie unberührt ſortwachſenden, geſchloſſenen Be 
ſtänden die verſchieden ſtark durchforſteten auch zue 


bemerkenswerte Unterſchiede aufweiſen. 


Dieſe beſtehen — von dem auch ungeſchulten Augen 
gewiß deutlichen und grundverſchiedenen Aufbaue der 
durchforſteten und nicht durchforſteten Beſtande at: 
geſehen — einmal im Wertsertrage der nach jeder 
Durchforſtung verbleibenden Hauptbeſtandesmaſſen, ſo 
dann in der fortdauernden werbenden Tätigkeit ber 
verſilberten und zu Geldzins anlegbaren, aus dem Be 
ſtande ausgeſchiedenen Durchforſtungshölzer. 

Um die Berückſichtigung dieſer Unter 
ſchiede dreht ſich die geſamte durchfor⸗ 
ſtungsſtatiſche Verrechnung, die Wimne— 
nauer i. J. 1900 in die Literatur eingi 
führt und hernach vervollkommnet hat. 

Nur wenn man nach ihm verglich, welche Wert 
ein ſtärker durchforſteter Beſtand gegenüber einem 
ſchwächer oder nicht durchforſteten annahm und zu 
welchen Summen die Durchforſtungserträge in den 
Forſtkaſſen anwachſen konnten gegenüber den entipre 
chenden Kapitalien, die andernfalls im Walde mit den 
Zuwachsprozente des Holzwertes weiterarbeiteten, daun 
erft konnte man die wirkliche finanzielle Zweckmäßig⸗ 
keit gewiſſer Durchforſtungsgrade für gewiſſe Holzarten 
wirklich ermitteln und den ganzen Durchforſtungsbe⸗ 
trieb darauf einſtellen. 

Nun Heben fih die einzelnen Durchforſtungsgrade 
von einander hauptſaͤchlich durch diejenigen Stamm 
ſtärken ab, die fie noch mit in die Entnahme einbe 
zogen wiſſen wollen. Alſo ließ ſich auch Wertsertrag 
und Wertszunahme des verbliebenen Beſtandes und 
Durchforſtungsertrages beſſerer und ſicherer von Stamm: 
ſtärkeklaſſe zu Stammſtärkeklaſſe beſtimmen und ver 
gleichen, als bloß nach Geſamtertrag und durchſchnitt 
lichen Zuwachsprozenten. Denn Geſamtertrag und 


von Guſtav Devers Waldwertrechnung im Jahre 1892 | durchſchnittliche Zuwachsprozente konnten ſich nod) 
— zu einer Zeit alfo, da die Durchforſtungsfrage durch immer einander ähneln, wenn innerhalb der Beltinte 
wiſſenſchaftliche Veröffentlichungen noch bedeutend weniger | die ſtatiſch folgenſchweren Veränderungen ſich ſchon 


und nach keiner Seite hin geklärt war — einen neuen 
Weg, den er zur Begründung einer Statik des geſamten 
Durchforſtungsbetriebes dann im Septemberheſte der 
A. F. u. J. Z. von 1900, im Januarheſte von 1904 
und zuletzt im Märzhefte von 1914 weiter beſchritt. 


Sein Grundgedanke für die große Praxis war 
dabei, wenn ich ihn kurz wiederholen darf, der, daß 
die Durchforſtung eines Beſtandes ſtatiſch dann vor— 
teilhaft wirke, wenn nach Ablauf mehrerer Jahre der 
Wert des durchforſteten Beſtandes zuzüglich des pro— 
longierten Durchforſtungsertrags größer wäre, als der 


vollzogen hatten, die dauernd auf die Wertserzeugung 
drückten und in keiner jener rechneriſchen Geſamt⸗ oder 
Durchſchnittsgrößen zum Ausdrucke zu bringen waren. 
Bekauntlich verfallen den ſchwachen Durchſorſtungen 
in der Hauptſache nur die ſchwächſten Stämme, den 
mäßigen bereits Stämme mit mittlerem Durchmeſer, 
den ſtarken aber auch Stämme aus den jeweils vor 
kommenden ſtärkſten Stammklaſſen; Hoch: und Plenter: 
durchforſtung haben gleichfalls ihre Merkmale für fid : 
War es denn trotz eines ziemlich gleichen Gejom! | 
ertrags oder durchſchnittlichen Zumachfes vetſchieden de : 


207 


andelter Beſtände von jeher wohl einerlei, ob vor: 
negend ſchwache Stämme, oder ob auch ſchon mittel⸗ 
tarfe und ſchließlich gar beträchtliche Mengen ſtärk⸗ 
ut Stämme frühzeitig aus dem Beſtande mit ver: 
scandent und fortan mit einem einheitlichen Zinſe 
over zu arbeiten vermochten, den im Beſtande viel: 
wh nur eine Stammklaſſe und auch dieſe nur 
fällig aufwies? 


Doch kaum; denn jemehr eine Durchforſtung ein⸗ 
nuen hatte in die weit über den Durchſchnitt des 
Jamien Beſtandes und über den Geldzinsfuß hinaus 
‚nduzierenden Stärkeklaſſen, um fo ärmer war natur: 
mäß der verbleibende Beſtand an fold) beftrentieren: 
em Materiale oder Kapitale geworden und um fo 
deiter wurde ſtets und ſtändig der Abſtand zwiſchen 
der Wertsmehrung verkauften und auf der Kaffe an: 
lezbaren oder unverkauſten und im Beſtande fortwer⸗ 
enden Holzes. Es war aljo für die Geldwirtſchaft 
in Walde ohne allen Zweifel am wichtigſten, durch 
ale Verrechnung feſtzuſtellen, bis zu welchem Be: 
trage die an der Geſamtproduktion verſchieden betei⸗ 
ligten einzelnen Staͤrkeklaſſen zuſammenſchmelzen durf- 
kn. ohne daß die Wertserzeugung auf die Dauer er: 
mettete und hinter derjenigen der Parallelklaſſen un- 
durchſorſteter Beſtände zurückbliebe. 

Dies war, weiterumſchrieben, die Idee, die der be⸗ 
lunnten Verrechnungsweiſe des Herrn Geheimrats 
Bimmenauer ebenfalls zu Grunde lag. 


Wer nun bereit ift, die Folgerichtigkeit der Grund: 
gedanken bis hierher anzuerkennen, der wird auch zugeben, 
daß eine nachträgliche Zerfällung des Stammvorrates 
von Durchforſtungsverſuchsflächen in Stammſtärke⸗ 
tajen zu brauchbaren Ergebniſſen dann führen konnte 
wenn innerhalb dieſer Klaſſen die Wertsveränderungen 
don der erſten bis zur letzten Durchforſtung ſich genau 
tertolgen ließen und hieran nachgewieſen werden konnte, 


. welden Einfluß ihr allmähliches Zuſammenſchmelzen 


der ihr ungeſchmälertes, kräftiges Weiterwachſen auf 
die geſamte Kapitalsbildung nach und nach ausübe. 
g Die vom Begründer der Durchforſtungsſtatik im 
ſürflch Solms⸗Lichiſchen Walde um die Mitte der 80er 
Jahre angelegten Buchenverſuchsflächen erhielten eine 
Einteilung in fünf Stammklaſſen von annährend gleicher 
Brundflade, die fih nach der Stärke abjtuften. 

Die ſtatiſchen Berechnungen geſchahen nach der, 
von ihm ſelbſt abgeleiteten und begründeten Formel 
d=H(z— y) + D (p — x), in der A das Ergeb: 
Ns der Wertsvergleichung, 

H den Wert des verbleibenden Beſtandes, 

2 das Zuwachsprozent des durchforſteten Beſtandes, 

y und x die Zuwachsprozente des undurchforſteten 

Beſtandes, 


— . —ñ—j — 


— 


— 


D den Wert des Durchforſtungsertrages und 

p den Geldzinsfuß bedeutete. 

Bei den von allem Anfange an hierfür eingerich⸗ 
teten Licher Verſuchsflaͤchen war die Erhebung der rech⸗ 
neriſchen Formel⸗Größen eine einfache Sache. Kreis: 
fläche und Höhe des verbleibenden Beſtandes einer 
jeden Stammklaſſe wurden nach der Durchforſtung 
ſorgfältig aufgenommen, daraus die Beſtandesmaſſe 
berechnet und daraus wiederum der in Wertmetern 
ausgedrückte Vorratswert. 

Die Maſſe des Durchforſtungsholzes einer jeden 
Stammklaſſe ergab fih aus der Aufnahme, fein Wert: 
meter⸗Ertrag nach dem erfahrungsgemäß zuläſſigen 
Anſatze des Reiſiganfalls zum halben Wertmeterertrage 
des Derbholzes. Fielen beiſpielsweiſe in einer Durch- 
forſtung 100 fm Derbholz und 80 fm Reiſig an, ſo 


ergaben dieſe 100 +, = 140 Wertmeter im ganzen. 


In dem nur auf Dürrholz durchforſteten Vergleichs⸗ 
beſtande wurden zu gleicher Zeit, wie in den durch— 
forſteten Beſtänden, die Parallelſtammklaſſen ebenfalls 
gekluppt und gemeſſen, der Abgang feſtgeſtellt und 
ſo der jeweilige Wert auch in Wertmetern ermittelt. 

Die Zuwachsprozente des undurchforſteten und jedes 
durchforſteten Beſtandes wurden hiernach ſtammklaſſen⸗ 
weiſe berechnet und, wie alle veröffentlichten Artikel 
erkennen laſſen, auch ſtammklaſſenweiſe einander 
ſo gegenübergeſtellt, daß man ſofort überſah, welche 
Wirkung ein beſtimmter Durchforſtungsgrad auf die 
Stammklaſſenwerte und im ganzen gegenüber der Dürr: 
holzdurchforſtung hervorgebracht hatte. 

Der Geld zinsfuß, zu dem der Durchforſtungs— 
ertrag weiter werbend zu denken war, konnte zu 3% 
angenommen werden. Ihm gegenüber ſtand, ſtamm— 
klaſſenweiſe verſchieden, der Zinsfuß des Holzes oder 
das Zuwachsprozent des nur auf Dürrholz durch— 
gangenen Beſtandes. 

Aljo Hatte man alle Werte zum Vergleiche bei: 
einander, die ſich nach jeder neuen Aufnahme ohne 
weiteres zum Endreſultate formen ließen. 

Weſentlich anders lagen die Buchführungsverhaäͤlt— 
niſſe bei den Durchforſtungsverſuchsflächen der groß— 
herzogl. heſſiſchen- und wohl auch jeder andern deut— 
ſchen forſtl. Verſuchsanſtalt. Dieſe Verſuchsflächen 
ſind nicht ſtammklaſſenweiſe, ſondern entweder durch— 
laufend oder nur nach dem Haubarkeitsbeſtande mum: 
meriert und zumeiſt auch erſt vom Stangenholzalter 
an; eine Verrechnung der Erträge auf jene ſtatiſche 
Art hatte bei keiner noch ſtattgefunden. 

In den Aufnahmebüchern für jede Vergleichsfläche 
iſt aber bei durchlaufender Nummerierung von jedem 
Stamme doch wenigſtens die Bruſthöhenſtärke von der 


erſten bis zur letzten Aufnahme zu verfolgen. Alſo 
28 


208 


kann man auch von jedem Stamme nach der Num⸗ 
merierung den Grundflächenzuwachs von der erſten 
Aufnahme an bis zu ſeinem Aushiebe oder bis zur 
letzten Aufnahme, die ihn noch ſtehend vorgeſunden 
hatte, genau berechnen. 

Wenn man alſo die durchlaufend nummerierten 


Stämme entſprechend etwa den Stammſtärken, nach 


denen die Durchforſtungsgrade fih abſtufen, in den 
Aufnahmebüchern nachträglich in Stärkeklaſſen ein⸗ 
teilte und danach mit ihren Kreisflächen auszugs⸗ 
weiſe auf beſonderen Bögen ordnete, ſo konnte man 
klaſſenweiſe wenigſtens den Zuwachs an Stamm: 
grundfläche nach jeder Durchforſtung verfolgen 
und die verbliebenen oder ausgeſchiedenen Beträge an 
Stammgrundfläche aus den Büchern und durch Red- 
nung hinterher ebenſo ermitteln, wie ſie auf den Licher 
Flachen müheloſer durch direkte Kluppierung der 
klaſſenweiſe auch äußerlich gekennzeichneten Stämme 
im Walde ſelbſt zu erheben waren. 

Zu ſtatiſchen Wertsberechnungen gehört freilich nicht 
nur die Kenntnis der Stammgrundfläche allein, ſon⸗ 
dern auch diejenige der geſamten verkäuflichen oder 
verkauften Maſſe; hierzu wiederum die Kenntnis von 
Stammgrundfläche und Höhe und, wenn nicht Probe: 
holz geſällt und nach Sektionen kubiert und xylome⸗ 
triert wird, auch die der Formzahl. 

Da beſonders Höhen auf den Durchforſtungsflächen 


nur in längeren Zwiſchenräumen und mittels Probe⸗ 
ſtammfällungen wiederholt gemeſſen zu werden pflegen, 
fo fehlen fie zu manchen Zwiſchenaufnahmen der Flä 
gänzlich. 
Eine Interpolation fehlender Höhen für die nach 
träglich gebildeten Klaſſenſtämme erweiſt ſich er 
aber als unmöglich. Damit ſchwindet aud die Mög⸗ 
lichkeit genauer Maſſen⸗ und Wertsberechnung von, 
Klaſſe zu Klaſſe. 
Alſo mußte bei Verarbeitung des Zahlenmaterials 
der forſtlichen Verſuchsanſtalt zur Statik des A 
forſtungsbetriebes Abſtand davon genommen werden, 
in Wertmetern ausgedrückte Erträge mit einander zu 
vergleichen. i 


Zum Erſatze ſolcher abſoluten Werte ließ ſich je- 
doch, da bekanntlich die Stammgrundfläche der Haupt: — 
zuwachsfaktor iſt, dieſe auch als Hauptwertserzeugerin 
zum Vergleiche in die Rechnung nach der ſtatiſchen 
Formel einführen. 

So find denn im Auftrage des Geſchäftsleiters 
der Großh. Heſſ. Verſuchsanſtalt von den heſſiſchen 
Durchforſtungsflächen, die ihm nach Ausſcheiden des 
Geheimerats Heß aus dem Verſuchsweſen mit zur Ber: 
fügung ſtehen, im ganzen vorerſt ſechs auf die be- 
ſchriebene Art verglichen worden. 

Und zwar von Kiefern die Verſuchsflächen 


Nr. 17 mit 3 Feldern, gelegen im Diſtrikt Riedſtrauch der Oberförſterei Eudorf, 


„ 18 „ 2 
“ 20 L 3 
von Buchen die Verſuchsflächen 


n ad * n 


n * n” 


Naſſe Seifen der Oberſörſterei Grebenau, 
Remberberg derſelben Oberförſterei; 


Nr. 10 mit 4 Feldern, gelegen im Diſtr Kirchberg der Oberförſterei Laubach, 


„ 12 „ 3 „ 

„ 23 „ 5 

Von den Buchenverſuchsflaͤchen 10 und 23 mußte 

je ein Feld wegen Beſchränkung der Numeration auf 

den ſogenannten Haubarkeitsbeſtand unverglichen bleiben. 

Angelegt find die verglichenen Verſuchsflaͤchen vom 

nunmehr verſtorbenen Geheimerat Heß in den Jahren 

1887 1898, übernommen und weitergeführt von Geh. 
Forſtrat Wimmenauer im Jahre 1908. 

Wegen der Abſtuſung der Durchforſtungsgrade und 

- Stammklaſſe I, 


” " L 


" " I " 


I ” 
"n ” “ 
n" n 


n * 


Zu den exakten Rechnungsergebniſſen, die von den 
Licher Flächen veröffentlicht ſind, treten nunmehr die 
in den nachſtehenden Tabellen mitgeteilten Reſultate 
hinzu. Sie ſind auf genau die gleiche Rechnungs⸗ 
weiſe gefunden, wie diejenigen des Herrn Geheimrats 
Wimmenauer. Nur hat man ſich unter H und D 


Sauberg der Oberförſterei Schotten, 
Ramsberg des Laubacher Stadtwaldes der Oberförſterei gleichen Namens. 


des Anſteigens der Stärkeklaſſen im ausſcheidenden 
Beſtande mit zunehmender Stärke der Durchforſtungen 
ſind die Stämme aller ſtatiſch bearbeiteten Felder bei 
der erſten, auf die durchlaufende Nummerierung fol: 
genden Aufnahme in die nachſtehenden fünf Klaſſen 
untergebracht, die für jeden Stamm bis zu ſeinem 
Aushiebe unverrückbar blieben: 


umfaſſend die Stämme bis zu 12 cm Bruſthöhenſtärke, 


zwiſchen 12 u. 14 em „ 
„ 14, 16 „ * 
„ 16 „ 18 „ ` 
über 18 cm z 
eben nicht die Werte der verbliebenen inb ausgeſchie⸗ 
denen Beſtandesmaſſen zu denken, ſondern nur die 
Stammgrundflächen, die ſie vertreten ſollen, weil ſie 
eben jeder Maſſen⸗ und Wertsberechnung hauptjadlid 
zur Unterlage dienen. 
Dementſprechend find ferner die in den Tabellen 


— — — — — 


am Schluffe berechneten Zuwachsprozente auch keine 
eigentlichen Werts⸗, ſondern nur Fläͤchenzuwachspro⸗ 
gente. Und weil man es doch nicht mit dem endgil- 
ligen relativen Werte und Wertzuwachſe zu tun hatte, 
det natürlich höher ift, als der Betrag an bloßer 
Stammgrundfläche und an Flaͤchenzuwachs, fo ift 
ſcließlich der Geldzinsfuß anftatt zu 3% nur zu 
35% angenommen und in die Formel eingeſetzt 
worden; damit wurde das Verhältnis des Flåden- 
madje zum Wertzuwachſe bei den Gegenüberſtel⸗ 
lungen der im Holze fortwerbenden oder auf den Forſt⸗ 


in Kiefern⸗Vfl. 171 
170 (mäßig 
17111 (ſtark 
201 (ſchwach 
2011 (mäßig 
2010 (ſtark 
1811 (mäßig 
181m (ftarf 
121 (ſchwach 
1211 (mäßig 
121 (ſtark 
231 (ſchwach 
2311 (mäßig 
23111 (ſtark 
23V (plenter 
101 (ſchwach 
1011 (mäßig 
10111 (ſtark 
Dieſen ſcheinbar regellos hin⸗ und herſchwankenden 
Hrojentgiffern ſtehen folgende, nach der Wimmenauer'“ 
den Formel berechneten ſtatiſchen Ergebniſſe gegen: 


Buchen⸗Vfl. 


in Kiefern⸗Vfl. 171 
1711 (mäßig p 


17111 (ſtark ji 

~ „ 201 (ſchwach , 
201 (mäßig a 

2001 (ſtark 1 

z „ 1811 (mäßig à 
18111 (ſtark i 
Buchen⸗Vfl. 121 (ſchwach e 
1211 (mäßig 8 

12111 (ſtark = 

„ „ 231 (ſchwach ; 
2311 (mäßig ý 

2311 (ſtark " 

23V (plenter P 

„ „ 101 (ſchwach „ 


100 (mäßig n 


10111 (ſtark „ 


. 


kaſſen anlegbaren Kapitalien wenigſtens annähernd 
gewahrt. So alſo entſtanden und würden zu verſtehen 
ſein die tabellariſchen Ueberſichten, die dem Aufſatze 
anzufügen waren und die allen, von den Licher Flächen 
veröffentlichten auch in der Anordnung des Zahlen⸗ 
materials vollkommen gleichen. 

Da dieſes aber ſehr reichhaltig und weniger bequem 
zu leſen iſt, ſo ſeien daraus folgende Hauptzahlen 
auszugsweiſe beſonders mitgeteilt: 

Die Zuwachsprozente des Geſamtbeſtandes ſind nach 


70 


"a 


n 


(ſchwach durchforſtet) 


5 


3,7 
3,7 
8,9 
2,3 
2,7 
2,7 
2,8 
3,2 
1,8 
2,9 
3,7 
3,2 
4,2 
5,3 
4,7 
2,0 
2,6 
3,2 


w u Sum ee — — St — — — — — — — — — — 
. 


10 


3,1 
3,4 
3,6 
2,7 
2,8 
3,1 
3,0 
3,0 
22 
2,8 
3,3 
2,9 
3,9 
4,6 
4,1 
2.2 
2.7 
3.2 


15 Jahren 


2,7 
2,8 
3,0 
2,0 
2,7 
2,8 
2,6 


über, von denen die eingeklammerten lediglich die Er⸗ 
folge ſtarker Durchforſtungen verglichen mit mäßigen 
bedeuten: 


(ſchwach durchforſtet) 


— — — — —— . — — — — ANA Nee! — Yet — — 


Nach 5 


— 2,450 
— 3,815 
(— 2,673) 


+ 1,729 
— 1,548 
(+ 0,850) 


( + 3,508) 
+ 9,430 
+ 12,011 
+ 8,496 
+ 12,686 
+ 14,214 
+ 12,334 
+ 4,782 


10 
+ 1,353 
— 0,489 
(— 1,958) 


+ 0,661 
— 2,141 
(— 1,408) 


(— 2,633) 
+ 5,424 
+ 5,548 
+ 10,025 
+ 9,866 
+ 10,890 
+ 17,404 
+ 11,073 


15 Jahren 
+ 2,264 
— 0,674 
(— 1,488) 


+ 1,496 
— 3,002 
(— 2,215) 


(— 0,234) 
+ 6,383 

+ 5,749 

+ 10,015 
+ 10,827 
+ 11,412 
+ 12,074 
+ 14,529 


M 


Was folgt daraus? 

Zweifellos doch dies: 

Was an ſtatiſcher Wirkung durch rechneriſchen Ver⸗ 
gleich bloß des Zuwachsganges oder der erzeugten Ge⸗ 
ſamtwerte feſtzuſtellen nicht möglich iſt, das läßt ſich 
durch exakte Verrechnungsweiſe der Erträge und durch 
klaſſenweiſen Vergleich der Differenzen von Holz: und 
Geldertrag einwandfrei nachweiſen. 

In den 40—60 jährigen Kiefernbeſtänden III. Stand- 
ortsklaſſe, der die 6 Felder der Durchforſtungs-Ver⸗ 
ſuchsflächen 17 und 20 angehören, bleibt die ſtarke 
Durchforſtung in ihrer finanziellen Wirkung hinter der 
mäßigen und ſchwachen zurück. 

In der gleichartigen Verſuchsfläche 18 konnte die ſtarke 
nur mit der mäßigen Durchforſtung verglichen werden; 
während hier nach fünf Jahren die ſtarke Durchforſtung 
der mäßigen überlegen iſt, ſinkt ſie nach 10 Jahren 
unter dieſe herab und weiſt auch nach 15 Jahren noch 
keine Ueberlegenheit wieder auf. 

Vergleicht man nach den eingeklammerten Beträgen 
auch in Verſuchsflaͤche 17 und 20 die ſtarke lediglich 
mit der mäßigen Durchforſtung, ſo findet ſich der 
Vorgang beſtätigt, der bei 18 zu beobachten iſt. 

Hiernach kann von einer vorteilhaften 
ſtatiſchen Wirkung der ſtarken Durg: 
forſtungen gegenüber den mäßigen und 
ſchwachen in Kiefernbeſtänden jener Al- 
ters⸗ und Standortsklaſſe nicht die Rede 
ſein. 

In den 40— 80 jährigen Buchenbeſtänden III. und 
IV. Standortsklaſſe, der die 10 Felder der Durch⸗ 
forſtungs-Verſuchsflächen 10, 12 und 23 angehören, 
bewegt ſich — wenigſtens vorerſt noch — die Statik 
in weniger geſetzmäßigen Bahnen, als bei Kiefern. 

Während ähnlich, wie im Kiefernbeſtande, in der 
Buchenverſuchsflaͤche 12 und 23 die anfänglich über: 
legene ſtarke Durchforſtung unter die mäßige oder doch 
bis zu dieſer herabſinkt, tritt in Verſuchsfläche 10 das 
Gegenteil hiervon ein und die ſtarke Durchforſtung 


nimmt aus anfänglicher Unterlegenheit einen ſehr kräf⸗ 


tigen Auſſchwung, der ſie nach 15 Jahren über die 
mäßige hinaus trägt. 

Die Plenterdurchforſtung aber, die nach fünf Jahren 
über der mäßigen und ſtarken Durchforſtung ſtand, 
weiſt nach 15 Jahren kaum noch einen nennenswerten 
Vorſprung auf. 

Damit findet wiederum ein bereits von den Licher 
Flächen bekannter Vorgang ſeine Beſtätigung. 

Im ganzen aber läßt ſich von den Durch— 
forſtungen in Buchenbeſtänden dieſer Al: 
ters-und Standortsklaſſen noch, nicht fagen, 
welchem Grade ſtatiſch der Vorrang gebühre. 

Ueberhaupt würde in einem Schlußſatze noch da— 


einen wirklichen Einfluß auf die Wirtſchaft im Walde 


rauf einzugehen ſein, daß ſtatiſche Ergebniſſe dieſer Art 


erft dann ausüben können, wenn die Verſuchsreihenn 
bedeutend verlängert und die ſtatiſchen Unterſuchungeng 
bis zum Abtriebe mancher Beſtände fortzuſetzen wären.“ 
Denn je umfaſſender die Unterſuchung, um fo zwingen 
der natürlich ihr Gefamtergebnis! Was hier aus 
langjährigen Aufnahmen der großh. heſſ. forſtlichen! 
Verſuchsanſtalt veröffentlicht werden konnte, das us 

ſich vorerſt ja nur auf einen verhältnismäßig kurz⸗ 

friſtigen Entwicklungsabſchnitt von 15 Jahren beziehen — 

ift alfo aus dem langen Beſtandesleben gleichſam 
herausgeſchnitten worden. a 

Und wenn auch alle verglichenen Berfucsfehe | 
ſchon in ſehr frühem Beſtandesalter angelegt wurden, 
fo konnten fie ihrer erft nachträglich erfolgten Num © 
inerierung wegen nicht auch von früheſtem Alter ab 
ſchon ſtatiſch verglichen werden. | 

Selbſtverſtändlich war die Behandlung aller Flachen | 
ihren Beſtimmungen entſprechend nach- wie vorher eine — 
völlig konſequente und für jede Parallelfläche gleich⸗ 
artige. 

Das wird vielleicht ausdrücklich hervorgehoben wer⸗ 
den müſſen, weil andernfalls jemand auf den Gedanken 
kommen könnte, daß bereits durchhauene Beflände 
ſtatiſch nicht mehr ſo recht vergleichbar ſeien und daß — 
die ſtatiſche Unterſuchung unter allen Umſtänden auch 
mit der erſten e e Maßnahme einſetzen 
müſſe. i 

Ueberdies dürften nicht gerade im Verſuchsweſen 
tätige Forſtleute ganz allgemein auch weniger Intereſſe ~ 
an einem Zurückverfolgen der ſtatiſchen Wirkungen in 
die Beſtandesvergangenheit oder bis zum Beginne je: 
der geordneten Beſtandespflege überhaupt haben. Viel: 
mehr wird ihnen an einer ergaͤnzenden Fortführung 
der Verſuche bis in die höheren Beſtandesalter hinauf 
gelegen ſein, in denen die Beſtandesbehandlung viel 
einträglicher, zugleich aber auch verantwortungsvoller 
zu werden pflegt. 

Freilich find nun gerade die nachſtehenden ziffern: 
mäßigen Ergebniſſe aus einer Zeitſpanne größter 
Wuchskraft hergeleitet — aus Altersklaſſen alfo, in 
denen die Beſtandespflege für gewöhnlich erſt mit 
größerem Nachdrucke einſetzt! — immerhin könnte es 
bod) fein, daß nach Abflauen mancher heftiger Be 


er, eee 


ſtandesangriffe, wie fie ſtarke oder Plenterdurchforſtun⸗ 


gen bedeuten, auch manche der hier nachgewieſenen. 
periodiſch unvorteilhaften Wirkungen ſich ſtatiſch wieder 
ausglichen Auch kann niemanden ohne weiteres zu: 
gemutet werden, um geringfügiger ſtatiſcher Differenzen 
willen von einer Beſtandespflege abzugehen, in die das 
geſamte Hilfsperſonal im Laufe vieler Jahre einge⸗ 
(Fortſetzung Seite 217.) 


211 


Bl. 17 (Kiefer). Tabelle 1. 
Gegenſtand 3 Grun a lade g =H =D 
= . 
1 der Mte] [ Stamm ⸗Stärkeklaſſe 5 x x A 
Ae Sjlı)Julm|w|v (2—y) | (p=x) 
Statiſches Ergebnis nach 5 Jahren: 
1895 | Borġ. Beſtd.] 41 m | 5,64 ; 1,79 | 1,81 | 0,86 | 0,31 | 9,91 Schwach 
| 1900 Ausgeſch 46 „ 187 003 i 90 
Seu, 8 109 2,16 | 1,62 | 1,00 | 0,36 | 10,0! 
ura R 1,1 0,40 | 0,31 
ee % | 36 | 40 4,2 | 
Worb. Gd. z | am | 4,77 | 214 118 0.48 | 0,23 880 | - 0,85 |-2065 24 mäsig 
usgeſch., 46 i 1,71 | 0,10 O, — — 1,8 
Zeugs 105 2,89 | 1,43 | 0,57 | 0,20 6,77 
uwachs i 1, 0,3 0 | ‚06 | 1, 
rs % | 39 | 80 | 40 | 84 4,6 | 37 
1895 [Vorh. Beſtd. 41 | qm | 2,46 | 2,16 | 1,90 | 0,69 | 0,80 | 7,51 | — 0,389 | — 3,428 | -- 3,815 Stark 
190 Ausgeſch. , 46 „ | 2,00 | 067 | 013 | — — | 280 |c+ 0,657) | (— 8,330) |(— 2,678) 
5 j 5 A 155 au 501 915 0,37 | 6,32 
uwachs 3 0, 0, 0,04 ! 0,15 | 0,07 | 1,61 
% 151 | 50 | 04 | 39 | 42 | 39 
Statiſches Ergebnis nach 10 Jahren: 
on blag a qm 167 9105 1,31 0,56 0,81 ao Schwach 
usgeſch. „ 46 M 1,87 0 — — — 1,90 
E x 61 „ 1,43 006 | — — — | 1,40 
Verbl. „| „ „ 4,00 2,54 | 1,97 | 1,23 0,45 [10,19 
pinami „ | 1,66 | 0,84 | 0,66 | 0,37 | 0,14 | 8,67 
uwachsprz. % 2,6 3,8 4,0 | 35 | 3,7 [3,1 
Vorh. Beſtd. 41 | qm | 4,77 | 2,14 | 1,18 | 0,48 | 0,23 | 8,80 | + 1,905 | — 0,552 | + 1,353 Mäßig 
wo | a de | tas | ga | aa | = | | as 
m 7 51 " 1; ' ’ == in 1,5 
5 a E a 3,62 2.0 1172 0,68 0,36 9,07 
uwachs i 1, ; 0,59 0,20 | 0,1 8,50 
ley % | 3,2 3,3 4,0 | 3,4 4,4 3,4 
Vorh. Beitd.| 41 | qm | 246 | 2,16 | 1,90 | 0,69 0,80 | 7,51 | + 1,379 | - 1,868 | — 0,49 Stark 
Ausgeſch. „ 46 0,13 2'80 | (+ 0,842) ( 2.800) (— 1,958) 
" " 1,40 
Verbl. p 
1 
uwachsprz 


Vorh. Beſtd. 
Wusgefd). „ 


Schwach 


Vorh. Beſtd. 41 
Wusgefd. ,, 46 * 1,71 0,10 | 0,02 — — 1,83 
„ 51 5 1,26 | 0,21 | 003 | — — | 1,50 
„ 56 „ 0,43 0,09 | 003} — | - | 0,55 


Verbl. N 


1 | 
uwachsprz. 


qm | 4,77 | 214 | 1,18 | 0,48 | 0,23 | 880 | + 1,478 | + 0,786 | + 2,264 Mäßig 
| 
| 


iur | 1895 Vorh. Beſtd. 41 qm | 246 | 2,16 | 1,90 | 0,69 | 0,30 | 7,51 | 0,110 | — 0,564 | — 0,674 Stark 
1900 Ausgeſch „ | 46 „ 1200 0,67 0,13 — — | 2,80 |(— 0,341) (— 1,147) (— 1,488) 
1906 „ „ 51 „ 1051 | 0,64 | 0,14 | O11 | — | 1,40 
1910 „ „ | 56 „1019 0,36 | 044 | 0,08 | — | 1,07 
„ (Beb „„ „ | 102 | 1:90 | 204 | 1,03 | 0,52 | 6,60 
1 1 M 1,26 1,50 | 0,85 0,53 | 0,22 | 4,36 
uwachsprz. 9% 2,7 3,4 2,4 3,7 3,6 3,0 


Vem. Die eingeklammerten Zahlen bedeuten das ſtatiſche Ergebnis der ſtarken gegenüber der mäßigen Durdjforftung. 


Vfl. 
Nr. 


20111 


2011 


20111 


2011 


2011 


Zeit 


Gegenſtand 
der 
Aufnahme 


> i ae 
usgeſch. „ 
Berki. „ 
5 
uwachsprz. 


a ſch. 
usgeſch. „ 
Verbl. „ 
uwachs 
uwachsprz. 


Vorh. Belt. 
Ausgeſch. „ 
Verbl Š 


5 


uwachsprz. 


* Grundfläche 8 
= der — 
E 

Alter S | Stamm-Gtartetlaffe 5 
S|ı ju/m|j|ıv|v 

Statiſches Ergebnis nach 5 Jahren: 

42 | qm | 3,46 | 1,60 | 1,80 | 0,87 | 0,88 | 8,11 

47 „ 0,77 — ia e — 10,77 

` i 2,86 | 1,86 | 1,54 | 1,04 | 1,04 | 8,84 
„ 13,17 | 0,26 | 0,24 | 0,17 | 0,16 | 1,00 
A 3 36 3 

42 qm 

47 


212 


VA. 20 (Kiefer). 


+ 0,085 
(+ 0,212) 


Statiſches Ergebnis nad 10 Jahren 
Vorh. Beſt.] 42 qm | 3,46 1,60 1,30 | 0,87 | 0,88 | 8,11 
Ausgeſch. „ 47 | , | O77; — | — | — — 077 
„„ 52 a 1,05 | 005; — — — | 1,10 
Verbl. 5 i . 2,24 , 2,17 | 1,84 | 1,28 1,28 | 8,81 
Buwacha „ | 0.60 | 0,62 | 054 | 041 | 040 | 2,57 
uwachsprz. % | 1,6 | 3,2 | 3,4 | 88 | 37 | 2,7 
Verbl. Beſt. 42 | qm | 2,57 | 1,68 | 1,39 | 0,74 | 1,28 | 7,66 | —0,834 
Ausgeſch „ 47 „ | 089 | 010 | 002; — — | 1,01 
„ „ | 6 | , | 082] O14 | 004 | 003 | — | 1,08 
Verbl. „„ „ 1.80 | 2,03 | 1,95 | 1,04 | 3,84 | 8,16 
1 i 0,44 | 0,59 | 0,62 | 0,83 | 0,56 | 2,54 
uwachsprz. % 1,6 8,0 | 3,6 3,6 8,6 2,8 
Borh. Beſt. 42 | qm | 0,92 | 1,53 | 1,20 | 0,93 | 2,11 | 6,69 | — 1,222 
Ausgefd. „ 47 i 0,60 | 0,64 | 0,23 | 0,08 | 0,25 | 1,80 |(—0,750)} ( 
„ „ 52 | „ | 0,24 | 0,53 0,30 | 0,18 | 0,16 | 1,88 
Verbl. „ 1 W 0,24 | 0,80 | 1,16 | 1,14 | 2,62 | 5,96 
Runami „ | 0,16 | 0,46 | 0,49 | 0,42 | 0,92 | 2,45 
uwachsprz. % | 1,6 26 3,4 3,7 3,6 81 
Statiſches Ergebnis nach 15 Jahren: 
Vorh. Beft.| 42 qm | 3,46 | 1,60 | 1,80 
Wusgefd). ,, 47 5 077 | — — 
” ” 52 L 1,05 0,05 a 
j hi 57 ve 0,80 | 0,12 | 0,02 
Verbl. 17 a BR 1,61 | 2,40 | 2,17 
Zuwachs . 0,77 | 0,97 | 0,89 
Zuwachsprz. % 1,8 | 3,1 8,4 
Vorh. Beſt. 42 qm | 2,57 | 1,68 | 1,39 
Ausgeſch. „ | 47 „ 10,89 | 0,10 | 0,02 S 
5 » | 52 = 0,82 | 0,14 | 0,04 
„o „| 7 | „ | 0,384 | 0,18 | 0,07 
Berbl. „„ „ 1117 | 2,24 | 2,21 
1 ri 0,65 | 0,93 | 0,9 
uwachsprz. % 1,5 | 3,0 | 3,4 um 
Borh. Belt.| 42 | am | 092 | 1,53 | 1,20 | 098 | 211 | 669 — 2310 | — 0,602 | 305,77 
Ausgeſch., | 47 „ | 0,60 | 0,84 | 0,23 | 0,03 | 0,25 | 1,80 [( 1,615) |(— 0,600) (-“ 
5 bi 52 15 0,24 | 0,55 | 0,30 | 0,13 0, 16] 1,38 
f ‘i 57 i 0,06 | 0,04 | 0,22 — „11 | 0,43 
Verbl. „ a y 0,22 | 0,93 | 1,17 | 1,35 | 2,94 | 6,61 
er $ 0,20 | 0,63 | 0,72 | 0,63 | 1,35 | 8,53 
uwachsprz. % |13 |28 3,1 |34 3,2 | 28 


dchforſtung 


- | 


Be 
—— 213 
rs * 
pe: — ar Vfl. 18 (Kiefer). Tabelle 3. 
s BER 3 S F H ED 
1 = 
| Seit 3 der Alter È | Stamm-Gtartetlaffe A 
ufnahme 
I 8 = I | W | IW 
Statiſches Ergebnis nach 5 Jahren: 
896 Vorh. Belt] 44 | qm | 4,11 3,35 2,70 | 1,95 | 0,97 | 13,08 Mäßig 
201 Berge » | 49 „ | 1,95 | 0,49 | 0,21 2,77 
E „ | 259| 3,37 | 2,97 
1 w 0,43 | 0,51 | 0,48 | 
uwachsprz. % 2,0 2,8 3,4 
Borh. Beſt 44 | am 2.65 3,00 3,19 12,14 | C+ 3,398) | (+ 0,110) | (+ 3,508) Start 
a es » | 49 „ | 2,02 | 1,07 | 0,35 
. 5 1,00 | 2,47 | 8,47 
uwa „ | 0,87 | 0,54 | 0,63 
urachsprz. % | 26 | 33 | 3,6 
3 Statiſches Ergebnis 
1890 |Borh. Beſt.] 44 | qm | 4,11 | 8,35 | 2,70 | 1,95 | 0,97 | 13,08 Mäßig 
01 Ausgeſch. , 49 „ | 1,95! 049| 021| 0,12 — | 37 
„ 54 „ | 1,00 | 0,65 | 0,22 | 0,14 | O11] 2,12 
„ [Verbl. „„, k 1,99 | 3,38 | 3,45 | 2,57 | 1,85 | 12,74 
uwachs „ 0,83 1,17 1,18 088 | 0,49 | 4,55 
uwachsprz. % 118 | 80 3,6 3,7 | 40 | 80 
Vorh. Beſt.] 44 | qm | 2,65 | 8,00 | 3,19 | 1,99 | 1,81 | 12,14 |(— 2,048) | (— 0,585) | (— 2,633) Stark 
Ausgeſch „ | 49 „ | 2,02 | 1,07 | 0,85 | 0,18 | 0,07 | 3,69 | 
» 54 „ | 0,24 0,57 0,65 | 0,26 | 0,04 | 1,76 
Verbl. „ „ | 0,93 | 2,39 | 3,44 | 2,39 | 1,79 | 10,94 
Ben „ 0,54 1,03 1,25 0,84 | 0,59 | 4,25 
uwachsprz. % 18 | 29 | 33 | 35 | 37 | 80 
Statiſches Ergebnis nach 15 Jahren: 
} 1896 Vorh. Beſt.] 44 | qm | 411 | 3,35 | 2,70 | 1,95 | 0,97 | 18,08 Mäßg 
1 a Ausgeſch. „ 49 „ 10,0 021 0 — | 37 
18 „ 1,00 0,65 0,22 0,14 0,11] 2,12 
on a » | 59 N 0,42 0,29 | 0,06 0,04 — 0,81 
„ (Be „„ „ 1.92 353 | 391 291 | 1,52 13,79 
Ben „ 1,18 1,61 1,70 1,26 0,66 | 6,41 
f uwachsprz. 0% ht 1.26 182 | as | »4 2,6 
1896 Vorh. Beſt. 44 | am | 365 | 3,00 | 8,19 | 1,99 | 1,31 | 12,14 ( 0,733) (T 0,54%) ( 0,234) Start 
1901 | Ausgeſch. „ | 49 „ | 202| 1,07 | 0,85 | 0,18 | 0,07 | 3,69 
1906 54 „ 0,24 0,57 0,65 0,26 0,04 | 1,76 
1911 1 50 „ | 0,49 | 0,59 | 0,59 | 0,25 | 0,05 | 1,97 
„ Verbl. „„ | oot 2.21 3,52 2.58 205 | 10,97 
gemo 8 g | 071| 1,44 | 1,92 | 1,28 | 0,90 | 6,25 
uwachsprz. 1,6 2,6 3,1 | 32 | 84 | 27 
Vfl. 12 (Buche). Tabelle 4. 
Statiſches Ergebnis nach 5 Jahren: 
oo. a 64 qm | 7,36 | 2,59 | 1,80 | 1,18 | 1,19 14,12 Schwach 
yusgeld, 69 Sh ae = = a 080 
$ „ | 7,28 2,92 | 2,08 | 1,82 | 1,89 | 14,99 
| a De > 0,42 | 0,33 | 0,28 | 0,14 | 020 | 9,37 
* uwachsprz. 9% 1,1 2,4 29 | 22 | 31 1,8 
Borh. Beſt. 64 | am | 3,56 2,53 1,95 | 1,47 | 1,47 | 10,98] + 7,755 | + 1,675 | + 9,430 Mäßig 
Ausgeſch. „ 60 ss 1,18 0,15 | 002 a — 1,35 
Verb Bir -s „ | 2,21 | 278 | 337 | 1,72 | 1,76 | 11,83 
wachs „ | 083| 0,0 0,44 0,25 0,28 1,70 
} uwachsprz 0% 1,8 2,8 #1 IS 8,5 2,9 
ur 1807 Vorh. Beſt. 64 am +23.| 1:80: | 1,72 | 1,70 | 2,14 | 8,59 | 11,93] + 0,818 | + 12011 Stark 
1902 | Musgefd.,, | 69 „ 6,66 0,50 0,42 | 0,84 | 0,15 | 2,07 
nl „, „ {081| 1,867 1,76 1,68 | 339 [8,81 
2 0,24 0,37 0,46 0,82 | 040 | 1,7 
Zuwachsprz. 9% 3,6 | 3,7 a7 S y! 3,4 3,7 


den Die ingettammerten Zahlen bedeuten das ſtatiſche Ergebnis der ſtarken gegenüber der mäßigen Durchforſtung. 


As 


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29 


Bi Gegenſtand 2 Grun z eige 8 
. . = er 
Nr. Zeit ar = Alter 3 Stamm-Gtärfeflaffe E x 
gie Slılnmjmiw| y (2—y) 
Statiſches Ergebnis nach 10 Jahren: 
121 | 1897 J Vorh. Beft.| 64 | qm | 7,86 | 2,59 | 1,80 | 1,18 | 1,19 | 14,12 
1 1902 | UWusgefd). ,, 69 * 0,50 — — — 0,55 
1907 FEN n 
x. Verbl. i = m 6,90 
uwachs 9 1,17 
uwachsprz. % 1,5 


1211 Vorh. Belt. 


Ausgefd. „ 

Verbl. 3 

Na 
uwachsprz. 


121¹¹ Vorh. Beſt.] 64 am 
Ausgeſch. „ | 69 7 


Verbl. 
mos 8 * 
uwachsprz. 07 


B Ergebnis nach 15 Jahren: 


121 | 1897 Vorh. Beit.| 64 | qm 


1902 | Wusgefd. ,, 69 a 0,50 0,50 
1907 8 7 74 į 1,13 | 0,01 | 0,05 — 1,19 
1912 > j. 79 hi 2,38 | 0,11 | 0,04 0,04 | 2,57 
r * * 4,81 | 3,68 | 2,55 | 1,67 | 1,73 | 14,39 
uwachs x 1,46 | 1,16 | 0,84 | 0,49 | 0,58 | 4,53 
uwachsprz. 0% 1,2 2,4 2,5 2,3 2,6 1,8 


1211 | 1897 | Vorh. Beſt.] 64 qm 1,47 | 1,47 | 10,98] + 3,828 


3,56 
1902 | Ausgeſch., „ 69 | , | 118! 015|002! — | — | 1,85 
1907 eee et ee ENS | Peta 
1912 „ „79 |, | 0,53 | 0,29 0,20 0,08 | 0,06] 1,11 
„„ „| 1,95 3,07 | 2,86 2,23 | 2,24 | 12,35 

0,97 1 

j 


4 2,59 | 1,80 1,18 | 1,19 | 14,12 


nee " 
uwachsprz. 9% 


1211 | 1897 | Bor). Beſt.] 64 qm 
1902 | Ausgefd). ,, 69 * 
1907 ee 


2,14 | 8,59 | +4,342 


0 
041| 0 

19122 „ „70 [, 023 0,19 027 | 011| 0,16} 096 

„ [Verbl. „ „ 5% 061 142 1,76 1,93 2,48 820 

Zuwachs x 0,61 | 0,88 1, 0,96 ; 1,13 | 4,72 

Zuwachsprz. % 26 | 25 | 3 28 | 27 | 29 


Vfl. 23 (Buche). 


Statiſches Ergebnis nach 5 Jahren: 
281 | 1898 J Vorh. Beſt.] 42 | qm 11,2 1,00 | 0,41 | 012] — | 12,75 
1903 Ausgeſch. „, 47 n 096; — | — — — 0,96 
. „1199 1,30 0,54 0,16 — | 13,99 
Duras „ 1.73 0,80 0,13 0,04 — | 220 
uwachsprz % 29 | 58 55 87 — 3,2 


2311 | 1898 | Bord. Beſt.] 42 qm | 9,44 0,80 | 0,11 | 0,02 | — | 10,17} + 9,560 
1903 | Wusgefd. ,, 47 * 2,66 — = — — 66 
N erbl. PP ia 7 891 | 0,80 | 0,14 0,03 — 9,88 
Zuwachs n 2,13 | 0,20 | 0,03 | 0,01 | — 2,37 
Zuwachsprz. o 1.87 |-48 | 80-| E | 
231 | 1893 [Vorh. Belt. | 42 qm | 6,12 1,00 | 002 | 0,14 | 0,04 | 7,84 | + 14,308 Jtt 
1903 | WUusqefd.,, | 47 „ 2,72 0,14 0,02 0,08 — [287 h 
x erbl. „ . 2 5,16 | 1,23 | 0,72 | BA 0,05 | 7,31 | — 
Zuwachs „ | 1,76 03 | 0,20 | 0,04 | 0,01 | 2,88 | ta 
Zuwachsprz 0% 5,0 | 62 | 62 | 50 | 4,4 3 a —— 
23V | 1898 | Bor. 4 42 qm 8,37 0,53 | = 0,05 | — | 9,00] + 14,274 | 
1903 | Wusqefd.,, | 47 a 0,15 — — — — 0,15 mC 
r „ 10,37 0,75 | 0,19 | 0,06 |. — | 11,87 N 
Zuwachs > 2,15| 0,22 0,05 | 0,01 — 2,48 a 
Zuwachsprz. % 45 | 69 — 3,6 — 4,7 Bi 


Digitized by Go le — - 
5 


— 
Pa 


Gegenftand 
Der 
Aufnahme 


Zeit 


1903 Ausgeſch. ,, 


* 


77 


Verbl. m 
Bund: 


1903 | Yusgefd). ,, 
H 1908 „ 
Verbl. 4 
Banas 

uwachsprz 


4 1903 Ausgeſch., 

[ios | 781, 
Verbl. 2 

E EEH 


il 


5 Ausgefd. ,, 


Berbl. a 
ae 


n 


. 1903 Ausgeſch., 
1008 g 


Jumada 


| 1898 | Borh. Beſt. 


1908 | Ausgeich. ,, 
{1909 | sel 
1918 


n 


ee ve 


Verbl. „ 
1 1 


Kan: Ausgeſch., 
N 


I vo 


1903 | Aus $ 
1908 geſch. 


m 71 79 
Verbl. 


Maßeinheit 


Q 
-æ 
R 

> 


i 1898 Vorh. Beſt. 
u wachsprz. 

1888 Vorh. Beſt. 
A} 1898 Vorh. Vejt. 


uwachsprz. 


1898 Borh. Belt. 


uwachsprz. 
1898 Vorh. Belt. 


uwachsprz. 


uwachsprz. 


Vorh. Belt. 


uma 
Jawa, Sprz. 


1808 Vorh. Beſt. 


1 1 
uwachsprz. 


215 


— . ——ů— Æ—— am 


Grundfläche 
der 


Stamm⸗Stärkeklaſſe 
1 | um II Iv v 


0,12 
1 0,20 
0,63 0.25 | 0.08 
48 | 47 | 50 


1,09 | 0,41 | 
a 

63 | 0, 

0,60 | 0,11 0,02 
1,02 | 0,18 | 0,04 
042 | 0.07 | 002 
52 | 48 | 67 
1,00 | 0,54 | 0,14 
0,14 002 | 0.08 
008 0,02 — 
154 | 0'90 | 0,20 
076 0.40 | 0,09 
5,5 5,4 | 49 
0,53 | 0,14 | 005 
029 | 005 — 
0,67 | 0,19 | 0,07 
043 0,10 0.02 
58 | 53 | 3,3 


© 


= 


988 8 


Summe 
x 
md 


@-y) | (p=) 


iſches Ergebnis nach 10 Jahren: 


12,75 Schwach 
0,96 
2,00 
14,20 
4,41 
29 


10,17] + 10,669] — 0,644 | + 10,025 Mäßig 


7,84 | +11,104| — 1,238 |+9,866 Stark 


9,09 +11,495 | — 0,605 |+ 10,890 Pienter 


Statiſches Ergebnis nach 15 Jahren 

1,00 | 0,41 | 0,12 — | 12,75 Schwach 

; „„ 2 il 20,96 

00. 2 — | 2,00 

— | — | — | 320 
1,95 | 0831| 0,23 — | 12,44 
0,95 | 0,40. oti | — | 5,85 
4,3 | 44 | 4,2 — | 25 
0,60 | 0,11 | 002 — | 10,17] 78,740 + 1,275 | + 10,015 Mäßig 
BE See ee ee. PP 2G 
„ 

i 0,02 — — = 2,55 
1,24 | 0,22! 0,04 | — 10.34 
066 | 0,11 | 0,02 | — | 6,50 
47 4,4 4,4 — | 32 
2 1,00 0,54 | 0,14 | 7,84 | + 102541 +0,573 | + 10,827 Stark 

014 | 0.02 | 0,03 2.91 
0,08 0,02 — 1,49 
0,26 — 0004 1,50 
1,67 | 1,12 | 0,20 8,54 
1,15 | 0,62 0,13 0,6) 
4,9 | 49 | 42 3,9 
0,53 014 | 0,05 9,09| + 10,957 | + 0,455 |+-11,412 Plenter 
5 5 
0,29 
0,80 
0,56 
4,6 1 


Bil. 10 (Buche). Tabelle 4f 
Vfl Gegenſtand 5 Grun 5 fade 2 TH TD 
é 8 5 er 
Nr. Zeit Şi ber Alter 5 Stamm⸗Stärkeklaſſe 3 x x a 
ufnahme — — En 
ee S&S it |aur|mijiv | v (2—y) | (px) 
Statiſches Ergebnis nach 5 Jahren: 
101 | 1897 | Borh. Beftd.| 64 | qin | 18,37| 6,48 | 5,83 | 4,02 | 4,42 | 34,07 
1902 „uaneld) bi 69 2,26 0,02 0,01 — — 2,29 
„ [Verbl. „„ „ 11,36 727 | 6,76 | 4,76 | 5,16 | 35,31 
er y 0,25 0,86 | 0,94 | 0,74 | 0,74 | 3,58 
Zuwachsprz. % 0,4 2,5 | 8,0 
| 
1011 | 1897 [Vorh. Beſtd. 64 | qm + 5,574 | + 6,760 | + 12,334 
1902 en a P 69 5 
n Verbl. n re "n 
ade a 
uwachsprz. % 
10m | 1897 [Vorh. Beſtd. 64 qm | 2,22 | 4,60 | 6,14 | + 9,884 | — 4,602 | + 4,78 
1902 Ausgeſch.,, | 69 N 1,56 | 2,82 | 2,28 j 
„ [Verbl. „„ „ | 1,03 3,17 5,11 | 
er „ | 0,37 | 089 | 1,25 
uwachsprz. % | 31 3,5 7 | 
Statiſches Ergebnis nach 10 Jahren: 
101 | 1897 Vorh. Beſtd.] 64 | qm | 13,37! 6,43 | 5,83 | 4,02 | 4,42 34,07 
1902 | Uuggefd). ,, 69 i 2,26 | 0,02 | 0,01 | — — 2,29 
1907 n „„ 1,54 0,13 0,09 0,02; — | 1,78 
„ [Verbl. „ „. „ 10,98 822 | 7,80 5,53 | 5,94 | 88,47 
uwachs 141| 1,94 2,07 1,53 1,52] 8,47 
uwachsprz. % 1,0 ‚6 | 3,0 8,2 2,9 2,2 : 
i | * 
10n Vorh. Beftd.| 64 | qm | 5,55 | 5,78 | 6,80 | 8,99 | 5,04 | 27,11] + 11,838] + 5,566 | +1748 | 
Ausgeſch., 69 3,36 1,08 | 0,52 0,04 — ‚00 | 
„ 4 „ 1,55 1,18 0,39 0,24 — | 8,86 
Verbl. „ „ „ 1,68 541 8,00 | 5,22 | 6,84 | 27,15 
rer 2 2,11 | 1,51 | 1,89 | 8,40 
uwachsprz. 3 2,7 3,2 | 3,0 2,7 


10111 


10¹ 


2.33 
| | | 
| 1 
101 | 1897 |Borh. Beſtd.] 64 qm | 5,55 | 5,73 | 6,80 | 3,99 27,11 | + 3,067 
1902 Ausgeſch., 69 1 3,36 | 1,08 | 0,52 | 0,04 = 5,00 ; 
1907 3 7 74 = 1,55 | 1,18 | 0,30 | 0,24 = 3,36 
1912 m ij 79 i 0,81 | 0,33 | 0,19 | 0,08 u 0,91 
11 Verbl. en ý 5 1,52 | 5,31 | 8,60 | 5,73 | 7,57 | 28,73 
uwachs 8 1,19 2,17 | 2,90 | 2,10 | 2,53 | 10,89 
uwachsprz. a 2,1 2,3 2,8 2,7 2,2 
1011 | 1897 IBorh. Beftd. | 64 qm 2,22 4,60 | 6,14 | 4,59 | 5,13 I 22,68 + 10,055 + 4,474 + 14,529 
1902 | Wusgefd). ,, 69 x 1,56 | 2,82 | 2,28 | 0,78 | 1,06 ‚00 
1907 i A 74 M 0,64 | 1,18 | 1,50 | 0,76 | 0,55 4,63 
1912 ji n 79 i 0,19 | 0,49 | 0,69 | 0,40 O, 24 2,01 
Verbl. a, Me 5 0,73 | 2,91 | 5,08 4,97 | 6,16 | 19,85 
uwachs „ 090 2.30 3,41 | 232 | 288 | 11,81 
uwachsprz. % 2,2 | 2,7 29 | 2,7 2,9 9,7 


Vorh. Beſtd. 64 
Ausgeſch., 69 

n n 74 
Verbl. „ P 


1 1 8 
uwachsprz. 


S 


Vorh. Beſtd. 
Uusgefd. ,, 


" IL 74 
7 n 79 
Verbl. „ Re 
ner 
uwachsprz. 


217 


[wurde. An entſcheidenden ſtatiſchen Momen⸗ 
Nt es aber zur Zeit noch. 

x praltiſcher Nutzen jedoch wird von niemanden 
zu beſtreiten fein. 

rum ift die Fortſetzung der ſtatiſchen Unter: 
br nicht bloß wiſſenſchaftlich win: 


b allerdings der etwas ausgetretene Weg der 
1 Zuwachsvergleiche ohne Rückſicht auf innere 
_berfchiebungen hierzu nicht mehr gangbar ift und 
kelmebr den Wirkungen der Durchforſtungsgrade 
Etammiflaffe zu Stammklaſſe nachg⸗ſpürt werden 
wenn der forſtlichen Praxis ein wirklicher Anhalt 

werden ſoll, darauf weiſen die zum Vergleiche 
inandergeſetzten ſtatiſchen Ergebniſſe und Zuwachs⸗ 
ate hin, die zur größeren Bequemlichkeit als Aus: 
ha den Tabellen bereits im Texte mitgeteilt wurden. 
Gumal ſtehen in 1711, III, 2311 und 101I erheb⸗ 
übnehmenden Zuwachsprozenten anſteigende ſtatiſche 
onife gegenüber; andererſeits ſchwanken in 2011, III 
Zuwachsprozente nur wenig und die ſtatiſchen Er: 
iſſe laffen gleichwohl ſtarke Ausſchläge beobachten. 
Und nur in 120, III ſowie in 231 V ſtimmen 
entziffern und ſtatiſche Ergebniſſe in ihren perio 
en Bewegungen überein. 

Kritt darin nicht ein Widerſinn zu Tage? 
Eine kann doch nur die richtige Art her Ber: 
kung fein; freilich wird fie zur endgiltigen Löſung 
k ſtatiſchen Aufgabe jedenfalls noch einiger Jahr: 
tte bedürfen. 

Vorläufig ift höchſtens vor gewiſſen Uebertreibungen 
der Behandlung der Beſtände zu warnen. 


Lache oder Ladjte? 
Bechſel oder Badfel? 


Lon Sal, ftadt. Revierverwalter a. D., Hannover. 

Seit der Weltkrieg tobt, haben wir unſeren Vettern 
nſeits des Kanals, welchen aus der geſchichtlichen 
fahrung heraus der mit Recht verdiente Namen 
es „perfiden Albion“ gegeben worden ift, es 
u verdanken, daß uns die Zufuhr von Lebensmitteln 
ind auch an den für die Induſtrie ſo notwendigen 
Rohſtoſſen vollſtändig abgeſchnitten ift. Von dem 
Harz und Terpentin, welches Frankreich und 
Amerika erzeugten, verbrauchte Deutſchland für fid 
ùr ungefähr 39 Millionen Mark, und weil die Ge: 
winnung dieſer Produkte im deutſchen Walde da, wo 
ſie wirklich, wenn auch nur einer alten Ueberlieferung 
getreu ftattgefunden hat, garnicht in die Wagſchale 
ſallen konnte, fo war es eine ganz natürliche Erſchei⸗ 
nung, daß unſere Harzöl⸗, Papier⸗ und Seifeninduſtrie 
ſowie diejenige, die ſich mit Lack⸗ und Anſtrichfarben⸗ 


— ————— 
ä — . —ůũ—ñ— 


herſtellung befaßte, ſehr bald einen empfindlichen 
Mangel an Rohſtoffen Hatte: 

Die große Anpaſſungsfähigkeit an die veränderten 
Verhältniſſe, welche das deutſche Volk zeigte, verſagte 
auch nicht nach dieſer Richtung, und wenn man ſich 
zuerſt auch darauf beſchränkte, in den vom Wild be⸗ 
ſchädigten Fichtenrevieren das auf den Schälwunden 
vorhandene Harz abzukratzen, ſo trat aber bald das 
Beſtreben in den Vordergrund, dieſe Rohſtoffgewin⸗ 
nung ſachgemäß zu betreiben und das Harz und Ter⸗ 
pentin liefernde „Balſam“ genannte Rohharz der Kiefer 
in ausgedehnterem Maße nutzbar zu machen. 

Gayer hat in ſeiner Forſtbenutzung der Harz⸗ 
nutzung ein beſonderes Kapitel gewidmet und dort 
angeführt, daß die Weißtanne das Straßbur⸗ 
ger Terpentinöl, die Lärche den Venezia⸗ 
niſchen Terpentin, die nordamerikaniſche 
Balſamtanne den Canadabalſam liefert, 
während im ſüdlichen Frankreich die Scekiefer, in 
den öſterreichiſchen Ländern die Schwarzkiefer und 
ſchließlich in Deutſchland gemeine Kiefer und 
Fichte die eigentlichen Harzbäume ſind. 

Das Verfahren der Harzgewinnung ift in der letzten 
Zeit in der forſtlichen Preſſe eingehend erörtert wor⸗ 
den, und hierbei fallt es auf, daß die Bezeichnung 
der Wunden, welche, um das Rohharz zu gewinnen, 
den Bäumen zugefügt werden müſſen, eine verſchiedene 
iſt, und ebenſo, daß ein bei der Harzgewinnung un⸗ 
entbehrliches Werkzeug einer abweichenden Schreibweiſe 
unterworfen wird. 

So ſagt z. B. Gayer, daß die zum Zwecke der 
Harznutzung künſtlich und regelmäßig beigebrachten 
Wunden, welche nur bis auf das Holz gehen, Lachen 
(Riſſe, Laken, Lochen, Lachten) genannt werden. 

In dem Handbuch der Forſtwiſſenſchaft von Lorey 
wird in dem Bande über die Produktionslehre auch 
der Harzgewinnung ein Kapitel gewidmet und hier 
das ſtellennoeiſe Abnehmen der Rinde Lachten reißen 
genannt. Die Bezeichnungen Lachte und lachten 
treten auch in der neueren Literatur ſtark in den 
Vordergrund, und wenn es nun auch für die Harz⸗ 
gewinnung keinerlei praktiſche Bedeutung hat, ob die 
den Harzbaäͤumen zugefügten Wunden Lachen oder 
Lachten genannt werden, ſo iſt doch die Unterſuchung 
angebracht, ob dieſe Benennungen nebeneinander gleiche 
Berechtigung haben oder die eine der anderen vorge⸗ 
zogen werden muß. 

Das Wort „Lache“ hat eine ſehr verſchiedene 
Bedeutung, denn man ſchlägt eine Lache an, beſon⸗ 
ders wenn man ſich über irgend etwas luſtig machen 
oder einer freudigen Erregung recht kräftigen Ausdruck 
geben will. Im übrigen iſt die Lache die Pfütze 
oder der Tümpel mit dem Nebenbegriff des Sumpfigen 


28 


und Moraſtigen, oder auch die Vertiefung, wo das 
Waſſer geſtanden hat, und ſchließlich findet ſich die 
Lache wiederum in der Geſtalt, in der ſie uns bei 
der Harznutzung entgegen tritt. 

Wenn von der „Lache“ als Waſſertümpel aus- 
gegangen wird, fo ift dieſer mittelhochdeutſche Aus: 
druck mit dem althochdeutſchen „Lach a“ oder auch 
„laccha“, das wiederum mit „lake“ übereinſtimmt, 
das heute ebenfalls noch eine ſeichte Stelle oder Sumpf 
bezeichnen ſoll, als gleichbedeutend anzuſehen. 

Das lateiniſche lacus, lacuna bezeichnet urſprüng⸗ 
lich jede Vertiefung, aber auch den See und jedes 
ſtehende Gewäſſer, im übrigen aber auch den Röhren- 
trog oder das Baſſin, wie den Löſchtrog der Schmiede 
und hat mit dem griechiſchen Aanxos Verwandſchaft, 
das auch auf Teiche Anwendung gefunden hat, die 
zum Halten von Waſſervögeln beſtimmt waren, die 
wiederum mit dem lateiniſchen vivarium identiſch ſind, 
obgleich deſſen Bedeutung auch auf andere Tierbehält⸗ 
niſſe wie den Tiergarten Anwendung gefunden hat. 
Ob die „Lache“ mit dem lateiniſchen lacus zuſammen⸗ 
hängt oder nicht, ſoll dahingeſtellt bleiben, aber jeden⸗ 
falls kann als feſtſtehend angenommen werden, daß 
die „Lache“ des Harzbaumes hiermit nicht im Zu— 
ſammenhang ſteht, ſondern eine ganz andere Bedeu— 
tung hat. 

Im Althochdeutſchen findet ſich die Bezeichnung 
Lab”, die männlichen Geſchlechtes und mit ter Mit: 
telhochdeutſchen lache, lachene, lauche gleich ift. Dieſe 
Ausdrücke bedeuten die Lache oder das in einen Baum 
gehauene Grenz: oder Merkzeichen. Der Baum, welcher 
hierfür in Frage kam, war urſprünglich der Grenz— 
baum und abgeſehen von der Wolfsangel waren die 
‚incisiones factae in arboribus“ hauptſächlich in 
der Form des Kreuzes vorhanden (in vallem, ubi 
cruces in arboribus), während, wie hier nebenbei 
erwähnt werden ſoll, auch Nägel eingeſchlagen wurden. 

Ein derartiger Einſchnitt, wie er hier erwähnt 
wird, war der althochdeutſche Lah oder auch blab. 

In „Deutſche Rechtsaltertümer“ von Grimm wird 
in Band 2 Seite 72ff. folgendes darüber geſagt: 

„terram et silvam, quae est in illa marcha 
de Birstat, seu in eo fine, de ecclesia sancti 
Nazarii ad partem meridianam inter partem 
sancti Petri per Agilolfum et suos consortes pro 
signo incisa; et inde ad partem orientalem 
usque in fluvium dietum Wisgoz, ubi marcha 
de Basinheim conjungit, et de ipso rubore (robore) 
ad partem aquilonis, sicut ipsa incisio arbo- 
rum in ipsa die facta fuit, quae vulgo lachus 
appelatur sive divisio; et sic ad illam ligneam 
crucem, quae est posita iuxta illam viam, quae 
venit de Birstat et inde ad partem aquilonis, 


— 


sicut illa in cis io arborum sive la chu 
ipsa die facta fuit, usque ad illum monticu 
usque in dictum Wisgoz, ubi marcha de 

heim quicquid intra illam incisionem ar 
rum seu lachum sive divisionem usque 
marcham de Basinheim de dote Angilae vel}. 
qualibet parte Cancoris ibidem videbatur 
portio sive possessio vel dominatio.“ 

Hieraus geht hervor, daß die in die Baume $- 
geſchnittenen Zeichen lachus genannt wurden. 

Hier finden wir alle erforderlichen Erklärung 
über „lache“ und „lachen“. Urſprünglich war 9 
‚lächen“ die Bezeichnung des Grenzbaumes, in d 
unter anderem Kreuze oder auch andere Mer 
zeichen eingehauen wurden. Das althochdeu 
ab, welches urſprünglich männlichen Geſchlechtes b 
erſcheint ſpäter als „die lache“ in veränded 
Schreibweiſe und wurde ſchließlich in lachus 4 
niſiert. 

Der Grenzbaum, welcher dieſes Zeichen trug, u 
der lachbaum (mittelhochdeutſch lachboum, lade 
boum, arbor incisa, arbor terminalis; ladhbäug 
fegen = ponere in confinio arbores; lachbäun 
oder lochbeume in jure forestali dicuntur arbore 
antemissae et terminales). Nach der Art de 
Bäume wurden im alten deutſchen Recht lachbuchen 
lacheichen und lachtannen unterſchieden. 

Die lache als Merkzeichen (lachus) hat mit lacus 
lacuna keinerlei Zuſammenhang, ſondern der Urſprun 
des Wortes kann einzig und allein in dem e 
deutſchen [ah geſucht werden. 

Ich habe vorhin die Bezeichnung loch beume ef 
wähnt, die ebenfalls gebräuchlich war. Sie iſt jeden 
falls darauf zurückzuführen, daß man die Merkzeiche 
an den Grenzbäumen alle fünf Jahre erneuerte, da 
mit fie ſichtbar blieben. Auf dieſe Weiſe wurden du 
urſprünglichen Grenzzeichen in Löcher verwandelt, 
wenigſtens iſt dieſe Annahme die wahrſcheinlichſte. 
Jedenfalls aber hat die Wandlung des lachen in lochen 
und lachbaum in lochbaum keinen inneren Zuſammen⸗ 
hang, denn loch (foramen) hat mit lache nicht das 
Geringſte zu tun, und die entgegengeſetzte Annahme 
kann nur die etymologiſche Deutung erſchweren. 

Unter lachen hat man aber auch das Schlagen 
eines Steiges in ein Buſchholz verſtanden, um die 
Grenze der Haue anzudeuten, und ſchließlich, worauf 
es hier beſonders ankommt, auch das Zeichen oder 
den Hieb, welchen der Harzer an einem 
Nadelbaum führte, um ſo beſſer erkennen zu 
können, ob der Baum zum Harzſcharren brauchbar 
war. Die Bezeichnung lachbaum hat ſich im Lauſe 
der Zeit auf die Bäume übertragen, an denen durch 
Anhauen und Abſchälen der Rinde Harzriſſe gemacht 


219 


u. und daraus wurde ſchließlich aus dem zum 
1 gemachten Einſchnitt die lache. 
At in der neueren Zeit ift für die lache auch der 
yë lacht und für lachbaum lachte r baum 
tht worden, aber das ift eine Abweichung, die 
eine Berechtigung haben kann. Das mittelhoch⸗ 
lachter (lahter) taucht ſchon im 14. Jahr⸗ 
auf und bedeutet eigentlich die Klafter, wo⸗ 
das Maß der weit ausgeſpannten Arme ver⸗ 
wird. Beim Bergbau hat der Ausdruck lachter 
peli) ausgedehnte Verbreitung, und um Ber: 
ngen mit der bergmänniſchen Bedeutung des 
zu vermeiden, ſollte man den Gebrauch bei 
rzbuͤumen vermeiden, umſomehr aber aus dem 
„weil hierdurch die urſprüngliche Bedeutung 
Jottes nur verdunkelt und verwiſcht werden kann. 
Wunde, welche den Nadelbaͤumen zugefügt wird, 
Aren Harz zu gewinnen, kann nur als lache 
et werden, und die zu ihrer Erzielung vorzu⸗ 
wen Maßregeln ſind das lachen. 
r haben heute in der Weidmannsſprache auch 
- Malbuim und verſtehen darunter den Baum, an 
ſch eben aus der Suhle geſtiegenes Not- oder 
borzwild gerieben hat. Der Malbaum im alten 
den Recht ift der lachbaum, der im niederdeutſchen 
:- ffnaatbom genannt wird. Die Bezeichnung Mal: 
- hat ihren Urſprung in dem althochdeutſchen 
$ meldes das Zeichen bedeutet. In dieſem Sinne 
e Einverleibung in den Sprachſchatz des Weid⸗ 
voll und ganz berechtigt, denn der Schlamm, 
t den Malbäumen anhaftet, iſt das Erkennungs⸗ 
kn, daß fih hier Wild gerieben hat, und je nach 
. Hööbe, in welcher dieſes Zeichen feſtzuſtellen ift, 
Fot oder Schwarzwild in Frage kommt. 
; ah dieſer Richtung am Alten feſthalten ijt ſchon 
ultstümlichen Gründen geboten, denn die Qad- 
Ne waren heilig und unverletzlich. 
gauntemissae arbores dicuntur, quas nonnulli 
te possessionum suarum fines dimittere solent 
ex quibus neque frondem neque lignum 
«que cremium caedant, ut magnitudine ceteras 
nüstent et sic observationem finium praestent.“ 
C waren bevorzugte Bäume, die unverſehrt bleiben 
den, aus denen man weder Laub noch Holz oder 
Ng schnitt, damit fie an Größe die übrigen über: 
. und fo die Beobachtung der Grenzen gewähr⸗ 
en. 


Dagielbe gilt von den Grenzſteinen oder Mal⸗ 
n, denn wer fie abfichtlich entfernt hatte, wurde 
"graben und ihm der Hals mit dem Pfluge ab- 
chen, wenn man die Milde walten laffen wollte, 
6 zum Kopf in die Erde einzugraben. Sonſt 


3 — ae. ai 
T 2 


ſtanden hatte, bis zum Gürtel eingebuddelt, und dann 
„mit einem pluge unde vier pferden“ über ihn ge⸗ 
fahren. 


Grenzzeichen wurden feierlichſt angebracht, und die 
zugezogenen Knaben wurden kräftig in die Ohren ge— 
kniffen und geohrfeigt, damit ſie ihr Leben lang ſich 
dieſes Vorganges erinnerten. Auch herrſchte der Brauch, 
ſie auf den neugeſetzten Stein kräftig zu ſtauchen, wo⸗ 
für fie nachher kleine Geſchenke erhielten. 


Beim Anlegen und Erweitern der Harzlache wird 
ein Inſtrument gebraucht, welches „Dächſel“ oder 
auch „Dechſel“ genannt wird. 


Die verſchiedene Schreibweiſe weiſt ſchon darauf 
hin, daß der Urſprung des Wortes verſchieden ge⸗ 
deutet wird, aber ſchließlich kann doch nur das eine 
oder das andere das Richtigere ſein. Im Althoch⸗ 
deutſchen finden wir die Benennungen Döhſa, Döhſala, 
Döſla, im Mittelhochdeutſchen Döhſe und Döhſel. Die 
veränderte Schreibweiſe „Dechſel“ iſt natürlich genau 
dasſelbe, aber trotz des klaren Urſprunges des Wortes 
hat fih in der Schweiz und in Bayern ,, Dadjel” 
und „Däſel“ eingebürgert. Unter „Dechſel“ iſt die 
Bezeichnung für verſchiedene Werkzeuge zu verſtehen. 
Es kann eine Queraxt ſein wie die mit einer Art 
Hammer verſehene Axt der Zimmerleute oder auch ein 
mit krummer Schneide verſehenes Werkzeug zum Aus⸗ 
höhlen, wie es die Böttcher zum Herſtellen der Faß⸗ 
dauben verwenden. Als Werkzeug des Feldbaues iſt 
es eine Axt, die auf der Rückſeite mit einem Karſt 
(rostrum) verſehen iſt. Die Beſchaffenheit des Dechſels, 
wie er bei der Harznutzung verwendet wird, weicht 
von der urſprünglichen Form ab, denn er hat nicht 
die Querform und ſoll nur benutzt werden, um die 
lache herzuſtellen und nach oben zu erweitern. Dechſel 
ſtimmt überein mit ascia und aftwm, und asciola ift 
die Diminutivſorm von ascia und bedeutet das Aext⸗ 
chen mit ausgehöhlter Schneide. Die Umwandlung 
des Dechſel in Dächſel ſowie Dächſelaxt und Dachs⸗ 
beil läßt fidh etymologiſch nicht begründen, denn es ift 
ganz natürlich, daß der Dachs oder der Dachshund 
mit ſeinen krummen (hohlen) Läufen mit Dechſel nichts 
zu tun haben. Auch Dichſel hat ſich eingeſchlichen, 
und das hat wohl dazu geführt, daß die kurzſtielige 
Axt oder Beil auch als Deichſel bezeichnet wurde. Das 
hat natürlich ebenſowenig Berechtigung, denn die Be: 
zeichnung könnte auf den Gedanken bringen, daß ein 
Zuſammenhang zwiſchen Dechſel und der zwiſchen den 
Zugtieren vor dem Wagen befindlichen Stange beſteht. 
Die Deichſel (temo) wird im Althochdeutſchen Dihſala, 
im Mittelhochdeutſchen Dihſel genannt, und hieraus 


b et an der Stelle, an welcher der Malſtein ge: geht hervor, daß das Deichſeln, welches die Bearbei— 


peels 


tung mit dem Werkzeug Dechſel zum Ausdruck bringen 
ſoll, nicht berechtigt iſt. 


Allem Anſchein nach ſtammt Dechſel von dem 
Verbum Döhſen, was ſchwingen (Flachs ſchwingen) 
bedeutet, ab. Die Umwandlung in Dächſel und Däxſel, 
wie ſie in der Schweiz und in Bayern ſtattgefunden 
hat, entbehrt der Berechtigung. Dächſel und Däxſel 
ſind Maskulina, aber Dechſel iſt Femininum, ſodaß 
man ſtatt der Form der Dechſel, die Dechſel ge: 
brauchen muß, um nicht das urſprüngliche Geſchlecht 
durch das Geſchlecht der eigentlich unrichtigen und 
unberechtigten Bezeichnung verwiſchen zu laſſen. 


Die Dechſel iſt mit wenigen Worten geſagt ein 
für die verſchiedenſten Zwecke zu verwendendes Hohl: 


beil, und das Dechſeln die Arbeit, die mit der Hob! 
dechſel verrichtet wird. 

Nach dieſen Ausführungen möchte ich mir den Vor 
ſchlag erlauben, bei der Harznutzung das Wort Qa Hte 
auszuſchalten und der ſprachlich allein berechtigte 
Lache wiederum zu der Stellung zu verhelfen, di 


ihr gebührt. 


Weil die Richtigkeit der Bezeichnung Dächſe 
einer näheren Unterſuchung nicht Stand halten kann 
ſo kann es nur beſſer ſein, den Ausdruck Dechſe 
feſtzuhalten, was in den neueren Ausführungen übe 
die Harznutzung auch geſchehen it. Dechſel iti 
weiblichen Geſchlechts, und weil wir dieſes dem Wort 
nicht ohne weiteres rauben dürfen, müſſen wir flat: 
der, die Dechſel ſagen. 


Literariſche Berichte. 


Die Bedeutung des Waldes insbeſondere 
im Kriege. Von Franz von Mammen. 
Heft 11 der „Bibliothek für Volks: und Weltwirt⸗ 
ſchaft“, herausgegeben von demſelben. — Dresden 
und Leipzig, „Globus“, wiſſenſchaftliche Verlagsan⸗ 
ſtalt, 1916. — Preis: Mk. 1,50. 


Die 96 Druckſeiten umfaſſende Schrift bringt nach 
dem Vorwort in erweiterter Form einen Vortrag zum 
Abdruck, den der Verfaſſer Ende 1915 im Literariſchen 
Verein zu Dresden gehalten hat; nachdem er früher 
ſchon im Jahre 1903 im Tharandter Bürgerverein 
über das gleiche Thema geſprochen hatte und auch 
dieſer Vortrag in drei auf einander folgenden Auf: 
lagen im Buchhandel erſchienen war. 


Der Verfaſſer will „die überaus wichtige Frage 
über die volkswirtſchaftliche Bedeutung des Waldes 
nach dem neueſten Stande der Wiſſenſchaſt und Er⸗ 
fahrung in möglichſt vielſeitiger Beleuchtung zuſammen— 
faſſend behandeln“. Dieſes Ziel hat er in muſter— 
gilliger Weiſe erreicht, wenn er auch beſcheiden Hinzu: 
fügt: „Nicht Mehrer der Wiſſenſchaft ſoll darum das 
Heftchen fein, ſondern nur dazu beitragen, die Kennt: 
nis von der großen Bedeutung des Waldes für unſer 
geſamtes Wirtſchaftsleben in weitere Kreiſe zu tragen, 
dadurch die Liebe zu dem den Forſtwirten anvertrau: 
ten Nationalgute in den breiteſten Schichten unſeres 
Volkes zu wecken und zu vertiefen und ſo auch der 
immer mächtiger werdenden Heimatſchutzbewegung, die 
ebenfalls den Wald in ihr Bereich mit einbezogen hat. 
mittelbar einen Dienſt zu erweiſen“. 


Der Inhalt der Schriſt gliedert ſich in zwei Haupt⸗ 
abſchnitte, deren erſter 


den materiellen, direkten oder unmittel⸗ 
baren Nutzen des Waldes 

beſpricht. Hier kommen einerſeits „die Rohmaterialien 

des Waldes“, Holz und Nebennutzungen, andererfeits 

„Kapital und Arbeit im Walde“ in Betracht. 

Etwa ½ der geſamten feſten Erdoberfläche it mit 

Wald bedeckt; ') in Deutſchland annähernd / mit 
14 Mill. ha, während Europa im Ganzen zu ½ der 
Fläche bewaldet ift. Der deutſche Wald erzeugt jähr⸗ 
lich 54 Mill. cbm Holz im Werte von 400 Mill. 
Mark. Dazu kommen noch etwa 10 Mill. cbm, die 
von außen eingeführt werden; hauptſächlich aus Rub | 
land, Oeſterreich-Ungarn, Schweden und Nord⸗Amerika.. 
Ungefähr die Hälfte dieſer geſamten Holzmenge wird 4, 
neben den Mineralkohlen zur häuslichen und gewerb⸗ 
lichen Feuerung verwendet; die andere Hälfte als 
Nutzholz. Der Bergbau erfordert allein 4 Mill. fm 
Grubenholz, an Eiſenbahnſchwellen werden mehr als 
1 Mill., zur Papierfabrikation 7 Mill. fm verbraucht. 
Welche Mengen an Bauholz verarbeitet werden, kann 
man ſich vorſtellen, wenn man bedenkt, daß allein die 
Baracken für etwa 700 000 Kriegsgefangene 1 Mill. fm 
Holz verſchlungen haben. Auch ſonſt iſt gerade der 
Kriegsbedarf an Holz für Schützengräben und Unter⸗ 
ſtände, an Holzwolle zur Füllung der Betten a. a. m. 
von großer Bedeutung. 
1) Die Angabe auf Seite 4, wonach ½¼ der geſamten 
(feſten) Erdoberfläche bewaldet wäre, beruht auf einem 
Schreib- oder Rechenfehler. Denn die ganze Erdoberfläche | 
einſchließlich der Meere beträgt ca. 509 Mill. qkm; hiervon 
find etwa 132 Mill. qkm (26 %) Land und wenn bie Wal: 
dungen zu 1500 Mill. ha = 15 Mill. qkm (nicht 150 Mil, 
wie dort ſteht) geſchätzt werden, fo macht dies 11,4 % oder 
rund ½ der feſten Erdoberfläche aus. 


221 


Neben dem Holze ſpielen die Nebennutzungen 
es Waldes auch heute noch eine beträchtliche Rolle; 
n erfter Linie durch die Lieferung von Nahrungs: 
itten für Menſchen und Tiere — Waldfeldbau, 
Jutterlaub und Waldweide, Jagd, Fiſcherei und Bie- 
wibe, Oelgewinnung aus Bucheln, Wal und 
Haie nſſen, Lindenſamen —, ferner durch Streu: 
natertalien, Gerbſtoffe, Harz für Schreibpapier, Schmier⸗ 
A. a. m. ö 

I dem Abſchnitt „Kapital und Arbeit im 
Zalde“ wird der Geſamtwert der deutſchen Wal: 
tungen zu etwa 25 Milliarden Mark veranſchlagt, 
don etwa !/s auf den Boden und / auf die Holz: 
wöte entfallen. Der in die Taſchen der Waldbefiker 
zende Reinertrag ſoll etwa 500 Mill., alfo 2 % 
ws Rapitalwertes betragen. Dazu kommen aber min: 
feng 300 Mill. Arbeitsverdienſt und erhebliche Werte, 
die wie der Erlös aus geſammelten Waldbeeren der 
irmeren Bevölkerung zufließen; ferner die Jagdbeute, 
di hh in Preußen auf 20, in ganz Deutſchland auf 
toa 30 Mill. belaufen fol. Auf die Wichtigkeit der 
derniidung ſchäd licher Waldnebennutzungen, insbeſon⸗ 
bere auf die notwendige Erhaltung der Streudecke 
mith nachdrücklich hingewieſen. Im Kriege ſpielt der 
Sah durch feine flrategiſche Bedeutung und durch 
‘ene Nutzungen eine wichtige Rolle. Die Haager 


Fredenskonferenz hat 1899 beſtimmt, daß der Wald 


n Feindesland zur Nutznießung herangezogen werden 
Alf, aber nicht verwüſtet werden fol. 
Der zweite Hauptabſchnitt behandelt 
den immateriellen, indirekten oder mit⸗ 
telbaren Nutzen des Waldes 

ud zerfällt wieder in zwei Teile, deren erſter „die 
Sohlfahrts wirkungen des Waldes“ be 
‘mgt. Hier wird die früher verbreitete Meinung, 
baß der Wald die Regenmenge direkt vermehre, wider: 
ist, aber auf die Abſchwächung der Temperaturextreme, 
te größere relative Feuchtigkeit der Waldluft, nad- 
billigere Speiſung der Quellen und Verhinderung 


Bri 


von Ueberſchwemmungen durch Verlangſamung des 
Waſſerabfluſſes hingewieſen. Als intereſſantes Bei⸗ 
ſpiel wird hier mitgeteilt, daß die Stadt Bern ihren 
Waſſerbedarf aus 3 Tälern bezieht, von denen eines 
gut, das zweite mäßig bewaldet, das dritte waldarm 
iſt. In dieſem letzteren ſchwankt die Waſſermenge um 
den 7⸗fachen, in beiden anderen nur um den 4-, reſp. 
2,7:fahen Betrag. Außerdem bietet der Wald im 
Gebirge Schutz gegen die Entſtehung von Lawinen, 
in der Ebene gegen Verſumpfung und Verwehen des 
Flugſandes. i 


Weiter kommt „die geſundheitliche, ethiſche 
und äſthetiſche Bedeutung des Waldes“ 
in Betracht. Die Waldlufkt iſt reiner, nicht erfüllt 
von Fäulnisſtoffen, Rauch und Ruß, wie insbeſondere 
die Luft der Städte; in Paris hat man 6000 Bat: 
terien und Schimmelpilze auf ein Kubikmeter Luft 
feſtgeſtellt, im benachbarten Park Montsourris nur 
455. Dazu kommt der Schutz gegen rauhe Winde, 
die entzündliche Krankheiten verurſachen. Auch der 
Boden iſt im Walde freier von Spaltpilzen u. dgl., 
der Grundwaſſerſtand tiefer, das Quellwaſſer reiner 
und geſunder. Baumpflanzungen in und bei großen 
Städten, die zugleich Gelegenheit zur Erholung und 
zum Naturgenuß bieten, vermögen in dieſer Richtung 
ähnliche Wirkungen hervorzubringen. 

Im Schlußwort richtet der Verfaſſer an ſeine Zu⸗ 
hörer und Leſer noch die Mahnung, den Hütern des 
Waldes in ihrer Aufgabe, dieſen gegen Angriffe zu 
ſchützen, die gerade in der Kriegszeit in vergrößertem 
Maße auftreten, behilflich zu ſein. | 

Ein Anhang bringt noch das im Felde entſtandene 
ſchöne Gedicht „Der Baum im Argonner Wald“ von 
Th. Leeb in Dresden; dann ein Verzeichnis der von 
Deutſchen Forſtverwaltungen angeordneten Maßnah⸗ 
men im Kriege und eine Literatur⸗Ueberſicht. 


F. von Mammens Schriſt wird ſicher zahlreiche 
und freudig zuſtimmende Leſer finden. Wr. 


efe 


Aus Preußen. 
Aus der Preußifchen HRonſtverwaltung. 
| delaffung kriegsbeſchädigter Jäger der 
i elaſſe A und kriegsbeſchädigter gelernter 
| Jäger in der Förfterlaufbahn. 
F Um allen Anwärtern der fiskalischen Förſterlauf⸗ 
ei, bie in dieſem Kriege dauernd feld⸗ und dauernd 


garniſondienſtunfähig geworden ſind oder noch werden, 
die Fortſetzung der Laufbahn, ſoweit dies irgendwie 
angängig ift, zu ermöglichen, beſtimmt ein Miniſterial⸗ 
Erlaß vom 1. Mai d. J. im weſentlichen folgendes: 

1. Die militäriſche Unterſuchung, die vor der Ent⸗ 
laſſung aus dem Militärdienſt vorzunehmen iſt, hat 
feſtzuſtellen, ob der betr. Anwärter in gewiſſem Um⸗ 

30 


__222_ 


fange „bedingt“ forſtdienſtfähig iſt; hierbei iſt nicht | 


nur der Außendienſt, ſondern auch Schreibdienſt zu | 


berückſichtigen. Für die Beurteilung der Faͤhigkeit 
Kriegsbeſchädigter für den Forſtaußendienſt können die 
in den Ziffern 251 — 256 der Dienſtanweiſung zur 
Beurteilung der Militärdienſtfähigkeit gegebenen Ge⸗ 
ſichtspunkte als allgemeiner Anhalt dienen. Stärkere 
Behinderung in der Fortbewegung im Gelände, im 
Gebrauch der Waffen, auffallende Schwerhörigkeit auf 
beiden Ohren, hochgradige Kurz- und Schwachſichtig⸗ 
keit auf beiden Augen ſchließen i. d. R. die Fahigkeit 
für den Außendienſt aus; nicht dagegen ohne weiteres 
der Verluſt eines Auges bei guter Gebrauchsfäahigkeit 
des anderen Auges. Will die Regierung abweichend 
vom militärärztlichen Gutachten den kriegsbeſchädigten 
Jäger annehmen oder abweiſen, ſo bedarf dies der 
Zuſtimmung des Landwirtſchafts⸗ und des Kriegs⸗ 
miniſters, die im Falle der dem ärztlihen Gutachten 
widerſprechenden Annahme erſt nach einjähriger zu⸗ 
friedenſtellender Probezeit von der Regierung nachzu— 
ſuchen iſt. 

2. Vorausſetzung zur Fortſetzung der Laufbahn iſt, 
daß dem Anwärter ein Anſpruch auf Kriegszulage 
zugebilligt iſt. Der Anwaͤrter hat ſich, wenn er als 
Jäger der Klaſſe A bei einer Regierung bereits no- 
tiert war, bei dieſer, andernfalls für Notierung bei 
irgend einer Regierung zu melden. 

Forſtlehrlinge, deren Verwendungsfähigkeit unbe⸗ 
denklich ift, müſſen zur Beendigung der Lehre zu: 
gelaſſen werden. Solange der Anwärter die Jäger⸗ 
prüfung noch nicht beſtanden hat, kommt für die 
Meldung, Notierung und Beſchäftigung nur die Re⸗ 
gierung des Lehrbezirks in Frage. Als Anwärter in 
dieſem Sinne gilt auch derjenige, der zwar zur Forſt⸗ 
lehre zugelaſſen war, dieſe aber vor ſeinem freiwilligen 
Eintritt in das Heer noch nicht hat beginnen können. 

3. Iſt der feld: und garniſondienſtunfähige An- 
wärter bei ſeiner Meldung noch nicht forſt⸗ oder ſchreib⸗ 
dienſtfähig, ſo kann von dem Verlangen einer berufs⸗ 
mäßigen Beſchäftigung äußerſten Falls noch zwei Jahre 
abgeſehen werden. Nach Ablauf dieſer Zeit iſt ſeine 
Verwendung im Staatsdienſte nicht mehr zuläſſig. 

4. Beſchäftigungsgelder erhält der im Staats⸗ 
forſtdienſt bejchäftigte kriegsbeſchädigte gelernte Jäger, 
der die Jägerprüfung beſtanden hat oder aber doch 
ſeiner Ausbildungszeit nach hätte beſtehen können und 
nur durch den Krieg an der Ablegung der Prüfung 
verhindert worden iſt, in Höhe von 2,50 Mk. täglich. 
Unter welchen Vorausſetzungen eine Erhöhung anz 
gängig iſt, wird nach Friedensſchluß erwogen werden. 
Neben den Beſchäftigungsgeldern werden Dienſtklei⸗ 
dungszuſchüſſe ſowie freie Feuerung oder eine bare 
Brennholzentſchädigung und, wo eine ſolche vorhanden 


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ift, freie Dienſtwohnung gewährt. Auch ſtehen ihn 
wenn die Art der Beſchäftigung dazu berechtigt, w 
Betriebsregelungszulagen, die Schreibgehilfenzulage 
und die Zulagen der Forſthilfsaufſeher bei der Fo 
akademie zu. 

5. Die übrigen kriegsbeſchädigten gelernten Sige 
können nur während des Krieges Tagegelder in Hobe 
der den Forſtlehrlingen zugeſtandenen Sätze erhalten, 
wenn die für die Bewilligung an Lehrlinge geforder: 
ten Vorausſetzungen gegeben ſind. ö 

6. Die kriegsbeſchädigten gelernten Jäger, welche 
Beſchäftigungsgelder nach 4 beziehen, haben im Dieng 
die Uniform der Forſthilfsaufſeher zu tragen. l 

7. Wegen Abnahme der Jäger: und der Yyörfter 
prüfung ergehen fpdter beſondere Beſtimmungen, die 
ſich darauf erſtrecken follen, inwieweit für diejenigen 
Anwärter, deren Verſorgungsleiden eine Verwendung 
im Außendienſt dauernd ausſchließt, die Prüfungen“ 
zu vereinfachen ſind. 

8. Den Forſtverſorgungsſchein erhalten die kriegs 
beſchädigten gelernten Jäger 9 Jahre nach dem Ein⸗ f 
tritt in das Militär, wenn fie bereits vor dieſem Ein: 
tritt die Jägerprüfung erfolgreich abgelegt haben, 
andernfalls 11 Jahre nach dem Eintritt in die Lau: 
bahn, wobei die Anrechnung einer Vorlehre ausge: 
ſchloſſen iſt. 

Zu dieſem Erlaſſe ift ein weiterer Erlaß unter 
dem 27. Mai l. J. ergangen, der u. a. beſtimmt: 

1. daß die militärärztliche Unterſuchung von dem 
Truppenteil anzuordnen ift, von dem der Anwärter 
entlaſſen wird, und daß fie erft dann ſtattzufinden 
hat, wenn über die Verſorgungsanſprüche entſchieden 
worden ift. Bei bereits entlaſſenen Anwärtern fol das 
militärärztliche Urteil nachträglich abgegeben werden; 

2. daß mit der Entlaſſung die kriegsbeſchädigten 
gelernten Jäger aus der Kontrolle der Jägerkompagnie 
ausſcheiden. 


——— — — 


* 
* * 


Beſetzung von Förſterſtellen während 
des Krieges. | 

Da fih bei der langen Dauer des Krieges di 
durch die allgemeine Verfügung vom 22. Februar 15 
getroffene Beftimmung, — wonach für jeden Krieg‘ 
dienſte leiſtenden Förſter o. R., der zur Verleihung 
einer Stelle mit Revier an der Reihe ift, eine fole 
freigehalten werden fol, — nicht mehr aufrecht er: 
halten läßt, da anderenfalls das Aufrücken der gort: 
verſorgungsberechtigten in Förſterſtellen o. N. völlig 
ins Stocken gerade würde, ift durch Erlaß vom 22. Mat 
d. J. beſtimmt worden, daß bis auf weiteres nur für 
je zwei zur Fahne einberufene Förſter o. R. en’ 
Stelle mit Revier freizuhalten iſt. Forſtſchreiber folen 
dabei außer Betracht bleiben. Das hierdurch in er 


| — 


—— 


223 


reitertem Maße vorgeſchriebene Vorgreiſen auf jüngere 
Beamte bei der erſtmaligen Verleihung einer Stelle 
mit Revier hat ſich aber nur auf Förſter o. R. und 
nicht auf Forſtverſorgungsberechtigte zu erſtrecken. Be⸗ 
tor hiernach Förſter o. R. übergangen werden, ſoll 
ſorgfältig geprüft werden, ob nicht von der Militär⸗ 
derwaltung ihre Beurlaubung zwecks Uebernahme einer 
Stelle erzielt werden kann, was von vornherein nur 
iir die in der Front ſtehenden ausgeſchloſſen erſcheint. 
Tah die übergegangenen Förſter o. R. im übrigen 
tenerlei Nachteile erleiden, ift ſelbſtverſtändlich. 


* 
* 


* 
Verwertung der Waſſerpeſt. 


Durch Erlaß vom 9. Mai d. J. macht der Mi⸗ 
zier für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten da: 
rauf aufmerkſam, daß die Waſſerpeſt, Elodea cana- 
densis, die in Seen und Waſſerläufen oft in ſolchen 
Mengen auftritt, daß die Gewäſſer vollſtändig zu: 
wachen und die Fiſcherei außergewöhnlich erſchwert 
wird, ſowohl in grünem wie auch getrocknetem Zu— 
and ein vorzügliches Futter für das Vieh, nament— 
lich für Schweine iſt. 

Nach der Analyſe von W. Hoffmeiſter enthält die 
Daſſerpeſt: Rohprotein: 18,3%, Rohfett: 2,5 0/0, 
Kohlehydrate: 42,5%, Holzfaſer: 16,7% ‚ Metall: 
ſalze: 20 0/0. 

Auch die Gründüngung mit Waſſerpeſt, die in 
manchen Gegenden mit gutem Erfolge geübt wird, ſei 
beachtenswert. 

Der Miniſter erſucht die Regierungspräfidenten, 
dafür Sorge zu tragen, daß die Waſſerpeſt möglichſt 
für die landwirtſchaftliche Produktion nutzbar gemacht 
werde. 

Die Kgl. Oberförſtereien ſind zur unentgeltlichen 
Abgabe der Waſſerpeſt aus den forſtfiskaliſchen Ge- 


_ waffern ermächtigt werden. 


* 
* * 


Verwertung der Pilze. 

In einem Erlaſſe vom 26. März d. J. wird da: 
nuf hingewieſen, daß in den Wäldern noch immer 
laujende von Zentnern eßbarer Pilze jährlich verloren 
geben, Erfahrungsgemäß beſtehe jür den Genuß von 
Piken eine große Vorliebe, die aber durch die Furcht, 
daß unter den geſammelten Pilzen giftige ſich befän⸗ 
den, beeinträchtigt werde. Die Pilzkunde müßte daher 
befier gepflegt werden. als dies bisher durch die Ver: 
tlung von Tafeln mit Darſtellungen der eßbaren 
und giſtigen Pilze geſchehen ſei. Hand in Hand 
wüßten Unterweiſungen über das Pflücken der Pilze 
gehen, damit die Pilze nicht durch unſachgemäßes 
Vorgehen ausgerottet werden, ſowie über die Zube- 
Telling der einzelnen Pilzſorten. Das ließe ſich da- 


durch erreichen, daß in den waldreichen Gegenden Pil: 
kundige mit den daheim gebliebenen Frauen und Kin: 
dern, ſoweit ſie nicht notwendige landwirtſchaftliche 
Arbeiten in Anſpruch nehmen, gemeinſame Pilzwan⸗ 
derungen veranſtalten, um die Teilnehmer an der Hand 
des gefundenen Materials über die in der Gegend 
vorkommenden eßbaren Pilze, ihre Ernte, augenblick— 
liche Verwertung im Haushalte und die Aufbewahrung 
von Vorräten durch Einkochen oder durch Eintrocknen 
zu unterrichten. 

Die Landwirtſchaftskammern werden ſodann er— 
ſucht, geeignete Maßnahmen zu treffen, daß in der 
Pilzzeit Lehrer, Geiſtliche uſw. eine ſolche Unterweiſung 
der Bevölkerung erteilen, oder kurzfriſtige Unterrichts- 
kurſe durch die landwirtſchaftlichen Wanderlehrer uſw. 
ins Leben zu rufen. 


* * 
* 


Verkauf von Eichen- und Fichtenrinde. 
Zwiſchen dem Kgl. Preuß. Forſtfiskus und der 
Kriegsleder-Aktiengeſellſchaft zu Berlin ift über den 
Verkauf von Eichen- und Fichtenrinde aus den Staats⸗ 
forſten ein Vertrag abgeſchloſſen worden, wonach der 
Verkaufspreis fiir den Zentner (50 kg) Rinde beträgt: 
1. für Eichenrinde: 


a) Glanzrinde erſter Güte . 13.— Mk. 
b) Rinde im Alter bis zu 25 Jahren 11. — „ 
c) Rinde im Alter von 25 bis 45 
Jahren 9.50 , 
d) Rinde im Alter von mehr als 
45 bis zu 60 Jahren . 7.50 
2. Fichtenrin de: 
a) Gebirgsrinde höchſtens bis zu / 
ſchuppig . ; í 9.50 Mk. 
b) Andere Rinde . 7.50 „ 


Wird Rinde, ehe ſie zur Abfuhr fertig geſtellt iſt, 
durch Feuchtigkeit oder ähnliche Einflüſſe beſchädigt, 
fo hat der Revierverwalter den Preis der Wertmin— 
derung entſprechend herabzuſetzen. ft die Geſellſchaſt 
mit dem feſtgeſetzten Preiſe nicht einverſtanden und 
kommt eine Einigung nicht zuſtande, ſo ſetzt der zu: 
ſtändige Forſt⸗Inſpektionsbeamte den Preis feſt. 

Als Gebirgsrinde gilt die in einer Höhenlage von 
über 600 m über N. N. erwachſene. Sollte die Be: 
kanntmachung, betr. Höchſtpreiſe für Eichenrinde uſw. 
vom 15. II. 16 durch eine andere Beſtimmung er— 
gänzt werden, gilt dieſe Beſtimmung. Die Alters- 
feſtſetzung und Klaſſeneinteilung erfolgt durch die Forſt⸗ 
verwaltung. Letztere übernimmt das Trocknen ſowie 
das Aufbinden der Rinde auf ihre Koſten durch von 
ihr angenommene Arbeiter oder Kriegsgefangene. Die 


Koſten und Gefahren der Abfuhr und die Koſten des 
Verwiegens trägt der Käufer. 


Iſt die Rinde nicht 
30* 


224 


binnen 8 Woden, nachdem die Mitteilung über ihre 
Fertigſtellung an die Kriegsleder⸗Aktiengeſellſchaft ab⸗ 
gefertigt iſt, zur Abfuhr und Verwiegung gelangt, ſo 
wird von den Forſtbeamten das Gewicht feſtgeſtellt 
und der Preis der Rinde ermittelt. Der Geſellſchaft 
ift mit der Rinde von 50 — 60 jährigen Eichenbeſtaͤnden 
beſonders gedient; ſie iſt bereit, Fichtenrinde auch dann 
zu übernehmen, wenn ſie in kleineren Mengen zerſtreut 
liegt, nur ſoll die auf einer Eiſenbahnſtation zu ver⸗ 
frachtende Menge mindeſtens 20 Zentner betragen. 


* 
* * 


Saatkrähen für die Volksernährung. 


In einem Erlaß des Landwirtſchaftsminiſters vom 
19. April d. J. wird mit Rückſicht auf die gegen⸗ 
wärtige Lage des Fleiſchmarktes auf die Saatkrähe 
hingewieſen. Wenn dieſe auch vorwiegend nützlich ſei, 
ſo ſei ſie doch in vielen Gegenden ſo zahlreich ver⸗ 
treten, daß ſie zuweilen auch erheblichen Schaden an⸗ 
richte und die Verminderung ihres Beſtandes in einem 
Jahre keinen Bedenken unterliege. Es empfehle ſich 
daher in dieſem Jahre die Saatkrähen plänmäßig der 
Volksernährung nutzbar zu machen. Wildprethändler 
ſeien auf die Möglichkeit des Bezuges von Saatkrähen 
hinzuweiſen und ihnen anheimzugeben, Kaufangebote 
in den Zeitungen zu veröffentlichen. 


Aus Bayern. 


Der Rorftetat in der bayerifden Abgeond- 
netenkammen. 

In 3 Sitzungen, am 18., 19. und 20. Mai hat 
die bayeriſche Kammer der Abgeordneten den Forſt— 
etat für die Finanzperiode 1916/17 erledigt, nachdem 
vorher der Finanzausſchuß ſich in ebenfalls 3 Sitzungen 
damit befaßt hatte. Aus den Verhandlungen dürften 
mit Ausſchaltung der mehr örtlichen Gegenſtände nad): 
ſtehende Mitteilungen ein weiteres Intereſſe bieten. 
Zunächſt hat ſich eine Meinungaverſchiedenheit zwiſchen 
der Regierung und dem Finanzausſchuß ergeben über die 
Höhe des Einſchlags für 1 Jahr der Finanzperiode und 
den Erlös aus Holz. Der Ausſchuß beantragte neben der 
Erhebung der etatsmäßigen Fällungsgröße von 4,4 Mill. 
Feſtmeter noch eine Minderfällung aus dem am 1. Juli 
1915 begonnenen Wirtſchaftsjahre 1916 mit 580000 fm 
nachzuholen und außerdem mit Rückſicht auf beſtehende 
Vorratsüberſchüſſe eine weitere Mehrfällung von 
500000 fm zu nutzen, woraus ſich eine Geſamtfällungs⸗ 
ziffer von rd. 5,5 Mill. km berechnet. Inſolge deſſen 


ſoll der Roherlös gegenüber dem Regierungsvorſchlage 


von 67 Millionen auf 77 Millionen Mark für 1 Jahr 
erhöht werden. Die Regierungsvertreter äußerten Be⸗ 
denken wegen der Schwierigkeiten infolge Mangels an 


Arbeitern und namentlich an Geſpannen, dann wegen 
Unſicherheit der Holzpreiſe, wegen niedrigen Prei 


ſtandes für die wertvollen Sortimente beſonders die 


Eichenhölzer. Trotz dieſer Bedenken iſt der Satz vo 
77 Millionen Mark beſchloſſen worden. Es li 
wohl die Abſicht zugrunde den Voranſchlag auf der 
Papier hoch zu halten, um die ſehr wenig beliebte vor: 
der Regierung für notwendig erachtete Steuererhöhung 
möglichſt abzuwenden. | 


Einen breiten Rahmen nahmen die Erörterungen 
über die leider noch in großem Umfange in Boyem” ` 


beſtehenden Forſtrechte ein. Es wurde namentlich vom 


Zentrum darauf gedrungen trotz der ſchweren Kriegs- 


zeiten das Eintragen der Forſtrechte in das Grund: 


buch auf grund kommiſſioneller Verhandlungen mög: ; 


lichſt zu fördern. Der Miniſter von Breunig jy 


ſich ernſtliche Mißbilligung ſeitens einzelner Renn. 
zu durch ſeine Aeußerung, während des Krieges könnt 


in der Sache nichts geſchehen und auch nach Eintritt 


des Friedens wären wichtigere Fragen zu behandeln. 
Dieſen die Einnahmen aus Forſten ſowie die Bewirt: - 
ſchaſtung vielfach beeinträchtigenden Forſtrechten wird 
in Bayern, namentlich ſeitens des Zentrums und des 


Bauernbundes, eine übergroße Bedeutung beigelegt 
Ueber allzuſtarke Wildheege, namentlich in den Stats: 
waldungen und Hofjagdbezirken, wurden nachdrütliche 


Klagen vorgebracht und Abhilfe begehrt und zugesagt. 


ſoweit im Einzelfalle Mißſtände beſtehen. 
Der bayeriſche Förſterverein hatte in einer um: 
fänglichen Eingabe u. a. die Bitte geſtellt, die Bell: 


dungs⸗ und Nebenbezüge der Forſtaſſiſtenten (Förſer⸗ 


anwärter) wegen ungünſtiger Vorrückungsausſichten zu 
verbeſſern, dann den Abſolventen der Waldbauſchulen dit 
Beförderung zum Reſerveoffizier nicht zu behindern, 


Auf dieſe von verſchiedenen Rednern befürworteten | 
Anträge fagte der Minifter zu, ſelbſtändige Sekretär: . 


ſtellen für Förſter bei den wichtigeren Forſtämtern 
ſchaffen zu wollen und die Beförderung von dorf 
affiftenten auf ihren dermaligen Poſten bis zur Ueber: 
tragung eines Förſterſitzes in Ausſicht zu nehmen. 
Dieſes in Bayern bisher nicht übliche Verfahren dam 
als ſehr weitgehendes Zugeſtändnis betrachtet werden. 
Außerdem verſicherte der Miniſter im Ausſchuß und 
Plenum, die oberſte Stelle habe durchaus kein Be⸗ 
denken dagegen, den Förſterkandidaten die Erreichung 
des Reſerveoffiziers zu ermöglichen, allein bie Entfder 
dung liege auf militäriſcher Seite. Auf das Drängen 
einzelner Abgeordneter, kleinere Forſtämter zuſammen · 
zulegen zwecks Stellenverminderung, erklärte der Mi 
niſter im allgemeinen ſein Einverſtändnis jedoch unter 
dem Vorbehalte, daß ſolche Stelleneinziehungen MU 
in Erledigungsfällen durchgeführt werden könnten UM 
nicht den Penſionsfond zu belaften. — Es ſei hier 


225 


ſchaltet. daß in Bayern noch verſchiedene Forſt⸗ 
8 aufgehoben werben könnten, ohne dem jetzigen 
den Verwaltungsgrundſatze untreu zu werden, 
der TForſtamtsvorſtand den Betrieb vollſtändig 
dringen und leiten ſolle. Eine ſolche Vermin⸗ 
id der Aeimter könnte namentlich dann geſchehen, 
für genügende Schreibhilfe geſorgt und die aus⸗ 
r Benutzung des modernen Verkehrsmittels, des 
8, bei entſprechenden Geländeverhältniſſen, dann 
elephons, der Schreibmaſchine uſw. Platz greifen 
pe. — Bei dieſer Gelegenheit machte der Miniſter 
1 Mitteilung, die ſchon längſt erwarteten neuen 
. käſtsanweiſungen für die Miniſterialforſtabteilung, 
»Fegierungsforſtkammern und Forſtämter, deren Ab⸗ 
R ſeither aus zwingenden Gründen nicht möglich 
v $ feien nunmehr innerhalb des Miniſteriums fertig 
M und ſollten nur noch den Regierungsforſtkam⸗ 
A und einzelnen Förſtämtern zur Aeußerung über⸗ 
Im werden. Damit wird einem ſchon lange ſchwer 
ſpfundenen Mißſtande endlich Abhilfe gewaͤhrt. Denn 
.. * ig Dienſtesorganiſation it mit dem 1. Januar 
; B09 ins Leben getreten und heute noch fehlen die 
„ derſezinftruktionen für die einzelnen Stellen, die 
schiedene Vereinfachungen bringen ſollen. Die Ver⸗ 
-ungen im Ausſchuß und im Plenum ſind offen⸗ 
unter dem Einfluß des ſchweren Krieges viel kür⸗ 
r und einfacher verlaufen als früher. Insbeſondere 
Pen außer der im Eingange erwähnten Hinauf⸗ 
ung der Einnahmen aus der Holzverwertung die 
: Her der ſonſtigen Einnahmen und der Ausgaben 
i keine Veränderungen erfahren mit Ausnahme des 
Pfriches von 10 000 Mk. an der Poſition für Aus⸗ 
Aub Weiterbildung der Forſtverwaltungsbeamten. Auch 
, pn Erörterungen über wichtige grundjägliche Fragen 
pratt, In dieſer Hinſicht ift vielleicht der Mangel 
Kaus forſtlichen Vertreters in der Kammer zu be⸗ 
jad. Die Zahl der Redner war gegen früher ge⸗ 
. „Nager, ferner find nicht zum Schaden der Sache die 
„ bier iets einen breiteren Rahmen einnehmenden 
Steuwerksreden und kleinliche Beſchwerden gegen ein⸗ 
he Beamte glücklich unterblieben. Zum Schluſſe 
es It nog angeführt, daß der auf dem Felde der Ehren 
| almen Forſtbeamten ehrenvoll gedacht und daß 
A bm ganzen Stande ſowohl ſeitens des Miniſters als 
t Vertreter aller Parteien für ſeine unter beſonders 
: Ihnierigen Verhaltniffen geleifteten vorzüglichen Dienfte 
| die größte Anerkennung ausgedrückt wurde. 


| 


Aus dem Großherzogtum Heſſen. 
Mitteilungen aus den Forft- und Kameral- 
verwaltung für die Jahre 194 u. 3915. 
A. Perſonal⸗Veränderungen. 
Geftorben.') 
1915. 
1. Der Oberförfter der Oberförfterei Münſter, Forſt⸗ 
meiſter Friedrich Stork zu Dieburg; 
der Oberförſter der Oberförſterei Kelſterbach, Forſt⸗ 
meiſter Karl Freiherr Schenk von Schmittburg. 


Verfetzung in den Ruheſtand. 
1914 


1. Der Oberförſter der Oberförſterei Düdelsheim, Forſt⸗ 

meiſter Friedrich Bücking zu Büdingen; 

der Oberförſter der Oberförſterei Friedberg, Forſt⸗ 

meiſter Ludwig Spieler zu Friedberg; | 

1915. 

der Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft, Geh. Forſtrat 

Dr. Wimmenauer zu Gießen; | | 

alle auf ihr Nachſuchen, unter Anerkennung ihrer lang⸗ 

langjährigen, treu geleiſteten Dienſte. 

Verſetzungen. 
1914. 

1. Der Oberförſter der Oberförſterei Grebenhain, Forſt⸗ 
meiſter Guſtav Krug zu Grebenhain in die Ober- 
förſterei Düdelsheim (Wohnſitz zu Büdingen). 

1915. 

1. Der Oberförſter der Oberförſterei Mitteldick, Forſt⸗ 
meiſter Johannes Hillerich zu Langen in die Ober⸗ 
förſterei Münſter (Wohnſitz zu Dieburg); 

2. der Oberförſter der Oberförſterei Michelſtadt, Forſt⸗ 
meiſter Eduard Heß zu Michelſtadt in die Ober⸗ 
ſörſterei Kelſterbach. 

Ernennungen. 


1914. 
Forſtaſſiſtent Otto Schwieder zu Ortenberg zum Ober⸗ 
förſter der Oberförſterei Grebenhain. 
1915. 
Forſtaſſiſtent Hermann Koch zu Lorſch zum Ober⸗ 
förſter. 


) Die Zahl der heſſiſchen Forſtaſſeſſoren iſt durch den 
Krieg erheblich vermindert worden. Im Maihefte ſind die 
bis dahin Gefallenen oder ſeit langer Zeit Vermißten be⸗ 
reits mit Angabe von Geburtsort nnd «zeit, letzter Zivil⸗ 
ſtellung und militäriſcher Stellung aufgeführt. Zu den 13 
dort genannten iſt inzwiſchen noch ein vierzehnter hinzu⸗ 
gekommen: Rudolf Glaſer, geb. in Nordheim am 17. März 
1885, in Frankreich gefallen im April 1916. Derſelbe war 
vor dem Kriege in den Waldungen des Fürſten Schönburg⸗ 
Waldenburg in Rumänien mit Forſteinrichtungsarbeiten be- 
ſchäftigt; im Heere war er Leutnant der Reſerve beim Kgl. 
Sächſiſchen Schützenregiment 108, dekoriert mit dem Eiſernen 
Kreuz, dem Albrechts⸗Ritterkreuz und der Heſſ. Tapferkeits⸗ 


3. 


| mebaille. 


226 


Anftellungen. 
1914. 

1. Forſtaſſeſſor Karl Blitz aus Lengfeld als Yorft: 
aſiſtent; 

2. Forſtaſſeſſor Heinrich Weiß aus Liederbach als Forſt⸗ 
aſſiſtent. 

1915. 

Forſtaſſeſſor Wilhelm Jochem aus Laubach als Forſt⸗ 

aſſiſtent. . 
Charakter⸗ Verleihungen. 
1915. 

1. Dem vortragenden Rat bei der Abteilung für Forſt⸗ 
und Kameralverwaltung des Großh. Miniſteriums 
der Finanzen, Oberforſtrat Julius Hein zu Darm: 
ſtadt der Charakter als „Geheimer Oberforftrat“. 

2. Der Charakter als „Geheimer Forſtrat“: 

a) dem Oberförſter der Oberförſterei Ober⸗Eſchbach, 
Forſtmeiſter Auguſt Schwarz zu Ober⸗Eſchbach; 

b) dem Oberförſter der Oberförſterei Lengfeld, Forſt⸗ 
meiſter Alfred Preuſchen zu Lengfelder Forſthaus; 

c) dem Oberförſter der Oberförſterei Langen, Forſt⸗ 
meiſter Ernſt Klump zu Langen. 

3. Der Charakter als „Forſtmeiſter“ dem Oberförſter 
Dr. Alwin Schenck zu Darmſtadt. 


Ordens-⸗ Verleihungen. 


1914. 

Die „Krone“ zum Ritterkreuz I. Kl. des Verdienſt⸗ 
ordens Philipps des Großmütigen: 

1. dem Forſtmeiſter Friedrich Bücking zu Büdingen, 

2. dem Forſtmeiſter Ludwig Spieler zu Friedberg 

aus Anlaß ihrer Verſetzung in den Ruheſtand. 

1915. 

Das Komturkreuz II. Kl. des Verdienſtordens Philipps 
des Großmütigen dem ordentlichen Profeſſor an 
der Landes⸗Univerſität Gießen, Geh. Föorſtrat 
Dr. Karl Wimmenauer. 


B. Geſetze, Verordnungen, Befannt: 

machungen. 

1. Geſetz, betreffend die Beſoldungen, 
Ruhegehalte und die Hinterbliebenen: 
verſorgung der Staatsbeamten, vom 21. Maͤrz 
1914 (Reg.⸗Bl. Nr. 10, Seite 95 u. ff.) Die neue 

Faſſung des Geſetzes vgl. S. 195 — 206. 

Die Beſtimmungen haben mit Wirkung vom 1. April 
1914 eine neue Regelung erfahren. Im großen ganzen 
ſind die Grundſätze des früheren Geſetzes beibehalten 
und Härten in letzterem wurden bejeitigt. 

Eine Vergütung für Wohnungsaufwand wird nicht 
mehr gewährt, ſie iſt im Gehalt inbegriffen. In den 
Städten Darmſtadt, Offenbach. Gießen. Mainz und 
Worms kommen zu deu Gebhaltsjagen nichtpenſions— 
fähige Ortszulagen; ſie betragen bei einem Forſtwart 


50 Mk., bei einem Forſtaſſiſtent LOO Mk., bei eine 
Oberförſter 150 Mk. jährlich. Iſt mit einem A 
nach Anordnung des vorgeſetzten Miniſteriums Dien 
wohnung verbunden, jo ift hierfür der Betrag 
entrichten und vom Gehalt abzuziehen, welcher der ß 
den Gehalt aufgenommenen Vergütung für Wohnung 
aufwand entſpricht. Dieſer Abzug beträgt z. B. 


Forſtwarten 250 Mk. jährlich. 
Forſtaſſiſtenten. 400 „ 1 í 
Oberförftern 550 „ 2 i 


Die Gehaltsſaͤtze find folgende: 
Forſtwarte 1600—2250 Mk. Aufrückungszeik! 
18 Jahre, 3 jährig. Gehaltsbeträge in den Auf.. 
rückungsſtufen: 1600, 1700, 1850, 1950, 2050, 2150, 
2250 Mk. Nicht penfionsfähige Bekleidungszulage . 
100 Mk. Nach 21 Dienſtjahren erhalten die For: 
warte eine penſionsfähige Zulage von 200 ME | 
Forſtaſſiſtenten 3200-4100 Mk. Aufrädung: | 
zeit 12 Jahre, 3jährig. Gehaltsbeträge in den kin. 
zelnen Aufrückungsſtufen 3200, 3500, 3700, 3900, 
4100 Mk. s 
Beim Uebergang in die höhere Stellung als Ober⸗ 
förſter, forſttechniſcher Beamter des Forſtvermeſſungs⸗ . 
und Taxations⸗Bureaus, Miniſterialſekretär wird ihnen - 
bei Bemeſſung des Gehalts ihre geſamte Beſolbung - 
dienſtzeit wie bei einer erſten Anſtellung gerechnel. 
Oberförſter 3400 — 7400 Mk. Aufrückungazeil 
24 Jahre, 3jährig. > 
Gehaltsbeträge in den einzelnen Aufridungsftulen . 
3400, 3900, 4400, 4900, 5400, 5900, 6400, 6900, i 
7400 ME. ag te 
Für die bei Inkrafttreten dieſes Befolbungétants | 
(1. April 1914) bereits angeſtellten Beamten betragen 
die Gehaltsſätze 3500, 4000, 4500, 5000, 5500. 
6000, 6500, 7000, 7400 M. E 
Durch das Geſetz haben auch die Beſtimmungen | 
des Geſetzes über Verſetzung der Zivilbeamten in den .: 
Ruheſtand vom 27. November 1874 (Reg.⸗Bl. S. 6 
das in jeiner neuen Faſſung Seite 206 —210 abge: 
druckt ift, eine febr weſentliche Aenderung erfahren. 
Letzteres beſtimmt in Artikel 2: 

„Wird ein Beamter nach zurückgelegtem fünften 
Dienſtjahre in den Ruheſtand verſetzt, ſo erhält e 
als Ruhegehalt, (Penſion) 40% ſeiner Beſoldung 
Für jedes weitere zurückgelegte Dienſtjahr werden 
vom 6.— 10. Dienſtjahre 2%, vom 11.— 30. Dia 
jahre 11/2%o, und vom 31.—40. Dienſtjahr I 
zugelegt. Wer nach zurückgelegten 50 Dienſtjahren 
in den Ruheſtand verſetzt wird, erhält den vollen 
Betrag feiner Beſoldung als Ruhegehall.“ 

Die neue Faſſung dieſes Artikels behält die Bor: 
ſchriften bis zum 30. Dienſtjahr bei; vom 31.— 40. 
Dienſtjahr wird jedoch nur ½ % zugelegt und de 


— — 

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. 4 Be DE 2 92 a aa 
ps 2 5 7; * pera | * ee 


gehalt darf dabei 85% des penſionsſähigen Ge: 
micht überſchreiten. 
Die Beſtimmungen über die Hinterbliebenen⸗Ver⸗ 
ang der Staatsbeamten (vgl. die Geſetze vom 
Juni 1886, Reg.⸗Bl. Seite 95 und vom 2. Auguſt 
. Reg.⸗Bl. Seite 397) haben eine Aenderung 
hend erfahren, daß das Witwengeld während 
erfſten 5 Jahre der Anſtellung von 30% auf 
‘© des Ruhegehalts und der Mindeſtbetrag des 
geldes von 216 Mk. auf 300 Mk. erhöht 


Verordnung, die Ausführung des Jagd: 
ſgeſetzes, insbeſondere Anordnungen wegen 
Hegezeit betreffend, vom 29. April 1914 
(Reg.⸗Bl. Nr. 12, Seite 218). 
Unter Aufhebung einer Anzahl früherer Beſtim⸗ 
angen wird folgendes beftimmt: 


— 8 1. 
| | Die allgemeine Hegezeit in Wald und Feld beginnt 
u dem 1. Februar einſchließlich und endigt mit dem 
$l. Auguft einſchließlich. 
Von ber allgemeinen Hegezeit beſtehen — außer 
in dem Artikel 30 des Jagſtrafgeſetzes vom 
a 1893 angeführten — die nachfolgenden Mus- 
dmen: 
1. die Hegezeit für weibliches Rehwild beginnt 
-1 mit dem 15. Dezember und endigt mit dem 
15. Oktober; 
2. die Hegezeit für männliches Rehwild beginnt 
mit dem 15. Dezember und endigt mit. dem 
30. April; 
3. die Hegezeit für den Dachs beginnt mit dem 
‚1 15. Februar und endigt mit dem 15. Mai; 
| 4. die Hegezeit für Hafen beginnt mit dem 1. Fe: 
Tb bmmar und endigt mit dem 30. September; 
| 5. die Hegezeit für Auer⸗, Rackel⸗, Birk⸗, Hafel:, 
Faſanen⸗ und Truthennen beginnt mit dem 
1. Februar und endigt mit dem 15. September; 
6. die Hegezeit für Auer⸗, Rackel⸗, Birk, Hafel:, 
Yalanen= und Truthähne beginnt mit dem 
| 1. Juni und endigt mit dem 15. September; 
7. die Hegezeit für Enten beginnt mit dem 1. Fe⸗ 
| bruar und endigt mit dem 15. Juli; 
V. die Hegezeit für Waldſchnepfen beginnt mit 
| dem 1. April und endigt mit dem 15. September; 


> 
p= | 


9 die Hegezeit für Sumpfſchnepfen, Trappen, 
Brachvögel und Kiebitze beginnt mit dem 
16. April und endigt mit dem 15. Juli; 

W. die Hegezeit für Rebhühner beginnt mit dem 
l. Dezember und endigt mit dem 31. Auguſt; 


287 


— 


11. die Hegezeit für den Star beginnt mit dem 
1. Februar und endigt mit dem 31. Juli, die 
bezeichneten Tage jedesmal mit einbegriffen; 

12 die Hegezeit für Muffelwild wird bis auf wei⸗ 
teres auf das ganze Jahr ausgedehnt. 

83. 

Es bleibt vorbehalten, aus forſt⸗ und feldpolizei⸗ 
lichen Gründen die Hegezeit für einzelne Wildarten 
vorübergehend aufzuheben. 

Mit dieſer Neuordnung der Hegezeiten ſind die 
Wünſche der Jägerwelt größtenteils erfüllt worden. 


3. Geſetz, die Teilung von Grundſtücken be— 
treffend, vom 23. Mai 1914 (Reg.⸗Bl. Nr. 14, 
Seite 235). 

Nach dem Artikel 94 und Artikel 95, Abſ. 2 des 
Geſetzes, die Ausführung des Bürgerlichen Geſetzbuches 
betr., vom 17. Juli 1899 ift eine Tilung von Grund: 
ſtücken (ausgenommen Weinberge, Gartengelände, Objt: 
baumſtücke, Kraut- und Gemüfeländer, ſowie Grund: 
ſtücke, die zu öffentlichen Zwecken oder zu Hofraiten 
abgetreten werden), nur inſoweit zuläſſig, als hier⸗ 
durch keine ſelbſtändigen Teilſtücke unter 10 Ar Acker⸗ 
oder 6 Ar Wieſengelände und unter 50 Ar Wald- 
gelände gebildet werden. 


Von dieſen Beſtimmungen kann jetzt Befreiung 
bewilligt werden. Zuſtändig iſt für Acker⸗ und Wieſen⸗ 
gelaͤnde das Großh. Miniſterium des Innern, für 
Waldgelände das Großh. Miniſterium der Finanzen. 
Wird die Befreiung nachträglich bewilligt, ſo iſt die 
Teilung von Anfang an als gültig anzuſehen. 


4. Verordnung, die Abänderung der Verord— 
nung über die Tagegelder, Reiſekoſten und 
Umzugskoſten der Zivilbeamten vom 9. Sep: 
tember 1879 betr., vom 27. Juni 1914 (Reg.⸗Bl. 
Nr. 15, Seite 247). 

Seither beſtand Anſpruch auf Entſchädigung dann, 

| wenn das Geſchaͤft einſchließlich der Zeit für Hin- und 
Rückweg einen Zeitaufwand von mehr als 3 Stunden 

erfordert hat. Erforderte das Dienſtgeſchäft einen 
Zeitaufwand von über 3, jedoch unter 6 Stunden, ſo 
war die Hälfte des Tagegeldes anzuſetzen. Dieſe Zeit⸗ 
grenzen ſind auf 4 Stunden, bezw. über 4, jedoch 
unter 8 Stunden hinaufgeſctzt worden. 


5. Geſetz, Aenderungen des Geſetzes vom 
17. Januar 1901, die Dienſtbezüge der ſtaat— 
lich beſtätigten Forſtwarte betr., vom 29. Juli 

1914 (Reg.⸗Bl. Nr. 28, Seite 317). 

Das ſ. Zt. im Juliheft 1902 der Allgem. Forſt⸗ 
und Jagdzeitung ausführlich beſprochene 190 ler Ge- 
ſetz brachte den ſtaatlich beſtätigten Forſtwarten den 
lang erſehnten geſetzlichen Anſpruch auf Gehalt, Ruhe 


J ˙ en 


228 


gehalt, Witwen⸗ und Waiſenverſorgung. Im allge⸗ 
meinen betrug der Gehalt 70% p des Gehalts eines 
Domanialforſtwarts. Grundlegend waren die Beſtim⸗ 
mungen des Geſetzes vom 9. Juni 1898, die Beſol⸗ 
dungen der Staatsbeamten betreffend. Als nun das 
unter 1. beſprochene Geſetz vom 21. März 1914 den 
Staatsbeamten eine Aufbeſſerung ihrer Bezüge brachte, 
konnte dieſe Aufbeſſerung nicht kurzer Hand auch den 
durch das Geſetz vom 17. Januar 1901 betroffenen 
Beamten zugebilligt werden, da im letzteren ausdrück⸗ 
lich die Gehaltsſätze des 1898er Beſoldungsgeſetzes er: 
wähnt waren. Es mußte deshalb für die ſtaallich 
beſtätigten Forſtwarte = Kommunalforſtwarte ein 
neues Geſetz erlaſſen werden. Deſſen Artikel 3 heißt 
jetzt: 

„Der Gehalt der Kommunalforſtwarte in Forſt⸗ 
warteien mit 300 Hektar oder mehr Waldflaͤche 
bemißt ſich nach den Vorſchriften, die für die Dienſt⸗ 
bezüge der Domanialforſtwarte jeweils gelten.“ 

Da nach dem gleichfalls anders gefaßten Artikel 4 
dieſer Grundſatz auch bei den Forſtwarten mit weniger 
als 300 ha Waldfläche ſinngemäße Anwendung findet, 
ſo bedarf es in Zukunft keines neuen Geſetzes, um bei 
einer etwaigen Erhöhung der Gehalte der Domanial⸗ 
forſtwarte auch die Bezüge der Kommunalforſtwarte 
hinaufzuſetzen. 

Das Geſetz iſt in ſeinem neuen Wortlaut — wo⸗ 
bei auch der Sprachgebrauch des Forſtverwaltungs⸗ 
geſetzes vom 15. April 1905 übernommen wurde — 
Seite 319— 323 des Regierungsblatts von 1914 ab: 
gedruckt. 


6. Verordnung, die Jagdwaffenpaffe betr. vom 
19. Auguſt 1914 (Reg.⸗Bl. Nr. 36, Seite 465). 
Die Vorſchriften in § 7, Abſatz 2 der Verord⸗ 
nung vom 30. Juni 1894 werden dahin erweitert, 
daß in der Provinz Rheinheſſen und im Kreiſe Groß⸗ 
Gerau Jagdwaffenpäſſe auf Inhaber nur mit aus⸗ 
drücklicher Genehmigung des zuſtändigen Kreisamts 
an Ausländer abgegeben werden dürfen. 
Die Verſchärfung der Vorſchriften erfolgte aus 
militäriſchen Rückſichten (Bereich der Feſtung Mainz). 
Da die Jagdwaffenpaß⸗Verordnung in den letzten 
Jahren verſchiedene einſchneidende Abänderungen er⸗ 
fahren hat, ſo wurde die Regierung ermächtigt, den 
Text der Verordnung in der jetzt gültigen Faſſung 
bekannt zu geben. 
Dies geſchieht durch 


7. Bekanntmachung des Textes der Verordnung 

über die Jagdwaffenpäſſe vom 30. Juni 1894 

in der vom 16. Oktober 1914 an geltenden 

Faſſung, vom 4. November 1914 (Reg.⸗Bl. Nr. 
38, Seite 475). 


8. Bekanntmachung, Organiſation der 4 
förftereien betreffend, vom 9. Oktober f- 
(Reg.⸗Bl. Nr. 38, Seite 473). : 
In Friedberg hatten 2 Großh. Oberförig - : 
ihren Wohnſitz: Helbenbergen und Friedberg. - 
gehörte zu den 9 Oberförftereien. welche nach de 
ſchlüſſen bei der Beratung des 1912er Haupteg : 
ſchlags nur auf den Inhaber bewilligt wurden! : 
nach Erledigung nicht wieder beſetzt werden fo 
Da der Fall eingetreten iſt, wird durch die Beke 
machung die Großh. Oberförſterei Friedberg af 
hoben und aufgeteilt. Die ſeitherige Großh. R 
förfterei Heldenbergen zu Friedberg erhält die auf 
Bezeichnung Oberförſterei Friedberg. . 


9. Verordnung, die Ankerkuilenfiſcherei 
Rhein betreffend, vom 9. Juni 1915 (Rag — 
Nr. 13, Seite 163): 
Auf Grund der Artikel 15 und 47 des Ge 
vom 27. April 1881, die Ausübung und der Ed 
der Fiſcherei betreffend, wird beſtimmt: 


8 1. 

Der Fiſchfang mittelſt Ankerkuilen tft au ! 
Nebenflüſſen und Altwäſſern des Rheins nwi 
ebenſo 1 km oberhalb und 1 km unterhalb der ea. 
eines Altwaſſers im Rheinſtrom ſelbſt. 12 

82. | 

Der Fiſchfang mittelſt Ankerkuilen ift auf de 
Rhein in der Zeit vom 1. Dezember bis 15. IF., 
verboten und in der Zeit vom 16. Juli bis 30. 4 | 
vember nur unter folgenden Bedingungen geffatie $.. 

: 8 3. = 

Fiſchereibezirke mit einer Ausdehnung 

bis zu 1 km dürfen nur mit 1 Ankerkuile i" 

„ „ Uf = & a ‘dee. <2 Ankerkuilen J 
oe | ge. ce E . | 
über 10 „ „ Bu; 
befiſcht werden. . = 


wade 


9 4. Ne 5 

Mehr als zwei Schocker dürfen nicht beinnandet | > - 

liegen und zuſammen nicht mehr als zwei Anterkuim 1 5 

fiſchen. nn 

Jeder Schocker muß mit zwei Mann zur saat 

nung beſetzt ſein. . | | 
85. 


Die in $ 2 der Verordnung vom 14. Dehne Ie, 
1887 (Reg.:Bl. S. 303) vorgeſchriebene wbdenlli |» 
Schonzeit findet auf die Ankerkuilenfiſcherei keine An: x 
wendung. | 

8 6. 


Die Maschenweite des Ankerkullen- Schluß Bl 
in naſſem Zuſtande von der Mitte des noteri 


. 
wa, 
b 


229 


m Garn entlang gemeſſen — nicht weniger als 
15 em betragen. 


Das Schlußnetz muß durch eingeſpannte Reifen, 
die nicht mehr als 1 m Abſtand von einander haben 
sten, in einer ſolchen Stellung im Waſſer gehalten 
erden, daß ein Zerdrücken der Fiſche vermieden wird. 

Unmittelbar hinter dem letzten Reifen iſt das 
sklußnetz fo abzubinden, daß die Bildung eines Sadeg 
armöglich ift. 

87. 

Zuwiderhandlungen gegen die in 88 1—6 ent: 
taltenen Vorſchriften werden gemäß Artikel 64 des 
"iege vom 27. April 1881 mit Geldſtrafe bis zu 
w Mk. oder mit Haft beſtraft. 


. Verordnung, die Jagdwaffenpäſſe betref— 
ſend, vom 8. September 1915 (Reg.⸗Bl. Nr. 16, 
Seite 183). 


Es wird beſtimmt: 


1 


A. Jagdliches aus dem Schützengraben. 


Der Wildſtand des weſtlichen Operationsgebietes ift ſtrecken⸗ 
reife trotz der langen Stellungskämpfe noch überraſchend gut. 
Tan könnte auch fagen, er ift wieder gut. Denn zweifellos 
‘at fig das Nutzwild feit Herbſt 1914 erholt und ftar! ver: 
aal, wenigſtens die kleineren Wildgattungen. Beſonders 
ilig find die ſtarken Beſtände an Rebhühnern. Dies er: 
tät ſich daraus, daß die Jagd von unſeren Truppen überall 
Wali gehandhabt worden ift und daß andererſeits immerhin 
zeit Strecken in und vor den vorderſten Linien nicht Befaat 
für freilich oft in anderer Weiſe geftört) werden, fo daß ſich 
ut immerhin ſozuſagen kleine Schonreviere bilden. Ferner 
hlt das Gelände in vorderſter Linie ſehr reichhaltige Aeſung 
weil fid beiſpielsweiſe Hafer und andere Getreidearten überall 
nuch Natutverjüngung vermehrt haben. An dieſen ſelbſt angs 
Rialenen Nutzpflanzen kann man übrigens vom Graben aus 
bt intereſſante ökologiſche Studien machen, ebenſo wic an 
det natürli hen Beſiedelung zahlreicher Stellen verlaſſenen 
amade mit Holzgewächſen. Das weiter zurückliegende 
ame wird, wie all,emein bekannt, in echt deutſcher Sorg: 
catet ſoweit möglich beſtellt und bewirtſchaftet. Auch hier 
"abet nan hinreichend Wild und ſelbſtverſtändlich eine fad): 
mife Durchführung der Jagdpolizei, welche der volks⸗ bezw. 
de dwirſchafnichen Bedeutung der Jagd völlig gerecht wird. 

nfo fügt Aid) natürlich aud die Fiſcherei in den Rahmen 
niter wirtſchaſtlichen Maßnahmen ein. 

Mi dem Rebhukn findet fih gelegentlich die Ningel: 
5 „die Zwergtrappe, die Wildente. Im vorigen Herbſte fab 
auch große Flüge von Wildgänſen. Vom Haarnutzwild ift 
sire Gafe und Kaninchen am häufigſten. Erſterer auch in 
at er Linie als „Drahtverhauhaſe“ allgemein beliebt und 
Jutereſſe — beobachtet. 


51 hunk zahlreich tft das gefiederte Raubzeug. Verſchiedene 
i arten rütteln gerne nach Mäuſen uſw. über dem Draht⸗ 
m = tuben auf beffen Prählen aus. Die zahlreichen 


Artikel 1. 


Ein auf ſieben unmittelbar auf einander folgende 
Tage lautender Jagdwaffenpaß kann auch ohne den 
Nachweis des Beſitzes eines noch gültigen deutſchen 
Jahresjagdwaffenpaſſes jedem Reichsdeutſchen“ ausge: 
ſtellt werden, der freiwillig oder auf Grund der Dienſt— 
pflicht an dem gegenwärtigen Kriege teilnimmt, oder 
teilgenommen hat. ; 

Die Abgabe für einen Wochenjagdwaffenpaß für 
Kriegsteilnehmer beträgt 10 Mk., gleichviel ob der 
Antragſteller feinen Wohnſitz oder ſtändigen Aufent— 
halt in Heſſen, in einem anderen deutſchen Bundes— 
ſtaat oder im Ausland hat. 


Artikel 2. 


Dieſe Verordnung tritt mit dem Tage der Ver— 
kündigung im Regierungsblatt in Kraft und erliſcht 
mit dem Wiedereintritt des Friedens. 


(Fortſetzung folgt.) 


N otize n. 


(jetzt bei uns durch energiſche Vertilgung ſehr verminderten) 
Mäuſe und Ratten ſowie die Ruinen der an der Froni liegen⸗ 
den Gebäud: mögen auch dazu beitragen, daß ſich verſchiedene 
Eulenarten beſonders häufig zeigen. Oder es wird einem 
deren Häufigkeit nur beſonders auffällig, weil wir alle mit⸗ 
einander nachts weit mehr als im Frieden alle Sinne anſpannen 
und ſchärfen müſſen. A. M. 


B. Forſtliche Vorleſungen an den Hochſchulen im 
Winterſemeſter 1916/17, 
I. Univerſttät Gießen. 

Prof. Dr. Weber: Einführung in die Forſtwiſſenſchaft, 
einſtündig. — Forſtbenutzung II. Teil, vierſtündig. — Forſt⸗ 
politik II. Teil, vierſtündig. — Konverſatorium über forſtliche 
Produktion elehre und die Forſtverwaltungsfächer, einſtündig. 
— Nraktiſcher Rurfus über Forſtbenutzung und Technologie 
(Exkurſionen) am Samstag Nachmittag. — BWeivatdogent Dr. 
Baader: Holzmeßkunde mit Uebungen im Walde, dreiſtündig. 
— Uebungen auf dem Gebiete der Waldwertrechnung und 
Statik, einſtündig. 

Außerdem zahlreiche Vorleſungen aus den Gebieten der 
Mathematik, der Naturwiſſenſchaſten, der Rechte kunde, Volfs- 
wirtſchaftslehre, Finarzwiſſenſchaft Landwirtſchaft uſw. 

Beainn der Immatrikulation am 16. Oktober, der Vor: 
leſungen am 23. Oktober. — Das allgemeine Vorleſungsver⸗ 
zeichnis kann vom Univ.⸗S fretartat bezogen werden. 

Für Vorleſungen uſw. derjenigen Dozenten, welche wie 
die beiden der Forſtwiſſenſchaft im Heere ſtehen, lann keine 
Gewähr geleiſtet werden. Jedoch wird nach Möglichkeit für 
Vertretung geſorgt. 

II. IIniverſität München. 

Geh. Hofrat Dr. Brentano: Wirtſchaftsgeſchichte, fünf⸗ 
ſtündig. — Prof. Dr. Endres: Forſtpoliktik, fünfſtündig; 
Waidwerty Hung und forſtl. Statik, vlerſtündig; Uebungen 

31 


hiezu; Einführung in die Forſtwiſſenſchaft, dreiſtündig (mit 
Lehrwanderungen). — Prof. Dr. Lotz: Allgem. oder theore⸗ 
tiſche Volk⸗wirtſchaftstehre, fünfſtündig: Finanzwirtſchaft, fünf: 
ſtändig. — Prof. Dr. Ramann: Bodenkunde mit Lehrwan⸗ 
wanderungen, fünfſtündig; Bodenkundl. Praktikum für Geüb⸗ 
tere, täglich und halbtäglich; kleines bodenkundliches Prakti⸗ 
kum. — Prof. Dr. Freiherr von Tubeuf: Anatomie und 
Phyſiologie der Pflanzen, vierſtündig; Mikroſkopiſches Prakti⸗ 
lum. — Prof. Dr. Schüpfer: Forſteinrichtung, fünſſtündig; 
Baum- und Beſtandsmaſſenermittelung, dreiſtündig; Praktiſche 
Uebung in Verbindung mit Lehrwanderungen. — Prof. Dr. 
Fabricius (z. Z. beim Heere): Waldbau, ſechsſtündig mit 
Lehrwanderungen. — Prof. Dr. Eſcherich: Forſtzoologle 
I. Teil: Wirbeltiere, vierſtündig; Praktiſche Uebungen; Leitung 
wiſſenſchaftlicher Arbeiten. — Prof. Dr. Willſtätter: Anor- 
ganiſche Experimenchemie, fünſſtündig. — Prof. F. Brunn: 
Elemente der höheren Mathemathik und der darſtellenden Geo⸗ 
metrie, vierſtündig. — Prof. Dr. Jaffe: Oekonomiſche Bolis 
tik II. Teil: Gewerbepolitik und gewerbliche Arbeiterfrage, 
zweiſtündig. — Prof. Dr. Leonhard: Ockonomiſche Politik 
J. Teil: Argrarpolitik, zweiſtündig. Privat⸗Doz. Dr. 
Schmauß (3. Zt. beim Heere): Allgemeine Meteorologie und 
Klimatologie, vierſtündig. 
III. Univerſilät Büdingen, 

Prof. Dr. v. Bühler: Einleitung in die Forſtwiſſenſchaft, 
zweiſtündig mit Uebungen und Exkürſionen. — Waldbau J, 
dreiſtündig mit Uebungen und Exkurſionen. — Exkurſionen und 
Uebungen, insbeſondere für Kriegsteilnehmer. — Prof. Dr. 
Wagner (3. Zt. im Heere): Waldwertrechnung, dreiſtündig 
mit Uebungen. — Forftihug, dreiſtündig. — Seminarübungen, 
dreiſtündig, und Exkurſionen am Donnerstag und Samstag. 

Sonſtige Vorleſungen wie ad J. 

Anfang des Winterſemeſters: 16. Oktober. — Schluß: 
14. März. 


IV. Gechniſche Hochſchule Karlsruhe. 
Abteilung für Forflwefen. 

Demoll: Zoologie, Fiſcherei. — Engler: Anorgan. 
Chemie, Praktikum. — Klein: Botanik. Pflanzenkcankheiten, 
Praktikum. — Lehmann: Phyſik. — Paulcke: Geologie II. 
Mineralogie. — Schultheiß: Melerologie. 

Bürgin: Planzeichnen. — Haid: Prakt. Geometrie. 
Noether: Mechanik. 

Hausrath: Forſtpolitik,⸗ verwaltung, Waldwegbau. — 
Helbig: Bodenkunde. — Müller: Einführung in die Forſt⸗ 
wiſſenſchaft, Holzmeßkunde, Forſtelnrichtung II, Waldwerkrech⸗ 
nung. — Siefert: Waldbau I, Forſtbenutzung. — Wim- 
mer: Das Holz. Cronberger: Landwirtſchaft. — 
Drach: Wieſenbau. — Flügel: Baukonſtruktionen — G. 
Fuchs: Biologie. . 

P. Fuchs: Soz. Geſetzgebung. — Lewald: Verfaſſungs⸗ 
und Verwaltungsrecht. Mainhard: Bürg. Recht. — 
v. Zwiedineck: Volkswirtſchaftslehre, Geld, Bank, Trang- 
portweſen. 

Beginn 10. Oktober. 

Auskunft durch den Abteilungsvorſtand Prof. Dr. Hausrath. 
V. - VII. Die Torſtakademieen Eberswalde, Münden und 
Tharandt. 
bleiben bei Fortdauer des Krieges vorausſichtlich geſchloſſen. 

Andernfalls ſolgt noch beſondere Anzeige. 


C. Der Präſident des Kriegsernährungsamtes an 
die Bundesregierungen.) 

Die vielſeitigen Aufgaben der Volkscrnährung im gegen» 

wärtigen Kriege laſſen es erwünſcht erſcheinen, auch die Nutz⸗ 


— 


varmachung der im Walde koſtenlos fid bier 
den Nährſtoffe durch geeignete organiſatoriſche Maßnah 
ſo wirkſam als möglich zu geſtalten. 

Neben anderen Fragen bedarf vor allem die in Kürze a 
ſetzende 

Beeren⸗ und Pilzernte 
einer baldigen Regelung nach einheitlichen Grundſätzen in oig 
Teilen des Reiches unter Berückſichtigung der in den einzel 
Landesteilen geltenden beſonderen geſetzlichen Beftimmunzd' 
und bereits erlaſſenen Verordnungen. j 

Im Intereſſe einer möglichſt vollkommenen Ausnugunf 
der Beeren⸗ und Pilzernte wie auch dem Schu 
des Waldes ſelbſt gegen unberechtigte Uebergriffe wird 
am beiten dienen, wenn Staat, Gemeinden und Privat 
allen berechtigten Wünſchen der ſammelnden Bevölkerung 
gleichem Maße entgegenkommen, insbeſondere derſelben d 
ihre Forſtverwaltungen geeignete Erntegebiete gumeijen 
die Ueberwachung der Sammler im Walde ſelbſt in die 
nehmen. ) 

Hierfür bietet die Ausgabe nicht übertragbarer, ei ba,- 
Inhaber lautender Ausweisſcheine, die je nach Herbuna} 
unentgeltlich oder gegen eine geringe Anerkenntnisgebühr ak, 
gefertigt werden, eine geeignete Handhabe für dee Kon tolle 
der Sammler durch die Forſtbeamten des äußeren Dienstes! 
oder ſonſtig dafür beſtellte Aufſichtsperſonen, wie Feldhiter: . 
Vorarbeiter, Kriegsbeſchädigte u. a. 5 

Das Verfahren gibt die Möglichkeit, einerſeits Arbeit 
kräfte, die volkswirtſchaſtlich anderweit nützlicher zu vewende: 
find, fernzuhalten, andererſeits der Begehung von Fer? 
und Jagdfreveln verdächtige oder bereits vorbeſtaft Per- 
ſonen durch Verſagung des Ausweisſcheines vom Walde aun, 
zuſchließen. 

Die Ausſtellung ſolcher auf den Inhaber lautender Au- 
weiſe wird in der Regel auf die erwachſenen Mitglieder einet 
Familie beſchränkt werden können, während für Kinder die 
Ausgabe gewöhnlicher Beerens und Pilzzettel, wie ſolche kits 
her ſchon vielerorts üblich waren, ausreichend fein dürfte. 

In ſolchen Landesteilen, in denen eine geſetzliche Gor 
habe für die O ganiſation der Beerens und Pilzernte ſelü. 
wird zu erwägen fein, inwieweit mit Rückſicht auf den be 
ſtehenden Kriegszuſtand die Mitwirkung der Generale 
tommandos durch Erlaß einer Anordnung für die Muh. 
gabe von Ausweisſcheinen ausnahmsweiſe angerufen werden 
kann. ' 

Es wird ferner eine Regelung des zeitlichen dr. 
ginns der Beerenernte, um einer unwirtſchaſtlichen Aus 
beutung vor Eintritt der vollen Reife vorzubeugen, durch po 
lizeiliche Verordnung, inſoweit dieſe noch nicht geſchchen Ku 
ſollte, unverzüglich in Ausſicht zu nehmen ſein. u 

Juwiewelt eine Feſtſetzung von Höchſtpreiſen, ints 
befondere für Heidelbeeren in Ausſicht zu nehmen iff muß e 
Entſcheidung der Landesbehörden von Fall zu Fall 1 | 
bleiben. Es werden hierbei im Weſentlichen uur ſolche aH: : 
ins Auge zu ſaſſen fein, in denen bejonters durch Auffäule 
Preistreibereien in einem Maße ftatifinden, bab die nalen 
Verſorgung der Bevölkerung, kommunalen Verbände un | 
Militärbehörden in Frage geſtellt wird, und in denen mi OP 
Beſtimmungen der Bundesratsverordnung gegen übermäbit i 
Pre'Sfteigerung nicht geholfen werden kann. EEE, 

Von einer Beſchränkung der Beerenerute auf bekim 
Präfdenlen 
Veröffen⸗ 
D. Red. 


1) Dieſer und die beiden folgenden Erlaſſe des 
des Kriegs-Ernährungsamtes find uns von da zur 
lichung zugegangen. 


2 


fend 


rax in der Woche ift im Intercſſe einer möglichſt ausgicbigen 
ivsaugung derſelben abzuſehen. 

Erwünſcht iſt ferner beim Vollzug der Beeren⸗ und Pilz⸗ 
arte eine rege Beteiligung der Schulen, für welche 
ve Freigabe ſowohl einzelner Schultage als auch die Gewäh⸗ 
mn formlider Ferien in Ausſicht zu nehmen ift. 

Auch werden die Militärverwaltung darum anzugehen 
ei Hr die Lazarette die Anordnung zu treffen, daß diefe 
ig an dem Einbringen und der Verwertung der Beeren⸗ und 
Aazernte beteiligen. 

Den Privatwaldbeſitzern wird, inſoweit dieſe mit 
tidigt auf die Kriegslage nicht ſchon aus eignem Antrieb 
du beeren⸗ und pilzſammelnden Bevölkerung die erforderlichen 
Kleichterungen für das Betreten des Waldes gewähren, in 
wieter Form durch die dazu beruſenen Behörden nahe zu 
ten fein, ſich den für die Staats⸗, Gemeinden uſw. Wals 
bargen getroffenen Anordnungen — unbeſchadet des Rechts 
kr Selbſtgewinnung der auf dem eigenen Waldgrund wach: 
aden Beeren und Pilze — ſinngemäß anzuſchließen. Den 
tenet in Betracht kommenden größeren Kommunalverbänden 
sid zu empfehlen fein, die erforderlichen Anordnungen zur 
einrichtung von Sammelſtellen, wie dies mehrfach 
‘tea üblich ift, ſowie nötigenfalls auch von Trocken⸗ 
anlagen zu treffen und insbeſondere der Abwickelung des 
Zuiſchenhandels (Unternehmer, Aufkäufer, Konſerven⸗ 

werte) durch behördliche Aufſicht wie durch Bee 
Rellung von Vertrauensperſonen ein Augenmerk gus 
renden, um PreiStreibereien, Zurückhaltung der Ware, 
Fſchngen uſw. rechtzeitig aufdecken und verhindern zu können. 

Die Gemeindebehörden werden ferner für den Bedarf 
det Nilitärbehörden dahin zu wirken haben, daß den von 
‘een bezeichneten Abnahmeſtellen für Beeren und Pilze die 
angeforderten Mengen raſch und vollſtändig zugeführt werden. 

Auch die Eiſenbahnverwaltungen werden bei der Ver: 
ong der Beeren und Pilze um ihre Mitwirkung im In⸗ 
wa einer raſchen Abwickelung des Verſandgeſchäfts zu ers 
iudeu fein, 

Jir den Vollzug der Pilzernte liegen die Vers 
fe mehrfach anders als für die Beerenernte. Während 
tit legtere fih meiſt in kürzerer Zeit abzuwickeln pflegt, ver- 
kt ſich die Pilzernte auf die geſamte wärmere Jahreszeit, 
unerhalh deren nur beſtimmte, meift von der Witterung abs 
tingige Zeitabſchnitte eine lobnende Ernte zu gewähren pflegen. 

Die kurze Lebensdauer der Pilze erfordert außerdem, wenn 
con Ertrag voll ausgenutzt werden fon, eine beſondere Orts— 
annia, Aufmerkſamkelt und Rührigkeit der Sammler. 


| Der Sammler muß daher über eine fichere Kenntnis aller 

vitir Arten verfügen, um einerſeits alle wertvolleren 
Eptiſpilze bei der Ernte berückſichtigen zu können, anderer⸗ 
eis aber alle untauglichen und insbeſondere giftigen Pilze 
int Vermeidung von Unglücksfällen auszuſcheiden. 

Trog der ſeither in auerkennenswerter Weiſe und mit 
nacſendem Erfolg durch Behörden, Schulen, wlſſenſchaftlichen 
baren ngen, Gebirgs- und Wandervereine, Hausfrauen: 
: me und andere Private betriebenen Aufklärungen 
0 Boltstretf e ift heute noch mancherorts die Kennt» 
Ge wichtigeren etaren und giftigen Pilze wenig ver- 
ir ar namentlich das Mißtrauen der Bevölkerung gegen 
ai 1 noch nicht beſeitigt. Ich darf in dieſer Hinſicht 
al ie enliegenbe Schrift: „Bedeutung der Pilze für die Volks⸗ 

mabtung“ von W. Obermeyer empfehlend hinweiſen. 


innen beat wird, daß 1 Kilo frischer Pilze i A. einem 
tert von 100 Gramm Fleiſch entspricht, und daß alljähr: 


31 


lich bedeutende Mengen wertvoller Pilze infolge der beſtehen⸗ 
den Hemmungen ungenutzt verloren gehen, ſo muß es als ein 
beſonders dringliches Gebot der gegenwärtigen Krlegszeit ane 
geſehen werden, daß Behörden, Schulen und Private 
zur Aufklärung weiter Volkskreiſe erneut und mit beſonderem 
Nachdruck beitragen. 

Allgemein wird für die Verbreitung von guten Pilz: 
tafeln und Belehrungsſchriften durch die zuſtändige Be⸗ 
hörden in erhöhtem Maße Sorge zu tragen, demnächſt die 
Kenntnis der Pilze durch Vorträge, Unterrichtskurſe, 
Pilzausſtellungen, Pilzwanderungen unter ſachkun⸗ 
diger Führung zu fördern ſein. Gleichzeitig iſt auf eine ge⸗ 
eignete Unterweiſung der Frauen in der Verwertung der Pilze 
durch Mitwirkung der Haushaltungsſchulen, Frauen⸗ 
vereine und Landesvereine vom Roten Kreuz hinzu⸗ 
wirken. Auch die naturwiſſenſchaftlichen Vereine, die 
Gebirgs⸗ und Wandervereine, die Jugendorgani⸗ 
ſationen und ſonſtigen Vereinigungen dieſer Art werden 
bereit ſein, ſich in den Dienſt der guten Sache zu ſtellen und 
zur Aufklärung weiterer Kreiſe beizutragen. 

Eine wiſentliche Aufgabe der Forſtverwaltungen 
wird darin zu erblicken ſein, nach vorgängiger Unterweiſung 
der Lokalforſtbeamten an der Hand von Pilztafeln, Merk⸗ 
blättern, Belehrungsſchriften uſw. neben einer allgemeinen Auf: 
klärung in den ländlichen Bezirken dafür Sorge zu tragen, 
daß der Bevölkerung geeignete Ernteorte im richtigen 
Zeitpunkt zugewieſen werden, damit ein planloſes Abſuchen 
des Waldes an ungeeigneten Orten und zu ungeeigneten Zeiten 
vermieden wird. 

Die örtliche Waldaufſicht wird ferner ihr Augenmerk da⸗ 
rauf zu richten haben, daß die Pilze pfleglich geſammelt, 
insbeſondere die größeren Edelpilze nicht ausgeriſſen, ſondern 
abgeſchnitten, und allgemein nur geſunde Pilze bezw. Pilzteile 
durch Verleſen und Reinigen am Sammelort gewonnen werden. 

In den größeren Städten wird auf eine ausgiebige 
Verwendung der Pilzkoſt für die Kriegsküchen zum Zweck 
der Maſſenſpeiſungen hinzuwirken ſein. Dabei iſt darauf hin⸗ 
zuweiſen, daß die Abfälle von Pilzen oder ſonſtig in ganzen 
Stücken ausgeſchiedene, für die menſchliche Nahrung minder 
taugliche Arten ſich vorteilhaft zur Verfütterung an 
Hühner und Schweine eignen. Ebenfalls ſollten, wo wegen 
zu weiter Entfernung der Sammelorte oder aus ſonſtigen 
Gründen ein Verſand nicht angängig iſt, die für die menſch⸗ 
liche Ernährung nicht mehr benötigten Pilze durch Dörren 
(Backöfen, Ziegeleien uſw.) zu Hühnerfutter verarbeitet werden. 

Dringlich erſcheint endlich eine verſchärfte Auſſicht 
des Handels mit friſchen Pilzen und Pilzkonſerven — ge⸗ 
trocknete Pilze, Pilze in Büchſen, Extrakte für Suppen uſw. — 
durch die zuſtändige Polizeibehörden. Neben einer Kontrolle 
des Kleinhandels wird beſonders die Marktaufſicht 
ſorgſam zu handhaben fein, damit minderwertige oder geſund⸗ 
heitſchädliche Ware vom Verkehr ferngehalten wird. 

Den vielfachen Fälſchungen von Pilzkonſerven wird durch 
Auſſchriftzwang nach der Verordnung vom 18. Mai 1916 
(ReihesGefegbl. S. 380) über die äußere Kennzeichnung von 
Waren vorzubeugen ſein. 

Das Kriegsernährungsamt ſieht bei der Kürze der Zeit 
und mit Rückſicht auf die in den einzelnen Landesteilen nach 
Recht und Herkommen verſchieden liegenden Verhältniſſe davon 
ab, über die Organiſation der Beeren: und Pilzernte beſondere 
Vorſchriften anzuregen, legt jedoch Wert darauf, daß 
den gegebenen Anregungen nach Möglichkeit Rech— 
nung getragen wird. Es rechnet außerdem auf eine Unters 
ſtützung durch die wiſſenſckaſtlichen Juſtitute der Hochſchulen 

31* 


232 


und der Landesverſuchsanſtalten für Qand- und Forſtwirtſchaft 
im Intereſſe der Erforſchung der Produktionsbedingungen der 
Bodenfrüchte des Waldes, namentlich auch des Pilzwachstums 
und der Möglichkeit ſeiner künſtlichen Förderung. 
Berlin, 27. Juni 1916. In Vertretung: 
Gez. von Braun. 


D. Der Präſident des Kriegsernährungsamtes an 
die Bundesregierungen. 

Der beſtehende Mangel an Fetten und Oelen macht 
es erforderlich, alle für eine nachhaltige Behebung desſelben 
ſich eignende Quellen ſo vollkommen als möglich zu erſchließen. 

Neben einer allgemeinen Vermehrung des Anbaucs von 
Oelpflanzen eröffnet ſich im Bereiche der Forſtwirtſchaft 
die Möglichkeit, durch eine ausgiebige Heranziehung der 
diesjährigen Eichen ſchälwaldſchläge zum Anbau 
von Raps (Winterraps, Kohlraps, Kohlſaat) zur Steigerung 
der Oelproduktion weſentlich beizutragen. 

Auf Grund der in den Königlich Bayriſchen Staats forſten 
der Pfalz in den beiden letzten Jahren bereits gemachten gün⸗ 
ſtigen Erfahrungen iſt eine alsbaldige Inangriffnahme größerer 
Anbauflächen auf allen geeigneten Böden des Eichenſchälwald⸗ 
betriebs nach Maßgabe der verfügbaren Vorräte an Saatgut 
in Ausſicht genommen. 

Die mir vorliegenden Gutachten ſprechen ſich über die 
Durchführbarkeit des Anbaues und den zu erwartenden Erute⸗ 
erfolg ſowohl vom forſttechniſchen als auch vom landwirtſchaft⸗ 
lichen Standpunkt gleichermaßen günſtig aus. 

Von der in der Reichsſtaliſtik vom Jahre 1900 auf 
446 537,2 ha ermittelten Geſamtfläche des deutſchen Eiche is 
ſchälwalds ſtehen heute nach Abzug der Umwandlungebeſtände 
und ſonſtiger für den Schälbetrieb minder in Frage kommender 
Niederwaldflächen noch annähernd 250000 ha zur Verfügung. 

Von dieſer Fläche entfallen auf: 

Kron⸗ und Staatsforſten annchernd 10 000 ha 


Gemeindeforſten A 90000 „ 

Stiftungsfarſten > 3C00 „ 

Genoſſenſchaftsforſten „ 32 000 „ 

Privatforſten i 115000 „ 
An der Geſamtfläche find beteiligt: 

Preußen mit eta 70 % 


Bayern „ „ e ah ee we. OR a 
Baden „ „ ie io Di 


Heſſen „ „ 5 „ 
Oldenburg,, „ be ies et ae ee 2 9:5; 
Elſaß⸗Lothringen mit etwa. . 2 u 
Die übrigen deutſchen Staaten, insbeſon⸗ 
dere Württemberg und Sachſen, mit 
zuſammen i 6 


Bei einem mittleren Umtrieb von 16 bis 17 Johren würde 
unter normalen Verhältniſſen die jährliche Schlagfläche rund 
15 000 ha betragen. Infolge des durch die Kriegslage ge⸗ 
ſteigerten Bedarfs an Gerbſtoffen kann jedoch mit dem Ein⸗ 
ſchlag einer gegenwärtig 2 bis 3 mal fo großen Fläche = etwa 
35 000 ha gerechnet werden. 

Da in den Hauptverbreitungsgebieten des Eichenſchälwalds 
großenttils auch die klimatiſchen Bedinc ungen für das Gedeihen 
des Rapſes gegeben ſind, ſo darf nach Abzug aller nach Lage 
und Boden oder aus ſonſtigen Gründen minder geeigneten Flächen 
auf eine anbaufähige Fläche von immerhin beachtenswerter 
Größe gerechnet werden. 

Um die für die Organiſation des Anbaues zu er⸗ 
greifenden Maßnahmen, da die Einſaat i. A. ſchon in 
der zweiten Hälfte des Monats Auguſt begonnen 


werden muß, rechtzeitig überſehen zu können, 
ich alsbald getrennt nach dem Befitzſtand Erhebungen 
anzuftellen: l 

1. welche Schälwaldfläche im Sommer 1916 über 

zum Abtrieb gelangt tft, 

2. welche Fläche hiervon nach Klima, Lage und Boden 

zum Anbau von Winterraps eignet. 

Im Beſonderen wären die Nachweiſungen fo einzmich 
daß auch die auf die engeren Erhebungsbezirke (Provin 
Regierungsbezirke, Kreiſe, Gemeinden, Forſtreviere uſw) 
fallenden Anteile erſehen werden können. Die für eine Ach - 
ſcheidung minder geeigneter Flächen maßgebend geweſenen @rüch . 
wären hierbei kurz zu erläutern. = 

Für den demnächſt auszuführenden Anbar 
die künftige Sicherſtellung der Ernte werden 
nachſtehenden Geſichts punkte zu beachten ſein: 

1. Die klimatiſchen Vorbedingungen ſind 
gegeben zu erachten, wenn ver Boden einen gut entwickelt 
Eichenſchälbeſtand getragen hat. Hierher wird in erſter Eiri 
die Mehrzahl der weſt⸗ und ſüddeutſchen Schälwaldgebite au 
einer mittleren Jahrestemperatur von 8 — 10 Celſius und nme, . 
ſeitigen Lagen bis zu 400 m Höhe zu rechnen ſein. f 

Aber auch noch in Mittels und Oſtdeutſchland, 3. B. Qr: 
nover, Sachſen, Schleſten werden noch vielfach ſich einne 
Standorte in milderen Lagen vertreten ſein. 5 

2. Hinſichtlich der Bodenbeſchaffenhe it bennett J 
der Raps einen lockeren, hinreichend frifden, mit Humm ge 
miſchten, mineralfraftigen Boden. Nach den in dem Has 8 
verbreitungsgebieten des Eichenſchälwaldes vornehmild dm -~- 
tretenen Grundgeſtein (Tonſchiefer, Grauwacke, Kobleranſen 
Rotliegendes, Buntſandſtein, Kalk, Porphyr u. a.) iR eh Gin 
reichender Mineralgehalt zumeiſt vorhanden. Der Verwitterung oe 
boden ſelbſt befindet fidh, fofern nur der Vorbeſtand hinein 
beſtockt war, in der Regel in günſtiger Verfaſſung, if reich m 
Stickſtoff und neigt in den auf den Abtrieb folgenden erf 
Monaten noch wenig zu Unkrautwuchs. Eine mehr ober wider 
reichliche, lofe Steinbemengung tft dem Gedeihen des Ravit 2 
nicht hinderlich. | 

3. Die Kultur des Rapſes ift auf allen Böden dieset u. 
verhältnismäßig leicht und ſicher ausführbar. Eine Düngen . 
iſt nicht erforderlich. = 

In den meiſten Fällen genügt eine Auflockerung des Bodens 
mit eiſernen Rechen, unter ſchwierigeren Verhältnissen me 
Zuhülfenahme eines 3 zinkigen Karſtes. Der Aufloderum en 
die Ginfaat, welche am beften breitwürfig mit S—10kg file ` 
ausgeführt wird, unmittelbar folgen. Der Samen wird alte : 
dann mit eiſernen Rechen leicht eingekratzt. a 

4. Die Koſten des Anbaus find im Vergleich nit ben 
feldmäßigen Anbau febr geringe. Der Bedarf m vn 
kräften ift daher ebenfalls nicht erheblich. Frauen- und aati > 
arbeit mit Unterſtützung durch einige wenige männliche Arbei ⸗/ 
kräfte dürfte ausreichend ſein. ae 

Bodenarbeit, Ausſaat und Bedecken des Samens nn a: 
im Mittel auf 20 Mk. der Wert des Saatguts auf 6 A) ' 
Geſamtkoſten der Beſtellung ſomit auf 25 Ml. für 1 hs fe, K 
ſchätzt werden. j 
5. Der Ernteertrag kann bei mäßiger ect. n 
immerhin 25 Zentner Körner, 40 Zentner Stroh und 8 1195 ms 
Schoten verarſchlagt werden. Unter günſtigen Verb eito 
werden Ernten bis zum 1¼ fachen Betrage der genannten S 
zu erwarten fein. 2: 

6. Für den Erntevollzug iſt die richtige eee | 
der 1. A. auf Ende Juni bis Anfang Gull fallenden Er i 


833 


m weſentlicher Bedeutung. Der Samen darf nicht zu reif 
in, da ſonſt Feim Schnitt Verluſte eintreten. 

7. Was die dem Rapsanban drohenden Schäden (ungün⸗ 
ge Winter, Erd floh, Glanzkäfer, Pilzerkrankungen) anbetrifft, 
find dieſe bei dem Anbau auf Schälwaldſchlagen vist größer, 
us auch bei feldmäßigem Anbau. x 

Was den Schaden durch Wild anbelangt, fo wird dieſem 
‚sch detſtärkten Abſchuß und Abwehrmaßnahmen (Verlappen, 
Meritter) rechtzeitig entgegen zu tieten fen. 

& Infor ſtwirtſchaftlicher Beziehung ift der Raps 
wim als einmalige Nutzung auf friſchen Schälſchlägen un: 
teeflid. 

Für die Organifation der Nutzung werden ver: 
ardene Wege je nach dem Beſitzſtand und den beſonderen wirt⸗ 
tigen Vechältniſſen einzuſchlagen fein. 

Die bei verhältnißmäßig geringen Anbaukoſten zu er⸗ 
zerenden günſtigen Ernteerträgniſſe laffen die Ueber: 
ahne des Anbaues durch den Wald beſitzer ſelbſt 
ed in erſter Linie geeignet erſcheinen. 

Ju den Kron⸗ und Staatsforſten, ebenſo in allen der 
Smatzaufficht unterſtellten Gemeinde: und Genoſſenſchaftsforſten, 
boie in den Stiftungsforſten dürften weſentliche Schwierig⸗ 
tem dieſem Verfahren nicht entgegenſtehen. 

Auch für den Privatforſtbeſitz dürfte in den günſtigen Aus⸗ 
idtm, welche der Rapsanbau als lohnende Zwiſchennutzung an 
nå ihon eröffnet, ein hinreichender Anreiz gegeben fein, wenn 
kleiczeing für eine ſachgemäße Aufklärung, namentlich auch im 
fuflichen Kleinbeſitz, durch alle beteiligten Behörden (Erlaß 
ca Bekanntmachungen, Belehrungsartikel in den in den länd⸗ 
iden Bezirken verbreiteten Zeitungen, Vorträge in den lond⸗ 
etihoftiihen Vereinen, Mitwirkung der Lokal⸗Forſtbeamten 
WA mündliche Werbearbeit u. a. m.) Sorge getragen wird. 

Inſoweit fic) in dem Beſitzſtand der Gemeinden, Genoſſen⸗ 
daiten, Stiftungen und beſonders der Privaten Schwierigkeiten 
meem ſollten, wird zu erwägen fein, inwieweit die Beſitzer 
‘ep beftimmt werden können, ihre diesjährigen Schälſchläge 
zen Gewährung eines angemeſſenen Pachlzinſes dem Staate 
aufs einmaliger Nutzung zu Rapsanbau zur Verfügung zu 
ilen, Weiterhin wäre auch die koſtenfreie Lieferung des Saats 
ates an Private in Betracht zu ziehen, wenn diefe zur Aus⸗ 
lie fid verpflichten und bereit erklären, daß bei entſprechendem 
Auzſall der Ernte die vorgelegten Koſten des Saatguts er⸗ 
hattet werden. 

Bas endlich die künftige Einbringung der Ernte 
aäbettifft, fo wird beſonders für die Rron- und Staateforſten, 
einderlichenfalls auch für die Gemeinde- und Genoſſe / ſckafis 
witen, fomte auf den im Privatbeſitz vom Staat in Pachtung 
sommeren Schlägen, der flächenweiſe Verkauf auf dem Ha m 

b innung durch den Käufer zu empfehlen fein. Es 
Diele befe Der fahren, wenn der Verkauf der Loſe rechtzeitig 
bor Beginn der Samenreife erfolgt, den Vorteil, daß die Gi» 
brigg der Ernte im richtigen Zeitpunkt bei günſtiger Witte⸗ 
rug gefichert wird. 

lber die Zuleitung der nächſtjährigen Samenernte an die 
Oalmüblen, die weitere Verwendung des gewonnenen Oels und 
3 wird der Erlaß beſonderer Beſtimmungen vore 


Weber die erörterten techniſchen, ökonomiſchen und organiſa⸗ 
leichen Fragen ſehe ich, inſofern noch Zweifel obwalten ſollten, 
weiteren Vorſchlägen entgegen. Die Mitteilung der Erhebungen 
pid mit Räckficht auf die kurze, bis zur Ausſaat nur noch zur 
1 ſtehende Zeit bis längſtens zum 25. Juli 1916 


Berlin, 29. Juni 1916. In Vertretung: v. Braun. 


E. Der Präſident des Kriegsernährungsamtes an 
die Bundesregierungen. 

Betr. Samenbezug für Rapsanbau auf Eichen⸗ 
ſchälwaldſchlägen uſw. 

Unter Bezugnahme auf mein Schreiben vom 29. Jun 
1916 B. 934 erſuche ich ergebeuſt, das für den Anbau von 
Wumterraps erforderliche Saatgut baldwöglichſt bei dem Krieg?» 
ansihuß für Oele und Fette in Berlin W 8, Franzöſiſche 
Straße 63-65 anzufordern. Für die örtliche Verteilung des 
Saatgutes an die Beſteller iſt es erwünſcht, daß Sammel⸗ 
ſtellen in den kommunalen Verbänden, Oberſörſtereien uſw. 
eingerichtet werden, von denen die Samenmengen an die ein⸗ 
zelnen Verwendungsſtellen weitergeleitet werden. Dieſe Sammel⸗ 
ſtellen find unter Angabe der für dieſe beſtimmten Samenmengen 
mit genauer Bezeichnung der Bolt und. Bahnſtation dem genann: 
ten Kriegsausſchuß bei Anforderung des Bedarfs mitzuteilen. 

Für die Berechnung des Samenbedarſs ift ein Hötftiag 
von 8 Kilogramm auf 1 Hektar zu Grunde zu legen. Der 
Preis für ein Kilogramm beträgt 0,75 Mk. Hinſichtlich der 
dem Erzeuger zu Gute kommenden Vergüuſtigungen wird noch 
auf die Beſtimmungen der „Bekanntmachung über den Verkehr 
mit Oelfrüchten und daraus gewonnenen Produkten vom 15. 
Juli 1915“ (ReidesGefegil. S. 438) und die „Bekanntmachung 
zur Aenderung derſelben vom 26. Juli 1916“ (Reichs ⸗Geſetzbl. 
S. 595) beſonders hingewieſen. Hiernach dürfen von der Ernte 
zur Herſtellung von Nahrungsmitteln in der Hauswirtſchaft 
des Lieferungspflichtigen bis zu 30 Kilogramm einbehalten 
werden. Außerdem werden dem Erzeuger, welchem auch die 
Käufer von Rapsernten auf dem Halm beſonders in den Staatz. 
forſten, Gemeindeforſten uſw. gleich zu achten ſind, auf je 100 
Kilogramm abgelieferten Samen auf Antrag für den eigenen 
Bedarf bis zu 35 Kilogramm Oelkuchen von der Bezugsver⸗ 
einigung der Deutſchen Landwirte geliefert werden. 

Bei der Ueberweiſung des Saatgutes an die einzelnen 
Beſteller wird noch darauf zu achten fein, daß der gelieferte 
Samen auch ausſchließlich und vollſtändig für den Anbau, 
zu dem fidh diefe bereit erklärt haben, verwendet wird. 

Berlin, 24. Juli 1916. In Vertretung: v. Braun. 


F. Ueber die Bedeutung der Waldweide, Gras- und 
Futterlaubnutzung für die Viehhaltung im Kriege. 
Von Profeſſor Dr. Borgmann.) 

Die in letzter Zeit mehrfach in der Tag spreſſe — fo u. a. 
in einem „Vieh in die Wälder“ überſchriebenen Artikel in 
„Der Tag“ vom 11. Juni d. J., 1. Beiblatt — hervorgetretenen 
Anregungen zur Linderung der beſtehenden Futternot durch 
die Gewährung der Waldweide, Gras- und Futterlaubnutzung 
verkennen, ſo erwünſcht auch eine ausgiebige Heranziehung der 
Futtermittel des Waldes für die Erhaltung der Viehbeſtände 
an ſich iſt, zumeiſt das Weſen und den wirklichen Wert der 
genannten Nutzungen und gelangen nicht felten zu Vorſchläger. 
die unausführbar find. 

So ſpricht z. B. der oben genannte Artikel von einem 
Futterreichtum der Wälder, der in ungeheuren Mengen 
jährlich zu Grunde geht, hunderttauſende von Rindern, 
Schweinen, Schafen und Ziegen könnten ſich hier 
ernähren, aber niemand kümmere ſich um dieſe zwecklos 
herangereiften nationalen Schätze. Es ſei eine ſträfliche, un⸗ 
begreifliche Vernachläſſigung, die hier vorliege. Die Regierung 
habe zwar eine lauwarme Erlaubnis für den Vit heintrieb ges 
geben, die Forſtbeamten ſeien aber nicht überall beſonders ent⸗ 


gegenkommend, und die Landwirte betrieben die Sache auch 


1) Forſttechniſcher Referent im Kriegsernährungsa nt. 


234 


nicht ſo, wie ſie es verdient, weil die Stallfütterung bequemer 
und überſichtlicher ſei. 

Endlich betont der Artikel, daß auch auf dieſem Gebiet 
eine ſehr lohnende Aufgabe für Herren von Batodi 
zu liegen ſcheine. | 

So erheblich die in dem Artikel zu Tage tretende Ueber⸗ 
ſchätzung der Bedeutung der Waldweide, Gras und Futterlaub⸗ 
nutzung iſt, ſo unberechtigt ſind die gegen die beteiligten Be⸗ 
hörden, wie gegen die Landwirte erhobenen Vorwürfe. 

Daß im übrigen die Reichsregierung auch ſelbſt der Frage 
der Nutzbarma hung der im geſamten deutſchen Walde ſich bie- 
tenden Nähr⸗ und Futterſtoffe nach wie vor Rechnung zu tragen 
geſonnen iſt, geht ſchon daraus hervor, daß für die Bearbeitung 
aller einſchlägigen Fragen ein beſonderes Referat für 
Forſtwirtſchaft in dem neu gebildeten Kriegsernäh⸗ 
rungs amt eingerichtet worden ift. 

Durch die Verordnung des Bundesrats vom 13. April 
1916 iſt ſeither ſchon eine ſogar zwangsweiſe Gewährung der 
Viehweide angeordnet worden, beſondere Maßnahmen der 
Einzelſtaaten zur Gewährung von Gras, Futterlaub und Wald: 
weide ſind ebenſalls getroffen. 

Wenn es ſomit an einem Entgegenkommen der Behörden 
nicht gefehlt hat, fo werden die Gründe für eine trotzdem in 
nur geringem Maße hervorgetretene Neigung der Landwirte, 
ſich die Futtermittel des Waldes in größerem Maßſtabe zu 
Nutze zu machen, in der Sache ſelbſt zu ſuchen ſein. 

Was zunächſt die Waldweide anbetrifft, ſo ſteht einer 
ausgiebigen Ausnutzung derſelben in Zeiten der Not ein weſent⸗ 
liches Bedenken in forſtwirtſchaftlicher Beziehung nicht entgegen, 
wenn auch manche für den Wald damit verbundenen Nachteile 
und Schäden mit in Kauf genommen werden müſſen. Daß 
alle Jungwüchſe, welche vom Weidevieh meiſt ſtark zertreten 
und verbiſſen werden, ausgeſchloſſen werden müſſen, iſt eine 
billige Forderung im Intereſſe des Waldes ſelbſt, über deſſen 
Pflege als eines unſerer wertvollſten nationalen Güter ſich die 
Parieien ſonſt meiſt einig zu ſein pflegen. 

Die Schwierigkeiten der Waldweide liegen aber nicht in 
dem Weſen der Waldwirtſchaſt, ſondern in den meiſt nur bes 
dingten Erfolgen des Vieheintriebs ſelbſt begründet. Die 
Möglichkeit einer ohne Nachteile für das einzutreibende Vieh 
zu betreibenden Waldweide beſchränkt ſich auf ſolche Lagen, 
in denen das Vieh einerſeits gutes Grasfutter reichlich vorfindet, 
andererſeits aber nicht zu weite Wege bis zu den Weideplätzen 
zurückzulegen hat. 

Solche Fälle befinden ſich aber in erheblicher Minderzahl. 
Hat das Vieh weite Wege zurückzulegen, ſo magert es meiſt 
ab, anſtatt zuzunehmen, nicht ſelten treten ſogar Verluſte emp- 
findlicher Natur ein. 


Die Waldweide lelſtet außerdem der Verbreitung von 


Viehkrankheiten Vorſchub, beſonders wenn große Viehbeſtände, 
die ſeither nur an die Stallfütterung gewöhnt waren, in den 
Wald getrieben werden. 

Vor allem ift aber hervorzuheben, daß die große Mehr: 
zahl der im Walde wachſenden Gräſer bei weitem 
nicht den Grad von Nährwert und Bekömmlichkeit 
beſitzt, als die guten Gräſer unſerer Wieſen. Dazu kommt 
der Verluſt bedeutender Mengen friſchen Düngers, der unter 
den gegenwärtigen Verhältniſſen dringend von der Landwirt⸗ 
ſchaft benötigt wird. 

Es ift undenkbar, hunderttauſende von Rindern, Schweinen 
Schafen, Ziegen in den Wald zu treiben und ſich von dieſer 
Maßnahme auch nur den geringſten Vorteil zu verſprechen, 
Im Groben ift ein Vieheintrieb aus den angeführten Gründen 
unausführbar. Inwieweit die Waldweide in Einzelfällen vor— 


| 


teilhaft ift, beſtimmt fih fomit vorwiegend aus den Beftands: 
verhältuiſſen des Waldes ſelbſt wie nach feiner örtlichen Lage 
zu den einzelnen Viehwirtſchaſten. 

Was die einzelnen Vieharten anbelangt, ſo kommen im 
weſentlichen nur Rind vieh und Schafe in Betracht. Der 
Eintrieb von Ziegen ift mit Rückſicht auf den ungewöhuli⸗ 
großen Schaden, den diefe Viehgattung im Walde perurjadt, 
nur in Ausnahmefällen zuläſſig. i 

Der Schweineeintrieb würde vom ſorſtwirtſchaft⸗ 
lichen Standpunkt nur zu begrüßen ſein, da hierdurch N 
Forſtſchädlinge vernichtet werden. 

Leider aber bieten ſich geeignete Weideſtellen für bie 
Schweinemaſt ebenfalls nur in felteneren Fällen. Die betreffen⸗ 
den Orte müſſen wiederum günſtig gelegen ſein und zugleich 
ausgiebige Nährſtoffe an Waldfrüchten, Gras, Wurzeln, Pilzen. 
Larven, Puppen uſw. bieten, wenn die Schweine nicht alsbald 
abmagern und erkranken ſollen. N 

Die große Mehrzahl unſerer heutigen Züchtungen iſt zu⸗ 
dem für die Waldwelde nicht mehr geeignet und dieſe wieder 
zu erlernen auch nicht mehr befähigt. Man wird es den Land⸗ 
wirten daher nicht verargen können, wenn fie bei dem tatſäch, 
lichen Wert der Waldweide dieſe nur von Fall zu Fall in 
Anſpruch zu nehmen geneigt ſind. 

Nicht anders ſteht es auch mit der Grass und Futter: 
laub nutzung im Walde. 


Die Gräſerei beſchränkt ſich meiſt nur auf die guten Gräſer 
an Wald» und Wegerändern, an Gewäſſern und auf den klei⸗ 
neren Waldwieſen ſelbſt. Eine förmliche Hengewinnung von 
Waldgräſern im Großen iſt undurchführbar, da unter dem 
beſchattenden Kronenſchirme der Holzbeſt ände eine fidere Trod 
nung des gewonnenen Graſes nicht möglich iſt. 

Die Futterlaubgewinnung iſt, wenn auch zur 
richtigen Zeit gewonnenes und bei ſonnigem Wetter raſch gee | 
trocknetes Futterlaub beſtimmter Laubholzarten ein wertvolles J 
Futtermittel abgibt, ebenfalls mit nicht geringen Schwierigkeiten 
verknüpft. Einmal ſind die geeigneten Holzarten nicht überall 
im Walde vertreten, zum anderen gehören hinreichende Arbeits⸗ 
kräfte dazu, da nur raſch getrocknetes und ſicher eingebrachtes 
Laubheu ſich aufbewahren läßt. 

Alſo auch hier wird nur von Fall zu Fall die Nutzung 
des Futterlaubes im Walde ausführbar fein. 

Bel allen drei Verfahren — Waldwelde, Gras, Fulterlaub — 
tritt ſomit eine erhebliche Beſchränkung der Ausnutzungsmög⸗ 
lichkeit hervor, und zwar zumeiſt aus Gründen, die dem Fer 
nerſtehenden weniger bekannt ſind. : 


Im Borjahre lag eine große Futternot vor. Die ge: 
wachſenen Futtervorräte reichten für die Erhaltung des Vieh: 
ſtandes nicht aus. Trotzdem wurden die angebotenen Gutters 
mittel des Waldes aus den genannten Gründen nur wenig 
in Anſpruch genommen. * 


In dieſem Jahre ſind unſere Vlehbeſtände weſentlich 
zuſammengeſchmolzen, es mußten des Futtermangels wegen 
umfangreiche Schlachtungen vorgenommen werden —, gleichzeitig 
iſt aber eine reiche Futterernte heute in Deutſchland herange⸗ 
wachſen, ſodaß künftig mehr Futter zur Verfü⸗ 
gung ſtehen wird, als von unſerem Viehbeſtand aufge: 
nommen werden kann. 


Unter ſolchen Umſtänden erſcheint der Ruf nach Oeffnung 
des Waldes für Weide- Grag- und Futterlaub⸗ 
nutzung gerade in dieſem Jahr nicht ſehr ausſichtsvoll. 
Daß an den hohen Fleiſchpreiſen die vorjährige Futter⸗ 
not und die unzureichende Erſchließung der Waldweide⸗, Gras⸗ 
und Futterlaubnutzung ſchuld ſein ſoll, wie in dem eingangs 


93: 


zenaunten Artikel im „Tag“ vom 11. Juni d. J. gefagt wird, 
ft nicht ſtichhaltig. 

Nicht die beſtehende Futternot, ſondern der beſtehende 
Behmangel ift die Ur ſache der gegenwärtigen hohen Fleiſchpreiſe. 

Die reiche Futterernte dieſes Jahres eröffnet aber, im 
Berein mit der opferwilligen Mitarbeit des ganzen deutſchen 
Folke in der Einſparung von Fleiſch, die Ausſicht, einen aug: 
kömmlichen Vie hbeſtand allmählich wieder herarwachſen zu 
laſſen und die künftige Fleiſchverſorgung ſicher zu ſtellen. 

(Mitteilungen aus dem Kriegs⸗Ernährungsamt Nr. 188.) 


u. Heber die Bedeutung des Wildes für die Volta» 
eruährung im Kriege. 
Von Proſeſſor Dr. Borgmann.) 

Die in letzter Zeit mehrfach in der Tagespreſſe hervorge⸗ 
remen Anregungen zur Nutzbarmachung der Wildſtände für 
ne Volksernährung laſſen es erwünſcht erſcheinen, über das 
Mien und die Bedeutung der Jagdnutzung, ſowie über deren 
Otganiſation in der gegenwärtigen Krieszeit die nachſtehenden 
Ausführungen zur Aufklärung weiterer Kreiſe folgen zu lafen, 

Es erſcheint dies um ſo notwendiger, als neben einer An⸗ 
ial durchaus berechtigter Wünſche fid häufig Vorſchläge fins 
den, welche infolge mangelnder Kenntnis der talſächlichen Vers 
bällniſſe meiſt zu Forderungen zu führen pflegen, die ebenſo⸗ 
wenig die erſtrebte Verbeſſerung der Fleiſchverſorgung zu er⸗ 
reiben, als die Möglichkeit einer erfolgreichen Durchführung 
überhaupt zu eröffnen geeignet find. Daß das Kriegsernährungs⸗ 
cm! alle einſchläg igen Fragen unter Berückſi htigung der in den 
einzelnen Bunde sſtaaten verſchieden liegenden jagdlichen Ver- 
kältniſſe prüfen und vorſorglich ordnen wird, kann nicht zweiſel⸗ 
bat fein. 

Das für die Volksernährung in Frage kommende Wild 
urteilt ſich auf eine Fläche des Deutſchen Reiches von 54 Mils 
bonen Hektar, von welcher 14 Millionen Hektar oder rund 
„ auf die Waldfläche entfallen. Hleraus iſt, erſichtlich, daß 
schen dem Wald die landwirtſchaftlich benutzte dreimal größere 
fläche einen febr erheblichen Beitrag zur Wildverſorgung, 
namentlich an Rehwild, Haſen, Faſanen, Rebhühnern uſw. 
liefert. 


| Meiſt werden jedoch die auf verſtärkten Wildabſchuß ges 

 rihteten Forderungen ausſchließlich an den Wald gerichtet. 

Das Innere großer zuſammenhängender Waldungen iſt 

wer, zumal im Gebirge, ſowohl an Wildarten als an Stid 

whl meiſt erheblich ärmer, als die Randgebiete des Waldes 

md der in der Gemenglage mit der Feldflur liegende, parzel⸗ 
lierte Wald. 


Wer von einzelnen gewiß oft anſehnlichen Jagdergebniſſen 
aus klimatiſch und kulturell beſonders begünſtigten Gebieten 
det letztgenannten Art auf die geſamte forft: und landwirt⸗ 
ihaftlihe Fläche des Deutſchen Reiches ſchließen wollte, würde 
uu einer erheblichen Ueberſchätzung unſerer Wildſtände kommen. 

In der Tat iſt das alljährlich zur Strecke kommende Wild 
nur mit rund ½ Prozent an der geſamten Fleiſchverſorgung 

| beteiligt, Selbft eine Steigerung des Abſchuſſes auf das drei: 
bis vierfache, was bereits einer Vernichtung der geſamten Wild» 
Neſtände gleichkommen würde, könnte noch keinen nennenswerten 
Einfluß auf die Fleiſchverſorgung ausüben. 

Daß bei der heute in Feld und Wald ſtändig ſich ſteigern⸗ 
den Intenfität, der Bodenkultur das Wild, namentlich das 
ſärkere Wild (Rotwild, Damwild, Rehwild, Schwarzwild) mehr 


) Forſttechniſcher Referent im Kriegsernährungsamt. 


| 


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) 


und mehr zuridgedrängt wird, ift jedem Sachkenner zur Bes 
nüge bekannt. 

Die Handhabung der geſetzlichen Beſtimmungen über die 
Verhütung des Wildſchadens ſplelt hierbei eine weſentliche Rolle. 
Ein wirklich ins Gewicht fallender Wildſchaden an Feldfrüchten 
ift jedoch im Allgemeinen nur beim Rots, Dame und Schwarz: 
wild und unter beſonderen Verhältniſſen auch beim Faſan, der 
ſonſt durch Vertilgung von Schnecken, Juſekten und dergleichen 
großen Nutzen ftiftet, zu verzeichnen. Der Schaden durch Reh— 
wild und Haſen iſt, von ebenfalls meiſt nur geringfügigen 
Einzelfällen abgeſehen, unerheblich. 

Wie häufig der Umſang eines für vorliegend erachteten 
Wildſchadens überſchätzt wird, zeigte die von den meiſten Landes⸗ 
geſetzen vorgeſehene Schadenfeſtſtellung zur Zeit der Ernte. 
Der Schaden iſt dann meiſt ſehr viel geringer, als man an: 
fangs angenommen hatte, häufig fogar überhaupt nicht mehr 
nachweisbar. 

Erhebliche Schäden, wie fie faſt nur durch Rots und 
Schwarzwild verurſacht wurden, können natürlich nicht Hinge 
nommen werden. 

In der jetzigen Kriegeszeit kann es auch nicht als eine zu— 
ſriedenſtellende Regelung erachtet werden, wenn der Geſchädigte 
mit Geld abgeſunden wird. 

Es kommt darauf an, die Früchte des Feldes 
zu ſchützen und ihren un verkürzten Crtrag für 
die Volksernährung ſicher zu ſtellen. Hierfür bieten 
die beſtehenden geſetzlichen Beſtimmungen an ſich ſchon eine 
genügende Handhabe, fo durch Aufhebung der Schonzeit, ver- 
ſtärkten Abſchuß, Abgatterung des Wildes oder ſonſtige Mittel, 
die Entſtehung von Wildſchaden zu verhüten. Daß auf eine 
wirkſame Anwendung dieſer geſetzlichen Handhaben von mab: 
gebender Stelle ſeither ſchon Wert gelegt worden iſt, geht aus 
den von faſt allen Bundesſtaaten inzwiſchen erlaſſenen beſon⸗ 
deren Verordnungen über verſtärkten Wildabſchuß, Wildſchaden⸗ 
verhſituug u. a. mehr deutlich hervor. 

Einzefälle von Wildſchäden werden auch bei geſteigertem 
Abſchuß noch immer verbleiben. Daß aber, wie mehrfach be: 
hauptet wird, der Wildſchaden ſeit dem Ausbruch des Krieges 
in erheblicher Zunahme begriffen ſei, iſt nicht zutreffend. 

Wäre es ferner überhaupt möglich, die Höhe des alljähr⸗ 
lich in ganz Deutſchland eintretenden Wildſchadens feſtzuſtellen, 
fo würde im Verhältnis zur Geſamternte eine jo verſchwindend 
kleine Ziffer zu Tage kommen, daß ihr ſüglich eine Bedeu⸗ 
tung für die Vollsernährung nicht würde zugeſprochen werden 
können. 

Daß ein ſtärkerer Wildſchaden im Einzelfall recht empfind⸗ 
lich ſein kann, ſteht außer Zweifel. In allen ſolchen Fällen 
darf aber auf ein entſprechendes Eingreifen der Behörden jeder- 
zeit gerechnet werden. 

Unfere Wildbeſtände etwa aus Anlaß eines äͤäbermäßigen 
Wildſchadeus abzuſchießen, dafür liegt mithin ebenfalls ein 
triftiger Grund nicht vor. 

Ein einmal zuſammengeſchoſſener Wildbeſtand bedarf vieler 
Jahre der größten Schonung und Pflege, bis er ſoweit heran— 
gewachſen ift, daß er wieder Erträge abzuwerfen beginnt. In 
vielen Fällen wird ſeine Hebung überhaupt nicht mehr mög: 
lich ſein. 

Wer ſein Haus gut beſtellt wiſſen will, wird nicht vom 
Kapital, ſondern vom Ertrag leben, ſonſt geht er alsbald dem 
wirtſchaftlichen Ruin entgegen. 

Wie das Kapital unſerer Viehbtſtände heute durch die 
Futternot des vorigen Jahres zuſammengeſchmolzen iſt, ſodaß 
es heute kaum noch den dringlichſten Bedarf für die Fleiſchver— 
ſorgung zu liefern vermag, ebenſo würden wir auch mit unſeren 


— 


Wildbeſtänden bald vor dem Nichts ſtehen, wollten wir den oft 
weit über das Ziel hinausgehenden Forderungen auf rückſichts⸗ 
loſen Wildabſchuß nachgeben. | 

Wenn Wald und Feld jährlich Wild liefern foll, jo muß 
ein gewiſſes Wildvortatskapital ſtändig vorhanden fein, deffen 
normaler jährlicher Zuwachs den Gegenſtand der Nutzung bildet. 
Dieſes Kapital fol auf fein günſtigſtes Maß bemeffen fein, 
d. h. auf höchſtmöglichen Ertrag bei geringftem Produktions⸗ 
aufwand, d. h. für die Frage der Volksernährung bei einem 
Mindeſtmaß von Wildſchaden. 

Iſt ſolches Kapital an Wildbeſtänden örtlich im Uebermaß 
vorhanden, ſo liegt ein unwirtſchaftlicher Zuſtand vor. Das⸗ 
ſelbe ift alfo durch Abſchuß überſchüſſigen Wildes, wozu nament⸗ 
lich auch der Abſchuß kranken Wildes zu rechnen iſt, auf ſein 
günſtigſtes Maß zurückzuführen. 

Darauf zielen auch alle ſeither erlaſſenen Verordnungen 
der Einzel ſtaaten ab. Daß hierbei in unſerer jetzigen Lage 
erheblich weiter gegangen werden muß als im Frieden, iſt ſelbſt⸗ 
verſtändlich. l 

Alle unvermittelt und jäh einſchneidenden Maßnahmen 
pflegen vom Uebel zu ſein. 

Welche Wildmengen würden jetzt allein in der heißen Jahres 
zeit verderben, wenn plötzlich große Maſſen abgeſchoſſen und 
auf den Markt geworfen würden. Es müßten förmliche Jagt- 
kommandos von zumeiſt Nichtjägeen für den Wildabſchuß qes 
bildet werden. Wie manches Stück würde mit ſchlechtem Schuß 
im Walde eingehen und verludern, oder, wenn es noch zur 
Strecke gebracht wird, ſtark entwertet und dem Verderben auf 
dem Transport ausgeſetzt ſein. 

Es wird ferner ein weſentlicher Punkt bei der Verſorgung 
mit Wild oft gänzlich überſehen: Wildfleiſch iſt Magerfleiſch, 
zu ſeiner Zubereitung gehört Fett. 

Wir leiden aber nicht ſo ſehr unter dem Mangel an Fleiſch, 
als unter dem Mangel an Fett. 

Dieſem Umſtand iſt ſeither mehrfach in den ſchon er⸗ 
laſſenen Verordnungen der Einzelſtaaten Rechnung getragen, 
z. B. derart, daß von Wildfleiſch etwa die doppelte Menge ges 
währt wird, als von Rind-, Schweinefleiſch uſw. 

Daß daß ſtärkere Wild (Rots, Dam⸗, Rehwild, Schwarz⸗ 
wild, Halen) in die Fleiſchkarte unter Feſtſetzung von Hötchſt⸗ 
preiſen mit einbezogen wird, iſt im Intereſſe einer ſparſamen 
Wirtſchaft, wie ſie bis auf Weiteres noch geboten iſt, notwendig. 
Zugleich wird auf diefe Weiſe vor allem auch den minberbes 
mittelten Kreiſen des Volkes der Wildmarkt erſchloſſen, zumal 
wenn auf eine Fleiſchkarte die doppelte Menge bezogen werden 
kann. 

Eine angemeſſene Höchſtpreisfeſtſetzung gibt außerdem den 
Anreiz für verſtärkten Wildabſchuß, beſonders im Privatbeſfitz. 
in den Eigenjagdbezirken ſowohl wie in den öffentlich meiſt⸗ 
bietend verpachteten gemeinſchaftlichen Jagdbezirken. Wilde 
Kaninchen und Wildgeflügel bleiben markenfrei. 

Es iſt nur zu begreiflich, daß in den Zeiten der Not auch 
die Vorſchläge für eine geſteigerte Wildnutzung in buntem 
Wechſel hervortreten und vielfach zu Extremen gelangen, wie 
z. B. die Forderungen einer alliemetuen Oeffnung des Waldes 
für alle möglichen Nutzungen, die man für ausſichtsvoll hält, 
die es aber in der Regel nur in beſchränktem Maße ſein können. 

(Mitteilungen aus dem Kriegs-Ernährungsamt Ne. 189). 


236 


H. Das vorläuſige Feſtuahmerecht der Forſtbeamtie 
Urteil des Reichsgerichts vom 15. Juni 1915. 


Der Fabrikarbeiter Heinrich Harmeling ift am 24. e 
ruar 1915 vom Landgericht Verden von der Anklage 
Forſtwiderſtaudes (§ 117 StGB.) und der Bedrohung (S - 
StGB.) freigeſprochen worden Am 23. Februar 1914 
obachtete der Kgl. Förſter Erbes auf einem Redtergang. r 
der ihm peiſönlich unbekannte Harmeling mit einem Mie 
in der Hand aus einer Tannenſchonung hervorkam., währ 
die Ehefrau Harmeling elwas in einen Sack ſteckte. Aus Ext: 
der ſogleich einen Forſtſrevel vermutete, nach dem Inhalt 
Sackes fragte, erwiderte H., er wolle ein Ferkel kaufen. 
ſah darauf ſelber nach, fand in dem Sack einen friſch ak; 
ſchuittenen jungen Tannbaum und forderte nun von H. 7 
Angabe ſeines Namens, was H. aber verweigerte. Inzwiſch. 
kam ein Waldarbeiter herbei und rief dem Förſter zu: „D 
ift Harmeling; den kenne ich ja!“ Nunmehr wußte alſo 
den Zunamen des Forſtfrevlers, wollte aber noch den Bomam: 
erſahren und machte Miene, den H. zu verhaften und gc: 
Polizei zu bringen, als er die Namendangabe verweigerte. 
Hierbei kam es zwiſchen beiden zu einem Ringen. Als H. 2 
Meſſer zog und den Beamten bedrohte, ließ dieſer den x 
laufen. — Die Strafkammer hielt nicht für erwiefen. daß © 
dem E. in der rechtmäßigen Ausübung feines Forſtſchntzamte! 
gewaltſamen Widerftand geleiſtet hat. Eine rechtmäßige Amts 
alnsüdung liege nicht vor. Der Förftee dürfe nach den €E trat. 
prozeßvorſchriſten nur dann zur vorläufigen Feſtnahme eines 
unbekannten Verdächtigen ſchreiten, wenn dieſer die Namens 
nennung verweigere oder falſch angebe. Da nun E. den Namen 
des H. von den Waldarbeiter glaubhaft erfahren babe, ſei 
kein Anlaß geweſen, den H. noch weiter feſtzuhalten und ihm 
auch den Vornamen abzuverlangen. Solche Einzelheiten hätie 
E. aud anderswie erfahren können Die weitere Feſthaltung 
des H. ſtelle daher eine Ueberſchreitung der Amtsgewalt bar. 
gegen die ſich H. mit Recht gewehrt habe. Daher falle ibm 
ſchließlich auch keine Bedrohung zur Laſt, wenn er den un⸗ 
berechtigten Angriff des Förſters auf feine Freiheit durch 
Zücken des Meſſers abgewehrt habe. 


Auf die Revifion der Staatsanwaltſchaſt hob jetzt das 
Reichsgericht das Urteil auf und verwies die Sache an 
die Vorinſtanz zurück: Die Strafkammer hat den Begriff ter 
rechtmäßigen Amtsausübung verkannt. Für deren Nachweiz 
genügt, daß der Beamte bei der Vorn ihme einer innerhal 
ſeiner geſetzlichen Zuſtändigkeit liegenden Handlung, alſo auch 
bei der vorläufigen Feſtnahme, th nach pflichtmäßigem Er, 
meſſen zum Einſchreiten berechtigt glaubt. Hier hatte allein 
der Föcſter E. zu entſchelden, ob der Zuruf des Waldarbeiters 
die Namensangabe erſetzte oder dieſelbe doch noch mittels vors 
läufiger Feſtnahme zu erzwingen war. Bei der Nachprüfung 
ift zu beachten, daß nach § 41 der Dienſtinſtruktion für preu: 
ßiſche Forſtbeamte vom 20. Oktober 1868 der Foͤrſter vom 
feſtgenommenen Forſtfrevler genaueſte Angaben des Namen, 
Wohnortes und Standes verlangen darf und muß. (iter: 
zeichen 2 D. 198/15.) (Sächſ. Korreſpondenz, G. m. b. H. 
Leipzig.) 


I. Der Forſtverein für das Großherzogtum efer 
wird auch im Jahre 1916 keine Verſammlung abhalten. 


Für die Redaktion verantwortlich: für Aupätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmen auer, 
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländer s Berila 
Verleger: J. D. Sauerländer in Frankſurt a. M. — 6. Ottos Hofbuchdruckerei in Darmſtadt. 


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| Fort: und Jagd⸗Zeitung. 
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| Herausgegeben | 

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von o i 

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| i: De. Karl Wimmenauer, und dr. heinrich Weber, 
l Geh. Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. . Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft ' 
| : | an der Univerſität Gießen. | | | 
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Zweiundneunzigfter Jahrgang. 

| 1916. Oktober. 3 


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Frankfurt am Main. 
J. D. Sauerländer's Verlag. 


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Die Allgemeine Forh- und Bagd-Beitung erſcheint regelmäßig jeden Monat und 
wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗ 
lungen und Poſtanſtalten. 


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87 
Preiſe: 1}, Seite 60.— Mk., ih Seite 32.— Mt. 1 Seite 17.50 Mk., ½ Seite 10 Mk., Un Be me 2 nt 


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Eine fehr beachtenswerte Schrift, die in ſorlllicher wle u 


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=== wpirtlhaftlichher Binſicht gleiches tee verdient. 
die „Allg. Forst- u. 


= | kauft den Firmen. gefl. auf 
Oskar Wennrich | Jagd Zeitung“ Be- rm tankfur a, ; = z 
3 Dresden-A,, Merkur-Baus. | zug nehmen zu wollen. | J. D. Sauerländer’s Jerlag. 


: = | Q Im Frühjahr 1913 iit in V. Aufl. neu erichienen: 


-|N Waldwertrechaung.forstl. Statik, U 


Ein behr- und Handbuch 


DON 


weiland Profelior Dr. Bermann Stocker, 
Großh. Sachi, Oberlandforitmeilter und Direktor der Forltakademie zu Eilenadı. 


Durchgelehen von Prof. Dr. Bans Bausrath, Karlsruhe. 
Fünfte Auflage. 


Grok-Oktap, VIII und 252 Seiten. 
Preis: broich. Mk. 5.—, gebunden Mk. 5.80, 


Das Ericheinen der 8 Auflage legt am beiten Zeugnis ab von der allleitigen An- 
erkennung, die das Werk durch die na und klare Daritellung des Stoffes und durch 
ſeine mehr popularilierende und auf berporhebung der praktiichen Gelichtspunkte abzielende 
Richtung in Fachkreiſen gefunden hat. 

Diele neue Auflage, deren Durdlicht auf ausdrücklichen Wunich des veritorbenen Ver- 

| fallers Berr Prof. Dr. Bausrath in Karlsruhe bereitwilligit übernommen hat, hat wieder 
einige Sd ata bie erfahren, ſoweit ſolche durch die neueren Ericheinungen auf den bezüg- 
lichen Gebieten bedingt wurden. 


4 


— 


- 


Frankfurt a. M. J. D. Sauerländer's Verlag. 


Allgemeine 


fork- und Jagd⸗Zeitung. 


Oktober 1916. 


it der badiſchen Fort- und Pomanenverwal: 
tung (aus dem Kriegs jahr 1916). 
Von Forſtrat Könige- Heidelberg. 

Seit einer Reihe von Jahren iſt in immer weitere 
Kreiſe die Empfindung gedrungen, daß die meiſten 
Zweige unſerer öffentlichen Verwaltungen zu ſachlich 
ungerechtfertigt großen Beamtenkörpern ausgewachſen 
find, de übermäßig an den Kräften des Landes zehren. 
Dieſer Auffaſſung ift in den Volksvertretungen, nament: 

lich der ſüddeutſchen Staaten wiederholt Ausdruck ge⸗ 
geben und von den Regierungen nicht widerſprochen 
worden. Die gleiche Urſache aber, die diefe ungeſunde An⸗ 

ſcwellung hervorgerufen — Rückſichten auf Sonder- 
nutzen zu gunſten kleiner Minderheiten, ſeien es einzelne 

Perfonen oder Berufsgruppen, ſeien es Anſtalten, Gemein⸗ 

den oder Parteien — haben bisher jede wirkſame Maßre⸗ 

gel zur Geſundung verhindert. Kammern wie Regierungen 
i fiblten fich dieſen Verhältniſſen gegenüber mehr oder min: 
| | der machtlos. Der Staat d. h. die Geſamtheit trug die von 
Einzelteilen zu ihren Gunſten beanſpruchten Aufwendun⸗ 
gen, auch wo er fie für überflüſſig hielt, als Luxusaus 
gabe. Dieſe Nachgiebigkeit fand ihre Erklärung, wohl auch 
ihre teilweiſe Entſchuldigung in der verhältnismäßigen 
keichtigkeit, womit die erforderlichen Mittel aufgebracht 
werden konnten, in der Schwere, mit der wünſchens⸗ 
verte Vereinfachungen die in übergroßer Anzahl an- 
genommenen Beamtenanmwärter wie einzelne Gemeinden 
treffen mußte, und in dem kaum abzuwehrenden weiteren 
Zubrang zur Beamtenlaufbahn. 


Der Krieg hat die Lage gänzlich geändert. Das 
Lund wird auf ein Menſchenalter hinaus ungeheure 
baten tragen und abtragen müſſen. Die Zahl der 
Arbeit leiſtenden Bevölkerung ift zuſammengeſchmolzen. 
Gelb, Stoff und Menſchenkraft dürfen überall nur noch 
in wirtſchaftlichſter Weiſe verwendet werden. Zur Er⸗ 
haltung der wirtſchaſtlichen Kraft des Volks in feiner 
Geſamtheit müſſen alle bisher auf einzelne Teile ge: 
nommenen Rückſichten, ſoweit ſie dem widerſprechen, 

dem kategoriſchen Imperativ weichen. Alles drängt auf 


eine 1 Vereinfachung der öffentlichen Verwal⸗ 


i 
4 


bedanken über Pereinſachung und Einſparung tung ausſchließlich nach wirtſchaftlichen Geſichtspunkten. 


Leider hat der Krieg auch ſolche Lücken namentlich in 
der jüngeren Beamtenſchaft geriſſen, daß eine Verringe⸗ 
rung des Beamtenkörpers perſönliche Härten nicht in 
ſolchem Maße bringen wird, wie dies bei Andauer der 
Friedenszeit der Fall geweſen wäre. Je zeitiger das 
Eingreifen, um ſo leichter die Durchführung. Alle 
Verwaltungszweige werden einer genauen und ſtrengen 
Durchſicht unterzogen werden müſſen, die einen nach 
ihrer Gliederung im allgemeinen, andere mehr nach 
Einſparungen im einzelnen. 

Zu den erſteren dürfte in Baden wohl auch die Forft- 
und Domänenverwaltung gehören. Schon feit langem 
ſteht die Frage der Vereinfachung, Zuſammenlegung 
und Verbilligung dieſer Verwaltung zu beſonders ein⸗ 
gehender Erörterung. Darüber, daß eine ſolche ſehr 
wünſchenswert ſei, war man ſich einig, nur gegen das 
„Wie“ wurden von der Regierung Bedenken erhoben. 
Aufhebung der Domänenämter und Vergrößerung der 
Forſtämter, Angliederung der Forſt⸗ und Domänen: 
direktion an das Finanzminiſterium wurden vorge⸗ 
ſchlagen; zu nichts konnte man ſich entſchließen, teils 
aus ſachlichen, teils aus beamtenpolitiſchen Bedenken, 
teils aus perſönlichen Rückſichten. Heute müſſen auch 
lieb gewordene Einrichtungen und kleinere Bedenken 
unbedingt dem einen großen Ziel geopfert werden. 
Die Lage ſchreit geradezu nach einer erneuten Erör⸗ 
terung und endgiltigen Löſung dieſer Frage. Darin 
mögen die nachfolgenden Ausführungen ihre Begrün⸗ 
dung und Rechtfertigung finden. 

I. Umfang und ſtaatswirtſchaftliche Bedentung des 
| bad. Domänenbeſitzes. 
Der Domäͤnenbeſitz umfaßt folgende Liegenſchaften: 

1. Wald (Forſtdomänen) — ohne die der Zivilliſte 
zugewieſenen 4911 ha — innerhalb Badens 95 828 ha 

außerhalb „ 330 „ 

96 158 ha 
2. Zahmes Gelände ( Kameraldomänen) 
(die Rameralbomadnen 1906, Stand 1900) 


Garten . 76 ha 
Aecker 8 816 „ 
zu übertragen . 8892 ha 


32 


Fiſchereien und dal. 

— meiſt kirchliche — Baulaſten, Pfarrkompetenzen, 
Aufwand für 2 Kolonien, Unterhaltung öffentlicher 
Wege, Umlagen und dol. 


mänenverwaltung: 


meinen Verwaltungskoſten ſind auf 1 ha 


238 


Uebertrag. . 8892 ha | zen. Die Staatsforſtverwaltung umfaßt neben dem 
Wieſen 7860 ha ſtaatlichen Forſtbetrieb die Bewirtſchaftung der den 
Reben 28 „ | Domänenwald an Umfang um das 21/2 fach über⸗ 
Weid⸗ und Reuteleld . 419 „ | : ragenden Gemeinden und Körperſchaftswaldungen und 
Oedungen 990, 18 189 ha | die Ausübung der Forſtpolizei. 


114347 ha An der Spitze der Forſt⸗ und Domänendirektion 
(Die Flache der Kameraldomänen iſt bis 1913 ſteht ein juriſtiſch gebildeter Verwaltungsbeamter als 
auf 17 592 ha zurückgegangen) | Direktor. Als forſttechniſcher Berater ſteht ihm ein 
9. Grundſtocksgebäude 360. Forſtmann als vorſitzender Rat der forſtlichen Abtei: 
4. Staatsbrauerei Rothaus, rs je 1 m os at 
| iche, 4 kameraliſtiſche, erwaltungsjuriſt, rg: 
cu Tonnen at Anzahl Bereätigunge, wie mann. Dieſe gliedern ſich in eine forſtliche und eine 
ogen. wirtſchaftliche Abteilung, treten aber auch als 
Die auf dem nn 11 Laſten find | wen —— 1 Die E 
führung war urſprünglich eine kollegiale, heute iſt ſie 
es nur noch der Form nach, ſachlich unterſcheidet ſie 
ſich kaum mehr von der bürokratiſchen. Der Referent 
im Miniſterium iſt Finanztechniker. Die Forſtverwal⸗ 
a tung hat dort keinen Vertreter. 
in Einnahme (Haushalt 1915/16 Friedenshaushalt) Die Bezirksverwaltung iſt zweiteilig, jedoch iſt die 
| | Million ME. % | urſprünglich ſtrenge Trennung zwiſchen Forſtdomänen⸗ 
aus Wald a god . . . . 9,28 75 


Im Staatsvoranſchlag erſcheint die Forſt⸗ und Do: 


und Kameraldomänenverwaltung verwiſcht. 
, Aameralbomanen Gahm. Gel). 1.66 14 1. Die Bezirksforſtverwaltung: Geſchäftskreis 
„ Staatsbrauer . . . . 0,72 6 i 
Gebäuden, Bere ti ; b a) als Domänenbehörde: Verwaltung und Be- 
: gungen un wirtſchaftung des ſtaatlichen Waldbeſitzes und 
dg. „ eo 0,61 5 
8 12,27 100 der zugehörigen Gebäude und Fiſchereien. 


in Ausgabe (neueſter Stand 1916/17) b) als Staatsforſtbehörde: Beförſterung aller 


Zentralverwaltunn . . . . . 0,32 4 Gemeinde: und Körperſchaftswaldungen, Aus: 

Bez. orftverwaltung. . . . . 3,71 50 übung der Forſtpolizei in famtliden Waldun: 
„ Domaͤnenverwaltung . . 1,23 16 gen, ſachverſtändige Behörde in Jagdangelegen⸗ 
Allgem. Verwaltungsausgaben. 0,37 5 heiten. 

Abgaben und Laſten . . 1,82 25 2. Die Bezirksdomänenverwaltung: Geſchäftskreis 


zuſammen 7,45 100 a) als Kaſſen⸗ und Rechnungsbehöͤrde: Führung 
Von den Liegenſchaften find zur Zeit (1916/17) der Kaſſe und Geldrechnung für die Forſt⸗ 
im Selbſtbetrieb verpachtet und Domänenverwaltung, Betreibungsweſen. 
ha % ha % ' ` b) AB Verwaltungsbehörde: Verwaltung und 
Wald. . . 96158 100 „ teilweiſe Bewirtſchaftung des Hauptteils der 
Kameralbomänen. 4460 21 12030 79 Kameraldomänen, Fiſchereien und dergl. 
Die Einnahmen ohne Berückſichtigung der allge⸗ Betrieb der Staatsbrauerei Rothaus. 
Sie wird ausgeübt von 
roh Kein a) reinen „Domänenämtern“ mit ausſchließ⸗ 
im Selbftbetrieb: Wald (1913) 95 Mk. 61 Mk. lichem Domänendienft (13 Stellen). 
Wieſen u. Meder 138 „ 105 b) Finanzämtern und Hauptſteuerämtern (3 + 
ö 4 = 7 Stellen) die den Domänendienft 


des kleineren Teiles der Kameraldomänen, 
| 


verpachtet Hofgüter . 55 „ — ; | 

Stückgüter. . 87 „ = neben ihrer Hauptaufgabe, dem allgmeinen 

Finanz⸗ und Zolldienſt, beſorgen und der 

II. Gliederung der Verwaltung. Zoll⸗ und Steuerdirektion unterſtehen. i 
Die Oberleitung der Staatsjorft:, der Domänen: c) Forſtaͤmtern (etwa 68), wie ſchon bei der 
und der Salinenverwaltung ift in der „Forſt-⸗ und Bezirksforſtverwaltung angegeben (davon 42 
Domänendirektion“ vereinigt. Dieſe unterſteht als mit über 5 ha, 36 mit über 10 ha, 11 mit 


ſelbſtändige Mittelſtelle dem Miniſterium der Finan⸗ über 100 ha, Bonndorf mit über 600 ha). 


239 


E BEER EEE ae 


III. Allgemeine Verwaltungsgrundſätze, Vor⸗ und 
Ausbildung der Beamten. 


a) Forſtverwaltung. 

Der Schwerpunkt der Verwaltung liegt in den mit 
großer Selbſtändigkeit ausgeſtatteten Bezirksſtellen. 
Zentralifiert ift lediglich Forſteinrichtung, Statiſtik 
und Vermeſſung. Urſprünglich ſollten bei den Forſt⸗ 
ämtern grundſätzlich alle, auch die rein mechaniſchen 
Schreibarbeiten von Oberbeamten oder Oberbeamten⸗ 
onwärtern ausgeführt werden. Und heute noch muß der 
Borftand oder der zweite Beamte die volle perſönliche 
Verantwortung für alle Schreibarbeit tragen. Den 
größten Aemtern find zweite Beamte (Gorftamtmanner), 
oder Gehilfen aus dem Aſſeſſorenſtand, teilweife auch 
ſog. „Schreibforflwarte“, zugeteilt. 


b) Domänen verwaltung. 

Alle wichtigeren Angelegenheiten werden von der 
Ientralftelle aus bearbeitet. Die Bezirksſtellen unter: 
liegen einer genauen, bis ins einzelne gehenden Leitung 
und Aufſicht. Alle untergeordneten und Kaſſengeſchäfte 
wie die Buchhaltung find beſonderen mittleren Beamten 
unter eigener Verantwortlichkeit übertragen. Die Haupt: 
aufgabe der Oberbeamten iſt ausgeſprochenermaßen die 
Bewirtſchaftung der in Selbſtbetrieb ſtehenden Ver⸗ 
nögenswerte. Im übrigen folen fie nur die Dienſt⸗ 
aufſicht führen. 

Der Inſpektionsbezirk eines „Forſtrats“ umfaßt 
burchſchnittlich 15 Forſtämter mit 50 000 ha beförfterter 
Waldungen und etwa 130 ha Wieſen im Selbſtbetrieb, 
jener eines „Domänenrats“ 5 Bezirksſtellen und 
840 ha Güter im Selbſtbetrieb. 


Die Oberbeamten ſowohl der Forſt⸗ wie der 
Domänenverwaltung haben gleichwertige, volle aka⸗ 
demiſche Bildung. 

Die forſtliche Ausbildung beruht auf volkswirtſchaft⸗ 


Domänenwald, Holzboden fläche 
Gemeinde und Körperſchaften, Holzbodenfläche 
Privatwald, Geſamtfläche a er 


zuſammen 


Die Privatwaldungen kommen nur für die forſtpoli⸗ 
geiliche Tätigkeit in Betracht, verurſachen daher im allge: 


meinen keine nennenswerte Arbeit. Das Arbeitsfeld der 


Jorſtämter ift in der Hauptſache der Staats: und 
Gemeindewald und danach iſt die Inanſpruchnahme 
der einzelnen Stelle zu bemeſſen. Aber auch hier 
it die Aufgabe der Forſtämter verſchieden. Nur in 
den Domänenwaldungen haben ſie die volle Betriebs⸗ 
leitung, Bewirtihaftung und Verwaltung. In den 
Gemeinde⸗ und Körperſchaftswaldungen haben ſie ſich 
nur mit der „Beförſterung“, d. h. mit der forſttechniſchen 


licher und mathematiſch⸗naturwi ſſenſchaftlicher Grund: 
lage und umfaßt neben dieſen und den forftlichen 
Fächern Finanzwiſſenſchaft, Rechtskunde, Landwirtſchaft 
(insbejondere find darin vorgeſchrieben Wieſen⸗ 
Acker⸗ und Obſtbau, Düngerlehre), Fiſcherei und Fiſch⸗ 
zucht und forſtliche Hochbaukunde. 

Die Domaͤnenbeamten werden aus der Zahl der 
Finanzbeamten entnommen. Ihre akademiſche Aus⸗ 
bildung iſt die der Verwaltungsbeamten und Richter. 
In der ſpäteren Staatsprüfung ift als Wahl: und 
Nebenfach Landwirtſchaftslehre unter Beſchränkung auf 
Dünger⸗, Pflanzenproduktions⸗ und Betriebslehre frei⸗ 
geſtellt. Gin Studiennachweis darüber wird nicht verlangt. 

Mittlere und techniſch gebildete Unterbeamte 
gibt es bei der Forſtverwaltung nicht. Die wenigen 
Schreibforſtwarte werden aus den Forſtwarten des 
aͤußeren Dienſtes entnommen und haben, wie dieſe als 
einfache Waldarbeiter eingeſtellt, keinerlei beſondere 
Vorbildung. Als Forſtwarte erhalten ſie in einem 
8 wöchigen fog. Forſtwartskurſe eine Auffriſchung der 
Volksſchulkenntniſſe und Einführung in die einfachſten 
Regeln der forſtlichen Arbeiten. Sie ſtehen mit den 
Forſtwarten in der unterſten Klaſſe der Unterbeamten. 

Die mittleren und Unterbeamten in der Domänen: 
verwaltung gehören zu den Beamten der allgemeinen 
Finanzverwaltung, haben zumeiſt eine beſondere Vor⸗ 
und Berufsbildung und find dementſprechend in die 
höheren Unterklaſſen des Gehaltstarifs eingereiht. Die 
Aemter ſind voll genügend mit ſolchen ausgeſtattet. 
IV. Größe und betriebliche Bedeutung der Bezirksſtellen. 

a) Für den Forſtdienſt. 

Es gibt 99 landesherrliche Forſtämter. Dazu 4 
ſtädtiſche und ein Hofforſtamt, die hier außer Betracht 
bleiben. 

Dieſe landesherrlichen Forſtämter haben ſich mit 
folgenden Waldungen zu befaſſen: 

Geſ . Durch ee eines Forſtamts 
& & 


94 200 952 
263 200 2 648 
208 500 2 106 
565 900 5 706 


Bewirtſchaftung zu befaſſen. Die eigentliche Verwaltung 
und der ganze geldliche Teil der Bewirtſchaftung, wie 
Verwertung der Walderzeugniſſe, Einſtellung und 
Entlohnung der Arbeiter und dergl. iſt Sache des 


| Waldeigentümers. Das Forſtamt wirkt dabei nur 


beratend mit. Aber auch der forſttechniſche Teil der 

Bewirtſchaftung bietet hier in der Regel nicht die 

gleiche Möglichkeit einer ſo vielſeitigen, tiefgehenden 

Ausgeſtaltung wie der Domänenbetrieb. Die Art der 

Zurichtung und Verwendung des Holzes iſt meiſt an 

beſtimmte Abgaben (Gabholz) gebunden und ſchwerfällig, 
32* 


240 


dem Eigentümer fehlt vielfach Verſtändnis und Neigung, 


oft auch die Möglichkeit mehr für die Waldwirtſchaft 
aufzuwenden, als unbedingt erforderlich ift und geſetzlich er: 


zwungen werden kann. Dazu kommt die Schwierigkeit der 


Arbeiterfrage, der Mangel an brauchbarem Wirtſchafts— 


vollzugsperſonal und die Zerſplitterung des Beſitzes. 


Die Ausſtattung der Forſtämter mit Waldflächen 
ſchlechthin gibt daher keinen Auſſchluß über ihr Tätig: 
keitsfeld. Die Flächen müſſen vielmehr auf einheitliche 
Vergleichsgrößen zurückgeführt werden. 
gleichsgrößeneinheit kann nur die Flächeneinheit des in 


Die Größe der einzelnen Forſtbetriebe und der 
Forſtämter iſt ſehr unterſchiedlich. Wie ſich die Betriebe 
unter die Klaſſen der Zwerg⸗, Klein⸗, Mittel- und 
Großbetriebe verteilen, und die Gruppen der größten und 


kleinſten Forſtbezirke find in den Überſichten am Schluß 


(Seite 250 251, Taf. I u. II) dargeſtellt. Bei dem Dom- 
nenbeſitz überwiegt ganz bedeutend der Groß: und grö⸗ 
ßere Mittelbetrieb, bei den Gemeindewaldungen dagegen 


der Klein⸗ und kleinere Mittelbetrieb. 


Dieſe Ver⸗ 


vollem Betrieb behandelten Domänenwaldes fein, d. h. 


der Vollbetriebshektar (V. b. ha). 
Gemeindewald muß dahin umgewertet werden. 

Die amtliche Forſtſtatiſtik 1913 gibt dazu den 
Schlüſſel. Sie verteilt den Aufwand für die 
Bezirksforſtverwaltung auf das ha Domaänenwald 
mit 428 Mk., auf das ha Gemeindewald mit 
1.84 Mk. D. h. in den Verwaltungkoſten, und 


darin findet der Arbeitsaufwand ſeinen Ausdruck, 
die 28 ha Reben, ſind die Bezirksſtellen etwa beteiligt 


ſtehen 2,3 ha Gemeindewald 1 ha Domänenwald oder 
1 V. b. ha gleich. Bei dieſer Einſchätzung dürfte 
aber wohl der Wunſch mitgewirkt haben, den Unter— 
ſchied zwiſchen der den Waldeigentümern auferlegten 
Beförſterungsſteuer von nur 1,05 Mk. je ha und dem 


tatſächlichen Aufwand, den der Staat (das Domänen: | 


ärar) aufzulegen hat, nicht allzuhoch erſcheinen zu 
laſſen. In Wirklichkeit iſt der Unterſchied im Arbeits; 
aufwand geringer. 
von 2:3 oder 1:1½ dürfte den tätſächlichen Verhält— 
niſſen näher kommen. Hiernach wären 11/2 ha be- 
förſteter Wald = 1 V. b. ha zu ſetzen. 


Auf ſolche Vollbetriebsfläche zurückgeführt berechnen 
ſchaften. 


fih die Betriebsflaͤchen der Forſtämter 
im ganzen nn ` Amt 
V. b. ha 


b. ha 
Domänenwald 94 200 952 2 
Gemeinde- uſw. wald 175 500 1770 
269 700 2 722, 


rund 2700 ha. 


Der beförſterte 


Die größten Forſtämter ſind Forbach II mit 4 800 
V. b. ha und 49 000 fm Holznutzung, und Bonndorf 
mit 4490 V. b. ha und 51 000 fm Nutzung. Die 
kleinſten ſind der Fläche nach Markdorf mit 1035 V. b. ha 
(Nutzung 10 400 fm), der Nutzung nach Wertheim 


mit 8 181 fm (2 126 ha) und Schönau i. N. mit 


— 


Die Annahme eines Verhältniſſes 


| 


8970 fm (2006 ha). Markdorf hat kaum ½¼ ber 
Betriebsfläche, Schönau und Wertheim kaum 1“ der 


Nutzung Bonndorfs. 
b) Für den Kameraldomänendienft. 
An der Verwaltung der Kameraldomänen, ohne 


wie folgt (Kameraldomänen 1906 gutächtlich nach dem 
neueſten Stand . 


Zuſam⸗ Selbſt⸗ 


Selbſt⸗ Ners 
betrieb pachtet | men betrieb 1 Zuſ. 


Hettar 


22 21 


68 Forſtämter. .| 900 2650 3550 | 21 
13 Domänenämter | 3160 8430 11590] 72 70 71 
11 Finanzämter 300 950 1250 7 8 8 

Zuſammen . 4860 12030 116300 | 100 100 100 


Der von den Domänenämtern verwaltete Beſitz 
liegt zumeiſt in der Rheinebene in fruchtbarſter Gegend 


in größeren Flächen beiſammen, er iſt daher der ertrag⸗ 


reichſte und wertvollſte und am leichteſten zu bewirt⸗ 
Den Finanzämtern ſind die mehr zerſtückelten 
Güter in den beſſeren Lagen zugewieſen, den Forſt⸗ 
ämtern die weniger ertragreichen und ſchwieriger zu 
verwaltenden und zu betreibenden Güter in den ent⸗ 
legeneren Gebirgsgegenden. 

Ihre Erträglichkeit iſt nach dem Staatsvoran⸗ 
ſchlag 1916/17: 


Aufwand  [Reinertrag 


Rok 

Fläche 
ertrag 

ba er 
Wieſen im e a. annn me A 4360 601700 
Reben 1 ó 42 55850 
OAE re nee oe. ir 13 2950 
FiſchzucktmmW4T4kce. . 44 10050 
Verpachtet, Hofaüter . . 2 . .. 9609 839250 
Sue a ae ea 2421 134270 


77 


picht berückſichtigt. 


Eine eigentliche Wirtſchaftstätigkeit erfordern nur die 


ſachl | Gehalt | | Bufam« im auf 
Me uſw. men Ganzen 1 ha 
— O Ho ço M | A | A 
| | 
145060 25000 170060 | 431610 | 98 
43250 9480 52730 3120 74 
1045 — 1045 1545 118 
6590 1500 1960 1960 | 45* |*gefchätt 
37350 2 2 „ „ oe top 


Dabei ift der Aufwand für die Bezirksverwaltung | Güter in Selbjtbetrieb. Im allgemeinen wird daher bie be: 
triebliche Tätigkeit einer Stelle nach deren Umfang und 


den daraus erwirtſchafteten Reinerträgen zu bemeſſen fein. 


241 
Der Durchſchnittsertrag der Wieſen ift ſelbſtverſtänd⸗ ſchnittsertrag von 98 Mk. je ha wird er fih verhalten 
lich bei dem ertragreichſten Teil, der von den Domänen⸗ wie 108: 70. 
und Finanzämtern bewirtſchaftet wird, weſentlich höher Daraus ergibt ſich folgendes Bild der betrieblichen 
als bei den geringeren und geringften Wieſen, die den Tätigkeit der mit Kameraldomänendienſt beauftragten 
Forſtämtern zugeteilt find. Bei einem Gelamtdurd: Bezirksſtellen: 


Wieſen Reinertrag aus Selbſtbetrieben auf 1 Stelle 
im aus Wieſen ſonſtige ; Wiefen Reinertray 
BE BEE —— N i 3 N 
Bez. Stellen Selbſtbetriebkoc 1 h zuſammen Güter ee angen Slade | im Ganzen 
[na M 4 
3 Domänenämter 3160 108 341000 5000 | 346000 242 | 26600 
7 Finanzämter 300 108 33000 150 34500 43 | 5009 
etwa 30 Forftämter . . 90) 70 63000 = 63000 30 2100 
Nicht beruckſichtigt iſt dabei die Staatsbrauerei. Uebertrag 146 
Dieſe it zwar einem Domänenamt unterſtellt, hat Mittlere Beamte — — 
aber eine eigene Verwaltung und beſondere Rechnung. Unterbeamte (Sesbforfmarte etwa 20 
zuſammen 166 


V. Perſonal und Verwaltungsaufwand für die Bezirks⸗ 


fellen (Staatshaushalt 1916/17). 2. Domänenverwaltung: 


| Die 13 reinen Domänenämter ſind beſetzt mit 


a) Perſonal. Oberbeamten: Amtsvorſtände . 13 
1. Forſtverwaltung: Zweite Beamte 2 
Für die 99 Forſtämter ſind vorhanden | Aſſeſſoren. 7 22 
Oberbeamte: Amtsvorſtände 99 Mittlere Beamte 23 
Zweite Beamte 15 UUnterbeamtdte 20 
Aſſeſſoren „ ae ae 32 146 zuſammen . 65 
Es kommen ſonach auf einen Oberbeamten: 
Hilſsperſonal Betriebsfläche 
im mittleres unteres zuſ. 
Forſtdienſt 0 0,1 0,1 1850 ha Wald 
Domänendienft 1,0 1,0 2,0 144 ha Wieſen, Reben, Fiſchteiche 
Auf einen Schreibforſtwart kommen 13 500 V. b. ha Wald. 
b) Verwaltungsaufwand. gebäude zu etwa 70 000 Mk., für ein Forſthaus zu 


Vorbemerkung: Wert und Unterhaltungskoſten der etwa 50 000 Mk., die Verzinſung und Unterhaltur 
Dienſtgebäude find aus dem Staatsvoranſchlag nicht | mit den üblichen 6 9% dieſer Werte, d. ift zu 4 200 Mk. 
erfichtlich. Der Wert kann für ein Domänenamts-⸗ und 3 000 Mk. angenommen werden. 


1) Forſtämter (99) Mk. 
99 Forſtamtsvorſtände je 5000 ME. > > 2 2 2.2.2492 000 
15 zweite Beamte, 3200 + 500 ME . . 2.2... 57 500 
32 Aſſeſſoren „ 2000 ME . oe oe ee en 64 000 
10 Schreibforſtwarte je 1500 ME. . 2 2 2 2 20. 15 000 
10 desgl. nicht EEE je 1000 ME . . . 2... 10 000 
Reiſekoſten u. dgl. EE E 202 000 
Gchretbaushilffe. : . aaa a 25 200 
Sachliche Amtsunkoſten ss 41 900 907 600 ME. 
Dazu Aufwand und Verzinſung für 93 Died je 3000 ME. 279 000 ME. 
Miete für Dienſtwohnungen 6 etwa , 10 000 Mt. 
1 s 1 196 600 Mt. 


ein Forſtamt foftet ſomit rund 12000 Mk. 


Davon entfallen nach dem forſtſtatiſtiſchen Schlüſſel | waltung. Im ganzen fallen jomit an Verwaltungs: 
(Statiftit 1913) auf das ha Domänenwald 5 Mk. koſten rund 6,30 Mk. auf das ha. 
Weitere 1,34 Mk. erwachſen für die Zentralver⸗ 


222 


2. Domänenämter (13) 
13 Amtsvorftände . b s 

2 zweite Beamte 

9 Kaſſierer 

16 Bürobeamte . 

7 Schreibbeamte 

3 Kulturmeiſter 

Wohnungsgelder (geſchätzh) 

Nicht etatsmäßiges Perjonal . 
Dienſtreiſekoſten 
Andere perſönliche Ausgaben (teilw.) 
Sachliche Amtsunkoſten 


Aufwand und Verzinſung für 12 Dienstgebäude je 4 200 Mt. 


Mietzins für 1 Dienſtwohnung (geſchätzt) 


ein Domänenamt koſtet ſomit rund 22 000 Mk. 


Wie viel davon der eigentlich betrieblichen Tå: 
tigkeit zur Laſt fällt, läßt ſich aus den amtlichen 
Angaben nicht ermitteln. Es iſt nur aus folgenden 
Erwägungen zu vermuten: 


Die Regierungsdenkſchrift über die Vereinfachung in 
der Staatsverwaltung (1912) begründet die Notwendigkeit 
der Erhaltung von, durch Oberbeamte geleiteten beſonde⸗ 
ren Domänenämtern ausſchließlich mit der Verwaltung 
der Kameraldomänen, insbeſondere der im Selbſtbetrieb 
ſtehenden Wieſen. Man wird alſo wohl die Sonder⸗ 
aufwendungen für dieſe Oberbeamten als Verwaltungs⸗ 
koſten für dieſe Güter in Anrechnung zu bringen haben. 


Sie ſind für jedes Amt: 


Gehalt eines Oberbeamten 5 500 Mk. 
Für das beſ. Dienſtgebäude 4 200 Mk. 
Dienſtreiſen 1 000 ME. 


Dabei bietet ſich . Bild: 
Es trägt ein ha 
im Selbſtbetrieb 


Wald 
Wieſen der Domänenämter 
„ „ Forſtämter 
Reben er 
Fiſchereien 
Torfſtiche 
Verpachtet: 
Hofgüter . 
Stückgüter 
Dabei find für den Forſtbetrieb alle Kosten ei 
Ausnahme berückſichtigt und dem Wald zur Laft 
geſchrieben, bei den von den Domänenämtern bewirt⸗ 
ſchafteten Kameraldomänen fehlen die öffentlichen Laſten 
und die Arbeiterverſicherungen, da dieſe nicht feſt⸗ 
zuſtellen ſind. 


10 700 Mk. 


zuſammen 


Mk. 
72 330 
6 050 
26 275 
34 020 
11 935 
4 850 
20 000 
29 100 
14 350 
7 950 
11 860 238 720 ME. 
— 50 400 Mk. 
1400 Mk. 
290 520 DU. 


Auf ein Amt fallen an ſelbſtbetriebenen Gütern 
(Wieſen, Reben und Fiſchteichen) 250 ha, an verpach⸗ 
teten Gütern 650 ha, zuſammen 900 ha. Hiernach 
träfen auf das ha etwa 12,-— Mk. Verwaltungskoſten. 
Verpachtete Güter erfordern aber eine nur ſehr geringe, 
kaum /ö1ỹ der Arbeit des Selbſtbetriebs. D. h. 10 ha 
der Pacht⸗Güter erfordern ſoviel Aufwand wie 1 ha der 
ſelbſtbelriebenen (V. b. ha). Auf ein Domänenamt entfällt 
alfo eine Vollbetriebsfläche von 250 + 65 = 315 ha 


und der Vollbetriebsha ift mit = 155 — 34 Mt. 


Koſten zu belaften. Die Koſten der een 
find auf mindeſtens 3 Mk. zu veranjchlagen, die 
Geſamtverwaltungskoſten auf das ha alſo auf 37 Mk. 


Zur Feſtſtellung des wirtſchaftlichen Enderfolgs 
ſind dieſe Koſten an den auf Seite 240 und 241 be⸗ 
rechneten Reinerträgen in Abzug zu bringen. 


Reineinnahme 


Verw.⸗Koſten e deren 
ohne Verw.⸗Koſten i 
Mk. Mk 
61 6 55 
108 37 71 
70 — 70 
74 37 37 
45 37 8 
118 37 81 
55 (roh) 4 51 
87 „ 4 83 


VI. Geſchichtlicher Entwicklungs gang. 

Die Forſt⸗ und die Kameraldomänenverwaltung waren 
urſprünglich bis zur Miniſterialbehörde ſtreng getrennt. 
a) Forſtverwaltung. 

Die Dienſteinrichtung in der Forſtverwaltung nahm 
in faſt allen deutſchen Staaten einen ähnliche Entwicklung. 


Anmerkung. Nach der Forſtſtatiſtik 1913 verteilen ſich die Bezirksverwaltungskoſten auf die Domänenwaldungen 


mit 40 , die Gemeindewaldungen mit 5) % und die Forſtpolizei⸗Verwaltungen mit 10 Ye, 


Zentralverwaltung trifft der ha Oomänenwald 1,84 Mk. 


Von dem Aufwand für die 


— ——— ee 
er of 4 2 aes 


ann 
= „ 


— er 


243 


In Baden ſtammt die, heute noch äußerlich in ihren 
Grundlagen wenig veränderte Einrichtung des Bezirks⸗ 
dienſtes aus dem Jahr 1831. Sie war, der damals 
verhältnismäßig geringen wirtſchaftlichen Bedeutung 
der Waldungen und dem unentwickelten Stand der 
Waldwirtſchaft und Forſtwiſſenſchaft entſprechend, auf 
das einfachſte geſtaltet. Der „Bezirksförſter“ hatte 
eine kaum akademiſch zu nennende Ausbildung, war 
ſehr gering bezahlt und von ſehr beſcheidenen Anſprüchen. 
Er zählte nicht zu den vollen Oberbeamten. Dazu 
gehörten erſt ſeine Vorgeſetzten, die Wirtſchaftsforſt⸗ 
meiſter. Dienſtgebäude waren nicht oder nur in 
einfachſter Art vorhanden, Hilfskräfte nur, inſoweit 
Anwärter für die eigene Laufbahn zur Verfügung 
tanden. Alle Verkehrseinrichtungen waren noch un: 
entwickelt Der „Förſter“ ritt, fuhr im Einſpänner 
oder ging noch häufiger zu Fuß. Von den „Wald⸗ 
hütern“ konnte die große Mehrzahl nur notdürftig 
leſen und nicht mehr ſchreiben als den Namen. Die 
Unterhaltung einer ſolchen „Revier⸗, ſpäter Bezirksforſtei“ 
forderte keinen großen Aufwand. Mit zunehmender 
Bedeutung und Entwicklung der Waldwirtſchaft und 
Forſtwiſſenſchaft und nach Uebergang der „Forſtamts⸗ 
geschäfte“ an fie, konnten diefe einfachen, alleinſtehenden 
Beamten den von allen Seiten an ſie herantretenden 
Anforderungen nicht mehr genügen. Aenderungen an Aus⸗ 
bildung, Bezahlung und Dienſtausſtattung mußten vor⸗ 
genommen werden. Heute find die Forſtbeamten längit in 
die Gruppe der vollen Oberbeainten eingerückt, allerdings 
erſt nach langen Kämpfen. Forſtbetrieb, Verkehr und Ver⸗ 
lehrzmöglichkeiten find völlig umgeſtaltet. Ein geordne⸗ 
ter, umfangreicher Kanzleidienſt hat ſich bei den „Forſt⸗ 
ämtern“ entwickelt, mit der Möglichkeit zu reichlicher 
Erleichterung durch Verwendung der heutigen Hilfsmittel, 
die aber nur in größeren Betrieben wirtſchaftlich voll aus⸗ 
genutzt werden können, wie Schreib ⸗ und Rechenmaſchinen 
und dergl. Der allgemeine Bildungsſtand iſt ſo fort⸗ 
geſchritten, daß aus den Unterbeamten Kräfte zur 
Beſorgung der einfacheren, handwerksmäßigen Betriebs⸗ 
und Schreibarbeiten herangezogen werden können. 

| Dieſe Wandlungen traten aber zeitlich ganz unmerklich 
ein und ſo begnügte ſich die Verwaltung damit, den bei 
den einzelnen Forſtämtern auftretenden Bedürfniſſen 
von Fall zu Fall Rechnung zu tragen durch vermehrte 
Zuweiſung von Aſſeſſoren und geſteigerte Annahme 
bon Anwärtern für die höhere Laufbahn. Dieſe mußten 
die fehlenden techniſchen Unterbeamten erſetzen und 
fanden ſo bald bezahlte Verwendung. Dadurch, noch 
begünftigt durch das Beftehen einer eigenen Forſt⸗ 
lchranſtalt in der Refidenzſtadt, bildete fih allmählich 
eim außerordentlich ungeſundes Mißverhältnis zwiſchen 
der Zahl der wirklichen Oberbeamtenſtellen und der 


heit der letzteren über die Art ihrer Beſchäftigung 
und mangelnde Anſtellungsmöͤglichkeit. Auch den 
Oberförſtern war damit dauernd nicht gedient. Ein⸗ 
mal fehlte es immer noch an Hilfskraͤften und dann 
empfanden auch fie das Mißverhältnis zwiſchen Pil- 
dung und Arbeitsgebiet ihrer Gehilfen perſönlich 
äußerſt peinlich und als nachteilig für den Dienft. 
Entſchiedene grundſätzliche Maßnahmen zur Abhilfe 
konnten nicht mehr umgangen werden. | 
Preußen griff zuerſt zielbewußt ein. Die Forſtlaufbahn 
wurde ſaſt gänzlich geſperrt, vorübergehende etatmäßige 
Stellen für die älteren Aſſeſſoren wurden geſchaffen, mit 
dem Ziel, daß die Wartezeit bis zur Anſtellung als „Ober⸗ 
förſter mit Revier“ von der Staatsprüfung ab höchſtens 
8 Jahre betragen ſoll, was heute erreicht iſt, ſo daß 
dieſe Stellen wieder aufgehoben werden können. Jedem 
Oberförſter wurde ein „Forſtſchreiber“ aus der Zahl 
und mit dem Rang der Foͤrſter zugewieſen. So find 
dort geſunde Verhältniſſe und die Grundlage zu einer 
ſachgemäßen Weiterentwicklung geſchaffen. Ein neuer 
Schritt dahin, die Uebertragung einer begrenzten Selbſt⸗ 
verantwortung an den „Forſtſchreiber“ ſteht in Ausſicht, 
ſeine Vervollkommnung zu einem den Förſtern überge⸗ 
ordneten „techniſchen Hilfsbeamten“ der Oberförſterei 
wird nicht ausbleiben. Bayern verfuhr, wenigſtens 
was die Beſchränkung im Studium anbelangt, ähnlich. 


Die übrigen Staaten konnten ſich zu einer ſol⸗ 
chen, das Uebel an der Wurzel faſſenden Maßregel 
nicht entſchließen. Man glaubte allen, auch perſönlichen 
Wünſchen Rechnung tragen und die Forſtlehranſtalten 
erhalten zu können, indem man die Stellen für Ober⸗ 
beamte dauernd vermehrte, ſei es durch Errichtung 
neuer Forſtämter, ſei es durch Schaffung von zweiten 
Beamten bei den Forſtämtern oder gar auf eigenen 
„Amtmannsbezirken“, ſei es durch dieſes zuſammen. 
Und wo die Regierung dabei noch etwa Zurückhaltung 
üben wollte, fanden die mit Recht nach Verſorgung 
drängenden Aſſeſſoren die wärmſte Unterſtützung in 
der Volksvertretung. Die Folgen waren, wie voraus⸗ 
zuſehen, nicht die gewünſchten. Es trat keine dauernde 
Geſundung ein. Anſtatt einer ſachlich bemeſſenen 
Anzahl mit gut abgeſtuften Kräften ausgeſtatteter 
Verwaltungsſtellen, bekam man eine übergroße Anzahl 
von Oberbeamten, die teils nicht voll, teils nicht ihrer 
Bildung und Leiſtungsfähigkeit entſprechend beſchäftigt 
ſind. Die notwendige Eingliederung einfacher techniſcher 
Hilfskräfte wurde unmöglich oder ſehr erſchwert. Man 
hatte aus perſönlichen Rückſichten das „Offizierkorps“ 
vermehrt, wo ſachlich „Unteroffiziere und Feldwebel“ 
nötig waren. Die Beamten wurden nicht zufriedener, 
die Verwaltung teurer, aber nicht beſſer. Allorts 
werden Stimmen laut, die eine Verminderung der 


Jahl der Anwärter und eine noch größece Unzu frieden: Oberbeamten verlangen, Auch der Widerſtand gegen 


244 


Aufhebung der kleinen Forſtlehranſtalten hat erheblich 
nachgelaſſen. Sachſen⸗Weimar hat mit der Aufhebung 
von Eiſenach begonnen, Preußen beabfichtigt eine 
Vereinigung feiner beiden Akademien. In Württemberg, 
Baden und Heſſen ſind die Verhältniſſe zur Löſung 
in gleichem Sinne völlig reif geworden. Auch die 
badiſche Forſtverwaltung hat ſeit mehreren Jahren 
auf Eingreifen des Miniſteriums den Zugang zur 
Forſtlaufbahn beſchränkt; der erſt kurz vorher vor⸗ 
genommenen Vermehrung der Yorftämter folgten Auf⸗ 
hebungen und man beginnt fih auch nach der Shaf: 
fung eines brauchbaren Gehilfenperſonals umzuſehen. 
Eine neuerliche Verminderung der Forſtämter iſt ge⸗ 
fordert und gewiſſermaßen zugeſagt worden. 
b) Domänen verwaltung. 

Die Dienſteinrichtung der Domaͤnenverwaltung 
ſtammt aus der gleichen Zeit wie die der Forſtverwaltung, 
dem Jahr 1831. Damals waren die Einnahmen aus 
dem Domänenbeſitz und den Gefällen für den Staats⸗ 
haushalt von der größten Bedeutung, ſie betrugen 44% 
der geſamten Staatseinnahmen. Den „Domänen- 
verwaltungen“ unterſtanden 738 Grundſtocksgebäude, 
eine große Anzahl gewerblicher Betriebe, wie Mahl⸗ 
und Sägemühlen, Ziegelhütten, Bleichen, Wirtſchaften. 
Sie hatten eine große Anzahl von Lehen und Be⸗ 
rechtigungen und den Zehnten zu verwalten, dem 
weitaus der größte Teil des landwirtſchaftlichen Grund⸗ 
beſitzes unterlag. Dieſer wurde in Naturalabgaben 
geleiſtet und teils wieder als Beſoldungsteil an die 
Beamten, Kompetenzempfänger uſw. abgegeben, teils 
verwertet. Die Einnahmen allein aus Lehen, Berech⸗ 
tigungen und Zehnten betrugen 1831 1 870 000 Mk. 
Demgegenüber fielen die Einnahmen aus den meiſt 
verpachteten Kameraldomänen mit 464 000 Mk. weniger 
ins Gewicht. Die Tätigkeit der Domaͤnenämter als 
„Forſtkaſſen“ war nebenſächlich. Dieſe Verhältniſſe haben 
im Lauf der Zeit eine völlige Umwälzung erfahren. 

Die Zahl der Grundſtocksgebäude iſt (1913) auf 
360 zurückgegangen, die wohl zum größeren Teil mit 
dem Forſtbetrieb in Verbindung ſtehen und von den 
Forſtämtern verwaltet werden. Bei den übrigen 
beſorgen die Hauptarbeit — Unterhaltung — die 
Baubehörden. Alle Liegenſchaften mit beſonderen 
Gewerbeeinrichtungen ſind abgeſtoßen mit Ausnahme 
einiger Sägemühlen, die von den Forſtämtern verwaltet 
werden. Einzig die Brauerei Rothaus iſt als Schmerzens⸗ 
kind übrig geblieben, weil ſich kein Käufer findet; aber 
ſie hat eine beſondere Verwaltung. Der geſamte Zehnte 
und faſt alle Berechtigungen, Frohnden, Lehen und 
dergl. find längſt abgelöſt und das Ablöſungskapital 
von rund 30 Millionen iſt dem Domänengrundſtock 
zugeführt. Die Naturalwirtſchaft hat überall der Geld⸗ 
wirtſchaft Platz gemacht. Verblieben iſt den Domänen⸗ 


aͤmtern vor allem die früher nebenſächliche forſtliche 
Geld» und Kaſſenrechnung als Hauptaufgabe und die 
Verwaltung der landwirtſchaftlichen Güter. Aber auch 
hier haben die reinen „Domänenämter“ das Feld nicht 
gänzlich behauptet. Die Forſtkaſſe müſſen fie mit 
einem Teil der allgemeinen Finanzſtellen, die Verwaltung 
und Bewirtſchaftung der Kameraldomänen mit dieſen 
und einer größeren Anzahl von Forſtämtern teilen. 
Ihre Zahl iſt von 44 im Jahr 1831 auf 13 zurück⸗ 
gegangen. Die „Domänendirektion“ wurde mit der 
Forſtdirektion in einer Mittelſtelle vereinigt. Für die 
Finanzbeamten ift das „kameraliſtiſche“ Studium durch 
das juriſtiſche erſetzt, und den fo vorgebildeten Beamten 
erſcheint der Domänendienſt weſensfremd, mehr oder 
minder fubaltern und daher, zumal er wenig Ausſicht 
auf Erlangung höherer Stellen bietet, wenig begehrt. 
Die Geſamteinnahme der Forſt⸗ und Domänen⸗ 
verwaltung verteilt ſich nach Hundertteilen 
im Jahr 1831 1860 1900 1914 
auf Forſtdomänen 86 54 72 78 
„ Kameraldomänen 64 46 28 22 
Die Entwicklung der beiden urſprünglichen Ein⸗ 
nahmequellen des Staatshaushalts, Steuern und 
Domänen, ergibt ſich aus folgender Vergleichung: 
Die Geſamteinnahme aus beiden = 100 geſetzt, 


entfallen auf 
Steuern Domänen davon 
auf. Kameral Forſtd. 


im Jahr 1831 (unficher) 56 44 (28) (16) 
„ 1860 66 34 2 2 
„ 1900 87 13 (4) (9) 
„ 1913/14 86 14 (3) (11) 


VII. Sind bei dieſer Gliederung alle Kräfte voll und 
wirtſchaftlich zweckmäßig ansgeuntzt? 


Unbeſtrittener, neuerdings auch ganz beſonders zur 
Richtſchnur für die Staatsverwaltung erhobener Grund- 
ſatz ift, daß zu Arbeiten, die ein Beamter minderer 
Bildung erledigen kann, ein höherer, insbeſondere ein 
akademiſch gebildeter Oberbeamter nicht verwendet werden 
ſoll. Arbeit ſolcher Art gibt es in allen wirklichen 
Verwaltungsſtellen, namentlich in Wirtſchaftsbetrieben, 
und ſie ſind hier in der Regel an Umfang überwiegend. 
Als Untergrenze einer wirtſchaftlich richtigen Beamten⸗ 
ausſtattung dieſer Stellen wird man daher ein Ver⸗ 
hältnis zwiſchen Oberbeamten und Hilfskräften aus 
dem Stand der mittleren oder Unterbeamten von 1:1 
annehmen müſſen. Die Obergrenze tritt ein, wenn 
der leitende Oberbeamte Gefahr läuft den Ueberblick 
zu verlieren und nicht mehr voll verantwortlich ſein 
kann für eine ſorgfältige Durchführung des Dienſtes 
nach den allgemeinen Dienſtvorſchriften und ſeiner 
eigenen Auffaſſung. 


PO Ah — u. 


245 


Forſtbetrieb und Forſtverwaltung unterliegen darin 


keinem Sondergeſetz. Die preußiſche Forſtverwaltung 


hat die Grundlagen zur Durchführung nach dieſem 
Grundſatz geſchaffen, indem jedem Oberförſter ein 
„Forſiſchreiber“ zugeteilt ift, in Bayern ſtehen den 
meien Forſtämtern forſttechniſch gebildete mittlere 
Beamte für ihren Dienſt zur Verfügung, auch 
in Heſſen, Württemberg und Elſaß hat jeder Ober⸗ 
firfter einen Schreiber, allerdings Häufig von min: 
derer Leiſtungsfähigkeit zur Verfügung. In Ba⸗ 
den kommt zur Zeit erſt auf 7 Oberbeamte ein 
„Schreibforſtwart“. Das iſt ein unbeſtreitbares Miß⸗ 
verhältnis und eine völlig unwirtſchaftliche Verwendung 
der Oberbeamten. Gründliche Abhilfe in wirtſchaftlicher 
Beije kann nur dadurch geſchaffen werden, daß der 
Geſchäftskreis des Oberbeamten, wo er in ſeinem jetzigen 
Umfang die volle Ausnutzung mindeſtens eines unter- 
beamtlichen Gehilfen nicht möglich macht, entſprechend 
erweitert wird, bis dieſe Untergrenze erreicht iſt. Dieſe 
Erweiterung kann geſchehen durch Vertiefung der Arbeit 
innerhalb des Bezirkes ſelbſt, durch Zuweiſung neuer 
Aufgaben, durch Vergrößerung der Bezirke, oder je 
nach Umſtänden durch alles gemeinſam. Der Arbeits⸗ 


umfang der Forſtämter wird beſtimmt durch Größe 


— . b2R— A—ü—4—ͤ . — — 


Baden ſteht hiernach an der unteren Grenze. Keine 
Verwaltung verfügt bis jetzt über volle „techniſche 
Gehilfen“ und nirgends werden die gegenwärtigen Hilfs⸗ 
mittel des Verkehrs und für den Kanzleidienſt nach 
Möglichkeit voll ausgenützt. In keiner Verwaltung, 
auch nicht in jenen mit den größten Bezirken, iſt von 
den Betriebsleitern ſelbſt die Notwendigkeit einer Ver⸗ 
kleinerung ihrer Bezirke ausgeſprochen worden. Ihr 
Verlangen ging immer nur auf Entlaſtung von den 
untergeordneten Arbeiten durch Zuteilung von ſelbſt⸗ 
verantwortlichen techniſchen Hilfsbeamten. Auch in 
Baden ſelbſt haben wir Forſtbezirke bis zu 4800 V. b. ha 
und Jahresnutzungen bis zu 50 000 fm. Aber trotz 
der unvollkommenen Dienſteinrichtung hat noch niemand 
behauptet, dort würde mit weniger wirtſchaftlichem 
Erfolg gearbeitet als in den kleinen und kleinſten Forſt⸗ 


aͤmtern. Vielleicht dürfte eher das Gegenteil zutreffen. 
| Auch das Verlangen dieſer Bezirksvorſtände iſt nicht 


der Betriebsflächen und Nutzungen wie Größe und 


Anzahl der einzelnen Betriebe, durch die geogra: 
Hilde und topographiſche Lage der Bewirtſchaftungs⸗ 
gegenſtände und deren Entfernung vom Amtsſitz wie 
unter fich, und endlich durch die Betriebsweiſe. Je 
größer die Zerſplitterung der Waldungen, deſto umfang⸗ 
nicher die Arbeit, aber nicht nach der leitenden, ſondern 
nach der mehr handwerksmäßigen, mechaniſchen Seite 
alfo nach dem Arbeitsgebiet des „techniſchen Gehilfen“ hin. 

Die Schwierigkeiten, ein genügend großes Arbeits⸗ 
gebiet rein leitender Art für einen Oberbeamten zu ſchaf⸗ 
fen, lagen früher in den Entfernungen der Waldungen 
und haben bei den jetzigen Verkehrsmöͤglichkeiten und 
Verkehrsmitteln an Bedeutung ganz weſentlich ab⸗ 
genommen. Es handelt fih nur darum, diefe in 
gleichem Maße wie das private Wirtſchaftsleben fih 
junuge zu machen. Je einfacher und gleichförmiger 
die Betriebsweiſe, umſo größer kann die Flåden 
ausdehnung des Bezirks gewählt werden. 


Tie mittlere Größe der Forſtbezirke iſt in den ein⸗ 


zelnen Staaten ſehr verſchieden. Sie beträgt: 


TE 


Staats- | Gemeinde auf Voll⸗ 

; zuſammen betrieb ers 
Ë walbungen | müßigt 
ha V. b. ha 


Ell.-Lothringen] 2 400 3 150 5 550 4500 
Tengen oen 600 


3 3 840 4500 | 4300 

ape 2 465 1010 3475 3 140 

mut... 940 2700 3640 2700 

rn .| 1330 1140 2470 ` 2100 
916 


auf Bezirksverkleinerung ſondern auf Zuteilung geeig⸗ 
neter und ausreichender Hilfsbeamten und beſſere 
Dienſtausſtattung gerichtet. 

Hieraus in Verbindung mit den früheren Aus⸗ 
führungen ergibt ſich von ſelbſt, unter welchen 
Bedingungen und bei welcher J Bezirksgröße in Baden 
die Kräfte der Oberbeamten im allgemeinen am nub: 
barſten verwertet werden würden und ſo die Verwaltung 
am wirtſchaftlichſten arbeiten könnte. Vor allem muß 
jeder Betriebsleiter durch Zuteilung mindeſtens eines 
vollwertigen techniſchen Hilfsbeamten und durch zu⸗ 
reichende Nutzbarmachung aller neuzeitigen Hilfsmittel 
auf die höchſte Stufe ſeiner Leiſtungsfähigkeit gebracht 
werden. 

Der Hilfsbeamte, aus der Zahl; der Forſtwarte 
ſorgfältig ausgewählt und frühzeitig beſonders weiter⸗ 
gebildet, muß dem Betriebsperſonal, aberz nicht als 
unmittelbarer Vorgeſetzter, übergeordnet fein. Zu 
ſeinem Arbeitsgebiet gehören neben der Buchführung 
und dem ſogenannten Sekretärsdienſt Dienſtverrich⸗ 
tungen einfacherer Art im äußeren Betrieb, ſo⸗ 
weit dies zur Entlaſtung des Betriebsleiters nötig 
iſt, wie Beteiligung an Holzabnahmen und Holz⸗ 
anweiſungen — unter einfachen Verhäͤltniſſen und bei 
kleineren Maſſen in ſelbſtändiger Weiſe — Nachſchau und 
Beaufſichtigung von Betriebsarbeiten aller Art. Ein 
ſo unterſtützter und ausgerüſteter Oberbeamter wird 
unter mittleren Verhältniſſen eine Waldfläche, wie ſie die 


größeren Forſtbezirke aufweiſen, das find 4000 V. b. ha, 


mit vollem Erfolg bewirtſchaften,! eine Jahresuutzung 


von 30 000 bis 40 000 fm verarbeiten und dabei immer 


noch den Betrieb in allen Teilen überſehen und be- 


herrſchen können. Könnten die Gemeinden geſetzlich 


zur beſſeren Ausbildung ihres Hutperſonals Hand in 
Hand mit einer Zuſammenlegung der unwirtſchaft⸗ 
38 


246 


lichen kleinen Hutbezirke gezwungen werden, fo wäre das 
nicht nur ein wirtſchaftlicher Vorteil für die Gemeinden 
ſelbſt und eine weſentliche Förderung der Waldwirtſchaft, 
fondern es ermöglichte auch eine noch weitere Ber- 
größerung der Forſtbezirke über dieſe Zahlen. Bezirke 
unter 3000 V. b. ha dürften nur in ſeltenen Fällen 
der Kraft eines Oberbeamten mit Gehilfen genügend Ge⸗ 
legenheit zur vollen Ausnutzung bieten. Bei Bezirken von 
über 5 000 V. b. ha läuft der Betriebsleiter bei nicht ganz 
einfachen Verhältniſſen Gefahr, den erforderlichen perſön⸗ 
lichen Einfluß auf die Betriebseinzelheiten zu verlieren. 
Hier wären im allgemeinen die Unter⸗ und Obergrenzen. 


b) Die Bezirksdomänenverwaltung. 


Der Hauptdienſt der Domänenämter iſt Kaſſen⸗ 
und Rechnungsführung und das Beitreibungsweſen ge⸗ 
worden. Derartige Dienſte werden in allen anderen 
Verwaltungszweigen und in allen anderen Staatsver⸗ 
waltungen von mittleren Beamten beſorgt. 

Auch die badiſchen Großſtädte entnehmen die Lei⸗ 
ter ihrer Kaſſen⸗ und Rechnungsſtellen den mittleren 
Finanzbeamten und find mit den Ergebniſſen ſehr 
zufrieden. Anerkannt iſt ferner der Vorteil, den eine 
Vereinheitlichung des ſtaaatlichen Kaſſenweſens bietet 
und für alle anderen Verwaltungszweige, mit Aus⸗ 
nahme der Eiſenbahnen, beſtehen gemeinſame Be⸗ 
zirks⸗Kaſſen⸗ und Rechnungsſtellen in den Finanz⸗ 
bezw. Hauptſteuerämtern. Eine Angliederung der Forſt⸗ 
und Domaͤnenkaſſe an diefe wäre ein großer Vorteil auch 
für die Forft- und Domänenverwaltung ſelbſt. Die Domä⸗ 
nenkaſſe hat nämlich keine eigenen Dienſtſtellen in den ein⸗ 
zelnen Gemeinden und iſt für alle dort vorzunehmenden 
Auszahlungen von Löhnen und dgl. wie einzuholende 
Auskünfte auf die örtlichen Dienſtſtellen der allgemeinen 
Finanzverwaltung, die Steuereinnehmer, angewieſen 
durch Vermittlung der Finanzämter. Das ift umſtändlich 
und einer vollen Ausnutzung dieſer Ortsſtellen für Do⸗ 
mänenzwecke hinderlich. So dürfen ſie heute nicht ver⸗ 
wendet werden zu Zuſtellung von Forderungs⸗ und Los⸗ 
zetteln und zur Empfangnahme von Bezahlungen für 
die Do mänenkaſſen. Mit Vereinheitlichung der Kaffen 
würde fih das ganze Zahlungsverfahren im Domänen: 
weſen ganz außerordentlich auch zu Gunſten der Be⸗ 
völkerung vereinfachen laſſen, und auch die Kredit⸗ 
gewährung würde auf weſentlich ſicherere Füße geſtellt. 

Auch darüber herrſcht kein Zweifel, daß die eigent⸗ 
liche Verwaltungs und Betriebstätigkeit der Domä⸗ 
nenämter zu unbedeutend iſt und der Hauptwirtſchafts⸗ 
gegenſtände, der Wafferwiejen, zu wenige find und 
dieſe zu zerſtreut liegen, als daß ſich die An⸗ 
ſtellung beſonders dafür ausgebildeter Oberbeamten 
lohnte. Ebenſo wird nicht beſtritten, daß Finanzbe⸗ 
amte in ihrer heutigen Ausbildung für Landwirt: 


ſchaftsbetrieb auch einfacher Art, wie es der Wieſen⸗ 


betrieb iſt, nicht vorbereitet ſind. Man hat dieſem 
Mißſtand zwar durch zeitweiſe Zuteilung einzelner fü: 
den Domänendienſt beſtimmter Beamten an die Rul: 
turinſpektionen (Meliorationsämter) zu verbeſſern ge 
ſucht. Dort wird aber keine Landwirtſchaft ſondern 
Tiefbautechnik für alle Zweige des öffentlichen Inte⸗ 

reſſes — unter anderem auch Ent: und Bewäſſerungstech⸗ 
nik — in meiſt großzügiger Weiſe getrieben. Zu deren 
gründlichen Erfaſſung und praktiſchen Anwendung gehört 
aber eine mathematiſch⸗naturwiſſenſchaftliche⸗techniſche 
Vorbildung, wie ſie der Finanzbeamte nicht beſitzt und 
nicht beſitzen kann. Dieſer wird daher günſtigen Falls durch 

ſeine Tätigkeit bei dem Kulturingenieur nur zu einem 
mehr oder minder dilettantenhaften Verſtändnis dieſes 

einen Teils des Wieſenbetriebs gelangen. Solche fach⸗ 

liche Halbbildung kann der Wirtſchaft wenig Vorteil 

bringen, unter Umſtänden aber zu höchſt koſtſpieligen 

Experimenten führen, wenn je Gelegenheit ſich findet, 

ſie anzuwenden. 

Die einzigen Verwaltungsbeamten, die in der Land- 
wirtſchaft unter beſonderer Berückfichtigung des Wieſen⸗ 
baus und der Fiſchzucht eine ſyſtemathiſche wiſſenſchaft⸗ 
liche Vorbildung, wenn auch ſelbſtverſtändlich beſchraͤnk⸗ 
ten Umfanges, erhalten und den Nachweis dafür in 
der Staatsprüfung erbringen müſſen, find die Forſt⸗ 
beamten. Auch bietet deren ſonſtige wiſſenſchaftliche 
Bor: und praktiſche Ausbildung die Gewähr dafür, 
daß fie fih raſch und mit Verſtändnis im landwirt⸗ 
ſchaftlichen Betrieb, wie in der Teichwirtſchaft, zurecht 
finden werden. Der kleinere Teil dieſer Betriebe iſt 
ihnen ſchon übertragen und der Gedanke liegt nahe, 
auch der Reit der Kameraldomaͤnen könnte ohne 
Schaden der Forſtverwaltung überwieſen werden. In 
Heſſen iſt dies ſeit Jahren der Fall und hat ſich be⸗ 
währt. Der Berichterſtatter der I. badiſchen Kammer, 
der als Sachkenner in forſt⸗ und landwirtſchaftlichen 
Dingen gilt, iſt in entſchiedener Weiſe für dieſe Verein⸗ 
heitlichung eingetreten und die Regierung ſelbſt hat 
dieſe Frage wiederholt unterſucht. 

In der Denkſchrift der Regierung über die Ver⸗ 
einfachung in der Staatsverwaltung vom Jahr 1912 
wird die Stellung der Forſt⸗ und Domaͤnendirektion 
wie folgt wiedergegeben: Die Möglichkeit der Auf⸗ 
hebung der Domänenämter und der Verwaltung der 
Kameraldomänen durch die Forſtämter wird anerkannt. 
Nur wird die Befürchtung ausgeſprochen, die Forſt⸗ 
ämter möchten dieſen Zweig ihres Dienſtes dem Forſt⸗ 
betrieb gegenüber nebenſächlich behandeln und darunter 
könnten die Güter leiden. Auch müßte zu dieſem 
Zweck die Zahl der Forſtämter um zwei vermehrt wer⸗ 
den, es warde daher eine Verminderung des Verwal⸗ 
tungsaufwandes nicht eintreten. Die Grun dlagen für 


t 


247 


efe Befürchtungen find nicht angegeben. Handelte | Beihäftigung der forſtlichen Beamten und Arbeiter. 


8 hd darum, ob die Kameraldomänen den Bezirke: 
telen der allgemeinen Finanzſtellen gänzlich übertra⸗ 
gen werden ſollten, fo wären dieſe Bedenken ſicher ge: 
rechtfertigt, wie fie voll und ganz für jene 8 5,0 dieſer 
Güter Geltung haben, die von dort aus jetzt ver- 
woltet werden. 


Gegenüber den Forſtämtern liegen die Verhältniſſe 
doch ganz anders, und es darf wohl angenommen 
werden, daß die genannten Bedenken ausſchließlich bei 
der „Wirtſchaftlichen Abteilung“ der Forſt⸗ und Do: 
maͤnendirektion obwalten, die Anſicht der „forft: 
lichen Abteilung“ aber damit nicht zum Ausdruck 
bracht ift. Jedenfalls finden fie in den tatſäch⸗ 
tden Verhältniſſen und der bisherigen Tätigkeit 
der Forſtämter bezüglich der ihnen übertragenen Ra: 
meraldomänen keinen Anhalt und halten einer fad: 
lichen Prüfung nicht wohl Stand. 


Land⸗ und Forſtwirtſchaft beruhen auf den gleichen 
wiſſenſchaſtlichen und ſehr verwandten wirtſchaftlichen 
Grundlagen. In der Ausübung haben ſie viele Be⸗ 
rührungspunkte. Wald, Wieſen und Feld liegen in 
Baden, namentlich in jenen Gegenden, wo der größte 
Rameraldomänenbefig fih befindet, meiſt in bun: 
em Gemiſch durd oder in nächſter Nachbarſchaft 
ubeneinder. Der Schwerpunkt des Forſtberufs ift 
der äußere Dienſt. Der Forſtmann hat daher von 
Alen in Betracht kommenden Beamten, die Borftände 
ber Domänenämter nicht ausgeſchloſſen, die weitaus 
ginfigfte Gelegenheit zur eingehenden und regelmäßi⸗ 

gen Nachſchau, Beaufſichtigung und Beobachtung der 
- Rameralbomanen, feien fie verpachtet, oder im Selbſt⸗ 
: betrieb, feien es Wieſen, Felder, Torſſtiche oder Fiſch⸗ 
i ihe, ohne daß dadurch beſonderer Beit: oder Geld- 
= aufwand entftfinde. Auch ſtehen ihm eine ganze An: 
2 ial wertvoller Kräfte zu feiner Unterſtützung in dieſer 
J Aufgabe zur Verfügung. Mit den Landleuten kommt 
er jo häufig und nicht nur in der Kanzlei, ſondern in 

Beh und Feld in Berührung wie kaum ein anderer Be- 
e| mter, Seine Unterbeamten und Arbeiter find alle Klein- 
g, luidwirte, die, Gemeinden, deren Waldungen er bewirt⸗ 

w haftet, zumeift ländliche, und die Landleute mit 
y Pauptabnehmer der Walderzeugniſſe. Der Hauptbe⸗ 
| trieb in der Forſtwirtſchaft, namentlich in der Rhein- 
4 tte, wo die wichtigſten felhftbewirtichafteten Domä⸗ 
$ ngiter liegen, fällt in die Winterszeit, der Wieſen⸗ 
f betrieb (ausſchließlich folder kommt in Betracht) in 
p dalliahr, Sommer und Herbſt, die Zeit der „Wald⸗ 
d Tue", wo die Forſtämter genügend Zeit haben, fich 
wen zu widmen ohne den Forſtdienſt zu ſchädigen. 


\ der Biefenbetrieh bildet ſomit eine ausgezeichnete Er: 
1" zur völligen Ausnutzung und gleichmäßigen 


— 


Liegt Forſt⸗ und Kameraldomänenbetrieb in einer Hand, 
ſo wird häufig ein Wirtſchaftsunterbeamter genügen, wo 
jetzt ein Forſtwart und ein Güteraufſeher, beide nur 
zeitweiſe voll in Anſpruch genommen, nebeneinander 
wirken, jedenſalls werden ſich die Arbeitsgebiete beſſer 
abgrenzen laſſen. Wo bisher keiner der beiden Be⸗ 
triebe für ſich einen Stamm ftändiger Arbeiter 
halten konnte wegen Mangels ſtändiger Arbeits⸗ 
gelegenheit, wird dies bei vereinheitlichtem Betrieb 
möglich ſein. | 


Unter ſolchen Verhältniſſen wird jeder unbefangen, 
rein ſachlich Urteilende dem Forſtbeamten ſo viel geſun⸗ 
den Menſchenverſtand, Pflichtgefühl wie Verſtändnis 
für die Landwirtſchaft zutrauen, daß er den ihm an⸗ 
vertrauten Kameraldomänengütern die gleiche Aufmerk⸗ 
ſamkeit zuwenden wird wie dem Wald. Soweit den 
Forſtämtern bisher eine ſolche Tätigkeit zugewieſen 
war, haben fie fie gerne übernommen und ſich 
ihr mit vollem Eifer und anerkanntem Erfolg gewid⸗ 
met. Auch die forſtliche Abteilung der Forſt⸗ und 
Domänendirekion war von je für eine tunlichſt aus⸗ 
gedehnte Uebertragung der Kameraldomänen an die 
Forſtämter. Und die Regierung ſelbſt hat wohl in 
der Vorausſicht, daß die Forſtbeamten zu Nachfolgern 
der im Abſterben begriffenen und durch neuzeitige Fi- 
nanzbeamte abgelöſten alten Kameralbeamten in der 
Verwaltung der Domänen berufen ſein würden, deren 
Bildungsgang durch Aufnahme der dazu notwendigen 
landwirtſchaftlichen Fächer vervollſtändigt. Die Forſt⸗ 
beamten fühlen ſich befähigt und berufen die⸗ 
ſes Amt zu übernehmen und es liegt in keiner Weiſe 
an Mangel guten Willens bei ihnen, wenn ſie bis 
jetzt in dieſer Richtung nur in dem unvermeidlichſten 
Umfang tätig fein dürfen und jede Erweiterung darin 
erkämpft werden muß. 


Welch außerordentlich hohen Koſtenaufwand die 
Selbſtbewirtſchaftung der Wieſen durch die Domänen⸗ 
ämter erfordert, iſt auf Seite 242 nachgewieſen. 
Wenn, wie die Denkſchrift angibt, zum Zweck der vollen 
Uebertragung der Kameraldomänen die Zahl der Forſt⸗ 
aͤmter um zwei vermehrt werden muß, ſo iſt es irr: 
tümlich anzunehmen, dieſer Mehraufwand würde die 
durch Aufhebung der Domaͤnenämter erzielten Er⸗ 
ſparungen aufzehren. Der Aufwand für ein Forſtamt 
beträgt (Seite 241) 12000 Mk., der für ein Domänen- 
amt, ſoweit er der Bewirtſchaftung der Güter zur 
Laft zu ſchreiben ift, (Seite 242) 10 700 Mk. 
2 weitere Forſtämter erfordern 24 000 Mk., weg: 
fielen für 13 aufgehobene Domänenämter 139 100 Mk. 
Es bleibt ſomit immer noch die recht anſehnliche Er⸗ 
ſparnis von 115 000 Mk. E 

88* 


248 


VIII. Wie ift der Bezirksdienſt zweckmäßig zu glic- 
dern und wie würde dadurch die Geſamtverwaltung 
beeinflußt? 

Für die geſamte Forſt⸗ und Domänenverwaltung 
gibt es, getrennt nach Verwaltung und Bewirtſchaftung 
einerſeits, Kaſſe und Verrechnung andrerſeits, je nur 
einheitliche Bezirksſtellen. 

Die Verwaltungsſtellen, „Forſt⸗ und Domänen⸗ 
ämter“, einfacher „Forſtämter“ benannt, werden von 
forſtlich gebildeten Oberbeamten geleitet, unter Zuteilung 
der erforderlichen Anzahl, mindeſtens eines techniſchen 
Hilfsbeamten, „Forſtgehilfen“ aus der Klaſſe der höheren 
Unterbeamten. Was ſich zur Zuteilung an dieſe Aemter 
nicht eignet, wie die Staatsbrauerei, die Kellerei und 
Rebwirtſchaft in Meersburg, werden, ſoweit ſie nicht 
als unrentabel abgeſtoßen werden können, beſonders 
geordnet und von der Zentralſtelle aus unmittelbar 
geleitet. Die Bearbeitung der Kompetenzen und ähn: 
licher Laſten mit großer Rechnungsarbeit wird dem 
Kontrollbüro dieſer Stelle übertragen. 

Die Kaſſe und Verrechnung einſchließlich der Bei⸗ 
treibungsangelegenheiten beſorgen die „Forſt⸗ und Do⸗ 
mänenkaſſen“, oder einfacher „Forſtkaſſen“. Dieſe werden 
den allgemeinen ſtaatlichen Bezirkskaſſen — Finanzämtern 
— angegliedert, ſoweit nötig als beſondere Abteilung 
unter einem mittleren Beamten als „Buchhalter“. 

Damit wäre die Behandlung des geſamten Domaͤnen⸗ 
beſitzes nach einheitlichen Grundſätzen durch ſachver⸗ 
ſtändige Beamte ſichergeſtellt. Der bisherige oft recht 
peinlich ſich geltend machende und einer natürlichen 
Ordnung hinderliche, gänzlich unbegründete Gegenſatz 
zwiſchen Kameraldomänen und Forſtdomänen, zwiſchen 
Domänenverwaltung und Forſtverwaltung waͤre end⸗ 
giltig beſeitigt und damit eine Menge von Umſtänd⸗ 
lichkeiten und Schwierigkeiten. Die Kaſſen aber wür⸗ 
den alle jene Vorteile genießen, die mit einer Verein⸗ 
heitlichung zu einer großen Zahl- und Abrechnungs⸗ 
ſtelle verbunden find, die überall hin Verbindung und 
in jedem Ort ihre beſondere Unterſtellen hat. Das 
ganze Zahlungs⸗ und Rechnungsweſen, Verbürgungen, 
Beitreibungen, Kreditfeſtſtellungen, Zuſtellungen und 
dgl. könnten auf eine neue, ganz weſentlich vereinfachte 
Grundlage geſtellt, werden. 

Die Wirkung dieſer Neuordnung wird ſich aber 
nicht in der Bezirksverwaltung erſchöpfen, ſondern 
fih auch auf die Leitung in der Forſt⸗ und Do- 
mänendirektion erſtrecken. Die bisher künſtlich noch 
aufrecht erhaltene Zweiteilung in eine „Wirtſchaft⸗ 
liche“ und eine „Forſtliche“ Abteilung mit all den 
damit verbundenen Geſchäftshemmungen würde fallen, 
an Stelle der jetzigen vier „Jwirtſchaftlichen Refe⸗ 
renten“ dürfte die Zuteilung eines Finanztechnikers 
und vielleicht eines landwirtſchaftlich gebildeten Refe⸗ 
renten oder Hilfsreferenten, genügen. Letzterer könnte 


dann Kellerei und Brauerei bearbeiten, wenn man bir 
nicht mit dem Referat für die Salinen zu einem 
werblichen“ Referat vereinigen will. Auch wird da 
nicht mehr die Notwendigkeit beſtehen, daß ein Hauptleiter 
und, neben und unter ihm, ein „ſorſttechniſcher“ Lei 
ter vorhanden find. Ein Leiter mit der erforderlicher 
Sachkenntnis würde vollſtändig genügen. Mit einer 
unmittelbaren Angliederung der Direktion an das Mi⸗ 
niſterium als „Abteilung für Forſte und Domänen 
unter Leitung eines Abteilungsdirektors hätte die Ver⸗ 
einfachung und Vereinheitlichung den wirkungsvollen 
natürlichen Schlußſtein gefunden. | 

Daß man auch in Forſteinrichtung, Forſtſtatiſtik 
und Forſtvermeſſung erheblich vereinfachen kann, wenn 
man fic) auf das wirklich notwendige und weſentliche 
beſchränkt und auf alles, was nur nach außen wirkt. 
verzichtet, ſei nur nebenbei bemerkt. 


IX. Finanzielle Bedeutung dieſer Gliederung. 

Der Bedarf an Forſtämtern berechnet fih: 

a) für den Forſtbetrieb: 

Die mittlere Betriebsgröße eines neuzeitigen Forf 
amtes ift (Seite 246) auf 4000 V. b. ha oder eine 
Jahresnutzung von etwa 35000 fm, die Größe der 
zu bewirtſchaftenden Waldungen im ganzen Land Seite 
240) auf rund 270 000 V. b. ha berechnet, die jährliche 
Holznutzung beträgt 2 299 000 fm (1918). Bei 
ſchematiſcher Durchführung der Gliederung 10 


biefen Zahlen wären nötig nach der Fläche 4 000 
9 000 


229 
— 68 Aemter, nach der Nutzung 35 000 77 Aemter. 


b) für die Bewirtſchaftung der Kameraldomänen: 
Die Denkſchrift der Regierung gibt an, daß dazu zwei 
weitere Forſtämter erforderlich ſind. 

Hiernach wäre der Geſamtbedarf zwiſchen 70 und 
79 Stellen, mehr der unteren Grenze zuneigend, denn 
die Nutzung von 1918 war von außergewöhnlicher 
Größe. Die einzelnen Forſtämter werden nach Um⸗ 
fang und Bedeutung immer abgeſtuft bleiben müſſen, 
ſchon wegen der Verſchiedenheit in der Leiſtungsfähig⸗ 
keit der Beamten nach Alter, Rüſtigkeit und Veran⸗ 
lagung. Alles in allem genommen wird eine Anzahl 
von 80 Stellen als ausreichend anzunehmen ſein. 

Der Aufwand für eine Stelle iſt zu ſchätzen unter 
Berückſichtignng der erweiterten Aufgaben: 


— * —— A 


— — - 


ME. 
Gehalt des Vorſtandes (wie bisher) 5 000 
Dienſtgebäude (wie bisher) i 3000 
1 Forſtgehilfe mit 8 (ne ; 2300 | 
Schreibaushilfe (erhöht) 6 l . 400 
Sachliche Amtsunkoſten (erhöht). 500 


Reiſekoſten, Fuhrwerk, Taggelder uſw. (erhöht) 3800 
zuſammen 15000 
(bisher 12 000 Mk.) 


249 


Der Aufwand für die ganze Bezirksverwaltung 


ird hiernach betragen: 


0 Bezirksſtellen je 15000 Mk. 1200 000 Mk. 

zweite Beamte „ 3700 „ 18 700 „ 

> Aſſeſſoren „ 2 000 „ 30 000 „ 
zuſammen 1248 700 Mk. 


Dabei find die Aufwendungen reichlich angeſetzt. 


An zweiten Beamten und Aſſeſſoren ſind nur ſo viele 


dorgeſehen, als ſachlich zu Vertretungen, Aushilfen 
und als Nachwuchs für die abgehenden Oberbeamten 
nötig find. Eine weitere Anzahl folder junger Be: 
anten wird, wie bisher, für die Zentralſtelle und die 
Forſteinrichtung nötig bleiben, in letzterer allerdings 
nach teilweiſer Erſetzung durch Forſtgehilfen. 

In Wegfall kommen: 

1. Der bisherige Aufwand für die Forſtämter 
(Seite 241) mit 1 196 600 Mk. 

2. Der bisherige Aufwand für die Domänenämter, 
ſoweit er durch deren Beſtehen als ſelbſtſtändige Stellen 
und durch die Verwaltung der Kameraldomänen ver⸗ 
utſacht wird, d. i. (Seite 242): 


Mk. 

Gehalte für 13 Dienſtvorſtände 72 300 
„ 2 Finanzamtmaͤnner 6 050 
„ 3 Kulturmeiſter 4 850 
Wodnungsgelder ; 1 500 
Diener Se e 2 500 
Vergütung für 7 Finanzaſſeſſoren 14 000 
Tienſtreiſekoſten 14350 
Antsunkoſten (¼ des bisherigen Betrags) 5 900 
Aufwand für Dienftgebäude . 51 800 
zuſammen 173 250 


Dabei wird angenommen, daß das geſamte mittlere 
_ und untere Beamtenperſonal des inneren Dienſtes zur 
Besorgung der Domänenkaſſengeſchäfte bei den Finanz- 
+ dmtern erforderlich bleibt. 
Künftig fielen ſomit im Ganzen weg 

1196600 + 173250 = 1369 850 Mk. 
Die neue Bezirksverwaltung koſtet 1 248 700 „ 


Unmittelbare Erſparnis ſomit 121 150 Mk. 

Wird die Folge der neuen Gliederung der Bezirks⸗ 
dewalfung auch für die Zentralſtelle gezogen, jo kämen 
It nach Umſtänden weiter in Wegfall der Aufwand 
für zwei Kollegialmitglieder mit zuſammen 16 000 Mk. 

Die finanzielle Bedeutung dieſer Neugliederung 
lummt aber nicht völlig in dieſer unmittelbaren Gin: 
1 barung von rund 137 000 Mk. zum Ausdruck. Denn 
i borin find neben den Vereinfachungen und Ber- 
| beflecungen, deren Wirkung ſich in feſten Zahlen nicht 
$ admeijen läßt, die Mehrkoſten enthalten, die durch die 
K IR wie jo unumgänglich notwendige und in Ausſicht 
N genommene Schaffung eines Perſonals techniſcher Ge: 
L) Men für den Forſtamtsdienſt auch ohne dieje Neu: 


y 


| 


—— — ͤ— — an m LIU a nn —2æ ` — — 


ordnung entſtehen würden. Dieſe ſind. auf mindeſtens 
50 000 Mk. zu ſchätzen. | 

Weiter wird dieſe Vereinheitlichung auch auf ben 
Haushalt des Unterrichtsminiſteriums einen unaus⸗ 
bleiblichen Einfluß nach der Seite der Erſparung ausüben. 
Denn mit der Schaffung eines techniſchen Gehilfen⸗ 
perſonals für die Forſtverwaltung wird der Bedarf an 
Aſſeſſoren ſo gering, daß damit die ſelbſt füe den 
Wohlwollendſten längſt ſtrittige Frage, ob die forſt⸗ 
liche Abteilung der techniſchen Hochſchule erhaltungs⸗ 
fähig und erhaltenswert ſei, zu einer unbedingt ver- 
neinenden Löſung kommen muß. Die Forſtverwal⸗ 
tung bedarf auf längere Jahre überhaupt keinen Zu⸗ 
gang von Anwaͤrtern und fpdter darf er die Zahl 
von 3 bis höchſtens 4 nicht überſchreiten, wenn die 
Beförderungsverhältniſſe geſund werden und bleiben 
ſollen. Ein eigener forſtlicher Hochſchulbetrieb wird 
damit für jedermann erſichtlich völlig unmöglich. Der 
bisher darauf verwendete Aufwand von jährlich 40 000 
bis 50 000 Mk. wird für andere Zwecke frei. 

Als Geſamtwirkung der Neuordnung in finanzieller 
Beziehung kann die Minderung der Ausgaben im 
Staatshaushalt um etwa 220 000 bis 230 000 Mk. 
angenommen werden. 

Die heutige Lage verlangt aber neben ſparſamſtem 
Haushalt auch, daß die letzten Quellen ſür Vermehrung der 
Staatseinahmen aufgedeckt und nutzbar gemacht werden. 

In dieſem Sinne iſt darauf hinzuweiſen, daß die 
Beförſterungsſteuer, die die Gemeinden und Körper⸗ 
ſchaften für die Bewirtſchaftung ihrer Waldungen zahlen, 
weitaus nicht den dafür erwachſenden Aufwand decken. 

Der Staat legt dafür alljährlich (Statiſtik 1913) 
244 000 Mk. auf, welcher Betrag zu Unrecht dem 
aäͤrariſchen Forſtbetrieb zu Laſten bleibt. Es handelt 
fidh faſt durchweg um wirtſchaftlich kräftige Waldbeſitzer, 
die eine angemeſſenere Beitragsleiſtung ſehr wohl tragen 
könnten. Ferner beanſprucht eine größere Zahl von 
Waldbeſitzern die Leiſtungen und die Mitwirkung der 
ſtaatlichen Forſtbeamten zu ihrer Betriebsführung in 
einem über deren amtliche Verpflichtung hinausgehenden 
Umfang. Dieſe Mitwirkung erfolgt auf Grund von 
Privatverträgen mit dienſtpolizeilicher Genehmigung. 
Es wäre zu erwägen, ob die Forſtverwaltung dieſe 
Leiſtungen nicht von ſich aus gegen angemeſſene Ent⸗ 
ſchädigung an die Staatskaſſe übernehmen ſollte. Den 
dafür beanſpruchten Beamten müßte dann eine ent⸗ 
ſprechende Erhöhung ihres Dienſtaufwandes bewilligt 
werden. Leiſtungen für Waldbeſitzer, die in dieſer Weiſe 
nicht geordnet werden können, ſollten den Beamten 
überhaupt nicht geſtattet werden. Damit würde zugleich 
ein mit Recht viel beanſtandeter Uebelſtand, der ſich 
kaum noch in einem anderen Zweig der Staatsver— 
waltung findet, beſeitigt. 


250 


X. Durchführung der Nenordnung. 


Die Uebertragung diefer Neuordnung in die Wirk: 
lichkeit wird nicht einfach fein; es werden ihr eine 
Menge von Schwierigkeiten teils ſachlicher, teils perſön⸗ 
licher Art entgegenſtehen. 

„Eng iſt die Welt und das Gehirn iſt weit“. 
„Leicht bei einander wohnen die Gedanken“, 
Doch hart im Raume ſtoßen ſich die Sachen“. 

Vor allem die Perſonalfrage erfordert die vor⸗ 
ſichtigſte und wohlwollendſte Behandlung. Die Vor⸗ 
ſtände der 13 Domänenämter find zum größeren Teil 
ältere Herrn, die in nächſter Zeit auf dem natürlichen 
Weg der Zuruheſetzung abgehen werden. Die übrigen, 
wie die im Domänendienſt vorübergehend beichäftigten 
Finanzaſſeſſoren finden ohne Schwierigkeit Verwendung 
in dem weit verzweigten und beamtenreichen Dienſt 
der allgemeinen Finanzverwaltung. 

Auch wird es nicht ſchwer ſein nach dem Krieg 
eine Anzahl Forſtämter frei zu bekommen. Teils find 
ſolche ſchon erledigt, teils werden manche alte Beamte 
nur den Frieden abwarten, um in den Ruheſtand zu 
treten. Aber es wäre ein bitterer Willkomm für unſere 
Aſſeſſoren und Praktikanten bei ihrer Heimkehr aus dem 
Feld, wenn fie ihre früher ſchon trüben Anſtellungsausſich⸗ 
ten noch weiter verſchlechtert vorfänden. Das will niemand. 
Und woher ſoll das, zu ihrem teilweiſen Erſatz beſtimmte 
jetzt kaum in den allererſten Anfängen vorhandene Perſo⸗ 


nal der „Forſtgehilfen“ in der nötigen Zahl kommen? 


Tafel l. 

WeBerfiht über die BaBl und Größen der den ſtaatlichen Jorſtämte 
unterſtellten Forſtbetriebe 

(nach „die Gemeindeforſtverwaltung in Baden 

Nach Größeklaſſen. 


Domänenbetriebe 


I. 


Größeklaſſe 
Anzahl 


Das Vorgehen kann daher nur ſchrittweiſe erſ 
gen. Die Einleitung muß gänzlicher Schluß in 
Annahme neuer Anwärter für die höhere Forſtlauf 
bahn und der Abbau der Domänenämter ſei 
Für die Verminderung der Forſtämter iſt ein Pla 
aufzuſtellen, der unter Benutzung jeder ſich bietend 
Gelegenheit in einer beſtimmten Reihe von Jahr 
durchzuführen iſt. Bis zur völligen Geſundung 
Beförderungsverhältniſſe bei den vorhandenen Aſſeſſo 
und Praktikanten iſt für jede eingehende Forſtamt 
vorſtandsſtelle eine „künftig wegfallende“ Stelle für 
einen zweiten Beamten in den Staatshaushalt außzu 
nehmen. Die Ausbildung von „Forſtgehilfen“ iſt ſof 
in ſolchem Umfang aufzunehmen und mit aller Kra 
zu betreiben, daß die Bedienung der Forſtämter mit 
ſolchen jo bald als möglich erfolgen kann. Das mir, 
allerdings noch manches Jahr währen. Auch während | 
dieſer Uebergangszeit findet immerhin noch eine iht! 
weſentliche Erſparnis gegen bisher ſtatt. 


Laſſen ſich ſo auch nicht alle Härten für den einzelnen 
vermeiden, fo werden fie wenigſtens wirtſchaftlich nicht = 
allzu einſchneidend, daher erträglich ſein. Auch bieten 
ſich vielleicht in dem neuen Deutſchland für unſere 
überzähligen Forſtaſſeſſoren andere befriedigendere Ar: 
beitsgebiete. Gewiſſe Opfer zur Erhaltung des States 
zu bringen muß heute jedermann zu tragen bereit jein. 


„Ernſt ift der Augenblick der Notwendigkeit.“ 


F we eS 


1864 und Forſtſtatiſtik 1913,). 


Gemeindebetriebe 
Anteil nad 
Baki Bi 


Anteil nach 
Fläche | Zahl Fläche | Anzahl 
9% | % 


FEFE 


I. Bwergbetriebe ! = 
unter Ihe. . . 2 2 2 2 202. ; | * 
/// ͤ / A te a Im 
ER N 8 kr 
II. Kleinbetriebe Ne. 
51—100 h N. 
1005200 4. 4 cee 78 wein we 8 | 1023 | 10 1 k 
III. ne Mittelbetriebe | I: 
201—3800 ha. c 
801—400 ,, . ..... ee eee ty 
401—500 p ci kw ee 15 | 4896 | 19 5 a 
> ee Mittelbetriebe i 
501-1000 ha 18 13 337 23 14 | 
pe Großbetriebe a 
über 1000 hc aaa 87 74 956 48 80 4 * 
ufammen . . 78 94 212 | 100 


dazu Körperſchaftsbetriebe ge oak 


Auf ein Forſtamt entfallen durchſchnittlich 18 Betriebe a ftaatl., 17 Gemeinden). 


313 12 400 
1 


7 — L EF 
PA ‚F Fd DI =- 


251 


II. Nach Landesgegenden. 


Domänenbetriebe Gemeindebetriebe 


| Mittlere 
Anzahl Größe 
ba 


Landes gegend 


Bodenſeegegend ; 87 
Donaugegend . 220 
Schwarzwald . 205 
Schwarzwaldvorberge 157 
Oberes Rheintal. = 
Unteres Rheinthal . 269 
Bauland 158 
Odenwald TER 236 
Im ganzen Land 174 
Dazu Körperſchafts betriebe 803 41 
Tafel I. 
Ueberſicht über die Gruppen der größten und der kleinſten Forſtbezirke in Baden. 
Waldfläche in ha | Baht Waldfläche] Dirtſch. 1918 
02 For ſt amt Ge⸗ 5 in Nutzun Kult 
; Eigen- g Kult. 
Domänen meinden duſammen A er V. b. ha îm. ha 
7 Bon ben größten 
“1 | Bonndorf . . ......... 2887 2479 5 316 14 4 390 50 874 50 
2 | Geifingn . 2. 2 we — 5 040 5 040 28 3 860 27 41b 91 
Todtn uu — 4536 4 586 18 8 024 29 265 14 
"4168 Blaſ ien u 8578 919 4497 9 4101 35 708 14 
5 Schönau WW. l M 4149 4480 32 8 107 33 878 51 
6 Forbach II. ......... ] 4801 = 4 801 1 4801 48 722 7 
7 Pforzheim 2 639 2175 4814 9 4 089 86 423 31 
9 Philippsburg 3409 | 1567 | 8097 | 11 4514 27 414 69 
MB Bruchſalall. ] 3990 — 3 990 1 8 990 27 266 96 
il Eberbac eee — 5 084 5034 17 8 856 16 000 69 
| Die kleinſten 
1 |Martborf . . ..... nen 600 658 1 258 40 1 085 10 405 14 
2 | Ueberlingen 2... 2... 2... 115 1 655 1770 | 22 1 218 19 145 22 
83 [Pfullendorr . — 2 724 2 724 81 1816 28 007 60 
-~ á Todtmoos. [ 1881 617 2 498 16 2 292 20:552 12 
d | St Märgen 1 452 727 2179 8 1 917 14 345 16 
6 Jeſtetten . 585 2217 2801 | 20 2 068 15018 6 
1 | RHeinbifhofsheim . . .... 456 2 806 2 762 20 1891 18 091 38 
8 Mannheim 245 1 959 2 204 5 1751 11 254 30 
9 Eppingen 77 3 482 2559 | 16 1 782 11 051 14 
10 | Nedar-Bifhofsheim. . . 2... = 2472 2472 | 20 1 648 10 694 13 
ll | Gerlachs heim 368 2 508 2 870 88 2 085 12 642 80 
12 | Tauber-Bifhofshem . . . . . . . 110 2 435 2845 | 25 1 688 9 589 26 
3 | Schönau iN.. 2 2222 831 1 768 2594 | 14 2 006 8 970 55 
4 Werthein eam | - 3129 3129 | 32 2 126 8 181 88 
Das größte ftädt. Forftamt Freiburg — 3 624 3 624 1 8 624 27 000 32 


Waden f Forſtämter Todtmoos, St. Märgen und Schönau iM. find aus Abtrennung von anderen, als zu groß erachteten 
en wor egangen. Mannheim iſt durch Ausſcheidung größerer Flächen aus dem Waldverband zuſammengeſchrumpft. 

Sein Bet Forſtamtsvorſtand von Eberbach verwaltet nebenbei noch etwa 1 800 ha Großherzogliche Privatwaldungen. 
e detriebsfläche ift ſomit 5156 ha, feine Nutzung etwa 35 000 fm. 

denz Jobe II hat nur Genoſſenſchaftswald, an dem das Domänenärar weſentlich beteiligt iſt und der daher wie 
anenwald verwaltet wird. 


a 


252 


Bemerkungen zu vorſtehendem Auffabe. 
Von Dr. Wimmenauer. 


Der Gedanke des geehrten Herrn Kollegen, daß 
die Staatsverwaltungen nach Beendigung des Krieges 
doppelte Veranlaſſung haben werden auf Erſparniſſe 
hinzuwirken, iſt ohne allen Zweifel richtig. Das wird 
überall nicht anders ſein und es erſcheint daher gewiß 
gerechtfertigt, dieſen Gedanken näher auszuführen. 
Wenn dies hier mit beſonderer Berückſichtigung der Ver⸗ 
hältniſſe im Großherzogtum Baden geſchieht, ſo wird 
auch außerhalb dieſes Landes dem Intereſſe der Leſer 
unſerer Zeitſchrift damit gedient ſein. Und es wäre 
für die Redaktion nur höchſt erfreulich, wenn ſich eine 
ausgiebige und vielſeitige Beſprechung der hier ange⸗ 
regten Fragen daran knüpfen würde. 


Für meine Perſon möchte ich gegen einzelne Punkte 
Bedenken aͤußern. 


rühmen; denn von den 20 Jahren meiner praktiſchen 
Tätigkeit habe ich mehr als 15 in ſtandesherrlichem 
Dienſte zugebracht; hier bin ich faſt ganz ohne Schreib⸗ 
hilfe ausgekommen und habe mich auch nicht un⸗ 
glücklich gefühlt, wenn ich oft ſtundenlang mechaniſche 
Arbeiten zu verrichten hatte. Freilich war ich anderer⸗ 
ſeits inſofern im Vorteil, als ich mir meine Dienſt⸗ 


inſtruktion ſelber machen durfte und dabei ſelbſtver⸗ 


ſtändlich alle irgend überflüſſigen Schreibereien vermied. 
In dieſer Hinſicht dürfte, wie ich annehmen möchte, 
auch im Staatsdienſt an manchen Stellen eine beſſernde 
Hand anzulegen ſein. 


Ein Punkt fordert m. E. in erſter Linie den 
Widerſpruch heraus. Das iſt die von Forſtrat Könige 
ausgeſprochene und konſequent durchgeführte Anſicht, 
daß die Bewirtſchaftung der Kommunalwaldungen dem 
Oberförſter nur / der Arbeit verurſache, die ein 
Domaͤnenwald von gleicher Größe erfordert. Die hier: 
nach durchgeführte Flächenreduktion auf „Vollbetriebs⸗ 
Hektare“ (V. b. ha) führt nach meiner Ueberzeugung 
zu fehlerhaften Schlüſſen. Und in dieſer Hinſicht darf 
auch ich mir ein Urteil erlauben; denn die beiden ſtaat⸗ 
lichen Reviere in Heſſen, die ich zeitweiſe ſelbſtändig 
zu verwalten hatte, beſtanden zum größten Teil aus 
Gemeinde⸗Waldungen. Dabei hatte ich das Glück, 
mit allen Gemeindebehörden auf gutem Fuße zu ſtehen, 
was bekanntlich nicht immer und überall der Fall iſt. 
Aber verurſacht denn nicht gerade die Zerſplitterung 
des Waldbeſitzes in zahlreiche Wirtſchaftseinheiten und 
der unvermeidliche ſchriftliche Verkehr mit deren Be⸗ 
ſitzern eine Menge von Arbeiten, die der Verwalter 
eines großen Domanialbezirks gar nicht kennt? In 
Baden beträgt die Durchſchnittsgröße der Gemeinde⸗ 


Allerdings kann ich mich lang: | 
jähriger Erfahrung im ſtaatlichen Forſtdienſte nicht 


—— — —— 


— — r c — 


a a d T—T— MTT. — . — 


waldungen nach der Tabelle am Schluß des Artikels 
174 ha. Welcher Oberförſter würde wohl ein Revier 
von 20 ſolchen Einheiten einem Staatswaldbezirk von 
35 00 ha vorziehen? Unterläßt man aber die Re 
duktion auf V. b. ha, fo bleibt als Durchſchnittsgröße 
der badiſchen Forſtämter eine Fläche von 

I = rund 3600 ha. 
Würde nun (wie in Heffen) die Verwaltung der Kameral⸗ 
domänen (16 390 ha) den Forſtämtern auch noch über: 
tragen — das tft ja von Herrn K. vorgeſchlagen —, 
jo bliebe die Durchſchnittsgröße eines Verwaltungsbe⸗ 
zirks nur wenig hinter 4000 ha zurück. Das ift m. 
E. reichlich genug und alſo wohl kaum ein ausreichender 
Grund vorhanden, die Stellenzahl weiter auf 80 zu 
vermindern. 


Für mich liegt natürlich die Vergleichung mit 
Heſſen beſonders nahe. Hier betraͤgt nach der neueſten 
Zuſammenſtellung die Geſamtſumme der Verwaltungs⸗ 
objekte von 83 Oberförſtereien 184 426 ha, alfo deren 
Durchſchnittsgröße 2222 ha. Wollte man dieſe wie 
in Baden auf 3 600 reſp. 3765 ha erhöhen, fo blie- 
ben nur etwa 50 Stellen übrig. Diele Zahl dürfte 
weder in den Kreiſen der Regierung noch in den 
Ständekammern von irgend einem Sachverſtändigen 
für ausreichend erachtet werden. Denn man würde 
damit den derzeitigen Ausnahmezuſtand, wobei während 
des Krieges zahlreiche Oberförſter 2 Reviere zu ver⸗ 
walten haben, zum normalen und dauernden machen. 


Am Schluſſe ſeiner Ausführungen glaubt Herr 
Kollege K. darauf hinweiſen zu ſollen, daß zwiſchen 
den Lebensbedürfniſſen der beſtehenden forſtlichen Hoch⸗ 
ſchulen und einer geſunden Weiter⸗Entwicklung der 
Verwaltungs⸗Organiſation eine beſſere Harmonie als 
ſeither anzuſtreben wäre. Der gleiche Gedanke iſt ſchon 
ſeit Jahrzehnten gerade in den Kreiſen der Hochſchulen 
zum Ausdruck gekommen; deren Anzahl wäre zu ver⸗ 
mindern, der Ausbau der verbleibenden zu vervoll⸗ 
kommnen. Gerade hier in Gießen haben nacheinander 
Heß, ich ſelbſt und zuletzt Kollege Weber darauf hin⸗ 
gearbeitet. So wie jetzt, nach Aufhebung der Forſt⸗ 
akademie Eiſenach, die Verhältniſſe liegen, würde m. E. 
eine forſtliche Hochſchule für Mitteldeutſchland, d. h. 
Heſſen und die thüringiſchen Laͤnder, und eine für 
Süddeutſchland exkl. Bayern, alfo Württemberg, Ba- 
den und Elſaß-Lothringen, dem Bedürfnis entſprechen 
Die erſtere dürfte namentlich dann unentbehrlich werden, 
wenn Preußen — wie Herr Kollege K. annimmt — 
ſich dazu entſchließen ſollte, die eine ſeiner beiden Forſt⸗ 
akademien aufzuheben und dann die verbleibende (hoffent⸗ 
(ih!) mit einer Univerſität zu vereinigen. Für die 


253 


itteldeutſche forſtliche Hochſchule würde dann Gießen 


Weiteren Beiträgen zu den hier berührten in⸗ 
ich ſeiner Lage und geſchichtlichen Entwickelung wohl 


t gegebene Ort fein. 


terefjanten Fragen ſieht die Redaktion d. Bl. gern 
entgegen. 


Literariſche Berichte. 


Streifzüge durch Wald und Flur. Eine An⸗ 
leiiung zur Beobachtung der heimiſchen Natur in 
Monatsbildern. Von weil. Bernhard Landsberg. 
Fünfte Auflage, vollſtändig neu bearb. von Dr. A. 
Günthart und Dr. W. B. Schmidt. Mit zahl 
reihen Originalzeichnungen und Abbildungen. Leip⸗ 
zig und Berlin. Druck und Verlag von B. G. Teub⸗ 
ner. 1916. In Originaleinband gbdn. Mk 5,40. 


Dem Landsberg'ſchen Buche liegt der Gedanke zu 
Grunde, mit dem Unkundigen an die verſchiedenen von der 
Natur im Wechſel der Jahreszeiten gebotenen Bilder 
deranzutreten, ihm zu deuten, was er ſieht und ihm das 
einzelne tieriſche oder pflanzliche Lebeweſen, ſowohl mit 
ſeinen von der Syſtematik gefaßten Eigenſchaften, wie 
auch mit ſeinen Anpaſſungseinrichtungen an die Um⸗ 
gebung vorzuſtellen. In richtiger Würdigung des Lehr: 
weckes des Buches haben die Verfaſſer der neuen 
Anlage das Hauptgewicht auf die zuletzt genannten 

biologiſchen Eigenſchaften gelegt. Im Rahmen feiner 

Umgebung, als Teil der jeweils von der Natur oder 

auch vom Menſchen bedingten Genoſſenſchaft gewinnt 

das Einzelweſen erſt Wert und Leben; mit dem 

Rennenlernen feines Rüſtzeuges für den Kampf ums 
lan wächſt das Intereſſe an ihm und feſtet ſich 
die Erinnerung an ſeine Formen. 


Entgegen der bisherigen Verteilung des außeror⸗ 
denllich reichen Stoffes auf 3 Jahreskurſe entrollen 
-f die Verfaſſer zwölf Monatsbilder in der Jahreszeiten⸗ 
ge vor dem Lefer. Jedes Bild umfaßt Exkurſionen 
in den Wald, ins Flußtal, auf die Wieſe, ans Fluß⸗ 
okt Seeufer, auf die Oedung uſw. Und was da 
qint und blüht, kriecht und fliegt, das muß Rede 
und Antwort ſtehen auf die Frage nach woher und 
wohin, muß ſeine äußeren und inneren Eigenſchaften 
aufdecken und muß fih ausweiſen nach Daſeinszweck 
wd Daſeinserfüllung. In buntem Wechſel folgen fih 
botanifche und zoologiſche Schilderungen. Ueberall 
m Halt gemacht, um den Lernenden auf die alltäg: 
ichen Erſcheinungen des Tiers und Pflanzenreiches 
| Iingumeifen und um ihn mit ihren Eigentümlichkeiten, 
hun meiſt fo wenig bekannten und doch fo hodin- 
tefionten Beziehungen zur Ummelt, fowie mit ihren 
Einrichtungen zur Erhaltung der Art vertraut zu 
. „en ſtillen Volke der Pflanzen iſt hier der 


u . OO e 


f 


größere Raum zu Verfügung geftellt worden; der Bo⸗ 
taniker hat den Grundbau des Buches geliefert. 


Das eine Fülle von Anregungen bietende, vorzüg: 
lich geſchriebene Buch ſoll zunächſt dem Anfänger und 
zum Selbſtunterrichten dienen. Faft wil es uns ſchei⸗ 
nen, als ob es hierfür des Guten zu viel böte. Wenn 
auch, wie im Vorwort geſagt, die Verfaſſer darauf 
bedacht geweſen ſind, die Stoffülle der früheren Auf⸗ 
lagen zugunſten vertiefterer Behandlung einzelner For⸗ 
men und Erſcheinungen einzuſchränken, ſo birgt das 
Buch doch noch eine ſo große Menge von Fragen und 
berührt ſo viel Richtungen und Ergebniſſe naturwiſſen⸗ 
ſchaſtlicher Forſcherarbeit, daß die Darſtellung des 
Elementaren hinter manchen nur dem Gereifteren voll⸗ 
kommen verſtändlichen Streiflichtern zurücktreten muß. 
Dem Zwecke des Anfaͤngerunterrichts ſcheint es uns 
auch nicht förderlich, daß die Betrachtung zuſammen⸗ 
gehöriger Fragen bezw. Darſtellung der Entwicklung 
des einzelnen Lebeweſens hin und wieder nicht im Zu⸗ 
ſammenhang, ſondern, dem Aufbau des Buches ent⸗ 
ſprechend, in verſchiedenen Abſchnitten erfolgt. 


Wir möchten deßhalb, ohne damit eine Minder⸗ 
einſchäͤtzung feines Wertes andeuten zu wollen, das 
Buch lieber als höchſt genußreiches Repetitorium für 
den Kenner bezeichnen und möchten es aus dieſem 
Grunde gerade dem Forſtmann ganz beſonders warm 
empfehlen. Ihm treten die in dem Buche in bunter 
Reihe genannten und behandelten Geſtalten des Tier⸗ 
und Pflanzenreiches tagtäglich vor Augen, er kennt 
ihre Namen, und ihr Charakterbild iſt ihm ſeiner Zeit 
im Hörſaal oder auf der Lehrwanderung von kundiger 
Seite dem Stande der damaligen Erkenntnis entſprechend 
geſchildert worden. Vieles von dem, was in der Aus⸗ 
bildungszeit zum Beſtandteil des erforderlichen natur— 
wiſſenſchaftlichen Wiſſens wurde und was unvergeßlich 
ſchien für alle Zeiten, hat das ſpätere Berufsleben mit 
ſeinen anders gearteten Gedankenrichtungen aus der 
Erinnerung weggewiſcht und das zu Auffriſchung ver: 
blaſſender Bilder befähigte Lehrbuch hat gefehlt, oder 
iſt ungeöffnet geblieben. Da ſind die vorliegenden 
„Streifzüge“ wie geſchaffen, alte Kenntniſſe wieder auf⸗ 
leben zu laſſen und die Verbindung mit den kleinen 
Gebilden der Natur wieder herzuſtellen. Als äußerſt 
brauchbarer Leitfaden für die Vorbereitung und erfolg: 

34 


EL oe —E——— — — 2 


254 


reiche Geſtaltung von Lehrausflügen empfehlen wir 
das mit zahlreichen neuen Originalen bezw. guten 
Abbildungen des Teubner'ſchen Verlags reich ausge: 
ſtattete Buch in erſter Linie allen mit der Ausbildung 
forſtlichen Nachwuchſes fih beſchaftigenden Wirtſchaſtern. 
In deren Hand ſcheint es uns ebenſo ſehr am richtigen 
Platze zu ſein wie in der Hand des Lehrers, dem die 
Aufgabe obliegt, die heranwachſende Ingend in die 
Schönheiten der Natur einzuführen. R. Beck. 


Reſultate der Forſtverwaltung im Regie: 
rungsbezirk Wiesbaden. Jahrgang 1914. Her⸗ 
ausgegeben von der Kgl. Regierung zu Wiesbaden. 
Druck und Verlag von P. Plaum, Wiesbaden, 1905. 


Der Flächeninhalt der Forſten beträgt: 288 473 ha 
(1,5 ha weniger wie i. J. 1913), darunter 53 651 ha 
Staatswald (2,6 ha mehr wie i. J. 1913). 

Der Naturalertrag betrug im Staatswalde pro 
ha Holzboden: 4,6 Fm Derbholz und 1,3 Fm Reiſig 
und Stockholz, zuſammen 5,9 Fm. Von dem Ge: 
ſamteinſchlage entfallen auf Derbnutzholz 27.8%, auf 
Reiſernutzholz 1,2%, auf Derbbrennholz 40,6%, auf 
Stockholz 0,3%, auf Brennreiſig 30,1%. Im Ge: 
ſamtderbholz find an Nutzholz enthalten 38%. Der 
Anfall an Eichenlohrinde betrug 22 306 Ztr. gegen 
24 474 Btr. im Vorjahre. 

Der Geldertrag belief ſich im Staatswalde pro 
ha der Geſamtfläche auf 53,88 Mk., darunter Rob: 
einnahme für Holz 90,8% der Geſamteinnahme 
= 50,49 Mk. pro ha Holzboden; die Roheinnahme für 
Nebennutzu ungen auf 4,7% der Geſamteinnahme 
= 2,51 Mk. pro ha der Geſamtfläche. 

Die Geſamtausgabe betrug 36,09 Mk. pro ha 
der Geſamtfläche. 

Die Werbungskoſten betrugen 30,5% der Ge⸗ 
ſamtausgabe; die Kulturkoſten 8,1% der Ausgabe; 
die Koſten der Gelderhebung 2% der Ausgabe. 

Der Reinertrag betrug 17,70 Mk. pro ha der 
Geſamtfläſche gegen 14.01 Mk. im Vorjahre. 

Das Nutzholz erzielte einen Durchſchnittspreis 
von 14,31 Mk. für das Feſtmeter, das Brennholz von 
6,12 Mk; der Durchſchnittspreis für 1 Fm des Ge⸗ 
ſamtanfalls hat 8,57 Mk. betragen. 

An Kulturgeldern, ausſchließlich Wegebau und 
Unterhaltung, find je ha Holzbodenfläſche 1,45 Mk. 
verausgabt worden; hiervon betrug der Geldaufwand 
für eigentliche Kulturen 43,85%, für Anlegung und 
Unterhaltung, von Pflanzkämpen 27.61% der Geſamt⸗ 
ausgabe. 

An Wegebaugeldern find pro ha Holzboden⸗ 
fläche 1,56 Mk. ausgegeben worden. 

Der Geſamtaufwand für Kulturen und Wege zu— 
fammen belief ſich pro ha Holzboden auf 3,01 Mk. 


—— ———— ͤͤœ———— 


Die Größe der Schälwaldabtriebsfläche betru 
358 ha mit einem Ertrage von 62 Zentnern pro bag 
und einem Gelderlös von 103 Mk. je ha. Der Zenit 
ner Lohrinde brachte 1,66 Mk. bei einem Schälerlohn 
von 2,04 Mk. 

Die Einnahmen aus der Jagd beliefen ſich a 
6597 Mk. 

In den Staatsforſten waren 6752 Arbeiter 
ungefähr 221347 Arbeitstagen beſchäftigt. Es wu 
den 118 Unfälle angemeldet, von denen 10 eine 
längere als 13 Wochen dauernde Ermwerböbteins l 
traͤchtigung zur Folge hatten. 

Gegen Krankheit waren alle Arbeiter verſich 

Die Zahl der Waldbrände belief ſich 25 
darunter 6 im Staatswalde. E 
Die wirtſchaftlichen Fragen der Zeit. Von 

Oekonomierat Dr. phil. h. c. Hoeſch, Mitglied! 
des Hauſes der Abgeordneten. Verlag von Reimar 
Hobbing in Berlin. 1916. Preis: 1,20 Mk. 

Zweck der Schrift iſt die Beſeitigung des Mißver⸗ 
ſtändniſſes zwiſchen Konſumenten und Produzenten von 
Nahrungsmitteln. Verfaſſer ſchildert den bewunderns⸗ 
werten Aufſchwung unſerer Induſtrie während des 
Krieges und weiſt darauf hin, wie auch die Landwirt⸗ 
ſchaft allen berechtigten Anforderungen gerecht gewor⸗ 
den jet. Er ſchildert ihren glänzenden Aufftieg, ihre. 
alle anderen Ländern überragende Stellung, ihre: 
Leiſtungen für unſer Durchhalten im Kriege und gibt 
beachtenswerte Winke für eine künftige erforderli 
wirtſchaftliche Kriegsvorbereitung. 

Der Inhalt der Hoeſch'ſchen Arbeit zerſällt in 
folgende Hauptabſchnitte: das Mißverſtehen; die deut: 
ſche Induſtrie; die deutſche Landwirtſchaft; die land⸗ 
wirtſchaftliche Arbeitsweiſe während des Aufſtiegs; die 
Zeit der Prüfung; Intereſſengemeinſchaft der Erzeuger 
und Verbraucher von Nahrungsmitteln; die landwirt⸗ 
ſchaftliche Produktion während der Kriegszeit; der Pro⸗ 
duktion zuwider; Rartoffelverforgung im Kriege und 
andere Ernährungsfragen; deutſche Organiſationskunſt; 
Ausblick. 

Die Schrift verdient weiteſte Verbreitung. Wir 
vermiſſen in derſelben einen Hinweis auf die große; 
Hilfe, die der Wald der Landwirtſchaft während des 
Krieges durch Hergabe ſeiner vielen Nebennutzungen 
geleiſtet hat. E. 


Geiſenheimer Mitteilungen über Obst: und 
Gartenbau. XXXI. Jahrgang. Gründer: Lan: 
des-Oekonomierat R. Goethe. Schriftleiter: Kgl. 
Garteninſpektor E. Junge. Verlag von Rud. Bech⸗ 
told u. Comp., Wiesbaden. Preis: 1,75 Mk. jahrlich. 

Die Geiſenheimer Mitteilungen für Obſt- und Gar: 


255 


tenbau erſcheinen monatlich in einem Heftchen. Die- 
ſelben ſind geeignet, vielen Beſitzern von Aeckern und 
Gätten gerade in der gegenwärtigen Zeit, wo auf eine 
möglichſte Ausnutzung und möͤglichſt intenſive Bewirt⸗ 
ſcaftung Bedacht genommen werden muß, ein will: 
lommener Ratgeber zu fein. 

Das vorliegende Heft enthalt Auſſätze über: Ge⸗ 
müſebau im Kriegsjahre von Obergärtner Schlegel⸗ 
Ceftrih, Bepflanzung von Nordwänden von A. Mod: 
Geiſenheim, Schädlingsbekaͤmpfung durch Vogelſchutz 
don A. Traulſen⸗Wiesbaden; Warum eignen ſich 
zugige Höhen nicht für den Obſtbau?; Zum Anbau 
der Zwiebel, die Kartoffel und Dörrprodukte u. a. m. 

l E. 


Natgeber⸗Bibliothek. Mein Sonntagsblatt. 

L. V. Enders'ſche Kunſtanſtalt, Neutitſchein. 

l. Kaninchenzucht für den Haushalt. Mit 60 
Abbildungen. Von Friedr. Fürſt, landw. Fachlehrer. 
Preis: 75 Pfg. 

Die Nutzeigenſchaften des Kaninchens, die verſchie⸗ 
denen Raſſen, die Zuchtrichtung, die Stallungen, die 
Zucht, die Fütterung, die Maſt, das Kaſtrieren, die 
Krankheiten, das Schlachten, das Abbalgen, die Fell- 
vermertung werden eingehend erörtert und durch Ab: 
bildungen veranſchaulicht. 

Jetzt, wo es darauf ankommt, in kürzeſter Zeit 
nöglichſt viel Fleiſch zu erzeugen, wird dieſes Büchlein 
ſcherlich viele Abnehmer finden. 


*. * 
* 


2 Die feine Kaninchenküche. Ueber 50 Rod: 
dorſchriften, zumeiſt auf öſterreichiſche Art. Von Käthe 
Roch⸗Nicolai. Preis: 25 Pfg. 


Bri 


Aus Preußen. 
Einsammeln von Brennesseln. 

Da der Krieg die Einfuhr von Hanf und Baum: 
wolle fajt vollſtändig unterbunden hat, folen nach 
einem Erlaſſe des Miniſters für Landwirtſchaft, Do: 
månen und Forſten alle im Inlande vorhandenen ver: 
ſpinnbaren Pflanzen genutzt werden. Dazu gehört 
auch die Brenneſſel, deren Faſer nach einem neuen, 
don einer deutſchen Firma gefundenen Verfahren ver⸗ 
arbeitet werden kann. Die Faſerausbeute beträgt etwa 

io der trockenen Neſſelſtengel Die Bildung einer 
Rriegsgeſellſchaft zur Sammlung und Verwertung der 
Bunneſſel ift im Gange. Die Landräte werden ange: 
wvieſen, das Einſammeln der Brenneſſeln zu regeln 


Da die meiſten Hausfrauen und Köchinnen der 
Zubereitung des Kaninchens ziemlich fremd gegenüber⸗ 
ſtehen und die meiſten Kochbücher keine oder nur 
wenige Rezepte für deſſen Zubereitung enthalten, wird 
auch dieſes Schriftchen bei vielen eine freundliche Auf⸗ 
nahme finden. 


* * 
* 


3. Landwirtſchaftliche Fürſorge während 
und nach dem Kriege. Von einem Freiagrarier. 
Preis: 25 Pfg. 

In zwei Abſchnitten werden 1. die landwirtſchaft⸗ 
lichen Fürſorgemaßnahmen während des Krieges und 
2. die landwirtſchaſtlichen Friedensmaßnahmen be⸗ 
ſprochen. E. 


Kaninchenzucht. Praktiſche Ratſchläge für An- 
fänger von einem erfahrenen Züchter mit einer An⸗ 
zahl billiger, gutbewährter Kaninchenfleiſch⸗Rezepte. 
Von Fr. R. Paulus. Druck und Verlag von 
Erich Spandel⸗Nürnberg. Preis: 25 Pfg. 

Die Kaninchenbeſchaffung, die billige und zweck⸗ 
mäßige Unterbringung, die Deckung, Aufzucht und 
Kreuzung, die rentable Zucht im Gegenſatz zur Sport⸗ 
zucht, die Kaninchenraſſen, die Fütterung, die Krank⸗ 
heiten und deren Behandlung, die Schlachtarten und 
Fellverwertung, die Verwendung und Zubereitung 
des Kaninchenfleiſches werden erörtert und eine große 
Anzahl von Rezepten für dieſe gegeben. 

Mit Rückſicht auf die derzeitige Fleiſchnot 11 
manchem dieſes billige Büchlein willkommen jein. 

E. 


ie fe. 


und eine möglichſt große Menge für die Vermehrung 
des heimiſchen Vorrates an ſpinnbaren Faſern undzan 
Geweben nutzbar zu machen. Auf Grund der bei der 
Einſammlung des erſten Brenneſſelſchnittes gemachten 
Erfahrungen fol ſpäter die Aberntung ‚des zweiten 
Schnittes geregelt werden. 


Für das Einſammeln wird folgende Anweiſung ge⸗ 
geben: 

1. Zu ſammeln iſt nur die brennende langſtielige 
Brenneſſel (Urtica dioica). Die krautartige, ver⸗ 
äftelte, niedrige Brenneſſel iſt nicht zu ſammeln. 

2. Der günſtigſte Zeitpunkt zum Ernten iſt die 
Zeit nach vollendeter Blüte, beginnend Ende Juni. 
Auch ſpäter geſammelte Brenneſſeln ſind noch . 


256 


3. Die geernteten Stengel müſſen eine Länge von 
mindeſtens 50 cm aufweiſen. Kürzere Stengel find 
nicht zu ſammeln, da ſie für die Faſergewinnung 
wertlos ſind. 


4. Die Stengel ſind unmittelbar über dem Boden 


abzuſchneiden; dürfen nicht ausgeriſſen werden. Das 
Abſchneiden erfolgt am beſten mit einem Meſſer oder 
einer Sichel, bei großen Beſtänden mit einer Senſe. 

5. Zum Schutze gegen das Brennen wird die Ver⸗ 
wendung von Handſchuhen aus irgendwelchen Stoffen 
empfohlen. Kurze Zeit nach der Ernte brennen die 
Pflanzen nicht mehr. | 

6. Ein Zerreißen oder Zerbrechen der Stengel ift 
unter allen Umſtänden zu vermeiden, beſonders iſt dies 
auch bei dem Packen in Bündel oder Garben zu be⸗ 
achten. 

7. Die abgeſchnittenen Brenneſſeln ſind, wenn ſie 
nicht am Gewinnungsorte liegen bleiben können, in 
Bündel zu packen und an geeigneten Stellen zum 
Trocknen dünn auszubreiten. Die Stengel müſſen 
gut getrocknet werden, weil ſie ſonſt in kurzer Zeit 
unter Wärmeentwicklung zu faulen beginnen. Faule 
Stengel ſind für die Faſergewinnung unbrauchbar. 
Die genügende Trocknung iſt erreicht, wenn die Blätter 
ſich leicht abſtreifen laſſen. 

8. Nach dem Trocknen ſind die Blätter, etwaige 
Seitenäſte und die Köpfe zu entfernen. Hierzu wird 
je eine handvoll Stengel durch eine Art Kamm hin⸗ 
durchgezogen. Der Kamm wird zweckmäßig dadurch 
hergeſtellt, daß in eine etwa 1,5 m lange Latte kräftige 
Nägel in einem Abſtand von je 1,5 cm eingeſchlagen 
werden. Die Latte iſt danach zur Vereinfachung der 
Entlaubungsarbeit vor dem Gebrauch an einem Baum 
oder Balken zu befeſtigen. 

9. Die entblätterten Stengel ſind ſorgfältig geord⸗ 
net in Bündel oder Garben zu binden. 

10. Die Abnahme erfolgt an der, dem Gewinnungs⸗ 
orte nächſtgelegenen Eiſenbahn⸗ oder Schiffsverladeſtelle 
durch einen Beauftragten des Landrats zu den von 
ihm bekannt gegebenen Zeiten. 

11. Für entblätterte und ſorgfältig gebündelte 
Brenneſſelſtengel werden 10 Mk. für 100 kg bezahlt. 

12. Die verbleibenden Blätter und Köpfe ſind 
wertvolles Viehfutter und haben den gleichen Wert 
wie gutes Heu. 


Aus Württemberg. 


Der Anbau der Brennessel im Walde. 
Von Forſtmeiſter Dr. Schinzinger, Hohenheim. 

Zur Zeit wird der Anbau der Brenneſſel auf 
ertragloſen Flächen im Walde, Felde, auf den Dämmen, 
Böſchungen und Auffüllplätzen unſerer Eiſenbahnen 
uſw. warm empfohlen. 


Aus dem heute ſchwer gehaßten Unkraut wurd 
im Mittelalter ein durch feine Zartheit bekanntes G 
webe geſponnen, das unter dem Namen „Neſſeltuch 
fortlebt. 

In neueſter Zeit ſoll es der Technik wieder gelungen 
ſein, die in der Rinde der Brenneſſel enthaltenen Fale: 
auszuſondern und zum Verſpinnen geeignet zu machen. 

Nun ſoll den Fabriken das geeignete Rohmaterial 
in genügender Menge zur Verfügung geſtellt und zu 
dieſem Zwecke einmal die wild wachſende Brenneſſel 
in ſchattigen Wäldern, an Hecken, Zäunen, auf alten 
Shutt: und Kompoſthaufen, an Bächen mit ſchlammigen 
Ufern geſammelt und getrocknet, des weiteren auf oben 
genannten ertragloſen Flächen neu angebaut werden. 

Da über Brenneſſelkultur praktiſche Erfahrungen 
bis jetzt kaum vorliegen, wurde in dieſem Frühjahr 
auf dem Verſuchsfelde der Kgl. landwirtſchaftlichen 
Hochſchule Hohenheim ein Anbauverſuch eingeleitet. 

Der Acker erhielt eine normale gründliche Boden: 
bearbeitung, wurde mit 440 dz Stall miſt je 1 ha gedüngt 
und auf 15 em Tiefe unterpflügt, beides im lebten 
Winter. 

Vor dem Auspflanzen der aus den Rhizomen wild 
wachſender Brenneſſeln im März gewonnenen 15 em 
langen Stecklinge wurde die Fläche mit der Egge tüchtig 
gelockert und jene hierauf mit dem Markor in den geeggten 
Boden in ca. 8 em tiefen Rillen mit 30 em Entfernung 


gelegt. Nach der Pflanzung der Stecklinge wurde die 


Fläche gewalzt und die Erde dadurch feft an die Sted- 
linge gedrückt. 

Dieſe Aufmerkſamkeit, wie man ſie auch landwirt⸗ 
ſchaftlichen Nutzgewächſen nicht beffer angedeihen läßt, 
war von einem günſtigen Erfolg micht begleitet. Die 


Anlage bildet zur Zeit einen ſehr dünnen lückenhaften 


Beſtand, der im heurigen Jahr keinen irgendwie nennens⸗ 
werten Ertrag an Stengeln verſpricht. Vielleicht wird 
man bei künftigen Anlagen darauf zu ſehen haben, nur 
die Kopfſtücke der unterirdiſchen Rhizome als Stecklinge 
zu verwenden, weil nur an dieſen junge Knoſpen ſiten. 

Jedenfalls läßt ſich erkennen, daß im erſten Jahre 
der Pflanzung nur eine ganz kleine Ernte zu erzielen 
iſt und daß vielleicht erſt vom zweiten oder dritten 
Jahre ab auf die volle Ernte gerechnet werden kann, 
ſofern die Brenneſſel überhaupt unter den Derhält: 
niſſen des Feldbaues entſprechende Erträge zu liefern 
vermag. Bekanntlich gibt der der Neſſel nahe ver: 
wandte Hopfen im erften Jahre einen ganz Heinen 
Ertrag in Form des fog. Jungfernhopfens. 

Die Vermutung liegt nahe, daß ein Brenneſſel⸗ 
Anbau auf Oedflächen innerhalb des Waldes bei den 
weniger günſtigen Boden- und Bearbeitungsverhält: 
niſſen noch weniger Erfolg haben wird. . 

Wir finden die wildwachſende Brenneffel nicht auf 


-a — 


257 


mageren, trockenen, ſandigen Böden, ſondern nur auf 
Stellen, wo größere Humusmengen vorhanden ſind, 
wo organiſche Maſſen, beſonders altes Holz, Baum⸗ 
rinde, Laub, Schlamm u. ſ. w. der Verweſung unter⸗ 
liegen. Demgemaͤß paßt fie weder auf Oedland, noch 
auf Dämme und Böſchungen der Eiſenbahnen. 

Der Landwirt wird, folang nicht wirklich brauch⸗ 
bare und zuverläffige Erfahrungen über den feldmäßigen 
Anbau dieſer Pflanze vorliegen, gut daran tun, wenn 
es ſich um Anbau von Faſernpflanzen handelt, ſich an 
die altbewährten Geſpinnſtpflanzen Flachs und Hanf 
zu halten, ſchon weil Brenneſſelſamen nirgends erhält⸗ 
lich und die Anpflanzung mit Stecklingen immerhin 
eine ziemlich umſtändliche Arbeit iſt. 

Im übrigen wachſen in Feld und Wald an oben 
erwähnten Plätzen jetzt fo viele wilde Brenneſſeln, daß 
man vorerſt diefe in rentabler Weiſe ſammeln ſollte, 
um jährlich recht anſehnliche Mengen der Neſſelſtengeln 
zur Faſergewinnung zuſammenzubringen. 

Der günſtigſte Zeitpunkt zum Ernten iſt die Zeit 
nach vollendeter Blüte, beginnend Ende Juni. Die 
zweite Ernte kann dann etwa Ende September erfolgen. 

lleber Gewinnung, Trocknen, Bündeln, Aufbe⸗ 
wahrung, Einlieferung und Verkauf an den Kriegs⸗ 


ausſchuß für Baumwollinduſtrie ſind in den Zeitungen 
bereits die entſprechenden Anleitungen!) bekannt gegeben. 


1) Eine Bekanntmachung hierüber hat die Kgl. Zentral⸗ 
ſtelle für Gewerbe und Handel zu Stuttgart unter dem 1. Juli 
1916 herausgegeben. Derſelben iſt eine Anweiſung für das 
Einſammeln der Brenneſſeln, ähnlich der in dem Briefe aus 
Preußen enthaltenen, beigefügt. 


Aus dem Großherzogtum Heſſen. 
Mitteilungen aus der Forjt- und Rameral- 
verwaltung für die Jahre 1974 u. 1915. 
(Fortſetzung und Schluß.) 
C. Mitteilungen aus der engeren Verwaltung. 
Aus den Aufſtellungen, die zum Zwecke der forſt⸗ 
lichen Produktionsſtatiſtik für das Deutſche Reich für 
das Wirtſchaftsjahr 1913 (1. Oktober 1912 bis 1. Ok⸗ 
tober 1913) gefertigt wurden, ſei folgendes entnommen: 
Es ſtellt ſich die Geſamtwaldfläͤche für: 
a. Waldungen des Großherzoglichen 
Hauſes (Familien⸗Eigentum) auf . 72897 ha 
b. Staatsdomänen auf . 2987 „ 
c. Kommunalwaldungen auf . 94433 „ 


I. Ueberſicht des Holzmaſſenertrags: 


Nutzung je ha 
Holzboden 


Waldeigentümer 
an der 


an 
Derbholz 


Großherz. Haus, Familien» 


Fällungsergebnis u. Nutzholz % im Ganzen 


ganzen 
Holzmaffel D 
fm 


Laubholz⸗Nutzholz % 
: Nabel- 
Nutzholz Ye Hiervon holz⸗ 
vom von der Nutzholz 
gefamten | Ganzen Eiche Buche % 
erbholz Holzmaſſe 


Eigentum . . ... 1 4,73 6,12 48,19 37,61 21,94 41,70 14,81 78,79 
Staat. . . . 2 202. 1918 8,82 5,63 70,85 50,00 7,28 18,69 2,57 90,90 
Kommunen. . . . . 1913 4,26 6,05 46,08 32,94 17,21 37,79 6,98 64,94 

II. Ueberſicht der Einnahmen und Ausgaben in Mark: 
a Perſonalaufwand Sachlicher Auf⸗ 
a = 4 55 in Mark je ha ; Volz wand je ha 
nahme Einnahme — — . hauer⸗ u- 
Baldeigentümer ane Ausgabe Ueber⸗ entfallen für Rücker⸗ Kultur- Wegbau⸗ 
ſchuß | auf Holz Lokalver⸗ löhne u. ſonſtige 
waltung Forſtſchutz je fm koſten Koſten 


Großh. Baus 

Fam.⸗Eigent. 1913 70,88 34,63 35,75 67,46 4,06 4,39 2,30 4,47 3,29 
Stant 1913 56,63 28,61 28,02 54,48 4,06 4,51 2,00 2,66 1,70 
Rommunen 1913 67,80 29,59 38,21 65,54 4,06 2,90 2,41 4,48 2,44 


258 


Der ſtarke Kälterückfall zu Anfang Mai 
1914 hat wieder vielerorts empfindlichen Schaden an 
Kulturen verurſacht. Es wäre verfehlt, ſolche beſon⸗ 
ders in der Rheinebene öfters wiederkehrende Schäden 
als etwas Unabänderliches hinzunehmen, wenn ſie durch 
geeignete Maßnahmen bei der Hiebsführung und Be⸗ 
ſtandsbegründung bis zu einem gewiſſen Grade ver⸗ 
hütet werden können. Schon mehrfach und zuletzt in 
den „Wirtſchaftsgrundſätzen“ ift auf ſolche Maßnahmen 
hingewieſen worden. Durch das Ausſchreiben vom 
13. Mai 1914 zu Nr. F. M. D. 25 764 wurden die 
Oberförſtereien beauftragt, unter dem friſchen Eindruck 
des Spätfroſtſchadens und ſo lange dieſer ſeiner 
Intenſität und Ausdehnung nach noch deutlich erkenn⸗ 
bar war, eingehend zu prüfen. inwieweit die empfohlenen 
Maßnahmen ſich bewährt haben. Nach den einge 
gangenen Berichten laſſen — wie den Oberförſtereien 
durch den Erlaß vom 21. Oktober 1914 zu Nr. F. M. D. 
52 703 mitgeteilt wurde — die Beobachtungen über 
den Spätfroſtſchaden im Mai 1914 erkennen, daß 
dieſer in ſehr verſchiedener Weiſe aufgetreten iſt, ſodaß 
ſich für die einzelnen Wirtſchaftsgebiete, ſelbſt für Nach⸗ 
barreviere mit faſt gleicher Lage kein einheitliches Bild 
über den Grad und Umfang ſeines Auftretens ergibt. 
Mehrfach wird hervorgehoben, daß der Spaͤtfroſt vom 
1/2. Mai und 2./ 3. Mai unter ganz eigenartigen 
und außergewöhnlichen Umftänden nach einer Reihe 
abnorm warmer Tage und zuletzt nach einem ſtarken 
Regenfall plötzlich mit einem ſo ſtarken Temperaturſturz 
eingetreten ſei, daß der Gefriertod der friſch ausge⸗ 
triebenen, weichen, mit Feuchtigkeit überſättigten Zweige 
unvermeidlich habe erfolgen müſſen. Weder Kronen⸗ 
noch Seitenſchutz habe dies verhüten können. Einem 
mit ſolcher Heftigkeit auftretenden, immerhin ſeltenen 
Naturereignis gegenüber ſeien alle wirtſchaftlichen Maß⸗ 
nahmen unwirkſam. Andererſeits werden aber auch 
ſehr günſtige Erfahrungen über froſtverhütende oder 
doch froſtmindernde Wirkung des Seitenſchutzes mit⸗ 
geteilt. So berichtete z. B. die Oberförſterei Iſenburg, 
daß die in Altholz eingelagerten Eichenkulturen von 
je 1 ha Größe infolge des Seitenſchutzes nur ganz 
geringe Froſtſchäden und zwar nach der Mitte hin zu— 
nehmend aufwieſen, während in einem Buchenver⸗ 
jüngungsſchlag mit eingebrachten Eichen, Eſchen uſw. 
der Froſt geradezu verheerend gewirkt habe. Das 
Gleiche wird von einer größeren Anzahl von Ober— 
förſtereien der Rhein⸗ und Mainebene berichtet und 
hervorgehoben, daß durch die Verjüngung auf Löchern 
bet der Eiche der Froſtgefahr fajt vollſtändig vorge⸗ 
beugt werden konnte und die in gleicher Weiſe begrün⸗ 
deten Kulturen von Eſche, auch Schwarznuß, keinen 
oder doch nur geringen Froſtſchaden erlitten haben. 
Auch die Douglasfichte ift bei Seitenſchatten vor Froſt— 


ſchaden bewahrt geblieben. Im Berg: und Hügelland 
hat die Weißtanne beſonders gelitten Aber auch hier 
hat ſich gezeigt, daß in Buchenaltholz auf Löcher: 
flächen eingebettete Kulturen dieſer fo ſehr froſtempfind⸗ 
lichen Holzart ganz verſchont geblieben ſind. — Wenn 
in manchen {Fällen eine froſtverhütende oder froſtmin⸗ 
dernde Wirkung des Seitenſchußes nicht feſtgeſtellt 


werden konnte, ſo mögen wohl vielfach beſonders un⸗ 


günſtige örtliche Verhältniſſe und Einflüſſe mitgewirkt 
haben, denen genauer nachzuforſchen fih bei einem fpi- 
teren wiederholten Eintritt von Spätfröſten wohl ver 
lohnen wird. Mitunter war die Beſtandesverfaſſung 
und Lagerung wohl auch nicht derart, daß der Kultur 
ein ausreichender und wirkſamer Seitenſchutz beſonders 
nach den gefährdeten Seiten hin belaſſen werden 
konnte. — Die vorliegenden günſtigen Erfahrungen 
über die Wirkungen des Seitenſchutzes ſprechen aber 
dafür, ihn bei der Beſtandesbegründung an den Dert- 
lichkeiten, die erfahrungsmäßig häufiger von Spätfroft 
heimgeſucht werden, möglichſt vielſeitig anzuwenden 
und auf dieſem Wege die froſtempfindlichen und bei 
Erfrieren des Gipfeltriebs oft dauernd geſchädigten 
Holzarten raſcher über die gefährlichſte Froſthöhe hinaus 
zu bringen. 

Die Reviſion der Dienſtjagdwaffenpäſſe der 
Forſtbeamten durch die Steuerbeamten hat 
ſchon öfters Anlaß zu Mißliebigkeiten gegeben. So 
hat wieder einmal ein Großh. Forſtwart — als gelegent⸗ 


lich einer Treibjagd die Jagdwaffenpäſſe durch einen 


Steueraufſeher nachgeſehen wurden — die Vorzeigung 
ſeines Jagdwaffenpaſſes verweigert. Da nach § 10 


der Jagdwaffenpaßordnung jeder, der mit einem zur 


Jagd tauglichen Feuergewehr außerhalb der Wohnorte 


erſcheint, in eine Strafe von 5 Mk. zu nehmen it, 


wenn er zur Zeit der Betretung die erforderliche Legi: 
timation zwar beſitzt, aber auf Anfordern nicht ſofort 
vorzeigt, ſo wurde gegen den betreffenden Forſtwart 
die vorerwähnte Strafe verhängt. Hiergegen wurde 
Beſchwerde verfolgt mit der Behauptung: Es ſei den 
Steuerkontrollbeamten unterſagt, den Forſtwarten die 
Dienſtpäſſe abzuverlangen. Eine Hinterziehung der 


Abgabe fet bei Forſtbeamten ausgeſchloſſen und es, 


beſtehe daher kein Anlaß, den Dienſtpaß eines Forſt⸗ 


beamten abzuverlangen, zumal wenn dieſer fidh, wie es 


bei dem betreffenden Forſtwart der Fall geweſen ſei, 
in ſeinem Dienſtbezirk befindet. — Die Beſchwerde 
wurde abgewieſen. Eine Vorſchriſt, wonach die Dienſt⸗ 
päſſe der Forſtbeamten nicht der allgemeinen Reviſion 
durch die Steuerbeamten unterliegen, beſteht nicht. 
Der Forſtwart iſt vielmehr ebenſo wie jeder andere, 
der mit einem zur Jagd tauglichen Feuergewehr auker: 
halb der Wohnorte erſcheint, verpflichtet, ſeinen Paß 
auf Verlangen vorzuzeigen. Darauf — ob eine ſteuer⸗ 


1 
4 


| 


259 


fe Hinterziehung in Betracht kommt oder nicht — 
mmt es für die geſetzliche Vorſchriſt nicht an, eben⸗ 
nuig darauf, ob der Betreffende fich in feinem Dienſt⸗ 
att befindet oder nicht. Dieſe Entſcheidung — welche 
guder Vorſchrift gemäß als eine endgültige anzu- 
yu it — wurde den Großh. Oberförſtereien zur 
dedtuſung des unterſtellten Forſtperſonals mitgeteilt. 


Mi dem Schutz der Naturdenkmäler beſchäf⸗ 
tt ih das Ausſchreiben vom 4. April 1914 zu Nr. 
N., D. 16994. In einzelnen Fällen wurde wahr: 
nommen, daß Oberförſtereien über ihre Obliegen⸗ 
men auf dem Gebiet des Denkmalſchutzes nicht aus: 
hend unterrichtet waren. Dies gab Anlaß, auf die 
in. 33 ff. des Geſetzes, den Denkmalſchutz betreffend 
tr 16. Juli 1902, ſowie auf das Ausſchreiben Nr. 
rom 29. Oktober 1902 zu Nr. F. M. D. 73 586 — 
gl. Auguſt⸗Heft 1903 dieſer Zeitſchrift, Seite 268 
nd 271 — wiederholt hinzuweiſen. Dabei wird 
xiter bemerkt: 

1. Das Geſetz, den Denkmalſchutz betreffend, hat die 
Anordnung des Naturſchutzes von dem Antrage 
der Abteilung für Forſt⸗ und Kameralverwaltung 
abhängig gemacht. Es geht davon aus, daß die 
Behörden der Forſtverwaltung, die ihr Beruf 
innig mit der Natur verknüpft, den Zwecken des 
Geſetzes mit beſonderem Verſtändnis gerecht wer⸗ 
den. Sind auch andere Behörden von der Mit⸗ 
wirkung bei dem Schutz der Denkmaͤler nicht aus: 
geſchloſſen, ſo liegt es hiernach doch in ganz be⸗ 
ſonderem Maße den Oberförſtereien ob, bei der 
Ausführung des Geſetzes mitzuarbeiten. Dabei 
jolen die Oberförſtereien ebenſo von anderer 
Seite kommende Auregungen verſolgen und 
würdigen, als auch ſelbſt auf Grund ihrer eige: 
nen Wahrnehmungen dafür Sorge tragen, daß 
des Schutzes werte Naturdenkmäler auch geſchützt 
werden. Die erforderlichen Anträge ſind nicht 
unmittelbar bei den Großh. Kreisämtern zu ſtellen, 
londern es ift an die Miniſterialbehörde in 
Darmſtadt zu berichten. 

2. Ob ſich ein Naturdenkmal in einem Walde befindet 
oder außerhalb der Waldungen in der Feldge⸗ 
gemarkung oder innerhalb einer Ortſchaft — ift 
gleichgaltig. Es ift deshalb nicht zutreffend, wenn 
gelegentlich die Meinung ausgeſprochen wurde, 
eine Oberförſterei ſei nicht befugt, den Schutz 
einer Dorflinde zu beantragen. Von Wichtigkeit 
it namentlich die Erhaltung von Naturdenk⸗ 
målen auf Friedhöͤſen. 

3. Zur Förderung der geſchäftlichen Erledigung und 
zur Vermeidung überflüſſiger Rückfragen ſollen 
die Oberförſtereien darauf achten, daß ſchon bei 


ber erſten Berichterſtattung kurz gehaltene An⸗ 


gaben über alle weſentlichen Punkte nicht fehlen, 
z. B. die geſchichtlichen oder naturgeſchichtlichen 

Gründe oder die Rückſichten auf die landſchaft⸗ 
liche Schönheit oder Eigenart, aus denen der 
Naturſchutz gerechtfertigt iſt; die geſchichtliche oder 
volkstümliche Benennung eines Baumes oder 
ſonſtigen Naturdenkmals, bei Bäumen die bota⸗ 
niſch richtige Bezeichnung der Art oder Spielart; 
ob Gründe vorliegen, den Schutz auch auf die 
Umgebung eines Naturdenkmals auszudehnen, 
Mitteilungen über befondere Maßnahmen, die 
zur Erhaltung des Naturdenkmals “etwa erfor: 
derlich ſind u. dgl. m. Vielfach, und insbeſondere 
in Fällen, in denen es zweifelhaft ſein kann, ob 
die Vorausſetzungen des Artikels 33 des Geſetzes 
erfüllt ſind, iſt auch eine Aeußerung darüber 
zweckmäßig, ob der Grundeigentümer der Anord⸗ 
nung des Naturſchutzes vermutlich widerſprechen 
wird oder nicht. Durch geeignete mündliche Auf⸗ 
klärung und Belchrung wird es häufig möglich 
ſein, nichtbegründete Widerſtände und Bedenken 
des Grundeigentümers von vorn herein auszu⸗ 
ſchalten. 

4. Wenn in einzelnen Fällen wegen unmittelbar 
drohender Gefahr für ein Naturdenkmal ein 
ſchleuniges Eingreifen geboten ſein ſollte, ſo iſt 
möglichſt umgehend mit dem zuſtändigen Kreisamt 
in Verbindung zu treten, zugleich aber auch un⸗ 
verzüglich an die Miniſterialforſtbehörde zu be⸗ 
richten. | 

Der Erlaß teilt weiter mit, daß beabſichtigt ift, 
eine Neuausgabe des vergriffenen Werkes „Bemerkens⸗ 
werte Bäume im Großherzogtum Heſſen“ zu veran⸗ 
ſtalten, wobei das Werk inhaltlich ergänzt und reicher 
ausgeſtattet werden ſoll. Ueber den Umfang der 
früheren Ausgabe hinausgehend, ſoll die neue Aus⸗ 
gabe außer bemerkenswerten Bäumen auch ſonſtige Na⸗ 
turdenkmäler (3. B. eigenartige Felsbildungen, Waſſer⸗ 
läufe uſw.) zum Gegenſtand haben. Dem Erlaß ſind 
folgende, den Natur: und Heimatsſchutz betreffende 
Ausſchreiben des Großh. Miniſteriums des Innern 
beigegeben, betreffend: 

a. Erhaltung und Anlage der Friedhöfe, insbeſondere 
den Schutz des Baumwuchſes und der Grabdenk— 
mäler, v. 17. Mai 1911 zu Nr. M. d. J. 1852; 

b. Den Schutz der Alleen und beachtenswerter Bäume 
vom 17. Mai 1911 zu Nr. M. d. J. 18 658 
v. 1910. 

c. Heimatſchutz bei elektriſchen Kraftanlagen vom 
22. Februar 1913 zu Nr. M. d. J. 3148; 

d. Heimatſchutz, Erhaltung und Erbauung von 
Brücken vom 23. Dezember 1913 zu Nr. M. 
d J. 20 180. 


260 


Der Inhalt dieſer Ausſchreiben iſt in vielem auch 
für die Forſtbehörden unmittelbar von Bedeutung, 
doch würde es zu weit führen, hier näher darauf 
einzugehen. 

Zur Erleichterung und Verbilligung der Schreibar- 
beiten iſt nach Ausſchreiben vom 28. Juli 1914 zu Nr. 
F. M. D. 40 936 in Ausſicht genommen, für diejenigen 
Oberförſtereien Schreibmaſchinen zu beſchaffen, für die 
es fih nach Art und Umfang der Schreibgeſchäfte als 
notwendig oder zweckmäßig erweiſt. Die Schreibgehilfen 
müßten alsdann den Gebrauch der Schreibmaſchine 
erlernen. Die Mittel ſollen im Laufe der nächſten 
Jahre in das Budget eingeſtellt werden. 

Mit Erlaß vom 10. Juni 1914 zu Nr. 
F. M. D. 31165 wird den Großh. Oberförſtereien 
ein Bericht der Großh. Oberförſterei Darmſtadt 
zur Kenntnisnahme mitgeteilt, deren Vorſtand Geh. 
Forſtrat Kullmann zu Darmſtadt auf dem Gebiete 
des Vogelſchutzes eine ganz beſondere Tätigkeit 
entfaltet. Sie hat von der Strangmann'ſchen Niſt⸗ 
höhlenfabrik zu Nieder⸗Eſchbach — welcher die Lieferung 
der Niſthöhlen übertragen iſt — ein Verzeichnis der 
für 1913/14 eingegangenen Beſtellungen angefordert, 
das gleichſam eine Ueberſicht über den Umfang der 
praktiſchen Vogelſchutzbeſtrebungen in den Großh. Heff. 
Waldungen abgiebt. Hiernach laſſen — wenn man 
für Höhlenbrüter einen 20⸗jährigen Vogelſchutzturnus 
zu Grunde legt — von 39 Oberförſtereien nur 4 un⸗ 
gefähr den halben jährlichen Sollbeſtand erreichen. 
Dieſes Tempo wird für einen zielbewußten praktiſchen 
Vogelſchutz unſtreitig zu langſam und das von den 
übrigen Oberförſtereien ſogar noch ganz bedeutend 
und bis zum Liebhaber⸗Vogelſchutz verkürzte Tempo als 
unzureichend und beinahe zwecklos gehalten. Zur Be⸗ 
ſeitigung dieſes Mißſtandes beantragt K., einen Schutz⸗ 
turnus für die einzelnen Oberförſtereien in Ueberein⸗ 
ſtimmung mit den Betriebsleitern feſtzuſetzen und 
darnach die Einſtellungen für Vogelſchutz in die jähr⸗ 
lichen Wirtſchaftspläne zu normieren. Auf Grund 
ſeiner vieljährigen, von gutem Erfolg begleiteten Vo⸗ 
gelſchutzpraxis empfiehlt K., den Betrieb des Vogel⸗ 
ſchutzes für Höhlenbrüter im Wald in der Art einzu⸗ 
richten, daß ſogenannte Vogelſchutzſtationen an geeig⸗ 
neten Stellen über die ganze Oberförſterei hin gelegt 
werden. Eine ſolche Station ſoll beſtehen aus reichlich 
ausgehängten Berlep'ſchen Niſthöhlen, aus einem 
heſſiſchen Futterhaus und wo irgend möglich aus einer 
Kullmann'ſchen Vogeltränke, die im dichten Gebüſch 
mit einzelnen Hochſtämmchen, aber ja nicht auf freier 
Fläche angebracht ſein muß. Von dieſen Vogelſchutz⸗ 
ſtationen aus werden dann durch weiteres Aushängen 
von Niſthöhlen und ſtellenweiſes Anbringen von Ber: 
lep'ſchen Futterglocken die Vögel weiter in den Wald 


geleitet und dabei beſonders die Hegen berlückſichi⸗ 
werden. Die einzelnen Stationen ſollen nicht ifr 
% Stunden auseinander liegen. Im Allgemeine: 
erachtet K. für je 100 — 150 ha eine ſolche Statics 
für genügend, namentlich, wenn zwiſchen den Stationen 
noch hie und da Jutterglocken ausgehängt werden. 
Die vorgeſchlagene Betriebsart wird Ordnung und 
Ueberſicht für den Vogelſchutzbetrieb im Wald bringen 
und die guten Erfolge der Berlep'ſchen Vogelſchutz⸗ 
maßnahmen fichern. — Das eingangs erwähnte Aus- 
ſchreiben empfiehlt den Großh. Oberförſtereien, die von 
K. gemachten Vorſchläge bei den in den jährlichen Wirt 
ſchaftsplänen zu ſtellenden Anträgen zu berüdfihtigen. 
Um die berufliche Weiterbildung des 
Forſtperſonals, z. B. durch Beſuch von Hort: 
verſammlungen, von Wirtſchaftsräten uſw. zu fördern 
find lt. Ausſchreiben zu Nr. F. M. D. 34742 von 
29. Juni 1914 vom Etatsjahr 1914 ab (unter ĝo. | 
101, Titel 7 des Hauptvoranſchlags) wieder bejonder 
Mittel vorgefehen worden. Der Umfang biefer Mitte | 
ermöglicht es, daß vorausſichtlich 4 Oberförſter an der 
Tagung des Deutſchen Forſtvereins teilnehmen können. 
Außerdem werden die Mittel ausreichen, um den 
Oberförſtern, Forſtaſſiſtenten und den dienftlich be | 
ſchäftigten Forſtaſſeſſoren beim Beſuche der Wirtſchafts⸗ 
rate ein Tagegeld von je 4 Mk. zu gewähren, voraus | 
geſetzt, daß im Laufe des Jahres nicht mehr ale a 
3 Tagfahrten eines Wirtſchaftrats ftattfinden. ier: 
bei entſtehende Transportkoſten find in ber feitherigen 
Weiſe zu verrechnen. — Wie in der Berichterſtattung 
für das Jahr 1910 (Oktoberheft 1911 dieſer geit 
ſchrift, Seite 350) erwähnt wurde, war vom Etatsjahr 
1910 ab das frühere Tagegeld von 15 Mk. bein 
Beſuch der Verſammlungen des Deutſchen Forftoerens 
weggefallen und es wurde nur noch Erfa der Reiſe⸗ 
often gewährt. Wenn nun auch nicht — wie früher 
— ein jeder der 7 Wirtſchaftsräte einen Vertreter 
zu den erwähnten Verſammlungen entfenden kann, fo 
iſt doch die eingetretene Beſſerung dankbar zu begrüßen 
In den letzten Jahren ſind mehrfach, ſowohl im 
Heſſiſchen Landtag als auch in der Tagespreſſe, Aus⸗ 
ſchreitungen junger Leute, die mit Kochtopf und Zupf⸗ 
geige ausgerüſtet waren, irrtümlich als Ausſchreitungen 
von Wandervögeln bezeichnet worden. Der Kreis: 
leiter des Wandervogel in Südheſſen hat ſich deshalb 
an die Miniſterialforſtabteilung gewendet. Die Ober⸗ 
förſtereien werden gebeten, ihre Unterbeamten ausdrüd: 
lich anzuweiſen, bei Untaten Jugendlicher nachzuforſchen, 
ob dieſe Wandervogel⸗Ausweiskarten bei ſich führen, 
d. h. wirkliche Wandervögel ſind. Es ſoll dadurch 
möglichſt verhindert werden, daß in die Tagespreſſe und 
in das Gerede der Leute falſche Nachrichten kommen, 
die den Jugendwande rungen bisher nur g 


————— = en ET En a a 
4 tae — — Kae e > x Bs 5 
sea 3 pe 4 te Par Te n 2 HE PI 


261 


ſchadet und den Namen und die Ehre des Wan⸗ 

dervogelbundes in der Oeffentlichkeit herabgeſetzt 
haben. Sollten ſich einmal wirlliche Wandervögel 
etwas zu Schulden kommen laſſen, ſo wird gebeten, 
dies unter Nennung der Namen und der Ortsgruppe 
der jugendlichen Sünder der Kreisleitung mitzuteilen, 
damit auch vom Wandervogel aus ſtreng dagegen vor⸗ 
gegangen werden kann. (Ausſchr. zu Nr. F. M. D. 
37578 v. 13. Juli 1914.) 


Mit dem Verkauf von Gemeindewald be⸗ 


ſchäftigt ſich das Ausſchreiben zu Nr. F. M. D. 37 798 
vom 21. Juli 1914. Nach der Städte- und Land: 
gemeinde⸗Ordnung iſt zur Uebertragung des Eigentums 
von Gemeindegrundſtücken, ſofern es ſich um Werte 
von mehr als 5000 Mk., bei Landgemeinden um 
ſolche von 500 Mk. handelt, die Genehmigung der 
Verwaltungsbehörde, des Kreisamtes erforderlich. In⸗ 
ſoweit es ſich hierbei um die Uebertragung des Eigen⸗ 
tums von Gemeindewald handelt, ſoll nach einer 
von dem Großh. Miniſterium des Innern an die 
Kreisämter ergangenen Weiſung die Genehmigung erſt 
dann erteilt werden, wenn eine Aeußerung der oberen 
ſtaatlichen Forſtbehörde eingeholt ift. Letztere wird 
hierdurch in die Lage verſetzt, die wirtſchaftlichen In⸗ 
tereſſen der Gemeinden in forſtlicher Hinſicht zu wahren 
und auf etwaige Nachteile und Schäden aufmerkſam 
zu machen. Zugleich iſt es im Intereſſe der Betriebs⸗ 
führung ſelbſt gelegen, daß die Forſtbehörde von 
Aenderungen an dem Wirtſchaftsobjekt zeitig Kenntnis 


A. Natural 


erhält. Die Kreisämter folen deshalb vor jeder Ge: 
nehmigung einer Veräußerung von Gemeindewald mit 
der Miniſterialabteilung für Forſt⸗ und Kameralver⸗ 
waltung in Benehmen treten. 

Aus den Zuſammenſtellungen der Na: 
turalerträge, der Nutzholzprozente und 
der Bruttoerlöſe aus Holz in den Do: 
manialwaldungen des Großherzogtums He]: 
ſen wird folgendes entnommen: 


Nutzholzprozente. 
u Anzahl der Oberförftereien 
y 1914 | 1915 
über 60 5 2 
50— 60 5 4 
40 - 50 12 6 
30-4) 17 15 
20—30 17 14 
10—20 13 18 
unter 10 7 16 


Brutto⸗Erlöſe für den Feſtmeter. 


Anzahl der Oberförftereien 


Erlöſe in Mk. 


1914 | 1915 
über 14 4 6 
12—14 16 17 
10-12 35 27 
8—10 16 18 
unter 8 5 7 


„Einnahme. 


in den N PP { 

Wirtſchafts⸗ Provinzen in der im 177 utzholz⸗Pro de n 
Starkenburg] Provinz Großher⸗ ae z ort in der ſchnitt Hi 
jahr. Kheinheſſen Oberheſſen] zogtum f ken ueg und Oberheſſen das Groß» 
fm fm fm Rheinheſſen herzogtum 


1914 184 887 295 305 480 192 32.20 44.88 39.97 
1915 165 311 228 771 394 082 27.23 34.89 31.67 
B Geld: Cin nahme in Mark. 
in der Provinz Starten- U in der Provinz 
Wirtſchafts⸗] burg und Rheinheſſen Oberheſſen für das Großherzogtum 
jahr im Ganzen für den fm | im Ganzen | für ben fm | im Ganzen | für den fm 


1914 
1915 


2 252 917 
1 987 881 


12.03 


Der Voranſchlag für das Etatsjahr 1914 und | 
1915 rechnete mit einem Durchſchnittserlös von 
10,50 Mk. für den Feſtmeter. 

Die Submiſſionsholzverkäufe aus den 
Großh. Heſſ. Domanialwaldungen fanden 

1916 


3 107 392 
2 144 566 


10.52 
9.37 


5 360 309 
4 132 447 


11.16 
10.49 


in der gewohnten Weile ftatt. Für das Wirtſchafts⸗ 

jahr 1915 fanden 3 Termine ſtatt: einer am 1. Ok⸗ 

tober 1914 für das Schwellenholz, einer (der Haupt⸗ 

verkauf) am 4. November 1914 und ein dritter am 

19. Januar 1915 für Eſchen⸗Stammholz. Letzterer 
35 


262 


wurde veranftaltet, um der infolge des Krieges einge⸗ 
tretenen ſtarken Nachfrage nach Eſchenholz gerecht 
werden zu können. Es wurden hierbei 524,5 fm Eſchen⸗ 


Es ftellte fic) der Preis für: 


Klaſſe 
„ ͤ II v. 50 - 59 „ P 
„ III „ 40-49 „ i 
„ IV „30-39 , F 
> V „ 25—29 „ N 
„ VI „ unter 25 „ a 


Aehnliche Preiſe erzielten auch die waldbeſitzenden 
Gemeinden und Private. 

Der Verkauf für das Wirtſchaftsjahr 1916 fand 
am 4. November 1915 ſtatt. 


Der Geſamtumſatz ſtellt ſich auf: 


Wirt⸗ cana Turchichnitts- 
ſchaftsjahr Feſtmeter Erlös in Mk. pris iir den 
1915 67 719 1 181 400.55 16.71 
1916 53 628 910 866.17 16.98 


Bei den Submiſſionsholzverkäufen aus den Ge- 
meindewaldungen, die in üblicher Weiſe etwa 4 Wochen 
ſpäter ſtattfanden und ſich einer guten Beteiligung zu 
erfreuen hatten, wurden gleich günftige Ergebniſſe 
erzielt. Die mit dem Verkauf verbundenen Koſten 
wurden wie in den früheren Jahren auf die Staats⸗ 
kaſſe übernommen und die mit dem Verkauf zuſammen⸗ 
hängenden Arbeiten durch das Sekretariat der Mini- 
ſterialabteilung für Forſt⸗ und Kameralverwaltung 
erledigt. 

Die Submiſſion vom 4. November 1915 hatte 
ergeben, daß damals für verſchiedene Sortimente, ſo 
für Schnitt: und Bauholz, ſowie für Buchenſchwellen⸗ 
holz nur eine geringe Nachfrage beſtand, die ſich neben 
einem zum Teil nicht unerheblichen Rückgang der 
Preiſe auch dadurch bemerkbar machte, daß auf einen 
Teil der Verkaufsloſe keine, oder nur wenige oder 
unbefriedigende Gebote eingelegt wurden. Dagegen 
waren Kiefern⸗ und Fichtengrubenholz, Zelluloſeholz 
ſowie auch Erlennutzholz begehrt und die Preiſe für dieſe 
Sortimente überſtiegen die vom Vorjahr mehrfach 
beträchtlich. Aber ſchon 3—4 Wochen ſpäter machte 
ſich eine Nachfrage nach ſtarkem Schnittholz geltend, 
ſo daß es möglich war, größere Poſten auf dem Wege 
des Handverkaufs zu guten Preiſen abzuſetzen. 

Es iſt klar, daß der Krieg die Forſtverwaltung 
in ganz beſonderem Maße in Anſpruch nehmen mußte. 
Der Beruf des Forſtmanns ſtellt an die körperliche 
Leiſtungsfähigkeit und Widerſtandskraft der Beamten 
hohe Anforderungen und nur wenige werden es ſein, 
die infolge eines körperlichen Mangels vom Militär⸗ 


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ſtammholz zu einem Geſamtpreis von 39501,88 Mt. 
verkauft, was einem Durchſchniſtserlös von 75,31 Mk. 
für den Feſtmeter entſpricht. 


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I über 60 cm Durchmeſſer auf 125.04 Mk für den Feſtmeter, 


„ 114.19 „ 5 5 
„ 104.68 „ „ „ P 
=. BLIS k 3 y 5 
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„ 29438 „„ iw 
dienſt befreit geblieben find. Die Forſtverwaltung 
hat deshalb einen erheblichen Prozentſatz ihrer Beamten 
hergeben müſſen, als das Vaterland rief. Für unab⸗ 
kömmlich wurde keiner erklärt und viele, die nach 
ihrem Alter der Dienſtpflicht enthoben waren, haben 
ſich freiwillig geſtellt. So wartete denn derer, die 
nicht hinaus in den Kampf ziehen konnten, reiche 
Arbeit zu Hauſe. Nicht wenige Oberförſter haben 
außer ihrem Dienſtbezirk noch 1 oder 2 Oberförſtereien 
mitzuverſehen. Bei dem Forſtſchutz⸗ und Büroperſonal 
iſt es nicht anders. Wenn auch mancher bereits in 
den Ruheſtand getretener Beamter ſeine Kraft dem 
Staate wieder zur Verfügung ſtellte, es hier und da 
auch möglich war Erſatzkräfte, allerdings ungeſchulte 
einzuſtellen, ſo wird es doch wenige Berufsarten geben, 
bei; denen das Durchhalten die Kraft des Beamten jo 
in Anſpruch nimmt als beim Forſtmann. 

Ein leuchtendes Beiſpiel gab der verehrte Chef der 
heſſiſchen Forſtverwaltung, Staatsrat Wilbrand. Er 
— der im Frühjahr 1914, im 72. Lebensjahr ſtehend, 
daran dachte in den wohlverdienten Ruheſtand zu 
treten und ein dahingehendes Geſuch bereits eingereicht 
hatte — ſteht heute noch ſeinem arbeitsreichen, ver⸗ 
antwortungsvollen Amt vor. Seine Königliche Hoheit 
der Großherzog Ernſt Ludwig hat deshalb dem Ge⸗ 
nannten nachſtehendes Allerhöchſte Handſchreiben zugehen 
laſſen: 

Darmſtadt, den 16 November 1915. 


Lieber Staatsrat Wilbrand! 


Schon vor 1'/s Jahren war Mir Ihr Geſuch 
wegen Uebertritts in den Ruheſtand zugegangen. 
Der Ausbruch des Krieges verhinderte Mich daran, 
Ihrem Wunſche zu willfahren, den Ich bei der Länge 
Ihrer reichgeſegneten Dienſtzeit, anz ſich nicht hätte 
ablehnen können. Ich fand Mich vielmehr zu dem 
Erſuchen bewogen, Sie wiſſen zu laffen, Siez möchten 
von einem Beſcheid auf die vorgetragene Bitte vorerſt 
abſehen. Wenn Ich neuerdings erfahre, daß Sie 
hierauf zurückkommen, ſo kann Ich Meinen damaligen 
Wunſch nur wiederholen. Mein Vertrauen auf 
Ihren durch mehr als 50 Jahre bewieſenen treuen 
Dienſteifer läßt Mich nicht zweifeln, daß Sie bei 


— 


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on a 4 + 4. 1 owt. . 
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* We ae 
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263 


Ihrer trefflichen Geſundheit bereit ſein werden, auch 
an Ihrem Teile die allſeitige Pflicht zu erfüllen, 
in der gegenwärtigen Zeit nach Kräften und bis 
zum fiegreichen Ende des Krieges durchzuhalten. 
Ihr wohlgeneigter Großherzog 
Ernſt Ludwig. 

Da zu erwarten ſtand, daß die Kriegszeit nam⸗ 
hafte Ausfälle in den Einnahmen des Staates zur 
Folge habe, war es erforderlich, die Geſchäftsführung 
in allen Zweigen der Staatsverwaltung 
daraufhin zu prüfen, ob und wo die laufenden Staats⸗ 
ausgaben beſchränkt werden konnten. (Ausſchreiben des 
Großh. Staatsminiſteriums vom 8. Auguſt 1914 zu 
Nr. St. M 6930 und vom 20. April 1915 zu Nr. 
St. M. 3507). Um die perſönlichen und fachlichen 
Roen möglihft zu beſchränken, wurden alle Maß⸗ 
nahmen, Arbeiten und Herſtellungen, die zur Aufrecht⸗ 
erhaltung des Geſchaͤftsbetriebs nicht unbedingt erfor⸗ 
derlich waren, ein⸗ oder zurückgeſtellt, ſofern ſie — 
wenn bereits begonnen — nicht zu Ende geführt werden 
mußten, oder ſofern nicht bereits rechtsgültige Ver⸗ 
träge — die nicht mehr im Wege der Vereinbarung 
gelöſt werden konnten — darüber abgeſchloſſen waren. 
Neben der Einſchränkung in den laufenden Ausgaben, 
mußten vor allem größere Arbeiten unterbleiben, für 
die größere laufende oder einmalige Mittel vorgeſehen 
waren. Auch auf den Gebieten von Wiſſenſchaft und 
Kunft uſw. mußten Aufwendungen weiteren Umfangs 
vermieden werden, ſofern nicht ein unmittelbarer Zu⸗ 
ſammenhang mit der Volksgeſundheit und der Kriegs⸗ 
Inge beſtand. So wurde es z. B. für angezeigt erachtet, 
die Ausgaben für Denkmalpflege, Naturſchutz und dgl. 
zu beſchränken oder ganz einzuſtellen. Die allgemeinen 
Jonds für Vertretungs-, Aushilfe- und Reiſekoſten 
dürfen nicht mehr als unumgänglich nötig in Anſpruch 
genommen werden. Dabei blieb es aber den Behörden 
und Beamten unter eigener Berantwortung überlaſſen, 
innerhalb ihres Verwaltungsbereiches zu prüfen, ob 
und inwieweit Arbeiten und Herſtellungen, die ein 
Unterbleiben oder ein Zurückſtellen vertragen können, 
nicht trotzdem im Einzelfall dann auszuführen ſind, 
wenn es ſich darum handelt, arbeitslos Gewordenen 
ober bedürftigen Angehörigen von Einberufenen Ver⸗ 

dienſt zu verſchaffen. 

Als zu Anfang des Krieges durch das Stillſtehen 
don Fabriken vielerorts Arbeitskräfte frei geworden 
waren, die nach Beendigung der Getreideernte im 
Landwirtſchaftsbetrieb nicht mehr beſchäftigt werden 
konnten, wurden dieſe Arbeitskräfte — ſoweit irgend 
mgingig — in Domanialwaldungen zum Aufarbeiten 
des Dürrholzes und zur Ausführung von Durch— 
ſorſtungen in jüngeren Nadelholzbeſtänden herangezogen. 

& wurde — nach Verf. zu Nr. F. M. D. 43 970 


vom 19. Auguſt 1914 — davon abgeſehen, die Ar⸗ 
beiter vertraglich für die Dauer der ganzen Holzhauerei 
zu binden; mündliche Vereinbarung des Arbeitsvertrags 
und der Lohnjäge wurde als genügend und wöchent⸗ 
liche Auszahlung des Lohnes ebenfalls durch die Zeit⸗ 
verhältniſſe geboten erachtet. In den Gemeindewaldungen 
wurde nach den gleichen Grundſätzen verfahren. 

Im Einverſtändnis mit den Landſtänden wurde 
ein größerer Betrag für Wegbauten in den fiskaliſchen 
Waldungen für den Fall bereitgeſtellt, daß Bedürfnis 
nach Notſtandsarbeiten ſich zeigen folte. 

Was die Fürſorge für die zum Heeres— 
dienſt einberufenen Beamten und Bedienſt⸗ 
eten anlangt, ſo machte dieſe Frage den Erlaß einer 
größeren Anzahl von allgemeinen Verfügungen des 
Großh. Staatsminiſteriums notwendig, die ſich zum 
Teil aus der Verordnung vom 24. Januar 1890, 
die Ausführung des 8 66 des Reichsmilitärgeſetzes 
betr. (Reg.⸗Bl. 1890, S. 9) herleiten. Nachſtehende 
Vorſchriften des Ausſchreibens zu Nr. St. M. 6713 
vom 2. Auguſt 1914 ſeien erwähnt: 

1. Jedem etatsmäßig angeſtellten Beamten bleibt 
während des Kriegsdienſtes ſeine Zivilftelle gewahrt. 
Den etatsmäßig angeſtellten Staatsbeamten und 
den in unmittelbaren Staatsdienſt ſtändig gegen 
Entgelt aus der Staatskaſſe verwendeten Be⸗ 
dienſteten (alſo z. B. Staatsdienſtanwärtern uſw.) 
wird während der Dauer des Kriegsdienſtes ihr 
perſönliches Dienſteinkommen aus der Staatskaſſe 
unverkürzt fortgewährt. 
Erhält der Beamte die Beſoldung eines Offiziers 
oder oberen Beamten der Militärverwaltung, fo 
wird der reine Betrag desſelben, als welcher 7/10 
der Kriegsbeſoldung angeſehen werden, auf das 
Zivildienſteinkommen angerechnet. Das Dienſtein⸗ 
kommen eines Unteroffiziers in einer freien Leut⸗ 
nantsſtelle gilt nicht als Offiziersbeſoldung. 

In dem Ausſchreiben des Großh. Staatsminiſteriums 
vom 4. September 1914 zu Nr. St. M. 7634 wurde 
näher erläutert, was unter den in unmittelbarem 
Staatsdienſt ſtändig gegen Entgelt aus der Staats: 
kaſſe verwendeten Bedienſteten verſtanden werden 
ſoll und hiernach zählen hierzu auch die Forſtaſſeſſoren, 
Forſtwartaſpiranten und die ſtändig beſchäftigten Schreib⸗ 
gehilfen der Großh. Oberförſtereien. Eine Beſchäf⸗ 
tigung ſoll als ſtändig gelten, falls mit Rückſicht 
auf das Dienſtalter der Bedienſteten oder den ihnen 
zur Zeit des Eintritts in den Militärdienſt erteilten 
Auftrag anzunehmen iſt, daß ſie fortdauernd in 
Betrieben oder im Dienſt des Staates beſchäftigt 
worden wären. Dieſe Annahme gilt ſtets als gerecht: 
fertigt, wenn die bisherige Beſchäftigung umunter: 
brochen länger als zwei Jahre gedauert hat. 

35 


2. 


3. 


264 


Lt. Ausſchreiben des Staatsminiſteriums vom 3. Au: 
guſt 1914 zu Nr. St. M. 6742 wurde der Lohn 
(Entgelt) der in Betrieben oder im Dienſte des Groß⸗ 
herzogtums Heſſen zur Zeit der Mobilmachung, ihrer 
Einberufung oder ihrer freiwilligen Meldung beſchäf⸗ 
tigten Perſonen, welche i 

1. entweder zur Erfüllung der Wehrpflicht eingezogen 
find, oder 

2. freiwillig militärische Dienſtleiſtungen verrichten, 

für die Dauer von zwei Wochen unverkürzt weitergezahlt. 

Folgende Vorausſetzungen mußten jedoch erfüllt ſein: 

J. Es darf fi) nicht um nur vorübergehend beſchäf⸗ 
tigte Perſonen handeln; als vorübergehend beſchäf⸗ 
tigte Perſonen im Sinne dieſes Ausſchreibens wur⸗ 
den ſolche Perſonen angeſehen, deren Beſchäftigung 
auf weniger als eine Woche entweder nach der 
Natur der Sache oder im Voraus durch den 
Arbeitsvertrag beſchräaͤnkt iſt; 

Die in den Militaͤrdienſt eintretenden Perſonen 
müſſen 


a. entweder Angehörige beſitzen, die mit ihnen 
in häuslicher Gemeinſchaft leben, oder 


b. zum Unterhalt von Angehörigen beigetragen 
haben. 

Die zweiwöchige Friſt begann mit dem Geſtellungs⸗ 
tag. Die beſchäftigenden Behörden (Oberförſtereien) 
hatten ſelbſtändig zu prüfen, ob dieſe Voraus 
ſetzungen erfüllt ſind. Sie ſollten ſich dabei von dem 
Wohlwollen leiten laſſen, das im Intereſſe der Für⸗ 
ſorge für die dem Vaterland dienenden Perſonen und 
ihre Angehörigen ſelbſtverſtändliche Pflicht aller ſtaat⸗ 
lichen Behörden iſt. 

Für die Zeit nach Ablauf dieſer zwei Wochen 
können lt. Ausſchreiben des Großh. Staatsminiſteriums 
vom 4. Septbr. 1914 zu Nr. St. M. 7635 im Be⸗ 
dürfnisfall Beihilfen gewährt werden, wenn die 
betr. Perſonen im Dienſte des Staates ſtändig be⸗ 
ſchäftigt geweſen ſind und wenn ſie zur Zeit ihres 
Eintritts in den Militärdienſt in Betrieben 
oder im Dienſte des Staates beichäftigt waren. Als 
ſtaͤndig gilt eine Beſchäftigung, wenn fie: 
entweder a. innerhalb der Zeit vom 1. Auguſt 1913 

bis zum 31. Juli 1914 wenigſtens 40 
Wochen gedauert hat, 

oder b. ſich bei mehrjähriger Beſchäftigung im 
Durchſchnitt jährlich auf wenigſtens 40 
Wochen belaufen hat. 

Die Beihilfen betragen: 

a. für die Ehefrauen bis zu 25 vom Hun⸗ 
dert des Lohnes (Entgelt) ihres Mannes. 
b. für jedes eheliche oder einem ehelichen 
geſetzlich gleichſtehenden Kind unter 15 
Jahren bis zu 6 vom Hundert des Lohnes. 


II. 


Das erwähnte Ausſchreiben hebt auch hervor, daß 
bei Bewilligung und Bemeſſung ſtaatlicher Beihilfen 
auf das Vorhandenſein von Arbeitsgelegenheit Rückſicht 
zu nehmen ſei. Dieſer Geſichtspunkt wird ſich in den 
verſchiedenen Jahreszeiten in verſchiedenem Maße gel⸗ 
tend machen. Die Frühjahrszeit gab den Angehörigen 
einberufener Arbeiter vielfach Gelegenheit, in der Land⸗ 
wirtſchaft oder auch in eigenen Betrieben des Staates 
ſelbſt etwas zu verdienen. Zudem war es auch im 
Intereſſe der geſamten Volkswirtſchaft und der Volts: 
ernährung dringend erwünſcht, daß die vorhandenen 
Arbeitskräfte zu landwirtſchaftlicher Tätigkeit in mdz: 
lichſt großem Umfange nutzbar gemacht werden. Die 
Oberförſtereien wurden daher durch die Verfügungen 
vom 9. April 1915 zu Nr. F. M. 6593 und vom 
6. Mai 1916 zu Nr. F. M. 12 105 angewieſen, ihre 
beſondere Aufmerkſamkeit auf dieſe Frage zu lenken 
und ſtaatliche Beihilfen jedenfalls dann nicht oder nicht 
in dem ſeitherigen Umfang anzuweiſen, wenn Gelegen⸗ 
heit zu Verdienſt durch landwirtſchaftliche oder andere 
Beſchäftigung vorhanden iſt und die in Betracht 
kommenden Perſonen arbeitsfähig find. 

Neben amtliche Bezüge werden nach Aus: 
ſchreiben des Großh. Staatsminiſteriums vom 22. 
Dezbr. 1914 zu Nr. St. M. 10 896 nur dann fort 
gezahlt, wenn fie penſionsfähig find. Nach I. 2 A: 
ſatz 3 der Verordnung vom 24. Januar 1890 werden 
Dienſtaufwandsgelder nicht zu dem perjön: 
lichen Einkommen gerechnet, das unverkürzt fortgewährt 
wird. Es fallen deshalb für die Dauer des Militär: 
dienſtes aus: 

a. die Dienſtaufwandsentſchädigungen der Oberförſter, 
b. die Bekleidungszulagen der zum Heeresdienſt 
einberufenen Domanial⸗ und Gemeindeforſtwarte, 

c. die Vergütung für Benutzung des Fahrrads. 
Es iſt klar, daß während des Krieges auch der Wald 
das Seinige dazu beitragen muß, die Viehbeſtände zu 
erhalten und die Nahrungsmittelverſorgung Deutſch⸗ 
lands ſicher zu ſtellen. Mehrfach iſt zu Beginn des 
Krieges in den Zeitungen darauf hingewieſen worden, 
daß die Futtermittel des Waldes in weiteſtem Umfang 
nutzbar gemacht werden müßten. Der Heſſiſchen Forf 
verwaltung kann das Zeugnis ausgeſtellt werden, daß 
fie mit ihren Maßnahmen nicht gewartet hat, bis 
derartige Wünſche in der Preſſe laut geworden find. 
Alsbald nach Ausbruch des Krieges ift den Ober: 
förſtereien empfohlen worden, in der Abgabe von Gras 
den Viehhaltern, insbeſondere den Beſitzern von Klein⸗ 
vieh, weitgehendſtes Entgegenkommen zu zeigen. Wenn 
hiervon zu Beginn des Krieges nur vereinzelt Gebrauch 

gemacht wurde, ſo lag der Grund hierfür darin, da 
damals ein Ueberfluß an Gutter in Feld und Flut 
vorhanden war und es daher nicht lohnend erſchien, 


| 


7 265 


ee 


im Walde Gräſer und Kräuter zuſammenzuſuchen. 
Auch war das Gras von den Waldwegen und Schneiſen, 
das den Hauptertrag bildet, damals ſchon geerntet. 
Ueber den Wert und die Menge der in den Be⸗ 
ſtänden ſelbſt wachſenden Halbſchattengräſer und Kräuter 
pflegen vielfach übertriebene Vorſtellungen obzuwalten. 
In den meiſten Beſtänden ſind es doch nur beſcheidene 
Mengen, die zuſammengebracht werden können. Aber 
ſchon mit Beginn des Frühjahrs 1915 wurde nament: 
lich durch die Beſitzer von Kleinvieh (Ziegen, Kanin⸗ 
chen uſw.) die Gelegenheit zur Gewinnung von Futter 
aus den Waldungen ſtark benutzt. Manche Laſt, 
mancher Handwagen voll Grünfutter wurde durch 
Rupfen und Ausſchneiden von Gras und Forftunfräutern 
aus Hegen gewonnen. In den Hegen, in welchen 
Grasſamen hätte genutzt werden können, wurde auf 
deſſen Verwertung im Allgemeinen im Intereſſe der 
Gewinnung von Futtermitteln verzichtet; indeſſen blieb 
es den Oberförſtereien überlaſſen, ba — wo Grasab⸗ 
gabe nicht erfolgt und eine Ernte von beſonders gutem 
Grasſamen zu erwarten ſtand — dieſen zu verwerten. 
Die Nutzung des Graſes und der Futterkräuter wurde 
ohne Entgelt geſtattet, unter Beobachtung der für die 
Hegpflege und den Schutz der jungen Holzpflanzen, 
ſowie Aufrechterhaltung der Ordnung unerläßlichen 
Vorſchriften. Von der Feſtſetzung beſonderer Grastage — 
wie dies im Notjahr 1893 vielfach geſchehen it — wurde 
abgeſehen, da diefe Frage nach den örtlichen Verhält⸗ 
niſſen und dem jeweiligen Bedarf geregelt werden muß. 
Um die Erhaltung der Viehbeſtände ſicher zu ſtellen, 
wurde auch Gelegenheit zur Waldweide geboten. 
Zunächſft kam ja nur der Eintrieb von Schweinen 
und Schafen in Betracht, zumal durch die Schweine 
auch die noch etwa vorhandene Eichelmaſt nutzbar 
gemacht werden konnte. Leider wurde im Frühjahr 
1915 von der Freigabe der Waldweide und beſonders 
von dem Eintrieb der Schweine wenig Gebrauch ge: 
macht, da es anſcheinend zu ſchwierig iſt, größere 
Herden zuſammen zu bekommen. Da die Domänen⸗ 
pidter wohl zunächſt in der Lage find, mit dem Ein- 
trieb einer entſprechenden Anzahl Zucht⸗ und Jung⸗ 
ſchweine vorzugehen und damit ein vorbildliches 
Beiſpiel zu geben, wurde den Oberförſtereien empfohlen, 
mit den Domänenpächtern ihrer Dienſtbezirke ins 
Benehmen zu treten und mit dieſen die geeigneten 
Maßnahmen zu vereinbaren. Wo die Beſtände, die 
mit Schweinen befahren werden konnten, zu weit von 
den Domänenhöfen entfernt ſind, als daß der Weg zum 
Walde und zurück täglich zurückgelegt werden könnte, 
wurde der Verbleib der Herden im Walde bis zum 
Spätherbſt geftattet. Etwa vorhandene Schutzhütten 
und Schutzzelte konnten für die Unterkunft der Hirten 
unentgeltlich zur Verſügung geſtellt werden. Auch 


wurden die Oberförſtereien ermächtigt, das Holz zur 
Herſtellung der Unterſtände zum Brennholzpreis abzu⸗ 
geben. Weiter hat das Großh. Miniſterium des Innern 
im Einvernehmen mit dem Großh. Miniſterium der 
Finanzen in einem Ausſchreiben an die Großh. Kreis⸗ 
aͤmter Maßnahmen zur Förderung der Waldweide 
während der Kriegsdauer, insbeſondere die Schaffung 
von Einrichtungen für den Waldeintrieb von Schweinen 
angeregt, um den Schweinebeſitzern namentlich das 
Durchhalten der Zuchttiere und des jungen Nach⸗ 
wuchſes zu erleichtern. Die den Domaͤnenpächtern zuge⸗ 
ſtandenen Erleichterungen ſollen auch hier Platz greifen. 

Um die geernteten Futtermittel für den Winter 
aufſparen und die vorhandenen Weideflächen nach 
Möglichkeit ausnutzen zu können, gab die Domanial⸗ 
verwaltung auch die ſelbſtverwalteten fiska⸗ 
liſchen Wieſen nach der Grummeternte 
zum Beweiden freiz; die Oberförſtereien wurden 
beauſtragt, die Bürgermeiſtereien der Gemeinden, die 
für das Beweiden der fiskaliſchen Wieſen in Betracht 
kommen, zu bedeuten. 

Bereits zu Anfang Oktober 1914 iſt darauf hin⸗ 
gewieſen worden, daß die landwirtſchaftliche Anbau⸗ 
fläche nergrößert und der Ernteertrag unmittelbar ver: 
mehrt werden könnte, wenn die Abtriebsflächen in 
geeigneten Lagen zum Anbau von Feldfrüchten als 
landwirtſchaftlichem Zwiſchenbau benutzt würden. Aus- 
drücklich wurde dabei hervorgehoben, daß der Zweck 
diefer landwirtſchaftlichen Zwiſchennutzung 
von Holzbodenflächen nicht die Erſchließung 
einer Einnahmequelle für die Staatskaſſe, ſondern die 
tunlichſte, wenn auch nur vorübergehende Vergrößerung 
der der Volksernährung dienenden Fläche ſein ſoll. 
Dieſer Waldfeldbau, bei dem beſonders gute Kar: 
toffelernten erzielt werden können, war noch vor we⸗ 
nigen Jahrzehnten in den Waͤldern der Rheinebene 
ſehr verbreitet. Der Mangel an Arbeitskräften hat 
inzwiſchen zu nahezu gänzlicher Aufgabe dieſes Petrie- 
bes genötigt. Den Oberförſtereien blieb es überlaſſen, 
die Verpachtung entweder öffentlich auszubieten, oder 
— wo feine größere Beteiligung zu erwarten ſteht — 
freihändig an zuverläſſige Pachtliebhaber zu vergeben. 
Gründliche Rodung der Flache war auszubedingen 
und wegen des gleichzeitigen Holzanbaus durch die 
Forſtverwaltung das Erforderliche vorzuſchreiben. Das 
Reinigen und Behacken der Pflanzenreihen oder Saat⸗ 
ſtreifen konnte den Pächtern mitübertragen werden; 
in dieſem Falle konnte bei richtiger Ausfuͤhrung der 
Arbeit unter Verzicht auf jede Pachteinnahme, ſogar 
ein entſprechender Zuſchuß aus der fiskaliſchen Kaſſe 
gewährt werden. Wo größerer Wildſchaden zu be- 
fürchten ſtand, wurde die Eingatterung der Anbau: 
fläche auf fiskaliſche Koſten zugeſagt. 


266 


Auch die Gewinung von Futterreiſig 
wurde in weitgehendſtem Maße geſtattet und mehrfach 
auf deſſen Wert in der Oeffentlichkeit hingewieſen. 
Auf Anregung der Miniſterialabteilung für Forſt⸗ 
und Kameralverwaltung hin hatte das Proviantamt 
Darmſtadt im Sommer 1915 im Domanialwald der 
Oberförſterei Meſſel auch einen Verſuch mit Gewinnung 
von Laubheu durchgeführt. Der Verſuch ergab, 
daß ſelbſt unter den günſtigſten Verhältniſſen (trockene 
Witterung, Entnahme der Zweige in jüngeren Be— 
ſtänden in der Nähe der Wege, Mitverwendung billiger 
weiblicher Arbeitskräfte) der Zentner gutgetrockneten 
Laubheus im Walde an Ort und Stelle ſoviel her: 
zuſtellen koſtet, als für den Zentner beſten Wieſenheus 
eingeliefert bezahlt wurde. 

Die Eichelmaſt im Herbſt 1914 war auch in 
den heſſiſchen Waldungen eine überaus reiche und 
brachte einen erheblichen Schritt weiter in der Ver⸗ 
jüngung der für die Nachzucht der Eiche geeigneten 
Beſtände. Das Sammeln der Eicheln wurde unent— 
geltlich überall da geſtattet, wo nicht etwa im Eigen⸗ 
betrieb geſammelt wurde. Wo die Maſt durch Schweine 
eintrieb nutzbar gemacht werden konnte, waren die 
Oberförſtereien angewieſen, alle Waldorte hierfür freiz 
zugeben, die ohne unverhältnis mäßigen wirtſchaftlichen 
Nachteil und unbeſchadet beſtehender Rechtsverhältniſſe 
der Schweinehut geöffnet werden konnten. Die Be⸗ 
völkerung machte ausgedehnten Gebrauch von der Er: 
laubnis zum Sammeln von Eicheln ſowohl zur 
Deckung des eigenen Bedarfs als auch zum Verkauf. 
An manchen Orten entwickelte ſich ein lebhafter Handel 
mit Eicheln. Tauſende von Zentnern ſind von Frauen 
und Kindern geleſen und damit nicht allein guter 
Arbeitsverdienſt erzielt, ſondern auch wertvolle Futter⸗ 
mittel eingebracht worden. 

Für das Sammeln von Beeren, Pilzen 
uſw. im offenen Wald iſt nach den im Großherzog⸗ 
tum Heſſen geltenden geſetzlichen Beſtimmungen eine 
beſondere Erlaubnis nicht erforderlich; es iſt nur be⸗ 
ſchränkt durch die reichsgeſetzliche Vorſchrift, die das 
Betreten von Hegen unter Strafe ſtellt. Auch auf 
den Wert dieſer Nutzungen wurde mehrfach öffentlich 
hingewieſen und betont, wie es unter den gegenwär— 
tigen Zeitverhältniſſen geboten erſcheint, die Früchte 
des Waldes in weiteſtem Umfang zu ſammeln und 
nutzbar zu machen. Den Oberförſtereien wurde em— 
pfohlen, während der Reifezeit der Waldbeeren überall 
da, wo deren Ernte lohnend erſcheint, die Hegen frei— 
zugeben, ſoweit dies ohne offenſichtlichen Schaden mög— 
lich iſt. Die Hegezeichen wurden während dieſer Zeit 
entweder entfernt, oder es wurde öffentlich bekannt 
gegeben, für welche eingehegte Waldorte das Hege= 
verbot ruht. 


Um während der Dauer des Krieges das Sammeln 
von Leſeholz in den Domanial- und Gemeinde 
waldungen möglichſt zu erleichtern, wurden die Ober: 
förſtereien ermächtigt, da — wo ſeither die Leſeholz— 
nutzung zeitweiſe nur an einem Wochentag geſtattet 
war und das Bedürfnis und der Wunſch nach einer 
Erweiterung dieſer Erlaubnis beſtehen — bis auf 
weiteres im Einvernehmen mit den Großh. Bürger: 
meiſtereien zwei wöchentliche Leſeholztage feſtzuſetzen. 

Erwähnt ſei noch, daß alle vorerwähnten Maß⸗ 


nahmen auch in den der Verwaltung der Großh. Ober: 


förſtereien unterſtellten Gemeindewaldungen Auwendung 
fanden, wozu ſelbſtverſtändlich vorher die Zuſtimmung 
der betr. Waldeigentümer eingeholt werden mußte. 

Was die Ausübung der Jagd während 
der Kriegszeit anlangt, ſo wurde dieſe Frage 
von Großh. Miniſterium des Innern im Einvernehmen 
mit dem Großh. Miniſterium der Finanzen, Abteilung 
für Forſt⸗ und Kameralverwaltung in folgender Weile 
geregelt (F. M. D. 46368 vom 29. Auguſt 1914): 

In den Provinzen Starkenburg und Oberheſſen 
erjolgt die Ausübung der Jagd durch Reichsdeutſche 
oder Angehörige der Oeſterreich⸗Ungar. Monarchie wie 
ſeither nach Maßgabe der beſtehenden Geſetze und Ber: 
ordnungen, insbeſondere in Gemäßheit der Verordnung 
vom 29. April 1914 (vergl. B. 2 dieſes Berichts). 
In der Provinz Rheinheſſen iſt die Ausübung der 
Jagd bis auf weiteres gänzlich unterſagt. Eine Aus⸗ 
übung der Jagd durch Angehörige neutraler Staaten 
kann in den Kreiſen der Provinzen Starkenburg und 
Oberheſſen mit Zuſtimmung der betr. Kreisaͤmter von 
Fall zu Fall geftattet werden; Angehöige folder 
Staaten, die ſich mit Deutſchland im Kriegszuſtand 
befinden, dürfen die Jagd im ganzen Großherzogtum 
bis auf weiteres nicht ausüben, auch dann nicht, wenn 
ſie Pächter oder Eigentümer heſſiſcher Jagden ſein 
ſollten. 

In allen Fallen, in denen hiernach oder durch die 
Abweſenheit von Jagdberechtigten auf einem Jagdgebiet 
der regelmäßige Wildabſchuß nicht ſichergeſtellt fein 
ſollte, hat ſich zur Verhütung von übermäßigem 
Wildſchaden die örtlich zuſtändige Großh. Oberförſterei 
mit dem betr. Kreisamt zu benehmen, welches alsdann 
die geeigneten Anordnungen erläßt. Bei dieſen An 
ordnungen ift — ſoweit es fih um Deutſche, Oeſter⸗ 
reicher oder Angehörige neutraler Staaten handelt — 
nach Möglichkeit auf die vermutliche oder durch Nad 
frage feſtzuſtellende Willensmeinung des verhinderten 
Jagdberechtigten über die Auswahl der Perſonen, die 
an feiner Statt den Abſchuß vornehmen jollen, Rad: 
ſicht zu nehmen. Die Abſchußjagden ſind unter Leitung 
der Großh. Oberförſtereien oder des von ihnen hierfür 
bezeichneten Forſtperſonals abzuhalten. Iſt es hin 


267 


ſichtlich ſolcher Abſchußjagden nicht möglich, eine Ent⸗ 
ſchließung des Jagdͤberechtigten über die Verwertung 
des erlegten Wildes rechtzeitig herbeizuführen, ſo iſt 
dasselbe zu veräußern und der Erlös nach Abzug der 
entſtandenen Koſten in Verwahr zu nehmen. Es 
empfiehlt ſich, den Erlös mündelſicher anzulegen. Bei 
Domanialjagden haben die Großh. Oberföritereien 
die Verwertung des Wildes, die Verrechnung des Er⸗ 
löſes und die Auseinanderſetzung mit den Jagdberechtigten 
zu beſorgen. 

Der Verminderung des Wildſchadens 
zum Schutze der Saaten wurde ganz beſondere Auf⸗ 
merkſamkeit gewidmet; die Entſtehung namhaften Wild⸗ 
ſchadens in den Feldfluren ſoll ſoweit als möglich 
verhindert werden. Wo nach dieſer Richtung Beſorg⸗ 
niffe beſtanden, war den Kreisämtern empfohlen, als⸗ 
bald mit dem Jagdberechtigten wegen Ergreifung 
wirkſamer Abwehrmaßregeln in Verbindung zu treten. 
Es wurde dabei mit Recht auf volles Verſtändnis und 
tätige Mitwirkung ſeitens der Jäger gerechnet. Sofern 
es in einzelnen Bezirken wünſchenswert erſchien, die 
beſtehenden Vorſchriften über die Hegezeit für irgend 
eine Wildart vorübergehend aufzuheben, hatten die 
Kreickaͤmter dem Großh. Miniſterium des Innern 
zwecks Herbeiführung einer Entſchließung gemäß § 3 
der Verordnung vom 29. April 1914 Vorlage zu 
machen. Wo es im Intereſſe der Ernte für erforderlich 
erachtet wurde, beſondere Maßnahmen zur Vertilgung 
der wilden Kaninchen zu treffen und wo der Jagd⸗ 
berechtigte nicht allein in der Lage iſt, die nötige Ver⸗ 
minderung dieſer Schädlinge zu bewirken, war mit 
ihm wegen Zuziehung der Forſt⸗ und Feldſchutzbeamten 
zu den Vertilgungsmaßnahmen zu verhandeln Bei 
allen dieſen Maßregeln ſollte beachtet werden, daß es 
ſich um im Intereſſe der Allgemeinheit wünſchenswerte 
Eingriffe in private Rechte handelt und daß ſich ein 
Einvernehmen zwiſchen Behörde und Jagdberechtigten 
ebenſo ſehr dieſerhalb wie zur Erzielung eines mig: 
licht günſtigen praktiſchen Ergebniſſes empfiehlt. Nur 
wenn der Zweck der Maßnahmen — die Verhinderung 
empfindlichen Wildſchadens — eine vorherige Anhörung 
des Jagdpächters ſchlechterdings nicht geſtattete, durfte 
dieſer Gefichtspunkt außer Acht gelaſſen werden. 

In den in Frage kommenden Domanialjagdbe⸗ 
zirken wurden die Oberförſtereien beauftragt, nament: 


lich den Beſchaͤdigungen durch Kaninchen nach Möglichkeit 
vorzubeugen. In erſter Linie wurde ein vermehrter 
Abſchuß und Fang der Kaninchen in den an die Fel⸗ 
der angrenzenden fiskaliſchen Waldteilen und zunäachſt 
der Eiſenbahnſchutzſtreifen herbeigeführt, auf denen die 
Eiſenbahnverwaltung im Intereſſe der Volksernährung 
durch planmäßigen Anbau von Feld⸗ und Gartenge⸗ 
wächſen ganz außergewöhnliche Koſten aufgewendet 
hatte. 

Bei dem großen Bedarf der Heeresverwaltung an 
Leder bezw. der ſtarken Nachfrage von Gerbſtoffen kam 
der Eichenſchälwaldbetrieb, der in den Do⸗ 
manialwaldungen gaͤnzlich aufgegeben war, in den 
Kommunalwaldungen nur noch in geringem Maße 
vorkam und auch von den Privatwaldbefitzern ſchon 
mehr oder minder verlaſſen war, wieder zu Ehren. 
Mancher bereits als Hochwald behandelte Stockſchlag 
wurde wieder auf Rinde genutzt. Da ſchon im Jahre 
1915 Preiſe bis zu über 10 Mk. der Zentner erzielt 
wurden, mußte dieſer Umſtand in ſolchen Oberförſte⸗ 
reien — wo die Ueberführung von Eichenſchalwald in 
Hochwald eine große Rolle ſpielte — die im W. J. 
1915 erzielten Durchſchnkttserlöſe für den Feſtmeter 
ganz weſentlich erhöhen. Dieſer ſtellte ſich in der 


Oberförſterei 1914 auf 1915 auf 
Beerfelden 9.90 Mk. 19.77 Mk. 
Lindenfels 11.82 „ 14.59 „ 
Lorzenbach 9.65 „ 11.81 „ 
Michelſtadt 8.39 „ 13.48 „ 
Rothenberg 10.65 „ 18.22 „ 
Wald⸗Michelbach 11.67 „ 24.20 „ 
Ober⸗Eſchbach 4.96 „ 14.07 „ 
Ober⸗Rosbach 3.39 9.18 


Trotzdem der Krieg dem Forſtbetrieb eine Menge 
geſchulter Arbeitskräfte entzog, hat die Tätigkeit in 
der Aufforſtung von Gemeindehutweiden 
keinen Stillſtand erlitten. Hierfür, ſowie für Ueber⸗ 
führung von Schälſchlägen in Hochwald war unter 
Kap. 74, Titel 3 des Hauptvoranſchlags ſowohl für 
1914 als auch für 1915 ein Betrag von je 20000 Mk. 
— gegenüber 15 500 Mk. in 1913 — eingeſtellt und 
bewilligt worden. Für die Aufforſtung von Ge⸗ 
meindewüſtungen kommt nur die Provinz Oberheſſen 
und Starkenburg in Betracht Nachſtehende Tabelle 
mag die Tätigkeit auf dieſem Gebiet erläutern 


; Angah der Gemarkungen, in denen ise. cs r | Den betei⸗ 
Wirt⸗ ô tufforftungen ſtaltfanden Größe der aufgeforſteten Fläche in ha Aufforſtung ligten Ge- 
ſchafts⸗ „ eblt Nach u... 

jahr Starkenburg Oberheſſen im Ganzen Starkenburg Oberheſſen im Ganzen e i e 
1914 10 62 72 19 23 42 14 592.38 6 866 
1915 8 28 36 10.7 13.8 24.5 7 251.83 3 625 

x | E 


268 


Von ben Geſamtkoſten entfallen auf: 


a) Nachbeſſerungen früherer Aufforſtungsflächen 


in 1914 6 919.47 Mk. 
„ 1915 3395.21 „ 
b) Aufforſtung der genannten Flächen 
in 1914 7 692.91 Mk. 
„ 1915 385662 „ 


Ueberführung von Eichenſchälſchlägen in Hochwald fand in den 3 Provinzen des Groß⸗ 
Nachſtehende Tabelle gewährt einen Ueberblick: 


herzogtums Heſſen ſtatt. 


u Anzahl 
| 


Proving | der Oberförftereien | der Gemeinden Beihilfe in Mk. 
1914 1915 | 1014 1915 | 1914 | 1915 M M. 1914 | 1915 
Starkenburg 9 8 86 36 71.41 53.66 | 19575.30 | 14244.86 | 9212 7121 
Oberheſſen 5 5 12 16 11.37 61.38 | 2867.69 | 4447.93 1350 2223 
Rheinheſſen 1 3 3 2700 | 4250 | 5468.16 | 4747.19 2572 | 237% 
14 51 55 109.78 | 157.54 | 27911.15 | 23439.48 | 18184 | 11718 


Von den 27 911.15 Mk. in 1914 entfallen auf: 


Neukulturen 18 008.93 Mk. 
Nachbeſſerungen 9 902.22 „ 


Kulturfläche in ha | 


Geſamtkoſten im Jahre 


kaſſe gewährte 
1914 1915 


Von den 23 439.48 Mk. in 1915 entfallen auf; 
Neukulturen 15 807.78 Mk. 
Nadbefferungen . 7 631.70 „ 


Notizen. 


A. Günſtige Witterung für den Anbau von Winter- 
raps an] Eichenſchälwaldſchlägen. 


Von Profeffor Dr. Borgmann. 


Die gegenwärtige feuchte Witterung läßt es 
angezeigt erſcheinen, nachdem auf das bis vor kurzem herrſchende 
trockene Wetter ausgiebigere Regen fälle gefolgt ſind, nunmehr 
mit allen Kräften an die Ausſaat von Winterraps auf 
Eichenſchälwaldſchlägen heranzugehen. 

Die Ausſaat erfolgt nach vorheriger Bodenverwundung 
— unter Ausſchluß vergraſter oder naſſer Bodenſtellen — 
mit ſtarken eiſernen Rechen, erforderlichen Falls mit einem 
dreizinckigen Karſt, breitwürfig unter Verwendung von höchſtens 
8 Kilogramm Samen auf 1 Hektar. Die Ausſaat wird leicht 
eingekratzt. Die Koſten der Bodenbearbeitung ſtellen ſich bei 
dem einfachen, beſonders auch von Frauen und Kindern leicht 
zu bewerkſtelligenden Verfahren auf etwa nur 20—30 Mark, 
diejenigen des Saatgutes auf etwa 5 Mark, im Ganzen ſomit 
auf nicht mehr als 25-85, im Mittel 80 Mark für 1 Hektar. 


Dieſer Aufwendung eht unter Berückſichtigung der bes 
ſonderen Verhältniſſe des Waldbodens ein Ertrag von immerhin 
25 Zentner Körner, 40 Zentner Stroh und 8 Zentner Schoten 
gegenüber. Mithin kann der Anbau in Anſehung der geringen 
Koſten bei recht befriedigendem Eitrag als durchaus vorteil⸗ 
haft angeſehen werden. 

Der durch Humus in längerer Zeit angereicherte Wald⸗ 
“oben, in dem ſelbſt eine reichlichere, wenn nur lofe gelagerte 
Steinbeimengung dem Anbauerfolg nicht hin erlich ift, ift der 


Entwickelung der Rapsſaat, ohne daß es einer tiefergehenden 
Bodenlockerung oder Düngung bedarf, durchaus günftig. 


Es iſt bei der Auswahl der Anbauflächen darauf zu achten, 
daß mineralkräftige, etwas bindige Böden in milden Lagen 
ausgewählt werden, die zuvor einen gutwüchſigen und ge⸗ 
ſchloſſenen Eichenniederwaldbeſtand, beſonders anh einen folden 
von Edelkaſtanien getragen haben. Auf ſolchen Böden iſt der 
Nachteil der Unkcautentwickelung nach dem erft kurz zuvor im 
Vorſommer erfolgten Abtrieb des Schälholzes noch gering. 


Geeignete Standorte für den Rapsanbau dieſer Art finden 
fih in größerer Zahl in dem Eichenſchälwaldbeſitz des Staates, 
der Gemeinden und Privaten, beſonders in Süd» und Welle 
deutſchland (Altbayern, Pfalz, Baden, Heſſen, Elſaß⸗Lothringen 
und in den preußiſchen Bezirken Heſſen⸗Naſſaus, der Rhein 
probing und Weftfalens). 


Die heutige Eichenſchälwaldfläche dieſer Bezirke beträgt 
noch immerhin 250000 Hektar, von denen etwa 35 000 Hektar 
auf die diesjährigen Lohſchläge gerechnet werden können, fo daß 
bei entſprechendem Zugreifen des Staates, der Gemeinden und 
beſonders auch der Privaten im Klein⸗Walbbeſit 
eine beachtenswerte Fläche zum Anbau herangezogen werden 
könnte. Abgeſehen von dem nur geringen Riſtko des Anbaus, 
für den auf Antrag das Saatgut von dem Kriegsausſchuß 
für Oele und Fette in Berlin vorſchußweiſe fogar 
foftenfret geliefert werden kann, ift die Betreibung des Anbaus 
von größtem Intereſſe als wertvoller Beitrag zur Behebung 
der beſtehenden Oelknappheit. 


Aus der Staats⸗ 


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269 


Inſoweit der Anbau inzwiſchen noch nicht erfolgt fein 
ſollte, wird derſelbe nunmehr nach Kräſten zu beſchleunigen 


ft 


Das Saatgut kann, inſoweit nicht in den einzelnen Landes: 
teilen ſelbſt Vor äte verfügbar fein ſollten, durch alsbaldige 
„Aumeldung von dem genannten Kriegsausſchuß für Oele 
und Fette in Berlin zum Preiſe von 0,75 Mark für 1 
Kilogramm unter genauer Angabe der Poſt⸗ und Bahnſtation 
bezogen werden. 
Hinſichtlich der künftig dem Erzeuger zu Gutekom⸗ 
menden beſonderen Vergünſtigungen wird noch auf 


die Beſtim mungen der „Bekanntmachung über den Verkehr 


mit Oelfrüchten und daraus gewonnenen Produlten vom 15. 
Juli 1915˙ (Reichs⸗Geſetzbl. S. 488) und der „Bekanntmachung 
zur Aenderung derſelben vom 26. Juli 1916“ (Reichs⸗Geſetzbl. 
S. 585) hingewieſen. Hiernach dürfen von der Eente zur 


Herſtellung von Nahrungsmi eln in der Hauswirtſchaft des 


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Rieferungspflichtigen bis zu 30 Kilogramm einLeholt- ı werden; 
mzerdem werden dem Erzeuger auf je 100 Kilogramm ab: 
gelicferten Samen auf Antrag für den eigenen Bedarf] bis zu 
35 Kilogramm Oelkuchen zu Futterzwecken von der Bezugs⸗ 
vereinigung Deutſcher Landwirte überwieſen. 


Auf den in feder Beziehung vorteilhaften und aus valer: 
landiſchen Intereſſen in hohem Maße wünſchenswerten A n= 
bau von Winterrape auf Eichenſchälwaldſchlägen 
it ſeitens des „Kriegsernährungsamts“ durch ein an alle 
Bundes regierungen gerichtetes Schreiben vom 29. Juni 1916 
B. 934 bezw. vom 24. Juli 1916 B. 10386 hingewieſen worden. 


Auf die bezüglichen beiden Schreiben, zu denen von Seiten 
der betelligten Bundesregierungen und Elſaß⸗Lothringens die 
erforderlichen weiteren Bekanntmachungen und Anweiſungen 
agangen find, fei daher noch einmal beſonders hingewieſen. 
Dieſelben koͤnnen auf Wunſch auch direkt vom „Kriegsernährungs⸗ 
amt“ an Intereſſenten in Abſchrift mitgeteilt werden, inſoweit 
diefe ſich eingehender über die wirtſchaftliche rund organiſatoriſche 
Seite des Rapsanbaus auf Eichenſchälwaldſchlägen zu unter⸗ 
lichten wünſchen. (Mitteilungen aus dem Kriegs- Ernährungs 
amt Nr. 216). 


B. Auskuuftſtelle für Speiſepilze. 

Um die Bekanntſchaſt mit den in unſeren Wäldern fo 
aahlreichen Speifepilzen zu verallgemeinern, ift auch in dieſem 
Jahre in Königsberg i. Pr. eine ſtädtiſche Pilz⸗Beſtim⸗ 
mungsſtelle in Tätigkeit. Sie wird wiederum von Lehrer 
€ Gramberg verwaltet, deffen zweibändiger Pilzatlas 


| „Bile der Heimat“ (pro Bd. 5,40 Mk.) weite Verbreitung 


— — 


gefunden hat. Jeder Ausflügler der Stadt kann hier Pilze 
kostenlos beflimmen laſſen. Auch Auswärtige können Pilze 
mr Beſtimmung einſenden (Adreſſe: Städt. Pilz⸗Beſtimmungs⸗ 


delle in Königsberg i. Pr.), haben jedoch für jede Pilzart 


eine Gebühr von 50 Pf. beizulegen. Die Pilze find — ebenſo 
wie die zurückbehaltenen — zu numerieren. Die Beſtimmung 
Abt den deutſchen und wiſſenſchaftlihen Namen an und vere 
merkt, ob die Art eßbar, ungenießbar oder giſtig iſt. 

. Die Speisepilze, die an Nährwert mindeſtens den Gemiifes 
Ten gleichſtehen, werden leider in den breiten Volksſchichten 
= viel zu wenig beachtet. Da es in den heimiſchen Wäldern 
an wohlſchmeckende Pilzarten gibt, follte man doch end» 
a unſerer ernſten Zeit der Nahrungsmittelknappheit mit 
er rung dieſer fo wohlfeilen Lebensmittelquelle Ernft 


1916 


C. Ueber Pflanzeuſchutz. 


Während der Tierſchutz ſeit Jahrzehnten in faſt allen Kultur⸗ 
ländern durch Vereine in teils ausgezeichneter Weiſe organifiert 
iſt, ſieht ſich die Pflanze in dieſer Hinficht bis zur Stunde recht 
ſtiefmütterlich behandelt. Das Tier als geiſtig und körperlich 
weſentlich höher organtfiertes Weſen vermag aus dieſen Fähig⸗ 
keiten heraus lebhafter und eindringlicher zu unſerem Gemüt 
zu ſprechen und ſo wird jede Kundgebung des Tieres, ſtütze ſie 
ſich nun auf Hunger, Krankheit oder ſonſtiges Leiden, bei uns 
ein ſicheres Echo des Mitleids erwecken, das wohl immer zur 
Hilfe bereit iſt. Die Tierſchutzvereine haben in dieſem Sinne 
eine unendlich ſegensreiche Tätigkeit entwickelt und nicht genug 
damit: in vielen Staaten ſuchen Tierſchutzgeſetze dem leidenden 
Tier zu Hilfe zu kommen, wo ſich gelegentlich menſchliche Herz ⸗ 
loſigkeit breit macht. Unſere Jagdſchongeſetze fallen auch in 
dieſen Kreis des Tierſchutzes, obwohl dieſe nicht gerade einen 
idealen Tierſchutz verkörpern, ſich vielmehr zur Hauptaufgabe 
ſtellen, die einzelne Tierart mehr vor der Ausrottung zu ſchützen, 
die ſonſt bei zügelloſer freier Jagd nicht ausbleiben würde. 


Die Heimatſchutzbeſtrebungen unſerer Zeit haben nun auch 
dem Pflanzenſchutz ihre Aufmerkſamkeit geſchenkt, was anzuer⸗ 
kennen und hocherfreulich ift, doch iſt der [Pflanzenſchutz in 
dieſem Falf nur ein Teilglied, das dem großen Ganzen bald 
mehr oder weniger ſtark untergeork net tft. Unſere Feld⸗ und 
Forſtgeſetze kennen allerdings einen begrenzten Pflanzenſchutz, 
doch iſt von dem geſetzlichen und rechtlichen Beſtand eines ſolchen 
vielen ſo gut wie nichts bekannt und der Städter iſt in dieſem 
Fall faſt immer von einer ziemlichen Unkenntnis begleitet. In 
Parks und öffentlichen Gärten iſt der Pflanzenſchutz dem Be⸗ 
ſucher meiſt eine gutbekannte Sache und wo gelegentlich etwas 
Vergeßlichkeit obwalten ſollte, wird man durch einen unerwartet 
auftauchenden Aufſeher manchmal unangenehm an den beſtehen⸗ 
den Pflanzenſchutz erinnert, wenn man ſich unerlaubt Eingriffe 
in das Pflanzenreich geftattet hat. Ganz anders liegt die Sache 
im Wald und auf der Heide, hier fühlt man ſich frei und un⸗ 
gebunden und man empfindet die Pflanzenwelt ſchutzlos vor 
ſich liegen. Ein Freibeutertum greift Platz; man überfällt die 
wehrloſen, die ſtumm und lautlos ihr Leben laſſen, bündelt ſie 
formlos zu einem Bukett, ſchleppt fie eine Strecke des Weges. 
um dann plötzlich die welkgewordenen, abgeſtorbenen Blumen 
wle ein Nichts achtlos zu Boden zu werfen. So etwa gehen 
jährlich Millionen von Blumen zu Grunde, an deren Anblick 
ſich im anderen Fall noch Tauſende ſonſt erfreut hätten. So⸗ 
lange es fih um Pflanzen hand elt, die als typiſche Kinder der 
deutſchen Flora überall in ungezählten Mengen zu finden ſind, 
wird man ſich mit einem Vorgang, wle dem eben geſchilderten, 
noch abfinden können, obgleich auch hier ein Pflanzenſchutz voll 
am Platze wäre. Bedenklicher aber iſt, daß gerade ſeltene 
Pflanzen am eheſten dem Pflücken und ſo der Vernichtung zum 
Opfer fallen. Eine ſeltene Wald⸗ oder Wieſenblume, einmal 
erſpäht, hat ihr Leben ſicher verwirkt. Im Uebereifer des 
glücklichen Fundes wird dem ſeltenen Findling gedankenlos das 
Todesurteil geſprochen. Der Gedanke an Nachkommenſchaft 
ſcheidet in dieſem Augenblick völlig aus: die Zerſtörung triumphiert, 
im nächſten Augenblick wird das blühende Kind der Flora rauh 
von der Mutter Erde geriſſen, um kurze Zeit darauf den Weg 
des Vergeſſenen und Verlorenen zu gehen. Und ſo ſind wir 
dahin gekommen, daß viele Pflanzen der deutſchen Flora immer 
ſeltener werden und daß ihr Verſchwinden und Ausſterben nur 
noch eine Frage der Zeit iſt. 


Erfreulicherweiſe beginnt man dem Pflanzenſchutz in amt⸗ 
lichen Kreiſen mehr und mehr Aufmerkſamkeit zu ſchenken, wenn 


gleich es hier noch viel zu tun gibt und eine weſentlich ſtärkere 
36 


270 


Ausdehnung und Verbreitung des Pflanzenſchutzgedankens 
dringend zu wünſchen wäre. So hat die Stadt Wernigerode 
Eichen und Buchen von beſonderer Größe und Schönheit, ferner 
den Straußfarn und das Adonisröschen (Adonis vernalis) in 
den Stadtforſten unter beſonderen Schutz geſtellt. München 
brachte das Iſargelände bei Harlaching iu feinen Beſitz und 
erließ zu Gunſten der Alpenpflanzen, die dem Fluß bis zu den 
Stadttoren folgen, ein Verbot des Pflüdens und Botanifterens. 
Die Stadt Duisburg ſtellte den in ihrem Stadtwald zu einer 
großartigen Entwicklung gekommenen Adlerfarn unter Schutz, 
der von der Bevölkerung willig geübt wird. Die Stadt München 
hat fic) hinſichtlich des Pflanzenſchützes in ihren Maßnahmen 
als beſonders weitſchauend erwieſen; fo unterſagte fie in ihrer 
Marktordnung vom Jahre 1903 den Verkauf von wildwachſen⸗ 
den Pflanzen mit Wurzeln und Knollen auf dem Viktualien⸗ 
markte. Nürnberg und Regensburg haben Verbote von Frauen⸗ 
ſchuh (Cypripedilum calceolus) und anderer Orchideen erlaſſen. 
Auf dem Dutzendteich in Nürnberg wächſt eine ſeltene Seeroſen⸗ 
art, die ſeitens der Stadt einen beſonderen Schuß genießt. 
Die Stadt Hameln hat für das in ihrem Stadtforſt gedeihende 
große Schneeglöckchen (Leucoium vernum) ein beſonderes Suge 
gebot erlaſſen. Die ſtaatliche Naturdenkmalpflege, die ganz 
hervorragende Erfolge aufzuweiſen hat, von privater Seite in 
glücklicher Weiſe unterſtützt, nimmt fih des Pflanzenſchutzes in 
beſonderer Weiſe an. Die an den deutſchen Seeküſten vor⸗ 
nehmlich von Badegäſten hart bedrängte Stranddiſtel (Eryngium 
maritimum) hat ſtaatlichen Schutz gefunden, ſodaß von den 
beteiligten Regierungspräſidenten entſprechende Polizeiverord⸗ 
nungen erlaſſen wurden, welche das Ausreißen, Abſchneiden, Abs 
pflücken und Feilbieten der Stranddiſtel bis zu 150 Mk. Geld⸗ 
ſtrafe bedrohen. In den Badeorten der Küſte wird auf dieſe 
Verordnungen durch Anſchlag hingewieſen. In der Provinz 
Sachſen hat ſich die Stadt Artern gemeinſam mit der Domänen⸗ 
verwaltung entſchloſſen, eine mit ſeltenen, charakteriſtiſchen 
Pflanzen der Salzflora beſtandenes Gelände unter Schutz zu 
nehmen. Sehr wertvolle Dienſte leiſten dem Pflanzenſchutz die 
auf Veranlaſſung des preußiſchen Landwirtſchaftsminiſters 
herausgegebenen amtlichen „Forſtbotaniſchen Merkbücher“, welche 
die einzelnen Provinzen behandeln, wenngleich dieſe Merkbücher 
noch nicht von allen Provinzen vorliegen. Für Baden und 
Württemberg find ähnliche „Forſtbotaniſche Merkbücher“ ges 
ſchaffen worden. In Bayern, Oeſterreich und der Schweiz wur⸗ 
den die ſelteneren Alpenpflanzen vielfach unter Schutz geſtellt, 
beſondere Schutzmaßnahmen waren ſür das Edelweiß erforderlich, 
das als Handelsartikel der maſſenhaften Vernichtung ausgelegt 
war. Auf dem Brocken befindet ſich ein Schutzgarten, der die 
immer ſeltener werdenden Brodenpflanzen zu erhalten verſucht. 
Man erſieht, daß von amtlicher und auch privater Seite reich⸗ 
lich Anſätze zu einem Pflanzenſchutz vorhanden find, der aller— 
dings nicht als allgemeiner Pflanzenſchutz auftritt, ſondern mehr 
in Einzelfällen ſelten werdende Heimatspflanzen vor dem Aus⸗ 
ſterben zu retten ſucht. So erfreulich dieſer Sonderſchutz einzelner 
ausgewählter Pflanzen iſt, wäre doch künftig die Parole eines 
allgemeinen Pflanzenſchutzes wünſchenswert. Der großen Maſſe 
des Volkes muß, wie es beim Tierſchutz ſo ziemlich erreicht 
wurde, der Begriff Pflanzenſchutz geläufig werden und hier iſt 
die Schule der eigentlich: Nährboden, wo die Saat auszeſtreut 
werden muß. Auf den Wanderungen und Ausflügen der Jugend 
bietet ſich die beſte Gelegenheit, Pflanzenſchutz zu predigen und 
zur Tat werden zu laſſen. Für die Touriſtenvereine muß der 
Pflanzenſchutz gleichfalls zu einem Schlagwort werden, während 
die recht nützlichen Verſchönerungsvereine in Retfee und Bades 
orten durch die ihnen geſtellte Aufgabe von ſelbſt auf den 
Pflanzenſchutz kommen dürften. Vor allem ſollte es Regel 


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werden, Pflanzen nie mit der Wurzel auszureißen, fondem 
wenn botaniſche Zwecke verfolgt werden, möglichſt abzuſchneiden. 
Aehnlich folen Zweige von Sträuchern und Bäumen nie ab- 
gebrochen, ſondern ſtets nur abgeſchnitten werden, da felbt im 

letzeren Fall die Verletzung immer noch groß und ſchädigend 

genug th. Die Gründung beſonderer Pflanzenſchutzvereine drite 

zu erwägen fein, die von Botanikern geleitet ihren Arbeitskreis 

nicht nur anf den Schutz heimatlicher Pflanzen beſchränken 

brauchten, ſondern fih auch weitergehende Ziele ſtecken könnten 

Eine ſolche Aufgabe wäre die planmäßige Ausbreitung im Aus 

ſterben begriffener Heimatspflanzen und die Einführung und 

Anpflanzung fremder Wildpflanzen, die durch ihr ſchönes Aus⸗ 

ſehen als eine willkommene Bereicherung der heimatlichen Flora 

zu gelten hätten. In einer ins Leben zu rufenden Pflanzen⸗ 

ſchutzbewegung wäre dem Botaniker eine äußerſt dankbare Ani: 

gabe geſtellt, zu deren Erfüllung ſich ſicher viele bereit finden 

würden. Dr. P. Martell. 


t 


D. Maſſenüberwinterung von Schuepfen in deat 
ſchen Winterquartieren. Kaum eins der früheren Jahre 
hat einen fo deutlichen Beweis von der Revolutionierung 
der grundſätzlichen Gewohnheiten im Vogelreiche, 
die ich unter einem beſtimmten Schlagworte zuſammengefaßt 
habe („Wiederkehr tertlärzeitähnlichen Tierlebens“), gebracht 
wie dieſer Winter. Vielleicht niemals früher haben die Schnepſen 
fo zahlreich in Deutſchland den Winter überſtanden wie dies — 
mal. Es handelt ſich in erſter Linie um die gemeine Be 
kaſſine, Heerſchnepfe (Scolopax gallinago, Gallinag 
gallinago (L.), oder Gallinago coelestis). Wer z. B. in dieſen 
Winter 1015/16 den fchönen, etwa zwei Stunden langen Bey 
von Stettin nach Altdamm (am Dammſchen See) ging, bet 
konnte zu gewiſſen Tageszeiten, namentlich gegen Abend ver 
Dunkelwerden, alle 5 Minuten neben dem Straßenrand aus 
dem ſumpfigen Gelände eine Schnepfe mit lautem „zälſch“ 
aufſteigen, in zackigem Fluge vorwärts ſtreben und auf Beute 
ſuchen ausgehen ſehen. In den letzten Jahren iſt ja durch 
zahlreiche Beobachtungen feſtgeſtellt worden, daß diele unferer 
Zugvögel, die ſonſt regelmäßig im Herbſt nach dem Sida 
ziehen und im Frühjahre zurückkehren, die weite Reiſe nicht 
mehr antreten, ſondern in der Heimat bleiben, wo ſte ſich 
ſchlecht und recht durch den Winter zu ſchlagen ſuchen. Wit 
haben feſtgeſtellt, wodurch dieſe merkwürdige Erichelmung — 
hervorgerufen wurde: In erſter Linie durch die überwiegend 
milden Winter, die in einer Reihe von Jahren aufeinander 
folgten. Die Vogel ließen ſich durch das milde Wettet des 
Spätherbſtes zu längerem Aufenthalt verleiten, und als der 
Winter mit Froſt und Schnee nicht eintraf, blieben fle eben 
ganz hier. Daß der Eintritt häufiger und dauernd milde 
Winter nicht eine Laune der Natur ift, ſondern auf grund : 
ſtürzenden telluriſchen Veränderungen beruht, habe ich früher 
ſchon an anderer Stelle angeführt, iſt übrigens auch aus den 
einſchlägigen Werken zu erſehen (z. B. Neumayr, „Erde im 
Weltraum“). Es iſt nicht richtig, wenn behauptet wird, dieſe 
Veränderung in der Lebensweife fei am auffälligſten und hån: 
figſten bei dem Lieblingswild des deutschen Jägers, der Wal 
ſchnepfe, beobachtet worden; eventuell träfe es für dieſe viel⸗ 
leicht zu in England, wo ein engliſcher Herzog ſtarkes Ueber⸗ 
wintern namentlich von jungen Waldſchnepfen (Scolopax rusti- 
cola) feftgeftellt hat; aber in Deutſchland ift es unſtreitig die 
gemeine Sumpfſchnepfe, die viel zahlreicher über 
wintert als die Waldſchnepfe, was ſich auch ſchon aus ihrem 
überhaupt viel zahlreicheren Auftreten ergibt. Im ganzen 
Vogelsberg beifpielsweife ſahen wir viele Jahre hindurch nicht 


3 


271 


ine Wald ſchnepfe, während in jedem feuchten Wieſengrunde 
dutzende von Pärchen der gemeinen Sumpfſchnepfe lagen. Die 
Schnepfen, ſowohl die Wald» wie die Sumpfſchnepfe, waren 
kibe anz geſprochene Zugvögel. Jetzt it das Ueberwintern 
ta Schnepfenreich gang und gäbe, taft zur Regel geworden 
du leberwinterung nimmt immer mehr zu. Selbſt in ſtrengen, 
Warreihen Wintern werden an paſſenden Oertlichkeiten immer 
ach tinige Langſchnäbel getroffen. Lieblingsorte für die Walde 
kapis find moorige, lichte Wälder, für die Sumpſſchnepfen 
heumfreieß Gelände, ſumpfige Niederungen, Teiche, Tümpel, 
Fußläuſchen. Ueberall da, wo der Untergrund aus gewaltigen 
Tortmaflen beſteht, die fortwährend in Zerſetzung und Um: 
deng begriffen find, wird eine Wärme erzeugt, welche 
werizdert, daß die Torfſchichten leicht gefrieren, und hier ift 
tr ein Inſekten⸗ und Wurmleben vorhanden, ſodaß für 
be Nahrung der Schnepfen geforgt ift. Wieviel Würmer, im 
Sehen Deutſchlands „Tieratze“ genannt, ſelbſt im Januar 
®) Februar fidh dicht unter der Oberfläche des Bodens bes 
faxn, das fab ich, als fi im Januar 1916 in einer großen 
kuſchen Stadt (Stettin) der Zirkus Krone für einige Wochen 
nederließ; auf dem von ihm benutzten Gelände ſtrebten aus 
len lockeren Erdreich nach allen Seiten viele „ſchöne“, vers 
Nunsmäßig junge Würmer in zart roſenroter Farbe fort. 
Sind die von den Schnepfen⸗Wintergäſten ausgewählten Ges 
dar, die Tümpel und Waſſergräben, nun noch mit dichten 
Tororpolſtern, Wollgräſern und Heidekraut durchſetzt, dann 
t en Dorado für die Langſchnäbel geſchaffen, wo fie immer 
bureidend Nahrung finden, um ihren Hunger zu ſtillen. Wird 
dlenſals die Kälte mal fo ſtark, daß ſelbſt dieje Gebiete zu 
Gi erſtarren, dann wiſſen die klugen Vögel immer noch hier 
wd da eine warme Quelle, an der fie wenigſtens für kurze 
dat ihr Leden friſten können, bis wieder weicheres Wetter 
tritt, ja kommen auch an die Miſthaufen der Dörfer. Cre 
ſchrungsgemäß dauern ja dieſe Perioden ſtrengſter Kälte nicht 
se: zu lange; ift dies ausnahmsweiſe aber doch einmal der 
dal, fo tritt noch lange nicht ein, was ein Herr St. in „Für 
fle Welt“ glaubt annehmen zu dürfen: daß es dann ben 
Amen Schnepfen ſehr ſchlimm geht und fie elend zugrunde 
gxn müſſen; nein: mit ihrem ſehr fördernden Fluge bringen 
fe ih rechtzeitig in Sicherheit, machen einen mitunter recht 
eägebehnten Abſtecher nach Süden, aber nur für kurze Zeit. 
Dieſer Fall ſehr harter Kälte tritt aber nur ſelten ein, meiſtens 
bumen die Schnepfen ganz gut durch den Winter, und es 
behagt ihnen in den ftillen, ruhigen deutſchen Winterquartieren. 
Jo babe diefe ganz eigentümliche avifauniſtiſche Erſcheinung, 
| be von einem höheren Geſichtspunkt gemeſſen den Charakter 
cnet bloßen Natur merkwürdigkeit verliert, auf Grund anderer 
Belege ausführlich behandelt in einem früheren Qrgroang ber 
‘abreshefte der Oberheſſiſchen Geſellſchaft für Naturkunde. 
die Mitteilung über die Zeichnung und dadurch erfolgte Feit 
felling des Ueberwinterns jüngerer Waldſchnepfen in Eng⸗ 
land (eilens eines britiſchen Herzogs) findet fih in Schillings 
„Nit Blitzlicht und Büchſe“. !) Im Vogelsberg umſchwärmen 
+ 8, überwinternde Sumpfſchnepfen allabendlich die Miſt⸗ 
buten der „Daumenmühle“ bei Friſchborn (Kreis Lauterbach). 
Die Revolutlonierung ber grundſätzlichen Gewohnheiten im 
Öogelreiche zeigt ſich u. a. auch in der Beſiedelung höher Lies 
sender Gedirgepartieen durch Ebene⸗Vögel und in der harat 
a Nordwärtsverſchiebung der Brutgebiete faſt ſämt⸗ 
iber mitteleuropälſcher Vogelarten. Schuster. 


i Der engliſche Herzog erhielt die Anregung zu feinem 
th durch meine Theſe einer „Wiederkehr tertlärzeitähn⸗ 
ichen Tlerleb ens“. 


E. Aufruf zum Sammeln von Bucheckern für die 
Gewinnung von Del. “) 
Von Profeſſor Dr. Borgmann, forſttechniſcher Referent im 
Kriegsernährung damt. 

In den meiſten Gebieten Süd⸗ und Weſtdeutſch⸗ 
lands liegt in dieſem Jahre eine vielerorts günſtige 
Bucheckernmaſt vor. 

Im Hinblick auf die Seltenheit von Buchen⸗ 
maſtjahren kann dieſe Tatſache bei der beſtehen⸗ 
den Knappheit an Oelen und Fetten als ein be⸗ 
ſonders glücklicher Umſtand bezeichnet werden, 
dem voll Rechnung zu tragen nicht unterlaſſen 
werden darf. 

Das Kriegsernährungsamt hat ſich daher die Or⸗ 
ganiſation der diesjährigen Bucheckernernte beſonders angelegen 
ſein laſſen. 

Nachdem inzwiſchen durch Bundesratsverordnung 
vom 14. September 1916 (Reichs⸗Geſetzbl. S. 1027) die 
allgemeinen Anordnungen für das Einſammeln und die Ver⸗ 
arbeitung der Bucheckern zu Oel erlaſſen worden find, ergeht 
an alle Kreiſe der Bevölkerung die Aufforderung, 
die Landesbehörden in der Durchführung der 
beſonderen Maßnahmen für die Sicherſtellung 
der Ernte zu unterſtützen, insbeſondere ſich an 
dem Ein ſammeln der Bucheckern während der 
Monate Oktober und November ausgiebig zu 
beteiligen. 

Zur Einbringung der Ernte, ſowohl im eigenen 
Betriebe der Staats-, Gemeinde und Privatforſten, als auch 
durch die beſonderen Organiſationen für Lebens mittelverſorgung 
ſowie durch das private Unternehmen werden zahlreiche 
Arbeitskräfte aller Art benötigt. Neben einem guten 
Sammellohn wird nach § 1 Abſatz 2, Nr. 3 der Verord⸗ 


— — — 


*) Zu der hier beſprochenen Frage hat die Großh. 
Heſſiſche Minifterial Abteilung für Forſt⸗ und Kas 
meralverwaltung durch Ausſchreiben vom 21. Septbr. das 
außer den Großh. Oberförſtereien auch den größeren Privat⸗ 
Forſtverwaltungen zugegangen ift, Stellung genommen. Darin 
wird ausgeführt, daß im Domanialwalde das Sammeln 
der Bucheckern grundſätzlich freizugeben iſt, aber nach einem 
alsbald aufzuſtellenden Plane erfolgen ſoll, wobei auf die Lage 
der Forſtorte zu den Ortſchaften Rückſicht genommen wird und 
diejenigen Stellen, wo wie an vielbefahrenen Wegen uſw. die 
Bucheln der Beſchädigung durch Fuhrwerke und Tiere ausge⸗ 
ſetzt ſind, zunächſt geöffnet werden. Bei Sprengmaſt wird Be⸗ 
zeichnung der reichlich mit Bucheckern behangenen einzelnen 
Bäume mit Kalkſtrichen oder Ringen im Innern der Beſtände 
empfohlen. Daneben kann auch im Eigenbetrieb der Forſtverwal⸗ 
tung die Ernte durch Anprellen folder Stämme, die keinen 
Nutzholzwert beſitzen, erleichtert werden; wobei ſchwere, mit 
Lappen umwickelte Hämmer verwendet und Tücher auf dem 
Boden ausgebreitet werden. 

Bei Kommunalwaldungen ſollen die Großh. Ober 
förſtereien im Einvernehmen mit den Ortsbehörden ebenfalls 
die erforderlichen Anordnungen treffen und ſich hinſichtlich der 
Privatwaldungen mit den Eigentümern ins Benehmen 
ſetzen. 

Schweine⸗Eintrieb ſoll in der Regel erſt nach Be⸗ 
endigung des Einſammlns geſtattet werden. 

Wegen Einrichtung der Sammelſtellen, Mitwirkung der 
Schulkinder und Jugendwehren, Erwirkung ſchulfreier Tage 
uſw. fol mit den Kreisämtern Vereinbarung getroffen were 
den. D. Red 

86 


nung jedermann, ber Bucheckern abliefert, bie beſondere 


Vergünſtigung zu Teil, zur Herſtellung von Oel für die 
eigene Wirtſchaft / der geſammelten Bucheckern bis 
zum Betrage von 25 kg für den einzelnen Hausſtand 
einzubehalten. Er kann die hiernach einbehaltenen Bucheckern 
gegen einen von der Ortsbehörde feines Wohnorls auszuſtellen⸗ 
den Ausweis von einer Oelmühle verarbeiten laſſen. Je nach 
der Güte und Reinheit der Bucheckern ergibt die genannte 
Menge von 25 kg eine Ausbeute von 4—5 kg Oel, das ſich 
jeder, der Bucheckern zu ſammeln in der Lage iſt, gegen eine 
mäßige an die Oelmühle zu zahlende Vergütung vorweg bes 
ſchaffen kann. Die gleiche Vergünſtigung genießen auch die Forſt⸗ 
eigentümer, wenn fie ſich das Einſammeln der Bucheckern angele 
gen ſein laſſen, und ihre bei der Sammlung beteiligten Beamten. 

Eine weitere Vergünſtigung betrifft nach § 8 der Verord⸗ 

nung die geſamte Bevölkerung derjenigen Gebiete, 
in denen Bucheckern geſammelt und abgeliefert werden. 
ſelbe beſteht darin, daß den Landeszentralbehörden auf je 
100 kg abgelieferte Bucheckern bis zu 4 kg Oel und bis 
zu 20 kg Oelkuchen oder Meble, dte ein wertvolles Kraft⸗ 
futter find, als Vorausleiſtung ohne Anrechnung auf 
die weitere Verteilung von Oel bezw. Oelkuchen oder Mehlen 
zugewieſen werden. 
— Je größere Mengen von Bucheckern ſomit in einem Lande 
geſammelt und abgeliefert werden, um fo günſtiger ftellt 
ſich für dasſelbe die allgemeine Zuteilung von 
Del bezw. Oelkuchen oder Mehlen. 

Die genannte Vergünſtigung umfaßt nicht weniger als 
etwa ½ des gewonnenen Oels und etwa , der entſallenden 
Oelkuchen bezw. Meble. 

Eine weſentliche Steigerung der Bucheckernernte ift ferners 
hin zu erwarten, wenn ſich in allen denjenigen Gebieten, in 
denen Bucheckern gewachſen find, auch die Schulen an dem 
Sammeln beteiligen, ins beſondere den Kindern das Sammeln 
nicht nur geftaltet wird, ſondern diefe bei Zubilligung 
eines angemeſſenen Sammellohı8 unter Leitung 
der Lehrer oder ſonſtiger geeigneter Perſonen entſprechend or⸗ 
ganiſiert, geführt und zum Sammeln der Bucheckern angehal⸗ 
ten werden. Um die erwünſchte wertvolle Beteiligung der 
Jugend an der Einbringung der Ernte für die Oelverſorgung 
ſo erfolgreich als möglich zu geſtalten, wird allen Schulbe⸗ 
hörden nahegelegt, eine tage⸗ oder wochenweiſe Freigabe des 
Unterrichts zu dieſem Zwecke, zumal bei günſtiger Witte⸗ 
rung beſonders im Laufe des Monats Oktober in Ausſicht 
nehmen zu wollen. 

Es ergeht ferner die Aufforderung an alle Forſteigen⸗ 
tümer, inſoweit ſie nicht ſelbſt bereit oder in der Lage ſind, 
die bei ihnen anfallenden Bucheckern zu ſammeln, der Be⸗ 
völkerung das Sammeln von Bucheckern in ihren 
Forſten zu geſtatten und durch Zuweiſung ergie⸗ 
biger Erntegebiete im vaterländiſchen Intereſſe 
behilflich zu fein, insbeſondere auch zu geſtatten, daß die 
Sammler die zum Sammeln, Reinigen und Wegſchaffen der 
Bucheckern notwendigen Einrichtungen treffen können. 

Hinſichtlich des Erntevollzugs ſei noch auf das von dem 
„Kriegsausſchuß für Oele und Fette“ in Berlin NW. 7 heraus⸗ 
gegebene Merkblattzum Sammeln und Aufbewahren 
von Bucheckern für die Oelgewinnung hingewieſen. 

Die Reifezeit der Bucheckern fällt im allgemeinen in den 
Anfang bezw. die Mitte des Monats Oktober. Die tauben 
Eckern fallen zuerſt, die beſten zuletzt. 


Die⸗ 


Für das Sammeln find möglihft Tage mit trockener 
Witterung zu wählen. Das Sammeln ſelbſt kann geſchehen 


1. durch Aufleſen mit der Hand, 2. durch Zu ſammen 


kehren, 3. durch Abklopfen und Abſchütteln der 
Eckern auf untergebreitete Tücher oder den zuvor klargerechten 
Boden, inſoweit dieſer eine Laubdecke trägt. 

Bei Aufleſen mit der Hand erübrigt ſich ein weiteres 
Reinigen der Bucheckern. In allen andern Fällen müſſen dieje 
durch Werfen oder auch mit Hilfe von Sieben von beigemiſchtem 
Laub, Holzteilen, Erde uſw. zunächſt befreit und nötigenfalls 
noch nach oberflächlicher Trocknung in Windfegemühlen und 
dergleichen gereinigt werden. 

Bis zur Ablieferung an die von dem „Kriegsausſchuß für 
Oele und Fette“ beſtimmten Stellen, insbeſondere die Raat- 
lichen und kommunalen Abnahme⸗ und Lagerſtellen, ſowie die 
ſonſtigen in den einzelnen Staaten beſtehenden, mit der Bers 
arbeitung der Bucheckern betrauten beſonderen Organiſationen 
müſſen die Bucheckerntrocken und kühl aufbewahrt 
werden. Dieſelben werden am beſten auf luftigen Speicher 
böden, Tennen oder dergleichen etwa 20 bis 30 cm hoch fed 
ausgebreitet und nach Bedarf des öfteren umgeſtochen, W fe 
lufttrocken find. 

Bezüglich der Aufbewahrung im Freien in dachartig über 
deckten Gräben oder nach zuvoriger guter Abtrocknung in Mio 
ten enthält das von dem genannten Kriegsausſchuß heraut 
gegebene Merkblatt die näheren Vorſchriften. 


Von großer Bedeutung für eine raſche und fidere Ein 
bringung der Ernte ift die Einrichtung möglichſt zahl⸗ 
reicher, kleinerer und größerer Sammelſtellen in 
und am Walde — Forſtämter, Marktflecken, Dorfgemin 
den, Güter, Höfe — und ergeht daher nach dieſer Richtung, 
insbeſondere an alle ländlichen Lefiker die Aufforderung, alle 
verfügbaren Räume den Behörden, den mit dem Sammeln 
der Bucheckern betrauten beſonderen Organiſationen oder ſon⸗ 
ſtigen Unternehmern entgeltlich oder auch unentgeltlich zur Bers 
fügung ſtellen zu wollen. 


Wenn alle helfen, jeder an feinem Teil mit: 
arbeitet, und beſonders fleißig geſammelt wird, 
darf auf ein immerhin beachtenswertes Ernte⸗ 
ergebnis gerechnet werden. 


Unfaſſen doch die Buchenaltholzbeſtände Süd- und Bef 
Deutſchlands, in denen in dieſem Jahre eine Maſt gewachſen 
ift, mehr als 200000 ha. Wird angenommen, daß es vielleicht 
gelingt, nur die Hälfte dieſer Fläche, mithin 100 000 ha, mit 
einem mittleren Ertrag von 10 Zentner Bucheckern abzuſam⸗ 


l 
meln, fo würde bei einer Ausbeute von 10 Litern auf 1 Zem⸗ 


ner ein Ertrag von im ganzen 10 Millionen Litern Oel er 
faßt werden können. 


Inwieweit dieſe Menge eingebracht werden kann, wird 
abgeſehen von der Güte der Ernte und der Gunſt der Bitte 
rung von einem ſtarken Zugreifen oller beteiligten 
Behörden in der Durchführung der örtlichen Mab 
nahmen und einer lebhaften Beteiligung weiter 
Kreiſe der Bevölkerung abhängen. 

Möchte es gelingen, die feltene Gelegenheit einer Bucheckern⸗ 
maſt, die dem deutſchen Volke von einer gütigen Vorſehung 
in der Zeit der Not beſchert wurde, in einmütigem Zuſammen⸗ 
wirken von Regierung und Volk fo auszunutzen, daß bie fo 
dringende Verſorgung mit Oelen und Fetten eine ſtarke Hilfe 
in dem „Oel aus dem Walde“ zu finden vermag! 


Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Lerſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer, 
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländer Verlag 
Verleger: J. D. Sauerlönder in Frankfurt a. M. — G. Ottos Hofßbuchdruckerei in Darmſtadt. 


22 eR R⸗õõ EEE TI A emp 


— — . f NINN IN IN N E I SLASA Na 


Allgemeine 


| Fort- und Jagd Jritun 


Herausgegeben 


Geh. Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft 


an der Univerſität Gießen 


| 

| 
p 
| Dr. Karl Wimmenauer, und Dr. heinrich Weber, 
\ | 

| 

| 


Zweiundneunzigſter Jahrgang. 


— m 


1916. November. 


Scankfurt am Main. 
J. D. Sauerlänber’ 8 Verlag. 


—— NN NT NA NENA NE NN nt eal N * D . vmuü Den Lu Du ,,. 


| 


un Die Allgemeine Forh- und Jagd⸗Zeilung erſcheint regelmäßig jeden Monat und : 
wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗ 3 


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Waldwertrechnungn.forstl. Statik, 


Ein behr- und Handbuch 


DON 


Weiland Profellor Dr. Bermann Stoeger, 
Großh. Sächl. Oberlandforitmeifter und Direktor der Forftakademie zu Eiſenach. 


Durchgeiehen pon Prof. Dr. Bans Bausrath, Karlsruhe. 
Fünfte Auflage. 
Groß-Oktav, VII und 252 Seiten. 
Preis: broich. Mk. 5.—, gebunden Mk. 5.80. 


Das Ericheinen der fünften Auflage legt am beiten Zeugnis ab von der allleillgen An- 
erkennung, die das Werk durch die Penn und klare Dariiellung des Stoffes und durch 


feine mehr popularilierende und auf Dervorhebung der praktiichen Gelichtspunkte abzielende 
Richtung in Fachkreiſen gefunden hat. 

Dieſe neue Auflage, deren Durchſicht auf ausdrücklichen Wunich des verliorbenen Ver- 
fallers Derr Prof. Dr. Bausrath in Karlsruhe bereitwilligit übernommen hat, hat wieder 
einige Ergänzungen erfahren, foweit ſolche durch die neueren Ericheinungen auf den bezüg- 


lichen Gebieten bedingt wurden. 


Stankfurta.M. J. D. Sauerländer's Verlag. 


Allgemeine 


forh- und Jagd-Jeitung. 


November 1916. 


Bie FJorſtwirlſchafts⸗Philoſophie der 
Gegenwart. | 


Eine Darlegung und Würdigung des neueſten Verſuches 


tur „Grundlegung, Syſtematik und Methodik“ uuſerer 
Wiſſenſchaft 
von Heinrich Weber, Großh. Heil. Forſtaſſeſſor. 


Einleitung. 

Die Entwicklung der Einzelwiſſenſchaften vollzieht 
ſich in unſerer Zeit in einem raſenden Tempo, und 
neue Erkenntniſſe ſprudeln wie ein Wunder in unge⸗ 
ahnter Fülle hervor. Das Prinzip der Arbeitsteilung 
hat ſich auch hier bewährt, und innerhalb der Spezial⸗ 
wiſſenſchaften haben ſich wieder viele Sonderabteilungen 


herausgebildet. Der Spezial⸗Forſcher, der etwas leiſten 


will, tut gut, ſich auf ein engbegrenztes Gebiet zu 


beſchränken. 


So vorteilhaft dieſe Spezialiſierung und Arbeits⸗ 
teilung für die Entwicklung der Wiſſenſchaften auch iſt, 


‚ fie hat auch einen großen Nachteil mit fic) gebracht. 
»Sie hat den Blick für das Ganze der Einzelwiſſenſchaft, 


für die Form und Geſamtkonſtruktion derſelben be- 
ſchränkt. 

Das gilt auch für unſere Wiſſenſchaft. Auch bei 
uns hat die mächtige Stoffanhäufung und die Spe- 
zialiſierung eine faſt allgemeine Intereſſeloſigkeit für 


ßforſtwirtſchaftsphiloſophiſche, d. h. grundlegende, fyfte- 


mathiſche und methodologiſche Fragen zur Folge gehabt. 
Man merkte garnicht, daß die alte Form, die man 
als ein Dogma verehrte, für die Menge des neuen 


Erkenntnisſtoffes ſchon längſt zu enge geworden war 
und erkannte nicht, daß es not tue, eine neue zu prä⸗ 


gen. Man fragte überhaupt nicht mehr nach dem 
Wie, nach der zeitgemäßen Kompoſition des überhand⸗ 
nehmenden Stoffes und der philoſophiſchen Grund⸗ 
legung derſelben. . 
Da fam Einer, der den Weg von unferer Wiffen- 


l 
| ſchaft zur Philoſophie, die ja die Einheit alles Wiſſens 


| iſt, wiederfand und fo der ganz in Vergeſſenheit ge: 


| gratenen 


„Forſtwirtſchafts⸗Philoſophie“ ein Wieder: 


erwecker wurde: Herr Regierungsdirektor Dr. Lorenz 


Yappes. Er hat im Jahre 1909 eine kleine Schrift 
1916 


mit dem Titel: „Studien über die Grundbegriffe und die 
Syſtematik der Forſtwiſſenſchaft“ veröffentlicht, in der er 
die fraglichen Probleme von Grund auf zu löſen ver: 
ſucht. Vier Jahre ſpäter hat er eine etwas veränderte 
Darſtellung feiner Ideen als einleitende Abhandlung; 
„Grundlegung, Gliederung und Methode der Forſt⸗ 
wiſſenſchaft“ im „Lorey'ſchen Handbuch der Forſtwiſſen⸗ 
ſchaft“ (3. Aufl., hrsg. von Dr. C. Wagner, 1. Bd., 
Tübingen 1913) erſcheinen laſſen. 

Von ſeinen Gedanken über das Weſen unſrer 
Wiſſenſchaft ſoll im Folgenden die Rede ſein. Dieſe 
Abhandlung will ein Weg ſein zur Förderung und Weiter⸗ 
verbreitung forſtwirtſchafts⸗philoſophiſcher Wahrheiten 
— das will ſie ſein, auch wenn ſie Kritik übt. Ich 
bin mit Widenmann der Anſicht, daß der Kritiker, ſobald 
er „blos die Sache erörtert“ „die Wahrheit ohne Schminke 
ſagen kann“, und glaube der guten Sache nur nützen 
zu können, wenn ich meine Anſicht frank und frei 
bekenne. 


I. Die Wappes' ſche Grundlegung der Forſtwiſſenſchaft. 

Die Grundlegung einer Wiſſenſchaft kann auf rein⸗ 
logiſchem und hiſtoriſchem Wege angenommen werden. 
Die Grundlegung, wie ſie Wappes von unſrer Wiſſen⸗ 
ſchaft gibt, ift rein logiſch. Er legt erſt dar, was 
ſeiner Anſicht nach Wiſſenſchaft im Allgemeinen 
bedeutet, fixiert dann den Gegenſtand unſrer 
Wiſſenſchaft und baut auf dieſer Grundlage ſchließ⸗ 
lich ſeine Definition der Forſtwiſſenſchaft auf. 


1. Was iſt nach Wappes Wiſſenſchaft im 
Allgemeinen? 

Bei feiner Begriffsbeſtimmung der „Wiſſenſchaft 

im Allgemeinen“ ſtützt ſich Wappes auf den bekannten 

Leipziger Philoſophen und Pſychologen Wundt. Ein 


Verſtändnis und eine gerechte Beurteilung ſeiner De⸗ 


finition iſt ohne eine Kennknis der fraglichen Anſichten 
Wundts ſchlechthin unmöglich. Deshalb ſoll hier zuerſt 
eine kurze Darſtellung und kritiſche Würdigung der in 
Betracht kommenden Ideen Wundts gegeben werden. 

Wundt ift weder reiner Idealiſt, noch reiner 
Realiſt, er ſucht vielmehr zwiſchen Realismus und 
Idealismus eine vermittelnde Stellung einzunehmen. 

37 


274 


In feinen erkenntnistheoretiſchen Anſichten ſtimmt 
er ganz mit dem ſog. „Kritiſchen Realismus“ über⸗ 
ein. (Das Folgende im Anſchluß an Meſſer: 
„Geſchichte der Philoſophie vom Beginn des 19. Jahrh. 
bis zur Gegenwart“. Leipzig 1913. S. 148 fl.) 
Der philoſophiſche Laie, der an ſeinem Erkenntnisver⸗ 
mögen noch keine Kritik übt, der naive Realiſt, 
wie man ihn mit dem philoſophiſch⸗techniſchen Ausdrucke 
zu nennen pflegt, glaubt, er vermöge die Dinge ſo 
zu erkennen, wie ſie in Wirklichkeit ſind. Anders der 
Idealiſt im Sinne Kants, der fog. transſcendentale 
Idealiſt. Ihm wird der rohe Stoff, wie ihn die Sinne 
liefern, erſt durch die Verſtandskräfte zur gültigen ob⸗ 
jeftiven Erfahrung umgeformt. Die Sinneseindrücke 
allein machen für ihn das Erkennen noch nicht aus. 
Er glaubt erſt zu einer Erkenntnis zu gelangen ver⸗ 
mittelſt der Begriffe, durch ſie exiſtieren erſt Gegen⸗ 
ftände für ihn, und ohne fie ift feiner Anſicht nach 
eine Erkenntnis nicht möglich. | 

Zwiſchen beiden, dem Realiften und dem Idealiſten 
ſucht, wie geſagt, Wundt zu vermitteln. Er geht 
nicht von dem Gegenſatz zwiſchen Subjekt und Objekt, 
Vorſtellung und Gegenſtand, ſondern von der nicht 
differenzierten Einheit beider aus. Das wahre Objekt 
ſelbſt ergibt ſich nach ſeiner Anſicht aus der Wahr⸗ 
nehmung, ſobald man alle die Eigenſchaften abzieht, 
die ſich durch Vergleichung der objektiven Erfahrungen 
als ſubjektiv erweiſen. Dieſe Uebernahme von einzel- 
nen Merkmalen des Wahrgenommenen auf die ſub⸗ 
jektive Seite geht jedoch nie ſo weit, daß das „Vor⸗ 
ſtellungsobjekt“ ganz und gar in eine rein ſubjektive 
Vorſtellung aufgelöſt würde. (Das iſt der Standpunkt 
des fog. ſubjektiven Idealismus). Die Exiſtenz 
einer vom Subjekt unabhängigen Wirklichkeit kann nach 
der Anſicht Wundts ſelbſt niemals zu den ſubjektiven 
Elementen gehören, denn ſie iſt ja die Vorausſetzung, 
welche erſt die das „Vorſtellungsobjekt“ korrigierenden 
Unterſcheidungen zwiſchen ſubjektiven und objektiven 


Formale Wiſſenſchaften 
(Reine Mathematik) 


Naturwiſſenſchaften 


Reale Wiſſenſchaften 


Geiſteswiſſenſchaften 


Elementen möglich macht. Die Geſamtheit der urſprüng⸗ 
lichen, undifferenzierten Erkenntnisinhalte oder „die 
jeder Einwirkung der Denkfunktionen vorausgehende Er⸗ 
fahrung“ nennt Wundt „unmittelbare Erfahrung”. 
Ihr gegenüber ſteht nach ihm die „mittelbare Er⸗ 
ſahrung“, d. i. diejenige, „die durch die Wirkſamkeit 
der Denkfunktionen, namentlich durch die mittels dieſer 
gewonnenen Begriffsbildungen irgendwie verändert iſt.“ 
Schon die unmittelbaren Erfahrungsobjekte zerfallen 
in ſolche, die auf Erfahrungsobjekte („Vorſtellungs⸗ 
objekte“) und in ſolche, die auf das erfahrende Subjekt 
ſelbſt („Gefühls⸗ und Willenstätigkeiten“) bezogen 
werden. Dann werden auch die Gedächtnis⸗ und 
Phantaſievorſtellungen und alle qualitativen Be⸗ 
ſtimmungen der „Wahrnehmungsobjekte“ ins Subjekt 
verlegt. Das, was als reales Objekt übrig bleibt, if 
in keiner Anſchauung gegeben und kann deshalb nur 
Gegenſtand begrifflicher Erkenntnis ſein. Somit hal 
ſich der Gegenſatz von Vorſtellung und Gegenſtand zu 
dem Gegenſatz des anſchaulich und des begrifflich Er⸗ 
kannten umgeſtaltet. Anſchaulich ift die Erkennt⸗ 
nisart der Pſycholo gie, die die unmittelbare Er: 
fahrung in ihrer Einheit von Fühlen, Wollen und 
Vorſtellungsobjekt zum Gegenſtand hat. Begrifflich 
dagegen iſt die Erkenntnisart der Naturwiſſenſchaft, 
die unterſucht, „wie die Objekte ohne Rückſicht 
auf das Subjekt beſchaffen find. Demnach laßt ſich 
auch der naturwiſſenſchaftliche Standpunkt 
aoa als der Standpunkt der mittelbaren 
Erfahrung, der pſychologiſche .. . . als derjenige 
der unmittelbaren Erfahrung bezeichnen.“ 


Alle Wiſſenſchaften, die „dem bloßen Erkenntnis⸗ 
bedürfnis dienen“, nennt Wundt die „reinen“ Wiſſen⸗ 
ſchaften. Für die Klaſſifizierung dieſer „reinen“ 
Wiſſenſchaften ſchlägt er in ſeiner „Einleitung in die 
Philoſophie“ 5. Aufl., Leipzig 1909, S. 76 folgendes 
Schema vor: 


Phänomenologiſche (Phyſik, Chemie, Phyſiologie) 


Genetiſche (Kosmologie, Geologie, Entwicklungsgeſchichte 
der Organismen) . - 


Syſtematiſche (Mineralogie, Syſtematiſche Botanik und 
Zoologie uſw.) 


Phänomenologiſche (Pſychologie) 
Genetiſche (Geſchichte) 


Syſtematiſche (Syſt. Rechtswiſſenſchaft, Nationalökomie uſw. 


275 


Er zerfällt alfo, wie man fieht, die „reinen“ 
Wiſſenſchaften wieder in die formalen und die realen 
Wiſſenſchaften. Dadurch, daß er dieſe wieder durch 
den Gegenſatz unmittelbar⸗mittelbar trennt, ſchlägt er 
„auf einfachſte Weile die Brücke zwiſchen Pſychologie 
und Geiſteswiſſenſchaften“. „Handelt es ſich in der un⸗ 
mittelbaren Erfahrung“ (ſo ſagt Dr. Liſa Friederich⸗ 
Bauſch in ihrer Schrift: „Wundts pſpchologiſche 
Grundlegung der Geiſteswiſſenſchaften“. Freiburg i. 
Br. 1913) „nicht um die anſchauliche Erlebniskonkretheit, 
von der alle empiriſchen Wiſſenſchaften ausgehen, ſon⸗ 
dern ift dieſe unmittelbare Erfahrung von der Piy: 
chologie allein beſchlagnahmt, ſo daß es außerhalb 
ihrer nur noch Abſtraktion von Unmittelbarkeit und 
Anfhaulidfeit: Naturwiſſenſchaft gibt, fo bleibt aler- 
dings kein anderer Weg offen, als der, die Geiſtes⸗ 
wiſſenſchaften zu Anwendungen der Piychologie zu 
machen. Wundt ſieht denn auch tatſächlich hierin 
den einzigen Weg, ſie überhaupt als Wiſſenſchaften zu 
retten, und vollzieht konſequent die Scheidung aller 
Erfahrungswiſſenſchaften in Naturwiſſenſchaften und 
Pſychologie, für die ſich inſofern die Zweiheit, Natur⸗ 
wiſſenſchaften und Geiſteswiſſenſchaften einſetzen läßt, 


als die Pſychologie allgemeinſte Geiſteswiſſenſchaft ge- 


nannt werden mag“. In Wahrheit aber ſtellt Wundt 
den Gegenſtand der Naturwiſſenſchaft dem Material 
der Pſychologie entgegen und ſetzt auf dieſe Weiſe 
„beide Wiſſenſchaften in völlig verſchiedenen Ebenen 
an“. „So gewinnen denn die Begriffe unmittelbar⸗ 
mittelbar? allerdings einen Schein der Berechtigung, 
aber nur ſolange, als nicht eingeſehen ift, daß dieſer 
Gegenſatz nur den von Material und wiſſenſchaftlichem 
Gegenſtand, nicht den zweier Wiſſenſchaften bezeichnen 
kann“. 

Wie in ſeiner Erkenntnistheorie, ſo ſucht Wundt 
auch in ſeiner Ethik zwiſchen Empirismus und (Kan⸗ 
tiſchem) Apriorismus den Vermittler zu ſpielen. Die 
fitllichen Anſchauungen find nach ihm geſetzmäßige 
Erzeugniſſe der univerſellen geiſtigen Entwicklung; 
werwoll ſind nur die objektiven geiſtigen Schöpfungen, 
an denen zwar das Einzelbewußtſein Teil nimmt, 
deren Zweckobjekt aber nicht der einzelne ſelbſt, ſondern 
der allgemeine Geiſt der Menſchheit iſt.“ 

(Siehe bei Meſſer a. a. O. S. 153, ferner in 
deſſen „Einführung in die Erkenntnistheorie“ Leipzig 
b. J. S. 138 ff.) 

Werte können jedoch, wie Meſſer mit Recht hier⸗ 
gegen einwendet, ihren Wertcharakter doch nur haben 
durch die Beziehung auf bewertende Subjekte. „Eine 
Beſtimmung der Lebenswerte aber, bei der den Sub⸗ 
jekten ſozuſagen kein Platz eingeräumt wird, bleibt 
darum unbefriedigend.“ 

Wundt ordnet die menſchliche Freiheit einer pſy⸗ 


Willens⸗ 


chiſchen Kauſalitat unter. Darum kann er auch die 
oder Gemeinſchafts⸗Wiſſen⸗ 
ſchaften, welche ein ausſchließliches Produkt der 
menſchlichen Freiheit, der menſchlichen Normſetzung ſein 
wollen, nicht anerkennen. 

Er ſpricht zwar auch von „normativen Wiſſen⸗ 
ſchaften“ (ſiehe ſeine „Logik“ 2. Aufl. 1. Bd. S. 1), 
die im Gegenſatz zu den „theoretiſchen“ Wiſſenſchaften 
nicht feſtſtellen wollen, was iſt, ſondern was ſein ſoll, 
und bezeichnet z. B. die Logik und die Ethik als ſolche. 
Die Norm iſt aber nach ſeiner Anſicht kein Erzeugnis 
des wertenden, ideale Zwecke frei ſetzenden Individuums, 
ſondern als ein Produkt geſetzmäßiger Entwicklung 
aus der beſchaulichen Betrachtung abzuleiten. Die 
„normativen“ Wiſſenſchaften ſind ihm nicht „Willens⸗“, 
ſondern „Sollens⸗Wiſſenſchaften“. | 

Wundt erkennt zwar die „normativen“ Willen: 
ſchaften nicht als vollberechtigte, „reine“ Wiſſenſchaften 
an, läßt fie aber dennoch als „Wiſſenſchaften“ gelten 
und ſpricht nirgends davon, daß ſie kein Recht zum 
Tragen dieſes Titels hätten. Nach ihm enthält jede 
„normative“ Wiſſenſchaft eine „reine“ Wiſſenſchaft, 
aus der die „Norm“ erſt abgeleitet wird. So bildet 
nach ihm z. B. die Individualpſychologie die Grund⸗ 
lage der Logik, die Völkerpſychologie die der Ethik. 
Logik und Ethik ſelber aber haben als wiſſenſchaftliches 
Ganzes genommen in dem Wundt'ſchen Klaſſifikations⸗ 
ſchema der reinen Wiſſenſchaften — ein Geſamtſchema 
der reinen und normativen Wiſſenſchaften hat Wundt 
aus begreiflichen Gründen nicht aufgeſtellt — keinen 
Platz. Dieſes dient ja, wie wir geſehen haben, nur 
zur Klaſſifizierung der theoretiſchen Wiſſenſchaften und 
kann alſo nur den „rein wiſſenſchaftlichen“ Teil der 
normativen Wiſſenſchaften enthalten. Jede „norma⸗ 
tive“ Wiſſenſchaft aber hat nach Wundt „einen halb 
wiſſenſchaftlichen (d. h. alſo „rein wiſſenſchaftlichen“), 
halb techniſchen (d. h. normativen) Charakter“ (f. 
a. a. O. 2. Bd. S. 533). 

Im Gegenſatz zu dieſer Anfiht Wundts muß je⸗ 
doch betont werden, daß in jeder praktiſchen Wiſſen⸗ 
ſchaft der rein wiſſenſchaftliche und der normative Teil 
zu einer organiſch verbundenen höheren Einheit zu⸗ 
ſammenſchmelzen und ſich gegenſeitig durchdringen. 
Denn alle theoretiſchen Unterſuchungen werden ja im⸗ 
mer nur im Hinblick auf die aus ihren Ergebniſſen 
zu konſtruierende Norm vorgenommen. 

Die Darlegung der Wundt'ſchen Ideen bildet die 
notwendige Grundlage der nun folgenden Kritik der 
Wappes'ſchen Definition der Wiſſenſchaft im allge: 
meinen. Ohne ſie wären wir über ein fruchtloſes 
Räſonnement nicht hinaus gekommen. 

Es iſt ſehr zu bedauern, daß es Wappes nicht 
immer gelingen will, die richtigen Konſequenzen aus 

37% 


276 


den Anſchauungen feines philiſophiſchen Gewährs⸗ 
mannes zu ziehen. 

Das zeigt fih ſchon in feiner ſtrikten Verwerfung aller 
praktiſchen, d. h. normativen Wiſſenſchaften. Solche 
Wiſſenſchaften gibt es nach ſeiner Anſicht überhaupt nicht 
und kann es für ihn auch nicht geben, denn er ver⸗ 
langt von einer „jeden Wiſſenſchaft“, daß ſie „Selbſt⸗ 
zweck“ ſein ſoll. (Siehe ſeine Abh. „Grundlegung, 
Gliederung und Methode der Forſtwiſſenſchaft“ S. 3.) 
Er glaubt ſich hiermit in vollem Einklange mit Wundt 
zu befinden. Aus unſeren Ausführungen auf S. 275 
geht jedoch hervor, daß dem nicht ganz ſo iſt. Wundt 
ſtellt dieſe Forderung des Selbſtzweckes mit Recht nur 
für die theoretiſchen Wiſſenſchaften auf. Er erkennt zwar 
nur dieſe als eigentliche oder „reine Wiſſenſchaften“ 
an, geht aber nicht ſo weit, den normativen Wiſſen⸗ 
ſchaften den Anſpruch auf den Titel „Wiſſenſchaft“ 
gänzlich ſtreitig zu machen. Sie find für ihn zwar 
keine reinen Wiſſenſchaften, aber doch noch Wiſſen⸗ 
ſchaften. 

Die Wappes ſche Weſensbeſtimmung der Wiſſen⸗ 
ſchaft im allgemeinen ſteht ganz unter dem Zeichen 
dieſes eigenartigen Mißverſtändniſſes. 

„Wiſſenſchaft entſteht“, nach ihm dann, „wenn 
Erſcheinungen realer oder idealer Natur nach 
ihrem kauſalen Zuſammenhang erforſcht und 
begrifflich erfaßt werden.“ Der Begriff der 
„Wiſſenſchaſt“, der aus dieſer Entſtehungserklärung 
derſelben reſultiert, iſt m. E. zu eng gefaßt. Er hat 
keinen Raum für die Norm: oder Sollenswiſſenſchaften, 
die es auch verdienen als Wiſſenſchaften bezeichnet zu 
werden. 

Seine Anſicht über das Weſen der Wiſſenſchaft im 
allgemeinen legt Wappes noch näher in folgenden drei 
Theſen dar: 

„Nicht die Gegenſtände an und für fiğ”, 
jo führt er a. a. O. auf S. 4 im 8 3 aus, „können 
Ausgangspunkte einer wiſſenſchaftlichen Aus- 
ſcheidung oder Gliederung ſein, ſondern die 
Begriffe, zu deren Bildung ſie Anlaß geben. 

Ein und derſelbe Gegenſtand kann deshalb 
Objekt mehrerer Wiſſenſchaften werden je nach 
dem Geſichtspunkt, von dem er betrachtet wird. 

Jede Wiſſenſchaft charakteriſiert ſich einer— 
ſeits durch ihr Objekt, andrerſeits durch den 
Geſichtspunkt, von dem aus ſie ihr Objekt be⸗ 
grifflich erfaßt“. 

Begrifflich iſt nach Wundt nur die Erkenntnisart 
der Naturwiſſenſchaft, während die der Pſychologie und 
der Geiſteswiſſenſchaften anſchaulich iſt. In dem erſten 
Satze aber ſpricht Wappes, der ſich in einer Anmer⸗ 
kung zu dem 2. der zitierten Sätze ausdrücklich auf 
Wundt bezieht, alle Erkenntnis, alſo auch die der 


Geiſteswiſſenſchaften als eine begriffliche an. So {efx 


man ihm auch hierin beiſtimmen muß — oben wurde 
ja gezeigt, daß ſich die Wundt'ſche Grundlegung der 
Geiſteswiſſenſchaften u. E. auf falſchen Prämiſſen auf: 
baut — mit den Wundt'ſchen Anſichten, denen fid 
Wappes hier eng anzuſchließen glaubt, iſt dieſe Auf- 
faſſung nicht zu vereinbaren. Ebenfalls nicht im Sinne 
Wundts iſt die Behauptung, daß deshalb, weil die 
Wiſſenſchaft nicht von den Gegenſtänden, ſondern den 
Begriffen ausgehe, ein und derſelbe Gegenſtand Ob⸗ 
jekt mehrerer Wiſſenſchaften werden könne. An der 
von Wappes hierzu angezogenen Stelle (, Logik“ 3. 
Aufl. Stuttgart 1906 3. Bd. S. 12) ſagt Wundt, 
nachdem er ausgeführt hat, daß der Unterſchied zwiſchen 
Natur⸗ und Geiſteswiſſenſchaften nicht in den Objekten, 
ſondern nur in den Geſichtspunkten ihrer Betrachtung 
liegen könne, Folgendes: „Suchen wir uns nun wi 
dem Geſichtspunkte aus, daß die urſprüngliche Unter: 
ſcheidung von Erfahrungsgebieten in der Unterſcheidung 
gewiſſer Klaſſen von Vorgängen ihren Grund haben 
muß, über die Sonderung der einzelnen Wiſſenſchaften 
Rechenſchaft zu geben, ſo erſcheint es vollkommen be⸗ 
greiflich, daß ein und dasſelbe Objekt Geger 
fand ganz verſchiedener (h Wiſſenſchaften fein 
kann“. Hiermit will er fagen, daß ein Objelt jt 
nachdem es begrifflich oder anſch aul ich erfaßt 
wird, ſowohl Gegenſtand der Naturwiſſenſchaften als 
auch zu gleicher Zeit der Geiſteswiſſenſchaften ſein kann. 
Die Schlußtheſe der Wappes'ſchen Weſensbe⸗ 
ſtimmung der Wiffenfdaft lautet: „Jede Wiſſen⸗ 
ſchaft charakteriſiert ſich einerfeits 
durch ihr Objekt, andererſeits durch den 
Geſichtspunkt, von dem aus fie ihr Ob: 
jekt begrifflich erfaßt“. Unter dem „Objekt“ 
einer Wiſſenſchaft verſteht man aber die Gedanken⸗ 
klammer, welche alle Einzelbegriffe und -Urteile einer 
Wiſſenſchaft zu der großen Einheit zuſammenfaßt. So 
ift z. B. — wie wir ſpäter ſehen werden — das Ob: 
jekt der Forſtwiſſenſchaft die ideale Form der Forſt⸗ 
wirtſchaft. Zu ihr werden alle Urteile der Forf 
wiſſenſchaft in Beziehung geſetzt. Jede Wiſſenſchaſt 
hat ihr beſtimmtes, ausſchließlich ihr angehörendes 
Objekt und wird durch es vollſtändig beſtimmt; der 
Geſichtspunkt aber, von dem aus fie ihr Objekt be⸗ 
trachtet — dieſes Objekt it ſchon ein Oberbegriff, 
braucht alſo nicht mehr begrifflich erfaßt zu werden — 
ſteckt ſchon in dem Begriff desſelben, d. h. eben in 
dem Objekt ſelber darin und iſt unlöslich mit dieſem 
verbunden. Jede wiſſenſchaftliche Beſtimmung von 
Einzeldaten aber iſt „die Einreihung von mannigfal⸗ 
tigem Stoffe in eine einheitliche Auffaſſung nach gleich 
mäßiger Methode. Es ſteckt alfo in jeder gegen’ 
ſtändlich feſtgeſtellten Tatſache der beſondere be 


— ¶ + 


| 


277 


fimmte Stoff und die allgemein bedingende Art des 
Verfahrens notwendig und untrennbar verbunden 
darin“. (Siehe Stammler „Wirtſchaft und Recht“. 
2. Aufl. Leipzig 1906, S. 11.) 


2. Was bezeichnet Wappes als Gegenſtand der 
zu Grund zu legenden Wiſſenſchaft. 


Wappes verfällt nicht in den Fehler, von dem 
„spothetiichen Bilde: „Forſt⸗Wiſſenſchaft“ auszu⸗ 
gehen. Er nimmt vielmehr zum Ausgangspunkt ſeiner 
Unterſuchungen ganz richtig den Ausdruck: „Forſt⸗ 
pirtſchafts-Wiſſenſchaft“. Mit großem Nachdruck 
betont er, daß nicht der „Forſt“ oder der „Wald“, 
ſondern die „Forſtwirtſchaft“ das Objekt der fälſch⸗ 
lch, Forſtwiſſenſchaft“ genannten Wiſſenſchaft darſtellt. 
hoffentlich ift es ihm gelungen, die irrtümliche Anficht, 
daß der Wald das Objekt unſerer Wiſſenſchaft ſei, 
damit endlich einmal mit Stumpf und Stiel auszu⸗ 
totten. Daß ſich dieſer Aberglaube bis auf unſere 
Tage ſo feſt einwurzeln konnte, iſt eine traurige Folge 
der bei uns weit verbreiteten Intereſſeloſigkeit für die 
Literatur unſerer Wiſſenſchaft. Hundeshagen bes 
hauptet zwar noch in feiner „Enzyklopädie“ der Forſt⸗ 
wiſſenſchaft, daß die Forſte allein den eigentlichen 
Gegenſtand der Forſtwiſſenſchaft oder der Wiſſenſchaft 
von den Wäldern ausmachten. Aber ſchon im Jahre 
1826 hat Wi den mann eine kleine Schrift „Ueber 
ben Zweck und Begriff der Forſtwiſſenſchaft“ (Tübingen 
1826) veröffentlicht, in der er eine „formelle Begrün⸗ 
dung“ der. Forſtwiſſenſchaft zu liefern verſuchte und 
als deren Objekt klipp und klar die „Forſtwirtſchaft“ 
begeichnete. Hiernach konnte dem einſichtigen, in der 
Literatur feiner Wiſſenſchaft bewanderten, Forſtmann 
ein Zweifel über den Gegenſtand ſeiner Wiſſenſchaft 
nicht mehr auffommen. Man muß indeſſen berück⸗ 
fidtigen, daß die Schriften Widenmanns unverdienter 
Beije von der großen Mehrzahl garnicht beachtet 
wurden, während das Syſtem Hundeshagens bis in 
unsere Tage hinein als ein Dogma verehrt wurde. 
Mit feinen Vorzügen hat dieſes auch feine Fehler ver- 
erbt. Und ſo iſt es denn kein Wunder, daß man noch 
heute von Vielen hören muß, der Gegenſtand unſerer 
Wiſſenſchaft fei der Wald. Ja einer der bedeutendſten 
dach⸗Hundeshagenſchen⸗Syſtematiker unſerer Wiſſen⸗ 
daft, Kraft, ſchreibt noch im Jahre 1868 in feiner 
Abh. Zur Syſtematik der Forſtwiſſenſchaft“ („Kritiſche 
Blätter für Forſt⸗ und Jagdwiſſenſchaft“ 51. Bd., 
Leipzig 1868, S. 177 ff.): „Objekt der Forſtwiſſenſchaft 
find die Wälder, d. h. geſellige Vereine folder Holz: 
gewächſe, welche einen Gegenſtand der Forſtkultur zu 
bilden pflegen“. Was Johann Gottlieb Beckmann 
don der Jägerei ſagt, das gilt leider auch heute noch 
ift für die Forſtwiſſenſchaft: „Denn fo ift es bei der 


Jägerei in gar vielen Stücken gebräuchlich, daß einer 
von dem anderen etwas höret, und wie er es höret, 
weiter fort ſaget; unterſucht man die Sache etwas 
genauer, ſo befindet ſich dieſelbe ganz anders, als man 
bisher geglaubt hat“. Wappes vermutet nicht mit 
Unrecht, „daß auch heute noch in dieſem Punkte nicht 
überall völlige Klarheit herrſcht“, und wir müſſen ihm 
Dank dafür wiſſen, daß er ſo energiſch für die richtige 
Anſicht eintritt. 

Was verſteht aber Wappes unter „Forſtwirtſchaft“? 
Den ſcheinbaren Oberbegriff „Wirtſchaft“ oder „wirt⸗ 
ſchaftlich“ erläutert Wappes nicht beſonders. Er begnügt 
ſich vielmehr damit, die Definitionen ſeiner beiden dies⸗ 
bezüglichen Gewährsmänner Wundt und Marshall 
zu zitieren. „Wirtſchaftlich“ it nach Wundt der 
„Inbegriff derjenigen geſellſchaftlichen Erſcheinungen, 
welche in der durch vorſorgliche Arbeit zu erreichenden 
Befriedigung der Lebensbedürfniſſe ihre Quelle haben“. 
Marshall definiert; „Die politiſche Oekonomie oder 
Wirtſchaftslehre betrachtet „Die Tätigkeit des Einzelnen 
und der Geſellſchaft, ſoweit ſie ſich auf die Gewinnung 
und den Verbrauch der Mittel zum materiellen Wohl⸗ 
befinden erſtreckt“. 

Die „Forſtwirtſchaft“ ſieht Wappes als einen 
Teil der „Volkswirtſchaft“ an. Die Forſtwirtſchaft 
kann aber nur dann als ein Teil der Volkswirtſchaft 
betrachtet werden, wenn man unter dieſer die Summation 
aller Privatwirtſchaften verſteht. Im allgemeinen 
faßt man indeß die Volkswirtſchaft als die wechſelſei⸗ 
tige Verkettung aller Privatwirtſchaften auf und aus 
dieſem Grunde dürfte die Bezeichnung der Forſtwirt⸗ 
ſchaft als eines Teiles der Volkswirtſchaft nicht wohl 
zu rechtfertigen ſein. Unter „Forſtwirtſchaft“, als dem 
Objekt der Forſtwiſſenſchaft, verſteht Wappes nur „die 
auf den Wald ſich beziehende wirtſchaſtliche Tätigkeit einer 
Perſon“, alſo ausſchließlich die Tätigkeit des privaten 
Wirtſchafters. Die vom Staate zur Förderung der priva⸗ 
ten Forſtwirtſchaft ausgeübte Tätigkeit rechnet alſo Wap⸗ 
pes nicht zum Gegenſtand der Forſtwiſſenſchaft. Da⸗ 
mit erkennt er aber auch die ſogenannte „Forſtpolitik“, 
als die Wiſſenſchaft von dieſer Tatigkeit des Staates, 
nicht als einen inhärenten Teil der eigentlichen Forſt⸗ 
wiſſenſchaft an. Denn ſie hat ja eine Tätigkeit des 
Staates zum Gegenſtande und gehört deshalb, ſo 
ſchließt Wappes, zum Kreis der Staatswiſſenſchaften. 
Der Gedanke, daß die Forſtpolitik nicht in das Syſtem 
der Forſtwiſſenfchaft hineingehöre, it nicht neu und 
ſchon ſehr früh in unſerer Literatur ausgeſprochen 
worden. Schon im Jahre 1811 ſchreibt Freſenius 
in feinen „Abhandlungen über forſt⸗ und ſtaatswiſſen⸗ 
ſchaftliche Gegenſtände“, Frankfurt a. M., einem Büchlein, 
in dem er mit beredten Worten für die Gründung 
einer heſſiſchen Forſtſchule in Darmſtadt eintritt, Fol- 


278 


gendes: „Der Verfaſſer kann ſich nicht überzeugen, daß 
der beſondere Zweig der Staatswirtſchaft, welcher 
das Forſtweſen betrifft, Gegenſtand der Forſtwiſſen⸗ 
ſchaft ſei, und er fühlt ſich daher ebenſowenig verſucht, 
die bisher häufig ſogenannte höhere Forſtwiſſen⸗ 
ſchaft für etwas anderes, als ein Gemenge der eigent⸗ 
lichen Forſtwiſſenſchaft mit Grundſätzen der Staats 
wirtſchaft, zu halten, als er die Mitglieder derjenigen 
Sektion des Staatsrates, welcher die oberſte Direktion 
des Forſtweſens anvertraut ift, höhere Forſtbe⸗ 
diente nennen möchte.“ Im allgemeinen hat man 
indeß der Zuſtellung der „Staatsforſtwirtſchaftslehre“ 
in das Gefüge unſerer Wiſſenſchaft, wie ſie, durch 
Burgsdorf und Walther gefordert, Hundeshagen 
zum erſten Male in ſeiner Enzyklopädie in praxi 
durchgeführt hat, bis in unſere Tage hinein volle An⸗ 
erkennung gezollt. Eine geiſtvolle theoretiſche Begrün⸗ 
dung dieſer Auffaſſung hat Widenmann geliefert. 
Er faßt allerdings auch den Begriff der Forſtwirt⸗ 
ſchaft als des Gegenſtandes unſerer Wiſſenſchaft viel 
weiter und verſteht darunter „den Inbegriff der An⸗ 
ſtalten und Einrichtungen, durch welche auf die mög⸗ 
lichſt vorteilhafte Weiſe aus den Waldungen der unſeren 
Zwecken und Bedürfniſſen entſprechende Ertrag an 
nutzbaren Gegenſtänden derſelben erzeugt und gewonnen 
wird, die gegebenen Waldungen ſelbſt aber möglichſt 
erhalten werden.“ Dieſer weiten Faſſung des Begriffes 
der Forſtwirtſchaft entſpricht auch ſeine verhältnismäßig 
weite Abſteckung der Grenzen der Forſtwiſſenſchaft. 
Ueber dieſe ſagt Widenmann: „Namentlich iſt von 
vielen Schriftſtellern das, was eigentlich bloß Forſt⸗ 
wirtſchaftslehre iſt, Forſtwiſſenſchaft genannt worden. 
In dieſer kann aber das Gewerbe der nachhaltigen 
Erzeugung und Gewinnung der nutzbaren Gegenſtände 
der Waldungen nicht bloß in ſeiner privatwirtſchaft⸗ 
lichen Bedeutung aufgefaßt werden, ſondern es muß 
in derſelben auch nach feiner Beziehung zur Volls⸗ 
und Staats⸗Wirtſchaft dargeſtellt werden.“ Er faßt 
alſo den Begriff der Forſtwirtſchaft und damit auch 
den der Forſtwiſſenſchaft weiter als Freſenius und 
Wappes und will als Gegenſtand dieſer neben der 
Tätigkeit des privaten Wirtſchafters auch noch die dies⸗ 
bezügliche Tätigkeit des Staates geltend machen. Merk⸗ 
würdige Ironie der Geſchichte! Gerade die Disziplin, 
durch deren Miteinbeziehung für Widenmann erſt die 
wahre Forſtwiſſenſchaft erſtand, iſt uns heute im 
Rahmen unſerer Wiſſenſchaft ein Stein des Anſtoßes. 

Es iſt auch in der Tat nicht zu denken möglich, 
wie aus einer gemeinſamen Behandlung zweier ganz 
verſchiedenartiger Gegenſtände eine einheitliche Wiſſen⸗ 
ſchaft reſultieren ſollte. Die Forſtwiſſenſchaft muß aus 
einem einheitlichen Grundgedanken heraus entwickelt 
werden, und deshalb muß dieſer Dualismus aus 


privat: und ſtaatswirtſchaftlicher Tätigfeit auseinander: 
gebrochen werden. Es ift ein Gebot der Gegenwart, 
daß wir uns endgültig von dieſer zwieſpältigen Au}: 
faſſung losreißen. Wappes zählt die „Forſtpolitik'“ 
wie wir ſahen, zu den Staatswiſſenſchaften. Richtiger 
iſt aber ohne Zweifel, ſie als ein Zwiſchengebiet, als 
einen Berührungsſtreifen zwiſchen Forſtwiſſenſchaft und 
Staatswiſſenſchaft aufzufaſſen. Der Ausbau der „Forſt⸗ 
politik“ bleibt deshalb doch in erſter Linie eine Auf: 
gabe der „Forſtwiſſenſchaftler“. 

Analog der „klaſſiſche Schule“ der Nationalökono⸗ 
mie, die den von dem ganzen übrigen menſchlichen Bred: 


zuſammenhang losgelöften, rein ökonomiſch beſtimmten | 


Menſchen, den ſogenannten „homo oeconomieus“ zum 
idealen Gegenſtand ihrer Forſchung machte, will Bap: 
pes den ſogenannten „homo foresticus (gleichſam als 
Art der Gattung oeconomicus)“ der Forſtwiſſenſchaſt 
als Studienobjekt zu Grunde legen. „Das Erkennt: 


nisobjekt der Forſtwiſſenſchaft, jo führt er aus „wird 
dadurch gewonnen, daß die auf den Wald ſich be⸗ 


ziehende wirtſchaftliche Tätigkeit einer Perſon 
einer isolierenden Betrachtung unterzogen wird Ez 
wird alſo, wie bei der Nationalokonomie der homo 
oeconomicus, der homo foresticus . . . konſtruiert“. 

Die Unzulänglichkeit der einſeitigen Forſchungs⸗ 
methode der ſogenannten klaſſiſchen Schule hat man 
in der Nationalökonomie ſchon ſeit langem erkannt. 
Noch viel einſeitiger, abſtrakter und konſtruierter aber 
als der homo oeconomicus der klaſſiſchen Schule der 
Volkswirtſchaftslehre iſt der ſognannte homo foresticus 
von Wappes. Wie die Volkswirtſchaftslehre nur durch 
ein Studium der konkreten menſchlichen Zwedzujammen: 
hänge zu wertvollen Ergebniſſen gelangen kann, fo ift 
eine wiſſenſchaftliche Behandlung der Forſtwirtſchaft 
„nur in Beachtung und folgerichtiger Verwertung det 


— 


— 


jeweils maßgeblichen konkreten Rechtseinrichtungen und | 
der dadurch beſtimmt geregelten Sozialökonomie mög: 


lich“. Dieſe kultürlichen Grundlagen bilden neben den 
naturwiſſenſchaftlichen und den kunſtwiſſenſchaftlichen 
Grundlagen das einzige Erkenntnisobjekt der gorit: 
wiſſenſchaft. Die ſozialwirtſchaftlichen Prinzipien be: 
dingen die Forſtwirtſchaft genau fo gut und fo fart, 
wie die naturgeſetzlichen. Eine Forſtwirtſchaft losge⸗ 


=. a k6Luæ y = 


löſt von der ſozialen Geſellſchaft ift ein Ding der Un | 


möglichkeit, eine leere Abftrafion. Was ſollen wir 
uns alſo mit der Konſtruktion eines ſolchen lebens⸗ 
unfähigen Baues beſchäftigen? Die Forſtwirtſchaft 
darf keinesfalls als iſolierte Einzelwirtſchaft angeſehen 
werden. Das Exkenntnisobjekt der Forſtwiſſenſchaft if 
nicht der „homo foresticus“, dieſes abſtrakte Gebilde, 
das nicht die geringſte Exiſtenzfähigkeit befit, fondem 
die mannigfaltigen Beziehungen der Forſtwirtſchaft di 
den bedingenden Faktoren der Natur, des Rechts und 


279 


der ſozialen Wirtſchaft bilden den Ausgangspunkt der 
Forſtwiſſenſchaft. Zu den oben zitierten Worten von 
Wappes ift fernerhin noch zu bemerken, daß die forſt⸗ 
wirtſchaftliche Tätigkeit mit nichten diejenige wirtſchaft⸗ 
liche Tätigkeit iſt, die ſich auf den Wald bezieht. 
Die forſtwirtſchaftliche Tätigkeit charakteriſiert ſich viel⸗ 
mehr — wie bald ausgeführt werden ſoll — durch 
ihren Bezug auf die forſtwirtſchaftlichen Güter. Zu 
dem Wald ſteht ſie nur zu einem Teile und zwar in 
indirekter Beziehung. 

„Forſtwirtſchaft entſteht“, fo jagt Wappes, 
„wenn die in der Vegetationsform „Wald“ vorhandenen 
natürlichen Kräfte und Stoffe Gegenſtand wirtſchaft⸗ 
licher Tätigkeit werden“. Gegen dieſen Satz ift Fol- 
gendes einzuwenden. Natürliche Kräfte können wohl 
Gegen ſtand wirtſchaftlicher Tätigkeit fein wie z. B. 
die Elektrizität, die man erzeugen und rentabel ver⸗ 
werten kann. Die Forſtwirtſchaft wirtfchaftet jedoch 
nur mit Stoffen, die als Gegenſtand der Privat: 
wirtſchaft „Güter“ ſind. Dieſe Güter bilden den Ge⸗ 
genſtand der Forſtwirtſchaft, nicht aber der Wald, wie 
Wappes meint. Der Forſtwirt erzeugt ſie und ver⸗ 
wertet fie rentabel, d. h. er wirtſchaftet mit ihnen oder 
ſie find der Gegenſtand ſeiner Privatwirtſchaft. Mit 
natürlichen Kräften aber wirtſchaftet er nicht. Er be- 
nutzt dieſe nur zu einem Teile ſeiner wirtſchaftlichen 
Tätigkeit, nämlich der Produktion; bei dem ebenſo 
nichtigen Teile der wirtſchaftlichen Tätigkeit, der Ber- 
wertung, ſpielen dieſe aber nicht die mindeſte Rolle mehr. 
Sie find nur ein Mittel zum Zweck der Produktion, 
die aber ihrerſeits wieder nur einen Teil der forſtwirt⸗ 
ſchaftlichen Tätigkeit ausmacht. In ſeinen „Studien 
über die Grundbegriffe und die Syſtematik der Forſt⸗ 
wiſſenſchaft“ (Berlin 1909) beſchäftigt ſich Wappes 
mit dieſem Gegenſtand ausführlicher. Dort ſagt er 
auf S. 21: „Je: nachdem der Wald als Kapital oder 
als Produktionsmittel benutzt wird, iſt er verſchiedenen 
Arten wirtſchaftlichen Lebens zuzuteilen. Forſtwirt⸗ 
ſchaft iſt jene menſchliche Tätigkeit zu nennen, welche 
den Wald als Produktionsmittel benutzt“ und 
dazu in einer Anmerkung: „diefe Unterſcheidung zwiſchen 
der Benutzung des Waldes als Kapital und als Pro: 
duktionsmittel muß erfolgen, weil ſonſt in die Definition 


der Handel mit Waldgütern auch eingeſchloſſen 


würde, was doch zweifellos nicht als Forſtwirt— 
ſchaft zu betrachten iſt, da beim Handel der 
Wald nur als Kapital behandelt wird“. 

Zu derartigen Schlußfolgerungen wird Wappes 
verleitet durch die Annahme, der „Wald“ ſei als Ge⸗ 
genſtand der Forſtwirtſchaft zu betrachten. Der Wald 
kann aber unmöglich Gegenſtand der Forſtwirt⸗ 
ſchaft ſein. Dieſe iſt eine ſogenannte „Produktions⸗ 
wirtſchaft i. w. S.“ 


Die arbeitsteilige Wirtſchaft der Gegenwart wird 
in erſter Linie durch das Vorhandenſein des allgemeinen 
Tauſchmittels, des Geldes, ermöglicht. In der Geld⸗ 
wirtſchaft richtet ſich die Tätigkeit des Wirtſchaftenden 
„vorzugsweiſe oder ausſchließlich auf den Erwerb von 
Geld im Austauſch gegen ſeine eigenen Produkte oder 
Leiſtungen und das in Geld dargeſtellte Einkommen 
dient zur Anſchaffung der für die Konſumption be⸗ 
ſtimmten Güter“. So entſtehen auch reine Produk⸗ 
tions⸗ oder allgemeiner ausgedrückt, Erwerbs⸗Wirt⸗ 
ſchaften, die von der Konſumptions⸗Wirtſchaft der 
Beteiligten ganz getrennt ſind“. Hiernach beſteht alſo 
die Tätigkeit einer jeden Produktionswirtſchaft i. w. S. 
darin, Güter zu produzieren und rentabel zu ver⸗ 
werten und erſt mit der Einnahme des Geldes für 
die verkauften Güter erreicht ſie ihren Abſchluß. 

Schon Pfeil ſagt in ſeinen: „Grundſätzen der 
Forſtwirtſchaft“, Züllichau und Freiſtadt 1822/24, 
2. Bd. S. 9, „wir behandeln den Wald nur zu oft 
als Zweck, während er doch nur Mittel ift und fein 
kann“. Und S. 11: „Es iſt lächerlich, den Wald um 
des Waldes willen zu bauen und zu pflegen, nichts 
iſt natürlicher, als daß die Arbeiten und Sorgen des 
Menſchen die Vervollkommnung des phyſiſchen und 
moraliſchen Wohlſeins der menſchlichen Geſellſchaft zum 
ausſchließlichen Zweck haben.“ Warum ſcheut man ſich 
aus dieſen noch heute nicht genug gewürdigten Gagen- 
die notwendigen Folgerungen zu ziehen auch für die 
begriffliche Feſtlegung unſerer Wirtſchaft und deren 
Wiſſenſchaft? Der Wald iſt nur Mittel zum Zweck 
des Produzierens der forſtwirtſchaftlichen Güter, bei 
der Verwertung aber, ohne die eine Forſt⸗„Wirtſchaſt“ 
nicht zu denken iſt, iſt er völlig ausgeſchaltet. Deshalb 
kann er auch nicht der „Gegenſtand“ der Forſtwirt 
ſchaft ſein. Im forſtwirtſchaftlichen Verſtande iſt der 
Wald nicht Gut, ſondern Fabrik zur Produktion der 
forſtwirtſchaftlichen Güter. Der Wald iſt genau ſo 
wenig Gegenſtand der Forſtwirtſchaft, als etwa die 
Porzellanfabrik der Gegenſtand der Porzellan: 
induſtrie iſt. Gegenſtand der Porzellaninduſtrie ſind 
die Porzellangüter, Gegenſtand der Forſtwirtſchaft die 
forſtwirtſchaftlichen Güter. Unter dieſen find die bis⸗ 
her in der „Forſtbenutzung“ als „Haupt⸗ und Teil⸗ 
nutzungen“ des Waldes bezeichneten Güter, d. h. alle 
diejenigen zu verſtehen, die durch ein Zuſammenwirken 
des Bodens mit der auf ihm ſtockenden Holzpflanzen⸗ 
gemeinſchaft durch Mitwirkung des Lichtes und der 
Atmoſphaͤre erzeugt werden. 

3. Wie definiert Wappes die „Forſtwiſſenſchaft“ 
und welche Stellung weiſt er ihr im Gefamt- 
gefüge der Wiſſenſchaften an? 

Nachdem wir in den beiden letzten Abſchnitten die 
Wappes'ſchen Weſensbeſtimmungen der „Wiſſenſchaft 


280 


im Allgemeinen“ und des „Objektes des forſtlichen 
Wiſſensgebäudes“ einer ausführlichen Darlegung unter- 
zogen haben, find wir nunmehr genügend vorbereitet, 
auf deſſen Weſensdeutung der Forſtwiſſenſchaft ſelber 
unfer Augenmerk zu richten. Die Wappes' fhe Grund: 
legung gipfelt in folgender Definition der Forſtwiſſen⸗ 
ſchaft: „die Forſt wiſſenſchaft hat als Aufgabe die 
Erforſchung, als Inhalt die hierdurch gewonnene Er⸗ 
kenntnis des Weſens der Forſtwirtſchaft“). Auf den 
erſten Blick fällt an dieſer Definition ihre überaus 
enge Begrenzung des Arbeitsgebietes der Forſtwiſſen⸗ 
ſchaft auf. In der bloßen „Erforſchung des Weſens 
der Forſtwirtſchaft“ ſoll ſich die ganze Aufgabe dieſer 
Wappes' chen Forſtwiſſenſchaft erſchöpfen. Erforſchung 
des Weſens der Jorſtwirtſchaft bedeutet aber nichts 
anderes als Feſtſtellung des Begriffes der Forſtwirt⸗ 
ſchaft und bildet als ſolche, wie wir geſehen haben, 
einen Teil der Grundlegung der Forſtwiſſenſchaft. Sie 
kann alfo unmöglich den ganzen Inhalt derſelben aus⸗ 
machen. Wappes aber ſcheint an etwas ganz anderes, 
als eine logiſche Begriffsbeſtimmung der Forſtwirtſchaft 
zu denken, wenn er von der Erforſchung des Weſens 
derſelben ſpricht. Er verſteht, ſo weit ich es beurteilen 
kann, darunter nichts anderes, als die rein beſchauliche 
Betrachtung der forſtwirtſchaftlichen Tätigkeit des ſo⸗ 
genannten „homo foresticus“. Von dieſer Betrach⸗ 
tung erwartet er, daß ſie ihm das Weſen der Forſt⸗ 
wirtſchaft entſchleiert, d. h. deren Entwickelungsgeſetze 
enthüllt. In meinem, im Aprilheft des Jahrgangs 
1914 der Allgemeinen Forſt⸗ und Jagdzeitung er⸗ 
ſchienenen Artikel „Wiſſenſchaft und Erfahrung“ 
(S. 120/121) habe ich ſchon darauf hingewieſen, daß 
dieſe Begrenzung der Forſtwiſſenſchaft zu eng iſt, „die 
Forſtwiſſenſchaſt will nicht bloß eine Erklärung der 
forſtwirtſchaftlichen Tätigkeit, ſondern in erſter Linie 
eine Richtſchnur für dieſe liefern”. Das ganze Streben 
unſerer Wiſſenſchaft war deshalb bisher mit Recht 
darauf gerichtet, mit Hilfe des theoretiſchen Studiums 
der natürlichen und kultürlichen Grundlagen der Forſt⸗ 
wirtſchaft für die praktiſche Ausübung derſelben eine 
Norm aufzubauen, eine Anweiſung zu geben. Die rein 
beſchauliche Betrachtung der in praxi ausgeübten forſt⸗ 
wirtſchaftlichen Tätigkeit bildete zwar auch einen Teil 
unſerer Wiſſenſchaft. Sie war aber nur von unter⸗ 
geordneter Bedeutung. Die Konſtruktion einer Norm 
war die Spitze, in der die ganze bisherige Forſtwiſſen⸗ 
ſchaft mit Recht gipfelte; ſie war die Krone, der eigent⸗ 
liche Zweck des Ganzen. 

Was aber, ſo fragen wir uns, bewegte denn 
eigentlich Wappes dazu, den ſtolzen Baum der über⸗ 
kommenen Forſtwiſſenſchaſt ſo ſtark zu beſchneiden? 
Sein operativer Eingriff in die alte Forſtwiſſenſchaft 
iſt ſo ſtark, daß nur ein kleines Stümpflein von dieſer 


übrig bleibt. Oben habe ich gezeigt, daß Wappes nur 
die theoretiſchen Wiſſenſchaften als ſolche anerkennt. 
Die praktiſchen Wiſſenſchaften ſind für ihn gar keine 
Wiſſenſchaften. Die überkommene Forſtwiſſenſchaft 
aber iſt keine theoretiſche Wiſſenſchaft, ſondern ſie hat 
normativen Charakter und kann deshalb nach Wappes 


keinen Anſpruch auf den Titel „Wiſſenſchaſt“ erheben. 


Für Wappes blieb alfo, wollte er der Forſtwiſſenſchaft 
den Wiſſenſchaftscharakter in ſeinem Sinne nicht ganz 


und gar abſprechen, nichts anderes übrig, als eine 


reine Wiſſenſchaft aus ihr zu machen. Das aber iſt 


m. E. der Grundſehler feiner logiſchen Begründung 
der Forſtwiſſenſchaft, daß er nicht von dem tatſäch⸗ 


lichen Wiſſenskomplex derſelben ausgeht und deren 
wiſſenſchaftlichen Charakter erſt hiernach beſtimmt, ſon⸗ 
dern daß er ein ganz beſtimmtes Wiſſenſchaftsideal 
zum Ausgangspunkt nimmt und den forſtlichen Er 
kenntniskomplex dieſem anpaßt. Die Aufgabe einer 
Grundlegung unſerer Wiſſenſchaft darf nicht verkannt 
werden; fie beſteht nicht darin, aus dem forfiliden 


Wiſſen unter allen Umſtänden, und koſte es was es 


wolle, eine „reine“ Wiſſenſchaſt zu formen, fondem 


darin, ſein Weſen und ſeine Eigenart zu erkennen. 
Die Forſtwiſſenſchaft, wie ſie ſich hiſtoriſch entwickelt 


hat, iſt eine Lehre vom Seinſollen und kann deshalb 
unmöglich eine „reine“, theoretiſche Wiſſenſchaft fein. 
Wer es aber nicht über ſich bringt, ihr deshalb über⸗ 
haupt den Namen einer Wiſſenſchaft zuzugeſtehen, der 
mag ſie nennen, wie er nur immer will, aber ihren 
Kern darf er nicht antaſten. Wappes hat ſich jedoch, 
in dem Glauben, daß es nur Seins⸗, nicht auch Soflens: 
wiſſenſchaften gebe, in dem Streben, der Forſtwiſſen⸗ 


ſchaft unter allen Umſtänden den vermeintlichen Willen 


ſchaftscharakter zu ſichern, nicht geſcheut, ihre eigentliche 
Domäne, gleich einem Fremdkörper, aus ihrem Ge⸗ 
ſamtgefüge herauszureißen und eine kleine Sonder- 


parzelle, die feinen ſtrengen Anſprüchen an Wiſſen⸗ 


ſchaſtlichkeit allein Genüge leiſtete, als neue eigentliche 
Forſtwiſſenſchaft zu proklamieren. 

Er wollte unter allen Umſtänden eine „Scientia 
pura“ aus unſerer Wiſſenſchaft machen. Seine näaͤchſe 
Aufgabe war alſo die Entſcheidung darüber, ob er fie 
zu einer Natur- oder zu einer Geiſteswiſſenſchaft machen 
ſollte. Denn Natur: und Geiſteswiſſenſchaften, das 
ſind ja im Sinne ſeines philoſophiſchen Gewährsmannes 
Wundt, wie wir ſahen, die beiden Unterabteilungen 
der Realwiſſenſchaften. Die Formalwiſſenſchaften, die 
mit den letzteren die theoretiſchen Wiſſenſchaften and 
machen, kamen ja für die Forſtwiſſenſchaft auf feinen 
Fall in Betracht. Da die überkommene Forſtwiſſen⸗ 
ſchaft ſowohl natürliche als auch kultürliche Erkennt 
nisgebiete in ſich ſchließt, wird demjenigen, der aus ihr 
abſolut eine „reine“ Wiſſenſchaft machen will, die Wahl 


— a Dede 


281 


milden Natur: und Geiſteswiſſenſchaft gar nicht fo ſchaft auszuſetzen hat, daß fie eine Lehre, eine An⸗ 


lacht gemacht. Gemiſchte, aus Natur: und Geiſtes⸗ 
wiſſenſchaft kombinierte theoretiſche Wiſſenſchaften ge- 
hören nicht in das Bereich der Möglichkeit, ſonſt hätte 
man die Forſtwiſſenſchaft ja einfach — und das iſt 
denn auch tatſächlich verſucht worden — als eine ſolche 
gemiſchte Wiſſenſchaft bezeichnen können. Wappes war 
nd indeß der Unhaltbarkeit einer ſolchen gemiſchten 
tbeoretiichen Wiſſenſchaft zu ſehr bewußt, als daß er in 
dejen Fehler hätte verfallen können. Daß die Forſt⸗ 
wiſſenſchaft als reine Wiſſenſchaft entweder nur Natur- 
viſſenſchaſt oder nur Geiſteswiſſenſchaſt fein konnte, 
darüber war er ſich im klaren. Sehr naheliegend wäre 
es deshalb für ihn geweſen, fie zu einer Naturwiſſen⸗ 
ſcaft zu ſtempeln. Denn es unterliegt keinem Zweifel, 
daß das naturwiſſenſchaftliche Wiſſen vom Walde eine 
der Hauptgrundlagen der Forſtwirtſchaft ausmacht. 
Auf der anderen Seite aber ift die Forſtwirtſchaſt, die 
ja den Gegenſtand der Forſtwiſſenſchaft bildet, „ein 
Teil des geiſtigen Lebens (im weiteren Sinne)“ und 
die Forſtwiſſenſchaſt demnach eine „Geiſteswiſſen⸗ 
ſchaft“. Wappes entſcheidet ſich für die Geiſteswiſſen⸗ 
haft. Damit ift er aber auch gezwungen die wid): 
ligſte Grundlage der Forſtwirtſchaft, die theoretiſche 
Erforſchung des Naturobjektes „Wald“ aus dem Rahmen 
der Forſtwiſſenſchaft auszuſcheiden. Er teilt dieſen 
nichtigſten Teil der überkommenen praktiſchen Forſt⸗ 
mfenihaft einer geſonderten Gruppe von außerhalb 
bes Shftems ſtehenden Wiſſenſchaften, den ſogenannten 
„Grundwiſſenſchaſten“ zu. An dieſen durfte er jedoch 
fonfequenter Weiſe überhaupt kein Intereſſe bezeugen; 
denn das alleinige Erkenntnisobjekt der als Geiſtes⸗ 
niſſenſchaft aufgefaßten Forſtwiſſenſchaft fol und kann 
doch nur die forſtwirtſchaftliche Tätigkeit ſelber ſein. 


Auf dieſen Widerſpruch der Wappes'ſchen Ausführungen 


wit ſchon Profeſſor Dr. H. Weber hin, wenn er in 
ſeiner Beſprechung der Wappes'ſchen „Studien“ 
auf S. 345/346 d. A. F. u. Big. 1909 ſagt: 
„ilt man die Anſicht von Wappes, indem man die 
dorſtwifſenſchaft lediglich als Geiſtes⸗, und zwar als 
lechniſche Wiſſenſchaft auffaßt, und ihr nur „die wiſſen⸗ 
ſchaftliche Betrachtung der Forſtwirtſchaft als wirt- 
ſchaſtlicher Organismus“ zuweiſt, dann darf man in 
logiſcher Konſequenz dieſer Begrenzung m. E. nicht 
ſagen: „die forſtliche Technik kann die durch die Na⸗ 
lurwiſſenſchaft errungenen Kenntniſſe benutzen, be⸗ 
ziehungsweiſe mittelſt naturwiſſenſchaftlicher Me⸗ 
thoden kn ſyſtematiſcher Weiſe die für den Vorgang 
wichtigen Verhältniſſe erforſchen“. Daß ſie ſo ganz 
und gar den eigentümlichen Charakter des Gegenſtan⸗ 
des der Forſtwiſſenſchaft verkannte, das iſt ſeiner We⸗ 
ſenzdeutung zum Verhängnis geworden. Gerade das, 
was Wappes an der hiſtoriſch gewordenen Forſtwiſſen⸗ 
1916 


weiſung, eine Norm ſein wolle für die Forſtwirtſchaft, 
gerade das macht ihre innerſte Weſenheit aus und 
wird auch immer ihre Hauptaufgabe bleiben. Es iſt 
durchaus nicht ſo ganz unrichtig zu ſagen, Forſtwiſſen⸗ 
ſchaft fet: „der Inbegriff derjenigen Grundſätze, 
nach denen die Behandlung oder Benutzung der Wal⸗ 
dungen zu betreiben ift“. Wappes verzichtet ja — 
ſeine Auffaſſung der Wiſſenſchaft im allgemeinen zwingt 
ihn dazu — ganz auf die Aufſtellung einer Norm und 
glaubt allen von einer „Forſt⸗Wiſſenſchaft“ gefor⸗ 
derten Anſprüchen damit Genüge zu tun, daß er ſich 
auf eine rein beſchauliche Betrachtung der forſt⸗ 
wirtſchaftlichen Betätigung des „homo foresticus“ 
beſchränkt. Dieſe rein theoretiſche Betrachtung' der 
Forſtwirtſchaft in der ſich für Wappes die Forſtwiſſen⸗ 
{daft erſchöpft, it auch gar nicht imſtande, Grundſätze 
und Leitlinien für eine künftige Forſtwirtſchaft an die 
Hand zu geben. Sie kann ja immer nur ſchon Ge⸗ 
ſchehenes, Abgeſchloſſenes konſtatieren. Geſchichte jeg⸗ 
licher Art aber iſt nie imſtande, Zukünftiges zu erklären, 
bezw. Normen für eine Tätigkeit zu bieten. Die Na⸗ 
tur kann ſich der menſchliche Geiſt durch konſtruierte 
Geſetze zum Verſtändnis bringen, das Weſen feiner 
Selbſt aber kann er unmöglich in ſolche, aus ihm doch 
ſelber fließende, Gefetzeskonſtruktionen einzwängen. 
Solche Grundlagen und Richtlinien kann vielmehr 
nur ein Studium der aus allen vorhandenen Kultur: 
gebieten herfließenden Grundlagen der Forſtwirtſchaft 
liefern. Das zeigt ein Blick auf den Erkenntnisinhalt 
unſerer Wiſſenſchaft. Dieſer iſt ein ausſchließliches 
Reſultat des Studiums der genannten Grundlagen 
der forſtwirtſchaftlichen Tätigkeit. In der Literatur 
unſerer Wiſſenſchaft findet man vielfach die irrtüm⸗ 
liche Meinung vertreten, daß die Theorie immer erſt 
ein Ergebnis der Praxis ſei, und dieſe jener zeitlich 
vorausgehe. So ſagt z. B. Karl Eduard Ney in 
ſeiner „Lehre vom Waldbau“, Berlin 1885, im Vor⸗ 
wort: „Der Gayer'ſche Waldbau, der einzige, welcher 
auf der Höhe der heutigen Praxis ſteht, welcher ja 
in unſerem Fache die Theorie faſt immer um Jahr⸗ 
zehnte nachhinkt, war für mein Publikum zu hoch ge- 
faßt; die Angaben der übrigen widerſprechen in nicht 
wenigen Beziehungen denjenigen Anſichten, welche in 
den Kreiſen wenigſtens der Praktiker, mit welchen ich 
verkehre, ſeit Jahrzehnten die herrſchenden ſind, und 
welche in Gayers klaffiſchem Werke nachträglich ihre 
theoretiſche Begründung gefunden haben“. Die Theorie 
alſo, ſo meint Ney, würde bei uns der Praxis „faſt 
immer um Jahrzehnte“ nachhinken Ein Vergleich der 
Geſchichte unſerer Wirtſchaft mit derjenigen unſerer 
Wiſſenſchaft beweiſt jedoch ſchlagend, daß durchweg das 
gerade Gegenteil der Fall iſt. Die Theorie iſt nicht 
88 


282 


ein Ergebnis der Praxis, ſondern ſie iſt es, die dieſer 
erſt den Pfad weiſt. Und auch in dem von Ney er⸗ 
wähnten Falle liegen die Dinge nicht anders. Die 
Gayer'ſche Theorie it das Urſprüngliche und bie prat: 
tiſche Ausführung derſelben erſt deren Folge. Daß 
man in einem kleinen Kreiſe von Praktikern ſchon vor 
Veröffentlichung des epochemachenden Gayer'ſchen Wer: 
kes ähnliche Ideen, wie ſie Gayer in dieſem Buche 
vertritt, in die Praxis umgeſetzt hat, kann unſere 
Auffaſſung nicht erſchüttern. Auch in dieſem Falle 
kann nur der Gedanke der Vater der Tat geweſen 
ſein. Die praktiſche Durchführung ſolcher Ideen in 
einem ſo kleinen, beſchränkten Bezirke will übrigens 
gar nichts heißen. Von einer allgemeinen Ver⸗ 
wirklichung der fraglichen Gedanken kann jedenfalls 
vor dem Erſcheinen des Gayer'ſchen Waldbaues nicht 
die Rede ſein; und das iſt ausſchlaggebend für uns. 
Daß bei uns die Praxis der Theorie nachhinkt und 
nicht umgekehrt, das zeigen auch fehr ſchön zwei der 
unmittelbaren Gegenwart entnommene Beiſpiele. Die 
C. Wagner'ſche Idee des Blenderſaumſchlags iſt 
doch gewiß nicht ein, Ausfluß der forſtwirtſchaftlichen 
Praxis, und wenn Forſtmeiſter Max] Wagner 
neuerdings den Nachweis zu erbringen verſucht, daß 


man, „wenn es gelingt zuverläſſige Unterlagen zu be⸗ 
ſchaffen, aus der Lichtabſorption die Standortsgüte 
und mögliche Maſſenproduktion wird beſtimmen fin: 
nen“, ſo verdankt er dieſe Erkenntnis, die für unſere 
Wiſſenſchaft von nicht geringer Bedeutung zu werden 
verſpricht, doch nicht einer Betrachtung der forſtwirt⸗ 
ſchaftlichen Tätigkeit. Es wird eine vergebliche Mühe 
bleiben, aus dieſer Leitſätze für eine künftige Ausübung 
der Forſtwirtſchaft abzuleiten. Fortſchritte kann uns 
nur wie bisher ein gründliches Studium der Funda⸗ 


mente bringen, auf die ſich jede forſtwirtſchaſtliche 


Tätigkeit ſtützt, und je tiefer wir dieſe Fundamente 
erkennen, deſto reinere Normen können wir auch auf⸗ 
ſtellen für dieſe Tätigkeit. Aus der Tätigkeit ſelber 
aber, wie ſie früher ausgeübt wurde, und heute aus⸗ 
geübt wird, können wir nichts erſchließen, was ihr 
Fortſchreiten befördern könnte. 

Nicht nur bei uns, auch auf allen anderen &: 
kenntnisgebieten ift der Gedanke die treibende, Macht. 
Die praktiſche Wirklichkeit kann die Erkenntnis niemals 
überholen, ſie kann höchſtens gleichen Schritt mit ihr 
halten. Meiſt wird jedoch — und ſo liegen die Dinge 
auch bei uns — die Erkenntnis der Wirklichkeit mit 
Rieſenſchritten vorauseilen. (Schluß folgt.) 


Literariſ che Berichte. 


Deutſche Heldenhaine. Herausgegeben im Auf⸗ 
trag der Arbeitsgemeinſchaft für Deutſchlands Helden⸗ 
haine von dem Kgl. Preußiſchen Gartenbaudirektor 
Willy Lange in, Wannſee bei Berlin. Verlag 
J. J. Weber, Leipzig 1915. 

Der Vorſchlag: : 

„Jedem für das Vaterland Gefallenen eine 
Eiche in ſeiner Heimatgemeinde zu pflanzen, 
jo daß „Deutſche Heldenhaine“, von Baum: 
wall und Graben begrenzt, entſtehen, in deren 
Mitte auf freiem (Ringplaß die Kaifer: und 
Friedenslinde blüht!“, fand weithin Zuſtimmung 

ı deutſchen Landen. 

Die vorliegende Schrift ſtellt fih die Aufgabe, den 
Empfindungen und Gedanken des Vorſchlags weitere 
Ausarbeitung und zu ſeiner Verwirklichung eine An⸗ 
leitung zu geben. 

Die Ausführung iſt in der Weiſe gedacht, daß in 
jeder Gemeinde unter möͤglichſter , Anlehnung an die 
Natur und unter, Vermeidung gärtneriſcher Aus⸗ 
ſchmückung ein Hain geſchaffen wird, in, dem jeder aus 
der Gemeinde Gefallene in regelmäßiger Reihenſtellung 
eine Eiche erhält und der im übrigen mit Wildgras 
und Wildblumen beſtanden ift. Ein kreisförmiger, zu 


Gemeindefeſten uſw. dienender freier Platz mit einer 
Friedenslinde ſoll den beherrſchenden Mittelpunkt des 
Haines bilden, während er von einer Schutzpflanzung 
mit Wall und Graben umgeben wird. Zur For 
derung dieſes Planes, der in den weiteſten Schichten 
der Bevölkerung großen Anklang gefunden hat, ift 
von Vertretern der verſchiedenſten Städte eine 
„Arbeitsgemeinſchaft für Deutſchlands Heldenhaine“ 
gegründet worden, deren Geſchäftsſtelle ſich in Berlin: 
Wannſee befindet. Seine Durchführung muß natürlich 
den Gemeinden, Vereinen oder den zu dieſem Zweck 
zu bildenden Ortsausſchüſſen überlaſſen bleiben; die 
Arbeitsgemeinſchaft will hierbei nur mit Rat und Tat 
zur Seite ſtehen und auf eine möͤglichſt einheitliche 
Ausgeſtaltung der Haine hinwirlen. Dieſem Zwecke 
ſoll zunächſt die obengenannte Schrift dienen, die in 
zwei Teile: einen anleitenden und einen berich⸗ 
tenden zerfällt. Im erſten Teile finden ſich Ab⸗ 
handlungen über: die leitenden Geſtaltungsgedanken 
für die Heldenhaine, die Bedeutung des Ringes im 
Heldenhain, den Wert derſelben für die Siedelungskultur, 
Heldenhaine und Jugendpflege, die Herſtellung der Hel: 
denhaine, die gärtneriſche Behandlung von Eiche und 
Linde, allerlei Einwände und ihre Erwiderung, Ver⸗ 


3 


288 


teilung der Arbeit uſw.; im zweiten Teile über 
Heldeneichen und Friedenslinden (erfte Anregung), den 
Wiederhall draußen und daheim, ferner eine Auswahl 
von Dichtungen u. a. m. 


Von Oberforſtmeiſter Dr. Möller-Ebers⸗ 
walde enthält das Buch eine Abhandlung „Forſtliche 
Bemerkungen zur Pflanzung von Eiche und Linde“. 

Hierin weiſt M. vor allem darauf hin, für die 
betr. Oertlichkeit die richtige Eichenart zu wählen: die 
Traubeneiche für das Hügel⸗ und Bergland, die Stiel⸗ 
eiche für die Niederungen. Die breite und ausladende 
Krone, den knorrigeren Wuchs zeige die Stieleiche, 
während die Traubeneiche ſtraffer gebaut ſei und ihre Aeſte 
id ſpitzwinklicher emporrichteten. Im ganzen weniger 
anſpruchsvoll dem Standort gegenüber fei die Trau- 
beneiche, weniger auch durch Frühjahrsfröſte gefährdet- 
Außer auf die Art ſei aber auch auf die Heimat und 
Herkunft der Bäume zu achten. In heimiſchen Pflanz⸗ 
ſchulen aus ſelbſt geſammelten Samen gezogene Bäume 
verdienten den Vorzug vor ſolchen, deren Herkunft 
unbekannt ſei. Als Pflanzmaterial werde zunächſt 
wohl der verſchulte Starkheiſter gewählt werden. Es 
gelte im allgemeinen für alle Baumpflanzungen die 
Regel, daß fie um ſo ſicherer ſeien, je jüngere Pflanzen 
man verwende. Wer die nötige Sorgfalt, Pflege und 
Geduld, vor allem den ſicheren Schutz gegen Menſch 
und Tier aufwenden könne und wolle, werde den 
Heldenhain auch mit ein⸗ oder zweijährigen ſicher be⸗ 
gründen können. Ein Starkheiſter ſei mindeſtens 5—7 
Jahre alt. Dem allgemeinen Wunſche und der Vor⸗ 
ſtellung, die man ſich in der Bevölkerung von den 
Heldenhainen gebildet habe, dürſte jedoch durch eine 

Kleinpflanzung nicht gedient ſein. Die Eichenpflanzung 
ſei zudem bei ſorgſamer Durchführung ſehr ſicher. Die 
nächſte wichtige Aufgabe fei die des Verbandes. Der 
Helbenhain erfordere einen regelmäßigen Verband; 
es könne Quadrat⸗ und Dreiecksverband angewen⸗ 
det werden; letzterer ſei gefälliger und vorzuziehen. 
Ein Quadratverband von 8 m oder ein Dreiecksver⸗ 
band von 9 m fei zu wählen, um der Eiche den 
nötigen Raum zur Kronenentwickelung zu gewähren. 
Dabei gingen auf 1 ha im Quadratverband 155, im 
Dreiecksverband 144 Eichen. Die Herrichtung der 
Pflanzlöcher werde am beſten im Herbſt, die Pflan⸗ 
zung im Frühjahr ausgeführt. Runde Pflanzlöcher 
ſollten nicht unter 1 m Durchmeffer und Tiefe haben. 
Kompoſt oder Humus, in gleichmäßiger Verteilung dem 
Boden beigemiſcht, werde von guter Wirkung ſein. 
Eine alte forſtliche Lehre ſage, die Eiche wolle Licht 
auf den Kopf und Schatten auf den Fuß haben. Eine 
jo weitſtändige Eichenpflanzung, wie fie der Heldenhain 
erfordere, brauche einen deckenden Unterſtand von Sträu⸗ 
chern und Halbbäumen und werde nur in Ausnahme: 


r ——. — — re Per 
— 3 


fällen gedeihen, wenn man zwiſchen den Eichen nur 
Gras und Blumen wachſen ließe. Ein dichtes Unter⸗ 
holz von deutſchen Sträuchern, denen Aspen, Weiß⸗ 
buchen, Linden, Faulbaum, Rüſtern, Ahorn je nach 


der Oertlichkeit in paſſender Auswahl beigemiſcht ſein 


könnten, ſollte die Fläche bedecken. Die pflegende Axt 
werde dafür ſorgen, daß kein unberufener Baum des 
Unterſtandes über die Eichen emporwachſe. Er werde 
alsbald auf den Stock geſetzt und bilde dann 
Stockausſchlag, der das Unterholz verdichte. In dem 
Maße, wie die Eichen erſtarkten, könne das Unterholz 


weichen und erſt, wenn ſie ſelbſt nach Jahrzehnten den 
Boden völlig beſchirmten, könnten hie und da Gras, Kraut: 
wuchs und Blumenflor den Bodenteppich bilden. 
Eichen⸗Heiſterpflanzung ohne bodenſchützenden Unter⸗ 
ſtand würde an vielen Orten Bilder zeitigen, die dem 
erträumten Heldenhain wenig entſprächen. 


Reine 


Bezüglich 
der Auswahl der Friedenslinde wird auf den Unter⸗ 
ſchied der Heinblätigen Winterlinde hingewieſen, welche 
im nördlichen Deutſchland und in jeder rauheren 
Lage vor der großblütigen Sommerlinde den Vorzug 
verdiene. Der rohe Trockentorf oder Rohhumus, der 
bei genügender Zerkleinerung und Miſchung mit dem 
Mineralboden der Eiche vortreffliche Dienſte leiſte, ſei 
für die Linde nicht günſtig. Humoſe Erde und gut 
zerſetzter Kompoſt ſeien für ihr Pflanzloch als düngende 
Beigabe am geeignetſten. E. 


Richtlinien für die Erſtellung von Kriegs⸗ 
erinnerungszeichen. Herausgegeben vom (ſtaat⸗ 
lichen) Württemberg. Landesausſchuß für Natur⸗ und 
Heimatſchutz. 

Dieſe ſehr beachtenswerten Richtlinien behandeln 
nach einer Einleitung im erſten Abſchnitt 4 die 
Erinnerungszeichen mit wohltätigem, ſozialem, gemein: 
nützigem oder ähnlichem Zwecke. Hier wird ähnlich 
wie in der Notiz E unſeres Januarheftes hervorgehoben, 
daß als allererſte Aufgabe nach dem Kriege die Für⸗ 
ſorge für Kriegsteilnehmer und deren Hinterbliebene 
gelten müſſe. Wie diefe” namentlich ſeitens der Ge: 
meinden allenfalls mit Erinnerungszeichen zu vereinigen 
wäre, wird dann näher ausgeführt. 

Dann folgt ein größerer Abſchnitt B. Schmückende 
Erinnerungszeichen. Hier werden Denkmale zur Er: 
innerung an den Krieg als ſolchen und, Kriegerdenk⸗ 
male zur Ehrung der Kriegsteilnehmer abgehandelt 
Unter den erſteren werden neben Kunſtwerken archi⸗ 
tektoniſcher und plaſtiſcher Art auch Anlagen an 
Wohnplätzen und in freier Landſchaft beſprochen. 
Gerade die letzteren dürften für unſere Lefer im Hin: 
blick auf die a. a. O. ſowie im vorſtehenden Berichte er⸗ 


wähnte Frage der „Heldenhaine“ beſonderes Intereſſe 
š 38% 


284 


bieten. Wir laſſen daher den betr. Abſchnitt wörtlich 
folgen. 

38. Schon Vorhandenes zu verwenden und auszuge⸗ 
ſtalten, iſt oft eine reizvolle und künſtleriſch dankbare Aufgabe. 
Nach ſolchen Möglichkeiten auszuſchauen, iſt jetzt ſchon die Zeit 
gekommen. l 

Ein großer alter Cingel baum (Weidebuche, Wettertanne, 
Linde) an günftiger, ftimmungspoller Stelle läßt fic mit gee 
ringen Mitteln zu einem Denkmal ſtempeln, z. B. durch Aufo 
hängen von Gedenktafeln, etwa noch mit einem Kreuzbild am 
Stamm, deffen Fuß mit einer Bank ummauert werden mag. 
Die alten Gemeindelinden, wie ſie ſich z. B. beſonders in 
Franken finden, ſind ſchon von vornherein mit ihrem Säulen⸗ 
franz und Gebälk und ihrem Steinbankring oder Sodelgemäuer 
zu Denkmalſtätten hergerichtet. Jede Säule kann durch In⸗ 
ſchrift und Abzeichen als Einzeldenkmal für einen Krieger be⸗ 
zeichnet werden. 


39. Allerdings hat es gewiſſe Schwierigkeiten, einen ein⸗ 
zelnen Baum nach ſeinem Eingehen wieder zu erſetzen. Bei 
einer Mehrheit von Bäumen (Gruppe, Hain, Wäldchen 
uſw.) fällt dieſe Schwierigkeit weg; der Erſatz iſt hier leicht 
und unbedenklich, da ja nicht das einzelne Stück, ſondern der 
Geſamtbeſtand als ſolcher Gegenſtand der Erhaltung und Ver⸗ 
ewigung ſein ſoll. 

Schon zwei, drei und mehr Bäume gleicher Art und un⸗ 
gefähr gleichen Alters bilden einen ſtimmungsvollen Raum 
zur Aufſtellung eines Denkmals. Das Denkmal darf ganz be⸗ 
ſcheiden ſein, ein Kreuz oder Bildſtock oder Schriftblock von 
Stein oder Holz, auch wobl verbunden mit einer Bank oder 
einem Brunnen, ein offenes Kapellchen uſw. 

40. Neuſchöpfungen gärtneriſcher Art haben 
zwar den Nachteil, daß die Baumpflanzungen lange Zeit noch 
keinen denkmalmäßigen Eindruck machen. Andererſeits aber 
gewähren ſie die höchſte künſtleriſche Freiheit. (Für das Ver⸗ 
pflanzen ſchon erwachſener Bäume, das ſich unter Um⸗ 
ſtänden empfiehlt, wo der Schmuckzweck raſch erreicht werden 
ſoll, gibt nähere Anweiſungen Nr. 1 der Veröffentlichungen 
des Landesaus ſchuſſes von 1911.) Ganze Gedächtnis haine 
und ebenſo Ehrenbäume für einzelne Krleger zu pflanzen, 
iſt nicht nur ein pietätvolles, ſondern auch gemeinnütziges Werk 
für ferne Zeiten. Nur muß dafür geſorgt ſein, daß die An⸗ 
lage dauernd gegen Verbauung, Verunſtaltung, Mißbrauch oder 
Zerſtörung geſchützt iſt. 

41. Ein Hain iſt eine feierliche Halle von Bäumen, eine 
Art Naturdom. Dazu gehört ein gleichmäßiger Beſtand von 
Bäumen einheitlicher Art und ungefähr gleichen Alters in 
regelmäßiger Verteilung, ohne Unterholz im inneren Haupt 
raum; ferner ein gleichmäßiger äußerer Umriß mit feſter Ein⸗ 
ſaſſung (Hag, Zaun, Mauer, Wall und Graben). Auch ein 
alter Hochwald kann durch Aushieb zum Hain aus geſtaltei 
werden, ein Soldatenfriedhof durch Anpflanzung von Bäumen 
in Reihen. — Das Ganze braucht nicht groß zu ſein. — Ein 
Schema für einen Normal⸗Hain, das landauf landab 
wiederholt wäre, würde feinen Zweck verfehlen. 

Eine beſonders günftige Gelegenheit, geeignete Selandeteile 
dem Anbau zu entziehen und vorhandene Anlagen zu ſchützen, 
bietet die Felderbereinigung, wenn man das dabei übrig 
bleibende fog. Maſſengrundſtück auf landſchaftlich hervor. 
ragende, beherrſchende oder ſonſt eindrucksvolle Punkte der 
Man kung verlegt, einheitlich mit kräftigen Bäumen bepflanzt 
und entſprechend einhegt. 

Würdige Hainbäume ſind unſere einheimiſchen Baum⸗ 
arten, die faſt überall mehr oder weniger gut gedeihen, und 


auf fog. ſchlechtem Boden und im Freiſtand wenn nicht üppige, 
ſo umſo maleriſchere Formen annehmen. In Betracht kommen 
beſonders: Eiche, Linde, Ulme, Eſche, Buche, Hagbuche, Ahorn, 
Pappel, Birke, Forde, Eibe, nicht aber Obſtbäume, Rok 
kaſtanie, Robinie, (fog. Akazie) und ausgeſprochene Fremdge⸗ 
wächſe. — Die ſpätere Erneuerung (Verjüngung) bei Abgang 
einzelner Bäume wird erleichtert, wenn vpn Anfang an der 
Standraum nicht zu eng gewählt wird. — 

Zum Gedächtnis⸗Hain gehört ein Denkmal mit In: 
ſchrift, das recht einfach und nicht groß ſein, auf einem 
freien Mittelraum oder am Ende einer durchgehenden Gaffe 
uſw. ſtehen fol. — Auch der Zugang zum Hain kann bind 
Baumſat hervorgehoben werden. — Ein Waſſergraben um den 
Hain, ein einfacher Brunnen im Innern der Anlage oder ein 
Waſſerbecken, (wenn künſtlich angelegt, von ftrenger, regelmäßiger 
Form,) fieigert die Wirkung der Stimmung ungemein. — 

42. In der Mehrzahl der Fälle wird man mit emer ge 
gebenen Partie der Landſchaft, einem Naturdenkmal in 
weiteren Sinn, eine für den Erinnerungszweck bezeichnende 
Anlage verbinden. Inſelartig hervorragende Punkte ber 
Landſchaft (Bergkuppe, Fel ſen, Gehölz, Inſel, Landſpitze un), 
ſind beſonders geeignet. — Stille Lage iſt erwünſcht.— 

43. Gegebene Naturformen (Naturdenkmale in 
engeren Sinn,) durch Zutaten zum Erinnerungsmal zu ftem: 
peln oder gar umzuformen, iſt ein heikles Unterfangen. Leicht 
erſcheint die Sache als unziemliche und unkünſtleriſche Willkür, 
als Mißbrauch oder Entſtellung der Natur. Kunſt und Natur 
dürfen auch im Bauwerk des Denkmals nicht vermengt erſcheinen. 
Eine Inſchrift an der Felswand ſoll beſtimmt abge⸗ 
grenzt und eingerahmt fein; noch mehr das Bildwerk. Der 
gewachſene Fels kann in den Unterbau des Denkmalbauez 
einbezogen ſein (wie auch an mittelalterlichen Burgen oft der 
Fall). Der Berg darf unter Umſtänden als Sockel für den 
Denkmalbau hergerichtet werden mit abgegrabenen und ange 
ſchütteten Böſchungen und Stufen. — Aber immer fol das 
Menſchenwerk von den Formen der Natur deutlich unter: 
ſchieden ſein. 

44. Durchaus unzuläſſig it Nachahmung 8° 
fälliger Naturformen, „künſtliche Natürlichkeit“, ſo von 
Felſen, Waſſerfällen, Seen u. dgl. 


Lehrbuch der Holzmeßkunde. Von Dr. Udo 
Müller, o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft an 
der Techniſchen Hochſchule zu Karlsruhe. Zweite 
neubearbeitete Auflage. Berlin, P. Parey, 1915. 
Gr. 8°. S. XVI und 398. Preis geb. Mk. 13,50. 
Ueber die erſte Auflage dieſes Buches, das in den 
Jahren 1899 bis 1901 in drei Teilen erſchienen ift, 
hat Lorey in dieſer Zeitſchrift 1899 S. 429, 1900 
S. 422 und 1902 S. 22 berichtet. Seinem ſehr 
günſtigen Urteil kann ich mich nur durchaus anſchließen; 
der am Schluß ausgesprochene Wunſch, daß „das Buch 
überall entſprechend gewürdigt und in weiten Kreilen 
benutzt werden“ möchte, iſt in Erfüllung gegangen, wie 
die jetzt erſchienene zweite Auflage beweiſt. Ich kann 
mich daher hier darauf beſchränken, die Abänderungen 
und Zufäge hervorzuheben, welche das Werk bei forg: 
fältigſter Benutzung der inzwiſchen erſchienenen Literatur 
erfahren hat. | 


— 


— — 


— 


285 


Im erſten Teile (S. 1 bis 119), der die „In- 
haltsbeſtimmung des gefällten Holzes“ 
behandelt, ſind neuere Unterſuchungen von Schiffel, 
Cberhard, Blajer u. a. über den Fehler angeführt, 
der bei Anwendung der Mittenflähen: Formel 
(uber) begangen wird. Anſtatt der Formeln von Prey- 
mann und Weddle ift die empiriſche Formel von Schiffel 

v=1(0,61 G ½¼ + 0,62 G 3/4 — 0,23 G / . G 8/4 
aufgenommen. Ein neu hinzugekommener Anhang 
(5. 45 bis 48) beſpricht die Inhaltsermittelung von 
bearbeitetem Holze: ſcharf⸗, voll⸗, baum: oder mehr: 
fantige Hölzer, Bahnſchwellen, Bohlen u. a. 

In dem umfangreichen Kapitel S. 48 bis 95, das 
„die Aus führung der ſtereometriſchen Ku: 
bierung“ behandelt, find zahlreiche neue Hilfsmittel 
angeführt; fo die Meßkluppe von Flury, die Sor: 
tierungskluppe von Gehrhardt und Gleinigs 
Grubenholzkluppe „Einfach“. Die Regiſtrierkluppen 
don Reuß, Jachnoff, Eck und Bodenſtein, welche nur 
die Durchmeſſer nacheinander notieren und ſpätere 
Abzaͤhlung derſelben erfordern, werden als veraltet be⸗ 
zeichnet. Brauchbarer feien die neueren Kreis flächen⸗ 
Zaͤhlkluppen von Hirſchfeld, Wimmenauer und 
Bufe, welche Geſamtſtammzahl und Kreisflächenſumme 
automatiſch feſtſtellen. Die Kluppen von Bufe, Hohenadl 
und Wild ſollen auch Stärkeſtufen und Holz⸗ 
atten auseinander halten; die Beſtandsmaſſen⸗ 
kluppen von Hirſchfeld und Hohenadl ſogar jede 
nachherige Berechnung überflüſſig machen. Endlich 
werden als neue mechaniſche Rechnungshilfs⸗ 
mittel Apparate von Trédl, Göderer, Holan und 
Hohenadl beſchrieben. | 

Streng genommen gehören m. E. alle Regiſtrier⸗ 
und Zäͤhlkluppen, da fie bei gefälltem Holze kaum An- 
wendung finden, nicht in den erſten, ſondern in den 
dritten Abſchnitt: Inhaltsermittelung des Beftandes. 

Die phyſikaliſchen Methoden der Jn: 
haltsbeſtimmung, bei denen auch die Ermittelung 
des Feſtgehaltes der Schichtmaße untergebracht iſt, find 
ohne weſentliche Aenderung aus der erſten Auflage 
übernommen. 

Der zweite Teil (S. 120 bis 246): Inhalts⸗ 
ermittelung des ſtehenden Baumes, zählt 
ebenfalls eine anſehnliche Reihe neuer Inſtrumente, 
inzbeſondere Höhenmeſſer auf; als ſolche mit 
geometriſcher Grundlage diejenigen von Felber, 
Klein, Maader, Leiß, Borglind, Hani, Wimmenauer 
(aus 1869) und Fuſchlberger; als trigonometrifde 
göhenmeſſer Hübners Meßplatte, Wimmenauers Höhen: 
pegel und das Vifierrohr von Benjes. Unter den 
Vftrumenten zur indirekten Stärkemeſſung iſt 
nur der ſchon erwähnte auch hierzu eingerichtete Baum: 
neſſer von Borglind hinzugekommen. 


Hinſichtlich der Anforderungen, welche an gute In⸗ 
ſtrumente zu ſtellen find, möchte ich dem, was auf 
S. 178 und 197 bemerkt iſt, auf Grund vielfacher 
praktiſcher Erfahrung noch beifügen, daß es für Höhen⸗ 
meſſer erwünſcht iſt, wenn ein Anviſieren des Baum⸗ 
Fußpunktes nicht erfordert wird, weil dieſer oft durch 
Unterholz u. dgl. verdeckt iſt; und daß eine ſichere 
optiſche Stärkemeſſung nur möglich iſt, wenn das In⸗ 
ſtrument (insbeſondere das Fernrohr) die gleichzeitige 
Erfaſſung beider Enden des betr. Durchmeſſers geſtattet. 
Denn im anderen Falle, alſo beim Herabkippen oder 
ſeitlichen Verſchieben des Fernrohrs, muß vorausgeſetzt 
werden, daß der Baum ſtill hält, was er gewöhnlich, 
ſelbſt bei wenig bewegter Luft, nicht tut. 

Im dritten Teile (S. 247 bis 327): In⸗ 
haltsermittelung des ganzen Beſtandes, 
unterſcheidet der Verfaſſer nur zwei Methoden: Meſſung 
und Schaͤtzung, und bringt die zahlreichen Fälle, in 
welchen beide nebeneinander angewendet werden, teils 
im erſten Abſchnitt („ideelle Probeſtämme“), teils im 
zweiten („teilweiſe Schätzung, Probeflächen“) unter. 
Einfacher und überſichtlicher würde mir die Unterſchei⸗ 
dung dreier Methoden erſcheinen: Schätzung, Meſſung, 
Kombination beider. | 

Dem Kapitel, das in der erſten Auflage die Pe- 
ſtandskluppierung abhandelte, iſt in der zweiten eine 
kurze Erörterung über Beſtandshöhenmeſſung (S. 260) 
angefügt. Bei den Schätzungsmethoden iſt die Ver⸗ 
beſſerung des Gerding⸗Borggreve'ſchen Verfahrens durch 
Räß erwähnt. Sonſt keine weſentlichen Aenderungen. 
Im vierten Teile (S. 328 bis 392) iſt der 
erſte Abſchnitt „Die Ermittelung des Alters“ 
faſt unverändert geblieben; im zweiten: „Die Er⸗ 
mittelung des Zuwachſes“, ſind bei den „all⸗ 
gemeinen Vorbemerkungen“ die Beziehungen zwiſchen 
laufendem und durchſchnittlichem Zuwachs durch eine 
größere und beſſere Figur (S. 344) erläutert. 

Im 1. Kapitel: „Zuwachsermittelung am 
Einzelſtamm“, wird (S. 350) darauf hingewieſen, daß 
der Höhenwuchs nach Glaſer nicht einmal durch eine 
Gleichung vierten Grades richtig dargeſtellt werden 
kann. Beim Zuwachsprozent iſt der Preßler'ſchen 
und Kunze'ſchen Formel noch diejenige Merkers bei 
gefügt (S. 366) und weiterhin nachgewieſen, daß zur 
annähernden Berechnung des Maſſenzuwachsprozentes 
die Zuwachsprozente der Grundfläche, Höhe und Form⸗ 
zahl einfach addiert werden dürfen. (S. 376.) 

Im 2. Kapitel: „Zuwachsermittelung am 
Beſtande, werden wie in erſter Auflage 4 Methoden 
unterſchieden: 5 


1. Meſſung am Beſtande ſelbſt, 
2. mit Hilfe von Extragstafeln, 


__ 286 


3. nach dem Durchſchnittszuwachs, 

4. nach erfahrungsmäßigen Zuwachsprozenten. 
Unter Nr. 2 werden Begriff, Geſchichte und Literatur, 
Aufſtellung und Anwendung der Ertragstafeln (S. 
380 bis 389) abgehandelt, die Literatur⸗Angaben der 
erſten Auflage vervollſtändigt. Da nun die Ertrags⸗ 
tafeln doch keineswegs nur Hilfsmittel der Zuwachs⸗ 
ſchätzung für einzelne Beſtände ſind, möchte ich in 
Uebereinſtimmung' mit Lorey's Andeutungen (a. a. O.) 
als meine unmaßgebliche Anſicht ausſprechen, daß den 
Ertragstafeln vielleicht beſſer ein ſelbſtändiger Abſchnitt 
gewidmet worden wäre. Dann hätte das 2. Kapitel 
etwa ſo gegliedert werden können: 

a. Ermittelung des Zuwachſes normaler Beſtände 
während ihrer ganzen Lebensdauer; d. i. Auf⸗ 
ſtellung von Ertragstafeln; 

b. Zuwachsermittelung an einzelnen Beſtänden für 
gewiſſe Zeitabſchnitte. 

Möge dem Buche auch in der neuen Geſtalt ein 
reicher Erfolg beſchieden fein! Wr. 


Hirſchbrunn. Eine Erzählung aus dem Wald von 
Ferdinand von Raesfeld. Berlin, P. Parey 
1916. 363 Seiten. Preis geb. 4 Mk. 

Zwiſchen Roſtock und der Inſel Rügen, nordweſt⸗ 
lich von Stralſund, zieht fich, vom Feſtlande durch 
mehrere „Bodden“ — Meeresarme und -Bujen — 
getrennt, die langgeſtreckte Halbinſel Zingſt hin. Deren 
breiteſte Stelle bedeckt ein etwa 5000 ha großer Staats⸗ 
forſt, der Darß. Dort lebte und wirkte bis zum Jahre 
1913 der Verfaſſer dieſer Erzählung, die als 5. Band 
der Jagdromane „Wild und Hund“) erſchienen ift, 
und mit der er fih ein Denkmal aere perennius ge- 
ſetzt hat. Denn wer ſich für das Leben und Treiben 
im Walde, wie es der Verwalter eines ſolchen Forſt⸗ 
bezirks in weltferner Einſamkeit führt, begeiſtern kann, 
der wird das Buch nur hochbefriedigt aus der Hand 
legen. Den Glanzpunkt bildet ohne Zweifel die Schil⸗ 
derung eines großen Waldbrandes im 12. Kapitel, 
mit dem die Aufdeckung eines zuvor verübten Ver⸗ 
brechens, Ermordung eines Förſters durch Wilddiebe, 
vielleicht etwas zu künſtlich verknüpft iſt. Nicht weniger 
als die Naturſchilderungen nehmen die ſcharf und klar 
gezeichneten handelnden Perſonen mit ihren teils er⸗ 
ſreulichen, teils tragiſchen Schickſalen das Intereſſe 
des Leſers in Anſpruch. Wr. 


Deutſchlands und Oeſterreich⸗ Ungarns Holz: 
zollpolitik vor, während und nach dem 
Kriege von Prof. von Mammen. Dresden und 


1) Vgl. die lit. Berichte im Septemberheft 1914, S. 298 
und im Februarheft 1916, S. 42. 


Leipzig, Verlag, „Globus“, Bibliothek für Bolte: 
und Weltwirtſchaft. Herausgegen von Prof. F. von 
Mammen. 1916. Heft 9. 

Das Heft behandelt eine Frage, der ein großer 
Teil unſerer Fachgenoſſen ferner ſteht und die z. 3t. 
völlig im Fluſſe iſt; es iſt ein Sonderabdruck aus der 
Wochenſchrift „Silva“ aus dem Jahre 1915 über daz 
Thema: Deutſchlands und Oeſterreich⸗Ungarns Hol; 
zollpolitik vor, während und nach dem Weltkriege.) 

Die Holzzollpolitik beider Reiche vor dem Welt: 
kriege wird ſkizziert unter Beigabe des nötigen ſtatiſtiſchen 
Grundlagematerials. 


— 8 


Es geht aus den Zahlen die 


bekannte Tatſache hervor, daß das Deutſche Reich für 
Holz ein Haupteinfuhrland, Oeſterreich⸗Ungarn ein 


Exportland iſt. 
Holz im Deutſchen Reiche 350 Mill. Mk. im Wert, 
die Mehrausfuhr Oeſterreich⸗Ungarns 212 Mil. 
Deutſchlands Ausfuhr und Oeſterreichs Einfuhr om 
Holz find dem gegenüber gering. So verſchieden gr 
lagerte Intereſſen haben eine verſchieden geſtaltele 
Holzzollpolitik zur Folge. Das Deutſche Reich hat 
auf Holz einen je nach dem Grade der Verarbeitung 
abgeſtuften Einfuhrzoll, der für Rohholz allerdings jehr 
gering iſt. Schutz der heimiſchen Induſtrie war das 


1913 betrug die Mehreinfuhr an 


Hauptmotiv bei der Feſtlegung der deutſchen Holzzölle. 


Oeſterreich⸗Ungarn bedarf wie aus feiner ſtarken Hol: 
ausfuhr hervorgeht keiner Einfuhrzölle, da das Roh: 


produkt dort in großem Umfange und billiger als bei 
uns zu finden ift. Ausfuhrzölle beſtehen in dem jetzigen 


Rahmen der Zollgeſetzgebung beider Länder nicht. Als 
Finanzzoll betrachtet bringt der Holzzoll dem Teutſchen 
Reiche eine nicht unerhebliche Einnahme; Oeſterreich⸗ 
Ungarn hätte aus einem Holzeinfuhrzoll keinen großen 
Gewinn. Nach Sortimenten gegliedert zeigt die Handels: 
ſtatiſtik folgende wichtige Tatſachen: 

Das Deutſche Reich zeigt eine ſtetig zunehmende 


— — 


Mehreinfuhr an Rohholz, Oeſterreich darin eine! 


gleichbleibende Ausfuhr. Oeſterreich⸗Ungarns Schnitt: 
holzausfuhr ift von 1905 — 18 ebenfalls ziemlich gleich 
groß, während die Einfuhr in das Deutſche Reich flies; 
daraus leiten unſere Sägeinduſtriellen ab, daß die 
Spannung zwiſchen unſerem Schnittholzzoll und Rob 
holzzoll noch nicht ausgiebig genug ift. Die Einfuhr 
von Papierholz in das Deutſche Reich ift ſtark geſtiegen. 

Weiter iſt bemerkenswert, daß die Holz⸗Einfuhr in 
das Deutſche Reich, die 1905 noch zu 38,4% aus 
Oeſterreich⸗Ungarn kam, 1913 auf 27% zurückgegangen 
iſt, während Rußlands Beteiligungsziffer in demſelben 
Zeitraum von 36,4% auf 51,2% hinaufgegangen if 
Rußland lieferte uns mehr Rohnußholz, das doppelte 
an Schnittware, das vierfache an Zelluloſeholz zu 


1) Cf. die Notiz „Gegenüberſtellung des Deutſchen mad 
OefterrU gar. Zolltarifs“ in dieſem Heſte. 


287 


günſtigeren Preiſen als Oeſterreich⸗-Ungarn. Der Krieg laſſen können, daß dagegen in Oeſterreich, wo in den 
hat nun auf dem Gebiete der Holzzollpolitik mit der letzten Jahren verſchiedene Beſtrebungen auf Aenderung 
allgemeinen Umwälzung der Handelsbeziehungen fol⸗ der Holzzollpolitik ſich eifrig zur Geltung gus bringen 


a gendes gezeitigt. ſuchten, dieſe Frage zunächſt mit viel mehr Eifer be⸗ 
| Er hat alle Handelsbeziehungen zu den feindlichen trieben werden wird als bei uns. 
Machten auch formell abgebrochen, alle Handelsver⸗ Es iſt dies auch daraus Jerklärlich, als in der 


träge find aufgehoben und jeder ſucht durch Abſchneiden Handelsbilanz Oeſterreichs das Holz eine ganz andere 
des Bezugs wichtiger Güter den anderen zu ſchäͤdigen. | Rolle ſpielt als bei uns. 1918 ſteht das Holz in der 
I England auch die abſolute Blockade unſerer Häfen Statiſtik der öſterr. Ausfuhr dem Werte nach an erſter 
nicht gelungen, ſo iſt der Warenverkehr auf dem Welt⸗ Stelle mit 1/10 der Geſamtausfuhr. Die Ausführungen 
meer durch die Minengefahr und das Recht auf über Wirtſchaſtsgemeinſchaft, Zollunion und andere 
ktonterbandebeſchlagnahme faſt völlig lahm gelegt. Das Arten mehr oder weniger ſtarker handelspolitiſcher 
Deutſche Reich hat mit Kriegsbeginn wegen der relativen Annäherungen hat Verf. unter Heranziehung der bis 
Knappheit unſerer ſofort greifbaren Holzbeſtände die zur Veröffentlichung erſchienenen, wichtigeren Ab⸗ 
dolzausfuhr und die Ausfuhr von Gerbſtoffen verboten. handlungen zuſammengeſtellt und dann die Ten⸗ 
Oeſterreich hat feine urſprünglich eingeführten denzen der Holzzollpolitik beider Staaten klar ge⸗ 
Holzausfuhrverbote, nachdem Italien und der Oſten gelegt. 
für ſeine Holzausfuhr geſchloſſen wurden, ſehr gemildert Verf. hat, um dieſe Frage zu betrachten, zunaͤchſt 
und ſo iſt die Ausfuhr nach dem Deutſchen Reiche faſt die Veröffentlichungen über das zu erwartende Ver⸗ 
völlig aufrecht erhalten geblieben. Für die Gerbſtoffe hältnis in den wirtſchaftlichen Beziehungen beider 
und mechaniſch und chemiſch bereiteten Holzſtoffe hat Länder kritiſch beſprochen und dann aus den Tendenzen, 
das Deutſche Reich Freiheit von Einfuhrzöllen einge⸗ die ſich in den um die Holzzollpolitik intereſſierten 
führt, wodurch die Einfuhr dieſer Stoffe aus neutralen Kreiſen in jüngſter Zeit zeigten, herausgearbeitet, in 
Ländern begünſtigt werden ſoll. Als unbedingte Bann⸗ welcher Richtung hin, die Holzzollpolitik beider Reiche 
ware hat das Deutſche Reich Grubenholz erklärt. Die gehen wird. Zunächſt werden nach dem ſiegreichen 
wichtigſte Frage iſt die Geſtaltung der Holzzollpolitik Friedensſchluſſe die allgemeinen handelspolitiſchen Streit: 
nach dem Kriege. Wenn ſich auch über die Geſtaltung fragen einer kühlen Abwägung bedürfen und in den 
unnſerer Wirtſchaftspolitik noch die divergierendſten für uns vorteilhaſten allgemeinen handels⸗ und zoll⸗ 
Wünſche kreuzen und auf dem Gebiete der Holzzoll⸗ politiſchen Grundſätzen werden dann auch die forſt⸗ 
politik nicht viel Beſtimmtes ſich ſagen läßt, ſo ſoll doch politiſchen Forderungen unter Hinblick auf unſere all: 
bier das vom Berf. Angeführte der Betrachtung em⸗ gemeine Wirtſchaftspolitik einzufügen ſein. Als Grund⸗ 
ppahlen werden. Im allgemeinen können wir feſtſtellen, lage und zur Anregung für ſolche Erwägungen ſei 
daß wir dieſe Frage mit Ruhe an uns herankommen die Schrift warm empfohlen. Dr. Wimmer. 


hart 


© Briefe 


t ; 


J Aus Preußen. der bezeichneten Prüfung nachweislich ſpäter ftattge- 
5 Aus den preußijchen Honſtvenwaltung. funden hat. 


Grundſätze über Anrechnung des Kriegs— 2. Mittleren und Kanzleibeamten wird bei Feſt⸗ 
\ | u. f das Dienſtalter d er Staats: ſtellung des Dienſtalters, welches für ihre Berufung 
- ne zur erſten etatsmäßigen Anſtellung in Betracht kommt, 


{ die Zeit ihres Kriegsdienſtes inſoweit angerechnet, als 
Auf Grund Allerh. Ermächtigung hat das Staats- ſie infolge des Kriegsdienſtes die Befähigung zur Be⸗ 


miniſterium nachſtehenden Beſchluß gefaßt: kleidung des betr. Amtes nachweislich ſpäter erlangt 
1. Höheren Beamten, bei denen die Fahigkeit zur haben. | 
kleidung ihres Amtes von dem Beſtehen einer Brit: 3. Wo auch für Unterbeamte die erſte etatsmäßige 


fung abhängt, wird bei Beſtimmung des Dienſtalters, ſo⸗ Anſtellung von dem Beſtehen einer Prüfung abhängt 
jern biefelbe gemäß dem Zeitpunkte des Beſtehens der oder wo für die Beförderung in eine höhere Stelle das 
Prüfung zu erfolgen hat, die Zeit ihres Kriegsdienſtes Beſtehen einer Prüfung erforderlich ift, wird den B. 
ſowett angerechnet, alg infolge derſelben die Ablegung | amten die Zeit ihres Kriegsdienſtes auf das für di 


288 


Anſtellung oder Beförderung maßgebende Dienftalter 
inſoweit angerechnet, als infolge des Kriegsdienſtes die 
Prüfung nachweislich ſpäter abgelegt worden iſt. 

4. Bei allen Beamten ift auf das Diätariatsdienſt⸗ 
alter die Kriesdienſtzeit inſoweit anzurechnen, als durch 
ſie der Beginn der diätariſchen Beſchäftigung nachweis⸗ 
lich verzögert iſt. 

5. Anwärtern, welche nach Ableiſtung des Probe⸗ 
oder Vorbereitungsdienſtes ohne weiteren Nachweis ihrer 
Befähigung zur erſten etatsmaͤßigen Anſtellung ge⸗ 
langen, wird bei dieſer Anſtellung diejenige Zeit des 
Kriegsdienſtes auf das Beſoldungsdienſtalter angerech⸗ 
net, um die ihre Anſtellung nachweislich ſpäter er⸗ 
ſolgt iſt. , 

6. Wenn die Anſtellung oder Beförderung nach der 
Reihenfolge der Anwartſchaft erfolgt und die Anſtellung 
oder Beförderung nach der Anwartſchaft, wie ſie ſich 
nach den vorſtehenden Beſtimmungen ergibt, zu einem 
früheren Zeitpunkte erfolgt wäre, als ſie tatſaͤchlich 
ſtattgefunden hat, ſo wird das Beſoldungsdienſtalter 
ſo feſtgeſetzt, wie es im Falle der Anſtellung oder Be⸗ 
förderung zu dem früheren Zeitpunkt beſtimmt wor⸗ 
den wäre. 

7. Ueber etwaige Anrechnungen auf das Beſol⸗ 
dungsdienſtalter, die durch die vorſtehenden Beſtim⸗ 
mungen nicht getroffen ſind, entſcheidet der Verwal⸗ 
tungschef im Einvernehmen mit dem Finanzminiſter. 

8. Kriegsdienſt im Sinne dieſer Beſtimmungen iſt 
der Dienſt bei dem Heere, der Marine, den Schutz⸗ 
truppen vom Tage der Mobilmachung bis zur Demobil⸗ 
machung, oder der Dienſt bei der Krankenpflege, ſofern 
er auf Grund einer auch für den Etappendienſt über⸗ 
nommenen Verpflichtung erfolgt, ſowie der Dienſt der 
für die Verwaltung der beſetzten fremden Landesteile 
zur Verfügung geſtellten Beamten. Dem Kriegsdienſt 
iſt auch die Zeit gleich zu rechnen, während der ein 
Kriegsteilnehmer der vorbezeichneten Art infolge ſeiner 
Geſundheitsſchädigung oder aus ſonſtigen Gründen über 
die Demobilmachung hinaus beim Heere uſw. zurück⸗ 
gehalten werden ſollte. 

9. Dem Kriegsdienſte kann bis zum Höchſtmaße 
von 9 Monaten hinzugerechnet werden die Verzögerung, 
die eintritt: 

a) infolge einer im Kriegsdienſte erlittenen oder 
über die Zeit nach Beendigung des Kriegsdienſtes 
hinaus wirkenden, mit Arbeitsunſähigkeit verbundenen 

Geſundheitsſchädigung; 
b) bei denjenigen Kriegsteilnehmern, die ohne Aus- 
bruch des Krieges innerhalb eines Jahres ſeit ihrer 
Einberufung zum Kriegsdienſte zu einer vorgeſchriebenen 
Prüfung hätten zugelaſſen werden können, infolge der 
durch den Kriegsdienſt verurſachten Einbuße in der 


— — ——— — — ' — — —— . — — L ⁰⁰ —— — . 


Beherrſchung des zu dieſer Prüfung erforderlichen 
Lernſtoffes. 

10. Die Anrechnung findet nur ſtatt, ſofern der 
Beamte unmittelbar nach Beendigung des Kriegs⸗ 
dienſtes oder der Schulzeit fih dem demnächft ergriffenen 
Berufe im Staatsdienſte oder der Vorbereitung bafür 
zugewendet hat. Wie weit im Falle eines ſpaͤteren 
Berufswechſels eine Anrechnung ſtattfinden kann, ent: 
ſcheidet der Verwaltungschef im Einvernehmen mit dem 
Finanzminiſter. Eine Anrechnung von Kriegsdienſt 
findet auch zugunſten von Höheren und mittleren 
Staatsbeamten ſtatt, die als ehemalige aktive Offiziere 
ſich unmittelbar nach Beendigung des Krieges oder 
ihrem früheren Ausſcheiden aus dem Militär⸗, Marine⸗ 
oder Schutztruppendienſte oder der nachfolgenden Schul⸗ 
zeit der höheren oder mittleren Beamtenlaufbahn ader 
der Vorbereitung dafür zugewendet haben. 


* * 
* 


Anbau von Raps auf Eichenſchälwalb— 
ſchlägen. | 


Der Minifter für Landwirtſchaft, Domänen und 
Forſten hat unter dem 12. Juli d. J. angeordnet, 
daß in den Staatsforſtrevieren Eichenſchälwaldflächen, | 
welche fih für den Rapsanbau eignen, in dieſem Herbfte | 
mit Winterraps beftellt werden ſollen, ſowie daß, wenn 
in der Nähe von Staatsforſtrevieren oder Kgl. Do⸗ 
mänen geeignete Cichenſchälwaldſchläge von Gemeinden, 
Genoſſenſchaften, Stiftungen oder Privaten, deren Be- 
ſitzer die Beſtellung mit Raps nicht ſelbſt ausführen 
wollen oder können, die Anpachtung zwecks Nutzung 
auf Raps von der Forſtverwaltung in Erwägung ge 
zogen werden ſolle. Es wird zugleich ein Ausſchreiben 
des Kriegsernährungsamtes mitgeteilt, dem wir folgen: 
des entnehmen. 

„Der beſtehende Mangel an Fetten und Oelen 
macht es erforderlich, alle für eine nachhaltige Behebung 
derſelben ſich eignende Quellen fo vollkommen als 
möglich zu erſchließen. Neben einer allgemeinen Ver⸗ 
mehrung des Anbaues von Oelpflanzen eröffnet fid 
im Bereiche der Forſtwirtſchaft die Möglichkeit, durch 
eine ausgiebige Heranziehung der diesjährigen Eichen⸗ 
ſchälwaldſchläge zum Anbau von Raps zur Steigerung 
der Oelproduktion weſentlich beizutragen. Auf Grund 
der in den Kgl. Bayriſchen Staatsforſten der Pfalz 
in den beiden letzten Jahren gemachten günſtigen Er⸗ 
fahrungen ift eine alsbaldige Inangriffnahme größere! 
Anbauflächen auf alle geeigneten Böden des Eichen- 
ſchälwaldbetriebes nach Maßgabe der verfügbaren 
Vorräte an Saatgut in Ausſicht zu nehmen. Die 
deutſche Eichenſchälwaldfläche beträgt annahernd hier 
250 000 ha. Da in den Hauptverbreitungsgebieten 
des Eichenſchälwaldes größtenteils auch die klimatische 


— . —— — —— 


— —— 


289 


Bedingungen für das Gedeihen des Rapſes gegeben 
ſind, ſo darf nach Abzug aller nach Lage und Boden 
oder aus ſonſtigen Gründen minder geeigneten Flachen 
auf eine anbaufähige Flache von beachtenswerter Größe 
gerechnet werden. 


Für den Anbau und die künftige Sicherſtellung 
der Ernte ſind folgende Geſichtspunkte zu beachten. 


1. Die klimatiſchen Vorbedingungen find als 
gegeben zu erachten, wenn der Boden einen gut ent⸗ 
wickelten Eichenſchälwaldbeſtand getragen hat. Hierher 
wird in erſter Linie die Mehrzahl der weſt⸗ und ſüd⸗ 
deutſchen Schälwaldgebiete mit einer mittleren Jahres⸗ 
temperatur von 8 — 10 Celſius und ſonnenſeitigen 
Lagen bis zu 400 m Höhe zu rechnen fein. 


2. Hinſichtlich der Bodenbeſchaffenheit bean⸗ 
ſprucht der Raps einen lockeren, hienreichend friſchen 
mit Humus gemiſchten, mineralkräftigen Boden. Nach 
dem in den Hauptverbreitungsgebieten des Eichenſchäl⸗ 
waldes vornehmlich vertretenen Grundgeſtein (Ton- 
ſciefer, Grauwacke, Kohlenſandſtein, Rotliegendes, 
Buntſandſtein, Kalk, Porphyr u. a.) ift ein hinreichender 
Mineralgehalt meiſt vorhanden. Der Verwitterungs⸗ 
boden ſelbſt befindet ſich, ſofern nur der Vorbeſtand 
twreihend beſtockt war, in der Regel in günſtiger 
Verfaſſung, iſt reich an Stickſtoff und neigt in den 
auf den Abtrieb folgenden erſten Monaten noch wenig 
zu Unkrautwuchs. Eine nicht oder minder reichliche, 
loje Steinmengung ift dem Gedeihen des Rapſes nicht 
hinderlich. 


3. Die Kultur des Rapſes iſt auf allen Böden 
dieſer Art verhältnismäßig leicht und ſicher. Eine 
Düngung iſt nicht erforderlich. In den meiſten Fällen 
genügt eine Auflockerung des Bodens mit eiſernen 
Rechen, unter ſchwierigeren Verhaltniffen unter Zuhilfe⸗ 
nahme eines dreizinkigen Karſtes. Der Auflockerung 
muß die Cinſaat, welche am beſten breitwürfig mit 
8-10 kg auf 1 ha ausgeführt wird, unmittelbar 
folgen. Der Samen wird alsdann mit eiſernen Rechen 
leicht eingekratzt. 

4. Die Koſten des Anbaus ſind gering. Boden⸗ 
arbeit, Ausſaat und Bedecken des Samens können auf 
etwa 20 Mk., der Wert des Saatgutes auf 5 Mk. 
geſchätzt werden. 


5. Der Ernteertrag kann bei mäßiger Schätzung 
auf ca. 25 Zentner Körner, 40 Zentner Stroh und 
8 Zentner Schoten veranſchlagt werden. 


6. Für den Erntevollzug iſt die richtige Be⸗ 
meſſung der im allgemeinen auf Ende Juni bis Wn: 
fang Juli fallenden Erntezeit von weſentlicher Bedeu- 
tung. Der Samen darf nicht zu reif ſein, da ſonſt 
beim ome Verluſte eintreten. 

916 


7. Was die dem Rapsbau drohenden Schäden 
(ungünſtiger Winter, Erdfloh, Glanzkäfer, Pilzer⸗ 
krankangen) anbetrifft, ſo ſind dieſe bei dem Anbau auf 
Schälwaldflächen nicht größer als bei feldmäßigem 
Anbau. Was den Schaden durch Wild anbelangt, ſo 
wird dieſem durch verſtärkten Abſchuß und Abwehr⸗ 
maßnahmen (Verlappen, Verwittern) entgegenzutre- 
ten ſein. | 

8. In forſtwirtſchaftlicher Beziehung ift der 
Rapsanbau als einmalige Nutzung auf friſchen Schäl: 
ſchlaͤgen unbedenklich. 


Für die Organiſation der Nutzung werden 
verſchiedene Wege, je nach dem Beſitzſtand und den 
beſonderen wirtſchaſtlichen Verhältniſſen, einzuſchkagen 
ſein. Die bei verhältnismäßig geringen Anbaukoſten 
zu erwartenden günſtigen Ernteerträgniſſe laſſen die 
Uebernahme des Anbaues durch den Waldbeſitzer ſelbſt 
als in erſter Linie geeignet erſcheinen. In den Kron 
und Staatsforſten, ebenſo in allen der Staatsaufſicht 
unterliegenden Gemeinde- und Genoſſenſchaſtsforſten, 
ſowie in den Stiftungsforſten dürften weſentliche 
Schwierigkeiten dieſem Verfahren nicht entgegentreten. 

Auch für den Privatforſtbeſitz dürfte in den gin: 
ſtigen Ausſichten, die der Rapsanbau als lohnende 
Zwiſchennutzung an fih ſchon eröffnet, ein hinreichen⸗ 
der Anreiz gegeben ſein, wenn gleichzeitig für eine 
ſachgemäße Aufklärung durch alle beteiligten Behörden 
Sorge getragen wird. Inſoweit fh in dem Beſitz⸗ 
ſtand der Gemeinden, Genoſſenſchaften, Stiftungen und 
beſonders der Privaten Schwierigkeiten ergeben ſollten, 
wird zu erwägen ſein, inwieweit die Beſitzer dazu be⸗ 
ſtimmt werden können, ihre diesjährigen Schälſchläge 
gegen Gewährung eines angemeſſenen Pachtzinſes dem 
Staate behufs einmaliger Nutzung zu Rapsanbau zur 
Verfügung zu ſtellen. Weiterhin wäre auch die koſten⸗ 
freie Lieferung des Saatgules an Private in Betracht 
zu ziehen, wenn dieſe zur Ausſaat ſich verpflichten und 
bereit erklären, daß bei entſprechendem Ausfall der 
Ernte die vorgelegten Koſten des Saatgutes erſtaltet 
werden. 


Was endlich die Einbringung der Ernte 
anbetrifft, fo wird beſonders für die Kron- und Staats: 
forſten, erforderlichenfalls auch für die Gemeinde- und 
Genoſſenſchaftsforſten, ſowie auf den im Privatbeſitz 
vom Staat in Pachtung genommenen Schlägen, der 
flächenweiſe Verkauf auf dem Halme zur Selbſtge⸗ 
winnung durch den Käufer zu empfehlen fein. 

Ueber die Zuleitung der naͤchſtjährigen Gamencrite 
an die Oelmühlen, die weitere Verwendung des ge⸗ 
wonnenen Oels und der Oelkuchen wird der Erlaß 
beſonderer Beſtimmungen vorbehalten. 

l * . 


1 
39 


290 


Verſtärkung des Wildabſchuſſes und 

| MWildverwertung. 

Durch Erlaß des Miniſters für Landwirtſchaft 
Domänen und Forſten vom 25. Juni 1916 werden 
die Kgl. Regierungen wiederum angewieſen, mit allen 
Mitteln auf einen verſtärkten Abſchuß von Wild hin: 
zuwirken, um dadurch der jetzigen Fleiſchknappheit, ſo⸗ 
weit die vorhandenen Wildbeſtände dies ermöglichen, 
abzuhelfen und um gleichzeitig eine wirkſame Vermin⸗ 
derung des Wildſchadens herbeizuführen. 

Die für Wild feſtgeſetzten Höchſtpreiſe haben die 
Wirkung gehabt, daß Wild den Städten kaum noch 
zugeführt wird. Es wird daher beſtimmt, daß bis auf 
weiteres das in den preußiſchen Staats forſten unter 
Adminiſtrationsaufſicht zur Strecke gebrachte Rote, 
Dam⸗ und Schwarzwild, ſoweit dieſes nicht von den 
Forſtbeamten zur Verwendung im eigenen Haushalt 
übernommen oder an Lazarette abgegeben wird, und 
ſoweit dem nicht etwa rechtsverbindliche Abkommen 
entgegenſtehen, den Gemeindeverwaltungen der näch⸗ 
ſten größeren Städte angeboten und auf deren Wunſch 
zu den in der Bekanntmachung des Herrn Reichs⸗ 
kanzlers vom 30. Dezember 1915 feſtgeſetzten Höchſt⸗ 
preiſen zuzüglich etwaiger Transportkoſten überlaſſen 


waltungen ſich verpflichten, das ſo erworbene Wildbret 
an die minderbemitielte Bevölkerung in einer der Ber- 
teilung an möͤglichſt viele Haushaltungen gewähr⸗ 
leiſtenden Weiſe ohne Gewinn weiter zu verkaufen. 


+ * 
* 


Sammlung der Früchte des Weißdorns. 

In Berlin hat ſich eine gemeinnützige Geſellſchaft 
unter Kapitalbeteiligung von Reich und Staat ge⸗ 
bildet, deren Zweck die Gewinnung und Verwendung 
der Früchte des Weißdorns für ein Kaffee⸗Erſatz⸗ 
mittel iſt. Die Geſellſchaft führt die Bezeichnung 
„Kriegsgeſellſchaſt für Kaffee⸗Erſatz, G. m. b. H.“ und, 
hat ihren Sitz in Berlin W. 66. 

Wie in einem Erlaß des Miniſters des Innern 
vom 21. Juli d. J. ausgeführt wird, läßt die Gefell: 
ſchaft aus den Früchten des Weißdorns nach einem 
beſonderen, nur in größeren Betrieben durchführbaren 
Verfahren ein Kaffee⸗Erſatzmittel herſtellen, das ſo⸗ 
wohl in geſundheitlicher Hinſicht wie in Bezug auf 
den Geſchmack allen Anforderungen an einen guten 
ſchmackhaften und preiswerten Kaffee⸗Erſatz entſpricht. 
Im dringenden öffentlichen Intereſſe liegt es, daß die 
Früchte des Weißdorn in dieſem Jahre in möglichſt 
weitem Umfange für die gen. Geſellſchaft geſammelt 
und zur Gewinnung von Kaffee⸗Erſatz nutzbar gemacht 
werden. Denn die Menge an Kaffee⸗Erſatzmitteln, 
die aus Weißdorn hergeſtellt wird, kommt in Anrech⸗ 


nung auf die aus Gerſte und Brotgetreide herzuſtel⸗ 
lende Menge von Kaffee⸗Erſatz. Je mehr Kofe- 
Erſatz aus der Weißdornfrucht gewonnen wird, defo 
weniger Gerſte und Brotgetreide wird für dieſen Zmed 
verbraucht. 

In jedem Landkreiſe ev. in den Stadtkreiſen, in 
denen Weißdorn in nennenswerter Menge vorkommt, 


ſoll eine Kreisſammelſtelle, in Landkreiſen fer: 


ner Ortsſammelſtellen eingerichtet werden. Die 
Leiter der Ortsſammelſtellen werden von den Ort: 
vorſtehern, Gemeinde: und Gutsvorſtehern oder Bir: 
germeiſtern ausgewählt. Den einzelnen Sammlern wird 
für je 1 kg luftgetrockneter Früchte ein Sammellohn 
von 20 Pf. gewährt. Die Ortsſammelſtelle 
hat die Bevölkerung zum Sammeln der Weißdorn⸗ 
früchte anzuregen, die geſammelten Früchte ordnungs⸗ 
gemäß aufzubewahren und in Säden nach dem von 
der Kreisſammelſtelle angegebenen Ort zu befördern. 
Für feine Tätigkeit erhält der Leiter der Kreis: und 
der Ortsſammelſtelle eine Vergütung von 2 Mk. für 
je 100 kg luftgetrockneter Früchte. Die Kreis⸗ 
ſammelſtel le leitet die Werbetätigkeit für das Sam: 


meln im Kreiſe, überwacht die Ortsſammelſtellen und 
vermittelt den Verkehr mit der Geſell ſchaft. Sie prült 
wird. Vorausſetzung ift dabei, daß die Gemeindever⸗ die von den Ortsſammelſtellen aufgenommenen Früchte 


auf Ordnungsmäßigkeit der Ware, beſorgt die Mb: 
nahme und bewirkt die Verſendung an die ihr von 
der Geſellſchaft aufgegebenen Stellen. 


In der für den Leiter der Ortsſammelſtelle ange 


ſetzten Vergütung iſt das Entgelt für die Beförderung 
der geſammelten Früchte nach der nächſten, nicht mehr 
als 5 km entfernten Eiſenbahnſtation oder ſonſtigen 


von der Kreisſammelſtelle bezeichneten Stelle enthalten, 


ebenſo ift in der Vergütung der Kreisſammelſtelle das 
Entgelt für die Aufbewahrung der derſelben zugeführ: 
ten Früchte und deren Abtransport nach dem nächſten 
Güterbahnhof einbegriffen. 


| Aus Bayern. 
Honſtliches Hontbildungsweſen. 


Die durch minifterielle Entſchließung vom Jahre 
1913 im Intereſſe der Fortbildung angeordneten Zuſam⸗ 
menkünfte der Forſtverwallungsbeamten und die forftli: 
chen Reiſen haben durch den ſchweren Krieg in den Jahren 
1914 und 1915 eine Unterbrechung erfahren. Nun 
find neuerdings forſtliche Zuſammenkünfte angeordnet 
worden, infolge deffen kürzlich eine ſolche für den Re 
gierungsbezirk Oberfranken in Bayreuth abgehalten 
wurde. Der Einladung durch die Regierungs gorit 
kammer hatten beiläufig 60 Forſtverwaltungsbeamte 
Folge geleiſtet. In der unter dem Vorſitz des Kal 
Regierungspräſidenten von Brenner und unter 


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— 


291 


Leitung des Kgl. Regierungsdirektors Neblich am 
erſten Tage abgehaltenen Sitzung wurden von ver⸗ 
ſhiedenen Berichterſtattern zeitgemäße Fragen eingehend 
behandelt, ſo von Direktor Neblich in ausführlicher 
Beife die durch den Krieg veranlaßten Maßnahmen 
der Forſtverwaltung, namentlich die weitgehende Unter⸗ 
ſützung der Landwirtſchaft uſw. Außerdem wurde 
berichtet über Holzverwertung während der beiden 
Kriegsjahre, über Harznutzung, über Gerbrindege⸗ 
vinnung und über eine in dem nahe gelegenen Forſt⸗ 
amte Glashütten vorgekommene ſehr bedeutende Wald⸗ 
verheerung durch eine Windhoſe vom 3. Januar 1916, 
durch die beil. 50 000 Fm ſchönſten Fichten⸗ und 
Tannenholzes geworfen wurden. An die Vorträge der 
Lerichterſtatter ſchloſſen ſich ſehr belebte Beſprechungen 
m, die noch ſehr viel Anregendes brachten. Am 2. 
Tage wurde das Windbruchgebiet des Forſtamts Glas- 
hütten beſucht mit lebhafter Erörterung der getroffenen 
forſttechniſchen Maßnahmen. 

Solche Zuſammenkünfte haben zweifellos ſehr gro⸗ 
zen Wert, da neben dem Intereſſe, das die Vorträge 
und Verhandlungen bieten, die gegenſeilige vertrauliche 
Ausſprache der Fachgenoſſen eine Fülle von Anregungen 
mit ſich bringt. 

Die forſtliche Zentralſtelle unterſtützt die Sache durch 
Gewährung der ordnungsmäßigen Tagegelder und Reiſe⸗ 
loften an die Teilnehmer. Für Bayern liegt noch eine be: 
ſondere Bedeutung darin, daß mit Ausnahme der Pfalz 
örtliche Forſtvereine nicht beſtehen, die ja auch ſehr geeinet 
find, ſolche Tagesfragen fruchtbringend zu erörtern. 


= 


Aus Baden. 


Derjchiedene Kriegsmaßnahmen. 

Zu den unter vorſtehender Spitzmarke in dieſem 
Aakte bereits gebrachten Mitteilungen dürften die 
nachſtehenden Angaben allgemeines Intereſſe verdienen. 
Mit Rückſicht auf den dringenden Bedarf hat die 
Dorſt⸗ und Domänen⸗Direktion in verſchiedenen Er: 
lafen febr nachdrücklich darauf hingewieſen, in den 
Domanial⸗ und beförſterten Gemeindewaldungen die 
zur Bereitung von Papier und Holzwolle geeigneten 
Nadelholz-Rollen⸗ und Prügel nach Möglichkeit aus⸗ 
zjuformen und zu gewinnen. Einer beſonderen Muf- 
merkſamkeit empfohlen iſt die Herrichtung von Gruben⸗ 
hölzern, die auch außer dem Wirtſchaftsplane und ohne 
Ridficht auf eine geordnete Hiebsfolge geliefert werden 
ipt um die notwendige Kohlenförderung fider zu 
ellen. 


Der Schkwierigkeit der Geſpannsbeſchaffung ſoll 
unter beſonders ſchwierigen Umſtänden durch militäriſche 


Maßnahmen entgegengewirkt werden. Auf die dringende 
Nachfrage nach Eſchen und Erlenſtammhölzern ift 


bietet. 


nachdrücklich aufmerkſam gemacht. Der Landwirtſchaft 
wird weitgehendes Entgegenkommen bezüglich der Stren, 
Gras: und Weidenutzung zugeſichert und ein beſonderes 
Gewicht gelegt auf die im Vorjahre bereits zugelaſſene, 
aber ſo gut wie nicht beachtete Gewinnung von grü⸗ 
nem Laubfutter und von Laubheu, das bei richtiger Be⸗ 
handlung einen ſehr brauchbaren Erſatz für Rauhfutter 
für Pſerde, Rindvieh, Schafe, Ziegen zu liefern vermag. 
Es iſt eine merkwürdige Erſcheinung, daß die einheimiſche 
Landbevölkerung dieſem Futtererſatz ſo wenig Gegenliebe 
Vielleicht hilft die wiederholte Anregung und 


namentlich auch die Verbreitung der veröffentlichten 


ſehr ausführlichen Anleitung für die Zubereitung des 
Laubheus in dieſem Jahre zu einer vermehrten Bereit⸗ 


ſtellung. Die Gewinnung von Fichtenrinde iſt beſon⸗ 


ders empfohlen und hierbei darauf aufmerkſam gemacht, 
die im Winter gefällten Stämme mit Eintritt der 
Saftzeit zu ſchälen, außerdem auch die Schnitzrinde 
zu benützen. Zur Einleitung des im ganzen Deutſchen 
Reich eingeführten Harzens fand anfangs April im 
Großherzoglichen Wildpark bei Karlsruhe und ſpäter 
an einigen anderen Orten eine Vorführung der vorbe⸗ 
reitenden Arbeiten, Nöten der Stämme und Anlage 
von Grandeln ſtatt. Dieſe Arbeiten ſind ſehr energiſch 
in den Staats⸗ und beſörſterten Gemeinde und Stif⸗ 
tungswaldungen durchgeführt worden. Allein gegen 
Erwarten zeigt ſich jetzt im letzten Drittel vom Mai 
trotz der gut warmen Witterung nur ein fehr mäßiger 
Harzfluß. Als neue Nebennutzungen haben ſich ergeben 
das Sammeln von bisher wenig oder gar nicht beach⸗ 


teten Arzneipflanzen als Kamillen, Linden⸗,Königskerzen⸗ 


blüten uſw. Auch das von jeher in Waldgegenden 
zum Viehfutter benützte Heidekraut, deſſen Verwendung 
zu einem gefunden Tee auf S. 123 / 1916 dieſes Blattes 
empfohlen iſt, ſoll im Großen durch Vermahlen der 
Spitzen zu einem Futtererſatzmittel verarbeitet werden. 
Es iſt wirklich ſtaunenswert, welche bis jetzt unbekannten 
Werte dem deutſchen Wald entnommen werden können. 
Als ſehr beachtenswert iſt empfohlen die Verwer⸗ 
tung eingeſammelter Maikäfer zu Hühner⸗, Schweine⸗ 
und Fiſchfutter, auch beabſichtigt die badiſche Land⸗ 
wirtſchaſtskammer in der Zuckerfabrik Waghäuſel Mai- 
käfer im großen zu trocknen und zu verwerten. Für 
den Doppelzentner lufttrockener Maikäfer werden 5 
Mark angeboten. Hierbei möchte darauf aufmerkſam 
gemacht werden, daß die empfohlene Tötung der Mai⸗ 
käfer durch kochendes Waller umftändlich, koſtſpielig 
und u. U. feuergefährlich ift, während ein ſehr ein⸗ 
faches, in der bayr. Pfalz (Bienwald) längſt gut er⸗ 
probtes Verfahren darin beſteht, die geſammelten Käfer 
in ein leeres Petroleumfaß einzufüllen, die vorher ein⸗ 
geſchnittene Oeffnung, nach Zugießen von beiläufig / 
Liter Schwefelkohlenſtoff, dicht zu verſchließen 
39* 


~ 


293 


worauf die heftig krabbelnden Käfer in beil. 5 Minuten gung ihrer Ueberſchreitung ift das guftdndige Forft: | 


zuverläſſig alle getötet find. 

Zur Ausſaat der ſo vielfach zum Anbau empfohlenen 
Sonnenblumen auf unbeſtellten Saatſchulflächen und 
Kompoſthaufen innerhalb der Waldungen ift etwas 
Samen verteilt worden. 

In jagdlicher Hinſicht waren weniger bemerkens⸗ 
werte Aenderungen zu verzeichnen. Zunächſt wurde 
die Abminderung überhegter Wildftände unter Erinne⸗ 
rung an die bereis erlaſſenen Vorſchriften dringend in 
Erinnerung gebracht. Dann iſt durch das Miniſterium 
des Innern das Fuchsgraben allgemein für alle Jag⸗ 
den bis einſchl. 30. September l. J. verboten und 
durch die Forſt⸗ und Domänendirektion für die Selbſt⸗ 
verwaltungsjagden die Schonung von Fuchs, Marder, 
Iltis und Wieſel bis 30. September l. J. anbe⸗ 


fohlen worden für den Fall, als ein größerer Mäuſe⸗ 


ſchaden zu befürchten ſteht. Es war bereits als 
zuläſſig erklärt worden, die auf den 1. Febr. 1915 
leihfällig gewordenen Domänenjagden im Einverſtänd⸗ 
nis des Pächters unter den bisherigen Bedingungen 
um 1 Jahr zu verlängern. Dieſe Ermächtigung iſt 
für die am 1. Februar 1916 abgelaufenen Jagden 
in gleicher Weiſe erſtreckt worden, auch für ſolche Be⸗ 
zirke, deren Pachtvertrag bereits vom 1. Februar 1915 
auf 1 Jahr verlängert wurde. Ferner hat das Mi⸗ 
niſterium des Innern unterm 4. Februar 1916 die 
Ermächtigung erteilt, während des Kriegs pachtfrei 
werdende Gemeindejagden mit Genehmigung des Be⸗ 
zirksamtes auf ein bis zwei Pachtjahre aus der Hand 
an zuverläſſige Perſonen abzugeben, ſofern in jedem 
Einzelfalle zur Verhütung eines übermäßigen Ab⸗ 
ſchuſſes eine entſprechend bemeſſene Obergrenze des Ab⸗ 
ſchuſſes für die wichtigeren Wildarten (Rehwild, Haſen, 
Faſanen) feſtgeſetzt wird, deren Ueberſchreitung nur mit 
Zuſtimmung des Bezirksamts geſchehen darf. Vor 
Feſtſetzung der Obergrenze und vor jeder Genehmi⸗ 


amt zu hören. 


Aus Rumänien. 


Rolzlieſenungen für die Eiſenbahn. 

Die Lokomotiven der rumaͤniſchen Eiſenbahn wer⸗ 
den zum weitaus größten Teil mit Holz geheizt, und 
die Verſorgung mit dem nötigen Brennholz war der 
ſtetigen Preisſteigerung wegen mit den größten Schwie⸗ 
rigkeiten verbunden. 

In den letzten Tagen kam nun ein für die Eiſen⸗ 
bahnverwaltung außerordentlich günſtiger Vertrag zu 
Stande. Darnah wird die Staats = Forſtoverwaltung, 
vertreten durch Direktor Cudalbu, der Eiſenbahnver⸗ 
waltung jährlich ca. 20—30 000 Waggons!) Ciden: 
und Buchenbrennholz und einige 1000 fm Schwellen 
liefern. ö 

Als Preis für den Raummeter Brennholz — fret 
Verladeſtation — wurden 2.— Lei feſtgeſetzt, gegen: 
über einem ſolchen im Handel von 6 —8 Lei. Aud 
für die Schwellen wird der Preis nur die Hälfte bis 
ein Drittel des normalen betragen. | 

Sämtlihes Holz wird in ziemlich abgelegenen 
Staatswäldern geſchlagen und mittels noch zu erbauen: — 
der Waldeiſenbahnen bis zu den Stationen gebracht. 
So follen allein in dem Königl. Staatswald bein 
Cacuti, Diſtr. Bacau, an der Eiſenbahnlinie Mara: 
ſcheſti—Palanka, jährlich 200 000 fm Holz geſchlagen 
werden. 

Nur in ſo großem Maßſtab angelegte Hauungen 
vermögen eine Ausbeute der Transportſchwierigkeiten 
wegen rentabel zu machen, andererſeits müßte das Holz | 
ungenutzt verfaulen. Auf diefe Weife find in Ru ` 
mänien ſchon große Kapitalien für die Volkswirtſchaft | 
verloren gegangen und gehen noch verloren. F. 

1) Auf den Waggon (10000 kg) gehen je nach der Aus⸗ 
trocknung 20 —28 rm Buchenſcheiter. | 


Notizen. 


A. Legenüberſtelung des dentſchen und öſterreich.⸗ 
ungar. Zolltariſes. : 

In kürzeſter Zeit wird der Deutſch⸗Oeſterreich.⸗Un⸗ 
gariſche Wirtſchaftsverband in Berlin eine Gegenüber⸗ 
ſtellung des deutſchen und öſterreich.⸗ ungariſchen Zolltarifes ers 
ſcheinen laſſen. Der Verband hat unter Mitwirkung von Fach⸗ 
leuten und Zollbeamten die Poſitionen des öſterreich. ungar: 
Zolltarifes den gleichen Poſitionen des deutſchen Zolltarifes 
derart gegenuͤbergeſtellt, daß ſich ein überſichtliches Bild der 
in Deutſchland und Oeſterreich⸗Ungarn für die gleichen Waren 
erhobenen Zollſätze ergibt. Es iſt ferner bei jeder einzelnen 
Poſition eine Ueberſicht des Austauſchverkehrs der betreffenden 
Ware, der wechſelſeitigen Ein⸗ und Ausfuhr zwiſchen den beiden 


und es iſt zur Beurteilung der Grundlagen eines eventl. deutſch⸗ 


warten iſt, daß die Auflage bald vergriffen ſein wird. 


| 
Reichen beigefügt. — Dieſes deutſch⸗ öſterreichiſch-ungariſche 
Zollbuch iſt von größter Bedeutung als Nachſchlagebuch für 
jeden, der am Handelsverkehr der Zentralmächte intereſſtert if, 


öſterreich.⸗ungariſchen Gemeinſchaftstarifes unentbehrlich. Bel 
jeder Poſitlon ift Raum gelaſſen für Bemerkungen. Der Pres 
des Buches, von dem nur ein beſchränkter Vorrat hergeſtell 
wird, ſtellt ſich auf Mk. 5.— und es empfiehlt ſich, Bekel 
lungen der Geſchäftsſtelle des Deutſch⸗ Oeſterreich. 
ungar. Wirtſchaftsverbandes, Berlin W. 35, An 
Karlsbad 16, möglichſt umgehend zu übermitteln, da zu er 


— 


293 


B. Die Oktupation des Wildes. 

Gegen die unter dieſem Titel im Auguſthefte erſchienenen 
Ausführungen des Herrn Reuter, Bezirkstierarzt zu Nürn⸗ 
bere, find von verſchiedenen Seiten Einwendungen erhoben 
worden. Zu dem auf Seite 182 erwähnten Falle der Tötung 
und Aneignung eines Dachſes während der Schonzeit ſchreibt 
der als Sachverſtändiger vernommene Forſtbeamte folgendes: 
‚as Gutachter zu dieſem Falle kann ich Aufſchluß geben. 
Angeklagt war nicht der Jagd pächter, ſondern ein Hunde⸗ 
züchter aus Nürnberg, der den Jagdpächter erfucht gehabt hatte, 
tba wiſſen gu laffen, wenn er einen von Füchſen beſetzten Bau 
gefunden habe. Der Jagdpächter führte den Hundezüchter an 
den kefahrenen Bau und verſicherte ihm, daß er ſchon oft 
zühfe aus dieſem Bau gegraben habe. Als nun ein Dachs 
als Inſaſſe dieſes Baues von den Hunden erwürgt war, machte 
der Hundebeſitzer dem Jagdpächter den Vorſchlag, den Dachs 
einzugraben und über die Sache zu ſchweigen. Der Gundes 
deſitzer hat alfo den Dachs nicht okkupiert und auch nicht 
ottupteren wollen. Das Vergehen der unbefugten Okkupation 
ſeitens des Jagdpächters war im Zeitpunkte der land» 
gerichtlichen Verhandlung bereits verjährt. Der Hunde⸗ 
deſizer hat RA lediglich im Intereſſe feiner Hunde mit der 
Sache befaßt und das Gericht hat auf meine Begutachtung 
bin gefunden, daß der Hundebeſitzer keine ſtrafbare Hands 
lung begangen hat.“ 

Bon anderer Seite wird eine längere Reihe von Stellen 
des erwähnten Aufſatzes beanſtandet. Der Jagdberechtigte habe 
len Eigentumsrecht am Wilde (S. 181), ſondern nur 
das Redt der Aneignung — das ganz unnötige Fremd⸗ 
wort „Okkupation“ kennt das BSB. überhaupt nicht. Erle: 
gung von Wild während der Schonzeit ſei kein 
Jigdvergehen, hebe auch die Befugnis zur Aneignung nicht auf, 
werde aber als Jagdpolizei⸗Uebertretung beitraft. 
Auf der Grenzlinie verendetes Wild (S. 184) g:höre beiden 
Angrenzern gemeinſam oder je hälftig. Ueber Aneignung von 
abgeworfenen Gehörnen (S. 185) beſtänden in Oſtpreußen, 
Pommern, Braunſchweig uſw. zum Teil andere als die ange⸗ 
gebenen Beſtimmungen. Wilderer gut ſei allerdings herren⸗ 
los, dis es in den B. ſitz des Jagdberechtigten gelangt fei; 
ater ein Diebſtahl fet d-ffen Aneignung doch nicht. Wenn 
wildernde Hunde oder Katzen (S. 186) vom Jäger 
erlegt werden, hab: dieſer in Preußen allerdings nicht die 
Verpflichtung. das gelötete Tier 31 verſcharren, ſondern der 
Grundeigentümer. Anderwärts könne durch die Lande sgeſetz⸗ 
gebung abweichende Beltimmuug darüber, 3. B. zu Laſten des 
Hundebeſitzers, getroffen ſein. Die Ausführungen über ent⸗ 
laufene zahme und gezähmte Tiere, Feldtauben uſw. 
(S. 187) feien zum Teil unzutreffend und widerſprechend. Die 
Erlegung eingevarkten Wildes (S. 189) fei, wenn 
ſie nicht mit Aneignung verbunden werde, als Sachbeſchädigung 
zu beftrafen, 

Um eine etwaige Kontroverſe über ſolche juriſtiſche Fragen, 
die doch nicht Aufgabe dieſer forſtlichen Zeitſchrift ſein kann, 
zu vermeiden, habe ich einen mir befreundeten Richter, der zu⸗ 
gleich erfahrener Jäger iſt, darüber befrazt. Deſſen Urteil 
ging dahin, daß der Aufſatz im Auguſtheſt neden intereſſanten 
Erörterungen auch manche Punkte enthalte, die vom juriſtiſchen 
Standpunkt anfechtbar feien. Wr. 


C. Schriftlichkeit der Jagdpachtverträge. 
Urteil des Reichsgerichts. 
(Nachdr., auch im Auszug, verb.) 
Gemäß § 22 Nr. 1 der Jagdordnung bedürfen Pachtver⸗ 
träge mit Jagdgeno ſſenſchaften der Schriftform. Um die Frage, 


ob dieſe Form gewahrt iſt, handelte es fih in dem folgenden 
Rechtsſtreit, in welchem der Kläger als Pächter der Jagd in. 
den gemeinſchaftlichen Jagdbezirken U. und K. mit der Bee 
hauptung, der Beklagte habe die Pa htungen übernommen, und 
bec Kläger ihm feine Pachtrechte abgetreten, von dem Beklagten 
Befreiung von feinen Verpflichtungen aus den beiden über den 
Jagdpacht abgeſchloſſenen Verträgen und Zahlung des Pacht⸗ 
zinſes verlangt. Während Landgericht und Oberlande?⸗ 
gericht Düſſeldorf der Klage ſtattgaben, hat ſie das Reichs⸗ 
gericht abgewieſen mit folgenden Gründen: 


Die erſte Vorausſetzung eines ſolchen Abkommens, wenn 
es den Beklagten zur Zahlung des Pachtzinſes verpflichten foll, 
iſt, daß dem Kläger ſelbſt die angeblich abgetretenen Pachtrechte 
zuſtanden, ſie ihm alſo in rechtsverbindlicher Art auf die Zeit 
für welche der Beklagte in das Pachtverhältnis eingetreten ſein 
fol, übertragen worden fi.d. Der E.nwand des Beklagten, 
daß dies nicht geſchehen ſei, weil die in Betracht kommenden 
Jagdverpachtungen der für Pachtverträge mit Jagdgenoſſen⸗ 
ſchaſten vorgeſchriebenen Schriftform entbehrten, ift deshalb 
rechtlich erheblich. Bei Verträgen, welche, wie der Jagdpacht⸗ 
vertrag nach geſetzlicher Beſtimmung in Schriftform zu fhließen 
ſind, muß, ſofern nicht mehrere gleichlautende Urkunden auf⸗ 
genommen werden, die Unterzeichnung der Parteien auf dere 
ſelben Urkunde erfolgen. Daß hier mehrere gleichlautende. 
Urkunden aufgenommen ſind, iſt nicht behauptet. In den 
Jagdverpachtungsprotokollen aber findet fi, wie die Reviſion 
mit Recht geltend macht, eine vom Kläger und vom Jagd⸗ 
vorſteher unterzeichnete, den Pachtvertrag enthaltende Urkunde 
nicht. Das Berufungsgericht will mit Rückſicht darauf, daß 
das Verpachtungs protokoll alle Vertrag zbeſtimmungen enthält, 
dieſes als Vertragsurkunde anſehen. Dem ſteht aber entgegen, 
daß inhaltlich des Protokolls erſt aufgefordert wird, unter den 
angeführten Bedingungen Angebote zu machen. Auch durch 
ein dementſprechendes Angebot gelangt aber der Vertrag noch 
nicht zum Abſchluß, denn es fehlt zur Willen düberelnſtimmung 
noch das dem Zuſchlage vorbehaltende Einverſtändnis des 
Jagdvorſtehers. Das Verpadtungsprotofol beurkundet ledig⸗ 
lich die Bereitwilligkeit des Anſteigerers, die Jagd zu dem von 
ihm abgegebenen Gebot unter den im Protokoll aufgeführten 
Bedingungen zu pachten. Damit, daß dieſes Peotokoll von 
beiden Teilen unterſchrie en oder, wie das Verufungsgericht 
annimmt, in dem Falle K. die fehlende Unterſchrift des Jagd» 
vorſtehers darch d ſſen Witerfdrift unter dem Zuſchlag erſetzt 
wird, iſt ſonach ein ſchriftlicher Pachtvertrag nicht geſchloſſen 
worden. Eine andere von beiden Teilen unterſchriebene Ur⸗ 
kunde liegt nicht vor. Sind hiernach zwiſchen dem Kläger und 
den Jagdgenoſſenſchaften Verträge in der vom Geſetze für 
Jagdpachtungen von Jagdgenoſſenſchaften zu ihrer Rechts⸗ 
wirkſamkeit erforderten fchriftlihen Form nicht abseſchloſſen, 
ſo entbehrt, wie vorſtehend ausgeführt iſt, das Klagverlangen 

der rechtlichen Grundlage. (Aktenzeichen: VII. 99/15.) 
Dr. jur. C. Klamroth. 
(Reichsgerichts referat der Sächſiſchen Korreſpondenz, G. m. b. H. 
Leipzig, Querſtraße 13, vom 18. Auguſt 1916). 


D. Der Einfluß der Kaliabwäſſer auf die Leder 
fabrikation. 

Im Laufe der letzten Jahre haben Gerbereibefitzer wieder⸗ 
holt darüber geklagt, daß das ihnen zur Verfügung ſtehende 
Flußwaſſer, welches ſich in langjähriger Benutzung immer vor⸗ 
züglich bewährt hatte, ſich für Gerbereizwecke nicht mehr eigne, 
ſeit die Kalifabriken ihre Abwäſſer in die Waſſerläufe einleiten. 


294 


Hierdurch veranlaßt hat ſich ber Direk or des Staatlichen 
Hygieniſchen Iuſtituts zu Hamburg, Prof. Dr. W. P. Dunbar, 
mit dieſer Frage eingehend beſchäftigt und die Ergebniſſe ſeiner 
Unterſuchungen in Nr. 44 und 45 des „Geſundheits⸗Ingenieurs“, 
1916, veröffentlicht. D. weiſt zunächſt darauf hin, daß die 
Literatur über ble Bedeutung der Waſſerbeſchaffenheit auf die 
Lederfabrikation verhältnismäßig nur ſpärliche Angaben ent⸗ 
halte. Es werde immer wiederholt, die Gerbereien hätten ſich 
dort niebergelaffen, wo ihnen reines, weiches, ſalzarmes Waſſer 
zur Verfügung geftanden habe. Hartes, namentlich auch an 
Chloriden reiches Waſſer fet für Gerb ereizwecke ebenſowenig 
brauchbar wie ein Waſſer, das einen hohen Gehalt an orga⸗ 
niſchen Stoffen enthalte. Seit W. Eitner nähere Studien über 
diefe Frage veröffentlicht habe, übernähmen die Lehr⸗ und Hands 
bücher ſeine Behauptung, wonach bei der Weiche in weichem 
Waſſer die Felle im all gemeinen ſchla ik und dünn würden, 
was erwünſcht ſei, weil ſich in dieſem Zuſtande der fettige und 
ſchmutzige Inhalt löſe und leicht entfernt werden könne. Hartes 
Waſſer halte den Fettſtoff in der Erſtarrung. Deshalb löſe 
ſich dieſer und im Zuſammenhange damit der Schmutz nur 
ſchwer. Chloride ſchwellten die Haut nicht, fle höben fogar 
die ſchwellende Wirkung der Säuren auf. Eitner ſei der Mei⸗ 
nung, daß das für Gerbereizwecke beſtimmte Waſſer nicht zu 
hart ſein und keine großen Mengen Chlorverbindungen ent⸗ 
halten dürfe. Die frühere Annahme, hartes Waſſer mache 
feſtes Leder, ſei nicht richtig, vielmehr werde die Ausnützung 
der Gerbmittel durch hartes Waſſer weſentlich beeinträchtigt. 
Beim Gerben mi an Chloriden reichem Waſſer erhalte man 
weniger Gewicht, die Häute gerbten ſchwer, und man müſſe 
mehr Sätze geben, um ſie gar zu bekommen. Das chlorhaltige 
Leder halte mehr Waſſer zurück und ziehe leichter Feuchtigkeit 
an, bleibe daher weich und werde nicht feſt. Nach Nihoul löſe 
hartes Waller weniger Gerbſtoff aus dem Gerbmittel als 
weiches Waſſer. Auch nach Simand ſolle das Waſſer in der 
Gerberei nicht zu hart ſein und keine großen Mengen Chlor 
enthalten. 

Die Fachleute ſchienen in ihrem Urteil allgemein darin 
übereinzuſtimmen, daß der Beſchaffenheit des Waſſers im 
Gerbereibetriebe eine hervorragende Bedeutung beizumeſſen ſei, 
und daß gute Gerbergebniſſe nur zu erzielen ſeien, wenn dem 
Betriebe ein reines, weiches, ſalzarmes Waſſer zur 
Verfügung ſtehe. Außer den allgemeinen Klagen darüber, daß 
Gerbereien, die mit dem ihnen zur Verfügung ſtehenden Fluß⸗ 
waſſer Jahrzehnte hindurch zufriedenſtellende Ergebniſſe erzielt 
hätten, auf Schwierigkeiten geſtoßen ſelen, nachdem den betr. 
Flüſſen Kaliabwäſſer zugeführt werden, enthalte die Literatur 
keine weitere Beſtätigung für die Anſicht der Fachleute, daß 
die Gerberelen auf die Benutzung eines reinen, weichen, ſalz⸗ 
armen Waſſers durchaus angewieſen ſeien. 

Der Umſtand, daß bie Lederfabrik Auguft Wehl u. Sohn 
in Celle, welche ſeit ihrem Beſtehen (1849) im Rufe ſtand, 
immer erfiflaifige Produkte zu liefern, feit Jahren, insbeſon⸗ 
dere feit 1909, ernſiliche Klagen üver mangelhafte und teils 
weiſe vollſtändig ungenügende Durchgerbung der Leder, ver⸗ 
bunden mit unreinem und fledizem Ausſehen erhielt, ſowie daß 
die Schuh'abrikanten klagten, daß bei der Bearbeitung ber 
Faden reiße, die Leder hart und holzig wären und z. T. wie 
Glas zerbrochen werden könnten, gab Veranlaſſung, daß Prof. 
Dr. Dunbar in Verbindung mit der „Deutſchen Verſuchsanſtalt 
für Lederinduſtrie in Freiberg i. Sa.“ der Frage des Ein⸗ 
fluſſes der Kaliabwäſſer auf die Lederfabrikation näher trat. 

Bereits i. J. 1912 hatte de gen. Verſuchsanſtalt ſich mit 
dieſer Frage beſchäftigt und war damals zu dem Ergebniſſe 
gekommen, „daß die ſeit einigen Jahren auftretenden Schädi⸗ 


gungen in der Beſchaffenheit der Wehl'ſchen Leder tatſächlic 
auf die durch die Einleitung von Kaliabwäſſern veränderte Be 
ſchaffenheit des Allerwaſſers zurückzuführen feien und daß dieſer 
Fehler nur dadurch vermieden werden könne, daß die Ben 
wendung von Allerwaſſer nicht nur bei der Gerbung, fondem 
auch bei der Ausführung der Vorarbeiten (Wäſſern, Aeſchern, 
Reinemachearbeiten) vollſtändig unterlaſſen werde“. 

Bei einem ſodann t. J. 1914 abgegebenen erneuten Gut: 
achten war der Vorſtand dieſer Verſuchsanſtalt, Prof. Paeßler, 
auf Grund der ausgeführten Verſuche zu folgender Schluß⸗ 
folgerung gelangt: 

„Die Verwendung chlormagneſtumhaltiger Waſſer in den 
Gerbereibetrieben muß zu ſolchen Ergebniſſen führen, wie fe 
im Betriebe der Firma Wehl u. Sohn bei der Benutzung bes 
durch Chlormagneſium verunreinigten Allerwaſſers beobachtet 
worden find. Auf Grund der früheren und der jetzt in der 
Verſuchsanſtalt angeſtellten Verſuche bin ich zu der Ueber 
zeugung gelangt, daß die Mängel, die in den letzten Jahren 
bei den von dieſer Firma unter Verwendung von Allerwaller 
hergeſtellten Ledern aufgetreten find, tatſächlich auf die Ber: 
unreinigung des Allerwaſſers durch die chlormagneſtumhaltigen 
Abwäſſer der oberhalb liegenden Kaliabriken zurückzuführen 
ſind“. 

Un den endgültigen Beweis dafür zu erbringen, daß die 
mangelhafte B. ſchaffenheit der von der Firma Wehl u. Sohn 
unter Verwendung von Allerwaſſer hergeſtellten Leder auf die 
Benutzung dieſes Waſſers bezw. auf die Verunreinigung dieet 
Waſſers durch die Abwäſſer der Kalifabriken zurückzuführen 
fet, hat die Verſuchsanſtalt angeregt, im Betriebe dieſer Firma 
vergleich nde Gert verſuche mit einer Anzahl von Häuten vor: 
zunehmen. 

Dieſe Verſuche find alsdann auf Veranlaſſung Dunbars 
im Wehl'ſchen Betriebe unter Leitung des Afiftenten am Hygie⸗ 
niſchen Inſtitut in Hamburg Dr. Nachtigall ausgeführt worden. 

Bei di.fen Verſuchen wurden Häute halbiert und die eine 
Hälfte mit von dem Fabrikgrundſtück entnommenen Allerwaſſer, 
die andere Hälfte in folgender Weiſe behandelt: 


1. Vorbehandlung (Wäſſern, Aeſchern, Reinigen) und Ser 


bung mit Aller waſſer ohne End lau genzuſatz; *) 


2. Vorbehandlung mit Allerwaſſer mit Endlaugenzuſaßz, 


Gerbung mit Allerwaſſer ohne Zuſatz; 


3. Vorbehandlung mit Allerwaſſer ohne Endlaugenzulat 


Gerbung mit Allerwaſſer mit Zuſatz; 

4. Vorbehandlung und Gerbung mit Allerwaſſer mit End: 
laugenzuſatz; | 

5. bei Vorbehandlung und Gerbung Verwendung von Geller 
leitungswaſſer. 


Die nach 5 behandelten Zeder waren einwandfrei und von 
einer Beſchaffenheit der früheren W. ſchen Erzeugniſſe, die den 


guten Ruf der Firma begründet haben. 
hielten ſich die Leder, die bei der Vorbehandlung und bei der 
Gerbung hinſichtlich des Waſſers in verſchiedener oben ange⸗ 
gebener Weiſe behandelt worden waren. Den größten Unter 
fhed gegenüber den nach 5 erzeugten Ledern wieſen die nach 
4 behandelten (Vorbehandlung und Gerbung mit Allerwaſſer 
unter Endlaugenzuſatz) Leder auf. Die anderen Leder, bei 
denen entweder nur bei der Vorbehandlung, aber nicht bel det 
Gerbung Allerwaſſer mit Endlaugenzuſatz (Nr. 2), oder nut 
bei der Gerbung aber nicht bei der Vorbehandlung foldes 
Waller (Nr. 3) verwendet worben war, zeigten bie ungänftige 


1) Der Kali-Endlaugenzuſatz erfolgte infowcit, daß das 
Waſſer auf einen Colorgehalt von etwa 450 mg per Liter gë 
bracht wurde. 


Ganz anders ver 


— —— — — — —— 


295 


zeſchaffenheit in nicht fo ausgeiprohen.m Maße wie bie 
no 4 gegerbten Leder. Noch geringer war der Unterſchied 
del dem mit Allerwaſſer ohne Endlaugenzuſatz vorbehandelten 
und gegerbten Leder (Nr. 1). 

Die ungünſtige Beſchaffenheit beſteht namentlich in einem 
ögentümlichen harten Griff, der als hölzern und knochig zu 
lezeichnen ijt und den normalen Erzeugniſſen der Firma Wehl 
1 Sohn nicht eigen iſt, in einer weniger günſtigen Farbe und 
kmer darin, daß beim Anſchneiden diefe Leder einen weniger 
at gegerbten Eindruck machen. Dieſe Abweichungen in der 
deſchaffenheit gegenüber normalen Ledern bewirken, daß der 
Ubnehmer einen niedrigeren Preis zahlt, weil er ſolche Leder 
fir geringwertig hält. Da die Fehler bei den Ledern, bei 
benen ſowohl für die Vorbehandlung als auch für bie Gerbung 
tai Allerwaſſer mit Endlaugenzuſatz verwendet worden tft, am 
rten und bei den Ledern, die unter Verwendung des Aller⸗ 
wiers ohne Endlaugenzuſatz hergeſtellt worden find, am 
wächſten auftreten, und da diefe Fehler mit denen ſich decken, 
ze feit einigen Jahren bei den im Betriebe der Firma Wehl 
x. Sohn hergeſtellten Ledern beobachtet werden, fo tft hiermit 
det Beweis erbracht, daß die bei den W.'ſchen Ledern bei Ver: 
wendung von Allerwaſſer beobachteten Fehler tatſächlich auf 
die Verunreinigung des Allerwaſſers durch die Abwäſſer der 
Lalifabrilen hervorgerufen find. 

Der Mitinhaber der Schuhfabrik Haug u. Leonhardt in 
Eppendorf, Haug, dem dieſe Leder ohre weitere Mitteilung 
zur Begutachtung vorgelegt wurden, bezeich ete die nur mit 
Allerwaſſer behandelten Leder als gute Durchſchnitts ware, 
während die nach 1—4 behandelten Leder unanſehnlicher und 
von eigentümlicher brettiger und ſtrohiger Beſchaffenheit ſeien. 

Ein Schuhmachermeiſter Rönitzſch in Freiberg faßte ſein 
Udell dahin zuſammen, daß an dem mit Allerwaſſer herge 
Alten Leder nichts auszuſetzen fet, daß dagegen die nah 1—4 
behandelten Lederhälften in bezug auf Griff und Farbe von 
gaingerer Beichaffenheit ſeien. 

Es wurden endlich Tragverſuche mit aus dem verſchieden⸗ 
ertig behandelten Leder hergeſtellten Schuhen angeſtellt und 
diefe ergaben, daß in mehreren Fällen das unter Endlaugen⸗ 
juſatz gegerbte Leder eine geringere Haltbarkeit aufweiſt, als 
das ohne Endlaugenzuſatz gegerbte. 

Die deutſche Verſuchsanſtalt für Lederinouftiie in Frei⸗ 
berg gibt ihr Urteil ſchließlich dahin ab, „daß durch dieſe 
Lerbeverſuche und die Ergebniſſe der Prüfung 
und Beurteilung der hierbei erhaltenen Leder 
durch Sachverſtändige einwandfrei nachgewieſen 
ſei, daß die Verunreinigung der Aller durch die 
Einleitung der Abwäſſer der oberhalb liegenden 
Ralifabriten die Urſache der Schäden fet, die bei 
der Verwendung eines derartig verunreinigten 
Allerwaſſers in dem Betriebe der Firma Wehl 
tas an den von ihr erzeugten Ledern aufs 
kreten.“ 


E. Hochſchul⸗Nachrichten. 

Für die Zeit von Ende Ot:ober bis Weihnachten 1916 
t an der Forſtakademie Tharandt die Abhaltung 
eines forſtwiſſenſchaftlichen Kurſus in Ausſicht genommen. 
Su demſelben folen hauptſächlich Voileſungen über die Fächer, 
welche nach dem Lehrplan der Akademie dem 6. Halb jahr zus 
fallen, in abgekürzter Faſſung gehalten und durch Uebungen 
und Lehrausflüge ergänzt werden. Nach Abſchluß des Kurſus 
wird die Diplomſchlußprüfung abgehalten werden. — Abgeſehen 
an finden im Winterſemeſter 1916/17 keine Vorleſungen 


+ 


— 


Der am 9. April 1916 verſtorbene Kgl. Sächſ. Forſt⸗ 
meiſter Schramm zu Dresden hat in feinem letzten Willen vom 
18, Februar 1918 der Kgl. Forſtakademie Tharandt 
für 2 Stipendien von je 600 Mk. jährlich an 2 würdige in⸗ 
ländiſche Staatsdtenftanwarter 30 000 Mk. als Vermächtnis 
ausgeſetzt. | 

Das Kgl. Finanzminiſterium hat aus den Mitteln des 
Vermächtniſſes eine rechtsfähige Stiftung errichtet und hierzu 
die ſtaatliche Genehmigung erteilt. 

Der Königlich Preußiſche Miniſter der Landwirtſchaft, 
Domänen und Forſten hat unterm 11. Aug. I. J. beſtimmt, 
daß folarge in Folge des Kriegszuſtandes Vorleſungen an den 
Preußiſchen Forſtakademien nicht gehalten werden, 
zur weiteren Ausbildung der Forſtbefliſſenen in den Giff- 
wiſſenſchaften wie in der Forſtwiſſenſchaft und Rechtskunde die 
Techniſche Hochſchule Karlsruhe, jedoch längſtens zwei Se⸗ 
meſter, beſucht werden darf. . 


F. Rohrtolben : Verwertung. 

Alljährlich wachſen in Teichen und Sümpfen die bekannten 
zylinderförmigen Fruchtſtände der Rohrkolbenpflanze (Typha 
latifolia = breitblättrig oder angustifolia = ſchmalblättrig), 
die iu Volksmund ganz verſchiedene Bezeichnungen haben, als 
z. B. Narrenzepter, Bumskeulen, Kitſchel, Zylinderputzer, 
Schmackdutſchen, Rohrpompen und dergleichen mehr. Dieſe 
beſonders von der Schuljugend beliebten Gewächſe werden 
meiſtens achtlos gepflückt und zu Spielereien oder Neckereien 
benutzt. Wenn ſie reif ſind und die behaarten Samen anfangen 
auszufliegen, ſo müſſen ſie, namentlich bei der Ernte, vorſichtig 
behandelt werden. Die behaarten Samen können, wenn fie 
in die Augen kommen, leicht Entzündungen hervorrufen. Seit 
Kriegsausbruch und der dadurch behinderten überſeeiſchen Zufuhr 
von Rohſtoffen hat die Rohrfolbenpflange einen gewiſſen Wers 
erlangt, weil fie auf Grand patentamilich geſchützter Bearbe . 
tungsmethoden gute Verwendung finden kann. Darum foll 
man die Rohrkolben ſchonen und die Samenſtände erſt, wenn 
ſie naturreif ſind, ſammeln und an die bei den Gemeinde⸗ 
ämtern zu erfahrenden Sammclftellen abliefern. Sie werden 
daſelbſt je nach Güte bezahlt. Die Hauptſammelſtelle befindet 
ſich bei Herrn Kommerzienrat Zietz, Dresden, der 
an alle Intereſſenten koſtenlos Anleitungen über das Ernten 
und die ſonſtige Behandlung der Rohrkolben abgibt.“) Noch 


nicht völlig naturreife Kolben dürfen nicht gepflückt werden, 


weil dieſe für die gedachten Zwecke nicht verwendbar ſind. 
Ein jeder, der mit ſammeln hilft, macht ſich, abgeſehen davon, 
daß er Geld dafür bekommt, mit Rückſicht auf die mangelnde 
Zufuhr an Rohmaterialien vom Auslande um das Gemein⸗ 
wohl verdient 


1) Wir haben uns dieſe Anleitung ſchicken laſſen und 
daraus ſowie aus dem Begleitſchreiben des Herrn Kommerzlen⸗ 
rat Rieg — Dresden, Weiſeritzſtraße 8 — entnommen, daß 
die Rohrkolben hauptſächlich in Lazaretten und Krankenhäuſern 
Verwendung finden; wozu, wurde nicht näher angegeben. Die 
Ernte fol am beſten von Mitte November an erfolgen. Die 
Kolben ſollen mit Meſſer oder Schere vom Stengel abge⸗ 
ſchnitten, forgfältig getrocknet und ähnlich wie Zigarren in 
Holzliſten u. dgl. eingeſchichtet werden; zum Ausfüllen leerer 
Räume in den Kiſten iſt zuſammengeballtes Papier zu ver⸗ 
wenden. Wachſen die Kolben in ſumpfigen Gräben, ſo ſind 
fie vom Grabenrand mit Hakenſtock leicht zu erreichen; ſtehen 
ſie dagegen in Teichen oder Sümpfen, ſo wartet man Froſtwetter 
ab oder benntzt Kähne. D. Red, 


296 


G. Zur Frage der Tötung wildernder Hunde durch haben würde, feinen Hund fo zu verwahren, daß ihm cis 


JForſtſchutzbeamte. 
Ein Forſtaufſeher hatte einen Foxterrier, den er öfters 
wildernd in dem ihm unterſtellten Revier gefunden hatte und 
deſſen Herr bereits verſchiedentlich auf das Jagen des Hundes 
aufmerkſam gemacht worden war, als er wiederum unbeauf⸗ 
ſichtigt jagte, erſchoſ en. , 

Der Eigentümer des Hundes hatte von dem Forſtaufſeher 
im Wege der Klage Schadenserſatz wegen vorſätzlicher Tötung 
des Tieres verlangt, indem er geltend machte, der Beklagte 
ſei nicht berechtigt geweſen, den Hund zu erſchießen, es hätte 
vielmehr ein Schuß in die Luſt genügt, um die drohende Ge⸗ 
fahr, daß der Hund durch fein ferneres Jagen das Wild ſchä⸗ 
dige, abzuwenden. Gegebenenfalls hätte ja der Beklagte auch 
Strafanzeige gegen ihn, den Kläger, erſtatten können. 

Das Amtsgericht war den Ausführungen des Klägers 
gefolgt und hatte den Forſtaufſeher zur Leiſtung von Schadens⸗ 
erſatz verurteilt; auf Berufung des Beklagten hat jedoch das 
Landgericht Gießen das angegriffene Erkenntnis aufgehoben 
und auf Abweiſung der gegen den Forſtauſſeher gerichteten 
Klage erkannt. 


Der Kläger beſtreitet ſelbſt nicht, ſo heißt es in den Grün⸗ 
den, daß ſich fein Hund bisweilen unbeauſſichtigt herumgetrieben 
haben könne, und es iſt feſtgeſtellt, daß der Hund in zahlreichen 
Fällen im Wald nach Wild ſuchend, manchmal auch direkt 
jagend, umhergeſtreiſt iſt. Es braucht nicht bewieſen zu wer⸗ 
den, daß der Hund des Klägers jemals Wild ge angen, be: 
ſchädigt oder getötet hat, ſondern es genügt die Tatſache, daß 
der Hund häufig jagend, d. h. nach Wild ſuchend, oder auſ⸗ 
geſcheuchtes Wilt verfolgend in Feld und Wald fih herumge, 
trieben hat. Jeder erfahrene Jäger weiß, daß die fortgeſetzte 
Beunruhigung eines Jagdreviers, mag fie auch nur durch einen 
einzigen ſtöbernden Hund geſchehen, das Wild, namentlich das 
wertvolle Rehwild, allwählich vertreibt. Weiterhin ſteht es 
für jeden Kundigen außer Frage, daß der wildernde Hund — 
wenn es auch nur ſelten gelingen wird, hierfür einen Beweis 
zu erbringen — in dem für Menſchen ſchwer zugänglichen 
Dickicht auch Wild ergreift und tötet. Man denke nur an die 
feſt auf dem Neſte am Boden brütende Faſanenhenne, an die 
trächtige, feſt im Lager liegende Häſin und namentlich an die 
zahlreichen Junghaſen, die noch nicht die genügende Schnellig⸗ 
keit beſitzen, um ſich dem verfolgenden Hunde durch die Flucht 
zu entziehen. Daß endlich der Hund, der einmal Gefallen am 
Jagen und Stöbern gefunden hat, wenn er unbcauſſichtigt 
durch Feld und Wald ſtreift, ſtets nach Wild ſucht und nicht 
elwa, um die Schönheiten der Natur zu genießen, quer durch 
a und Feld fpazieren läuft, tft für jeden Hundekenner 
ar. 


Wenn der Kläger Erhebung einer Strafanzeige gegen ſich als 
ausreichendes Mittel zur Verhütung von Schädigungen durch 
ſeinen Hund bezeichnei, ſo iſt das völlig unbeachtlich. Denn es 
iſt doch fraglich, ob auf die Anzeige auch wirklich Beſtrafung 
erfolgt wäre und ob eine Beſtrafung den Kläger veranlaßt 


Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmen auer, 
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländer s Verlag 
u l Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. W. — G Ottos Hofbuchdruckerei in Darmitadt. 


Entſchlüpfen unmöglich geworden fein würde. Ein Hund. is 
dem die Jagdpaſſion rege tft, gibt fic) ihr erfahrun gegemäz 
immer wieder hin. Ebenſo ungeeignet war im vorliegenden 
Falle die Abgabe eines Schreckſchuſſes. Der Schreckſchuß lan 
den wildernden Hund nicht von feiner Paſſion heilen; er kann 
höchſtens bewirken, daß der Hund dem begegnenden Jäger vor 
ſichtig ausweicht. 


Nach alledem war die Tötung des Hundes das einzige 
zur Abwendung der Gefahr geeignete und deshalb erforderliche 
Mittel. (Landger. Gießen, II BR, 19. V. 15, S. 228/14) 


A. Radloff, Gerichts⸗ u. Verwaltungs⸗Korreſpondenz. 


H. Tötung revierender Hunde. 


X. halte einen wertvollen auf dem Felde umherlaufenden 
Jagdhund erſchoſſen und war deshalb auf Grund des Pren: 
ßiſchen Landrechts beſtraft worden. Das Ober landeige⸗ 
richt Breslau wies feine Reviſion zurück. Aus den 
Gründen: 


Der Frage anlangend, ob außer dem Forſtbeamten auch 
ein Jagdgaſt ermächtigt iſt, einen Hund zu erſchießen, ſo wirt 
die Zuläſſigkeit der Uebertragung des Jagdſchutzes grundſätzlich 
zu bejahen fein, jedoch nur dann, wenn ein: ausdrückliche Er 
mächtigung des Jagdberechtigten vorliegt, die nicht ſchon darin 
zu finden tft, daß dieſer Fremden die Jagd geftattet hat. — 
Der § 65 ſpricht nur von einem „Herumlaufen“ des Hunde. 
Allein aus dem Zuſammenhang mit § 64 des Allgemeinen 
Landrechts und aus dem Zwecke der Voridrift, das Jagdrecht 
zu ſchützen, ergibt fih, daß nur ein Herumlaufen in revic: 
renden Abſicht gemeint iſt, d. h. zu dem Zwecke, das Wild 
aufzuſuchen und zu verfolgen. Es muß verlangt werden, daß 
die Tötung erft erfolgt, wenn der Hund reviert und nur fs: 
lange, als er revlert, nicht aber, nachdem er reviert hat. Denn 
die Tötung fol ein Vorbeugungsmittel fein; die Befugnis 
zur Tötung erliſcht alſo, wenn eine Beunruhigung des Wildes 
nicht mehr anzunehmen iſt. Der Angeklagte beruft ſich noch 
auf § 228 BGB. „Wer eine fremde Sache beſchädigt oder 
zerſtört, um eine durch ſie drohende Gefahr von ſich oder einem 
Anderen abzuwenden, handelt nicht widerrechtlich, wenn die 
Beſchädigung oder die Zerſtörung zur Abwendung der Cefahr 
erforderlich ift und der Schaden nicht außer Verhältnis m 
der Gefahr ſteht. Hat der Handelnde die Gefahr verſchuldet, 
jo ift er zum Schadenserſatze verpflichtet.“ Allein diefe Ge 
ſetzesbeſtimmung kann ihn nicht entſchuldigen, denn der Hund 
war im Begriffe, das Jagdgebiet zu verlaſſen, er bedrohte 
daher nicht mehr den Wildſtand; endlich ſtand ſein Wert boa 
200-400 Mk. außer jedem Verhältnis zu der Gefahr, die 
aus der Beunruhigung des Wildes durch den Hund drohle. 


| 
Sächſ. Korreſpondenz, G. m. b. H. in Leipzig. 
Querſtraße 13. | 

| 


Allgemeine 


fork- und Sagd-Feitung. 


Berausgegeben 


PT x * — ‘á „$ Ira h > 
IKT EL REO Wee DOD amt ULE ILA a 


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111. A KIRKAITIRIUIIITILCHLICY Ur. ie 


von 


Dr. Karl Wimmenauer, und Dr. heinrich Weber, 


Geh. Forftrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft 
a an der Univerſität Gießen. 


i a 5 
wor > oi ere 
Miah Fede ie. A 


Zweiundneunzigiter Jahrgang. 


1916. Dezember. 


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Frankfurt am Main. 
J. D. Sauerländer's Verlag. 


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Fünfte Auflage. 


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Preis: broich. ME. 5.—, gebunden MR. 5.80, 


Das Ericheinen der fünften Auflage legt am beiten Zeugnis ab von der allieitigen Anerkennung, die 
das Werk durch die prägnante und klare Darftellung des Stoffes und durch feine mehr popularilierende und 
auf Bervorhebung der praktiichen Gelichtspunkte abzielende Richtung in Fachkreifen gefunden hat. 

Dieſe neue Auflage, derem Durchlicht auf ausdrücklichen Wunich des veritorbenen Verfaſſers Berr Prof. 
Dr. Bausrath in Karlsruhe bereitwilligit übernommen hat, hat wieder einige Ergänzungen erfahren, fome 
ſolche durch die neueren Ericheinungen auf den bezüglihen Gebieten bedingt wurden. 


Frankfurt a. M. J. D. Sauerländer's Verlag. 


t 
] 


* 


Allgemeine 


fort- und Jagd⸗Jritung. 


Dezember 1916. 


piologiſche Amwälzungen, insbefondere bei 
Leporiden und Sciuriden. 

Neue Studien über Hafe, Kaninchen, Eid: 

birnden. Veränderte Lebenserſcheinungen 

und ihre Erklärung. Zugleich kritiſche 

Bemerkungen zur Behandlung der Nager 

inder Neuauflage von Brehms Tierleben. 
Von Wilhelm Schuſter, Pfr. 


J. Gemeiner Haſe. — Lepus Europaeus Hall. — 
L. timidus L. 


peld, Wald: und Buſchhaſe. Warum 
verſchwindet der Waldhaſe mehr und 
mehr? 

Es iſt keine Frage, daß dieſer Tatbeſtand vorliegt. 
Nan findet ihn wiederkehrend in Jagdzeitſchriften an⸗ 
gegeben; zuletzt las ich in „Zwinger und Feld“ vom 
Jerſchwinden der Waldhaſen. Aus Waldhaſen werden 
Luſchhaſen, ja Feldhaſen. 

Der Unterſchied zwiſchen Wald-, Buſch⸗ und Feld- 
haſen iſt in Brehms Tierleben IV. Aufl. zur Genüge 
angegeben.) Feldhaſe: geht nie in den Wald, 
auch bei Tage nicht, liegt ſelbſt im Winter ſtets auf 
freiem Feld. Buſchhaſe: wechſelt regelmäßig zwiſchen 
Wald und Feld, liegt bei Tage in erſterem, rückt 
abends ins Feld, zieht morgens zu Holze und macht 
nur zur Zeit des ihn erſchreckenden Blaͤtterſalls eine 
Ausnahme davon. Wald haſe: ſtets im Walde. 
„Der Feldhaſe“, ſagt der öſterreichiſche Jägerbe⸗ 
obachter Wi öber, „iſt ein Vagabund, der, wenn es 

) Geiftreiher als der alte Brehm ift der neue (Tier 
leben, IV. Aufl.), wenn auch die ſehr ausgiebige Benn zung 
von Jägerzeilungen zunächſt ein gewiſſes unbehagliches, wenn 
nicht miztrauiſches Gefühl beim Nachleſen des Texts erweckt 
(ber Gedanke an „Latein“ liegt immer etwas nahe). Typiſch 
ift die Behandlung des Hafen; beim gründlichen Durchdenken 
obiger Frage fiel mir zunächſt auf, daß bet der Verbreitung 
des Haſen, zur Erörterung obiger Begriffe, 60 Zeilen in den 
Test des alten Brehm eingeſchoben warden, mit einem Urteil 
Euſtav Jägers beginnend (der dieſes Thema, wie fo viele 
Andere, zuerſt gründlich durchdacht zu haben ſcheint) und der 

emerkung eines „Ortskundigen“ der „Deutſchen Jägerzeitung“ 
ſchließend. Tatſächlich haben die Beſchreibungen von Haſe und 
Ranin a Wert von Monographieen, wie es im Vorwort heißt. 
6 


ihm gerade einfällt, zu jeder Stunde des Tages nach 
Genoſſen ſucht, mit ihnen balgt, der keine Mahlzeit, 
keinen Wechſel einhält, der ſich ſein Lager nach Ge⸗ 
jallen heute da und morgen dort bereitet, mit wenigen 
Worten geſagt: ein Lumpenleben führt. Der Wald⸗ 
haſe hingegen hält ſtets feinen Wechſel, ſchiebt fih 
ſtets in das gleiche Lager ein, ſofern er nur in Ruhe 
gelaſſen wird, und rückt, dem Rehe gleich, zu beſtimmten 
Stunden des Morgens und Abends auf Aeſung aus. 
Der Waldhaſe iſt ſcheuer, vorſichtiger als ſein Bruder 
im Felde und hat alle Gewohnheiten anderer Wald: 
tiere angenommen“. Der charakieriſtiſche Unterſchied 
ſteht alſo feſt. l 
Die deutſchen Hafen müſſen ehedem durchweg Walde 
haſen geweſen ſein. Denn das Germanien des Caeſar 
und Tacitus war ein Waldgebiet. Haſen waren da⸗ 
mals in Deutſchland vorhanden. Ueberhaupt legt 
uns die Unterſuchung der oben geſtellten Frage weitere 
Fragen nahe: Wo kommt der Haſe her? War er 
urſprünglich Feld- oder Waldtier? Mit Brehm, 
vielmehr den Bearbeitern der neuen IV. Auflage 
(Heck, Hilzheimer — der alte Brehm enthält 
den betreffenden Paſſus nicht —) bin ich der Anſicht, 
daß der Haje gleich anderen Nagern feiner urſprüng⸗ 
lichen Art nach Steppentier iſt und von Oſten ein⸗ 
wanderte (Brehms Tierleben, IV. Aufl., Bd. 11, 
S. 86). Nun vermute ich aber, daß er nicht erft nach 
der Eiszeit, ſondern in Steppenzeiten zwiſchen den Eis⸗ 
zeitperioden oder unmittelbar darnach bei uns einge⸗ 
wandert iſt. Denn nur ſo würde ich mir erklären 
können, wie er ſich als Steppentier allmählich — mit 
dem Auftreten des Waldes — an den Wald gewöhnen 
konnte, und dieſer war ja dann hernach, in geſchicht⸗ 
licher Zeit und noch im Mittelalter bis in die neuere 
Zeit, die hergebrachte Vegetation auf deuſchem Boden. 
Wenn es nun Tatſache iſt, daß die eigentlichen 
Waldhaſen im neuen modernen Deutſchland zu einer 
Seltenheit geworden find, d. h. aus den typilchen 
Waldhaſen neuerdings mehr und mehr Buſchhaſen 
(Uebergangsform!) und Feldhaſen geworden ſind, ſo 
läßt ſich folgendes feſtſtellen: Es waren die Waldhaſen 
beſonders zarte Tiere, die bedeutend mehr Deckung 
40 


298 


brauchten, mehr Deckung gegen Witterung, widrige 
Temperatureinflüſſe, Kälte. Die veränderten neuzeit⸗ 
lichen Verhältniſſe, dee zu ihren Gunſten ausfallen, 
machen dieſe Deckung nicht mehr ſo nötig wie früher. 
Ich weiß nicht, ob ich richtig verſtanden werde und 
will mich in Kürze noch näher auszudrücken verſuchen. 
Wir erleben ſeit Jahrtauſenden, daß die Eiszeitfort⸗ 
ſetzung (unſere Zeit) immer mehr abflaut und in den 
Zuſtand vor der Eiszeit zurückflutet, ſich alſo der ehe⸗ 
maligen (weiter zurückliegenden) Tertiärzeit wieder an⸗ 
nähert. Mildere Winter und dgl.! Der Haſe kann 
den Schutz des Waldes vor Wind und Wetter ent⸗ 
behren. Darum entzieht er ſich ihm. Denn es muß 
ehemals dem charakteriſtiſchen ſcheuen Steppentier äußerſt 
ſchwer geworden ſein, ſich an den Wald zu gewöhnen; 
um ſo leichter muß es ihm jetzt werden, wenn es ihm 
günſtige Verhältniſſe erlaubten, zum Normalhaſen, 
zum Steppentier ſich zuückzubilden. Hand in Hand 
damit geht die Erſcheinung, daß der Haſe ſich in der 
Neuzeit ungeheuer ſtark vermehrt hat; denn Europa 
iſt ja zur förmlichen Kulturſteppe — auch dies unter 
Einfluß wiederkehrender tertiärzeitähnlicher Verhält⸗ 
niſſe! — geworden; 200 und 300 Haſen werden jetzt 
in Revieren geſchoſſen, wo noch vor 50 Jahren nur 
20 oder 30 Håjen zur Beobachtung kamen (3. B. in 
Oſtpreußen, Ludwig Dach). Daß der Haſe ſeiner 
ganzen Natur nach abſolut nicht in den Wald gehört, 
beweiſt die Tatſache, daß der ſogenannte Waldhaſe bei 


dem herbſtlichen Blätterfall fortgeſetzt ſchreckt, dadurch | 


aus dem Laubwald ins freie Feld oder in den Nadel- 
wald vertrieben wird; aber auch aus letzterem muß er 
nach der Beobachtung des Oeſterreichers Wöber 
flüchten, wenn im Winter und beginnenden Frühling 
bei eintretendem Tauwetter die Eiszapfen und Schnee⸗ 
teilchen von den Baumzweigen zur Erde niederfallen 
und ihn furchtbar erſchrecken. 


H. Eichhöruchen. — Sciurus vulgaris L. 

Beim Eichhorn macht ſich eine parallele Erſchei⸗ 
nung geltend. Es verzichtet allmählich mehr und mehr 
auf die Winterruhe. Ehedem artete die Winterträg: 
heit in einen Winterſchlaf von kürzerer oder längerer 
Dauer aus. In den jetzigen milden Wintern aber 
ſieht man es allerorten lebhaft ſich bewegen. Im 
Januar des letzten Winters beobachtete ich Tag für 
Tag das lebhafte Treiben der Hörnchen am Glambeck⸗ 
See bei Stettin, wo fie ſich auf dem Boden umher- 
trieben und über die Wege liefen, als wäre es im 
ſchönſten Herbſt. Dabei liegt Stettin doch immerhin 
ſchon ziemlich weit nördlich, auf dem 53“ nördlicher 
Breite. 

Die Tatſache der Winterregſamkeit iſt um ſo auf⸗ 
fallender, als die Sciuriden außerordentlich empfind⸗ 


recht gut aufzufinden vermochten. 


lich gegen die Einflüſſe der Witterung ſind. Ich be⸗ 
zeichne darum die Abänderung ihrer Lebensgewohnheit 
— genau wie die Umwandlung des Waldhaſen in 
Buſch⸗ und Feldhaſen, die Verwandlung der Kaninchen 
aus Höhlentieren in Freilandbewohner, wovon noch die 
Rede fein wird — als eine biologiſche Umwäl⸗ 
zung erſten Grades. Sciurus vulgaris iſt ein 
„Thermometer der Natur“. Wie die Syrphiden⸗ Fliegen 


(bei Heilbronn zur Zeit namentlich Syrphus pyrastri, 


ſowie Volucellen) und wohl auch der Turmfalk beim 
Rütteln einen ganz beſtimmten „Anemotropismus“ an 
den Tag legen, ſo möchte ich dem Eichhörnchen direkt 
einen „Thermotropismus“ d. h. Waͤrmezuwendung 
zuſchreiben. Ludwig Heck und Max Hilzheimer 
bemerken in dem von Prof. Dr. O. zur Straſſen 
herausgegebenen Brehms Tierleben ganz richtig: 

noch viel mehr aber ſcheuen fie Regengäſſe, 

heflige Gewitter, Stürme und vor allem Schneege⸗ 

ſtö bier. Ihr Vorgefühl der kommenden Witterung 
läßt ſich nicht verkennen. Schon einen halben Tag, 
bevor das gefürchtete Wetter eintritt, zeigen ſie Unruhe 
durch beſtändiges Umherſpringen auf den Bäumen und 


ein ganz eigentümliches Pfeifen und Klatſchen, das man 


bloß bei größerer Erregung von ihnen vernimmt. Go: 


bald die erſten Vorboten des ſchlechten Wetters ſich 


in ein und dasſelbe, und laſſen, das Ausgangsloch an 
der Wetterſeite ſorgfältig verſtopfend und behaglich in 
ſich zuſammengerollt, das Wetter vorübertoben.“ 

Im neuen Brehm finde ich keine Angabe über die 
merkwürdige Abänderung der Lebensgewohnheit der 
Eichhörnchen. Band 11 Seite 549 ift nur eine Notiz 
meines Bruders Ludwig Schuſter mitgeteilt — 
und für unſere Erörterung ift dies ja auch recht bezeich⸗ 
nend und wertvoll —, daß Eichhörnchen im Winter 190s 
im Vogelsberg — im „rauhen, kalten“ Vogelsberg! — 


zeigen, ziehen ſie ſich in ihre Neſter zurück, oft mehrere 


Z —ðĩñꝰi³²UÜg ] ᷑ ]ↄ U . —⁰tr¹! f ̃ ˙*⅛⅜. . 


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und zwar in einem Fichtenbeſtande vergrabene Nüͤſſe 


Im allgemeinen iſt 
ja das Gegenteil der Fall; die größere Menge der von 
ihnen geborgenen Reichtümer geht ebenſo wie die ver⸗ 
ſteckten Eichel häherſchätze den Tieren ſelbſt verloren, 
dienen anderen Tieren zur Nahrung oder bilden die 


Keime zu neuem pflanzlichem Leben. Die weitere Noty 


in Brehms Tierleben, IV. Aufl.: 
Herbſt wird für ſie gewöhnlich verderblich, weil ſie in 
ihm die Wintervorräte aufbrauchen; folgt dann ein 
nur einigermaßen ſtrenger Winter, ſo bringt er einer 
Unzahl von ihnen den Tod; manche Speicher werden 
vergeſſen, zu anderen verwehrt der hohe Schnee den 
Zugang, und ſo kommt es, daß die munteren Tiere 
geradezu verhungern, hier liegt eins und dort eins tel 
im Neſt oder fällt entkräftet vom Baumwipfel herunter, 
und Edelmarder und Zobel haben es noch leichter als 


„Ein ſchlechter, 


299 


fonft, ihre Hauptnahrung zu erlangen“ — dieje Notiz 
iſt zwar richtig, aber jetzt doch ſchon ziemlich veraltet, 
eine Notiz älteren Stiles fürs ältere Deutſchland.!) 
Es trifft für unſere moderne wärmere Zeitperiode 
kaum noch zu. Die nördliche Erdhemipphäre hat ſich 
infolge der Erdpendulation in eine klimatiſch günſtigere 
Weltlage geſtellt. „Strenge“ Winter — vacant! 


III. Kaninchen. — Oryctolagus (Lepus) ouniculus L. 


Schon oft habe ich Beweiſe wiederkehrenden tertiär⸗ 
zgeitaähnlichen Tierlebens mitgeteilt.) Das Kanınden 


) Weu akiueller find die immerhin wohl wertvollen Rats 
ſchaͤge, die uber die „Kriegsverwendung“ der Sciuriden und 
üverganpt der Nagetiere von zuftändiger Seite gegeben werden. 

In einem längeren Aufſatz in Nr. d, 1916, der „Fori 
lien Wochenſchriſt Silva“, Tubingen, ſtellt und beantwortet 
Pro}. Dr. Karl Editein, Eberswalde, die, Frage, ob uno 
wie dem Futtermangel umerer Haustiere auch durch Wags 
regeln des Forſtſchutzes wenigſtens zu einem kleinen Teiu abge⸗ 
golfen werden tönne. Er findet die Möglichteit hierzu in der 
Verwertung der Forſtſchädlinge aus dem Reiche der Sauge⸗ 
tiere, Bogel und Insekten. Die Vorteile dieſer wiriſchaftlichen 
Verwertung follen nicht nur dem Forſtperſonal, ſondern auch 
den aus Gemeinden herangezogenen over ſich an bietenden Hilfs⸗ 
klauen zuteil werden. In Beiracht kommen folgende Schäc⸗ 
lunge: 

1. Das Eichhörnchen. Der Abſchuß der Eichhörn⸗ 
den it von dem im Revier verbliebenen Forſtſchutzbeamten 
eifrig zu betreiben. Das Eichhörnchen ift wie das Ras 
ningen in der Küche zu verwerten; wer dies nicht 
wil, koche das Fleiſch und füttere feme Hühner damit, die fur 
Flerſcnahrung fiyr empfänglich find. Auch die Eingeweide 
ſud zu kochen und den Hügnern zu geben, nachdem der Darm 
in kurzere Stucke zerſchnttten und entleert ift. Man gebe den 
Vubnern gled nur in kleinen Brocken, da fie größere Stücke 
umher ſchleppen und im Sande verkommen laſſen. Der Ab⸗ 
ſcuß der Eichhörnchen hat möglichſt noch in der Winterszeit 
M geſchehen. Das Abbalgen erfolgt genau wie das Streifen 
eines Marders. Die getrockneten Feue ſind zu ſammeln und 
zum Verkauf bereit zu halten. | 

2 Mauſe. Alle Mäuſe, einerlei welche Art es iſt, ob 
langigwangige Mäuſe oder kurzſchwänzige Wühlmäuſe, find 
Up zu vergiften, ſondern in Fallen zu fangen. Die Mauje 
werden mit gaut und Haaren gekocht, zerhackt und den Hüh⸗ 
nern gegeben oder gekocht, aber unzertleinert den Schweinen 
vorgeworfen. Seitdem man gelernt hat, die Mäuſe mit Schwe⸗ 
leltohlenſtoff und Typhus vazillen zu bekämpfen, ift der Gee 
brauch von Fallen in Feld und Wald eingeſtellt. Man wird 
auf ſie zurückgreifen. Verfaſſer hat mit gewöhnlichen Mauſe⸗ 

wie man ſie in verſchiedenſten Konſtruktionen überall 
. lwen kann, tm Walde große Ausbeute gemacht. 

8, Ratten. Wenn die Wanderratte auch nicht zu den 
ſorſtlich schädlichen Tieren gehört, ſo ſoll ſie hier doch erwähnt 
werden. Auch ſie muß verwertet werden als Hühner⸗ und 
Schweinefutter, aber — und darauf fet ausdrücklich aufmerk⸗ 
fam gemacht — nachdem fie bis zum Zerfallen weich gekocht 
it, weil fie unter Umſtänden der Träger von Trichinen fein 
kann. Selbſtverſtändlich dürfen vergiftete Ratten nicht ver⸗ 
füttert werden; auch ſie find in Fallen zu fangen. 

) Einige Detailangaben macht mit Beziehung auf die 
Vogelwelt das „Illuſtrierte öſterreichiſche Jagdblatt“ (Brünn). 


iſt ein Kronzeuge erſter Güte. Es wird eine totale 
„Abänderung der Artgewohnheit“ bemerkt. Dieſe wird 
als „weitausholende, unſere ganze Naturanſchauung 
berührende Frage“ richtig eingeſchätzt von den Neu⸗ 
bearbeitern von Brehms Tierleben (IV. Aufl. Band 11 
S. 32), die auch anerkennen, daß mein Bruder $ ud- 
wig Schuſter neben Hugo Otto zuerſt auf die 
biologiſchen Umwälzungen aufmerkſam gemacht hat: 
Das Kaninchen iſt aus einem Höhlentier 
zum Freilandbewohner geworden. Im 
Mainzer Becken namentlich kann man beobachten, daß 
das Kaninchen vielfach garnicht mehr in Höhlen 
wohnt, im Waldgebiet faſt durchweg nicht mehr. Er⸗ 
folgreiche Waldtreibjagden bei Schnee beweisen, daß 
die Karnickel trotz Schnees ihre Baue nicht bezogen 
haben. Andererſeits wieder erfolgloſes fünfſtündiges 
Frettieren im Februar bei „ſchlechtem“ Wetter; es 
ſprang auch nicht ein einziges Kaninchen vor dem 
Frettchen, alle Baue waren leer, dagegen trieben die 
Fretuierer öfters Kaninchen unter dem Gebüſch und 
Strauchwerk hervor. „Aus alledem ergibt ſich, daß 
das Kaninchen zum Schutze gegen die Witterung den 
Bau garnicht mehr bezieht; eine andere Veranlaſſung, 
einen Bau aufzuſuchen, hat es aber nicht“ (Ludwig 
So berichtet es 1907, daß die Sumpfſchnepfen in Deutſchland 
überwintern und dazu auch wieder häufiger geworden ſind 
(S. 117, A. Bütow). Nr. 3 1908 meldet: „Unter den Winters 
garten (190% 8) zäylie auch diesmal die Waldſchnepfe, was 
uns ein Beweis dafür iſt, daß der Vogel in einer gewiſſen 
Eingewöhnung vet uns neht, Man will das nicht gut haben, 
deun durch dieje Latjawe verurteilt fic) immer mehr der 
„Schnepfenſtrich“, das heißt das Erlegen des Vogels im Früy⸗ 
jahre auf dem Anſtande“ (wo wir bekanntlich unjere eigenen 
Brutſchurpfen erschießen). 

Selvis Laien in ornithologiſchen Dingen tft dies aufge⸗ 
fallen, denn in den „Muuchencet Neueſten Nachrichten“ vom 
15. April 1908 ſchreibt ein ſolchet: „Bet warmem Herbſtwetter 
und milder „offener“ Winterlemperatur treibt fid) unser Mange 
ſchnavel, deffen eigentliche, urſprüngliche Heimat die Tundra 
iſt, zigeunernd da und dort herum, ſolange der Boden nicht 
gefriert und der viegſam weiche Stecher nach reichlich vorhan⸗ 
dener Aeſung wurmen kann. Daher beſonders in den letzten 
beiſpiellos milden Wintern die große Zahl Lagerſchnepfen in 
fajt ganz Deniſchland, Lagerſchnepſen, die größtenteils bei uns 
überwulterten, während nur eine verſchwindende Minderheit 
den Donauauen, dem mediterranen Gediet, der Levante zu⸗ 
ſtrebte. Iſt jedoch der Winter weniger gnädig, tritt plotzlich 
Barfroſt ein, ſo iſt denn auch die ganze Geſellſchaft im Nu 
verſchwunden. Mit der gleichen, man möchte fagen, „Lannen: 
haftigkeit“ vollzieht ſich, beſonders merklich im Rhein⸗ und 
Elbeial, die Rückreiſe. Auch bei dieſer Gelegenheit pflegt 
Scolopax ſehr felten „zielſtrebig“ zu reiſen; meiſt geht die 
Fahrt etappe. weiſe vor fih, jo daß häufig die bereits eintre⸗ 
tenden Mutterſorgen unſeren Eulenkopf zwingen, Station zu 
machen, ehe noch das eigentliche, urſprüngliche Reiſeziel er. 
reicht tft”. Das letzte beſtreite ich inſofern, als die Waldſchnepfe 
wirklich bei uns endemiſcher Vogel iſt, das heißt ein alteinge⸗ 
ſeſſener Brutvogel, der nur nicht leicht beobachtet p 


300 


Schuſter). Hier finden wir deutlich den Grund an- 
gegeben, warum das Kaninchen Baue anfertigte: Zum 
Schutz gegen die Witterung („andere Veranlaſſung hat 
es nicht“, denn Feinde hat es z. B. im Mainzer Becken 
kaum und feine gefährlichſten Feinde können es eben: 
ſogut unter die Erde verfolgen wie über dieſer, z. B. 
Frettchen, Wieſel). Nicht aber ift im obigen der Grund 
angegeben, warum es jetzt Freilandbewohner ge— 
worden ift. Die Beobachter finden alle natürlich et- 
was ſehr Merkwürdiges dabei, auch z. B. „Field“ 
(1909), wenn in dieſer Zeitſchrift erklart wird, daß 
in ſchottiſchen Hodmooren Raninchenwürfe über 
der Erde in Grasbüſcheln gefunden würden, 
daß bereits „viele derartige Fälle“ bekannt ſeien, aber 
als ungewöhnlich, merkwürdig angeſprochen werden 
müßten. Und doch iſt gar nichts beſonders Merk⸗ 
würdiges daran, wenn man den näheren Zuſammen— 
hängen nachgeht. Die wahren Gründe find die ver: 
änderten Luft⸗, Temperatur-, Klima-, Witterungs⸗ 
verhältniſſe. Die angebrochene „wiederkehrende Tertiär⸗ 
zeit (W. T.) geftattet dem Karnickel, zum Freiland, 
bewohner zu werden. Oder richtiger muß man viel- 
leicht ſagen: Wenn das Kaninchen jetzt Freilandbewohner 
iſt, beweiſt dies doch, daß auch die Witterung eine 
andere geworden iſt (gegen die ſchlechte Witterung hat 
ja das Kanin früher die Höhlen angelegt); das be— 
weiſt dieſe Tatſache im Zuſammenhang mit allen an— 
deren gleichen oder ähnlichen Erſcheinungen, denn der 
andere Schluß, der auch guldjjig wäre, daß nämlich 
das Kaninchen von ſich aus ohne Grund anders ge— 
worden ſei, iſt deswegen nicht zu gebrauchen, weil dann 
merkwürdigerweiſe ſich alle anderen Tiere, bei denen 
gegenwärtig Veränderungen beobachtet werden, ohne 
gemeinſame Urſache verändert haben müßten, während 
in Wirklichkeit ein genereller Grund, der allen Er— 
ſcheinungen zugrunde liegt, ohne merkwürdige Um⸗ 
ſchweife die Sachlage ganz natürlich erklärt. 
das Kaninchen ſich allein verändert, ſo würde man 
eben mit gutem Grunde jagen konnen: Die Verände⸗ 
rung hat individuelle Gründe. Tritt ſie ganz allge— 
mein auf, jo muß doch eine gemeinſame Unterlage vor: 
handen ſein, beziehungsweiſe die Veranlaſſung gegeben 


haben. Auf dieje gemeinſame Veranlaſſung, die wieder: 


kehrende tertiärzeitähnliche Zeitepoche, laffen 
alle Teilerſcheinungen ſchließen. — Die Verwandlung des 
Kaninchens aus einem Höhlentier zu einem Freiland— 
bewohner ſchildert für den Niederrhein Hugo Otto: 
Mörs. Am Niederrhein gibt es eine Menge geradezu 
idealer Kaninchenreviere, wo es weder an paſſendem 
Baugelaͤnde noch an reichlicher Aeſung gebricht. Trotz— 
dem ſieht man die Kaninchen dort andere Oertlich— 
keiten befiedeln, die für ihre natürlichen, angeſtammten 
Lebensgewohnheiten „weniger geeignet erſcheinen müſſen“ 


Hätte | 


(diefe Ausdrucksweiſe iſt der alten Denkform an⸗ 


gepaßt; warum müſſen fie „weniger geeignet er: 
ſcheinen“, wenn die Kaninchen dabei ebenſo gut 
exiſtieren? !). So bewohnten fie in der Dürre des 
Sommers 1904 „ſelbſt Sumpfgelände, dicht mit Rohr 
und Schilf bewachſen“, und „auch nach der, Dürre, 
als ſich längſt wieder die gewöhnliche Waſſermenge ein⸗ 
geſtellt hatte, konnte man ſie dort noch beobachten“. 
Hochintereſſant iſt nun, daß am Niederrhein, wie ich 
aus den Mitteilungen ſchließen darf, die Kaninchen 
aus ihrer veränderten Lebensweiſe noch nicht alle Vor⸗ 
teile gezogen haben, wie etwa am Mittelrhein im 
Mainzer Becken. Hier nämlich haben fie direkte Bor: 
teile von der Veränderung; jie ſparen u. a. die mib: 
ſelige Grabarbeit. Am Niederrhein aber hat ſich der 
Fortſchritt noch nicht allen Zeitverhältniſſen angepaßt, 
es iſt noch eine beſtimmte Waghalſigkeit damit ver: 
bunden, wenn dies zutrifft, was Otto behauptet: 
„Ihre bei trockener Witterung angelegten, kurzen 
Baue zur Auſnahme der Nachkommenſchaft werden 
leicht beim erſten heftigen Gewitterregen oder bei an: 
haltenden Niederſchlägen ſo unter Waſſer geſetzt, daß 
die Jungen erſaufen. Nicht ſelten findet man jpäter 
die Jungenbaue ſolcher Kaninchen auf hochgelegenen 
Feldern“. Auch hier werden ſich die Kaninchen den 
Ortsumſtänden noch anpaſſen in weiter ſortſchreitender 
Entwickelung und ſie werden davon Nutzen haben, ge⸗ 
nau wie im Mainzer Becken. Aber feſtgehalten ſoll 
dabei immer werden: Garnicht einmal ſpeziell auf den 
Nutzen reflektiert letzten Endes die Umwandlung, fon 
dern ſie tritt ein, weil ſie eintreten muß. Die Ka⸗ 
ninchen „halten es gewiſſermaßen im Bau nicht mehr 
aus“. So muß die Veränderung eintreten, ja ſie 
müßte es wohl, auch wenn die Art Schaden davon 
hätte und unter Umſtänden untergehen würde. Es 
vollzieht ſich alles unter dem Motto: „Wiederkehrende 
Tertiärzeit“! Dieſer Begriff iſt von mir geſchaffen. 
IV. 

Ich füge vorſtehenden Ausführungen einen weiteren 
allgemeinen Teil an. Meine Lefer wiſſen vielleicht, 
daß ich den gewaltigen, die Tierwelt tatſächlich revo⸗ 
lutionierenden Veranderungserſcheinungen der 
Gegenwart ein umfangreiches Buch widme, an dem 
ich zur Zeit arbeite, worüber ich ſchon verſchiedentlich 
Mitteilung gemacht habe und zuletzt auf Beranlaffung 
des bekannten Aſtronomen Direktor Archenhold 
bei meinem Vortrag in der Berliner „Treptow Stern: 
warte“ am 6. Mai 1916 (vorausſichtlicher Titel des 
Werkes: „Die Veränderung der Arten. Bd. 1: 
Revolutionierung der Vogelwelt infolge wiederkehrender 
tertiärzeitähnlicher Tierlebensverhaltniſſe. Bd. 2: Bio: 
logiſche Umwälzungen im Säugetier:, Fiſch⸗, Amphi 
bien⸗, Inſektenreich in der Gegenwart“). Ich bin ſchon 


⸗ 


301 


auf das Thema zu Sprechen gekommen in meinem: 
„Vogeljahr, 20 Jahre Vogelbeobachtungen aus 
meinem Vogelforſcherleben in Deutſchland, Oeſterreich 
und allen angrenzenden Laͤndern Europas“ (Korneu⸗ 
burg, Verlag Julius Kühkopf, Preis 5 Mk.) !). Frei- 
ſich nur dem Eingeweihten werden dieſe Veränderungen 
der gegenwärtig exiſtierenden Lebeweſen ſichtbar und 
bekannt; für dieſen jedoch iſt es eine Luſt, den grund⸗ 
ſtürzenden Erſcheinungen nachzugehen, ſie zu erkennen 
und zu verfolgen, — eine „Luft zu leben“ und zu 
forſchen; denn beide find in dieſem Falle eins. 


Mein Kärtchen Fig. I 
veranſchaulicht die Ver⸗ 
breitung des Feldhaſen 
und des Eichhörn⸗ 
chens. Unſer Hafe 
bewohnt ein verhältnis⸗ 
mäßig kleines Gebiet, 
Europens Wald⸗ und 
Kulturland; und es iſt 
doch merkwürdig, daß 
ein Verbreitungskärtchen 
des Weizens etwa genau 
dieſelbe Fläche bedecken 
würde wie das mi! 
obiger Skizze (mit einer weiteren Ausladung nach 
Oſten), worauf m. W. bisher niemand aufmerkſam 
gemacht hat. Zugleich zeigt hier mal eine Karte, daß 


) Hierfiher urteilt Staatsanwalt Bacmeiſter⸗Heil⸗ 
hom: „Es it wohl kein Gebiet der Ornithologie. das hier 
nicht kürzer oder ausführlicher behandelt wird: das Zugpro⸗ 
blem, Vernunft und Inſtinkt, Niſt⸗ und Brutgeſchäft. Eheleben, 
Ehupfärbuna, Brute und Schlafſtätten, Albinismus. Verbrei⸗ 
tna, dies alles und noch mehr wird in anregender und geiſt⸗ 
boler Weile behandelt Es verſteht ſich von ſelbſt daß auch 
die Sp⸗zialität des Verkaſſers ni bt unerwähnt bleibt: die 
von ihm aufgeſtellte Lehre, daß ornithologiſche 
und entomologiſche (Entomologie das ift Inſeklenkunde) 
Anzeichen für die Wiederkehr einer tertiärzeit⸗ 
lichen Verbreitung der Vogel⸗ und Tierwelt über: 
boupt vorhanden find, daß wir mit anderen Worten einer 
wärmeren Zeitevoche entgegenoeher, welche eine Umwälzung 
im biologiſchen Charokter unſerer Vogelwelt und ebenſo auch 
in der geographiſchen Verbreitung der Arten heraufführen wird 
Hierauf kann hier des näheren nicht eingegangen werden. So 
biel iR aber zu ſagen, daß Schuſter dieſe feine Tbeſe 
mit fo reichhaltigem Beweismaterial tm beſpro⸗ 
chenen Buche und anderen Ortes belegt hat, daß 
ihr belzupflichten tit. — Mit dem bisher erwähnten If 
aber das Buch noch nicht erſchpft. Es tft ihm noch ein Dil- 
derſaal der Ornitholoaen betnefitat, der in aut getroffenen Ab» 
bildungen die wichttaften Forſcher der Vogelkunde mit fe einem 
kurzen Abriß ihres Lebens und ihrer Bedeutung für die Wiſſen⸗ 
ſchaft bringt. Und endlich ſind noch dem Werke eine ſtattliche 
Anzahl wohlgelungener und charakteriſtiſcher Nogelbilber bets 
gegeben. Erwäbnen wir noch zum Schluſſe. daß der Ver⸗ 
faſſer in der Einleitung ſeines Buches in pietätvoller Weiſe 


Verbreitungsgebiet des Hasen mmmmmmmım 
Verbreitungsgebiet des Cichhotndens-—- -- = --. | 


die neue Nomenklatur von Brehms neueſtem Tierleben 
(IV. Aufl.) mit „europaeus“, nach Gadow in 
Bronns „Klaſſen und Ordnungen des Tierreichs“ 
durchgeführt ſtreng nach dem Prioritätsgeſetz — ſomit 
aͤlteſte Nomenklatur! —, von Pallas mit ebenſo 
viel Recht gewählt wurde wie das bisher gebräuchliche 
Linneſche „timidus* (unſer Haſe iſt ebenſo furchtſam 
wie ſpezifiſcher Europäer) !). Um die Sache intereſſant 
und noch anſchaulicher zu machen, füge ich die Ver⸗ 
breitungskarte der Faſanen bei. Was ich auch vom 
Feldhaſen glaube, ift mir bei den Faſanen ganz une 
zweifelhaft gewiß: Daß 
die Eroberung der 
kälteren Teile unſe⸗ 
rer Erde erſt in neue⸗ 
rer Zeit ſtattgefun⸗ 
den hat und noch nicht 
abgeſchloſſen ift. Bei den 
Faſanen iſt dies ganz 
offenkundig. Denn der 
ganze graue Latſchen 
von der Küſte des 
Marmarameeres, Dar⸗ 
danellen und Hellespont 
bis England und Süd⸗ 
ſchweden iſt erſt in allerneueſter Zeit, wahrſchein⸗ 
lich erſt ungefähr ſeit dem Mittelalter und in der 
Hauptſache gerade erſt im vorigen Jahrhundert hin⸗ 
zugekommen. Die Faſanen haben ſich Europa auf 
Schuſters Rappen vom Balkan her erwandert, find 
auch ausgeſetzt worden, haben aber auch in Oſtaſien 
einen Vorſtoß nach Norden gemacht, wie figura zeigt. 
Wie unvergleichlich ruhig hebt ſich dagegen die in ſich 
geſchloſſene Ellipſe der Sproſſer⸗ bezw. Nachtigall⸗ 
verbreitung ab (vergleichsweiſe eingezeichnet)! Auch 
die Verbreitung des Eichhörnchens kennzeichnet ſich 


ein Bild feines verftorbenen Vaters (Pfarrers in Friſchborn⸗ 
Vogelsberg), eines Vogelfreundes von echtem Schrot und Korn, 
entworfen hat, ſo iſt es durchaus berechtigt, wenn wir dieſe 
neue Arbeit Wilhelm Schuſters als eine überaus reichhaltige, 
anregende und wertvolle bezeichnen.“ — Ich laſſe dieſe Worte, 
ausdrücklich ſei es bemerkt, hier nicht wiederholen, um pro 
domo zu reden (bitte auch betreffs der Lobeserhebungen, von 
denen ich ahfolut kein Freund bin, um Entſchuldigung), ſon⸗ 
dern um das Urteil eines gewiegten Tierkenners und vortreff⸗ 
lichen Ornithologen zur Geltung kommen zu laſſen. 

1) Vielleicht ſchwebte manchem die Frage auf dem Mund: 
Wie kann dieſe Nomenklatur die älteſte ſein? Pallas 
lebte doch 1741—1811 und der nordiſche Paſtorsſohn Linné 
ſchon 1707—1778. „Da ftaunt der Laie“ und der Fachmann 
wundert ſich nicht. Linné benannte mit timidus ſeinen 
ſkandinaviſchen Schneehaſen (ſo auch im neuen Brehm), nicht 
unſeren Feldhaſen Lepus europaeus. Ebenſo wird ſich auch 
noch mancher altergraute, ehrwürdige Weidmann daran ge⸗ 
wöhnen müſſen, das umſtändliche Oryctolagus cuniculus L. 
(Kaninchen) zu leſen ſtatt Lepus cuniculus L. 


Gez. vom Verfaſſer. 


302 


durch eine ähnliche, nur länger geſtreckte und höher 
in den Norden reichende Ellipſe. Ich vermiſſe dieſe 
ſo ſehr inſtruktiven Kärtchen im neueſten Brehm. 
Soviel aber ſteht mir jedenfalls feſt: Viele Tiere ſind 
in ihrem Areal noch nicht ſtabil, und manche Arten 
heute weniger als je. Dahin darf man ruhig auch 
die Wanderzüge der Nager (Lemminge, Ratten) aus- 
legen. Hafen hat man in Scharen von 5— 600 Stück 
wandernd getroffen. „Wafferratten, Eichhörnchen, Hafen, 
ja ſogar Siebenſchläfer — alfo auch echte Winter- 
ſchläfer — machen ſich in? Sibirien ſcharenweiſe zu 
gelegentlichen Wanderun⸗ 
gen auf“ (Midden⸗ 
dorf). „Auf der Tai⸗ 
myrhalbinſel ſcheint der 
Anſtoß namentlich durch 
ſtarke Winterkälte ver⸗ 
anlaßt zu werden, wo- 
bei die Tiere ſich von 
den hoheren Lagen der 
Bergzüge in niedere 
ziehen. Die Parallele 
zu den Zuavögeln liegt 
auf der Hand. Noch iſt 
die Blutwärme nicht 
ausreichend, auch der ſtärkſten Kälte zu trotzen“ (Sim: 
roth). 

Ganz eigentümlich iſt die Rolle, welche die Kanin⸗ 
chen des Gonſenheimer und Budenheimer Waldes im 


) Wie ich fiber die Sim rothſche Theſe urteile, habe 
ih an anderer Stelle (. G⸗iſteskampf der Gegenwart“ 1916) 
folgendermaßen fixiert: Die Entwickelung des Lebens und felts 
ner Formen erklärt viel beffer als Darwins Zuchtwahllehre 
eine neue Theorie, die ein deutſcher Gelehrter, Simroth, 
an die Stelle des Darwinismus geſetzt hat: Die Erppendu⸗ 
lationatpeorie. Die Reibiſch⸗ Gimrothihe Erdpendu⸗ 
Tation ſchaltet den typiſchen Darwinismus vollſtänd ia aus, ine 
dem fie eine Verſchiebung der Tierwelt bald in wärmere, bald 
in kältere Lage. und damit ihre Umwandlung nachweiſt. Der 
Leipaaer Univerſttätsprokeſſor Dr. Simroth ſaat ſelbſt auf 
S. 37 feireg dicken Werkes „Die Erppendulationstheorie“ 
(Leipzig 1907) bei der Abſchätzung ſeiner Theſe in ihrem Ver- 
hältnis zu Darwins Thb⸗ſe: „Der Kampf ums Dalein ers 
ſcheint jetzt weniger als ein Konkurrenzkampf der verſchiedenen 
Lebeweſen untereinander, wiewohl vereinzelte beglaubigte Bets 
ſpiele von der Ausrottung einer Pflanze oder eines Tieres 
durch ein anderes vorliegen, er wird febt viel mehr unter den 
Geſſchtspunkt der klimatiſchen Ausleſe aeridt. So ordnen ſich 
die Einzelfaktor⸗n des Darwinismus ohne weiteres unter: ein 
kosmiſches Geſetz, das der Stellung der Erde zur 
Sonne, tritt für fie ein.“ Die Erklärung der Entwickelung 
durch ein Weltgeſetz, ein kosmiſches, erichrint uns jüngeren 
Forſchern viel natürlicher als der typiſche Darwinſche struggle 
for life. Die Ent⸗ oder Auswicklung der Tierwelt, die für 
jeden klar Blickenden eine Tatſache iſt, kam zuſtande durch die 
Verſchiebung der Tierwelt bald in kältere, bald in wärmere 
Erdlagen. 


Verbreiizunsgeblet der Fasenen err em 
Verbreitu: gasgedi iH Ife p 


Gez. von Frau Pfr. B. A. Schuſter, geb. Freiin von Forſtner. 


warmen Januar 1913 ſpielten oder vielmehr nur in 
der einen Nacht vom 12. auf den 13. Januar, wo 
vorübergehend verhältnismäßig hoher Schnee gefallen 
war. Die Kaninchen im Mainzer Becken hatten näm⸗ 
lich auffallender Weiſe weder durch die große Sommer⸗ 
hitze 1911 (,„Glutjahr“), noch durch die anhaltende 
Naͤſſe 1912 („Flutjahr“) im geringſten gelitten ). Die 
Sommerwaͤrme bezw. auffallende Hitze 1911 ſchadete 
dem Tier deshalb nicht, weil es fidh bei möglichſt viel 
Wärme offenbar wohl fühlt, was darauf ſchließen 
läßt, daß der Ausgangspunkt feiner geographiſchen Ber- 
breitung mehr im Ei: 
den Deutſchlands oder 
ſüdlich von Deutſchland 
als nördlich von unſe⸗ 
ren Breitegraden liegt. 
Die Näſſe 1912 hatte 
dem Kaninchenbeſtand 
wohl ſicher geſchadet, 
wenn ſie ſich im Main⸗ 
zer Becken mehr geltend 
gemacht hätte; dieſes 
warme Sandbecken hat 
bekanntlich unter der 
Näſſe 1912 nicht fonder: 
lich gelitten. Im warmen Winter 1912/13 aber hatten 
die Kaninchen genug junges, ſaftiges Grün zu freſſen, 
da ja die Pflanzenwelt ſo ungewöhnlich früh ausge⸗ 
ſchlagen hatte (z. B. die Stechpalmenſträuche, Nex, 
hatten in den Wäldern des bergiſch-märkiſchen Landes 
und bei Heilbronn bereits Anfang Januar 1913 
die typiſchen Frühlingstriebe herausgeſtoßen, die be 
kannten zwei zarten hellgrünen Blättchen an der 
Spitze der Zweige). Nun kam aber die eine Nacht 
mit hohem Schnee und deckte alles zu. Da nun die 
Kiefernwälder von Mainz bis Ingelheim voll tav: 
ſender Oryctolagus cuniculus ſtecken und dieſe nichts 
zu freſſen hatten, fo kam „Not an den Mann“. Was 
taten fie? Mitten im Wald hat Baron von Walk 
hauſen vor einigen Jahren ein großartiges Schloß 
Waldhauſen, das auf der den ganzen Mainzer Lén: 
forſt beherrſchenden Höhe gelegen ift, errichtet, weithin 
ſichtbar dem auf dem Rhein fahrenden Touriſten, und 
unterhalb des Schloſſes Waldhauſen find nach Buden: 
heim zu ganz umfangreiche gärtneriſche Anlagen ber 
geſtellt. In diefe brachen die zahlreichen Kanins durch 

1) Wer ſich noch zu erinnern vermag, denkt an das von 
einer Zigeunerin prophezeite Glut⸗, Flut-, Blutlahr, vergl. 
meinen Nufſatz: „Glut⸗, Flut-, Blutjahr! Prophezeiung einer 
Zigeunerin für die Jahre 1911, 1912 und 1918” in der Fe 
milienwochenſchrift: „Aus Zeit und Leben“ vom 15. Mai 
1913. Das Blutjahr iſt auch eingetreten, allerdings hat 


es fic) um ein Jahr verſpätet, kam erft 1914, aber dann gleið 
in verſtärkter Auflage! Schuster. 


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—— — — ¶ ʒ—¹— —— . — 0 


— — — — — — 


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803 


und machten fid) an die jungen Obſtbäume. Wir 
haben hier ein klaſſiſches Beiſpiel 1. für die Baum⸗ 
wertvernichtung durch Kaninchen in einer einzigen 
Nacht. 2. für die ganz beſtimmte Geſchmacksrichtung 
des cuniculus (leider konnte die Feſtſtellung dieſer 
Zatfachen im neueſten Brehm keine Aufnahme mehr 
finden!) Der Schloßherr Baron von Waldhauſen 
hat im weiten Bogen um die ganze Runde der An⸗ 
lage eine Reihe von Quitten und Mispeln ge⸗ 
pflanzt. Hinter dieſer erſten Reihe von Pomazeen 
ehen Nüſſe (Blut⸗, Lamberts⸗, Haſelnuß). Die Ka: 
ninden haben diefe zweite Reihe nicht angerührt, da- 
gegen ſämtliche Bäumchen der erſten Umfaſſungs⸗ 
the rundum am Unterteil des Stammes abgenagt, 
lowie einige der hinter der zweiten Reihe mehr nach 
dem Innern zu ſtehenden Pomazeen. Daß die Tiere 
nur die erſte Bäumchenreihe angingen und nicht die 
zweite, hat ficher wohl darin feinen Grund, daß die 
Quitten und Mispeln für den Geſchmack 
des Kaninchens ſüße Rinde haben, die Nu Be 
ſorten aber bittere, was ein ganz neues Licht auf 
die beſtimmte Geſchmacksrichtung des Kaninchens wirft 
Nur da und dort war ganz vereinzelt auch ein Nuß⸗ 
ſtämmchen angegangen, und zwar immer nur wenig, 
und es erſchien dies als eine ungewollte oder unbe⸗ 
abſichtigte Verwechſelung. Es kam wohl auch hinzu, 
daß die Tiere von der niedrigen Kieferndickung aus 
ert über ein freies Feld laufen mußten, ehe fie die 
Obſtbäumchen erreichten, und dadurch wohl ſchon etwas 
in ihrem Sicherheitsgefühl geſtört, wagten ſie ſich im 
allgemeinen nicht mehr viel weiter an die hinteren 
oder inneren Reihen von Obſtbäumchen. Es braucht 
kaum geſagt zu werden, daß die Stämmchen gerade 
in Kaninchenhöhe oberhalb der Schneedecke angenagt 
worden waren. Die dem Untergang geweihten Baum: 
Gen wurden durch neue erſetzt. 


Ueber den Wandertrieb und die freie Bewegung 
der Eichhörnchen, die neuerdings auch im Winter 
beobachtet wird, finde ich von A. Bülow noch fol⸗ 
gende Notiz: 


Der Wanderzug, der dem Tier im Norden beſon⸗ 
ders eigen iſt, bekundet ſich auch bei uns. Ueberall, 
wo Nahrung zu finden iſt, findet es ſich ein: im 
Dohnenſtriche ſtellen ſie den Droſſeln nach; im Vor⸗ 
winter, wenn die Bucheckern noch auf den Bäumen 
ſizen, find fie im Buchenſchlage zu finden; ſpäter ver⸗ 
ſchaffen fie ſich die Kerne des Hainbuchenſamens, 
der bekanntlich bis in den Nachwinter an den Zweigen 
fiken bleibt. Dagegen verſchmähen fie den Sa: 
men der Akazie gänzlich. Im hohen Winter 
nehen fie fi wandernd nach Fichtenbeſtänden hin. 
Ueberall aber ift das Eichhorn im Frühjahr zu Hauſe 


ue 


und namentlich in dichten Laubbeſtänden, wo die Vögel 
zahlreiche Neſter bauen. Selten erſtreckt ſich ſeine 
Wanderung über weite, unbeſtandene Flächen, dagegen 
habe ich häufig die Beobachtung gemacht, daß es auf 
hohen, dichtbelaubten Wegbäumen weiter wechſelt (,Lei⸗ 
tung“, Schuſt.). In meinem Heimatsdorfe befand ſich 
ein großer Dorfplatz, der mit Birken, Buchen, Linden 
und Kaſtanien faſt dicht beſetzt war ſo daß das Dorf 
einem Garten glich; hierher kamen häufig Eichhörnchen 
in dem Schutz der großen Bäume, die überall die 
Straße beſäumten. (Anfang Juli 1916 ſah ich ein 
Eichhörnchen am Wunnenſtein (Neckarlande) eine halb⸗ 
reife Walnuß verzehren. Schuſt.) 

Die Vorliebe des Eichhörnchens für Vogelneſter 
bekundet es ſelbſt in ſeinen Wohnungsverhältniſſen. 
Es hat mehrere Wohnungen, wie alte Kräͤhenhorſte, 
Elſternneſter ufm. Auch Höhlungen in Bäumen, am 
liebſten in hohlen Stämmen, baut es aus oder benutzt 
ſie zum vorübergehenden Aufenthalte. Lenz hat be⸗ 
obachtet, wie Eichhörnchen das Eingangsloch zu Staren⸗ 
käſten erweiterten, um ihre Wohnung darin aufzu⸗ 
ſchlagen. | 

Die Anſichten des mir eng befreundeten Wemer 
über die verſchiedenen Spielarten der Eichhörnchen⸗ 
neſter, die aus den Weſftfaͤliſchen Jahrbüchern für 
Naturkunde auch im neuen Brehm (IV. Aufl.) 
Aufnahme gefunden haben, vermag ich nicht ganz zu 
teilen. Insbeſondere glaube ich nicht, daß das Eich⸗ 
horn ſpeziell Fallen in Neſtern baut, um Vögel darin 
zu fangen. | 

Mit der „wiederkehrenden tertiärzeitähnlichen Tier⸗ 
lebensperiode“, dem von mir geprägten und zuerſt 
erklärten Begriff, haben die zuletzt gemachten Bemer⸗ 
kungen nichts zu tun. Ich machte ſie en passant 
und weil ſie im Zuſammenhange ſtehen mit den An⸗ 
gaben im neueſten Brehm (IV. Aufl.). Die Betrach⸗ 
tung der Tierwelt aber im Lichte meiner Theſe iſt 
nicht allein ungewöhnlich anziehend, ſondern gibt für 
viele bisher rätſelhafte Erſcheinungen mühelos Er⸗ 
klärung. Da ich in erſter Linie Ornithologe bin, 
könnte ich faſt für jede Vogelart ungewöhnliche neu⸗ 
zeitliche Erſcheinungen auf die Wiederkehr tertiärzeit- 
lichen Tierlebens zurückführen, nach dieſer Richtung 
hin genügend begründen und leicht erklären. Wie ſich 
die Forſcher zu meiner Theſe ſtellen, habe ich in 
den Jahrbüchern der Wetterauiſchen Geſellſchaft für 
Naturkunde durch Zuſammenſtellung ihrer Aeußerungen 
klargelegt. 


304 


Die Jorſtwirlſchafts⸗Philoſophie der 
Gegenwart 
von Heinrich Weber, Großh. Heſſ. Forſtaſſeſſor. 
(Schluß.) 
II. Das Wappes'ſche Syſtem der Forſtwiſſenſchaft. 

Der I. Teil dieſer Abhandlung gipfelte in der Er⸗ 
kenntnis daß die Forſtwiſſenſchaft eine praktiſche, beſſer 
geſagt eine Gemeinſchafts⸗ oder Willens⸗Wiſſenſchaft 
iſt. Es wurde der Verſuch gemacht, den Nachweis zu 
erbringen, daß es nicht gerechlfertigt erſcheint, unfere 
Wiſſenſchaft als eine theoretiſche Geiſteswiſſenſchaft 
(wie Wappes) oder gar als eine theoretiſche kombinierte 
Wiſſenſchaft (wie Katzer es tut) aufzufaſſen. Es liegt 
auf der Hand, daß das Wappes'ſche Syſtem, das ja 
bekanntlich für eine geiſteswiſſenſchaftliche Forſtwiſſen⸗ 
ſchaft berechnet iſt, für eine gemeinſchaftswiſſenſchaftliche 
Forſtwirtſchaftswiſſenſchaſt als Einteilungsprinzip nicht 
in Betracht kommen kann. Eine Kritik des Wappes'ſchen 
Syſtems von meinem Standpunkt aus ließe ſich alſo 
ganz kurz und einfach damit abtun, daß ich ſagen 
würde: Unſere Wiſſenſchaft iſt Gemeinſchaftswiſſenſchaft 
und kann nur Gemeinſchaftswiſſenſchaft ſein; ein für 
eine geiſteswiſſenſchaftliche Forſtwiſſenſchaft aufgeſtelltes 
Syſtem iſt alſo von vornherein als unbrauchbar ab⸗ 
zulehnen. 

Eine andere Frage iſt es jedoch, ob ſich das Syſtem 
von Wappes für eine als Geiſteswiſſenſchaft aufgefaßte 
Forſtwiſſenſchaft, ſür die es ja geprägt iſt, wirklich 
eignet. Der Unterſuchung dieſer Frage ſoll im Fol⸗ 
genden näher getreten werden. Vorher ſoll jedoch die 
Wappes'ſche Stellungnahme zu den älteren Syſtemen 
der Forſtwiſſenſchaft kurz beleuchtet werden. 

Zu den vorhandenen Syſtembildungen hat Wappes 
ſowohl in ſeinen „Studien über die Grundbegriffe und 
die Syſtematik der Forſtwiſſenſchaft“ als auch ganz 
beſonders in ſeiner Abhandlung im „Lorey'ſchen Hand⸗ 
buch“ Stellung genommen. 


Ich geſtatte mir nun einige kleinere, belangloſe 
Fehler, die Wappes in der Literatur unterlaufen ſind, 
kurz zu berichtigen. Herr Regierungsdirektor Dr. 
Wappes iſt ein vielbeſchäftigter und verantwortlicher 
Verwaltungsbeamter und entfaltet nebenbei auf wiſſen⸗ 
ſchaftlichem Gebiet eine rege Tätigkeit. Zudem hat er 
ſich von vornherein ausdrücklich entſchuldigt für den 
Fall, daß ſeine Ausführungen kleinere Mängel enthalten 
ſollten. Ich hoffe, daß man mir dieſe Hinweiſe nicht 
verübelt und fie für das nimmt, was fie fein wollen, 
Richtigſtellungen im allgemeinen wiſſenſchaftlichen In⸗ 
tereſſe. 

In der erſtgenannten Schrift befaßt ſich Wappes 
nur mit einem der älteren Syſteme, nämlich mit 
dem Syſtem Hundeshagens. „Wer über das 


Thema ſchreiben will“, ſo führt er auf S. 55 aus, 
„das ich mir in vorliegender Arbeit geſtellt habe, muß 
auf Hundeshagens „Enzyklopädie der Forſtwiſſenſchaſt“ 
zurückgehen: erſtens, weil nirgends die einſchlägigen 
Fragen ſo ausführlich behandelt worden ſind und 
zweitens, weil Hundeshagen in ſeinem Syſtem, obwohl 
es eigentlich der erſte Verſuch war, bis heute in 
Umfang und Folgerichtigkeit nicht übertroffen wurde.“ 
Es it nicht richtig das Hundeshagen'ſche Syſtem als 
den erſten Verſuch eines Syſtems unſrer Wiſſenſchaft 
zu bezeichnen. Es iſt genau betrachtet garnicht ſo 
originell, als man gewöhnlich annimmt und in allen 
Büchern über ſorſtwiſſenſchaftliche Syſtematik lieſt. 
Nicht allein bei Wappes, auch ſonſt findet man es in 
unſerer Literatur immer und immer wieder ſo dar⸗ 
geſtellt, als ob Hundeshagen der forſtlichen Welt ſein 
Syſtem als eine funkelnagelneue, durchaus originelle 
Schöpfung fix und fertig zu Füßen gelegt hätte. Das 
iſt ein Grundirrtum! Daß die älteren Syſteme auf 
den Ausbau des Hundeshagen'ſchen Syſtems nicht ohne 
Einwirkung bleiben konnten, iſt ganz ſelbſtverſtändlich. 
Ohne die Syſteme eines Moſer, eines v. Burgs⸗ 
dorf und eines Walther wäre auch das Hunde: 
hagen'ſche Syſtem nicht denkbar. Darüber beſteht kein 
Zweifel, daß ohne die Gedankenarbeit dieſer Vorgänger 
Hundeshagen auf ſyſtematiſchem Gebiete niemals ſo 
Großes hätte vollbringen können. Von v. Burgs⸗ 
dorf ſagt ja Hundeshagen ſelber auf S. 6 ſeiner 
„Enzyklopädie der Forſtwiſſenſchaft“ (2. Aufl. Tübingen 
1828): „Mit Recht gebührt dem talentvollen durch 
Gleditſch wohl unterrichteten Burgsdorf das 
Verdienſt, in feinem 1788 erſchienenen und 1796 durch 
einen zweiten Teil fortgeſetzten „Forſthandbuch“ zuek | 
ein vollſtändiges Syſtem der Forſtwiſſenſchaft aufgeftelt 
und dieſelbe dadurch eigentlich begründet zu haben.“ 
So anfechtbar dieſe Behauptung Hundeshagens in 
übrigen auch fein mag, dieſer Satz zeigt auf jede 
Fall klar und deutlich, daß Hundeshagen weit davon 
entfernt war, in fih ſelber den Begründer des erim 
forſtwiſſenſchaftlichen Syſtems zu erblicken. 

Von großem Einfluß it ohne Zweifel auch bal 
Syſtem Fr. L. Walther's auf das Hunbeshagenidt 
Syſtem geweſen. Hierauf ift in der Literatur nod 
nicht gebührend hingewieſen worden. Walther cchrib 
in feinem „Lehrbuche der Forſtwiſſenſchaft“ (2. Auf. 
Gießen 1803): „Was nun die Forſtwiſſenſchaft felt 
anbetrifft, fo teilt man fie in die Privat- und Staats 
Forſt⸗Wiſſenſchaft.“ Damit hat Walther einen der 
Grundgedanken des Hundeshagen'ſchen Syftems schon 
auf das deutlichſte ausgeſprochen und bezüglich desſelben 
muß ihm unſtreitig die Priorität zuerkannt werden. 
Walther hat deshalb ein Anrecht auf einen Ruhms 
anteil. Wenn auch ſein Anteil nicht dem eines Hunde 


= —e — ———— — 
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- 805 


hagen vergleichbar ift, fo it fein Verdienſt deshalb 
doch nicht gering einzuſchätzen. Auch die Großen im 
Reiche der Wiſſenſchaft und Kunſt find in hervor⸗ 
ragendem Maße auf die Arbeit ihrer Vorgänger an⸗ 
gewieſen. Selbſt Goethe ſagt von ſich in den „Zahmen 
Tenien“: 

„Gern wär ich Ueberliefrung los 

Und ganz ortainal; 

Doch iſt das Unternehmen groß 

Und jübrt in manche Qual. 


Als Autochthone rechnet' ich 

Es mir zur höͤchſten Ehre, 
Wenn ich nicht gar zu wunderlich 
Selbſt Weberltefrunq wäre.“? 

Hierdurch wird natürlich das große Verdienſt, das 
ih Hundeshagen um unſere Wiſſenſchaft und ganz 
beſonders auch um deren ſhyſtematiſche Einteilung er: 
worben hat, nicht im geringſten geſchmälert. Und 
dann kommt als ſein Hauptverdienſt noch hinzu, daß 
er ſeine ſyſtematiſchen Pläne auch in die Tat umgeſetzt 
hat, indem er in ſeiner Enzyklopädie zum erſten Male 
ein feinem Syſtem entſprechendes vollſtändiges Gebäude 
der Forſtwiſſenſchaft aufgeführt hat. 

In ſeiner Abhandlung im Lorey'ſchen Handbuch 
ſchikt Wappes feinem „organiſchen“ Syſtem ein ganzes 
Kapitel voraus, das die Ueberſchrift trägt: „Geſchichte 
und Kritik der Lehrfyſteme“. 

Als Gegner einer „praktiſchen“ Forſtwiſſenſchaft 
verwirft er darin auch alle für eine ſolche berechneten 
Syſtembildungen, d. h. aber alle bisher aufgeſtellten 
Syfteme der Forſtwiſſenſchaft. Für diefe prägt er 
den Ausdruck „Lehrſyſteme“. 

Auch hier möge mir geftattet fein, auf einen kleinen 
Irrtum von Wappes kurz hinzuweiſen. Wappes ſagt 
auf S. 15: „die Heß'ſche Stoffabgrenzung kann inſofern 
als ein Fortſchritt betrachtet werden, als die vorberei⸗ 
tenden Naturwiſſenſchaften von der Fachlehre abge⸗ 
\hieden find. Auch die Unterſcheidung von Grund: 
und Hilfswiſſenſchaften ift im Prinzip zutreffend.“ 
Hierzu iſt zu bemerken, daß Heß nicht der erſte war, 
der dieſe Neuerungen in die Literatur eingeführt hat. 
Eine Unterſcheidung zwiſchen Grund⸗ und Hilfswiſſen⸗ 
ſchaften macht fdon Müller im Jahre 1824 
(„Rineamente zur Theorie der Forſtwiſſenſchaft im 
Geiſte der lebenden Natur und der pofitiven Staaten⸗ 
Einrichtung.“ Abh. in der „Zeitſchrift für das Forſt⸗ 
und Jagdweſen mit beſonderer Rückſicht auf Baiern.“ 
II. Bd. 3. Heft S. 77 und 4. Heft S. 52 f. Bamberg). 
Als Grundwiſſenſchaften bezeichnet er (S. 53) die 
„Erkennungslehre der Holzpflanzen“ und die „Staats⸗ 
lehre“, Hilfswiſſenſchaften ſind nach ihm (S. 56): 
„Mathematik“, „Chemie“, „Phyſik“. Die gleiche 
Unterſcheideng findet ſich in demſelben Heſte (4) der 
. Zeitſchrift in einer Rezenſion der Widen⸗ 

916 


mann'ſchen Schrift: „das Syſtem der Forſtwiſſenſchaft“. 
Der Rezenſent (der mit Müller identiſch zu ſein ſcheint) 
ſagt dort auf S. 127: „Referent macht indeſſen einen 
Unterſchied zwiſchen Grund⸗ und Hilfswiſſenſchaften. 
Erſtere enthalten die Lehren, von welchen die Funda⸗ 
mentalſätze der Forſtwiſſenſchaft ausgehen, letztere be⸗ 
greifen die unentbehrlichen Vorkenntniſſe zum richtigen 
Auffaſſen derſelben und bieten mannigfaltige Kennt⸗ 
niſſe dar, welche zu deren Erläuterungen benutzt werden. 
Hiernach ſind die Botanik und die Staatslehre Grund⸗ 
wiſſenſchaften der Forſtwiſſenſchaft, die Mathematik, 
Chemie, Phyſik, Technologie uſw. unentbehrliche aber 
nützliche Hilfswiſſenſchaften derſelben.“ Auch Cotta 
und Stumpf unterſcheiden ſchon Grund: und Hilfs⸗ 
wiſſenſchaften. 

Für eine Abſcheidung der vorbereitenden Natur⸗ 
wiſſenſchaften von der Fachlehre tritt ſchon Theodor 
Hartig in ſeiner Schrift: „Syſtem und Anleitung 
zum Studium der Forſtwirtſchaftslehre“ (Leipzig 1858) 
auf S. 10 f. ein. Ob dieſe Abtrennung, wie Wappes 
meint, als ein Fortſchritt bezeichnet werden darf, da- 
rüber kann man verſchiedener Meinung ſein. Von 
dem Anhänger einer „praktiſchen“ willenswiſſenſchaft⸗ 
ſichen Forſtwirtſchaft kann fie nur als Rückſchritt be⸗ 
trachtet werden. 

Den „Lehrſyſtemen“ der älteren Syſtematiker, die 
ja für eine praktiſche Forſtwiſſenſchaft berechnet und 
deshalb für ſeine Forſtwiſſenſchaft nicht brauchbar 
waren, ſtellt Wappes nun ſein eigenes Syſtem ent⸗ 
gegen. Sein ſog. „organiſches“ Syſtem iſt in der 
Hauptſache eine Uebertragung des von einigen Staats⸗ 
wiſſenſchaftlern wie L. von Stein und den älteren 
Soziologen, wie Schäffle, angewandten organiſchen 
Syſtemſchemas auf die Forſtwiſſenſchaft bezw. ihren 
Gegenſtand. Wie L. von Stein den Staat und 
Schäffle die Geſellſchaft, ſo betrachtet Wappes die 
forſtliche Unternehmung als einen einheitlichen Orga⸗ 
nismus. Die forſtliche Unternehmung iſt ein „aeiftiger 
Organismus“. Auf dieſe Annahme baut Wappes ſein 
ganzes Syſtem auf. „Das Weſen der forſtlichen 
Unternehmung“, ſo ſagt er, „iſt in ihrer Eigenſchaft 
als einheitlicher wirtſchaftlicher Organismus zu ſuchen“. 
Das Wefen der forſtlichen Unternehmung liegt jedoch 
m. E. in der beſonderen Eigenart ihrer Betätigung 
und nicht in einer ihr angedichteten, auf alle mögliche 
andere menſchliche Zweckzuſammenhänge, wie z. B. den 
Staat, auch übertragbaren Eigenſchaft eines Organis⸗ 
mus. Wappes führt auf S. 43 weiter aus: „Alle 
Wiſſenſchaften nun, deren Aufgabe die Erforſchung 
von Organismen, deren Inhalt die Erkenntnis ihres 
Vorkommens, ihrer Beſchaffenheit und ihrer 
Lebensäußerungen iſt, finden ihre Einteilung darin, 
daß ſie ihr Objekt mit Hilfe wiſſenſchaftlicher Metho⸗ 

41 


den nach den drei eben genannten Richtungen hin er: 
forſchen und die dadurch gewonnenen Erkenntniſſe nach 
dieſem Gefichtspuntte zuſammenfaſſen“. Ganz nach 
Analogie der Zoologie und der Botanik, ſo meint 
Wappes, iſt deshalb auch die forſtliche Unternehmung 
nach drei Richtungen hin zu betrachten: 

A. Geographiſch und Syſtematiſch; 


B. Nach der aͤußeren und inneren Geſtaltung 
(Morphologie und Anatomie) und 


C. Nach den Lebensäußerungen. 
(Phyſiologie und Biologie.) 

Iſt dieſe Vorausſetzung, daß man die forſtliche 
Unternehmung als Organismus betrachten und des⸗ 
halb zu ihrer Erforſchung ſich der gleichen Metho⸗ 
den und desſelben Einteilungsſchemas bedienen könne, 
wie die Biologie bei der Betrachtung der tieriſchen 
Organismen, iſt dieſe Vorausſetzung, mit der das 
Wappes'ſche Syſtem ſteht und fallt, haltbar? Oder 
allgemeiner geſprochen: Iſt die organiſche Methode 
der Biologie überhaupt auf die wiſſenſchaſtliche Be⸗ 
trachtung menſchlicher Zwecktätigkeit anwendbar? 

Schon C. Wagner äußert in feiner Beſprechung 
der Wappes'ſchen Studien („Naturw. Zeitſchrift für 
Lande und Forſtwirtſchaft“ 7. Jahrg. 1909, Heft 10 
S. 503 — 506) Bedenken darüber, „ob eine glatte Auf: 
teilung des Stoffs und damit ein praktiſch brauch⸗ 
bares Syſtem auf dieſem Wege überhaupt gewonnen 
werden könne. Darüber ſind Zweifel immerhin noch 
möglich, denn die Baſis bildet ja einen Vergleich 
zwiſchen Wirtſchaft und Organismus und Vergleiche 
heterogener Dinge pflegen zu hinken“. 

Wappes ſucht einen diesbezüglichen Angriff auf 
die Prämiſſen ſeines Syſtems von vornherein damit 
abzuwehren, daß er kurzer Hand auf die Anwendung 
dieſes Prinzips bei der Staatswiſſenſchaſt durch L. von 
Stein und bei der Soziologie durch Schäffle, von 
Lilienfeld u. a. verweiſt. Mit dem einfachen Hinweis, 
daß es andere für verwandte Gebiete auch benutzt 
haben. ift jedoch noch keineswegs die Berechtigung der 
Anwendung dieſes Prinzips für die forſtliche Unter⸗ 
nehmung bewieſen. Denn geſetzt, für die Staats⸗ 
wiſſenſchaft und die Soꝛiologie fei eine derartige Ana: 
logie ganz an ihrem Platze, ſo iſt damit noch nicht 
gelaat, daß fie fih auch dann ohne weiteres für die 
forſtliche Unternehmung eigne. Die ſtete Wechſelwir⸗ 
kung zwiſchen den einzelnen Teilen, wie ſie für den 
Staat und die Geſellſchaft ſo charakteriſtiſch iſt, welche 
die unmittelbare Veranlaſſung zu der Analogie mit 
körperlichen Organismen gegeben hat, iſt in der forſt⸗ 
lichen Unternehmung bei weitem nicht in dem Maß 
zu finden. 

Doch man kann davon ja ganz abſehen; es dreht 


m ee 


fidh ja hier um die prinzipielle Frage: ob die orga: 
niſche Methode überhaupt auf menſchliche Zwecktätigkeit 
irgendwelcher Art angewendet werden darf? Dieſe 
Frage aber muß verneint werden. 

Die Soziologen ſelber ſehen neuerdings immer 
mehr von derartigen Analogiebildungen ab. Selbſt 
Schäffle hat bezeichnender Weile in feinem nach feinem 


Tode von Bücher herausgegebenen „Abriß der Sozio: 


logie“ (Tübingen 1906) jede biologiſche Analogie ver⸗ 
mieden und in der Einleitung zu dieſer Schrift aus⸗ 
drücklich darauf hingewieſen, daß er fidh imſtande fühle, 
auch ohne die Krücken der bioloaiſch⸗pſycholoaiſchen 
Analogien eine ziemlich vollſtändige Syſtemiſierung 
der ſozialen Tatſachenkreiſe zu geben. 

Es ſei bier noch auf die kleine Schrift von Ludwig 
Stein „Weſen und Aufgabe der Soziologie“, Berlin 
1898, hingewieſen. Ludwig Stein tritt darin für 
eine Anwendung der empiriſch induktiven bezw. ver⸗ 
aleichend⸗geſchichtlichen Methode in der Soziologie ein, 
bezüalich der biologiſchen Analogien aber vertritt er 
die Anſicht, daß fie „allenfalls als heuriſtiſche Rot: 
behelfe“ herangezogen werden könnten. „Iſt aber die 
Soziologie ſolchergeſtalt wie die Geſchichte ſelbſt zu: 
nächſt und zu obert Ereigniswiſſenſchaft (Stein ſtützt 
ſich hier auf die Rickert'ſche Einteilung der Wiſſen⸗ 
ſchaften in Geſetzes⸗ urd Ereigniswiſſenſchaften), affo 
durch und durch empiriſch. dann muß auch ihr metho: 
diſches Verfahren ein empiriſch⸗induktives, vor allem 
ein vergleichend⸗geſchichtliches ſein. (Ueber die ver⸗ 
gleichend⸗geſchichtliche Methode f. Wundt, Logik! 
Gegen diefe empiriſche Baſis aller Soziologie verſün⸗ 
digt fic) nun die organiſche Methode; fie ſucht nach 
Naturaeſetzen, ſtatt fih bei empiriſchen Geſetzen, bei 


der Konſtatierung von ſozialen Rhythmen zu beider 


den; ſie erklärt das hiſtoriſche Leben nach dem Schema 
des biologiſchen Geſchehens, ohne fih des Unterſchieds 
zwiſchen Geſetzeswiſſenſchaft und Ereignis wiſſenſchaft 
bewußt zu werden; fie verfährt endlich deduktiv Matt 
induktiv.“ l 

Auch die Mehrzahl der modernen Nationalötone: 
men bezw. Staatswiſſenſchaftler verhält fidh genen die 
Anwendung der oraaniſchen Methode und Einteilung 
in Staats⸗ und Geſellſchaftswiſſenſchaften durchaus ab⸗ 
lehnend. So ſagt Lexis im „Wörterbuch der Volts: 
wirtſchaft“ (hrsg. von Elſter, 2. Aufl.. Jena 1907, 


| S. 927 f.): „vor allem aber find die Beziehungen, 


die zwiſchen den Menſchen in einer Geſellſchaft be 
ſtehen, ihrem ganzen Weſen nach von den wiſchen 
den Zellen eines Organismus obwaltenden verſchieden: 
es ſind nicht phyſikaliſche, chemiſche oder phyſiologische 
Kräfte, ſondern Erregungen des Geiſtes oder des Bil 
lens, Empfindungen von Bedürfnis und Befriedigung. 
Luſt und Unluſt, Haß und Liebe und unſer ganzes 9 


u SS oe e ~ 


307 


Sntereffe am geſellſchaftlichen Leben beruht gerade da⸗ 
rauf, daß ihm dieſe ſpezifiſch menſchlichen Triebfedern 
zu Grunde liegen, wie auch die Hauptprobleme der 
Sozialwiſſenſchaft auf die Frage hinauslaufen, wie trotz 
der jedenfalls großen Freiheit des individnellen Den⸗ 
kens, Fühlens und Handelns Regelmäßigkeiten in den 
geſellſchaftlichen Maſſenerſcheinungen entſtehen können. 
Scheidet man aus dem geſellſchaftlichen Zuſammen⸗ 
hange das pſychologiſche und bewußte Element aus, 
wie es durch die Paralelliſierung mit dem Leben eines 
Organismus tatjächlich geſchieht, fo verliert die Sozio⸗ 
logie gerade das, was ſie zu einer beſonderen und 
ſelbſtändigen Wiſſenſchaft machen kann“. 

Zum Schluſſe ſeien noch die Ausführungen von 
Dilthey in die Wagſchale geworfen, der ſchon in 
finer 1883 erſchienenen epochemachenden „Einleitung 
in die Geiſteswiſſenſchaften“ (1. Bd. Leipzig 1883) 
die Unanwendbarkeit der biologiſchen Methode auf die 
Geiſteswifſenſchaften überzeugend nachgewieſen hat. „Der 
Begriff des Organismus“, ſo führt er auf Seite 39 
dieſes Werkes aus, „ſubſtituiert für ein gegebenes Pro⸗ 
blem ein anderes, und zwar wird vielleicht, wie ſchon 
J. St. Mill bemerkt hat, die Auflöſung des Pro⸗ 
blems der Geſellſchaft früher und vollſtändiger ge⸗ 
lingen als die des Problemes des tieriſchen Orga⸗ 
nismus“. 

Was hier Mill von der Geſellſchaft bemerkt, das 
ſpricht Martin in ſeiner Beſprechung der Wappes'⸗ 
ſchen „Studien (, Forſtwiſſenſchaftliches Ben- 
tralblatt“ Jahrg. 1909, S. 593 — 596) bezüglich der 
Jorſtwirtſchaft aus, wenn er fagt: „Die hier begrün⸗ 
dete Syſtematik (gemeint ift natürlich die Wappes'ſche) 
darf wegen ihrer Eigenartigkeit gewiß Intereſſe be⸗ 
anſpruchen. Manche treffende Analogien zwiſchen den 
Organismen der Natur und der Wirtſchaft laſſen ſich 
aufſtellen und verfolgen. Gegenüber der Ueberein⸗ 
ſtimmung muß man aber auch die großen Unterſchiede 
hervorheben, die zwiſchen beiden Lebensgebieten be⸗ 
ſtehen. Man darf insbeſondere nicht verkennen, daß 
gegenüber der unendlichen Mannigfaltigkeit der Natur 
und dem Reichtum der Naturwiſſenſchaften die ent- 
ſprechenden Vorgänge der Forſtwirtſchaft — insbeſon⸗ 
dere was die Morphologie (Dienſteinrichtung) und 
Anatomie (Geſchäftsbehandlung) betrifft — ſehr ein⸗ 
ſach find und eine weit geringere Bedeutung haben. 

Wenn nun Wappes zur Erwiderung auf einen 
Angriff von nationalöfonomifcher Seite ſagt: „Aus 
der Naturwiſſenſchaft möchte ich aber nicht den In⸗ 
halt, fondern nur das Syſtem, die Bildung und Ab- 
grenzung der einzelnen Disziplinen übernehmen“, ſo 
ift dies gerade das, was im Vorliegenden beanſtandet 
wurde. Wappes hätte nicht ausdrücklich zu betonen 
brauchen, daß er nicht den Inhalt der Naturwiſſen⸗ 


—— — 3 a e ̃ĩqQũñLsxk32é—ꝰ ͤ é2ĩrß—ß;ĩ?Vẽ —— — — — — ſ-k NJ·ſ— (—-„—⸗i a —ę᷑ôW ä 


ſchaſt auf unſere Wiſſenſchaft übertragen wolle. Eine 
derartige Abſicht wird ihm wohl niemand zutrauen. 
Es iſt doch ganz klar, daß er von der Naturwiſſen⸗ 
ſchaft nur das Formale, d. h. die Methode oder das 
Syſtem übernehmen kann Daß er dies tut, das habe 
ich aber oben gerade angefochten. Dort glaube ich 
nachgewieſen zu haben, daß die Anwendung der orga⸗ 
niſchen Methode auf die Forſtwiſſenſchaft im Wappes’: 
ſchen Sinne, die, wie er ſelber zugibt, mit pſychiſchen 
Affekten zu rechnen hat, nicht angängig iſt. 

„Nicht dadurch“, fo ſagt Dilthey, „erweiſen wir 
uns als echte Schüler der großen naturwiſſenſchaft⸗ 
lichen Denker, daß wir die von ihnen erfundenen Me⸗ 
thoden auf unſer Gebiet übertragen, ſondern dadurch, 
daß unſer Erkennen ſich der Natur unſeres Objektes 
anſchmiegt, und wir uns ſo. zu dieſem ganz ſo der⸗ 
halten, wie ſie zu dem ihrigen. Natura parendo 
vincitur“. 

Eine Anwendung der ſogenannten organiſchen Me⸗ 
thode auf die wiſſenſchaftliche Erforſchung menſchlicher 
Tätigkeit iſtsalſo grundſätzlich nicht gerechtfertigt. Des: 
halb iſt es auch nicht Jangängig, den Stoff unſerer 
Wiſſenſchaft in die äußere Feſſel eines fremden Syſtems 
zu bannen. Die Form hat fih nach dem Gegenſtand 
zu richten und nicht dieſer ſich jener zu fügen. Damit 
fällt aber auch das Fundament, auf dem Wappes 
ſein Syſtem errichtet hat. Mit ſeinen Vorausſetzungen 
ſtürzt es in ſich ſelber zuſammen Alſo ſelbſt für die 
Forſtwiſſenſchaft im Wappes' chen Sinne ift das foge- 
nannte „Organiſche Syſtem“ als ihrem Gegenſtande 
inadäquat abzulehnen. Auch das Syſtem einer als 
theoretiſche Geiſteswiſſenſchaft aufgefaßten Forſtwiſſen⸗ 
ſchaft muß aus ihrem Gegenſtand ſelbſt hervorwachſen 
und dem ureigenſten Weſen dieſes beſonderen Objektes 
angemeſſen ſein. Jeder Verſuch, das Objekt einer 
Wiſſenſchaft in einen, von einem ganz anderen Gebiet 
entliehenen, ihm nicht entſprechenden Rahmen zu ſpan⸗ 
nen, kann von vornherein als verfehlt bezeichnet werden. 


III. Die Wappes'ſche Methodik der „Forſtwirtſchafts⸗ 
Wiſſenſchaft“. 


Die Methodik unſerer Wiſſenſchaft baut ſich wie 
ihr Syſtem, mit dem ſie in einer innigen Wechſel⸗ 
beziehung ſteht, auf der Baſis der Grundlegung auf. 
Die Eigenart des ſpeziellen Objektes unſrer Wiſſen⸗ 
ſchaft iſt bedingend und richtunggebend für die Art 
der Forſchungs methoden. 

Es leuchtet ohne weiteres ein, daß die Methodik 
verſchieden ſein muß je nach der verſchiedenen Art des 
Grundes, den man unſrer Wiſſenſchaft legt. 

Wer, wie Wappes, unſere Wiſſenſchaft in einer 
theoretiſchen Erfaſſung der forſtlichen Unternehmung, 
d. h. der tatſächlich ausgeübten forſtwirtſchaftlichen 

41* 


308 


Tätigkeit, fich erſchöpfen läßt, der kann auch nur die, 
zur Erkenntnis dieſes beſonderen Gebietes notwendigen 
Methoden als Forſchungsmethoden unſrer Wiſſenſchaft 
gelten laſſen. 

Sehr viel komplizierter geſtaltet ſich die Darſtellung 
einer Methodenlehre unſrer Wiſſenſchaft für einen Ber- 
treter einer willenswiſſenſchaftlichen „Forſtwirtſchafts⸗ 
Wiſſenſchaft“ im Sinne des transſcendental⸗logiſchen 
Idealismus, wie ſie im J. Teile dieſes Artikels in 
ihren Grundzügen angedeutet wurde. 

Für ihn bildet ja das Studium der Forſtwirt⸗ 
ſchaft in concreto nur ein Glied feiner Willen: 
ſchaft, die außerdem noch die, aus den drei großen 
Gebieten der menſchlichen Kultur, (dem der Natur, 
dem des „Beiſammen der Menſchen“ und dem des 
„Gefühls des Schönen”) herfließenden Grundlagen 
der forſtwirtſchaftlichen Tätigkeit, denen Wappes in 
feinem „organiſchen“ Syſteme keinen Platz gönnt, und 
zuletzt aber nicht zumindeſt die ſich darauf aufbauende 
Forſtwirtſchaft der Idee in ſich faßt. 

Er hat alſo neben den Methoden, die zur Er⸗ 
forſchung der Forſtwirtſchaft in concreto — die ihm 
nichts als eine Kontrollinſtanz iſt — dienen, auch noch 
die beſonderen Methoden der einzelnen Grundlagen, 
als da find die mathematiſchen, die mathematiſch⸗ 
naturwiſſenſchaftlichen, die biologiſch⸗naturwiſſenſchaft⸗ 
lichen, die kunſtwiſſenſchaftlichen, die juriſtiſchen, ſtaats⸗, 
volkwirtſchafts⸗ und privatwirtſchafts-wiſſenſchaftlichen 
Grundlagen, und vor allem die den Aufbau der Norm 
bewirkende Methode als Forſchungsmethoden unſrer 
Wiſſenſchaft anerkennen und zu beglaubigen. 

Doch dieſe Gedanken können hier nicht weiter aus⸗ 
geſponnen werden. Hier ſoll ja nicht eine Methode 
dieſer willenswiſſenſchaftlichen Forſtwirtſchafts⸗Wiſſen⸗ 
ſchaft aefchrieben, ſondern nur eine Kritik der Wappes'⸗ 
ſchen Methodik gegeben werden. 

Im I. und II. Teile dieſer Abhandlung wurde 
ausgeführt, daß Wappes die forſtliche Unternehmung, 
die er ja als das Objekt ſeiner Forſtwiſſenſchaft an⸗ 
ſieht, als einen geiſtigen Organismus auffaßt und die 
Wiſſen'chaſt von ihr'nach einem „organiſchen“ Syſtem⸗ 
ſchema geordnet haben will. 

Danach müßte man vermuten, daß er auch, in 
Berückſichtigung der, zwiſchen Syſtem und Methode 
herrſcheuden, Wechſelbeziehung, für eine „organiſche“ 
Forſchungsmethode unſrer Wiſſenſchaſt eintreten würde. 

In ſeinen „Studien über die Grundbegriffe und die 
Syſtematik der Forſtwiſſenſchaft“ macht ſich der Ein⸗ 
fluß der Wundt iden Philoſophie auf feine Anſchau⸗ 
ungen noch nicht ſehr deutlich bemerkbar. Wappes 
ſteht vielmehr noch ganz im Banne L. von Steins 
und der älteren Soziologen. Er geht in feiner Ber: 


gleichung der forſtlichen Unternehmung mit einem, 


natürlichen Organismus noch ſehr weit und verfehl! 
auch nicht der angedeuleten Relation gebührend Red: 
nung zu tragen. Auf S. 34 ſagt er: „Wenn wit 
aber das Objekt unſerer Forſchung, die forſtliche Unter: 
nehmung als geiſtigen Einzelorganismus auf: 
faſſen, ſo müſſen wir die gleichen Methoden anwenden 
können, wie die Naturwiſſenſchaft den körperlichen Or⸗ 
ganismen gegenüber.“ Und er macht in der Tat den 


Vorſchlag, die von einem Biologen F. Dreyer für 


die biologiſche Forſchung vorgeſchlagenen Methoden 
auch bei der „forſtwiſſenſchaftlichen“ Forſchung zu ver: 
wenden. F. Dreyer unterſcheidet lich zitiere hier 
nach Wappes „Studien“ .... S. 34): drei Methoden: 

1. die deſkriptiv⸗regiſtrierende (Anne), 
welche die vorhandenen Erſcheinungen als ſeſt an: 
nimmt und ſie beſchreibt (entſpricht der empiriſchen 
Paul du Bois⸗Reymonds); 

2. die hiſtoriſch⸗morphologiſche (Darwin), 
welche das Verſtändnis der Formen durch Ver⸗ 
folgung ihrer Entſtehung und Entwicklung an: 
ſtrebt und 

3. die ätiologiſch⸗mechaniſche (gegenwärtige 
Richtung), welche die Aufgabe hat, die inneren 
treibenden Kräfte zu erforſchen.“ 


„Dieſe Unterſcheidung Dreyers“, ſo führt Wappes 


dann wortlich aus, „dürfte auch bei der forſtwiſſen⸗ 
ſchaftlichen Forſchung anzunehmen fein. Es darf hier: 
bei jedoch nicht die Auffaſſung Platz greifen, als ob die 
erſte und zweite Methode ein überwundener Stand: 


-a — N 


u 


punkt fei. Die drei Metboden müſſen vielmehr neben: « 


einander angewendet werden und ergeben durch ihre 
Anwendung den Inhalt der Forſtwiſſenſchaft.“ 

Er ſtellt aber den Wert ſeines Vorſchlags wieder 
in Frage, wenn er ſagt, die Forſtwirtſchaſt fei als 
geiſtiger Organismus kein ſicher reagierendes Objekt. 


— — . — — 


— mm — 


wie der natürliche Organismus, ſondern mälle al | 
folder mit pſychiſchen Affekten rechnen, es gäbe daher 


bei ihr nur Geſetze der Wahrſcheinlichkeit. Damit gibt 
er aber zu, daß die naturwiſſenſchaftlichen biologische 
Methoden, die er vorgeſchlagen hat, für eine Geil 
wiſſenſchaft im Wundt'ſchen Verſtande — das fol 


unſere Wiſſenſchaft feiner Anſicht nach ja fein — en 


nicht ausreichen. 

In der vier Jahre ſpäter im Lorey'ſchen Gan: 
buche veröffentlichten Abhandlung ändert er feinen 
Standpunkt ganz weſentlich. Er hält zwar das „or 
ganiſche“ Syſtem noch aufrecht, nicht aber be 


organiſch-naturwiſſenſchaftlichen Ne i 
thoden. Er ſcheint inzwiſchen eingeſehen zu habel, 


daß man in einer Geiſteswiſſenſchaft im Wundt ſche 
Sinne doch nicht ſo ohne weiteres nach denſelben Me 


m 2 002 


thoden forſchen kann, als in den Naturwiſſenſchafttnn. 


Und zwar verdankt er diefe Einſicht, wie ungwoeideuts 


Experiment, 


| 


809 


aus feiner letztgenannten Schrift zu entnehmen iſt, 
hauptſächlich dem Studium der „Logik“ Wundts. 

Meiner Anſicht nuch hat. er deſſen Darlegungen 
nicht durchweg richtig aufgefaßt. Er bringt zunächſt 
eine kurze Darſtellung der „allgemeinen Methoden⸗ 
lehre“, die ja auch für die Forſchungsmethoden unſrer 
Wiſſenſchaft bedingende Geltung beſitzen muß. Und 
zwar bedient er ſich hierzu eines gedrängten Auszuges 
aus der Wundt ' ſchen „Methodenlehre“, wie fie dieſer 
in ſeiner „Logik“ entwickelt hat. 

Hierauf geht er zur „Anwendung“ der Me⸗ 
thoden über und führt, indem er fih wieder auf 
Bundt bezieht, auf S. 31 Folgendes aus: „Hier 
ergibt ſich ſofort ein ſchwieriges Problem, nämlich die 
Verschiedenheit des Objektes der beiden großen Gruppen 
Xatur: und Geiſteswiſſenſchaſten, die in ihrer Rud: 
wirkung auch Einfluß auf die Methode hat. Die 
Aufgabe der Naturwiſſenſchaft beſteht in der metho⸗ 
digen Erforſchung der einzelnen Naturerſcheinungen. 
Ale Naturforſchung geht aus von der Sinnes- 
wahrnehmung. Im Gegenſatz dazu iſt das Merkmal 
geiſtiger Erfahrungsinhalte Wertbeſtim⸗ 
mung, Zweckſetzung und Willensbetätigung. Man kann 
zuſammenfaſſend jagen, die Naturwiſſenſchaft wolle ihr 
Objektt erklären, die Geiſteswiſſenſchaft es ver- 
ſtehen. Die Natur kann als Mechanismus erkannt 
werden, das Geiſtige bleibt irrational, d. h. mit den 
Sinnen nicht zu faſſen und vorzuſtellen. Eine ſcharfe 
Grenze in methodologiſcher Hinſicht iſt jedoch nicht zu 
ziehen. Wenn aber auch das Prinzip der Methode 
nicht geändert wird, wenn es bei beiden Gruppen In. 
duktion, Deduktion uſw. gibt, ſo hat ſich doch im 
ganzen eine verſchiedene Art des Vorgehens entwickelt. 
Als ſpezifiſch naturwiſſenſchaftlich ift zu nennen das 
als ſpezifiſch geiſteswiſſenſchaftlich die 
Kritik und Interpretation.“ 

Ich möchte hier nur ganz flüchtig auf einen kleinen 
Fehler in der Wappes'ſchen Interpretation der Wundt- 
Iden Gedanken aufmerkſam machen. Im erſten Satze 
des joeben angeführten Zitates ſpricht Wappes von einer 
Verſchiedenheit des Objektes der Natur: 
und Geiſteswiſſenſchaften. Wundt aber bekämpft 
gerade die Auffaſſung, daß die Natur- und die Geiſtes⸗ 
wiſſenſchaften verſchiedene Objekte hätten; und gerade 
die Annahme, daß es nur ein Objekt der Erkenntnis 
für diefe beiden Arten der Wiſſenſchaft gibt, und daß 
deshalb der Unterſchied dieſer nicht in den Objekten, 
ſondern in der verſchiedenen Betrachtungs⸗ 
weiſe dieſes einen Objektes durch dieſelben liegt, 
it der Grundpfeiler, auf dem er feine ganze Klaffi- 
fikation der „reinen“ Wiſſenſchaften in Naturwiſſen⸗ 


ſchaften einerſeits und Geiſteswiſſenſchaften andrerſeits 
aufbaut. 


Die Schlußſätze des Zitates dagegen find wieder 
ganz im Sinne Wundt's und ſtimmen auch überein 
mit der Erläuterung der einſchlägigen Ideen Wundts, 
wie ich ſie im I. Teile dieſer Abhandlung gegeben 
habe. Dort habe ich ausgeführt, daß nach Wundt 
die Pſychologie, die auch die allgemeinſte Geiſteswiſſen⸗ 
ſchaft genannt werden kann, es mit der unmittelbaren 
Erfahrung zu tun hat, und deshalb auch als anſchau— 
lich bezeichnet werden kann, daß aber die Naturwiſſen⸗ 
ſchaft, die das gleiche Objekt hat, von der mittelbaren 
Erfahrung ausgeht und daher begrifflich iſt. Das 
deckt ſich voll und ganz mit der Ertlärung, daß die 
Naturwiſſenſchaften mehr mit dem Experiment, die 
Geiſteswiſſenſchaſten mehr mit der Kritik und der In⸗ 
terpretation arbeiten. Als Anhänger des trans- 
ſcendental-logiſchen Idealismus, wie ihn 
Cohen u. A. gelehrt haben, kann ich mich mit der 
Philoſophie Wundt’ F, die ja mehr realiſtiſch 
und pſychologiſtiſch ift, nicht einverſtanden er: 
klaren. Ich bin mir indes meiner Schülerſchaft in der 
Philoſophie zu ſehr bewußt, als daß ich mich ver: 
meſſen könnte, mich auf eine Kritik der Methoden⸗ 
lehre Wundts einzulaſſen. Eine ſolche zu geben, 
das iſt Sache der reinen Philoſophen. 


Hier liegt mir nur daran feſtzuſtellen, daß ſich 
Wappes in feiner „Grundlegung . . ..“ auf die Die: 
thodenlehre Wundts beruft und damit feine Meinung, 
wie er ſie in feinen „Studien . . . .“ an den Tag legt, 
von Grund auf ändert. Im Banne der Wundt'ſchen 
Philoſophie wirft er die früher empfohlene „organiſche“ 
Methode über Bord und bekennt ſich zu den, von 
Wundt für die Geiſteswiſſenſchaften vorgeſchlagenen, 
Methoden. Gegen diefe Entwicklung ift an und für 
ſich nichts zu ſagen, im Gegenteile, ſie iſt ſogar ſehr 
erfreulich. Aber wenn die organiſche Methode 
als unbrauchbar ſallen gelaſſen wird, kann da das 
organiſche Syſtem noch mit Recht aufrecht er⸗ 
halten werden? Organiſche Methoden laſſen ſich 
nur mit einem organiſchen Syſtem und geiſtes⸗ 
wiſſenſchaftliche nur mit einem geiſteswiſſen⸗ 
ſchaftlichen Syſtem vereinbaren. Ein „organiſches“ 
Syſtem für die Forſchung einer Wiſſenſchaft, die nur 
mit geiſteswiſſenſchaftlichen Methoden arbeitet, iſt ein 
Unding. Wer davon überzeugt iſt, daß man in einer 
Geiſteswiſſenſchaft nicht nach naturwiſſenſchaftlicher Me⸗ 
thode forſchen kann, der muß auch einſehen, daß das 
„organische“ Einteitungsſchema dem Erkenntnismaterial 
einer ſolchen Wiſſenſchaft nicht angemeſſen ſein kann. 


310 


Literariſche Berichte. 


Neues aus dem Buchhandel. 


Vericht üb. d. 22. Tagg. (Kriegstagg.) d. deutſchen Forſt⸗ 
wirtſchaftsrates zu Berlin 28.— 30. III. 1916. (VIII, 221 S.) 
gr. do. M. 3.60. Julius Springer in Berlin. 

Bolle, Joh., Direkt. i. R., Hofr.: Die Bedinggn. f. d. Ge- 
deihen d. Seidenzucht u. deren volkswirtschaftl. Bedeutg. 
Mit 33 Textabb. (51 S.) (S.-A. a. d. Zeitschrift f. an- 
wandte Entomologie. 3. Bd.) M. 1.60. Paul Parey in 
Berlin. 

Delius, H., Geh. Juſt.⸗R., Kammerger.⸗R., Dr.: Das Fiſcherei⸗ 
geſetz. Vom 11. V. 1916. (GG. S. 56). (kl. de. XII, 
307 S.) (Taſchen⸗Geſetzſammlung. Nr. 86) Lwbd. M. 4. —. 
Carl Heymanns Verlag in Berlin. 

Dickel, Karl, Univ.⸗ u. Forſtakad.⸗Prof. Dr.: Die Anfänge 
d. forſtwiſſenſchaftl. Unterrichts in Preußen. Ein Beitrag. 
Der kgl. ſächſ. Forſtakademie zu Tharandt zu ihrer Hun⸗ 
dertjahrfeier. (S. 11-337.) gr. 8. (S.⸗A. a. d. Zeit⸗ 
ſchrift f. Forſt⸗ u. Jagdweſen. 19:6.) M. 2.—. Julius 
Springer in Berlin. 

Dombrowski, Raoul v., illustrierter Jagd-Kalender pro 1917. 
kin Vademekum f. Jäger u. Jagdfreunde. 39. Jg. Red. 
v. Ernst Ritter v. Dombrowski. (IV, 187 S. u. Tage- 
buch.) kl. 8°. Lwbd. M. 3.80. Moritz l’erles, Verlags- 
konto, in Wien. ö 

Fiſchereigeſetz. Vom 11. V. 1916. Mit ausführl. Sachregiſter. 
Preußiſche Geſetze.) (68 S.) kl. 8. M. —.75. J. U. 
Kerns Verlag (Max Müller, in Breslau. 

Floericke, Kurt, Ur.: Ueber d. Vögel d. deutſchen Waldes. 
Mit zahlr. Abb. 21., neu umgearb. Aufl. (103 S.) 8°. 
M. 1.—; geb. M. 1.80. 


Forst- u. Jagdstatistik f. d. J. 1913. (Zsgst. im k. k. 


Ackerbauministerium.) (44 S.) Lex.-8°. (3.-A. a. d. statist. 
Monatsschrift, 20. Jg.) M. —.80. Wilhelm Frick, Ver- 
lagskonto in Wien. 

Forſtkalender, Deutſcher, d. deutſchen Forſtvereines f. Böh⸗ 
men. 1917. 10. Ig. Bearb. v. Forſtſch.⸗Dir. Forſtwirt 
Bez.⸗Forſttechn. Ziv.⸗Geometer Dr. Rich. Grieb. (152 u. 
Beilage 48 S.) kl. 8° Lwbd. u. geh. M. 2.40. J. Kobrtſch 
& Gſchihay in Eger. 

ports u. Jagdkalender 1917. Begr. v. Schneider u. Judeich. 
67. Ig. (40. Ig. d. Judeich⸗Behm'ſchen Kalenders.) Bearb. 
v. Geh. Oberforſtr. Oberforſtmſtr. Dr. M. Neumeiſter. (In 
2 Tln.) 1. Tl. Kalendarium, Wirtſchafts⸗, Jagd u. 
Fiſcherei⸗Kalender, Hilfsbuch, verſchiedene Tab. u. Notizen. 
Ausg. A. 7 Tage auf d. linken Seite, d. rechte Seite 
frei.] (XXXII, 10 S., Schreibkalender, 144 u. 52 S.) kl. 8°. 
Lwbd. M. 2.40; Runftlorbd. M. 3.—. J Ausg. B auf jeder 
Seite nur 2 Tage] Lwbd. M. 2.60; Kunſtldrbd. M. 3.20 
Julius Springer in Berlin. 

Fromme's forstliche Kalender-Tasche 1917. Zugleich Ka- 
lender d. allgemeinen Güterbeamten- Vereines in Wien. 
Red. v. Hofr. Emil Böhmerle. 31., der ganzen Folge 45. 
Jg. Mit d. Bildnis d. Redakteurs u. 44 Fig. im Texte. 
(VIII, 225 S. m. Tages-Notizbuch u. 4. S. in 16°.) kl. 8. 
Lwbd. M. 3.80; Brieftaschen-Ausg. M. 4.80. Buchdruckerei 
u. Verlagsbuchhandlung Carl Fromme, Ges. m. b. H. in 
Wien. 

Herrmann, Max, Rechtsanw.: Kommentar z. preuß. Fiſcherei⸗ 
geſetz vom 1. V. 1916. (96 S.) 8%. Pappbd. M. 3.50. 


Herrmann, Max, Rechtsanw.: Kommentar z. preuß. Fiſcherei⸗ 
geſetz vom 1. (überklebt 11.) V. 1916.) (96 S.) de 
Lwbd. M. 8.50 W. Moeſer, Buchhandlung in Berlin. 

Jugoviz, Rud., Dr.: Der Wald als Retter in d. Not. En 
Bruchſtück aus zeitgemäßer Forſtbenutzg. (III, 48 S. 
gr. 8. (S.⸗A. a. d. Zeitſchrift d. ſteierm. Forftvereines, 
32. u. 33. Ig. M. 1.—. Ulr. Moſers Buchhandlung 
(J. Meyerhoff, Verlagskonto in Graz. 

Mitteilungen aus d. Forst- u. Kameralverwaltg. f. d. Wirt- 
schaftsjahr 1913. Bearb. im Grossh. Ministerium d. Finan- 
zen, Abt. f. Forst- u. Kameralverwaltg. (48 S.) Lex.--#. 
M. 1.—. (Beiträge z. Statistik d. Grossh. Hessen. Hrsg. 
v. d. Grossh. Hess. Zentralstelle f. d. Landesstatistik. 
Schriftleitg.: Reg.-R. L. Knöpfel. 64. Bd. 4. Heft.) Buch- 
handlung des Grossh. Hess. Staats verlags in Darmstadt 

Nechleba, Forstr.: Ein Eisenbahnunfall vom fortl u. 
geolog. Standpunkte betrachtet. (2 S. m. 1 Abb.) 33. 
cm. (S.-A. a. d. Montanistischen Rundschau. 1916.) M.—.w. 
Verlag f. Fachliteratur, G. m. b. H. in Berlin. 

Ross, H., Konserv. Dr.: Die Pflanzengallen Bayerns u. d. 
angrenz. Gebiete. Mit 325 Abb. v. Dr. G. Dunzinger. 
Hrsg. m. Unterstützg. d. kgl. bayer. Akademie d. Wissen: 
schaften. (XII, 104 8.) Lex.-8%. M. 2.50. Gustav Fische 
in Jena. i 

Schikora, rdr.: Die Wiederbevölkerg. d. deutſchen Gemüja ' 
m. Krebſen. Mit e. Karte u. Y Lichtdr.⸗Taf. v. Krebs 
arten u. Krebspräparaten. (VII, 195 S.) kl. 6% Lwbd! 
M. 4.50. Emil Hübners Verlag in Bautzen. | 

Taschenkalender (Einbd.: Gustav Hempel’s Taschenkalender 
f. d. Forstwirt f. d. J. 1917. 36. Jg. Begr. v. Holt. 
Prof. G. Hempel. Fortges. v. Hofr. Prof. Julius Marche! 
u. Forst- u. Domänen-Verw. Dr. Frdr. Hempel. (VIII. 
303 S.) kl. 8°. LW bd. M. 3.80. Moritz Perles Verlags- 
konto in Wien. 

Weller, Hubert, Förſter: Unfere einheim. Stubenvögel. Ein | 
prakt. Handbuch üb. Naturgeſchichte, Aufzucht u. Pflege | 
unferer bekannten einheim. Wald⸗ u. Singvögel. Nebit 
e. Anleitg. üb. d. Einfangen d. Vögel u. d. Behandlg. 
ihrer Krankheiten. Mit e. Anh.: Die Behandlg. d. Ka 
narienvögel i. d. Hecke. 5. Aufl. bearb. v. L. Walter. 
(VI, 140 S. m. Abb.) 8. M. 1.—. Ernſt'ſche Verlags 
buchhandlung, Leipzig. 


— 


| 
Die Maſſenbekämpfung der Kaninchenplage | 
unter Anwendung von Verwitterunge 
mitteln. Von Dr. A. Ströſe, Geh. Regierung 
rat in Berlin⸗Zehlendorf. Mit 9 Abbildungen im | 
Texte. Neudamm 1915. Verlag von J. Neumann. 
72 S. Preis geheftet 60 Pf.; in Partien billiger. 
In dieſem „Belehrungsheft des Inſtituts für Jagd: 
lunde“ ſchildert und empfiehlt der Verfaffer ein durch 
mehrjährige Unterſuchungen und Verſuche als bewährt 
befundenes Verfahren, die auch an manchen Orten 
Deutſchlands vorhandene Kaninchenplage rationell zu 
bekämpfen. Nach eingehenden Studien über die Det, 
hütung und Unterdrückung des Kaninchenfhaden? hat 
Ströſe die Ueberzeugung gewonnen, daß es ſowo 


311 


vom volkswirtſchaftlichen wie vom Standpunkte der 
Jagd aus am zweckmäßigſten fei, den Kampf gegen 
die Wildkaninchen in erſter Linie mittels Abſchuſſes 
aufzunehmen, die dann noch übriggebliebenen Kanin⸗ 
chen durch Verwitterungsmittel und Zäune von der 
Schädigung erheblich gefährdeter Kulturflächen uſw. 
abzuhalten und erſt in äußerſten Notfällen an ein⸗ 
zelnen Orten zur Vergiftung der Kaninchen zu ſchrei⸗ 
ten. Eine vollſtändige Ausrottung des Wildkaninchens 
halt er nicht nur für ausſichtslos, ſondern auch für 
unwirtſchaftlich und überflüſſig. 

Der Verfaſſer ſchildert zunaͤchſt die bemerkenswerten 
Eigentümlichkeiten der Lebensweiſe des Kaninchens, 
beſpricht den durch dieſes Wild in Wald und Feld, 
Daumſchulen, Gärten und Weinbergen verurſachten 
Schaden und legt dann die allgemeinen Geſichtspunkte 
für die Bekämpfung der Kaninchenplage dar. 

Da das Karnickel ſich in der Regel in der Nähe 
ſeines Baues oder Verſteckes aufzuhalten pflegt, erſtreckt 
id die Zone, innerhalb welcher die Kaninchen ihr 
dernichtendes Werk verrichten, ſelbſt bei einem ſtarken 
Kaninchenbeſatz felten auf mehr als etwa 50 m Ent: 
ſernung vom Rande der Kolonie. Hinſichtlich des 
Schadens im Walde läßt es ſich vielerorts fo eric: 
ten, daß das Kaninchen durch Verwertung des Wild⸗ 
prets und des Balges einen Gewinn abwirft, der die 
Rojten der Verhütung des Schadens mehr oder weniger 
teichlich aufwiegt. Welch' hohe volkswirtſchaftliche Be- 
deutung das Wildkaninchen hinſichtlich der Fleiſchver⸗ 
ſorgung gewiſſer Bevölkerungskreiſe hat, geht u. a. 
aus der Tat ſache hervor, daß allein in der Zentral— 
markthalle zu Berlin im Jahre 1913 nicht weniger 
als 518645 Kaninchen zum Durchſchnittspreiſe von 
6,78 Mk. veräußert wurden. Aus dieſem volkswirt— 
ſchaftlichen Grunde ſoll denn auch das Vergiften, das 
ſich von allen zur Bekaͤmpfung der Kaninchenplage 
bisher angewandten Mitteln als das wirkſamſte er- 
wieſen hat, nur in ſolchen Ausnahmefällen ſtattfinden, 
in welchen man mit keinem anderen Mittel die Plage 
abſtellen kann, denn die vergifteten Kaninchen find 
wertlos, während das mit der Flinte erlegte ſowie das 
uin Netzen gefangene Kaninchen zu gutem Preiſe ver- 
kauft werden kann, ganz beſonders jetzt während des 
Krieges, wo infolge der eingetretenen Fleiſchknappheit 
der Preis für Kaninchen ſehr erheblich geſtiegen iſt. 
In der Berliner Zentralmarkthalle z. B. koſtete das 
Stück im vorigen Jahre bis zu 1,40 Mk. und heute 
beträgt der Preis dort vielleicht noch mehr. 

Das Weſentliche des von Ströſe empfohlenen Be⸗ 
kaͤmpfungsverfahrens ift der planmäßige Maſſenabſchuß 
der Kaninchen und der Schutz ganzer Kulturflächen 
und einzelner Pflanzen uſw. gegen Kaninchenſchaden 
durch das Anbringen dauerhafter Vorrichtungen. Bei 


beiden Arten der Bekämpfung ſpielt eine beſondere 
Art des Verwitterns der Kaninchenbaue eine hervor⸗ 
ragende Rolle. Von den zahlreichen Verwitterungs⸗ 
mitteln hat ſich bei den Verſuchen des Verfaſſers als 
beſtes das Rohkreſol (Cresolum erudum) erwieſen, 
deſſen Anwendung deshalb aufs wärmſte empfohlen 
wird. 

Der Abſchuß erfolgt auf Treib- und Stöberjagden 
und beim Frettieren. Zwei bis vier Tage vor der 
Treibjagd ſind die Röhren zu verwittern, damit die 
Kaninchen, welche fic) zur Zeit des Verwitterns außer⸗ 
halb der Baue befinden, dieſe auf längere Dauer nicht 
aufſuchen, während die in den verwitterten Bauen 
ſteckenden Kaninchen ſo lange dort verbleiben, bis ſie 
der Hunger hinaustreibt, was im allgemeinen ein bis 
zwei Tage dauert. Durch ein derartiges Verwittern 
der Baue laſſen ſich die Strecken der Kaninchentreib⸗ 
jagden erfahrungsgemäß leicht auf das Toppelte des 
ſonſtigen Durchſchnitts bringen. Auch beim Frettieren 
ſollen zur Erzielung beſſerer Ergebniſſe die in der 
weiteren Umgebung des abzufrettierenden Gebiets be⸗ 
findlichen Kaninchenröhren etwa vier bis fünf Tage 
vor der Jagd mit Rohkreſol verwittert werden, um 
die Kaninchen aus deu verwitterten Bauen zu ver: 
treiben und nach den Bauen zu ziehen, welche frettiert 
werden ſollen. Zum Vergiften der Kaninchen in 
beſonderen Ausnahmeſällen empfiehlt Ströſe in erſter 
Linie die Verwendung von Phosphatlatwerge in 
einem Stückchen Mohrrübe. Hiermit ſollen weit durch⸗ 
greifendere Erfolge erzielt werden als mit dem be- 
kannten, bisher ſehr viel angewandten Schwefelkohlen⸗ 
ſtoff⸗ Verfahren, weil mit Phosphor die Kaninchen 
„nahezu reſtlos“ vertilgt würden, während man bei 
Anwendung von Schwefelkohlenſtoff nur diejenigen 
Kaninchen vertilge, die ſich gerade während der An⸗ 
wendung des Mittels im Baue befänden. 

Zum Schutze ganzer Kulturflächen gegen die 
Veſchädigungen durch Wildkaninchen ſind Scheuchen 
oder Drahtzaͤune aufzuſtellen. Als wirkſamſtes 
Scheuchemittel empfiehlt Ströſe allgemein Kreſol— 
leimdüten. Der Kreſolleim wird aus Rohkreſol und 
Fiſchtran, Kolophonium und etwas Glyzerin herge⸗ 
ſtellt und auf Streifen von 25 cm Länge und 25 cm 
Breite aus Zeitungspapier geſtrichen, von welchen je 
drei zu einer Düte gedreht werden. Die Düten wer: 
den in Abſtänden von je 2 m in einer Höhe von 
i/a m wie Jagdlappen an einem dünnen Draht an 
den zu ſchützenden Revierteilen aufgehängt. Dieſes 
Verfahren hat vor dem der Umzäunung den Vorzug 
weit größerer Billigkeit. Die Koſten belaufen fih auf 
nur 1—2 Mk. für 100 laufende Meter, waͤhrend 
Drahtzäune der bisher allgemein gebräuchlichen Art 
etwa 50 Mk. koſten. Die Kreſollei mſcheuchen laffen 


312 


ſich jedoch nur dort verwenden, wo ein 8 — 10 wöchiger 
Schutz vor Kaninchenſchaden genügt, alſo z. B. für 
junge Saaten. Waldkulturen, Garten und Park— 
anlagen dagegen bedürſen eines allgemeinen dauern⸗ 
den Schutzes vor Kaninchen durch feſte Zäune. Bei 
den bisher allgemein gebräuchlichen Kaninchen⸗Maſchen⸗ 
drahtzäunen haben ſich jedoch eine Reihe von Mängeln 
herausgeſtellt, die Ströſe zur Herſtellung eines neuen 
Modells („Modell 8“) veranlaßt haben. Dasſelbe 
ſoll vor dem bisher gebräuchlichen u. a. den Vorzug 
haben, daß die Karnıfel fic) nicht unter das auf bez 
ſondere Art in die Erde eingelaſſene Drahtgeflecht hin⸗ 
durchwühlen und den Zaun auch nicht überklettern 
können. 

Zum Schutze einzelner Stämme, Sträu— 
cher uſw., ferner von Eiſenbahndämmen, Dei- 
chen, Feſtungsanlagen und Exerzierplätzen wird 
ebenfalls die Verwendung von Kreſolleim in erſter 
Linie empfohlen. l 

Ströſe hält einen mäßigen Kaninchenbeſatz für 
durchaus zuläſſig, ganz beſonders aber jetzt während 
des die Zufuhr von Nahrungsmitteln aus dem Aus⸗ 
lande uns abſchneidenden Wirtſchaftskrieges, wo ein 
mäßiger Kaninchenbeſtand geradezu im Intereſſe der 
Volksernährung liegt. Einem übermaͤßigen Beſatze 
kann mit Hilfe des empfohlenen Verfahrens vorge⸗ 
beugt bezw. ein ſolcher kann gegebenenfalls ſchnell und 
ſicher auf das zuläſſige Maß verringert werden. Des⸗ 
halb verdient dieſes Bekämpfungsverfahren zurzeit all: 
gemeine Anwendung, denn es muß heute mehr als 
ſonſt das Beſtreben der Volkswirtſchaft darauf hinaus⸗ 
gehen, einerſeits dem Schaden des Wildes an den Er⸗ 
zeugniſſen des heimiſchen Bodens mit allen braud: 
baren Mitteln entgegenzutreten, andererſeits aber auch 
die bedeutenden Werte, die wir in unſeren Wildſtänden 
haben, ſo zweckmäßig und vorteilhaft wie irgend mög⸗ 
lich auszunutzen. 

Dem klar geſchriebenen Büchlein ſei weiteſte Ver⸗ 
breitung in all' den Kreiſen gewünſcht, welche die 
Frage der Kaninchenbekämpfung berührt. Möchten 
die maßgebenden Behörden und Intereſſenvertretungen 
der Land⸗ und Forſtwirtſchaft ſowie der Jagd den 
Kampf gegen die Kaninchenplage nach den Anleitungen 
des vorliegenden Belehrungsheftes überall dort unver: 
zuͤglich aufnehmen, wo es bisher noch nicht geſchehen ift. 

Weber. 
J. Großmann, Das Holz und ſeine Bearbeitung. 

Aus Natur und Geiſteswelt, Bändchen 473. B. G. 

Teubner. 

In populärer dem Zweck der Sammlung entſprechen⸗ 
der Weiſe beſchreibt der Verf. in 13 Abſchnitten das 
Holz und ſeine Bearbeitung. Aufbau, Eigenſchaften 


und Fehler des Holzes werden nach bekannten Werken 
dargeſtellt; es folgen dann wertvollere Abſchnitte die 
der Holzbearbeitung nach knapper Schilderung des 
Holztransportes und der Lagerung gewidmet ſind. 
Dann geht Verf. zunächſt auf die mechaniſche Bear⸗ 
beitung des Holzes, das Zerteilen, Biegen und Preſſen 
ein, wobei die dazu nötigen Werkzeuge und Maſchinen 
in ihren Grundtypen anſchaulich beſchrieben werden; 
gute Abbildungen ſind beigegeben. Dem Verſchönern 
des Holzes, das durch Schleifen, Laſieren, Lackieren, 
Anſtreichen, Beizen, Wachſen, Mattieren, und Polieren 
geſchehen kann, werden die folgenden Abſchnitte gewid: 
met. Das Holz der wichtigſten Holzarten wird b: 


ſchrieben und deren hauptſächlichſte Verwendung ange — 


geben. Unter „Zedernholz“ iſt geſagt, daß es wohl⸗ 


-richend, Schön bräunlich, dem Mahagoniholz ſehr ayn: 


lich ſei und weitaus am meiſten von der Atlas: und 
Deodarzeder ſtamme. 
mit dem Holze von Cedrela odorata vor, das im 
Handel fälſchlich als Zedernholz (bekanntes Zigarren⸗ 
kiſtenholz) bezeichnet wird. 

Das Holz der echten Zeder ſtammt von der Hime: 


Taya, Atlas: oder Libanonzeder, hat das Gefüge der 


„Nadelhölzer“, ift im Kern gelb bis gelblich braun und 
für den Holzhandel und die Holzbearbeitung bedeutung: 
los. Das Ccdrelaholz ift braun, ſtammt von einem 
Laubbaume, Cedrela odorata und ſeinen Verwandten, 
und hat daher das Gefüge der Laubhölzer. Solche 
Unſtimmigkeiten hätten ſich vermeiden laſſen, wenn der 
Verfaſſer bei der Bearbeitung die grundlegenden Quellen: 
werke benutzt hätte, die wir in dem Literaturverzeichnis 
vermiſſen. Das Werkchen gibt über die Hole 
arbeitung einen guten Ueberblick. Der letzte Abſchnitt 
über die wirtſchaſtliche Bedeutung des Holzes hängt 
mit dem Thema nur febr lofe zuſammen und veralke 
raſch; es iſt nicht möglich auf ſo engem Raume der 
Bedeutung des Problems einigermaßen gerecht zu 
werden, ſein Weglaſſen bei der 2. Auflage würde die 
Abgeſchloſſenheit und den Wert des Ganzen nid! 
beeinträchtigen. Dr. Wimmer. 


Hermann Löns, Das Tal der Lieder. Verlag von 
Friedrich Gersbach in Hannover. Geb. 1 Mk. 
Dieſes Büchlein it in gewiſſem Sinn eine €r 
gänzung des an dieſer Stelle beſprochenen Tierbuchs 
„Goldhals“. Hier bietet Löns Stimmungsbilder, zei’ 
net Städte und Landſchaften. Cs ift ein Buch feiner 
engeren Heimat Hannover. Ein paar Ueberſchriften 
mögen ſeinen Inhalt andeuten: „Die bunte Stadt am 
Harz“ (Wernigerode), „Die Stadt am hohen Ufer 
(Hannover), „Am Steinhuder Meer“, „Die deutſchen 
Erdölgebiete“ und — last not least: wie könnte es 


— — — — —.— — — m 


— e O a 


Hier liegt eine Verwechſelung 


813 


bei ben „Heidedichter anders fein? — „einfame Geid- 
fahrt“. 

Möge das Bändchen Löns, der einer der deutſcheſten 
Dichter unſerer Tage war, viele neue Freunde er⸗ 
werben. B. Th. 


Nengeſtaltung im Mittelſchul ⸗Unterrichte. 
Bericht, erſtattet an den vom Oeſterreich. Ingenieur⸗ 
und Architektenverein eingeſetzten Ausſchuß für tech⸗ 
niſch⸗wirtſchaftliche Staatsnotwendigkeiten von k. k. 
Oberforſtrat Dr. Rudolf Jugoviz, Direktor 
der höheren Forſtlehranſtalt f. d. Oeſterr. Alpen⸗ 
länder zu Bruck a. d. Mur. — Daſ. 1916, Buch⸗ 
druckerei H. Snerczek u. Comp. 


Der Verfaffer dieſer Schrift, welche dem Andenken 
Dr. Guſt av Marchets — Cf. Nekrolog im Auguft: 
heft d. Bl. — gewidmet iſt, erſtrebt eine durchgreifende 
Umgeſtaltung des Mittelſchul⸗Unterrichts in dem Sinne, 
daß dem 4= oder 5 jährigen Beſuche der Volksſchule 
an Stelle der Unterſtufen der Gymnaſien, Realſchulen 
ufo. eine einheitliche Mittelſchule, „nach dem 
Arbeitsprinzip organifiert”, folgen fole. Dieſe möge 
5 oder 6 Jahreskurſe umfaſſen und den Abſolventen 
das Anrecht auf Einjährig⸗ Freiwilligen = Dienft ge: 
währen. Dann folge, etwa im 16. Lebensjahr, die 
Berufswahl und für ſolche, die eine weitere wiſſen⸗ 
ſchaftliche Ausbildung erſtreben, der Uebergang zu einer 
Akademie, die entweder der allgemeinen Weiter⸗ 
bildung (Gymnafium, Realſchule uſw. als Vorftufe für 
Hochſchulen) oder dem Fachunterricht für Erziehungs», 
Bank- und Handels-, Poſt⸗ und Eiſenbahn⸗, Berg: 
und Hütten⸗, Gemeinde⸗ und Steuer, See⸗ und Heer⸗ 
weſen, Gewerbe, Kunſt und Induſtrie, Land- und Forſt⸗ 
wirtſchaft zu widmen wäre. Nur den beſten und tüch⸗ 
tighten: Abſolventen der einen oder anderen Akademie 
ſtehe nach vierjährigem Beſuche derſelben der Ueber: 
gang zur Hochſchule offen. Den Zudrang zu 
dieſer abzulenken, ſei in e zu einer Staats⸗ 
notwendigkeit geworden. 

Ein beſonderer Abſchnitt der Schrift ſucht an dem 
Beiſpiel einer Forſtakademie den Nachweis zu er⸗ 
bringen, daß hier neben der fachlichen auch die all: 
gemeine Bildung gefördert werden könne und folle. 
Nicht nur Wiſſen und Können, ſondern insbeſondere 
auch Liebe zur Arbeit und Pflichtbewußtſein müſſen 
a als unerläßliche Erforderniſſe der Ueberzeugung 

des Schülers einprägen. Wohltuend wirkt namentlich 
auch der warme Ton, in welchem die Erziehung zu 
wahrer Religioſität ohne konfeſſionelle Einſeitigkeit, die 
Pflege der Mutterſprache und der Vaterlandskunde 
gefordert wird. 


p it mir nicht zweifelhaft, daß der geehrte Ber- 
18 


faſſer eine Reihe geſundeſter Gedanken entwickelt — 
mag auch im Einzelnen vielleicht manches anfechtbar 
ſein. Wr. 


Der Wald als Retter in der Not. Ein Bruch⸗ 
ſtück aus zeitgemäßer Forſtbenutzung. Von Dr. 
Rudolf Jugoviz. — Sonderabdruck aus der 
Zeitſchrift des Steierm. Forſtvereins XXXII, 2 und 
XXXIII, 1. — Graz, U. Moſers Buchhandlung, 
1916. — 48 Seiten. 

Der Verfaſſer, bekanntlich Direktor der höheren 
Forſtlehranſtalt für die Oeſterreich. Alpenländer in 
Bruck a. d. Mur, beſpricht in dieſer Schrift nach 
einer kurzen Erörterung über „das Holz als iſolches“ 
zunächſt ausführlich die Nährwerte des Waldes, 
hauptſächlich auf Grund neuerer Unterſuchungen und 
Berichte von Haberlandt und Zuntz. Futter⸗ 
laub und Futterreiſig der verſchiedenen Holz⸗ 
arten haben nach Päßler⸗Tharandt (1893) im Ver⸗ 
gleiche zum Wieſenheu folgende Zuſammenſetzung: 

Trockenes 
Wiefenher Laub Reiſig 
l % von bis Mittel von bis 

Roh- Miche 7 5 15 10 8 9 

„ Protein 11 18 85 24 12 27 20 
„Fett 2 1 10 5 1 6 8 
„ Hafer 32 9 21 15 20 36 28 

Stickſtoff⸗freie 

Extraktſtoffe 48 86 59 46 36 50 48 


Summe 100 100 100 

Dieſe Zahlen, welche den dort einzeln eingeteilten 
Ergebniſſen auszugsweiſe entnommen find, zeigen deut: 
lich, daß die Waldprodukte an Nährwert hinter dem 
Wieſenheu keineswegs zurückſtehen. Um das (mecha⸗ 
niſche und chemiſche) Verfahren zur Verarbeitung des 
Reifigs hat fih auch Ramann verdient gemacht. 

Aber auch das fertige Holz, insbeſ. von Ahorn, 
Pappel, Ulme, Linde und Birke enthält reichliche Nähr⸗ 
ſtoffe, die durch Schleifmaſchinen und dergl. in Zeiten der 
Futternot einen brauchbaren Futterzuſatz lieſern können. 
Ja ſogar zur Nahrung für Menſchen — nicht 
nur als Magen⸗Füllmittel, wie es für Vieleſſer wie 
die ruſſiſchen Kriegsgefangenen nötig und nützlich it — 
läßt fih nach den eigenen Unterſuchungen des Bers 
faſſers ein Zuſatz von 20 bis 30 %% Holzmehl zum 
Brote verwerten. Er hat ſolches „Brucker Brot“ 
wochenlang mit ſeiner Familie gegeſſen, wohlſchmeckend 
gefunden und keinerlei nachteilige Folgen davon be⸗ 
obachtet. 

Daß Holzftoff und Zelluloſe in der Papier⸗ 
fabrikation, als Erfatzmittel für Baumwolle, zu Ver⸗ 
bandwatte und Sprengmitteln, zu Kunſtſeide u. a. 
Verwendung finden, iſt bekannt und wird neben der 
im Kriege auch wieder zu Ehren gekommenen Holz: 
kohle und der Neſſelfafer erwähnt; ebenſo die 

42 


Mittel 
6 


314 


vorteilhafte Gewinnung von Alkohol aus Säge: 
ſpänen, welche die Konkurrenz mit Zuckerrübe, Getreide 
und Kartoffel aushält. 
Die Nutzung von Eichen- und insbeſ. Fichten⸗ 
rinde, auch von im Winter gefällten Stämmen, die 
im Frühjahr „in Saft kommen“ und ſich ſchälen 
laſſen, wird nachdrücklich befürwortet, um Erſatz für 
die zur Zeit geſperrte Einfuhr fremder Gerbmittel 
zu Schaffen. Auch Weiden: und Lärchenrinde, wenn 
ſie noch nicht dickborkig iſt, kann verwendet werden. 
Und die Borke der Kiefer und Laͤrche läßt ſich anſtatt 
des Korks zur Bekleidung der Waͤnde gebrauchen. 
; Harz wurde in Oeſterreich feither nur von der 

Schwarzkiefer gewonnen. Bei ſeiner vielfachen 
Verwendung zu Sprengmitteln, in der Papierinduſtrie, 
zum Anſtrich, zu Schmieröl und Wagenfett uſw. und 
bei dem Ausſchluß der Einfuhr aus Amerika und Süd— 
frankreich wird man auch die gemeine, die Weymuths— 
kiefer, die Fichte, Lärche und Tanne heranziehen müſſen. 

Die Früchte der Buche, Eiche und Roß— 
kaſtanie werden als gute Futtermittel erwähnt; 
der Oelgehalt der Bucheckern zwar mit 27% beziffert, 
aber die Oelgewinnung ſelbſt nicht näher beſprochen. 

Von ſonſtigen „unſcheinbaren, aber in Kriegszeiten 
wertvollen Walderzeugniſſen“ wird neben Beeren und 
Pilzen das Heidekraut als Erſatz⸗Futtermittel 
empfohlen. Auch Waldweide und Waldfeldbau 
gewinnen wieder erhöhte Bedeutung. 

Zum Schluſſe wird auf die Bedeutung des 
Wildes für die Volksernährung hingewieſen. Als 
forſtliche Nebennutzung, nicht als Sport für ſich und 
im Widerſtreit mit Forſt- und Landwirtſchaft, muß das 
edle Weidwerk wieder zur vollen Geltung kommen. 
Aber „der feſte alles ſtützende Fuß heimat⸗ 
licher Volkswirtſchaft in den Alpen iſt 
der Wald“. 

Möge die gediegene, im höchſten Maße zeitgemäße 
Schrift nicht nur in der Heimat des Verfaſſers, ſondern 
auch in Deutſchland Intereſſe und Beachtung finden. 

Wr. 


I. Geſchäftsbericht des Erholungs-, Alters⸗ 
und Invalidenheims für Jäger u. Schützen 
des Dentiden Heeres in Marburg (Lahn). 

Marburg, 1. Juli 1916. Invalidenheim für Jäger 
und Schützen. E. V. 

Der vorliegende erſte Geſchäftsbericht des „Erho— 
lungs-, Alters- und Invalidenheims für Jäger und 
Schützen des Deutſchen Heeres in Marburg“ enthält 
zunächſt den Aufruf zur Gründung eines Heims für 
invalide Jäger und Schützen. Hiernach ſoll in Mar— 
burgs ſchönſter Lage, unmittelbar am Walde, ein Bau 
errichtet werden, der den invaliden Jägern und Schützen 


des deutſchen Heeres zu einem dauernden Heime oder 
zu einer Pflegeſtätte werden fol. Die gänzlich Ar: 
beitsunfähigen ſollen hier dauernd Ruhe und Fürſorge 
finden, die vorübergehend Arbeitsunfähigen zeitweilig 
Erholung und Kräftigung. 

Als Zweck und Ziel des Heimes werden ange 
geben: 

1. Dauernde Verſorgung erwerbsunfähig gewordener 
Angehörigen der deutſchen Jäger- und Schützenbataillone 
in körperlicher und geiſtiger Hinſicht, wogegen ſich der 
Aufzunehmende verpflichtet, einen zu vereinbarenden 
Teil ſeiner vom Staate gezahlten Invalidenrente an 
das Heim abzutreten. 

2. Unterkunft für erwerbsunfähige Angehörige 
deutſcher Jäger- und Schützenbataillone, deren Zu: 
ſtand verſpricht, daß fie noch zu nützlichem Ewerb 
herangebildet werden können. Dieſe ſollen hier Ge 
legenheit finden, ſich in einer, ihrer Veranlagung ent: 
ſprechenden Weiſe zu betätigen oder zu einem Bernie 
vorzubereiten. 

3. Soweit der Platz reicht, vorübergehende Unter 
kunft für Erholungsbedürftige anderer Truppenteile 
gegen Zahlung einer zu vereinbarenden beſcheidenen 
Vergütung. 

4. Unterkommen und Unterhalt für Angehörige 
der Jäger- und Schützenbataillone, welche das 65. Le 
bensjahr erreicht haben, bis an ihr Lebensende gegen 
eine zu vereinbarende jährliche Vergütung. 

5. Ueberlaſſung von Land mit oder ohne Gebäulich⸗ 
keiten zur pachtweiſen Benutzung an Invalide zwecks 
Betätigung in landwirtſchaftlicher, gärtneriſcher oder 
gewerblicher Hinſicht. 

Ein ſolches Grundſtück kann auch kauflich oder al 
Rentengut erworben werden. 

Für die dem Forſtfache angehörenden Kriegsbe— 
ſchädigten follen Fachkurſe eingerichtet und praktiſcher 
Unterricht in einem anzulegenden Forſtgarten erteilt 
werden. 

Zunächſt ift ein 42 000 qm großes Grundjtid 
erworben und ein anſchließendes ähnlich großes zur 
Erwerbung geſichert worden. Die Gebäude follen in 
Form der Pavillons errichtet werden, wozu die Pläne 
von dem Wirkl. Geh. Oberbaurat Erz. von Ihne— 
Berlin ausgearbeitet wurden. Das Protektorat hat 
Se. Hoheit Herzog Ernſt Günther zu Schleswig⸗Hol⸗ 
ſtein übernommen. . 

Aus einem Auszuge aus der Niederſchrift über die 
erſte Hauptverſammlung iſt erſichtlich, daß bereits über 
190 000 Mk. für den beſagten Zweck zur Verfügung 
ſtehen. 32 450 Mk. haben die Jäger -⸗Bataillone hierzu 
beigeſteuert. | 

Die Feier der Grundſteinlegung des Alter, Er 
holungs⸗ und Inpalidenheims hat in dieſem Jahre be⸗ 


315 


reits ſtattgefunden. Der vorliegende Bericht bringt 
eine Beſchreibung derſelben. 

Die weiter erforderlichen Mittel ſollen durch Samm⸗ 
lungen, Beiträge von Vereinen, Veranſtaltungen volks⸗ 
timlider Konzerte und Vorträge, feldgrüner Abende, 
Lotterien, Preisſchießen, Nagelungen, Vertrieb von 
Poſtkarten, Herausgabe eines Ehrenbuches deutſcher 
Jäger und Schützen beſchafft werden. 

In den Künſtler⸗Werkſtätten zu Warmbrunn ſoll 
ein überlebensgroßer Hubertus Hirſch zur Nagelung 
geſchnitzt werden. Der Hirſch ſteht auf einem von 
Schwertern umgebenen Sockel. Jedes dieſer Schwerter 
ſoll von einem Jäger-Bataillon genagelt werden. Das 
Ganze wird ſpäter zugleich ein Ehrendenkmal für die 
im Kriege gefallenen Kameraden in den Anlagen des 
Invalidenheims bilden. 

Möge das Erholungs-, Alters- und Invalidenheim 
in Marburg a L. recht vielen invaliden Jägern und 
Schützen des deutſchen Heeres zum Segen gereichen 
und möchten die weiter zur Errichtung und Unterhal— 
tung desfelben erforderlichen Mittel auch fernerhin 
dieſem patriotiſchen Unternehmen in reichem Maße 
zufließen. E. 
Die Eichenrinde. Von Prof. Dr. Johannes 

Paeßler, Vorſtand der deutſchen Verſuchsanſtalt 

für Lederinduſtrie zu Freiberg in Sachſen. Mit— 

teilungen aus der deutſchen Verſuchsanſtalt für Leder— 
induſtrie. Berlin 1916. Verlag: F. A. Günther 

u. Sohn, A.⸗G., Berlin. Preis: 1,10 Mk. Zu 

beziehen von der Geſchäftsſtelle der „Lederinduſtrie“, 

Berlin SW 11, Schönebergerſtr. 9/10. 

Berfaffer weift auf die große Bedeutung der Eichen: 
rinde für die inländische Ledererzeugung in der Gegen- 
wart hin und gibt an, daß an der Einfuhr von Eichen— 
rinde im Jahre 1913 beteiligt waren: Oeſterreich— 
Ungarn mit 198 500 dz, Frankreich mit 59 500 dz, 
Belgien mit 32 500 dz und Holland mit 26 000 dz. 
Die Frage, welche der beiden deutſchen Eichenarten 
die gerbſtoffreichſte Rinde liefere, beantwortet er da⸗ 


hin, daß jede der beiden Arten dort die gerbſtoffreichſte 
Rinde erzeuge, wo ſie die ihr zuſagenden Verhältniſſe 
in Bezug auf Klima, Standort uſw. finde. Der Gerb— 
ſtoffgehalt der Eichenrinde nehme von Jahr zu Jahr 
zu und erreiche ſeinen Höhepunkt im Alter von 12 
bis 20 Jahren. Unter normalen Verhältniſſen be⸗ 
meſſe ſich der Ertrag an trockener Rinde pro Jahr 
und Hektar auf 1—5 dz, im Mittel 3 dz. Die im 
Saft gefdalte Rinde enthalte 50 — 60 %% Waſſer, die 
getrocknete nur noch 15%. Das geſchälte Holz ent: 
halte nur 0,5 — 1,5% Gerbſtoff. 

Bei borkefreien Eichen ſei der Gerbſtoffgehalt unten 
am höchſten und nehme von unten nach oben ab; der 
Gerbſtoffgehalt der Aſtrinde ſei noch niedriger als der 
der Wipfelrinde. Stärkere Rinde, ſoweit ſie borken⸗ 
frei, fei gerbſtoffreicher wie ſchwächere. Sonnenlage, 
durchgreifende Durchforſtung wirkten günſtig auf das 
Wachstum der Rinde und deren Gerbſtoffgehalt ein. 
Bei der Eichenaltholzrinde ſei das Fleiſch der Rinde 
auch gerbitoffreih; nach Entfernen der Borke komme 
der Gerbſtoffgehalt dem guter Spiegelrinden gleich. 
Trotzdem ſei ſie nicht einer ſo vielſeitigen Anwendung 
fähig als die Spiegelrinde, weil fie ſehr arm an zuder: 
artigen Stoffen ſei und infolgedeſſen nur in geringem 
Maße die Fähigkeit beſitze, Säuren zu bilden. 

Schließlich werden noch Angaben über die Rinden 
von einigen ausländiſchen Eichenarten gemacht. E. 


Die Sonnenblume, ihre Kultur, Nutzwert, 
Würdigung und Bedeutung als Oel- und 
ssutterpflanze Mit Abbildungen. Von Dr. 
Arthur M. Grimm. Preis 18 Pfennige. Druck 
und Verlag: L. V. Enders'ſche Kunſt-Anſtalt in 
Neutitſchein. 

Zur Abhilfe des herrſchenden Fett- und Oelmangels 
wird der Anbau der Sonnenblume allgemein empfoh— 
len. Das vorliegende billige Schriftchen, in dem u. a. 
eine Kulturanleitung für Sonnenblumenzucht enthalten 
iſt, wird daher manchem Landbeſitzer willkommen 
ſein. E. 


Briefe. 


Aus Preußen. 
Ueber die Dotwendigkeit den Schaffung von 
Moorſchutzgebieten. 
Die Frage der Schaffung von Moorſchutzgebieten 
war Gegenſtand der Beratungen der VII. Jahreskon⸗ 


ſerenz für Naturdenkmalpflege in Berlin am 3. und 


gegebenen Denkſchrift wird hierüber ausführlich be— 


richtet. 


Es wird zunächſt darauf hingewieſen, daß nach der 
Schilderung von Tacitus Deutſchland einſt von Wäl— 


dern und Mooren ſtarrte. Die Kulturarbeit der Jahr— 
hunderte habe dieſen Zuſtand gründlich geändert. Die 


4. Dezember 1915. In einer von der Staatlichen | Wälder ſeien durch Abholzungen und Rodungen ver: 


Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen heraus- ringert und durch einen geregelten Wirtſchaftsbetrieb 
42% 


316 


mehr und mehr in Forſten von höchſter Nutzbarkeit 
umgewandelt worden. Die Moore ſeien größtenteils 
entwajjert oder doch angeſchnitten worden und anges 
ſichts der raſtloſen, durch den Staat eifrig geförderten, 
durch wiſſenſchaftlich⸗techniſche Arbeit in zielſichere 
Bahnen gelenkten Meliorierungen fei ihr nahezu völ- 
liges Verſchwinden nur eine Frage der Zeit. Ein⸗ 
dringlich mahnten die Erfahrungen des gewaltigen 
Krieges zur Ausdehnung unſerer Aecker und Wieſen 
und nirgends böte ſich beſſer Raum für die Schaffung 
neuen Kulturlandes als auf unſeren Mooren und 
Sumpffladen. Trotzdem könne man gegen ihre völlige 
Beſeitigung ernſte Bedenken erheben. 

Schon vor 60 Jahren habe F. V. Hochſtetten vor 
zu weitgehender Kultivierung gewarnt und auf die 
große Bedeutung der Moore als Waſſerſammler hin⸗ 
gewieſen. Dieſe Warnung fei ſeitdem häufig und feit 
Beginn der Kriegsmeliorationen beſonders nachdrück⸗ 
lich wiederholt worden, jedoch habe fie auch Wider: 
ſpruch gefunden. Während auf der einen Seite von 
der fortſchreitenden Austrocknung eine ſchädliche Ein⸗ 
wirkung auf die Waſſerregulierung und die Nieder⸗ 
ſchlagsverhältniſſe des Landes befürchtet und das Nahen 
eines Steppenklimas vorausgeſagt werde, betrachteten 
andere dieſe Beſorgniſſe wenigſtens für die in der 
Ebene gelegenen Moore als unbegründet. Daß in der 
Nachbarſchaft von Meliorationsgelände durch Sinken 
des Grundwaſſers Benachteiligungen des Baumwuchſes 
eingetreten ſeien, werde mehrfach bezeugt. Aber im 
allgemeinen fet die Frage noch wenig geflart, und da 
die Meliorierungsarbeiten im großen und ganzen nicht 
aufzuhalten ſeien, könne man nur wünſchen, daß die⸗ 
jenigen, die auf Grund von Einzelbeobachtungen oder 
theoretiſchen Betrachtungen eine Schädigung der Lan⸗ 
deskultur durch die Entwäflerungen vorausſagten, fih 
als ſchlechte Propheten erweiſen möchten. 

Wenn auch die Bedeutung der Moore für die 
Waſſerwirtſchaft ſtrittig ſei, ſo ſtehe ihr Wert für die 
wiſſenſchaftliche Forſchung außer allem Zweifel. In 
den Wieſenmooren der verlandenden Seen und Ueber⸗ 
ſchwemmungsgebiete finde man eine mannigfaltige 
Pflanzenwelt. Aermer ſei die Flora der Hochmoore, 
hier träten aber beſonders einige bemerkenswerte Arten 
auf, die fih auf dem naff n, kalten Boden lange ers 
halten Hatten und Zeugen einer früheren Entwick⸗ 
lungsſtufe der Erdoberfläche ſeien. In den Mooren 
begegneten wir ſo ziemlich den letzten natürlichen Lebens⸗ 
gemeinſchaften, die im Kampfe mit der Kultur ihre 
Urſprünglichkeit hätten bewahren können. Auch die 
Tierwelt der Moore weiſe eigentümliche Formen auf 
und ſtelle der weiteren Forſchung lohnende Aufgaben. 
Kleintiere ſeien zuweilen in nicht geringer Artenzahl 
vorhanden, aber auch einzelne Ariſtokraten der Tier⸗ 


welt hätten im Moore ihren Standplatz, wie z. B. 
der Kranich. 


Außer der lebenden Pflanzen⸗ und Tierwelt der 
Moore ſeien auch die Reſte ehemaliger Floren und 
Faunen, die ihr Boden umſchließe, ein wichtiger Ge⸗ 
genſtand der naturwiſſenſchaftlichen Forſchung. Die 
Entſtehung der Moore gehe teilweiſe in die Eiszeit 
zurück. Sie enthielten daher Hefte früherer Organis- 
men in aufeinanderfolgenden Schichten. So bilde 
der Moorboden gewiſſermaßen ein Album der ge⸗ 
ſchichtlichen Entwickelung der Pflanzen: und Tierwelt 
unſeres Landes. 

Neben den Vertretern der Naturwiſſenſchaft be 
klagten die Prähiſtoriker die allzuhaſtige Meliorierung, 
weil ſie der vorgeſchichtlichen Forſchung die Möglichkeit 
nehme, die Reſte alter Kulturen, die ſo manches 
Moor in feinem Schoße berge, ans Tageslicht m 
ziehen und zur Aufhellung früherer Perioden der Be 
ſiedelungsgeſchichte Deutſchlands zu verwenden. 


Und endlich würden durch die ſchrankenloſe Moor⸗ 
vernichtung auch allgemeine Kulturgüter gefährdet. 
Mit den Mooren verſchwinde aus der deutſchen Lant: 
ſchaft eine der eigenartigſten Geländeformen. Wenn 
aus den großen Meliorationsflächen einige Stücke der 
charaktervollen Landſchaft ausgeſchieden und als Moor: 
ſchutzgebiete dauernd erhalten würden, würden damit 
ideale Werte gefichert, die für unſer Volksleben von 
Bedeutung ſeien. 


Die Erhaltung der Moore werde jetzt nicht zum 
erſtenmale gefordert. In Dänemark fet ſchon 1844 
das ſtaatliche Sphagnummoor Gammelmose im wii: 
ſenſchaftlichen Intereſſe geſchützt worden, in Preußen 
ſeien zwei kleinere Moore mit der zierlichen Zwerg 
birke, einem Ueberbleibſel der Eiszeit, gefichert; dab 
ſtaatliche Naturſchutzgebiet Plagefenn bei Chorin um‘ 
faſſe ein Niederungsmoor, bas fih teilweife in Hod: 
moor umbilde. Beſonders erfreulich fei, daß die Begla, 
ein großes Hochmoor in Oſtpreußen, auf dem nch 
Elchwild ſtehe, bis auf weiteres zur Erhaltung be⸗ 
ſtimmt fei. Ferner habe der Landwirtſchaftsminiſter 
angeordnet, daß auch unter Umſtänden kleine darat 
teriſtiſche Moorflächen von jeder Kultur unberührt 
bleiben und dem freien Privatbefig entzogen werden 
könnten. Hierauf feien in Preußen noch weitere klei 
nere Moore geſchützt worden, z. B. in einer Ober 
förfterei eine Moorfläche mit Betula humilis und m 
einer anderen eine ſolche mit brütenden Kranichpaaten. 
Ebenſo ſchone die ſächſiſche Forſtverwaltung das Rro: 
nichſumpfmoor im Erzgebirge, und die bayriſche ort 
verwaltung habe beſtimmt, daß mehrere Moore in 
Böhmerwald erhalten bleiben ſollten. In Württem⸗ 
berg ſei ein Teil des Federſeerieds bei Buchau vom 


ee m 


317 


Bund für Bogelſchutz mit erheblichen Mitteln geſichert 
worden. 
Unter der Herrſchaft des Friedens hätte man hoffen 
können, daß die Bemühungen um die Erhaltung von 
Mooren zum Ziele führen würden, aber die ſeit dem 
Herbſt 1914 unter Heranziehung von Kriegsgefangenen 
bedeutend vermehrten und beſchleunigten Meliorierungen 
vergrößerten erheblich die Gefahr, daß wertvolle Denk⸗ 
maler der Natur und Vorgeſchichte vernichtet würden. 
Daher hätten die Leiter der ſtaatlichen Stelle für 
Naturdenkmalpflege und der Leiter der vorgeſchichtlichen 
Abteilung des Muſeums für Völkerkunde eine gemein⸗ 
ſame Eingabe an das Kultusminiſterium gerichtet, auf 
welche ein Erlaß an die Oberpräſidenten ergangen ſei, 
dei den Bodenarbeiten, ſoweit es mit den wirtſchaft⸗ 
lichen Zielen vereinbar ſei, auf die Ausſcheidung und 
jonftige Berückſichtigung bemerkenswerter Vorkommen 
der Natur und der Geſchichte Bedacht zu nehmen. 
Auch der Landwirtſchaftsminiſter habe verfügt, die zur 
Aufſtellung von Projekten zu Bodenverbeſſerungen und 
iu ihrer Ausführung berufenen Beamten zu veranlaſſen, 
im Sinne des Erlaſſes des Kultusminiſters zu wirken, ins⸗ 
. beſondere die für den Natur: und Denmalſchutz in Be⸗ 
tracht kommenden Stellen von dem Vorkommen ſeither 
* unbekannter Naturdenkmäler uſw. zu benachrichtigen. 


Techniſch ſei es nun aber nicht durchführbar, im 
Noore eine Oaſe zu erhalten, wenn ringsum melioriert 


os 


werde, es könnte nur die Erbaltung ganzer Moore in 
Betracht kommen. Ferner ſei es erwünſcht, daß ſie 
nicht von Acker⸗ oder Wieſenflächen, ſondern möglichſt 
von Wald begrenzt ſeien. In einer Eingabe vom 
Jahre 1915 habe die ſtaatliche Stelle den Kultus⸗ 
miniſter gebeten, dahin wirken zu wollen, daß in jeder 
Provinz durchſchnittlich wenigſtens ein bis zwei größere 
Moore von der Meliorierung ausgeſchieden und als 
Naturdenkmäler erhalten würden. 


Die am 3. und 4. Dezember 1915 tagende 
Konferenz endlich brachte zum Ausdruck, daß 
dem großen nationalen Werke der Urbar: 


ſind, in einer ausreichenden Zahl von Bei— 
ſpielen der deutſchen Heimat zu erhalten ſeien. 
Die ſtaatliche Stelle für Naturdenkmalpflege 
in Preußen hoffe zuverſichtlich, daß der Staat, 
der an dem Beſitze der Moore in hervorragen 
der Weiſe beteiligt ſei und der ja die Notwen⸗ 
digkeit der Erhaltung von Naturdenkmälern 
anerkannt habe, zur Verwirklichung dieſer 
Wünſche die Hand bieten werde! 


: Notizen. 

$ A. Wildernde Hunde. — drr gehörigen Bewachung feiner ala Wilderer bekannten Hunde 
1 Urteil des Oberlandesgerichts Braunſchweig. . | dat fehlen laffen, daß ihn alfo der Vorwurf der Fahrläffigkeit 
„ Rag der, für das Landesſtrafrecht maßgebenden örtlichen trifft. 

eC 


aa 8 der Strafvorſchriften (8 8 RStr. G8.) erfiredt | Sädf. Korreſpondenz,-G. m. b. H. in Leipzig, Querſtraße 18 
= Ag die Braunſchweigiſche Jagborbnung lediglich auf die im 

n Gebiete des Herzogtums begangenen Straftaten, auf dieſe aber 
yy auch dann, wenn der. Täter außerhalb des Herzogtums ſeinen B. Schonung des Ranbwilds? — Zwangs weiſer 
„ Wohnſtz hat. Wer es unbefugt geſchehen läßt, daß ein Hund Abſchuß des Nutzwilbs! 
1 auf fremden braunſchweigiſchen Jagdgebieten führerlos frei Der Krieg hat merkwürdige Jagdmaßregeln ge⸗ 
— Mmberläuft, wird nach 8 84 Ziff. 8 der Jagdordnung beſtraſt. zeitigt. Schonung oder Schutz des Raubwilds und gleichzeitig 
5 Welche Urſachen es dem Hunde ermöglicht haben, feiner Jagd» zwangsweiſer Abſchuß des Rots und Schwarzwilds, Hand in 
xY WR sbauttegen, ober welche Maßnahmen der Herr des Hundes Hand mit verlängerter. Schußgeit für Faſanenhennen und Hafen; 
<M Verhinderung des Herumtreibens getroffen hat, iR an ſich Dies wirkt komiſch, 

„y angles: feine Urfaden oder dieſe Maßnahmen berühren 

„ MR den geſetzlichen Tatbeſtand, der nicht in der Unterlaſſung 
p ung ber Hunde beſteht. Auch die größte An b. dieſe anſcheinend 
5 läffgkeit in der Aufficht über die Hunde würde nicht ſtrafbar ſetzeskraft erhalten, teils ſucht man noch nach der Geſetzform 
Aachen, fo lange die Hunde nicht Gelegenheit nehmen, fremde in der dieſe unſer bisheriges jagdliches Verhalten auf den No pf 
2. Sgbgeblete zu durchſtreifen. Nur dies unerlaubte Umher⸗ ſtellenden Normen untergebracht werden könnten. Alſo einer 
yi eifenlaffen macht die ftrafbare Handlung aus; ſie it nur | feits Schutz 

17 Im m begangen und unterſteht der Herrſchaft der gemacht.! Die Füchſe find d 
„ Famſchweigſſchen Jandordnung. Nur für die ſub jektive Seite 

der Straſbarkei 


9 t kamm es von Erheblichkeit fein, aus welchen ‘) Aus Mecklenburg- Schwerin kommt bie Nachricht, daß 
a der jagende Hund ſich der Aufficht entzogen hat. In dort die wilden Kaninchen in einer Weiſe zugenommen haben, 
* Wan Öinficht ift jedoch feſtgeſtellt, daß der Angeklagte es an daß die Feldfrüchte ernſtlich gefährdet ſeien. Es. iſt dahin⸗ 


318 


— — M — ee 


mehrung begünſtigt werden fole, damit fle mit der Landplage 
der Kaninchen mehr aufräumen: Im Intereſſe der Landwirt⸗ 
ſchaft bezw. Volksernährung. Alte Gedanken werden wad; 
was wir da jetzt in Mecklenburg eingeführt ſehen, hat ſchon lange 
vor dem Krieg der berühmte Schillings, auch Pfarrer 
W. Schuſter (auf dem internationalen ornithologiſchen Rons 
greß 1911 in Stuttgart), gefordert im Intereſſe einer allers 
ſeits gleich gerechten Behandlung der Natur unter dem Ge⸗ 
ſichtspunkte des Naturſchutzes. Wir haben ſchon längſt ge⸗ 
fordert, das Raubwild, und namentlich die Raubvbögel, nicht 
ganz auszurotten; ſie ſind nötig zur Aufrechterhaltung des 
Gleichgewichts in der Natur. Wir haben in der Schweiz und 
Süddeutſchland mehr als einmal erlebt, daß garſtige, ekelhafte 
Seuchen nnter dem Haſenbeſtand furchtbar aufräumten, weil 
die Füchſe fehlten, die jene leicht und zuerſt erkrankten Stücke, 
welche den Keimherd der Anſteckung bildeten, rechtzeitig weg⸗ 
nahmen. Da und dort hat man ja auch den Füchſen ab und 
zu ganz beſonderen Schutz gewährt, aber aus anderen Gründen. 
So erinnere ich mich aus meiner Jugendzeit, daß einmal im 
Oberwald im Vogelsberg, welcher den Freiherrn R. gehört, 
die Parole ausgegeben wurde, die Füchſe zu ſchonen, weil die 
Dörfler aus gewiſſen eigenſinnigen Motiven heraus die Ge- 
meindejagden gepachtet hatten (wo jie natürlich mit dem augs 
rottungslüſternen Schneid des Bauern — als Landwirt —, 
weniger mit dem weidmänniſchen Geſühl des geſchulten Jägers 
und Hegers jagten: alles niederknallten); und nun ſollten die 
Füchſe aus den Wäldern dem Haſenbeſtand der Felder recht 
zu Leibe gehen, dann würden ja hernach ſchon die Gemeinden 
ihre „nutzloſen“ Jagden anderen überlaſſen. In der Gegend 
von Schlitz, alfo zwiſchen Vogelsberg und der Fulda, wurden 
ja gelegentlich auch die Füchſe unter Obhut genommen, genau 
wie in der Baar, Hochebene öſtlich des Schwarzwalds, damit 
fle fic) recht zahlreich vermehrten und möglichſt viel Mitglieder 
der Familie Reinecke für die Fuchs jagden ſtellten, an denen 
bekanntlich auch der Kaiſer teilnahm. In Meckl⸗nburg haben 
fih nun proteſtierende Stimmen gegen den Shug des Raub⸗ 
wilds erhoben. Sie haben, nicht ganz mit Unrecht, hervor⸗ 
gehoben, daß für die Volksernährung nicht allein das Erzeug⸗ 
nis des Landwirts in Frage komme (den ja die Kaninchen un⸗ 
zweifelhaſt ſchädigen), ſondern auch die Beute des Jägers oder 
Kaninchenfängers. Und da ſei es doch unzweifelhaft von 
größerem Werte, die Kaninchen durch Menſchenhand oder slift 
zu erlegen und auf den Lebensmittelmarkt zu bringen anſtatt 
in die Mägen der gern geduldeten Füchſe wandern zu laſſen. 
Dies iſt unſtreitig richtig. Hierzu kommt, daß der Erfolg der 
Fuchsvermehrung, wie dieſe ſelbſt, nur allmählich erſt 
ſich bemerkbar mache und darum wohl nachträglich zur 
Geltung käme, mit anderen Worten: zu ſpät; Menſchen aber 
könnten ſogleich oder bald Abhilfe ſchaffen. Fragt ſich nur, 
ob ſolche zur Stelle find; das iſt der ſpringende Punkt und 
daran wird es eben fehlen. Denn wer hat eben Zeit zur 
Kaninchenjagd oder fang 7 Unſere Jäger, die rüſtigen alle, 
find draußen im Felde, die daheimgebliebenen haben alle 
Hände voll zu tun, und private Müßiggänger, die jetzt zur 
Frettchenjagd Zeit hätten, finden ſich auch nicht. So iſt die 


gehend von der großherzoglichen Regierung eine vorläufig für 
das Domanium geltende Verfügung erlaſſen worden, nach der 
alles Raubzeug, das dem Kaninchen nachſtellt, als Fuchs, 
Dachs, Iltis, Wieſel, Baummarder und Steinmarder, eine 
Schonzeit vom 15. März bis zum 15. Oktober genießen ſoll. 
Nun ſtellt die Schwerinſche Landwirtſchaftskammer beim Land⸗ 
tag den Antrag, dieſes Schongeſetz auch für die Ritterſchaft 
und die Städte zu erlaſſen. 


| 
. 
| 
Kaninchenplage und »frage eine der Kriegsfragen wie die vielen 
anderen und könnte nur wegen Mangels an Kräften zur Kala: 
mität werden. — Hand in Hand mit dem Schutz des Rant 
wilds taucht der Gedanke an zwangsweiſen Abſchuß 
des Not» und Schwarzwilds auf. Auch hier Liegt die 
Erwägungsfrage zu Grunde, da dieſe Tiere an der Erzielung 
voller Ernten hinderlich ſind, darum die Volksernährung ſtören, 
das Volkswohl ſchädigen. Gewig darf man nun wobl in 
ſolchen kühnlichen Behauptungen nicht zu weit gehen und 
einfach das Kind mit dem Bade ausſchütten. Es 
hat ja die Fortſchrittliche Volkspartei im Hauptausſchuß des 
Reichstages eine Entſchließung über die Wildſchadenfrage an- 


geregt, worin der Reichskanzler erſucht wird, zu veranlaſſen, 


daß in wirkſamerer Weiſe als bisher dem Wildſchaden, ins be⸗ 
ſondere durch Rots und Schwarzwild, entgegengetreten wird, 
nötigenfalls durch zwangsweiſen Abſchuß der ſchädigenden 
Wildarten, und entſtandene Schäden möglichſt ſchnell und voll 
entſchädigt werden. Es heißt darin u. a. „Der erneute Hin⸗ 
weis auf eine wirkſamere Verhütung des Wildſchadens iR da- 
durch notwendig geworden, weil die wiederholten Beſchlüſſe 
des Reichstages zwar den Reichskanzler veranlaßt haben, die 
Landesregierungen zu lebhafterer Bekämpfung des Wildſchadens 
aufzufordern, dieſe abet ihrerſeits dieſer Anregung nicht in ge⸗ 
nügender Weiſe entſprochen haben. Nach wie vor wird aus 
bäuerlichen Streifen über den ſtarken Wildſchaden geklagt, durch 
den die Saaten wie die Ernte ſchwer geſchädigt werden. Da⸗ 
mit iſt über die privatwirtſchaftliche Schädigung des einzelnen 
Landwirts hinaus auch die Volksernährung in beklagenswerter 
Wife beeinträchtigt. Der Abſchuß, beſonders von Not- und 
Schwarzwild, iſt aber nach wie vor ungenügend geblieben. 
Es mag ja zugegeben fein, daß die Einziehung vieler Qager 
zu einer Verminderung des Abſchuſſes geführt bat. Um fo 


dringender wäre es aber nötig geweſen, die im Lande geblit⸗ 


benen Jagdpächter zum Abſchuß anzuhalten, die Ausübung der 


Jagd auch während der Schonzeit zeitweilig frei⸗ 
zugeben und vor allem die Forſtbeamten zum eifrigiten 
Abſchuß anzuweiſen.“ 


Es mag dahingeſtellt ſein, vielleicht auch ſraglich bleiben. 
ob dies alles fo zutrifft, was hier und da, und nißt felten 
auch von Leuten, deren Urteil durch keinerlei Sachkenntnis ge 
trübt iſt, behauptet wird; unter anderem z. B., daß die Ver⸗ 
längerung der Schußzeit nicht in genügendem Maße gewart 
worden fei, daß gelegentlich durch Hinauszögern der Bagh 
fcheinerteilungen die Ausnützung der verlängerten Schußzeit 
gegenſtandslos gemacht wo den fel. Wir wollen gewiß nicht 
verkennen, daß die ſchnelle und genügende Abſckätzung und der 
hinreichende Erſatz des Schadens gerade für die 
kleinen und kleinſten landwirtſchaftlichen Betriebe außerordent⸗ 
lich wichtig iſt, namentlich wenn erſchwerende Umftände 
vorliegen, wenn z. B. die Verzögerung eine wirtſchaftliche 
Schädigung bedeuten kann inſofern, als landwirtſchaftliche Ar 
beiten nicht rechtzeitig in Angriff genommen werden können, 
da zur Schadensabſchätzung natürlich ei. e Feldbeſichtigung 
nötig ift. Andererſeits hat neben der Landwirtſchaft eine 
ſinngemäße Jagdwirtſchaft genau dieſelbe Gziftens 
berechnung wie jene, und zwar auch, worauf jene pocht, im 
Jutereſſe der Vollsernährurg und Landeskultur. Ob ef in 
dieſer Hinſicht ſehr zweckmäßig, oder auch nur angebracht er: 
ſcheint, die Ausübung der Jagd auch während der Schonzeit 
„zeitweilig freizugeben“, könnte man füglich doch fart be 
zweifeln. Wir wollen immer bedenken, daß wir auch unmittel⸗ 
bar nach dem Kriege und ſpyäter vielleicht noch längere Zeit 


Fleiſch ſehr notwendig brauchen, und daß es da von großer 


—— — — 


— — 


Wichtigkeit ſein kann, auch in den Wildbeſtände 
wünſchte Fleiſchreſervoire zu haben, 
dierauf nicht rechnen können, 
Wild Raubbau treiben. 
ja meiſtens die bedeutendſten u 
Hand haben und als 
berfligen, nicht nur nach ihrem und 
ſondern nach ihrem beſten Wiſſen u 
ſchon dafũr ſor gen, daß hier nicht 
ſchieht. 


nd er 


des „Guten“ zu viel ge⸗ 


dis 1. Februar). 

Weiter wird der 
der Paragraph des 
für die Dauer des 
Nach $ 47 finden d 


§ 47 der Jagdordnun 
Wildſchongeſetzes für d 
gegenwärtigen Kriege 
ie Vorſchriften, 


g und ein entſprechen⸗ 
ie Proving Hannover 
3 außer Kraft geſetzt. 
betr. Verbot des Verſandes 
von Wild vom Beginn des 15. Tages der 
feſtgeſetzten Schonzeit bis zu deren Ablauf 
auch auf Wild Anwendung, das in eingefriedigten Wilds 
gärten erlegt oder gefangen war. Der Landwirtſchafts⸗ 
nminiſter wird ermächtigt, den Zeitpunkt zu beſtimmen, zu 
welchem die zuletzt erwähnten geſetzlichen Beſtimmungen wieder 
in Kraft treten. 
i Wie geſagt, für Haſen und 
fahrungen, wie die verlängerte S 
* wit, nun vor, namentlich auch 
ſch eigen wird, ob ſie in der 
bommen, wie eg wünſchenswert 
Jäger auf, ihre & 
: wähnten Punkte in 
„ Mlegen. 
„„ Um noch 
„ üeifellos liefert es in dieſen fleiſchloſen Ta 
: >| ſchmeckenden Braten. Das wilde Kaninchen 


ye 
* 
1 


Faſanenhennen liegen die Er— 
chußzeit auf den Beſtand ein⸗ 
für Faſanenhennen, bet denen 
nötigen Anzahl zum Britien 
wäre. Ich fordere alle 
rfahrungen über die oben er: 
Dieser Jagdzeitſchrift nieder⸗ 


r ſozial gedacht, jetzt, wo 
angel an Fleiſch und Wildb 
ci bar macht, die Füchſe und die Iltiſſe mit bem W̃ 
„ Ramidel zu betrauen. Hier käme doch das 
Frage (wenn auch der „wilde“ 


ein garnicht 
ret ſich fühl⸗ 
egfangen der 
Frettieren in 
ef Frettierer, wie er gern von 
feinem in der Stadt gelegenen Domizil aus auf Schleichwegen 
oe KR weit entfernte Jagdgründe heimſucht, um dort ohne Er⸗ 
= lng fein verſtohlenes Handwerk zu treiben, keine erwünſchte 
Meinung it). Frettie rer finden ſich wohl immer noch trotz 
des Rriegen, Wilhelm Schuster, Pfr. 


C. Lochſchul-Nachrichten. 

r Nachdem im laufenden Winterſemeſter wieder einige Stu⸗ 
ie der Forſiwiſſenſchaft — zum Teile verwundet oder 
Ss aus dem Felde zurückgekehrt oder behufs Ablegung der 
fung beurlaubt — fih an der Univerſität Gie= 

1 7 % "gefunden haben, find nach zweijähriger Unterbrechung 
= ſortwiſenſchaftliche Vorleſungen wieder eingerichtet wore 
a € tragen vor: Geh. Forſtrat Dr. Wimmenauer 


n ganz ere 
daß wir aber beſtimmt 
wenn wir jetzt an unſerem 
Nun, die „großen Herren“, die 
giebigſten Jagden in der 
Jagdherren frei und ſelbſtändig darüber 
anderer Leute Gutdünken, 
nd Gewiſſen, die werden 


319 


— — 


„Forſtzeſchichte d 
zweiſtündig und 


Herr Forſtamtsaſſeſſor Dr. Bauer, Aſſiſtent der chemiſch⸗ 
bodenkundlichen Abteilung der forſtlichen Verſuchsanſtalt zu 
München, hat eine Berufung als Direktor der türkiſchen 
forſtlichen Hochſchule im Belgrader Walde bei Ko n ſtan⸗ 


tinopel erhalten und angenommen. D. Red. 


— ſ— 


D. Iſt Möven 
Von geſchä 
ob Mövben, 


fleiſch genießbar? 

ie Anfrage gerichtet, 
ſchon als menſchliches Genußmittel 
ben, wie die Ergebniſſe waren und 
ng erfolgt iſt. 


fahrungen gemacht, der Ge⸗ 
darch beſondere Zubereitung 
wir für gefällige Mitteilung 
D. Red. 


E. Freiſprechung eines Förſters 
verwallungsgericht, nachdem er w 
eines wildernden Hundes vom Shi 

Sachbeſchädigung verurteilt w 
Urteil des Preußiſchen Oberverwaltun 

Am 6. Auguſt 1911 
Hannover jein kurzhaariger, 
von 200 bis 300 Mark. 
folgte dieſen bis in den fi 
er von dem Kgl. Förſter 
erhob die Staatsanwaltſchaft gegen den 
beſchäbigung; der Förſter wurde vom S 
eventl. 2 Tagen Gefängnis verurteilt. 
gleichzeitig erhob die Regierung den 
Bilde Oberverwalt 
den zuſtimmte: 


Durch den Hund des N., 
riſſen hatte und in die Kgl. Fo 
dem Wildbeftande daſelbſt eine 
Gefahr beſchränkte ſich 


a a Se 


durch das Ober. 

egen Erſchießung 

ffengericht wegen , 
orden war.?) 


K. erſchoſſen. Auf Antrag des N. 
K. Klage wegen Sach⸗ 
chöffengericht zu 10 Mk. 
Ec legte Berufung ein, 
Konflikt, den das Bre us 
ungsgericht aus folgenden Grün⸗ 


der fib von der Leine losge⸗ 
rit hineingelaufen war, drohte 

unmittelbare Gefahr. Dieſe 
keineswegs, wie das Schöffengericht ans 
nimmt, auf den einen von dem Hunde gehetzten Haſen, ſondern 
dehnte ſich auf den geſamten in der Forſt gehegten Wildbe⸗ 
ſtand aus. Da der Hund des N. nach deſſen eigenen Angaben 


) Vor Kurzem wurde mir eine am Rhein geſchoſſene 
Möve zugeſchickt. Meine Tochter hat, nachdem die Haut, die 
ſich mit den Federn leicht abziehen ließ, entfernt war, das 
wenige übrig gebliebene Fleiſch gekocht. Dieſes ſowie die 
Fleiſchbrühe erwies ſich als genießbar, wenn auch nicht gerade 
beſonders wohlſchmeckend. Wr. 

) Die in dieſem und dem vorigen Hefte angegebenen Fälle 
beweiſen, daß über die vorliegende Frage ganz verſchiedene 
Rechtsanſchauungen beſtehen. Eine durchgreifende geſetzliche 
Regelung wäre daher ſehr erwünſcht. D. Red. 


320 


die Folgſamkeit aufgegeben hatte und nach Entſchwinden aus 
dem @efichtsfelde feines Herrn ſich ſelbſt überlaſſen war, fo 
ſtand zu beſorgen, daß er, wenn er weiterhin ungehindert blieb, 
immer tiefer in die Forſt hineinlaufen und das Wild — Rehe 
und Haſen — vor ſich her und aus der Forſt heraus in die 
benachbarten Gebiete hineintreiben würde. Eine ſolche Gefahr 
lag um ſo näher, als nach den von der Kgl. Regierung be⸗ 
ſtätigten Angaben des Angeklagten gerade das Wild in dem 
dieſem unterſtellten Gebiet in hohem Maße durch frei umher⸗ 
laufende Hunde beunruhigt wird und es keine Seltenheit iſt, 
daß Rehe und Haſen von wildernden Hunden geriſſen werden. 
Da dem Angeklagten als Jagdauffichtsbeamten die Hege und 
Pflege des Wildes obliegt, ſo war es ſeine Pflicht, die zur 
Abwendung der von ihm erkannten Gefahr erforderlichen 
Maßnahmen zu ergreifen. Daß dazu gerade die Tötung des 
Hundes geboten war, wird von N. in Abrede geſtellt, muß 
jedoch nach La ze der Sache angenommen werden. Wenn fid 
nämlich auch der Hund, als ihn der Angeklagte ſah, noch un⸗ 
weit der Grenze befunden haben muß, ſo iſt doch nicht erſicht⸗ 
lich, wie es dem Angeklagten möglich geweſen ſein ſollte, ihn 
auf irgend eine andere Weiſe aus der Forſt hinaus in das 
Jagdgebiet des N. zurückzubringen, da der Hund einem Haſen 
folgte, der in das Innere des Waldes flüchtete, und er ſich, 
wie nach allgemeiner Erfahrung anzunehmen iſt, davon durch 
mildere Mittel — wie Rufen oder Abgabe eines Schreckſchuſſes 
— nicht würde haben abbringen laſſen. Endlich kann es nach 
dem auf wiſſenſchaftlicher Grundlage erſtatteten Gutachten der 
Kgl. Regierung, dem gegenüber die von N. beigebrachten 
ſchriftlichen Aeußerungen zweier ortskundiger Landwirte bedeu⸗ 
tungslos find, keinem Zweifel unterliegen, daß der durch die 
Tötung des Hundes angerichtete Schaden nicht außer Verhält⸗ 
nis zu der Gefährdung des Wildes ſtand. Der Wert, den der 
getötete Hund hatte, wird von N. und feinen Jagdgenoſſen auf 
200 bis 300 Mk. geſchätzt. Demgegenüber beſtand die Gefahr, 
die der herrenlos im Walde laufende Hund bildete, nicht in 
der zu befürchtenden Vernichtung des einen von ihm gehetzten 
Hafen, ſondern in der Beunruhigung und Schädigung des 
Wildbeſtandes der Fort M. überhaupt. Infolge der fort e⸗ 
ſetzten Beunruhigung, namentlich durch wildernde Hunde, an 
der der Hund des N. für ſeinen Teil mitgewirkt hat, iſt der 
dortige Wildſtand ſeiner Zahl und ſeinem Werte nach ſo herab⸗ 
geſetzt, daß alljährlich ein Jagdertragsausfall von etwa 400 Mk. 
entſteht, was bei Annahme eines Zinsſatzes von 4 v. H. einer 
Wertsminderung der Jagd im Kapitalwerte von 10000 Mk. 


entſpricht. Der Angeklagte handelte d aher nicht wibderreätii 
und überſchritt feine Amtsbefugniſſe nicht, als er den Hur 
des N. erſchoß. 

Sächſ. Korreſpondenz, G. m. b. ©. in Leipzig. 


F. Waun iR ein Jagbrebier als „Tiergarten“ 

anzuſehen ? 

Die Frage, ob und wann ein Jagdrevier als Tiergart 
anzuſehen tft, beſchäſtigte vor einiger Zeit das Kammergerie 
gelegentlich der Erörterung eines Falles, in dem es fd m 
die Entwendung zweier abgeworfener Hirſchſtangen and eine 
fiskaliſchen eingegatterten Walde handelte. — Gemäß $ N 
Abf. 1, Satz 2 BSB, find bekanntlich wilde Tiere in Tie 
garten nicht herrenlos; im vorliegenden Falle hatte ber tact 
anwalt die eingehegten Reviere, in denen die Oirſchſtang 
ſich befunden hatten, als „Tiergärten“ im Sinne des 5 X 
angeſehen und dementſprechend die Verurteilung des Ans 
klagten wegen Diebſlahls gemäß 8 242 des Strafgefesbuce 
beantragt. Indeſſen hat das Kammergericht die Anwender 
keit des § 242 des Strafgeſetzbuches verneint. — Aladiy 
habe das erkennende Gericht früher im Anſchluß an eine Reich 
gerichtsentſcheidung als Tiergärten auch Jagdreviere ob 
Kückſicht auf deren Größe angeſehen, falls ihre Einzänm; 
geeignet wäre, das Entweichen des Wildes zu hindern: dii: 
Anfiht kann aber nicht mehr aufrecht erhalten werber k 
führte das Kammergericht aus; denn der Sprachgeb rens nr 
ſteht unter „Tiergärten“ Flächen von geringer Aida; 
auf denen Tiere zu anderen als Jagdzwecken, ins beſonen t 
Schau und Zierde, gehalten werden. Die frühere Aufi 
nach der auch eingegatterte größere Waldgelände als Tiergkrte 
angeſehen wurden, ſteht nicht im Einklang mit ber Uniden 
der beteiligten Kreiſe, welche das Aufſpüren, Verfolgen md 
Erlegen des Wildes in ſolchen Revieren als Jagd auflcht, un 
fie widerſpricht der Anſchauung des Volkes, das bie Beguahu: 
von Wildſtangen auch in dieſen eingehegten Nevieren nicht all 
Diebſtahl erachtet. Die Behandlung dieſer Faghgedest 1 
Tiergärten würde auch zu ſachwidrigen Ergebniſſen. inden 
dere zur Nichtanwendung der Jagdſcheinbeſtimmungen, Fähren - 
Nach alledem ift eine Verurteilung des Angellagten wt 
Diebſtahls gemäß § 242 des Strafgeſetzbuches abzulehnen m 
es muß bei feiner Beſtrafung aus Tit. 35, § 1 der Holy M 
und Jagdorduung vom 80. Mai 1720 felu Bewenden Hkz 

A. Radloff, Gerichts und Verwaltungs ⸗ Korean 
Steglitz ⸗ Berlin. 


Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Berfammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenanet, üii 
fax literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Biegen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Gauerlaude rs Ber 
„Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. M. — C. Ottos Dofbuchdruckerei in Darmſtadt. 


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Ullgemeine | | 
Herausgegeben 

Dr. Karl Wimmenauer, u Dr. heinrich Weber, 
Geh. Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i 

| an der Univerfität Gießen. 
Dreiundneunzigſter Jabrgang. | 


— — 


1917. Jannar. 


J. D. Sauerländer's Verlag. 


r rere 


/ 
Srankfurt am Main. 


BÆ Die Allgemeine Forh- und Jagd-Beitung erſcheint regelmäßig jeden Monat und : 
wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand: . : 
ee, und Poftanftalten. | 


— 
g 18 
Se 


Anzeigen. = 


Preiſe: ¼ Seite 60.— Mk., ½ Seite 82.— Mk., „ Seite 17.50 Mk., / Seite 10 Mk., /; Seite 7.50 Mk., / Seite 5.50 poe 

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Aufträgen unberedynet. Seilagen⸗Preiſe nach erenbarung, je nach Gewicht des beizulegenden Proſpektes. 


Wer weiss 


es heute noch nicht, dass W in Fangsicherheit und 
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und Jagd-Zeitung‘“ Bezug nehmen zu 
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Ein behr- und Bandbuch 


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Großh. Sächl. Oberlandforftmetiter und Direktor der Forftakademle zu Eilenad. 


Durchgeiehen von Prof. Dr. Bans Bausrath, Karlsruhe. 
Fünfte Auflage. 


Groß-Oktav, VIII und 252 Seiten. 
Preis: broidh. Mk. 5.—, gebunden Mk. 5.80. 


Das Ericheinen der fünften Auflage legt am beiten Zeugnis ab pon der allieltigen Anerkennung, die 
das Werk durch die prägnante und klare Daritellung des Stoffes und durch feine mehr popularifierende und 
auf Berporhebung der praktiichen Gelichtspunkte abzielende Richtung in Fachkreiſen gefunden hat. 

Dleſe neue Auflage, deren Durchſicht auf ausdrücklichen Wunich des veritorbenen Verfaffers Berr Prof. 
Dr. Bausrath in Karlsruhe bereitwilligit übernommen hat, hat wieder einige Ergänzungen en lowell 
ſolche durch die neueren Eriheinungen auf den bezüglichen Gebieten bedingt wurden. | 


Frankfurt a. M. J. D. Sauerländer's Verlag. 


Allgemeine 


fort- um Jagd- Ztitung 


Herausgegeben 


von 


Dr. Karl Wimmenauer gib Dr. Heinrich Weber 
Geh. Forſtrat u. Profeſſor d. Forſtwiſſenſchaft i. N. ordentl. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft 


an der Univerſität Gießen. 
Ri; 4 ee” 


Neue Folge. 
Dreiundneunzigſter Jahrgang. 


Frankfurt am Main. 
J. D. Sauerländer's Verlag. 
1917. 


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Inbalts-Derzeichnis 


Allgemeinen Forft und ZJagd-⸗Zeitung. 


Jahrgang 1917. 


Dt. 


Seite 
Auffätze. 
Forſtwiſſenſchaft im Allgemeinen, Forſt⸗ 
geſchichte, Biographien. 
Vom franzöſiſchen Mittelwalde. Von Privat- 


dozent Dr. G. Baader 
Nachtrag. 


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Aufgaben der deutſchen Forſtwirtſchaft nach 
dem Kriege. Von Dr. Künkele, Kgl. Forſt⸗ 
meiſter zu Elmſtein, Pfalz, z. Zt. Haupt- 

ee So ee 90 

Entſtehung und Entwicklung des Rumäniſchen 
Forſtweſens. Vom Forſtlich Schönburgiſchen 

Lerſuch einer neuen Grundlegung der Forſt— 

Von Heinrich 

Großh. Heſſ. Forſtaſſeſſor .. 

Nameralismus und praktiſch⸗techniſche Wiſſen⸗ 
ſchaften. Vom Gr. Bad. Oberförſter Prof. 


Waldbau-, Schutz und -Pflege. 


Über Zuführung und ſparſame Verwendung 
der Feuchtigkeit in den Holzpflanzen. Von 
„Jorſtmeiſter Tiemann in Göttingen 
Larſtellung des Verhaltens der Holzarten zum 
Waſſer. Von Dr. Anderlind 


Betrachtungen über den Wettſtreit der Stämme 
reiner, gleichalter, geſchloſſener Beſtände um 
die Oberherrſchaft, ſowie über Vererbung 
bei unſeren Waldbäumen und über Erziehung 
der Beſtände. Von Forſtmeiſter a. D. Tie⸗ 
mann in Göttingen.. 

Forſtliche Betriebsfächer. 

(Forſteinrichtung, Vermeſſung, Holzmeßkunde, Wald— 
wertrechnung und Statik, forſtſtatiſche Berjuche.) 

ber die Genauigkeit der Höhenmeſſungen. 
Von Dr. Hemmann, Gießen 

Forſtverwaltung. 

(Politik und Statiſtik, forſtliches Unterrichts- und 
Vereinsweſen.) 
Markgenoſſenſchaften und Waldeigentum im 
Lichte neuerer Forſchungen. Von Profeſſor 
Dr. H. Hausrath 


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Eee en ee le ie 


Jagd und Fiſcherei. 


Der Krammetsvogelfang im Dohnenſtieg. Von 
Geh. Regierungsrat Eberts in Caſſel 

Der Jagdgeſang des Gratius Faliscus. Von 
Baltz⸗Hannover 


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Forſtliche Hilfsfächer. 


(Mathematik und Naturwiſſenſchaften ꝛc.) 


Seite 


94 
32 


12 


SI 


189 


Die Entwickelung vom Waldhaſen zum Feld- 


haſen (oder umgekehrt?) und die Neubildung 
von Tierformen in der Gegenwart: — im 
Beginne der wiederkehrenden tertiärzeit— 
ähnlichen Tierlebensperiode. Von Wilhelm 
Schuſter, Pfarrer a. D. und Chefredakteur 


biterariſche Berichte. 


Forſt wiſſenſchaft im Allgemeinen, Forſt⸗ 
geſchichte, Biographien. 


259 


Neues aus dem Buchhandel 13, 101, 165, 266 


Die Mitwirkung der deutſchen Forſtwirtſchaft 
an den Aufgaben der Volksernährung im 
Kriege. Von Prof. Dr. Borgmann .. 

Die Geſchichte der Kammergutsforſten im 
Fürſtentum Schwarzburg-Sondershauſen . 
Von Dr. ing. F. Fiſcher 

Bialowies in deutſcher Verwaltung. Heraus- 
gegeben von der Militärforſtverwaltung 
Bialowies. Erſtes Heft. I. Hauptmann 
Gruber: Die Eroberung des Urwaldes; 
Ik Hauptmann Dr. Voit: Die Erſchließung 
des Urwaldes uſw. 


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Waldbau, Schutz und Pflege. 


Der Forſtſchutz von Heß. Vierte Auflage, voll- 
ſtändig neu bearbeitet von R. Beck, Profeſſor 
der Forſtwiſſenſchaft an der Kgl. Forſtaka⸗ 
demie Tharandt 


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Forſtbenutzung einſchl. Transportivefen. 


Handbuch der Holzkonſervierung von Trofchel . 
Fichtenſamen als Quelle von Speiſeöl. Von 
C. von Tubeoe nnn 
Anleitung zur Gewinnung vonFichtengerbrinde. 
Herausgegeben von der Forſtabteilung der 
Landwirtſchaftskammer der Rheinprovinz. 
Der Krieg und die Gewinnung von Nahrungs- 
mitteln durch Waldfeldbau. Von B. Borne- 
mann, Großh. Heſſ. Forſtmeiſter i. P. 
Beſtandeswirtſchaft und Altersklaſſenmethode. 
Von Th. Micklitz . 
Die Kriegsnutzung des Waldes. Eine Anleitung 
zur Mobilmachung des deutſchen Waldes. 
Von Prof. Dr. von Mammen und Ober 
lehrer Riedel 


Forſtliche Betriebsfächer. 


(Forſteinrichtung, Vermeſſung, Holzmeßkunde, Wald— 
wertrechnung und Statik, forſtſtatiſche Verſuche.) 
Ph. Flury: Unterſuchungen über die Sorti- 

mentsverhältniſſe der Fichte, Weißtanne und 
Buche 
Dr. Theodor Glaſer und feine Bedeutung für 
die Waldwertrechnung und forſtliche Statik, 
von Forſtmeiſter E. Kreutzer 


269 


268 


14 


Das Weiſerprozent des Ertragswaldes im 
Jahresbetrieb. Von Forſtmeiſter E. Kreutzer 
Hönlingers Waldertragstheorie. Beſprochen 
von Forſtmeiſter E. Kreutzrre . 
Anleitung zur Aufnahme des Holzgehaltes der 
Waldbeſtände. Von Dr. Max Friedrich 
Kunze, Geh. Hofrat und Profeſſor i. R. 
Dritte durchgeſehene Auflage .. .. 
Forſtverwaltung. 

Statiſtit, forſtliches Unterrichts- und 
Vereinsweſen.) 

„Waldheil“, Kalender für Deutſche Forſt— 
männer und Jäger auf das Jahr 1917. I. u. 
EI Tell. os ges ĩ K e 

Jagd-Abreißkalender 1917. Herausgegeben 
von der Deutſchen Jäger⸗ Zeitung.. 

Forſt⸗ und Jagd⸗Kalender 1917. Begründet 
von Schneider und Judeich. 66. Jahrgang 

Deutſcher Forſtkalender des deutſchen Forſt— 
vereins für Böhmen 1917. 10. Jahrgang 

Der Förſter. Qand- und Forſtwirtſchaftlicher 
Kalender für Forſtſchutzbeamte 1917. Her⸗ 
ausgegeben vom praktiſchen Forſtmann Th. 
err. a re N 

Wild» und Hund⸗Kalender. XVII. Jahrgang. 
Herausgegeben von der illuſtrierten Jagd— 
Zeitung „Wild und Hund“ 

Bericht über die XXII. Tagung (Kriege 
tagung) des deutſchen Forſtwirtſchaftsrats 
zu Berlin, 28.—30. März 1916. 

Statiſtiſche Nachweiſungen aus der Forſtver— 
waltung des Großherzogtums Baden für das 
Jahr 1914. XXXVII. Jahrgang 

Anleitung zur Buch- und Rechnungsführung 
für Privatforſtreviere. Von B. Böhm, Geh. 
Regierungs- und Forſtrat in Königsberg i. Pr. 
Zweite umgearbeitete Auflage 

Die Studienreiſe des kommerziellen Kurſes 
an der Hochſchule für Bodenkultur im Jahre 
1908. Von J. Syrutſchek 

Die Veränderung des Eigentums an Grund— 
fliiden in Preußen ufm. Von J. Leopold 

Preußiſches Förſter⸗Jahrbuch für 1916. 

Die Tharandter Forſtakademie als Hemmſchuh 
für den Fortſchritt. Von Hans Hönlinger . 

Das öſterreich. Reichsforſtgeſetz mit Erläute— 
rungen zu ſeiner Handhabung. Von Rudolf 
Fiſcher und Dr. Albrecht Hirſch Edlen von 
Stronſtorff 

Die organiſatoriſchen Aufgaben und Ziele der 
deutſchen Forſtwirtſchaft, zugleich Bericht 
der Geſchäftsſtelle des Forſtwirtſchaftsrates 
für kriegswirtſchaftliche Angelegenheiten. 


(Politik und 


. è @ ò ò> o o „% 8 


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Herausgegeben vom Leiter der Geſchäftsſtelle is 


Regierungsdirektor Dr. Wappes, Speyer 


Seite 


10 


2300 


Jagd und Fiſcherei. 


Die Bedeutung der Binnenfiſcherei in der Er— 
nährung des deutſchen Volkes. Von Dr. 
A. L. Buſch kiel i 

Die preußiſche Jagdordnung nebſt Sonderrecht 
Hannovers und Helgolands ſowie ergänzen- 
den Geſetzen. Von Dr. jur. Werner Brandis 

Rieſenthals Jagdlexikon. Zweite Auflagen. 

planmäßiger Abſchuß des Rehſtandes uſw. 
Von E. Graf Kal nin 

Jagden und Abenteuer in den Gebieten des 
oberen Nil. Von A. David. 

Praktiſche Anleitung zur Erhaltung der ver- 
mähten Rebhühner⸗ und Faſanengelege. Von 
Paul Clauſius 


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Forſtli che Hilfsfächer. 
(Mathematik und Naturwiſſenſchaften ze.) 


Tie Ernährung der landwirtſchaftlichen Kultur- 
pflanzen. Von Profeſſor Dr. Schneidewind 
Novellen aus dem Tierleben. Lebensbilder 
aus der Tierwelt von H. Meerwarth u. Karl 
F A a a a A 
Die Ameiſe. Schilderung ihrer Lebensweiſe. 
Von Prof. Dr. Karl Eſcherich. — 2. Aufl. 


Verſchiedenes. 


O Akademia! Von Ferdinand von Raesfeld 
Praktiſche Stallhaſen⸗ und Ziegen⸗Nutzzucht 
mit Kriegskochbuch. Von Rödel-Paulus⸗ 
Zittauall ls r 


Briefe. 
Ans Baden. 


Gedanken über Vereinfachung und Ein parung 
in der badiſchen Forſt⸗ und Domänenver⸗ 
waltung. Von Geh. Finanzrat Reinach, 
Karlsruher 

Zu Herrn Forſtrat Königes Ausführungen im 
Oktoberheft 1916. Von W. Hmm 

zu den Gedanken über Vereinfachung und 
Einſparung in der badiſchen Korjt- und 
Domänenverwaltung. (Von Forſtrat Könige, 
Heidelberg). Von Forſtmeiſter Feiſt 

Gedanken über Vereinfachung und Einſparung 
in der badischen Forſt⸗ und Domänenver- 

waltung. Von Forſtrat Könige, Heidelberg 

Sein oder Nichtſein der Forſtabteilung an der 
techn. Hochſchule Karlsruhe. Von Forſtrat 
Könige. 


Aus Bayern. 


Veſchäftigung von Frauen bei der Holzhauerei 
Buchelernte. Von Eßlinger 


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2.31 


Ogi 
— 


206 


Seite 
Aus Heſſen. 
Beobachtungen über Blitzſchläge. Von Geh. 

Oberforſtrat Jofeph nee.. 204 

Aus Kurland. 
Aus den kurländiſchen Forſten . 17⁴ 
Aus Sſterreich. 
Forſtweſen in Iſtrien. Von Hugo Piffl . .. 212 
Kroatiens und Slawoniens Forſtweſen. Von 
Hugo Piffl j ꝓ U Pd m 243 
Aus Preußen. 
Das neue Preußiſche Filchereigeiek . . .. 22 
Das neue preußiſche Fiſchereigeſetz vom 11. 

What 91h 3 26 
Zur Preußiſchen Verwaltungs- Reform 54 
Aus der Preußiſchen Forjtvermwaltung . . . 3 
Zur Preußiſchen VerwaltungsReform . .. 106 
Aus der Preußiſchen Forſtverwaltung. .. 113 
Aus der Preußiſchen Forſtverwaltung (Schluß) 140 
Der Etat der Domänen⸗, Forſt⸗ und iland- 

wirtſchaftlichen Verwaltung für das Etats— 

jahr 1. April 1917/1918 . n:mm 6 144 
Forſtakademie Münden 166 
Aus der Preußiſchen Foritverwaltung . .. 169 
Die Verhandlungen des Abgeordnetenhauſes g 

über den Etat der Forftverwaltung . . .. 200 
Die preußiſche Fiſchereiordnung vom 29. März 

V P an be de a 202 
Aus der Preußiſchen Foritverwaltung . .. 234 
Welche Beſtimmungen des neuen Preuß. 

Fiſchereigeſetzes hat der Angler zu bes 

Hbachtenmsnsnmsmsmù;s 3 237 

Aus der preußiſchen Forſtwaltun g.. 270 
Zur Vergrößerung der Oberförſtereien .. 273 
Berichte über Derlfammlungen 
und Ausftellungen. 
Die 23. Tagung des Forſtwirtſchaftsrates. Von 

Dr. H. Webtttek og: re 2 
Die XXIV. Tagung des Forſtwirtſchaftsrates 276 
Tagung des Deutſchen Forſtvereins am 17. _ 

bis 19. Septbr. 1917 zu Erfurt ..... 271 

notizen. 
Forſtwiſſenſchaft im Allgemeinen, Forſt⸗ 
ge ſchichte, Biographien. 
Dr. Hermann von Fürſtit rh 82 
Dr. Adolf Ritter von Guttenberg g. .. 178 
Miniſterialrat a. D. Prof. Ferdinand Edler 

von Wangngnn hh 180 
Invalidenheim für Jäger und Schützen in 

Marbbu nnn A: 214 


Berichtigung. ee ES 
Forſtwirtſchaftliches von për Biti. Von 
Oberförſter A. Müller, Klingenthal i. Sachſ. 216 


K. Bayer. Oberforſtrat te ries + 
Von J. Keipen 250 


Forſtbenutzung einſchl. Transportweſen. 


Ernte⸗Berichtttmw·eꝙuũitu4. A 
Waldſamen-Erntebericht. Von Heinrich Keller 
Sohn in Darmſt adde... 251 
Forſtſamen⸗Erntebericht 1917/18. Von Con⸗ 
rad Appel, Kontrollklenganſtalten, Ddarmſtadt 252 


Aufruf an alle Jäger von der Neſſelfaſer-Ver— 
wertungs-Geſellſch akte... . 279 


Forſtverwaltung. 


(Politik und Statiſtik, forſtliches Unterrichts- und 
Vereinsweſen.) 


— ——;;ñ— —— E EEEE 


Seit 
Forſtliche Vorleſungen an den N im 
Winterſemeſter 1917/18. ae eds 
An die geehrten Lejer der A. 525 u. J.. 215 
Unfallverſicherung im Forſtbetrieb ... W. 
Jagd und Fiſcherei. 
Wildverſorgung der großen Städte .. Ws 


Pachtung einer Jagd durch einen Belgier. 
Muß der Pächter trotz Unmöglichkeit perjon- 


licher Jagdausübung den Pachtzins zahlen? 2s 


Aufrufe. . 110 


Jagdliche Mitteilungen aus Südden tſchland 5 


Fischerei in Talſperree nnn . H 

Die Jagd und der Krieg .. E 

Tötung eines fliehenden Wilddiebes durch einen 
Privatförſte nnn 28% 


Forſtliche Hilfsfächer. 


(Mathematik und Naturwiſſenſchaften 2c.) 


Die Errichtung einer Geſchäftsſtelle des Forſt— Wer verbreitet die Miſtelbeeren? . . .. 1 
wirtſchaftsrates für kriegswirtſchaftliche An— Zum Nutzen der Krammetsvögel . .. 17 
gelegenheiten. Von Dr. Wappes . . . . SI Gegen vermehrten Häherabſchuß . ... 25 

Forſtliche Vorleſungen an den Hochichulen im 
Sommerſemeſter 1917 er 3 Verſchiedenes. 

Der Forſtverein f. d. Großh. Heſſen . . . . 25 Deutſche Helden haiinka ... . Th 

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Alphabetiſches Sachregiſter. 


D. 


Abſchuß, plaumäßiger des Rehſtands 199. 

Akademia 139. 

Ameiſe, Schilderung ihrer Lebensweiſe von Eſcherich 231. 
Aufgaben der Forſtwirtſchaft nach dem Kriege 87, 90, 117. 
Aufruf an die Jäger 116, 279. 


Baden, Briefe aus: 54, 77, 79, 147, 206. 

Baden, ſtatiſtiſche Nachweiſungen aus der Forſtverwaltung 72. 
Baden, Vereinfachung u. Einſparung pp. 42, 54, 79, 147, 206. 
Bayern, Briefe aus: 240. 

Berichtigung 215. 

Beſtandswirtſchaft und Altersklaſſeumethode von Micklitz 138. 
Bialowies in deutſcher Verwaltung 269. 

Binnenfiicherei 101. 

Blitzſchläge, Beobachtungen darüber 204. 

Buchhandel, neues aus dem 13, 101, 165, 266. 

Buch- und Rechnungsführung für Privatforſtreviere 166. 


Deutſcher Forſtverein, Nerſammlungsbericht 277. 
Eigentum an Grundſtücken, deſſen Veränderung 200. , 
Ernährung der landwirtſchaftlichen Kulturpflanzen 48. 


Cölinger, Otto, Oberforſtrat + 250. 
Etat der preußiſchen Forſtverwaltung 144, 200. 


Feuchtigkeit, deren Zuführung und Verwendung in den Hole 
pflanzen 61. 

Fichtengerbrinde 105. 

Fichtenſamen, als Quelle von Speiſeöl 104. 

Fiſcherei-Ordnung, Preußiſche 202, 237. 

Forſtabteilung der techn. Hochſchule Karlsruhe 206. 

Förſterjahrbuch, Preußiſches für 1916 200. 

Förſter, Kalender 22. an, ae 

Forſtkalender, deutſcher des deutſchen Forſtvereins MN 
Böhmen 21. 

Forſt⸗ und Jagdkalender 1917 21. 

Forſtſchutz von Heß, Dr., IV. Auflage 70. 

Forſtwirtſchaftsrat, deſſen Tagungen 49, 245, 276. 

Forſtwirtſchaftsrat, Geſchäftsſtelle für kriegswirtſchaftliche 
Angelegenheiten 81. 

Jranzöſiſcher Mittelwald 1. 

Frauen, deren Beſchäftigung in der Holzhauerei 240. 

Fürſt, Dr. Hermann, Nekrolog 82. 


Glaſers Bedeutung für die Waldwertrechnung und ſorſtliche 
Statif 18. 
ratius Falis eus, deſſen Jagdgeſang 189. 


——— — —— 


undleging der Forſtwirtſchaftswiſſenſchaft 157, 265. 
Guttenberg, Dr. A. T 178. 


Yen, deren Geſchichte uſw. 181, 259. 
aberabſchuß 215. 
deldenvaine 115. 

chen, Briefe aus: 204. 

weh, Forſtverein für das Großherzogtum 215 
ohenmeſſungen, deren Genauigkeit 194. 
onlingers Waldertragstheorie 20. 

olzachalt der Waldbeſtände von Kunze 139. 
konſervierung, Handbuch von Troſchel 47. 


ügd Abreißkalender 1917 21. 

agen und Abenteuer am oberen Nil 231. 
aadliche Mitteilungen aus Süddeutſchland 153. 
adardnung, preußiſche 105. 
wwpachtung durch Ausländer 
\aad und Krieg 155. 
\walidenbeim für Jäger und Schützen 214. 
Iusſens Forſtweſen 212. 


28. 


~ 


Lametalismus und praktiſch-techniſche Wiſſenſchaften 162. 

iammergutsforſten im Fürſtentum 
hauſen 233. 

Arammetsvögel 179. 

Krammetsvogelfang im Dohnenſtieg 7. 

Atiegsnutzung des Waldes 268. 

Kroahleus und Slawoniens Forſtweſen 243. 
Kurland, Briefe aus: 174. 

Rutland iſche Forſte 174. 


eier der A. F. und J. 3. 215. 

- — 5 . 7 hd 
Markgenoſſenſchaften und Waldeigentum 32. 
Miſtelbeeren 104. 

Münden, Forſtakademie 166. 
Münſtetrländer Eichenwirtſchaft 29. 
Neſſelfaſer-Verwertung 279. 


Otganiſatoriſche Aufgahen und Ziele der deutſchen Forſt— 
wirtſchaft 267. 


— 


Schwarzburg Sonders— 


Vi 


Oſterreich, Briefe aus: 212, 213. 


Oſterreichiſches Reichsforſtgeſetz 230. 
Oſtfront, Forſtwirtſchaftliches von der 216. 


Preußen, Briefe aus: 22, 26, 54, 73, 106, 113, 140, 144, 166, 
169, 200, 202, 234, 237, 270, 273. 


Preußiſche Forſtverwaltung 73, 113, 140, 169, 234, 270. 
Preußiſches Fiſchereigeſetz 22, 26. 


Rebhühner und Faſanengelege 231. 
Rieſenthals Jagdlexikon 198. 
Rumäniſches Forſtweſen 120. 


Sortimentsverhaltniſſe der Fichte, Weißtanne und Buche 14. 
Stallhaſen- und Ziegen-Nutzzucht 231. , 

Studienreiſe der Hochſchule für Bodenkultur 198. 
Syſtematik der Forſtwiſſenſchaft 85. 


Taliperren, Fiſcherei 154. 

Tharandter Forſtakademie 229. 
Tierleben, Novellen 105. 

Tötung eines fliehenden Wilddiebs 280. 


Unfallverſicherung im Forſtbetriebe 280. 


Vereinfachung und Einſparung in der Badiſchen Forſt- und 
Domänenverwaltung 42, 54, 77, 79, 147, 206. 

Verhalten der Holzarten zum Waſſer 227. 

Nerwaltungsreform in Preußen 54, 106, 273. 

Volksernährung im Kriege, Mitwirkung der Forſtwirtſchaft 
dazu 48. 

Vorleſungen, ſorſtliche, an den Hochſchulen 83, 215. 


Waldfeldban zur Gewinnung von Nahrungsmitteln 137. 
Waldheil-⸗Kalender 21. 

Waldſamenernteberichte 84, 251, 252. 

Walnußbäume, abſterbend 217. 

v. Wang, Miniſterialrat u. Profeſſor r 180. 
Weiſerprozent des Ertragswaldes im Jahresbetrieb 19. 
Wettſtreit der Stämme im gleichaltrigen Beſtand 253. 
Wildverſorgung großer Stadte 28. 

Wilde und Hund-LNalender 22. 


Druck von Paul Schettlers Erben, G. m. b. H., Hofbuchdruckerei in Cöthen⸗Anh. 


Hllgemeine 


Fort: und Iagd-Jeitung. 


Januar 1917. 


deswegen nicht bearbeitet werden können, gleichen aus- 


Vom franzöſiſchen Mittelwald. 
Bon Privatdozent Dr. G. Baader, Hauptmann d. L. 


Die nachſtehenden Ausführungen beziehen fih auf 
das Waldgebiet nordöſtlich von Verdun, das durch 
die Verbindungslinien der 4 Orte Etain —Gondrecourt 
— Spincourt — Azannes umgrenzt wird. In einer 
Höhenlage zwiſchen 210 bis 260 m erhebt ſich hier 
ein Hügelland, deſſen ſanſte Wellen von Oſt nach Weſt 
ih immer mehr abflachen und die nach Südweſten in 
die Wosvre: Ebene auslaufen, aus der unvermittelt und 
ſchroff die Cote Lorraine, der natürliche Wall der 
Feſtung anſteigt. 


I. Die Eigenart der Beſtockung und die Wirtſchafts⸗ 
form der Waldungen wird beſtimmt durch die Boden⸗ 
verhältniſſe. Der Boden wird gebildet von einem 
ſchweren Lehm, der in größerer oder geringerer Tiefe 
eine wafferundurdlajfige Schicht von plaſtiſchem, blau: 
grauem Ton führt, der ſich fettig anfühlt. Die Ton⸗ 
ſcicht wird meit ſchon bei 0,6 bis 1,0 m Tiefe ge: 
funden und iſt von ungewöhnlicher Mächtigkeit. Bei 
dem Verſuch, einen Brunnen zu graben, war ſie in 
6 m Tiefe noch nicht durchſtoßen. Das Grundgeſtein 
if ein der Juraformation angehöriger Kalk, dem etwas 
Sand beigemengt iſt und der vielfach in verbröckelten 
Platten zu Tage tritt. Charakteriſtiſch find die vielen 
verſumpften Partien die ſich faſt in allen Tieflagen 
finden und zahlreich auftretende, flach tellerförmige 
Einſenkungen — auch auf den Höhen —, die mit 
Grundwaffer angefüllt find (f. Bild Nr. 1). Einige 
größere Teiche und Seen tragen zur Belebung des 
Landſchaftabildes bei. 


Im Winter und bei Regenwetter erſchweren der 
geringe Fall des Geländes und die Tonſchicht den Ab⸗ 
fluß des Waſſers; die obere Lehmſchicht ift dann voll- 
geſogen wie ein Schwamm. Bei Trockenheit hingegen 
tritt {on nach kürzeſter Zeit Waſſerarmut ein, weil 
die Kapillarkraft die Oberſchicht raſch auspumpt, ſo 
daß tieſe Riſſe das dürre Land durchziehen. Die un⸗ 
beftellten Felder, die zum großen Teil nun fon faſt 
2 1 L der Feuerzone der Artillerie liegen und 


gebrannten Schlacken. 


Ein Boden, der zeitlich und örtlich in ſeinem 
Waſſergehalt derart kraſſe Gegenſätze aufweiſt, iſt zum 
Kahlſchlagbetrieb offenbar ſchlecht geeignet. Der künſt⸗ 
lichen Wiederbeſtockung, ſei es Saat, ſei es Pflanzung, 
würden große Schwierigkeiten ſich entgegenſtellen, da 
auf freier Fläche im Uebermaß von Näße oder bei 
vollkommener Trockenheit die jugendliche Pflanze ver⸗ 
kümmerte. Eine nachhaltige Wirtſchaft iſt m. E. unter 
den gegebenen Verhältniſſen, und ich möchte dies nad- 
drücklich betonen, nur möglich bei einer Betriebsform, 
die auf dauernden Bodenſchutz Ridfidt nimmt. 


Wenn man hierüber klar iſt, dann wird man im 
Mittelwald, der hier ausſchließlich herrſchenden Be⸗ 
triebsart, nur ein natürliches Ergebnis der Standorts⸗ 
verhältniſſe erblicken, und der franzöſiſche Forſtmann 
hat ſomit guten Grund, dieſe Wirtſchaftsform zu er⸗ 
halten und zu pflegen. Mit weitſchauenden Plänen 
der Landesverteidigung hat dagegen das Daſein des 
Mittelwaldes gewiß nichts zu tun und Behauptungen 
dieſer Art, die dazu etwas post festum kommen, ge⸗ 
hören in das Gebiet der Legende. 


II. Die herrſchenden Holzarten auf der rund 
10 000 ha umfaſſenden Waldfläche find Stieleiche 
und Hainbuche, beide vortrefflich für den Boden 
paſſend und waldbaulich ſich ergänzend. Als unftand- 
ortsgemäß muß die Traubeneiche bezeichnet werden, 
die man ſtellenweiſe findet. Andere Hölzer ſind nach 
Zahl und Art reichlich vertreten. Obenan ſtehen Saal⸗ 
weide und Aſpe, ſehr häufig ſieht man auch Feldahorn 
und Linde, weniger oft die Birke. Geradezu eine 
Seltenheit iſt die Rotbuche, und die wenigen Eſchen, 
die der Boden trägt, ſind meiſt krummſchaſtig oder 
gegabelt. Die Erle fehlt offenbar ganz und die An⸗ 
bauverſuche mit Nadelholz beſchränken ſich auf ſehr 
kleine Flächen. Die älteften vorhandenen Fichten, 
Kiefern und Stroben find etwa 35 jährig. Erwähnt 
man endlich noch die Elsbeere, die Mehlbeere und den 
wilden Birnbaum, dann dürfte die Aufführung voll⸗ 
ſtändig ſein. 

1 


III. Wenn das äußere Bild des hieſigen Mittel- 
waldes trotz dieſes Holzartenreichtums einen eintönigen 
Eindruck macht, dann liegt das daran, daß alle Bei⸗ 
hölzer fidh faſt ausſchließlich im Unterholz finden. Nur 
gelegentlich rettet fih ein Stämmchen hiervon aus der 
zudringlichen Geſellſchaft der Hainbuchen⸗Stockſchläge 
in die Klaſſe des Oberholzes hinüber. Der Wirt⸗ 
ſchafter vollzieht dieſes Rettungswerk ſicher nicht, denn 
eine Beſtandspflege im Jungholz wird anſcheinend 
überhaupt nicht geübt. In dieſer Vernachlaͤſſigung 
der heranwachſenden Dickungen während der erſten 30 
bis 40 Jahre dürfte die Haupturſache für die wald⸗ 
baulichen Mängel zu erblicken ſein, die vielen Beſtän⸗ 
den anhaften und auf die ich fpdter noch zu ſprechen 
komme. | 

Die Tätigkeit des Wirtſchafters beſchränkt fih fo: 
mit im weſentlichen auf den Ernteakt. In 25- bis 
40 jährigem Turnus wird die Hainbuche auf den Stock 
geſetzt, während von der Stieleiche, die allein den 
Oberſtand bildet, ſo viel entnommen wird, als der 
Vorrat gerade erlaubt. Von einer beſtimmten Um⸗ 
triebszeit und Klaſſenzahl des Oberholzes läßt ſich 
nicht reden. Man trifft Beſtände, in denen der Kern⸗ 
wuchs mit zwei Altersſtufen vertreten iſt, und andere, 
die mit 5 bis 6 Klaſſen ausgeſtattet ſind, ſo daß die 


Charakter. Einen in jeder Hinficht normal aufge 
bauten Beſtand trifft man kaum. 

IV. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß die beſonderen 
Lebensbediungen des Mittelwaldes auch im äußeren 
Aufbau des Einzelſtammes und deſſen Wuchsleiſtungen 
ſich geltend machen. Das Längen wachstum der 
Stieleiche ift ſchon frühzeitig, etwa mit dem 80.—90. 
Jahr abgeſchloſſen. Je nach dem Standort bewegt 
ſich die Mittelhöhe zwiſchen 25 und 22 m; nur in 
einem Fall (Bild Nr. 2) habe ich bei 170 jährigen 
Eichen eine Höhe von 26 m und einen durchſchnitt— 
lichen Holzgehalt von 9 fm feſtgeſtellt. Der große 
Durchſchnitt aller Beſtände ift etwa 18—20 m hoch 

Die Krone ift im Oberholz überall vorzüglich 
ausgebildet und nimmt etwa / der geſamten Baum: 
länge in Anſpruch, während der Reſt auf den meiſt 
tadellos gereinigten, aſtfreien Schaft entfällt (Bild 
Nr. 3). Im Gegenſatz zu dem ſtark herabgeminderten 
Längenwuchs zeigt das Stärke wachstum einen ge 
ſteigerten Verlauſ. Die nachſtehenden Angaben ſollen 
dafür einen Beleg bilden. Wiſſenſchaftliche Genau: 
keit können und wollen fie natürlich nicht beanspruchen, 
da die Zahl der Meſſungen, die ihnen zugrunde lint, 
eine beſchränkte ift. Immerhin erfüllen fie den Zmd, 


das Bild ſchärfer zu zeichnen als es lange Außsfüh⸗ 


Abtriebsalter zwiſchen 90 und 220 Jahren ſchwanken. | rungen vermöchten. 


Im einen Fall ähnelt das Waldbild einem ſtark ver⸗ 


lichteten und unterbauten gleichaltrigen Eichenwald, im 
letzteren hat der Beſtand einen mehr plenterwaldartigen 


3 mare 


81,0 34,9 


eine Stärke 
von etwa om: 5 9 15 20,6 24,9 


Den Verlauf des Maſſen wachstums kann man 
auf Grund dieſer Unterlagen nicht feſtſtellen. Hierzu 
wären ſchon Stammanalyſen notwendig, deren Vor⸗ 
nahme mir aber nicht möglich war. Zu welch er⸗ 
ſtaunlichen Mafjenerträgen der ununterbrochene Licht⸗ 
ſtand den einzelnen Baum u. U. befähigt, dafür einige 
Beiſpiele. 

Eine 220 jährige Eiche ergab bei ihrer Fällung 
5,74 fm bei 13 m Länge und 75 em Mittendurch⸗ 
meſſer. Auf einer ausgeſprochen naſſen Partie fand 
ich auf einer Fläche von 900 qm 6 Stück 170 jährige 
Stieleichen mit einem Bruſthöhendurchmeſſer von 0,8 
bis 1.10 m. Da die Mittelhöhe 26 m beträgt, ent⸗ 
fällt auf den einzelnen Baum ein Geſamtgehalt von 
rund 9 fm. 120 jꝗährige Eichen von 3—4 fm Geſamt⸗ 
gehalt ſind keine Seltenheit. 


36,0 


Bei Beſtänden der am meiſten vertretenen Stand: | 
ortsklaſſe (18—20 m Höhe) ergab fih bei der Shel: 
eiche in Bruſthöhe ohne Rinde: 


im Alter von Jahren: | 


20 | 80 | 40 | 50 | 60 70 80 90 100 | 110 | 120 180 | 149 150 160 | 17 


88,0 | 40,0 | 44,6 | 48,6 52,6 56 | 60,4 | 642 


V. Wenn trotz dieſer blendenden Einzeleiftunge 
die Geſamtvorräte an Oberholz auf der Flächeneinhel 
oft nicht befriedigen, dann liegt dies an der geringen 
Stammzahl. In Anbetracht der außerordentlich 
ſchwankenden Zuſammenſetzung des Oberholzes, ſowohl 
nach Klaſſenzahl, Alter und Stammzahl der einzelnen 
Klaſſen, ijt es ſchwer, beftimmte Angaben zu machen 
Weite Flächen, deren Unterholz nur mit wenigen 
Stämmen durchſetzt ift, wechſeln mit lichter, räumliß 
und voller beſtockten Oertlichkeiten. Läßt man die 
Laßreitel außer Acht, weil die Brufthöhenftärke der 
meiſten unter 14 em liegt, dann dürfte die Ve 
ſtockungsdichte, wie fie fih am häufigſten findet, einen 
Standraum von 6—12 m Quabdratfeite entipredet 
Das find pro Hektar etwa 70—250 Stämme von 2, 
3 oder mehr Altersſtufen. Eine ſchwaͤchere Beſtockung 


kommt öfter vor, eine ſtärkere felten. Die Holzmaſſen, 


die ſich hieraus ableiten, ſchwauken zwiſchen wenigen 
Feſtmetern bis zu etwa 220 fm; Vorräte von 100 — 
150 fm auf den Flaͤcheninhalt bilden die Regel (Bild 
Rr. 4 und 5). 

Anſchließend noch einige Worte über das Unter⸗ 
holz. Je nach Abtriebsalter und Standortögüte er: 
reichen die Hainbuchenſtockſchläge eine Höhe ron 5 bis 
10 m. Die Ausſchläge ſtehen neſterweiſe zuſammen, 
auf einem Stocke oft bis zu 50 Stück fingerſtarke bis 
armdicke Loden und bilden vielfach ein undurchdring⸗ 
liches Hindernis. Der Schluß iſt nur dort unbefrie⸗ 
digend, wo die Stöcke überalt find und ihre Ausſchlag⸗ 
fähigkeit verloren haben. Nach der Schätzung eines 
in meiner Kompagnie ſtehenden Forſtaufſehers, der in 
einem Mittelwaldrevier angeſtellt iſt, dürften die Ab⸗ 
triebserträge des Unterholzes zwiſchen 40 — 70 fm 
ſchwanken. 

VI. Eine erſchöpfende Würdigung der Vorzüge 
und Nachteile des hieſigen Mittelwaldes in waldbau⸗ 
licher und ökonomiſcher Hinſicht it mir nicht möglich. 
Da mir weder Ziele noch Aufwand und Erfolg der 
Wirtſchaft im einzelnen Fall bekannt ſind, muß ich 
mich darauf beſchränken, mein Urteil auf den wirklichen 
Befund im Walde zu begründen. Den Haupt vor⸗ 
zug erblicke ich in der dauernden Bedeckung des Bodens, 
deſſen zu Extremen neigende Eigenſchaften dadurch auf⸗ 
gehoben werden. Eine gleichmäßige Feuchtigkeit ſchafft 
für die Naturverjüngung die günſtigſten Bedingungen. 
Und da die Stieleiche des Mittelwaldes dank einer 
geſunden Kronenentwicklung und dauernden Licht⸗ 
genuſſes ein vorzüglicher Fruchtträger iſt, kann man 
in der Tat auf allen Schlagflächen einen Eichenauf⸗ 
ſchlag feſtſtellen, deſten Fülle erſtaunlich iſt. Rechnet 
man hierzu die völlige Unabhängigkeit der Wirtſchaft 
von den Feſſeln einer beſtimmten räumlichen Ordnung, 
die Sicherheit gegen Wind und Froſt, die geriuge Ge⸗ 
fährdung durch Schädlinge, insbeſondere durch den 
Engerling, ſo ſind dies alles Vorzüge, die für den 
Mittelwald ſprechen und die der um ſo höher ſchätzt, 
der weiß, daß gerade der ſchlagweiſe Hochwald in den 
angedeuteten Punkten ſeine ſchwächſten Stellen zu offen⸗ 
baren pflegt. 

Bei der ſtatiſchen Beurteilung ſind es namentlich 
zwei Umſtände, die einen günſtigen Einfluß ausüben. 
Einmal das Fehlen von Kulturkoſten und dann der 
hohe Stärke⸗ und Qualitätszuwachs im Oberholz, der 
früher und kräftiger ' einſetzt als im gleichaltrigen Hod): 
wald. Da ferner die Abfuhr der Hölzer unmittelbar 
von der Schlagfläche erfolgt, werden Rückerlöhne er⸗ 

ſpart und hohe Wegbaukoſten überflüſſig. Allerdings 
kann dieſe Sparſamkeit u. U. höchſt unangebracht ſein. 

Dieſen BorzügenN\ftehen aber gerade auf ſtatiſchem 


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— — — —— 4 -—W0ö 
—— . A õͤ—— — 
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— 


Gebiet beträchtliche Nachteile gegenüber. Der jähr⸗ 
liche Maſſenertrag im Oberholz beträgt nach vorſich⸗ 
tiger Schätzung im günſtigſten Fall 3 fm pro Hektar, 
vielfach wird er bis auf 1 fm herabſinken. Hiervon 
hat aber nur das Stammholz, deffen Anteil auf hdd- 
ſtens 60% zu veranſchlagen ift, einen hohen Wert. 
Das ſperrige Aſtholz der Krone ergibt dagegen ein 
minderwertiges Brennholz und der Erlös aus dem 
Reiſig des Unterholzes (1 -2 fm pro Jahr und Hektar) 
iſt wahrſcheinlich noch geringer. Das finanzielle Ge⸗ 
ſamtergebnis dürfte ſomit ein recht dürftiges ſein und 
weit hinter den Erträgen des gleichaltrigen Waldes 
zurückbleiben. 

Die weiteren Mängel fallen mehr dem Wirtſchafter 
als der Waldform zur Laſt. Wie ſchon unter Punkt 
II und IV geſagt wurde, zeigt zwar das Unterholz 
eine reichliche Beimiſchung anderer Holzarten, nach 
deren Verbleib man jedoch im Oberholz vergeblich 
ſuchen wird. Dem vorwüchfigen und gedrängt ſtehen⸗ 
den Hainbuchen⸗Stockſchlag erliegen aber nicht nur die 
Beihölzer, ſondern auch der reichlich vorhandene Eichen⸗ 
aufwuchs geht vielfach ganz oder größtenteils zugrunde. 
Eine Beſtandspflege, die ſich mit der Freiſtellung von 
Edelhölzern und der Sicherung der nötigen Eichen⸗ 
kernwüchſe befaßt, gibt es eben nicht. Mit Sicherheit 
läßt ſich dies in älterm, über 35 jährigem Unterholz 
feſtſtellen, wo Dürrholz und faulende Stämmchen in 
wirrem Durcheinander umherliegen und ein Bild der 
Verwahrloſung abgeben. Die üblen Folgen zeigen 
ſich in mehrfacher Beziehung. Um die Nachhaltigkeit 
nicht zu gefährden, wird der Wirtſchafter ſowohl beim 
Mangel wie beim völligen Fehlen an Laßreiteln ge⸗ 
nötigt ſein, mit dem vorhandenen Oberholz hauszu⸗ 
halten und den Hiebsſatz einzuſchränken. Hieraus er⸗ 
gibt ſich ein Hinausſchieben der Nutzungsalter und bei 
mehrmaliger Wiederholung eine teilweiſe Ueberalterung 
der Kernwuchsklaſſen. Die Hainbudenftdde verlieren 
ihre Ausſchlagfähigkeit und da auch zu wenig Hain⸗ 
buchenſamenbäume vorhanden find, verſchwindet das 
Unterholz auf ſolchen Oertlichkeiten vollſtändig. Boden⸗ 
verhärtung und Unkraut tun dann das übrige, um 
eine Neubegründung überhaupt zu erſchweren. 

VII. Die Forſteinrichtung ſtützt ſich in der Haupt: 
fahe wohl auf die Fläche. Ob eine Aufnahme der 
geſamten Oberholzmaſſe hierbei erfolgt, entzieht ſich 
meiner Kenntnis. Sicher iſt, daß dies mit dem Stark⸗ 
holz, d. h. den in Bruſthöhe über 50 em ſtarken 
Stämmen geſchieht, da dieſe in den einzelnen Abtei⸗ 
lungen fortlaufend durchnummeriert ſind. Ueber die 
Höhe des Hiebsſatzes habe ich bereits geſprochen. Die 
Hiebe ſelbſt erſtrecken ſich wie im Niederwald auf weite 
Flächen von 30, 40, ja ſelbſt 50 ha. Das Wege⸗ und 
Schneißennetz iſt dünn, die Abteilung infolgedeſſen groß 

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bis zu 100 und mehr Hektar. Die Wege ſelbſt find 
meit in troſtloſem Zuſtand. Eine Folge des unge- 
heuren Kolonnenverkehrs, der ſich der Deckung wegen 
vorzüglich in den Wäldern abſpielt. Befeſtigte Wege find 
ſelten und dienen dann zugleich der Verbindung von 
Ort zu Ort. 

VIII. Die Bedeutung des Waldes im Kriege, über 
die in dieſen Tagen manches geſagt und geſchrieben 
wurde, äußert ſich in mehrfacher Hinſicht. Es iſt zu 
unterſcheiden: 

1) Der Wald als Kampfgelände, 

2) der Wald als Deckung gegen feindliche Sicht 
(Flieger!), = 

8) der Wald als Lieferant unerſetzlicher Mitte 
zur Kriegführung. 

In dieſer Aufſtelluug hat eigentlich nur der letzte 
Punkt Intereſſe für den Forſtmann. Eine Beſprechung 
der Bedeutung des Waldes als Kampfgelände 
kann ich mir deswegen erſparen, außerdem iſt dieſe in 
der militärwiſſenſchaftlichen Literatur längft durch be- 
rufene Feder erfolgt. Auch eine Erörterung über den 
zweiten Punkt, die Bedeutung des Waldes als Deckung 
gegen feindliche Sicht, gehört im Grunde ge⸗ 
nommen nicht in dieſe Zeitſchrift. Der Umſtand je⸗ 
doch, daß es ſich hierbei um eine zum erſtenmal im 
jetzigen Kriege angewandte, grundfägliche Ausnutzung 
der Eigenſchaften des Waldes handelt, rechtfertigt viel⸗ 
leicht einige Worte. 

Die bis zur Vollkommenheit gediehene Entwicklung 
des Flugweſens, ſowohl als Erkundungsmittel wie als 
Angriffswaffe, verlangt eine viel größere Geheimhaltung 
aller Truppenbewegungen als in früherer Zeit. Die 
Partei, die unter ſonſt gleichen Umſtänden am beſten 
das Geheimnis wahrt, hat die höchſten Sieges möglich⸗ 
keiten. Dieſe Erkenntnis iſt heute in der Armee durch⸗ 
gedrungen bis zum letzten Musketier. So iſt der Wald 
der treue Freund des Soldaten geworden, denn ſein 
Kronendach bietet Schutz vor dem Auge des Feindes. 
Hier ſtehen die Batterien ſchwerſter Rieſengeſchütze, im 
Wipfel hachragender Eichen ſind Beobachtungsſtellen, 
ein Netz von Drähten vermittelt die Verbindung der 
einzelnen Kommandoſtäbe, auf den Schienen der Feld⸗ 
bahnen rollen Tag und Nacht die Wagen mit Men⸗ 
ſchen und Material, und in den Waldlagern ſammeln 
die ruhenden Truppen neue Krafte für ihren ſchweren 
Dienſt. 

Der Wald ſchützt treu das Geheimnis der Armee! 

Eingehendere Behandlung verlangt die dritte und 
letzte Frage, die Bedeutung des Waldes als Lie⸗ 
ferant unerſetzlicher Mittel zur Krieg: 
führung. Zwang und finderiſcher Sinn des Ein⸗ 
zelnen geben dem Holz aller Stärken eine geſteigerte 
Verwendungsmöglichkeit, mit der Hand in Hand ein 


Maſſenverbrauch geht, der mit der Länge des Krieges 
ins ungemeſſene wächſt. Den Geſamtverbranch an 
Holz heute ſchon feſtzuſtellen oder auch nur ſchätzungs⸗ 
weile zu beſtimmen, ift ein völlig ausfichtsloſes Ve: 
ginnen. Dazu fehlen jede Unterlagen. Ich muß mich 
daher darauf beſchränken, ein Bild verkleinerten Maß⸗ 
ſtabes zu zeichnen. Wem die Multiplikation der an⸗ 
gegebenen Zahlen Vergnügen macht, mag dies immer⸗ 
hin tun. 

Einen Einblick vermittelt ein Gang durch ein 
Truppenlager. Der Weg führt ab von der großen 
Straße. Ein ſchmaler, etwa 1 m breiter Pfad nimmt 
uns auf und führt ins Waldinnere. Er iſt ſauber 
belegt mit einem Roſt aus Reiſig oder geſpaltenen 
Stangen und an den Seiten eingefaßt von einem 
Holzgeländer. Ein labyrinthiſches Gewirr ſolcher 
Straßen durchzieht den ganzen Wald. Die Herſtellung 
von 100 lfd. m Holzroſt erfordert 3 - 4 fm Reifg. 
Zu beiden Seiten der Pfade liegen die Unkerkunſts⸗ 
räume. Von der einfachſten Hütte aus Brettern und 
Dachpappe bis zum maſſiven Blockhaus find hier all 
Formen vertreten, je nach der Zeit und dem Geſchmack, 
die den Erbauern zur Verfügung ſtanden. Die Wände 
find meiſt aus horizontal aufeinander liegenden Cider: 
ſtämmen aufgeführt, die dem Feind zugewandte Cette 
ift durch 2—3 Stammlagen und einen kräftigen Er: 
anſatz verſtärkt. Der ganze Bau iſt 1—2 m in die 
Erde eingelaſſen, der Fußboden zum Schutze gegen das 
Grundwaſſer mit einem Holzroſt belegt. Bei Regen⸗ 
wetter müſſen Handpumpen die Trockenhaltung be: 
ſorgen. Die Stärke des Daches iſt von der Gefähr⸗ 
dung durch die feindliche Artillerie abhängig. Vier 


kreuzweis verlaufende Schichten Eichenſtammholz und 


eine Erddeckung von 1—2 m bieten gegen die Mehr 
zahl der Geſchoſſe einen ausreichenden Schutz. Bei 
einem Wohnunterſtand dieſer Art für 20 Mann habe 
36 fm eingebautes Eichenſtammholz gemeſſen, das bei 
einem Mittendurchmeſſer von 25—40 em pro Feſt⸗ 
meter mit etwa Mk. 30.—, im ganzen mit wenig 
ſtens Mk. 1000.— zu bewerten ift (Bild Nr. 4), 
Eine Verſchalung mit Eſchenborke und ſchmucke Leiften 
aus Birkenreiſig längs der Dachränder und am Giebel 
verleihen mitunter dem Ganzen ein gefälliges Aus 
ſehen. 

Auch die Unterſtände der Schützengräben find weiter 
nichts als bombenſichere Wohnräume, bei denen aber 
der Oberbau verſchwindet. Um die Gefahr des Ber: 
ſchüttens herabzumindern, erhält jeder Unterſtand tun: 
lichſt zwei Ausgänge. Die ganze Anlage beſteht bann 
aus 2 fteil nad) unten verlaufenden Stollen, die M 
einem fpigen Winkel zu einander ſtehen und die auf 
der Sohle durch einen Quergang, den eigentlichen 
Unterſtand, miteinander verbunden ſind. Die Stollen 


und der Quergang find aufs kräſtigſte mit Stämmen 
geſtützt, die Wände entweder mit Rundholz, Spaltholz 
oder ſtarken Bohlen bekleidet. In den Stollen ſind 
Stufen eingehauen, die mit Holz geſüttert ſind. Da 
faſt jeder Unterſtand vom anderen abweicht, ift es nicht 
moglich. Durchſchnittszahlen für den Holzverbrauch zu 
geben. In einem Unterſtand für 8 Mann, der 6 m 
tief liegt und der nur mit Rund⸗ und Spaltholz aus⸗ 
gebaut iſt, habe ich beiſpielsweiſe rund 10 fm feſtge⸗ 
ſtellt. Andere wieder enthalten mehr, andere dagegen 
kaum die Hälfte. Den Höchſtverbrauch dürften aber 
die bergmänniſch angelegten Stollen und Gallerien 
für Minenſprengungen, ferner die ſogenannten Bereit 
ſchafts⸗Stollen und endlich die Unterſtände in den 
Ortsunterkünften aufweiſen. 50 und mehr km find 
in einzelnen Fällen nicht ausreichend. Mit dieſen 
bomben ſicheren Räumen dürfen nicht die ſplitter⸗ 
ſicheren Unterſtände verwechſelt werden, bei denen eine 
ſchwache Erddecke über 3 bis 4 zollſtarken Brettern 
den ganzen Schutz darſtellt. | 

Der Ausbau der Gräben ift jedoch mit der Anlage 
der Unterſtände nicht beendet. Wo die Standfeſtigkeit 
der Grabenböſchungen ungenügend it und die Wände 
einrutſchen, hat ihre Verſteifung durch ein Flechtwerk 
von Reiſig zu erfolgen, deſſen feſtes Gerippe von 
Pfählen gebildet wird, die von m zu m in den Graben⸗ 
boden getrieben ſind. Wenn Zeit und Umſtände es 
erlauben, wird noch die Grabenſohle mit einem Holz⸗ 
toft ausgelegt. 

Beträchtliche Holzmengen verlangt ferner der Bau 
von Zeltgerüſten für Pferdeſtälle und die Anlage 
trockener Lagerplätze für Material und Munition in 
einer Ausdehnung von vielen ha. 

Die Verwendungsmöglichkeiten des Holzes beim 
Wege⸗ Brücken⸗ und Bahnbau find jedem Forſtmann 
geläufig. Ich kann daher auf nähere Ausführungen 
verzichten und mich auf die Mitteilung einer Art Wege⸗ 
verbeſſerung beſchränken, die ich hier kennen lernte und 
die vielleicht dem einen oder anderen Fachgenoſſen 
u. U. nachahmenswert erſcheint. 

Eine völlig verſumpfte Wegſtrecke wurde zunächſt 
in der Längsrichtung mit 4 Reihen Eiſenbahnſchwellen 
ausgelegt, die Längsreihen alsdann mit Ouerſchwellen, 
die breite Seite nach oben, dicht zugedeckt. Zwei 
Schwellenlängen bildeten die Wegbreite. Es entſtand 
ſo eine Fahrſtraße, die bei ſtärkſtem Verkehr ſchwer⸗ 
beladener Fuhrwerke ſich vorzüglich bewährt. Als 
„fliegendes Baumaterial“ könnte ich mir auch in der 
Jorftwirtſchaft eine gleiche Verwendung alter Schwellen 
bei der Räumung abgelegener Schläge denken, wohin 


der Bau feſter Wege bei einmaliger Benutzung unren⸗ 
tabel wäre. 


Hier wären noch die Maskierungsanlagen zu er⸗ 


wähnen, d. ſ. wandartige Kuliſſen von etwa 4 m 


Höhe aus belaubtem Reifig oder Schilf, die längs der 
offenen Wegſtrecken und Bahnlinien aufgeſtellt find, 
um den Verkehr der feindlichen Beobachtung zu ent⸗ 
ziehen. Auch das Verblenden von Daͤchern, Mu⸗ 
nitionslagern, Fuhrwerken, Beobachtungsſtellen uſw. 
mit friſchem Reiſig zwingt fortdauerd zu ſtarken Cin: 
griffen in das Unterholz. 

Wie viel Holz geht ferner nicht als Rauch auf aus den 
ungezählten Kochſtellen? Sehr ſparſam brennen die 
fahrbaren Feldküchen. Mit 1 rm Scheit oder Knüppel 
reicht eine Feldküche 7—8 Tage. Feſtſtehende Koch⸗ 
einrichtungen verlangen mindeſtens das Doppelte an 
Brennmaterial. Unkontrollierbar nach Zahl wie nach 
Verbrauch find die vielen Feuerſtellen in den einzelnen 
Quartieren und Unterſtänden. 

Genug der Beiſpiele, deren Reihe verlängert werden 
könnte. Und jetzt richte man einen Blick auf das 
Ganze! 

Sagen wir rund 10000 km Schützengraben — 
wie viel Unterſtände mögen fie bergen? Wie viel km 
Feldbahn ſind gebaut im Rücken einer Front von 
2000 km, wie viel iſt in 2 langen Jahren zerſtört, 
erſetzt und wieder zerſtört worden? 

Die Fragen allein genügen, um uns die Gewißheit 
zu geben, daß der Krieg gewaltige Holzmengen ver⸗ 
ſchlingt, die hoch in die Millionen fm gehen und daß 
auch an den Wald unerhörte Anforderungen geſtellt 
werden, die den Opfern entſprechen, die von den Völkern 
verlangt werden. 

IX. Nach dieſen allgemeinen Feſtſtellungen komme 
ich auf mein eigentliches Thema zurück, auf die Be⸗ 
deutung des Mittelwaldes im Kriege. 

Wenn ich nicht irre, iſt es Wappes geweſen, der in 
der Silva zum Ausdruck brachte, daß der deutſche Forſt⸗ 
mann nach dem Kriege vielleicht genötigt fet, aus 
Gründen der Landesverteidigung ſich mehr als bisher 
mit dem Mittelwald zu beſchäftigen.) Wappes be: 
tonte dabei die beſondere Eignung dieſer Waldform, 
hier einen zähen Widerſtand zu organiſieren. Dies 
iſt, wie der Krieg lehrt, richtig. Doch muß m. E. bei 
ſolchen Zukunftsplänen mit Sicherheit mit einer weiteren 
Vervollkommnung der Angriffsmittel, insbeſondere der 
Artillerie ſchwerſten Kalibers gerechnet werden, ſo daß 
es in einem Zukunftskriege auf die Waldform über⸗ 
haupt nicht mehr ankommt. Dagegen wird der In⸗ 
fanleriſt noch mehr wie jetzt genötigt fein, Schutz in 
der Tiefe der Erde zu ſuchen. Noch mehr Holzmengen 
werden verbraucht werden und die Frage, die angeſichts 


1) Sollte ich mit der Anführung des Autors und der Zeit⸗ 
ſchriſt irren, — in der Sache ſelbſt irre ich mich nicht — dann 
bilte ich das Verſehen nicht ſchwer zu nehmen. Die Mitnahme 
von Leſeſtoff ins Feld iſt leider nur beſchränkt möglich. 


dieſer Entwicklung allein entſcheidet, lautet: iſt der 
Mittelwald überhaupt im Stande mit ſeinen geringen 
Vorräten ſolche Holzmaſſen zu liefern? Nach den Er⸗ 
fahrungen im jetzigen Kriege iſt dieſe Frage aber keines⸗ 
wegs mit Sicherheit zu bejahen und die großen Nach⸗ 
ſchübe an Holz, insbeſondere an Schnittware, aus der 
Heimat beweiſen eher das Gegenteil. 

Die Einführung des Mittelwaldbetriebes im Grenz: 
gebiet oder im Bereich unſerer Feſtungen iſt m. E. 
deswegen abzulehnen. Der Landesverteidigung wegen 
haben wir nicht nötig, unſeren waldbaulichen Idealen 
eine andere Richtung zu geben als ſeither. Wir er⸗ 
füllen unſere Pflicht, wenn wir nach dieſen Grundfagen 
weiter arbeiten und der Zukunft möglihft hohe Holz⸗ 
vorräte zur Verfügung ſtellen. 

Die Beſchädigungen durch Artilleriefeuer in dem 
Waldgebiet, von dem hier die Rede iſt, ſind erſtaun⸗ 
lich gering, trotzdem es ſeit September 1914 unmittel⸗ 
bar hinter der Front und im Bereich der gegner iſchen 
Artillerie lag und zum größten Teile heute noch liegt. 
Am häufigſten find Kronen: und Scaftverlegungen, 
hie und da hat eine ſchwere Granate auch das Unter⸗ 
holz auf kreisförmigen Flächen von etwa 10 m Durg: 
meſſer herausgeſchleudert. (Bild Nr. 7 ſtellt einen 
Volltreffer dar.) Aber Zerſtörungen, die bis zur 
völligen und faſt ſpurloſen Vernichtung ganzer 
Waldungen gehen,!) wie man fie jet auf der Cote 
Lorraine fieht, gibt es hier nicht. 

Trotzdem wird es der Arbeit vieler Jahrzehnte be⸗ 
dürfen, bis der hieſige Mittelwald ſeine alten Erträge 
wieder abwirft. Die Bedürfniſſe für eine zweijährige 
Kriegführung verlangten eben gebieteriſch Eingriffe, die 
vielfach bis an die Grenzen des Möglichen gingen. 

X. Die Forſtbenutzung im Operationsgebiet kennt 
keine Rückſichten waldpfleglicher Natur, ſie kennt nur 
militaͤriſche⸗ Erwaͤgungen. Der Stamm wird in 
0,8—1,0 m Höhe über dem Boden abgeſägt, die 
Krone wird abgeſchnitten und bleibt ungenutzt liegen. 
Selbſt als Brennholz wird ſie nur ausnahmsweiſe ver⸗ 
wertet. Der Transport und die Zerkleinerung wären 
viel zu zeitraubend. Der ſtehen bleibende untere Schaft: 
teil kann u. U. bei der Anlage eines Drahthinderniſſes 
verwandt werden. 

Um den Bedarf an Holzkohle zur Feuerung in 
den Schützengraben zu decken, hat wohl jede Diviſion 
einen eignen Köhlertrupp arbeiten. Verkohlt wird nur 


1) In der Schrift: „Die Champagne⸗Herbſtſchlacht, be: 
arbeitei und herausgegeben vom Armee⸗ Oberkommando 8“ ift 
auf S. 31 über die Artilleriewirkung zu leſen: „Bäume wurden 
entwurzelt. Ganze Waldſtücke verſchwanden vom Boden. 
Einige kahle Stümpfe zeigten bald nur noch die Stellen an, 
wo ſich früher die für die Champagne fo charakteriſtiſchen 
Rieferngehdlge erſtreckt hatten.“ 


—— . ee —2u- ]Æ öU]—2k ee eee :e — 


Eiche. Die Meiler haben 30 bis 45 rm, der Robt: 
prozeß dauert je nach der Größe des Meilers 3—4 
Wochen. Schnitthölzer liefert das Divifionsſägewerk. 
Leider konnte ich über die Leiſtungsfähigkeit dieſer Ein- 
richtung nichts in Erfahrung bringen. 

XI. Ich bin am Schluſſe meiner Ausführungen 
angelangt. In den freien Stunden, die der Dienſt 
mir ließ, habe ich mich bemüht, einen Einblick in den 
hieſigen Mittelwald zu gewinnen. Der erſte Eindruck 
der Eintönigkeit wird bei tieferem Eindringen bald 
verwiſcht. Auch der Mittelwald hat ſeine Reize und 
enthält Bilder von großer waldbaulicher und land: 
ſchaftlicher Schönheit. Einem regſamen und zielbe⸗ 


wußten Wirtſchafter erwachſen hier dankbare und 


intereſſante Aufgaben. 

Was ich geſehen, iſt in den vorſtehenden kurzen 
Skizzen feſtgehalten, und was mir durch das Bort 
nicht gelungen iſt, vermitteln vielleicht die beigegebenen 
photographiſchen Aufnahmen. Ihre Betrachtung er: 
weckt wohl eine beſondere Teilnahme, find es doch 
Bilder von den Orten, wo unſere braven Truppen 
gekämpft und wo vicle unſerer Brüder ihre lezte 
Ruheſtätte gefunden haben. 

Mitte Juli 1916. 


Aachtrag. 


Zu meinen vorflehenden Ausführungen über fran⸗ 
zöſiſchen Mittelwald kann ich einen weiteren Heinen 


Beitrag liefern. Durch Vermittelung eines Kameraden. 
der Ortskommandant von Gondrecourt ift, habe ih 
Kenntnis erlangt von einer Waldkarte aus dem Jahre 


1773 über den Gemeindewald von Aix. Dieſer Wald 
liegt in der Südoſtecke des von mir beſchriebenen Wal: 
gebietes. Die Art der Waldeinteilung iſt aus der 
photographiſchen Wiedergabe der Karte (Bild Nr. 8 
und aus dem beigeſchriebenen Text, den ich wortgelrey 
anführe, erſichtlich. 

Carte topografique 
d'un Canton de bois 
appart. & la Communau- 

té d' Aix Contenant 
864 *.) suivant l'ar- 
pentage du S" Bagard 
Arpenteur de la Mai- 
trise de Briey et Divisé 
en consequence d'un ar- 
rest du Conseil en trente 
couppes par moi sous- 


Topographiſche Karte 
eines Waldbdzirks der Ge 
meinde Aix. Nach einer 
Vermeſſung des Hern 
Bagard, Landmeſſer der 
Forſtinſpektion von Ort) 
iſt der Wald 864 Morgen 
groß und auf Grund eine 

Staatsbeſchluſſes durch 
mich den unterzeichneten 
Oberlandmeſſer in der ge 

1) arpent = altfranzöſiſches Flächenmaß, 2100-3000 a 
groß, entſpricht etwa dem deutſchen Morgen. 


—— c 


signé Rearpenteur en la 
D° Maitrise deduction 
faitte du quart en Re- 
serve de 216%P. Les 
Douzes Premieres Coup- 
pes Contiennent vingt 
un arpens chaq une, la 
treizieme, la quatorzie- 
me, la quinzieme, la sei- 
zieme, la Dix-septieme, 
la Dix-huitieme et la 
Dix - neuvieme vingt 

deux arpens, la vingtie- 
me vingt quatre arpens, 
la viugt uniemc vingt 
deux arpens. la vingt 
deuxieme vingt un, la 
vingt troizieme, la vingt 
quatrieme, la vingt cin- 
quieme, la vingt sixieme 
et la vingt septieme 
chaq une vingt deux ar- 
pens, la vingt huitieme 
et la vingt neuvieme 
vingt un arpens, la tren- 
tieme et Derniere vingt 
arpens, ce qui fait sui- 
vant la Division un to- 
tal 861 *¹. Mesure de 
Lorraine, fait sur les 
Lieux et achevé a long 
le quatre fevrier mil sept 
cent soixante et treize. 


nannten Forſtinſpektion in 
30 Schläge eingeteilt, nach⸗ 
dem ein Viertel der Flaͤche, 
216 Morgen als Reſerve 
ausgeſchieden wurde. 

Die 12 erſten Schläge 
enthalten je 21 Morgen, 
der 13., 14., 15., 16., 17., 
18. und 19. Schlag je 22 
Morgen, der 20. hält 24 
Morgen, der 21. 22 Mor⸗ 
gen, der 22. hält 21 Mor⸗ 
gen, der 22. halt 21 Mor⸗ 
gen, der 23., 24., 25., 26 
und 27. Schlag jeder 22 
Morgen, der 28. und 29. 
je 21 Morgen, der 30. 
und letzte Schlag 20 Mor⸗ 
gen. Dieſe Verteilung er⸗ 
gibt im ganzen 861 Mor⸗ 
gen lothringiſches Maß. 
Aufgenommen an Ort und 
Stelle und beendet am 4. 
Februar 1773. 


Zur Erläuterung darf nachgetragen werden, daß 
die Waldungen im alten Lothringen bis zum Jahre 
1760 entweder einer regelloſen Plenterwirtſchaft oder 
einer niederwaldartigen Bewirtſchaftung unterworfen 


waren. 
betrieb eingeführt; 


Später wurde der ſchlagweiſe Mittelwald⸗ 
für den Gemeindewald von Aix 


erfolgte dieſe Neuordnung im Jahre 1773 und zwar 


gemäß eines „arrest du Conseil“. 


Ob damit der 


Gemeinderat oder der Rat der Forſtverwaltung von 
Briey oder eine andere Körperſchaft gemeint iſt, geht 


aus dem Text nicht hervor. 


Sehr groß erſcheint für heutige Anſchauungen die 
Reſervefläche, die nicht ſchlagweiſe, ſondern im Plenter: 


betrieb bewirtſchaftet wurde. 


Die in meinem Auſſatz 


erwähnten plenterwaldartigen Waldbilder find ſomit 
zum Teil Ergebniffe. zielbewußter Wirtſchaft. 


Zum Schluſſe füge ich noch an, daß die für den 
genannten Gemeindewald im Jahre 1773 feſtgelegte 


Wirtſchaftsform im Jahre 1860 unverändert für die 
Folge übernommen wurde und heute noch in Kraft iſt. 
Im Felde, Ende Oktober 1916. . 
Dr. Baader. 


Ber Krammetsvogelfang im Bohnenftiege. 
Von Geh. Regierungsrat Eberts in Gaffel, 

Bis zum Jahre 1908 durften die Krammetsvögel 
im Dohnenſtiege gefangen werden, ſodann wurde der 
Fang mit Schlingen durch das Vogelſchutzgeſetz vom 
30. Mai 1908 (§ 2 b) verboten. Dieſes Fangverbot 
hat feiner Zeit mit Recht vielſeitigen Widerſpruch er⸗ 
fahren. Einzig und allein ausſchlaggebend waren die 
übertriebenen Schilderuugen der Qualen, welche ein 
in der Schlinge gefangener Vogel zu erdulden haben 
ſollte, bevor er verendete. l 

Seitdem it nun die Stimmung in weiten Kreiſen 
eine andere geworden, die Hoffnungen, die man an 
dieſes Verbot des Fanges der Krammetvögel mit 
Schlingen knüpfte, haben ſich nicht erfüllt und der 
Krieg verlangt eine Nutzbarmachung aller für die 
Volksernähruug nur irgendwie in Betracht kommenden 
Nahrungsmittel. 

Hierdurch veranlaßt hat — wie die „Deutſche 
Forſtzeitung“ in Nr. 31, Bd. 31 mitteilt — ein Reichs⸗ 
tagsabgeordneter bereits im Jahre 1915 einen Antrag 
im Reichstage eingebracht: 

„Während der Dauer des Krieges in der Zeit 
vom 2. September bis 31. Dezember den Krammets⸗ 
vogelfang im Dohnenſtiege mittels feſthängender Dohnen 
zu geſtatten und für die Dauer der Zulaſſung dieſes 
Fanges die Krammetsvögel (Droſſeln) für nicht jagd⸗ 
bare Tiere zu erkennen.“ 

Zu dieſem Antrage iſt folgendes zu bemerken: 

Mit der Geſtattung des Krammetsvogelfanges im 


Dohnenſtiege für die Dauer des Krieges wird 


nichts erreicht. Die Herſtellung eines lohnenden 
Dohnenſtieges erfordert viel und zeitraubende Arbeit. 
Es muß zunächſt der Dohnen ſtieg im Walde her⸗ 
gerichtet, es müſſen ſodann tauſende von Dohnen und 
noch viel mehr Schlingen angefertigt und in die 
Dohnen eingefügt werden. Allein die Beſchaffung 
von Pferdehaaren für Letztere würde gegenwärtig kaum 
möglich ſein. Der Freigabe des Vogelfanges im Sinne 
des obigen Antrages können wir daher nicht das 
Wort reden, dagegen dürfte es fich empfehlen, nachdem 
ſeit Einführung des Fangverbotes in Schlingen 8 Jahre 
verfloſſen ſind, auf Grund der inzwiſchen geſammelten 
Erfahrungen in Erwägung zu ziehen, ob es nicht an⸗ 
gezeigt wäre, das Krammetsvogelfangverbot wieder ganz 
zu beſeitigen. 

Die Gründe, die i. J. 1908 für das Verbot des 


Dohnenſtieges ins Feld geführt wurden, waren fol- 
gende: 

1. Durch den Fang der Krammetsvögel im Dohnen⸗ 
ſtiege ſollte eine merkliche Abnahme derſelben ein⸗ 
getreten ſein; 

2. durch die Einführung des Fangverbotes in Deutſch⸗ 
land würden ſich wohl auch die anderen Staaten, 
beſonders die Italiener, veranlaßt fühlen, in ähn⸗ 
licher Weiſe die Krammetsvdgel zu ſchützen; 

3. der Fang der Vögel in Schlingen ſei eine Tier⸗ 
quälerei, die nicht geduldet werden dürfe; 

4. die Krammetsvögel ſeien nur ein Leckerbiſſen für 
die vermögenden Leute, die Maffe der Bevölke⸗ 
rung habe nichts von denſelben; 

5. es würden im Dohnenſtiege außer den ſehr nip: 
lichen Droſſeln auch eine Menge nützlicher Klein⸗ 
vögel gefangen. 

Sehen wir uns nun dieſe Gründe näher an, dann 
erweiſen fie fih meiſt als Scheingründe, die der aus- 
reichenden Begründung entbehren. 

Was zunähft die behauptete Abnahme der 
Vögel anbelangt, ſo iſt dieſelbe ebenſowenig erwieſen, 
wie eine Zunahme derſelben, die doch ſeit 1908 hätte 
beſtimmt erwartet werden müſſen, ſofern der Vogel⸗ 
fang in Deutſchland einen merklichen Einfluß auf den 
Beſtand der Vögel ausüben würde. Den Hauptein⸗ 
fluß übt in dieſer Richtung aber nicht der Fang in 
Deutſchland, ſondern der in den Nachbarländern, vor 
allem in Italien, aus. Wie hier von Jedermann, 
Groß und Klein, Hoch und Niedrig den Vögeln nach⸗ 
geſtellt wird, iſt allbekannt. Je mehr der Krammets⸗ 
vogel in Deutſchland geſchont wird, um fo mehr Vögel 
werden dort erbeutet. Die Italiener find niemals ge⸗ 
neigt geweſen, auf den Vogelfang. den ſie mit Schlingen, 
Netzen, Schießgewehren uſw. ausüben, zu verzichten, 
find es aber nach Einführung des deutſchen Vogel⸗ 
ſchutzgeſetzes vom Jahre 1908 noch weniger wie früher, 


denn der Ertrag aus dem Vogelfange iſt infolge unſerer 


Schonung für ſie ein erheblich größerer geworden. 
Keine Regierung würde es dort wagen, ein Vogel⸗ 
ſchutzgeſetz einzuführen, welches dem Volke dieſen Sport 
des Vogelfangens und Schießens verbieten wollte. Wir 
ſchonen alſo nur für andere und entziehen hierdurch dem 
Lande einen recht anſehnlichen Gewinn. 

Nach der amtlichen Statiſtik über den Wildabſchuß 
uſw. in Preußen vom 1. April 1885 bis 31. März 
1886 wurden in Preußen allein während dieſer 
Zeit 1 295 702 Droſſeln gefangen. Rechnet man, daß 
der Vogel im allgemeinen nur mit 25 Pfg. bezahlt 


nahme geht feit 1908 dem Vaterlande nicht nur ver: 
loren, ſondern, da der Krammetsvogel immer noch ein 
ſehr beliebter Leckerbiſſen iſt, gehen viele tauſende zum 
Ankaufe von uns geſchonter im Auslande gefangener 
Vögel in das Ausland. Wir erleiden alſo einen 
doppelten Verluſt und bezahlen außerdem dem Aus: 
lande den Krammetsvogel, der bei uns gefangen mit 
25 —30 Pfennigen verkauft wurde, noch mit dem dop: 
pelten Preife! | 

Die infolge unſerer Schonung in Ausſicht ge⸗ 
felte Zunahme der Krammetsvögel iſt infolge bes 
Maſſenfanges derſelben in unſeren Nachbarländern 
ebenſowenig eingetreten, wie ehedem eine Abnahme dor 
Einführung des Fangverbots. Selbſt Regierungsrat 
Prof. Dr. Rörig, Mitglied der biologiſchen Ab⸗ 
teilung für Land- und Forſtwirtſchaft, ein Fürsprecher 
des Dohnenſtiegverbots, hat zugegeben, daß die de 
hauptung eines Rückganges im Beſtand der heimiſchen 
Droſſeln nicht aufrecht erhalten werden könne. Zum 
gleichen Ergebnis kommt die Vogelfangſtatiſtik von 
Geheimen Re'gierungs⸗ u. Forſtrat Eberts 
aus der Oberförſterei Gemünd in der Eifel, einem an 
der Haupt⸗Vogelzugſtraße gelegenen Forſtreviere. Mud 
Forſtmeiſter Beling⸗Seeſen und Prof. Dr. 
Altum⸗ Eberswalde u. a find auf Grund ge - 
nauer Beobachtungen und Aufzeichnungen zu der 
Ueberzeugung gekommen, daß trotz des Fanges im 
Dohnenſtiege die Krammetsvögel alljährlich immer 
wieder in gleicher Zahl bei uns durchwandern. Hierzu 
kommt, daß die Gefahren, die den Vögeln durch Raub: ` 
zeug uſw. drohen, infolge der Verminderung der Fide. 
Marder, Raubvögel uſw. von Jahr zu Jahr ver 
ringert werden. 


Als im Jahre 1904 das neue Wildſchutzgeſez für 


— — — — — 


| Preußen beraten wurde, fpielte der Mrammetsvogel: 
| fang ebenfalls eine Hauptrolle. 


Der Regierung: 
Kommiſſar erklärte bei dieſer Gelegenheit, der Kram: 
metsvogelfang fei von großer volkswirtſchaftlicher Be 
deutung. Ein Abnehmen der Krammetsvdgel wire - 
trotz des großen Fanges nicht nachweisbar. 


Es iſt jedenfalls ebenſowenig eine Abnahme der 
Krammetsvögel durch den Fang im Dohnenftiege wie 
eine Zunahme infolge des eingeführten Fangverbotz 
feit dem Jahre 1908 erwieſen. Wenn Freihert 
von Berlepſch eine Abnahme der Krammetsvögel 
behauptet, fo ift er den Beweis dafür bis jetzt ſchuldig 
geblieben. 

Der zweite Grund, der für das SFangverbot in 


— — — — y — 


— nn 


wurde — oft wurden 30 und mehr Pfennig bezahlt Deutſchland angeführt wurde, daß hierdurch auch an 
— fo ſtellen dieſe einen Wert von über 300 000 Mk. dere Staaten veranlaßt würden, dieſem Beiſpiele a 
dar. Der Wert der in ganz Deutſchland gefangenen folgen, iſt durch die Tatſache in ausreichender Beil 


4 


Vögel überſtieg ſicher eine Million Mark. Dieſe Çin- widerlegt, daß auch nicht ein einziger Staat daran 


gedacht hat und daran denkt, irgend etwas in dieſer 
Richtung zu tun. 

Auch die behauptete Tierquälerei kann als 
Grund für das Fangverbot in Schlingen nicht aufrecht 
erhalten werden. 

Der Abgeordn te Dr Varenhorſt hat im Reichs⸗ 
tage die Abgeordneten durch Vorzeigung einiger 
Schlingen und eine grarſige Schilderung der Qualen, 
welche ein darin gefangener Vogel erdulden müſſe, 
zum Gruſeln gebracht. Es gelang ihm dies, weil 
die meiſten ſeiner Zuhörer den Fang im Dohnenſtiege 
aus eigener Anſchauung nicht kennen. Mit demſelben 
Erfolge könnte er die Schilderung einer Treibjagd 
oder einer Hühnerjagd und ihre Folgen benutzen, um 
ein Verbot des Erlegens von Wild mit dem Schieß⸗ 
gewehr zu begründen. Jede Jagd iſt grauſam, aber 
am grauſamſten die Jagd mit der Schrotflinte. Dieſe 
ift jedenfalls mit viel größerer Quälerei für die Tiere 
verbunden, wie der Fang des Vogels in der Schlinge. 
Wie viele Tiere werden auf der Jagd mit der Flinte 
angeſchoſſen, die erſt nach langem Leiden und Sieg⸗ 
tum eingehen und verkommen! Dies iſt beim Dohnen⸗ 
ſtiege ausgeſchloſſen. Die regelrecht gefangenen Vögel 
verenden ſofort, die ausnahmsweiſe am Ständer oder 
Flügel gefangenen werden nach ganz kurzer Zeit vom 
Vogelfänger gefunden und getötet. Verludern, wie ſo 
vieles andere Wild, tut kein Krammetsvogel; jeder in 
die Schlinge gegangene Vogel wird auch genutzt! Durch 
Verbote des Anbringens von Bodenſchlingen würde 
außerdem dem Fange mit dem Ständer uſw. wirkſam 
entgegengearbeitet. i 

Hören wir, was ber befannte Parlamentarier, ber 
Abgeordnete Dr. Windthorſt bei den Verhand⸗ 
lungen über das Vogelſchutzgeſetz im Jahre 1888 ge⸗ 
ſagt hat. Er ſagte wörtlich Folgendes: 

„Ich werde für inhuman gehalten, weil ich den 
Krammetsvogel gegen die böſen Bogelfteller nicht 
ſchützen will. Ich bin jedoch der Meinung, daß die 
Sache mit der Humanität an ſich nichts zu tun hat, 
glaube vielmehr, wir ſollten im Uebermaß der Sorge 
für die Tierwelt nicht die Menſchen vergeſſen, für 
welche die Schöpfung die Tiere gemacht hat. Man 
treibt, glaube ich, dieſe und ähnliche Fragen jetzt et⸗ 
was auf die Spitze, und das iſt namentlich bei den 
Vögeln der Fall. Es hat ſich, wie bei allen Gelegen⸗ 
heiten, da wir uns über Vogelſchutz unterhalten haben, 
hauptſächlich nur um den Krammetsvogel gehandelt, 
ſo daß, wenn dieſer nicht in Frage käme, das Geſetz 
längft fertig fein würde. Ob nun durch dieſes Geſetz, 
ob durch die Verhandlungen, welche auf Grund deſſen 
international geführt werden ſollen, wirklich der Zweck 
erreicht wird, das iſt mir ſehr zweifelhaft, weil ich da⸗ 
für or daß die Ausführung des Geſetzes die Haupt⸗ 

17 


jade ift und ſchwer Kontrollen und Garantien dafür 
geſchaffen werden konnen, daß wirklich das Geſetz or- 
dentlich ausgeführt wird. Es wurde mit Recht darauf 
hingewieſen, daß der Verkehr mit der Vogelwelt wirk⸗ 
lich volkstümlich iſt, ganz in den Sitten und Gewohn⸗ 
heiten des Volkes wurzelt. Solche Sitten und Ge⸗ 
wohnheiten entwickeln fih hiſtoriſch und man kann fie 
durch pofitive Geſetze ſchwer beſeitigen oder aͤndern, 
und ſelbſt, wenn Sie mit allerlei Strafen und Dro⸗ 
hungen vorgehen wollten, ſo würde die Sitte des 
Volkes ſich dagegenſtemmen. Wenn ich mir nun denke, 
es folte dieſer Maſſenmord der Krammetsvbgel geſetz⸗ 
lich verboten werden, ſo würde ein ſolches Verbot, 
wenn es auch vertragsmäßig z. B. mit Italien ver⸗ 
einbart wäre, ſchwerlich dort durchgeführt werden 
können, weil nach meiner Ueberzeugung der Krammets⸗ 
vogelfang in Oberitalien in der Bevölkerung ſo ein⸗ 
gewurzelt iſt, daß das Geſetz in gleicher Weiſe unbe⸗ 
achtet bleiben und übertreten werden würde. Nun iſt 
bereits hervorgehoben, daß ein Geſetz, welches in Ita⸗ 
lien zum Schutz der Vogel infolge eines Ueberein⸗ 
kommens mit dem deutſchen Reiche erlaſſen würde, 
dennoch nur einen zweifelhaften Erfolg haben dürfte, 
weil der Krammetsvogelfang auch in Frankreich, in 
Belgien und in Holland in Uebung iſt. Die Folge 
würde alfo fein, daß die Krammetsvögel, wenn fie 
unbehelligt unſere Gegenden verlaſſen haben, auf der 
einen oder anderen Seite unferes Landes gefangen 
werden. Es handelt ſich alſo in der Tat darum, ob 
wir dieſen Braten uns entziehen laſſen wollen, damit 
ihn andere Volker effen. Ich mache gar kein Hehl 
daraus, daß ich außerordentlich gern einen Krammets⸗ 
vogel eſſe, wenn er gut zubereitet iſt. Ich würde ja 
wahrſcheinlich fo viel Krammetsvögel, als ich über» 
haupt noch in meinem Leben nötig haben möchte, auch 
nach Erlaß des, Geſetzes noch bekommen, aber das iſt 
es nicht, was wir in den Vordergrund ſtellen dürfen. 
Wir können nicht fagen, es handelt fih hier bloß um 
einen Braten für die Reichen, nein, es handelt ſich 
um große Schichten der Bevölkerung. In bezug auf 
die Krammetsvögel erzielen die kleinen Beute 
dadurch einen beſonderen Gewinn, wie ich 
aus meinem Wahlkreiſe bezeugen kann, daß eine ganze 
Reihe von Leuten eine erhebliche Summe ſich alljähr⸗ 
lich aus dem Fangen und Verkaufen der Krammets⸗ 
vögel verſchafft. Weiter halte ich in der Tat die Be⸗ 
hauptung, daß bei dem Krammetsvogel⸗ 
fang eine Tierquälerei vorliege, für eine 
Sentimalität, die ich gar nicht begreife. 
Ich habe die Schlingen nicht allein ſelbſt gemacht, ſie 
ſelbſt aufgehängt, ich habe auch die Vögel darin ſich 
fangen ſehen. Ich bin in der Frühe in den Wald 
gegangen, um zu ſehen, was ich etwa ernten könnte. 
f , 2 


Ich kenne alſo die Sache ex fundamento, und da 
kann ich nur fagen, daß die Krammetsvögel 
ſehr bald durch die Schlinge vom Leben 
zum Tode befördert werden. Daß allerdings 
auch einmal ein Krammetsvogel am Bein gefaßt 
wird, das gebe ich zu. Ich habe felbſt auch wohl 
einzelne in dieſer Situation in meinen Dohnen ge- 
funden, dann habe ich ſie mitgenommen und ſie lange 
gepflegt. Ich hatte meine Freude daran. Aber das 
ſind immer einzelne Fälle und Sie werden finden, daß 
überall in der Natur, in der Tierwelt, ſoweit ſolche 
von Gott den Menſchen als Nahrung gegeben iſt, der⸗ 
artige Fälle vorkommen. Alsdann gleich von Tier⸗ 
quälerei zu ſprechen, wird wohl ſchwerlich angehen, 
denn dann würden wir auf das Gebiet des Schlachtens 
uſw. kommen, auf dem meiner Meinung nach viel 
mehr Tierquälerei ftattfindet, wie dies irgendwie beim 
Vogelfang der Fall iſt.“ 

In ähnlicher Weiſe bezeichnete der Abgeordnete 
Freiherr von Wolff⸗ Metternich es im Jahre 
1908 im Reichstage als eine Sentimentalität, wenn 
beim Vogelfang im Dohnenſtiege von Tierquälerei ge⸗ 
ſprochen würde. 

Er ſagte am 10. Januar 1900 im Reichstage in 
dieſer Beziehung folgendes: 

„Ich möchte nun noch mit wenigen Worten einige 
Bedenken erwähnen, die gegen den Fang des Krammets⸗ 
vogels zur Sprache kamen. Es wurde zunächſt darauf 
hingewieſen, daß der Fang im Dohnenſtiege eine be⸗ 
fondere Grauſamkeit fet. Ich bin der Meinung, daß 
vielfach in dieſer Hinſicht eine übertriebene Sentimen⸗ 
talität Platz gegriffen hat. Das große Publikum 
wird durch Zeitungsartikel, welche nicht immer aus 
ſachverſtändiger Feder ſtammen, irregeführt. Ich glaube, 
mit der Grauſamkeit iſt es wirklich ſo ſchlimm nicht. 
Mag es hier und da vorkommen, daß ſich ein Kram⸗ 
metsvogel, wenn die Schlingen ſchlecht aufgeſtellt ſind, 
mit dem Ständer oder den Flügeln fängt, das ſind 
aber immer nur einzelne Fälle. Wir haben ja auch 
behördliche Vorſchriften, wodurch das Aufſtellen der 
Schlingen immer ſo geſchehen muß, daß Granſam⸗ 
keiten vermieden werden. Der gewöhnliche Fall ift 
der, daß der Vogel ſich mit dem Kopſe fängt und 
dann bald verendet. Der Tod des Erhaͤngens iſt 
keineswegs immer als ein beſonders qualvoller zu be⸗ 
zeichnen. Ich erinnere daran, daß man in England 
die Hühner in der Weiſe ſchlachtet, daß man ſie mit 
der Schlinge erſtickt. Der Fang der Krammetsvögel 
gehört zur Ausübung der Jagd, und es iſt zweifellos, 
daß es auf der Jagd hier und da, wenn man es ſo nennen 
will, ohne Grauſamkeiten nicht abgeht. Das iſt auch 
beim beſten Willen nicht zu umgehen. Aber die 
kommen auch anderwärts vor. Ich erinnere z. B. an 


10 


das Schlachten der Schweine, wie es vielfach üblich 
ift. Man denke ferner an das Nudeln der Ginie 
oder an das Schlachten des Aals. Alſo die unver: 
vermeidlichen Grauſamkeiten, wie ſie zuweilen vor⸗ 
kommen beim Fangen der Krammetsvögel, kann ich 
in dem Maße, wie fie gewöhnlich dargeſtellt werden, 
nicht gelten laſſen.“ 

Ferner verweiſen wir auf einen trefflichen Artikel 
der „Deutſchen Jägerzeitung“. Bd. 50 Nr. 51 u. 52, 
wo es heißt: 

„Nicht waidgerecht fol der Dohnenſtieg fein, fo 
ſagt man. Waidgerecht nennt man diejenigen Jagt: 
arten, welche geeignet find, das zu tötende Wild mig: 
lichſt ſicher in die Hand des Jägers zu bringen und 
es ſo ſchnell wie möglich vom Leben zum Tode zu be⸗ 
fördern. Könnte es zur Erlangung einer Beute wie 
des Krammetsvogels eine beſſere Art geben als ben 
Schlingenfang, welcher dieſen Zweck erfüllt? Das 
gruſelnerregende Bild, welches dem mit der Fangart 
weniger Vertrauten künſtlich dadurch beigebracht wird, 
daß man die Sache ſo darſtellt, als ob nun der größte 
Teil der ſich fangenden Vögel erſt nach langen Qualen 
verendete, oder gar, daß die meiſten von ihnen ſich an 
den Ständern in den Schlingen fangen und- ftunde: 
lann hilflos zappeln müſſen, kann für jeden, der dit 
Sache aus eigener Anſchauung kennt und ohne Bor 
eingenommenheit urteilt, nicht verfangen. Es kommt 
ja freilich unter 100 Fällen vielleicht 4 — 5 mal vor, 
daß ſich Vögel nicht mit dem Halſe, ſondern mit den 
Ständern fangen, fie gelangen dann aber doch mil - 
Sicherheit in den Beſitz des Jägers. Sie werden ge: 
nutzt und gehen nicht verloren, während beim Schießen 
das Wild nicht ſelten angeſchoſſen wird, dem Jäger 
verloren geht und oft erſt nach Tagen und Wochen 
qualvollen Daſeins verendet. Man führt aus, die 
waidgerechten Jäger wollen doch auch nicht, daß Halen 
und Rehe mit Schlingen gefangen werden. Weshalb 
ſollte dies nun gerade beim Krammetsvogel zuläffg 
ſein? Hierauf iſt zu erwiedern, daß es zur Erlegung 
von Hafen und Rehen andere beſſere Jagdarten gibt, 
und daß ferner das an der Erde lebende Haarwilb, 
wenn es ſich hängt, ſtets einen Stützpunkt findet, der 
das Zuziehen der Schlinge verzögert oder gar dem 
Wilde die Möglichkeit gibt, die Schlinge abzuſtreifen 


‚und mit ihr die Freiheit zu erlangen, nicht ohne daß 


ſie die Haut durchſchneidet und ſchmerzhaſte, meiſt zum 
Eingehen führende Entzündungen hervorruft, dem se 
plagten Wilde alſo ein grauſames, oft erſt nach Wochen 
eintretendes Ende bereitet. Auch iſt dem im Ver⸗ 
borgenen mit der Schlinge geräuſchlos jagenden Frevler 
weit ſchwerer beizukommen. Daß in dieſer Hinſicht 
beim Krammetsvogel ganz andere Verhältniſſe beſtehen, 
liegt auf der Hand. Alfo von einer beſonderen Grat: 


ſamkeit im Dohnenſtiege gegenüber anderen Jagdarten 
kann abſolut keine Rede ſein. Dieſer Vorwurf iſt hin⸗ 
\ällig!“ . 

Von allen Jagdarten ift der Vogelfang im Dohnen⸗ 
ſtiege mit den wenigſten Quälereien verbunden. Mit 
Recht ift von dem Reichstageabgeordneten Feld⸗ 
mann darauf hingewieſen worden, daß die meiſten 
mit der Kugel verletzten Stücke Wild nicht ſofort zur 
Strecke gelangen, ſondern erſt nach Stunden, Tagen, 
ja Wochen. Bei der Beratung des preußiſchen Wild⸗ 
ſchadengeſetzes wollten mehrere Abgeordnete eine Be⸗ 
ſtimmung einführen, wonach es erlaubt ſein ſollte, 
krankes, kümmerndes oder angeſchoſſenes Wild, welches 
doch dem Tode ver“ allen fei, auch während der Schon⸗ 
zeit zu erlegen, um dieſes ſo von ſeinen Qualen zu 
erlöſen. Im Intereſſe der Jagdpolizei und um ein 
mißbräuchliches Anwenden dieſer Beſtimmung zu ver⸗ 
hüten, wurde der Antrag abgelehnt. Todkrankes und 
tödlich verletztes Wild darf der fühlende Jäger, ohne 
ſich der Gefahr einer Beſtrafung auszuſetzen, alſo nicht 
erlegen, den Vogelfang hat man aber verboten, weil 
es zuweilen vorkommt, daß ein Vogel infolge ſchlechten 
Fanges in der Schlinge nicht ſofort verendet! 

Auf Haſentreibjagden iſt man im allgemeinen mit 
dem Ergebnis wohl zufrieden, wenn auf drei Schüſſe 
eine Kreatur zur Strecke gebracht wird. Daß alle 
abgegebenen Schüſſe immer auf die zur Strecke kom⸗ 
menden Stücke abgegeben werden, iſt ausgeſchloſſen, 


es werden vielmehr außer den geſtreckten noch andere 


Stücke angeſchoſſen, die oft erſt nach langem Siechtum 
qualvoll und elendiglich zugrunde gehen. Alles dies 
iſt beim Vogelfang ausgeſchloſſen. Jeder gefangene 
Vogel kommt zur Strecke, und zwar ſehr bald ohne 
lange Qualen, ohne langes Siechtum. 

Was würden die Herren Reichstagsabgeordneten 
wohl geſagt haben, wenn ihnen ſtatt der Schlingen, 
die Herr Dr. Varenhorſt — der vom Saulus 
zum Paulus gewordene Vogelfänger, der ſogar nicht 
einmal mehr Krammetsvögel ißt, weil er den Bogel- 
fang für unwaidmänniſch hält — um die Abgeord⸗ 
neten gruſelig zu machen, vorgezeigt hat, einmal die 
verſchiedenen Angeln gezeigt würden, mit denen der 
Fiſcher ſeine Fiſche fängt und bei dieſer Gelegenheit 
geſchildert würde, was für ſchreckliche Folterwerkzeuge 
dieſe Angeln find! Wie urteilt Herr Dr. Varenhorſt 
denn über die Beſtimmung des Fichereigeſetzes, daß 
alle, gefangenen Fiſche, welche das geſetzliche Mindeſt⸗ 
maß nicht haben, wieder in das Waſſer eingeſetzt 
werden müſſen? Der Angler iſt leider nicht in der 
Lage, ſeinen Fang auf die geſetzlich vorgeſchriebenen 
Maße zu beſchränken, er fängt, was anbeißt. Die 
mindermaßigen Fiſche muß er von der Angel loslöſen 
und dem Waſſer wieder übergeben. Welch' elendes 


11 


Schickſal ſteht ſolch armen, oft tötlich verletzten Fiſchen 
bevor, bis ſie durch den Tod von ihren Qualen erlöſt 
werden. Bei den Hühnerjagden wird auf ein hoch⸗ 
gehendes Volk mit dünnem Schrot geſchoſſen und 
während ein oder zwei fallen, wird noch das eine oder 
andere krank geſchoſſen, um dann elend zugrund zu 
gehen. Hühner mit abgeſchoſſenem Schnabel, mit zer⸗ 
ſchoſſenem Ständer uſw. müſſen verhungern, wenn 
nicht das Raubzeug ſich ihrer erbarmt und ſie ſchon 
vorher erlöſt, Deshalb wird es aber keinem Menſchen 
einfallen, die Jagd mit der Flinte verbieten zu wollen. 
Weshalb ſoll nun aber der mit viel weniger Quälerei 
verbundene Dohnenſtieg verboten ſein? 

Weiter wird auf die Nützlichkeit der Kram⸗ 
metsvögel ſowie darauf hingewieſen, daß im 
Dohnenſtiege außer ihnen viele nützliche Klein⸗ 
vögel gefangen würden. 

Mit dem Nutzen der Krammetsvögel ift es lange 
nicht ſo weit her, wie behauptet wird. In der Haupt⸗ 
fahe find dieſelben Beeren: und Körnerfreſſer, darum 
werden fie auch mit Beeren im Dohnenſtiege gefangen. 
Ob ſie nun durch Beerenfreſſen nicht ebenſo viel oder 
gar noch mehr ſchaden, als ſie auf der anderen Seite 
vielleicht durch Verzehren von Inſekten nützen, erſcheint 
mindeſtens fraglich. Nur während der Brütezeit find 
die Krammetsvögel Inſektenfreſſer. Sie ſuchen ihre 
Inſektennahrung dann aber auch nur auf dem Boden, 
aber nicht auf den Bäumen, wo unfere Waldinſekten 
leben. Für die Landwirtſchaft kommen ſie gar nicht 
in Frage. Im Sommer fieht man die Droſſeln faſt 
immer da, wo Beeren find. Heidelbeeren und ſpäter 
Ebereſchenbeeren, auch Wachholder⸗ uſw. Beeren ſind 
ihre Hauptnahrung. Als Herr Dr. Varenhorſt noch 
zur Zunft der Vogelfaͤnger gehörte, wird er beim Aus⸗ 
löſen der Vögel aus den Schlingen wohl recht oft 
blaue Finger bekommen haben. Dies war nicht eine 
Folge des Inſekten⸗, ſondern des Heidelbeerenfraßes. 

Der Reichstagsabgeordnete Freiherr von 
Wolff⸗ Metternich beleuchtete in der Reichstags: 
figung am 10. Januar 1908 auch dieſe Frage und 
bemerkte: 

„Gegenſtand des Fanges find die Droſſelarten, 
alſo die Weindroſſel, Schwarzdroſſel, Miſtel⸗, Schnarr⸗ 
und auch die Singdroſſel. Der Nutzen der Droſſel⸗ 
arten für Wald und Feld wird meiſt überſchätzt. Viele 
glauben z. B., daß die Droſſel beſonders dadurch 
nützt, daß fie die Obſtbäume von ſchaͤdlichen Inſekten 
ſäubert. Das ift nicht der Fall. Diejenigen Vögel, 
die den Obſtbäumen beſonders nützen durch Ableſen 
der Inſelten, find hauptſächlich die Meiſen, nicht die 
Droſſelarten. Ein großer Teil, wozu insbeſondere 
der Weinvogel, der Hauptgegenftand des Fanges, ge⸗ 
hört, niſtet überhaupt nicht bei uns, ſondern beſucht 

9% 


12 


uns nur auf dem Durchzuge vom hohen Norden zum 
Süden. Bei uns beſteht die Nahrung dieſer Wein⸗ 
vogel fat nur aus Beerenfrüchten. Die bei uns brü- 
tenden Droſſeln nähren ſich während der Brutzeit 
allerdings meiſt von Inſekten, die ſie auf dem 
Waldboden aufleſen. Es find dies indeſſen 
hauptſächlich ſolche, die ziemlich indifferent ſind für 
das Wachstum der Nutzpflanzen. Ich möchte hier an 
das Feldhuhn erinnern. Das iſt eine Wildart, die 
zweifellos ganz erheblich viel nützlicher iſt für den 
Landwirt als die Krammatsvögel; aber kein Menſch 
denkt daran, die Jagd auf Feldhühner deshalb ein⸗ 
zuſtellen. Was würde man ſagen, wenn die Jagd 
auf Feldhühner beſeitigt werden ſollte, weil es ein 
nützliches Tier ift? Und nun fol die einträgliche 
Jagd auf den Krammetsvogel, deſſen Braten doch 
mindeſtens ebenſo gut iſt wie derjenige des Feldhuhns, 
aufhören! Nun wird weiter gegen das Fangen der 
Einwand erhoben, daß durch das maſſenhafte Töten 
der Vogelgeſang in unſeren Wäldern verſtummt. 
Auch dieſer Auffaſſung kann ich nicht beitreten. Ich 
gebe zu, daß gelegentlich in den Dohnen andere Vögel 
mitgefangen werden z. B. Dompfaffen. Aber der Dom⸗ 
pfaff tft doch nie und nimmer ein nützlicher Vogel. er 
iſt auch kein Singvogel, denn wenn er fingen ſoll, 
muß er erſt gefangen und ihm das Lied vorgepfiffen 
werden, ſonſt kann er nicht fingen. Ich gebe zu, daß 
einzelne Rotkehlchen dabei zu Grunde gehen; aber der 
Schaden, der Nachteil, der dadurch entſteht, entſpricht 
doch keineswegs dem Ertrage, der durch das 
Fangen der Krammetsvögel manchen we⸗ 
niger bemittelten Leuten zugute kommt. 
Der einzige Mangel, den man mit Recht hierbei er⸗ 
wähnen könnte, iſt die Singdroſſel, die beſſer nicht 
gefangen würde. Aber ich möchte den ſehen, der mir 
beweiſt, daß durch den Dohnenſtieg die Zahl der 
Singdroſſeln abgenommen hätte. Das iſt durchaus 
nicht der Fall, nur ein reichlicher Ueberſchuß wird ge⸗ 
fangen. Ueberall da, wo ihnen ihre Lebensbedingungen 
geboten find, Geftrüpp, feuchter Boden uſw., find fie 
recht reichlich immer noch bei uns zu finden; auch 
dort, wo der Krammetsvogelfang betrieben wird, iſt 
von einer Verminderung nichts zu bemerken. Das 
iſt auch ganz natürlich, wenn man bedenkt, wie weit 
die Singdroſſel verbreitet iſt; ſie iſt Brutvogel von 
Weſteuropa bis tief nach Aſien hinein, und die Ver⸗ 
mehrung ift fo ſtark, daß der geringe Prozentſatz, der 
durch den Krammetsvogelfang in Abgang kommt, 
keine Rolle ſpielt. Wenn in Preußen der Fang be⸗ 
ginnen darf, dann haben die bei uns heimiſchen 
Droſſeln ihren Durchzug bereits vollendet; was dann 
noch gefangen wird, ſind ausländiſche Vögel. Ich 
will dann noch daran erinnern, daß der Hauptgegen⸗ 


ſtand des Fanges, die Weindroſſel, überhaupt kein 


Singvogel iſt, d. h. fie kann überhaupt nicht fingen 
und beſucht uns nur auf dem Durchzuge; ihre Brut⸗ 
plätze liegen im hohen Norden. Daß die Schwarz 
droſſel, die auch mitgefangen wird, in ihrem Bor: 
kommen dadurch vermindert wird, muß ich auch beſtreiten. 
Gerade ſie gehört trotz des vielgeſchmähten Dohnen⸗ 
ſtieges zu denjenigen Vogelarten, die ſich bei uns er: 
heblich vermehrt haben, ſtellenweiſe ſogar ſo ſtark, daß 


ſie für nicht wenige Gartenbeſitzer unangenehm wird. | 


Das Fangen der Schwarzdroſſel ift alfo auch kein 
Grund, um mit dem Dohnenſtieg aufzuräumen“. 

Als i. J. 1904 das neue Wildſchongeſetz beraten 
wurde, erklärte namens der Staatsregierung ein Re: 
gierungskommiſſar folgendes: 


„Was den Nutzen der Droſſeln für die Landwirt: 


{daft anbetrifft, fo kann man kaum davon fpreden, 
denn faft ſämtliche Droſſelarten, die dem Rrammets: 
vogelfang unterliegen, leben im Walde; ſie kommen 
nur felten auf die Felder, können alfo der Landwirt⸗ 
ſchaft durch Aufleſen von Würmern uſw. keinen be: 
ſonderen Nutzen gewähren. Auch den Inſelten, bie 
ſich im Walde aufhalten, wenigſtens in unſeren Wal 
dungen, tun fie keinen erheblichen Abbruch. Die meife 
Droffelarten brüten im hohen Norden und leben dort 
während des Sommers, ſie kommen meiſt nur in ber 
Herbſtzeit zu uns und können alſo unſeren Wäldern 
keinen Nutzen bringen. Außerdem ſucht die Droflel 
bekanntlich ihre Inſektennahrung in der Regel auf 
dem Boden und nicht in den Gipfeln der Bäume, wo 
unſere ſchädlichen Waldinſekten leben“. 

Hiermit ſtimmen im weſentlichen auch meine Er: 
fahrungen überein. Die Droſſeln nehmen in der 
Hauptſache nur ſo lange Inſektennahrung, als noch 
keine Beeren vorhanden find. Sind dieſe erſt da, 
dann findet man die Droſſeln ſtets dort, wo folde 
vorhanden ſind. Durch dieſes Beerenfreſſen können 
die Vögel unter Umſtänden ſehr ſchädlich werden. 
Das Sammeln der Waldbeeren iſt für viele Gemeinden 
eine ſehr erhebliche Einnahmequelle. Für eine Ober: 
förfterei in dem Regierungsbezirk Cafſel wurde bet 
Wert der in einem Sommer geſammelten Beeren auf 
15000 Mk. und die Einnahme einer einzigen Ge 
meinde durch den Beerenverkauf auf 10 000 Mk. fet 
geſtellt. (Deutſche Forſtzeitung, Nr. 17, 1904). Für 
die Provinz Pommern hat Forſtmeiſter Heyne: 
mann die Zahl der Beerenſammler auf 1201550 Per: 
ſonen ermittelt und deren Verdienſt auf jährlich 
5 225 682 Mk. berechnet. Dieſe Erträge können be 
ſonders in beerenarmen Jahren durch die Krammets⸗ 
vögel weſentlich geſchmaͤlert werden. 


Daß die Droſſeln durch Verzehren der für, die ! 


Bodenlockerung und Bodendurchlüftung unentbehrlichen 


—U— —— a 


19 


Würmer eher ſchaden als nützen, ſowie daß das Ber: 
breiten der höchſt ſchädlichen Miſtel durch ſie nicht als 
ein Nutzen betrachtet werden kann, ſoll nur nebenbei 
bemerkt werden. l 

Gewiß werden in einem Dohnenftiege außer den 
Krammetsvögeln auch einige andere Vögel gefangen 
werden. Nach der Vogelfangſtatiſtik von Geheimrat 
Eberts find dies aber nur 3,9% des Krammets⸗ 
vogelfanges, alſo eine wirklich nicht beängſtigende Zahl. 

Der Förſter Schmidt zu Forſthaus Rudak bei 
Thorn äußerte ſich hierüber folgendermaßen in der 
Deutſchen Forſt⸗Zeitung, 1908, Nr. 8: 


„Tatſächlich fangen fic) auch zufällig einige Rot: | 


kehlchen, auch wohl mal eine Meiſe, indes dies ſind ſo 
wenig, daß ihre Zahl wirklich ſo gut als gar nicht 
in Betracht kommt. Häufiger iſt der Fang der Gimpel 
(Dompfaffen), welche die Ebereſchenbeeren, die in den 
Dohnen hängen, als Nahrung nehmen. Wer aber etwa 
weiß, welchen Schaden diefe Tiere oft in Obſtgärten 
durch das vollſtändige Ausreißen der Tragknospen 
machen, der wird ſich freuen, wenn ihre Zahl ſich ver⸗ 
tingett. Auch wird im Dohnenſtieg jo mancher 
Sperber, alſo ein großer Feind der kleinen Vögel, 
gefangen, wenn er, ſeiner Gewohnheit gemäß, unter 
den Zweigen, in dichteren Stangenhölzern' den Stieg 
entlang fliegt und ſich, um Auszuruhen und auf Beute 

zu ſpähen, in eine Dohne ſetzt. Hatte doch der Förſter 
Schmied zu Traſſenmoor auf der Inſel Uſedom i. J. 
1874 in den damaligen großen Dickungen des Schutz⸗ 
bezirks Hammelſtall in einem Herbſt etwa 30 Sp: rber 
gefangen. Alljährlich habe auch ich im Dohnenſtieg 
in Dickungen oder jungen Stangenhölzern einige Exem⸗ 
plare gefangen und ich komme auf Grund meiner Be⸗ 
obachtungen zu der beſtimmten Meinung, daß die fo 


vogelgefährlichen Sperber am meiſten durch die Dohnen 
ſtiege erlegt werden, folglich letztere durch die erheb 
liche Vertilgung dieſes ſehr ſchädlichen Raubvogels für 
unſere heimiſchen Singvögel von großem Werte ſind. 
Wie viel nützliche kleine Singvögel mag wohl ein brü⸗ 
tendes Sperperpaar in einem Sommer ſamt deren 
Brut vernichten! Gewiß hundertmal mehr, als in 
einem Dohnenſtiege zufällig und unbeabſichtigt mit⸗ 
gefangen werden! Ebenſo iſt die Zahl der im Stieg 
erbeuteten, den Bruten der Waldvögel ſo ſehr nach⸗ 
ſtellenden und auch ſonſt ſchädlichen Haber meiſt recht 
bedeutend“. ' 

Der Fang von Kleinvögeln ift bet richtiger Schlin⸗ 
genſtellung nach meiner Erfahrung faſt ausgeſchloſſen. 
Nur wenn durch Regen und Sturm die Schlingen 
ihre normale. Lage verändert d. h. ſich geſenkt haben, 
und wenn Unterſchlingen angebracht find, werden auch 
Kleinvögel gefangen. Da die Anbringung von Unter⸗ 
ſchlingen aber durch Polizeiverordnung verboten werden 
kann und in der Tat früher auch meiſt durch Polizei⸗ 
verordnung verboten war, kann von einer Gefahr, daß 
im Dohnenſtiege viele Kleinvögel gefangen werden, 
keine Rede ſein. 

Ich für meine Perſon habe immer das Verbot des 
Fanges der Krammetsvögel im Dohnenſtiege bekämpft 
und für verfehlt gehalten; auf Grund der Erfahrungen, 
die ſeit dem Jahre 1908 gemacht worden find, bin ich 
in meiner Anſicht noch immer mehr beſtärkt worden. 
Die Hoffnungen, die man an dieſes Verbot geknüpft 
hat, find ohne Ausnahme nicht eingetroffen. Wir 
ſchonen nur für unſere Nachbarſtaaten, beſonders für 
Italien, welches alles andere eher verdient, als auf 
unſere Roften begünſtigt zu werden. 


Literariſ che Berichte. 


Neues aus dem Buchhandel. 


Borgmann, Referent Prof. Dr.: Die Mitwirkg. d. deutschen 
Forstwirtschaft an d. Aufgaben d. Volksernährg. im Krie- 
ge. (S. 357-456.) 8%. S.-A. a. Tharandter forstl. Jahr- 
buch. 67. Bd. M. 1.60. Paul Parey in Berlin. 

Flöricke, Kurt, Dr.: Taſchenbuch z Vogelbeſtimmen. Prakt. 
Anleitg. z. Beſtimmg. unferer Vögel in freier Natur nach 
Stimme, Flug, Beweggn. uſw. nebſt Tabellen z. Beſtimmg. 
toter Vögel, d. Neſter u. Eier. Mit 9 farb. Doppeltaf. v. 
W. Heubach, 1 Doppeltaf. m. d. Flugbilderſchema d. Raub⸗ 
vögel u. m. vielen Textbildern v. H. Kuttner. 3. Aufl. 
(260 S.) 80. Twbd. M. 3.80. Franckh'ſche Verlagshandlung 
in Stuttgart. 

Grashey, Otto: Praktiſches Handbuch f. Jäger. Ein zuver⸗ 
laff. Nachſchlagebuch f. d. geſamte Weidwerk. 3. Aufl. 
Bearb. v. Gen.⸗Maj. z. D. V. v. Sproeſſer u. F. Berg⸗ 


miller. Mit 322 Text⸗Illuſtr. u. 48 (3. T. farb.) Taf. 
(XXIV, 527 S.) Lex.⸗8. Lwbd. 28.—; auch in 12 Lfgn. 
je 2.— E. Schweizerbart'ſche Verlagsbuchh. Nägele & Dr. 
Sproeſſer in Stuttgart. 

Jagd⸗ Abreißkalender 1917. Hrsg. v. d. deutſchen Jäger⸗ 
Zeitg. (I, 220 Bl. m. Abb.) Lex.⸗8o. M. 2.50. J. Neu 
mann in Neudamm. 

Jordan, W., weil. Prof. Dr.: Handbuch d. Vermessungs- 
kunde. Fortges. v. weil. Prof. Dr. C. Reinhertz. 3. Bd.: 
Landesvermessung u. Grundaufgaben d. Erdmessg. Mit 
zahlr. Abb. 6. erw. Aufl. Bearb. v. Prof. Dr. O. Eggerte 
(VIII, 785 u. 78 S.) gr. 8. M. 22.—; Lwbd. M. 24.— 
J. B. Metzlersche Buchhandlung, G. m. b. H., in Stutt- 
gart. 

Kreutzer, E., Forstmstr.: Hönlinger's Waldertragstheorie 
besprochen. (15 S.) gr. 8°. M. —.80. Gustav Neu- 
gebauer in Prag. 


Rieſenthal's Jagdlexikon. Nachſchlage⸗ und Handbuch für 
Jäger u. Jagdfreunde. 2., vollſt. umgearb. Aufl., hrsg. 
v. d. Schriftleitg. d. deutſchen Jäger⸗Zeitg. Mit 364 Abb. 
(VIII 636 S.) gr. 8 Lwbd. M. 15.—. J. Neumann 
in Neudamm. 

„Waldheil“. Kalender f. deutſche Forſtmänner u. Jäger auf 
d. J. 1917. Vereinskalender d. Vereins kgl. preuß. Forſt⸗ 
beamten. 29. Ig. 2 Tle. (218 u. 100 S. m. Fig. u. 1 
Karte.) kl. 8%. Lwbd. u geh. M. 2.—; ſtärkere Ausg. 
M. 2.40. J. Neumann in Neudamm. i 


Ph. Flury: Unterſuchungen über die Sortiments- 
verhältniſſe der Fichte, Weißtanne und Buche. 
Mitteilungen der ſchweizeriſchen Zentralanſtalt für 
das forſtliche Verſuchsweſen. XI. Band 2. Heft. 
Zurich 1916. 

Die Kenntnis der Maffenerträge? der Beſtände, 
wie ſie uns die Ertragstafeln geben, genügt für viele 
forſtliche Aufgaben heute nicht mehr. Ein weites Reich 
forſtlichen Gebietes der Forſteinrichtung, Wertrechnung 
und Statik verlangen eine weitgehende Erhebung der 
Werterzeugung. Um die Werte der Holzmaſſen zu 
beſtimmen, iſt es nötig, ſie in Sortimente zu zer⸗ 
legen und mit dem entſprechenden Preiſe in Beziehung 
zu bringen. Für Erhebung ider Einzelſortimente be⸗ 
ſtehen die eingehenden Unterſuchungen von Behriger, 
Dr. Hähnle und E. Gayer für Tanne, Fichte 
auf der ſog. „Heilbronner Sortierung“, von Dr. Mick⸗ 
litz und Schmied für Fichte auf die Sorten des 
böhmiſchen Bahnholzhandels aufgebaut. à 

Als eine Sortimentstafel, die zum erſtenmal für 
ganze Beſtände aufgeftellt worden ift, nennt Flury die 
Ertrags⸗ und Sortimentsunterſuchungen im Buchen⸗ 
hochwalde von E. Wimmer. 

Den Nachteil allein für das Bereich der einen be⸗ 
ſtimmten Sortierung zu gelten, den alle erwähnten 
Arbeiten gemeinſam haben, will Flury in ſeiner Arbeit 
vermeiden und eine ſolche Tafel geben, die für alle 
Verhältniſſe paſſend, bzw. leicht angleichbar iſt. 

Es iſt ein wirtſchaftlich ſchwerwiegender Nachteil, 
daß wir im Holzhandel ſo weit von einander abweichende 
Sortierungen haben. Nicht nur mit den Nachbar⸗ 
ſtaaten beſteht keine Uebereinſtimmung, ſondern inner⸗ 
halb des Deutſchen Reiches beſtehen noch grundſätzliche 
verſchiedene Sortierungsvorſchriften, die den Holzver⸗ 
kauf, den Handel und die Preisſtatiſtik ungemein mit 
unnötigen zeitraubenden Arbeiten erſchweren. Dieſe 
Tatſachen ſind ja in neueſter Zeit, als Hinderniſſe eines 
beweglichen und überſichtlichen Holzverkaufs, als der 
Reform dringend bedürſtig ſowohl im deutſchen Forſt⸗ 
wirtſchaftsrat als auch in der Vorſtandsfitzung Südweſt⸗ 
deutſcher Holzintereſſenten in Baden bezeichnet worden; 
es beſteht die Hoffnung, daß den Worten auch bald 
Taten folgen werden. Flury führt in ſehr lehrreicher 


Ueberſicht die Sortierung in Süddeutſchland, in Nord: 
deutſchland (preuß. Taxklaſſen), im böhmiſchen Bahn: 
holzhandel auf und belehrt uns, daß es in der Schweiz 
noch unerfreulicher iſt, wo hinſichtlich der Sortiments: 
bildung noch größere Mannigfaltigkeit herrſcht. 
Zwar beſteht zwiſchen dem Schweiz. Forſtperein 
und dem Schweiz. Holzinduſtrieverein eine Vereinbarung 


über Sortierung und Meſſung, die aber nach keiner. 


Seite hin eine Verpflichtung bildet; es wird daher 
vielerorts nach wie vor nach der ortsüblichen Weise 
weitergemeſſen und ſortiert. Es iſt dies für unſere im 
Gange befindlichen Beſtrebungen ebenfalls ſehr inftrut: 
tiv, wie Sitte und Herkommen einer auf klaren Ver⸗ 
nunftgründen aufgebauten Reform Widerſtände ent: 
gegenſetzt. 

Flury teilt feine Unterſuchungen über die Sorti: 
mentsverhältniſſe der Fichte, Tanne und Buche in 
ſolche des Einzelſtammes und ſolche beliebiger ganzer 
Beſtände ein. N 

Für die Sortimentsverhältniſſe des Einzelſtammez 
lagen dem Verf. als Grundlagematerial vor: Probe⸗ 
ſtämme der nach dem Urich'ſchen Verfahren aufge 
nommenen Verſuchs flächen und weiter eine Reihe von 
Stämmen aus Kahlhieben, die ſektionsweiſe vermefien 
worden ſind. In der Hauptſache rühren die Bäume 
aus Beſtänden her, die im mehr oder weniger gleich 
altrigen Hochwalde meift rein im mittleren Schluß⸗ 
grade erzogen worden ſind. Da die vorliegenden 
Tafeln ſich keinem beſtimmten Sortierungsſyſtem an⸗ 
ſchließen, hat Flury für die Zopfſtärken von 42, 32, 
24, 18, 15, 12 und 7 cm des berindeten Stammes, 
die zugehörigen Sortiments⸗Längen und Inhalte be 
ſtimmt; für die Einſchätzung dazu find Scheitelhöhe 
und d 1,3 m bekannt, ſo daß jeder ſelbſt beſtimmen 
kann, in welche Klaſſe eines Sortierungsſyſtems ein 
einzuſchätzender Stamm gehört. 

Unberückſichtigt find Stammſtücke folgender Länge 
geblieben: 


bei einem Zopf von Fi. u. Ta. Buche 
42 cm Stammſt. unter 5 m Bge. unter 4m 
32 „ 5 „ v i 
24 „ 8 % 5. 
18 „ Das 6, 
15 „ 8 „ „ 
12 „ 8 A 


Dann werben die Stämme nad) Scheitelhoͤhe und 
nach 2 em (Bruſthöhenſtärke) = Gruppen geordnet 
und der Schaftinhalt ein und derſelben Stärke un 
Höhenklaſſe wurde in Prozenten der Derbholzmaſt 
ausgedrückt. Dabei zeigte fih, daß die abſoluten 
Sortimentsinhalte einer und derſelben Stärkellaſe be 
wechfelnder Scheitelhöhe große Verſchiedenheit aufweise. 
daß ſie aber alle das gleiche prozentuale 


= r 


Da O — er e —ñä 6 ——.— 


15 


Verhältnis zur entſprechenden Derbholzmaſſe be: 
figen. Dieſe Geſetzmäßigkeit erleichtert die Aufſtellung 
einer Sortimentstafel ſehr. Es ſei dies an einem Bei⸗ 
ſpiel erläutert: 
Fichten mit d 1,3 = 40 cm 
Zopf = 24 cm 

haben in allen Höhenſtufen einen Sortimentsinhalt 
von 82% des Derbholzgehaltes; es beträgt ferner für 
die Zopfſtärken von 


32 24 18 15 12 em 
das Sortimentsprozent 
47 82 94 96,8 98,4 


Die vorkommenden Maſſendifferenzen betragen nur 
ganz ausnahmsweiſe 2%. Betrachten wir Tannen 
von gleicher Grundſtärke aber verſchiedener Scheitelhöhe 
jo ergibt ſich z. B. für d 1.3 = 30 em | 
längiter Stamm kürzeſter Stamm 


H = 32,6 m 21,4 m 
Derbh. — 1,17 fm 0,76 fm 
Derbh.⸗Formzahl = 0,505 0,500 
4 = 108,7 71,3 


bei einem Zopf von 18 cm zeigt ſich folgendes Sor⸗ 
timentsergebnis: 


Sort.: Länge 24,0 m 14,3 
„: Inhalt 1.07 „ 0,69 
in / des Derbh. 91,5 „ 90,8 


Es iſt weiter ſehr bemerkenswert, was auch durch eine 
Zuſammenſtellung der Derbholzformzahlen von Grund⸗ 
ner und Schwappach nach gleichen Grundſtärken für 
verſchiedene Höhen beleuchtet wird, daß die Formzahl 
für denſelben Dm. von der Höhe ſehr wenig beeinflußt 
wird, daß die Formzahl lediglich eine Maſſen⸗ 
reduktionszahl iſt, daß die Schaftform bei gleicher 
Formzahl ſehr verſchieden fein kann: diefe Verſchieden⸗ 


heit zeigt ſich in dem Quotienten a den Flury an: 


fühet, auch in J. — qe den Schiſfel und Gayer 


als Hauptformweiſer verwendet haben. Weſentlich für 
die weitere Entwickelung der Abhandlung iſt nun 
Flury's Stellung zu der Frage des Einfluſſes der 
Schaftform auf die Sortimentsbildung. Bei einer 
und derſelben Grundſtärke und Höhe können die ein: 
zelnen Stämme je nach ihrer Vollholzigkeit ſowohl in 
den Derbmengen als auch in den Sortimenten ziem: 
lich verſchieden ſein. Schiffel hat als wertvollſten 
Weiſer für die Beurteilung der Schaftform wie ſchon 
erwähnt, den Formquotient insbeſondere qe (= Ber: 
hältnis des Durchmeſſers in halber Scheitelhöhe zu 
demjenigen in Bruſthöhe) angeſehen und in ſeinen 
Tafeln dieſe Methode ſehr eingehend durchgearbeitet. 


E. Gayer hat ſich ebenfalls dahin ausgeſprochen, 
daß qe der einzige zuverläſſige Faktor fei, mit 
deſſen Hilfe man verhältnismäßig einfach zu brauch⸗ 
baren Sortimentszahlen für Einzelſtämme gelangen 
könne. Flury beſtreitet die „verhältnismäßige Gin- 
fachheit“ dieſes Verfahrens und nahm von der Be⸗ 
nützung des Formquotienten Abſtand. 


Entgegen der Anſchauung Gayer's, daß nur 


wenige Probeftämme genügen um einen ſicheren An⸗ 
halt über den Formquotient zu bekommen, da dieſer 
in geſchloſſenen Beſtänden nach Schiffel's Forſchungs⸗ 
ergebniſſen regelmäßig verläuft, oder daß eine augen⸗ 
ſcheinliche Einſchätzung der Formklaſſen für viele Halle 
genügt, if Flury der Anſicht, daß diefe wiſſenſchaft⸗ 
lich freilich genaue Methode für ihre Anwendung er⸗ 
hebliche taxatoriſche Mehrarbeit vorausſetzt und deshalb 
von der Praxis einfach übergangen wird. Flury iſt 
der Meinung, eine Sortimentstafel ſoll nicht Selbſt⸗ 
zweck ſein, ſondern ſoll als taxatoriſches Hilfsmittel 
überſichtlich und einfach in ihrer Anwendung ſein. 
Mit dieſer Begründung hat Flury die Ausſcheidung 
von Schaftformklaſſen unterlaſſen. Der Tatſache, daß 
gleiche Durchmeſſer und Höhen ſehr verſchiedene Schaft⸗ 
maſſen bedingen können, hat Flury dadurch Rechnung 
zu tragen verſucht, daß er für die Einzelſtämme durch⸗ 
ſchnittliche Sortimentswerte ermittelte, aber den von 
dieſen Mittelwerten möglichen Abweichungen, (ſehr voll: 
holzig und ſehr abholzig) dadurch gerecht wird, daß 
er dafür Korrekturen anbringt. Für die Durchmeſſer⸗ 
abſtufungen von 10 zu 10 em iſt in einer Tabelle 
(VI) angegeben, um wieviel em der Durchmeſſer 
(in 1,3 m) bei ſehr abholzigen zu erhöhen, bei 
ſehr vollholzigen Stämmen zu erniedrigen iſt, 
um zu richtigen Reſultaten zu gelangen. Hat z. B. 
eine 62 em ſtarke Fichte eine ſehr abholzige Form, 
ſo werden nach der Tabelle 4 em von d 1,3 abge⸗ 
zogen und dann für den Durchmeſſer 58 em, die 
dieſem entſprechenden Größen in der Tabelle aufge⸗ 
ſucht und in die Rechnung eingeſtellt. In Wirklichkeit 
operiert alſo Flury auch mit 3 Schaftklaſſen und ich 
möchte noch bezweifeln, ob man damit leichter und 
ſicherer zum Ziele gelangt, als mit der Methode 
Schiffels oder Gayers mit qe, namentlich wenn man 
die dazu bearbeiteten Tabellen benützt. Eine verhält: 
nismäßig zeitraubende Arbeit bleiben Sortimentser⸗ 
mittelungen immer. 

In Tabelle VI, die die Größe der vorzunehmenden 
Bruſthöhendurchmeſſerkorrektur angibt, iſt der Spiel⸗ 
raum z. B. für Fichte: 

d = 


= 60 cm: 6 +6 = 12 cm 
= 60, :5+5=10 „ 
= 40 „ : 4 + 4 8 „ 
= 80 „ : 3 + 3= 6 „ 


16 


nad den Gayer'ſchen Unterſuchungen für Stammkl. I, 
die d 60 und d 50 entſpricht 


13—17 cm 
für Stammkl. II (d 40) 10—16 cm 
K „ III (a380) 8—12 em 


Es ift diefe Verſchiedenheit wohl in dem Grundlagen: 
material begründet. Flury hat Stämme aus ſehr 
gleichartigen Beſtänden, das bad. Material ſcheint 
infolge Beſtandsbehandlung und Verbreitungsgebiet 
etwas weitgreifender zu ſein. Jedenfalls zeigt es, daß 
größere Schwankungen möglich find als Verf. an⸗ 
nimmt. 

Die Unterſuchungen über die Genauigkeit der 
Stammkubierung aus Länge und Mittelſtärke 
zur ſektionsweiſen Vermeſſung, worüber der Verf. 
ſchon früher eine ausgezeichnete Arbeit veröffentlicht 
hat, find auf Grund des vorliegenden Materials er⸗ 
weitert und neu geprüft worden. Es iſt darnach feſt⸗ 
geſtellt und bewieſen: 

1. daß die Kubierung aus Länge und Mittelſtärke 
gegenüber der 2 m Sektionsmeſſung in der Regel 
zu kleine Reſultate liefert; eine Ausnahme macht 
davon nur die Zopfſtärke von 7 cm, alſo die ge⸗ 
ſamte Derbholzmaſſe; 

. unter fonft gleichen Bedingungen bleiben mit wady 
ſendem Zopfdurchmeſſer die Inhalte aus Länge 
und Mittenſtaͤrke mehr und mehr hinter den 
ſektionsweiſe ermittelten Inhalten zurück; 

. mit zunehmender Stammſtärke wird der Ku⸗ 
bierungsfehler prozentual aufſteigend größer. 

Die größere Vollholzigkeit der Tanne gegenüber 

der Fichte äußert ſich deutlich im relativ ſtärkerem 

Steigen der aus Länge und Mittelſtärke bezeichneten 

Derbholzmaſſe. 

Die prozentuale Abweichung des Stamminhaltes 
berechnet aus Hu D von dem ſektionsweiſe er: 
mittelten Inhalt beträgt: 

bei einem Zopf von: 


d 1,3 24 18 15 12 7 em 
bei Fichte | 

60 — 52 —38 — 3,1 — 2,5 —18 

30 — 40 — 1,5 — 0,8 — 0,2 + 0,6 

bei Tanne 

60 — 50 — 3,4 — 2,7 — 2,1 — 10 

30 — 3,3 — 14 — 0,7 — 0,0 +11 
bei Buche 

60 — 0,3 + 4,8 

30 — — 22 


Daß Buchen ſchon bei einem Zopf von 18 em in 
größeren Stärken eine höhere Maſſe als aus ſektions⸗ 
weiſer Meſſung ergeben, erklärt ſich aus dem Aufbau 
der Buchenſchaften, Vollholzigkeit bis zum Kronen⸗ 
anſatz, dann raſches Sinken der Durchmeſſer nach oben 


—— — ) — . —22s—ð—ͤ.0vds,08ů—ů—ñ—— [ VK—ẽ— . ůßꝛ3—ðit ; 


hin. Hätte nun Verf. die genau ſektionsweiſe er⸗ 
mittelten Inhalte in di. Tau eingeſetzt, fo würden 
ſich mit der Praxis, die n.h HuD den Inhalt feft 
ſetzt, Unſtimmigkeiten ergeben haben. Flury hat dies 
dadurch vermieden, daß er die auf genaue ſektionsweiſe 
Stammkubierung aufgebauten So timentsprozente pro: 
zentual entſprechend der Kubierung aus Hu D um: 
gerechnet hat. Auch der Umſtand, daß ein als ganzes 
vermeſſenes z. B. 20 und mehr m langes Stammftäd 
nach Zerlegung in 6 m lange Stücke nicht denſelben 
Inhalt, wie das unzerteilte Stammſtück gibt, hat 
Flury zu einer weiteren Unterſuchung Anlaß gegeben. 
Es ergaben die Vermeſſungen von 6 m = Sektionen 
für die Zopfſtärken von 42— 18 m meiſtenz höhe, 
genauere Reſultate als aus Länge und Durchmeſſer 
des ganzen Stückes. Bei geringeren Zopfſtärken ändert 
ſich jedoch dieſes Verhältnis in entgegengeſetztem Sinne. 
Eine Tanne z. B. mit 
d = 56 cm ergibt bei einem Zopf 
von 41 32 24 18 em 
(nach 2 m Sektionen) = 100 100 100 100% 
„6m s = 93.5 96.8 97.5 98.6% 
„ gh vermeſſen = 93.5 94.8 96.2 97.6% 
des wirklichen Mapes. 

Es folgen dann die trotz des reichen Inhalts ſeht 
überfichtlich geordneten Sortimentstafeln für Einzel⸗ 
ſtämme der Fichte, Tanne und Buche. Dazu iſt zu 
bemerken, daß die Angaben der Schwappach⸗Grundner⸗ 
ſchen Maſſentafeln gegenüber dem ſchweizeriſchen Ma⸗ 
terial als etwas zu hoch ſich erwieſen haben und an 
denſelben daher eine Reduktion vorgenommen wurde, 
was bei Benützung der Fluryſchen Tafeln zu be 
achten iſt. 

Flury hat die Tafeln durch Anwendung auf genau 
vermeſſene Stämme aus Kahlhieben geprüft und für 
die Zopfſtärken 12—32 cm zufriedenſtellende Refultate 
erzielt. Für die Zopfſtärke von 42 cm ergeben fid 
größere Abweichungen, weil hier der Grad der Boll: 
formigkeit am ſichtbarſten wird. Eine Vergleichung 
von Stämmen aus verſchiedenen Durchforſtungsgraden 
ergab keine bemerkenswerte Geſetzmäßigkeit; es find 
aber die Zeiträume einer vergleichenden Beſtande⸗⸗ 
erziehung noch zu kurz, um daraus weitere Schlüſe 
ihrer Wirkung auf Stammform und Sortiment ziehen 
zu können. Ebenſo ergab eine Vergleichung von 
Stämmen aus dem Plenterwald mit den Angaben 
der Sortimentstafeln ein gutes Reſultat, wenn bei 
den über 60 cm ſtarken Stämmen des Plenterwalbes 
die nur 2—4 em ſchwächeren Stämme der Sort 
mentstafel benutzt wurden; es entſpricht diefe Durch 
meſſerkorrektur der größeren Abholzigkeit bezw. dem 
ſtarken Wurzelanlauf in den unteren Teilen der Stämme. 
Die Stämme von 30—60 cm des Plenterwaldes find 
für bie Zopfſtärken 30-60 em nach Flury eher voll⸗ 


holziger als die Stämme aus geſchloſſenem Hochwalde. 

Ein Grund dafür iſt nicht angegeben. 

Im Prinzip des Aufbaues der Fluryſchen Sorti⸗ 
mentstafel und der Gayerſchen iſt der weſentliche Unter⸗ 
igid, daß Flury möͤglichſt den Anforderungen der 
Praxis entgegenkommt, Gayer mehr den theoretiſch 
präziſeren Weg durch Benutzung des Formquotienten 
einſchlägt. Da Flury für beſtimmte Zopfſtärken die 
Sortimentsprozente gibt, Gayer auf die Heilbronner 
Sortierung ſeine Tafel eingerichtet hat, ſo ſind Ver⸗ 
gleiche beider Tafeln für Fi und Ta nur nach Um⸗ 
rechnungen möglich!). Nimmt man diefe vor, fo er: 
gibt fich: ö 
1) daß die Nutzholzmaſſenprozente für alle Höhen 

nahezu gleich ſind; 

2) die Sortimentzuntergrenzen der Stammklaſſen 
Gayers, auf die Heilbronner Sortierung bezogen, 
ſtimmen mit den entſprechenden Werten HuD 
aus Flurys Tafel genommen gut überein. 

Die Fluryſchen Zahlen liegen darnach für Kl. I 
zwiſchen den Kurven von Gayer 

für qe = 0.60 — 0.64 

für Kl. II = 0.64 — 0.66 

III und IV = 0.66 — 0.72 für Fichte. 
Die Fluryſchen Mittelwerte entſprechen für Klaſſe 
I und II den mittelformigen, III und IV den mittel: 
bis vollformigen Stämmen Gayers. 

Die Fluryſchen Tafeln ſind daher auch gut für 
die Heilbronner Sortierung verwendbar. 

Trotz der verſchiedenen originellen Wege, die beide 
Forſcher gegangen find, ſtimmen ihre Reſultate für die 
Praxis gut überein. Für die Buche laſſen ſich Ver⸗ 
gleiche nicht ziehen, da die vorhandenen Buchen⸗ 
ſortimentstafeln nicht auf die Zopfſtärke der ans 
mente aufgebaut ift. 

Nach dieſer gründlichen Unterſuchung über die Sor⸗ 
timentsverhältniſſe des Einzelſtammes geht Flury zu 
dem 2, Teil, den Sortimentsverhältniſſen 
beliebiger ganzer Beſtände über. 

Die Sortimentstafeln für den Einzelſtamm laſſen 
ſich natürlich auf jeden beliebigen nach Durchmeſſer⸗ 
abſtufungen aufgenommenen reinen oder gemiſchten 
Beſtand anwenden. Dieſe ſtammweiſe Ermittelung 
des Sortimentsinhalts verurſacht aber weitläufige Ar⸗ 
beit. 


— 


Man greift daher beſſer zu einem abgekürzten Ber- 
fahren; für deſſen Anwendung müſſen von dem Be⸗ 
ſtande bekannt fein: Maffe, Stammzahl nach Stärke⸗ 
ſtufen und die Höhen zu dieſen, alſo Größen, die bei 


1) Herr Forſtamtmann Gayer hat dieſe Vergleiche grafiſch 
durchgeführt und mir ſein Reſultat als Grundlage für die 
vergleichende Beſprechung überlaſſen, wofür ich one an dieſer 
Stelle danken möchte. 

917 


17 


eE ma a a a a 
G 


einer ſtammweiſen Aufnahme ohnehin ermittelt werden 
müſſen. Die Stammverteilung nach Durchmeſſerſtufen 
iſt am wichtigſten; der mittlere Durchmeſſer eines Be⸗ 
ſtandes kann für konkrete Beſtände kein Gortiments- 
weiſer fein, weil Beſtände mit gleicher Höhe, mittlerem 
Durchmeſſer und Maſſe ganz verſchiedene Sortimente 
je nach der Verteilung der Stämme auf die Durch⸗ 
meſſerſtufen aufweiſen können. Der mittlere Beſtands⸗ 
durchmeſſer läßt ſich nur bei reinen, gleichalterigen, 
normalen Beſtänden, wie ſie die Ertragstafeln ent⸗ 
halten, als Weiſer für die . an⸗ 
wenden. 

Für die weitere Soriimentzernitelung konkreter 
Beſtände liegt die ganze Methode in der Beantwor⸗ 
tung der Frage: Welche Sortimentsinhalte liefert bei 
bekannter Derbholzmaſſe und Scheitelhöhe eine gewiſſe 
Anzahl von Stämmen einer und derſelben Haupt⸗ 
ſtärkeklaſſe? Daraufhin wurde das Grundlagematerial 
unterſucht. Für die Beſtände des annähernd gleich⸗ 
alterigen ſchlagweiſen Hochwald gilt der Satz, daß in 
ihrer Verteilung auf die Stärkeklaſſen Vorrat und 
Kreisfläche analog prozentual zuſammengeſetzt find; 
es iſt dem zufolge nach der Kenntnis der Verteilung 
der Kreisfläche auf die Durchmeſſerklaſſen die Vertei⸗ 
lung der Maſſen leicht gegeben. Die abſolute Größe 
der Sort'mentswerte für jede Stärkeklaſſe ergibt ſich 
aus dem kliſſenweiſen Anfall beim Kahlhiebverfahren, 
aus den Probeitanmanfall bei dem Probeſtammver⸗ 
fahren. Die bezeichneten abſoluten Sortimentswerte 
in Prozenten der zugehörigen Derbholzmaſſe ausge⸗ 
drückt ergeben die Sortimentsprozente, die der Tafel 
zu Grunde liegen. Flury hat die Hauptſtärkeklaſſe (6) 
in Anlehnung an die in der Schweiz üblichen Haupt⸗ 
ſortimente gebildet. Da auch hier die Geſetzmäßigkeit 
gilt, daß für alle Höhenklaſſen einer und derſelben 
Grundſtärke dasſelbe prozentuale Verhältnis der Sor⸗ 
timentsmaſſen gemeinſam iſt, ſo iſt aus der entſprechen⸗ 
den Tafel mit der Stärkeklaſſe als Eingang für die 
einzuhaltende Zopfſtärke das prozentuale Verhältnis 
der Sortimentsmaſſe zur Derbholzmaſſe leicht abzuleſen. 

Die Prüfung der Tafeln ergab, daß ſich für die 
Zopfſtärken von 12 — 32 cm die Fehlerprozente zwiſchen 
Wirklichkeit und Rechnung innerhalb erlaubter Grenzen 
bewegen. Ein letzter Abſchnitt, der wieder mehr der 
Theorie als der Praxis genähert iſt, enthält die Sor⸗ 
timentsverhältniſſe reiner gleichalteriger normaler Be⸗ 
ſtaͤnde, wie fie in den Ertragstafeln enthalten find. 

Es wird dabei die Verteilung der Holzmaſſen nach 
4 cm Stärkeklaſſen und nach 6 Hauptſtärkeklaſſen auf 
Grund von Ertragstafeln der Fichte, Tanne und Buche 
unterſucht und dargeſtellt, was für den Einblick in die 
Beſtandgliederung nach Alter, Holzart, und Bonität 
wichtig ift. Darauf find dann die weiteren Sorti⸗ 

8 


18 


mentstafeln reiner normaler Beſtände nach 6 Stärke 
klaſſen aufgebaut. N 

Die außerordentlich klare Arbeit Jurys vermag 
durch ihre Darſtellung der Sprödigkeit des Stoffes in 
jeder Hinſicht Herr zu werden; mögen diefe geitrau⸗ 
benden Unterſuchungen reichliche Früchte für die forſt⸗ 
liche Praxis tragen. Es kann ja nicht Aufgabe des 
Verſuchsweſens fein, der Praxis für alle Fälle gahlen⸗ 
mäßig fertiges Material zu liefern. Das Verſuchs⸗ 
weſen kann auf Grund feiner Unterſuchungen den afa- 
demiſch gebildeten Forſtleuten nur die Wirkung und 
den organiſchen Zuſammenhang der einzelnen unter⸗ 
ſuchten Faktoren klarlegen. Bei der Vielgeſtaltigkeit 
der Natur bleibt der Praxis für die Anwendung von 
Erirags: und Sortimentstafeln auf konkrete Verhält⸗ 
niſſe noch die geiſtige Arbeit vorbehalten, Normen, die 
auf Grund von ſpſtematiſchen Unterſuchungen der 
Verſuchsanſtalten gewonnen find, auf den Einzelfall 
richtig anzuwenden. 

Dieſe Arbeit Flurys hat die Tendenz, ſoweit als 
möglich der Praxis entgegenzukommen und ihr ein 
möglichſt einfach zu verwendendes Material für Sor⸗ 
timentsermittelung an die Hand zu geben. Für die 
Exaktheit und Sebiegenheit der Arbeit bürgt der Name 
des durch ſeine früheren Arbeiten aus dem Gebiete 
der Extragskunde geſchätzten Verfaſſers. 

Dr. 


Wimmer. 


Dr. Theodor Glaſer und ſe ine Bedeutang 
für die Waldwertrechunug und for ſtliche 
Statik. Von Forſtmeiſter E. Kreutzer, Leſſo⸗ 
nitz. Prag 1916, G. Neugebauer. 46 Seiten. 

In der Einleitung werden drei Glaſer'ſche 

Hauptanforderungen an Grundlagen und Syſtem der 

Rentabilitätslehre ſowie deren Begründung beſprochen, 

zugleich aber — und zwar mit größerem Aufwande 

an Raum — der Verſuch gemacht, mir Widerſprüche 
in verſchiedenen Sätzen meiner Schriften nachzuweiſen. 

Dies konnte ſcheinbar dadurch gelingen, daß jene Sätze 

einzeln auß dem Zuſammenhang geriſſen und deren 

Begründungen weggelaſſen wurden. Ein Widerſpruch 

zwiſchen den verſchiedenen Sätzen meines fog. „Olan: 

bensbekenntniffes“ — Jauuarheft dieſer Zeitſchriſt 1915, 

S. 17 — beſteht z B. nicht, wenn man beachtet, daß 

dort zwiſchen normalen und abnormen Be⸗ 

ſtaͤnden reſp. Betriebsklaſſen unterſchieden 
wird; daß Falle namhaft gemacht werden, in denen 
mit einheitlichem Zinsfuß, andere, in denen mit 
verſchiedenen Zinsfüßen zu rechnen iſt; daß 
ich den Bodenerwartungswert (S. 17) nie⸗ 
mals allgemein als „praktiſch unbrauchbar“ bezeichnet, 
vielmehr von feiner Berechnung reichlich Gebrauch ge- 


macht habe, wenn ich ihn auch nicht als alleinigen 
Maßſtab der Rentabilität gelten laffe; daß ich ent 
führlich begründet habe, warum die „finanzielle 
Umtriebszeit“, wie fie ſich ans Geldertragstuſeln 
auf Grund derzeitiger Holzpreiſe berechnet, Verände⸗ 
rungen unterworfen iſt und deshalb nicht überall und 
immerwährend eingehalten werden kann u. dgl. m. 
Daß ich (S. 16) irgendwo behauptet haben fol: „es 
habe keinen Zweck, mathematiſche Formeln für den 
Normalwald zu entwickeln, denn einen folden gäbe es 
nicht“, kann ich mich nicht erinnern. Habe ich dod 
in der 4. Auflage von Heyers Waldwertrechnung zahl: 
reiche ſolche Formeln von früher übernommen ober | 
auch felbft entwickelt. Wo Ret denn jener mit An: | 
führungszeichen verſehene Sag? Das hätte Herr R. 
doch angeben müſſen. Und wenn er andererſeits be⸗ 
hauptet, die Vertreter der Reinertragslehre verſchwiegen 
„wohlweislich“ (S. 18), alfo abſichtlich und wider 
beſſeres Wiſſen, dies oder jenes, fo kann wh einen 
ſolchen Vorwurf nar als ebento häßlich wie unbegründet 
bezeichnen. 
Der Einleitung folgt ein Abſchnitt 


I. Der gemeine Waldwert, 


den Herr R. = N. + X. B fegt, wobei x die ls: 
triebszeit, B den Bodenverkaufswert und N. den Ror: 
malvorratswert, berechnet aus den Abtriebsertcüen 
der einzelnen Beſtände, bedeutet. Den letzteren hahe 
ich als ein „Phantaſiegebilde ohne praktischen Wert“ 
bezeichnet, weil 10⸗, 20⸗, 30 jährige und andere junge 
Beſtände eben in Wirklichkeit nicht abgetrieben werden. 
Ich habe diefe Anficht mit Beiſpielen aus der Prat 
belegt (Juniheſt 1915, S. 146). Herr K. beiümpt 
fie mit mathematiſchen Formeln. Wer iğ nım be 
Theoreliker? Ich möchte hier noch ein weiteres Ber 
{piel anführen, aus dem hervorgeht, daß auch für B. 
fände von weit mehr als 40 Jahren der Abtriebswert 
unter Umſtänden nicht zutrifft. Aus der in meinen 
Grundriß der Waldwertrechnung (Leipzig und Wien 
1891) unter Aufgabe 28 entwickelten Holz; und Gelb: 
Ertragstafel für Buchenhochwald ergibt fith 

far das Alter von 45 75 Jahren 

ein Beſtandesverkaufswert von 1195 9084 M. 
Dagegen berechnet fih für Femelſchlagbetrieb und W: 
jährigen Umtrieb nach Aufg. 70 

der Beſtands⸗Erwartungswert zu 1318 3806 M. 
Die Unterſchiede betragen über 10 und 7%, find afo 
doch noch zu beachten. 

Daß ich mich einer „Selbſttäuſchung“ (6. 25) bin: 
gegeben habe, wenn ich im Maihefte 1915 S. 111 
richtiger als Frey gerechnet zu haben glaubte, it mir \ 
unerklärlich und erſtaunlich; denn ich komme dort ja 
zu faft zu dem gleichen Ergebnis wie Glafer. | 

l 


19 , 


Daß beffen Methode zur Berechnung des Wertes 
jüngerer Beſtände von U. Müller als „Erwartungs⸗ 
wert“ bezeichmet wird (S, 26), ift m. E. ganz richtig. 
Denn jeder aus künftigen Erträgen abgeleitete Wert 
iſt ein Erwartungswert, einerlei nach welcher Formel 
er berechnet wird. 

Wenn ich den Bodenwert (S. 21) bei einer Wald⸗ 
abſchätzung zu einem gewiſſen Betrage und die jähr⸗ 
lichen Koſten zur Hälfte der Boden⸗Bruttorente „an. 
genommen“ habe, jo waren dieſe „Annahmen“ doch 
nicht aus der Luft gegriffen, ſondern den Erfahrungen 
der betr. Oertlichkeit entſprechend und mit Zahlen be⸗ 
legt. Was dies mit einer „Verkürzung über die 
Hälfte” bei Kaufverträgen zu tun haben ſoll, verſtehe 
ich nicht. Selbſtverſtändlich wollte ich jenen „An⸗ 
nahmen“ keine allgemeine Giltigkeit zuſchreiben. 


IIA: Die Waldwertrechnung als Trå: 
gerin des richtigen Wertgedankens. 


Hier bringt K. eine Wertertragstafel ohne Angabe 
der Holzart und berechnet unter Einführung folgender 
Zahlen 


Boden wert. = 914.5 Kr. 
jährliche Koſten = 90 „ 
Kulturkoſten . 120.0 „ 
Zins fuß = 3% 

für 7 verſchiedene Betriebsklaſſen von 60⸗, 70», 


120jährigern Umtrieb 

1. den Rentierungswert, 

2. den gemeinen Waldwert, 

3. den Koſtenwert 
jeder Betriebsklaſſe. Dieſe 3 Werte ſteigen ſelbſtver⸗ 
ſtandlich mit dem Umtrieb, ſtimmen aber unter ſich 
nur bei 100 jährigem Umtrieb überein. Vorher find 
beide letzteren kleiner, nachher größer als der Rentie⸗ 
rungswert. Der 100 jährige Umtrieb wird deshalb 
als der vorteilhafteſte bezeichnet. Im Durchſchnitt pro 
Hektar wäre — beiläufig bemerkt — der Rentierungs⸗ 
wert des 110 jährigen Umtriebs der größte, alſo dieſer 
nach Anficht der Waldreinertragslehre vorzuziehen. 

M. E. hat man es bei praktiſchen Waldwertrech⸗ 
nungen ſtets mit einem Walde von beſtimmter 
meiſt abnormer Zuſammenſetzung zu tun und die zu 
beantwortende Frage lautet nur, welche Wirtſchaft reſp. 
Umtriegszeit hier am beſten einzuführen iſt. Die Ver⸗ 
gleichung 7 verſchiedener normaler Betriebsklaſſen hat 
wenig praktiſchen Wert. 
In dem folgenden Abſchnitt: 


IIB: Der richtige Rentabilitätsgedanke 
der forſtlichen Statik, 


berechnet K. (S. 36) den größten Bodenerwartungs⸗ 
wert für die Einzelbeſtände nach der Fauſtmannſchen 


Formel zu 1056,8 Kr. beim 80 jährigen, den der Ye 
triebsklaſſe zu 914,5 Kr. beim 100 jährigen Umtrieb. 
Dieſer Unterſchied erklärt ſich dadurch, daß in der 
Riden Formel des gemeinen Waldwertes der Ab- 
triebSertrag des 80. Jahres als Beſtandswert figuriert 
der eben kleiner if, als der Koſten⸗ reſp. Erwartungs⸗ 
wert. Die übrigen Ausführungen dieſes Abſchnitts 
find mir teilweiſe unverſtändlich. 
In dem Schlußabſchnitt 


„Rückblick“ 


kommt Herr K. auf einen von mir ſ. Z. gebrauchten 
derben Ausdruck zurück, den er offenbar übel genommen 
hat, der aber nichts anderes bedeutet, als die auf 
Seite 1 von ihm gerügte Aeußerung, wonach die 
Gegner der Reinertragslehre mitunter nicht das be⸗ 
kämpfen, was deren Anhänger ſagen, ſondern das, 
was ſie nach Anſicht der Gegner ſagen ſollten. Daß 
jene (die Anhänger) damit „ſelbſtverſtändliche 
Schlußfolgerungen verſchweigen“, darf 
hieraus nicht gefolgert werden; denn es gibt auch 
mißverſtändliche Schlußfolgerungen und 
gerade ſolche find es, auf die ich hingewieſen habe. 
Im übrigen glaube ich die wiſſenſchaſtlichen Leiſtungen 
Glaſers im 1915er Junihefte unparteiiſch gewürdigt 
und anerkannt zu haben; ein einzelner herausgegriffener 
Satz, der einen Tadel enthält, kann das Gegenteil 
nicht beweiſen. Wimmenauer. 


Das Weiſerprozent des! Ertragswaldes im 
Jahresbetrieb. Von Forſtmeiſter E. Kreut⸗ 
zer, Leſſonitz. 24 Seiten. — Prag, G. Neuge⸗ 
bauer 1916. 

Auf Grund mathematiſcher Entwickelungen, denen 
in allen Einzelheiten zu folgen mir nicht gelungen iſt, 
kommt der Berfaffer zu dem Ergebnis, daß das Weiſer⸗ 
prozent des Einzelbeſtandes für den jährlichen Nach⸗ 
haltbetrieb keine Geltung habe. Das iſt nichts neues, 
vielmehr ſchon vor 27 Jahren von Bofe in feiner 
Schrift „Das fſorſtliche Weiſerprozent“ ausgeführt 
worden. Vgl. den lit. Bericht hierüber im April⸗ 
heft 1890. 

Schon der erſte Satz der Broſchüre 

„Die Suche nach der vorleildafteften Wirtſchaft 

führte die Begründer der Bodenreinertragslehre zum 
Bodenertragswert Bx als Maßſtab für den vom 
Beſtande gewährten Gewinn.“ 

fordert die Kritik heraus. Denn allgemeiner Maßſtab 

in dieſem Sinne iff nur der Beſtaudes⸗Erwar⸗ 

tungswert, der bei normalen Beſtänden — aber 
nur bei dieſen — allerdings zu demſelben ! Haubarkeits⸗ 
alter führt wie die Ermittelung des max. Be. 

Ganz unverſtändlich iſt der folgende Satz, wonach 

8 * 


20 


das Bodenkapital der Betriebsklaſſe nicht = u. Be,, 
fondern — wie weiterhin (S. 10) ausgeführt wird — 
als Mittel aus u verſchiedenen Bodenwerten, die für 
Abtriebsalter von 1 bis u Jahren ſich berechnen, ab⸗ 
zuleiten wäre. Wenn ein jeder der u Schläge erſt im 
Umtriebsalter u zum Abtrieb gelangt, ſo kann doch 
auch nur aus dem Abtriebsertrag Au dieſes Alters 
der Bodenwert ermittelt werden, nicht aber aus anderen 
Abtriebszeiten, die gar nicht verwirklicht werden. 

Ebenſowenig iſt einzuſehen, warum dann folge⸗ 
richtig der Normalvorrat, der doch aus u Schlägen 
im Alter 1 bis u beſteht, = u. Au geſetzt werden 
ſollte. | 

Wenn der Verf. ferner eine Stelle aus der von 
mir herausgegebenen 4. Aufl von Heyers Waldwert⸗ 


rechnung anführt, in der geſagt wird, die finanzielle | 


Umtriebszeit fei eine veränderliche Größe und deshalb 
nur in beſchränktem Umfang als maßgebend zu be⸗ 
trachten; und wenn er daran anknüpfend fortfährt: 

„im Sinne W.’3 können .... nur die Größen: 

gemeiner Bodenwert B und das Verzinſungsprozent 

p als unſichere Grundlagen qualifiziert werden“, 
jo überſieht er dabei ganzlich, daß ich an der fragl. 
Stelle hauptſächlich den Abtriebsertrag, wie er 
ſich aus Ertragstafeln für geſchloſſene Beſtände, alſo 
nur für den Kahlſchlagbetrieb im Hochwald ergibt 
und weiterhin die Holzpreiſe ſowie Kultur⸗ und andere 
Koſten als ſchwankende Größen (je nach Betriebsart, 
Marktlage und ſonſtigen Umſtänden) bezeichnet habe. 

Auch auf Seite 9 findet ſich eine völlig mißver⸗ 
ſtändliche Auffaſſung der Bedeutung, welche nach 
Judeich, Heyer und mir dem Weiſerprozente zukommt. 
Steht dies noch höher als der für die Wirtſchaft an⸗ 
genommene Zinsfuß, ſo wird von den genannten Au⸗ 
toren übereinſtimmend der Abtrieb eines ſolchen 
Beſtandes als unvorteilhaft oder mit Verluſt verbun⸗ 
den bezeichnet; erſt wenn es unter jenen Betrag ſinkt, 
gilt der Beſtand als hiebsreif. Wie der Verf. hieraus 
folgern kann, daß Judeich und ich „in der höheren 
Verzinſung des Produktionsaufwandes durch den Wert⸗ 
zuwachs keinen Vorteil, ja ſogar einen Verluſt er⸗ 
blickten“, bleibt unverſtandlich; denn der Verluſt wird 
eben nicht durch das Fortwachſen, ſondern durch den 
Abtrieb des Beſtandes herbeigeführt. 

Die hier angeführten Stellen zeigen deutlich, daß 
Herrn K.'s Polemik gegen die Reinertragslehre nicht 
auf genügender Kenntnis derſelben aufgebaut iſt. Was 
er aber für Betriebsklaſſen an die Stelle des Preß⸗ 
ler'ſchen Weiſerprozentes der Ein zelbeſtä ide ſetzen will, 
nämlich das Verhältnis zwiſchen gleichbleibendem oder 
durchſchnittlichem Jahresertrag und Geſamtwert des 
Bodens und Holzvorrats, iſt gar nichts anderes, als 
die „Verzinſung des normalen Waldver nögens“, wie 


ich fie fon im Auguſtheft des Jahres 1891 S. 262 ff. 
als maßgebend gefordert habe. Dabei beſteht nur 
inſofern ein Unterſchied, als ich den Verkaufswert nur 
für ſolche Glieder der Schlagreihe gelten laffe, die 
ſchon abſatzfähige Sortimente liefern, nicht aber wie 
Kreutzer, Glaſer u. a. auch für ganz junge Beſtände, 
an deren Abtrieb niemand denkt. Auf welcher Seite 
hier die Denkweiſe des Praktikers und wo das ſtarre 
Feſthalten an gewiſſen Doktrinen zu ſuchen iſt, mögen 
die geehrten Lefer entfcheiben. Wimmenauer. 


Hönlingers Waldertragstheorie. Beſprochen 
von Forſtmeiſter E. Kreutzer, Leſſonitz. — Prag 
1916, Kommiſſionsverlag von Guſtav Neugebauer. 
15 Seiten. 


Vor längeren Jahren erklärte der inzwiſchen ver 
ſtorbene Oberforſtmeiſter Dr. Borggre ve gelegent⸗ 
lich einer Zuſammenkunft hier in Gießen dem Kollegen 
Heß und mir: Um ein Buch zu rezenſieren, fei ez 
keineswegs nötig, dieſes Buch vollſtändig zu leſen; viel: 
mehr genüge es völlig, wenn man von einzelnen 
Seiten, gewiſſermaßen Stichproben, Kenntnis nehm. 
So verfahre er ſchon lange als Redakteur feiner Feit: 
ſchrift, der „Forſtlichen Blätter“. Wer den ſeligen 
Kollegen Heß und ſeine Gewiſſenhaftigkeit gekannt hat, 
mag ſich vergegenwärkigen, welchen Eindruck jene Er⸗ 
klärung B.'s bei ihm hinterlaſſen hat. Ich ſelbſt kann 
der Wahrheit gemäß bezeugen, daß ich bei den zahl: 
reichen literariſchen Berichten, welche die A. J. u. 3.3. 
aus meiner Feder gebracht hat, bisher dem Borg⸗ 
greve'ſchen Verfahren niemals gefolgt bin. So habe 
ich auch die beiden Schriften Hönlingers, nämlich: 

1. „Waldwertrechnung und forſtliche Statik des jähr⸗ 
lich nachhaltigen Betriebes“ von 1906 und 
2. „Beweiſe für die Unrichtigkeit der Reinertragslehre“ 
von 1908 
ert auf Grund eingehenden Studiums im Maiheſt 
1907 und im Juniheft 1908 ausführlich beſprochen und, 
was mir unrichtig ſchien, m. E. ſchlagend widerlegt. 

Die jetzt vorliegende Schrift des Herrn Kollegen 
Kreutzer beſtätigt zu meiner Freude meine Auf 
faſſung; denn ſowohl am Anfang (S. 6.) als auch 
am Ende (S. 14) wird erklärt, „Hönlingers Theorie 
verdanke ihr Daſein einem Rechenfehler“. Unter dieſen 
Umſtänden hielt ich mich diesmal für berechtigt, die 
dazwiſchen liegenden Seiten 6 bis 13 mit ihren 24 
Formeln zu überſchlagen und mir deren Durcharbeitung 
zu ſchenken. Ich beſchränke mich darauf, die Lieben 
würdigkeiten zurückzuweiſen, mit denen Herr K. feine 
Gegner, die Anhänger der Reinertragslehre bedenkt: 


—— — St 


1 
| 


daß fie nur eine Schein⸗Wiſſenſchaft pflegen, die Mathe _ 
matik gleich einer feilen Dirne zu unlauteren Zwecken 


mißbrauchen, den Beweis für die von ihnen behauptete 
Unrichtigkeit der Hönlingertheorie pflichtwidriger Weiſe 
ſchuldig blieben und dgl. Das letztere iſt unrichtig, 
denn den verlangten Beweis habe ich a. a. O. geführt. 
Wer ſich aber ſo empfindlich zeigt, wie Herr Kreutzer 
in dem „Rückblick“ am Schluffe feiner Schrift „Theodor 
Glafer uſw.“, der ſollte ſich doch auch im Streite mit 
wifſenſchaftlichen Gegnern einige Mäßigung auferlegen. 
| "S Wimmenauer. 


„Waldheil“, Kalender für Deutſche Forſt⸗ 
männer und Jäger auf das Jahr 1917. 
Neunundzwanzigſter Jahrgang. I. Teil: Taſchen⸗ 
buch. II. Teil: Forſtliches Hilfsbuch. Schwache 
Ausgabe: Preis 2 Mk. (5 Stück zu 1.70 Mk.) 
Starke Ausgabe: Preis 2.40 Mk. (5 Stück zu 
2.10 Mk.) Verlag von J. Neumannn in Neu⸗ 
damm. 


Durch die Fortdauer des Krieges hat ſich die Vor⸗ 
nahme der längſt geplanten durchgreifenden Aenderung 
des erſten Teils immer noch nicht ermöglichen laſſen. 
Man hat fih vielmehr auf Unerläßliches beſchränken 
müſſen. Dagegen ſoll im zweiten Teile von jetzt ab 
jahrlich eine Abhandlung eines namhaften Forſtmannes 
über einen Gegenſtand gebracht werden, der im Vorder⸗ 
grunde des forſtlichen Intereſſes ſteht und alle Kreiſe 
der forſtlichen Praxis angeht. Zum erſten Male iſt 
tine Abhandlung Prof. Dr. Schwappachs über Forſt⸗ 
düngung abgedruckt. We. 


Jagd: Übreilalender 1917. Herausgegeben 
von der Deutſchen Jäger⸗Zeitung. Verlag von J. 
Neumann in Neudamm. Großoktavformat. Reich 
illuſtriert, 220 Abbildungen. Mit monatlichen Rat⸗ 
ſchlaͤgen für Jagdbetrieb und Wildbahn, tägliche Mit- 
teilungen für weidgerechtes Jagen, Hege und Pflege 
des Wildes und Titelblatt in Farbendruck. Preis 
2.50 Mk. Fünf Stück und mehr zu 2.30 Mk. 


Der dritte Jahrgang dieſes belehrenden und an⸗ 
regenden! Kalenders ſteht feinen beiden Vorgängern, 
was Ausſtattung, Text und Illuſtrierung anlangt, in 
keiner Weiſe nach. Das Geleitwort weiſt insbeſondere 
auf die ſchweren Opfer hin, die der Krieg auch in den 
Reihen der Heger des deutſchen Waldes und Wildes 
gefordert hat, ſo wie auf die Bedeutung des Jagd- 
weſens als eines idealen und wirtſchaftlichen Gutes, 
eines Jungbrunne ns der Kraft und des beſten Mittels 
zur Vorbereitung für den Krieg. Einer beſonderen 
Empfehlung, beſonders als paſſendes Weihnachtsgeſchenk 
für Sager, bedarf der Kalender nicht. We. 


21 


Horft: und Jagd⸗Kalender 1917. Begründet 
von Schneider und Judeich. 66. Jahrgang. Be⸗ 
arbeitet von Fr. M. Neumeiſter, Geheimen Ober⸗ 
forſtrat und Oberſorſtmeiſter in Dresden. In 2 

Teilen. I. Teil. Kalendarium, Wirtſchafts⸗, Jagd- 
und Fiſcherei⸗Kalender, Hilfsbuch, verſchiedene Ta⸗ 
bellen und Notizen. Berlin, Verlag von Julius 
Springer. 1917. Preis: Ausgabe A: in Leinw. 
geb. 2.40 Mk., in Leder 3 Mk. Ausgabe B: in 
Leinw. geb. 2.60 Mk., in Leder 3.20 Mk. 


Der Kalender, der bisher von dem Geh. Ober⸗ 
forſtrat Dr. Neumeiſter in Gemeinſchaft mit dem Rech⸗ 
nungsrat Retzlaff herausgegeben wurde, iſt in ſeiner 
vorliegenden Auflage nur von erſterem bearbeitet, weil. 
Rechnungsrat Retzlaff aus Geſundheitsrückfſichten zu- 
rückgetreten iſt. Bei der Prüfung des Jagd⸗Kalenders 
auf Grund der hierbei maßgebenden Beſtimmungen 
über die Schonzeit der Jagdtiere ſtellten fih Aenderungen 
für Oldenburg, Meiningen, Braunſchweig, Schwarz⸗ 
burg⸗Rudolſtadt, Lippe, Lübeck und Tirol heraus 
Die vorübergehenden Abänderungsbeſtimmungen wäh: 
rend der Kriegszeit find unberüdfichtigt geblieben. Nur 
für Mecklenburg wird darauf hingewieſen, daß auch 
für 1917 bei Rehwild, Haſen, Faſanen, Feldhühnern 
und Enten eine Verlängerung der Schonzeit angeordnet 
iſt, um die Verluſte des Jahres 1914/15 auszugleichen. 

E. 


Deutſcher Forſtkalender des deutſchen Forſt⸗ 
vereins für Böhmen 1917. 10. Jahrgang. 
Bearbeitet von Dr. Richard Grieb, Direktar der 
deutſchen Forſtſchule in Eger, ſtaatl. gepr. Forſt⸗ 
wirt uſw. Eger 1917, Druck und Verlag von J. 
Kobriſch und Gſchihay, Eger. Preis: 2,60 Kr. 

Die Anordnung des Stoffes iſt unverändert ge: 
blieben. Neubearbeitet wurden infolge der geänderten 
behördlichen Beſtimmungen: der Poſt⸗ und Telegraphen⸗ 
tarif, die Stempelſkalen, der Jagdkalender für Böhmen 
uſw. Der Kalender enthält die für den Dienſtbetrieb 
üblichen Tabellen, darunter Kreisflächen⸗ und Walzen⸗ 
tafeln, Angaben über die erſte Hilfe bei Unglücksfällen 
uſw. In einer beſonderen Beilage finden ſich eine 

Reihe von Angaben über Poft- und Gebührenſachen, 

über die Hauptlebensmomente des Haar⸗ und Feder⸗ 

wildes, ſowie der wichtiäften Gelege betr. Forſtwirt⸗ 
ſchaft, Jagd und Fiſcherei, über Mittel gegen Wunden, 

Entzündungen, Durchfall, Uebelkeit, Erbrechen, rheu- 

matiſche, gichtiſche, Zahn. und Ohrenſchmerzen, In⸗ 

ſektenſticke uſw. E. 


Der Förſter. Land: und Forſtwirſchaftlicher Ra- 
lender für Forſtſchutzbeamte 1917. Herausgegeben 


vom praktiſchen Forſtmann Th. Conrad. Preis: 
Kleine Ausgabe: (2000 Nummern zur Abzählungs⸗ 
tabelle) in Leinw. geb. 1.80 M., in Lederb. 2.40 Mk.; 
Große Ausgabe; (4000 Nummern zur Abzäblungs⸗ 
tabelle) in Leinw. 2.20 Mk., in Lederb. 2.75 Mk. 
Graudenz, Guft. Röthes Buchdruckerei und Verlag 
„Der Geſellige“. 1916. 

Der Kalender „Der Förſter“ erſcheint nunmehr im 
91. Jahrgang, und zwar wie bisher in zwei Ausgaben. 
Die Einrichtung iſt im weſentlichen die gleiche wie bei 
den früheren Jahrgängen. E. 


Wild: und Hund⸗Kalender. Taſchenbuch für deut: 
ſche Jäger. XVII. Jahrgang 1917. Herausgegeben 


4 


22 


von der illuftrierten Jagdzeitung „Wild und Gund. 
Berlin, Berlagsbuchhandlung Paul Parey. 1917. 
Preis: geb. 2.25 Mk. n 
Nach dem Ueberfichtakalender und dem Ralendarim 
für tägliche Eintragungen folgen Angaben über Eden‘ 
zeiten, Abſchußregeln, Weidmannsſprache. erhalten ba 
Zuſammentreffen mit Jagdfrevlern, Einfluß der Jud 
art auf den Wildſtand, Anlage von Wilbäden md 
Hochſitzen, Behandlung der Jagdgewehre, Beſchuß⸗ 
ſtempel, Verſand von Wild, Präparieren der Reh 
gehoͤrne, Wildfätterung, Jagdhunde, Schuß wirken 
u. a. m. Ferner enthält der Kalender Tabellen jir- 
Wildſchadentaxation, Abſchußliſten, Jagd⸗Ausgaben mi - 
„Einnahmen, Treibjagd⸗Formulare ufw. B 


Briefe. 


Aus Preuſen. 
Das neue Preußliche Riſcheveigeſetz. 


Viele Jahre hat das neue preußiſche Fiſchereigeſetz 
die Staatsregierung, den Landtag, die Fiſchereiintereſ⸗ 
ſenten, die Grundbeſitzer und die Induſtrie beſchäftigt. 
Viele Schwierigkeiten waren zu überwinden, bevor es 
unter Dach und Fach kam. Während das bislang 
geltende Fiſchereigeſez vom 30. Mai 1874 in erſter 
Linie ein Polizeigeſetz war, iſt das neue Fiſchereigeſetz 
mehr ein Wirtſchaftsgeſetz.) 

Zweck des Fiſchereigeſetzes von 1874 war — wie 
in der Begründung zu dem neuen Geſetze ausgeführt 
wird — neben einer Zuſammenfaſſung der provinziell 
und lokal zerſplitterten, älteren Vorſchriften eine Neu⸗ 
regelung des geſamten Fiſchereirechts unter dem Ge⸗ 
ſichtspunkte der Fiſchereipolizei. Infolge der Ungleich⸗ 
artigkeit der früheren Geſetzgebung war namentlich der 
Schutz der laichenden Fiſche und der jungen Brut 
völlig vernachläſfigt worden. Intenfive Fiſchereiwirt⸗ 
ſchaft wurde nur vereinzelt betrieben. Der Erlaß 
polizeilicher Schonvorſchriften erſchien daher unter den 
damaligen Verhältniſſen als das wirkſamſte Mittel 
zur Hebung der Fiſcherei. In dieſer Beziehung hat 
ſich im Lauf der Jahre ein erheblicher Umſchwung 
vollzogen. Gegenwärtig iſt anerkannt, daß die Binnen⸗ 
fiſcherei weniger durch die Einhaltung beſtimmter Vor⸗ 
ſchriſten über Mindeſtmaße der Fiſche, Maſchenweite 
der Netze oder Schonreviere als durch eine nach Art 
der Teichwirtſchaft betriebene ordnungsmäßige Bewirt⸗ 
ſchaftung der Fiſchgewäſſer gefördert wird. Zu einer 

1) Die beſonderen Beſtimmungen des neuen Geſetzes, 
welche mit der Jagd in Beziehung ſtehen und die hierauf 
bezüglichen Befugniſſſe der Fiſcherei⸗ Berechtigten ordnen, 
ſind in dem folgenden Briefe näher beſprochen. D. Red. 


derartigen Gewäſſerwirtſchaft bietet das geltende Geh 
keine Handhabe. Jusbeſondere gewährt es keinen a. i 
reichenden Schutz gegen die tatſächliche Ausübung de . 
Fiſcherei durch eine große Zahl von Berechtigten 
Das Fiſchereirecht umfaßt die Befuges u ; 
einem Gewäſſer Fiſche, Krebſe, Auftern und ander 
Muſcheln, Seemoos und Korallenmoos ſowie El 
kröten zu hegen und fih anzueignen. Soweit dad Ge: ` 
wäſſer zur Fiſcherei benutzt wird, erſtreckt fih des 
Fiſchereirecht auch auf Froͤſche. In den Rafter, 
gewäffern, an denen kein Eigentum beſteht, hat je | 
Deutſche freien Fiſchfang, in denen, die im Eigentum; 
ſtehen, fowie in den Binnengewäſſern hat der Eiger . 
tümer das Fiſchereirecht mit der Einſchränkung, di; 
1. alle Fiſchereirechte und der freie Fiſchfang auf 
recht erhalten bleiben, ſoweit ſie am 30. April 1014 
beſtanden haben, 2. die Vermutung für den, der ein: 
Fiſchereirecht bis zum 1. Mai 1914 mindeftens 30 
Jahre lang als ſein eigenes ausgeübt hat, dafür ſprich, 
daß es ihm zuſteht. | 
Zur Sicherſtellung der Fiſchereirechte, die nicht den 
Eigentümer des Gewäſſers zuſtehen, beſtimmt dab Ge 
ſetz, daß dieſe auf Antrag des Berechtigten ins Ba): 
ſerbuch einzutragen find, und daß dieſe Rehte mil 
Ablauf von zehn Jahren nach Inkrafttreten Di 
Fiſchereigeſetzes erldichen, wenn die Eintragung 1 
Waſſerbuch nicht vorher beantragt iſt. | 
Im Falle von Ueberfhwemmungen W 
der in dem über die Ufer austretenden Gewinn 
Fiſchereiberechtigte das Recht, auf den überfluten 
Grundſtücken zu fischen. Der Grundeigentümer bat 
während der Ueberflutung nicht fischen; bleiben abe 
nach Rücktritt des Waſſers in Gräben oder anderen 
Vertiefungen, die nicht mehr in Verbindung mit den 


Ze. 


Gemafer ſtehen, Fiſche zurück, fo darf er diefe fid 
aneignen. 

Sinfihtä des Üferbetretungsrechts emt- 
halt das Geſetz folgende wichtige Beſtimmung: 

„Der in einem Gewäſſer zur Fiſcherei Berechtigte 
und mit defen Ermächtigung der Fiſchereipüchter oder 
angestellte Fiſcher darf mit feinen Gehilfen und feinen 
Geräten die an das Waffer angrenzenden Ufer, Inſeln, 
Anlandungen, Schiffahrtsanlagen ſowie Brücken, Wehre, 
Schleuſen und ſonſtige Waſſerbauwerke ſoweit betreten, 
als es die Ausübung ſeines Fiſchereirechts erfordert. 
Das Betreten von Schiffahrtsanlagen und Waſſerbau⸗ 
werken, ſowie von Anlandungen. die durch Unterhal⸗ 
tungs⸗ und Ausbauarbeiten entſtanden find, kann durch 
Polizeiverordnung verboten oder eingeſchränkt werden. 
Das Uferbetretungsrecht erſtreckt ſich nicht auf Gebäude, 
Hofräume, Gartenanlagen, Forſtkulturen, beſtellte 
Aecker, gewerbliche Anlagen und dauernd vollſtändig 
eingefriedigte Grundſtücke, ſowie auf die Ufer von Bee 
wifferungs- oder Entwällerungsgräben in Wieſen. Der 
Schaben, der durch die Uferbetretung verurſacht wird, 
it dem Geſchͤͤdigten zu erſetzen.“ 

Um einer weiteren Zerſplitterung der 
Fiſchereirechte vorzubeugen, ift die Belaftung 
eines Gewäſſers mit neuen Fiſchereirechten verboten. 
Ferner ift, um eine Ausdehnung der Koppel fiſche⸗ 
teien zu verhindern, beſtimmt, daß bei Nechts⸗ 
geſchͤſten unter Lebenden die Zahl der Erwerber die 
Zahl der bisher Fiſchereiberechtigten nicht überſteigen 
darf f 


Die Ausübung des Fiſchereirechts, fo- 
weit fie nicht von dem Berechtigten ſelbſt erfolgt, kann 
durch Verpachtung oder durch Erteilung von Erlaub⸗ 
nisſcheinen erfolgen. Pachtverträge bedürfen der ſchrift⸗ 
lichen Form. Die Pachtzeit it auf mindeſtens 12 
Jahre ſeſtzuſetzen. Eine Beſtimmung über die Höchſt⸗ 
dauer det Pachtverträge und über die Zahl der Pächter 
ift leider nicht getroffen, dagegen ift dem Bezirksaus⸗ 
ſchus die Ermächtigung erteilt, zu beſtimmen, an wie 
viel Perſonen ein Gewäſſer oder eine Bewäflerftrede 
derpachtet werden darf. 

Sehr wichtig find die Beſtimmungen über die 
Jiſcherei in den Abzweigungen (Mühlgräben, 
Werkkanälen uſw). Dadurch, daß der Eigentümer 
folder Abzweigungen in dieſen den Fiſchfang ausübt, 
wird der in dem Hauptgewäſſer Fiſchereiberechtigte oft 
ſehr geſchͤdigt. Beſonders bei Hochwaſſer und bei 
ſchr niedrigem Werfierftande ziehen fich die Fiſche gerne 
in die Mühl: ufe. Gräben, weil fie hier bei Hoch⸗ 
waffer Schuß und bei Niedrigwaſſer das meiſte Waſſer 
vorfinden. Der Grabenbeſitzer macht. dann reiche Ernte 
auf Rofen des im Hauptwaſſer ‚Fiſchereiberechtigten, 
ohne auch nur das Geringſte zur Hebung der Fiſcherei 


beizutragen. Er erntet ohne zu ſäen. In Bayern 
hat man daher die ſehr zweckmäßige Beſtimmung ge⸗ 
troffen, daß dem im Hauptwaſſerlauf Berechtigten auch 
das Fiſchereirecht in der Abzweigung gehören ſoll. 
Hierzu konnte ſich die Staatsregierung leider nicht 
entſchließen. Nach dem Entwurfe des neuen Fiſcherei⸗ 
geſetzes ſollte aber der Grabenbeſitzer verpflichtet fein, 
die Ausübung der Fiſcherei in dem Mühl- uſw. Graben 
dem in dem angrenzenden Haupigewäſſer Fiſcherei⸗ 
berechtigten gegen einen nach billigem Ermeſſen feſt⸗ 
zuſetzenden jährlichen Pachtzins zu verpachten. 

Bedauerlicher Weiſe fand dieſe ſehr zweckmäßige 
Beſtimmung nicht die Zuſtimmung des allzuinduſtrie⸗ 
freundlichen Landtages und es wurde nunmehr folgende 
Beſtimmung beſchloſſen: | 

„Fiſchereiberechtigte in Abzweigungen miiffen die 
Ausübung ihrer Fiſchereirechte den in den angrenzenden 
Strecken des Hauptwaflerlaufs zur Fiſcherei Berechtigten 
auf Verlangen gegen eine Geldrente überlaſſen, wenn 
ſie nicht bereit ſind, die zum Schutz und 
zur wirtſchaftlichen Nutzung der Fiſch⸗ 
gewäͤſſer notwendigen, Maßnahmen gez 
meinſchaftlich mit ihnen zu treffen uſw.“ 

Der Mißſtand, daß in dem Hauptgewaͤſſer und 
in der Abzweigung zwei verſchiedene Perſonen fiſcherei⸗ 
berechtigt ſind, bleibt hiernach auch ferner zum Schaden 
der Fiſcherei beſtehen. 

Für blind endigende Gewäſſer enthält 
das Geſetz die zweckmäßige Beſtimmung, daß, wenn 
ein Waſſerlauf oder ein See in Verbindung mit einem 
nicht zu den Waſſerläufen gehörenden, blind endigen⸗ 
den Gewäſſer ſteht, der im Waſſerlauf oder See an 
der Verbindungsſtelle Fiſchereiberechtigte verlangen 
kaun, daß dieſes Gewäſſer gegen den Wechſel von 
Fiſchen, die das vorgeſchriebene Mindeſtmaß haben, 
abgeſperrt wird. Solange das nicht geſchieht, iſt er 
ausſchließlich berechtigt, die Fiſcherei in dem Gewäſſer 
auszuüben. pe e 

Zum Schutze der verſchiedenen in einem offenen 
Sewäſſer oberhalb und unterhalb liegenden Fiſcherei⸗ 
berechtigungen iſt es verboten, Vorrichtungen zu 
treffen, die den Wechſel der Fiſſche ver⸗ 
hindern. Der Regierungsprafident kann jedoch aus 
polizeilichen und wirtſchaftlichen Gründen, vorüber⸗ 
gehend Ausnahmen, namentlich für den Fiſchfang ge⸗ 
ſtatten. Durch ſtändige Fiſchereivorrich⸗ 
tungen darf ein offenes Gewäſſer zum Zwecke dez 
Fiſchfanges nicht mehr als auf die Hälfte der Waſſer⸗ 
fläche für den Wechſel der Fiſche verſperrt werden. 

Die Beſtimmungen über Fiſcherei'genoſſen⸗ 
ſchaften ſind in dem neuen Fiſchereigeſetze im fiſche⸗ 
reiwirtſchaſtlichen Intereſſe wefentlich ergänzt und in 


24 


bezug auf das Verfahren den Vorſchriften des Waſſer⸗ ſchaftlichen Betrieb desſelben ſchädigen und ber Bert 
geſetzes nachgebildet worden. des Fiſchereirechts in dem ſelbſtändigen Bezirke den. 
Das Geſetz unterſcheidet Schutz- und Wirt ihrer Fiſchereirechte überſteigt. Sie können ſtatt defer: 
ſchaftsgenoſſenſchaften. Erſtere ſollen behufs auch die Fiſcherei ruhen laffen, wenn das Ruhen den 
geregelter Aufſichtsführung und zum gemeinſamen ſelbſtändigen Fiſchereibezirke nicht nachteilig iſt. 
Schutze des Fiſchbeſtandes, letztere behufs gemeinſchaft⸗ Das Fiſchereigeſetz führt, analog dem Jagdſchein 
licher Bewirtſchaftung und Nutzung der Fiſchgewäſſer einen Fiſchereiſchein ein, den jeder bei ſich führen 
gebildet werden. muß, der den Fiſchfang ausübt. Es ſoll dadurch de 
Eine Schutzgenoſſenſchaft kann auch ohne notwendige Kontrolle der Fiſcherei erleichtert und ved 
Zuſtimmung der Fiſchereiberechtigten gebildet werden, hindert werden, daß Perſonen, von denen eine Ge: 
eine Wirtſchaftsgenoſſenſchaft in der Regel fährdung ' fiſchereilicher Intereſſen zu befürchten if, den. 
nur mit Zuſtimmung der Mehrheit der Fiſchereiberech⸗ Fiſchereibetrieb ausüben können. Zur Ausſtellung dez 
tigten, wenn der genoſſenſchaftliche Zuſammenſchluß für die ganze Monarchie geltenden Fiſchereiſcheines if 
der Erhaltung und Vermehrung des Fiſchbeſtandes die Fiſchereibebörde (Ortspolizeibehörde), in deren 
dient und einen höheren wirtſchaftlichen Nutzen in Aus: zirk' der Antragſteller den Fiſchfang ausüben will 
fit ſtellt, als der ſelbſtändige Fiſchereibetrieb der cine rechtigt.“ Der Fiſchereiſchein, der koſtenfrei ausgeſtell 
zelnen Berechtigten. Nur, wenn der ſelbſtändige Fiſche⸗ wird, kann verfagt werden: Perſonen, die nicht glau 
reibetrieb der einzelnen Berechtigten mit einer wirt⸗ | haft machen können, daß fie zur Ausübung der Fiſch 
ſchaftlichen Fiſchereinutzung der Gewäſſer im ganzen im Bezirke der Fiſchereibehörde befugt find, fowie P 
unvereinbar ift und wenigſtens ein Berechtigter mit | fonen, die in den letzten drei Jahren wegen Diebſtahle 
der Bildung einverſtanden ift, kann auch ohne Zu: Unterſchlagung, Hehlerei, Jagd- oder Fiſchereivergeſenn 
ſtimmung der Mehrheit der Fiſchereiberechtigten eine oder Widerſtandes gegen einen Fiſchereibeamten 
Wirtſchaftsgenoſſenſchaft gebildet werden. i § 118 R. St. G. B. oder aus den 88 117—119 bx 
Eine erwünſchte Neuerung bringt das Geſetz in ſelbſt, oder wegen einer Straftat, die zugleich 
den Fiſchereibezirken. Solche können, wenn der Polizeiaufſicht, Ehrverluſt oder Ueberweiſung an de! 
geringe Umfang der Fiſchereirechte der Erhaltung oder Landespolizeibehörde bedroht iſt, beſtraft worden fib 
Vermehrung des Fiſchbeſtandes oder einer vollen wirt: | und endlich Perſonen, die keinen Wohnſitz im Deu 
ſchaftlichen Ausnutzung eines Gewäſſers hinderlich find ſchen Reiche haben. Ausgenommen find. die Fisch 
und ein genoſſenſchaftlicher Zuſammenſchluß unaus⸗ berechtigten, dieſen muß immer ein Fiſchereiſchein 
führbar erſcheint oder nicht den gleichen wirtſchaftlichen teilt werden, weil die Verſagung des. Fiſchereiſche 
Erfolg in Ausſicht ſtellt, auf Antrag der Fiſcherei⸗ oft der Einziehung des. Fiſchereirechts gleichlomn 
behörde oder eines Beteiligten durch Beſchluß des Be: würde. Für Ausländer kann nur ber Regierun 
zirlsausſchuſſes gebildet werden. Neben dieſen ge: | präfident einen Fiſchereiſchein ausſtellen. | 
meinſchaftlichen Fiſchereibezirken können, Neben dem Fiſchereiſchein muß derjenige, der 
ähnlich wie nach der Jagdordnung gemeinſchaftliche einem Gewäfſſer fiſcht, in dem er nicht Fiſchereibenth 
und eigene Jagdbezirke gebildet werden können, ſelb⸗ | tigter oder Fiſchereipächter ift, einen Erlaubni⸗ 
ſtändige Fiſchereibezirke gebildet werden, ſchein des Berechtigten oder Pächters bei ſich führen 
wenn ſich ein Fiſchereirecht ununterbrochen auf min⸗ ſofern dieſer nicht zugegen iſt. Zur Erhaltung de 
deſtens 2 Kilometer Länge in der ganzen Breite der Fiſchbeſtandes kann der Regierungspräfident die Zahl 
Gewäſſer oder auf einen ganzen See erſtreckt. Aus⸗ der Erlaubnisſcheine, die für eine Fiſchereiftut 
nahmen kann der Bezirksausſchuß dahin geſtatten, daß erteilt werben follen, feſtſetzen, die Ausſtellung aut 
dem felbftändigen Fiſchereibezirk auch ſolche Gewäſſer⸗ zeitweiſe ganz verbieten oder auf beſtimmte Fischarten 
ſtrecken angeſchloſſen werden, auf denen der Fiſcherei⸗ oder Fangmittel beſchränken. l 
berechtigte nicht in der ganzen Breite der Gewäſſer Die Anwendung ſchädlicher oder explodie 
fiſchereiberechtigt ift, und daß auch aus kürzeren Strecken render Stoffe ift verboten. Zum Shupe ber 
und auch wenn das Fiſchereirecht nicht die ganze Breite Fiſche kann den Eigentümern von Turbinen bi ! 
des Gewäſſers oder die ganze Fläche des Sees umfaßt, | Herftellung und Unterhaltung von Vorrichtungen, . 
ein ſelbſtändiger Fiſchereibezirk gebildet wird. das Eindringen der Fiſche in die Turbinen verhinden, 
Fiſchereiberechtigte eines Gewäſſers, das an einen auf ihre Koſten auferlegt werden, ſoweit folde Bor | 
ſelbſtändigen Fiſchereibezirk angrenzt, find verpflichtet, | richtungen mit dem Unternehmen vereinbar und vir 
die Ausübung ihrer Fiſchereirechte dem Inhaber dieſes ſchaftlich gerechtfertigt ſind. | 
Bezirks gegen eine Geldrente zu überlaffen, wenn fie In Ergänzung” der Beſtimmungen des Baler | 
durch eigene Ausübung ihrer Fiſchereirechte ben wirt: geſetzes über die Verunreinigung der Gewal: 


| 
j 
4 


25 


fer enthält das Fiſchereigeſetz eine Beſtimmung, welche 
dahin lautet: 

„Werden auf Grund eines nach den 88 379, 380 
W. G. aufrechterhaltenen Rechtes in ein Gewäſſer 
fliffige Stoffe eingeleitet, welche die Fiſcherei weſent⸗ 
lich beeinträchtigen, ſo können die Fiſchereiberechtigten ver⸗ 
langen, daß der Unternehmer der Anlage Einrichtungen 
trifft, die geeignet find, die nachteiligen Wirkungen zu 
beſeitigen oder zu verringern, ſoweit ſolche Einrichtungen 
wirtſchaftlich gerechtfertigt ſind und den Betrieb des 
Unternehmens nicht weſentlich beeinträchtigen.“ 

Um eine Trockenlegung eines Gewaffers, beſonders 
von Mühl⸗ und Werkgräben ohne Vorwiſſen des 
siihereiberechtigten zu verhindern, ſieht das Geſetz 
vor, daß durch Polizeiverordnung beſtimmt werden 
kann, daß Fiſchgewäſſer nur zu einer be: 
ſtimmten Zeit oder bis zu einem beſtimm⸗ 
ten Maße abgeleitet werden dürfen, und 
daß der zur Ableitung Berechtigte dem 
Fiſchereiberechtigten den Beginn und die 
vorausſichtliche Dauer einer, beabſichtig⸗ 
ten Ableitung beſtimmte Zeit vorher an⸗ 
zuzeigen hat. 

Zum Schutze der Fiſcherei gegen fiſchereiſchäd⸗ 
liche Tiere darf der Fiſchereiberechtigte und der 
Fiſchereipaächter, wenn er einen Fiſchereiſchein beſitzt, in 
ſeinem Fiſchgewäſſer Fiſchottern und Fiſchreiher 
mit den zur Jagd erlaubten Mitteln, ausgenommen 
Schußwaffen, töten oder fangen und für ſich behalten. 
Eines Jagdſcheines bedarf er hierzu nicht. Außerdem 
fann, nach 8 67 der Jagdordnung, die Jagdpolizei⸗ 
behörde die Eigentümer und Pächter ſolcher zur Fiſche⸗ 
rei dienenden Seen und Teiche, die nicht zu einem 
Eigenjagdbezirk gehören, ſelbſt wenn die Jagd auf 
ihnen ruht, ermächtigen, jagdbare und nicht jagdbare 
Tiere, welche der Fiſcherei Schaden zufügen, zu jeder 
Zeit auf jede erlaubte Weiſe zu fangen, namentlich 
auch mit Anwendung von Schußwaffen zu erlegen. 

Zur Hebung der Fiſcherei können von dem Regie⸗ 
“Tung8prafibenten nach Anhörung der Fiſchereiberech⸗ 
tigten oder Fiſchpächter Gewäſſerſtrecken, die vorzugs⸗ 
weile den Wechſel der Fiſche beherrſchen, zu Fiſch⸗ 
ſchonbezirken und Gewäſſerſtrecken, die vorzugs⸗ 
weiſe geeignete Laichplätze für die Fiſche bieten, zu 
Laichſchonbezirken erklärt werden. In erſteren 
jede Art des Fiſchſanges verboten, in Laiſchſchon⸗ 
ezirken gilt dies nur für die Laichzeit der Fiſcharten, 
t die der Schonbezirk angeordnet iſt. Damit der 
echſel der Fiſche nicht behindert wird, müſſen 
i der Anlage von Wehren, Schleuſen, Dämmen oder 
nderen Anlagen, erforderlichen Falls Fiſchwege an: 
tlegt und unterhalten werden. Die Eigentümer von 


olden Anlagen, die beim Inkrafttreten des Geſetzes 
1017 


bereits vorhanden ſind, müſſen die Anlegung und 
Unterhaltung eines Fiſchweges gegen Entſchädigung 
dulden, wenn der Staat aus öffentlichen Rückſichten 
oder die Fiſchereiberechtigten im oberen oder unteren 
Teil des Gewäſſers ihn anlegen wollen. In den Hild: 
wegen iſt jede Art Fiſchfang verboten, auch ober⸗ und 
unterhalb derſelben muß für die Zeit, während welcher 
ſie geöffnet ſind, der Fiſchfang in einer den örtlichen 
Verhältniſſen angemeſſenen, vom Regierungspräſidenten 
zu beſtimmenden Ausdehnung unterbleiben. 

Fiſchereibehörden find in den Binnengewäſ⸗ 
ſern die Ortspolizeibehörden bezw. die Oberfiſchmeiſter, 
in den Küſtengewäſſern nur die Oberfiſchmeiſter. Zur 
Unterſtützung letzterer dienen Fiſchmeiſter und Fiſcherei⸗ 
Aufſeher. 

Polizeiverordnungen auf Grund des neuen 
Fiſchereigeſetzes können nur erlaſſen werden von dem 
Miniſter für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten, 
den Oberpräſidenten und den Regierungspräſidenten. 

Der” ſpäteren Regelung durch Polizeiver-⸗ 
ordnungen ſind hauptſächlich folgende Gegenſtände 
vorbehalten worden: 

1. die Beſtimmungen Jüber die das Eindringen der 
Fiſche in die Turbinen verhindernden Schutzvor⸗ 
richtungen; 

2. die Beſtimmungen betr. Ableitung von Fiſch⸗ 
gewäſſern; 

3. die Beſtimmungen über: 

a) das Mindeſtmaß der Fiſche; 

b) die Schonzeiten der Fiſche, die Verbote und 
Beſchränkungen des Fiſchens während der 
Schonzeiten und die Behandlung der während 
der Schonzeit gefangenen Fiſche; 

c) weitergehende Verbote und Beſchränkungen 
hinſichtlich der Ausfegung, des Ganges und 
der Verſendung von Fiſchen, ſowie hinſichtlich 
der Art und Beſchaffenheit der Fanggeraͤte; 

d) die aus Rückſichten auf den öffentlichen Ver⸗ 
kehr und die Schiffahrt ſowie zur Vermeidung 
gegenſeitiger Störung der Fiſcher und zur Er⸗ 
leichterung der Aufſichtsführung beim Fiſchfange 
zu beobachtende Ordnung; 

e) die Abfiſchung von Gewäſſern; 

f) die Bekaͤmpfung von Fiſchkrankheiten; 

g) das Ausſetzen ausländiſcher Fiſche; 

h) die Art und Zeit der Werbung von Waſſer⸗ 
pflanzen (Rohr, Schilf, Binſen uſw.); 

i) den Schutz der Futtertiere; 

k) den Schutz des Fiſchlaichs; 

1) das Einlaſſen von Enten in Fiſchgewäſſer; 

m) den Schutz von Fiſchteichen und Fiſchzucht⸗ 
anſtalten mit zugehörigen Anlagen. 

Dieſe Polizeiverordnungen find von der größten 

— 4 


Wichtigkeit. Von ihnen wird es vor allem abhängen, 
wie ſich das neue Fiſchereigeſetz bewähren wird. Ihr 
Erlaß ſteht noch aus, ift aber wohl in nddfter Zeit 
zu erwarten. Es wird dann über dieſelben weiter be⸗ 
richtet werden. 

Das neue preußiſche Fiſchereigeſetz bedeutet zweifel⸗ 
los einen großen Fortſchritt auf dem Gebiete der 
Fiſchereigeſetzgebung, wenn es auch nicht allen berech⸗ 
tigten Wünſchen der Fiſchereiintereſſenten gerecht ge⸗ 
worden iſt. Vor allem wäre es erwünſcht geweſen, wenn 
die Bildung von Fiſchereibezirken nicht nur eine fakul⸗ 
tative, ſondern ähnlich wie bei der Jagd eine obliga= 
toriſche wäre. Hierdurch wäre das Geſetz weſentlich ver⸗ 
einfacht worden und eine ganze Reihe ſchwieriger Fragen, 
wie die Behandlung der Fiſcherei in den Mühl⸗ und 
Werkgräben, die Behandlung kleiner Fiſchereiſtrecken, 
die ſich nicht zu ſelbſtändiger rationeller Bewirtſchaf⸗ 
tung eignen u. a. m., hatten hierdurch ihre zweckmäßige 
und einfachſte Löſung gefunden! Bei der Behandlung 
dieſer und manch anderer Fragen iſt die Rückſicht⸗ 
nahme auf die Induſtrie wohl etwas zu ſehr in den 
Vordergrund getreten. 

Daß ein Fiſchereigeſetz nicht alle Wünſche der 
Fiſchereiintereſſenten befriedigen fann, ift ſelbſtverſtänd⸗ 
lich. Ein ſolches Geſetz darf nicht nur auf deren 
Wünſche Rückſicht nehmen, auch die Intereſſen der 
Landwirtſchaſt, der Induſtrie, der Uſeranlieger müſſen 
gewahrt werden. Es muß anerkannt werden, daß das 
neue preußiſche Fiſchereigeſetz ernſtlich bemüht geweſen 
iſt, die vielen widerſtreitenden Intereſſen der Fiſcherei, 
Landwirtſchaft, Induſtrie uſw. möglichft auszugleichen. 
Daß dies nicht in allen Fällen gelungen iſt, liegt in 
den großen Schwierigkeiten, die hierbei zu überwinden 
waren. 

Wenn, wie wir zuverſichtlich hoffen, zu dieſem Ge- 
ſetze als Ergänzung gute Ausführungsbeſtimmungen 
und Polizeiverordnungen erlaſſen werden, dann wird 
es der Fiſcherei und zugleich dem ganzen Lande ſicher⸗ 
lich zum Nutzen und Segen gereichen. Eberts. 


— 


Aus Preußen. 

Das neue preußiſche HFiſchereigeſetz vom 

33. Mat 9996. 

Das neue Fiſchereigeſetz vom 11. Mai 1916, welches 
das alte Fiſchereigeſetz vom 30. Mai 1874 und vom 
30. März 1880 aufhebt, iſt allerdings noch nicht in 
Kraft getreten, weil dieſer Zeitpunkt durch eine König⸗ 
liche Verordnung beſtimmt werden ſoll, die bis heute 
noch nicht ergangen ift ($ 135 Gef. vom 11. Mai 
1916). Auch die Interefſen der Jägerwelt werden 
durch das Fiſchereigeſetz berührt, denn es iſt bekannt, 
daß in dem alten jetzt noch weiter geltenden Geſetz den 
Fiſchereiberechtigten die Befugnis eingeräumt iſt, außer 


26 


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den nicht jagdbaren Tauchern, auch Eisvögel, Reiher, 
Kormorane und die jagdbaren Fiſchadler und 
Fiſchottern ohne Anwendung von Schußwaffen 
zu töten oder zu fangen und für ſich zu behalten 
(§ 45 F. G.). Dieſes den Fiſchereiberechtigten gemachte 
Zugeſtändnis ging recht weit und jedenfalls aus dieſem 
Grunde hat das neue Geſetz gewiſſe Einſchränkungen 
eintreten laſſen. j 

Im § 105 ift den Fiſchereiberechtigten oder dem 
Fiſchereipächter nur noch erlaubt worden, in feinem 
Fiſchgewäſſer Fiſchottern und Reiher mit den 
zur Jagd erlaubten Mitteln, ausgenommen 
Schußwaffen, zu töten oder zu fangen und für ſich zu 
behalten. 

Nach den Vorſchriften der J.⸗O. vom 15. Juli 
1907 mußte auch der Fiſchereiberechtigte zur Erlegung 
der jagdbaren Tiere, wie z. B. Fiſchottern, einen Jagd: 
ſchein haben, eine Forderung, die, wie zugegeben wer: 
den muß, demjenigen gegenüber. welcher die geſetzliche 
Befugnis hat, feine Intereſſen Schaden anrichtenden 
jagdbaren Tieren gegenüber zu ſchützen, nicht berechtigt 
iſt. Das neue Fiſchereigeſetz ſchafft nach dieſer Rid: 
tung die erforderliche Abhilfe, denn es ſchreibt vor, 
daß der Fiſchereiberechtigte in Ausübung der ihm er: 
teilten geſetzlichen Befugniſſe eines Jagdſcheins 
nicht bedarf ($ 105 Abſ. 1). 

Damit ſind die Befugniſſe des Fiſchereiberechligten 
aber noch nicht erſchöpft, denn wie Abfatz 2 des 9 105 
weiter vorſchreibt, ſoll es, ſoweit durch Geſetze den 
Fiſchereiberechtigten oder Fiſchereipächtern der Fang 
jagdbarer, der Fiſcherei ſchädlicher Tiere in weiterem 
Umfange geſtattet iſt, hierbei ſein Bewenden behalten. 

Die Beſtimmung des § 67 der J.⸗O. vom 15. Juli 
1907 ermaͤchtigt die Jagdpolizeibehörde, den Eigen: 
tümern und Pächtern ſolcher zur Fiſcherei dienenden 
Seen und Teiche, die nicht zu einem Eigenjagdbezirt 
gehören, ſelbſt wenn die Jagd auf ihnen ruht, die 
Erlaubnis zu erteilen, jagdbare und nicht jagdbare 
Tiere, welche der Fiſcherei Schaden zufügen, zu jeder 
Zeit auf jede erlaubte Weiſe zu fangen, nament: 
lich auch mit Anwendung von Schußwaf— 
fen zu erlegen. In dieſem Falle kann aber der 
Jagdberechtigte verlangen, daß ihm die erlegten Tiere, 
ſoweit ſie feinem Jagdrecht unterliegen, gegen das üb: | 
liche Schußgeld überlaſſen werden. 

Von dem § 67 der Jagdordnung kann man ef 


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daß er beffer und deutlicher hätte abgefaßt werden 
können, als es tatſächlich der Fall ift, denn er iſt fehr 
unklar. Es iſt die Rede vom Fangen und Er | 
legen von Tieren mit der Schußwaffe. Die auf 
Grund dieſer Beſtimmung erlegten jagdbaren Tiere | 
folen gegen Schußgeld dem Jagdberechtigten aus | 
gehändigt werden. Fangen und erlegen * 


verſchiedene Begriffe, denn beim fangen ift die Witr- 
kung nur das in die Gewalt bekommen, während er⸗ 
legen das Töten des Tieres bedeute}, im vorliegen⸗ 
den Falle mit der Schußwaffe. 

Nur die auf Grund des $ 67 erlegten Tiere 
jagdbaren Charakters ſind gegen Schußgeld zu über⸗ 
laſſen, aber Schußgeld, wo es feſtgeſetzt iſt, wird 
ſchließlich auch für Wild gezahlt, das gefangen worden 
iſt, ohne daß es erlegt zu ſein braucht. Wenn aber 
nur für erlegtes Wild die Ablieferung gelten ſoll, 
dann würde ſie bei dieſem, wenn es gefangen und 
nicht erlegt iſt, nicht beanſprucht werden können 
und im Sinne des Wortlautes des 8 67 ift die Aus: 
legung die nächſtliegende, daß hierfür nur mit der 
Schußwaffe erlegte jagdbare Tiere in Frage 
kommen. Andererſeits kann man aber auch wiederum 
ſagen, daß alle jagdbaren Tiere, auch die gefangenen, 
gegen Schußgeld herausgegeben werden müſſen. Nach 
dem Inhalt des 8 67 iſt dieſes keineswegs ſelbſtver⸗ 
ſtändlich, denn es wird mit Recht auch die Auffaſſung 
vertreten, daß nur die jagdbaren mit der Schuß⸗ 
waffe erlegten Tiere herausgegeben zu werden 
brauchen. 

Unklar wie dieſer Teil des § 67 ift auch der andere, 
„daß der Jagdberechtigte verlangen 
kann, herauszugeben, was herauszugeben iſt“. 

Der § 13 der J.⸗O. gibt den Eigentümern der 
zur Fiſcherei dienenden Seen und Teiche, die über 
75 ha groß ſind, die Befugnis, dieſe einſchließlich der 
in ihnen liegenden Inſeln, ſoweit dieſe ganz ihnen ge⸗ 
hören, von dem gemeinſchaftlichen Jagdbezirk auszu⸗ 
ſchließen, und beſtimmt zu Abſatz 4, daß für die Dauer 
des Ausſchluſſes der Grundſtücke die Jagd auf ihnen 
ruhen ſoll. Danach darf auf ihnen weder der Pächter 
des gemeinſchaftlichen Jagdbezirks noch der Eigentümer 
ſelbſt die Jagd ausüben. Wenn nun die von Fiſcherei⸗ 
berechtigten auf Grund des § 67 der J.⸗O. erlegten 
jagdbaren Tiere dem Jagdpächter auf deſſen Ver⸗ 
langen auszuhändigen ſind, mit der erwähnten Aus⸗ 
nahme, jo handelt es ſich darum, wer im Falle 
des Ruhens der Jagd der Jagdberechtigte iſt. 
Dankelmann⸗Engelhard bemerken hierzu, daß dieſer 
nur vorhanden iſt, wenn die Grundſtücke nicht von 
dem gemeinſchaftlichen Jagdbezirk ausgeſchloſſen find. 

Der § 67 J. O. findet aber in vollem Umfang 
auf Seen und Teiche, die nicht zu einem Eigenjagd⸗ 
bezirk gehören, auch dann Anwendung, wenn die 
Jagd auf ihnen ruht. Das bezieht ſich natürlich 
auf die vorgeſehene Herausgabe erlegter jagdbarer 
Tiere, denn es iſt keine Rede davon, daß dieſe nur 
ſtattfinden ſoll, wenn die Grundſtücke zum gemein⸗ 
ſchaftlichen Jagdbezirk gehören. Iſt dieſes der Fall, 
dann könnte der Fiſchereiberechtigte ſo wie ſo kein 


27 


Eigentumsrecht geltend machen, ſoweit es ihm nicht 
ausdrücklich zugeſtanden iſt. Hat Ausſchluß der Seen 
und Teiche aus dem gemeinſchaftlichen Jagdbezirk ſtatt⸗ 
gefunden, dann iſt Jagdberechtigter der Grundeigen⸗ 
tümer, der es ſich nicht ſelbſt herausgeben kann. 

Es ift daher anzunehmen, daß als Jagdberechtigter 
im Sinne des $ 67 der Pächter des gemein: 
ſchaftlichen Jagdbezirks allein in Frage kommt. 
Ganz zu billigen iſt das natürlich nicht, denn wenn 
dieſe Seen und Teiche vom gemeinſchaftlichen Jagd⸗ 
bezirk ausgeſchloſſen find, fo können fie auch nicht mehr 
als Teile desſelben gelten. Auf ſie entfällt keinerlei 
Jagdpachtanteil, denn es wird nichts für ſie bezahlt 
und deshalb müßte die Verpflichtung des Fiſcherei⸗ 
berechtigten, beiſpielsweiſe die mit der Schußwaffe er⸗ 
legten Fiſchottern unter dieſen Umſtänden herauszu⸗ 
geben, fallen. 

Das alte Fiſchereigeſez vom 30. Mai 1874, das 
ja heute noch in Kraft ſteht, hat den Fiſchereiberech⸗ 
tigten die Eisvögel vollſtändig preisgegeben. Unter der 
Herrſchaſt des neuen Geſetzes iſt das nicht mehr der 
Fall und deshalb hat der Fiſchereiberechtigte dieſen 
ſchönen und ſelten gewordenen Vögeln gegenüber die 
Vorſchriften des R. V. Sch. G. vom 30. Mai 1908 
zu beachten. Dieſes ſetzt eine Schonzeit vom 1. März 
bis zum 1. Oktober feſt, die von der Landesgeſetz⸗ 
gebung erweitert und auch auf das ganze Jahr aus⸗ 
gedehnt werden kann. Dadurch iſt natürlich der Fiſcherei⸗ 

berechtigte nichk in ſeinen Intereſſen geſchädigt, denn 
wenn die Eisvögel der Fiſcherei wirklich Schaden zu⸗ 
fügen, fo gibt der § 67 der J.⸗O. die Möglichkeit 
dieſen Schaden nachzüprüfen und mit den geſtatteten 
Mitteln abzuwenden. 

Soweit Fangmittel in Anwendung gebracht werden 
dürfen, müſſen es erlaubte ſein. Hierzu gehören Eiſen 
und Fallen, aber die Benutzung von Schlingen iſt all⸗ 
gemein verboten. 

Es ſchreibt der § 13 des neuen Fiſchereigeſetzes vor, 
daß der in einem Gewäſſer zur Fiſcherei Berechtigte 
und mit deſſen Ermächtigung der Fiſchereipächter die 
an das Waſſer angrenzenden Ufer, Inſeln, Anlan⸗ 
dungen ... jo weit betreten darf, als es die Ausübung 
ſeines Fiſchereirechts erfordert. Nach Abſatz 4 erſtreckt 
ſich dieſes Recht aber nicht z. B. auf Forſtkulturen, 
beſtellte Aecker und dauernd vollſtändig eingefriedigte 
Grundſtücke. 

Soweit der Fiſchereiberechtigte außerhalb ſeines 
Fiſchwaſſers ſein Fiſchereirecht ausüben darf, muß ihm 
auch die Befugnis zuſtehen, von hier aus Ottern und 
Reiher, ſo wie es ihm das Fiſchereigeſetz geſtattet, zu 
töten und zu fangen. Anders verhält es ſich natür⸗ 
lich, wenn die Jagdpolizeibehörde auf Grund der Jagd⸗ 
crbnung die Erlaubnis erteilt hat, jagdbare und nicht 

4* 


jagdbare Tiere, welche der Fiſcherei Schaden zufügen, 
zu erlegen, denn in dieſem Falle darf die Schußwaffe 
nur ſoweit verwendet werden, wie die Waſſerfläche reicht. 

Eine weſentliche Aenderung hat das neue Fiſcherei⸗ 
geſetz gebracht. 

In Abſatz 2 § 45 des Fiſchereigeſetzes vom 30. Mai 
1874 heißt es: 

„Wenn in einzelnen Landesteilen durch die be⸗ 
ſtehende Geſetzgebung dem Fiſchereiberechtigten der 
Fang jagdbarer, der Fiſcherei ſchädlicher Tiere in 
weiterem Umfange geſtattet ift, (namlich über Mb- 
ſatz 1 hinaus. Der Verf.), behält es dabei ſein Be⸗ 
wenden.“ 

In § 132 bleiben die auf Staatsverträgen be⸗ 
ruhenden beſonderen Vorſchriften über die Fiſcherei 
aufrecht erhalten und ſchließlich ſetzt der § 133, ab⸗ 
geſehen von den in 8 132 bezeichneten Vorſchriften alle 
dieſem Geſetz entgegenſtehenden Beſtimmungen des bis⸗ 
herigen Rechtes außer Kraft. 


— 


28 


Der § 67 J.⸗O. geht über den „Fang“ hinaus 
und geftattete die Anwendung der Schußwaffe, 
wie oben dargetan iſt. 


Abſatz 2 des § 105 des Geſetzes vom 11. Mai 
1916 beſtimmt: 


„Soweit durch Geſetze den Fiſchereiberechtigten 
oder Fiſchereipaͤchtern der Fang jagdbarer, der 
Fiſcherei ſchädlicher Tiere in weiterem Umfange ge⸗ 
ſtattet iſt (wie in Abſatz 1 feſtgeſetzt. D. Verf.), bleibt 
es dabei.“ 

Auf Grund des $ 133 find aber anderweitige Be⸗ 
ſtimmungen aufgehoben. 


Unter dieſen Umſtänden fällt ſpäter für den Fiſcherei⸗ 
berechtigten die Möglichkeit fort, irgend welche Schaden 
anrichtenden Tiere mit behördlicher Erlaubnis unter 
Anwendung der Schußwaffe zu erlegen. 

Baltz. 


Notizen. 


A. Wildverſorgung der großen Städte. 


Wie uns im Auſtrag des hohen Prafidiums des allge 
meinen Deutſchen Jagdſchutzvereins mitgeteilt wird, 
haben zur Erreichung des in der Ueberſchrift angedeuteten 
Zwecks zwiſchen dieſem Vereine und dem Deutſchen Wild⸗ 
und Geflügelhändler⸗ Verband Beratungen ſtatt⸗ 
geſunden, die zur Gründung einer „Reichsgeſellſchaft 
m. b. H. zur Wildverſorgung der Deutſchen Städte“ 
geführt baren. Den Jägern wird empfohlen, Wildbret an 
Wildhandelefirmen, welche Mitglieder dieſer Geſellſchaft find, 
zu verſenden. Nähere Auskunft erteilt: 
1. Der allg. Deutſche Jagdſchutzverein, Berlin W. 50, 
Geisbergſtraße 25/26. 

2. Der Deutſche Wiid: und Geflügelhändler verband E. V. 
Berlin SW. 68, Neuenburgerſtraße 34. 

8. Die Reichsgeſellſchaſt uſw. Berlin NW. 6, Schiffbauer⸗ 
damm 19. 

4. Juſtizrat und Notar Eſchenbach, Berlin SW. 48, Ende 


platz 81. 
i D. Red. 


Patung einer Jagd durch einen Belgier. Muß 
der Pächter trotz Unmöglichkeit perſönlicher Jagd⸗ 
audübung den Packtzins zahlen? 

Ein Belgier hatte vor Kriegsausbruch mit einer deutſchen 


Gemeinde einen Jagdpachtvertrag geſchloſſen, demzufolge er 
den Pachtzins in Jahresraten im Voraus zu zahlen hatte. 


Nach Kriegsbeginn wurde durch das zuſtändige Generalkom⸗ 
mando der Abſchluß von Jagdpachtverträgen mit Ausländern 
und die Jagdausübung durch ſolche verboten, und infolgedeſſen 
ordnete die Zivilverwaltungsbehörde zur Vermeidung von Wild. 
ſchaden den Wildabſchuß auf der fraglichen Gemeindejagd durch 
den deutſchen Jagdauſſeher des belgiſchen Pächter und vor: 
läufige Hinterlegung des Erlöſes an. 

Der Pächter verweigerte nun die Vorauszahlung des Pa ft: 
zinfe®, wurde aber ſowohl vom Landgericht wie auch vom 
Oberlandesgericht Karlsruhe dazu verurteilt. — Das Verbot 
des Generalkommandos ſtellt lediglich einen in der Perſon 
des Pächters liegenden Grund für die Unmöglichkeit der Jagd⸗ 
ausübung dar, ſo führte das Oberlandesgericht aus. Der 
Pachtvertrag, in dem der Beklagte für den Fall des Eintritts 
ſeiner Jagdunfähigkeit infolge etwaiger Verweigerung des 
Jagdſcheins ausdrücklich das Fortbeſtehen des Anſpruchs der 
Gemeinde auf den Pachtzins anerkennt, tft nach 8 157 BER. 
dahin auszulegen, daß der Pächter für alle Fälle des Er⸗ 
löſchens feiner Jagdberechtigung aus einem in feiner Ans 
ländereigenſchaft liegenden Grunde die Gefahr der Fortzahlung 
des Pachtzinſes für die ganze Vertragsdauer auf ſich genommen 
hat. Er kann ſich daher jetzt nicht darauf berufen, daß es ihm 
lediglich um den perſönlichen Jagdgenuß zu tun geweſen ſei. 
— Demgewäß war er zur Vorauszahlung des Pachtzinſes zu 
verurteilen. (Oberlandesger. Karlsruhe, Z. I. B. R. 183/15, 
8. 3. 16.) — (Nachdruck verboten). 

A. Radloff, Gerichts⸗ und Verwaltungs⸗ 
Korreſpondenz, Steglitz⸗ Berlin. 


Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Berſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer, 
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländer s Verlag 
Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a N. — 6 Ottos Hofbuchdruckerei in Darmſtadt. 


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Aufſatz Baader „Vom franzöſiſchen Mittelwald“ 
Allg. Forſt⸗ und Jagd⸗Zeitung. 93. Jahrgang. Januar 1917 


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Alg. Forſt⸗ und Jagd⸗Zeitung. 93. Jahrgang. Januar 1917 


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fort- und Jagd⸗Zeitung. 


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E | Berausgegeben 
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von 
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Dr. Karl Wimmenauer, und Dr. heinrich Weber, 


Geh. Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft 
| l l an ber Univerſität Gießen. | 
| 
Dreiundneunzigfter Jahrgang. 


| | 1917. Februar. 
| 


Frankfurt am Main. 
J. D. Sauerländer“ s Verlag. 


BP” Die Allgemeine Forf- und Bagd-Beilung erſcheint regelmäßig jeden Monat und 
wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗ 
lungen und Poſtanſtalten. 


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Preis: broich. Mk. 5.—, gebunden Mk. 5.80 


Das Ericheinen der fünften Auflage legt am beiten Zeugnis ab von i allfeitigen Anerkennung, die 
das Werk durch die prägnante und klare Daritellung des Stoffes und durch feine mehr popularllierende und“ 
auf Berporhebung der praktiichen Gelichtspunkte abzielende Richtung in Fachkreifen gefunden hat. 

Diele neue Auflage, deren Durchlicht auf ausdrücklichen Wunich des veritorbenen Verfalfers Ber Proh |, 
Dr. Bausrath in Karlsruhe bereitwilligit übernommen hat, hat wieder einige Ergänzungen erfahren, food! |; 
ſolche durch die neueren Ericheinungen auf den bezüglihen Gebieten bedingt wurden. 


Frankfurt a. M. J. d. Sauerländer's Verlag. 


Hllgsmeine 


Februar 1917. 


Münſterländer Eichenwirtſchaft. 
Von Dr. Herwig, Forſtaſſeſſor, Meppen a. d. Ems. 
Einem jeden Forſtmann, den ſeine Reiſe über 
Münſter in Weſtfalen hinausführte, find wohl unter- 


wegs die zahlreich im Gelände zerſtreut liegenden Eichen: 


beſtände aufgefallen, welche, nach Größe, Alter und 
Lage verſchieden, in Verbindung mit Ackerland und 
großen Weideflächen ein gerade nicht großartiges, aber 
doch außerordentlich liebliches Landſchaftsbild vor den 


Augen des Reiſenden entſtehen laſſen. 


Welch ein Eldorado für das Niederwild und im 
beſonderen für die Faſanen, denkt dabei unwillkürlich 
jeder Weidmann und ich kann es ihm heilig verſichern, 
mit vollem Rechte. 

Büſche nennt der Münſterländer feine Eichenbeſtände, 
denn wenn fie auch, was Höhen⸗ und Stärkezuwachs 
.. ft, ganz Erkleckliches leiſten, jo ift die Flåden- 


größe des Einzelbeſtandes meiſtens ſo gering, daß er 


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den Namen Wald nicht recht verdient. Die Zahl der 
Einzelbeſtände ift dafür um jo größer, da junddft 
einmal jeder nach weſtfäliſcher Sitte einzeln liegende 
Gutshof ſeinen Buſch direkt am Hofe liegen hat, um 
dieſen vor Wind und Wetter zu ſchützen und ihm bei 
geſchloſſener Hauswirtſchaft das nötige Werk und Bau⸗ 
holz zu liefern. 

Größere Waldkomplexe findet man ſchon bei herr⸗ 
ſchaftlichem Beſitz und bei dem im Münſterland noch 
zahlreich vertretenen bäuerlichen Großgrundbeſitz. In 
Zuſammenhang auf größere Strecken liegen aber auch 
dieſe nur ſelten, ſondern Acker⸗ und Weideland liegen 
trennend dazwiſchen. Abſoluten Waldboden gibt es 
eben auf den von lehmigem Sand bis ſchwerem Mer⸗ 
gellehm wechſelnden Böden des Münſterlandes überhaupt 
nicht, da ſich faſt jeder Waldboden bei ebener Lage 
ebenſogut zu Acker⸗ oder Weideboden eignet. Als 
Ideal für den Münſterländer kann es gelten, wenn, 
und das ift dort ſehr oft der Fall, fein eigener Bufd 
und ſein eigenes Feld die Größe eines eigenen Jagd⸗ 
bezirkes ausmachen. 

Was dem Forſtmann im Münſterland aber merk⸗ 
würdig erſcheinen muß, iſt die Einſeitigkeit der dortigen 


Eichenwirtſchaft. Gewiß, der Boden des Münſter⸗ 
1917 


landes — von den leichten Sandböden, welche der 
Kieferngrubenholzwirtſchaft vorbehalten bleiben, iſt hier 
nicht die Rede — eignet ſich für den Anbau der Eiche 
vorzüglich. Eſche, Schwarzpappel, die Buche beſonders 
auf Mergellehm und ſtellenweiſe auch die Fichte ge⸗ 
deihen darauf aber doch auch ganz vorzüglich, oft weit 
beſſer noch als die Eiche, und dennoch iſt es eine Selten⸗ 
heit, wenn man einmal einen Horſt oder gar einen 
Beſtand dieſer Holzarten zu Geſicht bekommt. 

Die Einſeitigkeit der Wirtſchaft hat ſich wie ſtets, 
auch hier bitter gerächt. Das Münſterland iſt das 
klaſſiſche Land des Eichenwicklerfraßes und des Mehl⸗ 
taues geworden. Ich darf hier auf eine f. Zt. in 
dieſer Zeitſchrift erſchienene Abhandlung verweiſen, in 
welcher ich an Hand zahlreicher Zuwachsunterſuchungen 
den hierdurch entſtandenen Zuwachsverluſt der letzten 
10 Jahre auf 28% berechnet habe.“) 

Ein Bekämpfungsmittel dieſer ſtets wiederkehrenden 
Kalamität kann ich nach wie vor nur darin erblicken, 
daß mit der einſeitigen Eichenwirtſchaft gebrochen und 
die Begründung von Laubholzmiſchbeſtänden als erſter 
forſtlicher Grundſatz für das Münſterland aufgeftellt 
wird. Miſchbeſtände werden bekanntlich weniger ſtark 
befallen, und ſelbſt dann würde ſich der Zuwachsver⸗ 
luſt doch nur an der Hälfte der Beſtandesmaſſe be⸗ 
merkbar machen, wenn als beſtes Miſchungsverhältnis 
etwa folgendes gewählt würde: Eiche 0,5, Eſche 0,3, 
Buche 0,2. Die Rentabilität der Wirtſchaft würde 
durch Begründung von Mifchbeftänden nicht fallen, 
ſondern ſteigen, einmal durch Wegfall oder doch Ver⸗ 
ringerung des Zuwachsverluſtes bei fortgeſetztem Wickler⸗ 
fraß und zum anderen durch Beimiſchung der hoch⸗ 
wertigen Eſche, für welche, wenn fie in größeren Mengen 
zum Verkauf angeboten wird, nicht nur wie jetzt in 
Kriegszeiten horrende Preiſe — für beſte Ware wurden 
bis 350 Mk. pro Feſtmeter gelöft — ſondern auch in 
Friedenszeiten ſolche erzielt werden, welche mit 40 bis 
80 Mk. für Blockware und 15 — 20 Mk. für ſchwachere 
Rundhölzer die der Eiche oft weſentlich überſteigen. 
Das Zuwachsprozent der Eſche ift ferner nach meinen 

1) Der Eichenwicklerfraß in Weſtfalen von Dr. Herwig 


Allg. F. u. J.⸗Z., Sept.⸗Heft 1913. 
5 


früheren Zuwachzunterſuchungen ein gleich hohes, öfters 
aber noch ein höheres als das der Eiche. Die Be⸗ 
gründung von Miſchbeſtänden bietet den weiteren 
Vorteil, daß ſie im Abtriebsalter eine natürliche Ver⸗ 
jüngung des Beſtandes und damit eine erhöhte Ren⸗ 
tabilität ermöglicht. Ich habe freilich in Weſtfalen 
auch reine Eichennaturverjüngungen geſehen, die ihres⸗ 
gleichen ſuchen, doch ſind die Vollmaſtjahre zu ſelten 
infolge des Wicklerfraßes, welcher die zur Samen⸗ 
produktion notwendige Anſammlung überſchüſſiger Re⸗ 
ſerveſtoffe unmöglicht macht, als daß die Verjüngung 
reiner Eichenbeſtände nicht nach wie vor eine glückliche 
Ausnahme bilden würde. 


Stehen dagegen in Altholzbeſtänden, wie man dies 
wohl öfters findet, auch nur einige Eichen, dann ift 
eine teilweiſe Naturverjüngung in dieſer Holzart ſtets 
möglich und anzuſtreben. An Stellen, welche der Eſche 
beſonders zuſagen, wächſt ſie wie Unkraut und der Forſt⸗ 
mann hat dann nur darauf zu achten, daß ſie die bei⸗ 
gemiſchten anderen Holzarten, wie Eiche und Buche, 
nicht gänzlich verdrängt. Eine Vorverjüngung von 
Eiche und Buche iſt deshalb zweckmäßig. Unbegreif⸗ 
lich aber bleibt es, daß man dieſen Fingerzeig der 
Natur einer leichten Verjüngung der Eſche nicht früher 
erkannt und ausgenutzt hat, fondern im Gegenteil die 
Eſche als forſtliches Unkraut ſtets aus den Kulturen 
zu beſeitigen ſich beſtrebte. Die Eſche iſt vielmehr für 
das Münſterland der Baum der Zukunft und ihr An⸗ 
bau durch gruppen⸗ und horſtweiſe Beimiſchung zu⸗ 
ſammen mit Buche, Laͤrche und Kiefer je nach der 
Schwere und dem Feuchtigkeitsgehalt des betreffenden 
Bodens iſt zu fördern, wo immer es nur möglich iſt. 
Die Fehlſtellen in den Kulturen wird man deshalb 
künftig auch nicht mit Eiche, ſondern, wie dies in 
großen Betrieben des öfteren ſchon geſchieht, vornehm⸗ 
lich mit Eſchenhalbheiſtern auspflanzen. Daß natür⸗ 
lich in den jüngeren Beſtänden einer natürlichen Nei⸗ 
gung der Eſche zum Zwieſelwuchs durch Beſchneiden 
und in den älteren Beſtänden durch Aushieb etwa 
ſtehengebliebener Zwieſel entgegengearbeitet werden muß, 
iſt ſelbſtverſtändlich. 

Die Eſche eignet ſich ſchließlich vorzüglich zum Aus⸗ 
pflanzen der durch den Wicklerfraß und den ſekundär 
auftretenden Mehltau entſtandenen Beſtandeslücken. 
Wenn dann auch in älterem Holz die Löcher etwas 
erweitert werden müſſen, um einen lebensfähigen Eſchen⸗ 
horſt darauf zu begründen, dann verſchlägt dies gar⸗ 
nichts; der Boden wird voll ausgenutzt und die Eſche 
hat bei Abtrieb des Hauptbeſtandes bei ihrem ſchnellen 


Beſtandes alter 
Nettopreis pro geſtmeter gwiſchennutzung: 


30 


Wachstum meiſt ſchon Nutzholzſtärke erreicht und trägt 
bei frühzeitiger Pubertät zur teilweiſen Naturverjüngung 
des Beſtandes bei. 

Da ich die durch den Wicklerfraß hervorgerufenen 
Beſtandeslücken erwähnte, will ich nicht verſehlen, noch 
auf einen Punkt aufmerkſam zu machen, nämlich auf 
den für die dortigen reinen Eichenbeſtände zu wählen⸗ 
den Grad der Durchforſtungen, welche m. E. vieler⸗ 
orts viel zu ſtark gegriffen werden. Die Eiche leidet 
zwar im Münſterland nirgends an kalten Füßen, da 
allenthalben ein wildes Unterholz von Haſel, Hain⸗ 
buche, Faulbaum raſch und reichlich für einen bedeckten 
Fuß Sorge trägt und aufs beſte den künſtlichen und 
teuren Unterbau erfegt. 

An und für ſich ſtünde alſo einer jedesmaligen 
kräftigen Durchforſtung zwecks Erziehung der Eiche im 
Lichtwuchsbetrieb nichts entgegen, wenn eben der Wickler. 


fraß nicht immer wieder auftreten würde. Tritt auch 


wirklich einmal ein großes Sterben ein, wiederkehren 
tut der Wickler doch und der Mehltau bleibt auch. 
Kleinere und größere Beſtandeslücken ſind die Folge. 

In Zeiten der Fraßruhe würde ich deshalb emp: 
fehlen, die Durchſorſtungen bis etwa zum 75 Jahre 
nur auf das Notwendigſte zu beſchränken, da die Be 
ſtände durch die während der ganzen Lebensdauer dez 
Beſtandes ſich öfter wiederholenden Fraßſchäden all: 
mählich jo ſtark gelichtet werden, als es für einen in 
tenſiven Lichtungsbetrieb der Eiche nur immer erwünſcht 
erſcheint. Auf dieſe Weiſe dürfte ein Grad der Durch⸗ 
forſtungen erreicht werden, welcher zwiſchen den im 
Forſt⸗ und Jagdkalender von Dr. Wimmenauer und 
Dr. Schwappach angegebenen Durchforſtungsſatzen et- 
wa die Mitte hält. Zu beachten iſt dabei, daß bei 
Bonitierung der Beſtände nach der Beftandesmittel: 
höhe die II. Ertragsklaſſe nach Wimmenauer der I Er: 
tragsklaſſe von Schwappach entſpricht. 

Da Zahlen ſtets eine größere Beweiskraft inne 
wohnt als Worten, ſo füge ich zum Schluß noch eine 
Rentabilitätsberechnung an durch Berechnung des Be 
einmal für reine Eichenbeſtände und zum andern fit 
Miſchbeſtände. Als Preiſe lege ich die Friedenspreiſe, 
welche in einer Münſterländer Oberförſterei bei Ab: 
trieben und Durchforſtungen pro Feſtmeter Derbholz 
als Durchſchnitt der letzten Jahre erzielt wurden, zu 
Grunde. Reiſerholz und Stockholz bleiben als mei 
unverwertbar außer Betracht. Es berechnet ſich ſomit 
bei Unterſtellung eines Zinsfußes von 2,5% ber Be 
für Eiche nach der bekannten Fauftmann ſchen Formel 
wie folgt: 


30 40 50 60 70 80 90 100 110 


7 8 11 14 16 18 20 22 25 


——5— — — —— ———— — | m — — 


31 


II. Extragsklaſſe 
nach Wimmenauer 


Da & 1, op- +... 13 532 
Au = (35 Mk. pro fm) 18 270 
81 802 
c = 425 x 1,025 129 V — 8228 
r:= 28574 
1 

r I. op*—1 = 1 272 

6 
Nee 0,025 rai Hage 
Be rund 1000 
(bei 3% 400 


Bei der für den Durchſchnitt geführten Berechnung 
zeigt es ſich alſo, daß die Summe der prolongierten 
Durchforſtungserträge ungefähr dem Abtriebsertrag 
gleich zu ſetzen tft, während der Nachwert der Kultur: 
loten etwa die Hälfte des Abtriebsertrages verzehrt. 
Stellt man ferner den während der ganzen Lebens⸗ 
dauer des Beſtandes öfters eintretenden Zuwachsver⸗ 
luſt infolge des Wicklerfraßes in Rechnung, dann er⸗ 
niedrigt fih der für reine Eichenbeftände bei 2,5% | 


I. Ertraasklaſſe 
nach Schwappach im Durchſchnitt 
22 835 18 183 
16 170 17 220 
39 005 35 4083 
— 8228 — 8228 
30 777 27175 
1661 1 467 
— 240 — 240 
1 400 1 200 
700 550) 


mit 1200 Mk. berechnete Be auf durchſchnittlich 
1000 Mk. 

Bei der nun folgenden Berechnung von Be für 
Miſchbeſtände ſetze ich für Eſche, für welche bis jetzt 
keine genaueren Ertragsunterſuchungen vorliegen, die⸗ 
ſelben Abtriebserträge wie für Buche ein, da fie dieſer 
Holzart in ihren Wuchsleiſtungen wohl am naͤchſten 
ſtehen bürfte: 


Miſchunge verhältnis Maſſe Preis 
fm Mk. 
Eiche 0,5 246 * 35 = 8 610 
Eſche 0,3 180 * 42 = 7 560 
Buche 0,2 120 * 20 = 2 400 
Au 546 18 570 
Sa Da bleibt bdiefelbe, da fih die höheren — und 
niederen Budenpreife ausgleichen . + 18183 
36 753 
c x 1, op" bleibt = . — 8228 
28 525 
1 
r 102515 — 1 m 
= — 240 
Be = 1300 ME. 


Bei der Erziehung von Miſchbeſtänden fteigt alfo | 2,50/0, bei Erziehung von Miſchbeſtänden dagegen 


Be bei gleich hohen Kulturkoſten allein infolge der 
höheren Maſſen⸗ und Gelderträge um 100 Mk. Nimmt 
an nun an, daß fih die Miſchbeſtände jpater teil: 
eiſe natürlich verjüngen laſſen, ſo daß dadurch die 
Rulturkoſten auf etwa 150 Mk., ermäßigt würden, 
Dann wächſt bei 2,5% Verzinſung der Be für Miſch⸗ 
Deftdnde fogar auf rund 1600 Mk.; oder richtiger ge⸗ 
gt, es verzinſt ſich der Boden, welcher in feiner Güte 
derſelbe bleibt, einerlei, ob darauf reine Eichen⸗ 
eſtände oder Laubholzmiſchbeſtände erzogen werden, 
ei Unterſtellung eines gemeinſamen Bodenwertes von 
000 Mk. pro Hektar bei reiner Eichenwirtſchaft mit 


ä— — 


mit 3%. 

Dieſe Zahlen und der Umſtand, daß durch die 
künftige Erziehung von Laubholzmiſchbeſtänden die 
Wicklergefahr im Münſterland herabgemindert und 
allmählig wohl ganz beſeitigt werden kann, dürften 
wohl genügen, um den Uebergang von reiner Eichen⸗ 
wirtſchaft zu dieſer Betriebsart als gerechtfertigt und 
wünſchenswert erſcheinen zu laſſen. Daß Laubholz⸗ 
miſchbeſtände gleichzeitig zur Hebung des Landſchafts⸗ 
bildes beitragen würden, ſoll nur nebenbei geſagt ſein 
Sehr zu wünſchen wäre es, wenn demnächſt von einer 
der forſtlichen Verſuchsanſtalten eine allgemeine Ertrags⸗ 

5 * 


tafel auch für die Eiche herausgegeben würde!), da die 
zu erwartenden hohen Haupt⸗ und Zwiſchennutzungs⸗ 
ertraͤge und das damit verbundene hohe Zuwachs⸗ und 
Verzinſungsprozent wohl am eheſten zu einem aus⸗ 
gedehnten Anbau dieſer Holzart auf den ihrem Wuchs 
ſo außerordentlich günſtigen Böden des Münſterlandes 
führen würden. 


A 


Markgenoſſenſchaften und Waldeigenlum im 
Lichte neuerer Torſchungen. 
Pon Profeffor Dr. H. Hausrath. 


Die bisher herrſchende Anſchauung geht dahin, daß 
der Wald in der germaniſchen Urzeit Gemeineigentum 
des Volkes war und nach Entſtehung der Siedelungen 
im Eigentum freier Markgenoſſenſchaften ſtand, ſoweit 
er im Bereich der Nutzungsmöglichkeiten lag. Maurer 
und ſeine Schule?) bezeichnen die ältere Markgenoſſen⸗ 
ſchaft ausdrücklich als die „freie“ im Gegenſatz zur 
grundherrlichen Hofgenoſſenſchaft, die von ihnen als viel 
jünger angeſehen wird. Wohl haben auch ſie erkannt, 
daß zur Zeit der Aufzeichnung der Weistümer die 
freie Mark mit wenigen Ausnahmen verſchwunden 
war, ja man ſah vielfach in den Weistümern Ver⸗ 
ſuche der Märker, ſich gegen die immer wachſenden 
Anſprüche der Grund⸗ und Landesherren zu wehren. 
Aber i. a. gibt, was Giercke in ſeiner Rechtsge⸗ 
ſchichte der deutſchen Genoſſenſchaft ſagt, daß zur Zeit 
der Karolinger in Deutſchland „alte vollfreie Bauer⸗ 
und Dorfgenoſſenſchaften noch die eigentliche Grund⸗ 
lage der Verfaſſung“ waren, die damals ſchon be⸗ 
gonnene Zerſetzung durch die Grundherrſchaften aber 
in wenigen Jahrhunderten vollendet war, den Stand⸗ 
punkt wieder, auf dem die maßgebenden Rechtsgelehrten 
und ihnen folgend unſere Forſthiſtoriker in der zweiten 
Hälfte des 19. Jahrhunderts ftanden.?) Auch nach 

) Die forſtliche Verſuchsſtation für das Großherzogtum 
Geffen ift zur Zeit mit der Anlage und Aufnahme von Ere 
tragsverſuchsflächen in Eſchenbeſtänden beſchäftigt. 
Dabei hat ſich bis jetzt herausgeſtellt, daß die Eſche im Höhen⸗ 
wuchs bis etwa zum 50. oder 60. Jahre nicht nur der Buche, 
ſondern auch der Eiche überlegen ift, fpäter aber (mit etwa 
100 Jahren) hinter beiden, namentlich hinter der Buche zurück⸗ 
bleibt. Die Stammgrundfläche des Hauptbeſtandes ſteht 
häufig zwiſchen den Zahlen, welche für geſchloſſene und ge⸗ 
lichtete (reſp. ſtark burchforitete) Beſtände beider anderen Holz⸗ 
arten gelten. Wr. 

) G. L. v. Maurer: Geſchichte der Markenverfaſſung in 
Deutſchland, Erlangen 1856 und Einleitung zur Geſchichte der 
Mark, Hof, Dorf und Stadtverfaſſung, München 1854. 

9 Giercke: Das deutſche Genoſſenſchaftsrecht 1 1868. 8 8. 
Lamprecht: Deutſches Wirtſchaftsleben im Mittelalter 1885 6. 
Heußler, A.: Inſtitutionen des deutſchen Privatrechts 1885; 
R. Schröder, Lehrbuch der deutſchen Rechtsgeſchichte IV. Aufl. 
1902; A. Bernhardt, Geſchichte des Waldeigentums uſw., Ber⸗ 


32 


Schwappach fällt der Untergang der freien M 
genoſſenſchaften in der Hauptſache in die Karolin 


eit. 
i Fuſtel de Eoulange!) hat zuerft die Richtigkeit di- 
ganzen Lehre angefochten. Auf Grund der Anga 
von Cäſar und der anderen Quellenſchriftſteller, ng 
allen Dingen aber fih ſtützend auf die Zuſtände W 
weſtfränkiſchen Reiches beſtreitet er, daß bis zum Gd | 
der Karolingerzeit überhaupt Belege für das Beteg 
von Markgenoſſenſchaften zu finden feien. Ewa 
werde gemeinſamer Beſitz von Wald und Weide, ab 
dies waren rein privatrechtliche Verbände, wie fe of - 
Erbſchaft noch heute entſtehen. Zudem tragen ` 
Marken wie die Dörfer Gallien’ meiſt den Nun 
ihrer Eigentümer, fie find daher nach Coulonge |: 
von den Franken übernommenen „saltus“ der ga 
romaniſchen Grundherrſchaft, die angeblichen Nag 
genoſſenſchaften find als vom Grundherren abhäng 
Nutzungsverbände anzuſehen. | 

In noch ſchrofferer Form ſprach 1907 Hildebrand 
dieſen Gedanken aus: „Man hat als res commug . 
behandelt, was noch res nullius war, für Geil : 
eigentum, was noch ungeteiltes Miteigentum, ME: 
Eigentumsrecht der Bauern, was nur Nukmair 
am grundherrlichen Boden, für Eigentumsrecht de Tor 
gemeinde, was nur adminiſtrative Befugnis war, entipat 
gen der ſolidariſchen Haftbarkeit für die Grundsteuer 

Erhöhte Bedeutung erhielten diefe Lehren du 
ihr Zuſammentreffen mit einem Angriff gez 
eine andere Grundanſchauung unſerer Rechts u 
Wirtſchaftsgeſchichte, nach der bei den alten Des 
ſchen freie Bauern die Hauptmaſſe des Vol 
bildeten, während die Zahl der Adeligen und Hing 
ganz unbedeutend war. Erſt ſeit der Karolinger 
jet eine weſentliche Verſchiebung durch den mare 
haften Uebertritt kleiner bäuerlicher Freier in Schr 
und Abhängigkeitsverhältniſſe eingetreten und im u 
teren Verlauf des Mittelalters die freien Bauern ganz dg 
ſchwunden. Zunächſt ſuchte Hecks) hauptſächlich aus! 
Wehrgeldverhältniſſen der lex Frisionum zu ewei 
daß die frieſiſchen Edelinge den fränkiſchen Bole 
entſprechen und daß unter ihnen eine größere Ane 
von Hörigen und Freigelaſſenen — frilinge i 
lin 1872. Roth, Geſchichte des Forſt⸗ und Jagbivefens, te 
lin 1879. Schwappach, A., Handbuch der Forf» and Ja 
geſchichte, Berlin 1886 und Handbuch der Forfttwlffenidett 19" 
Band IV. 

1) Revue des questions historiques 1889. Fuste d. 


Coulanges: Le probleme des origines de la prop“ 
foncière. Ne 
) Hildebrand, R.: Recht und Sitte auf den prinia 
wirtſchaftlichen Kulturſtufen. 2. Aufl. Jena 1897. 
9 Heck: Altfrieſiſche Gerichtsverfaſſung. Weimar 19 
Beiträge zur Geſchichte der Stände im Mittelalter J ud 
Halle 1900/5, i 


liten — ſtanden. Auch für Sachſen und Thüringer 
hielt er dieſe Auffaſſung für richtig. Nach feinen weiteren 
Arbeiten waren aber auch dieſe nobiles überwiegend 
Bauern, nicht Grundherren. Dagegen zeigte 1896 Wittich!) 
daß in dem Sachſen der ottoniſchen Zeit die Grund⸗ 
herrſchaft ſchon voll ausgebildet war, und beſtritt, daß 
damals oder in karolingiſcher Zeit ein Stand freier 
Ackerbauer als Kern des Volkes irgendwie bezeugt fei 
der daß wir Urkunden für die von der herrſchenden 
Lehre angenommenen „maſſenhaften Ergebungen“ in 
die Hörigkeit befäßen. So kam er rückſchließend zu 
dem Satz „Der freie Deutſche zu Tacitus Zeit war 
ein Grundherr, der von den Abgaben feiner Hörigen 
lebte. Er ift der ſächſiſche Edeling“. Die Liten im 
ſüͤdöſtlichen Sachſen der Karolingerzeit feien aus den 
unterworfenen Thüringern entſtanden und die frän⸗ 
liche Eroberung habe die Gegenſaͤtze noch verſchärft, 
indem Karl d. Gr. die Edelinge durch Vorrechte an 
ſich zu feſſeln ſuchte, die er ihnen auf Koſten der 
großen Maſſe verlieh, während er die Lage der Fri⸗ 
linge und Liten durch Auflage von Zehnten und 
Heeresdienſt verſchlechterte. Seine maſſenhaften Ver⸗ 
pflanzungen trafen in erſter Linie dieſe Klaſſen. Die 
ſo entſtandene Mißſtimmung benutzte Lothar 841 zur 
Entflammung des Stellingaufſtandes, den Ludwig der 
Deutſche niederwarf, wodurch das Schickſal der fac: 
ſiſchen Bauern befiegelt war. Auch bei den übrigen 
Stämmen hält Wittich eine ſolche Verfaſſung für die 
urſprüngliche, ihm ſchloß ſich in allen weſentlichen 
Punkten fein Lehrer Knapp an,?) der als das Haupt 
der ganzen Schule angeſehen werden darf, weiter Gut⸗ 
mann für Bayern. Aus ſprachgeſchichtlichen Gründen 
vertrat Kauffmann?) einen ähnlichen Standpunkt. Die 
Hufenanteile gehörten in der Urzeit der Hausgemein⸗ 
ſchaft. Dieſe war nach K. der wichtigſte herrſchaft⸗ 
liche Verband. Der Hausvater leitete ihn unum⸗ 
'hräntt. Aus dem abhängigen Hufner dieſer Haus: 
gemeinſchaften — colonus ahd kapuro — gingen die 
Bauern hervor, die ja daher den Namen haben. 
Mancher von ihnen hat ſpäter die Freiheit zu er⸗ 
ringen gewußt und insbeſondere find bei der Bolter: 
wanderung viele Nachkommen alter Bauern den alt⸗ 
freien Sippenmitgliedern gleichgeſtellt worden. 

War wirklich die Gliederung des Volkes eine der⸗ 
artige, daß nicht die Freien die Hauptmaſſe bildeten, 
verfügten ſchon in taciteiſcher Zeit grundherrliche Ver⸗ 
bande über das Land, fo verliert die Annahme der 

1) Wittich: Die Grundherrſchaft in Nordweſtdeuſchland, 
Leip zig 1896 und Zſcht. für Rechtsgeſchichte. Germ. Abt. Band 
XIII. 1901. 

2) Knapp, G. F.: Grundherrſchaft und Rittergut, Leipzig 
1897. Gutmann: Die ſoc. Gliederung d. Bayern. Straßburg 1906. 

) Wörter und Sachen 1910, p. 9 ff. Fr. Kauffmann: 
Altdeutſche Genoſſenſchaften. 


88 


alten freien Markengenoſſenſchaften den Boden. Auch 
wir milfjen daher ihre Berechtigung prüfen. 

Zunächſt ſind die Heck'ſchen Ausführungen über 
die Wehrgeldſätze bei Frieſen, Sachſen und Franken 
von Brunner und von Winogradoff einer eingehenden 
Nachprüfung unterzogen worden, die ergab, daß die 
Unterſchiede in der Hauptſache aus der Verſchiedenheit 
der Gold- und Silberwährung zu erklaren find. Beide 
Autoren lehnen daher die Gleichſetzung der frieſiſchen 
und ſächſiſchen Edelinge mit dem fränkiſchen Vollfreien 
ab und ihnen ſchloß ſich R. Schröder auf Grund der 
erneuten Prüfung der alten Volksrechte an. Die 
ſächſiſchen Frilinge waren echte Vollfreie, die zwar 
manchmal aber durchaus nicht immer von den Ede⸗ 
lingen in einer gewiſſen Abhängigkeit ftanden. ’) 

Bei Beurteilung der Zuſtände in Deutſchland zu 
Cäſars Zeit muß, wie M. Weber überzeugend dar⸗ 
gelegt hat, ſcharf auseinander gehalten werden, was 
Cäſar von den auf einer vieljährigen Kriegsfahrt be- 
griffenen Sueben des Arioviſt und was er von den 
übrigen deutſchen Stämmen ſagt. Denn nur von 
jenen gilt „minime omnes agriculturae student“. 
Tacitus aber ſchildert uns den Germanen als richtigen 
Bauern, der freilich die Feldarbeit gern der Frau und 
dem Gefinde überläßt, nur die Führung des Pfluges 
übernimmt, ſoweit ihm dafür nicht Söhne oder Ges 
finde zur Verfügung ſtehen.?) Das iſt ja auch heute 
noch die Arbeit, bei der der Großbauer am erſten mit 
zugreift, und daß hier eine uralte Ueberlieferung vor⸗ 
liegt, hat Brunner durch den Hinweis auf die Worte 
der Rigſpula aufgedeckt: „Da zähmte er Stiere, fer⸗ 
tigte einen Pflug, zimmerte das Haus, baute Scheuren, 
machte Karren und führte den Pflug“. 

Auch Kötzſchke ) wendet fih ſcharf gegen die Ver⸗ 
allgemeinerung der Worte „ipsi hebent, ament iner- 
tiam oderint quietem*, die Tacitus nur auf das 
Gefolge der Großen gemünzt habe. Tie Vollfreien, 
d. h. die Hauptmaſſe des Volkes, lagen ſelbſt dem 
Feldbau ob, einen eigenen Stand von Grundherren 
gab es nicht, obwohl, wie auch Weber ausdrücklich be⸗ 
tont, Ungleichheiten im Grundbeſitz auch ſchon damals 
beſtanden. Sie können auf einer Bevorzugung der 
angeſehenſten Geſchlechter bei der Landverteilung oder 


1) Zſchft. f. Rechtsgeſchichte. G. Abt. XIX. Heinrich 
Brunner: „Nobiles und Gemeinfreie der karolingischen 
Volksrechte“ und „Deutſche Rechtsgeſchichte“, 2. Aufl. 1906. 
Zſchft. f. Rechtsgeſchichte. G. Abt. XXIII. Paul Winogra⸗ 
doff: „Wergeld und Stand“. Ebenda XXIV. R. Schröder: 
„Der altſächſiſche Volksadel und die grundherrliche Theorie“. 

) Jahrb. f. Nationalökonomie u. Statiſtik 1904. M. 
Weber: „Der Streit um den Charakter der altgermaniſchen 
Socialverfaſſung“. 

2) D. Zſchft. f. Geſchichtswiſſenſchaft II, 189718. Köͤtzſchke: 


| „Die Gliederung der Geſellſchaft bei den alten Deutſchen“. 


—— on — — 


auf bem Vorſprung beruhen, den der Befiger von 
Hörigen bei der Ausnutzung des Bifangsrechtes zur 
Rodung von Wildland hatte. Anſätze zu Grundherr⸗ 
ſchaften find alfo nicht zu beſtreiten, aber fie treten 
noch ganz hinter dem freien Eigentum der Bebauer 
zurück. Die Knapp'ſche Schule fieht eine Hauptſtlütze 
ihrer Auffaſſung in der Hufenverteilung auf Gewanne- 
Die Tatſache, daß jedem Genoſſen urſprünglich in 
jedem Gewann ein gleichgroßes Stück wie den andern 
zugewieſen wurde, gilt ihr als Beweis für die grund⸗ 
herrliche Verfaſſung der altgermaniſchen wie der ſpä⸗ 
teren Gemeinde. Wir werden uns demgegenüber doch 
lieber Weber anſchließen, der ſchon 1894 ihr maſſen⸗ 
haftes Vorkommen „einen der ſtärkſten Beweiſe für 
die urſprüngliche Freiheit der dort anſäſſigen Bevöl⸗ 
kerung“ nennt,) zumal wenn wir uns vergegenwär⸗ 
tigen, daß das gleiche, hier erſt recht unwirtſchaftliche 
Verfahren in den letzten beiden Jahrhunderten bei der 
Aufteilung baͤuerlicher Genoſſenſchaftswaldungen nur 
gar zu oft gewählt wurde. Wir werden den Grund 
in dem Rechtsempfinden, in der peinlichen Aengſtlich⸗ 
keit ſuchen, die befürchtet, es könne der einzelne wegen 
der verſchiedenen Bodengüte und Lage benachteiligt 
werden, wenn die Zuteilung des Landes an einer 
Stelle erfolgte. Hätten Grundherren die Austeilung 
der Hufen beſorgt, fo wäre fie zweckmäßiger ausge⸗ 
fallen. 

Aber auch für die Karolingerzeit hat die Wittich'⸗ 
ſche Lehre zum wenigſten nicht allgemeine Gültigkeit. 
Oppermann hat aus den Aenderungen der Gerichts⸗ 
verfaſſung nachgewieſen, daß am Niederrhein tatſäch⸗ 
lich „ein maſſenhafter Uebertritt“ kleiner Freier in die 
. Abhängigkeit ſtattfand, und Caro ſtellte auf Grund 
der Schenkungsverzeichniſſe verſchiedener Klöſter feſt, 
daß in jener Zeit in der Nordoſtſchweiz die kleinen 
freien Eigentümer noch zahlreicher waren als die un⸗ 
freien, und daß auch im ſüͤdlichen Schwarzwald und 
der Bodenſeegegend noch um 1100 zahlreiche nicht 
rittermäßige kleine Freie lebten.?) Nach Koetzſchke 
haben wir drei Gruppen zu unterſcheiden: 1. Bur⸗ 
gunder und Goten, nehmen den römiſchen Vorbeſitzern 
einen Teil ihres Grundeigentums weg, wurden kleine 
Grundherren, die aber ſelbſt noch Landwirtſchaft trieben. 
2. Franken, Alemannen und Bayern. Die Haupt⸗ 
maſſe beſteht aus Bauern mit Grundeigentum. 3. Sach⸗ 
ſen. Die zahlreichen Frilinge find vollfreie Bauern 
mit kleinem Grundeigentum, daneben ſtanden viele 


) Zſchft. f. Rechtsgeſchichte. G. A. 1804. p. 191. 

2) Weſtd. Zſchft. f. Geſchichte u. Kunſt. 1911. p. 409 f. 
Oppermann: „Die Altfreiheit der mederrhein. Miniſterialität“. 
Jahrb. f. Nationalökonomie u. Statiſtik. 1901. 474 ff. 1902. 
601 ff. Caro: „Die Grund befitzverteilung uſw.“ und „Zur 
Agrargeſchichte“. 


34 


Edelinge, deren Befi größer war, als der eines vol 
freien Franken, und die ihn durch Hörige bebaut 
ließen. !) 

In Weſtfranken haben allerdings auch die Franke 
einen großen Teil der galloromaniſchen Grundter: 
ſchaften übernommen, ja Clodwig hat ſie beflätig: 
feine Nachkommen fogar noch ihr Wachstum hurd 
Schenkungen. gefördert, obwohl fie dadurch ihre eigen: 
Macht verminderten.?) Der Ausbildung von Mart: 
genoſſenſchaften waren daher enge Grenzen gezogen 
und jo erklärt fih die Stellung Coulanges. 

Mit der Ablehnung der grundherrlichen Theorie 
für die Urzeiten ift aber die Frage nach der Exiſtenz 
der] Markgenoſſenſchaften und ihrem Waldeigentum 
noch nicht entſchieden. Nach allem, was wir den Ur⸗ 
kunden der Zeit zwiſchen 600 und 1200 entnehmen 
können, iſt die Abgrenzung der von den Gemeinden 
beanſpruchten Bodenflächen fat immer erft erfolgt 
wenn andere. Bewerber auftraten. Nun- ift es freilit 
für den Forſthiſtoriker ein müßiger Streit, ob dy 
Germanen der Urzeit dem Stamm ein Eigentum ober 
nur eine Nutzungsbefugnis an feinem ganzen Gebiete 
zuſchrieben, ſoweit dieſes nicht von den Einzelnen in 
Anbau genommen war oder den Niederlaſſungen ali | 
Milchviehweide diente. Ob aber darüber hinaus {dor 
eine rechtliche nicht nur tatjächliche Ausſcheidung vor 
Nutzungsbezirken, von Markwäldern, für größere ode 
kleinere Teile des Stammes erfolgte, wird wohl imme | 
eine offene Frage bleiben. Sie iſt denkbar für dich 
bevölkerte Gegenden, alfo vor allem für die walt 
armen Lößgebiete der Urfiedelung. 3) Unwahrſcheinli 
iſt ſie für dünnbeſiedelte Striche, weil dort der Anlo: 
fehlte. Auch das Abtriebsrecht beweiſt nichts, da b. 
Befugnis, den fremden Siedler zu vertreiben, vor allen | 
den anbaufähigen Boden dem fremden Wettbewert 
entziehen folte. Denn folder war vor der Biller 
wanderung nur in beſchränktem Maße vorhanden 
weil die Rodung geſchloſſenen Urwaldes noch nit 
möglich war. Wir müſſen uns begnügen zu 1 
in der älteſten Zeit beſtand an Wald und Debon - 
eine allgemeine Nutzungsbefugnis der Freien dei 
Stammes, eine abgeleitete für ihre wenig zahlreichen 
Hinterſaſſen, näheres über die Organiſation if më 
bekannt. Welches fie aber geweſen fein mag, von de 
Stürmen der Völkerwanderung iſt ſie ſchwerlich gan 
unberührt geblieben. Hat fih doch in dieſen auch be 
den Weſtgermanen das Königtum herausgebildet und | 
das unbefiedelte Land für fih in Anſpruch genommen 


1) a. a. O. p. 808. . 

2) Weſtd. Zſchft. f. Geid. u. K. 1896, W. Sidel: „Die 
Privatherrſchaften im fränkiſchen Reich“. 

) Näheres in meinen „Pflanzengeographiſchen Wandlungen | 
der deutfhen Landſchaft“. Leipzig 1911. i 


Die Zuſtände der fränkiſchen Zeit dürfen alfo nicht 
auf die Urzeit übertragen werden, und auch ſie weiſen 
ſelbſt innerhalb der Stammesgrenzen mancherlei Ver⸗ 
ſchieden heiten auf. 


Bei der folgenden Betrachtung wird als freie Mark 
diejenige bezeichnet, in der das Grundeigentum den 
Markgenoſſen gehörte. 


Zunächſt müſſen wir uns mit den Anſchauungen 
auseinanderſetzen, die Rübel an verſchiedenen Orten 
entwickelt hat.) Schon Thudichum hat darauf auf: 
merkſam gemacht, daß die Markgrenzen überwiegend 
Bergkaͤmmen oder Waſſerläufen folgen. Rübel glaubt 
nun beweiſen zu können, daß die letzteren bevorzugt 
und auch ſpitze Winkel geſchaffen wurden, wenn ſo 
die nächſte Quelle am raſcheſten erreicht werden konnte. 
Nach ſeiner Schilderung traten die Grenzſetzer, die ut 
Franci dicunt, forestem faciunt und daher fores- 
tarii genannt werden, unter der Leitung eines hohen 
Beamten, des Präfekten zuſammen. Sie gehören zum 
königlichen Gefolge, der Truſtis. Bei ihrer Arbeit 
folgten fie dem als Grenze gewählten Waſſerlauf bis 
zu ſeiner entlegendſten Quelle. Dann wurde der 
naͤchſte grenzbildende Waſſerlauf bis zu feiner Quelle 
verfolgt und nach Verſtändigung mit Hornfignalen 
und Rufen die Verbindungslinie mit dem Scharbeil, 
der „scara“, ausgezeichnet, das nur die Förſter führen 
durften. Lagen die beiden zu verbindenden Quell: 
punkte nahe bei einander, ſo wählten ſie die direkte 
Verbindungslinie, ſonſt erſtiegen ſie den Bergkamm 
und legten die Grenze auf ihn, bis fie in die Mabe 
der andern Quelle kamen. Dieſe Bevorzugung der 
Waſſerläufe führt Rübel auf die Verhältniſſe in der 
Heimat der ſaliſchen Franken zurück, wo die taglid 
ſteigende Flutwelle die Waſſerfäden zu deutlich ſicht⸗ 
baren Grenzen ſtempelte. Hier hatten ſie ſich nach 
vollſtändiger Vertreibung der früheren Bewohner nie⸗ 
dergelaſſen und zwar wahrſcheinlich ſo, daß jeweils 
ein befeſtigter Salhof den Stützpunkt für die Nieder⸗ 
laſſung von je 10 Familien bildete. Die Einteilung 
entſtammt nach Rübel der Heeresorganiſation, welche 
die Römer den Franken als einem Hilfsvolk gegeben 
hatten. Bei ihrem Vordringen im römiſchen Gallien 
ſiedelten ſich die Franken tunlichſt in geſchloſſenen 
Gruppen an. Dazwiſchen blieb der alte Großgrund⸗ 
beſitz beſtehen, der Konig zog ihn für fih ein. 


Ebenſo nahm dieſer nach Unterwerfung der deut⸗ 
ſchen Stämme, der Alemannen, Thüringer, Sachſen 


1) K. Rübel: „Die Franken, ihr Eroberungs⸗ und Siede⸗ 
lungsſyſtem im deutſchen Volksland“. Leipzig⸗Bieleſeld 1904, 
Beiträge zur Geſchichte Dortmunds und der Mark 1901: „Die 
Reichshöfe im Lippe⸗, Ruhr: und Diemelgebiet“ und am Hell: 
meg. Ebenda 1907. „Die Dortmunder Reichsleute“. 


35 


uſw. grundſaͤtzlich das ganze eroberte Land für fih in 
Anſpruch. Sein Wille beſtimmte, was für die Be⸗ 
ſiedelung freigegeben, was als Königsgut ausgeſchieden 
werden, was Forſt ſein ſollte. Vor allem ließ er 
längs der Grenzen und an den Heerſtraßen ein Syſtem 
von großen Königshöfen mit zahlreichen Nebenhöfen 
erſtehen, die Verteidigung des Landes und die Ver⸗ 
pflegung des Heeres zu ſichern. Um dabei nicht be⸗ 
hindert zu ſein, ſchuf die Truſtis durch Vertreibung 
der Einwohner künſtliche Einöden, den zonuos und 
bie solitudo der Urkunden. Solche künſtliche Einöden 
ſind es, die Klöſtern überwieſen wurden, wie die Rhön 
dem Bonifacius für Fulda, denn nur ſo erklärt ſich 
der ſcheinbare Widerſpruch, daß der Zuſtimmung oder 
des Verzichtes der Umwohner zur Schenkung der „Ein⸗ 
öde“ gedacht wird, ſie mußten eben dem Machtgebot 
der Truſtis weichen. 

Die fraͤnkiſche Mark und ihre Durchführung im 
Eroberungsland iſt nach Rübel ein Werk der frän⸗ 
kiſchen Könige. Sie wurde planmäßig geſchaffen und 
gleichzeitig Forſten, ſonſtiges Königsgut — regnum 
Reich — ſowie Einzelgüter für Private ausgeſchieden, 
wie wir bei der Ausſtattung des Sachſenherzogs Wi⸗ 
dukind und anderer Großen ſehen können. Aber auch 
der Klein: und Streubeſitz wurde dabei geregelt und 
zuſammengelegt, von ihm beanſprucht der König ein 
Zehntel. So entſtanden die kleinen Splitter, die ſchon 
früh im Beſitz des Reiches auftauchen. Der Aufſtand 
der Thüringer 785/6, die wiederholten Erhebungen 
der Sachſen wurden nach Rübel durch dieſe Mark⸗ 
ſetzungen verurſacht. Eine Stütze für feine Theorie 
ſieht Rübel in Fällen, in denen Gemeinden von ihrem 
Genoſſenſchaftswald durch verſchiedene nicht beteiligte 
Gemarkungen getrennt ſind, denn das habe nur eine 
ſelbſtherrliche Behörde anordnen können. Uebrigens 
kam auch die Aufteilung von Wald unter die Inter⸗ 
eſſenten vor. Die Oedlandsausſcheidung als Beſitz 
des Königs war grundſätzlich von den fränkiſchen Herr⸗ 
ſchern ausgeſprochen, die tatſächliche Durchführung er⸗ 
folgte freilich in einzelnen Fällen erſt im ſpäteren 
Mittelalter, aber ſtets nach dem gleichen Verfahren. 

Dieſem Vorgehen verdanken nach Rübel die Mark⸗ 
genoſſenſchaften ihre Entſtehung, ſie ſind eine zwangs⸗ 
ſtaatliche Einrichtung. Die altgermaniſche Mark, die 
das Oedland nicht einſchließt, ſondern durch es von 
andern Marken getrennt wird, wurde von den Fran⸗ 
ken unter Aufteilung des Oedlandes beſeitigt. Daß 
es vor dem Eingreifen der Franken keine organiſierte 
Markgenoſſenſchaft gab, lehren uns die Verhäͤltniſſe 
Englands, es beweiſen es Schenkungen einzelner Leute, 
die über ihren Anteil ohne Einſpruch der Genoſſen 
verfügen — fo bei Werden 793. Auch die Maſtrechte 
waren früher ungeregelt. Das alles hat erſt die frän⸗ 


36 


kiſche Markenſetzung feftgelegt und jo der Entwicklung 
beſtimmte Bahnen gewieſen. 

Wir haben hier eine von den bisherigen Anſchau⸗ 
ungen abweichende, auf den erſten Blick durch ihre 
Geſchloſſenheit beſtechende Theorie vor uns. Rübels 
Ausführungen über den Verlauf fränkiſcher Mark⸗ 
grenzen ſind i. a. als richtig anerkannt, aber es gibt 
doch Ausnahmen, ſo daß von einem ſtreng durchge⸗ 
führten Syſtem nicht geſprochen werden kann. So 
finden wir im Neckartal, daß die Grenzen der Hirſch⸗ 
horner, der Eberbacher Cent und der Zwingenberger 
Mark nicht einmal den Strom als Grenze achten, 
ſondern über ihn hinübergreifen. Beſonders auffällig 
iſt, daß es ſich bei Hirſchhorn nur um einen ſchmalen 
Saum längs des Fluſſes und den Inhalt der Ers- 
heimer Stromſchlinge handelt. Aber auch bei der Ab⸗ 
grenzung des ſüdlichen Teils der Eberbacher Cent ſind 
die Waflerfäden nicht ausgenutzt. Wir befinden uns 
hier in dem den Alemannen entriſſenen Gebiet, aber 
trotzdem find die Marken offenbar nicht planmäßig 
von Beamten geſchaffen, ſondern fie ſtellen ſich dar 
als nachträglich feſtgelegte Nutzungsbezirke der Siede⸗ 
lungen, wie fie im Wettbewerb der Nachbargemeinden 
ſich ausgebildet hatten. Am Niederrhein hat Wey⸗ 
mann!) ähnliche Ausnahmen nachgewieſen. Für die 
Gegend von Brauweiler kommt Oppermann?) zu dem 
Ergebnis, daß die Centen ſchon auf römiſche Verhält⸗ 
niſſe zurückgehen und nur von den Franken über⸗ 
nommen wurden. Eine bewußte ordnende Tätigkeit 
der fränkiſchen Könige liegt in einzelnen Gebieten, wo 
militäriſche Gefichtspunkte die Schaffung geſchloſſener 
fränkiſcher Kolonien nötig machten, beſtimmt vor, nicht 
aber überall. Vielmehr wird wohl Dopſch;) recht 
haben, der die Marken der Karolingerzeit bezeichnet 
als „das Ergebnis einer fortgeſetzten Ausſonderung 
urſprünglich noch herrenloſen Wildlandes, deſſen 
Nutzung den anrainenden Siedlern niemand wehrte, 
durch die immer kräftiger vordringenden Grundherr⸗ 
ſchaften oder auch freie Grundeigner“. Ob ſo freie 
oder grundherrliche Marken entſtanden und welche 
Nutzungsrechte den Genoſſen zufielen, hing davon ab, 
wer zuerſt den Boden in Beſitz genommen hatte und 
wer fih als der ſtärkere erwies. Grundherrliche und 


1) Unterſuchungen zur d. Staats- u. Rechtsgeſchichte 106. 
1911. K. Weymann: „Die Marks u. Walderbengenoſſenſchaften 
des Niederrheins“. 

1) Weſtd. Zſchft. f. G. u. K. 1908. Oppermann: „Die 
älteren Urkunden des Kloſters Brauweiler“. 

8) A. Dopſch: „Die Wirtſchaftsenkwickelung der Karolinger⸗ 
zeit“ I. Weimar 1912. Vergl. auch Heußler: „Deutſche Ver⸗ 
faſſungsgeſchichte“. Leipzig 1905, der Rübel für das Erobe⸗ 
rungsland zuſtimmt, aber für das Volksland ſeine Anſchauung 
ablehnt. 


freie Marken ſind gleich alt, ebenſo der unbelaſtete 
Privatwald. N 

Rübel jah in der Schenkung von Nutzungsanteilen 
den Beweis dafür, daß die Mark noch nicht organi⸗ 
ſiert war. Es reichen ſolche Schenkungen aber bis in 
das ſpäte Mittelalter herab.!) Da liegt doch die alte 
Auffaſſung näher, daß es ſich um Marken handelt, in 


denen die Rechte ſchon von der Hufe losgelöſt waren, 


„Aktiencharakter“ angenommen hatten. 

Im folgenden ſoll die Entwicklung in den einzelnen 
Gebieten erörtert werden. Natürlich kann es ſich nicht 
um eine erſchöpfende Darſtellung, ſondern nur um 
einen Ueberblick und die Erörterung einzelner Fille 
handeln. Daß noch viele Punkte unſicher find, be⸗ 
ruht darauf, daß wir darauf angewieſen find, aus 
viel jüngeren Zuſtänden auf die früheren zurückhu⸗ 
ſchließen. Die Verhältniſſe am Niederrhein haben in 
neuerer Zeit, außer Weymann, Ilgen und Hammers 
erörtert.?) Die großen Waldmarken dieſer Gegend 
— Kottenforſt, Flamersheimer Wald, Weſeler Wald, 
die Burge bei Düren, der Probſtei⸗Eſchweiler und 
Nothbergerwald, der Reiche: und Akſcherwald — waren 
altes Königsgut, an denen die anſtoßenden Orte aut 
gedehnte Nutzungsrechte erwarben. Ja am Probfti⸗ 
wald erlangten ſie ſogar das Grundeigentum, die Mark 
war im 15. Jahrhundert aus einer grundherrlichen 
eine freie geworden. Auch die Vele bei Bonn und die 
großen Wälder um Zülpich waren von jeher grund: 
herrlich. Das älteſte Weistum der Wehrmeifteri: 
waldungen kennt nur einen freien Gemeindewald, den 
von Niederau.) Ob der fih bei Frimersheim zwiſchen 
ſicher altköniglichen Waldbeſitz einſchiebende Markvald 
einer urſprünglich freien Mark gehörte, muß nach dem 
von Kötzſchke⸗) mitgeteilten Material bahingefell 
bleiben. Wohl aber beſaßen einzelne Gemeinden, wie 
Remagen, ſchon früh Gemeindewald.) Für das eigenl: 
liche Gebirgsland der Eifel, Hunsrück, Idar und Soon 


1) Zum Beleg mögen dienen: Urkunde für Altenberg von 
1281. Laccomblet, Urkundenſammlung a. Geſch. des Rieder 
rhein’ II. 443, K. v. Falkenſteins von 1826; Smoler, Gito 
riſche Blicke aus d. Forſt⸗ u. Jagdweſen p. 154 Fußnote, 1323 
für H. v. Redichhuſen und Eberhard, Rübel Dortmunder Ur 
kundenbuch p. 284 und 1842 für L. u. H. v. Ariſte ebenda 
p. 384. 

2) Weymann a. a. O. Weſtd. Zſchft. f. G. u. K. Jen 
„Die Grundlagen der mittelalterlichen Wirtſchaftsverſaffung : 
Hammers: „Die Waldgenoſſenſchaften in der Aachener Gegend 
Diſſertation Aachen 1913. 

8) Weſtd. Zſchft. f. G. u. K. 1007. Schwarz: „Zur So 
ſchichte d. rhein. Pfalzgrafſchaft“ p. 168. Ritz: „Urkunden . 
Abhaadlungen z. Geſch. d. Niederrheins“ 1824. Opperman 
a. a. O. 

) Koetzſchle: „Studien z. Verwaltungsgeſchichtr d. Erb 
qcundbherrfdaft Werden“. Leipzig 1900. 

) Laccomblet, Urkundenbuch p. 284. 


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find urſprünglich freie Marken nicht zu erweifen. Im 
Gebiet zwiſchen Moſel, Saar und Ruwer mußten 
zwar nur die jüngeren, nicht die älteren Gemeinden 
den Forſthafer entrichten, aber wohl nur, weil dieſe 
ihre Nutzungsrechte erworben hatten, ehe der Grund⸗ 
herr ihnen großen Wert beilegte. !) 

Bohl 2) glaubt in der Vorderpfalz und in wenigen 
frühbefiedelten Tälern der Weſtpfalz freie Marken nad: 
weiſen zu können. In den letzteren habe aber die 
Grundherrſchaft das Eigentum an ſich zu ziehen ge⸗ 
wußt, während die erſtern bis 1500 frei blieben. Das 
mag i. a. zutreffen, nur für den Bereich des Kloſters 
Hornbach — Marken Wilgartswieſen, Queichhambach, 
Waldfiſchbach, Queidersbach, Glanmünchweiler, We⸗ 
benheim und. Mimbach — ift es nach meiner Meinung 
wenigſtens gerade ſo wahrſcheinlich, daß es ſich um 
urſprünglich grundherrlichen Beſitz handelt, an dem die 
Orte Nutzungsrechte erworben haben. Denn zu Wald⸗ 
fiſchbach gehören die Strafen und die Maſt dem Abt, 
wohl it auch das Bauholz den Markern frei, aber die 
Ausmärker gehen ebenfalls frei aus, wenn ſie nur 
geladen haben, ehe der Föͤrſter fie antrifft. Die Vor: 
zugsrechte der Märker find alſo recht gering. 


Mit Müller und Kuby übereinſtimmend bezeichnet 
Bohl weiter die Pfälzer Haingeraiden als freie Mark⸗ 
genoſſenſchaften. Dieſe nahmen den Oſtabhang der 
Hardt und Nordvogeſen ein und gehörten jeweils 
einer größeren Anzahl von Gemeinden. Es waren 15 
oder, wenn man mit Serini den Hagenauer Wald mit⸗ 
zählt, 16. 


Bohl fieht die Freiheit der Marken durch den Um⸗ 
ſtand als erwieſen an, daß ſie als reichsunmittelbar 
und im Eigentum der Dörfer ſtehend betrachtet wurden. 
Das iſt für das Ende des Mittelalters zutreffend. 
Müller?) glaubt dagegen, daß die Tradition, Dago: 
bert II. habe die Haingeraiden den Dörfern zum Dank 
für Hilſe bei einem Aufſtand geſchenkt, inſoweit be⸗ 
gründet ſei, daß dieſer den ſchon länger beſtehenden 
Markgenoſſenſchaften die Organiſation verliehen habe. 
Er ſelbſt ſagt andererſeits, im 6. Jahrhundert ſei das 


1) Ergänzungsheft XIII z. weſtd. Zſchft. f. G. u. K. 
Roerig: „Eutſtehung der Landeshoheit] des Trierer Era» 
bidofs...”. Hamm: „Die Wirtſchaftsentwickelung der Mark 
Rhaunen“. Differtation München 1905. Fröhlich: „Geſchichte 
der Mark Thalfang“ 1895. Weſtd. Zſchſt. f. G. u. K. 1905. 
Fabricius: „Das Hochgericht auf der Heide“ und ebenda 1909 
Derſelbe: „Das pfälziſche Oberamt Simmern“. Back, Fr.: 
„Das Kloſter Ravengiersburg uſw.“ Koblenz 1841/53, 

) O. Bohl: „Die Rechtsverhältniſſe d. rheinpfälz. Wal- 
dungen“. Differtation. Heidelberg 1909. 

*) Pfälzerwald 1905. Müller: „Die Geſchichte der pfälz, 
Geraldewaldungen“. Ferd. Kuby: „König Dagobert und d. 
r Edenkoben 1885. 

7 


87 


ganze Gebiet vom Bienwald bis zum Nahegau ein 
Koͤnigsforſt geweſen. 

Obwohl die Dörfer im ſpäteren Mittelalter zu 
den verſchiedenſten Herrſchaften gehörten, iſt ſicher, daß 
wir im ganzen Gebiet der Haingeraiden altes Reichs⸗ 
gut vor uns haben. Darum konnte Konrad II. 1035 
die Dürckheimer oder ſechſte Haingeraide zur Aus⸗ 
ſtattung des Kloſters Limburg benutzen, dem daher 
auch ſpäter noch die Maſt meiſt allein, in einem Teil 
gemeinſam mit dem Vogt zuftand. Auch die Herx⸗ 
heimer und die Bobenheimer Geraide ſollten zu Kloſter 
Limburg gehört haben. Geſtützt auf die Rechte des 
Reichs ordnete Friedrich Barbaroſſa die Verhältniſſe 
der Oberhaingeraide und wies dem Kloſter Eußertal 
bei der Stiftung nicht nur das Mitnutzungsrecht, 
ſondern auch ein Drittel der Strafen zu. Und da⸗ 
rum war Rudolf von Habsburg befugt, 1291 der 
Stadt Landau in dieſer Geraide das Mitmaͤrkerrecht 
zu verleihen. Die Geraiden ſind daher doch wohl als 
Nutzungsgenoſſenſchaften aufzufaſſen, die ſeit alten 
Zeiten Holz und Weide im Königswald genoſſen und 
dieſe Rechte behaupteten; i. F. des Verfalls der Reichs⸗ 
gewalt find ſie zu Eigentümern emporgeſtiegen. Bei 
der Zerſplitterung dieſes Gebietes in kleine Herr⸗ 
ſchaften iſt es begreiflich, daß die Eiferſucht der ver⸗ 
ſchiedenen Herren ihnen dabei zugute kam. Und doch 
haben einzelne Grundherrſchaften auch in ihnen Rechte 
und Anteile erworben, ſo Kloſter Weißenburg in der 
erſten, Burg Pleißweiler in der zweiten, Lindenburg 
in der 12. und Wachenheim in der 13. Haingeraide. 
War wirklich der Heilige Forſt zu Hagenau mit dem 
Wanzenauer und Brumather Gewald urſprünglich eine 
Haingeraide, ſo zeigt ſeine Geſchichte, daß die Ent⸗ 
wicklung auch anders verlaufen konnte.!) Hier blieb 
der Hauptteil des Waldes lange Reichsgut, ging dann 
in den Befitz verſchiedener Fürſtenhäuſer über, von denen 
ihn die Staufer erwarben, mit deren Ausſterben er 
wieder an das Reich fiel. Die Stadt Hagenau ver⸗ 
dankt ihren Anteil am Wald Barbaroſſa und Karl IV. 

In der badiſchen Pfalz hatten die Schriesheimer 
und. die Reichhardshäuſer Cent eine den Haingeraiden 
aͤhnliche Entwickelung, ſie führte von okkupatoriſch er⸗ 
rungenen Nutzungsrechten bei letzterer zu vollem Eigen⸗ 
tum der Gemeinden, bei der andern zu einer hälftigen 
Teilung mit dem Landesherren. Zahlreich ſind in 
dem Hügelland ſüdlich des Odenwalds alte Gemeinden, 
die eigenen freien Gemeindewald ſeit alter Zeit be⸗ 
fitzen, d. h. altfreie Einzelmarkgenoſſenſchaften, die ihr 


1) Becker: „Geſchichte der Reichslandvogtei im Elſaß“ 1905. 
Zſchft. f. d. G. d. Oberrheins 1897. Witte: „Der Heilige 
Forſt und feine älteſten Befitzer“. Beiträge zur Volkskunde 
von Elſaß⸗Lothringen 1888, Ney: „Geſchichte d. Heiligen 
Forſtes bei Hagenau“. ` 

i 6 


Eigentum bewahrten. Größere wohl urſprünglich eben- 
falls freie Marken waren hier Bretten und Eppingen. 
Das letztere hat dann einen Teil feiner Mitmärker zu 
Berechtigten herabgedrückt, die anderen durch Teilung 
abgefunden. 


An der Südgrenze des fraͤnkiſchen Gebiets waren 
im Rheintal die alte Forchheimer, die Malſcher und 
die Ettlingen⸗Speſſarter Mark bis zum Moosalbtal 
wahrſcheinlich freie Marken, während die weiter öſtlich 
gelegenen Gebirgswälder zum Königsgut gehörten, in 
denen die Gemeinden durch grundherrliche Siedelung 
entſtanden. War ja auch Ettlingen ſelbſt Reichsbeſitz, 
doch liegen für eine grundherrliche Entſtehung der 
Markgenoſſenſchaft keine Anzeichen vor. Bei Raſtatt 
find die Wälder fo früh geteilt worden, daß die ur⸗ 
ſprünglichen Eigentumsverhältniſſe nicht mehr zu er⸗ 
kennen ſind, um 1370 beſtanden freie Gemeindewal⸗ 
dungen neben grundherrlichem Sonderwald. Die große 
Badener Mark, in der nach Gothein das Reichsgut 
erſt fpdt ausgeſondert wurde, war urjprünglich wohl 
königlich⸗grundherrliches Eigentum. Denn Clodwig hat 
bei der Grenzfeſtſetzung gegen die Alemannen gerade 
dieſes Gebiet wegen der heißen Quellen an fih ge 
zogen und ſchon früh iſt eine Vergabung an Kloſter 
Weißenburg erfolgt.!) Königsgut war offenbar auch 
das ausgedehnte Waldgebiet, das von der Alb bis 
gegen Darmſtadt zieht, denn auch die älteren Gemein⸗ 
den haben überwiegend nur Nutzungsrechte, nicht Eigen⸗ 
tum daran erworben, während viele von ihnen dafür 
in der Rheinniederung oder im Hügelland freien Ge⸗ 
meindewald beſaßen. In der von den Karolingern 
dem Kloſter Lorſch geſchenkten Heppenheimer Mark, 
in der Michelſtädter Mark und den übrigen Centen 
der Grafſchaft Erbach liegt wohl urſprünglich könig⸗ 
licher Befitz mit weitgehenden Nutzungsrechten der Nn- 
ſiedler vor.“) 


In der Taubergegend beſtand noch 1404 die eine 
große freie Mark „auf der Hardt“. Daneben beſaßen 
viele Gemeinden altfreien Gemeindewald und im 
16. Jahrhundert fand hier noch die Bildung einer 
freien Waldmark ſtatt, indem. die Gemeinden Dungen⸗ 
dorf, Wermutshauſen und Wildentierbach aus; der 
Gemarkung des eingegangenen Hohenweiler einen ge⸗ 
meinen Wald machten. Ihr Eigentum beweiſt draſtiſch 
das „Saufrecht“, d. h. der Brauch, den Erlös aus 
dem Holz zu vertrinken. Im übrigen württembergi- 
ſchen Franken waren dagegen nach Boſſert wenigſtens 


1) Seeger: „Beitrag z. G. d. Waldungen d. Stadt Éti- 
lingen“. Diſſertation Karlsruhe 1908. Gothein: „Wirtſchafts⸗ 
geſchichte des Schwarzwalds“ I. 1892 p. 135. Bierordt: „Ba: 
diſche Geſchichte“ 1865 p. 105. 

2) Killinger: „Die Zenten der Graſſchaft Erbach“. Diſſer⸗ 
tation Straßburg 1912. 


im 15. Jahrhundert keine freien Marken vorhanden, 
ebenſo ſchreibt Weller der Mehrzahl der Dörfer und 
Weiler rechts des Neckars grundherrlichen Urſprung 
zu. Auch die Mark der „fieben Dörfer“ zwiſchen 
Steinheim und Kleinaſpach war grundherrlich.!) 

Ob die Miltenberger Mark urſprünglich frei⸗ war, 
ift unſicher, ſpäter hat die Stadt die Obermaͤrkerſchaft 
erworben und die Mitmaͤrker zu. Berechtigten herab: 
drücken wollen.?) Für den Untermaingau hate Imgram 
zu beweiſen geſucht, daß hier die Markenbildung erſt 
um 900 einſetzte. Im einzelnen wird ihm darin bei⸗ 
zuſtimmen fein, daß die Biebermark altfret war; ob 
auch die Roeder, ſcheint mir bei dem Vorkommen aus⸗ 
gedehnter Königsforſten doch fraglich. Die Rheingauer 
Haingeraide war wohl eine altfreie Großmark, die 
1158 zum erſtenmal geteilt wurde, doch iſt eine ge⸗ 
wiſſe Zurückhaltung im Urteil nötig, da die wichlige 
Quellenſammlung Bodmanns nicht unbedingt zuver⸗ 
läſſig if. | 

Die Verhältniſſe der heſſiſchen Marken hat Varren: 
trap eingehend unterſucht. In der Wetterau beſtan⸗ 
den, wie ſchon Schazmann 1746 darlegte, eine Reihe 
altfreier Marken, in denen auch ſpuͤter der Obermärkt | 
keine überragende Stellung erlangt hatte. Noch im 
16. Jahrhundert wurde er in verſchiedenen Marken 
frei gewählt und die Bingenheimer Marker tauſchten 
das Geſchlecht ihres Obermärkers, um wirkſameren 
Schutz zu gewinnen. Ebenſo gab es in dem ſpät⸗ 
befiebelten heſſiſchen Bergland und dem Tharingerwald 
altfreie Marken, daneben viele, die erſt allmählich frei 
geworden ſind. Im allgemeinen entſtanden nach 
Varrentrap ſofort bei der Niederlaſſung die Mart 
genoſſenſchaften. Dieſe teilten aber zunächſt nur einen 
kleinen Teil des Gebietes auf. An den daz wiſchen 
liegenden Wäldern übten ſie Nutzungsrechte aus, in 
Bezirken ohne feſte, ja gegen die Wildnis hin ohne 
jede Grenze. So konnten denn auch Verhältniſſe ent: 
ſtehen, wie beim Freiwald, der dem Kloſter Georgen: 
tal geſchenkt wurde, an dem aber verſchiedene entfernt 


1) Herwagen: „Die Lage der Bauern ... i. d. Tauber: 
gegend“. Diſſertation Heidelberg 1899. Württ. Jahrb. 1. 3 
Statiſtik 1886. Boſſert: „Fränkiſches Gemeinderecht“. Wirt. | 
Viertel jahresheſte z. Landesgeſchichte 1894. Weller: „Die frán | 
kiſche Anfiedelung.. .". ! 

2) Hohlhauſen: „Von denen Gerechtſamen u. Pflichten 
eines Obermärkerd“. 1757. 

) Imgram: . Geſchichte der Markgenoſſenſchaft im unteren 
Maingau“. Diſſertation Münſter 1913. Buri: „Behauptet 
Vorrechte“. Offenbach 1744. Fellner: „Geſchichte d. granb 
furter Stabtwalds“.* Differtation München 1895. K. Brow: 
„Geſchichte des Rheingauer Markwaldes“. Vierteljahresſchriſ 
für Volkswirtſch. u. Kulturgeſch. 1872. Zſchſt. f. Rettig 
ſchichte. G. A. XXIV. H. Mayer: „Das fogenannte] Rhein 
gauer Landrecht“. 


Ee — ay, SE ER EE Pe a.» A — 


liegende Gemeinden gemeinſame Rechte beſaßen, wäh⸗ 
rend näher liegende Orte die dazwiſchen befindlichen 
Wälder fih zu alleiniger Nutzung angeeignet hatten. 
Im ſpäteren Mittelalter herrſcht in Heffen die ge- 
miſchte Mark, aber ſie iſt in vielen Fällen aus der 
grundherrlichen, nicht aus der freien hervorgegangen. 
Ob auf dem 531 den Thüringern von den Franken 
entriſſenen Eichsfeld große freie Marken beſtanden, iſt 
trotz der Ausführungen von J. Müller fraglich. Viel⸗ 
mehr laſſen die ſorgfältigen Aufzeichnungen von Win⸗ 
tzingenroda⸗Knorr's erkennen, daß meiſt alter Reichs⸗ 
befitz vorliegt, ſo für den großen Waldbeſtand um 
Mühlhauſen: Forſt, Herzogswald, Hart, Mühlhauſer 
Stadtwald und Steinerwald, weiter für den Fürſten⸗ 
hagen einſchließlich Heiligenſtädter Forſt, den Grafe⸗ 
forſt bei Holungen, den Wald zwiſchen Ammern und 
Faulungen. Auch für das Segel bei Holungen und 
den Hainich ifl alter Reichsbefitz wahrſcheinlich. Am 
erften wäre der Höheberg — Odinsberg — bei Han⸗ 
ſtein als altfreie Mark anzuſprechen. Aber auch hier 
find die Orte überwiegend jungen Alters, alſo wohl 
grundherrlichen Urſprungs. Ebenſo ſpricht für grund: 
herrliches Eigentum am Walehagen, was bei der 
Gründung des Kloſters Gerode 1124 geſagt wird: 
villae quaedam novalium Hildenhagen, Immendal, 
Juzenbach, Haselbach, Solebach, Walehagon quo- 
que usque ad Wizzanbrunnon, qui cives termi- 
num habent in silva S. Michaelis tantum, quan- 
tum iactus securis comprehenderit. Die Dörfer 
haben alſo lediglich ein Nutzungsrecht als Anrainer 
in einem noch nach vorfränkiſcher Weiſe durch Beil⸗ 
wurf begrenztem Streifen. Auch für Nordthüringen 
iſt das Vorkommen von urſprünglich freien Wald⸗ 
marken, nach dem was Schlüter über die Beſiede⸗ 
lungsgeſchichte mitteilt, wenig wahrſcheinlich. Zwar 
halten Meyer und Rackwitz die Marken des Helmegaus 
für älter als den Reichsbeſitz. Doch iſt ihre Beweis⸗ 
führung nicht zwingend. Der Siebengemeindewald — 
1341 „das Holz aller Dörfer gemeyn“ —, an dem 
12 Gemeinden teilhatten, iſt nach der Tradition 
Schenkung einer fürſtlichen Perſon. Von dieſen Ge⸗ 
meinden waren Berga, Görsbach und Vorrieth 802 
mit ihrer ganzen Flur Königsgut, Böſenroda und 
Timmenroda ſind junge Gründungen. Von den Orten 
der Windehauſer Markgenoſſenſchaft waren Winde⸗ 
hauſen, das ſpäter zwei Drittel der Rechte beſaß, 
Grumbach, der Sitz des Markvogtes, und 9 andere 
ebenfalls 802 mit den ganzen Gemarkungen Königs⸗ 
gut. Vom Gibichenhagen iſt der mittlere Teil immer 
Reichsgut bezw. landes herrliches Eigentum geblieben. 
Nur für die Mark von Oueſtenberg fehlen ähnliche 
Anhaltspunkte. In dem an der ſächſiſchen Grenze 
. gelegenen Heſſenwald waren nach Barrentrapp, wie 


39 


bei den niederſächſiſchen Marken, die Erfexen die wah⸗ 
ren Eigentümer. !) 

Noch ein fränkiſches Gebiet ift zuerwähnen, Drenthe. 
Hier hat ſich die freie Mark immer erhalten, indem 
die Bauern dem Eindringen der Grundherrſchaft er⸗ 
folgreich widerſtanden. Die Verhältniffe liegen hier 
ähnlich, wie im benachbarten Friesland. Denn auch 
dort hat die freie Mark, der allerdings meiſt der Wald 
fehlt, langen Beſtand gehabt. ?) 

Für das Gebiet, das den Alemannen nach ihrer 
Unterwerfung durch Clodwig verblieb, iſt zunädhit feft- 
zuſtellen, daß die Ausſcheidung von Markwäldern in 
vielen Teilen erft {pat erfolgte. So führt Schotte mit 
Recht darauf die Streitigkeiten zwiſchen St. Gallen 
und den Gaubewohnern zurück. Im Berner Jura ift 
der Wald erſt im 14. Jahrhundert ausgeſondert wor⸗ 
den, auch in Unterwalden geſchah dies erft ſpät, da 
die ſchwache Bevölkerung keine Beſchränkung der 
Nutzungen nötig machte. In der Nordſchweiz finden 
ſich ſeit Beginn der Nachrichten zahlreiche grundherr⸗ 
liche Marken neben freien, und zwar wiegen die nur 
eine Gemeinde umfaſſenden Marken weitaus vor. Die 
ſpätere Entwicklung führte hier vorübergehend dazu, 
daß faſt alle Marken grundherrlich waren. Doch fiel 
meiſt das echte Eigentum am Gemeindeland der Dorf⸗ 
genoſſenſchaft ſchließlich zu, obwohl die Grundherrlich⸗ 
keit weiter beſtand, nur daß fie vom Adel an Städte 
überging. 

Im Berner Jura hat der Biſchof von Baſel früh 
das Waldeigentum beanſprucht und dann auch gegen 
die nutzungsberechtigten Gemeinden behauptet. Im 
Berner Oberland bildeten im fpdteren Mittelalter 
Oberhasli, Urſeren und Entlibuch geſchloſſene Genoſſen⸗ 
ſchaften, denen auch ein Teil der Waldungen gehörte. 
Da aber die Stadt Bern als Landesherr den übrigen 
Wald beanſpruchte, bleibt die Frage nach den ur⸗ 
ſprünglichen Rechtsverhältniſſen offen. Dagegen war 
das Grindelbacher Tal durchaus grundherrlich. Das 
Gleiche gilt von Engelberg und Einſiedeln. Am in⸗ 
tereſſanteſten ſind die Verhältniſſe in den drei Urkan⸗ 
tonen, von denen Schwyz oft als Vorbild einer großen 
freien Mark bezeichnet worden iſt. Auch Wyß neigt 
in ſeiner ſorgfältigen Unterſuchung über die ſchweize⸗ 


1) Varrentrapp: „Rechtsgeſchichte und Recht der gemeinen 
Marken in Heſſen“. Teil I. Macburg 1909. Schazmann, 
Diss. iuridica „De iure communitatum .. .“ Göttingen 1746, 
Forſchungen z. Thür.⸗ſächſ. Geſchichte II 1911. Joh. Müller: 
„Frankenkoloniſation auf dem Eichsfeld“. v. Wintzingeroda⸗ 
Knorr: „Die Wüſtungen des Eichsfeld“. Halle 1908, O. 
Schlüter: „Die Siedelungen im nordöſtlichen Thüringen“. 
Berlin 1903. Mitteil. d. V. f. Erdkunde. Halle 1888/90. 
Meyer u. Rackwitz: „Der Helmegau“. 

2) Fall: „Das Eigentum an Grund u. Boden in Drenthe“ 
Diſſertation Würzburg 1914. Rachfahl a. a. O. 

66 


riſchen Landgemeinden dieſer Anſchauung zu, da die 
Schwyzer ſchon vor der Loslöſung von Habsburg 
Eigentum an der gemeinſamen Mark beſaßen und 
freie Grundeigentümer den Kern der Gemeinde bildeten. 
Doch waren ſie nach Schweizer ſchlechter geſtellt als die 
Freien anderer Gebiete. Während dieſe ſich ihren 
Amtmann ſelber wählen durften, empfingen ihn die 
Schwyzer von der Herrſchaft und mußten „fih noch 
glücklich preiſen, wenn ihnen einmal verſprochen wird, 
daß kein Unfreier oder Fremder ernannt werden ſoll“. 
Der Vogt nahm an der Ausübung der Gemeinde⸗ 
rechte teil, „unter ſeiner Autorität werden die Be⸗ 
ſchlüſſe gefaßt, ſeine wenigſtens ſtillſchweigende Zu⸗ 
ſtimmung iſt mit erforderlich, er bezieht einen Teil 
der Buben” (Wyp). Erft die Befreiung von der Vogtei 
beſeitigte dieſe Rechte, die ich als die letzten Reſte der 
Grundherrlichkeit anſehe, ſie beendete eine Entwicke⸗ 
lung, die mit der Niederlaſſung freier Männer im 
Bereich des Königsgutes und der Ausübung von 
Nutzungen an einem Wald begonnen hatte, von dem 
urſprünglich galt, was eine Urkunde Heinrichs II. 1008 
über das angrenzende, bald auch von den Schwyzern 
zur Hälſte an ſich geriſſene Einfiedler Gebiet ſagt: 
silva invia et inculta et ob hoc nostrae proprie- 
tati deputata. Die urſpüngliche Wertloſigkeit der 
Waldnutzungen, die Entlegenheit des Gebietes, die 
Schwäche der Zentralgewalt mögen die Ausdehnung der 
Nutzungsrechte gefördert haben. In Uri beſtanden 
vor der Befreiung mehrere große Grundherrſchaſten, 
obwohl Wald und Allmende wahrſcheinlich dem ganzen 
Tal gemeinſam waren. Dagegen waren dieſe in 
Unterwalden unter die Gemeinden geteilt, die z. T. 
grundherrlich waren. Das Gleiche gilt für Appenzell, 
Glarus, Zug, Graubünden und Wallis. 
Altgrundherrliche Marken find die Biſchofshöͤri um 
Konſtanz und die Allmende der Baar, die den Oſt⸗ 
abfall des Schwarzwaldes und das vorgelagerte Riet 
umfaßte. Denn die Genoſſen konnten die Anlage von 
Klöſtern und Städten auf der Allmende durch die 
Herrengeſchlechter nicht hindern und erhielten ſelbſt von 
dieſen ihre Einzelallmenden aus der Geſamtmark zu⸗ 
gewieſen. Auch im eigentlichen Schwarzwald ſind 
grundherrliche Marken häufig. Hierher gehören die 


1) Münſt. Beiträge z. Geſchichtsforſchung XVII 1908, 
Schotte: „Studien z. Geſchichte d. weſtf. Mark“. Giercke: 
Deutſchrechtliche Unterſuchungen 74 1905, Rennefahrt: „Die 
Allmend im Berner Jura“. Zſchft. f. ſchweiz. Recht I 1852, 
Wyß: „Die Schweiz. Landgemeinden“, ebenda X. 1862. Heuß⸗ 
ler: „Die Rechtsverhältniſſe am Gemeindeland in Unterwalden”, 
Staats- u. ſozialwiſſ. Forſchungen 2. 1879. A. v. Miaskowski: 
„Die ſchweiz. Allmend uſw.“. Jahrbuch f. ſchweiz. Geſchichte 
X 1885. 7. P. Schweizer: „Die Freiheit der Schwyzer“. Der 
Geſchichtsfreund 43. 188. O. Ringholz: „Geſchichte d. fürſt⸗ 
Benediktinerſtiftes U. L. F. z. Einſiedeln ...“ 


40 


Gengenbacher Mark und die ſpäter reichsfreien Täler 
bei Zelle Harmersbach, denn diefe haben ihre Reichs⸗ 
freiheit erſt ſpät erworben, weiter die Dornſtetter Mark 
trotz des ausgedehnten Jagdrechtes der Eingeſeſſenen. 
Waren doch von dieſem nicht nur Rotwild ſondern 
auch Rehe ausgeſchloffen und mußten von den ſchäd⸗ 
lichen Tieren Teile als Anerkennung des Herrſchaſts⸗ 
rechtes eingeliefert werden. Vor allem aber war für 
Holz⸗ und Weidenutzung eine Haferabgabe zu leiſten. 
Schwieriger find die Verhältniſſe in der Rheinebene 
und den Vorbergen zu beurteilen. Die Sasbacher, 
Bühler, Steinbacher, die große Korter und die Um: 
Lichtenauer Mark waren wohl frei. Nicht ſo ſicher 
iſt dies für die große Kinzigdorfer Mark, die ſchon 
früh in einen Verband um Ortenberg und einen 
andern um Griesheim zerfiel. Denn der alte Offen⸗ 
burger Stadtwald war, wie Gothein gezeigt hat, 
Reichslehen, ebenſo der Gotteshauswald, an dem die 
Gemeinden des Griesheimer Verbands die Nutzung, 
Kloſter Gengenbach aber das Eigentum beſaß. In 
der Ortenberger Mark wurde Offenburg Markferr. 
Offen bleibt die Frage nach dem urſprünglichen Eigen: 
tum für die Marken des vorderen Rend- und ks 
Durbachtals, die Ulmhardt, Hardtwald und Mos: 
waldgenoſſenſchaft. In der ſchwäbiſchen Alb iſt nach 
Weller die Münſinger Gemeinmark der Hartorte eine 
altfreie Hundertſchaftsmark und ebenſo im Allgäu der 
Zwölfpfarrwald nach Baumann der Reſt einer ſolchen. 
Frei waren auch, wie Haff ausführt, verſchiedene 
Marken des oſtalemanniſchen Gebirgslandes, ſo die von 
Pfronten und jene von Neſſelwangen, denn obwohl 
Wildbann und Obrigkeit 1059 an Augsburg fielen, 
wurde das Eigentum nie beftritten. !) 

Aus dem Gebiet des bayriſchen Stammes iſt wenig 
über Markgenoſſenſchaften überliefert, während Privat: 
wald bereits in der lex Bajuvariorum erwähnt wird 
und eine Fülle von Grundherrſchaften uns in den 
Schenkungsurkunden der Agilulfingerzeit entgegentritt 
Auch ſpricht die Kleinheit der meiſten Gemarkungen 
gegen die Annahme, daß früher umfangreiche free 
Markgenoſſenſchaften in größerer Zahl vorkamen. In 
Egerland überwog ſtets der grundherrliche Beſitz, in 
Oeſterreich o. d. E. iſt nach Kryſpin „auch gemeinſames 
Eigentum der Anrainer am Wald überliefert“. Jn 
entlegeneren Teilen der bayriſchen Alpen ift die Rege 
lung der Eigentums verhältniſſe vielfach erft im 17. und 


1) Gothein a. a. O. Trenkle: „Der Korker Waldbrief v. 
1476“. Karlsruhe 1880. E. Weiß: „Die Gemeinde u. Se 
markungsverhältniſſe des bad. Rebortes Durlach. Differtation 
Heidelberg 1910. Vierteljahresh. zur Landeszeſch. Wuͤrtten⸗ 
bergs VII 1898, Weller: „Die Beſiedelung d. Alemannen 
landes“. Baumann: „Geſchichte d. Allgäu“. Kempten p. 138. 
K. Haff: „Geid. e. oſtalemann. Gemeindelandverſaſſung. Dt 
ſertation Würzburg 1902, ſowie die Weistümer bei Grimm. 


18. Jahrhundert erfolgt, der Wald wurde meiſt ftark 
mit Rechten belaſtetes Staatseigentum. Ebenſo war 
nach Wopfner in Tirol das Eigentum an den All⸗ 
menden im 11. Jahrhundert noch ungeregelt, im 13. 
das Allmendregal der Landesherren durchgeführt, das 
ſich mit unter dem Einfluß des Bergbaus und ſeines 
großen Holzbedarfes „zu Eigentum im Sinn des 
römiſchen Rechtes verdichtete“. Selbſt in den Hof- 
marken anderer Grundherren drang dieſer Anſpruch 
durch. Nach ihren Weistümern möchte man Dorf 
und Au Oetztal, Schluders, Carein und Steinegg für 
vielleicht altfreie Marken halten, jedenfalls war deren 
Verbreitung im ganzen Bereich des bayriſchen Stam⸗ 
mes gering.!) , 

Ueber die niederſächſiſchen Marken befteht eine an- 
ſehnliche Literatur.?) Während Haff ihr Beſtehen 
jhon im 8. Jahrhundert verficht und nicht freie Mar⸗ 
kennutzung, ſondern einen Kreis alleinberechtigter Hufen⸗ 
beſitzer annimmt, worin er mit Schaumann und Lappe 
übereinftimmt, hält Schotte für ſicher, daß bis zum 
Ende der Karolingerzeit von Markgenoſſenſchaften nicht 
geredet werden kann, ſondern nur von einer gemein⸗ 
ſchaftlichen Nutzung an dem zwiſchen den Siedelungen 
liegenden Oedland. Vermittelnd gibt Varrentrapp zu, 
daß zwar keine Markgenoſſenſchaften im ſpateren Sinn, 
aber doch genoſſenſchaftliche Verbände irgend einer Art 
beſtanden. Ich möchte mich dem anſchließen. Denn 
was Seibertz mitteilt über die Entwicklung der Rechte 
am Arnsbergerwald mit feinen 4 Haupt: und 19 
Untermarken, zwiſchen denen Sonderwaldungen des 
Reichs, ſpäter der Landesherren lagen, wobei doch noch 
den Herren Maſtvorrechte in den Marken zukamen, 


1) Studien u. Darſtellungen a. d. G. d. Geſchichte 1908, 


Faſtlinger: „Die wirtſch. Bedeutung uſw.“ Mitt. d. geogr. 


Geſellſchaft München 1906. Reindl: „Dörfer u. Weiler in 
Südbayern“. Zentralbl. f. d. g. Gorftw. 1913. „Die erſte 
Forflordnung für Eger“ ebenda 1895, Kryſpin: „Die Anfänge 
d. öſter. Forſtgeſchichte“. Schwappach: „Forſt⸗, Jigd⸗ und 
Fiſchereipolitit“ 1895 p. 76. Forſch. 3. in. Geſch. Oeſterreichs 
III, Wopfner: „Das Allmendregal der Tiroler Landes für ften”. 

2) Schotte a. a. O. Vierteljahrſch. f. Sozial⸗ u. Wirt⸗ 
ſchaftsgeſch. VIII 1910. Haff: „Markgenoſſenſchaft u. Stadt⸗ 
gemeinde in Weſtfalen“. Schaumann: „Geſch. d. niederſächſ. 
Volkes“. Gottingen 1839. Gierke: Unterſ. z. d. Staats- u. 
Nechtsgeſch. 97. 1908. Lappe: „Die Bauerſchaften der Stadt 
Geſecke. Dieſer: „Das Nordlüner Markenrecht“. Beilage z. 
B. d. Progymnafiums Lünen und „Die Bauerſchaften und 
Huden der Stadt Salzkotten“ in Beyerle, Deutſchrechtliche 
Unterſuchungen VII 1912. Philippi: „Die Erbexen i. d. ſächſ.⸗ 
weſtf. Markgenoſſenſchaft“. Diſſertation Münſter 1914. Sei⸗ 
bertz: „Landes⸗ und Rechtsgeſchichte d. Herzogtum Weſtfalen“. 
1860/75 u. „Quellen der weſtf. Geſchichte“. 1857 69. Grunert, 
Forſt⸗Blätter. Suppl. I 1872. Seidenſticker: „Ueber die ge⸗ 
noſſenſch. Holzungsrechte . Dieſer: „Ueber den geſch. Urſprung 
uſw. d. Intereſſentenforſten“. Peine 1853. Meyer v. Knonau: 
Jahrb. d. Reichs unter Heinrich IV. II, 228 ff. 


41 


läßt ſich am beſten erklären, wenn wir annehmen, 
daß in altfadfifder Zeit ſolche Nutzungsverbaͤnde be: 
ſtanden, welche die näher liegenden Teile des Wild⸗ 
landes für ſich allein beanſpruchten und in denen die 
Rechte wenigſtens teilweiſe feft mit dem Hofbefitz ver: 
knüpft waren, während dazwiſchen noch ausgedehnte 
herrenloſe Gebiete lagen, die dann dem Könige zu⸗ 
fielen. Auf ſolche Gebiete bezieht ſich wohl die Klage 
der Sachſen gegen Heinrich IV: „pupilla et advena 
quivis — indigenas prohibent silvis communibus 
uti — pascua praeripiunt, abigunt armenta gre- 
gesque heredes circumveniunt, vi praeda 
tollunt“; die auch Schotte als Beweis für das Bor- 
dringen der Grundherrſchaft geltend macht. Es war 
die Auseinanderſetzung des Königs, der, auf die frän⸗ 
kiſche Rechtsanſchauung geſtützt, das Wildland als res 
nullius in Anſpruch nahm, mit den Erbexen — Bauern 
und kleinen Grundherren — die es zu ihrer bisher 
nicht abgegrenzten Mark ziehen wollten, d. h. eine 
Folge der angewachſenen Bevölkerung. Verſcharft mag 
den Streit haben, daß wie Meyer⸗Knonau annimmt, 
die Bauern während Heinrichs Unmündigkeit ſich viel- 
fach Rechte in Forſten angemaßt hatten, die früher 
unbeſtritten dem Reich gehörten. Sie machten dabei 
auch keinen Unterſchied zwiſchen Reichsgut und Kirchen⸗ 
gut, wie der Bericht der vita 8. Bennonis über die 
Vorgänge bei Kloſter Iburg zeigt: „circum manen- 
tes rustici, quos hic commarchiones appellant, 
porcos suos immittere glandesque saccis aspor- 
tare et rem episcopi communi usui mancipare 
coeperunt“. | | 


Allgemein anerkannt ift, daß die Erbexen, d. h. die 
Beſitzer eines berechtigten Hofes, in der jpäteren Zeit 
als die wahren Eigentümer der ſächſiſchen freien Mark 
zu betrachten ſind. Aber hinter ihnen ſaßen ſchon 
früh abhängige Leute, urſprünglich wohl Liten, ſpäter 
auch Freie, die an der Marknutzung nur kraft des 
Rechtes ihrer Schutzherren teilnahmen. Aus dieſen 
freien Marken wurden im Laufe der Zeit grund⸗ 
herrliche, aber nicht etwa durch ein Herabſinken der 
Erbexen in Hörigkeit und Verluſt des Eigentumsrechts 
an einen Herrn, ſondern dadurch, daß ſie ſelbſt zu 
Grundherren wurden, die ihre Höfe durch Zinsbauern 
beſtellen ließen, und jenen dann die Marknutzung ganz 
oder teilweiſe übertrugen. Der Vorgang wurde be⸗ 
ſchleunigt durch die Loslöſung des Markenrechts von 
Grund und Boden, jo daß es verkauft und verſchenkt 
werden konnte. Dadurch wurde auch die Vereinigung 
der Erbexenrechte in wenigen Händen ermöglicht. Für 
manche Marken kann auch die Anſicht Schaumanns 
zutreffen, daß nach Aufteilung der alten Nutzungs⸗ 
verbände, ſeiner Großmarken, der einzelne Erbexe in 
ſeinem Anteil die Nutzungsrechte ſeiner Hinterſaſſen 


organifierte. Alſo nicht ein Herabſinken der freien 
Mark in Abhängigkeit, ſondern ein Aufſteigen der 
freien Märker zur Grundherrlichkeit. Daneben gab 
es auch in Niederſachſen ſchon früh Hofmarkgenoſſen⸗ 
haften auf dem Beſitz des Königs und der Großen. 

Zuſammenſaſſend laßt fih alfo fagen: das Be 
ſtehen echter Markgenoſſenſchaften in der Urzeit und 
insbeſondere von Markwaldungen muß als offene 
Frage betrachtet werden. In vielen Fällen haben ſich 
die Markgenoſſenſchaften erſt in und nach der Karo⸗ 
lingerzeit organiſiert. Soweit die Ueberlieferung reicht, 
gab es neben freien Marken auch grund herrliche und 
zwar in verhältnismäßig großer Zahl, vielleicht waren 
ſie immer in der Mehrzahl. Nicht nur die Umwand⸗ 
lung von freien Marken in gemiſchte und grundherr⸗ 
liche, ſondern auch die umgekehrte Entwicklung kam 
vor. Dieſe erklärt ſich wahrſcheinlich daraus, daß vom 
12. bis 14. Jahrhundert die alten Grundherrſchaften 
in vielen Gebieten aufgelöſt waren in ſelbſtändige zins⸗ 
tragende Bauernwirtſchaften und die Lage des Bauern⸗ 
ſtandes wirtſchaftlich günſtig war. 


Nochmals Gedanken über Pereinfachung und 
Einſparung in der Badiſchen Torſt⸗ und 
Bomanenverwaltung. 

(Bon Forſtrat Könige, Heidelberg.) 

Herr Geheimer Forſtrat Dr. Wimmenauer war 
ſo freundlich meinem Aufſatz im Oktoberheſt 1916 ein 
Geleitwort hinzuzufügen, das zur Beſprechung auf⸗ 
fordert und dieſe alsbald einleitet. 

Er berührt dabei die wichtigſten, grundlegenden 
Punkte, die einer möglichſt vielſeitigen und eingehenden 
Unterſuchung wohl wert ſind. Es ſind folgende 
Fragen: 

1. Wird die Leiſtungsfähigkeit des Betriebsleiters 
erſt durch Zuteilung eines fachlich beſonders ausge⸗ 
bildeten Gehilfen aus der Klaſſe der mittleren oder 
Unterbeamten auf ihre ganze Höhe gehoben? 

2. Iſt das von mir angenommene Verhältnis der 
Leiſtungsbeanſpruchung zwiſchen Vollbetrieb und Be⸗ 
förſterung wie 1½ zu 1 der Wirklichkeit entſprechend? 

3. Kann die Größe eines neuzeitlih muſtermäßig 
ausgeſtatteten Forſtamtes im Durchſchnitt auf 4000 Vbha 
bemeſſen werden, ohne daß dadurch die Gründlichkeit 
des Betriebs leidet? 

4. Genügen für Baden 80 ſolcher Forſtämter, 
wenn dieſen anch die Verwaltung ſämtlicher Kameral⸗ 
domänen überwieſen wird? 

Der Herr Geheimrat ſtellt die Richtigkeit meiner 
Ausführungen auf Grund ſeiner eigenen Erfahrungen 
in Frage. 

Hier ſteht Anſicht gegen Anſicht, Erfahrung gegen 


42 


Erfahrung. Der Herr Geheimrat gibt allerdings zu, 
daß die ſeine auf einer nur kurzen Verwaltungstätig⸗ 
keit beruht, die wohl ein Menſchenalter hinter der 
Gegenwart zurück liegt. Die meinige erſtreckt fich über 
die letzten 40 Jahre lückenlos bis auf den heutigen 
Tag und iſt in den verſchiedenſten Bezirken wie in 
Stellungen und Taͤtigkeiten aller Art gewonnen. Alle 
Schlüſſe aus ſolchen Erfahrungen aber haben einen 
mehr oder minder großen perſönlichen Einſchlag, kön⸗ 
nen daher eine allgemeine Giltigkeit nur in beſchränk⸗ 
tem Maß beanſpruchen. 

Ich habe daher den Verſuch gemacht aus den be⸗ 
ſtehenden Verhältniſſen heraus, möglichſt auf redne: 
riſchem Weg, die Richtigkeit meiner Sätze zu prüfen 
und ſoweit möglich für jedermann prüfbar zu beweiſen. 
Das Ergebnis lege ich der Offentlichkeit vor. 


I. Gehilfenfrage. 

Der Herr Geheimrat verſichert, daß er ſeiner Zeit 
die Beſchäftigung mit untergeordneten (ſubalternen) 
Arbeiten nicht unangenehm empfunden habe. Für 
jene Zeit wird das zutreffen, es waren die Zeiten des 
ſorſtlichen Paradieſes. Der Apfel der Erkenntnis hing 
noch reifend am Baum. Die Schlange der Wiſſen⸗ 
ſchaft hatte ſich noch nicht im ſchillernden Kleid heutiger 
Forſteinrichtung und Statiſtik genaht. Inzwiſchen aber 
hat der Förſter längſt vom Baum der Erkenntnis 
genaſcht und iſt, als ſchuldig geworden, vom Erzengel 
Gabriel mit dem im Feuer der 150 Sortimente, der ſo⸗ 
zialen Geſetzgebung und ähnlicher unvermeidlicher Fort: 
ſchritte entflammten Schwert aus dieſem Paradies 
vertrieben werden. Seitdem ſchreibt er nicht mehr zur 
Erholung, ſondern im Schweiße ſeines Angeſichts. Hier 
handelt es fic) aber nicht darum, ob der Ober: 
förſter die Beſorgung ſolchen Kleinkrams mehr oder 
minder läſtig empfindet, als vielmehr darum, ob 
die Kraft eines hochſchul⸗gebildeten Oberbeamen bei 
einer ſolchen Tätigkeit auch wirtſchaftlich voll ausge⸗ 
nutzt wird. 

Wer dies bejaht und in dem Oberförſter den 
Alleinbeamten für alle mit der Betriebsleitung ver⸗ 
bundenen Arbeiten, auch jener niederer Natur erblickt, 
der muß folgerichtig zu dem Schluß kommen, daß 
kleine Forſtbezirke die Grundlage der Dienſtein⸗ 
richtung ſein müſſen. Meines Wiſſens iſt allerdings 
noch kein Vertreter der Wiſſenſchaft der Gehilfenfrage 
näher getreten und auch Herr Profeſſor Bühler hat 
ſie in ſeinen Unterſuchungen über die zweckmäßige 
Größe der Forſtbezirke nicht berührt. Alle größeren 
Forſtverwaltungen aber und alle Verwaltungsbeamten, 
die ſich in den Fachzeitſchriften darüber geäußert haben, 
erkennen die Notwendigkeit des „Forſtgehilfen“ im Be⸗ 
zirksdienſt unbedingt an. Seine Einführung iſt, wie 


43 


in Preußen und Bayern, ſchon durchgeführt, teils wird ich diefe allein voll überſehen und beurteilen kann, wie 

fie erſtrebt. Das einzige, namentlich in den kleineren auch meine Ausführungen in dem erſten Aufſatz ſich 
Staaten mit eigenen Forſtlehranſtalten ſchwer zu über: vorweg auf dieſes Land beziehen. 

windende Hemmnis iſt die Ueberzahl der vorhandenen Teilt man die Badiſchen Forſtbezirke in ſolche von 

Ufefforen und das Lebensbedürfnis dieſer Anftalten. über und ſolche von unter Mittelgröße und teilt man jede 

, der beiden Gruppen (nach dem Badiſchen Geſchafts⸗ 

II. Das Vo llbetriebshektar. kalender 1913) in ſolche mit und ſolche ohne ſtändigen 

(Vbha.) II. Beamten oder Aſſeſſor, und zieht man ausjder 

Hier wie in den folgenden Punkten beſchränke ich Gruppe der größeren Aemter jene mit ausſchließlich 

mich grundſätzlich auf die badiſchen Verhältniſſe, weil Gemeindewaldungen heraus, fo ergibt fih folgendes 


Bild J. 


Forſtämter Geſamtwaldfläche Waldfläche eines Amtes 
1 Domänen | Gemeinde zufammen 
ha | % ha | % ha | Vbha 


Gruppe 


Sahl a Gemeinde 
| 


| 
| Ueber Mittelgröße | a | 
(über 3600 ba) 
a) mit ftändigem Uffeffor. . | 11 || 25437 | 21771 | 47208 | 2818 54 1979 46 | 4292 | 3622 
bi mit zeitweiſem Aſſeſſor oder 
ohne Aſſeſſo e 38 36 720 | 122413 159 133 4188 3141 
zuſammen 49 62157 | 144184 | 206 341 1268 30 2943 70 4211 | 3230 
a gegen b . +1346 |+81 |-1242 |-31 | + 104 | + 481 
2. Unter Mittelgröße | 
a) mit ſtändigem Aſſeſſor . 7 10244 | 11509 | 21753 1464 47 1644 58 3106 | 2560 
p) ohne Wffeffor err 21799 103 707 2988 2165 
zuſammen 49 32048 | 115216 147 259 654 22 2351 78 8°05 | 2221 
a gegen b. +945 729 — 828 |-29 | +118 | +895 
-3. Ueber Mittelgröße | 
mit rein Gemeindewald | 
(Auszug aus 1) ! 
a) mit ſtändigem Affeffor . . — | — — — — — — — 
b) mit zeitweiſem Wffeffor. . 5 — — — 4816 — 4816 3201 
c) ohne Uffeffor . e 2799 
zuſammen 
gegen 1b +818 — 187 
| 


Die Aemter unter la und 2a haben fländige Ge- gebend ift, ſondern das Verhältnis, wie die Domänen: 
hilfen aus der Zahl der Oberbeamten oder Aſſeſſoren, waldungen an der Geſamtgröße beteiligt find. 
jene unter 1b und 3b vielſach ſolche Aushilfe zeit⸗ Nimmt man an, daß die Leiſtungsfähigkeit eines 
weiſe in der Hauptgeſchäftszeit, etwa je 6 Monate, Amtes durch Zuteilung eines ſtändigen Hilfsoberbe⸗ 
jene unter 2b und 3c haben Dienſtaushilfe nur in amten um ¼, durch Zuteilung eines ſolchen für 1/2 
Erkrankungsfällen des Vorſtandes. Jahr um / gefteigert wird — gewiß eine recht mäßige 

Es fällt ſofort in die Augen, daß für die Ge⸗ Einſchätzung der Hilfsleiſtung —, ſo muß die wirkliche 
hilfenzuteilung nicht die zahlenmäßige Größe ausſchlag⸗ Leiſtung der Aemter 1a um ¼ höher fein als die 


der Aemter 1b, und jene der Aemter 2a um ½ 
höher als die der Aemter 2 b. Setzt man ferner die 
Arbeitsinanſpruchnahme des ha: Domänenwald = d, 
Gemeindewald = g, jo ergeben ſich — Gleich⸗ 
ungen: 
aus Gruppe 1. 
ee re (967d + 32218) _ osiga + 19798, woraus 
g = 0,67d. 
aus Gruppe 2. 
4 (6194 F 24686) t 24698) _ 1464d + 1644g, woraus 
g = 0,47d. 

Nach dem von der Großh. Forſt⸗ und Domänen: 
direktion in der Forſtſtatiſtik gegebenen Schlüſſel ift, 
wie ich ſchon angegeben, g = 0, 43 d. 

Ich ſelbſt habe geſchätzt g = 0, 67d. 

Hieraus darf wohl angenommen werden, daß meine 
Schätzung der vergleichsmäßigen Beanſpruchung durch 
den Gemeindewald eher zu hoch als zu nieder iſt. 

Zur Vervollſtaͤndigung und als Grundlage für 
meine weiteren Ausführungen habe ich auch verſucht 
die vergleichsmaͤßige Arbeitsinanſpruchnahme (dem 
Arbeitswert) der ſelbſtbewirtſchafteten Wieſen rechneriſch 
feſt zu ſtellen. Dies iſt nur möglich in der Annahme, 
daß ſachlicher Bewirtſchaftungsaufwand und Ver⸗ 


Bild II über den jetzigen Stand: 


44 


waltungsarbeitsbeanſpruchung in Forſt⸗ und Wiesen 
betrieb verhältnisgleich find. 

Der Unterhaltungsaufwand für Wieſen beträgt 
nach dem Staatshaushalt 1914 (Seite 240 Spalte 1 
meines Aufſatzes) für 4360 ha 170060 M., font 
für 1 ha rund leinſchließlich Düngung) 40 M., fr 
den ha Domdaͤnenwald (Forſtſtatiſtik 1914, Seite 145) 
30 M. Beim Wald gehen ab durch Ausſcheidung aller! 
Koſten, die bei den Wieſen nicht berückfichtigt fnb, 
6 M., bleiben zur Vergleichung 24 M. i 

Bezeichnet man den Arbeitswert der Wieſen mit | 
w, fo ergibt fic) folgende Gleichung: i 


40d _ 1674 


w= — [0 
24 

Ein ha Wieſe wird ſomit an Arbeitsbeanſpruchung 

höchſtens die Bedeutung von 2 Vbha Wald haben. 


III. Genügen 80 Forſtämter für Baden? 


Zur rechneriſchen Unterſuchung ift zunächst das 
Forſtamt Forbach II auszuſcheiden, da es Gemeinheit 
waldungen einer Genoſſenſchaft und des Staates ver: 
waltet, wegen beſonderer Verhältniſſe untrennbar if 
und beſondere Einrichtungen hat. 

Nach Ausſcheidung dieſes Amtes und feiner Jike | 
ergibt ſich folgendens 


PE ENDRBER SEE a SSO ee Oe 
i ’ 
i 2 re i 


Waldflächen 8 3 Auf ein Forſtamt kommen 
8 S — — 25 — ch 
Landesgegend 85 5 | do Ge⸗ BS Sp 
E E mänen | meinden un 85 mänen men zuſammen $ 75 
ha ha | Vbha ha |Vtha| |b 
1. Bodenfee ..... 19624 ı 24938 3117 | 2299 31 X 
2. Donau)) 16 215 18106 4 527 | 8 176 | 22 | 13 
3. SGdwarzwalb . . . . 70583 115 809 8602| 2 868 11 | 20 
4. Oberes Rheintal 65 922 85 787 3572| 2657 19 14 
5. Unteres Rheintal 12 455 8 669 3076 9 07 
6. Bauland 40 143 8 389 2310 20 |15: 
7. Odenwald 34 505 4047 2897| 18 10 
98 | 1663 | 94 211 259 447 353 658 267 176 4 360] 961 | 2648| 3 609 2726; 17 W 

Vbha . 94 211 172 965 | 267 176 | 8720 | 961 1765 f2 726 | 


Ermäßigt man die Zahl der Forſtämter von 98 
auf 79 Normalforſtämter und teilt die Betriebsgegen⸗ 
ſtände unter Einhaltung der Grenzen der Landes⸗ 


275 896 | 


Zn 


gegenden unter die neuen Aemter auf, fo bietet f 
folgendes 


E 


Bild III. 
Stand bei 79 Normalforſtämtern. 
f 
Bew. Fläche [ Auf 1 Amt Vbha Auf 1 Amt wirkl. Fläche = 

© l € = 
j z z |52 
Sandesgegend Bies | @ Wald 8 S Wald T — 1.5 
TE Wald f en Sine Bee = = — G 2 = w E 
= o⸗ 5 zuſam⸗ = D es zuſam⸗ = S SS 

= Imänen meine È en g nen E 

Vbha SS den — den = 

| 

Bodbenfee . .... 18 397 | 1168] 6 | 886| 2180| 3066 | 194 | 3260] 886 3270| 4156| 97 | 4253| 42 
Donau ...... 12 701 68} 3] 630! 3603| 4233| 22 | 4255| 630 5405| 6035 11 6046] 29 
Schwarzwald.. . | 91781] 1503| 27 | 1657| 1743| 3 400 56 | 3956| 1657 | 2614} 4271| 28 4299 14 
Oberes Rheintal. . | 63793 | 3472] 20 991 | 2198| 3189| 173 | 3362] 991 3294 4285, 87 4372| 22 
5. Unteres Rheintal. || 21531| 2294| 6 | 2205| 1389| 3594| 392 | 83986] 2205 2076| 4281 191 4472| 10 
6. Bauland 30 028 172| 8| 408) 3345| 3 753 21 | 8774| 408 5002| 5410| 11 5421| 33 
7. Odenwald 28 975 3889 6633 556 3 219 4 | 3223] 663 3834 4497 | 2 4499 20 
zuſammen . 267 176 8720| 79 | 1193| 2189 | 3382| 113 | 3495 | 1193| 3284 | 4477| 55 | 4532| 21 


— mm 


Hiernach würde die mittlere Bezirksgröße nur bei 
022 Donaugegend die Zahl von 4000 Vbha etwas 
überſchreiten, ſonſt aber zwiſchen 3223 und 3986 Vbha 
ſchwanken und im Mittel des ganzen Landes rund 
3500 Vbha betragen. Dieſe Größe bleibt um 500 
Vbha hinter der eines „Muſterforſtamtes“ zurück. 

Reiht man dieſes „Badiſche Muſterforſtamt“ in 
die Ueberſicht auf Seite 245, Spalte 1 ein, ſo ergibt 
ſich folgendes 


Bild IV. 
Durchſchnittsgröße der Forſtbezirke. 
Elſaß⸗Lothringen . 4500 Vbha 
Preußen 4300 „ 
Normal 4000 „ 
Baden fete fant 3500 „ 
Bayern ; . 8140 „ 
Baden jetzt. 2700 „ 


Dazu ſei bemerkt, daß Preußen wie Bayern fortwäh⸗ 
reud Forſtämter aufheben und die belaſſenen vergrößern. 


_ W Wie wird ſich der Geſchäftsbetrieb 
beim Normalforſtamt gegenüber jenem 
bei den derzeitigen Aemtern geſtalten? 
Darüber, wie der Jahresbetrieb bei einem Forſtamt 
der jetzigen Dienſteinrichtung verläuft, beſtehen teils in 
den Tagebüchern für auswärtige Geſchäfte ziemlich ge⸗ 
naue Aufzeichnungen, teils weiß jeder Geſchäftskundige, 
der gewohnt iſt ſich ungeſchminkte Rechenſchaft über das 
Maß ſeiner Arbeitsleiſtung zu geben, an Hand ſeiner 
Aufzeichnungen, wie ſeine Jahresarbeit ſich einteilt. 
Nach meinen eigenen Erfahrungen und Aufzeich⸗ 


nungen wie nach dem, was mir aus den Aufzeich⸗ 
1917 


— —— — — — — 


| | 
nungen anderer Amtsgenoſſen bekannt geworden iſt, 
habe ich eine Geſchäftseinteilung aufgeſtellt. 

Unterſtellt man, daß dem künftigen Muſterforſt⸗ 
amt ſowohl Kraftwagen wie eine mit allen Hilfs⸗ 
mitteln der Neuzeit ausgeſtattete Kanzlei zur Ver⸗ 
fügung ſtehen muß, ſo ergibt ſich aus Tatſachen, 
Erfahrungen und Vergleichen folgendes 

Bild V Fortſetzung folgende Seite). 
2. Aſſeſſoren. 

A. Jetziges Verhältnis; 
267176 Vbha. 

Stand: 47 Amtmänner und Aſſeſſoren. 

a. Außendienſt: 1 Aſſeſſor 120 Geſchäfte zu je 
6 Stunden reiner Arbeit gibt zuſammen 720 Stunden 
und für 47 Aſſeſſoren 33 840 Stunden. 

Arbeitswidmung auf je 100 Vbha, jährlich omit 
13 Stunden. 

b. Innendienſt: 1 Aſſeſſor 150 Arbeitstage zu je 
8 Stunden = 1200 Stunden; für 47 Aſſeſſoren 
56 400 Stunden. 

Arbeitswidmung auf je 100 Vbha jährlich ſomit 
21 Stunden. 

B. Verhältnis bei 79 Normalforſt⸗ 
aͤmtern und einer Betriebsflaͤche von 275 896 Vbha. 

Stand: 20 Amtmänner und Aſſeſſoren. 

Geſchäftseinteilung wie bei A. 

a. Außendienſt: 20 Aſſeſſoren zu 720 Stunden 
== 14400 Stunden. 

Arbeitswidmung auf je 100 Vbha jährlich ſomit 
5 Stunden. | 

b. Innendienſt: 20 Aſſeſſoren zu 1200 Stunden 
= 24000 Stunden. 


— 


Betriebsflaͤche 


7 


40 


Bild V. Yahresgejhäftseinteilung beim Forſtamt. 
1. Dienſtvorſtan d. 


EE ñ ñ —T— :..:... D‚——uüU—Ü—¼— . T 
— 


jetzt Norm. Amt 
02 Gegenſtand Maßeinheit 1 
en se kl. Amt gr. Amt bei 79 mit 4000 
ohne Wiel. | Asso: Stellen Vbha 
1 Betriebsflähe. . . . .. Sale (lager Sh ts Vbha 2165 8622 3500 4000 
2 | Gonne und Feiertage Taye 65 65 65 65 
8 | Urlaub, Krankheit ue. = 60 60 60 60 
4 | Außendiennt . N 140 150 150 150 
5 | Innendiennt i 100 90 90 9⁰ 
a) Außendienſt 
6 | Mittlere Entfernung der Geſchäftsorte 
vom Dienſtſi zz km 10 15 15 18 
7 | Beförderungsmittel. . . 2.2... Art Pferdefuhrwerk Kraftwagen 
8 | defen Geſchwindigke ie Stund. km 10 10 35 35 
9 Zeitdauer für ein Gefhäft . . . . . Stunden 6 8 8 8 
10 | Zeitdauer für den Weg * 2 3 1 1 
11 Reine Arbeitszeit 5 4 5 7 7 
12 Reine Arbeitszeit im Jahr . . . . . ‘i 560 750 1050 1050 
13 Arbeitswidmung auf 100 Vbha . . . ‘i 26 21 30 26 
im Mittel 23 
b. Innendienſt 
14 J Je Arbeitstag n 8 8 8 8 
15 | 3m Jae; i 800 720 720 720 
16 | Arbeitswidmung auf 100 Vbha . . . i 37 20 21 18 
im Mittel 28 


(Fortſetzung Z. 2 auf voriger Seite.) 

Arbeitswidmung auf je 100 Vbha jährlich ſomit 
9 Stunden. 

3. Forſtgehilfen (Schreibforſtwarte). 

A. Jetziges Verhältnis: Betriebsfläche 
267 176 Vbha. 

Stand: 20 Schreibforſtwarte. 

a. Außendienſt: Keine Verwendung. 

b. Innendienſt: Ein Schreibforſtwart 280 Tage 
zu 8 Arbeitsſtunden = 2240 Stunden, 20 Forſtwarte 
44 800 Stunden. : 

Arbeitswidmung auf je 100 Vbha jährlich fomit 
17 Stunden. 

B. Verhältnis bei 79 Normalforſt⸗ 
ämtern und einer Betriebsflaͤche von 275896 Vbha. 

Stand: 79 Forſtgehilfen. 

a. Außendienſt: 1 Gehilfe 100 Tage zu je 6 
reinen Arbeitsſtunden — 600 Stunden, 79 Gehilfen 
— 47400 Stuuden. 

Arbeitswidmung auf je 100 Vbha jährlich ſomit 
17 Stunden. 

b. Innendienſt: 1 Gehilfe 180 Tage zu 8 Stunden 
— 1440 Stunden, 79 Gehilfen = 113 760 Stunden. 

Arbeitswidmung auf je 100 Vbha 41 Stunden. 

(Fortſetzung Bild VI naͤchſte Seite.) 


— En Le ee 


Hiernach wird beim „Badiſchen Muſterforſtamt“ 
dem jetzigen gegenüber die Arbeitswidmung für die 
Flächeneinheit ſowohl im Aupen: wie im Innendienft 
fic) nicht unweſentlich — im ganzen um 10% — 
erhöhen, zugleich auch in einem ber Leiftungsfähigkeit 
der verſchiedenen Beamtengruppen angemefjenerem Der: 
haͤltnis vollziehen. 


Aber auch bei dem Muſterforſtamt von 4000 
Vbha iſt noch eine Verſtärkung der Arbeitswidmung 
von im ganzen 4% nachzuweiſen. 

Bei den Schätzungen von Zeit, Weg uſw. ift troh 
aller rechneriſchen Grundlagen der perſönliche Einſchlag 
ſelbſtverſtändlich nicht völlig auszuſchließen. Die mög: 
lichen Fehlergrenzen find aber fo gelegen, daß auf 
bei einer anderen Veranſchlagung im einzelnen das 
vergleichsmäßige Endergebnis fih keinenfalls zu Um 
gunſten des Muſterforſtamtes verſchieben kann. Eder 
dürfte das Gegenteil eintreten. 


Es fei nur darauf hingewieſen, daß der Ktaſt⸗ 
wagen einfach als Erſatz für den Pferdewagen einge 
ſtellt wurde, in Wirklichkeit iſt ſeine Verwendung eine 
gänzlich andere, tiefergreifende. Sie wird die Beweg⸗ 
lichkeit und Leiſtungsfähigkeit des Betriebsleiters ganz 
außerordentlich erhöhen, indem fie die Hemmniſſe bon 


— = A ANE 


47 


Bild VI. Geſamtüberſicht der Arbeitswidmung. 


Be⸗ Arbeitsſtunden auf 100 Vbha | „Verhältn. Beteiligung 

zirks⸗ Außendienſt Innendienſt Aeuß. Dienft | Innendienſt 

W i. G. F. Af. G. B. Af. e 

vpha Vor. Aſ. G. | auf. Vor.“ Af. | G. zuſ. „ „% „% % | % | n 
. Jetziges Verhältniss 2700 23 | 18 — 36 28 | 21 | 17 66 | 102 | 64 36 — | 48 81 | 26 
2 Bad. Muſter⸗ Amt.. 3500 30 5 17 52 21 41 71 | 123 1) 


3. Allgemeines Muſter⸗ Amt 


(2 v. B. 2 
3. 2 gegen 1 1 8 800 7 — |17 
Seb e e i = 8 
3.3 gegen 1 -. 1300 8 — 15 
a iy it = 0 


(Fortſetzung vorige Seite Sp. 2.) 
geil und Raum auf ein Mindeſtmaß zurückdrängt, 
don dem man früher keine Ahnung hatte. 

Ebenſo iſt die Bedeutung der gegenwärtigen Hilſs⸗ 
mittel für den Innendienſt, wie Fernſprecher, Schreib: 
maſchine und dergl. nicht in Rechnung gezogen. All 
hele Umſtände aber geben der Arbeitsſtunde des Zu⸗ 
kunſtsforſtamtes einen ganz weſentlich erhöhten Arbeits- 
wert gegenüber der jetzigen. 

Ich glaube, ſoweit dies irgend auf den vorhandenen 
Grundlagen möglich it, den Nachweis erbracht zu 
kaben, daß Baden mit 79 bzw. 80 Forſtämtern auch 


z 
3 
& 
2 
= 


unter Zuteilung ſämtlicher Kameraldomänen nicht nur 
auskommen kann, ſondern daß bei dieſer Umordnung 
neben weſentlichen Erſparungen und Vereinfachungen 
darüber hinaus auch eine Steigerung der Bewirt⸗ 
ſchaftungstätigkeit erzielt werden kann. 

Aber auch das ſcheint mir erwieſen, daß das 
Muſteramt mit 4000 Vbha die derzeitigen Forſtämter 
im Durchſchnitt an vergleichsmäßiger Leiſtungsfähigkeit 
eher übertreffen als hinter ihnen zurückbleiben wird. 

Ich danke dem Herrn Geheimrat Wimmenauer, 
daß er mich durch ſein Geleitwort zu dieſer nochmaligen 
Durcharbeitung veranlaßt hat. 


Literariſ che Berichte. 


Handbuch der Holzkonſervierung. Unter Mit: 
wirkung von Eiſenbahn⸗Bau⸗ und Betriebsinſpektor 
a. D. E. Biedermann⸗Berlin; ehem. Direktor der 
R. Eiſenbahn⸗Verſuchsanſtalt Dr. J. Dehnſt⸗Berlin; 
Oberförfter Dr. Dengler⸗Reinhauſen; Prof. Dr. K. 
Edſtein⸗Eberswalde; Prof. Dr. Falk⸗Hann. Münden; 
Regierungs⸗Baumeiſter a. D. O. v. Haſelberg⸗Berlin; 
K. u. K. Hauptmann der Pioniertruppe B. Malen⸗ 
lodie⸗Wien; Dr. Ing. Fr. Moll: Berlin; Dr. Fr. 
Peterg⸗Berlin; Dr. Fr. Pfenning⸗Berlin; Ingenieur 
R. Sodemann⸗ Hamburg; Direktor K. H. Wol- 
man⸗Berlin, herausgegeben von Marine⸗Oberbaurat 
t Erni Troſchel⸗Berlin. Mit 220 Textabbil⸗ 
dungen. Berlin bei Springer 1916. 

Da eine planmäßige und begründete Bekämpfung 
der pflanzlichen und tieriſchen Holzſchädlinge ſchließlich 
boch nur auf Grund der phyſiologiſchen und anato⸗ 


miſchen Berhaltniffe der Holzentſtehung und Holz⸗ 
eigenſchaften Ausſicht auf Erfolg hat, iſt das Wiſſens⸗ 
werte über letztere in knapper und klarer Form mit⸗ 
geteilt. Nicht minder wichtig ſcheint auch die Betrach⸗ 
tung alles deſſen, was ſchädigend auf das Holz wirkt. 
Neben der Zerſtörung des Holzes durch atmoſphaͤriſche, 
klimatiſche, mechaniſche und chemiſche Einflüffe find es 
insbeſondere die holzzerſetzenden Pilze, die wie alle 
Kapitel durch eine erſtklaſſige, ſelbſtforſchende und er⸗ 
fahrene Kraft behandelt werden. Auch die tieriſchen 
Schädlinge und deren Lebensäußerungen find ein⸗ 
gehend beſprochen. 

Einen breiten Rahmen nimmt naturgemäß der 
(zweite) Teil ein, der ſich mit den einzelnen Konſer⸗ 
vierungsmethoden befaßt; das hierüber gebotene Detail 
erſpart vielfach die Zurhandnahme der weitzerſtreuten 
Spezialliteratur. Dieſem Teile iſt als Anhang eine hiſto⸗ 

7° 


48 


— nn — 


riſche Zuſammenſtellung der Konſervierungsmethoden 
angeſchloſſen. 

Je nachdem das konſervierte oder nicht konſervierte 
Holz im Freien, in Innenräumen oder unter Waſſer 
verwendet wird, iſt ſein Verhalten ein verſchiedenes; 
aber auch die Konſervierungsmittel ſelbſt löſen unter: 
ſchiedliche Wirkungen aus. Das wichtigfte iſt ſelbſt⸗ 
verſtändlich die Lebensdauer roher bezw. konſervierter 
imprägnierter Hölzer. Ueber all das belehrt uns der 
dritte Teil. 

Im vierten iſt die hauptſächlichſte Verwendung des 
Holzes im Eiſenbahn⸗, Gruben-, Waſſer⸗, Schiff⸗, Hoch-, 
Straßen-, Brückenbau uſw. eingehend und ſachmänniſch, 
unter Angabe der einſchlägigen Konſervierungsmethoden 
geſchildert. 

Für noch genaueren Aufſchluß Suchende bildet die 
beigegebene Patentliſte eine wohl allen Bedürfniſſen 
Rechnung tragende Fundgrube. 

Das Werk, welches geheftet 18 und gebunden 
19.60 Mk. koſtet, iſt abgeſehen vom Inhalte noch aus⸗ 
gezeichnet durch glänzenden Druck und ebenſolche Ab: 
bildungen. Wer irgendwie mit Holzkonſervierung zu 
tun hat, wird Aufſchluß und Anregung darin finden. 

H. Bauer-München. 


Die Ernährung der landwirtſchaftlichen Kul 
turpflanzen. Lehrbuch auf Grundlage der wiſſen⸗ 
ſchaftlichen Forſchung und praktiſchen Erfahrung 
bearbeitet von Profeſſor Dr. W. Schneidewind, 
Vorſteher der agrik.⸗chem. Verſuchsſtation der Land 
wirtſchaftskammer für die Provinz Sachſen. Halle 
a. S. Berlin bei Parey 1915. Preis gebunden 
13 Mk. 

Ein Lehrbuch, geſchrieben von einer bekannten 
Autorität auf dem Gebiete der Landwirtſchaft. So 
weit fih die Ausführungen nicht ausſchließlich auf land: 
wirtſchaftliche Pflanzen beziehen, gewähren fie auch dem 
Forſtwirt wertvolle Aufſchlüſſe und Anregungen. Der 
Inhalt entſpricht dem neueſten Stande von Willen: 
ſchaft und Praxis; er iſt in drei Teile gegliedert: 

1. „Die Phyſiologie der Ernährung“; eine theo: 
retiſche Stoffbehandlung als wiſſenſchaftliche Grund: 
lage für die praktiſchen Düngerfragen. Die Ernäh— 
rung der Keim und der grünen Pflanze ift mit viel 
Geſchick und belegt mit z. T. originellen Verſuchen 
behandelt. 

2. „Der Boden“. Die Kapitel „Beſtandteile der 
feſten Erdrinde“ (Mineralien und Geſteine), „die 
Bodenbildung“, „die verſchiedenen Bodenarten, ihre 
Eigenſchaften und Umwandlungen durch menſchliche 
Eingriffe“ bezeugen, daß dieſe übrigens elegant ge— 
ſchriebene „Bodenkunde“ auf die Bedürfniſſe der Praxis 
zugeſchnitten iſt. 


— — — — 


3. „Die Düngung“. Verf. beſpricht zuerſt die em- 
zelnen Düngemittel, deren Bewertung und Preis, dann 
ihre Anwendung auf die verſchiedenen Kulturpflanzen 
unter Bezugnahme auf eine ſorgfältig ausgewählte 
Verſuchsreihe. Von beſonderem Intereſſe ſind die 
Düngerrezepte für die verſchiedenen Bodenarten. 

H. Bauer -München. 


Die Mitwirkung der deutſchen Forſtwitt⸗ 
ſchaft an den Aufgaben der Bolter: 
nährung im Kriege. Von Prof. Dr. Borg: 
mann, Forſttechniſcher Referent im Kriegsernäh⸗ 
rungsamt in Berlin. Sonderabdruck aus „The: 
randter Forſtliches Jahrbuch“ Band 67. Heft 5 6. 
Berlin: Verlagsbuchhandlung, Paul Parey. 1916. 
Preis: 1,60 M. 

In der Zeit vom 2.—4 Juni 1916 trat, wie 
Verfaſſer einleitend mitteilt, der vom deutſchen For: 
wirtſchaftsrat gebildete „Kriegsauſchuß“, unter Leitung 
des Regierungsdirektors Dr. Wappes, erſtmalig z 
einer Sitzung in Berlin zuſammen, um im Gmbh 
auf das kurz zuvor ins Leben gerufene „Kriegzer⸗ 
nährungsamt“ zu den Aufgaben Stellung zu nehmen, 
die dem deutſchen Walde für die Volksernährung 
während des Krieges zufallen. Hierbei wurde be 
ſchloſſen, an den Präſidenten des Kriegsernährungs⸗ 
amtes mit einem Antrage heranzutreten, die deulſche 
Forſtwirtſchaſt wegen ihrer Bedeutung für die Voll: 
ernährung im Kriege in den Geſchäftsbereich des 
Kriegsernähtungsamtes einzubeziehen, im befonderen 
eine Vertretung derſelben: 

1. durch die Einrichtung eines Referats für Fori: 
wirtſchaft und 2. durch die Berufung von Bertretern 
der deutſchen Forſtwirtſchaft, inſonderheit auch eins 
ſolchen aus dem deutſchen Forſtverein, in den Beirat 
des Kriegsernährungsamtes in Ausſicht zu nehmen. 


Bereits unter dem 14. Juni 1916 erfolgte hierau ß 


die Einberufung des Verfaſſers als ſorſttechniſcher Re 
ferent in das Kriegsernährungsamt. Die Zuziehung 
eines Vertreters des deutſchen Forſtvereins in den Ver 
rat desſelben wurde von Fall zu Fall vorbehalten. 

Verfaſſer weiſt weiter auf die Mitwirkung de 
Waldes in den Fragen der Volksernährung hin, we: 
bei als leitender Grundſatz für die zutreffenden Ent: 
ſchließungen das doppelte Ziel berückſichtigt wurde: 
einmal den Wald für die Zwecke der Volksernährung 
Jo vollkommen als möglich zu erſchließen, zum an: 
deren den Wald gegen ungerechtfertigte Anſprüche 
nachdrücklich zu ſchützen. 

In einer allgemeinen Ueberſicht ſtellt B. fodann 
die dem Walde für die Volksernährung zufallenden 


ave — — 7 


Ny Zoe! I A 


Aufgaben zuſammen und läßt dann die beſondere Bes 


handlung derſelben folgen. 


Es handelt ſich hiernach um ſolgende Gegenſtände: 
I. Waldbeeren und Pilze. 1. Bodenfrüchte: 
Rauſch⸗ 


a. Beerenfrüchte (Heidelbeere, Preißelbeere, 
beere, Moosbeere, Erdbeere, Himbeere, Brombeere); 
b. Pilze (Steinpilz, Champignon, Pfifferling, Grün⸗ 
ling. Moosling, Butterpilz, Täubling, Reizker, Mor⸗ 
chel u. a.); 2. Strauch⸗ und Baumfrüchte (Ebereſche, 
Mehlbeere, Elsbeere, Berberitze, Weißdorn, Schwarz⸗ 
dorn. Hagebutte, Hollunder, Wachholder, Mispel, 
Kornelkirſche u. a). 

II. Tee- und Heilkräuter. 

III. Oelfrüchte. 1. Anbau von Raps auf Eichen: 
ſchälwaldſchlägen; Kultur der Sonnenblume und des 
Mohns im Walde; 2. Ernte der Bucheckern; 3. Son⸗ 


ſtige Oelfrüchte (Wal: und Haſelnüſſe, Roßkaſtanien, 


Lindenſamen, Ebereſche, Fichtenſamen). 

IV. Kraftfuttermittel. a. unmittelbar: 
Baumfrüchte (Eicheln, Bucheckern, Roßkaſtanien), Holz⸗ 
mehl (Fichte, Birke, Buche), Heide⸗ und Flechtenmehl, 
b. mittelbar: Oelkuchen und Oelmehle wie Raps aus 
dem Anbau auf Eichenſchälwaldſchlägen, aus Buch⸗ 
eckern, von Wal- und Haſelnüſſen, Roßkaſtanien, 
Fichtenſarnen, Freiwerden von Kartoffeln infolge der 
Spiritusherſtellung aus Holz und den Sulfitablaugen 
der Zellſtoffinduſtrie. 

V. Spiritusherſtellung aus Holz nnd den Sulfit⸗ 
ablaugen der Zellſtoffinduſtrie. 

VI. Zuckerherſtellung aus Holz, 
Ablaugeri und Laubblättern. 

VII. Waldweide, Gras: und Futterlaubnugung, 
Reiſigfutter. 

VIII. Wald⸗ und Torfſtreu. 

IX. Landwirtſchaftlicher Zwiſchenbau, Moorkultur. 

X. Wildabſchuß und Wildſchadenverhütung, Wild: 
fütterung im Kriege. 

Auf die nun folgende beſondere Behandlung dieſer 
einzelnen Punkte näher einzugehen, verbietet uns der 
zur Verfügung ſtehende Raum. Es kann aber auch 
aus dem Grunde um ſo mehr hiervon abgeſehen werden, 
als das Wichtigſte hierüber ſchon unter „Notizen“ in 
den letzten Heften der Allg. Forſt⸗ und Jagd⸗Zeitung 
mitgeteilt worden iſt. E. 


Bericht über die XXII. Tagung (Kriegs⸗ 
tagung) des deutſchen Forſtwirtſchaftsrat 
zu Berlin, 28.— 30. März 1916. Berlin, 
Verlag von Julius Springer. 1916. 

Mit Recht wies der Vorſitzende, Oberforſt⸗ 
meiſter Riebel⸗Filehne, am Schluß der Kriegs⸗ 
tagung des deutſchen Forſtwirtſchaftsrats darauf hin, 


Sulfitzelluloſe⸗ 


49 


daß dieſe Tagung eine der intereſſanteſten und inhalt⸗ 
reichſten des deutſchen Forſtwirtſchaftsrates geweſen ſei. 
Aus dieſem Grunde ſoll dem Inhalte des vorliegenden 
Berichts auch größere Beachtung geſchenkt werden, als 
es bei ſonſtigen Beſprechungen eines derartigen Be⸗ 
richtes zu geſchehen pflegt. | 
Zunächſt wurde über „die Gewinnung von 
Nährſtoffen und techniſchen Hilfsſtoffen 
aus dem Walde“ geſprochen. 

Als Berichterſtatter wies Oberforſtmeiſter 
Riebel⸗Filehne auf den Exiſtenzkampf hin, den 
Deutſchland führt, der nur mit der Niederwerfung 
eines der beiden großen Nebenbuhler, Deutſchland und 
England, enden werde. Da man uns durch Hunger 
zugrunde richten wolle, ſei es nötig, im Lande alle 
Mittel herauszuſuchen und rückſichtslos nutzbar zu 
machen, die geeignet ſeien, uns in der Ernahrung des 
Volkes und ſeines Viehſtandes unabhängig von der 
Einfuhr aus dem Auslande zu machen und uns ganz 
auf eigene Füße zu ſtellen, nicht nur während des 
Krieges, ſondern möglichſt für immer. 

Auch der Wald müſſe hierbei mithelfen. Zur 
direkten menſchlichen Ernährung werde derſelbe zwar 
nur verhälnismäßig wenig beitragen können, es könne 
dies nur in beſchraͤnktem Maße durch Hergabe von 
Anbauflächen für Feldfrüchte geſchehen; eine erhebliche 
Veränderung der Waldfläche erſcheine auch nicht rat⸗ 
ſam. Hilfsſtoffe zur Tierernährung könnten aber aus 
dem Walde in großen Mengen entnommen werden. 
Ferner kämen zum direkten Nahrungsmittelbezuge aus 
dem Walde noch Beeren, Pilze und ſonſtige 
Waldfrüchte in betracht, und es liege nahe, zu er⸗ 
wägen, ob man nicht deren Produktion, wenn auch 
nicht durch Anbau, ſo doch durch Schaffung geeigneter 
Lebensbedingungen fördern ſolle. 

Die Beeren⸗ und Pilznutzung habe leider die übele 
Kehrſeite, daß ſie in die Sommerzeit falle und einen 
erheblichen Arbeitsaufwand erfordere. In guten Beeren⸗ 
jahren ſeien daher ſchwer Erntearbeiter zu bekommen; 
die Leute gdgen das Beerenſammeln, wobei bequem 
und angenehm 4—8 Mk. täglich verdient würden, 
anderer Arbeit vor. 


Unter den tieriſchen Futtermitteln ſtehe in erſter 
Reihe das Gras. Zunächſt könnten gute Wieſen im 
Walde geſchaffen werden, welche nicht nur zur Heu: 
gewinnung, ſondern auch als Weidekoppeln genutzt 
werden könnten. Sodann ließen ſich die Gräſer im 
Walde als Viehfutter benutzen und es fet zu erwägen, 
ob man die Grasnutzung nicht in geeigneten Beſtänden 
durch billige Düngung mit Kaliſalzen verbeſſern könne. 

Auch von den Forſtunkräutern feien manche 
wertvoll. Die Neſſel z. B. enthalte einen hohen 
Stickſtoffgehalt und reichlich Zucker. Junge Neſſeln 


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x 


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würden mit Vorliebe zur Schweinefütterung, Diſteln 
zu Schweine⸗ und Bänjefutter verwendet. Durch Ein: 
ſäuerung könnten Forſtunkräuter, die ſonſt vom 
Vieh nicht gern genommen würden, ſchmackhafter und 
verdaulicher gemacht werden. Viele der Forſtunkräuter 
(3. B. Heidekraut, Ginfter, Beſenpfrieme) ließen ſich 
auch zur Erzeugung von Pflanzenmehl verwerten. 

Als weiteres Futtermittel feien Laubheu und 
Laubholzreiſig zu nennen, welches in großen 
Mengen beſchafft und in friſchem und getrocknetem 
Zuſtande verfüttert werden könne. 

Von anderen land wirtſchaftlichen Hilfsmitteln käme 
dann noch die Streu in Betracht. Die Landwirt⸗ 
ſchaft könne das Stroh verfüttern und durch Wald: 
ſtreu erſetzen. 

Als Düngemittel könne Moorerde, Lehm 
-und Mergel benutzt werden. Gute Moorerde wirke 
auf Sandböden faſt wie Chiliſalpeter. 

Als techniſcher Hilfsſtoff ſtehe in erſter Linie das 
Holz. Diefes müſſe man bei dringendem Bedarf 
während des Krieges unter Außerachtlaſſung der 
ſtrengen Nachhaltigkeit, nehmen, wo es zu bekommen 
iſt. Vor ſtärkeren Vorgriffen, beſonders zur Beſchaffung 
von Gruben⸗ und Papierholz, dürfe man nicht zurück⸗ 
ſchrecken. Die deutſche Induſtrie müſſe leiſtungsfähig 
erhalten werden, ohne Rückſicht darauf, ob ſpäter die 
Erträge aus dem Walde zurückgehen könnten. Auch 
für genügend Brennholz miiffe geſorgt werden. Hier: 
bei könne die Stockrodung helfen. Wenn hierzu die 
Arbeitskräſte fehlen ſollten, müſſe man ſich mit mecha⸗ 
niſchen Mitteln (Stockrodemaſchinen) behelfen, oder 
Stockholz zur Selbſtwerbung abgeben. 

Weiter ſei auf die Faſerſtoffe hinzuweiſen, wie 
die Neſſeln ſie lieferten. Die Neſſel wolle eine 
mäßige Beſchattung haben und man könne ihren Wuchs 
leicht durch Schaffung geeigneter Belichtungsgrade 
fördern. 

Die heimiſchen Gerbmaterialien hätten einen 
unerwartet hohen Wert erlangt und der bereits auf⸗ 
gegebene Eichenſchälwald komme wieder zu Ehren. 

Die Harznutzung erlange immer größere Aus⸗ 
dehnung, der wertvollſte Beſtandteil des Harzes, der 
Terpentin, ſei für eine Menge Induſtriezweige ein un⸗ 
entbehrliches Hilfsmittel. 

Aus dem Holze konnten ferner auf dem Wege der 
trockenen Deſtillation eine ganze Reihe wertvoller Pro⸗ 
dukte gewonnen werden, darunter namentlich Eſſig⸗ 
ſäure, Methyl⸗ und auch Aethylalkohol. Hierdurch 
könnten eine Menge Kartoffeln, die jetzt zur Spiritus⸗ 
gewinnung erforderlich ſeien, für die menſchliche Er⸗ 
nährung frei gemacht werden. 

Geheimer Oberforſtrat Dr. Neumeiſter⸗ 
Dresden beſpricht die Verwendung des Laub⸗ und 


von Futterlaub gemacht hat. 


Reiſigfutters, Regierungs⸗ Direktor Dr. 
Wappes⸗Speyer empfiehlt die Kenntnis der eß⸗ 
baren Pilze zu erweitern, denn tauſende von Zentnern 
eßbarer Pilze gingen jährlich im Walde ungenutzt ver⸗ 
loren, und weiſt ferner auf den Anbau der Sonnen⸗ 
blume hin. Für die menſchliche Ernährung ſei auch 
die Heidelbeere von größter Bedeutung. Ebenſo 
ſei ihr hygieniſcher Wert bei Verarbeitung und Ver⸗ 
wertung in getrocknetem Zuſtande ſehr groß. 

Wenn es daher einerſeits ſehr erwünſcht ſei, daß 
Frauen und Kinder die Heidelbeernutzung in größtem 
Maßſtabe vornähmen, fei es andrerſeits ſehr uner⸗ 
wünſcht, wenn Arbeitskräfte, die man anderweitig ſehr 
notwendig gebrauche, im Walde herumliefen, um 
Heidelbeeren zu pflücken. Dieſe Angelegenheit bedürfe 
in irgend einer Weiſe der Regelung. 

Landforſtmeiſter Schede⸗ Berlin hält 
auch die Verwertung des Laubes gu Futter: 
zwecken für ſehr wichtig und teilt die Erfahrungen 
mit, die die Preuß. Forſtverwaltung mit der Abgabe 

Die Beeren hätten 
zweifellos eine ihrem maſſenhaften Vorkommen ent: 
ſprechende außerordentliche Bedeutung, Dielen Beere: 
maſſen entſprächen aber die für ihre Ernte zur Ver⸗ 
fügung ſtehenden Arbeitskräfte leider fo wenig, daß 
die preuß. Staatsforſtverwaltung ſchon zu Friedens⸗ 
zeiten ihre Politik immer dahin habe richten müſſen, 
die Bevölkerung zum Sammeln der Beeren nicht an 
zuregen, vielmehr den Teil der hierfür in Betracht 
kommenden Perſonen, die ihre Kräfte als land wirt⸗ 
ſchaftliche Arbeiter nützlicher verwerten könnten, nach 
Möglichkeit vom Beerenſammeln zurückzuhalten. 

Die Brenneſſel verdiene infolge der Erfindung 
des Prof. Richter die größte Beachtung. Früher 
feien dadurch Schwierigkeiten entſtanden. daß bei lan: 
gerem Liegen der Brenneſſel im Waſſer ſich ein Ba⸗ 
zillus entwickelte, der die Faſern zerſetzt habe. Dies 
werde jetzt dadurch vermieden, daß das Waſſer bald 
nach dem Einlegen der Neſſeln gewechſelt würde. Das 
erſte Waſſer, in dem die Neſſeln gelegen hätten, folle 
noch zur Zuckerfabrikation verwendet werden, da die⸗ 
ſelben nicht weniger als 8 ½% ihres Trockengewicht 

an Zucker enthielten. Die Brenneſſelfaſer fer aner 
kaunt beſſer als die Flachsfaſer, fie ſei haltbarer und 
ftärfer. 

Ein vorzügliches Futtermittel für Schweine fei die 
Wurzel von Pteris aquilina. 

Verſchiedene Verfahren zur Verwertung des 

Holzes zu Futterzwecken ſeien foweit gefir 
dert, daß gute Ausſicht vorhanden fei, daß fie 3! 
einem brauchbaren und wertvollen Futter führen 
würden. 

Oberforſtmeiſter Runnebaum⸗Erfur! 


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beſpricht die Harznutzung an der Fichte und 
die Benutzung transportabeler R zur Ge⸗ 
winnung des Terpentinöls. 

Forſtmeiſter Heyer⸗Jugenheim teilt mit, 
daß neuerdings Eichenaltholz zu Gerbſtoffen ver⸗ 
arbeitet werde. Die Kriegsleder⸗A.⸗G. nehme hierzu 
ſchlechte Stammabſchnitte bis zu 10 em Zopfſtärke und 
zahle frei Waggon für den Feſtmeter 22 Mk. Auch 
die Stubben nähme fie und zahle dafür 14 Mk. je 
Raummeter. Für Fichtenrinde zahle fie 8-10 Mk. 
je Zentner. 

Regierungs⸗Direktor Dr. Wappes⸗ 
Speyer bemerkt, daß die Heidelbeernutzung 
in Süd deutſchland eine große volkswirtſchaftliche 
Bedeutung habe. Zu ihrer Werbung ſolle man Schulen, 
Gefangene uſw. heranziehen. In Altbayern ſei auch 
der Pilz ein ausgeprägtes Volksnahrungsmittel. 

Oberforſtrat Gretſch⸗Karlsruhe weiſt 
auf den Fett⸗ und Oelgehalt des Eſchen⸗ und 
Linden⸗Samens hin, Oberförfter Dr. Roe: 
nig bemerkt, daß aus Eſchenſamen in Württemberg 
gutes Speiſeöl hergeſtellt werde. Das beſte Oel hatten 
Aepfel⸗ und Birnenkerne ergeben. 

Oberförſter Riebel⸗Filehne will im In⸗ 
tereffe der Vermehrung der Heidelbeere keine Maß⸗ 
nahmen ergriffen haben; der größeren Ausdehnung der 
Heidelbeernutzeing ſtehe das Bedenken der großen 
Arbeitsleiſtung entgegen und außerdem wirke die Beer⸗ 
krautflora auf den Boden dauernd nachteilig. Eine 
große Bedeutung habe die Waldweide. Sie ſei 
aber für die verſchiedenen Vieharten getrennt zu ver⸗ 
werten. Für Pferde und größere Herden von Rind⸗ 
vieh komme. mur die Koppelweide in Betracht; kleinere 
Herden könne ein Hütejunge wohl beauffidtigen. Jung: 
vieh werde man im Walde mit Nutzen weiden können, 
beim Milchvieh bringe die Waldweide wenig ein. Sehr 
zu empfehlen ſei die Waldweide für Schweine, Ge⸗ 
flügel und beſonders auch für Schafe. Für dieſe müſſe 
man Brachſchläge liegen laſſen. Durch die Waldweide 
könne die Schweinezucht weſentlich verbilligt und ver⸗ 
mehrt werden. Bezüglich der LZaubheugewinnung 
ſei zu erwägen, ob dieſe nicht durch künſtliche Trock⸗ 
nung in vorhandenen Trockenanlagen in gehäckſeltem 
Zuſtande vorteilhafter geſtaltet werden könne. 

Landforſtmeiſter v. Harling⸗Neuſtre⸗ 
litz bemerkt, daß zur Wald wei de getriebenes Rind: 
vieh vielfach erkrankt ſei. Der Vorſitzende beſtätigt 
dies und führt an, daß die Infektion durch Zecken 
oder Holzböcke erfolge. Es ſei feſtgeſtellt, daß Vieh, 
das an die Waldweide nicht gewöhnt ſei, in der Regel 
ſchwer erkranke, während das Vieh, das von Jugend 
auf daran gewöhnt ſei, immun ſei oder doch die Krank⸗ 
heit im Falle der Infektion leichter überſtehe. 


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Schließlich wird noch von verſchiedenen Seiten be⸗ 
merkt, daß die Sonnenblume auf armem Boden 
ſich weniger gut entwickelt hätte und daß es falſch ſei, 
die kleine Sonnenblume anzubauen, man ſolle die ge⸗ 
wöhnliche Art wählen. 

Als zweites Thema fam: „Der forſtliche Be- 
trieb während des Kriegszuſtandes“ zur 
Erörterung. 

Regierungs⸗ Direktor Dr. Wappes⸗ 
Speyer beſpricht als Berichterſtatter zunächſt die 
Störungen, die der forſtliche Betrieb durch den Krieg 
erliiten ; andererſeits ſtünden dieſen aber günſtige Wir- 
kungen auf Abſatz und Preisbildung gegenüber, welche 
die Nachteile ausgeglichen hätten. Hinſichtlich der 
Störungen müſſe man unterſcheiden zwiſchen dem An⸗ 
fange des Krieges und ſeiner ſpäteren Entwickelung. 
Im Anfange ſei das wirtſchaftliche Leben beinahe ge⸗ 
lähmt geweſen, Handel und Wandel hätten mit der 
Mobilmachung mehr oder weniger aufgehört; auch 
der Holzabſatz habe nahezu geſtockt. Es ſeien zuerſt 
noch hinreichend Arbeitskräfte vorhanden geweſen, es 
habe fogar eine gewiſſe Verlegenheit mit der Beſchäf⸗ 
tigung der Leute beſtanden. Infolgedeſſen ſei auch 
der Mangel an Beamten nicht gerade unangenehm 
hervorgetreten. Mit dem weiteren Verlaufe des Krieges, 
mit der ftarferen Einziehung der Mannſchaften und 
auch mit den erhöhten Anforderungen des ſich lang⸗ 
ſam wieder entwickelnden Betriebes ſei dann ein um⸗ 
gekehrtes Verhaltnis eingetreten. Immer mehr hatter 
ſich die Anforderungen an die Forſtwirtſchaft ſowohl 
von ſeiten ihrer bisherigen Konſumenten, des Handels, 
der Induſtrie wie des neu auftretenden militäriſchen 
Bedarfs geſteigert, während auf der anderen Seite der 
Mangel an Beamten und Arbeitern immer mehr ge⸗ 
wachſen ſei. Für die Direktivbehörden hätten die Per⸗ 
ſonalangelegenheiten, die ſtändigen Verſchiebungen eine 
gewaltige Arbeitslaſt gebracht. 

Was nun den Abſatz und den eigentlichen 
Forſtbetrieb betreffe, ſo ſeien manche Sortimente 
ſeit Kriegsbeginn faſt nicht mehr abzuſetzen geweſen, 
insbeſondere die Eichenſtammhölzer, zum Teil auch die 
ſchweren Kiefern und Buchen. Auf der anderen Seite 
hätten die überraſchenden Anforderungen, die der Krieg 
ſtellte, zu Nutzungen geführt, an die man früher nicht 
habe denken können. Hinſichtlich des dritten Punktes, 
Zahlung und Kredit, habe der Krieg außer⸗ 
ordentlich wenig Störungen gebracht. Anfangs ſeien 
allerdings zahlreiche Stundungsgeſuche eingelaufen, die 
Zahlungen ſeien aber nach und nach erfolgt und die 
Forſtverwaltungen hätten nur ſehr geringe Verluſte 
erlitten. Heute werde faſt jeder Händler und Indu⸗ 
ſtrielle imſtande ſein, gut zu zahlen, denn der größere 
Teil der Lieferungen ſei für Kriegsbedürfniſſe beſtimmt 


52 
und werde prompt bezahlt. Für die Preisbildung | getreten, die natürlich auch vor dem der Forſtwirtſchaf 
habe ſich daraus eine günſtige Wirkung ergeben, daß und des Holzhandels nicht Halt gemacht habe. Auf 
es möglich geworden ſei, eine Reihe von Sortimenten dem Gebiete der Nebennutzungen ſeien recht be: 
abzuſetzen, die vorher ſchlecht abſetzbar geweſen ſeien. deutende Wandlungen hervorgerufen worden. Auch 
Deshalb hätten in den großen Laubholzgebieten Durch⸗ der forſtliche Betrieb ſtehe unter dem Zeichen 
forſtungen nachgeholt und zuwachsarme Beſtände, deren des Krieges. Mangel an Arbeits- und Ge: 
Einſchlag bisher wegen Mangel an Abſatz nicht mög: | ſpannkräften habe veranlaßt, manche Arbeiten 
lich geweſen ſei, genutzt werden können. Beſonders auf ſpätere Zeiten zu verſchieben. Die ganze Wald: 
günſtigen Abſatz hätten Grubenholz, Holzwolleholz, arbeiterfrage habe ſich in ganz anderem, neuem Lichte 
Minendielen, ſowie Brenn: und Kohlholz einſchließlich | gezeigt, und das fo vorteilhafte Zuſammenarbeiten von 
Stockholz gefunden. Von Holzarten ſei beſonders die Land- und Forſtwirtſchaft ſei ungemein deutlich zutage 
Eſche in der Wertſchätzung geſtiegen. i getreten. Beinahe unüberſehbar feien die Momente, 

Weit mehr als die Holznutzung hätten fih die Ber: welche die wirtſchaftliche Lage von Forſtwitt— 
hältniſſe bei den Nebennutzungen geändert. Gerbftoff, | ſchaft und Holzhandel im Kriegszuſtande beeinflußt 
Harz, Streu, Heide, Futterlaub ſeien zu einer ganz hätten. 


überrafchenden Wertſchätzung gekommen. Die Bedeutung des Holzes habe im Kriege be 


Die größte Schwierigkeit, die der Forſtverwaltung deutend zugenommen, was auch im Preiſe zum Aus: 
erwachſen fet, habe in dem Mangel an Arbeits- druck gekommen fei. Für Nutz⸗ und Brennholz ie 
kräften beſtanden. Eine umfangreichere Heran- die Preisbildung nicht ganz einheitlich geweſen. Te 


ziehung von Kriegsgefangenen zu den Hauungen jet Brennholzpreis fet, weil die Kohlengewinnung in den 
ert im J. 1915 erfolgt. Berichterſtatter beſpricht Bergwerken und auch die Zufuhr infolge dir Ein | 
dann die Unterbringung, Verpflegung, Entlohnung, berufung zahlreicher Arbeits- und Geſpannkraͤſte u: 
Leiſtung der Gefangenen und weiſt ſodann darauf ſchwert und verlangſamt wurde, mehr oder wenign 


hin, daß auch ſchon vor dem Kriege Arbeitermangel ſtark geſtiegen. Zur Befriedigung des Brennboly 
geherrſcht habe. Die Forſtwirtſchaft werde daher Für: | bedarfes fet alles mögliche geſchehen, es fet fogar feiten: 
ſorge treffen müſſen, um ſich einen dauernden und der Staatsforſtverwaltung Brennholz zu ermäßigten 
tüchtigen Arbeiterſtand zu fichern. | Preiſen an bedürftige Angehörige von Kriegskeil 
Schließlich wird noch die Holzabfuhr erörtert nehmern und ſonſtige Notleidende und Minderbemit 
und auf die Lanz'ſchen Dampflokomotiven hingewieſen, telte abgegeben worden. Eine Herabſetzung der Walt: 
die ſich ſehr gut bewährt und viel billiger gearbeitet preiſe bleibe aber ziemlich wirkungslos wegen des ge 
hätten, wie Pferdefuhrwerk. waltigen Steigens der Fuhrlöhne. Eine gemaltian: 
Oberforſtmeiſter Runnebaum⸗Erfurt Einwirkung auf die Höhe der Anfuhrlöhne für Hol: 
empfiehlt die Benutzung von Motorwagen der Firma | fei aber ganz ausgeſchloſſen, weil die Fuhrleute ander 
Büſſing in Braunſchweig zur Holzabfuhr und die An⸗ weite Beſchäftigung ſuchen und finden würden. 
lage von Waldeiſenbahnen. Beim Nutzholze fei beim Kriegsausbruche zunätt 
Einen großen Raum der weiteren Beſprechung ein allgemeines Stocken auf dem deutſchen Markt 
nimmt die Arbeiterfrage in Anſpruch. Es würde zu im Verlaufe des Krieges aber eine allgemeine Befit 
weit führen, hier naher darauf einzugehen. rung eingetreten. Die Einfuhr hätte aufgehört un 
Zu dem dritten Thema: „Die wirtſchaftliche die Heeresverwaltung bedürfe ungeheuere Mengen vor 
Lage der Forſtwirtſchaft und des Holy: Holz der verſchiedenſten Art. Ferner fei der Beda’ 
handels im Kriegszuſtande“ berichtet Prof. zum Wiederaufbau in den vom Feind beſetzt gewefener 
Dr. Franz v. Mammen⸗Brandſtein. Landesteilen groß; Holzſchuhe müßten die aus den 


| 


Kein Zweig unſeres Willens habe fih im Kriege ttueren Leder gefertigten Stiefel zum Teil erſeßen 
vor fo vielen neuen und gewaltigen Problemen ge: rieſige Mengen an Sägeſpänen gingen als Pferdeſtren 
ſehen, als die Volkswirtſchaftslehre, und an Stelle von Stroh nach den Kriegsſchauplaͤtzen; un 
naturgemäß auch deren Nutzanwendung auf den uns geheure Mengen von Holzwolle würden benötigt zun 
anvertrauten Wald, die Forſtpolitik. Der Welt: Stopfen der Strohſäcke und Matratzen an der Front 
krieg habe Deutſchland vor die Aufgabe geſtellt, die | und in den Gefangenenlagern. Zu Verpackung 
wirtſchaftlichen Schäden, die vor allem der Aushunge- werde viel Holßzſchliff gebraucht, der auch zur An 
rungsplan Englands mit fih gebracht habe, aus innen fertigung von Decken, Socken, Taſchen, Handtüchen 
heraus tunlichſt abzuſchwächen und zu überwinden. und Weſten für die Soldaten Verwendung finde; at 
Auf diefe Weiſe fei durch den Krieg auf allen Ge: Stelle der Putzwolle und Putzlappen diene die Papier 
bieten eine vollſtändige Umwertung von Werten ein- wolle, und welche Rolle das Papier im Weltkriege 


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ſpiele, brauche nicht gejagt zu werden, es werde eben- 
falls zum Füllen von Matratzen, als Erſatz für Lager⸗ 
ſtroh, als Schutzmittel gegen das Einfrieren der Kar⸗ 
toffeln, von Aerzten zu Gelenkpackungen und Brei— 
umſchlägen, als Verbandſtoff und endlich ſogar für 
den mangelnden Bindfaden verwendet. Der Bedarf 
an Hölzern für Heereszwecke fei in den erſten 6 Kriegs⸗ 
monaten bereits auf 15 Millionen Mark geſchätzt 
worden. Die Nachfrage habe naturgemäß haupfſäch⸗ 
lich nach ſchwächeren Hölzern (Gruben⸗, Schwellen-, 
Papierholz) beſtanden. Da Bautätigkeit, Tiſchlerei 
uſw. ruhten, und die Militärverwaltung den Bedarf 
an Eichenhölzern in den eroberten Gebieten decken 
konnte, ſei die Lage des Eichenhandelsholzes am ſchlech⸗ 
teſten geweſen. Auch der Nadellangholzmarkt habe in⸗ 
folge des Stockens der Bautätigkeit anfangs darnieder⸗ 
gelegen, habe fih aber neuerdings erheblich gehoben- 
Großer Bedarf ſei an Eſchen⸗ und Nußbaumholz her⸗ 
vorgetreten, auch für Roterlen⸗, Birken: Pappen- und 
Weidennutzhölzer ſei die Nachfrage geſtiegen. Außer 
nach Rinde ſei auch ſtärkere Nachfrage nach Eichen⸗ 
und Edelkaſtanienholz zur Gewinnung von Gerbſtoff. 
Die Buche ſei wieder zu Ehren gekommen. Sie liefere 
auch die beſte Holzkohle. Der Krieg habe gezeigt, 
wie wichtig es für die Forſtwirtſchaſt ſei, daß das 
Holz marktfaͤhig gemacht, d. h. auf Lagerplätzen zu: 
ſammengerückt oder noch beſſer frei Eiſenbahn geliefert 
werde. 

Auch die Holzinduſtrie habe durch den Krieg viel 
Arbeit bekommen (Kiſtenherſtellung, Anfertigung von 
Schlitten für die Feldartillerie, von Zeltſtöcken, Beil⸗ 
und Axtſtielen, Barackenfenſter⸗, Papier⸗ und Holz⸗ 
ſtoff um). 

Die Behauptung, daß der Holzeinſchlag im all⸗ 
gemeinen eingeſchränkt werden müſſe, habe ſich nicht 
begründet erwieſen, es hätte aber den beſonderen Ver⸗ 
hältniſſen, die der Krieg geſchaffen, Rechnung getragen 
werden müſſen (Veränderung des Einſchlags an wert⸗ 
vollen Nutzhölzern, Vermehrung des Einſchlags an 
Bahnſchwellen, Grubenholz, Papierholz, Buchenholz 
zur Verkohlung, Holzwolleholz uſw.; Verlegung der 
Schläge in die Nähe der Bahnhöfe uſw.). 

Der abgeſchloſſene Handelsſtaat, in dem wir jetzt 
lebten, weiſe neben manchem Nachteiligen auch gewiſſe 
gute Seiten auf. Vor allem ſchaffe der Krieg Geld: 
die nicht abgeſchloſſenen Staaten zahlten ihr Geld nach 
Amerika, wir brächten dagegen alles, was wir aus 
unſerem Wirtſchaftsleben herauspumpten, wieder auf 
den Markt. Der Krieg habe erwieſen, daß wir im 
großen und ganzen in unſerem Holzbedarf nur hin⸗ 
ſichtlich der Luxushölzer und ſtärkeren Hölzer vom 
Auslande abhängig ſeien, aber hinſichtlich der in weit 
größerer Menge benötigten ſchwächeren Hölzer in der 

1917 


53 


— 


Lage ſeien, den größten Teil des Bedarfes im Lande 
ſelbſt zu befriedigen. Die künftigen! Ausſichten für 
die Forſtwirtſchaft, für Holzhandel und Holzinduſtrie 
würden keine ſchlechten ſein. Gewiß werde infolge der 
Beeinträchtigung der Arbeits⸗ und der Schwächung 
der Kapitalskraft das Gelamtrefultat, des Weltkrieges 
eine weſentliche Einſchränkung der Produktionskräfte 
in faſt allen Ländern der Erde ſein, und dieſer ver⸗ 
änderten Produktionsfähigkeit werde vielfach ein ver⸗ 
minderter Bedarf gegenüberſtehen. Hinſichtlich des 
Kriegsmaterials würde derſelbe ſich jedoch wohl nur 
langſam abſchwächen, da die kriegführenden Mächte 
ihr durch den Krieg zerſtörtes, abgenutztes oder ver: 
loren gegangenes Material ergänzen müßten. Hier⸗ 
durch würde die Holzinduſtrie unſtreitig ſogar einer 
ſteigenden Konjunktur entgegengehen. Es werde zu 
erwägen ſein, ob der Zollſchutz auf Gerbmaterialien, 
Holzkohle, Holzwolle, Harze, Waldwolle, Vanellin 
u. a. m. nicht noch zu verſtärken ſei. Hoffentlich ge⸗ 
länge es, unſere Wünſche Rußland gegenüber, das 
uns für ſeinen Holzabſatz unbedingt gebrauche, ganz 
beſonders energiſch durchſetzen zu können, und Sache 
der Holzinduſtrie müſſe es ſein, dahin zu wirken, daß 
Schädigungen, die für ihre Ausfuhr vor dem Kriege 
ſeitens Frankreichs und auch der Schweiz ſich geltend 
gemacht hätten, nach demſelben abgeſtellt würden. Auf 
alle Fälle müßten die Zentralmächte beim Friedens⸗ 
ſchluß ſich gegen etwa geplante Beunruhigungen und 
Verdrängungen und allzuhohe Zollmauern unſerer 
Gegner zu ſchützen wiſſen. Nicht ganz ſo einfach 
lägen die Verhältniſſe hinſichtlich Oeſterreich⸗Ungarn 
und der anderen uns verbündeten Staaten. Redner 
beſpricht dann eingehend die Holzzollfrage und legt im 
Anſchluſſe daran die von der Holzhandelskommiſſion 
des deutſchen Forſtvereins geſtellten Anträge dar, die 
in folgender Form angenommen werden: „Die Holz⸗ 
handelskommiſſion bittet den deutſchen Forſtwirtſchafts⸗ 
rat, im Intereſſe einer einwandfreien Erörterung der 
Frage über die Zuläſſigkeit der deutſchen Schwachholz⸗ 
erzeugung an das Reichsamt des Innern und an die 
in Frage kommenden Bergbehörden das Erſuchen zu 
richten, die Endergebniſſe ihrer einſchlägigen Erfah⸗ 
rungen über den Papierholz⸗ und Grubenholzverbrauch, 
am beſten nach Provinzen geſondert, mitzuteilen. 

Die Holzhandelskommiſſion nimmt zu Vorſchlägen 
einer wirtſchaftlichen Annaherung des Deutſchen Reiches 
an Oeſterreich⸗Ungarn zur Zeit in bindenden Anträgen 
noch nicht Stellung, da fie die einſchlägigen Fragen 
noch nicht genügend geklärt erachtet, erbittet aber vom 
Forſtwiriſchaftsrat die Ermächtigung, nicht nur, wie 
bisher mit deutſchen, ſondern nun auch mit öſterreichiſch⸗ 
ungariſchen Vertretern von Forſtwirtſchaft, Holzhandel 
und Holzinduſtrie, inſonderheit mit dem chen 


54 


Reichsforſtverein über dieje Fragen Fühlung nehmen gierungsdirektor Dr. Wappes, Prof. Dr. O. Mammen, 


zu können.“ Oberforſtmeiſter Riebel, Oberforſtmeiſter v.“ Oertzen, 
Ferner wird der Antrag des Vorfitzenden ange: Graf zu jWefterholt, Forſtrat Blum. 
nommen, „daß der Forſtwirtſchaftsrat einen kriegs⸗ Es folgte nun noch ein Vortrag des Univerſitäts⸗ 


wirtſchaftlichen Ausſchuß wählen möge, der profeſſors Dr. Dickel über: „Die Beurteilung 
die Aufgabe haben ſoll, die in den (vorſtehend mit: des Diebſtahls an aufgearbeitetem Holz 
geteilten) drei Referaten und in den fih daran an: | als Mundraub“ und ein Bericht der Satzungs⸗ 
ſchließenden Verhandlungen angeregten Gedanken weiter kommiſſion. 


fortzuſpinnen, etwa erforderliches Material zu ſammeln, Das Studium des vorliegenden intereſſanten und 

die beſchloſſenen Anträge zu ſtellen und entſprechende lehrreichen Berichtes des Deutſchen Forſtwirtſchaftsrates 

Anregungen zu geben“. können wir allen efern der Allg. Forſt⸗ und Jagd⸗ 
In dieſen Ausſchuß werden ſodann gewählt: Re- zeitung warm empfehlen. E. 


Briefe. 


Aus Preußen. Mit der Prüfung“ der Juſtiz⸗Angelegenheiten be: 

Zur Preußiſchen Derwaltungs-Rejorm. auftrage ich den Unterſtaatsſekretär im Juſtizminiſterium 

„Allgemeine Freude bei den Beamten, insbeſondere Dr. Mügel mit der Prüfung der Verwaltungsange⸗ 
auch bei den Forſtbeamten hat folgender königl. Er⸗ legenheiten den Unterſtaatsſekretär im Miniſterium des 
laß vom 19. Januar d. J. erregt: Innern Dr. Drews.“ ä 

Der geſchichtlich gewordene Aufbau der Staats: | Dieſer königliche Erlaß iſt ein richtiges Wort zur 
verwaltung trägt nicht mehr allerorts den veränderten richtigen Zeit ! 
wirtſchaftlichen Verhältniſſen Rechnung, ift vielfach zu Möge die geplante Reform auch bei der Hort: 
verwickelt und verlangt dadurch mehr Kräfte, als nach verwaltung, wo ſo vieles vereinfacht werden könnte, die 
dem Kriege zur, Verfügung ſtehen werden. Auch haben ſchon ſolange erſehnte größere Selbſtändigkeit der Ober⸗ 
die Erfahrungen des Krieges gezeigt, daß eine ein- förſter und eine gänzliche Umformung der beiden forf: 
fadjere Geſtaltung und Handhabung der Verwaltung lichen Regierungsinſtanzen unter Beſeitigung der Doppel 
möglich ift. Dazu kommt, daß die öffentlichen Laſten arbeit der Oberforſtmeiſter und der Regierungs- und 
nach dem Kriege eine außerordentliche Steigerung er- Forſträte in derſelben Sache bringen. . 
fahren werden. Mit Rückſicht hierauf wünſche Hier kann die Verwaltung in ſehr vielem verein: 
ich, daß die Frage ernſtlich geprüft wird, facht und verbilligt und in Verbindung hiermit bi 
wie eine Vereinfachung und Verbilligung Selbftändigfeit,” das Verantwortungsgefühl und die 


aller Staatsverwaltungen herbeigeführt Arbeitsfreude der Beamten gehoben werden. 
werden kann. Unſeres Erachtens folte man aber mit der Durd: 


i führung der als zweckmäßig erkannten Maßnahmen. 

ö are „ * Bergpematung NEN wie z. B. mit der ſchon lange in Ausficht geftellten 
Ich ear e das Staatsminiſteri ſaumt Beſeitigung der gleichzeitigen Mitwirkung der Oberforft: 

in die Borarbeiten ten und He a en meifter und der Forſträte bei Prüfung und Feftftelung 


jaͤhrli i ie der Baupläne 
Abſchluß ſeine Vorſchläge zu unterbreiten. Damit das er 558 . 
Staatsminiſterium einheitliche, durch beſondere Reſſort⸗ w altungsreform warten, ſondern ſolche mit Radjidt 
rückſichten nicht beeinflußte Grundlagen für feine Ent: auf die möͤglichſte Erſparung von Arbeitskräſten in 
ſchließungen erhält, will ich zwei erfahrene Staats⸗ der jetzigen Zeit unverzüglich treffen. 
beamte, von denen der eine die Angelegenheiten der 
Rechtspflege, der andere die übrigen Angelegenheiten 
zu bearbeiten hat, mit der Beſchaffung betrauen. Ich 
ordne an, daß jeder dieſer Beamten befugt ſein ſoll, 
Auskünſte von Behörden zu erbitten, ſowie ſich ſeine 
Mitarbeiler, die nötigenfalls von anderen Dienſtge⸗ 
ſchäften zu befreien find, ſelbſtändig auszuwählen, und 
daß weder fie, noch ihre Mitarbeiter bei ihren Arbeiten 
an die Weiſungen ihrer Vorgeſetzten gebunden ſind. 


Aus Baden. 


Gedanken üben Vereinfachung und Einſparun 

in den badifchen Korjt- und.Domänenverwaltung. 
(Von Geh. Finanzrat Reinach: Rarlärı he.) 

In der; Oktober⸗Nummer der Allg. Fort- und 

Jagd⸗Zeitung vom Jahre 1916 hat Herr Forfiral 

Könige⸗Heidelberg unter obiger Ueberſchrift eine a 


= 
— 


— 


handlung veröffentlicht, die ſich mit der Organiſation 
der badiſchen Forſt⸗ und Domänenverwaltung ein: 
gehend beſchäftigt und unter kritiſcher Beleuchtung der 
beſtehenden Zuſtände die Notwendigkeit einer Abkehr 
von den bisher in dieſem Verwaltungszweige einge: 
ihlagenen Bahnen oder, wie man es mit einem zeit: 
gemäßen Ausdruck bezeichnen könnte, eine Neuorien⸗ 
tierung der Behörden⸗ und Beamtenpolitik auf ge⸗ 
nanntem Gebiet zu begründen verſucht. Man könnte 
im Zweifel ſein, ob derartige interne Angelegenheiten 
der Behörden⸗ und Beamtenorganiſation eines einzelnen 
Vundesſtaates, deren richtige Beurteilung und Wür⸗ 
digung doch nur auf Grund einer genauen Kenntnis 
der geſamten Verwaltungseinrichtung des betreffenden 
Staates und ihrer geſchichtlichen Entwicklung ſowie 
des urſaͤchlichen Zuſammenhangs ihrer einzelnen Gli der 


55 


auf und zieht daraus das Fazit. Wie nicht anders 
zu erwarten war, fällt die Bilanz glänzend aus, fie 
hat nur den einen Fehler, daß die einzelnen Teile der 
Bilanz auf verſchiedenen Grundlagen aufgebaut ſind. 

Auf der Gewinnſeite bucht der Verfaſſer alle Er: 
ſparniſſe, die er der Staatskaſſe durch Aufhebung der 
Domänenämter in Ausſicht ſtellen zu können glaubt, 
während das Verluſtkonto die an die Staatskaſſe durch 
Erweiterung des Aufgabekreiſes der Forſtämter heran⸗ 
tretenden Mehrausgaben zur Darſtellung bringt. 

In die Gewinnrechnung ſtellt er folgende Poſten 
ein: 

1) Wegfall der Bezüge von 13 Domänenamtsvor⸗ 
ſtänden zu 5500 Mk. = 72300 Mk. Vergleicht man 
damit den entſprechenden Teil des Verluſtkontos, ſo 
findet man, daß für eine Oberförflerftelle nur ein 


möglich ift, fih zur Behandlung in einer wiſſenſchaft⸗ Durchſchnittsſatz von 5000 Mk. angenommen wird. 
lichen Zeitſchrift, die über ganz Deutſchland und viel⸗ Dieſe unterſchiedliche Berechnungsart dürfte umſo⸗ 


leicht noch über die deutſchen Grenzpfähle hinaus ver⸗ 
breitet iſt, eignen. Nachdem aber die Frage einmal 
aufgerollt iſt, hat die Wiſſenſchaft ein Intereſſe daran, 
irrtümliche und ſich widerſprechende Angaben, wie ſie 
hier zutage treten, in das richtige Licht gerückt zu 
jeben. 

Man wird in der Annahme kaum fehl gehen, daß 
der Reformplan des Herrn Verfaſſers in den Kreiſen 
ſeiner badiſchen Fachgenoſſen mit gemiſchten Gefühlen 
aufgenommen wird, handelt es ſich doch um nichts 
geringeres als um die Preisgabe von 20 ihrer Be: 
zirksſtellen; auf der anderen Seite ſoll ihnen allerdings 
dieſe bittere Pille durch Zuweiſung der geſamten land⸗ 
wirtſchaftlichen Güterbewirtſchaftung etwas verſüßt 
werden. 

Auf den erſten Punkt — Aufhebung von Forſt⸗ 
imtern — ſoll hier nicht eingegangen werden, zumal 
wohl angenommen werden darf, daß dies von berufener 
Seite geſchehen wird. Dagegen kann ich es mir als 
ines der Opfer, über deren Haupt das Damokles⸗ 
chwert der auf vollſtändige Umwälzung des badiſchen 
domänendienſtes gerichteten Beſtrebungen des Herrn 
Berfaſſers ſchwebt, nicht verjagen, zu dieſem Teil feiner 
lusführungen Stellung zu nehmen. 

Einen breiten Raum in der dieſer Frage gewidmeten 
jeweisführung nimmt, wie dies ja auch ſchon in der Ueber- 
hrift des Aufſatzes zum Ausdruck kommt, das in heutiger 


eit namentlich für unſere Staatsfinanzen beſonders 


ichtige Sparproplem ein. Der Verfaſſer glaubt, bei 
durchführung ſeiner Reformpläne eine Erſparnis von 
iehreren Hunderttauſend Mark verheißen zu können 
- ein Finanzkunſtſtück, das doch wahrlich den Neid 
des „Finanztechnikers“ erregen müßte. Zur Be: 
ründung der von ihm vorgeſchlagenen Maßnahmen 
ellt er eine Art von Gewinn⸗ und Verluſtrechnung 


weniger begründet ſein, als der Verfaſſer ja doch auf 
Seite 243 ſeiner Ausführungen ſelbſt anerkennt, daß 
„heute die Forſtbeamten längſt in die Gruppe der 
vollen Oberbeamten eingerückt find“. Ebenſo unver⸗ 
ſtändlich ift es, warum der Verfaſſer auf der Gewinn⸗ 
feite den Wegfall famtliher 13 Domänenämter unter: 
ſtellt, während er doch die Angliederung der den 
Domänenämtern Bonndorf und Meersburg unter⸗ 
ſtellten Brauerei: und Weinkellereibetriebe an die Forſt⸗ 
verwaltung ſelbſt nicht für möglich hält. Er findet 
ſich bei dieſen Betrieben mit dem Auskunftsmittel ab, 
daß ſie „beſonders geordnet und von der Zentralſtelle 
aus unmittelbar geleitet werden“. Wie er ſich nun 
dieſe „beſondere Ordnung“ denkt, iſt aus den Dar⸗ 
legungen nicht erſichtlich. Jeder unbefangene Sach⸗ 
verſtändige wird aber zugeben müſſen, daß ein größerer 
Brauerei⸗ oder Reb- und Kellereibetrieb, bei dem in 
zahlreichen Fällen ein raſches Handeln nicht zu um⸗ 
gehen ift, viel weniger die örtliche Leitung entbehren 
kann, als der Forſtbetrieb; hat es ſich doch in der 
Kriegszeit gezeigt, daß eine ganze Reihe von Forſt⸗ 
bezirken von benachbarten Forſtämtern oder der Zen⸗ 
trale mitverwaltet werden können. | 

2) Wegfall von 2 Finanzamtmännerſtellen mit 
6050 Mk. Tatſächlich it ſchon feit vielen Jahren 
nur ein Domänenamt mit einem Finanzamtmann be⸗ 
ſetzt, deſſen Tatigkeit bis zum Einrücken in eine Vor⸗ 
ſtandsſtelle im weſentlichen in Beſorgung von? Kaſſen⸗ 
und Rechnungsgeſchäften beſteht. Für ihn gilt das 
Gleiche, was unter Ziffer 4 hinſichtlich der Finanz⸗ 
aſſeſſoren zu ſagen iſt. 

3) Wegfall von 3 Kulturmeiſterſtellen 4850 Mk. 
In Wirklichkeit ſind im Bereich der badiſchen Do⸗ 
maͤnenverwaltung nur 2 Kulturmeiſter vorhanden. 
Außerdem fehlt es aber auch an jedem erſichtlichen 

8* 


56 


Grund dafür, warum dieſe Beamten, die nicht zum Auf die Einzelheiten der Verluſtrechnung will ich 


eigentlichen Verwaltungsperſonal der Domänenämter, als Außenſeiter in forſtlichen Fragen nicht näher ein: 
ſondern geradeſo wie das Forſthutperſonal zu den gehen. Doch will mir ſcheinen, daß der von dem Ver⸗ 
Organen des äußeren Dienſtes zu rechnen find, bei faſſer für die erweiterten Forſtämter angenommene 
Zuweiſung der Güterbewirtſchaftung an. die Forſtämter Bedarf von zweiten Beamten (5) und Aſſeſſoren (15) 
in Wegfall kommen ſollen. Es iſt dies umſo unwahr⸗ gegenüber der bisherigen Zahl von zweiten Beamten 
ſcheinlicher, als der Verfaſſer für den Forſtamtsdienſt (22) und Aſſeſſoren (32) ſehr knapp bemeſſen iſt. Das 
die Schaffung eines ganzen Stabes techniſcher Gehilfen Gleiche trifft zu, wenn er für die erweiterten Forf- 
in Ausſicht geſtellt hat. ämter durchſchnittlich nur 1 Forſtgehilfen mit einem 

4) Wegfall von 7 Finanzaſſeſſorenſtellen 14000 Mk. Gehalt von nur 2300 Mk. in Rechnung ſtellt, wäh: 
Die den Domänenämtern zugeteilten Finanzaſſeſſoren [rend er an anderer Stelle (Seite 248) die Forderung 
bekleiden ſamt und ſonders Stellen von Verrechnungs-⸗ zum Ausdruck bringt, daß jedem erweiterten Forſtamt 
gehilfen. Dieſe Stellen müßten unter allen Umftänden „mindeſtens“ ein techniſcher Beamter (Forſtgehilfe) aus 
erhalten bleiben, wird ja doch vom Verfaſſer felbſt an- der Klaſſe der höheren Unterbeamten zuzuteilen fei» 


genommen, daß „das geſamte mittlere und untere Be⸗ Was aber ſelbſt dem Nichtfachmann bei Durchſicht 
amtenperſonal des inneren Dienſtes zur Beſorgung der Verluſtrechnung ſofort auffallen muß, iſt der hohe 
der Domänenkaſſengeſchäfte bei Finanzämtern erforder: | Aufwand, den der Verfaſſer für den äußeren Dient 
lich bleibt“. der erweiterten Forſtämter in Anſpruch nimmt. Eine? 


5) Wegfall des Aufwands für Dienſtgebäude 51800 | der Hauptargumente, die er für die Zweckmäßigkeit 
Mk. Von den 13 Domänenämtern find nur 6 in der Uebertragung der Güterbewirtſchaftung an dit 
beſonderen Dienftgebäuden und 3 zuſammen mit an- Forſtämter ins Feld führt, ift folgendes: „Der Forft⸗ 
deren ſtaatlichen Dienſtſtellen in je einem Gebäude mann hat daher von allen inbetracht kommenden Be: 
untergebracht. 3 Aemter haben ihren Sitz in alten | amten, die Vorſtände der Domänenämter nicht aus 
Schloßgebäuden und bei 1 Amt ſind die Dienſt⸗ und geſchloſſen, die weitaus günſtigſte Gelegenheit zur ein⸗ 
Wohnräume gemietet. Der Verfaſſer geht mit Un: gehenden und regelmäßigen Nachſchau, Beauffichtigung 
recht von der Unterſtellung aus, daß der Aufwand und Beobachtung der Kameraldomänen, ſeien es Wieſen. 
für Dienſtgebäude bei den Domänenämtern (4 200 Mk.) 1 Felder, Torfſtiche oder Fichteiche, ohne daß dadurch be 
höher zu veranſchlagen fei, als bei den Forſtämtern ſonderer Zeit: oder Geldaufwand entſtünde“ (Seite 
(3000 Mk.). Viel leichter ließe ſich das Gegenteil 247). Man wäre hiernach zu der Erwartung berech 
nachweiſen, da gerade in den letzten Jahrzenten in tigt geweſen, daß bei der vorgeſchlagenen Neuorgantfatior 
Baden eine große Reihe luxuriöſer Forſthausbauten eine erhebliche Steigerung des Koſtenaufwandes für der 
erſtellt worden iſt, deren Aufwand jenen für die Do: auswärtigen Dienſt der Forſtämter nicht eintreten 
mänenämter ganz erheblich überſteigt. werde. Dieſe Erwartung wird aber gründlich zerflört 

Ueberdies hat der Verfaſſer nicht berückſichtigt, daß durch die Berechnung auf Seite 248, wo der Aufwand 
bei Uebertragung der Kaſſen⸗ und Rechnungsführung eines erweiterten Forſtamts für Dienſtreiſen (Fuhr⸗ 
des Domänendienſtes an die Finanzämter ganz be: werk und Tagegelder) auf durchſchnittlich 3 800 Mk. 


— 


trächtliche Koſten für Erweiterung der Dienſträume veranſchlagt wird. Dies würde für 80 Forſtämter 


der letzteren aufgewendet werden müßten. einen Jahresbeitrag von im ganzen 304000 Mk. 
6) Wegfall zweier Stellen von Kollegialmitgliedern alſo gegenüber dem bisherigen budgetmäßigen A |: 
bei der Zentralbehörde 16000 Mk. Der Verfaſſer wand von 202 000 Mk. ein Mehr von 102 000 Mk. 
nimmt in Ausſicht, die bisher von der ſogenannten ergeben. Die Neuorganiſation würde ſomit allein be: 
wirtſchaftlichen Abteilung der Forſt⸗ und Domänen⸗ den Reiſekoſten eine Verteuerung des Betriebs um ehr: 
direktion beſorgten Geſchäfte zum großen Teil an die 500 / mit fi bringen. 
forſtliche Abteilung zu überweiſen. Dies wäre aber Auch die auf Seite 240/1 des Aufſatzes gemachten 
ganz abgeſehen von anderen, hier nicht weiter zu er: Zahlenangaben über die Rob: und Reinerträge de 
örternden Umſtänden nur dann möglich, wenn es den von den Domänenämtern und Forſtämtern ſelbſtbewirt⸗ 
forſtlichen Referenten bisher an genügender Beſchäf⸗ ſchafteten Wieſen entſprechen nicht den tatſächlicher 
tigung gefehlt hätte. In dieſem Falle ließe ſich aber Verhältniſſen. Beiſpielsweiſe ergibt ſich für das Wirt: 
zur Erziehlung der angeſtrebten Erſparnis auch noch ſchaftsjahr 1913 für das Hektar folgendes Bild: 
ein anderer Weg finden. 


ſelbſtbewirtſchaftete Güter: Pacht güter: 
Rohertrag Reinertrag: Rohertrag Reinertrag 
Von den Domänenämtern leinſchl. Finanz: und 


Hauptſteuerämtern) bewirtſchaftete Wieſen: 160 Mk. 118 Mk. 110 Mk. 105 Mt. 
Von den Forſtämtern bewirtſchaftete Wieſen: 66 Mk. 43. Mk. 42 Mk. 40 Ml. 


"æ + 


Hierbei find die Verwaltungskoſten nicht berück 
ſichtigt. Dieſe ſollen nun nach der Berechnung des 
Verfaſſers für den ha Wieſen 37 Mk., für den ha 
Wald dagegen nur 6 Mk. betragen. Auch dieſe Rech⸗ 
nung beruht auf anfechtbaren Vorausſetzungen. 

Einmal iſt der Jahresaufwand für ein Domänen⸗ 
amtögebäude mit 4200 Mk. — wie ſchon oben ge- 
zeigt wurde — viel zu hoch gegriffen; es kann hierfür 
höchſtens der gleiche Aufwand wie für ein Forſtamts⸗ 
gebäude mit 3000 Mk. eingeſetzt werden. Hiernach 
würden die Verwaltungskoſten für ein Domänenamt 
ſtatt 10 700 Mk. — wie der Verfaſſer annimmt — 
nur 9 500 Mk. betragen. Wenn man nun weiter 
unterſtellt, daß die Tatigkeit der Domänenamtsvor⸗ 
ſtände etwa zu. durch die Bewirtſchaftung der in 
Sebſtbetrieb ſtehende Wieſen uſw. in Anſpruch genom⸗ 
men wird — was keineswegs zu nieder gegriffen iſt; 
denn die übrige Zeit wird durch die Verwaltung der 
Pachtgüter, Einzug der Gefällſchuldigkeiten und die 
zahlreichen ſonſtigen Amtsgeſchäfte reichlich ausgefüllt 
— ſo entfällt auf den Selbſtbetrieb ein Aufwand von 


0 
I rund 3200 Mk. und auf den ha 250 = 


3 
rund 13 Mk. (ſtatt 34 Mk. wie der Verfaſſer an: 
nimmt) oder einſchließlich des einſchlägigen Aufwand? 
der Zentralverwaltung 13 + 3 = 16 Mk. Hiernach 
hätte z. B. der Reinertrag der von den Domänen: 
ämtern bewirtſchafteten Wieſen im Jahre 1913 be: 
tragen: 118 — 16 = 102 Mk. für den ha, während 
die von den Forſtämtern bewirtſchafteten Wieſen im 
gleichen Jahr nur eine Rente von 43 Mk. abgeworfen 
haben. An letzterem Betrag wäre übrigens noch ein 
entſprechender Abzug für Verwaltungsaufwand zu 
machen, da ja doch die dieſen Geſchäften gewidmete 
Tatigkeit der Forſtämter und der Zentralverwaltung 
nicht koſtenlos geleiſtet werden kann, wie ſich ſchon aus 
der für den auswärtigen Dienſt eines erweiterten Forſt⸗ 
amts aufgeſtellten Rechnung ergibt. 


Wenn nun dem Reinertrag der ſelbſtbewirtſchafteten 
Wieſen jener aus den Domänenwaldungen mit 55 Mk. 
für den ha gegenübergeſtellt wird, ſo iſt die letztere 
Zahl inſofern nicht einwandfrei, als bei Ermittlung 
der Verwaltungskoſten für den forſtlichen Betrieb ein 
anderer Maßſtab angelegt wurde, als beim landwirt⸗ 
ſchaftlichen Selbſtbetrieb. Während der Verfaſſer z. B. 
bei letzterem als Wohnungsaufwand einen jährlichen 
Betrag von 4200 Mk. zugrundelegt, ſtellt er bei der 


Waldwirtſchaft — im Wiederſpruch mit feinen ſpäteren 


Ausführungen, wo er den Wohnungsauſwand für ein 
Forſtamt auf 3000 Mk. veranſchlagt — nur das 
—99— D 735 ME. für ein 
Forſtamt in die Rechnung ein. Ferner müßte den 


Wohnungsgeld mit 


57 


Verwaltungskoſten des forſtlichen Betriebs noch ein an⸗ 
gemeſſener Betrag für den Einzug der Holzgefälle zu: 
geſchlagen werden, der bei 20 Einzugsſtellen (Domänen, 
inang: und Hauptfteuerämter) auf mindeſtens 5000 
>< 20 = 100000 Mk. zu veranſchlagen ift. 

Mit beſonderem Nachdruck glaubte der Verfaſſer die 
Vorzüge der auf volkswirtſchaftlicher und mathematiſch⸗ 
naturwiſſenſchaftlicher Grundlage beruhenden Bor: 
bildung der Forſtbeamten in Hinſicht auf ihre Ver⸗ 
eigenſchaftung zur Leitung landwirtſchaftlicher Betriebe 
hervorheben und im Gegenſatz dazu die Ausbildung 
der Finanzbeamten nach dieſer Richtung als ungenügend 
bezeichnen zu ſollen. — Wenn nun aber denn doch die 


theoretiſche Vorbildung eines Beamten als alleiniger 


Prüſſtein für ſeine Verwendbarkeit im praktiſchen 
Dien gelten ſoll — man kann darüber verſchiedener 
Meinung fein — fo darf füglich bezweifelt werden, 
ob die Forſtbeamten ein höheres Maß von Wiſſen 
und Verſtändnis für die Verwaltungstätigkeit mit: 
bringen, als die durch ein einheitliches und umfaſſen⸗ 
des Studium der volkswirtſchaftlichen und juriſtiſchen 
Wiſſensgebiete unter Einbeziehung naturwiſſenſchaft⸗ 
licher Fächer gerade für die Verwaltungslaufbahn be⸗ 
ſonders vorgebildeten fog. Finanztechniker, die in der 
überwiegenden Mehrzahl durch Beſuch mehrerer Uni⸗ 
verſitäten und zum Teil techniſcher und landw. Hoch⸗ 
ſchulen, in ſteter Berührung mit den Lehrern und 
Jüngern anderer wiſſenſchaftlicher Berufe ihren Ge⸗ 
ſichtskreis zu erweitern und den Blick für die viel⸗ 
fachen Wechſelbeziehungen der geſellſchaftlichen und 
wirtſchaſtlichen Erſcheinungen unſerer Zeit — worauf 
es gerade im Verwaltungsdienſt ſo ſehr ankommt — 
zu ſchärfen Gelegenheit hatten. 

Dem Verfaſſer ſcheint übrigens nicht bekannt zu 
ſein, daß die neue badiſche Prüfungsordnung für Finanz⸗ 
beamte bis jetzt noch garnicht zur praktiſchen Anwen⸗ 
dung gekommen iſt, da der Bedarf an ſolchen Beamten 
durch die vorhandene Zahl an jüngeren Kameraliſten 
noch für viele Jahre gedeckt iſt. Auch befindet er ſich 
inſofern im Irrtum, als er annimmt, daß die Vor⸗ 
ftande der 13 Domänenämter zum größeren Teil ältere 
Herren feien, die in nächſter Zeit auf dem natürlichen 
Wege der Zuruheſetzung abgehen werden, denn in Wirk⸗ 
lichkeit trifft dies allerhöchſtens bei einem einzigen 
dieſer Beamten zu, während alle übrigen nach menſch⸗ 
licher Berechnung von dieſem „natürlichen Wege“ noch 
recht weit entfernt find. Die weitere Geſtaltung der Dinge 
kann deshalb unbedenklich der Zukunft überlaſſen werden. 
— Wer weiß, ob nicht die altbewährte kameraliſtiſche 
Ausbildung über kurz oder lang wieder zu Ehren 
kommt und vielleicht in anderem Gewande wieder aus 
der Verſenkung hervorgeholt wird; machen ſich doch 
jetzt ſchon Anzeichen dafür bemerkbar, die in weiten 


— 


Kreiſen den Wunſch nach einer gründlicheren und ver: 
tieften volkswirtſchaftlichen Ausbildung unſerer im öffent: 
lichen Leben ſtehenden Beamten erkennen laſſen. Es 
ſei in dieſer Beziehung an den in Nr. 19/20 der bad. 
Zeitſchrift für Verwaltungs⸗ und Verwaltungsrechts⸗ 
pflege vom 27. September 1916 erſchienenen, in der 
Oeffentlichkeit viel beachteten Aufſatz des Senats⸗ 
präſidenten a. D. Buch: „Die Vorbildung der ba: 
diſchen Verwaltungsbeamten“ erinnert, der die For⸗ 
derung erhebt, die Anwärter des Juſtizdienſtes von 
jenen des höheren Verwaltungsdienſtes und die zweite 
Staatsprüfung beider zu trennen, wobei er u. a. folgen⸗ 
des ausführt: „Für die zweite badiſche Staatsprüfung 
für den höheren Finanzdienſt bezeichnet § 1 der 1h. 
V. O. vom 3. Auguſt 1909 als Prüfungsgegenſtände 
an erſter Stelle die Volkswirtſchaftslehre, (insbeſondere 
Agrarpolitik, Gewerbepolitik und ſoziale Geſetzgebung) 
und ferner aus dem Gebiete der praktiſchen Volkswirt⸗ 
ſchaft die Landwirtſchaftslehre und Gewerbekunde. Man 
wird nicht behaupten können, daß dieſe Prüfungsfächer 
für die künftigen Beamten der inneren Verwaltung 
weniger wichtig ſeien, als für Finanzbeamte“. 

Mit ſchwerem Geſchütz zieht der Verfaſſer gegen 
die praktiſche Tätigkeit der Domänenbeamten zu Feld, 
der er die Epitheta ornantia ,dilettantenhaft* und 
auf Halbbildung beruhend beizulegen für gut findet. 
Demgegenüber wird den Leiſtungen der Forſtbeamten 
auf landwirtſchaſtlichem Gebiet uneingeſchränktes Lob 
geſpendet und auf das Beiſpiel von Heſſen verwieſen, 
wo die Forſtbeamten als Leiter landwirtſchaftlicher Be 
triebe ſich ſehr gut bewährt hätten. — Es liegt mir 
ſelbſtredend fern, die Tätigkeit der heſſiſchen Forſtbe⸗ 
amten irgend wie einer abfälligen Kritik unterziehen 
zu wollen, aber die eine Frage darf doch wohl geſtellt 
werden: Wie kommt es, daß die Erträge der unter 
der Selbſtverwaltung der heſſiſchen Forſtämter ſtehen⸗ 
den Kameraldomänen, die übrigens dem Umfang nach 
nicht einmal die Hälfte der ſelbſtbewirtſchafteten Do⸗ 
mänengüter in Baden ausmachen, in den letzten 20 
Jahren um 14% zurückgegangen ſind, während die 
badiſchen Domänenwieſen in den Jahren 1890 - 1915 
eine Ertragsſteigerung von 56% und bei Ausſcheidung 
der von den badiſchen Forſtämtern bewirtſchafteten 
Wieſen noch einen weſentlich höheren Einnahmezuwachs 
erfahren haben? 

Dem etwaigen Einwand, daß der Forſtmann der 
Landwirtſchaft nicht das gleiche Intereſſe entgegen: 
bringe, wie ſeinem Hauptberuf, ſucht der Verfaſſer 
durch den Hinweis zu begegnen, daß zwiſchen Land⸗ 
und Forſtwirtſchaft zahlreiche Berührungspunkte be⸗ 
ſtehen. Die Richtigkeit dieſes Satzes iſt nicht zu 
beſtreiten; denn in der Tat beſtehen zwiſchen Land— 
und Forſtwirtſchaft Wechſelbeziehungen verſchiedenſter 


58 


Art, die aber nicht immer in dem vom Verfaſſer ge- 
meinten Sinn ſich auslöſen, ſondern in zahreichen 
Fällen als Intereſſentengegenſätze von mehr oder minder 
ſcharfer Art in die Erſcheinung treten. Es darf nur 
an die zahlreichen Aufforſtungen erinnert werden, un 
die Berührungspunkte zwiſchen Qand- und Forſtwirt⸗ 
ſchaft in das richtige Licht zu ſtellen. Im Großher⸗ 
zogtum Baden hat die Waldfläche in den letzten 36 
Jahren um 61950 ha oder 11,8% zugenommen. Die 
Folgen maden fih gerade jetzt bei der durch die Kregs⸗ 
lage geſchaffenen Lebensmittelknappheit in unſerem 
kleinen Lande, das mit einem Walbbefitz von 36,5% 


der Geſamtflaͤche ohnedies ſchon nahezu alle übrigen 


Bundesſtaaten des deutſchen Reiches an Waldreichtum 
übertrifft — ſelbſt in dem gebirgigen. Bayern beträgt 
das Waldareal nur 31.6% der Geſamtfläche — fühl⸗ 
bar; mußte doch Baden als Zuſchußland in den Kriegs 
jahren allein an Kartoffeln ganz bedeutende Mengen 
aus anderen Bundesſtaaten einführen, um feinen Be 
darf an dieſem unentbehrlichen Nahrungsmittel auch 
nur notdürftig decken zu können. Es fol dabei dur: 
aus nicht verkannt werden, daß große Gebiete unſers 
Landes, namentlich im hohen Schwarzwald, für den 
landwirtſchaſtlichen Anbau nicht oder nur wenig gr 
eignet find und am zweckmäßigſten durch Waldanpflan⸗ 
zungen wirtſchaſtlich ausgenutzt werden. Immerhin 
liegt der Gedanke nahe, mit Wald beſtockte Flächen, 
die einen lohnenden Anbau von Feldfrüchten ver 
ſprechen, vor allem in der Rheinebene und den Bor: 
bergen, für die landwirtſchaftliche Erzeugung nutzbar 
zum machen und auf dieſe Weiſe den Nahrungsſpiel 
raum unſeres Volkes zu erweitern. Die Bodenftagt 
ift in einzelnen Landesteilen Badens durch daz Ar 
wachſen der Bevölkerung und die zunehmende Jr 
duſtrialiſieruug, wie im Bezirke Bruchſal und in 
Hanauerland, namentlich aber in der Nähe der Gro} 
ſtädte mit ihrem ungeheuren Bedarf an Milch, Butter 
Eiern, Fleiſch und anderen landwirtſchaftlichen Erzeug⸗ 
niſſen — das Gebiet in der Umgebung der Stadt 
Heidelberg und Mannheim gehört zu den dichteſtbe 
völkerten Gegenden von ganz Europa — nadhgerabe 
derart brennend geworden, daß in dieſen Gegenden 
neben einer beſſeren Regelung der Waſſerverhältniſe 
auf den zur Verſumpfung neigenden Ländereien auf 
Gewinnung von Neuland im Wege der Waldausſtockung 
zur möglichſten Erweiterung der landwirtſchaftliche 
Anbauflächen hinzuwirken fein wird. Den beſten Grad 
meſſer für die Dringlichkeit des Bedürfniſſes bilden 
die hohen landwirtſchaftlichen Grundſtückswerte, die in 
einzelnen Gebietsteilen ſchon vor dem Kriege auf 
10000 Mk. und darüber für den ha geſtiegen fit 
und infolge der während des Krieges eingetretene“ 
hohen Bewertung der landwirtſchaftlichen Erzeugnife 


— 


— — 


- in 7 —2Ä3 2 nn nn y ~ eos 


— 


brausſichtlich noch eine weitere Steigerung erfahren 
erden. l 

Eine geeignete Gelegenheit, die Ueberleitung der 
daldwirtſchaft zum Feldbau in größerem Maßſtabe 
urchzuführen, wäre gerade jetzt oder nach dem Kriege 
eben, da eine große Zahl von Gemeinden, darunter 
cht auch ſolche in der Rheinebene und den angren⸗ 
enden Gebieten, umfangreiche Holzhiebe, um Mittel 
ur Zeichnung von Kriegsanleihen zu gewinnen, vor: 
shme. — Die früher verbreitete Anſchauung von 
er geringen Vereigenſchaftung der leichteren Wald: 
den des Rheintals für eine landwirtſchaftliche Nutz⸗ 
ing iſt ſchon längſt durch die Tatſache überholt, daß 
in den letzten Jahrzehnten mit Hilfe der neuzeitlichen 
Errungenſchaften (künſtliche Düngung, Tiefkultur, 
Gründüngung) die Umwandlung nährſtoffarmer Böden 
m fruchtbares Feld bereits in weitem Umfang ſtatt⸗ 
gunden hat, wie z. B. ein Blick auf die von der 
zuderfabrik Waghäufel und den Landwirten benach⸗ 
barter Gemeinden bebauten Wusftodungsfldden in über: 
wugender Weile dartut. 

ein anderer Intereſſengegenſatz zwiſchen Land: und 
Jorſtwiriſchaft liegt auf jagdlichem Gebiete. Es mag 
genuͤgen, auf die manchmal recht erheblichen Opfer, 
de der Landwirtſchaft durch die Wildhege auferlegt 
verden, hinzuweiſen. 

Nach Anſicht des Verfaſſers könne kein Zweifel da⸗ 
rüber beſtehen, daß die eigentliche Verwaltungs⸗ und 
Fetriebstätigkeit der Domänenämter zu unbedeutend 
a und der Hauptwirtſchaftsgegenſtände, der Wäſſer⸗ 
nieſen, zu wenige feien, als daß fih die Anſtellung 
wonders dafür ausgebildeter Oberbeamten lohne. Als 
mileres Argument für die geringe Bewertung der 
Uöigkeit der Domänenämter macht er den Umſtand 
wind, daß die Domäneneinkünfte im heutigen Staats: 
alt gegen früher an Bedeutung erheblich verloren 
‚pin. Demgegenüber muß betont werden, daß die 
: the der Einkünfte eines beſtimmten Verwaltungs: 
Pes der Staatsmaſchine nicht als alleiniger Maß: 
Ab für feine Bedeutung im öffentlichen Leben gelten 
In, denn die Hauptaufgaben zahlreicher wichtiger 
den der Staatsverwaltung liegen auf ganz an⸗ 
km Gebieten und haben mit den fiskaliſchen Inte⸗ 
en gar nichts zu tun. — Was insbeſondere den 
Fechäftskreis der Domänenbehörden anbetrifft, fo darf 
t außer acht gelaſſen werden, daß der Domänen⸗ 
ty, der früher allerdings im weſentlichen nach rein 
wirtſchaftlichen Grundſätzen verwaltet wurde, zu- 
e der im Laufe der Zeit eingetretenen Umbildung 
allgemeinen wirtſchaftlichen und geſellſchaftlichen 
hältniſſe neben ſeiner Aufgabe als ſtaatliche Ein⸗ 
hmequelle noch wichtige volkswirtſchaftliche und ſoziale 
nllionen zu erfüllen hat, die ihn zu einem beachtens⸗ 


werten Faktor der Staatsverwaltung machen. 


59 


Die 
in dieſer Richtung ſich betätigende Wirkſamkeit der 
Domänenbehörden tritt vielleicht nach außen hin weniger 
in die Erſcheinung, um ſo mehr aber entfalten ſie in 
raſtloſer ſtiller Arbeit eine auch der Forderung der 
öffentlichen Intereſſen dienende wertvolle Tätigkeit. 
Vor allem haben die Domänenbehörden durch Ein: 
richtung größerer Be⸗ und Entwäſſerungsanlagen, durch 
Vornahme von Meliorationen verſchiedenſter Art, durch 
frühzeitige Einführung der künſtlichen Düngung, durch 
Herſtellung von Wegeanlagen,, durch Schaffung) und 
ſachgemäße Pflege ausgedehnter Obſtbaumpflanzungen, 
durch Hebung der Fiſcherei in den offenen Gewäſſern 
und Errichtung einer größeren Zahl von Fiſchbrut⸗ 
anſtalten und Teichbetrieben in verſchiedenen Landes⸗ 
gegenden und andere Kulturen vorbildlich und ſegens⸗ 
reich gewirkt. Eine weitere wichtige und keineswegs 
immer leichte Aufgabe iſt den Domänenbehörden 
zufolge der auf landſtändiſche Anregung ergangenen 
Normativbeſtimmungen über die Bewirtſchaftung des 
domänenärar. landw. genutzten Grundbeſitzes zugefallen, 
die von dem Grundgedanken ausgehen, daß der ſtaat⸗ 
liche Grundbeſitz nicht im einſeitigen fiskaliſchen Jn- 
tereſſe verwaltet werden darf, ſondern ſoweit möglich 
durch Förderung gemeinnütziger Beſtrebungen und 
tunlichſte Unterſtützung und Berückſichtigung der wirt: 
ſchaftlich Schwachen auch dem Allgemeinintereſſe dienſt⸗ 
bar gemacht werden ſoll. Es bedarf wohl keiner 
weiteren Ausführung, daß die Durchführung dieſer 
Grundſaͤtze bei den zahlreichen von den Domänenbe⸗ 
hörden vorzunehmenden Verpachtungen, Verkäufen, Er- 
werbungen und die Abwicklung der großen Zahl ſon⸗ 
ſtiger in den Bereich der Domänenämter fallender 
Verwaltungshandlungen und! Rechtsgeſchäfte, wie Ber: 
waltung und Vermietung der vielen ärariſchen Woh⸗ 
nungen in den Schlöſſern und anderen ſtaatlichen Ge- 
bäuden, Verwertung der zum Teil ſehr bedeutenden, 
manchmal Werte von vielen Millionen darſtellenden 
Bauplätze, Abſchluß von Verträgen mit Gemeinden, 
Körperſchaften und Privaten wegen Benützung von 
Wegen, Brücken, Wäſſerungseinrichtungen, Quellen, 
Feſtlegung von Baufluchten, Behandlung von Steuer⸗ 
fragen, Teilnahme an Gemeindevoranſchlagsberatungen, 
Bildung von Waͤſſerungs⸗ und ſonſtigen Genoſſen⸗ 
ſchaften, Begründung von Dienſtbarkeiten der verſchie⸗ 
denſten Art, Abſchluß von Ablöfungsverträgen mit 
kirchlichen Behörden und dergl. ein großes Maß von 
Umſicht und Verſtändnis für die allgemeinen wirt: 
ſchaftlichen Erforderniſſe der Zeit beanſpruchen und 
daß dieſen Aufgaben ein in den verſchiedenen volks⸗ 
wirtſchaftlichen und juriſtiſchen Wiſſenszweigen gründ⸗ 
lich vorgebildeter und in der Verwaltungspraxis ge⸗ 
ſchulter Kameraliſt in weit höherem Maße gewachſen 


60 


ift, als der mehr nach der techniſchen Seite hin vor: der Holzgefälle in den Händen von Beamten ift, denen 
gebildete Forſtmann. Ä man in dieſer Hinſicht auf Grund der gemachten Gr: 
Wenn der Verfaſſer meint, daß im Geſchäfts⸗ fahrungen vollſtes und uneingeſchränktes Vertrauen 
bereich der Domaͤnenverwaltung alle wichtigeren An⸗ ſchenken kann. Der Verfaſſer ſteht auf einem anderen 
gelegenheiten von der Zentralſtelle aus bearbeitet Standpunkt, er meint, diefe Geſchafte könnten an- 
werden, jo entſpricht dies in keiner Weiſe den Tat⸗ ſtandslos mittleren Beamten übertragen werden, wie 
ſachen. ja auch in allen anderen Verwaltungszweigen diefe 
Es ift auch zu berüdfichtigen, daß der Wirkungs- Dienſte von mittleren Beamten beſorgt würden. Das 
kreis der Domänenbehörden nicht auf die Verwaltung Letztere ift nicht einmal richtig, denn auch außerhalb 
und Bewirtſchaftung der Felddomänen beſchränkt iſt, des ſtaatlichen Dienſtes ſteht an der Spitze der größeren 
ſondern daß fie ja auch für die Forſtverwaltung durch Bezirksſtellen (Hofverwaltung, Markgräfl. Verwaltung, 
den Einzug der Holzgefälle, wie die Verrechnung und Fürſtenbergiſche Standesherrſchaft, Kirchenvernallung) 
Auszahlung ſämtlicher im Staatsforſtbetrieb erwach⸗ durchweg ein wiſſenſchaſtlich gebildeter Finanzbeamte 
ſender Ausgaben in weitgehendem Umfange Dienſte der genau wie bei den Domänenämtern neben ſeinen 
zu leiſten haben. Dieſe Arbeit mag in den Augen ſonſtigen Dienſtaufgaben das wichtige Geſchäft des 
eines Forſtmanns als etwas Untergeordnetes, Sub- Einzugs, der Sicherſtellung und der Beitreibung ber 
alternes erſcheinen, aber ſie muß eben auch getan Gefällsſchuldigkeiten mit eigener Verantwortung 
werden; denn mit dem bloßen Verkauf des Holzes ift zu leiten hat. Daß fie alle diefe Geſchäfte nicht allem 
der Staatskaſſe nicht gedient, ſondern der dabei er- beſorgen können, ſondern dabei von anderen ihnen be: 
zielte Erlös muß auch hereingebracht werden. Forſt⸗ gegebenen Beamten unterftügt werden, ift felbftrer: 
und Domänenverwaltung find Glieder eines und des: ſtäudlich. — Ob es ratſam erſcheint, wie der Berfaffer 
ſelben Verwaltungskörpers, fie ſchließen ſich nicht ein- vorſchlägt, das ganze Kaſſen⸗, Rechnungs⸗ und Be: 
ander aus, ſondern gehören zuſammen und ergänzen treibungsweſen mittleren Beamten zur ſelbſtändigen 
ſich, wie die einzelnen Glieder einer Familie Deg: und allein verautwortlichen Beſorgung zu übertragen, 
halb ift es auch nicht verſtändlich, wie der Verfaſſer] muß nach den bisherigen Erfahrungen, zumal bei den 
die beiden Verwaltungen in Gegenſatz ſtellen kann; ſtändig ſteigenden Einnahmen und dem gerade in 
viel eher hätte man gerade in heutiger Zeit, in der Baden befonders weit ausgebildeten Befriſtungeſyſten, 
die Wahrung bes ſogenannten Burgfriedens in aller bei dem der Sicherheitsleiſtung in ihren verſchiedenen 
Munde ift, eine Mahnung zum einheitlichen Zufam- | Formen hohe Bedeutung zukommt, bezweifelt werden; 
menwirken beider Verwaltungen, wodurch dem ftaat: ganz abgeſehen davon, daß eine Selbſtändigmachung 
lichen und privaten Intereſſe ſicherlich beſſer gedient der zur Zeit in abhängiger Stellung befindlichen Ver: 
ift, erwarten follen. In dieſem Sinne kann man dem rechnungsgehilfen — wie gerade das vom Berfaffer an 
vom Verfaſſer aufgeſtellten kategoriſchen Imperativ, gezogene Beiſpiel der ſtädtiſchen Beamten beweift — di 
daß zur Erhaltung der wirtſchaftlichen Kraft des unabwendbare Folge höherer Gehaltsanſprüche nach fit 
Volkes die Sonderintereſſen einzelner Teile zurückſtehen ziehen und damit den vom Verfaſſer amgeftrebter 
müſſen, vollauf zuſtimmen, denn „salus publica su- Zweck der Entlaſtung der Staatskaſſe vereiteln würde 
prema lex esto“. Der Verfaſſer dürfte alſo auch in dieſem Punti 
Aus dem Obengeſagten dürfte zur Genüge hervor: die Kehrſeite ſeiner Reformpläne nicht genügend be 
gehen, daß der Verfaſſer fih auch inſofern im Irrtum achtet haben, wie er auch anzugeben unterlaſſen hal, 
befindet, als er annimmt, daß der Hauptdienſt der in welcher Weiſe „das ganze Kaſſen⸗, Zahlungs: und 
Domänenämter unter den heutigen Verhältniſſen in Rechnungsweſen, Verbürgungen, Beitreibungen, Rre 
Kaffen: und Rechnungsführung und in der Gefäll⸗ ditfeſtſtellungen, Zuſtellungen u. dergl. auf eine neve, 
beitreibung beſteht. Wenn dies aber auch der Fall ganz wefentlich vereinfachte Grundlage geſtellt werder 
wäre, jo ſollte ſich der mit der Holzverwertung be: könnte“. 
traute Forſtmann darüber freuen, wenn der Einzug 


—ñ— ee i a — — — — ——— 
Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, VBerſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmen auer, 
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländers Ver lag 
Berleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. M. — G. Ottos Hofbuchdruckerei in Darmſtadt. 


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| Allgemeine ö E 
Forſt⸗ und Jagd⸗Jeitung. 


Herausgegeben | 
Dr. Karl wimmenauer, um Dr. heinrich Weber, 


Geh. Forſtrat u. Profeffor. der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft 
an der Univerſität Gießen. 


— — 


Dretundneunzigiter Jabrgang. 
1917. März. 


Mit einem Bildnis. 


Frankfurt am Main. 
J. D. Sauerländer's Verlag. 


— 


Die Allgemeine Forf- und Bagd-Beitung erſcheint regelmäßig jeden Monat und 
wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗ 
lungen und Poſtanſtalten. oz 


(18 cl 


Anzeigen. == 


Breife: / Seite 60.— Mk., ¼ Seite 82.— Mk., „ Seite 17.50 Mk., !/, Seite 10 Mk., /, Seite 7.50 Mk., % Seite 5.50 Mt. 

bei kleineren Inſeraten: die 40 mm breite Petitzeile 30 Pfg. — Rabatt bei Wiederholungen 15 % bei 3><, 25% bei 

6 331/,% bei 10 , 40% bei 12><, 50% bei 24 = iger Aufnahme eines Inſerates. — Tertänderungen bei längeres 
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Jagd verpacktung 


Die Jagdnutzung des ges 


F u chsfel _ e | meinſchaftlichen Jagbbezirkes 


litis, Marder kauft jeden Posten zu Tagespreis ann Ei der note apn on 
Albert Simon, Cöln Morgen Waldbeſtand, in der 
Tel. A. 6268. Glockengasse 6. Mitte großer Forſten gelegen, 

fol vom 1. April 1917 bis zum 
31. März 1928 freihändig vers 
pachtet werden. 


Pauſin ift Station der Klein⸗ 
bahn Nauen — Velten. 


Die e konnen bei 
dem unterzeichneten Jagdvor⸗ 
ſteher eingeſehen werden. 


Vans Gf a 1817 
Grundriß der Bolzmeßkunde, „„ 


8°. (49 S.) geheftet. Preis Mk. 1.—. Bree, Gemeindevorſteher. 


J. D. Sauerländer's Verlag 
Frankfurt a. M. 


Waldwertrechnung u. forstl. Statik, 


Ein behr- und bandbuc 


weiland Profelior Dr. Bermann Stoeger, 
Grobh. Sachi.2Oberlandforltmeifter und Direktor der Forftakademle zu Ellenoch. 


Durchgefehen von Prof. Dr. Bans?Bausrath, Karisruhe. 


Fünfte Auflage. 
GroB-ORtap,§vill und 252 Selten. 


Preis: broſch. Mk. 5.—, gebunden (Mk. 5.80. 


Das Ericheinen der fünften Auflage legt am beiten Zeugnis ab von der allleitigen Anerkennung, de 

das Werk durch die prägnante und klare Darliellung des Stoffes und durch feine mehr popularifierende md 

auf Berporhebung der praktiichen Gelichtspunkte abzielende Richtung in Fachkreilen gefunden hat. | 

Dieie neue Auflage, deren Durchlicht auf ausdrücklichen Wunich des veritorbenen Verfallers Ber Prol, ; 

Dr. Bausrath in Karlsruhe bereitwilligit übernommen hat, hat wieder einige Ergänzungen erfahren, fond! | 
lolche durch die neueren Ericheinungen auf den bezüglihen Gebieten bedingt wurden. 


Frankfurt a. m. J. d. Sauerländer’s verlag. í 


Durch alle Buchhandlungen zu beziehen: 
Dr. K. Wimmenauer, 


Geh. Forstrat und Professor der Forstwissenschaft 
an der Universitat Giessen. 


Bitte, 


bei Bestellungen bei den hier in- 


„Allg. Forst- u. Jagd-Zeitung“ 
Bezug nehmen zu wollen. 


serierenden Firmen gefl. auf die 


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Hllgsmsins 


For: um Zugd-Jeitung. 


März 1917, 


— 


Ueber Zuführung und ſparſame Verwendung 
der Feuchtigkeit in den Holzpflanzen. 
Von Forſtmeiſter Tiemann in Göttingen. 

Es. ift ſelbſtverſtändlich, daß zum Zwecke guten 
Wachstums und Gedeihens unſerer Holzbeſtände nicht 
allein die Zuführung der nötigen Feuchtigkeitsmenge 
zum Boden unbedingt erforderlich iſt, ſondern wir 
müſſen auch unſere wirtſchaftlichen Maßregeln ſo ein⸗ 
richten, daß ein ausreichender Grad von Waſſergehalt 
im Boden erhalten bleibt und den Holzpflanzen 
nachhaltig zugut kommt. Daß ſolche Maßnahmen 
für ſchon an ſich trockene Böden (namentlich Sand- 
böden, flachgründige Böden uſw.) von beſonderer Wichtig⸗ 
keit find, ift einleuchtend. Zur möglichſten Steige- 
rung der Ertragsfähigkeit ſolcher Böden müſſen außer⸗ 
dem natürlich bei der künſtlichen Beſtandsgründung 
auf Oedland, Abtriebsflächen uſw. — auf armen Sand: 
böden hauptſächlich, wie bekannt, durch Anbau der 
genügſamen Kiefer, wennmöͤglich mit Beimiſchung 
der Buche — noch geeignete Düngemittel (Humus⸗ 
erde, Moorerde, künſtliche Dünger) in Anwendung 
kommen, deren Wirkſamkeit aber aus bekannten Gründen 
wiederum einen angemeſſenen Feuchtigkeitsgrad des 
Bodens zur Vorausſetzung hat. 

Intereſſant dürfte es auch für den Forſtmann ſein, 
die Verhältniſſe der Waſſerzuleitung zu den 
Wurzeln, ſowie diejenigen der Verdunſtung des 
Waſſers durch die Spaltöffnungen der Blätter nicht 
allein bei unſeren Hozpflanzen, ſondern zum Ver⸗ 
gleich auch bei anderen Gewadjen, wenn auch nur 
ganz im allgemeinen, ein wenig näher zu betrachten. 
Allerdings iſt das Wichtigſte über dieſen Gegenſtand, 
wenigſtens inſoweit es ſich auf Holzpflanzen be⸗ 
zieht, wohl jedem Forſtmann bekannt; aber doch er⸗ 
ſcheint vielleicht eine überſichtliche, kurze Zuſammen⸗ 
ſtellung aller hauptſächlichſten Punkte Manchem er⸗ 
wünſcht. Ein Vergleich mit anderen Gewadfen dürfte 
naheliegen und unſer Intereſſe erregen, wenn man be⸗ 
denkt, daß ja unſere Forſtwirtſchaft eigentlich nur „an⸗ 
gewandte Botanik“ iſt. 

Schon in dem bekannten, viel verbreiteten „Lehr⸗ 


buche für Foͤrſter“ von unſerem berühmten Altmeiſter 
1917 


Dr. Georg Ludwig Hartig, 9. Auflage, herausgegeben 
von deſſen Sohne, Profeſſor Dr. Theodor Hartig 1851, 
eißt es in dem von letzterem bearbeiteten Bande: 
„Luft⸗, Boden⸗ und Pflanzen⸗Kunde in ihrer Anwen⸗ 
dung auf Forſtwirtſchaft“ gegenüber der „Erkennungs⸗ 
Lehre“ der Pflanzen, Seite 128: „Um ſo wichtiger 
iſt die Lehre vom Leben und den Lebensver⸗ 
richtungen der Pflanzen (Pflanzenphyſiologie). Sie 
iſt die Grundlage der Forſtwiſſenſchaft, da ſie uns 
mit der Natur derjenigen Geſchöpfe bekannt macht, 
deren Erziehung, Pflege und Benutzung unſer Be⸗ 
ruf iſt.“ 

Das Nähere kann ſelbſtredend nur Sache des Bo: 
tanikers von Fach ſein und muß auf die neueren 
Lehrbücher der Botanik!) verwieſen werden. Bei dieſen 
iſt es als ein weſentlicher, deren Studium ſehr fördern⸗ 
der Fortſchritt anzuſehen, daß ſie nicht, wie die älteren 
Bücher, lediglich trockene Beſchreibungen der 
Pflanzen darbieten, ſondern auch die höͤchſt intereſſanten, 
bedeutungsvollen, biologiſchen Vorgänge derſelben 
behandeln. 


Ohnehin iſt ja die Botanik eine allgemeine be⸗ 
liebte Wiſſenſchaft, die deshalb auch wohl als scientia 
amabilis bezeichnet wird. 


Bei einer kurzen Betrachtung des in Frage ſtehen⸗ 
den Gegenſtandes dürften nun etwa folgende Geſichts⸗ 


punkte zweckmäßig einer geſonderten Behandlung 
zu unterziehen ſein: 


I. Die direkte und indirekte Zuführung ausreichender 
Feuchtigkeit zu den Wurzeln der Pflanzen und die 
möglichſte Erhaltung dieſes Feuchtigkeitszuſtandes. 

1. Direkte Zuführung der Feuchtigkeit 
zu den Wurzeln. 


1) U. a. möchte ich hier das vorzügliche, von Sachkennern 
ſehr günſtig beurteilte „Lehrbuch der Botanik“ von Profeſſor 
Dr. Otto Schmeil in Heidelberg empfehlen. Es ifi im Vere 
lage von Quelle und Meyer in Leipzig 1916 bereits in 86. Auf⸗ 
lage erſchienen und „unter beſonderer Berückſichtigung bios 
logiſcher Verhältniſſe bearbeitet“. Die zahlreichen Abbildungen 
find ausgezeichnet, und der Preis von 6 Mk. geb. äußerſt 
mäßig. Auch ich habe das Werk bei der vorliegenden Arbeit 
vielfach benutzt. 

9 


a) Durch atmofphärifche Niederſchläge (Regen, Schnee, 
Tau). 

Zuvörderſt wird hinſichtlich der Wurzeltätigkeit der 
Pflanze die Bemerkung nicht unangebracht erſcheinen, 
daß nach dem erwähnten Schmeil'ſchen Werke in der 
Regel die ſogen. Wurzelhaare die Aufnahme des 
Waſſers und der darin gelöſten Boden⸗Nährſalze ver⸗ 
mitteln. Wie dort weiter auseinandergeſetzt wird, 
ſtellen dieſe zahlreichen Wurzelhaare zarte, „lange, 
ſchlauchförmige Ausſtülpungen der Oberhautzellen“ dar 
und finden ſich nur an den jüngſten Wurzeln, mit 
Ausnahme eines äußerſten Endes. „Die älteren 
Teile der Wurzel umkleiden ſich mit waſſerdichten 
Korklagen, ſind alſo zur Aufnahme von Waſſer und 
Nährſalzen untauglich.“ In Rückſicht auf die überaus 
zarte Beſchaffenheit und die leichte Verletzbarkeit der 
Wurzelhaare, folle man die Gewächſe möglichſt mit 
dem „Ballen“ verpflanzen“. 

Ferner heißt es in demſelben Werke noch von den 
Wurzelhaaren: „Sie durchdringen jede Lücke des 
Bodens und find imſtande, ſelbſt noch die geringſte 
Waſſermenge einzuſaugen und das kleinſte Boden⸗ 
teilchen auszubeuten“. 

Nun fehlen aber, wie daſelbſt bemerkt. den meiſten 
unſerer Waldbäume die Wurzelhaare, dagegen ſind 
„die Wurzelenden von einem dichten Geflechte 
zarter Pilzfäden umſponnen. Von dieſem Pilz: 
mantel gehen zahlreiche Fäden nach außen, durch⸗ 
wuchern den Waldboden und entnehmen ihm Waſſer 
ſamt den darin gelöſten Nährſtoffen. Andrerſeits legen 
ſich die Fäden aber ſo dicht um die Wurzelenden, daß 
dieſe imſtande ſind, ihnen das aufgenommene Waſſer 
zu entziehen und es ſich dienſtbar zu machen. Schon 
aus der Länge der Fäden geht hervor, daß der Baum 
den Waldboden auf dieſe Weiſe weit beſſer auszu⸗ 
nutzen vermag, als wenn ſeine Wurzelnden, wie bei 
den meiſten andern Pflanzen, mit winzig kleinen 
Wurzelhärchen bedeckt wären. Weiterhin wird übrigens 
noch betont: „Im einzelnen ſind aber die Beziehungen 
zwiſchen Pilz und Wurzel noch ziemlich unbekannt“. 

Nicht unerwähnt möchte ich laſſen, wie ſich der 
Verfaſſer obigen Werkes auch noch über die Wurzel⸗ 
ausbreitung und die von den Pflanzen bewirkte 
Ableitungsweiſe des Regenwaſſers äußert. Es 
wird dort geſagt: „Zwiſchen der Ausbreitung der 
Wurzeln und der Art, wie die Pflanzen das Regen⸗ 
waſſer ableiten, beſteht — wir wir mehrfach geſehen 
haben — eine innige Beziehung. Tropft das Waſſer 
am Umfange der Krone nieder, iſt die Waſſerableitung 
alſo nach außen gerichtet oder zentrifugal, ſo 
breiten ſich die Wurzeln allſeitig ſo weit aus, daß die 
mit Wurzelhaaren beſetzten feinſten Wurzelzweige meiſt 
im Umkreiſe der Krone liegen (dichtbelaubte Bäume, 


62 


Königskerze u. a.). Fließt das Waſſer dagegen nach 
innen oder zentripetal ab, ſo ſind die Wurzeln 
mehr oder weniger ſenkrecht nach unten gerichtet und 
eng zuſammengedrängt (Raps, Tulpe u. a.). — Bei 
dünn belaubten Bäume (Birke) find die Saugwurzeln 
gleichmäßig unter der ganzen Krone verteilt. — 
Waſſer⸗ und Sumpfflanzen, ſowie viele Gewächſe, die 
geſellig beieinander ſtehen, laſſen das Waſſer in keiner 
beſtimmten Richtung von den Blättern abtropſen.“ 

Einige Beiſpiele der bei vielen Gewäͤchſen beſtehen⸗ 
den zentripetalen Waſſerableitung mögen nach 
dem genannten Werke hier noch folgen: 

Von der Heidelbeere (Vaccinium myrtillus | 
wird erwähnt: „Die ſchräg ſtehenden, rinnigen Blätter 
leiten das Regenwaſſer über den kurzen, gefurdten 
Blattſtiel zu dem Zweige, dem fte anfigen; in einer 
tiefen Rinne, die ſich an ihm von Blatt zu Blatt 
zieht, fließt es hinab und ſammelt fih von ſämtlichen 
Zweigen am Hauptſtamme, der es ſchließlich der Wurzel 
zuführt“. 

Ebenſo ſtehen beim Raps (Brassica napus) , die 
Blätter am Stengel ſchräg aufwärts und bilden 
in der Regel flache Rinnen“. Die auf die Blätter 
fallenden Regentropfen fließen daher zum Stengel ab 
und werden ſchließlich zur Wurzel geleitet. Die Pflanze 
„begießt“ ſich alſo ſelbſt. 

Bei der Schwarzwurz (Symphytum officinale) 
entſpricht die zentripetale Maſſerableitung der Richtung 
der mit Saugwurzeln beſetzten Wurzel. Bedingt wird 
dieſe Art des Waſſerabfluſſes dadurch, daß erſtens die 
Blätter ſchräg aufwärts gerichtet am Stengel 
ſtehen, daß zweitens die Blattflächen ſowohl, wie die 
Blattſtiele (ſoweit vorhanden), die Form von Rinnen 
befigen, und daß drittens die Blattflächen als Saͤume 
an den Stielen und am Stengel herablaufen, ſo daß 
dieſer „geflügelt“ erſcheint. Die Säume verhindern 
das Waſſer, von den Blattſtielen abzuſpringen und 
leiten es an dem Stengel hernieder. 

Auch beim allbekannten Löwenzahn (Taraxacum 
officinale) ſind „die Blätter auf der Oberſeite mit 
einer deutlichen Rinne verſehen. Infolgedeſſen leiten 
ſie jeden Regentropfen, von dem ſie getroffen werden, 
der dürſtenden Wurzel zu“. 

Da, wie bemerkt, nur die feinen Saug wurzeln, 
eines Baumes Feuchtigkeit aus dem Boden aufzunehmen 
vermögen, ſtärkere Wurzeln aber durch die dicke Rinde | 
daran gehindert find; da ferner die Saugwurzeln ſch 
nur im Bereiche der Kronentraufe des Baume 
finden, fo ſieht man z. B. bei der Zuführung flüſſigen 
Düngers zu Obſtbäumen darauf, daß dieſes nur an 
jener Stelle geſchieht. 

Uebrigens möchte ich noch anführen, daß bei ſtark | 
abgekühltem und überhaupt bei kaltem Boden 


(z. B. Moorboden) die Aufnahme von Waſſer durch 
die Wurzeln nachläßt und bei ſtark gefrorenem 
Boden fat ganz aufhört. 

Auch die Humusſäuren des Torfbodens hemmen 
jene Tätigkeit der Wurzeln. 

Hinſichtlich des Regens muß noch beſonders her⸗ 
vorgehoben werden, wie es nicht genügt, daß er, nament⸗ 
lich in trockener Zeit und bei trockenem Boden, in aus⸗ 
reichender Menge fällt, ſondern wir müſſen auch, fo⸗ 
weit möglich, Vorkehrungen Ireffen, daß das Regen- 
waſſer nicht zu raſch abläuft, vielmehr langſam in 
den Boden zu den Wurzeln der Gewächſe dringt und 
lange genug von dem Boden feſtgehalten wird —- 
natürlich ohne durch Uebermaß ſchädlich zu wirken. 
Nur fo kommt das Waſſer den Pflanzen möglichſt 
nachhaltig zunutz. 

In unſeren Forſten ſuchen wir dieſen Zweck da⸗ 
durch zu erreichen, daß wir zum Auffangen des Regen⸗ 
waſſers, z. B. an ſteilen, trockenen Hängen die be⸗ 
kannten Horizontalgräbchen in angemeſſenen 
Entfernungen von einander anlegen, ſowie bei Pflan⸗ 
zungen, vorwiegend auf geneigten Flächen, kleine Rin⸗ 
nen um die Pflanzen bezw. Pflanzlöcher herumziehen, 
was beſonders für größere Pflanzen (Heiſter uſw.) 
nützlich iſt. Mindeſtens ſind hier kleine Erdwälle 
am unteren Rande der Pflanzlöcher anzubr engen. 


Aumerkung: Bezüglich der Wurzeltätigkeit der 
Pflanzen dürfte auch noch eine Bemerkung über die vielleicht 
nicht jedem Forſtmann bekannten Ausſcheidurgen der 
Wurzeln Intereſſe beanſpruchen: Nach dem Schmeil ſchen 
Werke ſcheiden die letzteren nämlich außer einer Säure, die zur 
Loͤfung von Boden⸗Nährſalzen dient, zufolge neuer, ſorgfältiger 
Unterſuchungen, „Stoffe aus, die auf Gewächſe derſelben, 
nicht aber anf die einer andern Art wie Gifte einwirken. 
Je öfter nun ein Boden mit derſelben „Feldfrucht“ beftellt 
wird, um ſo mehr muß er von dieſen Stoffen durchtränkt, der 
Ernteertrag alfo herabgeſetzt werden. Erſt nachdem er durch 
Witterungseinflüſſe (Regen und dergl.) von den „Giiten“ wieder 
befreit iſt, gedeihen Pflanzen der erſteren Art auf ihm wieder 
vortrefflich“. 

SR letztere Beobachtung richtig, fo würde ſchon eine ſolch e 
in Hinſicht auf unſere Forſtw ertſchaft gegen die Erziehung 
reiner, geſchloſſener Holzbeſtände, aber für ſtandortsgemäße, 
rationelle Holzarten⸗Miſchungen ſprechen, wie fie wohl 
gegenwärtig in den meiſten Revieren, inſoweit klimatiſche Ber- 
hältniſſe nicht entgegenſtehen, eingeführt find. Wo aus bes 
ſonderen Gründen nur reine Beſtände zuläſſig wären, müßten 
fie, zur dauernden Erhaltung guten Wachstums, nicht geſchloſſen, 
ſondern in lockerem Kronenſchluſſe erzogen werden, wie 
er ja überhaupt für alle unſere Holzbeſtände ſich empfiehlt, um 
die etwa im Boden reiner Beſtände vorkommenden „Gifte“ 
obiger Art durch ausgiebigere Einwirkung des Regens uſw. 
möalichſt unſchädlich zu machen, was bei vollſtändigem Kronen⸗ 
ſchluſſe ſich nur ungenügend erreichen ließe. Erſt bei den 
ſpäteren Schlagſtellungen bisher geſchloſſen aufgewachſener, 
reiner Beſtände, zum Zwecke der natürlichen Verjüngung, 
und bei Abtrieben, würde die bezeichnete Regenwirkung in ange 
reichrudem Maße eintreten. 


68 


b) Durch Bewäſſerung. 

Eine ſolche kommt naturgemäß weit mehr bei der 
Landwirtſchaft und beim Gartenbau, als bei der Forſt⸗ 
wirtſchaft vor. Bei letzterer beſchränkt ſie ſich meiſt 
auf die Forſtgärten oder gelegentlich auf kleine Be⸗ 
ſtandsſtellen, größere Anlagen ſind ſelten. 

Im Kleinen laſſen ſich in den Forſten Bewäſſe⸗ 
rungen wohl öfter anwenden als geſchieht. Z. B. könnte 
bei vorgenommenen Entwäſſerungen ſumpfiger Stellen 
das Waſſer aus den Gräben bei vorhandenem Gefäll 
zweckmäßig den angrenzenden Beſtandesteilen und et- 
waigen Kulturen in erforderlichem Maße zugeleitet 
werden!). 

c) Durch Begießen. 


Solches muß ſelbſtredend bei trockenem Wetter in 
größter Ausdehnung beim Gartenbau Anwendung 
finden, in der Forſtwirtſchaft iſt es nur in Saat⸗ 
und Pflanzkämpen anwendbar. Wie bekannt, 
muß das Gießen, wenn einmal begonnen, bis zu ein⸗ 
tretendem Regen fortgeſetzt werden, weil ſich ſonſt an 
der Beetoberfläche eine feſte Erdkruſte bildet, die 
den Zutritt der Atmoſphäre zu den Pflanzenwurzeln 
und die Abſorption von Waſſerdämpfen durch die Erd⸗ 
teilchen verhindert“). 

Intereſſant würde es ſein, einmal durch leicht an⸗ 
zuſtellende Verſuche zu ermitteln, inwieweit bei an⸗ 
haltend trockener Witterung während der Vegetations⸗ 
zeit eine wiederholt vorzunehmende Lockerung der 
Zwiſchenräume zwiſchen den Pflanzreihen der Kampe, 
in Verbindung mit einem gleichzeitigen Anhäufeln 
der Saat⸗ und Pflanzreihen, das koſtſpielige Begießen 
zu erſetzen vermag. Das Lockern „macht die Boden⸗ 
krume abſorptionsfähiger für Waſſerdampf und Tau, 
befördert das Eindringen des Regens in die Tiefe und 
ermäßigt die Waſſerverdunſtung ). 

d) Hierher würde auch ein Verſuch gehören, Pflänz⸗ 
linge in trockener Zeit, etwa einen oder ein paar 
Tage lang vor dem Verſetzen, mit ihren Wurzeln im 
Waſſer aufzubewahren und von letzterem aufſaugen 
zu laffen, unter der berechtigten Annahme, daß die 
Pflanzen ſodann jene Zeit beſſer überſtehen, alſo ge⸗ 
ringeren Abgang zeigen werden. 


2. Indirekte weitere Zuführung von Feuchtig— 
keit zu den Wurzeln. 


Solche könnte bewirkt werden: 
a) Durch das erwähnte Lockern der Zwiſchen⸗ 
räume zwiſchen den Pflanzreihen und das Anhäufeln 


1) Näheres ſ. das vorzügliche Waldbauwerk von Heyer⸗ 
Heß, 5. Aufl., I. Bd., S. 251. 
9) S. Heyer⸗Heß, Waldbau, I. Bd., S. 250 und 305. 
) Daſelbſt S. 805. 
Qe 


letzterer in den Forſtgärten, ſowie durch Bodenauf⸗ 
lockerung um Pflanzheiſter behufs Hebung deren 
Wachstums. 

b) Durch Beimiſchung des Bodens der Beete in 
Forſtgärten mit hygroſkopiſchen Stoffen, z. B. 
Humuserde, Moorerde, Raſenaſche, Kohlengrus. Be⸗ 
kanntlich haben die drei erſtgenannten ſchon als eigent⸗ 
liche Düngemittel im Forſtbetriebe ihre Bedeutung. 
Auch die Kaliſalze ſollen außer ihrer düngenden Wir⸗ 
kung noch dadurch einen günſtigen Einfluß ausüben, 
daß ſie aus der Luft Waſſer aufnehmen und deſſen 
Verdunſtung hindern. 

o) Zu erwähnen wäre etwa noch, daß bei der 
Zerſetzung der Humusſubſtanzen, außer Kohlenſäure, 
Ammoniak uſw. auch Waſſer ſich bildet. 


II. Möglichſte Ausnutzung des im Boden vorhandenen 

Waſſers — und ſomit der ſonſtigen Boden⸗Nährſtoffe 

— durch beſondere Beſchaffenheit des Wurzelſyſtems 

der Pflänzlinge, ſowie durch naturgemäße Lagerungs⸗ 
weiſe der Wurzeln beim Einpflanzen. 


Die im Boden vorhandene Feuchtigkeit kann nur 
dann von den Pflanzen möglichſt vollſtändig ausge: 
nutzt werden, wenn dieſen eine reichliche Menge von 
Saugwurzeln zu Gebot ſteht, wie ſie ſich nur in 
einem lockeren, humoſen Boden zu entwickeln vermögen. 
Wir erziehen daher im Forſtbetriebe die beſtbewurzelten⸗ 
ein gutes An⸗ und Fortwachſen tunlichſt verbürgenden, 
Holzpflänzlinge in unſeren, durch ſorgfältige Boden⸗ 
bearbeitung und Pflege wohlzubereiteten Saat: und 
Pflanzkämpen, namentlich durch Verſchulung. 

Die meiſten Saugwurzeln werden ſich natürlich in 
den oberen Bodenſchichten entwickeln, weil ſich hier 
nicht allein die meiſten Nhrſalze finden, ſondern auch 
Wärme und Luft hier günſtiger wirken können. 

Hierzu möchte ich noch erwähnen, daß man auch 
verſucht hat, bei etwas älteren Kamppflanzen noch ein 
reiches Saugwurzelſyſtem im Kampe durch A b⸗ 
ſtechen bezw. Kürzen weiterſtreichender, ſtärkerer 
Seitenwurzeln hervorzurufen. So hat man z. B. bei 
dem etwa nötig werdenden, längeren Verbleiben von 
Fichten⸗Schulpflanzen im Kampe — etwa über das 
Alter von vier Jahren hinaus, wo ſich dann ſchon 
längere Seitenwurzelſtränge mit weniger Saugwurzeln 
bilden — durch Kürzung der erſteren mittels ſcharfen 
Spatens im Frühjahr eine beſonders reiche Saug⸗ 
wurzelentwicklung, wie ſie beim Verpflanzen ins Freie 
ſehr erwünſcht iſt, noch in demſelben Jahre erreicht 
und fo eine fpdtere Verſetzung mit genügender Sicher: 
heit des An⸗ und Fortwachſens ermöglicht. 

Dieſelbe Idee hat nun der Ratsoberförſter Muth 
zu Bertholsdorf (Erzgebirge) der von ihm erfundenen 
„Wurzelſchnittmaſchine“ zum Grunde gelegt. 


Je. 


Infolge der fo entftehenden dichten Bewurzelung würde 
auch eine größere Ballenfeſtigkeit der Schul⸗ 
pflanzen erlangt werden. Verſuche müſſen über die 
Brauchbarkeit des Maſchinchens entſcheiden !). 


Da die Feuchtigkeit im Boden natürlich mit der 
Tiefe zunimmt, ſo müſſen wir zugleich beſtrebt ſein, 
auch den reichlicheren Waſſergehalt der tieferen 
Bodenſchichten den Pflanzen möͤglichſt zugänglich zu 
machen, was beſonders für trockeneren Boden don 
großer Bedeutung ift. Wir erreichen dieſen Zweck da: 
durch, daß wir auf ſolchem Boden, falls er genügend 
locker ift, Pflanzen mit tiefgehender Wurzelbildung 
(Pfahl: oder Herzwurzeln) anbauen, und auf etwas 
feſterem Boden eine ſolche durch tiefere Bearbeitung 
desſelben ermöglichen, ſowie daß wir z. B. bei Pflan⸗ 
zungen humoſe Erde beſonders auf den Boden der 
Pflanzlöcher bringen, um die Verlängerung der Wurzeln, 
namentlich einer Pfahlwurzel, weiter nach unten zu 
leiten; dabei muß die Tiefe der Pflanzlöcher die Wurzel⸗ 
länge etwas überſchreiten. 


Bezüglich unſerer Waldbäume wiſſen wir, daß 
z. B. die wichtige, genügſame Kiefer in großen Ge⸗ 
bieten mit trockenem Sande nur aus dem Grunde noch 
einigermaßen zu gedeihen vermag, weil ſie ſchon von 
der erſten Jugend an eine Pfahl wurzel entwickelt, 
welche die Feuchtigkeit aus den tieferen, friſcheren Boden⸗ 
ſchichten aufſaugt. 


Zu denjenigen Holzarten, welchen eine ſolche Wurzel⸗ 
form ſchon von Natur eigen ift, gehören bekannt⸗ 
lich, außer der Kiefer, noch Eiche und Weiß⸗ 
tanne, ſodann auch Ulme, Ahorn, Eſche, 
Linde, Weymouthskiefer und Lärche. Die 
Buche geht mit ihren Wurzeln meiſtens weniger tief 
in den Boden, ebenſo Schwarzerle und Schwarz⸗ 
kiefer. Eine mehe flache Bewurzelung zeigen: 
Hainbuche, Weißerle, Birke, Akazie und 
die Pappeln. Am flachſten bewurzelt iſt die 
Fichte, die deshalb auch in ſo hohem Grade der 
Sturmgefahr ausgeſetzt iſt ?). 


Von ſonſtigen bekannten, kleinen, wildwachſenden | 
Pflanzen zeichnen fih durch Pfahlwurzelbil⸗ 
dung, die deren Gedeihen auf trockenerem Boden 
möglich macht, aus: die Küchenſchelle (Kuhſchelle) 
Pulsatilla pratensis, die Steinnelfe (Dianthus car- 
thusianorum), die Zichorie (Cichorium intybus), der 
Löwenzahn (Taraxarum officinale), der Klatſchmohn 
(Papaver rhoeas), die Wegmalve (Malva neglesta), 
der Reiherſchnabel (Erodium cicutarium) u. a. 


1) Näheres darüber |. das genannte Waldbauwerk. I. Bd, | 
S. 296. 
) S. Heyer Heß, Waldbau, I. Bd., S. 24. 


Intereſſamt und wichtig würde es fein, einmal zu 
verſuchen, ob es nicht erreichbar ſei, auch den von 
Natur flachwurzelnden Holzarten, in erſter Linie 
der für unſere Finanzen ſo bedeutungsvollen Fichte 
— wenigſtens den künftigen Haubarkeitsſtämmen — 
eine bleibende Pfahlwurzel oder überhaupt dau⸗ 
ernde, tiefergehende Wurzeln durch tiefere 
Bodenlockerung der Kaͤmpe und durch, den längeren 
Pfahlwurzeln entſprechende, tiefere Pflanzlöcher an⸗ 
zuerziehen. Hätten derartige Verſuche einigen Erfolg, 
ſo würden ſich durch Verwendung ſolcher Pflanzen bei 
den Kulturen die mitunter ſo verheerend auftretenden 
Sturmſchäden — namentlich in reinen Fichten⸗ 
beſtänden — wohl ſehr ermäßigen laſſen, beſonders 
wenn in letzteren bereits die rationellen, ftarfen 
Durchforſtungen (C⸗Grad) eingeführt wären. Ebenſo 


würden Fichten mit einer ſolchen anerzogenen Bewurze⸗ 


lung den durch Hitze verurſachten Beſchädigungen weit 
beſſer zu widerſtehen vermögen; hat doch in dem außer: 
gewöhnlichen trockenen Sommer des Jahres 1911 be⸗ 
ſonders die flachwurzelnde Fichte ſtark gelitten. 

Etwa mat Pfahlwurzeln erzogene, kleine, ballen⸗ 
loſe Buchenpflanzen könnten auch einmal ſelbſt auf 
trockenerem Boden, z. B. als wichtiges Miſchholz 
der Kiefer auf beſſerem Sandboden, verſuchsweiſe 
angebaut werden. 

Vielleicht ließe ſich bei Buche und Fichte durch 
Anerziehung einer Pfahlwurzel auch der Höhen: 


wuchs günſtig beeinfluſſen !). 


Sollen nun aber z. B. die Wurzeln unſerer Holz⸗ 
Pflänzlinge eine erſprießliche, volle Tätigkeit entfalten 
und dadurch ein gutes Anwachſen und Gedeihen der 


Pflanzen bewirken, ſo müſſen wir den Wurzeln ſelbſt⸗ 


verſtändlich eine vorſichtige, ſchonende Behandlung 
und den Pflanzen überhaupt eine gute Pflege zu⸗ 
teil werden laſſen. Um nur Einiges, übrigens jedem 
Forſtmann Bekanntes, hier noch einmal hervorzuheben, 
müſſen beim Ausheben der Pflanzen die Wurzeln ſorg⸗ 
fältig vor Verletzungen behütet, die ausgehobenen 
Pflanzen gut eingeſchlagen, und beim Transport die 
Saugwurzeln durch gutes Verpacken friſch erhalten 
werden. 

Beim Einſetzen find kleine, ballenloſe Pflanzen in 
einem Gefäße mit Waſſer oder in einem Korbe, unter 
Bedeckung der Wurzeln mit friſcher Erde, aufzubewahren. 
Das Einpflanzen hat ſo zu geſchehen, daß die Pflanzen 
nicht tiefer als vorher zuſtehen kommen; nur auf 
lockerem oder tief aufgelockertem oder ſehr trockenem 
Boden kann etwas tiefer gepflanzt werden?). Die 


1) Näheres f. Forſtw. Zentralblatt, Juli⸗Heft von 1913, 

2) Bei der Ballenpflanzung und der bekannten von Mans 
teufel ſchen Hügelpflanzung wird ein ſchädliches zu tiefes Eins 
pflanzen natürlich einfſn allemal vermieden. 


65 


Wurzeln müſſen naturgemäß nach allen Richtungen 
ausgebreitet, beſonders dürfen Pfahlwurzeln kleiner 
Pflanzen nicht umgebogen, und die Wurzeln auch nicht 
gequetſcht werden. Billige Klemmpflanzung, unter 
Anwendung der bekannten Geräte, iſt bei ſolchen 
Pflanzen nur auf lockerem Boden, beſonders Sand⸗ 
boden, ſowie auf künſtlich gelockertem Boden zuläſſig. 
Dabei muß das Befeſtigen der Pflanzen in den Pflanz⸗ 
löchern mittels jener Gerate in der Art bewirkt werden, 
daß nach nochmaligem Einſtechen derſelben neben dem 
Pflanzloche die Erde zuerſt gegen deſſen Boden und 
ſodann nach dem oberen Rande zu — alſo nicht allein 
in letzter Weile — angedrückt wird, um ein ſchädliches 
Hohlſtehen der Wurzel zu vermeiden. 
Selbſtverſtändlich wird den Wurzeln die pfleglichſte 
Behandlung durch die Ballenpflanzung zuteil. 
In dem mehrgenannten „Waldbau“ von Heyer⸗Heß !) 
wird darüber geſagt: „Die Ballenpflanzung iſt zwar 
teuerer als die Pflanzung mit gleichalten ballenloſen 
Setzlingen, gewährt aber dafür größere Sicherheit in⸗ 
bezug auf das Anwachſen und nachhaltige Gedeihen. 
Die Wurzeln verbleiben hierbei in ihrer natürlichen 


Lage, ſind gegen das Austrocknen geſchützt und werden 


beim Ausheben und Verſetzen der Pflanzballen weniger 
verletzt. Die ſchädliche Tiefpflanzung ift hierbei ganz 
ausgeſchloſſen uſw.“ Natürlich empfieht ſich die Ballen⸗ 
pflanzung hauptſächlich für ungünſtige Standorte. 


Von den Geräten zu dieſer Methode für kleine 
Pflanzen mögen hier die ſinnreich konſtruierten, in dem 
obigen Werke beſchriebenen, verbreiteten, billig arbeiten⸗ 
den Pflanzbohrer: der C. Heyer'ſche „Hohl⸗ 
bohrer“ und der Ed. Heyer'ſche „Kegelbohrer,“ 
die ſich ſeit langen Jahren beſtens bewaͤhrt haben, 
noch einmal Erwähnung finden; auch der Janſa'ſche 
„Patent⸗Hohlbohrer“ wäre hier zu nennen. 

Der bezeichnete „Kegelbohrer“ ſoll bekanntlich 
bei kleinen Pflanzen mit Pfahl wurzeln, welche 
der Holzbohrer nicht herauszufördern vermag, zur An⸗ 
wendung kommen. 

Die Pflanzbohrer ſetzen natürlich ſtein⸗ und wurzel⸗ 
freien, genügend bindenden Boden voraus und könnten 
— beſonders der Kegelbohrer — auch ſogar einmal 
bei Pflanzungen im Laube angewendet werden. 


Kleine ballenloſe Pflanzen find übrigens weit 
mehr im Gebrauch, als gleichalte Ballenpflanzen 
da das gute Wurzelſyſtem der erſteren, wie es bei der 
ſorgfaͤltigen Erziehung in unſeren Kaͤmpen ausgebildet 
wird, den Ballen bis zu einem gewiſſen Grade er⸗ 
ſetzt, wenn auch für ſchwierigere Oertlichkeiten die 
Ballenpflanze immer ihren höheren Wert behauptet. 


1) I. Bd., S. 831. 


Größere Billigkeit redet übrigens der Benutzung kleiner 
ballenloſer Pflanzen gleichfalls das Wort. 


Nach Prof. Hausrath') tft eine Bodentieſe 


von 1 m zum Gedeihen der wichtigeren Bäume ſchon 
völlig ausreichend, und ſind Tiefen von über 2 m für 
den Holzwuchs ohne Bedeutung. 

Noch näher auf den Holzanbau überhaupt und 
feine Methoden einzugehen, entſpricht nicht dem Zwecke 
meines Aufſatzes, ſondern iſt Sache unſerer Waldbau⸗ 
werke. Es kam mir hier in erſter Linie nur darauf 
an, das Hauptſachlichſte über die Wurzeltaͤtigkeit und 
die Wurzelformen unſerer Holzpflanzen aus dem prat: 
tiſchen Betriebe noch einmal hervorzuheben und in Er⸗ 
innerung zu bringen 


III. Die Hinderung einer zu raſchen Verdunſtung der 
Feuchtigkeit, ſowohl der in den Pflanzen ſelbſt, als 
der im Boden vorhandenen. 


1. Natürliche Schutzmittel der Pflanzen 
gegen zu ſtarke Waſſerverdunſtung. 
Es möge mir geſtattet ſein, hier etwas näher auf 

die intereſſanten Ausführungen in dem genannten 

Schmeil'ſchen „Lehrbuch der Botanik“ einzugehen. 
Wenngleich die ununterbrochene Waſſerverdunſtung 

der Pflanze für ihr Leben von größter Bedeutung iſt, 

ſo wirkt doch eine zu ſtarke Verdunſtung ſehr ſchäd⸗ 
lich, indem die Pflanze dadurch, namentlich auf 
trockenen Standorten, den Gefahren des Welkens 
und ſchließlich des Vertrocknens ausgeſetzt wird. Es 
iſt im höchſte Grade bewundernswert, wie ſparſam 
unter ſolchen Berhältniffen die Gewächſe mit ihrer 

Waſſerverdunſtung, unter Benutzung beſonderer, zweck⸗ 

mäßiger Form und Beſchaffenheit ihrer Blätter, ſowie 

ſonſtiger Einrichtungen, verfahren. Die Schutzmittel 
gegen zu ſtarke Verdunſtung ſind nun nach jenem Werke 

etwa folgende: ö 


a) Größe und Form der Blätter. 


Manche Pflanzen bilden auf trockenen Standorten 
zum Zwecke einer Beſchraͤnkung der verdunſtenden Ober: 
flaͤche der Blätter und demgemäß zur Verringerung 
der Anzahl der Spaltöffnungen nur kleine oder 
ſchmale oder feinzerteilte oder überhaupt nur 
wenige Blatter. In dem obigen Werke find hier 
beiſpielsweiſe folgende Pflanzen aufgeführt: 

Leinkraut (Linaria vulgaris): Blätter ſehr ſchmal; 
Kuhſchelle oder Küchenſchelle (Pulsatilla pratensis): 
fein zerteilte Blätter; von holzigen Forſtun⸗ 
kräutern: Heidekraut (Calluna vulgaris) und 


1) S. das intereſſante Werkchen: „Der deutſche Wald- von 
Prof. Dr. Hans Hausrath in Karlsruhe (Bändchen Nr. 158 
der Sammlung „Aus Natur und Geiſteswelt“). 


66 


Beſenginſter (Sarothamnus scoparius): beide 
haben ſehr kleine Blätter; bei der Heide find letz⸗ 
tere auch noch zuſammengerollt (Kollblatt). 
„Ein ſolches Rollblatt bietet der Luft nur die Ober⸗ 
ſeite dar, wird daher auch weit weniger Waſſer ver⸗ 
dunſten, als wenn es ausgebreitet wäre“. 

Auch die Blätter des Strandhafers (Ammophila 
arenaria) und Strandroggens (Elymus arenarius) 
ſind, wenn dieſe Pflanzen auf trockenem Sande ſtehen, 
„zu langen Röhren zuſammengerollt“. Dadurch 
verkleinern ſie ihre Oberfläche ſehr ſtark und ver⸗ 
dunſten nicht ſo viel Waſſer, wie auf feuchtem Boden 
im ausgebreiteten Zuſtande. 

Ebenſo „bieten gefaltete Blätter dem Winde 
eine viel kleinere Verdunſtungsfläche dar, als aus- 
gebreitete“. Siehe die gefalteten jungen Einzelblätter 
des Roßkaſtanie (Aesculus hippocastanum). 

„Bei den Kaktusarten ſind die Blätter in der 
Regel in Dornen umgewandelt, durch die kaum 
eine Verdunſtung ſtattfindet.“ Zugleich haben diefe 
Pflanzen „verhältnismäßig wenige Spaltöffnungen“. 

b) „Die Blätter ſind dem Stengel an⸗ 
gedrückt“. Z. B. Heide und Mauerpfeffer (Sedum 
acre). „Infolgedeſſen können ſie von der Luft nicht 
in dem Maße umſpült werden, als wenn ſie weit und 
frei vom Stengel abſtänden.“ 

c) „Die Blätter ſind ſenkrecht geſtellt.“ 
Z. B. die jungen Blätter der Roßkaſtanie. „Die 
Sonnenſtrahlen treffen zur Mittagszeit — alfo wenn 
ſie am kräftigſten wirken — das ſenkrecht aus der 
Knoſpe hervortrelende oder ſpäter nach unten hängende 
Blatt unter viel ſpitzerem Winkel als das voll⸗ 
kommen ausgebreitete, das zu den einfallenden Sonnen⸗ 
ſtrahlen ſchrag geſtellt it. Ein ſenkrecht geſtelltes 
Blatt kann zur Mittagszeit alſo nicht in dem Grade 
erwärmt werden wie ein wagerecht oder ſchräg ge⸗ 
ſtelltes; daher wird es auch nicht ſoviel Waſſer ver⸗ 
dunſten wie jenes.“ 

d) „Die Blätter ſchlagen ſich bei zu ſtar⸗ 
ker Erwärmung nach unten.“ Z. B. Sauerklee 
(Oxalis acetosella): „Die beſchatteten Pflanzen 
breiten ihre Blätter ſo aus, daß die drei herzförmigen 
Einzel⸗Blättchen in einer Ebene liegen; die von den 
Sonnenſtrahlen getroſſenen dagegen haben die 
Blättchen ſenkrecht nach unten geſchlagen und 
— wie der vorhandene Raum dies bedingt — in der 
Mittellinie etwas eingefaltet. In dieſer Lage werden 
die Blätter ſelbſtverſtändlich viel weniger beſonnt und 
mithin auch viel weniger erwärmt, als wenn ſie aus⸗ 
gebreitet wären. 

e) „Mehrere Trockenlandpflanzen (Mauer⸗ 
pfeffer, Kaktus und andere Fettpflanzen oder Succu⸗ 


eee a — 


lenten, ſowie tropiſche Orchideen, die auf Baum: 
ſtämmen wachſen) ſpeichern in den Blättern 
oder Stämmen Waſſer auf.“ 


Die, beſonders in den tropiſchen Teilen Amerikas 
| artigen Ueberzug (junge Blatter des Kirſch⸗ 


heimiſchen Kaktusgewächſe der heißen, außerordentlich 
trockenen, fafi regenloſen Wüſten und Steppen ver? 
mögen ſo viel Waſſer zu faſſen, daß ſie „weiter 
grünen, wenn um ſie her ſcheinbar alles Pflanzenleben 
erloſchen iſt.“ 

) Die Blatter find lederartig und in: 
folgedeſſen meiſt immergrün. „Die Außen⸗ 
wände der Oberhautzellen ſind ſtark verdickt, in 
hohem Maße mit wachsartigen Stoffen (Kutin) 
durchtränkt und mit einer ſo dicken Kutikula ver⸗ 
ſehen, daß ſie für Waſſerdampf faſt undurchläſſig ſind 
(Efeu, Agaven, Kaktusarten).“ 

Immergrüne Blatter haben unſere Nadel⸗ 
hölzer, mit Ausnahme der Lärche, von Sträu⸗ 
chern (Forſtunkräutern): Wacholder (Juni 
perus communis), Stechpalme (Ilex 
aquifolium); von kleineren Forſtunkräutern: 
Heide, Preißelbeeren (Vaccinium vitis 
idae a). Bei der Heidelbeere loöſen ſich die 
lederartigen, der vorigen ähnlichen Blatter im Herbſte 
von den grünen Zweigen. Die Miſtel (Viscum 
album) hat immergrüne Blätter. 

Von unſeren ſonſtigen bekannten Kräutern ſind 
immergrün: Efeu, Haſelwurz (Asarum euro- 
pacum), Leberblume (Hepatica triloba), Wintergrün 
(Pirola), Immergrün (Vinca minor). 

Bezüglich der Laubholz⸗Sträucher wird in 
dem obigen Werke noch vom Liguſter (Ligus- 
trum vulgare) geſagt: „Die weidenartigen 
Blätter (Rainweide !) find etwas lederartig. Infolge⸗ 
deſſen überdauert an jedem Strauche ſtets eine Anzahl 
von ihnen ſelbſt den kälteſten Winter.“ 

Als bekannte immergrüne auslandifde 
Baume find u. a. zu nennen: Zitronen, Orangen und 
Lorbeerbdume. Da man „in den füdlicher gelegenen 
Ländern Verhältniſſe, wie fie bei uns im Winter 
herrſchen, nicht kennt, fo find die Bäume und Sträucher 
dort zumeiſt immergrün.“ 

Ferner heißt es von den Kaktusarten, daß ſie 
= ſehr dicke, faft waſſerdichte Oberhaut“ bez 

then. 

Es darf wohl angenommen werden, daß die Blatter 
unſerer Laub Bäume und «Sträucher, fo lange fie noch 
jung und zart find, die meiſte Feuchtigkeit ver- 
dunſten, daß die Verdunſtung aber gemindert wird, 
wenn die Blätter ſpäter mehr Feſtigkeit erlangen. 

g) „Die Blätter ſind mit einer Wachs⸗ 


ſchicht überzogen (Raps;, auch viele Früchte, find „ſehr kleine Gebilde“, 


67 


z. B. Weinbeere, Pflaume a. a.)“. Hierher gehören 
auch die ſchmalen Blätter des Leinkrauts (Linaria 
vulgaris). 

h) „Die Blätter beſitzen einen firnis⸗ 


baums; Knospenſchuppen der Roßkaſtanie).“ 

i) „Die Blätter ſind auf einer Seite 
oder auf beiden Seiten mit Haaren be⸗ 
deckt (junge Blätter der Roßkaſtanie; Edelweiß 
u. v. a.“ Man könnte hier weiter noch den Mohn 
(Papaver rhoeas), die Wegmalve (Malva neglecta), 
die Schwarzwurz (Symphytum officinale), ſowie die 
jungen Blätter der Linde anführen. 

k) Die meiſten Pflanzen haben die 
Fähigkeit, „die Spaltöffnungen zu ver⸗ 
ſchließen, ſobald Waſſermangel ein: 
tritt.“ | 

1) Als ſerneres Schutzmittel mag hier noch er- 
wähnt ſein, daß manche Pflanzen, z. B. der bekannte 
Löwenzahn (Taraxacum officinale) ihre Blätter auf 
trockenem Boden zu einer Roſette ordnen, „die dem 
Boden dicht aufliegt, ihn beſchattet und mithin vor zu 
ſtarker Austrocknung ſchützt.“ 

Auch der Reiherſchnabel (Erodium cicutarium) 
und der Wegerich (Plantago) zeigen dieſe Anordnung 
der Blätter, letzterer an trockenen Standorten. 

Zugleich möchte ich an dieſer Stelle daran er⸗ 
innern, wie die jungen gepflanzten Fichten ſich die 
erforderliche Bodenfeuchtigkeit unter ihrem Kronen⸗ 
bereich meiſt dadurch möglichft zu erhalten ſuchen, daß 
ſie zunächſt unmittelbar über dem Boden eine dichte 
Zweigbildung entwickeln. Wie jedem Forſtmann 
bekannt, pflegt die Fichtenpflanze erſt dann größere 
Höhentriebe zu bilden, nachdem ſie ihren Fuß durch 
dichte Beaſtung gehörig bedeckt und dem N fo die 
nötige Feuchtigkeit geſichert hat. 

Bei verſchiedenen Pflanzen find mehrere Schutz⸗ 
mittel gegen zu ſtarke Verdunſtung vereinigt und 
wirken daher um ſo intenſiver. Im Nachſtehen⸗ 
den erlaube ich mir, wenigſtens einige, dem Schmeil'⸗ 
ſchen Werke entnommene, intereſſante Beiſpiele anzu⸗ 
führen. 

Heide. 


1. Das Heidekraut zeigt infolge der auffallenden 
Dürre und Trockenheit aller ſeiner Teile nur 
eine ſchwache Waſſerverdunſtung. 

2. Es wächſt in dichtem Stande und erhebt ſich 
nur wenig über den Boden, es hat daher auch nur 
wenig unter den austrocknenden Winden zu leiden. 

3. „Das wichtigſte Mittel iſt aber in dem eigen⸗ 
tümlichen Bau der Blätter zu erblicken.“ Dieſe 
die „nur auf der 


Unterſeite Spaltöffnungen beſitzen“; außerdem ift der 
Zugang zu letzteren durch haarähnliche, die Ver⸗ 
dunſtung gleichfalls ſtark herabſetzende Organe ver⸗ 
ſperrt. Ferner find die Blätter ungeſtielt und 
vermögen ſich den Zweigen eng anzuſchmiegen. Dazu 
find die erſteren „Rollblätter“ undd immer⸗ 
grün. 
Mauerpfeffer (Sedum acre). 


Die Blätter find fehr klein, liegen dem Stengel 
meift dicht an und ſtellen dicke, fleiſchige 
Körper dar, die als Waſſerſpeicher dienen 
(Fettpflanze, Saftpflanze oder Succulente). 

Der Zellſaft der Blätter zeigt oft einen reichlichen 
Schleim, der das Waſſer nur ſehr langſam abgibt. 
„Infolge der verhältnismäßig dicken Oberhaut 
der Blätter und der ſehr geringen Zahl von Spalt⸗ 
öffnungen vermag nur wenig Waſſer in Dampf⸗ 
form zu entweichen.“ T „Vorteilhaft für eine langſame 
Verdunſtung ift auch, daß die Stengel ſehr niedrig 
bleiben und der Mauerpfeffer einen dichten Raſen 
bildet.“ 

Von Waldbäumen möge die Kiefer er⸗ 
wähnt ſein, bei der ebenfalls verſchiedene Schutzmittel 
vereinigt ſind, die das Wachstum bezw. Aushalten 
dieſer wichtigen Holzart auf ſelbſt ſehr trockenem 
Sandboden noch ermöglichen und daher, „auf einen 
ſparſamen Waſſerverbrauch hinweiſen.“ 

„Die Außenwand der Oberhautzellen der 
Nadeln iſt ſtark verdickt. Infolgedeſſen iſt fie für 
Waſſerdampf ſchwer durchdringbar und läßt die Nadel 
hart und trocken erſcheinen.“ Außerdem „find Spalt: 
öffnungen, durch die die Verdunſtung des Waſſers 
am ſtärkſten erfolgt, nur in ſehr geringer Zahl 
vorhanden.“ 

„Die Kiefer verliert alljährlich im September 
einen größern, und im Oktober oder November einen 
weitern kleinern Teil ihrer Blätter. Da die einzelne 
Nadel aber 2--3 Jahre alt wird, erſcheint die Kiefer 
immergrün.“ 

Auch das in dem betreffenden Werke als Wirkung 
der letzteren Eigenſchaft Hervorgehobene iſt ſehr be⸗ 
merkenswert: „Im Herbſte verlieren unſere Laubbäume 
durch den Blattabfall eine große Menge von Stoffen, 
die im Frühjahr wieder erſetzt werden müſſen. Die 
Kiefer dagegen behält ihre Blätter mehrere Jahre 
hindurch. Sie braucht daher dem Boden auch nicht 
eine ſolche Menge von Nährſtoffen zu ent⸗ 
ziehen als ein Laubbaum mit derſelben Blattmaſſe, 
eine Tatſache, die bei der Nahrungsarmut des Bodens, 
auf dem die Kiefer zumeiſt wächſt, wohl zu beachten 
iſt. Auch inſofern befindet ſich die Kiefer den Laub⸗ 
baͤumen gegenüber im Vorteile, als fie im Früh⸗ 


68 


jahre ſoſort die Arbeit beginnen kann, während 
jene erſt die Blätter, d. h. die Werkſtätten bilden 
müſſen, in denen neue Bauſtoffe erzeugt werden.“ 


Erwägt man noch weiter den bekannten Zweck 
der, der Kiefer eignen Pfahl wurzel, fo muß man 
zugeben, daß für das Gedeihen bezw. die Wachstum⸗ 
möglichkeit dieſer Holzart, ſogar auf armem Sand⸗ 
boden, durch die Pflanze ſelbſt beſtens geſorgt if. 


Es würde zu weit führen, noch fernere Beiſpiele 
der vorſtehenden Art anzuführen und muß auf die 
botaniſchen Lehrbücher verwieſen werden. 


Eine höchſt bedeutſame Einrichtung im Leben 
unſerer Laub⸗Bäume und Sträucher gegen 
zu ſtarke Waſſerverdunſtung durch die Blätter 
bietet der herbſtliche Laubabfall. 


Man hat hierbei nach dem mehrgenannten Schmeil⸗ 
ſchen Lehrbuch Folgendes zu bedenken: Da die Hätter 
jener Gewächſe beſtändig Waſſer verdunſten, fo Welden 
letztere eine ſolche Tätigkeit auch im Winter ſorhſeten, 
wenn ſie während dieſer Jahreszeit ihr Laub behielten. 
Nun läßt aber die Aufnahme der Feuchtigkeit durch 
die Wurzeln bei ſtärkerer Abkühlung des Bodens, wie 
ſie ſich „ſchon im Auguſt und September (kurze Tage, 
lange Nächte!)“ zeigt, allmählich nach, und würden 
die Wurzeln „bei hart gefrorenem Boden überhaupt 
gar nicht mehr imſtande fein, ihm Waſſer zu ent: 
ziehen. Würden die Laubgewäͤchſe jetzt durch ihre Blätter 
noch fortgeſetzt Waſſerdampf an die Luft abgeben, 
jo müßten fie bald vertrocknen,“ da „die Wurzel 
jetzt nicht mehr fo viel Waͤſſer aufzunehmen vermag, 
wie die Pflanze verdunſtet. Kalter Boden wir 
auf die Pflanze alſo wie trockner Boden ein.“ „Die 
meiſten Bäume und Sträucher helfen ſich über dieſe 
für fie durchaus ungünſtige Zeit des Jahres bekannt: 
lich dadurch hinweg, daß ſie ihre Blätter einfach 
abwerfen.“ 


Da nun „Stärke, Eiweiß und alle andern wer: 
vollen Stoffe aus den Zellen des herbſtlichen Blattes 


ausgewandert und in den Stämmen und Zweigen ab⸗ 


gelagert ſind, um im nächſten Frühjahre zum Aufbau 


der jungen Zweige, Blätter und Blüten verwendet zu 


werden, jo verliert die Pflanze beim Laubfalle aljo 
nicht viel mehr, als die jetzt wertlos gewordenen 
Skelette der Blätter.“ 


a 


Nur unfere immergrünen Nadelhöoͤlzer 


— mit Ausnahme der Lärche —, ſowie die bereits 
unter f erwähnten hieſigen immergrünen Gewäͤchſe mit 
derben, lederartigen Blättern zeigen infolge dieſer ver: 
bieten Blattoberfläche eine jo geringe Waſſerber⸗ 
dunſtung, daß ein Abfall der Blätter im Herbſt nicht 
notwendig wird. 


—— — — oa — aE 


Bäume und Sträucher mit immergrünen 
Blättern haben gegen die, das Laub im Herbſt ab⸗ 
werfenden, den Vorteil, daß ſie, wie ſchon bei der 
Kiefer bemerkt, beim Eintritt des Frühlings mit den 
„Arbeiten der Nährſtoffaufnahme und » verarbeitung 


69 


ſofort beginnen, alſo dieſe über einen viel größeren 


Teil des Jahres ausdehnen“ können. 


»Wenn der Fortmann, namentlich bei größeren 
Laubholzpflänzlingen, die Kronen vor dem Einſetzen 
der Pflanze in bekannter Weile beſchneidet )), jo be 
folgt er, außer der Abſicht der Form: und Wuchs⸗ 
regulierung, auch denſelben Grundſatz, wie ihn 
die Natur durch den herbſtlichen Laubfall benutzt, 
d. h. er ſucht die Anzahl der waſſerverdunſtenden 
Organe, alſo der künftigen Blätter, zu vermin⸗ 
dern, und zwar im Verhältnis eines beim Ausheben 
dern Pflanzen ſtattgefundenen Wurzelverluſtes. 
Aberzaud ohne einen ſolchen würde für trockenen 
B. vı ein ſtärkeres Beſchneiden der Kronen dieſer 
Pflänzlinge raͤtlich fein. 

Dieſelben Gründe gelten natürlich auch für das 
fogenannte Stummeln unter etwa 1—2 cm ſtarker 
Laubholz⸗Pflaͤnzlinge, wie es beſonders bei deren Ber- 
wendung im Nieder⸗ und Mittelwalde üblich iſt. In 
dem erwähnten Waldbauwerke von Heyer⸗Heß, I. Bd., 
S. 324, wird darüber geſagt: „Man drängt hier 
dem Pflänzling nicht eine Schaft: und Kronenmaſſe 
zur Ernahrung auf, ohne zu wiſſen, ob er ſie auch 
zu ernähren vermag, ſondern man überläßt es 
ihm, nach Maßgabe feines unbekannten Ernährungs: 
vermögens fein neues Wachstum ſich ſel bſt zu bilden. 
Da hier die geſamte Saftzufuhr durch die Wurzeln 
ausſchließlich auf die neuen Stockausſchläge verwendet 
wird, ſo entwickeln ſich dieſe kräftiger; es bildet ſich 
ein neuer Jahrring an Stock und Wurzeln, der Pflänz⸗ 
ling ſchlägt ſicherer an und erſetzt reichlich wieder den 
an ſich wertloſen Verluſt an Schaft und Krone.“ 


2. Schutzmaßregeln gegen eine zu ſtarke 
Verdunſtung der Bodenfeuchtigkeit. 


Wenngleich die hierunter aufgeführten dergl. Maß⸗ 
regeln bekannt ſind und bereits in früheren Artikeln?) Er⸗ 
wähnung gefunden haben, geftatte ich mir doch, fie, 
der Vollſtaͤndigkeit wegen, hier noch einmal kurz folgen 
zu laſſen: 


3) Das Beſchneiden der Wurzeln beſchränkt ſich auf das 
glatte Abſchneiden der mit dem Spaten abgeſtochenen, dickeren 
Wurzelenden und auf die Wegnahme beſchädigter Wurzeln. 
Uebrigens muß ſelbſtverſtändlich ein Beſchneiden der Wurzeln 
nach Möglichkeit vermieden werden, um eine Verminderung 
der wichtigen Saugwürzelchen zu verhliten. 

2) Allgem. Forſt⸗ und Jagd⸗Zeitung, Mai⸗Heft von 1913, 
Seite 158 und Forſtwiſſenſchaftl. Zentralblatt, Juli⸗Heft von 
1914, S. 370. 

1917 


a) Als eine ſehr naheliegende Schutzmaßregel galt 
früher, hier und da bis in die neuere Zeit hinein, die 
allgemein ſtreng durchgeführte Erziehung unſerer Be⸗ 
ſtände in dichtem Schluſſe. Aber abgeſehen da⸗ 
von, daß durch den auf dieſe Weiſe hervorgerufenen 
Lichtmangel die Entwicklung geſunder, ausreichen⸗ 
der Baumkronen und ſomit überhaupt ein natur⸗ 
gemäßes, kräftiges Wachstum an Stamm und Wurzeln 
erheblich behindert iſt, muß ein großer Nachteil 
darin gefunden werden, daß ein großer Teil der ſo 
wichtigen atmoſphäriſchen Niederſchläge nicht zum 
Boden gelangt, ſondern von dem dichten Kronen: 
dache aufgefangen wird und dort verdunſtet. 
Die Folge hiervon iſt daher ein Waſſermangel im 
Boden, eine ungenügende Ernährung der Beſtände 
und wegen zu großer Trockenheit des Bodens eine 
durchaus unvollkommene Humusbildung. Die verur⸗ 
ſachte Minderung des Zuwachſes, ſowie der Wider⸗ 
ſtandsfähigkeit der Beſtände — in erſter Linie der 
Fichtenbeſlände — find natürlich ſehr fühlbar. Es 
muß als ein großer waldbaulicher Fortſchritt be⸗ 
zeichnet werden, daß in neuerer Zeit die ſtarke 
Durchſorſtung (der C⸗Grad), die Hochdurch⸗ 
forſtung und überhaupt eine rationellere, natur⸗ 
gemäßere Erziehung der Beſtände in lockerem 
Kronenſchluſſe, wie ſie bekanntlich ſchon ſeit 
längeren Jahren zuerſt von Bohdanecky und Schiffel 
beim Fichtenbetriebe mit Erfolg geübt wird, eine 
immer größere Verbreitung erlangt. 

b) Für trockenen Sandboden, wird, wie bekannt, 
von Profeſſor Schwappach zur Erhaltung der Boden: 
feuchtigkeit eine Deckung des Bodens mit Kiefern⸗ 
reiſig, auch mit Lupinenſtroh, Kartoffel: 
kraut u. a. empfohlen. Erſteres wirkt auch durch 
feinen Stickſtoffgehalt günſtig. Weitere Verſuche find 
notwendig. | 

Einen ebenfo guten Einfluß auf den Feuchtigkeits⸗ 
gehalt des Bodens würde auch die von Forſtmeiſter 
Kautz in Anregung gebrachte gleichmäßige Ausbreitung 
des Durchforſtungsreiſigs auf dem Boden 
zeigen, und wären auch darüber Verſuche anzuſtellen. 

c) Das Bedecken der Pflanzſtellen mit ab⸗ 
geſchältem Raſen — wo ſolcher zu gewinnen —, die 
Grasſeite nach unten, -felbft mit platten Steinen würde 
die Feuchtigkeitsverdunſtung min dern. 

d) Aehnlich würde auf trockenem Boden eine 
Vertiefung der Saat⸗ und Pflanzſtellen wirken. 
Selbſtverſtändlich iſt eine ſolche Pflanzweiſe nicht mit 
einer ſchädlichen Tieſpflanzung zu verwechſeln. 

e) Wo der Wagner'ſche Blenderſaum⸗ 
ſchlag vielleicht verſuchsweiſe eingeführt iſt, würde es 
von großem Intereſſe ſein, zugleich deſſen ae auf 


ben Feuchtigkeitsgehalt des Bodens feſtzu⸗ 
ſtellen. 

f) Von beſonderer Wichtigkeit it die rechtzeitige 
Anlegung der bekannten, fo nützlichen Wald mäntel, 
in Form von Niederwald bezw. Mittelwaldſtreifen, 
an den Beſtandesrändern, ſowie aͤhnlicher Schutzſtreifen 
bei ausgedehnten Beftänden auch im Innern der: 
felben. ') 


70 


Uebrigens möchte ich noch bemerken, daß Boden: 
feuchtigkeit durch Luftfeuchtigkeit er ſetzt zu werden 
vermag. | 

Ich bin am Schluſſe meiner Arbeit angelangt. 
Wenn ich durch meine einfache Behandlung des Gegen: 
ſtandes derſelben einiges Intereſſe erregt haben Sollte, 
wäre der Zweck der Arbeit erreicht. 


Literariſche Berichte. 


Der Forſtſchutz. Ein Lehr: und Handbuch von 
Dr. Richard Heß, weiland o. 5. Profeſſor der 
Forſtwiſſenſchaft und Direktor des Forſtinſtituts an 
der Ludewigs⸗Univerſität zu Gießen. Vierte Auf- 
lage vollſtändig neu bearbeitet von R. Beck, Pro⸗ 
feſſor der Forſtwiſſenſchaft an der Kgl. Forſtakademie 
Tharandt. Zweiter Band: Schutz gegen Menjden, 
Gewächſe und atmoſphäriſche Einwirkungen. Mit 
133 Abbildungen und einer ſchwarzen Tafel. Leipzig 
und Berlin, Druck und Verlag von B. G. Teubner. 
1916. 

Nachdem Ende 1914 der I. Band des Forſtſchutzes 
erſchienen iſt, hat Beck Anfang 1916 den zweiten und 
letzten Band folgen laſſen. Die dieſem Bande zuge⸗ 
wieſene Materie iſt ſchon aus der Einleitung des 
I. Bandes bekannt, über die Zweckmäßigkeit ihrer Ver⸗ 
arbeitung, beſonders ihrer Gliederung und Abgrenzung 
gegen andere Wiſſensgebiete iſt erſt heute ein Urteil 
moglich. 

Nach beiden Richtungen hin hat aber das Studium 
des Buches bei mir Zweifel geweckt. Dieſe gelten vor 
allem dem I. Abſchnitt „Schutz gegen direkt und in: 
direkt ſchädliche Eingriffe des Menſchen.“ Ich hätte 
es als einen Fortſchritt begrüßt, wenn Beck ſowohl 
den „Schutz der Waldbegrenzung“ wie den „Schutz 
gegen ſchädliche Ausübung der Hauptnutzung bezw. 
Nebennutzungen“ ganz aus dem Rahmen des Forſt⸗ 
ſchutzes geſtrichen hätte. Die Forderungen, die der 
Forſtſchutz an Forſtvermeſſung und Forſtbenutzung 
ſtellt, laſſen ſich zwanglos einem Vortrage über dieſe 
Fächer einfügen. Das von Heß⸗Beck eingeſchlagene 
Verfahren dagegen nötigt, weil ſonſt der Zuſammen⸗ 
hang verloren ginge, zur Abhandlung über Dinge, die 
in einem Buche über Forſtſchutz kaum am Platze find. 
Ich rechne hierher die Ausführungen über Grenz⸗ 
bezeichnung und Grenzgräben, über Kartierung und 
Koſten der Grenzen. Auch die S. 19 bis 32 er⸗ 


1) Näheres f. Allgem. Forks und Jagd⸗Zeitung, Auguſt⸗ 
Heft von 1908, S. 277. 


* 


hobenen Forderungen bezüglich einer ſchonenden Aw: 
übung der Haupt⸗ und Nebennutzungen haben mit den 
eigentlichen Forſtſchutz z. T. recht wenig zu tun. Einer 
ſcharfen Trennung der einzelnen Wiſſenszweige iſt dieje 
Verwiſchung der Grenzlinien nicht förderlich. Voraus: 
ſetzung wäre allerdings eine Umgeſtaltung der von Bed 
gegebenen allzu dehnbaren Definition des Begrifie 
„Forſtſchutz“.“) 

Zum Inhalt des erſten Abſchnittes iſt noch ein 
Bemerkung nötig. Auf S. 18/19 nennt Beck unter 
den indirekten Maßnahmen zum Schutze der Wald⸗ 
grenzen u. a. die Verbannung von waldfeindlichen 
induſtriellen Unternehmungen, alfo von Fabriken und 
anderen Rauchquellen aus gefahrbringender Nähe des 
Waldes. Ich muß geſtehen, daß mir der Sujammen: 
hang dieſes Vorſchlags mit dem Schutze der Wald: 
grenzen unklar geblieben ift. | 

Die beiden nächſten Abſchnitte über Forſtfrevel und 
Waldſervituten ſind von dem inzwiſchen gefallenen 
Proſeſſor Biermann: Halle bearbeitet. Meine Be 
denken hinſichtlich ihrer Zugehörigkeit zur Lehre von 
Forſtſchutz ergeben fih aus dem eben gefagten, bir 
ſichtlich ihrer Bewertung ſtimme ich durchaus den 


AR oy ee OS 2 


1) Nach Beck it Forſtſchuß „Die vom Walbeiger: 
tümer ausgehende Sicherung des Waldes gegen 
Gefährdungen.“ Bei der Neuprägung dieſer Defattion, 
die eine klar abgegrenzte Faſſung der Aufgaben des Korb 
ſchutzes ermöglichen ſoll, wäre m. E. zu beachten: 

a) daß der Forſtſchutz nur Angriffe auf das leben be $o 

abzuwehren hat, 

b) daß die möglichſte Eindämmung von Schäden an leber 
dem Holz, foweit fle bet einer planmäßigen Beritt 
ſchaftung des Waldes unvermeidlich find, Sache c 
Forſtbenutzung find, 

c) daß die Abwehr unberechtigter Angriffe des Menſchen 
in das Gebiet der Forſtpolizei fällt. 

„Forſtſchut“ ik ſomit die durch den Ball 
eigentümer bewirkte Sicherung des lebendes 
Holzes gegen Gefährdungen, foweit diefe nlá! 
vom Menſchen ausgehen und mit der pleu nd“ 
Waldbewirtſchaftung zuſammenhängen. 


71 


Urteil Becks (vergl. Vorwort S. 1V) bei. Unverein: ſich, daß an die Ausbildung der Forſtleute auf dieſem 


bar mit den Intereſſen des Waldbeſitzers halte ich die 
Forderung S. 38, wo zur Einſchränkung der Forſt⸗ 
frevel den Gemeinden empſohlen wird, bei ihren Orts⸗ 
bürgern hinzuwirken auf möglichſte Benutzung von 
Holzſurrogaten und Einführung von Holz ſparenden 
Feuerungen. 

Die folgenden Kapitel behandeln Waldbrände und 
Rauchſchäden und es iſt außer Zweifel, daß ſie unter 
die Lehre vom Forſtſchutz fallen. Ihre Einordnung 
unter die direkt oder indirekt ſchädlichen Eingriffe des 
Menſchen halte ich jedoch nicht für glücklich. Mit 
gleicher Berechtigung könnten hier Sturmſchäden, 
Sonnen: und Rindenbrand, auch Inſektenkalamitäten 
beſprochen werden, denn ſie alle ſind u. U. indirekt 
verurſacht durch eine fehlerhafte Wirtſchaſt, alſo einen 
ſchädlichen Eingriff des Menſchen. 

Abgeſehen von dieſen Einwendungen gegen eine 
mir anfechtbar ſcheinende Syſtematiſierung hat Beck 
mit Sachkenntnis und entſchiedenem Geſchick die Neu⸗ 
bearbeitung der beiden Abſchnitte durchgeführt. Bei 
der wachſenden Zahl von Waldbränden, die bem Eiſen⸗ 
bahnbetrieb zur Laft zu legen find, betont der Ver⸗ 
faffer mit Nachdruck die große Bedeutung, die der 
Anlage von Schutzſtreifen längs der Schienenwege zu⸗ 
kommen. Ihr Ausbau und ihre Behandlung ſind 
ebenſo klar und erſchöpfend beſprochen wie die eigent⸗ 
lichen Bekämpfungsmaßnahmen. Zu begrüßen iſt end⸗ 
lich auch ein kurzer Ueberblick über Geſchichte und der⸗ 
zeitigen Stand der Frage der Waldbrandverfiderung, 

In den beiden letzten Jahrzehnten hat ſich die 
Wiſſenſchaft mit erhöhtem Intereſſe den Rauchſchäden 
zugewandt zur Erforſchung der eigentlich ſchädlichen 
Beſtandteile im Rauch und deren Wirkung auf die 
Pflanzenwelt in chemiſcher und phyfiologiſcher Hinficht, 
ohne daß es ihr gelungen iſt, den zweiten Teil der 
Aufgabe bis jetzt reſtlos zu löſen. Es iſt deswegen 
kein unweſentliches Verdienſt Becks, daß er aus der 
Fülle der Literatur und der Meinungen das wertvolle 
geſichtet und zuſammengetragen hat. Umſo ſtörender 


habe ich aber die verunglückte Beweisführung S. 117. 


empfunden, wo unter den Rauchſchäden „Zuwachs⸗ 
verluſte infolge Minderung der Maſſenproduktion“ 
aufgeführt werden. Wer denkt da nicht an Bräfigs 
Wort: „die große Armut in der Stadt kommt her 
von der großen Powerteh“? 

Ohne einſchneidende Aenderungen iſt der erſte Teil 
des III. Buches „Schutz gegen Forſtunkräuter“ aus 
der alten Auflage übernommen. In Gliederung, Ein⸗ 
teilung und Nummerierung der einzelnen Abſätze und 
Abſätzchen ift aber entſchieden zu viel des guten ge 
ſchehen. 

Die Fortſchritte in der Mykologie bringen es mit 


Gebiet immer höhere Anforderungen geſtellt werden. 
Wollen wir unſere Kräfte nicht zerſplittern und von 
wichtigeren Dingen ablenken, dann muß in Anbetracht 
der Studienzeit von 7 bis 8 Semeſtern irgendwo eine 
Grenze gezogen werden. Um die Praxis jedoch in 
ſtändiger Berührung mit der Wiſſenſchaft zu halten, 
wäre es alsdann unbedingt notwendig, daß aus der 
Zahl der jüngeren Aſſeſſoren geeignete Leute durch 
Abkommandierung an Univerfitäten oder Akademien 
zu Spezialiften ') herangebildet würden. Beck hat fo- 
mit triftige Gründe, wenn er bei ſeinen Ausführungen 
über die kryptogamen Paraſiten eine weile Beſchrän⸗ 
kung übt. Er glaubt fih hierzu umſo mehr berech⸗ 
tigt, da er, geflützt auf Sorauer, bei den meiſten 
Pilzerkrankungen eine Dispoſition vorausſetzt, die den 
Schädling zu einer ſekundären Rolle verurteilt. In 
der vorbeugenden Tätigkeit des Waldbaus, der An⸗ 
zucht von Raſſen, die auf Klima und Standort ab⸗ 
geſtimmt find, erblickt Verfaſſer die wirkſamſten Waffen 
im Kampfe gegen die Kleinwelt. Entſprechend ihrer 
praktiſchen Bedeutung find ausführlich behandelt Lopho- 
dermium Pinastri, Aecidium elatinum, Perider- 
mium Pini, Trametes Pini, Fomes annosus und 
endlich Agaricus melleus. Nachdrücklich erwähnt und 
dem Wirtſchafter zum Studium empfohlen ſeien die 
fleißigen Angaben über die Kupferpräparate und deren 
zweckmäßigſte Verwendung. 

Das vierte und letzte Buch des II. Bandes iſt dem 
„Schutz gegen atmoſphäriſche Einwirkungen“ gewidmet. 
Vorangeſtellt ift die Beſprechung der verſchiedenen Froſt⸗ 
erſcheinungen als Erfriertod, Starrfroſt und Barfroſt. 

Soweit über die phyſiologiſche Deutung dieſer Vor⸗ 
gänge Meinungsverſchiedenheiten beſtehen, ſucht Beck 
durch Gegenüberſtellung der Urteile namhafter Bota⸗ 
niker aufzuklären. Dagegen ſcheint mir die allzu vor⸗ 
ſichtige Zurückhaltung im eigenen Urteil bei der Be⸗ 
wertung der verſchiedenen Beſtandsbegründungsmethoden 
und deren Beziehungen zur Froſtgefahr nicht angezeigt. 
Insbeſondere werden auf den Studierenden die vielen 
Einſchränkungen und Vorbehalte (S. 262/263) mehr 
verwirrend als belehrend wirken. 

Einer gründlichen und, wohl gelungenen Umarbei⸗ 
tung wurde der Abſchnitt über Hitzeſchäden unter⸗ 
worfen. Der Hitzetod, der früher ausſchließlich auf 
ein Mißverhältnis zwiſchen Verdunſtung und Waſſer⸗ 
aufnahme zurückgeführt wurde, iſt nach den neuern 
Arbeiten von Münch in vielen Fällen verurſacht durch 


1) Ich denke dabei nicht nur an Mykologie und Ento⸗ 
mologie; auch die Bodenkunde, das forſtliche Verſuchsweſen 
und die holzverwertende Induſtrie find Felder, deren gründe 
liche Erkenntnis und Bearbeitung Wiſſenſchaft und Wirtſchaft 


zum Segen gereichten. 
10* 


eine zu ſtarke Erwärmung der oberen Bodenſchichten. 
Steigt hier die Temperatur auf 540 C und mehr, 
dann .ftirbt die Pflanze an der Berührungsſtelle mit 
der Bodenoberfläche umſo leichter ab je weniger ihr 
Schaft verholzt iſt“ (vergl. S. 276). 


Mit Intereſſe werden die Ausführungen über Wind 
und Sturm aufgenommen werden. Die Zuwachs⸗ 
verluſte, die durch anhaltend wehende ſchwächere Winde 
(Stärke 1-6) eintreten, ſind jetzt durch zahlenmäßige 
Angaben belegt. Nach Bernbeck verhalten ſich auf 
optimal feuchtem Boden die Zuwachsleiſtungen bei 
Windſtärken von 0 — 5 — 10 m wie 3: 2: 1. 


Was im folgenden über die Stürme (Stärke 7—10) 
neues geſagt wird, beſonders über Entſtehung, Wir⸗ 
kungsweiſe und Sturmſchutz, entſpricht im allgemeinen 
den literariſchen Kundgebungen von Stötzer, Eifert, 
Bargmann und Wagner. In Uebereinſtimmung mit 
dieſen Autoren will Beck den Sturmſchutz organiſieren 
1. im Innern des Beſtandes durch zweckentſprechende 
Durchforſtung und Holzartenmiſchung, um dadurch die 
Standfeſtigkeit der einzelnen Individuen zu heben, 
2. nach Außen durch Trauf und Deckung. Die Her⸗ 
ſtellung des Deckungsſchutzes, die auf die Bildung von 
Hiebszügen hinausläuft, wird der Forſteinrichtung zu: 
gewieſen, die Löſung der übrigen Aufgaben dem Wald: 
bau. Als durchaus zutreffend müſſen die Grundſaͤtze 
bezeichnet werden, die der Verfaſſer für die Begrün⸗ 
dung und Behandlung der Waldmäntel aufftellt, für 
ebenſo begründet aber auch die Zweifel, die er dem 
Verlangen nach „abgeſtuften“ Waldmänteln entgegen⸗ 
bringt. In der Hiebszugfrage wird, geſtützt auf den 
Erfahrungsſatz, daß die Sturmgefahr nicht mit dem 
Umfang, ſondern mit der Tiefe gleichaltrig beſtockter 
Flächen zunimmt, den kurzen Hiebszügen der Vorzug 
gegeben. 

Der Abſchnitt über Waſſerſchäden hat m. E. nur 
zum kleinſten Teil Heimatrecht in der Lehre vom 
Forſtſchutz. Die Angriffe des Waſſers richten ſich 
vornehmlich gegen den Boden, deſſen Oberflächen⸗ 
geſtaltung und Zuſammenſetzung ſie nachteilig beein⸗ 
fluſſen können. Die Abwehr der Wildbachverheerungen, 
d. i. die Wildbachverbauung, iſt außerdem eine Wiſſen⸗ 
ſchaft für ſich und das gleiche gilt bei den Ueber⸗ 
ſchwemmungen. Was dem Forſtmann zu tun übrig 
bleibt, beſteht oft nur darin, daß er im Hochgebirge 
Vorpoſten aufſtellt, Schutzwaldungen, die das Uebel 
bei der Wurzel packen ſollen. Aber Forſtſchutz iſt das 
nicht! 

Wo endlich Verſumpfung droht oder die Nachteile 
einer folchen abzuwenden find, tritt die Bodenmelio⸗ 
ration in ihre Rechte. 


Mit ähnlichem Vorbehalt bezüglich der Zugehörig⸗ 


72 


keit zum Forſtſchutz iſt auch das Kapitel über Lawinen 
zu verſehen. 

Eine Erweiterung hat die Darſtellung der Schnee⸗ 
bruch⸗ und Druckſchäden erfahren, auch die Gliederung 
wurde einigen Aenderungen unterworfen, während die 
Beſprechung von Duft⸗ und Eisanhang, ſowie der 
Hagelſchäden nur wenig von der 3. Auflage abweicht. 

Den Schluß des II. Bandes bildet ein Anhang 
über Blitzſchaden und auf wenigen Seiten wird eine 
Fülle neuer Erklaͤrungen und Tatſachen beigebracht. 
Was z. B. der Verfaſſer unter „Blitzempfindlichkeit“ 
verſteht, in welcher Weiſe dieſe bei den einzelnen Holz⸗ 
arten geſteigert oder gemindert wird, welche Rolle 
hierbei die Beſchaffenheit der Rindenoberfläche ſpielt, 
fet jedem, der dieſen Fragen Intereſſe entgegenbringt, 
zum Studium warm empfohlen. 

Was ich an dem II. Bande des Forſtſchutzes aus⸗ 
zuſetzen habe, ergibt ſich aus dem Geſagten. Das 
Buch iſt nach Anſicht des Berichterſtatters etwas ſtark 
belaſtet mit Dingen, die in die Lehre vom Forſtſchutz 
nicht gehören. Inwieweit Beck ſich hierbei von rein 
ſachlichen Erwägungen oder von dem Gebot der Pietät 
gegen Heß hat leiten laſſen, ſei dahingeſtellt. 

Durch den Teubner'ſchen Verlag hat das Werk 
eine würdige, vornehme Ausſtattung gefunden und 
eine große Zahl guter Bilder und Photographien er⸗ 
leichtert das Verſtändnis des geſchriebenen Wortes. 
Möchte das Buch die Anerkennung finden, die der 
Fleiß des Verfaſſers verdient, und mochte es nach 
deſſen eigenem Wunſche ein „Kampfbuch“ werden zum 
Schutze der „heimiſchen Wälder“. Dr. Baader. 


Statiſtiſche Nachweiſungen aus der Forft: 
verwaltung des Großherzogtums Baden 
für das Jahr 1914. XXXVII. Jahrgang. 
Karlsruhe, C. F. Müller'ſche Hofbuchhandlung 
1916. 

Die GVefamtwalbflade hat ſich im Jahre 
1914 um 726 ha auf 588 722 ha vergrößert. Die 
Zugänge haben hauptſächlich Ankäufe und Aufforſtungen 
landwirtſchaftlich geringwertigen oder ertragsloſen Ge⸗ 
ländes zur Urſache. 

Nach dem Befitzſtande geſtaltet fih die Verteilung 
der Waldflaͤche am 1. Januar 1915 folgendermaßen: 


Domänenärar = 100922 ha = 17,2 v. H. 
Gemeinden = 258980 „ = 44,0 v. H. 
Köoͤrperſchaften = 20256 „ = 3,4 v. H. 
Standes⸗ u. Grundherrn - 62414 „ = 10,6 v. H. 
Sonſtige Private = 146150 „ = 24,8 v. H. 


Ausgeſtockt wurden i. J. 1914 = 97 ha, neuauf⸗ 
geforſtet: 408 ha. Seit dem Inkrafttreten des Ge⸗ 
ſetzes, betreffend das Forſtſtrafrecht und Forſtſtrafper⸗ 


fahren, vom 25. Februar 1879 ift die Zahl der . 
frevel ſtetig zurückgegangen. 

Waldbrände find nur 30 nennenswerte jiis 
gekommen, wodurch 21 ha beſchädigt und ein Schaden 
von 3663 Mk. veranlaßt wurde. 

Durch Sturmſchaden ſowie durch Schnee⸗ 


und Eisbruchſchaden wurden hauptſächlich die 


Domänen⸗, Gemeinde: und Körperſchaftswaldungen der 
Bodenſee⸗ und Donaugegend, der mittleren und höheren 
Lagen des Schwarzwaldes mit Vorbergen, durch Schnee⸗ 
und Eisbruch die Gemeinde⸗ und ſtandesherrlichen Wal⸗ 
dungen in Odenwald, größtenteils im Januar bis April 
heimgeſucht. Die betroffene Flaͤche beträgt rund 970 ha, 
die geworfene bezw. gebrochene Holzmaſſe etwa 58 500 fm. 

Der Holzmaſſenertrag belief ſich a) für den 
Hochwald auf 605 940 fm, darunter 422 453 fm 
End: und 183 487 fm Vornutzung, d. i. pro ha 
4,69 fm End: und 2,03 fm Vornutzung, zuſammen 
pro ha 6,72 fm; b) für den Mittel: und Niederwald 
auf 20963 fm; darunter 19610 fm End⸗ und 1355 fm 
Vornutzung, d. i. pro ha 4,76 fm End- und 0,33 fm 
Bornugung, zuſammen pro ha 5,09 fm. 

Der Anfall vom Nutzholz betrug für den Hoch⸗ 
wald 46,9% , für den Mittel: und Niederwald 19,2%. 

Der Holzgeldertrag betrug a) für den Hoch⸗ 
wald: 8 533 962 Mk., und zwar für 1 fm Nutzholz 
21 Mk., für 1 fm Derb⸗Brennholz 9,78 Mk., für 
Lfm Reis⸗ Brennholz 3,73 Mk.; die Zurichtungskoſten 
betrugen pro fm 2,37 Mk., der erntekoſtenfreie Erlös 
pro fm 11,71 Mk.; b) für den Mittel: und 
Niederwald: 302 541 Mk., und zwar für 1 fm 
Nutzholz 36 Mk., für 1 fm Derb⸗Brennholz 12 Mk., 
für 1 fm Reis⸗Brennholz 7 M.; die Zurichtungs⸗ 
koſten betrugen pro fm 2,53 Mk., der erntekoſtenfreie 
Erlös pro fm 11,90 Mk. 

Der Reinertrag berechnet ſich pro ha auf 
57,49 Mk. 

Die Einnahmen betrugen pro 1 ha 95,01 Mk., 
die Ausgaben 37,52 Mk. 


73 


Der Geſamtwert aller Nebennutzungen 
beträgt 256234 Mk., d. i. 2,60 Mk. pro ha. Der 
Ertrag der domänenärariſchen Jagd felt fiH auf 
73 820 Mk.; von dieſem Ertrag entfallen auf ſelbſt⸗ 
verwaltete Jagden 17 192 Mk, auf verpachtete Jagden 
56 628 Mk. Die Flaͤche der ſelbſtverwalteten Jagden 
beträgt nach dem Stande vom 1. Januar 1914: 
31076 ha Wald und 7061 ha Feld, zuſammen 
38 137 ha. Der Reinerlös der ſelbſtverwalteten Jagden 
beträgt für das Rechnungsjahr 1914: 0,55 Mk. für 
1 ha Waldflaͤche und 0,45 Mk. für 1 ha der geſamten 
Jagdfläche. Im Jahre 1914 wurden im ganzen 
4051 Stück Wild erlegt, namlich 2 226 Stück Haar- 
wild, 907 Stück Federwild und 918 Stück Raubzeug uſw. 

Die Kulturfläche betrug: a) Saat: Neu: 
kulturen 106 ha und 3,3 ha Nachbeſſerungen; 
b) Pflanzung: 420 ha Neukulturen, 163 ha Nach⸗ 
beſſerungen. Der Gefamtaufwand an Kulturgeldern 
betrug 200 327 Mk. d. i. pro ha = 2,13 Mk. 

Für Holzabfuhrwege ſind pro ha 4,67 Mk. 
verausgabt werden. Der Durchſchnittspreis für 1 fm 
Eichenſtammholz betrug 54,61 Mk., für 1 fm Buchen⸗ 
ſtammholz 21,31 Mk., für 1 fm Eſchenſtammholz 
62,50 Mk., für 1 fm Fichten⸗ und Tannenſtammholz 
21,04 Mk., für 1 fm Kiefer⸗, Larchen⸗, Weymouths⸗ 
kiefernſtämme 24,94 Mk. 

Die Zahl der Unfälle i. J. 1914 betrug 144. Hier⸗ 
von entfielen auf die Holzhauerei 125 (87%), auf 
Wegearbeiten 8 (5%), auf ſonſtige Betriebszweige 11 
(80,0). Von dieſen Unfällen hatten zur Folge: 7 teil- 
weiſe dauernde, 137 vorübergehende Erwerbsunfähig⸗ 
keit. Entſchädigungen wurden in 19 Fällen (18%) 
bezahlt. Von den Unfällen entfallen auf 100 ha 
Waldfläche 0,1, auf 1000 Arbeiter 15,7, auf 100 der 
zum Kataſter angemeldeten Arbeitstage 0,02. Die 
Ausgaben des Aerars für Unfallverſicherung betrugen 
rund 23 316 Mk. d. h. auf den Kopf der beſchaͤdigten 
Arbeiter rund 2,54 Mk. E. 


Briefe. 


Aus Preußen. 
Aus der Pueußiſchen Forftuerwaltung. 


Landwirtſchaftliche Nutzung forſtwirtſchaftlicher 
Flächen aus Anlaß des Krieges. 

Durch Erlaß des Miniſteriums für Landwirtſchaſt, 
Domänen und Forſten vom 12. September 1916 wur⸗ 
den die Kgl. Regierungen ermächtigt, die zur vorüber⸗ 
gehenden landwirtſchaftlichen Nutzung geeigneten Forſt⸗ 


fiskaliſchen Schlag⸗ oder ſonſtigen zur Aufforſtung be⸗ 
ſtimmten und zur Zeit ungenutzten Flächen zur unent⸗ 
| geltlihen landwirtſchaftlichen Nutzung auf die Dauer 
von einem bis zu drei Jahren unter der Bedingung 
abzugeben, daß die landwirtſchaftliche Beſtellung und 
die Entnahme der erſten Ernte noch im Jahre 1917 
erfolgt. 


—7 


Verwertung von Eicheln, Roßkaſtanien und 
Bucheln. 

Ein Erlaß vom 29. Sept. 16 beſtimmt ſolgendes: 

1. Verwertung von Eicheln und Roßkaſtanien. 

a) Der Eintrieb von Schweinen in die maſttra⸗ 
genden Eichenbeſtände iſt, ſoweit ein Sammeln der 
Früchte nicht in Frage kommt, wie bisher in jeder 
nach den allgemeinen Vorſchriften zuläſſigen Weiſe zu 
begünftigen. 

b) Die von ber Forſtverwaltung geſammelten 
Früchte find, abgeſehen von Mengen unter 100 kg 
und von denjenigen Mengen, die zum Verbrauch im 
eigenen Betriebe der Verwaltung leinſchließlich ihrer 
Beamten) erforderlich find, ausſchließlich an die Be⸗ 
zugsvereinigung der deutſchen Landwirte in Berlin, 
W. 35, Potsdamerſtr. 30, oder an die von dieſer ein⸗ 
gerichteten Abnahmeſtellen abzuführen, es ſei denn, 
daß die Bezugsvereinigung ausdrücklich auf die Früchte 
verzichtet hat. 

c) Die Bezugsvereinigung zahlt in Gemäßheit der 
Verordnung vom 6. Januar 1916 für lufttrockene 
Eicheln in Mengen von wenigſtens 100 Zentnern 
190 Mk. je 1000 kg und für lufttrodene Roßkaſta⸗ 
nien in Mengen von wenigſtens 100 Zentnern 150 Mk. 
je 1000 kg. Die Annahmeſtellen (Aufkäufer) der Be⸗ 
zugsvereinigung zahlen für waldfriſche, ſchalentrockene 
Eicheln jeder Gewichtsmenge 120 Mk. je 1000 kg 
und für ebenfoldje Roßkaſtanien 90 Mk. je 1000 kg. 
Unter lufttrockenen Früchten werden ſolche verſtanden, 
die nicht mehr als 40 % Waſſergehalt, unter wald: 
friſchen ſolche, die mehr als 40 % Waſſergehalt Ha- 
ben. Für alle Früchte iſt Vorausſetzurg, daß ſie von 
mindeſtens mittlerer Art und Güte frei Eiſenbahn⸗ 
wagen oder Schiff der Verladeſtation geliefert werden. 
Die Preiſe gelten für das Bruttogewicht, einerlei, ob 
die Ware unter Ueberlaſſung der Saͤcke an den Em⸗ 
pfänger oder in den vom Eigentümer geliehenen Säcken 
geliefert werden. Vorausſichtlich wird die Bezugs⸗ 
vereinigung die Säcke leihen. 

d) Die Abnahmeſtellen (Aufkaͤufer) der Bezugs⸗ 
vereinigung werden von dieſer öffentlich bekannt ge- 
geben. Die Abgabe an dieſe Abnahmeſtellen kommt 
für die Forſtverwaltung nur für Mengen unter 100 
Zentner in Betracht. Sie iſt nach Möglichkeit zu 
vermeiden, unter Umſtänden auch durch Zuſammen⸗ 
fahren der in benachbarten Staatsforſtrevieren ge⸗ 
ſammelten geringeren Mengen zu ſolchen von min⸗ 
deſtens 100 Zentnern entbehrlich zu machen. 

e) Die Kgl. Oberförſtereien find befugt, Eicheln 
und Roßkaſtanien auch aus nichtfiskaliſchen Nachbar⸗ 
forſten aufzukaufen, ſoweit dies zur Förderung des 
Sammelwerkes erwünſcht erſcheint. 

Lufttrockene Früchte ſind für Rechnung der Ver⸗ 


waltung nur anzukaufen, wenn es zu Preiſen geſchehen 
kann, die hinter den Preiſen der Bezugsvereinigung 
ſoweit zurückbleiben, daß die bis zur Ablieferung der 
Früchte frei Bahnſtation der Verwaltung noch ent: 
ſtehenden Koſten aus dem Unterſchied zwiſchen An⸗ 


kauſs⸗ und Ablieferungspreis noch gedeckt werden können. 


f) Die Bezahlung der NF... ‘siteng der Forſt⸗ 
verwaltung an die Sammler wird nach dem Geſagten 
zweckmäßig nach Gewicht erfolgen. Führt die Fef- 
ſtellung des Gewichts durch die abnehmenden Beamten 
zu Schwierigkeiten, ſo iſt das Durchſchnittsverhältnis 
zwiſchen Maß und Gewicht zu ermitteln und nach ihm 
ein feſtſtehender Maßpreis aus dem Gewichtspreis her⸗ 
zuleiten. 

2. Verwendung von Bucheckern. 

1. Es wird auf die ergangene Verordnung vom 
Bundesrat über Bucheckern vom 14. September 16 
verwieſen. 

2. Die Kgl. Regierungen folen erforderlichenfalls 
bei den zuſtändigen Behörden da, wo offenbar ein 
rechtzeitiges Sammeln der Bucheckern zu Oelbereitungs⸗ 
zwecken ausgeſchloſſen iſt, für die Aufhebung des Ver⸗ 
fütterungsverbotes und insbeſondere des Schweine⸗ 
eintriebs ſofort, und in allen ſonſtigen Fallen dann 
eintreten, ſobald das Sammeln der Bucheckern für die 
Zwecke des Heeresausſchuſſes für Oele und Fette in⸗ 
folge der vorgerückten Jahreszeit nicht weiter in Frage 
kommt. 

3. Die von der Forſtverwaltung geſammelten 
Bucheln find, abgeſehen von denjenigen, die zu Forf: 
kulturzwecken verwendet werden ſollen, oder nach 8 1 
lfd. Nr. 3 der Verordnung den Sammlern uſw. zu 
überlaffen find, dem Kriegsausſchuß für Oele und 
Fette in Berlin, Unter den Linden 68a, nach Vor⸗ 
ſchrift der Verordnung zur Verfügung zu ſtellen. 

4. Die nach $ 1 lfd. Nr. 3 den Sammlern uſw. 
zu überlaſſenden Bucheckern find, ſoweit der Verwal⸗ 
tung bereits Koſten für das Sammeln uſw. entſtanden 
ſind, gegen Erſtattung dieſer Koſten, ſonſt unentgelt⸗ 
lich abzugeben. 

5. Die in der allgemeinen Verfügung vom 14. Sep⸗ 
tember 1915 empfohlene Abgabe von Bucheln zum 
Zwecke der Verfütterung an Forſtbeamte und an d. 
in der Umgebung der Forſten wohnenden Viehhalter 
kommt nur noch unter der Vorausſetzung in Frage. 
daß das Verfütterungsverbot für den betr. Bezirk auf⸗ 
gehoben worden iſt, und daß die Bucheln von den 
Beamten und Viehhaltern oder deren Beauftragten 
auf Grund von Erlaubnisſcheinen geſammelt werden. 

6. Mit dem Kriegsausſchuß für Oele und Fette 
iſt folgende Vereinbarung getroffen worden: 

I. Jedes Staatsforſtrevier gilt als Sammelſtelle 


— 


des Kriegsausſchuſſes im Sinne des § 1 ber 
Verordnung vom 14. September 1916. 

Die Sammelſtellen zahlen den Sammlern für 

friſche gereinigte Bucheckern 50 Mk. für 100 kg. 

Die Sammelſtellen liefern die Bucheckern — 

auch in Mengen unter 100 kg — nachdem ſie 

lufttrocken aer nen find, zum Preiſe von 55 

Mark für 100 8 frei nächſter Bahnſtation und 

tragen den bis zur Ablieferung eingetretenen 

Gewichtsverluſt. 

IV. Für Lagerung und Pflege der Bucheckern 

bis zur Ablieferung erhalten die Sammelſtellen 

in jedem Falle eine Vergütung von 5 Mk. für 

100 kg. Dieſe Vergütung ſchließt das Lager⸗ 

geld für 6 Wochen ein. Die Lagerzeit laͤuft 

vom Tage der Anmeldung der geſammelten 

Menge bei dem Kriegsausſchuß. Dauert ſie 

laͤnger als 6 Wochen, ſo wird eine weitere Ver⸗ 

gütung von 1 Mk. für 100 kg für jede ange⸗ 
fangene Woche gewährt. 

V. Der Forſtverwaltung wird, ſoweit fie Bucheckern 
ſammeln läßt, ſelbſt in Verwahrung und Pflege 
nimmt und demgemäß direkt beim Kriegsaus⸗ 
ſchuß zur Ablieferung anmeldet, als Vergütung 
für die erteilte Sammelerlaubnis ein weiterer 
Betrag von 5 Mk. für 100 kg gezahlt. 

. Die im $ 4 der Bundesratsverordnung vorge⸗ 
geſehene Vergütung für verjpätete Abnahme der 
Bucheckern durch den Kriegsausſchuß und für 
Verwahrung und Pflege der Bucheckern nach 
Ablauf der Abnahmefriſt wird als durch die 
oben feſtgeſetzten Verhältniſſe voll abgegolten 
angeſehen. 


III. 


* 


xk 
Dohnenſtieg. 

Der Bundesrat hat auf Grund des § 3 des Ge: 
ſetzes über die Ermächtigung des Bundesrats zu wid: 
ſchaftlichen Maßnahmen uſw. vom 4. Augu 1914 
folgende Verordnung erlaſſen: 

8 1. Die Landeszentralbehörden oder die von 
ihnen beſtimmten Behörden können die Ausübung des 
Dohnenſtiegs mittels hochhängender Dohnen für die 
Zeit bis zum 31. Dezember 1916 einſchließlich ges 


es „atten. 


Die Landeszentralbehörden oder die von ihnen be⸗ 
fimmten Behörden können die Art der Ausübung des 
Dohnenſtiegs näher regeln. 

§ 2. Mit Geldſtrafe bis zu 150 Mk. oder mit 
Haft wird beſtraft, wer den nach § 1 Abſ. 2 erlaſſenen 
Beftimmungen zuwiderhandelt. 

$ 3. Dieſe Verordnung tritt mit dem Tage der 
Verkündigung in Kraft. Der Reichskanzler beſtimmt 
den Zeitpunkt des Außerkrafttretens. 


75 


Auf Grund dieſer Verordnung bat der Miniſter 
für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten unter dem 
3. Oktober 1916 den Jagdberechtigten die Ausübung 
des Dohnenſtiegs mittels hochhängender Dohnen für 
die Zeit bis zum 31. Dezember 1916 einſchließlich ge⸗ 
ſtattet. Unterſchlingen dürfen nicht verwandt werden. 
Binnen drei Tagen nach Schluß der Fangzeit müſſen 
die Schlingen aus den Dohnen entfernt ſein. 


& 


Erhöhter Holzeinſchlag in den 
Staatswaldungen. 

Da nur wenig Holz nach Deutſchland eingeführt 
wird und namentlich am Anfange des Krieges der 
Holzeinſchlag ſehr verringert worden iſt, ſtellt ſich all⸗ 
maͤhlich Holzknappheit ein, der im allgemeinen Intereſſe 
abgeholſen werden muß. Das Miniſterium für Gand- 
wirtſchaft, Domänen und Forſten hat daher unter dem 
22. September 1916 die Kgl. Regierungen angewieſen, 
darauf hinzuwirken, daß im Wirtſchaftsjahre 1917 
nicht nur der normale Einſchlag wieder erfolgt, ſon⸗ 
dern auch — zumal in Rückſicht auf die eingeſparten 
Holzmengen — in geeigneten Revieren überſchritten 
wird. Selbſtverſtändlich ſoll der Hieb in den vom 
Handel begehrten Holzarten geſührt werden. 

Es wird weiter bemerkt, daß nach Geſuchen aus 
Holzhändlerkreiſen beſonders Verwendung für folgende 
Holzſorten vorliegt: 

Nadelholz, vorwiegend Starkholz, 

über 30 em ſtarkes glattes Nutzholz von Buche 
und Birke, 

Papierholz, Grubenholz, Buchenholz zu Verkohlungs⸗ 
zweden, zu Leiſten, Holzſohlen und Fäſſern, 

ſtarke Eichen u. a. zu landwirtſchaftlichen Ma⸗ 
ſchinen, 

Erlen, langſchaftige, über 30 em ſtarke Linden. 

Die Firmen der Holzverkohlungsinduſtrie (Verein 
für chemiſche Induſtrie in Mainz, Verkauſſtelle Frank⸗ 
furt a. M, Chemiſche Fabrik Bruchhauſen, G. m. b. 
H. in Bruchhauſen, Kreis Arnsberg, Gewerkſchaft 
Marienglück in Cöln⸗Lindenthal, Chemiſche Werke 
Henke u. Baertling, Aktiengeſellſchaft in Holzminden) 
bitten um freihändige Ueberlaſſung von Holz, was 
inſofern eine gewiſſe Berechtigung hat, als es nicht 
wohl angängig und auch unerwünſcht iſt, daß dieſe 
Firmen bei den Brennholzverkäufen mitbieten. Wenn 
Arbeitskräfte mangeln oder die Beſchaffung der Kriegs⸗ 
geſangenen Schwierigkeiten macht, bieten dieſe Firmen 
ihre Unterſtützung an. 

Inwieweit im übrigen freihändige oder meiſtbietende 
Verkäufe anzuwenden ſind, überlaſſe ich dem Ermeſſen 
der Kgl. Regierung. Wenn auch eine Erhöhung der 


Holzpreife in Rückficht auf die gefteigerten Werbungs⸗ 
koſten, die günſtige Lage der Hölzer und die Opfer, 
die vielfach durch die Störung der planmäßigen Wirt⸗ 
ſchaft gebracht werden, angezeigt iſt, ſo halte ich doch 
eine übermäßige Steigerung der Holzpreiſe für nicht 
im allgemeinen Intereſſe liegend. 

Es it darauf zu achten, daß die Fällungen moͤg⸗ 
lichſt zeitig beginnen und die Abfuhr wenig Auſwand 
von Pferdekräften verurſacht. 

Da die Arbeitskräſte zur Beſchaffung des erforder⸗ 
lichen Holzbedarſs meiſtens fehlen, haben mehrere Re⸗ 
gierungen der Landbevölkerung Brennholzhiebe zur 
Selbſtwerbung übergeben. Dieſes Verfahren empfiehlt 
ſich zur ausgedehnten Anwendung für geeignete Schläge. 

In Rückſicht auf den eigenartigen Holzbedarf und 
die beſonderen Abfuhrverhältniſſe werden die Regie⸗ 
rungen ermächtigt, allgemein Hauptnutzungshiebe 


außerhalb der erſten Periode zu führen und das zu⸗ 


läffige Abnutzungsſoll in der Hauptnutzung um mehr 
als 20 %ö zu überſchreiten. 
® 


* 


Verkehr mit Harz. 

Der Bundesrat hat folgende Verordnung vom 
7. September 1916 erlaſſen: 

§ 1. Rohharz jeder Art, das fic) zur Herſtellung 
von Kolophonium eignet, insbeſondere Fichten⸗, Kie⸗ 
fern⸗, Lärchen⸗ und Tannenharz, ſowie Kolophonium 
(Fertigharz), hergeſtellt aus Rohharzen vorbezeichneter 
Art, iſt dem Kriegsausſchuſſe für pflanzliche und 
tieriſche Oele und Fette, G. m. b. H. in Berlin an⸗ 
zubieten und auf Verlangen abzuliefern. Dies gilt 
nicht: 1. für Vorräte, die insgeſamt 10 Kilogramm 
nicht überſteigen, und für Kolophonium, das im Eigen⸗ 
tum der Heeresverwaltung oder der Marineverwaltung 
ſteht. 

8 2. Harz jeglicher Herkunft, Rohharz jeder Art, 
das ſich zur Herſtellung von Kolophonium eignet, ins⸗ 
beſondere Fichten⸗, Kiefern⸗, Lärchen⸗ und Tannen⸗ 
harz, ſowie Kolophonium, hergeſtellt aus Rohharzen 
vorbezeichneter Art, flüſſiges Harz und Harzprodukte, ins⸗ 
beſondere Harzleim (Harzſeife) und Brauerpech, die 
aus dem Ausland eingeführt worden ſind, find an den 
Kriegsausſchuß für pflanzliche und tieriſche Oele und 
Fette in Berlin, zu liefern. 

8 3. Der Reichskanzler erläßt die Ausführungs⸗ 
beſtimmungen, er kann Ausnahmen zulaſſen und wei⸗ 
tere Vorſchriften über den Verkehr mit Harz und 
Harzprodukten erlaſſen. Er kann die Vorſchriften 
dieſer Verordnung auf Harzerſatzmittel ausdehnen. 
Er kann beſtimmen, daß Zuwiderhandlungen gegen 
die auf Grund dieſer Ermächtigung erlaſſenen Vor⸗ 
ſchriften mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit 
Geldſtrafe bis zu 10 000 Mk. beſtraft werden, ſowie 


76 


daß neben der Strafe auf Einziehung derjenigen Stoffe 
erkannt werden kann, auf die ſich die ſtrafbare Hand⸗ 
lung bezieht uſw. 

Zu dieſer Verordnung find unter dem 7. Sep: 
tember 1916 folgende Ausfüh cungsbeſtimmungen er: 
laſſen worden: 

$ 1. Wer mit Beginn des 10. September 1916 
Rohharz jeder Art, das ſich zur Herſtellung von Ro: 
lophonium eignet, uſw. im Gewahrſam hat, iſt ver: 
pflichtet, die Beſtände getrennt nach Eigentümer und 
Arten in landesüblicher Bezeichnung unter Angabe 
der Menge, des Eigentümers und des Lagerungsottz 
und unter Beifügung einer verſiegelten Probe dem 
Kriegsausſchuß für pflanzliche und tieriſche Oele und 
Fette in Berlin bis zum 20. September 1916 anzu- 
zeigen. 

Mengen, die ſich mit Beginn des 10. September 
1916 unterwegs befinden, ſind von dem Empfänger 
anzuzeigen. 

Wer Rohharz jeder Art, das ſich zur Herftellung 
von Kolophonium eignet, insbeſondere Fichten⸗, Kie⸗ 
fern⸗, Lärchen⸗ und Tannenharz, gewinnt, hat dem 
Kriegsausſchuß die im Vormonat angefallene Menge 
bis zum 10. jeden Monats anzuzeigen, ſofern nicht 
andere Vereinbarungen getroffen ſind. 

$ 2. Der Kriegsausſchuß hat fih unmittelbar 
nach Empfang der Anzeige zu erklären, ob er die 
Ware annehmen will. Geht binnen 3 Wochen nach 
Abſendung des Angebots eine Erklärung nicht ein, 
oder erklärt der Kriegsausſchuß. daß er die Ware 
nicht übernehmen will, fo erliſcht die Lieferungspflicht. 
Erklärt der Kriegsausſchuß, die angebotene Ware 
übernehmen zu wollen, ſo iſt ſie auf ſein Verlangen 
in die von ihm aufgegebene Adreſſe zu verladen. 

Das Eigentum geht auf den Kriegsausſchuß über 
in dem Zeitpunkt, in welchem die Uebernahmeerklärung 
dem Eigentümer oder dem Inhaber des Gewahrſams 
zugeht. 


| 
| 


-- na 


— 


§ 3. Wer aus dem Ausland Harz jeglicher Ger: 


kunft, Rohharz jeder Art, das ſich zur Herſtellung von 
Kolophonium eignet, einführt, iſt verpflichtet, den Ein⸗ 
gang der Ware im Inland dem Kriegsausſchuſſe unter 
Angabe der Menge, des Einkaufspreiſes und des Auf: 
bewahrungsortes unverzüglich dutch eingeſchriebenen 
Brief anzuzeigen. 

§ 4. Wer aus dem Ausland Stoffe der im 9 3 
bezeichneten Art einführt, hat fie an den Kriegsaus⸗ 
ſchuß abzuliefern uſw. 

8 5. Der Kriegsausſchuß fegt für die von ihm 

übernommenen Stoffe den Uebernahmepreis feſt. af 
der Verpflichtete mit dem angebotenen Preife nicht 


einverſtanden, ſo ſetzt die höhere Verwaltungsbehörde, | 


77 


die für den Ort zuftändig it, von dem aus die Lie- 
ferung erfolgen ſoll, den Preis endgültig fet uſw. 

8 6. Die Zahlung erfolgt ſpäteſtens 14 Tage 
nach Abnahme uſw. 

8 7. Die gewerbliche Verarbeitung von Rohharz 
jeder Art, das ſich zur Herſtellung von Kolophonium 
eignet uſw., darf nur mit Zuſtimmung des Kriegs⸗ 
ausſchuſſes erfolgen. 

58. Mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder 
mit Geldſtrafe bis zu 10 000 Mk. wird beſtraft: 
1. wer die in § 1, 3 vorgeſchriebenen Anzeigen nicht 
rechtzeitig erſtattet, oder wer wiſſentlich falſche oder 
unvollſtändige Angaben macht; 2. wer den Vorſchriften 
des 8 7 zuwiderhandelt. Neben der Strafe kann auf 
Einziehung der Stoffe erkannt werden, auf die ſich 
die ftrafbare Handlung bezieht, ohne Unterſchied, ob 
ſie dem Täter gehören oder nicht. 

* 
* 
Wegen des ſilbernen (Offizier:) Porte⸗ 
pees der Feldwebelleutnants zur Zivil⸗ 
uniform. 

Ein Erlaß des Miniſteriums für Landwirtichaft, 
Domänen und Forſten vom 23. September 1916 be⸗ 
ſtimmt: ` 

Das filberne Portepee dürfen nach § 3 der Allerh. 
Verordnung vom 29. Juli 1889 zur Ziviluniform 
nur diejenigen Beamten tragen, die Offiziere der Re⸗ 
ſerve oder Landwehr find oder die Offiziere waren 
und als ſolche mit der Berechtigung zum Tragen der 
Militäruniform verabſchiedet worden find. Die Feld- 
webelleutnants gehören nach der Allerh. Kabinetsorder 
vom 8. April 1915 zu den Offizieren. Sie treten 
nach der Entlaſſung aus dem Heeresdienſt in den 
Beuklaublenſtand — ſoweit fie nod) dienſtpflichtig find 
— oder in das Inaktivitätsverhältnis — ſoweit ſie 
landſturm⸗ oder nicht mehr wehrpflichtig find — gu: 
rück. Sofern und ſolange obige Vorausſetzungen er⸗ 
füllt ſind, trifft daher die Berechtigung zum Tragen 
des filbernen Portepees auch auf Feldwebelleut⸗ 
nants zu. ö E. 


* 


Aus Baden. 
Zu Reren Forjtrat Röniges Ausführnngen im 
Oktoberheſt 3996. 

Im letzten Oktoberheft der Allg. Forſt⸗ u. Jagd- 
zeitung macht Forſtrat Könige⸗Heidelberg eine Reihe 
von Vorſchlägen zur Vereinfachung und Er⸗ 
ſparung in der badiſchen Forſt- und Do⸗ 
mänen verwaltung. Wenn dieſe Vorſchläge, die 
Sache und Perſonen teilweiſe recht ſcharf anfaſſen, 
auch nicht auf reſtloſen Beifall rechnen dürfen, fo find 
fie ie zu begrüßen, weil fie ohne Frage wert: 

17 


volle Gedanken über die durch den Krieg zur unab⸗ 
weisbaren Notwendigkeit gewordenen Umgeſtaltung 
unſerer Verwaltung enthalten und jetzt ſchon die Aus⸗ 
ſprache über die bevorſtehende Aufgabe einleiten. Es 
wird vieler Arbeit und Klugheit und vor allem viel 
guten Willens bedürfen, um die Verwaltung den 
harten Forderungen der neuen Verhaltniffe anzupaſſen. 
Höchſte Wirtſchaftlichkeit wird allenthalben die Loſung 
ſein. Um ihr zu dienen, werden wir, abgeſehen von 
dem Erſchließen neuer Quellen, vereinfachen und ſparen 
miffen. Dabei mag manch ſchmerzlicher Verzicht und 
manch willensſtarkes Zerbrechen der überlieferten Tafeln 
von uns gefordert werden. Es hilft nichts, wir müſſen. 
Die wichtigſten Vorſchläge, die Forſtrat Könige 
macht, find! 


- 1. Aufhebung der Domänenämter und Verwaltung 


der Kameraldomänen durch die Forſtämter; 

2. Verringerung der Zahl der ſtaatlichen Forſtämter 
von 99 auf 80; Verringerung der Stellen der 
2. Beamten auf 5 und der Aſſeſſoren auf 15; 

3. Aufhebung der Forſt⸗ und Domaͤnendirektion und 
und ſtatt ihrer Bildung einer „Abteilung für 
Forſte und Domänen“ beim Miniſterium der 
Finanzen unter gleichzeitiger Beſeitigung der Zwei⸗ 
teilung in eine „Wirtſchaftliche“ (Rameraldomäne) 

und „Forſtliche“ Abteilung; | 

4. Ausſtattung aller Forſtämter mit mindeſtens einem 
techniſchen Hilfsbeamten „Forſtgehilfen“; 

5. Aufhebung der forſtlichen Abteilung der Tech⸗ 
niſchen Hochſchule in Karlsruhe. 

Alle diefe Forderungen wurden in der einen oder 
andern Form ſchon früher erhoben. Bis jetzt war es 
aber nicht möglich, für die einzelnen Fragen eine be⸗ 
friedigende Löſung zu finden, weil bald von der einen, 
bald von der andern Seite Widerſtände eingeſchaltet 
wurden. Mit Forſtrat Könige bin ich der Meinung, 
daß die Geſamtheit der von ihm aufgeſtellten Forde⸗ 
rungen in ihrem organiſchen Zuſammenhang nunmehr 
geprüft und zur grundſätzlichen Entſcheidung gebracht 
werden muß. | 

Der Aufhebung der Domaͤnenämter und bie Ver⸗ 
waltung der Kameraldomaͤnen (meit Wieſen, Aecker, 
Garten, Teiche) durch die Forſtämter halte ich für 
ſpruchreif. Die von Forſtrat Könige ins Feld ge⸗ 
führten Gründe find beweiskräftig. Daß wir Forſt⸗ 
amtsvorſtände die Verwaltung der Güter gerne über⸗ 
nehmen, und daß wir das Zeug dazu haben, darüber 
ſind ſich unſere und wohl auch andere Kreiſe einig. 
Es liegt ſomit weder ein perſönlicher noch ein ſachlicher 
Grund vor, die Erſparnis verbürgende Neuordnung 
hintanzuhalten. Ebenſo begründet iſt auch die Ein⸗ 
ſchnürung der „Wirtſchaftlichen Abteilung der Forſt⸗ 
und Domänendirektion“ auf einen oder zwei Refe⸗ 

=; 11 


78 


renten, zumal dieſe Maßregel manche, der Sache nicht 
dienliche Reibungsflächen verſchwinden läßt. 

Der Verringerung der ſtaatlichen Forſtämter auf 
die niedere Zahl 80 möchte ich nicht ſo bedingungslos 
das Wort reden. Die Grundlage, auf der Forſtrat 
Könige ſeinen Vorſchlag aufbaut, erſcheint mir nicht 
ſicher genug. In Uebereinſtimmung mit Herrn Prof. 
Dr. Wimmenauer bin ich der Anſicht, daß der Voll: 
betriebshektar (Vbha) keine zuverläſſige Beweisgröße 
iſt. Auch ich vermag nach meinen Erfahrungen nicht 
zuzugeben, daß der Hektar Gemeindewald nur / des 
von 1 ha Domänenwald beanſpruchten Arbeitsaufwan⸗ 
des erfordert oder umgekehrt, daß man mit der Ar⸗ 
beit, die man auf die Bewirtſchaftung eines Hektar 
Domänenwald zu verwenden pflegt, 1!/2 ha Gemeinde: 
wald bewirtſchaften kann. 
einzelne Fälle zutreffen; im großen Ganzen aber halte 
ich ſie nicht für gerechtfertigt. Eigentumszerſplitterung, 
mangelhafte Ausbildung des Unterperſonals, ſchwierige 
Betriebsform, Unaufgeſchloſſenheit der Waldungen und 
oft auch Widerſtand der Gemeindeverwaltungen ſind 
Dinge, die den Arbeitsbedarf im Gemeidewald über 
denjenigen eines geordneten Domänenwaldbetriebes 
häufig hinausheben. Wenn man die Zahl der ſtaat⸗ 
lichen. Forſtämter beſchraͤnken will, fo kann man m. E. 
die Grundlage dieſes Beſtrebens nicht auf dem Papier 
machen, ſondern man muß ſie durch eine eingehende 
Prüfung aller einſchlägigen Verhältniſſe an Ort und 
Stelle und von Fall zu Fall gewinnen. Mir er⸗ 
ſcheint indes die ganze Frage der Aufhebung einer 
Anzahl Forſtämter nicht lösbar, wenn nicht gleich⸗ 
zeitig eine andere, die ſeit Jahrzehnten angeſtrebte 
Ordnung des Forſtſchutzrechts in den Gemeindewal⸗ 
dungen, mit ihr verknüpft und befriedigend geregelt 
wird. Zunächſt muß das Hutperſonal der Gemeinde- 
waldungen auf einen nach Ausbildung, Arbeitsumfang 
und Bezahlung der Staatswaldhut entſprechenden 
Stand gebracht werden. Erſt wenn dies geſchehen 
iſt, wird der Größenbemeſſung der einzelnen Forſt⸗ 
ämter und das Einſparen der Bezirksſtellen auf ein⸗ 
heitlicher Grundlage moglich fein. Für koſtſpielige 
Eigenbrödeleien, wie ſie in der Beſtellung eines eigenen 
Forſtſchutzbeamten auf 4 ha Gemeindewald bisher zum 
Ausdruck kamen, iſt die Zeit jetzt dahin. Gemeinden, 
deren Waldbeſitz für die Schaffung eines dem ſtaat⸗ 
lichen Beiſpiel nachgebildeten Hutbezirks zu klein oder 
zu zerſplittert iſt, müſſen auf den „eigenen“ Wald⸗ 
Hüter verzichten, wenn anders fie nicht der Vorwurf 
treffen ſoll, daß ſie aus kleinlichen Beweggründen der 
Verbilligung der Staatsverwaltung und ſomit dem 
Gejamtwohl bewußt entgegenarbeiten. Aufgabe der 
Regierung wird es ſein, die Neuordnung des Ge⸗ 
meindeforſiſchußdienſtes, dieſe Maßregel, über deren 


Dieſe Annahme mag für 


Notwendigkeit und Erſprießlichkeit in badiſchen Fort: 
kreiſen nur eine Stimme beſteht, bei der Volksver⸗ 
tretung in einem Zuſammenhang mit der Umbildung 
einzelner Forſtämter durchzuſetzen. Ob ſich bei dem 
allem aber das Aufgeben von ganzen 19 Forſtbezirken 
erreichen läßt, ſcheint mir zweifelhaft. 

Hand in Hand mit der Beſchränkung der Zahl 
der Forſtämter will Könige eine ſtarke Verringerung 
der 2. Beamten⸗ und der Aſſeſſorſtellen durchgeführt 
wiſſen. Dem hierdurch entſtehenden Zuwachs an Ar: 
beit bei gleichzeitigem Ausfall an Arbeitskräften be⸗ 
abfidtigt er durch die Zuweiſung von techniſchen Hilfe: 
beamten „Forſtgehilfen“ an die Forſtämter Rechnung 
zu tragen. So zuſtimmend ich einem allmählichen 
Abbau des bei uns durch eine verfehlte Verwaltungs: 
politik viel zu ſtark angewachſenen Korpers an akad. 
gebildeten Gehilfen gegenüberſtehe — wenn ich aud 
die von Könige vorgeſchlagene Beſchränkung auf 20 
Stellen als zu weitgehend erachte — fo wenig ver: 
mag ich mich mit der Schaffung der „Forſtgehilfen“ 
zu befreunden. Sie ſchmeckt nach Förſterſyſtem. 

Bis jetzt ſtand bei uns zwiſchen dem Akademiker 
und dem Forſtſchutzbeamten Niemand. Dieſen Zu⸗ 
ſtand, der ein äußerſt erſprießliches und unmittelbare 
Zuſammenwirken der oberen und unteren Organe er⸗ 
möglichte, empfand ich ſtets als beſondere Wohltat. 
Es ift mir eine unerfreuliche Vorſtellung, ihn nur leije 
angetaſtet zu ſehen. Das geſchieht aber durch den 
„Forſtgehilfen“. Ich bin der Ueberzeugung, daß alle 
bei einem Forſtamt zu leiſtenden Schreib⸗, Buchfüh⸗ 
rungs⸗, Regiſtratur⸗ und Rechenarbeiten von einem 
tüchtigen „Forſtwart“ beſorgt werden können. Der 
Forſtwart wird trotz ſeiner bevorzugten Verwendung 
und wohl auch etwas beſſeren Bezahlung als primus 
inter peres mit feinen Kollegen verkehren. der Forf: 
gehilfe aber wird, aller menſchlichen Vorausſicht nach 
fih etwas beſſeres dünkend, den Verbindungsmann 
zwiſchen Forſtamtsvorſtand und Schutzperſonal ſpielen 
wollen und dadurch allerlei Widerwärtigkeiten in unſern 
nach dieſer Richtung hin bisher reibungsfreien Betrieb 
hineintragen. Man laſſe es alſo beim Syſtem der 
Schreibforſtwarte, verbeſſere und erweitere es. 


Ueber die Zukunft der forſtlichen Abteilung an 
unſerer techniſchen Hochſchule werden die politiſchen 
Kriegsergebniſſe entſcheiden. Ich halte es für verfrüht, 
jetzt ſchon zu dieſer Frage Stellung zu nehmen. Da⸗ 
gegen halte ich den Zeitpunkt bereits für gegeben, die 
Umwandlung der Forſt⸗ und Domaͤnendirektion in 
eine ſelbſtändige Abteilung des Miniſteriums der Fi: 
nanzen ins Auge zu faſſen. Die Verwirklichung dieſes 
Gedankens würde neben beachtenswerter Gelderſparnis 
eine bedeutende Vereinfachung und Förderung des 
Geſchäftsganges mit ſich bringen und der babiſchen 


Forſtverwaltung endlich jene Stellung einräumen, auf 
die fie kraft ihrer Bedeutung und ihrer Leiſtungen 
billigerweiſe Anſpruch machen darf. Ich befürworte 
deshalb lebhaft den dahin zielenden Vorſchlag des 
Forff rates Könige. 

Es ift mir nicht möglich, mich zu allen Gedanken, 
die der Herr Verfaſſer in ſeiner umfangreichen Arbeit 
niedergelegt hat, zu äußern. Dazu fehlt mir die Zeit. 
Ich freue mich aber, mich in den großen Richtlinien 
mit ihm einig zu wiſſen und für die Zeit nach dem 
Kriege eine dem Wohle unſeres Heimatlandes förder⸗ 
liche Umgeſtaltung unſerer forſtlichen Verhältniſſe er⸗ 
hoffen zu dürfen. 

28. Dezember 1916. 

Oberförſter W. Hamm (Kandern) 
| z. Z. im Felde. 


Aus Baden. 


An den Gedanken über Uereinfachung und Gin- 
fparung in der badiſchen Horft- und Domänen- 
verwaltung. (Von Forſtrat Könige: Heidelberg.) 

Vor dem Kriege hat Deutſchland jährlich für über 
300 Millionen Mark Holz eingeſührt, zu 15 Millionen 
Feſtmeter angenommen, macht das auf 1 ha der deut⸗ 
ſchen Waldfläche ungefähr 1 fm. Die Geſamtproduktion 
an Derbe und Reisholz war (nach Dr. Endres, Hand: 
buch der Forſtpolitik) im Jahr 1900 vom ha 3,4 fm, 
die Steigerung der Holzerzeugung um 1 fm würde 
alfo einen Geſamtzuwachs von etwa 4,5. fm erfordern, 
eine Leiſtung, die in einem Lande, das wie Deutſch⸗ 
land dem Holzwuchs ſo günſtig iſt, eine pflegliche 
Forſtwirtſchaft follte erreichen können. Der Krieg hat 
die ungeheuere Wichtigkeit der nationalen Wirtſchaft 
im Gegenſatz zur Weltwirtſchaft erwieſen. Wenn dies 
beim Wald weniger in die Erſcheinung getreten iſt, ſo 


79 


beruht es darauf, daß das feindliche, beſetzte Gebiet 
viel Holz geliefert hat und weil im Anfang des Krieges 
die Nachfrage nach Holz ſtark zurückging. Bei einer 
weiteren Verlängerung des Krieges wird der Bedarf 
wohl wieder ſtark anſteigen. Aber auch bei einer bal- 
digen Beendigung wird es gut fein, ſich nicht alzu- 
ſehr auf das Ausland zu verlaſſen, ſelbſt wenn der 
angedrohte Wirtſchaftskrieg nicht eintritt. Es wird 
auf jeden Fall Aufgabe der deutſchen Forſtwirtſchaft 
fein, das Holz moͤglichſt im Inlande zu erzeugen. Der 
von Forſtrat Könige gezeigte Weg der Reduzierung 
der Zahl der Forſtämter wird uns dieſem Ziel aber 
nicht näher bringen, denn es handelt ſich bei der Pro⸗ 
duktionsſteigerung nicht um die Abnutzung vorhandenen 
Holzes allein, ſondern um die Hebung des Zuwachſes, 
um die Auffindung und die Anwendung wiſſenſchaft⸗ 
licher Grundſätze zur Hebung der Holzproduktion, die 
im Allgemeinen nur von den akademiſch gebildeten 
Beamten erwartet werden kann. Zweifellos werden 
aber in dieſer Richtung 100 Beamte mehr leiſten als 
80. Die Ueberlegenheit der deutſchen Anilinfarben⸗ 
induſtrie über die engliſche beruht bekanntlich darauf, 
daß in Deutſchland ein wiſſenſchaftlich gebildeter Che- 
miter auf 40 Arbeiter kommt, ein Prozentſatz, den 
keine andere Nation der Welt erreicht. Die deutſche 
Landwirtſchaft hat ſeit dem Jahre 1880 ihre Erträge 
verdoppelt. Nach einer Zuſammenſtellung, die unlängſt 
durch die Tagesblätter ging, ſtieg der Ertrag vom Hektar 
Roggen von 8.4 dz auf 19,1 dz N 
Weizen „ 124 , „ 23,6 „ 
Kartoffeln „ 71,0 „ „ 156,6 „ 
im Jahr 1913. Dieſe Steigerung, die allein uns das 
Durchhalten ermöglicht, iſt wie in der Chemie in erſter 
Reihe der Wiſſenſchaft zu verdanken, was nicht genug 
betont werden kann. Was forſtwirtſchaftlich in dieſem 


Zeitraum geleiſtet wurde, zeigt folgende Zuſammen⸗ 


ſtellung für die badiſchen Verhältniſſe: 


Dauptnugung Zwiſcheunutzung im Ganzen 
Domänenwaldungen 
fm im Ganzen per ha im Ganzen per ha zuſammen per ha 
1880 316 000 3,62 72 000 0,82 388 000 4,44 
1913 454 000 4,82 180 000 1,91 634 000 6,78 
Gemeindewaldungen 
1880 1028 000 4,07 148 000 0,58 1176 000 4,65 
1913 1 390 000 5,00 359 000 1,29 1 749 000 6,29 
Zuſammen 
1880 1344 000 220 000 1564 000 
1918 1844 000 539 000 2 383 000 
Zunahme 500 000 319 000 819 000 


| Diefe Zahlen laffen es als durchaus möglich er: | Holzmenge mit der Zeit felbft zu erzeugen. 1 Zwar 


en, die zur Ausgleichung der Einfuhr nötige 


! 


der angenommene Zuwachsgewinn von 1 fm wird nicht 
11° 


ausſchließlich in Nutzholz beſtehen. Aber abgeſehen da⸗ 
von, daß in Deutſchland ſich noch viel Gelände findet, 
das für die Landwirtſchaft wenig geeignet iſt, wohl 
aber der Forſtwirtſchaft zugeführt werden kann, find 
auch noch Waldungen genug vorhanden, deren Ertrag 
bei rationeller Bewirtſchaftung weſentlich gehoben 
werden kann, man denke nur an den parzellierten 
Kleinprivatwaldbefitz oder an die durch Streunutzung 
herabgewirtſchafteten Waldungen. Eine Einſchränkung 
der Streunutzung würde den Handelsgewächsbau zu 
Gunſten des Körnerbaues vermindern, was, wie die 
jetzige Zeit zeigt, nur von Vorteil wäre. Der Tabak 
iſt zum Leben nicht nötig. Aber auch die nach durch⸗ 
aus wiſſenſchaftlichen Grnndſätzen bewirtſchafteten Wal- 
dungen find einer Ertragsſteigerung ſicherlich noch 
fähig. Man kann von Düngung, Bewäſſerung und 
ähnlichem ganz abſehen. Jede Produktionsſteigerung 
in der Landwirtſchaft, zu welcher die Forſtwirtſchaft 
zählt, wird durch eine Aenderung in der Kombination 
der Produktionsfaktoren bewirkt. Die Beſtandsver⸗ 
faſſung und Beſtandsbehandlung übt auf den Zuwachs 
einen Einfluß aus, der neben dem der Standortögüte 
wohl Beachtung verdient” Wenn es nun möglich 
wäre, durch eine Aenderung im Forſtbetrieb, ſagen 
wir einmal, durch Umwandlung der gleichaltrigen, 
reinen Beſtände in ungleichaltrige, gemiſchte, die feh- 
lenden 300 Millionen Mark jährlich nachhaltig her⸗ 
auszuwirtſchaften, und wenn dies nur durch Vermeh⸗ 
rung des wiſſenſchaftlich gebildeten Perſonales erreicht 
werden könnte, müßten dann die berufenen Faktoren 
nicht mit beiden Händen nach dieſer Möglichkeit grei⸗ 
fen? Und wenn, um den Mehrtrag zu erreichen, für 
100 Millionen neue Forſtämter errichtet werden 
müßten (das Forſtamt zu 12 000 Mk. gerechnet gäbe 
8000 Stück) ſo wäre das keine unproduktive Aus⸗ 
gabe. Die angeführten Zahlen find natürlich nur 
ſozuſagen bildlich zu verſtehen, weder kann eine Zu⸗ 
wachsſteigerung von 15 Millionen Feſtmeter plotzlich 
erfolgen, noch iſt alles Holz, was vom Ausland be⸗ 
zogen wird, durch inländiſches zu erſetzen, noch auch 
wird die Einfuhr von Holz aus dem Ausland ganz 
aufhören, noch wird der eine Feſtmeter Zuwachs⸗ 
ſteigerung lediglich in Nutzholz beſtehen. Aber es 
wäre eine hervorragende volkswirtſchaftliche Leiſtung, 
wenn Deutſchland in die Lage verſetzt werden konnte, 
ſeinen Holzbedarf in der Haupſache ſelbſt zu erzeugen. 
Mit der größten Sparſamkeit allein werden wohl die 
ungeheueren Laſten, die der Krieg uns auferlegt, nicht 
gedeckt werden können. Das deutſche Volk wird nach 
dem Krieg die Hände nicht in den Schoß legen dürfen, 
es muß zu neuen und noch gewaltigeren Arbeitsan⸗ 
ſpannungen, ſich entſchließen. Sollten die deutſchen 
Forſtverwaltungen fih nicht mit Freuden an dieſer 
nationalen Arbeit beteiligen? 


Wenden wir uns jetzt zu dem Vorſchlag von Forſt⸗ 
rat Könige, die badiſche Forſtverwaltung durch Redu: 
zierung der Forſtämter von 100 auf 80 und dutch 
Zuteilung von je einem techniſchen Gehilfen zu refor: 
mieren. Eine Erſparnis ſoll dabei nichl gemacht 
werden. 80 Forſtämter zu 15000 Mk. koſten ſoviel 
wie 100 zu 12000 Mk. Es ſoll vielmehr eine Ent: 
laſtung des Dienſtvorſtandes von mechaniſchen Schreib⸗ 
und auswärtigen Geſchäften herbeigeführt werden. Daz 
ift eine große Verlockung für jeden Dienſtvorſtand. 
Beſonders für jene, die ſeither eines Aſſeſſors oder 
II. Beamten fih nicht erfreuen konnten. Für diefe 
ift es ficherlid) nicht erhebend, wenn fie in ihren alten 
Tagen als ſelbſtändige Dienſtvorſtände noch die Ar: 
beiten mit verrichten müſſen, die ſie in ihren jungen 
als Praktikanten geleiſtet haben, wo ihre Tätigkeit in 
der Hauptſache in Beihilfe bei den Holzaufnahmen 
und im Schreibwerk beftanden hat. Seit ihrer Prat: 
tikantenzeit hat das Schreibwerk nicht abgenommen. 
Forſtrat Könige deutet das an mit ſeinem Hinweis 
auf Statiſtik und Forſteinrichtung. Dieſe Berbilt: 
niſſe haben ſich aus der Ueberfüllung des Berufs mit 
Anwärtern ergeben. Hört die Ueberfüllung auf, ſo 
muß die Oberbehörde für genügenden Erſatz durch 
Hilfskräfte ſorgen und ſie wird, wenn ſie ſparen muß, 
das Schreibwerk, was bei jeder Vermehrung neue 
Hilfskräfte erfordert, ſtatt es durch Statiſtik uſw. zu 
vermehren, vielleicht von ſelbſt vermindern, und auch 
womöglich die Kompetenz der Dienſtvorſtände er 
weitern. Und es wird dann ſicher auch ohne ted}: 
niſche Gehilfen gehen. 

Vor dem Krieg waren es 70 Anwärter auf höhere 
Stellen, 20 würden zur Ergänzung des Abgangs ge 
nügen, es könnten mit der Zeit 50 Stellen eingeſpart 
werden, 100 000 — 150 000 Mk. Aus dieſen Ein 
ſparungen könnten reichlich Schreibaushilfen bewilligt 
werden, und es wäre gerade jetzt die rechte Zeit, da 
geeignete Kriegsinvaliden genug vorhanden find, die 
durch einen Kurs zu ihrem Beruf etwas herangebildet 
werden könnten. Das wäre dann die Erſetzung der 
akademiſch gebildeten durch mindere Kräfte. Alo 
Schreibgehilfen, keine techniſchen Gehilfen, deren Ein⸗ 
führung den ſchwerſten Bedenken unterliegt. Es gibt 
keinen Bezirk, der in der Hauptgeſchaftszeit dem Dienft: 
vorſtand nicht volle Beſchäftigung böte. Was an Fläche 
fehlt — die Bewertung der Gemeindewaldwirtſchaft 
die gänzliche Außerachtlaſſung der Privatwaldungen 
u. a. kann überhaupt nicht anerkannt werden — wird 
durch die Zahl der Eigentümer und eine oft ſehr 
weitgehende Parzellierung der Waldungen erſetzt. Daß 
dabei Geſchäfte unterlaufen, die auch ein nicht alas 
demiſch gebildeter Beamter erledigen kann, ift nicht zu 


Zh . 


vermeiden. Der Grundſatz, daß zu Arbeiten, die 3 


Beamter minderer Bildung erledigen kann, ein höherer 


81 


insbeſondere ein akademiſch gebildeter nicht verwendet 
werden ſoll, wird ſich nicht immer und überall durch⸗ 
führen laſſen. Gerade in der Forſtverwaltung kommt 
dies zur Geltung. Hier darf jedenfalls nicht das 
Schreibgeſchäft die Grundlage der Organiſation ab⸗ 
geben. Wenn Könige anerkennt, daß, je größer die 
Zerſplitterung der Waldungen, deſto umfangreicher die 
Arbeit, ſo iſt der Nachfatz nicht anzuerkennen, daß dies 
nach der mehr handwerksmaͤßigen, mechaniſchen Seite, 
alſo nach dem Arbeitsgebiet des techniſchen Gehilfen 
hin der Fall iſt. Der Wirtſchafter muß den zer⸗ 
ſtückelten Wald gerade fo ſorgfältig behandeln, wie 
den großen, zuſammenhängenden, die größere Mühe 
muß er eben ſelbſt tragen, er kann oder ſoll ſie nicht 
dem techniſchen Gehilfen zuſchieben. Die Gefahr des 
techniſchen Gehilfen liegt darin, daß er, um beſchäftigt 
zu werden, zu Geſchaften herangezogen wird, die eigent- 
lich Sache des Dienſtvorſtandes find. Man gewöhnt 
ſich an ſeine Leiſtungen, die ja, wenn es ſich nur da⸗ 
rum handelt, alterprobtes in Ausführung zu bringen, 
ganz befriedigend ſein können, die fogar manchen Dienſt⸗ 
vorſtand dazu führen könnten, zu ſagen, er getraue 
fih, einen dreimal jo großen Bezirk zu verſehen uſw., 
ſo daß man von dem reinen Oberförſterſyſtem allmälig 


dahin zurückkäme, von wo man ausgegangen, zum 
Wirtſchaftsforſtmeiſter. Wenn damit vielleicht Erſpar⸗ 
niſſe für die Staatskaſſe verknüpft wären, ein volts- 
wirtſchaftlicher Vorteil wäre es nie und nimmermehr. 

Wenn der Fall eintreten ſollte, daß bei dem einen 
oder dem andern Amt zeitweiſe für den Dienſtvorſtand 
eine ungenügende Beſchäftigung vorhanden wäre, ſo 
könnte ihm auch ohne Vergrößerung des Bezirks neue 
Beſchäftigung geſchaffen werden, wie ja auch Forſtrat 
Könige es mit der Aufhebung der Domänenämter 
vorſieht. 


Der Aufſchwung, der nach dem Krieg kommen ſoll, 
wird auch in der Forſtwirtſchaft nur kommen können 
durch wirtſchaftlichen und techniſchen Fortſchritt. Die 
Maſchine iſt bei uns noch ziemlich unbekannt, das 
Automobil ſcheint ſich allerdings raſch zu nähern, die 
Elektrizität geht ſchon durch den Wald, oder nahe an 
ihm vorüber, das Beil aber wurde ſchon in der Stein⸗ 
zeit erfunden, Alles in allem: denken wir daran, daß 
nicht die Kanzlei, ſondern der Wald unſer eigenſtes 
Arbeitsgebiet iſt. | 


Jeſtetten, 31. Dezember 1916. Forſtmeiſter Feist. 


Notizen 


A. Die Errichtung einer Geſchäftsſtelle des Forſt⸗ 
wirtſchaftsrates für kriegswirtſchaftliche Augelegen⸗ 
heiten. 

Die ſich geradezu über ſtürzende Entwicklung des Holz» 
marktes, die in verwirrender Fülle fH bildenden und in 
ſtändiger Umformung befindlichen Kriegsorganiſationen 
des Reichs ſowie der wirtſchaftlichen Verbände und Bere 
tretungen aller Wirtſchaftszweige, mit denen die Forſtwirtſchaft 
verflochten iſt, die wachſende Bedeutung der Walder⸗ 
zeug niſſe in Haupt» und Nebennutzung, namentlich auch für 
Schaffung von Erſatzſtoffen und für Volksernährung, die ſich 
mehrenden Hemmniſſe des Forſtbetriebes insbeſondere 
der Mangel an Beamten und Arbeitern ſowie die Schwierig⸗ 
keit der Holzausfuhr, die vielfachen, oft weitgehenden An⸗ 
ſprſche jeder Art an den Wald brachte die Satzungs⸗ 
kommiſſion des Forſtwirtſchaftsrates, welche Au- 
fangs Dezember b. Js. in Berlin zuſammentrat, um über die 
weitere Geſtaltung des deutſchen Forſtvereins und die Bee 
ſchaffung der hierzu benötigten Mittel zu beraten, einſtimmig 
u der Auffaſſung, daß es unbedingt nötig fet, hier durch 
raſches Handeln einzugreifen. Die Kommiſſion wurde fid 
auch über den hier einzig gangbar erſcheinenden Weg klar, 
nämlich daß eine kriegswirtſchaftliche Geſchäftsſtelle zu 
ſchaffen ſei, welche l 

1. durch genauere Kenntnis der oben erwähnten Organis 
ſationen und durch ſtändige Verfolgung der Entſtehung, Ziele 
und Wirkungen der behördlichen Maßnahmen im ſtande ſei, 
den Walbbefigern und deren Forſtverwaltungen Rat und 


„Auskunft zu verſchaffen, durch Auflärung Mibverfländ- 


niſſe zu befettigen und Klagen vorzubengen, ferner auch nach 
Möglichkeit und Erfordernis in der Oeffentlich keit 
namentlich in der Tagespreſſe für die Intereſſen und den Schutz 
des Waldes und der Jagd zu wirken, 

2. als Sammelſtelle zum Zuſammenfaſſen der wiſſen⸗ 
ſchaftlichen und praktiſchen Kräfte wirke, welche für die Hebung 
der Erzeugung des Verkehrs und des Abſatzes der Forſtpro⸗ 
dukte arbeiten. 

Der auf Antrag am 28. Dezember zu Leipzig zuſammen⸗ 
getretene Vorſtand des Vereins trat der Auffaſſung der 
Satzungskommiſſion bei und beſchloß, es felen mit Rückſicht 
auf die Dringlichkeit der Sache ſofort die Schritte zu unters 
nehmen, um die Geſchäftsſtelle fo bald als möglich ins Leben 
zu rufen. Der Unterfertigte hat fih auf Wunſch der Satzungs⸗ 
kommiſſion bereit erklärt, die Einrichtung der Geſchäftsſtelle 
zu übernehmen und — ſofern und ſoweit dies dienſtlich möglich 
— fo lange zu leiten, bis der Geſchäftsgang gefidert ift. 

Durch einen Aufruf an die deutſchen Brivatwalbbefiger, 
von denen ein einmaliger Beitrag von 10 Pfg. je ha erbeten 
wurde, konnten ſehr raſch ſo viel Mittel aufgebracht werden, 
daß die finanzielle Unterlage des Unternehmens fürs erſte als 
hinreichend geſichert erachtet werden kann. Auch das Reich und 
die deutſchen Staatsforfiverwaltungen wurden um Zuſchüſſe 
angegangen und haben zum größten Teil ſolche bereits zugeſagt. 

Es tft nunmehr gelungen den bisherigen Privatoberförſter 
Herrn Schulz (ſtudierter Tharandter), Oberleutnant d. R. bis 
auf weiteres beurlaubt, für feſt zu gewinnen; bei weiteren 
Herren, die ſich bereit erklärt haben, mitzuwirken, muß erſt 
noch das militäriſche Verhältnis geregelt werden, was ſich leider 


längere Zeit hinzieht. Gere Prof. Dr. von Mammen wird 
von ſeinem Wohnſitz aus und durch jeweiligen mehrtägigen 
Aufenthalt in Berlin mitwirken, Durch fetne Mitarbeit läßt 
ſich in einfachſter Weiſe die Ordnung der Beziehungen zwiſchen 
der Geſchäftsſtelle und der von ihm verſehenen Stelle für 
Holzhandels⸗Verkehrs⸗ und Zollangelegenheiten aufrechterhalten. 

Die räumliche Unterbringung der Geſchäftsſtelle kounte 
durch die febr dankenswerte Vermittlung eines Privatwald⸗ 
befitzers einer glücklichen Löſung zugeführt werden. Im Haufe 
der Kreuz⸗Zeitung (Bernburgerfiraße 24, IV zwiſchen 
Potsdamer und Anhalter Bahnhof) wurden ſechs paſſende 
Räume ab 1. März gemietet. Ein Teil der Zimmer iſt be⸗ 
reits bezogen, ſodaß die Geſchäftsſtelle, wenn auch zunächſt 
noch in beſchränktem Umfang, ihre Tätigkeit beginnen konnte. 
Fernſprechanſchluß wird demnächſt mitgeieilt werden. 

Ein⸗ und Auszahlungen erfolgen durch Vermittlung der 
Dresdner Bank. 


Oinfidtlid der fachlichen Arbeit der Geſchäftsſtelle möchte 
ich einſtweilen nachfolgendes bemerken: 

Einſtweilen ſteht nur eines feſt: Das Bedürfnis 
zentraler Arbeit iſt vorhanden und es iſt unend⸗ 
lich viel zu tun. Schwierig ift die At wägung der Wichtig⸗ 
keit und Dringlichkeit. Gerade die Unklarheit über die Ber- 
hältniſſe und die Unkenntnis der Zuſtände, die dieſes Bedürfnis 
hervorruft, hindert im voraus bereits völlig feſtzulegen, was 
und wie verarbeitet werden fol. Die au die Geſchäftsſtelle 
herantretenden Anfragen und Forderungen werden erſt genauer 
erkennen laſſen, was man von ihr will und wofür man ſie 
btaucht und daraus wird ſich erft das genauere Arbeits⸗ 
programm ergeben. 

Die Geſchäftsſtelle wird hauptſächlich, wie ſchon oben an⸗ 
gedeutet iſt, nach zwei Richtungen zu arbeiten haben, 

als Beratungsſtelle und 

als Sammel», Verarbeitungs- und Veröffeutlichungsſtelle. 


Ziel der Arbeit ſoll in erſter Linie ſein: 

Verbeſſerung des Betriebes und der Arbeits⸗ 
technik durch Vermittlung des Austauſches von 
Erfahrungen und durch Klärung der Meinungen. 
Als beſonders wichtig erſcheint, ſoweit zur Zeit ein Urteil ge⸗ 
fällt werden kann, 


1. Berichterſtattung über die Lage des Holzwarktes 
(Bedarf, umgeſetztes Material und Preiſe): 


2. Förderung der Holzlieferung durch Bekannt- 
gabe der Mittel und Wege zur Erlangung von Fuhrleuten 
und G.ſpanne , Ausbildung des maſchinellen Zuges; 

8. Mitwirkung an der Behebung der Schwierigkeiten ber 
Arbeiterverhältniſſe, insbeſondere auch Behandlung des 
Siedlungsproblems (Kriegerheimſtätten) als Vorbereitung für 
die Fragen der Uebergangswirtſchaft; 

4. Mitwin kung bei der Verbeſſerung der Technik der 
Harzge winnung; , 

5. Mitwirkung bei ber Feſtſtellung von Richtlinien für 
den Anbau von Oelfrücht en; 

6. Mitwirkung bei der Volksaufklärung über Pil ze und 
bei der Organisation zur Gewinnung des Wachstums an Pilzen, 
Heidelbeeren, und ſonſtigen Waldfrü hten. 

7. Berfolgen und bearbeiten von Steuerfragen, 
namentlich der Entwürfe, durch welche der Wald zu Reichs⸗ 
ſteuern beigezogen werden ſoll. 

Ob und in welchem Maße ein forſtlicher Rat ſeitens der 
Kriegzorganiſationen gefortert wird und erteilt werden 
kaun, muß die ſpätere Entwicklung zeigen. 


82 


Bei der Tätigkeit der Stoffſammlung fol davon ab» | 


gelehen werden, die ohnehin ſchon reichlich belaſteten oberen 
und unteren Forſtbehörden mit der Bitte um Erhebungen zu 
behelligen. 

Um aber doch den erforderlichen Einblick in dle Verhält⸗ 
niffe zu erlangen, fol das Mittel der öffentlichen Un⸗ 
frage in der Fachpreſſe, gegebenenfalls unter Beigabe von 
Fragebogen zu dieſer, angewandt werden. 

Für die Mitteilungen der Geſchäftsſtelle ſollen hauptſäch⸗ 
lich die beiden beſtehenden forſtlichen Wochenſchriften „Silva“ 
und „Deutſche Forſtzeitung“ benngt werden. Erſtere 
wird zu dieſem Zwecke eutſprechend erweitert werden. 

. Z. Berlin, Ende Februar 1917. Dr. Wappes. 


B. Dr. Germann von Fürſt t. 
Am 11. Febr. 1917, wenige Wochen vor ſeinem 80. Ge⸗ 
burtstage, verſchied zu Aſchaffenburt der k. Forſtdirektor a. D. 
Hermann von Fürſt, dort fand er auch an der Seite ſeiner im 


| 
| 


Tode längt vorrausgegangenen Gattin die letzte Ruhestätte. 


Mit ihm iſt einer unſerer bedeutendſten Forſt männer dahin 
gegangen, deſſen Name nicht nur in den engeren Grenzen feines 
Heimatlandes, ſondern auch im weiteren Ju und Ausland 
hohes Anſehen genießt. 

Fürft war geboren am 29. März 1837 zu Ausbach als 
Sohn eines Pfarrers. Nach Beſuch der Mittelſchule wer 
er Eleve in Uffenheim und beſuchte zwei Jahre die Forſtlehr⸗ 
anſtalt Aſchaffenburg, die er mit Note I abiolvterte, ſowie ein 
Jahr die Univerſität Würzburg. In die Forſtgehilfenzeit, die 
Fürſt an verſchiedenen Revieren Mittelfrankens verbrachte, fiel 
1860 der Staatskonkurs, den er mit Auszeichnung beſtaub. 
1865 wurde er Forſtamtsaktuar in Berchtesgaden und 1867 in 
gleicher Eigenſchaft an die Regierung von Mittelfranken ver⸗ 
ſetzt. Das Jahr 1871 brachte feine Srnnenung zum Ober 
ſörſter in Berg (O.⸗Pf.), einem für die Ausbildung von Eleven 
beſonders geſchäpten Revier. Am 1. Jan. 1878 wurde Fark 
zum Kreisforſtmeiſter in Regensburg befördert, im Herbfte 
gleichen Jahres jedoch erfolgte ſeine Berufung zum Direktor 
der neuorganiſierten Forſtlehranſtalt Aſchaffenburg. Dieſe An 
ſtalt, der 1898 ihrem Charakter entſprechend die Bezeichnung 
Hochſchule beigelegt wurde, leitete er bis zur Verlegung bes 
geſamten forſtlichen Unterrichtes an die Univerſt:ät München 
im Jahre 1910, alio volle 82 Jahre; er unterzog ſich daun 
noch freiwillig den umfangreichen Geſchäften der Ueberleitung. 
Am 1. Januar 1911 tratt er in den Ruheſtand und behielt 
feinen Wohnſitz in Aſchaffenburg, das ihm zur zweiten Heimat 
geworden war. 

Fürſt hat als Direktor der Hochſchule, die im Jahre 1878 
grundlegende Aenderungen hinſichtlich des forſtlichen Nus 
bildungsganges erfuhr, das auf ihn geſetzte Vertrauen voll 
bewährt und mit raſtloſer Hingabe, guten Geſchick und richtigen 
Takt die ihm geſtellte große Aufgabe erfüllt. Er hat die Hod, 
ſchule, die im Jahre 1895 ihren Höch ſtſtand mit 176 Studieren · 
den (darunter 22 Ausländer) erreichte, zu hoher Blüte und 
Anſehen gebracht. Sein Verhältnis zu der Studentenſchaft 
war anfangs nicht gerade ein glückliches, feinen eruften Streben 
ſagte die ungebundene akademiſche Freiheit, die RG oft im 
ſchlechtem Beſuch der Vorleſungen und Uebungen äußerte, nicht 
zu und er ſuchte auf die Lebensführung und den Fleiß der 
Studierenden mehr Einfluß zu gewinnen, als mit einer Hoch⸗ 
ſchule vereinbart war. Dies brachte ihm manche Enttäuschungen, 
aver allmählich vollzog fig in ihm die innere Umwandlung 
zum warmherzigen Freund findentifgen Lebend und wohlbe⸗ 


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meffener akabemiſcher Freiheit. Das Zuſammenwirken von 
Akademie und Univerfität für eine tüchtige und vielſeitige forſt⸗ 
liche Ausbildung hat Fürſt jederzeit warm vertreten, die Löſung 
der forſtlichen Unterrichtsfrage in Bayern konnte ihn deshalb 
nicht befriedigen und dies machte ihm den Abſchied vom Amte 
boppelt ſchwer. ö 

Als Lehrer genoß Fürſt bei allen feinen Schülern, bie 
fein Streben richtig würdigten, Liebe und Verehrung: in feiner 
langen Tatigkeit führte er über 1500 Studierende in den Wald 
und in Waldbau ſowie in Jagdkunde ein, außerdem hielt 
et für die Hoſpitanten noch beſondere Vorleſungen. Er beſaß 
eine vorzügliche Lehrbegabung, ſeine Vorträge waren wohl⸗ 
durchdacht und klar. Die Lehrwanderungen in dem dankbaren 
Gebiete der näheren und weiteren Umgebung Aſchaffenburgs 
wußte er feſſeilnd und fordernd zu geſtalten. Beſondere Sorgs 
falt wand er der Pflanzenzucht in den der Hochſchule übers 
laſſenen Forſtgärten zu. 

Unsgefprochene Neigung befak Fürſt zu fachliterariſcher 
Beſchäftigung, deren Anfänge auf das Jahr 1871 zurückgehen. 
Als Fachſchriftſteller war er von ſtaunenerregender Frucht bar⸗ 
keit und Vielſeitigkeit, mit klarem Verſtändnis griff er in faſt 
alle Tages fragen des Forſtweſens ein. Das Zuſammenfaſſen 
mb Sammeln, das Ausbauen und Ordnen war ſeine ſtarke 


Seite, feine wiſſenſchaftliche Produktion beruhte weniger auf 


bahnbrechenden neuen Ideen, doch tritt überall feine feinfinnige 
Beobachtung des Waldes, gepaart mit reicher Erfahrung und 
ſcharfer Erfaſſung des Stoffes zu Tage. 

GS würde zu weit führen, die vielen Abhandlungen auf⸗ 
führen, die feiner gewandten Feder entſtammen; von ſelbſt · 
ſtändigen, in mehreren Auflagen erſchienenen Werken find bee 
ſonders zu nennen: Die Pflanzenzucht im Walde und die 
ehre vom Forſtſchutz, welch letztere er auch in Lorey's Hands 
buch bearbeitete; im Verein mit Mitarbeitern verfaßte er das 
iluſtrierte Forſt⸗ und Jagdlexikon und ein Werk über Deutſch⸗ 
lands nützliche und ſchädliche Vögel. Seine kritiſche Bekämpfung 
ber Lehren Wageners und Borggreves find beſonders in Ers 
imerung. Eifrig betätigte er ih auch in der Beſprechung 
forſtlicher Werke. Von 1877—1914 leitete er das forſtwiſſen⸗ 
or Zentralblatt mit großem Geſchick und unermüdliche 

Beſonders rege hat ſich Far am forſtlichen Vereinsweſen 
beteiligt, mit der Entwicklung des deutſchen Forſtvereins ift 
ſein Name eng verbunden. Er war bei den Verſammlungen 
dreimal Bräfident und häufig Berichter fatter; unermüdlich war 
er in der Werbetätigkeit für dieſen Verein und er verſtan d es 


. Dor alem den deutſchen Gedanken in die Kreiſe der deutſchen 


Forſtleute hineinzutragen. Seine Gewandtheit in der freien 
Rede und beſonders in der Diskufflon, in der er ſich ſelbſt im hef⸗ 
tigen Streit der Meinungen ſtets frei von Schärfe hielt, ſeine 
liebenswürdige Wefensart habe ihn zum Mittelpunkt gar 
Mander Verſammlung gemacht. Beſondere Freude bereitete 
ihm die Ernennung zum Ehrenmitgliede, eine Auszeichnung, 
mit der ihn auch ber Verein bayeriſcher Forſtverwaltungs⸗ 
Beamte ehrte. 

Fürſts vielſeitige fachliche Tätigkeit kennzeichnet ſich and 

ch, daß er zur Mitwirkung im Reichsamt des Innern 
bei Beratung des dentſchen Vogelſchutzgeſetzes berufen wurde, 
daß er Beirat der biologiſchen Anftalt für Land: und Forſt⸗ 
wirtſchaft und ſtändiges Mitglied der Prüfungskommiſſion für 

atſtudlerende war. 

An äußeren Anerkennungen hat es ihm nicht gefehlt. 1885 
erhielt er Titel und Rang eines Regierungsrates, 1887 wurde 
ihm bas Nitterkren) vom hl. Michael I. Kl. verliehen. 1889 


83 


wurde er zum Doktor der Staatswiſſenſchaft aufgrund des 


vorgelegten Werkes „Die Pflanzenzucht im Walde“ und eines 
Kolloquiums ernannt. 1892 erhielt er Titel und Rang eines 
Oberforſtrats. Das Jahr 1901 brachte ihm den bayr. Kronen⸗ 
orden mit dem perſönlichen Adel und im Jahre 1911 wurde 
er durch den Titel eines Forſtdirektors mit dem Range eines 
Regierungsdirektors ausgezeichnet. 

Fürſt war von idealer Begeiſterung für den Wald und 
für feinen Berüf erfüllt. Als Menſch war er einfach, beſcheiden, 
ſelbſtlos und frenge gegen ſich ſelbſt, eine Perſönlichkeit von 
makelloſem Charakter und tadelloſer Lebensführung. Sein Leit⸗ 
ſtern war die Pflicht, er war ein Vorbild unermüdlicher 
Schaffens freute und dadurch wirkte er belebend und befruch⸗ 
tend. Auf den verſchiedenſten Gebieten des Öffentlichen Lebens 
war er tätig, ſoweit es nur immer feine Zeit geſtatte ' e; fo 
war er insbeſondere ſtets Vorkämp er einer echt liberalen Welts 
anſchauung und des deutſchen Gedankens. Auf den Feſten der 
Bürgers und Studentenſchaft war er ein gern nehörter Redner. 
Ihm iſt es vor allem zuzuſchreiben, daß die forſtliche Hoch⸗ 
ſchule mit ihren Profeſſoren und Studenten einen wichtigen 
Faktor im geiſtigen und geſelligen Leben der fchönen Muſen⸗ 
ſtadt Aſchaffenburg bildete. Er ſeldſt war lange Jahre in 
politiſchen und gefel gen Vereinen führende Perſönlichkeit. Bis 
in feine legten Tage hat er fi überall mit ganzer Kraft bes 
teiligt, wo es galt, gemeinnützige Beſtrebungen zu fördern und 
trotz ſeiner hohen Jahre hatte er ſich ganz in den Dienſt der 
Kriegshilfe aeſtellt. | 

Seine Erholung ſuchte Fürſt im edlen Weidwerk, fo oft 
fih Zeit und Gelegenheit ergab, and) hierin zeigte er große 
Zähigkeit und Ausdauer. 

So konnte ſich der Dahingegangene, dem körperliche und 
geiſtige Rüſt igkeit bis zuletzt beſchieden war, ausleben und aus» 
geben bis an die äußerſten Grenzen menſchlichen Daſeins. 

Fürſt hatte ſich im Jahre 1867 mit Wühelmine Sueco, 
einer Pfarrerstochter aus Gochsheim, verehelicht, der Ehe ents 
ſproſſen 3 Töchter und 1 Sohn, letzterer iſt k. b. For ſtmeiſter 
und ſieht als Hauptmann im Felde. Auch dadurch war das 
Fühlen und Sorgen des hochbetagten Mannes eng verbunden 
mit dem Sehnen nach einem baldigen glorreichen Friedeu. 

In Fürſt ift eine der ſympathiſchſten Persönlichkeiten der 
forſtlichen Welt dahingegangen. Mit beſonderem Bedauern 
empfinden es ſeine ehemaligen Schüler, daß der Tod eine be⸗ 


abſichtigte Ehrung zum 80. Geburtstage vereitelt hat, ihnen 


ziemt es vor allem, um das Andenken des Verſtorbenen den 
Kranz immergrüner Erinnerung zu ſchlingen. Aber auch unter 
allen anderen deutſchen Forſtleuten wird ſein Name hochge⸗ 
halten und in Ehren genannt werden, wenn es gilt, die her⸗ 
vorragenden deutſchen Forſtmänner rühmend aufzuzählen. 

M. 


C. Forſtliche Vorleſungen an den Hochſchulen im 
Sommerſemeſter 1917. 
I. Aniverſität Gießen. 

Geh. Forſtrat Dr. Wimmenaner: Waldertragsregelung 
4:ft, oder — je nach Verabredung — eine andere Vorleſung 
aus dem Gebiete der forſtl. Betriebslehre. — Prof. Dr. Weber 
(teilweiſe vertreten durch Forſtmeiſter Dr. Schench: Wald» 
bau II 4:ft., Forſtſchutz I 4. ſt., Forſtpolitik II 4ft, Einführung 
in die Torſtwiſſenſchaft 1-ft., Prakt. Kurſus über Waldbau 
(Exkurſtonen) am Samstag Nachmittag. — Außerdem zahl⸗ 
reiche Vorleſungen aus den Gebieten der Mathematik, der 
Naturwiſſenſchaften, der Rechtskunde, Volkswirtſchaftslehre 
Finanzwiſſenſchaft, Landwirtſchaft uſw. 


Beginn der Immatrikulation am 16., der Vorlefungen am 


98, April. — Das allgemeine Vorleſungs verzeichnis kann vom 


Univ.⸗ Sekretariat bezogen werden. 
$ II. Aniverfität München. 

Geh. Hofrat Prof. Dr. Endres: Geſchichte des Forſt⸗ 
und Sagbweiens 3, ſt., Forſtverwaltungslehre 2ft., Uebungen 
in forſtl. Rentabilitätsrechnungen, Lehrwanderungen zu den 
Worlefungen im W.⸗S. über Einführung in die Forſtwiſſenſchaft. 
— Kaiſerl. Unterſtaatsſekretär Dr. Gg. Ritter von Mayr: 
Praktiſche (Spezielle) Nationalökonomie 5⸗ſt., Finanzwiſſen⸗ 
ſchaft Sf., Statiſtik 4⸗ ff. — Prof. Dr. Ramann: Agrikultur⸗ 
chemie (mit Lehrwanderungen) 5. ſt., Bodenkundliches Praktikum 
täglich und halbtäglich. — Prof. Dr. Freiherr v. Tubeuf: 
Pflanzenpathologie mit beſonderer Berückſichtigung der Krank⸗ 
heiten ſorſtlicher und landwirtſchaftlicher Kulturpflanzen mit 
Vorführungen und Lehrwanderungen 4. ſt., Spezielle Botanik 
I. Teil: Naturgeſchichte forſtl. Kulturpflanzen mit Uebungen 
und Lehrwanderungen 4ſt. — Prof. Dr. Schüpfer: Geodäſie 
4. ſt., Nivellieren und Wegprojektierung B⸗ſt., Uebungen und 
e anderungen. — Bro‘. Dr. Fabric ius (im Heere): 
Forftt -gung 5⸗ſt., Forſtſchutz Aft, Lehrwanderungen. — 
Prof. 1. Eſcherich: Forſtzoologie II. Teil: Juſekten 5. ſt., 
Forſtentomologiſche Uebungen mit Lehrwanderungen, Leitung 
wiſſenſchaftlicher Arbeiten ganztägig. — Prof. Dr. Rothen⸗ 
bächer: Deutſches und bayeriſches Verwaltungsrecht GR. — 
Prof. Dr. Rothyletz: Geologie 4ſt. — Prof. Dr. Hegi: 
Syſtematiſche Botanik 4ſt. — Privatdozent Dr. Goßuer: 
Mineralogie und Geſteinskunde mit Uebungen 4. ſt. 

III. Ariverfität Zübingen. 

v. Bühler: Einleitung in die Forſtwiſſeuſchaft, teils im 
Hoͤrſaal, teils im Walde, mit Uebungen und Erkurſionen Sa. 
9—11; Waldbau I, mit Uebungen und Exkurſtonen Di., Mi., 
Fr. 8—9; Exkurfionen und Uebungen Do.; Uebungen in der 
Verſuchsanſtalt Di. 3—6; Uebungen und Exkurſionen für Kriegs⸗ 
teilnehmer (Zeit noch zu vereinbaren). 

Sonſtige Vorlefungen wie ad L 

Anfang des Sommerſemeſters: 16. April. — Schluß: 
14. Auguſt. 

IV. Cechniſche Jochſchule zu Karlsruhe. 

: Abteilung für Jorſtweſen. 

Prof. Dr. Demoll: Forſtentomologie mit Uebungen und 
Grfurfionen. — Geh. Hofrat Dr. Klein: Forſtbotanik, Soft. 
Botanik, Pilzkrankheiten der Waldbäume. — Prof. Dr. Qauss 
rath: Forſtſchutz, Waldwegbauübungen, Färſtgeſchichte. — 
Prof. Dr. Müller: Forſteinrichtung I, Statik, Jagdkunde. 
— Geh. Ober forſtrat Dr. Siefert: Waldbau II, Technologie. 

Ferner Vorleſungen in allen Grund⸗ und Hilfswiſſen⸗ 
ſchaften als Mathematik, Naturwiſſenſchaften, Volks wirtſchafts⸗ 
lehre, Rechtskunde. | 

Auskunft durch den Abteilungsvor ſtand Prof. Dr. Gauss 
rath. 

V.— VII. Die Zorftakademieen Eberswalde, Münden und 


Sharandt 
bleiben bei Fortdauer des Krieges vorausſichtlich geſchloſſen. 


D. Erute⸗Sericht. 

Die Ausfichten für die Waldſamenernte waren im allge: 
meinen nicht ſchlecht. Infolge des Krieges und anderer un⸗ 
günſtiger Verhältniſſe blieben die Ernteergebniſſe für fat alle 
Arten weit gegen die Erwartung zurück. Die nicht allzureich⸗ 
liche Ernte von Kiefernzapfen wurde nur zum kleinſten Teile 
eingebracht, denn ſelbſt die höͤchſten Sammellöhne konnten die 
wenigen Leute, die überhaupt zum Samen: flüden in Betracht 


84 


kommen, nicht veranlaſſen, viele Zapfen zu fammen. Die 
Leute haben überall dringendere Arbeiten für ſich zu ſchaffen. 
Genau das ſelbe gilt für die Fichte, die reichlich Zapfen trägt, 
far überall in Deutſchland. Auch hiervon kommen nur ſpär⸗ 
liche Mengen herein, ſeitdem bie große Kälte herrſcht, fo gut 
wie nichts mehr. Es ift zu befürchten, daß nach der Kälte 
periode warme Witterung einſetzt, und namentlich die Fichten 
ſich raſch öffnen. Hätte man die Ernte richtig ausnützen Innen 
bei fo mäßigen Pflückerlöhnen, wie fie früher gezahlt wurden, 
dann hätte vielleicht daran gedacht werden können, den Fichten, 
famen zur Oelgewinnung zu benutzen. Bei dem jetzigen Preise 
des Fichtenſamens ift wohl gar nicht mehr daran zu derben 
außerdem find, wie gefagt, die geernteten Mengen zu gering, 
fte werden kaum für die Saaten ausreichen. Auch die Birke 
hatte recht viel Zapfen angeſetzt, auch von dieſen wird mr 
der kleinſte Teil eingebracht. Die Weymuthskiefer ergab cine 
nur mäßige Ernte. Die Weißtanne fo gut wie gar nice, 
Von der Schwarzkiefer wird ebenfalls ein geringer Ertrag ge 
meldet. 

Von ausländiſchen Nadelholzſamen wie Korfliche Kiefer, 
Douglas und Sitka⸗Fichten, Stechfichten, Pechkiefern, ſibiriſche 
und japaniſche Larden, Nordmannstanne konnte natürlich wieder 
nichts hereingebracht werden. Was von kleinen Vorräten viel: 
leicht noch exiſtiert, ift zur Ansſaat ungeeignet. Die Bank 
kiefer bringt in Deutſchland fo gut wie keine Zapfen, die wo 
nigen Douglas⸗Zapfen, die gewachſen find, kommen ebenfalls 
kaum in Betracht. Dagegen wurden aus Belgien bezogen 
Seekiefernzapfen geklengt, die recht guten Samen ergaben. 

Von Laubhölgern brachte die Buche eine gute Mak, de: 
Ertrag wurde von dem Kriegsausſchuß für Oele und Fette 
in Beſchlag gelegt, nur verhältnismäßig kleine Mengen wurden 
zu Saatzwecken freigegeben. Die Eicheln mußten an die Be 
zugsvereinigung der deutſchen Landwirte abgeliefert werden 
Der Ertrag war geringer als man vorher annahm. An die 
Qualität dürfen keine höheren Anforderungen geſtellt 
wie dies bei geringen Ernten ja immer der Fall if. Bud 
hiervon wurden nur kleine Mengen für Saatzwecke abgelafſen, 

Die Roteiche lieferte in Belgien eine wohl ziemlich be 
friedigende Maſt, es war aber nicht moglich, große Lieferungen 
aus Belgien freizubekommen. Die wenigen Roteicheln, die den 
Handel zur Verfügung ſtehen, find von beſter Qualität, 

Die Ahorn und Lindenarten hatten reichlich Samen ange 
fett, die meiſten davon wurden gerade vor der Reifezeit duré 
Stürme davongetragen, ſodaß faft kein Samen eingebracht 
wurde. 

Von Eichen und Hainbuchen Mißernte. Die Erlenartem 
brachten etwas Samen von befriedigender Güte. Auch von 
Birken und Akazien wird wohl genügend geliefert werden 
koͤnnen. 

Was die Preiſe betrifft, fo wird deutſcher Kontrol : 
Kiefernſamen beträchtlich teurer werden wie voriges Jahr, abet 
immerhin erheblich billiger als in den vorhergegangenen Jahren 
Dagegen wird Fichtenſamen einen Preis erreichen, wie er fet 
Jahren nicht mehr vorgekommen iſt. Auch Lärchenſamen wird 
höher w'e voriges Jahr notiert werden müſſen, dagegen iR 
Weymutskiefernſamen zu normalen Preiſen erhältlich. Dor 
den Laubhölzern werden Eicheln und Bucheln etwa die vor 
jährigen Preiſe erreichen. Roteicheln find teurer. Die üb 
rigen Sorten werden zu etwas über normalen Preiſen geltefert 
werden konnen. 

Darmſtadt, den 1. Februar 1917. 

Heinrich Keller Sohn 


— 2 — —— —: ͥl.tßT yyn P P! tt. F: U : t [dä •.ü•.⁰ä —— ũ w]: m 


Für die Redaktion verantwortlich: für Uupäge, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer, 
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Cießen. — Fir die Inſerate verantwortlich: J. D. Gauerladnders Berlag 
Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. M. — G. Ottos Hoſbuchdruckerei in Darmſtadt. 


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Allgemeine 


forf: und Sand: Zeitung, 


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| Herausgegeben 
Dr. Karl Wimmenauer, und Dr. heinrich Weber, 
( 2a Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft 


an der Univerſität Gießen. 


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Dreiundneunzigſter Jahrgang. 


1917. April. 


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Frankfurt am Main. 
J. D. Sauerländer's Verlag. 


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wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle — 
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Die sebr erhebliche 


Verzögerung 


7 Das 
iii Erscheinen des Aprilheftes wurde durch europäliche Odland, 


verschiedene zwingende Umstände verursacht, und 
wir bitten unsere geehrten Leser, den gegenwär- 


tigen, schwierigen Verhältnissen wohlwollend sch. feine Bedeutung und Kultur, 
nung zu tragen. | 


Redaktion u. Verlag der, Allg. Forst-u. Jagd-Zeitung“. Von 


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pon | 
weiland Profelior Dr. Bermann Stoeger, 
Großh, Sächſ. Oberlandforftmeifter und Direktor der Foritakademie zu Eilenach. 
Durchgeiehen pon Prof. Dr. Bans Bausrath, Karlsruhe. — | i 
Fünfte Auflage. | 
Groß-Okta, Vill und 252 Seiten. 
Preis: broich. Mk. 5.—, gebunden Mk. 5.80. 

Das Ericheinen der fünften Auflage legt am beiten Zeugnis ab von der allieitigen Anerkennung, die 
das Werk durch die prägnante und klare Daritellung des Stoffes und durch feine mehr popularifierende und 
auf Bervorhebung der praktiichen Geſichtspunkte abzielende Richtung in Fachkreiſen gefunden hat. 

Dieſe neue Auflage, deren Durchlicht auf ausdrücklichen Wunich des veritorbenen Verfailers Berr Prof. 


Dr. Bausraih in Karlsruhe bereitwilligit übernommen hat, hat wieder einige Ergänzungen erfahren, fovel 
ſolche durch die neueren Ericheinungen auf den bezüglichen Gebieten bedingt wurden. | 


Frankfurt a. M. J. D. Sauerländer's Verlag. 


Durch alle Buchhandlungen zu beziehen: 


Hilgemeine 


forh- und Jagd⸗Jeitung. 


April 1917. 


pur Jyſtematik der Torfwiſſenſchaft.“ 
Eine vorläufige Erwiderung. 
Von Dr. L. Wappes, K. B. Regierungsdirektor. 


Als ich im Herbſt 1911, nach Vollendung der ein⸗ 
leitenden Abhandlung für das Lorey⸗Wagnerſche Hand⸗ 
buch, mit großem Gefühl der Erleichterung die Feder 
aus der Hand legte, um, wie ich glaubte, den Stoff 
für längere Zeit zurückzuſtellen, hätte ich nicht gedacht, 
daß ich in Verteidigungsſtellung einzutreten brauche, 
wenn ich wieder dazu käme, mich mit den Problemen 
der Grundlegung, Gliederung und Methode der Forſt⸗ 
wiſſenſchaft zu beichäftigen. 

Ich gab mich — nach den früheren Erfahrungen 
— keinen großen Erwartungen über eine lebhaftere 
Teilnahme für die neu ins Fach geworfenen Ideen hin, 
hoffte aber, daß wenn ſich Jemand näher damit be⸗ 
ſchäftigte, er dazu kommen werde, die Richtung meines 
Denkens anzuerkennen. Ich gedachte deshalb damals 
in Ruhe den ſich entwickelnden Gedankenaustauſch ab⸗ 
zuwarten und erſt nach geraumer Zeit einzugreifen, 
wenn Veranlaſſung beſtände, noch etwas zur Klärung 
und Vertiefung der Fragen beizutragen. 

Schon der erſte Kritiker, Herr Oberförſter Katzer, 
hat aber in wichtigen Punkten mein neues Syſtem 
nicht anerkannt. 

Nun hat jetzt, nach Umfluß von mehr als 3 Jahren 
ſeit dem Erſcheinen meiner letzten Veröffentlichung Herr 
Forſtaſſeſſor Weber in einer längeren Abhandlung in 
dieſem Blatte (November⸗ und Dezemberheft 1916) 
meine Arbeiten einer eingehenden Unterſuchung unter⸗ 
zogen und iſt zu Ergebniſſen gekommen, die von meiner 
Auffaffung grundlegend abweichen. 

Die Tatſache, daß ein junger Fachgenoſſe durch 
meine Arbeiten veranlaßt worden iſt, mit umfaſſenden 


1) Ich gebrauche noch dieſe Ueberſchrift, wiewohl ich nicht 
ganz leugnen kann, ein pars pro toto zu ſetzen. Allein mir 
ſcheint Ziel und Inhalt der Erörterungen damit genügend be⸗ 
zeichnet und ich wage mich nicht recht an den Ausdruck „Forſt⸗ 
wirtſchafts⸗Philoſophie“, den Herr Forſtaſſeſſor H. Weber für 
ungefähr das gleiche Stoffgebiet anwendet. Er ſcheint mir 
noch zu anſpruchsvoll für die wenigen Sätze, mit denen wir 
uns in die Anfänge hineinarbeiten. 

1917 


Literaturſtudien und offenſichtlicher Eignung für die 
Behandlung des Stoffes die von mir aufgeworfenen 
Probleme einer kritiſchen Prüfung zu unterziehen, und 
damit, was bisher Niemand tun wollte, den von mir 
aufgenommenen Faden ſortſpinnt, freut mich weit mehr 
als es mich betrübt, daß unſere Auffaſſungen — einſt⸗ 
weilen — ſo weit auseinander gehen. — Aus beiden 
Gründen mochte ich die Ausführungen Webers nicht 
ſo lange unerwidert laſſen, bis mir eine wirkliche, ein⸗ 
gehende Entgegnung moglich ift. 

Ich bringe alſo für jetzt — tief in den organi⸗ 
ſatoriſchen Arbeiten für die von mir einzurichtende 
kriegswirtſchaftliche Geſchäftsſtelle des Forſtwirtſchafts⸗ 
rates ſteckend — nur einige wenige Bemerkungen zu 
den mir am wichtigſten erſcheinenden Punkten, raſch 
in den wenigen Stunden geſchrieben, die mir zwiſchen 
Verhandlungen und Briefdiktaten bleiben. 


I. 


Vor allem Stelle ich gerne feft, daß ich mit Weber 
in dem Ausgangspunkte übereinſtimme, im Ur⸗ 
teil über die Wichtigkeit und Notwendigkeit grund⸗ 
legender, ſyſtematiſcher und methodologiſcher Unter⸗ 
ſuchungen auch für ein ſog. „praktiſches“ Fach, wie es 
das unſrige zweifellos iſt. 

Weber lehnt dann aber zunächſt eine grundlegende 
Auffaſſung von mir ab: die Zuteilung der Forſtwiſſen⸗ 
Schaft zur Kategorie der Geiſteswiſſenſchaften . 

Ich habe die Begründung dafür in der Abhandlung I 
des Lorey⸗Wagnerſchen Handbuchs im Anſchluſſe an dei 
Wundtſche „Einleitung in die Philoſophie“ gegeben. Zu 
dieſer meiner Auffaſſung bin ich aber gekommen, lange 
ehe ich das Wundtſche Werk geleſen hatte, ſchon vor 
mehr als 20 Jahren!). Die Ausgangspunkte meiner 
damaligen Ueberlegungen und das Ziel meiner Dar⸗ 
legung war allerdings mehr negativ als poſitiv: Ich 
wollte vor allem nachweiſen, daß die Forſtwiſſenſchaft 
nicht der Naturwiſſenſchaft zugerechnet werden 


1) Ueber das Verhältnis der techniſchen zu den Natur⸗ 
wiſſenſchaſten. Forſtlich⸗naturwiſſenſchaftliche Zeitſchrift 1898. 
13 


gehend, unſere wiſſenſchaftliche Arbeit von dem bisher 
allein bebauten naturwiſſenſchaftlichen Gebiet abbringen 
und zur Erforſchung des Faches, der forſtlichen 


Methoden führen. Darin iſt ja auch Weber mit mir 


einig. l 

Unſere Differenz beruht darauf, daß wir uns in 
verſchiedenen Lagern hinſichtlich der Geſamt⸗ 
einteilung der Wiſſenſchaften befinden. Ich ſtehe auf 
dem Wundtſchen Prinzip der Zweiteilung in Natur: 
und Geiſteswiſſenſchaften (neuerdings ſpricht man von 
nomothetiſchen und ideographiſchen Wiſſenſchaften), 
während Weber auch Norm-Wiſſenſchaften anerkennt 
und die Forſtwiſſenſchaft, d. h. die Wiſſenſchaft 
von der idealen Norm der Forſtwirtſchaft, zu 
dieſen rechnet. 

Das find Gegenſätze von tiefſter Grundſätzlichkeit, 
die auf forſtlichem Boden kaum zum Austrag gebracht 
werden. Ich möchte deshalb, was mir im Augenblick 
auch gar nicht anders möglich iſt, auf weitere Aus⸗ 
einanderſetzung hierüber verzichten. 

Weber meint, ich hätte Wundt teilweiſe mißver⸗ 
ſtanden. Möglich. Ich werde gerne in ruhigeren Zeiten 
ſeine Einwendungen nachprüfen. (Man tut ſich ja 
ſchwer in dieſen Dingen als Autodidakt — auch ein 
Nachteil unſeres iſolierten Bildungsganges, der ſich 
wohl erſt verlieren wird, wenn wir mehr Profeſſoren 
haben, die von der allgemeinen Hochſchule ihre Bildung 
geholt haben.) Nach einer Richtung aber kann ich 
keinesfalls zugeben, daß meine Auffaſſung erſchüttert 
jei; die Auffaſſung, daß es die for liche Forſchung 
nur mit der auf die Forſtbewirtſchaftung 
gerichteten Tätigkeit zu tun habe und nur 
daraus ihren Inhalt bekommen könne. 

Ich habe das Gefühl, daß ich hier nicht viel zu 
meiner Verteidigung zu ſagen brauche; ich muß nur 
bitten meine durchweg ſehr gedrängt gefaßten Dar— 
legungen in der Sache genau zu leſen. Das aller: 
dings muß ich verlangen, wenn ſich Jemand über 
unſeren wiſſenſchaftlichen Streit ein Urteil bilden will. 

Insbeſondere bleibe ich bei der Auffaſſung, daß der 
geſamte wiſſenſchaftliche Stoff über die Beziehungen 
zwiſchen Forſtwirtſchaft und Staat der 
Staatswiſſenſchaft, der Verwaltungslehre (als 
Forſtpolitik) zugehört. Wollte man das nicht aner: 
kennen, ſo würde man einenteils der Staatswiſſenſchaft 
den Inhalt und damit das Daſeinsrecht abſprechen 
und käme andrerſeits zu einer Landbau-, Induſtrie— 
und Gewerbepolitik als Teil dieſer Fach wiſſenſchaften. 

Wenn bei dieſer Operation unſere Fachwiſſenſchaft, 
wie Weber auf S. 280 meint, auf ein kleines Stiimpf- 
lein zuſammengeſchnitten wird, ſo iſt das nicht meine 


! 


Einblick gewinne in die Arbeitsweiſe und Erfolge anderer 


86 


| 
i 
1 


dürfte; ich wollte, von der bisherigen Richtung ab: Schuld. Man kann daraus nur Anlaß nehmen bei 


uns mehr für die Wiſſenſchaft zu tun. Ich brauche 
nur auf das Syſtem Taylor hinzuweiſen, deſſen An: 
wendung reichlich Gelegenheit böte, unſere praktiſche 
Tätigkeit zu unterſuchen und aus dieſer Unterſuchung 
einen wiſſenſchaftlich kontrollierten, wirkſameren und 
zugleich billigeren Betrieb abzuleiten. Die ganze 
Schwierigkeit der heutigen unzureichenden Holzlieferung 
beruht nach meinem Dafürhalten darauf, daß der bis 
her handwerksmäßig geführte Forſtbetrieb nicht in der 
Lage war fih fo raſch auf den Wechſel der Verhäll⸗ 
niſſe und die höheren Anforderungen einzuftellen wie 
die wiſſenſchaftlich geleiteten Betriebe der Induſtrie. 


Die „Erſparniſſe“ am Aufwand far 
forſtwiſſenſchaftliche Forſchung, Ausge⸗ 
ſtaltung des forſtlichen Verſuchsweſens 
und wirtſchaftliche Organiſation machen 
fic jetzt geltend in Millionen-Ausfällen 
und unzureichender Verſorgung des Volkes 
und Heeres mit wichtigen Rohſtoffen. 

Niemals haben ſich mir die Beweiſe für die Richtig⸗ 
keit dieſer Anſchauung, der ich ſchon mehrfach Ausdruck 
gegeben habe, mehr aufgedrängt als jetzt, wo ich näheren 


Wirtſchaftszweige. 
Doch das nur nebenbei, darin ſtimme ich ja wohl 
mit meinem literariſchen Gegner völlig zuſammen. 


II. 


Weber unterſucht nun weiter, ob das von mir auj: 
geſtellte Syſtem, das ich als „organiſch“ bezeichnet 
habe, brauchbar fei und zwar für den Fall, daß 
man ſich auf meinen — von ihm nicht anerkannten — 
Standpunkt ſtelle, daß die Forſtwiſſenſchaft eine Geiſtes⸗ 
wiſſenſchaft ſei, und lehnt das Syſtem auch von die⸗ 
ſem Standpunkt aus ab. 

Zu dieſer Stellungnahme kommt er nach meinen 
Dafürhalten durch ein vielleicht von mir verſchuldetes, 
jedenfalls aber nicht gewolltes Mißverſtändnis. Wenn 
ich die Bezeichnung „Organismus“ und „organisch“ 
gebrauchte ſo wollte ich damit durchaus nicht ſagen, 
daß die wirtſchaftlichen Erſcheinungen und Zweckäuße⸗ 
rungen von gleicher Art wie Naturobjekte ſeien, daß 
es ſich bier um Vorgänge und Geſtaltungen handle 
wie etwa bei der Entſtehung und beim Leben de 
Tiere und Pflanzen (ebenſo wenig, wie man an fo 
etwas denkt, wenn man vom wirtſchaftlichen „Leben“ 
jpricht). Dem gemäß habe ich, wenn ich die geiſtigen 
Forſchungsgebiete der Forſtwiſſenſchaft mit den Aus 
drücken der entſprechenden naturwiſſenſchaft— 
lichen Disziplinen — Morphologie und Anatomie, 
Phyſiologie und Biologie — bezeichnete, lediglich eine 


— — — —ä—— — — üA wmõ.———᷑ñ᷑ꝑ˖? = 2 


— ee 


87 


medmäßige Analogie im Auge gehabt; id) wollte die | Einige forſtlich⸗volkswirtſchaftliche Aufgaben 
ach meinem Dafürhalten bereits mehr entwickelte Natur⸗ nach dem Weltkriege.) 
orſchung gleichſam zur Einführung benutzen, durch die (Lon Oberförster A. Müller, z. Bt. im Felde) 
tert gut gekennzeichnete und umſchriebene Nomenklatur = — 
mm auf analogem Wege gewonnenen oder zu ge: In ungeahntem Maße hat der Krieg alle Zweige 
smeden Wiſſensſtoff, der auch in analoger Weiſe unſerer Volkswirtſchaft beeinflußt, teils hemmend und 
fommengufaffen ift, in einfachſter Weiſe bezeichnen. ſchädigend, teils auch fördernd durch neue Erfahrungen 
Daß man die wirtſchaftlichen Erſcheinungen nach und Anregungen. Mit der Sichtung ſolcher Erfahrungen 
cer räumlichen Verbreitung, nach ihrer und Anregungen möchte bereits jetzt begonnen werden, 
ugeren Geſtaltung und ihrem inneren damit die künftige Friedenswirtſchaft ſchon Nutzen 
lusbau ſowie nach der Art ihrer Wirkſam— daraus ziehen kann. Es ſei geſtattet, einige der hierbei 
tit unterſuchen kann und, wenn man zu wiffen: in Frage kommenden Aufgaben kurz zur Sprache zu 
daflichen Ergebniſſen gelangen will, unterſuchen muß bringen. 


nnd wohl kaum beſtritten werden können. I. Erhöhung unſerer Vorräte an Rohſtoffen, die für 
Die Art der Unterſuchung beſtimmt das Forſchungs⸗ die menſchliche Ernährung oder für die Juduſtrie 
ict. Dieſem kann man bei den Geiſteswiſſenſchaften wertvoll ſind. 


-ſelbſtverſtändlich unter dem Vorbehalt, daß es ſich , f 1 
m Objekte und damit auch „Geſetze“ von anderer Der Krieg hat erwieſen, daß wir hinſichtlich aller 


. i „ b.; Rohſtoffe vom Auslande möglicht unabhängig werden 
u au VVV n müſſen, auch wenn wir einft wieder im freien und 
et Naturwiſſenſchaft oder man kann andere Bezeich⸗ ; 
i 8 „ regſamen Warenaustauſche mit fremden Völkern ſtehen. 
ungen einführen. Das iſt ſchließlich nur eine Frage l . es 
ee Nun bringen unfere Wälder einſchließlich der Feld⸗ 
er 3medmäßigfeit. er 
„ gehölze und alles ſonſtigen Baum- und Strauchwuchſes 
Da die von mir angewandte Syſtembildung nicht ER 
: 2 | Rohſtoffe, deren Bedeutung für die Unabhaͤngigkeit 
at fir die Jorſtwirlſchaft. ſondern für alle Wirt der deutschen Bolkswirkſchaft bisher teilweiſe underſchatzt 
daſtszweige paſſend und anwendbar, meines Erachtens | orden in 
dar einzig und allein richtig ift, ſchien es mir rich⸗ l l 
ier einftweilen keine neuen Ausdrücke zu ſchaffen, bis | a) Nahrungsmittel und ne 
x in der Hauptſache bei uns erft noch zu ſchaffendee % Außer den heimiſchen Holzarten mit eßbaren 
hie Inhalt darnach verlangt. oder für die Viehzucht verwertbaren Früchten erzeugt 
De von mir verlangte Art der Be: auch die Beeren⸗ und Pilzflora der Waldbeſtände an⸗ 
trachtung ift der Erforſchung menſchlicher | fehnliche Mengen von Volksnahrung. Dem boppelten 
däͤtigkeit nicht fremd, demgemäß kann fie auch Zwecke der Ernährung und der gleichfalls fo wichtigen 
ur Syſtembildung benutzt werden. | Oelgewinnung werden außerdem noch die Buche, Linde, 
So viel für heute. Walnuß und Haſelnuß mehr als bisher dienſtbar ge⸗ 
Eine ablehnende Kritik kann nur dann wirkſam macht werden können, ferner auch die Eſche und die 
oden, wenn fie ihre negative Stellungnahme aus Nadelhölzer?) wegen ihren dlhaltigen Sämereien. Es 
nem entgegengeſetzten Ideal ableitet. Erft dadurch ” 
lonn fie ihre volle Begründung entwickeln. Abgeſehen 1) Unſere Zeitſchrift hat bereits wiederholt einzelne hier 
don den oben erwähnten äußeren Hinderungsgründen einſchlägige Fragen erörtert; teils durch den Abdruck von 
möchte ich deshalb mit ausführlicherer Entgegnung zu⸗ Erlaſſen des Kriegernährungsamtes, teils durch Ori- 


wa 18 : ginal⸗Beiträge des dortigen Referenten für Forſtwirtſchaft, 
ie 5 Kollege Weber an Ih en a Profeſſor Dr. Borgmann u. a. So find beſprochen worden: 
i in Syſtem entwickelt hat. Denn ich darf Hanlelm im: Februarheft 1916, 

oc wohl annehmen, daß auch ihm die heute in der Beeren, Pilze, Waldweide, Gras und Futterlaub im Seps 
Hauptſache noch herrſchende Hundeshagenſche Gin: temberheft 1916, 

teilung („Syſtem“ will ich nur etwas aus einem Grund: | Rapsanban auf Eichen⸗Schälſchlägen im September: und 


ba aft: I Oktoberheft 1916, 
braten logiſch Entwickeltes nennen) nicht völlig ent: Wild und Fiſche als Voltsnehrung im Dezemberheft 1915, 


rich und daß er feine philoſophiſchen Studien gleich | m Februar j und Septemberheft 1916 und im Januarheft 


mt mit dem Endziel unternommen hat, zu einem bes 1917. 
ſricdigenderen Syſtem der Fachwiſſenſchaft zu kommen Es iſt ohne Zweifel dankenswert, daß der Verfaſſer dieſes 
als das ift, was uns feit Jahrzehnten überliefert und | Aufſabes, zur Zeit als Hauptmann d. L. tm Felde ſtehend 
gelehrt wird. Veranlaſſung genommen hat, den Gegenftand im Zufammen, 
z. 8. l hang ausführlich vorzutragen. D. Red. 
„St. Berlin, Ende Februar 1917. 2) Auf Hochgebirgsſtandorten verdient anch die ſchöne 


Zirbelkiefer künftig erhöhtes Intereſſe. 
12° 


= 


gilt, diefe volkswirtſchaftlichen Schätze möglichſt reſtlos 


zu heben und ihre Verwertung durch praktiſche und 
einfache Maßnahmen zu fördern. Derſelbe gut or- 
ganifierte Sammelſinn, der an der Front keinen Bind: 
fadenreſt, keine Konſervenbüchſe verkommen läßt, wird 
auch hier durch Kleinarbeit große Werte ſchaffen. Der 
Samenbedarf für die Holzzucht iſt hierbei ſelbſtverſtänd⸗ 
lich ſorgſam zu berückſichtigen. Der Ertrag an ver: 
wertbaren Holzſämereien aller Art wird ſich übrigens 
oft ſchon bei der Auszeichnung von Durchforſtungs⸗ 
und Läuterungshieben uſw. ſteigern laffen, ohne andere 
forſtliche Rückſichten zu beeinträchtigen. Man wird 
ferner bei der ſtets erſtrebenswerten Bildung natur: 
gemäßer Waldſaͤume die Samenbildung von Buche, 
Eiche, Linde, von Pirus und Sorbus-Arten uſw. mit 
Vorteil unterſtützen können. Hierbei wird, nebenbei 
bemerkt, der landſchaftliche Reiz des Waldbildes opfer⸗ 
los erhöht. Als ſchönſtes Beiſpiel für ſolche nützliche 
Einſprenglinge im Waldſaume möchte ich Sorbus aria 
und S. domestica erwähnen. Unter den Oel und 
Nahrung liefernden Holzarten beanſprucht die Walnuß 
und die Haſelnuß beſonders erhöhte Beachtung. 

p) Hinſichtlich der Walnuß darf man wohl be- 
haupten, daß die milderen Gegenden Deutſchlands noch 
zahlreiche Standorte aufweiſen, wo die Kultur dieſes 
Baumes bei genauer Berückſichtigung ſeiner Anſprüche 
die rentabelſte Bodenbenutzung darſtellen würde!). Auf 
mancher ſonnigen ſteinigen Berglehne ließe ſich auf 
dieſe Weiſe eine äußerſt dankbare Oedlandskultur im 
Kleinen treiben. Gerade die Forſtwirte können hier 
durch ſachverſtändigen Rat und ſtetes Beiſpiel dem 
Vaterlande viel nützen, zumal große Nußbaumholz— 
vorräte für uns unter anderem auch als Rohſtoff für 
Gewehrſchäfte unentbehrlich bleiben dürften. 


y) Die volkswirtſchaftliche Bedeutung der Haſel⸗ 
nuß erfährt in Deutſchland womöglich noch weniger 
allgemeine praktiſche Würdigung als die der Walnuß. 
Haſelnußöl wird als feines Speiſeöl geſchätzt, und der 
Nährwert der Nüſſe verdient dauernde Beachtung, 
nachdem uns die Kriegswirtſchaft einmal gelehrt hat, 
auch mit ſolchen Werten haushälteriſch umzugehen. 
Im Frieden gab Deutſchland beträchtliche Summen 
für die Einfuhr von Haſelnüſſen aus. Die Höhe 
dieſer Summe intereſſiert uns nicht mehr infolge der 
veränderten Verhältniſſe, aber wir müſſen trachten, 
dieſes wie manches andere Erzeugnis künftig mehr auf 
„ieenem Boden zu gewinnen. Es darf hierbei wohl 
date aanert werden, daß Haſelnüſſe maſſenhaft ans 
Italun zu uns kamen, wo dieſe Holzart vielfach in 
Niederwaldbeſtände (ſogenannte nuccioleti) teils mehr 


1) Ebenſo möchten alle für die Edelkaſtanie paſſenden 
Standorte noch rationeller ausgenutzt werden. 


88 


forſtmäßig teils mehr gartenmäßig anbebaut wit 
Wir haben manche Standorte, wo ſolche Niederwal' 
beſtände ſehr wohl am Platze wären, insbeſondere au: 
auf kleinbäuerlichen Grundſtücken. Kleine Oedland' 
parzellen ſollten überhaupt viel mehr daraufhin unter: 
ſucht werden, ob das Gelände (3. B. bei ſchmalen 
Hangſtreifen zwiſchen landwirtſchaftlichen Kulturen) 
nicht zur Anlage von Niederwaldbetrieben auffordert 
(geeigneten Standort vorausgeſetzt), inſofern Hochwald 
der Beſchattung wegen ausgeſchloſſen ift. Auch im 
Waldſaume verdient die Haſel Beachtung. 


Auf die Bedeutung einiger Ahornarten zur Ge: 
winnung von Zucker und Syrup fet wenigſtenz hin: 
gewieſen. Deutſche Verſuche hierüber dürften erwünſch 
ſein. 

J) Nicht unerwähnt möchte ſchließlich noch bleiben, 
daß fih unſere Trüffelproduktion namentlich in Wet: l 
deutſchland bei forgſamem Studium paffender Oertlic 
keiten noch ganz weſentlich ausbauen ließe. Hierdurc 
würden dem Volksvermögen beträchtliche Werte erhalte: 
bleiben, da wir doch wohl im Frieden ſonſt we 
faft gänzlich auf die Einfuhr aus Frankreich angemic | 
ſein dürften. 


b) Harze, Gerbſtoffe, Faſerſtoffe. 


a) Unſere Harzinduſtrie war vor dem Kriege über: | 
aus abhängig vom ausländiſchen Rohſtoffe. Eder 
früher ift darauf hingewieſen worden linsbeſonder 
durch Heinrich Mayr), daß wir kurz vor dem Abtriebe 
geeignete Beſtänbe der Harzgewinnung zugänglich 
machen könnten. Künftig ift die Frage noch beachten 
werter. Sie ſollte eingehenden praktiſchen Erörterungen 
unterliegen. Unter anderem möchte auch verſucht werden 
Brennholzbeſtände, ſowie Durchforſtungshölzer der Har}. 
verſorgung dienſtbar zu machen. Sicher wird es ge 
lingen, die großen Mengen Harz, die uns hier jährlit 
nutzlos verloren gehen, durch Technik und Organiſalon ö 
ohne Schaden für den Wald der Induſtrie zuzuführen. ; 
Wer über dieſes ungelöfte Problem die Achſeln zudi | 
dem darf wohl geraten werden, fih durch die Statift | 
ſowie durch die Fachblätter unſerer harzverbrauchenden 
Gewerbe über die Notwendigkeit geſicherten inlanbdilde . 
Harzbezuges zu unterrichten. 


B) Was die Gerbſtoffe anlangt, fo hat ja der Ririn 
recht eindringlich gezeigt, daß wir uns auch hierin wel 
mehr auf eigene Füße ſtellen müſſen. Ohne gegerbie 
Leder können wir weder maſchieren noch fahren um 
reiten. In die Erörterungen über die Beibehaltun: 
oder Umwandlung eines Eichenſchälwaldbeſtandes mus 
ſich daher künftig auch die Frage nach dem vater 
ländiſchen Intereſſe einmiſchen. Soweit nicht der Stall 
der Beſitzer ift, wird man in beſtimmten Schälwalb 


gebieten vielleicht mit dem Mittel von Belohnungen, 
Belobigungen uſw. zur Erzeugung einwandfreier Rinde 
anzuregen ſuchen, ſoweit nicht befriedigende Rinden⸗ 
preiſe ſchon hierzu auffordern. Auf die Verbeſſerung 
benachbarter unzulänglicher Schälwaldbetriebe kann auch 
der einzelne Forſtwirt durch Rat und Tat, durch Füh⸗ 
lungnahme mit den landwirtſchaftlichen Vereinen uſw. 
erfolgreich einwirken. Den leitenden Verwaltungsſtellen 
aber ſtellt die forſtpolitiſche Behandlung der Eichen⸗ 
ſchälwaldfrage neue und dankbare Aufgaben. Auch 
dieſe Aufgaben werden ein enges Hand- in Handarbeiten 
mit führenden Fachleuten der Lederinduſtrie erfordern 


Wahrſcheinlich wird man bei der Verfolgung dieſer 
Aufgaben auch zu der Forderung gelangen, daß unſere 
zum Hiebe kommenden Fichtenhölzer weit gründlicher 
und ſorgſamer zur Gerbſtoffgewinnung herangezogen 
werden. Namentlich in der privaten Waldwirtſchaft 
dürfte ſich auf dieſem Gebiete noch viel tun laffen 
Hierdurch würden ebenſowohl unſere Ausgaben für 
Gerbſtoſſeinfuhr verringert wie auch die Erträgniſſe 
des Privatwaldes erhöht werden. Ein weiterer Gerb⸗ 
ſtoff, der in Deutſchland noch zu wenig gewürdigt wird, 
iſt die Weidenrinde, die u. a. bei der Korbflechterei 
als Abfall erhalten wird. Vielleicht empfiehlt es ſich 
zu unterſuchen, ob unter den durch den Krieg ſo 
weſentlich veränderten Verhältniſſen nicht auch der 
Gerbſtoff unſerer Eichengallen mehr praktiſche Beach⸗ 
tung verdient. Durch unſere engen wirtſchaftlichen 
Beziehungen mit verbündeten Ländern Südoſteuropas 
erlangt ferner die Frage erhöhtes Inlereſſe, wie die 
dortigen hochwertigen Eichengallenſorten nachhaltig und 
haushälteriſch zu gewinnen ſind. 

y) Was ſchließlich die erhöhte Ausbeute an hei: 
miſchen Faſerſtoffen betrifft, ſo können wir namentlich 
durch ſorgſame Ausnutzung aller Brenneſſelſtandorte 


89 


der Induſtrie gute Dienſte leiſten. Auch hier wie bei 


allen dieſen Fragen kann ein wirklicher Nutzen für 
beide Teile nur durch kaufmänniſche Regſamkeit des 
Forſtwirtes und durch ſorgſame Beachtung berechtigter 
| Wünſche des Käufers erzielt werden. 
Ein Faſerſtoff, deſſen Wert für Bindezwecke und 
für grobe Webzwecke vor dem Kriege ſehr geſchwunden 
war, iſt der Lindenbaſt. Auch ſeine erhöhte Gewinnung 
kaun dazu beitragen, unſere Volkswirtſchaft unabhäng⸗ 
iger von fremder Einfuhr zu machen. Die Baſtnutzung 
im Lindenausſchlagwalde iſt bei uns weniger bekannt. 
Daher möchte auf Lindenſtandorten auch dieſer Frage 
durch ſorgſame praktiſche Studien näher getreten werden. 
8) Die ſchon jetzt angebahnte enge wirtſchaftliche 
Itntereſſengemeinſchaft mit den uns verbündeten Ländern 
dürfte künftig unſere Induſtrie weitere wichtige forſt⸗ 
liche Rohſtoffe zuführen. Jedenfalls werden Studien 


auf dieſem Gebite unſeren Forſtwirten noch manche 
wertvolle Anregung bringen. 


c) Brennſtoffe für Induſtrie und Haus: 
halt. 


a) Daß die Meilerkohlerei während des Krieges 
wieder eine ungeahnte praktiſche Bedeutung erlangt 
hat, liegt an der Eigentümlichkeit des Stellungskampfes. 
Vielleicht wird man aber (wenigſtens in der Ueber⸗ 
gangswirtſchaft), der Verkohlung geringwertigerer Hölzer 
aus mehreren volkswirtſchaftlichen ſowie auch aus rein 
forſtlichen Gründen auch fernerhin mehr Wert beilegen; 
ihon deswegen, weil im Feldzuge Viele mit der Köhle⸗ 
rei praktiſch vertraut geworden ſind, während es früher 
an eingearbeiteten Leuten oft völlig fehlte. Auf die 
Bedeutung beſtimmter Holzkohlenſorten für einzelne 
Zweige unſerer Metallinduſtrie näher einzugehen, ver⸗ 
bietet hier der Raum. Jedenfalls würde für unſere 
Schutz⸗ und Trutzrichtung ein Wiederaufleben heimi⸗ 
ſcher Köhlerei unentbehrlich werden, falls Deutſchland 
oder auch Mitteleuropa einmal wieder durch fremde 
Mißgunſt blockiert werden ſollte. Ebenſo erſcheint die 
Holzkohle berufen, gegebenenfalls bei ſtockender Brenn⸗ 
ſtoffverſorgung der Städte und Induſtrieorte zum Er: 
ſatze beizutragen. In der konzentrierten Form von 
Kohle findet ein Teil des in den Waldgebieten über⸗ 
reich vorhandenen geringen oder abfallenden Holzes 
noch am ebeften den Weg zur Stadt!). Die Gewin⸗ 
nung dieſes Brennſtoffes erfordert überdies verhältnis- 
mäßig wenig junge (anderweit beſſer verwendbare) 
Arbeitskräfte; auch der anteilige Verwaltungsaufwand 
ift ſehr mäßig. Uebrigens eignet fich die Meilerköhlerei, 
wie ich in Süditalien Häufig beobachten konnte, oft 
ſehr gut dazu, von einem Familienvater mit Frau 
und Kindern betrieben zu werden. 

8) Eine ſorgſame und pflegliche Ausnutzung ge- 
eigneter Torfmoore wird gleichfalls dazu beitragen, 
unſere Volkswirtſchaft in außergewöhnlichen Zeiten zu 
entlaſten?). Stein: und Braunkohle erfordert hohe 
Leiſtungen an Verwaltungstätigkeit und Menſchenkraft, 
an Grubenholz und Waggonraum. Es gilt, dieſe 
Leiſtungen, wo dies für die Geſamtheit nötig iſt, ein⸗ 
zuſchränken, indem vorwiegend und zuerſt nur die wid): 
tigſten Gewerbe ſowie der Bahn- und Schiffsverkehr 
mit den hochwertigſten Brennſtoffen verſorgt werden. 
Ergänzend greift dann eben die Nutzbarmachung aller 
ſonſtigen im Boden und in den Holzbeſtänden ſchlum⸗ 
mernden Brennſtoffe ein. 


1) Vgl. auch die Vorſchläge unter 5). 

2) Auch die Brauchbarkeit des Torfes als Stroherſatz im 
Stalle ſowie als Faſerſtofferſatz für Pappen und Gewebe ver⸗ 
dient Beachtung. 


y) Hinſichtlich folder Brennhölzer, die nicht in 
nächſter Nähe des Waldes verwendet oder verkohlt 
werden können, erwachſen uns beſondere Aufgaben. 
Oft beſteht das Mißverhältnis, daß einerſeits im Walde 
Ueberfluß an Hölzern und Holzabfällen herrſcht, die 
lediglich zu Brennzwecken taugen, aber nicht zum vollen 
Werte abſetzbar ſind, und daß anderſeits die vom 
Wald entfernten Ortſchaften und Induſtrien ihr Brenn⸗ 
holz nur ſchwer und zu hohen Preiſen erhalten. Dieſes 
Mißverhältnis läßt ſich vielleicht durch Bahntarifbe⸗ 
ſtimmungen mildern, teilweiſe wohl auch durch zeitge⸗ 
mäße Handhabung des alten Syſtems der ſtädtiſchen 
Holzhöfe. Den wichtigſten Ausweg aus dieſer Schwierig: 
keiten aber erblicke ich darin, daß alles Brennholz (ſo⸗ 
weit es nicht den rein örtlichen Bedarf zu decken hat 
und ſoweit eine Vertriftung nicht in Frage kommt) 
ſchon im Walde oder wenigſtens bei der erſten Ver⸗ 
ladeſtelle möglichſt in ofenfertige Stücke zerkleinert 
wird. Hierdurch erreicht man raſche Gewichtsvermin⸗ 
derung, gute Ausnutzung des Waggon⸗ oder Kahn⸗ 
raumes und Verwendbarkeit zahlreicher kleiner Abfälle, 
die bei den jetzigen Waldſortimenten des Brennholzes 
häufig ſelbſt von den Leſeholzholern nicht reſtlos aus⸗ 
genutz werden. Das Brennholz des entlegenen Schlages 
erreicht auf dieſe Weiſe bereits als völlig verbrauchs⸗ 
fertige Ware unter angemeſſenen Frachtkoſten den 
großen Markt; auch die Geſamtarbeit für Herſtellung 
der Ware (Sägen, Spalten. Aufſchichten uſw.) verein⸗ 
facht ſich etwas. Herſteller und Verbraucher haben 
Gewinne hiervon. 


Selbſtverſtändlich wird ein geſunder Zwiſchenhandel 
bei dieſem Verfahren ebenſo unentbehrlich bleiben wie 
bisher. Bei großen Schlägen wird gegebenenfalls der 
Zwiſchenhändler ſchon im Walde das ausfallende Brenn⸗ 
holz in zerkleinertem Zuſtande aufbereiten. Oder der 
Waldbeſitzer liefert an den Zwiſchenhändler zerkleinertes 
Brennholz (frei Waggon Abgangsſtation). Für dieſe 
und andere Löſungen der Frage bietet die Praxis be⸗ 
reits Vorgänge. Die Lohnberechnung und überhaupt 
die geſamte Kalkulation der Wertung und Anfuhre 
beſtimmter Mengen von gebrauchsfertig zerkleinertem 
Brennholze iſt nicht ſo ſchwierig, als man zunächſt 
denken möchte. Brauchbare Erfahrungszahlen für dieſe 
Berechnungen müſſen durch örtliche Unterſuchungen be⸗ 
ſchafft und verbeſſert werden. Bei der Meſſung kann 
man nach Raummaß, Hohlmaß oder Gewicht vor⸗ 
gehen. Raummaß kommt u. a. in Betracht für die 
durch Kettenpreſſen oder ſonſtwie hergeſtellten Holz⸗ 
bündel, ähnlich wie ſie in der Holzinduſtrie als gut⸗ 
bezahltes Abfallſortiment hergeſtellt werden. Hohlmaß 
findet Anwendung in Form von Säcken, Drahtkörben, 
Käſten uſw. Auch die manchmal ſehr gut durchführ⸗ 
bare unmittelbare Beladung des Bahnwaggons oder 


90 


des Kahnranmes gehört hierher. Meſſung nach Ge 
wicht dürfte (nach Erfahrungen aus der Holzinduftr: 
zu ſchließen) unter Umſtänden empfehlenswert fein, jc: 
bald wir über einwandfreie Methoden zur Perit: 
ſichtigung des Austrocknungsgrades verfügen werden. 
Marktgerechte, ſorgſame Orientierung und Ar: 
paſſung an örtliche Verhaltniffe ift natürlich auch bei 
dieſer Form der Brennholzgewinnung unerläßlich. 
J) Die Brennholzverſorgung Deutſchlands und ſeiner 
wirtſchaftlich Verbündeten bietet noch ein weiteres Pro⸗ 
blem. Bei Kohlenmangel und Transportſchwierigkeiten 
wird man hier und da vorübergenhend auf firer 
Berwendung von Brennholz zurückgreifen müfſen. 
Für ſolche Fälle dienen die mehr oder wenige 
ausſchließlich der Brennholzzucht gewidmeten Wal: 
flächen als wertvolle Reſerven. Namentlich die n 
Ausſchlagbetrieben bewirtſchafteten Flächen Heiner X 
figer ſollten gelegentlich auch von dieſem Standpuntt 
aus betrachtet und gewürdigt werden. Und wenn mı 
bei der fo wichtigen Nutzbarmachung kleiner Oedlände 


reien im landwirtſchaſtlichen Gelände häufiger auf di 


Begründung von Niederwald zukommen müſſen, io i 
hierbei unter anderem ſchon die Schaffung von Vrer: 
holzreſerven bedeutungsvoll für die Allgemeinheit ud 
der Unterſtützung wert. Hierbei braucht wohl mi 
betont zu werden, daß wir auch den Nußholgertra 
des kleinbäuerlichen Brennholzwaldes, foweit irgend 
möglich, zu heben beſtrebt fein müſſen. 


(Schluß folgt.) 


Aufgaben der deutſchen Forſtwirkſchaft 
nach dem Kriege.“) 
Von Dr. Künkele, Kgl. Forſtmeiſter zu Elmſtein, Bil — 
3. Zt. Hauptmann und Adintant. 

Die Aufgaben der Zeit nach dem Kriege jezt Ihr 
zu erkennen, ift ſchwer; nur vermuten kann man It: 
fie jetzt feftzulegen, wäre zwecklos. Sie find abhin: 
von der Art des militäriſchen, politiſchen, wirtſcaer 
lichen Kriegsausganges. 

Geheimerat Rieper, M. d. R., nennt“ „t 
denspanik“ die Unordnung, die entftünde, wenn nt: 
ſchon während des Krieges rechtzeitig dr! 
Friede ebenſo vorbereitet würde, wie mi 
mitten im Frieden den Krieg vorbereiten muß, I 
der Kriegspanik vorzubeugen. Er ſchildert die andi 
falls unvermeidlich nach Kriegsende eintretenden nu 


1) Ein ähnliches Thema behandelt der vorhergehende Auf 
von A. Müller, jedoch von anderen Gefidtäpunften arte 
hend. Es wird die geehrten Refer intereſſteren, biefe zeugen: 
Betrachtungen kennen zu lernen. Vielleicht knüpfen ant 
daran an, was dankbar zu begrüßen wäre. D. Red. 


2) Deutſche Revue, 1917, S. 32. 


91 


Störungen der Rohſtoff⸗ und Nahrungsmittelverforgung, 
des Arbeits⸗, Frachten⸗ und Geldmarktes. Um ihnen 
zu begegnen, iſt neuerdings die „Reichsſtelle für 
die Uebergangswirtfchaft' geſchaffen; fie ſoll 
den „ ſtaatsſozialiſtiſchen“ Kriegsbetrieb möglichſt raſch, 
geſchickt und ſchmerzlos in das freie Kräfteſpiel der 
Triedenswirtſchaft überleiten, gegebenenfalls unter Er: 
haltung, Um⸗ oder Ausgeſtaltung jener Reichseinrich⸗ 
tungen und amtlich geförderten Einkaufs⸗, Erzeugungs-, 
Verteilungsgeſellſchaften uſw., die dauernd wertvoll 
eiſcheinen. 

Wie das Alles und was noch Alles hierin kommen 


wird, das weiß niemand. Dieſes Dunkel der nächſten 


Zeit darf aber nicht hindern, muß vielmehr gerade 
mit Macht antreiben, daß auch wir Forſtmänner 
uns jetzt ſchon und ſoweit möglich mit die 
ſen Fragen beſchäftigen. Nur dann haben wir 
Ausficht, diefe große Aufgabe nach Zahl und Art, 
Dringlichkeit, Umfang, Gewicht, Lösbarkeit und Zu⸗ 
ſtändigkeit der Einzelfragen denkbar gut zu erfaſſen, 
durchzudenken, und — ſo weit, gut und raſch es an 
uns liegt — ihrer Löſung zuzuführen. 


1. Die Reinertragsfrage. 


Mit ihr ſei begonnen, weil ſie grundlegend iſt. 

Noch in unſer aller Erinnerung iſt die vierzigjährige 
Fehde und ihr allmählicher Abklang, die. über den 
jorftliden Reinertrag ſeit Preßler entbrannt war. 
Sie trennte faſt nach Art von Glaubensbekenntniſſen 
die beiden „Schulen“ in der Forſtwirtſchaft ſo lange, 
bis die abgeklärte Richtung der Bodenreinertragswirt⸗ 
ſchaft nicht ohne das weſentliche Verdienſt von Mar⸗ 
tin in der Praxis des deutſchen Forſtweſens immer 
mehr zum Siege und in der bayr. F. E. A. v. 1910 
amtlich zur Anerkennung gelangte. 

Dem praktiſchen Ergebniſſe nach deckt ſich zwar 
dieſe abgeklärte Richtung beiläufig mit dem „volks⸗ 
wirtſchaftlichen Reinertrag“, der im Sinne von Marx 
(bzw. Borggreve) die gemeinwirtſchaftliche Auf: 
faſſung der privatwirtſchaftlichen gegenüberſtellte und 


demgemaͤß jene Erzeugungskoſten (z. B. Arbeitslöhne) 


außer Anſatz ließ, die keine offene Verminderung des 
derzeitigen Volksvermögens oder Volkseinkommens dar⸗ 
ſtellen. Dieſe Betrachtungsweiſe hat ſich jedoch als 
unhaltbar erwieſen. Ney hatte befürwortet, daß die 
nationale Arbeitsmenge und Werterzeugung das Höchſt 
maß erreiche. Er war damit ſeiner Zeit vorausgeeilt. 

Nun hat der große Krieg den „geſchloſſenen Han⸗ 
delsſtaat“ (Fichte 1800) in gewiſſer Hinſicht ver⸗ 
wirklicht. Auf wie lange, das wiſſen wir nicht. Jeden⸗ 
falls hat er durch Rathenau den Leitſatz geprägt: 
Wirtſchaft iſt nicht mehr Sache des Einzelnen, ſondern 


der Gemeinſchaft, nicht mehr eigene Angelegenheit, 


ſondern res publica“. — Die Wirtſchaft aller im 
Staate oder Staatenbund zuſammgefaßten Volksglieder 
muß alſo künftig noch zielbewußter als bisher ſo ge⸗ 
leitet werden, daß der Reinertrag der ge: 
ſamten Wirtſchaft des Staatenbundes 
dauernd den Höchſtbetrag erreicht. Dieſe Leitung muß 
dort, wo der ſelbſttätige natürliche Wettbewerb nicht 
ausreicht, durch Maßnahmen der Geſetzgebung oder 
Verwaltung erſtrebt werden. 

Iſt die Forſtwirtſchaft bisher ſchon von ſolcherlei 
Maßnahmen (Holzzölle, Frachttarife, Waldbeſteuerung, 
Waldſchutzgeſetze uſw.) betroffen worden, ſo werden 
künftig vielleicht noch einſchneidendere Beeinfluſſungen 
nötig ſein, z. B. bezügl. Flurbereinigung, Forſtrechts⸗ 
ablöſung, Einſchlag oder Anzucht beſtimmter Holzarten 
oder Sortimente, Rodungsgebote, Aufforſtungsverbote 
uſw. Dabei wird man zu ſorgen haben, daß der alte 
Polizeiſtaat nicht wieder auftaucht und daß die Unter⸗ 
nehmungsluſt nicht zu Schaden kommt. 

Der vorerwähnte Leitſatz von Rathenau!) be⸗ 
deutet nichts anders als: Hauehalten mit Kraft, 
Stoff und Kapital innerhalb des Wirt⸗ 
ſchaftsverbandes! Nichts vergeuden, alles er⸗ 
ſchließen, richtig verteilen, zur einheitlichen und höchſten 
Wirkſamkeit bringen! — Wir werden dieſen Gedanken 
im Nachfolgenden allenthalben begegnen. 

Sie ſind gleichbedeutend mit dem, was den preu⸗ 
ßiſch⸗deutſchen Staat werden und gedeihen ließ in 
ſeiner dauernden Hochſpannung zwiſchen äußerer Lage 
und innerem Vermögen, gleichbedeutend mit der „preu: 
Biden Prägung“, mit der ſteten Anfpaunung aller 
Mittel zur gemeinſamen Höchſtleiſtung. 

In der Reinertragsfrage aber handelt es ſich nach 
wie vor darum, die Wirkung wirtſchaftlicher Maß— 
nahmen rechneriſch abzuwägen, allerdings unter mög— 
lichſter Berückſichtigung der in den natürlichen Wett⸗ 
bewerb eingreifenden Staatsnotwendigkeiten. Denn 
hier, wie in jedem Organismus, iſt das Ganze mehr 
als die Summe ſeiner Teile. 


2. Der forſtliche Zinsfuß. 

Die Geſtaltung des europäiſchen Holz-, Arbeits- 
und Geldmarktes im Kriege und noch für lange Zeit 
nachher iſt von unſeren früheren Rechnungsunterlagen 
ſo verſchieden, daß ſie alle überm Haufen liegen. Das 
ſcheint alle Vorausſagen, Vorausrechnungen und 
finanziellen Abwägungen unmöglich zu machen. Es 
iſt aber nicht ſo; bei der Länge der forſtlichen Er⸗ 
zeugungszeitdauer ſind ſelbſt ſo gewaltige Störungen 
wie dieſer große Krieg doch nur Zwiſchenereigniſſe 
und ſie beeinfluſſen den „forſtlichen Zinsfuß“ unſerer 


1) Walther Rathenau, Probleme der Friedens wirtſchaft, 


Berlin 1917 (75 Pfg.), S. 28. 


92 


Finanzrechnungen nur im Rahmen der Zinsfußent⸗ 
wicklung innerhalb der Umtriebszeiträume. 


3. Die Vorratsfrage. 


Vor dem Kriege hatten wir in Deutſchland be⸗ 
kanntlich eine Holz meh r einfuhr, die etwa ein Drittel 
unſerer Erzeugung betrug. Der Krieg hat dieſen 
Holzhunger Deutſchlands noch vermehrt. Trotzdem 
würde ſelbſt ein zwanzigjähriger Krieg keine Holznot 
(im ganzen geſprochen, von beſtimmten Sortimenten 
freilich abgeſehen) entſtehen laſſen, weil die Eigenart 
der forſtlichen Wirtſchaft davor ſchützt, bei der ſchon 
das halbreife Erzeugnis viele Zwecke des vollreifen 
zu erfüllen vermag. Wir haben alſo bei der Forſtwirt⸗ 
ſchaft ſchon aus Betriebsnotwendigkeit dauernd jene 
Vorratsanhaͤufung eines mehrjährigen Jahresbedarfes, 
wie wir ihn jpäterhin für künftige Kriegsgefahr in 
allen Bannwaren ſtändig bereit halten müſſen, für 
deren Bezug wir im Frieden auf erhebliche Mehrein⸗ 
fuhr angewieſen ſind und die ſich nicht durch verfüg⸗ 
bare Erſatzſtoffe vertreten laffen. Holz⸗notvorräte („Re- 
ſervefonds in natura“) brauchen wir alſo der Kriegs⸗ 
zeiten wegen nicht anzulegen, ſofern wir nur für Anzucht 
verſchiedenartiger Holzarten und Sortimente ſorgen. 
Andererſeits wollen wir dankbar dieſer Eigenart der 
forſtlichen Wirtſchaft gedenken, ohne die uns das Fehlen 
eines in Maſſen nötigen Rohſtoffes ſehr bald hätte 
mattſetzen können. 


4. Rodung und Aufforſtung. 

Vom Standpunkt der Kriegs wirtſchaft aus 
iſt alſo Deutſchland überreich bewaldet. Anderſeits 
hat ſich unſer Acker⸗ und Weideland als zu knapp er⸗ 
wieſen und zwar zum Teil auch deshalb, weil nam⸗ 
hafte Ackerbauflächen gewiſſermaßen dem Ueberfluß dienen 
(Tabak, Hopfen, Wein) Dazu kommt, daß die gleiche 
Landfläche durch Ackerbau den etwa 4 fachen Boden- 
reinertrag gegenüber der forſtlichen Bewirtſchaftung ab⸗ 
wirft, und daß ſchon etwa 1 ha Gartenland und 5 ha 
Landwirtſchaft, aber erſt etwa 50 ha Wald für je eine 
Familie volle Arbeit und vollen Lebensunterhalt bieten. 
Durch Innenanſiedlung in zeitgemäßen Beſitzformen, 
ſowie durch Verbeſſerung ihrer Wirtſchaft und durch 
Neulandgewinnung aus Mooren und Oedfläͤchen ift 
die Landwirtſchaft ſchon im Gebiete des alten Deutſch⸗ 
land vor ſo große Aufgaben geſtellt, daß ſie der bereits 
Wald tragenden Böden zunächſt nicht allerwärts dringend 
bedarf. 

Dennoch wird es nötig fein, alle Waldböden ), 
die für Ackerbau dauernd gut geeignet und für den 
Forſtbetrieb nicht unumgänglich als Wald nötig ſind, 
der Landwirtſchaft zuzuführen. Dies ſoll natürlich 


1) Gleichgültig, ob im öffentlichen oder privaten Eigentum. 


` 


nicht mit erheblichen Zuwachsverluſten durch vorzeitigen 
Abtrieb, ſondern im Laufe eines Umtriebszeitraumez 
geſchehen und jedesmal nur nach ſorgfältigen ſtandört⸗ 
lichen und wirtſchaftlichen Erhebungen und Abwägungen. 
Es iſt jedoch zweifellos, daß ſolcher Wechſel der Kultur⸗ 
art in ſehr zahlreichen und ſehr ausgedehnten Fallen 
nach dem Kriege an uns herantreten und im Laufe 
der Zeit auch möglich fein wird. Vorher aber müſſen 
wir über die Grundſätze bei der Rodung zu Acker⸗ oder 
Weideland mit uns im Reinen fein’). 

Auf die Beſiedlung ſolchen Neulandes werden wir 
bei Abſchnitt 12 zurückkommen. 

Einiger Erſatz hierfür an Waldfläche kann durch 


raſchere Aufforſtung geeigneter Oed⸗, Heide, Moor: 


— —— Ü— ²wö.ä—.——dẽ——ũ—ü— ä —'iẽä— — : ũ᷑ ͤ— — 4 ——ᷣÄ ——— —Eä—Ü . — 


und Weideflächen gewonnen werden. 


5. Holzartenwahl. 

Zu den wichtigſten waldbaulichen Aufgaben gehört 
die Wahl der ſtandörtlich richtigen Holzart; „Rand: 
örtlich“ im Sinne der natürlichen wie wirtſchaſtlichen 
Beſtimmungsgründe. 

Die Schwierigkeit der hierfür erforderlichen fnar: 
ziellen Abwägung einerſeits und die auf vielen Start: 
orten beſtehende ausſchließliche Geeignetheit für em 
oder wenige beſtimmte Holzarten anderfeits laſſen in 
der Praxis diefe Aufgabe meiſt nicht in der Schärfe 
hervortreten, die ihrer Bedeutung für den finanziellen 
und volkswirtſchaftlichen Erfolg unſerer Wirtſchaſt an: 
gemeſſen wäre. 

Dazu kommt noch ein Weiteres. Als auf der bay. 
Forſtverſammlung zu Neuſtadt a. H. 1913 unier 
Wirtſchaftsziele von mir ,unfider” genannt wurden, 
begegnete ich lebhaftem Widerſpruch. Der Krieg bil 
aber die „Unſicherheit der forſtlichen Bitt: 
ſchaftsziele“ raſch und kräftig beſtätigt. Ich er: 
wähne nur die Not an Gerbſtoffen, Gewehrſchaft 
holz), Pflockholz (für Schuhholzſtifte), an Oel un 
Fett, an Harzen, an Nahrungs: und Futtermittel 
uſw. Auch die forſtlichen Wirtſchaftsziele unterliegen 
den allgemeinen Geſetzen der Entwicklung und fd 
nicht Selbſtzweck'). 

Dieſe Unſicherheit der Vorausſicht über den volfi 
wirtſchaftlichen Zukunftswert der einzelnen Holzarten 
und Holzſortimente war ſchon vor dem Kriege au 
der raſchen Entwicklung der Technik zu ſchließen und 


1) Weiteres in Martins Statik, Bd. I. S. 237. 

3) Zum Erſatz der Nußbäume in Deutſchland, die bung 
den Krieg faſt aufgebraucht find, wurde auf meine Amen 
von meinem Nachfolger zu Forſthaus Langenberg (Pfali ul 
der Züchtung einer froſtharten, ſomit auch zur Fork | 
verwendbaren Spielart der Walnuß begonnen. Carya- 
bäume werden ja ſchon lange forſtlich bei uns angebert. 

e) Der Juſtiz geht es übrigens genau ſo. mit ihren Reit 
ſätzen, die der fortſchreitenden Entwicklung ſtändig nachhiun 


brachte damals {don viele Forſtleute mit Recht dazu, 
grundjäßlich jeweils diejenigen Holzarten zu bevorzugen, 
welche den natürlichen Standortsbedingungen jeweils 
am beſten entſprachen und ſomit örtlich das beſte Ge⸗ 
deihen erwarten ließen. Dabei haben Bodenpflege 
(Rotbuche, Weißtanne) ſowie Seltenheitswert und 
„Nutzholz“ tüchtigkeit (z. B. Eiche, Eiche, Hainbuche, 
Roterle, Birke) beſondere Berückſichtigung zu finden. 

Dieſer, an ſich einfach⸗ natürliche, unter dem 
Einfluß von Schul⸗ und Modebeſtrebungen oder unter 
der Macht des Gewohnheitsmäßigen zurückgedrängte 
Grundſatz führt notwendig zu gefunden und viel- 
ſeitigen Holzartenmiſchungen und begegnet 
der Unficherheit unſeres Zukunfterfolges am beſten. 
Er muß nach dem Kriege noch viel ſtärker betont und 
durchgeführt werden. Seine Durchführung bei Ver⸗ 
jüngung und Beſtandspflege wird uns in zukünftigen 
Kriegen vor der Not an beſtimmten Holzarten mög⸗ 
lichſt bewahren. 


6. Die Betriebsart. 


Dem Wechſel der Wirtſchaftsziele im Walde unter⸗ 
liegt auch die Betriebsart. Wer kann heute ſagen, ob 
nicht künftig aus Gründen der Volksernährung auch 
„Nährſtoff⸗Forſtwirtſchaft“ getrieben werden und wie 
dieſe dann geſtaltet ſein muß? Ich erinnere nur an 
die Gewinnung von Zucker und Alkohol aus Holz.“) 

Ob man nicht künftig Pilze, Beeren?) und andere 
Nähr⸗ und Futtermittel von Berufswegen im Walde 
nicht nur gewinnt, ſondern förmlich züchtet? Ob man 
nicht noch viel weitergehende Zugeſtändniſſe an die 

eineren Landwirte wird machen müſſen als bisher 
und ob man dann aber auch endlich durchſetzt, daß 
der Gelderlös hieraus wieder dem Walde in Form 
von Bodenbearbeitung, Düngung uſw. werklich zugute 
kommen darf? All das find Zukunftsfragen, die ſehr 


98 


nahe liegen, brennend werden und uns bereit finden Fu 
Verkaufsberatung iſt ein Hauptziel der „Geſchäftsſtelle 


ſollen. 
7. Die forſtliche Erzeugung. 

| Wie in ber geſamten Rohſtoffwirtſchaft, fo it auch 
im Forſtweſen die Hebung der Erzeugung auf 
die Höchſtleiſtung Deutſchlands eine unſerer künftigen 
Friedensaufgaben. Mit der Forderung nach noch 
ſchärferer Anſpannung aller Kräſte haben auch die 
mannigfachen, hierauf bezüglichen forſtlichen Verwal⸗ 
tungs⸗ und Betriebsfragen der Zeit vor dem Kriege 
für die Zukunft an Bedeutung noch gewonnen. 


1) Jetzt bedauern wir, daß durch die Branntweinſteuer⸗ 
geſete in Deutſchland die induſtrielle Verwertung dieſer Ere 
findung unterdrückt wurde. 

) Bgl. Wappes in Silva 1916, ferner Borgmanns aus 
ſammenfaſſende Darſtellung über „die Mitwirkung der deutſchen 
Forſtwirtſchaft an der Volksernährung im Kriege“ in Thar. 
forſtl. Jahrb. 1916, S. 367. 

1917 


8. Holzverkaufswefen. 


Der außerordentliche Verbrauch an Pferden und 
die Schwierigkeit des Pferdeerſatzes wird noch viele 
Jahre nach dem Kriege die jetzige Notlage in der 
Holzverbringung vom Forſtort zum Bahnhof weiter⸗ 
beſtehen laſſen. So iſt denn auch ſicher, daß die 
Schöpfungen der Kriegszeit, mit denen dieſe Holzfuhr⸗ 
not da und dort von beweglichen Beamten, Waldbe⸗ 
ſitzern oder Holzkäufern bekämpft wurde !), großenteils 
fortbeſtehen bleiben. Ja, es werden immer mehr Wald⸗ 
beſitzer und Beamte zur Erkenntnis kommen, daß die 
Anfuhr im Betriebe des Waldbeſitzers ermöglicht 
werden muß und durchaus auch im Nutzen des Wald⸗ 
beſitzers liegt, der damit den Kreis feiner Abnehmer 
außerordentlich erweitern und dieſen die Preisberechnung 
ſicherer geſtalten kann. Der Wert guter Holzabfuhr⸗ 
wege wird dann auch im Frieden ſo finnfällig bleiben, 
wie er jetzt iſt. 


Eine weitere weſentliche Verbeſſerung im Holzver⸗ 
kaufsweſen wird dem Verkaufsverfahren gewidmet 
ſein; hier wird die Einführung des Verkaufs im münd⸗ 
lichen Abſtrich (Ney) oder im ſchriftlichen Verfahren 
immer mehr zur Notwendigkeit, je mehr fih die Käufer 
zu Einkaufsgruppen oder feſten Vereinigungen zuſam⸗ 
menſchließen, ein durch die Erſcheinungen der Kriegs⸗ 
wirtſchaft und ihre Folgen noch beſonders geförderter 
Entwicklungsvorgang. 


Dieſen Käufervereinigungen gegenüber müſſen die 
Waldbeſitzer endlich, trotz aller kleinen Gegenſäͤtzlich⸗ 
keiten, ſich auch noch zu anderen gemeinſamen Ab⸗ 
wehrmaßregeln (z. B. Gegenringe) bereit finden, ins⸗ 
beſondere auf dem Gebiete der Verkaufsberatung. Daß 
eine notwendige Unterlage dieſer die Verkaufsſtatiſtik iſt 
und eine Vorbedingung der letzteren eine möͤglichſt ein- 
heitliche Holzſortierung, ift ſelbſtverſtändlich.?) Solche 


für Kriegswirtſchaft“ des Forſtwirtſchaftsrates. Ander⸗ 
ſeits nutzt der Staatswaldbeſitz ſeine Vormachtſtellung 
auf dem Holzmarkt noch faſt gar nicht aus, und zwar 
nicht nur aus gemein⸗wirtſchaftlichen Gründen. — Die 
Neuordnung unſerer Rohſtoffverſorgung nach dem 
Kriege (Einfuhrbanken. Monopole, Verteilungsſyndi⸗ 
kate?) wird auch das Holzverkaufsweſen vor neue, 
große Aufgaben ſtellen. 


1) Val. Stamminger in Silva 1916 und 1917. 


2) Vol. Künkele, Beiträge zum forſtl. Wertszuwachs, 
F. Bol. 1918, S. 497, Ziff. 4. — Teil I dieſer Arbeit weiſt 
nach, in welchem Maße für Wertbildung und Stammholz⸗ 
ſortierung der einzelnen Holzarten die Stärke, Güte und Länge 
entſcheidend find. Die preuß. Sortierung nach Feſtgehalt ent⸗ 
ſpricht dieſen Maßgaben nur ganz ungenügend. 


13 


9. Grenzgebiete des Forſtweſens. 
a) Holzverkehrspolitik. 

Welche Bahnen die deutſche Zollpolitik nach Außen 
und die Frachttarifpolitik im Innern zum Wohle des 
Ganzen wird einſchlagen müſſen, it noch gar nicht ab- 
zuſehen. Nur ſoviel ift heute ſchon zu erkennen, daß 
der Krieg die ſchon früher von großen Fürſten, Staats⸗ 
männern und Heerführern wohl erkannte, und von An⸗ 
deren immer wieder verkleinerte Bedeutung des Kanal: 
weſens für die Geſamtwohlfahrt beſonders ſinnfällig 
gemacht hat. Und ſchon hat die bayer. Regierung die 
Folgerung hieraus herzhaft in die Tat umzuſetzen be⸗ 
gonnen. — Zur Waſſerverfrachtung eignen ſich natur: 
gemäß die ſchweren Rohſtoffe (Steine, Kohlen, Holz, 
Eiſen) am meiſten. 


b) Wildbachverbauung, Stauwerke, Stromregelung. 


Dieſe Gebiete der Waſſerbewirtſchaftung ſind eben⸗ 
falls durch den Krieg noch mehr in den Vordergrund 
getreten. An ihrem Ausbau hat die Forſtwirtſchaft 
nicht nur ſtillen Anteil, ſondern in hohem Maße ſelbſt⸗ 
tätig mitzuwirken. — Im Gegenſatz zu uns haben 
die Fachgenoſſen in Oeſterreich, Schweiz und Frank⸗ 
reich zum Nutzen der Sache es verſtanden, bei einem 
Großteil dieſer Kulturwerke die Führung in der Hand 
zu behalten, ſtatt, wie das in Deutſchland geſchah, die 
zweite oder dritte Rolle übernehmen zu müſſen. 


c) Waldſchutz. Schutzwald, und Alpweidewirtſchaft, 
Moorkultur und Oedlandaufforſtung, Naturpflege 
und Vogelſchutz. 


Hier gilt wörtlich das Gleiche wie im vorletzten 
Satz. Sehen wir zu, daß wir nicht immer wieder 
vor verſäumten forſtlichen Gelegenheiten ſtehen und uns 
nicht weiterhin ſolche Grenzgebiete der forſtlichen Be⸗ 
tätigung eins nach dem anderen aus der Hand gleiten 
laſſen müſſen. 


10. Landesverteidigung. 

Die Mobilmachungsvorarbeiten der Forſt— 
verwaltungen vor dieſem Kriege haben auf den Be: 
amten, der mit der militäriſchen Kriegsvorbereitung 
einigermaßen vertraut war, immer ſehr unbefriedigend 
gewirkt; waren es auch, wie ſich gezeigt hat. Man 
wird künftig die wirtſchaftliche und zivilſtaatliche Mobil⸗ 
machung gleichgut vorbereiten wie die militäriſche. 

Die wichtigſte Kriegsvorbereitung in Heer und 
Flotte iſt die Schaffung des „guten Geiſtes“ in Offizier⸗ 
korps und Mannſchaft, und die beſte Mobilmachungs⸗ 
vorarbeit im Beamtentum wie in der Staatswirtſchaft 
überhaupt iſt die Förderung der tüchtigen Kräfte und 
die Schaffung jener Beweglichkeit, Anpaſſungsfähigkeit 
und »willigkeit, wie das bereits eine Beſonderheit un- 
ſerer Induſtrie iſt und ſich als ſo ſegensreich erwies. 


94 


Erſt in zweiter Linie kommen die übrigen Perfonal: 
und die Materialfragen. Dieſer „gute Geit” in Be: 
amtenkörper und Staatswirtſchaft wird uns beim Ab. 
ſchnitt 14 weiter beſchaͤftigen. 

Ins Einzelne gehende Erörterungen über künftige 
„Mob.⸗Vorarb.“ der Forſtverwaltungen find nicht am 
Platze. Diesbezüglich genügt es, auf eine Abhandlung 
von Dr. Wappes zu verweilen in Silva 1915 S. 13 ff., 
gegliedert nach 

1. Der Wald als Kampfgelände 

2. Forſtbetrieb und Kriegsmaterial 

3. Der Forſtmann als Soldat 

4. Der Forſtmann als milit. Erzieher. 

Dieſe Arbeit, ſowie im Anſchluß daran erſchienene 
Ausführungen von Aſſeſſor Höpffner in Silva 1916 
S. 17 bringen eine Fülle anregender Gedanken über 
unſere Zukunftsaufgaben in obiger Richtung. 


11. Die Kriegsſchäden im Walde. 

Schwer haben die Wälder gelitlen, die im Rampi: 
gürtel gelegen find Eine Längenausdehnung von 
mehreren Tauſend Kilometern nehmen unſere Fronten 
in Weft, Oft, Südoſt und Süd ein, und viele Rilo: 
meter Breite. Mit Schußfeld⸗Durchhieben von mid: 
tigen Abmeſſungen begann es, rückſichtsloſe Brennholz 
hiebe und Ausholzungen nach den Starkſtaͤmmen für 
Blockhaͤuſer, Unterſtände, Verkehrsbauten uſw. folgten 
und mit völliger Vernichtung im Streu-, Sperr- und 
Minenfeuer endete ſchließlich der Wald als jammer⸗ 
volles Trümmer: und Leichenfeld. 

Wehmutsvolle Aufforſtungsarbeiten ſtehen da bevor, 
manche mühevoll, fhul- und ſtandorte gerecht heraus: 
gearbeitete und hoffnungsvolle Schlagſtellung iſt nun 
für immer verhauen, die ſchönſten Stangenhölzer find 
durch die Hartmantelgeſchoſſe und Eiſenſplitter für 
immer entwertet. Da wird es an einem Orte zur 
Heilung einen „Schnitt bis aufs geſunde Fleiſch“ er: 
fordern, an anderer Stelle geduldiges Zuwarten, wo 
die Zeit die Wunden heilen kann. 

Aber auch in der Heimat, fern vom Kampf 
getümmel, hat der Wald im Kriegsdienſte bleibende 
Narben davon getragen. Da hat der Mangel an 
Geld und Arbeitskräften zu ausgedehnten Bernady 
läſſigungen im Kultur- und Wegbaubetriebe und in 
der Beſtandserziehung geführt, haben die zwingenden 
Notwendigkeiten des Kriegsbedarfes und die Abfuhr: 
ſchwierigkeiten Verſtöße gegen Betriebsregelung, Hiebe 
führung und Faäͤllungsvorſchrift hervorgerufen, die in 
Friedenszeiten den Verluſt von Amt und Würden en 
gebracht hätten, haben die Ausdehnung alter und die 
Einführung neuer Nebennutzungen, ſowie manche 
ſchweren Freveleingriffe dauernde Beſtockungsſchdde 
hervorgerufen, find viele Jagden unweidmänniſch be⸗ 
trieben oder audgewildert worden uſw. 


All dieſe „Sünden“ müſſen zumeiſt als Folgen 
ebenſovieler lobenswerten Taten angeſehen werden, durch 
die der betr. Forſtverwalter zeigte, daß er die For⸗ 
derungen des Vaterlandes und der Zeit erkannt und 
den überkommenen, aber im Augenblick der höchſten 
Not veralteten Schulbegriffen und Friedenserwägungen 
vorangeſtellt hat. Umſomehr aber wird die Zeit 
nach dem Kriege uns die Pflicht auflegen, das alles 
wieder, ſoweit möglich, gut zu machen, die Kultur⸗ 
arbeiten und Beſtandspflegehiebe nachzuholen, die ge: 
ſtörte Betriebsordnung ins Geleis zu bringen und die 
gelockerten oder zerriſſenen Bande der örtlichen Dienſt⸗ 
führung wieder feſt in die Hand zu bekommen. 

Hoffentlich ſind dann aber auch die Regierungen 
mit den Volksvertretungen und die übrigen Waldbe⸗ 
ſitzer Willens und im Stande, dieſe Kriegsopfer des 
Waldes anzuerkennen und die Mittel zu ihrer 
Heilung ebenſo bereitzuſtellen wie für die Geſundung 
anderer kriegsbeſchädigter Zweige der Staatsverwaltung. 
Dies Alles umſomehr, als ſehr bald wieder geſteigerte 
Anforderungen an die finanzielle Leiſtungsfähigkeit des 
Waldes zu erwarten ſind. 


12. Invalidenfürſorge. 

Wenn auch der Hauptleitſatz der Invalidenfürſorge 
das Beſtreben iſt, den Kriegsbeſchädigten womöglich 
ſeinem früheren Berufe zu erhalten, ſo gibt es doch 
noch eine ungeheuere Zahl von Fällen, wo wir anders⸗ 
wie ſorgen müſſen und können. 

Zu dieſen Möglichkeiten kann nur in ganz geringem 
Grade die Verſorgung kriegsbeſchädigter Berufsoffiziere 
im Forftweſen gehören. Denn der Forſtmann braucht 
dieſelben körperlichen Fähigkeiten wie die aktiven Offi- 
ziere. Auch frägt es ſich, ob es letzteren lohnt, die 
ſorſtliche Vorbildung in dem vollen Maße zu erwerben, 
das unumgänglich iſt, wenn die kriegsbeſchädigten 
Kameraden nicht als Fachgenoſſen zweiter Güte er⸗ 
ſcheinen ſollen. 

In ungleich häufigeren Fällen wird es möglich 
ſein, ſchreibgewandte, hinreichend begabte Kriegsbe⸗ 
ſchädigte als Forſtſchreiber, Buchhalter, Rendanten zu 
verwenden, umſomehr, als künftig alle zum Dienſt 
im Walde verwendbaren Forſtgehilfen und Förſter uſw. 
auch hierfür voll benötigt ſein werden. 

Ferner gehört dazu die Anlernung und Verwen⸗ 
dung geeigneter Kriegsbeſchädigter als Wegwarte, Obſt⸗ 
warte, Vogelpfleger, Imker, Hühnerfarmer im Walde, 
jowie als ſtändige Vorarbeiter für Forftgartenbetiieb, 
Kultur⸗ und Jungholzpflege. Ich kann mir denken, 
daß geiſtig geweckte und fleißige Invaliden mehrere 
dieſer Berufe, je nach Jahreszeit, miteinander verbinden 
und ſo eine ſehr ſegensreiche Tätigkeit ausüben können, 
deren finanzielle Sicherung in ihren Arbeitsbeziehungen 


95 


zur Staatsforſtwirtſchaft und vielleicht in einem kleinen 
Vertragsverhältniſſe zur ländlichen Gemeinde liegen 
würde. 

Gegebenenfalls würde auch eine Anſiedlung auf ge⸗ 
eigneten Forſtgrundſtücken in Frage kommen, wobei 
man ſich durch die zweifelloſe Zweiſchneidigkeit der 
Sache nicht abſchrecken, durch einzelne Mißerfolge gt 
irre machen laffen darf !). 

Solche Invalidenfürſorge muß eintreten, ſelbſt wenn 
dadurch die Vorrückung von heil gebliebenen Beamten 
oder Arbeitern leiden würde. 


13. Arbeiterfürſorge. 

Dies führt uns über zur Arbeiterfrage im Walde. 
Wie immer dieſe nach dem Kriege liegen wird, jeden⸗ 
falls wird ſie eine Hauptſorge für uns bleiben müſſen, 
und noch viel mehr als früher die Betätigung zeitge⸗ 
mäßer Denkungsweiſe und ſozialer Auffaſſung er: 
fordern. 

Eine glückliche Perſonalpolitik wird manche Neben⸗ 
fragen (3. B. Wildererbekämpfung) erleichtern, die durch 
den Krieg in ihrer Schärfe oder Bedeutung geſtiegen 
find (vgl. auch Abſchn. 12). 

Ganz beſonders wird es gelten, noch viel mehr als 
früher die tüchtigſten Kräfte aus der Arbeiterſchar zu 
erkennen, herauszuheben und „mit geruhſamer Eile“ 
zur Entfaltung zu bringen. In manchem Betriebe 
hat ſich gerade in der Kriegszeit gezeigt, was aus 
einem tüchtigen Vorarbeiter, Rottmeiſter oder Schlag⸗ 
hitter alles herauszuholen ift. 

Die 3 Hauptmittel, der Arbeiternot auf dem Lande 
zu ſteuern, ſind: Ermöglichung genügenden Barlohnes, 
einer geſunden Wohnung und eines kleinen, aber be⸗ 
friedigenden Landbeſitzes. Schon lange haben das die 
Großinduſtriellen, die Berg⸗ und Eiſenbahnverwal⸗ 
tungen erkannt und nach dieſer Erkenntnis mit Erfolg 
gehandelt. Unſere Staatsforſtbetriebe ſind auch auf 
dieſem Gebiete bisher kaum zu beſcheidenen Anfängen 
gediehen. Da wird es gelten, in großzügiger und zu⸗ 
gleich örtlich wohlbedachter Weiſe zuzupacken, ehe wir 
den bereits im Ausſterben begriffenen Stamm und 
Stand ehrenfeſter, holzgerechter Forſtarbeiter ganz aus 
dem Walde „hinaus geſpart“ haben. 

Sobald aber mal unſere Feldgrauen heimkehren, 
muß auch im Walde (Nachholungen!) Gelegenheit zu 
Notſtandsarbeit bereit ſtehen. 


14. Verwaltung und Beamtentum. 
Die hochgetriebene „altpreußiſche“ Sparſamkeit im 
Staatshaushalte, die nach dem Kriege einſetzen muß, 
wird noch dringender als früher zur „Verwaltungs ⸗ 


1) Vgl. Wappes in Silva 1916, S. r, 9. 13. 
13. 


vereinfachung“ ) führen und damit zu noch viel weiter: 
gehenden Zuſtändigkeitsübertragungen von 
oben nach unten. Hat doch der Krieg auch da 
die alten Werte gewandelt und an die Stelle manches 
Amtsvorſtandes einen Aſſeſſor, des Aſſeſſors einen mitt⸗ 
leren Beamten, des mittleren und unteren Beamten 
raſch geſchulte Frauen oder Porarbeiter treten laſſen, 
die oft und bald den meiſt einfacheren Verhältniſſen 
des Kriegsbetriebes hinlaͤnglich gewachſen waren. Und 
ging es hier und da mal holprig, es ging doch und 
es wird ſo auch nach dem Kriege noch vielfach gehen 
müſſen. 

Reißen wir uns los von den Anſchauungen der 
Friedensjahre und geſtehen wir, daß die Arbeit aller 
Dienſtgrade oft bis zur Hälfte an die nächſt untere 
Angeſtelltenklaſſe abgegeben werden kann ohne Schaden, 
ja zum Nutzen des geſamten Dienſtbetriebes. 


Wenn das jetzt unter Waffen ſtehende Geſchlecht 
zurückkommt, voll Schaffensfreude ſür ſeine alte, neu⸗ 
zuordnende Berufsarbeit, dann will es das unter den 
Waffen ihm gegebene Maß von Verantwortung und 
Vertrauen auch weiterhin genießen und wird ſich nicht 
mehr an den oft zu engen Zuſtändigkeiten genügen 
können, die ihm ein Geiſt des Mißtrauens aus ver: 
klungenen Zeiten notdürftig gewährt hatte. Ein Po⸗ 
lizeigeiſt, der von ſeinem Glanze etwas einzubüßen 
fürchtete, wenn der Untergebene in die Höhe ſtrebte, 
während er doch hätte erkennen müſſen, daß die För⸗ 
derung und der Erfolg ſolches Strebens auch ihn 
ſelber erhöht und der Sache nutzt.?) 

Die Abſchiebung von Zuſtändigkeiten nach unten 
wird als Entlaſtung von Kleinkram jeder Stelle durch 
Vertiefung und Erweiterung des Arbeits⸗ und Geſichts⸗ 
kreiſes, ſomit durch allſeitige Dienſtfreudigkeit zu gute 
kommen. Ganz beſonders erfahren dadurch einerſeits 
die Zentralſtellen die gerade hier nötige Befreiung von 
beengender Tretmühlarbeit, anderſeits erreichen die 
Amtsvorſtaͤnde zum Nutzen des Dienſtes die langer⸗ 
ſtrebte Abwälzung des formellen Rechnungsweſens auf 
einen hierfür verantwortlich zeichnenden Forſtſchreiber. 
— Die Folge davon ſoll nicht ſo ſehr eine weſentliche 
Verminderung der Stellen, am wenigſten in den Zen⸗ 
tralbehörden ſein, ſondern die Sicherung ihrer Beweg⸗ 
lichkeit, Großzügigkeit und Tiefe, alſo ihre Freihaltung 
für Verbeſſerungen und Neueinrichtungen. Dann iſt 
zu hoffen, daß man neuen Möglichkeiten künftig nicht 
oft bremſend oder untätig, ſondern noch mehr als 


1) Bgl, Februarheft S. 54. D. Red. 

) Das Gefühl der Mitverantwortlichkeit an der Geſamt⸗ 
leiſtung ſteigert die Einzelleiſtung. „Den Kern der milit. Er⸗ 
ziehung fehe ich im Zuſichheraufheben“ (ein Bayr. Oberſt aus 
der Front an die Frankf. Ztg.). 


96 


bisher aufgreifend und prüfend, vorausſchauend und 
führend gegenübertritt. 

Wenn man dem Wirken des „Militarismus“ nag: 
geht, ſo ergeben ſich 3 Hauptleitſätze in einer Schärfe 
der Ausformung und Verwirklichung, daß ſie ſich von 
der in den Zivilverwaltungen üblichen Dienſtauffaſſung 
weſentlich abheben, nämlich . 

1. Die Hochwertung der Tat gegenüber dem Ge: 
danken („Zögern iſt ſchuldhafter als Fehlgreifen in der 
Wahl der Mittel“ und „allemal zuerſt attakieren“). 

2. Das Höhftmaß der Anforderungen führt zum 
Höchſtmaß der Leiſtungen („das Unmögliche erſtreben, 
um das Möglichſte möglich zu machen“) !). 

3. Die unabläſſige und grundſätzliche Sorge für 
die Untergebenen jeden Grades (fie iſt „die ſchönſte 
Pflicht des Offiziers“). 

Wohlan, nehmen wir auch in den Zivilverwaltungen 
dieſe 3 Leitſätze unter die Hauptrichtlinien auf, ver⸗ 
binden wir damit die Förderung der Tüchtigen und 
ein Höchſtmaß an Beweiſen des Vertrauens und Zu⸗ 
trauens für Alle, dann werden wir ein in allen 
Dienſtgraden auserleſenes, williges und fähiges, ſomit 
auch billig arbeitendes, weil gut ausge⸗ 
nugtes Beamtenherr heranziehen. Dieſes Haus: 
halten mit den Kräften wird um fo nötiger 
ſein, als wir eine lange Reihe von Fachgenoſſen jeden 
Dienſtſtandes unter den Kriegsopfern beklagen, da⸗ 
runter einen großen Teil gerade der Beſten; manch 
Andern hat die Arbeitslaſt in der Heimat oder der 
Kummer der Kriegszeit vorzeitig verbraucht. 

Zu den Mitteln auf dem Wege dahin gehört auch, 
daß man dem Moſte nicht verübelt, daß er gärt, und 
dem Meiſter nicht, daß er ſich durchzuſetzen ſucht. Es 
gehört auch dazu, daß „freie Bahn jedem Tüchtigen“ 
offen ſteht, auch wenn feine Herkunft und politijde 
Anſchauung oder ſeine Beziehungen und Prüfungs⸗ 
ergebniſſe anders ſind, als man ihm gewünſcht hätte. 
Iſt er wirklich tüchtig, fo find das keine Gewährsfehler. 

Allgemein ift darnach zu ſtreben, daß die Haupt: 
vorzüge des deutſchen Beamtentums, und ganz be⸗ 
ſonders der Forſtmänner, nämlich Pflichtbewußtſein 
im großen und kleinen, einſchl. Treue zu Fürſt, Volk 
und Verfaſſung, Berufsfreude und ſelbſtloſe Sachlich⸗ 
keit, Sachkenntnis und Stetigkeit, Einheitlichkeit und 
Straffheit weiterhin erhalten bleiben. Auch jene höhere 


1) Die „militäriſche“ Dienſtauffaſſung darf aber keinesfalls 
dazu führen, daß der Untergebene ſich ſeines Gewiſſens für 
die Sache, ſeiner Treue gegen ſich ſelbſt und ſeiner Verantwortung 
für das Ganze zu entkleiden ſucht hinter dem Satze „Was be⸗ 
fohlen wird, wird gemadi” oder gar hinter deffen Umkehrung 
„Was nicht befohlen ift, wird nicht gemachi“. Das wäre auch 
keineswegs im Geiſte des großen Friedrich, unter dem doch 
Ziethen durch lauter Selbſtändigkeiten hoch getommen iſt. 


Form der Pflichttreue, die Verantwortungs⸗ 
freudigkeit, bedarf der beſtändigen Pflege; ſie 
war bisher ſchon eine ſtete Sorge gerade der beiten 
Vertreter des Beamtentums. Je größer die Aufgaben, 
die des neuen Deutſchland harren, um ſo notwendiger 
werden jedem Zweige der Staatsverwaltung und des 
öffentlichen Lebens Männer ſein, die aus eigener Tiefe, 
aus innerem Tatendrang heraus ſich entfalten wollen, 
die ſich vor keiner Verantwortung, aber auch vor keiner 
vorgeſetzten Stelle ſcheuen, wenn es die Sache fordert 
und wert ift, aufbauende Menſchen von Wirklichkeits⸗ 
finn und Gedankenſchwung, Entſchlußkraft und Feſtig⸗ 
keit. 

Anderſeits iſt nicht zu verkennen, daß unſer Be⸗ 
amtentum von ſeiner Geburtsſtunde im Abſolutismus 
noch eine Reihe von Erſcheinungen herübergerettet hat, 
die dem Schützengrabengeiſt des heutigen Volksſtaates 
noch fremdartiger gegenüberſtehen als dem Geſchlecht 
vor dem 4. Auguſt 1914. Man denkt da!) in der 
Hauptſache daran, was man Aſſeſſorismus bezw. Büro⸗ 
kratismus nennt und womit Kaſtengeiſt, Ultrajuſtiz, 
Einſeitigkeit der Beamten, Hörigkeit der Techniker bezw. 
Unperſönlichkeit, Schwerfälligkeit, Freude an unfrucht⸗ 
barer Aktenarbeit und engherzige Ueberſchätzung for⸗ 
maler „Bedenken“ gemeint ſind. Auch wir im Forſt⸗ 
weſen haben da noch vor unſerer Türe zu kehren. 

Der große Krieg hat an Stelle der Ideen von 
1789 die von 1914 treten laſſen. Dieſe zumeiſt mit 
„Staatsſozialismus“ bezeichneten, rein militärischen 
Gedanken vom Aufbau durch Zuſammenſchluß können 
nicht mehr verſchwinden; ſie haben Zeit gehabt und 
Kraft genug, um Gemeingut der kriegführenden Volker 
Europas zu werden.?) 

Sie verlangen für die Zukunft eine ſozialere Aus⸗ 
prägung des Beamtentums, ſie verlangen, daß jede 
einzelne Amtshandlung vom Beamten aufgefaßt und 
betätigt werde in ihrer Beziehung zur Wohlfahrt des 
Volksganzen. Dieſe Forderung ſchließt ſehr viel ein; 
ſie erfordert neben dem guten Willen noch Kenntnis, 
oder beſſer: Verſtändnis des Beamten in allen den 
vielen und vielgeſtaltigen Zweigen und Formen der 
heutigen Rechts⸗ und Verwaltungseinrichtungen, unſeres 
Wirtſchaftslebens und unſerer Geſellſchaftsordnung. Es 
handelt ſich alſo auch um den bekannten Tropfen ſo⸗ 
zialen Oeles, mit dem der Beamte geſalbt ſein muß. 

Und nicht zuletzt der Forſtmann, der auf der Hälfte 
des deutſchen Bodens und für ein Großteil des deutſchen 
Volkes als nächſt wohnender höherer Staatsbeamter 
das Beamtentum verkörpert, als maßgebend gilt; der 


1) Vol. Stier⸗Somlo, Grund» und Zukunftsfragen deutſcher 
Politik, Bonn 1917, S. 110 ff. 

N) Auch jener des Vielverbandes, der gerade den Kampf 
wider den Militarismus zu ſeinem Feldgeſchrei erhoben hatte. 


97 


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l 


als Lohnherr einer zahlreichen Arbeiterſchar beiderlei 
Geſchlechts und als Verwalter, Erzeuger und Verkäufer 
eines Maſſenbedarfsſtoffes ein weites Feld zur Be⸗ 
währung ſozialen Geiſtes hat. Nicht zuletzt auch die 
Forſtmannsgattin, die als Hausfrau und Mutter ſchon 
durch ihr Vorbild in Schlichtheit und Adel der Lebens- 
führung und außerdem durch werktätige Sozialpolitik 
im Dorfe überaus ſegensreich wirken kann. 


Dieſe Beſonderheit der ſtaatsbürgerlichen Stellung 
des Forſtbeamten, die jener des Landrates oder des 
Dorfpfarrers ähnlich iſt, legt ihm die beſondere Pflicht 
auf, an allen Zeitfragen mitzuarbeiten, 
Stellung zu ihnen zu nehmen, geeignetenfalls und für 
den örtlich möglichen Wirkungskreis ſich an ihre Spitze 
zu ſetzen, und auf großen Gebieten dieſer Zeitbe⸗ 
ſtrebungen die Führung oder wenigſtens die Mitführer⸗ 
ſchaft zu gewinnen und zu behalten. Um nur einige 
ſolcher Grenzgebiete zu nennen: Natur: und 
Heimatpflege, Volksgeſundheit, Bevölkerungspolitik, 
Bodenreform. Siedelungsweſen, Frauenfrage, Geſellig⸗ 
keit ohne Alkoholzwang, landwirtſchaftliche Vereine, 
Kriegsfürſorge, Jugendwehr, militäriſches und Schützen⸗ 
Vereinsweſen, Kanal: und Verkehrsvereine, Wander: 
vereine, naturkundliche und geſchichtliche Vereine, Volks⸗ 
bildungsweſen, jagdliche: und Fiſchereivereine uſw. Bor: 
ausſetzung für erfolgreiche Tätigkeit auf dieſen Gebieten 
iſt neben einer gewiſſen, aber auf Grund unſerer guten 
natur- und volkswirtſchaftlichen Vorbildung meiſt raſch 
erworbenen Sachkenntnis noch eine beſtimmte perſön⸗ 
liche Eignung, die aber häufiger vorhanden iſt als wir 
bisher von uns glaubten, und die meiſt nur des Selbſt⸗ 
vertrauens und guten Willens bedarf. 


Eine Vorbedingung für ſolche außerordentlich ſegens⸗ 
reiche Tätigkeit des Forſtbeamten in Land und Stadt 
iſt freilich, daß dem Amtsvorſtand und dem ſelb⸗ 
ſtändigen Aſſeſſor die Verantwortung für formellen 
und ſonſtigen Kleinkram (3. B. Grubenholzabzählungen) 
abgenommen wird, und daß die vorgeſetzte Stelle auch 
ein Auge zuzudrücken weiß, wenn unter der Tätigkeit 
auf obigen Gebieten der eigentliche Forſtbetrieb viel⸗ 
leicht einmal zu kurz zu kommen ſcheint. Wahrlich, 
es kommt dem Walde anderswo wieder zehnfach zu 
gute, wenn es den Forſtbeamten gelingt, in richtiger 
Erkenntnis ihrer beſonderen ſtaatsbürgerlichen Aufgabe 
und Wirkungsmöglichkeit die Stellung in Staatsleben, 
Volkswirtſchaft und Geſellſchaſt einzunehmen, die ihnen 
nach Vorbildung und Leiſtungsfähigkeit zukommt!) oder 
wenn es gelingt, was ebenſo not tut, die Freude am 


1, Ich denke da auch an die Mitglied ſchaft von Forſt. 
beamten in Volksvertretungen aller Grade, die im dienſtlichen 
Nutzen liegt und ſtets im Sinne des Geſamtwohles und der 
Verſöhnung mirken möge. 


98 


Wald und das Verſtändnis für ihn und feine Aufgaben 
noch viel mehr als bisher zu wecken und zu fördern. 

Solches Beamtentum hat den „guten Geiſt“, von 
dem wir im Abſchnitt 10 ſprachen. Cs bleibt willig 
und geeignet zur Aufnahme und Auswirkung der lei⸗ 
tenden Grundſätze, die von oben her alle Zweige und 
Dienſtſtellen der Staatsverwaltung nur dann burd: 
dringen können, wenn dieſe nicht als Selbſtzweck, ſondern 
nur als Glieder des Ganzen ſich fühlen und wirken, 
alſo „Staatsgeſinnung“ zeigen. 

Soll ihm dieſer gute Geiſt dauernd erhalten bleiben, 
ſo bedarf es auch einer gewiſſen Unabhängigkeit von 
den finanziellen Sorgen des Alltags. Es muß im 
Gehalt neben der angemeſſenen Entlohnung der Tages⸗ 
arbeit und der Vergütung für die eigenen Ausbildungs⸗ 
koſten auch noch die Entſchädigung für beſondere Be⸗ 
rufser forderniſſe finden. 

Als ſolche beſonderen Erforderniſſe des forſtlichen 
Berufes haben zu gelten die Schwierigkeit und Koſt⸗ 
ſpieligkeit der Kindererziehung, ſowie guter ärztlicher 
Hilfe, nicht felten auch die Schwierigkeit der Verpflegung, 
ferner die Schwierigkeit oder Koſtſpieligkeit, ſich in 
wirtſchaftlichen Fragen und in Sachen der allgemeinen 
Bildung auf dem Laufenden zu halten, ſehr häufig 
die Höhe der ländlichen Gemeindeſteuern uſw. Wir 
müſſen anſtreben, daß dieſen Erſchwerniſſen künftig 
gerechte Rechnung getragen wird. f 

Eine allgemeine Schwierigkeit in der Beamtenbe⸗ 
ſoldung bildet das Sinken des Geldwertes. Kaum 
iſt eine neue Gehaltsordnung unter Dach, die dem 
augenblicklichen Geldwert vielleicht angemeſſen war, ſo 
ſinkt dieſer alsbald weiter Die Folgen ſind Zuſtände, 
die in ihrer häufigen Wiederholung der Fortdauer des 
guten Geiſtes im Beamtenheer und deſſen Anſehn 
in der Oeffentlichkeit leicht abträglich werden. Ein 
Ausweg bietet ſich nur ſo, daß die Beamtenbeſoldung 
mit dem Sinken des Geldwertes ſelbſttätig und 
verhältnismäßig ſteigend geſtaltet wird. Als 
Maßſtab des Geldwertes pflegt der Preis des Rob: 
eiſens, des Getreides, des Taglohnes uſw. zu gelten; 
der befte wäre für unſeren Zweck das Durchſchnitts⸗ 
einkommen des Steuerzahlers in dem betreffenden 
Bundesſtaate. 


15. Hochſchulen und Forſchung. 

Auch auf dieſem Gebiete wird mit Kraft, Stoff 
und Geld geſpart werden müſſen. Um ſo wichtiger 
iſt gerade hier, richtig hauszuhalten. 

Das forſtliche Hochſchulweſen im deutſchen 
Sprachgebiet ſteht zwar ebenſo über dem der an— 
dern Kulturländer, wie unſere Forſtwirtſchaft über der 
Waldbewirtſchaftung des Auslandes. Trotzdem iſt auch 
jenes verbeſſerungsbedürftig. 


c) München; dieſer Fakultät würde auch die 


—ʒ ͤVWEẽ— ͤ üwÿ — nc ee 


Erſtens ſind der Hochſchulen zuviele im Vergleich 
zur Hörerzahl und ſo ſchadet Jede den Andern. Meines 
Erachtens dürften 6 genügen, wobei Jeder derſelben 
noch je eine beſondere, wertvolle Nebenaufgabe 
zufiele, nämlich 

a) eine norddeutſche für die beſondere Berück⸗ 
ſichtigung der zumeiſt großzügigen Bodenwirtſchaft des 
deutſchen Nordens und Nordoſtens, 

b) eine mittel⸗ und eine weſtdeutſche für 
die hohe Kulturſtufe und die vielgeſtaltigen Befitz⸗ und 
Standortsformen des Weſtens und der Mitte, ins: 
beſondere für die Beziehungen zur Induſtrie, 


Pflege der „mitteleuropäiſchen“ Geſichtspunkte im Forſt⸗ 
weſen obliegen. 

d) Wien für die beſondern Verhältniſſe Oeſter⸗ 
reichs (Hochgebirg, Landesforſtverwaltung, Privatwald⸗ 
großbeſitz) und die dort heimiſche Pflege des forſtlichen 
Ingenieurweſens. | 

e) Zürich für die beſondern Verhältniſſe der 
Schweiz. 

Wenn ſich die deutſchen Staaten einigen könnten, 
würde damit die Zahl um ein Drittel geringer und 
die Güte noch höher, da der Aufwand für Lehrmittel 

| entſprechend vermehrt und die Lehrſtühle doppelt 
beſetzt werden könnten. ; 

Weitere Schäden im forſtlichen Hochſchulweſen find 
die Unſicherheit der forſtlichen Dozentenlaufbahn an 
ſich, ſowie der zeitweiſe Stillſtand einzelner Zweige der 

Forſtwiſſenſchaft. Letzteres iſt z. Tl. die Folge von 

Erſterem, z. Tl. auch die Folge der Ueberlaſtung der 
Forſcher mit Lehr: und Nebenaufgaben. Die Ver⸗ 

mehrung der Lehrſtühle an den verbleibenden Hoch⸗ 
ſchulen würde dieſen 3 Mängeln zugleich abhelfen 
können. 
| Vielleicht ließe ſich dann auch eine noch innigere 
| Fühlung zwiſchen Forſchung und Wirtſchaft erreichen. 
Ein Weg hierzu iſt auch die von einigen Regierungen 
bereits in geeigneten Fällen betätigte Ueberweisung 
paſſender Amtsbezirke an wiſſenſchaftlich begabte und 
forſchend tätige jüngere Forſtmänner, die dabei durch 
Entlaſtung und entſprechende Arbeitsaufgaben in ihrer 
Forſchertätigkeit erfolgreich gefördert werden und ge: 
radewegs Nutzen für die Wirtſchaft bringen können. 

Der vierte Nachteil des jetzigen Zuſtandes iſt die 
mangelhafte Freizügigkeit des Forſtſtudenten. Zum 
Teil die Folge davon iſt die Langſamkeit, mit der 
forſtliche Errungenſchaften eines Bundesſtaates in den 
andern übergehen, und die Zähigkeit, mit der gewiffe 
zweifelloſe Rückſtändigkeiten ſich am Leben halten. Das 
ſchadet dem Ganzen, paßt alſo nicht mehr ins neue 


Deutſchland. 


16. Die forſtliche Fachpreſſe. 

Das Gleiche gilt für die forſtliche Fachpreſſe. Hier 
würden genügen im deutſchen Sprachgebiet: 

a) eine Vierteljahrsſchrift für größere Auf: 
ſätze, die ſchon beſteht; 

b) eine forſtlich⸗ — DU Lee 
Monatsſchrift, die ſchon befteht ; 

c) höchſtens fünf weitere Monatſchriften, 
deren eine als forfilides Zentralblatt für „Mittel: 
europa“ auszubauen wäre, während eine andere mit 
dem Jahresberichte über das geſamte forſtliche Schrift⸗ 
tum verbunden iſt; 

d) mindeſtens zwei Wochenſchriften (Deut: 
ſches Reich und Oeſterreich) für kleinere und raſchere 
Mitteilungen, Vereins- und Perſonalnachrichten. Eine 
weſentliche Aufgabe diefer Wochenſchriften wären fort⸗ 
laufende Berichte über die forſtlichen Neuerſcheinungen 
und Ereigniſſe, ſowie die Vermittlung aller Pemer- 
kungen, Erfahrungen, Erkenntniſſe, die aus Tages⸗ 
zeitungen, aus Büchern und Fachzeitſchriften anderer 
Berufe oder Sprachgebiete uſw. zu finden und für die 
forſtliche Wirtſchaft oder Wiſſenſchaft von Wert fein 
können, dem Forſtmann aber im allgemeinen nicht 
zugänglich ſind; 

e) einige Wochenblätter für Holzhandel, 
von den Staatsregierungen unterſtützt und von den 
Käufervereinigungen unabhängig. 

Es muß möglich gemacht werden, daß jede Ober⸗ 
jörfterei den Jahresbericht und einen Teil der Zeit: 
ſchriften als Selbſtbeſteller, den andern Teil im Um⸗ 
lauf erhält. 


17. Forſtliches Vereins weſen. 


Ganzen herrſcht im forſtlichen Vereinsweſen. 
ſtehen provinziale oder bundesſtaatliche Forſtvereine von 
mehr oder minder feſter Bindung, forſtliche Standes⸗ 
intereſſenvereine, teils ſelbſtändig, teils als Zweig⸗ 
abteilungen der Forſtvereine, ferner Waldbeſitzervereine 
uſw. und endlich in nur loſer Fühlung mit dieſen Teil⸗ 
vereinen der „Deutſche Forſtverein“ für das Reichsgebiet. 

Das örtliche Vereinsweſen iſt ein beſonders geeig⸗ 
netes Feld für die Auswirkung der jungen Kräfte, 
die örtlich vereinſamen oder fachlich verkümmern 
könnten und hier Gelegenheit zum Durchbruch er⸗ 
halten. Es iſt auch der gegebene Ort zur Pflege des 
forſtlichen Standesbewußtſeins und Zuſammengehörig⸗ 
keitsgefühls, ſowie des Fortbildungsweſens und der 
ſogenannten Standesintereſſen. Aber es bedarf der 
Zuſammenfaſſung und der Stütze im Deutſchen Forſt⸗ 
verein. 

Einigkeit macht ſtark, und Zuſammenfaſſung der 
Kräfte, Eingliederung in ein großes Ganze vermehrt 


99 


ihren Wirkungskreis und ihren Erfolg. Es wird eine 
geſchickte und volle Ausnützung des Zuges dieſer Zeit 
durch den Deutſchen Forſtverein erfordern, dieſe jetzt 
noch fo zerſplitterten Kräfte zuſammenzuführen. Es 
iſt aber nötig, wenn das Forſtweſen gegenüber der 
Ueberfülle der Aufgaben, die ſeiner warten, und im 
Vergleich zu den anderen Berufen, die beweglicher ſind, 
das Gebot der Zeit erfüllen will. Wird es das nicht, 
ſo wird es eine nimmer wiederkehrende Entwicklungs⸗ 
gelegenheit verfäumen und dem Vaterlande in der Zeit 
der Not nicht das Höchſtmaß ſeines Könnens leiſten. 

Ein Weg zur Zuſammenfaſſung dieſer Kräfte liegt 
in den von Dr. Wappes ſchon mehrerenorts gegebenen 
Richtlinien. 


18. Die Wald beſitzer. 

Ein reichliches Viertel des deutſchen Bodens iſt der 
Verwaltung oder der Aufſicht der Forſtbeamten an⸗ 
vertraut. Hiervon etwa die Hälfte iſt Eigentum des 
Staates oder anderer öffentlicher Körperſchaften, und 
auch der Reſt wird großenteils von Forſtleuten ver⸗ 
waltet. Daraus ergibt ſich eine weitere Beſonderheit 
der Forſtwirtſchaft, daß ſie nämlich in der Hauptſache 
von Beamten geleitet wird. Die Folgen hiervon ſind 
ſowohl eine vorzugsweiſe, zumeiſt aber örtliche Pflege 
der techniſchen Fragen unter Vernachläſſigung der or⸗ 
ganiſatoriſchen, wie auch eine gewiſſe Langſamkeit der 
Entwicklung im Vergleich zu andern Wirtſchaftszweigen. 

Die Wege zum tunlichen Ausgleich dieſer verluſt⸗ 
bringenden Folgeerſcheinungen einer feſt gegebenen Ur⸗ 
fahe find in den vorausgehenden Abſchnitten ange- 
deutet. Die Staatsregierungen mit den Volksver⸗ 


tretungen und manche anderen Waldbeſitzer, ganz be⸗ 


Eine ähnliche Zerſplitterung zum Schaden des i 
Da be: | gut anderwärts die Ausgaben zur mittelbaren 


ſonders aber die Großinduſtriellen wiſſen ja wohl, wie 


Förderung einzelner Wirtſchaftszweige durch Hebung 
des Fach- und Fortbildungsunterrichtes, des Verſuchs⸗ 
weſens, der Fachpreſſe, der Büchereien und des Ver⸗ 
einsweſen rentieren. Sie wiſſen nicht nur, daß bis zu 
einer gewiſſen Grenze der Mehraufwand an Betriebs⸗ 
mitteln den Betriebsfortſchritt fördert und die Rente. 
erhöht, ſondern ſie gehen auch bis hart an dieſe Grenze 
heran. Trotzdem ringt ſich dieſe Erkenntnis gerade 
für den Forſtbetrieb nur langſam bis zur vollent⸗ 
ſprechenden finanziellen Betätigung durch. 

Bei keinem Zweige der Volkswirtſchaft find die 
Schäden und Verluſte durch mangelnden Fortſchritt, 
Vernachläſſigung oder Mißhandlung ſelbſt für den Fach⸗ 
mann ſo ſchwer urſächlich nachzuweiſen, wie im Forſt⸗ 
betriebe, im langlebigen Walde. Das hat zwar be— 
wirkt, daß die freieſten Beamten des Staates, die 
Forſtmänner, zu ſeinen gewiſſenhafteſten Sachverwaltern 
gehören, es hat aber auch dazu geführt, daß immer 


100 


wieder hier ein geldbedürftiger Eigentümer, dort eine 
kurzlebig arbeitende oder ungenügend unterrichtete 
Volksvertretung oder Körperſchaftsverwaltung dem 
Walde über Gebühr nahm oder unter Gebühr gab. 
Am Walde merkt man es nicht, „der wächſt ja von 
ſelbſt“. Und gar Kriegszeiten und ihre Folge waren 
von jeher die „gefährlichen Jahre“ des Waldes. 

Nur an den Beſtrebungen der maßgebenden Kreiſe 
durch uns Forſtleute aller Stufen und Stellen wird 
es liegen, ob nach dem Kriege dem Walde im Rahmen 
und zum Nutzen des Ganzen wieder ſein Recht wird! 


Das Endziel dieſer Beſtrebungen ſoll alſo nicht 
die Forſtwirtſchaft als Selbſtzweck ſein, ſondern die 
dauernd beſte Heranziehung des Waldbodens aller 
Beſitzformen zur Reinertragshöchſtleiſtung der Wirt- 
ſchaft des Geſamtſtaates (vgl. Abſchn. 1). Soll aber 
ſolches Beſtreben von Erfolg ſein, ſo müſſen über Ziele 
und Wege zuerſt wir Forſtmaͤnner uns möglichſt klar 
und einig zu werden ſuchen! 


Schluß. 

Seit Goethes Wilhelm Meiſter zeigt fih!) im deut- 
ſchen Schrifttum ein Spähen nach Selbſterkenntnis, ein 
Lernenwollen an den eigenen Erfahrungen, Erfolgen 
und Enttäuſchungen, das unter der Wucht unſerer 
Kriegserlebniſſe dem Willen zur Heranbildung der 
höchſten Volksform durch Züchtung der guten Anlagen 
in zielbewußter Selbſtordnung geradezu mit 
der Gewalt eines Naturtriebes zum Durchbruch ver⸗ 
holfen hat. | 

In dieſem Sinne und im halbbewußten Banne 
der werdenden Ereigniſſe habe ich ein Jahr vor Kriegs⸗ 
ausbruch am Schluſſe eines volkstümlichen forſtlichen 
Schriftchens?) deffen Leitgedanken von der Ausleſe der 
Tüchtigen und von dem Genoſſenſchaftsleben im Walde 
als die beiden Bergpfade bezeichnet, die, wie den Wald, 
ſo auch uns Menſchen in Familie und Volk zu den 
Höhen führen. 

War das Streben nach Selbſterkenntnis vor dem 
Kriege zum großen Teil verbunden mit der zer⸗ 
ſetzenden Ueberſchätzung des Fremden, ſo hat dieſe 
alte, ehrliche, deutſche Selbſtprüfung in der Not des 
Krieges immer mehr die Geſtalt aufbauenden 
Schaffens angenommen unter Verzicht auf das Fremde 
und unter Beſcheidung auf die heimiſchen Mittel. Das 
brachte die Umwertung vieler Werte, das brachte auch 
die gewaltigen militäriſchen und wirtſchaftlichen Neu⸗ 
ſchöpfungen, die zum großen Teil wirklich Sprünge 
ins Dunkle waren und Sprünge in den Abgrund 
hätten werden können, es brachte aber auch die ver⸗ 


) Bgl. Stefan Zweig in L. Ill. Ztg. v. 18. 1. 17. 
) „Wie wächſt der Wald“, Kaiſerslautern 1914 bei Kayſer. 


ftandige und opferbereite Gefolgſchaft des deutſchen 
Volkes aller Schichten, das im Geiſte des 4. Auguft 
1914 fein großes Pfingſtfeſt der politiſchen Mündig⸗ 
keit erlebte. 

Und ſeitdem zeigen fih allenthalben mächtige Ent: 
faltungen dieſes Geiſtes, regen ſich aller Orten ſtarke 
Kraͤfte und Führer, die jeweils für ihr Gebiet und 
von ihrer Warte aus in dieſem Sinne die Kriegs⸗ 
wirtſchaft geſtalten, und fie auch wieder in die fünf: 
tige Friedenswirtſchaft überzuführen gedenken. 

Wieweit ſich der deutſche Wille zur Selbſtordnung 
künftig auf dem Arbeitsfelde und auf den Grm; 
gebieten des Forſtweſens betätigen mag, iſt im 
Vorſtehenden mehr anzuregen als darzulegen ver: 
ſucht; mehr als ungleichmäßige und unvollftänbige ') 
„Andeutungen“ zu bieten oder dieſen wenigſtens die 
Stütze des Tatſachenſtoffes zu geben, hat meine Frei⸗ 
zeit nicht erlaubt; auch das „nonum prematur in 
annum“ müſſen diefe Ausführungen völlig entbehren.“ 


Treten wir nun der Bearbeitung dieſer Zukunft: 
aufgaben näher, fo ſehen wir, daß fie faſt jämtlid 
auf dem Gebiete des Einrichtens, Organiſierens 
liegen, und daß für ſaſt alle diefe Fragen unſere vor 
dem Krieg erarbeiteten Ergebniſſe forſtlicher For: 
ſchung zunächſt als voll ausreichend erſcheinen. Ez 
wird ſonach für die nähere Zukunft im Forſtweſen 
richtiger, verdienſtlicher und erfolgreicher ſein, dieſen 
eingliedernden, auf⸗ und ausbauenden, 
wirtſchaftlichen Fragen die freien und die beften 
Kräfte der Wiſſenſchaft wie der Verwaltung vorzugs⸗ 
weiſe zu widmen und nicht mehr im bisherigen Maße 
den mehr zergliedernden, forſchenden, rein 
wiſſenſchaftlichen Aufgaben. Letzteres ſind Er⸗ 
forderniſſe glücklicher vergangener und fpäter wieder 
kehrender Friedensjahre, jenes find dringliche Forde 
rungen der Gegenwart und der naͤchſten, ſchweren Zeit 
nach dem Kriege. | 

Für das Forſtweſen hat dieſer Block der Zukunft: 
aufgaben noch eine beſondere Seite. Die ge 
ſchichtlich erklärliche Eingliederung der forſtlichen Er 
zeugung in die Finanzverwaltungen der meiſten Bun⸗ 
desſtaaten bildet zweifellos eine Gefährdung der ge: 
mein⸗wirtſchaftlichen Aufgaben des Forſtweſens, künftig 
vielleicht mehr als früher. Dazu kommt noch unser 
räumlicher und dadurch leicht auch geiſtiger Abſchluß 
von den Gedanken, Schöpfungen und Zielen der 
Männer und Frauen anderer Berufe, die in 


) So bzgl. des Forſtweſens in den beſetzten Gebieten. 

2) Immerhin war es möglich, die Niederſchrift dieſer Ar 
beit von einem kleinen Kreiſe meiſt militärischer Fachgenoſſen 
beurteilen und in mehreren Einzelpunkten wertvoll und danken 
wert ergänzen zu laſſen. 


— — — — — — 
— — ERTET 


Es irn en; 


101 


den Mittelpunkten des politiſchen Lebens dem Web- 
ſtuhl der Zeitgeſchehniſſe näher ſitzen als wir Forſt⸗ 
leute. 

Gegen die Folgen all dieſer Uebelſtände und im 
Sinne dieſer Aufgaben des Forſtweſens wie der All: 
gemeinheit, gilt es unſererſeits Stellung zu 


nehmen. Je raſcher und beffer wir dieje Stellungs⸗ 
linie unſerer Zukunſtsaufgaben erkennen, beſetzen, aus⸗ 
bauen, um ſo leichter werden wir ſie halten, um ſo 
erfolgreicher von ihr aus weiter wirken können für die 
Zeit und in der Zeit nach dem großen Kriege. 


Straßburg, Elſ. 3. 3. 1917. 


Literariſche Berichte. 


Neues aus dem Buchhandel. 


Anleitung z. Gewinng. v. Fichtengerbrinde. Hrsg. v. d. 
Forstabteilg d. Landwirtschaftskammer f. d. Rheinpro- 
vinz. (III, 12 8. m. 4 Taf.) 8°. M. —.30. Forststelle 
der Landwirtschaftskammer f. d. Rheinprovinz in Bonn, 
Endenicher Allee 60. 

Berichte des Forſt⸗Vereines f. Oberöſterreich u. Salzburg. 
Red. v. Oberforſtr. Franz Gabriel. 1916. 55. Bd. 1. u. 
2. Heft. (III, 55 S. m. Abb. u. 8 Taf.) 8%. M. 2.40. 
E. Mänhardt in Gmunden. 

Förſter, Der. Qand- u. forſtwirtſchaftl. Kalender f. Forſt⸗ 
ſchutzbeamte. 1917. Hrsg. vom prakt. Forſtmanne Th. 
Canrad. [Kleine Ausg.] (288 S.) kl. 8° Lwbhd M. 1.80; 
Lorbd. M. 2.40; große Ausg. Lwbd. M. 2.20; Ldrbd. M. 2.75. 
Buftan Röthes Buchdr. u. Verlag „Der Geſellige“ in 
Graudenz. ; 

Forſtkalender, Schweizeriſcher. Taſchenbuch f. Forſtweſen, 
Holzgewerbe, Jagd u. Fiſcherei. 12. Ig. 1917. Hrsg. v. 
Forſtverwalt. Roman Felber. (IV, 252 S. u. Schreib⸗ 
kalender.) kl. 8%. Lwbd. M. 250. Huber & Co., Vers 
lags⸗Konto, in Frauenfeld. 

Kalnein, E. Graf: Planmäßiger Beſchuß d. Rehſtandes, e. 
Mittel z. Förderung d. Gehörnſtärke. (Jahrbuch d. In⸗ 
ftitut8 f. Ingdkunde Neudamm u. Berlin⸗Zehlendorf. 3. 
Bd. 1914/16. 4. Heft.) Mit 6 Textabb., 3 Taf. u. e. Tab. 
(Lex.⸗8o, S. 145—174.) M. 1.—. J. Neumann in Neus 
damm. 

Lebl, M., Hofgärtner a. D.: Die Champignonzucht, 7., erw. 
Aufl., hrsg. v. Abt.⸗Vorſteh. Fachlehr. Garten⸗Inſp. G. 
A. Langer. Mit 35 Textabb. (VIII, 97 S.) 80. Kart. 
M. 2.—. Paul Parey in Berlin. 

Micklitz, Th.: Beſtandeswirtſchaft u. Altersklaſſenmethode. 
(V, 73 S.) gr. 8%. M. 2.50. Franz Deuticke in Wien. 

Oertzen, M., Oberforstmstr.: Anleitung z Gewinng. d. Buch- 
mast d. J. 1916. (S.-A. a. d. Natur wissenschaftl. Zeit- 
schrift f. Forst- u. Landwirtschaft.) Mit 1 Abb. (4 S.) 
Lex.-do. M. . 15. Eugen Ulmer in Stuttgart. 

Paul, Thdr.: Untersuchungen üb. d aus Fichtensamen ge- 
wonnene Oel, m. bes. Berücks. seiner Verwendg. als 
Speiseöl im Kriege. [Mitteilg. aus d. Laborat. f. ange- 
wandte Chemie an d. Universität München.] (S.-A. a. d. 
Naturwissenschaftl. Zeitschrift f. Forst- u. Landwirtschaft.) 
(3 S.) gr. 8. M. —.25. Eugen Ulmer in Stuttgart. 

Perfonal-Berzeichnig der kgl. ſächſ. Staats⸗Forſtverwaltung 
auf d. J. 1917. (65 S.) 8. M. 1.25. C. Heinrich in 
Dresden. 

Reſultate d. Forſtverwaltung im Reg.⸗Bez. Wiesbaden. Ig. 
1914. Hrsg. v, d. tgl. Regierung zu Wiesbaden. (12 u. 
54 S.) Lex.⸗8o. M. 2.—. P. Plaum in Wiesbaden. 

1917 


Rohstoffe, Die, d. Wirtschaftsgebietes zwischen Nordsee u. 
Persischem Golf. Hrsg. v. Prof. Dr. A. Binz. 2. Heft. 
(Binz, A., A. Leppla u. A. Schwappach: Waldbestände 
u. Wasserkräfte.) gr. 8%. VI, 63S. m. 2 Karten. M. 8.-. 
Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig. 


Tubeuf, C. von, Anbau d. Sonnenblume. [Helianthus annuus.] 
(S.-A. a. d. Naturwissenschaftl. Zeitschrift f. Forst- u. 
Landwirtschaft.) (3 S.) gr. 8°. M. —.15. Eugen Ulmer 
in Stuttgart. 


Tubeuf, C. von, Harznutzung d. (Kiefer od.) Föhre. 
a. d. Naturwissenschaftl. Zeitschrift f. Forst- u. 
wirtschaft.) Mit 9 Abb. (10 S.) gr. 8°. M. 
Eugen Ulmer in Stuttgart. 


Tubeuf, C. v.: Fichtensamen als Quelle v. Speiseöl. 
a. d. Natur wissenschaftl. Zeitschrift f. Forst- u. 

Virtschaft.) (16 S.) gr. 8. M. —.30. Eugen 
in Stuttgart. 


Wislicenus, H., Prof. Dr.: Zur deutschen Terpentingewinng. 
m. geschlossenen Baumverwundgn. (S.-A. a. d. Natur- 
wissenschaftl. Zeitschrift f. Forst- u. Landwirtschaft.) 
Mit 6 Abb. (12 S.) gr. 8. M. —.60. Eugen Ulmer 
in Stuttgart. 


(S.-A- 
Land- 
—.60. 


(S.-A. 
Land- 
Ulmer 


Die Vedentung der Vinneufiſcherei in der 
Ernährung des deutſchen Volkes. Vortrag, 
gehalten in der Hauptverſammlung des deutſchen 
Fiſcherei⸗Vereins am 23. September 1916, von 
Dr. A. L. Buſchkiel. K. B. Hofbuchdruckerei von 
Gebr. Reichel in Augsburg. 

Diejenigen Tiere, für welche Futter in Fülle vor⸗ 
handen ift, welche ſich ſtark vermehren, ſchnell wachſen, 
früh Fortflanzungsreiſe erhalten und ein nahrhaftes 
Fleiſch geben, ſtehen jetzt im Vordergrund des allge⸗ 
meinen Intereſſes. Vom Geflügel und Kaninchen 
wird gegenwärtig viellei ht mehr geſprochen als vom 
Großvieh. Man ſollte auch erwarten, daß die Be⸗ 
deutung der Fiſche, die wir im eigenen Lande erzeugen 
können, außerordentlich zugenommen hat; denn der 
Fiſch ſcheint auf den erſten Blick bezüglich Vermehrung 
und Futterbedarf den Zeitforderungen am beſten zu 
entſprechen; er vermehrt ſich durch Tauſende bis Mil⸗ 
lionen von Eiern, und er ernährt ſich nicht nur von 
Abfällen, wie es das Kaninchen zum Teil tut, ſondern 

14 


102 


von der winzigen Kleintierwelt, die am Ufer und 
Grunde der Gewäſſer lebt und im Waſſer in Un⸗ 
mengen herumſchwarmt. Wir ſehen in vielen Gewaͤſſern 
ungeheure Mengen kleiner Fiſche, haben vielleicht Ge⸗ 
legenheit, reiche Faͤnge zu beobachten, drängt fidh da 
nicht der Gedanke auf, daß die Binnenfiſcherei berufen 
fein müßte, Nahrung in großen Mengen herbeizu⸗ 
ſchaffen? Und doch merken wir wenig von einem 
Fiſchüberfluß. Beſonders in den Großſtädten wird 
der Mangel an Fiſchen ſehr empfunden. Wirft man 
aber einen Blick auf die Speiſekarten der Gaſthäuſer 
oder ſieht man dem Treiben an der Zentralmarkthalle 
in Berlin etwa zu, dann kommt man zu der Erkeunt⸗ 
nis, daß die Ernte aus unſeren Gemaffern doch recht 
beträchtlich ſein und gegenwärtig eine gewiſſe Rolle in 
der Volksernährung ſpielen müßte. 


Nach dieſen einleitenden Ausführungen ſpricht Re- 


ferent ſein Bedauern über das Fehlen einer Fiſcherei⸗ 
ſtatiſtik aus; nur in einigen Landesteilen ſei es den 
Fiſcherei⸗Vereinen gelungen, Ueberſichten über die 
Fiſchereierträge aus den Teichen aufzuſtellen. So habe 
der Bayr. Landesfiſcherei-⸗Verein 1904 eine Statiſtik 
unter Mitwirkung der Verwaltungsbehörden durch⸗ 
geführt. Da aber eine ſolche Statiſtik für das ganze 
Reich fehle und daher eine den volkswirtſchaftlichen 
Erforderniſſen entſprechende Verteilung der Teichfiſche 
nur während des Krieges nicht nützlich geweſen fii, 
habe man als Notbehelf durch eine Kriegsgeſellſchaft 
für Teichfiſchverwertung verſucht, wenigſtens die Ern te 
der größeren Teichwirtſchaften zu ermitteln und feſt⸗ 
zuſtellen, welchen Weg die Fiſche bis zum Verbraucher 
gehen. - 

Ueber die Ertragsfähigkeit der bayr. Gewäſſer an: 
geſtellte Erhebungen hätten ergeben, daß die rund 
15 000 ha umfaſſende Fläche von 28 000 Teichen 
einen jährlichen Zuwachs von 30 000—35 000 Zentner 
im Werte von 2—3 Millionen Mark bringe. Die 
Berechnung der Erträgniſſe aus fließenden Ge⸗ 
wätrjern von mehr als einem Meter Breite, die ing: 
geſamt eine Strecke von 70 000 km Länge darſtellen 
würden, habe 85 000 Zentner im Werte von 2,5 Mil⸗ 
lionen Mark ergeben. Die bayr. Seen mit Aus⸗ 
ſchluß des Bodenſees umfaſſen etwa 25 000 ha Fläche 
mit einem Ertrage vou 2000 - 7500 Zentnern im Werte 
von 500 000 Mk. Der Geſamtertrag der bayr. Ge⸗ 
wäſſer mit Ausſchluß des Bodenſees und der weniger 
als einen Meter breiten Bäche beliefe ſich auf rund 
75 000 Zentner Fiſche im Werte von 5 500 000 Mk. 


Für Preußen könnten zahlenmäßige Angaben nicht 
gemacht werden. Preußen ſei aber fiſchereilich viel er: 
tragsreicher wie Bayern. Seine fiſchereilich nutzbare 
Fläche ſei viel größer. Vor allem kämen die großen, 
vielfach ſehr fruchtbaren Seen öſtlich der Elbe ſowie 


die reichen breiten, langſam fließenden fiſchreichen Strome | 


— 


Brandenburgs, Oft: und Weſtpreußens und Pommernz 


in Betracht. Die Seenfiſcherei habe in neuerer Zeit 
dank der Hilſe des Staates einen großen Auſſchwung 


genommen; teils durch Beſetzung der Gewaffer mit 


Erzeugniſſen der Teichwirtſchaft und der künftlichen 
Fiſchzucht, vor allem aber durch die Errichtung des 
kgl. Inſtituts für Binnenfiſcherei. Dieſes Inſtitut 


habe ſehr befruchtend auf die Seenfiſcherei gewirkt und 


mit alten ſchädlichen Theorien, beſonders mit der übe: 
triebenen ſozialen Schonung der Gewäſſec aufgeräumt. 
Die Lehren dieſes Inſtituts hätten auch viel dazu be: 
getragen, daß man während des Krieges manche Bor: 
ſchriften, welche die Ausnutzung der Gewäſſer mehr 
als nötig beſchraͤnkten, aufgehoben habe. Die Be 
ſeitigung überflüſſiger oder unzweckmäßiger Fangver⸗ 
bote ſei entſchieden ein Vorteil, den der Krieg gebracht 
habe. Aber es fet nicht leicht, die Grenze zu finden. 
So habe man z. B. völlige Freigabe der Fiſcherei für 
jedermann waͤhrend des Krieges verlangt. Von einer 
ſolchen Maßnahme würden nur die Elemente Ruben 
gehabt haben, die trotz des herrſchenden Mangels an 
Arbeitskräften über viele freie Zeit verfügten; jede ge 
ordnete, rationelle Fiſchereiwirtſchaft werde außerdem 
geſtört. Die Allgemeinheit habe das größte Intereffe 
daß unſere Fiſcherei möglichſt große Mengen guten 
Fiſchfleiſches erzeuge; dies könne aber nur durch fad: 
männiſch betriebene Fiſchereiwirtſchaft erreicht werden. 

Dr. Buſchkiel geiſelt dann das Vorurteil, das ud 
in neiten Kreijen herrſche, daß ein zu Markt gebrachten 
Süßwafferfiſch leben müſſe, um vollwertig zu jen 
Dieſem Vorurteil könne nicht energiſch genug entgegen: 
getreten werden,) denn welch bedeutende Exfpamifi 
könnten erzielt werden, wenn auch nur die billigen 
Süßwaſſerfiſche, wie es in Mecklenburg, Pommern, 
Weft: und Oſtpreußen ſchon längſt geſchehen, getötet 
auf den Markt kämen. 

Zur guten Verwertung der Fiſche gehöre auch em 
richtige Zubereitung. Die Klage, daß Fett für die Ju 
bereitung fehle, ſei unbegründet, es gebe allerhand 
Methoben der fettloſen Zubereitung. Der Fiſch folk 
in ſeinem eigenen Safte gedämpft oder in ſeinem eigenen 
Fett mit geringſter Fettzugabe gebraten werden. Eine 


Unſitte jet es, Fiſchfleiſch fo von den Gräten zu trennen. 


—— — 


daß viel Eßbares verloren gehe. Kleine, billige Filke ` 


ließen fih gut verwerten, wenn man fie mit den Gräten 
fein hacke (am beſten nach Entfernung von Kopf und 
Schuppen in einer Fleiſchhackmaſchine), würze, mit ge: 
riebenen Kartoffeln oder Brot vermenge und auf einer 


1) Wir verweiſen in dieſer Beziehung auf den Auffaß 


im Februarheft 1916: „Verwertung der Süßmaſſerfiſche 1t 


beſondere der Forellen“ von Geheimrat Eberts⸗Caſſel. 


108 


Sparpfanne backe oder mit Mehlteig gebunden in Form 
von Klößen koche. 

Mit Rüdfiht auf den Futtermangel habe die 
deutſche Teichwirtſchaft ſich mit Recht im allgemeinen 
auf den Standpunkt geſtellt, im Kriege ohne Fütterung 
auszukommen. Der Kleinteichwirt habe ſchon zu 
Friedenszeiten in der Regel in ſeine Teiche nicht mehr 
Fiſche geſetzt als darin natürliche Nahrung hätten 
finden können: Viele Großteichwirte hätten aber in 
Friedenszeiten aufs intenfivfte gewirtſchaftet, die Teiche 
ſo ſtark beſetzt, daß künſtliche Fütterung nötig geweſen 
ſei. Im Kriege ſei nun das Futter mehr und mehr 
zur Neige gegangen und die Fiſcherzeugung ſei dauernd 
verringert worden. Hätte die Teichwirtſchaft ſich mit 
allen Mitteln bemüht, wäre es ihr wohl gelungen, 
mehr Futtermittel zu echalten oder aber eine Hinauf⸗ 
ſetzung der Höͤchſtpreiſe für Karpfen und Schleien zu 
erwirken, welche den Zukauf von teuren Futtermitteln 
erlaubt hätten. Die Vertreter der Teichwirtſchaft 
hätten aber die volkswirtſchaftliche Notwendigkeit er⸗ 
kannt, ſobald wie möglich zum extenſiven Betrieb ohne 
Zufütterung überzugehen. Inſolgedeſſen hätten viele 
große Opfer bringen müſſen, und es ſei ganz falſch, 
wenn man annähme, daß die neuen Hidftpreife für 

Karpfen und Schleien zur Bereicherung der Teichwirte 
führten. i 

Der ſtarke Rückgang der Fiſcherzeugung in Teichen 
ſei eine nützliche Lehre des Krieges. Es ſei noch nicht 
lange her, da hätte man behauptet, die Fiſcherei in 
den offenen Gewäſſern habe keine Zukunft, ſie müſſe 
wichtigeren Intereſſen weichen, aber die Teichwirtſchaft 
ſei ſehr entwicklungsfähig. Heute ſehe man, daß dieſe 
Auffaſſung nicht richtig ſei. Wohl ſeien noch längſt 
nicht alle nutzbaren Teiche einer rationellen Bewirt⸗ 
ſchaſtung zugeführt, viel ſumpfiges Gelände, das nur 
ſchlechte Wieſen⸗ oder Forſtnutzung zulaſſe, aber der 
Fiſchzucht gut dienen konne, liege brach, aber die Groß⸗ 
teichwirtſchaft habe wohl abgeſehen von der Teich: 
düngungsfrage im allgemeinen die Grenzen einer all: 
gemeinnützlichen Entwicklung ſchon überſchritten. 

Man habe ferner oft geſagt, daß die Forellenzucht 
in ihrer volkswirtſchaftlichen Bedeutung laͤngſt nicht 
an die Karpfen⸗ und Schleienzucht heranreiche. Zweifel⸗ 
los habe eine Forellenzucht in Teichen, bei denen Futter⸗ 
mittel verbraucht würden, verhältnismäßig geringe 
Bedeutung, ſie könne jetzt ſogar volkswirtſchaftlich 
ſchaͤdlich werden, wenn Futtermittel verbraucht würden, 
die zu anderer Fleiſcherzeugung beſſer auszunützen 
ſeien, denn die Forelle ſei ein ſchlechter Futterverwerter. 
Aber die Forellenzucht ſei ſehr wertvoll, wenn ſie der 
Erzeugung von Beſatzmaterial für offene Gewaͤſſer 
diene. Noch immer lägen eine Menge Gewäſſer brach, 
in denen die Forelle ſich nicht oder nur wenig auf 


à 


natürlichem Wege vermehre, aber ſehr gut zum Speiſe⸗ 
fiſch herangezogen werden könne. Ebenſo wie die 
Forellenzuchtanſtalten hätten die Hecht⸗ und Zander⸗ 
brutanſtalten Bedeutung für die Beſetzung von Wild- 
gewäſſern, ferner die Maränen⸗ und Felchenbrutan⸗ 
ſtalten. Große Erfolge habe auch die Lachseiererbrütung 
gebracht. Die Beſetzung der Sttöme mit Lachsbrut 
jet beſonders wichtig, weil hohe Wehre den Aufitieg 
derſelben zu ihren natürlichen Laichplätzen verhinderten. 
Würde keine Brut ausgeſetzt, dann hätte die ſtetige 
Verſchlechterung der natürlichen Vermehrungsmöͤglich⸗ 
keiten ſchon längſt zu einer faſt gänzlichen Vernichtung 
der Lachsfiſcherei geführt. Mit der Lachsfiſcherei ſtehe 
es übigens keineswegs überall ſchlecht, an der Nord- 
und Oſtſeeküſte und im Unterrhein, ſowie in manchen 
Küſtengewaͤſſern ſei fie noch recht bedeutend und fie 
wäre durch die künſtliche Lachszucht noch weiter ent- 
wicklungsfähig, wenn nicht Waſſerverunreinigung und 
rückſichtsloſe Stromverbauung ſchädigend einwirkten. 
Von großer Bedeutung ſei auch die Aalfiſcherei. Da 
der Aalaufſtieg durch die Flußverbauungen ſtark be⸗ 
hindert werde, fange man junge Aale in den Fluß⸗ 
mündungen und ſetze ſie im Oberlauf der Flüſſe wieder 
aus. Manche Gewäſſer könnten erft durch Aale richtig 
ausgenützt werden. Der Aal ſei nämlich ein ſehr 
wirtſchaftlicher Fiſch, weil er ein eifriger Räuber ſei 
und dank ſeiner Körperform an viele Stellen gelange, 
wo andere Fiſche nicht hinkämen. Er nütze alſo Nahrung 
aus, die ſonſt verloren ginge. Da der Aal in Bezug 
auf die Reinheit des Waſſers anſpruchlos ſei, paſſe er 
für manche ſonſt fiſchereilich wenig wertvollen Bewäfler. 
Die gleiche Eigenſchaft habe die Karauſche, die ſich 
außerdem ſehr ſtark vermehre und ein recht ſchmack⸗ 
hafter Fiſch ſei. Aus guten Gründen habe man ihr 
bisher keine hervorragende Stelle in der Fichzucht ein⸗ 
geräumt. Sie wachſe ſehr langſam, vermehre ſich ſehr 
ſtark, es trete daher leicht eine Uebervölkerung ein. 
Eine ſehr dankbare Aufgabe waͤre die Heranzüchtung 
einer ſchnellwüchſigen Karauſchenraſſe. Die beſten Sach⸗ 
kenner hätten den Wert des jährlichen Rohertrags un⸗ 
ſerer Binnenfiſcherei auf über 100, ja 120 Millionen 
Mark geſchätzt und feien der Anſicht, daß die Ertrags⸗ 
fähigkeit ſich in mehreren Jahren auf das doppelte, ja 
dreifache ſteigen laſſe. 

Zunächſt müßten die Schwierigkeiten, mit denen 
die Fiſcherei gegenwärtig zu kämpfen habe, aus dem 
Wege geräumt werden. Abgeſehen von dem Arbeiter⸗ 
mangel, ſowie dem Mangel an Netzen und Futter- 
mitteln wirkten ungünftig auf die Fiſcherei die Höchſt⸗ 
preiſe und zwar hauptſächlich dadurch, daß folde für 
die großen Städte, aber nicht für das Land beſtänden. 
Hierdurch ſei die Verſorgung der Hauptmärkte ins 
Stocken geraten, ferner die unerfreuliche Regelung der 

14* 


104 


Einfuhr der Süßwaſſenfiſche aus dem Ausland. Weiter 
komme eine ſtärkere und zwedmäßigere Beſetzung der 
Wildgewaͤſſer mit jungen Fiſchen und eine Erhöhung 
der dieſen Zwecken dienenden Zuſchüſſe des Reichs und 
der Einzelſtaaten in Frage. Die Organiſation des 
Fiſchweſens laſſe noch ſehr viel zu wünſchen übrig; 
vor allem fehle es in den meiſten Staaten an ent: 
ſprechend vorgebildeten Fachbeamten. Auch das Vereins⸗ 
und Genoſſenſchaftsweſen ſtehe noch auf einer recht 
entwicklungsfähigen Stufe. In dem Kampfe zwiſchen 
Fiſcherei und Induſtrie huldige man der Anſicht, daß 
die beiderſeitigen Intereſſen unvereinbar ſeien. Meiſt 
hätte die Fiſcherei der Induſtrie gegenüber zurück treten 
müſſen, weil man ihren Wert unterſchätzt habe. Erft 
neuerdings gelinge es der Fiſcherei mehr und mehr ſich 
durchzuſetzen. Die rechtlichen Grundlagen hierzu ſeien 
durch die neuen Waſſergeſetze und Fiſchereigeſetze ge⸗ 
geben, es bleibe aber noch zu wünſchen, daß die Fiſcherei 
geſchickte Verteidiger finden möge, die Wege ſuchten, 
die wiederſtreitenden Intereſſen in gerechter Weiſe aus⸗ 
zugleichen. Unbedingt nötig fet es, daß überall, bee 
ſonders auch in Preußen eine genügende Zahl fach⸗ 
männiſch vorgebildeter Oberfiſchmeiſter oder ſonſtiger 
Fachbeamter angeſtellt, und daß für die Reinhaltung 
der Gewäſſer mit allen Kräften geſorgt werde. Durch 
die Einführung der künſtlichen Düngung ſtehe die Teid- 
wirtſchaft vor einer neuen Entwicklungsperiode. Prof. 
Dr. Hofer habe hiermit Mehrerträge bis zu 100% 
gegenüber den ungedüngten Teichen erzielt. Die ver⸗ 
wendeten Düngemittel ſeien inländiſchen Urſprungs ge⸗ 
weſen, ſtänden alſo auch waͤhrend des Krieges dem 
Teichwirt in gewiſſen Mengen zur Verfügung. Es ſei 
zu hoffen, daß mit Hilfe der Teichdüngung der Aus⸗ 
fall von Fiſchfleiſch, der infolge Ausbleibens von Futter⸗ 
mitteln für die intenſive Zucht entſtehe, wenigſtens 
einigermaßen ausgeglichen werde. Ferner komme die 
Verwertung der ſtädtiſchen Schmutzwaſſer zur Teich⸗ 
düngung in Frage. Bevor die Abwäſſer in die Teiche 
gelangten, würden große Fäkalſtoffe durch Siebe auf⸗ 
gefangen — dieſe würden getrocknet und landwirt⸗ 
ſchaftlich verwertet —, dann würden die Abwäſſer ſtark 
mit Friſchwaſſer verdünnt und in die Teiche geleitet. 
Hier zerſetzten unter der Einwirkung der Sonne Bak⸗ 
terien die feinen Fäkalſtoffe, es entſtehe eine reiche, 
niedere Tierwelt, die von den Fäkalbakterien lebe, dieſe 
niederſte, winzige Tierwelt diene etwas größeren Tieren, 
Würmern, Inſektenlarven uſw. zur Nahrung und dieſe 
wiederum den Fiſchen. Die Teiche blieben ganz klar 
und die Fiſche ſelbſt kämen mit den Fäkalien in gar 
keine Berührung. 

Umgekehrt wie in Teichen wirkten ungeklärte ſtädtiſche 
Abwäſſer, ſowie Abwäſſer von Zuckerfabriken, Bren⸗ 
nereien, Holzſtoffinduſtrien uſw.) in ſchnellfließenden 


Gewäſſern, verſchmutzend und es entſtehe hier eine der 
Fiſcherei ſehr ſchädliche Bakterienwelt. 

Schließlich macht Referent Mitteilung über die Ge- 
winnung von Oel aus dem Eingeweide von Aeſchen. 
Eine Oelfabrik habe aus dem Eingeweide von 40 Pfund 
Aeſchen 1 Pfund dünnflüffigen gelben Oels gewonnen, 
welches einen Fettgehalt von 99,3% gehabt habe und 
ſich zur Herſtellung techniſcher Fette, zur Seijener: 
zeugung, Verwendung in der Textilinduſtrie und zu 
vielen anderen Zwecken eignen und einen Wert bis m 
600 Mk. für den Doppelzentner haben würbe. 

Dr. Buſchkiel ſchloß feinen intereſſanten Vortrag 
mit dem Hinweis, daß die Bedeutung, die die Fiſchere 
im Kriege gewonnen, fih wohl nicht fo bald verlieren 
werde, daß wir nach dem Kriege vielmehr in ein 
Wirtſchaftsperiode ſtärkſter Eigenerzeugung eintteten 
würden und die Binnenfiſcherei dann berufen ſei, dazu 
beizutragen, daß ein altes Kaiſerwort in neuem Be: 
wande wahr werde: „Deutſchlands Zukunft liegt 7 
unter und über dem Waſſer!“ 


Fichtenſamen als Quelle von Speiſeöl. Vn 
C. von Tubeuf. Sonderabdruck aus be: 
Naturwiſſenſchaftlichen Zeitſchrift fin 
Forſt⸗ und Landwirtſchaft. Herausge⸗ 
geben von Prof. Dr. Freiherr von Lu: 
beuf. Verlag von Eugen Ulmer in 
Stuttgart. 

Für die Gewinnung des Fichtenſamens gibt Ber. 
folgende Anleitung: 

1. Bei den Herbſt⸗ und Winterfällungen find be 
Zapfen fortlaufend, womöglich täglich zu ſammeln unt 
zu bergen d. h. in Säcken oder Kiſten unter Dach zu 
bringen. 

2. Beim Sana konnen Weiber und Kinde 
mitwirken. 

3. Es ſollen womöglich nur gute, geſunde Sapien 
geſammelt werden; uncntwidelle, kranke, verkrümmt 
und mit Harz ganz übergoſſene, die offenfichtlich far 
von Inſekten angebohrt find, folen ausgeſchloſſe 
bleiben. Die Unterſchiede müſſen den Sammlern durd 
Vorzeigen der Objekte klar gemacht werden, doch fol 
dabei nicht ängſtlich verfahren werden. 

4. Die Zapfen können auf luftigen, trocknen Ep 
chern aufgeſchüttet werden; kommen hier ſchon Samet 
zum Ausfall, ſo werden ſie zuſammengekehrt und bleibe 
bis zur Abſendung offen oder bei Mäuſegefahr in ge 
ſchloſſenen Kiſten liegen. 

5. Die Zapfen werden partienweiſe in offenen Mifte 
in geheizten Räumen (in den Holzhauerwohnungen. m 
Schulhäuſern, Gemeinde⸗Räumen, SForfthäufern ulm) 
am Ofen jo lange getrocknet bis die Samen ausfallen. 


JJV ⁵²mÄh; nee ] .. ͤ . f Ne 


105 


6. Die Samen find in Säcken oder Riften zur 
Entflügelung und Reinigung an die Klenganſtalt zu 
ſenden, von der die gereinigten Samen geſammelt und 
an die Oelfabrik weiter geleitet werden. 

7. Die Zapfen verbleiben denen, welche die Zapfen 
entſamen, als ein wertvolles Heizmaterial. Für die 
abgelieferte Samenmenge konnte eine dem Gewichte 
entſprechende Entlohnung gegeben werden, ſofern die 
Dienſte nicht etwa freiwillig geleiſtet werden. 

Ferner macht von Tubeuf intereſſante Angaben 
über den Gehalt der Samen von Fichte und anderen 
Nadelhölzern an Oel und anderen Subſtanzen, ſowie 
über die Verwendung des Oels als Speiſe⸗ und Brennöl, 
fowie zur Oelfarben⸗ und Firnisſabrikation. E. 
Anleitung zur Gewinnung von Fichtengerb 

rinde. Herausgegeben von der Forſtabteilung der 
Landwirtſchaftskammer für die Rheinprovinz. Berlin 
1916. F. A. Günther und Sohn, Aktien - Gef. 
Berlin SW. II (die Lederinduſtrie; Ledertechniſche 
Rundſchau). Preis: 30 Pfennig. 

Die große Bedeutung, die der Fichtenrinde für die 
Deckung unſeres Bedarfs an Gerbſtoffen, die vor dem 
Krieg zu ½ aus dem Auslande bezogen wurden, zu: 
fällt, hat die Forſtabteilung der Landwirtſchaftskammer 

für die Rheinprovinz zur Herausgabe dieſer Schrift 
veranlaßt. | 

In fieben Abſchnitten wird in derſelben behandelt: 

1. Die Bedeutung der Fichtenrinde als Gerbſtoſſ. 


2. Die Menge der in Deutſchland zu gewinnenden 
Fichtenrinde. 
3. Das Schalen der Fichtenrinde 
a) das Schälen des Sommerholzes 
b) das Schälen des im Winter gefällten Holzes. 
4. Die Bedenken gegen die Sommerfällung des 
Fichtenholzes. 
5. Das Trocknen der Rinde. 
6. Der Verkauf der Rinde 
a) die Verkaufſseinheit 
b) Verkaufsergebniſſe. 
7. Die Entlohnung der Arbeiter. 
Acht gute Abbildungen veranſchaulichen die Lehr: 
reichen wertvollen Darlegungen, die das Schriftchen 
enthält. Da die rechtzeitige und ausreichende Beſchaf⸗ 
fung von Gerbſtoffen im vaterländiſchen Intereſſe liegt, 
kommt dieſe Anleitung gerade zur rechten Zeit. Eine 
möglichſt weitgehende Verbreitung iſt der dankenswerten 
Arbeit zu wünſchen und mit Rückficht auf den außer: 
ordentlich geringen Preis auch wohl zu erwarten! 
E. 


Die preußiſche Jagdordnung nebft Sonder: 


recht Hannovers und Helgolands ſowie 
ergänzeuden Geſetzen. Anhang: Kriegsverord⸗ 
nungen. Mit Erläuterungen von Dr. jur. Werner 
Brandis, Amtsricher a. D. in Berlin = Lichterfelde. 
Zweite, vermehrte Auflage. Cöthen⸗Anhalt. Paul 
Schettlers Erben, Geſellſchaft m. b. H. Preis: 
2,40 Mk. 
Außer der Jagdordnung vom 15. Juli mit aus⸗ 
führlichem Kommentar werden in einem beſonderen Ab⸗ 
ſchnitt die Ergänzungen der 2. Auflage zuſammengeſtellt, 


die ſich beziehen auf Anordnungen hinſichtlich den Be⸗ 


ſtimmungen über: jagdbare Tiere (Muffelwild, Bronze⸗ 
puter oder Trutwild), den Stempel der Jagdſcheine, 
das Vogelſchutzgeſetz, ſowie auf die Kriegsverordnungen 
des Reichs und Preußens. Ferner werden mitgeteilt 
das Reichsvogelſchutzgeſez vom 22. März 1888, die 
die Jagd betreffenden Beſtimmungen aus dem Reichs⸗ 
ſtrafgeſetzbuch, insbeſondere die Beſtimmungen über 
Widerſtand gegen die Staatsgewalt, das preuß. Geſetz 
über den Waffengebrauch der Forſt⸗ und Jagdbeamten 
v. 31. Maͤrz 1837 mit der zugehörigen Inſtruktion 
v. 17. April 1837 und ihrer Abänderung v. 14. Juli 
1897, die Polizeiverordnungen über die Sonntagsruhe, 
die den Jäger intereſſierenden Beſtimmungen aus dem 
preußiſchen Feld⸗ und Forſtpolizeigeſetze, die neueren 
Kriegsverordnungen u. a. m. 

Die Materie wird klar und erſchöpfend behandelt. 

In den Abſchnitt „der Stempel der Jagdſcheine“ 
hatte unter Hinweis auf Tarifſtelle 31 Abſ. 2 des 
Stempelſteuergeſetzes v. 30. Juni 1909 bemerkt werden 
müſſen, daß ein Stempel für die unentgeltlich zu er⸗ 
teilenden Jagdſcheine nicht zu erheben iſt. | 

Das Buch wird ſicherlich in Jägerkreiſen viele Ab- 
nehmer finden, umſomehr da auch der Preis ein aäußerſt 
billiger iſt. E. 


Novellen aus dem Tierleben. Entnommen aus 


dem Werke: Lebensbilder aus der Tierwelt von 
H. Meerwarth und Karl Soffel. Sieben Novellen 
mit 116 urkundtreuen Photographien nach dem Leben. 
R. Voigtländer's Verlag in Leipzig. Preis: geb. 
3 Mk. 

In ſieben Novellen mit vielen photographiſchen 
Freiaufnahmen wird das Leben und Treiben des Wald: 
kauzes und der Raben: und Nebelkrähe von Hermann 
Löns, der Sumpfohreule und des Buchfinks von Elſe 
Soffel, der Seeſchwalbe von Otto Leege, der Saat: 
kraͤhe von A. Bülow und des Cormorans von Hugo 
Otto in friſcher, ee oft humoriſtiſcher 5 
geſchildert. 


ul. 


Briefe 


Aus Preuſen. 


Zur Preußiichen Uerwaltungs-Reform. 

Infolge des im Februarhefle mitgeteilten Allerh. 
Erlaſſes vom 19. Januar 1917 wird nun wohl die 
preußiſche Verwaltungsreform etwas ſchneller in Fluß 
kommen. Es dürfte daher angezeigt erſcheinen, die 
hierüber bisher veröffentlichten Anſichten, ſoweit fie die 
Reform der Forſtverwaltung betreffen, in kurzen Um: 
riſſen zuſammenzuſtellen. 

Hierbei handelt es ſich im weſentlichen um zwei 
Fragen: 1. um die Organiſation der Regierungsab⸗ 
teilung für direkte Steuern, Domänen und Forſten 
und 2. um die forſtlichen Inſtanzen dieſer Abteilung 
und die damit zuſammenhängende Erweiterung der 
Befugniſſe der Revierverwalter. 


1. Die Organiſation der Regierungs⸗-⸗Ab⸗ 
teilung für Domänen und Forſten. 
Die „Novelle zum Landverwaltungsgeſetz“, welche 

im Jahre 1914 dem preußiſchen Landtage von der 

Staatsregierung vorgelegt worden, aber infolge des 

Krieges noch nicht zur Beratung gekommen iſt, ſieht 

die Aufhebung der kollegialen Verfaſſung der noch be⸗ 

ſtehenden Regierungsabteilungen und die Uebertragung 
deren Geſchäfte an den Regierungspräſidenten vor. 

Alle Forſtverwaltungsbeamte, die ſich über dieſe grund: 

legende Frage geäußert haben, haben ſich mit einer 

einzigen Ausnahme entſchieden gegen die Aufhebung 
der Kollegialverfaſſung ausgeſprochen, und die eine hier⸗ 
von abweichende Stimme (Regierungs: und Forſtrat 

Dr. Laspeyres) hat auch nicht unmittelbar gegen die 

Beibehaltung Stellung genommen, es vielmehr für 

bedeutungslos bezeichnet, nach welcher Seite hin die 

Entſcheidung fallen werde. Auch mehrere Parlamen⸗ 

tarier ſind für die Beibehaltung der kollegialen Ver⸗ 

faſſung eingetreten. 

Regierungs⸗ und Forſtrat Dr. Laspeyres: Es 
würde verfehlt ſein in der Staatsforſtverwaltung die 
Dreiteilung der forſtlichen Behörden in Zentral-, Be- 
zirks⸗ und Lokalinſtanz zu beſeitigen. Eine Reform 
der Organiſation der forſtlichen Bezirksinſtanz wird 
von allen Seiten anerkannt. Die bisherige Verbindung 
zwiſchen der Staatsforſtverwaltung und der Bezirks⸗ 
regierung iſt eine ſtaatliche Notwendigkeit, dagegen be⸗ 
darf die Stellung der Staatsforſtverwaltung im Or⸗ 
ganismus der Bezirksregierung nach dem einſtimmigen 
Wunſche aller Forſtverwaltungsbeamten inſofern drin⸗ 
gend einer Aenderung, als ihre Vereinigung mit der 
Domänenverwaltung zu einer Abteilung, in der der 
Oberforſtmeiſter neben dem Oberregierungsrat der Do⸗ 


mänenverwaltung nur Mitdirigent iſt, beſeitigt werden 
muß. Ob nun die Forſtverwaltung als ſelbſtändige 
Fachabteilung mit kollegialer Verfaſſung organifiert 
oder ob fie mit bürokratiſcher Verfaſſung der Prafidial: 
abteilung angegliedert wird, iſt eine Frage ohne große 
praktiſche Bedeutung. 

Für die erſte öſung läßt fic) anführen, daß die 
Staatsforſtverwaltung in erſter Linie eine große Ver⸗ 
mögensverwaltung iſt, deren Erträge zur Deckung 
öffentlicher Ausgaben beſtimmt find. Dieſe Verwaltung 
fo alfo jo geführt werden, daß Beſchwerden oder Be⸗ 
vorzugung oder Zurückſetzung einzelner Perſonen oder 
Bevölkerungsklaſſen nach Möglichkeit vermieden werden. 
Hierfür würde die kollegialiſche Verfaſſung an 
und für ſich eine beſſere Bürgſchaft bieten als die | 
bürokratiſche unter der Leitung eines politiſchen Be: | 
amten. Dagegen läßt fih jedoch einwenden, daß ſchon 
jetzt die beſtehende kollegiale Verfaſſung tatſaͤchlich nur 
auf dem Papier ſteht, daß Mehrheitsbeſchlüſſe inner: _ 
halb der Abteilung für Domänen und Forſten nur 
aͤußerſt felten herbeigeführt und ſchon jetzt faſt al 
ſchwierigen Entſcheidungen auf dem Wege der perfin: | 
lichen Rückſprache und des Vortrages beim Regierung: | 
präfidenten getroffen werden. Das Bedenken, der 
Regierungspräſident möchte bei Einführung des Präfe: | 
turſyſtems in der Forſtverwaltung zu ſehr exponiert 
werden und leichter in den Verdacht geraten, die Fort 
verwaltung feinen politiſchen Zwecken dienſtbar zu | 
machen, wird ferner dadurch abgeſchwächt, daß bi 
forſtlichen Dezernenten die Verantwortung für die Ent: | 
ſcheidung mittragen. Der Kreis der verantwortlichn 
Perſonen ift deshalb bei beiden Arten der Organifation | 
nicht weſentlich verſchieden. Ein unbedingter Vorzug 
des Präfekturſyſtems ift aber die Möglichkeit jhnellere 
Entſcheidung. 

(Zeitſchrift f. Fort- und Jagdweſen, 1912 S. 75ff) 


Oberforſtmeiſter Ochwadt: Eine Verbin⸗ 
dung der Staatsforſtverwaltung mit den Bezirk 
regierungen iſt keine ſtaatliche Notwendigkeit; dies be 
weiſen die Forſtorganiſationen der meiſten größeren 
Staaten Deutſchlands. Die kleinen Regierung 
forſtabteilungen müſſen fortfallen und an ihre Stell 
große treten, weil nur große forſtliche Mittelbehörden 
den Anforderungen der Gegenwart und Zukunft gr 
wachſen find. Anzuſtreben find große forſtliche Mitte: 
inſtanzen durch provinzielle Vereinigung der Rt 
gierungsforſtabteilungen zu je einer großen Forflat: 
teilung bei der an dem Sitze des Oberpräfibiun 
befindlichen Regierung unter voller Selbſtändigkeit. Di 
Beibehaltung der kollegialiſchen Verfaſſung, ift die beit 


107 


Schutzwehr der Staatsforſten gegen die Beeinfluſſung 
durch gewiſſe Rückſichten, weil ſie nicht nur eine forſt⸗ 
liche Entſcheidung in wichtigen Fragen ſicherſtellt, ſon⸗ 
dern auch verhindert, daß aus ſachlichen Meinungs⸗ 
verſchiedenheiten perſönliche Spannungen entſtehen. Bei 
der kollegialen Verfaſſung iſt die als wenig angenehme 
ultima ratio wirkende Abſtimmung und Entſcheidung 
durch die Mehrheit oft die Urſache für eine ſchließliche 
Verftändigung der durch Meinungsverſchiedenheit ge- 
trennten Parteien und verhindert, daß nach nicht ſach⸗ 
lichen, die Intereſſen des Waldes ohne Grund hint⸗ 
anſetzenden Geſichtspunkten entſchieden wird. 
| Es ware doch auch faſt wunderbar, wenn jeder 
Regierungspraͤfident in jedem Falle der Verſuchung 
widerſtehen würde, zu ſeinen politiſchen Zwecken der 
Bevölkerung Vermögensvorteile oder Annehmlichkeiten 
aus den Staatswaldungen auf Koſten dieſer zuzu⸗ 
wenden. Die Bemerkung, daß beim Praͤfekturſyſtem 
die Verantwortung von den forſtlichen Dezernenten 
mitgetragen würde und dadurch der Wald genügend 
geſchüͤtzt jet, ift meines Erachtens nur beſchränkt richtig; 
denn das iſt ja gerade das Kennzeichen dieſes Sy⸗ 
ſtems, daß die Entſcheidung lediglich beim Regierungs⸗ 
präfidenten ſteht, daß dieſer, wenn er gegen die Anſicht 
der Bearbeiter entſcheidet, damit auch unter Ausſchal⸗ 
tung der Bearbeiter die Verantwortung übernimmt. 
Im übrigen möchte ich gerade daraus, daß Mehr⸗ 
bhbiitsbeſchlüſſe immer feltener werden, ſchließen, daß die 
kollegiale Verfaſſung an ſich einer ſchnellen Erledigung 
der Geſchaͤfte nicht entgegenſteht, alfo in Wirklichkeit 
nach dieſer Richtung Nachteile gegen das Präfektur: 
ſhyfſtem kaum bietet. Tatſächlich wird wohl niemand 
nachweiſen können, daß in den Forſtabteilungen der 

Regierungen langſamer gearbeitet wird als in den 
Präfidialabteilungen. 

(Zeitſchrift f. Fort- u. Jagdweſen, 1912 S. 234 ff.). 

Dr. Loening, Mitglied des Herrenhauſes: 
In dem Entwurfe, welchen die Kgl. Staatsregierung 
i. J. 1914 dem Landtage vorgelegt hat, war beab⸗ 
ſichtigt, die kollegiale Zuſammenſetzung der beiden Re- 
gierungsabteilungen für Kirchen⸗ und Schulſachen und 
für direkte Steuern, Domänen und Forſten aufzuheben 
und den Regierungspräſidenten allein zu einem Einzel⸗ 
beamten im geſamten Gebiete der inneren Verwaltung 
und der Finanzverwaltung zu machen. Dies halte 
ich für einen außerordentlichen Fehler. Das Gebiet 
der inneren Verwaltung in allen ihren verſchiedenen 
Teilen, der Finanzverwaltung, der Domänen und 
Forſten iſt ſo außerordentlich groß, daß ſelbſt die Ar⸗ 
beitskräfte des gelehrteſten oder vielmehr des bedeu⸗ 
tenſten oder des praktiſchſten Regierungspräſidenten 
nicht ausreichen. Auch der praktiſchſte Regierungs- 
präfident wird nicht in der Lage fein, diefe Dinge 


allein zu überſehen und einen leitenden Einfluß darauf 
auszuüben. Ich halte es deshalb für notwendig, die 
Verwaltung der direkten Steuern, der Domänen und 
Forſten von den Regierungen zu trennen und dafür 
Provinzialbehörden einzuſetzen, die kollegial orga⸗ 
niſiert und daher wohl imſtande ſind, in der Provinz 
die geſamte Verwaltung der direkten Steuern, Do: 
mänen und Forſten zu führen. Dadurch würde auch 
der Verdacht beſeitigt werden, daß der Regierungs⸗ 
präſident auf die Verwaltung der direkten Steuern, 
Domänen und Forſten einen Einfluß ausübt, 
der von der politiſchen Parteiſtellung abhängig 
erſcheint. Aber gerade dieſe Verwaltungsangelegen⸗ 
heiten ſollen von allen politiſchen Parteibeſtrebungen 
fern bleiben, und das kann nur erreicht werden, wenn 
ſie getrennt werden von der eigentlichen politiſchen 
Verwaltung, die in der Hand des Regierungspräſi⸗ 
denten ruhen muß. 

(Sten. Bericht über die Verhandlungen des Herren⸗ 
hauſes am 28. März 1917.) 

Regierungs⸗ und Forſtrat Trebel⸗ 
jahr: Die Bildung beſonderer ſelbſtändiger Forſt⸗ 
abteilungen bei den Regierungen mit dem Oberforſt⸗ 
meiſter als alleinigem Dirigenten und mit kollegialer 
Verfaſſung ſind dringend erwünſcht. Der Vorzug der 
Kollegialverfaſſung beſteht nicht nur im Austrag — ohne 
Verſtimmung — ſondern auch in der Verhütung von 
Differenzen. Die Ausſicht, eine zu Papier gebrachte 
Entſcheidung bei gehöriger Begründung auch durch⸗ 
drücken zu können, hebt das Gefühl der Selbſtändig⸗ 
keit, die Arbeitsfreudigkeit, Arbeitsgründlichkeit, ſtärkt 
das Verantwortlichkeitsgefühl. Der Oberforſtmeiſter 
und der Regierungspräſident willen, daß ihre Macht 
nicht unbegrenzt iſt, daß ſie nicht mit einem Feder⸗ 
ſtrich über die begründete Entſcheidung eines Dezer⸗ 
nenten hinwegehen können. Bei dem Präfekturſyſtem 
würde der Regierungspräfident zu ſtark exponiert werden 
und leicht in den Verdacht kommen, die Forſtver⸗ 
waltung ſeinen politiſchen Zwecken dienſtbar zu machen, 
außerdem fehlt demſelben die nötige fachliche Vorbil⸗ 
dung und die nötige Ueberſicht und Orientierung, um 
ſich ein eigenes richtiges Urteil bilden zu können. Der 
Regierungspräſident beſitzt bereits einen ausreichenden 
Einfluß auf die Arbeiten der Forſtverwaltung; dieſen 
Einfluß bis zur Allmacht zu ſteigern, liegt weder im 
Intereſſe der ſtaatlichen Vermögensverwaltung noch im 
Intereſſe des Regierungspräſidenten. | 

Ein ſchnellerer Geſchäftsgang wird mit der Ein: 
führung des Präfekturſyſtems auch nicht erzielt. Die 
einzelnen Sachen gehen genau denſelben Gang wie bis⸗ 
her. Es könnte ſogar eine Verſchleppung dann ein⸗ 
treten, wenn etwa der Regierungspräſident aus der 
erweiterten Macht die Veranlaſſung herleiten ſollte, 


108 


ſich in größerem Umfange als bisher die Sachen der 
Forſtverwaltung vorlegen zu laſſen. 

(Zeitſchrift f. Forſt⸗ u. Jagdweſen 1912, S. 265 ff.). 

Geh. Regierungs- und Forſtrat Schmanck: 
Die Bedeutung der Staatsforſtverwaltung und die 
Rückſicht auf ihre innere Fortentwicklung verlangen 
grundſätzlich das Recht der freien Selbſtbeſtimmung. 
Jede organiſche Verbindung mit der Landesverwaltung 
muß vom Standpunkte der Forſtverwaltung als eine 
Hemmung angeſehen werden. Der Gefahr, daß der 
Regierungspraͤſident in den Verdacht geraten könnte, 
die Forſtverwaltung ſeinen politiſchen Zielen dienſtbar 
zu machen, kann nur durch völlige Lostrennung der 
Forſtverwaltung von den Regierungen und den Re: 
gierungspräſidenten vorgebeugt werden, mag nun die 
weitere Geſtaltung ſich vollziehen in Form einer pro⸗ 
vinzweiſen Zuſammenſaſſung zu ſelbſtändigen Finanz⸗ 
direktionen oder zu beſonderen Oberforſtämtern. Falls 
die Forſtverwaltung aber auch künftig noch ein Be⸗ 
ſtandteil der Bezirksregierung bleiben ſoll, wäre die 
Einführung des Präfekturſyſtems der verhängnisvollſte 
Schritt, den die Forſtverwaltung feit hundert Jahren 
getan haben würde, verhängnisvoll für die Sache und 
für die mitwirkenden Beamten. 
zweck der Forſtverwaltung würde damit in den Schatten 
der Politik treten. Die durchaus bewährte kollegiale 
Verfaſſung war bisher und iſt gegenwärtig noch unge⸗ 
gemindert das feſte Bollwerk, auf das ſich die Selbſtändig⸗ 
keit der Forſtabteilung bei der Regierung und die der 
einzelnen Mitglieder innerhalb der Abteilung gründet. 
Zwar iſt das alte rein inſtruktionsmäßige Verfahren, 
wonach die Abteilung ſo ziemlich über alle materiellen 
Entſcheidungen beſchließen mußte, längſt außer Uebung 
gekommen, und ſelbſt der § 27 der Reg.⸗Inſtr. von 
1807 pflegt nur noch beachtet zu werden, ſoweit es 
ſich um beſonders wichtige, vor allem grundſaͤtzliche 
Fragen oder um Sachen handelt, die beſonders zum 
Vortrag geſchrieben ſind, oder endlich, wenn kein Ein⸗ 
verſtändnis zwiſchen den Reſerenten unter ſich oder 
zwiſchen dieſen und den Abteilungsleitern zu erreichen 
iſt. Gerade in letzterer Hinſicht liegt für die Forſt⸗ 
abteilung bei der Regierung noch heute die volle Be⸗ 
deutung des Kollegialbeſchluſſes. 

Die unbedingte perſönliche Zuſtändigkeit des Re⸗ 
gierungspräſidenten, allein und ohne Rückſicht auf die 
Stellungnahme der Referenten zu beſtimmen, mag rück⸗ 
fichtlic) der inneren Angelegenheiten der Landesver⸗ 
waltung am Platze ſein. Wie ſoll ſich aber die ganz 
auf techniſche Sachkenntnis aufgebaute Forſtverwaltung 


Der innere Selbſt⸗ 


nicht erwarten können. Wohl aber liegt die Gefahr 
nahe, daß durch allzu ſtarke Vorkehrung poliliſcher 


Rückſichten die finanziellen Ergebniſſe eine Einbuße 


erleiden könnten. Wenn daher — trotz aller entgegen: 
ſtehenden Bedenken — die organiſche Verbindung der 
Forſtverwaltung mit der Landesverwaltung bei ber Be: 
zirksregierung aufrecht erhalten werden ſoll, dann iſt 
die bürokratiſche Unterordnung unter den Regierungs: 
präſidenten nicht die geeignete Form, vielmehr fordert 
das eigene Lebensintereſſe der Forſtverwaltung min: 
deſtens die ungeſchwächte Erhaltung der bisherigen 
Selbſtändigkeit in der kollegialen Verfaſſung. Man 
laffe uns unſere durchaus bewährte Kollegialverfaſſung 
als allein wirkſame Sicherung gegen unberechtigte Cin: 
griffe, ebenſo wie für die allgemeine Landesverwaltun; 


durch den 8 24 des Landesverwaltungsgeſetzes alle min: 


ſchenswerten und zuläffigen Rückſichten auf die Laude: 
verwaltung und insbeſondere auf die Politik ausreichend 
ſichergeſtellt find und bleiben mögen. Daß beiderſeit 


— — 


von dieſen Mitteln jo felten Gebrauch gemacht wird. 


ſpricht nur für die Bewährung der bisherigen Orgam: 
ſation und ſollte vor deren Beſeitigung dringend warner. 
Der Einwand, daß das Präfekturſyſtem als unbedingten 
Vorzug, die Möglichkeit ſchnellerer Entſcheidung biet, 
iſt bereits durch Trebeljahr als Irrtum nachgewieſen 

(Zeitſchrift f. Forſt⸗ und Jagdweſen 1912, S. 335) 

Geheim. Regierungsrat Kalk: Den don 
Obim. Schwadt vorgeſchlagenen Weg, die Regierung: 


forſtbeamten der Provinz in deren Hauptſtadt zu ver⸗ 
einigen, halte ich weder in der Form der Zuſammen⸗ 
ziehung zu einer beſonderen Behörde, noch in der 


jenigen einer Angliederung an die Regierung, welche 
ihren Sitz in der Provinzialhauptſtadt hat, für gang: 
bar. Der Forſtinſpektionsbezirk, als ein örtliches Stüc 


— — 


des Regierungsbezirks, ſchafft zu der allgemeinen 


Staatsverwaltung ſo vielfache Wechſelbeziehungen, daß 
der unmittelbare Verkehr zwiſchen der Regierung und 
ihren forſtlichen Mitgliedern ohne Schaden für den 
Dienſt ſich nicht beſeitigen läßt. Der völligen Lot 
trennung der Forſtverwaltung von der Regierung 
ſtehen daher gewichtige Bedenken entgegen. Bete 
hiernach die Notwendigkeit, die Inſpektionsbeamten be 
der Regierung ihres örtlichen Bezirks zu belaffen, den 


Oberforſtbeamten aber einen größeren Wirkungskreis | 


als die Einzelregierung bietet, zuzuweiſen, fo ergibt 
ſich eine einfache Löſung in der Einrichtung von Ober: 
forftämtern bei den Oberpräſidien, in ähnlicher Weile 
wie dieſen Strombaudirektionen, Provingialfdultollegie 
uſw. angegliedert find. Der Oberforſtmeiſter wird üb! 


in die völlige Unterordnung unter einen Nichtfachmann die Anſtellung und Verſetzung der Förſter zu belim 


finden, abgeſehen vielleicht vom Strebertum, deſſen 
Weizen hierbei blühen könnte? Eine ſachliche Förderung 
wird die Forſtverwaltung vom Regierungspräſidenten 


men und zu prüfen haben, ob die Bewirtſchaftung Mm 
Forſten fih im Rahmen der Betriebswerke volzi! 
und ob die ſonſt für die Wirtſchaftsführung erlaſſenen 


i 
7 


— — — - — ~ = 


109 


Vorſchriften beachtet find. Durch eine ſolche Gliederung 
läßt fih für die jetzigen Regierungsforſtbeamten die 
befte Wirkungsmöͤglichkeit ſchaffen: Der Oberforſt⸗ 
meiſter verfügt über ein fruchtbringendes, feſtumgrenztes 
Arbeitsfeld, der Regierungs⸗ und Forſtrat aber gelangt 
zu einer ſelbſtändigen Betätigung bei der Regierung 
und in ſeinem Inſpektionsbezirke, für welchen ihm die 
volle Verantwortung auferlegt iſt. 

(Zeitſchrift f. Forſt⸗ und Jagdweſen. 1912, S. 562.) 

Oberförſter Merten: Oberforſtmeiſter Ochwadt 
und Forſtrat Schmanck haben überzeugend nachgewieſen, 
daß die Verbindung der Forſtverwaltung mit den Be⸗ 
zirksregierungen keine ſtaatliche Notwendigkeit iſt. Er⸗ 
ſterer hat gleichzeitig treffend die Vorzüge einer großen 
forſtlichen Mittelbehörde hervorgehoben. Nicht recht 
verſtändlich iſt ſein Vorſchlag, dieſe Mittelbehörde als 
große Forſtabteilung der am Sitz des Oberpräſidiums 
befindlichen Regierung zu unterſtellen. Es muß als 
Armutszeugnis erſcheinen, wenn ſich die Forſtverwaltung 
die ſelbſtändige Erfüllung ihrer Aufgaben unter voller 
Wahrung der geſamten Staatsintereſſen nicht zutraut. 
Ein ſelbſtändiges etwa für jede Provinz zu errichtendes, 
gut ausgeſtattetes Oberforſtamt, mit Forſteinrichtungs⸗ 
und Verſuchsſtelle verſehen, mit großzügigen und er⸗ 
fahrenen Forſtleuten beſetzt, könnte unzweifelhaft allen 
Aufgaben beſſer und ſchneller gerecht werden, es würde 
ſeinen Mitgliedern ſowohl wie den Oberförſtern Raum 
zu befriedigender Tätigkeit gewähren und alle Vorbe⸗ 
dingungen zu einer geſunden Fortentwicklung von Wirt⸗ 
ſchaft und Verwaltung in ſich tragen. 

(Zeitſchrift f. Forſt⸗ und Jagdweſen 1912, S. 426.) 

Forſtmeiſter Lehnpfuhl: Dr. Laspeyres 
erklart die fortdauernde Verbindung der Forſtverwal⸗ 
tung mit den Regierungen als eine ſtaatliche Notwen⸗ 
digkeit. In keiner der ſeitdem erſchienenen Aeußerungen 
über dieſe Frage findet er jedoch unbedingte Zu⸗ 
ſtimmung, z. T. lebhaften Widerſpruch. Es liegt kein 
Grund vor, bei einer Organiſationsänderung dieſe Ein- 
richtung nicht anders zu regeln. Eine ſelbſtändige 
forſtliche Mittelinſtanz auf breiter, in der Regel pro⸗ 
vinzieller Bafis wird die größte Gewähr dafür leiſten, daß 
die Eigenart der forſtlichen Aufgäben nach Möglich⸗ 
keit zu ihrem Rechte kommt. Dieſe Provinzialbehörde 
würde mit Rückſicht auf die überwiegend techniſche 
Natur der vorkommenden Fragen und den erheblich 
erweiterten Wirkungskreis einem Landforſtmeiſter zu 
unterſtellen und in Abteilungen unter je einem Ober⸗ 
forſtmeiſter zu gliedern ſein. Da es mit der Einheit⸗ 
lichkeit der Behörde unverträglich iſt, daß die einzelnen 
Mitglieder beſondere Inſtanzen darſtellen, ſo würde 
die Abgrenzung ihrer Funktionen nur den Charakter 
einer inneren Geſchäftsverteilung haben dürfen. Die 


Revierverwalter würden die Organe der Provinzial: 
1917 


inſtanz für die Verwaltung fein und als ſelbſtändige 
Wirtſchaſter der Kontrolle dieſer Behörde unterliegen. 

(Zeitſchrift f. Forſt⸗ und Jagdweſen 1912, S. 468.) 

Mitglied des Abgeordnetenhauſes Linz 
(Zentr.): Das Kollegialſyſtem muß vor allen Dingen 
deshalb beibehalten werden, weil es das Verantwort⸗ 
lichkeitsgefühl ſtärkt und den Charakter und die Tid: 
tigkeit der Beamten. Verlangt man Individualität, 
Charakterbildung, Selbſtverantwortlichkeitsgefühl der 
Beamten, dann muß das Kollegialſyſtem wenigſtens 
in ſeinem jetzigen beſcheidenen Maße erhalten bleiben. 
Nach § 24 des Landesverwaltungsgeſetzes hat der Re⸗ 
gierungspräſident ſchon jetzt ein ſo einſchneidendes 
Veto⸗ und Eingriffsrecht, daß er das Kollegium vor 
die Türe ſetzen kann. Wenn durch die Beſeitigung 
des Kollegialſyſtems die eigene Individualität des Be⸗ 
amten ausgeſchaltet oder vermindert wird, wenn er 
zu einem Inſtrument eines dritten, des Regierungs⸗ 
präſidenten, gemacht wird, dann leidet das Selbſt⸗ 
gefühl, dann wird der Charakter, die Individualität 
der Beamten hierdurch jedenfalls nicht geſtärkt. Außer⸗ 
dem ift der Regierungspräſident derart belaſtet, daß 
die von ihm geforderte Arbeit faſt über die Grenze 
ſeiner Leiſtungsfähigkeit hinausgeht. Ihm noch andere 
Aufgaben zu übertragen, insbeſondere die Abteilungen 
mehr techniſcher, wirtſchaftlicher Natur in ſeiner Hand 
zu konzentrieren, würde ihm eine Verantwortung auf⸗ 
bürden, die manchem Regierungspräfidenten im hddften 
Grade ſtörend ſein würde. (Sten. Berichte der Ver⸗ 
handlungen des Abgeordnetenhauſes v. 14. Febr. 17.) 

Mitglied des Abgeordnetenhauſes Caſſel 
(Fortſchrittl. Volkspartei): Bezüglich der Geſtaltung 
der Regierungsabteilungen teile ich den Standpunkt 
des Herrn Abgeordneten Linz. Er hat vollkommen 
recht, wenn er Bedenken gegen die Beſeitigung der 
kollegialen Geſtaltung der Regierungsabteilung hat 
und der Meinung iſt, daß dieſe Kollegialität die Selb⸗ 
ſtändigkeit der einzelnen Beamten zu erhöhen geeignet 
iſt, daß wir aber ſolcher ſelbſtändiger Beamten auch 
auf dem Verwaltungsgebiete bedürfen, daß die Neigung 
lange in ſolchen Regierungsſtellen zu bleiben noch er⸗ 
heblich vermindert wird, wenn der Betreffende nicht 
mehr das Bewußtſein hat, daß ſeine Meinung, ſeine 
Gründe, ſein Wiſſen, ſeine Erfahrungen nicht auch 
für die Beſchlüſſe beſtimmend ſein ſollen. Der Regie⸗ 
rungspräſident hat ja ſchon jetzt ſehr weitgehende Be⸗ 
fugniſſe, um die Beſchlüſſe der Regierung zu ſuspen⸗ 
dieren und ſich an ihre Stelle zu ſetzen. Aber immer⸗ 
hin muß er dies auf ſeine Verantwortung hin tun 
und ſich ſagen, daß ſeine Verantwortung auch in An⸗ 
ſpruch genommen werden kann und daß daher nur 
in ganz ſeltenen und in beſonders ſchwierigen und ge⸗ 
eigneten Fällen von ihm von dieſer geſetzlichen Be⸗ 

- 15 


fugnis Gebrauch gemacht werden kann. Wird er über: 
haupt an die Stelle der Kollegien geſetzt, wären die 
Regierungsräte nur ſeine Referenten und Dezernenten, 
dann beſitzt der eine Mann eine Allmacht, die nach 
vielen Richtungen hin der Landesverwaltung und der 
Bevölkerung durchaus nicht zum Vorteil gereichen kann. 
In ſehr vielen Fällen, wo die Regierungen in bezug 
auf wirtſchaftliche Intereſſen Einzelner oder einzelner 
Verbände Beſchlüſſe zu faſſen haben, was in vielen 
Verwaltungen z. B. der Forſtverwaltung nötig ift, 
iſt es beſſer, wenn ein Kollegium die Verantwortung 
für die Beſchlüſſe übernimmt als ein einzelner Be⸗ 
amter, weil durch die Verantwortlichkeit der Kollegien 
jeder Verdacht von Begünſtigung Einzelner, von Nepo- 
tismus oder anderen ungebührlichen Einflüſſen viel 
eher zu beſeitigen iſt, als wenn ein Einzelner alle 
dieſe Beſchlüſſe zu faſſen hat. (Sten. Berichte über 
die Verhandlungen des Abgeordnetenhauſes vom 14. 
Februar 17). 

Schließlich möge noch darauf hingewieſen werden, 
daß aus dem dem Landtage im Jahre 1914 feitens 
der preuß. Staatsregierung vorgelegten „Entwurfe 
einer Novelle zum Landesverwaltungsgeſetz“ ſelbſt deut⸗ 
lich hervorgeht, daß die Staatsregierung die kollegiale 
Verfaſſung der Regierungsforſtabteilung für einzelne 
Fächer für unentbehrlich halt. Es ift nämlich dort 
vorgeſehen, daß auch in Zukunft von der Behandlung 
nach dem Büroſyſtem (Präfekturſyſtem) bei der Staats. 
forſtverwaltung ausgenommen bleiben: 1. die Entſchei⸗ 
dung über Verwertung des Holzes und der übrigen 
Forſtnutzungen einſchließlich der Jagd, 2. die Ent⸗ 
ſchließungen über Erwerb und Veräußerung von 
Grundſtücken. Bei ihnen ſoll auch in Zukunft den 
Regierungsmitgliedern ein mitentſcheidendes Votum be⸗ 
laſſen werden. 


2. Die forſtlichen Regierungs⸗Inſtanzen 
und die Lokalverwaltung. 


Von dem Zeitpunkte ab, wo die früheren Lokal⸗ 
Inſpektionsbeamten an die Regierungen gezogen wur⸗ 
den, begannen die Klagen über Reibereien zwiſchen 
dem Oberforſt⸗ und den Inſpektionsbeamten. Dieſe 
rühren hauptſächlich daher, daß die Funktionen der 
beiden Regierungsforſtbeamten zu wenig klar von 
einander abgegrenzt ſind und daß den Oberforſtmeiſtern, 
die früher die alleinigen Regierungsforſtbeamten waren, 
auch nach Einreihung der Inſpektionsbeamten in die Re⸗ 
gierungsinſtanz alle früheren Machtbeſugniſſe belaſſen 
worden ſind, während aber den Inſpektionsbeamten 
ein großer Teil der früheren Pflichten und der Ver⸗ 
antwortung der Oberforſtmeiſter auferlegt worden iſt. 

Die Anſichten über die Beibehaltung und ev. über 
die Geſtaltung der beiden forſtlichen Regierungsinſtanzen 


find geteilt; darin, daß eine Aenderung eintreten 
muß, ſtimmen alle überein. 

Geh. Regierungsrat Hauſendorf wünſcht: 
Beſeitigung der forſtlichen Doppelinſtanz bei der Re 
gierung; Vergrößerung der Inſpektionsbezirke; Bear⸗ 
beitung der Generalien durch den älteſten Forſtbeam⸗ 
ten; Verteilung der Geldfonds auf die einzelnen Jn: 
ſpektionsbezirke; Entſcheidung über Meinungsverſchie⸗ 
denheiten zwiſchen Dezernenten und Kodezernenten durch 
den Regierungspräfideut; beſſere Regelung der Rang: 
verhältniſſe der Regierungsforſtbeamten gegenüber den 
Oberförſtern. (Allg. Forſt⸗ u. Jagd⸗Zeitung, 1911, 
S. 180.) 

Als Vorteile dieſer Vorſchläge werden bezeichnet: 
Große Erſparnis an perſönlichen und Reiſekoſten, Be: 
ſeitigung der Reibungsflächen zwiſchen den jetzigen 
beiden forſtlichen Regierungsinſtanzen, Vereinfachung 
der geſchäftlichen Behandlung, insbeſondere Verein⸗ 
fachung des Verhältniſſes des Oberförſters zur Re 
gierungsinſtanz, Stärkung der Wirkungs⸗ und Dienft⸗ 
freudigkeit bei den Regierungs⸗ und den Lokal⸗Forſt⸗ 
beamten. 

Regierungs- und Forſtrat Dr. Laspeyres. 
Beibehaltung der forſtlichen Doppelinſtanz bei der Ne 
gierung. Der Oberforſtmeiſter it dem Regierung 
präfidenten für die Wahrung der Einheitlichkeit in der 
Forſtverwaltung und dem Miniſter für die Befolgung 
der allgemeinen Verwaltungsvorſchriften und dafür 
verantwortlich, daß die forſtfiskaliſchen Intereſſen nad: 
drücklich vertreten und gewahrt werden, wenn die Ge 
fahr beſteht, daß fie zum Schaden der Staatskaffe 
politiſchen Zwecken des Regierungspräfidenten dienſtbar 
gemacht werden ſollen. Dem Oberforſtmeiſter ſoll die 
Bearbeitung der Generalien, Perſonalien, die Berte: 
lung der der Regierung zur ſelbſtändigen Verwendung 
überwieſenen Geldmittel. Verantwortung für die rid 


tige Bewirtſchaftung der Staatsforſten obliegen. Eine 


Reform der Organiſation der forſtlichen Mittelinſtan 
ift zweiffellos notwendig. Auch den Oberforſtmeiſter 
find größere Inſpektionsbezirke zu überweiſen; de 
Rangſtellung der Forſträte iſt zu heben. 

Es wird geſagt, daß die örtliche Ueberwachung der 
Wirtſchaft durch den Oberforſtmeiſter ſich mit der den 
Forſträten auferlegten vollen Verantwortung nicht ver⸗ 
trage, daß fie unnötig fei, unnötige Reiſekoſten ver 
urſache, das notwendige Anſehen der Forſträte bei den 
Oberförſtern ſchmälere, ihre Dienſtfreudigkeit und Tat: 
kraft lähme, eine dauernde Quelle von Mißhelligkeitmn 
zwiſchen Oberforſtmeiſter und Forſtrat bilde und aud 
für die Oberförfter läſtig fei. Demgegenüber ift gl: 
tend zu machen, daß grundſätzlich kein Verwaltung 
beamter ohne Kontrolle ſein ſoll. Die Ueberwachung 
der Wirtſchaft in den Oberförftereien kann nicht von 


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111 


der Sentralftelle erfolgen. Um die Wirtſchaft über: 
wachen zu lönnen, muß der Oberforſtmeiſter die Re⸗ 
viere bereiſen. Die Kritik des Geleiſteten und die Be- 
ſprechung der Pläne für die Zukunft wird fih unter 
Dreien fruchtbarer geſtalten als unter Zweien. Ein⸗ 
greifen wird der Oberforſtmeiſter nur, wenn er die 
lleberzeugung gewinnt, daß Mißgriffe gemacht oder 
zu befürchten find. Glaubt der Forſtrat, daß von 
den Anordnungen des Oberforſtmeiſters wirtſchaftliche 
Nachteile zu befürchten ſind, dann hat er das Recht 
und die Pflicht, die Entſcheidung des Miniſters anzu⸗ 
rufen, wenn ſich der Regierungspräſident auf die Seite 
des Oberforſtmeiſters ſtellt. Dem Forſtrat ſoll alſo 
durch die Bereiſung des Oberforſtmeiſters von ſeiner 
vollen Verantwortlichkeit nichts genommen werden. 
Um noch ſchärfer zum Ausdruck zu bringen, daß die 
Leitung der Wirtſchaft Sache des Forſt⸗ 
tats it, während bem Oberforſtmeiſter 
nur die Ueberwachung obliegt, würde in 
Frage kommen, die Beſtätigung der von den Forſt⸗ 
täten geprüften und feſtgeſtellten Wirtſchaftspläne 
durch den Oberforſtmeiſter wegfallen zu laffen. Nun 
mag es ja ſein, daß hier und da Oberforſtmeiſter mit 
autokratiſchen Neigungen die Grenzen einer nur über- 
wachenden Tätigkeit überſchritten und den Verſuch ge⸗ 
macht haben, die geſamte Leitung der Wirtſchaft bis ins 
Einzelne an ſich zu reißen. Es iſt natürlich, daß das 
zu einem Uebermaß von Bereiſungen und zu mancher⸗ 
lei Konflikten mit den Forſträten führen muß, denen 
dadurch die Freude am Dienſt verleidet und die Tat⸗ 
taft gelähmt wird. Dann liegt zweifellos ein Fehler 
vor, er liegt aber nicht im Syſtem, ſondern in den 
Perfonen. Solche Fälle beweiſen nur, daß die Wahl 
des Oberforſtmeiſters keine glückliche geweſen iſt, gegen 
die beſtehende Organiſation beweiſen ſie nichts. Ganz 
urig ift die Anficht, daß die Stellung des Oberförſters 
durch die Beſeitigung des Oberforſtmeiſters gewinnen 
würde. Das Gegenteil iſt richtig. Wenn jetzt Ober⸗ 
förſter und Forſtrat in forſtlichen Fragen entgegen: 
geſetzter Meinung find, dann wird der Oberforſtmeiſter 
bei ſeinen Bereiſungen vermittelnd eingreifen und den 
Oberförſter gegen Einſeitigkeit oder Willkür des Forſt⸗ 
rats ſchützen. Ebenſo kann auch ein junger Forſtrat 
bei Meinungsverſchiedenheit mit einem alten Ober⸗ 
förſter in dem Oberforſtmeiſter eine wichtige Stütze 
finden. 

Oberforſtmeiſter Ochwadt iſt, wie unter 1 
ausgeführt worden, für Errichtung großer forſtlicher 
Mittelbehörden durch provinzielle Vereinigung der Re⸗ 
gierungsforſtabteilungen zu einer großen Forſtabteilung 
bei der an dem Sitze des Oberpräſidiums befindlichen 
Regierung mit einem Oberforſtmeiſter an der Spitze. 
Den Hauptvorteil großer forſtlicher Mittelbehörden er⸗ 


blickt er darin, daß in ihnen jedem Regierungs⸗ und 
Forſtrate ein genügend großer und dadurch befriedi⸗ 
gender Wirkungskreis gewährt und die Stellung des 
Oberforſtmeiſters zu einer nur leitenden und Auffſicht 
führenden umgeſchaffen werden könnte, unter einer 
klaren, jede Reibungsfläche beſeitigenden Abgrenzung 
der Befugniſſe. | 

Regierungs- und Forſtrat Trebeljahr: 
Die Tätigkeit des Forſtrats erſtreckt fih auf die Tätig: 
keit als Mitglied der Regierung und auf die im Walde. 
Hier hat er zunächſt örtliche Revifionen auszuführen, 
dann aber auch mit voller Verantwortlichkeit — na⸗ 
mentlich auch für den techniſchen Betrieb — bei allen 
Angelegenheiten des Forſthaushalts mitzuwirken. Hier⸗ 
aus kann volle Befriedigung für jeden Forſtrat er⸗ 
wachſen, wenn ihm hierbei ein beſtimmtes Maß von 
Selbſtändigkeit gewährt wird. Nach Laspeyres ift diefe 
ſchon jetzt ausreichend gewährleiſtet. Dies ift nicht der 
Fall. Verſtimmungen und Reibereien zwiſchen Ober⸗ 
forſtmeiſter und Forſtrat kommen daher häufig vor. 
Der Grund für ſolche Differenzen ift in dem S yſſt e m, 
in dem unzureichenden Maße und der ungenauen Ab⸗ 
grenzung der Befugniſſe des Forſtrats zu ſuchen. Es 
würde genügen, wenn der Oberforſtmeiſter nur hin 
und wieder die Reviere fremder Inſpektionen bereiſte, 
um ſich die nötige Kenntnis über Perſonen und ört⸗ 
liche Verhältniſſe zu verſchaffen, und wenn er dabei 
mehr mitteilend und anregend als beſtimmend und an⸗ 
ordnend wirkte. Natürlich hätte er dabei eine allge⸗ 
meine Oberkontrolle auszuüben. Er hätte zu prüfen, 
ob die generellen und miniſteriellen Anordnungen be⸗ 
folgt werden und keine groben Verſtöße gegen die an⸗ 
erkanuten Wirtſchaftsregeln vorkamen. Die endgültige 
Feſtſetzung der jährlichen Wirtſchaftspläne foll Sache 
des Forſtrats ſein. Laspeyres ſagt zutreffend: „Kein 
Verwaltungsbeamter ſoll ohne Kontrolle ſein“, von 


| feinem Standpunkte aus bleiben aber die Oberforſt⸗ 


meiſter in ihren eigenen Inſpektionsbezirken tatſächlich 
ohne Kontrolle. | 
Geheimer Regierungsrat Shmand: Qas: 
peyres will den Oberförſter durch den Oberforſtmeiſter 
gegen Einſeitigkeit oder Willkür des Forſtrats 
ſchützen. Dieſer Schutz iſt aber nur lückenhaft, denn 
er bleibt über 100 Oberförſtern, welche jetzt ſchon den 
Oberforſtmeiſter zum Inſpektionsbeamten haben und 
künftig noch in größerer Zahl haben werden, verſagt. 
Zweifellos empfindet der Oberförſter die vielen dem 
Forſtrat auferlegten Reviſionen läſtig. Wo findet ſich 
außerdem der Forſtrat, der dieſen allen vollauf ge⸗ 
nügte? Und doch trägt er die volle Verantwortung! 
Die notwendige Vorausſetzung einer Beſchränkung des 
unmittelbaren Eingreifens des Forſtrats in die ört⸗ 
lichen Reviergeſchäfte wäre eine zeitgemäße Abänderung 
15° 


112 


der beſtehenden Vorſchriften über die von dem Forft⸗ 
rat auszuführenden Reviſionen und Kontrollen im 
Sinne der Stärkung der Lokalinſtanz. 

Hinſichtlich der Geſchaflsverteilung bei der Regie: 
rung wird man den im weſentlichen dem Erlaſſe vom 
18. II. 1906 entſprechenden Ausführungen Laspeyres 
zuſtimmen können. Insbeſondere wird man dem Ober⸗ 
forſtmeiſter die alleinige Verantwortung 
für einen ordnungsmäßigen und vor⸗ 
ſchrifts mäßigen Geſchäftsbetrieb und für 
die Disziplin in der Abteilung übertragen 
müſſen. Anders ſteht es mit den L.'ſchen Vorſchlägen 
bezüglich der Verantwortung des Oberforſtmeiſters für 
die richtige Bewirtſchaftung der Staats: 
forſten, die er örtlich zu überwachen und zu be⸗ 
ſtimmen haben ſoll. Hier ſcheint mir L. doch noch 
allzuſehr in veralteten Anſchauungen befangen zu ſein, 
deren zeitgemäße Umformung doch das Ziel 
einer wahren Reform fein foll. 

Vor 100 Jahren, als die Inſpektionsbeamten nod 
eine außerhalb des Regierungsſitzes wohnende Zwiſchen⸗ 
inſtanz bildeten und der Oberforſtmeiſter noch der 
alleinige Repräfentant der Bezirksinſtanz war, da war 
es berechtigt und notwendig, ihm in techniſchen Sachen 
die ſelbſtändige und alleinige Beſtimmung und die 
Ausführung der Lokalreviſionen zu übertragen. Heute 
jedoch, wo bereits der Forſtrat als voll: 
wertiger und voll verantwortlicher Ber: 
treter der Bezirksinſtanz diefe Funt: 
tionen dem Oberförſter gegenüber aus⸗ 
übt, bedeutet die gleichzeitige Leitung 
und Ueberwachung des techniſchen Be- 
triebes durch den Oberforſtmeiſter eine 
entbehrliche Doppelkontrolle, die nur noch 
dann einen Sinn hat, wenn man ſie als eine Kon⸗ 
trolle gegenüber dem Forſtrat auffaßt. Soll aber 
jhon eine Stärkung der Oberſörſterinſtanz dem Forſt⸗ 
rate gegenüber ein ausgeſprochenes Ziel der Verwal⸗ 
tungsreform ſein, ſo muß ſelbſtverſtändlich im ſelben 
Sinne auch für die Stellung des Forſtrats dem Ober⸗ 
forſtmeiſter gegenüber eine Stärkung gefordert werden. 
Die von L. aufgeworfene Frage, ob nicht die Beitäti- 
gung der von den Forſträten geprüften und feſt⸗ 
geſtellten Wirtſchaftspläne durch den Oberforſtmeiſter 
wegſallen könnte, iſt unbedingt zu bejahen. In der 
nochmaligen Kontrolle der Pläne und der jetzt noch 
von letzterem verlangten Beſtätigung derſelben, liegt 
gerade der Hauptkeim zu den perſönlichen Verſtim⸗ 
mungen. Entbehren doch auch heute ſchon die vielen 
Oberförſtereien der heutigen Oberforſtmeiſter-Inſpek⸗ 
tionsbezirke der doppelten Kontrolle! 

Schwieriger iſt die weitere Frage bezüglich der 
Doppelüberwachung der Ausführung der 


techniſchen Arbeiten. So lange die Doppel⸗ 
inſtanz des Oberforſtmeiſters und Forſtrats bei der 
Bezirksinſtanz beſteht, wird auch die Betätigung beider 
bei der Ueberwachung der Reviergeſchäfte ſich nicht 
vermeiden und nur ſchwer gegeneinander ſcharf ab⸗ 
grenzen laſſen. Hierbei kann man nur hoffen, daß 
der Oberforſtmeiſter nicht vergeſſen möge: „Minima 
non curat praetor“, und daß Fehlgriffe in der Wahl 
der geeigneten Perſonen möglichſt ſelten vorkommen 
möchten. Sollten ſie öfters vorkommen, dann müßte 
man trotz L.'s entgegengeſetzter Wnficht doch wohl das 
Syſtem für die Folgen verantwortlich machen und auf 
ſachliche Abhilfe bedacht nehmen. 

Zur Stärkung der Oberförſter⸗ und 

der Forſtratsinſtanz iſt hiernach ein Zu⸗ 
rücktreten des Oberforſtmeiſters bei der 
ſachlichen Leitung des jährlichen Wirt⸗ 
ſchaftsbetriebes erwünſcht; umgekehrt 
erſcheint es angezeigt, dem Oberforſt⸗ 
meiſter einen größeren Einfluß auf die 
Aufſtellung der periodiſchen Betriebs⸗ 
pläne dadurch zu ſichern, daß das Be: 
triebsregelungsweſen des ganzen Regie⸗ 
rungsbezirks in ſeine leitende Hand ge⸗ 
legt wird. 
Oberförſter Merten: Durch die geringe Zu⸗ 
ſtändigkeit des Revierverwalters und das übertriebene 
Beſtreben der Regierungsinſtanz, Wirtſchaft und Ver⸗ 
waltung der Reviere im einzelnen zu lenken und zu 
leiten, wird die örtliche Verwaltung aufs ſchwerſte ge⸗ 
hemmt. Dem als Grundlage für die Reform der 
ganzen Staatsforſtverwaltung vorgeſchlagenen Grund: 
ſatz, überall da, wo die Lokalbehörde ebenſogut oder 
beſſer entſcheiden kann, von der Beteiligung der höheren 
abzuſehen, wird gerade bei der Forſtverwaltung eine 
vernünftige Tendenz nicht abzuſprechen ſein, da es ſich 
hier ganz überwiegend um Dinge handelt, die ohne 
genaue Kenntnis der beſonderen örtlichen Verhältniſſe 
nicht entſchieden werden können. Der gut ausgebildete, 
mit Luft und Liebe feinem Beruf nachgehende Ober: 
förſter, dem man Zeit und Freiheit laßt, feine Auf: 
gaben in Ruhe zu überlegen und durchzuführen, wird 
die beſte Bürgſchaft für eine gute Verwaltung ſein, 
da n'emand beffer wie er in der Lage ift, fih über 
alle Verhältniſſe feines Revieres zu unterrichten und 
auf fie einzuwirken. Man unterſtütze und begrenze fein 
Wirken durch einen guten Betriebsplan, allgemeine 
Wirtſchaftsregeln und angemeſſene Betriebsmittel, und 
gebe ihm mit der Verantwortung die volle Zuſtändig⸗ 
keit für alle Reviergeſchäfte. 

Eine Ueberwachung ſeines Dienſtes muß ſich der 
Oberförſter natürlich gefallen laſſen. Dieſe zugleich 
anregend und fördernd zu geſtalten, die Wirtſchaft auf 


— 113 


gute Grundlagen zu ſtellen, ausreichende Mittel zu 
erwirken, Hinderniſſe aus dem Weg zu räumen, denen 
der einzelne Oberförſter machtlos gegenüber ſteht, da⸗ 
für zu ſorgen, daß der ſchwerfällige Apparat der Ver⸗ 
waltung den Betrieb nicht ſtört, alles dies bleibe neben 
der Bearbeitung der Betriebsergebniſſe, allgemeiner 
und außergewöhnlicher Dinge die dankbare Aufgabe 
der Zwiſcheninſtanz. 

Forſtmeiſter Lehnpfuhl: Die erheblichen 
Uebelſtände, an denen die preuß. Forſtorganiſation 
krankt, wird man allgemein auf den Mangel einer 
rationellen Arbeitsteilung zurückführen müſſen. Zu⸗ 
naͤchſt ift das Verwaltungsgebiet nicht dergeſtalt ſcharf 
abgegrenzt, daß jeder in ihm tätige Beamte ausſchließ⸗ 
lich dieſem allein ſeine Kräfte zu widmen hätte, viel⸗ 
mehr ſind die Grenzen durch die Perſonalunion mit 
der inneren Verwaltung durchbrochen. Der zweite 
wunde Punkt iſt die Ueberfülle von Inſtanzen. Vom 
Regierungspräfidenten bis zum Landrat iſt nur eine 
Stufe, vom Regierungspräſidenten bis zum Ober- 
förſter drei. Da die einheitliche Natur der forſtlichen 
Aufgaben eine organiſche Gliederung in fo viel Ar- 
beitögebiete, als Inſtanzen vorhanden find, nicht zu⸗ 
läßt, fehlt es an einer rationellen Geſchäftsverteilung 
überhaupt. Unter dieſen Umſtänden hat das Zu⸗ 
ſammenpferchen der Inſtanzen auf einen engen orga⸗ 
niſatoriſchen Raum die weitere Folge, daß das natür⸗ 
liche Expanſionsbedürfnis nach der Seite des geringſten 
Widerſtandes einen Druck erzeugt, welcher dem hierher 
geſtellten Beamten jede Bewegungsfreiheit nimmt. Der 
Oberforſtmeiſter hat die Verwaltung und den Betrieb 
bis ins Kleinſte zu leiten. Jede Poſition der aus⸗ 
zuführenden und ausgeführten Arbeiten iſt von ihm 
in dem Revier örtlich zu prüfen, zu genehmigen bezw. 
zu revidieren. Auch der Forſtrat hat eine ſpezielle 
Prüfung vorzunehmen. So weit erforderlich hat er 
ferner eine ſpezielle Anleitung über die Ausführung 
der Pläne zu geben und die Arbeiten zu überwachen 
und zu kontrollieren. Die Ausführung der Hauungen, 
Kulturen und ſonſtigen Amtsgeſchäfte iſt nach der 
Forſtdienſtinſtruktion Sache des Förſters. Die Ge⸗ 
ſchäftskreiſe des Oberforſtmeiſters und 
des Forſtrats decken ſich im weſentlichen 
und reichen unmittelbar an die Auf⸗ 
gaben des Förſters heran. Eine wirkliche or⸗ 
ganlſatoriſche Lücke für den Oberförſter iſt in dieſer 
Stufenleiter nicht vorhanden. Vergleicht man indeſſen 
hiermit die Oberförſtergeſchäftsanweiſung, ſo weiſen 
ihm die beiden erſten Paragraphen zwar auch ein 
großes Feld für feine Tatigkeit an und legen ihm 
eine große Verantwortlichkeit auf, doch irgendwelche 
diskretionären Beſugniſſe zur Erreichung der ihm ge⸗ 
ſteckten Ziele werden ihm nicht zugeſtanden. In jeder 


ſeiner Dienſtverrichtungen iſt er gebunden an die vor⸗ 
gängige Genehmigung. Um jeden Baum, welcher ge⸗ 
hauen werden ſoll, und um jeden Kulturplatz ver⸗ 
ſammeln ſich vor und nach dem Hiebe und der Kultur 
vier Inſtanzen! 

Lehnpfuhl verlangt für den Oberförſter größere 
Selbſtändigkeit. Fehlgriffe werden vorkommen, ſie 
werden aber nie einen ſo großen Umfang erreichen, 
wie wenn ein Oberforſtmeiſter eine Idee generaliſiert 
und in allen ihm unterſtellten Revieren jahrelang 
durchführt. Hiergegen bietet die Organiſation keinen 
Schutz, während ein Fehlgriff des Oberförſters ſchon 
nach kurzer Zeit zur Sprache kommen würde! E. 


Aus Preußen. 
Aus der Preußischen Forftverwaltung. 


Bereitſtellung der für die Heeres ver⸗ 
waltung und die Volkswirtſchaft er⸗ 
forderlichen Holzmengen. 

Der Miniſter für Landwirtſchaft, Domänen und 
Forſten teilte unter dem 8. November 1916 den Kgl. 
Regierungen eine auszugsweiſe Niederſchrift einer Be- 
ſprechung in der Kriegs⸗Rohſtoff⸗Abteilung mit, der 
wir folgendes entnehmen: 

1. Eine Geſtellung von Militärpferden für 
Holzwerbung iſt auch nach Beendigung der land⸗ 
wirtſchaftlichen Arbeiten ausgeſchloſſen. Es iſt der 
Ankauf unbrauchbarer Militärpferde zur Bildung 
fliegender Kolonnen anheimzuſtellen. 

2. Auch die Geſtellung von Laſtkraftwagen 
für die Holzgewinnung iſt angeſichts der beden⸗ 
tenden Anforderungen an der Front unmöglich. Der 
Ankauf von Laſtkraftwagen, welche für die Heeres⸗ 
verwaltung nicht mehr brauchbar ſind, wird empfohlen. 
Solche Wagen werden von der Feldkraftwagen⸗Aktien⸗ 
geſellſchaft in Berlin, Friedrichſtr., verkauft. Es dürfte 
weiter zu empfehlen ſein, Förderbahnen mit Lokomo⸗ 
tiven für die Holzgewinnung anzulegen. 

3. Berufsmäßige Waldarbeiter werden grundjäglich 
den Foriverwaltungen vorzugsweiſe überlaſſen werden. 
Bezüglich der Ernährung der Gefangenen werden 
Maßnahmen erwogen werden, um den Regierungen 
die notwendigen Lebensmittel hierfür beſonders zuzu⸗ 
weiſen. 

4. Bezüglich der Geſtellung von garniſondienſt⸗ 
fähigen Holzſällern, vorzugsweiſe auch von tüchtigen 
Vorarbeitern find der Abteilung Clb des Kriegs⸗ 
miniſteriums Anforderungen zuzuleiten; die Abteilung 
Cib wird nach Möglichkeit für die Zeit vom 15. Of- 
tober bis Ende Februar 1917 die benötigten Kräfte 
zur Verfügung ſtellen. 


14 


5. Es wäre den Regierungen nochmals anheimzugeben, 
die Heranziehung Strafgefangener aus den Gefängnis⸗ 
anſtalten für Holzgewinnungsarbeiten zu erwägen. 

Hieran knüpft der Miniſter ſodann weiter folgende 
Bemerkungen: 

Zu 1. Es empfiehlt ſich, den Ankauf der 
Militärpferde, die nicht mehr für das Feld 
brauchbar find, durch Geſpannhalter, die Holzfuhren 
leiſten wollen, ſeitens der Forſtverwaltung in jeder 
Weiſe zu fördern und zu vermitteln. Auch kann in 
Frage kommen, ſolche Pferde zwecks Verwendung im 
eigenen Fuhrwerksbetriebe der Forſtverwaltung anzu⸗ 
kaufen. Die für das Heer unbrauchbar gewordenen 
Pferde werden zurzeit von den ſtellvertretenden Gene⸗ 
ralkommandos mir zur Verfügung geſtellt und von 
mir den Landwirtſchaftskammern überwieſen. Dieſe 
verkaufen die Pferde zu den militäͤriſcherſeits feſtge⸗ 
ſetzten Abſchätzungswerten zuzüglich der entſtandenen 
Unkoſten an Landwirte, die ſich verpflichten, die Tiere 
tunlichſt bis nach Beendigung des Krieges in ihren 
Betrieben zu verwenden und ſie vor dieſer Zeit nur 
mit ausdrücklicher Genehmigung der Land wirtſchaſts⸗ 
kammer weiter zu verkaufen. Dieſe Genehmigung wird 
nur erteilt, wenn der Verkauf dem wirtſchaftlichen Be- 
dürfnis entſpricht und an einen Landwirt erfolgt, der 
ſich den gleichen Bedingungen unterwirft. Außer an 
Landwirte erfolgt die Zuteilung von Pferden unter 
Auferlegung ähnlicher Bedingungen auch an gewiſſe 
Gewerbetreibende, insbeſondere an ſolche, 
triebe gemeinnützigen oder öffentlichen Zwecken dienen 
oder denen Lieferungen für die Armee oder Marine 
aufgetragen find. Ich habe die Landwirtſchaftskammern 
nunmehr angewieſen, bei der künftigen Verteilung 
dieſer Pferde neben den Landwirten und den bezeich⸗ 
neten Gewerbetreibenden auch Forſtverwaltungen, 
Holzkaufer und ſolche Geſpannhalter nach Möglichkeit 
zu berückſichtigen, die ſich verpflichtet haben und ſich 
hierüber durch eine amtliche Beſcheinigung ausweiſen 
können, die Pferde bei der Holzabfuhr zugun: 
ſten beſtimmter Forſtverwaltungen oder Holz— 
käufer zu benutzen und nach Beendigung der 
Holzabfuhr in der Landwirtſchaft arbeiten zu 
laſſen oder mit Genehmigung der Landwirt⸗ 
ſchaftskammer an einen Landwirt oder Wald: 
beſitzer oder Holzkäuſer weiter zu verkaufen. 

Liegen hier oder dort die Verhältniſſe ſo, daß 
zuverläſſige und in der Holzabfuhr erfahrene, aber nicht 
hinreichend kapitalkräftige Perſonen bereit ſein würden, 
Holz aus Staatsforſtrevieren abzufahren, ſofern ihnen 
der Ankauf von Pferden durch Vorſchüſſe aus der 
Staatskaſſe ermöglicht würde, ſo würde ich unter Um⸗ 
ſtänden bereit ſein, ſolche Vorſchüſſe bei Stellung hin⸗ 
reichender Sicherheiten und Uebernahme beſtimmter 


vertraglicher Verpflichtungen ſeitens der Vorſchußneh⸗ 


mer in Höhe von bis zu 60% des Taxwertes der 
Pferde zu gewähren. In Fällen dieſer Art könnte 
in Frage kommen, zur beſſeren Sicherung der Staats⸗ 
kaſſe das Eigentum an den Pferden der Forſtwerwal⸗ 
tung bis zur Abzahlung des gewährten Vorſchuſſes 
vorzubehalten. Soweit es ſich um Aufwendungen von 
Staatsmitteln für dieſe Zwecke handelt, ſei es nun, 
daß Vorſchüſſe zu gewähren ſind oder ſei es, daß die 
Forſtverwaltung ſelbſt Pferde anzukaufen beabſichtigt 
(3. B. für den Betrieb einer Waldbahn), erwarte ich 
die Anträge der Kgl. Regierung auf Bewilligung der 
erforderlichen Geldbetraͤge. 

In allen Fällen iſt dafür zu ſorgen, daß die Pferde, 
die im Intereſſe der Holzabfuhr angekauft werden 
folen, ſobald wie möglich und auch ſchon vor der 
Ueberweiſung der Mittel durch mich bei der zuſtän⸗ 
gigen Landwirtſchaftskammer angemeldet werden. 

Da ein großer Teil der den Landwirtſchaftskam⸗ 
mern überwieſenen Pferde nach ihrer Beſchaffenheil 
ſür die Holzabfuhr nicht in Frage kommt, da ferner 
in nddfter Zeit diejenigen Pferdebeſitzer, die bei den 
jetzt vorgenommenen Zwangsaushebungen Pferde ab- 
gegeben haben, in erſter Linie zu berüdfichtigen find, 
ſo wird mit einer ſehr erheblichen Zuweiſung von 
Pferden für die Holzabfuhr kaum gerechnet werden 
können. Umſomehr iſt es von Wichtigkeit, von jeder 
ſich bietenden Gelegenheit zur Verſtärkung des ge⸗ 


deren Be: | ringen, für die Holzabfuhr verfügbaren Pferdebeftandes 


gewiſſenhaften Gebrauch zu machen. 

Zu 2. Laſtkraftwagen, die für die Zwecke der 
Heeresverwalrung nicht mehr brauchbar find, werden 
nach Wiederherſtellung von der Feldkraftwagen⸗Akltien⸗ 


geſellſchaft in Berlin, in den Handel gebracht. Aus: 


gebildete Kraftwagenführer können unter Umftänden 
von dem im Kriegsminiſterium beſchäftigten Haupt: 
mann d. L., Forſtmeiſter Dr. Storp, nachgewieſen 
werden. 

Neue und gebrauchte Waldbahnen zum Betriebe 
mit Pferden oder mit Lokomotiven werden vielfach 
angeboten. Der Verband deutſcher Tiefbauunterneh⸗ 
mer in Berlin⸗Wilmersdorf wird vorhandene Beſtände 
dieſer Art nachweiſen können. Auch werden öffentliche 
Aufforderungen zur Einreichung von Angeboten Er⸗ 
folg verſprechen. , 

Zu 3. Die Lieferung von Lebensmitteln für 
Kriegsgefangenen-Kommandos aus den Lagern 
iſt durch den Runderlaß des Kriegsminiſters vom 8. 
X. 16) neu geregelt worden und wird vorausſichtlich 
nunmehr nach Bedarf ohne die früheren Erſchwerriſſe 
erfolgen. Die vorzugsweiſe Ueberlaſſung von Kriegs 


1) Dieſer Runderlaß i nachſtehend mitgeteilt. 


115 


gefangenen, die berufsmäßige Waldarbeiter find, ift 
von großer Wichtigkeit und wird unter Berufung auf 
den kriegsminiſteriellen Erlaß von den Lagerkomman⸗ 
danten immer wieder zu erbitten ſein. 


Zu 4. Anträge auf Geſtellung von garniſon⸗ 
dienſtfähigen Holzhauern, insbeſondere auch von 
tüchtigen Vorarbeitern ſind von der Kgl. Regierung 
direkt an die Abteilung C1 b des Kriegsminiſteriums 
zu richten. Ich empfehle wiederholt, von dieſer Mög⸗ 
lichkeit, den Beſtand an gelernten Waldarbeitern zu 
ergänzen, ausgiebigen Gebrauch zu machen. 

Zu 5. Wegen der Verwendung von Straf⸗ 
gefangenen der Verwaltungen der Juſtiz und des 
Innern bei der Waldarbeit nehme ich Bezug auf den 
Erlaß des Herrn Juſtizminiſters an die Oberſtaats⸗ 
anwälte vom 3. Oktober 1916. 


Dieſer Erlaß lautet: 

„Der geſteigerte Bedarf der holzverbrauchenden Induſtrien 
hat bei der Forſtverwaltung zu Schwierigkeiten in der Beſchaf⸗ 
fung von Arbeitskräften geführt. Es fehlen vor allem geübte 
Holzarbeiter, namentlich Vorarbeiter. Die Erſten Staatsan⸗ 
wälte ſind daher anzuweiſen, etwaigen Geſuchen der Forſtver⸗ 
waltung von Stra faufſchub oder Strafunterbrechung 
für Forſt arbeiter nach Möglichkeit zu entipreden. Sollten 
ſich in den Inſtizgefängniſſen derartige Perſonen befinden, deren 
Beurlaubung nicht in Frage kommt, und laſſen ſich aus ihnen 
Arbeitskolonnen, die den ſtaatlichen Forſtverwaltungen zur Vers 
fügung geſtellt werden lönnten, nicht bilden, ſo iſt durch Be⸗ 
nehmen mit den Regierungspräfidenten feſtzuſtellen, ob etwa 
bei den Sefängnifien der inneren Verwaltung ſolche Arbeiter⸗ 
kolonnen für die Staatswaltungen zuſammengeſtellt werden, 
und ob dieſen Kolonnen hie in Betracht kommenden Gefange⸗ 
nen ans den Juſtizgefängniſſen zugeteilt werden können.“ 


Ich vertraue, daß die Kgl. Regierungen der Frage 
der Beſchaffung von Holzhauern für die Schlagarbeiten 


und von Pferden, Kraftwagen und Waldbahnen für 


die Holzverbringung ihre volle Aufmerkſamkeit fort⸗ 
geſetzt zuwenden werden. Die immer ſchwieriger ge⸗ 
wordene rechtzeitige Bereitſtellung der für die Bedürf⸗ 
niſſe von Heer und Volk erforderlichen Holzmengen iſt 
von allerernſteſter Bedeutung. 


* + 
* 


Verpflegung der beim Holzeinſchlag 
beſchäftigten Kriegsgefangenen. 
Durch Erlaß des Kriegsminiſteriums vom 8. Ok⸗ 
tober 1916 wird zunächſt anerkannt, daß zur Siche⸗ 
rung des im Intereſſe der Heeresverwaltung und Volks⸗ 
wirtſchaft unbedingt erforderlichen Holzeinſchlags die 


bei den Forſtgeſangenenkommandos hervorgetretenen 
Verpflegungsſchwierigkeiten behoben werden müſſen, und 
ſodann weiter folgendes ausgeführt. 

Von dem Grundſatze, daß nur ſolche Kommandos 
von den Lagern mit Lebensmitteln beliefert werden 
können, welche die Kriegsgefangenenverpflegung in 
Eigenbetrieb genommen haben, kann nach den ſehr' 
mißlichen Erfahrungen, die mit der Unternehmer⸗ 
verpflegung gemacht ſind, nicht abgegangen werden, 
zumal fi) bei dieſer kaum eine Kontrolle darüber 
durchführen läßt, daß rationierte Nahrungsmittel nicht 
doppelt empfangen werden. 


Die Kommandos der Arbeitsſtätten mit Eigen⸗ 
wirtſchaft werden aber künſtig nach Maßgabe der 
vorhandenen Beſtände die Nahrungsſtoffe von den 
Stammlagern erhalten. Anforderung ſeitens der Kom⸗ 
mandos hat mindeſtens 14 Tage vor dem Auf⸗ 
brauch der Vorräte zu erfolgen; die anzufordernden 
Mengen müſſen der Größe und Art der vorhandenen 
Vorratsräume entſprechen, doch können Nahrungsſtoffe 
auf eine längere Zeit wie für 4 Wochen nicht geliefert 
werden. 


Auch Pökelfleiſch wird auf Antrag geliefert werden 
und zwar ein eiſerner, für ungefähr 14 Tage reichen⸗ 
der Beſtand, welcher der Verrechnung auf die zuſtän⸗ 
dige Fleiſchmenge unterliegt und nur angegriffen werden 
ſoll, wenn die kommunalen Fleichüberweiſungen ſich 
verſpäten oder ausbleiben, jedenfalls aber innerhalb 
der Grenzen der Haltbarkeit. Kann ein Vorrat auf 
längere Zeit nicht gehalten werden, muß das Patel: 
fleiſch von Fall zu Fall vom Stammlager angefordert 
werden. Die Stammlager werden ſich aber nötigen⸗ 
falls mit den zuſtändigen Stellen ins Benehmen ſetzen, 
damit die Gemeinden das von ihnen zu liefernde Friſch⸗ 
fleiſch tunlichſt rechtzeitig und vorſchriftsmäßig her⸗ 
geben. Es iſt zu hoffen, daß dieſe Regelung genügen 
wird. Sollten gleichwohl noch vereinzelt Unregelmäßig⸗ 
keiten hervortreten, ſo wird erſucht, dieſe unmittelbar, 
nötigenfalls telegraphiſch, durch die Oberförſtereien zur 
Kenntnis der betr. Inſpektion der Kriegsgefangenen⸗ 
lager gelangen zu laſſen. Auch wird es ſich empfehlen, 
durch die Kgl. Regierungen auf die Kommunalver⸗ 
bände erneut einwirken zu laſſen, daß ſie ihren Ver⸗ 
pflichtungen zur Lieferung von Fleiſch uſw. für die 
Arbeiterkommandos unter 100 Mann nachkommen. 


(Schluß folgt.) 


Notizen. 


A. Deutſche Heldenhaine. 
Im Novemberheft 1916 haben wir den von der „Arbeits⸗ 
gemeinſchaft für Deutſchlands Heldenehrung“ ver- 


breiteten Gedanken von Willy Lange: „Jedem Gefallenen 


in feiner Heimat eine Eiche zu pflanzen“ eingehend beſprochen · 


Zu dieſer Frage, der Anlage von Helden hainen. haben nun 


116 


nenerbings Männer Stellung genommen, zu denen das beutide 
Holl mit beſonderem Vertrauen und Dankbarkeit aufblickt. 
Alle bekunden ihr volles Einverſtändn's, indem fie ſich in fol- 
gender Weiſe äußern: 

Großes Hauptauatier, 3. Februar 1917. 

Unſere bravſten Soldaten kehren nicht in die Heimat zus 
rück; fle haben ihren Trenſchwur mit dem Tode beſiegelt und 
ruhen in Feindesland. 

Daheim ihnen ein Denkmal in Heldenhainen zu 
ſetzen, iR ein verdienſtliches Werk der Dankbarkeit und 
treuen Gedenkens. 

Mögen dieſe deutſchen Eichen ein Wahrzeichen werden für 


das jetzige und die kommenden Geſchlechter, ſtets der Männer 


ſich zu erinnern, deren Herzblut Deutſchlands Durchhalten und 
Sieg gegen eine Welt in Waffen verbürgte. Der deulſche Baum 
Inorrig feſter Wurzel entwachſend, fet ein Sinnbild der Kraft 
des Einzelnen, ihre Vereinigung ein Abbild der Sammlung an 
gleichem Ziel. 

Nach Menſchenaltern noch tnde das Rauſchen der Helden ⸗ 
haine ble Erinnerung an die Zeit, in der das Vaterland all 
feine Söhne rief und von jedem forderte, fein Beſtes willig 
zum Wohle des Ganzen zu geben. Kinder und Kindeskinder 
ſollen in den Hainen dle Kraft finden, nachzufühlen, nachzu⸗ 
elfern und bereit zu fein, wenn wieder das Vaterland ruft zu 
neuem Waffengange. Das iſt der ſchönſte Dank an dlejenigen, 
dle durch ihr Sterben für Kalfer und Reich den Boden ſchafften 
zu freier, ſtolzer Weiterentwicklung unſeres geliebten, deutſchen 
Vaterlandes! 

Das walte Gott! von Hindenburg. 

Kriegs ministerium. Berlin W. 66, 6. Januar 1917. 

Der Aibeitsgemeinſchaft für Deutſchlands Heldenhaine 
ſage ich für Ueberſendung der Schriſt „Deutſche Heldenhaine“ 
mit Nachträgen meinen herzlichen Dank. Man ſollte ſolche 
Fragen nicht nach dem Geldwerte behandeln. Etwas höheres 
liegt zu runde und muß gepflegt werden. 

In verſchiedenen Gegenden unſeres Vaterlandes ragen 
einzelne Baume elnfam aus der Umgebung hervor. Ihr Urs 
ſprung und Alter iſt ſagenhaft umwoben. Mögen ſie die Ver⸗ 
ſammlungsplätze unſerer Vorfahren beſchattet haben oder zur 
Erinnerung an beſondere Ereigniſſe gepflanzt. fein oder auch 
das einfame Grab eines Helden bezeichnen, immer werden fle 
einen Schauer der Ehrfurcht erregen als Zeugen eines beſonderen 
Geſchehens aus alter Zeit, an denen viele Jahre des Lebens 
unferrs Volkes vorüber gezogen find. 

Wenn wir heute unſeren gefallenen Helden zum Gedächtnis 
Haine pflanzen, ſo ſollen ſte ein lebendiges Zeugnis 
geben von der Volkstreue unſerer Toten. Mag auch ſie einſt 
die Suge umſpinnen und dle längſt vergangene ſchwere Zeit 
verklären, fo ſollen fle doch den Nachſahreenden das große Gre 
eiguis dauernd im Bewußtſein erhalten. Vielleicht lauſcht ein 
Dichter oder bas dichtende Volk dem Rauſchen ihrer Wipfel 
und dem Geſang der gefiederten Sänger, die in ihnen wieder 
eine Heimſtätte geſunden haben. Dann mögen neue Lieder 
erklingen, die das Gedächtnis und die Taten unſerer Gefallenen 
lebendig erhalten, ſo lange unſer deutſches Volk beſteht. 

So denke ich mir den Sinn der Heldenhaine und ich be⸗ 
grüße fle als Wiederaufnahme eines geheiligten uralten Braud s 


unſeres Volkes. v. Ste in. 
Kriegsminiſterium. Berlin W. 9, 27. Dezember 1916. 
Kriegdamt. 


Ich begrüße die Beſtrebungen der Arbeitsgemeinſchaft⸗ 
durch Errichtung von Deldenbainen die Dar: kbarkeit für die 


Y ~ — 


aut dem Felde der Ehre Gefallenen wach zu erhalten, aufs 
wärmfte. Solche Ecinnerungs ſtatten werden daß Boll ermahnen, 
an der unter dem Trange der Ret neuerſtanbenen Einigkeit 
aller Volksſchichten untereinander feſtzuhalten, wem 
anders nicht das Leben von hundertauſenden von Deutidlands 
Söhnen umſonſt geopfert fein foll. 

Groener, 


Generalleutnant, Chef den Rriegsamis. 


D. Aufruf! 
An die deutſchen Jäger! 

Die Stärkung unſerer Armee macht es gur unabweisbarer 
Notwendigkeit, alle in der Heimat und im beſetzten Gebiet ir 
gendwie erfegbaren Militärperſonen für den Waffendtenk frei: 
zumachen. Eine große Anzahl von Militärperſonen wird zur 
Zeit durch den Bahus, Brücken⸗ und Grenzſchutz, die Gefango 
nenbewachung, ſowle den ſonſtigen Wach und Sicherbeitäblenf 
in Anſpruch genommen. Sie muß jetzt durch ſolche Perſonen 
erfeet werden, die im Gebrauch der Schußwaffe geübt, mig 
lichſt in der Lage find, ſich felbft mit einer Waffe auszurüfen, 
und für die die Verwendung im ſtehenden Heere nicht mehr 
in Frage kommen. 

Das Vaterland verlangt dringend, von jedem einzelnen. 
ſoweit er nicht im Heere ſteht oder in Hilfsdienſtbetrieben bo 
ſchäſtigt iſt, ſich jetzt zur Verſügung zu ſtellen. 

Der deutſche Jäger, im Waffengebrauch geübt und buró 
das Weidwerk abgehärtet, ift beſonders befähigt hier einzutreta 
Im Hinblick auf das dringende Gebot der Stunde und da dei 
Vaterland mit jedes deutſchen Mannes Hilfe rechnet, richte ih 
auf Veranlaſſung des Kriegsamtes an alle hierfür in Betraczt 
kommenden deutſchen Jäger die eindringliche Aufforderung, fd . 
den zuſtändigen Stellen unverweilt zur Verfügung zu ſtellen 

Niemand darf dle Uebernahme einer auch nur untergcotd⸗ 
neten Tätigkeit ſcheuen, im Dienfte des Vater landes il jder 
deutſche Mann an dem ihm zugewieſenen Platze am rechte 
Ort. 

Die eigene Waffe darf geführt werden. Auch diejenigen, 
welche in ihrem Berufe nicht voll beſchäftigt find, Koma 
Dienſte leiſten. 

Die für den Bereich der Landesvereine in Frage kommenden 
Kriegsamtſtellen veröffentlichen Aufrufe mit näherer Angabe, 
für welche Arbeitsleiſtungen Menfden geſucht werden und wo 
die Meldungen zu erfolgen haben. Bei den örtlichen Arbeit 
nachweiſen find Hilfsdlenſtmeldeſtellen, die jede Art von Rd 
dungen annehmen und Auskünfte erteilen. Die Geſchäftsſteln 
der Landcsvereine nehmen gleichfalls Meldungen aus Mitglieder: 
kreiſen zur Weitergabe zuſtändigen Orts entgegen. Den Mel: 
dungen wäre eine Erklärung beizufügen, ob ſich der Betreffende 
für das beſetzte Gebiet oder zum Dienſte in der Heimat meldet 
und in letzterem Falle, zu welchen Tages» und Nachtzeiten er 
ſich zur Verfügung ſtellt. 

Wem von uns Zeit und Tätigkeit es erlauben, dem Be 
terlande zu nützen, der hat die dringende Pflicht, feine Peros 
jetzt zur Verfügung zu ſtellen. 

Der deutſche Jäger hat felt Kriegsbegiun fic) ſtets u! 
opferfreubig in den Dienit des Vaterlandes geſtellt, ich habe 
daher die fefte Zuverſicht, daß mein Aufruf überall in mjaa 
Reihen vom beften Erfolg gekrönt fein wird. 

Rauden, den 1. März 1917. 

Mit Weidmannsheil! 
Der Prafident 
Victor Herzog von Ratibor. 


Nur die Redaktion Pease elch fur Aurdve, Brieſe, Berſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer, 
lür literariſche Berichte Grof. Dr. Weder, beide in Siegen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländer Berlas 
Serleger : J. D. Cane r länder in Hrantfurt a. M. — F. O tto 8 Hofbuchdradere! in 


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Allgemeine 


Fort: und Jag Zeitung, 


Herausgegeben 


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von 


Dr. Karl Wimmenauer, und Dr. heinrich Weber, 


Geh. Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der a 
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115 Stellg. als Jagdverwalter, bei Bestellungen bei den hier 
Beschäftigung. Hoch eben: inserierenden Firmen gefl. auf 
Ref. zu Diensten. die „Allg. Forst- u. Jagd- 
Eine lehr beachtenswerte Schrift, die in foritlicher wie volk 
— = pirtihaftliher Binficht gleiches Interelfe verdient. 
In gegenwärtiger Zeit, die die Nutzbarmachung jedes 
brach liegenden Flecken bandes aufs dringende 


Näheres durch die Zeitung“ Bezug nehmen zu 
„Kirner Zeitung“, Kirn a. Nabe. | wollen. 

erhelicht, pon ganz beionderem Wert! 
Frankfurt a.. M. 2 


Dr. K. Wimmenauer, 
J. D. Sauerländer’s Verlag. : 


Geh. Forstrat und Professor der Forstwissenschaft 
u. forstl. Statik, 


Grundriß der Bolzmepkunde, | 
Ein behr- und Pampuch 
Don 


8°. (49 S.) geheftet. Preis Mk. h—. > 
J. D. Sauerländer’s Verlag 
Frankfurt a. M. : 
weiland Profelſor Dr. Bermann Stoep 
Großb. Sachi. Oberlandforſtmelſter und Direktor der Forflakademie zu Eilen 
Durcigefehen von Prof. Dr. Bans Bausrath, Karlsruhe. 


| Fünfte. Auflage. 
Groß-Oktap, VIII und 252 Seiten. 
| Preis: broſch. Mk. 5.—, gebunden Mk. 5.80. 
Das Ericheinen der fünften Auflage legt am beiten Zeugnis ab pon der allleitig 
das Werk durch die prägnante und klare Daritellung des Stoffes und durch feine mehr pa. 
auf Berporhebung der praktiichen Gelichtspunkte abzielende Richtung in Fachkreifen gefund&” 
Diele neue Auflage, deren Durchſicht auf ausdrücklichen Wunich des Deritorbenen Ve 
Dr. Bausrath in Karlsruhe bereitwilligit übernommen hat, hat wieder einige Ergänzungen 
ſolche durch die neueren Ericheinungen auf den bezüglichen Gebieten bedingt wurden. 


Frankfurt a. M. J. d. Sauerländer's verlag. 


— ä— ————————— ͤ ́ͤ H — — 


E 


Hllgemeine 


forf: T Jagd⸗Zeitung. 


Pai⸗Juni 1917. 


— —— —f—E—ͤA . ͤ— . • —r³— q wͥ nn. 


Einige forſtlich⸗volkswirtſchaflliche Aufgaben 


nach dem Welikriege, 


Von Oberförſter A. Müller, z. Z. im Felde. 
(Schluß.) 


I. Beförderung der allgemeinen Bodenkultur durch 


* 
7 


i 
ar 
i 


nützlichen, ja unentbehrlichen Schutz gewähren. 


forſtliche Maßnahmen. 

Wenn der heimiſche Boden zu Nutz und Frommen 
unſerer Unabhängigkeit nachhaltig ſein Beſtes hergeben 
ſoll, wenn wir alle ſeine Kräfte und Stoffe reſtlos 
und pfleglich ausnutzen wollen, dann müſſen alle 
Zweige der Bodenkultur ſich verſtändnisvoll und rück⸗ 
ſichtsvoll ergänzen und unterſtützen. Im Sinne dieſer 
Forderung entſteht die Frage, welche Rolle unſer Wald 
als Schutzwald und als Nutzwald gegenüber der Land⸗ 
wirtſchaft zu ſpielen berufen iſt, ſodann aber auch die 
Frage, ob unſere bisherigen Anſchauungen vom unbe⸗ 
dingten (abſoluten) Waldboden noch die alte Geltung 
beanſpruchen dürfen. 

a) Schutzwald. 

Wald aller Arten und aller Flächengrößen kann 
unter beſtimmten Vorausſetzungen dem Kulturgelände 
Es 
gilt, dieſe Verhältniſſe überall ſorgſam an Ort und 


Stelle zu ſtudieren und fih für Pflege und Erhaltung 


der als Schutzwald erkannten Waldbeſtände einzuſetzen, 
nach Bedarf auch Neuanlagen zu ſchaffen. Soweit 
hierbei forſtpolitiſche Maßnahmen in Frage kommen, 
dürfte beſonderes Gewicht auf anſchauliche Belehrung 
und Ueberzeugung der mittleren und kleinen Grund⸗ 
befiger zu legen fein. 

a) Schutz gegen kalte Winde kann ein Grundſtück 
weſentlich im Ertrage heben. Sehr anſchauliche Bei- 
ſpiele hierfür gewährt unter anderem ein Vergleich 
zwiſchen Obftgärten, die von paſſend gelegenen Wald- 


ſtücken umgeben find, und zwiſchen freiliegenden Går- 


len. Maßgebend iſt hier vor allem der Einfluß der 
plten Winde auf die Blüten und Früchte !, bei anderen 
kuren auch der Einfluß auf das Wachstum der 


Aehnliche Beobachtungen wurden in der kleinaſiati— 
Türkei gemacht. Dort iſt die Hebung der ſo wichtigen 
inenzucht auf gewiſſen Standorten vollkommen ab- 
hig vom Vorhandenſein des Schutzwaldes. 
1917 


Blattorgane. Weitere Unterſuchungen über dieſe Wech⸗ 
ſelbeziehungen wären mit Dank zu begrüßen. Sie 
würden weitere Kreiſe darüber belehren, daß der Wind⸗ 
ſchutz keineswegs nur in ausgeſprochenen Freilagen 
(Meeresküſten, Hochebenen uſw.) hohe wirtſchaftliche 
Bedeutung beanſprucht. In Heidegegenden gewähren 
vorgelagerte Waldſtücke den Feldern und Gärten auch 
Schutz gegen kalte Nebel. 

f) Erhöhte Beachtung dürfte auch der Schutz ver- 
dienen, den der Wald gegen Verluſte an kulturfähigem 
Boden und gegen Beſchädigungen von Kulturgewäͤchſen 
gewährt, wie ſie durch Abſpülung von Ackerkrume, 
Ueberwehung mit Flugſand, durch Steinſchlag, Erd⸗ 
rutſche u. dgl. entſtehen. Neben den großen Ver⸗ 
heerungen dieſer Art im Dünen: und Flugſandgebiete 
und im Hochgebirge finden wir allerorten kleine Schä: 
den und Verluſte, die ſich allmählich zu hohen volks⸗ 
wirtſchaftlichen Werten ſummieren. Eins der wich⸗ 
tigſten Vorbeugungsmittel gegen ſolche Verluſte bietet 
der Holzwuchs aller Arten und Betriebsformen. Um 
dieſes Mittel zur vollen Geltung zu bringen, müſſen 
die den Holzwuchs erhaltenden und begründenden Maß⸗ 
regeln den örtlichen Verhältniſſen beſonders ſorgfältig 
angepaßt werden. Neben eigentlichen Waldſtücken 
kommen je nach Lage, Boden uſw. auch Baumreihen, 
Baum: und Strauchgruppen ſowie Hecken in Frage. 

Aehnliche Erwägungen gelten auch häufig für den 
Schutz von Feldern, Gärten uſw. gegen Straßenſtaub 
und Hüttenrauch. | 

Auf die bedeutſamen Wechſelbeziehungen zwiſchen 
Holzwuchs und Waſſerhaushalt kann hier nur hinge⸗ 
wieſen werden. 

y) Bei Würdigung der erwähnten Schutzgehölze 
bedarf ein Punkt beſonderer Erwähnung. Man be⸗ 
fürchtet oft nachteilige Einflüſſe der Holzgewaͤchſe auf 
das angrenzende Kulturgelände. Allerdings kann die 
Beſchattung und Durchwurzelung Schaden verurſachen. 
Abgeſehen davon, daß dieſer Schaden oft nachweisbar 
durch nützliche Einflüſſe aufgewogen wird, läßt er ſich 
auch bei entſprechender Anpaſſung an das Gelände, an 
die Himmelsrichtung und an die Kulturart oft ganz 
ausſchalten. Wo hochſtämmige Holzbeſtande im ein⸗ 

16 


a 


zelnen Falle nicht angebracht erſcheinen, wird man oft 
mit Vorteil auf einen dem Standorte angemeſſenen 
Ausſchlagholzbetrieb zurückkommen und unter Um⸗ 
ſtänden ſelbſt nützlichen Strauchwuchs nicht verſchmähen. 

Auch die Beſchaffenheit des an das Kulturgelände 
grenzenden Gehölzrandes ift wichtig. Ein naturge⸗ 
mäßer Waldſaum baut ſich, im Querſchnitte betrachtet, 
nach dem Beſtandsinnern zu dachförmig auf. Er ent⸗ 
hält am äußeren Rande meiſt viele Lichtholzarten, 
viele laubabwerfende Gehölze ſowie zahlreiche zwiſchen⸗ 
wüchſige und unterwüchſige Bäume und Sträucher. 
Sv finden wir 3. B. die Bäume zweiter und dritter 
Größe vorzugsweiſe in derartigen Waldſäumen. 

Aus dieſen Gründen wird der naturgemäß auf⸗ 
wachſende oder vom Menſchen entſprechend erzogene 
Beſtandsſaum neben ſonſtigen Vorzügen auch den auf⸗ 
weiſen, daß er das angrenzende Gelände weit weniger 
bejdjattet, als etwa ein gleichförmig hochſtämmiger Be- 
ſtandsrand, der aus einer einzigen wintergrünen Schat⸗ 
tenholzart gebildet wird. | 

Holzarten mit Wurzelbrut oder mit beſonders weit 
ſtreichender Bewurzelung werden womöglich in ange: 
meſſenem Abſtande von wertvollem Kulturboden zu 
halten jein. | 

Das Geſagte bezieht ſich natürlich auch auf den 
noch zu betrachtenden Fall, daß der Wald auch dem 
unmittelbaren landwirtſchaftlichen Nutzen dienſtbar ge⸗ 
macht wird. 

Die allgemeine Bodenkultur wird weiter gefördert 
b) durch Nutzwald, indem beſtimmte Waldflüde 
der Landwirtſchaft unmittelbar dienſtbar gemacht wer⸗ 
den. Die Möglichkeiten einer ſolchen unmittelbaren 
Dienſtbarkeit beanſpruchen heutzutage m. E. erneut 
eine unbefangene Würdigung. Hat man doch dieſe 
Wechſelbeziehungen lange Zeit in Erinnerung an frühere 
Mißbräuche oft mit Voreingenommenheit betrachtet. 
An uns iſt es künftig, auf dieſem Gebiete Mittel und 
Wege zu erkunden, um die Waldpflege ſoweit möglich 
mit anderweiten Intereſſen in Einklang zu bringen. 
a) Waldweide und verwandte Nutzungen. 

Für manches kleinbäuerliche Waldſtück, ja ſelbſt 
für manchen Beſtand in größeren Waldungen hält der 
Nutzen der Waldweide dem Schaden die Wage oder 
. er überwiegt ihn fogar. Hier wie bei allen forſtlich⸗ 
volkswirtſchaftlichen Problemen iſt ſelbſtverſtändlich eine 
ſachverſtändige und vorurteilsloſe Prüfung der örtlichen 
Verhältniſſe die Grundbedingung. Ebenſo wichtig iſt 
bei allen dieſen Fragen eine möglichſt enge Fühlungs⸗ 
nahme der leitenden und beratenden Forſtbeamten mit 
erfahrenen Landwirten. 

Unter allen Formen der Waldweide dürfte gegen⸗ 
wärtig der Eintrieb von Schweinen beſonders erhöhte 
Beachtung verdienen. Er iſt auch neuerdings in ſeiner 


118 


rein forſtwirtſchaftlichen Bedeutung wieder mehr ge - 


würdigt worden, fo z. B. im Bunzlauer Stadtforſt 
und in einigen Waldungen der Mark. Ausführliche 
Darlegungen über Schweineeintrieb (und zwar vom 
Standpunkte modernſter Praxis aus) finden ſich nament⸗ 
lich in der Literatur der niederländiſchen Oedlands⸗ 
verbeſſerungen (Flugblätter der Staatsforſtverwaltung, 
Zeitſchrift der Heidegeſellſchaft). Muſtergiltige Cin: 
richtungen auf dieſem Gebiete habe ich vor Jahren in 
den ausgedehnten Heideaufforſtungen von Schorl (Hol: 
ländiſch Brabant) ſtudiert. Wenn dort und anderswo 
zunächſt die forſtlichen Tugenden des Schweines (Boden: 


durchlüftung, Vertilgung tieriſcher Schädlinge) zum 


Beſten des Waldes verwendet wurden, ſo dürfte in 
Deutſchland künftig der allgemeine volkswirtſchaſtliche 


Nutzen (Ausnutzung von Futterſtoffen, Darbietung 


naturgemäßer Lebensbedingungen) als ebenbürtig neben 
den rein forſtlichen Nutzen treten. Der Schweineein⸗ 
trieb in den Wald erſcheint auch als eine zeitlich und 
örtlich beſchränkte Maßregel berufen, der Geſundhaltung 


—— —ñüͤ Syke 


der Herden zu dienen und damit auch unmittelbar 


unſere Erzeugung an Fleiſch und Fett zu fördern. 

Als landwirtſchaftlicher Nutzwald können ferner 
ſolche Waldſtücke gelten, die dem Betriebe von Hühner⸗ 
und Entenfarmen dienen. Ebenſo die Gehölze in und 
an Dauerweiden, denn die für unſere Viehzucht als 
höchſt wichtig erkannte Dauerweide kann einzelner 
kleiner Waldſtücke ſchwer entraten, um dem Vieh 
außer Schatten auch Gelegenheit zum Scheuern zu 
gewähren. 

Endlich können auch unſere Waldungen und Feld: 
hölzer ſtellenweiſe noch weit mehr als bisher der wid: 
tigen Bienenzucht nutzbar gemacht werden. Ich denke 
dabei zunächſt an allgemeine Anwendung der Bienen 
zucht mit tragbaren Stöcken (ähnlich der Heideimlerei), 
wie ich fie vereinzelt z. B. in den einſamen märkischen 


— — b. — 


- = ~ 


Kiefernwaldungen (Gegend von Belzig und Treuen 


briezen) gefunden habe. 


Förderlich würde es ferner ſein, dort, wo es Stand⸗ 7 


ort und Beſtandsform erlaubt (alſo namentlich wieder 
im Waldſaume) die Linden zu begünſtigen. Deren 
Pflege liegt uns ja ohnedies wegen der Oelgewinnung 
und wegen des Holzes am Herzen. Für die Bienen: 
weide iſt die kleinblätterige Linde beſonders wertvoll. 
Sie beginnt in Deutſchland leider ſelten zu werden. 
Daher erwirbt ſich der Forſtwirt ein Verdienſt, wenn 
er fie gelegentlich auch im Saat: und Pflanzbeete be 
rückſichtigt und ſie wohl auch zur Einzelauspflanzung 
an Wegen und auf freien Plätzen verwendet. Zwei 
weitere forſtliche Bienenpflanzen ſind die Aſpe und 
unter den Strauchweiden namentlich die Sahlweide. 
Beide find höchſt wichtig für die erſte Frühlingstracht. 
Kleine Beſtände beider Holzarten ſind auf Oedland 


— — 


Le = 2 


119 


und auf gewiſſen ſchwierigen Standorten oft ſehr am 
Platze, ſo z. B. die Aſpe auf Sand in Froſtlagen, die 
Sahlweide auf Geröllſtellen. Daß beide zur Blüte- 
zeit auch ein eintöniges Landſchaftsbild verſchönen, ſei 
nur nebenbei erwähnt. 


6) Waldſtreu und ſonſtige Nutzungen. 
Unter beſtimmten örtlichen Verhältniſſen können 
wohl alle Formen einer mäßigen Streunutzung zeit⸗ 
weile zur Unterſtützung des Landwirtes herangezogen 
werden. In einzelnen Fällen wird dies zugleich den 
forſtwirtſchaftlichen Zwecken dienen. Es gilt daher, 


Rauch dieſen Verhällniſſen durch unbefangene Prüfung 


von Fall zu Fall Rechnung zu tragen. Aufgabe des 
Forſtwirtes wird es hierbei ſtets bleiben, aufklärend 
und überzeugend zu wirken, um jeder mißbräuchlichen 
Streuentnahme entgegenzuarbeiten. 


Bei dem Streben, die landwirtſchaftlichen Erträge 
des Heimatbodens zu heben, werfen wir vielleicht künf⸗ 
tig öfter als bisher prüfende Blicke auf die Möglich⸗ 
leit einer gelegentlichen Verbindung des Waldbaues 
mit dem Feldbau. Auch dieſe Möglichkeit verdient 
allenthalben ein ſorgſames und unbefangenes Studium. 
Insbeſondere folte man ſtets erwägen, ob landwirt⸗ 


ſchaftlicher Vorbau als Kulturmaßregel bei der Be⸗ 


ſtockung kahler Flächen möglich und ratſam iſt. Ein 
dankbares Feld der Betätigung bietet hier namentlich 
die Oedlandsaufforſtung. Die Praxis hat erwieſen (e8 
darf hier wohl auf die beſonders umfangreichen ein⸗ 
ſchlägigen Erfahrungen der Niederländer hingedeutet 
werden), daß der Vorbau gewiſſer Feldgewächſe auf 
vielen höchſt ungünſtigen Oedflächen bahnbrechend 
wirkt für den ſpäteren nachhaltigen Waldwuchs. Aller⸗ 
dings iſt hierbei oft ein ſehr hoher Kapitalaufwand 
für Bodenbearbeitung und Düngung unerläßlich. Aber 
dieſer Aufwand wird bald durch die ſich raſch ver⸗ 
beſſernden Ernten an Hafer, Hackfrüchten uſw. gedeckt. 
Daß der kleine Beſitzer bei ſolchen doppelt gemein⸗ 
nützigen Oedlandverbeſſerungen meiſt der Unterſtützung 
mit Geldvorſchüſſen und mit fachmänniſcher Beratung 
bedarf, braucht kaum erwähnt zu werden. 

c) Es ſei geſtattet, in dieſem Zuſammenhange noch 
die Frage zu berühren, ob die Bewaldung, die wir 
jetzt haben bezw. die wir bei Neuaufforſtungen an⸗ 
ſtreben, im Einklange ſteht mit der erhöhten Not⸗ 
wendigkeit, der Landwirtſchaft alle geeigneten Flachen 
zuzuweiſen. Ebenſo wie wir früher von unbeding⸗ 
ten (abſoluten) Waldböden oder beſſer Wald⸗ 


ſtandorten ſprachen, möchte der Forſtwirt künftig auch 


ſeine Standorte gelegentlich daraufhin anſprechen, ob 
ſie etwa unbedingte Eignung für Feld, Wieſe oder 
Weide befiten. Erkennt man unzweifelhaft derartige 
Standorte im Waldgelände, ſo wird man von Fall 


zu Fall zu erwägen haben, ob eine Umwandlung 
(etwa beim nächſten planmäßigen Abtrieb des Be⸗ 
ſtandes) geboten oder erwünſcht iſt. Bisweilen wird 
ſich im zuſammenhängenden Waldgelände aus ſolchen 
Erwägungen eine zweckmäßige Iſolierung gefährdeter 
Beſtandskomplexe (Feuer, Sturm) ergeben. Am haͤu⸗ 
figſten werden Erwägungen dieſer Art Platz greifen 
müſſen bei größeren Neuaufforſtungen, insbeſondere auf 
Oedflächen. Selbſtverſtändlich verdient auch hier das 
Bedürfnis nach Schutzwaldbeſtänden (und zwar in dem 
bereits erörterten weiteſten Sinne dieſes Begriffes) ſtets 
beſonders ſorgſame Berückſichtigung. 

Die Vermehrung unſerer deutſchen Ernährungs⸗ 
fläche wird übrigens der ſtets wünſchenswerten Ver: 
mehrung unſerer Holzbeſtaͤnde keineswegs hinderlich 
ſein. Es gilt nur, einesteils alle wirklich aufforſtungs⸗ 
bedürftigen Flächen zu bewalden, anderenteils die zahl⸗ 
reichen verwahrloſten Waldſtücke des Privatbeſitzes einer 
pfleglichen Wirtſchaft entgegenzuführen, mit anderen 
Worten, alle unbedingten Waldſtandorte Deutſchlands 
bezw. Mitteleuropas nachhaltig forſtwirtſchaftlich aus: 
zunutzen. 


III. Ausnutzung des Waldes für die Volksgeſnndheit. 


Der deutſchen Volkswirtſchaft erwächſt infolge des 
Krieges neben vielen anderen dringenden Aufgaben 
auch die hochbedeutſame Aufgabe, ihre Verluſte an 
menſchlicher Arbeitskraft und an Rüſtigkeit möglichſt 
bald wieder zu erſetzen. Nicht nur die Dankespflicht, 
ſondern auch das vielſeitige Bedürfnis unſeres Wirt⸗ 
ſchaftslebens und unſerer Wehrkraft drängt uns dazu, 
Verwundeten, Kranken und ſeeliſch Gebrochenen mit 
allen Mitteln heilend beizuſtehen. Andererſeits gilt 
es heute mehr als je zuvor, dem heranwachſenden Ge⸗ 
ſchlechte, Friſche, Kraft und Heimatliebe zu geben. 

Bei allen Beſtrebungen dieſer Art verdient der 
heilende und belebende Einfluß des Waldes planmaͤßige 
Berückſichtigung. 


a) Der Wald als Geſundungsſtätte. 


Der Aufenthalt im Walde wirkt auf den Menſchen 
wohltätig durch die Ruhe, die ſtaubfreie Luft, den zur 
tieſen Atmung anregenden Harzgeruch uſw. Weniger 
bekannt iſt, daß der durch den Waldbeſtand gewährte 
Windſchutz in der rauhen Jahreszeit und bei Sonnen⸗ 
ſchein oft ein örtliches Sonderklima ſchafft, deſſen 
Milde z. B. für Lungenleidende höchſt beachtenswert 
iſt. Näheres hierüber habe ich in den Mitt. der d. 
dendrol. Gef. 1914 (. Forſtliche u. dendrologiſche Auf⸗ 
gaben der modernen Großſtädte“) erörtert. 

Die Verwertung dieſer Heilfaktoren darf ſich m. E. 
nicht auf die Waldungen von Kurorten und Heil⸗ 
anſtalten beſchränken. Jedes in der Nähe von Ort⸗ 

16 


120 


— ol 


ſchaften gelegene Waldſtück vermag ſolchen Leidenden 
und Geneſenden zu dienen, die aus irgend welchem 
Grunde an ihren Wohnort gebunden ſind. Bei dem 
wohl überall vorauszuſetzenden Entgegenkommen der 
betreffenden Waldbeſitzer wird ſich häufig die Gelegen⸗ 
heit bieten, den Wünſchen der geneſungſuchenden Wald⸗ 
beſucher Rechnung zu tragen, ohne daß dabei wirt- 
ſchaftliche Opfer gebracht werden müſſen. 


b) Der Wald als Erholungsſtätte. 


Auch der volkswirtſchaftliche Wert, den der Wald 
für den erholungſuchenden Spaziergänger beſitzt, wird 
leicht unterſchätzt. Ueberdies ift ſehr begreiflicher Weiſe 
der Forſtwirt infolge der Rückſichtsloſigkeiten mancher 
Waldbeſucher bisweilen etwas voreingenommen gegen 
das geſamte waldbeſuchende Publikum. Zweifellos 
ſollen grobe Störungen der Waldesruhe und Beein⸗ 
trächtigungen der Wirtſchaft nicht geduldet wer: en.') 
Aber ein ſehr großer Teil der Fremden und der An: 
wohner betritt den Wald mit rückſichtsvoller Freude 
und Andacht, ſucht und findet in ihm ſeeliſche und 
körperliche Erquickung und nicht ſelten auch neue Ar⸗ 
beitsfriſche und neuen Lebensmut. Dieſen Erholungs- 
ſuchenden den Waldgenuß nach Möglichkeit zu erleich: 
tern, bedeutet daher eine Erhaltung und Schaffung 
volkswirtſchaftlicher Werte. Nicht unerwähnt darf 
hierbei bleiben, daß der Wald namentlich auch für 
Herz und Sinne der heranwachſenden Jugend ein un: 
erſchöpflicher Quell des reinen Naturempfindens und 
der Heimatliebe werden kann, ein Quell, deſſen Seg⸗ 
nungen wir für unſer Volkstum und unſere Volks⸗ 
wirtſchaft auszunutzen verpflichtet find. 

Ueberblicken wir zum Schluſſe die Reihe der hier 
ſtizzierten forſtlich-volkswirtſchaftlichen Aufgaben, fo er- 
kennen wir, daß die größeren Wirtſchaftswaldungen 
nicht allein allen dieſen Aufgaben gerecht werden können. 
Es bedarf hierzu der Mitwirkung unſeres geſamten 
Waldbeſtandes und aller bewaldungsfähigen und be— 
waldungsbedürftigen Standorte des deutſchen (mittel: 
europäiſchen) Bodens. Ueberaus wichtig iſt es daher, 
daß alle für das Wohl des Landes und des Volkes 
beſorgten Kreiſe an der Verbeſſerung, Erhaltung und 
Vermehrung des privaten Waldbeſitzes arbeiten, daß 
die weiteſten Kreiſe mehr und mehr von dem Ver— 
ſtändnis für pflegliche Waldwirtſchaft durchdrungen 
werden. 


1) Auf Grund längerer praktiſcher Beſchäftigung mit dieſem 
Gegenſtande vertrete ich die Anſicht, daß der rückſichtsloſe Teil 
der Waldbeſacher meiſt aus Unkenntuis ſtört und ſchädigt. Bes 
lehrung und Aufklärung (namentlich auch gegenüber der Jugend) 
iſt darum ebenſo wichtig wie eine ſtraffe aber taktvolle Hand⸗ 
hadung polizeilicher Maßnahmen. 


Entſtehung und Entwicklung des Aumäniſchen 
Torſtweſens. 
Vom Fürſtlich Schönburgiſchen Forſtmeiſter Adolph. 


Nachdem Rumänien durch ſeine Deutſchland feind⸗ 
liche Teilnahme am Weltkriege augenblicklich in den 
Vordergrund der Ereigniſſe getreten iſt, und nach em 
nun der größte Teil dieſes ſchönen und fruchtbaren 
Landes von unſeren über alles Lob erhabenen tapferen 
Truppen im Vereine mit den verbündeten Mächten 
erobert iſt und bereits Zivilverwaltung dort einge 
richtet wird, dürfte es von Intereſſe fein, etwas über 
das ſeitherige rumäniſche Forſtweſen zu hören, worüber 
dem Berfaffer vermöge einer nunmehr 37 jährigen 


forſtlichen Tätigkeit auf den Beſitzungen Seiner Durch 


laucht des Fürſten von Schönburg-Waldenburg in 
Rumänien eingehende Studien und Erfahrungen zur 
Verfügung ſtehen. Es fet zunächſt mit dem geſchicht⸗ 
lichen Teile begonnen. 

Rumänien verſügte im Altertum über einen großen 
Waldreichtum und insbeſondere war es die Moldau, 
welche mit ausgedehnten Wäldern bedeckt war, die fid 
in Waldungen des Gebirges, des Hügellandes und der 
Ebene teilten. 

Insbeſondere ſchreibt Demeter Cantimir in ſeinen 
Schilderungen über die Moldau vom Jahre 1716, 
daß die Wälder von hervorragender Schönheit und 
Güte geweſen find, die durch zahlreiche Eichenbeſtände, 
ſowohl im reinen als gemiſchteu Beſtande von vorzüg⸗ 
licher Qualität, erhöht wurde. Das Eichenholz fi 
von beſonders guter Qualität für Schiffsbauten ge 
weſen. 
Gegend von Cotnari bei Jaffy mit ſehr ſchönen Eichen 
beſtänden beſtockt, die ihre Entſtehung dem berühmten 
moldauiſchen Fürſten Stephan dem Großen verdantten, 
der das frühere dortige flache Feld mit der Eiche be 


——— — —„-—-—-— ne ̃ ̃Ä ͤꝗ̃gd mĩ m... 


— 


— + 


Insbeſondere war nach dieſem Autor die, 


ſtockte, daß er die in feinen fiegreichen Schlachten gegen 


die Polen gemachten Kriegsgefangenen an Pflug: 
ſpannen, das Feld beackern und mit Eicheln beſäen 
ließ. Auch der damals zur Moldau gehörige Teil 
von Beſſarabien, der heute von Wald vollſtändig ent: 
blößt ift, fol reich an Eichenbeſtänden geweſen fein. 

Auch in der Wallachei befanden ſich herrliche Eider: 
wälder, von denen heute nichts mehr oder doch nur 
geringe Spuren zu ſehen find und in den Reeifer 


= 


— 


Teleorman und Braila ift das Prozent des bewaldeten 


Bodens auf 2,2—4,9 herabgeſunken. 


Unterſucht mar | 


nun, welches die Gründe find, die die Abnahme des 


Waldes in Rumänien ſo ſehr gefördert und auf den 
heutigen geringen Stand gebracht haben, ſo findet man 
zunächſt, daß es die vielen Störungen waren, welde 
die Staatsorganiſation der beiden Fürſtentümer Mol 
dau und Wallachei durch den Einbruch und die Ber 


121 


wüſtungen flawifder, türkiſcher und anderer Volfs: 
ſtämme zu erleiden hatten, die ihr gutes Teil zur 
ſteten Verminderung des Waldareales in Rumänien 
beitrugen. Insbeſondere waren es die Türken, welche 
ungeheure Mengen von Bauholz teils für den Wie⸗ 
deraufbau niedergebrannter Stadtteile von Konſtanti⸗ 
nopel und anderer Orte Rumeliens, teils für den Bau 
ihrer Schiffe und Brücken aus Rumänien ausführten. 

So wurde z. B. bei dem Friedensſchluß zwiſchen 
Rußland und der Pforte im Jahre 1802 beſtimmt, 
daß, wenn Holz für die Türkei nötig ſei, dasſelbe den 
Wäldern der Moldau und Wallachei entnommen 
werden ſolle, und daß das Holz von dieſen Ländern 
auf deren Koſten an Ort und Stelle des Verbrauches 
zu transportieren ſei. 

Es kamen aber damals auch Kaufleute aus an⸗ 
deren Häfen des ſchwarzen Meeres und aus Aegypten 

und kauften große Mengen Holz zu lächerlichen Prei⸗ 
ſen, da nicht der Verkäufer, ſondern der Käufer die 
Holzpreiſe beſtimmte. Vor allem waren es die der 
Donau zunădft liegenden Walder, welche dezimiert 
wurden, da dieſelben für die cg auf Schiffen 
am günſtigſten lagen. 

Als zweite Haupturſache für die Verminderung des 
Waldareals in Rumänien ift der frühere enorme Holz: 
verbrauch für die Pflaſterung in den Straßen der 
größeren rumäniſchen Städte, wie Jaffy, Bukareſt, 
Craiova uſw. anzuſehen. Dieſe Straßenbefeſtigung 
geſchah in der Weiſe, daß ganze behauene Baum⸗ 
ſtämme dicht aneinander gefügt quer über die Straße 
gelegt wurden, und dieſe Befeſtigungen mußten teils 
aus Geſundheitsrückſichten, teils aus Rückſichten für 
den Verkehr alle 5 bis 6 Jahre erneuert werden, wo⸗ 
durch ungeheure Mengen von Holz, namentlich Eichen⸗ 
holz, aufgebraucht und große Waldflächen verwüſtet 
wurden. 

Die dritte Urſache der Waldverminderung waren 
die vielen Verwüſtungen durch Krieg, namentlich zwi: 
ſchen Rußland und der Türkei, die ſich vielfach auf 
rumdnijdem Boden abſpielten, Einbrüche der Tartaren 
uſw., wobei große Waldbeitände niedergebrannt und 
niedergehauen wurden. 
| So erzählt Profeſſor Pichl in feiner „Geſchichte, 
natürliche Beſchaffenheit und Verfaſſung der Wallachei 
und Moldau vom Jahre 1790", daß auf der ganzen 
ſich ausdehnenden Ebene zwiſchen Bukareſt und Craiova 
alles durch Krieg verwüſtet war, und daß die Felder 
unbebaut blieben, gleichſam um aufs Neue als Schlacht⸗ 
felder zu dienen, und daß die Wälder, welche die 
Höhen bedeckten, durch Krieg verwüſtet wurden. 

Wohl haben ſchon in der Zeit von 1790 bis 1820 
verſchiedene Fürſten und hervorragende Männer der 
Moldau und Wallachei wie Al. C. Moruzi, M. C. 


— — 


Suku, B. Vacarescu, C. A. Epſilanti eingeſehen, daß 
eine derart fortgeſetzte Waldbehandlung zum gänzlichen 
Ruin des Waldes führen mußte und haben Verfügungen 
dagegen erlaſſen, deren Erfolg aber nur ein negativer 
war, da an der Günſtlingswirtſchaft alles ſcheiterte, 
wie ja heute noch die ſtrenge Aufrechterhaltung der 
beſtehenden Forſtgeſetze an den Rückſichten auf poli- 
tiſche Parteigenoſſen und hervorragende, einflußreiche 
Perſönlichkeiten vielfach ſcheitert. 

Bis zum Jahre 1842 unterſtand das rumäniſche 
Forſtweſen keiner Regel. Jeder Waldbeſitzer konnte 
ſeinen Wald ausbeuten, wie er wollte, und Vieh in 
den Wald treiben, ſo viel er wollte, auch ſtockten viele 
Waldbeſitzer wegen der geringen Holzpreiſe den Wald 
als unrentabel aus und arbeiteten ihn zu Feld um. 
In der Wallachei ſieht man noch heute die traurigen 
Ueberreſte herrlicher Eichenwälder. | 

Im Jahre 1843 wurde nun in der Moldau durch 
den Fürſten Mihai Sturza und 1847 in der Wallachei 
durch den Fürſten Bibesco für die Waldungen des 
Gebirges und Hügellandes die erſten geſetzlichen Er⸗ 
läſſe, das fog. „Regulament Organic“ gegeben, wo- 
durch der fortſchreitenden Entwaldung ein Ziel geſetzt 
werden ſollte und die franzöſiſche Parket⸗ oder Reihen⸗ 
wirtſchaft eingeführt, die bis zum Jahre 1881. wo 
das erſte regelrechte Forſtgeſetz zu Stande kam, be⸗ 
ſtanden hat. 

Dieſe Parket⸗ oder Reihenwirtſchaft beſtand darin, 
daß der Waldbeſtand bis auf 80 Samenftämme pro 
Falſche, d. i. 1,43 ha, alſo 56 Stämme pro Hektar, 
die aus den mittleren Stärken gewählt ſein ſollten, 
abgetrieben wurde. 

Abgeſehen nun davon, daß eine fo geringe Stamm: 
zahl für die Beſamung der Fläche bei weitem nicht 
genügte, ſo wurden auck zu Gunſten der Käufer, die 
dafür dem Perſonale Trinkgelder (bacsis) verteilten, 
nicht die guten Mittelſtämme dazu gewählt, ſondern 
nur Schwache und geringe Exemplare belaſſen, die in: 
folge der plötzlichen Freiſtellung entweder alsbald dem 
Windwurf oder dem Duft- und Schneebruch anheim 
fielen oder ſich, namentlich die Eichen, mit Waſſer⸗ 
reiſern bedeckten und zopftrocken wurden. 

Die Folge davon war, daß, zumal auf dem guten 
kräftigen mit Kalk gemiſchten Lehmboden, einem Ver⸗ 
witterungsprodukt des Karpathenſandſteines, ſich die 
Flächen bald mit üppigem Gras- und Unkrautwuchs, 
Weichhölzern uſw. bedeckten, was nicht nur jede Natur- 
beſamung verhinderte, ſondern auch der künſtlichen 
Wiederbeſtockung ernſtliche Schwierigkeiten entgegen⸗ 
ſetzte, und daß an Stelle der früheren ſchönen Eichen⸗ 
und Buchen- oder Buchen- und Nadelholzmiſchbeſtände 
die wertloſen Weichhölzer, Weide, Pappeln und die 
Birke traten oder minderwertige Stockausſchlagbeſtände. 


122 


In den meiften Fallen geſellte ſich dieſem Uebelſtande 
auch noch die Viehweide hinzu, ſodaß auch das Wenige, 
was etwa an Stockausſchlag von den wertvolleren 
Holzarten noch hätte wachſen können, dem Maule des 
Viehes anheim fiel und dann nichts anderes übrig 
blieb, als die verödete Fläche der Landwirtſchaft zuzu⸗ 
weiſen und ſie als Weide weiter auszunutzen oder in 
Ackerland umzuwandeln, denn an künſtliche Aufforſtung 
dachte des Geldaufwands wegen niemand. Selbſt die 
heutigen Waldbeſitzer ſind bis auf wenige Ausnahmen 
nur darauf bedacht, dem Walde Einkünfte zu ent⸗ 
nehmen, ihm aber nichts wiederzugeben, und ſobald 
ein Gutsbeſitzer in Geldverlegenheiten kommt, muß der 
Wald herhalten; ob dann dabei noch etwas für die 
Nachkommen übrig bleibt oder nicht, iſt ihm ziemlich 
gleichgültig. 

Nur in ſeltenen Fallen gingen aus der Parket⸗ 
wirtſchaft gute Samenbeſtände hervor, wenn namlich 
im Herbſte vor der Fällung eine reichliche Samen: 
produktion der Beſtände ſtattfand, welche die Fläche 
mit Samen überſchüttete. Den Schutz, welchen die 
darauf erſchienenen jungen Pflänzchen, namentlich der 
Buche und Tanne, in den erſten Jugendjahren durch 
einen Mutterbeſtand nötig haben, übernahm dann der 
ſofort erſcheinende Unkrautwuchs, insbeſondere das 
Weidenröschen (epilobium), durch welchen fih. wenn 
kein Vieheintrieb ftattfand, der Buchen: und Tannen: 
jungwuchs vermöge ſeines großen Schattenerträgniſſes, 
insbeſondere auf gutem Boden, allmählich hindurch⸗ 
arbeitete. | 

Verſchiedene Beſtände in meinem ſpeziellen Wir⸗ 
kungskreiſe auf den in der Moldau bei der Stadt 
Bacau gelegenen Beſitzungen Seiner Durchlaucht des 
Fürſten von Schönburg⸗Waldenburg legen von dieſer 
Entſtehungsart Zeugnis ab. Eine Hauptbedingung 
bleibt dabei aber immer, daß mittelſt rechtzeitiger 
Läuterungen und Durchforſtungen die reichlich erſchie⸗ 
nenen und verdaͤmmend wirkenden Weichhölzer entfernt 
werden, wie dies in den oben erwähnten Waldungen 
geſchehen iſt. 

Im großen Ganzen aber hatte dieſe Bewirtſchaf⸗ 
tung für die Wälder Rumäniens ebenfalls einen nega⸗ 
tiven Erfolg und trug eher zur Verminderung als zur 
Vermehrung derſelben bei. 

An regelrechte Durchforſtungen und Läuterungen 
in den Beſtänden wurde durchaus nicht gedacht, ſämt⸗ 
liches Durchforſtungsmaterial ging dem Waldbeſitzer 
verloren, und dies iſt leider auch heute noch ſo, ins⸗ 
beſondere beim Staate ſelbſt. Ein weiteres Unglück 
für die Wälder, namentlich auch des Staates, bildete 
die bis zum Jahre 1881 den Bauern gewährte Vieh⸗ 
weide im Walde, die namentlich im Gebirge inſofern 
zu einem noch viel größeren Uebel wurde, als die 


Bauern, um größere und beſſere Viehweiden zu haben, 
den Wald im Sommer anzündeten. wodurch in den 
mit Maſſen von Trockenholz und dicken Moosteppichen 
verſehenen Urwäldern oft wochen: ja monatelang an: 
haltende Waldbrände entſtanden, die menſchliche Kräfte 
nicht zu löſchen im Stande waren und die nur durd 
ausgiebige Regengüſſe zum Abſchluß gebracht werden 
konnten. Auf diefe Weile find Tauſende von Hektaren 
ſchönſten Gebirgswaldes vernichtet worden und don 
dieſem Anblick wendet ſich der Forſtmann mit Shu: 
dern ab. | | 

Dieſen Zuſtänden hat erſt das Forſtgeſetz von 

Jahre 1881 allmählich ein Ziel geſetzt, da mit den 

Verbot der Waldweide der Bauer auch kein Intereft 

mehr hatte, den Wald anzuzünden. 

Ein Verſuch, Mittelwaldwirtſchaft zu betreiben, 
namentlich in der Ebene, ſcheiterte vollſtändig, de 
hierfür die Vorbedingungen, insbeſondere genügend; 
und für dieſen Betrieb gut ausgebildetes Perſonol 
vollftandig fehlte. | 

Angefichts dieſer vorbeſchriebenen Tatſachen wir ' 
es erklärlich, weshalb der Waldbeſtand ſo ſchnell ct: 
genommen bat, ſodaß Rumänien heute zu den ſchwa⸗ 
bewaldeten Ländern, namentlich in der Ebene, gebir: 
Mit dem Momente, wo König Karl von Rumönt: 
im Jahre 1866 als Fürſt die Leitung der Geldic 
des Landes übernahm, iſt ernſtlich an der Berbefferur: - 
des rumäniſchen Forſtweſens gearbeitet worden un 
ſollen hier nur kurz die Hauptſachen hervorgehen 
werden, welche vom Jahre 1866 ab bis zum Tode! 
König Karls zur Hebung des rumäniſchen Gorden 
Es find. 

1. Einführung eines Spezialforſtdienſtes für be 

Wald. 

2. Zeitweiſe Berufung einzelner hervorragender ofc 
reichiſcher und franzöſiſcher Forſtleute zur Orgar: 
ſation des Staatsforſtdienſtes. 

3. Einführung eines Forſtgeſetzes im Jahre Ig 

wonach die dem Forſtgeſetz unterſtellten Waung: ` 

des Gebirges und Hügellandes nur auf An. 
einer von drei Staatsforſtbeamten aufgeftellle 

Betriebseinrichtung, bezw. eines Hauungsplant 

für kurze Zeiträume, ausgebeutet werden durften. 

Aufhebung der Waldweide. 

„Einführung künſtlicher Kulturen zur Wufforftun 
verwüſteter und verödeter Flächen und zu dieser 
Zwecke vermehrte Anlage von Forſtgärten. 

6. Einrichtung der Staats⸗ und Privatwälber un 
Unterſtellung der letzteren unter die ſtaallih 
Aufſicht. 

7. Verkauf der Nadelholzwälder für lange Perioden 
insbeſondere derjenigen, welche ſchwer guginglit 
und ohne Weganlagen find, damit die Kauft 


OU pp 


123 


welche dort koſtſpielige Bringungdanlagen er- 
richten müſſen, dieſe Koſten beſſer amortiſieren 
können. 
Verwertung von Waldnebennutzungen. 
Gründung eines Fonds von 2% aus den Brutto⸗ 
einnahmen des Staatswaldes, zur Durchführung 
von Verbeſſerungsarbeiten, Verwertung unpro⸗ 
duktiven Geländes, Befeſtigung von Rutſchungen, 
ſowie eines Gemeindefonds in der Dobrutſcha 
zur Aufforſtung von Oedungen. 
Sendung junger ſtudierender Forſtleute an die 
deutſchen und franzöſiſchen Forſtlehranſtalten. 
Bindung eines großen Teiles der in der Donau⸗ 
ebene befindlichen Flugſandflächen und Schaffung 
von Waldflächen in der Dobrutſcha. 
Errichtung einer Forſtſchule für die höheren Forſt⸗ 
beamten mit einer Abteilung für die Vorbildung 
des niederen Forſtperſonals. 
Bau von Dienſtwohnungen für das Verwaltungs⸗ 
und Aufſichtsperſonal. 
Einführung einer Forſtzeitung und Gründung 
eines Forſtvereins mit Abhaltung einer Forſtver⸗ 
ſammlung in jedem Jahre. 
Ausgabe einer jährlichen Forſtſtatiſtik. 
Forſtgeſetz vom Jahre 1910, wodurch dasjenige 
vom Jahre 1881 modifiziert wird und als Haupt⸗ 
neuerung den Privatwaldbeſitzern Garantien in 
Geld auferlegt werden für die ſichere Wieder⸗ 
bewaltung der alljährlich in Ausbeutung genom⸗ 
menen Waldflächen. 
So ſchön nun alle dieſe Einrichtungen und Ver⸗ 
befierungen klingen, fo it doch der Erfolg nur ein 
teilweiſer geweſen, da, wie ſchon oben bemerkt, die Ge⸗ 
ſetze und Erläſſe nicht mit objektiver Strenge durch⸗ 
geführt werden und der Erfolg durch die Rückſicht auf 
parteipolitiſche Intereſſen immer wieder in Frage ge⸗ 
ſtellt wurde. Es wird mit einem Worte dem Geſetze 
nicht: die Achtung verſchafft, die ihm gebührt. 

Ich komme nun zunächſt auf den Waldbeſtand 
Rumäniens zurück und ſei es geſtattet, hier einen 
Vergleich zu ziehen zwiſchen der erſten ſtatiſtiſchen Auf⸗ 
ſtellung vom Jahre 1899 und der letzten vom Jahre 
1907. Dabei ſei aber bemerkt, daß der Mangel 
eines Kataſters die Genauigkeit der Flächenangaben 
ſehr beeinträchtigt, denn es finden genauere Vermeſſungen 
eines Waldes immer erſt dann ſtatt, wenn verkauft 
werden ſoll, und dann wird eben auch nur der zu 
verkaufende Teil vermeſſen, die übrigen Flächen find 
nur ſchätzungsweiſe oder nach alten, nicht genauen 
Vermeſſungen bekannt. 

Im Jahre 1899 ergab die Geſamt⸗Waldflaͤche 
Rumäniens die Summe von 2774 048 ha, welche ſich 
aus folgenden Beſitzkategorien zuſammenſetzt: 


10. 


11. 


12. 


13. 


14. 


15. 
16. 


— —— — —— ——ũä.õä ́ ͤ— ic —— SR 33ůͤääXX—·· —-xkxͤꝛ ³ĩ3 —-—-—-ꝛ ... —ͤ 


1. Staatswaldungen ha 1085033 . 
2. Gemeinden und Ane 

ftalten . f „ 125 986 
3. Krondom nen „ 70188 
4. Privatwälder 1492 841 


im Ganzen ha 2 774 048 

Die im Staatswald vorhandenen Blößen wurden 
damals auf 163 389 ha angegeben, ſodaß nach Abzug 
dieſer Fläche fih die wirklich bewaldete Flache des 
Staatswaldes auf 921644 ha und die Geſamtwald⸗ 
fläche Rumäniens auf 2 610 659 ha ermäßigt. Die 
Blößen in den übrigen Waͤldern find nicht bekannt 
und können ſomit auch vorläufig nicht in Rechnung 
gezogen werden. ' 

Nach der vom Domänenminifterium aufgeſtellten 
letzten Statiſtik vom Jahre 1907 ergeben ſich folgende 
Flächen: 

Geſamtwaldfläche einſchließlich Blößen ha 2 755 755. 

Hiervon entfallen auf: 
1. Staatswaldungen 
2. Gemeinde und öffentliche 
Anſtalten „ 
Krondomänen „ 71 401,0 2,5 % 
Privatwälder . . „ 1492 841,0 = 54,2% 


im Ganzen ha 2 755 755 

Die in den Staatswäldern befindlichen Blößen 
werden auf 146 703 ha angegeben, ſodaß ſich die 
wirklich bewaldete Staatswaldfläche auf 918 825 ha 
ermäßigt und die Geſamtwaldfläche auf 2 609 052 ha. 
Die Blößen in den übrigen Wäldern find auch hier 
nicht bekannt. 

Der Geſamtflächeninhalt des Königreichs Rumänien 
wird heute auf 13 135 300 ha angegeben, ſodaß ſich 
ein Bewaldungsprozent von 21 ergibt einſchließlich der 
im Staatwalde befindlichen Blößen und ausſchließlich 
derſelben von 19,8 °/o. 

Vergleicht man die ſtatiſtiſchen Daten von den 
Jahren 1899 und 1907 ſo ergibt ſich eine Abnahme 
der Waldfläche in den Staatswäldern von 19 505 ha 
und eine Abnahme der Geſamtwaldfläche des König: 
reiches von 18 293 ha. Dieſer Unterſchied kommt 
teils daher, daß vom Jahre 1899 bis 1907 eine ge- 
nauere Vermeſſung und Schätzung der Waldflaͤchen 
des Staates ſtattgefunden hat, teils daher, daß Wald⸗ 
teile in der Dobrutſcha zur Abgabe behufs landwirt⸗ 
ſchaftlicher Benutzung an die dort angeſiedelten Vete⸗ 
ranen des Krieges von 1877,78 ausgeſtockt wurden 
und endlich auch daher, daß Teile von Weiden⸗ 
beſtänden an den Ufern größerer Flüſſe, insbeſondere 
der Donau weggeſchwemmt wurden. 

Zieht man aber nur die wirklich bewaldete Fläche 
des Staatswaldes in Betracht, ſo ergibt ſich eine 


ha 1 065 528,0 = 38,8% 


125 985,0 = 4.5% 
8. 
4. 


Waldverminderung von 921 644—918 825 = 2819 ha, 
und auf die Geſamtwaldfläche Rumaͤniens bezogen 
von 2 610 659 —2 609 052 = 1607 ha. Vergleicht 
man die Blößenflächen des Staatswaldes in dieſen 
beiden Zeitabſchnitten, ſo ergibt ſich folgendes Reſul⸗ 
tat für den Staatswald: ö 

im Jahre 1899 Blößen ha 163 389 
1907 Fe „ 146 703 


mithin weniger ha 16 686, 
woraus folgt, daß ſich der wirklich bewaldete Teil des 
Staatswaldes um 0,3°/n, dagegen die Blößen um 
10,2% vermindert haben, welche letztere Verminderung 
wohl größtenteils den vorgenommenen Kulturen zu— 
zuſchreiben iſt, teils aber auch der genaueren Ver⸗ 
meſſung. Wie fdon früher erwähnt, wurde durch 
Forſtgeſetz vom Jahre 1881 die alte Parketwirtſchaft 
abgeſchafft und durch eine mehr femel- bezw. femel- 
ſchlagbetriebartige Wirtſchaft erſetzt, die darin beſtand, 
daß man eine größere Anzahl von ſogenannten Re⸗ 
ſerveſtämmen auf der Fläche beließ und nur Stämme 
von einem gewiſſen Bruſthöhendurchmeſſer an auf: 
wärts, bei der Tanne 50 cm, bei der Buche 40 em, 
zur Fällung brachte. 

Dieſe Art der Ausbeutung bot wohl dem Forſt⸗ 
perſonal beim Auszeichnen der Beſtände große Er⸗ 
leichterungen, Ueberlegung war dabei nift nötig, der 
Durchmeſſer gab den Ausſchlag und das Forſtperſonal 
konnte bei dieſer Schablonenwirkſchaft für etwaige 
Fehler in der Auszeichnung nicht verantwortlich ge: 
macht werden; aber der Wald wurde dabei, nament⸗ 
lich im Gebirge, ebenſo zu Grunde gerichtet wie 3u- 
vor, denn die mächtigen Urwaldtannen von 40 m und 
und mehr Länge und 80 — 150 em Durchmeſſer 
ſchlugen bei der Fallung, namentlich an Berghängen, 
den größten Teil ihrer Umgebung zuſammen und was 
übrig blieb, fiel ſpäter in Folge der Freiſtellung dem 
Luft⸗ und Schneebruch anheim und der Reſt der 
Nadelhölzer, namentlich Fichte, wurde vom Porten- 
käfer zerſtört, da die Ueberreſte von den Fällungen 
unentrindet liegen blieben und durchaus keine Schutz⸗ 
maßregeln gegen die Inſektengefahr ergriffen wurden. 
So hatte ich, um ein Beiſpiel zu erwähnen, einmal 
Gelegenheit einem Waldbeſitzer nachzuweiſen, daß er bei 
einem Waldteil, den er mit Zugrundelegung obiger 
Hiebsart mit 40 000 Frs. zur Ausbeutung verkauft 
hatte, noch einen Schaden an gebrochenem und nieder: 
geſchlagenem Holz von 37000 Frs. erlitten hatte. 

Der Staat ſah nun bald ein, daß auch auf dieſe Weiſe 
das Ziel nicht erreicht wurde, die Einnahmen blieben 
verhältnismäßig geringe, da den Käufern, die ſtets die 
Fällungen ſelbſt vornehmen müſſen, bezüglich des 
ſtehenbleibenden Materials zu ſchwere Bedingungen 


L 0 


auferlegt werden mußten, wozu dann nod die Anlage 
von Wegen und fonftigen Bringungsanftalten dem 
Käufer zur Laſt fielen, und entſchloß ſich daher im 
Jahre 1890, insbeſondere auf Anraten des vom ba: 
maligen Domänenminifter Carp zur Verbeſſerung des 
rumänischen Forſtweſens berufenen Öfterreichifchen Fork: 
rates Pitſchak, zum Kahlſchlagbetrieb mit künftlicher 
Wiederbeſtockung der Flächen. 

Dabei wurde der Vorteil erreicht, daß die Ein⸗ 
nahmen für den auf dem Stock verkauften Wald in 
die Höhe ſchnellten, aber mit der Wiederaufforſtung 
der Kahlflächen war es ſchlecht beſtellt und als nun 
gar in dem Notjahre 1900, wo Rumänien mit ſeinen 
Finanzen nahe vor dem Staatsfalliment ſtand, der 


Wald nach alter Methode wieder herhalten mußte 


und die Abtriebsflächen in den einzelnen Oberförſtereien 
auf ein Minimum von 250 und auf ein Maximum 
von 500 ha ausgedehnt wurden, da verſagte die 
künſtliche Wiederbeſtockung vollſtändig; denn abgeſehen 
davon, daß man über ein im Kulturbetrieb abfolut 
unkundiges Unterperſonal bei Arbeitermaterial ver: 
fügte, mußte, um nur annähernd das Pflanzen: 
quantum für jo große Flåden zu ſchaffen, zur 
Pflanzung mit zweijährigen unverſchulten Pflänzlingen 
gegriffen werden, die bald vom Unkraut erſtickt wur: 
den. Dabei war die Ausführung der Kulturen die 
denkbar ſchlechteſte. Es wurden und werden auch 
heute 500 — 600 Arbeiter täglich auf einer Flache zum 
Pflanzen verwendet, die hohe Tagelöhne erhalten un 
dabei keine Ahnung vom richtigen Einſetzen ein 
Pflanze haben. 
führt eine vollſtändig ungenügende Anzahl von Walt 
hütern, die ſelbſt keinen Begriff von regelrechter 
Pflanzung haben, ſodaß der Erfolg geradezu em 
jammervoller iſt. Dazu kommt, daß die Kulturen 
einmal ausgeführt werden und an Nachbeſſerungen 


Die Aufſicht über dieſe Arbeiten l 


oder Pflege durch Ausſchneiden von Unkraut, Aus- 


hieb von Verwuchs uſw. nicht gedacht wird Man 
ſagt ſich: dieſe Flächen find nun kultiviert und ab: 
getan, und rühmt ſich dann damit, daß man ſo und 
ſoviel Tauſend Hektare wieder in Beſtand gebracht 
hat, ſieht man aber nach ein bis zwei Jahren diefe 


Kulturen näher an,- fo ift der Erfolg abſolut nega | 


tiv, denn die meiſten Pflanzen find in Folge des 
ſchlechten Einpflanzens oder Vertrocknens der feinen 
Faſerwurzeln ſchon vor dem Einpflanzen eingegangen 
und diejenigen, welche etwa hätten wachſen können, 
find von Gras, Unkraut und Vorwuchs überwachſen 
und friſten ein kümmerliches Daſein. 

Auf diefe Weile ift es dann gekommen, daß trob 
aller Anſtrengungen die mit den Jahren ins Kieler 


hafte anwachſenden Kulturflächen nicht nur nicht vol! 


ſtändig bepflanzt und Tauſende von Hektaren nicht 


125 


kultiviert werden konnten, ſondern daß auch die wirk⸗ 
lich kultivierten Flächen einfach größtenteils als Blößen 
anzuſehen ſind, auf denen mannshohes Unkraut und 
Weichhoͤlzer fic) breit machen. 

Ich ſah vor vier Jahren noch eine große, ſogar 
mit vierjährigen verſchulten Fichten ausgeführte Kultur 
im Staatswalde, wo es mir nicht moglich war, auf 
einem größeren Teil der Fläche auch nur eine Pflanze 
zu finden, welche Wachstum verſprochen hätte. Eine 
nähere Unterſuchung der Urſache ergab, daß die 
Pflanzen ſämtlich zu tief gepflanzt und in Folge 
deſſen eingegangen waren. 

Daraus geht hervor, daß das Waldareal des 
Staates auch unter der Kahlſchlagwirtſchaft heute noch 
zurückgeht, und ich möchte fagen, noch mehr als vorher. 

Auch in der Dobrutſcha hatte man große Flächen 
mit Akazien bepflanzt, man ſprach im Jahre 1896 
von 11000 ba, aber da die Kulturen nicht gepflegt 
wurden, ſo blieb nur wenig davon und diejenigen 
wenigen Anpflanzungen, welche gewachſen ſind, gehen 
jetzt nach 15-20 Jahren wieder ein. Im letzteren 
Umſtande mögen nun wohl der Akazie ungünſtige 
Bodenverhältniſſe mitſprechen. Aus dieſen Umſtänden 
iſt der Schluß zu ziehen, daß das Bewaldungsprozent 
Rumäniens in Wirklichkeit nicht einmal 21 bezw. 19,8 
beträgt, ſondern weit geringer ift, etwa 16— 17%, 
da viele als Wald bezeichnete Flächen heute tatſächlich 
Blößen und Oedungen ſind. | 

Angeſichts dieſer Tatſachen kam der Staat wieder 
von der Kahlſchlagwirtſchaft zurück und wollte nun 
wirklichen Femelſchlagbetrieb einführen. 

Die wirkliche gute Durchführung dieſes Wirtichafts: 
ſyſtems dürfte aber bei der großen Bequemlichkeit und 
geringen praktiſchen Ausbildung des rumaͤniſchen Forſt⸗ 
perſonals ſchwer durchführbar fein, denn die Auszeich⸗ 
nungen hierzu, namentlich auf ſo großen Hiebsflächen, 
wie ſie der Staat führt, geben dem Perſonal viel 
Arbeit und Anjtrengung, wovon der rumaͤniſche Forſt⸗ 
mann kein Freund iſt, auch fehlt bei den meiſten Forſt⸗ 
leuten das richtige Verſtändnis bezw. die nötige prat- 
tiſche Ausbildung dafür; und den Betrieb ſo zu führen, 
daß das zu verkaufende Material vom Staate ſelbſt 
angefertigt wird, ift nicht möglich, da der Staat einer: 
ſeits hierzu nicht das nötige Vertrauen in feine Forſt⸗ 
beamten hat, andererſeits das Perſonal numeriſch viel 
zu gering und das Unterperſonal dazu in keiner Weiſe 
ausgebildet iſt, wie weiter unten nachgewieſen werden 
ſoll. Ich bin perſönlich ſehr für den Femelſchlag⸗ 
betrieb, da ſich bei den in Rumänien ſehr oft wieder⸗ 
holenden Samenjahren (Buche alle 3 — 4 Jahre, Eiche 
und Tanne alle 2—3 Jahre) und bei den vorzüg⸗ 
lichen klimatiſchen und Bodenverhäliniſſen die natür- 
liche Verjüngung bei einiger Umſicht in der Hiebsfüh⸗ 

1017 


—— 2 SS a a a a e A R E e a A 


rung duferft leicht, jedenfalls viel leichter als in 
Deutſchland, vollzieht, wo die natürliche Verjüngungs⸗ 
dauer oft 15—20 Jahre ift, während fie hier 8-10 
Jahre, in vielen Fällen noch weniger beträgt, nament⸗ 
lich bei der Eiche, die ſich am leichteſten natürlich ver⸗ 
jüngt. Daß dieſe meine Anſicht richtig iſt, davon 
legen die Waldungen Seiner Durchlaucht des Fürſten 
von Schönburg⸗Waldenburg, das beſte Zeugnis ab. 
Dieſelben find heute nach 37 jähriger deutſcher Be: 
wirtſchaftung auch von den Rumänen als muſter⸗ 
gültig anerkannt. 

Bei dieſem Betriebe bleiben dem Waldbeſitzer 
große Kulturen erfpart, dieſelben beſchränken fic) nur 
auf Auspflanzung geringer Fehlſtellen, die in jeder 
natürlichen Verjüngung vorkommen, und auf das Ein⸗ 
bringen wertvoller Nutzholzarten, insbeſondere Eiche, 
Tanne, Ahorn, Eſche, Ulme in die Vorbereitungs⸗ 
hiebe, um neue wertvolle Mifchbeftände zu erziehen. 
Im erſteren Falle find es insbeſondere die Lärche und 
Fichte, die als dreijährige verſchulte Pflanzen die beſten 
Dienſte leiſten, im letzteren Falle iſt es die Einpflanzung 
1 jähriger Eichen⸗, 2 jähriger Tannen uſw. Pflanzen 
in die zur Verjüngung geſtellten Buchenbeſtände, ſo⸗ 
bald der Vorbereitungshieb in denſelben beendet iſt. 

Ich komme nach dieſer Abſchweifung wieder auf das 
Verwaltungsperſonal des Staates zurück, um dabei 
auch den Nachweis zu liefern, daß dasſelbe für eine 
intenſive Forſtwirtſchaft numeriſch viel zu gering iſt. 

Was die Privatwälder betrifft, jo find es nur 
5 Waldbeſitzer in Rumänien, welche großen Wert auf 
ihre Wälder logen und nicht bloß den Wald als eine 
Einnahmequelle betrachten, ſondern ſich die Erhaltung. 
Verbeſſerung und Vermehrung ihres Waldbeſitzes auch 


große Summen koſten laſſen. Dieſelben haben deutſche 


Forſtbeamte, die ihre rumäniſchen Untergebenen tüchtig 
praktiſch geſchult und ausgebildet haben und es 
wird Tüchtiges nach deutſchem Syſtem geleiſtet. Im 
Uebrigen haben die Privatwaldbeſitzer im Lande keine 
geregelte Wirtſchaft von Bedeutung und ſelbſt in den 
Privatwaldungen des Königs iſt die Wirtſchaft durch⸗ 
aus keine ſyſtematiſche. Ich will nun bezüglich des 
Staatsforſtperſonals, bezw. der Verwaltung, wieder 
einige geſchichtliche Daten vorausſchicken. 

Die erſte oberſte Behörde zur Verwaltung der 
Staatswälder wurde im Jahre 1860 unter dem Titel 
„Forſtdirektion“ geſchaffen und dem Kultusminiſterium 
unterſtellt, fpäter aber dem Finanzminiſterium über: 
wieſen. Dieſelbe leiſtete faſt nichts mit ihren halben 
Maßnahmen und war nicht im Stande, die Miß⸗ 
bräuche der Bevölkerung abzuſchaffen, bis im Jahre 
1881 die neue Aera mit Erlaß des Forſtgeſetzes be⸗ 
gann. Es entſtand ein Domänen: und Induſtrie⸗ 
miniſterium, dem die Forſtverwaltung unterſtand, und 

17 


126 


von welchem vor wenig Jahren die Induſtrie als be: 
ſonderes Miniſterium getrennt wurde, ſodaß das reine 
Domänenminiſterium mit forſt⸗ und landwirtſchaftlicher 
Abteilung verblieb. 

Das Verwaltungs⸗Syſtem iſt dasjenige der Zen⸗ 
traliſation. Alle Geſchäfte, wie Verkäufe, Verpach⸗ 
tungen uſw. vollziehen ſich beim Miniſterium. Den 
Verwaltungsbeamten iſt hierin abſolut keine freie Hand 
gelaſſen aus Gründen des Mißtrauens, was oben 
ſchon Erwähnung fand. 

Dieſes Syſtem bildet einen großen Mißſtand für 
das Publikum, denn der Intereſſent für irgend eine 
Sache, die mitunter eine Kleinigkeit iſt, die vom Ver⸗ 
waltungsbeamten leicht zu erledigen wäre, muß Reiſen 
nach Bukareſt zum Miniſterium machen, um ſeine 
Intereſſen durchzuſetzen und muß hierzu oft große 
Opfer von Zeit und Geld bringen. Nach dem Geſetze 
von 1910 fteht nächſt dem Domänenminifter der Ad- 
miniſtrator der Forſtkaſſe an der Spitze der Forſt⸗ 
abteilung. Derſelbe iſt ein Juriſt und hat von Forſt⸗ 
wiriſchaft keinen Begriff, aber der Poſten wird ab: 
ſichtlich aus Gründen des Mißtrauens und der In⸗ 
triguen nicht mit einem Fachmanne beſetzt. Das ganze 
Forſtperſonal des Landes ſetzt ſich heute zufammen aus: 

1. 2 Generalinſpektoren (Landforſtmeiſter) I. Klaſſe 


2. 4 „ a II. „ 
3. 4 Inſpeltoren (Oberforſtmeiſter) I 
4. 7 8 š II. „ 
5. 14 Forſtmeiſteern. I. „ 
6. 1 „ EEE. 
7. 32 A p as D a III. „ 
8. 69 Oberförſteen I. „ 
9. 18 u ee e a Be | er 
10. 20 Affiftenten 
11. 50 Brigadiere (Förſter 77). I. „ 
12. 60 ý Š aoa woo ae y 
13. 100 R ar an Ar Ser ae y 
14. 150 Padurare (Waldhiter) . . . . I. „ 
15. 400 k A sa ee Se. oe 
16. 1400 „ , III. „ 


17. 11 n ausſchließlich für 
Anpflanzung in der Dobrotſcha. 
18. 400 Grenzwaͤchtern. 

Der geſamte Staatswald iſt eingeteilt in 11 ſo⸗ 
genannte Forſtregionen (Forſtämter), an deren Spitze 
je ein Forſtmeiſter I. oder II. Klaſſe ſteht, zu deſſen 
Hilfe noch ein bis zwei Forſtmeiſter II. oder III. Klaſſe 
als Kontrollbeamte angeſtellt find und in 121 Re- 
viere, welche von Oberförſtern, Aſſiſtenten oder Forſt⸗ 
meiſtern III. Klaſſe verwaltet werden. 

Als Schreibhilfe iſt den Verwaltern der Forſt⸗ 
ämter je ein Kopiſt und ein Kanzleidiener beigegeben. 


die 


Ebenſo haben die Oberſörſter je einen Schreiber zu 
ihrer Hilfe. Ä 

Hiernach ergibt fih, wenn man die Geſamigröße 
des Staatswaldes einſchließlich der Blößen, die doch 
unter Forſtverwaltung ſtehen, mit 1 065 528 ha zu 
Grunde legt, eine Durchſchnittsflächengröße für die 
Forſtregionen von je 96 866,25 ha und für die Ober 
förſtereien eine ſolche von 8806,02 ha. Die letzteren 
find nun natürlich nicht alle gleich groß, fondem ez 
gibt ſolche, welche über, und ſolche, welche unter dieſen 
Durchſchnitt ſtehen; aber auch angenommen, es hätten 
alle Oberförſtereien die obige Durchſchnittsgröße, [o 
liegt doch klar auf der Hand, daß die Flaͤche für 
einen intenſiven Betrieb und bei dem Zuſtande, in 
welchem ſich der Staatswald befindet und bei der 
Hilfe, welche in der Verwaltung den Oberförſtern zur 
Verfügung ſteht, viel zu groß ift, ein Uebelſtand, der 
ſich ſelbſtverſtändlich noch erhöht, ſobald von einer 
Oberförſterei die Durchſchnittsgröße, manchmal bis 
20 000 ha weſentlich überſchritten wird. Cbenſo find 
auch die Forſtamtsbezirke viel zu groß. Es ſtehen 
wohl jedem Oberförſter durchſchnittlich 16 Waldhütte 
und 1 JFörſter (Brigadier) zur Verfügung, aber die 
Waldhüter beſtehen aus ganz gewöhnlichen Bauern, 
die weder von Fällungen noch vom Kulturbetrieb ein 
Ahnung haben und die bei der geringen Bezahlung, 
welche ſie erhalten, den Staat nur beſtehlen. 

Die Förſter (Brigadiere) werden feit einer Reihe 
von Jahren aus der mit der höheren Forſtſchule in 
Braneſti verbundenen Förſterſchule ergänzt, was j 
ſchon einen weſentlichen Fortſchritt bedeutet, da dieje 
Leute doch etwas leiſten können. 


Für die Waldhüler 


ift mit Inkraftſetzung des neuen Forſtgeſetzes im Jahre 


1910 auch ein Kurſus auf der Forſtſchule eingerichtel 
worden; bis ſich aber das Unterperſonal mit Hilfe dieſer 
Anſtalten vollſtändig ergänzen wird, dürfte noch lange 
Zeit vergehen, zumal der rumäniſche Bauer wenig 
Liebe für den Wald zeigt, und wenn es heißt, mehrer 
Jahre für den Beruf als Waldhüter zu lernen und 
ſich vorzubereiten, erſt recht keine Luſt zeigt. 

Die Vorbereitung der Waldhüter für ihren Beruf 


— 


würde viel beffer und praktiſcher beim Militärdient 


und ſpeziell bei den Jägerbataillonen geſchehen, wie 
dies auch in Deutſchland der Fall ift. Dort beſteht 
der militäriſche Zwang, der die jungen Leute zum 
Arbeiten und Lernen nötigt und die Zeit wäre fùr 
dieſelben vor Allem nicht verloren, da fie fidh mit Ab 
leiſtung ihrer Militärpflicht auch gleichzeitig für den 
Waldhüterdienſt vorbereiten würden. Die Nachfrage 
nach Waldhüterſtellen würde dadurch vermehrt und der 
Staat würde viel ſchneller zum Ziele kommen, inden 
alljährlich eine viel größere Anzahl ausgebildet werden 
könnte. Dann aber müßte der Staat die Leute, wenn 


127 


fie in den Dienſt geftellt werden, viel beſſer bezahlen, 
wenn er will, daß dieſelben ehrlich bleiben ſollen. 
Es erhält heute: 
ein Förſter I. Klaſſe monatlich bis 85 Frs. oder Lei 
„ II. n 70 


2 „ III. „ ý PE 

„ Waldhüter I. „ 2 „ 40 „ 

" š U- " „ 30 „ 

a „ Hy " „ 20 „ 

„ Grenzwaͤchter 5 1 
Es erhält: 


\ 


und außerdem das Recht Trockenholz aus dem Walde 
für den Hausbrand zu entnehmen. 

Das iſt entſchieden eine zu geringe Bezahlung, die 
den einzelnen Mann einesteils dazu veranlaßt, ſeinen 
Dienſt möglichſt notdürftig zu verrichten, und ihn 
andernteils zur Unehrlichkeit geradezu nötigt. 

Es ſei nun noch geſtattet, hier Einiges über die 
Gehaltsverhältniſſe der höheren Staatsforſtbeamten "zu 
ſagen, für welche beſſer geſorgt iſt. 


ein General⸗Inſpektor I. Kl. monatlich 800 Lei und 100 Lei Tagegelder 
II 


700 „ 100 „ 


„ Inſpektor I. Klaſſe k 650 „ „ 150 „ i 
= r U ; = 500 „ „ 100 „ ji 
„ Forſtmeiſter I. „ 5 450 „ „ 150 „ R 
4 P II. „ S 400 „ „ 10 „ a 
P a III. „ N 350 „ „ 150 „ P 
„ Oberförſter I. „ A 250 „ „ 100, : 
E 7 II. „ " 200 , , 100 , z 
„ Afiftent r 175, „ 50, R 


Von allen Gehältern und Tagegeldern werden 
10% é für die Penſionskaſſe und von dem Reſt noch 
3% Gehaltsſteuer, eine Art Einkommenſteuer, in Ab- 
zug gebracht. Außerdem beziehen dieſe Beamten noch 
Deputatbrennholz und zwar: 

die Inſpektoren 50 rm 
die Forſtmeiſter 40 „ 
die Oberförſter 30 „ 

Die Inſpektionsbeamten haben in ihren Bezirken 
freie Eiſenbahnfahrt, jedoch haben ſie keine Dienſt⸗ 
wohnungen und auch keine Entſchaͤdigungen dafür; 
dagegen haben faſt alle Revierverwalter (Oberförſter 
I. und II. Klaſſe, ausnahmsweiſe auch die Aſſiſtenten) 
Dienſtwohnungen und in den wenigen Fällen, wo dies 
nicht der Fall iſt, erhalten dieſelben Geldentſchädigungen, 
ſowie Miete für Kanzleien. Die Kopiſten bei den 
Forſtämtern erhalten 100 Lei monatlich, die Kanzlei⸗ 
diener 40 Lei, die Schreiber bei den Oberförſtereien 
25 Lei. 

Aus obigen Darlegungen iſt erſichtlich, daß das 
Forſtperſonal für einen intenſiven Betrieb einesteils 
nicht zahlreich genug iſt, andernteils meiſt zu ſchlecht be⸗ 
zahlt wird und zum Dritten nicht vorgebildet genug 
iſt, denn es fehlt den höheren Forſtbeamten an der 
nötigen praktiſchen Vorbildung in der Forſtwiſſen⸗ 
ſchaft, ſie ſind Bürokraten und Theoretiker und ver⸗ 
lieren ſich in topographiſchen und Nebenſtudien, wo ſie 
auch, namentlich in Vermeſſungen, mitunter Gutes 
leiſten, aber die Hauptſache, der Waldbau, bleibt ihnen 
graue Theorie und jede praktiſche Gewandheit darin 
geht ihnen ab. Sie können diefe Praxis auch im 
Lande nicht lernen, da es an den nötigen Lehrmeiſtern 


fehlt, und ſo iſt es denn ſehr begreiflich, daß, da die 
Leute gleich nach Ablegung ihres Staatsexamens in 
den Verwaltungsdienſt treten, ſie ſchwere waldbauliche 
Fehler begehen und von der Auszeichnung eines Ver⸗ 
jüngungshiebes oder Ausführung von Forſtkulturen 
keine praktiſchen Kenntniſſe und Erfahrungen haben. 

Das niedere Forſtperſonal iſt, wie ſchon oben ge⸗ 
ſagt, ganz ungeſchult und leiſtet in waldbaulicher Be⸗ 
ziehung gar nichts. 

Es ſei nun noch ein Ueberblick auf die Zuſammen⸗ 
ſetzung der Forſtabteilung beim Domänenminiſterium 
geſtattet. 

Wie ſchon oben bemerkt, ſteht an der Spitze der⸗ 
ſelben der „Administrator casei padurilor“ Forſt⸗ 
kaſſenverwalter, dem zur Hilfe noch ein Forſtmeiſter 
I. Klaſſe und ev. als Stellvertreter beigegeben iſt. 
Neben dem Forſtkaſſenverwalter ſteht der Verwaltungs⸗ 
rat, beſtehend aus fieben Perſonen, teils Advokaten 
teils Großgrundbefitzern. 

Ferner der techniſche Rat, beſtehend aus 2 Land⸗ 
forſtmeiſtern (General⸗Inſpektoren) I. Klaſſe und 2 
Landforſtmeiſtern (General⸗Inſpektoren) II. Klaſſe, die 
auch gleichzeitig Kentrollbeamte find und dem weiteren 
techniſchen Perſonale: 2 Landforſtmeiſtern (General: 
Inſpektoren) II. Klaſſe und 2 Oberforſtmeiſtern, In⸗ 
ſpektoren I. Klaſſe, welche als Dienſtchefs funktionieren 
und dem Kanzleiperſonal mit 2 Oberforſtmeiſtern 
II. Klaſſe, einem Forſtmeiſter I. Klaſſe, 3 Forſt⸗ 
meiſtern II. Klaſſe und einem ſolchen III. Klaſſe. 

Als Aushilfe ſind noch tätig: 8 Oberförſter I. Klaſſe, 
1 Oberförſter II. Klaſſe, 4 Aſſiſtenten. 

Weiter gehören noch zum techniſchen Rate: 3 Jn- 

170 


— 28 


genieure I., II. und III Klaſſe für Vermeſſungs⸗ und 
Grenzregulierungszwecke. 

Hieran reiht ſich dann das reine adminiſtrative 
Perſonal der Forſtkaſſe im Miniſterium, als Kanzlei⸗ 
vorſteher, Gehilfen uſw. 

Die Haupttätigkeit in der Forſtabteilung des Do: 
mänenminiſteriums fällt dem techniſchen Rate zu, der 
die Betriebseinrichtungen, Waldverwertungen, kurz alle 
Maßregeln im Walde zu prüfen und dem Admini- 
ſtrator bezw. Verwaltungsrate zur Genehmigung vor⸗ 
zulegen hat, der dann in letzter Inſtanz die Geneh⸗ 
migung des Miniſters bezw. des Miniſterialkollegiums 
herbeiführt. 

Aus dieſen Ausführungen iſt erſichtlich, daß der 
Apparat der Forſtabteilung beim Domänenminifterium 
ein bedeutender und zahlreicher iſt, der viel Koſten 
verurſacht und das alles aus Gründen der unvermeid⸗ 
lichen Zentraliſation, die nach ſranzöſiſchem Syſtem 
gebildet iſt. 

Ein großer Nachteil bei der Organiſation der 
Forſtverwaltung im Allgemeinen iſt noch der, daß die 
Oberförſter direkt an das Miniſterium berichten können 
mit Uebergehung ihres direkten Vorgeſetzten, des Forſt⸗ 
meiſters, welcher dem einſchlägigen Forſtamte vorſteht, 
und daß in gleicher Weiſe das Miniſterium den Ober⸗ 
förſtern direkt Befehle erteilt, von denen der Forſt⸗ 
meiſter keine Kenntnis hat. Wo bleibt da die Ber- 
antwortlichkeit des Forſtmeiſters als kontrollierender 
Beamter? Es führt tiefer Zuſtand der Dinge gerade: 
zu zu unglaublichen Mißverhältniſſen. 

Es ſei nun noch einiges über die Ausbildung des 
rumäniſchen höheren Forſtperſonals geſagt, wobei zu⸗ 
nächſt wieder einige geſchichtliche Daten Erwaͤhnung 
finden ſollen. 

Die erſten Anfänge eines forſtlichen Unterrichts⸗ 
weſens finden ſich im Jahre 1851 zur Zeit des Fürſten 
Alexander Stinbey, welcher aus Frankreich den Forft: 
inſpektor Reichmond, der Unterinſpeltor Reichhomme und 
den Oberförſter (Garde Gencral) Patras berief. Dieſe 
Herren waren beauftragt, im Laufe des Sommers den 
Forſtdienſt zu organiſieren und im Winter den Forſt⸗ 
ſchülern Unterricht zu erteilen. Es war dies eine Art 
praktiſcher Unterricht (Meiſterſchule). Die erſten Schüler 
waren die Ingenieure Mihail Rämniceanu und Joſef 
Hartel, ſowie C. N. Racota und Searlat Träsnea. 
Die Schule hatte ihren Sitz in Bukareſt, indeſſen ver: 
ließen im Jahre 1853 die franzöſiſchen Forſtleute das 
Land wieder und die Schule wurde aufgelöſt. 

Einer der Schüler, Mihail Rämniceann, erreichte 
jedoch, daß er auf Staatskoſten zur Forſtſchule nach 
Nanch geſchickt wurde, woher er 1857 wieder zurück- 
kehrte und an der Wiedererrichtung der Forſtſchule 
arbeitete, was ihm auch gelang, ſodaß dieſelbe im 


Jahre 1860 in Bukareſt mit einem zweijährigen 
Studienkurſus wieder eröffnet wurde. Dieſelbe wurde 
jedoch im Jahre 1862 wieder aufgelöſt und mit der 
landwirtſchaftlichen Schule in Pantelimon vereinigt, 
von wo die vereinigten Schulen im Jahre 1869 nach 
Hereftran verlegt wurden und dort bis zum Jahre 
1882 vereinigt blieben. 

In dieſer ganzen Zeit unterſtand die Schule dem 
Finanzminiſterium. 

Im Jahre 1883 zugleich mit der Schaffung eines 
Domaͤnenminiſteriums wurde auch die Spezialſchule 
für das Forſtweſen errichtet, von der landwirtſchaft⸗ 
lichen Schule in Hereſtran getreunt und in Bukareſt 


in den Räumen des Domänenminiſteriums unterge⸗ 


bracht. Die Studiendauer war 2 Jahre und die 
jährlichen Kurſe waren jeder in zwei Semeſter einge 
teilt, wovon das erſte Semeſter dem theoretiſchen Teilt 
und das zweite Semeſter dem praktiſchen und Pri: 
fungsarbeiten zugewieſen war. 

Im Jahre 1886 wurde indeſſen von Neuem die 
Schule aufgelöſt und wieder mit der landwirtſchaft⸗ 
lichen Schule in Hereſtran vereinigt mit einer bre: 
jährigen Studienzeit und einem Jahre Praxis. Jm 
Jahre 1892 wurden die Lehrkurſe von 12 auf 18 
Monate verlängert und die Verbindung mit der land 
wirtſchaftlichen Schule war eine weniger innige. Auch 
wurde in demſelben Jahre die Förſterſchule (Brigadier: 
ſchule) in Braneſti ins Leben gerufen. 

Im Jahre 1893 entſtand dann wieder der Ge 
danke an eine ſeparierte Forſtſchule, die dann auch 
unter dem Patronate des damaligen Domänenminiſters 
Carp wieder geſchaffen wurde, mit ihrem Sitz in 
Braneſti bei Bukareſt, den fie auch heute noch inne 
hat, wo ein Neubau für die Schule errichtet und am 
10. Oktober 1894 eingeweiht wurde. 

Mit der Errichtung dieſer Schule beginnt zugleich 
eine neue Aera im forſtlichen Unterricht Rumäniens. 
Die theoretiſche Studienzeit wurde wieder auf 2 Jahre 
reduziert und 1 Jahr praktiſcher Unterricht auf der 
Schule hinzugefügt. Für die Aufnahme der Schüler 
war eine Gymnaſialbildung von 4 Klaſſen erforder⸗ 
lich und die Kandidaten mußten vorher ein Jaht 
praktiſchen Kurs bei einem Staatsoberförſter gemacht 
haben, um zum Aufnahmeexamen zugelaſſen zu werden. 

Da dieſes Verfahren aber viel Unzulänglichkeiten 
zeigte, ſo wurde es im Jahre 1899 wieder aufgehoben 
und nur ein Aufnahmeexamen ohne vorherigen prat 
tiſchen Kurs gefordert. Gleichzeitig wurde am 1. April 
1899 die Schule dem Unterrichts miniſterium unterftellt, 
aber am 31. März 1900 ſchon wieder zurück zum 
Domänenminiſterium genommen. Seit dem Jahre 
1901 werden nur noch Schüler, welche Maturitäl 
prüfung eines Gymnaſiums abgelegt haben, aufge 


129 


nommen, wobei diejevigen mit Realgymnaſialbildung 
bevorzugt werden. Aus der Geſchichte dieſer Forſt⸗ 
ſchule iſt in gleicher Weiſe wie beim ganzen Forſtweſen 
erſichtlich, mit wie wenig Beſtaͤndigkeit und zielbewußter 
Energie dieſe ſo wichtige Einrichtung geleitet wurde. 

Jede neue Regierungspartei, welche ans Ruder kam, 
hatte andere Ideen und warf Alles, was die Gegen⸗ 
partei geſchaffen hatte, über den Haufen, daher ein 
fortwährendes Hin: und Herſchwanken ohne feſtes Ziel 
und greifbare Fortſchritte, Nachteile, welche gerade die 
Forſtwirtſchaft am wenigſten vertragen kann. Erſt 
ſeit der Errichtung der Anſtalt in Braneſti iſt Be⸗ 
ſtändigkeit zu bemerken, da die damit verbundene 
Kapitalanlage des Staates eine zu große iſt, als daß 
dieſelbe einfach zum Verſchwinden gebracht werden 
könnte. 

Wer früher ſeine Studien im Forſtweſen noch ver⸗ 
vollkommnen wollte, beſuchte noch eine ausländiſche 
Forſtlehranſtalt, wozu mit Vorliebe Nancy gewählt 
wurde, wie überhaupt früher die rumäniſche Jugend 
für alle wiſſenſchaftlichen Fächer ihre Studien in Frank⸗ 
reich machte. Daher trägt auch die ganze Einrichtung 
des rumäniſchen Staates und bis vor wenigen Jahren 
auch das Forſtweſen franzöſiſchen Charakter. Erſt in 
letzterer Zeit und beſonders, ſeitdem das Maturitäts⸗ 
examen eines Gymnaſiums oder einer Realſchule für 
das Forſtſtudium auch in Rumänien obligatoriſch ift, 
beſuchen diejenigen Studierenden der Forſtwiſſenſchaft, 
welche etwas Beſſeres lernen wollen, als ihnen auf 
der Landesſchule geboten werden kann, zur Vervoll⸗ 
ſtändigung ihrer Studien auslaͤndiſche, insbeſondere 
deutſche Forſtlehranſtalten, wie München und Tharand; 
auch beſteht die Abſicht, die jungen Forſtleute nach 
Abſolvierung der rumäniſchen Forſtſchule in Deutiſch⸗ 
land eine Praxis von 1 bis 2 Jahren durchmachen 
zu laſſen; ein Entſchluß, der, wenn er wirklich zur 
Ausführung kommt, nur von großem Vorteil für die 
Hebung des Forſtweſens in Rumänien ſein kann. Bis 
jetzt aber iſt die Verwirklichung noch an dem Wider⸗ 
ſtand des Finanzminiſteriums geſcheitert, obwohl dazu 
nicht mehr als ein Kredit von etwa 8 000 — 10 000 
Lei jährlich erforderlich wäre, auch trat der Balkan⸗ 
krieg hindernd in den Weg. 

Die Anſtalt von Braneſti, die ein Internat iſt, 
hat nun aber wieder große Nachteile aufzuweiſen, da 
der Sitz derſelben als eine abſolut unglückliche Wahl 
bezeichnet werden muß. Die Auſtalt hat dort weit 
und breit nichts anderes als einen elenden, aus Stock— 
ausſchlag erwachſenen Eichenbeſtand als Lehrrevier zur 
Verfügung, und wenn einmal den Studenten etwas 
Anderes gezeigt werden ſoll, ſo müſſen weite und koſt⸗ 
ſpielige Reiſen gemacht werden. An eine etwaige Ver⸗ 
beſſerung dieſer Lage iſt aber inſofern nicht zu denken, 


als die dortige heiße und trockene Ebene der Kultur 
der Schattenholzarten, wie Buche, Tanne, Fichte, die 
größten Schwierigkeiten entgegenſetzt, und ſelbſt wenn 
dieſe Holzarten auch dort wachſen könnten, ſo würden 
ſie ſich nicht auf ihrem natürlichen Standort befinden 
und in ihrem Verhalten den jungen Studenten ganz 
falſche Bilder geben. Wenn man eine iſolierte Forſt⸗ 
lehranſtalt haben wollte, ſo hätte dieſelbe in den wald⸗ 
reichen Kreiſen Prahowa, etwa in Aguga oder Sinaia 
oder im Kreiſe Neamtz errichtet werden müſſen, wo 
den Studenten in nächſter Nähe alle möglichen demon⸗ 
ſtrativen Objekte für ihr Studium hätten vorgeführt 
werden können und wo ihnen nicht die Behandlung 
der Gebirgswälder, die gerade in Rumänien die Haupt: 
ſache bildet, meiſt graue Theorie geblieben wäre. An⸗ 
ſtatt daß im Laufe eines Studienjahres allwöchentlich 
Exkurſionen mit den Studierenden gemacht werden 
müßten, um ihnen im Anſchluß an den Unterricht in 
der Natur den Stoff handgreiflich und zugänglich zu 
machen, wird am Ende eines jeden Studienjahres im 
Juli nur eine einzige große Forſtexkurſion in die im 
Karpathengebirge liegenden Staatswälder gemacht, wo 
dann in etwa 14 Tagen bis 3 Wochen die ganze 
Waldbautheorie praktiſch verarbeitet werden foll, was 
ja in den Staatswäldern ſchon deshalb nicht möglich 
iſt, weil es an demonſtrativen Objekten für alles, ins⸗ 
beſondere Durchforſtungen, Verjüngungshieben, wohl 
gelungenen Kulturen, faſt gänzlich fehlt. Die jungen 
Leute können höchſtens auf dieſen Exkurſionen lernen, 
wie die Waldwirtſchaft nicht betrieben werden ſoll. 
Dabei werden oſt bei rieſiger Hitze enorme Tages⸗ 
touren gemacht, wobei ſowohl Lehrer als Schüler über⸗ 
mäßig ermüden und das Intereſſe am Lehren bezw. 
Lernen verlieren. Beide Teile, ſowohl Lehrer als 
Schüler, intereſſieren ſich unter ſolchen Umſtänden ſtets 
ſehr rege dafür, wo ſie abends unterkommen, ob dort 
neben glänzendem Empfang auch für die leiblichen 
Bedürfniſſe und Genüſſe und für luſtige Unterhaltung 


Sorge getragen iſt, Wiſſenſchaft bleibt dabei Neben⸗ 


ſache. Würden aber kleinere Exkurſionsbezirke beſucht, 
die Exkurſionsobjekte vorher von den Lehrern ſorg⸗ 
fältig ausgewählt und ſich dann bei der Exkurſion 
zum eingehenden Studium der Objekte länger auf⸗ 
gehalten, ſo würde der Erfolg ein ganz anderer ſein. 

Wenn nun aber doch größere Reiſen für Exkur⸗ 
ſionen gemacht werden müſſen, ſo iſt es unbegreiflich, 
weshalb man nicht die Forſtlehranſtalt mit der Uni⸗ 
verſität in Bukareſt vereinigt hat, wo der Student in 
Berührung mit Studierenden anderer Wiſſenſchaften 
eine beſſere allgemeine Ausbildung erlangt und wo 
für das Studium der Hilfswiſſenſchaſten, wie Chemie, 
Botanik, Mineralogie, Geodäſie, Zoologie uſw. alle 
erforderlichen Lehrkräfte und⸗Miltel vorhanden ſind, 


180 


und wo der Studierende auch in dieſen Hilfswiſſen⸗ 
ſchaften ſeinen Geſichtskreis weſentlich erweitern kann, 
und auch der Staat würde mit Rückſicht auf das Vor⸗ 
geſagte viele Ausgaben ſparen. 

Wie ſchon oben bemerkt, iſt mit der Anſtalt in 
Braneſti auch ein Ausbildungszweig für die niederen 
Forſtbeamten, zunächſt die Brigadiere geſchaffen. Dieſe 
Einrichtung leidet natürlich an den nämlichen Kala⸗ 
mitäten und ihre langſame Wirkung bezüglich der Wald⸗ 
hüter auf die zukünftige Ergänzung des ſtaatlichen 
Forſtperſonales wurde ſchon oben erwähnt. 

Ein weiteres Verdienſt des ſeinerzeitigen Domänen⸗ 
miniſters Carp war es, daß im Jahre 1890 begonnen 
wurde, für das Verwaltungsperjonal auf dem Lande 
geeignete Dienſtwohnungen zu errichten, und zwar für 
Oberförſter, Unterförſter und Waldhüter, wie über⸗ 
haupt unter dem Miniſterium Carp das Forſtweſen 
in Rumänien einem entſchiedenen Aufſchwung zuſtrebte, 
der ſich auch, da Herr Carp nach hieſigen Begriffen 
ziemlich lange als Domänenminiſter tätig war, zu 
verwirklichen begann; aber mit ſeinem Falle wurde 
dieſer fortſchrittliche Weg wieder verlaſſen und es ſind 
jeitbem derartige Fortſchritte nicht mehr zu verzeichnen 
geweſen. Wie eben der ewige Regierungswechſel auf 
die Entwicklung aller Zweige hemmend wirkt, ſo iſt es 
auch ganz beſonders beim Forſtweſen der Fall, das 
wie kein anderes Fach einer konſtanten, zielbewußten 
Leitung auf viele Jahre hinaus bedarf, wenn gedeih⸗ 
liche Entwicklung erwartet werden ſoll. Leider iſt es 
ſeit 1890 Herrn Carp nicht mehr möglich geweſen, 
das Domaͤnenminiſterium zu leiten. 

Ich komme nun zunädft noch einmal auf das 
gegenwärtige Wirtſchaftsſyſtem des Staates zurück und 
wiederhole, daß ſeit dem Jahre 1890 bis heute der 
Kahlſchlagbetrieb mit künſtlicher Wiederbeſtockung, 
namentlich für die Gebirgswaldungen, in Auwendung 
iſt. Die Nachteile dieſer Wirtſchaſt wurden oben be⸗ 
reits dargelegt und es bleibt dem Staate daher nichts 
anderes übrig, als zum Femelſchlagbetrieb zurückzu⸗ 


greifen, wobei ihm die geringſten Koſten für die Wie: 


derbewaldung erwachſen. Es iſt daher bereits der 
Verkauf größerer Schläge eingeſtellt worden, es follen, 
namentlich auch mit Rückſicht auf die numeriſche 
Schwäche des Perſonales, kleine Hiebsflächen gewaͤhlt 
und dieſe intenſiver bewirtſchaſtet werden. Ob dies 
bei den geringen praktiſchen Fertigkeiten des Perſonals 
und bei der beſtehenden Zentraliſation gelingen wird, 
iſt eine große Frage. 

Hand in Hand mit dem Kahlſchlagbetrieb ſollte 
auch das Kulturweſen gehen. Bisher wurden Forſt⸗ 
gärten von 3 ha Größe möͤglichſt in der Nähe der 
Oberförſtereien angelegt, die bei dieſer Größe über: 
haupt nicht zu bewirtſchaften ſind und weiter den Nach⸗ 


teil haben, daß der Pflanzentransport bis zu den 
Kulturſtellen meiſt ein ſehr entfernter iſt, wodurch ſich 
die Kulturkoſten erhöhen und die Pflanzen bei meiſt 
mangelhafter Verpackung ſchon während des Trans: 
portes mindeſtens ſehr leiden, wenn nicht vollſtändig 
verderben. 

Kleinere, auf den Kulturflächen ſelbſt oder in deren 
unmittelbarer Nähe angelegte Forſtgarten würden ganz 
andere Dienſte leiſten und die Kulturen erheblich ver 
billigen. 3 
Dabei dürfte nicht angeſtrebt werden, moͤglichſt 
große Teile der nun doch verödeten und verunkrauteten 
Waldflächen zu kultivieren, da hierzu weder geübte: 
Perſonal noch Arbeitskräfte vorhanden ſind, ſondern 
kleinere, nur fo große Flächen, als in einem Früh 
jahre ſicher und gut kultiviert und worauf die Kul⸗ 
turen dann auch gepflegt und geſchützt werden können. 


Die Boden: und klimatiſchen Verhaltniffe find dem 
Waldwuchſe auberft günſtig, insbeſondere der Buche, 
Eiche, Tanne und Fichte und es können hier bei un⸗ 
gefähr achtzigjährigem Umtrieb dieſelben Maſſen pro 
Hektar erzielt werden, als in Deutſchland bei 100 — 
120 jährigem Umtrieb. Allerdings läßt die Feſtigkeit 
und Dauerhaftigkeit des Holzes zu wünſchen übrig, 
indem das üppigere, raſchere Wachstum aller Holzarten 
ein loſeres Zellengefüge im Gefolge hat, das an Trog: 
fähigkeit und Widerſtandsfähigkeit gegen Fäulnis dem 
deutſchen, auf ſchwaͤcheren Böden und in rauheren 
Klima erwachſenen Holze nachſteht. 

Die Waldungen des Hügellandes und der Ebene 
beſtehen meiſt aus Buchen: und Eichenbeſtänden, teils 
rein, teils gemiſcht, wobei im Hügellande die Süt: 
und Weſthänge meiſt mit der Eiche, die Nord: und 
Oſthänge mit der Buche beſtockt find. Als Mit 
hölzer geſellen ſich denſelben Eſche, Ahorn, Ulmen. 
Birke und Aſpe hinzu. 

Die Flußniederungen find mit jog. „Lunken“ längs 
der Flußufer bewaldet, aus Weiden und Pappeln be: 
ſtehende Beſtände, die vom ſechſten Jahre ab mit Vieh 
beweidet werden. 

Die Gebirgswälder beſtehen meiſt aus Miſchbeſtän⸗ 
den von Buchen und Tannen, in den höheren Lagen 
Fichte, teilweiſe finden ſich auch reine Beſtände dieſel 
Holzarten vor und beſonders charakteriſtiſch iſt es, daß 
die Buche im Karpathengebirge verhältnismäßig ſehr 
hoch hinaufgeht und noch in bedeutender Höhe in reinen 
Beſtänden vorkommt. ; 

Es finden fih im Gebirge auch noch von der Art 
bis jetzt unberührt gebliebene Urwälder, welche Rielen: 
exemplare von Tannen und Buchen aufzuweiſen haben, 
aber bei der Zunahme der Dampfſägewerke im Lande 
dürfte auch bald die letzte Urwaldfläche verſchwinden. 


131 


Das aus diefen Urwäldern anfallende Material 
liefert, da es vielfach überalt und abſtändig iſt, auch 
ein dieſem Zuſtande entſprechendes, meiſt zweit⸗ und 
drittklaſſiges Material. 

Bei der künſtlichen Wiederbeſtockung der Blößen 
bezw. Kahlſchlagflächen wird leider nicht in ſorgfältiger 
Weiſe auf die Auswahl der Holzarten geſehen, damit 
jeder Holzart der ihren Lebeng: und Wachstumsver⸗ 
hältniſſen entſprechende Standort zugewieſen wird. 
Man generaliſiert und pflanzt Flächen von Tauſen⸗ 
den von Hektaren durchweg mit Fichten oder Kiefern 
an und läßt dabei unbeobachtet, daß naſſe Stellen 
weit beſſer mit Eſche oder Ulme, friſche mit Ahorn, 
die Hügel und Rücken mit Lärche, die Süd- und Weft- 
hänge mit Eiche, wobei im Hügellande die Trauben⸗ 
eiche, im Flachlande die Stieleiche am geeignetſten 
wären, beſtockt werden; und in der Wahl der mit ein⸗ 
ander zu miſchenden Holzarten und des Miſchungs⸗ 
verhältniſſes fehlt das Verſtändnis, da die Kenntnis 
über die Wachstumsverhältniſſe der Holzarten zu 
mangeln ſcheint. 

Die Kiefer eignet ſich überhaupt für die Wald⸗ 
kultur in Rumänien mit wenigen Ausnahmen nicht, 
da im allgemeinen keine Kiefernböden exiſtieren. Die 
Kiefer wächſt viel zu üppig, tft infolge deffen fpröde 
und brüchig und unterliegt ſchon in jugendlichem Alter 
dem Schneedrucke, namentlich im Hügelland und in 
der Ebene. Es eignen ſich für den Anbau der Kiefer 
und Schwarzkiefer nur ſteinige, magere Gebirgsrücken 
oder kegelförmige Erhebungen, wo ſie ein normales 
Wachstum zeigt und auch von Natur vorkommt. Dort 
unterliegt ſie auch nicht dem Schneedruck. 

Die Miſchungen von Fichte mit Kiefer zeigen hier 
noch mehr als in Deutſchland die nachteiligen Folgen, 
indem die Kiefer die Fichte bald überwäͤchſt und die 
Kiefer dann zum Schutz und zur Erhaltung der Fichte 
in einem Alter ausgehauen werden muß, wo ſie noch 
keinen Nutzungswert hat. Aus den verbleibenden 
Fichten erwächſt dann ein weitſtändiger, ſtammarmer 
Fichtenbeſtand, deſſen Einzelexemplare infolge des raͤum⸗ 
lichen Standes ſich nicht rechtzeitig natürlich von Aeſten 
reinigen und daher ein aſtiges, geringwertiges Nutzholz 
liefern. 

Bei den ausgeführten Kulturen geſchieht, wie ſchon 
oben bemerkt, zu deren Pflege gar nichts; Unkraut und 
Verwüchſe werden nicht entfernt und Fehlſtellen werden 
nicht nachgebeſſert, ſodaß von den Pflanzungen nur 
wenig bleibt nnd das Reſultat in unvollſtändigen, von 
Weichholz überwucherten Beſtänden beſteht oder auch 
gänzlich fehl ſchlägt. 

Es ſei nun das Forſtgeſetz vom Jahre 1910 einer 
etwas eingehenderen Beſprechung unterzogen. Dieſes 
Geſetz enthält als beſondere Neuerung in Artikel 3 


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und 10 die Beſtimmung, daß jeder Privatwaldbefiker, 
bevor er einen Waldbeſtand zur Ausbeutung anhaut, 
bei der Forſtkaſſe des Domaͤnenminiſteriums eine 
Garantie für die Wiederbewaldung der angehauenen 
Flächen deponieren muß, bevor er mit dem Hiebe be⸗ 
ginnen darf. Die Höhe dieſer Garantie wird vom 
Domänenminiſterium beſtimmt und kann bis zu 100 Frs. 
pro Hektar gehen. Ferner wird beſtimmt, daß die 
Waldhüter im Privatforſtdienſt die ſtaatliche Aner⸗ 
kennung haben und auf das Forſtgeſetz vereidigt werden 
müſſen. Die ſtaatliche Anerkennung wird aber nur 
ſür ſolche Perſonen erteilt, die des Leſens und Schreibens 
mächtig ſind und im Heere gedient haben, wobei die 
Chargen bevorzugt werden. 


Die Waldhüter für den Staatsforſtdienſt müſſen 
in Zukunft bei der dazu eingerichteten Abteilung der 
Forſtſchule zu Braneſti ausgebildet ſein, ebenſo die 
Förſter. | 

Das Geſetz beſtimmt ferner, daß die höheren Forſt⸗ 
beamten der Privatwaldbeſitzer ebenfalls die Aner⸗ 
kennung des Domänenminiſteriums haben müſſen und 
dieſelbe, falls ſie Ausländer ſind und ihre Studien 
auf ausländiſcher Schule gemacht haben, entweder 
durch eine vor einer eigens dazu ernannten Kommiſſion 
abgelegte Prüfung erreichen, oder indem ſie durch 
regelrechte Zeugniſſe und Akten vor dieſer Kommiſſion 
nachweiſen, daß ſie mindeſtens eine forſtliche Praxis 
von 10 Jahren haben und daß ſie waͤhrend dieſer 
Zeit als Leiter einer Forſtwirtſchaft im In⸗ oder Aus⸗ 
lande tätig geweſen ſind. 

Die aus Deutſchland und in Rumänien in Privat: 
dienſte tretenden höheren Forſtbeamten, welche auf 
deutſchen Forſtlehranſtalten ihre Prüfungen beſtanden 
haben, erhalten auf Grund ihrer diesbezüglichen Zeug⸗ 
niſſe anſtandslos die ſtaatliche Anerkennung, ſoweit 
ihre Tätigkeit die Verwaltung betrifft. Forſtpolizei⸗ 
liche Funktionen dürfen dieſelben indeſſen nicht aus⸗ 
üben, da hierzu die rumäniſchen Staatsbürgerrechte 
erforderlich ſind. Der Staatsforſtdienſt iſt Ausländern 
gänzlich verſchloſſen. 

Ferner kürzt das Geſetz das forſtpolizeiliche Ver⸗ 
fahren ab und gibt hierin weſentliche Erleichterungen. 
Den geſetzlichen Beſtimmungen über die Verwaltung 
der Privatwälder ſind auch ſelbſtverſtändlich die Wal⸗ 
dungen der alten Freibauern, in der Moldau 
„Reſoſchen“, in der Wallachei „Moſchneni“ genannt, 
unterworfen. Im Allgemeinen verſchärft das Geſetz 
die Beſtimmungen des Geſetzes vom Jahre 1881, ins⸗ 
beſondere darf kein Privatwaldbeſitzer ohne eine vom 
Staate genehmigte Betriebseinrichtung ſeinen Wald 
ausbeuten, und will dadurch, daß für die Wieder⸗ 
bewaldung der ausgebeuteten Flächen eine Garantie 


— 


hinterlegt werden muß, eine Sicherheit für die Erhal⸗ 
tung des Privatwaldbeſtandes ſchaffen. 

Auch die Viehweide iſt im Walde ſtreng verboten 
. und werden Uebertretungsfälle ſchwer beſtraft. ſodaß 
man meinen ſollte, daß an der Hand eines ſolchen 
Geſetzes jetzt wirklich durchgreifende Verbeſſerungen zu 
erzielen ſein würden. Leider iſt dem aber nicht ſo, 
denn das Geſetz wird nicht mit aller Strenge und 
Objektivität durchgeführt, Rückſichten auf politiſche 
Parteiintereſſen und einflußreiche Perſönlichkeiten treten 
hemmend in den Weg und wenn man die Reſultate 
des Geſetzes bei Lichte betrachtet, ſo ſind ſie faſt gleich 
Null. Selbſt die Drohung des Geſetzes, daß, falls 
der Waldeigentümer in der von der Betriebseinrichtung 
vorgeſchriebenen Zeit die genutzten Waldflächen nicht 
oder in unvollſtaͤndiger Weiſe wieder in Beſtand ge⸗ 
bracht hat, der Staat mit Hilfe der von ihm depo⸗ 
nierten Garantie die volle Wiederbeſtockung vornehmen 
wird, ſchreckt den größten Teil der Privatwaldbeſitzer 
nicht ab, ihre Wälder zu verwüſten und die Wieder⸗ 
bewaldung der Natur zu überlaſſen, denn er weiß 
ganz genau, daß der Staat die Wiederbeſtockung nicht 
vornehmen wird und auch nicht vornehmen kann, da 
es ihm hierzu am Material und Perſonal fehlt. Er 
riskiert dabei weiter nichts, als daß er ſeine deponierte 
Garantie verliert, die er fih durch feinen Einfluß vor- 
her möglichſt gering hat bemeſſen laſſen und an deren 
Verluſt ihm gar nichts gelegen iſt, insbeſondere wenn 
er ſeinen Wald gut verwertet hat, daß er durch ſeinen 
parteipolitiſchen Einfluß die Garantie wieder zurück 
erhält, ohne daß die genutzten Waldflächen wieder be⸗ 
ſtockt worden find; und wehe dem Staatsforſtbeamten, 
der ſich etwa unterſtehen ſollte, durch ſein Dazwiſchen⸗ 
treten dem Geſetze Achtung zu verſchaffen, derſelbe 
riskiert gegenüber einem ſolchen einflußreichen Manne 
einfach ſeine Stellung. 

Mit den Bauernwaldungen iſt noch weniger zu 
erreichen, denn von künſtlicher Kultur oder Abſtellung 
der Viehweide will der Bauer in ſeinem Walde nichts 
wiſſen, und betrachtet jegliche geſetzliche Gegenmaßregel 
als einen jähen Eingriff in die ihm als Eigentümer 
zuſtehenden Rechte. Zu künſtlichen Kulturen hat er 
weder Mittel noch Pflanzenmaterial und die Weide 
betrachtet er als ein unbedingtes Recht für ſeinen 
Lebensunterhalt; und da der Bauer von jeder Re⸗ 
gierung, um ihn ſich zu den Wahlzwecken gewogen zu 
halten, in jeder Beziehung, aber immer am unrechten 
Platze, verwöhnt und verhätſchelt wird, ſo bleibt auch 
das Forſtgeſetz an 3 obigen Gründen für ihn ein toter 
Buchſtabe und die Regierung wagt es nicht, mit Energie 
durchzudringen, weil fie eben den Bauer für ihre je: 
weiligen Wahlzwecke braucht. Dasſelbe iſt auch bei 
der Landwirtſchaft der Fall. Man glaubt dort dem 


Bauer aufhelfen zu können, wenn man ihm in Not: 


jahren auf Staatskoſten Mais verteilt, wofür ihm 
eventuell nach kurzer Zeit die Zahlung erlaſſen wird, 
oder wenn man ihm immer mehr landwirtſchaftliches 
Gelände gibt, zumal das Verlangen des Bauern nach 
Land ein unerſättliches iſt. Damit wird derſelbe aber 
nur noch mehr verwöhnt und die ihm ſo ſchon ein⸗ 
geborene Trägheit noch mehr begünſtigt. Die Anbau: 
art des Bauern ift eine fo primitive, von Düngung 


— ae aF 


iſt gar keine Rede, daß er auf verhältnismäßig großer 


Flaͤche nur wenig erntet. 


Um dieſem Uebelſtande abzuhelfen, müßte den | 


Bauer ſchon von Jugend auf in der Schule beige 
bracht werden, wie er fein Land gut und vorteilhaſt 
bebauen muß, um es voll und ganz für feine Bedürf: 
niſſe ausnutzen zu können. Vor allem müßte ihm 
eine rationelle Viehzucht und Verwertung deren Er⸗ 
zeugniſſe, Butter, Milch, Käſe, gelehrt werden. Dann 
würde ſich ein gewiſſer Wohlſtand beim Bauer ein: 


—— — 


ſtellen, er würde ſich glücklich und zufrieden fühlen 


und es würden ihm dieſe Lehren mehr nützen als alle 
Steuernachläſſe und ſonſtigen Rückſichten. 

Nach dieſem kurzen Abſchweif kehre ich wieder zur 
Forſtwirtſchaft zurück. 

Aus dem Vorgeſagten geht hervor, daß das neue 
Forſtgeſetz an und für ſich ein gutes und den Ber: 
hältniſſen entſprechendes und wohl dazu angetan if, 
bei ſtrenger Durchführung die forſtlichen Verhältniſe 
des Landes weſentlich zu heben und zu beſſern, daß 
aber die Anwendung und Durchführung des Geſetze 
eine laue und laſche, durch innerpolitiſche Parte: 
verhältniſſe beeinträchtigte ift, ſodaß ein voller Erfolg 
nicht zu erwarten ſteht; zumal der Staat auch ſelbſt 
nicht im Stande iſt, mit gutem Beiſpiel voranzugehen 
und in Folge ſeines numeriſch geringen und auch 
wiſſenſchaftlich und praktiſch ungenügend ausgebildeten 
Forſtperſonals den geſetzlichen Beſtimmungen, nament: 
lich bezüglich der Wiederbewaldung ausgebeuteter Wald: 
flächen, nicht nachkommen kann. 

Sehr viel hat zur ſchonungsloſen Ausbeutung der 
Wälder, namentlich im Gebirg, in den letzten 15 Jahren 
die Holzinduſtrie (Sägeinduſtrie) beigetragen, die bis 
her den Hauptplatz in der rumäniſchen Induſtrie ein: 
nahm und die auch namentlich auf den Staatswald 
dezimierend eingewirkt hat; insbeſondere feit der Ein 
führung des Kahlſchlagbetriebes, der den Käufem 
weſentlich erleichterte Bedingungen bei der Ausbeutung 
gewährte, wodurch die Nachfrage, die im Jahre 1896 
noch eine beſchränkte war, ſehr erhöht wurde und me 
durch auch der Staatskaſſe erhöhte Einnahmen zu: 
floſſen. Ä 

Es handelte ſich dabei früher immer nur um de 
Verwertung von Nadelholz, während dem Laubholz, 


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— — — — — 


— 


—— 


138 


namentlich der in ausgedehnten Beſtänden vorkommen⸗ 
den Buche, zur Nutzholzverwertung kaum eine Bedeu- 
tung beigemeſſen wurde. Dieſelbe diente ausſchließlich 
nur zu Brennholz. 

2 Erſt feit wenigen Jahren, ſeitdem die Eiſenbahn⸗ 
verwaltung durch Mangel an Eichen⸗Schwellen material 
zu leiden beginnt, iſt auch der Verwertung der Buche 
als Nutzholz und insbeſondere zu Eiſenbahnſchwellen, 
größere Aufmerkſamkeit zugewendet worden. 

So groß nun auch die Hoffnungen waren, die in 
die Verwertung der Buche als Eiſenbahnſchwelle ge⸗ 
ſetzt wurden, ſo ſehr flauten dieſe Hoffnungen wieder 
ab, als man an die Ausbeutung der alten Buchen⸗ 
beſtände ging, denn der den alten Buchen eigene „rote 
Kern“, den die Eiſenbahndirektion nicht tolerierte, da 
er ſich nicht imprägnieren ließ, beeinträchtigte in hohem 
Maße die vorteilhafte Ausnutzung der Buche und da⸗ 
mit die Luſt zu Lieferungen. In Anbetracht deſſen 
ließ ſich die Eiſenbahndirektion zu Konzeſſionen bezüglich 
des roten Kernes herbei und nachdem in Ploeſti eine 
Imprägnieranſtalt ſeitens der Eiſenbahnverwaltung er⸗ 
richtet worden war, ſo wurden verſchiedene Klaſſen 
von Buchen = Schwellen gebildet, in welchen auch 
Schwellen mit geſundem rotem Kern mit ent⸗ 
ſprechender Preisermäßigung Aufnahme fanden. 

Nach den auf den ungariſchen Staatsbahnen mit 
rotem Kern gemachten Erfahrungen, beeinträchtigt der⸗ 
ſelbe die Dauerhaftigkeit der Buchenſchwelle gar nicht, 
ſondern hält mindeſtens ebenſo lange aus als die im⸗ 
prägnierten Teile der Schwelle, da die Zellen im roten 
Kern bereits von Natur aus durch Abſchluß mit Gummi⸗ 
ſchichten gegen das Eindringen der Feuchtigkeit ge- 
ſchützt ſind. 

Außerdem verarbeiten die Sägewerke heute Buchen⸗ 
holz für ſchwache Kiſtenbretter, ſogenannte „Tabuletti“ 
zur Verpackung von Orangen, oder fog. „Teſtoni“ zur 
Verpackung anderer Früchte und Gegenſtände, hauptſäch⸗ 
lich für den Export nach Italien. Weiter werden 
teils zur Verwertung in den Möbelfabriken des In⸗ 
landes, teils zum Export ſchwache Stäbe und Latten 
fabriziert. 

Als ein Werk, welches ſich faft ausſchließlich die 
Verarbeitung der Buche zur Aufgabe gemacht hat, iſt 
die Faßfabrik Seiner Durchlaucht des Fürſten von 
Schönburg⸗Waldenburg in Taslau-Sarat hervorzu⸗ 
heben. Dieſelbe fabrizierte zunächſt nach ihrem Ent: 
ſtehen im Jahre 1907 Buchenfäſſer für die Petroleum⸗ 
induſtrie zum Verſand von Schmierölen und Roh⸗ 
petroleum. Da ſich aber dieſe Fabrikation als nicht 
rentabel erwies, wurde ſie aufgegeben und ſich auf die 
Fabrikation von Zement⸗, Farb: und Mehlfäſſern, mit 


einem Worte: Fäſſern für Trockenpackungen, verlegt, was 


ſich bei der intenſiven Zunahme des Zementverbrauches 
1917 | 


und der damit verbundenen Entſtehung von Bement- 
fabriken im Lande als weit rentabler erwies. 

Im Allgemeinen muß bemerkt werden, daß die 
Verwertung der Buche als Nutzholz immerhin inſo⸗ 
fern eine beſchränkte bleibt, als die Buchenbeſtände, 
welche im Lande maſſenhaft vorkommen, die aber von 
Jugend auf jeglicher Erziehungmaßregel entbehrten 
und aufgewachſen ſind, wie es die Natur gegeben hat, 
ſämtlich überalt und in Folge deffen vielfach mit 
Defekten aller Art behaftet ſind, die den Nutzungs⸗ 
wert ſehr beeinträchtigen und nur verhältnismäßig 
geringen Anfall, wohl aber ſehr viel Abfall ergeben, 
ein Umſtand, der manchem Unternehmer ſchwere Ent⸗ 
täuſchungen und Verluſte gebracht hat. 

Eine duberft ausgedehnte Verwertung hat dagegen 
Tannen⸗ und Fichtenholz aufzuweiſen und die zahl⸗ 
reichen im Lande entſtandenen Sägewerke beſchäftigen 
ſich in der Hauptſache mit Herſtellung von Tannen⸗ 
und Fichten⸗Schnittwaren, die auch in großen Mengen, 
namentlich von Conſtanta, Braila und Galatz aus 
über Rotterdam nach Deutſchland exportiert wurden 
und beſonders zur Deckung der Bedürfniſſe der deutſchen 
Induſtrie dienten, da der deutſche Wald nicht im 
Stande iſt, allein dieſe Bedürfniſſe zu decken. 

Die größten Unternehmungen in Sägewerken in 
Rumänien hat die anonyme Aktiengeſellſchaſt, vor⸗ 
mals Götz & Loup, ein öſterreichiſches Unternehmen, 
mit Zentralſitz der Verwaltung in Bukareſt bezw. Wien. 
Dieſelbe beſitzt ihr größtes Sägewerk in Nehoiu bei 
Buzeu mit 25 Sägegattern und mit einer Jahres- 
produktion von 125 000 fm Schnittware. 

Ferner das aͤlteſte Sägewerk in Galatz mit 16 Gattern 
und einer Jahresproduktion von 80 000 fm Schnitt: 
holz. Comaneſti (Silvya) mit 12 Gattern und einer 
Jahresproduktion von 60 000 fm Schnittflächenholz. 
Iscor Alb, ebenfalls Kreis Bacou, mit 6 Gattern 
und jährlich 30 000 fm Produktion. 

Slanic, Kreis Bacau 5 Gatter mit 25 000 fm. 

Tarcau, „ Neamt 6 „ „ 30 000 „ 

Das Werk in Galatz verarbeitet außer rumaͤniſchem 
Material jährlich auch je etwa 90 000 fm Rundholz, 
die es aus der Bukowina bezieht und welches aus⸗ 
ſchließlich für die Wiederausfuhr in geſchnittenem Zu⸗ 
ſtande beſtimmt iſt, ſodaß der ſonſt auf Rundholz 
laſtende Einfuhrzoll von 3 Lei pro Feſtmeter hierfür 
nicht bezahlt wird; jedoch muß das exportierte Schnitt⸗ 
material mindeſtens 80 % des importierten Rund: 
holzes ausmachen, um dieſer Vergünſtigung teilhaftig 
werden zu können. 

Das ſämtliche Rohmaterial, welches das Sägewerk 
in Galatz, ſei es aus der Bukowina, ſei es aus 
Rumaͤnien kauft, wird mittelſt Flößerei auf den Flüſſen 
Biſtritza und Sereth bezogen, da dies die einzigen 

18 


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Flüſſe der Moldau find, welche von Natur ohne toft- 
{pielige Flußregulierungen ſich zur Flößerei eignen 
und mittelſt deren das Holz direkt bis Galatz gebracht 
werden kann. 

Eine Einfuhr von geſchnittenem Material iſt bei 
dem hohen Zolle von 25 Lei pro Feſtmeter gänzlich aus⸗ 
geſchloſſen, indeſſen findet alljährlich eine Durchfuhr 
von 6000 — 7000 Waggonladungen aus Oeſterreich 
nach dem Orient ſtatt. 

Die eben genannte Aktiengeſellſchaft arbeitet haupt⸗ 
ſaͤchlich für den Export, etwa 75% ihrer Produktion 
werden ausgeführt und nur 25 % verbleiben im Lande. 
Die exportierte Ware dieſes Unternehmens geht in der 
Hauptſache nach der Türkei, Griechenland, Aegypten, 
Algier, Frankreich, Italien und nur zum klein ſten 
Teile nach Deutſchland. Außer den Werken der ano⸗ 
nymen Aktiengeſellſchaft befinden ſich allein im Kreiſe 
Bacau noch folgende Sägewerke: 

Bradul in Därmanſti mit 10 Gatter und einer Jahres⸗ 
produktion von 90 000 fm Schnittware. 

Stefan Voda 6 Gatter und 45 000 fm Sabres: 
produktion. 

Union⸗Caſin mit 9 Gatter und 80 000 fm Jahres: 
produktion. 

Cinghes mit 5 Gatter und 50 000 fm Jahresproduktion. 

Hieraus iſt zu ermeſſen, welche enorme Nadelholz⸗ 
quantitäten allein aus dem Kreiſe Bacau jährlich ge⸗ 
nutzt werden. | 

Außer diefen Werken beſtehen noch große Unter- 
nehmungen in Cartea de Anghes, im Lotru- und Muscel- 
und Prahowa⸗Tale, welche enorme Holzquantitäten ver: 
arbeiten und teils aus belgiſchem, teils aus rumä⸗ 
niſchem, teils jüdiſchem Kapitale errichtet ſind. Dazu 
kommen noch zwei große Papierfabriken Letea bei Bacau 
und Schill in Buşteni im Prahowatale, ſowie eine 
Pappenfabrik Eichler in Piatra N, welche ſehr viel 
Fichtenholz zu Papierſtoff verarbeiten. 

Stellt man alle dieſe großen Holzquantitäten 
zuſammen, welche dieſe Fabriken verarbeiten, ſo iſt es 
klar, daß bei einer weiteren Fortſetzung derartiger 
Maſſenausbeutungen in kurzer Zeit die Nutzholzaus⸗ 
beute Rumäniens verſiechen muß. 

Die Säge⸗Induſtrie hat, wie hieraus erſichtlich, 
ſeit dem Jahre 1893 ganz erheblich zugenommen und 
vermag nicht nur den Bedarf des Inlandes voll⸗ 
kommen zu decken, ſondern betreibt auch einen ſehr leb⸗ 
haften Export. 

Der Eichenholzvorrat des Landes hat in er: 
ſchreckender Weiſe abgenommen. In ſinnloſer Weiſe 
haben namentlich die Privatwaldbeſitzer mit ihren 
Eichenholzbeſtänden gewirtſchaftet, die ſie mit Schleuder⸗ 
preiſen verkauften. Die Umgebung von Tirgu⸗Jin, 
und viele andere Orte der Wallachei legen davon be⸗ 


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redtes Zeugnis ab. Die Eiche wurde in Maſſen er: 
portiert und namentlich hat das Berliner Holstomptor 
tüchtig, beſonders in der Gegend von Tirgu -In da 
mit aufgeräumt. 


In Folge deffen und ganz beſonders mit Räckſcct 
darauf, daß ſich bei der Eiſenbahn der Mangel an 
Schwellen und Konſtruktionsholzern ſehr fühlbar 
machte, hat der Staat vor 3 Jahren einen groß 
Ausfuhrzoll von 80 Lei pro Feſtmeſter auf Eichen⸗ 
holz gelegt und dadurch den Export in dieſem Hole 
unmöglich gemacht, leider aber für Rumänien zu pit. 

Nach der rumaͤniſchen Handelsſtatiſtik betrug der 
Export an beſchlagenem Bauholz und Schnittholz in 
Jahre 1895 | 

56 842 000 kg mit einem Werte von 4848048 Qi. | 
Derſelbe ſtieg im Jahre 1909 auf 
298 439 321 kg mit einem Werte von 24 395 936 Le 
und fiel im Jahre 1910 wieder auf 
256 816 182 kg mit einem Werte von 20 717 829 Lei 


Von den Jahren 1911 und 1912 liegen noch keine 
Handelsſtatiſtiken vor, jedoch dürften dieſelben ein | 
weitere Verringerung der Materialausfuhr, dagegen 
verhältnismäßig höheren Geldwert aufweiſen, da di 
Bauholzpreiſe, namentlich vom Jahre 1911 bis Mitt 
1912 ganz bedeutend geſtiegen waren; und wenn der 
Staat feinen neuerdings gefaßten Entſchluß, von jet 
ab mit feinen Vorräten an haubarem Holze İpar 
ſamer zu wirtſchaften, aufrecht erhält, fo Dürfte fd ; 
die Ausfuhr von Bauholz in den nächſten Jahren, b 
bald die beſtehenden Verkaufsverträge abgelaufen find 
noch bedeutend verringern. 


Es ſei noch bemerkt, daß zu den vorgenannten 
Zahlen noch die Ausfuhr von Rohmaterial (Schneide: 
klötzer) hinzuzurechnen iſt. 

Diefelbe betrug im Jahre 1909 

1044 461 kg mit einem Werte von 2 999 554 Lei. 
im Jahre 1910 

1 290 339 kg mit einem Werte von 3 278 473 Lei, 
ſo daß alſo beide Kategorien zuſammengerechnet 

im Jahre 1909 einen Wert von 27 395 490 Lei und 
im Jahre 1910 einen ſolchen von 23 996 302 Lei 
hatten. i 

Somit ift der Wert der Ausfuhr vom Jahre 18% 
bis 1909, in welchem Jahre derſelbe feinen Hoͤhepunk 
erreichte, um 22 547 442 Lei geſtiegen, ein Umſtand 
welcher der infolge Einführung des Kahlſchlagbetriebe 
vermehrten Nachfrage zuzuſchreiben iſt. Welche Nach 
teile indeſſen die Uebernutzungen infolge des Kahl 
ſchlagbetriebes für den Wald haben, wurde bereits oben 
erörtert. 

Die Einfuhr von Bauholz betrug an Schnitt, 
ware: 


ae ae es SO. SE 


135 


1909 — 665 398 kg mit einem Werte von 54589 Lei 
1910 — 895954 kg mit einem Werte von 80 207 Lei 
an Klotzholz: 
1909 — 117 791 rm mit einem Werte von 804 161 Lei 
1910 — 144 809 rm mit einem Werte von 478 804 Lei 
Die Holzpreiſe waren bis zum Jahre 1906 recht 
geringe. Das Feſtmeter Tannenholz wurde ab Wald 
je nach den größeren oder geringeren Transportſchwie⸗ 
rigkeiten mit 3 bis 5 Lei verkauft und Schnittmate⸗ 
rial I. Klaſſe mit 33 bis 38 Lei das Feſtmeter ab 


Fabrik. Bom Jahre 1907 ab find die Preiſe ſtetig 


geſtiegen und erlangten im Jahre 1912 ihren Höhe⸗ 
punkt, wo ſie bis auf 10 und 12 Lei das Feſtmeter 
Rohmaterial ab Wald und bis 45 und 50 Lei das 
Feſtmeter Schnittmaterial ab Fabrik ſtiegen. Seit 
dem Beginn des Balkankrieges iſt natürlich wieder ein 
bedeutender Preisrückgang zu verzeichnen und auch 
nachdem der Friede geſchloſſen war, wollten die Preiſe 
noch nicht wieder emporſchnellen, was wohl einesteils eine 
Folge der finanziellen Ermattung und der großen 
Verluſte an Menſchen war, welche die Balkanſtaaten 
durch den Krieg erlitten hatten, anderenteils aber auch 
erſt mit dem Eintritt des Winters zum Verſchwinden 


gebracht werden dürfte. Es durfte alfo erft im Früh- 
jahre 1914 ein nennenswertes Steigen der Bauholz⸗ 
preiſe zu erwarten ſein, die auch eintrat. Auch die 
letzten Brennholzpreiſe ſind in den letzten Jahren ſehr 
geſtiegen und haben ſich auch ſelbſt während des Bal⸗ 
kankrieges auf guter Höhe erhalten. 

Das Brennholz wird, da die Steinkohle als Zim⸗ 
merheizmaterial zu teuer ift, faſt ausſchließlich im Lande 
verbraucht und der Export iſt ein geringer im Ver⸗ 
hältnis zur anfallenden Maſſe. Derſelbe betrug in 
1909 — 27818935 kg mit einem Wert von 278 189 Lei 
1910 — 19268286, „ . „ 192683, 
der Import 
1909 — 12 490 554 kg 'mit einem Werte von 124 905 Lei 
1910 — 14403 190 „ „ „ „ „ 144032 „ 

Der Grund der Steigerung des Importes in 1910 
und der Abnahme des Exportes iſt in der damals 
ſchon zunehmenden Preisſteigerung des Brennholzes im 
Inlande zu ſuchen. 

Was nun die Rentabilität der Staatswaldungen 
anbetrifft, ſo ſei es zunächſt geſtattet, die Geſtaltung 
der Einnahmen, Ausgaben und Reineinnahmen ſeit 
dem Jahre 1896 tabellariſch nachzuweiſen. 


Jahr Einnahmen Ausgaben für Ausgaben für Reineinnahme 
Adminiſtration Material u. Arbeiten 
Lei Lei Lei Lei 
1896-97 3700 000 1192 400 146 000 2 361 600 
1897—98 4 090 000 1247 880 112000 2 730 120 
1898—99 4 200 000 1248 680 89 500 1150 180 
1899 —1900 4 600 000 1273 160 93 220 3233620 
1900—01 5000000 1258 700 19 020 3 722 280 
1901-02 4 000 000 1251 300 25 500 2 723200 
1902—03 5470 000 1099 112 74 300 4 296 588 
1903-04 5 500 000 1087592 79 000 4333408 
1904—05 5500000 1081472 178 000 4240528 
1905-06 5500000 1079240 183 000 4 237 760 
1906—07 5500 000 1111376 208 000 4180624 
1907—08 5700000 1118096 93 500 4488404 
1908-09 6200000 1278480 27 236 4 650 284 
1909—10 6200000 1 405 080 265 840 4 529 080 
1910-11 6 400 000 1 863 600 4536400 
1911—12 6000000 1906 500 560 620 4 654 300 
1912—13 7000000 2 095 200 694 500 4210300 


Aus dieſer Aufſtellung geht hervor, daß die Ein- 
nahmen der Forſtverwaltung des Staates zwar ſtetig 
geſtiegen find, aber auch die Ausgaben, und daß in: 
folge beffen feit dem Jahre 1902 die Reineinnahme 
eine jährlich faſt gleiche geblieben iſt. 

„Die Zunahme der Ausgaben iſt in der Hauptſache 
in der vermehrten Ausgabe für Kulturkoſten ſeit Ein⸗ 
führung des Kahlſchlagbetriebes zu ſuchen. Die Ad⸗ 
miniſtrationskoſten, die ſich von 1896 bis 1910 ziem⸗ 


lich gleich blieben, haben in den letzten drei Jahren 
durch Schaffung der „Caſa Paduriber“ (Staatsforſt⸗ 
kaſſe), in welche auch nach dem Forſtgeſetze von 1910 
die Garantien für die Wiederaufforſtungen ſeitens der 
Privatwaldbeſitzer fließen, wovon ſchon oben die Rede 
war, eine weſentliche Erhöhung erfahren. Die Rein⸗ 
einnahme hat im Jahre 1911/12 mit 4654120 Lei 
ihren Höhepunkt erreicht. Die durchſchnittlich jährliche 
Reinnahme der oben angeführten ſiebenzehn Jahre be⸗ 
18* 


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trägt ſomit 3702205 Lei und diejenige der letzten 
zehn Jahre 4 406 091 Lei. 

Wie Eingangs nachgewieſen, enthält der rumaͤniſche 
Staatswald an rein bewaldeter Fläche rund 918 825 
Hektar, mithin berechnet ſich die jetzige Reineinahme 
pro Hektar 4,8 Lei, dem ein Bruttoertrag von 4,43 
bis 5,20 Lei im Jahre 1896 entgegenſteht und es iſt 
angeſichts dieſer Tatſache wohl ein Fortſchritt zu ver⸗ 
zeichnen, aber das Reſultat der heutigen Reineinnahme 
iſt dennoch als ein geringes zu bezeichnen, insbeſondere 
wenn man in Rechnung zieht, daß die im Lande be⸗ 
findlichen ſechs Privatwaldbeſitzungen, die fih in ſyſte⸗ 
matiſcher Bewirtſchaftung durch deutſche Forſtleute be⸗ 
finden, viel höhere Einnahmen aufzuweiſen habe, trotz⸗ 
dem die Ausgaben und insbeſondere die Verwaltungs: 
koſten „verhältnismäßig viel höhere ſind als beim 
Staate. So rechnet z. B. die Forſtverwaltung Seiner 
Durchlaucht des Fürſten von Schönburg-Waldenburg 
im diesſeitigen Konſulatsbezirke mit einem Reingewinn 
von 10 Lei pro Hektar. Dabei hat dieſelbe muſter⸗ 
gültige Waldungen aufzuweiſen, wie ſie nirgends 
anderswo im Lande zu finden ſind, und daraus folgt, 
daß man auch in Rumänien intenfive und gut ren: 
table Forſtwirtſchaft, bei welcher dem Beſitzer nicht 
nur der Wald erhalten bleibt, ſondern ſtetig gebeſſert 
und vermehrt wird, betreiben kaun, wenn dieſelbe durch 
genügend zahlreiches, tüchtig geſchultes und umſichtiges 
Perſonal geleitet wird. ö 

Es geht aus den obigen Darlegungen klar hervor, 
daß die rumäniſche Staatsforſtwirtſchaft auf ſehr 
ſchwachen Füßen ſteht und noch einſchneidender Ver⸗ 
beſſerungen bedarf, bis ſie auch nur einigermaßen 
leiſtungsfähig wird. 

Wie ſchon im Vorhergehenden geſagt, bildete ſtets 
ein großes Hindernis für die Entwicklung des rumä⸗ 
niſchen Forſtweſens die Abhängigkeit derſelben von der 
inneren Politik des Landes und die ewigen Schwan⸗ 
kungen, denen ſie bei dem häufigen Regierungswechſel 
unterworfen war. 


In den Jahren 1890 — 1895 hatte unter dem da: 
maligen Domänenminiſter Peter Carp das Forſtweſen 
einen kraͤſftigen Auſſchwung genommen und würde, 
wenn Carp'ſcher Geiſt noch 20 Jahre wenigſtens das⸗ 
ſelbe beeinflußt haben würde, zu einer ſchönen und 
kräftigen Entfaltung gekommen ſein; aber mit dem 
Fall Carps, im Jahre 1895, trat auch wieder ein 
ebenſo ſchneller Rückgang ein, ſodaß bis zum Jahre 


1916 eher Rückgänge als Fortſchritte zu verzeichnen | 


find. Die ewigen Schwankungen in der Direktion, 
die mangelhafte praktiſche Ausbildung des Gort: 
perſonals, zu der ſich ſchließlich noch das Mißtrauen 
geſellt, bedingten den Stillſtand bezw. den Rückgang 
des rumänischen Forſtweſens. 

Peter Carp ift überhaupt der einzige rumäniſche 
Staatsmann, der das Land zu hoher Blüte hätte 
bringen und auf ſolide Grundlagen hätte ſtellen können, 
denn abgeſehen von feinem tadellos ſoliden und ehren: 
werten Charakter beſitzt er auch in hohem Maße die 
Energie und die Eigenſchaften, einen Staat zu moder: 
niſieren, und ihn in ehrenhafte ſolide Bahnen zu 
lenken; aber feine ſtets zu Tage tretende Abficht, mit 
bem fein Vaterland immer mehr demoralifierenden 
Syſtem zu brechen, die unehrenhaften Elemente aus: 
zuſcheiden und gründliche Reinigung zu halten, ließen 
ihn nur felten zur Regierung kommen und dann met 
nur kurze Zeit, ſodaß die beſten Jahre ſeines Lebens 
für ſein Vaterland nur eine verhältnismäßig geringe 
Ausnutzung fanden. 

Peter Carp fühlt und denkt vollkommen deutſch 
und daher war es ſein Beſtreben, deutſchen Geiſt auch 
feinem Vaterlande aufzuprägen; hatte er doch feine 
Studien in Heidelberg gemacht, und für fein deutſches 
Denken und Fühlen liefert den beſten Beweis ſein 
glühender und eifriger Kampf, den er ſeit Ausbruch 
des Weltkrieges dafür führte, daß Rumänien bei feiner 
Beteiligung am Weltkriege auf die Seite der Mittel: 
machte trete. Leider aber haben die gewiſſenloſen und 
beſtochenen Kriegshetzer in Rumänien die Oberhand 
gewonnen, Rumänien hat ſich als Feind der Mitte: 
mächte in den Weltkrieg geſtürzt und bekommt nun 
für feine Treuloſigkeit gegenüber den Mittelmächte 
ſeinen wohlverdienten Lohn. 

Die vorſtehende Studie war bereits vor dem Ein: 
tritt Rumäniens in den Weltkrieg verfaßt und folte 
am Schluſſe an Hand der feitend des Verfaſſers gr 
machten Erfahrungen eine Darlegung derjenigen Maß 
nahmen enthalten, welche geeignet geweſen wären, eine 
Sanierung des rumänifchen Forſtweſens herbeizuführen. 
Nachden! aber nun Rumänien durch die ſinnloſe Politik 
ſeines Miniſterpräſidenten und gewiſſenloſer eigen: 
nütziger Kriegshetzer ins Verderben getrieben iſt und 
aller Wahrſcheinlichkeit nach von der Landkarte Europas 
als ſelbſtändiger Staat verſchwinden wird, fo haben 
derartige Erörterungen keinen praktiſchen Wert mehr 
und es bleibt den zukünftigen Beherrſchern dieſes 
ſchönen Landes überlaſſen, auch das rumäniſche Fort 
weſen einer beſſeren Zukunft entgegenzuführen. 


— ee — 


— ` 


— — a nt 


137 


Literariſche Berichte. 


Der Krieg und die Gewinnung von Nah⸗ 
rungsmitteln durch Waldfeldbau.!) Von 
B. Bornemann, Großh. Heſſ. Forſtmeiſter i. P., 
Bad Homburg v. d. H. Selbſtverlag des Verfaſſers. 
Preis 50 Pfg. 

Die im Januar 1915 verfaßte Denkſchrift war 
zur Veröffentlichung in der „Frankfurter Zeitung“ be⸗ 
ftimmt, dort aber nur in abgekürzter Faſſung abge: 
druckt worden. Da der Krieg fih in die Länge zieht, 
die Abgeſchloſſenheit Deutſchlands immer größer und 
dadurch die Möglichkeit, Nahrungsmittel aus dem 
Auslande zu erhalten, immer geringer wird, hat der 
Verfaſſer nunmehr ſeine Denkſchrift als Broſchüre ver: 
öffentlicht. Der Reinerlös iſt für erblindete Krieger be⸗ 
ſtimmt. 

Mit großer Wärme tritt Bornemann für die Aus⸗ 
nutzung des Waldes zur Vermehrung unſerer Nah⸗ 
rungsmittel ein, weil ein hoher Prozentſatz des deut⸗ 
ſchen Waldes nicht auf ſogenanntem „abſolutem“, ſon⸗ 
dern auf „relativem“ Waldboden ſtockt, d. h. auf 
Boden, auf welchem mit Vorteil auch landwirtſchaft⸗ 
liche Nutzpflanzen angebaut werden können. Und meiſt 
iſt dieſer bedingte Waldboden durch jahrhundertelange 
Pflege und Selbſtdüngung in einer ſo günſtigen Ver⸗ 
faſſung und derart mit allen Pflanzennährſtoffen an: 
gereichert, daß er mehrere Jahre hindurch ohne jede 
Düngung reiche Ernten hervorbringen kann. Nach 
ſeinem letzten in der Einleitung zur Denkſchrift nieder⸗ 
gelegten Vorſchlage will der Verfaſſer nun die beſten 
Stellen des bedingten Waldbodens zur Gewinnung 
von landwirtſchaftlichen Erzeugniſſen ausgeſucht wiſſen. 
Er will ſich alſo nicht mit den betriebsplanmäßig oder 
zufällig vorhandenen Schlagflächen begnügen, ſondern 
weiter gehen und mehr als die normale Jahresſchlag⸗ 
fläche vorübergehend dem Feldbau zur Verfügung ge⸗ 
ſtellt haben. Auch tritt er hier dafür ein, daß auf 
. diejen ausgeſuchten Flächen vorerſt nur Nahrungs: 
mittel angebaut werden ſollen, während die Anzucht 
junger Waldkulturen der Zukunft, d. h. der Zeit nach 
Beendigung des Krieges, überlaſſen bleiben foll. Mit 


) In einer von Herrn Forſtmeiſter Hoffmann in Bugs 
bach an uns gerichteten Zuſchrift macht derſelbe u. E. mit 
Recht darauf auſmerkſam, daß die Broſchüre Bornemanns 
ſchon im Januar 1915 erſchienen und dem Preußiſchen Minis 
ſter ium für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten eingereicht 
worden iſt. Hätte man ihr damals mehr Beachtung geſchenkt 
und Folge gegeben, ſo hätte in den Jahren 1915 und 1916, 
wo noch weit mehr Arbeitskräfte zur Verfügung ſtanden, die 
Kartoffele nte erheblich geſteigert werden können. Jetzt dürfte 
bei dem herrſchenden Arbeitermangel die günſtige Zeit verpaßt 
fein. D. Red. 


anderen Worten: Bornemann ſpricht ſich hier für die 
ſogenannte „Vorbau“: Form des Waldfeldbaus aus. 

In der „Denkſchrift“ ſelbſt dagegen redet er dem 
ſogenannten „Zwiſchenbau“ des Waldfeldbaus das 
Wort, d. h. derjenigen Form, bei welcher gleich⸗ 
zeitig Wald⸗ und Feldbau auf der Fläche betrieben 
werden. Die geſamte Jahresernte an Haubarkeits⸗ 
nutzungen ſoll durch Kahlhiebe gewonnen werden, und 
zwar auf kleinen Flächen beſter Standortsgüte inmitten 
der hiebsreifen Beſtände. Dieſe Löcherhiebe ſollen ſich 
auf je J ha große, quadratiſche Flächen von 50 m 
Seitenlänge erſtrecken und die Kahlhiebsflächen zur 
horſtweiſen Einſprengung anderer Holzarten, ins⸗ 
beſondere von hochwertigen Nutzhölzern in einem Grund⸗ 
beſtand von Buche, Fichte oder Kiefer benutzt werden, 
um auf dieſe Weiſe nach Gayer's horſtweiſer Femel⸗ 
ſchlagverjüngung Miſchbeſtände anzuziehen. Der Ber- 
faſſer unterſtellt etwa / der geſamten deutſchen Wald- 
fläche von rund 14 Millionen Hektar, alfo 10 Millionen 
Hektar, als geeignet zum Waldfeldbaubetrieb. Bei 
Unterſtellung einer Durchſchnitts⸗ Umtriebszeit von 
100 Jahren würde die normale Jahresſchlagfläche 
alſo 100 000 ha betragen. Dieſe Fläche ſoll im Wald⸗ 
feldbaubetrieb bewirtſchaftet werden, und zwar ſchlägt 
der Verfaſſer in Anlehnung an den in der Rhein⸗ 
Main Ebene ſchon zu Anfang des vorigen Jahr⸗ 
hunderts eingeführten Waldfeldbaubetrieb den Kar⸗ 
toffelzwiſchenbau vor. Er rechnet pro Hektar mit 
einem Ertrage von 200 Zentner Kartoffeln, auf 
100 000 ha alſo mit 20 Millionen Zentner. Und 
da ein zweimaliger Anbau von Kartoffeln die Zu⸗ 
kunft der anzuziehenden Holzbeſtaͤnde nicht weſentlich 
ſchädige, ſoll im zweiten Jahre eine doppelt ſo große 
Fläche und eine Kartoffelernte von 40 Millionen 
Zentner zu erwarten ſein. Und ſelbſt dieſe Zahl 
könnte noch für einige Jahre um etwa 10 Millionen 
Zentner erhöht werden, wenn der geſamte Holzein⸗ 
ſchlag im deutſchen Walde, alſo einſchließlich der 
Zwiſchennutzungen (Durchforſtungen), durch die vorge⸗ 
ſchlagenen Löcherhiebe gedeckt würde. Ferner könnten 
bei Frühkartoffelanbau noch Gemüſe nachgezogen werden, 
z. B. Rüben aller Art, Karotten, Spinat, Winter⸗ 
kohl, Salat, Buſcherbſen, Buſchbohnen uſw. Die Ar⸗ 
beiten ſollen in Regie ausgeführt werden, weil ſich 
dann Jedermann ohne Riſiko daran beteiligen könne. 
Der Verfaſſer erhofft davon außer den waldbaulichen 
Vorteilen und vermehrten Erzeugung von Nahrungs⸗ 
mitteln reichliche Arbeitsgelegenheit und Abhilfe gegen 
mancherlei Not. Die Ernte ſoll verſteigert werden, 


jedoch könnten der Staat und die Gemeinden die 


138 


Kartoffeln aud) auf ihre eigene Rechnung einernten, 
um durch Abgabe zu einem angemeſſenen Preiſe zur 
Verhinderung des Wuchers beizutragen. 

Der Vorſchlag Bornemanns, den Wald während 
der Kriegszeit in ausgiebiger Weiſe zum Anbau von 
Nahrungsmitteln heranzuziehen, findet überall, auch 
im Kreiſe der Forſtwirte, volles Verftändnis und Bu- 
ſtimmung. Aber eB fragt ſich, ob und in welchem 
Maße er unter den heute beſtehenden Verhältniſſen 
verwirklicht werden kann. Mannigfache Schwierig⸗ 
keiten ſtellen ſich der Durchführung der in der Denk⸗ 
ſchrift niedergelegten Gedanken in der Praxis ent⸗ 
gegen; der Verfaſſer ſcheint ſie unterſchätzt zu haben. 
Abgeſehen davon, daß die zum Waldfeldbau geeignete 
Fläche des deutſchen Waldes mit 10 Millionen Hektar 
m. E. zu hoch gegriffen iſt, muß der Plan an den 
fehlenden Arbeitskräften ſcheitern. Durch die von 
Monat zu Monat geſteigerte Einberufung der waffen⸗ 
fähigen Männer Deutſchlands mangelt es nicht, wie 
Bornemann annimmt, an Arbeitsgelegenheit, ſondern 
in allen Betriebszweigen, ſowohl in der Landwirtſchaft 
wie in der Induſtrie und im Handel, iſt mehr und 
mehr ein empfindlicher Mangel an Arbeitskräften ein⸗ 
getreten. Die Folge davon iſt, daß heute nur mit 
Mühe und Not die landwirtſchaftlich benutzte Flache 
Deutſchlands beſtellt werden kann. Nur an ſehr 
wenigen Orten werden deshalb die zur Beſtellung von 
Waldfeldern erforderlichen Arbeitskräfte vorhanden 
ſein. Aber auch dort wird es in dieſem Jahre an 
den nötigen Saatkartoffeln mangeln, um den Wald⸗ 
feldbaubetrieb durchzuführen. Das Roden der Stöcke 
und die Beſtellung der Waldfelder erfordern viel zu 
viel Arbeitskräfte. Wir müſſen die wenigen zur Ver⸗ 
fügung ſtehenden Kräſte jetzt dort verwenden, wo die 
Erzeugung von Nahrungsmitteln mit dem geringſt⸗ 
möglichen Aufwande an Arbeit erfolgen kann. Da⸗ 
zu eignen ſich vielerorts die jungfräulichen Boden⸗ 
flächen in den von unſeren Heeren beſetzten Gebieten 
weit beſſer als die heimiſchen Waldböden. Bauen 


wir deshalb auf möglichſt ausgedehnten Flächen der 


im Oſten und namentlich im fruchtbaren Rumänien 
beſetzten Gebiete Getreide an und ſuchen wir im 
Sommer 1917 in Deutſchland die Kartoffelanbaufläche 
tunlichſt zu vergrößern. Doch woher die Saatkartoffeln 
dazu im Frühjahr nehmen? An dieſem Punkte wird 
die Hebung des Kartoffelertrags im Jahre 1917 wohl 
überhaupt ſcheitern. 
Gut Pilamont (Litauen), im Februar 1917. 
Weber. 


Beſtardeswirtſchaft u. Altersklaſſenmethode. 
Von Th. Micklitz. Wien u. Leipzig, Franz Deu⸗ 
ticke. 1916. 80. 73 S. Preis 2,50 Mk. 


Die Ziele, welche der Verfaſſer bei Herausgabe 
dieſer Schrift im Auge hat, werden von ihm im „Bor: — 
wort“ wie folgt bezeichnet: 

„Die Lehrbücher über Forſtbetriebseinrichtung ent: 
halten über die heutige Vorgangsweiſe bei der Be: 
ſtimmung des periodiſchen Haubarkeitsnutzungsſatzes, 
wie diefe zum Teil in verſchiedenen Inſtruktionn 
großer Adminiſtrationen feſtgelegt ift, nur allgemeine 
und unvollſtändige Angaben. Der theoretiſche Rahmen, 
in welchen die Gliederung der modernen Etatsermitte: 
lung eingefügt werden kann, iſt bislang nicht ent⸗ 
worfen worden. Mit der folgenden Studie wird der 
Verſuch gemacht, die Syſtematik in der bezeichneten; 
Richtung auszubauen.“ 

Das moderne Einrichtungsverfahren ſtellt eine Bu. 
ſchmelzung der Grundformen beider Methoden, be 
Beſtandeswirtſchaft und der Altersklaſſenmethode, dar. | 
Zum Belege dafür werden S. 7—26 die Forfteinrid: | 
tungs⸗Inſtruktionen folgender größeren Berl | 
auszugsweiſe mitgeteilt: 

1. der Oeſterreichiſchen Staats: und on 

von 1901, 
2. der fürſtl. Schwarzenbergiſchen Forſte in Böhm 
und Steiermark 1908, 

3. der Preußiſchen Staatsforſte 1912, 

4. der Bayeriſchen Staatswaldungen 1911, 

5. der Sächſiſchen Staatsforſte nach Angabe der 

Schriften von Judeich⸗Neumeiſter und Martin, 

6. der unter ftaatlider Verwaltung ſtehenden Fort 

im Großherzogtum Baden 1912 und | 
7. der Domanial⸗ und Kommunalwaldungen in 
Großherzogtum Heſſen 1903. 


Hiernach ift man dem von Sachſen eingeführten 
Vorgang zuerſt in Heffen gefolgt, denn die Anletuny ` 
von 1903 ftellt nur die Erweiterung und den Abſchluß 
eines bereits im Jahre 1899 ausgegebenen Entwurß 
dar. Dann folgen Oeſterreich 1901, die fürſtl. Schwarzen 
bergiſche Verwaltung 1908, Bayern (ſowie auch Wirt 
temberg) 1911, Preußen und Baden 1912. 

Im weiteren Verlaufe der Darſtellung wird 
(S. 27—50) die Grundform der Beſtandes⸗ 
wirtſchaft näher ausgeführt. Deren Kriterien find: 

al. die Zuweiſung der zugänglichen Gingelbeftink | 

zum Hiebe nach deren individueller Hiebsteiſt 
unter Rückſichtnahme auf eventuelle zwingende 
waldbauliche Forderungen, aber ohne Beade 
nahme auf die Verbeſſerung der Hiebsfolge und | 
Nachhaltigkeit in der Zukunft; ö 

2. Vorkehrungen zur Sicherung der künftigen Hieb 

zugänglichkeit (Umhauungen); | 

3. die mittelbare Ableitung des periodiſchen Hieb 

ſatzes aus dem nach dieſer individuellen Beſtandez 


— — Ze Be 


139 


behandlung aufgeſtellten Haubarkeitsnutzungs⸗ 
plan.“ 

Weiter werden die Durchführung der Arbeit, die 
Erhebung des Weiſerprozents, die Berückſichtigung der 
Beſtockung, wirtſchaſtliche Rückſichten bei Auswahl der 
Hauungen, Hiebszugaänglichkeit und Hauungsplan be 
ſprochen. In dem letzteren find einzuſtellen: 

1. alle Beſtaͤnde mit ungenügendem Zuwachs, wo⸗ 
bei entweder die Grundſätze der Reinertragslehre 
(Weiſerprozent) oder auch diejenigen anderer 
Wirtſchaftsziele (höchſter Maſſen⸗ oder Geld⸗ 
ertrag) maßgebend ſein können; Ä 

. Loshiebe uſw. zur Vorbereitung der künftigen 
Hiebszugänglichkeit ungünſtig gelagerter Beſtände; 

3. gelichtete Beftände, in denen die Freiſtellung des 

Unterwuchſes aus Rückſicht auf die Verjüngung 


notwendig iſt; 
4. etwaige hiebsfragliche Beſtände unter Beachtung 


der Abſatzmoͤglichkeit. 

S. 50-61 wird dann die Grundform der 

Altersklaſſenmethode beſprochen, die „vom 
Wirtſchaftsganzen ausgehend im Wege der Rechnung 
und Kalkulation den Etat nach der Fläche oder nach 
Fläche und Maſſe direkt ermittelt und ein ausge⸗ 
glichenes Altersklaſſenverhaltnis ſowie die Nutzungs⸗ 
nachhaltigkeit erſtrebt, ohne ſich um die Beſtimmung 
der Hiebsorte ſelbſt zu kümmern.“ 
Bei der Durchführung kann die Auswahl der Hiebs⸗ 
orte ſelbſtverſtändlich nicht umgangen werden. Ein 
weſentlicher Unterſchied ergibt fih hierbei ſowie bei 
Aufſtellung der Altersklaſſentabelle, jenachdem man 
dabei von den konkreten oder von auf gleiche Ertrags⸗ 
fähigkeit reduzierten Flächen ausgeht. Der Verfaſſer 
erblickt in dem erſteren Verfahren die eigentliche Grund⸗ 
form der Altersklaſſenmethode, führt dann aber S. 61 
bis 68 die von ihm ſelbſt vorgezogene und praktiſch 
geübte Rechnung nach reduzierten Flächen näher aus. 
un dieſer Auffaſſung kann ich ihm nur völlig bei- 
ſtimmen. Ich halte es für einen inneren Widerſpruch, 
wenn 3. B. nach der heſſiſchen Anweiſung in der fo: 
genannten Bonitätstabelle alle Unterabteilungen in die 
entſprechenden Standortsklaſſen eingereiht, wenn dann 
Normalvorrat und Zuwachs hiernach berechnet, ſchließ⸗ 
lich aber in der Altersklaſſentabelle wieder alle Flächen 
nur in konkreter Größe eingetragen und zuſammen⸗ 
gezählt werden. Als ob ein Hektar erſter und dritter 
oder fünfter Klaſſe überhaupt gleichwertige und ver⸗ 
gleichsfähige Größen wären! Bei den von mir nach 
dem heſſiſchen Verfahren ausgeführten Ertragsrege⸗ 
lungen habe ich dieſen Fehler ohne irgend welche 
Schwierigkeiten vermieden. 

Den Schluß der Schrift bildet S. 68 — 73 der 
Abſchnitt: „Syſtematik des heutigen kom⸗ 


to 


binierten Forſteinrichtungsverfahrens“. 
Hier wird außer der bereits beſprochenen Gliederung 
nach konkreten und reduzierten Flächen noch eine 
weitere erörtert, jenachdem ein bindender Hauungs⸗ 
plan verfaßt wird oder der Nutzungsplan nur den 
Charakter eines Hauungsentwurfs hat, der dem 
Betriebsführer einen gewiſſen Spielraum bei der Aus- 
wahl der Nutzungen nach Maßgabe etwaiger unvor⸗ 
herzuſehender Notwendigkeiten gewährt. 

Zum Schluſſe möchte ich noch eine kritiſche Be- 
merkung nicht unterdrücken. Wenn der geehrte Ver⸗ 
faſſer in dem Vorwort ſeiner verdienſtvollen Schrift 
die Abſicht ausſpricht, eine Lücke in den vorhandenen 
Lehrbüchern auszufüllen, ſo wird er dieſen Zweck 
ſchwerlich erreichen. Denn mit der abſtrakten Faſſung 
ſeiner Ausführungen, die viel zu Vieles als bereits 
bekannt vorausſetzt, und mit der Konſtruktion künſt⸗ 
lich aufgebauter, oft ſchwer verſtändlicher Sätze hat 
er den richtigen Ton eines Lehrbuchs wohl nicht 
getroffen. Wr. 


ee a —— 


Anleitung zur Aufnahme des HSolzachaltes 
der Waldbeſtände. Von Dr. Max Friedrich 
Kunze, Geh. Hofrat und Profeſſor i. R. Dritte 
durchgeſehene Auflag. Berlin, Verlagsbuchhand⸗ 
lung Paul Parey. 1916. | 

Die zweite Auflage dieſer Schrift iſt 1891 erſchie⸗ 
nen und im Oktoberheft desſelben Jahres von Dr. 
Speidel kurz beſprochen. Die neue, dritte Auflage, hat 
jener gegenüber an Umfang und Einteilung wenig 
Aenderungen erfahren. 

In 8 3 hätte wohl erwähnt werden dürfen, daß. 
wenn Probeſtämme nicht gefällt werden ſollen, ſolche 
nicht nur nach der veralteten Preßler'ſchen Richthöhen⸗ 
methode, ſondern mit neueren und beſſeren Inſtru⸗ 
menten ſtehend aufgenommen werden können. 

Zu § 10 hatte ſchon Speidel darauf hingewieſen, 
daß neben der Berechnung aus Grundfläche, Höhe 
und Formzahl auch die vielfach übliche Benutzung von 
Maſſentafeln Beachtung verdient hätte, weil beide 
Verfahren ſich zwar nicht im Prinzip, aber in der 
Ausführung von einander unterſcheiden. Statt deſſen er⸗ 
wähnt die neue Auflage nur die Verwendung anderweitig 
gefällter Stämme, etwa beim Aufhieb der Einteilungs⸗ 
und Weglinien, nach den Methoden von Speidel und 
Kopetzky: Maſſenkurve und Maſſenlinie. Wr. 


O Akademia! Ein fröhliches Buch von Jugend, 
Jagd und Liebe. Von Ferdinand von Raes: 
feld. Neudamm, Verlag von J. Neumann. 333 
Seiten. Preis 4 Mk. 


140 


Der im Novemberhefte 1916, S. 286, kurz bes 
ſprochenen Erzählung hat der Herr Verfaſſer dieſes 
Buch bald folgen laffen. Von Jugend, Jagd und 
Liebe iſt in der Tat darin viel, vielleicht zuviel die 
Rede; von der Norddeutſchen Forſtakademie, an der 
die Handlung teilweiſe ſpielt, aber herzlich wenig. Es 
iſt mir deshalb zweifelhaft, ob der Titel glücklich ge⸗ 
wählt iſt. Denn der Akademie iſt in der Erzählung 


wahrlich keine glänzende Rolle zugeteilt. Die Pro: 
feſſoren find komiſche Käuze, die Forfibeamten arge 
Neidhämmel, die keinem anderen einen guten Schuß 
gönnen, und die Studenten intereſſieren ſich für nichts 
als Jagd und Liebesgeſchichten. Wer an einer allge: 
meinen Hochſchule ſeine Ausbildung genoſſen hat, wird 
denn doch andere und wertvollere Erinnerungen davon 
bewahren. Wr. 


Briefe. 


Aus Preußen. 

Aus der Preußiſchen Ronſtvenwaltung. 

(Schluß.) 
Zurückſtellung und Beurlaubung garni⸗ 
ſondienſtfähiger Holzarbeiter. 

In einem Schreiben vom 6. November 1916 teilt 
das Kriegsminiflerium dem Miniſterium für Land⸗ 
wiriſchaft, Domänen und Forſten mit, daß ſaͤmtliche 
Preuß. ſtellvertr. Generalkommandos erſucht worden 
ſind, Anträgen auf Beurlaubung und Zurückſtellung 
garniſondienſtfähiger Holzarbeiter, ſoweit mit 
den dienſtlichen Intereſſen irgend vereinbar, ſchnellſtens 
zu entſprechen. Die ftellverir. Generalkommandos 
ſeien ferner erſucht worden, die von den Regierungen 
angeforderten Kriegsgefangenen zu ſtellen und als 
Wachleute möglichft Holzhauer, Vorarbeiter oder ſonſtige 


Waldarbeiter zuzuteilen. 
& ; 


* 
* 


Verwendung von Strafgefangenen 

zur Waldarbeit. 

Der Juſtizminiſter hat unter dem 3. Oktober 1916 
an die Oberſtaatsanwälte folgende Verfügung ergehen 
laſſen: 

Der geſteigerte Bedarf der holzverbrauchenden In⸗ 
duſtrien hat bei der Forſtverwaltung zu Schwierig⸗ 
keiten in der Beſchaffung von Arbeitskraͤften geführt. 
Es fehlen vor allem geübte Holzarbeiter, namentlich 
Vorarbeiter. Die Erſten Staatsanwälte ſind daher 
anzuweiſen, etwaigen Geſuchen der Forſtverwaltung 


von Strafaufſchub oder Strafunterbrechung für 


Forſtarbeiter nach Möglichkeit zu entſprechen. 
Sollten ſich in den Juſtizgefängniſſen derartige Per⸗ 
ſonen befinden, deren Beurlaubung nicht in Frage 
kommt, und laſſen ſich aus ihnen Arbeitskolonnen, die 
den ſtaatlichen Forſtverwaltungen zur Verfügung ge⸗ 
ſtellt werden könnten, nicht bilden, ſo iſt durch Be⸗ 
nehmen mit den Regierungspräſidenten feſtzuſtellen, ob 
etwa bei den Gefängniſſen der inneren Verwaltung 
ſolche Arbeiterkolonnen für die Staatswaldungen zu⸗ 


ſammengeſtellt werden, und ob dieſen Kolonnen bi 
in Betracht kommenden Gefangenen aus den Jufligge 
fängniſſen zugeteilt werden können. 
* * 
* 
Beſchäftigung von Kriegsgefangener. 

Das Kriegsminiſterium hat bezüglich der Ber: 
lohnung der bei der Grubenholzgewinnung und for: 
ſtigen Holzeinſchlägen beſchäftigten Kriegsgefangenen 
folgende neuen Beſtimmungen feſtgeſetzt. 

1. Der Arbeitgeber trägt allein, unter Batt 
auf jeden baren Zuſchuß die Unkoſten für Verpflegung 
Unterkunft uſw. der Kriegsgefangenen und Wates. 

2. Der Arbeitgeber zahlt für den Arbeitstag 30 $i 
als Abfindung an jeden Kriegsgefangenen, der an 
Wochenſchluß mindeſtens 30% der Leiſtung eines mitte- 
tüchtigen freien Arbeiters der Gegend als durchſchml⸗ 
liche Tagesleiſtung für die betreffende Woche ofw. 
weiſen hat. Der Arbeitgeber hat das von ihm fet: 
geſetzte Maß dieſer Durchſchnittsleiſtung ſowie die fü 
freie Arbeiter angemeſſenen und gültigen Affordiik 
bei Beginn jedes größeren Schlages der zufländir 
Lagerkommandantur mitzuteilen. Bedenken, welche di 
Lagerkommandantur gegen diefe Feſtſtellungen auf Grunt 
örtlicher Nachprüfungen und zugleich im Intereſſe wir: 
ſamer Anſpornung der Kriegsgefangenen oder d: 
Sicherung einigermaßen gleicher Verdienſtmoͤglichleiln 
auf benachbarten Arbeitsftellen erhebt, find zu beachte 
und nach gemeinſamer Rückſprache zu beſeitigen. Komm! 
es nicht zu einer Einigung, fo entfcheidet die Inſpeklion 

3. Ferner zahlt der Arbeitgeber in Form von? 
„Zuſchüſſen“, die von den Organen des Lage 
bezw. der Inſpektion beaufſichtigt, aber nicht faffer 
mäßig gebucht und verrechnet werden: u 

a) an die eifrigen Wachtleute täglich 507) 
Es unterliegt auch keinem Bedenken, wenn dieſer “ 
ſchuß in feiner Höhe veränderlich und zu der Gelam! 
leiſtung der dem Wachtmann unterſtellten Gefangen 
in ein beſtimmtes Verhältnis gebracht wird. Tr 
Charakter eines mäßigen Nebenverbienftes darf dit 
Zuſchuß aber nicht verlieren. Wachtleuten, deren 


141 


Gruppen auch nach einmonatlicher Einübung nicht ‚über 
40% der Normalleiſtung der freien Arbeiten auf⸗ 
weiſen, find keinerlei Zuſchüſſe zuzubilligen; 

b) als „Zuſchüſſe“ an die Kriegsgefange⸗ 
nen, die am Wochenſchluß nicht über 40% der 
Leiſtung des freien Mannes als durchſchnittliche Tages⸗ 
leitung aufzuweiſen: nichts; 

die über 40% bis einſchließlich 60 / nachweiſen: 
von der geſamten Leiſtung einen Akkordlohn, der mit 
210 des für die freien Leute (bei gleichen Arbeitsver⸗ 
hältnifien) feſtgelegten Einheitſatzes zu berechnen ift; 

die über 60 bis einſchließlich 80 0 /o nachweiſen; von 
10 des Akkords der freien Leute; 

die über 80 bis einſchließlich 100 % nachweifen: 
von *ın des Akkords der freien Leute und die über 
100 % nachweiſen: 5/10 des Akkords der freien Leute. 

Auf dieſe veränderlichen Zuſchüſſe find-die feſtge⸗ 
zahlten und kaſſenmäßig nachzuweiſenden Abfindungen 
von 30 Pfg. in Anrechnung zu bringen. 

4. Die Leiſtung des einzelnen Mannes wird in 
den meiſten Fällen nicht feſtgeſtellt werden können, es 
wird aber möglich fein und genügen, die Leiſtung feſt⸗ 
uhelen für Rotten von 2—6 Mann, die dann als 
Arbeitsgemeinſchaften zuſammenzufaſſen und deren 
mehrere je einem Wachmann zu unterſtellen ſind. Auf 
die Bildung der Rotten muß dem Arbeitgeber oder 
dem ihn vertretenden ſachverſtändigen Leiter des 
Schlages unbedingt ein mitbeſtimmender Einfluß ein⸗ 
geräumt werden, da ſein Urteil am eheſten die nach 
ihrem Arbeitsgeſchick und nach ihrer Arbeitswilligkeit 
zuſammenpaſſenden Leute erkennen wird. 

Soweit die obigen neuen Bedingungen nicht von 
dem Arbeitgeber gefordert oder angewendet werden, 
ſind ſie von den zuſtändigen Stellen der Heeresver⸗ 
waltung wenigſtens überall dort zu fordern, wo es 
ſich nicht um ganz vorübergehende Beſchäftigung ein: 
zelner Leute eines Arbeitskommandos beim Holzſchlag 
handelt, deren abweichende Geſtellungsbedingungen un⸗ 
verhältnismäßige Umſtände verurſachen würden. Weitere 
ausnahmen können, wenn triſtige Gründe vorliegen 
und genügende Arbeitsleiſtungen anderweitig geſichert 
werden, zwiſchen den Kgl. Regierungen und den ſtell⸗ 
vertretenden General⸗Kommandos bezw. Inſpektionen 
von Fall zu Fall vereinbart werden. 

Nach Maßgabe dieſer Beſtimmungen würde die 
Gefangenenarbeit erft bei einer Leiſtung von etwa 70 9% 
der normalen ungefähr ebenſo billig werden, wie die 
der freien Leute. Der Arbeitgeber hat alſo kein In⸗ 
tereffe daran, freie Leute durch Gefangene zu erſetzen, 
wohl aber ein weſentliches Intereſſe, die Leiſtungen 
der Gefangenen baldmdglichſt auf mindeſtens 70 % zu 

eigern. 
* * 


x 
1917 


Verlohnung der Kriegsgefangenen bei 
Fällungsarbeiten. 

Die Durchführung dieſer Beſtimmungen über die 
Verlohnung der bei Fällungsarbeiten beſchäftigten Kriegs⸗ 
gefangenen iſt mehrfach auf Schwierigkeiten geſtoßen. 
Der Minifter für Landwirtſchaft, Domänen und For⸗ 
ften hat daher im Einverftändnis mit dem Kriegs⸗ 
miniſter unter dem 4. September 1916 in dieſer An⸗ 
gelegenheit folgendes beſtimmt: 

1. Das neue Verlohnungsverfahren iſt nur anzu⸗ 
wenden, wenn beide Teile — Heeresverwaltung und 
Arbeitgeber — damit einverſtanden find. 

2. Die Vorſchriften für das neue Verfahren werden 
wie folgt abgeändert und ergänzt. 

a) Die Tagesdurchſchnittsleiſtung eines mittel⸗ 
tüchtigen freien Arbeiters hat der Arbeitgeber vor 
Beginn jedes größeren Schlages nach ihrem Lohn⸗ 
wert in Geld einzuſchätzen und dem zuſtändigen 
Lagerkommandanten mitzuteilen. Haͤlt letzterer die 
Schätzung für unzutreffend, fo entſcheidet, ſoweit es 
fih um ſtaatliche oder unter ſtaatlicher Verwaltung 
ſtehende Forſten handelt, der zuſtändige Forſtinſpek⸗ 
tionsbeamte über die beſtehende Meinungsverſchieden⸗ 
heit endgültig. In allen anderen Fällen bleibt die 
Regelung diefes Punktes der beſonderen vertraglichen 
Vereinbarung der Parteien Überlaſſen. Der endgültig 
feſtgeſetzte Lohnwert iſt dem Arbeitskommando bekannt 
zu geben. 

b) Der zur Anwendung kommende Hauerlohntarif 
einſchließlich der etwa bewilligten Rückerlöhne ift vor 
Beginn der Arbeit dem Lagerkommandanten mitzu⸗ 
teilen. Die von den ſtaatlichen Verwaltungen vorge⸗ 
ſchriebenen Hauerlohntarife und Rückerlöhne können 
von dem Lagerkommandanten nicht beanſtandet werden. 
Andere Tarife uſw. werden durch beſondere vertrag⸗ 
liche Vereinbarung zwiſchen den Parteien feſtgeſetzt. 

e) Ob und wie das Arbeitskommando in mehrere 
Arbeitsgemeinſchaften (Rotten) eingeteilt werden fol, 
entſcheidet der Arbeitgeber oder ſein Vertreter nach 
Anhörung des Kommandoführers, deſſen Wünſche nach 
Möglichkeit zu berückſichtigen ſind. 

d) Lohnzahlungen können nur von 14 zu 14 Lager 
gefordert werden. Vor Beendigung 'des Schlages uni 
Feſtſtellung des Schlagergebniſſes werden nur Abſchlags 
löhne gezahlt, deren Höhe in allen Junter ſtaatliche 
Verwaltung ſtehenden Forſten der zuſtändige Revier 
verwalter allein feſtſetzt. Dieſer kann auch beſtimmer 
daß, wenn die: geleiſtete Arbeit, entſprechend gering 
war, ein Abſchlagslohn für den betreffenden Zeit⸗ 
abſchnitt überhaupt nicht zu zaͤhlen iſt. 

e) Auf Lohnempfang nach Maßgabe der Arbeits⸗ 
leiſtung haben nur diejenigen Kriegsgefangenen und 


Wachmannſchaften Anſpruch, die bei der Schlagarbeit 
19 


142 


ſelbſt beſchäftigt waren. Die kriegsgefangenen Unter: 
offiziere erhalten eine beſondere feſte Zulage von täg: 
lich 30 Pfg. Den bei anderen Arbeiten z. B. in der 
Küche beſchäftigt geweſenen Zugehörigen des Kom: 
mandos gebühren während der Dauer dieſer Arbeit 
nur die ublichen feſten Abfindungen. 

f) Feiertage, Krankheitstage und Tage, an denen 
wegen ſchlechten Wetters oder aus ſonſtigen Gründen 
nicht gearbeitet worden iſt, bleiben bei den Berech⸗ 
nungen des Lohnes nach Maßgabe der Leiſtung außer 
Anſatz. Für ſolche Tage werden auch feſte Zulagen 
oder Abfindungen an die Wachmannſchaſten und Kriegs⸗ 
gefangenen nicht gezahlt. 

g) Die in Gemeinſchaft mit den Kriegsgefangenen 
beſchäftigten freien Arbeiter der ſtaatlichen Verwal⸗ 
tungen nehmen an dem verdienten Geſamtlohn der 
Arbeitsgemeinſchaften (Rotten) teil Sie erhalten außer⸗ 
dem einen feſten Tagelohn, der in der Regel nicht 
höher ſein ſoll, als der nach a feſtgeſetzte Lohnwert 
der Durchſchnittsleiſtung. Die Haumeiſter der freien 
Arbeiter der ſtaatlichen Verwaltungen erhalten außer⸗ 
dem einen Zuſchlag zu dem feſten Tagelohn in Höhe 


von nicht mehr als 30% dieſes Lohnes. Alle den 


freien Waldarbeitern hiernach zuſtehenden feſten Be⸗ 
züge werden neben dem ſonſtigen Verdienſt der Arbeits⸗ 
gemeinſchaft beſonders gezahlt. 

3. Wird von der abgeänderten Verlohnungsart 
nach lfd. Nr. 2 kein Gebrauch gemacht, fo tritt an 
ihre Stelle das folgende Verfahren, bei welchem die 
Leiſtungen der Kriegsgefangenen nicht mehr an den 
Leiſtungen der freien Arbeiter, ſondern allein an der 
Menge des aufgearbeiteten Holzes gemeſſen werden: 

a) Die Kriegsgefangenen erhalten für das aufge⸗ 
arbeitete Holz 40 % des nach dem Hauerlohntarif und 
den bewilligten Rückerlöhnen ſich berechnenden Lohnes; 
die Wachtmannſchaften erhalten neben dem Durch⸗ 
ſchnittslohn der ihnen unterſtellten Kriegsgefangenen 
an allen für die Gewährung von feſten Zulagen über⸗ 
haupt in Betracht kommenden Tagen eine ſolche von 
täglich 50 Pfg. 

b) Die Beſtimmungen zu lfd. Nr. 2 b—g haben 
auch für das Verfahren nach lfd. Nr. 3 mit der Map: 
gabe Geltung, daß Abſchlagslohnzahlungen an keinem 
der unter lfd. Nr. 2 d feſtgeſetzten Termine ausfallen 
dürfen. 

4. Andere Lohnverfahren dürfen nur dann ein⸗ 


geführt oder beibehalten werden, wenn triftige Gründe 


hierfür vorliegen, gleich befriedigende Arbeitsleiſtungen 
geſichert bleiben und Arbeitgeber wie zuſtändige mili⸗ 
täriſche Dienſtſtelle mit' dem anderen Verfahren ein⸗ 
verſtanden ſind. 

5. Die Verpflegungszuſchüſſe der Heeresverwal⸗ 
tung, die bei Anwendung des Verlohnungsverfah⸗ 


— 


rens nach lfd. Nr. 2 wegfallen, kommen auch 


bei dem Verfahren nach ld. Nr. 3 in Wegfall. Ob 
bei Anwendung anderer Verlohnungsverſahren (nach 
lfd. Nr. 4) Verpflegungszuſchüſſe zu zahlen find oder 
nicht, hängt von den zwiſchen den Parteien zu treffen⸗ 
den beſonderen Vereinbarungen ab. Die beſtehenden, 
hiernach nicht mehr zuläffigen Verträge über Aus⸗ 
führung von Fällungsarbeiten durch Kriegsgefangene 
ſind mit tunlichſt kurzer Friſt zu kündigen oder im 
Wege der Vereinbarung baldmöglichſt zu löſen. 

Haben die Arbeiten der Kriegsgefangenen ohne 
vorangegangenen Vertragsabſchluß begonnen, ſo kann 
die ſpätere gewählte Verlohnungsart vom Beginn der 
Arbeiten ab zur Anwendung kommen. 


* * 
% 


Holzanfäufe zur Herſtellung von Hol: 
: wolle. 


Durch Erlaß vom 21. November 1916 find die 


Regierungen von dem Miniſter für Landwirtſchaft, 
Domänen und Forſten angewieſen worden, wieder Holz⸗ 


wolleholz, nötigenfalls in beſonders anzulegenden 


Schlägen, zum Verkauf zu bringen. Das Wolleholz 
ſoll freihändig zu einem angemeſſenen Preiſe an die 
Holzwollefabrikanten bezw. deren Holzeinkäufer, ſoweit 
dieſe einen Ausweis der Intendantur der militäriſchen 
Inſtitute darüber vorlegen, daß das Holz lediglich zur 
Herſtellung von Holzwolle für die Heeres verwaltung 
verwendet wird, abgegeben werden. Der Preis ſoll im 


Anhalt an die beim Verkaufe von Grubenholz gegen 
Meiſtgebot erzielten Preiſe bemeſſen und tunlichst ein 


heitlich für den ganzen Regierungsbezirk feſtgeſetzt 
werden. 
* Š * 
Verbot der Ausübung der Jagd und 
Fiſcherei durch Ausländer. 

Im Intereſſe der Spionageabwehr hält das Kriegs⸗ 
miniſterium es für geboten, daß die Ausübung der 
Jagd und Fiſcherei durch Ausländer, ſoweit ſie nicht 
einem verbündeten Staate angehören, in Deutſchland 
für die Kriegsdauer verboten werde. Es hat daher 
die ftellvertretenden kommandierenden Generale erſucht, 
auf Grund des Geſetzes über den Belagerungszuſtand 
entſprechende Anordnungen zu treffen und dabei bemerkt, 
daß, wenn auch aus dieſem im Intereſſe der Sider: 
heit des Reiches zu erlaſſenden Verbot Entichädigung® 
forderungen nicht hergeleitet werden können, es fd 
doch empfehle, in dem Verbot zum Ausdruck zu bringen, 
daß es Ausländern freigeſtellt ſei, ihre Jagd⸗ und 
Fiſchereiberechtigungen durch geeignete Deutſche unter 
Beobachtung der dafür vorgeſchriebenen Form auk 
üben zu laffen. Jagd: und Fiſchereiverpachtungen, die 
unmittelbar an der Grenze gelegen, in geringem Um 


143 


fange die Grenzlinie überſchreiten, dürfen einem neutralen? 
Ausländer mit Genehmigung des ſtellvertretenden Ge⸗ 
neral⸗Kommandos des betreffenden Grenzkorps über⸗ 
laffen werden, fofern die betr. Ausländer völlig ein: 
wandfrei und die Pachtverträge bereits in Kraſt find. 

Nach § 97 des vorausſichtlich am 1. April 1917 
in Kraft tretenden Fiſchereigeſetzes vom 11. Mai 1916 
bedürfen Ausländer künftig eines durch den Regierungs⸗ 
präſidenten auszuſtellenden Fiſchereiſcheines. 

Durch Erlaß vom 10. November 1916 erſucht der 
Miniſter für Landwirtſchaft, Domaͤnen und Forſten 
die Regierungspräfidenten, dieſe Scheine demnächſt 
Ausländern, foweit fie nicht einem verbündeten Staate 
angehören, für die Dauer des Krieges grundſätzlich zu 
verſagen. Weiter weiſt der Miniſter darauf hin, daß 
hinſichtlich der Jagdſcheine 8 29, Abſ. 2 der Jagd- 
ordnung beſtimmt, daß Perſonen, welche weder Ange⸗ 
hörige eines deutſchen Bundesſtaates find, noch in 
Preußen einen Wohnſitz haben, gegen die Bürgſchaft 
einer Perſon, welche in Preußen einen Wohnfitz hat, 
ein Jagdſchein erteilt werden kann, die Jagdpolizei⸗ 
behörden ſeien aber anzuweiſen, künftighin an Aus⸗ 
länder, die nicht den verbündeten Staaten angehören, 
Jagdſcheine grundſätzlich nicht zu erteilen und Aus⸗ 
nahmen nur in den vom Kriegsminiſterium bezeichneten 
Fällen nach Benehmen mit den ſtellvertretenden Ge- 
neral⸗Kommandos zuzulaſſen. 


* * 


* 


Wildſchadenverhütung und Wildabſchuß. 


Unter dem 28. September 1916 hat der Minifter 
für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten in einem 
an die Regierungspräſidenten gerichteten Erlaſſe da- 
rauf hingewieſen, daß der Kriegsbeirat des Kriegs⸗ 
ernährungsamtes ſich am 16. September erneut mit 
der Frage der Wildſchadenverhütung und der Mus- 
nutzung des Wildſtandes für die Verſorgung des Volkes 
mit Fleiſch beſchäftigt habe. Hierbei ſei behauptet 
worden, daß in vielen Revieren der Wildſtand infolge 
Einſchraͤnkung des Abſchuſſes über das normale und 
erträgliche Maß hinaus geſtiegen ſei, und das Ver⸗ 
langen ausgeſprochen worden, über die in der Preuß. 
Jagdordnung zugelaſſenen Schutzmaßnahmen hinaus, 
die Jagdberechtigten auch in Eigenjagdbezirken und in 
eingegatterten Revieren zwangsweiſe zum Wildabſchuß 
anzuhalten. Es ſei ferner als unzuläſſig bezeichnet 
worden, Kartoffeln und andere zur menſchlichen Nahrung 
oder als Viehfutter in Betracht kommende Stoffe an 
Wild zu verfüttern. Der Ernaͤhrungsbeirat habe be- 
ſchloſſen, es möchten, wo nötig, die ſtellvertretenden 
Generalkommandos auf Grund der ihnen zuſtehenden 
Machtbefugniſſe alsbald die erforderlichen Anordnungen 
treffen. Das Kriegsernährungsamt ſei wegen Aus⸗ 


führung dieſes Beſchluſſes an ihn herangetreten und 
die Militärverwaltung habe ſich zwecks Durchführung 
des zwangsweiſen Abſchuſſes auf Eigenjagdbezirken 
erforderlichenfalls zur Stellung von Jagdkommandos 
bereit erklärt. 

Der Miniſter bemerkt weiter, daß der Wildabſchuß 
im allgemeinen auch auf Eigenjagdbezirken und in 
eingezäunten Revieren wohl über das nach Friedens⸗ 
verhältniſſen normale Maß geſteigert worden ſei, ſollte 
es aber noch Jagdbezirke geben, in denen der Wild⸗ 
ſtand eine angemeſſene Höhe überſteige und der Ab⸗ 
ſchuß — nicht allein im Hinblick auf den Wildſchaden, 
ſondern auch auf die Gewinnung von Wildpret — 
ungenügend ſei, ſo ſei auf die Jagberechtigten mit allem 
Nachdruck dahin einzuwirken, daß der Wildabſchuß 
unverzüglich und in hinreichendem Maße verſtärkt 
werde. Nötigenfalls ſei der Forderung durch Hinweis 
auf die ſonſt bevorſtehende Anordnung zwangsweiſen 
Abſchuſſes Nachdruck zu verleihen, und, wenn dieſe 
nicht zum Ziele führen ſollte, eine ſolche Anordnung 
bei dem ſtellvertretenden Generalkommando zu bean⸗ 
tragen. Den Nachbarn von Jagdrevieren, in denen 
übermäßig geſchont wird, ſei jede geſetzlich zugelaſſene 
und mit polizeilichen Rückſichten vereinbare Erleich⸗ 
terung des Wildabſchuſſes zu gewähren. 

Daß die Verfütterung von Kartoffeln und anderen 
zur Ernährung von Menſchen und Vieh geeigneten 
Erzeugniſſen an Wild in gegenwärtiger Zeit durchaus 
unzuläſſig iſt, bedürfe keiner beſonderen Betonung. 
Sollten in dieſer Beziehung Verſtöße von Jagdbeſitzern 
vorkommen, ſo werde durch Beſchlagnahme der zur 
Wildfütterung beſtimmten Vorräte und deren Wieder⸗ 
zuführung zur Verwertung als menſchliche Nahrung 
oder Viehfutter das Erforderliche nötigenfalls mit 
Hilfe des ſtellvertretenden Generalkommandos zu ver⸗ 
anlaſſen ſein. 


* 
* 


Beſchäftigungsgelder für Forſtlehrlinge. 

Den Abſchluß der fiskaliſchen Forſtlehre bildete in 
Friedenszeiten der Eintritt bei einem Jäger⸗Bataillon 
nach beſtandener Jaͤgerprüfung. Die Lehrlinge wurden 


früheſtens im Oktober desjenigen Jahres beim Bataillon 


eingeſtellt, in dem ſie bis zu dieſem Monat einſchließ⸗ 
lich das 18. Lebensjahr vollendet hatten. Für die 
Kriegszeit iſt nun inſofern eine Ausnahme zugelaſſen, 
als auch die ſogar vor Beginn der Lehre zuläſſige 
Einſtellung bei anderen Truppenteilen der Ein⸗ 
ſtellung beim Jäger⸗Bataillon gleich erachtet wird und 
der Militärdienſt, ſoweit er vor Ablegung der einft- 
weilen bis nach Friedensſchluß hinausgeſchobenen Jäger: 
prüfung ſtattfindet, der nach der militäriſchen Ent⸗ 
laſſung oder Beurlaubung beginnenden Lehrzeit voran⸗ 


geht oder ſie unterbricht. Bei der langen Dauer des 
19 * 


144 


Krieges wird es nunmehr notwendig, die Beſchäftigungs⸗ 
gelder für diejenigen Lehrlinge feſtzuſetzen, die ihrer 
Ausbildung nach die Jägerprüfung ſchon hätten be⸗ 
ſtehen können und nur durch den Krieg an der Ab⸗ 
legung der Prüfung verhindert worden ſind. Bezüg⸗ 
lich der zu den kriegsbeſchädigten Jaͤgern zu rechnenden 
Lehrlinge iſt dies bereits durch die allgemeine Ver⸗ 
fügung vom 1. Mai und 2. Oktober 1916 geſchehen · 
Für die übrigen Lehrlinge werden die Beſchaͤftigungs⸗ 
gelder hiermit ebenfalls auf 2,50 Mk. taglich feſtgeſetzt. 
Die Ausbildungszeit, zu der jede Beichäftigung im 
forſtfiskaliſchen Betriebe gehört, gilt im Sinne dieſer 
Beſtimmung als beendet, wenn fie, abgeſehen von der 
weiter unten folgenden Ausnahme, zwei volle Jahre 
gedauert hat. Hierbei iſt der Heeresdienſt nicht mit⸗ 
zurechnen, wohl aber die Zeit etwaiger militäriſcher Be- 
urlaubungen, während deren der Lehrling in der Staats’ 
forſtverwaltung betätigt war. Hatte er im Oktober des An⸗ 
nahmejahres das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet, 
fo müſſen entſprechend den Vorſchriflen für die Friedens- 
zeit drei volle Jahre zur Ausbildung gerechnet werden. 
Die Beſtimmung der allgemeinen Verfügung vom 
30. Juni 1915, wonach den Forſtlehrlingen bei ihrer 
Heranziehung zur Vertretung eines Forſtſchutzbeamten 


ein Tagegeld von 1,50—2,50 Mk. gewährt werden 
kann, wenn ihnen durch Verlegung des Wohnfitzes be- 
fondere Unkoſten erwachſen, bleibt für diejenigen Fort: 
lehrlinge, die ihre Ausbildung noch nicht vollendet 
haben, beſtehen. Dieſe Tagegelder können künftig auch 
den Lehrlingen, deren Ausbildungszeit nach obigen 
drei volle Jahre um faſſen muß, im dritten Jahre auch 
dann bewilligt werden, wenn fie, ohne den Wohnih 
zu wechſeln, einen Forſtſchutzbeamten vertreten. (AN: 
gemeine Verfügung des Miniſters für Landwirtſchaft, 
Domänen und Forſten vom 10. November 1916). 


Aus Preufen. 
Der Etat der Domänen, Rorſt - und landwirt- 


ſchaftlichen Derwaltung für das Etatsjahr 
3. April 197/918. 


I. Der Etat der Domaͤnen⸗Verwaltung. 

Nach dem Abſchluſſe des Etats der Domänenver: 
waltung betragen die Einnahmen 34 323 450 M. 
gegen 33 841 200 M. des Vorjahres. die Ausgaben 
11551150 M. gegen 14 325 130 M. des Vorjahres, 
es bleibt mithin ein Ueberfchuß von 19 772 300 N, 
gegen 1916 ein Mehr von 256230 M. 


II. Der Etat der Forſt verwaltung. 
Der Abſchluß des Forſt⸗Etats lautet: 


Ordinarium. 


Die ordentlichen Einnahmen betragen 154811000 M. gegen 1916 mehr 298 000 M. 
Die dauernden Ausgaben betragen 64 989 000 M. gegen 1916 „ 198 000 M. 
Mithin Ueberſchuß im Ordinarium: 89 822 000 M. gegen 1916 mehr 100 000 M. 
Extraordinarium. 
Die außerordentlichen Einnahmen betragen 2 000 000 M. gegen 1916 ebenjoviel. 
Die einmaligen u. außerordentlichen Ausgaben betr. 2 930 000 M. gegen 1915 ebenſoviel. 
Mithin Zuſchuß im Extraordinarium: 930 000 M. gegen 1916 ebenſoviel. 
Bleibt Ueberſchuß: 88 892 000 M. gegen 1916 mehr 100 000 N. 
A. Einnahmen. 
Ordentliche Einnahmen. gegen den vorigen Etat 
1. Holz aus dem „ 1917 143 600 000 M. ebenſoviel. 
2. Nebennußungen . . 7709000 „ P 
3. Jagd. . ; 800 000 „ 4 
4. Torfgräbereien i im Forſtwirtſchaftsjahre 1917 . id f 124000 „ ; ' 
5. Rückzahlungen auf die an Forſtbeamte (Oberförſter, Revierförster, 
Förſter, Meiſter und Waͤrter) zur wirtſchaftl. Einrichtung bei Ueber⸗ 
nahme oder anderweiter u einer Stelle u N 350 000 „ $ 
6. Forſtliche Lehranſtalten > 111000 , : 
7. Berjchiedene andere Einnahmen 2117000 „ x 
Außerordentliche Einnahmen. 
8. Erlöſe aus dem Verkaufe von n . des vor⸗ 
maligen Staatsſchatzes) . S : i 3 2000000 , a 


—— 


145 


Für die Einnahme für Holz, Nebennutzungen, Jagd, 
Torfgräbereien uſw. find mit Rückſicht auf die Unge: 
wißheit über die Verhältniſſe des Rechnungsjahres 
1917 die Beträge des Vorjahres wieder eingeſtellt 
worden. 


Der Naturalertrag an Holz iſt für 1917 
veranſchlagt auf: 


a) z. Holzzucht beſtimmter Waldboden — 2729444 ha 


b) „ „ nicht „ 


n 


322265 „ 


im ganzen = 3 051707 ha 
gegen 3051679 ha im Jahre 1916. 


B. Ausgaben. 
Die Ausgaben betrugen nad dem Etat in Millio⸗ 


a) kontrollfähiges Material = 9 199 488 fm | nen Mark: 
b) nichtkontrollfähiges Material — 2091202 „ 1907 = 52,9 1912 = 73,9 
im ganzen = 11290690 fm 3 a ne REA 7 = 
Der Flächeninhalt der Staatsforſten 1910 = 69,4 1915 = 69,2 
hat im Jahre 1916 betragen: 1911 = 73,1 1916 = 67,7 
Dauernde Ausgaben. 

l. Koſten der Verwaltung und des Betriebes. | gegen den vorigen Etat 
Beſoldungen ; & #4 . 171913810 M. mehr 180930 M. 
Wohnungsgeldzuſchüſſe 174 000 „ „ 3000 „ 
Andere perſönliche Ausgaben 22730448 „ ebenſoviel. 
Stellenzulagen, Dienſtaufwands⸗ und Mietsentſchädigungen, 

Dienſtkleidungszuſchüſſe : 4394880 „ mehr 11550 „ 
Werben und Verbringen von Holz und anderen Goreng 

im Forſtwirtſchaftsjahre 1917. 17 900 000 „ ebenſoviel. 
Unterhaltung und Neubau der Gebäude. 3 250 000 „ " 
Unterhaltung und Neubau der öffentlichen Wege 3 600 000 „ š 
Beihilfen zu Wege: und Brückenbauten, zur Anlegung von 

Eiſenbahngüterhalteſtellen, außerhalb der Forſten, die von 

weſentlichem Nutzen für die Forſtverwaltung find. 250 000 „ ebenſoviel. 
Waſſerbauten in den Forſten 50 000 „ " 
Forſtkulturen, Bau und Unterhaltung der Wirtſchaſtswege u. 

Eiſenbahngüͤterhalteſtellen, die im Intereſſe der Forſtverwal⸗ , 

tung angelegt werden müſſen, Verbeſſerung der Forſtgrund⸗ 

ſtücke, Forſtvermeſſungen und Betriebsregelungen . 6 000 000 „ ebenſoviel. 
Jagdverwaltungskoſten und 8 121000 „ R 
Torfgräbereien ; 81000 „ i 
Reiſekoſten 110 000 „ 5 
Umzugskoſten 172 000 „ f 
Vertilgung ſchädlicher ö im Forſt⸗ Wirtschaftsjahre 1917 300 000 „ j 
Holzverkaufs⸗ und Verpachtungskoſten, Vorflutkoſten, Koſten in 1 

Rechtſtreiten, Druckkoſten und andere vermiſchte Ausgaben, 

darunter nicht abgelöſte Poſtporto⸗ und Gebührenbeträge mit 

Einſchluß von Fernſprech⸗ und Sean und igi 

ſtige Koſten des dienſtlichen Verkehrs. 1110362 „ weniger 480 „ 

2. Forſtwiſſenſchaftliche und . 

Beſoldungen 138 520 „ mehr 2970 „ 
Wohnungsgeldzuſchüſſe 11420 „ ebenſoviel. 
Andere perſönliche Ausgaben 59 400 „ 8 
Sonſtige Ausgaben 187660 „ mehr 30 „ 

3. Allgemeine Aus gaben. ; 

Grunde und Gemeindelaſten und Koſten der örtlichen Ge- 
meinde⸗ und e in . Guts: u. Amts⸗ 
bezirken : i. cal. ts i. a Me ie i cw g 4100000 „ ebenſoviel. 


146 


Ablöſungsrenten und zeitweiſe Vergütungen an Stelle von 
Naturalabgaben ; 1 242 000 M. 
Geſetzliche Koſten der Unfallverſicherung und Unfallfürſorge ſowie 
Ausgaben für die Unfallverſicherung bei den Forſtakademien 
und Beiträge zum Ruhegehaltskaſſenverbande für Gemeinde⸗ 


forſtbeamte des Regierungsbezirks Wiesbaden 427 000 „ 
Unterſtützungen für ausgeſchiedene Beamte ſowie Ruhegehälter und 


Unterſtützungen für Witwen und Waiſen von Beamten 200 000 „ 
Koſten der der Forſtverwaltung auf Grund rechtlicher Verpflich!?! 
tung obliegenden Armenpflege mit Einſchluß von rund 
30 000 M., die im Durchſchnitt alljährlich als Beiträge der 
Forſtverwaltung zur Clausthaler Forſtarbeiterunterſtützungs⸗ f 
kaſſe im Reg.⸗Bez. Hildesheim gezahlt werden 128 000 „ 
Unterſtützungen aus ſonſtiger Veranlaſſung, darunter einmalige 
Unterſtützungen für Perſonen ohne Beamteneigenſchaft, die 
im Dienſte der Forſtverwaltung beſchäftigt werden oder be- 
ſchäftigt geweſen ſind, und für ihre Hinterbliebenen 60 000 „ 
Ankauf von Grundſtücken zu den Forſten 1050 000 „ 
Einmalige und außerordentliche Ausgaben. 
Ablöſung von Forſtberechtigungen, Grundlaſten und Schuldrenten i 
Ankauf und erſte Einrichtung von Grundſtücken zu den Forten, Vorbereitung und Aus⸗ 
führung des Verkaufs von Forſtgrundſtücken, deren Veräußerung beabſichtigt iſt, 
z. B. Herſtellung der nötigen Straßen-, Beleuchtungs⸗, Entwäſſerungs⸗ uſw. An- 
lagen ſowie deren laufende Unterhaltung und Benutzung i s 

Hier kann derjenige Teil der Iſt⸗Einnahme bei Kap. 1 Tit 10 und gap. 2 Tit. 8 
(Erlöſe aus dem Verkauf von Dömaͤnen⸗ und Forſt⸗Grundſtücken) verwendet werden, der die. 
Summe von 1600000 M. zuzüglich der Hälfte des Erlöſes aus dem Waldverkauf an den 
Verband Groß-Berlin überſteigt und nicht zur Erwerbung und erſten Einrichtung von 
Domänen- und Domänengrundſtücken verwendet wird . . 

An Erlöſen aus dem Verkaufe von Domänen: und Forſtgrundſtücken find veranſchlagt 
unter Kap. 1 Tit. 10 = 2000000 M. und unter Kap. 2 Tit. 8 = 2000000 M. Dieſe 
4 000 000 M. überſteigen die Summe von 1 600 000 M., die nicht zur Erwerbung und 
erſten Einrichtung von Domänen: und Forſtgrundſtücken beſtimmt ift, um — 2400000 M. 
Nach dem Verhältnis der Einnahmen zu einander entſallen hiervon je 1 200 000 M. auf die 
Domänen- und Forſtverwaltung. Der Erlös aus dem Waldverkauf an den Verband Groß⸗ 
Berlin fol zur Hälfte zur Erwerbung und erſten Einrichtung von Domänen: und Forſt⸗ 
grundſtücken verwendet werden Die andere Hälfte ſoll den Einnahmen des vormaligen 
Staatsſchatzes verbleiben. 

Verſuchsweiſe Beſchaffung von Inſthäuſern für Arbeiter. ; 
Außerordentlicher Zuſchuß zum Wegebaufonds (3 850 000 M.) 
Herſtellung von Fernſprechanlagen 


ebenſoviel. 


| 


100 000 NM. 


1 200000 , 


300 000 N. 


1000000 . 


30000 , 


Die Zahl der Forſtbeamtenſtellen hat eben Oberförſterſtellen mit Revier in ſolche ob 
ſich gegen 1916 nicht geändert. Der Haushalts: Revier umzuwandeln und Forftaffefforen zu Ober: 


Entwurf enthält die Bemerkung, daß zur Einziehung ſörſtern ohne Revier zu ernennen. 


gelangende Oberförſterſtellen mit Revier in ſolche ohne Der Höchſtbetrag der Dienſtaufwandsentſchädigung 
Revier nach Bedarf umgewandelt werden können, wozu für Oberförſter betrug bisher 3900 M. Er ſoll bi 
dann weiter erläuternd bemerkt wird: Es ſind nicht zu 6000 M. hinaufgeſetzt werden, damit es möglich 
fo viele Oberförſterſtellen ohne Rebier vorhanden, daß wird, eine Reihe von kleinen Oberförſtereien, die bir | 
alle Forſtaſſeſſoren, die nach ihrem Dienftalter zur her wegen der weiten Entfernung vom Nachbarrevitt 
Ernennung zum Oberförſter an der Reihe find, cine als ſelbſtändige Reviere erhalten worden find, nur 
Stelle erhalten können. Da verſchiedene kleinere Ober- mehr als ſolche aufzuheben. Den Oberförſtern für die 
förſtereien mit Nachbarrevieren vereinigt werden ſollen, vereinigten Reviere ſoll in geeigneten Fällen das hal: 
wird durch den eingeſetzten Vermerk die Möglichkeit ten eines Kraftwagens zur Pflicht gemacht werden. 


147 


II, Der Etat der landwirtſchaftlichen Verwaltung, einſchl. der Zentralverwaltung 
des Miniſteriums für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten. 


A. Einnahmen. 
B. Aus gaben. 
Dauernde Ausgaben. 
. i „ e e oE 
2. Oberlandeskulturgericht 
3, Generalkommiſſionen 
4. Banktechniſche Reviſoren 
5. Landwirtſchaſtl. Lehranſtalten und fonttige wien und Reheat 
6. Tierärztliche Hochſchulen und a : 
7. Förderung der Viehzucht. 
8. Förderung der Fiſcheri 
9. Landesmeliorationen, Moor-, Deich⸗ Ufer- und Dunenweſen 
10. Allgemeine Ausgaben . 


11106 967 M. 


1991850 M. 


169 670 
13 358 145 
32 700 
5.060 403 
6443 075 
8815 000 
589 687 
4175 474 
1805 069 


Unter den unter 9 aufgeführten Ausgaben find a. enthalten, fur: zur Ausführung des Geſetzes betr. Schutzwal⸗ 
dungen und Waldgenoſſenſchaften, fowie Förderung der Wald: und Wieſenkultur überhaupt 195 000 M., 
ur Ausführung des Geſetzes vom 16. September 1899 betr. Schutzmaßregeln im Quellgebiete der links⸗ N 


tigen Zuflüſſe der Oder in der Provinz Schleſien 15 000 M. 


Unter 10 (Allgemeine Ausgaben) ſind zur Beobachtung der in den Flüſſen anne Waſſerſtände 
und Meſſung der hierbei zum Abfluß gelangenden Waſſermengen jowie Feſtſtellung des tatſächlichen Ber- 


laufs der Hochwaſſerwellen in den preußiſchen Stromgebieten 55 219 M. ausgeworfen. 


Einmalige und außerordentliche Ausgaben 
Hier find im Ganzen vorgefehen . 
Hierunter find beſonders zu erwähnen: 
Für Errichtung von ländlichen Stellen miltleren und kleineren ae A — 
Grundſtücken 
Zur Förderung der Land⸗ und Forſtwirlſchaft in 1 den weſtlichen Provinzen 


Hierzu wird erläuternd bemerkt: 

Den weſtlichen Provinzen ſollen, dem Bedürfnis entſprechend, wiederum die in 
früheren Jahren überwieſenen Beträge zugewendet werden. Darnach ſollen verwendet werden 
innerhalb der Rheinprovinz 420000 M., der Provinz Weſtfalen 205000 M., der Pro: 
dinz Sachſen 120 000 M., der Provinz Hannover 110 000 M., der Provinz Heſſen⸗Naſſau 
100 000 M., der Provinz Schleswig⸗Holſtein 40 000 M. und der Hohenzollernſchen Lande 
20000 M. Die Zuwendungen ſollen wie bisher unter der Vorausſetzung wenigſtens 
gleicher Leiſtungen der Provinzial⸗ oder Kommunalverbände und der gemeinſamen Verwen⸗ 
dung der Anteile des Staates und der beteiligten Verbände geleiſtet werden. 

Zur Förderung der Land⸗ und Forſtwirtſchaft in den öſtlichen Provinzen 

Zum Ausbau der hochwaſſergefährlichen Gebirgsflüſſe in der Provinz Schleſien 

Zur Durchführung ves öffentlichen Wetterdienſtes 5 

Zur Förderung der Kultivierung der Niederungsmoore durch Folgeeinrichtungen 

Zur Förderung der Kultivierung und Beſiedelung von Oedländereien in der Provinz Hannover 
Zur Förderung der Kultivierung in der Provinz Weftfalen . N oe ok 


5639 740 M. 


280 000 M. 


1015 000 


1252 000 M. 


335 000 
210 000 
450 000 
150 000 


50 000 


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n 
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(ad 

1 


5 Aus Baden. zur Klärung notwendige Beleuchtung aus dem Ge: 

Gedanken über Uereinſachung und Einjparung dankenkreis eines Kameraldomänenbeamten im Februar: 
in den badischen Honſt- und Domänenverwal- heft erhalten. Der Verfaſſer, Herr Geh. Finanzrat 
tung. Reinach — es ſei mir geſtattet ihn der Kürze halber 

Bon Forſtrat Könige, Heidelberg. in meinen weiteren Ausführungen mit R. zu bezeichnen 

Mein Aufſatz im Oktoberheft hat die erwartete und | — glaubt mir eine ganze Reihe von Widerſprüchen, Un: 


148 


richtigkeiten Ungenauigkeiten und falſchen Schlüffen 
nachweiſen zu können. Darauf muß ich erwidern. 


In der Denkſchrift der badiſchen Regierung vom 
Jahr 1912 über mögliche Vereinfachungen ſind alle 
Zweige der Staatsverwaltung zu Wort und zu dem 
einheitlichen Schlußergebnis gekommen, daß innerhalb 
ihres Bereiches ſchon alles auf das Sparſamſte geord⸗ 
net ſei und weſentliche Vereinfachungen und Einſpar⸗ 
ungen nicht möglich wären. Die Oeffentlichkeit war 
enttäuſcht und in vertrautem Einzelgeſpräch konnte 
man auch von Beamtenkreiſen die Anſicht dahin äußern 
hören, daß weſentliche Vereinfachungen und Einſpar⸗ 
ungen wohl durchgeführt werden könnten und ſollten, 
merkwürdigerweiſe aber meiſt nur in Verwaltungs⸗ 
zweigen, denen der betreffende Beamte ſelbſt nicht an⸗ 
gehörte. 

R. ſteht für die Kameraldomänenverwaltung heute 
noch völlig auf dem Standpunkt von 1912, ja er zieht 
ſogar die in jener Denkſchrift gemachten theoretiſchen 
Zugeſtändniſſe zurück. Die Erfahrungen des Krieges 
haben ſeine Anſicht in keiner Weiſe geändert. Bei 
dieſer Verwaltung iſt alles aufs trefflichſte und ein⸗ 
fachſte geordnet. Sie iſt auch zu wichtig, um an ihr 
zu ſparen. Die Nachbarin Forſtverwaltung, ja die 
bietet eher ein Feld für Einſparung. Die öffentliche 
Meinung aber hält mehr denn je an der Forderung 
einer Vereinfachung und Verbilligung in allen Zweigen 
der Verwaltung feſt, und der Erlaß des Königs von 
Preußen gibt ihr entſchiedenen und entſcheidenden Aus⸗ 
druck. Meine Gedankengänge ruhen auf dieſem Boden. 
Angeſichts der ſchweren Lage unſeres Vaterlandes und 
der nahezu völligen Ergebnisloſigkeit der 1912er Er⸗ 
hebungen hielt ich mich für verpflichtet, meine Anſichten 
in einer Fachzeitſchrift jenen Kreiſen zu unterbreiten, 
die zur Prüfung der Frage fähig und berufen ſind, 
niemand zulieb, niemand zuleid, lediglich ſachlich. 

R.'s Einwände find teils allgemeiner, grundſätz⸗ 
licher Art, teils richten ſie ſich gegen meine rechneriſchen 
Angaben und Grundlagen. Im Rahmen eines forſt⸗ 
lichen Fachblattes kann ich nicht auf alle Züge meines 
Kritikers eingehen. Ich muß mich auf die hauptſäch⸗ 
lichſten Einwürfe beſchraͤnken, deren Klarlegung und 
Erörterung für die Sache zum Nutzen und zu meiner 
eigenen Rechtfertigung geboten iſt. 

I. 

R. lehnt die Vereinigung des Bezirksdienſtes der 
Kameraldomänen⸗ mit der Forſtverwaltung und die 
Zuſammenlegung der Domänenkaſſen mit den Finanz⸗ 
kaſſen grundſätzlich ab, weil: 

1. Die Domänenämter neben ihren wirtſchaftlichen 
Aufgaben auch ſolche von hervorragender agrarpolitiſcher 
und volkswirtſchaftlicher Bedeutung und auch rechtlicher 


Art hätten, zu deren guten Löſung die Vorbildung 
und der weitere Geſichtskreis des Finanztechnikers eine 
beſſere Gewähr gäbe als die des Forſtbeamten; 

2. zwiſchen Forſtmann und Landwirtſchaft Gegen: 
ſätze beſtünden, insbeſondere bei Ausſtockungs⸗ und 
Jagdfragen; 

3. die gewerblichen Betriebe — Staatsbrauerei, 
Rebgut und Kellerei Meersburg — ſich nicht ein⸗ 
gliedern ließen; 

4. die Uebertragung der ſelbſtändigen Kaſſen⸗ und 
Rechnungsführung an mittlere Beamte bedenklich ſei; 

5. durch die Vereinigung der Domänen: mit den 
allgemeinen Finanzkaſſen eine vereinfachte und beſſert 
Grundlage für das Geld: und Kreditweſen nicht ge 
ſchaffen wären. | 

Dem ift entgegen zu balten: 

1. Auch der Staatsforſtbeamte hat neben feinen 
rein forſttechniſchen Aufgaben ſolche ſtaats⸗ und volle 
wirtſchaftlicher wie agrar- und ſozialpolitiſcher Art und 
auf rechtlichem Gebiet teils gleichen, teils ganz ahnlichen 
Charakters wie der Kameraldomänenverwalter zu loͤſen. 
Nur umfaßt der Wirkungskreis der Forſtverwaltunz 
an Staatseigentum das Ffache, an bewirtſchaftetem Gr: | 
meindeeigentum (über 1300 Gemeinden) das 20fache 
der Kameraldomänenverwaltung und an Wert der er⸗ 
wirtſchafteten Erzeugniſſe das 3 und fahe. Die Be: 
amten einer Verwaltung von ſolcher Ausdehnung und 
Vielſeitigkeit werden, wenn ſie ihrer Aufgabe gerecht 
werden folen, an Fahigkeit in praktiſcher Behandlung 
allgemeiner ſtaats⸗ und volkswirtſchaftlicher Fragen, 
wie ſie bei der Bezirksverwaltung vorkommen, den 
Kameraldomaͤnenbeamten nicht nachſtehen dürfen. Bur 
Behandlung verwickelterer Rechtsfragen find auch für 
Finanztechniker in der Rechtſprechung erfahrene Ju: 
riſten unentbehrlich. Die Kriegszeit hat die Bedeutung 
der Forſtwirtſchaft und die vielſeitige Verwendungs⸗ 
fähigeit der Forſtbeamten erwieſen. Unbeſtreitbar if, 
daß die beſte Hochſchulbildung für alle Verwaltungs 
beamte die Univerſität übermittelt. Deren Beſuch 
ſteht den Forſtleuten ebenſo frei wie den Finan: 
technikern. Wenn die badiſchen Forſtbeamten zu ihren 
wie des Staates Nachteil bis jetzt von dieſer Freiheit 
nicht vollen Gebrauch machen, ſondern den größeren 
Teil ihrer Ausbildung an der forſtlichen Abteilung der 
techniſchen Landeshochſchule nehmen, ſo beruht dies auf 
der gleichen Urſache wie der Genuß des „Staatsbieres 
ſeitens der Beſucher der badiſchen Bahnwirtſchaſten, 
nämlich auf einem gelinden Druck der Regierung, denn 
nur fo können diefe beiden ſtaatlichen Sondereinrich 
tungen, wenn auch nur notdürftig lebensfähig bleiben. 
Der Staat gibt aber auch Beamten mit weitaus be 
deutenderem und vielſeitigerem volkswirtſchaſtlichen 
Wirkungskreis als jenem der Rameralbomanenver 


149 


walter, wie Ingenieuren, Kultuttechnikern und Ge: 
werbeauffihtsbeamten ihre Ausbildung an den tech⸗ 
niſchen Hochſchulen, alſo dürften, nach Anſicht der Re⸗ 
gierung, die dort zu gewinnenden allgemeinen Kennt⸗ 
niſſe auch für dieſen Bezirksdienſt als hinreichend 
gelten. 

2. Der angebliche Gegenſatz zwiſchen Forſtbeamten 
und landwirtſchaftlichen Intereſſen iſt aufgebaut auf 
einer meines Erachtens nicht ganz unbefangenen und 
einſeitigen Anſchauung. 

Warum ſoll der badiſche Forſtbeamte bodenwirt⸗ 
ſchaftlichen Fragen einſeitiger und kurzſichtiger gegen⸗ 
über ſtehen als der Finanzbeamte? Bewirtſchaftet er 
doch über 1300 meiſt ländlichen Gemeinden ihre Wal⸗ 
dungen und gewinnt dadurch wie durch ſeinen fort⸗ 
währenden Verkehr mit dem Volk Einblick und Ver⸗ 
ſtändnis für die wirtſchaftlichen Verhältniſſe und Be⸗ 
dürfniſſe der Bevölkerung ſeines Bezirkes wie kaum 
ein anderer. Die Grenzen zwiſchen Feld- und Waldbau 
ſind von jeher flüſſig geweſen und können nicht nach 
augenblicklich auftretenden Einzelanſprüchen, ſondern 
nur im Hinblick auf das allgemeine dauernde Wohl 
gezogen werden. Der Forſtbeamte kann allerdings an 
die Frage der Verſchiebung dieſer Grenzen nur mit 
der Vorſicht herantreten, die ihm ſeine Sachkenntnis 
nach beiden Seiten, feit Verantwortlichkeitsgefühl und 
ſeine Erfahrungen auferlegen. Handelt es ſich um 
Staatsgelände, ſo wird die Sachlichkeit und die Aus⸗ 
ſcheidung jeder perſönlichen Empfindung bei ſolchen 
Fragen um ſo mehr geſichert, wenn mit Verſchiebung 
der Nutzungsart des Geländes nicht zugleich auch deſſen 
Uebergang an eine andere Verwaltung verbunden iſt, 
wie derzeit der Fall. Es kann nicht geleugnet werden, 
daß bei der heutigen Ordnung Machtfragen die ſach⸗ 
liche Prüfung auf beiden Seiten erſchweren können, 
da und dort wohl auch erſchwert haben. 

Die jetzt ſo ziemlich abgeſchloſſene Erwerbungs⸗ 
und Aufforftungspolitil im Schwarzwald ſtand in ihren 
Grundzügen ſtets unter der oberſten Leitung von Nicht⸗ 
Forſtbeamten. Wenn fie nicht überall vollen volks⸗ 
wirtſchaftlichen Erfolg hatte, indem ſie ortsweiſe eine 
Verarmung größerer Landſtriche an Menſchen verur⸗ 
ſachte, ſo liegt dies nicht in der Schuld der Forſtver⸗ 
waltung. Die maßgebenden Nicht⸗Forſtleute waren 
für Bewilligung der Mittel, die für eine Um⸗ und 
Neufiedelung nötig geweſen wären, nicht zu gewinnen. 

Die Jagd iſt ein Nebenbetrieb ſowohl der Land⸗ 
wie der Forſtwirtſchaft. Das Wild lebt und bringt 
Schaden in Wald und Feld. Jäger und Jagdlieb⸗ 
haber gibt es unter Forſt⸗ und Landwirten. Letztere 
ſind dabei in ganz erheblicher Ueberzahl. Amtlich hat 
der Forſtbeamte mit der Jagd ſich nur zu befaſſen als 
Bewirtſchafter der wenigen Domaͤnenjagden im Selbſt⸗ 

1917 


betrieb und als Sachverſtändiger in Jagdſachen. Als 
Jagdbetriebsleiter iſt es ſeine Dienſtpflicht, überall dort, 
wo die Landeskultur in Wald und Feld durch über⸗ 
mäßigen Wildſtand Schaden leidet, den Wildſtand durch 
Abſchuß jo zu ordnen, daß er unfchädlich wird. Auz- 
drücklich zu dieſem Zweck wurde an Stelle der Ver⸗ 
pachtung die Selbſtbewirtſchaftung gewählt. Die Forſt⸗ 
beamten ſind dieſer ihrer Aufgabe pflichtmäßig voll 
und ganz nachgekommen. Hier wie als Jagdſachver⸗ 
ſtändige haben ſie die Intereſſen der Bodenkultur ſo 
gewahrt, daß ihnen in Jägerkreiſen und Jagdzeit⸗ 
ſchriften zwar nie die Anerkennung einer beſonderen 
Berückſichtigung der Jagdintereſſen, wohl aber wieder⸗ 
holt heftige Vorwürfe wegen „Jagdfeindlichkeit“ ge⸗ 
macht wurden. Andererſeits allerdings verbietet es 
dem Forſtmann Gewiſſenhaftigkeit und Sachkenntnis, 
jede Klage eines Grundbeſitzers, Paͤchters oder Güter⸗ 
auſſehers über angeblichen Wildſchaden ohne eingehende 
Prüfung als berechtigt anzuerkennen und zu vertreten. 

3. Die beiden Gewerbebetriebe Brauerei und Kel⸗ 
lerei ſind Verluſtwirtſchaften, einerlei wie die Bewirt⸗ 
ſchaftung, und dürfen für große Organiſationsfragen 
nicht ausſchlaggebend ſein. Ich halte mich weder für 
berufen noch auch für fähig das Rätſel zu löſen, wie 
weit dieſe Betriebe unter ſtaatlicher Leitung zu einem 
wirtſchaftlichen Ertrag gebracht werden können. Auch 
iſt hier dazu nicht der richtige Ort. Die Rebwirtſchaft 
könnte vielleicht zur Errichtung der von der Land⸗ 
wirtſchaft längſt erſtrebten Rebbauſchule Verwendung 
finden. 

4. Durch die Uebertragung der Domänenkaſſen an 
die Bezirksfinanzkaſſen findet keinerlei Selbſtändig⸗ 
machung von mittleren Beamten ſtatt. Die Vor⸗ 
ſtände der Finanzkaſſen ſind akademiſch gebildete Ober⸗ 
Finanzbeamte, und ihnen iſt vielfach auch noch ein 
zweiter Oberbeamter zugeteilt. Dieſe genügen voll: 
ſtändig auch zur Leitung der Domänenkaſſenabtei⸗ 
lungen. 

5. Ich würde es einem ſeiner Aufgabe gewachſenen 
Finanztechniker gegenüber für eine Anmaßung halten, 
im einzelnen diejenigen Vereinfachungen für Zahlungs⸗ 
und Kreditweſen aufführen zu wollen, die ſich aus der 
Kaſſenvereinheitlichung ergeben müſſen. Hier darüber 
nur ſoviel: | 

Die Finanzämter müſſen den beſten Einblick in 
Vermögensverhältniſſe und Borgwürdigkeit aller Per: 
ſonen innerhalb ihres Dienſtbezirkes haben, oder die 
nötigen Grundlagen dazu auf die einfachſte Weiſe be⸗ 
ſchaffen können. Sie haben in jedem Ort einen Steuer⸗ 
einnehmer und damit eine Zahlſtelle und eine Ver⸗ 
trauensperſon. Sie verfügen über eine große Anzahl 
von Steueraufſehern, die regelmäßig alle Orte beſuchen 
und vorzügliche Auskunfts-, Vollzugs⸗ und Zuſtellungs⸗ 

20 


— 


beamte abgeben müſſen. All dies fehlt den Domänen: 
aͤmtern. Der bargeldloſe Zahlungsverkehr und die 
Heranziehung der Banken auch für den Bereich der 
Staatskaſſen harren noch ihres völligen Ausbaues. 


II. 


Die gegen meine rechneriſchen Angaben erhobenen 
Beanſtandungen ſind in der Hauptſache folgende: 


1. Ich habe bei den Forſtaͤmtern den Gehalt der 
Vorſtände um 500 Mk. und den Baumert der Dienſt⸗ 
gebäude um 20 000 Mk. niederer als bei den Domänen: 
aͤmtern angegeben, während doch tatſächlich beide gleich, 
ja die Forſtamtsgebäude fogar teilweiſe als Luxus⸗ 
bauten koſtſpieliger ſeien. 


2. Die Angaben über den auf das ha Domänen⸗ 
wald fallenden Koſtenaufwand für die Bezirksverwal⸗ 
tung ſei unrichtig. Es fehle der Koſtenaufwand für 
Rechnungs⸗ und Kaſſenführung, der bei der Domänen⸗ 
und Finanzverwaltung gebucht ſei, ferner müſſe für 
Wohnungsaufwand anftatt des Wohnungsgeldes der 
tatſächliche Gebäͤudeaufwand eingeſetzt werden. 


3. Es ſei nicht einzuſehen, warum die 3 Wieſen⸗ 
Kulturmeiſter künftig überflüſſig werden ſollten. 


4. Durch die Uebertragung der Kaſſe und der 
Rechnung an die Finanzämter müßten dort beträcht⸗ 
liche Erweiterungen der Dienſtraͤume vorgenommen 
werden. Dieſe Koſten ſeien ebenfalls nicht berück⸗ 
ſichtigt. 

5. Erſtaunlich und nicht zu vereinbaren mit meinem 
Beſtreben der Erſparung ſei, daß ich für die Be⸗ 
zirksverwaltung in ihrer künftigen Geſtaltung eine ganz 
erhebliche den hung des Aufwandes für den äußeren 
Dienſt fordere. 

Darauf erwidere ich: | 

1. Meine Angaben über Gehalt und Baukoſten⸗ 
aufwand ſind den Staatsvoranſchlägen entnommen, 
deren Angaben wohl auch für R. maßgebend und ihm 
bekannt ſein müſſen. 


Nach dem Voranſchlag 1913/14 beträgt der Durch⸗ 
ſchnittsgehalt der 13 Domänenamtsvorſtände 5500 Mk., 
jener der 99 Forſtamtsvorſtände 5000 Mk. Anſangs⸗ 
und Endgehalt ſind zwar gleich, aber nicht die Ver⸗ 
teilung unter die einzelnen Gehaltsklaſſen. Die Forſt⸗ 
beamten find von der Gehaltsgemeinſchaft der übrigen 
Beamten der Finanzverwaltung merkwürdigerweiſe 
ausgeſchloſſen, daher der Unterſchied zu ihrem Nach⸗ 
teil. 

In den Staatsvoranſchlägen von 189495 bis mit 


1912/13 find an Neubauten für Dienftgebäude ent- 
halten: 


150 


Forſtämter Domänenämter 
Anzahl 22 4 (ein Doppelhaus als 
zwei gerechnet) 
Geforderte Bau⸗ 
ſummen i. G. 1088000 Mk. 365 000 Mk. 


i. Einzelnen v. 25000-74000 Mk. 64000-103000 Mt. 


mittl. Bauſumme 49 500 Mk. 91000 Mt 
Mehraufwand für 1 Domänen⸗ 
amt im Mittel 41000 Ml. 


Die Domaͤnenämter haben ein größeres Perſonal 
und es wurden ihnen von jeher größere und mehr 
Dienſträume bewilligt. Daher iſt auch bei ihnen 
Grundriß und überbauter Raum, alſo auch die Bau⸗ 
ſumme größer. Der Vorwurf der Luxusbauten trift 
nur für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum, der 
in obigen Angaben enthalten iſt, zu, erſtreckt ſich aber 
auf alle Verwaltungszweige und, wie die Nachweiſung 
erſehen läßt, auch auf die Domänenämter. In den 
80er Jahren, wo mit dem Bau der Forſthäuſer in 
größerem Umfang begonnen wurde, ſchwankte der Bau: 
aufwand für ein ſolches Gebäude zwiſchen 25 000 und 
30 000 Mk. 

2. Meine Angaben über den Verwaltungsaufwand 
für 1 ha Wald find der von der Forſt⸗ und Domänen: 
direktion herausgegebenen Forſtſtatiſtik des Jahres 1913 
entnommen. Die von R. hervorgehobenen Mängel find 
zutreffend und auch mir nicht entgangen, bleiben aber 
auf das Endergebnis ohne Einfluß, weil fie durch dn 
Fehler ausgeglichen werden, daß als Verteilungsſchlüſe“ 
für den Anteil der Domänen: und Gemeindewaldunge 
eine erſtere viel zu ſchwer belaſtende Zahl angenommen 
worden ift. Unterſtellt man das Vbha⸗Verhältnis, d. h. 
1½ ha Gemeindewald — 1 ha Domänenwald, Ío 
ergibt ſich folgende Berechnung: 

Aufwand nach der Statifti€ . 
dazu kommen: 

a. Unterſchied zwiſchen wirklichem 

Gebäudeaufwand u. Wohnungs⸗ 
geld 297 000 - 70 000 
b. Aufwandsanteil für Kaſſe und 
Rechnung nach R. . . 10000, 
Wirklicher Aufwand ſomit 1 354 640 Rt 
Davon Anteil der Forſtpolizei nach 

amtlichem Schlüſſel 0,12 . 
bleiben für 269 700 Vbha Domänen: 

und Gemeindewaldungen 1192070 N. 
das ift für 1 Vbha Domänenwald 4,42 Ml. 

Legt man den Aufwand für Rechnung und Raft 
ausſchließlich dem Domänenwald zur aft, fo iſt W 
Ergebnis: 

Verwaltungsaufwand ohne Kaſſe 1251640 N. 

Davon Anteil für Forſtpolizei 0,12 1505 


. 1027640 N. 


227 000 . 


162570. 


gr, ed 
7 


151 


Koſten für Domänen: und Ge⸗ ſturmpflichtigen Altersklaſſe über 45 Jahren, die 68 

meindewaldungen . . 1104083 Mk. Köpfe zählt, 28 Mann = 41%. Ihr Leben haben 

Das tft für den Vbha . . . . 4,10 Mk. im Kriegsdienſt gelaffen 14,4 % der Eingetretenen 
Für den Domänenwald Kaſſenkoſten: und 17,7% der in's Feld gerückten. 

100 000 Mk. auf 94 200 ha, auf 1 ha 106, Der Forſtverwaltung iſt es trotz dieſes gewaltigen 


Verwaltungsaufwand mit Kaſſe ſomit 5,16 ME | Ausfalls von Beamten gelungen den Betrieb in der 

Meine Angabe war abgerundet . 5,00 „ Heimat aufrecht zu halten und auch den durch die 

3. Die Kulturmeifter find den Domänenämtern Kriegsverhältniſſe weſentlich erhöhten Anforderungen 
nötig zum Entwurf und Vollzug wieſenbautechniſcher im Großen und Ganzen gerecht zu werden, ſoweit dies 
Arbeiten. Die Forſtbeamten haben die dazu erforder: | mit der ebenſo zuſammengeſchmolzenen Arbeiterſchaft 
lichen Fachkenntniſſe ſelbſt, oder können dieſe ſich leicht möglich war, allerdings in kriegsmäßiger Weiſe. 
aneignen. Auch finden ſie außerhalb der Zeit des Es iſt Geſchmackſache aus dieſen Tatſachen die 
forſtlichen Hochbetriebs Gelegenheit, dieje Arbeiten unter Hauplſchlußfolgerung zu ziehen, daß die Forſtverwal⸗ 
Heranziehung ihres dazu ebenfalls verwendbaren Forſt⸗ tung ſich beſſer zur Einſparung von Beamten eigne 
perſonals auszuführen. Ich halte daher die Anſtellung als die Kameraldomänenverwaltung, über deren Jn- 
beſonderer Kulturmeiſter künftig für entbehrlich. anſpruchnahme durch den Kriegsdienſt R. nichts ſagt. 

4. Das Perſonal der betroffenen Finanzämter wird | IV 
zur Bearbeitung der Domänenkaſſenangelegenheiten eine 
Vermehrung von vielleicht je 2 bis höchſtens 3 Köpfen Endlich fragt R., wie es komme, daß im Geld⸗ 
erfahren. Wahrſcheinlich wird aber auch bei dieſen rohertrag die von Forſtbeamten bewirtſchafteten heſſi⸗ 
Stellen durch Einſparen da und dort ein Raum frei ſchen Kameralwieſen in den letzten 20 Jahren um 
werden. Im übrigen werden fih die Beamten wohl 14 zurückgegangen, die bad. Kameralwieſen aber 
überall, wenn nötig, an ein näheres Zuſammenrücken unter der Bewirtſchaftung von Finanzbeamten in den 
gewöhnen müſſen. Koſtſpielige Erweiterungsbauten letzten 25 Jahren um 56% geſtiegen feien. Die 
laffen fih daher ſicherlich vermeiden, wenn der ſtrenge Grundlagen zu dieſer in Frageform gekleideten fo 
Wille dazu vorhanden iſt. kurzen und ſicheren Behauptung find weder mir noch 

5. Die Grundbedingung für die Erfüllung der auch der heſſiſchen Verwaltung bekannt. Ihre Be: 
hohen Anforderungen an die Leiſtungen des künftigen rechtigung und Beantwortung ergibt fih aus folgen: 
Mufterforftamtes ift, wie ich ausdrücklich hervorgehoben der, auf amtlichen Angaben beruhenden Darſtellung 
habe, neben dem Gehilfen eine ausgiebige Be- | („Die Kameraldomänen des Großherzogtums Baden 
nützung des Kraftwagens. Damit ift ſelbſtverſtändlich im 19. Jahrhundert“ Karlsruhe 1906, Seite 148, 
ein weſen tlich erhöhter Koſtenaufwand gegen bisher und Voranſchlag des Finanzminiſteriums 1914/15, 
verbunden. R. fällt auch hier in den Fehler, einen Seite 87 für Baden; Denkſchrift über den Zuſtand 
einzelnen Poſten aus dem ganzen Gefüge heraus zu der Domanialwieſen im Großherzogtum Heſſen und 
nehmen und mit einem Poſten der alten Rechnung zu weitere amtliche Mitteilungen für Heſſen): 
vergleichen. Es handelt ſich aber nicht um Einzelteile, Der Rohertrag des Hektar ſelbſtbewirtſchafteter 


ſondern um die Schlußwirkung des Ganzen. Wieſen war: 
Zeitabſchnitt in Baden in Heſſen 
. III. 1885/1894 116 Mt. 101 Mt. 
Nach R. „hat fih in der Kriegszeit gezeigt, daß 1904/1913 129 Mt. 95,5 Mk. 
eine ganze Reihe von Forſtbezirken von benachbarten Veränderung in % + 13 — 4 
Forſtämtern oder der Zentralſtelle mitverwaltet wer- (Angabe R. 's) (+ 56) (— 14) 
den können“. Dies ift richtig, aber mit der notwen⸗ Flächen der Wieſen 
digen und ſehr weſentlichen Einſchränkung: „zur drin⸗ 1885 6078 ha 3913 ha 
gendſten Not in kriegsmäßiger Art“. Und ähnliche 1913 4635 ha 2180 ha 
Wahrnehmungen gelten für alle Zweige der öffent⸗ Abnahme 1443 ha 1733 ha 


lichen Verwaltung wie für das ganze wirtſchaftliche Die Flächen haben ſich ſomit in beiden Verwal⸗ 
Leben. Dieſer Zuſtand ift aber weder natürlich, noch | tungen ganz erheblich, in Baden um 240/0, in Heffen 
vorteilhaft, noch auf die Dauer durchführbar. um 440/0 innerhalb der Vergleichszeit verringert. 

Von den höheren Forſtbeamten ſind bei einem Stand Beiderſeits kamen durch Ankäufe neue, meiſt wohl ge: 
von 182 Köpfen feit Kriegsbeginn in den Heeresdienft | ringwertigere Wieſen von ſogenannten „Waldgütern“ 
eingetreten 112 = 67 %, von den 99 Forſtamts⸗ hinzu, andere wurden durch Verkauf, Aufforſtung und 
vorſtänden 44 — 44%, darunter aus der nichtland⸗ Verpachtung — in Baden auch durch Ueberweiſung 

20% 


— — . —— — zs 


in den Waldverband als ſogenanntes Waldgut — 
ausgeſchieden. 

In Heſſen ſind ſchon ſeit dem Jahr 1875 die 
Oberförſtereien an Stelle der aufgehobenen Rentämter 
mit der Bewiriſchaftung der Kameraldomänen betraut. 
Schon in den 80er Jahren begann man dort mit 
einer großzügigen Verbeſſerung der früher vernach⸗ 
läſſigten Wieſen, insbeſondere durch Wäſſerungsein⸗ 
richtungen und namentlich auch durch Anwendung 
von künſtlichem Dünger. Zu dieſem Zwecke wurde 
auch eine große Anzahl bisher verpachteter Wieſen in 
Selbſtbewirtſchaftung übernommen. Im Jahr 1907 
ging man dann dazu über, die ſo hoch gebrachten 
Wieſen wieder, ſoweit fie wirtſchaftlich vorteilhafter 
unmittelbar an einen landwirtſchaftlichen Betrieb mit 
Viehhaltung angegliedert werden konnten (Nutzbar⸗ 
machung von tieriſchem und pflanzlichem Dünger), 
wieder an die inzwiſchen durch das Arariiche Beiſpiel 
beſſer erzogenen Landwirte in Pacht zu geben. Dies 
waren natürlich die hochwertigſten, ertragreichſten Wieſen 
in landwirtſchaftlich dicht bevölkerten Gegenden und 
in der Nähe der Ortſchafſten. Dauernd ſollten in 
Selbſtbewirtſchaftung nur ſolche Wieſen bleiben, die 
wegen ihrer Lage oder ſonſtiger Verhältniſſe Gefahr 
liefen, bei Verpachtungen in ihrer wirtſchaftlichen Lei⸗ 
ſtung zurückzugehen. Eine Erhöhung der Leiſtungs⸗ 
fähigkeit ſolcher Wieſen bringt nicht immer zugleich 
auch eine Erhöhung des Rohgeldertrages; in landwirt⸗ 
ſchaftlich weniger dicht bevölkerten Gegenden wird durch 
die erhöhte Graserzeugung und das dadurch bedingte 
erhöhte Grasangebot der Geldertrag ſogar herabge⸗ 
drückt. In Heſſen liegt ein anſehnlicher Teil der 
noch ſelbſtbetriebenen Kameralwieſen in Gegenden mit 
ſolchen Verhältniſſen. In Baden befindet ſich zur Zeit 
die ganz überwiegende Flaͤche der ſelbſtbewirtſchaſteten 
Wieſen in der landwirtſchaftlich dicht⸗ und überbevöl⸗ 
kerten Rheinebene. Ein Uebergang hocherträglicher 
Wieſen aus der Selbſtbewirtſchaftung in Verpach⸗ 
tung it in Baden nicht Grundſatz, wohl aber eine 
tunlichſte Ausſcheidung aller Wieſen mit geringerem 
Geldertrag namentlich in Gebirgsgegenden aus dem 
Selbſtbetrieb in Verpachtung. 

Aus dieſen verſchieden gearteten Verhältniſſen und 
Wirtſchaftsgrundſätzen findet der Unterſchied im Roh: 
geldertrag zwiſchen den heſſ. und bad. Wieſen ſeine 
natürliche Erklarung. Zum Schluß auf eine vergleids: 
weiſe minderwertige Leiſtung der heſſiſchen Verwaltung 
berechtigt er nicht. 

Im Jahr 1895, alſo 20 Jahre nach Uebernahme 
des Betriebs durch die Forſtverwaltung, wurde der 
Zuſtand der heſſiſchen Kameralwieſen auf Wunſch der 
Landſtände durch eine Kommiſſion, beſtehend aus dem 
kulturtechniſchen Perſonal der oberen landwirtſchaft⸗ 


152 


lichen Behörde, einer Unterſuchung unterzogen und 
das Ergebnis den Landſtänden unterbreitet mit den 
verlangten Verbeſſerungsvorſchlägen. In dieſer Dent: 
ſchrift heißt es unter anderem: „Die Vorſchläge der 
Kommiſſion deckten fih im Ganzen mit den wirtſchaft⸗ 
lichen Abſichten der Oberförſtereien. Wenn ſchon der 
Geſamteindruck für die Kommiſſion ein günftiger war, 
jo befanden fih einzelne Wieſen in muflergiltigen 
Zuſtande. Faſt allenthalben hoben ſich die Domanial: 
wieſen vorteilhaft von Privat: und Gemeindewieſen 
ab, was bei der langjährigen, zielbewußten Bewitt⸗ 
ſchaftung nicht Wunder nehmen kann. Werden doch 
die fiskaliſchen Wieſen ſeit rund 20 Jahren in ange⸗ 
meſſenen Zeitabſchnitten regelrecht mit Thomasmehl 
und Kainit gedüngt. Die hierbei erzielten Erfolge 
gaben den übrigen Grundbeſitzern vielfach erft die An: 
regung zu gleihmäßigem Vorgehen. Wenn gleichwohl 


die Erlöfe den geſteigerten Erträgen nicht entfpraden, . 


fo lag das in den beſonderen Verhältniſſen (Mißver⸗ 
hältnis zwiſchen Angebot und Nachfrage wie oben ge: 
ſchildert). 
wurde mit der Beſſerung der Wieſen überall den 
fortgefahren, wo die Reinerträge noch annehmd 
waren.“ 

Auch die badiſche Kameraldomänenverwaltung wird 
ein beſſeres Zeugnis von unbeteiligter ſachverſtändiger 
Seite für ſich nicht beanſpruchen. 

Als Ergänzung hierzu fei angeführt, was daz Er. 


heſſ. Miniſterium der Finanzen, Abt. für Forſt⸗ und 


Kameralverwaltung, am 16. April 1917 mir auf Ar 
frage mitzuteilen die Güte hatte: 

„Die Aufgabe, die Domanialwieſen muſtergültig zu 
bewirtſchaſten, haben die Oberförſtereien ſehr gut ge: 
löſt, und zwar mit dem Erfolg, daß Gemeinden und 
Private dem Streben der Forſtverwaltung nacheiferten. 
Während bei den Mitte der 90er Jahre auf Ver 
langen der Ständekamwer ſtattgefundenen Ortsbefid: 
tigungen die Domänenwieſen vorteilhaft von den Ge 


meinde⸗ und Privatwieſen fih abhoben, verſchwand der 


Unterſchied allmählich immer mehr, indem die Land: 


wirte, durch das Vorgehen der Oberförſtereien angeregt, 


das Verſäumte nachholten. 


Wenn nach der Geldertragsüberſicht in den letzten 


20 Jahren die Roherlöſe um 4% geſunken find gegen: 
über dem Durchſchnitt der vorausgegangenen 17 Jaht, 
jo hängt das, abgeſehen von dem vermehrten Futter 
bau damit zuſammen, daß gerade die wertvollen 
Wieſen in der Nähe der Ortſchaften aus eigener Ber 
waltung in Zeitpacht übergingen.“ 


Jeder Vorſchlag über bedeutende Umſormung kann 
zunächſt nur in großen Zügen geſtaltet werden und 
wird einem eifrigen Nachprüfer aller Einzelheiten immer 


Trotz Ausbleibens der klingenden Erfolge 


153 


Gelegenheit zu Einwürfen geben, namentlich wenn 
ihm fachlich und perjönlich eine Neuordnung nicht er- 
wünſcht erſcheint. Ich war auf eine ſolche Behand⸗ 
lung gefaßt, aber auch überzeugt, daß ich in der Lage 
wäre, die Grundzüge meiner Ausführungen und Vor⸗ 
ſchlaͤge erfolgreich zu rechtfertigen. Ich glaube, dies iſt 
mir gelungen. Was ich an Einwendungen hier nicht be⸗ 
handelt habe und nicht behandeln konnte, dreht 
ſich um nebenſächliche Dinge, die für die Wirkung 
des Ganzen von keiner ausſchlaggebenden Bedeu⸗ 
tung find. | 

Man darf und muß ſich vor einem ſachverſtän⸗ 
digen Kreis über Organiſationsfragen ausſprechen 
können, ohne daß man ſich von anderer beteiligter 
Seite dem Vorwurf der Gefährdung des Burgfriedens 


ausſetzt. Regierung und Volksvertretung verlangen 
und erſtreben mit aller Entſchiedenheit eine von per⸗ 
ſönlichen Rückſichten völlig unbeeinflußte durchgreifende 
Vereinfachung unſerer Staatseinrichtungen. Daß Ver⸗ 
waltungszweige und Beamtengruppen, die zu ihrer 
Zeit ihre Aufgaben voll erfüllt haben, einer Verſchie⸗ 
bung ihrer bisherigen Arbeitsgebiete und ihrer Arbeits⸗ 
gewohnheiten mit Bedenken und innerem Widerſtreben 
gegenüberſtehen, it menſchlich begreiflich. Staatsnot⸗ 
wendigkeit aber muß darüber hinwegkommen. 

Woher ſollen die zur Durchführung dieſer Not⸗ 
wendigkeit berufenen Kreiſe klare Einficht in Sonder: 
verhältniſſe und alle gebotenen Möglichkeiten gewinnen, 
wenn ſolche Ausſprachen als eine Schädigung des vater: 
ländiſchen Wohles gelten ſollen? 


q 


Notizen. 


A. Jasdliche Mitteilungen aus Süddentſchlaud. 


Für den Verkehr mit Wild und die Höchſtpreiſe hierfür 
find ſeitens des Kriegsernährungsamtes Ende September v. J. 
Vorſchriften erlaſſen worden, wobei die Preiſe eine anſehnliche 
Erhöhung erfahren haben. Letzterer Maßnahme lag die Ab⸗ 
ficht zugrunde, das Wild mehr als ſeüher den größeren Städten 
zuführen, weil bei den früheren, unter den allgemeinen Fleiſch⸗ 
preiſen verbliebenen Beträgen für Wild dieſes von den Jagd⸗ 
berechtigten im eigenen Haushalt verwendet oder an die ein⸗ 
geſeſſenen Bewohner abgegeben wurde. In den ſür das Reich 
ergangenen Vorſchriften it den einzelnen Bundesſtaaten das 
Recht vorbehalten, noch beſondere Anordnungen zu treffen. Ueber 
die in dieſer Hinſicht von Bayern und Baden ergangenen Bee 
ſtimmungen fet nachſtehend kurz berichtet.) 

Bayern. Der gewerbsmäßige Handel mit Wild und 
Geflügel bedarf einer beſonderen Erlaubnis der Bayer. Fleiſch⸗ 
berforgungsftelle, die regelmäßig nur an Perſonen erteilt wird, 
welche dieſen Handel ſchon vor dem 1. Auguft 1914 betrieben 
haben. Die Abgabe von Rots, Dame, Schwarz» und Rehwild 
auch ſchenkungsweiſe ſowohl roh als in jeder Art der Zu⸗ 
bereitung darf nur gegen Fleiſchmarken oder Bezugſcheine er⸗ 
folgen. Markenfrei bleiben Gemſen, Hafen, Kaninchen, Wilds 
geflügel ſowie der Wildaufbruch mit Herz und Leber, dann die 
Wildköͤpfe. Die Wildbrel händler haben Über den Bezug und 
die Art der Verwertung des abgeſetzten Wildes Vormerkung 
zu führen, ebenſo die Wirte und ſonſtigen Gewerbireibende, die 
Wild zubereitet abgeben. Die Jäger find berechtigt, von einer 
Treibſagdſtrecke 10 vom Hundert, höchſtens aber 40 Stück 
Haſen für den eigenen Bedarf zurückzubehalten Von dem Reſt 
it ein Viertel dem Kommunalverband des Jagdgebietes oder 
ber von dieſem bezeichneten Stelle anzubieten bezw. abzugeben 
und ber weitere Reſt an die von der Fleiſchverſorgungs stelle 
zugelaſſenen Wildbrethändler zu verabfolgen. Auf Antrag der 
Jäger kann eine andere Art der Verteilung der Strecke durch 
die Fleiſchverſorgungsſtelle zugelaſſen werden. Zwecks Ver⸗ 
ſorgung der Städte iſt die bemerkenswerte Beſtimmung ge⸗ 


) Auch in Gefen find ähnliche Beſtimmungen getroffen 
worden. D. Red. 


troffen, daß die Wildbrethändler die bezogene Strecke an be 
ſonders bezeichnete Verſorgungsgebiete zu liefern haben. Es 
ſind hier für die einzelnen Regierungsbezirke je 2 bis 5 größere 
Städte benannt, an welche die Wildbrethändler die ihnen zu⸗ 
gefallenen Hafen zu überlaffen baben. Auch von dieſer Bore 
ſchrift können durch die Fleiſchverſorgungsſtelle Ausnahmen 
zugeſtanden werden. Markenfreies Wild und Geflügel dar 
aus Bayern nur mit Genehmigung der Fleiſchverſorgungsſtelle 
ausgeführt werden, welcher die Verſandpapiere mit einer Er⸗ 
klärung des Komm alverbandes des Ausfuhrortes vorzu⸗ 
legen ſind, daß das auszuführende Wild und Geflügel für den 
Bezirk nicht beanſprucht wird. Die Ausfuhr iſt ſohin ziemlich 
erſchwert. Mit verſchwindenden Ausnahmen ſind die vom 
Kriegsernährungsamte feſtgeſetzten Höchſtpreiſe für Wild in 
Bayern beibehalten worden. Erwähnenswert dürfte ſein, daß 
auch für den zerlegten Haſen Einzelpreiſe beſtimmt wurden. 
Ein Ziemer 2,20 Mk., beide Schlegel zuſammen 2,40 Mk., 
Ragout 1,20 Mk. Bemerkenswert iſt das von dem Stellvertr. 
Generalkommando des I. und III. bayer. Armeekorps erlaſſene 
Verbot, daß während des Krieges die Jagd und Fiſcherei durch 
Ausländer, die nicht einem verbündeten Staat angehören, nicht 
ausgeübt werden darf. Hierbei bleibt den durch das Verbot 
betroffenen Ausländern frei geſtellt, ihre Befugnis durch ge⸗ 
eignete deuſche Staatsangehörige unter Beachtung der dafür vor- 
geſchriebenen Formen ausüben zu laſſen. Es kommen hier u. A. 
belgiſche und ſchweizer Jagdgeſellſchaſten in Betracht, die in 
der bayer. Pfalz gut beſetzte Jagdbe irke zu hohen Preiſen ers 


pachtet und ſeither alljährlich im Herbſte glänzende Treibjagden 


veranftaltet haben. Mit Rückſicht auf den Krieg find zur auss 
giebigen Verſorgung mit Wildbret und Minderung der Wild⸗ 
ſchäden die Schußzeiten für Rehböcke und Haſen um je 14 Tage 
verlängert worden. 


Baden. Die Jäger ſind verpflichtet, das auf ihrer Jagd 
erlegte Rot-, Dam⸗, Schwarz⸗ und Rehwild ſowie Hafen und 
Wildgeflügel, inſoweit fle ſolches nicht in ihrem eigenen Gaus- 
halt verbrauchen, oder an Gaſtſchützen zum Verbrauche in deren 
Haushalt abgeben, an den Kommunalverband des Jagbortes 
oder ihres Wohnortes oder an zugelaſſene Wildbrethändler 
gegen Entrichtung der für den Großhandel mit Wild feſtgeſetzten 


154 


Höchſtprelſe abzuliefern. Die Kommunalverbände dürfen die 
Jäger hinſichtlich der Abgabe von Wild an die zugelaſſenen 
Wildbrethändler wicht beſchränken. Mit Zuſtimmung des Koms 
munal verbandes kann die Ablieferung auch an in der Nähe 
des Jagdortes gelegene Wirtſchaften erfolgen. Ueber das emp⸗ 
fangene Rots, Dams, Schwarz- und Rehwild haben die Rom: 
munalverbände Beſcheinigungen, die Wildbrethändler ſowie die 
Inhaber von Wirtſchaften Fleiſchbezugsſcheine dem Jager and» 
zuſtellen. Bei der Entnahme von Fleiſch von Rote, Dante, 
Schwarz: und Rehwild zum Verbrauche im eigenen Haus⸗ 
halte, daun bei der Ueberlaſſung ſolchen Wildes an Gaſtſchützen 
find die entſprechenden Fleiſchmarken abzugeben. Markenfrei 
And Hafen, Kaninchen, Wildgeflügel, Aufbruch mit Herz und 
Leber, auch Wildköpfe. Bei gemeinſamen Jagden darf der 
Jäger für den eigenen Haushalt nur je zwei Haſen und für 
jeden Gaſtſchützen nur je einen Haſen von der Strecke be⸗ 
halten. Ueber die Entnahme und Abgabe von Wild und Wild⸗ 
geflügel haben die Jäger eine⸗Aufſchreibung zu führen, welche 
die für den eigenen Haushalt entnommenen, an die Gaſt⸗ 
ſchüͤtzen, die Kommunalverbände, die Wildbrethändler und Wirte 
abgegebenen Mengen, die Namen der Empfänger und einen 
Vermerk über eingezogene Fleiſchmarken und Bezugſcheine ent⸗ 
halten. Als Wildbrethändler find vom Bezirksamte auf Ans 
ſuchen nur ſolche Gewerbtreibende zuzulaſſen, die bereits vor 
dem 1. Mat 1916 in offenen Verkaufsflellen Wild gewerbs⸗ 


mäßig verabfolgt und fic) hierbei nicht als unzuverläſſig er⸗ 


wieſen haben. Die Höchſtpreiſe des Kriegsernährungsamtes 
find vorbehalten. Für den zerlegten Hafen find beſtimmt: für 
einen Ziemer 2,40 Mk., für einen Schlegel 1,40 Mk., für das 
Ragout 1,10 Mk. | 


B. Wer verbreitet die Miſtelbeeren. 


Obwohl man ſchon bei den Römern wußte, daß die Miſtel⸗ 
droſſel die Miſtelbeeren verbreitet, iR man heute noch unfider, 
welche Vögel ſonſt noch dem Genuß der Miſtelfrüchte huldigen; 
ja man weiß nicht einmal, welche Droſſelarten außer dem 
Miſtler das zu tun pflegen. Bei meinen Fütterungsverſuchen 
fraß der Seldenſchwanz die Beeren ebenſo wie die Miſteldroſſel, 
aber keine andere Droſſelart und auch ſonſt kein Vogel. Füt . 
terungsverſuche mit Zimmervö zeln find jedoch nicht geeignet, 
ſichern Aufſchluß zu erlangen. Alle Auskünfte, die man von 
Forſtleuten und Jägern erhalten kann, beſchränken ſich auf 
die Beobachtung, welche Vögel an Miſtelbüſchen geſehen wur⸗ 
den. Man kann ſich aber leicht überzeugen, daß manche Vögel 
Beeren abpicken ohne fie zu freffen und daß andere an den 
grünen Blättern zupfen. Wenn man alſo erfahren will, welche 
Vögel wirklich Miſtelbeeren freſſen. muß man ihren Magen⸗ 
inhalte unterſuchen; man muß Vögel (Droſſelarten, Krähen 
Elſtern, Eichelhäher, Wildtauben, Seidenſchwänze), die ſich 
an Miſtelbüſchen zu tun machen, abſchießen und fih überzeugen, 
ob ſie Miſtelbeeren im Magen oder Darm haben. Die bo⸗ 
taniſche Abteilung der K. Forſtlichen Verſuchsanſtalt in Mün⸗ 
chen, Amalienſtraße 52, wäre dankbar für die Mitteilung der 
Unterſuchungsreſultate und würde bei etwaiger Zuſendung 
der Tiere die Portokoſten vergüten. 

Die Miſteln verſchwinden zumeiſt im Februar⸗März, doch 
wären auch genaue Beobachtungen über die Zeit des Ab⸗ 
leerens der Beeren beim Frühlingszug der Droſſeln nach 
Norden ſehr erwünſcht. Prof. von Tubeuf. 


C. Fiſcherei in Talſperren. 


Im Oktober⸗Heft 1911 wurde über die Fiſcherei in den 
Talſperren auf Grund eines Vortrags des Geheimen Regie 
rungsrats Eberts in Caſſel berichtet und darauf hingewieſen, 
daß die Fiſche im allgemeinen in den Talſperren recht gut 
gedeihen. Inzwiſchen find in dieſer Beziehung weitere Gr 
fahrungen geſammelt worden, die zu einem gleichen Ergebnis 
geführt haben. 

Heute liegt ein weiterer Beweis für die Ergiebigkeit gweie 
Talſperren, nämlich der Weißeritz⸗Talſperren, vor. Hierübe 
folen nachſtehend einige Angaben gemacht werden, die vir 
einem Vortrage entnehmen, den der Bewirtſchaſter dieser 
Sperren, der Fiſchzüchter Rub. Linke in Tharandt, gelegt: 
lich der Hauptverſammlung des Sächſiſchen Fifderetereins tn 
Dresden in dieſem Jahre gehalten hat. 


Hiernach fel das Wachstum der Fiſche in dieſen Sperren 
ein hervorragend gutes. Wenn auch die erſtmalige Beſpar ung 
in guter Pflege befindlichen Acker⸗ und Wieſenlandes und vor: 
zügliches Beſatz material ein gutes Wachstum habe borausiehen 
laſſen, fo fet es dem Berichterſtatter in feiner nunmehr 4% 
jährigen fiſchereilichen Praxis noch nicht vorgekommen, ba 
innerhalb eines Sommers einſommrige 10—12 cm lange 
Regenbogenforellen bis zu 2 Pfund herangewachſer, 
dreiſommrige Karpfen von 1½ Pfund im 4. Sommer bi 
zu 7 Pfund ſchwer geworden ſeien und 50 gr beim Einſeze 
im April wiegende Schleien bis Oktober ein Gewicht va 
% Pfund erreicht hätten. Wenn auch diefe günſtigen Grge: 
niffe auf die Dauer nicht blieben, fo forge die durch das foh 
lende Waſſer entſtehende Trockenlegung größerer Geläånbefida 
für dauernde Fruchtbarkeit des Bodens, beſonders, wenn ent 
entſprechende Bearbeitung, Gründüngung und unter Umſtanden 
mineraliſche Düngung nicht verſäumt werde. 


Karpfen, Schleien und Karauſchen hätten in dn 
Sperren reichlich Brut erzeugt; weitere Ausſetzung von Rarpia | 
und Schleien fei daher nicht mehr erforderlich. | 


Als unwillkommener Eindringling in eine der Sperr 
habe ſich gleich im erſten Jahre (1914) der Barſch eingeftell 
Da durch die Zuflüffe keine Barſche in die Sperre hätten komma | 
tönnen, bliebe keine andere Erklärung, als daß die in große 
Menge einfallenden wilden Enten die Barſche aus den in da : 
Luftlinie nur 3 km entfernten Teichen bei Wendtfcy- Garlbdor 
oder auch aus größerer Entfernung als Laich an ihren Ruder i 
und am Gefieder eingeſchleppt hätten. | 

| 


Gin unliebſamer Galt fet ferner der Fiſchreiher. & 
horſte in den anliegenden Wäldern. 


Die als Futterfiſche für die Forellen eingefegten Grind: 
linge vermehrten ſich gut. 


Die Fiſche veränderten in den Talſperren ihre Leben 
gewohnheiten. Beſonders auffallend ſei dies bei der Bad: 
forelle. Während fle im Zuflußgebiete nur im Herbſt, von 
Ende Oktober bis Mitte November, laidhe, begännen in der | 
Sperren einzelne Forellen ſchon im September zu lalchen n 
großer Teil bleibe feiner alten Laichzeit treu, und / derſelbn 
lache erft vom Dezember bis in den April hinein. Det 
Verſchiebung habe ihre Urſache in den Temperaturverhältniſſe | 
des Sperrwaſſers. Auch ſuchten die Forellen nicht ale bal 
fließende Waller zum Lalchen auf, zur Hälfte laichten fe I 
4—5 m Waſſertiefe im Sperrbecken ſelbſt an den verſchleden e 
Stellen, wo fle harten Untergrund fänden. Das fei nicht w. 
wichtig, denn es fet ein großer Unterſchled, ob die Forda 
bequem und in aller Gemütlichkeit in den wenigen Suflifa 
gefangen werden könnten, oder ob man fle umftändlich sm 


155 


mühevoll an den verſchledenen zerfttent Uegenden Laichplätzen 
aus der Tiefe heraufbefördern müſſe. l 

Gerade die Beſchaffung beſter und geſunder Eier fet für 
ihn die Haupttriebſeder zur Pachtung der Sperren geweſen und 
nun müſſe er ſehen, daß der Plan des Fanges in unmittel⸗ 
barer Nähe der Zuflüſſe nur zum Teil ausgeführt wer den 
konne. 


Bet den Regenbogenforellen habe ſich keine Ler 
änderung der Laichzeit bis jetzt herausgeſtellt; ſie laichten vor 
wie nach im April und Mai. 


Die Saiblinge würden nur vereinzelt gefangen; fie 
wüchſen auch nicht fo gut, wie die Bach⸗ und Regenbogen⸗ 
forelen. Es ſcheine ihnen in den Sperren nicht zu gefallen. 


Eine weitere in den Temperaturverl ältniſſen begründete 
Veränderung zeigten die Schleien. Dieſe könnten in den 
Seen bloß erſt im Juni und Juli in größeren Mengen ge⸗ 
fangen werden, in den Sperren beginne der Fang gleich nach 
Verſchwinden des Eiſes in den erften warmen Tagen im März. 
Dies komme daher, daß das Waſſer an den Ufern bei Sonnen⸗ 
ſchein und warmen Regen ſich erwärme und die Schleie aus 
der kalten Tiefe emporlocke. 


Der Fiſchfang in den Sperren erfordere einen fehr gee 
wandten und intelligenten Fiſcher, der unverdroſſen und fleißig 
die ſtets wechſelnden Aufenthaltsorte der Fiſche auffuche und 
darnach feine Fanggeräte aufſtelle. Das Fiſchen mit dem 
Zugnetz ſei wegen der auf dem Boden befindlichen Stöcke und 
Steine unmöglich. Der Fang erfolge in den Hauptfangzeiten 
April Mal und Oktober — Dezember mit Garnſäcken und Reuſen, 
während der übrigen Zeit mit einwandigen Grundnetzen und 
Stellneßzen aus feinem Garn von 36 mm Maſchenweite. Im 
Winter gingen aber nur Forellen ins Garn, weil es die ein⸗ 
nigen Fiſche feien, die dann Nahrung ſuchten; im Sommer 
würden mit 50 — 100 m langen und 10 m tiefen Schwimm⸗ 
netzen die Karpfen gefangen. 

Auch mit der Angel könnten im Sommer bei leicht bes 
wegtem Waſſer gute Fänge von Forellen gemacht werden. 


Ein Entweichen der Fiſche durch das den Abfluß bildende 
Turbinenrohr fet ganz vereinzelt, dagegen entwichen bei Hoch⸗ 
waſſer Fiſche in größeren Mengen durch den Ueberlauf. 


Die Fiſcherei in den Talſperren ſei in fachkundiger Hand 
zweifellos ein wertoolles Mittel, größere Mengen wohl 
ſchmeckender, gutgenährter Fiſche auf den Markt zu bringen. 
Wer einmal Talſperrenfiſche gegeſſen habe, wolle am liebſten 
nur noch ſolche haben, weil ſie ſo hochfein im Geſchmack ſeien. 

E. 


D. Die Jagd und der Krieg. 


Die Berliner tier ärztliche Wochenſchriſt ſchreibt in Nr. 40 
von 1915 über „Jägermangel und Wildvermehrung“ folgendes: 
„Wegen der Einziehung vieler Jäger hat ſich der Wildbeſtand 
ſehr ſtark vermehrt, und es beſteht nicht nur die Gefahr, daß 
die Tiere in den Saaten große. Verwüſtungen anrichten, auch 
die Waldbäume dürften viel beſchädigt werden. In Friedens⸗ 
zeiten gab es in Deutſchland rund 600 000 Perſonen, die auf 
die Jagd gehen; — ſomit wäre im Durchſchnitt bisher jeder 
67. Deutſche ein Jäger geweſen —; 60 000 Perſonen, alfo 
nicht ganz zehn Prozent der Bevölkerung ſind Forſt⸗ und Jagd⸗ 
beamte. Bei einem größeren Abſchuß würde auch für die Be⸗ 
völkerung mehr Fleiſch auf den Markt kommen. Vor dem 
Kriege wurde das Fleiſchgewicht des in Deutſchland abge⸗ 
ſchoſſenen Wildes im Jahre auf rund 500 000 Zentner — offen⸗ 


bar eine viel zu nieder bemeſſene Ziffer — eingeſchätzt. Bez 
einer regen Jagdtätigkeit wäre dieſe Menge bedeutend zu er⸗ 
höhen. Auch die Felle der Tiere könnten bei dem heutigen 
Mangel an Rohmaterialien manche Lücke ausfüllen.“ 


Dieſe in dem tierärztlichen Fachblatt ausgeſprochene An⸗ 
ſchauung betrachtet die Jazd vom volkswirtſchaftlichen Stand: 
punkte aus als eine Quelle für die Ernährung, ſowie als eine 
notwendige Abwehrſtelle gegenüber den Schädigungen des 
Wildes an Wald und Flur, zugleich aber auch als eine lukra⸗ 
tive Beſchäftigung für den Jagdbeſitzer in der Kriegszeit. In 
Bezug anf Wildſchaden pflegen und zwar ganz beſonders in 
heutiger Zeit von den Landwirten die Anſprüche oftmals über⸗ 
trieben zu werden und manche Schädigungen dem Wilde zur 
Laſt gelegt zu werden, welche ſich bei genauerer Erforſchung 
auf ganz andere Faktoren, kleineres Raubzeng, Mäuſe, Ratten, 
auch Schnecken, Krähen, Raubvögel und namentlich wildernde 
Hunde zurückführen laſſen; wenn ſolche z. B. zu mehreren eine 
Ricke mit Kitz im ſtehenden Getreidefeld zielbewußt und aus⸗ 
dauernd verfolgen, ſpäter reißen, und durch herumlagernde 
Knochen und Wildbretteile anderes Ungeziefer anrelzen. 
Richtig i, daß das Raubzeug aller Art auch im Binnenlande 
jetzt ſehr überhandnehmen wird. Naturſchutzdenkmäler für 
manche feltener gewordene Raubtierſpezies oder Einführungen 
von wertvolleren Fuchsarten, wie dies ſeinerzeit im bayeriſchen 
Walde und an anderen Plätzen durch Rauchwarenfirmen ge⸗ 
ſchehen tft, können jetzt ausgeſchaltet werden. Im Gegenteil 
ſollte, nachdem die Jagd auf Nutzwild faſt die ganze Tätigkeit 
der zur Verfügung flebenden Nimrode in Anſpruch nimmt, 
die Vertilgung von Raubzeug aller Art mehr als eine abſo⸗ 
lute Notwendigkeit in die breiten Schichten des Volkes, ganz 
beſonders der Landbewohner, eindringen und die Erlegung bet 
der weit vorgeſchrittenen Induſtrie jetzt mehr als ſonſt auf die 
richtige und intenſive Verwendung der verſchiedenen Fang⸗ 
apparate ausgedehnt werden. So exiſtieren bereits Merkbüch⸗ 
lein zur Beſeitigung der Mäuſe⸗, Ratten» und Kaninchenplage. 
Dieſe ſehr dankbare Bekämpfungsart iſt noch bedeutender Er⸗ 
weiterung fähig. Namentlich ift neben dem Krähengeftndel 
auch die amerikaniſche Biſamratte, welche von Böhmen aus 
immer weiter vordringt und infolge ihres geſicherten Terrains 
bereits die erſten Verteidigungslinien durchbrechen konnte und 
enormen Schaden auch bereits in den angrenzenden Staaten an⸗ 
richtet, nicht zu vergeſſen. Der Krieg kam dieſem Schädling 
ganz beſonders zu ſtatten. — In den Schützengräben des 
Weſtens fol die Mäuſe⸗ und namentlich die Rattenplage für 
unſere Feldgrauen an manchen Plätzen geradezu unheimlich 
fein. Man wendet bereits den Löſflerſchen Mäuſe⸗ und Typhus⸗ 
bazillus gegen biefelbe an. Es iſt dies auch begreiflich; dieſe 
Nager finden wegen ihrer Kleinheit und Höhlenwohnungen 
leicht Schutz vor den Geſchoſſen, wie vor der Detonation und 
außerdem ſehr reichliche Nahrung auf den nicht abgeernteten 
Fluren, wie auf den Schlachtfeldern. — Uebrigens könnten in 
den Garniſonen auch Mannſchaften, namentlich nicht mehr 
felddienſttaugliche, zum Abſchuß von Nutz⸗ wie Raubwild ver⸗ 
wendet werden. Es wäre dies für die Soldaten eine ſehr an⸗ 
genehme und nutzbringende Abwechslung. Hat fi doch bee 
reits die Induſtrie unſerer invaliden Nimrode angenommen. 
So ſoll auch den einäugigen, einarmigen und ſelbſt den ein⸗ 
füßigen Jägern durch Konſtruktion beſonder er Gläſer und Ge⸗ 
wehre, wie anderweitiger Vorrichtungen, die Ausübung des 
Weidwerkes für die Zukunſt ermöglicht werden. 


Die Jagd iſt Gemeingut der deutſchen Nation, derſelben 
ſchon von den älteften Zeiten her als Nähr⸗ und Beſchäfti⸗ 
gungszweig eigen. Allein der Charakter iſt gegenüber früherer 


156 


Zeit und namentlich in jetziger Kriegszeit ein weſentlich anderer 
geworden. Das Wildbret, alſo die Erlegung des Wildes 
ſollte, nach der modernen Auffaſſung, in der Hauptſache dem 
Sport vorbehalten ſein. Wildbret galt daher als ein Genuß⸗ 
mittel, und nicht als ein eigentliches Nahrungsmittel regulärer 
Art, böchftens für die oberen Zehntauſend. Die gegenwärtigen 
Fleiſchyreiſe überſteigen aber vielfach den Preis des Wild- 
brets. Somit verdient jetzt das Wildbret eine andere Beurs 
teilung für die Volksernährung als vor dem Kriege. Im 
Jahre der großen Trockuung von 1893, wo an manchen 
Plätzen Ochſenfleiſch erſter Qualität um 20 Pfg. pro Pfund 
wegen des Futtermangels verkauft wurde, behielt das Wild⸗ 
bret ſeinen Preis ganz wie in den normalen Zeiten. Es iſt 
dies auch erklärlich. Angebot und Nachfrage hielten ſich wie 
fonft die Wage und die Nonſumenten fuchten und fanden im 
Wildbret ihre Befriedigung. Der billige Fleiſchkonſum ver⸗ 
mochte nicht die Liebhaber des Wildbrets abzulenken. Auch 
war keineswegs ein Ueberſchuß an Wild vorhanden. Die wirt⸗ 
ſchaftliche Notlage, wie fle bei der Haustiereernährung in die 
Erſcheinung trat, kam beim Wilde nicht zum Ausdruck. Nun⸗ 
mehr hat unfer Wildbret auch die Rolle eines Nahrungs- 
mittels zu übernehmen. Die meiſten der bisherigen Gour⸗ 
mands ſtehen wohl im Felde; die Fleiſchvorräte werden mit 
der Dauer des Krieges immer kaapper. Soweit als nur irgend 
möglich muß, namentlich für verwundete und kranke Krieger, 
das Wild für die Volksernährung herangezogen und deſſen 
zweckmäßigſte Zubereitung, woran es bisher oſt viel gefehlt 
hat, immer mehr Verbreitung finden. Auch Dauerwaren aus 
Wildbret müſſen jetzt mehr als ſonſt zur Geltung kommen. 
Ganz beſonders ift es für Gefrierfleiſch geeignet. Dem Abs 
ſchuß von Nutzwild und der gleichzeitigen tunlichſten Vertilgung 
von Raubzeng kommt in volkswirtſchaftlicher Hinſicht jetzt die 
größte Bedeutung zu. Nicht zu vergeſſen find aber auch die 
menſchlichen Räuber, deren Weizen in der Kriegszeit ganz bes 


ſonders blüht. Wenn mar bedenkt, daß Deutichland fährlih 
durchſchnittlich rund 6 500 00) Stück Haarwild und 5500000 
Federwild im Geſamtwert von etwa 27009000 Mk. durch den 
Wildabſchuß erzielt hat, fo kann man fi daraus ein Bild 
machen, was die Jagd auch für die Volksernährung zu leiſten 
im Stande ift. Schließlich kaun, wie dies bisher auch ſchon 
geſchehen tft, durch Erweiterung der Schußzeiten, Erleichterung 
des Betriebes unter Umſtänden das Ergebnis noch bedeutend 
geſteigert werden. Allerdings kann der finanzielle Ertrag and 
durch die Marktlage wieder beeinträchtigt werden. Allein 
diefe Frage ſpielt keine Rolle. Es würde nicht dem wad- 
männiſchen Charakter des Deutſchen entſprechen, die wirtſchaſt⸗ 
liche Notlage für gewinnſüchtige Zwecke auszunützen, wie dis 
jetzt leider bei anderen Sparten fo Häufig geſchieht. Die 
deutſchen Jagdverhältniſſe erheiſchen ſomit die weitgehendſte 
Fürſorge von Seiten der maßgebenden Stellen. Bemerkenz⸗ 
wert iſt, daß die Führung und Beförderung der Schußwaffen 
in j⸗tziger Kriegszeit ſelbſt für die Jagdausübung eine be 
fondere Vorſicht erheiſcht. Bekanntlich ift allen Perſonen dat 
Tragen von Schußwaffen jeder Art ſtrengſtens bei Strafe ver 
boten, ſofern fie nicht im Beſitze einer Jagdkarte find. Se 
ließ in Nürnberg ein Fabrikant, der Jäger iſt, durch feinen 
Ausgeher Gewehr und Rudiad zum Bahnhof bringen. Einen 
Schutz mann kam dieſe Ausrüſtung bedenklich vor; der Nam 
wurde auf die Wache gebracht und zur Vorzeigung der Jage 
karte oder eines Waffenſcheines aufgefordert. Da er beidet 
nicht konnte, wurde ihm das Jagdgewehr abgenommen und 
nach Feſtſtellung feiner und feines Herrn Perſonalien wurde 
er entlaſſen. Es wäre daher wünſchenswert. daß bei Vefir: 
derung von ungeladenen Jagdgewehren, die von den Büchſer⸗ 
machern meiſt durch Lehrlinge, auf den Bahnhöfen durch Be 
dienſtete ohne Jagdkarte und zwar unbeanſtandet geſchleht, die 
Härte der Verordnung, Wegnahme der Waffen und Beſtrafunz 
keine Anwendung finden möge. M. Reuter. 


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Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Berſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenaner, 
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländer? Berlag 
Berleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a M. — G. Otto Hofbuchdruckerei in Darmftadt 


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Herausaegeben 


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Geh. Forftrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft 
i an ber Univerfität Gießen. 


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Dreiundneunzigfter Jabrgang. 


1917. Juli. 


Mit einem Bildnis. 


Frankfurt am Main. 
J. D. Sauerländer's Verlag. 


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wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗ 
lungen und Poſtanſtalten. 


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Fort- und Jagd- Jritung 


Dr. Karl Wimmenauer, und Dr. heinrich Weber, 


Bap Die Allgemeine Forh- und Yagd-Britung erſcheint regelmäßig jeden Monat und 


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das Werk durch die prägnante und klare Daritellung des Stoffes und durch feine mehr popularifierende und 
auf Bervorhebung der praktiichen Gelichispunkte abzielende Richtung in Fachkreilen gefunden hat. 

Dieie neue Auflage, deren Durchlicht auf ausdrücklichen Wunich des veritorbenen Verfallers Berr Prol. 
Dr. Bausrath jin Karlsruhe bereitwilligit übernommen hat, hat wieder einige Ergänzungen erfahren, -fowell 
ſolche durch die neueren Ericheinungen auf den bezüglichen Gebieten bedingt wurden. 


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Allgemeine 


fort umd 3agd-3eitung, 


Juli 1917. 


Berſuch einer neuen Grundlegung der 
Torſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft. 
Von Heinrich Weber, Croßh. Hell. Forſtaſſeſſor. 


Die genaue Beſtimmung und Abgrenzung ihres 
Gegenſtandes iſt eine der wichtigſten Aufgaben einer 
jeden Wiſſenſchaft. Der Einzelforſcher kann nur dann 
Erſprießliches leiſten, wenn ihm das Ziel und die 
Grenzen feiner Wiſſenſchaft klar und deutlich vor 
Augen ſtehen. Ohne die Oberleitung dieſes führenden 
Prinzipes wird ſeine Arbeit nie vor Bet: und Kraft⸗ 
vergeudung ſicher fein. 

Man unterſcheidet die hiſtoriſche von der rein 
logiſchen Grundlegung. Dieſe leitet den Begriff einer 
Wiſſenſchaft ab, indem ſie den hypothetiſchen Sammel⸗ 
begriff, von dem ſie ausgeht, in ſeine Elemente zerlegt 
und nach deren Definition durch ihre Zuſammenſetzung 
das Weſen des Sammelbegriffs zu erſchließen verſucht. 
Jene dagegen ſucht alle in der Literaturgeſchichte der 
betreffenden Wiſſenſchaft vorkommenden begrifflichen 
Faſſungen des in Frage kommenden Wiſſenskomplexes 
zu ermitteln und deſſen wahre Bedeutung aus der 
vergleichenden Betrachtung all dieſer nebeneinander ge⸗ 
ſtellten Anwendungen zu erklaren. 

Beide Methoden der Grundlegung bedingen ſich 
indes gegenſeitig. Denn die hiſtoriſche Grundlegung 
geht ja bei ihrer Unterſuchung aller vorhandenen An⸗ 
wendungen immer ſchon von einem beſtimmten a priori 
feſtgeſtellten Begriffe aus. Auf der anderen Seite iſt 
das „hypothetiſche Bild“, das die logiſche Grundlegung 
zum Ausgangspunkte nimmt, immer ſchon ein, wenn 
auch mehr oder weniger unbewußtes, Produkt hiſto⸗ 
riſcher Erwägungen. Einſeitig iſt ſowohl die rein 
logiſche als auch die rein hiſtoriſche Grundlegung. 
Beide müſſen ſich einander ergänzen. 

Dies gilt auch für die Grundlegung unſerer 
Wiſſenſchaft. Für eine hiſtoriſche Grundlegung der⸗ 
ſelben fehlt es aber bis heute noch an den notwenigen 
Unterlagen und Vorarbeiten. Seit den Anfängen einer 
forſtwirtſchafts⸗wiſſenſchaftlichen Literatur ift ſchon 
manches über das Weſen der Forſtwirtſchaftswiſſen⸗ 

1917 


ſchaft geſchrieben worden. Es iſt aber zerſtreut in 
vielen Schriften, die kaum jemand lieſt, und könnte 
nur dann wieder lebendige Wirkungskraft erlangen, 
wenn es in ſyſtematiſcher Gebundenheit auf die Gegen⸗ 
wart hinübergerettet würde, d. h. wenn man eine Ge⸗ 
ſchichte davon ſchreiben wollte. Ein ſorgfältiges Durch⸗ 
ſieben unſerer älteren Literatur iſt ſchon deshalb von⸗ 
nöten, weil ſich bei der immer intenſiver werdenden 
Weiterarbeit allmählich eine ſolche Ueberfülle von Reich⸗ 
tümern anhäufen würde, daß wir mit der Zeit darin 
erſticken müßten. Die wertvollen Gedanken der Alten 
bleiben tot und fallen allmählich ganz der Vergeſſen⸗ 
heit anheim, wenn wir ſie uns nicht immer wieder 
von Neuem erringen und ans Licht ziehen und in Be⸗ 
ziehung ſetzen zum Lebendigen und Werdenden. 
Auguſt Bernhardt hat uns zwar in ſeinem 
bekannten hiſtoriſchen Werke auch eine glaͤnzende Dar⸗ 
ſtellung der Geſchichte unſerer Wiſſenſchaft gegeben, ſeit 
ihm aber iſt dieſer Spezialteil der „Geſchichte der 
Forſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft“ nicht mehr ſonderlich ge⸗ 
fördert worden. Eine Entwicklungsgeſchichte der „Forſt⸗ 
wirtſchaftsphiloſophie“ im Beſonderen gibt Bernhardt 
in Bd. II § 18, 22 und 42 und in Bd. III § 25, 
allerdings nur in kurzen Umriſſen. Nach ihm hat 
man mehr die anderen Teile der ſog. „Forſtgeſchichte“ 
ausgebaut, der Geſchichte dieſer wichtigen Sonder⸗ 
disziplin aber nicht die geringſte Beachtung mehr 
geſchenkt. Schwappach hat dieſe Seite der Forſt⸗ 
geſchichte in ſeinem ſonſt ſo verdienſtvollen „Handbuch 
der Forſt⸗ und Jagdgeſchichte Deutſchlands“ leider 
garnicht berückſichtigt. Eine umfaſſende Darſtellung 
der Forſtwirtſchaftsphiloſophie auch in ihrer hiſtoriſchen 
Entwicklung iſt von nicht zu unterſchätzender Bedeutung. 
Hier harrt noch ein weites Feld der Bearbeitung. 
Ohne die Grundlage einer ſolchen Entwickelungs⸗ 
geſchichte ift eine hiſtoriſche Grundlegung unſerer Wiſſen⸗ 
ſchaft ſchlechterdings unmöglich. Auch ich muß mich 
hier, da ich in meinem Studium der hiſtoriſchen Ent⸗ 
wicklung der Forſtwirtſchaftsphiloſophie bis jetzt noch 
nicht zu einem abſchließenden Ergebnis gelangt bin, 
auf eine logiſche Grundlegung beſchränken. 
; 21 


158 


Zum Ausgangspunkt für meine grundlegenden 
Erörterungen nehme ich nicht den Ausdruck „Forſt⸗ 
wiſſenſchaft“, mit dem man bisher unrichtiger⸗ 
weiſe unſer Wiſſengefüge faft allgemein bezeichnet hat, 
ſondern das „Hypothetiſche Bild“: „Forſtwirt⸗ 
ſchafts⸗Wiſſenſchaft“. Der Gegenſtand 
unſerer Wiſſenſchaft — das muß hier vor⸗ 
greifend erwähnt werden — iſt nämlich nicht der 
„Forſt“, der „Wald“, ſondern die „Jorſtwirt⸗ 
ſchaft“. Deshalb kann auch nur die Bezeichnung 
„Forſtwirtſchafts-Wiſſenſchaft“ dem in 
Frage kommenden Wiſſensinhalt vollauf gerecht wer⸗ 
den. Es iſt an der Zeit, daß wir den Ausdruck 
„Forſt⸗Wiſſenſchaft“, dieſe Eierſchale einer überwun⸗ 
denen Anſicht, endlich einmal von uns abſchütteln. 
Denn es gilt, nicht nur den Begriff unſerer Wiſſen⸗ 
ſchaft klar und ſcharf zu umreißen, wir müſſen ihm 
auch einen, ſeinem Sinn und Weſen durchaus ent⸗ 
ſprechenden, Namen geben. Es ware überhaupt im 
Intereſſe der Weiterentwicklung unſerer Wiſſenſchaft 
ſehr angebracht, wenn wir etwas mehr Wert auf die 
Richtigkeit und Prägnanz der Begriffsbezeichnungen 
legen würden. Der laxen Auffaſſung, daß es „auf 
den Titel nicht ankomme“ kann nicht genug energiſch 
entgegengetreten werden. (Siehe Trebeljahr „Revier⸗ 
förſter als Oberförſterſtellvertreter“, Abh. in der „Sil⸗ 
va“ Jahrg. 1916, Nr. 40, Seite 214, 2. Spalte.) 

In dem hpypothetiſchen Bilde: „Forſtwirt⸗ 
ſchafts⸗Wiſſenſchaft“ find die Begriffe: „Wiſ⸗ 
ſenſchaft“ und „Forſtwirtſchaft“ enthalten. 
Daraus ergibt ſich der logiſche Weg der Ableitung 
des Begriffes „Forſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft?: Man 
erläutert die Begriffe „Wiſſenſchaft“ und „Forſtwirt⸗ 
ſchaft“ und erhält durch Zuſammenfügen dieſer Zeil: 
begriffe eine Definition für den Sammelbegriff. Mit 
anderen Worten: Man muß ſich klar werden über 
den Begriff der Wiſſenſchaft im allgemeinen einerſeits 
und den beſonderen Gegenſtand unſerer zu begründen⸗ 
den Wiſſenſchaft andererſeits. Aus dem Zuſammen⸗ 
halten dieſer beiden reſultiert dann ohne weiteres die 
dadurch bedingte Art des beſonderen Charakters unſerer 
Wiſſenſchaft. Solange die beiden Grundbegriffe: „Wiſ⸗ 
ſenſchaft im allgemeinen“ und „Gegenſtand des frag: 
lichen Wiſſenskomplexes“ noch nicht feſtſtehen, iſt es 
ein müßiges und erfolgloſes Beginnen, über das Weſen 
unſerer Wiſſenſchaft Erwägungen anzuſtellen. Je nach 
der verſchiedenen Stellungnahme zu dieſen beiden 
Grundbegriffen ergeben ſich naturgemäß auch ganz 
verſchiedene Arten der Grundlegung unſerer Wiſſen⸗ 
ſchaft. Hier liegen auch die Wurzeln der zwiſchen 
Wappes und mir beſtehenden Meinungsverſchiedenheiten 
über diefes bedeutſame Problem. 


I. Was it „Wiſſeuſchaft im allgemeinen“? 


Von den Autoren, die in neueſter Zeit über die 
Grundlegung unſerer Wiſſenſchaſt geſchrieben haben, 
hat nur Wappes eine genaue Definition dieſes All⸗ 
gemeinbegriffes zu geben verſucht. „Wiſſenſchaft ent: 
ſteht“, nach ihm dann, „wenn Erſcheinungen realer 
oder idealer Natur nach ihrem kauſalen Zuſammen⸗ 
hang erforſcht und begrifflich erfaßt werden“. In 
meiner kritiſchen Würdigung der Wappesſchen Grund⸗ 
legung unſerer Wiſſenſchaft habe ich ſchon darauf hin: 
gewieſen, daß der Begriff der „Wiſſenſchaft“, der aus 
dieſer Entftehungserllärung derſelben reſultiert, m. E. 
zu eng gefaßt iſt. Er läßt keinen Raum für die auf 


der Grundlage der Ethik baſierten Willens⸗ 


oder Gemeinſchaſts⸗Wiſſenſchaften, die 
den Charakter von praktiſchen oder Norm⸗Wiſ⸗ 
ſenſchaften haben. Dieſe läßt Wappes nicht als 
Wiſſenſchaften gelten. Er erkennt nur die „dem reinen 
Erkenntnisbedürfnis dienenden“, von den Prinzipien 
der Logik geleiteten Wiſſenskomplexe als Willen: 
ſchaften an. Es dürfte jedoch nicht gerechtfertigt fein, 
den Ausdruck „Wiſſenſchaft“ ausſchließlich für dieſes, 
taufale Zuſammenhaͤnge beſchaulich betrachtende, Wi: 
ſensgefüge zu reſervieren. Die Willenswiſſenſchaften 
verdienen genau fo gut den Namen „Wiſſenſchaften“. 
Sie find indes auf dem Zweckbegriffe und den Prin: 
zipien der Ethik begründet und laſſen ſich nicht ein⸗ 
ordnen in einen Wiſſenſchaftsbegriff, der ſeinen Inhalt 
nur von der Logik erhält. 


Wer den Willenswiſſenſchaften und damit auch der 
„Forſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft“ — denn dieſe iſt m. E. 
eine Willenswiſſenſchaſt — den Anſpruch auf den Titel 
„Wiſſenſchaft“ zuerkennt, der kann ſich mit einer fo 
engen Begrenzung des Begriffes „Wiſſenſchaſt“ nicht 
zufrieden geben. Ich verſtehe mit Erdmann und 
Meſſer unter „Wiſſenſchaft“ ganz allgemein: 
„Einen wohlgeordneten Inbegriff von 
zuſammenhängenden wahren und (foweil 
die Bedingungen dazu fehlen) wahr: 
ſcheinlichen Urteilen über die Gegen: 
ſtände des Denkens und von Unterſuch⸗ 
ungen, die zu ſolchen Urteilen führen. 
Die Wiſſenſchaft in ſolchem Sinne iſt viel allgemeiner 
und umfaſſender und hat auch noch Raum für die 
Willenswiſſenſchaften. Einen anderen Vorzug dieſer 
Definition der „Wiſſenſchaft im allgemeinen“ aber er: 
blicke ich darin, daß ſie ſo nachdrücklich betont, daß 
auch alle Unterſuchungen, die zu den Urteilen einer 
Wiſſenſchaft führen, zu dieſer felbft rechnen. Deel 
Mithereinbeziehungen aller Vorunterſuchungen einer 
Wiſſenſchaft in diefe ſelbſt, wie fie die Erdmann 'ſche 
Definition vorſieht, ift gerade für den Aufbau unfe: 


— 


— = 


— 


159 


rer Wiſſenſchaft von großer Bedeutung. Davon wird 
ſpäter noch ausführlicher die Rede ſein. 

Jetzt gilt es erſt einmal den Gegenſtand unſerer 
Wiſſenſchaft feſtzulegen und zu definieren. Denn neben 
der Fixierung des Begriffes „Wiſſenſchaft“ heiſcht die 
Grundlegung unſerer Wiſſenſchaft auch eine genaue 
Beſtimmung ihres Objektes, als das ſchon oben die „Forſt⸗ 
wiriſchaft“ bezeichnet wurde. Nicht der „Forſt“, der 
„Wald“, ſondern die „Forſtwirtſchaft“ bildet den 
Gegenſtand unſerer Wiſſenſchaft. Das hat ſchon 
Widenmann in ſeinem geiſtvollen Schriftchen 
„Ueber den Zweck und Begriff der Forſtwirtſchaft“ 
klar und deutlich entwickelt. Deshalb iſt es unbegreif⸗ 
lich, wie heute noch Zweifel über dieſen Punkt beſtehen 
können. Aber ſie beſtehen tatſächlich noch, und wir 
müſſen Wappes großen Dank wiſſen für ſeine ener⸗ 
giſche Bekämpfung der falſchen Auffaſſung, die dadurch 
hoffentlich endgiltig aus der Welt geſchafft worden iſt. 

Aber von einer anderen Seite her droht Gefahr. 
Katzer!) hat in einer kritiſchen Beſprechung der 
Wappesſchen „Syſtematik“ die Behauptung aufgeſtellt, 
unſere Wiſſenſchaft habe zwei Objekte, einmal die 
„Forſtwirtſchaft“ und dann den „Wald“. Die Forſt⸗ 
wirtſchaft ſelbſt aber habe zum Gegenſtand wiederum den 
„Wald“. In einer Kritik der Katzerſchen Aeußerungen 
habe ich auf die Unhaltbarkeit dieſer Auffaſſung hin⸗ 
gewieſen. Zum erſten iſt es — angenommen, daß 
unſere Wiſſenſchaft zwei Objekte haben könne — ganz 
undenkbar, daß der eine von den zwei Gegenſtänden 
(nämlich die „Forſtwirtſchaft“) den anderen Gegenſtand 
dieſer Wiſſenſchaft (nämlich den „Wald“) wieder ſelbſt 
zum Gegenſtand haben könne. Zum zweiten aber ifl 
eine Wiſſenſchaft mit zwei Objekten ein Nonſens. 
Denn ſobald man von dem „Objekt einer Wiſſen⸗ 
ſchaft“ redet, meint man damit den einen Ober⸗ 
begriff, der alle Einzelurteile und Begriffe zu der 
großen Einheit zuſammenſchweißt, die eben Wiſſen⸗ 
ſchaft genannt wird. 

Alſo das ſteht feſt: unſere Wiſſenſchaft hat weder 
zum Objekt den „Wald“, noch hat ſie zwei Objekte 
(„Wald“ und „Forſtwirtſchaft“). 

Eine Willenswiſſenſchaft kann ja auch unmöglich 
ein „Sein“ zum Objekt haben. „Im Wollen iſt die 
Handlung der Inhalt und das Ziel“. Und das 
„Sein“ (in unſerem Falle der „Wald“) „ift nichts 
als das Mittel, die Handlung zu erzeugen und zu 
Stande zu bringen.“ Gegenſtand iſt hier nur aus⸗ 
ſchließlich die Handlung. Und nur die Handlung iſt 
hier die Aufgabe. (Cohen, Ethik S. 175. 177.) 

Ein „Handeln“ iſt auch Gegenſtand unſerer Wiſſen⸗ 


1) Silva 1913 Nr. 14. 16 und 23, 


ſchaft, und dieſes „Handeln“ iſt eben die „Forſtwirt⸗ 
ſchaft“. 


II. Was iſt „Forſtwirtſchaft“ als Gegenftand unferer 
Wiſſenſchaft? 


Die „Forſtwirtſchaft“ iſt eine „Privatwirtſchaft“. 
Dieſer Begriff wird oft zu Unrecht wieder als Teilbegriff 
des Begriffes „Wirtſchaft im allgemeinen“ angeſehen. So 
geht Marſhall, auf deſſen Definition der „Wirt⸗ 
ſchaft“ Wappes ſeine Begriffsbeſtimmung der „Forſt⸗ 
wirtſchaft“ bafiert, bei der Begründung der Volks⸗ 
wirtſchaftslehre von der wirtſchaftlichen Tätigkeit der. 
Menſchen aus und zerfällt dieſe wieder in die Tätig⸗ 
keit des Einzelnen und die der Geſellſchaft. Und wie 
mit den „Gegenſtänden“ ſo iſt man mit ihren Wiſſen⸗ 
ſchaften verfahren. So ſagt Katzer („Silva“ Jahr⸗ 
gang 1913, Nr. 23, Seite 266 „Beiträge zur Syſte⸗ 
matik der Forſtwiſſenſchaft“) von der allgemeinen 
„Privatwirtſchaftslehre“, daß ſie zuſammen mit der 
„Volkswirtſchaftslehre“ die „allgemeine Wirtſchafts⸗ 
lehre“ ausmache. Mit Recht bekämpft Stammler 
in ſeinem bekannten Werke „Wirtſchaft und Recht“ 
dieſe Begründungsart der Volkswirtſchaftslehre auf 
einer „Wirtſchaft in abstracto”. Nach ihm 
gibt es einen ſolchen einheitlichen Oberbegriff nicht. 
Man erhält ihn nach ſeiner Anſicht „auch nicht durch 
das neuerdings von Adolf Wagner beſonders ſtark 
betonte öfonomifhe Prinzip“. Es ift unmög⸗ 
lich „die Lebensfriſtung und Bedürfnisbefriedigung des 
gänzlich iſoliert gedachten Menſchen, als ſog. Einzel⸗ 
wirtſchaft, mit dem geregelten Zuſammenwirken von 
Menſchen, als der Sozialwirtſchaft, unter einem ein⸗ 
heitlichen oberen Begriffe, der „Wirtſchaft in abstracto“ 
zuſammen zu nehmen und jene beiden nur als un⸗ 
mittelbare Unterabteilungen eines und desſelben Ob⸗ 
jektes zu faſſen.“ Wir haben vielmehr „zwei ver⸗ 
ſchiedene Einheiten und zwei der Art nach getrennte 
Gegenſtände. Die Begriffe von beiden ſind im Ganzen 
wie in der Einzelforſchung qualitativ unterſchieden, 
ſtehen unter getrennten Erkenntnisbedingungen; wie 
ſollte es da einheitliche Lehrſätze geben, die allgemein für 
beide Geltung hätten und dann in den getrennten Unter- 
klaſſen nur Einzelmodifikationen aufweiſen würden?“ 
Die ſoziale Wirtſchaft iſt nach Stammler „das 
unter äußeren Regeln ſtehende, auf Befriedigung irgend 
welcher menſchlicher Bedürfniſſe gerichtete Zuſammen⸗ 
wirken“. Alles ſoziale Leben der Menſchen iſt als 
Einheit aufzufaſſen, „und der Gedanke an dieſe ein⸗ 
heitliche Zuſammengehörigkeit aller Einzeläußerungen 
des geſellſchaftlichen Menſchendaſeins“ muß „das erſte 
Prinzip für die wiſſenſchaftliche Durchforſchung und 
Erkenntnis desſelben ſein“. Der Gegenſtand der So⸗ 
zialwiſſenſchaft, das ſoziale Leben, iſt ſeinem Begriffe 

21* 


160 


nach nichts anderes, als das „durch äußerlich verbin⸗ 
dende Normen geregelte Zuſammenleben von Menſchen“, 
deſſen „Materie“ die Wirtſchaft, deſſen „Form“ das 
Recht bildet. Die Sozialwiſſenſchaft kann nicht in 
einer naturwiſſenſchaftlichen Deſkription der Technik 
von . . . . Einzelwirtſchaften und in einer mechaniſchen 
Addition derſelben beſtehen; denn vom Standpunkt der 
ſozialwiſſenſchaftlichen Unterſuchung der Wirtſchaft zu⸗ 
ſammenlebender Menſchen gibt es jene ſupponierten 
Einzelwirtſchaften überhaupt nicht mehr. „Eine andere 
Bewandtnis, als mit der iſolierten Einzelwirtſchaft des 
gaͤnzlichen Einſiedlers, hat es mit den Privatwirt⸗ 
ſchaften von Rechtsgenoſſen“. 

Auch die „Forſtwirtſchaft“ it mit tauſend 
Fäden an das geſamte menſchliche Kulturleben und 
beſonders an alle anderen Erwerbszweige gebunden. 
Auch fie darf nicht als ifolierte Einzelwirtſchaft, 
nicht als die Tätigkeit eines aus dem übrigen 
menſchlichen Geſellſchaftszuſammenhang herausſezierten 
„homo foresticus“ betrachtet, fie muß vielmehr als 
eine „Privatwirtſchaft von Rechtsgenoſſen“ angeſehen 
werden. 

Wenn wir die „Forſtwirtſchaft“ als eine „Privat⸗ 
wirtſchaft“ und damit die „Forſtwirtſchafts⸗Wiſſen⸗ 
ſchaft“ als eine „Privatwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft“ be⸗ 
zeichnen, dann ſchalten wir damit die „Forſtwirtſchafts⸗ 
Politik“, die ſich auf die volkswirtſchaftliche Förderung 
und Pflege der Forſtwirtſchaft durch den Staat und 
ſeine Geſetzeseinrichtungen bezieht, von vornherein aus 
dem Rahmen unſerer Wiſſenſchaft aus. Früher glaubte 
man allgemein, daß ohne die Hereinbeziehung dieſer 
Disziplin, die ein wichtiges Glied der Syſteme von 
Hundeshagen und Widenmann ausmacht, ja 
deren Weſen recht eigentlich bedingt, und auch von den 
meiſten jüngeren Syſtematikern unſerer Wiſſenſchaft 
einverleibt worden iſt, eine Forſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft 
nicht möglich ſei. Es iſt ein Verdienſt von Wappes, 
die Unhaltbarkeit diefer dualiſtiſchen Forſtwirtſchafts⸗ 
Wiſſenſchaft zuerſt erkannt zu haben. Wir haben ja 
eben erſt dargelegt, daß eine rein privatwirtſchaftliche 
Disziplin und eine rein volkswirtſchaftliche ſich nie 
unter einen Oberbegriff bringen, d. h. nie zu der Ein⸗ 
heit einer Wiſſenſchaft vereinigen laſſen. Ein ſolcher 
Dualismus iſt ganz und gar unwiſſenſchaftlich. Wir 
fahen ja ſchon bei Beſprechung der Katzer ſchen 
„Grundlegung“ (S. 159), daß ſich aus zwei verſchie⸗ 
denen Einheiten und zwei der Art nach getrennten 
Gegenſtänden eine Wiſſenſchaft nicht zimmern läßt, 
denn Wiſſenſchaft iſt Einheit. Sie ringt nach einer 
alles beherrſchenden Idee. Von den einzelnen Urteilen 
ſucht ſie zu immer umfaſſenderen hinaufzuſteigen bis 
zu dem hehren Gipfel des allumfaſſenden Begriffes 
ihrer ſelbſt. Die „Forſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft“ ift 


eine reine „Privatwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft“. Deshalb 
hat die „Forſtwirtſchafts⸗Politik“, die ſich vom volls⸗ 
wirtſchaftlichen Standpunkt mit der Forſtwirtſchaft be⸗ 
faßt, in dem Gefüge unſrer Wiſſenſchaft keine Daſeins⸗ 
berechtigung; fie macht vielmehr einen Teil der „Bolta: 
wirtſchafts⸗Wiſſenſchaft“ aus. 

Als eine „Privatwirtihaft von Rechtsgenoſſen“ 
hatten wir die „Forſtwirtſchaft als Gegenſtand unſerer 
Wiſſenſchaft“ definiert. Aber dieſer Begriff muß noch 
enger begrenzt werden. Es muß wohl unterſchieden 
werden zwiſchen „Tun“ und „Handeln“, alſo auch 
zwiſchen „forſtwirtſchaftlichen Tun“ und 
„forſtwirtſchaftlichen Handeln“. Dieſen 
wichtigen Unterſchied hat man m. E. bisher bei uns 
nicht ſcharf genug betont. Die „Forſtwirtſchaft in 
ihrer Gegenwaͤrtigkeit“, d. h. die, „Forſtwirtſchaft“, 
wie fie tatſächlich zu beſtimmten Zeiten und an be: 
ſtimmten Orten ausgeübt wird, kann nicht Gegenſtand 
unſerer Wiſſenſchaft ſein. Gewiß, ſie kann ſehr wohl 
Objekt einer rein beſchaulichen, konſtatierenden wiſſen⸗ 
ſchaftlichen Betrachtung ſein. Aber mit dieſer allein 
iſt uns nicht gedient. Wir wollen ja nicht einer tat⸗ 
ſächlich ausgeübten Tätigkeit regiſtrierend nachhinken, 
ſondern wir verfolgen das Ziel, der Ausübung der 
Fon ſtwirtſchaft durch das Vorhalten eines idealen forf: 
wirtſchaftlichen Handelns voranzuleuchten. Dieſes ideale 
forſtwirtſchaftliche Handeln ift unſere Aufgabe, unſer 
Ziel, es ift der Gegenſtand unſerer Wiſſenſchaſt. é; 
iſt ein ſich ſtetig entwickelndes aber doch einem feſen 
Ziele zuſtrebendes Ideengebilde, das der Ausübung 
der Forſtwirtſchaft als Ideal oder als Norm vor⸗ 
ſchweben will. Die praktiſche Ausübung der Forſt⸗ 
wirtſchaft aber entwickelt ſich immer mehr aus einem 
Tun zu einem Handeln, je mehr ſie ſich dem idealen 
forſtwirtſchaftlichen Handeln naͤhert. 

Die „Forſtwirtſchaft als Gegenſtand 
unſerer Wiſſenſchaft iſt alſo nichts ande⸗ 
res als die geiſtige Zweckidee des idealen 
forſtwirtſchaftlichen Handelns als einer 
Privatwirtſchaft von Rechtsgenoſſen, 
d. h. die ideale Föͤrſtwirtſchaft, wie fie in ihrer all: 
mählichen Entwicklung in der Literatur unſerer Wiſſen⸗ 
ſchaft ihren Niederſchlag findet, und wie wir ſie in 
immer näherer Anlehnung an ihre „Grundlagen“ aus 
deren Zuſammenwirken heraus zu konſtruieren bemüht 
ſind. Dieſes ideale forſtwirtſchaftliche Handeln kann 
allein „Objekt“ unſerer Wiſſenſchaft ſein. Die tat: 
ſächlich ausgeübte Forſtwirtſchaft iſt nichts als ein 
Ausfluß, eine mehr oder weniger gelungene Anſtrebung, 
dieſer vom Willen geſetzten „Forſtwirtſchaft der Idee 
Die Setzung eines idealen Zweckes iſt das Urſprüng⸗ 
liche. Sie war auch in den Zeiten, als ſie noch nicht 
in das ſyſtematiſche Gewand einer bewußten Norm 


161 


gekleidet war, ſchon unbewußt das treibende und för: 
dernde Moment. 


III. Was ift „Forſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft“? 


Aus den Weſensdeutungen der Begriffe: „Wiſſen⸗ 
ſchaft im allgemeinen“ und „Forſtwirtſchaft als Gegen⸗ 
ſtand unſerer Wiſſenſchaft“ ergibt ſich folgende Defi⸗ 
nition der „Forſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft“: 


getragen werden. Wir können uns nicht iſolieren und 
von der übrigen Kultur abſchließen. Wir ſtehen 
mitten drin in dem Ganzen der Kultur und nach 
allen Seiten hin heißt es Verbindung aufzunehmen“. 
(Siehe meinen Art. „Was iſt Forſtgeſchichte und 
welche Stelle nimmt fie im Syſtem unſerer Wiſſen⸗ 
ſchaft ein“. „Forſtw. Zentralblatt“, Jahrgang 1916, 
Heft 8 und 9, Seite 426) Das iſt unſere fittliche 


Die Forſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft iſt Verpflichtung der Allgemeinheit gegenüber. 


der wohlgeordnete Inbegriff der zuſam⸗ 
men hängenden wahren und (ſoweit die 
Bedingungen dazu fehlen) wahrſchein⸗ 
lichen Urteile über das ideale forſtwirt⸗ 
ſchaftliche Handeln und aller Vorunter⸗ 
ſuchungen, die zu dieſen Urteilen führen. 

Die Forſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft iſt eine Willens⸗ 

Wiſſenſchaft. Ihr Gegenſtand iſt das ideale forſtwirt⸗ 
ſchaftliche Handeln. Es iſt wie alles menſchliche San: 
deln vor allem durch die Geſetze der Ethik bedingt. 

Es iſt Pflicht eines jeden die Forſtwirtſchaft aus⸗ 
itenden „Rechtsgenoſſen“ feinen Willen bei der Aus: 
übung ſeiner Wirtſchaft auf die Bedingung einer all⸗ 
gemeinen Geſetzgebung einzuſchränken. Er braucht 
deshalb keineswegs feinem „natürlichen Zwecke“, nam: 
lich der „Glückſeligkeit“ zu entſagen; denn das kann 
er garnicht. Er ſoll nur die ſittliche Idee „rein 
halten“ und, wenn auch vielleicht volle Uneigennützig⸗ 
keit des Handelns nie erreicht worden ift, noch erreicht 
werden wird, „zu jener Reinigkeit hinſtreben“: „das 
vermag er, und das iſt auch für ſeine Pflichtbeachtung 
genug“. (Siehe Kant's Aufſatz: „Ueber den Ge: 
meinſpruch: das mag in der Theorie richtig ſein, taugt 
aber nicht für die Praxis“.) Das „höchſte Gut“ be: 
feht fogar auch für Kant in der Vereinigung 
von reinſter Sittlichkeit und ihr entſprechender allge⸗ 
meiner Glückſeligkeit. Der Menſch muß aber immer 
ter fein, daß er feiner allgemeinen Menſchenpflicht 
nicht zuwider handelt, nachher kann er auch an ſeine 
eigene Glückſeligkeit, ſeinen eigenen Vorteil denken. 

Sein Handeln wird dem Forſtwirtſchaft treibenden 
„Nehtägenoffen“ leichter gemacht, wenn die wiſſen⸗ 
ſchaſtliche Norm, nach der er ſich bei Ausübung ſeiner 
peziellen praktiſchen Tätigkeit richten fo, von vorn: 
herein auf den Grundlagen der Ethik aufgebaut iſt, 
d. h. wenn es alle Beziehungen zur Allgemeinheit und 
zur Geſamtkultur berückfichtigt. 

Die aus allen Kulturgebieten herfließenden „Grund⸗ 
lagen der Forſtwirtſchaft“ ſind es alſo, welche die 
Bausteine bilden zur Errichtung der Norm, in der ſie 
zu einer eigenen Einheit zuſammengeſchmolzen werden. 
„Aus allen Gebieten der menſchlichen Lebensbetätigung, 
nicht nur aus dem Wollen, ſondern auch aus dem 
Denken und Fühlen müſſen die Bauſteine heran⸗ 


Die Darſtellung der beſonderen Art und Zuſam⸗ 
menſetzung dieſer „Grundlagen der Norm“ iſt Aufgabe 
der Syſtematik unſerer Wiſſenſchaft. 

Die „Forſtwirtſchaft der Idee“, der „Norm“ ift 
der Angelpunkt und Kern aller „Forſtwirtſchafts⸗ 
Wiſſenſchaft“, ihr Ziel und ihre Aufgabe. 

Die tatſächlich ausgeübte forſtwirtſchaftliche Tatig- 
keit war ſchon oben als etwas ſekundaͤres, als ein 
„Ausfluß der vom Willen geſetzten Forſtwirtſchaft der 
Idee“ bezeichnet worden. Damit ſoll aber nicht geſagt 
ſein, daß ihre beſchauliche Betrachtung nicht in den 
Rahmen unſerer Wiſſenſchaſt hineingehöre. Dieſe 
bildet vielmehr ein wichtiges Glied unſerer Wiſſen⸗ 
ſchaft und iſt als Kontrollinſtanz eine nachwirkende 
Quelle der Reinigung für die Norm, ein Korrektions⸗ 
faktor derſelben 


Mit ihrer Notwendigkeit wird die Kategorie der 
Urteilsart der Kritik, die Bedeutung des Erfahrungs⸗ 
momentes als berechtigt anerkannt. „Die Erfahrung 
bezeichnet in der Geſchichte der Wiſſenſchaft, der Phi⸗ 
loſophie, der Kultur überhaupt das allgemeine Problem, 
welches gegen die Souveränität der Theorie ſich richtet“. 
(Cohen, „Logik der reinen Erkenntnis“, Seite 400 f.) 
Der Empfindungsfaktor der Erfahrung ſpottet aller 
reinen Theorie, und das reine Denken geht verzwei⸗ 
felnd ſeines wiſſenſchaftlichen Charakters verluſtig, 
wenn es dieſen anſcheinenden Widerſpruch nicht aner⸗ 
kennt, um ihn zu bewältigen. ‚Der Zweifel an der 
Reinheit der Theorie muß zu Wort kommen. Sein 
Anwalt ift die Kritik, die ſich von der Skepfis durch 
die Sachlichkeit unterſcheidet.“ Alle Wege zur wahren 
Erkenntnis und Läuterung der Norm zählen nach 
unſerer Definition der Forſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft zu 
dieſer ſelbſt. Darum muß auch dieſer Weg ein imma: 
nentes Glied unſerer Wiſſenſchaft bilden. Wir haben 
es nur mit der beſchaulichen Betrachtung der tatſäch⸗ 
lich ausgeübten Forſtwirtſchaft zu tun. Dieſe ſelbſt 
aber, die praktiſche Betätigung ſelbſt, d. h. die Um⸗ 
ſetzung der Norm, der Theorie in die Praxis ſtellt 
wieder ganz beſondere Forderungen an den ausüben⸗ 
den Forſtwirtſchafter. Ein ſolcher kann die Wiſſen⸗ 
ſchaft, die Theorie bis ins Kleinſte beherrſchen und 
dennoch können ihm die praktiſchen Fähigkeiten ab 


162 


gehen. Dieſe Fahigkeiten zu wecken und zu entwickeln, 
das kann nicht mehr Aufgabe unſerer Wiſſenſchaft ſein. 

Es find alſo drei große, gleich wichtige und gleich 
bedeutſame Glieder, aus denen ſich unſere Wiſſenſchaft 
zuſammenſetzt: 

1. Erforſchung der Grundlagen, 

II. Aufbau der Norm, und 

III. Beſchauliche Betrachtung der tatſächlich aus: 
geübten Forſtwirtſchaft. 

Die durch das Grundprinzip, den einheitlichen 
Gegenſtand „Forſtwirtſchaft der Idee“, gewährleiſtete 
und verbürgte, große Einheit unſerer Wiſſenſchaft be: 
ſteht alſo in einer Dreiheit der Auswirkung. Dieſe 
Trichotomie zerreißt nicht etwa die Einheit unſerer 
Wiſſenſchaft, im Gegenteil, dieſer eine Kopf mit den 
drei Geſichtern ſtellt erſt ihre wahre Einheit dar. 


Rameralismus und praktifd-tednifde 
Wiſſenſchaften.“) 
Vom Gr. Bad. Oberförfler Prof. Dr. Wimmer: Berlin. 


Kameralwiſſenſchaft bedeutet den Inbegriff der die 
Kameralverwaltung betreffenden Kenntniſſe. Das ehe⸗ 
malige Kameralvermögen der Fürſten, das die Grund⸗ 
lage der Kameralverwaltung bildete, iſt Staatsver⸗ 
mögen oder Privatvermögen der regierenden Fürſten 
geworden. Die Kameralverwaltung, die nach der erſten 
Abtrennung der Juſtiz als beſonderen Verwaltungs⸗ 
zweig die Verwaltung der Domänen, Regalien und 
Steuern inne hatte, und der weiter die Wirtſchafts⸗ 
und Wohlfahrtspolizei oblag, bezog ſo allmählich in 
ihr Bereich die Lehre von Land⸗ und Forſtwirtſchaft, 
Bergbau, Handel und Gewerbe ein. Man verlangte 
alfo vom Kameraliſten die Kenntniſſe dieſer praktiſch 
techniſchen Wiſſenſchaften, die faſt nur von rein pri⸗ 
vaten Geſichtspunkten behandelt wurden. Das ging, 
ſolange die einfache Empirie herrſchte und dieſe Dis: 
ziplinen nicht auf breiter Grundlage aufgebaut und 
entſprechend vertieft waren. Ja, die prakliſche Kame- 
ralwiſſenſchaft ſpielte die Hauptrolle im Studium und 
Leben der Kameraliſten und die theoretiſche Volks⸗ 
wirtſchaftslehre wurde völlig vernachläſſigt oder es 
blieb ihr nur eine ganz untergeordnete Rolle. Sie 
findet im Anfang des vorigen Jahrhunderts zuerſt 
von Schmalz in Königsberg Anerkennung, und des 
Heidelberger Profeſſors Rau großes Verdienſt war 
es, diefes unausgeglichene, unklare Gebilde der Kame: 
ralwiſſenſchaft, das nur mehr einen äußeren Zuſam⸗ 
menhang hatte und nicht durch ein tiefgreifendes 


1) In den Ausführungen der Herren Könige, Reinach, 
Hamm und Feiſt in den Heften X. 16, II. 17 u. III. 17 der 
Allg. Fe u. J.⸗Zeitung. 


Syſtem oder eine einheitliche Methode geboren war, 
endgültig zu beſeitigen, dadurch, daß er das unhalt⸗ 
bare Syſtem der Kameralwiſſenſchaft erkannt und an 
ihre Stelle die Wirtſchaftslehre geſetzt und in politiſche 
Oekonomie und private Oekonomie und Technik getrennt 
hat. Die erſtere enthält Gegenſtände, die der heutigen 
Nationalökonomie zufallen, die zweckmäßig in theore: 
tiſche Volkswirtſchaftslehre, Volkswirtſchaftspolitik und 
Finanzwiſſenſchaft eingeteilt wird. 

Die Technik der Gand- und Forſtwirtſchaft und der 
übrigen Wirtſchaftszweige aber gehört nicht in das 
Bereich der Staatswiſſenſchaften oder Geſellſchafts 
wiſſenſchaſten, ſondern bildet den Gegenſtand beſon⸗ 
derer praktiſcher Wiſſenszweige mit überwiegend na⸗ 
turwiſſenſchaftlicher Grundlage. Hiſtoriſch 
ſind dieſe praktiſch⸗techniſchen Wiſſenſchaften noch an 
drei Univerſitäten, in den ſtaatswirtſchaftlichen bezw. 
ſtaatswiſſenſchaftlichen Fakultäten der Univerfitäten 
München und Tübingen, in Gießen in die philoſophiſche 
Fakultät einbezogen, erhalten, verlangen aber zum 
Verſtändnis und Studium der darin enthaltenen ted: 
niſch⸗praktiſchen Wiſſenſchaft eine gründliche naturwiſſen⸗ 
ſchaftliche Vorbildung. Daß das alte enzyklopaͤdiſch 
kameraliſtiſche Studium keine tiefen Kenntniſſe in den 
mit Rieſenſchritten weiter fortſchreitenden und wichtiger 
werdenden techniſchen Wiſſenſchaften bieten konnte, er⸗ 
kannte man nach und nach. Rau hat ſchon 1825 die 
Frage theoretiſch geklärt; die Kameralwiſſenſchaft if 
ſeither in die Disziplinen, die fie unvollkommen zu 
erfaſſen ſuchte, zerfallen und faſt überall ift das Sh: 
dium der ſogenannten Kameralwiſſenſchaft als Vor⸗ 
bereitung zur Beamtenlaufbahn weggefallen. Nur 
einige dürftige Beſtandteile praktiſch⸗techniſcher Willen: 
ſchaften ſchleppte man dort, wo die Kameralwiſſen. 
ſchaſten noch eine Zeitlang als Vorbereitung für die 
Beamten der Finanzverwaltung galten, weiter, ſo in 
Baden, Heſſen und Württemberg. Jn 
Baden hat man 1903 auch dieſen Reſt endlich be 
ſeitigt und das kameraliſtiſche Studium aufgehoben; 
es gibt damit ſeither keine neue „Kameraliſten“ mehr. 
Die Verwaltungsbeamten teilen ſich nun, der Vor⸗ 
bildung nach, zweckmäßig in Juriſten mit volkswirt⸗ 
ſchaftlicher Ausbildung, Volkswirtſchaftler mit juri: 
ſtiſcher Vorbildung, die dann die Finanzwiſſenſchaſt 
als Spezialgebiet ihrer theoretiſchen und praktiſchen 
Ausbildung wählen und auf dem Bereich des Steuer, 
Zollweſens, allgemein des Staatsfinanzweſens eine 
ihrer Vorbildung entſprechende und befriedigende Tätig 
keit finden. 

Die dritte im Zeitalter der Naturwiſſenſchaft und 
Technik ſich immer weiter ausbildende Vorbildung if 
die der praktiſch⸗techniſchen Berufe, von denen um: 
faſſende volkswirtſchaftliche Kenntniſſe verlangt werden. 


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163 


Die Leitung privatwirtigatlichet Betriebe der 
Staats: und, öffentlichen Koͤrperſchaften fällt heute 
den für die ſpezialwirtſchaftliche Tätigkeit vorgebildeten 
techniſchen Beamten zu und nur in den oberſten 
Spitzen der Verwaltungs⸗Organiſation treffen ſich 
beide, der volkswirtſchaftlich gebildete Techniker und 
der juriſtiſch gebildete Volkswirt auf dem Gebiete der 
Finanzwiſſenſchaft, und ergänzen ſich zweckvollſt. 

Es ſind nun in Baden im Bereich der Domänen⸗ 
verwaltung noch einige Stellen mit „Kameraliſten“ 
beſetzt. Ihnen fehlt aber jene Ausbildung in praktiſch⸗ 
techniſchen Wiſſenſchaften, jene naturwiſſenſchaftliche 


möglichte, bildet m. E. die ganze Grundlage für Aus- 
einanderſetzungen, wie ſie einmal kommen mußten und 
die durch Klärung und Neuorientierung der geſamten 
Staatsverwaltung nach dem Kriege gerade jetzt zur 
prinzipiellen ſachlichen Auseinanderſetzung zwingen; ſie 
bilden den Kern deſſen, was in den Artikeln von 
Könige, Reinach, Feiſt und Hamm niedergelegt iſt und 
worin die anderen Forderungen nebenfadlider Art 
ſind. Iſt die Frage der Organiſation der Forſt⸗ und 
Domaͤnendirektion als Abteilung des Finanzminiſte⸗ 
riums, die Umgeſtaltung der Forſtämter zu Verwal⸗ 
tungsſtellen des geſamten ärariſchen Grundbeſfitzes ger 


Grundlage, die zur Beherrſchung der Technik nötig iſt. klärt, dann werden ſich die andern mehr nebenſächlichen 


In großen Bundesſtaaten find die Mitglieder der 
Staatseinrichtungen, denen die Verwaltung der land⸗ 
wirtſchaftlichen Güter und der Forſten obliegt, mit 
akademiſch ausgebildeten Landwirten und Forſtbeamten 
beſetzt. Das Kaſſenweſen iſt im weſentlichen mittleren 
Beamten anvertraut. Da die ganze techniſche Leitung 
in den Händen gründlich durchgebildeter techniſcher 
Beamten mit ſtaats⸗ und volkswirtſchaftlicher Vor⸗ 
bildung liegt, fo ift das Buchungs- und Kaſſenweſen 
zu einem ergänzenden Hilfsdienſt der techniſchen Be⸗ 
triebe herabgeſunken. 

In Staaten wie Baden, in denen keine landwirt⸗ 
ſchaftlichen Domänen außer Wieſen der Selbſtbewirt⸗ 
ſchaftung unterliegen, iſt der Uebergang der Bewirt⸗ 
ſchaftung des Grundbeſitzes an techniſch und natur⸗ 
wiſſenſchaftlich vorgebildete Betriebsleiter am einfachſten 
zu erreichen durch Zuweiſung der Verwaltung des 
ganzen domänenärariſchen Grundbeſitzes — mit Aus⸗ 
nahme der Brauereien und der Weinberge — an die 
Forſtämter, ein einfacher und zweckentſprechender Weg, 
den andere Bundesſtaaten ſchon mit Erfolg — Heſſen 
— beſchritten haben. Es iſt lange nicht genügend be⸗ 
achtet, daß für den Forſtmann nach einem grund⸗ 
legenden vierſemeſtrigen naturwiſſenſchaftlichen Studium 
mit den auf vier weitere Semeſter verteilten forſtlichen 
Hauptfächern und volkswirtſchaft⸗juriſtiſchen Hilfsdiszi⸗ 
plinen, auch Fiſcherei, Wieſenbau und Landwirtſchafts⸗ 
lehre in das Bereich ſeiner Studien und Prüfungs⸗ 
fächer einbezogen ſind, und daß er namentlich auf dem 
Gebiete der Fiſcherei und Jagd (allgemein angewandte 
Zoologie, Fiſche, Fiſcherei, Fiſchzucht, Jagdkunde) eine 
weitgehende theoretiſche Vorbildung genießt. Gebiete, 
die für ihn ſpäter bei der jetzigen Organiſation in der 
Praxis faſt völlig brach liegen. 

Dieſe hiſtoriſche Entwicklung kameraliſtiſcher unzeit⸗ 
gemäßer Gebilde im Jahrhundert der Technik neben 
jugendkräftigen, auf klarer Grundlage aufgebauten 
techniſchen, denen man erft allmählich das volle afa: 
demiſche Studium mit gediegener naturwiſſenſchaftlicher 
Grundlage und volkswirtſchaftlichen Kenntniſſen er⸗ 


Fragen faſt ſelbſttätig löſen. Für die in genannten 
Artikeln angeſchnittenen Fragen über Größe der ein⸗ 
zelnen Aemter, über Schreibaushilfen uſw. findet ſich 
nach einer Flächen verteilung des geſamten ärariſchen 
Grundbeſitzes an die Forſtämter und nach einem Plan 
über die Einrichtung dieſer Stellen leicht eine befrie⸗ 
digende Organiſationsform. Es wird ſich dies um ſo 
leichter erreichen laſſen, als den meiſten Kameraliſten 
auf den Gebieten des Staatsfinanzweſens, des Steuer⸗ 
und Zollweſens reichlich Arbeit nach dem Kriege zu⸗ 
fließen und ihre Arbeit und Ausbildung dort Befrie⸗ 
digung und Anerkennung finden kann. Ein Haupt: 
hindernis iſt die Unklarheit über den Begriff des Ka⸗ 
meralismus und eine ungenügende Würdigung der 
praktiſch⸗techniſchen Berufe, die noch dadurch erſchwert 
iſt, daß dank der hiſtoriſchen Entwicklung die Kame⸗ 
raliſten ein großes Gebiet der Staatsforſtverwaltung 
beherrſchen und die mit Gewalt vorwärts drängenden 
und immer großen Erfolg aufweiſenden praktiſch⸗tech⸗ 
niſchen Berufe als nicht gleichwertig anſehen wollen. 
Wie häufig hört man, wenn von Forſtverwaltungs⸗ 
beamten die Rede, ihre Herkunft aus dem vor etwa 
100 Jahren üblichen Forſtlehrlingsweſen und von 
Waldläufern betonen, von „Forſtſchule“ für eine Fa- 
kultät an einer Hochſchule und von „Förſtern“ (mitt: 
leren Beamten) reden, wo es ſich um Beamte mit 
voller akademiſcher Bildung handelt. 

Einzelne Punkte der Abhandlungen Königes und 
Reinachs möchte ich am Schluſſe noch berühren, die 
zu einer Kritik herausfordern. Königes Artikel macht 
den Eindruck, zuerſt die rechneriſchen Reſultate feſtge⸗ 
legt und dann mit der Beweisführung begonnen zu 
haben. So wird auch der „Vollbeſtands⸗Faktor“, dieſe 
unſichere Größe, entſtanden ſein. Der Vollbeſtands⸗ 
faktor iſt eine imaginäre Größe, die völlig in der Luft 
hängt. Ich möchte z. B. ſehr bezweifeln, daß ein Be⸗ 
zirk mit vorwiegendem Domänenwald mehr Arbeit 
verurſacht, als ein großer Gemeindewaldbezirk mit 
waldbaulich nicht einfachen Verhältniſſen und mit ſehr 
dürftigem vorgebildetem Hilfsperſonal, womöglich noch 


164 


mil 20 verſchiedenen Waldeigentümern. In einem 
ſolchen Bezirk wird der Oberförſter durch verwaltende 
und beratende Tätigkeit viel mehr in ſeiner Zeit in 
Anſpruch genommen, als bei der Bewirtſchaftung eines 
gleich großen Domänenwaldbeſitzes. In den Gemeinde⸗ 
waldungen hat der Oberförſter doch nicht nur die Auf⸗ 
gabe zu wirtſchaften und das Holz der Gemeinde zu 
überweiſen, ſondern er muß ſich um den Gemeindehaus⸗ 
halt, die Finanzkraft der Gemeinden und den Holzver⸗ 
kauf eingehend bekümmern, um den Bürgermeiſtern 
bei Aufſtellung des Gemeindehaushaltungsplanes mit 
weitgehendem Rat an die Hand gehen zu können. 
Der ganze Holzverkauf vollzieht ſich unter ihm als 
Berater und ich möchte weiter bezweiſeln, ob es weniger 
Arbeit verurſacht, verſchiedene Bürgermeiſter vom zweck⸗ 
mäßigen Holzverkauf zu überzeugen, als den Holzanfall 
eines großen Domaͤnenwaldes in einigen Tagen zu 
veräußern. Auch die ſtatiſtiſchen Daten, die Könige 
aufführt, find nicht vollſtändig und geben daher dem 
uneingeweihten Leſer ein unklares Bild der wirklichen 
Größenverhältniſſe der Oberförſtereien im Deutſchen 
Reiche. In der Zuſammenſtellung ſind die Bundesſtaaten 
mit kleineren Aemtern als Baden, z. B. Sachſen, 
Braunſchweig, Mecklenburg, ganz weggelaſſen. In 
Sachſen iſt der Grund für die kleinen etwa 2000 ha 
großen Oberförſtereien die intenſive Bewirtſchaftung. 
An Intenſität der Bewirtſchaftung dürfte Baden an 
zweiter Stelle im Reiche ſtehen. Die beſtehenden 
Forſtämter find meines Erachtens in Baden nicht zu 
klein, zumal wir durch eine ſehr gute Verkehrslage 
zu dem rheiniſch⸗weſtfäliſchen Induſtriegebiet es auf 
eine intenfive Ausnutzung unſerer Waldungen mit 
mannigfachen Holzarten in wechſelnden Betriebsformen 
abſehen müſſen. Erſparniſſe durch Verkleinerung der 
Aemter find Berechnungen, die etwas krämerhaftes an 
ſich haben, den weiten Blick der Wirtſchafter aber ver⸗ 
miſſen laſſen, die in produktiven Ausgaben zu⸗ 
letzt ſparen. Die durchſchnittliche Größe eines Forſt⸗ 
bezirkes im Reiche iſt etwa 2500 ha, unter 2000 ha 
ſollte man überhaupt nicht herabgehen; bei Größen 
über 3000 ha wird eine intenſive Wirtſchaft im Ober⸗ 
förſterſyſtem mehr und mehr fraglich. Da in einer 
größeren Organiſation nicht alle Forſtamts-Vorſtände 
in dem rüſtigen Alter von 40 bis 50 Jahren (mit 
40 werden die meiſten erſt Amtsvorſtände) ſtehen 
können, ſondern auch noch ältere, ſehr tüchtige Beamte 
beſchäftigt werden müſſen, die ſehr großen Bezirken 
immerhin körperlich nicht mehr gewachſen ſein können, 
ſo muß man mit den wirklichen Verhältniſſen rechnen 
und darf für eine Geſamtorganiſation m. E. keine 
Idealgröße allen Aemtern zu Grunde legen. Daß 
bei dieſen kleinlichen Rechnungen Forſtrat Könige auch 
an der Forſtwiſſenſchaft, an der theoretiſchen Weiter⸗ 


bildung unſeres Faches ſparen will. hat mich nicht ge⸗ 
wundert, aber die Mittel, die für die theoretische 
Weiterbildung unſeres Faches aufgewendet werden, 
ſind m. E. erſt recht produktive Ausgaben. 

Wo wäre man im Kriege hingekommen, hätte man 
nicht große Summen vorher für techniſch⸗wiſſenſchaft⸗ 
liche Zwecke, zu rein theoretiſcher Unterſuchung freudig 
ausgeworfen? Solche Fragen laffen fih durch Rechen. 
kunſtſtücke nicht beantworten, ſondern da muß man 
auf den geſunden deutſchen Idealismus vertrauen. 
Mit Könige werde ich mich in dieſer Frage ebenio 
wie Herr Geheimrat Prof. Wimmenauer niemals 
einigen können; das find letzten Endes Weltanſchauungs⸗ 
probleme. 
die forſtliche Abteilung der Techniſchen Hochſchule, ſo⸗ 
wie alle forſtlichen Lehrinſtitute nicht nur Lehr:, jon: 
dern auch Forſchungsinſtitute find, und daß für die 


forſtwiſſenſchaftliche Forſchung als ſolche und für die 


rein theoretiſchen Unterſuchungen im Deutſchen Reiche 
im Verhältniſſe zu den großen Erträgniſſen der Bil: 
dungen viel zu wenig Mittel aufgewendet werden. 
Zum Schluſſe möchte ich noch vor einer Organiſationz 
änderung warnen, die uns den allzu gehobenen der 
wart — Förſter — das „Revierförſterſyſtem“ brite. 
Wir haben in Baden eine ganz vorzügliche Einrichtung 
in unſeren Forſtwarten, die bei der ſeitherigen Auk 
bildung ein ausgezeichnetes Betriebsvollzugs⸗ und 
Schutzperſonal bilden, ohne daß wir damit eine Mak 
der mittleren, meiſt unzufriedenen Beamten mit jat 
licher Halbbildung geſchaffen haben. Aus allen Staaten, 
die die Einrichtung der mittleren Forſtbeamten beſizen, 
find ſchon ſehr berechtigte Klagen über dieſe Organ: 
ſationsform laut geworden. Bilden wir nach wie vor 
unſere Forſtwarte aus Leuten aus den Holzhauerkreiſn 
in Kürze heran, ſorgen wir, daß fie noch eine klein: 
Landwirtſchaft betreiben können, und ſuchen wir unſere 
Gemeindewaldhüter auf denſelben Grad der Ausbildung 
zu bringen, jo haben wir ein vollkommenes Hilfeper: 
fonal, das allen Anforderungen voll und ganz genügt. 
Neben dem Oberförſter und den akademiſchen Hilfe 
kräften — von denen man übrigens für die Inventar⸗ 
aufnahme im Walde (Forſteinrichtung) nach dem 
Kriege mehr benötigen wird, als Könige annimmt —, 
find Forſtwarte für die Betriebsführung vollſtändig 


genügend. Löſen wir noch das ſchwierigere Problen 


der Büro- und Schreibbeamten, was m. E. durch dit 
Vereinheitlichung der Verwaltung des domänen:ärur: 
ſchen Grundbeſitzes leicht möglich iſt, dann haben wir 
alle Kräfte, die im Oberförſter⸗Syſtem fih am zweck 
entſprechendſten ergänzen und den flotten Gang des 
Betriebes am vollſten gewährleiſten. Mit Hamm 
ſtehe ich hier auf einem Standpunkte, den faſt all 
badiſchen Forſtverwaltungsbeamten teilen. 


Ich möchte hier nur noch betonen, daß 


165 


Auf den Hauptdifferenzpunkt des grundverſchiedenen 
Weſens des ſogenannten Kameralismus und der tech⸗ 
niſchen Wiſſenſchaft iſt auch Geh. Rat Reinach nicht 
eingegangen; auch ſeine Beweisführung ſucht mit Zahlen 
dem unkundigen Leſer Beweiſe vorzuführen, wo es 
nichts mit Zahlen zu beweiſen gibt, ſolange man die 
Vorausſetzungen nicht genügend kennt. Reinach will 
mit dem Reinertrag der Wieſen, die unter kamera⸗ 
liſtiſcher Leitung ſtehen, beweiſen, daß die Bewirtichaf- 
tung dieſer Stellen beſſer ſei, als die der unter forſt⸗ 
licher Leitung ſtehenden Wieſenkomplexe. 

Dieſe Differenz der Reinerträge iſt jedoch kein Ver⸗ 
dienſt der Wirtſchaftsbeamten. Die kameraliſtiſche 
Verwaltung erſtreckt ſich hauptſächlich auf ein günſtig 
gelegenes Gelände, wie z. B. im Rheintale. Die 
Vewaltung der Forſtämter erſtreckt fih auf Wieſen 
in rauher Lage, fernab von jedem Verkehrswege. Es 
iſt daher nach allen Regeln für Reinerträge klar, daß 
je fruchtbarer ein Grundſtück iſt, und je günſtiger es 
zu Markte liegt, ein deſto höherer Reinertrag allein 
durch dieſe beiden Faktoren erzielt werden muß. Ich 
glaube nicht, daß die Reinerträge der unter den Do⸗ 
mänenämtern ſtehenden Wieſen zurückgehen werden, 
wenn die Forſtämter die Bewirtſchaftung übernehmen. 
Dann erſt könnte man von einem Beweis reden, wenn 
dieſelben Grundſtücke unter verſchiedener Leitung bei 
gleichbleibenden Preiſen und Koſten verſchiedene Rein⸗ 
erträge abwerfen würden. Auch die angebliche Ueber⸗ 
legenheit des „Finanztechnikers, der den Blick für die 
vielfach wechſelnden Beziehungen der geſellſchaftlichen 
Erſcheinungen unſerer Zeit, worauf es gerade im Ver⸗ 
waltungsdienſt ſo ſehr ankommt, zu ſchärfen Gelegen⸗ 
heit hat“, gegenüber anderen gebildeten Sterblichen 
iſt ein ſehr ſubjektives, anzuzweifelndes Urteil. Sollte 


ein gründliches Fachſtudium, gute Volkswirtſchaſts⸗ und 
Allgemeinbildung einer ehemaligen Kameralwiſſenſchaft, 
die auf allen Gebieten privat⸗ökonomiſcher Disziplinen 
umhertaſtet, doch nicht mindeſtens gleichwertig ſein? 

Solche Einſeitigkeit und unvollkommene Benutzung 
ſtatiſtiſcher Zahlen ſollten in einer wiſſenſchaftlichen 
Abhandlung nicht zu finden ſein. Erfaßt man den 
Kameralismus und der praktiſch⸗techniſchen Berufe in 
ihrer hiſtoriſchen Entwicklung und heutigen Bedeutung, 
ſo wird eine Vereinfachung der Staatsverwaltung ein 
Leichtes ſein und dadurch ſchon geſpart werden können, 
daß man Beamtenkategorien das ganze Gebiet, das 
ihre Vor⸗ und Ausbildung umfaßt, als Arbeitskreis 
überträgt und ſo zu einer zweckmäßigeren Benutzung 
der vorhandenen Kräfte fortſchreitet. Bei einer Ver⸗ 
einfachung der Staatsverwaltung, die ja ſchon 1912 
in Baden eingeleitet wurde und wovon die Forſtver⸗ 
waltung betroffen worden iſt, ſollte man gründlich 
prüfen, was alt, überlebt und nicht mehr entwicklungs⸗ 
fähig iſt, und namentlich ſollten nicht nur von „Kame⸗ 
raliſten“ in wiſſenſchaftlich⸗techniſchen Verwaltungs⸗ 
zweigen Vereinfachungen ausgearbeitet und durch⸗ 
führt werden, Probleme, die ſie gar nicht in aller 
Tiefe erfaſſen können; ſondern ſie ſollten einmal im 
eigenen Gebiete ſchürfen und graben, und ſie werden 
bei dem Studium der neueren nationalökonomiſchen 
Literatur und der Verhältniſſe in der Praxis — zum 
Teil wenigſtens, hoffe ich — zu der Einſicht gelangen, 
daß heute nur noch juriſtiſch gebildete National- 
ökonomen und nationalökonomiſch durchgebildete wiſſen⸗ 
ſchaftlich⸗techniſche Beamte exiſtenzberechtigt ſind. Recht 
und Wirtſchaft bildet die Grundlage für die eine 
Gruppe, Wirtſchaft und Naturwiſſenſchaft 
die Grundlage für die andere. 


Literariſche Berichte. 


Neues aus dem Buchhandel. 

Denkſchrift z. Förderung d. Geflügelzucht unt. Ausnutzung 
von Waldboden und beſonderer Futtermittelgewinnung 
3. bill. Zucht u. Haltung d. Geflügels, in Verbindung 
m. Garten- u. Landwirtſchaft. Dabei Arbeitsbeſchaffung 
f. Kriegsbeſchädigte u. deren Frauen in d. Krieger⸗ 
heimſtätten. (Von Gracchus.) (4 S.) Lex. 8. M. —. 10. 
Victor Zimmer in Breslau. 


Dickel, Karl, Ger.⸗R. a. D. Prof. Dr.: Deutſches u. preuß. 
Forſtzivilrecht m. Berückſ. d. übrigen deutſchen Landes⸗ 
rechte u. einiger öffentlichrechtl. Fragen, wie Waffenge- 
brauchsrecht, Forſt⸗ u. Jagdſchutz, Stempelſteuer. 2. völlig 
umgearb. u. verm. Aufl. (XXVIII, 1173 S. m. 1 Bild⸗ 
nis.) gr. 88. M. 28.—; geb. M. 31.—. Franz Vahlen 
in Berlin. 

1917 


Eberts, Geh. Reg.⸗R., Fiſchereivereins⸗Vorſitz.: Zuſammen⸗ 
ſtellung d. im Reg.⸗Bez. Caſſel gelt., d. Fiſcherei betr. 
geſetzl. Beſtimmungen. (III, 147 S.) kl. 8. M. 1.50. 
Friedr. Scheel in Kaſſel. 

Fiſcher, J., Oberförſter: Geſchichte d. Kammergutsforſten im 
Fürſtent. Schwarzburg⸗Sondershauſen. (VIII, 121 S. m. 
3 farb. Karten.) gr. 8D. M. 2.—. Fürftl. Hofbuchdruckerei 
von Emil Frotſcher in Arnſtadt. 

Förſter⸗Jahrbuch, Preußiſches, f. 1916. Ein Ratgeber f. die 
preuß. Kron: u. Staats⸗Forſtbeamten. 7. Bd. Hrsg. z. T. 
nach amtl. Quellen v. d. Geſchäftsſtelle d. deutſchen Forſt⸗ 
Zeitung. (XXXVI, 244 S.) Lex.⸗8o. M. 4. ; f. Bes 
zieher d. deutſchen Forſtzeitung M. 3.30. J. Neumann 
in Neudamm. 

Heinricher, E.: Der Kampf zwischen Mistel u. Birnbaum. 

22 


166 


Immune, unecht immune u. nicht immune Birnrassen; 
Immunwerden f. d. Mistelgift früher sehr empfindl. Bäume 
nach d. Ueberstehen e. ersten Infektion. Aus d. botan. 
Institut d. k. k. Universität in Innsbruck. (S.-A. a. d. 
Denkschriften d. kais. Akademie d. Wissenschaften in 
Wien. Mathem.-naturw. Kl. 93. Bd.) Mit 4 Taf. 
(34 S. m. 4 Bl. Erklärgn.) 31,5><24,5 cm. M. 5.10. 
Alfred Hölder, Verlag in Wien. 

Mitteilungen d. deutschen dendrologischen Gesellschaft. 
1916. Kries-Jg. Red.: Dr. (Fritz) Graf v. Schwerin. 
(IV, 360 S. m. Abb. u. 78 Taf.) Lex.-8%. M. 5.—. Deutsche 
dendrologische Gesellschaft in Wendisch-Wilmersdorf bei 
Thyrow (Kr. Teltow). 

Mitteilungen aus d. Forst- u. Kameralverwaltg. f. d Wirt- 
schaftsjahr 1914. Bearb. im Grossh. Ministerium d. Fi- 
nanzen, Abt. f. Forst- u. Kameralverwaltung. (Beiträge 
z. Statistik d. Grossh. Hessen. Hrsg. v. d. grossh. hess. 
Zentralstelle f. d. Landesstatistik. Schriftleitung: Reg.- 
Rat L. Knöpfel. 64. Bd. 5. Heft.) Lex.-8°. (45 S.) M. 1.—. 
Buchh. d. Grossh. Hessischen Staatsverlags in Darmstadt. 


Anleitung zur Buch und Rechnungs führung 
für Privatforſtreviere. Von B. Böhm, Geh. 
Regierungs⸗ und Forſtrat in Königsberg i. Pr. 
Zweite, umgearbeitete Auflage. Neudamm 1916, 
Verlag von J. Neumann. 

Die neue Auflage der Böhmſchen Anleitung zur 
Budh- und Rechnungsführung für Privatforſtbeamte 
iſt in vielen Abſchnitten weſentlich umgearbeitet, er⸗ 
gänzt und hierdurch erheblich verbeſſert worden. Vor 


allem enthält der III. Abſchnitt „Forſtrechnungs⸗ 
weſen im beſonderen“ viele Verbeſſerungen be: 
ſonders in den Abſchnitten über den Holzverkauf. Neu 
ift hier eingeſchoben ein Kapitel über „die Vorſchriften 
über die Verlohnung der Arbeiten in den Kgl. Pru: 
ßiſchen Staatsforſten“. Auch in den Abſchnitten 
„Rechnungsführung für beſondere Ber: 
hältniſſe“ und „Führung des Kontroll: 
buches und Aufſtellung des jährlichen 
Hauungsplanes“ iſt vieles neue enthalten. Gan 
neu find hier die Kapitel über das Hauptmerlbud, 
das Flächenverzeichnis, das Saden: und Gerite-Ler: 
zeichnis, das Geſchäftstagebuch. 

Die Zahl der neuen Vordrucke iſt gegen die 
der erſten Auflage faſt um das Doppelte vermehrt, 
fo find ſtatt 32 Vordrucke jetzt 70 in die forſtlich 
Buchführung eingefügt worden, darunter viele, die ié 
im Laufe der Zeit außerhalb des Böhmſchen Bud: 
führungsſyſtems im Neumannſchen Verlage bereit: 
eingebürgert und in der Praxis als beſonders gang: 
bar erwieſen haben. Die Preiſe für die Vordruck 
find äußerſt billig. Dieſelben zeichnen fih durch jor: 
beren Druck und feſtes Papier aus und werder auc 
in feflen Einbänden geliefert. 

Gleichwie die erſte Auflage wird auch die mt 
Auflage bei den Verwaltungen der Privatforſten ml: 
kommene Aufnahme finden. E 


Briefe. 


Aus Preußen. 
Forjtakademie Münden. 

Dem ſtenographiſchen Berichte des Preuß. Herren: 
hauſes über die Sitzung vom 23. Januar 1917 ent: 
nehmen wir Folgendes: 

Mündlicher Bericht der Finanzkom⸗— 
miſſion über die Petition des Magiſtrats 
zu Hann. Münden um Fortbeſtand der 
Kgl. Forſtakademie in Hann. Münden. 

Berichterſtatter Dr. Hillebrandt: M. H.! Die 
Stadt Hann. Münden hat dem Hohen Hauſe eine 
Petition eingereicht, die ſich auf den Fortbeſtand der 
gefährdeten Forſtakademie in Hann. Münden bezieht. 
Es iſt Gefahr vorhanden, daß ſie aufgehoben und mit 
der Akademie in Eberswalde verbunden wird. Darauf⸗ 
hin hat die Stadt an uns die Bitte gerichtet, zu be⸗ 
ſchließen, daß die Kgl. Forſtakademie zu Münden, für 
deren Erhaltung auch wichtige Staatsintereſſen ſprechen, 
weiterhin beſtehen bleibe. 

In der Konmmiſſion traten zuerſt Bedenken hervor, 
eb der Magiſtrat von Münden auf dieſe Petition noch 


Wert lege, weil es ſchien, als ob er einverſtanden i 
wenn die Stadt in anderer Weiſe ſchadlos gehalt 
werde. Das war aber ein Irrtum. Die Stadt bat 


erſt neuerdings wieder in einem Schreiben an de | 
Herrn Minifter zum Ausdruck gebracht, daß fiede 


Petition nach wie vor aufrecht erhält. Die Kommi: 
ſion hat ſich damals durch die Bedenken nicht abhalten 
laffen, über die Forſtakademie zu beraten und ift zu 


dem Reſultat gekommen, dem Hohen Haus zu emp: 


fehlen, die Petition der Staatsregierung zur Berit: 
ſichtigung zu überweiſen. 


Die Gründe, die für diefen Beſchluß maßgebn)“ 


waren, find gunddft die Rückſichten auf die Leben? 


intereſſen der Stadt ſelbſt. Als vor Jahren die E“ 


richtung einer Forſtakademie in Münden geplant wurd 
ging die Staatsregierung an die Stadt heran mit dem 
Erſuchen, ihrerſeits dafür zu ſorgen, daß die Unter 
richtsmittel und anderen Einrichtungen der Stadt au 
die Höhe gebracht würden, wie die Forſtakademit "t 
brauche. Darauf hat die Stadt eine Umwandlung 
ihres Progymnaſiums in eine volle Anſtalt beſchloſſe, 


167 


fie hat ferner eine Umwandlung der Töchterſchule in 
ein Lyceum vorgenommen, beides Dinge, die nicht ohne 
erhebliche Aufwendungen möglich geweſen ſind. Weiter 
hat der Wunſch, den Sitz der Forſtakademie würdig aus⸗ 
zugeſtalten, dazu geführt, Stadtpläne anzulegen, eine 
Gasanſtalt und eine Waſſerleitung zu bauen und all 
den ganzen Apparat zu ſchaffen, den eine auf der 
Höhe ſtehende kleinere Stadt haben muß, um eine 
Akademie würdig zu beherbergen. Das alles läßt 
natürlich den Wunſch der Stadt berechtigt erjcheinen, 
dieſe Akademie zu behalten. Dazu kommen aber noch 
andere Momente: das der Pietät und das der hiſtoriſchen 
Entwicklung. Die Akademie wurde i. J. 1867 infolge 
des Zuwachſes der neuen Provinzen in Münden ein⸗ 
gerichtet. Die Regierung wünſchte, im Weſten eine 
Forſtakademie zu haben, und ihre Wahl fiel auf Hann. 
Münden, das ſchon früher einmal in feinen Mauern 
eine Forſtakademie beherbergt hatte, nämlich i. J. 1844. 
Kaiſer Wilhelm I. wünſchte den neuen Provinzen da⸗ 
durch entgegenzukommen. Es erſchien daher i. J. 1867 
ein Erlaß des Herrn Finanzminiſters, daß des Königs 
Majeſtaͤt geruht habe, die Wahl der Stadt Münden 
für die Errichtung einer zweiten Forſtakademie mit 
Rückſicht auf die Anerbietungen, die ſie gemacht habe, 
zu genehmigen. Nun ſpricht gegen die Aufrechterhal⸗ 
tung der Akademie die geringe Zahl von Studierenden, 
die ſich auf beiden Akademien befinden. Es iſt gewiß 
richtig, daß auf jeden Studierenden gegen 3000 Mk. 
Staatsausgaben kommen und auf jeden Dozenten nur 
3½ Zuhörer. Das ift keine große Zahl, und es iſt 
auch formell richtig, wenn man an eine Zuſammen⸗ 
legung denkt. Aber gegen dieſen bloß formellen Ge⸗ 
ſichtspunkt ſpricht doch einmal die Rückſicht auf die 


hiſtoriſche Entwicklung der Stadt, die Rückſicht auf 


jenen Allerh. Erlaß, und ferner gewiſſe allgemeine 
Momente, die ich kurz vorführen möchte. Wir dürfen 
erſtens nicht vergeſſen, daß das Beſtehen mehrerer An⸗ 
ſtalten der Wiſſenſchaft mehr zugute kommt als eine 
einzelne, da dadurch die einzelnen Dozenten unab: 
hängiger von einander arbeiten, verſchiedenartiger nach 
der wiſſenſchaftlichen Richtung, als an einer Anſtalt, 
wo ſie einem Direktor unterſtehen. An kleinen Fa⸗ 
kultäten mit wenigen Zuhörern wird perſönlicher ge— 
arbeitet, ich möchte ſagen, die Studenten werden beſſer 
erzogen, weil ſie da in der Lage ſind, mit den Do⸗ 
zenten nahe zu verkehren und in engſter Berührung 
mit ihnen ihre Arbeiten zu machen. Ferner bedeutet 
jede Profeſſur ſozuſagen einen Arbeitstiſch mehr, der der 
Geſamtheit zugute kommt; eine Profeſſur weniger be’ 
deutet einen Arbeitstiſch weniger. 

Ferner iſt zu bedenken, daß, wenn' an einer Hoch⸗ 
ſchule keine geeigneten Dozenten vorhanden ſind und 
der eine oder andere Dozent in gewiſſer Richtung ver⸗ 


ſagt, der Student wo anders hingehen, oder aber auch 
die Lehrer einer anderen Schule hören kann. Ferner 
haben wir das Intereſſe, möglichſt viele Kulturzentren 
in, kleinen Orten zu erhalten oder zu errichten. Da⸗ 


durch, durch die Mannigfaltigkeit, iſt eigentlich Deutſch⸗ 


— — . —— ä äü c . ä .ſw.. ꝛſhb— ——— 4äö c'. ũ 0 P 0001 ]êJ750Si.. 0„p-pͥ̃᷑ä—— 6—.!.!..⁊ +iꝛ—᷑— “?iĩ.œ᷑ͤ —06ðci— ¼.‚k . ꝑkmmky ᷑ ¾§?ß.wĩ!ͥuẽũ ʃ.[Lͤ!.mwäßxß́ꝛ :ñßx?§Vĩ é ᷓV a —᷑ũüñ?»?¶ —2-᷑—ꝛi:ĩ — —ęV—t¼.Td' — i — —-— — 


land groß geworden. Ich bin der Meinung, daß, 
wenn wir in manchen Richtungen uns nach dem Kriege 
neu orientieren, es notwendig ſein wird, mehr und 
mehr die kleinen Kulturzentren zu erhalten und zu 
ſtärken. Wenn wir die Akademie Münden nach Ebers⸗ 
walde verlegen, ſo wird ſie eigentlich praktiſch nach 
Berlin verlegt, d. h. es wird dem Moloch von Berlin 
ein neues Opfer gebracht. Ich meine, wir müſſen da⸗ 
für forgen, daß die Provinzen möglichſt das ihrige 
behalten. Nun iſt von der Kommiſſion zugegeben, 
daß die Mittel nicht ausreichen. Ich glaube aber, die 
Beſchaffung der Mittel läßt fih doch vielleicht fo er: 
möglichen, daß beide Hochſchulen in gleicher Weiſe aus⸗ 
geſtattet werden. Preußen hat in den Jahren nach 
1807 zwei bis drei Hochſchulen errichtet. Ich glaube, 
es wird auch nach dieſem Kriege, wie er auch ausfallen 
möge, die nötigen Mittel haben, die Hochſchulen genügend 
zu dotieren. In dieſem Sinne bitte ich, die Petition der Kgl. 
Staatsregierung zur Berückſichtigung zu überweiſen. 

Miniſter für Landwirtſchaft, Domänen und For⸗ 
ften, Dr. Freiherr von Schorlemer: M. H.! 
Ich habe bereits im vorigen Jahre im Abgeordneten⸗ 
hauſe, wo ebenfalls die Wünſche der Stadt Münden 
zur Sprache gebracht worden find, der Anſicht Aus⸗ 
druck gegeben, daß die Frage der Aufhebung der Forſt⸗ 
akademie Münden in dieſem Augenblicke keineswegs 
akut iſt. Das Gleiche habe ich einer Abordnung der 
Stadt Münden am 2. Juni 1916 eröffnet, die eben⸗ 
falls bei mir war, um ihre Gründe gegen die Auf⸗ 
hebung der Akademie geltend zu machen. Ich möchte 
dieſelbe Anſicht auch heute hier vertreten, glaube aber 
doch mit einigen Worten darauf eingehen zu müſſen, 
warum überhaupt die eventuelle Aufhebung der Aka⸗ 
demie Münden zur Sprache gekommen iſt. Wir haben 
in Preußen gegenwärtig zwei höhere forſtwirtſchaftliche 
Anſtalten, die Akademien zu Eberswalde und zu 
Münden. Die Akademie Münden iſt erſt nach dem 
Jahre 1866 errichtet worden. Beide Lehranſtalten 
erfordern ſoviel Lehrkräfte, daß im Durchſchnitt auf 
etwa 5,5 Schüler ſchon ein Lehrer entfällt. Es liegt 
auf der Hand, daß es nicht ganz leicht iſt, die not⸗ 
wendigen und vor allem tüchtige Lehrkräfte für zwei 
Forſtakademien zu beſchaffen, zumal die Herren von 
der grünen Farbe bei aller Tüchtigkeit und allem 
Wiſſensdrang im großen und ganzen ſich ſehr ungern 
von ihrem Walde trennen und von der praktiſchen 
Tätigkeit einem mehr wiſſenſchaftlichen Berufe wieder 
zuwenden. 

225 


168 


Außerdem darf nicht außer acht gelaffen werden, 
daß die Dozenten an einer Forſtakademie, wenn fie 
Hervorragendes leiſten, in der Regel auch ein weiteres 
und größeres Arbeitsfeld erſtreben daß die Ausſicht, 


ordentlicher Profeſſor an einer Univerſität zu werden, 


manchen verlockt, im Laufe der Zeit die Forſtakademie 
zu verlaſſen. 

Das ſind zweifellos Erwägungen, die mich genötigt 
haben, die Frage der Beibehaltung der Forſtakademie 
Münden zu prüfen, in dem Augenblicke, wo der ver⸗ 
diente Direktor der Akademie auf dem Felde der Ehre 
gefallen war. Es kommt hinzu, daß ſowohl in der 
forſtlichen Literatur), wie auch anderwärts wiederholt 
die Frage zur Sprache gebracht worden iſt ob ſich die 
Beibehaltung der Forſtakademien in ihrer jetzigen Ein⸗ 
richtung als geſchloſſene Lehranſtalten empfiehlt, ob 
nicht manches dafür ſpricht, die jungen Forſtkandidaten 
auch dem allgemein wiſſenſchaftlichen Univerſitätsunter⸗ 
richt näher zu bringen. Und ſo hat ſich denn auch 
die Frage erhoben, ob nicht vielleicht den dahingehen⸗ 
den Wünſchen dadurch entgegen zu kommen ſei, daß 
eine engere Verbindung der Akademie Münden mit 
der Univerſität Göttingen herbeigeführt oder auch an 
der Univerſität Göttingen forſtlicher Unterricht einge⸗ 
richtet würde. Alles, was ich hier angeführt habe, 
ſind Erwägungen, und ich kann auch heute nur noch⸗ 
mals dasſelbe, was ich bereits der Abordnung der 
Stadt Münden erklärt habe, wiederholen: daß näm⸗ 
lich eine Verlegung der Forſtakademie 
Münden weder während des Krieges noch 
ſofort nach dem Kriege in Frage kommt, 
und daß fie keineswegs eher in beſtimmte 
Ausſicht genommen werden wird, bis die 
Stadt Münden einen Erſatz für die Aka⸗ 
demie erhalten kann. Es könnte in dieſer Be⸗ 
ziehung die Verlegung einer anderen Anſtalt nach 
Münden, die Verſtärkung der Garniſon oder anderes 
mehr in Frage kommen. 

Bei dieſer Stellungnahme der Staatsregierung bin 
ich der Meinung. daß es nicht notwendig wäre, ihr 
die hier vorgelegte Petition zur Berückſichtigung zu 
überweiſen. Denn Sie werden kaum den Standpunkt 
einnehmen wollen, daß unter allen Umſtänden daran 
feſtgehalten werden muß, die Forſtakademie in der 
Stadt Münden zu belaſſen. Eins will ich ja aller⸗ 
dings zugeben, daß der Weſten der Monarchie ein 
großes Intereſſe daran hat, daß die Söhne der Ya: 
milien, welche ſich dem Forſtfach widmen, die Mög⸗ 
lichkeit haben, in größerer Nähe ihrer Heimat den er⸗ 
forderlichen Unterricht zu erhalten. Aber dieſem 

1) Auch in dieſem Blatte ift die Frage, ob Forſtakademie 


oder Univerſitat mehrfach zu Ganften der Univerſität beanis 
wortet worden. 


Wunſche würde auch dann Rechnung getragen werden, 
wenn an einer Univerſität des Weſtens forftlicher 
Unterricht erteilt werden könnte. M. H.! ich glaubt 


Sie werden unter dieſen Umſtänden den Wünjhen det 


Stadt Münden auch dann gerecht, wenn Sie Ihrer: 
ſeils beſchließen, die hier vorgelegte Petition der Rol 
Staatsregierung als Material zu überweiſen. 

Die Frage der weiteren Entwicklung der tort: 
akademien, ihrer Einſchränkung und ihrer eventuellen Bn: 
legung wird ja auch weiter Gegenſtand der Distuion 
bleiben. Ich kann nur nochmals betonen, daß ein 
entſcheidende Stellungnahme der Staatsregierung un 
der landwirtſchaftlichen Verwaltung noch nicht erfol! 


iſt, und daß wir jederzeit dankbar für weitere Rat 
ſchläge und ebenſo für die Geltendmachung weitern 


Wünſche ſein werden. 


von Buch: M. H.! Mit Rückſicht auf die Aus: | 


führungen des Herrn Miniſters und mit Ridid: 
darauf, daß nach feiner eigenen Erklärung die Gr: 
ſcheidung keine Eile hat, ſchlage ich Ihnen vor, dit 
Angelegenheit zur ſchriftlichen Berichterſtattung an de 
Kommiſſion zurück zu verweilen, damit Gelegentbe: 
wird, die einzelnen Geſichtspunkte noch einmal er: 
gehend in der Rommiffion zu prüfen. 

Hierauf beſchließt das Herrenhaus, die Petition a 
die Kommiſſion zur ſchriftlichen Berichterſtattung zu 
rid zu verweiſen. 

Ueber dieſen zu erwartenden Kommiſſionsbencht 
wird fpäter weiter berichtet werden. 

Die gleiche Frage hat dann im März 1917 bi 
Preuß. Abgeordnetenhaus beſchäftigt. 

Nachdem die Abgeordneten v. der Groeber 
(fonj.), von Dietz (konſ.), Frhr. v. Wolff⸗Met 
ternich (Zentr.), Dr. Bredt (freikonſ.), Bier: 
dorff (nat.⸗lib.) die Erhaltung der Akademie Mir 


den warm befürwortet hatten, äußerte fih der Cher 


landforſtmeiſter v. Freier hierüber in folgender 


Weiſe: 

„Die Frage, in welcher Weiſe der forſtliche Unter: 
richt am zweckmäßigſten zu geſtalten fein mödte, if 
von jeher eine außerordentlich umſtrittene Streitfrage 
geweſen, die alle beteiligten Gemüter ſtets lebhuf 
bewegt hat. Es gibt kaum eine Frage, über die 1 
viel geſchrieben, beraten und geſprochen worden it 
Bereits i. J. 1874, auf der Verſammlung Dentfder 
Forſtmänner in Freiburg, hat die damalige Berjamm 
lung mit ſtürmiſcher Begeifterung fih dafür ausge 
ſprochen, daß der forſtliche Unterricht von den Alo: 
demiey fort auf die Univerſitäten zu verlegen fet, und 
i. J. 1907 auf der Verſammlung des Deutſchen dort: 
vereins ſtand dasſelbe Thema auf der Tagesordnung: 
die Verſammlung hat auch dort mit erdrückenden 
Majorität eine Reſolution angenommen, nach der der 


169 


geſamte forſtliche Unterricht nicht auf den ifolierten 
Fachſchulen, ſondern auf den Univerſitäten ſtattzu⸗ 
finden habe. Auch innerhalb der preußiſchen Forſt⸗ 
verwaltung iſt dieſe Frage eigentlich nie von der 
Tagesordnung verſchwunden. Nach dem Tode des 
Landforſtmeiſters Danckelmann, des langjährigen Di⸗ 
rektors der Forſtakademie Eberswalde, hat eine Be⸗ 
ratung hier ſtattgefunden, an der die höchſten Forſt⸗ 
verwaltungsbeamten und Männer der Wiſſenſchaſt, 
im ganzen 18 Perſonen teilgenommen haben. Bei 
dieſer Beratung hat fih nur eine verſchwindend kleine 
Minderheit für die Beibehaltung der iſolierten Forſt⸗ 
akademien ausgeſprochen; bei weitem die größte Mehr⸗ 
zahl und beinahe alle maßgeblichen Stimmen find für 
den Univerſitätsunterricht eingetreten. Nur eine ein⸗ 
zige Stimme, der damalige Direktor der Forſtakademie 
Münden, ſprach ſich für Beibehaltung beider Akademien 
aus. Auf dem Standpunkt der Majorität haben 
meine Amtsvorgänger, der Oberlandforſtmeiſter Donner 
und der Oberlandforſtmeiſter Weſener geſtanden. Ich 
ſtehe auf demſelben Standpunkt. Die ſämtlichen Forſt⸗ 
beamten des Miniſteriums haben die gleiche Anſicht 
und ebenſo eine ſehr große Zahl der preußiſchen Forſt⸗ 
verwaltungsbeamten. Als daher der verdiente Direktor 
der Forſtakademie Münden, Oberforſtmeiſter Fricke, 
auf dem Felde der Ehre gefallen war, hat die Staats⸗ 
forſtverwaltung fih für verpflichtet gehalten, diefe 
Frage von neuem zu prüfen. Der Herr Miniſter iſt 
bei dieſer Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, daß 
es zur Zeit nicht angezeigt erſcheine, der Auflöſung 
der Akademie Münden näher zu treten, hauptſächlich 
aus dem Grunde, weil ſich zur Zeit nicht annähernd 
überſehen läßt, wie ſich die Verhältniſſe nach dem 
Kriege geſtalten werden. In dieſem Sinne hat der 
Herr Miniſter auch die Deputation der Stadt 
Münden beſchieden und ihr die Zuſicherung gegeben, 
daß während des Krieges und auch während der 
nächſten Zeit nach dem Kriege die Auflöfung der 
Forſtakademie Münden nicht in Ausſicht genommen 
ſei. Hiernach war m. E. auch die Petition der Stadt 
Münden tatſächlich als erledigt anzuſehen. Die Sach⸗ 
lage war dieſelbe wie früher, und ich glaube nicht, 
daß dieſes Hohe Haus aus Anlaß dieſer Petition grund⸗ 
ſätzlich zu der Frage, wie für alle Zukunft der forſt⸗ 
liche Unterricht zu organiſieren iſt, hat Stellung 
nehmen wollen. Ich kann verſichern, daß, wenn ſpäter 
einmal die Entſcheidung fallen wird, die Staatsforſt⸗ 
verwaltung lediglich dabei von dem Streben geleitet 
ſein wird, unſerem jungen Forſtnachwuchs die denkbar 
befte und vollkommenſte wiſſenſchaftliche und fachliche 
Ausbildung zu geben, um ſie für ihren ſchönen, aber 
auch verantwortungsvollen Beruf vorzubereiten. 


Aus der Preußiſchen Rorjtuerwaltung. 
Anfuhr des Gruben- uſw. holzes. 


1. In einer an die Regierungspräfidenten gerichteten 
Allgemeinen Verfügung vom 3. November 1916 weiſt 
der Reichskanzler auf die Klagen der holzverbrauchenden 
Induſtrien über Holzknappheit hin, die vornehmlich 
durch den Mangel an Geſpannen zur Abfuhr des 
Holzes begründet ſeien. Ein Verſagen in der Abfuhr 
würde unabſehbare Folgen haben, da es im ſtaatlichen, 
beſonders im militäriſchen Intereſſe dringend erforder⸗ 
lich ſei, große Mengen von Holz zum Bau von Unter⸗ 
ſtänden uſw., zur Gewinnung von Zellſtoff und Papier 
und insbeſondere zu Grubenzwecken zur Verfügung zu 
haben. Die Bedeutung der reichlichen Förderung von 
Kohle bedürfe keiner weiteren Ausführung; es brauche 
nur darauf hingewieſen zu werden, daß im Intereſſe 
der Bereitſtellung ausreichender Munitionsmengen er⸗ 
heblich größere Mengen Kohle als bisher gefördert 
werden müßten. Zur Regelung der Grubenholzfrage 
ſeien die Holzbeſchaffungsſtellen Oſt in Kattowitz und 
Weſt in Eſſen tätig. Die Bemühungen der Gruben⸗ 
holzfirmen, Privatfuhrwerk zu erlangen, ſeien früher 
auf außerordentliche Schwierigkeiten geſtoßen. Eine 
Beſſerung ſei eingetreten, als das Kriegsminiſterium 
Kommandos mit Geſpannen zur Grubenholzförderung 
zur Verfügung geſtellt habe. Da der erhöhte Bedarf 
der Front jedoch in Kürze die Zurückziehung der Pferde 
erforderlich mache, ſo ſei mit der Rückkehr der früheren 
Verhältniſſe zu rechnen, wenn es nicht gelänge, durch 
Einwirkung auf die Fuhrhalter die ausreichende Ge⸗ 
ſtellung von Geſpannen herbeizuführen. Es ſolle nicht 
verkannt werden, mit welchen Schwierigkeiten die Privat⸗ 
fuhrwerksbeſitzer zurzeit zu kämpfen hätten. Anderer⸗ 
ſeits werde es bei gutem Willen der Beteiligten und 
bei verſtändnisvoller Aufklärung über die hohe Be- 
deutung der Angelegenheit vielfach gelingen, auch ohne 
geſetzlichen Zwang und ohne Eingreifen der Militär⸗ 
behörde darauf hinzuwirken, daß die erforderlichen Ge⸗ 
ſpanne geſtellt werden. Insbeſondere werde es den 
örtlichen Verwaltungsbehörden, die in enger Fühlung 
mit den Landesbewohnern ſtehen, möglich ſein, die Ge⸗ 
meinden oder die Gemeindevorſteher darüber aufzu⸗ 
klären, wie notwendig eine geregelte Grubenholzabfuhr 
zur Aufrechterhaltung der für die militäriſchen, hin⸗ 
ſichtlich der Gewinnung von Nebenprodukten aber auch 
für die landwirtſchaftlichen Intereſſen überaus wich⸗ 
tigen Kohlenförderung ſei und daß dringende vater⸗ 
ländiſche Intereſſen es jedem Beſitzer von tauglichen 
Geſpannen zur Pflicht machten, dem Anſuchen der 
Grubenholzfirmen, Pferde und Wagen zur Verfügung 
zu ſtellen. entgegenzukommen. Von beſonderem Werte 
würde es fein, wenn auf die Aufgaben der Hok- 


170 


beſchaffungsſtellen Oft und Weit hingewieſen und ver⸗ 


fügt würde, daß man den Mitteilungen und Anträgen 
dieſer Stellen Gehör und Beachtung ſchenken ſolle. 
Einwendungen der Pferdehalter, daß die Tiere unter⸗ 
ernährt ſeien und geſchont werden müßten, würden 
die örtlichen Behörden zu beurteilen am beſten in 
der Lage ſein. Ebenſo würde es ihnen möglich ſein, 
bei zu hohen Preisforderungen der Pferdehalter aus⸗ 
gleichend einzugreifen. 


2. Abſchrift dieſer Verfügung überſandte hierauf 
der Miniſter für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten 
unter dem 4. Dezember 1916 den Regierungen mit 
dem Erſuchen, die für die Holzabfuhr in Betracht 
kommenden Geſpannhalter durch die nachgeordneten 
Behörden und Beamten, durch die Tagespreſſe uſw. 
darüber belehren zu laſſen, welche verhängnisvollen 
Folgen für die Kriegsführung ſowohl wie für die ge⸗ 
ſamte Volkswirtſchaft es nach ſich ziehen müſſe, wenn 
ſie ſich der vaterländiſchen Pflicht entziehen wollten, 
für die Heranſchaffung des nötigen Holzes aus dem 
Walde zu den Verbrauchsſtellen nach Kräften ſich ein⸗ 
zuſetzen. Es ſei hierbei mit Nachdruck darauf hinzu⸗ 
weiſen, daß Zwang ausgeübt werden müſſe, wenn die 
gutwillige Hergabe der Geſpanne für die Holzabfuhr 
wider Erwarten nicht ſollte erreicht werden. Von 
beſonderer Wichtigkeit ſei die regelmäßige und recht⸗ 
zeitige Heranſchaffung des Grubenholzes für den Kohlen⸗ 
bergbau. Mangel an Grubenholz bedeute Aufhören 
der Kohlenförderung und Mangel an Kohlen die Un⸗ 
möglichkeit weiterer Kriegführung, die Zerrüttung der 
deutſchen Volkswirtſchaft. Wegen der Bereitſtellung 
ausreichender Futtermittel für die zur Holzabfuhr 
bereitgeſtellten Pferde ſeien Verhandlungen mit dem 
Kriegsernährungsamt eingeleitet. Es ſei zu hoffen, 
daß auch die in Frage kommenden Königl. Domänen⸗ 
pächter ſich nach Möglichkeit an der Holzanfuhr be⸗ 
teiligen, und daß die Forſtbeamten ſich als Vermittler 
zwiſchen Geſpannhaltern und Holzkäufern erfolgreich 
betätigen würden. In vielen Fällen habe es ſich als 
zweckmäßig erwieſen, daß die zuſtändigen Revierver⸗ 
walter ſchon vor dem Verkaufe des Holzes Verein⸗ 
barungen mit den Geſpannhaltern über die Fuhrlöhne 
getroffen und bei Eröffnung der Verkaufstermine den 
Käufern die zur Abfuhr bereiten Perſonen und deren 
Forderungen genannt hätten. 


3. In einem dem vorſtehenden Erlaſſe beigefügten 
Flugblatte wird auf alles das hingewieſen, was 
aus der Kohle gewonnen wird, um hierdurch zu be— 
weiſen, wie unendlich wichtig der Bergwerksbetrieb und die 
Beſchaffung des hierzu erforderlichen Grubenholzes iſt. 


Mit dem aus der Kohle erzeugten Koks würden 
Eiſen und Stahl bereitet, die zur Herſtellung von 


Geſchützen, Gewehren, Schiffen, Munition und all ber 
Kriegsgerät in tauſendfacher Geſtalt dienten, ohne ba: 
die Niederringung unſerer Feinde unmöglich fei. Fu 
Pech diene neben anderen Verwendungszwecken zur 
Herſtellung von Briketts zur Heizung von Lokomotiven, 
ſowie zur Fabrikation von Dachpappe für die Schützen; 
graben und Unterſtände. Die Teeröle bildeten en 
unſchätzbares Kraftmittel für Motoren und würden in 
weitgehendem Maße in der Kriegsmarine angewnr, 
Das Benzol fet neben Spiritus der einzige zur Xr 
fügung ſtehende Erſatz für Benzin und diene als X: 
triebsmittel der Laſtkraftwagen, die den Truppen i 
die entlegenſten Gebirgswinkel folgten und ihnen Leber 
mittel und Munition nachführten. 
werde jener wirkſame Sprengſtoff bereitet, der yr 
Füllung der Granaten Verwendung finde. Aus der. 


Gas werde neben anderen Stoffen, deren die Spreng: 


ſtoffinduſtrie bedürfe, das ſchwefelſaure Ammo: 
niat gewonnen, jenes ſtickſtoffhaltige Dingemitt:. 
ohne welches es den Engländern ein Leichtes gewe 
wäre, das deutſche Volk trotz ſeiner glänzenden mi: 
täriſchen Erfolge durch Hunger in die Knie zu zwinge 
Ferner bilde die Kohle das wichtigſte Mittel, mit dr 
wir aus den neutralen Staaten unentbehrliche Ne: 
rungs- und Futtermittel im Austauſch beziehen könnte 
uſw. 


* * 
Holzabfuhr. 

In einem Runderlaß vom 8. Januar 1917 werde 
die Landwirtſchaftskammern von dem Landwirtſchafk 
miniſter erſucht, bei der künftigen Verteilung X: 
von ihm überwieſenen und zur Verwendung bei & 
Holzabfuhr geeigneten Militär- und anderen Pii? 
ſolche in der Nähe des Waldes wirtſchaftende Lot 
wirte vorzugsweiſe zu berückſichtigen, die durch de 
ſcheinigung des zuſtändigen Landrates oder eines könn 
lichen Oberförſters nachweiſen. daß in ihrer Seger 
dringender Bedarf an Geſpannen für die Holzabit: 
vorliegt, und zugleich der Landwirtſchaftskammer gegi" 
über die Verpflichtung eingehen, mit den erhaltenen 
Pferden fih wenigſtens bis zur Beſtellzeit nach Kräfte 
an der Holzabfuhr zu beteiligen. Die Namen der \ 
verpflichteten Landwirte und die Zahl der ihnen iter 
wieſenen Pferde find alsbald dem zuſtändigen Lar 
rat mitzuteilen und von dieſem im Kreisblatt un 
Mitteilung der von den Empfängern übernommene 
Verpflichtung öffentlich bekannt zu machen. 


— — : — 


Aus Tolu 


— 


Ferner benachrichtigt das Landwirtſchaftsminiſterun; 


unter dem gleichen Datum die Regierungen, daß ® 


vorausſichtlich in den nächſten Monaten in der Sag i 
fein werde, zur Holzabfuhr geeignete Pferde unmittee 


bar von Berlin aus auf Antrag der Staatéforfe 
waltung an ihm namhaft gemachte zuverläſſige Ge 


171 


ſpannhalter, die ſich zur Uebernahme von Holzfuhren 
der Forſtverwaltung gegenüber verpflichtet haben, zu 
überweiſen. 


** 
* * 


Holzab fuhr. 

Unter dem 9. Januar empfiehlt der Landwirt⸗ 
ſchaftsminiſter den Kgl. Regierungen, ſich zur Hebung 
der der Holzabfuhr entgegenſtehenden Schwierigkeiten 
erforderlichenfalls an das zuſtändige ftellvertr. General: 
kommando mit dem Erſuchen um möglichfte Förderung 
der Holzabfuhr durch Geſtellung von Pferden und 
Kraftwagen der Heeresverwaltung zu wenden. Nament⸗ 
lich bei den Hölzern, an deren Lieferung die Heeres⸗ 
verwaltung wegen ihrer Verwendung für Kriegszwecke 
ein unmittelbares Intereſſe habe, werde ſolche Hilfe 
erwartet werden können. Wenn nach Lage der Ver⸗ 
hältniſſe die rechtzeitige Abfuhr von ſolchem Holze auf 
keine andere Weiſe zu erreichen ſei, dann ſei bei dem 
zuſtändigen ſtellvertr. Generalkommando der Erlaß 
einer Verordnung zu beantragen, durch den geeigneten 
Geſpannhaltern unter Zwangsandrohung eine Ver⸗ 
pflichtung zur Bereitſtellung ihrer Pferde für die Holz⸗ 
abfuhr auferlegt werde. Da Anordnungen dieſer Art 
wegen der auf die Landwirtſchaft zu nehmenden Rück⸗ 
ſicht nur bis zum Eintritt der Beſtellungszeit in Kraft 
bleiben könnten, ſei gegebenen Falls der Erlaß ſolcher 
Verordnungen mit der größten Beſchleunigung in die 
Wege zu leiten. 

* ü % 
Förderung des Holzeinſchlags und der 
Holzabfuhr. 

Das Miniſterium für Landwirtſchaft, Domänen 
und Forſten benachrichtigte durch Erlaß vom 18. Januar 
1917 die Kgl. Regierungen, daß von dem Kriegs⸗ 
miniſterium unter dem 8. Januar 1917 an die ſtell⸗ 
vertr. Generalkommandos, die Kgl. Inſpektion des 
Kraftweſens und die Kgl. Inſpektion der Eiſenbahn⸗ 
truppen verfügt worden ſei, daß mit Rückſicht auf die 
beſtehende Holzknappheit für die Monate Januar, 
Februar und März folgende Maßnahmen zu treffen 
ſeien: 

1. Allgemein. 

Jeder Einſchlag und jede Abfuhr von Nutzholz 
gelten bis auf weiteres als dringende Kriegsnotwen⸗ 
digkeit, ohne daß es im Einzelfall des Nachweiſes be⸗ 
darf, daß und wie ſie Heereszwecken dienen. 

2. Förderung des Nutzholzeinſchlages. 

a) Alle nicht kriegsverwendungsfähigen Holzhauer, 
einſchließlich der Vorarbeiter, find erforderlichenfalls 
für den Nutzholzeinſchlag nach Prüfung des Bedarfs 
freizugeben. 

b) Kriegsgefangene ſind für den Nutzholzeinſchlag 


vorzugsweiſe zu ſtellen. Den einſchlägigen Anforde⸗ 


rungen der Forſtverwaltung uſw. iſt in weiteſtem Maß 
zu eniſprechen. Eingearbeitete Kriegsgefangene find den 
Arbeitgebern auch dann zu belaſſen, wenn die Arbeits⸗ 
ſtelle nach Abholzung eines Reviers in das Gebiet 
einer anderen als der geſtellenden Militärbehörde 
(innerhalb oder außerhalb des Korpsbereichs) verlegt 
wird, ſoweit an der neuen Stelle die erforderlichen 
Arbeiskräfte fehlen. 

c) An Stelle der gegenwärtig nur in ſehr ge⸗ 
ringem Umfange zur Verfügung ſtehenden Kriegs⸗ 
gefangenen iſt mit allen Mitteln auf die Verwendung 
abgeſchobener belgiſcher Arbeitsloſer hinzuwirken. 

3. Förderung der Nutzolzabfuhr. 

a) Für die Nutzholzabfuhr ſind in erſter Linie alle 
irgendwie verfügbaren Zivilgeſpanne heranzuziehen. 
Wo der Bedarf auf dieſe Weife nicht gedeckt werden 
kann und die dienſtlichen Verhältniſſe es zulaſſen, ift 
durch Ausleihen von Pferden in weitgehendſtem Maße 
auszuhelfen. 

b) Die Aushebung der zur Nutzholzabfuhr bereits 
verwandten oder nachweisbar verpflichteten Geſpanne 
hat bis 31. März 1917 zu unterbleiben. Den Be⸗ 
ſitzern iſt für dieſe Geſpanne die Auflage beſtimmter 
Mindeſttagesleiſtungen in der Nutzholzabfuhr zu machen. 

c) Den Anforderungen der Geſpannhalter auf Frei⸗ 
gabe nicht kriegsverwendungsfähiger Holzfuhrleute für 
die Nutzholzabfuhr iſt in weiteſtem Maße zu ent⸗ 
ſprechen. 

d) Die Nutzholzkaͤufer find in der Anwerbung 
privater Geſpanne nachdrücklich zu unterſtützen, indem 
die Geſpannhalter auf den Charakter der Fuhrleiſtung 
als einer Tatigkeit im Sinne des Geſetzes über den 
vaterländiſchen Hilfsdienſt in geeigneter Weiſe hinge⸗ 
wieſen werden; das Zuſtandekommen freier Verein⸗ 
barung zwiſchen Holzkäufern und Geſpannſtellern iſt 
zu vermitteln, bei ungerechtfertigter Verweigerung des 
Spanndienſtes aber die Fuhrleiſtung nach Maßgabe 
des Geſetzes über die Kriegsleiſtungen vom 13. Juni 
1873 § 3 Ziffer 5 und 6 zu fordern. Dieſer Spann- 
dienſt muß während der bis zum Beginn der Früh- 
jahrsbeſtellung noch verbleibenden Zeit unter allen 
Umſtänden in großem Maße arbeiten. 

e) Soweit die Geſpanne nicht ausreichen, kommt 
weitgehende Verwendung von Dampf- und ſonſtigen 
Kraftwagen in Frage. Ankauf und Anmietung von 
Laftkraftwagen ift u. a. bei der Feldkraftwagen⸗Aktien⸗ 
geſellſchaft, Berlin, Unter den Linden 34, möglich, die 
im Auftrage der Heeresverwaltung die aus dem Felde 
zurückkehrenden Laſtkraftwagen inſtand ſetzt und ver⸗ 
wertet. Für die zur Holzabfuhr eingeſtellten Laſt⸗ 
kraftwagen iſt die Notwendigkeit der Abgabe genügen⸗ 
der Betriebsſtoffe (Oel, Benzol uſw.) anzuerkennen 


172 


Wo Betriebsſtoffe im freien Handel nicht erhältlich, ift 
die Inſpektion des Kraftfahrweſens um Aushilfe anzu⸗ 
gehen. Maßnahmen, durch die der Verkehr der Laſt⸗ 
kraftwagen ſachwidrig erſchwert wird, ſind, ſoweit es 
die Verkehrsverhältniſſe irgendwie geſtatten, außer 
Kraft ſetzen zu laſſen. 

f) Bau und Betrieb von Nutzholzabfuhrbahnen 
ſind zu unterſtützen. Förderbahnmaterial kann, wenn 
es im freien Handel nicht erhältlich iſt, bei der In⸗ 
ſpektion der Eiſenbahntruppen erbeten werden, die nach 
Möglichkeit aus eigenen Beſtänden verkaufen oder noch 
verfügbare Landesbeſtände nachweiſen wird. Bei Be⸗ 
-ſchaffung neuen Materials iſt Bezugsſchein der In⸗ 
ſpektion für die Lieferfirmen notwendig. Die Not⸗ 
wendigkeit zur Abgabe genügender Betriebsſtoffe iſt 
anzuerkennen. 

Der Landwirtſchaftsminiſter empfiehlt von dieſem 
dankenswerten Entgegenkommen des Kriegsminiſters 
in jeder möglichen Weiſe zur Förderung von Holz⸗ 
einſchlag und Holzabfuhr Gebrauch zu machen. 

Zur Förderung der Holzabfuhr hat das Stell⸗ 
vertretende Generalkommando des XVIII. Armeekorps 
unter dem 24. Januar 1917 folgende Verordnung 
erlaſſen: 

„Auf Grund des § 9b des Geſetzes über den Be: 
lagerungszuſtand vom 4. Juni 1851 beſtimme ich für 
den mir unterſtellten Korpsbezirk: 

Bis zum 15. März d. J. find Fuhrwerksbefitzer, 
die mindeſtens 2 Pferde haben, auf Aufforderung ihrer 
Polizeibehörde verpflichtet, für von dieſer ihnen be⸗ 
zeichnete Geſchäfte oder Perſonen — gleichgiltig, wo 
letztere ihren Sitz haben bezw. wohnen — Holz aus 
den benachbarten Wäldern anzufahren. 

Ueber Beſchwerden wegen der Aufforderung ſelbſt 
entſcheidet endgültig die untere Verwaltungsbehörde 
(Landrats⸗ bezw. Kreisamt). 

Die Vergütung für die Holzanfuhr iſt ausſchließ⸗ 
lich Sache der Vereinbarung zwiſchen den Fuhrwerks⸗ 
befigern und denjenigen, für welche die Anfuhr des 
Holzes erfolgt, event. der richterlichen Feſtſetzung, je⸗ 
doch hat die Geſtellung des Fuhrwerks zu erfolgen 
ohne Rückſicht auf eine etwa eingelegte Beſchwerde oder 
eine vorherige Regelung der Vergütung. 

Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bis zu 
einem Jahre, beim Vorliegen mildernder Umſtände 
mit Haft oder Geldſtrafe bis zu 1500 Mk. beſtraft. 

Der ſtellvertr. Kommandierende General.“ 

Unter dem 24. April iſt dieſe Verordnung durch 
eine Verordnung des gen. Generalkommandos ergänzt 
worden, welche beſtimmt: 

1. Halter von Pferden-, Ochſen⸗ und Kuhfuhr⸗ 
werken ſind verpflichtet, auf ſchriftliche Aufforderung 
des für ihren Wohnort zuſtändigen Holzabfuhraus⸗ 


| 
ſchuſſes für jeden ihnen von dem Holzabfuhrausſchuß | 
bezeichneten Auftraggeber die jemeils beſtimmten Mer: 
gen Nutzholz (auch Acetonholz) zu den feſtgeſetzter 
Zeiten nach den ihnen bezeichneten Orten abzufahren. 
Wagenbeſitzer find in gleicher Weiſe verpflichtet, ihr: 
zur Holzabfuhr geeigneten Wagen zur Verfügung zu 
ſtellen. 

2. Jede männliche Perſon iſt verpflichtet, auf Aui: 
forderung des für ihren Wohnort zuſtändigen Hol: 
abfuhrausſchuſſes gegen den ortsüblichen Lohn be den 
Abfuhr von Holz aus den Wäldern inſoweit mit: 
wirken, als es ohne weſentliche Schädigung ihrer ng: 
nen Verhältniſſe geſchehen kann. 

3. Gegen die Heranziehung durch den Holzabful: 
ausſchuß ſowie gegen die Höhe der von dieſem ft: 
ſetzenden Vergütung ſteht die Beſchwerde zu, die ker 
aufſchiebende Wirkung hat. Ueber die Beſchwerde er: 
ſcheidet endgültig der Landrat, bezw. in Stabthei | 
der Regierungspräſident. 

4. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis ki 
zu einem Jahr, beim Vorliegen mildernder Umar 
mit Haft oder Geldſtrafe bis 1500 Mk. beſtraft. 

5. Die Holzabfuhrausſchüſſe werden in Pree 
von den Regierungspräſidenten, in Heſſen vom Viz 
ſterium des Innern in Darmſtadt gebildet. 

In Preußen beſteht der Holzabfuhrausſchuß an 
dem Staats-, Gemeinde: oder Privat⸗Oberförſter de 
Waldes, in dem das abzufahrende Holz lagert, di 
Vorſitzenden und dem Bürgermeiſter der Gemein 
des Wohnorts deffen, der zur Holzabfuhr in Anipı: 
genommen wird, als Beiſitzer. Bei Meinungsverſchieder 
heiten zwiſchen dem Vorſitzenden und dem Beifiger tt | 
des Erſteren Entſcheidung maßgebend, dem Berg 
ſteht aber das Recht der Beſchwerde an den Lu 
rat zu. 

Aehnliche Verordnungen find auch ſeitens anden 
Stellvertr. General⸗Kommandos erlaſſen worden. 


Holz zur Herſtellung von Gewehr 

ſchäften. 

Das Kriegsminiſterium teilt unter dem 28. 2r 
zember 1916 dem Landwirtſchaftsminiſterium mit, dal 
noch große Mengen Rotbuchen und Birkenholz zu: 
Herſtellung von Gewehrſchäften erforderlich ſeien un 
erſucht um Angabe, welche Mengen ſolchen Holzes bi 
Ende März 1917 zur Verfügung geſtellt werte i 
können. Es ſei bereit für Buchenholz 60 Mk. für ht 
Feſtmeter der Klaſſe A 1, 50 Mk. je Feſtmeter Klit 
A2, 40 Mk. je Fm. Klaſſe AB und 30 Mt. je an. 
Klaſſe A 4 frei Wald zu zahlen. Die gleichen Prev 
könnten für Holz der B-Klaſſe gelten, für Birken 
ſtammholz erſcheine ein Durchſchnittsſatz von 40 N. 
je Feſtmeter angemeſſen. Die Abfuhr des Holze 


173 


werde von der Kgl. Gewehrfabrik Erfurt veranlaßt 
werden. 

Das Holz müſſe folgende Eigenſchaften haben: 

1. Beſchaffenheit. 

a) Birke: Sämtliches Holz iſt äußerlich aſtrein 
auszuhalten, jedoch können nach dem Zopfende hin 
und wieder kleinere geſunde Aeſte vorhanden ſein. Im 
allgemeinen müſſen die Stämme gerade gewachſen ſein. 
Geringe Krümmung iſt nur am Stammende zuläſſig. 
Sumpfbirken oder am Waſſer gewachſene ſowie ge⸗ 
dreht gewachſene Stämme ſind von der Annahme aus⸗ 
geſchloſſen. Bei Stämmen mit einem Mittendurch— 
meſſer von 35 em aufwärts iſt geringer brauner, je⸗ 
doch geſunder Kern zuläſſig. Schwächere Stämme 
müſſen weißkernig ſein. Stämme mit Längsriſſen und 

Abſplitterungen ſind unbrauchbar. 

b) Rotbuche: Sämtliches Holz muß im allge: 
meinen der A-Klaſſe angehören. Die Stämme müſſen 
gerade gewachſen ſein. Aus der B-Klaſſe kommt Holz 
nur ausnahmsweiſe zur Abnahme, ſofern es geſund 
und nur mit wenigen, weit auseinanderliegenden Aeſten 
behaftet iſt. Stämme unter 40 em Durchmeſſer dürfen 
keinen roten Kern haben; bei ſtärkeren Stämmen iſt 
geringer geſunder Kern zuläſſig. 

2. Länge des Holzes. 

Die Stammenden müſſen mindeſtens 1,30 m lang 
ſein. Im allgemeinen ſind ſie in einer Länge von 
4,20 - 4,40 m auszuhalten. Falls es die äußere Be- 
ſchaffenheit des Holzes bedingt, kann das Holz auch 
in anderen Abmeſſungen, jedoch nicht unter 1.30 m 
Länge ausgehalten werden. 

3. Durchmeſſer der Stämme. Die Stämme 
mit ſtärkſtem Durchmeſſer ſind die brauchbarſten. Der 
Mindeſtdurchmeſſer ift ſür Birkenholz 33 em in der 
Mitte des Stammes, 30 em am Zopfende, für Rot⸗ 
buchenholz 35 em bezw. 30 em. 


* 
* * 


Buchenholz zur Herſtellung von Fäſſern. 


Der Verein oſtdeutſcher Holzhändler führt Klage 
über den Mangel an Buchenholz zur Herſtellung von 
Jäſſern. Es jet zu befürchten, daß bedenklicher Mangel 
an Fäſſern zur Beförderung der wichtigſten Lebens⸗ 
mittel für Heer und Volk einträte. Auch der Präfident 
des Kriegsernährungsamtes macht darauf aufmerkſam, 
daß die Faßverſorgung in Frage geſtellt werde, wenn 
Mangel an Holz für die Faßanfertigung einträte. 
Ebenſo bezeichnet die Reichsſtelle für Speiſefette den 
Mangel an Faßholz als groß. 

Hierdurch veranlaßt erſucht der Landwirtſchafts⸗ 
miniſter durch Erlaß vom 26. Januar 1917 die Regie⸗ 
rungen, dafür zu ſorgen, daß in den Buchenſchlägen 
tunlichſt Faßholz ausgehalten werde. Der Hieb ſolchen 

1917 


Holzes werde ſich vorausſichtlich bis zum Sommer hin⸗ 
ziehen laſſen. 

Bei freihändigem Verkauf von Faßholz im Betrage 
von mindeſtens 100 fm in einer Oberförſterei jet zur 
Bedingung zu ſtellen, daß das Holz bei Vermeidung 
einer Vertragsſtrafe von 20 Mk. je Feſtmeter tatſäch⸗ 
lich zur Faßanfertigung verwendet werde, daß die Fabrik 
ſich hierüber einer Kontrolle des Kriegsernährungs⸗ 
amtes unterwerfe und dieſes auch darüber Beſtimmung 
zu treffen habe, zu welchen Verwendungszwecken (Butter-, 
Marmelade⸗, Margarine⸗Verſand uſw.) die Fäſſer ab: 
gegeben würden. 


x 
* * 
Anerkennung der Forſtſchutzbeamten als 
Schwerarbeiter. 


In einem Erlaſſe des Miniſteriums für Landwirt⸗ 
ſchaft, Domänen und Forſten vom 16. Januar 1917 
wird darauf hingewieſen, daß die Feſtſetzung des Be⸗ 
griffs „Schwerarbeiter“ zur Zeit noch Sache des zu⸗ 
ſtändigen Kommunalverbandes ſei. Die Holzhauer 
würden wegen der Schwierigkeit ihrer Arbeit, die ſtets 
im Freien ohne Schutz gegen die Unbilden der Witte⸗ 
rung ſtattfinde, wohl überall zu den Schwerarbeitern 
gerechnet und erhielten die für dieſe zuläſſigen Nah⸗ 
rungsmittelzuſchüſſe. Der Präſident des Kriegsernäh⸗ 
rungsamtes habe anerkannt, daß die Forſtſchutzbeamten 
zum mindeſten in Bezug auf die Brotzulage den Holz⸗ 
hauern gleichzuſtellen ſeien. Die Kgl. Regierungen 
werden daher erſucht, bei den zuſtändigen Kommunal: 
verbänden darauf hinzuwirken, daß die Forſtſchutz⸗ 
beamten bei Zuteilung der Nahrungsmittel wie Schwer⸗ 
arbeiter bedacht werden. Ebenſo ſollen die Regierungen 
auch für die Anerkennung der Holzabfuhrleute als 
Schwerarbeiter, ſoweit dies erforderlich ſein ſollte, ein⸗ 


treten. 
x 


* * 
Einmalige Kriegsteuerungszulagen für 
Arbeiter. 

Durch Erlaß vom 13. Dezember 1916 find die 
Kgl. Regierungen von dem Miniſter für Landwirt: 
ſchaft, Domänen und Forſten ermächtigt worden, den 
in dem Staatsforſtbetriebe beſchäſtigten Arbeitern und 
ſonſtigen in einem Arbeiter⸗ oder unterbeamtenähn⸗ 
lichen Verhältniſſe befindlichen Lohnempfängern ein⸗ 
malige Kriegsteuerungszulagen zu zahlen und zwar: 
den ledigen Arbeitern 40 Mk. 
den verheirateten Arbeitern ohne Rinder unter 

14 Jahren ee 60, 
den Arbeitern mit einem Rind unter 14 Jahren 80 „ 
den Arbeitern mit zwei Kindern unter 14 


Jahren 90 
23 


~ 


174 


den Arbeitern mit drei Kindern unter 14 


Jahren 100 Mk. 
den Arbeitern mit ur Kindern unter 14 
Jahren 110 „ 


den Arbeitern mit funf und mehr Kindern 
unter 14 Jahren ; . 120 
Nicht zu berückſichtigen find ſolche Personen, deren 
Lohnbezüge während des Krieges eine erhebliche Auf⸗ 
beſſerung bereits erfahren haben, und ſolche, die an 
Stelle von Beamten oder ſtändigen Arbeitern nur vor⸗ 
übergehend und ohne Ausſicht auf dauernde Beibe⸗ 
haltung beſchaͤftigt werden. Hingegen können Lohn: 
angeſtellte, die für die Dauer des Krieges als Erſatz 
für die zum Heeresdienſt eingezogenen Unterbeamten 
angenommen find und mindeſtens ſchon ſechs Monate 
im Dienſte der Verwaltung ſtehen, mit den einmaligen 
Kriegsteuerungszulagen bedacht werden. 


* 


* * 


Sammeln von Fichtenſamen. 


Eine Allgem. Verfügung des Miniſteriums für 
Landwirtſchaft, Domänen und Forſten vom 22. De⸗ 
zember 1916 weiſt darauf hin, daß der Kriegsaus⸗ 
ſchuß für Oele und Fette gereinigten Fichtenſamen 
zur Oelgewinnung, frei Waggon und ab Verlade⸗ 
ſtation, zum Preiſe von höchſtens 150 Mk. je Doppel⸗ 
zentner übernehme und fordert auf, den diesjährigen 
ſtarken Fichtenzapfenanhang zur Oelgewinnung mög: 
lichſt nutzbar zu machen. In geeigneten Oberförſtereien 
ſeien daher die Waldarbeiter und deren Familien zur 
Fichtenzapfengewinnung auf eigene Rechnung, anzu- 
regen. Die Zapfen könnten den Sammlern unent⸗ 
geltlich abgegeben werden. Bei der vorgeſchrittenen 
Jahreszeit würden die Zapfen in der gewöhnlichen 
Stubenwärme leicht aufſpringen, fo daß der Samen 
von den Sammlern ſelbſt gewonnen werden könne. 
Zur Entfernung der Samenflügel genüge ein leichtes 
Durchdreſchen auf der Scheunentenne. Weiter werden 
die Kgl. Oberförſter ermächtigt, ſolchen gereinigten 
Fichtenſamen zu einem Preiſe anzukaufen, der den 
Weiterverkauf an den Kriegsausſchuß ohne Einbuße 
für die Staatskaſſe, aljo etwa zu 130 — 140 Mk. für 
den Doppelzentner, ermöglicht. 


Aus Kurland. 


Aus den kurländifchen Horſten. 
Die Aufmerkſamkeit der deutſchen Forſtleute und 


Holzintereſſenten wird ſich nach Beendigung dieſes | 


großen Krieges jedenfalls ganz beſonders nach dem 
Oſten richten, denn vom Weſten haben wir bei einer 
etwaigen Gebietserweiterung in forſtlicher Hinſicht 


— 6 
— ͤ Fb ——ß5ri᷑ñ m2 —X(ͤñb„⅔„≅⸗m-t.— 


— n 


weniger zu erwarten. Die von uns eroberten oder 
zurückgenommenen ruſſiſchen, bezw. ehemaligen deut: 
ſchen Landſtriche find durchweg aͤußerſt waldreich. Ez 
iſt daher zu erwarten, daß vom Oſten her ein ausge 


dehnter Holzhandel einſetzt, der fih immer mehr fei: | 


gern wird. je nachdem das neugewonnene Land durd 
Bahnen, Chauſſeen erſchloſſen wird. 

Eines der waldreichſten von uns beſetzten Laub: 
ſtriche ift das urdeutſche Kurland, welches mit fenn 
ungeheueren Wäldern eine gewaltige Sapitalvermekt: 
ung für unfer Vaterland bedeutet. Der große Holz 
verbrauch des Landes ſelbſt, die Ausfuhr und ver: 
ſchiedene politiſche Maßnahmen haben zwar eine be: 
deutende Verminderung des ehemaligen Holzbeſtande 
zur Folge gehabt; trotzdem iſt noch ein ſchier uner: 


ſchöpflicher Vorrat vorhanden, der hoffentlich den | 


deutſchen Vaterlande zu gute kommen wird. 
Eine Urſache des außergewöhnlich hohen Holz 


verbrauchs im Lande ſelbſt beſteht im Bau der Holz 
Hauler. 


Mit Ausnahme der alten, feudalen aus Stein 
erbauten Herrenſitze, werden die meiſten Bauten, aud 
in den Städten, aus Holz aufgeführt. Dazu win, 
wenn man die vielen Ausbeſſerungen noch berückſit 
tigt, die bei Holzbauten alljährlich nötig find, em 
Unmaſſe Material gebraucht. Weiter wird in de 
baltiſchen Provinzen faſt nur mit Holz geheizt, denn 
Kohlen find bei den ſchlechten Wegeverhältniſſen ide: 
zu befördern und daher zu teuer. Der Lette legt 
ganz beſonders Wert darauf, billiges Brennholz zu 
bekommen, weil er große Mengen davon verbraucht. 
Dieſes nutzte ſeinerzeit auch Herzog Jakob und nac 
ihm die ruſſiſche Regierung aus; denn um das don 
dem Herzog gegründete Städtchen Jakobſtadt an in 
Düna zu bevölkern, verſprach er den Bürgern koſter 
freie Lieferung von Brennholz. Allerdings war diefe 
Verſprechen nur eine Liſt, denn nach einiger Zeit ihrer 
Anſiedelung wurde den Einwohnern das verjprodent 
Holz ſoweit von Haufe fort angewieſen, daß fe & 
nur mit ganz beſonders hohen Koſten holen konnten. 

Auch die großen, induſtriellen Anlagen, bejonders 


Biegelcien, werden vielfach nur mit Holz geheizt, aller: 


dings wird dazu der Abfall der Sägereien verbraucht, 
weil die Entnahme aus dem Walde zu teuer if. 
(Ein Faden!) aus der Forſt koſtet 30 Rubel, em 
Faden Abjallyolz aus den Rigaer Sägereien wurde 
1900 mit 5 Rubel, 1914 mit 18 Rubel bezahlt). 
Weiter war die für Hebung des Deutſchtums in 
den baltiſchen Provinzen fo großartige deutſche Rolo: 


niſation eine Urſache der Waldverminderung. Nach 


den Schreckensjahren der von der ruſſiſchen Regierung 
1) Der Kurlandijre „Faden“ wird nach Angabe des Berl. 

6 Fuß (Preuß.) lang, breit und hoch aufgeſetzt, enthält alt 

eiwa 6,7 Rm. D. Ned. 


175 


gewünſchten lettiſchen Revolution im Jahre 1906, ging 
das Beſtreben der moskovitiſchen Regierung dahin, die 
Ländereien der zerftörten Güter durch die Agrarbank 
aufzukaufen, Kleinſiedelungen daraus herzuſtellen und 
dieſe an Ruſſen zu verteilen, um auf dieſe Weiſe 
das ſich heldenhaft jahrhundertelang bewährte Deutſch⸗ 
tum zu untergraben. Die Deutſchbalten erkannten 
aber die Gefahr und kauften nun ihrerſeits die Güter 
auf, um ſie an deutſche Anſiedler, die mit vieler 
Mühe aus Polen und Wolhynien herbeigezogen wur⸗ 
den, aufzuteilen Aecker, Wieſen, Weiden und die 
meiſt ausgedehnten Gutswälder kamen zur Aufteilung. 
Fünf Jahre hatten die neuen Koloniſten den Beſitz, 
den ſie für 15 Rubel für den Morgen Ackerland er— 
warben, zinsfrei, dafür aber die Verpflichtung, den 
Wald ganz zu roden und die Flächen zu beſtellen. 
So wurden rund 20000 Menſchen von deutſcher 
Geſinnung angeſiedelt, es iſt aber auch leicht erkenn⸗ 
bar, daß große Waldteile für dieſe dem Deutſchtum 
ſo ſegensreiche Maßregel geopfert wurden. 

Schon im Jahre 1856 hatte die ruſſiſche Regie⸗ 
rung das Weſen der Balten durch die Militärkoloni⸗ 
ſation zu untergraben verſucht. Eine Maßregel, die 
auch zu großen Schädigungen im Wald- und Wild— 
beſtand führte. Es bekamen damals alle Letten, die 
20—25 Jahre im ruſſiſchen Heere gedient hatten, 
1—10 Deßjätinen (ungefähr 4,36 - 43,60 ha) Acker⸗ 
land. Dieſe Politik war aber vollkommen verfehlt, 
denn die ehemaligen Soldaten des Zaren übernahmen 
meiſtens mittellos und ohne Kredit ihr Land und da 
ſie von der Landwirtſchaft auch keine Ahnung hatten, 
gerieten ſie bald in Schulden. Die Akten jener Zeit 
berichten von ganz gewaltigen Holzdiebſtahlen und 
Wilddiebereien. Eine Beſtrafung der Uebeltäter fand 
in Anbetracht des politiſchen Zwecks der Koloniſation 
nicht ftatt, denn für Wild: und Holzdiebſtähle hatte 
die ruſſiſche Regierung viele Umgehungen. 

Auch die Waldbrände haben in Kurland alljähr— 
lich große Waldflächen vernichtet. Der Brandſchaden 
it in Rußland ungeheuerlich, in den Jahren 1903 — 
1909 brannten 1247994 Deßjätinen = 1362 313,73 
ha, ab, wodurch ein Schaden von 5121653 Rubel = 
16594 156 Mark allein am abſetzbaren Holz verur⸗ 
ſacht wurde. 

Die wenigen Schneiſen, die im kurländiſchen Wald 
angelegt find, begünſtigen die Ausdehnung des Feuers 
ſehr. Nur in den ſeltenſten Fällen war, wie mir ver⸗ 
ſchiedentlich Buſchwächter verſicherten, an ein Löſchen 
mit Hilfe ſämtlicher Einwohner und des in der näch— 
ſten Stadt liegenden Militärs, zu denken. Man mußte 
das Feuer ſo lange brennen laſſen, bis der nächſte 
Regen es verlöſchte oder bis eben ein ganzer Waldteil 
vernichtet war. 


Nun mag noch der Holzverbrauch während des 
Krieges durch Bau von Unterſtänden, Schützengräben, 
meilenlangen Knüppeldämmen uſw. erwähnt werden. 
Der dadurch verurſachte Schaden iſt umſo größer, 
weil zu den, von Truppen angelegten, Bauten meiſtens 
nicht hiebsreife Hölzer von 10-30 em Durchmeſſer 
gebraucht werden müſſen. Dazu kommt, daß beim 
Ausſuchen und Fällen der Stämme nicht gerade nach 
forſtlichen Grundſätzen verfahren wird. Die in der 
Nähe der Truppen liegenden Beſtände find vielfach 
derart gelichtet, daß ſie nach Wiederaufnahme einer 
geordneten SForftwirtichaft entweder ganz abgetrieben 
oder unterbaut werden müſſen. Dann verfahren un⸗ 
ſere Soldaten beim Fällen meiſtens ſo, daß ein Stumpf 
von ungefähr 1 m Höhe bleibt; die fo behandelten 
und gelichteten großen Partien bieten kein ſchönes 
forſtliches Bild. 

Es leuchtet ein, daß die ſchönen furldndtiden 
Wälder doch ſchon arg gelitten haben. Einige Forſt⸗ 
ordnungen verſuchten ſchon frühzeitig die Benutzung 
des Waldes zu regeln, z. B. ſchrieb die Stadtver⸗ 
faſſung in Libau im 18. Jahrhundert vor, daß die 
Bürger ſich das Lagerholz (Fallholz) umſonſt aus 
den Wäldern holen konnten; Bauholz ſollte „vor ein 
billiges verabfolget“ und das Brennholz nach der 
mitauiſchen Taxe „für jedes Pferd“ abgegeben werden. 
Sehr intereſſant iſt auch das Holzungsrecht der Geiſt⸗ 
lichen aus dem Jahre 1252, jedenfalls die ältefte 
Forſtordnung in den baltiſchen Provinzen. Dieſe 
Verordnung verbietet den Geiſtlichen das Schlagen 
der, dem Gotte Perkon geweihten, heiligen Haine 
(ſiehe Blätter der Hoffnung, Zeitſchrift für Pflege 
deutſchen Weſens, Verlag Thiele, Berlin, Nr. 20/21). 

Der einzige Fürſt Kurlands, der ſich näher mit dem 
Wald beſchäftigte und feine Wichtigkeit für das Volks⸗ 
wohl ahnte, war Herzog Wilhelm, der jüngere Sohn 
des Herzogs Kettler. Er erließ ein Holzausfuhrverbot, 
weil er bei dem enormen Holzverbrauch im eigenen 
Lande eine Holzknappheit befürchtete. Dieſes Verbot 
zog große Schwierigkeiten mit dem dadurch geſchaͤdigten 
grobinſchen Adel nach ſich. Vor dem Kriege beſtand 
eine Oberauſſicht des ruſſiſchen Staates über die Privat- 
wälder, es wurde der Hiebsſatz und die Umtriebszeit 
feſtgeſetzt. 

Nach den waldverderbenden Urſachen ſollen die mir 
von kuriſchen Buſchwaͤchtern beſchriebenen Kultur: 
methoden angeführt werden. Bis vor kurzem wurde 
die natürliche Verjüngung der Kiefer und Fichte an⸗ 
wandt. Bei der Fichte kehrte man neuerdings ja auch 
bei uns zu dieſer Methode zurück, nur daß man 
raſcher nachlichtet, als z. B. bei der Buche. Die 
Kiefer dagegen gedeiht bei der natürlichen Verjüngung 
weniger gut, am beſten ſchließlich noch, je luftfeuchter 

23% 


176 


das Klima iſt. Daher ſcheint die natürliche Ver⸗ 
jüngung dieſer Holzart in den baltiſchen Provinzen 
ſchließlich gerechtfertigt. 

Wenn ein Waldteil geſchlagen werden ſollte, mußten 
die, von dem Oberförſter oder Buſchwächter mit dem 
Stempelbeil gezeichneten. Samenbaͤume, deren Anzahl 
auch im Kaufkontrakt als unantaſtbar bezeichnet war, 
ſtehen bleiben. Sie wurden erſt herausgenommen, 
wenn der neue Aufwuchs die Höhe von 1,50 m er: 
reicht hatte. Die Methode des allmählichen Lichtens 
des zu verjüngenden Beſtandes wurde nach Berichten 
der Förſter nicht angewandt, ebenſo fehlte jegliche 
Bodenbearbeitung, um dem Samen die Aufnahme zu 
erleichtern. Das Fehlen der letzten ſo notwendigen 
Maßregel ſcheint mir eine Urſache der vielen Fehl⸗ 
ſtellen zu ſein, die man auf faſt allen Kulturen be⸗ 


merkt. Ueberblickt man größere Fichten⸗ oder Kiefer⸗ 


kulturen, die durch natürliche Verjüngung entſtanden 
ſind, ſo kann man durch den ſtellenweiſe dicht auf⸗ 
tretenden Aufwuchs, der von nichtbeſtandenen Flächen 
umgeben iſt, deutlich erkennen, wo früher einmal 
Samenbäume ſtanden. Die Nichtbearbeitung des 
Bodens hat neben Unregelmäßigfeit der Kultur und 
Bodenverſchlechterung durch die Blößen einen großen 
Ausfall an Durchforſtungsmaterial und ſchlechten 
Wuchs der vielen Randbäume zur Folge. Selbſt bei 
Beſtänden mittleren Alters glaubt man noch zu er⸗ 
kennen, daß das lückenhafte Ausſehen auf Fehlen der 
Bodenarbeit zurückzuführen iſt. 

Auch die Folgen einer plötzlichen Freiſtellung 
der Samenbäume ſind bei vielen Beſtänden ſichtbar. 
Der Wind biegt die Stämme oder wirft ſie ganz um, 
vielfach, vertrocknen ſie auch, da nun aber die Samen⸗ 
bäume die beſten und geſündeſten Stämme darſtellen, 
iſt es leicht zu erkennen, daß gerade das wertvollſte 
Material durch dieſen Fehler am meiſten an Geldwert 
verliert. Unter Umſtänden wird aus der Kultur über⸗ 
haupt nichts, wenn die größte Anzahl der Saatbaͤume 
vom Winde umgeworfen wird. Auf dieſe Weiſe ſind 
wahrſcheinlich die großen Blößen entſtanden, die man 
recht häufig im kurländiſchen Wald ſieht. Heute 
wendet man die Naturverjüngung ohne Bodenbearbei⸗ 
tung nur noch bei der Kiefer an, denn „diefe Holzart 
wächſt von ſelbſt“ ſagte mir ein alter, kuriſcher Buſch⸗ 
wächter. Fichtenbeſtände ſchlägt man kahl ab, ſchaufelt 
an der Schnur nach Entfernung der Humusſchicht, im 
Abſtande von 1 m, flache Löcher und tut Saat hinein. 
Ebenſo verfährt man mit den vielen, mit Birken be⸗ 
ſtandenen Flächen, die im Staatswald meiſtens durch 
Fichten erſetzt werden. 

Bei dieſer Gelegenheit mag noch eine durchaus 
wichtige Maßnahme erwähnt werden, auf welche unſere 
forſtliche Literatur andauernd hinweiſt. Der kur⸗ 


ländiſche Fortmann gewinnt nämlich feine Nadelbolz⸗ 
ſaat immer ſelbſt. Die Zapfen werden von Frauen 
und Kindern geſammelt und nach der Oberförſtere 
gebracht, wo fih eine Klenganſtalt befindet. Die Bor- 
züge dieſer Selbſtgewinnung brauchen nicht erſt erwähnt 
zu werden. 

Die Laubholzarten werden in Kurland nur gar; 
wenig angebaut. Die ausgedehnten Eichen: und 
Buchenbeſtände hat man alle geſchlagen und das Hol; 
verkauft, für eine Wiederanpflanzung wurde aber nicht 
geſorgt. „Denn die Pflege macht zuviel Arbeit“ faat: 
mir ein Forſtmann. Wie oben ſchon erwähnt, werden 
beſonders im Staatswald die Birkenbeſtände geſchlagen 
und durch Nadelholz erſetzt. In den Gutsforften be: 
gegen trifft man recht häufig reine Birkenpartien, denn 
das Holz wird zu landwirtſchaftlichen Zwecken gerne 
gebraucht. Die Hauptholzarten der baltiſchen Pro: 
vinzen ſind Fichten und Kiefern, oder eine Miſchung 
beider. Am angeſehenſten iſt die Fichte. 

Wir kommen nunmehr zur bisherigen Pflege der 
Beſtände. Wer als Forſtmann die Wälder duré: 
wandert, bemerkt immer wieder, daß nur felten Lin: 
terungshiebe, Durchforſtungen oder Trockenhiebe ar: 
gelegt wurden. Es iſt ſehr viel ſtarkes, tote vom 
Wind geworfenes Material vorhanden. Die welig 
ganz ausgezeichneten Stämme werden von vorrit 
figen Birken arg geſchadigt; ebenſo ift es mit den 
Schonungen, die ſehr viel Vorwüchſe beherbergen. X: 
iſt das Bild der kuriſchen Beſtände. Allerdings let 
auch der ruſſiſche Forſtmann feine Durchforſtungm 
mit 20 Jahren ein, aber die wenigen Arbeitskräfe 
find für die ungeheure Größe des Reviers nicht aus 
reichend. (Es gibt Oberförſtereien, zu denen 40 und 
mehr Buſchwächtereien gehören). Die eigene Wit: 
ſchaſt des Oberförſters paßt ſich in Bezug auf Größe 
feinem Revier an. Zu der jetzt zerſchoſſenen Ober: 
förſterei K. gehören 170 Lofſtellen (ungefähr 190 
Morgen) Acker, außer Wieſen, Garten uſw. Zur Be 
ſtellung des Ackers waren 20 Pferde nötig. Auber 
Schweinen und Schafen befanden fih hundert Kühe 
auf dem Hofe. Dann betrieb der Oberförſter einen 
ſchwunghaften Getreidehandel; alle kleineren Beſttzer 
der Umgebung kauften bei ihm, weil er, vermöge ſeiner 
landwirtſchaftlichen Maſchinen billig produzieren konnte. 

Zur Durchforſtung ſtehen nur während des Bir 
ters wenige Landleute zur Verfügung. Als Lohn W 
kommen dieje für einen Faden Durchforſtungsmaterial 
4 Rubel. (Verkaufspreis eines Fadens 5—6 Rubell. 

Ein großer Mangel der kuriſchen Forſten iſt die 
fehlende Entwäſſerung. Außer an verkehrsreichen 
Hauptwegen fehlen die Gräben faſt gänzlich und auch 
hier find fie aus Mangel an Pflege ſtellenweiſe zug" 
fallen. Im Walde bilden ſich, beſonders im Früh⸗ 


177 


jahr, große Tümpel, die man wegen ihrer Tiefe kaum 
durchreiten kann und wo jeglicher Abfluß fehlt. Die 
moosbewachſenen niedrigen Stämme, die ſchlechten 
Kulturen, die auf dieſen oft recht ausgedehnten Par⸗ 
tien ſtehen, zeigen das Fehlen einer Entwäſſerung 
deutlich an. Auch die Landwirtſchaft iſt hierin weit 
zurück. Sehr häufig ſind große Flächen landwirt⸗ 
ſchaftlichen Bodens, beſonders im Nordteil des Landes, 
wochenlang mit Waſſer bedeckt, wo eine Ueberſchwem⸗ 
mung ganz gut vermieden werden konnte. Allerdings 
wird hier eine Drainage wenig helfen, es müſſen 
Kanäle angelegt werden. 


Nunmehr ſoll die Nutzung des kurländiſchen Wal⸗ 
des, wie ſie von ruſſiſcher Seite gehandhabt wurde, 
beſprochen werden. Die Beſtände wurden auf den, 
meiſtens im September angeſetzten Auktionen, die in 
den Gemeindehäuſern oder in den Städten ſtattfanden, 
auf dem Stock verkauft. Als Käufer kamen mei⸗ 
ſtens nur größere Holzhändler in Frage, denen vor 
der Verſteigerung eine gedruckte Liſte derjenigen Be⸗ 
ſtände zugeſandt wurde, die im Laufe des Jahres ge⸗ 
hauen werden ſollten. Die Verzeichniſſe enthielten 
den Namen der Forft- und der Buſchwächterei, dann 
Größe des Schlages, Holzart, Taxe für den ganzen 
Schlag. Anzahl der Saatbäume, Kultur: und Rei⸗ 
nigungsgeld und das Datum der Abfuhr aus dem 
Walde. Nach dieſer Liſte ſuchte ſich nun der Käufer 
ſeine Beſtände aus. und ſchickte, wenn er ſelbſt nicht 
kommen konnte, feinen „Braker“, der fidh mit dem 
Buſchwächter zuſammen die etwa zu erwerbenden Be⸗ 
ſtände anſah. 

Nach der Auktion wurden 10% des Kaufgeldes 
ſofort entrichtet. Wurde der Beſtand nun gehauen, ſo 
mußte erſt der Reſt des Kaufgeldes. dann das Kultur: 
und Reinigungsgeld bezahlt werden. Letzteres bekam 
der Käufer zurück, wenn der Schlag vollkommen ge⸗ 
raͤumt war; ließ er das für ſeine Zwecke nicht brauch⸗ 
bare Holz zurück und mußte der Schlag erſt von 
Seiten der Forſtverwaltung geräumt werden, fo ver: 
blieb auch das Reinigungsgeld der Forſt. 


Die Holzhauer, die der Käufer ſelbſt ſtellen mußte, 

arbeiteten unter Aufſicht des „Brakers“, dieſer ordnete 
den ganzen Hieb an, maß ſich Stämme ab und führte 
die Löhnungsliſte. Die Arbeiter bekamen für jeden 
zu fällenden und zu entäſtenden Baum, ganz gleich 
welcher Stärke, 15 Kop., für einen Faden Holz auf: 
zuſetzen 1 Rubel 50 Kop. 
Die Taxen waren in den Auktionsprotokollen meiſt 
ſehr niedrig angeſetzt, wurden aber oft um das drei⸗ 
fache überboten. Einige Beiſpiele aus einem Auktions⸗ 
protokoll des Jahres 1914 mögen hier angeführt 
werden: ö 


| 
| 


Taxe der 
Verwaltung 
Wirklicher 
preis 


Verkaufs- 


Holzart Bemerkungen 


Alter, 


[Rubel Rubel 


Fichten (Bret⸗ 


terware) 120 0,84 | 185 405 Der Rubelkurs 
Fichten „ 71,08 231 675 des Jahres 
1913 war 3,24 
Fichten (Balken)? | 0,84 | 204 | 411 Mk. für 1 Gil- 
Fichten⸗ und berrubel. 
Kiefern⸗ 1 Deßjatine = 
Miſchung . || ? | 0,41 | 264 | 656 1,09 ha. 
Fichten ⸗ und Das Alter der 
Kiefern ⸗ Beſtände war 
Miſchung nicht überall 
80 cm Durchm.]? | 0,42 274 | 757 angegeben. 


Der Verkauf der Saatbäume regelte ſich anders. 
Wollten Käufer einzelne, beſonders ſtarke, kernige 
Stämme zu Balken uſw. haben, ſo ſuchten ſie ſich 
Samenbäume aus. Dieſe ſchaͤtzte der Buſchwächter ab 
und der Käufer bezahlte ſie im Voraus. Nach der 
Fällung wurden die Stämme nach der Buſchwaͤchterei 
gebracht, dort aufgemeſſen, und jetzt zahlte der Käufer 
hinzu, wenn das Maß die Schätzung übertraf, oder 
er bekam im umgekehrten Falle wieder Geld heraus. 

In den Gutsforſten iſt der Verkauf ähnlich ge⸗ 
regelt. Es braucht kaum erwähnt zu werden, welche 
Unſummen Geldes der Forſtverwaltung durch den Ver⸗ 
kauf auf dem Stock verloren gehen, man muß aber 
die ſchlechten Arbeiterverhältniſſe berückſichtigen, die ein 
Aufarbeiten des Holzes von ſeiten der Forſtverwaltung 
nicht erlauben. Vielfach iſt es auch gebräuchlich, daß 
die Sägereien die Stämme gleich im Walde zerſchneiden 
laſſen, um ſo einen Teil der teuern Transportkoſten 
zu ſparen; denn dieſe ſind infolge der fehlenden Eiſen⸗ 
bahnen, ſchlechten Wege und der wenigen Fuhrwerke 
ſehr hoch. Ein Fuhrmann verdient beim Heraus⸗ 
ſchleppen des Holzes den Tag ungefaͤhr 3 Rubel, 
50 Kopeken. 

Meiſtens werden die Hölzer der an den Flüſſen 
gelegenen Waldungen nach dem naͤchſten Waſſerlauf 
geſchleppt, wo dann die Flößerei des Rundholzes be⸗ 
ginnt. Das Fadenholz wird mit einem Kahn trans⸗ 
portiert. : 

Im kurländiſchen Wald iſt die ſchlechte Beſchaffen⸗ 
heit der wenigen Wege und das Fehlen an Wald⸗ 
ſtraßen das größte Hemmnis einer rentablen Forſt⸗ 
wirtſchaft, denn in den ausgedehnten, abgelegenen 
Wäldern ift die möglichſt billige und müheloſe Abfuhr 
der Waldprodukte die erſte Bedingung. Ein gut aus⸗ 
gebautes Wegenetz zu ſchaffen, wäre wohl die erſte, 


178 


wichtigfte Aufgabe des neuen Wirtſchafters. Die an⸗ 
gewendeten Koſten werden bald wieder durch Steige⸗ 
rung der Holzpreiſe eingebracht. Das Ergebnis der 
Auktionen hat auch in Kurland gezeigt, daß gute 
Wege die Preiſe erhöhen, denn als in der Oberförfterei 
K. wenigſtens einige gute Wege gebaut waren, boten 
die Käufer gleich mehr. Die jetzt vorhandenen Wege 
ſind eigentlich nur im Winter gangbar, aber das ge⸗ 
nügt nach Meinung der Einwohner. „Im Sommer 
hat kein Menſch etwas im Walde zu tun, und im 
Winter kann man ganz gut abfahren“, ſagte mir ein 
Förſter. 

Die Landſtraßen find etwas beffer als die Wald: 
wege, denn jeder Beſitzer muß eine mit Pfählen be- 
zeichnete Strecke der Landſtraße in Stand halten. 
Dieſen Zwang empfindet er als die größte Laſt und 
iſt eifrig auf Ablöfung bedacht. Die Karten der 
großen Forſten, beſonders weſtlich von Riga, weiſen 
ein rechtwinkliges, von Norden nach Süden laufendes 
Schneiſenetz auf; ob dieſes in Wirkichkeit vorhanden, 
iſt bei den ruſſiſchen Verhältniſſen zu mindeſt zweifelhaft. 

Den Landtransport müſſen die Wafferlaufe erfegen. 
In Kurland wird die älteſte und billigſte Art des Holz⸗ 
transportes, die Flößerei noch ſehr betrieben und zwar 
in Form der Trift oder der gebundenen Flößerei. 
Heute herrſcht allerdings nach Uebernahme des Waſſer⸗ 
transportes durch eine Geſellſchaft eine gewiſſe Ord⸗ 


nung; wenige Jahre vor dem Krieg wurde zur Ver⸗ 
ſorgung der Stadt Mitau das den Kronsforſten ent: 
nommene Bau- und Brennholz einfach in die Aa gr 
worfen. In der Stadt angelangt wurde es dann 
von den Bürgern mit langen Bootshaken herausgeholt 
und zwar durfte jeder nur ſoviel nehmen, als er vom 
Staate gekauft hatte, eine Verkaufsweiſe, die natürlich 
große Verluſte mit ſich brachte, weil unterwegs ich 
viel Holz entwendet wurde und jeder mehr nahm, als 
er bezahlt hatte. Die meiſten Städte, z. B. Riga. 
Mitau, Bauske, Windau uſw. werden auf dem Wafer: 
wege mit Holz verſorgt. Letztere Stadt iſt durch ihren 
Holzhandel, der in jüdiſchen Händen liegt, berühmt. 
Das Material zu dieſem Aufſatz wurde während 
des Krieges geſammelt. Bei jedem neuen Landesteil, 
den Verfaſſer Gelegenheit hatte zu ſehen, tauchte 
immer wieder der Wunſch auf, daß dieſes urdeutſche 
Land nun auch deutſch bleiben möge. Der kurländiſche 
Wald iſt wunderſchön und für Deutſchland ein wert: 
voller Erwerb. Aber dieſe wilde Forſt hat keine Kultut. 
Die Aufgabe des deutſchen Forſtmannes it e, 
nach dem Friedensſchluß diefe in das Waldesdunkel 
hineinzutragen. Died ift nicht leicht. Wer aber deulſch 
Arbeit in dieſem Kriege an der Front und in der 
Heimat geſehen hat, wird keinen Zweifel hegen, daß 

auch das neue Friedenswerk gelingen wird. 
W. Parchmann, z. Zt. Bizewadtmeiter. 


Notizen. 


A. Dr. Adolf Ritter von Guttenberg +. 

Im Jahre 1907, gelegentlich der dritten Jahrhundertfeier 
der Univerſität Gießen, hat die Philoſophiſche Fakultät da⸗ 
ſelbſt auf Antrag ihrer Mitglieder Heß und Wimmenauer dem 
ordentl. Profeſſor an der k. k. Hochſchule für Bodenkultur in 
Wien, Hofrat Adolf Ritter von Guttenberg, die Doktor⸗ 
würde ehrenhalber verliehen. Ueber deſſen Leben, Verdienſte 
und wiſſenſchaftliche Arbeiten enthalten die Fakultätsakten fol⸗ 
gende näheren Ausführungen, die wir nachſtehend mit einigen 
kleinen Aenderungen und Kürzungen zum Abdruck bringen. 

Das von Rektor und Dekan unterzeichnete Ehrendiplom 
enthalt folgendes Elogium: 

der durch Forſchung, Unterricht und praktiſche 
Arbeit auf den verſchiedenſten Gebieten der 
Forſtwiſſeuſchaft, insbeſondere um die Forſt⸗ 
betriebseinrichtung, ſich ausgezeichnete Ber» 
dienſte erworben hat. 

Adolf Ritter von Guttenberg geb. zu Tamsweg, 
Salzburg, am 18. Oktober 1839 als Sohn des damaligen k. k. 
Oberförſters Anton Ritter von Guttenberg, abſolvierte die 
Gymnafialftudien in Graz und Wien, dann die forſtlichen 
Studien, ſowie die techniſchen Fächer (Baukunde, Maſchinen⸗ 
bau uſw.) an der k. k. Berg⸗ und Forſtakademie zu Schemnitz 
in Ungarn in den Jahren 1859 — 1862. 

Am 15. Oktober 1862 als Forſtgehilfe in den öfter. Staats⸗ 
dienſt beim Forſtamte Auſſee (Steiermark) eingetreten, darauf 
der Forſtverwaltung Attergau (Oberöſterreich) zugeteilt, legte 
er im Oktober 1863 die Staatsprüſung in Linz ab und wurde 


darauf dem k. k. Forſtamte Mariazell (Steiermark) als Hi: 
arbeiter vom Juni 1864 bis Januar 1867 unterſtellt. Die 
Uebernahme der Stelle als ſuppl. Affiftent an der k. k. don 
akademie Mariabrunn bei dem unvergeßlichen Prof. K. Vry 
mann bot ihm Gelegenheit gir Vervollſtändigung feiner the: 
retiſchen Ausbildung. Die Aenderung in der Organiſation 
dieſer Lehranſtalt veranlaßte ihn mit 1. Auguft 1868 wieder 
in den praktiſchen Dienſt, als Unterförſter beim Forſtamte Gin 
(Küſtenland) zurückzutreten, er avanzierte daſelbſt zum Ford 
verwalter und wurde mit der Durchführung der Forſteinric⸗ 
tungsarbeiten des Ternovaner Forſtes, der Staatswalbm⸗ 
gen bei Görz und in Iſtrien, ſowie bei Adelsberg in Krain 
betraut. Am 1. Januar 1871 zum k. k. Forſtkonzipiſten kei 
der Staathalterei Innsbruck ernannt, oblag ihm die Arbeit in 
forſtpolitiſchen Angelegenheiten und die Leitung der Vermeſſung 
und Forſteinrichtung der Staatsforſte, welche fidh ſpäter auf 
ganz Tirol und Vorarlberg ausdehnte und ihm den Titel einc 
k. k. Oberforftingenieurs eintrug. 

Dieſe langjährige Tätigkeit auf dem Gebiete der Betritt 
einrichtung, wie auch einige Abhandlungen aus demſelden, bil 
anlaßten feine Berufung auf die Lehrkanzel der forſtlichen de 
triebslehre an der k. k. Hochſchule für Bodenkultur zu Wien 
am 1. Auguſt 1877 mit dem Titel eines k. k. Forſtrates, wo 
rauf am 27. Juli 1878 feine Ernennung zum ordentlichen Bro 
feſſor erfolgte. Als Rektor der Hochſchule fungierte Gutter 
berg dreimal (im Jahre 1883/4, 1891/92 und 1898/99); feit 
Jahren iit er Präſes der Prüfungskommiſſion für die III. fork! 
Staatsprüfung und Präſes für das Lehramt der lands md 


ee 


179 


ſorſtwirtſchaftlichen Schulen; Mitglied des Landwirtſchaftsrates 
und Obmann der forſtlichen Abteilung desſelben. 
Auszeichnungen. 

Verleihung des Titels und Charakters eines k. k. Hof⸗ 
rates (1856); Verleihung des Komturkreuzes des Franz⸗Joſ.⸗ 
Ordens; Inhaber der Ehrenmedaille für 40 jähr. treue Dienſt⸗ 
leitung, ſowie der Jubiläumsmedaille. Allerhöchſte Aner: 
kennung aus Anlaß der l. u. f. Ausſtellung in Wien 1890, als 
Muarbeiter des Werkes: „Die öſter.⸗ungar. Monarchie in Wort 
und Bild“ (1902) und für ſeine Tätigkeit als Mitglied des Land⸗ 
wirtſchaftsratez. Ehrendiplome der Gewerbeausſtellung 1888, 
1898, der land» und forſtw. Ausſtellung 1890. Gold. Medaille 
der Weltausſtellung Paris 1900. ° 

Ernennung gum Ehrenmitgliede des diter. Reihs- 
forftvereines, des Klub der Bande u. Forſtw. in Wien, des 
ſteierm.⸗kärutn. und des Forſtoereins für Tirol und Vorarlberg 
ſowie mehrerer andern fachlichen und gemeinnützigen Vereine. 

Im Oeſterreichiſchen Reichs forſtverein tft er Mitglied feit 
1863, Redakteur der Vereiusſchrift feit 1883, Vigeprafident feit 
1905. Außerdem Vizepräſident des öſter. Forſtkongreſſes uſw., 
Gründer und Ausſchußmitglied des Kaiſer Franz Joſeph⸗ 
Studentenheims der k. k. Hochſchule by Bodenkultur, des 
Studentenkrankenvereins uſw. 


Literariſche Arbeiten. 

a) Selbſtändig erſchienene Schriften und Werke. 

Tie Wachstumgeſetze des Waldes, Wien 1885. 

Die Pflege des Schönen in der Land⸗ und Forſtw. 1889. 

Die Reviſion des Vermögensſtandes in Fideikommißforſten 
1894. 

Die Forſtbetriebseinrichtung nach ihren gegenwärtigen 
Aufgaben und Zielen 1896. 

Die Holzpreiſe in Oeſterreich von 1848 - 1898 - 1902. 

Die Forſtbetriebseinrichtung 1903, 


b) Mitarbeit an größeren Werken. 

Holzmeßkunde in Lorey's Handbuch der Forſtwiſſenſchaft 
I. und II. Aufl. 1887 und 1908. 

Forſtverwaltung und forſtl. Rechnungsweſen in Dont 
browsky's Enzyklopädie der geſamten Forſt⸗ und Jagdwiſſen⸗ 
ſchaft. 

Die Forſtwirtſchaſt in N.⸗Oeſter., dann in Tirol und Vor⸗ 
arlberg in: „Die öſter. ungar, Monarchie in Wort und Bild“ 
(1902). 

Fortſchritte in der Forſteinrichtung in „Oeſterreichs Forf 
weſen von 1848 — 18887, redig. von L. Dimitz 1890. 

Die Entwicklung des forſtl. Betriebs und ſeine Einrich⸗ 
tung in „Geſchichte der öſter. Land» und Forſtwiriſchaft 1848 
bis 18987. 

c) Redaktionen. 

Herausgabe des VI., VII. und VIII. Bandes von Dom⸗ 
browsky's Enzyklopädie der gef. Forſt⸗ und Jagdwiſſenſchaft 
gemeinſam mit Henſchel 1891 — 1894. 

Redakt. der öfter, Vierteljahrsſchr. f. Forſtweſen von 1883 
bis jetzt. N 
d) Abhandlungen und Aufſätze. 

In der Vierteljahresſchr.: 
Judeichs Forſteinrichtung 1872. 
Organiſation des forſtl. Verſuchsweſens 1882. 
Die Hochwäſſer des Herbſtes 1882. 


Die Aufſtellung der Formzahlen und Maſſentafeln 1883, 


Zur Statik des Durchforſtungsbetriebs 1834, 

Die Aufitellung von Ertragstafeln 1885. 

Die Reinertrags⸗ und Beſtandeswirtſch. 1885. 

Zum 100 jähr. Jubiläum der öſter. Kameraltaxe 1888. 


Forſtwirtſchaft und Jagd in Nieder⸗Oeſterreich 1888. 

Forſtwirtſchaft und Holzinduſtrie auf der Gewerbeaus⸗ 
ſtellung in Wien 1888. 

Die Heider ſche Präziſionsbaummeßkluppe 1889. 

Memorandum der Staatsforſtbeamten 1890. 

Die Nachhaltigkeitsforderung in der Forſtwirtſchaft 1890. 

Neue Grundlagen der Waldwertrechuung 1892. 

Vergleichung des Wachstumganges der Buche, Fichte, 
Tanne, Kiefer gemiſcht 1885. 

Wald und Waldwirtſchaft in Tirol und Vorarlberg 1894. 

Aufſtellung v. Holzmaſſen⸗ und Geldertragstafeln 1896, 

Standes fragen der Forſtwirte 1898. 

Rückblick auf die Entwicklung unſerer ene in 
den letzten 50 Jahren 1848 — 1898. 

Holzverkehr auf unſeren Eiſenbahuen 1898. 

Forf» und Jagdweſen auf der Pariſer Weltausſtellung 
1900. 

Bewirtſchaftung des Kleinwaldbeſitzes 1908, 

Die bosniſche Konkurrenz im Holzhandel 1904. 

Der Holzhandelsvertrag mit Deutſchland 1905. 


Im Zentralblatt für das geſamte Forſtweſen. 

Von 1877 bis 1904 9 größere Arbeiten, unter welchen 
hauptſächlich die „Betriebseinrichtung der Staats⸗ und Fonde⸗ 
forſte“ 1878 und 1879 hervorzuheben ift. Ferner die Nein: 
ertragslehre in der Gegenwart“ 1904. 

In der öfter. Forſt⸗ und Jagdzeitung. 

Von 1883 — 1902 vjele größere Aufſätze aus dem Gebiete 
des forſtl. Wiſſens, unter welchen hauptſächlich zu erwähnen 
find: die „Photogrammetrie im Dienfte der Forſtwermeſſung“ 
über die „Waldmißhandlung in den Alpenländern“ njw. 


e) Rezenſionen, Biographien, Nekrologe uſw. 
find in großer Anzahl in der öfter. Vierteljahresſchrift für 
Forſtweſen, im Zentralblatt für das geſamte Forſtweſen, wie 
auch in der öſter. Forſt⸗ und Jagdzeitung, vom Jahre 1875 
angefangen bis in die jüngſte Zeit 1906, enthalten. 


Was vorſtehend den Gießener Fakultätsaklien von 1907 
entnommen iſt, möge noch wie folgt ergänzt werden. 

A. von Guttenberg iſt im Jahre 1912, alſo im Alter von 
73 Jahren in den Ruheſtand getreten, hat aber ſpäter während 
des Krieges die Vorlefungen wieder aufgenommen. Im Herbſt 
1916 wurde infolge eines Krebsleidens ein operativer Eingriff 
notwendig, von dem er ſich nicht wieder erholen konnte. Am 
8. März 1917 erlag er der ſchweren, leidvollen Krankheit. 
Vier Söhne und fünf Töchter, aus zwei Ehen mit Schweſtern 
ſtammend, trauern um den Hingeſchiedenen, dem das feltene 
Glück zu Teil geworden war, in allgemeinſter Hochachtung zu 
ſtehen ohne Neider und Feinde. Bis kurz vor ſeinem Ende 
hatte er ſeine wiſſenſchaftlichen Arbeiten fortgeſetzt. Seine 
letzten Werke waren „Wachstum und Form der Fichte im 
Hochgebirge“ 1915 und die „Forſtverwaltungslehre“ 1917. Wo 
deutſche Forſtwirtſchaft und Wiſſenſchaft blühen, wird der 
Name von Guttenberg unvergeſſen bleiben. Wr. 


B. Zum Nutzen der Krammets vögel. 

Eine Beſprechung des Artikels „Der Krammetsvogelfang 
im Dohnenſtiege“ von Geh. Regierungsrat Eberts in Kaſſel 
(Jan.⸗Heft 1917 der Allgem. Forſt⸗ u. Jagdztg.) ift im Juni⸗ 
Heft, Nr. 38 der naturwiſſ. Wochenſchrift (Bbg. v. Guft. Fiſcher 
in Jena) erſchienen und veranlaßte mich zum Leſen des bezeich⸗ 
neten Aufſatzes. Nicht beabſichtige ich Stellung zu nehmen 
zum Für oder Wider der Dohnenſtiege. Vieles ſpricht dafür, 
guter Nebenverdienſt mancher kleinen Leute, volkswirtſchaſtlicher 


180 


Nutzen, Hinweis auf die Feldhühner, die trotz ihrer Nütz⸗ 
luchkeit durch Vertugen ſchäoltcher Kerptiere ausgtebigſt bejagt 
werden, Schonen der Droſſeln für den „lachenden Ungetreuen 
im Süden“ — vieles dagegen! Nur einiges zum Nutzen der 
Droſſeln will ich ſagen. 

An oben bezeichneter Stelle ſind auf S. 12 Worte des 
Reg.⸗Kommiſſarsz angeführt: „Was den Nutzen für die Bands 
wurtſchaft anbetrifft, jo kann man kaum davon ſprechen, denn 
faſt ſämtliche Vroſſelarten, die dem Krammeisvogelſang unters 
liegen, leven im Walde; fie kommen nur teiten auf die Felder“ 
ujw. Ja fie leben im Walde und da miften fie unbeftreubaren 
Nutzen durch Veroreuen der beerentragenden Pflanzen, Heidel⸗ 
beere, Wachholder, Evereſche u. a., oeren Fruchte im Heroſt 
die Hauptnahrung der Droſſeln auf ihren Wanderflügen bilden. 


Mein Diennland (Oberförſteret Lindenberg, Reg.⸗Bez. 
Marienwd.) liegt muten im gleichnamigen Sqyugbizirt, rings 
vom Walde, Miſchwald, umſchloſſen; nur im judlichen Teil 
iſt eine 200 m breite freie Verbindung mit weiter augrenzenden 
Feldern. Von den, das Dienjtiand ourchſchneidenden, Wegen 
ind 600 m auf ihrer ganzen Lange beiderſeus mu Evereſchen 
bepflanzt, die alljährlich reichlich Beeren tragen. Bis in den 
Dezemver hinein wurden dieſe, in den Jahren meiner Wes 
obachtung vor dem Kriege, von Tausenden von Droſſeln — 
met T. viscivorus — peyudt. Aus den erſten Jahren meiner 
hieſigen Diennzeit (jett 1902) weiß ich, daz vt, 1908 taft in 
allen Schutzbezirten ein ziemlich ausgiebiger „Doynenſtieg⸗ 
beirteb” herrſchte. Seit dem Schutzgebot, von Jagr zu Jahr 
mehr, iit mtr aber aufgefallen, daß überall im ztevier, aud 
in ber Nähe anderer Wege, die mu Ebereſchen geſchmückt fino, 
namentlich in der Nachdarſchaft der Vogeldeerdaume, in etwa 
40 jähr. Kierernftangenorien, ein Jungwuchs von Sverejmen 
zum Gedeihen tommt, von dem ehemals fo gut wie nichts zu 
ſehen war. 

All die Droſſeln, die früher in den Kiefernſtangenorten 
gefangen wurden, kommen fett 1908 zum ruhigen Verſchmauſen 
ihrer Beeren, fliegen, höchſtens aufgeſcheucht von verteyrendem 
Fuyrwerk und engen, Hin uno her vom Vogelbeer baum zur 
Kiefer und verlieren dabei viele Beeren und in narüclicher 
Weiſe den Samen von dem großen Nayrungsreichtum. a fie 
ſelbſt jest am Leben bleiben, tonuen fie einen langen ungenörten 
Heronſchmaus halten, dis die voll tragenden Baume leer ind. 
Ihre emfige Futtertätigteit iſt heute durch einen freudigen Eoer⸗ 
eſchenunter ſtand in den jonft vodenoden Nieſernſtangen vezeichnet. 
Besonders erfreulich tft dieſes Vogelſchaffen in Niefernſtangen⸗ 
orten auf ehemaligem Ackerland mit beginnenden Sterbeluden. 
Da bleibt nun wenigſtens ein Bodenschutz von freudig wach⸗ 
tendem Vogelbeerjungwuchs. Kriegsweidevich hat dafur allers 
dings kein Verſtändnis und vernichtet, trotz oer Weidevet vote, 
vieles wieder — abermals iſt hier des Wenden Tun hochſt 
unzureichend für die Wiederbegrundung des Waldes. 


Noch eine andere Oertlichten fah ich in dieſem Juni, im 
Greifswalder Unwerftlaisforu, mu noch viel dichterem uno 
ausgedegnterem Vogelbeerjungwuchs, als hier im Revier. Dort 
find beim Kleinvahnhof Pattyagen fart 2 Jagen 30 — 40 jahr. 
Kiefernnangen vis zur dichteſten Geſchloſſenheit mu etwa 10 jahr. 
Evereſchen unterwachſen. Meine Erkundigung be id zurändigen 
Beamten beſtätigte meine Annahme, daß auch da nur die 
Droſſeln die „Waldbegründer“ waren. 


Für die Verbreitung von Buche und Eiche ſorgt der Eichel⸗ 
häher, für die Verbreuung aller beerentragenden Bäume und 
Sträucher ſorgen die beerenfreſſenden Vogel, in erner Linie 
alle Oroſſelarten. Eine heimliche mächtige Kleinarbeit, die 
dem Meuſchen viel zu oft entgegt, weil er Nutzen uno Schaden 
von Pflanze und Tier meiſt in eriter Linte als eine Magen ⸗ 
frage behandelt, leinen hier unſre Waloſanger. 

Weitere Beobachtungen könnten wohl flariegen, ob fold 
nützliche Vogellätigten nicht nur eine Folge der ihnen zuteil 
gewordenen Utube während thres Verbſtbeſuches in, oder ob 
uicht gleichzeitig bod auch eine wesentliche Zunahme der Droſſel⸗ 
vogel mit in Frage kommt. 


Vielleicht regen dieſe Zeilen an zu ähnlichen Betrachtungen 
über den tatſächlich vielſeuigen Nutzen der vorzugsweiſe im 
Walde lebenden Droffelarten, ehe mal ein letztes Wort ges 
ſprochen wird über den Dohnenſtieg als einer reinen Erwervs⸗ 
und Magenangeiegenheit. Forſtmeiſter G. Hütterott. 


Se aM — 


C. Miniſterialrat a. D. Prof. Ferdinand Edler von 
Wang f. 

Der erſte, der in Oeſterreich den Gedanken der 
Wilddachverbauung mit aller Macht feines Anſehens und Eu 
fluſſes verprettete, war k. k. Regierungsrat Prof. Dr. Attut 
Freiberr von Seckendorf⸗Gudent, der u Babu 
heit als Pionier in Wort und Schrift für teme Rreblengarder 
eingetreten ijt. Sein Werk übernahm nach ſeinem Tode ein 
Mann, deffen Name in feinem Fache einen gar guten Klang 
hat, der die Foriſetzung des Seckendorſſſchen Wertes 
ais ſeine Lebensaufgabe betrachtete, Jerdinand Wang, 
den wir vor kurzer Zeit — er paro am 26. april 1917 an 


einem hartnäckigen Darmleiden und Rippenſellentzünd un — 


zu Grave geleiter haben. . | 

Wang wurde am 24. Dezember 1855 gu Boledowry 
in Boymen gevoren, wandte fiq nach wpdfolorerung der Ro 
telſchule urſprunglich dem iechniſchen Fache an der Baumgenu:: 
ſchule der k. k. Techniſcheu Vochſchule in Wien gu, widmete fa 
aber bald darauf dem forſtwiſſenſchaftlichen Stud tum an der 
im oktober 1876 eröffneten fornlichen Sektion der Yoyıqul 
fur Bodentultur in Wien, die von nun an die Stelle ber hi. 
Fornatademie in Martanrunn eriegen joie, Mu 
trat im Jahre 1878 bei der f. k. Forn⸗ und Domanew duc: 
non in Salzourg als k. k. Forst- Eleve in den Siaatsforſtoieun. 

Als zu Anfang der Achtziger jahre der ſorſtrechniſche Diet 
der politiſchen Verwaltung in Oenerreich neuorgaalſiert wo: 
den war, fam Wang im Jahre 1884 als Forpinppetuon 
Adjunkt nach Gili. Im gleichen Jahre ward ore portie 
niſche Aoteilung für Wadvachverdauu eig errichtet, m welds 
er zu femer ganzen Bedeuiung aufſteigen toure. 1886 K | 
wir ihn tn der Sektion Villach, und 1887 in der pontis 
Brixen tatig. S 

Was von Seckendorff angebahnt, hat wang a 
regſtem Girer durchgefuhrt. Umgeben von einem Stab nan 
Beamter, war es ihm gegönnt, rog mancher Wider waza 
und trotz der bescheidenen Mutel, ote ſeinem Leboenswal 000 
Staate zur Verfugung geitellt wurden, Erfolge zu apuka, 
denen auch im Ausland die Anerknnung nit verjagt Mii 
konnte. Von altem operreichiſchen Geiſte vejeelt, war et MEL 
das Anfehen ſeines Vaterlandes auch außerhalb oer Gies 
zu heben and auf den verschiedenen Austellungen gE uch. 
was Fleiß und Unverdroſſenyeit zu ictiten verman. Volt fe 
achtung verdienten demnach auf der Parier Weitauspelz! 
die Oojelte aus dem Wuobachveroauungsweſen der aun. 
Für die Leipziger imernationale Baufachausſtellung 1913 0 
bettete er uner üblich eim volles Jahr. Auch ver den Ki 
ſchiedenen heimischen Ausſtellungen (Aöriaauspgelung t 6) 
war Wang mit Aufgebot aller feines strane und Gii 
rungen tätig, wieder nur, um den Beſuchern aus der Ray wid 
Fremde zu zeigen, was Wiuenstraft hervorbringen kann. 

Schon im geroft 1887 an der Hochſule fur Bo 
mit den Vorleſungen uver Wildvachver bann 
betraut, ſuchte er feine Hörer gerade fur otejea Zwei Ù 
Forſtwiriſchaft recht empfanglich zu machen; ewe zeigen 5 
fahrungen legte er in feinem Vauptwerte „Grundriß det 
Wild dachvervauung' nieder, das wohl ein reichgalnge 
und gediegenes Lehrbuch auf dieſem Gebiete IN. 

Ebenſo deſaßte jig Wang eingehend mu PY 
grammetrie, die er auch au oer k. k. vochchule 1 
Bodenkultur dozierte. 

Im Jahre 1889, nachdem er die zwei Dorgergebeudti 
Winterperioden im Aderoaumınıitertum gedient — verrand 
in pieje Zentralſteue oecuren, halte Wang Seleyeahcu, un. 
allen leitenden Focumäanern jener Zeu in regſter Verbindun 
zu ſtehen uno ſeinen Planen offene Herzen und gutes Wero” 
nis zu ver ſcha ffen. 3 

Im Jahre 1897 wurde Wang zum k. k. Forſtrat befördert 
rückte im Jahre 1903 anläßlich oer Schaffung eines l 
Departements tür Wildoachocrvauung im k. i Aderbanasi 
ſterrum zum Ober- Focnrat und Veiter dieſes Depares 
vor und wurde im Jahre 1908 zum Miuiſteriatrat mn 
Wht Allerhöchſter Entschließung vom 20. Januar 1 
geruhte Seine k. u. k. Apoſtoliſche Aafeſtät dem Ge f 
die erbetene Berjegung in den dauernden Ruhen! 
zu bewilligen. 92 

Mögen feine Beſtrebungen taikcäftig fortgeſezt W 
zum Segen der Bevolkerung und zur Eure des outete 
Forſtweſens! K. k. Hofrat Ing. Emil Böhme a 


Für die Redaktion verantworuich: für Aufsätze, Briefe, Verſammlungsverichte und Notizen Prof. Dr. Wimmen auer, 
tür literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inserate verantwortlich: J. D. Sauerländer“ Berlag 
Werleger: J. D. Sauerläuder in Frankfurt a wW.— @. Ottos Dolbuchdruckerei in Darmitadt. 


Zu Allgemeine =. | 
Sart und Jagd 3ritung 


: . 
| von | 
Dr. Karl Wimmenaner m Dr. heinrich Weber 
Geh. Forſtrat u. Profeſſor d. Forſtwiſſenſchaft i R. ordentl. Profeſſor der ec 
an der Univerſität Gießen. 


Dreiundneunzigſter Jahrgang. 


1917. Juguſ / September. 


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——— a — 32 —xkꝛ— — — — — 


Augui/September 181i 7 8 1917 


Zur Geſchichte 
der europäiſchen Haſen nebſt Bemer⸗ 
kungen über die Urſache des Ausſterbens 
der großen Diluvialſäugetiere Europas 
und über die Entſtehung neuer Arten 


von 
Dr. Max Hilzheimer, z. Zt. Lazarettinſpektor 
im Reſ.⸗Lazarett Weißenau bei Ravensberg. 

Wenn ein guter Naturbeobachter und warm- 
herziger Naturfreund ſeine durch eifriges Nach— 
ſinnen gewonnenen Ergebniſſe mitteilt, ſo wirkt 
das immer anregend auf gleichgeſtimmte Seelen. 
Auch wenn ſich die eigenen Gedanken nicht immer 
in den gleichen Bahnen bewegen, wird man die 
mitgeteilten Tatſachen als neue Anregung mit Freu- 
den begrüßen und dankbar zu verarbeiten ſuchen. 
Die alte Wahrheit aber, daß der Widerſtreit der 
Meinungen für die Erkenntnis weſentlich fördernd 
iſt, veranlaßt mich auf die ſehr wertvollen Mittei— 
lungen des Herrn Pfarrer Wilhelm Schuſter 
S. 297 bis S. 303 im Dezember-Heft 1916 dieſer 
Zeitſchrift einiges zu entgegnen. 

Vorausſchicken möchte ich freilich noch, daß ich 
jetzt in Stuttgart im Militärdienſt bin, alſo fern von 
meiner Wohnung Charlottenburg über meine Notizen 
und literariſchen Handapparat nicht verfüge und 
demgemäß, wo ich Gewährsmänner anführe, dies 
aus dem Gedächtnis tun muß. 

In ſeiner Behandlung des Haſen ſchreibt Schuſter 
verſchiedene Sätze, die mich ſehr ſympatiſch berühren 
müßten: „Aus Waldhaſen werden Buſchhaſen, ja 
Feldhaſen“ und ſpäter: „Es waren die Waldhaſen 
beſonders zarte Tiere, die bedeutend mehr Deckung 
brauchten, mehr Deckung gegen Witterung, widrige 
Temperatureinflüſſe, Kälte.“ 

Das ſind Gedanken, wie ich ſie ganz ähnlich be— 
reits 1912 in meinem „Handbuch der Biologie der 
Wirbeltiere“ (Stuttgart 1913) eingehend ausführte, 
wenn auch in etwas anderer allgemeinerer Form. 
Ich glaube dort nachgewieſen zu haben, daß. wenn 
von zwei verwandten Tieren das eine den Wald, 
das andere die Steppe oder offene Landſchaften 
bewohnt, das letztere das ſpezialiſiertere, mehr ein- 
ſeitig angepaßte oder wie man wiſſenſchaftlich ſagt, 
in der ſtammesgeſchichtlichen Entwicklung fort⸗ 
geſchrittenere iſt. 


1917. 


Ein ſehr einleuchtendes Beiſpiel dafür iſt die 
Giraffe und das Okapi, die beide nahe verwandt ſind. 
Jeder Laie fieht auf den erſten Blick ein, wieviel: 
weiter ſich die offene Landſchaften bewohnende 
Giraffe in ihren Körperverhältniſſen vom allge- 
meinen Bauplan der Wiederkäuer entfernt hat, als 
das den Wald bewohnende Okapi. Die Giraffe iſt 
eben ſtammesgeſchichtlich weiter entwickelt, fort- 
geſchrittener, höherſtehend. Von den afrikaniſchen 
Büffeln, hat ſich der die offenen Länder Oft- und 
Südafrikas bewohnende mächtige Kaffernbüffel 
mit ſeinem gewaltigen, ſo eigenartigen Gehörn 
weiter entwickelt, als die den weſtafrikaniſchen Ur 
wald bewohnenden kleinen Büffelformen, von 
denen einige noch ein Gehörn haben, das ſich wenig 
vom normalen Rindergehörn unterſcheidet. Unter 
den Hirſchen trägt bei der einzigen Form, die nicht, 
den Wald bewohnt, dem Rentier, auch das Weibchen 
ein Geweih, ſicherlich ein fortgeſchrittener Zuſtand, 
wenn man der wohl allgemein angenommenen 
Anſicht iſt, daß derartige Waffen im Laufe der 
Stammesgeſchichte zuerſt vom Männchen erworben 
werden und dann im weiteren Verlauf der ſtammes— 
geſchichtlichen Entwicklung auch auf das Weibchen 
übergehen. Von den ſechs lebenden Nashornarten, 
bewohnen die primitivſten, tiefſtſtehenden die Ur» 
wälder Sumatras. Sie haben ſich noch die Schneide ⸗ 
zähne bewahrt, die den anderen verloren gingen. 
Weiter als alle lebenden war aber die eigenartige 
ſibiriſche Nashornform entwickelt, die die Wiſſen⸗ 
ſchaft als Elsamotherium sibiricum bezeichnet, mit 
ihrer einzigartigen gekräuſelten Schmelzfalten auf 
den Backenzähnen. Dies Tier war aber ein Steppen- 
bewohner. Ebenſo dürfte nach den neueſten For. 
ſchungen von Dietrich u. a. das Mammut, alſo die 
typiſchſte Steppenform der Elephanten, eine der 
höchſtſtehenden Elefantenformen geweſen ſein, ſicher 
erheblich höher ſtehend als der indiſche Elefant. 

Mit dieſen Beiſpielen will ich es bewenden laſſen, 
ſie genügen wohl, um die allgemeine Gültigkeit des 
Satzes von der fortgeſchritteneren Entwicklung der 
Steppentiere gegenüber ihren nächſten Verwandten, 
die ben kok bewohnen, zu zeigen.“) 


— = = 


S An m. Es iſt übrigens intereſſant, daß dieſes Geſetz 
auch für den Menſchen gilt, der ja natürlich auch den allge⸗ 
meinen biologiſchen Geſetzen unterworfen iſt. Die körperlich 
und geiſtig tiefſtſtehendſten Menſchen finden wir in den tro. 


24 


182 


Von diefem Standpunkte aus könnte mir alfo 
Schuſters Anſicht: Waldhaſe, Buſchhaſe, Feldhaſe, nur 
recht ſein. Denn die Entwicklung ſchreitet von wenigen 
Ausnahmen abgeſehen, wo wie bei Paraſiten ganz 
beſondere Verhältniſſe vorliegen, ſtets fort. Aber 
Schuſter vermutet, daß der deutſche Haſe „ehedem 
durchweg Waldhaſe geweſen“ ſei, daß er „gleich 
anderen Nagern ſeiner urſprünglichen Art nach 
Steppentier iſt und von Oſten einwanderte. Nun 
vermute ich (Schuſter) aber, daß er nicht erſt nach 
der Eiszeit, ſondern in Steppenzeiten zwiſchen den 
Eiszeitperioden oder unmittelbar darnach bei uns 
eingewandert iſt.“ 

Dieſen Sätzen kann ich mich nun nicht durchweg 
anſchließen und zwar aus zwei Gründen. Der erſte 
und ſchwerwiegendſte ſcheinen mir die paläonto⸗ 
logiſchen Funde zu ſein. Aus der Durchforſchung 
der eiszeitlichen Kulturen ſind wir ſehr genau über 
die ſie begleitende Fauna unterrichtet, da man dieſer 
namentlich in den letzten Jahrzehnten mit Recht 
große Aufmerkſamkeit geſchenkt hat. Ich ſelbſt habe 
vor einigen Jahren in Perigord mit zwei Herrn im 
Auftrage des Berliner Muſeums für Völkerkunde 
ſehr ſorgfältig in den altſteinzeitlichen Kulturſchichten 
ausgegraben. Da es damals galt, ſowohl das gegen⸗ 


ſeitige Verhältnis der einzelnen Kulturen, als auch 


innerhalb der Kulturſchichten eine Entwicklung feſt⸗ 
zuſtellen und ſchließlich auch das Verhältnis der 
Kulturſchichten zu den Eiszeitphaſen aufzuhellen, 
ſo kann ſich jeder leicht ein Bild davon machen, wie 
ſorgfältig die Erde durchſucht, ja durchſiebt wurde. 
In der Berliner anthropologiſchen Geſellſchaft haben 
wir über unſere Reſultate einen vorläufigen Be⸗ 
richt veröffentlicht. Bei dieſer Art der Durchforſchung 
des Bodens hätten uns ſchwerlich die Reſte eines 


piſchen Urwäldern Afrikas und Hinterindiens, Zwergvölker 
wie die Akkas, Orang⸗Mamas u. a. In dieſem Zuſammen⸗ 
hange ſe auch wenigſtens angedeutet, daß gerade die älteſten, 
erſten Kulturen unſeres Kulturkreiſes in Steppengebieten, 
Meſopotamien und Agypten, liegen. Dieſe Länder trugen 
urſprünglich während des Ausganges unſerer europäiſchen 
Eiszeit Wald. Mit dem trockner Werden des Klimas dort, das 
wohl mit dem Rückgang der gewaltigen nordiſchen Gletſcher 
zuſammenhing, ging auch der Wald zurück. Reſte der ehe⸗ 
maligen Waldbedeckung müſſen zu Beginn des Dämmerns 
der Geſchichte jener Völker noch beſtanden haben, wie ich 
mehrfach an Hand der damaligen Fauna nachge wieſen habe. 
Mit dem Rückgang des Waldes wurde aber allmählich jenen 
Völkern der ihnen durch den Wald gewährte Schutz entzogen, 
ſie wurden allmählich den härteren Lebensbedingungen der 
freien Steppe ausgeſetzt. Damit war der erſte Anreiz zur 
kulturellen Entwickelung gegeben. Als bei weiterer Aus⸗ 
trocknung die Steppe zur Wüſte wurde, verſchwand aus jenen 
Gebieten die Kultur. So ſteht Wachſen und Werden der 
Völker in innigem Zuſammenhang mit geologiſchen und 
kosmiſchen Verhältniſſen. Europa konnte ſeine hohe Kultur 
erſt erreichen, nachdem die Wälder zurückgedrängt und eine 
(Kultur-) Steppe geſchaffen war. 


nur einigermaßen häufigen Tieres entgehen können, 
zumal wir auf die Fauna beſonders achteten und 
ſelbſt ſo kleine Stückchen, wie Fiſchwirbel fanden. 
Nirgends aber fanden wir in rein eiszeitlichen 
Schichten Haſen⸗Reſte. Und ich darf gleich hinu 
fügen, auch von anderer Seite ſind ſie dort nicht 
gefunden worden, obwohl der weit kleinere Lem: 
ming (Lemminge in Südfrankreich!) entdech 
worden iſt. Das will bei der großen Sorgfalt, mit 
der von den verſchiedenſten Seiten in Südfrankkeich 
ausgegraben iſt, immerhin etwas heißen. Die erſten 
Reſte von Hafen fand ich erft in Magdalénien jelbi 
und zwar nicht einmal im Beginn ſondern etwa in 
mittleren Schichten und zwar am klaſſiſchen Fund, 
ort La Madeleine. Dies war der tuypiſche kleine 
franzöſiſche Haſe (Lepus meridiei Hilzh), wie er 
heute noch Frankreich bewohnt, nicht unſer großer 
deutſcher Hafe (Lepus europaeus Pallas). Da nu: 
das Magdalénien eine altſteinzeitliche Kulturſtufe 

ift, die nach der allgemeinen Meinung in die Aus: 

gangsphaſe der Eiszeit, d. h. in die Zeit nach ber 

letzten großen Bereifung verlegt werden muß, ie 

ſcheint es mir erwieſen, daß in Perigord der Har 
erſt nach der Eiszeit einwanderte. Dieſen Schlu 
dürfen wer wohl auf ganz Südfrankreich ausdebner, 


— + — a 


| 
das ſchon mindeſtens feit dem Diluvium ein ein | 
heitliches Faunengebiet geweſen ift. Dabei mir | 
Steppenbildung nach Ausweis der Fauna İdo 
ſehr früh dort geherrſcht haben, denn das Wildpferd 
und der Bison priscus, d. h. eine Form des Visor, 
die dem amerikaniſchen, präriebewohnenden Bier 
und nicht unſerm waldbewohnenden Wiſent gleicht 
finden wir feit dem Acheulléen, aljo einer demd — 
ginn der eiszeitlichen Kulturen zeitlich naheſtehen 
den Kulturperiode, die ſpäteſtens in die Mitte der 
Eiszeit zu ſetzen iſt. 

Ahnliches gilt in Bezug auf den Haſen auch für 
Deutſchland. Wenn es mir auch leider nicht möglıd 
ift, im Augenblick die verſchiedenen aufgeitellter 
diluvialen Faunenliſten durchzuſehen, ſo glaube ic 
doch nicht, daß unter den wirklich diluvialen Tieren 
der Feldhaſe (Lepus europaeus Pallas) vorkommt. 
Dagegen findet ſich ſehr häufig darunter der Shue 
haſe (Lepus timidus L.). Freilich muß man bein 
Studium von diluvialen Faunenliſten vorſichtig 
fein. Es find nämlich foffile Faunen leider häufig 
von Geologen bearbeitet worden. Dieſe mögen oft 
als Geologen mit Recht fih großer Wertſchätzum 
erfreuen, zur Beurteilung feinerer Unterſchiede 
morphologiſcher Art, wie fie bei Bearbeitung fol)! 
Faunen nötig find, fehlt ihnen aber die nötige & 
fahrung. Das Schlimme dabei ift, daß nun die 
Autorität, deren fie fidh infolge ihrer Bedeuum 
auf geologiſchem Gebiet erfreuen, auch blind 
auf ihre paläontologiſchen Ausführungen über | 


tragen wird. Für den Kenner ijt der Wert der- 
artiger Bearbeitungen paläontologiſchen Materials 
. fofort zu erſehen, indem oft Artnamen auf Reſte 
angeführt werden, die kaum ausreichen, Gattungen 
zu beſtimmen. 

Nun find Feld- und Schneehaſe im Skelett, 
ſelbſt wenn ganze Skelette rezenter Tiere vorliegen, 
ſchon nicht ganz leicht unterſcheidbar. Um wieviel 
ſchwerer iſt das bei einzelnen foſſilen Reſten. Wenn 
Schädel oder wenigſtens Gebißteile vorliegen, mögen 
bei genauer Kenntnis und großer Übung beide 
Haſenarten mit leidlicher Sicherheit unterſchieden 
werden, aber ſchon bei Gliedmaßenknochen ſcheint 
es mir ſchwer, immer mit Sicherheit zu ſagen, welche 
von beiden Arten vorliegt, bei Wirbelknochen dürfte 
das ganz unmöglich fein. Zwar wenn die Beſtim— 
mungen von Männern wie Liebe, Woldrich, Nehring, 
Studer u. a. herrühren, kann man ſie wohl 
als geſichert annehmen. Und gerade Studer 
hat die Fauna der ſehr exakt durchforſchten 
ſchweizer diluvialen Kulturſtätten ſehr genau 
bearbeitet und meines Wiſſens dort in diluvialen 
Schichten keinen Schneehaſen gefunden. In dem 
großen Werk „Die diluviale Vorzeit Deutſchlands“ 
von R. R. Schmidt, E. Koken und A. Schliz (Stutt- 
gart 1912) gibt Koken im paläontologiſchen Teil 
eine Zuſammenſtellung der bisher beſchriebenen 
Faunen diluvialer Kulturſtätten Deutſchlands. Der 
europäiſche Haſe wird dabei nur zweimal erwähnt, 
S. 173 und 189, und dabei ausdrücklich hervorge- 
hoben, daß er jünger ſei als die eiszeitlichen Tiere 
dieſer Fundplätze, an denen die Schichten infolge 
moderner Grabungen geſtört waren. Lepus timi- 
dus L., der Schneehaſe, dagegen fehlt kaum einer 
deutſchen diluvialen Fauna.!) 

Dies alles ſcheint mir alſo dafür zu ſprechen, daß 
der europäiſche Haſe im europäiſchen Diluvium 
fehlte und erſt nach der Eiszeit hier einwanderte. 
Und zwar muß die Einwanderung ſehr ſpät erfolgt 
ſein. In den ſpärlichen Funden des Azilien, der un- 
mittelbar auf das Magdalenien folgenden Kultur, 
die einer Waldzeit mit moderner Fauna angehört, 
iſt kein Haſe gefunden. Jedoch iſt dieſe Kulturſchicht 
bei uns bisher viel zu ſelten, um daraus Schlüſſe zu 
ziehen. Leider fehlt mir im Augenblick die Möglich⸗ 
keit, die zahlreichen jungſteinzeitlichen und ſpäteren 
prähiſtoriſchen Faunenliſten durchzuſehen. Viel⸗ 
leicht ließen ſich daraus über die Zeit des Einwan⸗ 
derns von Lepus europaeus Pall. und feiner Ger: 
kunft Schlüſſe ziehen. 


1) Leider krankt die Arbeit Kokens, ſoweit es ſich um 
eigene Beſtimmungen handelt, daran, daß nie angegeben iſt, 
auf welche Knochenfunde ſie ſich ſtützen. So weiß man nicht, 
wie Lepus cf. cuniculus (S. 173) und Lepus sp. S. 201 zu 
deuten iſt. 


183 


— 


Der deutſche Haſe iſt wohl, wie auch Schuſter an- 
nimmt, höchſt wahrſcheinlich von Oſten gekommen. 
Aber wahrſcheinlich mehr von Südoſten, als direkt 
von Oſten oder gar Nordoſten. Woher ſtammt nun 
der franzöſiſche Haſe? Daß Lepus meridiei Hilzh. 
nicht nur eine der modernen Arten iſt, die nur vom 
genauen Kenner wiedererkannt werden könne, 
ſondern daß wirklich beide erheblich verſchieden ſind, 
lehrt ein Vergleich des etwa um ½ é kleineren, febr 
lebhaft gefärbten ſüdfranzöſiſchen Haſen, mit dem 
erheblich größeren matter gefärbten, namentlich der 
lebhaft roſtroten Farbe entbehrenden deutſchen 
Haſen. Der Unterſchied zwiſchen beiden iſt min⸗ 
deſtens ſo groß, wie zwiſchen etwa einem lang⸗ 
haarigen deutſchen Hühnerhund und einem Setter. 
Durch Deutſchland kann der Haſe Südfrankreichs 
nicht gekommen ſein, ſonſt müßten hier irgendwo 
ſeine Reſte gefunden ſein. Oder ſollten die a. a. O. 
in der Anmerkung genannten Lepus sp. und Lepus 
cf. cuniculus ſich auf ihn beziehen? Schon bei der 
Erwägung dieſer Frage wäre es ſehr wichtig, wenn 
man wüßte, welche Reſte Koken vorgelegen haben. 

So verſchieden der ſüdfranzöſiſche Haſe von dem 
deutſchen Haſen iſt, ſo ähnlich iſt er gewiſſen um das 
weſtliche Mittelmeer wohnenden europätfch-nord- 
afrikaniſchen Haſen. Wir dürfen alſo wohl in ihm 
einen Einwanderer aus Spanien vermuten, dem, 
und das ſteht wieder im Einklang mit Schuſters An- 
ſicht, die wiederkehrende Wärme ein Vordringen 
nach Norden ermöglichte. Wie weit er hier nach 
Norden vorgedrungen iſt, kann ich nicht ſagen. Auf 
jeden Fall geboten im Often, nach meinen Felt 
ſtellungen im Elſaß, feinem Eindringen in das Rhein: 
tal die Vogeſen Halt, während dieſes Waldgebirge 
andererſeits hier gegen das Vordringen des Lepus 
europacus nach Weſteneine unüberwindliche Schranke 
bildete. Es liegt hier alſo der merkwürdige und ſehr 
beachtenswerte Fall vor, daß einmal eine Tiergrenze 
mit einer Landesgrenze zuſammenfällt. !) In dieſem 
Sinne iſt alſo Schuſters Fig. I mit der Verbreitung 
des Haſen zu korrigieren. Es handelt ſich nicht um 
eine einheitliche Art, deren Verbreitungsgebiet dort 
als das des Haſen umgrenzt iſt, ſondern um das 
von mindeſtens zwei Arten, die nach Ausſehen und 
Herkunft verſchieden ſind. Auch der engliſche und 
iriſche Haſe, ſoweit letzterer nicht ein Schneehaſe iſt, 


1) Es ift ſehr beachtenswert, gerade augenblicklich, wo 
in Frankreich immer wieder von dem ſtammverwandten 
Elja- Lothringen geſprochen wird, wie ſcharf hier die tier. 
geographiſche Grenze iſt. So zieht z. B. von Weſten her die 
Ginſterkatze bis an die Vogeſen, von Oſten machte noch vor 
wenigen Jahrzehnten hier der Hamſter Halt. Jetzt hat er das 
Hindernis, allerdings auf dem Umweg über Belgien (1) 
überwunden. Dieſe Beiſpiele ließen ſich noch leicht vermehren. 
Man ſieht alfo, wo die „natürliche“ Grenze zwiſchen Frant: 
reich und Deutſchland verläuft. 


245 


184 


gehört zum „Mittelmeerhaſen“, wie ich ihn einmal 
nennen möchte. 

Daß aber gerade das nicht eben hohe Wald— 
gebirge der Vogeſen für die Haſen von beiden Seiten 
ein unüberwindliches Hindernis bietet, iſt für die 
folgende Frage, der ich mich jetzt zuwende, ſehr zu 
beachten. Die Höhe der Vogeſen iſt nämlich keines 
wegs eine derartige, daß etwa deswegen die Hafen 
es nicht hätten überſchreiten können. Sondern es 
leben, wie ich mich wiederholt überzeugt habe, auch 
auf den Vogeſenkämmen Haſen. Aber freilich äußerſt 
ſpärlich. Die Seltenheit des Waldhaſen geht ja 
auch aus Schuſters Aufſatz hervor. Nur iſt Schuſter 
der Anſicht, die Waldhaſen ſeien früher häufiger 
geweſen und verſchwinden heute mehr: „Die deut- 
ſchen Haſen müſſen urſprünglich Waldhaſen ge- 
weſen ſein. Denn das Germanien des Caeſar und 
Tacitus war Waldgebiet. Haſen waren damals in 
Deutſchland vorhanden.“ Ja, ſicher waren zu 
Tacitus Zeiten in Deutſchland Haſen vorhanden, 
wie gewiſſe römiſche Denkmäler beweiſen. Tacitus 
ſelbſt erwähnt übrigens in ſeiner Germania den 
Haſen nicht; ob dies Caeſar tut, iſt mir unbekannt. 
Woraus aber ſchließt Schuſter, daß dieſe Tiere da— 
mals beſonders zahlreich geweſen ſind? 

Woher will Schuſter wiſſen, daß im Germanien 
des Cäſar und Tacitus der Waldhaſe häufiger war 
als heute? Ich kenne eine im kgl. Lapidarium in 
Stuttgart befindliche, in Stuttgart gefundene, 
römische Darſtellung eines Jägers auf einer Haſen— 
jagd, der den Haſen von einem Windhund jagen 
läßt.) Ahnliche Haſenjagden mit Windhunden find 
mir aus Gallien bekannt. Nun hat aber ſicher nie 
und nirgends jemand Waldtiere mit Windhunden 
gehetzt, denn im Walde würden ſich dieſe Jagd— 
gehilfen des Menſchen die Schädel einrennen. Und 
im Mittelalter hat man Falken zur Haſenjagd ab- 
gerichtet, wieder ein Beweis dafür, daß der Haſe 
auch damals ein Tier des offenen Geländes war. 
Wie überhaupt der ganze Falkenſport beweiſt, daß 
hinreichend offenes Gelände im mittelalterlichen 
Deutſchland vorhanden war. Hiermit ſoll aber 
nun keineswegs die Zunahme der Haſen in Deutſch— 
land in den letzten Jahrzehnten geleugnet werden. 
Im Gegenteil iſt eine ſolche nicht zu bezweifeln. Nur 
hat jie ihre Urſache nicht in biologiſchen Verän— 
derungen, ſondern in den durch die Feldwirt— 
ſchaft für die Haſen geſchaffenen beſſeren Lebens— 
bedingungen. Auf eine biologiſche Anderung in 
der Lebensweiſe aber zu ſchließen, ſcheint mir ſehr 
gewagt. 


1) Gbbildung bei Hilzheimer. Die Haustiere in Abjtame 
mung und Entwicklung. Abb. 12 S. 29 (Stuttgart bei Strecker 
n. Schröder). 


Sicherlich iſt das römiſche Germanien, wie auch 
das ſpätere Deutſchland Waldgebiet geweſen, aber 
es wird ſich nicht über das ganze Land ein Baum 
an den anderen gereiht haben, ſondern es wird auch 
Lücken im Walde gegeben haben, Blößen, Wald⸗ 
wieſen, wo ſich Haſen halten konnten, ebenſo wie ja 
auch als Hinterlaſſenſchaft der Steppenzeit als 
„Relikte“ fich überall an geeigneten Plätzen Steppen- 
pflanzen gehalten haben. Starben doch auch ge⸗ 
wiſſe andere Steppentiere in dem ſpäteren wald⸗ 
bedeckten Deutſchland nicht völlig aus. Pferde er⸗ 
hielten ſich an geeigneten Orten durch das ganze 
erſte Jahrtauſend, an manchen Stellen noch länger. 
Auch der Hamſter überlebte die Waldzeit, und nie- 
mand wird von ihm behaupten, daß er jemals Wald⸗ 
tier geweſen iſt. Er bietet übrigens genau dasſelbe 
Bild wie der Haſe, inſofern nämlich, als er mit Zu- 
nahme der durch Bebauung geſchaffe nen für feine 
Lebensbedingungen günſtigen offenen Stellen, mit 
Zunahme der Felder, der „Kulturſteppe“ ebenfalls 
erheblich zunahm. In dieſem Zuſammenhang iſt 
gerade der Vergleich der mit Schuſters Fig. I gue 
ſammengeſtellten Verbreitungsgebiete des Haſen 
und des doch ficher waldbewohnenden Eichhörnchens 
lehrreich. Bei dem Eichhörnchen gibt es keine von 
Nord nach Süd verlaufende Grenze, wie eine ſolche 
die Vogeſen für Hafe und Hamſter bilden. Das Cidh- 
hörnchen war aber Waldbewohner und konnte ſich 
ſonach, als ganz Europa von Wald bedeckt war, auch 
einheitlich über dieſen ganzen Kontinent verbreiten. 
Wohl mag man bei dem europäiſchen Eichhörnchen 
hier und da etwas beſonders ausſehenve Lokalformen 
oder ſelbſt Unterarten nach mühſamen Studien 
trennen, aber zwei derartig ſcharf geſchiedene Arten, 
wie die beiden Haſenarten, gibt es bei dem Eich. 
höruchen nicht. 

Noch einen ferneren Grund habe ich gegen die 
Annahme, daß Haſen jemals eigentliche Waldtiere 
waren. Es gibt ein biologiſches Geſetz, das foge- 
nannte Dolloſche Geſetz, von der Nichtumkehrbar⸗ 
keit der Entwicklung im ſtammesgeſchichtlichen Werde. 
gang. Wenn z. B. im Laufe der Entw cklungs⸗ 
geſchichte ein Organ verloren gegangen iſt und es 
infolge Wechſels der Lebensweiſe wieder benötigt 
wird, ſo kann es doch nicht wieder entſtehen, ſondern 
es muß an ſeiner Stelle ein neues Organ gebildet 
werden. Ein Beiſpiel aus unſerer Fauna wird 
dies klar machen. Die Eichhörnchen hatten wohl 
ſchon, bevor ſie zur tletternden Lebensweiſe über⸗ 
gingen, den Daumen verloren. Nun machte aber 
die Art ihrer Bewegung, die Art, wie ſie die Vorder⸗ 
füße beim Freſſen halten, einen Widerhalt gegen 
die übrig gebliebenen 4 Finger nötig. Da konnten 
ſie nicht etwa den verloren gegangenen Daumen 
wieder bekommen, ſondern mußten ſtatt deſſen ein 


= 


— = = 


neues Organ entwickeln; fie bekamen nun an feiner 
Stelle an den Händen eine Art Warze, die wohl 
einem Zehenballen entſtammt. 

Dieſes Dolloſche Geſetz geht noch weiter. Nicht 
nur verloren gegangene Organe können nicht wieder 
entſtehen, ſondern auch funktionslos gewordene 
können ihre frühere Betätigungsmöglichkeit nicht 
wieder erhalten. Man nimmt wohl mit Recht an, 
daß im Laufe der Stammesgeſchichte dem Ver: 
ſchwinden eines Organs eine Zeit vorhergeht, wo 
es außer Dienſt geſetzt wird. Beiſpiele für derartige 
funktionslos gewordene Organe ſind bekannt genug. 
Es ſei nur an die Muskeln in der Ohrmuſchel des 
Menſchen und den berüchtigten Wurmfortſatz des 
Blinddarms erinnert. Bei den Kängurus iſt das 
Ende der Schwanzmuskulatur funktionslos ge⸗ 
worden, nicht der Anfang, da ja bei ihm die Wurzel⸗ 
hälfte des Schwanzes ein wichtiges Stützorgan iſt. 
Allem Anſchein nach ſtammen aber die Kängurus 
von baumbewohnenden Tieren ab und hatten früher 
einen Greifſchwanz, wie andere baumbewohnende 
Beuteltiere. Als Reſte davon finden wir heute noch 
bei einem zu den Känguruhs gehörigen Tiere, näm” 
lich Bettongia, eine gewiſſe Greiffähigkeit des 
Schwanzendes. Dieſe läßt fidh bei dem erd⸗, fogar 
höhlenbewohnenden Tiere gar nicht anders erklären, 
als durch die Annahme baumbewohnender mit 
Greifſchwänzen verſehener Vorfahren. Nun ſind 
eine Anzahl Kängurus zum Baumleben zurückgekehrt. 
Ihr Schwanz aber konnte die verlorene Greiffähig⸗ 
keit nicht wieder erhalten, obwohl das ſehr nützlich 
geweſen wäre. 

Was hier für zwei Beiſpiele ausgeführt wurde, 
gilt natürlich auch für alle übrigen Körperteile, aber 
es gilt natürlich nicht nur für den Körper, ſondern 
auch für die Pſyche, für Gewohnheiten und Inſtinkte, 
die ja nur eine Funktion des Körpers ſind. Nun 
habe ich ſchon am Anfang auseinandergeſetzt, daß 
Steppenleben eine höhere Entwicklung bedingt als 
Waldleben. Aus dieſem Grunde ſcheint es mir un⸗ 
wahrſcheinlich, daß ein pſychiſch und körperlich an 
die Steppe angepaßtes Tier Waldtier wird. Und 
tatſächlich ſind auch jene erwähnten diluvialen 
Steppentiere, das Mammut, der Bison priscus, 
Elasmotherium, das wollhaarige Nashorn aus. 
geſtorben, manche früher, manche ſpäter, wie die 
Pferde; manchen iſt es gar gelungen, ſich ein neues 
waldfreies Gebiet zu erobern, in dem ſie ſich auf den 
Gebirgshöhen über dem Waldgebiet anſiedelten, 
wie die Steinböcke, die heute noch leben. Waldtier 
aber iſt keines von ihnen geworden. Der lebende 
Wiſent iſt kein Nachkomme des diluvialen Bison 
prisc us. Mit dieſem identiſch, höchſtens unterartlich 
von ihm unterſchieden, iſt der amerikaniſche Biſon, 
dem eine gute ausgedehnte Steppe, eben die nord— 


185 


amerikaniſche Prärie, die nötigen Lebensbedingun⸗ 
gen gewährt. Während in Euraſien die Entſtehung 
mächtiger zuſammenhängender Waldungen ihm, 
wie den anderen Steppentieren das Leben unmöglich 
machte. Man hat ſich oft den Kopf zerbrochen, 
warum jene großen diluvialen Säugetiere aus- 
geſtorben ſind. Es ſchien das umſo unerklärlicher, 
als man nachweiſen konnte, daß noch heute in 
Sibirien die gleiche Flora beſteht, als zur Zeit in 
der die Mammute dort lebten. Auf der Suche nach 
einer Urſache für das Ausſterben, hat man ſelbſt den 
diluvialen Menſchen dafür verantwortlich machen 
wollen, bis Soergel vor einigen Jahren überzeugend 
klar legte, daß der Menſch als Vernichter nicht in 
Betracht kommt. 

Für jeden, der meinen Ausführungen bis hierher 
gefolgt iſt, wird es ohne weiteres klar ſein, warum 
jene Tiere ausſterben mußten. Aber es muß einmal 
klar und deutlich ausgeſprochen werden: Die Urſache 
des Ausſterbens jener eiszeitlichen Steppentiere 
war die Ausbildung des Waldes in Europa und 
Nord⸗Aſien und die Unmöglichkeit für ein Steppen⸗ 
tier, ſich an den Wald anzupaſſen. Für dieſe Auf- 
faſſung bildet die Tatſache, daß heute noch an den 
ſibiriſchen Fundſtellen dieſelben Gewächſe gefunden 
werden, keine Schwierigkeit, wenn wir uns die 
biologiſchen Gewohnheiten der nordiſchen Säuge- 
tiere vor Augen halten. In meinem Handbuch der 
Biologie habe ich bei Beſprechung der Tierwande— 
rungen darauf hingewieſen, daß alle nordiſchen 
Tiere wandern, die größeren regelmäßig, die flei- 
neren periodiſch. Aber auch die Tiere der Steppen 
führen regelmäß'ge Wanderungen aus. Über die 
Wanderungen der wilden Equiden in Zentralaſien 
haben uns ruſſiſche Forſcher eingehende Berichte 
hinterlaſſen. Aus Südafrika haben die mächtigen 
Wanderzüge der Springböcke große Berühmtheit 
erlangt. Auch ſonſt berichten die Erforſcher der 
afrikaniſchen Tierwelt von den Wanderungen der 
großen Steppenſäuger. Warum ſollen gerade die 
Säugetiere der europäiſchen diluvialen Steppen 
nicht gewandert ſein? Wir müſſen vielmehr an— 
nehmen, daß auch ſie den allgemeinen Geſetzen der 
Steppentiere folgten, dieſelben Gewohnheiten hatten 
und große jahreszeitliche Wanderungen antraten, 
die ſie im Winter weit nach Süden führten. Gehen 
doch noch heute die Wanderungen der Renntiere 
auf der Teimyrhalbinſel über mehrere Breitengrade 
fort. Als ſich nun in Europa der Wald ausbildete, 
war hier ein Leben für Steppentiere ausgeſchloſſen. 
Ahnlich lagen aber die Verhältniſſe auch in Aſien. 
Zwar war hier nicht die ganze Steppe mit Wald 
bedeckt, aber die nordſibiriſche Tundra wurde nach 
Süden durch die mächtigen Waldgürtel der Taiga 
abgeſchloſſen. Damit waren den nordiſchen Steppen- 


186 


—— mee aa e a a 


tieren, Mammut, ſibiriſches Nashorn, Bison pr’scus 
und anderen die ſüdlichen Teile ihres Wohngebietes 
entzogen. Wohl wächſt heute noch in der Tundra 
dieſelbe Vegetation, wie damals als die großen 
Säuger dort wohnten, wohl würden ſie dort im 
Sommer noch genügend Nahrung finden, wohin 
aber ſollen ſie vor dem Verhungern im Winter 
flüchten, nachdem die Taiga im Süden ihnen ein 
nicht zu überwindendes Hindernis bereitet? So 
mußten jie infolge der Ausbildung der Taiga) und 
der Unmöglichkeit für Steppentiere, ſich an den 
Wald anzupaſſen, ausſterben. Nur, und das iſt 
der beſte Beweis für meine Anſicht: in Nordamerika, 
wo ſich eine mächtige, nach Süden unbegrenzte 
Prärie ausdehnt, konnte ſich der Biſon bis auf den 
heutigen Tag erhalten. Dort waren feiner Wander: 
luſt niemals Schranken geſetzt und es iſt zu bekannt, 
um hier noch näher darauf eingegangen zu werden, 
daß er im Winter den ſüdlichen, im Sommer den 
nördlichen Teil ſeines Wohngebietes bezog, indem 
er jedes Jahr große Wanderungen ausführte. Das 
gilt natürlich nur für die Zeit vor ſeiner in den 
70 er Jahren erfolgten mutwilligen Ausrottung 
durch den Menſchen. 

Gegen dieſe Anſicht, daß der Haſe im allge— 
meinen niemals Waldtier war, ſprechen auch die 
wenigen vereinzelten Wald haſen nicht. Ebenſo, wie 
es bei den körperlichen Eigenſchaften der Lebeweſen 
eine große Veränderlichkeit gibt, ſo auch bei den 
geiſtigen. Gewohnheiten und Inſtinkte variieren nicht 
minder und kein Tier iſt körperlich oder geiſtig 
dem andern gleich. Perverſitäten kommen auch bei 
den Tieren vor; wenn ſie auch wegen der großen 
Schwierigkeit der Beobachtung, zumal ſie auch nicht 
meßbar oder wägbar ſind, weniger bekannt und er- 
forſcht ſind. So gibt es auch einzelne Haſen, die aus 
beſondern Gründen, ſei es körperlicher oder 
pſychiſcher Art, ein Leben im Walde vorziehen. Daß 
es aber, wie Schuſter andeutet, wirklich zwei biolo— 
giſche Raſſen, Wald- und Feldhaſe, und vielleich tals 
dritte noch den Buſchhaſen gibt, will mir noch nicht 
recht in den Kopf. Wohl kennen wir auch ſonſt bei 
Säugetieren derartige der Lebensweiſe nach ver. 
ſchiedene, ſogenannte „biologiſche“ Raſſen, welche 
bei körperlicher Gleichheit verſchiedene Inſtinkte 

1) Die Ausbildung der Taiga führte übrigens zu jener 
ſcharfen Trennung zwiſchen den Tieren der nördlichen und 
ſüdlichen Steppe. In diluvialen Ablagerungen finden wir 
noch neben Ren, Saigaantilopen und Wildpferde, neben 
nordiſchen Nagern ſüdliche. Das iſt wohl ſo zu erklären, daß 
infolge des fehlenden Waldgürtels zwiſchen den Verbceitungs⸗ 
gebieten beider keine ſcharfe Grenze beſtand, und in breiter 
Zone mögen die Gebiete, die die Tiere des Nordens im Winter 
bewohnten, von den ſüdlichen im Sommer eingenommen 
worden ſein. So finden wir heute ihre Reſte gemeinſam, ohne 
daß ſie gerade neben und durcheinander gewohnt zu haben 
brauchen. 


und Gewohnheiten beſitzen. So kann man unſere 
Wühlratte Arvicola terrestis) und unſere Waller: 
ratte (Arvicola amphibius) an körperlichen Mer. 
malen nicht unterſcheiden, obwohl fie die ſchon m . 
Namen ausgedrückten verſchiedenen Lebens 
gewohnheiten haben. 

Gewiß ift es ſehr wichtig, auf biologiſche Ver. 
änderungen zu achten, und es iſt ein großes Ber. 
dienſt von Schuſter, bei verſchiedenen Gelegen: 
heiten nachdrücklichſt auf die Möglichkeit der Unde. 
rungen in der Lebensweiſe der Tiere hingewieſen 
zu haben. Denn wenn wir ſolche beobachten, wahr. 
nehmen, gewiſſermaßen mit eigenen Augen ſehen 
können, ſo wäre das äußerſt wichtig, nicht nur wegen 
der erdgeſchichtlichen Schlüſſe, die Schuſter glaubt 
daraus ziehen zu können, ſondern auch, wie ich 
ſpäter zeigen werde, in entwicklungstheoretiſcher 
Hinſicht. Aber man muß mit der Annahme folder 
biologischer Veränderungen äußerſt vorſichtig fein. 
Wie alt iſt denn überhaupt das Intereſſe an der 
Lebensweiſe der Tierwelt! Abgeſehen von Jagr 
tieren und von Beobachtungen an gefangen ge 
haltenen Tieren, hat uns die frühere Zeit doch nu 
auffällige Erſcheinungen aus der Tierwelt berichtet 
Gerade das alltägliche, die ganze Lebensweiſe cine: 
Tieres ijt doch erft in allerneueſter Zeit Gegenſtand 
der wiſſenſchaftlichen, exakten Erforſchung geworden 
und ſelbſt da iſt es ein nur von einigen wenigen 
beackertes Gebiet geblieben. Wenn da alfo heut 
neue Tatſachen bekannt werden, braucht es f h noch 
lange nicht um eine Anderung der Lebens weit 
zu handeln, ſondern um eine beſſere Erfenntn:. 
Ich erinnere nur an das berühmte, vor etm 
10 Jahren häufig angeführte, Beiſpiel von der 
Anderung in den Lebensgewohnheiten der Ami! 
welche erft in den letzten Jahrzehnten Fleiſchfteſſe 
geworden fein ſollte. Nun ſteht aber ſchon, wie ich ver 
einigen Jahreninder Naturwiſſenſchaftlichen Woden 
ſchrift ausführte, im Frankfurter Kräuterbuch, de: 
gegen Ende des 15. Jahrh. erſchien, daß die Amiel 
Fleiſch freſſe. Sie tat das alfo bereits feit 400 Jahren, 
und vermutlich ſchon länger, wir haben nur darüber 
keine Nachrichten. So hat alfo die Amſel nicht the 
Lebensgewohnheiten geändert, ſondern dieſe ſind 
nur beſſer bekannt geworden. Sie wird eben immer, 
wie noch manche andere Tiere, ein Allesfreſſer g 
weſen ſein. Nun führt Schuſter zwei Beiſpiele von 
veränderter Lebensweiſe bei Säugetieren an. Te: 
erſte betrifft die Eichhörnchen, welche infolge der 
milden Winter immer mehr auf die Winterruhe ver 
sichten follen. Daß hier wirklich ein fortſchreitender 
Prozeß vorliegt, der bei Winterſchläfern durch a 
nahme der Winterruhe allmählich zum völligen Ver 
luſt der Winterruhe führt, ſcheint mir mindeiten: 
ſchwer beweislich. Ich habe in meinem ſchon meh 


187 


fach erwähnten Handbuch der Biologie der Wirbel- 
tiere alles ſorgfältig zuſammengetragen, was über 
den Winterſchlaf der Tiere bekannt iſt. Daraus 
ſcheint mir zunächſt hervorzugehen, daß es einen 
wirklichen monate⸗ oder ſelbſt nur wochenlangen 
Winterſchlaf unter Säugetieren höchſtens bei In⸗ 
ſektenfreſſern wie Fledermäuſen oder Igeln gibt. 
Unter den andern Winterſchläfern ſchlafen, wie es 
ſcheint, die deshalb ſogenannten „Schläfer“ und 
„Murmel“ tiere noch am tiefſten und längſten. Aber 
ſelbſt unſere Siebenſchläferkommenan ſchöne nmilden 
Wintertagen aus ihrem Verſteck hervor. Überhaupt 
dürfen wir bei den Winterſchläfern, die Vorräte 
anlegen, ſchon deshalb nicht an einen ununter⸗ 
brochenen Schlaf denken, ſelbſt wenn auch, wie bei 
unſern Eichhörnchen, nicht immer alle Vorräte auf- 
gebraucht oder wiedergefunden werden. Auch die 
winterſchlafenden Bären liegen nicht in ununter⸗ 
brochener Ruhe. Werfen doch gerade bei ihnen die 
Weibchen in den Wintertagen ihre Jungen; und von 
den Eisbären iſt es bekannt, daß einzelne Individuen 
den ganzen Winter durch tätig find. Bei dieſen hod. 
nordiſchen Tieren kann man doch aber ſicher nicht 
an ein allmähliches Aufgeben der Winterruhe in- 
folge milder Winter denken. Überhaupt wiſſen 
wir noch wenig über die Urſache, warum die Tiere 
beim Winterſchlaf in den lethargiſchen Zuſtand — 
ſo ſagt man wiſſenſchaftlich wohl beſſer insgemein, 
da es ſich nicht immer um einen wirklichen Schlaf 
handelt — verfallen. Die unmittelbare Urſache 
ſcheint nicht immer ein beſtimmter Temperatur: 
ſtand zu ſein — es gibt in den Tropen bei gewiſſen 
Säugern auch einen Trockenzeits⸗Schlaf und bei 
unſern Eidechſen wenigſtens teilweiſe einen 
Sommerſchlaf, — doch iſt die Urſache wohl in irgend- 
welchen noch nicht genau bekannten kosmiſchen 
Einwirkungen zu vermuten. Auf jeden Fall ſcheint 
es für unſere Tiere feſtzuſtehen, daß ihr Schlafbe⸗ 
dürfnis in milden Wintern weniger groß iſt, als in 
ſtrengen. Eine biologiſche Veränderung iſt das 
alſo nicht, wenn die Eichhörnchen während einer 
Reihe milder Winter tätiger ſind als bei ſtrengem 
Winter. Eine ſolche könnten wir erſt dann feſtſtellen, 
wenn nach einer Reihe milder Winter bei Wieder⸗ 
einſetzen einer Folge ſtrenger Winter die Eich- 
hörnchen die in den vorhergehenden Wintern ge- 
übte Gepflogenheit kürzeren Winterſchlafes bei- 
behielten. Solange das nicht bewieſen iſt, kann nur 
feſtgeſtellt werden, daß die Eichhörnchen die Gewohn⸗ 
heit haben, in milden Wintern weniger zu ſchlafen 
als in ſtrengen. Es ift das eine Eigentümllichkeit, die 
zu ihrer Lebensweiſe gehört, ebenſo wie es zu ihrer 
Le be nsweiſe gehört, daß ſie ſich in Jahren, wo ihre 
Nahrung reichlicher ausfällt, ſtärker vermehren als 
in ſolchen, wo ſie kärglich iſt. 


Das zweite Beiſpiel für eine biologiſche Ande- 
rung findet Schuſter beim Kaninchen, indem er 
feſtſtellt, daß das Kaninchen im Mainzer Becken viel⸗ 
fach keine Höhlen mehr herſtellt, ſondern Freiland⸗ 
bewohner ſei. Dieſe Tatſache iſt nun an und für 
ſich ſo intereſſant, daß wir ihm für dieſe Mitteilung 
dankbar ſein müſſen. Nur befindet er ſich in der An⸗ 
nahme der Urſache für dieſe biologiſche Veränderung 
auf einem Wege, auf dem ich ihm nicht zu folgen 
vermag. 

Von der Anſicht ausgehend, daß die Kaninchen 
urſprünglich die Angewohnheit, Höhlen anzulegen, 
annahmen infolge eines durch das ſchlechte Klima 
der Eiszeit erregten Schutzbedürfniſſes, ſchließt 
Schuſter weiter, daß nunmehr die Aufgabe dieſer 
Gewohnheit die Folge eines wieder beſſer werdenden 
Klimas ſei. Nun iſt es gewiß richtig, daß die Anlage 
von Höhlen einem Bedürfnis des Tieres nach Schutz 
entſpricht. Muß dies aber gerade ein Schutz gegen 
unwirtliches Klima geweſen ſein? Es gibt doch auch 
in den warmen Ländern höhlenbewohnende Säuge⸗ 
tiere, ſogar vollkommen unterirdiſch lebende wie 
den afrikaniſchen Bathyergos. Bei den Kaninchen 
kommt noch beſonders hinzu, daß es während der 
Eiszeit gar nicht in Mitteleuropa lebte. Es iſt 
auch hier nicht etwa in der Nacheiszeit eingewandert. 
Sondern die Heimat des Kaninchens iſt bekanntlich 
Spanien, das auch während der Eiszeit ein ver- 
hältnismäßig mildes Klima hatte. Von hier aus 
wurden Kaninchen erſt zu Anfang der geſchichtlichen 
Neuzeit nach Deutſchland importiert.) Meint nun 
Schuſter wirklich, das heutige Klima der Rheinebene 
ſei wärmer, als es in Spanien vor etwa 500 Jahren 
der Fall war? Ich glaube kaum, daß jemand dieſen 
Gedanken wird ausſprechen können. Nein! Die 
Verhältniſſe liegen anders. Das Kaninchen hat wie 
die Mehrzahl der Nagetiere?) eine große Anpaſſungs⸗ 


1) Vgl. auch die Ausführungen darüber von Prof. O. Pax 
in Naturwiſſenſch. Wochenſchr. 32 Bd. (N. F. 16. Bd.) Nr. 22 
vom 8. Juni 1917, S. 299 — 300, der darin auch ſehr intereſſante 
Tatſachen über das neuerliche Vordringen des Kaninchens nach 
Polen bringt. Es hat dort bereits die Weichſel erreicht, iſt 
aber noch nicht auf das rechte Weichſelufer vorgedrungen. — 
Auch die von Schuſter erwähnten Faſanen wurden durch die 
Römer importiert. Schuſters Anſicht, daß ſie ſich „Europa 
vom Balkan her erwandert“ hätten, dürfte ſtarken Zweifeln 
begegnen. Denn die Griechen lernten dieſen Vogel bekannt⸗ 
lich nicht auf den Balkan kennen, ſondern in Colchis und gaben 
ihm nach dem kleinaſiatiſchen Fluß Phais, wo ſie ihn in Menge 
trafen, den heute noch in der Wiſſenſchaft gebräuchlichen 
Namen „Phasianus“. Es iſt möglich, und ſpricht manches 
dafür, daß ſie ihn ſchon in ihrer Heimat einbürgerten. Nach 
Deutſchland haben ihn aber erſt die Römer gebracht. 

2) Die Nagetiere ſind überhaupt eine erdgeſchichtlich 
verhältnismäßig junge Säugetierordnung, die noch eine 
Zukunft haben. Das zeigt fih in der auf großem An- 
paſſungsvermögen beruhenden leichten Anſiedlungsföhigkeit, 
wie es z. B. den Ratten noch in der Neuzeit gelang, ſich über 


8 


fähigkeit, ſo daß es leicht auf allen ihm einigermaßen 
zuſagenden Plätzen anzuſiedeln iſt. Die Anpaſſungs⸗ 
fähigkeit beſteht nun darin, daß das Tier nicht etwa 
in der neuen Heimat einfach gut weiter lebt, ſondern 
es reagiert leicht auf äußere Einflüſſe und ändert 
ihnen gemäß ſeine Gewohnheiten, ja ſogar ſeinen 
Körperbau ab, es paßt ſich eben an. Das zeigen 
uns zwei berühmte Beiſpiele. Das eine ſind die ſeit 
Darwin allgemein bekannten Borto-Santo-Kanin- 
chen, die, obwohl von aus Europa eingeführten Eltern 
abſtammend, ſich auf jener Inſel derart verändert 
haben, daß ſie nicht nur ein anderes Ausſehen ge— 
wannen, ſondern andere Lebensgewohnheiten an— 
nahmen und biologiſch derartig abgeändert wurden, 
daß ſie ſelbſt ſich nicht mehr als Verwandte ihrer 
Stammeltern, der europäiſchen Kaninchen, fühlen: 
ſie laſſen ſich nämlich mit ihnen nicht mehr 
kreuzen. Auch in Auſtralien, wo die eingeführten 
Kaninchen bald eine Landplage wurden, da für deren 
Beſeitigung von Staats wegen vergeblich Millionen 
geopfert wurden (von Neu⸗Süd⸗Wales allein 
15 Millionen), haben fie andere Gewohnheiten an: 
genom ien. Sie follen angefangen haben Baum- 
tiere zu werden und ihre Gliedmaßen ſollen in 
Aupaſſung an die neue kletternde Lebensweiſe 
gewiſſe Umgeſtaltungen erfahren haben. Das zeigt, 
wie ſchnell und vollkommen ſich Kaninchen anpaſſen 
können. Wenn alſo am Rhein die Kaninchen andere 
Lebensgewohnheiten angenommen haben, als ihnen 
urſprünglich zukamen, ſo hat das natürlich ſeine 
Gründe. Dafür allein das milder werdende Klima 
verantwortlich zu machen, ſcheint doch wohl etwas 
gewagt zu ſein. Sicher wäre es eine intereſſante 
und lohnende Aufgabe, die Urſache zu erforſchen, 
denn hier ſchlummern tiefere Probleme. a 

Es iſt nämlich denkbar, daß derartige zunächſt 
geringfügige Anderungen in der Lebensweiſe zu tief 
greifenden Anderungen der ganzen Organıfation des 
Tieres und damit zur Entſtehung neuer Arten führt. 
Wie ja tatſächlich das auſtraliſche Kaninchen infolge 
der Gewohnheit, Bäume zu beſteigen, ſchon eine 
Anderung des Fußbaues erlitten hat. Und das 


die ganze Erde zu verbreiten. Und die vor wenigen Jahren 
in Böhmen angeſiedelte amerikaniſche Biberratte hat jich dort 
jo ſchnell und fo ſtark vermehrt, daß fie nicht nur in ihrem 
urſprünglichen Anſiedelungsgebiet zur Landplage geworden 
iſt, ſondern das Land weit darüber hinaus überſchwemmt. 
Es liegt alſo, wie auch das Kaninchen lehrt, im Einbürgern 
fremder Nagetiere bei uns eine große Gefahr. Darum ſeien 
alle Jäger, die bei uns fremde Tiere einbürgern wollen, vor 
Nagetieren aller Art gewarnt. — Umgekehrt wie die Nage⸗ 
tiere haben die Huftiere die Höhe ihrer Entwicklung über- 
idretten. Bis auf ganz geringe Arten eigentlich nur Haus: 
tiere ſind ſie ſtarre, nicht mehr anpaſſungsfähige Formen 
geworden, daher die Schwierigkeit Steinböcke, ſelbſt dort, 
wo ſie noch vor kurzem beheimatet waren, wieder anzuſiedeln, 
wenn ſie einmal ausgerottet ſind. 


Porto⸗Santo⸗Kaninchen wäre ſicher ſchon als new | 
Art im Syſtem aufgenommen, wenn man fein 
Herkunft nicht ſo genau wüßte. Es wurde oben 
ſchon angeführt, daß die wichtigſten Unterſchiede 
zwiſchen europäiſchem und Schneehaſe im Gebiß 
und Schädelbau liegen. Dieſe Unterſchiede fin | 
ficher durch Verſchiedenheiten in der Nahrung be⸗ 
dingt. Unſer Haſe äſt vorwiegend ſaftige, weiche 
Gräſer und Kräuter, der Schneehaſe liebt dagegen 
die Zwerghölzer feiner Heimat. Sicher ftellt da: 
Zerkleinern von Holzarten an alle bei dem Rav 
geſchäft beteiligten Organe größere Anforderungen, 
als das Kauen weicher Pflanzenteile. Dieſe Organe 
müſſen daher kräftiger werden. So erklärt ſich die 
größere Kürze und Maſſigkeit des Unterkiefers de: 
Schneehaſen. Dieſer Verkürzung entſprechend müßte 
auch der Oberkiefer fih verkürzen. Andererſeit 
erforderte die ſchwerere Arbeit auch eine Verſtärkun 
der Kaumuskulatur. Dieſe mußte unbedingt auch 
eine Anderung der Schädelteile, an die fie fidh ar 
fegt, d. h. Unterkiefer und Gehirnſchädel, im & 
folge haben, ſo daß wir den ganzen Unterſchied in 
Schädelbau und im Gebiß beider Hajenarter 
auf die veränderte Nahrung zurückführen können. 
Ich führe das Beiſpiel der beiden Haſenarten nich 
ohne Grund an. Ich las nämlich kürzlich, etwa in 
Februar oder Anfang März, in der Züricher Zeitung 
von Wildſchaden, den die Hafen in Obſtgärten ar 
gerichtet hätten, indem ſie bei dem diesjährigen 
ſtrengen Winter maſſenhaft in die Obſtplantagen 
eingedrungen feien und dieſe ſchwer durch Verbeißen 
geſchädigt hätten. Mir war das neu, daß europayd 
Hafen an Bäume gehen. Aber der Art der Tar 
ſtellung nach ſcheint das in der Schweiz eine gan 
gewöhnliche, nicht unbekannte Tatſache zu fein. 
Aus Mangel an Zeit in meiner augenblicklichen 
militäriſchen Stellung konnte ich der Frage noch nuch 
näher nachgehen. Aber nehmen wir einmal an, t: 
gäbe irgendwo Feldhaſen, die aus irgendwelchen 
Gründen regelmäßig Baumknoſpen äſten, ſo müßte 
fich deren Schädel allmählich in der oben gefchildertei 
Richtung des Schneehaſenſchädels ändern. Ramen 
dazu noch weitere Anderungen, vielleicht im ußban, 
weil diefe Hafen anfingen, ähnlich wie die auftre 
liſchen Kaninchen, ihrer Nahrung nach auf Bäume 
zu ſteigen, fo würden w'r bald eine neue Art ent 
ſtehen ſehen. Um wieviel einſchneidender werden 
nun die Anderungen fein, wenn ein Walhtier 
aus irgend einem Grunde Steppentier wird. T 
würden fih bei dem Waldtier bald alle möglichen 
Bedürfniſſe geltend machen. Entweder der Tier 
körper könnte ſie befriedigen, indem er ſich ihnen 
entſprechend ändert, vielleicht gar neue Organe ent 
wickelt, d. h. ſich anpaßt, oder er könnte es nicht 
Dann würde das Tier zugrunde gehen. Tiel’: 


139 


— 


Anpaſſungsbedürfnis iſt das, worauf ich kommen 
wollte. Bekanntlich gibt es eine Theorie, die an- 
nimmt, daß bei der Entſtehung neuer Organe, bei 
der Anpaſſung und ſchließlich bei der Heraus. 
bildung neuer Arten ſich zuerſt das Bedürfnis nach 
dem Neuen im Tierkörper geltend gemacht habe. 
Dem iſt entgegnet worden, daß dieſe Anſicht nicht 
viel Wahrſcheinlichkeit für ſich habe, da ja die Tiere, 
bevor fie das Neuerworbene beſäßen, garnicht wijfen 
konnten, welchen Nutzen fie davon hatten. Ich 
denke, die vorſtehenden Zeilen werden zur Genüge 
zeigen, wie es wenigſtens theoretiſch denkbar iſt, 
daß infolge geringer Anderungen der Lebensweiſe 
erſt ein Bedürfnis nach Neuem und ſchließlich das 
Neue wirklich entſtand. Doch möchte ich das au 
einem Beiſpiel noch weiter ausführen. 

Bekanntlich waren die Hirſche urſprünglich ge- 
weihloſe Tiere, die ſich mit ihren langen, hauerartig 
hervorragenden Eckzähnen verteidigten, wie es noch 
heute die geweihloſen Moſchustiere und Waſſerrehe 
tun, Bei die ſer Art der Verteidigung, d. h. beim 
Hauen mit den Eckzähnen mag ſich oft das hauende 
Tier ſelbſt die hervorragendſte Stelle des Schädels, 
eben die Augengegend ſelbſt verletzt haben. Es ent⸗ 
ſtand das Bedürfnis nach Schutz dieſer Stelle. So 
nat hier, wie überhaupt an häufig verletzten Stellen, 
ein erhöhtes Knochenwachstum ein, es entſtand der 
Roſenſtock. Ob nun in Korrelation mit der Reu 
bildung etwa den Eckzähnen zuviel Material ent- 
zogen wurde und ſie ſich ſo verkürzten, oder ob es 
ſich allmählich herausſtellte, daß die neuentſtandene 
Bildung auf dem Schädel gleichzeitig neben dem 
Schutz eine gute Waffe ſei und durch Verwendung 
dieſes neuen Organes als Kampfmittel die Eckzähne 
überflüſſig und damit funktionslos und infolgedeſſen 
rückgebildet wurden, wird heute ſchwer zu ent: 
ſcheiden ſein. Genug, der neuentſtandene Auswuchs 
über dem Schädel wurde Waffe, damit war das 
Bedürfnis gegeben, ihn weiter auszubilden, und er 
entwickelte ſich allmählich im ſtammesgeſchichtlichen 
Geſchehen zum Geweih. So glaube ich gezeigt zu 
haben, wie die Bedürfnisfrage die Entſtehung eines 
ſo ſchwierig zu erklärenden Gebildes wie das Geweih 
der Hirſche oder das Gehörn der Hohlhörner am 
einfachſten erklärt. Und den Beweis für die Richtig ⸗ 
keit dieſer Anſicht ſehe ich darin, daß ſelbſt die Hörner 
der Hohlhörner nicht einheitlicher Entſtehung ſind, 
wie ich an Hand einer Zeichung in meinem Hand- 
buch der Biologie ausgeführt habe, ſondern mehr⸗ 
fach ſich unabhängig gebildet haben. Sie ſitzen 
nämlich an ganz verſchiedenen Stellen des Kopfes. 
Dieſe Erklärung für die Erwerbung neuer Organe 
und für die Umbildung der Arten hat noch den 
Vorteil, daß fie ohne Schwierigkeiten ſowohl von 
Vamardianern wie Weismannianern angenommen 


1917. 


—. 


werden kann. Nimmt man mit den Lamarckianern 
eine Vererbung erworbener Eigenſchaften an, ſo 
bietet ſie überhaupt keine Schwierigkeit. Leugnet 
man fie mit Weismann, jo kann man ruhig bei der 
von mir gegebenen Entſtehungsart an eine Aus⸗ 
wahl von in der Anlage gegebenen Verſchiedenheiten, 
von Keimesvariationen, denken. Denn ſo wie ich 
3. B. die Geweihentſtehung zu erklären verſucht 
habe, können ſelbſt ſchon kleine Unterſchiede in der 
Wölbung der Stirnbeine oder bei dem Beiſpiel der 
Fuß und Schädeländerung der Hafen geringfügige 
Unterſchiede in der Stärke der Kaumuskulatur von 
Wert ſein. 


Der Yagdgejaug des Gratius Faliscus. 

5 Von Baltz, Hannover. 

Wie ſchon die Geſchichtsſchreiber Cäſar und 
Tacitus bezeugen, waren auch die alten Germanen 
ſehr eifrige Jäger. Wenn es auch nicht allgemein 
bekannt iſt, daß die alten Völker, ausgenommen die 
Hebräer, eine große Vorliebe für die Jagd gehabt 
haben, ſo ergibt doch jede nähere Unterſuchung 


dieſer Frage, daß die heute in unſerem Volksleben 


eine ſo große Rolle ſpielende Tätigkeit auch ſchon im 
Altertume ſtellenweiſe zu hoher Blüte entfaltet 
war, und ganz beſonders kann dieſes daraus ent- 
nommen werden, welche Aufmerkſamkeit den von 
jeher zur Jagd unentbehrlichen Hunden geſchenkt 
wurde. Sowohl die alten Agypter wie auch die 
Aſſyrer und Perſer hielten ſehr große Meuten, und 
nach der Eroberung von Babylonien durch die Perſer 
wurden die Einkünfte, welche vier Städte erbrachten, 
verwendet, um die Jagdhunde des Königs zu unter- 
halten. Großes Anſehen genoſſen die Jagdhunde 
bei den alten Griechen, die ſie beinahe als göttlichen 
Urſprunges anſahen. Homer beſingt die Treue des 
Hundes Argos, der nach dem 17. Geſang der Odyſſee 
von dem leidengeübten Odyſſeus ſelber erzogen 
wurde. Ehemals jagte Argos wilde Ziegen, flüchtige 
Haſen und Rehe. Seine Eigenſchaften als Spür⸗ 
hund waren glänzende, und kein Wild konnte ſeiner 
Schnelligkeit entrinnen. Aber nachdem Odyſſeus 
gen Troja gezogen war, lag Argos bald von Un⸗ 
geziefer zerfreſſen auf dem großen Haufen von Miſt 
der Mäuler und Rinder. Der Dioskure Kaſtor war 
der erſte, der mit Laufhunden gejagt hat. Xenophon 
gibt ſehr eingehende Beſchreibungen der zur Jagd 
verwendeten Hunde, und ſeine Ausführungen laſſen 
aufs deutlichſte erkennen, in wie hoher Blüte die 
Jagd ſeiner Zeit bei den alten Griechen geſtanden hat. 

Die Auffaſſung, welche die alten Griechen und 
Römer von der Jagd hatten, war von der heute all- 
gemein herrſchenden himmelweit verſchieden. Nicht 
Zerſtreuung und Vergnügen war urſprünglich der 

25 


— —.-œ— — 


Beweggrund für die Ausübung, ſondern es galt 
durch Mut und Kraft die Tierwelt zu bekämpfen 
und zu überwinden, und hieraus mußte fid allmäh⸗ 
lich die Kunſt entwickeln, durch Vervollkommnung 
der Waffen und Werkzeuge, ſowie auch durch Über- 
liſtung des Wildes, immer mehr die Überlegenheit 
über dieſes zu gewinnen. Das Hohe und Erhabene, 
welches der Jagd innewohnte, ergibt ſich aus der 
den Göttern vorbehaltenen Mitwirkung, und alle 
Geſänge der Alten, welche der Neuzeit überliefert 
ſind, laſſen erkennen, daß dem Kampfe des Menſchen 
mit der Tierwelt nirgends die religiöſe Weihe fehlt. 
Einer der ſchönſten Geſänge, welcher uns er— 
halten geblieben iſt, iſt der des Gratius vom 
Stamme der Falisker, der in Falerii, einer alten 
Stadt im ſüdlichen Etrurien, ſeinen Sitz hatte. Er 
beſchäftigt ſich ganz beſonders mit den Hunden, 
beſingt die Jagd als Göttergeſchenk und eine dem 
Jäger erfreuliche Kunſt, die aber deshalb erblüht, 
weil ſie von Diana, der Göttin der Jagd, begünſtigt 
wird. 
„Dona cano divuin, laetas venantibus artes 
Auspicio, Diana, tuo.“ 


(Vers 1 u. 2.) 


Gratius, der ein Zeitgenoſſe des Ovid war, mußte 
als Römer Dia na als die Göttin der Jagd an: 
ſehen, die von den Griechen in Artemis verehrt 
wurde. Gratius ſieht in Diana die Behüterin des 
von der Tierwelt bedrohten menſchlichen Lebens, 
das ſie durch die Kunſt des Jagens zu ſchützen ſucht, 
damit es von der Gefahr, die ihm droht, erlöſt werde. 
Ihr zur Seite ſtehen die Nymphen aus unzähligen 
Hainen und die Najaden aus tauſend Quellen. 

„Tu trepidam bello vitam, Diana, ferino, 

Qua primam quaerebat opem, dignata repertis 
Protegere auxiliis, orbemque hac solvere noxa. 
Adscivere tuo comites sub numine divae 

Centum omnes nemorum, centum de fontibus omnes 
Naiades“ . ..... (Vers 13—18.) 

Der Dichter Claudianus zeigt uns im 5. Jahr- 
hundert die Göttin mit ihrer aus den verſchiedenſten 
Hunden zuſammengeſetzten Meute. Die einen, 
ſchrecklich durch ihr Gebiß, das geeignet war, den 
mächtigen Nacken der Stiere zu brechen, die anderen 
wiederum hoch auf den Läufen, ſchnellfüßig, leicht 
ſpürend, und wiederum andere von dem verſchie⸗ 
denſten Ausſehen. 

Wie der Artemis von dem Jäger ein Teil der 
Beute gelobt werden mußte, wenn er Weidmanns⸗ 
heil haben wollte, ſo herrſchte auch dieſer Brauch 
bei den Kelten der Diana gegenüber, die ihnen von 
den Römern überliefert war. Allerdings wurde 
von ihnen die Göttin Arduinna genannt, und 
dieſe göttliche Jägerin der Ardennen hatte ſich hier 
bis in das 8., ja bis in das 9. Jahrhundert göttlicher 


190 

Ehren zu erfreuen. Nicht allein bei den Kelten 
herrſchte dieſer Brauch, ſondern jelbitveritändlic 
auch bei den im Ardennengebiet anſäſſigen alten 
Germanen war Diana Arduinna Schutzherrin de: 
Waldes und des Wildes, aber ihr poeſieumhauchter 
Kultus mußte mit der Verbreitung des Chriiten: 
tums vernichtet werden. 

Die heiligen Haine der alten Germanen, in 
welchen ſich die ſchlichte Gottesverehrung unſerer 
Altvordern vollzogen hat, mußten Kapellen und 
Kirchen weichen, Jene wurden vernichtet, die heiligen 
Steine zertrümmert, die heiligen Quellen vr 
ſchüttet, die heiligen Bäume niedergelegt. Der 
wütende Angelſächſiſche Mönch Winfried, der 
ſpäter zum heiligen Bonifacius kreiert wurde, 


ſchlug eigenhändig die Joviseiche bei Geismar 


nieder, um den ihn ſtumm und ſtarr umſtehenden 


Chatten die Ohnmacht ihrer Götter zu zeigen, aller: 
dings ohne zu bedenken, daß die Zerſtörung der von 


ihm gebauten Kapellen nur denſelben Erfolg hätte 


haben können. 

So wurde auch Diana entthront, welche bis dahin 
der Jagd das Gepräge religiöſer Erhabenheit ver. 
liehen hatte, und an ihrer Stelle trat St. Hubertus, 
der Jagd und Jäger verfolgende Biſchof, der nicht 
den geringſten Anſpruch darauf erheben kann, der 
Schutzpatron der Jäger und der Jagd zu ſein; de 
um jo weniger, da feſtſteht, daß er als Erſatz fir 
Diana dienen ſoll. 

Die Jagd als Tierkampf ging allmählich in die 
Kunſt des Jagens über, denn wie die Waffen jit 
vervollkommneten, jo war es auch mit den Garner 
und Netzen der Fall, und nicht zum mindeſten mit 
den Liſten, welche der Jäger aufwendete, die Tien 
in ſeine Gewalt zu bringen. Gratius beſingt die 
Herſtellung der Netze, und wie die Federn des ge 
fräßigen Geiers, fo auch wurde die Wolle des ſchnet⸗ 
igen Schwanes als Jagdgerät verwendet. (Feder 
lappen.) 

„Sunt, quibus immundo decerptae vulture plumae 
Instrumentum operis fuit, et non parva facultas. 
Tantum inter nivei iungantur vellera cygni; 

Et satis armorum est," | (Vers 75—78, 

Er ſchildert die Fußfallen. 

„ Quid, qui dentatas iligno robore clausit 

Venator pedicas?“ (Vers 92—98.) 
und preiſt den Mann als glücklich, deffen Streben j 
dieſer Erfindung geführt hat, denn er kann nach feint! 
Anſicht nur ein Gott fein oder ein göttlicher Get, 
welcher die unwiſſende Roheit Sterblicher übertt 

ö „Deus ille, an proxima divcs 

Mens fuit, in coecas aciem quae magna tenebras 

Egit, et ignarum perfudit lumine vulgus?“ 

(Vers KR. 
Gratius lehrt auch, wie die hölzernen Schafte der 
Jagdſpieße ausgewählt werden mußten. Cornelbaun, 


—— — —— ct - 


Myrte, Taxus, Fichte und altinattiche Ginſter find | 


unter anderem beſonders dazu geeignet (Vers 129 bis 
131), und auf das Gebiet der Forſtwiſſenſchaft geht 
er hinüber, indem er ſagt, daß der Olbaum nicht 
von ſelbſt in die Luft ragt und ihm die ſchädlichen 
Reiſer entzogen werden müſſen. Nur ſo wird der 
Baum ſeine edle Geſtalt erhalten, wenn ihm das 
überflüſſige Laub genommen und nutzloſe Ber- 
geudung der Säfte vermieden wird. Dann in der 
Höhe von 5 Fuß ſoll man die Stangen packen und 
abſchneiden, wenn das Jahr ſoweit vorgeſchritten 
iſt, daß das alte Laub abgeworfen wird und der 
Herbſt ſich noch der laulichen Regen enthält. 
„At enim multo sunt ficta labore 

C etera, quae silvis errant hastilia nostris, 

Nunquam sponte sua procerus ad aëra termes 

Exiit, inque ipsa curvantur stirpe genistae 

Ergo age, luxuriam primo fortusque nocentes 

Detrahe: frondosas gravat indulgentia silvas. 

Post ubi proceris generosa stirpibus arbor 

Se dederit, teretesque ferent ad sidera virgae; 

Stringe notas circum, et gemmantes exige versus. 

His, si quis vitium nociturus sufficit humor, 

Ulceribus fluet, et venas durabit inertes. 

In quinos sublata pedes hastilia plena 

Caede manu, dum pemifer is advertitur annus 

frondibus, et tepidos autumnus continet imbres“ . . 

(Vers 136—149.) 

Der Jagdgeſang des Gratius beſchäftigt ſich aber, 
wie bereits hervorgehoben, ganz beſonders mit den 
zur Jagd verwendeten Hunden, wenn er auch nach 
dieſer Richtung in die Spuren der Griechen tritt. 

Im alten Griechenland ſpielten eine Hauptrolle 
die Moloſſerhunde, die aus der Landſchaft 
Moloſſis des Epirus, welche durch ihre Jagdhunde 
eine große Berühmtheit erlangt hat, ſtammten. 
Eine genaue Beſchreibung dieſer Hunde beſitzen 
wir zwar nicht, aber man glaubt, ſie in den Hunden 
von gewaltiger Größe und Doggenart zu erkennen, 
die auf alten Denkmälern gefunden ſind, aufrecht 
ſtehende Ohren und lange Haare auf Schultern und 
Nacken hatten, ähnlich der Mähne des Löwen. Es 
waren ferner in Griechenland berühmt die Hunde 
aus Lakonien, die Kreter, Karer, Thraker, Päonier; 
die Hunde von Argos, aus Arkadien und Lokrien, 
die Hunde von Elis, ſowie Magneſier. ) 


1) Lakonien: eine Landſchaft des alten Griechen: 
land, die den ſüdöſtlichen Teil des Peleponnes umfaßte. Die 
hier gezüchteten Jagdhunde genoſſen einen guten Ruf. 

Die Karer ſtammten aus Karten; einer Land: 
ſchaft im Südweſten Kleinaſiens. Seine Bewohner waren 
wahrſcheinlich Semiten, aber trotzdem kriegeriſch. 

Thrakien war in der ölteſten Zeit eine Landſchaft 
nördlich von Griechenland und nördlich, ſowie öſtlich von 
Makedonien. Die Thraker waren Arier, Krieg und Jagd ihre 
Hauptbeſchäftigung; ihre Sitten denen der Germanen ähnlich. 

Päonier: im Altertum ein in Thrakien und Mate: 
donien verbreitetes Volk. 

Argos: eine Landſchaft des Peleponnes. 


Wie die Griechen ihre Hunde mit denen aus ihnen 
benachbarten Gegenden kreuzten, ſo ließen ſie auch 
andere von weit her kommen, wie aus Agypten, 
Pannonien, Sarmatien 2), Gallien, der Inſel Bri- 
tannien und Indien. So waren die ſogenannten 
Lakonier der ſpäteren Zeit aus Kreuzungen mit 
galliſchen und ägyptiſchen Windhunden hervor: 
gegangen, und Vergil, Horaz ſowie Claudianus 
laſſen dieſen Hund als ſehr ſchnell, biſſig und ſo 
ſtark erkennen, daß er zur Wolfsjagd ſehr geeignet 
war. 

Der griechiſche Dichter Oppian, der in der 
2. Hälfte des 2. Jahrhunderts nach Chriſtus einen 
Jagdgeſang geſchrieben haben foll, erzählt uns hier. 
über, daß der beſte Miſchling erreicht wird, wenn der 
Pannonier mit dem Kreter, der Arkader mit dem 
Kreter, der Arkader mit dem Hunde von Elis, der 
Karier mit dem Thraker, der Tyrrhener mit dem 
Lakonier, die iberiſche Hündin mit dem Sarmatier 
gekreuzt wird. Die beſte Zeit erſcheint ihm hierzu 
der Frühling, in welchem nach ſeiner Anſicht ſelbſt 
die Sterblichen von einem brennenden Verlangen 
erfüllt ſein ſollen. 

Gratius ſpricht mit Recht von den tauſend Ländern 
der Hunde, die es gibt, und daß deren Güte von der 
Abſtammung abhängig iſt. 

„Mille canum patriae, doctique ab originae mores 

Cuique sua“ š (Vers 154.) 

Zu ſchweren Kämpfen erſcheint ihm der 
Meder geeignet, obgleich er ungelehrig iſt, 
und mit Ruhm bedeckt erſcheinen ihm auch die 
keltiſchen Hunde. Von den Gelonens) kann 
er dasſelbe nicht annehmen, aber doch geſteht 
er ihnen zu, daß ſie von Natur eine ſcharfe Naſe 
haben. Alle guten Eigenſchaften vereinigen ſich im 
Perſer. Wilder Natur find die ſeriſchen Hunde ), 
von ungeheurer Kraft, aber unbezähmbar. Ge- 
ſchmeidig und mächtig entwickelt im Bug ſind die 
lykaoniſchen Hunde, aber denen aus Hyrkanien 
wohnt noch eine viel größere Kraft inne.d) Ihr 
real iit der Wald, wo fie ſich mit den Beſtien 


—— — nn 


A r ka d fen: H'rten⸗ und Schäferland inmitten des 
Peleponnes. D'e Bewohner waren äoliſchen Stammes. 
Die Wälder waren ſehr weldreich und deshalb genoß auch 
Artemis beſondere Verehrung. 

Lokris: Landſchaft im alten Griechenland. 

Elis: gehörte zum alten Peleponnes. 

Magnejia: Landichaft Theſſaliens, die einen Tempel 
der Artemis hatte. 

2) Pannonien: eine römiſche Donauprov'nz. 

Sarmati en: Land zwiſchen Weichſel und Wolga. 

3) Gela: Stadt an der Südküſte Siziliens, aber hier 
ſcheint es ſich um den Hund eines ſarmatiſchen Volksſtammes 
zu handeln. 

) Serika: Tibet und Norddina. 

5) Lykaon ien: eine Landſchaft Kleinaſiens. 

25" 


192 


— a 


zu vermiſchen ſuchen. Die Hunde aus Hyrfanien?) 
waren von gewaltiger Größe und ſollen vom Tiger 
und einer Hündin abſtammen, weshalb ſie auch ein 
getigertes Fell hatten. Von dem Umbrer ) weiß 
Gratius hinſichtlich des ihn beſeelenden Mutes nichts 
Günſtiges zu ſagen, aber um ſo mehr rühmt er die 
Schärfe feiner Nafe. Schnell find die Moloſſer, 
hinterliſtig die Akarnanier, die ſchweigend und un⸗ 
erwartet den Feind anfallen. Ein Kläffer war der 
Hund vom ätoliſchen Stamme, denn auf der Sau⸗ 
jagd macht er das Wild flüchtig, das er nicht ſieht, 
weil er einen gräßlichen Lärm verurſacht. ) 

Gratius will, wie nach ihm Oppian, wahrſchein⸗ 
lich nach des erſteren Vorbild, es geſchildert hat, 
die Hunde der verſchiedenſten Völker miteinander 
miſchen. So die Hunde der Umbrer mit dem Gallier, 
um den den erſteren fehlenden Mut durch den be⸗ 
weglicheren Sinn des letzteren zu ergänzen. Die 
feigen Gelonen ſollen durch den hyrkaniſchen Vater 
Angriffsgeiſt erhalten, und der moloſſiſche Rüde ſoll 
bei der flatterhaften kalydoniſchen Hündin die un⸗ 
günſtige Eigenſchaft verbeſſern ). Es kommt weniger 
auf die Raſſe an, als auf die Benutzung des Guten, 
wo es vorhanden iſt. | 

Wenn darauf verzichtet werden muß, hierüber 
den Text anzuführen, ſo ſoll dieſes doch nicht bei 
den übrigen Hunden unterlaſſen werden, beſonders 
weil über einiges Meinungsverſchiedenheiten be- 
ſte hen. 


Aut versuta sequi leporis vestigia par vi; 

Petronios, scit fama, canes, volucresque Sygambros, 
Fit pictam macula Vertraham delige falsa, 

Ocior affectu mentis pinnaque cucurrit, 

Sed premit inventas, non inventura latentes 

Illa feras: quae Petroniis bene gloria constat. 

Quod si maturo pressantes gaudia lusu 

Dissimulare feras, tacitique accedere possent; 

Illis omne decus, quod nunc, metagontes, habetis, 
Constaret silvis: sed virtus irrita damno est 

At vestrum non vile genus, non patria vulgo: 
Sparta suos, et Creta suos promittit alumnos. 

Sed primum celsa lorum cervice ſerentem, 
Glympice, te silvis egit Boeotius Hagnon; 

Hagnon Astylides E (Vers 199---215.) 


— 


1) Hyrkanien: am ſüdöſtlichen Teil des Kaſpiſchen 
Meeres. Hatte viel Wald und Wild und hieß deshalb das 
Wolfsland. 

2) Umbrien: Altitalieniſcher Landſtrich öſtlich des 
Apen nin. 

3) Akaruanien: der weſtliche Teil des alten Heilas, 
ein wald» und wildreiches Bergland. Ihm tft Atolien 
benachbart. | 

1) Kalydon en: Stadt in Atolien. Nach ihr fit die 
kalydoniſche Jagd benannt, auf welcher der kaly⸗ 
doniſche Eber von Meleagros tödlich verwundet wurde, nach 
dem Atalante ihn angekratzt hatte. 


„Assumtus metagon lustrat per nota ferarum 
Pascua, per fontes, per quas trivére latebras, 
Primae lucis opus: tum signa vapore ferino 
Intemerata legens, si qua est, qua fallitur, eius 
Turba loci, maiore secat spatia extera gvro. 
Atque hic, egressu iam tum sine fraude reperto, 
Incubuit spatiis, qualis permissa Lachaeis 
Thessalium quadriga decus, quam gloria patrum 
Excitat, et primae spesambitiosa coronae. 
Sed ne qua ex nimio redeat iactura favore, 
Lex dicta officiis: ne voce lacesseret hostem, 
Neve levem praedam, aut propioris pignora lucri 
Amplexus, primos nequidquam effunderet actus. 
Jam vero impensum melior fortuna laborem 
Quum sequitur, iuxtaque domus quaesita feiarum, 
Ut sciat, occultos et signis arguat hostes; 
Aut effecta levi testatur gaudia cauda, 
Aut ipsa infodiens uncis verstigia plantis 
Mandit humum, celsasve adprensat naribus aures. 
Et tamen, ut ne prima faventem pignora fallant, 
Circa omnem, aspretis medius qua clauditur orbis, 
Ferre pedem, accessusque abitusque notasse ferarum, 
Admonet, et si forte loci spes prima fefellit, 
Rarum opus, incubuit spatiis ad prospera versis, 
Intacta repetens prima ad vestigia gyro.“ 

(Vers 21—25.) 


Dem Sinne nach foll das alfo heißen, daß zu 
Jagd auf Gazellen und kleine Hafen der petro 
niſche Hund gewählt werden foll oder der wi 
Vogelflug ſchnelle Sygambrer (germanische 
Windhunde) und auch der Vertrahus, ) der 
ſchillernde Flecken hat und gedankenſchnell wie der 
geflügelte Pfeil iſt. Dem gefundenen Wilde gegen 
über kann er feine Eigenſchaften entfalten, aber da: 
Verborgene vermag er nicht zu finden, während 
dieſes wiederum den Ruhm der Petronier aus 
macht. Dieſe aber haben den Fehler, daß ſie zu 
vorlaut find und ſich nicht im ſtillen dem Bild 
zu nähern vermögen. 

Der Vertrah us ijt der Windhund, der eine 
ſchlechte Naje hat und fih durch Schnelligkeit auè 
zeichnet. Es iſt derſelbe Hund, den wir in den Bolti» 
rechten unter verschiedenen ähnlichen Bezeichnungen 
wiederfinden. Der Petronier, der von den 
Römern gebraucht wurde, ift jedenfalls identit 
mit dem petrunculus der Burgunder und den 
bracco parvus der Frieſen. Von den petroniſchen 
Hunden heißt es: | 
„Petronii canes, quia ita solidos calces habent, ut petras 
et rupes etiam illesim percurrant.“ | 

Der Petronius ift nichts anderes als die alter 
Steinbracke. Roth ſagt in feiner Forſt⸗ und 
Jagdgeſchichte bei der Gegenüberſtellung des rel 
trahus und des petronius, daß der erſtere ausge 


9 Der Vertrahus foll, wie im Altertum angenommen 
wurde, einer Kreuzung von Hund und Wölfin entſproſſen 


ſein, wie es auch von den Sloughis der Araber behauptet wit 


Nach Martial war der Vertrahus zum Bringen des Wildes 
abgerichtet. (Non sibi, sed domino venatur vertragus act 
Hlaesum leporem, qui tibi dente refert.) 


- — 


— — o e 


zeichnet ſchnelk läuft, aber ſchlecht findet, während 
der letztere gut findet und nicht vorlaut iſt, 
ſondern dem Wilde ſtill ſich nähert. Das 
Gegenteil iſt aber der Fall, denn die Petronier ſind 
Kläffer, die, wie Gratius in Wirklichkeit ſagt, ſich 
nicht ſtill zu halten vermögen und nach Bracke nart 
durch ihr unzeitiges Lautgeben das Wild verſcheuchen. 
Auf dieſe Abweichung gehe ich beſonders ein, weil 
ſie für die Feſtſtellung, was für Hunde die Petronier 
ſind, von ſehr weſentlicher Bedeutung iſt. 

Wegen des Lautjagens will alſo Gratius dem 
Petronius nicht den Ruhm zuerkennen, welchen die 
Metagonten?) beim Jagen im Walde haben. In 
Sparta und auf Kreta ſcheinen dieſe Hunde beſon⸗ 
ders gezüchtet zu ſein, und wenn ich dieſe Stelle des 
Gratius richtig verſtehe, jo ſcheint Glympicus einer 
dieſer berühmten Hunde geweſen zu ſein, der mit 
dem Riemen am hocherhobenen Halſe von Hagnon, 
dem Sohn des Aſtylus, der wohl ein großer Jäger 
geweſen iſt, geführt wurde. Er liebte nicht die 
Begleiter auf der Jagd, und auch nicht das Jagd- 
gerät, ſondern im Morgengrauen ſucht er die Fährten 
des Wildes auf. Wo die Spuren ſich kreuzen, ſucht 
Metagon im Kreiſe, bis er die richtige Fährte ge⸗ 
funden hat, die er nun mit der Schnelligkeit des mit 
fheſſaliſchen Rennern beſpannten Viergeſpannes vers 
folgt. Bei dieſer Gelegenheit greift er keine andere 
Beute, damit nicht die geleiſtete Arbeit nutzlos ſei, 
und wenn er das Lager des Wildes gefunden hat, 
ſo zeigt er dieſes mit aufgehobener Rute an und 
hebt auch den Fuß, beißt in die Erde und gibt auch 
durch Winden die Nähe des Wildes zu erkennen. 
Selten geſchieht es, daß er ſich täuſcht, und wenn es 
der Fall ift, kehrt er zur früheren Fährte zurück, um 
dann ſein Werk zu vollenden. 

Die Me tagonten waren demnach die berühm⸗ 
teſten Spürhunde, die, wie man annahm, vom 
Schakal abſtammen ſollten. Hoch erhoben tragen fie 
den Kopf, die Ohren ſind zottig und nach vorne 
gerichtet. Groß iſt der Fang, das Gebiß ſtark, tief 
die Bruſt und kurz die Rute. Seine Haare follen am 
Halſe eine Art Mähne bilden. Den ſoll man meiden, 
welcher die Fährte breit austritt und bei der Arbeit 
einen weichen Fuß verrät. Auf trockene Muskulatur 
und feſte Fußballen ift der größte Wert zu legen. 
Zur Zucht ſoll natürlich nur ein Hund zur Hündin 
' zugelaſſen werden, und größter Sorgfalt ſollen die 
sungen fih zu erfreuen haben. Ihr Futter fei nicht 
üppig, ſondern ihre Koſt beſtehe aus Milch und den 
Abfällen des häuslichen Tiſches. Nur einer ſoll die 
Hündchen pflegen und ihnen Koſt und Arbeit zu⸗ 
teilen. Der Jäger, der mit ihnen hinauszieht, foll 
die Waden mit einer ledernen Binde bedecken, ein 


— 


2 Metagonium in Afrika foll die Heimat dieſer Hunde ſein. 


kurzes Jagdgewand, eine Kopfbedeckung aus Dachs⸗ 
fell und um die Hüften den toledaniſchen Degen 
tragen. Einen ſchrecklichen Ton ſoll die mit der 
Rechten geſchwungene Falarika, worunter ein 
Schleuderſpeer zu verſtehen iſt, von ſich geben, und 
mit der Hippe ſoll ſich der Jäger da, wo es nötig iſt, 
Bahn durch den Wald hauen. | 

Gratius gibt auch Anleitungen, wie Wunden 
bei den Hunden zu behandeln ſind. Auch ein Mittel 
gegen die Hundswut erwähnt er, die von den Rö⸗ 
mern auf ein Würmchen zurückgeführt wird, das ſich 
unter der Zunge feſtſetzt. Mit Meſſern ſollen die 
jungen Hunde hier ſchon in der Jugend behandelt 
werden, um nicht der Seuche zu verfallen. Mit Salz 
follen die Wunden beſtrichen und dann mit Oliven- 
öl erweicht werden. Gratius ſpricht auch noch von 
den Leuten, welche als Mittel gegen die Tollwut ein 
Halsband von Dachsfell empfehlen, von geweihten 
Muſcheln oder Feuerſtein, und fehiteßlich follen auch 
noch die Korallen von Malta und durch Zauber— 
geſänge geweihte Kräuter unter dem Schutze der 
Götter vor Nachteil bewahren. Die Räude ſoll mit 
einer Salbe von Wachs und Schwefel ſowie Pech 
und Ol bekämpft werden. In einer Höhle im 
trinakriſchen Felſen, wo die Gänge Naphtha ſchwitzen, 
ſoll Heilung von der giftigen Seuche geſucht werden, 
und Vulkan, der Gott dieſer Ortlichkeit, ſoll Hilfe 
bei der Heilung gewähren. 


Die Tollwut foll auch durch Ritzen der Nafen- 
höhle und unter anderem noch weiter durch Ein⸗ 
ſchnitte in die Behänge, damit Blut abgeführt wird, 
bekämpft werden, ein Brauch, der ſich bisindie heutige 
Zeit erhalten hat. Olivenöl und Wein dienen zum 
Beſprengen der Wunden, denn das Geſchenk des 
Bacchus iſt ein auch Wunden heilender Saft. 


Den Schluß feines Jagdgeſanges widmet Gra- 
tius dem Jagdpferd, aber bei allem iſt die Haupt⸗ 
ſache der Beiſtand der olympiſchen Götter, der durch 
dankende Feſte erfleht werden ſoll. Sie ſind nament⸗ 
lich der Diana geweiht, und ihnen ſollen auch die 
geſchmückten Hunde beiwohnen. Rauchende Kuchen 
auf grünenden Körbchen ſind die Opfer, und ein 
Bock, deffen Hörnerchen die weiche Stirne durd- 
ſtoßen, ſowie an Zweigen hängende Früchte. 
Blumenſchmuck und dieſe Geſchenke vermögen es, 
die Gunſt der Göttin zu erwerben, damit ſie ihre 
Gnaden den Sterblichen zuteil werden laſſe. 


Geben wir aifo ebenfalls Diana die Ehre, denn 
Hubertus iſt, wenn auch unfreiwillig, ein Uſurpator, 
der keinen Anſpruch darauf hat, der Schutzpatron 
der Jäger und der Jagd zu ſein. 


über die Genauigkeit ven Höhen⸗ 


Nach Unterlagen 


mitgeteilt von Dr. Hemmann in Gießen. 
Im 1915er Oktober⸗ und Novemberhefte dieſer 
Zeitung habe ich den älteren Wimmenauerſchen 


194 


Sg —ͤ — 


Zu derartigen Nachmeſſungen hat ſich inzwiſchen 
bei der Durchforſtung von Verſuchsflächen und der 
Fällung von Probeholz in der nächſten Umgebung von 
neu angelegten Verſuchsflächen Gelegenheit geboten. 

Nach Tabelle I ergab die Meſſung und Nach. 
meſſung von zehn bis 25 m hohen und fünf höheren 


meſſungen. 
der großh. heſſ. forſtl. Verſuchsanſtalt, 


Maße bei Verwendung des 


Chriſten Wim menanerſchen Lage 
= Dolgatt v. oben v. unten i. gleicher, Spiegel- Höhen- und Beſtands form 
i = Hohe ſextanten meffers 
m m m m 
Tabelle I. 
11 Fichte 20,0 21,3 19,4 18,7 Schiffenberg Eben; mäßig und 
2 190 | 189 19,1 19,4 ſtark durchforſtetes 
3 20,0 21,0 20,2 20,4 ſchwaches Baumholz 
4 21,0 | 19,8 21,2 21,6 
5 21,0 21,3 20,8 21,7 
6 28,0 | 215 23,0 22,0 
7 24,0 | 261 23,1 22,8 
8 23,0 22,9 23,0 23,5 
9 | 40 | 24,1 24,0 28,8 | 
10 | 265 24,0 24,0 24,6 Reichenbach Hang; mäßig dutch 
j. DJ. 221 220 21,7 21,8 forftetes Baumyolz 
11 26,0 26, Sch'ffenberg Eben; ſtark buró. 
12 i a 27,0 Neichenbad) forftetes Baumholz 
13 80, 
14 80,4 
15 80,9 
i, D. 28,9 
Tabelle II. 
16 | Buche 24 2,9 22,0 Ebene; Lichtſchlog 
17 27 28,9 23,0 | 
18 25 25,4 28,0 
19 25 21,9 28,0 
20 27 26,7 28,5 
21 25 25,2 28,6 
22 24 28,6 28,8 
28 26 @ 26,2 24,0 
24 80 27,3 24,0 
25 26 26,7 24,0 
26 27 26,4 24,2 
27 29 27,0 25,0 
28 26 25,2 25,0 
29 26 26,00 25,0 
j. D. 26,0 285,7 28,8 
30 205 25,5 25,6 
31 28 270 26,0 
82 27 28,6 26,2 
33 29) 28,0 27,0 
84 29 29,0 28,0 
35 29 28,4 28,4 
36 28 29,7 28,4 
37 30 30,0 28,5 
38 „29 30,0 29,2 
iD.f |] 28,2 385 27,5 


Höhenmeſſer mit dem neuen Spiegelſextanten und 
dem in der Praxis ſehr gebräuchlichen Chriſtenſchen 
Meßlineale verglichen und zur Feſtſtellung des Ge- 


nauigkeitsgrades 


lich eine Nachmeſſung am liegenden Holze nötig 


gefunden. 


Fichten, die ſelbſtverſtändlich alle fünfzehn vom Fuk 
bis zum Scheitel unverdeckt ſichtbar waren, be 
Benutzung 
des Chriſten im Durchſchnitte 
„ Spiegelſextanten im Durch— 
ſchnitte 


für alle drei Inſtrumente ſchließ⸗ 22,1 bezw. 2040 


22,0 28,0 u 


u 


des älteren Höhenmeſſers im dem Chriſten günſtigeren Stammgruppe als die 


Durchſchnitte 7 bezw. 28,8 m | bedeutendere herausſtellte und der nach Tabelle I 
und eines Bandmaßes im Durch» eher nachteilige Einfluß der zunehmenden Höhe auf 
ſchnitte 21,8 „ 289 m | die Genauigkeit, in dem vorliegenden Falle gerade 


der umgekehrte war. Mit aus dem Grunde wurden 
die Nachmeſſungen bei der Fällung von Probe— 
ſtämmen für die neuen heſſiſchen Eſchen⸗Ver⸗ 
ſuchsflächen, mit deren Aufnahme und Bearbeitung 
die forſtliche Verſuchsanſtalt in Gießen gegenwärtig 
u. a. beſchäftigt iſt, in dieſem Winter fortgeſetzt. 
Dabei ergaben ſich nach Tabelle III für ſechs bis 
25 m hohe, ferner für ſieben bis 30 m hohe und endlich 
für vier noch höhere Probeſtämme nach Meſſung 


Alſo bewährte ſich an den beiden ungleich hohen 
Stammgruppen am beſten der ältere Höhenmeſſer 
und der Spiegelſextant, während der Chriſten gegen 
beide an Genauigkeit etwas zurückblieb — und zwar 
mit zunehmender Stammhöhe um ſo mehr. 

Zu einem größeren Abſtande, als der praktiſch 
für Bonitierung oder Maſſenberechnung bedeutungs⸗ 
loſe von einem halben Meter es war, führten aber 
einige mit dem Chriſten und Spiegelſextanten von 


Maße bei Verwendung des 
Chriften Wim menanerfden 


v. oben v. unten i. gleier] Spiegel⸗ Höhen- 
i ee e 
m | 


Maß 


lie ae ober örſterei Lage 
Í und Beſtandsform 


Stammes 


In In m 


Tabelle III. 


39 | Eiche 28,0 21,5 22,0 22,3 Reichenbach | Hang; ſtark durd- 
40 26,5 28,1 26,0 23,5 forſtetes, ſchwaches 
41 24,0 26,1 21,3 28,8 Baumholz 
42 26,5 22,1 22,4 24,0 
ry 25,0 26,4 25,7 24,7 
5 z 30, 9 28,8 24,9 
i. a > 0 24,3 23,9 
25,3 | Gr. Gerau Eben; ſtark durch⸗ 


Geheimrat Wimmenauer ſelbſt angeftellte Mep: 

verſuche. Er erhielt nach Tabelle II für vierzehn bis 

25 m hohe und für neun höhere Buchen im fürſtlich 

Lichſchen Walde, die im allgemeinen ebenfalls gut 

anzuviſieren waren, bei Gebrauch 

des Chriſten im Durchſchnitte 26,0 bezw. 28,2 m 
„ Spiegelſextanten im Durch⸗ 


ſchnitte 25,7 „ 28,5 m 
und des Bandmaßes im Durd)- | 
Schnitte 23,8 „ 275m 


— im ungünſtigſten Falle alfo einen um 2,2 m zu 
hohen Betrag, nach dem jede Bonitierung oder 
Ma ſſenberechnung bereits von wirtſchaftlichen Rad 
teilen begleitet geweſen wäre. Jedenfalls mußten 
gegenüber den Ergebniſſen der Tabelle I derlei Un- 
ſtimmigkeiten auffallen und verlangten eine Er⸗ 
klärung, da ſich die Differenz in der durchſchnittlich 
niedrigeren und darum beſonders der Meſſung mit 


forſtetes ſtarkes Baum: 
holz 


mit dem Chriſten im Durch— 


ſchnitte 25,2 28,8 34,5 m 
mit dem Spiegelſextanten im 
Durchſchnitte 25,0 29,7 35,9 m 


mit dem älteren Höhenmeſſer 
im Durchſchnitte 
und mit dem Bandmaße im 
Durchſchnitte 23,9 27,3 32,5 m 
Alſo auch hier, je nach dem benutzten Inſtrumente, 
beträchtliche Unterſchiede, die mit der anſteigenden 
Durchſchnittshöhe der drei Gruppen im Höchſtfalle 
je 1,3 bezw. 2,4 und 3,4 m betrugen und wiederum 
für Maſſenberechnungen oder Bonitierungen prak⸗ 
tiſch nur mit Nachteil hätten verwertet werden 
können. 
Daß, wie bei den Licher Buchen, auch diesmal 
bei der Meſſung im Stehen regelmäßig zu hohe Maße 
herauskamen, dürfte freilich Zufall ſein. Weniger 


24,3 28,6 346 m 


Maße bei Verwendung des 
Wimmenauerſchen 


i. gleicher, Spiegel- Höhen- 
Höhe e 


m 


— & 


SSS & IN 
88884 


Ss 


~ 


82 
33 


`~ 


= 


33,0 
35,0 
86 85,0 
87 35,0 
86,0 
37,0 
37,0 
91 38,0 


Chriften 


v. oben v. unten 


SNS 
D 


m 


SS SSS S SSS 


D 


=~ 


DN 


SRARB 


SERER 


meſſers 


m 


~ 


29,2 
30,1 
30,7 


- 


SSRARSs 
DODO D in 


= 


oo 
a 
12288808 


liegenden 
Stammes 


m 


Tabelle IV. 
56 Eiche 19,0 21,0 | 
57 21,0 240. 
58 21,0 24,0 
59 21,0 22,0 | 
60 22,0 28,0 | 
61 22,00 24,0 
62 23,00 25,0 
68 23,0 25,0 | 
64 28,0 | 22,0 i | 
65 A0 24,0 | 
. D. Ta 3444 [„ 
235 | 


Neuſtadt 


Reichenbach 


Neuſtadt 


Neuſtadt 


Reichenbach 


Ober förſterei 


La ge 
und Beſtandsform 


Hang; mäßig durch 
forſtetes ſchwaches 
aumholz 


Hang: ſtark durd- 
forſtetes ſchwaches 
Baumholz 


ang; mäßig durch 
eh Baumhol 


freie i een 
eter 

von ftarfen Lärchen 
und ſchwächeren Bu: 
chen. 


Hang; mäßig durch 
forſtetes Baumholz 


Zuſammeunſtellung der Durchſchnitts⸗Ergebniſſe in Prozenten der richtigen Döhe. 


Fichte 
Buche 


amt-Durhidnitt 90 


n 
2 are "m — 


Nez 


zufällig dürfte es hingegen ſein, daßdie ſchirmkronigen 
Buchen und ſchon zeitig ſich gabelnden Eſchen der 
genaueren Höhenmeſſung mit jedem der drei Ju 
ſtrumente ausnahmslos einen größeren Widerſtand 
entgegenſetzten, als die ſpitzkronigen Fichten gleich: 
hoher Stammgruppen. 


And wenn es auch vielleicht noch verfrüht wäre, 
zu behaupten, daß die Höhenmeſſung ſtehender 
ſchirmkroniger Bäume durchweg nur ungenaue, 
praktiſch nicht zu verwertende Reſultate lieferte, ſo 
könnte doch bei der Aufnahme ſtarker 
Baumhölzer von Buchen, Eſchen, 
Eichen, Kiefern und Tannen mehr 
Vorſicht in der Auswahl der Stämme 
nach der Kronenform geboten 
ſein, als bei derjenigen von Fid. 
ten und ſchwachen Baum hölzern 
oder Stangenhölzern jener Holz- 
arten. Auch wird man nicht alle Höhenmaße 
ſchwarz auf weiß einfach darum getroſt nach Hauſe 
tragen dürfen, weil man fie mit den nachgewieſener⸗ 
maßen beſten Inſtrumenten und auf die ſorgfältigſte 
Art gewonnen hat. Beſonders auch deshalb nicht, 
weil es ſich beiläufig nicht ganz gleich zu bleiben 
ſcheint, ob die Meſſung von ſtehendem Holze an 
Berglehnen oder Steilhängen von oben, von unten 
oder in etwa gleicher Höhe mit dem Fuße eines 
Stammes vorgenommen wird — immer natürlich 
im etwa gleichen Abſtande der ungefähren Schaft⸗ 
länge von dem zu meſſenden Stamme. 


In dem eingangs erwähnten Artikel ijt auf die 
Verſchiedenheit der aus wechſelnden Aufſtellungen 
erhaltenen Maße ſchon einmal hingewieſen und in 
Tabelle IV auch hierfür noch einiges an zahlen- 
mäßigen Belegen zuſammengetragen worden. 


Danach ergaben ſich bei Meſſungen mit dem 
Chriſten 


| vou von oder in 
| > oben unten gleich. Höhe 
für Eichen durchſchnittlich 21,9 — 234m 
m Eichen 24,1 27,1 26,2 m 
„ Buchen A 28,7 — 31,3 m 
„ Lärchen 7 35,1 — 33,7 m 
„ Fichten : 28,5 295 295 m 


Außer beiden Lärchen alſo iber- 


1917 


all kürzere Maße von oben, als in 
gleicher Höhe! 

Was hat es wohl mit dieſen Unterſchieden für 
eine Bewandtnis? Möglich, daß die von oben ge- 
nommenen Maße die genaueren deshalb wären, 
weil man den wirklichen Scheitel eben von oben 
meiſt genauer anviſieren kann, als von unten oder 
von der Seite, von der meiſt nur die breit aus⸗ 
ladenden Schirmkronen mit ihren Seitenäſten ein 
Ziel bieten, das häufig den eigentlichen und nur 
von einem höheren Standort zu gewahrenden 
Gipfeltrieb verdeckt 

Doch kann auch irgend ein Zielfehler oder die 
Stellung der Stämme gegen den Hang die Urſache 
der Unterſchiede ſein. 

Wohl ergeben die Maße der fünf über 25 m 
hohen Reichenbacher Fichten, die in der Tabelle IV 
zuletzt aufgeführt ſind, daß die Meſſung von oben die 
niedrigſte und genaueſte zugleich iſt. Aber Fuß wie 
Scheitel dieſer Fichten waren von oben wie von 
unten und von der Seite gleich gut ſichtbar. Sie 
beweiſen darum noch nicht viel. 

Eher beſtätigte die Annahme einer genaueren 
Meſſung von oben die Nachmeſſung der zwiſchen 
Granittrümmern und -blöden des gleichen fürſtl. 
Erbach⸗Schönbergſchen Reviers Reichenbach i. O. 
aufgewachſenen Eſchen der Tabelle IV; denn von 
ihnen war wirklich Fuß und Scheitel jeweils von 
oben am beſten ſichtbar und tatſächlich lieferte auch 
die Meſſung von der Seite und von unten im Durch⸗ 
ſchnitte bei ihnen weſentlich zu hohe Beträge. 

Kurz und gut: auch bei den doch gewiß 
nicht ſchwierigen Höhenmeſſungen 
können recht erhebliche Fehler be- 
gangen werden, vor denen die Be. 
nutzung der praktiſchſten oder fein: 
ſten Inſtrumente zunächſt noch nicht 
ſchütz t — es fei denn, daß ſehr zahlreiche Meſſungen 
immer auch Ausgleiche ſchafften. Aber iſt das ſo 
ſicher? Weitere Verſuche und Probefällungen zum 
Herausfinden der genaueſten Meßweiſe nach Baum ⸗ 
formen ſind m. E. nötig, weil beſonders die Ertrags⸗ 
regelung und Wertsermittelung genauer Unter 
lagen bedarf und die hier von 96 Stämmen mitge- 
teilten Ergebniſſe noch lange nicht beweiskräftig 
genug ſind. 


26 


198 


— — ow — a io 


Literariſche Berichte. 


Die Stud ienreiſe des kommerziellen Kur ſes an 
der Hoch ſchule für Bodenkultur i. J. 1908. Von 
Julius Syrutſchek, k. k. Ober⸗Forſtrat. 
Wien 1908. Wilh. Frick, k. k. Hofbuchhändler. 
Preis 8 Kronen. 

Das vorliegende Werk verdankt ſeine Entſtehung 
einer Studienreiſe, die im Anſchluß eines von dem 
Ackerbauminiſterium an der Hochſchule für Boden⸗ 
kultur veranſtalteten kommerziellen Kurſus für 
höhere Staatsforſtbeamte und Forſttechniker der 
politiſchen Verwaltung i. J. 1908 ſtattfand. Dieſe 
Studienreiſe führte nach Paſſau, München, Nürn⸗ 
berg, Ochſenfurt, Hanau, Frankfurt, Mainz, Duis- 
burg und Amſterdam. In allen dieſen Orten wurden 
die bedeutendſten Holzhandlungen und Holzinduſtrien 
(Faßfabriken, Möbelfabriken, Bleiſtiftfabriken, Zi⸗ 
garrenkiſtenfabriken ıc.) beſucht und die Hafen 
anlagen, Kanalanlagen und Flößereien beſichtigt. 
So bietet das mit zahlreichen Abbildungen ver⸗ 
ſehene Buch ein um ſo intereſſanteres Bild des 
deutſchen Holzhandels und Holzbedarfs, als in den 
genannten Orten nicht nur Holz aus Süd. und 
Nord⸗Deutſchland und Oſterreich, ſondern auch aus 
Rußland, Norwegen, Schweden, Amerika und 
Auſtralien verwertet wird. Es fanden ſich z. B. 
auf dem Lagerplatz der Holzgroßhandlung Hugo 
Forcheimer in Frankfurt a. M. folgende amerika⸗ 
niſchen Hölzer vor: Alle Nadelhölzer, welche unter 
der allgemeinen Bezeichnung Pitsch pine, Yellow 
pine und Red pine in den Handel kommen, Pinus 
palustris, Pinus ponderosa, Pinus rigida, Pinus 
mitis, Pinus resinosa, Redwood, ferner die amerifa: 
niſchen Laubhölzer Mahagoni, Storaxbaum, ameri: 
kaniſche Linde, Pappel, Rotbirke, Eſche und Eiche, 
weiter das auſtraliſche Wunderholz „Jarrah“ ic. 
Der techniſche und Handelswert aller dieſer Hölzer 
wird beſprochen. Ebenſo werden die verſchiedenen 
holzverarbeitenden und induſtriellen Anlagen, Häfen, 
Kanäle rc. eingehend erörtert, die Rhein- und Main- 
Flößerei geſchildert. Forſtlichen und holzhändle⸗ 
riſchen Kreiſen ſei dieſes intereſſante Werk beſtens 
empfohlen. S, 


Rie ſenthals Jagd⸗Lexikon. Nachſchlage⸗ und Hand- 
buch für Jäger und Jagdfreunde. Zweite voll⸗ 
ſtändig neugearbeitete Auflage, herausgegeben 
von der Schriftleitung der „Deutſchen Jäger⸗ 
Zeitung“. Mit 364 Abbildungen. Neudamm, 
1916. Verlag von J. Neumann. Preis: in Lein- 
wand geb. 15 Mk. 


Mit dem Erſcheinen der erſten Auflage von | 
Rieſenthals Jagd⸗Lexikon find 34 Jahre verfloſſen, 
und das Werk ift feit Jahren ſchon vergriffen ge: 
we ſen. Rieſenthal, der im Jahre 1898 ſtarb, lonnte 
eine zweite Auflage nicht mehr herausgeben, ſondern 
dieſelbe nur zum Teil vorbereiten. Und fo hat e 
denn die rührige Schriftleitung der „Deutſchen 
Jäger⸗Zeitung“ unternommen, auch dieſes Ber! 
gleichwie verſchiedene klaſſiſche Schriften über bu: 
Jagdweſen in neuer Auflage der Offentlichkeit zu 
übergeben. Begründet iſt dieſer Entſchluß durt 
die mannigfachen Veränderungen auf jagdlichen 
Gebiete, insbeſondere die Vervollkommnung der 
Hilfsmittel zur Jagd und die fortgeſetzt fih ere 
ternden Kenntniſſe von den Lebensverhältniſſer 
und Lebensgewohnheiten des Wildes. Und dies 

Veränderungen haben naturgemäß eine alle Ten 
des Werkes umfaſſende gründliche Neubearbeitun. 
zur Folge gehabt. Nur weniges iſt gänzlich une 
ändert geblieben. Und da bei der gewaltigen ji - 
nahme der zum erfolgreichen Jagdbetriebe ero 
derlichen Kenntniſſe ein einziger Verfaſſer die N. 
arbeitung dieſes umfaſſenden Wiſſens nicht zu be 
wältigen vermochte, haben Verlag und Heron: 
geber fünfzehn Bearbeiter gewonnen, deren Name: 
für die Gründlichkeit und Zuverläſſigkeit the: 
Arbeiten bürgen. Es haben bearbeitet: Ernſt Rite: 
von Dombrowski einen Teil des Gebiets, das tic 
unter dem Begriff „Allgemeine Jagdkunde“ zu. 
ſammenfaſſen läßt; der andere Teil dieſes Willen: 
zweiges ſowie alles, was die Weidmannsſprache 
und den Weidmannsbrauch betrifft, ſtammt a: 
der Feder von E. Teuwſen. Syndikus A. Eh! 
hat die jagdrechtlichen Fragen bearbeitet, Wi 
meiſter W. Gottſchalk die Faſanenzucht, Redalten 
B. Grundmann und E. E. Leonhardt als Sdm 
leiter die Jagdliteratur, letzterer außerdem nd 
die Jagdgeſchichte und die Fiſchkunde, Fngeneu 
C. Leif alles, was fih auf Jagdgläſer bezieht, Heat 
meiſter Mau den Raubzeugfang, Fallen und Netze. 
H. Otto das jagdliche Bauweſen und die Pflanzer; 
kunde, Redakteur A. Preuß die Jagdfeuerwaffen 
Major E. Rieſenthal, der Sohn des Verfaſſers, “ 
Raubvögel, Hüttenjagd und Beize, Chefredattit 
Dr. E. Schäff die jagdliche Tierkunde, Geh. Rege 
rungsrat Prof. Dr. A. Schwappach die forſtwiſſen 
ſchaftlichen Fragen, Redaktionsſekretär G. Sted 
fleth das jagdliche Vereinsweſen, Geh. Regierung 
rat Dr. A. Ströſe ſchließlich alle Fragen, die i 
auf die Jagdhunde und die Wildkrankheiten beziet 

Es kann nicht Aufgabe dieſer kurzen Beſprechim 


_199 


fein, näher auf den Inhalt des 686 Seiten ſtarken 
Werkes mit 5 200 Artikeln und Verweiſungen etn- 
zugehen. Beim Durchblättern und ſtichprobeweiſen 
Leſen einer ganzen Reihe von Beſchreibungen, 
Schilderungen und Erklärungen habe ich aber den 
Eindruck gewonnen, daß der Jägerwelt ein Nach⸗ 
ſchlag ebuch übergeben worden ift, das ihr ein zu- 
verläſſiger Ratgeber auf allen Gebieten des Jagd- 
weſens fern wird. Die Hauptwiſſenszweige find 
naturgemäß die Lehren von Wild, Jagd, Hund und 
Waffe. Alles für den deutſchen Weidmann erwäh⸗ 
nenswerte Jagdwild iſt eingehend beſchrieben und 
in ſeinen Lebensäußerungen nach den neueſten 
Beobachtungen geſchildert. Jagd, Fang und Hege 
ſind nicht nur in der jetzt gebräuchlichen Art und 
Weiſe dargeſtellt, ſondern es iſt auch der geſchicht⸗ 
lichen Entwicklung des Jagdbetriebs in weitgehen⸗ 
dem Maße Rechnung getragen. Eine erſchöpfende 
Behandlung haben die zur Jagd geeigneten Hunde⸗ 
raſſen erfahren. Ebenſo iſt den Jagdfeuerwaffen 
ein großer Raum gewidmet. Aber nicht nur das 
Hauptwiſſensgebiet, fondern auch die zahlreichen 
Hilfsgebiete des Jagdweſens haben, ſoweit erfor- 
derlich, in je nach ihrer Bedeutung für den Jäger 
größeren oder kleineren Artikeln ihre Bearbeitung 
gefunden, ſo die Weidmannsſprache, Sitte und 
Brauch, Jagdliteratur, Jagdgeſchichte, Jagdrecht, 
Jagdmuſik, Jagdkunſt und das jagdliche Vereins⸗ 
weſen. Ebenſo das Forſtweſen, ſoweit der Wald 
als Aufenthalt des Wildes in Betracht kommt und 
die Kenntnis der verſchiedenen forſtlichen Beſtands⸗ 
und Betriebsarten, ſowie der forſttechniſchen Aus⸗ 
drücke für den Jäger notwendig iſt, ferner die Bo⸗ 
tanik, die Fiſchereikunde und die optiſchen Hilfs- 
mittel der Jagd, wie Feldſtecher, Ferngläſer und 
Zielfernrohre. Die 364 Abbildungen find zum 
größeren Teile von Dr. E. Schäff, dem Kunſtmaler 
A. Stöcke und dem Jagdmaler C. Schulze neu ge- 
zeichnet worden. Eine wertvolle Bereicherung der 
neuen Auflage des Lexikons bildet die als Anhang 
beigegebene tabellariſch gehaltene Einführung in 
die Weidmannsſprache. Sie bietet eine nach den 

Jagdtieren geordnete, klare Überſicht der gebräuch⸗ 
lichſten weidmänniſchen Ausdrücke und. umfaßt die 
allgemeine Benennung der Wildarten, ihre äußeren 
und inneren Körperteile, die Lebensäußerungen 
und die Verwertung des Wildes, und zwar hat man 
hier zweckmäßiger Weiſe das umgekehrte Verfahren 
eingeſchlagen, wie ſonſt in den Jagdbüchern üblich. 
Will man z. B. wiſſen, wie das Maul, die Zähne 
oder der Schwanz des Schwarzwildes weidmänniſch 
genannt werden, ſo braucht man nur unter den 
betr. Körperteilen zu ſuchen, bis man auf das 
Schwarzwild kommt, um raſch feſtzuſtellen, daß 
der Weidmann das Maul des Wildſchweines „Ge— 


brech“, die unteren Hauzähne des Keilers „Ge 
wehre“ und den Schwanz „Bürzel“ nennt. 

Das vom Verlag gut ausgeſtattete Werk ent⸗ 
ſpricht einem Bedürfnis. Einer beſonderen Empfeh⸗ 
lung bedarf es nicht. Sein reicher, gediegener Inhalt 
wird für eine raſche Verbreitung des Lexikons in 
Jägerkreiſen ſorgen. We. 


Planmäßiger Ab ſchuß des Nehſtandes, ein Mittel 
zur Förderung der Gehörnſtärke. Von E. Graf 
Kalnein, Domnau Mit 6 Textabbil⸗ 
dungen, 3 Tafeln und einer Tabelle. Neudamm, 
1917. Druck und Verlag von J. Reumann. Laden: 
preis: 1 Mk. 

Vorliegende Schrift iſt als Heft 4 Band 3 des 

Jahrbuchs des Inſtituts für Jagdkunde Neudamm 


und Berlin- Zehlendorf erſchienen. 


In einer Einleitung weiſt Verfaſſer darauf hin, 
daß es 3 Punkte ſind, die in hervorragendem Maße 
die Gehörnſtärke des in der Freiheit lebenden Reh⸗ 
bockes beſtimmen, nämlich Ernährung, Abſtammung 
und Züchtung. Des Weiteren werden dann das 
Geſchlechtsverhältms der Rehe, die Vererbung der 
Gehörnform, die Altersverhältmſſe, die Fortpflan⸗ 
zung, die Unterſcheidungsmerkmale der Altersklaſſen, 
die Stärke des Wildſtandes, die Regelung des Ab⸗ 
ſchuſſes ꝛc. beſprochen. 

Zur Erhaltung eines guten Rehſtandes bezeichnet 
es Graf K. für notwendig, ebenſo viel Ricken als 
Böcke abzuſchießen, ſofern nicht beim Vorhandenſein 
einer Überzahl von Ricken einige Jahre hindurch 
ein erhöhter Rickenabſchuß vorgenommen werden 
muß. Mit Recht iſt er ein Gegner des Geltricken⸗ 
abſchuſſes, den er nur dann für einwandfrei hält, 
wenn über das Geltſein einer Ricke jeder Zweifel 
ausgeſchloſſen iſt. Wie ſchwer es iſt, in dieſer Richtung 


ein zutreffendes Urteil zu gewinnen, iſt aus folgen⸗ 


dem Falle zu erſehen. Vier Jahre lang trat täglich 
eine ſtarke Ricke auf dem Dienſtlande eines Förſters 
aus ohne Kitzen bei ſich zu haben und dieſes allge- 
mein bekannte und als Geltricke geltende Reh würde 
längſt der Kugel verfallen ſein, wenn es nicht auf 
Wunſch der Förſterfamilie geſchont worden wäre, 
die ſich alltäglich an dem Anblick desſelben erfreute. 
Im fünften Jahre erſchien dieſelbe Ricke mit drei 
ſtarken Kitzen. In den vorhergehenden Jahren 
waren ihre Rigen vermutlich von Fuchs oder Wild- 
katze, die dort noch häufig vorkam, geräubert worden. 

Der Abſchuß des weiblichen Wildes ſoll ſich 
hauptſächlich auf die Schmalrehe und Kitzen er- 
ſtrecken. Den Kitzenabſchuß ſieht Verfaſſer als durd- 
aus zuverläſſiges Mittel an, um einen Rehſtand 
ohne Schaden in Schranken zu halten, durch ver⸗ 
ſtärkten Abſchuß der Rickenkitze das Geſchlechts⸗ 


e 26° 


200 


verhältnis zu beſſern und bei ſtändiger Auswahl 
der geringen Kitze minderwertige Stücke von vorn⸗ 
herein auszumerzen. 

Dieſen Gründen ſtimmen wir in jeder Beziehung 
bei, halten aber trotzdem den Kitzenabſchuß für ein 
zweiſchneidiges Schwert, welches nur dem durd. 
aus weidgerechten Jäger in die Hand gegeben wer: 
den darf. 

Die vorliegende Arbeit verdient die volle Pe- 
achtung der weidmänniſchen Kreiſe! E. 


— ee — — 


Die Veränderung des Eigentums an Grundſtücken 

in Preußen und ihre Fortſchreibung im Kataſter 
unter beſonderer Verütkſichtigung des Wa ffer: 
ge ſetzes vom 13. April 1913 von J. Leopold, 
Kgl. Preuß. Kataſterinſpektor und Steuerrat. 
Verlag von R. Reiß, Liebenwerda. 

In acht Hauptabſchnitten behandelt Verfaſſer 
die Eigentumsveränderungen an Grundſtücken und 
zwar im Abſchnitt A gewiſſermaßen als Einleitung: 
Das Eigentum an Grundſtücken, das Grundſtück, 
ſeine Beſtandteile und Zubehör. die Beziehungen 
der Hypotheken- (Grund) Bücher zum Kataſter 
und die Fortſchreibung des Eigentumswechſels vor 
dem Inkrafttreten des bürgerlichen Geſetzbuchs, 
im Abſchnitt B: die Veränderungen des Eigentums 
an Grundſtücken nach dem Bürgerl. Geſetzbuch, im 
Abſchnitt C: die Veränderungen des Eigentums an 
Grundſtücken nach anderem Recht (Erwerb herren⸗ 
loſer Grundſtücke, infolge Zwangsverſteigerung, 
Enteignung, Ablöſung von Reallaſten, Gemeinheits— 
teilungen, Zuſammenlegungen, Erbfolge, Bildung 
von, Rentengütern ꝛc.), im Abſchnitt D: das Erb- 
baurecht und das Stockwerkseigentum, im Wb: 
ſchnitt E: die Veränderungen des Eigentums an 


nicht gebuchten und an nicht buchungspflichtigen 
Grundſtücken, im Abſchnitt F: das Meeresufer, in 
Abſchnitt G: das Waſſergeſetz vom 13. April 1013 
und im Abſchnitt H: den Nachweis der Grundstück 
im Grundbuch und im Kataſter. 

Das mit großem Fleiß und Verſtändnis be 
arbeitete Buch enthält eine erſchöpfende und ieh 
ſorgfältig durchgearbeitete Darſtellung aller die Ver: 
änderung des Eigentums an Grundſtücken und ihre 
Fortſchreibung im Kataſter berührender Fragen 
unter ganz beſonderer Berückſichtigung der > 
ſtimmungen des Waſſergeſetzes. 


Preußi ſches Förſter⸗Jahrbuch für 1916. Gin Rar 
geber für die preußi ſchen Kron: und Staats 
Forſtbeamten. Siebenter Band. Herausgegeben 
zum Teil nach amtlichen Quellen von der G 
ſchäftsſtelle der Deutſchen Forſt⸗Zeitung. Rew 
damm 1917. Verlag von J. Neumann. 

Der vorliegende ſiebente Band des Prem 
Förſter⸗Jahrbuchs ift zwar im März 1917 aw: 
ſchloſſen, trägt aber die Jahreszahl 1916. X 
geſchah, wie im Vorwort bemerkt wird, weil es kr 
Verlag bet der ſtarken Inanſpruchnahme des dur 
Heranziehung zum Kriegsdienſte erheblich wr 


ringerten Perſonals nicht möglich war, im Jahn 


1916 einen Band erſcheinen zu laſſen, und wei 
beabſichtigt wird, demnächſt in einem günſtigeren 
Jahre zwei Bände herauszugeben. 

Die Einleitung des vorliegenden Bandes X: 
Jahrbuchs ijt die gleiche wie die der früheren 
Bände, nur iſt der Perſonalteil ausgefallen. 

Das dem Jahrbuche beigegebene Sachregiſter er 


ſtreckt ſich nicht nur auf den vorliegenden Band, for | 


dern auf alle bisher erſchienenen Jahrgänge. k. 


Briefe. 


Aus Preußen. 
Die Verhandlungen 
des Preuß. Abgeordnetenhanuſes über 
den Etat der Forſtverwaltung. 

Am 9. März d. J. fand die Beratung des Forſt— 
haushalts im Abgeordnetenhauſe ſtatt. Über die 
Verhandlungen der Staatshaushalts⸗Kommiſſion be⸗ 
richtete zunächſt der Abgeordnete Grafvon 
der Groeben folgendes: 

Auch i. J. 1916 hat die Forſtverwaltung ſchwere 
Verluſte erlitten. Es ſind in dieſem Jahre auf 
dem Felde der Ehre gefallen: zwei 


Regierungsforſtbeamte, ſechs Oberförſter mit Revier, 
ein Oberförſter ohne Revier, zwei Forſt⸗ Aſſeſſoren 
zwei Forſtreferendare, 15 Forſtbefliſene, ein Forst 
kaſſenrendant, ein Förſter mit Revier, zehn Fort 
ſchreiber bzw. Förſter ohne Revier, 10 Forftverier 
gungsberechtigte, fünf Reſervejäger, 20 Oberjäger 
und fünf Lehrlinge. Im ganzen jind bis jetzt 164 A. 
gehörige der Forſt verwaltungslaufbahr 


gefallen. Die Forſtverwaltung wird den Gefallene | 
ein ehrendes Andenken bewahren und alles, toa?" 


ihren Kräften ſteht, tun, um den Verwaifte 
und Hinterbliebenen ebenſo wie den Kriege 


ſchädigten und verkrüppelten Forſtbeamten zu helfen 


Naturgemäß ſind durch den Mangel an 
Holzarbeitern und vor allem an Ge⸗ 
ſpannen zur Abfuhr große Schwierigkeiten ent- 
ſtanden. Trotzdem hat ſich die Verwaltung nach 
Möglichkeit bemüht, das verlangte Grubenholz 
und das Holz für militäriſche Zwecke 
bereitzuſtellen. An Arbeitern ſtehen ihr nur die 
wenigen zurückgebliebenen Leute und Kriegsge⸗ 
fangene zur Verfügung. Es iſt ſelbſtverſtändlich 
nicht leicht, gegenüber den Anforderungen an 
Grubenholz und an Holz für militäriſche Zwecke 
auch denjenigen an Brennholz gerecht zu werden. 
Die Verwaltung hat den Oberförſtern daher anheim- 
geſtellt, einzelne Schläge auch zur Selbſtwerbung 
durch den Käufer zu verkaufen. Bei der Bearbeitung 
uſw. können ſich dann auch die Frauen beteiligen. 
Die Lohpreiſe ſind noch weiter geſtiegen. Be- 
züglich der Harzgewinnung iſt zu bemerken, 
daß ein Mangel an Harz für die Papier-, die 
Seifen- und Lack-⸗Indnſtrie eingetreten war. 
Zur Abhilfe dieſes Mangels hat die Forſtverwal— 
tung alles mögliche getan. Der Ertrag entſprach 
aber nicht den Erwartungen, immerhin ſind aber 
rund 30000 Zentner Harz gewonnen worden. 
Von größeren Kalamitäten iſt die Forſtverwaltung 
verſchont geblieben. Leider ſteht für das kommende 
Jahr ein Spinnerfraß in Ausſicht, gegen 
den ſich recht wenig Gegenmittel anwenden laſſen. 
An Eicheln find i. G. 3000 Zentner, an Buch ⸗ 
eckern 2200 Ztr. und dann noch einige Zentner 
Kaſtanien zur Olbereitung und als Futter geſammelt 
worden. An Wild ſind aus den Staatsforſten un⸗ 
entgeltlich an Lazarette abgegeben worden: i. J. 
1914: 616 Stück Rotwild, 192 Damwild, 2383 Rehe, 
73 Sauen, 2312 Hafen; i. J. 1915: 2 Elche, 415 Rot: 
wild, 145 Damwild, 1478 Rehe, 48 Sauen, 531 
Hafen. Der Wildabſchuß ift ſowohl 1915 wie 
1916 nach Möglichkeit verſtärkt worden. Die An⸗ 
ſtellungsverhältniſſe haben ſich für die 
höhere Laufbahn ſehr gebeſſert. Nach 
einigen Jahren wird man nicht genug Anwärter 
mehr haben, da die älteren Jahrgänge erheblich im 
Alter vorgeſchritten ſind und der Tod unter den 
jüngeren Beamten eine furchtbare Ernte gehalten 
hat. Bei den Förſtern eiſt dies nicht in gleichem 
Grade der Fall, weil die Anzahl der Anwärter ſehr 
groß und von den Förſtern mit Revier wegen des 
durchſchnittlich höheren Lebensalters nur verhält- 
nismäßig wenige ins Feld zogen. 

Wegen Belaſſung der Forſtakademie 
Münden hat der Mggiſtrat in Münden eine 
Petition eingereicht. Dieſe hat auch bereits dem 
Herrenhaus vorgelegen und die Finanzkommiſſion 
des Herrenhauſes hat ſie der Staatsregierung zur 
Berückſichtigung überwieſen. Zunächſt wird jeden⸗ 


201 


falls eine Verlegung der Akademie noch nicht in 
Frage kommen; dauernd kann die Belaſſung der⸗ 
ſelben in Münden aber nicht zugeſichert werden. 
Die Staatshaushaltskommiſſion des Abgeordneten. 
hauſes hat ebenfalls beſchloſſen, die Petition der 
Kgl. Staatsregierung zur Berückſichtigung zu über⸗ 
weiſen. , 
Abgeordneter v. Dietz (konſ.) gedenkt 
der im Kriege gefallenen Forſtleute, weiſt darauf 
hin, daß die Forſtverwaltung neben dem Mangel 
an Verwaltungs- und Schutz⸗Perſonal, auch unter 
dem Arbeiter- und Geſpann⸗Mangel ſehr zu leiden 
habe, beſpricht den Holzverkauf, die Abgabe der 
Waldſtreu, die Harzgewinnung, das Sammeln von 
Bucheln und Eicheln, die Anſtellungsverhältniſſe der 
Forſtbeamten, die Erhaltung der Forſtakademie 
Münden und ſpricht ſchließlich den Forſtbeamten 
Dank und Anerkennung aus für das, was ſie unter 
den jetzigen ſchwierigen Verhältniſſen geleiſtet haben. 
Abgeordneter Wenke (fortſchr. V.⸗P.) 
erörtert auch die Anſtellungsverhältniſſe der Forſt⸗ 
beamten, empfiehlt zur Hebung des Arbeiter⸗ 
mangels die Anſiedlung Kriegsbeſchädigter im oder 
am Walde, wünſcht die Abgabe von Brennholz zu 
mäßigen Preiſen an die Bevölkerung, führt Klage 
über Wildſchaden und darüber, daß von vielen Forſt⸗ 
verwaltungen ein großer Teil der Waldwege ge- 
ſperrt werde, wünſcht größeres Entgegenkommen bei 
Nutzbarmachung aller Forſt⸗Nebennutzungen und 
verlangt, daß die Aufforſtung von Grundſtücken, die 
ſchon als Ackerland benutzt waren, von einer gewiſſen 
behördlichen Genehmigung abhängig gemacht werde. 
Abgeordneter Frhr. v. Wolff⸗ 
Metternich (Zentr). bemerkt, daß man dem 
Waldbeſitzer das Recht laſſen müſſe, unwillkommene 
Beſucher aus ſeinem Walde zu verweiſen. Der 
Staatsforſtverwaltung gebühre wärmſte Aner⸗ 
ken nung für das weite Entgegenkommen, welches fie 
bezüglich der Nutzbarmachung aller Nebennutzungen 
während des Krieges gezeigt habe. Ebenſo habe ſie 
im Einſchlagen von Grubenholz und Holz für den 
Heeresbedarf Außerordentliches geleiſtet. Um die 
Lohſchläge wieder rentabel zu machen, müſſe nach 
dem Kriege dahin geſtrebt werden, wirkſame Bile 
einzuführen. Es ſei zu hoffen, daß die im Jahre 1916 
erteilte Erlaubnis zum Vogelfange im Dohnenſtiege, 
beſonders auch mit Rückſicht auf die in den Wein⸗ 
bergen durch die ſtarke Vermehrung der Droſſeln 
verurſachten ſtarken Schäden, nicht wieder rüd- 
gängig gemacht werde. 
Weiter bemerkt Redner, daß die Förſter durch 


die Kriegszeit wohl dahin belehrt worden ſeien, daß 


das Dienſtland doch nicht ſo ganz zu verachten 
ſei, und daß ſie auch in dieſem Punkte von den Wort- 
führern des Förſtervereins recht ſchlecht beraten 


202 


worden ſeien. Die Überlaſſung von ausreichenden 
Dienſtländereien an die Föͤrſter fet ſehr erwünſcht. 
Schließlich tritt auch er für die Erhaltung der Afa- 
demie Münden ein. 

Der Miniſter für Landwirtſchaft, 
Domänen und Forſten, Dr. Frhr. v. 
S.chorlemer dankt für die Worte ehrender An: 
erkennung, welche den gefallenen Helden der grünen 
Farbe gewidmet worden ſeien. Dem Vorredner ſei 
beizuſtimmen, daß manche Förſter froh fein würden, 
wenn ſie noch im Beſitze ihres Dienſtlandes wären; 
die Vorteile desſelben würden auch bei der weiteren 
Stellenregulierung berückſichtigt werden müſſen. 
Erſt nach dem Kriege werde darüber entſchieden 
werden, wieviele Stellen eingezogen werden könnten. 
Augenblicklich ſei die Lage der Anwärter für den 
höheren Forſtverwaltungsdienſt günſtig, weil be⸗ 
dauerlicher Weiſe zahlreiche Anwärter und Ober- 
förſter im Felde geblieben ſeien. Es ſei anzunehmen, 
daß nach dem Kriege die Mehrzahl der Aſſeſſoren 
zur Anſtellung kommen werde. Anders liege es bei 
den Förſtern und den Anwärtern zum Forſtſchutz⸗ 
dienſt. Da ſich die Förſter im höheren Alter be- 
fänden, ſeien verhältnismäßig wenig von ihnen in 
der Front geweſen, infolgedeſſen auch wenige ge- 
fallen. Um die Lage der Forſtanwärter zu ver- 
beſſern, werde alljährlich nur eine beſchränkte Zahl 
angenommen. Im Rahmen der verfügbaren Mittel 
ſei die Forſtverwaltung ſchon ſeit Jahren bemüht, 
Waldarbeiter in der Nähe der Forſten anzuſiedeln. 
Die Regierungen ſeien darauf hingewieſen worden, 
auch auf die Anſiedlung von Kriegsbeſchädigten, 
ſoweit dieſe noch im Walde Verwendung finden 
könnten, Bedacht zu nehmen. 

Im Intereſſe der Bevölkerung ſeien die hohen 
Holzpreiſe zu beklagen und die Regierungen ſeien 
angewieſen, der bedürftigeren Bevölkerung das 
Holz in möglichſt günſtiger Weiſe zugänglich zu 
machen Dies ſei zunächſt in der Form einer be- 
ſchränkten Verſteigerung verſucht worden, indem 
man nur die Bewohner beſtimmter Orte oder die 
Kriegerfranen oder Kriegerwitwen zur Ver 
ſteigerung zugelaſſen habe. Das habe fidh) aber nicht 
bewährt, weil ſich die Beteiligten gegenſeitig wieder 
die Preiſe ſo in die Höhe getrieben hätten, daß ſie 
das Holz ſchließlich zu nahezu unerſchwinglichen 
Preiſen hätten übernehmen müſſen. Jetzt werde 
den Gemeinden eine beſtimmte Menge Holz zu er- 
träglichen Preiſen zur Verteilung unter die ärmere 
Bevölkerung zur Verfügung geſtellt. Da, wo Mangel 
an Waldarbeitern ſei, werde den Gemeinden auch 
die Möglichkeit gegeben, Holz ſelbſt einzuſchiagen. 
Dies habe den Vorteil, daß auch weibliche Kräfte 
im Walde Verwendung finden könnten, und die 
Gemeinden ſeien anch vielfach in der Lage, mit den 


Geſpannen der Abnehmer das gekaufte Holz aus 
dem Walde abzufahren. Auch die Bäcker, die keine 
Kohlen zur Verſügung hatten, hätten billiges Holz 
aus dem Walde bekommen, weil ſonſt die Deckung 
des Brotbedarfes gefährdet worden wäre. Auf- 
geforſtet fet ſchon lange vor dem Kriege kein Gelände 
mehr geworden, welches für landwirtſchaftliche 
Benutzung hätte in Frage kommen können. In den 
beiden Kriegsjahren ſeien ungefähr 2500 ha beſſeren 
Waldbodens teilweiſe mit Raps, in der Hauptſache 


. aber mit Kartoffeln angebaut worden und man habe 


namentlich mit Kartoffeln recht gute Ernten erzielt. 

Abgeordneter Dr. Bredt (freikonſ. 
will die Akademie Münden ebenfalls erhalten haben 
und empfiehlt, die Wälder in den beſetzten Gebieten 
fo viel wie nur möglich zur Holznutzung heranzu⸗ 
ziehen, die deutſchen Wälder aber möglichit zu 
ſchonen. 

Abgeordneter Wiersdorjfluat.lib) 
befürwortet auch die Erhaltung der Akademie 
Münden und weiſt auf den bedeutend geſteigerten 
Wildabſchuß hin. 

Miniſterialdirektor, Oberland 
forſtmeiſter von Freier bemerkt, daß di 
Forſtverwaltung hinſichtlich des Abſchuſſes von Wil 
reichlich weit gegangen fei. Es fei an die Regie: 
rungen die Weiſung ergangen, die Wildſtände über⸗ 
all durch verſtärkten Abſchuß auf eine den gegen 
wärtigen Zeitverhältniſſen entſprechende Zahl zu 
reduzieren und erforderlichenfalls auch mit Zwangs 
maßregeln vorzugehen. Was die Akademie Minden 
anbelange, fo erſcheine es zur Zeit nicht aw 
gezeigt, der Auflöſung derſelben näher zu treten, 
weil ſich nicht annähernd überſehen laſſe, wie ſich 
die Verhältniſſe nach dem Kriege geftaiten würden. 


Aus Prenßen. 


Die Preußiſche Fiſchereiordnung 
vom 29. März 1917. 

Im Januar⸗Heft d. J. haben wir über das neue 
Preuß. Fiſchereigeſetz eingehend berichtet und dabei 
darauf hingewieſen, daß eine Reihe höchſt wichtiger 
Gegenſtände durch Polizeiverordnung geregelt wer 
den ſollten. Dies iſt nun inzwiſchen, inſoweit als 
es fih um Materien handelt, die einheitlich für das 
ganze Staatsgebiet geregelt werden können, durch 
eine Polizeiverordnung des Miniſters für Land 
wirtichaft, Domänen und Forſten vom 29. März d. J. 
geſchehen. Dieſe Polizeiverordnung ift als „Fi“ 
ſchereiord nung“ bezeichnet worden. Nur 
die Materien, bei denen die jeweiligen örtlichen 


Verhältniſſe beſtimmend fein müſſen, find dem Ne 


gierungspräſidenten zur weiteren Regelung durch 


203 


Hegierungs-PVolizeiverordnungert überlaſſen worden. 
Wir können ſelbſtverſtändlich hier nicht alle Be⸗ 
ſtimmungen der ſieben Abſchnitte umfaſſenden 
Fiſchereiordnung aufführen, müſſen uns vielmehr 
auf das Weſentlichſte beſchränken. 

Vom allgemeinen Intereſſe ſind zunächſt die 
Mindeſt maße der Fiſche, deren Fang erlaubt 
ift. Dieſe find feſtgeſetzt: für Stör auf 100 cm, 
jedoch foll der Regierungspräſident befugt ſein, 
für Küſtengewäſſer das Mindeſtmaß auf 150 cm 
zu erhöhen, für Aal auf 35 cm, mit der Ermächti⸗ 
gung des Regierungspräſidenten dasſelbe für Küſten⸗ 
gewäſſer auf 25 cm herabzuſetzen, für Lachs auf 
35 cm, für Meerforelle auf 35 cm, für Zan⸗ 
d er auf 35 cm, mit der Ermächtigung des Regie⸗ 
rungspräſidenten dasſelbe für Küſtengewäſſer auf 
28 cm herabzuſetzen, für Barbe, Hecht 
Nordſeeſchnaepel auf 28 cm, für Mai- 
fiſcch auf 28cm, mit der Ermächtigung des Regie: 
rungspräſidenten für Küſtengewäſſer dasſelbe bis 
auf 20 cm herabzuſetzen, für Blei auf 25 cm, für 
Scholle und Flunder in der weſtlichen Dft- 
ſee weſtlich der Linie Hyllekrog Leuchtturm (auf 
Laaland) nach Staber Hut (auf Fehmarn) auf 22 cm 
öſtlich dieſer Linie bis zur Linie Gedser nach Ahrens 
hoop auf 21 cm, ſonſt, ausgenommen Scholle der 
Nordſee auf 18 cm, mit der Ermächtigung des 
Regierunspräſidenten das Mindeſtmaß für die 
Flunder in den Haffen bis auf 15 cm herabzuſetzen, 
für Aeſche, Aland, Döbel und Nafe auf 
20 cm, für Bachforelle und Schleie auf 
18 cm, für Barſch, Plötze und Rotfeder 
in Binnengewäſſern auf 13, ſonſt auf 15 cm, 
für Flußkrebs auf 8 cm, In den thü⸗ 
ringiſchen Grenzgewäſſern und in Gewäſſerſtrecken, 
die mit thüringiſchen Gewäſſern in Verbindung 
ſtehen, kann der Regierungspräſident das Mindejt- 
maß für den Blei bis auf 28, die Schlei e bis auf 
20, den Krebs bis auf 10 cm erhöhen, ſowie ein 
Mindeſtmaß für den Karpfen bis zu 28 cm vor- 
ſchreiben. Im Regierungsbezirke Sigmaringen kann 
der Regierungspräſident das Mindeſtmaß für den 
Hecht auf bis 30, die Aeſche bis auf 25, die Bachforelle 
und Schleie bis auf 20 cm erhöhen: er fann aud) 
ein Mindeſtmaß für den Huchen bis zu 50, für die 
Regenbogenforelle bis zu 20 em vorſchreiben. Zu 
wiſſenſchaftlichen, gemeinnützigen und wirtſchaft⸗ 
lichen Zwecken kann der Regierungspräſident für 
einzelne Perſonen Ausnahmen an den feſtgeſetzten 
Mindeſtmaßen geſtatten. Als Köderfiſche 
können für den eigenen Gebrauch des Fiſchers unter⸗ 
maßige Aland, Döbel, Naſen, Barſche, Plötzen und 
Rotfedern gefangen werden. Widerrechtlich gefangene 
untermaßige Fiſche, die lebend in die Gewalt des 
Fiſchers fallen, ſind ſofort, oder wenn ſie nicht gleich 


aus dem Fanggerät entfernt werden können, ſpä⸗ 
teſtens nach Rückkehr des Fiſchereifahrzeugs ans 
Land, mit der zu ihrer Erhaltung erforderlichen 
Vorſicht ins Waſſer zurückzuſetzen. Von den toten 
Fiſchen dürfen die mit Aalhamen, Ankerkuilen und 
Steerthamen gefangenen ſämtlich, die mit Zug⸗ und 
Grundſchleppnetzen gefangenen bis zu einer Geſamt⸗ 
menge von J kg für den Tag und die Beſatzung eines 
Fahrzeugs im Haushalt des Fiſchers verwertet 
werden, während alle übrigen zu gemeinnützigen 
Zwecken nach näherer Beſtimmung der örtlichen 
Fiſchereibehörde zu verwenden ſind. 

Die Schonzeiten ſind in folgender Weiſe 
feſtge ſetzt worden: 

J. Am Sonntag iſt der Fiſchfang von vormittags 
9 bis nachmittags 6 Uhr verboten (Sonntags- 
ſchonzeit). Die Fanggeräte der ſog. ſtillen 
Fiſcherei, d. h. ſolche, die weder gezogen noch geſtoßen 
werden, dürfen zum Fang im Waſſer bleiben. 
Dazu gehören namentlich Stellnetze, Aaalhamen, 
Ankerkuilen, Steerthamen, Garn-, Draht- Korb- 
reuſen ſowie Treib⸗ (Schwimm-) Netze ohne Beglei⸗ 
tung von Fahrzeugen. Angeln iſt zuläſſig, ſoweit 
nicht der Fiſchfang in einem Gewäſſer ganz ver- 
boten iſt. 

2. In den Gewäſſern, in denen ſich vorzugsweiſe 
Winterlaicher (Lachſe, Forellen: und Saiblingsarten, 
Oſtſeeſchnäpel u. a.) fortpflanzen, iſt der Fiſchfang 


in den Monaten Oktober bis Januar während acht 


aufeinanderfolgender Wochen, die der Regierungs⸗ 
präſident beſtimmt, verboten (Winterſchon⸗ 
zeit). Der Regierungspräſident beſtimmt auch die 
Gewäſſer. 

3. In den nicht der Winterſchonzeit unterliegen. 
den Binnengewäſſern ift der Fiſchfang in den Mo- 
naten März bis Juni während ſechs aufeinander⸗ 
folgender Wochen, die der Regierungspräſident 
beſtimmt, mit Ausnahme der ſtillen Fiſcherei und 
des Fiſchfangs mit der Handangel verboten (Früh ⸗ 
jahrsſchonzeith).. 

4. Der Regierungspräſident kann außerdem be⸗ 
ſondere Arten⸗Schonzeiten feſtſetzen: a) für 
© t ö re vom 1. Juli bis 31. Auguft, b) für Lachſe, 
Saiblinge, Meer- und Bachforellen 
ſowie Schnäpel, wenn dieſe Fiſcharten keiner 
Winterſchonzeit unterliegen, höchſtens acht Wochen 
in den Monaten Oktober bis Februar, c) für Ma⸗ 
ränen höchſtens acht Wochen in den Monaten 
November und Dezember, d) für Aeſchen und 
Naſen ſowie im Regierungsbezirk Sigmaringen 
für Huchen und Regenbogenforellen, 
wenn dieſe Fiſcharten keiner Frühjahrsſchonzeit un⸗ 
terliegen, höchſtens acht Wochen in den Monaten 
März bis Mai, e) für Döbel, die keiner Frühjahrs⸗ 
ſchonzeit unterliegen, höchſtens ſechs Wochen in den 


204 


Monaten Mai und Juni, f) für Flußkrebſe 
vom 1. November bis 31. Mai, g) für See moos 
und Corallenmo os vom 1. April bis 31. Auguſt. 
Von allen Schonzeiten kann der Regierungspräſident 
zu wiſſenſchaftlichen, gemeinnützigen und wirtſchaft⸗ 
lichen Zwecken für einzelne Perſonen Ausnehmen 
ge ſtatten. 

Als Maſchenweite wird fiir Stellnege, 
Stocknetze, Treibnetze, Zugnetze und Grundichlepp- 
netze eine Weite von 2,5 cm vorgeſchrieben. Für 
verſchiedene Fälle kann der Regierungspräſident 
Ausnahmen zulaſſen. Für die Kehlen von Netzen, 
den hinteren Sackteil von Bug: oder Grundſchlepp⸗ 
netzen, ſowie für Netze zum Fang von Aalen, Bad): 
und Regenbogenforellen, Stichlingen und Köder- 
fiſchen können engmaſchige Netze benutzt werden. 

Ständige Fiſchereivorrichtungen 
müſſen eine Lattenweite von mindeſtens 2 cm 
haben. Ebenſo müſſen die Abſperrungsvor⸗ 
richtungen für geſchloſſene Gewäſſer, die Stab- 
gitter einen Abſtand von mindeſtens 2 cm, Maſchen 
eine lichte Breite von mindeſtens 2 cm haben. 

Der zur Ableitung eines Fiſchge⸗ 
w ä Í f e r Berechtigte hat den Fiſchereiberechtigten 
den Beginn und die Dauer einer Ableitung min⸗ 
deſtens drei Tage vorher anzuzeigen. In Notfällen 
kann die örtliche Fiſchereibehörde die Ableitung ſchon 
vor Ablauf der drei Tage geſtatten. Geſchloſſene 
Gewäſſer, ausgenommen die künſtlichen Fiſchteiche, 
dürfen in der Zeit vom 1. April bis 15. Mai, offene 
Gewäſſer während der Schonzeiten nur mit Ge- 
nehmigung des Regierungspräſidenten abgeleitet 
werden. 

Bachſaiblinge, Regenbogenforellen, Forellen -, 
Schwarz- und Steinbarſche, Sonnenfiſche, Zwerg⸗ 
welſe, amerikaniſche Krebſe, galiziſche Sumpfkrebſe 
und fremdländiſche Auſtern, ſowie andere Fiſcharten, 
die in Zukunft aus dem Ausland eingeführt 
werden, dürfen in offenen Gewäſſern nur mit Zu⸗ 
ſtimmung des Regierungspräſidenten neu ausgeſetzt 
werden. 

Soweit die Frühjahrsſchonzeit von Gewäſſern in 
die Monate Mai und Juni fällt, iſt in ihnen die 
Werbung von Waſſerpflanzen, ein⸗ 
ſchließlich der Unterwaſſerpflanzen, ſowie die € n t- 
nahme von Schlamm, Erde, Sand, 
Kies und Steinen nur mit Erlaubnis des 
Fiſchereiberechtigten zuläſſig. Für Laichſchonbezirke 
beſtimmt § 112 F.⸗G., daß dort während der Laidh: 
zeit der zu ſchonenden Fiſcharten die Räumung, das 
Mähen von Schilf und Gras, die Entnahme von 
Pflanzen, Schlamm, Erde, Sand, Kies und Steinen, 
ſowie jede andere der Fortpflanzung der Fiſche ges 
fährliche Störung unterbleiben muß. Fiſchlaich 
darf ohne Erlaubnis des Fiſchereiberechtigten nicht 


aus dem Waſſer genommen oder beſchädigt werden. 
Entenbeſitze r müſſen ihre Enten von fremden 
Fiſchgewäſſern fernhalten, wenn ihnen der Fiſcherei⸗ 
berechtigte nicht deren Einlaſſung geſtattet. Bei 
Zuwiderhandlungen ſetzen ſie ſich, abgeſehen von 
der Beſtrafung, der Gefahr der Beſchädigung oder 
Tötung der Enten nach § 228 B. G. aus. der 
Regierungspräſident kann beſtimmte Fiſchgewäſſer 
von dem Verbot des Enteneinlaſſens ausnehmen, 
er kann auch das Enteneinlaſſen gegen den Willen 
des Fiſchereiberechtigten verbieten. Das Einlaſſen 
von Enten während der Laichzeit in Laichſchon⸗ 
bezirke ijt bereits in 8 112 F.⸗G. verboten. Weiter 
werden noch Beſtimmungen getroffen über den 
Gebrauch der Fanggeräte, über die Kennzeichnung 
der Fiſcherzeuge, die Ordnung beim Fiſchfang in 
offenen Gewäſſern uſw. 


Aus Heſſen. 
Beobachtungen über Blitzſchläge.) 
Von Geh. Oberforſtrat Jofeph in Darmſtadt. 

In 1916 find im Großherzogtum Heffen 57 Biz 
ſchläge in Bäume feſtgeſtellt worden, die geringte 
Anzahl fert Aufnahme der Beobachtungen. Die lr 
ſache hierfür bildet die eigenartige Witterung dei 
Sommers mit ſeinen langen Regenzeiten und tiefen 
Temperaturen. Von den Hauptgewittermonaten 
war der Juni außerordentlich kühl und brachte auf: 
fallend wenig Sommertage. In den bis 1830 guritt: 
reichenden Darmſtädter Temperaturbeobachtungen 
findet fich fein gieich niedriges Junimittei verzeichnet. 
Auch der Juli war bis zum letzten Drittel kühl, trüb 
und regneriſch. Im Juni find dann auch nur 11, 
im Juli ſogar nur 3 Bäume vom Blitz getroffen 
worden. Im Auguft find — trotz zeitweiſer lebhafter 
Gewittertätigkeit — überhaupt Blitzſchläge in Bäume 
nicht mehr wahrgenommen worden. | 

Die meiſten Blitzſchläge ereigneten fidh im Mar, 
und zwar 30 von 37 im Ganzen bei den weit ver 
breiteten, ſchweren Gewittern, die ſich von den 
Nachmittagsſtunden des 26. bis zu den erſten Morgen 
ſtunden des 27. Mai namentlich im Odenwald und 
in Oberheſſen entluden. — 

Die Verteilung der Blitzſchläge auf die einzelnen 
Monate in den drei Beobachtungsjahren zeigt fol 
gende Überſicht: 


1914 1915 1916 
GES io Ste, gn ke d 1 2 1 
Ap 5 1 5 
CGN e · - ee OE 13 1 37 
— 
Übertrag 19 4 48 


1) Vgl. Allgem. Forft- und Jagd-Zeitung Juli Heft 
1915 S. 165 ff., Auguſt⸗Heft 1916, S. 198 ff. 


205 


Übertrag 19 4 43 
Juin Boe oH ok 186 18 11 
Juli 184 19 3 
Auguſte 10 25 — 


Von den getroffenen Bäumen befanden ſich 
49 in Wäldern, und zwar von Laubhölzern 
24 Eichen, drei Buchen und eine Akazie (Robinie), 
ferner von Nadelhölzern zwölf Fichten und neun 
Kiefern. 


Außerhalb des Waldes wurden vom Blitz ge⸗ 


troffen: ein Apfelbaum, ein Kirſchbaum, ein Nuf- 


baum, eine Pappel, ein Vogelbeerbaum und drei 
Fichten. Letztere, ſowie der Kirſchbaum und der 
Vogelbeerbaum ſtanden als Alleebäume an Straßen 
im hohen Vogelsberg. Von zweien dieſer Fichten 
wird angegeben, daß fie etwa 120 m voneinander 
entfernt unmittelbar an Straßendurchläſſen mit 
fließendem Waſſer ſtanden und bei beiden der Blitz — 
ohne den unteren Stammteil zu zerſplittern oder 
merklich zu beſchädigen — in der Richtung nach den 
Kanälen übergeſprungen ſei. Der obere Stammteil 
war, beſonders ſoweit die ſtarke Beaſtung reichte, 
durch ſtarke Abſplitterungen nin der Blitzbahn er- 
heblich beſchädigt. Auch an dem Vogelbeerbaum 
endigt die unterhalb der Krone beginnende Blitz⸗ 
rinne in 1,3 m Höhe über dem Boden. Von hier aus 
ſcheint der Blitz nach einem 3 m entfernten alten 
ſteinernen Grenzmal übergeſprungen zu ſein. — 
In den durch Blitzſchläge ſonſt viel heimgeſuchten 
Wäldern der Rhein- und Main⸗Ebene find in 1916 
nur ſieben Blitzſchläge vorgekommen, die zwei Eichen 
und fünf Kiefern trafen. Auf den Odenwald ent⸗ 
fallen 11 Blitzſchläge, und zwar ſechs an Eichen, 
drei an Kiefern, je einer an Buche und Akazie. In 
den Wäldern des Vogelbergs ſind dem ſtärkeren 
Vorkommen der Fichte mit 25% entſprechend auch 
die getroffenen Fichten (zehn Stück) am zahl⸗ 
reichſten. Doch bleibt die Eiche mit ſieben getroffenen 
Bäumen nicht weit zurück, obgleich ihr Anteti an 
der Beſtockung nur 5,7% beträgt. An der Hauptholz⸗ 
art die ſes Gebietes, der Buche, find nur zwei Blig- 
ſchläge vorgekommen. Die Wetterau, in deren 
Wäldern ebenfalls die Buche weitaus vorherrſcht, 
hat nur Blitzſchläge in Eichen (acht) und in eine Fichte 
vufzuweiſen. Überhaupt tritt die ſtarke Gefährdung 
der Eiche und an zweiter Stelle der Fichte in dieſem 
Jahre beſonders hervor. — 


Welche Stellung die im Walde getroffenen Bäume 
im Beſtand und zu ihrer Umgebung einnehmen, iſt 
aus nachſtehender Überſicht zu erſehen: 

1917 


Über: Rand ; Im Beſtandsinnern Im 

hälter ſtämme vorherrſchend unterdrückt ganzen 
Eiche 7 4 11 2 24 
Buche 1 — 1 13 
Akazie. — 1 zu an 1 
Kiefer. 2 4 3 ae 9 
Fichte. — 4 8 — 12 

10 13 23 3 49 


Die verhältnismäßig große Zahl der getroffenen 
Überhälter und Randſtämme beſtätigt wieder die 
Erfahrung, daß neben der Holzart der Stand des 
Baumes die Blitzgefahr weſentlich beeinflußt. Unter 
einem Eichenüberhälter wurden bei dem Gewitter 
am 26. Mai auch drei Rindenſchäler getroffen und 
an demſelben Tage unter einem frei im Felde 
ſtehenden ſtarken Nußbaum eine Frau erſchlagen. 

Der ſeltenere Fall, daß unterdrückte Bäume von 
Blitz getroffen wurden, iſt bei zwei Eichen und einer 
Buche vorgekommen. Eine dieſer Eichen ſtand neben 
einer Fichte, die fie um mindeſtens 8 m überragte; 
die Eingangsſtelle des Blitzes war der dürre Gipfel, 
von dem die Blitzrinne ſenkrecht zu Boden führte. 
Die andere Eiche befand fidh in einem 80 jährigen 
Buchenbeſtand und wurde unterhalb der Krone in 
12 m Höhe getroffen. Die Blitzrinne läuft um den 
Baum herum, ohne jedoch dabei, wie in dieſem Falle 
ausdrücklich bemerkt wird, dem Holzfaſerverlauf zu 
folgen. Die unterdrückte Buche von 25 m Höhe be- 
fand fih im Schluß eines 90 jährigen, reinen Buchen⸗ 
beſtands; ſie wurde in 10 m Höhe getroffen. Aus 
der von der Eingangsſtelle ſenkrecht zum Boden 
führenden, 3 cm breiten Blitzrinne wurde ein langer 
Span von der Stärke eines Bleiſtifts herausgeriſſen 
und 12 m weit weggeſchleudert. 

In den weitaus meiſten Fällen (45) beſtehen die 
Blitzbeſchädigungen in Rinnen von 1 bis 10 cm 
Breite von ſenkrechtem oder gewundenem Verlauf, 
die teils nur an der Rinde ſchwach ſichtbar ſind, teils 
mehr oder weniger tief in das Holz eingreifen. 
In einigen Fällen ſind mehrere Blitzrinnen vor⸗ 
handen, die an den entgegengeſetzten Seiten des 
Stammes zum Boden führen. Eine mehrfach unter⸗ 
brochene Blitzrinne wurde an einer 60.jährigen, 
ſtark beaſteten Kiefer in der Oberförſterei Storndorf 
beobachtet. Die Blitzrinne beginnt in 13 m Höhe 
und überſpringt in ihrem Verlauf alle dürren Aſt⸗ 
ſtummel oder umgeht. fie. Wo diefe Rinne in etwa 
10 m Höhe endigt, wird ſeitlich in einem Abſtand 
von 10 cm eine weitere Rinne ſichtbar, die ſenkrecht 
zum Boden verläuft. 

Mehrfach wurde feſtgeſtellt, und zwar ausſchließ⸗ 
lich an Fichten, daß ſich die Blitzrinnen auf der dem 
Wetter abgekehrten, alſo zur Zeit des Blitzſchlags 
vermutlich noch unbenetzten Stammſeite befanden. 


20 


— ee — 


Größere Zerſtörungen an Waldbäumen durch 
Blitzſchlag ſind entſtanden an fünf Fichten, vier 
Eichen und einer Kiefer, die vollſtändig zerſplittert, 
geſpalten oder abgeſchlagen wurden. Ein mächtiger 
Eichenüberhälter von 2,15 m Stammumfang in der 
Oberförſteeri Eichelsdorf wurde vollſtändig in zwei 
Hälften geſpalten, die oben weit auseinander klaffen, 
Ein Hauptaſt der Krone wurde abgeſchlagen, die 
beiden anderen Hauptäſte wurden, wie auch der 
ganze Stamm, von Rinde entblößt. Aſte, Holz⸗ 
ſplitter und Rindenſtücke wurden auf größere Ent⸗ 
fernung weggeſchleudert. Eine hohle Eiche wurde 
durch einen Blitzſchlag in Brand geſetzt und zerſtört. 

Im Felde wurde ein Apfelbaum und eine Pappel 
geſpalten und abgeſchlagen. 

Der anſcheinend doch ſelten vorkommende Fall 
des nachträglichen Abſterbens einer ganzen Baum⸗ 
gruppe im Anſchluß an einen einwandfrei feitge- 
ſtellten Blitzſchlag wurde in dieſem Jahre aus der 
Oberförſterei Storndorf gemeldet. Dort war eine 
auf ſehr feuchtem Lehmboden ſtockende, 100 jährige 
Fichte getroffen worden, die inmitten einer gleich- 
altrigen Kieferngruppe ſtand. Etwa 14 Tage nach 
dem Blitzſchlag begannen die im Umkreiſe von 15 m 
ſtehenden Kiefern abzuſterben. An keiner der ein- 
gegangenen Kiefern waren Blitzſpuren wahrzu⸗ 
nehmen. 

Bei dem im Vorjahre aus der Oberförſterei 
Mörfelden berichteten Fall des ſpäteren Abſterbens 
von Kiefern iſt ein weiteres Eingehen nicht mehr 
‚ erfolgt. i 


Aus Baden. 


Sein oder Nichtſein der Forſtabteilung 
an der techniſchen Hochſchule Karlsruhe. 


Von Forſtrat Könige, Heidelberg. 

Wenn ich wiederum mit einem Aufſatz vor die 
Leſer dieſer Zeitſchrift trete, ſo bitte ich mir dies 
nicht als eine Überhebung anrechnen zu wollen, 
ſondern aus den Verhältniſſen ſich zu erklären. 

Die zur Erörterung geſtellte Frage erduldet 
keinen Aufſchub. Der Bad. Forſtverein iſt unter 
den Kriegsverhältniſſen nicht in der Lage, Stellung 
zu nehmen. Es wäre aber zu bedauern, wenn Kam- 
mer und Regierung entſcheiden würden, ohne daß 
irgendeine forſtliche Stimme ſich geäußert hätte. 
Von dem älteren Geſchlecht' der Vorkämpfer in 
dieſer Frage bin ich der letzte Lebende, das jüngere 
ſteht mit ſeinen beſten Kräften zum größten Teil 
im Feld. Ich halte es daher für eine Ehrenpflicht, 
trotz meiner ſonſtigen dienſtlichen und militäriſchen 
Inanſpruchnahme im Heimatdienſt, hier nochmals 
namens aller forſtlichen Geſinnungsgenoſſen für 
das einzutreten, was wir für notwendig halten zur 


— — — 


Geſundung der forſtlichen Verhältniſſe im engen 
wie im weiteren Vaterland und zur Bekämpfung 
des Sondertumsgeiſtes, ſoweit er dafür ein Hinder 
nis iſt. 

Seit einer längeren Reihe von Jahren win 
immer wieder in den badiſchen Kammerverham. 
lungen die Frage über Weiterbeſtehen oder Mj: 
laſſung der Forſtabteilung an der Hochſchule Anl: 
ruhe erörtert. Nach Außerung des Unterricht 
miniſters in der 14. Sitzung der II. Kammer vm 
11. Juni d. J. ſoll, wenn möglich, ſchon im 
nächſten Landtag, der im September d. J. zu. 
ſammentritt, Klarheit über ihr ferneres Sdydial 
geſchaffen werden, weil durch die dauernde Beun 
ruhigung der Lehrkreiſe, wie der Studierenden, 
Schaden zu befürchten ſei. 

Es erſcheint daher gerechtfertigt, dieſe Frage 
vorher nochmals rück- und ausblickend in einer Fach 
zeitſchrift einer rein ſachlichen und fachlichen X 
ſprechung zu unterziehen, um den entſcheidender 
Kreiſen die Grundlage für ein richtiges Urteil ;. 
bieten. 

Der Lehrſtätten für Forſtwiſſe nſchaft find! 
Deutſchland allzuviele für den Bedarf an afademt 
gebildeten Forſtmännern, die Aufwendungen ii 
gute Ausſtattung einer ſolchen belaſten den Hau: 
halt eines kleineren Staates ziemlich erheblich, ohn 
daß dem ein begründetes Bedürfnis oder ein ge: 
nügender Beſuch gegenüberſteht. Auch bietet die 
Gewinnung tüchtiger forſtlicher Lehrkräfte für die 
vielen Anſtalten große Schwierigkeiten. Forſwer 
waltungen und Forſtwiſſenſchaft, wie die Forftlehr 
anſtalten ſelbſt, leiden mehr oder minder idw 
unter dieſen Mißverhältniſſen. 

Alle Forſtle ute, fet es, daß fie in der Verwaltung. 


—— — —— —— a 


fet es, daß fie im Lehramt ſtehen, find mit verſchwi | 
denden Ausnahmen dahin einig, daß eine Zujammen — 


legung der Forſtlehrſtätten an drei bis vier deutſch 
Univerſitäten unter Verzicht der kleineren Staate 
auf je eine eigene Landeslehranſtalt zu einer tid: 
tigen Pflege der Forſtwiſſenſchaft, zur Gefundun 
des Forſtweſens und zur Verbilligung der Staat 
haushalte unbedingt anzuſtreben iſt. 

Als im Jahre 1832 der forſtliche Lehrſtuhl an der 
Univerſität Heidelberg aufgehoben und die Fort 
ihule für Baden an der Polgytechniſchen Schule in 
Karlsruhe errichtet wurde, entſprach dies den de 
maligen Verhältniſſen. Eine eigentliche Forſtwiſſer 
ſchaft beſtand überhaupt noch nicht, oder richtigen 
ſtand noch in den erſten Kinderſchuhen. Nach der 
damaligen Auffaſſungen ſchien ſie ſich gänzlich au 
dem mathematiſch-geometriſchen und jenem Tel 
der Naturwiſſenſchaften aufbauen zu wollen, di 
hauptſächlich zugleich die Grundlagen jener ted 
niſchen Fächer bildeten, zu deren Pflege dieſe Schule 


bejtimmt war. Botanik und Zoologie harrten noch 
gänzlich ihrer Entwicklung und Bedeutung als 
„biologiſche Wiſſenſchaften“. Von den Forſtbefliſſe⸗ 
nen wurde ebenſo wie von den Schülern der anderen 
Fachſchulen nicht die Univerſitätsreife verlangt. 
Dieſe wurde durch eine gemeinſame „Vorſchule“ 
erſetzt. 

Die Forſtwiſſenſchaft nahm aber eine andere 
Entwicklung. Für die „Forſttechnik“ wurden immer 
zunehmend die biologiſchen Wiſſenſchaften von 
Bedeutung, für die Forſtverwaltungsfächer trat 
Volks- und Staatswirtſchaftswiſſenſchaft in den 
Vordergrund, alles Wiſſenszweige, die ihre beſte 
und höchſte Pflege an der Univerſität finden. Mit 
der Forderung der Maturitas für die Forſtbefliſſenen 
fiel die Notwendigkeit einer weiteren ergänzenden 
Ausbildung in der Mathematik an der Forſtſchule 
ſelbſt und damit der letzte Grund einer Verweiſung 
der Forſtwiſſenſchaft an die techniſche Hochſchule. 
Alle anderen deutſchen Staatsforſtverwaltungen ſind 
der Anſicht, daß eine techniſche Hochſchule nicht gleich 
günſtige Bedingungen wie die Univerſität bietet 
für eine univerſelle Ausbildung, wie ſie von einem 
Staatsforſtbeamten verlangt wird, eine Überzeu« 
gung, die mit verſchwindenden Ausnahmen alle 
Fachmänner teilen. Weiſend iſt, daß die forſtlichen 
Lehrſtühle an den Univerſitäten München und 
Tübingen nicht etwa der naturwiſſenſchaftlichen, 
ſondern der ſtaatswirtſchaftlichen Fakultät zugeteilt 
ſind. 

Die Folge, an der Baden nichts ändern kann, 
iſt daher der völlige Mangel an Zugang von Forſt— 
befliſſenen aus dem übrigen Deutſchland für Karls: 
ruhe. Da auch das Pflichtzuflußgebiet an Forſt⸗ 
befliſſenen für Karlsruhe das kleinſte iſt — Gießen 
hat ne ben Heffen noch die thüringiſchen Staaten — 
ſo iſt dieſes von allen Forſtlehrſtätten in der ſchlimm. 
ſten Lage. Seine Studentenzahl iſt von 64 im Jahr 
1833 ſchon ſeit Jahren auf 12 bis 14 herabgeſunken. 
Weſentlich günſtiger ſteht es in dieſer Beziehung 
an den Univerſitäten Tübingen und Gießen auch 
nicht. 

Es haben daher forſtliche Lehrer dieſer drei 
Hochſchulen vor etwa 20 Jahren unter Darſtellung 
dieſer mißlichen Verhältniſſe unter Hinweis auf die 
ähnlich ungünſtige Lage in der Hochſchulpflege der 
Tierheilkunde und Landwirtſchaft ihren Regierungen 
den gemeinſamen Vorſchlag unterbreitet: die drei 
Staaten Württemberg, Baden und Heſſen, hätten 
alle das gleiche Intereſſe an einer muſterhaften 
Pflege dieſer Wiſſenſchaften, keiner aber ſei für ſich 
allein in der Lage, ſolche für alle drei Wiſſenszweige 
zu übernehmen. Sie möchten ſich daher in dieſe 
Aufgabe in der Art teilen, daß Baden der Forſt⸗ 
wiſſenſchaft, Württemberg der Landwirtſchaft, Heſſen 


der Tierheilkunde eine allen Anforderungen der 
Jetztzeit entſprechende Lehrſtätte errichte. Für die 
Forſtwiſſenſchaft konnte ſelbſtverſtändlich nur die 
Angliederung an eine Univerſität — Heidelberg 
oder Freiburg — in Betracht kommen. 

Dieſer geſunde Vorſchlag zu gemeinſamer Tat 
fand in Heſſen und Württemberg günſtige Aufnahme. 

Die Beſtrebungen des forſtlichen Berufsſtandes 
in Baden auf Verlegung des forſtlichen Unterrichtes 
von der techniſchen Hochſchule an eine Univerſität 
gehen bis zum Jahre 1892 zurück. Damals gab die 
Verſammlung des bad. Forſtvereins die Erklärung 
ab, „es wäre wünſchenswert, daß die badiſchen Forſt⸗ 
beamten ihre Ausbildung an der Univerſität ſich 
erwerben müßten.“ 

Dieſe Erklärung wurde 1896 wiederholt. Es 
wurde aber nichts erreicht, als einige notdürftige 
Verbeſſerungen der beſtehenden Einrichtungen. 

Nun ſtand zur Zeit, als die Anregung zu gemein⸗ 
ſamer Löſung der Forſtſchulfrage durch Heſſen, 
Württemberg und Baden gegeben wurde, an der 
Spitze der Bad. Forſtverwaltung ein Mann von 
beſonders hervorragender Stellung als gleichzeitiges 
Mitglied des Staatsminiſteriums. Dieſer war, wenn 
auch nicht Fachmann, mit den Forſtverhältniſſen 
vertraut genug geworden um die forſtlichen Wünſche 
als gerechtfertigt zu erkennen, ihre Förderung in 
die Hand zu nehmen. 

Er glaubte dazu den Boden genügend vorbe- 
reitet durch den Vorſchlag der Forſtdozenten, die 
günſtige Aufnahme, die dieſer in den anderen bee 
teiligten Staaten gefunden hatte und das günſtige 
Angebot, daß er für Baden enthielt. Auf ſeine An⸗ 
regung befaßte ſich der Bad. Forſtverein erneut 
mit der Frage. Im Juni 1903 trat dieſer zu einer 
feierlichen Sitzung in Baden⸗Baden zuſammen 
unter Anweſenheit ſowohl des Forſt⸗Domänen⸗ 
direktors als des damaligen wegen ſeines weiten 
Blicks und ſeines warmen großen Verſtändniſſes 
für Land- und Forſtwirtſchaft in ganz Deutſchland 
hochangeſehenen Finanzminiſters Buchenberger. 
Nach eingehender Begründung durch den Vorfigen- 
den, Forſtmeiſter von Teuffel, einen Mann, der 
ſich in allen Kreiſen des badiſchen Landes wegen 
feines würdigen, jeder Leidenſchaft baren, ritter- 
lichen Weſens beſonderer Hochachtung und Ver— 
ehrung erfreute, und nach daran ſich ſchließender 
lebhafter Beſprechung nahm der Verein mit 91 
gegen 2 Stimmen folgende Entſchließung an: 

„Der Bad. Forſtverein richtet die ehrerbietigſte 
Bitte an hohe Regierung, es wolle die forſtliche Ab- 
teilung der techniſchen Hochſchule in Karlsruhe an 
eine der beiden Landesuniverſitäten verlegt werden.“ 

Der Landesfürſt, der in dieſem Augenblick die 
Verſammlung mit ſeinem Beſuch beehrte, geſtattete, 


27° 


daß ihm dieſer Beſchluß ſofort vorgetragen werden 
durfte. | 

Die berechtigten Hoffnungen, die fic) an dieſen 
feierlichen Vorgang und an das Entgegenkommen 
der Nachbarſtaaten knüpften, gingen nicht in Cr- 
füllung. Stadt und Hochſchule Karlsruhe machten 
in Regierung und Landtag ihren ganzen großen 
Einfluß gegen eine Verlegung der Forſtabteilung 
von Karlsruhe geltend. Die Regierung lehnte dieſe 
ab, und ſo war der Boden zu weiterem gemeinſamen 
Handeln mit den Nachbarſtaaten verloren. In den 
Kammern fand ſich zwar eine anſehnliche Stimmen- 
zahl für die Verlegung, aber keine Mehrheit. Die 
Forſtabteilung ſelbſt und die forſtlichen Lehrer be— 
teiligten ſich an der öffentlichen Erörterung der 
Frage nicht. So ſcheiterte der Plan je einer großen 
gemeinſchaftlichen Lehrſtätte für Forſtwiſſenſchaft, 
Landwirtſchaft und Tierheilkunde, auf die Univerſi⸗ 
täten der ſüdweſtdeutſchen Staaten verteilt, zum 
allgemeinen Bedauern der beteiligten Fach- und 
vieler ſonſtigen einſichtigen Kreiſe im Lande ſelbſt. 
Die Stunde der Hinüberführung der bad. Forft- 
abteilung in eine geſunde Zukunft blieb unbenutzt 
nicht ohne eigene Schuld. Ihr Wirkungskreis iſt 
und bleibt ausſchließlich die Ausbildung der tünf- 
tigen Staatsforſtbeamten für Baden. 

Wie groß iſt nun der Bedarf an ſolchen? 

Die Staatsverwaltung hat 111 planmäßige 
ſelbſtändige Stellen für höhere Forſtbeamte, dazu 
kommen noch 15 Stellen für zweite Beamte, in der 
Hauptſache errichtet mehr zur Verbeſſerung der 
ungeſunden Beförderungsverhältniſſe, als daß ein 
eigentliches ſachliches Bedürfnis bei einer zwet 
mäßigen Organiſation dazu vorläge. Dieſer Be⸗ 
ſtand wird in der Zukunft ſicherlich nicht erhöht, 
eher wohl durch Stellenaufhebung verringert wer 
den. Die wenigen Privatforſtverwaltungen Badens 
nehmen ihren unbedeutenden Bedarf an Obers 
beamten nur zum kleinen Teil aus den badiſchen 
Anwärtern. Zur Zeit dürften etwa 6 dort tätig 
ſein. Nach langjährigem Durchſchnitt werden in 
Baden alljährlich etwa 3,8 Stellen für forſtliche 
Oberbeamte frei. Soll die beſte Manneskraft in 
ſelbſtändiger Stellung ausgenutzt werden, ſo darf 
die Anſtellung als Oberförſter nicht ſpäter als im 
32. Lebensjahr erfolgen. Die Vorbereitung von 
der Reifeprüfung bis zur Staatsprüfung beanſprucht 
mit dem Militärdienſt 8 Jahre. Der Aſſeſſor wird 
alſo bei natürlichem Verlauf im Alter von etwa 
27 Jahren erreicht. Es blieben ſomit 5 Jahre Tätig⸗ 
keit als Aſſeſſor und zweiter Beamter, vollſtändig 
hinreichend zur Erlangung der Reife für den Ober⸗ 
förſter. Ein geſunder Beſtand von Aſſeſſoren und 
zweiten Beamten wäre die Zahl von 5 x 3,8 bezw. 
4 =20 bis 25. Dieſe würde auch ſachlich genügen 


—— — 


bei Heranbildung eines geeigneten Unterperjonal: 
für den Forſtamtsdienſt. Zur Zeit aber findet die 
Anſtellung als Oberförſter im Lebensalter von über 
40 Jahren ſtatt und der Beſtand an Aſſeſſoren und 
zweiten Beamten zählt trotz des Kriegsabgang: 
und des ſeit 1909 beſtehenden Numerus clausus 
immer noch etwa 50. Seit deſſen Einführung wer: 
den alljährlich 2 bis 3 Forſtbefliſſene zugelaſſen. Bei 
Beibehaltung dieſer Zahl würde der Normalſand 
von 25 Aſſeſſoren und zweiten Beamten etwa im 
Jahr 1930 erreicht ſein. 

Bis dahin muß die Forſtabteilung mit einem 
Zugang zum Forſtſtudium von 2 bis 3, von bon 


ab von etwa 4 rechnen. Alles, was weiter zugelaſſen 


wird, ift gegen das Intereſſe der Forſtverwaltung 
und der Staatskaſſe. 

Aber nicht einmal auf dieje Studentenzahl fan: 
die Forſtabteilung ganz rechnen. Der Staat muf 
wünſchen und es fördern, daß feine künftigen Be. 
amten ihre Ausbildung nicht ausſchließlich in Karl: 
ruhe nehmen, ſondern auch ſonſtige Lehrſtätten eriten 
Ranges, das find Univerſitäten, aufſuchen. Dahn 
geht auch das natürliche Streben der Studierenden. 
Jeder Hemmſchuh darin ift ein Schaden füt beide 
Teile. Bringt der Studierende auch nur die fitt 
ſeiner Studienzeit für die Forſtwirtſchaft im engeren 
Sinn an einer Univerſität zu, fo bleibt für die sent 
abteilung Karlsruhe nur die Hälfte obiger Zabler, 
d. h. eine Zuhörerſchaft für die einzelnen forſtliche⸗ 


Vorleſungen für die nächſten 10 Jahre von 1 bis! | 


{pater von 2 bis 3 Köpfen. 


Im ungünftigen Fall kann für einzelne Bor | 


leſungen die Zuhörerſchaft überhaupt gänzlich au: 
bleiben. | 

Die tatſächlichen Verhältniſſe beftätigen di 
Berechnung. | 

Seit Einführung des Numerus clausus It 
wiederholt die Studentenſchaft für einzelne Studien 
ſemeſter völlig aus; wenn dies nicht der Fall war 
konnte der Lehrer mit einem Kollegienbeſuch vo! 
2 bis 3 Hörern ſehr zufrieden fein, vielfach mußte « 
ſich mit einem begnügen. 


Irgend eine Beſſerung durch Zugang von außer l 
halb Badens ift nicht zu rechnen. In früheren Zei!“ 


war Karlsruhe von Forſtleuten aus Naſſau, KT 
Schweiz und von Holland ſtark beſucht. al! 
beſteht nicht mehr, Schweiz und Holland habe 
längſt eigene Forſtlehranſtalten und der Forſtſtuden 
hat den berechtigten Zug zur Univerſität. 
„Der Bad. Forſtverein hat in Vorausſicht delt 
Entwicklung im Jahr 1903 fid dahin ausgeſprochel, 
daß „wenn eine Verlegung des forſtlichen Unter 
richts an eine badiſche Univerſität in Vereinbarut 
mit den Nachbarſtaaten nicht zu erreichen fet, de 


209 


gänzliche Aufhebung der Forſtabteilung der Be- 
laſſung des derzeitigen Zuſtandes vorzuziehen ſei.“ 
Dieſer Entſchluß hätte gefaßt werden müſſen, 
als ſich die Regierung zur Rettung der Forſtverwal⸗ 
tung vor ihrer Aufzehrung durch die Überzahl der 
Anwärter im Jahr 1908 den Numerus clausus eine 
zuführen gezwungen ſoh, denn damit wurde der 
Forſtabteilung auch die Untergrenze jedes Weiter⸗ 
lebens abgeſchnitten. Mit ihrer Aufhebung hätte 
man eine gänzliche Sperrung der Forſtlaufbahn 
und ſo die Geſundung auf dem kürzeſten und unan⸗ 
fechtbarſten Wege durchführen können. 

Die getroffene Maßnahme war für die badiſchen 
Verhältniſſe eine Halbheit und hat zu den unhalt⸗ 
baren Zuſtänden geführt, die ſeit Jahren die öffent⸗ 
liche Meinung beſchäftigen und zu Beanſtandungen 
in den Verhandlungen beider Kammern führen. 

Numerus clausus und Forſtabteilung können 
in würdiger Weiſe nicht neben einander beſtehen. 
Das eine oder das andere muß weichen. 

Zur Entſcheidung ſteht die Frage: ſind beides 
Staatsnotwendigkeiten, wenn ja, welches iſt die 
wichtigere? 

Die Antwort der Fachkreiſe liegt vor in den 
Entſchließungen des Bad. Forſtvereins und des 
Finanzminiſteriums. 

Jener hat den Numerus clausus als eine Not⸗ 
wendigkeit erklärt, dieſes als ſolche erkannt und 
gegen zähe und einflußreiche Widerſtände auch in 
der Leitung der Forſtverwaltung ſelbſt durchgeführt. 

Der Finanzminiſter hat neuerlich erſt wieder 
den Kammern den Numerus clausus als das beſte 
Mittel zur Durchführung und Erhaltung geſunder 

eamtenverhältniſſe in der geſamten Staatsver⸗ 
waltung bezeichnet. 

Die Auflaſſung der Forſtabteilung iſt vom Bad. 
Forſtverein nicht nur als durchführbar erklärt, ſon⸗ 
dern ausdrücklich empfohlen worden. Die führen⸗ 
den forſtlichen Kreiſe in Württemberg und Heſſen 
waren ſeiner Zeit zum Verzicht auf eigene Forſt⸗ 
lehranſtalten bereit, die thüringiſchen Staaten haben 
dies neuerdings getan, Elſaß⸗Lothringen wie eine 
größere Anzahl anderer kleinerer Bundesſtaaten 
haben ſolche nie gehabt oder längſt aufgegeben. 

Der Unterrichtsminiſter äußerte ſich über die 
Frage in der Landtagsverhandlung vom 11. Juni 
weiter: 

„Von einer Verlegung der Forſtabteilung an 
eine Univerſität, wie ſie ein Teil der bad. Forſt⸗ 
beamten wünſche, könne des Koſtenaufwandes 
halber nicht die Rede ſein, es ſei nur zu wählen 
zwiſchen Belaſſung oder gänzlicher Aufhebung. 
Die Forſtabteilung ſelbſt habe ihren jährlichen 
Koſtenaufwand auf 40 000 Mk. angegeben. Durch 
ihre Aufhebung könnten kaum 14 000 Mk. erſpart 


werden. Man könne daher Bedenken haben, wegen 
ſolch geringer Erſparung eine Einrichtung zu be⸗ 
ſeitigen, die mit dem Werdegang der Hochſchule 
hiſtoriſch verbunden geweſen ſei. Bei der Aufhebung 
wären die badiſchen Forſtbefliſſenen genötigt, im 
Ausland (1), vorausſichtlich meiſt in München, ihre 
Studien zu betreiben. Es wäre aber nicht von Bor» 
teil, wenn die inländiſchen Verhältniſſe und die 
Eigentümlichkeiten des bad. Forſtbetriebs bei der 
Vorbereitung auf der Hochſchule außer acht ge- 
laſſen werden müßten.“ 

Betrachten wir dieſe Ausführungen im einzelnen, 
ſo iſt folgendes feſtzuſtellen: 

1. Nicht ein Teil der Forſtbeamten, ſondern der 
Bad. Forſtverein, der wohl als berufene Vertretung 
der Anſicht der bad. Forſtmänner in ihrer Geſamt⸗ 
heit gelten kann, hat allerdings, wie oben dargeſtellt, 
urſprünglich die Verlegung des Forſtunterrichts in 
Verbindung mit den Nachbarſtaaten an eine bad. 
Univerſität angeſtrebt und würde dies auch heute 
noch als die beſte Löſung für alle in Betracht kom⸗ 
menden Staaten halten. Nachdem dieſe aber an 
dem Widerſtand Badens geſcheitert iſt, hat er ſich 
ſchon längſt mit der völligen Aufhebung der Forſt⸗ 
abteilung nicht nur abgefunden, ſondern ſich aus⸗ 
drücklich dahin erklärt, daß er dieſe der Belaſſung 
an der techniſchen Hochſchule vorzieht und empfiehlt. 
Die gleiche Stellung dürften wohl alle Forſtleute 
Deutſchlands, ſowohl jene der Praxis wie der akade⸗ 
miſchen Kreiſe mit verſchwindenden Ausnahmen 
einnehmen. | 

2. Der derzeitige Aufwand für die Forſtabteilu 
wird rechneriſch mit 40 000 Mk. wohl richtig an⸗ 
gegeben ſein. Die Angabe der Forſtabteilung, daß 
durch ihre Aufhebung aber kaum 14 000 Mk. erſpart 
würden, iſt nicht ohne weiters nachzuprüfen, mir 
will aber ſcheinen, daß man bei einer Nachprüfung 
vom Standpunkt der Beſchränkung auf das un- 
bedingt Nötige doch zu einer ganz erheblich größeren 
Einſparung kommen kann. Jedenfalls iſt es un⸗ 
möglich, mit einem Betrag von 14 000 Mk. Einrich⸗ 
tungen auch nur für den rein forſtlichen Unterricht dau. 
ernd ſo zu unterhalten, daß ſie den an ſie zu ſtellenden, 
immer ſteigenden Anſprüchen auch nur einigermaßen 
genügen. Handelt es ſich doch um drei forſtliche 
ordentl. Profeſſuren, einen Lehrſtuhl für forſtl. 
Bodenkunde mit Laboratorium, einen Forſtzoologen, 
mehrere Aſſiſtenten, Sammlungen und Forſtgarten, 
ſowie ein forſttechniſches Laboratorium und Diener. 
In der Berechnung muß irgendein Irrtum unter⸗ 
laufen ſein. . 

Das Entſcheidende ijt aber meines Erachtens 
weniger die Größe der Erſparnis, als vielmehr, ob 
der Aufwand für etwas unbedingt Nötiges oder 
wenigſtens für etwas Zweckmäßiges und Lebens⸗ 


310 


fähiges, oder für etwas Überflüfjiges, die ſtaatlichen 
Intereſſen nicht wirklich Förderndes erfolgt. 

3. Mit dem Werdegang der techniſchen Hoch⸗ 
ſchule waren hiſtoriſch auch verbunden eine Poft-, 
eine Handels- und eine Landwirtſchaftsſchule. Keiner» 
lei Rückſicht auf das hiſtoriſch gewordene hat die 
Aufhebung der beiden erſten und die Überführung 
der letzten an die Univerſität Heidelberg gehindert, 
als ſie ſich als lebensunfähige Glieder der techniſchen 
Hochſchule erwieſen. Dieſe Abtrennungen haben 
der Hochſchule nicht nur nichts geſchadet, ſondern 
ſie in ihrer glänzenden Entwicklung zur eigentlichen 
techniſchen Hochſchule gefördert. Die Auflaſſung 
der dort tatſächlich ebenfalls lebensunfähig gewor⸗ 
denen Forſtabteilung wird die gleiche Wirkung haben. 
Angeſichts der rieſenhaften Entwicklung der Technik 
werden nach dem Krieg Aufgaben allergrößten Stils 
an die techniſchen Hochſchulen herantreten, die nur 
unter Aufwendung großer Mittel gelöſt werden 
können, dem Staat aber werden dieſe fehlen. Was 
liegt näher, als fie durch Aufhebung eines entbehr- 
lich gewordenen liedes aus ſich ſelbſt zu gewinnen? 

In ihrer forſtgeſchichtlichen Bedeutung, und 
nur dieſe kann doch wohl in Betracht kommen, hebt 
ſich die Forſtabteilung an der Bad. Techniſchen 
Hochſchule in nichts über die ſonſtigen kleinen Landes- 
forſtlehranſtalten hinaus. Sie hat in der Wiſſen⸗ 
ſchaft keine führende Rolle geſpielt, auch hat ſie auf 
die Entwicklung des Forſtweſens in Baden ſelbſt 
einen dauernden maßgebenden Einfluß nicht ge: 
wonnen. Ihre Tätigkeit blieb in der Hauptſache die 
Ausbildung brauchbarer Bezirksforſtbeamten und 
Gehilfen. Der Badiſche Staat hält 
heute noch als einziger in Deutſch⸗ 
land an der Leitung der Forſtverwaltung durch 
einen juriſtiſch gebildeten Verwaltungsbeamten feſt. 

Wäre aber auch die geſchichtliche Bedeutung der 
Forſtſchule noch ſo groß, durch ſie allein würde ihre 
fernere Erhaltung ſich nicht begründen laſſen. Sie 
ijt weder ein Denkmal, das feinen Zweck allein durch 
ſein Daſein erfüllt, noch hat ſie das Weſen etwa 
einer Münzſtätte, deren Erhaltung auch bei un⸗ 
genügender Beſchäftigung als eine äußerliche Be- 
tätigung der Staatshoheit berechtigt erſcheinen 
mag. Eine Forſtlehranſtalt hat eine lebende, für 
das Volks⸗ und Staatswohl höchſt wichtige Aufgabe 
und es liegt im ſtaatlichen Intereſſe, daß dieſe in 
vollkommenſter Weiſe erfüllt wird. 

Dazu gehören aber beſtimmte Vorbedingungen 
und nicht unweſentliche Mittel. Iſt in einem Bundes⸗ 
ſtaat wie Deutſchland ein kleineres Glied nicht in 
der Lage, für ſich allein dieſe Grundlagen zu ſchaffen, 
ſo muß er verſuchen, ſich mit anderen Gliedern in 
der gleichen Lage zu gemeinſamer Löſung dieſer 
Aufgabe zu vereinigen oder aber er überläßt dieſe 


Aufgabe größeren Gliedern, die zu deren volllom 
mener Erfüllung in der Lage ſind. Das liegt in 
Weſen des Bundesſtaates und gebietet die Achtung 
vor der Wiſſenſchaft. 

4. Notwendig ift allerdings, daß bei der Aus 
bildung der badischen Forſtbeamten für den öffent. 
lichen Dienſt die heimiſchen Verhältniſſe und Eigen 
tümlichkeiten des badiſchen Forſtbetriebs nicht außer 
acht gelaſſen werden. Gänzlich verfehlt wäre ez 
aber, diefe Einführung in die Zeit der akademiſchen 
Vorbildung zu verlegen. Wirkliches Verſtändni⸗ 
und Intereſſe für ſolche „Heimatkunſt“ und ein 
unbefangenes Urteil darüber, was daran berechtigt 
und was unberechtigt, kann nur von dem mit ſeiner 
akademiſchen Fachausbildung fertigen Mann er 
wartet werden. Dazu ſind auch die auf das Studium 
folgenden drei Jahre praktiſcher Tätigkeit in der 
badiſchen Forſtverwaltung beſtimmt und genügen. 
Gänzlich ſchädlich wirkt und zu unfruchtbarer Sonder⸗ 


tümelei und Überſchätzung der heimatlichen und 


Unterſchätzung der fremden Verhältniſſe führt e, 
wenn der Student namentlich eines kleinen Staats 
während ſeiner ganzen Studienzeit in den Rahner 
feiner engeren Heimat eingezwängt bleibt und vr 
hindert wird, feine Ausbildung nach freier Wahl u 
größeren Vaterland zu nehmen. Je unbeeinflußte 
von den heimatlichen Verhältniſſen fein Studien. 
gang, um ſo unbefangener und freier wird er in 
reiferem Alter mit erweitertem Geſichtskreis ar 
fie herantreten, mit um fo mehr Liebe und Ber 
ſtändnis ſich in ſie hineinleben und an ihrer weiteren 
Vervollkommnung mitarbeiten. 

Eine Haupturſache der auffallenden Langſamken 
in dem Fortſchreiten der Forſtwiſſenſchaft und Fort 
wirtſchaft im Vergleich zu den techniſchen Fächern 


und der Landwirtſchaft dürfte meines Eradten — 
mit zu ſuchen ſein in der Abgeſchloſſenheit, deren 


jiġ die deutſchen Forſtverwaltungen bei der Aue 
bildung ihrer künftigen Beamten befleißigen, in 
der landsmänniſchen und fachlichen Sondertümelt, 
die daraus hervorgeht und fo oft bei Forſtbefliſſenen 
wie bei Forſtverſammlungen in die Augen zäll. 

Damit ſei nicht geſagt, daß der nach Aufhebung 
der Landeslehranſtalt nicht nur wie jetzt in der Tito 


rie, ſondern in der Tat freizügig gewordene badiſhe 


Forſtſtudent die Fühlung mit feiner Heimat gänzlıd 
verlieren foll oder gar muß. Iſt der beabſichtig 
Zwang für Karlsruhe weggefallen, ſo kann pi 


Studien- und Prüfungsordnung ſehr wohl fo er 


gerichtet werden, daß der Forſtbefliſſene feine ert 
vier Semeſter auf einer badiſchen Univerſität aut 
ohne forſtlichen Lehrſtuhl zuzubringen in der Lau! 
ijt. Will man dieſes Infühlungbleiben fördern, ! 
richte man eine Vorleſung über Forſtenzyklopädle 
ein und beauftrage damit einen Forſtbeamten mi 


211 


geeignetem Dienſtſitz im Nebenamt, wie dies ja 
auch mit anderen Fächern geſchieht, die ſonſt an 
der Univerſität nicht vertreten, aber für beſtimmte 
Ausbildungsgänge gefordert werden. An geeigneten 
Kräften fehlt es nicht, die Koſten wären gänzlich 
unbedeutend. Dieſe Vorleſungen hätten Ausſicht 
auch von anderen Studenten beſucht zu werden und 
böten die ſehr erwünſchte Gelegenheit, ein beſſeres 
Verſtändnis für das Forſtweſen, als es bis jetzt 
vielfach beſteht, in ſolche Kreiſe zu tragen, die be- 
rufen ſind, ſpäter am öffentlichen Leben ſich zu 
beteiligen und an der Staatsverwaltung an hervor⸗ 
ragender Stellung mitzuwirken. 

Zur Erledigung der forſtwiſſenſchaftichen Stu- 
dien im engeren Sinne ſtehen die Univerſitäten mit 
forſtlicher Lehrausſtattung nicht nur München, 
ſondern auch Tübingen und Gießen, in einigen 
Jahren vorausſichtlich auch Göttingen zur Verfügung. 
Die bedeutendſten Lehrer ſind an dieſen verteilt, 
eine einſeitige Bevorzugung Münchens wäre weder 
begründet noch erwünſcht. Die thüringiſchen Staaten 
verweiſen zur Ablegung der akademiſchen Prü⸗ 
fungen ihre Forſtbefliſſenen ſeit Aufhebung der 
Akademie in Eiſenach an die Univerſität Gießen. 

Nachdem die Regierung eine Vereinbarung mit 
den Nachbarſtaaten wegen Errichtung einer gemein- 
ſamen forſtlichen Studiengelegenheit an einer ba- 
diſchen Univerſität ablehnt und nur die Wahl läßt 
zwiſchen Belaſſung der Forſtabteilung in Verbin⸗ 
dung mit der techniſchen Hochſchule oder gänzlicher 
Aufhebung, müſſen zur endgültigen Klärung fol. 
gende Fragen geſtellt und beantwortet werden: 

1. Stellt der künftige Bedarf Badens an afade- 
miſch gebildeten Beamten nach dem heutigen Grund: 
ſatz der Einſparung und Vereinfachung einen ge- 
ſunden Hochſchulbetrieb an der Abteilung der tech: 
niſchen Hochſchule Karlsruhe für Forſtweſen ſicher 
oder wenigſtens in das Gebiet der Möglichkeit? 

2. Wenn nein, gibt es Mittel, dieſe Möglichkeit 
zu ſchaffen? 

3. Welche Wirkung wird die Anwendung dieſer 
Mittel auf die Staatsverwaltung im allgemeinen 
und die Forſtverwaltung im beſonderen ausüben? 

4. Kann eine gute akademiſche Ausbildung der 
badiſchen Forſtbeamten ſichergeſtellt werden auch 
ohne eigene Forſtlehranſtalt? 

5. Beſtehen irgendwelche andere gewichtige 
Gründe zur Erhaltung der Forſtabteilung an der 
Hochſchule Karlsruhe? 

Bei rein ſachlicher Erwägung vom Standpunkt 
des Staatsganzen aus und unter Einreihung aller 
Sonder- und Teilintereſſen an ihren gehörigen 
Platz hinter das Staatsganze wird die Antwort 
wohl lauten müſſen: 


1. Der wirkliche Bedarf Badens an Forſtbeamten 
ift für einen gefunden Hochſchulbetrieb völlig un- 
genügend. 

2. Die Hörerſchaft für die Forſtabteilung kann 
nur vermehrt werden durch eine kräftige Vermeh⸗ 
rung der Forſtämter um mindeſtens 20, wie ſie 
auch ſeiner Zeit von einem Forſtdozenten verlangt 
wurde, oder durch Vermehrung der Einſtellung von 
Hilfsbeamten und Aſſeſſoren in der gleichen Zahl, 
beides über den derzeitigen Stand hinaus und unter 
gleichzeitiger Aufhebung des Numerus clausus und 
Einführung ſtrengen Studienzwangs zu Gunſten 
Karlsruhes. Dann brächte man es zu einer mög- 
lichen Zuhörerſchaft für die forſtlichen Vorleſungen 
von etwa je 5 bis 6 Köpfen. 

3. Ein Forſtamt erfordert einen einmaligen 
Aufwand von etwa 50 000 Mk. und einen jährlichen 
von etwa 8000 Mk. nach den jetzigen Verhältniſſen. 
Für 20 wären die Beträge 1 Million, bezw. 160 000 
Mark. Vermehrung der Hilfsbeamten und Aſſeſſoren 
und Verzicht auf Numerus clausus iſt ein völliger 
Verzicht auf geſunde Beamtenverhältniſſe, der 
Studienzwang ſchließt Hochſchulbetrieb aus. Die 
Maßregel in ihrer Geſamtheit ſtünde in vollem 
Gegenſatz zu den Grundſätzen der Einſparung im 
allgemeinen und der Bemeſſung der Zahl der Ober- 
beamten nach rein ſachlichem Bedarf im beſonderen. 

4. Für Baden iſt zur Sicherung einer guten 
Ausbildung feiner Forſtbeamten eine eigene Forſt⸗ 
lehranſtalt kein unbedingtes Erfordernis, angeſichts 
der zahlreichen Studiengelegenheiten an deutſchen 
Univerſitäten. 

5. Für die Erhaltung der Forſtabteilung ſprechen 
Rückſichten auf die Wünſche der techniſchen Hod: 
ſchule und der Stadt Karlsruhe wohl mehr äußer- 
licher Art, Anhänglichkeit an das Beſtehende, „Hifto- 
riſch Geworde ne“, aber keinerlei Staatanotwendig: 
keiten. 


Da eine Belaſſung des derzeitigen Zuſtandes 
keine Löſung, ſondern nur deren Hinausſchiebung 
wäre, was die Regierung ausdrücklich als ſchädigend 
bezeichnet hat und nicht will, jo wird jih der kom- 
mende Landtag vor die Zwangsentſcheidung geſtellt 
ſehen: 

Ordnung der Forſtverwaltung nach den Be: 
dürfniſſen der Forſtlehranſtalt oder Aufhebung 
dieſer. 

Erſteres wäre eine Umdrehung der Denkgeſetze. 
Für letztere hat ſich der forſtliche Berufsſtand aus: 
geſprochen, dafür ſpricht die ſchwierige wirtichaft- 
liche Lage, die Achtung vor der Wiſſenſchaft und 
der Studienfreiheit, wohl auch die Erkenntnis der 
Mehrheit, daß eine andere geſunde Löſung nicht 
mehr möglich ſein dürfte. 


212 


Aus Deſterreich. 


Forſtweſen in Iſtrien. 

Von Hugo Piffl, k. l. Oberſtleutnant in Fiſchau 

bei Wiener⸗Neuſtadt. 

Die Wälder, welche fid auf der Halbinſel Iſtrien 
befinden, bedecken etwa ein Viertel des Landes, doch 
darf man ſich abſolut nicht vorſtellen, daß ſie deutſchen 
Forſten gleichen. Es ſind zumeiſt Niederwälder mit 
in der Regel ſehr kurzem Benützungsalter, was den 
Grund in dem Mangel an Nadelholz und auch in 
der ſehr günſtigen Verkaufsmöglichkeit, des ſchwachen 
Brennholzes hat. Die Art und Gattung der Wald⸗ 
beſtände iſt von jener nördlicher Gegenden recht 
verſchieden. 

Die iſtrianiſche Waldflora kann nach drei Regio⸗ 
nen eingeteilt werden, und zwar jene der Gebirgs- 
region im nördlichſten Teil des Landes zwiſchen 
Trieſt und Fiume, die in 1396 m Höhe unweit 
Abbazia gipfelt; das Hügelland im Innern des 
Landes, das ſich bis 500 m erhebt, und dann die 
Küſtenregion am Feſtlande und den Inſeln. 

Es muß hier bemerkt werden, daß man unter 
Karſt nicht immer Steinwüſten zu verſtehen hat, 
da dieſes Kalkgebirge zum großen Teile ſogar Ur- 
wälder trägt, alſo auch im nördlichen Iſtrien aus⸗ 
gebreitete und gut geſchloſſene Wälder zu finden 
ſind, die hauptſächlich aus dem Grunde der Aus⸗ 
rodung entgingen, daß ſie zumeiſt aus Rotbuchen 
beſtehen, die für den Schiffsbau keine Verwendung 
finden, als Heizmaterial aber die Transportkoſten 
nicht lohnen. Viel trug zur Erhaltung der Wälder 
der Umſtand bei, daß ſie E'gentum mehrerer Herr- 
ſchaften waren, die für Schonung des Holzes ſorgten. 
Die Wälder behielten, obwohl ſie mit Einforſtungs⸗ 
rechten der Nachbargemeinden belaſtet waren, den 
Hochwaldcharakter wohl bei; als ſie jedoch zum Teile 
infolge zu geringer Einnahmen an die umliegenden 
Ortſchaften veräußert wurden, begann ſofort eine 
ſchrankenloſe Ausnützung als Brennholz und Holz— 
kohle, die in die Hafenſtädte verſandt wurden, 
jedoch nicht mehr als gewöhnlichen Taglohn als 
Gewinn brachten, die Verkäufer aber koſtbare Zeit 
verloren. Man fällte leichtfertigerweiſe nur junge 
Bäume, da man große Klötze nicht fortſchaffen 
konnte, während von den alten Bäumen nur Aſte 
genommen wurden. Der Wald wurde derart ver- 
teilt, daß jeder Nutzungsberechtigte einen ſehr 
ſchmalen, doch langen Streifen erhielt, die Weide⸗ 
benützung aber allen gemeinſam blieb. Auf dieſe Art 
wäre ein großer Teil der Wälder, vor allem jener in 
Caſtelnuovo, gänzlich verſchwunden und die Gegend 
hätte leicht in kurzer Zeit verkarſten können. Zum 
Glück nahm ſich der Staat der Sache an und der 
Zuſtand der Wälder begann ſich bald zu beſſern, 
doch erſt nach zweckmäßiger Kommaſſierung Der- 


ſelben wurde eine regelrechte Bewirtſchaftung mig: 
lich. 

Im Bezirke Volosca, namentlich in den Ort. 
ſchaften Veprinaz und Caſtua, deren Waldbeſiz 
fünfzig Quadratkilometer beträgt, nahm man die 
Bewirtſchaftung in eigener Regie in die Hand und 
ſtellte geprüftes Forſtperſonal an. Da das Not. 
buchenholz einen ſehr geringen Wert beſitzt, jo ſind 
die Einnahmen aus dem Holzverkaufe febr Hein 
und man bemüht ſich jetzt, Nadelhölzer anzupflanzen, 


was um jo mehr Ausſicht auf Erfolg hat, als bier 


früher Tannenwälder beftanden, die im 18. Jahr, 
hundert einem großen Brande zum Opfer elen 
Die Mitte des Landes ift nur auf den Höhen be 
waldet, während die Niederungen nur mehr erkennen 


laſſen, daß dort einſt Wald ſtand; die Berghänge 


ſind bereits ſtark verkarſtet und großer Waſſermangel 
macht fich überall fühlbar. Verläßliche Waldhütte 
find noch wenige zu haben. Der 11 km? große Staat: 
forſt bei Riana wurde bereits aus einem Buder 
wald in einen Nadelholzwald verwandelt. 

Im Hügellande befinden fih die Waldungen 
vorherrſchend in den Händen von Privaten und ent: 
halten in der Regel weichhaarige fommergrine 
Eichen, Zerreichen, orientalische Weißbuchen, Hopfen. 
buchen und Blumeneſchen, vermengt mit einzelnen 


Steinweichſeln und Zürgelbäumen, deren Stot ` 


triebe gute Peitſchenſtiele liefern. Die Rotbuche 
gedeiht in der ſchon zu trockenen und zu warnen 
Hügelregion, die fih von der Landesmitte gegr 
Süden erſtreckt, nicht mehr. Man fällt hier die Eder 
nach ſieben Jahren, die übrigen Bäume nach vier 
zehn. Die Erſteren geben nämlich wenige aber ftark 


Stocktriebe, während die vielen Loden der anderen 
Holzarten bis zur Verwertung mehr Zeit brauchen. 
Man führt das Brennholz meiſt nach Venedig au. |. 
Das Holz wird klafterweiſe geſchichtet, welches Ruß 


man passo nennt; der Händler kauft es im Walde 
und führt es nach einem Seehafen, wo es mit Weiden 
ruten zu Bündeln gebunden wird und ſo in der 
Lagunenſtadt auf den Markt gebracht wird. Würde 
man die Eichen erft im zwölften Jahre ſchlagen, I 
könnten fie infolge der ſtärkeren Stämme in Inet 
an die Werften verkauft werden, doch ift dem Bale 


beſitzer die in Gold erfolgende ausländiſche Zahlung R 


für das Brennholz lieber. 

Die Republik Venedig als einſtige Herrin ein 
Teiles von Iſtrien, hatte ſchon mittels Geſetz von 
2. Januar 1475 die Umtriebszeit für Unterholz au! 
zwölf Jahre feſtgeſetzt, doch dieſelbe am 10. Dezen 
ber 1778 auf 8 Jahre verringert. 


Aus Weißbuchen und anderen Sträuchern wir | 


ſehr billiges Brennholz gewonnen, das faſt aus 


ſchließlich den eigenen Bedarf deckt, dem auch Oliven.. 


Maulbeerzweige, ſowie Weinreben aushelfen. 


Als noch die Segelſchiffahrt von Bedeutung 
war, wanderten viele Eichenſtämme in die Schiffs⸗ 
werften, doch ſeit faſt nur mehr Eiſenſchiffe gebaut 
werden, wird das Eichenholz zum Heizen verwendet. 
Man hält den Wert eines gut beſtockten Eichenwaldes 
dem eines Ackers mittleren Ertrages gleich, er ſichert 
aljo eine gleichmäßige Rente und wird daher forg. 
fältig, namentlich vor dem weidenden Vieh, ge— 
ſchützt. Im Innern des Lan des, von wo aus die 
hohen Transportkoſten den Holzhandel nicht rens 
tabel machen, wird der Wald vernachläſſigt, ja ſogar 
mit Vorliebe gerodet und in Weingärten verwandelt. 
Der Boden iſt aber ſehr brüchiger Mergel⸗ und Ton⸗ 
ſchiefer und die Regengüſſe ſchwemmen ſehr raſch 
das Erdreich in die Täler, ſo daß die Gegend raſch 
verkarſtet. Im Tale des Quietoflüßchens wird ſo 
viel angeſchwemmtes Erdreich abgelagert, daß man 
bereits — um die dort wachſenden Bäume des 
Staatsforſtes fällen zu können — ſie erſt einen 
Meter tief ausgraben muß. Selbſtverſtändlich 
beeilt man ſich jetzt wieder aufzuforſten und die 
entſtandenen Waſſerriſſe zu verbauen. 

Die kleinen Staatswälder bei Leme, Vidorno 
und Cornaria bedecken bloß neun Quadratkilometer 
und wird dort der Mittelwaldbetrieb mit Übergang 
zum Hochwald beobachtet. Der Staatsforſt bei 
Montana mißt 14 Quadratkilometer, beſteht zu 
einem Drittel aus Ulmen, der Reſt ſind Stieleichen. 
Früher lieferte er Bauholz für die Kriegsmarine, 
hat jetzt als Hochwald wenig Bedeutung und rentiert 
ſich wenig. 

Von den Inſeln rühmt ſich Veglia (ſlaviſch Krk) 
der meiſten Wälder, doch iſt die Forſtwirtſchaft dort 
noch recht mangelhaft. Eine eigentümliche Urſache, 
daß die Oſtſeite der Inſeln faſt ohne jede Vegetation 
bleibt, iſt folgende. Die Bora!) weht mit großer 
Gewalt von dem Hochlande Kroatiens herab, peitſcht 

das Meer zu hohen Wogen auf und beſtäubt die 
Inſeln mit Salzwaſſer. Die Kraft des Sturmes 
ſowohl, dann Regengüſſe, fegen den Humus fort 
und der Salzniederſchlag beſorgt die Unfruchtbar⸗ 
keit. Die Inſeln Cherſo und Luſſin erfreuen ſich 
immergrünen Laubholzes, vor allem der Stecheiche, 
des Erdbeerbaumes, des immergrünen Snee. 
balls, des Granatapfelſtrauches, ſpaniſchen Wach⸗ 
holders und der Fillyree (Phillyrea media). Die 
ſchmale Inſel Cherſo iſt als zu einem Viertel be⸗ 
waldet im Steuerkataſter verzeichnet, doch kaum 
die Hälfte hiervon könnte man als Wald bezeichnen, 
denn alles andere iſt entweder kahl oder mit niederem 
Geſtrũpp bewachſen, aus dem da und dort ein wetter- 
zerzauſter Baum emporragt, Schutz gewährend dem 
Schafhirten. Die Aufforſtung wäre gewiß von Er⸗ 


1) Das romaniſierte ſlawiſche Burja, d. h. Sturmwind. 
1917 


folg begleitet. Man beobachtet auf den Inſeln eine 
ganz eigentümliche Art der Waldnutzung, und zwar 
die Kopfholzwirtſchaft, wodurch die Verkarſtung 
ſtark gefördert wird. Alle 10 bis 12 Jahre werden 
die Bäume der Alte und des Wipfels beraubt, fo 
daß nur etliche Meter des Stammes übrig bleiben. 
Die ſich neu bildenden Aſte werden nach 12 Jahren 
neuerdings abgeſägt; denn man will angeblich das 
Verbeißen des Jungholzes durch das Tag und Nacht 
das ganze Jahr hindurch aufſichtslos weidende Vieh 
verhindern, da man die Koſten der Abgrenzung 
durch Mauern ſcheut. Die Bäume werden nur zu 
bald kernfaul, ſterben ab und kein Nachwuchs iſt da, 
weil jedes aus dem herabfallenden Samen ent⸗ 
ſtandene Pflänzchen dem Vieh zum Opfer fällt. 
Gegen Verſuche der Regierung, eine Anderung ein⸗ 
zuführen, wehrt fih das Landvolk, weil es haupt. 
ſächlich von der Viehzucht lebt, die ohne Weide⸗ 
gründe eben unmöglich wäre. Lange kann dieſer 
Zuſtand wohl nicht anhalten, denn ſonſt würden 
aus den ſchönen maleriſchen Inſeln Felsklippen. 

Die Inſel Luſſin, die in den letzten Jahrzehnten 
zu einem vielbeſuchten klimatiſchen Kurort wurde, 
iſt etwas beſſer bewaldet und dank des ſteigenden 
Fremdenbeſuches hat fih bereits ein Aufforſtungs⸗ 
verein gebildet, der vom Staate unterſtützt, die nächſt 
dem Hauptorte anſteigenden Höhen bereits mit 
Erfolg bepflanzte. Der Anblick ſolchen Jung⸗ 
waldes, ja ſelbſt der Obſtgärten, iſt ein ganz eigen⸗ 
tümlicher. Zwiſchen weißen verwitterten Kalkſtein⸗ 
blöden ragen Obft- oder Waldbäume empor, wah: 
rend eine Wanderung auf dem zerklüfteten Boden 
faſt lebensgefährlich und mehr eine Kletterpartie iſt, 
bei der man nach jedem Schritt eine Verſtauchung 
riskiert. Die kleine unweit Luſſin gelegene Inſel 
Sanſego hat gar kein Holz, das aber für die 200 Fa⸗ 
milien, einfach von den nächſten Inſeln geholt wird, 
ohne hierfür etwas zu entrichten. 

Nächſt des Kriegshafens Pola (ſlawiſch Pulj) 
befindet ſich der ärariſche „Kaiſerwald“ und etliche 
Privatwaldparzellen, in welchen die Korkeiche ge- 
deiht, die alle 8—10 Jahre ihre Rinde für Angeln, 
Netze und ſonſtige Fiſchereigeräte hergibt, jedoch 
wegen zu großer Poren für Flaſchenverſchlüſſe nicht 
brauchbar iſt. Unweit des berühmten Kurortes 
Abbazia gibt es Lorbeerhaine, deren Blätter einen 
guten Ertrag durch die Ausfuhr ergeben. 

Die nächſte Umgebung Trieſts ziert ein Stadt⸗ 
park, ſowie Aufforſtungen, die bereits zu ſchönen 
Wäldern gediehen. In weiterer Entfernung von 
der Stadtperipherie gibt es nur einige mit Hopfen- 
buchen, Blumeneſchen und Eichen locker beſtockte 
Niederwälder. Die Aufforſtung begegnet keinen 
Schwierigkeiten, doch ift fie der kurzblickenden Rand. 
bevölkerung unbequem, da dann zu wenig Weide 

28 


214 


vorhanden iſt und auch keine Laubſtreu gewonnen 
werden kann. 

Bei dem kaiſerlichen, ſeit dreihundert Jahren 
beſtehenden Geſtüt Lipizza befindet ſich ein drei 
Quadratkilometer großer, wohlgepflegter Eichen- 
Hochwald. Erſt in neuerer Zeit gelang es, die Bor- 
urteile der Bauern da und dort zu beſiegen, und eine 
Anzahl Wäldchen ſind im Entſtehen begriffen, deren 
Bäume bereits an die 20 m emporragen. Die Bora 
weht auf dem Karſte mit ſolcher Heftigkeit, daß 


Menſchen und Tiere geſchützte Stellen aufiuden 
müſſen, dagegen ift es in den Wäldern ſtill. 3i 
einmal das ganze Land aufgeforſtet, wird die Gewalt 
der Bora gebrochen jein, ja fie wird vielleicht gän;- 
lich aufhören. Um 350 Hektar Karſt nächſt Trien 
aufzuforſten, wurden 2,600,000 Schwarzföhren ver. 
braucht. Vier Quadratkilometer Laubholzwälder 
wurden in Schonung gelegt und es ift mit Bejtimm: 
heit zu erwarten, daß fih dadurch auch die Geſund. 
heitsverhältniſſe des Landes beſſern werden. 


Notizen. 


A. Juvalidenheim für Jäger und Schützen 
in Marburg a. Lahn. 


Zur Errichtung und Unterhaltung eines Erholungs-, 
Alters- und Invalidenheims für Jäger und Schützen des 
Deutſchen Heeres hat ſich ein Verein gebildet, dem durch eine 
behördlich geſtattete Sammlung bereits mehr als 300 000 Mk. 
zugefloſſen ſind. Schirmherr des Vereines iſt Se. Hoheit der 
Herzog Ernſt Günther zu Schleswig⸗Hol⸗ 
ſtein. Die größte Spende im Betrage von 30 000 Mk. hat 
der regierende Fürſt Adolf zu Schaumburg 
Lippe dem Verein zugewendet. Von dem Präſidenten 
des Allg. Deutſchen Jagdſchutzvereins, dem Herzog 
Viktor von Ratibor, Fürſt von Corvey, find 4000 
Mk. zur Einrichtung von „Heldenzimmern“ geſtiftet worden, 
die dem Gedächtnis gefallener Jäger oder Schützen gewidmet 
und mit Namensſchild, Bild und ſonſtigen Erinnerungszeichen 
derſelben geſchmückt werden ſollen. 

Der Verein hat nun bereits ein Grundſtück von etwa 
16 Morgen am Fuße der „Spiegelsluſt“ bei Marburg, die 
den Kaiſer⸗Wilhelms⸗Turm trägt, erworben und an Pfingſten 
1916 den Grundſtein zum Hauptgebäude gelegt. Der erſte 
Geſchäftsbericht mit Abbildungen des Heimes und feiner gu- 
künftigen Ausgeſtaltung wird von dem „Invalidenheim für 
Jäger und Schützen in Marburg“ allen Freunden des Unter⸗ 
nehmens gerne zugeſchickt. Um weitere werktätige Unter⸗ 
ſtützung bittet ein Aufruf, der unter anderen von folgenden 
namhaften Forſtbeamten unterzeichnet iſt: 

von Freier, Kgl. Oberlandforſtmeiſter, Berlin⸗ 

Nikolasſee, 

Dr. Bertog, Forſtrat, Vorſitzender des Vereins 
für Privatforſtbeamte, Berlin-Halenfee, 

Gernlein, Reg. und Forſtrat, Hauptmann d. R. 
und Kommandeur des Erſatz⸗Bataillons des Ref.. 
Jägerbataillons Nr. 15, Potsdam, 

Jacobi, Kgl. Forſtmeiſter, Vorſitzender des Ber: 
eins „Waldheil“, Neudamm⸗Maſſin, 

Dr. König, Oberforſtmeiſter, Potsdam, 

Velte, Kgl. Förſter, Dobrilugk, Kr. Luckau. 

Dieſem Aufruf, der auch die Unterſchriften der Schrift⸗ 
leiter und Verleger verſchiedener Forſt⸗ und Jagdzeitſchriften 
— Deutſche Forſtzeitung, Nendamm, Jägerzeitung „Horrido“, 
Berlin, Deutſche Jägerzeitung, Neudamm, „Wild und Hund“, 
Berlin — trägt, entnehmen wir noch folgendes: 


„Gerade die Jäger haben in dem jetzigen Kriege fid be. 


ſonders betätigen können, ſie haben ſchwere Kämpfe und große 
Verluſte zu überſtehen gehabt und find ihnen noch weiter aus: 


geſetzt. Den zurückkehrenden, körperlich beſchädigten Ary: 
hörigen der deutſchen Jäger: und Schützen ⸗Bataillone ic 
das Invalidenheim Hilfe und Heilung bringen. 


Ganz Hilflofe, zu völliger Berufs: und Erwerbsun faba. 
keit Gezwungene werden ja hoffentlich nur in geringer Jet. 
dauernde Unterbringung im Heime benötigen. Seine Hau. 
beſtimmung wird vielmehr darin beſtehen, kriegsbeſchäd'gten 
Jägern vorübergehend Gelegenheit zur Heilung und Erhulur 
zu bieten. Aus dieſem Grunde verfolgt auch das Konia: 
Preußiſche Kriegsminiſterium die weitere Entwicklung unir: 
Jägerheims mit beſonderem Wohlwollen. 

Unter denjenigen, welche den Erſatz unſerer Jäger: wi } 
Schützenbataillone bilden, haben von jeher und fo auch je 
in dieſem Kriege die berufsmäßigen Förſter, Wald. und Jan: 
aufſeher eine überwiegende Bedeutung. Gerade fie find ad: . 
vermöge ihres Berufes gezwungen, im Walde oder auf der 
Lande, jedenfalls fernab von ſolchen Orten zu wohnen. r: ' 
ärztliche Hilfe und ſonſtige Einrichtungen zur Heilung ber 
Wundfolgen oder Krankheiten leicht erreichbar find, und we! 
die meiſten von ihnen, welche im Kriege den feldgrünen fr 
der deutſchen Jäger: und Schützen ⸗Bataillone getragen habe 
werden, wenn fie auch nicht berufsunfähig geworden Tr: 
wegen ihrer Kriegsbeſchädigung öfters wiederholter Behar: 
lung bedürfen. Marburg iſt nun die einzige deutſche Jo 
Garniſon, welche gleichzeitig Sitz einer Univerſität tit un“ 
vermöge ihrer gefunden und glücklichen Lage im Herze 
Deutſchlands, im ſchönen waldreichen Lahntal, aus all: 
Gauen leicht erreichbar, zu dem geſchilderten Zweck unde! 
gleichlich günftige Bedingungen bietet. Die Vrofeſſoten dit 
mediziniſchen Fakultät der Univerſität Marburg haben !* 
in dankenswerter Weiſe bereit erklärt, die Inſaſſen des in! 
Invalidenheims koſtenlos zu behandeln. Es ſteht alfo in ein 
Weiſe, wie es anderswo überhaupt nicht erreichbar ift. de 
Möglichkeit offen, gerade die kriegsbeſchädigten Angeborac: 
der grünen Farbe von Fachleuten erften Ranges währen! 
eines mehrwöchigen oder mehrmonatigen Erholungsurlau 
alljährlich oder in längeren Zwiſchenräumen unterſuchen i 
laſſen.“ 

Wie uns weiter berichtet wird, hat der in Bückeburg ur 
Bad Eilſen veranſtaltete „Roſentag“ ein beſonders glänzend! 
Ergebnis gezeitigt. Aus dem Geſamtüberſchuß konnte 
5 500,— Mt. feitens des 7. Jäger- Bataillons in Bidet: 
abgeführt werden. Das 7. Bataillon (Feld und Erſatz⸗ Bate: 
lon), ſteht ſomit mit einem Geſamtbetrage von MI. 15 92 
an der Spitze aller Jäger⸗Bataillone und es wäre erfreulis 
wenn dieſem leuchtenden Beiſpiel auch von allen übt g 
Bataillonen nachgeeifert würde. D. Red. 


— 


B. Berichtigung. 

In dem Aufſatz „Vom franzöſiſchen Mittelwald“ von 
Dr. G. Baader (Januarheft dieſer Zeitſchrift) ſind eine 
Anzahl Druckfehler. 

Seite 2, erſte Spalte, 28. Zeile von oben heißt es: „Eiden: 
wald“; es muß heißen: „Eichen hochwald“. 

Seite 2, erſte Spalte, 9. Zeile von unten heißt es: „ergab 
bei ihrer Fällung 5,74 fm“; es muß heißen: „ergab bei ihrer 
Fällung einen Stamm von 5,74 fm“. 

Seite 2, zweite Spalte, 9. Zeile von oben heißt es: 
„zwiſchen 25 und 22 m“; es muß heißen: „zwiſchen 18 und 
22 m”, 

Seite 6, zweite Spalte, 3. Zeile von unten heißt es: 
„Staatsbeſchluſſes“; es muß heißen: „Ratsbeſchluſſes.“ 


C. Der Jorſtverein für das Großherzogtum Heſſen 
hält auch im Jahre 1917 keine Verſammlung ab. 


— 


D. Forftlide Vorleſungen 
an den Hochſchulen im Winterſemeſter 1917/18. 
J. Univerſität Gießen. 


Prof. Dr. Weber (eventuell vertreten durch Forſt⸗ 
meiſter Dr. Schenck): Forſtbenutzung II. Teil, 4-ftündig; 
sorftpolitit II. Teil, vierſtündig; Einführung in die Forſt⸗ 
wiſſenſchaft einſtündig; Konverſatorium über forſtliche Pro- 
duktionslehre und die Forſtverwaltungsfächer, Samstag, alle 
14 Tage. — Prof. Dr. Borgmann: Waldwertrechnung 
und forſtliche Statik, dreiſtündig; Forſteinrichtung nad) heffi- 
ſcher Inſtruktion, zweiſtündig mit Exkurſionen; Anleitung 
zum Planzeichnen, zweiſtündig. — Privatdozent Dr. Baa. 
der: Die Forſteinrichtung im 20. Jahrhundert in Literatur 
und Praxis. — Außerdem zahlreiche Vorleſungen aus den 
Gebieten der Mathematik, der Naturwiſſenſchaften, der 
Rechtskunde, Volkswirtſchaftslehre, Landwirtſchaft uſw. 

Beginn der Vorleſungen am 1. Oktober, Schluß am 
2. Februar. Das allg. Vorleſungsverzeichnis kann vom 
Univ.: Sekretariat bezogen werden. 


II. Un verſität München. 


Geh. Rat Dr. Lujo Brentano lieſt nicht. Geh. 
Hofrat Prof. Dr. Endres: Forſtpolitik 5 ſt., Waldwert⸗ 
rechnung und forſtliche Statik 4 ſt. mit Übungen, Einführung 
in die Forſtwiſſenſchaft 3 ft. mit Lehrwanderungen. 

Geh. Hofrat Prof. Dr. Lotz: Allgemeine oder theore⸗ 
tiſche Volkswirtſchaftslehre ö ſt.: Finanzwiſſenſchaft 5 ft. 

Prof. Dr. Ramann: Bodenkunde 5 ft. mit Lehr: 
wandecungen, Bodenkundliches Praktikum für Geübtere 
täglich und halbtäglich, Kleines bodenkundliches Praktikum 2ſt. 

Prof. Dr. Frhr. von Tubeuf: Anatomie und 
Phyſiologie der Pflanzen 4 ft., Mikroſkopiſches Praktikum 3 ft. 

Prof. Dr. Schüpfer: Forſteinrichtung 5 ft., Baum- 
und Beſtandsmaſſenermittlung mit Zuwachslehre und Gr 
tragskunde 8 ft., Praktiſche Ubungen in Verbindung mit Lehr- 
wanderungen Prof. Dr. Fabricius (z. Zt. beim Heere): 
Waldbau 6 ft. mit Lehrwanderungen. 

Prof. Dr. Eſcherich: Forſtzoologie I. Teil: Wirbel: 
tiere 4 ft, Leitung wiſſenſchaftlicher Arbeiten. 

Für den Fall die Profeſſuc für Nationalökonomie bis 
zu Beginn des Winterhalbjahres noch nicht beſetzt iſt, leſen 
ſpezielle oder praktiſche Volkswirtſchaftslehre die Prof. 
Dr. Leonhard und Dr. Joffé, und zwar Dr. Leonhard I. Teil: 
Agrarpolitik 2 ft. und Dr. Joffé IT. Teil: Gewerbepolitik und 
gewerbliche Arbeiterfrage 2 ft. ? 

Beginn der Vorlefungen heuer ausnahmsweiſe ſchon am 
1. Oktober. 


III. Univerſität Tübingen. 
Beginn am 1. Oktober 1917, Schluß ... 

Prof. Dr. v. Bühler: Einleitung in die Forſtwiſſen⸗ 
ſchaft, teils im Hörſaal, teils im Walde, mit Übungen und 
Exkurſionen. — Waldbau I, mit Übungen und Exkurſtionen. — 
Exlurſionen und Ubungen. — Übungen und Exkurſionen für 
Kriegsteilnehmer (Zeit noch zu vereinbaren). 

Prof. Dr. Wagner: Waldwertrechnung mit Übungen. — 
Forſtſchut. — Seminarübungen. — Exkurſionen. 

Sonſtige Vorleſungen wie unter J. 


— 


IV. Techniſche Hochſchule Karlsruhe. 
Abteilung für Forſtweſen. 

Prof. Dr. Demoll: Zoologie, Forſtliche Zoologie 
der Säugetiere und Vögel (Wirbeltiere der Heimat), Arbeiten 
im zoologiſchen Inſtitut für Geübtere. 

Prof. Dr. Hausrath: Forſtpolitik (einſchließlich 
Forſtverwaltung und Forſtſtatiſtik), Waldweg und Waſſer⸗ 
bau, Exkurſionen, Anleitung zu größeren wiſſenſchaftlichen 
Arbeiten. 

Prof. Dr. Müller: Forſteinrichtung II, Holzmeß⸗ 
kunde, Einführung in die Forſtwiſſenſchaft, Waldwertrechnung, 
Exkurſionen, Anleitung zu größeren wiſſenſchaftlichen Nr- 
beiten. 
Geh. Oberforſtrat Dr. Siefert: Forſtbenutzung, 
Waldbau I, Übungen in Forſtbenutzung und Waldbau, Ertur- 
ſionen und Übungen, Anleitung zu größeren wiſſenſchaftlichen 
Arbeiten. 

Prof. Dr. Helbig: Standortslehre (Bodenkunde 
einſchl. Agrikulturchemie), Arbeiten für vorgeſchrittene Stu⸗ 
dierende im Laboratorium für Bodenkunde. 

Dr. Cron berger: Landwirtſchaftslehre (I. Ader- 
baulehre. 

Dr. Fuchs: Einführung in die allgemeine Biologie. 

Dr. Schultheiß: Meteorologie (Klimatologie). 

Prof. Dr. Wimmer: Das Holz und ſeine Eigen⸗ 
ſchaften. 

Außerdem Vorleſungen in allen Hilfs⸗ und Grundwiſſen⸗ 
ſchaften. Auskunft durch den Vorſtand der Abteilung für 


Forſtweſen. 
Beginn: 1. Ottober. 


E. Au die geehrten Lefer der Allgemeinen Forft: 
und Jagdzeitung 
richten wir die ergebenſte Bitte, die ſeitherige Verzögerung 
im Erſcheinen unſerer Hefte gütigſt entſchuldigen zu wollen. 
Dieſelbe war durch notwendig gewordenen Wechſel der 
Druckerei, durch Papiermangel infolge des Krieges und 
andere damit zuſammenhängende Schwierigkeiten veranlaßt, 
die hoffentlich jetzt überwunden ſind. 
Verlag und Redaktion. 


F. Gegen vermehrten Häherabſchußt. 

Wie die „Blätter für Naturſchutz“ mitteilen, ift der „plan 
mäßige Abſchuß der Eichelhäher“ in Bayern angeordnet. 
Gegen vermehrten Häherabſchuß iſt Proteſt zu erheben vom 
jagdlichen und forſtwirtſchaftlichen Standpunkt.“ 

Der Forſtmann, der den Häher abſchießt, ſchädigt ſich ſelbſt. 
Denn der Häher hat einen gewiſſen forſtwirtſchaftlichen 
Nutzen. Er verpflanzt Eichen, auch Buchen. 
Indem er Eicheln an beſtimmte verſteckte Plätze trägt, ſie 
dort ſpäter unbeachtet liegen läßt oder auch nicht mehr auf- 
findet, trägt er mit zur Verbreitung des Pflanzenlebens, hier 
der Waldbäume, bei (ſteht unzweifelhaft feſt!). Das fällt 


216 


— —— — — 


bei einer geregelten Forſtwirtſchaft in Kulturgegenden 
weniger ins Gewicht, meiſt ſogar vielleicht gar nicht, aber 
beiſpielsweiſe im Geb'rge, wo der Häher zur Baum: 
beſiedelung mancher Bergſtöcke (gerade auch 
in den bayeriſchen Alpen) ſein redlich Teil mit 
beigetragen hat. Das ijt ſicher eine recht beachtens⸗ 
werte Tatſache! 


Sodann iſt aber der Häher ein viel zu ſchöner 
Vogel, um ihn noch mehr zu vermindern. Er iſt in der Tat 
ein Stück fliegender Poeſie des deutſchen Waldes. Der Jäger 
und Forſtmann hat auch „Auge und Gemüt“, ein Herz im 
Leibe, er freut ſich über die Schönheit der Natur und ihrer 
Lebeweſen. Hier gelten die ſchönen Worte, die der Jäger 
Löns, mein vor dem Feinde gefallener Freund, über die 
„Gemütskrüppel“ ſchreibt: „Die Welt iſt ſo arm geworden 
an ſchönem und großem Raubgeflügel, aber immer noch gibt 
es Gemütskrüppel, denen die Welt noch viel zu bunt iſt, und 
damit ſie langweilig und öde werde, wie ſie ſelber, ſagen und 
ſchreiben ſie unentwegt von der Schädlichkeit der Weihe (lies: 
des Hähers) und finden immer noch Narren, die es ihnen 
glauben. Wer aber rotes Blut im Leibe und blanke Augen 
im Kopfe hat, der gönnt ihnen die Lerche und die Ammer, 
das Feldhühnchen und den Junghaſen, denn davon gibt's 
genug.“ 

Der Häher iſt entſchieden für den Jäger und Forſtmann 
mehr Wertobjekt als negative ſchädliche Erſcheinung. Auch 
dem Landwirt ſchadet er nicht. Dem Jäger zeigt er manchmal 
ſogar den Standort des Wildes an, dient ihm alſo als Weg— 
weiſer; freilich verrät er mitunter auch dem Wild den Jäger 
durch ſein rätſchendes alarmierendes Geſchrei. Immerhin, 
die Wagſchale ſteigt zu ſeinen Gunſten in die Höhe, ſie ſenkt 
ſich nicht. Und es gibt augenblicklich eigentlich nur einen 
zuläſſigen Grund, den Eichelhäher abzuſchießen, und dies iſt: 
wenn man ihn in gegenwärtiger Kriegszeit zur Speiſe für 
den Menſchen verwerten will. Allerdings gibt er einen vor⸗ 
trefflichen Braten ab — — läßt ſich denken, denn er lebt von 
Eicheln, Nüſſen, jungem Getier. Aber die Schmackhaftigkeit 
des Häherbratens iſt leider zu wenig bekannt. Doch gibt es, 
wie ich aus perſönlicher Erfahrung weiß, genug gutſituierte 
Förſterfamilien, die den Eichelhäher ſehr gern eſſen, übrigens 
auch den Dachs, und bei denen die Jungkrähe (die fleiſchige, 
fette!) in keinem Jahre auf der Tafel fehlt (in Poſen und 
Stettin koſtet jetzt die Krähe, Nebel⸗ und Saatkrähe, 1 Mk.). 
In der Tat, Häher, Elſtern find zu genießen, ebenfalls Cidh. 
hörnchen. Ja, da wird ſich allerdings mancher wundern und 
ſagen, man würde noch mit Ratten und Mäuſen enden, 
wie Anno 70 die Franzoſen. Doch Spaß beiſeite! Der Ge: 
ſchmack und das Ausſehen des Eichhörnchenfleiſches ift ähnlich 
dem Kalbfleiſch. Wo die Eichhörnchen in großer Zahl vor: 
handen ſind und zur Plage werden, wie in manchen Gegenden, 
lohnt es ſich wirklich, Eichhörnchen zu ſchießen. Es gibt noch 
viel für die Weidmannsküche, und dabei will man uns aus⸗ 
hungern? Ne, det gibt's nicht! „Junge Krähen“ waren ſchon 
Ende der 80 er Jahre ein ſtändig es Gericht auf der Speiſen⸗ 
karte des „Weimariſchen Hofes“ in Jena. Im vorigen Jahr 


haben bekanntlich Krähen auch auf dem Mittagstiſch vieler 
deutſcher Familien Platz ergriffen und haben die eingang⸗ 
gemachten Ausführungen vollauf beſtätigt. 

Paſtor W. Schuſter, Garn.⸗Bat. Poſen. 


— — 


G. Jorſtwirtſchaftliches von der Oſtfront. 
(Kgl. Oberförſter A. Müller Klingenthal i. S) 


Sowohl an der galiziſchen wie an der ruſſiſchen Front 
fällt dem forſtlich geſchulten Beobachter, der wohl mehr ein. 
tönige Waldmaſſen erwartet hatte, die reiche Fülle der Br: 
ſtandsbilder angenehm auf. An Einſprengungen und Ber 
miſchungen verſchiedener Holzarten in die Beſtände der 
Hauptholzarten, an natürlichen Verjüngungen aller Art, an 
Wirtſchaftsformen, Baumkrankheiten u. dergl. bieten ſich 
hier mannigfache Studiengegenſtände, deren Beachtung auch 
im Intereſſe der heimiſchen Wirtſchaft liegen dürfte. Auf. 
fällig iſt die meiſt vorzügliche Stammform der Eichen, Erlen 
und Alpen, eine auch vom deutſchen Holzhandel längſt ar 
würdigte Tatſache. Auch die Kiefern haben hier an meinem 
jetzigen ruſſiſchen Frontteil vorwiegend höchſt wertvolle 
Stammformen, gleichmäßige und ſparſame Jahrringbildung 
und gute Kernbildung. Was allein an Kiefernholz als Rund 
oder als Halbholz (dieſes oft durch Keil geſpalten ſtatt zer 
ſchnitten) für Unterſtände und andere militäriſche Zwecke an 
Ort und Stelle verwendet worden iſt, das geht bereits in 
ganz gewaltige Geldwerte. Nebenbei bemerkt, vermag auch 


der Mykologe und der Techniker an dieſen Bauten recht 


lehrreiche Studien über Holzdauer unter den verſchiedenſten 
Verhältniſſen anzuſtellen. 

Der Herbſt verſpricht hier eine ausgezeichnete Vollmaſt 
an Eicheln. Die Bäume tragen hier faft durchgängig in fo 
reichem Maße Frucht, wie ich es bisher nur bei der Buche in 
den urwaldähnlichen Beſtänden Kalabriens beobachten konnte 
Bekanntlich erhalten die Truppen Sammlerlöhne für Eicheln 
und andere Waldfrüchte. Hoffentlich gelingt es, diefe volk 
wirtſchaftlich ſo wertvolle Ernte möglichſt reſtlos zu erfaſſen. 
An Eicheln ſowohl wie an den ſonſtigen gleichfalls reichlich 
vorhandenen Waldſämereien würde dann vielleicht auch eine 
gewiſſe Menge zur Verſorgung unſerer Forſtwirtſchaft zurüd. 
geſtellt werden dürfen. Denn zweifellos hat unſere Wald. 
ſameninduſtrie noch lange mit Saatgutmangel zu rechnen. 
Und ebenſo zweifellos wird fid) der Übergang zur Friedens ⸗ 
wirtſchaft im deutſchen Walde durch vermehrtes Säen und 
Pflanzen ankünden müſſen. 

Recht beachtenswert iſt hier u. a. ſchließlich noch die 
Schnelligkeit, mit der der Wald von zerſtörtem oder brad: 
liegendem Kulturgelände Beſitz ergreift. Denn die ungeheu- 
ren Flächen verbieten hier eine fo reſtloſe Ausnutzung dei 
Ackerlandes durch die Truppen, wie diefe an der Weſtfront 
die Regel war. Vor allem hat die Birke ſchon von weiten 
Strecken Beſitz ergriffen. Sie bildet unter Gras: und Un 
krautwuchs große zwei- bis dreijährige Beſtände, oft von 
lückenloſer Beſchaffenheit, auf unſeren jetzigen Pferdeweide⸗ 
plätzen. 


Für die Redaktion Ven für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer, 


für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen — Für die Inſerate verantwortlich: J. Sauerländers Verlag 
Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. M. — Paul Schettlers Erben, G. m b. H., Hofbuchdruckerei in Cöthen (Anh.) 


Allgemeine 


forf- und Jagd- Zeitung. 


Herausgegeben 
von 
Dr. Karl Wimmenauer und Dr. Heinrich Weber 
Geh. Forſtrat u. Profeſſor d. Forſtwiſſenſchaft i R. ordentl. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft 


an der Univerſität Gießen. 


Dreiundneunzigſter Jahrgang. 


1917. Oktober / Aovember. 


Frankfurt am Main. 
J. D. Sauerländer's Verlag. 


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Preiſe: Seite 60. 


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9 


— — — 


Abſterbende Schwarznußbänme. 
Von Forſtmeiſter Rebmann in Straßburg. 

Im Sommer 1915 bemerkte Förſter Ley zu 
Forſthaus Breitlach, daß in einem 1896 durch Saat 
begründeten und ſeither prächtig gedeihenden Horſte 
in Abt. 71 des Straßburger Rheinwaldes mehrere 
Bäume dürre Gipfel bekamen und von oben her- 
unter abſtarben. Bei anderen Bäumen ließ ſich 
am ſchlecht entwickelten Aſt⸗ und Blattwerk erkennen, 
daß die Bäume krank ſeien und das gleiche Los ſie 
ſpäter treffen würde. Tatſächlich vergrößerte ſich 
auch 1916 die Zahl der kränkelnden und abgeitor- 
benen Bäume. Herr Landforſtmeiſter Pilz teilte 
mir dies mit und bat mich nach der Urſache zu for— 
ſchen. Es war dies im Juli vorigen Jahres. 

Da z, Zt. dieſer außerordentlich wertvolle Baum 
in größerer Zahl kultiviert wird und dieſes fo un- 
erwartete Vorkommnis mich — als einen der größten 
Züchter dieſer Holzart — beſonders nahe berührt, 
fühle ich mich verpflichtet, das Ergebnis der bis— 
herigen Forſchungen mit der Bitte zu veröffent— 
lichen, es mögen auch andere Züchter ihre Be— 
obachtungen in dieſer Beziehung möglichſt bald 
mitteilen, um dieſe für die Zukunft des Baumes 
ſo wichtige Frage in der nächſten Zeit aufzuklären. 


Einige Tage nach der Mitteilung beſichtigte ich 
mit dem Belaufsförſter Ley den damals 21-jährigen 
Nußhorſt. Wir ließen einige abgeſtorbene und 
kranke Bäume fällen, auch Wurzeln ausgraben, um 
nach der Urſache der Erkrankung zu forſchen. An 
Rinde, Holz, Ait- und Blattwerk fanden wir weder 
Inſekten noch Pilzbeſchädigungen, welche das Ab- 
ſterben verurſachen konnten. Die oberen Aſte und 
der Gipfel waren ganz dürr, weiter abwärts fanden 
ſich im Schaft noch Spuren von Saft; nach unten 
hin nahm derſelbe ſtändig zu, ſo daß der unterſte 
Stammteil — in einer Länge von 2—3 m — noch 
grün und voll Saft war. Es fanden ſich ſogar an 
mehreren abgeſtorbenen Bäumen am unteren Schaft 
noch friſche Schöſſe vor, was unter normalen Ber- 
hältniſſen bei J. nigra nie vorkommt. Man hatte 
den Eindruck, als ſeien die Bäume in der Saftmenge 
erſtickt. Nun ging es an die Unterſuchung der Wur- 
zeln. In der oberen fruchtbaren ca. 40 cm tiefen 
Erdſchichte waren zahlreiche kräftig entwickelte Seiten⸗ 
wurzeln vorhanden, die anſcheinend geſund waren. 
Doch fanden ſich hier und da am Ende der Wurzel 


1917 


Oktober / november 1917 


—— — — ͤ ́uw—k—ä— e —— — — — — — 
— — —— —— Bu: 


— — — 


= 


— — — — — — — — — 


— + 


kranke abgeſtorbene Teile, welche wir mitnahmen. 


Nach unten hin nahm der Sandgehalt zu, während 
die Seiten- und Faſerwurzeln auffallend fih ver- 
ringerten. Doch war der noch mit Lehm vermengte 
Boden bis auf 1,40 m Tiefe als gut anzuſprechen, 


Wurzel eines abſterbenden Schwarznußbaumes. 


jetzt ſtießen wir auf eine 10 — 12 cm dicke Flötzſand⸗ 

ſchichte, in welcher die Pfahlwurzel ſehr kümmerlich 

ausſah, ebenſo die wenigen Faſerwurzeln. Unter 

der Sandſchichte kam eine feſte Kiesſchichte, welche 
N ° 29 


2 


* 


der Wurzel Halt gebot. Gegen die Tiefe nahmen 
die kranken Wurzeln zu. Das Verhältnis kann viel- 
leicht 6 bis 10% betragen, aber genau läßt ſich dies 
nicht feſtſtellen. 

Da die ganze Wurzelbildung viel Intereſſe 
bietet und etwas zur Klärung der Frage beiträgt, 
ließ ich eine Wurzel ſorgfältig ausgraben, abwaſchen 
und hierauf photographieren. 

Es wird hierzu bemerkt, daß der Durchmeſſer 
am Wurzelhals 9,5 cm, dann 10 em abwärts 11, 
auf 20 cm 10, auf 40 cm 6 und auf 1 m Länge 2,5 cm 
betrug. Wie aus der Photographie zu erſehen iſt, 
befindet ſich das Hauptwurzelwerk im oberen Teil 
und fällt Manhem die horizontale Lage der Seiten: 
wurzeln auf. Ein Herr meinte ſogar, es ſei dies auf 
fehlerhaftes Pflanzen zurückzuführen. Er hat den 
Korrekturbogen in der Dendrol. Zeitſchrift wohl 
ſo flüchtig geleſen, daß er die Erklärung: der Horſt 
ſei ausſchließlich durch Saat entſtanden, ganz 
überſah. Die Ausbreitung von Wurzeln in Horizon- 
taler, ja ſogar in aufſteigender Richtung, iſt hier 
öfters zu beobachten und jeder Förſter und Wald— 
arbeiter kennt dieſe etwas abnorme Lage. In 
manchen Fällen läßt ſich dieſes Vorkommnis leicht 
erklären, ſo z. B. bei Kieslagen, Lettenſchichten, 
lockeren fruchtbaren Bodenſtellen uſw., aber manch— 
mal iſt die Urſache nicht feſtzuſtellen. | 

Blattwerk, verdächtige Stamm- und Aſtſtücke, 
ſowie kranke Wurzeln wurden mitgenommen, um 
‘fie im Botaniſchen Inſtitut und in Dahlem unter: 
ſuchen zu laſſen. Profeſſor Dr. Joſt, Vorſtand des 
Botan. Inſtituts, intereſſierte ſich derart für die 
Sache, daß er ſich die Wurzel bei mir anſah, alle 
Proben ſelbſt unterſuchte und mit mir hinausging, 
um ſich den erkrankten Horſt und die geſunden Teile 


Plan über die Lage des kranken Nusshorstes N 
7.172500. 


genau anzufehen. Wir nahmen dort, ſowie von | 
verſchiedenen andern Orten Wurzelproben mi, | 
um Vergleiche zwiſchen Wurzeln von kranken und 
geſunden Bäumen und von feuchtem und trocknerem 
Boden machen zu können. Herr Prof. Dr. Joſt teilte 
mir zunächſt mit, daß er weder Inſekten noch nennené 
werte Pilzbeſchädigungen, welche als Krankheit 
urſache angeſehen werden könnten, gefunden habe: 
dagegen ſtellte er feſt, daß viele Faſerwurzeln krank 
waren und bei einem erheblichen Teil die Wurzel 
haube fehlte. Nach weiteren Unterſuchungen ſchrieb 
er mir Ende Auguſt: „Die beiden Proben habe id 
unterſucht. Am beſten waren noch die Wurzeln von 
dem feuchteren Boden, allein auch bei ihnen fanden 
ſich nur ganz wenige gute Saugwurzeln. Darauf 
unterſuchte ich die Wurzeln unſerer Nigra im Garten. 
Hochſtehende ſichtlich ausgetrocknete waren ebenſe 
ſchlecht. Aber die im tieferen Boden befindlichen 
hatten ſehr reichlich Saugwurzeln. Ich komme zu 
dem Reſultat, daß die Bäume im Neuhofer Wald 
aus irgend einem phyſikaliſchen Grund, den ich nicht 
ſicher kenne, an ihrem Wurzelſyſtem leiden und des: 
halb zu Grunde gehen.“ Von der Kaiſ. Biologiſchen 
Anſtalt zu Dahlem traf am 1. September folgende 
Antwort ein: „An den Herrn Bezirkspräſidenten. 
Die eingeſandten Proben der Schwarznüſſe ließen 
bei der Unterſuchung nichts erkennen, was auf eine 
Jufektionskrankheit hinweiſt. Es konnten weder 
tieriſche, noch pilzliche Schädiger, auch nicht Bal 
terien in oder an den kranken Stamm, Zweig -und 
Wurzelſtücken nachgewieſen werden. Es dürften 
daher wohl die — wie aus dem Bericht des Hern 
Forſtmeiſter Rebmann zu erſehen ijt — ungewöhn⸗ 
lichen Grundwaſſerverhältniſſe oder ſonſtige örtliche 
Umſtände als Krankheitsurſache in Betracht kommen, 
die von hier aus nicht beurteilt werden 
können.“ 

Bei vielen Herren, die Erfahrungen 
über das Gedeihen der Waldbäume in 
Flußgebieten haben, wie Prof. D. 
Schwappach, Reg.⸗Dir. von Ritter, 
Oberforſtrat Siefert, Dr. Wimmer, Cr 
linger, Vill u. A. frug ich unter Scil: 
derung der Verhältniſſe an, ob fie Auf, 
ſchluß über die Urſache der Erkrankung 
geben könnten. Sie haben mir in ent 
gegenkommen⸗ der Art geantwortet. 
Ihre Anſichten gehen dahin, daß die 
Boden- und Waſſerverhältniſſe, ſowie 
der dichte Stand der Bäume die Urſache 
des Abſterbens ſein müßten. — Bevor 
dieſe Punkte zur Sprache kommen, foll 
die Lage des Horſtes, die Begründung, 
ſeitherige Pflege während meiner Dienit- 
zeit und der heutige Zuſtand kurz ge 


— — — — . — —— — — — . —— — n — — f —— — — — —— — — ——ß 
ye 


9 


* 


ſchildert werden, damit jeder Leſer ein klares Bild 
von den hieſigen Verhältniſſen be kommt. Über die 
örtliche Lage des durch Schraffierung bezeichneten 
Horſtes in Abt. 71 gibt der Situationsplan Aufſchluß: 

Die Fläche liegt zwiſchen dem Rhein und Haupt: 
rheindamm und zwar ſtößt die Oſtſeite des Horſtes 
an den dort durchfließenden 70—80 m breiten Napo⸗ 
leonsrhein. Ein alter Uferweg bildet die Grenze. 
Mehrere Altwaſſer durchziehen das Gelände. Eines 
liegt hart am Südrand der Fläche, iſt aber nicht ein- 
gezeichnet, damit die Horſtfläche beſſer hervortritt. Bei 
Hochwaſſer, das 5,2 m erreicht, wird die Fläche über 
ſchwemmt. Dies war 1896 und 1910 der Fall. Die 
Fläche liegt nach einer Augabe des Herrn Baurats 
Schneider!) 140,2 m überm Meere. Die Fläche ift aber 
nicht ganz eben, ſondern liegt verſchieden hoch. Die 
Uuterſchie de zwiſchen der höchſten und tiefſten Stelle 
fönnen ca. 1 m betragen. Der kranke Teil liegt nach 
einem von mir und Förſter Ley im Juli d. Js. vor- 
genommenen Nivellement 140,2 bis 140,7 ü. M. 
Der von der Rheinbaubehörde markierte Nivell. 
punkt diente als Anhalt. Den Boden hielten wir für 
die Anzucht der J. nigra geeignet, denn es jtanden 
auf der Fläche prachtvolle Alteichen, die ein Wirbel: 
ſturm dort niederwarf. 

An Stocklöchern, ſowie an dem ſteil abfallenden 
ler des Napoleonsrheins konnte man ſehen, daß 
bis auf eine Tiefe von 1,30 bis 1,40 m fruchtbarer 
Boden vorhanden war. Wir unterſuchten daher 
den Boden — wie es ſonſt hier üblich iſt — nicht in 
Bezug auf den Untergrund. Der Horſt wurde 1896 
durch Gtreifenufaat im Verb. zu 1,30 be- 
gründet; platzweiſe iſt der Verband enger, weil auf 
den eingeebneten Stocklöchern mehr Früchte ein— 
geſtuft wurden, um für Fehlſtellen Pflanzen an 
der Hand zu haben. Ein Nachbeſſern war aber nicht 
nötig und ſo blieben ſämtliche Pflanzen ſtehen. Die 
Kultur litt ſehr häufig durch Spätfröſte. Innerhalb 
der Jahre 1896—1915 waren nur 3 ganz froſtfreie 
Jahre, in allen andern trat mehr oder minder ſtarker 
Froſtſchaden ein. Beſonders ſchlimm waren die 
Fröſte in den Jahren 1900, 02, 04, 11 und 14. Auch 
Unkrautwuchs, beſonders Gras und Schlingge— 
wächſe bedrängten die Pflanzen mächtig. Aber die 
Kultur wurde gepflegt, die Froſtſchäden heilten ſich 
aus und der Horſt entwickelte ſich nach wenig Jahren 
zu einem der ſchönſten des ganzen Waldes. Der 
Wuchs war vorzüglich, in feucht warmen Sommern 
konnte man Gipfeltriebe von 1,50 bis 1,80 m ſehen. 
Schon mit 10 bis 12 Jahren trat Schluß ein und 
hatten die meiſten Stämmchen aſtreine Schäfte. 


Herrn Baurat Schneider hier verdanke ich viele wert— 
volle Angaben über den Rhein und die Waſſerſtände, ſowle 
Höhenlage des Terrains ꝛc. Die Angaben beziehen ſich auf 
das Straßburger Gebiet km 120 bis 130. 


19 


Der Horſt war aufangs ganz rein, nur am Waſſerrand 
iſt regia vorhertſchend, im übrigen nur ganz ver- 
einzelt eingemiſcht. Unterholz war nicht vorhanden, 
aber bei dem lichteren Stande hat ſich in den letzten 
Jahren Hafel-, Schwarz- und Weißdorn, auch wilder 
Hopfen uſw. eingeniſtet. Da noch keine Durchreiſe⸗ 
rungen oder Durchforſtungen ſtattgefunden haben, 
ſteht das Holz ſehr dicht — beinahe genau, wie zur 
Kulturzeit. Infolge der dichten Stellung bedrängen 
ſich die einzelnen Exemplare, die Krone kann ſich 
nicht entwickeln und bleibt klein und ſchwach. Nur 
einzelne Bäume — etwa der dritte Teil — haben 
beſſer entwickelte Kronen und kräftigere Schaftbil- 
dung. Im Juli 1916 fanden wir dort Höhen von 
6 bis 11 m und Durchmeſſer von 4 bis 13 cm auf 
Bruſthöhe. Die ſchwächeren Bäume haben 4 bis 8, 
die ſtärkeren 9 bis 13 cm Durchmeſſer und ent- 
ſprechend größere Kronen. Hier und da bedrängen 
ſich aber auch die dominierenden Bäume, ſo daß 
auch dieſe dann kleinere Kronen haben. Im Jahre 
1917 hat ſich die Zahl der kranken Bäume noch 
etwas vermehrt. Das Kümmern und ſpätere Ab⸗ 
ſterben erſtreckt ſich, wie wiederholte Beſichtigungen 
ergaben, ausſchließlich auf Bäume mit 
ſchwach entwickelter Krone. Die auf 
der 4 a großen Fläche freier ſtehenden Bäume mit 
gut entwickelter Krone und kräftigem Schaft ſehen 
noch ziemlich gut aus und werden wohl durchkommen. 
Beachtenswert iſt der Umſtand, daß der Höhenwuchs 
in den letzten 4 bis 5 Jahren erheblich nachgelaſſen 
hat. Ob die Boden- und Waſſerſtandsverhältniſſe, 
die Fröſte von 1911 und 1914 und die dadurch ente 
ſtehende Gipfelform oder der dichte Stand der 
Bäume, der ja mit jedem Jahr unheilvoller wirkt, 
die Urſachen ſind, kann erſt ſpäter feſtgeſtellt werden. 
Nach meinen Beobachtungen in den letzten Jahren 
glaube ich aber, daß dem dichten Stand die Haupt- 
ſchuld beizumeſſen iſt. Der hervorragend tüchtige 
intelligente Förſter vertritt ſchon lange die Anſicht, 
daß nur der dichte Stand Urſache der Erkrankung 
ſei. Gehen wir nun auf die in Betracht kommenden 
Verhältniſſe näher ein. | 
1. VBodenverhältniſſe. 

Im früheren Flußgebiet haben wir es mit 
Alluvialboden zu tun, deſſen Güte ganz auker- 
ordentlich wechſelt. Höhenlage, Bodenmiſchung, 
Tiefgründigkeit, jowie Untergrund und Waſſerver— 
hältniſſe geben hier den Ausſchlag. Ortsweiſe finden 
wir ſehr fruchtbaren tiefgründigen Boden, oft ane 
ſtoßend beinahe ertragloſe Sand- und Kiesbänke. 
Die Mächtigkeit der guten Bodenſchichte ſchwankt 
zwiſchen 0,15 bis 3 m, ſelten ſind Flächen mit tieferem 
fruchtbaren Boden. Hektargroße Flächen mit gleich 
gutem Boden gibt es im oberen Rheingebiet nicht 
viel. Rheinabwärts werden aber die Verhältniſſe 


aue 


220 


weit beſſer. Meiſt trifft man in der oberſten Schichte 
mergelähnlichen Schlick, dann folgt Mergelſand und 
hierauf Kies. Dies ift das am häufigſten vorfom- 
mende Bodenprofil. Wo dieſe Miſchung vorkommt, 
iſt der Boden und auch die Kiesſchichte locker; wo 
aber Lehm, Ton, Letten oder Kalk das Bindemittel 
bilden, wird der Boden ſtreng, kalt, naß und der 
kieſige Untergrund gleicht dann mitunter einer 
betonartigen Maſſe, welche das Eindringen der 
Wurzeln und das Durchſickern von Waſſer unmög— 
lich macht. 

Den Untergrund bilden diluviale, meiſt mit 
grauem Quarzſand vermiſchte Geröllmaſſen, welche 
in große Tiefen — nach den neueſten Bohrungen 
bis 122 m — hinabreichen. Der Kies, hier noch nuß— 
bis fauſtgroß und noch dicker, wird rheinabwärts 
immer kleiner. Bei Speyer iſt er noch erbſengroß, 
bei Worms findet man nur noch Sand. Hier tritt 
der Kies ſelten zutage, beinahe überall iſt er von 
einer, wenn auch noch ſo dünnen Schicht von Schlick 
oder Sand überzogen. In der Kiesſchichte fließt 
der fo wichtige Grund waſſerſtrom. 

Bei unſerem Horſt haben wir es mit humoſem 
mergelartigem fruchtbarem Boden zu tun, nach unten 
hin nimmt der Sandgehalt zu, doch iſt auch dieſe 
Schichte, die bis 1,40 m hinabreicht, immer noch als 
guter Boden anzuſprechen. Dann kommt freilich 
eine unfruchtbare Flötzſandſchichte und hierauf Kies. 
Wir ſehen hier, daß eine Bodenunterſuchung auf 
1,50 m nicht immer genügt. Wir müſſen bei J. nigra 
offenbar weiter hinabgehen und vielleicht über 2 m 
Tiefe den Boden unterſuchen. 

Herr Prof. Dr. Schwappach, der als Leiter des 
Verſuchsweſens wohl die größten Erfahrungen auf 
dieſem Gebiete hat, ſchreibt mir: „daß Schwarz— 
nüſſe auf gutem, lehmigem Boden in den erſten 
Jahren vortrefflich wuchſen, aber im Wuchſe nach— 
ließen, als die Wurzeln auf feſtere Lehm und 
Mergelſchichten kamen. Schließlich würden die 
Pflanzen kümmern und abſterben. Es ſtimmt dies 
mit kleinen Verſuchen, die ich auf verſchiedenen 
Bodenarten machte, überein.“ 

2. Waſſerverhältniſſe. 

Von den atmoſphäriſchen Niederſchlägen — die 
hier im Mittel 671 mm bei Schwankungen von 
467 bis 940 betragen — abgeſehen, beeinfluſſen die 
beiden Parallelflüſſe Rhein und Ill mit zahlreichen 
Nebenarmen und Altwaſſern mächtig die Waſſer— 
verhältniſſe. Oberhalb Straßburg liegen die Flüſſe 
5 bis 7, bei Schlettſtadt und Colmar 13 bis 14 km 
auseinander. Zur Beurteilung unſerer Frage iſt es 
nötig, auf frühere und die heutigen Verhältniſſe 
hinzuweiſen und follen vor allem die Rheinſtände, 
das Grundwaſſer und die Überflutungen beſprochen 
werden. 


a) Rheinſtan d. 

Vor der Rheinkorrektion, welche hier 1842 br. 
gann, beſtanden — wie alte Karten beweiſen — 
zahlreiche Flußarme, welche das Rheinwaſſer ab 
führten. Das Gefäll wurde durch die vielen Win. 
dungen der Waſſerläufe gemindert, ſo daß der 
Waſſerſtand viel gleichmäßger ſein mußte, als nat 
der Korrektion. Auch der Grundwaſſerſtand war 
nach Mitteilungen alter Leute, die Ziehbrunnen 
beſitzen, damals gleichmäßiger. Dem Baumwuch⸗ 
ſcheinen die früheren Verhältniſſe zuträglicher ge— 
weſen zu fein, als die jetzigen, denn wir finden au 
geringeren Böden tatſächlich noch ſchöne alte Cider 
und Eichen, während wir heute ſolche Holzart: 
dort nicht mehr fortbringen. Es ſcheint, daß da: 
Wurzelwerk an den offenbar höher liegenden und 
gleichmäßigeren Grundwaſſerſtand ſich aupaßte und 
die Bäume nicht darunter litten, ſondern vortreſf 
lich gediehen. 

Nach vollzogener Korrektion — 1872 — und 
ſchon vorher bei den Rheindurchſtichen, änderten 
ſich diefe Verhältniſſe. Das Waſſer floß viel ſchneller 
ab (hier etwa 15 km pro Stunde) und ſehr erheblich. 
Schwankungen, die 1 bis 6 m betragen, jtellte 
fich ein,ſo daß unſere Waldungen bald unter Zrodhi:. 
bald unter Näſſe zu leiden hatten. In Jahren mi 
niederem Rheinſtand, wie 1893 bis 1895 und 1903 
litten die Kulturen ſehr not und ſelbſt alte Eichen 
Eichen, Rüſtern ꝛc. wurden Dürr und ſtarben ab. 
Bei hohem Waſſerſtand haben wir Überfluß o 
Feuchtigkeit, welche ebenfalls ſchädlich wirkt, be 
ſonders wenn der hohe Stand, wie 1910, viel 
Wochen anhält. 

Seit ca. 10 Jahren erſtrebt man der Schiffahrt 
wegen einen gleichmäßigeren Waſſerſtand dur 
Anlegung von Buhnenbauten zu erhalten und he 
dieſes Biel bis über die Kehler Rheinbrücke hia: 
erreicht. 

b) Grundwaſſerverhältniſſe. 

Über den Einfluß des Grundwaſſers auf t: 
Gedeihen der Holzarten habe ich in der Literath 
nichts gefunden. Nun hörte ich von einem Jon 
beamten, der in Tharandt ſtudiert hatte, daß mar 
dort Verſuche über den Einfluß des Bodenwaſſerk 
auf das Gedeihen der Pflanzen gemacht habe. In 
wandte mich alsbald dahin. Herr Prof. Dr. Bare 
ſchrieb in febr liebenswürdiger Art unterm 14. Ctt. 
daß ſolche Verſuche nicht gemacht worden fer 
Er könne ein Urteil nicht abgeben. we 

Aber feine allgemeinen Bemerkungen find ! 
belehrend, daß ich dankbar dafür bin und mu dl 
ſtatte, dieſelben im Intereſſe der Sache zu veröfſeln 
lichen. Er ſchreibt: | 

„Ganz allgemein können Baumbeſtände dan 
ernde Anderungen des Grundwaſſerſtandes in ihre! 


— — ———— — 


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1 


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— 


221 


Wurzelraume ſchwer oder gar nicht ertragen. Dies 
it nach meiner Erfahrung lediglich darin begründet, 
daß ſich das vorhandene Wurzelſyſtem einem be- 
ſtimmten mittleren Grundwaſſerſtande durchaus 
anpaßt und verſagt, ſobald ſich der Waſſerſtand be⸗ 
rächtl'ch ändert, gleichgiltig, ob dieſe Anderung in 
einem Steigen oder Fallen beſteht. Die Bäume 
erkranken ausnahmslos bei ſolcher Anderung, und 
es kann nur abgewartet werden, ob ſie genügende 
Kraft beſitzen, ſich den neuen Verhältniſſen anzu⸗ 
paſſen. Dies iſt im allgemeinen um ſo eher zu er- 
warten, je geringer die Anderungen und je jünger 
die Bäume ſind. 

Weſen tlich iſt, daß ein Standort, auf welchem 
ein Beſtand einer beſtimmten Holzart wegen Ver— 
änderung des Grundwaſſerſtandes abgeſtorben iſt, 
für einen neu begründeten Beſtand derſelben Holz- 
art, deſſen Wurzeln ſich den neuen Verhältniſſen 
aupaffen, recht wohl je nach Umſtänden ein yer- 
züglicher Standort fein kann. Steigen und Fallen 
des Grundwa ſſers können je nach Umſtänden den 
Standort beſſern, in ſeinem Ertrage nicht beein. 
fluſſen oder verſchlechtern; etwas Allgemeines läßt 
ſich hierüber nicht ſagen. —“ 

Eben ſo bieten die Mitteilungen des im Februar 
verſtorbenen Oberforſtrates Eßlinger, der viele Jahre 
im Rheingebiete war, viel Intereſſe und füge ich 
dieſe bei. Er ſchreibt mir im November 1916: „Wenn 
bei dem Abſterben der J. nigra, wie ich annehmen 
muß, Inſekten und Pilzſchäden, auch Wirkungen 
von Blitzſchlag ausgeſchloſſen ſind, bleibt als Urſache 
wohl nur abnormer Bodenzuſtand übrig. Nach 
meinen Erfahrungen vermag namentlich ein höherer 
Grundwaſſerſtand — wie Du auch vermuteſt — das 
Wurzelwachstum ungünſtig zu beeinfluſſen teils 
durch Herabſetzung der Wärme, ganz beſonders aber 
durch Behinderung der Luftatmung. Die Wider- 
ſtandskraft der einzelnen Holzarten gegen anhaltende 
Bodennäſſe ift ſehr verſchieden. Am beſten ver- 
tragen ſolche Papp eln und Weiden, dann Stieleiche, 
auch Rüſtern, namentlich effusa. Da die Schwarz— 
nuß nicht zu den einheimiſchen Holzarten des Aus: 
waldes mit wechſelnden Waſſerſtänden gehört, wird 


Seal: Profil durch die Rheinebene bei Straßburg 
Abhandlung des Landesgeologen Dr. E. Schumacher 


Truchlersheim 
Hausbergen 
Münster 
Strassburg 
Kinzig 
Wilistetl 
Appenweier 
>» Durlach 


u on UIQ Yu 


ar 


Alvin. 2. Diluvium. 3. Tertiäre Meeres- Sedimente. 
Schwarzer Jura. 6. Keuper. 7. Trias⸗Muſchelkalk. 


ang der 
von 1895. 


4. Brauner Ju ra. 
8. Granit, Gneiß niw. Dr. 


ſie nach meinem Vermuten empfindlich ſein gegen 
länger dauernden hohen Grundwaſſerſtand, ſowie 
namentlich auch gegen ſtarke Schwankungen in dem 
Waſſergehalt des Untergrundes. Beſonders ſchäd— 
lich erweiſen ſich Waſſerſtauungen im Frühjahr 
3. Zt. des Wurzelwachstums, ſowie im Sommer 
während der lebhaften Vegetationszeit.“ 

In ähnlichem Sinne ſchrieb mir Regierungs- 
direktor von Ritter in Speyer kurz vor ſeinem Tode. 

Gehen wir nun auf die hieſigen Verhält⸗ 
nijfe näher ein. Den größten Einfluß auf die Feuch⸗ 
tigkeitsverhältniſſe des Bodens hat im Rheingebiet 
das Grun dwaſſer, welches hauptſächlich 
vom Waſſerſtand des Rheines abhängt. Der Rhein 
fließt etwa von Baſel bis Speyer größtenteils in 
einem Kiesbett, deſſen Sohle nicht überall feſtliegt. 
Im oberen Teile, wo das Gefäll größer iſt, wie hier 
— 96 cm, bei dem Wärterhans 66 cm auf 1 km — 
werden die Schichten aufgewühlt und rheinabwärts 
fortbewegt, die ſogenannten wandernden Kiesbänke. 
Wenn nun auch die Ufer jetzt durch Steinbauten 
feſtliegen und mehr oder minder verſchlammt ſind, 
ſo gelangt doch durch die Ufer und die Sohle des 
Rheins und teilweiſe auch der Ill eine Menge Waſſer 
in die Tiefe und in das Seitengelände rechts und 
links vom Rhein. Dieſer laugſam fließende mehr 
oder minder breite Grundwaſſerſtrom durchzieht 
die Rheinebene. Das Grundwaſſer ſoll nach ver- 
ſchiedenen Angaben 1) höher ſtehen, wie das Rhein- 
waſſer und deshalb in den Rhem abfließen. 

Für uns ijt wichtig, daß das Waſſer außer neun 
andern Beſtandteilen viel kohlenſauren Kalk (bis 
216,1), kohlenſaures Magneſium (bis 87,4) und 
Kohlſäureanhydrit (bis 110 m. g) auf 1 Liter Waſſer 
enthält. 

Zur beſſeren Beurteilung der Verhältnuiſſe im 
Rheintale jet hier ein Profil der geologiſchen Bil- 
dungen bei Straßburg?) beigefügt. 

In der muldenförmigen Diluvialſchicht ſammelt 
ſich das Grundwaſſer, weil die unterhalb liegenden 
tertiären und Juraſchichten das Durchſickern des 
Waſſers mehr oder weniger verhindern. Nach 
meinen Beobachtungen, die fich auf 15-jährige Pegel- 
beobachtungen ſtützen, ſteht das 
Grundwaſſer auf 3 bis 4 km Enter: 
nung vom Rheinufer in Beziehung 


2 zum Waſſerſtand des Stromes, d. h. 
coo g es ſteigt oder fällt mit dieſem. Am 
55 — 3 beſten können wir dieſen Enmfluß 
400 6 1) Dr. Krieger, Topographie von 
20 = Straßburg und Umgebung. — Dr. Schu- 
pe 2 mader, Landesgeologe, Abhandlung von 
400 E 1395. --- Berichte des Direktors Breſch 


vom ſtädtiſchen Waſſerwerk. 
2) Idcalprofil aus der Abhandlung von 
Schumacher, 1895. 


22: 


bei ſteigendem Rhein, beſonders bei Hochwaſſer, 
beobachten. Da tritt hinter dem Hauptrheindamm 
in 2 b's 3 Tagen das helle Grundwaſſer an die 
Oberfläche — (das Überflutungswaſſer ift ſchlammig 
und trüb) — und wird dann als Druckwaſſer 
bezeichnet. Alle tiefliegenden Stellen füllen ſich 
mit dieſem Waſſer an. Dasſelbe erſcheint z. B. in 
dem' 3 bis 5 km vom Rhein entfernten Faſanen— 
garten ſchon 2 bis 4 Tage nach dem höchſten Stand, 
ſtagniert je nach Witterung und Rheinſtand 3 bis 10 
und 14 Tage und verſchwindet dann wieder (durch 
Verſickern und Verdunſten). Es erſcheint ſogar 
weſtlich von andern größeren tiefen Waſſerläufen, 
z. B. dem Krummen Rhein, und muß demnach 
unter der Sohle dieſes Fluſſes durchfließen. 

Alle Hohlräume des Bodens werden mit dieſem 
kalten Waſſer angefüllt, es wirkt, wie ſtagnierendes 
Waſſer, auch in kürzerer Zeit recht ſchädlich. Jüngere 
Bäume bekommen gelbe Blätter und werden im 
Wuchs beeinträchtigt und Sämlinge, ſowie jüngere 
Pflanzen gehen unbedingt ein. So ſind beim Hoch— 
warjer 1910 durch Druckwaſſer mehrere 1000 Hykorys, 
J. nigra, Buchen uſw. zu Grunde gegangen. ) Die 
mangelnde Luftzirkulation und die Erkältung des 
Wurzelwerks werden die Haupturſachen ſein. 

Wie die Bodentemperaturen bei naſſen Jahren 
beeinflußt werden, geht aus mir gütigſt überſandten 
Zuſammenſtellungen der hieſigen meteorol. Station 
hervor. So ſind z. B. die Temperaturen bei 120 cm 
Tiere in den Jahren 1910, 12 bis 14 im Mai um 0,5, 
Juni 1,3, Juli 1,4, und im Auguſt um 3.1“ tiefer, 
als in denſelben Monaten von 1911. Die Durch— 
ſchnittstemperaturen betragen für April 7,9, Mai 
11,2, Juni 13,8, Juli 14,9 und Augnuſt 16° . 


— 10,7“. 


tragen in dieſen Monaten 9,6 — 9,9 — 10,3 — 10,5 
Die Schwankungen in den einzelnen 
Jahren ſind ſo klein, daß die Jahreszahl nicht erwähnt 
zu werden braucht. Wir ſehen daraus, daß das Grund: 
waſſer den Boden erkältet und hierzu kommt noch 
die durch Verdunſtung entſtehende Abkühlung. 


Einen beſonders hohen Waſſerſtand hatten wir 
1910, 12 14, 15 und 16 mit Höchſtſtänden von 4,38 
bis 5,78 m am Straßburger Pegel. An 530 Tagen 
hatten wir einen Rheinſtand von über 3 m, während 
dies in den vorhergehenden 5 Jahren nur an 325 
Tagen der Fall war. Das Grundwaſſer ſtand dem— 
nach auch in den Jahren 1910, 12 ıc ſehr hoch. 


Es liegt nun die Frage nahe, ob der hohe Waſſer' 
ſtand nachteilig auf das Gedeihen der Nüſſe wirken 
konnte? Herr Baurat Schneider hatte die Güte, 
mir die nötigen Zahlen über den Waſſerſtand des 
ca. 400 m oberhalb liegenden Wärterhauſes, ſowie 
über die Meereshöhe des Geländes beim Nußhor't 
und andere wertvolle Notizen zu geben. Hiernach 
beträgt der mittlere Sommerwaſſerſtand, welcher 
die Monate April bis September einſchließlich um— 
faßt, im Zeitraum 1896 bis 1916 — 335 m. Da 
der 0 Punkt des dortigen Pegels 135,26 m hoch liegt, 
jo beträgt die Meereshöhe 135,26 -+- 3,35 138,61 m. 


Die Juniwaſſerſtände find aber 35 cm höher, 
alſo 138,96 m. Aus den Zahlen können wir leicht 
ermitteln, ob die Pfahlwurzeln der kranken und 
abgeſtorbenen Bäume das Grundwaſſer erreichten 
oder nicht. Die ausgegrabenen Wurzeln hatten eine 
Länge von 1,40 bis 1,50 m. Nehmen wir an, daß 
die Wurzeln 1,40 lang ſind und das Grundwaſſer 
beim Nußhorſt 30 cm tiefer ſteht, als am Pegel, ſo 


Die Temperaturen des Grundwaſſers ?) be- ergibt ſich Folgendes: 
Mittlerer Sommer Höhe Höhe Die Wurzel reicht 
Waſſerſtand des Grund- des Grundw. hinab bei 
x beim waſſers im Juni hohem tieferen ‘ 
z : : emerkungen 
. Stromwärterhaus ab 30 em + 5 om Gelände N 9 
Kegel m Meereshöhe m 
Se er ee a ar a A = 2 une S ne 2 —— — 8 . e nen 
1910 3,76 139,02 135,72 139,07 140,7 — 1,4 = 130,3 
| 140,2 — 14 = 1888 
12 3,30 138,65 138,35 138,70 | i oe: 
7 | Das Terrain ſteigt gleich 
14 3,8 139,13 138,3 139,1% 30,0 3,80 Er 
í : e . mäßig gegen Weſten Bin. 
15 3,51 138,77 138.47 138.82 ſo daß jede Höhenlage 140,2 
140,3 uſw. eine gleich große 
6 55 138,81 138,51 138,86 Fläche einnimmt. 


D) Rebmann, Dendrologiiche. Zeitichrift von 1910 
und 11.— Abhandlung v. Wil. Naturwiſſenſchaftl. Zeitſchrift 
für Land: und Forſtwirtſchaft, 1900, 1910. Jahresbericht des 
pfälziſchen Forſtvereins von 1904, 


2 


2) Aus den Berichten des Waſſerwerks von Direkter 
Breſch, 1907-14. 


0 . —ñ ë j ˙ à ll 


b 


2 


Hieraus geht hervor, daß die Pfahlwurzeln von 
hochſtehenden Bäumen bei mittlerem Sommer- 
waſſerſtand das Grundwaſſer nicht erreichten, jene 
von tief liegenden Stellen aber 1914 ins Waſſer 
kamen. Greift man aber einzelne Monate, z. B. 
Juni mit 35 cm höherem Stande, heraus, fo ge: 
italtet fich das Verhältnis fon anders. Die Wurzeln 
der tiefſtehenden Pflanzen waren, mit Ausnahme 
von 1912, in allen andern Jahren im Grundwaſſer. 
Eben ſo wird es auch teilweiſe im Juli, der auch hohe 
Waſſerſtände hat, geweſen ſein. Man darf wohl 
annehmen, daß der hohe Waſſerſtand nachtei— 
lige Folgen hatte, idon die kümmerlich ent- 
wickelte Wurzel im unterſten Teil weiſt darauf hin. 

Das ſchlimmſte Jahr war jedenfalls 1910 infolge 
des Monate lang anhaltenden Hochwaſſers. So 
hatten wir hier im Jimi 17, Juli 30, Auguſt 13 und 
September noch 6 Tage mit einem Waſſerſtand 
von über 3,90 m und ſtanden an dieſen 66 Tagen 
die meiſten Wurzelſpitzen im Waſſer. Ahnliche Ver: 
hältniſe lagen 1914 vor. An 142 Tagen hatten wir 
Waſſerſtände von über 3,10 m, ſo daß auch in dieſem 
Jahre die Wurzeln häufig ins Waſſer kamen. 

Der nachteilige Einfluß des hohen Grundwaſſer— 
ſtandes mag noch durch die naßkalten, regenreichen 
Sommermonate April bis Juli der Jahre 1914 bis 
1916 vermehrt worden ſein. So fielen in dieſer 
Zeit 924,8 mm Regen, in den gleichen Monaten 
der drei vorhergehenden Jahre nur 702,1 mm. 

Nach den Angaben verſchiedener Herren ſoll 
das Grundwaſſer höher ſtehen, als der Rhein- 
ſpiegel. Ich habe darauf keine Rückſicht genommen, 
weil ich Zweifel hege, ob dieje Annahme bei ho hem 
Rheinſtande zutreffend iſt. 

c) Überflutungen. 

In den Flußgebieten der E ene bietet ſich reich— 
lich Gelegenheit über derartige Beſchädigungen 
Studien zu machen. Es liegen auch hierüber mehrere 
Abhandlungen vor; ich möchte aber hier nur auf 
zwei neuere Artikel von Forſtmeiſter Vill und 
Dr. Anderlind !) hinweiſen und bemerken, daß fie 
mit meinen langjährigen Beobachtungen im mitt- 
leren — (1864/65 bei Worms, 1870 in Speyer) — 
und oberen Rheingebiet — (1890 bis jetzt) — über⸗ 
einſtimmen. 

Das Verhalten der einzelnen Holzarten gegen 
berſchwemmungen iſt ja recht verſchieden und 
manchmal überraſchend. So ſind im Plobsheimer 
Rheinwald zwei jetzt etwa 65 jährige Kiefernhorſte, 
die im Überſchwemmungsgebiet liegen und bei 
jedem höheren Waſſerſtand überflutet werden. 


D Vill, Naturwiſſenſch. Zeitſchrift für Forſt⸗ und 
Landwirtſch., 1911. — Dr. Anderlind, Darſtellung des 
Verhaltens der Holzarten zum Waſſer. Juli. Heft der Forſt⸗ 
und Jagdzeitung, 1916. 


22 


3 


Wochen-, ja monatelang jah ich diefe metertief im 
Waſſer und konnte niemals einen nachteiligen Cin- 
fluß konſtatieren. Dagegen traf ich Fichten, die 
ſonſt gegen feuchten Boden nicht empfindlich ſind, 
ihon bei Überflutungen, die 10 bis 14 Tage an- 
dauerten, eingehend. Es kommen hier tatſächlich 
kurioſe Fälle vor. Dies nur nebenbei, denn hier ſoll 
vom Verhalten der J. nigra die Rede ſein. 

Profeſſor Dr. Wimmer ſchrieb mir, daß die 
Schwarznüſſe in Karlsruhe und Philippsburg unter 
der Näſſe nicht gelitten hätten. 

Forſtmeiſter Vill teilt Folgendes mit: 

„Nach dem Hochwaſſer 1910 ſind eine große 
Anzahl von damals fünfjährigen Nußpflanzen ein- 
gegangen — andere kümmerten und entwickelten 
ſich ſchirmförmig. Zu der 1911 in Landau ſtatt— 
findenden landwirtſchaftlichen Verſammlung ließ 
ich 20 Stück ſchöne, anſcheinend ganz geſunde, 
Pflanzen ausheben, um ſie dort verpflanzen zu 
laſſen; dabei zeigte es ſich, daß vielfach die feinen 
Faſerwurzeln und ein Teil der Pfahlwurzel ab- 
gefault waren und ſich nur ganz unten am Stämm— 
chen neue Saugwurzeln gebildet hatten. Inzwiſchen 
ſind keine Pflanzen mehr eingegangen.“ Vill glaubt, 
daß der hohe Waſſerſtand die Hauptſchuld am Ab: 
ſterben trage. 

Im allgemeinen hängt bei dieſer Frage der 
Schaden zunächſt von der Dauer der Über- 
ſchwemmung, ſodann vom Alter und der Entwick— 
lung der Pflanzen und Bäume ab. Kürzere nur 
einige Tage anhaltende Überflutungen können wohl 
die meiſten Bäume, ſofern ſie geſund und kräftig 
entwickelt ſind, ertragen. So habe ich in dem Reviere 
Roxheim bei Worms, das alljährlich mehrmals 
überſchwemmt wurde, niemals einen abgeſtorbenen 
Baum getroffen. Die Wuchsverhältniſſe waren 
freilich auf dem vorzüglichen Schlickboden ganz 
unglaublich. Mit 60 Jahren erreichten Eichen Durch— 
meſſer auf Bruſthöhe von 1 40 bis 1.60 m. Niemals 
in meinem Leben fab ich etwas Ahnliches!“ 

Auf den meiſten heutigen Waldböden ſind die 
Verhältniſſe anders. Bei länger dauernden Über- 
ſchwemmungen leiden viele Arten Not und zeigen 
nach den Mitteilungen von Eßlinger, Vill und 
Dr. Anderlind ein ſehr verſchiedenes Verhalten. 

Gut entwickelte Schwarznüſſe und die gegen 
Näſſe empfindliche Buche haben mehrtägige Über- 
flutungen, ohne Schaden zu nehmen, ertragen; 
Sämlinge und einjährige Pflanzen gingen aber ein. 
Die 1910 im Juni fünf und im Juli zwei Tage an- 
haltende Überſchwemmung der in Abt. 70 und 71 


1) Das Revier Roxheim wurde parzelliert und ver- 
kauft. Ich war beauftragt, alle Arbeiten zu machen, daher 
meine genanen Kenntniſſe dieſes unvergleichlichen Waldes. 
1864— 1865. 


liegenden damals 12 bis 14 jährigen nigra- und regia- 
Horſte ſchienen einen Nachteil nicht erlitten zu haben. 
Es ijt aber möglich und wahrſcheinlich, daß die hohen 
Sommerwaſſerſtände von 1912, 13 und 14, ſowie 
die naßkalten Sommermonate zur Erkrankung bei» 
getragen haben. So iſt deutlich zu beobachten, daß 
Gipfel. wie Seitentriebe dieſer Jahrgänge, jowie 
die von 1915—16 erheblich kleiner ſind, als die 
in früheren Jahren. Und 1917 will les Ende Juli 
ſcheinen, als würden die Triebe noch kleiner bleiben. 

Bei dieſer Sachlage iſt ein Rückblick auf frühere 
Verhältniſſe am Platze. Wir haben im Straßburger 
Gebiet 115 meiſt gut entwickelte 80 bis 85 jährige 
Schwarzuußbäume. Darunter befanden ſich 17 
Prachtexemplare mit Durchmeſſern von 65 bis 93 cm 
und Höhen bis 38 m. Nur die von raſchwüchſigen 
Holzarten eingeengten und unterdrückten Exemplare 
ſind ſchwächer entwickelt.!) Als diefe Bäume ge- 
pflanzt und erzogen wurden, gab es noch keine 
Rheindämme und iſt die Annahme berechtigt, 
daß ſie öfters in der Vegetationszeit überflutet 
wurden. Es iſt auch wahrſcheinlich, daß die Über- 
flutungen länger dauerten, als jetzt. Die Gründe 
ſind ja naheliegend. Selbſt nach der Korrektion ſind 
Überflutungen eingetreten; ſo daß die Gegend 
manchmal einem großen See glich. Wie oft habe 
ich dies von den Bergen aus in den 70 er und 80 er 
Jahren geſehen. 

Alle diefe Überſchwemmungen haben die er- 
wähnten Bäume, die meiſt in tief liegendem Ge- 
lände ſtehen, — nach dem heutigen Ausſehen zu 
ſchließen — ohne Nachteil überſtanden. Freilich 
brachte auch jede Überflutung mehr oder weniger 
fruchtbaren Schlick mit. Unwillkürlich drängt ſich 
die. Frage auf, weshalb die Bäume, ohue Schaden 
zu nehmen, durchkamen? 

3. Dichter Stand. 

Über die nachteiligen Wirkungen einer zu dichten 
Beſtockung beſtehen unter den Forſtwirten wohl 
keine Meinungsverſchiedenheiten. Schon in alten 
Forſtordnungen wird darauf hingewieſen, aber erſt 
vor einem Jahrhundert haben unſere Altmeiſter 
Hartig und Cotta die Lehren vom Waldbau wiſſen⸗ 
ſchaftlich ausgebaut. Was dieſe ausgezeichneten 
Männer über zu dichten Stand ſchreiben, ift vors 
züglich und für alle Zeiten zutreffend, weil dieſe 
Beobachtungen der Natur abgelauſcht ſind. Seither 
wurde durch Verſuche die Lehre von der Waldpflege, 
insbeſondere den Durchforſtungen ſo gründlich in 
Wiſſenſchaft und Praxis behandelt, daß für unſere 
ein heim iſchen Holzarten keinerlei Zweifel 
über die Wichtigkeit der Hiebsart und die Art und 
Weiſe der Ausführung beſtehen. 


1) Rebmann, 
und Jagdzeitung, S. 266. 


Auguft, Artikel von 1912 der Forſt⸗ 


Für die fremdländiſchen Holzarten 


fehlen aber die auf längere Zeiträume ſich ſtützenden 


Erfahrungen, insbeſondere auch hinſichtlich des 
Verhaltens der einzelnen Arten gegen Licht und 
Schatten. In den mir bekannten Abhandlungen 
finden ſich nur ſpärliche Notizen über dieſe Fragen 
und ſelbſt Dr. Mayr geht in ſeinem Werke übe: 
fremd ländiſche Holzarten ohne jedes Wort darüber 


hinweg. Und doch ift diefe Frage ungemein wichtig, 


denn Gedeihen, ja die Zukunft der Holzarten hängt 
davon ab. 
erwünſcht ſein, wenn ich meine Beobachtungen, die 
ſich immerhin auf einen B. jährigen Zeitraum cr: 


Es wird daher manchem Wirtſchafter 


ſtrecken, hier mitteile bezw. anf die Notizen ani: | 


merkſam mache. 

Die Schwarznuß iſt eine aus 
Lichtholzart und zwar von 
Jugend an. 


S geprägte 


Die Kulturen, welche ich der häufigen 


| 


frühelter | 


und intenfiven Spätfröſte wegen in den erer 
ſieben Jahren unter Schutzbeſtand erzog, haben 
mich und meine Förſter davon aufs klarſte überzeugt. 
Die gleiche Erfahrung haben andere Züchter auc 


gemacht. Nun haben wir in ganz Deutſchland, in 


| 


Oſterreich und den angrenzenden Ländern reicht 
Gelegenheit, den Baum in jedem Alter zu jeher | 


und Beobachtungen anzuſtellen. Da gewinnt man 
ſchließlich den Eindruck, daß der Baum Licht und 
Luft haben muß, um fih ſchön entwickeln zu 
können. Allenthalben, wo die Krone ſich nicht au: 
breiten kann, nimmt der Zuwachs in geradezu auf 
fallender Weiſe ab Meine Meſſungen, die im Augu 
heft 1912 dieſer Zeitſchrift veröffentlicht wurden, 
beweiſen dies auch. Und meine ſeither fortgeſetzten 
Erhebungen über das Dickenwachstum dieſer Hol; 
art haben dieſe Anſicht immer aufs nene beſtätigt. 


In unſerm kranken Horſt kann leicht feſtgeſtell 


werden, welchen Einfluß der dichte Stand hat 
Die Mehrzahl der Bäume ift kümmerlich entwickelt 
die Kronen find Hein, ſpitzen fih nach oben hin 3 


— — 


— — _ 


— — + 


— ähnlich wie ein Kirchturm — die Durchmeſſe: 


find gering; nur etwa ½ der Bäume winden jit 
durch und bekommen ſtärkere Kronen und Durd- 
meſſer. Wie anders ſehen gleich alte Pflanzen, die 


a —— 


— — 


freieren Wuchsraum haben, in Parkanlagen ode 
in Abt. 3 und die 8 bis 10 Jahre jüngeren in Abt.“ 


des Straßburger Waldes aus! Sie ſtrotzen ver 


oe - am 


Geſundheit und Lebenskraft und haben größere 


Dimenſionen erreicht. 
Einige Kollegen, die fih den kranken Horſt a 
ſahen und der Anſicht find, daß der dichte Stand de 


Haupturſache des Abſterbens fer, meinten, man ſoll 


derartige Kulturen in weitem 


Verband 


anlegen, um einem dichten Stand von Beginn m 


vorzubeugen. Das wäre meines Erachtens nic 
angebracht, denn mancherlei Nachteile wären de 


225 


Folgen. Bekanntlich wird die Schwarznuß nur auf 
jehr kräftigenn Boden angebaut und da hat man 
mit ſtarkem Unkraut und Graswuchs zu rechnen. 
J. nigra hat nun eine lichte Belaubung und muß in 
der erſten Zeit dichter ſtehen, um über das Unkrant 
Herr zu werden. In 5 bis 6 Jahren bringt fie dies, 
manchmal noch früher, fertig. Die Pflegekoſten 
ſind dann gering. 
Bei weitſtändigen Kujturen, die hier ja auch — 
aber aus anderen Gründen — gemacht wurden, 
erreichten die Pflegekoſten etwa die dreifache Höhe, 
wie bei dichterem Stande. Auch andere Nachteile, 
wie Ausdehnung in die Breite auf Koſten der Höhe, 
ſehlende Auswahl bei Durchforſtungen u. dgl. haben 
uns veranlaßt vom weiten Verband abzugehen. 
Bei Naturbeſamung von Eichen, Buchen, Tannen 
uj, iſt ja auch der dichte Stand als Regel anzuſehen. 
Oft ſtehen die Pflanzen ſo dicht, wie eine Bürſte; 
aber die Natur forgt für Beſeitigung des Überfluſſes 
durch den Unterdrückungsprozeß. Und wenn der 


Wirtſchafter mit Durchreiſerungen noch nachhilft, 
Dieſe Hiebe, 


ſo dauert der Kampf nicht ſo lange. 
wie die Durchforſtungen, find bei allen Juglans⸗ 
Arten, insbeſondere bei nigra dringend notwendig, 
Hamit die Krone jih entſprechend ausbilden kann. 
Der Wirtſchafter hat es ja in der Hand, hier 
eechtzeitig einzugreifen, es ift feine Pflicht, bei 
einer ſo eminent wertvollen Holzart alles zu tun, 
vas zu ihrem Gedeihen notwendig iſt. 

Es fragt fih nun, in welchem Zeitpunkt dieſe 
Hiebe eingelegt werden müſſen? Ein beſtimmtes 
Alter kaun wegen der Verſchiedenheit der Stand: 
rte — zumal in klimatiſcher Hinſicht, nicht anger 
eben werden; es muß hier der Zuſtand des Horſtes, 


eſonders der Höhenwuchs, die Gipfelform, kurz, 
| Einen ſicheren 
Inhaltspunkt für den Beginn dieſer Hiebe bietet 


as Geſamtausſehen entſcheiden. 


er Eintritt des Beſtandsſchluſſes. 
zn bis zwei Jahre ſpäter muß man jedenfalls mit 
en Durchforſtungen beginnen und fie öfters, etwa 
“Ue 4 bis 5 Jahre wiederholen. 
Ein dichter Stand der Bäumchen beeinträchtigt 
ber nicht nur die Ausbildung der Krone, ſondern 
uch in fühlbarer Weiſe die Ausbreitung der Wurzeln 
und ſomit die Ernährung der Pflanzen. Und 
as iſt auch ein wichtiger Punkt. Auf Stellen, wo 
‚tehrere Miteſſer da find, kommt eben auf jeden 
ur ein verhältnismäßiger Anteil und das ift bei 
nſpruchsvollen Holzarten von Bedeutung. 
Foörſter Ley machte mich auf zwei Horſte auf- 
nierkſam, die in dieſer Beziehung febr lehrreich find, 
nd möchte ich deshalb dieſe Fälle hier kurz erwähnen. 
Ein 10- und ein 25. jähriger nigra-Horft (in Abt. 
3) grenzten ans Feld, und waren die Randbäume 


fonder ſchön entwickelt und zwei. ja dreimal 


1917. 


dicker, als die im Horſte ſtehenden Bäume. Jeder 
Forſtmann findet dies natürlich und ſchreibt das 
ſtärkere Wachstum hauptſächlich dem vollen Licht- 
genuß, der Bodenwärme, Bodenbearbeitung und 
größeren Luftzirkulation im Boden ꝛc. zu. Aber 
hier ändert ſich auf einmal das Bild, wie Miteſſer 
auftraten und vor etwa 10 Jahren ein Lindenhorſt 
erzogen wurde. (Siehe nebige Zeichnung.) 
Nußhorſte in Abt. 78. 


J. regia und nigra 
Saat von 1893/94 
mit Kiefernſchutzbeſtand 
(Froſtloch) 


J. nigra- 
Saat von 1893/94 
. Verb. 1.50 
Unterbaut mit Buchen 


8 
ea en 1907 Ackerland he 1907 
Dar 
angeoflanit mit 


angeſäet ik. J. nigra 
pene he 


Streifenverband 
mit e e 
Ackerland 1,20 : 1,00. 11 8 weniger 


PE 


c 


“392g 1379416 VL vaya Bog 


Ackerland 


Wem. = Der weſtli 


liegende 
wie die am 


Tunnen- 


(aalvayupz) aalvammmııg M- —— > 


Teil tft 40 bis SO cm höher, 
waſſer liegende Fläche. 
Seitdem die Linden die Bodenkraft des bis- 
herigen Ackerlandes in ſteigender Weiſe in Anſpruch 
nehmen, läßt der Wuchs der 25. jähr. nigra ⸗Rand⸗ 
bäume zuſehends nach. Meine bisherigen Meſſungen 


der Durchmeſſer beſtätigen es auch. 


Der Lichteinfluß bei der Krone ändert 
ſich hier nicht, weil die Schwarzuußbäume 8 bis 
10 m über die Linden hinausgehen. Es fann fid) 
deshalb nur um Nahrungsentzug handeln. 

Beim 10-jährigen Horſt macht ſich der Einfluß 
beſonders durch den verſchiedenen Höhenwuchs 
bemerkbar. Die Fläche ace k hat gleichen Boden, 
nur liegt der Teil d e fg ca. 40 cm tiefer und ſteht 
das Grundwaſſer dort ſehr hoch, was im Wuchſe 
ſich auffallend bemerkbar macht. 

Die Randbäume von a b find um 1 bis 2 m 
niedriger, wie auf der Strecke bc d. Da ift es auch 
die Nahrungsentziehung, welche die Abnahme im 
Höhenwuchs verurſacht 


Schlußbetrachtungen. 
1. Boden: 

Die Anſprüche der J. nigra an den Boden ſind 
allen Züchtern wohlbekaunt und fo geklärt, daß 
man über dieſe Frage nicht viel zu ſagen braucht. 
Im vorkiegenden Fall glaube ich, daß die Boden: 
verhältniſſe in Abt. 71 entweder gar nicht oder nur 
in kaum nennenswerter Art zur Erkrankung der 
Bäume beigetragen haben. Ich folgere dies aus 
dem guten Gedeihen alter Bäume im Straßburger 
Gebiet, welche meiſtens auf geringerem 
Boden erwachſen ſind, als jene auf der Kulturfläche. 


30 


Es bot ſich öfters Gelegenheit, Bodenſtudien beim 
Ausgraben von Schwarznußbäumen zu machen. 
Meiſtens ſtieß man bei 40 bis 50 cm Tiefe auf 
kieſigen Boden, der unten hin ſandiger und ſchlechter 
wurde. Einen ſolchen Boden ſah ich in der Orangerie, 
etwas beſſeren in der Seufzerallee, allenthalben mit 
ſchönen Bäumen. Beim Kloſter St. Joſeph ſtanden 
2 Prachtbäume (70,jähr.) mit 88 und 90 cm 
Durchmeſſer auf Br. und 30 m hoch. (Eine Photo- 
graphie davon beſitze ich.) Die Oberin verkaufte 
dieſelben und bat mich, nach der Aufarbeitung den 
Wert zu berechnen, weil ſie dem Händler nicht 
traute. Ich beſorgte dies und ſah mir dann den 
nur mittelguten Boden an. Man konnte ihn als 
Bonität II—III für Eichen anſprechen. Er war 
ähnlich, wie der in der Organerie, nur etwas beſſer. 
Wertvollere Bäume werden hier ſtets ausgegraben, 
ſo daß man gute Bodenbeobachtungen machen kann. 
— So könnte ich noch eine Reihe von Fällen auf- 
zählen, da in den letzten 15 Jahren etwa 20 ſchöne 
Bäume verkauft wurden. 

Nur wenige Bäume ſtehen auf Bonität I (Con- 
taies, Mainau), die meiſten auf Bonität II und 
darunter, dennoch ſind ſie ſchön und geſund, wenn 
ſie Raum für die Kronenentwicklung haben. Wo 
dies nicht der Fall ift, 3. B. bei einigen Bäumen 
im Contades, welche von Platanen bedrängt ſind, 
bleibt J. nigra ſelbſt auf dem beſten Boden im 
Wuchſe zurück. 

2. Waſſerverhältniſſe. 
a) Rhein-, b) Grun dwaſſerſtand. 

Es iſt ſicher, daß vor der Rheinregulierung der 
Rheine wie Grundwaſſerſtand gleichmäßiger war 
und nicht die großen Schwankungen hatte, wie ſie 
ſeither ſo häufig eintraten. 
waren ohne Zweifel die Verhältniſſe günſtiger. 

Die Ausführungen von Prof. Dr. Vater ſind 
für unſere Wuchsverhältniſſe vollkommen zutreffend, 


denn die Vorzüge des gleichmäßigen und die Nach⸗ 


teile des oft wechſelnden Waſſerſtandes, 
ſich hier tatſächlich deutlich bemerkbar. 

Eßlinger glaubt auch, daß ein höherer Grund- 
waſſerſtand das Wurzelwachstum ungünſtig beein- 
fluſſe, beſonders bei J. nigra, die an wechſelnde 
Waſſerſtände nicht gewöhnt ſei. In gleichem Sinne 
äußert ſich Reg.⸗Direktor a. D. von Ritter. Forſt⸗ 
meiſter Vill fand auch faule und kranke Pfahl- und 
Faſerwurzeln und glaubt, daß der hohe Waſſerſtand 
die Urſache ſei. Prof. Dr. Joſt folgert aus ſeinen 
febr ſorgfältigen Unterſuchungen, daß das Wurzel 
ſyſtem aus irgend einem phyſikaliſchen Grunde leide 
und die Pflanzen deshalb zugrunde gingen. 

Es ſtimmen die Anſichten der oben genannten 
Herren dahin überein, daß abnorme Bodenzuſtände 
die Urſache der Wurzelerkrankungen ſeien. Da nun 


machen 


Für den Baumwuchs. 


b 
20 


der Boden als normal bezeichnet werden kann, 
können nur die Waſſerverhältniſſe die Urſache ſein. 
In zwei Abteilungen, 36 und 78, kaun direkt der 
nachteilige Einfluß des hohen Grundwaſſerſtandes 
nachgewieſen werden, da fie von mir und dem Förſter 
häuf ig beſucht und beobachtet wurden. Sie liegen 
nicht in der Gefahrzone, wie 71, wo der Beſuch in 
der Regel nur Sonntags möglich ijt. 
laſſen im Wuchs ift dort, wie in 71, auffallend be- 
merkbar. Da etwa von 1912 an die Wuchsminde⸗ 
rung in 71 eingetreten iſt, ſo darf man folgern, daß 
die Seite 222 nachgewieſenen hohen Grundwaſſer⸗ 
ſtände mit ihren Nachteilen (Erniedrigung der 
Temperatur und Behinderung der Luftzirkulation 
die Erkrankung der Wurzeln verurſacht haben. Die 
Überzeugung, daß der hohe Grundwaſſerſtand die 
Hauptſchuld an der Erkrankung der Wurzeln 
trägt, ſteht bei mir feſt. 
c) Überflutungen. 


Ein Nach. 


Die Nußhorſte in 71 wurden nur 1910 und zwar 


an 7 Tagen im Juni und Juli überflutet. Nac 
Beobachtungen an andern Orten nehme ich an, daß 
diefe Uberſchwemmung dort keinen Schaden 
verurſacht hat. 

3. Dichter Stand. 

Prof. Dr. Schwappach hat wiederholt in ſeinen 
Veröffentlichungen darauf hingewieſen, daß d 
Juglans» und Caryaarten anders behandelt werden 
müſſen, wie die einheimiſchen Holzarten. Es ſei 
Lichtwuchsbe trieb am Platze, aber in ſtärkerem Maße. 
als bei der Eiche. Auch der Verfaſſer ijt dieſer Anſicht 
denn die in der F. u. J.⸗Zeit. von 1912 veröftent 
lichten Durchmeſſer⸗ und Höhenmeſſungen haben 
klar und überzeugend bewieſen, daß der Baum 
Raum braucht, um ſeine Krone ausbilden zu können. 
Wer Gelegenheit hat, den Schwarzuußbaum in 
Parkanlagen, Alleen, Hofräumen oder im Walde 
zu ſehen, und Vergleiche anstellen kann, der win 
finden, daß meine Angaben genau den Tatſachen 
der Wirklichkeit entſprechen. Jede ſtärkere Einengung 
der Krone tut dem Baum wehe und macht jid k 
merkbar im Zuwachs. Eine ſtärkere Bedrängung 
hat ein Kümmern im Gefolge und dies ift bei unjerew 
Horſt in Abt. 71 der Fall. Wäre dieſer Horſt recht 
zeitig durchforſtet worden, jo hätten fid) die úhrny 
bleibenden Exemplare kräftiger entwickelt, fie wären 
widerſtandsfähiger geworden und imſtande geweſen, 
die Wurzelerkrankungen auszuheilen oder durch 
neue Wurzeln zu erſetzen. Hat ja Prof. Dr. Jol 
auch an ganz geſunden ſchönen Bäumen 
kranke Wurzeln gefunden, welche dem 
Wachstum keinen Eintrag getan haben. Es waren 
dies eben kräftig entwickelte Bäume, welche derartig 
Unbiloen ohne Nachteil ertragen können. 
Schwächling geht aber zugrunde. 


—— — — — —— ek. 
a - 


— — — ur — — — 


Der 


2 


Obgleich ich nicht verkenne, daß die dortige Kies- 
it Sandſchichte, ſowie das hohe Grundwaſſer die 
Wurzelkrankheiten begünſtigen und dadurch zur 
Wuchsminderung beitragen, ſo halte ich doch nach 
allen Un terſuchungen und Beobachtungen den 
dichten Stand der Bäume für die Haupt- 
urjade des Abſterbens. 
Weitere Forſchungen find ja notwendig, hoffent- 
lich bringen fie recht bald volle Aufklärung . . .! 


Allen Herren, die mich in ſo entgegenkommender 


und liebenswürdiger Weiſe unterſtützt haben, ſei 
hiermit aufs herzlichſte gedankt. 

Unſere Vorfahren haben uns viele Prachtbäume 
in ganz Deutſchland ſowie in andern Ländern hinter- 
laſſen und in den letzten vier Jahrzehnten wurde 
von tüchtigen Forſtwirten der Beweis erbracht, daß 
wir dieſen eminent wertvollen Baum auch im Walde 
kultwieren können — an unfere Nachfolger 
aber tritt die Aufgabe heran, dieſe 
Holzart zu pflegen und zu wert- 
vollen Beſtän den heranzuziehen. 


— nn 


en des Verhaltens der Holz⸗ 
arten zum Waſſer. 


Von Dr. phil. Auderlind. 
(Fortſetzung des Aufſatzes im Julihefte 1916.) 

2. Die Weymouthskiefer, Strobe (P. strobus I.). 

Die Heimat der Weymouthskiefer ift das zwischen 
Miſſiſſippi und den Alleghanies gelegene Gebiet. 

Ihr Name rührt her von Lord Weymouth, 
welcher fie in England zuerſt erzog und auf anſehn⸗ 
lichen Flächen anbaute. Von da gelangte ſie nach 
Deutſchland.“) | 

Nach Carriè rei) wurde der Baum in Europa 
1705 eingeführt. Boll es) gibt an, die Weymouths⸗ 
kiefer ſei in Paris vorübergehend ſchon Mitte des 
16. Jahrhunderts angebaut worden. Im Wörlitzer 
Park wurde ſie bei deſſen Begründung im Jahre 
1764 angepflanzt.“) In der Rheinpfalz (Tripp- 
ſtadt) iſt die Weymouthskiefer Ende des 17. 
Jahrhunderts von dem kurpfälziſchen Oberjäger⸗ 
meiſter Freiherrn v. Hacke eingeführt worden.) 

Da die Weymouthskiefer überaus waſſerbedürftig 
iſt, ſo eignet ſie ſich nicht für trocknen Boden und 
geneigte Lagen, wo das Waſſer auf der glatten 

) Nach L. Beißner, Handbuch der Nadelholzkunde, 
1891, S. 290. 

2) E. A. Carrière, Traité general des conifères. Neue 
Ausgabe. Paris, 1867, S. 399. 

3) Bolle, Gartenflora, 1890, S. 435. 

4) Ph. Gielen, Herzogi. Anhalt. Garteninſpektor, 
Die Nadelhölzer des Wörlitzer Gartens. 1878, S. 19. 

6) Bericht über die XIX. Verſammlung des Pfälziſchen 


Forſtvereins zu Johanniskreuz am 26. und 27. Sept. 1908. 
Speyer, 1909, S. 17. 


* 
27 


— 


Nadeldecke abrinnen würde. Der Baum gedeiht vor ⸗ 
trefflich auf den Alluvionen der Flußniederungen,s) 
ſelbſt auf ſauerem Boden mit dicken Lagen von Roh- 
humus?) ſowie in Sümpfen.) 

Die Verjüngung der Weymouthskiefer geſchieht 
auf natürlichem oder künſtlichem Wege. Auf natür- 
lichem Wege, durch das Femelſchlagverfahren, wird 
die Weymouthskiefer vom 60. Jahre ab z. B. in der 
Rheinpfalz verjüngt. Da fie bereits im Alter von. 
17 bis 20 Jahren fruchtet, ſo könnte die Verjüngung 
ſogar noch früher erfolgen.“) | 

Unter den Feinden der Weymouthskiefer find 
zu erwähnen die Wurzelpilze Agaricus melleus und 
Trametes radiciperda, welche auch noch die Wurzeln 
ſtarker Stämme befallen. 0) 

Unter den Kerfen find als Kultur- und Beſtands⸗ 
ſchädlinge zu nennen Hylurgus piniperda, Hylobius 
abietis, Pissodes notatus, Chermes strobi. Am 
meiſten gefährdet wird die Holzart durch Pissodes 
piniphilus. 11) 

Der Baum erreicht eine Höhe von 40 bis 50 m 
und in einer Höhe von 1 m über dem Boden einen 
Durchmeſſer von 1,50 m. In der Rheinpfalz (Tripp - 
ſtadt) hatte im Jahre 1908 unter den damals an- 
ſtehenden 960 Weymouthskiefern im Alter bis zu 
113 Jahren der ſtärkſte Stamm bei einer Scheitel. 
höhe von 27 m einen Durchmeſſer von 81 cm in 
Bruſthöhe aufzuweiſen. 12) Forſtmeiſter Frhr. Schott 
v. Schottenſtein berichtet, daß dieſe Holzart 
an einzelnen Stellen des Stadtwaldes von Frank 
furt a. M. einen jährlichen Durchſchnittszuwachs 
bis zu 17 fm auf dem Hektar erreiche. 

Das Holz iſt weich und leicht, aſtfrei, daher zur 
Papierfabrikation brauchbar, leicht ſpaltbar und be⸗ 
arbeitbar, wirft ſich nicht, reißt und ſchwindet nicht. 
Nach S ch och erhält es ſich in der Erde und im 
Waſſer länger noch als die Eiche. Beſonders geeignet 
iſt das Holz zu Deckläden von Gewächshäuſern, zu 
Kiſten, Koffern, Schindeln, Dachſparren und zu 
gewöhnlichem Hausgerät. 

Dagegen iſt das Holz wegen ſeiner Brüchigteit 
zu Bauholz nicht verwendbar. 


6) Th. Hartig, Vollſtäudige Naturgeſchichte der forſt⸗ 
lichen Kulturpflanzen Deutſchlands. 1840, S. 83. 

7) Vergl. EL. Grütter, Zur Würdigung der Bey: 
mouthskiefer, Monatſchr. für Forſt⸗ und Jagdweſen, 1871, 
S. 283 und K. Gayer, Der Waldbau, 4. Aufl., 1898, S. 70. 

8) Nach J. B. Henkel und W. Hochſtetter, 
Synopſis der Nadelhölzer, 1865, S. 93. 

9) Vergl. den Bericht über die XIX. Verſammlung des 
Pfälz. Forſtvereins zu Johanniskreuz, 1909, S. 17. 

ee) Nach C. Frhr. v. Tubeuf, Die Nadelhölzer, 1897, 
S. 3 

i Nach dem Bericht über die XIX. Verſammlung des 
Pfälz. Forſtvereins zu Johanniskreuz, 1909, S. 20. 

12) Bericht über die XIX. Verſammlung des Pfälz. Forſt⸗ 
vereins zu Johanniskreuz, 1909, S. 3. 


30 


228 


— 


Da die Weymouthskiefer ſehr waſſerbedürftig 
iſt und nach der Fällung viel Waſſer enthält, ſo muß 
das Holz vor der Benutzung nicht nur ſehr ſperrig, 
ſondern auch ſehr lange lagern. 3) Infolge des hohen 
Gebrauchwertes des Weymouthskiefernholzes find 
die Preiſe überaus hoch, höher als die für das Holz 
der Fichte, Kiefer und Lärche üblichen. In der 
Rheinpfalz (Trippſtadt) wurden ums Jahr 1908 
gezahlt für Holz II. Klaſſe 49 Mk., III. Klaſſe 37 Mk., 
IV. Klaſſe 30 Mk., und V. Klaſſe 22 Mk. 

Da die Weymouthskiefer in Sümpfen froh» 
wüchſig ijt und nach Th. Hartig) fogar höhere 
Feuchtigkeitsgrade verträgt als die Kiefer, ſo ſollte 
man meinen, erſtere müßte ſehr widerſtandsfähig 
gegen eine Waſſerdecke ſein. Dies iſt in der Tat der 
Fall, wenigſtens bei jungen, verſchulten Weymouths⸗ 
kieferpflanzen. Am 27. September 1898 ſah ich in 
dem Forſtgarten des von der Mulde und Elbe be— 


grenzten Herzogl. Anhaltiſchen Schutzbezirkes Jonitz 


bei Deſſau, welcher damals dem Förſter, Herrn 
Machemehl, unterſtellt war, ein mit 300 bis 
350 Pflänzchen beſetztes Beet Weymouthskiefern. 
Sie waren im Frühjahr 1897 verfdult worden und 
hatten eine Höhe von 10 bis 15 em erreicht. Am 
1. Auguſt des nämlichen Jahres trat in der Mulde, 
am 2. Auguſt auch in der weit waſſerreicheren Elbe 
Hochwaſſer ein. Von dieſem Zeitpunkte an trat 
eine Stauung und damit ein kaum merkliches Ab- 
fließen des Muldewaſſers ein. Unſere Pflänzchen 
ſtanden daher faſt während der ganzen dreiwöchigen 
Dauer des Hochwaſſers im Stauwaſſer. In dieſem 
Zeitraum waren die Pflänzchen völlig mit Waſſer 
bedeckt. Gleichwohl erlitten fie durch die Gipfel- 
waſſerdecke keine Schädigung. 
zeigten vielmehr bei meiner Anweſenheit eine über- 
aus üppige Entwicklung. 

Vit es richtig, daß die Wurzeln junger Holzpflan⸗ 
zen raſcher atmen, als die alter Bäume, ſo müßten 
alte Weymouthskiefern ohne Schädigung eine Waſſer⸗ 
decke noch länger ertragen können als junge Wey. 
mouthskiefernpflanzen. 

3. Die Zirben. 

a) Die Zirbelkie fer, Zirbe, 
Arve (P. cembra L.). 

Die Zirbe, ein Baum der Alpen und des Hodh 
gebirges, iſt auf den franzöſiſchen, italieniſchen, 
öſterreichiſchen und bayeriſchen Alpen nur müßig 
verbreitet. Dagegen beſtockt ſie ausgedehnte Ge— 
biete in den Schweizer Alpen. Als oberſte Grenze 
ihres Vorkommens gibt Willkom mi) nach 

13) Nach F F. Boden, Kritiſche Betrachtung ausländiſcher 
Holzarten, Forſtwiſſenſchaftl. Zentralblatt, 1902, S. 471. 

14) A. a. O. S. 83. 

15) M. Willfomem, Forſtliche Flora. 2. 
3. 177. 


Zirme, 


Aufl. 1887, 


Die Pflänzchen 


Tſchudi 2560 m für das Stilfſer Joch an. Außer 


in den Alpen findet ſie ſich auch in den Karpathen 
(Tatra); gegenwärtig freilich nur noch in ge. 
ringer Verbreitung, zumal, da in dem jetzigen Kriege 
den vorhandenen Reſten arg zugeſetzt worden fein 
dürfte. Die Höhengrenze der Zirbe ift hier bei 2268m. 


Die Zirbe erreicht ein erſtaunlich hohes Alter, 


nach Negers) ungefähr 1000 Jahre. 

Wegen ihrer Widerſtandsfähigkeit gegen Kälte 
und Sturm uſw. iſt die Zirbe in den Alpen und in 
Hochgebirge für die Grenzgebiete des Baumwuchſe⸗ 
weitaus die geeignetſte Holzart. Da fie aber ziemlit 
langſamwüchſig iſt und nur eine Scheitelhöhe von 
20 bis 23 m erreicht, jo dürften Anbauverſuche 
mit dieſer Holzart in den Waldungen der Ebenen 
und Flußniederungen kaum zu befürworten fein. 


b) Die Schweizeriſche Zirbe 
(P. cembra var. helvetica Clairv.). 
Eine von der gewöhnlichen Zirbe abweichende 
Form wurde im Engadin entdeckt. Da jie ſich jedot 


nach Hegi und Dun zingert) nur durch de 


Farbe der Zapfen von der Gemeinen Zirbe unter 
ſcheidet — die reifen Zapfen der Gemeinen firk 
find zimmetbraun, die der Schweizeriſchen Ziri 
gelbgrün gefärbt —, jo kommt die Schweizeriſch. 
Zirbe ebenjo wie die Gemeine Zirbe für den Anbu 
in den Niederungen und Ebenen nicht in Betracht 


c) Die Sibiriſche Zirbe, Sibiriſche 
Zeder (P. cembra sibirica Hort.). 

Die Sibiriſche Zirbe beſtockt im nordöͤſtlicher 
europäiſchen Rußland und in ausgedehnten Teiler 
Sibiriens ſehr große Gebiete. Sie iſt eine Mut 
Anpaſſung an den Standort entſtandene Form von 
der Gemeinen Zirbe. Die Sibiriſche Zirbe finder 
ſich im Gouvernement Perm auf umfänglichen, 
aus brüchigem, faſt naſſem Boden beſtehenden 
Landſtrecken. Auch Pohle 18) teilt mit, daß diek 
Holzart bei Oranez an der Petſchora (in den Bor 


bergen des nördlichen Ural) gemeinſam mit der 


Fichte ſumpfigen, tonigen, unter hoher Humnsſchich 


kaltgründigen, ſchlecht durchlüfteten Boden beſtock. 


Wenn die Sibiriſche Zirbe in Rußland voug 
weiſe im Flachland vorkommt, ſo findet ſie ſich dod 
auch im Gebirge z. B. im Altai auf Höhen von 8 
bis 1700 m. In der tſchuktiſchen Provinz geht die 
Sibiriſche Zirbe über in die Strauch ode 


— — — — 


16 F. W. Neger, 
17) G. Hegi und G. 
10. 

18, R. Pohle, Vegetationsbilder aus Nordrußland 

aie! 17 in den Vegetationsbildern von G. Karften m 

H. Schenck, 5. Reihe, Heft 3 bis 5, 1907. 


= Nadelhölzer, 1907, S. IH. 
Dunzinger, an Lal. 


| 
| 


1 


ta ei =—— — — — —— — —— —— —— 


229 


Zwergzirbe (b. c&mbra L. 
Regel). 19) 

Die Sibiriſche Zirbe unterſcheidet ſich weſentlich 
von der Gemeinen Arve, durch etwas kürzere Nadeln, 
durch die walzenähnliche Form der Zapfen und 
durch größeren Umfang der Samen, welchem es 
zuzuſchreiben iſt, daß dieſe in Rußland als „Zeder⸗ 
nüſſe“ auf den Markt gelangen. In ſolchem 
Maße werden die Zedernüſſe gewonnen, daß in 
einzelnen Gegenden der Beſtand die Sibiriſchen 
Zirbe geradezu gefährdet erſcheint. So werden im 
Petſchoraland des nördlichen Urat die Stämme der 
Sibiriſchen Zirbe von den Syriänen zur Gewinnung 
von Samen, mit welchem ſie einen ſchwunghaften 
Handel treiben, in einer Menge gefällt, daß Pohle?) 
die ſem Verhalten der Landesbe wohner „viel Schuld“ 
beimißt, daß die Zirbenbeſtände trotz reichen Nad- 
wuchſes Schluß vermiſſen laffen. Ein wald bau 
lich wichtiger Unterſchied zwiſchen beiden Holz— 
arten beſteht darin, daß die Sibiriſche Zirbe nach 
Angabe Wa le'w stis?!) in den Waldungen des 
Gouvernements Perm alle 2 bis 3 Jahre reichlich 


var. pumila 


fruchtet, während die Samenjahre bei der Arve 
feltener, alle 6 bis 10 Jahre, ſich einſtellen. Ein für den 
Gebrauchswertdes Holzes bedeutſamer Unterſchied 
zugunſten der Sibiriſchen Zirbe beſtehtin deren Höhen- 
wuchs. Während diefe nach Beißner die. an- 
ſehuliche Scheitelhöhe von 40 m erreicht und — bei 
gutem Schluß der Beſtände — bis zu einer Höhe 
des Schaftes von 20 bis 25 m glatt und aſtrein ift, 
beträgt die Sche ite höhe der Arve nur etwa 
20 bis 23 m. Nach dem Norden hin nimmt die 
Scheitelhöhe der Sibiriſchen Zirbe jedoch ab und 
beziffert ſich in der Gegend von Oranez an der Pet- 
ſchora nur mehr mit 25 m.)), 

Unter dieſen Uunſtänden erſcheint mir die Sibi- 
riſche Zirbe zum Anban in den Bewäſſerungs. 
wäldern des Flachlandes in hohem Maße geeignet. 
Bis jedoch die von mir e Bewäſſerung 


der Wälder der Niederungen und Ebenen verwirklicht 


ift, ſollte man die Sibiriſche Zirbe in den Über- 
ſchwemmungen von langer Dauer ausgeſetzten 
Waldungen bedeutender Flußläufe verſuchsweiſe 
anbauen. 


Literdriſche Berichte. 


Die Tharandter Jorſtakademie als Hem ul ſchuh 
für den Fortſchritt. (Der endgültige Niederbruch 
der Bodeureinertragslehre.) Von Hans 0 
linger. — Woikowitz bei Brünn; im Selbſtverlage 
des Verfaſſers. 1917. 

Die Schreibweiſe des Verfaſſers erinnert ſchon 
im Titel, insbeſondere in dem eingeklammerten 
Zuſatze, an diejenige der Engländer und Franzoſen 
im gegenwärtigen Weltkriege, wo fie mit tönen den 
Phraſen ihren Endſieg und Deutſchlands Nieder⸗ 
werfung verkündigen, in Wirklichkeit aber ſelbſt eine 
Niederlage nach der anderen erleiden. 

Auf den Inhalt gehe ich nicht ein, nachdem ich 
Herrn Hönlingers frühere Ausführungen im 1907er 
Mai- und 1908er Jiniheft ausführlich wiederlegt 
habe und von Herrn E. Kreutzer, ebenfalls einem 
ſcharfen Gegner der Reinertragslehre, beſtätigt 
worden iſt, daß H.'s Theorien fehlerhaft ſind. Vergl. 
dais diesjährige Jannarheft S. 20. Meine wieder- 
holt klar ausgeſprochene Stellung zu den ſtreitigen 


19) Nach L. Beißner, Handbuch der Nadelholzkunde, 
1891, S. 276. 

200 R. Pohle, 
a. a. O. Tafel 17. | 

21) v. Kirchner, Löw, Schröter, Lebensgeſchichte 
der Blütenpflanzen Mitteleuropas. Bd. , Abteilg. 1, 1908, 


~ 
ao > 
— o aÍ 


Vegetationsbilder aus Nordrußland, 


Fragen iſt bekannt; auf weitere Kontroverſen laſſe 
ich mich in meinem Alter von nahezu 74 Jahren 
nicht mehr ein. Jüngere Kollegen, insbeſondere 
mein Herr Amtsnachfolger, mögen das ausfechten. 
Aber zur Charakteriſierung der Kampfesweiſe Herrn 
Hönlingers möchte ich nicht unterlaſſen, einen Brief 
desſelben, gerichtet 
„an die Kommilitonen des letzten Jahr- 
gangs der Forſtwiſſenſchaft an der Uni⸗ 
verſität in Gießen“, 
hier öffentlich bekannt zu geben. Derſelbe lautet: 
Woikowitz bei Brünn (Mähren), 
| den 22. IX. 17. 
Kommilitonen ! 

Im „Tharandter forſtlichen Jahrbuch“ v. J. 
1915, 66. Band, 5. Heft, wurden die wiſſenſchaft 
lichen Arbeiten Dr. Glaſers wie die meinen ebenjo 
ungehörig als unzutreffend durch Dr. Borg: 
mann beſprochen. 

Dr. Glaſer fiel auf dem Felde der Ehre, ihm 
war es nicht vergönnt, dieſen ungehörigen An⸗ 
griff zurückzuweiſen. Ich ſelbſt, zumeiſt auf 
engerem Kriegsgebiete beſchäftigt, erfuhr von 
Borgmanns Angriff erſt im Winter 1916/17. 


> — re 


22 RM. Pohle, a. a. O. Tafel 17. 


230 


Borgmann, der Vortragende und Verteidiger 
einer veralteten, ſeit Urſprung an unrichtigen 
Lehre, iſt unterdeſſen Euer Lehrer geworden! 

Ich, am Rande des Greiſenalters ſtehend, 
nehme trotzdem als Neuerer feinen Fehdehand⸗ 
ſchuh auf, trete als Kämpfer gegen das Alther- 
gebrachte auf, von dem der weit jüngere Borg- 

mann nicht laſſen kann. 

Schon in der Januarnummer des Tharandter 
forſtlichen Jahrbuchs 1917 bekam Borgmann 
ſeine Antwort, 6 Beweiſe, bei welchen die alte 
Lehre im Gegenſatz meiner Lehre verſagt. 

In gleicher Nummer antwortete Dr. Martin, 
eine Antwort Borgmanns ift ausgeblieben, ) 
obzwar er auf mehrfache Erinnerung hin die 
Antwort in der September⸗Nummer zuſicherte. 
Warum zögert Borgmann? 

Den Kampf in einer Fachzeitſchrift fortzu- 
ſetzen, auf der bloß eine Seite frei, die andere 
aber beengt iſt, gab ich auf und darum erſchien 
in neueſter Zeit meine Schrift: 

„Die Tharandter Forſtaka⸗ 
demie als Hemmſchnh für den 
Fortſchritt (Der endgültige Niederbruch 
der Bodenreinertragslehre)“, 

um den Kampf zur Entſcheidung zu bringen und 
um weiterhin Borgmann das Ausweichen zu 
hindern. 

Einmal hat er wohl verſucht, ſechs Beweiſe 
für die Unrichtigkeit der Reinertragslehre nieder: 
zuringen; mit welchem Mißerfolg, zeigt dieſe 
Schrift. 

Weitere ſechs Beweiſe, die er kennen gelernt 
(ſ. o.) blieben bis nun unbeantwortet, und mit 
in dieſer Schrift enthaltenen weiteren Beweiſen 
ſich zu beſchäftigen, findet Borgmann Gelegenheit. 

Über alles gibt meine Schrift 
Aufklärung! 

Unter dem Kampfrufe der Jugend: „Bor: 
wärts!“ macht Euch frei von der Lüge in der 
Wiſſenſchaft! 

Behilflich dazu iſt Euch meine letzte Schrift. 
Studieret ſie! Bei Angabe der Adreſſe eines 
Vertrauen smannes fende ich Euch 10 Freiexem: 
plare. 

Frei und offen könnt Ihr dieſe Schrift leſen, 
alle Fachzeitſchriften Deutſchlands und Oſter⸗ 
reichs beſitzen ſie heute zur Beſprechung, in jeder 
Buchhandlung wird ſie erhältlich ſein, wohl auch 
Borgmann dürfte ſchon Kenntnis von ihr haben; 
wenn nicht, — dann überreicht auch ihm ein 
Exemplar. Ing. Hans Hönlinger. 


1) Dieſe Antwort iſt im 5. Hefte des Th. f. J. 1917, 
S. 284 bis 325 in aller Ausführlichkeit erfolgt. 


Ob das in dieſem Briefe beliebte Vorgehen zu 
dem Zwecke, Mißtrauen zwiſchen einem akade⸗ 
miſchen Lehrer und deſſen Zuhörern zu ſäen, gebilligt 
werden kann, mögen die geehrten Leſer unſerer 
Zeitſchrift beurteilen. Dr. Wim me nauer. 


Das öſterreichiſche NReichsforſtgeſetz mit Erlänte- 
rungen zu ſeiner Handhabung. Unter Benützung 
amtlicher Quellen und der Spruchpraxis des 
k. k. Verwaltungsgerichtshofes zum praktiſchen 
Gebrauche für Forſt techniker, Forſtwirte und 
rechtskundige Verwaltungsbeamte. Bearbeitet 
von Rudolf Fiſcher, k. k. Miniſterialrat 
im Ackerbauminiſterium und Dr. AlbertHirſch 
Edleu von Stronſtorff, k. k. Sektions⸗ 
rat im Ackerbauminiſterium. Wien 1917. Im 
Selbſtverlage der Verfaſſer, I., Liebiggaſſe 5. 
Ein laufſtelle. 8° XII und 489 Seiten. Buch: 
druckerei Carl Fromme, G. m. b. H. in 
Wien V., Nikolsdorfergaſſe 7—11. Preis broid. 
Kr. 15.—. 

Das öſterr. Reichsforſtgeſetz ſtammt aus dem 
Jahre 1853. Im Laufe der Zeit ſind zahlreiche 
Miniſterial⸗Erlaſſe, Gerichtserkenntniſſe und Er 
kenntniſſe des k. k. Verwaltungsgerichtshofes zu 
demſelben ergangen, die das Bedürfnis nach einem 


machten. Zur Bearbeitung eines ſolchen entſchloß 
fid) der leider noch vor Vollen dung des Werkes ver: 
ſtorbene k. k. Miniſterialrat Rud. Fiſcher im Verein 
mit dem k. k. Sektion srat Dr. Albert Hirſch Edler 
v. Stronſtorff. 

Das vorliegende, faſt 500 Seiten umfaſſende 
Werk zerfällt in zwei Hauptabſchnitte. In dem 
erſten, der gewiſſermaßen als Einleitung zu be 
trachten ijt, werden die Entſtehungsgeſchichte des 
Forſtgeſetzes, ſeine Durchführung und die neueren 
Reformbeſtrebungen behandelt, der zweite Abſchnin 
behandelt ſpeziell das Forſtgeſetz. Hier werden die 
einzelnen Paragraphen der Reihe nach mitgeteilt 
und zu jedem Paragraphen die hierzu ergangenen 
Erlaſſe und Entſcheidungen angeführt. 

Das Forſtgeſetz zerfällt in7Abſchnitte: Abſchnitt!l. 
Von der Bewirtſchaftung der Forſte, II. Von der 
Bringung der Waldprodukte, III. Von den Weald 
brän den und den Inſektenſchäden, IV. Vom Fort: 
ſchutzdien ſte, V. Von den Übertretungen gegen die 
Sicherheit des Waldeigen tums, den zur Unterſuchung 
und Beſtrafung derſelben ſowie aller übrigen in 
dieſem Patente feſtgeſtellten Übertretungen be⸗ 
ſtimmten Behörden und dem dabei zu beobachtenden 
Verfahren, VI. Von den Waldſchadenerſatzbeſtim 
mungen, VII. Vom Inſtanzenzuge. 


Kommentar zu dieſem Geſetze immer fühlbarer 


231 


Als Beilagen ſind dem Werke noch beigefügt 
die Eidesformel für das Forſtperſonal, Formular 
für Strafregiſter c., Grundſätze, nach denen der 
Waldſchadentarif zu entwerfen und der Schaden— 
erſatz zu leiſten iſt. Ein Anhang endlich enthält noch 
eine Zuſammenſtellung der wichtigſten Rechtsſätze 
aus den das Forſtweſen betreffenden Erkenntniſſen 
bes k. k. Verwaltungsgerichtshofes und eine Bu- 
ſammenſtellung einiger das adminiſtrative Ver- 
fahren im allgemeinen betreffender, bei Fällung 
der Entſcheidung, bezw. bei ihrer Überprüfung 
durch die Oberbehörde zu beobachtender Rechts⸗— 
grundſätze aus Erkenntniſſen dieſes Gerichtshofes. 

Das mit vielem Fleiß und anerkennenswerter 
Fachkenntnis bearbeitete Werk wird beſonders 
Waldbeſitzern, Forſtverwaltungsbeamten, Richtern 
x, ein willkommenes Handbuch jem, aber auch ent 
fernter Stehenden bietet es viel des Intereſſanten. 

E: 


næ — 


Jagden und Abenteuer in den Gebieten des oberen 
Nil. Von Ad. David. Mit 80 Illuſtrationen 
nach Naturaufnahmen und 2 Karten. Verlag 
von Friedrich Reinhardt. Baſel, 1917. Preis: 
625 Mk. 

Verfaſſer ſchildert in dem vorliegenden, gut 
ausgeſtatteten Buche ſeine Jagden und Abenteuer, 
die er im Laufe von 14 Jahren in Agypten und 
beſonders im Gebiete des oberen Nil erlebt hat. 
Die zahlreichen eingefügten Abbildungen und die 
beiden Karten von Afrika und den Gebieten am 
oberen Nil bilden eine erwünſchte und zugleich 
lehrreiche Ergänzung des Textes. Durch die Shil- 
derungen Davids werden wir über die Geſchichte 
und Zuſtände des Sudans und mit den Sitten und 
Gebräuchen ſeiner Bewohner bekannt gemacht und 
über mancherlei aus dem Gebiete der Naturkunde 
unterrichtet. 

Das intereſſante Buch zerfällt in folgende neun 
Abſchnitte: 

1. Nach Kordofan i. J. 1900; 2. Aufenthalt in 

Agypten 1901—1905; 3. Nach Britiſch⸗Oſtafrika 

i. J. 1906; 4. Nach dem blauen Nil und ſeinen Neben⸗ 

flüſſen i. J. 1907; 5. Mit Kinematograph und Büchſe 

im Buſch, 1908; 6. Wieder im Jagdparadies; zum 

dritten Mal am Dinderfluß, 1909; 7. Zweite Reife 

mit dem Kinematograph nilaufwärts, 1910; 8. Nod- 

mals am Dinder und am weißen Nil, 1911 und 1912; 

9. Bei den Elefanten und weißen Naßhörnern i. J. 

1913 und 1914. E. 


Praktiſche Stallhafen- und Ziegen⸗Nutzzucht mit 


Kriegskochbuch, nach welchem Kaninchen und 
Ziegenfleiſch mit wenig Mitteln und Fett Er- 


ſparnis dennoch gut und ſchmackhaft zubereitet 
werden kann: Als wichtiger Beitrag zur Volks— 
ernährungsfrage nach eigenen langjährigen Er— 
fahrungen verfaßt von Rödel⸗Paulus-⸗Zittlau. 
Praktiſche Ratſchläge für Anfänger, Anſtalten, 
Schulen, Behörden, Vereine uſw. Volksbücher⸗ 
Verlag F. Hoff mann, Hamburg. Preis broſchiert: 
1 Mk., kartoniert: 1,25 Mk. 

Die Zucht und Pflege der Kaninchen und Ziegen, 
deren Fütterung, Raſſen, Krankheiten, Schlacht 
arten, Fell⸗ und Düngerverwertung, ferner bei den 
Ziegen die Gewinnung der Milch und deren Ber- 
wendung, und endlich die Verwendung und Bu- 
bereitung des Fleiſches der Kaninchen und Ziegen 
werden behandelt und zum Schluſſe Anleitung zur 
Herſtellung und Benutzung der Kochkiſte und Se 
Papierbeutels gegeben. 


Praktiſche Anleitung zur Erhaltung der vermähten 
Nebhühner und Faſanen⸗Gelege. Von Paul 
Clauſius, Jagdverwalter des Jagdklubs 
„Waldmann“, Goddelau b. Darmſtadt. G. Ottos 
Hofbuchdruckerei, Darmſtadt, 1913. 

Verfaſſer empfiehlt zunächſt die Veröffentlichung 
einer Bekanntmachung bezüglich des Verhaltens 
der Landwirte beim Finden vermähter Eier und 
Zahlung eines Preiſes von etwa 5 Pf. für ein ab- 
geliefertes gutes Rebhuhnei und von 10 Pf. für 
ein Faſanenei, ſowie einer Belohnung für Anmel⸗ 
dung zufällig gefundener Neſter von Rebhühnern und 
Faſanen. Weiter gibt er dann Anleitung für den 
Transport, die Prüfung, das Ausbrüten der Eier, 
die Behandlung der Jungen, Ausſetzen derſelben uſw. 

Auch für das Fangen der Hühner- und Faſanen⸗ 
feinde werden Ratſchläge erteilt und ſchließlich eine 
Reihe von Quellen zum Bezug von Brutapparaten 
angegeben. E: 


wee — — 


Karl Eſcherich, Prof. Dr.: Die Ameiſe. Schilderung 
ihrer Lebensweiſe. 2. verbeſſerte und vermehrte 
Auflage. Mit 98 Abbildungen. 348 S. 12 Mk. 
Verlag Vieweg & Sohn, Braunſchweig. 

Aus der Inſektenwelt hat die Biologen und 
Tierpſychologen neben den Bienen wohl keine 
Familie mehr gefeſſelt, als die große Familie der 
Ameiſen. Eſcherich hat vor zehn Jahren das ge- 
waltige Beobachtungsmaterial und die vielen zer- 
ſtreuten Einzelforſchungen vorſichtig geprüft und 
zu einer glänzend geſchriebenen Monographie ver⸗ 
arbeitet, weitentfernt von trockener Schilderung, 
wie ſie uns oft aus naturwiſſenſchaftlichen Werken 
entgegentritt. Die erſte Auflage dieſes Buches war 
das Werk des für die angewandte Entomologie 


nunmehr führenden Forſchers und Organiſators, 
mit dem er einen Lebensabſchnitt abgeſchloſſen 
hat, der ſeiner Forſchung und Theorie gewidmet 
war; von da an hat ſich Eſcherich geſtützt auf ſeine 
theoretiſche Forſchung mit aller Energie, mit der 
Begeiſterung und dem Glauben, die für jede große 
Durchführung neuer Probleme nötig find, der prat- 
tiſchen Seite der Inſektenkunde, der angewand ten 
Entomologie, gewidmet. Während des nur kurzen 
Aufenthaltes als Ordinarius in Karlsruhe, umgeben 
von der herrlichen Natur des lachenden Rheintales, 
fand der Verfaſſer, trotz ſeiner reichen organiſa— 
toriſchen Tätigkeit, die auf viele Widerſtände und 
Gegenſätze ſtieß, genügend Muße, noch einmal ſich 
mit ſeinen alten Lieblingen, den Ameiſen, eingehend 
zu befchäftigen, zu einer Reiſe „in das Land, wo 
die Sonne rein geiſtigen Genießens“ ſcheint, „aus 
der Praxis des rauhen Lebens, wo das wiſſenſchaft⸗ 
liche Intereſſe und eine Atmoſphäre voller leiden- 
ſchaftlicher Gegenſätze und heftiger Widerſtände 
herrſcht“, — wie es im Vorwort der zweiten Muf- 
lage heißt. 

Die Beobachtungen über das ſoziale Leben der 
Ameiſen, über das Verhältnis der Ameiſen zu der 
Pflanzenwelt, die Pſychologie haben ſeit dem Er- 
ſcheinen der erſten Auflage ſo vieles Neue zu Tage 
gefördert, daß viele Anſchauungen der Berichti— 


gung und Ergänzung bedurften und die zweite 


Auflage eine weſentlich erweiterte und verbefferte 
Bearbeitung der erſten Auflage geworden iſt. Ein 
Anhang über die Beſchädigung der Ameiſen in 
Haus und Garten und deren Bekämpfung, weird 
dem Leſerkreis dieſer Zeitſchrift beſonders wertvoll 
ſein. 

Das Manuſkript, am Tage vor Beginn des 
Völkerringens am 31. Juli 1914 abgeſchloſſen, 
konnte bei dem im letzten Jahrzehnt ſich ſtark an- 
gehäuften Materiale nur dadurch ſo raſch beendet 
werden, daß Dr. R. Brunn- Zürih das Kapitel 
über die Pſychologie übernommen und H. V ic- 
meyer. Dresden den ſyſtematiſchen Teil kritiſch 
durchgearbeitet und zum Teil neu geſtaltet haben. 

Die Einheitlichkeit des Werkes iſt dadurch nicht 
beeinträchtigt worden. | 

Nach einer Einleitung, die Allgemeines über 
Syſtematiſches, die geographiſche Verbreitung, das 
Staatenleben, die Unterſuchungsmethoden und Ge: 
ſchichtliches bringt, beginnt der in 10 Kapitel ein- 
geteilte Hauptteil des Werkes. Er behandelt in 
Kapitel I Morphologie u. Anatomie der Ameiſen, 
II Polymorphismus, 

III Fortpflanzung, 
IV Neſtbau, 

V Ernährung, 

VI Verſchiedene Lebensgewohnheiten, 


— 


Kapitel VII Soziale Symbioſe, 
VHI Individuelle Symbioſe (Myrme⸗ 
kophilie), 
IX Beziehung der Ameiſen zu den Pflanzen, 

i IX Pſychologie. 

Ein Anhang I behandelt die Ameiſen als Haus⸗ 
und Gartenbewohner und ihre Bekämpfung, ein 
weiterer Anhang II gibt eine klare Überjicht über 
die in Deutſchland heimiſchen Arten, wobei jeder 
Art richtige biologiſche Kriterien beigefügt ſind. 
Jedes Kapitel enthält am Schluſſe ein ausführliche: 
Literaturverzeichnis über die ausländiſche und hei⸗ 
miſche Literatur; ein umfangreiches Namen- um 
Sachregiſter erleichtert den Gebrauch des klar ge 
gliederten und aufgebauten Buches. Sehr zahlreiche 
äußerſt inſtruktive, meiſt Original⸗Abbildungen unter- 
ſtützen die Anſchaulichkeit des Werkes, deſſen Aus. 
ſtattung trotz der ſchwierigen Verhältniſſe der Verlag 
in der bewährten gediegenen Weiſe durchgeführt hat. 

Für den Forſtmann ſind die Ausführungen über 
die Ameiſen als Pflanzenſchädlinge beſonders an: 
ziehend; es kommen für den Wald beſonders die 
Holz: oder Roßameiſen (Camponotus) in Betracht, 
die oft ganz geſunde Fichten⸗ und Tannenſtämme 
für den Neſtbau bis zu 10 m Höhe aushöhlen, Unter 
den Ameiſen als Beſchützer der Pflanzenwelt wird 
beſonders Formica rufa aufgeführt, die in aus 
giebigſter Weiſe Pflanzeuſchädlinge vertilgt; Fore! 
hat auf Grund ſeiner Beobachtungen angegeben, 
daß die Bewohner eines Neſtes an einem Tage 
wenigſtens 100 000 Inſekten vertilgen. Es ſollte 
daher die Zerſtörung der Rufa-Neſter im Walde 
(durch Sammeln der „Ameiſeneier“) ſtrengſten⸗ 
verboten werden. 

Einen weiten Leſerkreis werden die allgemeinen 
Kapitel über ſoziales Leben und Pſychologie feſſeln. 

Die höchſten geiſtigen Fähigkeiten fehlen den 
Ameiſen und es werden auf Grund der phyſiologiſchen 
Forſchungen und Beobachtungen die oft ſehr phat 
taſtiſchen Behauptungen geprüft und auf das wiſſen. 
ſchaftlich berechtigte Maß zurückgeſchraubt. „Die 
Ameiſen ſind keine Miniaturmenſchen, aber auch 
keine reine Reflexautomaten. Sie ſind vielmehr mit 
pſychiſchen Qualitäten reichlich ausgeſtattete Weſen, 
bei denen man Gedächtnis, Aſſoziationen von 
Sinnesbildern, Wahrnehmungen, Benutzung von 
individuellen (ſnnlichen) Erfahrungen und ſomit 
deutliche, wenn auch geringe individuelle plaſtische 
Anpaſſungen nachweiſen kann.“ 

Naturwiſſenſchaftlich Gebildete werden aus den 
Werke viele Anregung und Belehrung ſchöpfen, 
letztere wird durch die klare, packende Darſtellung 
auch weiteren Kreiſen zufließen; möge das Werl di 
Verbreitung, die es verdient, finden, vielen zu Rut 
und Freude! Dr. Wimmer. 


n 


” 


— 


Seed 
353 


Dr. ing. F. Fifer: Die Geſchichte der Sammer: 
gutsforſten im Fürſtentum Schwarzburg-Bon« 
dershauſen. Arnſtadt, Verlag von E. Frotſcher, 
1917. 

Der Verfaſſer hat, im Felde erkrankt, die Zeit 
ſeiner Geneſung zu vorliegender Arbeit benutzt. 
Die Abhandlung iſt in drei Teile gegliedert, deren 
erfter eine allgemeine Einführung in die Schwarz. 
burgiſche Geſchichte bringt, der zweite befaßt ſich 
mit der Entwickelung des Grundeigentums an den 
Kammergutsforſten, während der letzte Teil der 
Geſchichte der Bewirtſchaftung der Kammerguts— 
forſten gewidmet iſt. 

Für die Löſung der Domänenfrage iſt für 
Schwarzburg⸗Sondershauſen vor allem das Gefeg 

vom 12. XII. 49 maßgebend, das die Beſtimmung 
des Reichverfaſſungsgeſetzes vom 28. III. 49 be⸗ 
ſchränkte und die Stellung des Fideikomm iſſes des 
regierenden Fürſtenhauſes in Schwarzburg⸗Sonders⸗ 
hauſen durch Landesgeſetz ordnet. 

„Dieſe Beſtimmung des Geſetzes vom 12. XII. 49 
findet auf das Fideikommiß des Fürſtlichen Hau ſes 
„feine“ Anwendung.“ Somit blieben die Wal— 
dungen als ein Teil des nach der Regierungsfolge 
forterbenden Familienfide ikommiſſes des Fürſt⸗ 
lichen Hauſes weiter beſtehen, ſoweit nicht „für ein- 
zelne Beſtandteile eine in dem früheren Familien- 
recht begründete Ausnahme nachgewieſen werden 
konnte.“ „Unbeſchadet notwendiger oder nützlicher 
Veränderungen mit einem Beſtandteile“ — jo 
wurde weiter beſtimmt — „muß das Familiengut 
ſeinem Werte nach unverändert erhalten bleiben. 
Die Verwaltung und Nutzung des Kammerguts 
ſoll aber, mit Ausſchluß der zu unmittelbarer Be— 
nutzung des Fürſtlichen Hauſes beſtimmten Beftand- 
teile, auf die Dauer der Selbſtändigkeit des Fürſten⸗ 
tums nach Vereinbarung einer dem Fürſten zu 
gewährenden Zivilliſte, aus welcher alle Bedürfniſſe 
des Fürſtlichen Hauſes und Hofes zu beſtreiten ſind, 
unwiderruflich dem Staate überlaſſen werden. Die 
näheren Beſtimmungen hierüber bleiben einem 
beſonderen Geſetze vorbehalten.“ 

Geſetz vom 18. März 1850 ordnet dann an: in 


§ 2. 

Hinſichtlich aller übrigen nicht zur unmittelbaren 
Nutzung des fürſtlichen Hauſes beſtimmten Teile 
des Kammerguts werden nach der Beſtimmung des 
Verfaſſungsgeſetzes dem Staate nur die Verwaltung 
und Benutzung abgetreten. 

Weiter wurde durch das Landesgrundgeſetz vom 
8. Juli 1857 die Stellung des Kammergutes zum 


1917 


Fürſten und der Landesfinanzverwaltung nochmals 
zum Ausdruck gebracht. 

In dem Landesgrundgeſetze vom 8. Juli 1857 
heißt es: (§ 20): 

„Die Verwaltung und Nutzung des Kammerguts 
kann mit Ausſchluß der zu unmittelbarer Benutzung 
des Fürſtlichen Hauſes beſtimmten Beſtandteile 
von dem Fürſten gegen den Bezug einer feſten 
Domänenrente der Landesfinanzverwaltung über- 
laſſen werden. Dem Regierungsfolger bleibt jedoch 
das Recht, die ſes Verhältnis wieder aufzulöſen“, uſw. 

Mit dem 14. Juni 1881 wurde endlich die Kam⸗ 
mergutsfrage durch Geſetz endgültig geregelt, welches 
für die Forſten folgende wichtigen Beſtimmungen 
enthält: 

§ 2. „Das Kammergut iſt fideikommiſſariſches 
Privateigentum des Fürſtlichen Hanſes. Dasſelbe 
muß unbeſchadet notwendiger oder nützlicher Ber- 
änderungen an einzelnen Beſtandteilen ſeinem 
Werte nach unverändert erhalten werden.“ 

§ 7. „Die Verwaltung und Nutzung des Kammer— 
gutes kann, mit Ausſchluß der zu unmittelbarer 
Benutzung des Fürſtlichen Hauſes beſtimmten He- 
ſtandteile, von dem Fürſten gegen den Bezug einer 
Domänenrente der Landesverwaltung überlaſſen 
werden.“ 

$ 17. „Die Subſtanz des Kammergutes muß 
im Geſamtwerte unvermindert bleiben.“ 
„Extraordinäre Holzſchläge können nur mit bejon- 
derer Genehmigung des Fürſten und des Landtages, 
oder in eiligen Fällen, wenn dieſer nicht eben ver- 
ſammelt iſt, des Landtagsausſchuſſes ausgeführt 
werden. Der Erlös aus denſelben iſt vorab zur 
Beſtreitung der Gewinnungskoſten und der durch 
Wiederanbau der abgetriebenen Forſtflächen ent- 
ſtehenden Koſten zu verwenden.“ 

Seit 1850 iſt die oberſte Forſtbehörde das fürſt⸗ 
liche Miniſterium, Finanzabteilung, mit einem forſt⸗ 
lichen Referenten und mit einem dem Miniſterium 
angegliederten Miniſterialforſtbureau. Die Ver- 
waltung unterſteht dem Oberforſtamte Sonders⸗ 
haufen, dem die Oberförſtereien als Verwaltungs: 
organe unterſtellt ſind. Eingehend iſt dann die 
Geſchichte der Bewirtſchaftung der Kammerguts⸗ 
forſten geſchildert, die von den Geſichtspunkten der 
Holzarten verbreitung, Forſteinrichtung, Wertrech— 
nung, Waldbau, Wegbau, Forſtſchutz und Forſt⸗ 
benutzung aus betrachtet werden, und namentlich in 
betriebstechniſcher und waldbaulicher Beziehung die 
Waldungen des Thüringerwaldes geſchichtlich uns 
näher bringt. Die Arbeit liefert einen willkommenen 
Beitrag zur Geſchichte der deutſchen Wälder. 


Dr. Wimmer. 


31 


234 | 


Briefe. 


Aus Preußen. 
Aus der Preußiſchen Forſtverwaltung. 
Einſchlag und Abfuhr von Nutzholz. 

Unter dem 29. März 1917 teilt der Miniſter für 
Landwirtſchaft, Domänen und Forſten den Regie— 
rungen Beſtimmungen über den Einſchlag und die 
Abfuhr von Nutzholz mit, die von dem Kriegsamt 
den Preuß. Stellvertr. Generalkommandos ꝛc. zu- 
gegangen ſind. Hiernach ſoll jeder Einſchlag und 
jede Abfuhr von Nutzholz bis auf weiteres als drin- 
gende Kriegsnotwendigkeit angeſehen und behandelt 
werden, ferner follen alle nicht kriegsverwendungs⸗ 
fähigen Forſtbeamten und Holzhauer, einſchl. der 
Vorarbeiter, erforderlichenfalls für den Nutzholz— 
einſchlag nach Prüfung des Bedarfs freigegeben 
und Kriegsgefangene auf Antrag der Forſtverwal⸗ 
tungen für den Nutzholzeinſchlag nach Möglichkeit 
belaſſen werden. . Eingearbeitete Kriegsgefangene 
ſollen den Arbeitgebern auch dann belaſſen werden, 
wenn die Arbeitsſtelle nach Abholzung eines Reviers 
in das Gebiet einer anderen als der geſtellenden 
M’litärbehörde (inner, oder außerhalb des Korps- 
bereichs) verlegt wird, ſoweit an der neuen Stelle 
die erforderlichen Arbeitskräfte fehlen. Auf die Ver⸗ 
wendung abgeſchobener belgiſcher Arbeitsloſer ſoll 
mit allen Mitteln hingewirkt werden. 

Für die Förderung der Holzabfuhr werden 
folgende Beſtimmungen getroffen: 

Zur Nutzholzabfuhr ſollen in erſter Linie alle 
irgendwie verfügbaren Zivilgeſpanne, nöt'genfalls 
durch Zwangsmaßnahmen der Zivilbehörden, heran- 
gezogen werden. Wo der Bedarf hierdurch nicht 
gedeckt werden kann, follen die ſtellvertr. General- 
kommandos, ſoweit die dienſtlichen Verhältniſſe es 
zulaſſen, durch Ausleihen von Pferden aushelfen. 
Bei den Aushebungen ſoll auf dieſe wirtſchaftlichen 
Verhältniſſe tunlichſt Rückſicht genommen und den 
Beſitzern für die aus dieſer Rückſicht belaſſenen 
Geſpanne die Auflage beſtimmter Mindeittages- 
leiſtungen in der Nutzholzabfuhr nach Nutzlaſt, Ent- 
fernung und Wegeverhältniſſen gemacht werden. 
Den Anforderungen der Geſpannhalter auf Frei— 
gabe nicht kriegsverwendungsfähiger Holzfuhrleute 
für die Nutzholzabfuhr ſoll in dem nötigen Umfange 
entſprochen werden. 

Soweit Geſpanne nicht ausreichen, foll die Ber- 
wendung von Dampf- und ſonſtigen Kraftwagen in 
Erwägung gezogen werden. Zum Ankauf und An- 
mietung von Laſtkraftwagen wird auf die Feldkraft⸗ 
wagen⸗Aktiengeſellſchaft, Berlin, Unter den Linden 


34, hingewieſen und bemerkt, daß, wo Betriebs- 
ſtoffe im freien Handel nicht zu haben ſeien, die 
Inſpektion des Kraftfahrweſens um Aushilfe ang: 
gehen ſei. Maßnahmen, durch die der Verkehr der 
Laſtkraftwagen ſachwidrig erſchwert, z. B. die Ve 
nutzung der Straßen von der Zahlung einer Ent: 
ſchädigung oder der Hinterlegung einer Sicherben 
abhängig gemacht werde, feien, ſoweit es die Ber 
hältniſſe irgend geſtatten, außer Kraft ſetzen zu 
laſſen. 

Bau und Betrieb von Nutzholzabfuhrbahnen 
ſei zu unterſtützen; Förderbahnmaterial könne, wenn 
es im freien Handel nicht erhältlich ſei, bei der 
Inſpektion der Eiſenbahntruppen erbeten werben. 
Urlaub für Holzfäller und Fuht— 

leute. 


Das Kriegsminiſterium hat unter dem 27. Feb.. 


1917 die St ellvertr. Generalkommandos ere 


darauf hingewieſen, daß den Anträgen auf Freigabe 


von Holzhauern für den Nutzholzeinſchlag und vn 


Fuhrleuten für die Nutzholzabfuhr in weiteſten 


— 


Maße und mit größter Beſchleunigung entiproder - 


werden ſolle. 


Ausſetzung forſtlicher Arbeiten zu 


gunſten der Landwirtſchaft. 


Mit Rückſicht auf die Surge, daß die lanwit | 


ſchaftlichen Beſtellungsarbeiten, namentlich bein 
H'nzutritt ungünſtiger Witterungsverhältniſſe, war 
rechtzeitig fert'ggeitellt werden können, hat der 
Miniſter für Landwirtſchaft, Domänen und Forten 
unter dem 21. Februar 1917 es als Pflicht der Fort 
verwaltung bezeichnet, die für ihren Betrieb a 
planten Frühjahrs-, insbeſondere aljo die Kulut 
arbeiten ohne Rückſicht auf das eigene wittſchafr 
liche Intereſſe überall da auszuſetzen, wo die recht 
zeit'ge Ackerbeſtellung der Gegend ohne Zuhlie 
nahme der mit Forſtkulturarbeiten bejchäftigten 
Perſonen in Frage geſtellt ſein würde. Sollte die 
Ackerbeſtellung hier oder da ſoweit zurückgeblieben 
fein, daß auch die Bereitſtellung der zzorjtkultur 
arbeiter eine ausreichende Hilfe nicht gewährt, dam 
ſoll die zeitweiſe Ausſetzung oder Einjchränkung 
auch der Fällungsarbeiten erwogen werden. 


* 

Beihäftigung von Frauen beim 
Holzeinſchlage. 

Unter dem 2. März 1917 weiſt der Miniſter fit 

Landwirtſchaft, Domänen und Forſten auf die Ror 


23 


wendigkeit hin, wegen Arbeitermangels nicht nur 
die Forſtkultur⸗ und Wegearbeiten auf das Außerſte 
einzuſchränken, ſondern auch die Frauen, ſoweit ſie 
in der Landwirtſchaft entbehrlich find, zu den Schlag- 
arbeiten heranzuziehen. Hiermit ſei man ſchon 
anderwärts, namentlich in Bayern, mit gutem 
Erfolge vorgegangen. Die Frauen hätten ſich dort 
ſowohl bei leichteren Arbeiten in den Abtriebs— 
ſchlägen als auch namentlich bei Aufarbeitung der 
ſchwächeren Gruben⸗ und Brennhölzer, beim Schälen 
des Holzes und in den Durchforſtungen jüngerer 
Beſtände als durchaus brauchbar und leiſtungsfähig 
erwieſen. In den Durchforſtungen jüngeren Holzes 
werde es möglich ſein, Frauen allein arbe ten zu laffen. 
Könnten ſie, wie in Starkholzſchlägen, nur als 
Gehilfinnen bei der leichteren Arbeit verwendet 
werden, ſo würden ſie von den Männern, mit denen 
ſie zuſammen arbeiten, entweder auf einen feſten 
Tagelohn zu ſetzen fe'n oder, ſoweit fie beſtimmte Teile 
der Schlagarbeit, wie das Aufſetzen der Schecht⸗ 
hölzer, das Schälen u. dergl. allein übernehmen, 
auch im Stücklohn beſchäftigt werden können. Auf⸗ 
gabe der Revierverwalter werde es fein, die Ver: 
lohnung der Frauen im tunlichſten Einvernehmen 
mit den männlichen Arbeitern ſo zu regeln, daß 
ihnen ein auskömmlicher Verdienſt gef hert bleibe. 
Sofern es, wie in Bayern, erwünſcht erſcheine, den 
Frauen beſondere Schutzkleidungsſtücke, wie Über- 
zughoſen über die Röcke ev. Rückenſchürzen, zur 
Verfügung zu ſtellen, jo feien ſolche auf Staats- 
koſten zu beſchaffen. Falls weibliche Angehörige 
einberufener Arbeiter, die neben den reichsgeſetz ⸗ 
lichen Familienunterſtützungen Beihilfen aus forſt⸗ 
fiskaliſchen Mitteln bezögen und nach ihrem Familien. 
ſtand und ſonſtigen Verhältniſſen unzweifelhaft in 
der Lage ſeien, ſich an der Forſtarbeit zu beteiligen, 
ungerechtfertigterweiſe die Arbeit verweigerten, 
ſo ſeien ihnen die Beihilfen alsbald zu entziehen. 


Backholz für Bäcker. 

Um den Bäckern die Aufrechterhaltung ihres 
Betriebes zu ermöglichen, hat ſich der Miniſter für 
Landwirtſchaft, Domänen und Forſten durch Erlaß 
vom 28. Februar 1917 damit einverſtanden erklärt, 
daß Bäckern das zum Backen erforderl'che Holz durch 
Vermittelung der Gemeindevorſteher, die das Be- 
dürfnis feſtzuſtellen haben, freihänd'g zu Preiſen 
überlaſſen werde, die ſich ig erträglichen Grenzen 
halten. 


Eintrieb von Schweinen in die 
Staatsforſten. 


Unter Bezugnahme auf eine Entſchließung des 
Kriegsminiſteriums, 50 000 Schweine in die Staats: 


forſten zum Eintrieb zu bringen, hat der Landwirt— 
ſchaftsminiſter unter dem 27. März d. J. folgende 
allgemeine Verfügung erlaſſen. 

Die wegen Futtermangels notwendige umfang- 
reiche Abſchlachtung unreifer Schweine bei Herab- 
ſetzung der Schweinepreiſe vom 1. Mai d. J. ab 
gefährden die dentſche Schweinehaltung und Zucht 
in hohem Grade. Die Möglichkeit, viele Tauſende 
von Schweinen, die wegen fehlenden Stallfutters 
ſonſt vorzeitig geſchlachtet werden müßten, zu er- 
halten und heranre'fen zu laffen, bietet der Wald. 
Die Heeresverwaltung beabſicht'gt unter dieſen 
Umſtänden, über 50 000 Jungſchweine von ca. 35 kg 
Gewicht an aufwärts anzukaufen und vom Ende 
des Monats April ab in Heerden von 100 b's 150 
Stück in die Staatsforſten einzutreiben. Die den 
Forſtbeamten hierbei zugedachten Aufgaben ſind 
folgende: 

1. Der Revierverwalter führt die Aufſ'cht über 
den geſamten Betrieb, weiſt die Einnahmen und 
Ausgaben auf die Forſtkaſſe an, kontrolliert die ein⸗ 
gegangenen Lieferungen an Futtermitteln, deren 
Aufbewahrung und Verbrauch und legt allmonat- 
lich der Ankaufsſtelle von Weidev'eh für das Feld- 
heer, Berlin, SW. 11, Rechnung über die Einnahmen 
und Ausgaben an Geld und Naturalien. Insbe⸗ 
ſondere ſorgt der Rev'erverwalter auch für die ſo— 
fort'ge Herſtellung der Schutzbuchten für je 150 
Schweine und eines Unterkunftsraumes für die 
aus 2 b's 3 Perſonen beſtehenden, von der Heeres- 
verwaltung zu ſtellenden Hütemannſchaften. Die 
Schutzbuchten ſind tunlichſt im Schutz eines Alt— 
beſtandes aus Pfoſten und Stangen ſo herzuſtellen, 
daß ſie leicht verſetzt werden können, unter Dichtung 
der Dächer durch aufgelegtes Reiſig. Macht die 
Überdachung der Buchten Schwierigkeiten und ift 
das Klima nicht zu rauh, fo genügt auch wohl reich- 
ches Einbringen von Moos- oder Laubſtreu, in 
die die Tiere ſich warm einbetten können. Für die 
Hütermannſchaften find kleine Blod- oder Bretter- 
häuſer, Unterſtände, ſog. Schäferkarren oder Köten 
nach Harzer Art mit Hilfe von Holzhauern und etwa 
an Ort und Stelle verfügbaren oder von der An- 
kaufsſtelle zu erbittenden Handwerkern zu errichten. 
Das zur Verwendung kommende Holz iſt als Brenn⸗ 
holz zu verbuchen und der Ankaufsſtelle mit dem 
Taxwert in Rechnung zu ſtellen. 

2. Der Förſter führt die ſtändige Aufſecht über 
die Handhabung des Betriebes durch die Mann- 
ſchaften. Er hat für Annahme, Aufbewahrung, Mus- 
gabe und Verwendung der gelieferten Futtermittel 
zu ſorgen, nöt'genfalls den Tierarzt zu rufen, die 
erforderlichen Notſchlachtungen ausführen zu laſſen 
und die notgeſchlachteten Tiere zu verwerten. Die 
Verlohnung der unter ſeiner Leitung ausgeführten. 


31* 


Arbeiten erfolgt nach den für die Verlohnung der 
Forſtarbeiter geltenden Beſtimmungen. Über die 
erfolgten Notſchlachtungen und die Verwertung der 
notgeſchlachteten Tiere hat er ſofort dem Oberförſter 
zu berichten. Allmonatlich reicht er nach Vorſchrift 
der Ankaufsſtelle aufzuſtellende Abrechnung über 
Einnahme, Ansgabe und Beſtand der gelieferten 
Futtermittel ein. | 

3. Der Forſtſchreiber der Oberförſterei über- 
nimmt für alle mit dem Weidebetrieb der Ankaufs⸗ 
ſtelle zuſammenhängenden Rechnungsſachen, die 
er unter der Leitung des Oberförſters zu bearbeiten 
hat, dieſelben Obliegenheiten, die ihm für das Forſt— 
rechnungsweſen obliegen. 

Die Ankaufsſtelle gewährt dem Förſter und dem 
Forſtſchreiber eine monatliche Vergütung von 15 Mk. 
und jedem dieſer Beamten, wie auch dem Revier— 
verwalter die Vergünſtigung, in die Herden des 
Revieres bis zu 4 Stück eigener, deutlich als Privat: 
eigentum zu zeichnender Schweine unentgeltlich 
einzuſtellen. 

4. Die Forſtkaſſe zahlt auf Anweiſung des 
Revierverwalters die Ausgaben für den Weide- 
betrieb vorſchußweiſe, bucht die etwaigen Einnahmen 
bei den Aſſervaten und reicht dem Revierverwalter 
allmonatlich die Ausgabe, und Einnahmebelege 
behufs Aufſtellung der Monatsrechnung ein. Es 
wird ferner die Hoffnung ausgeſprochen, daß auch 
die Ehefrauen der beteiligten Förſter ſich durch Über- 
nahme der Verpflegung der Hütermannſchaften 
in den Dienſt der Sache ſtellen werden, wenn eine 
andere Verpflegungsmöglichkeit nicht beſteht. Die 
Beköſtigung wird aus den von der Heeresverwaltung 
zu liefernden Lebensmitteln erfolgen und die An- 
kaufsſtelle auch für dieſe Mühewaltung eine ange— 
meſſene beſondere Vergütung gewähren. 

Für Beſchaffung der erforderlichen Hunde ſorgt 
die Heeresverwaltung. 

Weiter wird bemerkt, daß der Weidebetrieb in 
erſter Linie durch das Vorhandenſein hinreichenden 
Waſſers, an dem es auch innerhalb oder dicht bei 
der Bucht nicht fehlen darf, bedingt wird. Sodann 
müſſe die Ortlichkeit nach Boden- und Beſtands⸗ 
verhältniſſen einen genügenden Ertrag an Gras, 
Kräutern, Wurzeln, Inſekten und Würmern ver: 
ſprechen. Endlich erſcheine es erwünſcht, in den 
Weidebezirken Gelegenheit zur Werbung von Futter⸗ 
laub zu haben, das unter Aufſicht der mit Hüten 
jeweils nicht beſchäftigten Mannſchaften geworben 
und gehäckſelt den Schweinen als Ergänzungsfutter 
verabreicht werden könnte. 

Sodann wird durch Erlaß des Landwirtſchafts⸗ 
miniſteriums vom 30. April 1917 über die beim 
Eintrieb von Schweinen zur Waldweide gemachten 
Erfahrungen mitgeteilt, daß: 


36 


— 


1. eine wirtſchaftliche Ausnutzung der Wal. 
dungen durch Beweiden mit Schweinen ſchon in 
gewöhnlichen Zeiten geboten iſt, geſchweige denn 
bei der jetzigen Futternot, 

2. daß in den meiſten Waldungen ein Beifutter 
auch in den beſten Futtermonaten — abgeſehen von 
Eichel⸗ oder Buchelmaſtzeit — nicht entbehrt werden 
kann, 

3. daß die Wirtſchaftlichkeit der Schweinewald⸗ 
weide aufhört oder fogar in große Verluſte umſchlägt, 
wenn die Schweineſeuche, die Schweinepeſt oder 
der Rotlauf — ohne vorhergegangene Impfung — 
ausbrechen. Dieſe Seuchen fernzuhalten, iſt bei 
zuſammengekauften Schweinebeſtänden unmöglich. 
Schweineſeuche und Schweinepeſt haben trotz rech. 
zeitiger Schutz, und Heilimpfung jo große Opfer 
erfordert, daß mancher Unternehmer die Luft zum 
Weiterhalten verloren hat. Eine Gewähr iſt nur 
dann gegeben, wenn die Schweine für die Wald, 
weide aus nachweislich ſeuchefreien Beſtänden ge 
wonnen werden. 

4. Eine Herde ſoll im allgemeinen ungefähr 
100 Stück betragen. Wenn die Heeresverwaltung 
beim Eintreiben von Schweinen in die Wälder in 
größerem Umfange nicht Verluſte, unter Umſtänden 
ein Maſſenſterben erleben will, wird ſie die unter 
3 genannten veterinären Vorbedingungen möglicht 
erfüllen müſſen. Einwandfrei muß auch noch von 
den Herkunftsbeſtänden nachgewieſen werden, daß 
jie ſelbſt von der Form derjenigen Schweineſeuche 
frei find, die nicht unter das Seuchengeſetz fällt, d. i. 
die mit gelindem Verlauf; denn diefe wird bei Wal: 
ſchweinen, die jeder Witterung ausgeſetzt find, zu 
leicht akut und mörderiſch. 

Was die Unterſchlupfräume betrifft, ſo iſt noch 
zu erwähnen, daß ſich hier dachförmig gegeneinander: 
geſetzte Reiſigbündel bewährt haben, die an einen 
auf ſtarken anderthalb Meter über der Erde ftehen: 
den Pfoſten ruhenden Mittelbalken mit den Spitzen 
befeſtigt und am Fußende etwas in die Erde en 
gelaſſen ſind. 


22: 


Verwertung des Schilfrohrs für 
Fut.terzwecke. 

Wie der Miniſter für Landwirtſchaft, Domänen 
und Forſten in einem Erlaſſe vom 7. Februar 1917 
bekannt gibt, hat fich das Schilfrohr in den letzten 
Jahren als Futter ſehk bewährt, namentlich dann, 
wenn es rechtzeitig geſchnitten wurde. Der Krieg“ 
ausſchuß für Erſatzfutter habe im beſonderen I 
vielen Orten Einrichtungen für die Herſtellung von 
Schilfmehl getroffen, das als Futter außerordentlich 


— 


= — o |. — 


— — NL i 


geſchätzt werde. Dieſe Beſtrebungen ſollten auch in 


dieſem Jahre fortgeſetzt werden. Dabei ſeien die 


237 


jetzt trockenen und verhärteten Beſtände des Vor: 
jahres ſehr läſtig, weil ſie bei der Nutzung aus den 
friſchen Trieben des nächſten Sommers unter großem 
Arbeitsaufwand ausgeſondert werden müßten. Die 
Nutzung im nächſten Sommer würde daher ſehr 
erleichtert werden, wenn dieſe alten Beſtände, jo- 
weit ſie nicht für techniſche Zwecke Verwendung 
fänden, rechtzeitig abgebrannt würden. 


= 


Sidtenharsgewinnung. 

Der Miniſter für Landwirtſchaft, Domänen und 
Forſten hat durch Erlaß vom 17. März d. J. ange- 
ordnet, daß in dieſem Jahre auch in Fichten beſtänden 
Harz in möglichſt großem Umfange genutzt werden 
ſolle. Das Harzen der Fichten ſei weſentlich ein- 
facher, wie das der Kiefern. Es werde raſch erlernt 
und könne ausſchließlich von Frauen und jugend— 
lichen Arbeitern ausgeführt werden. Den ganzen 
Fichten harzertrag des kommenden Sommers habe 
er dem Kriegsausſchuß für Ole und Fette in Berlin 
zur Verfügung geſtellt. Für das Harzen von Fichten⸗ 
beftänden wird folgende Anweiſung gegeben: 

1. In der Regel ſind nur ſolche Beſtände auf 
Harz zu nutzen, die vorausſichtlich binnen längſtens 
10 und früheſtens binnen 3 Jahren zum Abtrieb 
kommen. Zu bevorzugen ſind die Beſtände der 
milderen Lagen auf Böden, die ſich leicht erwärmen. 
Bei unmittelbarer Sonneneinwirkung verdunſtet 
das Terpentinöl ſehr ſtark und das Harz ſchwindet. 
Schutz vor Wind begünſtigt den Garzflug. Man 
harze deshalb weder Beſtandsränder, die der Sonne, 
noch ſolche, die dem Winde ausgeſetzt ſind. Stehen 
wertvolle und minder wertvollere Beſtände zur 
Wahl, ſo ſind die minder wertvollen, insbeſondere 
die mit Schälſchäden behafteten und an Rotfäule 
leidenden, zur Harznutzung zu beſtimmen. 

2. Das Zurichten der Stämme beginnt Anfang 
Mai und ſoll ſpäteſtens im Juli beendet ſein. Jeder 
Stamm wird mit 2 bis 3 Lachten in Abſtänden von 
Mitte zu Mitte von etwa 20 cm verſehen. Die 
Lachten ſollen etwa 1,5 m lang ſein und etwa 60 cm 
über dem Erdboden endigen. Sie werden in der 
Weiſe angelegt, daß man mit der geſchärften Spitze 
des hakenförmig gekrümmten Harzreißers die Rinde 
des Stammes in einem Zuge von oben nach unten 
bis auf den Splint durchſchneidet. Hierauf folgt 
ein dem erſten gleichlaufender Schnitt im Abſtande 
von 3 cm. Die unteren Enden der Schnitte laufen 
in eine Spitze zuſammen. Sodann wird der zwiſchen 
den beiden Schnitten liegende ſchmale Rinden⸗ 
jtreifen nach Lockerung ſeiner Spitze durch den Reif: 
haken von unten nach oben mit der Hand abgezogen 
und oben mit dem am Harzreißer angebrachten 
kleinen Beil vom Stamme getrennt. Die Endſpitze 


der jo entſtandenen Lachte ſoll rinnenartig jo aus- 
geformt werden, daß das längs der Lachte ablaufende 
Waſſer möglichſt reſtlos den Ausweg aus der Lachte 
findet. Das Lachtenreißen iſt eine von Frauen leicht 
auszuführende Arbeit und erfordert etwa 5 Frauen⸗ 
tagelöhne je ha. Ein Mann reißt täglich etwa 
600 Lachten. 

3. Das Sammeln des Harzes erfolgt in der 
Regel nur einmal im Jahre und muß ſpäteſtens 
Mitte September beendet ſein, damit der folgende 
Harzfluß die Lachte noch vor Winter mit neuem Harz 
überziehen kann. Bei kaltem Wetter iſt das Harz 
außerdem ſo ſpröde, daß es durch Abſpringen zum 
Teil verloren geht. Im übrigen iſt, je ſpäter das 
Sammeln beginnt, deſto mehr Maſſe zu erwarten. 
Iſt die Witterung ſehr günſtig, ſo kann das erſte 
Mal im Frühſommer und ein zweites Mal im Auguſt 
und September geharzt werden. Zum Sammeln 
bedient man ſich des Harzkratzers und des Harzſackes. 

Von Wichtigkeit iſt, daß das Harz von den Wänden 
der Lachte und insbeſondere aus den Ecken zwiſchen 
Splint und Harzwand gut herausgekratzt wird. 
Rindenteile, Moos und Flechten dürfen nicht in 
den Harzſack geraten, und die Holzſchicht der Lachte 
darf beim Kratzen nicht verletzt werden. Jene Fremd- 
körper müſſen vor dem Harzen von den Rändern 
der Lachte mit den ſcharfen Schneiden des Harz 
kratzers entfernt werden. Um dieſe gebrauchs⸗ 
fähig zu erhalten, müſſen ſie nach Bedarf von innen 
heraus, z. B. mit einem Taſchenmeſſer, ſorgfältig 
immer wieder ſcharf gemacht werden. Auch das 
Harzkratzen iſt Arbeit für Frauen und jugendliche 
Arbeiter. Bei einem Stundenlohn von durchſchnitt⸗ 
lich 22 Pf. haben ſich die Koſten dieſer Arbeit auf 
8 bis 16 Mk. je ha geſtellt. 

4. Die Erträge der Harznutzung ſchwanken ſtark 
und ſind von der Beſchaffenheit der Beſtände, von 
Klima, Lage und Boden und von der jeweiligen 
Witterung des Sommers abhängig. Unter mittleren 
Verhältniſſen kann auf einen Ertrag von gegen 
100 kg, unter günſtigen Umſtänden auf einen ſolchen 
von bis zu 200 kg je ha gerechnet werden. 

5. Das Harz iſt in kühlen Schuppen oder Scheu- 
nen aufzubewahren und in Kiſten oder Säcken zu 
verſenden. 


-< — a 


Aus Preußen. 
Welche Beſtimmungen 
des nenen preußiſchen Fiſchereigeſetzes 
hat der Angler zu beobachten! 

Das neue preußiſche Fiſchereigeſetz hat in dan- 
kenswerter Weiſe den Bedürfniſſen des Angelſports 
Rechnung getragen. Vor allem hat es einen alten 
Wunſch der Angler erfüllt und das Angeln an Sonn: 


258 


und Feiertagen, jowie während der Frühjahrsichon: 
zeit zugelaſſen. 

Es iſt in dieſer Beziehung durch die auf Grund 
des § 106 des Fiſchereigeſetzes erlaſſene Polizei— 
verordnung des Miniſters für Landwirtſchaft, Domä⸗ 
nen und Forſten vom 29. März 1917 (Fiſcherei⸗ 
ordnung) folgendes beſtimmt worden: 

„$ 11. Am Sonntag ijt der Fiſchfang von vor: 
mittags 9 bis nachmittags 6 Uhr verboten (Sonn⸗ 
tagsſchon zeit). Die Fanggeräte der ſog. ſtillen 
Fiſcherei, d. h. ſolche, welche weder gezogen noch 
geſtoßen werden, dürfen zum Fang im Waſſer 
bleiben. Dazu gehören namentlich Stellnetze, Aal- 
hamen, Ankerkuilen, Steerthamen, Garn, Draht-, 
Korb⸗Renſen, ſowie Treibnetze ohne Begleitung 
von Fahrzeugen. Angeln iſt zuläſſig, ſo— 
weit nicht nach den § 13, 15 der Fiſchfang ganz ver: 
boten iſt. 

§ 13. In den Gewäſſern, in denen jid) vorzugs⸗ 
weiſe Winterlaicher (Lachſe, Forellen: und Saib— 
lingsarten, Oſtſeeſchnäpel u. a.) fortpflanzen, iſt 
der Fiſchfang in den Monaten Oktober bis Januar 
während acht auf einander folgender Wochen, die 
der Regierungspräſident beſtimmt, verboten (Win⸗ 
terſchonzeit). Der Regierungspräſ'dent beſtimmt 
auch die Gewäſſer. Er kann die Schonzeit für die 
einzelnen Gewäſſer und Gewäſſerſtrecken verſchieden 
feſtſetzen, auf beſtimmte Fiſcharten beſchränken oder 
beſtimmte Fiſcharten davon ausnehmen. 

8 14. In den nicht der Winterſchonzeit unter- 
liegenden Binnengewäſſern iſt der Fiſchfang in den 
Monaten März bis Juni während ſechs auf einander 
folgender Wochen, die der Regierungspräſident 
beſtimmt, mit Ausnahme derſtillen Fiſcherei 
und des Fiſchfanges mit der Handangel ver— 
boten (Frühjahrsſchon zeit). Der Regie: 
rungspräſident kann die Schonzeit für die einzelnen 
Gewäſſer und Gewäſſerſtrecken verſchieden feft- 
ſetzen, auf beſtimmte Fiſcharten beſchränken oder 
beſtimmte Fiſcharten davon ausnehmen. Er darf 
ſie auch verkürzen oder ganz aufheben. 

$ 15. Für Küſtengewäſſer gilt die Frühjahrs⸗ 
ſchonzeit nur inſoweit, als fih in ihnen vorzugs— 
weiſe Frühjahrslaicher fortpflanzen. Der Regie— 
rungspräſident beſtimmt die Gewäſſer oder Gewäſſer⸗ 
ſtrecken. Er kann darin den Fiſchfang auch ganz ver— 
hie ten. 

$ 16. Im Regierungsbezirk Sigmaringen kann 
der Regierungspräſident für Grenzgewäſſer und 
Gewäſſerſtrecken, die mit außerpreußiſchen Ge— 
wäſſern in Verbindung ſtehen, die Frühjahrsſchon⸗ 
zeit bis auf zwei Monate, die Winterſchonzeit bis 
auf drei Monate verlängern. 

§ 17. Der Regierungspräſident kann beſondere 
Artenſchonzeiten feſtſetzen: 


a) w Störe vom 1. Juli bis 31. Auguſt, 

b) für Lachſe, Saiblinge, Meer: und Bachforellen, 
jowie Schnäpel, wenn dieſe Fiſcharten keiner Winter. 
ſchonzeit unterliegen, höchſtens acht Wochen in den 
Monaten Oktober bis Februar, 

c) für Maränen hüöchſtens acht Wochen in den 
Monaten November und Dezember, 

d) für Aſchen und Naſen, ſowie im Regierung: 
bezirk Sigmaringen für Huchen und Regenbogen. 
forellen, wenn diefe F'ſcharten keiner Frühjahr 
ſchonzeit unterliegen, höchſtens acht Wochen in den 
Monaten März bis Mai, 

e) für Döbel, die feiner Frühjahrsſchonze't unter 
legen, höchſtens ſechs Wochen in den Monaten 
Mai und Juni, 

f) für Flußkrebſe vom 1. November b's 31. Mai.” 

H'ernach ift das Angeln mit der Handangel 
während des ganzen Jahres, mit Ausnahme wäh⸗ 
rend der Winterſchonzeit in den dieſer unterliegen: 
den Gewäſſern, geftattet, und es dürfen alle Fiche, 
für die keine beſonderen Artenſchonzeiten feſtgeſetzt 
ſind, mit der Handangel gefangen werden. 

Außer den ſpeziell das Angeln betreffenden 
Beſt'mmungen ſind für den Angler noch weiter von 
Wichtigkeit ſolche über: 

2 die Mindeſtmaße der Fiſche; 

2. die Behandlung der untermaß'g und der 
während der Schonzeit verbotwidrig ge: 
fangenen F'ſche; 

3. d'e Fiſcherei⸗Scheine und Fiſcherei Erlaubnis. 
ſcheine; 

4. das Uferbetretungsrecht. 

1. Min deſtmaße. 

Auf Fiſche der nachbenannten Arten darf der 
Fiſchfang nur ausgeübt werden, wenn fie, von der 
Kopfſpitze bis zum Ende des längſten Teiles der 
Schwanzfloſſe gemeſſen, mindeſtens folgende Längen 
haben: ö 

Stör“): 100 cm; 

Aal,) Lachs, Meerforelle, Zander“): 35 cm; 

Barbe, Hecht, Maifiſch,“) Nordſeeſchnäpel: 28cm; 

Blei (Brachſen): 25 cm; | 

Scholle und Flundern®): 18 bis 22 cm; 

Aſche, Alant, Döbel, Naſe: 20 cm; 

Bachforelle, Schlei: 18 cm; 

Barſch, Plötze, Rotfeder: 
ſonſt 15 cm; 

Flußkrebs: 8 cm. ($ 1 der Fiſchereiordnung. 

In den Binnengewäſſern dürfen untermaß'ge 


in Binnenſeen 13, 


Alant, Döbel, Naſen, Barſche, Plötzen und Rot 


federn als Köder fiſche für den eigenen Bedarf 
des Fiſchers unter Anwendung engmaſchiger Netze 


) Für Küſtengewäſſer find Abänderungen durch den 
Regierungspräſidenten zuläſſig. 


gefangen werden. Der Regierungspräſident fann 
die gleiche Erlaubnis für die Küſtengewäſſer erteilen. 
9 und 25 der Fiſchereiordnung.) 

2. Die Behandlung der unter: 
maßig und der während der Schon 
zeit verbotswidrig gefangenen 
Fiſche. | 

Fiſche, deren Fang unter einem bejtimmten 
Maße verboten iſt, dürfen im Geltungsbereiche des 
Verbots unter die ſem Maße weder feilgeboten, noch 
verkauft, noch zur Beförderung gebracht werden. 
Dasſelbe gilt, wenn der Fang einzelner F'ſcharten 
verboten iſt, für die Fiſche dieſer Arten während der 
Verbotszeit (§ 107 F. G.). Da die ſtille Fiſcherei, 
auch das Angeln, während der Frühjahrsſchonzeit 
geſtattet iſt, findet dieſe Beſtimmung während dieſer 
nur für die Fiſche Anwendung, für die durch § 17 
F.⸗O. eine Artenſchonzeit innerhalb der Frühjahrs 
ſchonzeit feſtgeſetzt iſt, d. h. für Aeſchen, Naſen, 
Huchen, Regenbogenforellen und Döbel. Wider- 
rechtlich gefangene untermaß'ge Fih, die lebend 
in die Gewalt des Fiſchers fallen, ſind ſofort, oder 
wenn ſie nicht gleich aus dem Fanggerät entfernt 
werden können, ſpäteſtens nach Rückkehr des F'ſcherei⸗ 
fahrzeugs ans Land, mit der zu ihrer Erhaltung 
erforderlichen Vorſicht ins Waſſer zurückzuſetzen 
($ 10 F. O.). | 

3. Fiſcherei⸗ 
nis ſcheine. 

Nach § 92 F. G. muß jeder, der den Fiſchfang 
ausübt, einen auf feinen Namen lautenden Fiſche⸗ 
reiſchein bei ſich führen. Ein Fiſchereiſchein 
iſt nicht erforderl'ch: l 

1. für Gehilfen, die mit dem Fiſchereiberechtigten, 
Fiſchereipächter oder Inhaber eines Erlaubnis- 
ſcheines zuſammen den Fiſchfang ausüben, 2. zum 
freien Fiſchfang in der Nord- und Oſtſee, einſchließ— 
lich der offenen Meeresbuchten, ſoweit ſie nicht im 
Eigentume ſtehen, 3. zum Fiſchfang in Gewäſſern, 
die dem Fiſchereiberechtigten gehören und voll: 
ſtändig von Grundſtücken desſelben begrenzt ſind, 
jowie in künſtlichen Fiſchteichen, die mit einem 
Waſſerlaufe nur dadurch in Verbindung ſtehen, 
daß fie mittels künſtlicher Vorrichtungen aus ihm 
gefüllt oder in ihn abgelaſſen werden. 

Zuſtändig für die Erteilung des Fiſchereiſcheines 
ijt die F'ſchereibehörde, in deren Bezirke der Antrag. 
ſteller den Fiſchfang ausüben will (§ 93 F. G.). 
Erſtreckt ſich das Fiſchereigebiet über den Bezirk 
mehrerer Fiſchereibehörden, ſo ſteht es im Belieben 
des Antragſtellers, bei welcher der in Betracht 
kommenden Fiſchereibehörden er den Schein be⸗ 
antragen will. Fiſchereibehörden find nach § 119 
F. G. für die Küſtengewäſſer die Oberfiſchmeiſter, 
für die Binnengewäſſer die Ortspolizeibe hörden. 


und Fiſchereierlaub⸗ 


239 


Die Fiſchereiſcheine jind gebühren und ſtempel⸗ 
frei. | 

Die Befugnis, die Vorzeigung des Fiſcherei— 
ſcheins zu verlangen, ſteht dem Fiſchereiberechtigten, 
dem Fiſchereipächter, allen Polizeibeamten und 
Fiſchereibeamten zu. 

Verweigerung der Vorzeigung des Fiſcherei⸗ 
ſcheines wird mit Geldſtrafe bis zu 30 Mk. (§ 53 
F. O.), Nechtbeiſichführen desſelben beim Fiſchen, 
mit gleicher Strafe (§ 125 F. G.), Fiſchen, ohne im 
Beige eines Fiſchereiſcheines zu fein, mit Geldſtrafe 
bis zu 60 Mk. (§ 126 F. G.) beſtraft. 

Neben dem Fiſchereiſchein muß nach § 98 F. G. 
derjenige, welcher in einem Gewäſſer, in dem er 
nicht Fiſchereiberechtigter oder Fiſchereipächter iſt, 
den Fiſchfang ausübt, einen Fiſcherei⸗Er⸗ 
laubnisſchein des Berechtigten oder Pächters 
bei ſich führen, ſofern letztere nicht zugegen ſind. 
Der Erlaubnisſchein muß auf die Perſon, auf ein 
oder mehrere beſtimmt zu bezeichnende Gewäſſer 
und auf eine nicht länger als drei Jahre bemeſſene 
beſtimmte Zeit lauten, ſowie genaue Angaben über 
die Fanggeräte und Fahrzeuge enthalten. Crlaub- 
nisſcheine, die nicht von einer öffentlichen Behörde 
oder einem öffentlichen Beamten innerhalb ſeiner 
Amtsbefugniſſe oder von dem Vorſtand einer Wirt⸗ 
ſchaftsgenoſſenſchaft ausgeſtellt ſind, müſſen von 
dem Gemeinde-(Guts⸗)Vorſteher einer der Ge- 
meinden (Gutsbezirke), in deren Bezirke die Fiſcherei 
ausgeübt werden ſoll, beglaubigt werden. Dies 
geſchieht gebühren und ſtempelfrei. 

Die Strafen für Verweigerung der Vorzeigung 
des Erlaubnisſcheines, für Nichtbeiſichführen des- 
jelben beim Fiſchen, für das Fiſchen ohne im Beſitze 
eines Erlaubnisſcheines zu ſein, ſind dieſelben, wie 
ſie in den gleichen Fällen oben beim Fiſchereiſchein 
angegeben worden ſind. 

4. Das Uferbetretungsrecht. 

Hierüber enthält das Fiſchereigeſetz folgende 
Beſtimmungen: 

„$ 13. (1) Der in einem Gewäſſer zur Fiſcherei 
Berechtigte und mit deſſen Ermächtigung der Fiſcherei⸗ 
pächter oder angeſtellte Fiſcher darf mit feinen Ge- 
hilfen und ſeinen Geräten die an das Waſſer an- 
grenzenden Ufer, Inſeln, Anlandungen, Schiff— 
fahrtanlagen, ſowie Brücken, Wehre, Schleuſen 
und ſonſt'ge Waſſerbauwerke ſoweit betreten, als 
es die Ausübung ſeines Fiſchereirechts erfordert. 

(2) Abgeſehen von dieſer Vorſchrift, kann der 
Kreis. (Stadt⸗)Ausſchuß nach Anhörung der Be- 
teiligten widerruflich genehmigen, daß auch einzelne 
Inhaber von Erlaubnisſcheinen (§ 98) fremde 
Grundſtücke nach Abſ. 1 betreten dürfen. 

(3) Das Betreten von Schiffahrtanlagen und 
Waſſerbauwerken, ſowie von Anlandungen, die 


210 


durch Unterhaltungs⸗ und Ausbauarbeiten ($ 140, 
$ 162 Ab}. Waſſergeſetz) entſtanden find, kann durch 
Polizei- Verordnung eingeſchränkt oder verboten 
werden. 

(4) Das Recht nach Ab}. 1 erſtreckt ſich nicht: 

1. auf Gebäude, Hofräume, Gartenanlagen, 

Forſtkulturen, beſtellte Acker, gewerbliche An⸗ 
lagen und dauernd vollſtändig eingefriedigte 
Grundſtücke, 

2. auf die Ufer von Bewäſſerungs⸗ oder Ent: 

wäſſerungsgräben in Wieſen. 

Zur vollſtändigen Einfriedigung gehört eine 
Einfriedigung des Ufers nicht. Eingezäunte Vieh- 
weiden gelten nicht als eingefriedigte Grundſtücke 
im vorſtehenden Sinne. Bei Streit beſchließt auf 
Antrag der Kreis-(Stadt⸗)Ausſchuß. 

(5) Der Kreis-(Stadt⸗)Ausſchuß kann das Recht 
nach Abſ. 1 noch weiter einſchränken, als in Abſ. 1 
beſtimmt ijt. Die Ausübung des Rechts ift au- 
geſchloſſen, wenn der Schaden für den Eigentümer 
des Grundſtücks größer iſt, als der Vorteil für die 
Fiſcherei. Darüber, ob dies zutrifft, beſchließt auf 
Antrag der Kreis⸗(Stadt⸗) Ausſchuß. 

$ 14. Schaden, welchen die nach § 13 Bered): 
tigten oder ihre Gehilfen bei Ausübung dieſer Rechte 
erleiden, brauchen Eigentümer oder Nutzungs⸗ 
berechtigte nur zu erſetzen, wenn ſie ihn abſichtlich 
herbeigeführt haben. 

$ 15. (1) Für Schaden, der durch Ausübung 
der Rechte in den Grenzen des § 13 verurſacht wird, 
kann der Geſchädigte Erſatz verlangen. Erſatzpflichtig 
iſt der Fiſchereiberechtigte. Neben ihm haften 
Fiſche reipächter, angeſtellte Fiſcher und Inhaber 
von Erlaubnisſcheinen als Geſamtſchuldner, wenn 
ſie oder ihre Gehilfen den Schaden verurſacht haben. 
In gemeinſchaftlichen Fiſchereibezirken haftet an 
Stelle des Fiſchereiberechtigten der Fiſchereibezirk. 

(2) Der Anſpruch auf Schadenerſatz iſt binnen 
einer Woche, nachdem der Geſchädigte von der Be: 
ſchädigung Kenntnis erhalten hat, bei der Fiſcherei⸗ 
behörde oder dem Gemeinde⸗(Guts⸗)Vorſteher 
ſchriftlich oder zu Protokoll anzumelden. Wird dieſe 
Friſt verſäumt, ſo erliſcht der Anſpruch. 

(3) Über den Anſpruch und die entſtandenen 
Koſten entſcheidet die Fiſchereibehörde nach An⸗ 
hörung der Beteiligten. Gegen den Beſcheid iſt 
binnen zwei Wochen die Klage im Verwaltungs- 
ſtreitverfahren beim Kreis⸗(Stadt⸗)Ausſchuß zu 
läſſig. Auf Berufung entſcheidet der Bezirksausſchuß 
endgültig. 

§ 16. Weitergehende Rechte zur Benutzung 
fremder Grundſtücke, die auf beſonderen Rechts⸗ 
verhältniſſen beruhen, werden durch die 3$ 13 bis 15 
nicht berührt.“ 


Schließlich möge noch auf den K50 der F. L. 
hingewieſen werden, welcher lautet: 

„Wer beim Fiſchfange von einem Fiſcherei⸗ 
beamten oder amtlich verpflichteten Aufſeher an- 
gerufen wird, hat deren Rufe Folge zu leiſten und 
nicht eher von der Stelle zu weichen, als bis er dazu 
ausdrücklich ermächtigt iſt. Auf Verlangen hat er 
den Aufſichtsbeamten ſeine amtlichen Ausweiſe 
(Fiſchereiſchein, Erlaubnisſchein ꝛc.) vorzuzeigen. 
Die Führer von Fiſcherfahrzeugen und Fahrzeugen, 
die zur Beförderung von Fiſchen gebraucht werden, 
haben, wenn ihnen durch vier oder mehrere kurze 
Pfiffe mit der Dampf- oder Motorpfeife oder bei 
Segeldienſtfahrzeugen durch mehrfaches Hiſſen. 
Herablaſſen oder Wiederhiſſen der Flagge oder 
Laterne ein Zeichen gegeben wird, ſofort ihr Fahr⸗ 
zeug zum Stillſtand zu bringen, bis fie der Aufſichte⸗ 
beamte zum Weiterfahren ermächtigt. 

Eberts., 


Aus Bayern. 


Beſchäftigung vou Frauen bei der 
Holzhauerei, Buchelernte. 

Als eine der wirtſchaftlich ſchwierigſten Erſchen 
nungen in dem langandauernden Vötkerringen wird 
im Forſtbetriebe empfunden einerſeits der Mangel 
an Arbeitern beim Fällungsgeſchäft, dann anderer: 
ſeits der Mangel an Geſpannen und ſonſtigen Trans: 
portmitteln bei der Ausbringung der geworbenen 
Hölzer an die Bahnverladeplätze oder an die Ver 
brauchsorte. Während in letzter Hinſicht der erfolg: 
reiche Verſuch gemacht worden iſt, die Zugkraft der 
Pferde durch Ochſengeſpanne und beſonders dutch 
Benzol- und andere Motorwagen zu erſetzen, jint 
anstelle der zum Heeresdienſt einberufenen Hol; 
hauer vielfach Kriegsgefangene, namentlich Ruffen, 
herangezogen worden, allerdings mit durchgehend: 
recht mäßiger Arbeitsleijtiyig und mit viel Schererei 
wegen der Verpflegung, wegen der mangelnden 
Übung in den Holzhauereigeſchäften und wegen des 
recht oft fehlenden guten Willens. Dieſe Hemmun⸗ 
gen im Fällungsbetriebe machen jih um jo unan: 
genehmer geltend, als gegenwärtig eine ſehr lebhafte 
Nachfrage beſteht nach Nadelholz- und Buchenjtamnı- 
hölzern, ganz beſonders aber nach den ſchwächeren 
Sortimenten, nach Grubenhölzern, Holzwoll⸗, Papier 
Schleifhölzern uſw. 

Es find deshalb die Forſtverwaltungen eifrig 
bedacht, dem beſtehenden Arbeitermangel nach Mög 
lichkeit entgegenzuwirken. 

Neben dem Beſtreben, die zeitweiſe Beurlaır 
bung geſchäftskundiger Holzarbeiter von der Militär 
verwaltung zu erreichen, inſonderheit zur Herrich, 


al 


tung von Sortimenten, die den Heereszwecken 
dienen, und neben der Beſchäftigung von Kriegs- 


gefangenen, iſt ſehr bemerkenswert die Verwendung 


von weiblichen Arbeitskräften beim Fällungs⸗ 


geſchäfte. In dieſer Beziehung hat die ſehr rührige 
Regierungsforſtkammer der bayer. Pfalz mit großem 


Erfolg ſich betätigt. 

Es find auf deren Betreiben in beiläufig 30 Forſt⸗ 
ämtern zum Beginn des Jahres 1917 etwa 260 
Frauen und Mädchen im Holzſchlagen beſchäftigt 
in wechſelnder Zahl von 10 bis 40, ſogar anſteigend 
bis beiläufig 100 im Forſtamt Speyer in der Rhein- 
ebene. 

Die von den Frauen geleifteten Arbeiten be- 
jtehen hauptſächlich in der Ausführung von Durch⸗ 
forſtungen jüngerer Stangenhölzer, beſonders von 
Kiefern, Fichten, auch Buchen, dann in der Durch⸗ 
führung von Unterholzhieben in Mittel- und Nieder⸗ 
waldungen. Dieſe Arbeiten können von den Frauen 
allein betätigt werden. Sie finden manchenorts 
auch Verwendung in älteren Beſtänden, allerdings 
unter Beihilfe einiger männlicher Holzhauer, die 
das Fällen ſtarker Bäume, das Abhauen dicker Aſte, 
das Zerſchneiden ungünſtig gelagerter Stämme 
uſw. übernehmen, während die Frauen das Hinaus⸗ 


tragen der Brennhölzer, das Spalten ſchwächerer 


Rundlinge, die Anfertigung von Wellen uſw. be⸗ 
ſorgen. 

Die Leiſtungen der weiblichen Holzhauer werden 
durchgehends ſehr günſtig eingewertet. Es haben 
die ſonſt in der Landwirtſchaft beichäftigten Frauen, 
auch ſolche, die in der Induſtrie tätig waren (Schuh⸗ 
fabriken), ſich ſehr raſch an die zumteil doch recht 
anſtrengenden Verrichtungen im Holzhieb gewöhnt, 
ſo daß ſich ſehr bald Spezialiſten für Spalten, Sägen, 
Wellenmachen ausgebildet haben. 

Nach übereinſtimmenden Angaben werden von 


den Frauen durchſchnittlich 2 Ster Brennholz für 
den Tag und Kopf gefertigt. Bei dem Bezug des 


vollen Stücklohnes für Holzhauerei entſpricht dies 
einem Tageslohn von 3 bis 4 ME, der ſtellenweiſe 
bis 5 Mk. anſteigt, ein ſehr anſehnlicher Verdienſt 
an den kurzen Wintertagen. 

Dem gegenüber kam die Leiſtung der kriegs⸗ 
gefangenen Ruſſen nicht über durchſchnittlich 1½ Ster 
je Tag und Kopf hinaus, wozu noch ins Gewicht 
fällt, daß die weiblichen Arbeiter das gewöhnliche 
Holzhauergeſchirr ſelbſt beſchaffen, während es für 
die Ruffen von dem Arbeitgeber bereit geſtellt wer- 
den mußte. 

Durch die Verwendung der weiblichen Hilfs- 
kräfte ift es möglich geworden, nicht allein die regel- 
mäßige Flächen rate der Durchforſtungen zu bewäl⸗ 
tigen, ſondern konnte in einzelnen Amtern noch 
weſentlich darüber hinausgegangen werden. Da⸗ 


durch kann namentlich die Gruben holzgewinnung 
erheblich geſteigert werden, was um ſo wertvoller 
erſcheint, als die für Heereszwecke und allgemeine 
Bedürfniſſe ſo wichtige Steinkohlenförderung infolge 
Sperrung der Einfuhr von Grubenholz eine ſehr 
lebhafte Nachfrage ausgelöſt hat, mit der Wirkung 
einer bedeutenden Preisſteigerung von durchſchnitt⸗ 

lich 150 bis 160 „% gegen den Anſchlag, an welcher 
Erhöhung auch die Fichten ⸗, Tannen- und Kiefern.. 
ſtammhölzer, ſowie die zur Herſtellung von Holz- 

wolle und Zelluloſe dienenden Sortimente teil- 

genommen haben. Auf dieſe Weiſe wird durch den 
vermehrten Durchforſtungsbetrieb nicht allein das 
allgemeine Wohl gefördert, ſondern auch den Wald⸗ 
eigentümern eine erhebliche Einnahme eingebracht: 

Schließlich bleibt noch eine Beſonderheit bei 
der Heranziehung der Frauen im Fällungsgeſchäft 
zu erwähnen. Es hat ſich nämlich die übliche Tracht 
mit den langen Röcken bei den Arbeiten im Holzhieb 
während der rauhen Jahreszeit in geſundheitlicher 
Hinſicht als unpraktiſch, ja ſogar als gefährlich, er- 
wieſen. Deshalb iit von der Regierungs⸗Forſt⸗ 
kammer eine Schutzkleidung (Überſtreifhoſe) be- 
ſchafft worden, wie ſie ähnlich die Sennerinnen im 
Hochgebirge ſchon lange tragen. Die Schutzbeklei. 
dung wird entweder koſtenlos an die Arbeiterinnen 
abgegeben oder dieſe erhalten im Falle der Selbſt⸗ 
beſchaffung eine Vergütung von 5 bis 6 Mk. 

Im pfälziſchen Gebirge haben die Frauen die 
Schutzkleider willig angenommen und gern getragen, 
Dagegen haben die Arbeiterinnen im Forſtamt 
Speyer (Rheinebene) darauf verzichtet. Sehr zweck⸗ 
mäßig haben ſich auch die ſog. Rückenſchürzen er⸗ 


wieſen zum Schutze des rückwärtigen Oberkörpers 


und der Oberarme gegen Schnee und Näſſe beim 
Arbeiten in gebückter Stellung. Zwei Armel in der 
halben Länge der Arme geben dieſen Schutz und der 
Decke ſelbſt eine feſte unverſchiebbare Lage. Zur 
Befeſtigung der Unterhälfte dienen zwei an ihr 
angefügte Schnüre oder Bänder, die in der Gegend 
des Nabels verknüpft werden. Dieſe aus dauer⸗ 
haftem Segeltuch gefertigten, ſehr bewährten Rücken⸗ 
ſchützer ſind von der Firma Schäfer & Ziegler, 
Sackfabrik in Heidelberg, geliefert worden, wobei 
nur zu bedauern bleibt, daß der anfängliche An- 
ſchaffungspreis von 3 bis 4 Mk. wegen Mangels 
an Segeltuch auf 9 bis 10 Mk. geſtiegen iſt. Auch 
für Wickelgamaſchen und waſſerdichtes Schuhwerk 
(auch Holzſchuhe) hat die Forſtverwaltung Sorge 
getragen inſoweit, als die Koſten für letzteres und 
für die Rückenſchürzen zur Hälfte auf die Staats: 
kaſſe übernommen wurden. Dieſe Maßnahmen 
im Intereſſe der Geſundheit der Arbeiterinnen ſind 
mit großer Dankbarkeit aufgenommen worden und 
haben die Arbeitsfreudigkeit ſehr gehoben. 


82 


Uber das Ergebnis der Buche lern te 1916/17 
in Bayern hat die Tagespreſſe einige, von zu⸗ 
ſtän diger Seite als im ganzen zutreffend bezeichnete 
Mitteilungen gebracht, die ein gewiſſes allgemeines 
Intereſſe bieten dürften. Hiernach wurden rund 
11 200 Ztr. lufttrockne Bucheln geſammelt, von 
denen 3/, d. i. 8400 Ztr. an den Kriegsausſchuß für 
pflanzliche und tieriſche Ole und Fette in Berlin 
abgegeben wurden, während der Reſt der bayeriſchen 
Lebensmittelſtelle und den Sammlern, dieſen als 
Entlohnung für ihre Leiſtungen, zufiel. Nach all⸗ 
gemeinen Erfahrungen liefert 1 Ztr. lufttrockene 
Bucheckern 10 Liter Speiſeöl, ſo daß aus der baye⸗ 
riſchen Sammelmenge von 11 200 Ztr. 112 000 L ter 
eines vortrefflichen, wohlſchmeckenden Speiſeöles 
gewonnen werden konnten. ö 

Es iſt dies eine um ſo mehr geſchätzte Gabe, als 
bekanntlich das vor dem Kriege weit überwiegend 
aus dem Ausland eingeführte Speiſeöl wie ver: 
ſchiedene andere Speiſefette im Laufe des ſchweren 


Krieges ein ſehr gefragter Artikel geworden iſt, der 


um das mehrfache des früheren Preiſes bezahlt 
werden mußte. Wenn die Geſamtmenge des baye⸗ 


riſchen Sammelergebniſſes gewiß als belangvoll 


angeſprochen werden darf, ſo dürfte es doch erheblich 
hinter den Erwartungen verblieben ſein. Es möchte 
in dieſer Hinſicht Bezug genommen werden auf die 
voranſchlägige Berechnung, die der im Kriegsernäh⸗ 
rungsamte als forſttechniſcher Referent verwendete 
k. Profeſſor Dr. Borgmann Tharandt in 
ſeiner weitverbreiteten Druckſchrift: „Die Mit⸗ 
wirkung der deutſchen Forſtwirtſchaft an den Auf⸗ 
gaben der Volksernährung im Kriege“ S. 395 ver⸗ 
öffentlicht hat. Hiernach wäre in den Forſten Deutſch⸗ 
lands von rund 14 Mill. ha im ganzen 1 Mill. Ztr. 
lufttrockne Bucheln zu erhoffen geweſen mit einem 


mutmaßlichen Erträgnis an Ol von 10 Mill. Ltr. 


Zu einer einigermaßen zuverläſſigen Veranſchla— 
gung des auf Bayern treffenden Anteils fehlen die 
genaueren Grundlagen und ſoll deshalb auf das 
Verhältnis der Geſamtwaldflächen zurückgegriffen 
werden, um wenigſtens einigen Anhalt zu gewinnen. 
Der Anteil der bayeriſchen Waldungen mit rund 
25 Mill. ha ſtellt fih gegenüber der Gejamtfläche 
der Waldungen des Deutſchen Reichs mit rund 
14 Mell. ha auf 18 v. H. Sohin würden von der durch 
Borgmann veranſchlagten Geſamtmenge der Bud: 
eckernernte zu 1 Mill. Btr. auf Bayern 1 000 000 
x 0,18 = 180000 Ztr. treffen. Dieſer Schätzung 
gegenüber erſcheint das wirkliche Ergebnis mit 
11 200 Ztr. gewiß ſehr beſcheiden. 

Es haben zweifellos verſchiedene Urſachen un⸗ 
gün ſt'g auf das Sammelergebnis eingewirkt. Ein- 
mal iſt die Verordnung des Bundesrates über die 
Behandlung, namentlich über die Beſchlagnahme 


der Buchelernte vom 14. September 1916, envas 
ſpät erſchienen, jo daß die von den Landeszenttal 
behörden erlaſſenen Vollzugsvorſchriften ſich auch 
ziemlich hinausgezogen haben. Dabei ſind infolge 
der auffallend warmen Tage Ende September und 
anfangs Oktober in Verbindung mit ſtarken Stümen 
die Bucheln auffallend früh abgefallen. An vielen 
Orten haben wohl auch die ärmeren Leute jojon 


nach dem erſten Abfall ohne Rückſicht auf das Verdon 


zunächſt für ſich geſammelt ohne Ablieferung. da 
gerade ſie ſtarken Mangel an Speiſefett gelitten 
haben. ii: 

Die im Oktober einſetzende Kartoffelernte ha 
ſodann viele Arbeitskräfte in Anſpruch genommen, 
ſpäter trat naſſes und kaltes Wetter ein, unter den 
beſonders die für das Sammeln ſtark in Anſpruch 
genommenen Schulkinder zu leiden hatten. 


Allein die angeführten und noch verſchieden⸗ 
ſonſt in Erſcheinung getretene Hinderungsgründe 
reichen doch bei weitem nicht aus, um das auffallende 
Mißverhältnis zwiſchen Schätzung und Ertrag zu 
erklären. Es dürften die ſorgſältig aufgebanken 
Borgmannſchen Zahlen denn doch zu hoch gegrifen 
fein. Offenbar bietet es große Schwierigkirn, 
einen von vielen Nebenumſtänden abhängen 


Ernteertrag auch nur einigermaßen zuverläſſi z 
erfafſen, und es wäre gewiß ſehr bedenklich, aus eine 


nicht entſprechend geſtützten Schätzung wichtig 
Schlußfolgerungen zu ziehen. 

Vom volkswirtſchaftlichen Standpunkt wäre n 
zu wünſchen, daß die Ernte von dieſen nützlichen 
Olfrüchten möglichſt ausgiebig, wenn auch tether 
ohne Ablieferung, ausgenutzt worden ift, Es mit: 
ſehr intereſſant, das Geſamtergebnis der Buchel 
ernte in Deutſchland und die Menge der an den 
Kriegsausſchuß abgelieferten Früchte zu erfahre. 


Schließlich fei der Wunſch ausgedrückt, daß wir nich 


noch einmal eine Kriegsbuchelmaſt zu behandeln 
haben möchten! _ 

Die Regierungsforſtkammer der Pfalz hat einen 
weiteren Beweis ihrer Arbeiterfürſorge Dabu 
erbracht, daß fie Kochkurſe in drei je 8 bis 9 yor! 
ämter umfaſſenden Gruppen abhalten läßt, un 
die Verwendung der zum Strecken der Kartoffel 
ſehr geeigneten Runkel⸗ oder Dickrüben den Frauen 
und Töchtern der Staatsforſtarbeiter prakt 
vorzuführen. 

Die ſämtlichen Auslagen für Reiſekoſten un 
Entſchädigung der Arbeitslehrerinnen und für d 
Materialien werden auf die Staatskaſſe übern 
men. Bei derbekannten Kartoffelknappheit w 
der bewährten Eignung der Runkelrüben zu W 
verſchiedenen Kartoffelgerichten, werden fid dil 
Kochkurſe gewiß als ſehr nützlich erweiſen. 


i 


a 


* 


2 


ad 


Nicht unerwähnt foll bleiben, daß durch miniſte⸗ 


rielle Anordnung die Anfertigung verſchiedener 
inner-bayeriſcher größerer ſtatiſtiſcher Arbeiten, be- 


ſonders über Verhäftniſſe der Waldarbeiter, mit 
Rückſicht auf den Krieg jii für 1917 erlaſſen wor: 
den iſt. EBlinger. 


— — - mm 


Aus Oeſterreich. 


Forſtweſen in Kroatien und Slavonien. 
Von Hugo Pif fl, 

k. u. k. Oberleutnant in Fiſchau bei Wiener ⸗Neuſtadt. 

Man muß durch die prächtigen E'chenwälder 
Slavoniens marſchiert ſein, um einen Begriff von 
dieſen ſchönen Baumrieſen zu bekommen, die, an 
die Zedern des Libanons erinnernd, ihre mächtigen 
Kronen ausbreiten und einen wahren National⸗ 
reichtum des Landes bilden; der Beſitz ſolcher Wal. 
dungen hat ſo manche Ortſchaft derart reich gemacht, 
daß deren Bürger keine Gemeindeumlagen ent⸗ 
richten. Doch auch in anderen Gegenden des König⸗ 


43 


reiches krönen herrliche Waldanlagen die Gebirgs⸗ 


tämme. So ijt die liebliche wein reiche Hügelkette 
der Fruſchka Gora in Syrmien, dem öſtlichen Teile 
von Slavonien, mit dichtem Buchenbeſtande bedeckt, 
das Mittelgebirge im Zentrum der Provinz iſt reich 


bewaldet und erſt an der Küſte des adriatiſchen 


Meeres herrſcht die kahle Karſtwildnis vor; doch nur 
wenige Meilen vom Meere entfernt gibt es wahre 
Urwälder, darunter den Laudonov Gaj, d. h. Lau⸗ 
dons Hain, den der berühmte öſterreichiſche, aus 
dem Siebenjährigen und den Türkenkriegen bekannte 
Feldherr (ein gebürtiger Livländer) dort anlegen 
ließ, als er in jener weltabgeſchiedenen Gegend 
Grenzinfanteriehauptmann war. Der Wald ift 
derart angelegt, daß die Parzellen in der Form der 
damals üblichen Schlachtordnung vermeſſen wurden. 

36 Prozent Kroatiens und Slavoniens ſind von 
Wäldern bedeckt, wozu auch die zahlreichen Auen 
auf den Inſeln der Donan, Drau und Sawe gehören. 


Schon vor zwanzig Jahren wurde der Kapitals- 


wert der Waldungen auf ſechshundert Millionen 
Kronen geſchätzt. Induſtriebahnen führen in die 
Wälder, und bereits vor Jahrzehnten gelangten 
Holzwaren im Werte von 18 bis 24 Miklionen Kronen 
zur Ausfuhr. 

An Staatsforſten gibt es über eine halbe Million 
Joch, dies ſind 19 Prozent. Die Gemeinden der 
ehemaligen Militärgrenze beſitzen über 750 000 Joch!) 
oder 28 Prozent, die ſogenannten Urbarial-, dann 


Orts und Adeligen⸗Gemeinden und die Sompa ſeſſo⸗ 


rate über 600 000 Joch, d. ſ. 24 Prozent, die Klöſter, 
geiſtlichen Orden und Bistümer 64 000 Joch und 
der Reſt von 700 000 iſt im Privatbeſitze. 


N 1 Joch = 6400 Quadratmeter. 


Drei Viertel der ganzen Waldfläche ſte hen fo 
ziemlich direkt unter Staatsaufſicht, was gewiß ein 
großer Vorteil iſt. 


Längs der Meeresküſte findet man Beſtände 
von Lorbeer⸗, DI-, Zypreſſen⸗ und Feigenbäumen, 
doch ändert f ſich dieſes Bild ſehr raſch, da ſich ſchon 
die nächſtgelegenen Bezirke ſehr hoch über das Meer 
erheben. Dieſe Landſtriche find infolge der rückſichts⸗ 
loſen Schiffsholzgewinnung der Venetianer ſeit 
langem nur mit kümmerlichem Geſtrüppe bedeckt. 
Kahl, zuweilen blendend weiß im Sonnenlichte, 
treten die mehr als tauſend Meter hohen Felsberge 
hart ans Ufer und müſſen jetzt mit großen Koſten 
und Mühe aufgeforſtet werden, was bei dem oft 
herrſchenden Bora-Sturm und der Monate währen⸗ 
den argen Sommerhitze nur zu oft mißlingt. Die 
Buche, Tanne und Fichte kommen Beſtände bildend 
vor. Gegen Often gibt es Miſchbeſtände von Rot: 
buchen, Trauben-, Stein- und Zerreichen, Ahorn, 
Weißbuchen und Edelkaſtanien. In Slavonien — 
der äußerſt fruchtbaren, meiſt ebenen und zum Teile 
verſumpften Hälfte des Königreiches — herrſcht 
die Stiel⸗ und Traubeneiche vor, und zwar teils in 
reinen Beſtänden, teils gemiſcht mit Linden, Erlen, 
Weißbuchen, Rüſtern, Eichen, Pappeln und Weiden: 
bäumen. | 

Die Schutzwälder bedecken 63 000 Joch, Flug: 
ſand wurde mit 500 Joch bepflanzt, auf reinen 
Waldboden kommen 1 400 000 Joch und 1 200 000 
Joch gehören nicht zu abſolutem Waldboden. 


Reinen Eichenwald nehmen über 700 000 Joch 
ein, darunter die in Oſterreich vielgerühmten ſchönen 
Eichenwälder Slavoniens, die allein 600 000 Joch 
bedecken. Buchen⸗ und andere Laubwälder bedecken 
1800 000 Joch, Nadelholzwälder 300 000 Joch. 


Ausgebreitete Flächen Wald erfordern bereits 
die raſcheſte Abholzung, da ſie ſich ſchon längſt in 
vegetativem Rückſchritte befinden und den Befigern 
zuweilen bereits Verluſte bringen. Dagegen mangelt 
es an den ſogenannten mittleren Altersklaſſen, 
nämlich Beſtänden von 50 bis 100 Jahren. Während 
aber große Ecchenwaldungen infolge des eng: 
maſchiger gewordenen Schienennetzes ſchon aus. 
gerodet wurden, liegen in den Gebirgen große Kapi⸗ 
talien brach. Unklare Beſitzverhältniſſe und politiſche 
Ereigniſſe, die das Land noch bis in die Mitte des 
19. Jahrhunderts nicht zur Ruhe kommen ließen, 
und ſehr große Rückſtändigkeit in der Organiſation 
des Landesforſtdienſtes, ja auch der Umſtand, daß 
hier noch zu Anfang des 18. Jahrhunderts der D3- 
mane herrſchte und nie aufhörende Grenzkämpfe 
ſtattfanden, trug dazu bei, daß die Wälder faſt un⸗ 
beaufſichtigt blieben. Die Prozeſſe bei Ablöſung 
von Waldſervituten und die durch viele Jahre geübte 

32° 


— 


plänterweiſe Anweiſung der verkauften Stämme, 


ohne auf den künftigen Waldbeſtand Rückſicht zu. 


nehmen, waren dem geregelten Forſtweſen ſehr 
ungünſtig. 
atiens ſeit Jahrhunderten ein lebhafter Holzhandel 
getrieben wurde, gab es einen ſolchen im Junern 
des Landes gar nicht. Erſt ſeit der in den dreißiger 
Jahren des vorigen Jahrhunderts erfolgten Eröff⸗ 
nung der Dampfſchiffahrt kam der Handel mit 
Waldprodukten in Fluß, und heute werden außer 
den drei früher erwähnten Strömen auch noch 
der Boſſut⸗ und Studwa⸗Fluß in Slavonien befahren 
und, wie ſchon geſagt, auch per Bahn viel Holz 
ausgeführt. Leider wurde bald zum Raubbau 
übergegangen, dem endlich entſprechende Geſetze 
entgegentreten mußten. 


Der Verkauf am Stocke herrſcht noch immer vor, 


doch vermitteln jetzt ſolide Firmen ſowohl den 
Exporthandel als auch den lokalen Holzbetrieb. 
Selten befaßt ſich ein Waldbeſitzer perſönlich mit 
dem Holzhandel. Die Plänterung iſt nur mehr in 
Gebirgswaldungen vorherrſchend, ſonſt wird die 
Schlagwirtſchaft mit vorhergehender Verjüngung 
der Beſtände geübt. In früherer Zeit wurde faſt 
ausnahmslos Faßdaubenholz aus den Eichenwäldern 
ausgeführt, doch jetzt finden auch Eichenſchnittware 
und Rundklötze, die auf der Sawe verſchifft werden, 
viel Abſatz. Modernſte Sägewerke, Tanninfabriken 
und ähnliche Waldinduſtrien ſind bereits entſtanden. 
Die Rotbuchenbeſtände erfreuen ſich einer ratio⸗ 
nellen Verwertung. Es iſt gewiß ein Vorteil, daß 
die Arbeiter durchaus Einheimiſche ſind. 

In Kroatien gilt ſeit 1858 das öſterreichiſche 
Forſtgeſetz vom 3. Dezember 1852 fo ziemlich un- 
verändert. Seit 22. Januar 1894 trat das Geſetz 
betreffend „Die Organiſation des forſttechniſchen 
Dienſtes der politiſchen Verwaltung“ und am 
26. März desſelben Jahres jenes über „Die Regelung 
der Verwaltung und Bewirtſchaftung der unter 
der beſonderen Aufſicht ſtehenden Wälder“ in Kraft. 
Bei der königlichen Landesregierung in Agram!) 
wurden eine eigene Forſtſektion aufgeſtellt und in 
den einzelnen Bezirken Forſttechniker angeſtellt, 
die ſich auch die Bewirtſchaftung der Gemeinde⸗ 
und Genoſſenſchaftswälder angelegen ſein laſſen 
müſſen. 


) Kroatiſch Zagreb. Z. lies wie f in Rofe. 


Während in den Hafenſtädten Kro- 


244 


Die im Jahre 1873 aufgelaſſene Militärgrenze, 
welche eine langgeſtreckte Provinz längs der ete: 
maligen Türkei bildete, beſaß prachtvolle ausgedehnte 
Wälder, die jetzt ben fogenanhten Grenzvermögens. 
gemeinden gehören, und es ſorgen ein eigenes Sort 
inſpektorat und Regierungskommiſſäre für deren 
richtige Bewirtſchaftung. Vor Jahren beſchuldigte 
man die ungariſche Regierung, daß dieſe Wälder 
Unternehmern zur rückſichtsloſen Ausbeutung über: 
laſſen würden, doch dürfte dieſe Beſchuldigung 
kaum begründet geweſen ſein. Tatſächlich übt über 
die kroatiſchen Landesforſte das ungarische Ader: 
bauminiſterium in Budapeſt die Oberleitung aus. 
In Agram, Binkovei und Ototſchatz befindet fih 
die königliche Forſtdirektion, beziehungsweiſe da: 
Oberforſtamt und ein Forſtamt. 

30 000 Joch Alteichenbeſtände im öſtlichſten 


Landesteil unterſtehen der Staatsforſtverwaltunn 


und es müſſen die Einnahmen dieſer Wälder, die jet 
1872 ſchon viele Millionen Kronen ergaben, für 
kulturelle Inveſtitionen im Gebiete der emitigen 
Militärgrenzprovinz verwendet werden. Auf Koſen 
dieſes Fonds wurde im Jahre 1878 in Zengg (ke 
atiſch Senj) an der Meeresküſte ein Karkdıf 
forſtungs⸗Inſpektorat gegründet, daß die vierhnden 
Quadratkilometer meſſende Karſtwildnis aufn 
forſten hat. | 

Am 22. Oktober 1895 trat ein Geſetz über Bil 
bach⸗ und Runſenverbauung in Wirkſamkeit. Cha 
1860 entſtand zu Kreuz (kroatiſch: Kriſchewaß 
eine höhere Landesforſtlehranſtalt, die aber in 
Jahre 1898 nach Agram verlegt und an die dortige 
Univerſität angegliedert wurde. 

Erſt 13. März 1897 half ein Geſetz dem fühl 
baren Mangel an geſchultem Forſtperſonal ab, inden 
die notwendigen Forſt⸗ und Waldhüterſchulen cr 
richtet wurden. a, 

Im Jahre 1876 wurde der kroatiſch⸗ſlavoniſch 
Landesforſtverein gegründet, der ſchon an zwölf 
hundert Mitglieder zählt und fein eigenes [hin 
Vereinshaus nebſt Muſeum beſitzt. Sein Jahres 
einkommen beträgt über 20 000 Kronen. Schu- 
marski?) list „Des Forſtmanns Blatt” ift der Tite! 
einer vom Verein herausgegebenen Zeitſchrift, di 
fih anerkannt bedeutende Verdienſte um das Fort: 
weſen Kroatiens und Slavoniens erworben hal 


1) Schuma = Wald, Schumar = Forſtmann. 


245 


Berichte über Beri ammlungen und ausleben. 


i Die 23. Tagung 
des Forſtwirtſchafts rates. 


Die erſte Kriegstagung des Forſtwirtſchafts. 
rates fand Ende März 1916 in Berlin ſtatt. In⸗ 


zwiſchen hat die Fülle der Kriegsereigniſſe und die 
damit im engſten Zuſammenhang ſtehende Kriegs⸗ 
wirtſchaft auch die forſtwirtſchaftlichen Verhältniſſe 


ſtark beeinflußt, ſo daß eine zweite Kriegstagung des 
Forſtwirtſchaftsrates notwendig erſchien. Im Hin⸗ 


blick auf die erheblichen Koſten einer ſolchen Ver⸗ 


ſammlung und die jetzigen ſchwierigen! Verkehrs⸗ 
und Ernährungsverhältniſſe trat der Vorſtand des 
Forſtvereins zwar nicht gern an die Einberufung 


des Forſtwirtſchaftsrates zur zweiten Kriegstagung 


heran. Aber die hervorragende Bedeutung der zu 


beſprechenden kriegswirtſchaftlichen Fragen und die 


Tatſache, daß das Kriegsamt eine gemeinſame Be⸗ 
ratung mit den berufenen Vertretern der deutſchen 


Forſtwirtſchaft über dieſe Fragen für höchſt wün⸗ 
ſchenswert hielt, ſowie ſchließlich auch verſchiedene 
dringliche innere Angelegenheiten des Forſtvereins, 
insbeſondere die Notwendigkeit der Zustimmung N 
des Forſtwirtſchaftsrates zu der durch den erwe i. 


terten Vorſtand im Januar d. J. eingerichteten 
„Geſchäftsſtelle für kriegswirt⸗ 
ſchaftliche Angelegenheiten“ und die 
Berichterſtattung dieſer Stelle über ihre bisherige 
Tätigkeit, ließen jene Bedenken des Vorſtandes 
zurücktreten und beſtimmten ihn, den] Forſtwirt⸗ 
ſchaftsrat zur zweiten Kriegstagung einzuberufen. 


Diele außerordentliche Tagung fand am 16. und 
17. Juli in den Räumen des Klubs der Landwirte 
in Berlin, Deſſauer Straße 14, ſtatt. Im Anſchluſſe 
daran erfolgte am 18. Juli eine gemeinſame Be⸗ 
ſprechung mit Vertretern der Kriegsrohſtoffabteilung 
über forſtpolitiſche Tagesfragen in den Räumen des 
Kriegsamts, Verlängerte Hedemannſtraße 10. Aus 
naheliegenden Gründen kann hier nur über die Ver⸗ 
handlungen an den beiden erſten Tagen berichtet 
werden. p 

Die SEN für die zweitägigen Bera⸗ 
tungen lautete: 

A. Geſchäftliche Angelegenheiten des Deutſchen 

Forſtvereins bezw. des Forſtwirtſchaftsrates. 

B. Sonſtige Vorlagen. 

1. Einrichtung einer Geſchäftsſtelle für kriegs⸗ 
wirtſchaftliche Angelegenheiten. 


Berichterſtatter: Regierungsdirettor Dr. 


Wappes. 


2. b über die von der Kriegsroh⸗ 
ſtoffabteilung aufgeſtellte Tagesordnung: 

a) Holzbedarf und Holzpreiſe. 
Berichterſtatter: Prof. Dr. Wim- 

mer. 

b) Holzabfuhr, 
beitskräfte. | 
Berichterſtatter: e Schulz. 

c) Brennholz. = 
Ber’ chterſtatter: Prof Dr. a im 

mer. 
3. Satzungsreform. 
5 
Wappe 
4. Aundwirtſchaftlicher Anbau im Walde. 
Berichterſtatter: Oberförſter Oel kers. 
5. Der gegenwärtige Stand der Harznutzung. 
Berichterſtatter: Forſtamtsaſſeſſor Dr. 
Münch. | 
6. Die Aufgaben der Forſtwirtſchaft im 
Kriege und die Abwehr übertriebener 
Anſprüche an den Wald. 


Reklamation der Ar- 


Re eee ENDE Dr. 


Berichterſtatter: Geheimrat Prof. D 
Dickel. 
7. Anträge und Anfragen aus der Verſamm⸗ 
lung. 


Am 16. Juli ſollte über die inneren Angelegen⸗ 
heiten des Forſtvereins verhandelt werden, auf der 
Tagesordnung der Sitzung vom 17. Juli dagegen, 
zu der auch Vertreter der Staatsforſtverwaltungen 
und ſonſtiger Körperſchaften eingeladen waren, 
ſtanden die eigentlichen kriegswirtſchaftlichen Fragen. 

Für die Sitzung vom 16. Juli war daher neu 
Tagesordnung aufgeſtellt: | 

1. Eröffnung und Bericht über wichtigere Vor⸗ 

gänge im Vereinsleben und in der Geſchäfts⸗ 
führung. | 

Vermögens und e des Ver⸗ 
eines: | 

a) Jahresrechnung 1916; 

b) Allgemeines über Vermögenslage und. 

Erledigung einiger Anträge im * i 
weſen; 

c) Haushaltplan 1917 und 1918. . 

Berichterſtattung zu a): durch einen 
Ausſchuß, zu b) und c): durch 
den Generalſekretär. | 

3. Anordnung von Stellvertretung (infolge Aus⸗ 
ſcheidens des Vorſitzenden, des ſtellvertr. Bei- 

ſitzers Oberforſtmeiſter Riede! -⸗Ujeſt u. A. 

Berichterſtatter: Der Vor ſitzende. 


1 


246 


4. Bericht des Ausſchuſſes für kriegswirtſchaft⸗ 
liche Angelegenheiten — 
a) Tätigkeitsber'icht des vom Kriegsaus⸗ 
ſchuß des F. W. R. in das Kriegsernäh⸗ 
rungsamt entſandten Vertreters; 
Berichterſtatter: Prof. Dr. Borg- 
mann. 
b) Errichtung einer Geſchäftsſtelle des F. 
W. R. für kriegswirtſchaftliche Angelegen: 
heiten zu Berlin. 
Berichterſtatter: Regierungsdirektor 
Dr. Wappes. 
(Zu b) einſchlägig ein Autrag ſchleſiſcher 
Waldbeſitzer.) 
5. Bericht der Geſchäftsſtelle für Holzhandels-, 
Verkehrs- und Zollangelegenheiten. 

a) Jahresbericht 1916; 

p) Wirtſchaftliche Annäherung der Zentral. 
mächte vom Standpunkt der deutſchen 
Forſtwirtſchaft (kurzer Bericht über die 
diesbezügliche Tätigkeit der Geſchäfts⸗ 
ſtelle). 

Berichterſtatter: Prof. Dr. von 
Mammen. 
6. Bericht der Kiefern ſamenkommiſſion. 
Berichterſtatter: Geheimrat Prof. Dr. 
Schwappach. 
Satzungsreform. 


t 
I 


~] 


Berichterſtatter: Regierungsdirektor Dr. 


Wappes. 

8. a) Bericht der Prüfungskommiſſion über das 
Ergebnis der ſechſten Prüfung für Anwärter 
des Revierverwaltungsdienſtes der Privaten 
uſw. 

Berichterſtatter: Oberforjtrat Eigner. 
b) Neuwahl der Prüfungskommiſſion. 
Berichterſtatter: Der Vorſitzende. 

Trotzdem die S'tzung mit nur etwa 1½ſtündiger 
Unterbrechung von 9 Uhr vormittags bis nach 7 Uhr 
nachmittags dauerte, konnte dieſe umfangreiche 
Tagesordnung am 16. Juli nicht vollſtändig erledigt 
werden. Einige Punkte mußten vielmehr auf den 
Vormittag des 17. Juli verſchoben werden. 

Der Vorſitzende, Oberforſtmeiſter Riebel, 
eröffnete die S'tzung am 16. Juli mit einem Hoch 
auf den Allerhöchſten Kriegsherrn. Er gedachte dann 
der ſeit der letzten Tagung verſchiedenen Mitglieder 
des F. W. R., der Herren Forſtdirektor Dr. von 
Fürſt, Landesforſtmeiſter Wächter und Ober: 
forſtrat Eßlinger, ſowie des ehemaligen Mit- 
gliedes Forſtmeiſter Wolf - Wetter, begrüßte die 
neueingetretenen Mitglieder und berichtete hierauf 
über wichtigere Vorgänge im Vereinsleben und in 
der Geſchäftsführung. 


Aus dem Berichte des Generalſekretärs Speng: 
ler- über die Vermögens- und Kaffenverhältnifie 
des Forſtvereins ſei hervorgehoben, daß infolge 
erheblicher Ausgaben für die neueingerichtete Ge: 
ſchäftsſtelle die finanziellen Verhältniſſe des Fort 
vereins auf eine neue Grundlage geſtellt werden 
müſſen, wenn die Geſchäftsſtelle, wie beabſichtg, 
eine dauernde Einrichtung bleiben foll. Die Rege. 
lung dieſer wichtigen Angelegenheit konnte jedoch 
wegen Zeitmangels nicht erfolgen; ſie ſoll bei der 
nächſten Tagung des F. W. R. und des Forſtverein: 
ſtattfinden. 

Der hierauf erſtattete Jahresbericht Dr. von 
Mammens über die Tätigkeit der Holzhandel 
ꝛc. Geſchäftsſtelle im Jahre 1916, der ſich auch über 
die Stellung der „Brandſteiner“ zur Berliner Kriege: 
geſchäftsſtelle verbreitete, wurde genehmigt. 


Im Auftrage des Kriegsausſchuſſes berichten 
Profeſſor Dr. Borgmann über ſeine Tätigkeit 
im Kriegsernährungsamt, die ihn vom Sommer 
bis zum November 1916 in Anſpruch nahm. Durch 
die Einrichtung der Kriegsgeſchäftsſtelle iſt die für 
das Frühjahr 1917 in Ausſicht genommene weiten 
Tätigkeit eines Vertreters des F. W. R. im Krieg 
ernährungsamt überflüſſig geworden. Borgmann 
iſt der Anſicht, daß die Tätigkeit eines Einzigen nicht 
genügt, um die Forſtwirtſchaft in einer oberen Be: 
hörde zu vertreten. Die Errichtung einer ſtändigen 
Geſchäftsſtelle des F. W. R. hält auch er für not 
wendig. — Die Zurverfügungſtellung Borgmann: 
für das Kriegsernährungsamt durch den Krieg: 
ausſchuß und den Vorſtand wurde nachträglich ge 
nehmigt. 


Über die Errichtung der Geſchäftsſtelle für krieg; 
wirtſchaftliche Angelegenheiten in Berlin berichtet 
dann eingehend Regierungsdirektor Dr. W appe: 
der am 27. Dezember 1916 vom erweiterten Bor 
ſtand mit der Einrichtung und vorläufigen Leitung 
der Stelle betraut worden war und in vierteljähriger 
Tätigkeit in Berlin die ihm geſtellte Aufgabe mi 
Erfolg gelöſt, d. h. die Stelle ins Leben gerufen hat, 
Insbeſondere ſchilderte er die Vorgänge, die zur 
Errichtung der Geſchäftsſtelle führten, ihre Organ“ 
fation, die leitenden Grundſätze für ihre Tätigkeit 
und die Ziele, die ſie hierbei verfolgt. Auch auf de 
mannigfaltigen Schwierigkeiten und Hemmtille 
die ſich der Errichtung der Stelle entgegenftellten, 
ging er näher ein. Nachdem hierauf Oberforftmeit 
Riebel als Vorſitzender des Vorſtands beffe 
Vorgehen verteidigt und die Notwendigkeit der & 
richtung einer ſtändigen Geſchäftsſtelle begründe 
hatte, entſpann ſich eine eingehende lebhafte Be 
ſprechung, an der fih zahlreiche Mitglieder der 
Forſtwirtſchaftsrates beteiligten. 


"o — 


— 


24 


-+ 


In ablehnendem Sinne äußerte ſich in längeren 
Ausführungen als einziger Redner Geh. Hofrat 
Profeſſor Dr. Endres München. Nicht nur, daß 
er die ſachliche Notwendigkeit und Dringlichkeit der 
Errichtung einer ſtändigen Geſchäftsſtelle des Deut⸗ 
ſchen Forſtvereins beſtritt, der die Vertretung der 
Privatforſtwirtſchaft nicht übernehmen könne, ſon⸗ 
dern er bemängelte auch die Organiſation der Ge- 
ſchäftsſtelle und erhob vor allem formale Einwen⸗ 
dungen gegen das Vorgehen der Satzungskommiſſion 
und des Vorſtandes bei der Einrichtung der Stelle. 
Unter allen Umſtänden hätte zum mindeſten der 
Forſtwirtſchaftsrat vor Errichtung der Geſchäfts⸗ 
ſtelle gehört werden müſſen. Aber ſelbſt der F. W. R., 
noch weniger der Kriegsausſchuß, hätte allein dieſe 
organiſatoriſche Frage löſen können. Das ſei Sache 
einer Hauptverſammlung des Forſtvereins geweſen. 
Die Geſchäftsſtelle ſei deshalb vorerſt nach ſeiner 
Auffaſſung eine rein private Angelegenheit ihres 
Begründers, des Regierungsdirektors Dr. Wappes. 

Sämtliche übrigen Redner vermochten die ſer 
Auffaſſung nicht beizutreten. Sie vertraten viel⸗ 
mehr die Anſicht, daß die derzeitigen außergewöhn. 
lichen Verhältniſſe ein Abweichen des Vorſtan des 
von dem gewöhnlichen Geſchäftsgange rechtfertigten. 
Die Sache fet von großer Wichtigkeit und ſehr dring- 
lich geweſen, und das tatkräftige und erfolgreiche 
Vorgehen von Wappes verdiene deshalb Anerken⸗ 
nung. Er habe ſich mit der Errichtung der Geſchäfts⸗ 
ſtelle den Dank nicht nur des Forſtvereins, ſondern 
der gefamten deutſchen Forſtwirtſchaft erworben. 

Schließlch wurde ein ſtimmig folgender 
Antrag angenommen: | 

1. Der Forſtwirtſchaftsratbilligt 
den Beſchluß des erweiterten Vor: 
tandes vom 27. Dezember 1916, 
durch den eine Geſchäftsſtelle als 
Vollzugsorgan des kriegswirtſchaft— 
lichen Ausſchuſſes geſchaffen wor⸗ 
den iſt. 

2. Die Geſchäftsſtelle wird mit 
der weiteren Behandlung der kriegs⸗ 
wirtſchaftlichen Angelegenheiten 
beauftragt und ermächtigt, auf dem 
bisherigen Wege die erforderliche 
Finanzierung zu betreiben. Mittel 
des Deutſchen Forſtvereins dürfen 
nicht in Anſpruchgen ommen werden. 

Im Anſchluſſe an dieſen Punkt der Tagesordnung 
wurde ein weiterer Antrag mit großer Mehrheit an- 
genommen, wonach im September eine Hauptver⸗ 
ſammlung des Deutſchen Forſtvereins nach Erfurt 
einberufen werden ſoll. 


Schließlich erklärte der Vorſitzende des Forſt⸗ 


vereins, Oberforſtmeiſter Rie bel, und der erſte 


Beiſitzer, Oberforſtmeiſter Run ne baum, den 
Rücktritt von ihren Vorſtandsſtellen, und da der 
eine der beiden Stellvertreter, Oberforſtmeiſter 
Riedel-⸗Ujeſt, infolge Ruheſtandsverſetzung aus 
dem Forſtwirtſchaftsrat ausgeſchieden iſt, ſo über⸗ 
nahm Geh. Oberforſtrat Dr. Neumeiſter die 
Stelle des Borfikenden und Geh. Regierungsrat 
Quaet⸗Faslem die des erſten Beiſitzers. 
Bei der ſatzungsgemäß vom Forſtwirtſchaftsrate am 
nächſten Tage vorgenommenen Erſatzwahl wurden 
Regierungsdirektor Dr. Wappes als zweiter 
Beiſitzer, Graf Weſterholt und Hofkammer⸗ 
präſident Exzellenz von Baſſewitz⸗ Gotha 
als Stellvertreter in den Vorſtand gewählt. In 
Erfurt wird die Neuwahl des Vorſtandes durch die 
Hauptverſammlung des Forſtvereins ſtattfinden. 

Zu Beginn der Sitzung vom 17. Juli begrüßte 
der Vorſitzende zunächſt die erſchienenen Vertreter 
der Staatsforſtverwaltungen, ſowie den Vertreter 
des Deutſchen Landwirtſchaftsrates, worauf Land- 
forſtmeiſter von dem Buſche in deren Namen 
für die Einladung dankte. Alsdann wurde auf Grund 
des Berichts des tags zuvor ernannten Ausſchuſſes 
zur Prüfung der Jahresrechnung 1916 dem Red- 
nungsführer und dem Vorſtande Entlaſtung erteilt. 
Es folgten die Berichte der Kiefernſamenkommiſſion 
durch Geh. Regierungsrat Prof. Dr. Shwap- 
pach und der Prüfungskommiſſion über das Er⸗ 
gebnis der ſechſten Prüfung für Anwärter des Re⸗ 
vierverwaltungsdienſtes der. Privaten ꝛc. durch 
Oberforſtrat Eigner, ſowie die Neuwahl dieſer 
Prüfungskommiſſion. Die bisherigen Mitglieder 
wurden wiedergewählt. Aus dem Berichte Prof. 
Dr. Mammens zu Punkt ö b der Tagesordnung 
ſei ſchließlich hervorgehoben, daß von vielen Seiten 
zwar der deutſch⸗öſterreichiſch⸗ungariſche Wirtſchafts⸗ 
zuſammenſchluß angeſtrebt wird, daß jedoch die An- 
ſichten über die Ausführung noch ſehr weit ans- 
einandergehen. Der Antrag Mammens, daß der 
Forſtwirtſchaftsrat ſich für die Beibehaltung der 
bisherigen Wirtſchaftspolitik Deutſchlands ausſpreche 
und eine wirtſchaftspolitiſche Annäherung an Ofter- 
reich- Ungarn wünſche, wurde einſtimmig ange- 
nommen. | 

Nachdem Punkt 7 — die Satzungsreform — 
von der Tagesordnung abgeſetzt und für die Erfurter 
Tagung zurückgeſtellt worden war, konnte in die 
Erörterung der kriegswirtſchaftlichen Fragen ein. 
getreten werden. 

Zum erſten Thema „Holzbedarf und 
Holzpreiſe“ hielt Profeſſor Dr. Wimmer- 
Karlsruhe den einleitenden Vortrag. Er beſprach 
zunächſt die Hauptunterſcheidungsmerkmale zwiſchen 
Kriegswirtſchaft und Friedenswirtſchaft und ging 
dann näher auf den Holzbedarf des Deutſchen Reiches 


ein. Kurz vor dem Ausbruche des Krieges, im Jahre 
1913, betrug die Holzuutzung im Deutſchen Reiche 


rund 59 Mill. im, und zwar 29 Mill. im Nutzholz und 


30 Mill. im Brennholz. Die Mehreinfuhr aus dem 
Auslande belief ſich auf rund 14 Mill. km, faſt aus- 
ſchließlich Nutzholz, ſo daß der jährliche Holzbedarf 


des Deutſchen Reiches vor Kriegsbeginn rund 


73 Mill. fm betrug. Durch den Krieg fiel nicht nur 
der weitaus größte Teil der Holzeinfuhr weg, fon- 


dern es verminderte ſich auch der Einſchlag in Deutſch⸗ 


land infolge der ſchwieriger gewordenen Arbeiter- 
und Bringungsverhältniſſe; zudem entfällt von den 
uns jetzt noch zur Befriedigung des Nutzholzbedarfs 
zur Verfügung ſtehenden Mengen ein ſehr be⸗ 
trächtlicher Teil auf die Heeresverwaltung. 


Der Berichterſtatter ging ſodann auf die geſetz⸗ 


lichen Maßnahmen ein, die bisher zur Regelung des 


Holzbedarfs getroffen worden find. Der erſte Çin- 


griff in den freien Handel mit Holz erfolgte durch 
die Beſchlagnahme der Nußbäume zu militäriſchen 


Zwecken im November 1915. Ihr folgten die Be⸗ 
ſtinmmungen der Verordnung des Bundesrats vom 
30. November 1916 über die Beſchaffung von Papier- 
holz für die Verſorgung der Tageszeitungen mit 
Druckpapier (Papierholzbeſchaffungsſtelle in Char⸗ 


lottenburg). Die Deckung des Grubenholzbedarfes 
erfolgt zurzeit noch durch Ankauf im freien Handel, 
aber es ſind zwei Holzbeſchaffungsſtellen — eine 
für den Weſten in Eſſen und die andere für den 


Oſten in Kattowitz — eingerichtet worden, die die 
Aufgabe haben, den Gruben die erforderlichen 
Mengen Grubenholz zur Verfügung zu ſtellen. Zur⸗ 
zeit beſteht ein Mangel an ſchwachen Sortimenten 
(6 bis 14 cm Zopfſtärke), hervorgerufen durch die 
Tatſache, daß infolge der ſchwierigen Arbeiterver: 
hältniſſe der Holzeinſchlag in Deutſchland und in 
den von uns beſetzten Gebieten ſich mehr in Altholz 
als in den jüngeren Beſtänden bewegt. Es wird 
mehr abgetrieben und weniger durchforſtet als zur 
Zeit des Friedens. — Für die Beſchaffung des Holz- 
bedarfs des Feldheeres find im April 1917 „Ridt: 
preiſe“ eingeführt worden, während von der Fejt- 
ſetzung von Höchſtpreiſen für Holz — wohl mit Recht 
— abgeſehen wurde. Auf Grund der Richtpreiſe 
laſſen fich die Waldpreiſe berechnen und die Zwiſchen⸗ 
verdienſte feſtſtellen. Unter den obwaltenden Ver⸗ 
hältniſſen ſcheint die Einführung der Richtpreiſe 
die beſtmögliche Löſung der Frage geweſen 
zu ſein. | | 
Dr. Wimmer faßte feine Ausführungen zum 
Schluſſe in folgende Leitſätze zuſammen: 
„JI. Der Forſtwirtſchaft ift aus der Art des Ber- 
kaufes, der öffentlichen Verſteigerung, die bei un- 
ſteten Preiſen die Regel bildet, kein Vorwurf zu 


machen, denn die Handverkäufe ſind bei einer ſo 
ſtürmiſchen Nachfrage von allen Seiten ſchwer 
durchzuführen, ohne ſich dem Vorwurf ungerechter 
Verteilung durch Bevorzugung einzelner auszu⸗ 
ſetzen. Nichtsdeſtoweniger wird die Verſteigerung, 
je länger der Krieg dauert, mehr und mehr vom 
Freihandverkauf zurückgedrängt. Die Schwierig⸗ 
keiten, die ſich einer gerechten Holzverteilung ent- 
gegenſtellen, werden, wie auf anderen Gebieten, 
überwunden werden. 

II. Papier⸗ und Grubenholz geben zur Ande⸗ 
rung der ſeitherigen Erſcheinungen keinen Anlaß, 
dem Einſchlag von ſchwächeren Grubenholzſorten 
ſoll die Forſtwirtſchaft zur Sicherung un ſerer Kohlen- 
förderung beſondere Aufmerkſamkeit ſchenken. 

Die Deckung des Frontbedarfs unſeres Feld⸗ 
heeres unter möglichſter Transporterſparung iſt 
zurzeit die dringendſte Anforderung, die an den 
Wald geſtellt wird. 


III. Die Überlaſſung des Nadelholzeinſchlages 


von Sägeholz, unter Ausſchluß der etwa um 40% 


wertvolleren Waggon⸗ und anderen hochwertigen 
Sorten im freihändigen Verkauf, an duch 
Ausweiſe der Kriegsamtsſtellen legitimierte Käufer, 
unter Berückſichtigung des geringſten Transportes, 
iſt eine Notwendigkeit. Die Preisfeſtſetzung für 
Rutzholz ſoll im Anhalt an die zurzeit geltenden 
Richtpreiſe geſchehen. Die Kriegsamtsſtellen führen 
Nachweiſe, daß ca. 70% des fo vom Waldbe ſitze 
überwieſenen Rundholzes als Schnittware der 
Heeresverwaltung abgegeben wird. Das übrige 
Holz bleibt, wie ſeither, im Verkehr.“ 

Den zweiten Punkt der Tagesordnung „Holz 
abfuhr und Reklamation der Ar- 
beitskräfte“ leitete Oberförſter Schulz als 
Mitglied der Geſchäftsſtelle des Forſtwirtſchafts⸗ 
rates ein. An eine bedeutende Vermehrung der 
Laſtkraftwagen zum Zwecke der Holzabfuhr ſei au: 
verſchiedenen Grün den während des Krieges nicht 
zu denken. Im großen ganzen werde nur die Abfuhr 
mit Pferdegeſpannen in Frage kommen. Die Pferde⸗ 
frage ſei aber in der Hauptſache eine Futterfrage, 
ganz beſonders bei der ſchweren Arbeit der Holz⸗ 
abfuhr. Jedes Erſatz⸗ Futtermittel müſſe bei Mangel 
an Hafer verwendet werden; an die Holzfuhrwerks⸗ 
beſitzer ſeien Zulagen an ſolchen Futtermitteln zu 
verteilen. Mit der ſchwediſchen Holzfällmaſchine 
„Sector“ ſeien günſtige Ergebniſſe auf Kahlhiebs⸗ 
flächen erzielt worden. Für Kahlabtriebe könne ſie 
entſchieden empfohlen werden. 

Bei der Reklamation von Arbeitskräften ſei das 
Augenmerk auf gelernte Holzhauer und wirkliche 
Holzfuhrleute zu richten. Leute, die mit der Wald- 
arbeit nicht vertraut ſeien, könne man nicht brauchen, 


249 


Nach längerer Beſprechung wurden folgende 
Leitſätze für die Verbeſſerung der Holzabfuhr 
und die weiteſtgehende Reklamation der Arbeits⸗ 
fräfte niedergelegt: 

„1. Es iſt den Verwaltungen, die maſchinelle 
Betriebe haben, nach Möglichkeit Brennſtoff — 
Benzol, Petroleum, Kohlen —, ferner Schmieröl 
zur vollen Ausnutzung ihrer Maſchinen zur Ber- 
fügung zu ſtellen. Die gelernten Maſchiniſten ſind 
vom Heeresdienſt für die Zeit der Abfuhr möglichſt 
zu befreien. 

2. Es iſt mit der Eiſenbahnverwaltung in Unter⸗ 
handlung zu treten, daß dort, wo ſich größere Holz— 
majjen ſchlagen laſſen, tunlichſt viele Verladeſtatio⸗ 
nen, bet wieder befahrenen Bahnen unter Um- 
ſtänden auch auf freier Strecke, ohne weſentliche 
Belaſtung des Waldbeſ'tzers eingerichtet werden. 

3. Es ſind die Pferdedepots anzuweiſen, zu 
angemeſſenen Preiſen Pferde mögl'chſt mit garniſon⸗ 
dienftfäh'gen, fahrkundigen Mannſchaften zur Holz 
abfuhr zur Verfügung zu ſtellen oder Pferde käuflich 
zu überlaſſen. 

4. Es iſt Hafer, Kraft⸗ und Rauhfutter als Fütte⸗ 
rungszulage für Pferde zur Holzabfuhr zur Ber- 
fügung zu ſtellen, und zwar fo, daß die Forſtverwal⸗ 
tungen die Verteilung der Zulage ſowohl an die 
eigenen Pferde, wie an die fremden Holzabfuhr⸗ 
geſpanne übernehmen können. 

5. Bei der Auswahl der Kriegsgefangenen zu 
Waldarbeitern iſt in weiteſtgehendem Maße auf 
ihren Z'vilberuf Rückſicht zu nehmen. Es eignen 
ſich neben gelernten Holzhauern beſonders Stell— 
macher, Tiſchler, Maurer, Gärtner und Landw'rte 
dazu; ebenſo wie Bergwerksarbeiter, Ziegelarbeiter 
und ſonſtige Erdarbeiter häufig gutes Arbeiter- 
material ſind. Für Kriegsgefangene ſind gewiſſe 
Löhne für den geſamten Holzfällereibetrieb cin- 
ſchließl'ich Abfuhr feſtzulegen. 

6. Gelernte Holzhauer, auch kriegsverwendungs⸗ 
fähige, ſodann Holzfuhrleute, beſonders aber auch 
Forſtbeamte, ſind in weiteſtgehendem Umfange und 
rechtzeit'g zu beurlauben. 

7. Die Waldarbeiter ſind als Rüſtungsarbeiter 
zu erklären, und es ſind ihnen Schuhzeug bezw. 
Leder und abgetragene Militärkleider zu angemeſſe⸗ 
nen Preiſen zur Verfügung zu ſtellen. 

8. Die Bauern find durch das Kriegshilfsdienſt⸗ 
geſetz mit ihren Geſpannen zur Holzabfuhr heran- 
zuziehen. 

Über die Brennholzfrage, die im Ver 
lauf des Krieges infolge der Kohlenknappheit er— 
höhte Bedeutung erlangt hat — die Verſorgung 
der Bevölkerung mit Brennſtoffen iſt neben der 
Beſchaffung von Nahrungsmitteln eins der wid- 
tigſten Probleme der Kriegswirtſchaft —, erſtatte te 


1917 


Prof. Dr. Wimmer Bericht. 
Thema in folgende Unterfragen: 
1. Wieviel Brennholz liefert der deutſche Wald? 

2. Welche geſetzlichen Grundlagen find vorhan- 
den, um die Brennholzverſorgung im Kriege 
zu regeln? 

3. Welche Maßnahmen für die Brennholzver- 
ſorgung ſind von den einzelnen Forſtverwal⸗ 
tungen bisher getroffen worden? 

4. Auf welche Weile kann die Brennholzver— 
ſorgung unter Würdigung der vorliegenden 
Tatſachen geregelt werden? 

Die Brennholzerzeugung des Deutſchen Reiches 
betrug im Frieden rund 30 Mill. fm, im Kriege iſt 
fie auf etwa 24 Mill. fm geſunken. Verſchiedene 
Bundesrats⸗Verordnungen haben ſich bereits mit 
der Frage befaßt. Eine Förderung des Holzeinſchlags 
wird mit allen Mitteln angeftrebt, aber die Haupt: 
ſchwier'gkeit liegt in der Beſchaffung der erforder- 
lichen Arbeiter und Transportmittel. Gelingt es, 
dieſe Frage zu löſen, dann wird auch das Problem 
der Brennholzverſorgung ſeine Löſung gefunden 
haben. Hinfichtlid) der Befriedigung des Brennholz 
bedarfs ift neben die Abgabe auf dem Verſteigerungs⸗ 
wege mehr und mehr der freihändige Verkauf ge- 
treten. Nichtsdeſtoweniger haben die Brennholz⸗ 
preiſe eine außergewöhnliche Steigerung erfahren. 
Die von den Staatsforſtverwaltungen bereits er- 
laſſenen Vorſchr'ften oder ins Auge gefaßten Wege 
und Mittel zur Regelung der Brennholzverſorgung 
find teils betriebstechniſcher, teils wörtſchaftspoli— 
tiſcher Art. Zu den erſteren gehören: Zulaſſung und 
Anregungen zum Handtransport auf Karren, Be- 
nutzung von kleinen Straßenbahnen; Selbſtwerbung 
durch die Empfänger oder Aufarbeitung und Ge- 
winnung des gefällten Holzes durch dieſe; Anwen⸗ 
dung mechanischer Fällung und Stockrodung; Aus- 
dehnung der Brennholzhiebe über das ganze Jahr. 

Das Ziel der geplanten Regelung der Brenn- 
holzverſorgung iſt ſehr verſchieden. Manche Staaten 
ſtreben eine vollſtändige Brennholzbedarfsverteilung 
an, während in anderen Staaten nur eine weit- 
gehende freihändige Abgabe an den minder be- 
mittelten Teil der Bevölkerung ins Auge gefaßt iſt. 

M. E. kann unter den heutigen Verhältniſſen 
das Brennholz die Kohle, beſonders in den Groß— 
ſtädten, nicht erſetzen. E'nmal find die Ofen in den 
Städten zumeiſt für Holzfeuerung nicht geeignet, 
und dann: wenn die Verſorgung der Städte mit 
Kohle infolge der beſtehenden Transportverhält— 
niſſe ſchon ſchwierig iſt, würde ihre Verſorgung mit 
Brennholz ſich noch ſchwieriger geſtalten, denn Holz 
iſt im Vergleich zur Heizkraft ſchwerer als Kohle. 
Es muß deshalb mit allen Mitteln angeſtrebt werden, 


Er zerlegte das 


die Kohlenförderung zu ſteigern, und dazu kann auch 


* 


20 


die Forſtwirtſchaft durch Lieferung des erforder 


lichen Grubenholzes ihr Teil beitragen. Die Brenn- 
ſtofffrage ift zum Teil eine Grubenholzfrage. Stellen 
wir den Gruben genügende Mengen Arbeiter und 
Grubenholz zur Verfügung! Die Transportfrage 
w'rd dann leichter zu löſen fein, als wenn den Städten 
Brennholz geliefert werden müßte. 


Die Themata „Landwirtſchaftlicher Anbau im 


Walde“ und „Die Aufgaben der Forſtwirtſchaft im 
Kriege und die Abwehr übertriebener Anſprüche 
an den Wald“ wurden von der Tagesordnung des 
17. Juli abgeſett. Nur Punkt 3 „Der gegen— 
wärtige Stand der Harznutzung“ 
kam noch zur Beſprechung. Der Leiter des Kriegs- 
ausſchuſſes für Fette und Ole, Rohharzabteilung, 
Elmenhorſt berichtete über die Harzwirtſchaft 
im Kriege. Er hob insbeſondere hervor, daß der 
Friedensbedarf des Deutſchen Reiches an Harz im 
Betrage von jährlich über 80 000 t ausſchließl'ich 
durch Einfuhr aus dem Auslande gedeckt worden ſei. 
Durch den Krieg haben ſich die Verhältniſſe ſtark 
verändert. Alle Harz verbrauchenden Induſtrien 
haben ihre Betriebe weſentlich ein ſchränken müſſen. 
Erſatzſtoffe, beſonders Erzeugniſſe der Steinkohlen— 
deſtillat'on, ſind vielfach an die Stelle des Harzes 

getreten, im übrigen aber hat der deutſche Wald, 
aus dem die Harznutzung feit langer Zeit verſchwun— 


den war, fein Harzerzeugnis hergeben müſſen, um 


den Harzbedarf unſerer wichtigen Kriegsinduſtrien 
zu decken. 


Als forſttechniſcher Mitarbeiter des Rricgsaus- 
ſchuſſes für Fette und Ole ſprach ſchließlich noch zu 
dem gleichen Thema Forſtamtsaſſeſſor Dr. Münch 
über den gegenwärtigen Stand der Harznutzungs— 
technik. Er ſchilderte die einzelnen Verfahren der 
Harzgewinnung an Kiefern, Fechten und aus den 
Wurzelſtöcken der Kiefer und erörterte dann die 
Rentabilitätsfrage, wobei er zu dem Schluſſe kam, 
daß der vom Kriegsausſchuß für das Jahr 1917 
feſtgeſetzte Preis von 300 Mk. für 100 kg Kiefern. 
Rohharz hoch genug bemeſſen ſei, um einen Gewinn 
zu verbürgen und dadurch auch die Privat- und 
Gemeindewaldbeſitzer zur Harznutzung zu veran— 
laſſen. 

Auf die an die Vorträge ſich anſchließenden ein- 
jipen und lebhaften Beſprechungen kann wegen 
Raummangels nicht eingegangen werden. Es fei 
nur erwähnt, daß ſie ſämtlich von dem eiſernen 
Willen getragen waren, der Schwierigkeiten, die ſich 
der Holzverſorgung unſerer Heere und der Bevölke⸗ 
rung während des Krieges entgegenſtellen, Herr zu 
bleiben. Die Ausſprache trug weſentlich zur Klärung 
der verſchiedenen wichtigen Fragen bei, und es ſteht 
zu hoffen, daß die deutſche Forſtwirtſchaft Vd 
den an fic geitellten Anforderungen des vierten 
Kriegsjahres, insbeſondere des vierten Kriegswinter⸗ 
gewachſen zeigen wird. 

Litauen, im September 1917. 

| Dr. H. Weber 


Notizen. 


Kgl. bayeriſſcher Oberforftrat Otto Eßlinger +. 

Auch in unſerer Zeitſchrift, welche in vorliegendem Heft 
wohl den letzten Aufſatz aus der fleißigen Feder des Veritor- 
benen bringt, foll der Verdienſte dieſes hervorragenden pfal- 
ziſch⸗bayeriſchen Forſtmannes kurz gedacht werden.!) 

Seit 1888 befand ſich Eßlinger ars Referent an der K. Re- 
gierung der Pfalz zu Speyer, Forſtabteilung und Kammer 
der Forſten, um im Jahre 1912 in Ruheſtand zu treten, den 
er in Heidelberg verlebte bis zu ſeinem am 27. Februar d. J. 
plötzlich erfolgten Tode. Er erreichte ein Lebensalter von 
etwas über 78 Jahren. Aufrichtige Trauer verurſachte ſein 
Ableben allen, die ihm näher und auch ferner ſtanden. Denn 
er beſaß ein ſonniges und heiteres Gemüt, das im Verein mit 
ſeiner Sprachgewandtheit die Herzen, namentlich der jungen 
Welt, raſch und leicht gewann. 

Ausgeſtattet mit großen Geiſtes⸗ und Herzensgaben 
wirkte Eßlinger ſchon 1878—1878 als Aſſiſtent und Dozent 


1) Vgl. auch den mit Eßlingetrs Bild geſchmückten, epet: 


vollen, ausführlichen Nachruf vom Pfälzer Forftverein in 
Nr. 18, 1917 der Forſtlichen Wochenſchrift Silva, S. 81/83 
von Herrn K. Regierungs- und Forſtrat H. Cramer zu Speyer. 


Wan der damaligen Forſtlehranſtalt zu Aſchaffenburg, wo ihm 


u. a. der Vortrag über Jagdkunde zugewieſen war, deſſen er 
ſich glänzend entledigte. 1878 als Oberförſter zu Schaidt tx 
Bienwald in ſeiner heimatlichen Pfalz ernannt, machte er 
ſich durch die Einführung der dortigen Korbweidenzucht und 
Verarbeitung beſonders verdient. Von 1883 an war er Bor. 
ſtand des Reviers, feit 1885 des Forſtamts Aſchaffenburg. 
wohin er ſich verſetzen ließ und übernahm auch wieder die 
Stelle eines Dozenten für Wegebau und Jagdkunde an der 
Forſtlehranſtalt. Dieſe Lehrbetätigung, die ihn in innige 
Beziehung zur forſtlichen Jugend brachte, ſagte ihm ganz 
bejonders zu. Späterhin beklagte er es oft, daß er dem fort 
lichen Lehrberuf nicht treu blieb oder treu bleiben durfte. 

Seiner im Jahre 1888 erfolgten Berufung als Regie 
rungsforſtaſſeſſor und damit als Referent und Bnjpettions. 
beamter an der K. Kreisregierung der Pfalz zu Speyer konnte 
er doch nicht widerſtehen. 

1891 rüdte er zum Forſtrat auf, war jeit 1909 Regierungs 
und Forſtrat und erhielt in dieſer Eigenſchaft 1911 Titel und 
Rang eines K. bayer. Oberforſtrates. Wegen feiner verzüg: 
lichen Dienſtleiſtungen während einer 24.jährigen Zätigteit 
als höherer Regierungsbeamter, wurde er bei ſeinem Über: 


251 


tritt in den Ruheſtand 1912 noch der Allerhöchſten Anerken⸗ 


nung durch Verleihung des Verdienſtordens vom Heiligen 


Michael III. Klaſſe teilhaftig. 

Soweit der äußere dienſtliche Lebensgang unſeres Fach⸗ 
genoſſen und Freundes! 

Wie ich jhon bei meiner Anſprache auf dem ſtimmungs⸗ 
vollen Friedhof zu Altheidelberg bei Eßlingers Beerdigung 
am 2. März 1917 als Korpsbruder mit erwähnte, hat der 
Verblichene als Beamter in dienſtlicher und wiſſenſchaftlicher 
Beziehung ſich weit über das Durchſchnittsmaß hinausgehoben. 


Als junger Mann hatte er die forſtliche Staatsprüfung 


mit der erſten Note zurückgelegt und war in ſeinen verſchie⸗ 
denen Vorbereitungsſtellen links und rechts des Rheines ſtets 
eifrig bemüht, ſein Wiſſen und ſeine forſtlichen Erfahrungen 
zu bereichern, was ihm in ſeiner ſpäteren ſelbſtändigen Stel⸗ 
lung als äußerer Amtsvorſtand zugute kam. Eßlinger hatte 
einen praktiſchen Blick und eine ausgeſprochene Neigung für 
deu forſttechniſchen Betrieb. Die Kenntniſſe im Wegbau 
namentlich konnte er als techniſcher Referent der Regierungs⸗ 
forſttammer in Speyer gut verwerten, gar manche kunſtvoll 
angelegte Wald- und Bergſtraße im Pfälzerwald uſw. legt 
von ſeinem techniſchen Können Zeugnis ab. Auch iſt er der 
Erfinder der fog. Eßlingerſchen Säelatte, deren einfache und 
ſichere Handhabung ich bei der Deutſchen Forſtverſammlung 
zu Dresden im Jahre 1889 gelegentlich meiner forſtlichen 
Studienreiſe als Eßlingers ehemaliger Hörer den Herrn Fach⸗ 
genoſſen zum erſtenmal vorzuzeigen die Ehre hatte. 

Auf den deutſchen Forſtverſammlungen war Oberforſtrat 
Eßlinger ein gern geſehener Gaſt, der durch Wort und Tat in 
ernſter und heiterer Weiſe („Kapuzinade“) ſtets die Zuſammen⸗ 
künfte zu beleben wußte. Auch hat er ſeinen Pfälzer Lands⸗ 
mann f Oberforſtmeiſter Ney zu Metz bei der Gründung des 
Deutſchen Forſtvereins wirkſam unterſtützt. Lange Jahre 
erſter Vorſitzender des Pfälziſchen Forſtvereins hat er deſſen 
Vereinstätigteit weſentlich gehoben. Auch als zweiter Vor⸗ 
ſitzender des pfälziſchen Kreisfiſchereivereins trug er zur 
Förderung der Fiſchzucht, auch in den Wald⸗Bächen und 
Weihern, vieles bei. Neben der Bekleidung anderer Ehren⸗ 
ämter bekundete fih der Beritorbene im öffentlichen Leben 
als treuer Verfechter der vaterländiſchen deutſchen Sache und 
des Deutſchtums überhaupt. Dabei war er auch tief innerlich 
veranlagt, ohne ausgeſuchte Frömmigkeit an den Tag zu legen. 
Infolge ſeiner früheren Lehrtätigkeit wurde er auch lang- 
jähriges Mitglied des Prüfungsausſchuſſes für die alljährlichen 
forſtlichen Staatsprüfungen und viele Prüfungsarbeiten ſind 
zur Würdigung durch ſeine Hände gegangen; er dürfte, wo 
einigermaßen angängig, gern ein milder Richter geweſen ſein. 

Vermöge ſeiner fachlich und allgemein hervorragenden 
Ausbildung war Oberforſtrat Eßlinger ſchon ſeit langen Jahre 
emſig literariſch tätig und viele forſtliche Aufſätze und Be⸗ 
ſprechungen zeugen von ſeiner befruchtenden forſtlichen 
Schriftſtellerei. Namentlich war er Mitarbeiter für den jagd⸗ 


lichen Teil der zweiten neu bearbeiteten Auflage 1901 des 


bekannten Illuſtrierten Forſt⸗ und Jagdlexikons von Dr. Her- 
mann Fürſt, des 10 Tage vor Eßlinger auch entſchlafenen 
letzten langjährigen Direktors der Forſtlichen Hochſchule zu 
Aſchaffenburg. Mit dieſem für unſer Fach ſo verdienſtvollen 
allgemein verehrten Manne ſtand Eßlinger ſeit 1878 in un⸗ 
unterbrochener Verbindung. Beiden iſt nun die fleißige Feder 
entfallen. Beider Andenken bleibt ein geſegnetes! 


Unſerem lieben pfälziſchen Landsmann und Fachge⸗ 


noſſen, dem verſtorbenen K. bayer. Oberforſtrat Otto Eßlinger 
von Speyer, legen wir mit beſonders tiefer Verehrung noch 
nachträglich den Kranz aus Eichenlaub auf ſeinem einen braven 
Mann deckenden Grabhügel in dem baum- und waldum⸗ 

rauſchten Heidelberger Friedhof. 


Speyer. a, My. Johann Keiper. 


Ä Waldfamen:Ernteberiht. 
Bon: Heinrich Keller Sohn in Darmſtadt 


Von Kiefernſamen haben wir in dieſem Jahre 
eine geringe Ernte zu erwarten. Bei dem Leutemangel 
werden Preiſe für die Zapfen verlangt, die kaum vorher da 
waren; dabei werden die Zapfen wohl auch weniger Samen 
als in ſonſtigen guten Erntejahren enthalten. Vorräte von 
vorjähriger guter Saat werden kaum vorhanden ſein. 


Die Fichte brachte in den letzten Jahren nacheinander 
gute Ernteerträge, man kann fagen in allen Produktions- 
gebieten; deshalb war von vornherein zu erwarten, daß die 
Fichte diesmal nicht wieder Zapfen tragen wird. Nach allen 
vorliegenden Berichten ſcheinen Fichtenzapfen in dieſem 
Jahre nirgends gewachſen zu ſein. Ob die Vorräte guter 
vorjähriger Saat den Bedarf decken? Die Eigner verlangen 
ſehr hohe Preiſe, namentlich aus Oſterreich kommen enorme 
Forderungen. 

Die Lärche, die voriges Jahr' Mali viel Zapfen 
trug — leider wurden die wenigſten davon abgeerntet — 
bringt dieſes Jahr ſo gut wie keinen Ertrag, alſo wird auch 
der Lärchenſamen recht teuer werden. 


Ganz dasſelbe gilt für die Bey mutskiefer, während 
die Weißtanne im vorigen Jahre nicht fruktifizierte, 
dieſes Jahr aber Zapfen lieſert. Dieſe Zapfen wurden ſchon 
an die Brecher zu noch niemals dageweſenen Preiſen bezahlt, 
jo daß für das Kilo guten Samen eben Mk. 5, — verlangt 
werden! Auch für Schwarzkiefernſa men werden 
enorme Preiſe gefordert. Von Bankskiefern werden 
vorausſichtlich kleine Samenmengen aus deutſchen Zapfen 
lieferbar ſein. 

Auf Douglasfichten— 
verzichtet werden. 

Von Secekiefern wurden im vorigen Jahre noch 
ziemlich große Mengen Zapfen aus Belgien und Holland 
bezogen, die guten Samen ergaben; jetzt gibt das Reich keine 
Einwilligung zur Einfuhr, weder von Zapfen noch Samen. 
Aus dieſem Grunde kann auch der Händler Waldſamen, der 
3. B. in der Schweiz in guter Qualität preiswert zu erhalten 
wäre, nicht hereinſchaffen: ebenſo wenig wie die Samen 
wichtiger Exoten. ö 

Von Laubhölzern brachte die Eiche ſtrichweiſe 
eine mäßige Maſt. 

Die Eicheln ſind bekanntlich beſchlagnahmt, doch iſt es 
mir endlich gelungen, eine beſchränkte Menge zu Saatzwecken 
frei zu bekommen. Die Eicheln werden, trotzdem der amtlich 
vorgeſchriebene Sammlerpreis erhöht wurde, zu Saatzwecken 
wie voriges Jahr geliefert werden können. 


Die Roteiche trug fajt keine Maſt in Deutſchland. 
Aus Belgien und Holland, welche Länder uns ſonſt mit guten 
Roteicheln aushalfen, ift wegen Einfuhrverbots nichts herein. 
zubringen. Dieſelbe Kalamität haben wir bei Erlen 
ſamen, von dem ebenfalls ſonſt in Deutſchland wenig und 
jetzt in den n Kriegsjahren ſo gut wie nichts eingeerntet werden 
kann und der ebenſo aus Belgien und Holland, das uns ſonſt 
gute Saat lieferte, nicht hereingebracht werden darf. 

Die Buche lieferte gar keine Maſt. 

Von den Ahorn-⸗Arten brachte Bergahorn zienuichen 
Samenertrag, dagegen Spitzahorn jo gut wie nichts. 

Lindenſamen kann ſowohl von der Sommer- wie 
Winterlinde geliefert werden. 

Auch die Eſche lieferte befriedigenden Samenertrag: 
dagegen ſieht es bei der Hainbuche wieder ſchlechter aus, 
von letzterem Samen war bis jetzt nichts einzubringen. 

Die Bir ke lieferte bei uns außerordentlich wenig Samen: 
die Akazie hing dagegen ſchwer voll. Aber auch alle die 
jenigen Samen die reichlich gewachſen ſind, werden in dieſem 


A 


Samen muß diesmal ganz 


252 


! 


Jahre nicht billig werden, da den ſpärlich vorhandenen Samm- erträgen eigener Beſtande, andererjeits namentlich durch 
lern überall Gelegenheit zu ſehr hohem anderen Verdienſt ] vertrauensvolle Übertragung der Bedarfsdeckung in den ver- 
geboten ift und diefe deshalb an die weniger angenehme | fchiedenen Forſtſaaten zu berückſichtigen. 
Samenſammlung nur dann gehen, wenn ſie dabei noch mehr über die Erträge der einzelnen Arten läßt jid) wie jolg’ 
verdienen. oe m berichten: Von Berg- und Spitzahorn kommen nur 
Alles in allem werden wir alſo bei Kiefern, beſonders | Heine Mengen herein, Rot- und Weißerle iſt knapp. 
deutſcher Kontroll⸗Kiefernſaat wieder etwa ſo hohe Preiſe | Eide zeigt keinen Ertrag, die Qualität befriedigt. Bon 
wie im Jahre 1913 zu erwarten haben. Für Fichten wahr- [Hain bu che iſt wenig gewachſen. Weißdorn ha 
ſcheinlich Preiſe, wie ſolche überhaupt noch nicht da waren, f mittlere Ernte. Ginſter und Stachel gin ſter kur 
und auch für die übrigen wichtigen Nadelholzſamen durch— vorausſichtlich nicht geliefert werden, Birke hat nur wenn 
gängig hohe Preiſe. Für die Lauhbolzſamen teilweiſe ſolche [Samen erbracht, Akazie hat reichlich geblüht, die Samen. 
Preiſe, die man unter den gegebenen Verhältniſſen als ziem- beſchaffung ift indeſſen ſchwierig. Die beiden Linden 
lich normal bezeichnen kann, z. T. ebenfalls hohe Preiſe. | Arten zeigen zufriedenſtellenden Fruchtanſatz. Eicheln 
Darmſtadt, Ende November 1917. ſind ſtrichweiſe geraten, aber, wie auch Früchte der Roß 
kaſtaniſe, zu Futterzwecken beſchlagnahmt; eine etwaige 
Freigabe von Teilmengen zur Saat iſt noch fraglich, jedoch 
offe ich als Hauptaufkäufer dieſes Artikels Lieferungen er 
Forſtſamen⸗Erutebericht 1917/18. a zu 1 Roteicheln find wenig gewachſen 
Von Conrad Appel, Kontrollklenganſtalten, Darmſtadt. und ebenfalls beſchlagnahmt. Bucheln zeigen geringen 
Der derzeitig ſtarke Holzverbrauch läßt die Aufſtellung | Ertrag, der teilweiſe von den einzelnen Bundesſtaaten zyt 
von Kulturplänen für Ausſaaten und Anpflanzungen für die | Olgewinnung erworben wird, vielleicht kann doch etwas zur 
Forſtbewirtſchaftung wohl notwendig erſcheinen und beſteht | Saat abgegeben werden. 
deshalb ein berechtigtes Intereſſe, näheres über die ein- Von den Nadelholzſamen hatte die Wey mutsticfer 
heimiſchen Laub- und Nadelholzſamenernte eheſtens zu höre.] in einigen elan . kleinen 5 ahs 
a Unter den jetzigen Verhältniſſen begegnet natürlich die von mir geſichert wurde, fo daß ich den, mit beſonderer Bor- 
Snbeingung, Der Ernie großen Schiwierigteiten, der grüßte ſicht daraus gewonnenen Samen in hochkeimender Qualitat 
Teil der Sammler und Zapfenpflüder ijt entweder zum Militär empfehlen kann. Weißtanne liefert wenig Zapfen, es 
einberufen oder im Vaterländiſchen Hilfsdienſt beſchäftigt. mußten außerordentlich hohe Pflückerlöhne bewilligt weer, 
Meinen fortgeſetzten Bemühungen iſt es gelungen, dennoch welche den Samen, der allerdings zufriedenſtellende Cuti: 
bewährte Sammler zur Verfügung zu haben. Zweifellos aufweiſt, ganz erheblich verteuern und nie dageweſene peik 
wird es auch bei der Forſtbewirtſchafſtung an geeigneten Ar- zeitigen. i 
beitskräften zu den Vorbereitungen fehlen und ließe fih auch ER ete e äbriaer € ae 
hier durch Heranziehen von weiblichen Arbeitskräften, nament— N che ha 8 Fehlernte, vorjähriger e oe ae 
lich aber von Kriegsgefangenen unter praktiſcher und fach- Qualität kann den edarf decken. Fich te hat keinen Japien 
zer l $ 4 5 > z gut überlagerter Samen, teilwek 
männiſcher Leitung älteren Forſtperſonals Abhilfe ſchaffen. erita au verzeichnen; gi ge „ 
Das Intereſſe für die Ausſaaten von Laubholz-, nament- aus im Frühjahr geſammelten ganz vorzüglichen Zapfen 
| v k auftretenden Nachfrage einigermaßen 
lich aber Nadelholzſamen im deutſchen Walde ſollte gerade | Fan der gewiß ſtar 5 rag > 
während bes Srieges ni : | begegnen. Dadurch, daß ich mir im Vorjahr beſtes Zapfen 
5 ges nicht außer acht gelaſſen werden, im l a 8 
Gegenteil: der vermehrte Holzbedarf und die weſentlichen J material beſchafft, was ich ſeither geklengt habe, bin sid 
Abforſtungen erheiſchen rechtzeitige Fürſorge für entfpreden- der Lage, grobkörnigen Samen in beſonderer Güte mit be 
den Nachwuchs, weshalb Ausſaaten nicht etwa bis zur Be— Keimkraft zu liefern. l l o 
endigung des Krieges verſchoben, ſondern, ſoweit es äußerſt nur Die Kiefer wird eine äußerſt kleine Ernte liefern, in 
angängig iſt, jetzt vorgenommen werden müßten. bei dem Mangel an geeigneten Zopfenpflöckern und den bote! 
Bei der Verſorgung mit Forſtſamen, beſonders Kiefern. [Löhnen wird Kiefernſamen voraus ichtlich ſehr geſucht unt 
jamen deutſchen Urſprungs; kommen bekannte zuverläſſige | teuer fein, trokbem wird fih ein Iebhafter Begehr auch fü 
Klenganſtalten, hauptſächlich die Kontrollklenganſtalten des | dieſen Artikel zeigen. 
deutſchen Forſtwirtſchaftsrates und berechtigterweiſe wieder In Anbetracht der geſchilderten Berhältuiffe wird gemit 
die größeren und alljährlich leiſtungsfähigen Firmen in He- | aud ein geeignetes Zuſammenwirken der Forftbemirticaftur; 
tracht, welche unter den größten Schwierigkeiten, wie Arbeiter- | und beſchriebenen Kleuginduſtrie zur Förderung der Au 
und Perſonalmangel, Kohlennot, Fehlen von Pflückern und | jaaten und Pflanzenzucht beitragen, urd damit der weiterer 
Sammlern, teueren Arbeitslöhnen zu leiden und trotzdem Erhaltung unſeres deutſchen Waldes förderlich ſein, jo daß ſelbſ 
ihren Betrieb feit Kriegsbeginn aufrecht erhalten Haben. | unter den derzeitig ſchwierigen Verhältniſſen im vierter 
In Anbetracht der Wichtigkeit der ſicheren Beſchaffung | Kriegsjahre ein Durchhalten geboten und die Ausführung dei 
einwandfreien Saatgutes, in Verbindung mit dem Vorbe- Neuaufforſtungen durch Beſchaffung einwandfreien Soot 
jagten, erſcheint es geradezu als ein Akt der Anerkennung und gutes auch für fernerhin ſichergeſtellt ift. 
Pflicht, dieſe Firmen einesteils ſeitens der Forſtbewirtſchaftung 
durch Zuweiſung von vorhandenen Zapfen» und Gamen- Darmſtadt, Mitte November 1917. 


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Fuür die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer, 
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen — Für die Inſerate verantwortlich: J. Sauerländers Verla 
Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. WM.. Paul Schettlers Erben, G. m. b. H., Hoſbuchdruckerei in Cöthen (Ant, 


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Amt und Zap : 


Se 


von 


Dr. Karl Wimmenauer um Dr. Heinrich Weber 


Sandee u. Profeſſor d. Forſtwiſſenſchaft i R. ordentl Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft 
+ an der Univerſität Gießen. 


Dreiundneunzigſter Jahrgang. 


1917. Dezember. 


Frankfurt am Main. 
J. D. Sauerländer's Verlag. 


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Betrachtungen über den Wettſtreit der 
Stämme reiner, gleichalter, geſchloſſener 
Beſtände um die Oberherrſchaft, ſowie 
über Vererbung bei unſeren Wald⸗ 
bäumen und über Erziehung der Beſtände. 


Von Forſtmeiſter a. D. Tiemann in Göttingen. 


Von den gleichalterigen Pflanzen bezw. Stäm⸗ 
men ein und derſelben Holzart werden ſtets die⸗ 
jenigen die größte Stärke und Höhe aufweiſen, 
die den günſtigſten Standort einnehmen. 
In einem gleichalterigen, reinen Beſtande mit 
ſtellenweiſe verſchiedener Bodengüte wird dies auf 
den beſſeren Bodenſtellen der Fall ſein, z. B. 
bei einem im ganzen trockeneren Boden auf etwa 
vorhandenen feuchteren Stellen. Dementſprechend 
können daher auch zwiſchen genügſamen Holzarten 
anſpruchsvollere' auf etwaigen beſſeren Stellen an- 
gebaut werden, beiſpielsweiſe zwiſchen Kiefern 
auf trockenem Sandboden Buchen auf den 
feuchteren Stellen, eine Miſchung, wie ſie ja aus 
bekannten Gründen beſonders wünſchenswert er- 
ſcheint. 

Aber auch in einem geſchloſſenen reinen Beſtande 
gleichen Alters, gleichen Bodens und gleicher Ent⸗ 
ſtehungsweiſe ſind die Stämme bekanntlich nicht 
in Stärke und Höhe übereinſtimmend. 
Die ſchwächſten Stämme ſind die ſogenannten 
unterdrückten, die von den herrſchenden 
(dominierenden) überwachſen ſind. Erſtere laſſen 
natürlich infolge Licht angels und fehlenden Aus⸗ 
dehnungsraumes ihrer Kronen in ihrem Wachstum 
allmählich bedeutend nach und werden ſchließlich 
trocken. 

Man kann hierbei nicht gerade behaupten, daß 
das Vorherrſchen, (die Prävalenz) von Stämmen 
in einer höheren Bodengüte ihrer Stand- 
orte, oder in einem etwas größeren Freiſt ande 
begründet ſei, ſondern man muß annehmen, daß 
dieſen Stämmen höchſtwahrſcheinlich ſchon von ihrer 
Entſtehung an eine größere Lebenskraft, 
den unterdrückten Stämmen gegenüber, eigen iſt. 

Allerdings könnte ja bei einzelnen der letzteren 
die Urſache der, Unterdrückung und des ſchwächeren 
Wachstums darin liegen, daß ſie vielleicht plötzlich 
mit ihren Wurzeln auf eine undurchläſſige Ton - 
ſchichtt oder auf eine Felsſchicht geraten 
wären, oder die Wurzeln einzelner ſich nicht tief 

1917 


Dezember 1917 


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genug entwickelt hätten, um bei trockenem Boden 
tiefere und daher feuchtere Bodenſchichten zu er⸗ 
reichen, oder es wären Stämme von Mäuſen, Jn- 
ſekten c. an den Wurzeln oder am Schaft be- 
ſchädigt. 

Abgeſehen von ſolchen Einzelfällen müßte alſo, 
wie bemerkt, der Grund des ungleichen Wachstums 
und der ungleichen Dimenſionen der Stämme eines 
derartigen gleichalterigen, gleichmäßigen Beſtandes 
ein und derſelben Holzart wahrſcheinlich in der 
verſchiedenen Größe der Lebenskraft 
der Stammindividuen, ähnlich wie es ja ſelbſt bei 
Menſchen und Tieren der Fall iſt, zu ſuchen ſein. 

Entfernt man nun periodiſch die unter ⸗ 
drückten Stämme eines ſolchen Beſtandes, 
unter ſtrenger Schonung der herrſchenden 
(dominierenden), wie es bei der ſchwach en 
Durchforſtung (dem A-Grade) geſchieht, ſo ergibt 
ſich, daß von der großen Stammzahl der jugend ⸗ 
lichen Beſtände zur Zeit ihrer Verjüngung oder 
des Abtriebes nur noch verhältnismäßig wenige 
vorhanden ſind; alſo nur bei dieſen hat die 
Lebenskraft bis dahin ausgereicht. 

Schon in dem berühmten „Lehrbuche für Förſter“, 
von Profeſſor Dr. Georg Ludwig Hartig, ſagt in 
der neunten, von deſſen Sohne, Prof. Dr. Theodor 
Hartig, im Jahre 1851 herausgegebenen Auflage 
letzterer auf Seite 95 des II. Bandes, gelegentlich 
der Beurteilung von Durchforſtungen noch ſehr 
jugendlicher Buchenbeſtände: „Die geringe Zahl 
der Bäume erſter Größe des haubaren Ortes iſt 
ſchon in der früheſten Lebensperiode, ja wahrſchein⸗ 
lich ſchon im Samenkorn als ſolche beſtimmt; er⸗ 
reichen ſie nicht ihre Ausbildung, ſo wird ſich an 
ihrer Stelle zwar eine andere minder tüchtige Hok- 
pflanze kräftig entwickeln, aber nicht die Größe 
und Stärke erreichen, welche die von ihrem Ur- 
ſprunge ab individuell kräftigſten Holzpflanzen zu 
entwickeln vermögen.“ 

In dem vorzüglichen Waldbauwerke von Heyer⸗ 
Heß, 5. Auflage, I. Band, heißt es bei der Abhand⸗ 
lung über die Durchforſtungen auf Seite 428: „Von 
einer Million Pflänzchen, welche im erſten Lebens⸗ 
jahre auf einem Hektar genügenden Lebensraum 
fanden, bleiben bis zum Haubarxkeitsalter nur noch 
etwa 200 bis 900 übrig, u. zw. auf den beſſeren 
Bodenklaſſen weniger als auf den geringeren. Die 
Verminderung der urſprünglichen Stammzahl in- 


34 


35d 


folge der gegenſeitigen Übergipfelung erfolgt fait 
in einer fallenden geometriſchen Reihe; ſie ſchreitet 
am raſcheſten vor in der Periode des vorherrſchenden 
Beſtandeshöhenwuchſes und ſinkt mit dieſem um 
ſo mehr, als auch die zunehmende Kronenbreite der 
Stämmchen deren vollſtändige Unterdrückung ver- 
zögert.“ 

Zeigt ſich die Prävalenz der Pflanzen wahr⸗ 
ſcheinlich ſchon im Samenkorn, ſo wird ſie 
ſich auch vielleicht durch beſondere Größe und 
Schwere der letzteren bemerklich machen. Man 
darf daher wohl annehmen, daß aus ſo beſchaffenen 
Samenkörnern kräftigere und widerſtandsfähigere 
Pflanzen von längerer Lebensdauer hervorgehen 
werden, als aus kleineren, leichteren Körnern. 


Die Verſuche von Baur mit Eicheln und 
von Cieslar mit Fichtenſamen deuten darauf 
hin, wenngleich Verſuche von Vonhauſen mit 
Edelkaſtanien jene Annahme nicht be— 
ſtätigt haben.!) Die Ergebniſſe weiterer Verſuche 
müſſen erſt noch abgewartet werden. 

Die größeren und ſchwereren Samenkörner 
ſollen auch leichter keimen, als ſolche von gegen— 
teiliger Beſchaffenheit. 

Es ließe ſich auch wohl mit Recht vermuten, daß 
z. B. bei verſuchsweiſe etwas ſtärker 
mit Erde bedeckten Saaten diejenigen Keimpflanzen 
die größte Lebenskraft beſitzen werden, welche am 
früheſten hervorkommen. Den ſpäter erſchei— 
nenden muß man wohl weniger Lebenskraft zu— 
ſchreiben, und manche Keime werden überhaupt 
nicht die Kraft zeigen, eine etwas ſtärkere Erdſchicht 
zu durchbrechen. 

Ebenſo iſt vielleicht die Annahme berechtigt, daß 
größere und ſchwerere Samenkörner bei der Auf— 
bewahrung ihre Keimfähigkeit länger behalten 
werden. 

Immerhin erſcheint es ſelbſtverſtändlich, daß nur 
mannbare, kräftige Stämme auf 
guten Standorten den beſten Samen und 
ſomit aus dieſem die beſten, lebenskräftigſten 
Pflanzen zu liefern imſtande ſind. 

Hierher gehört auch die wahrſcheinliche Wer- 
erbung mancher Eigenſchaften der Mutterbäume, 
auf die in neuerer Zeit verſchiedentlich aufmerkſam 
gemacht wird. Es braucht in dieſer Beziehung ja 
nur auf die großartigen Erfolge hingewieſen zu 
werden, die jhon längſt im land wirtſchaft⸗ 
lichen Betriebe erreicht ſind. 

Man müßte demgemäß beim Samenbezuge 
3. B. ſtets, ſoweit möglich, darauf ſehen, daß nur 
der Samen von gutge formten Mutter 
bäumen zur Verwendung gelangt, alſo nicht von 


— ——— ͤ U—4—¾ę᷑t 


1) S. das vorgenannte Waldbauwerk, I. Band, S. 142. 


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krummen, drehwüchſigen oder von Zwieſel⸗Stäm— 
men. ) 

Dabei möchte ich noch erwähnen, wie es von 
großer Bedeutung wäre, wenn es auf dieſem Wege 
gelänge, z. B. bei der von Haus aus faſt nur flad- 
wurzeln den Fichte, wenigſtens eine größere 
Anzahl von Pflanzen, mit dauernder Pfahl 
wurzelbildung zu erziehen. Man würde 
zu dieſem Zwecke den Samen für Verſuchsbeete 
im Kampe von ſolchen Bäumen benutzen, die 
ausnahmsweiſe eine Pfahlwurzel entwickeln 
haben, unter der Annahme einer Vererbung 
ſolcher Wurzelbildung; bei dem Abtriebe zapfen— 
tragender Fichtenbeſtände durch Ba umrodung 
ließen fidh derartige Stämme mit Sicherheit heraus 
finden und deren Zapfen leicht gewinnen. Den 
Samen würde man auf beſondere, tief gelockerte 
Beete im Kampe ausſäen und bei der Verſchulung 
einjähriger Fichten auf ebenſo bearbeitete Pflanz 
beete nur Pflanzen mit Pfahlwurzeln aus: 
wählen. Ebenſo würden natürlich bei der Aus: 
pflanzung in's Freie nur Pflanzen mit folder 
Wurzelbildung zur Verwendung kommen dürfen. 

Auch bei Benutzung gewöhnlichen Wid: 
tenſamens wäre zu verſuchen, durch tiefere 
Bodenbearbeitung eine Anzahl von langbe: 
wurzelten Pflanzen zu erziehen.) 

Man hätte fo, außer kräftigen Durchforſtungen 
und einer Miſchung der Fichtenbeſtände mit Buchen 
— wo ſolche möglich — noch ein weiteres Mittel 
zur Minderung der oft verheerend auftretenden 
Sturmſchäden, ſowie auch der Schäden 
durch Dürre. Die Einleitung von Verſuchen 
dürfte ſich empfehlen. 

Weiter mag hier noch bemerkt ſein, daß dei 
Kiefernſaaten aus bekannten Gründen nur 
Samen deutſcher Herkunft verwendet werden 
ſollen. 

Sehr intereſſant find die Mitteilungen des Chet: 
forſtrats Dr. Reuß im „Zentralblatt für das geſamte 
Forſtweſen“, 1916, S. 383°), auf die hier nicht näher 
eingegangen werden kann. Nur möchte ich anführen, 
daß hiernach fernere vergleichende Verſuche mit 
Samen von grünzapfig en und rotzapfi- 
gen Fichten nötig ſind, da die erſteren Fichten 
die wichtige Eigenſchaft beſitzen, um 14 Tagejp ater 
auszutreiben als die letzteren (Verminderung der 
Spatfroft und der Nonnengefahr). 

Überhaupt muß angeraten werden, bei der Aus- 
wahl der forſtlichen Sämereien, noch weit forg: 


—— — — en 


1) S. das genannte Waldbauwerk, I. Band, S. 141. 

2) Näheres f. „Forſtwiſſenſchaftliches Centralblatt“, Jus. 
Heft von 1913, S. 361. 

3) Beſprochen vom Profeffor Dr. Schwappach in de: 
„Forſtlichen Rundſchau“ vom Juli 1917. 


fältiger als bisher, deren Herkunft zu 
beachten. Verſuche, die ja ein hohes Intereſſe be- 
anſpruchen dürfen, ſind durchaus notwendig. 

Ich komme nun wieder auf den eigentlichen Wett⸗ 
ſtreit der Stämme eines Beſtandes um die Ober: 
herrſchaft zurück. 

Der Unterdrückungskampf kann na⸗ 
türlich nur dann hervorgerufen werden, wenn die 
gleichalterigen Pflanzen bzw. Stämmchen eines 
Beſtandes ſo eng ſtehen, daß ſie ſich mit ihren Krön⸗ 
chen berührenz er tritt daher früher bei dichten 
natürlichen Verjüngungen und Saaten, als bei 
Pflanzungen ein, bei dieſen erſt nach erreichtem voll⸗ 
ſtändigem Schluſſe. So lange gleichalterige 
Pflanzungen einer beſtimmten Holzart noch nicht 
geſchloſſen ſind, kann ſich jede einzelne Pflanze — 
mit Ausnahme etwaiger Büſchelpflanzungen, wie 
ſie früher beſonders bei der Fichte in vielen 
Gegenden üblich waren und auch hier und da bei der 
Buche vorkamen — nach allen Seiten frei ent⸗ 
wickeln; je nach dem Grade der Lebenskraft der 
einzelnen Pflanzen werden ſich aber allmählich in 


der Länge der letzten Gipfeltriebe bezw. in der 


Höhe der Pflanzen größere oder kleinere Unter- 


ſchiede bemerkbar machen, und man darf annehmen, 


daß naturgemäß die niedrigſten Pflanzen 
nad) erlangtem Schluſſe zuerſt ber Unterdrük⸗ 
kung anheimfallen werden. 

In den allerfrüheſten Lebensjahren 
laſſen ſich ſelbſtredend bei den aus natürlichen Ver⸗ 
jüngungen und Saaten hervorgegangenen Jung⸗ 
wüchſen unterdrückte (überwachſene) und 
herrſchende Pflanzen noch nicht unterſcheiden, 
weil alle Pflanzen gleichhoch ſind. 

Hätten nun alle gleichalten Pflanzen einer Holz⸗ 
art bei gleicher Entſtehungsweiſe auf einer beſtimm⸗ 
ten Bodenfläche von durchgehends gleicher Güte 
den gleichen Grad von Lebenskraft, 
und verfügten ſie alle über einen gleichgroßen 
Nahrungsraum in und über der Erde, ſo 
würden natürlich alle ein gleichmäßiges 
Wachstum zeigen und ſich fo lange am Leben er- 
halten, bis die Boden⸗Nährſtoffe von ihnen auf⸗ 
gezehrt wären — von zufälligen Urſachen des 
Eingehens einzelner Pflanzen abgeſehen. 

Zu einem Kampf um die Oberherrſchaft würde 
ſodann überhaupt keine Veranlaſſung vorliegen, 
wohl aber würde ein ſolcher infolge einer ver⸗ 
ſchieden großen Stärke der Lebenskraft und 
außerdem ſchon naturgemäß durch einen un- 
gleichen Abſtand der Pflanzen von einander, 
alſo durch einen ungleichgroßen Wurzel⸗ 
boden- und Kronenraum, ſofort bei der gegenſeitigen 
Berührung der Kronenränder anheben. Die dabei 

zur Herrſchaft gelangenden Stämmchen über- 


Or 


wachſen die anderen und bringen letztere durch Licht⸗ 
mangel allmählich zum Eingehen. 

Die dominierenden erlangen ſo nicht 
allein einen größeren Wachsraum, ſondern 
es kommen ihnen nun auch noch diejenigen Boden⸗ 
Nährſtoffe zug ut, die früher von den unter: 
drückten Stämmchen verbraucht wurden und 
durch Verweſung der im Boden verbleibenden 
Wurzeln der letzteren noch weiter vermehrt 
werden; ebenſo vermögen die ausgedehnter ge- 
wordenen Krönchen mehr Nahrungsſtoffe aus der 
Luft aufzunehmen und die Einwirkung des 
Lichtes zu vergrößern. 

Der ganz ungleichmäßige Stand der 
Pflanzen gleich nach deren Aufgehen bei den 
oft ſehr dichten natürlichen und künſtlichen 
Anſaaten hat daher, in Verbindung mit der un⸗ 
gleichen Lebenskraft der Pflanzen, zur Folge, 
daß bald eine Menge Stämmchen unterdrückt 
bezw. trocken werden; immerhin verbleibt in 
den herrſchenden eine zum Beſtandesſchluß 
mehr als ausreichende, natürlich fih all- 
mählich ver mindernde Stammzahl. 

Überhaupt find die ung leich e Lebenskraft, 
ſowie der ungleiche Stand der Pflanzen die 
alleinige Urſache, daß bei den obigen Be: 
ſtandesgründungsmethoden und bei einer unge⸗ 
hinderten natürlichen Entwickelungsweiſe dieſer Be⸗ 
ſtände ſich ſolche in geſchloſſenem Zuſtande der 
dominierenden Stämme bis zu höherem Lebens- 
alter in genügender Stammzahl zu er- 
halten vermögen. Welche der gegenwärtig 
dominierenden Stämmchen ſich weiter und wie 
lange herrſchend erweiſen werden, muß der Unter- 
drückungskampf entſcheiden. 

Bei regelmäßigen Pflanzungen würde 
zunächſt uur die verſchiedene Lebenskraft 
bezw. Lebenszähigkeit der Pflanzen die Ober: 
herrſchaft der dominierenden bedingen. So- 
bald aber erſt Stämmchen unterdrückt wären, 
würde auch der Pflanzenſtand, alſo der Wachsraum, 
ungleichmäßig ausfallen, und auch ſchon 
hierdurch eine allmähliche weitere Unter⸗ 
drückung von Stämmchen herbeiführen, ähnlich 
wie bei den natürlichen und künſtlichen Anſaaten. 

Richtete man ſich aber bei einer allmählichen 
Verminderung der Stämme in derartigen Pflan- 
zungen nicht nach der B eſchaffenheit 
der Stämme, ſondern lediglich nach ihrer, Stel- 
lung, ſo hätte ein ſolches Verfahren, wenn man bei 
jeder Durchforſtung regelmäßig einen Stamm 
um den andern wegnähme, wiederum einen 
gleichen Abſtand der Stämme von einander, 
aber natürlich im doppelten Betrage als * 
zur Folge. 

34* 


256 


Mit dem merklichen Nachlaſſen bezw. mit 
dem Aufhören des Höhenwuchſes, wie ſolches 
naturgemäß im höheren Baumalter eintritt, ferner 
wenn die Entfernung der Stämme voneinander 
allmählich nach den Durchforſtungen ſo groß 
geworden iſt, daß auf eine baldige Berührung der 
Kronenränder, alſo auf einen baldigen Schluß der 
Beſtände nicht gerechnet werden kann, muß 
ſelbſtredend der Unterdrückungskampf bis zum 
Wiedereintritt des Schluſſes der Stämme auf— 
hören, und ift deren weitere Lebensdauer zu- 
nächſt nur von dem Grade ihrer noch vorhandenen 
Lebenskraft abhängig. 

Da es nun notwendig erſcheint, zu dichte 
Jungwüchſe der natürlichen Verjüngungen und 
Saaten, namentlich bei Fichte und Kiefer, 
aber auch bei Buche, zur Beförderung ihres 
Wachstums und ihrer Widerſtandsfähigkeit, von 
der Überzahl an Pflanzen zu befreien, muß man 
ſolche Wüchſe ſchon zeitig durchrupfen (ver: 
ziehen) bezw. aus ſchneiden und dabei einen 
ungefähr gleichen Abſtand der Pflanzen 
von einander nach Möglichkeit herzuſtellen ſuchen. 

Bei den nachfolgenden bekannten Durch- 
reiſerungen, die oft in zu dichten natür⸗ 
lichen Verjüngungen, beſonders bei der Buch e,) 
ſich nötig erweiſen, machen fih ſchn unter: 
drückte und dominierende Stämmchen 
deutlich bemerkbar. Hauptſächlich wird man 
die erſteren — unter Verſchonung derjenigen, die 
etwa zur Stütze guter, herrſchender Stämmchen 
vorläufig noch zu erhalten find —, ſowie Vorwüchſe 
und ſchlechtgeformte (krumme ꝛc.) Stämmchen be⸗ 
ſeitigen, Weichhölzer angemeſſen vermindern, auch 
die beiten dominierenden Stämmchen der Haupt- 
Holzart und etwa eingefprengte Nutzhölzer 
ausreichend frei hauen, Zwillbildungen regu 
lieren uſw. 

Zugleich ſieht man auch bei den Durchreiſerungen 
darauf, die ſchon beim Ausſchneiden eingeleitete, 
notwendige, annähernd gleiche Entfer⸗ 


nung der dominierenden Stämmchen von einander 


ſoweit möglich weiter zu vervollſt än digen, 
und erreicht ſo eine gewiſſe Ahnlichkeit der Beſtände 
mit den aus Pflanzung hervorgegangenen. 

Bei letzterer entwickeln ſich die Stämme infolge 
des regelmäßigen, bis zu eingetretenem Schluſſe 
nach allen Seiten freien Standes, kräftiger, 
ſind daher widerſtandsfähiger zunächſt 
gegen Schneedruck, ſowie ſpäter gegen 
Sturm, und bietet die Pflanzung auch 
noch ſonſtige bekannte, wichtige Vorzüge vor 


1) Näheres über Buchen⸗Durchreiſerungen ſ. „Allgem. 
Forſt⸗ und Jagd⸗ Zeitung“, November-Heft von 1909. 


der natürlichen Verjüngung und vor der Saat. 
Selbſt der Koſtenaufwand dürfte meiſtens kein 
Hindernis für die Wahl der Pflanzung ſein, wenn 
man, ſoweit möglich, kleines Pflanzenmaterial 
benutzt, ein gutes, billiges Pflanzenver⸗ 
fahren anwendet und wicht zu dicht pflanzt. 

Dagegen iſt bei Buche und Tanne die 
natürliche Verjüngung aus bekannten Gründen om 
empfehlenswerteſte n und gebräuchlichsten, 
ebenſo für rauhe Hochlagen und Felsböden z. V. 
bei Fichte. 

Bei dem Anbau der Eiche iſt bekanntlich die 
Saat wegen Vermeidung des Kürzens der Pfahl. 
wurzel zweckmäßiger als die Pflanzung, welche 
durch eine ſolche Wurzelbildung erſchwert wirt. 
Allerdings laſſen ſich ja einjährige Eichen 
auch mit Pfahlwurzel pflanzen ov. Ak 
mann'ſche und v. Buttlar'ſche Methode). 

In dem erwähnten Waldbauwerke, I. Bd. 
S. 106, heißt es in dieſer Beziehung: „Das Kürzen 
der Pfahlwurzel iit zwar möglich, bleibt aber jtet: 
ein mit Nachteil verknüpfter operativer Eingriff, 
weil hierdurch die Organe vermindert werden, deren 
Aufgabe in Zuführung von mineraliſchen Nabe 
ſtoffen und Stickſtoffverbindungen beſteht.“ 

Bei der Pflanzung wird der Wachstum gleich 
mäßig ausgenutzt; daher zeigen die Stämme 
wenigſtens ziemlich gleich e Dimenſionen und 
eine mehr regelmäßige Kron enbildung. 

Selbſtverſtändlich wird die Ausführung der et 
gentlichen Durchforſtungen durch die vor 
angegangenen Durchreiſerungen ſehr vereinſacn 
und erleichtert. 

Eine jährliche Herausnahme der uter 
drückten und ſonſt abkömmlichen Stämmchen bezw. 
Stämme bei den Durchreiſerungen und Dud: 
forſtungen unſerer Hauptholzarten würde natürlic 
die Koſten zu ſehr vermehren. Man nimm 
daher die Durchforſtungen, je nach Holzart, Br 
ſtandesmiſchung, Beſtandesdichte, Standort, Sol; 
abſatzgelegenheit uſw. in anfangs kürzeren, 
ſpäter in längeren angemeſſenen Zwiſchen⸗ 
räumen (z. B. bei Buche, Eiche, Weiß- 
tanne und Fichte etwa alle 5, bei Kiefer 
alle 3-5 Jahre) vor. 

Es könnte ja nun allerdings als ein Worzus 
der natürlichen Verjüngung und der ihr nahelom 
menden Saat vor der Pflanzung betrachtet werden, 
daß in der erheblich größeren Anzahl von Pilar 
zen, die durch die beiden erſteren Methoden auf die 
Fläche gebracht werden, fidh auch ſelbſtredend mehr 
lebenskräftigere, vorausſichtlich bert 
ſchende Pflanzen befinden müſſen, als in d 
weit weniger Pflanzen aufweiſenden Y flan: 
zung. 


2 


Dabei darf aber nicht überſehen werden, daß, 
wie ich ſchon in einem früheren Artikel ") angedeutet, 
auch bei der Pflanzung eine gewiſſe A us- 
Le ſeſtattfindet, namentlich bei der Verwendung ver- 
ſchulter Setzlinge, indem man ſowohl ſchon bei der 
Verſchulung, als bei jeder Verſetzung von Pflanzen 
ins Freie ſtreng auf die Auswahl nur kräftiger 
Setzlinge das Augenmerk richtet, und bei samp: 
ſaaten, aus denen die zu verſchulenden Pflanzen 
entnommen werden ſollen, möglichſt auf tadelloſes, 
ſoweit tunlich einheimiſches Saatgut (große 
bezw. ſchwere Körner gutgeformter Bäume kräf— 
tigſten Alters) hält. 

Der Zeitpunkt des wiederholten Eintrittes 
der Unterdrückung von Stämmen in reinen 
wie in gemiſchten Beſtänden richtet ſich nach der 
Standortsgüte, der Beſtandesdichte und dem Be— 
ſtandesalter, in reinen Beſtänden auch darnach, ob 
jie aus einer Schatten: oder einer Lichtholzart 
zuſammengeſetzt find, und nach der Schnellwüchſig⸗ 
keit der Holzart. Die Unterdrückung zeigt ſich früher 
auf gutem Standort, in jüngeren Beſtänden, 
ſowie bei Licht- gegenüber den Schattenholz— 
arten, und bei raſchwüchſigen Holzarten. 

Die Stärke der Beſchattung durch die 
herrſchenden Stämme hängt uatürlich von der 
Größe und Dichtigkeit der Kronen, ſowie 
demgemäß auch von dem Alter der Stämme ab. 

Es dürfte von Intereſſe fein, einmal e r f u ch ê- 
weiſe zu ermitteln, wie lange etwa, je 
nach Holzart, Alter, Begründung und Standort in 
einem reinen, gleichaltrigen Beſtande, vollſtändig 
überwachſene, aber noch grüne Stämme 
in dieſem Zuſtande der Unterdrückung ſich noch 
lebend und ſo ausdauernd erhalten können, 
um nach vollkommenem Freihiebe ein noch 
möglichſt normales Wachstum zu entwickeln. 
Eine ſolche Feſtſtellung wäre für die Erziehung von 
Bodenſchutzholz (Buche, Hainbuche, Tanne, 
auch Weymuthskiefer) wichtig, das nach der Lichtung 
oder dem Abtriebe des Oberſtandes (gewöhnlich 
Eiche, Kiefer, Lärche) noch baumartig Jeran 
wachſen, foll. 

Auch wäre es von Bedeutung, einmal bei unſeren 
Hauptholzarten durch Verſuche zu erkunden, 
bis zu welchem Alter bisher in ſtrengem 
Schluß erzogene Stämme noch auf einen Frei⸗ 
hieb durch etwa eingeführte ſtarke Durd): 
forſtungen reagieren, d. h. noch ein lebhaftes 
Wachstum zu erreichen vermögen, und in welchem 
Alter ſolches am ſtärkſten fich bemerklich macht. 

Wie bekannt, hält von den Nadelhölzern die 


1) gen Forſt⸗ und Jagd⸗Zeitung“ von 1913, Mai- 
Heft, S 


~ 


E 


7 


Tann e den Druck am längſten aus und zeigt 
nach deſſen Beſeitigung noch einen normalen 
Wuchs (Möglichkeit langer Verjüngungszeiträume 
beim Femelſchlagbetriebe). 

Wollte man nun bei den Durchreiſerun⸗ 
gen und Durchforſt ungen immer nur die 
grünen unterdrückten — ſowie natürlich auch 
die bereits trocken gewordenen — Stämme ent⸗ 
fernen bezw. nutzen, ſo würde ſelbſtredend der 
Kron enſch luß der herrſchenden Stämme ſtreng 
erhalten werden. Bei den Durchforſtungen in 
früherer Zeit wurde wohl überall ſo verfahren 
(ſchwache Durchforſtung, A-Grad); von jeder, ſelbſt 
der geringſten Unterbrechung des Beſtandes⸗ 
ſchluſſes, fürchtete man eine Schädigung der Boden— 
güte. 

Durch eine ſolche Behandlungsweiſe der Be— 
ſtände konnte aber natürlich auf deren Erziehung 
und Zuwachs nur eine höchſtmangelhafte 
Wirkung ausgeübt werden: es fehlte den dominie- 
renden Stämmen zu einer naturgemäßen, fräf- 
tigen Entwickelung an dem notwendigen Wach s— 
raum und ſomit an Licht; auch mußte mancher 
ſchlechtgeformte, ſowie mancher W᷑ W zeichholzſtamm oder 
mancher Stamm einer nicht oder doch nur in ge— 
ringerer Stammzahl gewünſchten Holzart, bei: 
behalten werden, lediglich zu dem Zwecke der 
Vermeidung von Schlußunterbrechungen 

Bei der damaligen faſt ausſchließlichen Erziehung 
von Brennholz — bei welcher auch das nur in 
geringer Menge benötigte Nutzholz erfolgte — 
waren Erziehungsrückſichten, alſo die 
Erzeugung einer möglichſt großen Menge von Nutz⸗ 
holz, zumal bei den mangelhaften Abſatzverhält⸗ 
niſſen, noch weniger nötig und hatten längſt 
nicht die Bedeutung als jetzt, wo der Nutzholzbedarf 
ein ſehr geſteigerter ift und die mächtige 
Kohlen förderung auf die Brennholzfrage 
ungünſtig einwirkt. 

Jene ſchwache Durchforſtung war demnach 
fait nur eine Nutzungs- und nur in ſehr ge- 
ringem Grade auch eine Erziehungs Mah: 
regel. Allerdings hat die Entuahme lediglich der 
grünen, unterdrückten Stämme inſofern einen g ün- 
tigen Einfluß auf die Entwickelung der ver- 
bleibenden, herrſchenden Stämme, als nach 
Entfernung der erſteren die von ihnen aufgenom- 
mene Bodenfeuchtigkeit, ſowie die von ihnen dem 
Boden entzogenen mineraliſchen Nährſtoffe, nun- 
mehr den dominierenden Stämmen zu⸗ 
gute kommen. Ferner dienen die von den aus. 
gehauenen unterdrückten Stämme im Boden zu: 
rückgebliebenen Wurzeln nach ihrer Zerſetzung zur 
Düngung der herrſchen den Stämme, auch 
können dieſe jetzt noch mehr Wurzeln ausbilden. 


258 


——5ð— —— 


„Allgem. Forſt⸗ und Jagd Zeitung” von 1915 be⸗ 
ziehen. 

Nur möchte ich hinſichtlich der Ausführung der 
ſtarken Durchforſtung auf Folgendes aufmerkſam 
machen: 

Wie ich bereits in früheren Aufſätzen ) bemerkt, 
liegt es auf der Hand, daß ſich hier, behufs Her⸗ 
ſtellung eines zweckmäßigen Lichtgrades, be: 
ſt immte Entfernungen der Kronuenränder 
der herrſchenden Stämme voneinander, je nach Holy 
art, Alter ufw. — ähnlich wie man ſie z. B. bei der 
Stellung der Buchen ⸗Samenſchläge in meiſt au: 
natürlicher Verjüngung hervorgegangenen, dichteren, 
mit mäßiger Durchforſtung behandelten Be 
ſtänden, nach Führung eines Vorbereitungsſchlages, 
als ungefähren Maßſtab annimmt — micht inne 
halten laſſen; denn dieſe Abſtän de richten ſich 
nach der Kronen breite der wegzunehmenden 
Stämme bezw. in Pflanzbeſtänd en nach der 
Pflanz w eite. 

Da man bei der Auszeichnung der ſtarken Durch 
forſtungen in den durch natürliche Verjüngung und 
durch Saat begründeten Beſtänden — auch ſchon 
bei etwaigen Durchreiſerungen — eine notwendige, 
annähernd gleiche Entfernung der hen 
ſchenden Stämme voneinander herbeizuführen judi, 
fo werden dergl. Beſtände immer mehr den P flan} 
beſtänden ähneln, und läßt ſich daher eine 
regelmäßige Auslichtung nur durch 
Wegnahme eines Stammes um den 
andern bewirken, wie ſie bei letzteren Be⸗ 
ſtänden ſelbſtverſtändlich iſt und in Beſtänden der 
erſteren Art bei der Auflöſung von Gruppen 
ſolcher Holzarten zu geſchehen hat, deren geſchloſſene 
Stämme nahezu gleiche Höhe und Stärke aufpeiſen. 

Durch eine ſolche Ausführungsweiſe, bei der die 
Herausnahme der Stämme fih mich nach deren 
Beſch affeuheit, fondem nach deren Stan’ 
de richtet, kann der Unterdrückungskampf nicht | 
eintreten, man wird aber, wie jhon Profeſſo 
Th. Hartig auf der früher angegebenen Seite de 
genannten Lehrbuches hervorhebt, „wenn man den | 
Beſtand nicht lüdig hauen will, oft genötigt le." 
einen guten wüchſigen Stamm wegzunehmen und 
einen weniger wüchſigen ſtehen zu laſſen.“ Man 
darf übrigens hierbei wohl annehmen, daß >” 
letztere, allerdings weniger lebenskräftige Stam 
infolge des erlangten freieren Standes, IM 
doch noch günſtig weiter entwickeln werde. 


Nähme man nun bei der Durchforſtung regel 
mäßiger Pflanz beſtände nur die Stellung 


Bezüglich der Einwirkung einer Erziehung un ſerer 
Holzarten in vo {[ftandigem Kronenſchluſſe, 
wie ſie beſonders bei der ſch wachen, aber, wenn 
auch etwas weniger ſtreng, bei der mäßigen 
Durchforſtung geübt wird, auf Erhaltung und 
Mehrung der Bodenkraft möchte ich auch hier!) 
noch einmal kurz wiederholen, daß der Be tandes. 
ſchluß ſelbſtverſtändlich inſofern einen g ün- 
tigen Einfluß zeigt, als er zwar eine zu raſche 
Verdunſtung der Bodenfeuchtigkeit hindert, aber 
inſofern ungün itig wirkt, als ein großer Teil 
der atmoſphäriſchen Niederſchläge vom Kronen 
dache aufgefangen wird und nicht zum Boden ge 
langt. Die Folge davon iſt eine zu große Trocken⸗ 
heit des Bodens, daher eine un vo llkommene 
Humuszerſetzung und unzureichende Ernäh⸗ 
rung der dominierenden Stämme. Auch bedingt 
die verhältnismäßig gro Be Zahl der letzteren im 
geſchloſſenen Beſtande einen größeren W aſſer⸗ 
verbrauch aus dem Boden. 

Wollen wir bei unſeren Beſtänden ein Höchſt⸗ 
maß an Zuwachs und Widerſtandsfähigkeit, ohne 
Schädigung der Bodengüte, erreichen, ſo iſt dies 
nur dadurch möglich, daß wir den Kronen der 
dominierenden Stämme einen angemeſſenen gtd» 
ßeren Wachsraum, aljo mehr Licht ge 
währen; wir müßten mithin den Kronenſchluß 
unterbrech en, aber nich t etwadauernd ; 
es darf kein eigentlicher Lichtung shieb ge 
führt werden, ſondern die Lücken müſſen ſich in 
5 bis allerhöchſtens 10 Jahren wieder | chließen, 
damit eine Ertragsminderung und eine Boben: 
verwilderung nicht eintreten können. Das hier durch 
zeitige, natürliche Beſamung, beſonders der ſchatten⸗ 
ertragenden Holzarten, ſich vorausſichtlich leicht ein- 
findende Boden ſchutzholz würde allerdings 
wohl überhaupt eine Bodenvermagerung kaum auf⸗ 
kommen laſſen. 

Immerhin wäre hierbei auch noch zu berückſich⸗ 
tigen, daß, einer Erziehung im Schluſſe gegenüber, 
die durch Fortnahme einer größeren Anzahl 
von Stämmen bewirkte Zerſetzung der im Boden 
verbleibenden Wurzeln den Boden noch verhältnis- 
mäßig mehr dünn gt und lockert. 2) 

Bei einer ſolchen Erziehungsweiſe der Beſtände 
in einem gelockerten Kronenſchluß würden, 


wie bekannt, in Betracht kommen: die it a r t e Durch⸗ 
forjtung(C-Grad) und die Hochdurch forſtung. 
Näher hierauf einzugehen erſcheint unnötig und 


darf ich mich wohl auf das unten erwähnte Heft der 


1) Näheres |. „Forſtwiſſenſchaftliches Centralblatt“, Mai⸗ 
Heft von 1917. 

2) „Allgem. Forſt⸗ und Jagd⸗Zeitung“, Juni⸗Heft von 
1915, S. 137. 


1) „Allgem. Jorit- und Jagd⸗Zeitung“, Juni-Heft un | 
1915, S. 138 und „Forſtwiſſenſchaftliches Central blatt“, Mar 
Heft von 1917, S. 209. 


259 


der Stämme zum Maßſtabe, jo wäre ja das Ber: 
fahren ein höchſt einfaches, keine beſondere Uber: 
legung erforderndes, wie eine ſolche jedoch bei der 
Durchforſtung nach der Beſchaffenheit der 
Stämme ſelbſtredend unbedingt nötig, aber eben 
deshalb auch weit intereſſanter iſt. 

Wie hier nochmals erwähnt ſein mag, wird nach 
jeder ſtarken Durchforſtung natürlich die Entfernung 
der bleibenden, dominierenden Stämme vonein- 
ander und ſomit der Abſtand ihrer Kronenränder — 
der Kronenbreite der wegzunehmenden Stämme 
entſprechend — ein immer erheblich größerer; 
es müſſen dann aber auch die Zeiträume bis zum 
Wiedereintritt des Kronenſchluſſes immerlängere 
werden. 

Wahrſcheinlich würde der Kronenabſtand ſchon 
nach der zweiten ſtarken Durchforſtung ſich ſo 
groß herausſtellen, daß eine fernere ſolche Durch— 
forſtung, um eigentliche „Lichtungen“, alſo dauernde 
Lücken zu vermeiden, aus bekannten Gründen 
unterlaſſen werden müßte. 

Die Ausbildung der Stämme wird aber um 
diefe Zeit vorausſichtlich bereits eine jo gute, und 
der Zuwachs ſowie die Widerſtandsfähigkeit der 
betr. Beſtände fo günſtig fein, daß man letztere, 
nach erlangtem Schluſſe, in ſolch em bis zur Ber- 
jüngung oder bis zum Abtriebe fortwachſen laſſen 
könnte; ohnehin würde eine zu große Erweiterung 
der Kronen infolge der vermehrten, minderwertigen 
Reiſigproduktion nicht erwünſcht ſein. 

Schließlich möchte ich auch hier noch einmal an⸗ 
führen, wie nach dem mehrerwähnten Waldbau⸗ 
werke, I. Band, S. 63 und 435, Kozesnik und Haug 
als Maßſtab bei der Auszeichnung der Durchfor⸗ 
ſtungen diejenigen, in beſonderen Tafeln zuſammen⸗ 
zuſtellenden Stammzahlen empfohlen haben, 
welche die größte und w er tvo lT ft Holzmaſſe 
pro ha je nach Holzart, Holzalter und Bonität an- 
geben, und deren Wichtigkeit auch von Schuberg bei 
der Aufſtellung von Normalertragstafeln hervor⸗ 
gehoben iſt. 

Solche Stammzahltafeln würden nun 
aber bei der Ausführung der Durchforſtungen 
nur einen ungefähren Anhalt bieten können, wie 
von mir bereits früher bemerkt,) da die Stamm: 
zahl bezw. der Kronenabſtand der dominierenden 
Stämme voneinander nur von der Kronen- 
breite der wegzunehmenden Stämme abhängt; 
ohnehin wären dergl. Tafeln natürlich für gemiſchte 
Beſtände nicht anwendbar. 

Dagegen könnten Stammzahltafeln vielleicht für 
die Zeit des Aufhörens der ſtarken Durch⸗ 


1) „Allgem. Forſt⸗ und} Jagd⸗Zeitung“, vom Juni 1915, 
S. 139 und „Forſtwiſſenſchaftliches Centralblatt vom Mai 
1917, S. 209. 


forſtungen (etwa in der halben Umtriebszeit oder in 
einem Beſtandesalter von 50—70 Jahren) eine 
gewiſſe größere Bedeutung inſofern erhalten, als 
man nach der vorhandenen Stammzahl feſt⸗ 
ſtellen könnte, wie lange ungefähr, zur Erreichung 
des Höchſtbetrages an Maffe und Wert, ein gleidh- 
alteriger, reiner Beſtand noch weiter im Schluſſe 
fortwachſen dürfe und ob, wann und wo etwa fo- 
dann ein Lichtungsbetrieb mit Unter⸗ 
bau oder ein Überhalt vorteilhaft erſcheine. 
Näher hierauf einzugehen iſt nicht der Zweck meiner 
Arbeit. 

Die naturgemäßere Erziehungsweiſe in einem 
lockeren Kron enſchluſſe würde, wie auch 
bereits an anderer Stelle hervorgehoben, zur Folge 
haben, daß unſere Beſtände — eine richtige Wahl 
der Holzart bezw. der Miſchung vorausgeſetzt — 
in den dominierenden Stämmen faſt nur ſolche von 
tadelloſem, kräftigem, widerſtandsfähigem Wuchſe, 
alfo vorwiegend zu wertvollem Nutzholz ge- 
eignete, enthalten. 

Zugleich würden ſolche Beſtände, namentlich 
bei richtiger Miſchung, ferner beim möglichſten Vor⸗ 
handenſein von Bodenſchutzholz und von Wald- 
mäntelanlagen, auch den Anforderungen der Wald— 
ſchönheitspflegeeund des wichtigen V o g e l 
id uges gerecht werden. 


a ee — 


Die Entwicklung 
vom Waldhaſen zum Feldhaſen (oder 
umgekehrt?) und die Neubildung von 
Tierformen in der Gegenwart: — im 


Beginne der wiederkehrenden tertiär⸗ 


zeitähnlichen Tierlebensperiode. 


Von Wilhelm Schuſter, Pfarrer a. D. und Chefredakteur. 


Wenn ein fo bedeutender Gelehrter wie der Hod: 
ſchullehrer Dr. Max Hilzheimer, rühmlichſt 
bekannt geworden durch die geniale Bearbeitung 
des Neuen Brehm, zu meiner Theſe einer wieder: 
kehrenden tertiärzeitähnlichen Tierlebensperiode das 
Wort ergreift und neue Beiträge liefert (vergl. das 
Heft Auguſt⸗September 1917 der Allgem. Forſt— 
u. Jagd- tg.), jo ift dies äußerſt ſchätzenswert. Es 
geſchah durch Exemplifikation an einem Tier, das 
alle Forſtleute und Jäger in gleich ſtarkem Maße 
intereſſiert und allen, dem armſeligen Waldläufer 
der Mittelmeergebirge, wie dem einſamen Polar- 
menſchen, wie dem modernen Großſtadteuropäer, 
gleich gut bekannt iſt — weil der Haſe einer der 
wenigen erhalten gebliebenen Reſte früherer euro- 
päiſcher Großtierwelt iſt. Ich habe mir manches 
von dem, was uns Hilzheimer mitteilt, ge 
merkt und zu ſpäterer Verwendung in meinem im 


260 


Entſtehen begriffenen Werk über die Veränderung 
der Tierarten in der Gegenwart ad notam genom: 
men, namentlich ſeine perſönlichen Feſtſtellungen 
über das Eindringen des ſüdfranzöſiſchen Haſen 
aus Spanien nach Frankreich, ſowie über die unüber⸗ 
windliche Schranke des Waldgebirges der Vogeſen, 
ein dauerndes Hindernis für das Vordringen dieſer 
Haſenform nach dem Elſaß, wie überhaupt eine ſehr 
charakteriſtiſche Verbreitungsſchranke für verſchiedene 
Tierarten und Menſchenraſſen. Ich bemerke noch, 
daß ſich eine Reihe weiterer Forſcher mit den von 
mir gekennzeichneten erſten Erſcheinungen einer 
wiederkehrenden tertiärzeitähnlichen Tierlebens⸗ 
periode beſchäftigt hat, ſo der Herzog von 
Northumberland (beſtätigte durch nad)- 
prüfende Experimente das Überwintern der Wald- 
ſchnepfen), der berühmte Afrikareiſende C. G. 
Schillings (in „Zauber des Eleleſcho“, S. 125), 
der vielſeitige Gelehrte Dr. Fr. Knauer (in 
„Vogelzug und ſeine Rätſel“, S. 70), der bekannte 
Ornithologe Dr. Kurt Floericke (in „Deutſches 
Vogelbuch“, Stuttgart, S. 165), Kurt Graeſer 
(„Zug der Vögel“), der Jagdſchriftſteller Camillo 
Morgan im Ofterreichiichen Jagdblatt und der 
Leipziger Univ. Prof. Dr. Simroth in ſeiner 
dickleibigen „Pendulationstheorie“, S. 321. Letzterer 
ſtützt feine Theorie mit meinen Nachweiſen. ) 
Unſer Thema iſt wahrlich ein lohnender Vorwurf, 
der im Vordergrunde zeitgemäßen Forſchens ſtehen 
muß.2) Die Veränderung der Tierarten in der 


1) Als ich im Juliheft 1902 des „J. f. O.“ meine Theſe ver⸗ 
öffentlichte (niedergeſchrieben von mir im Sommer 1901), 
war mir und meinen Leſern noch nichts von der Reibiſch— 
Simrothſchen Erdpendulationstheorie bekannt, denn der 
Ingenieur Reibiſch (jetzt +) hat erſt ausgangs 1901 feinen 
erſten Vortrag über ſeine Theorie gehalten und dieſe dann erſt 
in den nächſten Jahren ſchriftlich fixiert: ich ſelbſt erfuhr, 
wie ich betone, von ihr erſt durch das „Illuſtr. Jahrbuch der 
Naturkunde“, das in brevi meine Forſchungsreſultate wieder- 
gab und ſie mit jener Theorie in Verbindung brachte. Dieſe 
Theorie hat nun in dem glänzenden, hochintereſſanten (leider 
etwas teueren — Pr. 12 Mk.) Buch von Simroth ſelbſt 
eine allſeitig vollkommene Darlegung erfahren in Anwendung 
auf alle Tierreiche und Tierklaſſen der Erde. Übrigens halte 
ich von beiden — von der theoretiſchen Erörterung einerſeits 
und dem ſachlichen Material, aljo den zoologiſchen Nachweiſen, 
zu denen auch die meinen gehören, andererſeits — das Letztere 
für das Wertvollere und Wichtigere. Trotz⸗ 
dem möchte ich Simroths Buch eine annähernd gleich große 
kommende Bedeutung beimeſſen wie dieſem oder jenem 
(jetzt überholten) Werk Darwins. 

2) Einer wärmeren Epoche auf der nördlichen Erdhälfte 
entſpricht nach den neueren Forſchungen eine kältere auf der 
ſüdlichen Halbkugel. In der Gegenwart hat die nördliche 
Hemiſphäre 6 Tage länger die Sonne über ſich als die ſüdliche. 
Sie erhält dadurch von der Sonne mehr Wärme zugeführt. 
Dieſe 6 Tage können und werden ſich einmal auf 36 Tage er- 
höhen. Erſt in 10 500 Jahren wird ſich das jetzige Verhältnis 
wieder zu Gunſten der ſüdlichen Erdhälfte umgeändert haben. 


Gegenwart ijt m. E. ebenſo wichtig, wi: 


die Entſtehung von Tierformen ir 
ältelter Vergangenheit; wenn aw 
Darwin in ſeinen berühmten epochemachenden 
Werken den Haſen, der leicht ein Schulbeiſpiel fi- 
Darwins jetzt zum Teil ſchon überholte Lehr 
ſätze hätte ſein können, viel zu kurz hat kommen 
laſſen und von ihm nur die Kämpfe der Männchen 
erwähnt, indem auch die furchtſamſten Tier 
die keine beſonderen Waffen zum Kampfe — ai: 
ſekundäre geſchlechtliche Merkmale der Säugetier 
männchen — beſitzen, fih zur Paarungszeit auf du: 
grimmigſte befehden ), ſowie daß der Hafe in feinen 
Lager ein bekanntes Beiſpiel für die unkzuntlin 
machende Wirkung der Farbe ijt, während Diele: 
Prinzip zum Teil bei dem nah verwandten Kaninchen 
verſagt, denn wenn dieſes nach feiner Höhle läuft 
fällt es dem Jäger und unzweifelhaft auch allen 
Raubtieren durch feinen weißen Schwanz auf („Ab- 
ſtammung des Menſchen“ II., S. 304). Es wirft doch 
gerade die Verwandlung des Waldhaſen zum Feld 
haſen (oder umgekehrt?) ein Licht auf die nenen 
Lebensformen, die in unſerer Zeit für die Tiere 
geſchaffen werden — geboren aus einer neuen Zeit 
(nicht nur geſchaffen durch die verändernde Hand 
des Menſchen), im Licht einer nahen Zukunft, einer 
ſtets warmen Zeit, deren Morgenglanz ſchon des | 
Tacitus unter „rauhen Himmel“ (coelum asper), 
wohnende Waldgermanen mitempfinden durften, | 
im Nibelungenlied andeuteten, in der Edda cr; 
hofften.) 3 
Wer Augen hat zu ſehen und wer das miterlebt, 
was gegenwärtig rund um uns vorgeht, der ahnt 
etwas und hat einen Eindruck von der gewaltigen 


(Neumayr, „Erde im Weltraum“). Es gibt vor allem orni : 
thologiſche Anzeichen, die mit Deutlichkeit darauf hinweiſen, 
daß wir einer wärmeren Epoche, alſo einer „neuen Tertiätzeit“ 
entgegen gegangen ſind und noch entgegen gehen. 

1) Man hat zwei Haſenmännchen beobachtet, die ſo lange 
miteinander kämpften, bis eins tot liegen blieb. Übrigens ist 
der Hafe erft in neuerer Zeit zum Symbol der Futcht qe- 
worden, in der altchriſtlichen Symbolik war er das Sinnbild 
eines reuigen Sünders, der zu Gott zurückkehrt (auf einem 
Marmorepitaph in den Katakomben). Darwin hat für die 
männlichen Säugetiere richtig den Satz von der Gewinnung 
des Weibchens durch das „Recht des Stärkeren“ aufgeitellt, 
für die Vögel irrtümlich durch „Entfaltung von Reizen“. 
deren Wirkung iſt ſo ziemlich gleich Null. 

2) Siegfried der Wälſung iſt der Sonnengott, der Gott 
der Naturherrlichkeit mit den ſonnenhellen, leuchtenden Augen: 
er durchbricht die Waberlohe, den nordiſchen Flammenwal! 
(Nordlicht) und erlöſt Brunhilde von kalter isländiſcher Erde 
— Der germaniſche Gott Balder, von dem die Edda erzähl, 
iſt der Sommer. Nach dem Untergang und der Erneuerung 
der Welt (Eiszeit) wird er zurückkehren und dann in Ervigher' | 
ſeines Amtes walten. — Die letzten Spuren des Menſchen | 
reichen in die Tertiärzeit (Fußſpuren). Ein Gefühl von dtere: | 
mögen die Germanen in ihrer Bruſt bewahrt haben. 


in 


biologiſchen Revolution, in der unſere 
Tierwelt zur Zeit ſteht, von dem Umgeſtürztwerden 
alter Lebensformen und dem Geſchaffenwerden 
neuer, die z. B. den ſtärkſten Trieb in der 
Vogelbruſt, wie den Zuginſtinkt, 
völlig ertöten und aus einer ganzen großen 
Zahl von Zugvögeln Standvögel machen, andere 
(z. B. Girlig) in einem knappen Jahrhundert ganze 
Erdteile erobern laſſen (Deutſchland bis auf die 
nordweſtdeutſche Küſtenplatte) und jogar Geſtalt 
der Tiere, Farbe der Vögel (heißer Sommer 1911 
ſchuf direkt eine flaviſtiſche Rebhühner⸗Generation), 
Struktur der Eier rein ſichtbarlich verändern. In 
dieſem Sinne erlaube ich mir zu Dr. Hilzhei— 
mers ſachlich fördernden Auseinanderſetzungen 
noch einige Bemerkungen, ſoweit es der Rahmen 
dieſer fachwiſſenſchaftlichen Zeitſchrift geſtattet. 
Wenn man den Kern aus der Schale ſchält, ſo 
lauten die zu Hilzheimers Standpunkt den 
Grund legenden Sätze: Hafe (Lepus europaeus 
Pall. ), urſprünglich Steppentier, wanderte in Deutſch⸗ 
land nach der Eiszeit ein, blieb in der Waldzeit Frei— 
landtier, indem er ſich auf waldfreien Gebieten er⸗ 
hielt, ſonderte als Zweigſippe den Waldhaſen ab, 
tritt ti der Neuzeit auf als Tier der modernen 
Kultur deppe. Meine Aufſtellung lautete ungefähr: 
Haſe, urſprünglich Steppentier, wanderte bei uns 
in den Zwiſcheneiszeiten oder unmittelbar darnach 
ein, wurde in der Waldzeit zum Waldtier, tritt in 
der neueren Zeit als Wald-, Bujd und Feldhaſe 
auf, verſchwindet allmählich als Waldhaſe — Buſch⸗ 
haſe iſt wahrſcheinlich nur Übergang — und bleibt als 
reiner Feldhaſe in der „Erſcheinungen und Zeiten 
Flucht“ zurück. Wir ſtimmen überein darin, daß der 
Haſe ſeiner urſprünglichen Natur nach ein Stepp en 
tier war; dies lehrt auf den erſten Blick feine & e- 
italt, die Ausbildung ſeiner Beine, die 
Lebensweiſe, die Verwandtſchaft. 
Ebenſo übereinſtimmend glauben wir feine Hei— 
mat im Oſten gelegen; er iſt die Heimat vieler 
und ähnlicher Tiere. Ein Unterſchied der Mei- 
nungen beſteht betreffs der Zeit der Einwanderung. 
Ich will nun kein beſonderes Gewicht mehr darauf 
legen, ob es in den Zwiſcheneiszeiten oder unmittelbar 
nach der Eiszeit geſchah — ich habe mir den Weg zu 
dieſer Auslegung ja auch freigelaſſen mit den Worten 
„in den Steppenzeiten zwiſchen den Eiszeiten oder 
unmittelbar darnach“ — und erkenne 
Dr. Hilzheimers Beweisführung in dieſem 
Punkte als überzeugend an. Der europäiſche Feld⸗ 
haſe ſcheint tatſächlich erſt in der Beendigung der 
Eiszeit bei uns eingewandert zu ſein. So genau 
übrigens läßt ſich dies nicht beſtimmen; „ſcheint“ 
iſt hier der richtige Ausdruck. Die Einſchränkungen 
zu unſerer Behauptung ſtellt H. ſelbſt feſt: Vorſicht 
1917. 


beim Studium diluvialer Faunenliſten, Schneehaſe 
(Lepus timidus J.) figuriert „ſehr häufig“ auf ihnen, 
Feld- und Schneehaſe find uur äußerſt ſchwierig, 
in ſolchen vorgefundenen Knochenreſten m. E. über: 
haupt nicht zu unterſcheiden. Wollte man den Spieß 
ohne ſophiſtiſche Gedankengymnaſtik umdrehen, ſo 
würde die Sachlage faſt eher zu meinen Gunſten 
ſprechen; denn 1. bis vor kurzem war es noch gänz⸗ 
lich unentſchieden, ob die drei Lokalraſſen Feld⸗, 
Schnee- (oder Alpen-) und Polarhaſe einer einzigen 
Art angehören — und das gilt auch für die 4. Form 
Lepus meridiei Hilzh. und andere (ich komme 
noch darauf zurück!), — und 2. ein Vertreter dieſer 
Typen, vorausgeſetzt die Nichtunterſcheidbarkeit der 
Knochenreſte, findet ſich im Magdalenien, der alt- 
ſteinzeitlichen Kulturſtufe in der Ausgangsphaſe der 
Eiszeit, unmittelbar nach der letzten großen Ver 
eiſung— — nach Perigord in Südffrank⸗ 
reich kann doch der Haſe nicht mit einem großen 
Sprung aus ſeinem Entſtehungsherd in Zentral— 
aſien (oder noch mehr im Südoſten oder auf dem 
Umweg über Afrika — Spanien) gekommen fein, 
ſondern er hat dazu eine gewiſſe Zeit 
gebraucht. Denn wir haben uns die Beſiedelung 
der neuen und fremden Länder doch nicht im „ge- 
ſtreckten Lauf“ zu denken, ſondern durch langſame, 
oft in Jahrzehnten nur ſchrittweiſe vor ſich gehende 
Einwanderung. Dazu braucht das Tier aber eine 
gewiſſe Zeit, vielleicht lange Zeit, und ſo iſt es doch 
faſt wahrſcheinlicher, daß der Haſe die letzte Zwiſchen⸗ 
eiszeit oder überhaupt die ausgehende Eiszeit be— 
nutzt hat zum Herüberkommen, um dann ſofort nach 
dem Erlöſchen der letzten großen Vereiſung bei uns 
aufzutreten. Der Fund von Perigord macht dies 
wahrſcheinlich. 

Einen weſentlichen Unterſchied wirft das Objekt 
„Wald“ in unſere Unterſuchung. Wenn ſich ev 
weiſen läßt, daß auch in der europäiſchen Waldzeit, 
z. B. in der geſchichtlichen germaniſchen, größere 
Länderſtrecken waldfrei geblieben ſind, ſo will ich 
Herrn Muſ.⸗Dir. Dr. Hilzheim er recht geben 
und ſeiner Meinung unumwunden beipflichten, daß 
ſich unſer Haſe, a priori Steppentier, in ſeiner reinen 
Steppenform, jedoch mit einer Abzweigung der 
Form „Waldhaſe“, bei uns erhalten hat. Es wäre 
ja auch das Natürlichere! Ganz richtig greift H. auf 
das beweiſende Argument zurück, daß ſich ja auch 
Steppenpflanzen und andere Steppentiere und bet 
ſpielsweiſe das wilde Pferd bei uns erhalten haben. 
Das Pferd war noch bis in die neuere Zeit hinein 
Jagdtier in Weſtfalen und im Duisburger Walde: 
eine Sache, die eine eigene eingehende Unterſuchung 
verlangte. Aber gerade auch das Steppentier Pferd 
iſt zum Waldtier geworden, denn die deutſchen wilden 
Pferde lebten in Wäldern: ſo die Wildpferde, die 


35 


um 1510 in Weft) und Oſtpreußen lebten, von 
Erasmus Stella erwähnt, ſo die Wildpferde 
in den Vogeſen, von denen wir um 1593 durch 
Eliſäus Rößlin hören, und noch 1616 mußte 
die Stadt Kaiſerslautern in der Pfalz drei Wild— 
pferdſchützen anſtellen, um ihre Felder vor Schaden 
zu bewahren. | 

Ob das ganze Geſchlecht der Feldhaſen oder nur 
ein Teil derſelben zu Waldhaſen wurde, darauf 
kommt es mir und überhaupt im allgemeinen gar 
nicht an, ſondern darauf, daß der Waldhaſe in 
unſerer Gegenwart mehr und mehr 
verſchwindet und mit dem wahrſcheinlichen 
Übergang des Buſchhaſen zum Feldhaſen wird. 

Daran muß ich feſthalten trotz des Dol lo ſchen 
Geſetzes. Ich erkenne dieſes Geſetz an. Allein die 
Unterſchiede zwiſchen Wald⸗ und Feldhaſen, die den 
Jägern ja ganz deutlich auffallen, ſind im großen 
Rahmen der Naturentwickelung ſo gering, daß ſie 
für ein ſolches Geſetz nicht in Betracht kommen oder 
ausſchlaggebend ſein können. Ich halte es alſo ſehr 
wohl für möglich, daß aus Waldhaſen Bujch- und 
Feldhaſen werden. Ich führe es auf das wärmere 
Klima zur Winterszeit und überhaupt die allgemein 
gebeſſerte Klimalage, die jene Tiere des Wärme⸗ 
und überhaupt Deckungsſchutzes des Waldes ent: 
behren lehrt, zurück. Wie anders die Waldhaſen 
verſchwinden (doch nicht mehr durch Menſchenhand 
als die Feldhaſen, ja eher weniger), dies zu erklären, 
hat die gegenteilige Anſicht unterlaſſen, und gerade 
das iſt für mich der ſpringende Punkt, davon ging 
meine Unterſuchung aus. Sie dankt jedoch der 
Gegenſeite für weitere Förderung durch Aufſtellung 
von „Kontrapunkten“. 

Nicht viel größer als die Unterſchiede zwiſchen 
Wald- und Feldhaſe find auch diejenigen der ver: 
ſchiedenen Lokalraſſen, wobei Lepus meridiei Hilzh. 
ſicher eine gute Form iſt. Weitere Formen ſind 
außer dem typiſchen deutſchen Feldhaſen (Lepus 
europaeus Pall.) der nordiſche Schneehaſe (Lepus 
timidus L.), der Polarhaſe (Lepus arcticus Leach), 
der Alpenſchneehaſe (Lepus varonis Mill.), der iriſche 
Schneehaſe (Lepus timidus hibernicus Bell) und der 
Dublinhaſe (Lepus timidus lutescens Barr.-H am.). 
Von dem kleinen ſüdfranzöſiſchen Haſen meridiei 
muß man annehmen, daß er über Afrika von dem 
aſiatiſchen Entſtehungsherd aus gekommen jei.!) — 
Im Hinblick auf meine Karten im Dezember-Heft 
1916 der Allgem. Forſt⸗ und Jagd⸗Zeitung muß ich 
noch feſtſtellen, daß die Unterſchiede zwiſchen dieſen 


1) Vielleicht differenziert der neue Brehm dieſe Lofal- 
formen zu fein; doch nehmen wir dies lieber mit in Kauf als 
das Gegenteil, zumal wenn es mit ſo ausgezeichneten Mono— 
graphieen verbunden iſt wie beim Haſen, die z. B. beim Schaf 
und Pferd ſozuſagen ganz fehlen! 


ijt, weil der Haje (anſcheinend!) wiederkäut, da er 


Haſenformen nicht bedeutender jind als die zwischen 
Sproſſer und Nachtigall, die ich bei Skizzierung der 
Karte auch in einen Begriff zuſammennahm. 
Neuerdings wird ja immer mehr erkannt, daß biolo. 
giſche Momente, bei Vögeln namentlich der Geſang, 
wichtiger ſind zur Unterſcheidung und Auseinander: 
haltung der Raſſen als Strukturunterſchiede (ſyſte⸗ 
matiſche), ſo z. B. gerade bei der Unterſcheidung von 
Sproſſer und Nachtigall, der Baumläufer⸗Raſſen, 
der Ammerformen; Kleinſchmidt wirft neuer: 
dings Gold⸗ und Fichtenammer, Reidenon 
Kiefern- und Fichtenkreuzſchnabel in eine Art zu: 
ſammen. 

Südeuropa beſitzt einen Hajen, der den Über 
gang bildet zu dem ſehr langohrigen Erneb (Lepus 
aethiopicus L.) der Agypter; deſſen Wildbret übri⸗ 
gens verachten die Abeſſinier, fie jagen ihn niht, 
weil die aus allen möglichen Elementen zuſammen— 
geſetzte Religion dieſes merkwürdigen Bergvolfe: 
noch das Verbot Moſis (3. Mo. 11,6 und 5. Mo. 14,7; 
kennt, wonach der Genuß des Haſenfleiſches verboten 


mit den Kinnbacken ganz ähnliche Bewegungen macht 
(im Schlafen?) wie die Wiederkäuer — ein Ver: 
halten, das nach ſeiner naturwiſſenſchaftlichen Seite 
der neue Brehm nicht zu erklären verſucht hat. 

Dr. Hilzheimer und ich ſtimmen darin 
überein, daß die zunehmende Wärme die Tiere teil: 
weiter nach Norden führt (ſüdfranzöſiſcher oje; 
teils ſchützende Walddeckung entbehren laſſen kann. 
Deutlicher noch, als letzteres in der Entwicklungsreihe 
„Wald-, Bujd-, Feldhaſe“ zum Ausdruc 
kommt, entwickeln und offenbaren ſich verwandte 
Vorgänge in ähnlichen oder noch großartigeren Er: 
ſcheinungen der Neuzeit. Ich will einige aufzählen. 
Der Sperling verläßt die ſchützenden und ware: 
gebenden Hausluken und baut unförmige große 
Neſter in Bäumen, wie ich es bei Stettin und in 
Südſchweden beobachtete. Belege dafür gebe it 
demnächſt im „Zool. Anz.“ (Marburg). Die Brand: 
gans verläßt die Erdhöhlen und wird aus einem 
Höhlenbrüter ein Freiniſter (auf Juiſt), wie ba: 
Kaninchen ein Freilandbewohner. Ahnlich verbal: 
es fic) mit Turmfalke und Fliegenſchnäpper (nte: 
offen). Die Waldohreule geht von der vierwöchige 
zur dreiwüchigen Brutzeit über. Die Mehlſchwalben 
eier (teilweiſe Fleckung) und die Gartenrotſchwanzel! 
(mitunter Rotfleckung im Norden) befinden jid in 
einem Übergangsſtadium, das ſicher mit der neuen 
Zeit zuſammenhängt — die nähere Erklärung fell 
mir noch —, und auf die Gelbfärbung der Hühner 
unter dem Einfluß der neuen Zeit (1911) wurde 
oben ſchon aufmerkſam gemacht. Der polare Morell 
regenpfeifer gibt fein ſüdlichſtes Brutgebiet, M 
Rieſengebirge und in den ſteiriſchen Alpen, au 


— — — — ————— ———— E e — — — — — 


2 


a 


es wird ihm zu warm. Die Blaurake judht jid) öſtlich 
der Elbe anzuſiedeln, ihr Auftauchen überall in 
Weſtdeutſchland ijt weiter nichts als ein Zurück⸗ 
pendeln, vor der Eiszeit iſt ſie nach Oſten' ausge⸗ 
wichen; auf den Girlitz wies ich ſchon hin und ähnlich 
iſt der Anſiedelungsverſuch des Bienenfreſſers in 
einer Kolonie im Kaiſerſtuhl und vieler anderer aus- 
ländiſcher Tiere zu beurteilen. Sehr merklich dringt 
von Inſekten z. B. die ſtahlblauflügelige Holzbiene, 
Xylocopa violacea, vor, deren nördlichſtes Vor- 
kommen wir in den letzten Jahren in Marburg feſt⸗ 
ſtellten, und die ftattliche- flügelloſe Laubſchrecke 
Sattelträger, ®; Ephippigera vitium moguntiaca 
Schust., neuerdings ſo häufig bei Mainz, iſ auch erſt 
ſeit 1856 (L. v. Heyden) am Rhein geſehen worden.“) 
Der Singſperling (Melodia cinerea), einſt Europäer, 
jetzt Amerikaner, befindet ſich augenblicklich auf dem 
Wege des Rückwanderns nach Europa. Die Mittel: 
meerſteinſchmätzer befinden ſich zur Zeit in einer 
Phaſe der Fortentwicklung, noch leben beide Typen, 
der aurita- und stapazina-Typus, zuſammen, aber 
doch erzeugen fie ſchon eine Nachkommenſchaft, die 
ſich bei der Ausführung zum Alterskleid unbedingt 
einer der beiden Typen anſchließt: Vorrücken nach 
Norden hat die noch im Schwanken begriffene Un⸗ 
ſicherheit in die Art hineingebracht (Endziel, Aus⸗ 
bildung einer nördlichen Form, geht in unſerer 
Zeit ſichtbarlich vor ſich). Als Vögel, die ihr jetziges 
Brutgebiet nach Norden ausdehnen, zum Teil be— 
trächtlich verlegen, habe ich bis heute 34 Arten mit 
Sicherheit feſtgeſtellt und mehr als zwei Dutzend 
ſind aus Zugvögeln Standvögel geworden. Wie die 
Vögel im Winter fingen, im Herbſt brüten (Sim⸗ 
roth: ein Rebhuhn im Dezember), fo fegt der 
Rehbock neuerdings früher im Jahre, der Albinismus 
nimmt bei den Rehen zu, die Gemſe macht Streif— 
züge bis nach Württemberg (Lautertal), Dachs, 
Hamſter und Igel halten keinen Winterſchlaf mehr, 
der Dachs wird Freiwohner (in der Bukowina z. B., 
fährt im Winter in Heuſchober), die unglaublich 
ſtarke Vermehrung der Biſamratte iſt möglich, 


1) Hochintereſſant iſt auch das Nordwärtswandern einer 
mittel- und ſüdeuropäiſchen Bienenart, der Apfelhummel 
(Bombus pomorum). Auf einem Ausfluge in die, Gegend von 
Tord auf Seeland im Auguft 1903 fand H. Muchardt aus 
Helſingborg eine Arbeiterin einer ihm unbekannten, der 
dortigen Fauna völlig fremden Hummelart. Das auf eine 
öffentliche Aufforderung ihm zugeſandte Hummelmaterial, 
namentlich jütländiſches, ergab zahlreiche Erem- 
plare der Neuheit, die ſich als die für Dänemark wie Skan⸗ 
dinavien neue Apfelhummel erwies. Es handelt ſich um Bor- 
ſtöße und Anſiedelungen dieſer in Mittel- und Südeuropa 
heimiſchen, in Thüringen ſchon ſelteneren Art. (Entomol. 
Meddelelser.). Das Tier iſt alſo über die Nordſee nach Schweden 
geflogen. Auch alte deutſche Hummelarten ziehen ſich in 
unſeren Gebirgen gebirgs- und höhenwärts. 

2) „Pendulationstheorie“, S. 323. 


Heidſchnucken laſſen ſich als Winterſtandwild ein- 
bürgern, worauf das nordiſche Ren ſtandhaft ver- 
zichtet), die Umfärbung des Mauswieſels zur 
hellen Wintertracht ſtockt — ceterum censeo: es 
ſind alles die gleichen Erſcheinungen, wie das Auf— 
geben des Waldes als Wohnort ſeitens des Haſen, 
die Rückentwickelung vom Waldhaſen zum Feldhaſen. 
Ich könnte noch Hunderte von parallelen Fällen 
nennen. Es ſind die Erſcheinungen einer beſonderen 
Zeit, Beginn der wiederkehrenden tertiärzeitähnlichen 
Tierlebensperiode. 

Auf das Kaninchen und feine ver: 
änderte Lebensgewohnheit (jebt Frei 
landbewohner) komme ich hier nicht näher zurück. 
Ich mußte für ſeine „neumodiſche“ Lebensweiſe eine 


Erklärung ſuchen und hielt mich dabei an das Nächſt⸗ 


liegende, die Veränderung des Klimas. Welcher 
Grund letzten Endes ausſchlaggebend iſt, erſcheint 
mir gleich wichtig wie die Veränderung ſelbſt. Ich 
werde das Tier noch weiterhin in ſeinem veränderten 
Auftreten zu ſtudieren ſuchen und ſpäter vielleicht 
darüber noch Näheres berichten. 

Ich will hier noch eins erwähnen: Es iſt ſehr wohl 
möglich, daß es heute im Mainzer Tertiärbecken 
warmer iſt als vor 500 Jahren in Spanien, denn die 
großen Sonnenflecken des Mittelalters fehlen uns 
heute glücklicherweiſe (1911 übertraf unſere Sommer- 
hitze ſogar die Temperatur Nordafrikas, wir hatten 
im ägyptiſchen Kairo, wo ich damals ſelbſt weilte, 
nicht mehr Hitzegrade als das mittlere Deutſchland; ?) 
und wenn die Kaninchen aus dem warmen Spanien 
gekommen ſind, ſo haben ſie unzweifelhaft in erſter 
Linie als wärmenden Schutz ihre Erdhöhlen 


bei uns hergeſtellt; dabei bleibt dahingeſtellt, ob ſie 


dies damals noch in Spanien taten, genug, daß ſie 
bei uns die Erdhöhlen herſtellten gegen widrige 
Wettereinflüſſe, und daß ſie dies jetzt nicht mehr 
nötig haben bei milderer Temperatur. Die andere 
Möglichkeit: Höhlen als Schutz vor Feinden, kommt 
erſt in zweiter, ja in unſerem Falle ganz in letzter 
Linie in Betracht, ſozuſagen faſt kaum in dem von 


‘jeher, feit Jahrhunderten, von den Römern fon 


500 Jahre lang und dann durch Karl den Großen 
in Ingelheim und ſeit ihmintenſiver Kultur 


1) Inſtinktiv und doch zweckmäßig zielbewußt, es hat 
keinen Sinn, gegen den „Strom der Zeit“ zu ſchwimmen! 

2) Wenn Simroths genial erdachte, mit 
Rieſenfleiß durchgeführte, freilich bis jetzt noch 
leider nicht geologiſch oder phyſikaliſch begründete Theorie 
zu Recht beſteht, dann müſſen wir uns in einer zurückſchwin⸗ 
genden Erdphaſe befinden, in der die nördliche Erdhälfte der 
Sonne zu emporgehoben wird. Abgeſehen davon, zeigt das 
Beiſpiel des Sirius, der zur Zeit der Griechen rotes und jetzt 
weißes Licht ausſtrahlt, daß ſich Sonnen verjüngen, mehr 
Wärme und Licht ausſtrahlen, — wende dies auf unſere Sonne 
an! Auch Lichtverhältniſſe ſpielen mit. 


35° 


264 


erſchloſſenen Mainzer Becken, das infolgedeſſen arm 
war an Raubvögeln und vierfüßigen Räubern (noch 
jetzt ſteht vereinzelt und verſteckt da und dort in einem 
Dorfwinkel ein uralter Maulbeerbaum (Seiden— 
zucht?) ungefähr aus der Zeit Karls des Großen). 
Wie ſehr die Kaninchen Abänderungsfähigkeit haben, 
erwähnt Dr. Oilz heimer in ſeinem mir wohl: 
bekannten und m. E. vortrefflichen „Handbuch der 
Biologie der Säugetiere“, S. 58: Nach van 
Bemmelens Unterſuchung iſt das Kaninchen 
weiter nichts als ein umgebildeter Hafe, das zeigt ein 
Vergleich der Schädel, und je ſchmäler — gegen: 
über dem dicken Haſenkopf — der Kaninchenkopf iſt, 
je enger ſeine Naſenlöcher, je weniger hervortretend 
ſeine Augen, deſto leichter wird ihm das Eindringen 
in den Boden gelingen, während dagegen die 
Kaninchenkiefer (und dementſprechend die An— 
heftungsſtellen der Kau- und Nackenmuskeln) kräftiger 
ſein müßten, „kräftig genug, um ſich mittels ſeiner 
Zähne zwiſchen zähen Wurzeln und harten Zweigen 
einen Weg bahnen zu können“ (je mit den Zähnen? 
m. E. ſcharrt das Kaninchen nur! Schuſter). Noch 
beſſer wie die Kaninchen find, was die Feſtſtellungs— 
möglichkeit der Abänderung anbelangt, glücklicher— 
weiſe die Vögel ſchon vor 150 Jahren, ſo z. B. von 
Bechſtein und dem älteren Naumann, ganz 
genau beobachtet und beſchrieben worden, ſo daß 
wir ihr heutiges Verhalten mit ihrem damaligen 
gut vergleichen können. Es iſt gar keine Frage, daß 
ih die Schwarza mſel ſehr ſtark, wohl total 
verändert hat, und zwar in folgenden Punkten: 
1. wurde aus einſamem, ſcheuem, ſelten vorhandenem 
Waldvogel Garten- und Stadtvogel, Beweis: Ja- 
eo bus Theodorus Klein, von ſeinem 
Verleger Kanter der „unſterbliche Klein“ genannt, 
ſchreibt in ſeinem mir vorliegenden Eierwerk vom 
Jahre 1766 „Ova avium', daß er die Eier der Amſeln 
nicht abbilden, auch nicht beſchreiben, weil nicht be: 
kommen konnte, wegen Seltenheit (desiderantur 
ova Turdi nigri et aliorum minus vulgarium), S. 23; 
ſie waren alſo nicht in den ihm zur Verfügung 
ſtehenden ſchönen Eierſammlungen des Propſtes 
Helwing, der Kgl. Galerie in Dresden, des 
Kabinetts in Baireuth, des Kommetrzienrates 
Saturgus in Königsberg, des Konſiſtorialrats 
und „der Gottesgelahrtheit Dr.“ Friedrich Sa— 
muel Bock; 2. niſtet in Häuſern, ſo von mir 
feſtgeſtellt im Neubau der Univerſitätsbibliothek in 
Gießen; 3. ſingt auf Dächern; 4. frißt Kot der 
Jungen; 5. macht ſich trunken durch Übergenuß von 
Pfirſichen (im Mainzer Becken, von mir feſtgeſtellt, 
confer auch unmäßiges Freſſen von Gartenkultur 
früchten, Erdbeeren u. a. !); 6. tötet gelegentlich 
junge Singvögelchen. Ich kann „wie am Schnür— 
chen“ nachweiſen, daß ſich eins aus dem anderen er: 


gibt und daß der erſte Anlaß zu allem anderen 
wiederum auf dem Gebiet liegt, das die eine große 
Urſache zur radikalen Revolutibnierung der Tier- 
welt in unſeren grundſtürzenden Tagen in ſich birgt: 
mildere Zeiten, Verſchiebung von mehr Wärme in 
den Winter u. dergl. Dies allein hat nicht nur aus 
dem Zugvogel Amſel einen Standvogel gemacht, 
ſondern auch ſeine Vermehrung derartig begünſtigt, 
daß er ſeinen reichen ÜUberſchuß aus dem Wald in 
die Gärten und Städte abgeben konnte, und daraus 
folgt dann alles andere (Wohnungsnot (2), Ge— 
wöhnung an Dächer (3), eigentümliche Freßgelüſte 
(4 und 5), Nahrungsmangel (6) uſw.). So gut 
übrigens, wie ſich Tiere wie die Waldſchnepfe 
das Überwintern nicht nur in milden Wintern an— 
gewöhnt haben, ſondern auch tatſächlich in einem 
immer noch einmal wiederkehrenden ſtreug en 
Winter, ſo 1916/17, (das wäre alſo die tatſächlich 
neu erworbene Eigenſchaft), ſo ähnlich können ſich 
doch wohl auch unſere deutſchen Eichhörnchen 
entſprechendes Verhalten angewöhnen, und haben 
es fih tatſächlich angewöhnt. 1) Dabei ſpricht ein 
noch einmal wiederkehrender kalter Winter gar nicht 
gegen die Vorausſetzung meiner Theſe, denn er iſt 
weiter nichts als ein Rückfall, eine reversio, ent- 
ſprechend dem Atavismus im Tierreich, und was er 
im Gefolge hat, haben wir ja 1916/17 geſehen: Der 
darauf folgende Juni 1917 hatte den heißeſten Juni: 
tag ſeit 1848. Das war mehr als wieder gut gemacht. 

Die Faſanen muß ich beſtimmt als 
teilweiſe zu Fuß bei uns einge wan 
derte Südländer anſprechen. Denn in Un: 
garn, das die Brücke zu ihrer Balkan heimat bildet, 
kommen ſie ſeit langer Zeit als wild und nicht von 
Menſchenhand eingebürgert vor. Wo die Griechen 
die Faſanen fanden, ift dabei gleichgültig, und daß 
die Römer allerhand Tiere bei uns einbürgerten, 
it ein gern von uns gebrauchtes Schlag wort, das bei 
näherer Betrachtung in ein leeres Nichts zerfällt. 
Selbſt Haustiere haben iſt noch immer etwas 
anderes als ſie in Germanien einführen. Der 
autochthone Faſanenbeſtand Ungarns⸗ Böhmens 
redet eine andere, erdwüchſigere Sprache als Latein, 
ganz abgeſehen von Jägerlatein. 

Zum Schluß ſpreche ich Herrn Dr. Hilz⸗ 
heimer, Direktor des Märkiſchen Muſeums im 
Berlin, noch einmal Dank aus, daß er mir und 
ſicher auch unſern Leſern Anregung zu neuen Ge— 
danken und Förderung in deren Vertiefung gab, 
wozu er trotz ſeiner angeſtrengten militäriſchen 
Tätigkeit als derzeitiger Lazarettinſpektor in 
Weiſenau⸗ Ravensberg. die Zeit gefunden hat. 

1) Beſtätigte mir ein Revierförſter, ich ſelbſt lag über 
Winter 1916/17 im Militärlazarett in Schleſien. 


Zur Abwehr. 

Von Karl Katzer, fürſtl. Thurn und Taxisſchem Oberförſter. 
Das Juli-Heft 1917 dieſer Zeitſchrift brachte an 
erſter Stelle eine Abhandlung: „Verſuch einer 
neuen Grundlegung der Forſtwirt⸗ 
ſchafts-Wiſſenſchaft von Herrn Großh. 
Heſſ. Forſtaſſeſſor Heinrich Weber, welche, 
gleichwie frühere Arbeiten des Herrn Verfaſſers 
über Denfelben Gegenſtand, ohne Zweifel höchſt be- 
achtenswert, obwohl in wichtigen Punkten nicht 
frei von anfechtbaren Aufſtellungen iſt. Zu einer 
Beſprechung derſelben, die leicht zur Aufrollung der 
hier vorliegenden mehreren Streitfragen und damit 
zu umfangreichen Erörterungen führen müßte, 
mangelt mir ſowohl die Zeit als auch die Stimmung, 
überdies auch — zum mindeſten in der Gegenwart — 
das Vertrauen in das Vorhandenſein eines ent— 
ſprechenden Intereſſes für ſolche Dinge in forſtlichen 
Leſerkreiſen. Ich kann mir indeſſen nicht verſagen, 
wenigſtens zu zwei Punkten jener Abhandlung 
Stellung zu nehmen, welche die Kritik eines im 
Jahre 1913 in der „Silva erſchienenen Aufſatzes 
aus meiner Feder betreffen, und ganz kurz Folgendes 

darauf zu entgegnen. 


I. Die einwandfreie methodologiſche Begriin- 
dung der Forſtwiſſenſchaft iſt, wie die Erfahrung 
gelehrt hat, kein leichtes Unternehmen: eine Eigen- 
tümlichkeit, die ſie mit den Wiſſenſchaften der übrigen 
techniſch-wirtſchaftlichen Kulturgebiete teilt. In den 
bezüglichen Werken und Abhandlungen der philo— 
ſophiſchen Literatur werden alle dieſe Wiſſenſchaften 
entweder gar nicht oder nur flüchtig erwähnt, mit⸗ 
unter wohl auch mit der geringſchätzigen Bemerkung 
abgetan, daß es ſich bei ihnen nicht um eigentliche 
Wiſſenſchaften ſondern nur um „Kunſtlehren“, d. i. 
um die Aufſtellung praktiſcher Verhaltungs⸗ und 
Arbeitsregeln handle. Unter ſolchen Verhältniſſen 
iſt es ſelbſtverſtändlich, wenn bisher die Löſung der 
bezeichneten Aufgabe nur von forſtlichen Schrift- 
ſtellern verſucht worden iſt. Einen der ſchwierigſten 
Teile dieſer Aufgabe bildet wohl die Beſtimmung 
und Abgrenzung des Gegenſtandes oder Objektes 
unſerer Wiſſenſchaft. Nach meiner Auffaſſung iſt 
dieſer Gegenſtand von dualiſtiſcher Weſenheit: der 
Wald als Objekt der Forſtwirtſchaft einerſeits, das 
Verfahren dieſer andererſeits; die Forſtwiſſenſchaft 
gehört jomit zu den fog. gemiſchten Wiſſen⸗ 
ſchaften. Das Beſtehen ſolcher hat Herr Forſtaſſeſſor 
Weber wiederholt beſtritten (Silva 1915, 31, 
1916, 7, A. 5.1.3.3. 1917, Juli) ohne dabei u. a. 
yon meiner jene Auffaſſung ſtützenden Berufung auf 
Prof. H. Wagner⸗Göttingen und Prof. 
O. Weber⸗Gießen im geringſten Notiz zu 
rehmen. Die Konſtituierung wiſſenſchaftlicher Miſch— 


formen kann in verſchiedener Weiſe erfolgen (wobei 
aber jedesmal die Vereinheitlich ung der 
durch fie zur Gewinnung und ſyſtematiſchen Dar- 
ſtellung gelangenden Erkentniſſe hergeſtellt werden 
muß), und zwar: 


1. Durch ſolche Behandlung verſchiedener ko- 
ordinierter Erfahrungsobjekte aus einheit— 
lichem Geſichtspunkte (Beiſpiel: die Geographie, in 
welcher die natürlichen und kulturellen Erſcheinungen 
der Erdoberfläche aus dem Geſichtspunkte der 
räumlichen Anordnung betrachtet werden);, 


2. durch Korrelation zweier Wiſſeus— 
gebiete, wie dies in der Forſtwiſſenſchaft und über- 
haupt in den ſog. praktiſchen Wiſſenſchaften der Fall 
ijt. Demgemäß habe ich ſeinerzeit in der Forſtwirt— 
ſchaftslehre, als dem Kern der Forſtwiſſeuſchaft, 
zwiſchen Sachlehre und Methodenlehre 
unterſchieden (Silva 1915, 45). Was unter letzterer 
zu verſtehen iſt, dürfte klar ſein und keiner Erörterung 
bedürfen. Die Sachlehre nun befaßt ſich mit der 
Feſtſtellung und Darlegung der forſtlichen Eigen— 
tümlichkeiten des Forſtwirtſchaftsobjektes im wei: 
teften Sinne. Unterſcheidet man in der Forſtwirt— 
ſchaftslehre einen tech uijden und ein öko 
nomiſchen Hauptteil, jo tritt die Sachlehre be- 
ſonders in erſterem hervor, nicht aber etwa als ein 
für das engere forſtliche Bedürfnis geformter Aus- 
ſchnitt aus den einſchlägigen Naturwiſſenſchaften. 
Aufgabe der forſtlichen Sachlehre iſt die Deutung und 
Wertung der im Bereiche der forſtlich-techniſchen 
Tätigkeit auftretenden Naturdinge und »vorgänge 
für die Zwecke eben dieſer Tätigkeit; die Feſtſtellung 
deſſen, was fördernd oder was hemniend in der 
Natur auf die Geſtaltung und Betätigung der Tech: 
nik ſeine Wirkung ausübt. Iſt die Naturwiſſenſchaft 
kanſal, ſo iſt die hier gemeinte Sachlehre teleologiſch 
gerichtet. Letztere ſteht aber wieder zur Methoden- 
lehre in konditionalem Verhältnis: Bedingendes und 
Bedingtes ſtehen aneinder gegenüber. Dieſe aber 
ſind Korrelate und bilden ſomit zuſammen eine 
logiſche Einheit. Das iſt, in kürzeſter Andeutung, 
meine Auffaſſung des methodologiſchen Grund: 
zuges der Forſtwirtſchaftslehre. Möge ſie nun, 
ebenſo wie meine früheren Ausführungen über dieſen 
Gegenſtand, richtig ſein oder falſch, ſo kann ich doch 
nicht umhin dagegen Verwahrung einzulegen, daß 
fie einfach unter der Bezeichnung „Nonſens“ ab- 
getan wird (A. F. u. J. 3. 1917, Juli, S. 159), ehe 
noch eine erſchöpfende Diskuſſion der bezüglichen 
Streitfrage ſtattgefunden hat. 


II. Herr Forſtaſſeſſor Weber beanſtandet wei: 
ter (a. a. O. S. 159) meine Einteilung einer all- 
gemeinen Wirtſchaftslehre in „Privatwirtſchafts⸗ 


lehre“ 1) und „Volkswirtſchaftslehre“, eine Gin- 
teilung, die fo oder ähnlich nicht felten in der wirt- 
ſchaftswiſſenſchaftlichen, in neuerer Zeit insbeſondere 
auch in der handelswiſſenſchaftlichen Literatur an— 
zutreffen iſt. (Ich beſchränke mich darauf, in djeſer 
Hinſicht nur auf zwei Schriften hinzuweiſen: 
M. Weyermann und H. Schönitz, Grund 
legung und Syſtematikeiner wiſſenſchaftllchen Privat— 
wirtſchaftslehre uſw., Karlsruhe 1912, S. 12 u. f.; 
ſodann L. Gom berg, Grundlegung der Ver: 
rechnungswiſſenſchaft. Leipzig 1908, S. 203). — 
Wenn im weiteren mit beträchtlichem Energieaufwand 
und ziemlich ausführlich für die Anerkennung der 
Forſtwirtſchaft als einer „Privatwirtſchaft“ plaidiert 
wird, ſo bin ich mir, offen geſtanden, über den Zweck 
jener Ausführungen nicht klar geworden, da ich nie: 
mals behauptet habe, daß die Forſtwiſſenſchaft keine 
Privatwirtſchaft fet und dies wohl auch kein ver- 
nünftiger Menſch behaupten wird. Und wenn ſich 
Herr Forſtaſſeſſor Weber dabei auf die juriſtiſch⸗ 
ſoziologiſche Grundlegung der Wirtſchaftswiſſen⸗ 
ſchaft durch Stammler (Wirtſchaft und Recht) 
beruft, ſo iſt dies zwar ſein gutes Recht; allein es iſt 
dabei immerhin zu beachten, daß unter den Ver— 
tretern dieſes Wiſſensgebietes ſowohl in methvdo: 


logiſcher wie auch in ſachlicher Hinſicht noch jen 
wenig Übereinſtimmung ihrer Anſichten und Lehren 
beſteht, daher der Bezugnahme auf letztere öfter: 
nur ſehr bedingte Geltung zuzuerkennen ſein wird. 
Mit dem gleichen Recht wie Herr Forſtaſſeſſor 
Weber zitierend, möchte ich gleichwohl auf eine 
ſachverſtändige Beurteilung der Richtung Stamm 
lers in der Wirtſchaftstheorie hinweiſen, welche 
durchaus ablehnend ausgefallen iſt und die in dem 
Satze gipfelt: „Alle dieſe unklaren ſozialen Schlag 
worte, die niemals ſcharf definiert werden, und die 
ganze Verquickung der Wirtſchaftswiſſenſchaft mi: 
der Geſellſchaftslehre find abzulehnen.“ !) Vergl. 
N. Liefmann, Grundſätze der Volkswirtſchaft- 


lehre, I. Band, Stuttgart und Berlin 1917, S. 64 


bezw. S. 40 u. f. Ich bin nun weit entfernt, mid 
zur Abgabe eines maßgeblichen Urteils über diese 
gegenſätzlichen Aufſtellungen für berechtigt anzu— 
ſehen und unterlaſſe jede an letztere anbindende 
Erörterung als ganz zwecklos. Mit der andeutungs: 
weiſen Gegenüberſtellung Stammler-Lief—- 
mann wollte ich nur zeigen, daß die Berufung au 
fremde Arbeiten nicht immer geeignet ift, fider 
Grundlagen für die Hervorbringung eigener jomi 
für die Kritik gegneriſcher Erzeugniſſe zu ſchaffen. 


Literariſche Berichte. 


Neues aus dem Buchhandel. 


Borne, Max v. dem, weil. Kammerherr Ritterg Beſitzer: 
Teichwirtſchaft. 6. Aufl., neubearb. v. Hans v. Debſchitz. 
Mit 50 Textabb. (VII, 184 S.) (Thaer⸗Bibliothek 89. Bd.) 
gebd. M. 2.80. Paul Parey in Berlin. | 

Büsgen, M., Prof. Dr.: Bau u. Leben unserer Waldbäume. 
Mit 129 Abb. im Text. 2. umgearb. Aufl. (VIII, 340 8.) 
Lex. 8, M. 9.—. Gustav Fischer in Jena. 

Delius, H., Geh. Juſt.⸗R. Kammerger.-R. Dr.: Die Landes- 
fiſchereiordnung vom 29. III. 1917 u. d. Bezirksfiſcherei— 
ordnungen. Erg. Heft zu Delius, Fiſchereigeſetz vom 11. V. 
1916 (GS. S. 55). (IV, 140 S.) kl. 80. Heymanns 
Taſchengeſetzſammlung Nr. 86. Nachtrag. M. 2.—. Carl 
Heymanns Verlag in Berlin. 

Fiſchereigeſetz, Das neue preußiſche, vom 11. V. 1916 nebſt 
Landes-Polizeiverordnung vom 29. III. 1917. (72 S.) 
kl. 8. broſch. M. 1.—: geb. M. 1.45. L. Schwarz & Comp. 
in Berlin. 

Forſten u. Holzungen, Die, im Deutſchen Reiche nach d. Er. 
hebung d. J. 1913. Bearb. im faij. ſtatiſt. Amte. Mit 3 Taf: 
(125 S.) 32x 25 em. (S. -A. a. d. Vierteljahrsheften z. 
Statiſtik d. Deutſchen Reichs. 25. J. 1916.) M. 1.50. Putt⸗ 
kammer & Mühlbrecht in Berlin. 


1) Heute würdee ich anjtatt „Privatwirtſchaftslehre“ fagen 
„Einzelwirtſchaftslehre“. Letztere zerfällt in die „Privat— 
wirtſchaftslehre“ und die „Gemeinwirtſchaftslehre“. | 


Förſter, Der. Land- u. ſorſtwirtſchaftl. Kalender f. Bork: 
ſchutzbeamte. 1918. Hrsg. vom prakt. Forſtmanne T. 
Conrad. (Kleine Ausg.) (288 S.) kl. 85. Pappbd. M. 2.10 
große Ausg. Pappbd. M. 2.50. Guſtav Röthes Verlags. 
buchhandlung in Graudenz. 

Frommes forstliche Kalender-Tasche 1918. Zugleich Kalen- 
der d. allgemeinen Güterbeamten-Vere' nes in Wien. Red 
v. Hofr. Emil Böhmerle. 32. d. ganzen Folge 46. Jg) 
Mit 44 Fig. im Texte. (VIII, 234 S. m. Tages-Notizbuch. 
kl. 8%, Pappbd. M. 4.40. Buchdruckerei u. Verlagsbuch. 
handlung Carl Fromme, Ges. in. b. H. in Wien. 

Guttenberg, Adolf Ritter v., Hofr. Prof. i. R. Dr.: Grundriß 
d. Forſtverwaltungslehre. (VIII, 165 S.) gr. 8. M. 5.— 
Franz Deuticke Verlag in Wien. 

Hufnagl, Leop., Zentralgüterdir. Dr.: Handbuch d. kaufm. 
Holzverwertung u. d. Holzhandels. Für) Walbbejiger. 
Forſtwirte, Holzinduſtrielle u. Holzhändler. 4., neubearb. 
u. verm. Aufl. Mit 28 Textabb. (VIII, 412 S.) gr. X 
Lwbd. M. 15.—. Paul Parey in Berlin. 

Kessner, Alois, Prof. Ing.: Leitfaden d. Waffenlehre m. 
bes. Berücks. d. Jagd- u. Sportwaffen. Mit 79 Abb. im 
Text. (V, 162 S.) gr. 80. Hlwbd. M. 3.—. Franz Deuticke 
Verlag in Wien. 

Mammen, Prof. Dr. v., u. Riedel, Hofr.: Die Kriegsnutzune 


1) Mehr als die Anführung dieſes einen Satzes ijt hier 
nichtangängig. Ein klares Verſtändnis der Liefmannſchen 


Darlegungen erfordert das Studium der betr. Buchabſchniite. 


— am — — . — — ͤ — — — —— — re — . ——— — — an —— — — . . — . — . :ſ:ß+4.Ü—— — o — ——— — 


\ 267 


a. Waldes. Eine Anleitung z. Mobilmachung d. deutſchen 
Waldes. (Bibliothek f. Volks- u. Weltwirtſchaft. Hrsg.: 
Prof. Dr. Franz v. Mammen. 42. Heft.) (31 S.) 8°. 
M. 1.—. „Globus“ Wiſſenſchaftl. Verlagsanſtalt in 
Dresden. i 

Neger, Prof. Dr.: Inwieweit vermag d. deutſche Wald dazu 
beizutragen, d. Volksernährung zu ſichern. (Vortrag, geh. 
in d. ökonom. Geſellſchaft im ar. Sachſen zu Dresden 
ant 2. II. 1917.) (27 S.) M. —.80. Reichenbachſche Ver- 
lagsbuchhandlung Hans Wehner in Leipzig. 

Ii Klas, H., Assess. Dr. ing.: Bayerns Bodenbewirtschaftung 
unt. Berücks. d. geolog. u. klimat. Verhältnisse. Hrsg. 
vom k. statist. Landesamt. (15 S. m. 17 farb. Karten in 
31 x 34cm.) 32,5 x 24cm. M. 5.— J. Lindauersche 
Univ. Buchh. (Schöpping) Verlags-Abteilg. in München. 

Pfeifer, Bruno, Handelshochſch.⸗Doz.: Holzhandel u. Holz- 
induſtrie Oſtpreußens. gr. 80. (VII, 79 S.) M. 2.40. 
(Schriften d. Inſtituts f. oſtdeutſche Wirtſchaft in Königs⸗ 
berg (Pr.), hrsg. v. Prof. Dir. Dr. A. Heſſe, Prof. Dr. A. 
Brackmann, Prof. Dr. O. Gerlach, Prof. Dr. J. Hanſen, 
Prof. Dr. F. Werner. 2. Heft.) Guſtav Fiſcher in Jena. 

Schönberg, Franz, Garteninſp.: Der Walnußbaum, jeine 
Anzucht u. Pflege. Mit e. Zuſammenſtellung u. Beſchrei— 
bung d. am häufigſten vorkomm. Walnußſpielarten. Mit 
35 Abb. (VII, 77 S.) gr. 80. M. 2.80. Eugen Ulmer in 
Stuttgart. 

Zieſe, Juſt.-R. Dr.: Das preuß. Fiſchereigeſetz vom 11. V. 
1916 nebſt d. dazu erlaſſenen Beſtimmungen d. Verwal— 
tungsbehörden. Textausg. m. kurzen Anmerkungen u. 
Sachregiſter. (VI, 100 S.) gr. SP. M. 1.50. Iulius Vergas 
Verlag in Schleswig. 


Die organiſatoriſchen Aufgaben und Ziele der 
deutſchen Forſt wirtſchaft, zugleich Bericht der Ge⸗ 
ſchäftsſtelle des Forſtwirtſchaftsrates für kriegs⸗ 
wirtſchaftliche Angelegenheiten. Herausgegeben 
vom Leiter der Geſchäftsſtelle Regierungsdirektor 
Dr. Wappes, Speyer. 

Über Entſtehung, Einrichtung und Arbeit der 
Geſchäftsſtelle des Forſtwirtſchaftsrates, welche im 
Januar 1917 zur Bearbeitung der an den deutſchen 
Forſtverein herantretenden kriegswirtſchaftlichen An 
jelegenheiten geſchaffen wurde, iſt zwar in den 
forſtlichen Zeitſchriften berichtet worden, eine m: 
faſſende Darſtellung ihrer Tätigkeit war aber nicht 
möglich, weil die raſch ins Leben gerufene Einrichtung 
erſt einiger Jeit bedurfte, um die Grundſätze für ihr 
Vorgehen zu gewinnen, weil ſie, indem ſie ihre 
Tätigkeit auf breitere Grundlage und weiteres 
Hinausſchauen einſtellte, nicht ſo ſchnell ſogenannte 
„poſitive Erfolge“ aufweiſen konnte. Dazu kam, 
daß ein Teil ihrer Wirkſamkeit in der Anknüpfung 
perſönlicher Beziehungen, der Gewinnung von 
Informationen und aufklärender Tätigkeit bei amt⸗ 
lichen und privaten Stellen beſtand. Für die Ver⸗ 
handlungen der kürzlich ſtattgehabten Hauptver⸗ 
ſammlung des deutſchen Forſtvereins in Erfurt er- 
ſchien es aber als Bedürfnis, einen Überblick über das 
bisher Geleiſtete und einen Ausblick auf die nächſten 
Ziele zu haben. Da die Geſchäftsſtelle mit der aud: 


— 


ge ſproche nen Abſicht geſchaffen wurde, yo viel als 
möglich den Zuſammenhang der Forſtwirtſchaft mit 
den großen Bewegungen der Zeit zu ergründen und 
daraus die Erkenntnis für die Bedingungen und die 
Art tatkräftigen Handelns zu gewinnen, erſchien es 
notſvendig, zunächſt darzulegen, wie ſich in der Auf- 
faſſung der Leiter und Mitarbeiter die Zeit mit 
ihren gewaltigen Ereigniſſen ſpiegelt, in welchem 
Geiſte und mit welchen Zielen gearbeitet wird. 

In vier Abſchnitten werden unter dieſen Geſichts⸗ 
punkten beſprochen: 1. die wirtſch aftliche Lage 
der Gegenwart (das bisherige Wirtſchaftsſyſtem, 
der Kapitalismus, die wirtſchaftliche Umwälzung des 
Krieges, die Art der neuen Lebensordnung, die wirt- 
ſchaftlichen Verhältniſſe der Übergangszeit, der 
Aufbau der neuen Wirtſchaft, Land- und Forſtwirt⸗ 
ſchaft, Aufgaben des Staates und Volkes, Sparfam- | 
keit des Konſums, Steigerung der Produktion, 
Techniſche Wiſſenſchaften, Organiſationen), 2. die 
Aufgaben der Zukunft und die Forſt— 
wirtſchaft (die Organiſation der Bodenkultur, 
Landwirtſchaft, Forſtwirtſchaft, Landwirtſchafts⸗ 
kammer, Großwaldbeſitz, Staatsforſtverwaltungen, 
Bildung von Zentralſtellen, Betriebliche Aufgaben 
der deutſchen Forſtwirtſchaft), 3. der deutſche 
Forſt verein (Leiſtungen desſelben, die kriegs 
wirtſchaftliche Geſchäftsſtelle, Entſtehung, Ziel der 
Arbeit, Arbeitseinteilung, Tätigkeit), 4. die Auf- 
gaben einer Geſchäftsſtelle des 
deutſchen Forſtvereins (Weitere Auf— 
gaben der Geſchäftsſtelle). 

In einem Schlußwort wird darauf hinge wieſen, 
daß ſich eine neue Organiſation aus dem Wirrſal der 
Zeit herausringt. Es fei einleuchtend, daß die Um- 
wandlung der Kriegswirtſchaft zur Übergangswirt⸗ 
ſchaft ſich nicht in der Weiſe vollziehen kann, daß der 
Staat nach Friedensſchluß das Gerüſt, in dem er das 
Wirtſchaftsleben eingezwängt hat, einfach abbricht 
und die neuen wieder feſſellos gewordenen Kräfte 
frei dahinſtrömen läßt, der Staat müſſe vielmehr die 
Führung übernehmen, aber es müſſe darauf bin: 
gearbeitet werden, daß er ſich nicht zu Experimenten 
verleiten läßt. Es werde Sache der Ausſchüſſe ſein, 
die Grundzüge der künftigen Wirtſchaftsorganiſation, 
ſoweit dieſe die Forſtwirtſchaft angeht, frühzeitig zu 
erkennen und die daraus entſtehenden Einzelfragen 
gründlich zu bearbeiten. Hierbei werde natürlich mit 
den Reichsbe hörden Fühlung genommen werden 
müſſen. Zu dieſem Zwecke müßten in der von dem 
Reichsamt des Innern auszubauenden Organiſation, 
welche Vorarbeiten für eine möglichſt wenig Rei- 
bungen verurſachende Umwandlung der Kriegs⸗ 
und Friedenswirtſchaft liefern ſoll, auch Vertreter 
der Forſtwirtſchaft Platz finden und es müſſe der 
deutſche Forſtverein zu denjenigen Stellen gehören, 


268 


welche bei Vertretung der Intereſſen der Jorſt— 
wiſſenſchaft zu fragen wären. Durch die Schaffung 
der Geſchäftsſtelle ſei es möglich, den Forſtwirtſchafts— 
rat in den Fragen der Übergangswirtſchaft, der Zoll— 
und Verkehrspolitik heranzuziehen und mit den 
Re ichsbehörden in enger Fühlung zu erhalten. 
Aufgabe des deutſchen Forſtvereins werde es ſein, 
ſeine Verfaſſung und ſeine Organe derart zu geſtalten, 
daß er in Zukunft befähigt ſei, für ſeinen Teil den 
Forderungen einer neuen Zeit gerecht zu werden. 
E. 


Die Kriegsnutzung des Waldes. Eine Anlei⸗ 
tung zur Mobilmachung des deut: 
ſchen Waldes. Von Prof. Dr. Mammen und 
von Oberlehrer Riedel. Oberbehördlich empfohlen 
1917. Joſ. C. Hubers Verlag, Dießen vor 
München. Einzelne Exemplare 20 Pfg., 100 Stück 
a 12 Pfg., 500 Stück a 11 Pfg., 1000 Stück a 10 Pf. 

Der Zweck des vorliegenden Schriftchens iſt, in 
Kürze zu zeigen, in welcher Weiſe die deutſche Forſt⸗ 
wirtſchaft im Verein mit dem ihr anvertrauten 
Wald in dem gewaltigen Völkerkriege, in dem Deutſch⸗ 
land fic) befindet, beſtrebt geweſen ift, dem Water: 
lande das notwendigſte Rüſtzeug zum „Durchhalten“ 
zu geben und alle Kriegsbe dürfniſſe in reichlicher 
Menge zu beſchaffe n. Gleichzeitig will es aber zeigen, 
daß wir aus der Kriegswirtſchaft die Lehren mit 
herübernehmen ſollen in die Friedenswirtſchaft, die 
dauernden Nutzen ſtiften können. 

Der Inhalt dieſes ſehr lehrreichen Büchleins 
zerfällt in folgende Abſchnitte: 1. Hauptnutzung 
des Waldes, a) das Brennholz, b) das Nutzholz; 
2. Nebennutzunge n,a) Streunutzung, b) Nähr— 
und Futterſtoffe des Waldes, c) Futteranbau im 
Walde, d) Fle iſch und Brot des Waldes, e) Ol, Fett, 
Harz, Gerbſtoffe, f) Arzneikräuter, Tees, g) Ver: 
ſchiedenes; Arbeit und Kapital im Wal: 
de; die Fürſorge für die aus dem 
Kriege heimkehrenden Arbeiter 
und Kriegsin validen; Geſundheit⸗ 
liche, ethiſche und äſthetiſche Be: 
deutung des Waldes; Heim atſchutz 
im Walde; Taktiſche und ſtrategiſche 
Bedeutung des Waldes. 

Deutſchland beſitzt 14 223 200 ha Wald, 26% 
der geſamten Landesfläche; fein Holzvorrat beträgt 
2 Milliarden Kubikmeter, wovon jährlich genutzt 
werden 54 Millionen im Werte von 400 Millionen 
Mark; die Holze infuhr hat i. J. 1913 betragen 
7 529 121 Tonnen, die Ausfuhr 560 023, die Me hr: 
einfuhr jomit 6 969 098 Tonnen. 

Etwa die Hälfte des jährlich zur Nutzung kom— 
menden Holzes wird als Heizmaterial verwandt, 


das übrige als Nutzholz. Abgeſe hen vom Bankok ! 
dient es als Material für Tiſchler, Böttcher, Drechſler 
Wagner, Glaſer, Korbmacher, Kiſtenbauer, Hol; 
ſchnitzer, Kohlenbrenner, Schuh- und Pantoffel 
macher, Inſtrumentenmacher und kommt ferner ai: 
Stangen für Telegraphen⸗„elektriſche- ꝛc. Leitungen, 
als Hopfen-, Bohnen⸗Stangen, Baumpfähle, Reb. 
ſtöcke, Feuerholz, Grubenholz, zur Papierbereitung, 
als Eiſenbahnſchwellen, Holzwolle, Holzkohle, Jell 
loſe uſw. zur Verwendung. 

Ungeheure Holzmengen verſchlingt der Krieg 
Baracken, die zur Unterbringung der Gefangenen 
gebaut werden mußten, beanſpruchten rund 1 Mill 
Kubikmeter, die überall erbauten Speiſeanſtalten bie 
zum 8. Mobilmachungstage 30 000 Kubikmeter. 
Groß ijt der Bedarf an Pfählen, Balken, Bretter: 
zum Ausbau der Schützengräben, der Unteritind 
und Deckungen, zur Errichtung von Baracken, Layo: 
retten, Entlauſungsanſtalten, Brücken und Gier 
bahnen, Schiffen, Fahrzeugen aller Art, Flugzeugen 
Geſchoßkörben, Zelten, Torniſterrahmen, Holzpar 
toffeln, Kugelſandſchuhen für Pioniere uſw. Knüppel 
holz und Reiſig wird zur Herſtellung von Hin: 
niſſen und zu Wegebauten im ſumpfigen Geländ. 
gebraucht. Außerdem ſtellen die winterlichen Laub 
wälder unerſchöpfliche Quellen wertvoller Nih 
ſtoffe dar. 

Ferner hätte noch die Verwendung von Buder 
und Lindenknoſpen zur Herſtellung von Mehl er 
wähnt werden können. 

Durch die Waldſtreu wird das Stroh erſetzt, di 
Waldgräſer dienen zur Ernährung des Viehs, w 
Früchte der Eichen, Buchen, Roßkaſtanien, Ahorn 
Eichen, Ulmen uſw. bieten Futterſtoffe für Schwein 
und andere Tiere, Vogel- und Hollunderbeeren, d | 
Samen der Brenneſſel und des Schneeballs geb: 
gutes Hühnerfutter, die Stengel der Brenneſſel um 
die Wurzeln des Adlerfarns und Weide nröschen⸗ 
werden von Pferden gern genommen, ſind aue 
gutes Schweine futter. Die Blätter der Laubhölz: 
geben ein vorzügliches Futter für Rindvieh, Schafe 
Ziegen und Pferde. 

Weiter wird auf die Verwertung forſtſchädliche 
Vögel (Krähen, Eichelhäher uſw.) und forſtſchädlicht. 
Inſekten (Engerlinge, Drahtwürmer, Maikäfer: 
Puppen uſw. hingewieſen. Auf abge holzten Wald 
flächen können Getreide, Kartoffeln, auch Ru 
ange baut werden. 

Auch Fleiſch liefert der Wald in ſeinem' Wild 
ferner nahrhafte Koſt in ſeinen Pilzen und Beeren 
in ſeinen Wildpflanzen als Gemüſe. 

Ferner ſchafft er uns Erſatz für die fehlenden Ol 
witter, Harze und Gerbſtoffe und gewährt um 
ſchätzenswerte Arzneikräuter und Tees. | 

Schließlich wird noch auf die geſundheitlich. 


209 


ethiſche und äſthetiſche Bedeutung des Waldes hin⸗ 
ge wie ſen und es werden beachtenswerte Regeln zum 
Schutze des Waldes gegeben. 

Möge das zeitge mäße, inhaltsreiche und lehrreiche 
Büchlein recht viele Abnehmer und Leſer finden zum 
Segen unſeres ſchönen de utſchen Waldes, deſſen 
hoher Wert jetzt im Kriege wieder jo recht erkannt 


zunächſt in geographiſcher, klimatiſcher, geologiſcher 
und forſtlicher Beziehung beſprochen und ſodann 
deſſen wirtſchaftliche Erſchließung eingehend ge⸗ 
ſchildert. Gleich nach der Beſetzung des Waldge⸗ 
bie tes durch die de utſchen Truppen wurde die deutſche 
Forſtverwaltung daſelbſt eingerichtet und an deren 
Spitze der bayr. Hauptmann und Forſtrat Dr. Eſch⸗ 


worden iſt. E. erich geſtellt. Die Aufgaben der jungen Forſtver⸗ 
waltung waren manigfacher Art. In erſter Linie 
galt es der Deckung des umfangreichen Heeres. 
bedarfes. Die kämpfenden Truppen benötigten eine 
Unmenge Rundhölzer und beſchnittenen Materials 
zum Ausbau der Unterſtände und Errichtung von 
Baracken, Brennholz und Holzkohle zur Erwärmung 
der Unterkunftsräume, Holzwolle zum Füllen der 
Strohſäcke und als Einſtre u für die Pferde, Schwellen 
und Telegraphenſtangen zur Wiederherſtellung der 
zerſtörten und zum Bau neuer Bahnen und Tele- 
graphenlinien. Neben dieſen dem direkten Heeres⸗ 
bedarf dienenden Holzſortimenten waren noch Zell⸗ 
ſtoff und Grnbenhölzer zu liefern. Das zunächſt nur 
aus 3 höheren Forſtbeamten beſtehende Perſonal 
mußte bald vermehrt und eine umfangreiche Verwal⸗ 
tung durch Schaffung beſonderer Referate für Perſo⸗ 
nalien, Wirtſchaft und Verpflegung, Forſteinrichtung, 
Holzverwertung, Techniſche Betriebe, Eiſenbahn⸗ 
und Waſſertransport, Sanitätsweſen, Kaſſenver⸗ 
waltung, Etatweſen, Einrichtung beſonderer Wirt- 
ſchaftsge bäude (Forſtinſpektionen) eingerichtet werden. 
Die Verwaltung eines. ſolchen Inſpektionsbezirks 
wurde einem Forſtbeamten im Range eines Haupt- 
mannes übertragen und demſelben ein Hilfsoffizier 
(Oberförſter) beigegeben. Für den Betriebsvollzug 
erhielt jedes Forſtamt eine entſprechende Anzahl 
von Förſtern, Forſtaufſehern Waldwärtern aus dem 
Unteroffizier und Mannſchaftsſtande zugewieſen. 
Eine große Schwierigkeit bot anfangs die Anwerbung 
von Waldarbeitern, weil die wenigen im Urwalde 
und in deſſen Nähe gelegenen Ortſchaften von den 
Ruſſen zerſtört und deren Einwohner vertrieben 
und in das Junere Rußlands verſchleppt worden 
waren. Bald trafen aber die Flüchtlinge in großen 
Scharen wieder ein und es konnte allmählich ein 
regelmäßiger Betrieb aufgenommen werden. Im 
Winter beſchränkte fih die Holzge winnung in der 
Hauptſache auf die Gewinnung hochwertigen Eichen, 
Eichen, Erlen: und Kiefernholzes, im Frühjahre 
wurde auch mit dem Einſchlage von Fichten und mit 
der Gewinnung von Lohrinde begonnen. 

Hand in Hand mit der Holzge winnung mußte 
auch für die Abfuhr Sorge getragen werden. Die 
vorhandene eingleifige Sackbahn Gajnowka — Bialo⸗ 
wies konnte hierzu nicht genügen, es mußte dieſelbe 

eilich Berjofgter und (1231) Polniſcher Inſurgenten ge: durch die Anlage von Aussweichſtellen, Verlade · 
enl hat. D. Red. rampen, Holzlagerplätzen und den Ausbau eines 


1917. | 36 


Bialowies!) in deutſcher Verwaltung. Herausge⸗ 
geben von der Militärforſtverwaltung Bialowies. 
Erſtes Heft. I. Hauptmaun Gruber: Die Erobe⸗ 
rung des Urwaldes; II. Hauptmann Dr. Voit: 
Die Erſchließung des Urwaldes, a) das Wald: 
gebiet, b) die wirtſchaftliche Erſchlie ßung, c) die 
wiſſenſchaftliche Erforſchung. Mit 86 Textab⸗ 
bildungen. Berlin, Verlag Panl Parey 1917. 
Preis 4,— Mk. 

Durch die Herausgabe des in zwangloſen Heften 
erſcheinenden Lieferungswerkes „Bialo wies in 
deutſcher Verwaltung“ will die Militär- 
forſtverwaltung Bialowies der Jetzt⸗ und der Nadı- 
welt Zeugnis von deutſcher Arbeit im Kriege ab- 
legen. Es iſt hoch anzuerkennen, daß es trotz der 
vielen ſich entgegenſtellenden Schwierigkeiten mög⸗ 
lich war, jenes Urwaldgebiet, das durch ſeine Ab- 
ſchließung ſeit Jahrzehnten für die Wiſſenſchaft faſt 
eine terra incognita war, zu erſchlie ßen. 

Das vorliegende Heft, welches gewiſſermaßen die 
Einleitung der weiter in Ausſicht genommenen 
Hefte bilden ſoll, enthält zunächſt eine Abhandlung 
des Diviſionsadjutanten Hauptmann Gruber über 
die Eroberung des Urwaldes. Hier gibt Verfaſſer 
einen kurzen Überblick über die militäriſchen Ereig- 
niſſe, die der Erſchließung des großen Waldgebietes 
im Jahre 1915 vorausgingen und ſchildert die jagd 
lichen Eindrücke und Erlebniſſe beim Vormarſche 
der bei der Eroberung des Urwaldes beſonders be- 
te iligten Diviſion. In einer zweiten Abhandlung 
ſchildert dann Hauptmann Dr. E. Voit die Erjchlie- 
Rung des eroberten Waldgebietes. Dasſelbe wird 


1) Da dieſer Name ganz verſchieden geſchrieben wird — 
Bialpwies, Bialowicza, Bjelowiſcha, Bjelowjesh — und 
deshalb nicht auf jeder Karte leicht zu finden iſt, wird 
hier bemerkt, daß der Urwald im Gouvernement Grodno, 
Kreis Prushany, zwiſchen Bialyſtock (Bjeloſtok) und Breſt⸗ 
Litowsk liegt und mehr als 100 000 ha umfaßt. In der 
Mitte des Waldes liegt das gleichnamige Dorf. Mehrere 
Flüſſe — Narwa, Narewka, Bialowiczonla — durchſtrömen 
den Wald, deſſen Hälfte der Krone gehört hat, und der 
ahlreiches Großwild, Auerochſen, Elche, Bären, Wölfe, 
Judie, Sauen enthält; auch öfters als Zufluchtsort poli- 


Netzes von syelty und Förderbahnen leiſtungsfähiger 
gemacht worden. . 

Der Waſſertransport, den die Ruſſen zur Aus- 
bringung des Holzes auf Narev und Marewka mit 
ihren Nebenflüſſen, ſowie auf der Lesna ausgeübt 
hatten, konnte erſt nach Wiederherſtellung der zer⸗ 
ſtörten We hre und Stauwerke in Frage kommen. 
Eine der dringendſten Aufgaben war die Errichtung 
von Säge werken und Holzwollfabriken. Ferner 
mußten die Terpentin⸗ und Kienölöfen wieder in 
Stand geſetzt und neue Terpentin⸗ und Teeröfen 
errichtet werden. Die Schar der Arbeiter war bis 
Ende Juni 1916 auf rund 3000 ruſſiſche und polniſche 
Zivilperſonen und mehrere tauſend ruſſiſche Ge⸗ 
fangene ange wachſen, die unter Leitung und Auf- 


jicht einiger hundert deutſcher Militärperſonen ar- | 


beiteten, und für die Unterkunft geſchaffen werden 
mußte. Es wurden Einheitspläne für Arbeiter⸗ 
wohnungen ausgearbeitet und nach dieſen 6 Kriegs- 
ge fangenenlager und eine Anzahl Baracken für Ar- 
beiter gebaut, die ſämtlich den Anforderungen der 
Hygiene entſprechen und mit Entlauſungs⸗ und 
Waſchanſtalten, Küche neinrichtungen, Beleuchtungs⸗ 
anlagen uſw. verſehen ſind. 

Der dritte Abſchnitt des Heftes 
handelt von der wiſſenſchaftlichen Erforſchung des 
Forſtes. 

Zunächſt wurde zur Schonung des Wildes eine 
Jagdordnung erlaſſen, in der die grundſätzliche 
Schonung des Wiſents ausgeſprochen und die 
Regelung ſeines Abſchuſſes dem Armee-Oberbe⸗ 
fehlshaber vorbehalten wurde. Zur Feſtſtellung der 
Lebensweiſe des Wiſents und zur Erforſchung der 
noch unerforſchten Fauna und Flora des Urwaldes 
wurden zunächſt die bekannteſten Fachgelehrten ein⸗ 
geladen und im Juni 1916 nahm die Militär ⸗Forſt⸗ 


Briefe. 


Aus Preußen. 
Aus der preußiſchen Forſtverwaltung. 


Nutzholzverſorgung des Hand: 
werks. Durch Erlaß des Miniſters für Landwirt: 
ſchaft, Domänen und Forſten vom 15. Mai 1917 wird 
den Regierungen nahe gelegt, mit Rückſicht auf die 
ſchwie rige Lage des Handwerks etwaige rechtzeitig 
vor Beginn des Einſchlages an fie herantre tende 
Anträge des Handwerks betr. Verſorgung mit dem 
nötigen Nutzholz zu berückſichtigen und im Bedürfnis⸗ 
falle auch freihändig zu angemeſſenen Preiſen zu 
be frie digen. 


verwaltung ſelbſt die Durchforſchung in die S 
Die Tätigkeit der neuen wiſſenſchaftlichen Abte ilune 
ſoll ſich erſtrecken auf die Erforſchung des „ganzer 
Urwaldgebietes in naturwiſſen chaftlicher Hinſicht“ 
und zwar durch: 


1. Unterſuchung der geologiſchen und meteoro: 
logiſchen Verhältniſſe; 

2. Löſung von Fragen der Tier und Pflanzen— 
verbreitung; 

3. Unterſuchung biologiſch⸗ökologiſcher Fragen 
be ſonders ſolcher, die im Urwaldcharakter de 
Waldes begründet ſind. 

Dieſes Ziel foll erreicht werden durch: 

1. Bodenunterſuchungen und Anſtellung me 
te orologiſcher Beobachtungen; 

2. Studium der Tier- und Pflanzenwelt an Or: 
und Stelle in Verbindung mit hervor— 
ragenden Forſtge lehrten; 

3. Anlagen einer Sammlung geologiſche r. 
zoologiſcher und botaniſcher Objekte aus den 
unterſuchten Gebie te; 

4. Sammeln von Notizen über biologische Be 
obachtungen aller Art; 

5. Photographiſche Aufnahmen von 
urkunden“ jeder Art. 


Das geſammelte Material joll Spezialiſten zur 
Bearbeitung überge ben werden, ſobald im Sammel 
einzelner Gruppen ein gewiſſer Abſchluß erreicht ii: 
Die Veröffentlichung der Reſultate ſoll in de 
Publikationen der Militär⸗Forſtverwaltung Bialo 
wies unter dem Titel: „Bialowies in deut 
ſcher Verwaltung“ erfolgen. 

Die dem Hefte beigegebenen 86 Textabbildungen 
find vorzüglich und erhöhen noch den Wert des fet. 
inte reſſanten Inhaltes. E. 


Vatu 


ne 


Brennholzverſorgung der Be 
völkerung. Um bei der andauernden Kohlen 
knappheit der minderbemittelten Bevölkerung der 
Bre nnholzbezug nach Möglichkeit zu erleichtern und 
eine übermäßige Preisſteigerung zu veri.eiden, hat 
das Miniſterium für Landwirtſchaft, Domänen und 
Forſten durch die allgemeine Verfügung vom 25 
Juni 1917 die fgl. Regierungen ange wieſen, von 
den dieſerhalb ſchon ergangenen Verfügungen! 
einen möglichſt weitgehenden Gebrauch zu machen 
Es fet hierbei aber mit allem Nachdruck darauf zu 
halten, daß dieje Vergünſtigung ausjchlieplich zur 
Befriedigung des eigenen notwendigen Jahresbe 


darfs unter Anrechnung der etwa ſonſt zur Ber: 
fügung ſte henden Brennſtoffe benutzt werde und 
daß jeder Fall mißbräuchlicher Benutzung oder der 
Weiterveräußerung des überwieſenen Holzes den 
Verluſt der Vergünſtigung nach ſich ziehe. Außer 
dieſen vorzugsweiſen Brennholzabgaben und 
außer den im § 28 der Oberförſter⸗Geſchäftsanwei⸗ 
ſung bereits vorgeſehenen Fällen ſollen freihändige 
Holzabgaben zur Deckung des Ortsverbrauchs in der 
Regel nur zur Selbſtwerbung zu angemeſſenen 
Preiſen abgeſchloſſen werden. 

Erhöhtes Gewicht ſei für die Befrie digung 
des Ortsbedarfs auf die Verſteigerungen mit 
beſchränktem Wettbewerb zu legen. Bei zweck⸗ 
mäßiger, dem Bedarf der Selbſtverbraucher ange⸗ 
paßter Losbildung und nicht zu geringem Angebot 
von Holz verſchiedener Sortimente in ein und dem⸗ 
ſelben Termin ſolle der verſteigernde Beamte ein: 
möglichſt gerechte Verteilung des verfügbaren Holzes 
unter die Bieter anſtreben. Wie er dies am zweck⸗ 
mäßigſten erreiche, müſſe ihm im Rahmen ſeiner 
Zuſtändigkeit überlaſſen bleiben. Weſentlich ſei nur, 
daß er etwaige beſondere Maßnahmen in die Ver⸗ 
kaufsbedingungen aufnehme oder wenigſtens vor 
Beginn der Verſteigerung bekannt gebe. Der Teil 
des Brennholzes, der für die Befriedigung des 
Ortsbedarfs und der kleineren Selbſtverbraucher nicht 
in Frage komme und der nicht etwa für unmittelbare 
Zwecke der Kriegsinduſtrie (Verkohlung) außerdem 
noch zurückgehalten werden müſſe, feiim allgemeinen 
für den Holzhandel und für die größeren Selbſt⸗ 
verbraucher unter entſprechender Losbildung und 
tunlichſt in beſonderen Handelsterminen auszu⸗ 
bieten oder nach dem Ermeſſen der kgl. Regierung 
auch freihändig zu angemeſſenen, der Marktlage 
entſprechenden Preiſen zu verkaufen. Dabei ſei zur 
Erſparung von Transportmitteln auf tunlichſte 
Abkürzung der Transportwege nach Möglichkeit 
Rückſicht zu nehmen. 

Bei freihändigen Verkäufen für kriegsinduſtrielle 
Zwecke ſei Vorlage einer Beſcheinigung der zu- 
ſtändigen Kriegsamtsſtelle über Zweck und Höhe des 
Jahresbedarfs ſowie eine Verpflichtung des Käufers 
zur Lieferung des gekauften Holzes oder der daraus 
gewonnenen Produkte an die Heeresverwaltung zu 
verlangen und der Kriegsamtsſtelle Menge und Preis 
des verkauften Holzes zur Kontrolle mitzuteilen. 
Selbſtverbraucher ſollen bei allen freihändigen Ber- 
käufen bevorzugt werden. 

Nutzholzlieferung für den Heeres 
bedarf. In Ausführung des Grundgedankens, daß 
während des Krieges bei der örtlichen Regelung des 
Einſchlages und beim Verkaufe des Holzes die Rück⸗ 


— 


1) Vergl. Seite 170, 1916. 


271 


ſicht auf die Befriedigung des Heeresbedarfs unter 
tunlichſter Schonung der Transportmittel in erſter 
Linie maßgebend ſein müſſe, beſtimmte der Miniſter 
für Landwirtſchaft uſw. unter dem 26. Juni 1917 
folgendes: 

Wenn die Abfuhrgelegenheit für einen beſtimmten 
Revierteil beſonders günſtig erſcheint, ſind die 
Schläge auch aus anderen Revierteilen möglichſt 
dorthin zu vereinigen. Zu dieſem Zwecke müſſen 
unter Umſtänden Beamte und Arbeiter aus mehreren 
Schutzbezirken auf eine Schlagſtätte zuſammen⸗ 
gezogen werden. Dieſe Zuſammenfaſſungen, aus 
denen fih auch für die Unterbringung und Ver 
pflegung von Kriegsgefangenen weſentliche Er- 
leichterungen und Erſparniſſe ſowohl für die Ver⸗ 
waltungen wie für die ſelbſtwerbenden Käufer er⸗ 
geben würden, finden ihre Grenze nur in den Ent- 
fernungen, welche Beamte, Arbeiter und Geſpanne 
bis zum Schlage zurückzulegen haben. Kahlſchläge 
anf großen Flächen kommen beſonders auch da in 
Frage, wo die Maſſe des in einer Richtung abzu⸗ 
fahrenden Holzes die Anlage von Wald bahnen 
ermöglicht. Die Hauungspläne müſſen die Mög⸗ 
lichkeit einer zweckmäßigen Befriedigung des Holz⸗ 
bedarfes der für die Heeresverwaltung arbeitenden, 
dem Walde benachbarten Sägewerke ſicherſtellen, 
wobei für den Begriff „benachbart“ nicht die geo- 
graphiſche Lage des Sägewerks ſchlechthin, ſondern 
unter Berückſichtigung ſeiner Verbindung mit dem 
Walde auf Straßen, dem Schienen- oder Waſſerwege 
maßgebend iſt. Um ein einheitliches Vorgehen zu 
gewährleiſten hat ſich der Oberförſter vor Aufſtellung 
der Hauungspläne durch Rundfrage bei der zu- 
ſtändigen Kriegsamtsſtelle und den Sägewerken, 
eventuell auch den Nachbaroberförſtereien darüber 
zu unterrichten, welche Sägewerke für ſein Revier 
in Frage kommen und wie hoch der Rundholzbedarf 
jedes einzelnen unter Berückſichtigung ſeiner Holz⸗ 
vorräte und bereits abgeſchloſſenen Käufe bis läng⸗ 
ſtens zum Schluſſe des kommenden Wirtſchaftsjahres 
zu veranſchlagen iſt. Er hat auf Grund dieſer Er- 
mittelungen ſodann bereits im Hauungsplane da- 
rüber Vorſchläge zu machen, welche Schläge den 
einzelnen Sägewerken zuzuteilen, welche für Be⸗ 
friedigung des Lokalbedarfs und welche für den 
freien Verkehr zu beſtimmen ſind. Die Vorſchläge 
ſind von den Inſpektionsbeamten zu prüfen. Wenn 
mehrere Reviere für die Verſorgung des Sägewerks 
in Frage kommen oder mehrere Sägewerke gleich 
günſtig zu demſelben Revierteil gelegen oder aus 
anderen Gründen gleich berückſichtigenswert er- 
ſcheinen, wird bei Feſtſtellung der Pläne endgültige 
Entſcheidung getroffen. Erweiſen ſich die Geſamt— 
anforderungen an das Revier als zu hoch, ſo ſind ſie 
verhältnismäßig zu kürzen. Jedenfalls muß außer 

36* 


272 


den Anforderungen für den Heeresbedarf auch der 
dringendſte Ortsbedarf befriedigt und darüber hinaus 
möglichſt auch noch ein angemeſſener Teil des Ein⸗ 
ſchlags für den freien Handelsverkehr verfügbar ge⸗ 
halten werden. Bei Verſorgung der für den Heeres- 
bedarf arbeitenden Sägewerke muß ungeachtet der 
hiergegen beſtehenden Bedenken und der zu er 
wartenden Einwände der freihändige Ber 
kauf die Regel bilden, weil der für das ganze Ver: 
fahren maßgebende Grundſatz: Sicherſtellung des 
Heeresbedarfs unter wirtſchaftlich beſter Ausnutzung 
der Transportmittel ſonſt nicht durchgeführt werden 
kann, ſeine Durchführung aber mittlerweile zu einer 
zwingenden Notwendigkeit geworden iſt. Nur wenn 
mehrere Sägewerke für den Bezug aus demſelben 
Revier gleich berückſichtigungswert erſcheinen und 
eine befriedigende Löſung anderweitig nicht ge: 
funden werden kann, kommt öffentlicher Verkauf 
gegen das Meiſtgebot unter Beſchränkung des Wett— 
bewerbs auf dieſe Werke in Frage. 

Unter Heeresbedarf im Sinne dieſer Verfügung 
iſt der unmittelbare Bedarf der Front an Brettern, 
Bohlen, Kant⸗ und Rundholz ſowie der Bedarf für 
andere nach der Beſcheinigung der zuſtändigen 
Kriegsamtsſtelle gleich dringliche mittelbar oder 
unmittelbar im Heeresintereſſe liegende Lieferungen 
zu verſtehen. 

Als Gegengewicht gegen die unſtreitig hierin 
liegende Bevorzugung der für den Heeresbedarf 
arbeitenden Werke find dabei aber folgende Geſichts⸗ 
punkte ſorgfältig zu beachten: 

1. Die freihändig oder in beſchränktem Wett- 
bewerb zu beliefernden Werke haben eine für jedes 

Lieferungsrevier beſonders auszuſtellende Beſchei⸗ 
nigung der zuſtändigen Kriegsamtsſtelle beizu— 
bringen, daß ihre Vorzugsverſorgung aus dem zu 
benennenden Revier und in der beantragten Höhe 
notwendig oder dringlich ijt, und fih der Kriegs 
amtsſtelle gegenüber zu verpflichten, daß ſie das 
freihändig gekaufte Holz für den Heeresbedarf nach 
den Beſtimmungen der Heeresverwaltung ſelbſt 
oder doch für eigene Rechnung verarbeiten wollen. 

2. Weiterveräußerung an einen dritten iſt be⸗ 
züglich des auf Grund dieſer Beſcheinigung er— 
worbenen Rundholzes gänzlich zu verbieten und be- 
züglich der daraus hergeſtellten Schnittware nur mit 
Genehmigung der Kriegsamtsſtelle zu geſtatten. 
Die letztere iſt von jedem derartigen freihändigen 
Verkauf unter Angabe von Namen und Wohnort 
des Käufers, Menge, Art und Preis des verkauften 
Holzes alsbald nach Abſchluß des Verkaufes in 
Kenntnis zu ſetzen. 

3. Der Preis für freihändige Verkäufe iſt zu 
be meſſen im Anhalt an die von der Heeresverwaltung 
feſtgeſetzten Richtpreiſe unter gleichzeitiger Berück⸗ 


— 


ſichtigung der jeweiligen allgemeinen Lage d⸗ 
Nutzholzmarktes, der in dem liefernden Revier :: 
zielten durchſchnittlichen Verſte igerungspreiſe, 
weit jie als der Marktlage entſprechend ange ſet⸗ 
werden können, und endlich auch der etwa beſonds: 
günſtigen oder ungünſtigen Abfuhrlage des tr 
treffenden Schlages. 

4. Stundungen des Kaufgeldes über den in de 
allgemeinen Bedingungen feſtgeſetzten Termin h. 
aus werden bei vorzugsweiſen freihändigen V.: 
käufen grundſätzlich nicht mehr bewilligt werd. 

5. Diejenigen Käufer, welche ihren Holzbede 
für Heereslie ferungen durch freihändigen Ants: 
gedeckt haben, können von der Teilnahme an der 
Holzverſte igerungen des betr. Lie ferungsre vi! 
unter Umständen ganz oder teilwe iſe ausgeſch loi: 
werden, ſofern die zuſtänd ige Kriegsamtsſtelle iz: 
Zulaſſung nicht als im dringenden Heeresinte r“! 
liegend beſcheinigt. 

6. Selbſtwerbung durch den Käufer ijt zu be ve. 
zugen. Für Befriedigung des Lokalbedarfs und d. 
für den freien Verkehr zurückbe halte nen Tei w 
Einſchlages muß der öffentliche Verkauf gegen Mer, 
ge bot die Regel bilden, obwohl auch hier freihänt: : 
Abgaben — beſonders bei Selbſtwerbung Durch x 
Käufer — nicht ausgeſchloſſen werden follen. B. 
dem Verkauf des ſchriftlichen Angebots, weli: 
zumal in der gegenwärtigen Zeit, oft jaden bringer 
ge wirkt hat, ift dagegen im allgemeinen ke in Gebrau: 
zu mache n. Er ijt auf die jenigen Fälle zu be ſchränk 
wo Ringbildung nachweisbar zu befürchten m 

Grubenholz verkauf. In einem Cra” 
vom 27. Auguſt 1917 weiſt der Miniſter für Lare 
wirtſchaft darauf hin, daß im Wirtſchaftsjahre 17 
durch die Forſtverwaltung: 1642 516 Fm, durch | 
Käufer: 737273 Fm, im Ganzen: 2 379 789 Fe 
Grubenholz einge ſchlagen und folgende Preiſe «: 
zielt worden jind: 1. beim me iſtbieten de 
Verkauf: a) bei Werbung durch die Verwaltun: 
9,36 20,16 Mk., i. D. 18,93 Mk., b) bei Werbun 
durch den Käufer: 16,88 — 19,00 Mk., i. D. 17,45 Mi 
2. beim freihändigen Verkauf: a) t 
Werbung durch die Forſtverwaltung: 9,22 t: 
20,80 Mk., i. D. 16,05 Mk., b) bei Werbung dun 
den Käufer: 8,10—21,17 Mk., i. D. 14,94 N. 
— Mit Rückſicht auf die Lage des Geldmarktes, d 
gegen die Friede nsze it erheblich erhöhten Werbung 
koſte n und die meiſtens günſtige Abfuhrlage des t | 
große Kahlſchläge zuſamme nge faßten Holzes fei: | 
diefe Preiſe im allgemeinen als angemeſſen wi 
nicht übermäßig hoch zu bezeichnen. Würden fie in 
kommenden Wirtſchaftsjahre nicht weſentlich übe: 
ſchritten werden, dann fei anzunehmen, daß auch fi 
De Gruben verwaltungen kein Anlaß vorliegen werd. 


höhere Zeche npreiſe für Grube nholz zu bewillig 


und daß damit cine ungünſtige Rückwirkung der 
Holzpreiſe auf die Kohlenpreiſe vermieden werde. 
Es jeien daher bei freihändigen Verkäufen von 
Grubenholz aus dem Einſchlage 1918 während der 
Kriegsdauer im Durchſchnitt keine höheren Preiſe 
zu fordern, als die erzielten Verſteigerungs⸗ 
Durchſchnittspreiſe des Wirtſchaftsjahres 1917. 
In dem fragl. Erlaſſe heißt es dann weiter: 

Ich habe mich den drei Holzbeſchaffungsſtellen 
Weſt, Oft und Mitte gegenüber zunächſt bereit er- 
klärt, ihnen zuſammen ungefähr die Hälfte des in 
jedem Regierungsbezirke, mit Ausnahme von Königs⸗ 
berg und Erfurt, für 1918 veranſchlagten Gruben⸗ 
holze inſchlages, d. i. im ganzen rund eine Million 
Feſtmeter, tunlichſt zur Selbſtwerbung und in mitt- 
lerer Entfernung von den Verladeſtellen frei- 
händ ig zu einem Preiſe zu verkaufen, welcher im 
Durchſchnitt dem in dem betr. Regierungsbezirke er- 
stelten Verſte igerungs⸗Durchſchnittspre is des Wirt- 
dchaftsjahres 1917 für Grubenholz eutipricht und 
beſſen Feſtſetzung im einzelnen je nach der Beſchaffen⸗ 
leit des Holzes und der Lage des Hie bsortes den 
Regierungen überlaſſen bleibt. Zur Vorausſetzung 
habe ich bei dieſem Verkaufe gemacht: 

1. daß mir Gewähr dafür geleiſtet wird, daß das 
auf dieſe Weiſe für den Kohlenbergbau verkaufte und 
geeignete Holz vollſtändig und zu den jetzt gültigen 
Zechenpreiſen an die Gruben geliefert wird, 

2. daß an der Durchführung des Kaufgeſchäftes 
nicht etwa nur einige wenige große Firmen, die 
dadurch leicht zu einer unerwünſchten Monopol⸗ 
ſtellung gelangen könnten, beteiligt, ſondern daß 
hierzu auch kleine re, leiſtungsfähige und zuverläſſige 
Firmen — ſeien ſie mittelbare oder unmittelbare 
Zeche nlieferanten — in tunlichſt weitem Umfange 
herangezogen werden. 

Die fgl. Regierung wolle hiernach zunächſt etwa 
die Hälfte ihres für 1918 veranſchlagten Grubenholz⸗ 
einſchlags für dieſen freihändigen Verkauf in dazu 
geeigneten Schlägen auswählen und zurückſtellen. 
Ich habe es den Holzbeſchaffungsſtellen überlaſſen, 
die angebotene Menge im ganzen und nach den 
einzelnen Regierungsbezirken unter fih zu ver 
teilen. Sobald ſie ſich zu meinem Angebot geäußert 
haben, werde ich weitere Verfügung ergehen laſſen. 
Über den Reſt des Einſchlages kann die kgl. Regierung 
nach ihrem Ermeſſen wie bisher verfügen. Frei⸗ 
händige Verkäufe — möglichſt zur Selbſtwerbung — 
ſollen auch hierbei nicht ansgeſchloſſen ſein, je doch 
halte ich es für angezeigt, daß diejenigen Firmen, 
welche auf Grund der mit den Holzbeſchaffungsſtellen 
getroffenen Vereinbarungen nach Kenntnis der 
Regierung ſchon freihändig gekauft haben, tunlichſt 
nicht außerdem noch größere Poſten freihändig an 
ſich bringen, ſondern auf den meiſtbie tenden Ankauf 


73 


verwieſen werden. Ich lege beſonderen Wert darauf, 


daß nicht etwa die kleineren, aber im übrigen be⸗ 
währten und ſchon vor dem Kriege im Grubenholz⸗ 
handel tätig geweſenen Firmen unter dem Druck 
der jetzigen kriegswirtſchaftlichen Lage ihrer Selb: 
ſtän digkeit beraubt werden und dadurch für den freien 
Wettbewerb in kommenden Zeiten verloren gehen. 
Die in letzter Zeit anſcheinend häufiger verlangten 
Ausweiſe der Holzbeſchaffungsſtellen bieten gewiß 
einen guten Anhalt für die Beurteilung der Firma. 
Als unbedingt erforderlich für die Zulaſſung zum 
Verkauf ſind ſie aber nicht anzuſehen. Es genügt, 
wenn die betr. Firma dem Verkaufsleiter als zu- 
verläſſig bekannt iſt oder ſich auf Verlangen ander⸗ 
weitig über ihre Betätigung im Grubenholzhandel 
genügend ausweiſen kann. Einem dringenden 
Wunſche der Reichspoſtamtes entſprechend, ge- 
nehmige ich, daß meine Verfügung, betreffend Ver- 
tragsſtrafen bei Nichtverwendung des Kiefern- 
grubenholzes zu Bergbauzwecken, keine Anwendung 
findet auf diejenigen im meiſtbie tenden Verfahren 
erworbenen Stangen, welche als Telegraphen⸗ 
ſtangen geeignet ſind und an das Reichs⸗Poſtamt 
abge führt werden. 

Einem mehrfach geäußerten Wunſche der Holz⸗ 
be ſchaffungsſtelle Weft entſprechend mache ich ferner 
darauf aufmerkſam, daß im Rheiniſch⸗Weſtfäliſchen 
Kohlenbezirk zurzeit beſonderer Bedarf an ſchwächeren 
Stangeln von 5—14 cm Zopf beſteht. Soweit 
möglich, wolle die Kgl. Regierung dieſem Bedarf 
Rechnung tragen. Endlich bemerke ich, daß bei 
Grubenholz auch Verkäufe im Wege des ſchriftlichen 
Angebots ſtattfinden können, ſoweit ſolche für zwe d- 
dienlich gehalten werden. E. 


- — — —— 


Aus Preußen. 
Zur Vergrößerung der Oberförſtereien. 

Nach dem Haushaltsplane der Preußiſchen Forſt⸗ 
verwaltung ſollen in der Folge kleinere oder un⸗ 
wichtigere Oberförſtere ien — beides iſt bekanntlich 
nicht immer dasſelbe — eingehen und als Revier— 
förſtereien etwa mit anderen Revieren vereinigt 
werden. Die entſtehenden umfangreichen Ober- 
förſterdienſtbezirke follen mit einem erhöhten Dienſt⸗ 
aufwande ausgeſtattet werden, der unter Umſtänden 
den Höchſtſatz von 6000 Mark erreicht. Dieſer Höchſt⸗ 
ſatz verpflichtet dann den Stelleninhaber zur Hal- 
tung eines Dienſt⸗Kraftwagens. 

Heute find die derzeitigen Inhaber der aufzu— 
löſenden Oberförſtereien wohl ſchon von dieſer 
Tatſache in Kenntnis geſetzt. Wie viele in Betracht 
kommen, entzieht ſich der Kenutnis des Schreibers. 
Wohl aber weiß er, daß die Zweckmäßigkeit und 


— —ę— — amme 


Notwendigkeit der Maßnahme in forſtlichen und 
auch anderen Kreiſen ſehr verſchieden beurteilt wird. 
Es iſt eine alte, der Preuß. Forſtverwaltung an⸗ 
haftende Eigentümlichkeit, daß auch einſchneidende 
Anderungen niemals eigentlich vorher zum öffent: 
lichen Meinungsaustauſch gelangen. Welche Fülle 
von Beobachtungen, Erfahrungen, Fürſprachen und 
Warnungen gehen voraus, wenn beiſpielsweiſe in 
der Laufbahn und Stellung des Juriſten etwas 
geändert werden ſoll, welche umfangreichen Be- 
ſprechungen ſchlie ßlich in der geſetzge benden Körper 
ſchaft! Nichts von alledem bei forſtlichen Angelegen- 
heiten. Die Gründe ſind mannigfach und teilwe iſe 
nicht ſchmeichelhaft für den ganzen Stand; ſie ſollen 
hier nicht erörtert werden. Immerhin darf man 
aber wohl die Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit 
nachträglich kritiſch unterſuchen. 

Es will mir ſcheinen, als ſtände die Maßnahme 
im ſcharfen Gegenſatze zu dem, was bei uns Forſt⸗ 
wirtſchaft und Wiſſenſchaft unter Forderung der 
oberſten Behörde in der Zeit vor dem Kriege ge⸗ 
wünſcht, geplant und te ilweiſe auch in den Anfängen 
durchgeführt hatte. Man war fih doch wohl klar 
ge worden, daß die Vertie fung unſerer Wiſſenſchaft 
nach jeder Richtung hin eine weit eingehendere 
Behandlung des einzelnen Wirtſchaftsgegenſtandes 
erfordere, man] bemühte fih, den Revierverwalter 
durch Darbie tung der Literatur, durch Abhalten 
von Kurjen ꝛc. mit den Fortſchritten von Wiſſen⸗ 
ſchaft und Praxis in Fühlung zu erhalten; kurzum 
das Beſtreben war nicht zu verkennen, einen Beruf, 
de ſſen Wichtigkeit ſich heute erneut gezeigt hat, über 
das Handwerksmäßige, Schematiſche und Büro- 
kratiſche hinaus, wirklich zeitgemäß auszugeſtalten. 
Dabei, und das mußte man bei dieſer Erkenntnis, 
hatte man, allen anderen Beſtrebungen entgegen, 
am bewährten Oberförſterſyſtem feſtgehalten. Zur 
Betätigung intenſiv wirtſchaftender wiſſenſchaftlich 
mitarbe itender Revierverwalter ift es aber unbedingt 
erforderlich, daß die Reviere eine gewiſſe Größe 
nicht überſchreiten. Was früher noch möglich war, 
wird heute unter dem ſtets weiter ſich ausdehnenden 
Aufgabenkreiſe des Verwaltungsbeamten zur Un: 
möglichkeit. Sollten denn die nun eingehenden 
kleinen Reviere ſeinerzeit wirklich nur ge ſchaffen fein, 
um Stellen für Anwärter zu haben? Ich kann mir 
nicht denken, daß jemals preußiſche Behörden fo 
unfiskaliſch gedacht hätten. Jedenfalls, und das 
iſt der Sinn der langen Vorrede, wird man mir 
zugeben müſſen, daß der Revierverwalter nicht in 
die Eigenheiten ſeiner Beſtände eindringen kann 
und wird, nicht ſeiner wiſſenſchaftlichen Fortbildung 
weſentliche Zeit zu widmen vermag, der 3 Tage 
der Woche im Auto die Landſtraßen mißt und 3 Tage 
den Wuſt des Rieſenbüros erledigt. 


Man muß vorausſetzen, daß es gewichtige Gründe 
waren, welche die Verwaltung, und das bereits jetz, 
zu ihrem Schritte veranlaßten. Welche Gründe 
aber können es geweſen ſein? Iſt es die Abſicht, zu 
ſparen? Nun, ich weiß nicht, ob man die Rechnung 
einmal ganz ehrlich durchge führt hat. Auf der einen 
Seite die erhöhten Dienſtaufwandsgelder, die Re 
vierförſterzulagen, das ganze Drum und Dran der 
Umwandlung und, ſchwer zu erfaſſen aber doc 
denkbar, wirtſchaftliche Einbußen; auf der anderer 
Seite einige kärgliche Anfangsgehälter für jung 
Oberförſter. Oder es käme ein anderer Grund 
in Frage, die Unmöglichkeit nämlich, alle Stellen 
nach dieſem mörderiſchen Kriege mit Verwaltung⸗ 
be amten zu beſetzen. Die Unterlagen zu einer Nac: 
prüfung ſtehen mir im Augenblick nicht zur Ver. 
fügung, und leider ift der Krieg ja auch noch nich: 
zu Ende; aber ein Ausweg wäre m. E. auch bein 
Vorliegen eines vorübergehenden Mangels möglich 
geweſen, ohne am Beſte henden zu rütteln. Hätte 
man nicht durch Forſtſchutz⸗Beamte aus der Jah 
derjenigen, die ſich als Vertreter während ve: 
Krieges bewährt, dieje Reviere die kurze Zeitſpanne 
länger verwalten laſſen können, bis genügen 
Aſſeſſoren vorhanden ſind? Und dann, glaube ich 
hätte die Anſtellung auch ſehr junger Leute weder 
dem Staate noch der ganzen Berufsſache geſchodet. 
Oder ein anderer Weg. Es tagt ja wohl wie der ein 
Verwaltungsre formkommiſſion. Ich ahne nich, 
ob fie ihre Tätigkeit auch der Forſtverwaltung widme. 
Tut fie es aber, und erblickt endlich etwa eine zit 
gemäße Oberförſtergeſchäftsanweiſung das Lich 
der Welt, eine Geſchäftsanweiſung auf der Grun 
lage des Vertrauens zum Beamten und feiner 
gefunden Menſchenverſtande, dann wäre es wol 
möglich, die Zahl der Inſpektionsbeamten zu ver 
ringern. Ich glaube, gerade auch in den nächsten 
Jahren würde nach den Erfahrungen des Kriege 
mancher der Herrn gern bereit ſein, auf eine Ober 
förſterſtelle zurückzukehren, zumal, wenn ihm em 
neue Geſchäftsanwe iſung einen befrie digenderer 
Wirkungskreis ſichert: Da wären denn die fehlenden 
Revierverwalter, und der verminderten Zahl der 
vom Kleinkram befreiten Inſpektionsbeamten gek 
man das Auto. | 

Ganz beſonders wenig gefallen mir, ich kann ë 
nicht verhehlen, die neuen „automobilfähigen R 
viere“. Jeder Automobilbeſitzer weiß, daß mit einen | 
Jahresaufwande von 6000 Mark an die Unterhaltung | 
eines einigermaßen leiſtungsfähigen Kraftwagen 
nebſt Führer nicht zu denken ijt. Dabei find 6000 Mi. 
der angenommene Höchſtſatz, und jeder preußische 
Forſtmann weiß, daß Höchſtſätze nur in märchen. 
haften, unwahrſcheinlichen Fällen gewährt werden, 
er weiß auch, daß aus einem Die nſtaufwande noch 


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manches andere zu beſtreiten tit als nur die abr- 
gelegenheit. Man kann auch ruhig folgendes fagen: 
Der jüngere Oberförſter ohne Vermögen beſtreitet 
heute ſeinen Lebensunterhalt auf ländlicher Stelle 
aus dem geringen Bargehalt und dem Überſchuß 
des Dienſtaufwandes, der ſich durch die Arbeit ſeiner 
Pferde in der Landwirtſchaft ergibt. Beim Muto- 
mobil fällt das weg, und es iſt ſehr wohl denkbar, 
daß er zur Erzeugung der notwendigſten Lebens⸗ 
mittel auf abgelegener Stelle neben dem Automobil 
noch Pferde halten muß. — Unter allen Umſtänden 
erfolgt aber, daß ſich um die automobilfähige Stelle 
nur ein Mann bewerben kann, deffen Vermögens⸗ 


lage es ihm geſtattet, über die Unzulänglichkeit des 


Dienſtaufwandes hinwegzuſehen. Die Rieſenre viere 
aber werden nicht die unwichtigſten ſein und erhöhte 
Tüchtigkeit erfordern, die mit Reichtum ſehr wohl 
ge paart fein kann, aber es ja leider durchaus nicht 
immer ift. Es beginnt bei der Stellenbe ſetzung ein 
Umſtand mitzuſprechen, der eigentlich nicht mit- 


ſprechen dürfte, und die Mißſtimmung kann nicht 


ausble iben. Es liegt die Gefahr vor, daß ſich eine 


| Erſche inung wiederholt, die bereits vor dem Kriege 


. einmal, ob mit Recht oder Unrecht, laſſe ich dahin 


geſtellt fein, Gegenſtand bitterer Kritik war. Kurz 


: um, es gibt im Lande eine ganze Menge Forſtleute 


und andere, die andere „Übergangsmaßnahmen“ 


lieber geſehen hätten. 
Sechs Monate nach Niederſchrift dieſer Zeilen, 


deren Druck ſich verzögerte, erſcheint ſoeben im 


Septemberheft der Z. f. F. u. J. W. unter dem 
Titel „Forſtliche Aufgaben nach Friedensſchluß“ 


Reine Abhandlung des inzwiſchen verſtorbenen Kgl. 
Oberforſtmeiſters Ochwadt, welche die von mir be- 


handelte Frage auch berührt. Der erfahrene Ver⸗ 


waltungsbeamte kommt auf Grund ziemlich der- 


. ſelben Ergänzungen ebenfalls zu einer Ablehnung 
. nod) weiter gehender Zuſammenlegungen und deutet 
Mittel und Wege an, um dem vorübergehenden 


* Sok ~ 


— * Nee Fu 


i 


Mangel an Revierverwaltern zu begegnen. Seine 
Forde rung der Ausdehnung und Vertiefung forſt⸗ 
licher Arbeits⸗ und Forſchungsge bie te deckt ſich eben⸗ 
falls mit dem von mir Geſagten und den nun wieder- 
um in pejus reformierten Anſichten der Zentral⸗ 
behörde vor dem Kriege. Früchte können ſolche 
Vorſchläge eben nicht zeitigen, wenn der junge 
Beamte gleich nach Abſchluß ſeiner Studien im 
Übermaß der Alltagsarbeit erſtickt. 

Obgleich unter dem Titel „Zur Vergrößerung 
der Oberförſtere ien“ veröffentlicht, ſtehen zwei Ab⸗ 
handlungen in Nr. 32 und 36 der Silva mit der Frage 
nur im mittelbaren Zuſammenhange. In Nr. 32 
wünſcht ein Kgl. Forſtme iſter die Befreiung der 
Kgl. Oberförſter von den Gutsvorſtehergeſchäften 
und Übertragung die ſer auf einen Förſter, während 


7 


. —.— — ͤ —————— EIEEBESBSSEESESEEERSSEETEERIER) 
6 ꝗ é—ß6 p ̃7§07·cDnüu ff I . dd 


ig 
e) 


in Nr. 36 Oberförſter Dr. Buſſe dieſer Anregung 
entgegentritt. Für ſüdde utſche Leſer jet kurz gejagt, 
daß in der Regel die Oberförſterei einen ſogenannten 
ſelbſtändigen Guts⸗ und Amtsbezirk bildet und der 
Oberförſter die Geſchäfte als Guts⸗ und Amtsvor⸗ 
ſteher führt. Die Obliegenheiten des Gutsvorſte hers 
entſprechen denen des Gemeinde vorſte hers (Schul⸗ 
zen). Der Gutsvorſteher unterſteht dem Landrat, 
der ihn auch mit Disziplinarſtrafen belegen kann. 
Wenn auch in der großen Mehrzahl der Fälle der 
Forſtbezirk nur recht wenige Einwohner hat — ab⸗ 
geſehen von den fiskaliſchen Arbe iter. und Moor- 
kolonien — ſo macht ſich während der Kriegszeit 
die Arbeitslaſt infolge der täglichen Zählungen und 
Aufnahmen doch recht fühlbar, zumal die Guts⸗ 
inſaſſen zumeiſt räumlich weit auseinander wohnen. 
Der Einſender in Nr. 32 möchte daher von dieſer 
Arbeit befreit fein und betont das ſeltſame Verhält⸗ 
nis der Unterſtellung eines ſonſt koordinierten Be⸗ 
amten unter den Landrat des Kreiſes. De. Buſſe 
hat in Nr. 36 der Silva ganz recht, wenn er es un⸗ 
berechtigt findet, die Übertragung dieſer Arbeits⸗ 
laſt auf den ebenſo in Anſpruch genommenen Förſter 
zu verlangen. In der Tat ift aber heute faſt ftets ein 
Förſter Stellvertreter des Gutsvorſtehers, und in 
ſehr vielen Fällen hat eine erſprießliche Arbeits- 
teilung zwiſchen Gutsvorſteher und Stellvertreter 
ſtattge funden. Der Zuſtand, daß der im Gutsbezirk 
wohnende Oberförſter nun „Untertan“ des Guts⸗ 
vorſteher⸗Förſters würde, erſcheint doch auch nicht 
erwünſcht. Das Amt des Gemeinde: bezw. Gut- 
vorſtehers erfordert gerade heute, wie Dr. Buſſe 
ſehr richtig anführt, ein ganz beſonderes Maß von 
völlig unbe fangener unparteiiſcher Sachlichkeit, die 
um jo mehr geſichert erſcheint, je urteilsfähiger und 
unabhängiger der Inhaber des Amtes iſt. Ich meine, 
die Erfahrungen der Kriegszeit ſollten dahin führen, 
auch der ländlichen Selbſtverwaltung die ge bilde tſten 
Elemente nach Kräften zuzuführen. Eine Anderung 
des Verhältniſſes zum Landrat des Kreiſes wäre 
erwünſcht, obgleich mir in dieſer Beziehung Klagen 
nie zu Ohren gekommen find. Re ibungen kleinlicher 
Natur dürften ſich doch gerade zwiſchen höheren 
Beamten gleichen Bildungsgrades unſchwer ver- 
meiden laffen. Die Zule gung zu Gemeindebezirken 
(Eingemeindung) und damit Unterſtellung unter 
einen ländlichen Gemein devorſteher erſcheint gerade: 
zu undenkbar in Anbetracht des zu oft getrübten 
Verhältniſſes zwiſchen Dorfge meinden und benadh- 
bartem Waldbeſitz. Wer, wie Schreiber dieſer Zeilen, 
das Vergnügen hat, Untertan einer ländlichen 
Gemeinde zu ſein, wird mit Freuden die forſtfiska— 
liſchen Gutsvorſtehergeſchäfte weiterführen, trotz 
andauernder Schweine zählung und Unterſtellung 
unter den Landrat. M, 


Berichte über Verſammlungen und Ausſtellungen. 


ee S 


Die XXIV. Tagung 
des Forſtwirtſchaftsrates. 


Der XV. Hauptverſammlung des Deutſchen 
Forſtve re ins, die als erſte und hoffentlich letzte Kriegs⸗ 
tagung vom 18. bis 20. September in Erfurt ſtatt⸗ 
fand, ging am 18. September die XXIV. Tagung 
des Forſtwirtſchaftsrates im Haus Koſſenhaſchen 
voraus. Sie hatte in erſter Linie die für die Haupt⸗ 
verſammlung zur Beratung ſtehenden Fragen vor⸗ 
zubereiten, und es war daher folgende Tage sord⸗ 
nung für ſie aufgeſtellt worden: 

A. Geſchäftliche Fragen. 

1. Satzungsände rungen. 

Berichterſtatter: Regie rungsdirektor Dr. 
Wappes. i 
2. Vorbe re itung der Neuwahl des Vorſtandes. 
Berichterſtatter: Der Vorſitzende. 

3. Vorbereitung der Neuwahl der Landesob⸗ 
männer und Neuwahl der Vertreter der forſt— 
lichen Hochſchulen. 

Berichterſtatter: Der Vorſitzende. 

4. Neuwahl des Generalſekretärs. 
Berichterſtatter: Der Vorſitzende. 

5. Haushaltungsplan 1917 und 1918. 
Berichterſtatter: Der Generalſekre tär. 

B. Sonſtige Vorlagen. 

1. Kriegswirtſchaftliche Fragen. 

Eingeleitet durch n Dr. 
Wappes. 

2. Anträge und Anfragen aus der Verſammlung. 

Die Mitglieder des Forſtwirtſchaftsrates hatten 
der Einladung ſehr zahlreich Folge geleiſtet. Auch die 
Vertreter einiger Staatsforſtverwaltungen nahmen 
als Gäſte an den ſehr anregend verlaufenen Ver- 
handlungen teil. Die Leitung lag in den Händen 
des Geh. Oberforſtrats Dr. Ne ume iſter⸗Dresden. 

Den größten Teil der von 9½—1 und von 3 —6 
Uhr dauernden Sitzung nahm die Beratung der 
Satzungsänderungen in Anſpruch. Als Vorſitzender 
der Satzungskommiſſion berichtete Regierungs⸗ 
direktor Dr. Wappes über den Entwurf der 
Satzungsände rungen und beantragte feine Annahme. 
Den meiſten der vorgeſchlagenen Anderungen wurde 
dann auch ohne weitere Debatte zugeſtimmt. Lange 
Eröterungen rief dagegen der $ 7 der Satzungen in 
ſeiner neuen Faſſung hervor, der von den Mitglieder: 
beiträgen handelt. Nach $ 3 werden ordentliche und 
auße rordentliche Mitglieder des Deutſchen Forſt⸗ 
vereins unterſchieden. Als ordentliche Mitglieder 
können eintreten: „ 


Der Forſtwirtſchaftsrat trug jedoch in feiner Mehr. 


a) beruflich vorge bildete de utſche Forſtmänner, 

b) deutſche Waldbeſitzer, Forſtverwaltungen und 
ſonſtige Vertretungen des Waldbeſitzes, 

c) Forſt⸗ und Waldbeſitzervere ine, die ihren Sir 
im Deutſchen Reiche haben. | 

Für die ordentlichen Mitglieder der unter a; 
und c) bezeichneten Art hatte die Satzungskommiſſio 
einen Jahresbeitrag von 6,— Mk. vorgeſchlagen. 


heit Bedenken, dieſen Beitrag zu erhöhen, und ſtell. 
den bisherigen Satz von 5, — Mk. wieder her. Nad- 
dem die Hauptverſammlung die Anträge des Fori 
wirtſchaftsrates angenommen hat, bleibt alſo de: 
bisherige Beitrag von 5,— Mk. beſtehen. Ein: 
weſentliche Anderung haben dagegen die Beitrag: f 
der ordentlichen Mitglieder unter b) erfahren. di 

deutſchen Staatsforſtverwaltungen zahlen in 31: 

kunft einen mit dem Vorſtande zu vereinbarenk: | 
Jahresbeitrag. Für die waldbeſitzenden Gemeinden 
Körperſchaften und Privaten — der Springen: 

Punkt der ganzen Satzungsre form, von defi: 

Regelung die zukünftige Entwicklung des Deut: ` 
Forſtvere ins und feiner Organe, vor allem alfo n 
Forſtwirtſchaftsrates und der „Geſchäftsſtelle“ (m 
„kriegswirtſchaftliche Angelegenheiten“ begründet, 
abhängt — war zunächſt nach eingehender Beratun; 
ein Beitragsſatz von 2 Pfg. für das ha Waldflac: 
beſchloſſen worden. Bei der Beratung über der 
Punkt 5 der Tagesordnung — Haushaltplan 1" 
und 1918 — ſtellte fih jedoch heraus, daß der Mu 
wand für die „Geſchäftsſtelle“, wenn fie, wie un 
bedingt erforderlich und nun auch beſchloſſen, ein 
dauernde Einrichtung bleiben und ihre Tätigki. 
nicht von vornherein wieder eingeſchränkt werder 
ſoll, recht erheblich ſein wird. Es wird mit einen 
Ausgabe betrage von 80 000 bis 100 000 Mk. ge. 
rechnet werden müſſen, und dazu würde der Bertie: 
der Waldbeſitzer von 2 Pfg. für das ha Waldflad 
bei weitem nicht ausreichen, denn mit dem in W: 
ſicht geſtellten erheblichen Beitrag des Reiches un 
höheren als den bisherigen Beiträgen der Bunde” 
ſtaaten bezw. Staatsforſtverwaltungen kann mi. 
Sicherheit vorerſt ebenſo wenig gerechnet wen 
den wie mit einer weſentlichen Erhöhung der be | 
tragspflichtigen Gemeinde» und Privatwaldfläch. | 
Auf Grund diefer Erwägungen wurde der Jahre: 

beitrag der Waldbeſitzer auf 5 Pfg. für das ha Walt 

fläche heraufgeſetzt, nachdem die Vertreter vel 

ſchiedener Großwaldbeſitzer erklärt hatten, daß ft 

im Jutereſſe der Erhaltung und günſtigen Ent 

wicklung der „Ge ſchäftsſtelle“ gegen dieſen Sal 


— — — — 


277 


nichts einzuwenden hätten. Die „Geſchäftsſtelle“ 
habe jih be währt, und ihre Erhaltung jei unbedingt 
notwendig, wenn die angeftrebte Hebung der Be- 
deutung und des Einfluſſes des Deutſchen Forſt⸗ 
vereins und des Forſtwirtſchaftsrates erreicht werden 
ſolle. Die dauernde Einrichtung einer „Geſchäfts⸗ 
itelle” verurſache j doch hohe Ausgaben, und die ſe 
müßten naturgemäß in erſter Linie von denjenigen 
Mitgliedern des Zoritvereins aufge bracht werden, 
die den Hauptvorteil von der Tätigkeit der Ge- 
ſchäftsſtelle haben würden. — Der Beitrag der 
außerordentlichen Mitglieder des Deutſchen Forſt⸗ 
vere ins, als welche 

a) Fre unde des deutſchen Waldes, 

b) Forſtfachleute und forſtliche Vereine des 

Auslandes 
aufgenommen werden können, wurde nach dem 
Vorſchlage der Satzungskommiſſion auf 3,— Mk. 
jährlich fe ſtge ſetzt. 

Die geſchäftlichen Fragen zu den Punkten 2 bis 4 
wurden raſch und glatt erledigt. 

Zur ſatzungsgemäß⸗ n Neuwahl des Vorſtandes 
beſchloß der Forſtwirtſchaftsrat, der Hauptverſamm⸗ 

lung folgende Herren vorzuſchlagen: den Hofkammer⸗ 
präſidenten Exzellenz von Baſſewitz⸗ Gotha 
als 1. Vorſitzenden, den Kgl. Bayer. Regierungs⸗ 
dire ktor Dr. Wappes⸗Spey er als 2. Vorſitzenden, 
den Geh. Regierungsrat Landesforſtrat Quaet⸗ 
saslem- Hannover als 3. Vo ſitzenden und den 
Kgl. Preuß. Oberforſtmeiſter Kranold⸗Marien⸗ 
werder und den Grafen von und zu Weſter⸗ 
holt-⸗Gyſenberg⸗Haus Sythen als Beiſitzer 
oder Stellvertreter. 

Den vom Vorſtande gemachten Vorſchlägen zur 
Neuwahl der Lande sobmänner und der Vertreter 
der forſtlichen Hochſchulen wurde ebenfalls zugeſtimmt, 
während die Neuwahl des Generalſekretärs (Haupt⸗ 
Geſchäftsführers) dem künftigen Vorſtande über⸗ 
laſſen werden ſoll. 

Zu Punkt 5 wurde beſchloſſen, daß zur Deckung 
des Defizits der Geſchäftsjahre 1917 und 1918 das 
Kapitalvermögen des Jorſtvere ins durch Verkauf 
von Krie gsanle ihen ange griffen werden foll. Außer⸗ 
dem follen der „Geſchäftsſtelle“ 10 000 Mk. als 
Reſerve zur Verfügung geſtellt werden, für den 
Fall, daß die laufenden Einnahmen aus den Jahres⸗ 
be iträgen nicht ausreichen werden. 

Da die Zeit ſchon zu ſehr vorgeſchritten war, 
konnte in die Beratung der kriegswirtſchaftlichen 
Fragen, die in der Juli⸗Sitzung in Berlin ſchon ein⸗ 
gehend behandelt worden waren, nur noch kurz 
eingetreten werden. Der Kriegsausſchuß hatte in 
einer Sitzung vom 17. September beſchloſſen, in 
einer Eingabe an das Reichsernährungsamt zu be⸗ 


' antragen, daß den für die Holzabfuhr eingeitellten 1 


1917. 


Pferden der gleiche Satz von Hafer und Kartoffeln 
be willigt werden möge, wie den in der Landwirtſchaft 
beichäftigten Pferden. Die ſem Beſchluſſe trat der 
Forſtwirtſchaftsrat bei. | 


Litauen. im — 1917. Prof. Dr. We be r. 


—ñ — 


Tagung des deutſchen Forſtvereins am 
18., 19. und 20. September 1917zu Erfurt. 


Die XV. Verſammlung des Deutſchen Forſt⸗ 
vereins zu Erfurt war trotz des Krieges ſehr zahl⸗ 
reich beſucht. Ueber 200 Mitglieder des Vereins 
hatten ſich am Abend des 18. September im Hauſe 
Koſſenhaſchen aus allen Teilen Deutſchlands und 
ſelbſt aus den beſetzten Gebieten zuſammenge funden. 
Die Verhandlungen nahmen am 19., vormittags 
10 Uhr im Rathaus zu Erfurt ihren Anfang. Ge⸗ 
heimer Oberforſtrat Neume iſter⸗Dresden, der ſtell⸗ 
vertretende Vorſitzende des Vereins, begrüßte die 
Verſammlung und wies auf die Wichtigkeit der zur 
Beratung ſtehenden Fragen hin. Mit warmen 
Worten gedachte er der auf dem Felde der Ehre ge⸗ 
fallenen Helden, deren Andenken unverge ßiich bleiben 
wird. Mit einem Hoch auf S. M. den Deutſchen 
Kaiſer und dem Gelöbnis der Treue zu Kaiſer und 
Vaterland ſchloß er die einleitenden Worte. Als 
Vertreter der örtlichen Forſtverwaltung begrüßte 
Oberforſtmeiſter Runnebaum, Erfurt, im Namen 
der königlichen Regierung die Verſammlung. Er 
wies darauf hin, daß der Ernſt der Zeit es nicht zu⸗ 
lic ße, den Vertretern des Deutſchen Forſtvereins 
einen Empfang, wie er in Friedenszeiten üblich 


war, zu bereiten. 


Nach Eintritt in die Verhandlungen wurde zur 
Neuwahl des Vorſitzenden, der Beiſitzer und der 
Lande sobmänner geſchritten. Zum Vorſitzenden 


des Deutſchen Forſtvereins wurde Se. Exzellenz Hof⸗ 


kammer⸗Präſident von Baſſe witz, Gotha, einſtimmig 
gewählt. Zum erſten Beiſitzer Regierungsdirektor 


Dr. Wappes, Speyer, zum zweiten Beiſitzer Geh. 


Regierungsrat Landesforſtrat Quaet⸗Faslem, 
Marienwerder, und Graf Weſterholt, Sythen. 
Zu Lande sobmännern und deren Vertreter wurden 
nach § 11 der Satzungen beſtimmt für: 

O ſtpreußen, Weſtpre uen und Po- 
je n: Majoratsherr von Kalckſte in, Schultitten, als 
Stellvertreter Oberforſtmeiſter von Sydow, Königs⸗ 
berg; . 

Brandenburg: Graf Find von Fincken⸗ 


ſte in, Troſſin, und kgl. Kammerherr von Waldow⸗ 
| Reitzenſtein, Königswalde: 


Schleſien: „ Oberforftmeifter Krieger, Liegnitz, 
und Generaldirektor von Schwarzkopf, Ratibor; 
Sachſen, Schleswig, Pommern: 
i 37 


Oberforſtmeiſter Runnebaum, Erfurt, und Ritter- 
gutsbeſitzer von Dieſt, Zeitlitz; 

Hannover, We ft fale n: Geh. Regierungs- 
rat Landesforſtrat Quaet⸗Faslem, Hannover, und 
Graf Weſterholt, Sythen; 

Heſſen⸗Naſſau, Rheinland und 
Hohenzollern: Rittergutsbeſitzer von Bodel⸗ 
ſchwingh, Steinhauk, und Graf Droſte zu Viſchering, 
von Neſſelrode⸗Reichenſtein in Herten, Weſtfalen; 

Ober- Nieder⸗Bayern, Sdhwa- 
ben, O b erpfalz: Regierungsdirektor Löſch, 
Munchen, Rittergutsbeſitzer Freiherr von Cetto, 
München, zum Stellvertreter Gutsbeſitzer von 
Schilcher, Diteramszell, Ober⸗Bayern; 

Ober, Mittel, Unter⸗ Franken 
und Pfa la: Profeſſor Dr. von Mammen, Schloß 
Brandſte in bei Hof a. d. Sadie; und Freiherr von 
Thüngen; 

Württemberg: Oberforſtrat Dr. Speidel, 
Stuttgart, und Oberhofkammerrat von Völter, 
Stuttgart; | 

Baden: Geh. Oberforſtrat Gretſch, Karlsruhe, 
und Forſtmeiſter Waag, Ettlingen; 

Königreich Sachſen: Geh. Oberforſtrat 
Dr. Ne umeiſter, Dresden, und Fürſtlicher Forſtrat 
Gerlach⸗Tharandt. | 

Elſaß-Lothringen: Landesforſtmeiſter 
Pilz, Straßburg; und Forſtmeiſter Seybold, Barr; 

Großherzogtum Heffen: Geh. Ober: 
forſtrat Dr. Walther, Darmſtadt, und Geh. Forſtrat 
Schwarz, Obereſchbach i. Ts. 

Thüringen: Hofkammerpräſident Exzellenz 
von Baſſewitz, Gotha, und Rittergutsbeſitzer von 
Eichel⸗Streiber, Oppershauſen, Kreis Langenſalza; 

Mecklenburg: Oberforſtmeiſter von Oertzen, 
Gelbenſande, und e von Arenſtorf in 
Ste införde; 

Bra unſchweig: Oberforſtrat Reuß, Deſſau, 
und Landesforſtmeiſter Dr. Grundner, Braunſchweig 

Den wichtigſten Gegenſtand der Verſammlung 
bildete die Beſchlußfaſſung über die Satzungs⸗ 
änderung. Eine Anderung der Satzungen des 
Deutſchen Forſtvereins war ſchon feit längerer Zeit 
angeſtrebt. Ihre Durchführung im Kriege wurde 
aber beſonders dringlich durch die Errichtung der 
Geſchäftsſtelle in Berlin und durch die damit not⸗ 
wendige Erhöhung der Waldbeſitzer⸗Beiträge. Regie⸗ 
rungsdirektor Dr. Wappes hatte die Begründung 
der Satzungsänderung übernommen, deren Ziel 
dahin geht, dem Verein durch den Zuſammenſchluß 
von „Sachkunde und Kapitalkraft“ den nötigen 
Einfluß zu verſchaffen und damit eine ſtärkere Vers 
tre tung der Forſtwirtſchaft und des Balbh? Ni: 3 
herbeizuführen. 

Als e Gegner der! von Dr. Wappes pore 


2 


78 R 
geichlagenen Änderungen vertrat Forſtmeiſter Jun 
den Standpunkt, daß der Deutſche Forſtperein 
wegen ſeiner Größe nicht lebensfähig genug ki 
Er will die Dezentraliſation, weil er annimmt, dar 
fruchtbare Arbeit nur in den Landes⸗ und B: zie 
vereinigungen, d. h. in kleinerem Kreiſe geleistet 
wird. Die beantragte Ausſetzung der Be ſchlußfaſſun. 
und die Überweiſung des Stoffes an eine 3 
wurde jedoch bei der Abſtimmung abgelehnt. 
ſeiner Erwiderung auf die Junakſchen Boric 
macht Dr. Wappes geltend, daß gerade der Mang: 
an Geld den Verein ſeither an einer wirkſamen Čr: 
faltung gehindert habe. Von einer Erweiterung w: 
„Mitteilungen des Deutſchen Forſtvereins“ in ein 
Bekanntmachungs- und Inſertions⸗Organ muß au. 
für die Folge abgeſehen werden, da die „Sile 
und der „Holzmarkt“ für die Veröffentlichungen be: 
Vereins offenſtehen. Eine Ausſetzung der Beſchluß 
faſſung über die Erhöhung der Beiträge würde di 
Auflöſung der Berliner Geſchäftsſtelle zur Fole 
haben. Dieſe ift aber gerade im Kriege beſonder 
nötig, damit eine enge Fühlung mit dem Kriegsar— 
und der Kriegswirtſchaft erhalten bleibt. . 
künftiger Beitrag der Waldbeſitzer wurden Mk. 54- 
für je 1000 Hektar in Vorſchlag gebracht. Als V | 
tre ter des Privatwaldbeſitzes erklärte Se. Durchlau⸗ 
Fürſt zu Caſtell⸗Caſtell fein Einverſtändnis mitt: 
Ausführungen des Regie rungsdirektors Dr. Wap 
Gerade für den Privat⸗Waldbeſitz hält er w 
Schaffung der Geſchäftsſtelle für notwendig, da de 
Staatswald in der Regierung feine Vertretung b: 
reits beſäße. Mit der Erhöhung der Beiträge iter 
einverſtande n. 

Oberforſtrat Eigner, Regensburg, von der Thur 
und Taxis ſchen Verwaltung hält die gefordert: 
Beiträge zwar hoch, will aber für deren Bewilligur: 
ſtimmen, vorbehaltlich einer Prüfung der Arbit 
ergebniſſe der Geſchäftsſtelle. 

Profeſſor Dr. Weber⸗Gie ßen ſprach der Satzung: 
kommiſſion, die feit 1913 der mühevollen Arbeit w 
Satzungsänderung ſich unterzogen hat, insbeſonden 
aber Herrn Reg.⸗Direktor Dr. Wappes, den Don 
der Verſammlung aus. 

Nachdem Dr. Wappes nochmals die Notwendin 
keit der Errichtung der Berliner Geſchäftsſtelle be 
gründet und den Großwaldbeſitzern für die Bereit 
ſtellung der Gelder gedankt hat, wird von der N. 
ſammlung die Errichtung der Geſchäftsſtelle er | 
gültig genehmigt und ihr aus dem Vereindvermägt : 
ein Reſervefonds von Mk. 10 000.— bewillin 

Auf Antrag des Präſidenten Schwarzkopf wurd 
alsdann beſchloſſen, der Berliner Geſchäftsſtelle ein | 
Geſch äftsordnung zu geben, mit deren Auffſtellun 

ein Ausſchuß beauftragt wurde. In dieſen Ausian! 
wurden gewählt: Forſtmeiſter Heyer, Laufen 


I 
a 


Weber, Präſident von Schwarzkopf, Oberforſtrat 
Eigner, Generaldirektor von Garnier und Graf 
Weſterholt. 

Nachdem die Verſammlungsteilnehmer in den 
Räumen des Hauſes Koſſenhaſchen ein gemein⸗ 
ſchaftlichesMittagsmahl eingenommen hatten, wurde 
um 3 Uhr nachmittags die Sitzung wieder eröffnet 
durch eine Anſprache Sr. Exzellenz des Hofkammer⸗ 
präſidenten von Baſſe witz, der für feine Wahl dankte 
und der auch für die übrigen gewählten Vorſtands⸗ 
mitglieder und Obmänner den Dank ausſprach. 

Beider Beſprechung kriegswirtſchaftlicher Fragen 
hielt Hauptmann Hedler vom Kriegsamt einen Vor: 
trag über die Holzwirtſchaft im Kriege. Da ein 
großer Teil der Ausführungen als vertraulich zu 
betrachten iſt, wird von einer unvollſtändigen Wieder⸗ 
gabe ſeiner Ausführungen abgeſehen. 

Direktor Schürhoff von der Neſſelfaſerverwer⸗ 
tungsgeſellſchaft Berlin ſprach von den Beſtrebungen, 
einen geeigneten Erſatz für Baumwolle zu ſchaffen. 
Nach vielen Verſuchen hat fid hierzu die Brenn- 
neſſelfaſer am geeignetſten erwieſen, fo daß fie als 
gleichwertiger Rohſtoff für Baumwolle in Betracht 
kommt. Seine Ausführungen endeten mit der Auf- 
forderung an die Deutſchen Forſtleute, dem Anbau 
und der Gewinnung der Brenneſſel ihre ganze 
Aufmerkſamkeit zuzuwenden.“) 

Nach Schluß der Sitzung zeigte Profeſſor Dr. 
Wislicenus, Tharandt, eine Sammlung von Roh⸗ 
harz: und Terpentinerzeugniſſen, die in einem 
Nebenzimmer aufgeſtellt waren. 

Der 20. September führte die Teilnehmer der 
Deutſchen Forſtverſammlung in die Oberförſterei 
Georgenthal. Oberförſter Oelkers, Mitglied der 
Geſchäftsſtelle des Deutſchen Forſtvereines Berlin 

gab einen Überblick über den derzeitigen Stand der 
Rohharzge winnung. Der Vortragende beſchränkte 
ſich auf die Vorführung der Verfahren, die zur Zeit 
allein in Frage kommen. Es ſind dies bei der Kiefer 
das Lachten⸗ und das Riſſer⸗Verfahren, bei der 
Fichte das Thüringer und Sächſiſche Verfahren. 
Das Lachtenverfahren an der Kiefer iſt beſonders 
ausgebaut von Forſtmeiſter Dr. Kienitz⸗Chorin 
(Schwalbe nneſt), von dem Förſter Heinrich in 
Gottow (Blechgrandel mit Deckel) und von dem 


79 


Förſter Kuhn in Luckenwalde (Blechgrandel mit 
verſtärktem Eiſenblech). Die zum Röten und zur 
Anlage der Lachte benötigten Werkzeuge wurden 
ebenfalls vorgezeigt. Der Ertrag beim Lachten⸗ 
verfahren an der Kiefer ſtellt ſich auf ungefähr 
2—3 Doppelzentner j: Hektar. Ergiebiger ift das 
Riſſerverfahren nach Splettſtößer, bei dem über 5 und 
mehr Doppelzentner Balſamharz je Hektar ge⸗ 
wonnen werden. Die Ernte des Harzes iſt Frauen⸗ 
arbeit, ob die Anlage der Lachten bezw. Riſſe von 
Frauen vorgenommen werden kann, wird von man⸗ 
chen Seiten behauptet, von anderen beſtritten. Das 
kombinierte Verfahren an der Kiefer iſt eine Ver⸗ 
bindung des Riſſerverfahrens mit dem Lachten⸗ 
verfahren. Die Rohharzgewinnung an der Fichte 
iſt weniger ergiebig. Das ſächſiſche Verfahren und 
das Thüringer Verfahren unterſcheiden ſich eigentlich 
nur durch die angewandten Werkze une. 

Mit Spannung ſah man den Leiſtungen der von 
dem Oberförſter Schultz, Mitglied der Geſchäfts⸗ 
ſtelle in Berlin, vorgeführten Baumfällmaſchine 
„Sektor“ entgegen. Leider arbeitete die Maſchine in- 
folge verſchiedener Störungen nicht ſo, wie man er⸗ 
wartete. Einer Einführung der Maſchine in die 
Praxis ſtehen auch während des Krieges unüber⸗ 
windliche Schwierigkeiten entgegen. Immerhin 
kann damit gerechnet werden, daß die Maſchine nach 
notwendigen Verbeſſerungen ſpäterhin vielleicht zu 
größerer Bedeutung gelangen wird. Die Köln- 
Deutzer Gasmotorenfabrik hatte einen Motor auf- 
geſtellt, der beim Rücken der Stämme an Wege und 
Straßen Verwendung finden ſoll. Den Schluß des 
Waldganges bildeten die Vorführungen von Ma⸗ 
ſchinen des Förſters Hch. Büttner zu Eifa i. O.⸗H. 
Es wurden die Bau mwinde vorgeführt, der Bahn- 
leiſtenwaldteufel und die übrigen bekannten Büttner⸗ 
ſchen Forſtgeräte. 

Ein ſonniger Spätherbſtnachmittag war den 
Teilnehmern der Deutſchen Forſtverſammlung be⸗ 
ſchieden, als ſie als Gäſte Sr. Hoheit des Herzogs 
von Sachſen⸗Coburg⸗Gotha im Kurhaus Schüß:n- 
hof in Georgental zum letzten Male ſich zuſammen⸗ 
fanden. Unter mancherlei Reden aus der Verſamm⸗ 
lung gingen die letzten Stunden im Fluge dahin, 
bis die Zeit der Abreiſe gekommen war und die 
Gäſte auseinander führte. Dr. Baader. 


Notizen. 


7 


A. Aufruf an alle Jäger! 
Bei der Knappheit an Rohſtoffen für das Webſtoffgewerbe 
hat ſich die Aufmerkſamkeit auf die Brenneſſel (Urtica 
dioica) als Faſerpflanze gelenkt. | 

1) Vergl. auch die Notiz „Aufruf an alle Jäger“ in 
dieſem Hefte. D. Red. 


Zu ihrer Nutzbarmachung iſt durch die Heeresverwaltun 
am 6. Juli 1916 die „Neſſelfaſer⸗Verwertungs-Geſellſchaft 
m. b. H.“ Berlin W. 66, Wilhelmſtr. 91, gegründet worden. 

Der Betrieb dieſer Geſellſchaft iſt nicht auf Erwerb ge- 
richtet, verfolgt vielmehr ausſchließlich gemeinnützige Zwecke. 
Ein etwa ſich ergebener Überſchuß iſt an das Reich abzuführen. 

Das Einſammeln ſoll in erſter Linie durch Kinder unter 


37° 


[Tr 


Anfficht von Lehrern uſw. erſolgen, doch ijt auch die Mithilfe 
E rwachſener erwünſcht. | | 
Hier kann die Hilfe der Wald und Feld durchſtreifenden 
Jäger einſetzen, denn ſie kennen das Gelände aufs Genaueſte, 
und bei dem meiſt in ſtarkem Maße vorhandenen Sinne für 
Natur wird jedem bekannt ſein, wie die einzelnen Teile des 
gdreviers beſtanden jind, und wo es ſich lohnt, Neſſelbe⸗ 
ände abzuernten. Es gilt in erſter Linie der Verſorgung 
unſeres Heeres mit Webſtoffen und bei dem 
groben Mangel an Baumwolle darf kein Neſſelſtengel un- 
nutzt bleiben. Mit den Faſern von 4 Kilo trockener Neſſel⸗ 
Rengel läßt fih ein Soldatenhemd weben, aber wie groß ift 
der Bedarf und wieviel Millionen Kilo Brenneſſeln müſſen 
geſammelt werden! Nur Stengel von mindeſtens 80 em 
Länge kommen in Frage! Helfe ein Jeder! Es iſt vater- 
ländiſche Pflicht! An alle Jäger ergeht die dringende 
Bitte, die Neſſelfaſer⸗Verwertungs⸗Geſellſchaft m. b. H., 
Berlin SW. 68, Schützenſtr. 65/66 mittels Poſtkarte auf 
vorhandene Neſſelbeſtände aufmerkſam zu machen, damit die 
nächſtwohnenden Vertrauensmänner die Aberntung ver- 
anlajfen können. Neſſelſaſer-Verwertungs-Geſellſchaft 
m. b. H. (Berlin SW. 68, Schütenſtr. 65,66.) 


B. Unfallverſicherung im Forſt betriebe. 
Grundſätzliche Entſcheidung des Reichsverſicherungsamten. 
«sk. (Nachdruck, auch im Auszug, verboten.) Das Reichs- 
verſicherungsamt hat ſich anläßlich eines Streitfalles dahis 
ausgeſprochen, daß die Königlichen Hausfideitommiß-Forit- 
ſchutzbeamten in Preußen gegen Unfälle reichsgeſetzlich ver- 
ſichert ſind. Die Gründe beſagen: 

Auf Grund der $E 170 Abſ. 2, 1242 Nr. 3 Reichsverſiche⸗ 
rungsordnung können Beamte und Bedienſtete der land— 
wirtſchaftlichen Hof-, Domanial-, Forſt⸗ und ähnlichen Ber- 
waltungen von der Kranken-, Invaliden⸗ und Hinterbliebenen- 
verſicherung befreit werden. Für die Unfallverſicherung iſt 
eine gleichartige Vorſchrift nicht getroffen. Die für die Kranken 
Invaliden⸗ und Hinterbliebenenverſicherung erlaſſenen Be- 
ſtimmungen entſprechend auch bei der Unfallverſicherung an⸗ 
zuwenden, geht nicht an. Es könnte geſchehen, wenn etwa die 


Nichtaufnahme einer gleichartigen Vorſchrift in das III. Buch 


der Reichsverſicherungsordnung auf einem Verſehen des 
Geſetzgebers beruhte. Das iſt aber nach der Entſtehungs⸗ 
geſchichte der Reichsverſicherungsordnung nicht der Fall. 
Wie der Bericht der 16. Komm. zum III. Buche der Reichs- 
verſicherungsordnung (S. 35 f.) ergibt, ift nämlich ein von 
dem Vertreter der verbündeten Regierungen befürworteter 
Antrag, in das Geſetz eine Vorſchrift aufzunehmen, durch die 
den landesherrlichen Hofverwaltungen ermöglicht werden 
ſollte, ihre Beamten und Bedienſteten auch von der reichs— 
geſetzlichen Unfallverſichernug zu befreien, ausdrücklich ab- 
gelehnt werden. Die Gründe hierfür ſind aus dem Kommiſſions⸗ 


die Beamten der landesherrlichen Hofverwaltungen in bezug 
auf Unfallverſicherung nicht anders zu behandeln als in den 
übrigen Zweigen der Verſicherung und dem ſonſt für den 
Geſetzgeber leitenden Gedanken, bei gleichen ſachlichen und 
rechtlichen Verhältniſſen gleiches Recht auf allen Gebieten 
der Verſicherung zu ſchaffen, auch hier zu folgen. Für die 
Entſcheidung des Reichsverſicherungsamtes mußte indejier 
der Umſtand ausſchlaggebend fein, daß der Geſetzgeber, wenn 
auch aus dem Reichsverſicherungsamt nicht bekannten Gründer 
es ausdrücklich abgelehnt hat, jene naheliegende Folgen; 
zu ziehen. (Aktenzeichen § I B. S. 163/14: Vergl. Breithaur:, 


Samml. v. Entſch. d. Reichsverſicherungsamtes uſw., Jabıc 


1915, S. 163.) Dr. jur. C. Klamroth. 


C. Tötung eines fliehenden Wilddiebes durch einen 
Privatförſter. 


Urteil des Reichsgerichts vom 16. Oktober 1917. 

sk. Leipzig, 16. Oktober. (Nachdruck verbeter 
Das Landgericht Potsdam verurteilte am 7. In. 
1917 den Privatförſter Johann Baptiſt Schumacher in Weiß 
tolm O.⸗L., Kreis Hoyerswerda, wegen fahrläſſiger Tätur: 
des Maſchinenführers Kaatz zu 6 Monaten Gefängnis. De: 
Angeklagte ſtand als Privatförſter im Dienſte eines Dr. 
Lautenſchläger, der 6000 Morgen Jagd gepachtet her 


Ein gewiſſer Hagen hatte ſchon wiederholt einen Wilderer > | 
merkt und holte, als er desſelben wieder anſichtig wurde,! 
Angeklagten, um den Wilderer zu faſſen. Letzterer (der m: 
her getötete K.) hatte fih inzwiſchen mit einem Ruckſack & 


Fahrrad geſetzt und der Angeklagte lief nun querfeldein tz: 
ihm her mit dem Rufe „Halt! Gewehr und Fahrrad betes” 
Da K. jedoch ſchnell in der Richtung auf eine Schonung ber. 
radelte, gab der Angeklagte einen Kugelſchuß ab, der beije: 
die Schlagader unter dem Geſäß verletzte, jo daß alsbald 
Tod durch Verblutung eintrat. Der Angeklagte, welder e 
Notwehr gehandelt haben will, da er befürchtete, jener k7 
die Schonung gewinnen und aus Deckung auf ihn ſchiezen 
legte gegen die Verurteilung Reviſion ein. Er habe jit w 
Grund feiner Kenntnis des Förſterlehrbuchs für bereut! 
zum Waffengebrauch gehalten. Der Reichsanwalt beter 
zwar, daß im allgemeinen das Recht des BWaffengebre-- 
nur beamteten Förſtern zuſtehe, gab aber zu, daß es um 
Umſtänden auch für Privatförſter in Frage fommen ferns 
Er beantragte daher zur nochmaligen Aufklärung des 24 
beſtandes Aufhebung des Vorderurteils und Zurüdvermeirz 
in die Vorinſtanz. Das Reichsgericht verwarf jes 
die Reviſion des Angeklagten als unbegründet, da bei dn 
ganzen Sachlage objektiv weder einem beamteten noch emt 
privaten Förſter das Recht zum Waffengebrauch zugeſtanda 


bericht nicht zu erſehen. Dies wäre von beſonderem Intereſſe 
geweſen, weil in der Tat beachtliche Gründe dafür ſprechen, 


werden könne. Notwehr ſei nicht erwieſen. (Aktenzeich⸗ 
2D. 141/17.) Sächſiſche Korreſponden! 


r.. 


Für die Redaktion verantwortlich : für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmen auer, 
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen — Für die Inſerate verantwortlich: J. Sauerländers Besit 
„Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. M. — Baul Schettlers Erben, G. m. b. H., Hofbuchdruckerei in Cöthen (An 


ın Druckerei und Verlag, sind beim Druck und Versand unserer Zeitschrift Verzögerungen nicht 
ganz zu vermeiden. Wir werden bemüht sein, für das regelmäßige Erscheinen nach Möglichkeit 
Sorge zu tragen, bitten aber unsere geehrten Leser, wegen der trotzdem event. eintretenden Unregel- 
mäßigkeiten in Anbetracht der gegenwärtigen Verhältnisse um wohlwollende Nachsicht. 


Hochachtungsvoll 
J. D. Sauerländers Verlag. 


Die 
Besteuerung des Waldes. 


Von 
Dr. Heinrich Weber, 
» a. o. Professor der Forstwissenschaft an der Universitat GieBen. 
Gr. 80. X und 555 Seiten. 


, | preis brosch. Mk. 10.50, gebdn. Mk. 12.—. 


Mit dem stetig fortschreitenden Steigen der direkten Steuern werden auch die auf den Waldungen lastenden öfientlichen 
: Abgaben immer größer. Dadurch gewinnt die Frage der Waldbesteuerung für den Waldbesitzer immer mehr an Bedeutung. 
Der Verfasser hat sich nun die Aufgabe gestellt, unter besonderer Berücksichtigung der Pragen der Praxis eine 
Darstellung der heute im Deutschen Reiche, in seinen Einzelstaaten und in seinen Nachbarstaaten geltenden Grundsätze dec 
Waldbesteuerung zu geben und zu untersuchen, ob und inwieweit dieselben dem Prinzip gerechter Steuerverteilung ent- 
sprechen oder im Hinblick auf die Eigenart des forstlichen Betriebes reformbedürftig erscheinen. 
Die Weber'sche Arbeit dürfte bei den Fachleuten ein um so größeres Interesse erwecken, als die Frage der 
Waldbesteuerung trotz ihrer Bedeutung bis jetzt nur in einem einzigen Werke über Porstpolitik im Zusammenhang 
kurz behandelt ist. 


Die Forsteinrichtung. 
Ein Lehr- und Handbuch 


von 


+ Prof. Dr. H. Stoeger, 


Großherzoglich Sächsischer Oberlandforstmeister und Direktor der Forstakademie Eisenach. 
Mit 36 Textfiguren und einer Bestandeskarte in Parbendruck. 
Zweite verbesserte Auflage 1908. :: Preis brosch. Mk. 8.50, gebdn. Mk. 9.50. 


Behandelt das ganze Gebiet der Forsteinrichtung, einschließlich der Holzmeßkunde, unter Hervorhebung 
des für die Praxis Bedeutungsvollen, und eignet sich nicht nur als Leitfaden für den Unterricht, sondern 
ist auch als Nachschlagewerk für ausübende Forstmänner brauchbar. 


Frankfurt a. M. J. D. Sauerlander’s Verlag. 


u Inhalt. er. 


Aufſätze. 

Betrachtungen über den Wettſtreit der Stämme 
reiner, gleichalter, geſchloſſener Beſtände um 
die Oberherrſchaft, ſowie über Vererbung bei 
unſeren Waldbäumen und über Erziehung der 
Beſtände. Von Forſtmeiſter a. D. Tiemann 
in Göttingen 

Die Entwickelung vom Waldhaſen zum Feldhaſen 
(oder umgekehrt?) und die Neubildung von 
Tierformen in der Gegenwart: — im Beginne 
der wiederkehrenden tertiärzeitähnlichen Tier⸗ 
lebensperiode. Von Wilhelm Schuſter, Pfarrer 

a. D. und Chefredakteur 

Zur Abwehr. Von Karl Katzer, fürſtl. Thurn und 
Taxisſchem Oberförſteeeeee ener 


Literariſche Berichte. 


Neues aus dem Buchhandel 

Die organiſatoriſchen Aufgaben und Biete ber 
deutſchen Forſtwirtſchaft, zugleich Bericht der 
Geſchäftsſtelle des Forſtwirtſchaftsrates für 
kriegswirtſchaftliche Angelegenheiten. Heraus 
gegeben vom Leiter der Geſchäftsſtelle Regie- 
rungsdirektor Dr. Wappes, Speyer 

Die Kriegsnutzung des Waldes. Eine Anleitung 
zur Mobilmachung des deutſchen Waldes. Von 
Prof. Dr. von Mammen und Oberlehrer Riedel 


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Bialowies in deutſcher Verwaltung. Herausge- 
geben von der Militärforſtverwaltung Bialo- 
wies. Erſtes Heft. I. Hauptmann Gruber: Die 
Eroberung des Urwaldes; II. Hauptmann Dr. 
Voit: Die Erſchließung des Urwaldes uſw. 


Briefe. 
Aus Preußen. Aus der preußiſchen Forſtverwal⸗ 
tung 
Aus Preußen. 
förſtereien 


Zur Vergrößerung der Ober⸗ 


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Berichte über Verſammlung en und 
Ausſtellung en. 
Die XXIV. Tagung des Forſtwirtſchaftsrates 
Tagung des Deutſchen Forſtvereins am 
18.—20. September 1917 zu Erfurt 


Notizen. 


A. Aufruf an alle Jager 
B. Unfallverſicherung im Forſtbetriebte 
C. Tötung eines fliehenden Wilddiebes durch 

einen Privatförſter 


. | 


Druck von Paul Schettlers Erben, G. m. b. H., Hoſbuchdruckerel in in Cöthen⸗ n. Anh. 


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