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G. Otto's Eofbuddruceret in Darmſtadt.
Allgemeine
fort- und Jagd-Jeitung.
Herausgegeben
von
Dr. Karl Wimmenauer, und Dr. heinrich Weber,
Geh. Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft
| * an der Univerſität Gießen.
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Zweiundneunzigfter Jahrgang.
1916. Jannar.
Frankfurt am Main.
J. D. Sauerländer's Verlag.
— ——— — . —ñ— — ———— — TEN — — — A — — ———
Die Allgemeine Forh- und Zagd-Beitung erſcheint regelmäßig jeden Monat und
wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗
lungen und Poſtanſtalten.
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bei kleineren 77 die 40 mm breite Betitzeile 30 Pfg. — Rabatt bei Wiederholungen 15 % bei 3c, 25% bei
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Conrad Appel, Sqamen-werke, Darmstadt! Serun 8. 42
Kontroliklengen des deutschen Forstwirlschafisrates. Gegr. 1789. U 1
Snhalts-Derzeichnis
der
Allgemeinen Forf- und Saqgdzetiung.
dabrgang 1916, -
Nuffähe.
Forſtwiſſenſchaft i. A., Forſtgeſchichte,
Biographien.
Forſtliches aus dem „Teſſin“. Von W. Keßler,
Kgl. Preuß. Forſtmeiſter a. d.
Die Forſtwirtſchafts⸗Philoſophie der Gegenwart.
Von Heinrich Weber, Großh. Heſſ. Forſtaſſeſſor
2
Waldbau⸗ Schutz und Pflege.
Erſcheint es, beſonders in Rückſicht auf Erhal⸗
Beiträge zur Anzucht von Carya⸗Arten.
und Vermehrung der Bodengüte, geboten,
bei Fichte und Kiefer anſtelle des Kahlſchlag⸗
betriebes den Femelſchlagbetrieb einzuführen?
Von Forſtmeiſter a. D. Tiemann in Göttingen
Von
Forſtmeiſter Rebmann in Straßburg
Darſtellnng des Verhaltens der Holzarten a
Waſſer von. Dr. phil. Anderlind
Forſtbenutzung einſchl. Trausportweſen.
Erfahrungen bei der Verwertung des Buchen-
Zur Statik des Durchforftungsbetrie.
brennholzes. Von Frh. Forſtmeiſter Härter,
Forſthaus Weißenbach. f
Zur Frage der inneren Mängel des Rundholzes.
Von Oberförſter Alfred Müller (Klingenthal,
3. Bt. im Felde7
Lache oder Lachte? Dechſel oder Dächſel: ? Bon
Baltz, ſtädt. Revierverwalter a. D., Hannover
Forſtliche Betriebsfächer.
(Forſteinrichtung, Vermeſſung, Holzmeßkunde, Wald-
wertrechnung und Statik, ſorſtſtatiſche Verſuche.)
Von Dr.
Von
Eine Waldteilung im Odenwalde.
Wimmenauer in Gießen
‚Dr. Hemmann in Gießen
Seite |
1, 26, 49
75, 304
141
217
101
205
4
Forſtverwaltung.
(Politik und Statiſtik, N Unterrichts⸗ und
Vereinsweſ en.)
Die Verwendung von Kriegsgefangenen in der
Forſtwirtſchaft. Von K. Forſtmeiſter Schin-
zinger in Hohenheim
Gedanken über Vereinfachung fab Ginfpacung
in der badiſchen Forſt⸗ und Domänenverwal⸗
tung aus dem Kriegsjahr 1916. Von gorit
vat Rünige-Heidelberg .
Sn zu en fab
. Winemtenauer . .
Bon
Jagd und Sifierei
Verwertung der e a ERE
der Forellen
Die Jagd in Belgien und die sent Bagh-
ordnung für Belgien .
Unſere Weidmannsſprache. Von Balh- Sade
Die Okkupation des Wildes. Von M. Reuter
Forſtliche Hilfsfächer.
(Mathematik und Naturwiſſenſchaften ꝛc.)
Aus dem Humus iſolierte Subſtanzen. Von
H. Bauer-Münden . .
Kaliinduſtrie und, Qand- und Forſtwirtſchaft
Biologiſche Umwälzungen, insbeſondere bei
Leporiden und Sciuriden. Von Wilhelm
Schuſter ; ae a ne ge ar
Titerarifche Berichte.
Forſtwiſſeuſchaft i. A., Forſtgeſchichte,
Biographien.
Neues aus dem Buchhandel
Die’ Bedeutung des Waldes insbeſondere im
Kriege. Von Franz von Mammen
39, 112, 193,
Seite
190
237
252
25
77
177
181
107
110
297
310
220
Waldban, -Shug nud ⸗Pflege.
Die Technik des Forſtſchutzes gegen Tiere. Von
Prof. Dr. Eckſtein. 2. neu bearbeitete Aufl.
Mitteilungen der ſchweizeriſchen Centralanſtalt
für das forſtliche Lerſuchsweſen von Prof.
A. Engler. XI. Band, Heft 1
Einfluß = Grundwaſſerentziehung auf den Wald
und ſeine Bewirtſchaftung. Von Kgl. Sächſ.
Forſtmeiſter Linz, Naunhof bei Leipzig ;
Zur Frage der Buchennachzucht im Sächſiſchen
Erzgebirge. Von Oberförſter Graſer
Maſſenbekämpfung der Kaninchenplage unter
Anwendung von ee eee Von
Dr. A. Ströſe 5 ; ;
Forſtbenutzung einſchl. Transportweſen.
Praktiſcher Pilzfammler. Von Dr. Johann
Madi und Al. Kafpar . . ;
Pilzkochbuch. Von Prof. Dr. Johann Madii
Das Holz als Bauſtoff. Von G. Lang, Wies—
baden .
Tafeln zum Abſtecken von einſeitigen offenen
Wegkurven mit Beibehaltung des Weg-Ge-
fälles berechnet von F. W. Fürſt zu Yſenburg
und Büdingen in Wächtersbach. .
J. Großmann, das Hols und eine Bearbei-
tung.
Der Wald als Retter in der Not.
Rudolf Jugoviz .
Die Eichenrinde. Von Prof. Dr. Joh. Paeßler
Die Sonnenblume, ihre Kultur, Nutzwert, Wür—
digung und ee als Oel- und .
mittel ; R i
Von Dr.
Forſtliche Betriebsfächer.
144
312
313
315
315
(Forſteinrichtung, Vermeſſung, Holzmeßkunde, Waldwert—
rechnung und Statik, forſtſtatiſche Verſuche.)
Bodenunterſuchungen auf Rotbuchen-Streu—
verſuchsflächen im Forſtbezirk Philippsburg
in Baden. Von Forſtpraktikant Karl Ganter
Waldbilder aus Sachſen. Von . Dr. Borg—
mann-Tharandt .
Wachstum und Ertrag der Fichte im n Dodge-
birge. Von Prof. Dr. A. von Guttenberg .
Mitteilungen der ſchweizeriſchen Centralanſtalt
für das forſtliche Lerſuchsweſen von Prof.
A. Engler. XI. Band, Heft 1 N Tape
Lehrbuch der Holzmeßkunde. Von Dr. Udo
Müller, o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft an
der Techniſchen Hochſchule zu .
Zweite neubearbeitete Auflage .
Forſtverwaltung.
(Politik und Statiſtik, forſtliches Unterrichts- und
Vereins weſen.)
Deutſcher Forſtkalender des u Forſtver—
eins für Böhmen. 1916. Jahrgang
Forſt⸗ und Jagdkalender 1995 0 Jahrgang
Preußiſches Förſter— nn * 1915. VI. Bd.
Der Foriter . ;
4]
65
115
163
284
14
14
15
15
Frommes forſtliche Kalender-Taſche 1916 von
K. K. Hofrat Emil Böhmerle . .
Taſchenbuch für Jäger und Jagdfreunde, zugleich
Repetitorium für das Studium der Jagdwirt—
ſchaft und die Vorbereitung zur Jagdprüfung
von K. K. Hofrat Emil Böhmerle . .
Der deutſche Wald. Von Prof. Dr. M. Buesgen.
Zweite, durchgeſehene Auflage .
Der deutſche Wald. Von Vrof. Dr. Hans Haus⸗
rath in Karlsruhe. Zweite Auflage ; .
Reſultate der Forſtverwaltung im Regierungs-
bezirk Wiesbaden. Jahrgang 1914.
Deutſchlands und Oeſterreich-Ungarns Holzzoll⸗
politik vor, während und nach dem Kriege
von Prof. F. von Mammen, ; 8 y
a im Mittelſchul-Unterrichte. Von
k. Oberforſtrat Dr. Rudolf Jugoviz.
Jagd und Fiſcherei.
Weidmanns Erinnerungen von Erzherzog Joſeph
Jagd- Abreißkalender 1916 ..
„Waldheil“. Kalender für deutſche Forſtmänner
und Jäger auf das Jahr 1916. 28. anye
gang i
Wild— und Gundtatenber. XVI. Jahrgang
Arthur Achleitner: Im grünen Rod. . -
Forſtliche Hilfsfächer.
(Mathematik und Naturwiſſenſchaften.)
Die Beziehungen der Tiere und Pflanzen zu—
einander. 2. Aufl. Von K. Kräpelin
Ratgeber-Bibliothek. „Mein Sonntagsblatt“.
125
Jahres-Bericht über die Erfahrungen und Fort—
ſchritte auf dem Geſamtgebiete der Landwirt-
ſchaft .. . ae A A
Boden und Pflanze. Von Eduard J. Ruſſel .
Notwendigkeit und Nutzen des Vogelſchutzes im
Land- und Gartenbau. Von Friedrich Schwahl
Die Bodenkolloide von Paul Ehrenberg.
Streifzüge durch Wald und Flur von B. Lands⸗
berg. Fünfte Aufl. Von Dr. A. e
und Dr. W. B. Schmidt
Die wirtſchaftlichen Fragen der Zeit. Von
Oekonomierat Dr. phil. h. e. Hoeſch .
Geiſenheimer Mitteilungen über Obſt- und Gar-
tenbau. XXXI. Jahrgang Su:
Kaninchenzucht. Von Fr. R. Paulus
Verſchiedenes.
Hermann Löns: Goldhals ‘
WirticdhaftSseitung der gentralmächte.
Deutſche Heldenhaine. Herausgegeben von Willy
Lange in Wannſee bei Berlin
Richtlinien für die Erſtellung von Kriegserinne—
rungszeichen. Herausgegeben vom (ſtaatlichen)
Württemberg. Landesausſchuß für Natur- und
Heimatſchutz ..
Hirſchbrunn. Eine Erzählung aus dem Wald
von Ferdinand von Raesfeld
Hermann Löns: Tal der Lieder
282
283
286
312
Geſchäftsbe richt des Erholungs-, Alters ⸗ und
Invalidenheims für Jäger und Schützen des
deutſchen Heeres in Marburg (Lahn) -
Briefe.
Aus Baden.
Begünftigung des Eichelaufſchlages 1915, Voll⸗
zug der Hiebspläne für 1916, Nutzbarmachung
von Waldſamen . ue. :
Kriegsmaßnahmen der badiſchen Forſtverwaltung
Verſchiedene Kriegsmaß nahmen
Aus Heſſen.
Die Beſteuerung der Waldungen
Beobachtung über Blitzſchläge. Von Geh. Ober⸗
forſtrat Joſeph in Darmſta de
Mitteilungen aus der Forſt⸗ und Kameralver⸗
waltung für die
Aus Bayern.
Forſtdienſttauglichkeit „„ „
Der Forſtetat in der bayeriſchen Abgeordneten-
tamet e a a a a T a
Forſtliches Fortbildungsweſen f
Aus Preußen.
Aus der Preußiſchen Forſtverwaltung -
Der Etat der Domänen”, Forſt⸗ und landwirt⸗
ſchaftlichen Verwaltung für das Etatsjahr
1916/1917 ,
Die Rechtsſtellun
Jahre 1914 und 1915 225, 257
des Wildes in eingeſriedig l
. 149
V
—
Seite
Zum Gedächtnis
Karl Eduard Ney t
Oberförſter Robert
Geheimer Rat Dr.
Fiſcher T
314 & os
Guſtav Marhet t
Forſtbenutzung einſchl. Transportweſen.
Original⸗Erntebericht über Laub⸗ und Nadel-
holzſamen von Conrad Appel, Samen-Werfe
Darmitadt.
Harzleim a ee
15 Kriegsausnutzung des Waldheidekrauts :
121 Der Prafident des Kriegsernährungsamtes an
291 die Bundesregierungen: Beeren-
Rapsanbau auf Eichenſchälſchlägen
Desgl.: Samengewinnung für Rapsanbau
Ueber die Bedeutung der Waldweide, Gras-
und Futterlaubnutzung für die Viehhaltung
im Kriege. Von Prof. Dr. Borgmann
Günſtige Witterung für den Anbau von Winter-
raps auf Eichenſchälwaldſchlägen. Von Dr.
Borgmannn
Auskunftsſtelle für Speiſepilze . ,
Aufruf zum Sammeln von Bucheckern für die
Gewinnung von Del. Von Prof. Dr. Borg⸗
mann
Der Einfluß der
fabrikation
Rohrkolben⸗Verwertung f
Forſtliche Betriebsfächer.
(Forſteinrichtung, Vermeſſung, Holzmeßkunde, Wald⸗
wertrechnung und Statik, orſtſtatiſche Verſuche.)
Die praktiſche Verwertbarkeit der Bodenrein-
und Pilz
ernte aa ;
Desql.:
68
198
71
290 Kaliabwäſſer i auf die Leder-
16
ten Wildgärtennn! % f ertragstheorie >?
Die Beratungen des Abgeordnetenhauſes über j
den Etat der Forſtverwaltung . 8 Forſtverwaltung.
Aus der Preußiſchen Forſtverwaltung - 169, (Politik und Statiſtik forſtliches Unterrichts-
195, 221, 287 und Vereinsweſen.)
Einſammeln von Brenneſſeln 255 Forſtliche Vorleſungen an den Hochſchulen im
Ueber die Notwendigkeit der Schaffung von
Moorſchutzgebieten 315 Prüfung für den Revierverwaltungsdienſt der
Privaten Ken Forſtfistus
Aus Würltemberg. Streit des Holzkäufers mit dem Forſtfiskus
sabe 56 wegen der Hol abnahme 50
Der Anbau der Brenneſſel im Walde. Von N nacheihten 175, 204, 245,
Forſtmeiſter Dr. Schinzinger, Hohenheim 256 Der Deutſche Fo rſtvern n
ER Forſtliche Vorleſungen an den Hochſchulen im
Aus Rumanien. Winterſemeſter V
Holzreichtum und Verwertung 201 [Das vorläufige Feſtnahmerecht der Forſtbeamken
HDolzlieſerungen für die Eiſenbahn 292 Der Forſtverein für das Großherzogtum Heſſen
Gegenüberſtellung des deutſchen und öſterreich⸗
ungar. Zolltarifes e tet Y
Notizen. DRI
! Jagd und Fiſcherei.
Gortwifent Gey 5 er Forſtgeſchichte, Feſtſetzung der, Höchſtpreiſe für Wild.
iographien. Jagdvergehen infolge paſſiven Verhaltens gegen
Je achruf „ e Ses 48 über dem jagenden Hunde (durch Nichtabrufen
Seheimerat Dr. Richard Heß 48, 99 aus dem angrenzenden fremden Jagdgebiete)
Orſtrat Dr. Georg Roth 7 72 Höchſtpreiſe für Wid. e a
SF griltrat a. D. Julius Hamm T 122 Feſtſetzung der Höchſtpreiſe für Fiſche
Sommerſemeſter 1916 -
76
319
204
229
236
236
292
19
>
Streckung des Weidmwertz? .
Muß der Käufer eines Grundbeſitzes i in den
darüber abgeſchloſſenen Jagdpachtvertrag ein-
treten.
Unberechtigte Jagdausübung durch Anſtehen auf
eigenem Bezirk.
Die „Hähne“ oder „Hahnen“ der Waldhühner
Die Beeinfluſſung der Ausübung des .
durch den Krieg ,
Jagdliches aus dem Schützengraben a
Ueber die Bedeutung des Wildes für die Volks⸗
ernährung im Kriege.
Maſſenüberwinterung von Schnepfen. in beut-
ſchen Winterquartieren aw, 4
Die Okkupation des Wildes.
Schriftlichkeit der Jagdpachtverträge
Zur Frage der Tötung n Bunde durch
Forſtſchutzbeamte
Tötung revierender Hunde
Wildernde Hunde
Schonung des Raubwildes? — - Srvangaveifer
Abſchuß des Nutzwildes! '
Iſt Mövenfleiſch geniegbar? . .
Freiſprechung eines Förſters durch das Ober⸗
verwaltungsgericht, nachdem er wegen Er-
ſchießung eines wildernden Hundes vom Schöf—
©
fengericht wegen e ee verurteilt
worden war
Wann iſt ein Sagbrevier ne s „Tiergarten · ane
zuſehen. ; * T
Forſtliche Hilſefächer
(Mathematik und Naturwiſſenſchaften.)
Ueber Vogelſchutz
Kaninchen als Liebhaber der Vowife
Ueber Pflanzenſchutz f
Verſchiedenes.
Ein für Kriegergräber geeigneter immergrüner
Baum
Mißhandlung von Wäldern feit Sriegaausbrucy
Heldenhaine . .
Warum kleiden die Raubvögel ihr Net mit
grünen Pflanzenſtoffen aus?.
Beſchlagnahme der Wallnußbäume
Seit 50 Jahren Mitarbeiter der e Sort
und Jagdzeitung
J. D. Sauerländers Verlag. ;
Vertretung der deutſchen Sorftvietchatt int
Kriegsernährungsamt .
— m ͤ a —
204
269
Vil
Alphabetiſches Sachregiſter.
Achleitner, Arthur: Im grünen Rod 42.
Baden, Briefe aus: 15, 121, 291.
Bayern, Briefe aus: 71, 224, 290.
Bedeutung des Waldes im Kriege 220.
Beeren» und Pilzernte 230.
Belgien, Jagd und deutſche Jagd⸗
ordnung daſelbſt 77.
Beſteuerung der Waldungen im Großh.
eſſen 68.
Biologiſche Umwälzungen 297.
age Beobachtungen darüber 198.
Bodenfolloide 148.
Bodenreinertragstheorie 176.
Boden und Pflanze 42.
Bodenunterfuhungen
„
Philippsburg 41.
Brenneſſeln, Einſammeln und Anbau
auf Rotbuchen⸗
im Forſtbezirk
Bucheckern für die e 271.
Buchennachzucht im Sächſiſchen Erzge⸗
irge 194.
Buchhandel, neues aus dem: 39, 112,
193, 310.
GaryasKulturen 125.
Deutſcher Forſtkalender des deutſchen
forftvereins für Böhmen 1916 14.
Deutſcher . 204.
deutſcher Wald von Buesgen 195.
deutſcher Wald von Hausrath 195.
Eichenrinde 315.
Erholungsheim für Jäger und Schützen
des Heeres in Marburg 314.
Etat der bayerifchen Forſtverwaltung in
der Abgeordnetenkammer 224.
Etat der preußiſchen Forſtverwaltung
93, 144.
1
i der Forſtbeamten 236.
pia im Hochgebirge. Von von Guts
tenbe 5
gl :
Sider, obert, Oberförſter, Nekrolog
4.
i in Bayern 71.
$örfter, der, Kalender 15.
Forſtſchutz gegen Tiere, deffen Technik.
; Don Edflein 11.
| forfte und Jagdkalender 1916 14.
| sorftwirtfhafts-Philofophie der Gegen⸗
wart 278, 304.
Senne forſtliche HKalendertaſche 1916
fortbildungsmefen, forſtliches in Bayern
| Gedidinis früherer Schüler der Univers
ſität Gießen 124.
|
|
Geifenheimer Mitteilungen über Obft-
und Gartenbau 254.
Grundwaſſerentziehung 193.
„Hähne“ oder „Bahnen“ 175.
Hamm, Julius, Forſtrat a. D. f 122.
Harzleim 48.
eldenhaine 23, 282.
eidekraut 123.
Heß, Dr. Rihard + 48, 99.
Heſſiſche Forſtverwaltung 225, 257.
Heſſen, Briefe aus: 68, 198, 225, 257.
Heſſen, Forſtverein für das Großherzog⸗
tum 236.
Hirſchbrunn 286. |
Hochſchulnachrichten 175, 204, 295, 319.
Böchſtpreiſe für Wild 19, 45.
Höchſtpreiſe für Fiſche 45.
Holzabnahme 76.
Holz als Bauſtoff 63.
Holzlieferungen für die Eiſenbahn in
Rumänien 292.
Holzmeßkunde, Lehrbuch. Don Dr. Udo
Müller 284.
Holz und feine Bearbeitung. Don Groß:
mann 312,
Bolzzollpolitik Deutfchlands und Geſter⸗
reich⸗Ungarns 286.
Humusſubſtanzen 107.
Jagdabreißkalender 1916 14.
Jagdausübung 122.
Jagdliches aus dem Schützengraben 229.
Jagdpachtvertrag 100, 293.
Jagdrecht im Krieg 175.
Jagende Hunde 42.
Jahresbericht über die Erfahrungen und
Fortſchritte auf dem Gefamtgebiete
der Landwirtſchaft 13.
Kahl oder Femelſchlagbetrieb d 83.
Kali-Abwäſſer 293.
Kaliinduſtrie und Land, und Forſtwirt⸗
ſchaft 110.
Kaninchen als Liebhaber der Bowiſte 204.
Haninchenplage 310.
Kaninchenzucht 255.
Kriegergräber 22.
Kriegserinnerungszeichen 283.
Kriegsernährungsamt 204, 230, 232, 233.
Kriegsgefangene in der Forſtwirtſchaft
190
Kriegsmaßnahmen in Baden 15, 121,291.
Lache oder Lachted 217.
Löns, Hermann: Goldhals 42.
Löns, Hermann: Tal der Lieder 312.
Marchet, Dr. Guſtav, Nekrolog 202.
Maſſenüberwinterung von Schnepfen 270.
Mitarbeiter der Allgem. Forſt⸗ und Jagd:
zeitung 175.
Mittelſchul⸗Unterricht 313.
Moorſchutzgebiete 315.
Mövenfleiſch 319.
Nachruf Kübler 48.
Ney, Karl Eduard, Nekrolog 147.
Okkupation des Wildes 181, 293.
Pflanzenſchutz 269.
Pilzkochbuch 40.
Pilzſammler, praktiſcher 39.
Preußen, Briefe aus: 16, 93, 119, 144,
169, 195, 221, 255, 287, 315.
Preußiſche Forſtverwaltung 16, 93, 144,
169, 195, 221, 287.
Preußiſches Förſter⸗Jahrbuch für 1916
15
Privat- Revierverwaltungsdienſt, Prüfung
für denſelben 76.
Rapsanbau auf Eichenſchälſchlägen 232,
268
Ratgeber: Bibliothek 12, 255.
Raubvögel⸗Neſter 45.
Kohrkolben⸗ Verwertung 295.
Roth, Dr. Georg, Forſtrat, Nekrolog 72.
Rumänien, Briefe aus: 201, 292.
Rumäniens Holzreichtum und Derwer:
tung 201.
Kundholzmängel 141.
Samengewinnung für Rapsanbau 233.
Sauerländers Verlag 176.
Schonung des Raubwildes 317.
Schweizeriſche Sentralanftalt für das
forſtliche Verſuchsweſen, Mitteilungen
daraus 163. i
Sonnenblumen 315.
Speiſepilze 269.
Statik des Durchforſtungsbetriebs 205.
Streifzüge durch Wald und Flur 253.
Süßwaſſerfiſche, deren Verwertung 25.
Taſchenbuch für Jäger und Jagdfreunde
168. j
Teſſin, forſtliches aus dem 1, 26, 49.
Tiere und Pflanzen, deren Beziehungen
zueinander 11.
Tiergarten d 320.
Vereinfachung und Einſparung in der
badiſchen Forſt. und Domänenverwal⸗
tung 237, 252.
Verhalten der Holzarten zum Waſſer 149.
Verwertung des Buchenbrennholzes 108.
Vogelſchutz 20, 66.
VIII
Po ran forftliche im Sommerfemefter | Waldweide, Gras: und Futterlaubnutzung Wild als Dolfsernährung 235.
1916
im Kriege 233. Wildernde Hunde 296, 317, 319.
im Winteefemefter 1916/17 229. Wallnußbäume, deren Beſchlagnahme 174. | Wildgärten 119.
Wegkurven⸗Abſteckung 144. Wilde und Hundkalender 14.
Wald als Retter in der Wot 313. Weidmanns Erinnerungen an Erzherzog 13 Fragen der Seit 25
Waldbilder aus Sachſen 65. Joſef 12. wirtſchaftszeitung der Fentralmäch
Waldheil- Kalender 14. wWeidmanns Sprache 177. Württemberg, Briefe aus: 256.
Waldſamenernte-Bericht von Konrad Weidwerk, deſſen Streckung 73.
Appel, Samenwerke 22. Wiesbaden, Nefultate der Forſtverwal- Zolltarif Deutſchlands und Oeſter i
Waldteilung im Odenwald 101. | tung 254. Ungarns 292.
Allgemeine
Fort: und Sagd-Feitung.
Januar 1916.
Jorſtliches aus dem „Leſſin“.
Von W. Kekler, Kgl. Preuß. Forſtmeiſter a. D.
I. Standort und Beſtände. „O sole mio“!
Kalt und grau lag der Winter auf Deutſchlands
efilden. In der Reichshauptſtadt war auf harten
roſt und Schnee Tauwetter mit eiſigem Regen und
digem Nordweſt gefolgt, welcher den Aufenthalt und
13 Fortkommen im Freien verleidete und erſchwerte.
in Süddeutſchland und der Nordſchweiz war es trock⸗
er, aber noch kälter. Eine tiefe Schneedecke verhüllte
ie Fluren und grauweißer kalter Nebel ließ von der
mſt ſo freundlichen Landſchaft am Vierwaldſtätterſee
ur ſchwache Umriſſe ſichtbar werden. In Göſchenen
ar alles noch grau in Grau und die Temperatur 5°
nter Null.
Noch eine Viertelſtunde — und der Gotthardtunnel
dar paſſiert. Wirbelndes Schneegeſtöber begrüßte uns
ei der Ausfahrt in Airolo, inmitten hellen Sonnen⸗
hein’. Es war wie der Uebergang in eine andere
jone, eine andere Welt. Immer heller und ſonniger
ſurde es auf der Talfahrt längs des rauſchenden
tejfin. In Faido glaubte man fih ſchon in den
züden verſetzt und in Bellinzona zeigte der Thermo:
jeter in der Sonne 20% C.] Man konnte es ver:
ehen, daß die Herren der alten Urkantone Uri, Schwyz
nd Unterwalden mit zäher Liebe an ihrem „Sonnen⸗
arten“, dem Teſſin, gehangen hatten; was ſie freilich
ider nicht abhielt, während der 3 Jahrhunderte ihrer
derrſchaft einen Despotismus zu entfalten, der an Harte,
ingerechtigkeit und Beſtechlichkeit feines Gleichen ſuchte.
| Dem Reiſenden, welcher im Gotthardexpreß das
eſſintal durchfliegt, fällt beim erſten Blick die Nackt⸗
it und Waldarmut der Berge und Hänge auf, zu⸗
al im Winter, wenn der lichte und niedrige Buſch⸗
ald, welcher ſie dürftig bekleidet, im blattloſen Zu⸗
and doppelt kahl und arm erſcheint. Nur in den
öheren Regionen findet fein Auge, das an den dichten
tottannıenforften der Nordſchweiz fih erfreut hatte,
‚oh einige geſchloſſene Waldinſeln dunkler Nadelholz⸗
eſtände. Kein Wunder, daß der Beobachter die un⸗
unftigften Schlüſſe auf Waldreichtum und Waldzu⸗
1916
— — — — . . nn
ſtand des durcheilten Gebietes zieht und unwillkürlich
an die Felswüſten des Südens mit ihren devaſtierten
Wäldern und kahlen von aller Vegetation entblößten
Gebirgen denkt. Sein Gedächtnis ruſt ihm dunkle Er⸗
innerungen an verhängnisvolle Bergſtürze und große
Ueberſchwemmungen infolge des Austretens der Wild⸗
bäche wach, welche viele Menſchenleben vernichtet und
rieſige Verheerungen angerichtet haben. Mit einem
aus Bedauern und Entrüſtung gemiſchten Gefühle be⸗
trachtet er die Landſchaft; im Herzen den etwas ſelbſt⸗
gerechten Gedanken: „Seht, wir Deutſchen ſind doch
beſſre Menſchen“!
Teſſin, Land der Sonne, der Berge, der Waſſer⸗
fälle, der Kirchen, Kapellen und Glocken, und — des
Weins! Wenig gekannt und gewürdigt, trotz der
Tauſende von Gäſten, welche alljährlich an ſeinen
weltbekannten und weltbeliebten Seen in Lugano und
Locarno ſich einfinden, und meiſt nach kurzem Aufent⸗
halt wieder ſcheiden, ohne mehr als die nächſte Um⸗
gebung dieſer Kurorte kennen gelernt zu haben und
ohne zu ahnen, wie viel Schönes und Intereſſantes
gerade die entlegneren Teile dieſes eigenartigen Kan⸗
tons bergen, der auch in forſtlicher Beziehung eine
ganz beſondere Stellung einnimmt.
Wie die ganze Flora des Teſſin in ſeltenem Reich⸗
tum ſüdliche und nördliche Formen vereinigt, — ſo
zeigt auch der Wald die denkbar größten Verſchieden⸗
heiten je nach ſeinem Standort. Einige nähere Nach⸗
richten und Schilderungen von den forſtlichen Bu-
ſtänden dieſes Südalpenlandes dürften auch den deut⸗
jhen Fachgenoſſen nicht unwillkommen fein !).
In Form eines Dreiecks, deſſen Grundlinie ſich an
das Gotthard-Maſſiv anlehnt und zwiſchen Gotthard—
und Greinapaß erſtreckt, und deſſen Spitze bis nahe
an den Comer See in die Lombardei vorſpringt,
1) Zur weiteren Orientierung verweiſe ich auf die ver—
dienſtvolle kleine Schrift von F. Merz, langjährigem Stans
tonsforſtinſpektor in Bellinzona, jetzigem Bundesforſtinſpek—
tor in Bern: „Die forſtlichen Verhältniſſe des Kantons
Teſſin“, welche ſ. Zt. als Vortrag für die 1903 zu Locarno
abgehaltene Jahresverſammlung der ſchweizeriſchen natur—
forſchenden Geſellſchaft ausgearbeitet iſt.
1
2
— u —— — —
`
zwiſchen 69.5’ u. 6 0.49“ öſtl. Länge und 45 0.46.45“
und 46 0.31.15” nördl. Breite gelegen, ift der heutige
Kanton Teſſin in ſeiner Abgrenzung das Reſultat
einer durch jahrhundertlange Kämpfe fortgeſetzten, oft
ſcheinbar in wirren und willkürlichen Zickzacklinien ver⸗
laufenden politiſchen Entwicklung, deren Leitmotiv ſeit
Urzeiten der Streit um die Beherrſchung der wichtigſten
Alpenpäſſe (Gotthard, Lucmanier, San Bernardino)
und ihrer ſüdlichen Zugangsſtraßen war. Seitdem
der Teſſin, zunächſt als Vaſallenland, dann feit 1815
als gleichberechtigter Kanton, der Eidgenoſſenſchaft an:
gehörte, hat ſich in ſeiner Ausdehnung und Größe,
welche 2818 km? beträgt, nichts weſentliches geändert.
Die Meereshöhe bewegt ſich zwiſchen 3398 m (Rhein⸗
waldhorn) und 197 m (Lago maggiore), wobei oſt
auf kurzen Strecken von kaum 5 km ein Abfall von
mehr als 2000 m ſich findet. Ueberhaupt iſt der jähe
Abſturz der Gebirgsketten nach den faſt durchweg in
nordſüdlicher Richtung verlaufenden, tief eingeſchnittenen
Längstälern ſehr charakteriſtiſch. Abſätze und Terraſſen,
welche die Steilhänge mildern und unterbrechen, ſind
meiſt nicht oder nur in geringer Ausdehnung vor:
handen. Das ſo häufige, zur Verſchönerung des Land:
ſchaftsbildes beitragende Auftreten von Waſſerf |
wohl auf dieſe Bodengeſtaltung zurückzuführen, ebenſo
wie die Gefahr, welche die mit ſtärkſtem Gefäll herab:
umfaßt, find die Formen der Oberfläche im all:!
meinen weit milder und abgeſtumpfter, auch die Flu.
läufe mit wenigen Ausnahmen (3. B. Caſſarate) flat
und harmloſer. Der geologiſche Aufbau weiſt *
manche Verſchiedenheit auf.
Durchaus vorherrſchend und für die geologic
Struktur ausſchlaggebend find für den Teſſin d.
kryſtalliniſchen Schiefergeſteine des Urgebirges, namer
lich Gneiß und Glimmerſchiefer. Das oberſte Que.
tal des Teſſin, das Val Bedretto, trennt das Grau!
maſſiv des Gotthard von der großen Gneißzone t:
Südabfalls. Nur vereinzelt treten im Sopracen:
jüngere Formationen, wie z. B. Dolomitadern ::.
Leventina⸗ und Bleniotale, auf und erſt nahe
Lago Maggiore finden hid zuſammenhängende jünge!
Schichten.
Auch die Kette des Monte Ceneri, welche den Grab
Nordteil des Kantons von der kleineren Südſpiz!
trennt, beſteht noch aus kryſtalliniſchen Schiefer
Weiter ſüdlich begegnen wir dann jüngeren Eruptir |
geſteinen; Porphyr, Kalk und Dolomit. Der be
rühmte Ausſichtsberg von Lugano, der Monte E
Salvatore, beſteht aus Dolomit der Triasformatio:
während die weiter ſüdliche gewaltige Kette des Mont:
fo dem unteren Lias angehört. Die Lia
gruppe mit ihren charakteriſtiſchen Kieſelſchichten Herri:
ſtürzenden Wildbäche bei ungewöhnlichem Anſchwellen | dann auch weiter bis über die italieniſche Grenz
für das untere Gelände bilden. Die Geſchichte der
Ueberſchwemmungen, in welcher das Jahr 1868 mit
Rieſenlettern eingeſchrieben iſt, umfaßt eine lange
Reihe von ſchmerzlichen Erinnerungen an die Ge—
walt des ungehemmt von den Steilhaͤngen abftrömen-
den Waſſers.
Andererſeits beruht auf dieſer gefahrvollen Ge—
ſtaltung des Terrains und der Waſſerverhältniſſe auch
der große Reichtum des Teſſin an Waſſerkraft,
der ſogen. „weißen Kohle“, welche immer mehr zur
Gewinnung von Elektrizität ausgebeutet wird. Nach
oberflächlicher Schätzung beträgt die verfügbare Waſſer⸗
kraft der 5 Haupttäler im nördlich des Monte Ceneri
belegenen Teil des Kantons, dem ſogen. Sopraceneri,
bei niedrigſtem Waſſerſtande mehr als 140 000 Pferde—
kräfte.
bis jetzt für Beleuchtungs- und Transportzwecke aus:
genutzt.
Nur etwa der 4. Teil dieſes Reichtums wird
|
In Hochwaſſerzeiten fteigert fih Waſſermenge und
Waſſerkraft ins Ungemeſſene. Um nur 2 Beiſpiele
anzuführen, ſo kann der Teſſin bei Bellinzona von
14 auf 1400 cbm, alſo auf das Hundertfache ſteigen,
und die Maggia bei Ponte Brolla gar von 4 auf
1000 cbm.
Im ſpitz zulaufenden Südteile des Kantons, dem
Sottoceneri, welcher die Kreiſe Lugano und Mendriſio
hinaus.
Gneiß und Granit geben übrigens dem Teſſin di |
Möglichkeit einer nicht unwichtigen Stein⸗Induſtrie
welche in Herſtellung von Treppenſtufen und abr:
lichem Bedeutendes leiſtet. Jedem Beſucher von Locarne
und Umgegend werden auch die zahlreichen tamale:
Steinſäulen, vielfach auch als Weinbergspfähle, auf
gefallen ſein, welche namentlich früher zu unglaublich
Steen Preiſen hergeſtellt und zu allen möglich |
| Zweden verwendet wurden.
Die Schiefergewinnung im oberen Maggiatal, der:
Val Lavizzara, ift leider in neuerer Zeit ſehr zurüf:
gegangen, ebenſo wie die einſt berühmte Marmor |
induſtrie im Kreiſe Mendriſio durch den modernen
billigen Stuck faſt ganz verdrängt iſt. Dagegen werden
die in dieſem Südteil varhandenen reichen Kalk- und
Tonlager immer mehr ausgebeutet.
Der aus den genannten Grundgeſteinen hervor:
gehende Verwitterungsboden iſt im allgemeinen für
den Pflanzenwuchs, namentlich auch die Holzgewächſe.
nicht ungünſtig, wobei allerdings mit der großen Ralf:
armut der Urſchiefer gerechnet werden muß. Hindernd
und ſchädigend wirkt, namentlich für die Wiederkultur
kahler Flächen, die ungünſtige äußere Bodenge
ſtaltung, die Steilheit der Hänge, Schmalheit der Fels
rücken uſw.
3
Die Ergebniſſe der großen Anſchwemmungen in
en unteren Flußteilen und den Mündungsdeltas des
zeſſin, der Maggia uſw. find mehr oder minder aus:
edehnte Ebenen mit meiſt fruchtbarem Boden, welcher
nur durch breite Kiesbetten alter Flußläufe und durch
nit dem Hochwaſſer herabgeſchwemmte Felsblöcke von
Nt rieſigem Umfang überlagert und entwertet wird.
Froßartige Meliorations⸗ und Korrektionsarbeiten
haben hier, namentlich an der Teſſinmündung, be—
deutende Flachen der Kultur gewonnen und geſichert.
Die zahlreich vorhandenen Moränen ſind auch in
den Teſſiner Bergen ſtets die Stellen größter Frucht⸗
barkeit und üppigſten Pflanzenwuchſes.
Ebenſo mannigfaltig und eigenartig, von wilder
Schroffheit bis zur größten Milde wechſelnd, wie die
Bodengeſtaltung und Bodenbeſchaffenheit, iſt nun auch
der zweite Faktor des Standorts, das Klima.
Siit der wackere Shing in den Jahren 1770/72
die erſten ſorgfaͤltigen Temperaturbeobachtungen in
Locarno machte und veröffentlichte, iſt das Klima des
Teſſin der Gegenſtand fortgeſetzter Aufmerkſamkeit der
Meteorologen geweſen. Beſonders die Mönche, die
Kapuziner vom St. Gotthard und die Benediktiner
von Bellinzona, haben fleißige Meſſungen und Be-
obachtungen gemacht; bis dann vom Jahre 1863 ab
ein regelrechter Wetterdienſt unter Leitung der meteoro:
logiſchen Zentralanſtalt zu Zürich mit ca. 20 Stationen
eingerichtet wurde.
Wie bei der wechſelnden Höhenlage nicht anders
möglich, find die mittleren Jahrestempera⸗
turen der einzelnen Stationen außerordentlich ver⸗
ſchieden: Am Gotthard — 0,6; in Locarno 11,8 C.
Die abſoluten maxima und minima haben in
dem 25 jährigen Zeitraum 1864/88 in Lugano 36,1
und — 11° (im Jahre 1870) betragen.
Im allgemeinen finden ſich in Teſſin bei gleicher
Hoͤhenlage höhere Mitteltemperaturen, und namentlich
viel geringere Minima und dementſprechend auch ge—
tingere Schwankungen ſowohl in den Monatsmittel
wie in den einzelnen Tagestemperaturen als in der
Nordſchweiz (Merz).
Nicht ohne Grund nannten die früheren Zwing⸗
herren des Landes den Teſſin ihren Sonnen:
garten! Die im großen und ganzen vorherrſchende
Abdachung nach Süden bewirkt neben anderen Gat:
toren, daß der Teſſin wohl der ſonnen⸗- und lidt-
teichſte Landſtrich Mitteleuropas ift.
Lugano z. B. hat im Mittel der 39 Jahre 1864 —
1903 jährlich- 125 helle Sonnentage, daneben 103
lrockne Tage mit bedecktem Himmel, und nur 2 Nebel:
tage gehabt. Im November 1914 habe ich ſelbſt in
Locarno 23 helle Sonnentage und nur 7 regneriſche
gezählt. Nicht ſelten hat der Januar bis zu 25 Sonnen⸗
und niedrigſten Teile herab. In Locarno z. B. hatten
tagen! Lugano, das an Sonnenreichtum von Locarno
noch übertroffen wird, hat im Durchſchnitt von 25
Jahren jährlich 2244 Sonnenſtunden, davon im
Winter 831, gehabt. Für das klimatiſch keineswegs
ungünſtige Zürich, welches jedenfalls hinter deutſchen
Orten wie Stuttgart, Karlsruhe uſw. nicht zurück⸗
ſtehen dürfte, betragen dieſelben Zahlen 1671 (1219
und 452); für das wegen ſeines Klimas ſo gerühmte,
aber durch ſeine Nebel benachteiligte Montreux ſogar
nur 1621 (1098 + 523) Stunden!
Natürlich nimmt mit zunehmender Meereshöhe
nicht nur die Temperatur, ſondern auch die Sonnen⸗
menge ab. Airolo z. B. bei etwa 1150 m hat nur
noch 108 heitere Tage und nicht ſelten find in den
höheren Tälern Ortſchaften, welche während eines ge⸗
wiſſen Teils des Jahres von der Sonne überhaupt
nicht mehr erreicht werden. Ungewöhnlich reich wie
die Beſonnung ift aber auch die Niederſchlags⸗
menge. Hier werden Zahlen erreicht, welche am
Nordabhang der Alpen gänzlich unbekannt find. Am
regenreichſten iſt unbedingt der Landſtrich am Lago
Maggiore von Monte Ceneri bis Briſſago. Letzteres
weiſt 2118 mm, Locarno 1911 mm, aber auch Rivera
am Südabhang des Ceneri 1940 mm als durchſchnitt⸗
lichen jährlichen Niederſchlag auf. Teſſinaufwärts
nimmt die Regenmenge etwas ab (Faido nur 1423 mm),
während einige Stationen zwiſchen 700 — 1000 m wie
Ruffo u. Crana⸗Sigirino wieder auf 1900 —2100 mm
kommen und auch der Monte generoſo bei 1610 m
Höhe in 9 jährigem Durchſchnitt noch 1829 mm ge⸗
habt hat.
Dieſe bedeutende Regenmenge fällt vorwiegend,
wenigſtens im Hauptteile des Landes und beſonders
im eigentlichen Teſſintale, in den Sommer: und Herbſt⸗
monaten Mai — Oktober. Nur in einigen höheren
Lagen (3. B. Fuſio, Sonogno) iſt auch Januar, März
und April niederſchlagsreicher, während überall Februar,
November und Dezember die trockenſten Monate ſind.
Der Schneefall iſt im höheren Gebirge ſtets ſehr
reichlich, geht aber mitunter auch bis in die ſüdlichſten
wir während der Monate Januar — Februar 1915 faſt
beſtändig Schnee, welcher tagsüber auftaute und nachts
gefror.
Die Grenze des ewigen Schnees liegt be
etwa 2750 m. Der bedeutenden Niederſchlagsmenge
und dem Umſtand, daß fie hauptſächlich in der wär:
meren Jahreszeit fällt, find denn auch die zeitweiſe auf:
tretenden, recht gefährlichen Hochwaſſer und Ueber—
ſchwemmungen zu verdanken, welche in der Geſchichte
des Teſſin eine fo große und unheilvolle Rolle ge:
ſpielt haben. Namentlich der Monat September hat ſich
als gefährlich erwieſen (z. B. im Jahre 1829 und 1868);
1* `
aber auch im Oktober kommen große Ueberſchwem⸗
mungen vor, wie z. B. 1913, und ſelbſt im Juni
haben wolkenbruchartige Regen großen Schaden an—
gerichtet. In manchen Fällen bekannter Zerſtörungen
hat freilich die geologiſche Beſchaffenheit des Gebirges
den weſentlichen Ausſchlag gegeben.
Nicht felten beſteht auch ein Zuſammenhang zwiſchen
heftigen Regengüſſen und dem Winde. Gefürchtet
ift namentlich der heißfeuchte, aus SO. kommende Si-
rocco, hier „marenca“ oder „marin“ genannt. Ec
hat, namentlich im September und Oktober ſchon
wahre Wolkenbrüche mit einer Niederſchlagsmenge von
170 mm in 24 Stunden mit ſich gebracht. Im Laufe
des Oktober 1907 ſind in Locarno 700 mm regiſtriert
worden, alſo ungefähr die durchſchnittliche Jahresmenge
des Unterengadin und des Wallis!
Gänzlich verſchieden vom Sirocco iſt der Föhn
(Favonio), welcher im Teſſin von Norden kommt, ſehr
trocken und ſtets von ſchönem klarem Wetter begleitet
iſt; während auf der Nordſeite der Alpen dann faſt
immer dauernder Regen herrſcht.
Dieſer trockene Nordföhn hat übrigens u. a. den
großen Brand von Airolo verſchuldet, welches am
17. Sept. 1877 faſt ganz in Flammen aufging.
Im übrigen herrſchen viele lokalen Winde. Die
durch das Teſſintal von N. nach S. ziehende Luft⸗
ſtrömung ſcheint bei Locarno aus SW. zu kommen,
(„Inverna“) während fie bei Lugano SO. Richtung
annimmt. Forſtlich ſpielt der Wind durch direkte
Waldbeſchädigungen wie Windbrüche uſw. keine er⸗
hebliche Rolle, wie denn überhaupt der Teſſin durch
ſeine Lage am Fuß und umgeben von hohen Gebirgs—
wällen wohl eine der ſturmfreiſten Landſchaften Eu—
ropas iſt.
Boden und Klima beſtimmen die Pflanzen-
welt eines Landes.
In Reiſehandbüchern und. Reiſebeſchreibungen über
den Teſſin, welche meiſt an Oberflächlichkeit nichts zu
wünſchen übrig laffen, wird häufig in überſchwäng—
lichen Ausdrücken von einer faſt „tropiſchen“ oder
„ſubtropiſchen“ Vegetation gefabelt, welche ſich hier
in unvergleichlicher Ueppigkeit entfalte. In Wirklich—
keit gehört auch der Teſſin noch im weſentlichen dem
nördlichen europäiſch⸗aſiatiſchen Florengebiete an, welches
ſich vom atlantiſchen bis zum Stillen Ozean erſtreckt.
Im übrigen ftoßen hier 2 Untergebiete zuſammen;
die der Mittelmeerflora naheſtehende ſogen. Inſu—
briſche Flora und die Alpenſlora.
Als ihre Trennungslinie wird die Bergkette vom
Camoghé über den Monte Ceneri bis zum Tamaro,
alfo die Scheide zwiſchen Ober- und Unter⸗Teſſin, an:
gegeben. Richtiger iſt es wohl den Unterlauf des
Teſſin und den Langenſee, alſo die Linie Bellinzona:
Locarno-Briſſago als Grenze der beiden Vegetati.
gebiete anzunehmen, da die Pflanzenwelt dieſer 2:
landſchaft unbedingt noch der ſüdlichen Zone zu
rechnen iſt.
Durch dieje Berührung zweier artenreicher Flore,
gebiete und das dem Pflanzenwuchs fo auferordert:..
zuſagende vielſeitige Klima ift nun allerdings e
Reichhaltigkeit der Pflanzenwelt und eine- Kraft
Entwicklung im einzelnen geſchaffen, welche in den?
mäßigten Breiten unſeres Planeten ihresgleichen fut:
dürfte. Nicht mit Unrecht kann man deshalb den Te
als ein Paradies für den Botaniker, wie auch als č
Akklimaliſationsgebiet erſten Ranges für Einführe: |
und Anbau fremder Kulturgewaͤchſe, namentlich Sc
arten, bezeichnen. |
Wenden wir uns nun im beſonderen den 0.
gewächſen gu, fo begegnen wir einem ftauner:
werten Reichtum von Arten und Unterarten. In .
ſehr fleißigen und verdienſtvollen Werke von Dr. Ar
noldo Bettelini: „La Flora legnosa del Sotto:
ceneri“ Bellinzona 1904 (als Doktordiſſertation fr
Zürich verfaßt) find 166 einheimiſche Holzarten mi
vielen Varietäten (bei Castanea vesca allein 16) aui
geführt. Faßt man den ganzen Kanton, alfo ax:
den Nordteil Sopraceneri, ins Auge, fo vermehrt fa
dieſe Anzahl noch um einige nördliche bezw. Hot
gebirgsarten, wie Pinus Cembra, welche im Südtei:
nicht vorkommt.
Unter Hinzurechnung der vielen eingeführten Aus
länder, unter denen namentlich Cedern und Bypreffer:
arten hervorragend gedeihen, werden ſich weit übt
200 Holzgewächſe aufzählen laſſen.
Bevor wir auf die einzelnen Holzarten je nat
ihrer forſtlichen Bedeutung näher eingehen, möchte |
verſuchen, dieſe überreiche Flora nach ihren hauptſäch
lichſten pflanzengeographiſchen Regionen, Zonen und;
Gruppen kurz zu gliedern. |
Die Waldgrenze liegt im Teſſin nach Fmbi ;
zwiſchen 1900 und 2000 m; im Mittel bei 1920 m.
während ſie im trockneren Wallis faſt 300 m babe |
ift. Der hervorragende Botaniker Chrift gibt als
mittlere Höhengrenze des eigentlichen Hochwaldes
1800 m an. Darüber hinaus gehen nur noch Kleinen ,
Gruppen und“ einzelne Stämme als Vorpoſten; mei
aus Lärchen beſtehend. Die Gründe der relativ niederen
Waldgrenze werden teils in den großen jährlichen
Niederſchlagsmengen, teils in der an ſich geringeren
Maſſenerhebung des Gebirges geſucht. i
Wenn man die I. Alpine Region, wie &
üblich ift, erft bei 2000 m beginnen läßt, fo finde ,
man in ihr eigentlichen Wald nicht mehr vor. Sein
letzten Ausläufer find einige vom Sturm vielfach gt |
5
drehte
Arven.
i Alnus viridis und Rhododendron ferrugineum
ſind die weſentlichſten Sträucher dieſer Region, welche
weiter noch niedrige Kriechweiden (Salix herbacea
und retusa) Azalea procumbens und an moorigen
Stellen vaceinium;uliginosum aufweiſt. Der Bo:
- tanifer findet in dieſen Höhen noch zahlreiche Pflanzen:
gruppen, die er je nach Standort (Schneetäldhen, Ge:
röll u. a.) zu beſonderen Formationen zuſammenfaßt.
Steigen wir jetzt bergab zur II. ſubalpinen
Region zwiſchen 1500 — 2000 m, fo gelangen wir in
das eigentliche Nadelholzgebiet. Hier können
wir 2 Stufen unterſcheiden; zu oberſt von 1750 bis
2000 m den Larchen⸗ und darunter den Fichten⸗
wald. Alpenerle (A. viridis) ‘und Alpenroſe finden
hier, namentlich auf früherem Waldboden, ihr beſtes
Gedeihen. Heidelbeere, Preißelbeere und Zwergwach⸗
holder bedecken den Boden auf den offenen frucht⸗
bareren Stellen. Die obere Fichtengrenze liegt bei
etwa 1800 m. Die Folgen der großen Waldzer⸗
ſtörungen, welche ſeit etwa einem Jahrhundert leider
im Teſſin vor ſich gegangen ſind, machen ſich hier
ſchon erheblich bemerkbar. Noch mehr freilich in der
folgenden III. Region von 1000 — 1500 m, der Buchen:
region. Freilich reicht die Rotbuche vereinzelt noch
in das vorige Gebiet hinein, wo ihre oberſte Grenze
eima bei 1700 m liegt. Im eigentlichen geſchloſſenen
Waldbeſtand dürfte ſie jedoch 1500 m nicht erheblich
überſchreiten.
Leider ſind die einſt ſo ausgedehnten herrlichen
Buchenwälder des Teſſin heute bis auf ſpärliche Reſte
verſchwunden. An, den ſtattlichen Exemplaren, oft
wahren Baumrieſen, welche man an den oberſten Rän⸗
dern der Waldtäler, namentlich an Sennhütten und
Weideplätzen noch häufig findet, kann man ermeſſen,
welche Waldſchätze hier einſt vorhanden geweſen und
kurzſichtiger Weiſe zerſtört find. Dieſe Hutebuchen,
wie wir ſie deutſch nennen würden, im Teſſin „Merig⸗
gio, d. h. Mittag (= Mittagsraſt) genannt, find
übrigens im ganzen Lande, namentlich auch im Sottp=
ceneri, verbreitet und liegen meiſt unmittelbar am
Buchen⸗Alp⸗ oder Weidewald, kümmerlichen
unter fortgeſetztem Verbiß durch Weidevieh leidenden
Reften einſtiger ausgedehnter Waldgürtel.
Das von der Buche verlorene Terrain hat zum
großen Teil die Weißerle eingenommen, welche
überhaupt im Teſſin eine bedeutende Rolle ſpielt, ja
vielleicht naͤchſt der Edelkaſtanie die größten Flächen
bedeckt. Auch Alpenerle, Birke und Haſel treten hier
teils unterholzartig, teils beſtandbildend, namentlich an
flachgründigen Hängen, in großer Ausdehnung auf.
und vom Schnee beſchädigte Laͤrchen und
Natürlich erſcheinen im Kaſtgniengebiet, beſonders in
Aus dem Reich der Buche führt uns der Weg
| bergab in die unterfte und reichhaltigſte Waldregion,
welche durch die heute wohl wichtigſte Holzart des
Teſſin, die Edelkaſtanie, bezeichnet wird und die
Höhenlagen von 300 - 1000 m einnimmt.
Abgeſehen von Corſica, wo in einem großen Teil
der Inſel die Kaſtanie nicht nur der herrſchende
Waldbaum, ſondern auch die wichtigſte Wirtſchafts⸗
pflanze iſt, auf welcher die Exiſtenz der Einwohner
vorwiegend beruht, iſt mir kein Land bekannt, wo die
Kaſtanie eine ähnlich bedeutende Rolle ſpielt, als im
unteren Teſſin. Nur Mais: und Weinbau können
als Bodenkulturen ähnliche Wichtigkeit beanſpruchen;
während die früher bedeutende Maulbeerzucht immer⸗
mehr abnimmt.
Oberhalb des Kaſtanienwaldes, welcher im All⸗
gemeinen bei 800 — 900 m feine Höhengrenze erreicht,
ſchiebt ſich bis zur Buchenregion häufig noch ein
ſchmaler Gürtel von Eichen und Birken ein.
feinem unteren Teil, auch alle jene zahlreichen ſüd⸗
lichen und ſüdöſtlichen Holzgewächſe, welche die Baum⸗
flora des Teſſin ſo bunt und reichhaltig geſtalten und
von denen ich hier nur Hopfenbuche, Mannaeſche,
Zürgelbaum und Zerreiche erwähnen will.
Außer nach den vorſtehend aufgeführten Höhen⸗
regionen kann man die Pflanzenwelt des Teſſin in
gewiſſe große Formationen zuſammenfaſſen, von
denen die allgemein und für uns wichtigſte die
A. Waldformation iſt. Weiter werden dann
unterſchieden: B. die Haide; C. Wieſen und Weiden;
D. Felſen und Geröll mit beſonders reicher Hora:
E. Waſſer und Sümpfe, namentlich Hochmoore und
Deltabildungen.
In der Waldformation unterſcheidet nun Dr. Bet⸗
telini 12 einzelne Gruppen nach beſtimmten leiten⸗
den Holzarten; nämlich: ö
1. Gruppe der Hopfenbuche;
2s ca der Kaſtanie;
3. „ der Eichen;
4. „ des Flußniederungswaldes (Erlen und
Eſchen);
Di: g der Birke;
6. „ der Haſelnuß;
Teer der Buche;
8. „ der Nadelhölzer (beſonders Lärche);
9. „ der Alpenerle;
10. „ der Alpenroſe;
|; „ des Ginſters;
12. „ der Heide.
gurzer und überſichtlicher erſcheint mir die Ein⸗
teilung nach den folgenden 8 Gruppen:
6
— 0.
Kaſtanienwald;
Eichenwald, der allerdings in reinen aus⸗
gedehnten Hochwaldbeſtänden kaum vor—
kommt und auch Hopſenbuche, Mannaeſche
uſw. einſchließt;
Buſchwald; ſehr artenreich; oft den maquis
ſich nähernd;
Schwemmbodenwald;
Birkenwald;
Haſel⸗ und Weißerlenwald;
VII. Buchenwald;
VIII. Nadelholzwald.
Um die einzelnen Holzarten nach ihrem forſtlichen
Verhalten und ihrer Bedeutung zu würdigen, wollen
wir mit der letzten Gruppe, dem Nadelholzwald,
beginnen.
Fichte und Lärche dürften im Teſſiner Hod:
gebirgswald ungefähr gleiche Wichtigkeit beanſpruchen;
die erſte mehr für die geſchloſſeneren Beſtände der
mittleren Hänge; die letztere, vielfach auch mit Fichte
gemiſcht, in den oberen Lagen; oft in lichten Be:
ſtänden, die in den raumen Hutwald übergehen.
Unter der Lärche gedeiht bis nahe an die Waldgrenze
der Graswuchs vorzüglich, ſo daß hier Wald und
Weide vereint ſind. In der Maſſenerzeugung hat
natürlich die Fichte den Vorrang; in Holzqualität die
Lärche.
In geſchützten Lagen und mittleren Höhen (1200
— 1500 m) geſellt ſich auch die Weißtanne den
obigen Nadelhölzern als Miſchbaum zu. Ich fand
ſie am reichlichſten und beſten entwickelt oberhalb
Dalpe an den Hängen des Piumognatals. Die Be—
wirtſchaftung der Beſtände erfolgt ausſchließlich im
Plänterhiebe, der freilich leider ſtellenweiſe zum Kahl:
hiebe ausartet. Die Verjüngung geſchieht, ſoweit ſie
nicht die Natur beſorgt, durch Pflanzung.
Weit weniger Wichtigkeit hat die Kiefer, welche
meiſt in kleinen Beſtänden mehr horſtweiſe vorkommt
und vielfach unter dem Fraß von Cnethocampa Pityo-
campa, leidet.
P. Cembra erſcheint nur ganz vereinzelt an der
oberen Waldgrenze im äußerſten Norden des Kantons
und ijt forſtlich ohne jede Bedeutung; ebenſo wie die
Krummholzkiefer, welche hier nicht annähernd eine
aͤhnliche Verbreitung beſitzt als in den Nordalpen
oder gar den Karpathen.
Die Gruppe des Buchenwaldes iſt zweifellos
urſprünglich die wichtigſte geſchloſſene Waldformation
des Teſſin geweſen. Auch heute noch bedecken Reſte
einftiger ausgedehnter Beſtände viele N., NO. und O.:
Hänge der Bergketten, z. B. im Campotal, am Gene—
roſo uſw. Manchmal ſind es Niederwaldformen, in
denen die Rotbuche unter vielen andern Einſpreng—
III.
IV.
V.
VI.
lingen vorherrſcht.
Nicht ſelten finden ſich noch
Meereshöhen von 1200 m Miſchbeſtände von Buche,
Varden und Fichten. |
Daß die Buche nicht nur im freiftehenden Einz..-
ſtamm, wie bei den Meriggio-Rieſen, fondem auch i⸗
Beſtande fih vorzüglich entwideln und große Daft!
wertvollen Holzes erzeugen kann, daß fie zudem r:
Waldſtreuerzeugung und Bodenverbeſſerung unerreic: |
daſteht, beweiſen die noch vorhandenen Beſtände la.
und deutlich. Ihre Verjüngung und Fortpflanzun:
durch Samen wäre bei den äußerſt günſtigen Elim: |
tijden Bedingungen leicht und ſicher — wenn es n:
gelänge, ſie vor dem Zahn des Weideviehs, ame
lich der Ziegen, zu ſchützen.
In der Beſeitigung ue
wenigſtens Einſchränkung der Ziegenweide liegt te:
ganze Problem der Erhaltung und Verjüngung de
Buchenwaldes!
Dr. Bettelini empfiehlt, wenigſtens für den x. |
tocenert, bet den nur zu umfangreichen notwendiger
Aufforſtungen möglichſt Laubhölzer zu wählen, ba di:
dunklen Nadelhölzer nur ſchlecht zu dem lichten freund
lichen Ton der ganzen Landſchaft paßten. Ich möcht.
auf dieſe forſtäſthetiſche Frage hier nicht näher ein
gehen, muß aber, was die Rotbuche anlangt, aller
dings beſtätigen, daß ſie in Schönheit der Färbung
alle anderen Holzarten, auch die bunten Amerikaner.
weit übertrifft. Mein werter alter Freund, der Fort:
aͤſthetiker H. v. Saliſch, hat dies ſtets behauptet. Sen
ich die Rotbuchen im oberen Collatal und vor allem
die Bergwand zwiſchen Mergoscia und Contra an
Val⸗Verzasca in Oktoberfärbung und Beleuchtung
geſehen habe, muß ich zugeſtehen, daß er Recht hat
Von Begleitern der Rotbuche und Gliedern ihret
Gruppe will ich nur als die wicheigſten und ſchönſten
anführen: Den Mehlbeerbaum, welcher mit ſeinen
ſilberhellen Blättern eine Zierde der Wieſen und
Bachränder in den oberen Tälern ift; ferner die
Vogelbeere, welche auch hier wie in anderen Gebirgen
bis an die obere Waldgrenze geht; klein- und (seltener
großblättrige Linde, Birke, Bergahorn, Stechpalme
die beiden Alpenroſen (Rh. ferrugineum und au |
kalkhaltigem Boden Rh. hirsutum), Hopfenbud:
(während die Hainbuche felten ift), Berberitze, Bogel:
kirſche, Schlehe, mehrere Weidenarten, Goldregen,
Wachholder uſw.
Die Gruppe des Haſelbuſchwaldes möchte
ich mit der freilich weit mehr verbreiteten Weißerle
zuſammenfaſſen, obgleich beide Holzarten in ihrem
Vorkommen, namentlich der Meereshöhe nach, keines weg?
völlig übereinſtimmen. Weißerle wie Haſel ſtocker
dort, wo fie zuſammenhängende größere Beſtände
bilden, meiſt auf früherem Buchenboden, den fie in
erwünſchter Weiſe decken und ſchützen.
— . — Ä1w —— —¼— m . . —vi; rr rr I
|
Der eigentliche Buſchwald im engeren
Sinne, den Bettelini als Gruppe der Hopfenbuche be⸗
zeichnet, iſt nicht nur die artenreichſte, ſondern auch
nach ſeiner ganzen Zuſammenſetzung ſüdlichſte Wald⸗
form unſeres, Gebietes und in deſſen nördlichen und
rauheren Teilen überhaupt nicht vertreten. Er er⸗
innert durchaus an die Maquis Korſikas und Sar⸗
diniens, von denen er ſich jedoch wiederum durch
lichteren Stand und Anftreten nördlicher Arten unter⸗
ſcheidet. Die Zahl der in ihm vorkommenden Holz⸗
gewächſe iſt unter Umſtänden erſtaunlich groß. Hat
doch Bettelini im Buſchwald des bekannten Monte
Sau Salvatore bei Lugano nicht weniger als 86
Holzarten feſtgeſtellt! Hopfenbuche, Manngaeſche, Büt-
gelbaum, Goldregen (4 Arten), Feige, Mispel, Blaſen⸗
ſtrauch miſchen ſich hier mit Eiche (4 Arten), Buche,
Ulme, Linde; 2 Sorbus: 2 Pyrus⸗, 4 Prunus⸗, 4
Roja: und 5 Rubusarten ſind vorhanden.
Im nördlichen Teil des Kantons findet ſich eigent⸗
licher Niederwald hauptſächlich an und in den Fluß⸗
tälern. An den unteren Hängen herrſchte früher die
Rotbuche auch im Ausſchlagwalde vor, bis die alten
Stöcke micht mehr lebensfähig waren. Im Ganzen
ſollen im Teſſin etwa 25 000 ha Niederwald ſein.
Auch die Eichengruppe umfaßt im Weſent⸗
lichen Mederwaldbeſtände, beſonders von Qu. lanugi-
nosa und sessiliflora. Größere zuſammenhängende
Hochwaldbeſtände ſind mir nicht bekannt geworden.
In den Flußtälern findet ſich oft die Stieleiche in
Horſten und Einzelmiſchung zwiſchen anderen Holz⸗
arten. Im Allgemeinen herrſcht ſonſt im Gebirge die
Traubeneiche vor, neben der auf ſonnigen Flächen im
ſüdlichen Teil die Zerreiche häufig iſt und bis zu
1200 m anſteigt. Gerade dieſe letzte Art tritt auch
in reinen Beſtänden auf.
Nach den vielen Ortsnamen zu ſchließen, welche
von dem italieniſchen Stamm rovere (Steineiche) und
cerro (Zerreiche) ſich ableiten laſſen, mußz die Eiche
in früheren Zeiten im Teſſin eine weit größere Ver⸗
breitung und Bedeutung beſeſſen haben als heute.
Die letzte und wirtſchaftlich bei weitem wichtigſte
Gruppe der Holzgewöchſe des Teſſin iſt die der Edel⸗
kaſtanie, welche jedoch botaniſch am artenärmſten
und einförmigſten iſt. Die Kaſtanienſelve, d. h
der Kaſtanienhochwald, ift im ſüdlichen Teil des Teſſin
die vorherrſchende Form des Kulturwaldes, in welchem
neben der Kaſtanie kaum ein anderes Holzgewächs
auftritt oder geduldet wird. Wo die Selve ſich mehr
dem Naturwald nähert, meiſt in abgelegeneren Teilen,
ſtellen ſich als Unterhölzer manche Strauchholzarten,
wie Mispel, Kornelkirſche, Vogelkirſche, Hollunder,
Goldregen u. a. ein. Die Kaftanienfelve, welche allein
im Sottoceneri mehr als 4000 ha einnimmt, iſt für
> Ueber die Weißerle und ihr im Teſſin ſo aus⸗
- gedehntes Reich ließe ſich allein eine umfangreiche Ab⸗
handlung ſchreiben. Ohne dieſe vielſeitige und unver:
wüſtliche Holzart wären weite Flächen kahl und ver⸗
abet. Die Haſel trifft man übrigens auch als boden⸗
ſchützendes Unterholz unter raumen Lärchen (3. B. bei
Bosco). Künftige Waldkulturen und Aufforſtungen
werden in vielen Fällen nur im Schutz dieſer beiden
nützlichen Helfer möglich ſein und gedeihen.
Die Birkenformation, deren Gebiet unter
dem Buchenwalde liegt, it häufig mit der Weißerle
vermiſcht, indem letztere das Unterholz unter den
Birken bildet. Dieſe Buſchwaldform iſt namentlich in
der Gegend von Locarno an den unteren Hängen der
Taler, welche nach dem Teſſin und der Maggia aus⸗
münden, und zwar ſowohl an der Sonnen⸗ wie der
Schattenſeite reich vertreten. Wie leicht zu begreifen,
hat auch die Birke viel vom früheren Buchengebiet
erobert. Sie muß aber auch ſchon in älteren Zeiten
weit verbreitet und nicht ohne wirtſchaftliche Bedeu⸗
tung geweſen ſein. Dr. Bettelini führt zum Beweis
deſſen wohl mit Recht an, daß viele Ortsnamen mit
dem Stamme Betula gebildet find, 3. B. Bedolla,
Beduglio, Bedeglia uſw.
Die Birke leitet. häufig in den unteren Flußtälern
den Uebergang zum Alluvialwald ein, welcher
fich auf dem Schwemmboden der Flüſſe und ihren
Deltabildungen entwickelt hat. Auch hier ſpielt die
Weißerle eine wichtige und nützliche Rolle, indem ſie
namentlich Geröll und Bergſtürze zuerſt bekleidet, ſo⸗
fern fie nur einigen Wurzelboden findet. Auf dem
leider nur zu oft vorhandenen nackten Kies und Ge⸗
röll iſt es hauptſächlich der Sanddorn, welcher zuerſt
Fuß faßt, meiſt begleitet von der Tamariske und
ſchmalblättrigen Weiden. Auf etwas beſſeren Böden
iſt die Schwarzpappel herrſchend, oſt in größeren
Horſten und ſtattlichen Stämmen. An den feuchteren
Rändern wächſt die Schwarzerle, welche übrigens auch
auf moorigen Bergwieſen viel vertreten iſt. Die
fruchtbarſten und mildeſten Standorte werden von
der Eſche bevorzugt.
Bemerkenswerter Weiſe gedeiht übrigens die Kiefer,
mit welcher ſowohl im Maggiadelta bei Locarno, wie
im mittleren Maggiatale ſelbſt, z. B. bei Cevio, An⸗
bauverſuche gemacht find, ſtellenweiſe recht gut auf
dieſem Geröll⸗ und Schwemmland, deſſen Boden⸗
beſchaffenheit ſie erſichtlich verbeſſert und wo ſie durch
Anflug ſich ſelbſt fortpflanzt und verbreitet. Auf den
beſten Stellen findet ſich auch die Traubeneiche ein,
während die vielfach angebaute Akazie hier wie ſo
häufig in ihrem Fortkommen und Gedeihen wechſelnd
und unſicher ift.
den Teſſiner Landmann zugleich Frucht⸗, Holz: und
Streulieferant und ſoll in guten Lagen jährlich bis
250 Frs. Reinertrag je ha liefern. Der Fruchtertrag
des einzelnen Baumes ſchwankt ſehr je nach Stand:
ort, Sorte und Alter; von 30—400, kg grüner
Kaſtanien.
Bettelini erörtert mit vielem Fleiß und großer Aus⸗
führlichkeit die intereſſante Streitfrage, ob die Kaſtanie
in den Südalpen und Italien eine eingeführte Rul-
turpflanze oder von Natur einheimiſch ſei.
Im Gegenſatz zu dem Philologen Victor Hehn,
welcher aus ſprachwiſſenſchaftlichen Gründen alle wich⸗
tigen Kulturgewächſe der Mittelmeerzone (Olive, Feige,
Weinſtock u. a.) aus dem Orient ſtammen und von
Pelasgern und Griechen eingeführt ſein läßt; und dem
Botaniker Engler, welcher meint, daß, wenigſtens in
den Südalpen, die Kaſtanie auf urſprünglichem Buchen
gebiet künſtlich angebaut ſei und ohne menſchliches
Zutun von der Buche auch wieder verdrängt ſein würde,
kommt B. in Uebereinſtimmung mit dem wohl beſten
Kenner der Schweizer Flora, dem Botaniker
Chriſt, Verfaſſer des „Pflanzenleben der Schweiz“ und
auf Grund prähiſtoriſcher Funde aus der Zwiſchen⸗
eiszeit zu dem Schluß, daß die Heimatsberechtigung
der Kaſtanie wenigſtens für den Teſſin und feine Nach⸗
barlandſchaften Piemont uſw.) nicht angezweifelt werden
könne. B. verweiſt darauf, daß der Kaſtanienwald
ſtets eine ganz beſtimmte Zone einnehme, welche der
Buche ſchon zu heiß und trocken ſei, daß die raume
und lichte Beſtandsform der meiſten Kaſtanienwälder
ſich ebenfo in den nicht ſelten an ſie anſchließenden
Eichenhainen finde, deren Urſprünglichkeit doch niemand
beſtreite, und daß die Kaſtanie erſt veredelt werden
müſſe, um als Kulturbaum wirklich eßbare Früchte
zu tragen.
Ich halte mich natürlich nicht für berechtigt und
berufen, in dieſem Streit der wiſſenſchaftlichen Autori-
täten eine Anſicht zu verfechten, möchte aber doch eher
den Gründen Bs. als denen ſeiner Gegner beipflichten.
Ob man nun freilich die natürliche Verbreitung der
Edelkaſtanie auch auf die Nordſeite der Alpen in der
Schweiz und auf Süddeutſchland uſw. ausdehnen pmi
und will, ift eine weitere Frage.
B. führt aus dem Sottoceneri niht weniger als
16 bekannte deutlich uuterſchiedene Unterarten dieſer
ſo nützlichen und wertvollen Holzart an, von denen
die „Marron“ genannte Varietät die beſten Früchte
liefert, aber durchaus friſche Standorte verlangt. Man
muß überhaupt ſtreng zwiſchen dem eigentlichen Ka—
ſtanienwald, in lichter hainartiger Stellung meiſt
nahe den Ortſchaften und aus durchweg veredelten
Bäumen beſtehend, und der Selve im engeren Sinne,
dem Kaſtanienhochwald ſchlechthin, unterſcheiden.
— A—)—ᷓ—̃̃äu—ê—d
Vollreife kommen.
an •—m6———ů—ß—ß—ů—ßů—5—ß—i—ß—ß—ößii—58d'.—ä ü '.ů. ä . ä u
.
Letzterer liefert weit mehr und beſſeres Holz, aber 8
ringere und ſpärlichere Früchte. Solche gefchloffere
Kaſtanienhochwaldbeſtände fah ich z. B. im Gambr
rogno, dem am Südrande des Langenſees belegere-
Teile des Kreiſes Locarno.
Die Höhengrenze der Kaſtanie liegt im Sottocen er
etwa bei 1100 m, im Sopraceneri noch 100 — 150 r
höher; ihr Optimum dürfte zwiſchen 300 und 700 r
fih befinden. Freilich findet man auch noch in höhere:
Lagen vorzüglich entwickelte Stämme. Die berühmt:
Rieſenkaſtanie von Peccia z. B., welche in 1,5 r
Höhe 13,5 m Umfang meſſen fol, ſteht bei etm.’
900 m Meereshöhe. Hierbei möchte ich übrigens be
merken, daß dieſe uralten unförmlichen Rieſenſtämm :
faſt ſtets als Kopfholz behandelt find und aus einer -
mehr oder weniger dicken unteren Ende, eigentlich nı:
einem hohen Wurzelſtock, mit mehreren jüngeren Wipfe!: |
und Seitenzweigen beſtehen. Das Köpfen erfolgt no: į
türlich ſtets oberhalb der Veredlung, falls ſolche ge: |
ſchehen iſt.
Die Kaſtanie bevorzugt die ſonnigen Lagen der
Taͤler; dunkle kaltfeuchte Standorte fagen ihr niemals
zu und laſſen auch die Früchte nicht zur eigentlichen
Andererſeits liebt ſie keineswegs
geradezu trockne und dürre Böden. Vielleicht beruf!
auch mit auf dieſem Umſtande ihre wenigſtens für den
Teſſin unbeſtreitbar nachzuweiſende Kalkfeind⸗
lichkeit. Gerade über dieſe Eigenſchaft der meri:
würdigen Holzart iſt ebenfalls viel geſtritten und ge⸗
ſchrieben worden.
A. Engler beſtreitet, daß die Kaſtanie den Kalk
fliehe, auf Grund feiner Beobachtungen in ber Mord:
ſchweiz, namentlich auch im Verſuchsgarten zu Zürich,
wo diefe Holzart auf Böden mit 10 - 20% Kalkgehalt
gut fortkommt. Er nennt aber trotzdem die Kaſtanie
eine Kalipflanze, welche Böden mit großem Reichtum
an Kieſelſäure beanſpruche. Die franzöfiſchen Bota⸗
niker (Mathieu u. a.) erklären im allgemeinen die
Kaſtanie für eine Kieſelpflanze, welche auf Kalkböden
nicht gedeihe.
- Der italienische Forſtinſpektor Ludovico Piccioli,
welcher eine Monographie der Kaſtanie verfaßt hat
und jedenfalls einer ihrer gründlichſten Kenner iſt,
behauptet, daß ein gewiſſer geringer Kalkgehalt (bis
1.8% ) von der Kaſtanie ohne Schaden vertragen
werde und daß reicher Kaligehalt des Bodens die
ungünſtige Wirkung des Kalkes aufhebe.
Aus den ſehr gründlichen Unterſuchungen von
Bettelini im Sottoceneri geht wenigſtens für dies Be:
obachtungsgebiet mit Sicherheit hervor, daß die Kaſtanie
auf Granit, Gneis, Glimmerſchiefer und Porphyr
normal gedeiht, auf dem Dolomit dagegen fehlt. Nur
wo Moränen den Doloniit bedecken, erſcheint die Sta:
— — i — . — — a o
ſtanie wieder. Auf dem Keuperkalk kommt fie nur
dort vor, wo großer Reichtum an Kieſelſäure vor⸗
handen iſt und der Kalkgehalt zurücktritt. Auf den
Kalkböden am S. Salvatore und Monte Brad bei
Lugano fand B. an den Stellen, wo die Kaſtanie
noch fortfam, einen Gehalt an Kieſelſäure von 64 bis
75%, ͤ bet einem Kalkgehalt von 0,4 und 0, 7%.
Wir dürfen daher die weite Verbreitung und das Ge⸗
deihen der Kaſtanie im Teſſin wohl dreiſt dem Bor:
herrſchen der Urſchiefer und Silurgeſteine zuſchreiben.
Wo der Standort der Kaſtauie wirklich zuſagt,
zeigt ſie ein vorzügliches Gedeihen und erreicht ein
hohes Alter. Außer der ſchon genannten Rieſen⸗
kaſtanie von Peccia ſind noch mehrfach, namentlich
im Sottoceneri, Stämme von 9— 10 m Umfang am
unteren Ende bekannt,
Ueber die erreichbare Altersgrenze ſtehen mir leider
keine zuverläſſigen Angaben zur Verſügung. Ich
glaube aber nicht zu irren, wenn ich den ſtärkſten
Patriarchen dieſer Holzart ein Alter von 200—300
Jahren zuſchreibe. Da die meiſten der älteften Kaſta⸗
nien infolge von Kopfholzbetrieb uſw. inwendig hohl
ſind, iſt bei ihnen eine genaue Jahrringzählung auf
glattem heilem Wurzelſtock felten möglich.
Piccioli will feſtgeſtellt haben, daß die Blüte der
Kaſtanie eintritt, wenn die mittlere Temperatur 15
—18° C. erreicht hat, was im Teſſin je nach der
Lage im Mai und Anfangs Juni der Fall iſt. Dann
beleben die zahlloſen hellen weißgelben Rispen der
männlichen Blüten die ganze Landſchaft.
Die Befruchtung erfolgt wohl im Allgemeinen
Dird) den Wind, welcher den feinen Pollenſtaub weit
vecbreitet. Andererſeits wird auch den Bienen, welche
aus der Kaſtanienblüte einen recht konzentrierten ein
wenig bitteren Honig bereiten, eine große Rolle bei dieſem
wichtigen Geſchäft zugeſchrieben. Jedenfalls hat die
Kaſtanienblüte für die Honigerzeugung im Teſſin eine
große Wichtigkeit. Die Reife der Früchte ſoll nach Piccioli
eintreten, wenn diefe nach der Blüte 2000 - 2300
Wärme in mittlerer Tagestemperatur genoſſen haben.
Nach meinen diesjährigen Beobachtungen fiel die Reife⸗
und Erntezeit je nach Meereshöhe und Lage zwiſchen
den 25. September und 15. Oktober. Nach alter
Sitte wurde in früheren patriarchaliſchen Zeiten den
armen an den Selven nicht als Eigentümer berech—
tigten Einwohnern erſt zu Martini die ſog. Ruſpada
(Scharrecht“) geſtattet, d. h. die Befugnis, die noch
auf dem Boden liegenden Kaſtanien in den dann oft
ſchon leicht verſchneiten Selben für fih zu ſammeln.
Erfahrene Kenner des Landes behaupten, daß heute⸗
die Kaſtanie in Teſſin als Fruchtbaum und Nahrungs—
ſpender längſt nicht mehr die Rolle ſpiele, wie vor⸗
dem, wo ihre Frucht das Brot großenteils erſetzen
1916
mußte. Es iſt richtig, daß infolge des durch Eiſen⸗
bahnen und Straßen erleichterten Verkehrs heute Ge—
treidemehl und Brot auch in die entlegenſten Tåler
gebracht und weit mehr verzehrt wird als früher.
Dennoch bildet auch in der Gegenwart noch neben der
Polenta aus ſelbſtgebautem Mais die Kaſtanie in der
verſchiedenſten Form (meiſt als Pellkaſtanie geſotten)
eins der weſentlichſten Nahrungsmittel nicht nur der
Armen. Vielleicht ließe ſich durch ähnliche Trocknung,
wie ſie neuerdings bei der Kartoffel angewendet wird,
auch die bis jetzt leicht dem Verderben ausgeſetzte
Kaſtanie für längere Zeiträume erhalten und damit
für die Volksernährung noch nutzbarer machen. Ein
reichlicher Zuſatz von Kaſtanienmehl zum Brot macht
letzteres eigentlich wohlſchmeckender, aber ſchwerer ver⸗
daulich.
Ein großer und zwar der beſte Teil der geernteten
Kaftanien wird übrigens heute als „Maronen“ ver:
kauft und ausgeführt. Die geringeren Qualitäten
werden zur Schweinemaſt verwendet.
Sehr wichtig iſt für den Teſſiner Bauer die
Kaſtanie als Streulieferant für ſeinen meiſt
verhältnismäßig hohen Viehſtand an Rindvieh und
Ziegen. Da im ganzen Lande und beſonders in den
Hochtälern der Getreidebau nur verſchwindend gering
iſt, muß der Wald und namentlich die am nächſten
und bequemſten belegene Kaſtanienſelve faſt den ganzen
Bedarf an Streu für die 6-8 Wintermonate decken.
Man kann nicht ſagen, daß dem Vieh hiermit ein be⸗
ſonders weiches Lager geboten wird; denn mit den
Blättern werden meiſt auch die ſtachligen äußeren
Hüllen der Früchte zuſammengebracht und eingeſtreut.
Während der Kaſtanienfruchtwald meiſtens teilweiſe
reines Privateigentum ift, gehört der ſonſtige Kafta-
nienhochwald faſt durchweg ſchon zum gemeinſamen
Eigentum der alten Bürgergemeinden, hier Patri:
ziate genannt; iſt alſo nach unſeren Begriffen un⸗
geteiltes Gemeindemitgliedervermögen. Er
dient vorwiegend der Holzgewinnung und enthält wenig
oder gar keine veredelten Stämme.
Wie dem Bewohner des Nordens die Nadelhölzer
alles liefern, was er an Baus, Nutz- und Brennholz
benötigt, ſo iſt für den Teſſiner Landmann in der
Kaſtanienregion dieſe Holzart der ausſchließliche Spen⸗
der allen Holzbedarfes. Höchſtens, daß er zur Her-
ſtellung ſeiner Holzſchuhe („zoccoli“) das leichtere
Pappelholz nicht entbehren kann. Sonſt wird Alles
aus Kaſtanienholz gemacht. Auch als Brennholz hat
die Kaſtanie bei weitem den Vorrang, da Birke, Buche
und Haſel in dieſen Gebieten entweder zu ſelten ſind
oder zu wenig Maſſe liefern.
Sehr viel Kaſtanienholz wurde früher und wird
2
auch heute noch zu Holzkohle verſchwelt, welche zu
Schmiedezwecken ſehr geſchätzt wird.
ſagt ( palo = Pfahl) ſoll er weſentlich zur Er
ziehung von Pfahlholz, beſonders für den Weinbau,
Auch Gerbſtoff wird von der Kaſtanie gewonnen. | dienen. Als Umtriebszeiten werden 8—35 Jahre, je
Namentlich im letzten Jahre, wo wegen des Krieges
alle Gerbmaterialien im Preiſe ſehr geſtiegen ſind.
bin ich Transporten von Kaſtanienrinde wiederholt
begegnet. Wenn ich mich recht erinnere, wurde an
Ort und Stelle ein Preis von 10 Frs. für 100 kg
gezahlt. Eine Tanninfabrik in Maroggia iſt zur Ge:
winnung dieſes Gerbſtoffes aus dem Kaſtanien holz
gegründet worden.
Ueber die Maſſenerzeugung des Kaſtanienhoch⸗
waldes habe ich ſichere Angaben nicht finden können.
Ich glaube, daß bei etwa 120 jährigem Umtriebe wohl
500 - 600 fm per Hektar erreicht würden.
Wie an der oberen Waldgrenze die Lärche als
unteren die Kaſtanie im lichteren Hochwald⸗ oder |
Fruchtwaldbeſtande der Hutebaum, unter dem Gras: |
wuchs, namentlich im Frühling und Herbſt, freudig
gedeiht.
Der Verjüngung der Kaſtanienbeſtände wird leider
viel zu wenig Sorgfalt und, Aufmerkſamkeit zugewendet,
obgleich weder Saat noch Pflanzung beſondere Schwie⸗
rigkeiten bieten, vorausgeſetzt, daß man den nötigen
Schutz gegen Weidevieh gewährt. Auch natürliche
Verjüngung durch Aufſchlag halte ich bei entſprechen⸗
der Boden vorbereitung und Einzäunung für recht gut
ausführbar. Sie ſoll an mehreren Stellen, z. B.
zwiſchen Ronco und Briſſago beobachtet worden ſein.
|
nach der Lage und den Zwecken, für welche das Hol;
beſtimmt iſt, genannt. Für ſchwache Weinbergpfäh le
werden 8— 10 Jahre genügen; für Erziehung von
den viel verlangten Telegraphenſtangen find 25 — 35
Jahre erforderlich)). Neben und zwiſchen dieſen Ber:
wendungszwecken und dem Brennholz gibt es zahlloſe
andere Sortimente zu allen möglichen Gebrauchsgegen⸗
ſtänden und Gerätſchaften; z. B. zur Herſtellung der
im Teſſin ſo verbreiteten Kiepen und Tragen.
Unter günſtigen Verhältniſſen machen die oft
ziemlich hoch belaſſenen Stöcke im erſten Jahr Ane
ſchläge von 2—3 m Höhe Nach Merz folen die
Stöcke ihre Ausſchlagsfähigkeit bis zum 150 jährigen
Baum der Waldweide ſich auszeichnet, ſo iſt an der
Die Ergänzung des Fruchtwaldes erfolgt zumeiſt durch
Pflanzung ſtarker 2—3 m hoher, bereits veredelter
Heiſter. Nach Merz keimen die im Frühling geſaͤten
Kaſtanien in 30—40 Tagen und erſcheinen Würzelchen
und Stämmchen beide an der zugeſpitzten Seite der
Frucht, weshalb die Ausſaat in horizontaler Lage ge
ſchehen ſollte.
Die unſchöne und vom forſtlichen Standpunkte
durchaus verwerfliche Kopfholzwirtſchaft iſt lediglich
ein Notbehelf und Zugeſtändnis an die Viehweide.
Der Kaſtanie beſonders ſchädliche Inſekten find mir
nicht bekannt. Ihre einzigen wirklich gefährlichen
Feinde ſind das Weidevieh, namentlich die Ziege,
welche unerbittlich etwaigen Aufſchlag und teilweiſe
auch den Ausſchlag vernichtet — und das Feuer.
Allerdings iſt die raume Selve und namentlich
der Fruchtwald nicht ſo ſehr dem Waldbrand ausge—
ſetzt, zumal wenn ihm die Laubſtreu entzogen wird
und dichteres Unterholz fehlt, als der Kaſtanien—
niederwald, die ſogen. Palina. Wie ſein Name
a —
Alter behalten.
Unter und zwiſchen den Kaſtanienwäldern liegt
in den Tälern und im ſüdlichen Teil des Landes die
Region der Weinberge, vorwiegend in Terraſſen
angelegt und ſtets in Lauben⸗, Spalier⸗ und Guit:
landenform gezogen, wozu es eben ftärferer Stützen
und Pfähle bedarf.
Als Erſatz der Kaſtanienpſähle, welche immerhin
nur eine Reihe von Jahren aushalten, und der heute
zu koſtſpieligen Steinſäulen, hat fih in manchen Gegen:
den, namentlich bei Locarno, die Verwendung des
Feldahorn als lebendiger Stützen eingebürgert. Die
Stämme werden durch Köpfen und Schneideln in ent:
ſprechender Höhe und Stärke gehalten und erfüllen
ihren Zweck in beſter Weiſe, ohne, wie es ſcheint, dem
Boden zuviel wertvolle Kräfte zu entziehen.
Die trotz Phylloxera, Peronospora und Oidiuin
immer noch weit ausgedehnten Teſſiner Weinberge ge
währen durch die Verbindung verſchiedener Kulturen:
— Gras und Gemüſe unter dem Weindach; Obft,
namentlich Pfirſiche und niedrige Aepfel und Birnen,
oft auch Maulbeeren in den Zwiſchenräumen — und
nun daneben noch eine Art Holzzucht durch die leben⸗
den Pfähle — von Frühjahr bis Spätherbſt einen
eigenartigen und freundlichen Eindruck, welcher von
der Fruchtbarkeit des Landes zeugt. (Fortſ. f.)
1) Schweizer Telegraphentechniker rühmen die Kaſtanien⸗
ſtange wegen ihrer außerordentlichen Biegungsfeſtig-
keit und Ausdauer beſonders in der Erde, wo Fäulnis faſt
unbekannt ift. Namentlich bei hohen Bergleitungen wird
ſie mit Vorliebe verwendet und ſoll dort faſt unbegrenzte
Dauer (bis 50 Jahre) zeigen, während fie auch in den un
teren Regionen die ſonſt viel benutzte Lärche noch erheblich
übertrifft.
— ee
Zn ge a ur
11
Literariſche Berichte.
Die Beziehungen der Tiere und Pflanzen
zueinander. Nr. 426 u. 427 der Teubnerſchen
Sammlung aus Natur und Geiſteswelt. 2. Aufl.,
von K. Kräpelin. Leipzig 1913.
In den letzten Dezennien hat in der Erweiterung
unſeres Wiſſens über die Lebeweſen die Biologie be⸗
ſonders ſtark die Aufmerkſamkeit der Forſcher in An:
ſpruch genommen; beſonders die Lehre von den Cin:
flüſſen der Umgebung auf die Lebeweſen, die Lehre
von der Geſtaltung und Haushaltung der Lebeweſen
durch die auf ſie wirkenden Faktoren, die Oekologie,
hat ſich als beſonders gepflegter Wiſſenszweig heraus:
geſchält, der für die angewandte Naturwiſſenſchaft viele
neue Geſichtspunkte gebracht hat. Heſſe und Doflein
haben für das Gebiet der Zoologie, die Werke Schim⸗
pers, Wiesners und Warmings für das Gebiet der
Botanik, Nußbaum, Karſten und Weber für das Ge—
ſamtgebiet der Biologie namentlich die ökologiſche Seite
ihres Themas betont. Auch unſere Lehre des Wald⸗
baus hat durch H. Mayr infolge der ökologiſchen Be⸗
trachtungsweiſe (Beſtandesklimatologie, Soziologie) eine
neuartige Behandlung erfahren.
Dem Charakter der Sammlung entſprechend konnte
der Verf. nur das Weſentliche in kurzem Umriß geben;
der Text der beiden Bändchen ift aus einem Vortrags⸗
zyklus entſtanden und bedurfte daher Erläuterungen
durch Abbildungen, da vieles nur geſtreift wurde. Es
find fo dem Band I 64, dem Band II 68 Abbildungen
im Texte beigegeben.
Band I behandelt die Beziehungen der Tiere zu:
einander.
Von den einfachſten Beziehungen, den geſchlecht—
lichen Beziehungen derſelben Arten ausgehend, gibt
Verf. Einblicke in das Familienleben der Tiere, in das
ſoziale Zuſammenleben über die Familie hinaus —
(Schwarm⸗, Herden⸗, Staatenbildung) und erläutert
dann die Beziehungen verſchiedener Tierarten zuein⸗
ander, indem er auf Synökie, Paraſitismus und Sym:
bioſe eingeht. Die Vieh- und Sklavenhaltung im Jn-
ſektenſtaat tritt uns als höchſtentwickelte Form der
Symbioſe entgegen.
Im 2. Bande wird zunächſt auf die Beziehungen
der Pflanzen untereinander, dann die Beziehungen
zwiſchen Pflanzen und Tieren eingegangen. Von den
erſteren ſind für uns beſonders anziehend die Be—
ziehungen derſelben Art zueinander, wie fie im Kon:
kurrenzkampf und im geſelligen Zuſammenleben der
Pflanzen hervortreten. Die Beziehungen der Indi—
viduen verſchiedener Arten zueinander werden von den
Geſichtspunkten des Nahrungs- und Raumwettkampfes
beſprochen. Der Bedeutung des Lichtes im Kontur-
renzkampf der Pflanzen wird ein beſonderer Abſchnitt
gewidmet. Weiter ſchildert K. die Ausnutzung der
Mitpflanzen durch die Licht und Raumparaſiten und
die echten Paraſiten. Die Symbioſe unter den Pflanzen
wird durch das Leben der Knöllchenbakterien und durch
das Zuſammenleben von Algen und Pilzen, das die
frühere Klaſſe der Flechten geſchaffen hatte, veran⸗
ſchaulicht.
Der letzte Teil, der von den Beziehungen der
| Pflanzen zu den Tieren handelt, ift in drei Kapitel
eingeteilt, die behandeln: Feindliche Beziehungen
zwiſchen Tier und Pflanze, einſeitige Ausnutzung der
anderen Partei ohne feindliche Abſicht, Beziehungen
der Tiere und Pflanzen mit Vorteil für beide Teile.
Der Beſtäubung der Blüten durch Tiere iſt dabei der
größte Raum gewidmet.
Der knappe Ausſchnitt aus dem weiten Gebiete der
Biologie wird Anregung zum weiteren Eindringen in
dieſes Wiſſensgebiet geben; möge er viele auf dieſe
Seite der Naturwiſſenſchaft hinweiſen.
Dr. Wimmer.
Die Technik des Forſtſchutzes gegen Tiere
von Prof. Dr. K. Eckſtein. 2. neubearbeitete
Auflage. Berlin, Parey. 1915.
Zu Havelberg in den Tagen der Winterſchlacht an
den maſuriſchen Seen hat Eckſtein das Manuſkript
der 2. Aufl. ſeiner Technik des Forſtſchutzes vollendet,
die ſchon bei ihrem Erſcheinen in erſter Auflage 1904
berechtigten Beifall gefunden hatte. Die Technik der
Schädlingsbekämpfung hat in dem abgelaufenen Deze-
nium weſentlich Fortſchritte gemacht. Vieles iſt er⸗
probt, manches als unbrauchbar, manches als nützlich
gefunden worden. Entſprechend dieſem Gang der
Schaͤdlingsbekämpfung haben einzelne Abſchnitte eine
tiefgreifende Veränderung erfahren. Dem Zweck des
Buches entſprechend, das eine Anleitung zur Aus—
führung von Vorbeugungs- und Vertilgungsmaßregeln
in der Hand des Revierverwalters, Forſtſchutzbeamten
und Privatwaldbeſitzers ſein ſoll, iſt Eckſtein der knap—
pen, allgemeinverſtändlichen Faſſung treu geblieben
und hat in klarer Weiſe das Wichtigſte aus der an—
gewandten Zoologie und dem Forſtſchutze dem Zwecke
gemäß zuſammengeſtellt.
Einige Schädlinge ſind neu aufgenommen, die
Blattläuſe etwas ausführlicher als früher behandelt
worden; ſie werden in gegebenen Rahmen immer ein
ſchwer zu behandelndes Kapitel bleiben. Im J. all:
2*
12
gemeinen Teil befpricht Verf. die Bedeutung der Tier: | Weidmanns Erinnerungen von Erzherzog
welt für den Wald und die allgemeinen Maßregeln
zum Schutze des Waldes gegen ſchädliche Tiere und
geht dabei auf die allgemeine Vorbeugungsmaßregeln,
auf die Paraſiten, Abwehr und Bekämpfung und
Verwertung der geſammelten Schaͤdlinge im allge⸗ |
meinen ein.
E. macht bei der Verwertung der Schädlinge den Vor⸗ |
ſchlag, daß einzelne Forſtbeamte beſtimmte Schädlinge in
ihrer biologiſchen Entwickelung oder als fertige Samm⸗
lungsobjekte ſammeln und dieſe einer Zentrale ab:
liefern ſollten, die dann an einen wohltätigen ſorſt⸗
lichen Verein (Waldheil, Forſtwaiſenverein, Verein
deutſcher Privatforſtbeamten uſw.) angegliedert, die
Verwertung an Naturalienhandlungen zu Gunſten der
Witwen und Waiſen unſerer grünen Farbe durd)-
führen ſollte. So könnten durch Luſt und Liebe ge—
ſammelte Schädlinge das Wiſſen der Sammler be:
reichern und das Bewußtſein geben, zur Beſſerung
der Notlage von Angehörigen unſeres Standes bei⸗
zutragen.
Der, II. ſpezielle Teil des Buches gliedert ſich in
die Bekämpfung der forſtſchädlichen Wirbeltiere — auf
60 Seiten — und die Bekämpfung der forſtſchaͤdlichen
Gliedertiere — auf 146 Seiten. — In einem Schluß⸗
kapitel ſind Liſten und Nachweiſe in praktiſcher An⸗
ordnung zuſammengeſtellt, wie ſie bei der Schädlings—
bekämpfung am zweckentſprechendſten geführt werden
ſollen. |
Bei jedem Schädling wird zunächſt äußere Er:
ſcheinung und Lebensweiſe dann der Scha—
den und zuletzt die Abwehr beſchrieben.
Im allgemeinen betont Eckſtein die Belim-
pfungsmittel aus dem Reiche des Anorganiſchen gegen—
über der biologiſchen Bekämpfungsweiſe etwas ſtark.
Es liegt dies zum Teil darin begründet, daß über
letztere, wenigſtens in unſeren forſtlichen Betrieben,
noch wenig poſitive Reſultate vorliegen und das Buch |
nur die erfolgreichen Abwehrmaßregeln zuſammenfaſſen |
will. E. würdigt die biologiſche Bekämpfungsweiſe
zwar im einleitenden Abſchnitte, betont aber m. E. |
namentlich in dem Abſchnitt über die Bekämpfung der
Dipteren zu wenig, daß wir mit all den dort ange—
führten Mitteln auch eine große Anzahl ihrer Feinde |
damit vernichten. Sicherlich gebührt aber in un: |
ſerem arbeitsextenſiven forſtlichen Betriebe der biolog.
Bekämpfungsmethode noch ein weites Feld. Möge |
das aufs befte von dem bekannten Verlag P. Pareys |
ausgeſtattete Werkchen eine möglichſt weite Verbreitung
in der Praxis erlangen, das als orientierendes Buch
jedem Revierverwalter zur Verfügung ſtehen ſollte. |
Dr. Wimmer.
— ———— —
Joſeph. Wien 1915. Verlag des Aktionskomitees
für die Herausgabe des St. Hubertus-Kriegskreuzes.
In Kommiſſion für den Buchhandel bei Wilhelm
Frick, Wien und Moritz Ráth, Budapeſt. 176 ©.
Lexikon⸗8 °- Format auf imit. Büttenpapier, ſteif
broſchiert. Preis geh. 5 Kr.
Erinnerungen an unvergeßliche Jagden feines
35 jährigen Jägerlebens nennt der Verfaſſer ſein dem
erſten Weidmann Oeſterreich-Ungarns, dem Kaiſer
Franz Joſeph, gewidmetes Buch. Und wenn er ſchlicht
hinzufügt, daß es die ſchönſten Erinnerungen eines
Weidmanns ſeien, der feine höchſte Freude in der Hert:
lichkeit der großen Natur finde, fo ift damit der Cha⸗
rakter des Buches gekennzeichnet. Es enthält eine Aus⸗
wahl von Jagderlebniſſen, deren Schilderungen jeden
echten Weidmann vom Anfang bis zum Ende feſſeln.
und zwar nicht nur der ſpannenden Jagderlebniſſe
halber, ſondern vor allem wegen der lebensfriſchen
Darſtellung. Das Buch iſt mit ſeltener Liebe zur
Natur geſchrieben; der Verfaſſer iſt ein Kenner und
ein warmherziger, aufrichtiger Freund der Natur. Das
verrät jede Seite des Buches, ob der Verfaſſer nun
in ſeiner „lieben, ſchönen“ Marmaros, in der Tatra
oder im Alföld birſcht, ob er an der Nordſee
oder in den Steppen Afrikas oder am Nile dem Weid⸗
werke obliegt. |
Der Ertrag des Buches fol der Fürſorge für die
Witwen und Waiſen von im Felde geſtandenen Be⸗
rufsjägern zufallen, und es ſei daher ſeine Anſchaffung
allen denen aufs wärmſte empfohlen, die Intereſſe an
weidgerechter Jagd und liebevoller Naturſchilderung
haben und die ſich zugleich wohltätig erweiſen N
e.
Ratgeber - Bibliothek. „Mein Sonntage:
blatt“. Wochenblatt für Haus, Hof und Garten.
Praktiſcher Ratgeber für Jedermann. Verlag der
L. v. Enders'ſchen Kunſt⸗Anſtalt; Neutitſchein, Wien,
Leipzig.
Aus dieſer Ratgeber-Bibliothek liegen uns folgende
Bändchen vor:
1. Die Feinde der Geflügelzucht unter
den Bakterien. Die Erreger der anſteckenden
Krankheiten. Mit 11 Illuſtrationen aus F. Kral's
bakteriologiſchem Muſeum in Wien. Von Georg
Wieninger, Konfulent für Geflügelzucht im k. k.
Ackerbauminiſterium. Preis 50 Pf.
2. Beeren obſt. An 140 Rezepte über die Ver⸗
wendung von Beerenobſt zu Saucen, Suppen, Mehl—
ſpeiſen, Chaudeaux, Bäckereien, Torten, Gilgen, Crê:
mes, Eis- und Eisbomben, Bowlen, Säften, Beeren:
| wein und Champagner, Eſſig, Likör, Sorbett, und
— — —
—ͤ— — — — —— ——
ſchließlich zum Einkochen in Dunſt, zu Marmeladen,
Jam uſw. Im Anhange eine Belehrung über die
Zuckergrade, über die Bereitung von Chaudeaux, Dunſt⸗
fiederei, Fruchtgelee, Jam und über die Herſtellung
von Gefrorenem (Eis). Von Käthe Roch⸗Nicolai.
Preis 25 Pf.
3. Sommer⸗Schnellküche. Eine Sammlung
von Speiſen, die zum Teil nur auf dem Spiritus—
kocher, zum Teil auf dem Herde in etwa einer Stunde
fertig zu ſtellen ſind. Im Anhange Rezepte für er⸗
friſchende Getränke. Von; Käthe Roch-Nicolai.
Preis 50 Pf.
4. Wie gewinnen wir billig Enten und
Bänfe?r Von Georg Wieninger.
Ju dem unter 1 genannten Heftchen werden nach
einer kurzen Einleitung erörtert: die Geflügelcholera,
die Geflügelpeſt, die Geflügeldiptherie, die Geflügel⸗
pocke, die Tuberkuloſe des Geflügels, die Spirillen⸗
krankheit oder Spicochätoſe u. a. Die zur Bekäm⸗
pfung der Krankheiten bezw. zur Behandlung des er:
krankten Geflügels gegebenen Ratſchläge werden vielen
Geflügelbeſitzern willkommen ſein.
Das unter Nr. 2 aufgeführte Schriftchen gibt Ne-
zepte über die Verwendung der Berberitze, Brombeere,
Ebereſche, Erdbeere, Hagebutte, Heidelbeere, Himbeere,
des Hollunders, der Johannis-, Preiſel⸗, Stachelbeere
und der Weintrauben. In einem Anhange wird die
Herſtellung der Beeren⸗Obſtweine beſprochen. In dieſem
billigen Büchlein werden die Frauen der Forſtbeamten
manche guten Rezepte für die Ausnutzung der Früchte
des Gartens und des Waldes finden.
Nr. 3 enthält eine Sammlung folder Speiſen,
welche einerſeits auf dem Spirituskocher, andererſeits
in etwa einer Stunde auf dem Herde hergeſtellt werden
können. In einem Anhange wird eine Anleitung zur
Bereitung erfriſchender Getränke gegeben.
Dieſes Heftchen ſei beſonders den Hausfrauen em⸗
pfohlen, die während der heißen Jahreszeit möglichſt
ſchnell mit dem Kochen fertig zu werden wünſchen.
Nr. 4 endlich bringt eine kurze aber gute An-
leitung zur Enten⸗ und Gänſezucht. Auch dieſes
Schriftchen wird vielen Forſtbeamten von Nutzen fein
können. E.
Jahres⸗Bericht über die Erfahrungen und
Fortſchritte auf dem Geſamtgebiete der
Landwirtſchaft. Zum Gebrauche für praktiſche
Landwirte begründet von Oekonomierat Dr. Buer⸗
ſtenbinder. 29. Jahrgang. 1914. Unter Mitwir⸗
kung von Dr. von Ollech, Berlin, Dipl.⸗Ing. J.
Hagmann, Berlin, Winterſchuldirektor Dr. A. Koſt⸗
lan, Duderſtadt. Herausgegeben von Prof. Dr.
Mar Hoffmann, Agrikulturchemiker und ftaat:
lich geprüfter Landwirtſchaftslehrer, wiſſenſchaftlicher
Geſchäftsführer inder D. L. G., Berlin. Mit 16
eingedruckten Abbildungen. Braunſchweig, Druck und
Verlag von Friedr. Vieweg u. Sohn. 1915.
Einleitend wird mit Recht auf die großen Leiſtungen
der Landwirtſchaft während des Krieges hingewieſen.
Deutſchland hat den Beweis erbracht, daß feine Land:
wirtſchaft imſtande iſt, den inländiſchen Bedarf an
Nahrung voll zu decken. Der Weisheit der verbün⸗
deten Regierungen tit es zu danken, daß Deutlich:
land nicht zum einſeitigen Induſtrieſtaat geworden iſt.
Weiter wird auf die vielen Anregungen und or:
ſchläge zur Erzeugung ſchnellwachſenden Futters, größt⸗
möglicher Ernten, zweckdienlicher Ackernutzung uſw.
hingewieſen. Die große Unterſtützung, die der Land—
wirtſchaft durch die Forſtwirtſchaft, insbeſondere durch
die Hergabe von Streu- und Futtermitteln, zu teil
geworden, wird auffallenderweiſe mit keinem, Worte
erwähnt!
Der Jahresbericht zerfällt in folgende Abſchnitte:
A. Pflanzenproduktion: 1. Allgemeiner
Acker- und Pflanzenbau, Referent: Prof Dr. M. Hoff:
maun, Berlin; 2. Spezieller Pflanzenbau, Referent:
Winterſchuldirektor Dr. A. Koſtlan⸗Duderſtadt;
B. Tierproduktion: 1. Allgemeiner Teil (All⸗
gemeine Tierzucht, Fütterungslehre, Tierheilkunde und
Geſundheitspflege), 2. Spezieller Teil (Pferde-, Rind:
vieh:, Spahn:, Ziegen-, Schweine-, Geflügel: und Klein:
tierzucht, Fiſchereiweſen, Molkereiweſen), Referent:
Dr. v. Ollech⸗Berlin;
C. Wirtſchaftsbetrieb, Referent: Dr. von
Ollech-Berlin;
D. Landwirtſchaftliche Maſchinen und
Geräte, Referent: Dipl.⸗Ing. J. Hagmann:Berlin.
Im erſten Hauptabſchnitt findet ſich ein beſonderes
Kapitel über „Forſtwirtſchaft“, wo folgende Auf:
ſätze angeführt werden: Sieber: Ueber natürliche Ver⸗
jüngung, Schubert: Ueber den Blenderſaumſchlag,
Bargmann: Das Schattenflächenverfahren in feinem
Verhaltnis zum Blenderſaumſyſtem, Eberhard: Der
Blenderſaumſchlag und ſeine Behandlung, Harbach:
Die Dreieckſpaltpflanzung, Keh: Kiefernkulturen, Ber:
tog: Die Beſchaffung des Kiefernſamens, Frey: An⸗
zucht von Waldmänteln, Neger: Anbauverſuche mit
fremdländiſchen Holzarten, Wimmer: Zuwachs- und
Sortimentsunterſuchungen im Buchenhochwalde, von
Kapff: Wie treten wir den gefährlichen Schneebe—
ſchädigungen der Wälder wirkſam entgegen?, Kühne,
Sonnenſchein, Kutzke, Butt, Buſch, v. Seydel, Hol—
leufer: Schutzmittel für Kulturen gegen Wildverbiß,
v. Tubeuf: Biologiſche Bekämpfung von Pilzkrank⸗
heiten der Pflanzen, Haaſe: Der Kienzopf, Preuß:
14
ae im
Lehrbuch des Flintenſchießens, Weber: Jahresbericht
über die Fortſchritte des Forſtweſens.
In dem Kapitel „Fiſchereiweſen“ werden
u. a. erwähnt: Schiemann: Die Wanderungen unſerer
Süßwaſſerfiſche im Binnenlande, Schulz: Wie kommen
die Fiſche in Gewäſſer, wo vorher keine waren?,
Waker: Der Hecht und ſeine wirtſchaftliche Bedeutung,
Seydel: Neue Unterſuchungen über das Wachstum des
Wales, Hofer: Städtiſche Abwäſſer und Fiſchzucht, v.
Alten: Hydrobiologiſche Studien über Flüſſe und Kali—
abwäſſern, Eberts: Zum Fiſchereigeſetzentwurf und die
Vertretung der Fiſcherei bei den mit der Durchführung
des Preuß. Waſſergeſetzes betrauten Behörden, Link:
Bemerkungen zum Fiſchereigeſetz- Entwurf.
Jagd Abreißkalender 1916. Herausgegeben
von der Deutſchen Jägerzeitung. Verlag J. Neu:
mann. Neudamm. Preis 2 Mk.
Außer dem Kalendarium enthält der Kalender
wertvolle Anleitung zur Jagdpflege und Ausübung.
Er iſt zugleich eine Zierde für das Zimmer eines jeden
Jagd- und Forſtmannes. E.
„Waldheil“, Kalender für deutſche Forſt⸗
männer und Jäger auf das Jahr 1916.
Vereinskalender des Vereins Kgl. Preuß.
Forſtbeamten. Achtundzwanzigſter Jahrgang.
1. Teil: Taſchenbuch; II. Teil: Forſtliches Hilfs:
buch. Neudamm, Verlag von J. Neumann. Laden:
preis: Ausgabe A = 1,60 Mk., Ausgabe B 2 Mk.
Die Form von Teil I des allbekannten Kalenders
iſt unverändert. Teil II enthält folgende Abſchnitte:
1. Das Forft: und Jagdjahr (die Forſt⸗, Jagd:
und Fiſchereigeſchäſte in den einzelnen Monaten; Ehon-
zeitkalender; Begattungs:, Sak: und Brutzeiten des
Wildes; Schrotbezeichnung); 2. Forſteinrichtung und
Werlberechnung (Schätzungshilfen; Ertragstafeln, Form:
zahlen, Sortimentstafeln, Formeln zu Wertberech—
nungen, Rententafeln, Kreisflächentafeln, Zuwachser—
mittelungen, Waſſergehalte der Schichtmaſſe uſw.);
3. Kulturen und Wegebau (Pflanzenmengen, Kultur—
koſten, Samenmengen, Hilfstafeln für Wegebau uſw);
4. Holzhandel und Statiſtik (Eiſenbahntarife, Holz—
zölle, Holzerträge, Nutzholz, Ein- und Ausfuhr, Brenn—
kraft, Kohlenausbeute, Gewichte der Rinde und des
Holzes, Schwindeprozent, Rindenprozent, Taxklaſſen
für Langholz); 5. Verſchiedenes (Trächtigkeitskalender,
Vogelſchutzgeſetz, Poſt und Telegraph).
Wild⸗ und Hundkalender. Taſchenbuch für
deutſche Jäger. XVI. Jahrgang. 1916. Heraus—
gegeben von der illuſtrierten Jagdzeitung „Wild
und Hund.“ Berlin. Verlagsbuchhandlung Paul
Parey. 1916. Preis 2 Mk.
Dieſer allbekannte Kalender iſt pünktlich für das
Jahr 1916 in bewährter Form erſchienen. In ihm
finden wir zunächſt das Kalendarium und die üblichen
Tabellen. Sodann ſind die Schonzeiten, Abſchuß—
regeln, Weidmannsſprache, Verhalten bei Zuſammen—
|
treffen mit Jagdfrevlern, jagdliche Naturgeſchichte des
Wildes, Anlage von Wildäckern und Hochſitzen, Be:
handlung der Jagdgewehre, Beſchußſtempel, Verſand
von Wild, Präparieren der Rehgehörne, Wildfütte—
rung, Jagdhunde, Schußwirkungen und vieles andere
iſt kurz und überſichtlich dargeſtellt. E.
Deutſcher Forſtkalender des deutſchen Forſt⸗
vereins für Böhmen. 1916. IX. Jahrgang.
Bearbeitet von Dr. Richard Grieb, Direktor der
Deutſchen Forſtſchule in Eger, ſtaatlich geprüfter
Forſtwart, Bezirks-Forſttechniker, Zivil- Geometer
uſw. Eger 1916. Druck und Verlag von J. Kobrtſeh
& Gſchihay, Eger. Preis 2,60 K.
In dieſem, beſonders in den Kreiſen der deutſchen
Forſtleute Böhmens, beliebten Kalender finden ſich
neben dem Kalendarium und Tagesmerkblättern Kreis:
flächen⸗, Walzen⸗, Maſſen⸗, Formzahl⸗, Ertrags- uſw.
Tafeln, Angaben über die Zeit der Blüte, der Samen-
reife und des Samenabfalls der verſchiedenen Holz⸗
arten, über den Samen- und Pflanzenbedarf bei Kul⸗
turen, über das Gewicht des Holzes, den Holzhandel
und Transport, den deutſchen Holzzolltarif, ſowie eine
Anleitung für die erſte Hilfe bei Unglücksfällen. P
—
Forſt⸗ und Jadkalender 1916 Begründet von
Schneider (Eberswalde) und Judeich (Tharand).
Sechsundſechzigſter Jahrgang. Bearbeitet von Dr.
M. Neumeifter, Geh. Oberforſtrat und Oberforft:
meiſter in Dresden, und M. Retzlaff, Rechnungs:
rat im Kgl. Preuß. Miniſterium für Landwirtſchaſt,
Domänen und Forſten. In zwei Teilen. I. Teil.
Kalendarium, Wirtſchafts-, Jagd- und Fiſcherei⸗
Kalender, Hilfsbuch, verſchiedene Tabellen und No:
tizen. Berlin. Verlag von Jul. Springer, 1916.
Ausgabe A in Leinw.: 2 Mk, in Leder: 2,50 Mk.
„ BF w 2220, u e LA y
Der Jahrgang des altbewährten Forſt- und Jagd:
kalenders für 1916 weiſt Veränderungen in den Wild:
ſchonbeſtimmungen des Königsreichs Sachſen und eine
andere Formel für die Berechnung des Krümmungs—
halbmeſſers bei Wegkurven nach.
Was den II. Teil anbelangt, der i. J. 1915 über⸗
haupt nicht erſchienen iſt, wird im Vorwort zu Teil!
\
4
7
bemerkt, daß derſelbe in dieſem Jahre kaum noch recht⸗
zeitig erſcheinen könne, weil die Perſonalverhältniſſe
durch den Krieg weſentlich geſtört worden feien.
E.
Preußiſches Körfter : Jahrbuch für 1915.
Ein Ratgeber für die preußiſchen Kron⸗ und Staats⸗
beamten. VI. Bd. Herausgegeben zum Teil nach
amtlichen Quellen von der Geſchäftsſtelle der Deut⸗
ſchen Forſt⸗Zeitung. Neudamm 1915. Verlag von
J. Neumann; 1915. Preis 3 M.
Der vorliegende Band enthält neben den forſt⸗
lichen Geſetzen und Verwaltungsbeſtimmungen, die ſeit
dem Erſcheinen des letzten Bandes ergangen ſind, in
erſter Linie alle Vorſchriften, die für den im Felde
ſtehenden und für den kriegsinvaliden Staatsforſtbe⸗
amten forte für ſeine Familie von Bedeutung find.
Von beſonderem Intereſſe find ferner zwei, in das
Perſonalgebiet fallende Nachweiſungen, von denen die
eine ſämtliche nach Beendigung des Krieges zu be⸗
15
— —
ſetzende Oberförſterſtellen, die andere die für die Er⸗
nennung zum Förſter o. R. maßgebende Reihenfolge
der älteſten Forſtverſorgungsberechtigten aufweiſt. Im
übrigen iſt Einteilung und Stoff, dem der früher er⸗
ſchienenen Bände gleich.
Der Förſter. Land⸗ und forſtwirtſchaft⸗
licher Kalender für Forſtſchutzbeamte.
1916. Herausgegeben vom praktiſchen Forſtmann
Th. Conrad. Preis: Kleine Ausgabe (2000 Num⸗
mern zur Abzählungstabelle) in Leinw. 1,50 Mk.,
in Lederb. 2 Mk.; große Ausgabe (4000 Nummern
zur Abzählungstabelle) in Leinw. 1.80 Mk., in
Lederb. 2,30 Mk. Graudenz, Guſt. Röthes Buch⸗
druckerei und Verlag „Der Gſellige“. 1915.
Dieſer Kalender erſcheint nunmehr im 30. Jahr⸗
gange. Die Einrichtung des Kalenders, die ſich be-
währt hat, iſt im weſentlichen die gleiche wie bei den
früheren Jahrgängen. Auch die Preiſe ſind unver⸗
ändert geblieben. E.
— en
Briefe.
Aus Baden.
Begänftigung des Eichelaufſchlages 1915, Doll-
zug den Rlebspläne für 1916, Dutzbanmachung
von Waldjamen.
Die Großherzogliche Forſt⸗ und Domänendirektion
hat in bemerkenswerten Entſchließungen in obigen
Betreffen Anordnungen an die unterſtellten Forſt⸗
aͤmter erlaſſen, aus denen die nachfolgenden kurzen
Angaben für weitere Kreiſe Intereſſe bieten dürften.
Infolge der überaus reichen Eichelmaſt des vorigen
Herbſtes hat ſich in den meiſten mit Eichen beſtandenen
Waldungen eine mehr oder weniger gute Eichenbe⸗
ſamung eingeſtellt, die es als geboten erſcheinen läßt,
zur Erhaltung des natürlichen Eichenaufſchlages in
den Hoch⸗Ueberführungs⸗ und Mittelwaldungen durch
Auflichtung dunkler Orte in angemeſſenem Umfange
Bedacht zu nehmen.
Im Hod: und Ueberführungswald find Hiebe zu-
nächſt in den Abteilungen vorzuſehen, die bereits in
Verjüngung liegen oder in denen nach dem Einrich⸗
tungswerke mit der Verjüngung zu beginnen iſt; in
zweiter Linie in ſolchen Beſtänden, die nach Ablauf
der Einrichtungsperiode vorausſichtlich zur Verjüngung
herangezogen werden müſſen. Bei der Auswahl der
Hiebe iſt beſonders zu prüfen, ob die zu ſchaffende
Verjüngung im allgemeinen Verjüngungsgang der
betr. Unterabteilung durchgeführt werden kann. Vor
|
|
|
|
|
|
allem ſollen die befferen Flächen der I. und II. Stand⸗
ortsklaſſe berückſichtigt werden. In größeren Wal⸗
dungen wäre den Beſamungsflächen eine verhältnis:
mäßig größere Ausdehnung zu geben als in den
kleineren; ſehr wichtig wegen der Möglichkeit der recht⸗
zeitigen Führung der Nachhiebe.
In Mittelwaldungen dürfte es im allgemeinen ge⸗
nügen, außer einzelnen Nachhieben in den jüngſten
Schlägen, vornehmlich im neuen Hiebsſchlag an be:
ſamten Stellen das Oberholz zu lichten, in den 2—3
nächſten Schlägen ſich aber nur auf die Durchlichtung
des Unterholzes zu beſchränken. N
In Anbetracht des wohl auch im naͤchſten Winter
zu erwartenden ſchwierigen Abſatzes der Eichennutz⸗
hölzer werden in Miſchbeſtänden zwecks Auflichtung
vielfach die den Nutzholzeichen benachbarten Hölzer ent⸗
nommen werden müſſen, die leichter verfäufliches Nuk-
und Brennholz lieſern. Zur Vermeidung größerer
Hiebsüberſchreitungen wie bei Arbeitermangel empfiehlt
ſich ſtatt Lichtung im ſtärkeren Holz die Beſeitigung
verdaͤmmenden Unterſtandes. Etwa notwendige Ab:
weichungen von dem 10 jährigen Wirtſchaftsplan ſind
bei Vorlage des Hiebsplants zu vermerken.
Dieſe ſachgemäßen Richtpunkte ermöglichen es dem
Wirtſchafter eine entſprechende freie Beſtandswirtſchaft
durchzuführen. Infolge der Einberufungen zum Kriegs:
dienſt wird in vielen Forſtämtern Mangel an Holz⸗
hauern zu gewärtigen ſein. Zur Verminderung eines
etwaigen Arbeitermangels wird es etwas beitragen,
wenigſtens die Brennholzhiebe ausnahmsweiſe in ftär:
kerem Holz zu führen. An Oertlichkeiten mit großer
Verbringungsweite ſoll tunlichſt wenig gehauen werden.
Bei empfindlichem Arbeitermangel wird die Einſtellung
von Kriegsgefangenen zu erwägen ſein. Wegen des
zu erwartenden großen Pferdemangels iſt empfohlen,
die Hiebe im Hügel: und Berglande ſoviel als möglich
an Orten mit gut fahrbaren Wegen und nicht zu weit
von den Verbrauchsorten entfernt zu legen, damit ins⸗
beſondere die der ländlichen Bevölkerung angehörigen
Holzkäufer fih des Kuhfuhrwerks bedienen können.
Mit Rückſicht auf den teilweiſen Mangel an Stroh
und Futtermitteln zur Viehhaltung, ſowie auf die
Knappheit an Fetten und Speiſeölen zum menſchlichen
Verbrauch ſollen die Eiweiß, Stärkmehl und Fett ent⸗
haltenden Waldſamen nach Möglichkeit für die Ge:
ſamtwirtſchaft nutzbar gemacht werden.
Als ſolche Waldſamen kommen in Betracht die
Früchte von Buche, Eiche, Ahorn und Eſche, ganz
untergeordnet auch von Akazie, Linde und Roß⸗
kaſtanie.
Stärkmehlhaltig ſind die Früchte von Eiche, Buche,
Ahorn und Roßkaſtanie. Oel liefern Bucheln (21 v.
H.), Samen von Linden bis 58 v. H. und Eſche bis
26 v. H. In Domänenwaldungen ift die Gewinnung
von Waldſamen ohne Beſchränkung freigegeben. Auf
die waldbeſitzenden Gemeinden und Körperſchaften ſo⸗
wie auf die Beſitzer größerer Privatwaldungen ware
hinzuwirken, daß ſie in gleicher Weiſe verfahren, wenig⸗
ſtens aber das Sammeln der Samen gegen Entgelt
geſtatten.
Die Buche, deren Samen weitaus am vorteilhaf—
teſten zu Oel verarbeitet werden, läßt in Baden in
den meiſten Bezirken eine Sprengmaſt, nach einer um⸗
faſſenden Zuſammenſtellung namentlich im Norden von
Deutſchland eine ziemlich reichliche Ernte erwarten, ſo
daß die Oelgewinnung aus Buchekern immerhin Be:
deutung gewinnen Tann. Der Ertrag von Eicheln iſt
nach der überaus reichen Maſt des Vorjahres nur im
Rheintal und da nur ſpärlich zu erwarten. Er iſt.
nebenbei bemerkt, auch im übrigen Deutſchland mit
wenigen Ausnahmen ſehr mäßig. Soweit der Ber:
brauch der Samen durch die Sammler ſelbſt nicht
ſtattfindet, wird darauf aufmerkſam gemacht, daß die
16
|
|
|
Bezugsvereinigung der deutſchen Land: ,
wirte, Berlin W. 35 Potsdamerſtraße 80 für gute
| geweſen jei.
Ware in geſunder Beſchaffenheit frei Waggon ab Ver: |
ladeſtelle bezahlt für je 100 kg
Eicheln lufttrocken (höchſtens 40 v. H. Waſſer) 19 Mk.
„ gedörrt ( , 15, „ „ ) 34 „
Roßkaſtanie lufttrocken 15 „
j gedörrt 28 „
ferner, daß der Kriegsausſchuß für pflanzliche und
tieriſche Oele und Jette, Berlin W. 8, Ranonier:
ſtraße 29/30, bezahlt
für Bucheln lufttrocken .
i „ gedörrt . D e e FO
„ Lindenſamen lufttroden oder gedörrt . 140
Die ölhaltigen Samen der Eſche werden am beſten
in den Oelmühlen verwertet. Vom Berichterſtatter
ſei noch angefügt, daß das Kgl. Preußiſche Miniſterium
für Landwirtſchaft Domänen und Forſten einen abn:
lichen Erlaß herausgegeben hat.
Aus Preußen.
Aus den Preußifchen Forjtverwaltung.
Holzverkauf.
Durch Erlaß v. 7. September 1915 wird darauf
hingewieſen, daß die Holzabfuhr durch den herrſchen—
den Pferdemangel ſehr erſchwert und daher der Hieb
von Handelsholz tunlichſt in die Nähe der Eiſenbahn—
verladeſtellen zu legen fet. Damit dieſe Maßnahmen
in größerem Umfange ausgeführt werden können,
werden die Regierungen ermächtigt, ſelbſtändig ſolche
Beitände, die in der Nähe einer Eifenbahnverladeftele
liegen und hauptſächlich Gruben- und Schwellenholz
liefern, im kommenden Wirtfchaftsjahre auch dann. zu
nutzen, wenn ſie nicht der erſten Periode angehören.
Vorausſetzung iſt, daß gute Preiſe erzielt werden und
daß beſondere Gründe, wie z. B. die Rückſicht auf die
Hiebsfolge, nicht dagegen ſprechen.
Weiter werden die Regierungen durch Erlaß vom
2. Oktober 1915 auch für das Jahr 1916 ermächtigt,
bedürftigen Familien der zum Kriegsdienſt eingezogenen
und den gefallenen Waldarbeiter der Staatsforſten
zum eigenen Wirtſchaſtsverkehr Reiſigholz — mit Aus⸗
ſchluß der I. Klaſſe — gegen Zahlung eines Viertels
des Taxpreiſes abzugeben.
In einer Eingabe richtet der Sägewerksverband
in Berlin die Bitte an den Oberlandforſtmeiſter, bei
den Regierungen darauf hinzuwirken, daß eine mög”
lichſt ſchnelle Uebergabe der Schläge ſtattfinde, damit
den Käufern die Abfuhr des Holzes zur Winterzeit
ermöglicht werde, da während der vergangenen Hiebs⸗
periode der Abtransport der Hölzer aus dem Walde
bei Frühjahrswetter mit ungeheuren, nicht vorherge⸗
ſehenen Koſten zum Schaden der Holzkäufer verbunden
Durch Erlaß v. 12. Oktober 1915 hat
der Miniſter demgemäß die Oberförſter angewieſen,
dieſem Wunſche tunlichſt Rechnung zu tragen.
Ferner haben mehrere Firmen der Holzverkohlungs⸗
induſtrie mitgeteilt, daß ſie große Mengen von Buchen⸗
holz zur Herſtellung unentbehrlicher Kriegshilfſtoffe,
|
vor allem des zur Bereitung des rauchſchwachen Puk
17
vers erforderlichen Acetons, nötig haben, und endlich
if aus Kreiſen der Handels⸗ und Gewerbetreibende
der Beſorgnis Ausdruck gegeben worden, daß in den
Staatswaldungen auf den Einſchlag von Brennholz |
nicht genügend Bedacht genommen werden würde, um
den Bedarf der Gewerbe und der Bevölkerung an
Brennholz zu erfüllen und das Anſteigen der Brenn⸗
- holgpreife auf unerſchwingliche Höhe zu vermeiden.
Hieraus nahm der Miniſter für Landwirtſchaft,
Domänen und Forſten Veranlaſſung, die Kgl. Re⸗
gierungen in einem Erlaß vom 27. Oktober 1915 da⸗
rauf hinzuweiſen, daß beim Einſchlage auf die Er⸗
füllung des Brennholzbedarfes und insbeſondere auf den
Bedarf der Holzverkohlungsanſtalten genügend Rid:
ſicht genommen wird. Vorausſetzung für eine Ver⸗
ſtärkung des Brennholzhiebes ſei jedoch, daß ange⸗
meſſene Preiſe in Ausſicht ſtünden.
Durch Nutzung von ſolchen Beſtänden, die haupt:
ſächlich Brennholz lieferten, ſowie durch Ausführung
von Brennholzdurchforſtungen werde es möglich ſein,
den Bedarf zu befriedigen, ohne Nutzholz zu unzu⸗
reichenden Preiſen verkaufen zu müſſen. Vorausficht⸗
lich werde ſich auch Reifig und Stockholz beſſer als
bisher verwerten laſſen.
Die Regierungen werden ferner durch Erlaß vom
27. Oktober 1915 ermächtigt, Beſtände, die hauptſäch⸗
lich Brennholz liefern und zu wertvollen Nutzholzbe⸗
ſtänden nicht heranwachſen werden, zu nutzen, wenn
ſie zwar nicht der erſten Wirtſchaftsperiode angehören,
aber in der Nähe von Eiſenbahnverladeſtellen oder
von Brennholz beanſpruchenden Ortſchaften liegen und
gute Preiſe ausbedungen ſind oder ſicher auf ſolche zu
rechnen iſt.
Allerhöchſten Erlaß, betr. die Anrech⸗
nung der Jahre 1914 und 1915 als Kriegs-
jahre.
Durch Allerhöchſten Erlaß v. 7. September 1915
wird folgendes beſtimmt:
Als Teilnehmer an dem gegenwärtigen Kriege
gelten: N :
1. Die Angehörigen des deutſchen Heeres, der
Marine, der Schutz⸗ und Polizeitruppen in den Schutz⸗
gebieten, die während des Krieges an einer Schlacht,
einem Gefecht, einem Stellungskampf oder an einer
Belagerung teilgenommen haben, gleichgültig, ob dieſe
Teilnahme bei den deutſchen oder den Streitkräſten
eines mit dem deutſchen Reiche verbündeten oder be⸗
freundeten Staates erfolgt iſt,
2. die’ Angehörigen des deutſchen Heeres, der Ma⸗
rine, der Schub: und Polizeitruppen, die, ohne vor
den Feind gekommen zu ſein, ſich während des Krieges
1916
aus dienſtlichem Anlaß mindeſtens zwei Monate im
Kriegsgebiete aufgehalten haben.
Als Kriegsgebiet ſind anzuſehen:
a) Das Gebiet der Staaten, mit denen das deutſche
Reich und die mit ihm verbündeten oder befreundeten
Staaten ſich im Kriege befinden, einſchließlich der Kolo⸗
nien dieſer Staaten und Luxemburg,
b) ſämtliche deutſche Schutzgebiete, |
c) die Gebietsteile des deutſchen Reichs und der
mit ihm verbündeten oder befreundeten Staaten, fo-
weit in ihnen kriegeriſche Operationen ſtattgefunden
haben,
d) das geſamte Meeresgebiet und
e) das Küſtengebiet, foweit ſie vom Feinde ge⸗
fährdet ſind.
Eine Anrechnung von Kriegsjahren auf Grund
der Ziffer 2 unter c, d, e findet nur für diejenigen
Perſonen ſtatt, die ſich in den bezeichneten Gebiets⸗
teilen,
Operationen, im Falle d, e während ihrer Gefährdung
durch den Feind aufgehalten haben.
im Falle c während der Dauer kriegeriſcher
In zweifelhaften Fällen entſcheidet darüber, ob die
räumlichen und zeitlichen Vorausſetzungen zu e vorz
liegen, die oberſte Marineverwaltungsbehörde. Dieſe
beſtimmt auch, bis zu welchen Grenzen Einbuchtungen
und Häfen als Meeresgebiet anzuſehen ſind.
Denjenigen Kriegsteilnehmern, die ſowohl im Ka⸗
lenderjahr 1914 wie im Kalenderjahr 1915 die vor⸗
ſtehenden Bedingungen erfüllt haben, ſind zwei Ka⸗
lenderjahre anzurechnen.
* x
* -
Gebührniſſe der zur vorübergehenden
forſtlichen Verwendung beurlaubten
kriegsinvaliden Jäger.
Nach dem Min.⸗Erlaſſe vom 13. November 1915
erhalten die von der Militärverwaltung zur vorüber⸗
gehenden forſtlichen Verwendung beurlaubten Jäger
neben den Beſchäftigungsgeldern Dienſtkleidungszu⸗
ſchüſſe, ſowie freies Brennholz oder eine bare Brenn⸗
holzentſchädigung, ſoweit ſie einer zu dieſen Bezügen
berechtigten Beamtenklaſſe angehören. Dienſtbeklei⸗
dungszuſchüſſe ſind aber nur dann zu bewilligen, wenn
die Jäger während der iforſtlichen. Verwendung die
Walduniform tragen.
Den gelernten Jägern, die noch nicht zur Klaſſe A
verpflichtet find, ſtehen demnach nur die Beſchäftigungs⸗
gelder zu. Sie haben, da ſie noch nicht auf Forſt⸗
verſorgung dienen, weder die ‘Pflicht, noch das Recht
zum Tragen der Walduniform.
Die den Urlaubern für die Hine und Rückreiſe
neben dem Erſatz der Ausgaben für Militärfahrkarten
3
zu zahlenden geſetzlichen Reiſetagegelder find in Höhe
der vollen Gage zu gewähren.
* *
*
Miets- und Brennholzentſchädigung für
diejenigen Familien von Kriegsteil⸗
nehmern, welche die Dienſtwohnung
haben verlaſſen miffen.
Durch Erlaß v. 28. Juni 1915 wurde von dem
Miniſterium für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten
folgendes beſtimmt:
„Hat die Familie eines zur Fahne einberufenen
oder freiwillig eingetretenen Staatsforſtbeamten aus
Gründen, die die Kgl. Regierung als triftig aner⸗
kennt, die Dienſtwohnung verlaſſen und eine Miets⸗
wohnung bezogen, ſo iſt dem Stelleninhaber die Dienſt⸗
wohnung für die Dauer ihrer Mitbenutzung als ſolche
zu entziehen und hiernach eine Miets- und eine bare
Brennholzentſchädigung zu gewähren. Die Mietsent⸗
ſchädigungen haben ſich innerbalb des Höchſtſatzes zu
halten, der für die Ortsklaſſe des bisherigen Amts:
ſitzes des Kriegsteilnehmers vorgeſchrieben iſt. Bleibt
das Mobiliar und das tote Inventar des Stellenin⸗
habers während der Dauer der Entziehung der Dienſt⸗
wohnung ganz oder teilweiſe in dieſer, ſo hat der Be⸗
amte für die Nutzung der Dienſtwohnung als Auf⸗
bewahrungsraum eine jährliche Vergütung zur Forſt⸗
kaſſe zu entrichten, die in der Regel auf etwa „eine
Mark“ für jedes volle Tauſend desjenigen Betrages
zu bemeſſen iſt, zu welchem die aufbewahrten Gegen⸗
ſtände gegen Feuer verſichert ſind. Im Einzelfalle
hiervon abweichende Feſtſetzungen zu treffen, bleibt den
Kgl. Regierungen überlaſſen, beſonders auch dann,
wenn eine Feuerverſicherung nicht abgeſchloſſen worden
iſt und der Verſicherungsbetrag nicht feſtgeſtellt werden
kann.“
Ein weiterer Erlaß vom 15. November 1915 trifft
hierzu noch folgende ergänzende Beſtimmung für die⸗
jenigen Familien der am Kriege teilnehmenden Forſt⸗
beamten, denen keine Dienſtwohnung überwieſen ift: |
„Hat die Familie eines zur Fahne einberufenen oder
freiwillig eingetretenen Staatsforſtbeamten, dem keine
Dienſtwohnung überlaſſen iſt, aus Gründen, die die
Kgl. Regierungeu als triftig anerkennen, den zuge⸗
wieſenen Amtsſitz verlaſſen und muß die bisherige
Naturallieferung der freien Feuerung infolgedeſſen ein⸗
geſtellt werden, ſo iſt eine bare Brennholzentſchädigung
zu gewähren. Vorausſetzung hierfür iſt, daß die Fa⸗
milie nicht etwa unentgeltliche Aufnahme gefunden hat,
ſondern daß ihr zum mindeſten Feuerungskoſten er-
wachſen.
Amtgſitz geblieben ift, kann die Umwandlung der Brenn:
holzlieferung in eine Holzvergütung erfolgen uſw.“
* *
*
Auch wenn die Familie an dem bisherigen
| Winterfütterung der Vögel.
Hinſichtlich der Winterfütterung der Vögel hat be:
Miniſterium für Landwirtſchaft, Domänen und Forſte:
unter dem 22. Oktober 1915 folgende allgemeine Ver
| fügung erlaſſen:
W Wie in der kleinen Schrift „Löſung der Vogel
| ſchutzfrage“ nach Freiherrn v. Berlepſch von Martin
Hieſemann unter Abſchnitt II B „Winterfütterung‘
des näheren ausgeführt ift, bedürfen gerade unfer
nützlichen Vögel, Meiſen, Kleiber Spechte u. a. be:
Witterungsverhältniſſen, die ihre gewöhnlichen Nak:
| rungsquellen unzugänglich machen, wie Rauhreif un:
Glatteis, der künſttichen Ernährung, da ſie infolge
| ihres raſchen Stoffwechſels in wenigen Stunden der
| Entbehrung zu grunde gehen. Nach der Bekannt:
machung des Herrn Reichskanzlers vom 15. Juli 1915
| find Raps, Rübſen, Hederich, Dotter, Mohn, Leir:
| jamen und Hanfſamen beſchlagnahmt, und auch Gor
nenblumenkerne werden im Handel ſchwer zu haben
| jen. Nun hat allerdings der Herr Reichskanzler auf
Grund des § 9 diejer Verordnung genehmigt, daß der
Kriegsausſchuß, ſoweit dies feine Vorräte erlauben, den
folgenden Verteilungsſtellen von den beichlagnahmter
1. für Brandenburg, Pommern, Oft: und Welt:
preußen der Firma Adolf Rappaport⸗Charlotten burg,
|
2. für Schleſien und Poſen der Firma Bernh.
| Jof. Grund- Breslau,
3. für Bayern und Pfalz der Firma Joh. Schmitz
München,
| 4. für die Hanſeſtädte, Schleswig⸗Holſtein, Han:
nover, Mecklenburg, Braunſchweig, Oldenburg der
Firma Karl A. Grütter u. Komp. in Hamburg,
5. für Königreich Sachſen, Provinz Sachſen, Thi:
| ringiſche Staaten der Firma J. O. Rohleder⸗Leipzig,
| 6. für Rheinland, Weſtphalen, Heffen und das
| übrige Süddeuſchland einſchließlich Eljaß- Lothringen
der Firma De Haen Carftanjen & Söhne⸗Düſſeldorf.
Da jedoch nicht feſtſteht, welche Mengen abgeb⸗
bar ſind, und es jedenfalls angezeigt iſt, von dieſer
Genehmigung nur im Notfalle Gebrauch zu machen,
empfiehlt es ſich, bei der Vogelfütterung den Mangel
an Oelfrüchten nach Möglichkeit durch Aushängen von
Kadavern uſw. auszugleichen. Beſonders in größeren
Waldungen muß mit dem Aushang alsbald begonnen
werden, um die Vögel an die Futterplätze rechtzeitig
zu gewöhnen. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen,
wie wertvoll die Erhaltung dieſer nützlichen Vögel für
unſere Land- und Forſtwirtſchaft iſt.
*
*
Begriff der Uniform. § 360 Abi. 1 Nr. 8
St. G. B.
Ueber den Begriff der Uniform hat das Reichs⸗
gericht durch Urteil vom 4. April 1914 eine wich⸗
tige Entſcheidung getroffen, welche unzweifelhaft die
vielfach, auch beſonders unter Privatforſtbeamten ver⸗
breitete Anſicht widerlegt, daß eine Zuwiderhandlung
gegen § 360 Nr. 8 dann nicht vorliege, wenn jemand
eine Berufskleidung ſo einrichte, daß ſie in geringen
Punkten von der Uniform der Staatsbeamten ab⸗
weiche.
19
In dem vorliegenden Falle war A. wegen unbe⸗
fugten Tragens einer Uniform verurteilt worden. Seine
Reviſion hatte keinen Erfolg. „Die Annahme des
Landgerichts, daß die von A. getragene Kleidung als
eine „Uniform“ anzuſehen war, läßt keinen Rechts⸗
irrtum erkennen. Insbeſondere genügte für den Be⸗
griff der Uniform im Sinne des $ 360 Abſ. 1 Nr. 8
St. G. B. die Feſtſtellung, die Kleidung des A.
habe nach ihrem Geſamteindruck, trotz ber
kleinen Abweichungen von der echten Uniform eines
Angehörigen der Schutztruppe in ſämtlichen Teilen,
doch eine derartig auffallende Aehnlichkeit mit der
Schutztruppenuniform gezeigt, daß jeder, der nicht
deren Einzelheiten genau kennt, getäuſcht wurde.“
Das was hier für die Schutztruppenuniform ge⸗
ſagt iſt, gilt ſelbſtverſtändlich auch für jede andere
A. Feſtſetzung der Höchſtpreiſe für Wild.
: Auf Grund der im Dezemberbeft 1915 mitgeteilten
Verordnung des Bundesrats vom 28. Ottober 1915 hat
der Reichskanzler unter dem 29. November 1915 über
die Regelung der Wildpreiſe folgendes beitimmt:
I. Der Preis für Wild darf beim erſten Verkaufe
lur befte Ware folgende Sätze nicht überſchreiten:
bei Rot- und Damwild für 0,5 kg mit Decke 0,60 M
„ Rehwild cass es. de i. ao) OAD: y
„Wildſchweinen „ „ „ „ (Schwarte) 0,55 „
„Haſen für das Stück mit Fell (Balg) S
* Lauinchen " n" ” * ” n 1,00 ”
Faſanenhähne „ „ „ „Federn 2,50 „
Faſanenhennen „ „ „ 1,75
et werden, dürfen ſie für beſte Ware folgende Sätze
it überſchreiten:
ei Rote und Damwild für 0,5 kg 1.40 M.
„Rehwi „ io. & 170 „
Wildſchweinen „ „ 1, 10 „
Uniform, alſo auch für die Uniform der Kgl. Forſt⸗
beamten.
* x
Sammeln abgeworfener Hirſchſtangen.
Durch eine Polizeiverordnung des Reg.⸗Präſidenten
zu Gumbinnen vom 2. Februar 1900 ift das unbe-
fugte Suchen und Sammeln von Geweihen oder ein⸗
zelnen Stangen von Rothirſchen in den Kgl. Forſten
beſtimmter Kreiſe verboten und mit Strafe bedroht
worden. Ein auf Grund dieſer Polizeiverordnung
wegen unbefugten Sammelns von Hirſchgeweihen Be⸗
ſtrafter hat gegen das betr. Urteil Reviſion eingelegt
und behauptet, daß die Polizeiverordnung ungültig
ſei, weil dem Regierungspräſidenten die Berechtigung
gemangelt habe, fie zu erlaſſen. § 6a des preuß.
Geſetzes über die Polizei⸗Verwaltung vom 11. März
1850 habe die Grundlage der fraglichen Polizeiver⸗
ordnung nicht abgeben können, weil hier, bei den Ge⸗
weihen und Stangen kein Eigentum in Frage ſtehe.
Dementgegen hat das Reichsgericht durch Urteil vom
16. März 1914 die Reviſion mit der Begründung
verworfen, daß die fragliche Polizeiverordnung den
Schutz des Jagdrechts bezwecke und daß dieſes nur
ein Ausfluß des Eigentums ſei. Es brauche deshalb
nicht erörtert zu werden, inwieweit andere Vorſchriften
jenes Geſetzes den Ausgangspunkt der Verordnung
gebildet haben, gegen deren Rechtsgültigkeit auch im
übrigen keine Bedenken vorlagen.“ .
*
Notizen.
Stück ohne Fell
bei Haſen für das 4,50 M
„ Dafen ie ag „ mit „ 5,00 „
„ raninchen „ „ „ ohne „ 1,30 „
„ Naninchen „ „ „ mit „ . . 1,60 „
„ Faſapenhähnen für das Stück mit Federn . 3,50 ,
„ Faſanenhennen „ „ „ ohne „ 2,50 „
Bei abweichender Anordnung der Grundpreiſe ge—
mäß 8 3 der Verordnung des Bundesrats vom 28. Ok⸗
tober 1915 tritt eine entſprechende Aenderung dieſer
Sätze ein.
III. Dieſe Beſtimmung tritt mit dem 1. Dezember
1915 in Kraft.“
Der Magiſtrat von Berlin lätt nun weiter eine
Verordnung, wonach der Preis für 0,5 kg beſter Ware
im Kleinhandel folgende Preiſe nicht überjteiaen Darf:
a) ber Rot- und Damwild:
für Keulen und Jiletrücken . 1,40 M
für Oberrücken 0,90 „
ſür Blätter 0,80 „
für Kochſteiſch 0,50 „
b) bei Rehwild:
jür Keulen und Rücken 1,80 „
für Blätter . . Aae ee Se e e
für Kochſleiſdkgkhgh ... 0,50 „
ce) bei Wildſchweinen:
für Keulen und Filetrücken 1,10 M.
für Oberrücken und Wampe 0,90 „
für Blätter „ 1,10 „
für Kochfleiſch . 030 „
d) bei Haſen:
im ganzen mit Fell 5,00 „
im ganzen ohne ell . 4,50 „
für 1 Rüden . ; 2,00 ,
für 2 Keulen aufammenhängend 2,00 „
für 2 Läufe zuſammenhängend ; 0,50 „
für Häuten und Spicken eines Haſen bis zu 1,50 „
e) bei Kaninchen:
ohne Fell ; 1,30 ,
mit Fell , 1,00 ,
fy) bei Faſanen:
für Hähne 3,50 „
für Hennen 2,50 „
B. Heber Vogelſchutz.
Die Tatſache, daß die Vogelwelt unſerer Zeit in
ihrem Beſtand die Merkmale der Auflöſung und Ver—
nichtung zeigt, hat ſeit langen Jahren die Frage nach
einem Vogelſchutz mehr oder weniger ſtark in die Oef—
fentlichkeit geſtellt. Man kann zwei grundlegende For-
men des Vogelſchutzes unterſcheiden; einmal den rein
geſetzlichen, der vornehmlich die Tötung beſtimmter Vogel—
arten verbietet und unter Strafe ſtellt; auf der anderen
Seite den noch weitergehenden Vogelſchutz, der den Vö—
geln eine Erleichterung der Lebensbedingungen durch
jegliche Mittel zu ſchaffen ſucht, wie leichte Brutgelegen—
heit oder Stellung von Futter.
Was den geſetzlichen Vogelſchutz anbelangt, fo wäre
es ein Irrtum, annehmen zu wollen, daß es erſt unſerer
Zeit vorbehalten bliebe, den Humanen Gedanken des
Vogelſchutzes auszuſprechen. Schon um 1300 bejtanden
Vogelſchubgeſetze; fo erließ im Jahre 1335 der Rat der
Stadt Zürich eine Verordnung, nach welcher alle Vögel,
ob groß, ob klein, ſofern ſie Mücken oder anderes Ge—
würm vertilgen oder vertreiben, vom Fang ausgeſchloſ—
fen wurden. Beſonders wurde die Wachtel geſchützt.
Wer gegen dieſe Verordnung verſtieß, wurde mit einer
Strafe von 5 Schillingen oder 24 Mark belegt. Wilde
Enten dagegen durſte man ſowohl mit dem Netz, wie
auch merkwürdiger Weiſe mittels Leim jederzeit fangen.
Auch der Rat der alten Hanſeſtadt Lübeck erließ im
Jahre 1483 eine ähnliche, den Vogelſchutz betreffende
Verordnung. Man ſieht alſo, daß die Beſtrebungen des
Vogelſchutzes uralte ſind. Vor allen Dingen ſoll man
den Vogelſchutz nicht allein im Sinne einer Liebhaberei
aus ethiſchen oder äſthetiſchen Gründen auffaſſen,
dern ſich ſtets vor Augen halten, daß der Vogelſchutz
eine ſehr wichtige volkswirtſchaftliche Aufgabe zu erfül—
len hat. Daß unſere Singvögel durch die Inſeltenver—
tilaung der Land- und Forſtwirtſchaft einen großen
Nutzen ſtiſten, iſt zweifellos, daran ändert auch nichts
die Tatſache, daß der eine oder andere Sänger in fei-
ner Nahrungswahl auch hin und wieder Schaden ſtiftet.
Jedenfalls überwiegt der Nutzen den Schaden bei weitem.
Wir wollen zunächſt in eine Erörterung des geſetz—
lichen Vogelſchutzes eintreten und uns insbeſondere den
Maßnahmen zuwenden, die Deutſchland hier getroffen hat.
Die erſten ſtaatlichen Maßnahmen auf dem Gebiete des
Vogelſchutzes ergriff Deutſchland durch das Reichsgeſetz
vom 22. März 1888, das durch das Reichsgeſetz vom
30. Mai 1908 abgeändert wurde. Durch dieſes Geſetz
wurde ein allgemeines Verbot gegen das Zerſtören und
Ausheben von Neſtern oder Brutſtätten der Vögel ge—
ſchaſſen, das im gleichen Sinne für Vogeleier gilt und
das ſich insbeſondere auch auf die Tötung von Jungen
ſon⸗
erſtreckt.
——ä— — — — . 6Ũ— — —— — — — —
9,
— %
Als Folge dieſes Verbots ift auch der
und Verkauf, wie auch die Einfuhr,
fuhr von Neſtern, Eiern und Brut aller in Europa tx
miſchen Vogelarten unterſagt.
die Eier von Möven und Kiebitzen. Es iſt ferner
entfernen. Das Vogelſchutzgeſetz von 1908 unterſagt
mit Schnee bedeckt iſt.
frei iſt,
erheblichen Einſchränkungen. Das Geſetz verbreitet f-
über die verſchiedenen Arten des Vogelfanges, und cx
richtet für die folgenden Arten ein Verbot. Geile!
unterſagt iſt hiernach das Fangen von Vögeln mitte
Leimes oder Schlingen; das Fangen und die Crleaur
Sobald alfo die Jahreszeit fru
Ausfuhr und Durc
Ausgenommen hiervon fir.
er-
gegen dieſen geſetzlichen Beſtimmungen erlaubt, Neſter ver
Wohnhäuſer und aus dem Innern von Hofräumen s
fe
ner ganz allgemein jeden Vogelſang, ſolange der Bode
erlaubt das Geſetz den Vogelfang allerdings m
mittels Netzen oder Waffen während der Nachtzeit. T
Nachtzeit umfaßt den Zeitraum, der eine Stunde na”
Sonnenuntergang beginnt und eine Stunde vor Sonnet
aufgang endet. Wer den Vogelfang mit Körnern
anderen Futterſtoſſen betreibt, darf hierbei weder beror-
bende noch giftige Beſtandteile beimiſchen. Die Anwe
dung von geblendeten Lockvögeln ift ſtreng verboten. Fe
ner dürfen bei dem Vogelfang keine Fallkäfige ode
Fallkäſten, Reuſen, große Schlag- und Zugnetze, fomi
ſonſtige über das Feld oder im Wald aufgeſpanmte Nes:
benutzt werden. Dem Bundesrat bleibt es vorbehalten.
jedes andere Fanamittel zu verbieten, das der Maſſen—
vertilgung von Vögeln dient.
Nach dem Vogelſchutzgeſetz ift in der Zeit vom 1.
März bis 1. Oktober jeder Fang, Ankauf und Berte
europäiſcher Vögel unterſagt. Auch hat in dieſer Zern
jeder Transport lebender wie toter Vögel zu unterkler
ben. Für Meilen, Kleiber und Baumläufer gilt die's
Verbot das ganze Jahr. Von dieſem Schutz find nv
ſolche Vögel ausgenommen, die dem jagdbaren Feder
und Haarwild, deſſen Brut und Jungen nachſteiler
Auch die ſogenannten Fiſchräuber unter den Vögeln
bleiben ſchutzlos. Das Vogelſchutzgeſetz läßt noch weiter:
gewiſſe Ausnahmen zu. Wenn nämlich Vögel in Wein—
bergen, Gärten, beſtellten Feldern, Baumpflanzungen und
Schonungen Schaden anrichten, fo können die Hierti:
von den Landesbehörden beſtimmten Behörden den Ge
fhadiqten die Erlaubnis erteilen, innerhalb der betrom:
nen Oertlichkeit mit Feuerwaffen die Tötung der Wire
vorzunehmen. Der Verkauf dieſer erlegten Vögel ift;
doch nicht gestattet. Die Behörden find weiter ermäch—
tigt. Ausnahmen für Stubenvögel, für wiſſenſchaftliche
oder Lehrzwecke zu treffen. Verſtöße gegen dieſe Verord—
nungen ziehen eine Geldſtraſe bis zu 150 M. nach ve
oder eine entſprechende Haſtſtrafe. Bemerkenswert Ë.
daß die gleiche Strafe denjenigen trifft, der es unten:
läßt, die feiner Auſſicht unterſtehenden Kinder oder er:
fonen von Verletzungen des geſetzlichen Vogelſchutzes zu
rückzuhalten. Neben der verwirkten geſfetzlichen Maf:
nahme erfolgt noch die Einziehung der Vögel, Eier,
Neſter und insbeſondere der Fanggeräte. Wir haben
bisher die allgemeinen Beſtimmungen des deutſchen Vo—
gelſchutzgeſetzes hier zum Ausdruck gebracht, müſſen jedes
betonen, daß das Vogelſchutzgeſetz ausdrücllich eine ganze
Reihe von Vögeln von dieſem Schutz ausnimmt und zwar
ſind es die nachgenannten Vögel: alle Tagraubvögel mit
Ausnahme der Turmfalken, Schreiadler, Seeadler, Bul
ſarde und Gabelweihen (rote Milanen), ferner die Uhus,
Würger, Neuntöter, Sperlinae, rabenartigen Vögel, wie
Rabenkrähen, Nebelkrähen, Saatkrähen, Elſtern, Cichcl⸗
häher. Ohne Schutz bleiben weiter Wildtauben, Ringel:
tauben, Hohltauben, Turteltauben, Waſſerhühner, Reiher,
Rohrdommeln, Säger, wie Sägetaucher, Tauchergänſe,
Kormorane, Eistaucher und Haubentaucher. Auch die
im Binnenlande brütenden Möven genießen keinen Schutz.
pods :
|
f
—— m e- = |
Für alle dieſe an fich jagdfreien Vögel beftebt jedoch cin
Rerbot des Fangens mittels Schlingen. Das Vogel⸗
ſchutzgeſetz findet ferner keine Anwendung auf das im
Privateigentum befindliche Federvieh. Auch bleiben die
ah Maßgabe der Landesgeſetze jagdbaren Vögel vom
Schutz ausgeſchloſſen. In der Hauptſache beſteht alfo
erfreulicher Weiſe für alle Singvögel ein bedingungsloſer
Schutz.
= Ein voller internationaler Vogelſchutz hat ſich jedoch
bis jetzt nicht durchführen laſſen; mehr oder weniger er⸗
folgreiche Beſtrebungen dahin ſind jedoch faſt in allen
Ländern im Gange. In England wurde 1908 ein Ge⸗
ſetz beraten, nach welchem jedermann, der ſich im Beſitz
don Bälgen oder Federn zu Handelszwecken befand, mit
100 M. Gelditrafe im Erſtfalle belegt werden folte; in
Wiederholungsfalle ſtieg dieſe Strafe ſchon auf 500 Mk.
Lediglich die Federn von Strauß und der Eidernate, Jo:
wie von Vögeln, die zu Nahrungszwecken dienten, waren
ausgeſchloſſen. In den Vereinigten Staaten iſt in den
lezten Jahren ein großzügiger Vogelſchutz zur Entwick—
lung gekommen, an dem ſich allerdings nicht alle Bundes:
ſtaaten der Union beteiligt haben. Die Vogelſchutzbeſtre⸗
vungen in Amerika gehen in der Hauptſache von der
aroßen und bedeutenden Vereinigung der „Audubon-So⸗
ciety“ aus, die überall eine lebhafte Propaganda für den
Vogelſchutz entwickelt. Im Staate Nordkarolina iſt dieſe
Geſellſchaft ſogar zu einem Regierungsamt für Wildſchutz
uusgeßſaltet worden. Die Geſellſchaft entwickelt überaus
lebhafte Werbetätigkeit für ihre Aufgaben. Broſchüren
mit farbigen Abbildungen werden in ungezählten Exem—
plaren jährlich verkauft. Vertreter der Geſellſchaft halten
überall Vorträge, beſonders in Schulen und Jagdverei—
nen. Die Preſſe des Landes erhält regelmäßig Nachrich⸗
ten; auch wird eine eigene Fachzeitſchri't herausgegeben.
Bei der Vorbereitung von Vogelſchutzgeſetzen entſendet die
Geſellſchaft ihre Vertreter der Regierung zur Unterſtütung
und Beratung. So hat ſich die Tätigkeit der Audubon-
Sobiety für die amerikaniſche Vogelwel' von großer, jegens-
reicher Wirlung erwieſen. In Südamerika jedoch liegen
die Verhalinifie in dieſer Hinſicht troſtlos. Hier ift immer
noch der Maſſenmord in der Vogelwelt die Hauptparole;
beſonders beklagenswert ift die Ausrotlung der prachivol-
len Reiher am Ama zonenſtrom. Alle Proteſte der Kul-
tutwelt haben hier nichts genutzt. Die Mode der Damen:
welt fordert rückſichtslos ihre Opfer. Die künſtliche Reiber⸗
oe ſcheint hier den einzigen rettenden Ausweg zu
ieten.
„Deutſchland hat ſich mit dem geſetzlichen Vogelſchutz
keineswegs begnügt, ſondern man hat mit gutem Erfolge
praltiſchen Vogelſchußz geübt. Die Wege hierzu find man:
niafache. Von hohem Wert iſt naturgemäß, den Vö—
deln gute Fortpflanzungsbedingungen, aljo ſichere, unge—
torte Brutſtätten zu beſchaffen. Ein ſchönes, praftifches
Beiſpiel in dieſer Hinſicht hat Freiherr von Berlepſch in
GZemeinſchaft mit dem Grafen Wilamowitz-Möllendorf auf:
welt. Die Genannten haben von der preußiſchen Ne:
rung eine kleine Nordſeeinſel, den ſogenannten Mem—
met bei Sylt, gepachtet, mit der ausſchließlichen Beſtim—
An daß dieſe Inſel lediglich dem Brutgeſchäft der
soal dienen fol, zu welchem Zweck eine ſtrenge Bez
ng der Inſel durch angeſtellte Wächter erfolgt.
in Unberufener hat dieſe Inſel zu betreten. Den glei-
ſche Weg hat der Tochterverein „Jordſand“ des „Deut—
ae deins zum Schutze der Vogelwelt“ beſchritten.
nn ie Vogelkolonie „Jordſand“ iſt an der deutſchen
er keile eine febr erfolgreiche Vogelfreiſtätte gewor-
Jahr Die Erſolge beider Freiſtätten waren in wenigen
chef überraſchende; es trat durch das ungeſtörte Brut-
belte s eine ſtarke Vermehrung der Vögel ein; es han:
ihwal ch um Silbermöven, Flußſeeſchwalben, Küſtenſee⸗
alben, Auſternfiſcher, Regenpfeifer und Zwergſee—
21
|
|
4
1
ſchwalben. Es tt dringend zu wünſchen, daß die Zahl
dieſer Freiſtätten, insbeſondere auch an der Oſtſeeküſte
vermehrt wird. Amerika hat mit dieſen Vögelfreiſtätten
das erſte Beiſpiel gegeben. Da die Hutmode der Damen—
welt vorzugsweiſe unter den Strand- und Seevögeln, wic
Reiher und Möven ihre Opfer ſucht, jo hat ſich ein be-
ſonderer Schutz gerade dieſer Vögel als notwendig her—
ausgeſtellt. Auch andere Völker ſind dazu übergegangen,
Vogelfreiſtätten an den Küſten zu ſchaffen. So hat die
däniſche Regierung das große Gebiet um den Rönkiö⸗
bing Fjord mit reichem Erfolge unter Schutz geſtellt;
in letzter Zeit haben die Holländer dem Vogelſchutz eine
gleiche praktiſche Ausführung gegeben.
Die Urſachen, welche die Abnahme beſtimmter Vogel:
arten hervorgerufen, können verſchiedener Art fein. Ab—
geſehen von dem durch die ſüdliche Bevölkerung betriebe—
nen Maſſennord der auf der Wanderung begriffenen Bug-
vögel gibt es zahlreiche Gründe, die die Vernichtung der
Vögel herbeiführen können. Die ſtarke Abnahme des
Storches bei uns beruht zweifellos darauf, daß die
Zahl unſerer heimiſchen Sümpfe durch Trockenlegung
immer geringer wird. Der Sumpf iſt aber dem Storch
ein Lebensbedürfnis, wie der im Sumpf lebende roih
ein Hauptnahrimgsmittel für den Storch bedeutet. Weber:
haupt erſcheinen die Sumpfvögel in Europa von allen
Vögeln am meiſten von der Vernichtung bedroht. Denn
in allen Ländern ſucht man Sumpfgegenden durch
Trockenlegung der landwirtſchaftlichen oder forſtlichen
Kultur zu gewinnen. Auf der anderen Seite pflegen
ſtarke Abholzungen gleichfalls ſchädlich auf die Vogelwelt
zu wirken. Der Wald iſt noch immer das beſte und
ſicherſte Brutgebiet für den Vogel. Freiherr von Ber—
lepſch hat daher mit Recht dort, wo der Wald fehlt,
die Anlage beſonderer Vogelſchutzgehölze empfohlen. In
Süddeutſchland hat man dieſer Anregung vielfach Folge
geleiſtet. Nachahmung verdient ein von der Regierung
des Großherzogtums Weimar-Eiſenach an die Forſtverwal—
tung gerichteter Erlaß, nach welchem alle Horſte in den
Dickungen vom Hieb auszuſchließen ſind. Ebenſo ſind
nach Möglichkeit alle Hecken, Dornen, beerentragende
Bäume und Sträucher im Intereſſe der Vogelwelt zu
ſchonen. Quellabflüſſe follen geſtaut werden, um Waſſer—
ſtellen zu ſchaffen. Anbrüchige Bäume ſollen ſtehen blei—
ben, damit die Höhlenbrüter bequem Niſtgelegenbeit fin—
den. Hand in Hand hiermit muß natürlich ein ver:
ſtändiger Pflanzenſchuz gehen. Bedauerlicherweiſe muß
der gerade in Deutſchland immer ſtärkere Ausdehnung ge—
winnende Nadelwald für die Vogelwelt als wenig för—
derlich bezeichnet werden, da die Laubbäume dem Vogel
beſonders in der Brutzeit einen viel größeren Schutz
gewähren. Auch das preußiſche Miniſterium für Land—
wirtſchaft, Forſten und Domänen betätigt ſich praltiſch für
den Vogelſchutz. Mit beſonderen Anweiſungen iſt in die-
ſer Hinſicht die Kgl. General- und Spezialkommiſſion
für die Flurbereinigung verſehen worden, die berechtigt
ijt, auf Antrag ſtaatliche Unterſtützungen für Vogelſchutz—
anlagen zu gewähren. Auch die Eiſenbahnverwaltungen
ſind angewieſen, Bahndämme nach Möglichkeit mit ſchützen—
den Hecken und Gebüſchen zu verfeten.
Den Höhlenbrütern unter den Vögeln kann man ſehr
nützlich werden, wenn man ihnen künſtliche Niſthöhlen
zur Verfügung ſtellt. Dieſe Maßnahme iſt nicht nur auf
Obſtgärten zu beſchränken, ſondern ſie hat ſich insbeſon—
dere auf den Wald zu erſtrecken. Freiherr von Ber—
lepſch, der ſeine Waldungen mit einer großen Zahl von
künſtlichen Niſthöblen verſah, hatte die Genugtuung, als
gelegentlich Nachbarwälder durch Raupenfraß faft zer:
ſtört wurden, feine Wälder im vollſten Grün prangen
zu ſehen. Die angeſiedelten ſtarken Vogelkolonien verhin—
derten das Aufkommen der gefräßigen Raupen voll—
ſtändig.
Auch der Kaiſer bringt der Vogelſchutzbewegung ein | Keciftande ziemlich ſchnell wächſt. Diefer Baum bil
lebhaftes Intereſſe entgegen. So iſt auf den Wunſch des
Kaiſers auf dem Kgl. Schloß zu Celle eine geradezu vor⸗
bildliche Vogelſchutzſtätte eingerichtet worden. Der Mto-
narch ließ, wobei ihm der „Bund für Vogelſchaltz“ be:
ratend zur Seite ſtand, die ganze weſtliche Schloßberg—
anhöhe zu Celle zu einem prachtvollen Vogelſchutzgehölz
ausgeſtalten. Neuerdings hat ſich auch die Militärverwal—
tung auf den ihr gehörenden Geländen prakiſch im
Vogelſchutz betätigt, indem in den Gärten der Kaſernen
und Lazarette Vogelſchutzanlagen Platz gefunden haben.
Eine große Gefahrenquelle für die Vögel lilden die
Starkſtromleitungen, wenngleich kleinere Vögel, wie Fin—
kommen, da dieſe kleinen Vögel nur ſelten mit ihren
Flügeln gleichzeitig zwei Drähte berühren. Mehr fallen
die Raubvögel den Starkſtromleitungen zum Opfer, da
dieſe Vögel ihre Beute oſtnals unter Benutzung des Lei:
tungsmaſtes als Stützpunkt verzehren, wobei dann leicht
Berührungen mit den Drähten eintreten. Auch Spechte
und Meiſen find hier rielfach das Opfer, da das Her:
umflettern am Maſt und an den Iſolatoren leicht zu
Berührungen zweier Drähte führt. Schutzmaßregeln ſind
auf dieſem Gebiet bisher nicht ergriffen worden. Worl
mit der wertvollſte Vogelſchutz iſt in der Winter- und
Frühjahrsfütterung gegeben, da man in dieſen Notzeiten
natürlich zur Erhaltung der Vogelwelt am wirkſamſten
beitragen kann. Für Inſekten- oder Körnerfreſſer find
fetthaltige Stoffe, wie Butter, reines Fett, Talg, ölhal—
tige Sämereien, wie Hanf, Leinſamen, Mohn uf. ſehr
zu empfehlen. Der im Publikum ſo beliebte Rübſamen
wird nur von wenigen Vögeln genommen. Wird Brot
verabreicht, ſo muß es vor Feuchtigkeit geſchützt wer—
den, da es ſonſt ſäuert und dem Vogel alsdann gefähr—
lich wird. Man vergeſſe nicht, für eine Gelegenheit zur
Waſſereinnahme zu ſorgen. Leider ift die Zahl der naz
türlichen Feinde der Vogelwelt recht groß; abgeſehen von
der in erſter Linie zu nennenden Hauskatze, die übri⸗
gens bei richtiger Erziehung für die Vogelwelt harmlos
werden kann, ſind zu erwähnen Iltis, Marder, Fuchs
und Eichhörnchen, ſchließlich die Raubvögel ſelbſt gegen—
über den Singvögeln. Wohl wird man keineswegs grund—
ſätzlich die Ausrottung dieſer Vogelfeinde fordern können,
da vielen von ihnen eine nützliche Seite anhaftet. Auch
wird man trotz mancher Schädlichkeit je nach der Sach—
lage vereinzelt für einen ſolchen Vogelräuber aus Selten—
heitsgründen, wie beim Iltis den „Naturſchutz“ mit Er-
folg geltend machen können. Wo eine Vertilgung dieſer
Vogelräuber angebracht ift, wird fih nur in Beritdfichi-
gung der örtlichen Verhältniſſe von Fall zu Fall ent:
ſcheiden laſſen.
Wie dem auch fei, die Gegenwart hat die Pflicht,
der Vernichtung der Vogelwelt, die Wald und Haide
erſt mit erquickendem Odem belebt, in jeder Weiſe zu
ſteuern und man wird dieſen unſeren Beſtrebungen in der
Nachwelt ſicher zu danken wiſſen.
Duisburg a. Rh.
C. Ein für Kriegergräber geeigneter
immergrüner Baum.)
Ich erlaube mir, die Aufmerkſamkeit auf einen Baum
zu lenken, eine Buche (Nothofagus Dombeyi), die i m-
mergrün iſt, ein Baum bis 40 Meter Höhe und im
Dr. P. Martell.
1) Der geehrte Herr Verfaſſer ſchickt uns dieſe Notiz
unter Beifügung eines Ausſchnittes der aut deutſch ae:
ſinnten „Deutſchen La Plata-Zeitung“, in welchem das
ſchwarze, d. h. rauchgeſchwärzte, Land in der Umgebun!
von Lens und die dortigen Kriegergräber
werden. D. Red.
22
= rado blue spruce
= bas ie
fen, Ammern, Schwalben uſw. weniger hierbei zu Tode Bee
geſchildert
gen
große Beſtände in Süd-Chile und in Argentinien =
der chileniſchen Grenze uſw. (Scottsberg 1907).
Die Wälder, da fie immergrün find, bieten ce
ſchönen Anblick das ganze Jahr hindurch, und dba `
Baum zwiſchen dem 37. und 54.9 ſüdlicher Nr:
(Feuerland-Inſeln) gedeiht, dürſte er wahrſcheinlich
der Gegend um Lens ohne weiteres angepflanzt te
den können.
Meine unmaßgebliche Meinung ift: die Buche, wen
Cohigue auf ſpaniſch heißt, gemiſcht vielleicht mit Ce:
(Colorado, blaue Fichte, Nord An
dürften zwei Holzarten fein, die den Friede
ſchmücken ſollten.
Die Cohigue-Samen könnten im Februar und N.
geſammelt ſein. Adreſſen von Sammlern: Baron
Bülow, Bariloche, Neuquen, Argentina, Baron de
Lilienthal (Ex-Garde-Leutnant) daf. und Fr. Albert, `-
Oficina bosques, Santiago, Chile. Wenn Sie diefed
gefälligſt publizieren in Ihrer Zeitſchrift, vielleicht :
nert ſich nach dem Kriege ein Forſſmmann und mad >»
betreſſenden Behörde den Vorſchlag.
Max Rothkugel,
Buenos Aires, Florida 524, 5 0 pi:
a
D. Driginal⸗Erntebericht über Laub⸗ und
Nadelholzſamen von Conrad Appel, Gamen: Wende
Darmſtadt.
Da es gerade in Kriegszeiten, in welchen wir itt;
unſerer günſtigen Waſſenerfolge leider immer noch leber
müſſen — es heißt eben in jeder Hinſicht „durchhalten“ —
beſonders erwünſcht fein wird, zur Beſtimmung der au—
führbaren Kulturen über die Ernteverhältniſſe der me
tigſten Laub- und Nadelholzſamen unterrichtet zu fer
fo erlaube ich mir, hierüber nachſtehend folgendes mi
zuteilen:
Von den Laubholzſamen hatten Eicheln i
Deutſchland nur in einigen Gebieten kleine Maſt, wore:
ich mir einige Poſten vorzüglicher Saatware ficert
Das Ausland hatte beſſere Ernte, die Bezüge daher waren
indeſſen mit Schwierigkeiten verknüpſt. Wegen it
Verwendung als Futtermittel find Eicheln derzeitig b
ſchagnahmt, es dürfte jedoch ſpäterhin eine teil wei
Freigabe der Vorräte zu Saatzwecken zu erwarten fein
Roteicheln ſind bei zufriedenſtellender Qualität zu
mittleren Preiſen erhältlich. Buchen (Buchedern! des
Inlandes werden größtenteils zur Oelgewinnung bert.
ausländiſche Früchte umterliegen der Beſchlagnahn
Roßkaſtanien, die teilweiſe befriedigende EM
brachten, ſind ebenfalls als Futtermittel beſchlagnahmt.
Berg- und Spitzahorn verzeichnen günttigen
Ertrag und find tn vollterniger Ware preiswert erbäll
lich, von Birke wurde nur wenig eingefammel,
Hainbuche zeigte in einigen Bezirken kleinen S
hang, Weißdorn it genügend geerntet worden, eb‘
iit Eſ che gut geraten. Von Linden, die auch als
Oelfrucht Verwendung finden, ift taft nichts zur Saal
frei, Weißerle it in guter Qualität vorteilhaft lie
ferbar, Roterle dagegen ſehr geſucht. Von Stach el—
ginſter find noch kleine Mengen an Lager, Ginfle!
in neuer Ware knapp, Akazie wird gefragt ſein.
Zu den Nadelhölzern übergehend, kann feſtgeſtell
werden, daß die Kiefer in dieſem Jahre wieder ein
mal einen befriedigenden Ertrag in Ausſicht ſtellt und
ſomit, da auch die Güte des Samens allen Anſorderun⸗
entſprechen dürfte, garantiert deutſcher
= — — ——— a ttm a a is LS, a Se
tiefernfamen wieder unter günftigen Bedingungen
1 etjter Linie in zuverläſſiger Caatware durch die Kon-
rollllengen des Deutſchen Forſtwirtſchaftsrates, wozu
amentlich auch meine Firma ſich zählen darf, erhältlich
ein wird.
Nitte Tezember aus alten, gutwüchſigen Beſtänden qe-
ammelten Zapfenmaterials vermittels meines äußerſt
orſichtigen Klengverfahrens werde ich in der Lage fein,
23
Teils weil ſie überhaupt nicht zur Stelle waren, da in
den Krieg gezogen, teils weil namentlich zu Anfang des
Durch mein Syſtem, Verarbeitung nur nach
or allen Dingen einen hochkeimenden Samen mit guter
teimenergie zu liefern, welchen ich auch, infolge meiner
Aufflärungen über die tatſächlichen Ernteverhältniſſe und
Bemühungen, fiskaliſche Klengen und Landwirtſchaftskam⸗
durch den ſonſt fo ſchönen Grunewald bei Ber⸗
nern von übertriebenen Preisanlagen für Kiefernzapfen ferne |
zuhalten, vorausſichtlich zu weſentlich günſtigeren Preiſen
vie in den letzten Jahren abzugeben vermag.
haften diesjährigen Verhältniſſe werden gewiß Veranlaſſung
geben, noch räckſtändige und irgend möglich ausführbare
kulturen vorzunehmen, wozu von praktiſcher Seite
der Güle des Saaigutes nur geraten werden kann. Be—
ſonders hervorheben möckte ich noch, daß ich ſowohl in
meinen hieſigen Klenganlagen, wie auch in meinen Zweig—
flengen in Süd- und Norddeutſchland unter Kontrolle des
Deulſchen Forſtwirtſchaftsrates nachweisbare große
Mengen heſſiſche und überhaupt ſüddeutſche
Japfen verarbeite, ebenſo aber auch dank meiner aulen
Verbindungen mit norddeutſchen Forſtbehörden beträcht—
liche Quantitäten norddeutſche Kiefernzapfen zur
Zamengewinnung beziehe, ſowie auch durch meine nord—
deutſchen Zweigklengen norddeutſches Kiefern—
faataut in beſter Qualität erhalte, ſodaß ich jeg—
lichen Sonderwünſchen der Waldbeſitzer bezüglich der Her-
kunft von Kiefernſamen nachzukommen vermag.
Fichte verzeichnet kaum nennenswerten Ertrag, es
ſteht indeſſen gutgelagerter voriäbriger Samen mit febr
hoher Keimkraft in grobtörniger Ware zur Verfügung,
auch der Bedarf an Lärchen wird in zuſriedenſtellen—
der Qualität zu mittleren Preiſen gedeckt werden kön—
nen. Von Weymouthskiefern vermag ich durch
Erwerbung des Zapfenertrages eines alten, gutwüchſigen
und beliebten Beſtandes eine äußerſt hochkeimende vor—
züaliche Qualität preiswert zu liefern, dagegen iit
Weißtannenſamen mit hohen Schnittprozenten
ſehr gefragt, die Zapfenernte war eine beſchränlte.
. Obige Nadelhokzſamen gewinne ich
aus nachweisbar deutſchem Zapfen ma—
terial in meinen eigenen Klengen und
llefere ſolche unter Garantie für Her-
kunft und höchſte Keimkraft.
Schwarzkiefer wird in mittlerer
normalen Preiſen am Markt ſein.
Die geſragteſten aus ländiſchen Conife—
tenſamen (Exoten), welche nach eingegangenen Be:
lichten meiner zuverläfſigen Sammler eine befriedigende
Crne verzeichnen follen, werden aller Vorausſicht nach
bei den unſicheren Verſchiffungsverhältniſſen nicht gelie—
ert werden können.
Darmſladt, den 23. Dezember 1915.
Conrad Appel,
Kontroll Plenganitalten
des Deutſchen Forſtwirtſchaftsrates.
Qualität zu
E Mikhandinug der Wälder feit Kriegsansbruch.
Heldenhaine.
Seit dem Kriegsausbruch — ſo wird geklagt —
daben
und agen. Die zuſtändigen Stellen übten den Forſt⸗
ind Vildſchutz nur mit äußerſter Nachſicht oder garnicht.
|
|
ſich da und dort beſonders ſchwere Nißſtände etn-
Dieſe vorteil⸗
bei
Krieges heimiſche Parole war:
faire — laßt die
alles erlaubt (—
Verwilderung der
laissez aller, laisser
armen Leute gehen, es iſt ihnen jetzt
übrigens, nebenbei geſagt, die gleiche
Sitten beobachtet man vielfach in der
Jugendpflege und ſeitens der Weiber in der Häuslich⸗
leit —). Es gilt dies in der Hauptſache von Wäldern,
die in der Nähe großer Städte liegen. Die Folgen blei⸗
ben ja natürlich nicht aus. Ich bin im Oktober 1915
Tin gegangen; es hat mich feiner gejammert wie den
Herrn des armen Weibes. Die Mißhandlung iſt hier
ganz typiſch. Ich habe dann einen alten Waldläufer,
Vogelkenner und Eierſucher unbedeutenden Namens auf—
geſucht — früher war mein Vertrauter der bekannte Zoo⸗
loge H. Hocke, der jetzt tot iſt — und herausbekom⸗
men. was an dem allen ſchuld iſt. Schon im Früh jahr
waren die Zugangswege zum Grunewald alle Tage mit
Scharen von Perſonen und Gefährten jeder Art bedeckt,
die abends hochgefüllt mit Holz heimkehrten. Da in den
Stangen- und Althölzern die den Wohnquartieren am
nächſien liegen, das Raff- und Leſeholz für diefe Samm-
lungen nicht ausreichte, nahmen viele Sammler in rück⸗
ſichtsloſeſter Weiſe die Schonungen in Anſpruch, um dort
mit Händen und Gerätichaiten Holz abzubrechen. Dabei
find erhebliche Beſchädigungen der Bäume an der Tapes-
ordnung. Daß und wie die Holzſucher „wüſten“,
Bäume zerreißen und dergleichen, ſolange ſie keine Be⸗
aufjidyiiqung fürchten, ift ja bekannt. Die abgeriſſenen
Reſte reißen Teile der Rinde, vielfach auch des Stammes
mit heraus, der Baum wird krank und für Schädlinge
zugänglich. Die Aſtſtümpfe wachſen in den Baum ein
und erzeugen die Aſtlöcher in den Brettern, die ſpäter
aus den Hölzern geſchnitten werden. Aber die „freund:
lichen“ Beſucher gingen noch weiter. Sie benutzten Aexte
und Sägen, und als die Kriegsgefangenen zu
ſchlagen begannen, ſammelten ſie ſich an den Arbeitsſtät⸗
ten, um den Gefangenen das Zupf- und Aſtholz förm—
lich unter den Händen wegzureißen. Schließlich ſcheuten
ſie ſich auch nicht, das ſchon aufgeſetzte Holz einfach zu
nehmen und warteten, bis die Gefangenen verſchwanden,
um in Ruhe die Verladung vorzunehmen. Holzzettel
werden erſt garnicht mehr gelöſt. Mit O lfe der Polizei
wurde ſolchem Unfug weniaſtens einigermaßen geſteuert.
Ohne Schein und an nicht freigegebenen Tagen darf über—
haupt nicht mehr geſammelt werden. — Auch die Ra u—
cher ließen ſich trotz der Dürre vollſtändig „gehen“.
Viele Brände haben erheblichen Schaden angerichtet. —
Die Verunreinigung des Waldes durch
Papier hat auch im Kriege kaum nachgelaſſen. Die
Schulen und die Preſſe werden immer wieder gebelen,
belehrend auf die große Maſſe zu wirken. Wenn die
Sitten der Beſucher nicht beffer werden, was fol dann
aus dem mißhandelten Grunewalde werden, den jetzt die
Groß-Verliner Steuerzahler doch erhalten follen?
In dieſem Zuſammenhange möchte ich noch auf eine
andere Form der „Kriegswälder“ zu ſprechen kommen, auf
die Ehrenhaine aus Heldeneichen. Ich ſchließe mich
ganz dem Urteil des Herrn Geh. Regierungsrats Prof.
Dr. Schwappach-⸗Eberswalde an, welches er in der
„Deutſchen Forſtzeitung“' über ſolche geplanten
Haine fällt:
„Der bloße Gedanke an die Errichtung von hundert:
tauſenden ſolcher Heldenhaine nach gleicher Schablone er—
regt Schaudern. Von Memel bis zum Bodenſee, von
Aurich bis Paſſau ſollen ſich künftig etwa alle fünf Kilo—
meter dieſe Pflanzungen von Eichhorſten wiederholen, die
ſich lediglich durch die Zahl der Eichen unterſcheiden!“
Bekanntlich iſt man ja jüngſt in der Preſſe mit
viel Stimmung für dieſe neue Form der Heldenehrung
eingetreten. Als nämlich jüngſt in der Preſſe über den
Plan einer pfälziſchen Stadt, ihren Gefallenen ein Denk⸗
mal zu ſetzen, berichtet wurde, erhielt die „München:
Augsburger Staatszeitung“ aus Offizierskreiſen folgende
Zuſchrift:
„Wir danken für dieſe Ehrung. Es gibt nur eine
Form: Weitgehende dauernde Fürſorge für die Hinter⸗
bliebenen, die Waiſen und Witwen. Dazu nehmt das
Geld, das Ihr für Denkmäler verſchwenden wollt! Gebt
es als Grundſtock einer Stiftung, die Ihr nicht flink ge:
nug errichten, nicht reichlich genug beſchenken könnt!
Denn die Verlaſſenen werden unzählig ſein und Eure
Schande ebenſo, wenn Ihr ſie darben laßt. Gebt Brot
ſtatt Steine, und wenn Ihr dann noch eiwas tun wollt,
ſchreibt die Namen Eurer toten Kameraden auf ſchmuck⸗
loſe Tafeln in Euren Kirchen!“ `
Daraufhin hat in der „Täglichen Rundſchau“ der
Königl. Gartenbau-Direktor Willy Lange in Berlin:
Dahlem den Vorſchlag gemacht, „jedem, ohne Unterſchied
von Raſſe und Glauben, der durch ſeinen Opfertod zum
Helden Deutſchlands ward, in ſeiner Heimatgemeinde
eine, feine Eiche zu pflanzen, um den Friedens-
baum die Kaiſerlinde — ſodaß Deutſchland als
Sinnbild ſeiner Ehre und ſeiner Kraft das Land der
Heldenhaine würde“. Tauſende von Zuſtimmungen aus
allen Volkskreiſen der Heimat und beſonders aus den
Reihen der Kämpfer in Oſt und Weſt und auf der See
trafen ein. Dank dieſer ungeteilten Zuſtimmung hat ſich
eine „Arbeitsgemeinſchaft für Deutſchlands Heldenhaine“
(ehrenamtliche Geſchäftsſtelle: Berlin-Wannſee, Bismarck—
ſtraße 5) gebildet und eine Schrift: „Deutſchlands Qel
denhaine“ iſt in Vorbereitung. Es ſind folgende Geſichts—
punkte aufgeſtellt:
1. Es fol jedem feine Eiche, nicht einer
Gruppe von Kämpfern ein Baum gepflanzt werden, denn
damit würde die brüderlich-völkiſche Grundlage vernichtet.
2. Eichen follen gepflanzt werden, nicht Bu-
chen oder Rüſtern, denn eben mit dem Helden—
baum der Deutſchen verbindet fic) ‘ener Begriff, den
wir auch ohne Wort und Stein zum Ausdruck bringen
wollen. Die neugermaniſchen Eichenhaine follen die Wer-
bindung mit unſeren Altvorderen wiederherſtellen.
3. Im Mittelpunkte ſtehe die Linde als der
alte deutſche Gemeinde- und Friedens
baum, denn jedes Kampfes Ziel und Ende iſt der
Friede. Die Kaiſerlinde aber blühe dem Friedenskaiſer,
der uns aus dem heiß umworbenen Frieden durch Kampf
zu neuem ehrenvollen Frieden führt.
4. Als hegende Form der Umrahmung empfehlen
ſich Wall und Graben, mit Buſchbaum- und
Wildhecke beſetzt, demnächſt eine niedrige Feldſtein—
mauer.
5. Keine Verquickung ſinde ſtatt mit
Friedhofsanlagen, denn hier haben wir eine
Stätte fortdauernden Lebens, den Gemeindeplatz für völ—
kiſche Weihefeſte. i
Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenaner,
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländer s Be tla
Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. M. — G. Ottos Hoſbuchdruckerei in Darmſtadt.
24
u
6. Die Verbindung großartiger Dendmäler mit >
Eichenhain entzieht der Kriegsfürſorge notwendige Min
man übereile die Vorbereitung der ſteinernen Male feir.
falls.
7. Der „Ring“ um die Linde als altgermanii:
Sinnbild der Geſchloſſenheit und Selbſtſich e rheit |
deutſchen Weltkampf diene als Weibefeftplag!
Nun wird man wns aber gewiß folgende Einwaär—
geſtatten.
Zu 1.
feine beſondere Eiche erfordert und nur auf diefe
das hohe, die Gegenwart beſeelende Gemeinſchafts ze.
verſinnbildlicht wird, fo ernſtlich wird man fid doch?
vor zu hüten haben, daß die Einheit und Einfach;
der Idee zur Einerleiheit in der Form führt. Es tür:
jonit in den lebendigen Ehrendenkmalen die Schablone!
wiederholen, die in der Denkmälerfabrikation uns fo 3r
felhaft „beglückte“, wogegen fic) eben auch Geh. Re:
rungstat Prof. Dr. Schwappach⸗Eberswalde in der „De
ſchen Forſtzeitung“ mit Recht wandte.
Zu 2. Wenn auch die Eiche als der Freiheitsber-
des deutſchen Volkes und das Sinnbild deutſcher Held.
zuerſt und vornehmlich für die Ehrung in Betracht fore
jo vermag doch da, wo fie etwa nicht gedeiht oder =
einen krüppelhaften Hain abgeben würde, oder wo ww |
die örtlichen Verhältniſſe, die Mittel und der Geld:
ein beſonderes Wörtlein reden, auch jede andere cini: i
liche Laub- oder Nadelholzanpflanzung ein würdiges Ehn
zeichen abzugeben. Denkbar wäre fogar die Pflanzur
von Fruchtbäumen, deren reife Früchte bei der e
So gewiß der Einheitsgedanke für je:
Jy. --
— ss
ſtändig neu das Bild der Vollendung deutſcher Qe
vor das Auge führten — ſo meint unter anderen
Otto Eberhardt —; immerhin fragt ſich, ob fich eine Ob
pflanzung mit dem Gedanken eines Heldenhains 9
verträgt (im Geſchmack der Forſtleute liegt er m:
kaum!) Die Pflege und Erträgniſſe folder Fruchtbäun
ließen fic) freilich wieder volkswirtſchaftlich für d!
Kriegsbeſchädigten oder andere Bedürftige nutzbar much
So geſchieht es feit Jahren mit dem Herzl waldi!
Paläſtina.
Zu 3. Eichenpflanzungen über ganz Deutſchland!
Ehren der Gefallenen — vor einer gar zu eintönig
Durchführung wird auch bewahren, wenn wir nicht ur
bedingt auf der Verbindung mit der Friedens- w-
Kaiſerlinde beſtehen. Die Eichengemeinſchaft bedarf nic:
notwendig ſolcher Anlehnung. Urſprünglich wird &
Vätern der Heldenhaine vermutlich nur der Eichen
als das Sinnbild der gefallenen Helden vorgeſchwel⸗
haben. Breitet aber eine Friedenslinde in der Fit
des eichenumkränzten Haines auf freiem Rundplatz ite
Aeſte, fo beſſeht immer noch die Möglichkeit der Aus
geſtaltung: Die Anlage kann mehr parkartig erfol
oder auch den Charakter des Waldes ebenſogut wie te
des offenen Haines tragen. Nur den Eindruck einer tor
nungsvollen Baumſchule vermeiden! Wo alte Jh"
Eichen oder Lindenhage, einzeln ragende Bäume obtt
alte Baumgruppen jind, follten fie unbedingt ausgenußl
werden. Pfarrer W. Schuster.
— —
mm eee ——̃
Allgemeine |
Fort: und Zagd⸗Zeitung.
Dr. Karl Wimmenauer, und Dr. heinrich Weber,
Geh. Forftrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft
an der Univerſität Gießen.
Zweiundneunzigfter Jahrgang.
—
1916. Februar.
Frankfurt am Main.
J. D. Sauerländer’8 Verlag.
—
Die Allgemeine Forf- und Bagd-Beitung erſcheint regelmäßig jeden Monat und |
wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗ i
lungen und Poſtanſtalten. i
Anzeigen.
Preiſe: 1 Seite 60.— Mk., ½ Seite 32.— Mk., . Seite 17.50 Mk., ¼ Seite 10 Mk., ½ Seite 7.50 Mk., i Seite 5.
bei kleineren Inſeraten: die 40 mm breite Petitzeile 30 Pfg. — Rabatt bei Wiederholungen 15 % ei 3><, 2
6x , 334/3 % bei 10 ><, 40% bei 12><, 50% bei 24 < iger Aufnahme eines Inſerates. — Textänderungen dei lh
Aufträgen unberechnet. Beilagen⸗Preiſe nach Vereinbarung, je nach Gewicht des beizulegenden Proſp efteh,
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— — e — — =
Wer weiss
es heute noch nicht, dass V in Fangsicherheit mi
Haltbarkeit unerreicht eber Fallen sind? Jilustrierte Pr
liste über sämtliche Raubtierfallen, Schiesssport- und Fischereiartikel gratish =
R. Weber, k. k. Hoflieferant, Haynau i. Schl.
Älteste deutsche Raubtierfallenfabrik.
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Büttners Baumwinde We Jane ed eh Ren
H wandlung von Wald zu
Zahnleiſten x Waldteufel Feld die beſten Rodema⸗
inen, die exiſtieren. P Preislijte mit Abbildungen koſten⸗
los Ferner empfehle: Doppelbürſten, Meß bänder für
Stammholz, geeichte Maßfſtäbe und Aluppen beit. Konſtr.
H. Büttner, Eifa bei Alsfeld, Hefin.
leitfaden bei Aufforstung
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welches wir der Aufmerkſamkeit unſerer Leſer empfehlen. ae
Allgemeine
fork und Jagd
Februar 1916.
Berwertung der Süßwaſſerſiſche, insbeſondere
der Forellen.
8
Vielen Beſitzern von Fiſchereien fällt es ſchwer.
Abnehmer für ihre Fiſche zu finden. Forellen ſind
in vielen Gegenden kaum abſetzbar. Der deutſche
Fiſcherei⸗Verein hat es fih daher zur Aufgabe ge:
nacht, deren Abſatz zu fördern, und zu dieſem Zwecke
un Rundſchreiben veröffentlicht, welches folgendermaßen
lautet:
„Wohl wird noch immer Geld für Auſtern, Steinbutt
und andere feinen Gerichte, die aus dem Auslande ſtammen,
zusgegeben, den Genuß von Forellen aber ſcheint der größte
Teil des bemittelteren Publikums für einen unverzeihlichen
Luxus zu halten. Infolgedeſſen find unſere Forellenzüchter,
die ſchon durch die Unterbindung der Ausfuhr nach Frant-
teich und unter dem Mangel an Juttermitteln empfindlich
zu leiden haben, in eine Notlage gekommen. Um den Nb-
dak wieder zu beleben und nicht dauernd große Beſtände
weiter füttern zu müſſen, hat ſich eine große Zahl von
Forellenzüchtern bereit erklärt, ſowohl kleine Poſt⸗ wie Bahn⸗
pakete friſch geſchlachteter, fertig ausgenommener Forellen
zum Preiſe von 2 bis 3 Mk. für das Pfund — gegen 3
bis 5 Mk. früher — direkt an eine Haushaltung für eine
oder mehrere Familien, die gemeinſchaftlich beziehen wollen,
zu verſenden. So iſt es den Hausfrauen möglich, ein vor-
zügliches, äußerſt geſundes Gericht von 3 bis 4 Fiſchen zu
dieſem verhältnismäßig ſehr billigen Preiſe zu bereiten.
Auch werden Warenproben von 2 Fiſchen in waſſerdichten
Rollen verſandt. Die Adreſſen der liefernden Fiſchzuchtan⸗
ſtalten weiſen die Landes- und Provinzialfiſchereivereine
oder der „Deutſche Fiſcherei⸗Verein“, Berlin W. 10,
Königin⸗Auguſtaſtr. 21 nach; in eiligen Fällen iſt dieſer
auch bereit, Beſtellungen direkt an die dem Beſteller nächſt⸗
liegende Fiſchzuchtanſtalt weiterzuleiten. Beim direkten Be⸗
zuge vom Züchter geht der Käufer auch ficher, daß er deutſche,
nicht däniſche Forellen erhält.“
Im Anſchluß an dieſes Rundſchreiben hat der
deutſche Fiſchereiverein ein weiteres Rundſchreiben fol:
genden Inhalts verſendet:
Infolge unſeres Rundſchreibens zur Steigerung des
Jorellenverbrauchs in einer Tageszeitung find uns eine
Menge von Anfragen nach Züchtern, Probefendungen
ulm. aus dem Leſerkreiſe dieſer Zeitung zugegangen. Die
wenigen Fiſchzüchter der betreffenden Gegend, welche fid
„at erklärt haben, Forellen zu Kriegspreiſen direkt an den
Verbraucher zu fenden, werden kaum imſtande fein, die Be-
N ſtellungen zu erledigen. Wir bringen dies zur Kenntnis
aller ine lente, damit die Beteiligung größer wird.
6
Scheinbar ſetzen viele Züchter als ſelbſtverſtändlich voraus,
daß wir ihnen bei uns einlaufende Beſtellungen oder Nach—
fragen nach Bezugsquellen überweiſen. Deshalb fet aus⸗
drücklich bemerkt, daß nur diejenigen Züchter berückſichtigt
werden können, welche auf unſeren früheren Aufruf hin
erklärt haben oder noch erklären, Forellen zu billigeren
Kriegspreiſen (2—3 Mk. per 1 Pfund) zu verkaufen und ge-
ſchlagene Fiſche in Paketen direkt an Haushaltungen zu
verſchicken. Alle Züchter, welche dem deutſchen Fiſcherei—
Verein in Berlin (W. 10, Königin⸗Auguſtaſtr. 21) angeben,
zu welchen Preiſen fie liefern, welche Wochen- oder Monats-
mengen, welche Arten. (Bach⸗ und Regenbogenforelle oder
Bachſaiblinge), ob nur lebende oder geſchlagene, in Poft-
oder Bahnexpreßpaketen, Warenproben uſw., werden in einer
Liſte eingetragen und bei Anfragen, die dem deutſchen
Fiſchereiverein zugehen, berückſichtigt. Gleichzeitig machen
wir bekannt, daß unſere Verſuche, Forellen in Pappdoſen
und Pappkiſten zu verſenden gute Ergebniſſe gezeitigt haben.
Es hat ſich herausgeſtellt, daß in einer beſonderen Art
waſſerdichter Pappbüchſen zwei geſchlagene mittelgroße Speife-
forellen ſehr gut für 20 Pfg. als Warenprobe verſendet
werden können. Die Pappbüchſen würden bei Herſtellung
im großen, die der deutſche Fiſcherei-Verein ev. veranlaſſen
wird, nur ungefähr 11 Pfg. das Stück koſten. Holzkiſten
für den Poſt⸗ und Expreßverſand könnten gleichfalls vom
deutſchen Fiſchereiverein beſchafft werden. Der Preis dafür
würde bei Großbezug nur 25—35 Pfg. fürs Stück betragen.
Angeſichts der Preisſteigerung für derartige Fabrikate wäre
es erwünſcht, daß die Züchter baldigſt ihren vorausſichtlichen
Bedarf mitteilen.“
In weiten Kreiſen iſt leider die Anſicht verbreitet,
daß lebend zu Markte gebrachte Fiſche vor geſchlach—
teten Fiſchen den Vorzug verdienten. Dieſe Anſicht
iſt eine irrige, vorausgeſetzt, daß es ſich um friſche
tote Fiſche handelt. Ob dies letztere der Fall iſt, läßt
fih an dem Ausfehen der Fiſche leicht erkennen ).
Lebend zu Markte gebrachte Fiſche find ſelbſtverſtänd⸗
lich erheblich (etwa 20 %) teurer, wie tote Fiſche, zu:
dem ſind ſie weniger wohlſchmeckend, als die gleich
nach dem Fange geſchlachteten.
Daß ſie teurer ſind, iſt ſelbſtverſtändlich, denn die
Transportkoſten find bei lebenden Fiſchen recht er:
heblich; daß ſie weniger wohlſchmeckend ſind, iſt nicht
ſo einleuchtend, aber trotzdem der Fall.
1) Friſch geſchlachtete Fiſche ſind ſteif (Todesſtarre),
fühlen ſich ſchleimig an; die Augen ſehen klar aus; die
Kiemen ſind tiefrot und ohne Schleim.
4
Wenn man fid den Transport fold) lebender Fiſche
einmal genauer anſieht, dann wird man bald hiervon
überzeugt werden. Was müſſen ſolche Fiſche alles
über ſich ergehen laſſen, bis ſie endlich in der Küche
des Verbrauchers enden! Nachdem ſie mit Netz oder
Angel gefangen worden ſind, werden ſie in kleine Be⸗
hälter gebracht, wo ſie bis zum Abtransporte zum
Verbrauchsorte aufbewahrt werden. In dieſen Be⸗
hältern bleiben ſie oft eng zuſammen gedrängt, ohne
Nahrung aufzunehmen, längere Zeit, um dann wieder
mit einem Käſcher gefangen und in das Transport-
gefäß gebracht zu werden. Ohne Verletzungen — ab:
geſehen von der Hetze — geht es in der Regel hier⸗
bei nicht ab. In dem Transportgefäße werden nun,
um die Transportkoſten fo billig wie möglich zu
machen, ſo viele Fiſche untergebracht, wie nur irgend
möglich. Infolge des in dieſem engen Raume er:
folgenden ſtetigen Drängens, Stoßens, Schlagens und
Reibens kommen die durch das längere Faſten bereits
abgematteten Fiſche in völlig erſchöpftem, zerſchundenem
Zuſtande, oft vielfach mit blutigen Wunden am Markt⸗
orte an, wo die Quälerei von neuem beginnt. Die
Fiſche werden nun wieder mit dem Käſcher gefangen,
lebend verwogen und ſodann zappelnd in Netzen oder
Körben von dem Käufer nach Hauſe getragen. Hier
ſterben ſie eines langſamen qualvollen Todes, oder
werden im günſtigſten Falle von unkundiger Hand
geſchlachtet. Daß die Fiſche auf dieſem Leidenswege
an Wohlgeſchmack erhebliche Einbuße erleiden, iſt ſelbſt⸗
verſtändlich. Ebenſo wie gehetztes oder erſt infolge
eines Schuſſes nach längerer Zeit verendetes Wild min:
derwertig iſt und an Geſchmack und Haltbarkeit ver⸗
liert, ebenſo geht es den Fiſchen.
Veenrgegenwärtigt man fih einmal die Qualen, die
ſolche Fiſche aushalten müſſen, bis ſie in der Küche
des Verbrauchers ihr Ende finden, dann muß man
ſich wundern, daß nicht ſchon längſt vom tierſchütz⸗
leriſchen Standpunkte gegen dieſe Tierquälerei, die der
Verſand lebender Fiſche zu Genußzwecken darſtellt, ein-
geſchritten worden iſt. Welchen Apparat haben ſeiner
Zeit die Tierſchutzvereine in Bewegung geſetzt, um den
Krammetsvogelfang im Dohnenſtiege zu verbieten.
Sind die Qualen, die die armen Fiſche beim Aufenthalt
in Hältern, beim Verſand in kleinen Transportfäſſern
und beim Verkaufe in lebendem Zuſtande erdulden
müſſen etwa kleiner wie der nur kurze Zeit dauernde
Todeskampf des in der Schlinge gefangenen Kram—
metsvogels?
Die heutigen Beſtrebungen gehen auf die Beſchaf⸗
fung möglichſt vieler und billiger Lebensmittel hinaus.
Durch die Verſendung lebender Speiſefiſche werden
die Fiſchpreiſe unnötig verteuert.
Nach alledem muß dem Beſtreben, die Fiſche lebend
26
zu Markte zu bringen, mit allen Kräften entge
gearbeitet werden.
Friſch geſchlachtete tote Fiſche ſind |
1. billiger als lebend zu Markte gebrachte.
fie geringere Transportkoſten verurſachen;
2. beffer an Geſchmack, weil ſie nicht xz
den Aufenthalt in Hältern ohne ausreichende Nahr
und durch die Qualen des Verſandes uſw. gell
haben, und
3. beſſer von Ausſehen, weil ſie nicht kun
den Transport, das wiederholte Fangen mit d:
Käſcher uſw. zerſchunden und mit Wunden belt
ſind.
Sehr erwünſcht wäre es, wenn fih die Bevölkn:
von der alten Gewohnheit, den lebend zu Markte y
brachten Fiſchen vor den geſchlachteten Fiſchen = T:
Vorzug zu geben, entwöhnen wollte! Hierdurch mi: $
fie in der Lage fein, ſich billigere und wohlſchmackn
dere Fiſche zu verſchaffen und es würde außerdem der
Fiſchern und Fiſchzüchtern ihr Betrieb erheblich ch.
leichtert werden, da die Lieferung lebender Fiſche wegn
Mangels an Hilfskraͤften und Fuhrwerk ſowie ing
der während des Krieges vielfach ungünſtigen Ei
bahnverbindungen ſehr erſchwert iſt. Eberts
Torſtliches aus dem „Jeſſin“.
Von W. Keßler, Kgl. Preuß. Forſtmeiſter a. D.
(Fortſetzung.) ;
„Nothing should be permitted to stand in tè 0 -
way of the preservation of the forests.“
Roosevelt.
II. Früherer und gegenwärtiger Waldbeſtand, Wd
abnutzung und Forſtſchnutz.
Genau 600 Jahre waren am 15. November 1915
verfloffen, feit die Eidgenoffen, deren Kern die 3 Ur f-
kantone oder Waldſtätte Uri, Schwyz und Unterwalde ,
bildeten, mit der ſiegreichen Schlacht beim Morgat |
am Aegeriſee ſtolz und tapfer ihren Einzug in die
Weltgeſchichte feierten. Mit dem erlangten Selbſtbe
wußtſein entſtand und wuchs auch naturnotwendig bas
Streben nach Ausdehnung über die engen Grenzen bt
beſchränkten kleinen Heimat hinaus. Für die am Sat:
abhang der Mittelalpen belegenen Kantone ergab f
naturgemäß und unabweisbar der Zug nach den
Süden, wo reichere Länder unter wärmerer Sonne
feit jeher das Ziel kühner Eroberer geweſen ware
Führten doch die nördlichen Zugangswege zu den vic
tigſten Alpenpäſſen durch das Gebiet der wahl
Was Wunder, wenn nun ihr Wunſch dahin ging, be
Päſſe ſelbſt und die nach Süden von ihnen elan
den Straßen mit ihren Talgebieten zu befigen un
zu beherrſchen.
Seit etwa 1400 beginnen die Eidgenoſſen, nament⸗
ich Uri, feſten Fuß in den Tälern des Teſſin zu
aſſen. Auch die Niederlagen von Arbedo, wo am
29. Juni 1422 die Mailänder die nordiſchen Eroberer
ſeſiegten, und die viel größere und wichtigere von
Marignano, wo am 13. und 14. September 1515
Franz I. von Frankreich die Schweizer zum Rückzug
aus der Lombardei und damit aus der Weltgeſchichte
zwang, haben nicht vermocht, ſie aus dieſem Beſitz
wieder zu verdrängen. Seit 1512 waren dieſe Süd—
provinzen als Vaſallenländer derart verteilt, daß Uri,
Schwyz und Unterwalden das eigentliche Teſſintal bis
Bellinzona zuſammen beherrſchten, während das Mag:
giatal, Locarno und das Sottoceneri (Lugano und
Mendriſio) gemeinſamer Beſitz der ganzen Eidgenofjen:
27
ſchon ein Vorteil, daß wenigſtens der äußere Fried⸗
des Landes geſichert war, ſo daß bei der hohen künſt⸗
leriſchen Veranlagung ſeiner Bewohner ſich jener wohl
in der neueren Geſchichte einzig daſtehende Reichtum
von Künſtlern aller Art, beſonders Malern, Bild⸗
hauern und Baumeiſtern, entwickeln konnte, die in der
ganzen Welt Meiſterwerke, ihres Könnens geſchaffen
haben.
Von kundiger Seite (3. B. Merz) wird behauptet,
daß auch der frühere Waldreichtum des Teſſin
durch die Landvogtherrſchaft geſchaffen und erhalten
ſei. Nun iſt es ja eine bekannte und in der Geſchichte
der Länder und Völker häufig feſtgeſtellte Tatſache,
ſchaft, damals aus 12 Kantonen beſtehend, wurden.
Das noch nicht dem Bunde angehörige Graubünden
hatte ſich das Miſoxtal (Meſolcina) und den Veltlin
zugeeignet. Alle hatten ſo ihren „Sonnengarten“, ihr
Weinland; und haben es unentwegt als ſtrenge Herren
faſt genau 3 Jahrhunderte beherrſcht und genutzt, bis
die große Revolution des weſtlichen Nachbarlandes
auch hier Wandel ſchuf. Nach verſchiedenen Kämpfen
und Uebergangszuſtänden wurde dann 1815 der Tef-
ſin als ſelbſtändiger Kanton anerkannt und in die
Eidgenoſſenſchaft aufgenommen.
Während der 3 Jahrhunderte der Zwingherrſchaft
wurde die Regierung durch Landvögte ausgeübt,
welche alle 2 Jahre wechſelten, ihre Stellen oft ge:
kauft hatten und meiſt auch vorwiegend nach dem Ge—
ſichtspunkt perſönlicher Bereicherung verwalteten. Am
ſchlimmſten ging es wohl in dieſer Hinſicht im Südteil
des Teſſin zu, wohin jeder der 12 Herrenfantone alljähr:
lich noch einen beſonderen Vertreter (sindicatore) neben
den Landvögten ſandte und die gerichtlichen Bußen wie
die üblichen Beſtechungsgelder nun immer vielfach ge:
teilt werden mußten. Kein Wunder, daß noch heute
im Teſſiner Volke ein gewiſſes Mißtrauen in Bezug
auf Rechtſprechung und Gerechtigkeit der Behörden vor—
handen iſt.
Auch die heute noch den Teſſinern eigene Neigung
zum zeitweiſen oder gänzlichen Auswandern iſt eben—
falls ſchon in dieſer Zeit der Zwingherrſchaft und Mig-
regierung entſtanden.
Als 1798 die Despotenherrſchaft der Landvögte
ein Ende nahm, waren im Teſſin weder Volksſchulen,
noch Straßen, noch öffentliche Güter und Fonds vor—
handen! Neben den großen und beklagenswerten Nach—
teilen, welche das Vaſallenverhältnis zu den harten
und habgierigen Herren auf der Nordſeite für den
Teſſin gehabt hat, darf man doch auch gewiſſe Licht—
retten dieſer 300 jährigen Unterdrückung nicht über:
eben. Zunächſt war es in jenen unruhigen Zeiten
daß ein autokratiſches und despotiſches Regiment eben
durch die Eindämmung des Einzelwillens und Eigen⸗
nutzes der Beherrſchten die Waldzerſtörung in ge⸗
wiſſem Grade hemmt, ſelbſt wenn nicht, wie in Deutſch⸗
lands Vergangenheit, Rückſichten auf Jagd und an⸗
dere angenehme und wertvolle Regale zum Schutz und
zur Erhaltung des Waldes wirken.
Nach Merz hat die große Waldverwüſtung und
⸗Zerſtörung erft feit den Tagen der Unabhängigkeit
und perſönlichen wie kommunalen Freiheit begonnen.
Nach den Anführungen von Bettelini (S. 188 ff.)
haben jedoch ſchon in den früheren Jahrhunderten, be⸗
ſonders im 18., umfangreiche Holzſchlaͤge und Holz⸗
verkäufe nach der holzarmen Lombardei, namentlich
Mailand, ſtattgefunden. In Locarno und Briſſago
hatten ſich zu dieſem Zweck förmliche Holzkontore ge⸗
bildet, welche den Ankauf des Holzes im Walde und
feinen Transport bis zur Verwendungsſtelle vermit⸗
telten. |
Von den Kahlſchlägen wurden die Stämme in
Klötzen (borre) von 2,5—5 m Länge mittelſt Holz:
riefen (sovende“ !), die oft mehrere Hundert Meter
lang waren und hauptſächlich bei ſtarkem Froſt im
Winter benutzt wurden, bis in die Flußtäler gebracht
und von dort auf den, wenn nötig, durch Klauſen
angeſtauten Flüſſen in den Teſſin, den Langen See
und den aus ihm nach Mailand führenden Schiff:
fahrtskanal. Aus dem Sottoceneri, welchen keine
direkte Waſſerſtraße mit Mailand verband und wo
große nutzholzreiche Nadelholzbeſtände ſeltener waren,
wurde hauptſächlich Holzkohle ausgeführt, die großen⸗
teils auf Saumtieren nach Luino geſchafft und von
dort in Barken auf dem Waſſerwege weiter befördert
ward. Um das Jahr 1770 herum hatte die Ber:
kohlung von Kaſtanienholz bereits ſolchen Umfang er—
reicht, daß die Landvögte mit Ausfuhrverboten ein—
ſchritten, über welche dann die Mailänder Behörden
Beſchwerde erhoben. Unbedingt hat die planloſe Forſt⸗
1) Von „Schwänden“ (verſchwenden).
40
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abnutzung und Waldzerſtörung ſchon vor der Be—
freiung des Kantons aus ſeinem Untertänigkeitsver⸗
hältnis begonnen. Da die Landvögte ſich im allge:
meinen um die Patriziatswirtſchaft nicht kümmerten,
iſt auch eigentlich kein Grund einzuſehen, weshalb die
waldbeſitzenden Gemeinden, an deren Spitze noch dazu
nicht felten Holzhändler ſtanden, nicht jede Verwer⸗
tungs⸗ und Abſatzmöglichkeit hätten benutzen ſollen.
Was den Wald damals noch erhielt und ſchützte, war
die wenigſtens ſtellenweiſe abſolute Wertloſigkeit oder
richtiger Unverwertbarkeit ſeiner Erzeugniſſe.
Nur darin ſcheint die alte Herrſchaft der Land⸗
voͤgte waldſchützend gewirkt zu haben, daß fie die
Waldzerſtörung zu Gunſten der Aus:
dehnung der Weide verhinderte und auf die Er:
haltung der Bannwälder (boschi sacri oder favre)
achtete. N
Unbeſtreitbar hat dann die Waldvernichtung in
den erſten Jahrzehnten nach der Befreiung ganz außer—
ordentlichen Umfang, namentlich in dem für den Ver⸗
kehr ſchon etwas mehr erſchloſſenen Sottoceneri, an:
genommen. Da die Holzpreiſe noch immer ſehr niedrig
waren, handelte es ſich oft weniger um Erzielung von
Gelderträgen aus der Holznutzung als um Beſeitigung
des läſtigen Waldbeſtandes zur Gewinnung von wei—
terem Gelände für die Waldweide.
Die Beſitzverhältniſſe erleichterten nur zu
ſehr eine derartige kurzſichtige Wirtſchaft.
Die Gebirgswaldungen des Teſſin waren nämlich
und ſind noch heute größtenteils in Beſitz und Eigen—
tum der ſogenannten Patriziate, d. h. einer Kor⸗
poration der alten ortsangeſeſſenen Familien. Ur:
ſprünglich iſt wohl das Patriziat aus der Gemeinde
entſtanden und mit ihr zuſammengefallen, bis neue
Einwohner, die nicht den Patriziern entſtammten, Hin:
zukamen. Ihnen gegenüber ſchloß ſich die alte Voll:
bürgergemeinde mit ihren Gerechtſamen und Anteilen
am bis dahin Allmend⸗artigen Gemeinbeſitz an Wieſen,
Weiden und Waldungen ſtreng ab. Die oft faſt feind-
liche Trennung ging ſoweit, daß in manchen Gemeinden
den Nichtpatriziern ſogar die Mitbenutzung der aus
dem Patriziatsvermögen unterhaltenen Schulen ver-
wehrt wurde. Neuere Geſetze haben hierin Wandel
geſchaffen. Meiſt iſt das Verhältnis jetzt derart ge—
regelt, daß auch die Nichtpatrizier, die ſogen. Kommu-
niſten, durch Zahlung einer einmaligen oder jährlichen
Taxe an den Nutzungen des Patriziats teilnehmen
können. Bis zum Jahre 1835 beſtand jedoch über—
haupt keinerlei Geſetz über Art und Nutzungsrecht des
Patriziatsvermögens und es muß als eine große Unter—
laſſungsſünde der früheren Herrſchaft bezeichnet werden,
daß ſie dieſe wichtige Frage ganz überſehen und ver- ſtände ſind, können als unanfechtbare noch lebende
nachläſſigt hat.
Die völlig geſetz⸗ und aufſichtsloſe Zeit, welche
erſte Hälfte des vorigen Jahrhunderts umfaßt, iſt
unbedingt die Periode der größten Waldzerftörung
den Patriziatsgemeinden geweſen. Jede Korporat:
handelte nach Willkür und Belieben aller oder d.
mehr wohl meiſt einzelner maßgebender Mitglied
In vielen Fällen wurde die Allmende und auch !
Wald zum realen Eigentum aufgeteilt; in ande:
wurde nur die Nutznießung geteilt uſw., fo daß name:
lich im Sottoceneri die bunteſten Eigentums: und Iu:
nießungsverhältniſſe entſtanden, welche noch heute fa:
zu entwirren ſind. l |
In allen Fällen aber ging es über den aef
Wald und Holgbeftand her. Es ift eine uralte, a:f
in Deutſchland, Oeſterreich, Skandinavien uſw. imm: $
wiederkehrende Beobachtung, daß der kleine Bar
namentlich im Gebirge, ſtets der erbittertſte Feind |
Waldes ift, den er förmlich haßt, weil er feine E f
zeugniſſe nicht richtig zu würdigen vermag und im
Wald nur ein, Hindernis für weitere Ausdehnung d
ihm unmittelbaren Gewinn abwerfenden anderen Boden
benutzungsarten, namentlich Ackerbau und Biehreitt
erblickt. In ſüdlichen Ländern und Gebirgen it Š
diefe Nichtachtung und Befeindung des Waldes un
fo größer, als der Brenn: und Bauholzbedarf X: f
Einwohner durch Klima und Steinreichtum febr x f
ring iſt. | =
Es fehlt leider an jedem genauen Anhalt zur & f
antwortung der Frage, wie groß die Waldfläche und f
der Waldreichtum des Teſſin vor etwa 100 Jahren
geweſen ift. Merz fegt anſcheinend voraus, daß aut | -
damals nur die heute angenommenen 60 bis 70
Tauſend ha Waldfläche vorhanden geweſen wärn
Aus vielen Tatſachen, welche teils geſchichtlich ef
ſtehen, teils aus örtlichen Beobachtungen ſich ergeben,
läßt ſich jedoch ſchließen, daß nicht nur eine reſie
Zerſtörung der Waldbeſtände und Holzvorräte, fonder
aud) eine erhebliche Verminderung ber Bald:
fläche überhaupt ſtattgefunden hat. Leicht erklär
licher Weiſe iſt beſonders die obere Waldgrenze
gegen die Alpen oder Weideflächen der höheren Ce
birgslagen herabgedrückt worden. Bettelini führt zun
Beweis dieſer Tatſache das Vorhandenſein zahlloee
alter Kohl- oder Meilerſtellen in Höhenlagen N
1500 m und darüber) an, wo heute längſt kein Wa
überhaupt oder doch nur in kümmerlichen Reſten 1
ſich findet, zur Zeit der Köhlerei aber doch unbedingt
genügender Holzbeſtand und zwar ü ber den Meiler
ſtellen geweſen fein muß. Auch die uralten prächtigen
Schattenbäume (Meriggi) an der heutigen oberen Walk
grenze, welche doch ſicherlich Reſte weiterer höherer Be
Zeugen früherer größerer Waldausdehnung gelten
29
enfo wie die rieſenhaſten teilweiſe ſchon verfaulten fein. Es wird wenigſtens berichtet, daß gerade in die
töcke, die ſich auf heute ganz oder faſt ganz ent⸗
aldeten Alpenflächen finden. |
Aber auch indirekte Anzeichen früherer umfang:
icherer Bewaldung laffen ſich aus der Boden:
Lora oberhalb der heutigen Waldgrenze ableiten.
kach der wiſſenſchaftlich wohl begründeten Anſicht nam⸗
alter Botaniker wie C. Schröter und Rikli, gibt es.
ber der jetzigen Waldgrenze deutliche Formationen
on Farren, Gräſern und Blumenarten, welche aus⸗
eſprochene Waldpflanzen ſind und als Zeugen früheren
Zaldbeſtandes gedeutet werden müſſen. Namentlich
ſt auch das dichte Auftreten der Alpenroſe (Rh. ferru-
num), welche einſt das Unterholz unter Waldbeſtand
ebildet hat, iſt in dieſer Hinſicht beweiſend.
Daß alſo der Wald zurückgedrängt und die von
Hm eingenommene Fläche beſchränkt ift, dürfte keinem
Zweifel unterliegen. Nun wird es ſchwerlich möglich
ein, über das Maß der Waldzerſtörung und
das Verhältnis der früheren Waldfläche zur jetzigen
ein begründetes Urteil zu gewinnen. Ich halte die
Annahme, daß die frühere Waldfläche im letzten Jahr⸗
hundert um 20 — 25% vermindert worden ift, noch
für mäßig.
Hätten nun wenigſtens noch die Einwohner und
Waldbeſitzer entſprechenden Nutzen von der Wald:
abnutzung gehabt, hohe Geldeinahmen erzielt und gute
Weiden gewonnen: ſo hätte die wirtſchaftliche Um⸗
ſtürzung des Beſtehenden wenigſtens noch finanzielle,
wenn auch nur vorübergehende, Vorteile gebracht. Aber.
auch hieran hat es meiſt durchaus gefehlt.
Der Wald iſt zerſtört und nichts dafür! gewonnen
worden als unfruchtbare Heideflächen, auf denen nicht
einmal ein dürftiger Buſchwald mehr gedeiht. Merz
wie Bettelini führen als recht bezeichnendes Beiſpiel das
Val Colla an, das obere Talgebiet des bei Lugano in
den See einmündenden durch feine Hochwaſſer berüd):
tigten Caſſaratefluſſes. Hier wurde z. B. eine Eiſen⸗
gießerei gegründet, um die reichen Vorräte, namentlich
an ſtarkem Buchenholz, auszunutzen. Das Roheiſen
mußte auf Saumtieren meilenweit bis zur Hütte ge⸗
ſchleppt werden, welche dafür nicht nur ihren Gols:
bedarf unentgeltlich aus den umliegenden Waldungen
entnehmen durfte, ſondern ſogar noch eine Belohnung
für die Abholzung erhielt, die ſich je nach der Größe
der abgetriebenen Fläche ſteigerte! Heute ſind die da—
mals entwaldeten Hänge dürre unfruchtbare Halden,
lo daß die Anwohner genötigt find, meilenweit nach
etwas Brennholz zu gehen, und der Caſſarate hat mit
zahlloſen Sperrbauten befeſtigt und geſichert werden
mlüuͤſſen, welche Hunderttauſende gekoſtet haben!
Wohl mag der Waldzerſtörung an manchen Orten
zunächſt eine Ausdehnung der Weidewirtſchaft gefolgt
—— . —ᷣ 3 o 3 ———9———9—jJ 3 —A—— 3 — 3 3ĩßÄ—ßXͤ1è2.ꝰXł—Qhũ2 EEE — —
am meiſten entwaldeten Oſtteile des Sottoceneri gett:
weiſe auch große Herden aus den anſtoßenden italieni⸗
ſchen Provinzen Bergamo und Cremona zur Weide
gebracht ſeien. Lang dürfte jedoch auch dieſe Freude
nicht gewährt haben.
Alle Verſuche, welche die Kantonsbehörden in zu⸗
nächſt recht ſchüchterner Weiſe machten, um wenigſtens
einige Ordnung in dieſen Wirrwar zu bringen und
durch Geſetze und Verordnungen den gröbſten Miß⸗
brauchen zu ſteuern, waren vergebens. Zumal in
Zeiten und Orten, wo das Holz ſchon höhere Preiſe
hatte und ſich abbringen ließ, wurde genutzt und ver⸗
kauft, was überhaupt erreichbar war. Manchmal waren
die Aufſichtsbeamten ſelbſt Holzhändler, welche mit
den Beherrſchern der Patriziate gemeinſame Sache
machten. In vielen Gemeinden wurde durch Jahre
überhaupt keine Rechnung gelegt und der Erlös aus
den Wald⸗ und Holzverkäufen wanderte einfach in die
Taſchen von Geſchäfts⸗ und Privatleuten ).
Nachdem im Sottoceneri nicht mehr viel zu holen
und auszuführen war, kam der Sopraceneri, nament⸗
lich das obere Teſſintal, die ſogen. Leventina, und
ferner das Maggiatal, in ſeinem oberen Teil Lavizzara
genannt, und das Verzaſcatal an die Reihe. Aus
allen 3 Tälern wurde das Holz gunddft auf den
Flüſſen bis in den Langen See getriftet und dann
weiter zu Waſſer in die Lombardei und nach Mai—
land gebracht. Merz führt an, daß allein in der
Ladizzara in der Zeit von 1830 — 50 mindeſtens
600 000 fm Holz eingeſchlagen und verkauft ſeien.
Man kann annehmen, daß hierdurch mehr als 1500 ha
Wald in dem beſchränkten Talgebiete völlig devaſtiert
und kahl gehauen ſind ). Der Forſtinſpektor Kaft-
hofer aus Bern, welcher im Jahre 1846 die Teſſiner
Waldungen beſichtigte, hat den Geldwert der damaligen
jährlichen Holzausfuhr aus dem Kanton auf 3 ½ Mil:
lionen Frs. berechnet, während alle anderen viel wald⸗
reicheren Kantone der Schweiz zuſammen nur für
etwa 67/4 Mill. Frs. exportierten!
Nachdem ſchon in den Jahren 1807, 1808 und
1824 Geſetze und Beſtimmungen zur Sicherung gegen
Mißbräuche bei der Benutzung der Wälder erlaſſen
1) Nicht uniſonſt bildete ſich im Volksmund das Sprich—
wort:
„Il denaro di selva venduta, d. h. „der Gelderlös aus
Waldverkauf. E farina che in crusca si muta“! gleicht Mehl,
das in Schalen (Spreu) ſich wandelt“.
2) Sehr zur Waldzerſtörung trugen die auf lange Friſten,
oft Jahrzehnte, abgeſchloſſenen Holzverkaufsverträge bei,
welche nur das Intereſſe der Käufer verfolgten, ſowie der
Unmſtand, daß der Bau der damaligen ſchwierigen und koſt—
ſpieligen Rieſen, ſtets große Holzmengen an deinem Ort cer-
forderte.
80
waren, erſchien im Jahre 1840 ein umfaſſendes Forſt⸗ | meit ſchwächeren Stämmen von 3-5 m Länge:
geſetz für den Teſſin mit Gültigkeit vom 1. Januar 20 — 50 em Starke in den Langen See einge]
1841, welches an Vortrefflichkeit- der Beſtimmungen worden. Dennoch beharrten das eigentliche Zei
nichts zu wünſchen übrig ließ. Nach demſelben wurden Volk und feine Vertreter, der ſogen. Gropgrat, |
alle Waldungen unter Staatsaufficht geſtellt. Die Tei- ihrer kurzſichtigen, eigennützigen und waldfeindlit⸗
lung von Gebirgsforſten wurde unterſagt und ebenſo Politik. Im Jahre 1860 war ein neuer Fock:
Kahlhieb, Stockroden und Urbarmachung an allen ſpektor, diesmal ein Graubündener, Andreas Gri
*
Stellen, wo Erdrutſchungen und Lawinen zu befürchten gewählt worden. Auch er kam zu keiner erfolgreite
waren. Der Weidebetrieb ſollte eingeſchraͤnkt und ge: Tätigkeit, wurde vielmehr nach 3 Jahren durch Gr:
regelt, Servituten ſollten abgelöſt werden uſw. Bur ratsbeſchluß wieder entlaſſen, „da das Volk von Fos
Ausführung aller dieſer ſchönen Vorſätze wurde die ordnung nichts wiſſen wolle“ (Merz). Zugleich wir
Ernennung eines Kantonsforſtinſpektors, mehrerer Be: der ganze Forſtetat einfach abgeſetzt. Die früher x
zirksförſter und zahlreicher Waldhüter vorgeſehen. gerichteten Baumſchulen uſw. ließ man eingehen ~
Sehr merkwürdiger und bezeichnender Weiſe ift überall herrſchte wieder unbeſchränkt der Holzhau
dies vorzügliche Geſetz zunächſt viele Jahre gar nicht | der Hirt!) und — die Ziege!
zur eigentlichen Durchführung gekommen; höchſt wahr⸗ Endlich übernahm die Natur ſelbſt das Amt x:
ſcheinlich, weil der Einfluß der an ungehinderter Mahners und Erziehers. Im September 1868 kw
weiterer Waldausnutzung intereſſierten Kreiſe zu mad: nach ſtarken Regengüſſen jene ſurchtbaren Hoda":
tig war. | und Ueberſchwemmungen, welche in der Geſchichte di
Endlich wurde im Jahre 1856 der erſte Kantons- Teſſin fo leicht nicht vergeſſen werden dürften. Whe
forſtinſpektor gewählt. Der wackere Kollege, ein Thur: der direkte Schaden, welchen jie anrichteten, wird o
gauer mit Namen Brunnſchweiler, konnte bald mit | fat 5 Millionen Frs. veranſchlagt! Allgemein br:
Wehmut ſingen: ſich die Einſicht Bahn, daß diefe Naturkataſtrop⸗
„Oh, welche Luft, Forſtmann zu fein (nb. im Teſſin)“! durch die frevelhaften und unſinnigen Entwaldung
Trotz beſten Willens und beſter Abſichten konnte [namentlich an den Steilhängen, verſchuldet ſei, un
er nicht nur nichts erreichen, ſondern fühlte fic) auch daß unbedingt Wandel geſchaffen werden müſſe. Y.
bald feines Lebens nicht mehr fider und zog es vor Jahr 1870 wurde deshalb auch ein neues Forſtgeſ⸗
nach wenigen Jahren feinen undankbaren und gefähr- erlaſſen, welches die Staatsaufſicht über die Fort!
lichen Poſten aufzugeben (1859). Um dieſe Zeit wurde wiederherſtellte und die Anſtellung eines Rantonsior’
der bekannte Züricher Forſtmeiſter und forſtliche Lehrer inſpektors und dreier Kreisoberförſter anordnete. +"
am Polytechnikum, Landolt, beauftragt, die Hoch ge- erſtere wichtige Stelle wurde einem tapferen und ener
birgs⸗Waldungen der Schweiz und namentlich auch giſchen Graubündner, Namens Zarro, aus dem b:
des Teſſin zu bereifen und zu begutachten. Er hat nachbarten Meſoccotale ftammend, übertragen, welch“
im Jahre 1861 hierüber einen ausführlichen Bericht!) 18 Jahre lang fein ſchwieriges Amt mit Ausdaut
erſtattet, in welchem der troſtloſe Zuſtand der Forſten und Erfolg verwaltet hat. Sein hauptſächlichſter Kamp
klar erſichtlich gemacht ift. Auch einſichtsvolle Tef: | galt den Ziegenherden, welche bis dahin je!
ſiner ſelbſt, wie Franscini, Lavizzari u. a. bemerkten | Kultur und Verjüngung unmöglich machten.
und beklagten die Waldverwüſtung ihrer ſchönen Heis 1876 wurde durch Bundesgeſetz die Oberaufſic
mat. Der Letztere wies u. a. in Uebereinſtimmung | der Eidgenoſſenſchaft auch über die Forſten des Zelt
mit den Landolt'ſchen Angaben nach, daß die damalige erklärt und damit eine bis dahin nur zu ſchmeiklit
jährliche Holzerzeugung des Teſſin durch Zuwachs nur | vermißte Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der forf:
|
|
72954 fm oder einſchließlich der Kaſtanienwälder mit lichen Behandlung und Ueberwachung geſichert. Eine
40 500 fm im ganzen 113454 fm ausmache, während Folge dieſer ſegensreichen Maßregel war dann en
geſchlagen wurden 225 747 km und davon nach Italien | neues Kantonsforſtgeſetz von 1877. Inzwiſchen war
ausgeführt 101250 fm, alfo faft foviel als der wirk- auch in weiteren und Laienkreiſen der Teſſiner Ball
iche Zuwachs betrage ?). Nach Lavizzari find noch in kerung eine gewiſſe Bewegung zugunſten des Wolde
den Jahren 1853—60 allein auf den am Oſtrande entſtanden. Als im Jahr 1872 der Schweizer gori:
einmündenden Flüſſen mehr als 157000 fm in verein zum erſten Male im Teſſin tagte, traten meh!
— als 70 Teſſiner als neue Mitglieder bei.
7 15 1 an en 1 55 ſchweizeriſchen „ über Leider war dieſe Begeiſterung, wie Bettelini, wel
ie Unterſuchung der ſchweiz. Hochgebirgswaldungen, vor— e's . . „ tf: f
genommen 05 oz en 188 a 1860. Bern a chem ich in der Schilderung dieſer geſchichtlichen a
) Vergl. Escursioni nel Cantone Ticino di Luigi La- ) Nach Kaſthofer wurden früher die Hirten in bet
vizzari. Lugano 1859- 63. ©. 787 ff. Schweiz weit beſſer beſoldet als die Lehrer!
— . • Re— — . — — — — — ——
oicklung im weſentlichen folge, mit Recht bemerkt, ein
Strohfeuer, welches nur wenige Jahre vorhielt. Die
Mächte des kurzſichtigen Eigennutzes, welche nament⸗
lich in den Patriziaten wirkten, waren zu ſtark, als
daß ſie ſo raſch und leicht hätten überwunden werden
können. Die Geſetze und Einrichtungen waren wohl
gut und zweckmaßig, aber ihre richtige und genaue
Durchführung ließ nur zu viel zu wünſchen übrig.
Noch immer wurde auf perſönliche und private In⸗
tereſſen überwiegende Rückſicht. genommen und die be:
rüchtigte Vettern⸗ und Parteiwirtſchaft, welche übri⸗
gens keineswegs nur im Teſſin daheim iſt, machte ſich
auch auf dieſem Gebiete in hohem Maße geltend.
Ich möchte gleich hier bemerken, daß unter ſolchen
Verhältniſſen, wie fie im Teſſin und anderen ſüdlichen
Bergländern herrſchen, die Verſöhnung und der Aus—
gleich zwiſchen dem öffentlichen, allgemeinen und dem
privaten Einzelintereſſe doppelt ſchwer iſt, ohne daß
man deshalb dem Charakter der Bevölkerung beſon⸗
dere Schuld beimeſſen darf. Man verſetze ſich ſelbſt
in die Stelle der kleinen Bergbauern, fet er nun Pa:
triziatsteilhaber oder nicht. Immer ſpielt für ihn die
Hauptrolle die Weide, um möglichſt viel Vieh, na:
mentlich Ziegen, halten und durchbringen zu können.
Jede Ziege mehr bedeutet für ihn einen Vermögens
zuwachs von rd. 30 Frs., und ohne ihre Milcherzeugung
vermöchte er fein ſchon an fih dürftiges Leben über:
haupt nicht zu friſten. Welches Intereſſe ſoll nun er
an der Aufforſtung und Bewaldung ſeiner Berge ha—
ben, welche ihm nur ſeine Wirtſchaft, d. h. Viehhal⸗
tung, beſchränkt und erſchwert? Selbſt von den waſſer⸗
wirtſchaftlichen Maßregeln der Wildbachverbauungen
uſw. wird er kaum berührt, da ihr Nutzen meiſt erſt
den untenliegenden Talbewohnern zugute kommt; von
Lawinenſchutz und dergleichen ſchönen Dinge will er
überhaupt nichts wiſſen, wenn nicht gerade ſein Wohn⸗
ſitz ſelbſt direkt gefährdet iſt. So ſieht er in allen
noch ſo gut gemeinten Schutzmaßregeln eigentlich faſt
immer nur Beſchränkungen ſeiner perſönlichen und
wirtſchaftlichen Freiheit, gegen welche er ſich nur zu
gern öffentlich oder heimlich (durch Waldbrände und
dergl.) auflehnt.
Unbedingt bildet die Verſöhnung der weide:,
waſſer- und forſtwirtſchaftlichen Inter:
eſſen in den Gebirgsländern, wie dem Teſſin, eins
der wichtigſten und ſchwierigſten Probleme, über wel-
ches ſpäter noch zu reden fein wird.
Durch die Geſetze und Einrichtungen der 70er
Jahre war indeſſen wenigſtens die Grundlage geſchaf—
ſen, auf welcher mit einiger Ausſicht auf Erfolg ge⸗
arbeitet werden konnte. Nachdem dann das neue
Schweizer Bundesforſtgeſetz vom Jahre 1902 nebſt
Ausführungsverordnung von 1903 erſchienen war, hat
81
der Kanton Teſſin nach einem geſcheiterten Verſuch
vom Jahre 1908 im Jahre 1912 fein letztes Ran:
tonsforſtgeſetz erhalten, welches hoffentlich längere
Beit gelten und nützen wird.
Die gegenwärtige Waldfläche des Teſſin
wird von Merz 1903 auf 59 870 ha angegeben
20 %o ber Geſamt⸗ und 32 % der produktiven Fläche
des Kantons !). In dem 1914 erſchienenen Werk
„Die Forſtlichen Verhältniſſe der Schweiz“ (beſpro⸗
chen im Juliheft 1915 d. A. F. u. J.⸗Z.) finden ſich,
wohl auf Grund neuerer Ermittlungen, etwas höhere
Angaben, nämlich 73739 ha — 26,3 bezw. 39,4, %.
Für ein ſo ausgeſprochenes Bergland, wie der Teſſin
es iſt, erſcheint das Bewaldungsprozent keineswegs hoch,
zumal wenn man berückſichtigt, wie dürftig es mit der
„Bewaldung“ der als Wald angegebenen Flachen
größtenteils beſtellt iſt.
Ganz beſonders groß ift auch das Verhaltnis des
unproduktiven Bodens zur Geſamtfläche, nämlich
33,2 %, (Deutſchland 9,3, Tirol 18,3 % . Auch wenn
man den Hochgebirgscharakter und die ungünſtige Bo⸗
dengeſtaltung im größten Teil des Kantons berück⸗
ſichtigt, dürfte doch die Annahme nicht unberechtigt
ſein, daß ein gewiſſer Teil der als unproduktiv ge⸗
ſchätzten Flächen altes und vielleicht auch wieder künf⸗
tiges Waldgebiet ſein könnte. Auf jeden Kopf der
Bevölkerung kommt 0,47 ha Waldfläche (in Deutſch⸗
land 0, 22), was völlig genügen dürfte, vorausgeſetzt
daß auf der Waldfläche auch wirklicher Holzbeſtand
ſtockt.
Was die Eigentumsverhältniſſe anbe-
langt, fo folen nach den neueſten Angaben rd. 76 %
(= 55 953 ha) den Gemeinden und Korporationen,
d. h. Patriziaten gehören und 24 %% (= 7786 ha)
Privateigentum fein. Merz führt 1903 88 und 12 %,
1908 81 und 19% an. Sind ſeine Angaben richtig
geweſen, ſo muß in den letzten 12 Jahren ein nicht
unbeträchtlicher Teil von Patriziatswald aufgeteilt und
in Einzelbeſitz übergegangen ſein.
Wie verwickelt im Uebrigen durch die lange Zeit
jeder geſetzlichen Aufſicht entbehrende Patriziatswirt⸗
ſchaft die Eigentums- und Nutzungsverhältniſſe an
den Waldungen geworden ſind, geht aus den Angaben
von Merz für den Sottoceneri hervor. Danach ſind
1) In einer Statiſtik von 1908 nennt Merz folgende
Zahlen:
Produktive Waldfläche (einſchl. 19059 ha bewalde—
ter Weiden s Ks
Unproduktive Waldfläche 16 000 „
Geſamtfläche 88 904 ha
Auf abſolute Genauigkeit können alle Zahlen wohl keinen
Anſpruch machen.
„
die dortigen Waldungen: ungeteilt in 24 Gemeinden;
real zum Eigentum geteilt . „ 15 8 f
teils ungeteilt, teils geteilt . „ 13 2 j
zur Nutznießung geteilt. „ 4 à
teils ungeteilt, teils zur Nutznießung
geteillltt „ 19
uſw.
Die unglückſeligen Teilungen, welche man heute
nur zu gern rückgängig machen möchte, find übrigens
zur ſelben Zeit geſchehen, wo man auch in Deutſch⸗
land, und beſonders in Weſtphalen und Rheinland, die 18 176 fm und der Jahreszuwachs auf 232 fm,
berüchtigten Gemeinheitsteilungen vornahm und die
ſogen. Intereſſentenforſten ſchuf.
Eine ganz beſondere Form gemiſchten Eigentums
ſtellt das im Teſſin ſeit Jahrhunderten übliche jus
plantandi der Patrizier dar, d. h. das Recht, auf
dem gemeinſamen Grund und Boden gegen eine ge⸗
ringe Abgabe beſtimmte Bäume, beſ. Kaſtanien, zu
pflanzen, welche dann Eigentum des Pflanzers blieben
und von ihm beliebig genutzt werden konnten. Die
Jahresſteuer betrug 1—5 centesimi je nach dem
Alter und der Stärke des Baumes. In vielen Ka⸗
ftanienfelven wurden die einzelnen Stämme numeriert
und nur von den betreffenden Baumbeſitzern genutzt.
Wie leicht zu denken, gab dieſe eigenartige Holz⸗
zucht zu vielen Unklarheiten und Streitigkeiten zwiſchen
Grundbeſitzer (Patriziat) und Baumbeſitzer Aulaß und
wird demzufolge in” der Neuzeit immer mehr abge:
ſchafft.
In der allerjüngſten Zeit it nun auch der An:
fang mit der Schaffung von Kantonsforſten ge⸗
macht worden, welche bisher dem Teſſin völlig fehlten.
Nachdem durch das neue Forſtgeſetz von 1912
im Grundſatz die Begründung und Erwerbung von
einer Kantonsforſtdomäne bewilligt und ein beſonderer
Fonds hierfür vorgeſehen war, der jahrlich 10000 Frs.
aus Kantonsmitteln erhalten ſollte, wurde gleich in
demſelben Jahre mit dem Erwerb von Grundſtücken
der Anfang gemacht.
Die erſte größere Erwerbung betraf die Anlage
einer Schutzwaldzone im Val Morobbia zwiſchen Bel:
linzona und Giubiasco, für welche die Alpen Giggio,
Giumello und Buco erworben wurden.
Der Bund ſicherte zu dieſem Unternehmen einen
Zuſchuß von 50 % zu Grunderwerb, Aufſchließung,
Einrichtung und Beſchützung; für die Aufforſtung
(rd. 200 000 Frs.) fogar von 80 %% der Koſten; im
Ganzen bis zu 251 000 Frs. zu, eine gewiß reichliche
und weitherzige Unterſtützung.
Im Jahre 1913 wurde zu dieſem Terrain noch
die benachbarte Alpe Urno mit 36,8 ha hinzu erwor:
ben. Für die Ausführung der umfangreichen und
ſchwierigen Herrichtungs- und Aufforſtungsarbeiten
82
„ weitere ebenfalls; im Jahre 1913 abgeſchloſſene tÉ
werbung im Val Vergeletto, einem Seitental ie
|
|
|
wurde ein bejonderer junger Torſttechniker als!
manialoberförſter angeſtellt.
Faft noch wichtiger und ausſichtsvoller dürfte af
251 ha, darunter 124 ha mit durchſchnittlich “
ziemlich geſchloſſenem Nadelholzhochwald (Miſchung r
Tanne, Fichte und Lärche mit Buchenunterholh k
ſtanden, angekauft wurde. Der Holzvorrat war
noch nicht ganz 2 fm je ha Waldfläche berechnet.
Hier kann nun der Kanton beginnen, wirke
Forſtwirtſchaft zu treiben, der ganzen weiteren l
gebung zum Beiſpiel und Segen!
Als erſte und notwendigſte Maßregel wird ger
wärtig mit großen Koſten eine Zugangsſtraße gee
welche den Wald mit dem im Uebrigen vorzüglite
Kantonswegenetz bei Vergeletto verbinden ſoll.
Möchte dieſer jetzt fo hoffnungsvoll bejdntter: $
Weg immer weiter mit Mut und Tatkraft vero f.
werden und zu dem ſo erſtrebenswerten Ziele *
Schaffung eines möglichſt umfangreichen Staatswal
beſitzes führen!
Was nun den jetzt noch vorhanden.
Wald und den Forſtbetrieb anlangt, fo li
wie leicht zu denken, die Beſtandsbeſchaffen
heit im allgemeinen recht viel zu wünſchen tbe: §
Die Hochwaldbeſtände von Fichte, Lärche und But
feltener auch mit Tanne gemischt, welche ſich eigen:
ganz auf den nördlichen Hauptteil des Kanton be
ſchränken, find meiſt lückig und ungleichmäßig, t: f
durch unpfleglichen Plänterhieb, teils durch fcbalic
Einwirkung der Waldweide. Selten fieht man einig“
maßen normale und geſchloſſene Beſtände, an bet!
das Auge des Forſtmanns fidh erfreuen kann. +"
beſten, welche ich kenne, fand ich weſtlich oberhalb Jail
und Dalpe, wo ſchon ſeit längerer Zeit eine vertir
dige Patriziatsforſtwirtſchaft betrieben ift. Sie UM
andere von ähnlicher Güte beweiſen, daß es wahlt
nicht die Schuld der Natur- und Standortöverhäftnit
ſondern lediglich der Menſchen ift, wenn heute del
Teſſin den Eindruck eines armen verwiifteten Ba
landes macht.
Daß die Hochwaldungen durchweg im plin
terbetriebe behandelt werden, ift bei den vorliegen
den Beſtands⸗ und Standortsverhältniſſen durchaus
gerechtfertigt. Merz gibt als Umtriebszeiten 80—1
Jahre an. Selbſtredend iſt in den meiften Fallen
ſchon der koſtſpieligen Holzbringungsanſtalten (heute
meiſt Drahtrieſen) halber, auch nur ein ausſezende
Betrieb mit größeren, alle 20—40 Jahre wieder
kehrenden Hieben möglich.
Daß dieſe Hiebe einigermaßen forſtlich⸗techniſch
ichtig geführt werden, iſt eine Hauptſorge der Forſt⸗
uffichtebeamten. Der laufende jaͤhrliche Zuwachs wird
s nach der Beſtandsbeſchaffenheit auf 4 10 fm an:
egeben. Die lichte Kaſtanienſelve, welche einen großen
Prozentſatz der zum Hochwald gerechneten Flächen ein⸗
ummt, wird wohl kaum mehr als 1 fm je 1 ha er:
jeugen. f
Nach einer mir vorliegenden allerdings ſchon älteren
Angabe (aus dem Jahre 1880) ſollen von der vor⸗
yandenen Waldfläche etwa 70% auf Hochwald ent:
allen, fo daß für den Niederwald nur 30% übrig
lieben. Ich bin feft überzeugt, daß heute der Nieder:
wald weit größere Flächen einnimmt, wenigſtens wenn
nan die zahlreichen licht beſtockten, allerdings wohl
eines regelrechten Betriebes meiſt entbehrenden Buſch⸗
waldungen von Weißerle, Haſel uſw. mit in Anrech⸗
nung bringt.“)
Die vornehmſte Form des Ausſchlagwaldes iſt un⸗
bedingt der Buchenniederwald, der nach Merz
in 20—25 jährigen Umtriebe mittelſt alle 6— 12 Jahre
wiederkehrenden Plänterhieben bewirtſchaftet wird. Man
ſchlägt dann jedesmal nur die ſtärkeren Stangen von
6 -10 cm Durchmeſſer ein und erreicht fo, daß der
Boden immer hinreichend gedeckt und geſchützt bleibt.
In dieſen Beſtänden kommt auch die Selbſtverjüngung
durch Ablegerzweige vielfach vor. Als Zuwachs und
Ertrag ſollen im allgemeinen 3--4, in einzelnen Fällen
bis 12 fm je Jahr und ha feſtgeſtellt ſein.
Die wenigen vorhandenen Eichenſchälwälder hatten
15—20 jährig. Umtrieb.
Die übrigen Niederwälder von Kaſtanien, Weiß⸗
erlen uf. werden kahl abgetrieben und in meiſt kurzem
Umtriebe von etwa 10 Jahren behandelt. In guten
Lagen und bei guter Beſtockung ſollen nach Merz 13
bis 21 fm je Jahr und ha erzielt werden, während
andere Quellen als Durchſchnitt nur 4 km angeben.
Im ſüdlichſten Teil des Kantons, dem ſogen. Men:
drifiotto, ebenſo wie im oberen Val Verzasca ſpielt auch
der Schneitelbetrieb eine gewiſſe Rolle. Er wird
ſowohl bei Eichen wie bei Schwarzerlen angewendet;
einesteils, um Nutz⸗ und Brennreiſig, und andernteils,
um Viehfutter zu gewinnen. Die dadurch geſchaffe⸗
nen Vegetationsbilder ſind, wie leicht zu denken, kei⸗
neswegs ſchön. Wirtſchaftlich mag dieſer Betrieb in⸗
dien nicht unvorteilhaft fein.
Außerdem findet ſich die Schneitelwirtſchaft nament⸗
lic bei der Verwendung von Feldahornſtämmen als
) In den „Jorſtlichen Verhältniſſen der Schweiz“ werden
S. 84 68,9 und 31,1% angegeben, aber nur für die Korpo—
tationsforften. Da die Privatforſten großenteils ebenfalls
Niederwald enthalten, muß der Anteil desſelben im ganzen
weit beträchtlicher fein, zumal die ganze Waldfläche des Sotto»
teneri, welche Bettelini auf etwa 16535 ha annimmt, dieſer
Betriebsform angehört.
1916
33
—
lebenden Rebpfählen; wobei aber ſelbſtredend die Holz⸗
erzeugung ganz in den Hintergrund tritt.
Im allgemeinen läßt ſich nicht leugnen, daß be⸗
ſonders für den ſüdlichen Teil des Kantons und die
unteren Talhänge heute und künftig der Ausſchlag⸗
wald die gegebene und einſtweilen gar nicht zu er⸗
ſetzende Wald⸗ und Betriebsform iſt und bleiben
wird. Nur muß angeſtrebt werden, daß der Hieb
pfleglich und nach richtigen forſtlichen Grundſaͤtzen er:
folgt und daß vor allem die Schläge gegen Weide:
vieh und Feuer geſchützt werden. Auch verdient die
von Merz vorgeſchlagene Einpflanzung von als Laß⸗
reitel überzuhaltenden Nutzholzarten, namentlich Lär⸗
chen und Birken, die ernſteſte Beachtung.
Die Holzpreiſe und Gelderträge find,
wie bei der leichten und lohnenden Ausfuhr nach der
holzarmen aber fruchtbaren und wohlhabenden Lom⸗
bardei wohl erklärlich, keineswegs niedrig. Ich bin
feſt überzeugt, daß in nicht ferner Zeit die Holzzucht
in den Bergen des Teſſin eine der lohnendſten
Bodenbenutzungsarten ſein wird. Gegen⸗
wärtig werden für mittleres Bau- und Schneideholz im
Walde bei Fichte und Lärche nach Beſchaffenheit und
Lage etwa 10—30 Frs. je fm gezahlt, wobei der Kau:
fer Fällung und Transport ſelbſt zu beſorgen hat.
Für trockenes Kaſtanienſcheitbrennholz, welches nach
Gewicht gehandelt wird, verlangt man heute in Locarno
und Lugano 12-15 Frs. je rm). Als Gelderträge
des gemiſchten Niederwaldes unter allerdings günſtigen
Verhältniſſen werden von Merz 80 — 120 Frs. je Jahr
und ha genannt.
In den letzten 20 Jahren ſind die Holzpreiſe um
mehr als 30 % geſtiegen.
Ueber den Geſamtholzeinſchlag in den
letzten 26 Jahren habe ich nach den Rechenſchafts⸗
berichten?) der Kantonsregierung folgende Tabelle zu:
ſammengeſtellt: (Tabelle nächſte Seite.)
Wie man ſieht, iſt die jährliche Abnutzung in den
letzten 4 Jahren beſtändig geſunken. An der erheb⸗
lichen Verringerung für 1914 dürfte allerdings wohl
jedenfalls der Krieg und die durch ihn herbeigeführte
wirtſchaftliche Depreſſion die Schuld tragen. Von dem
Einſchlage entfallen faſt 80 %% auf den Niederwald.
Bei einer Annahme von 56 288 ha Korporations⸗
und 16 616 ha Privatforſten berechnet F. Merz in
einer Statiſtik, welche er gelegentlich ſeines Scheidens
1) Aus dem Jahre 1860 werden von Locarno als Holz:
preife angegeben: 37 Frs. für 1 fm Sägeholz und 8—9 Fr.
für 1 fm Brennholz. 1895 foftete in Lugano 1 rm Buchen»
brennholz 10 Frs.
2) Dieſe pünktlich erſcheinenden, ſehr ausführlichen Jah—
resberichte geben die genaueſte Auskunft über alle Vor—
gänge des öffentlichen Lebens und Ergebniſſe aller. Vers
waltungszweige (einſchließlich Juſtizweſen) des Kantons und
könnten dringend zur Nachahmung auch für die Regierungs—
bezirke anderer Staaten empfohlen werden.
5
34
Zuſammenſtellung des Holzeinſchlags in den Jahren 1889—1914.
Es ſind eingeſchlagen
in Korporationsforſten
— — =Ü a0! — —t 2 — —
= Aus den For:
_ || porationsforften fini
worden
— — —
in Ganzen
|
me im zus im zur | im zus verkauft
en | gady | ier jammen) Sa wd jammen! weiß eg, men) in
e ſt meter F eſt meter | fm | frs. e.
1889—98 152124 | 460166 | 612290 | 51432 | 362271 | 413703 | 203556 | 822437 1025903 459522 1322684 87
mithin durchſchnitt⸗ | |
lich jährlich 15212 46017 61229 5143 | 36227 | 41370 || 20356 82244 1025/9 45952 | 132268 —
1899—1908 232592 | 510923 | 848515 || 101640 | 413615 | 515155 || 334132 |1024538 1358670 615695 2011814 >
mithin e . ; . | | |
lich jährlich 23259 | 51092 84351 10154 | 41361 | 51515 || 33413 102454 135867 61569 201181 —
1909 23631 53935 | 77566 14683 41957 | 58640 || 38314 | 95892 134206 55624 | 251270 E
1910 14070 | 52861 | 66931 14921 57421 72312 | 28994 | 110282 139273 | 45108 | 184501 *
1911 20597 | 49403 | 70005 || 10773 | 4069 56842 | 31370 | 95477 126847 46165 213367 4
1912 16605 53481 | 70086 8268 | 45795 | 54063 || 24873 99276 124149 50509 | 220846 #
1918 18118 | 46933 65051 || 10331 | 4.006 | 54337 || 28449 90939 119388 44583 | 278060 0:
1914 11097 | 40558 | 51655 7707 | 39 38 | 48747 | 18806 79596 98402 33245 | 15718 | 60
aus dem Kantonsforſtdienſt nach 20 jqähriger Tätigkeit
im Jahre 1909 aufgeſtellt hat, die jährliche Ab-
nutzung je ha
I. für die Korporationsforſten im Jahrzehnt
1889—98 auf 1.1 fm
1899 - 1908 auf. 1,5 ;
im ganzen Zeitraum auf b a ue ee Bhs.
II. für die Privatforften im Jahrzehnt 1889
bis 98 aunns 2.5 fm
1899 - 1908 auf. 3,1 „
im Ganzen 2,8 „
und für alle Waldungen im Ganzen 2 „
Den Nettogeldwert des Jahresein-⸗
ſchlags veranſchlagt M. für die genannten 20 Jahre
unter Zugrundelegung der erzielten mäßigen Lokal⸗
preiſe von 2 7 Frs. je fm auf jährlich rd. 346 000 Srs.,
für das letzte Jahrfünft 1904 8 auf rd. 550 000 Frs.
Bei Einſtellung der wirklichen Handelsholzpreiſe
(von etwa 20 frs. je fm Nutz⸗ und 15 Frs. je fm
Brennholz) erhöht ſich dieſer Wert auf faſt das Vier⸗
fache des obigen Betrages.
Bezüglich der Aufbereitung des Holzes
iſt zu bemerken, daß das Brennholz im Allgemeinen
nicht in Raummaßen aufgeſetzt, ſondern nach Gewicht
verkauft wird. Das Reiſig wird in Wellen zuſammen⸗
gebunden.
Wenn es auch in den meiſten Fällen ſchon wegen
des Mangels an genügender dauernder Beſchäftigung
an einem geübten ſtändigen Holzhauer- und Wald:
arbeiterperſonal fehlt, ſo, würde es doch nicht ſchwer
halten, die Technik des Holzeinſchlages befriedigend zu
geſtalten, wenn es gelänge, den Arbeitern einen vor-
teilhaften Erwerb durch die Forſtarbeit zu gewähren. An
Gewandtheit und Geſchick fehlt es ihnen wahrlich nicht.
Als ich vor nunmehr 36 Jahren nach dem Kav:
kaſus ging, um dort eine Waldausnutzung unter {dwt
rigen Gebirgsverhältniſſen zu organiſieren, holte il
mir auf der Durchreiſe in Wien bei dem damals u
ſolchen Dingen wohl erfahrenſten forſtlichen Praktiker,
dem Freiherrn W. v. Berg, Rat, wo ich die brauch
barſten Arbeiter für meine Zwecke, namentlich €:
richtung von Holzbringungsanſtalten, Triftbetried
Köhlerei uſw. finden und gewinnen könnte. J.
Deutſchland hatte man mir den Schwarzwald al
Quelle für die tüchtigſten Holzhauer genannt. Hen
v. Berg riet mir jedoch dringend von dieſen Landi:
leuten, welche nur in ihrer Heimat am Platze feien
ab und bezeichnete mir als die gewandteſten und brauch
barſten Arbeiter die Italiener aus den Grenzbezirken,
namentlich in Kärnthen. Ich habe dann auch in
Pontafel mit ſolchen Leuten verhandelt und die Ueber⸗
zeugung gewonnen, daß fie den ſchwierigſten Verhälk
niſſen auch im fernſten Ausland gewachſen war
Beſondere Umſtände verhinderten ſpäter leider die prot:
tiſche Ausführung des Plans und Anwerbung der Ir
beiter. Aehnlich iſt es mit den Teſſinern und an:
grenzenden Italienern, welche nicht umſonſt burd
Jahrhunderte hindurch der Welt die geſchickteſten Rünk
ler und Handwerker geliefert haben. Wo es tm zeit!
an Einheimiſchen fehlt, ftellen die benachbarten italie:
niſchen Provinzen, beſonders das Bergamasker Land,
genügend tüchtige, geſchickte und kräftige Arbeiter, welche
geradezu als Spezialiſten für Holzhieb und Holztrans⸗
port gelten können.
Wo in früheren Zeiten die meiſt aus dem Ba
Pontirone ſtammenden „borradori“ („Flößer“) ihre
Triftkanäle zimmerten und mit Schnee- und Bel
riefen (,strusoni*) das Holz talabwärts ſchafften, wa
35
naturgemäß nicht ohne ſchwere Beſchädigung von Bo⸗ | (mirtilli), hat in den letzten Jahren einen ziemlichen
den und Beſtand abging, werden heute kunſtvolle und
dabei doch unendlich einfache Drahtſeil-Rieſen
gebaut, die wohl kaum irgendwo ſo verbreitet und ſo
vielfach benutzt find, wie im Teſſin. In allen Tälern |
wirklich gefährlichen Feinde des Teſſiner Waldes der
ſieht man die Drähte von den Wald: oder Gras:
regionen der Berge mehr oder minder ſteil abwärts
an geeignete Stellen der großen Straßen oder nach
den Ortſchaften führen. Auf den ſtärkeren aus Draht⸗
ſeilen mit Bremsvorrichtung beſtehenden werden die
ſchwereren Hölzer, namentlich Sägeklötze, bis 1,5 fm
bezw. 1200 kg Gewicht; auf den ſchwächeren, 8 bis
12 mm ſtarken einfachen Drähten, die Reiſigbündel,
Heu und dergl. leichtere Laſten befördert.
Nach Merz waren ſchon vor 12 Jahren 20 große
und ca. 130 kleinere Drahtrieſen im Betriebe, deren An⸗
lagekoſten ſich für den laufenden Meter auf je 4—5 Frs.
bew 50—60 Cent. ſtellten. In einer Statiſtik vom
Jahre 1910 werden ſchon 475 Leitungen, (darunter
21 größere mit Bremſe) mit einer Geſamtlänge von
435 740 m aufgeführt, welche ſich auf 454 Eigentümer
verteilten und 364 399 Frs. gekoſtet hatten. Wie ſich
gegenwärtig die Anzahl dieſer genialen Transportan⸗
ſtalten ſtellt, vermag ich nicht zu ſagen. Wahrſchein⸗
lich haben ſie ſich noch vermehrt. Im Jahre 1913
iſt übrigens ein beſonderes Geſetz über dieſen Gegen:
tand erlaſſen, welches alle Rechtsfragen bei der An:
bringung und Benutzung der Drahtſeilrieſen ordnet.!)
Neben dem Holz ſpielen die Forſtnebenpro⸗
dukte heute nur eine geringe Rolle. Lediglich die
Holzverkohlung kann noch auf eine gewiſſe Be⸗
deutung Anſpruch machen. In manchen Tälern ſieht
man Sommer und Winter den Rauch der Meiler auf
ſteigen. Immerhin iſt die heutige Köhlerei gegenüber
früheren Zeiten, wo jährlich 50 — 60 Tauſend Meter:
zentner Kohlen allein nach der Lombardei ausgeführt
wurden, gering.
Holzaſche (zur Kaligewinnung), Harz und
Terpentin, welche früher ebenfalls in erheblicher
Menge ausgeführt wurden, kommen heute wohl kaum
noch in den Handel, ebenſo iſt die faſt ganz abgekom⸗
mene, einſt ziemlich erhebliche Lohrindengewinnung erſt
in der allerletzten Zeit in Folge des Krieges wieder
aufgelebt.
Eine Waldnebennutzung, deren Wert bis vor Kur—
zem faſt unbekannt war, das Sammeln und Verkau—
ſen von Waldbeeren, namentlich Heidelbeeren
) Für Intereſſenten möchte ich noch eine größere Rieſe
don 820 m Länge bei 450 m Höhendifferenz und 80 % Ges
fall erwähnen, welche 1895 mit einem Koſtenaufwande von
cw. 10000 Frs. über die Via Mala bei Rongellen erbaut
Yes Hier wurde das Tragfeil 28 mm, das Retourſeil
. und das Bremsſeil 12 mm ſtark genommen. Das
gſeil ſoll, um die Abnutzung durch Scheuern zu vermin—
ern, nicht geflochten ſein, ſondern aus nebeneinander lie—
genden Drähten beſtehen.
Umfang, namentlich im Südteil des Kantons mit ſei⸗
| nen Kurorten und Fremdenkolonien, gewonnen.
Ueber den Forſtſchuttz ift nicht viel zu fagen.
Wie ſchon früher hervorgehoben, ſind die einzigen
[Menſch und die Ziege.
Von ſchädlichen Naturereigniſſen richten
mitunter Lawinen und Wolkenbrüche (wie am 8. bis
9. Oktober 1913) große Verheerungen an, während
Windbruch ſeltener ſich bemerkbar macht. Schnee⸗
druck und Bruch ſchädigt zuweilen beſonders die jünge⸗
ren Nadelholzbeſtände in erheblichem Maße. Von
Waldverderbern aus dem Reiche der Inſekten iſt
eigentlich nur Cnethocampa pityocampa, der Pinien-
proceſſionsſpinner !), Tinea laricinella und allenfalls
noch Tortrix pinicolana zu nennen. Auch der Mai-
fajer ift ein ftändiger, aber bisher nicht gerade ge-
fährlicher Gaſt in den Pflanzgärten und Schwemm⸗
landwäldern.
Um die Menſchen in ihrer Waldfeindſchaft und
Zerſtörungsſucht zu zügeln, ſind die gegenwärtigen
Forſtgeſetze völlig genügend und geeignet. Auf Grund
des Bundesforſtgeſetzes von 1902 iſt durch das Kan⸗
tonsforſtgeſetz vom 26. Juni 1912 nunmehr auch für
den Kanton Teſſin alles Notwendige angeordnet wor⸗
den, um den Wald zu ſchützen, zu verbeſſern und, wo
es angängig und erforderlich, zu vermehren.
Der Artikel 1 des Geſetzes lautet:
„Der Staat (Kanton Teſſin) übt die Aufſicht über
die Waldungen in den Grenzen des Bundesgeſetzes
aus und beſchützt im öffentlichen Intereſſe die Erhal⸗
tung und Vermehrung der öffentlichen und privaten
Forſtflächen.“
18 weitere Artikel handeln dann von der Organi⸗
ſation der Forſtverwaltung und dem Forſtperſonal.
Art. 22 enthält die wichtige Beſtimmung, daß die
Forſtfläche des Kantons nicht verringert
werden darf. Jede Rodung im Schutzwaldgebiete
bedarf der Bundes-, im übrigen Walde der Kantons:
genehmigung.
Ferner wird beſtimmt, daß alle durch Hieb oder
ſonſtige Ereigniſſe (Feuer, Wind, Lawinen) geſchaffenen
Kahlflächen binnen 3 Jahren wieder aufgeforſtet wer:
den müſſen; daß Korporationsforſten ohne beſondere
Staatsgenehmigung nicht veräußert und nach geneh—
migten Betriebsplänen bewirtſchaftet werden ſollen.
Sehr wichtig iſt Art. 28, in welchem die verhäng—
nisvolle Teilung ders Patriziatsforſten zu Eigentum
oder zur Nutznießung verboten und die Wiederauf—
hebung der jhon bewirkten Teilung den Patriziats—
1) Dieſer ſüdliche Vertreter unſeres Kiefernproceſſions—
ſpinners (pinivore) befällt auch gern die im Teſſin ſonſt
vorzüglich gedeihenden Cedern, beſ. Deodara.
6*
36
behörden anheimgeſtellt wird. Weitere Teilung ſchon und Uebertretungen zur Anzeige gebracht worden, mi
beſtehender Parzellen ift auf alle Fälle unterſagt; daz hin jährlich im Durchſchnitt 176 Fälle; während i
den 4 Jahren vorher nur 120 Fälle je Jahr ve:
kamen. Die feſtgeſetzten Geldbußen und Strafen hate:
gegen ſoll möglichſte Zuſammenlegung kleiner Wal⸗
dungen zu gemeinſamen Wirtſchaftskomplexen ange⸗ |
ſtrebt werden. faſt 8000 Frs. betragen. Selbſtredend hat im letzte
Alle Hiebe, welche nicht auf Grund eines beſtimmten Jahre auch auf dieſem Gebiete der Kriegszuſtand nad:
Betriebsplanes erfolgen, bedürfen der vorherigen Ge- teilig eingewirkt, namentlich dadurch, daß viele Lokal
nehmigung der Forſtbehörde, welche berechtigt ift, eine forſtbeamten zum Militärdienſt einberufen wurden un
Kaution für die vorgeſchriebene Wiederkultur uſw. zu die Aufſicht nicht mehr fo jorgfältig ausgeübt werk:
fordern.
Die Nebennutzungen, namentlich Weide und Streu⸗
entnahme, ſollen, wenigſtens in den Korporationswal⸗
dungen, möglichſt ſtreng begrenzt und auf den dringen⸗
den Bedarf beſchraͤnkt werden und jedenfalls nur nach
beſtimmten feſtgeſetzten Regeln erfolgen.
Servituten und Berechtigungen ſind zunächſt genau
feſtzuſtellen und dann möglichſt bald, im allgemeinen
nur durch Geldabfindung, abzulöſen.
können in Korporationsforſten nicht mehr begründet
werden.
Im Fall von Waldbränden find die Ortsbehörden
zum ſofortigen Einſchreiten verpflichtet und für allen
durch ihre Verſaͤumnis entſtehenden Schaden verant-
wortlich. Die Brandflächen müſſen nach den Anord-
nungen des Kreisforſtinſpektors behandelt und zunächſt
von der Weide ausgeſchloſſen werden. Im Fall ſchuld⸗
hafter Brandſtiftung kann die ganze Waldzone be-
ſtimmte Zeit für Weide geſperrt, geeignetenfalls auch
auf Koſten des Eigentümers wieder aufgeforſtet werden.
Wo es zur Erhaltung von Quellen und zur Ab:
wendung von Gefahren durch Waſſer, Lawinen uſw.
erforderlich ſcheint, kann die Aufforſtung beſtimmter
Flächen gefordert und entweder auf Koſten des Eigen⸗
tümers, oder aber des Kantons mit Enteignung durd:
geführt werden. Im erſteren Fall werden erhebliche
Unterſtützungen (bis 50 % der Koſten) gewährt.
Ueber die ſehr wichtige Beziehung der Weide zur
Forſtkultur iſt in Art. 56 geſagt, daß möglichſt eine
Verbindung und Verſöhnung der beiden (ſich leider
meiſt nur zu feindlich gegenüber ſtehenden) Intereſſen
angeſtrebt werden ſoll. Wo es nötig erſcheint, die
Waldfläche auf Koſten der Weide auszudehnen, ſollen
die bleibenden Weiden tunlichſt verbeſſert werden.
Neue Kulturen und Verjüngungen dürfen nicht
eher wieder beweidet werden, bis ſie dem Zahn des
Weideviehs völlig entwachſen ſind.
Die Strafbeſtimmungen (Art. 59 —64) find
ziemlich ſtreng. So werden z. B. Zuwiderhandlungen
gegen die Betriebspläne oder Hiebsbewilligungen mit
50—300 Frs. geahndet. Weideübertretungen koſten
je Fall und Kopf (des Viehs) mindeſtens 2 Frs.; in
Schonungen und Kulturen aber mindeſtens 10 Frs.
Seit dem Inkrafltreten des Geſetzes ſind in den
3 Jahren 1912 14: 528 Fälle von Forſtvergehen
Neue Laften |
konnte. Von den verhängten Geldbußen erhält de
Anzeigende (auch der Beamte) einen gewiſſen Teil.
Waldbrände fptelen leider noch immer ar:
bedeutende und unheilvolle Rolle.
Aus dem Jahre 1912 werden 15 größere Brant:
gemeldet, welche auf 276 ha den Holzwuchs verné
teten. Schlimme Waldbrandjahre waren 1893 mi
418 ha und 1899 mit 730 ha Brandfläche, w.
ſchlimmer noch 1907, wo 2300 ha abgefengt wurden.
Beſonders berüchtigt ift in dieſer Hinficht die Im:
gegend von Locarno. Wohl kein Herbſt⸗ und Frit:
| lingsgaſt verläßt diefe ſonſt fo großartige und dab
liebliche Landſchaft, ohne das eigenſchöne Schauſpie
eines abendlichen oder nächtlichen Waldbrandes an der
Berghängen zwiſchen Verzascatal und Briſſago erlt
zu haben. Nächſt Locarno ift dann das Sottocencr
und zwar fein weſtlicher Teil, der ſogen. Malkanton
am häufigſten der Schauplatz von Waldbränden. Ab
geſehen von ganz vereinzelten Fällen, wo die Brände
gelegentlichem Leichtſinn und perſönlicher Unvorfidti:
keit ihre Entſtehung verdanken, werden dieſelben tet
abſichtlich angelegt. Es ift gewiſſermaßen noch en
Reſt uralter Brandkultur, welche bezweckt, dur
Vertilgung der Buſch-, Ginſter⸗, Heide⸗ und Borſtgras
vegetation und durch Düngung des Bodens mit del
Aſche der verbrannten Bodendecke eine neue Frucht
barere Grasnarbe für Weidezwecke zu gewinnen. Aud
im weſtlichen Deutſchland finden fih ja noch Spuren
ähnlicher Wirtſchaftsart in den Brandhainen u. bergl
einzelner Gebirgsgegenden. è
Man könnte für ganz beftimmte, ſtreng abgegrenzt
Oertlichkeiten unter Umftänden das Abbrennen de
Bodenüberzugs vielleicht geftatten, wenn nicht ſtetz bas
Feuer auch dort angelegt würde und vor allem dahin
übergriffe, wo es nicht nur die läſtige Unkraut un
Buſchvegetation, ſondern auch hoffnungs⸗ und wet
vollen Waldbeſtand zerſtört. Zudem hält die el
ſtrebte Verbeſſerung der Grasnarbe ſtets nur kurz
Zeit vor. Nach wenigen Jahren herrſcht wieder Ginffer.
Heidekraut und Borſtengras wie früher.
Faft immer ſind es trockene Südhänge, welch
gebrannt werden. 10
In den Rechenſchaftsberichten der Forſtbehörde et
bitter darüber geklagt, daß es nur felten gelingt
ſchuldigen Urheber der Waldbrände zu ermitteln un
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ur Verantwortung zu ziehen. Die Teſſiner Forſt⸗ wollen, bleibt nichts anderes übrig als die Intereſſen
rite können fidh hierin mit“ ihren deutſchen Kollegen
röſten, denen es auch nicht beſſer geht. Im übrigen
ſt begründete Hoffnung, daß mit der im Gange be-
indlichen Vermehrung des Forſtperſonals, namentlich
Unſtellung gewiſſenhafter und unabhängiger Wald-
värter, auch dies Uebel erfolgreicher bekämpft werden
vird. Sehr wirkſam würde ja die im Geſetz vorge⸗
ehene, in Wirklichkeit bis jetzt nur zaghaft angewen⸗
rete Maßregel fein, daß im Falle eines böswilligen
Waldbrandes die Waldweide in der ganzen betroffenen
Zone für längere Zeit verboten würde.
Ueber den Schaden, welcher durch rückſichtsloſes
Streurechen in den Laubholzbeſtänden angerichtet
vird, hört man von forſtlicher Seite oft lebhafte
Rlagen.
Ich folte jedoch meinen, daß, abgefehen von den
immerhin ſeltenen Buchenverjüngungen, dieſer Schaden
ſich wohl ertragen oder doch genügend eindämmen
ließe, zumal wenn der ſtreubedürftigen Bevölkerung
Farrenkraut, Heide und ähnliches Material zur Ber:
fügung geſtellt werden kann.
Der größte und ſchlimmſte Waldfeind nächſt dem
Menſchen iſt und bleibt nun einmal die Ziege. Die
im Umherziehen betriebene Ziegenweide iſt die große
Klippe, an welcher alle Forſtkultur wie in ſüdlichen
Bergländern überhaupt, ſo ganz beſonders im Teſſin,
ſcheitert oder wenigſtens zu ſcheitern droht.
Die Verſöhnung von Waldwirtſchaft und Weide⸗
betrieb iſt wohl zur Zeit das größte wirtſchaftliche
Problein für den Kanton, welches ſich vom einſeitigen
forſtlichen Geſichtspunkte allein niemals wird löſen laſſen.
= „Primum vivere, deinde philosophari (i. e.
forestam facere)!“ Wenn man Einwohner haben
und behalten will, muß man ihnen auch die Möglich⸗
keit geben, zu leben. Wohl möchte es für manche Ge⸗
birgsgegenden, — rein theoretiſch und abſolut betrachtet
— das wirtſchaftlich Beſte ſein, wenn alles Gelände
mit Ausnahme der wirklich guten Wieſen, Aecker und
der Alpweiden über der Baumregion zu dichtem Wirt⸗
ſchaftswald umgewandelt und als ſolcher rationell be⸗
wirtſchaftet würde.
Vielleicht wird dieſer Entwicklungsgang ſich all⸗
mählich in fernerer Zukunft ſtellenweiſe vollziehen, zu⸗
mal wenn die Holzzucht und Waldwirtſchaft ihre Renta⸗
bilität in bisheriger Weiſe weiter ſteigert. Einſtweilen
hat man aber noch mit den beſtehenden Bevölkerungs—
und Kulturverhältniſſen zu rechnen. i
Für diejenigen, welche die jetzt ſchon ſpärliche Be⸗
völferung!) den Bergen und damit dem Lande erhalten
Nach der letzten Feſtſtellung beträgt die Einwohnerzahl
Teſſin nur 161000; mithin je (km 57. In den letzten
n Jahren hat fie nur um rd. 30 000, alfo 23 % auge-
en.
des
50 —
nom
derſelben mit denen der Geſamtheit, im Beſonderen
der Tallandſchaften, in Einklang zu bringen und nicht
ſchlechthin Meliorationen zu planen und durchzuführen,
welche an ſich zwar notwendig und nützlich ſind, von
den Bergbewohnern aber zunächſt "nur Opfer ver-
langen, ohne ihnen einen ſichtbaren und direkten Vor⸗
| teil zu gewähren. Hierzu gehören aber Aufforſtungen,
Schaffung von Schutzwald⸗ und Schonungsdiſtrikten,
ja ſelbſt Schutzbauten gegen Hochwaſſer und Lawinen,
welche zunächſt dem Anwohner nur Zwang und Be⸗
ſchränkung, weniger in ſeinem eigenen, als im allge⸗
meinen Intereſſe, auferlegen. Freunde und Kenner
des Landes und beſonders der Berggegenden haben
deshalb in letzter Zeit im Bundesrat ihre Stimme er⸗
hoben und auf die Gefahren und Unbilligfeiten auf⸗
merkſam gemacht, welche durch eine einſeitige Anwen⸗
dung des Forſtgeſetzes und Bevorzugung der for ft-
lichen Geſichtspunkte leicht entſtehen könnten. Sie
halten es namentlich für bedenklich, daß beim Bunde
Forſt-, Waſſer⸗ und Weideangelegenheiten von 3 ver:
'ſchiedenen Reſſorts abhängen und bearbeitet werden,
und möchten dieſe ganze, für das Gebirge eine Lebens⸗
frage bildende Angelegenheit in den Händen einer
Behörde wiſſen, welche dann alle Intereſſen gleich⸗
mäßig wahrnehmen und berückſichtigen könnte.
Es wird auf das Beiſpiel des benachbarten Italien
hingewieſen, wo durch den gerade als Kenner des
Landes und beſonders der Berggegenden, hervorragenden
Staatsmann Giolitti in neuſter Zeit mehrere wichtige
Geſetze geſchaffen ſind, die den uralten und immer
bitterer werdenden Konflikt zwiſchen Wald und Weide
ordnen und löſen ſollen. Zunächſt iſt hier im Jahre
1910 die Forſtverwaltung in eine Geſamtver⸗
waltung der Wälder, Wieſen. Weiden,
und des Waſſers verwandelt worden. — Nach
demſelben Geſetz werden alle aufgeforſteten Flaͤchen, bei
Niederwald 15, bei Hochwald 40 Jahre, von jeder
Steuer und Abgabe befreit und auch Privaten die
Dienſtleiſtungen der Staatsforſtbeamten unentgeltlich
zur Verfügung geſtellt.
Flächen, auf denen die Weide im öffentlichen In⸗
tereſſe ruhen muß, erhalten einen bedeutenden Nach⸗
laß der Abgaben. Zur Begünſtigung kleiner Wald⸗
induſtriebetriebe werden den Unternehmern bis 15
Pferdekräfte an Waſſerkraft unentgeltlich geliefert.
Durch ein weiteres Geſetz von 1912 wurde für Auf⸗
hebung oder Beſchränkung der Weide in den durch
Aufforſtung oder Waſſerbauten in Schonung gelegten
Bezirken eine direkte Entſchädigung gewährt, was in
den Schweizer Geſetzen bis jetzt nicht vorgeſehen iſt.
Neuerdings hat man fogar in Italien durch Ge:
ſetz einen großen umfaſſenden Plan feſtgelegt, wonach
die umfangreichen Flächen, welche weder eigentlicher
1
88
Wald, noch brauchbare Weiden ſind, bis zu 10 Jahren ihre Alpweiden ſogut wie nichts tun, während die
in Schonung (riserva) gelegt und auf Staatskoſten nahe den Dörfern belegenen Wieſen leidlich gepflegt
zur Wiederherſtellung ihrer urſprünglichen Benützung werden!).
verbeſſert werden ſollen, wobei die Eigentümer noch Bettelini erwähnt und empfiehlt den ſchon wieder⸗
für die Zeit der Schonung die vordem von ihnen er⸗ holt gemachten Vorſchlag, die Alpweiden, ſoweit ſie
zielte Rente als Entſchädigung erhalten. noch in der Baumregion liegen, mit hochſtämmigen
Alle diefe zweifellos weitblickenden und weitherzigen | Schattenhäumen, namentlich Bergahorn, ) in ge
Maßnahmen des Nachbarlandes werden nun der nügend weitem Abſtande (15 20 m) zu bepflanzen.
Schweiz und beſonders dem Teſſin als nachahmens: Man will die Erfahrung gemacht haben, daß durch
wertes Muſter hingeſtellt. eine ſolche ſchwache und milde Beſchattung namentlich
Nun wird zunächſt der Kenner von Land und an trocknen beſonnten Hängen der Graswuchs erheblich
Leuten in Italien, welcher die materiellen und mora- geſteigert und verbeſſert wird.
liſchen Kräfte dieſes Landes richtig einzuſchätzen ver⸗ Ganz beſonders würde ſich auch die Lärche als
mag, bei aller Anerkennung der guten Abſichten dieſer Baum der Weiden eignen, wenn nicht das Setzen und
Geſetze billig bezweifeln können, ob ihre Durchfüh⸗ Schützen genügend ſtarker Pflanzen große techniſche
rung wirklich den daran geknüpften Erwartungen Schwierigkeiten böte.
entſprechen wird. Jedenfalls aber wird man grund— Durch dieſe Schaffung von Hutebeſtänden. wie ſie
ſätzlich billigen und anerkennen müſſen, daß die boden⸗ | in den unteren Regionen der Kaſtanienſelven {don
wietſchaftliche Melioration der Gebirgsgegenden einer vielfach vorhanden find, würde beiden Intereſſen, der
Behörde übertragen und daß für jedes Opfer und | Holzzucht, wie der Weide, beſtens gedient, und kann
jede Nutzungsbeſchränkung den Bewohnern ihre Anlage nur dringend angeraten werden.
auch eine Entſchädigung gewährt wird. Es muß Daß im übrigen durch eigene Einſicht und Selbſt⸗
erſtrebt und erreicht werden, daß das Volk Einſicht zucht alles Wünſchenswerte erreicht werden kann, zeigen
und Intereſſe für alle Arbeiten und Verbeſſerungen | einzelne Gemeinden, von denen ich namentlich Cornone:
in ſeinem Bereich gewinnt und ihnen mit freundlichem Dalpe oberhalb Faido lobend hervorheben möchte. Hier
Auge und helfender, ſchützender Hand zur Seite ſteht. | ift die Ziegen⸗ und Schafweide völlig abgeſchafft und
Daß alle Meliorationsarbeiten nach einem großen die Kuhweide ſtreng geregelt, ſo daß jede berechtigte
forgfaltig erwogenen Plane vorgenommen werden, Familie nur eine genau begrenzte Anzahl Vieh aus:
iff ferner ein durchaus berechtigter Wunſch. Bettelini treiben darf. Während die Hauptherde den Sommer
verweiſt in dieſer Hinſicht mit Recht auf das Beiſpiel über auf den höheren Alpweiden ſich befindet, wird
Frankreichs, wo alle zu Wald oder Weide beſtimmten in der Nähe des Dorfes nur eine beſchränkte Zahl
und tauglichen Flächen im Maßſtabe von 1: 25000 Milchkühe (die ſogen. „Heimkühe“) für den häuslichen
genau aufgenommen und örtlich feſtgelegt ſind. Un⸗ | Bedarf an Milch uſw. geweidet. Die ſorgfältig ge:
bedingt kann und muß aber auch von Seiten der | pflegten Wieſen dürfen überhaupt von Weidevieh nie⸗
Herdenbeſitzer und Eigentümer von Wieſen und Wei: mals betreten werden. Dafür ift denn auch der Dalper
den noch viel geſchehen, um dieſe Flächen zu verbeſſern | Wald muſterhaft geſchloſſen und liefert neben dem
und ihre Erträge zu erhöhen. nötigen Bau- und Brennholz für die Bürger ſoviel
Das treffliche Organ der Teſſiner Landwirtſchaft⸗ Reinertrag, daß alle Gemeindeanſtalten wie Schule,
lichen Geſellſchaft, der Agricoltore Ticinese, enthält Kirche, Wege ufm: davon gut unterhalten werden
faſt in jeder Nummer dringende Mahnungen zur Ver- können. |
beſſerung der Alpweiden und ⸗Wieſen. Seitdem Kali: Im letzten Sommer wurde durch den beſten Teil
dünger, Thomasmehl und Phosphate auch in den ent⸗ des Waldes eine Kunſtſtraße gebaut, deren often
legendſten Tälern unſchwer zu beſchaffen find, empfiehlt | allein auf 30000 Frs. veranſchlagt waren?!
es ſich durchaus, dieſe gehaltreichen, leicht zu trans⸗ Dalpe gehört auch zu den bis jetzt leider nicht
portierenden Düngemittel auch für die Alpweiden zu Zahlreichen Gemeinden, welche ſchon längſt einen vor
verwenden, um eine beffere, nährſtoffreichere Grasnarbe ſchriftsmäßigen Betriebsplan für ihren Wald haben
zu erzielen. Auch der bei den Ställen und Käſereien aufſtellen laffen und beobachten. (Schluß folgt
in ſchädlichem Uebermaß abgelagerte Viehdung müßte) x a a le 7 1
weiter verbreitet und nutzbar gemacht werden. Vor⸗ | Be 155 Tüngen aa Bewäſſſern aus der sterilen
hergehen müßte in allen Fällen eine Saͤuberung und | Narduswieſe bald eine fruchtbare Fettweide geſchaffen werden
Einebnung der Weideflächen, ſoweit diefe möglich und könne; 1 N , tau
nützlich iſt. Man kann manchen Teſſiner Bergge⸗ ~ bom HV•HH»P E 15
meinden den Vorwurf nicht erſparen, daß ſie für ſchiefergeſteine entſprechend gedeiht. .
as. — —
89
Literariſ che | Berichte.
Neues aus dem Buchhandel.
|
Ein zeitgemäßes Büchlein! Zeitgemäß aus dem
Behm, Geh. Reg.⸗ u. Forſtr. B.: Anleitung zur Buch⸗ u. Grunde, weil es in der jetzigen Kriegszeit unſer Be-
Rechnungsführung f. Privatforſtreviere. 2., umgearb. Aufl.
(152 S.) Xer.-8°. geb. in Halbleinw. M. 6.50. J. Neu-
mann in Neudamm.
Förſter⸗Jahrbuch, Preußiſches, f. 1915. Ein Ratgeber f. die
preuß. Kron- u. Staats⸗Forſtbeamten. 6. Bd. Hrsg. zum
Tl. nach amtl. Quellen v. der Geſchäftsſtelle der deutſchen
Forſt⸗Zeitg. (XXXVI, 212 S.) Ler.-8% M. 3.—. J.
Neumann in Neudamm.
Förster-Kalender f. d. Scbaltj. 1916. 26. Jg. Hrsg. v.
Forstr. i. R. August Leuthner. (V, 268 S.) 16. Lwbd.
M. 3.—; Ldrbd. M. 4.50. Joh. Leon sen. in Klagenfurt.
Forst- u. Jagdkalender d. kärntner Forstvereins für das
Schaltj. 1916. 37. Jg. Hrsg. vom kärntner Forstverein,
(259 u. 50 S.) kl. 5%. Lwbd. M. 4.—. Joh. Leon sen. in
Klagenfurt.
Toritlalender, Deutſcher, des deutſchen Forſtvereins f. Böh⸗
men. 1916. 9. Jahrg. Bearb. v. Forſtſch.⸗Dir. Forſt⸗
wirt Bez.⸗Forſttechn. Ziv.⸗Geometer Dr. Rich. Grieb. (152
u. Beilage 48 S.) kl. 8%. in Leinw.⸗Taſche u. geh. 2.40.
3. Kobrtſch & Gſchihay in Eger.
Forſtkalender, Schweizeriſcher. Taſchenbuch f. Forſtweſen,
Holzgewerbe, Jagd u. Fiſcherei. 11. Jahrg. 1916. Hrsg.
v. Prof. Thdr. Felber. (IV, 252 S. u. Schreibkalender.)
kl. 8. geb. in Leinw. 2. —. Huber & Co., Verlagskonto
in Frauenfeld.
Leitfaden f. die volkswirtſchaftliche Würdigung des Weid⸗
werkes in den Schulen. Für die Mittelſchulen, landwirt-
ſchaftl. u. forſtl. Fachſchulen. Verf. im Auftrage der
„Freien Vereinigg. zum Schutze des Weidwerkes“ in Wien.
(V. 102 S.) gr. 8°. 1.70. Alfred Hölder in Wien.
l'ressler, weil. Geh. Hofr. Forstakad.-Prof. Dr. M. R.: Forst-
liche Kubierungstafeln. Im Auftrage des königl. sachs.
Finanzministeriums bearb. 16. verm. Aufl., hrsg. v. Geh.
Ob.-Forstr. Ob.-Forstmstr. [fr. Forstakad.-Dir.] Dr. Max
Neumeister. (VIII, 134 S.) 25%x14,5 cm. geb. in Halb-
linw. 5.—. Moritz Perles, k. u. k. Hof- Buchhändler,
Verlags-Konto, in Wien.
Romstorfer, Karl A., Archit. Reg.-R.: Der land- u forst-
wirtschaftl. Bau in Anlage u. Ausführg. unter Berücksicht,
d. örtl. Bauweisen. Hrsg. m. Unterstützg. d. k. k. Acker-
bauministerums. Mit 1030 Abb. (VIII, 496 S.) Lex. -8e.
Lwbd. 17.—. Franz Deuticke Verlag in Wien.
Weidmannsheil! Forſt⸗ u. Jagdkalender f. d. J. 1916.
11. Jahrg. (XII, 127 u. 32 S.) kl. 8. geb. in Leinw.
M. 1.50. Carl Kochs Verlagsbuchh. in Nürnberg.
Praktiſcher Pilzſammler. Illuſtriertes Taſchen⸗
Beſtimmungsbuch zum Beſtimmen aller in unſerer
Heimat wachſenden eßbaren und giftigen Pilze auf
Grund ihrer wiſſenſchaſtlichen Syſtematik mit An:
leitung zur Behandlung der Pilze in der Praxis
und Küche. Mit 162 farbigen und 20 ſchwarzen
Abbildungen auf 48 Tafeln. Verfaßt von Prof.
Dr. Johann Madu und Al. Kaſpar. Ol
mütz 1915. Verlag von R. Promberger. Preis
3.80 K. bez. 3.20 Mk.
|
|
ftreben fein muß, alle uns von der Natur für Menſch
und Tier zur Verfügung geſtellten Nahrungsmit⸗
tel möglichſt auszunutzen, um unſere Nahrungs⸗
vorräte tunlichſt zu ergänzen und zu ſtrecken. Zwar
iſt es unſeren Feinden trotz wirtſchaftlicher Blockade
und trotz völkerrechtswidriger Behandlung der neu⸗
tralen, mit den Zentralmachten im Handelsverkehr
ſtehenden Staaten nicht gelungen, uns auszuhungern,
wohl aber ſind manche Nahrungsmittel knapp ge⸗
worden, und auf dem ganzen Nahrungsmittelmarkte
macht ſich Teuerung in unliebſamſter Weiſe bemerkbar.
Da gilt es denn, auch ſolche Nahrungsmittel ſtärker
heranzuziehen, die in normalen Zeiten aus mancherlei
Gründen zum großen Teile ungenutzt bleiben. Hier⸗
her gehören auch unſere eßbaren Pilze, deren Nähr⸗
wert beinahe jenem des Fleiſches gleichkommt, die aber
trotzdem viel zu wenig geſammelt und verwertet zu
werden pflegen. Dieſe Tatſache erklärt ſich wohl haupt⸗
ſächlich dadurch, daß Vergiftungen durch den Genuß
von Pilzen auch heute noch nicht gerade ſelten vor⸗
kommen.
Das vorliegende Büchlein will nun dazu beitragen,
dieſem Uebelſtande abzuhelfen; es will die Pilzkunde
mehr zum Gemeingut des Volkes machen und kann
daher als eine willkommene Bereicherung unſerer Pilz⸗
literatur angeſehen werden. Es zerfällt in zwei Haupt⸗
teile: den Text und den Bilderatlas. Erſterer um⸗
faßt 208 Seiten und gliedert ſich, abgeſehen von der
Einleitung, in folgende Abſchnitte:
Kurzgefaßte morphologiſche und biologiſche Ueber⸗
ſicht.
Tabellen zum Beſtimmen der Familien.
Tabellen zum Beſtimmen der Gattungen.
Tabellen zum Beſtimmen der Arten.
Anleitung zum Gebrauche vorliegender Beſtim⸗
mungstabellen.
Die Pilze in der Praxis und Küche.
Vergiftung durch Pilze und Hilfe bei Vergiftungen.
Naturgemäße Konſervierung der Pilze und die
Pilzſammlung.
Zum Schluſſe folgen noch verſchiedene alphabetiſche
Verzeichniſſe.
Die morphologiſche und biologiſche Ueberſicht be-
handelt, wie das ganze Büchlein, nur die ſogen. höheren
Pilze, die wegen ihrer großen, hutförmigen und flei-
ſchigen Fruchtkörper als „Hutpilze“ bezeichnet werden
und für den vorliegenden Zweck allein Intereſſe bieten.
Sie zerfallen in zwei große Klaſſen, die Bafidienpilze
(Basidiomycetes) und die Schlauchpilze (Ascomy-
cetes). Die niederen „Pilze, wie Schimmel⸗, Brand-
Roſtpilze uſw. ſind in dem Büchlein nicht behandelt.
In der nun folgenden Syſtematik nehmen die Ta:
Die Anleitung zum Gebrauche der Beſtimmungs⸗
tabellen wäre zweckmäßiger vor ftatt hinter die Ta:
bellen geſetzt worden. l
Die Schlußkapitel des Textes bilden eine wertvolle
bellen zum Beſtimmen der Pilze. den weitaus größten | Ergänzung des Inhalts hinſichtlich des Zweckes des
Raum ein. Sie, bilden den Beſtimmungsſchlüſſel, aber | Büchleins, der beſſeren und vollſtändigeren Ausnutzung
dieſer Schlüſſel iſt nicht in der ſonſt gebräuchlichen Art
der botaniſchen Schlüſſel ſtufenweiſe bis zu der zu be-
ſtimmenden Art zuſammengeſtellt, ſondern nach der
modernen franzöſiſchen dreireihigen Beſtimmungsweiſe,
wonach zuerſt die Familie, dann die Gattung und
ſchließlich die Art nach der Diagnoſe oder Beſchreibung
beſtimmt wird.
der Familien, Gattungen und Arten ſtellen lediglich
eine überfichtlihe Klaſſifikation der Pilze dar, aber
die Verfaſſer ſind der Anſicht, daß nur eine richtige
und überſichtliche Klaſſifikation den Schlüſſel zum Be⸗
ſtimmen der Pilze bilden könne, weil eine Reihe von
Merkmalen, die bei den Blütenpflanzen zur Beſtim⸗
mling dienen, wie Farbe, Geſchmack, Geruch, Stand⸗
ort uſw. gänzlich unbeſtändige und unverläßliche Er:
kennungszeichen ſeien, und weil es einzig und allein
auf Grund botaniſcher Merkmale und wiſſenſchaftlicher
Syſtematik möglich fei, eine ſichere Beſtimmung der
einzelnen Pilzarten vorzunehmen.
Ueber die Zweckmäßigkeit dieſer Beſtimmungsme⸗
thode gegenüber der auf dichotomer Grundlage aufge:
bauten läßt ſich ſtreiten. Und tatſaͤchlich haben die
Verfaſſer auch nicht ſtreng an ihrer Methode feſtge⸗
halten; ſie ſind bei verſchiedenen ſehr artenreichen Gat⸗
tungen davon abgewichen, indem fie beſondere Ueber:
ſichts⸗Tabellen beigegeben haben, die allerdings nicht
der endgültigen Beſtimmung dienen, immerhin das
Suchen in den Tabellen dieſer artenreichen Gattungen
erleichtern ſollen. Das bedeutet aber doch nichts an⸗
deres als eine Erleichterung der raſchen und ſicheren
Beſtimmung der Art.
Als „Familien“ find 9 praltiſche Gruppen ausge:
ſchieden, namlich: Blätter-, Röhren⸗, Keulen⸗, Stachel-,
gallertartige, knollenartige, beher- oder ſchalenartige,
morchelartige und verſchiedengeſtaltige Pilze. Den
größten Teil des Textes nehmen die Tabellen zum
Beſtimmen der 460 Arten ein. Neben einer Be⸗
ſchreibung der beſonderen äußeren Merkmale iſt die
Zeit des Erſcheinens der Fruchtkörper, ihr Geruch und
ihr Geſchmack ſowie der Standort angegeben. Bei
jeder Art ſindet ſich auch eine zuverläſſige Angabe über
die Güte der Pilze. Die ſicher eßbaren Arten
werden als „eßbar“ bezeichnet, Arten von beſonders
feinem Geſchmack durch die Worte „eßbar, von vor—
züglichem Geſchmacke“, giftige Arten durch „giftig“
und wertloſe holzige Arten oder ſolche von widerlichem
Geſchmacke durch „uneßbar“.
Die drei Tabellen zur Beſtimmung
der eßbaren Pilze zur menſchlichen Ernährung zu !
dienen. :
In vorzüglicher Weile ergänzt wird ſchließlich der
Text, ja die ſichere Beftimmnng der Arten wird erf
ermöglicht durch den beigegebenen Bilderatlas. Mit
Hilfe der auf 48 Tafeln gegebenen 182 Abbildungen
laͤßt ſich die Arbeit des Beſtimmens kontrollieren. 32
von den 48 Tafeln enthalten 162 farbige Abbildungen,
während die 20 übrigen ſchwarzen Bilder Reprodut:
tionen von Photographien find. Die Bilder, insbe
fondere die farbigen, find im großen ganzen in Be
ſtalt und Farbe gut gelungen.
Das leicht in der Taſche unterzubringende Büch⸗
lein kann Pilzſammlern warm empfohlen werden.
Zum Gebrauch für Schulen, Forſt- und Gemeinde:
kanzleien uſw. ſind die farbigen Bilder des Büchleins
auch in Form von „vier Wandtafeln der ef:
baren und giftigen Pilze“ erſchienen. Der
Preis für dieſe auf ſchwarzem Grund mit goldgelben
Aufſchriften und in der Größe von 65: 34 cm ber:
geſtellten Tafeln beträgt 6 K., eingerahmt unter Glas
18 K.
Ferner erſchienen die farbigen Bilder noch als vor⸗
zügliches Belehrungsmittel beſonders für Kinder in
Form von „32 Poſtkarten der eßbaren und
giftigen Pilze“ in einem Pappumſchlag zum
Preiſe von 3,80 K. Hierüber wurde bereits im Febr.
Heft 1914, S. 44 kurz berichtet. We.
Pilzkochbuch. 100 Rezepte zur Zubereitung von
Pilzen im Haushalte. Als Ergänzung zum „Prot:
tiſchen Pilzſammler“ verfaßt von Profeſſor Dr. Jo:
hann Madu. Olmütz 1915. Verlag von R. Prom:
berger. Preis 60 Heller bezw. 50 Pf.
Das Büchlein ſoll dem gleichen Zwecke dienen wie
das vorige. Während aber der „Praktiſche Pilzſamm⸗
ler“ hauptſächlich die Kenntnis der ungeheuren Mengen
von eßbaren und nahrhaften Pilzen, welche unſere
Wälder und Fluren hervorbringen, vermitteln fol,
behandelt das „Pilzkochbuch“ die praktiſche Seite der
Mykologie, die Kunſt, die Pilze in der Küche wohl:
ſchmeckend zuzubereiten.
Das Büchlein zerfällt in zwei Teile: Ein all:
gemeiner behandelt die gewöhnlichen Arten der
Konſervierung und Zubereitung von Pilzen, der be:
ſondere dagegen ift der ſpeziellen Verwertung em
zelner wertvoller Pilzgattungen, wie der Champions,
Steinpilze, Trüffeln, Morcheln, Gelblinge, Reizker,
Broͤtlinge u. a., gewidmet.
| Möchte das Büchlein und feine Rezepte von unferen
Hausfrauen fleißig benutzt werden, um den in den
Pilzen vorhandenen reichen Schatz an Eiweißſtoffen
der Menſchheit dienſtbar zu machen. We.
Bodenunterſuchungen über die Rotbuchen⸗
Streuverſuchs flächen im Forſtbezirk Phi-
lipp8burg in Baden. Von der Großherzogl.
Techn. Hochſchule „Frideriziana“ zu Karlsruhe ge⸗
nehmigte Diſſertation, von Forſtpraktikant Karl
Ganter. (Druck von Beyer u. Söhne in Langen⸗
jaha.) 1914.
Verf. bringt einleitend eine kurze Schilderung der
Entwicklung der Anſchauungen über die Wirkung bezw.
die Berechtigung der Streunutzung. Im allgemeinen
handelt es ſich um bekannte Dinge, das! ſtete Für
und Wider.
Durch die eigenen Unterſuchungen will Ganter
einen Beitrag zum Nachweis der Schädlichkeit der
Streunutzung liefern und befaßt ſich vor allem mit
der phyſikaliſchen Wirkung, wie fie in den betreffenden
Streuverſuchsflächen zum Ausdruck kommt.
Die Beſtockung beſteht aus 120j. aus Naturver⸗
jüngung hervorgegangenen Buchen III. u. IV. Boni⸗
tät. 4 Meter unter der Bodenoberfläche (Diluvium
der Rheinebene) ſteht das Grundwaſſer an.
Schon das Bodenprofil weiſt Unterſchiede je nach
der Streubehandlung auf. Der unberechte normale
Boden hat eine 5,7 em dicke Laub: und Moosdecke,
darunter findet ſich eine ca. 10 em mächtige Schicht
humoſen Sandes; letztere ift nur noch 5 7 cm, wo
alle fünf Jahre Streu gerecht wird, und 5 em, wo
dies alle Jahre geſchieht.
Die Unterſuchungen, durchgeführt mit den eben
zur Verfügung ſtehenden z. T. unzulänglichen Mitteln,
erſtreckten ſich auf die Beſtimmung von:
1. Waſſergehalt und Waſſerverdunſtung;
2. Korngröße und Porenvolumen;
3. Bodentemperaturen;
4. Humusgehalt;
5. Stickſtoffgehalt;
6. Nährſtoffgehalt;
7. Ertragsverhältniſſe.
Verfaſſer kommt zu folgenden Nefultaten und kann
damit zum großen Teil bereits Bekanntes beſtätigen.
1 Die größte Geſamtwaſſermenge und die
geringſte Verdunſtung beſitzt die niemals berechte
Fläche; einen mittleren Waſſergehalt bei größter Ber:
1916
41
a ͤe—ͤ— —— EEE a a — —
— e
dunſtung zeigt die alljährlich berechte Fläche. Die alle
5 Jahre berechte Fläche hatte die geringſte Boden⸗
feuchtigkeit und verdunſtete faſt ſo viel wie die nie
berechte Fläche. In einer Tiefe von 25—35 cm
konnte im alljährlich berechten Boden öfters ein höherer
Waſſergehalt nachgewieſen werden als im unberechten.
Dies erklärt ſich wohl ungezwungen aus der geringen
Stammzahl von 310 Stück gegenüber von 410 auf
der unberechten Fläche, die naturgemäß mehr ver⸗
dunſtet.
2. Die meiſten abſchlämmbaren Teile wurden
auf der alljährlich berechten Fläche nachgewieſen, die
geringſten auf der alle 5 Jahre berechten Flache. Ihr
ſehr nahe ſteht die niemals berechte Fläche.
Die abſchlämmbaren Teile betragen in Prozenten
Tiefe em
A. Allj berechte Fläche 5—15 10.4%
25 — 35 11.8 ,
60—70 7.6 „
B. Niemals berechte Flache 5—15 10.6 „
25 —35 6.8 „
60—70 7.6 „
d. h. die Laubſtreudecke des geſchonten Bodens ver⸗
hindert das Abſchlämmen der Feinerde. Im alljähr⸗
lich berechten Boden unterliegt dieſer durch die Um:
ſetzungsprodukte der torfigen Decke verſtärkter Ber-
witterung und gewinnt dadurch an feinerdigem Ma⸗
terial. a
3. Das größte Porenvolumen ergab die nie⸗
mals und die alle 5 Jahre berechte Fläche.
4. Die höchſte Temperatur weiſt die alljähr⸗
lich berechte, die niederſte die unberechte Fläche auf.
5. Den größten Humus- und
6. Stickſtoffgehalt zeigt die niemals berechte Fläche,
einen etwas geringeren die alle 5 Jahre berechte und
den kleinſten die alljährlich berechte Glade. Bezüglich
des Stickſtoffs hat bekanntlich Ramanns Unterſuchung
ſeinerzeit das Gegenteil ergeben. Den rel. hohen N-Ge:
halt der jährlich berechten Fläche führt Verf. auf
den höheren N-Gehalt der dieſen Boden bedeckenden
Mooſe zurück.
7. Von beſonderem Intereſſe iſt das Ergebnis der
Zuwachs unterſuchung. Die niemals berechte Fläche
hat die durchſchnittlich größte Höhen- und Durchmeſſer⸗
zunahme, ſowie den durchſchnittlich größten Kreis⸗
flächen- und Maſſenzuwachs; etwas abgeſchwächt äußern
ſich die betr. Zuwachsverhältniſſe der alle 5 Jahre be—
rechten Fläche, ausgenommen das durchſchnittliche Kreis-
flächenzuwachsprozent, das um 0,1% höher ift als
das der niemals berechten Fläche. Den geringſten Zu—
wachs an Höhe, Durchmeſſer, Kreisfläche und Maſſe
6
42
hat die alljährlich berechte Fläche, auch beginnt fid | Beſondere Anerkennung verdient der Bearbeiter de:
die Gipfeldürre bemerkbar zu machen. deutſchen Ausgabe dafür, daß es ihm gelungen if
Drei recht anſchauliche Aufnahmen aus den betr. die prägnante Ausdrucksweiſe des engliſchen Original:
Flächen vervollſtändigen die fleißige Arbeit. wiederzugeben.
H. Bauer. | Die Ausſtattung des Buches iſt des vorzügliche
Inhalts würdig.
#
8 | H. Bauer, München.
Boden und Pflanze von Edward J. Ruſſel, in
deutſcher Sprache herausgegeben und bearbeitet von
Hans Brehm, Chemiker an der pflanzenphyſio—
logiſchen Verſuchsanſtalt Dresden, gebunden. 8.50 M.
243 Seiten. Verlag von Th. Steinkopff, Dresden
und Leipzig 1914.
Der Verfaſſer des Buches iſt der Leiter der be—
Hermann Löns: Goldhals. Ein Tierbuch. Adol
Sponholtz Verlag, G. m. b. H., Hannover 1914,
geb. 1. ME.
Si Auswahlſammlung Lins ift jehr zu empfehlen.
Löns ut ein ganz hervorragender Tierfreund um
ühmten landw irtſchaftlichen Verſuchsſtation Rotham— Kenner. Außerordentlich charakleriſtiſch weiß er di
ſted (gegr. 1843) und es iſt verſtändlich, daß gerade einzelnen Tiere — Marder, Schnepfe, Wildkatze, Aa:
ihm zur Begründung mancher wiſſenſchaftlichen An: E Auerhahn, Dachs, Hiridh, Wildſau, Fuchs,
ſchauung Verſuchsreſultate zur Verfügung ſtehen, deren k Rabe — zu ſchildern. Einzelne Skizzen find vm
Gewichtigkeit mit der Dauer des Verſuchs zuſammen— hohem, poetiſchem Reiz. Andere zeigen einen geſunder
hängt. Humor. Das ſehr billige Bändchen des in feinem
Folgende Ueberſicht orientiert darüber, was in dem | 48. Lebensjahr auf dem Felde der Ehre gefallenen
Buche behandelt wird: Dichters verdient weiteſte Verbreitung, insbefondert
Kapitel J. Geſchichtliches und Einleitung, in den Kreiſen der heranwachſenden Jugend.
„ II. Die Bedürfniſſe der Pflanzen, B
„ III. Die Konſtitution des Bodens.
„ IV. Der Kohlenſtoff- und Stickſtoffkreislauf
im Boden,
„ V. Die biologiſchen Verhältniſſe im Boden,
„ VI. Der Boden in Beziehung zum Pflanzen—
wachstum,
„ VII. Die Bodenanalyſe und die Interpretie—
rung ihrer Ergebniſſe,
Anhang. Methoden der Bodenanalyfe.
Ausgewähltes Literaturverzeichnis, zugleich Autoren—
regiſter, Sachregiſter.
Die einzelnen Kapitel ſind nach Material und Dar—
ſtellung wohl das Beſte, was gegenwärtig zur Ver—
fügung ſteht. Die beigegebenen Tabellen ſind in ihrer
Knappheit und Auswahl muſtergiltig.
1.
Arthur Achleitner: Im grünen Rock. Er:
zählungen aus dem Jägerleben. (Wild und Hund,
Parey. 1915. Geb. 4 Mk.
Art iſt bekannt. Sämtliche Erzählungen ſind
Humor“ hat, wird auf feine Koſten kommen. Hervor:
gehoben ſei der intereſſante Beitrag „Aberglaube und
Zaubermittel der Wildſchützen“. Er fällt allerdings
ganz aus dem Rahmen des Buches. B. Th.
Notizen.
A. Jagdvergehen infolge paſſiven Verhaltens gegen⸗ Kaufmann C. ſeine Jagd hat, anſtößt; ſein Neffe folgte ihm.
über dem jagenden Hunde (durch Nichtabruſen ans Jeder hielt fein Gewehr ſchußbereit. Der etwa 7 Monate alte
dem angrenzenden fremden Jagdgebiete). Jagdhund des S., den dieſer bei fih hatte, lief im Jagdgebiet
Eutſch. des bayr. Oberſten Landesger. v. 18. V. 1915 R. R. des C. umher und gad hie und da Laut nach Art von Hunden,
Nr. 103/105 welche Wild aufgeſtöbert haden. Der Hund lief eine Straße
Ein Jagdberechtigter S. ging die Grenze ſeines Jagd-. von etwa 1300 m im Jagdgebiete des C. und hielt ſich bot
gebietes entlang, das an die K. . . er Waldungen, woſelbſt der annähernd eine Viertelſtunde auf. Weder S. noch fein ae
-a m nn
—
Jagdromane, Band 4). Berlin, Verlag von Paul
Ueber dieſes Buch ift wenig zu ſagen. Achleitner“
äußerſt harmlos und unbedeutend. Die bekannten
Figuren ſolcher Hochlands-Geſchichten — Jager, böſe
Väter, gütige Fürſten uſw. — kehren wieder. Wer
Geſchmack an „Gemüt“, „Sinnigkeit“ und, lebfriſchem
gleiter trafen Anftalten den Hund zurückzurufen; fie ftellten
Ad vielmehr etwa 100 m voneinander entfernt mit ſchußbe
reitem Gewehr an einer Stelle der C.'ſchen Jagdgrenze auf,
an der ſich ein Haſenwechſel befindet; ſie warteten auf Wild,
das über die Grenze kommen würde. Der Hund beſand ſich
auch während dieſer Zeit immer noch jagend im Jagdgeblete
des C. Die Strafkammer ſtellte Angeſichts dieſes Sachver⸗
halts feft, daß S. fidh des Hundes als Werkzeug zur Auf⸗
ſpürung und Verfolgung des Wildes in dem frem:
den Jagdbezirk des C. bedienen wollte — doch wohl tatſächlich
bedient hat, ein Verſuch kommt nicht in Frage, ſondern eine
vollendete Handlung — und verurteilte ihn wegen Jagdver⸗
gehens nach §§ 292, 293 StGB., wobei Jagdgewehr, Geſchoſſe
und Hund eingezogen wurden. Gegen dieſes Urteil legte er
Reviſion zum Oberſten Landesgericht ein, vor welchem er ings
beſondere geltend machte, „es ſei nicht nachgewieſen, daß er
den Hund in das fremde Jagdgebiet hineingeſchickt habe; die
Folgerung der Strafkammer, er habe fih des Hundes als
Werkzeug bedient, aus dem „Nichtzurückrufen“ des Ours
bed fet rechtsirrig; es fet übrigens auch ein vergelliches
Bemühen, einen „im Walde ſtürmenden Dackel“ zurückzurufen
— Tatſächlich iR auch der Dachshund derjenige Hund, welcher
in dieſer Hinſicht keine Grenzen kennt und nicht weiß, wie weit
er zu gehen hat. Auch gelingt es nicht leicht, dem Dachshund
einen derartigen Appell beizubringen, daß er fofort auf die
Stimme oder den Pfiff ſeines Herrn das Jagen einſtellt. Eine
ferme Führung vermag aber auch den notoriſch eigenſinnigen
Dackel ſoweit zu bringen, daß er bald nach dem Ruf in ſeiner
Jagdbegierde nachläßt und ſchließlich ſich fügt. Es iſt dies
allerdings der Effekt einer guten Führung im Zuſammenwirken
mit ebenſolcher vorgegangener Dreſſur und einer guten Ab⸗
ſtammung des Hundes. Für alle Fälle hat jedoch der Führer
oder Begleiter des Hundes die Folgen zu tragen, wenn es
ihm nicht gelingen folte, dem Dackel das Jagen einzuſtellen.
Außerdem müßte man dieſer Hundeart ein Präjudiz beziehungs⸗
mife ein Patent für zwar nicht unberechtigtes, wohl aber uns
bezähmbares Jagen einräumen. Es gehört aber, wie auch
durch die Praxis erwiefen ift, nicht zu einer Unmöglichkeit der
Leiſtung in der Dreſſur, auch dem Dachshunde, gleich allen
übrigen im Jagdbetriebe verwendbaren Hunden, foviel Raiſon
oder im weidmänniſchen Sinne „Appell“ beizutreiben, daß ſie
zu gegebener Zeit wiſſen, was fie tun und laffen folen, Uebrigens
laßt die Entſcheidung nicht erkennen, ob der Beklagte übers
haupt nur den Verſuch gemacht hat, den jagenden Dackel zurück⸗
zuruſen. Jedenfall wäre die Sache anders zu beurteilen bei
tinem Spaziergänger, welcher in erfter Linie kein Intereſſe an
dem Jagen feines Hundes, alfo auch keinen Vorteil hiervon
hat und in zweiter Linie trotz aller Auſtrengungen und Ab—
tuſperſuche nicht imſtande ift, den Hund vom Jagen abzu—
halten. Anders wenn der Spaziergänger ſelbſt eine Freude
a dem Jagen feines Hundes hat und ſolche feinem Liebling
nicht verderben will, daher gar keinen Verſuch macht den Hund
abzurufen. Eine ſolche Handlung würde den Tatbeſtand eines
Jagdvergehens qualifizieren.
Nach der Anſchauung des Beklagten verbiete der § 292
StB. auch nicht, einen ſich zufällig bietenden Umſtand aus⸗
imügen, der den Wechſel des Wildes aus dem fremden Jagd⸗
gebiet in das eigene erleichtert; der Jäger brauche nicht das
hr abzulegen und dem Hunde nachzugehen. — Das ift
herlid zutreffend, allein es ſtehen gleichwohl andere Hiliß:
mittel zu Gehote und find diefe im Bereiche des Willens und
ber Vollaugamdglidteit gelegenen erſchöpft, fo wird dem Führer
|
|
a rn ER SEELE EEE
wortung aufgebürdet werden können. Wie nach dem BGB.
ein auf Unmöglichkeit der Leiſtung gerichteten Vertrag un⸗
gültig tft, fo z. B. ein Kaufvertrag, daß ein erworbener Hund
nicht nach Wild jagen dürfe, eine Eigenſchaft, welche allen
Hunden eigen iſt und von denſelben bei jeder ſich bietenden
Gelegenheit, namentlich wenn ſie ſich unbeachtet wiſſen, aus⸗
geübt wird, ſo kann auch eine abſolute Haftpflicht nicht
vindiziert werden, wenn deren Ausübung dem Machtbereich
des Pflichtigen entrückt iſt. Wohl aber kann vertragsgemäß
rechtsgültig feſtgeſetzt werden, daß der jagende Hund auf Nbs
ruf die Untugend einſtellt. — Der Beklagte behauptete weiter
es ſei nicht feſtgeſtellt, daß er den Hund ſchon von vornherein
in der Erwartung mit auf die Jagd genommen habe, daß er
ihm auf der fremden Jagd Wild zutriebe. Er ſei alſo nicht
ſtrafbar, ſelbſt wenn er des Willens geweſen wäre, einen durch
Zufall aufgeſcheuchten und in ſein Jagdgebiet verſprengten
Haſen zu erlegen.“ Die Reviſion wurde verworſen mit folgen⸗
der Begründung: „Die Strafkammer hat ihre Ueberzeugung,
daß der Angellagte fih des Hundes als eines Werkzeuges zur
Auſſpürung und Verfolgung des Wildes in dem Jagdreviere
des C. bediente, nicht allein aus der Tatſache, daß er den
Hund nicht zurückgeruſen hat, gewonnen, ſie hat dieſen Schluß
vielmehr aus verſchiedenen Tatſachen gezogen, nämlich daraus,
daß der Angeklagte den Hund zur Jagdausübung mitnahm,
daß er ſich an der fremden Jagdgrenze aufhielt, daß er ſah,
wie ſein Hund in das fremde Jagdgebiet lief, abſichtlich
aber unterließ, den Hund zurückzurufen — alſo noch
ehe der Hund jagte —, weil es ſeinem Willen entſprach, daß
der Hund das Wild in dem fremden Jagdgebiet aufſuchte und
dadurch ihm zutrieb. Dieſes Verhalten des Angeklagten läßt
den von der Strafkammer gezogenen Schluß zu; ein Rechts⸗
irrtum iſt hierin nicht zu finden. — Nach dieſen Ausführungen
qualifiziert ſich ſchon das fahrläſſige Ueberlaufenlaſſen eines
Jagdhundes von Seite des Jagdberechtigten in ſremdes ans
grenzendes Gebiet in dem gleichen Maße als ein Jagdver⸗
gehen, als wenn der Berechtigte den Hund abſichtlich ins
Revier geſandt und nicht zurückgerufen hätte, damit er ihm
Wild zutriebe. Schon das paſſive Verhalten iſt hinreichend
zur Begründung des Tatbeſtandes der verbots widrigen Jagd—
ausübung im fremden Gebiete, foferne der ausübende Jäger
keine Anſtolten gemacht hat, den Hund zurückzurufen. Selbſt⸗
redend kommt es auf den Erfolg zur Beurteilung der Hand—
lung im ſtrafrechtlichen Sinne nicht mehr an, ob der Hund
tatſächlich im fremden Revier gejagt, alfo Laut gegeben hat
und hierdurch das Wild in das eigene Revier getrieben wurde
oder nicht, ganz abgeſehen davon, daß es anch ſtill jagende
Hunde gibt.
Ob der Angeklagte den Hund ſchon vornherein in der Er—
wartung auf die Jagd mitgenommen hat, daß dieſer Wild aus
fremdem Jagdgebiet aufſpüren und ihm zutreiben werde, oder
ob der Angeklagte erſt im Laufe der Jagdausübung auf ſeinem
Jagdgebiete den Entſchluß faßte, auf die von der Straflammer
ſeſtgeſtellte Weiſe fich aus dem fremden Jadrevier Wild zus
treiben zu laffen, um es zu erlegen, iſt rechtlich bedeutungs-
los; eine Feſtſtellung, daß der Angeklagte ſchon von vornherein
den Hund in dieſer Abſicht mitgenommen hat, daher für die
Verurteilung des Angeklagter nicht notwendig. Rechtlich
ohne Belang iſt auch, ob der Augeklagte den Hund in das
ſremde Jagdgebiet hineingeſchickt hat, es genügt, daß er das
Ueberlaufen des Hundes gefliſſentlich duldete Nach den
einwandfreien tatſächlichen Feſtſtellungen der Strafkammer ift
ſonach der Hund nicht ohne und gegen den Willen des An—
des Hundes auch ſchlechterdings keine ſtrafrechtliche Verant⸗ geklagten in das fremde Jagdgebiet übergelaufen; die Aus⸗
6*
44
— ——
nutzung eines ſich zufällig bietenden günftigen Umſtandes,
der den Wechſel des Wildes aus dem fremden Jagdrevier in
das eigene erleichterte, ſteht nicht in Frage. Der Hinweis des
Angeklagten auf die Unanwendbarkeit des 5 292 StGB. in
Fällen ſolcher Art iſt daher verfehlt. Der äußere und innere
Tatbeſtand der 88 292, 293 StGB. ift von der Strafkammer
in allen Richtungen einwandfrei als erwieſen angenommen
worden.
Wie durch die Rechtſprechung ſchon wiederholt ausge⸗
ſprochen worden ift, kann eine verbotswidrige Jagdausübung
auch ohne ein aktives Eingreifen von ſeiten des Jägers ſelbſt
durch Hunde, ſelbſt Treiber im gewiſſen Sinne als Bevoll⸗
mächtigte oder Vollzugs organe für feine jagdlichen Intereſſen
begangen werden. Immerhin hat der Jagdberechtigte als der
spiritus rector in Frage zu kommen. Im vorliegenden Falle
hatte aber ſchon ein paſſives Verhalten, das allerdings
im Effekte gleichkommt der Inſzenierung einer verbotswidrigen
Dienſtleiſtung für den Jagdbetrleb im verbotenen Revier, zur
Verurteilung genügt, weil das ſelbe dem Jagdbeſitzer einen un:
berechtigten Gewinn einzubringen geeignet iſt.
Uebrigens nimmt auch ſchon eine Entſch. des Oberſten Bayr.
Landesger. v. 9. VI. 1914 Ver. A. Nr. 43 929 den gleichen
Standpunkt ein. Danach haben K. und B. in dem Gemeinde⸗
bezirk 8., in welchem ſie jagdberechtigt ſind, in der Nähe des
Jagdbezirkes des Grafen A. ihre zwei Dachshunde gegen die
Grenze losgelaſſen und anſtandslos weiterlaufen laſſen, 0%
wohl ſie wußten, daß die Hunde ſich nicht zurückpfeifen laſſen
und die Grenze überſchreiten; die Hunde ſind auch über die
Grenze gelaufen und haben in der Nachbarjagd des A. etwa
fünfzig Meter über der Grenze Wild gejagt. K. und B. wur⸗
den wegen gemeinſchaftlich begangenen Jagdfrevels nach § 292
StGB. beſtraft. Nach den Entſcheidungsgründen find die
Hunde nicht ohne Wiſſen und ohne den Willen der
Angeklagten übergelaufen, auch haben die Angeklagten nicht
blos eine entfernte „Möglichkeit“ des Jagens der Hunde auf
dem fremden Jagdgebiete angenommen, ſondern ihr Verhalten
war gerade darauf berechnet, daß die Hunde Wild auf dem
fremden Jagdgebiete auſſuchen und auf das eigene Jagdgebiet
der Angeklagten herüberjagen zu dem Zweck, um da von ihnen
erlegt zu werden. Hierin liegt aber ein Eingriff in das fremde
Das Urteil ſtellt ſomit feft, daß eine unberechtigte Jagd :
ausübung durch Hunde in rechtlichem Sinne ftattfinden kann
und daß für dieſelben die Beſitzer in dem Grade ſtrafrechtlich
verantwortlich ſind, als wenn ſie ſelbſt ohne Berechtigung in
dem Jagdrevier die Jagd ausgeübt hätten. Scheinbar ſteht
der Wortlaut des Strafgeſetzes dieſer Auffaſſung entgegen ;
Der § 292 StGB. ſagt nämlich: „Wer“ — alfo folte doch
damit nur ein verantwortliches menſchliches Weſen, ein Jagd⸗
kundiger oder der Jagd auf irgend eine Weiſe Befliſſener ver:
ſtanden werden, daher auch Treiber und ſonſtige Beauftragte
des Jagdberechtigten „an Orten, an denen zu jagen er nicht
berechtigt iſt, die Jagd ausübt, wird mit Geld bis zu drei⸗
hundert Mark oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten be⸗
ſtraft.“
Der Begriff „Jagd“ iſt aber im weiteſten Sinne des
Wortes zu verſtehen, auch auf Hilfskräfte, um das Wild aus⸗
findig zu machen, beizutreiben, ausgedehnt und nicht auf das
Erlegen allein.
Es kaun ſich nach dem Wortlaute der angezogenen Ge⸗
ſetzesbeſtimmung, wofür auch der Abſ. 2 des § 292 a. a. O.
ſpricht, dahinlautend: „Iſt der Täter ein Angehöriger des Jagd⸗
berechtigten, ſo tritt die Verfolgung nur auf Antrag ein, in
zunehmen geneigt ſind. Veranlaſſung zu dergleichen Annahmen
der Hauptſache nur um an ſich jagdberechtigte Perſonen
handeln. — Hunde können überhaupt vom Gericht nicht be⸗
ſtraft werden. — Da jedoch auch Hunde jagen, nämlich nach
ihrer Art und wie in berechtigter Weiſe unter Führung ihres
Herrn, ebenſo auch in unberechtigter Weiſe eine Jagd nach
Wild ausüben können, ſo hat gewiſſermaßen als deren Ver⸗ |
treter und Auftraggeber der Beliger der Hunde die Folgen für
die unberechtigte Jagdausübung ſeiner Hunde gerade ſo zu
tragen, als wenn er ſelbſt im fremden Jagdreviere dem
Weidwerk nachgegangen wäre. Juſofern iſt die hierdurch ge⸗
ſchaffene Rechtslage von der früheren abweichend und damit
eine Frage geklärt, welche vielfach als eine Lücke im Jagd⸗
recht empfunden und zu unberechtigten Eingriffen in das Jagd⸗
gebiet eines anderen eine Handhabe geboten hatte. Es iſt ſo⸗
mit auch die Beſtrafung eines „doloſen“ Jagdangrenzers er:
möglicht, wenn derſelbe durch Hunde aus dem fremden Revier
se ͤ— — —
ſich Wild zutreiben läßt, ſich zu dem Zwecke in der Nähe ver⸗
borgen hält und wenn dann ahnungslos der Angrenzer den
revierenden „herrenloſen“ Hund umlegt, plötzlich, wie ein
„Deus ex machina“ auftaucht, fih als Beſitzer bes Hundes
legitimiert und Schadloshaltung wegen des Hundes verlangt.
Jagdrecht im Sinne des § 292 a. a. O. (Entſch. des Reichs⸗
ger. in StrS. Bd. 211 S. 98). ö
Nürnberg, Septbr. 1915. M. Reuter,
Bezirkstierarzt a. D.
B. Ornithologiſche Kriegsmiſzellen.
Zu den ornithologiſchen Kriegsmiſzellen meines Bruders
im Auguſtheft 1915 unſerer Zeitſchrift bemerke ich ergänzend
folgendes: Der Zippammer, Emberiza cia, kommt in meinem
Beobachtungsgebiet, dem Maas⸗ und Aisnegebiet noͤrdlich,
nordöſtlich und nordweſtlich von Verdun wahrſchein lich
nicht vor.
Wenn im Winter 1914/15 die Saatkrähen in Luxemburg
tatſächlich weniger zahlreich aufgetreten ſein ſollten, als in den
Vorjahren — im Maasgebiet von nördlich Verdun bis Sedan,
alſo in der Luxemburg nach Weſten vorgelagerten Zone, waren
ſie nach meinen Beobachtungen nicht ſelten —, ſo hat dieſe Er⸗
ſcheinung wie überhaupt ganz allgemein das Auftreten oder
Ausbleiben von Vogelarten mit dem Krieg und ſogen. Kriege⸗
lärm gar nichts zu tun, wie die Luxemburger Beobachter an⸗
hat wohl die — ſelbverſtändlich am Schreibtiſch gemachte —
Erwägung gegeben, daß das kriegeriſche Leben, das ſich längs
der Schlachtfronten entwickelt, die gewaltigen, die Luft er⸗
ſchütternden Artillerieduelle, kurz, daß der ſogen. Kriegslärm
(von dem ſich natürlicherweiſe der heimiſche Beobachter gar
keine richtige Vorſtellung machen kann) die Zugvögel zu einer
Aenderung ihrer Zugrichtung, zur Meidung der Kampfgebiete
veranlaſſen könnte; und da nun einmal eine gewiſſe Sucht be⸗
ſteht, auch Erſcheinungen des Vogellebens mit dem Krieg in
Verbindung zu bringen (ſo wie man früher und heutzutage
wohl auch noch aus dem Erſcheinen von Seidenſchwänzen auf
Krieg und Peſtilenz ſchloß; aufgeklärter iſt ja wohl die große
Maſſe immer noch nicht geworden), ſo wird auch hier das
weniger häufige Auftreten von Saatkrähen flugs auf den Krieg
zurückgeführt; dabei findet es eine natürliche und gute Ere
klärung in den Witterungsverhältniſſen, in der Herrſchaft eines
febr milden und ſchneefreien Winters im Jahr 1914/15, der
den Krähen das Verweilen in öſtlicher gelegenen Ländern ge⸗
ſtattete. Schon ein einziger Blick auf die Karte und die Ver⸗
gegenwärtigung unſerer Frontſtellungen, wie ſie im verfloſſenen
At m ——————ñ —Li
Herbſt und Winter, zur Zeit des Eintreffens der Saalkrähen
in weſtlichen Ländern beſtanden, hätte die Luxemburger „Bes
obachter“ lehren können, daß das weniger zahlreiche Erſcheinen
der Krähen in Luxemburg mit dem Kriegslärm nichts zu tun
baben konnte. Nicht nur, daß Luxemburg im Often und Süden
von Landſtrichen umgeben ift, die die Kriegsſchrecken nicht
kennen gelernt haben, und daß im Norden ein Gebiet an⸗
grenzt, in dem ſich kaum einige kriegeriſche Operationen und
das noch Wochen vorher abgeſpielt hatten, und das zur Zeit
des Kroͤhenzuges gänzlich befriedet war, fo lag vor allem zur
Krähenzugzeit die Schlachtfront mit all ihrem Lärm ein ganzes
Stück weſtlich von Luxemburg, ca. 70 km von der ungefähren
Landes mitte entfernt, eine Entfernung, auf der fih der Kanonen⸗
donner nur noch als ſchwaches Grollen bemerkbar gemacht
haben wird. Das einzige kriegeriſche Treiben zu jener Zeit
in Luxemburg hat ſich vorausſichtlich nur auf das häufigere
Laufen der Eiſenbahnzüge, wie es die Truppenverſchiebungen
und Nachſchübe mit ſich ban mußten, beſchränkt; daß hier:
aus aber etwa eine Beunruhigung der Saatkrähen hätte reſul⸗
tieren lönnen, wird doch wohl niemand ernſtlich zu glauben
geneigt ſein.
Wie wenig ſich die Saatkrähe aus dem Schlachtenlärm
macht, habe ich in dieſem Herbſt (1915) gut zu beobachten Ge⸗
legenbeit gehabt. Ich kam Mitte Oktober, zur Zeit der ſurcht⸗
dar kobenden Champagneſchlacht, in die Champagne nördlich
von Maſſiges. Tagelang war die Luft von einem einzigen
Donnern und Grollen erſchüttert worden und wurde es noch
immer. Trotzdem waren in der Champagne überall zahlrelche
Krähenflüge, trotzdem zogen die Krähen hoch in der Luft dem
Velten und dem Kanonendonner entgegen. Ebenſo fah ich in
den Argonnen die Saatkrähenſchwärme trotz Geſchützdonners
ohne bemerkbare Erregung nach Weſten ziehen und die Kampf⸗
fronten überfliegen.
In den „Ornithologiſchen Monatsberichten“ habe ich meine
Beobachtungen über das Verhalten der Zugvögel (meine
Wahrnehmungen erſtreckten ſich auf Kranich, Saatkrähe, Lerche,
Ringeltaube, Buſſard) gegenüber dem Schlachtenlärm mitges
teilt und bin dabei zu dem Schluß gekommen, daß aller Lärm
die Zugvögel von ihrer Zugrichtung nicht abzubringen ver:
mag, daß ſich kaum eine merkliche Beunruhigung der ziehen⸗
den Vögel feſtſtellen läßt; der Zugtrieb ſcheint ſtärker zu fein
alt das Furchtgefühl.
Daß die Standvögel (bezw. Sommervögel) ſich an
eden Lärm längs der Fronten gewöhnen, inkl. der ſonſt ſo
ſcheuen Rabenkrähen und Elſtern, daß ſie unbeirrt vom Kanonen⸗
donner dicht an die Frontlinie und Geſchützſtellungen Heran:
kommen und hier auch niften, ift wohl allgemein bekannt; es
liegt hierin ja auch weiter nichts verwunderliches.
Argon nenwald, Dezember 1915.
Kaiſerl. Oberförfter Ludwig Schuſter.
C. Höchſtpreiſe für Wild.
Auf Grund der Verordnung des Bundesrats vom 28. Ols
tober 1915 itin Abänderung der Verordnung vom 22. No⸗
omber 1915 über die Regelung der Wildpreiſe folgendes be⸗
Aiunt worden:
Der Preis für Wild darf beim erften Verkaufe für
bete Ware ſolgende Sätze nicht überſchreiten:
bei Rots und Damwild für 0,5 kg mit Dede
„Rehwild für 0,5 kg mit Decke
„ Wildſchweinen im Gewichte von mehr als 30 kg
für 0,5 kg mit Schwarte
0,60 M.
0,70
n
0,55
”
45
bei Wildſchweinen im Gewichte bis zu 30 ke einſchließ⸗
3jJj3J.ͤ ĩᷣͤT—. ³ ATA ⁵˙¹-AA ͤT—: ]? ———ͤ— . —. EE E A
Paläſtina
lich (Friſchlinge) für 0,5 kg mit Schwarte 0,70 M
„ Hafen für das Stück mit Balg .. 4,00 „
„ Kaninchen für das Stück mit Balg. . . 120 „
„ Faſanenhähnen für das Stück mit Federn. . 2,50 „
„ Faſanenhennen „ „ 7 2,00 „
Die Preiſe ſchließen die Bahn: und Waſſerfrachttoſten, die
vor dem erſten Verkauf entſtehen, die Abrollkoſten am An⸗
kunftsorte ſowie etwaige Vermittlungskoſten beim Verkaufe nicht
ein. Sie gelten nicht für den Verkauf an den Verbraucher bei
Mengen bis zu 10 kg.
Inſoweit für Wild gemäß S 4 der Verordnung des Bun⸗
desrats vom 28. Oktober 1915 Höchſtpreiſe für die Abgabe
im Kleinhandel an den Verbraucher feſtgeſetzt werden,
dürfen fie für beſte Ware folgende Säge nicht überſteigen:
bei Rot⸗ und Damwild für 0,5 kg. is . e A;
„ Rehwild für 0,5 kg 1,80 „
„ Wildſchweinen im Gewichte von mebr als 30 kg
für 05kg ... ; , 1,20 „
„ Wildſchweinen im Gewichte bis zu 30 kg Crt
linge) für 0, Kg.. .. 180 „
„ Haſen ohne Balg, für das Stück a gane 4,75 ,
LI oe oe ee oo oo EL zerlegt 0 e 0 5,00 ve
. ve mit IL L t ” im gangen e oe 5,25 L
„ Kaninchen ohne Balg für das Stück 1,50 „
L „ mit ” IL ” .e ¢ 1,60
„ Faſanenhähnen für das Stück mit Federn 850 „
„ Faſanenhennen „ „ „ „ 3,00
Dieſe Beſtimmung trat mit dem 1. Januar 1916 in Kraft.
D. Feſtſetzung der Höchſtpreiſe für Fiſche.
Auf Grund der im Dezemberheft 1915 mitgeteilten Ver⸗
ordnung des Bundesrats vom 28. Oktober 1915 iſt über die
Regelung der Preiſe für Süßwaſſerfiſche beſtimmt wor
den, daß am Berliner Markt folgende Preiſe nicht überſchritten
werden dürfen:
a) beim Verkauf im Großhandel für 50 Kilogr.
Reingewicht einſchl. Verpackung:
bei Karpfen: 105 M., bei Schleien: 125 M., bei Hechten:
110 M, bei Bleien oder Brachſen von 1 Kgr. u. darüber:
80 M., bei Bleien oder Brachſen unter 1 Kgr.: 60 M., bei
Plögen und Rotaugen von 1 Pfd. u. darüber: 60 M., bei
Plötzen und Rotaugen von unter 1 Pfd.: 50 M.
b) beim Verkauf im Kleinhandel für das Pfund:
bei Karpfen: 1,30 M., bei Schleien: 1,50 M., bei Hechten:
1,25 M., bei Bleien von 1 Kar. u. darüber: 1 M., bei Bieten
unter 1 Kgr.: 0,75 M., bei Plögen u. Rotaugen von 1 Pfd.
und darüber: 0,75 M., bei Plötzen u. Rotaugen unter 1 fd. :
0,65 M.
Die vorſtehenden Preiſe ermäßigen ſich bei toten Fiſchen
um 20 v. H.
Dieſe Beſtimmung trat am 13. Dezember 1915 in Kraſt.
E. Warum kleiden Ranbvögel ihr Neſt mit grünen
Pflanzenſtofſſen aus?
Als ich im Sommer 1911 Aegypten, Syrien,
und das Jordantal bereiſte, fiel
46
mir namentlich eins auf: Für den kundigen Araber bil» mals nein! So wenig trifft die Erklärung aus äſthetiſcher
den die lebenden Zweige auf dem Horſt des Bonelli⸗Adlers (menſchlichen) Beweggründen zu wie die des weiſen Stag
(Falco bonelli) ein Kriterium dafür, ob der Horſt | riten Ariſtoteles: Zauberwirkung, das friſche Grün diene al:
bezogen ift; denn der Araber ſagt ſich ganz mit Recht: | Zaubermittel! —
Der Horſt tit alt oder verlaffen, wenn er keine grünen Welches find die grünenden Stoffe, mit denen unfer
Zweige trägt. Genau wie für den vogelkundigen Sohn der | deutſchen, beziehungsweiſe mitteleuropäiſchen Vögel ihre Neſter
arabiſchen Berge iſt auch für den deutſchen Waldläufer bei
Buſſardneſtern die Horſtbelegung mit grünen Kiefernzweigen | ftebendDe Wort weiterhin zu gebrauchen)? In einem nenm
ein Kennzeichen dafür, daß der alternde Bau vom vortrefflichen Werke, betitelt „Das Problem der Brütung
Buffard neu bezogen und wohnlich gemacht von Dr. Fiſcher ), das uns der Weihnachtsmartt 1913 be
worden ift!) Eine — wie gefagt — dem echten Wald- ſcheert hat, ift ein ganzes Kapitel den „grünen Neſtern“ gr
läufer ganz bekannte Erfahrungstatſache! Und überhaupt | widmet und es find daſelbſt mit raſtloſem Fleiß die ver
ift ja dieſes Thema fo alt wie bie Vogelbeobachtung felber, ſchiedenen Pflanzenarten genannt, die in lebendem Zuſton
hat doch ſchon der Stagirit, der weiſe Lehrer Alexanders von Vögeln benutzt werden. Darum wundere ich mich, daß
des Großen, 350 Jahre vor Chrifti Geburt 7 Pflanzenarten bei dieſer Aufzählung außer des Kleibers Kiefernblättchen
genannt, mit denen Vögel den Rand ihrer Neſter aus. (Rinde vom Stamm) zwei febr gebräuchliche, bei geinifin
ſchmücken, und zwar: Lorbeerzweige, Wegedorn | Vogelarten ſehr beliebte Pflanzenſtoffe nicht genannt find:
(Rhamnus), wilde Cicho rie (die blauen Blüten), Samens 1. Grüner Salat, der vom Star gern in den Kaften getragen
hüllen der Schwertlilie (Iris), Vitex, Frauen⸗ wird, desgleichen bevorzugt er Thymian, das wohlriecherbe
haar (Adiantum), Myrtenzweige — alfo Austletoungd Bergpflänzchen, weniaſtens nach meinen Beobachtungen u
ſtoffe, von denen die modernen Ornithologen kaum eine Oberheſſen; 2. Moos, das friſchgrün in wahren Binden,
Ahnung haben und mit benen doch tatſächlich die Vögel am Haufen oder Klumpen vom weißen Storch eingetragen mit,
Mittelmeer feit dreitauſend Jahren und länger ihre Neſter und zwar auch dann noch, wenn die Jungen faſt erwachsen
auskleiden (und vielleicht früher mehr als jetzt?). Und fo | find und es nicht mehr not tut, am Neft Detailausbeſſerungen
alt das Thema ift, fo intereffant und köſtlich ift es auch: vorzunehmen.
Läßt es uns doch einen Blick tun in das lieblichſte Neſtge⸗ Als von Vögeln verwendete grüne Pflanzenteile werden
bilde, das mit blühendem Vergißmeinnicht am Rand belegte weiter genannt: Kiefernzweige — Lärchenzweige — Buchen
Stiegligneft (Eckſtein, „Haus, Hof und Garten“, 1912, 18), und Tannenzwei je. Dieſe hauptſächlich von Raubvögeln
in das zartduftige, von lieblichſtem Reiz überhauchte Wef Für den Mäuſebuſſard nennt der Ornithologe Hol!
penbuſſardneſt mit feinen jungfriſchen grünenden Qar- auch grüne Epheuzweige. Birkenzweige find für den Turm:
chenreislein auf dem Neftrand und den ſchönſten Eiern der | fallen gut bezeugt, friſches Heidekraut für die Steppenweihe,
deutſchen Vogelwelt!) — zart grünlich weiß mit fo dichter | Weidenzweige und Büſchel von Seggengras für den Gere
tief rotbrauner Bewölkung von der Farbe der frifcheften Roß. falken. Der Vonelli-Moler der Araber liebt das grüne Riña
kaſtanie. daß die Grundfarbe oft faſt verſchwindet —; und der wilden Olive. Melierax canorus polyopterus begnügt
wer ſchon in ein kleines nettes Kleiberneſtchen geſchaut hat, | id mit grünen Akazienblättern. Pernis apivorus (Wespen.
wie da die zarten Eierchen auf einer Schicht feinſter, bünnfter buſſard) liebt außer friſchen Lärchenreislein auch grüne, buf
Rindenblättchen vom Kiefernſtamm, die teils gelblich braun, tende Buchenzweige, doch nach meiner Beobachtung nie beit
teils (da, wo fle friſch vom Baumſtamm gezerrt wurden) noch zuſammen in einem Neſt (oder richtiger geſagt: am Rand
naturfarben grünlich find, der hat ein Bild geſchaut von in. eines Neſtes). — Die Singdroſſel trägt grüne Grlenblatter
timftem Reiz. Da iſt eine Friſche, ein würziger Duft, eine ins Neſt. Der kleine Würger verwendet ſtets friſche, grün:
|
Sauberkeit zu Haufe, daß man faft annehmen möchte, dem Kleeſtengel. Sowohl Nußhäher wie Hühnerhabicht bevorzugen
Ganzen liege der Schönheitsſinn zugrunde, den wir Menſchen Tannenzweige und erneuern fie fogar ſtets. Eine Schwarz
haben und den wir auch dem Vogel zuſprechen möchten. Und | amfel hatte ihr Neft in einer Laube mit aufrechtſtebenden
doch — dürfen wir das? Dürfen wir ihn „anthroprozen. Stecklingen von Kohlrabi garniert. — Ganz auffallend ift die
triſch“ — von dem Standpunkt des Menſchen aus — bes Verwendung von friſchgrünem Moos im Vogelreich. 10
trachten? Dürfen wir in die Natur Erklärungsprinzipe tragen, wir ab von ſolchen Vögeln, die aus Moos ihr ganzes je
die zunächſt doch nur dem intellektuellen Weſen, Menſch ges | bauen, wie vielfach der Zaunkönig, wie z. B. ähnlich da
nannt, angehören und die dann alſo rein — oder vielleicht: Teichhuhn aus friſchen Schilfblättern ſein Neſt Jpeg
rein — biologiſche, ja noch ſchärfer harakterifiert: biophyſiſche | fhidtet?). Es handelt fic) hier nur um ſolche Fälle, wo 0%
Vorgänge äſthetiſch erfaſſen und erklären? Nein, und abers grünen Pflanzenſtoffe gewiſſermaßen nur nebenbei auf oder
das Neft gebracht werden. Da ift es hochintereſſant — un
ich wundere mich, daß Dr. Fiſcher dies in ſeinem reich
haltigen Buch nicht erwähnt —, daß der weiße Storch, genau
ſo wie der ſchwarze, in ſein Neſt von Zeit zu Zeit immer
wieder grüne Moos flocken trägt, auch dann noch, wenn ſchon
1) Schon in meiner Jugendzeit hunderte Male von mir
erprobt im Vogelsberg, wo ich alljährlich eine Reihe von
Mäuſebuſſardhorſten feſtſtellte und beſtieg, einmal auch ein
Waldohreulenei in einem Buſſardhorſt fand (bei dem oberen
Schalksbacher Weiher — Herbſtein). Das intereſſanteſte Buf⸗
ſardei, ein Spurei in Dicke einer ſtarken Walnuß mit regel⸗
rechter Fleckung, fand ich in dem Buſſardhorſt eines Laub⸗
waldes zwiſchen Hopfmannsfeld und Friſchborn.
2) Wie ich ſie in meinem Buche: „Unſere einheimiſchen
Vögel“ nenne; die ſchönſten Eier überhaupt dürften die lack⸗
grünen des Schopfſteißhuhns, die man im Frankfurter Zoo
kaufen kann, ſein (Tinamus).
t) Dieſer Autor, Dr. Julius Fiſcher, deſſen obenge⸗
beſprochen habe, iſt nicht zu verwechſeln mit Dr. W. J. 1
der uns 1914 in feiner „Vogelwelt Württembergs“ eine er
klaſſige vorbildliche „Lokalornis“ geſchenkt hat. 1
9 1915 fand ich — bisher nie beobachtet — fein Rek 0
und aus Blättern der Schwertlilie (Iris pseudacorus) a
Eisſee bei Heilbronn gebildet.
nanntes Buch ich in einer früheren Nummer dieſer Zeltſchrift
„ausſchmücken“ (um das jetzt nicht mehr irrtümlich zu ver |
— .
— — ———— <> — — — T STS
Fr Be A 2 non 2
— —
faft erwachſene Junge darin find’). Buchfink, Goldhähnchen,
Braunelle verwenden beim Neſtbauen grünes Moos. Der
Wüſtenbuſſard (Buteo desertorum) füttert fein Neft mit grü⸗
nem Moos aus, ebenſo der kleine Fliegenfänger, die Tannen⸗
meiſe, der braunkehlige Wieſenſchmätzer. Die Turteltaube ſoll
zum Neſtbau friſche Zweiglein vom Gebüſch abbrechen, frei
in der Luft rüttelnd, doch bezweifle ich dieſe Mitteilung, da
ſich nach meinen ſehr ausgiebigen Beobachtungen der Turtur
tartar im Mainzer Becken hierzu die Turteltaube weder nach
Geſtaltung des Schnabels noch nach Temperament, noch nach
Art des Fluges eignet. Der Star holt ſich in ſeinen Niſt⸗
kaſten Salat, Thymian.
Welche Gründe haben nun die Vögel zum Auskleiden ihrer
Refter mit grünen Pflanzenſtoffen ?
1. Ariſtoteles vermutete eine Zauber wirkung. Der
Gelehrte des Altertums urteilt in den Anſchauungen ſeiner
Zeit. Für uns find dieſe nicht mehr haltbar. Wir glauben
nicht an böfe Geiſter, die durch „Zauberaugen“ fernzuhalten
wären.
2 Schönheitsſinn der Vögel wird von anderen
vermutet. Gewiß verrät die ganze Art des Aufbaus eines
Neſtes einen gewiſſen Ordnungs⸗ und Schönheitsſinn, aber
letzterer iſt unbewußt, d. h. ohne Abſicht vorhanden und darf
nicht im Sinne deſſen, was der Menſch darunter verſteht, aus⸗
gelegt werden. Wir müſſen uns hüten, bei Vögeln von „äſthe⸗
tiſchem Sinn“ zu reden ).
3. Geruch ſtroͤmen die friſchen Pflanzenteile aus (Thy:
mian 3. B.), und dieſen folen die Vögel lieben. Dieſe Bes
gründung fällt ganz und gar unter den Tiſch. Denn erſtens
ift dies wieder ein rein äſthetiſches Moment, das als er:
klaͤrendes Prinzip in die Natur getragen wird, um phyſto⸗
logiche Dinge zu erklären, die nur rein biophyſtſch aufgefaßt
werden dürfen. Mit anderen Worten: Der Vogel hat eben⸗
ſowenig Gefallen an Wohlgeruch wie an Schoͤnheitsfinn.
Zweitens riecht der Vogel ſo gut wie garnicht, im allgemeinen
ſehr ſchlecht; viele Vögel können wahrſcheinlich überhaupt nicht
riechen, und nur für einige ift es beſtimmt anzunehmen, name
lich für den Kiwi und wenige Meervogelarten (Thalassidroma
pelagica), bei denen die Naſenlöcher an die Spitze des Schna⸗
bels gelegt ſind (während ſie ja ſonſt meiſt von den Federn
verdeckt werden) und bei dieſen wenigen Vogelarten mit zur
Nahrungsſuche helfen. Es gilt beim Vogel der allgemeine
Satz der Natur: Je beſſer das Geſicht, um ſo ſchlechter die
Naſe. Der Vogel iſt ein vorzügliches Geſichts⸗, ein ſchlechtes
Naſentier.
) Ausführlich von mir behandelt in den Jahrbüchern der
Société des Naturalistes Luxembourgeois. In Meerwarths
Bildern aus der Tierwelt iſt dieſe Situation auch photo⸗
graphiſch ſehr hübſch feſtgehalten. Was bezweckt der Storch
mit dem Eintragen der Moosbündel? Will er die Jungen
weich betten ?
) Aus dieſem Grunde, und weil es wirklich ein experi⸗
mentel feſtzuſtellender Irrtum it, muß man auch immer,
vas ich nicht oft genug betonen kann, die Theſe des von mir
im übrigen hochgeſchätzten Darwin zurückweiſen, daß im
Rahmen der berühmten Zuchtwahl oder Ausleſe der Natur
das Vogelweibchen dem „ſchöneren“, dem durch Farben oder
Sejang glänzenden Männchen den Vorzug gebe. Keine
Spur davon! Wieiich tauſendmal feſtgeſtellt habe, herrſcht
im Vogelreiche lediglich das Recht des Stärkeren. Das phy⸗
fich ſtärkere Männchen wählt aus, das Weibchen nie; jenes
kommt zu feinem Recht, herrſcht und zwingt; lediglich auf
Brund feiner beſonderen Körperkräfte.
47
i
4. Kühlung follen die grünen Pflanzenteile den Eiern
bringen, teils direkt, teils durch Aus dünſtung von Feuchtigkeit
und dadurch eintretende Kühlung der Luft. Allein, erſtens
kommen die grünen Büſchel faſt nie mit den Stern direkt in
Berührung, ſodann iſt ihre wärmevermindernde Tätigkeit eine
ganz minimale, die vielleicht überhaupt keinen Ausſchlag zu
geben vermag.
5. Verdecken der Eier durch das Pflanzengrün iſt
zwar auch ſchon angegeben worden, aber direkt Unſinn. Ich
habe dies noch in keinem der zahlreichen von mir kontrollierten
Fälle beobachtet. '
6. Reinhalten des Neſtes gibt biefer und jener
Autor an. Aber es fragt fih nur: Wie? Auf welche Weile
ſollen denn die wenigen grünen Pflanzenteile das Neſt rein⸗
halten?! Das ift doch faſt unmöglich, in den meiſten Fällen
direkt aus geſchloſſen.
7. Bleibt immer noch die eine Erklärung, die ich ſchon
in meinem Buche „Unſere einheimiſchen Vögel“ (Heimatverlag,
Gera) auf S. 1 beim Turmfalken gegeben habe: Spielerei.
Es ift eine mehr oder minder willkürliche
Spielerei von ſeiten der Vögel, wenn ſie
grüne Zweige auf den Rand den Neſtes tragen.
Nur iſt dieſe Spielerei guch wieder in gewiſſen Grenzen ge⸗
bannt, indem die einzelnen Arten gewöhnlich immer dieſelben
und ganz beſtimmte Baumzweige und Pflänzlein bevorzugen
bezw. verwenden. Vielleicht gibt uns auch dieſe Tatſache noch
irgendwie einmal einen näheren Fingerzeig und Anhaltspunkt
zur reſtloſen, Er⸗ und Aufklärung. Einſtweilen ift es aber
nur als Spielerei aufzufaſſen. Fragt ſich nur noch: Wie iſt
dieſe Spielerei zuſtande gekommen? Und darauf habe ich zu⸗
nächſt und einſtweilen noch keine Antwort. Ebenſo nicht auf
die andere Frage: Warum iſt ſte zuſtande gekommen? Doch
auf das: warum? bleiben wir ja meiſt der Naturerſcheinung
gegenüber die Antwort ſchuldig. |
Ich verkenne nicht die ſchwer wiegenden Bes
denken gegen dieſe Erklärung. Denn: Spielen die
Vögel überhaupt? Tun fie etwas in der Art deſſen, was wir
„Spielerei“ nennen? Wäre dies nicht eine zweckloſe Lebens⸗
betätigung, alfo eine nutzloſe Kräftevergeudung der (ſonſt
immer 2) zweckſetzeuden Natur? Und wäre dieſe Erklärung
nicht wieder eine ſolche, die wir auf dem Wege „äſthetiſcher“
Anſchauung zu geben ſuchen? — Daß Tiere ſpielen, ſteht
feſt. Es iſt beiſpielsweiſe nach meinen Erfahrungen gerade
einer der charakteriſtiſchſten (freilich in keinem ornitho⸗
logiſchen Werke genannten) Unterſchiede zwiſchen Nebel⸗ und
Rabenkrähe, daß jener ein außerordentlich ſtarker Spiel⸗
ſinn vor dieſer eignet, ein Unterſchied, der auf rein biolo⸗
giſchem, vielleicht fogar phyſiologiſchem Gebiet liegt. Wenn
man den Spieltrieb der Tiere in dem Sinn auffaßt, wie
es Groos⸗Gießen in ſeinem Buche („Spiele der Tiere“)
tut, fo macht er ſich unbewußt geltend, ift die Auslöſung
überſchüſſiger Körperkräfte, und hat in den meiſten Fällen die
Zweckſetzung, daß er das junge (vorwiegend ſpielende) Tier
auf ſpätere Lebensbetätigung (3. B. flinke Bewegung) zur Er⸗
werbung der Nahrung oder Beſtehung von Kämpfen vorbe⸗
reitet, alſo zu dieſen Zwecken tauglich macht (ſpielende junge
Hunde, Katzen !). In unſerem Falle betr. Ausſchmückung der
Neſter käme ja Derartiges nicht in Frage. Ueberhaupt iſt,
wie oben geſagt, das ſchwerwiegendſte Moment gegen meine
Erklärung mit Spielerei dasjenige, daß die einzelnen Vogel⸗
arten ganz beſtimmte Pflanzenſorten bevorzugen bezw. allein
verwenden. Wenn man dieſem Umſtand näher nach⸗
denkt, ſo muß man ſagen: Da muß doch einmal, wenn auch
vielleicht jetzt nicht mehr, ein ganz beſtimmter Zweck vorge⸗
legen haben. Es könnte ja fein, daß der Zweck in früheren
Zeiten deutlicher vorlag, wirkliche Berechtigung hatte, und
daß jetzt dasjenige, was früher zweckmäßig war, in Spielerei
|
|
|
ausgeartet ift, aljo im Sinne eines ataviftifden Relikts ge⸗
wertet werden dürfte. Allein es iſt billig, auf Atavismus
ſchließen zu wollen, wo man einen Zweck nicht ſogleich er⸗
kennt, und man darf dies zunächſt auch nicht; eben darum
neige ich mehr und mehr zu der Erklärung die ich in
einer hier folgenden Nachſchrift gegeben habe.
Nachſchrift. Bei einer von mir angeregten ausgie⸗
bigen Ausſprache über dieſes Thema im Unterländer Zweig⸗
ver. f. Nat. k. (Heilbronn) wies ein Apotheker darauf hin,
daß die von den Vögeln eingetragenen grünen Stoffe meiſt
ſtark riechen; er erklärte zweckſetzend die Erſcheinung damit,
daß der Geruch dieſer Pflanzenteile den Vögeln läſtige,
ihren Eiern und Jungen vielleicht ſchädliche Inſek⸗
ten abhalten folle. Dieſe. Erklärung erſcheint im Gros
Ben und Ganzen recht plauſtbel (Thymian, Waldmeiſter uſw.
legt man ja auch in Schubladen, um Motten fernzuhalten).
In Fällen, wo die grüne Auskleidung nicht ſtark! duftet
oder überhaupt nicht riecht, wie bei Moos, friſchem Buchen⸗
laub uſw., würde auch diefe Erklärung hinfällig werden.
Immerhin haben die Inſekten ein anderes Geruchsorgan wie
die Menſchen und könnten auch in Fällen riechen, wo wir
keinen Geruch wahrnehmen, und dadurch abſtoßend berührt
werden. Inſekten find ja ausgeſprochene Geruchs⸗
tiere. Demnach käme doch die Erklärung des Geruchs
in Frage, nur daß er nicht auf die Vögel, ſondern die In⸗
ſekten bezogen würde. Auch und gerade in dieſem Falle
dürften wir die Ausſchmückung der Neſter in ihrer Speziali⸗
flerung (für die verſchiedenſten Inſekten?) nicht dem Intellekt
der Vogel zuſchrelben, es wäre eine reine Inſtinkthandlung.
Pfarrer Wilhelm Schuster.
F. Nachruf.
Am 11. Dezember 1915 ſtarb wieder einer der viel:
verſprechendſten jüngeren bayeriſchen Forſtverwaltungsbeamten
den Heldentod. Forſtpraktikant Dr. Wilhelm Kübler,
Leutnant im 1. bayeriſchen Reſerve⸗Fußartillerie⸗ Regiment,
wurde durch eine Granate bei Thelus getötet. Dem erſt
28. jährigen wäre ſicher eine glänzende Laufbahn beſchieden
geweſen. Perſönlich ein überaus liebenswürdiger, vornehmer
Charakter, zog ihn auf der Univerſität beſonders das natur⸗
wiſſenſchaftliche Studium an. Nach Abſchluß ſeines Refe⸗
rendarexamens, das er mit Note 1 beſtand, promovierte
Kübler unter Vorlage einer pflanzenphyſtologiſch⸗chemiſchen
Arbeit „Die Periodizität der Nährſalzaufnahme und Trocker⸗
ſubſtanzbildung von zweijährigen Buchen“ „summa cur
laude“ an der ſtaatswirtſchaftlichen Fakultät der Münden
Univerfität. Das Spezialſtudium des ungewöhnlich begabten
Schülers Alimeiſter Ramanns galt der Bodenkunde und Gr
nährungschemie der Forſtpflanzen.
Auch die ſoldatiſchen Eigenſchaften Küblers waren gläs⸗
zende, wie aus den rühmenden Worten im Nachrufe feines
Regimentskommandeurs gefolgert werden muß. B.
G. Harzleim,
wie er zur Herſtellung guten Schreibpapiers notwendig ijt,
wurde ſeither durch Deſtillation aus Terpentin gewonnen:
das letztere früher in ausgedehntem Maße von deutſchen und
öſterreichiſchen Kiefern (Pinus silvestris und nigricans), in
letzter Zeit vorwiegend von ausländiſchen Kiefernarten, int:
beſondere P. palustris und maritima, aus Amerika und Frant:
reich. Seitdem nun der Krieg dieſe Einfuhr erſchwert oder
unmöglich gemacht hat, müßte man wieder auf die bei un:
faft ganz abgekommene Harznutzung zurückkommen, wenn et
nicht etwa gelingen folte, auf dem Wege chemiſcher Syntheſe
oder durch Verarbeitung geeigneter Induſtrie⸗Produkte einen
Erſatz für das Harz zu gewinnen.
Dr.⸗Ing. Emil Heuſer, Brofeffor an der Techniſchen
Hochſchule in Darmſtadt, beſchäftigt u d vor einiger Zeit
auch zu greifbaren Ergebniſſen gelangt, fo daß der künſſtliche
Harzerſatz bereits in einem Teile der Papierinduſtrie Ber:
wendung findet. Für die Lejer der A. F. u. J.⸗Z. wird es
ohne Zweifel von Intereſſe fein, zu erfahren, ob auf dieſe
Art der inländiſche Bedarf gedeckt werden kann oder ob und
in welchem Umfang doch die Harznutzung in unſeren Nadel⸗
holzwaldungen wieder einzuführen wäre.
teilungen hierüber würden wir dankbar ſein. D. Red.
H. Geheimerat Dr. Richard Heß,
von 1869 bis 1910 ordentl. Profeſſor der Forſtwirtſchaft
an der Univerfität Gießen, felt dem 1. Oktober 1910)
ebendaſelbſt im Ruheſtand lebend, ift am 18. Januar d. 38.
Mit dieſem Problem it, :
wie uns in dankenswerter Weiſe mitgeteilt wird, zurzeit Herr
Für weitere Mit: ,
nach längerem ſchwerem Leiden geſtorben. Im Juni v. Js.
hatte er das 80. Lebensjahr zurückgelegt. In einem der
nächſten Hefte werden wir ſein Bild mit Lebensbeſchreibung
und Nachruf af bringen. D. Red.
1) Val. J März⸗ und Novemberheft 1910.
Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer,
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländers Verlag.
Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. M. — G. Ottos Hoſbuchdruckerei in Darmitadt.
Allgemeine
und Jagd⸗Zeitung.
8 ER RE | Herausgegeben
. Karl Wimmenauer, d Dr. heinrich Weber,
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8 be u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft
1 -- an der Univerſität Gießen.
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Frankfurt am Main.
J. D. Sauerländer's Verlag.
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— Die Allgemeine Forh- und Bagd-Beitung erſcheint regelmäßig jeden Monat und
Er e mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗
lungen und Poſtanſtalten.
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Geh. Forstrat und Professor der Forstwissenschaft
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Allgemeine
Fork: und Jagd
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März 1916.
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Torfliches aus dem „Gelfin“.
Bon W. Keßler, Kgl. Preuß. Forſtmeiſter a. D.
(Schluß.)
III.
„Arbeiten und nicht verzweifeln“!
Carlyle.
Leiſtungen und Ziele. Hemmungen
und Förderungen.
Das Jahr 1908 war ein kritiſcher Zeitpunkt in
der Geſchichte der Teſſiner Forſtverwaltung.
Auf Grund des Bundesforſtgeſetzes vom 11. Oktbr.
1902 und der Ausführungs-Verordnung vom 13. 3.
1903 war endlich im Jahre 1907 dem Großrat (Land:
tag) der Entwurf eines neuen Kantonsforſtgeſetzes vor⸗
gelegt worden. Dasſelbe wurde nach ſehr eingehen⸗
der Beratung vom Landtag angenommen und vom
Bundesrat in Bern beftätigt, der zugleich verweigerte,
über Einſprüche, welche gegen das Geſetz aus dem Kan⸗
ton erhoben waren, zu entſcheiden.
Anträge auf ein referendum, d. h. Volksabſtim⸗
mung über das Gejeg, wurden als nicht rechtzeitig
geſtellt und genügend unterſtützt abgelehnt und das
neue Forſtgeſetz vom 19. Juni 1903 als gültig
erklärt. Eine Klage, welche vom Patriziat Locarno
beim Oberbundesgericht gegen das Geſetz, welches in
verſchiedenen Punkten gegen die Verfaſſung verſtoßen
ſollte, erhoben wurde, ward zurückgewieſen.
Inzwiſchen waren die Gegner des Geſetzes aber
nicht untätig geblieben und ſtellten unterm 4. Nov.
1908 den Antrag auf die ſogen. Initiative d. h. Volks⸗
miheidung über einen von ihnen dem Geſetz ent:
gegengeſtellten neuen Entwurf. Innerhalb der geſetz⸗
mäßigen Friſt von 60 Tagen brachten fie 9182 Unter:
ſtzriſten !) hierfür zuſammen und erzielten damit, daß
am 7. November 1909 zur Volksabſtimmung über
dus Geſetz geſchritten wurde. Von den abgegebenen
12750 Stimmen waren 11381, alfo rd. 90 „%, gegen
das Geſetz von 1908, welches damit fiel.
Ban „ERBEN
Fotſtorganiſation.
! ) Im Kanton Teſſin find für Einbringung einer Volks—
initiative 7000 Unterſchriften erforderlich, während für ein
g Referendum 5000 genügen.
i 1916
Während des Streites um das Forſtgeſetz hatte der
Kantonsf forſtinſpektor F. Merz, welcher 20 Jahre ſeinen
vahrlich nicht leichten Poſten mit Eifer und Erfolg
verſehen hatte, im Jahre 1909 feine Entlaffung ein:
gereicht, um einer ehrenvollen Berufung als eidgenöj-
ſiſcher Forſtinſpektor an das Bundesforſtamt in Bern
zu folgen.
An ſeine Stelle trat der bisherige Kreisoberförſter
von Bellinzona, Carlo Albiſetti, welcher noch gegen⸗
wärtig an der Spitze der Teſſiner Forſtverwaltung
ſteht.
Der vorher geſchilderte Kampf gegen das Forſt⸗
geſetz von 1908 war nichts anderes als der Ausdruck
eines ſchon längere Zeit gährenden und bei dieſer Ge:
legenheit zum offenen Ausbruch gekommenen Konfliktes
zwiſchen den Patriziaten und der Forſtverwaltung.
Nachdem das Volk ſich in ſo entſchiedener Weiſe und
überwältigender Mehrheit gegen die Forſtverwaltung
erklärt hatte, wurde nunmehr ſeitens des Großrates
eine Kommiſſion von 3 Abgeordneten zur Prüfung
der ganzen Verhältniſſe ernannt, die nach gründlicher
Unterſuchung unterm 5. April 1910 einen ausführ⸗
lichen Bericht erſtattete.
In demſelben wurde ausgeführt, daß die eigentliche
Schuld des Konfliktes in dem natürlichen Gegenſatz
zwiſchen den Intereſſen der auf das allgemeine und
die Zukunft hinzielenden Forſtwirtſchaft und dem mehr
einſeitigen auf den gegenwärtigen Nutzen, namentlich
durch die Weidewirtſchaft, bedachten Standpunkt der
Korporationen liege, und daß beide Teile gefehlt hätten;
der eine durch Mangel an Rückſicht auf die einmal
beſtehenden Verhältniſſe; der andere durch Störrigkeit
und kurzſichtigen Widerſtand. Eine künftige geſunde
und ausſichtsvolle Forſtpolitik müſſe durchaus die
beiderſeitigen Intereſſen zu verſöhnen ſuchen und
jede unnötige Bevormundung der gegen Beſchränkung
ihrer wirtſchaftlichen Freiheit empfindlichen Korpora—
tionen vermeiden.
Im beſonderen wurde empfohlen, mehr Hochwald
zu ſchaffen, welcher der Weide weniger hinderlich ſei
als Niederwald, und gleichzeitig die Verbeſſerung der
Weidegründe in die Hand zu nehmen, auch betreffs
7
50
der Abgrenzung des Waldes und der Weide keine un:
durchführbaren Forderungen aufzuſtellen.
Bei der Ausführung der Aufforſtungen möge man
den Unfidten und Wünſchen der Waldeigentümer mög:
lichſt Rechnung tragen.
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Die von der Forſtverwaltung angeftrebte Auf⸗
hebung der Parzellenwirtſchaft der einzelnen Nutznießer
im Niederwalde ſollte fallen gelaſſen werden, ebenſo
wie es nicht durchführbar ſei, auf der Einführung eines
ſtändigen verantwortlichen Hirten (pastori stabili) für
die waldſchädlichen Ziegenherden zu beſtehen. Dagegen
ſollte man die Zahl der auszutreibenden Ziegen, welche
ſich übrigens ſchon von ſelbſt ſtets vermindere, mög⸗
lichſt beſchränken. Es wurde dann ferner empfohlen,
die Zahl der Revierförſter zu vermehren und die An⸗
ſtellung eigener Waldwärter ſeitens der Patriziate zu
begünſtigen, die im Fall der Tauglichkeit zu Revier⸗
förſtern befördert werden könnten. Dadurch würden
auch die haufigen Reibungen zwiſchen den jetzigen Re-
vierförſtern und den Patriziatsverwaltungen leichter
vermieden.
Auf alle Fälle aber ſei die Schaffung eigener Do⸗
- mänenforften für den Kanton anzuſtreben.
Es wurde nun unter Berückſichtigung der vorge:
ſchlagenen Aenderungen und Milderungen des Geſetzes
von 1908 noch im Jahre 1910 der Entwurf eines
neuen Forſtgeſetzes ausgearbeitet und ſowohl dem
Großrate wie der Vereinigung der Patriziate und der
Bundesforſtbehörde zur Vorprüfung vorgelegt; welches
dann nach langen Verhandlungen im Jahre 1912 an:
genommen und proklamiert wurde.
Die Forſtorganiſation des Kantons ift
nach Erlaß des neuen Forſtgeſetzes wohl auch weit⸗
gehenden Anſprüchen genügend.
Das Forſtgeſetz vom 26. Juni 1912 beſtimmte in
Art. 5 die Anſtellung
I. eines Kantonsforſtinſpektors capo is-
pettore forestale, etwa unſerm „Bezirks⸗Ober⸗
forſtmeiſter“ entſprechend,
II. eines Forſtinſpektors ispettore forestale
für jeden Kreis (circondario); als „Kreisober—
förſter“ zu bezeichnen, Ä
III. eines Unterinſpektors (sottoispettore) für
jedes Revier (sezione) alſo Revierförſter ).
Außerdem ſollten von den einzelnen waldbejigen: ,
den Patriziaten oder ſonſtigen juriſtiſchen Perſonen
(ente pubblico) mindeſtens je 1 geeigneter Wald⸗
') Für jedes Revier iſt im Jahre 1913 eine beſondere
Geſchäftsanweiſung erlaſſen worden, wonach z. B. die Ne-
vierförſter fih den Patriziaten zur Verfügung halten und,
ihre Revierbeſuche in eine bei der Korporationsbehörde ge—
führte Kontrolle genau vormerken müſſen.
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wärter oder Bannwart (guardaboschi) angeſtell
werden.
Es wurde hiermit übrigens nur der ſchon be
ſtehende allmählich herausgebildete Zuſtand geſetzlic
feſtgelegt und erweitert; denn ſchon im Jahre 190:
waren nach Merz außer dem Kantonsforſtinſpekto:
5 Kreisoberförſter, 1 Adjunkt, 20 vom Staate bi
ſoldete Revierförſter und mehr als 200 Bannwarte
vorhanden.
Der neueſte Etat und Rechenſchaftsbericht von 191“
führt auf:
1 Kantonsforſtinſpektor, 6 Kreisoberförſter, 1 Do:
mänenoberförſter und 37 Revierförſter. Die Zahl der
nicht mehr zu den Kantonsforſtbeamten zählenden Wald:
märter wird nicht genannt. Für die 8 höheren fort
beamten war im Geſetz ein Gehalt von 4000—4500
Frs. für den Kantonsforſtinſpektor, und 3000 —4000
Frs. für die Kreisoberförſter vorgeſehen, außer welch
nur noch geringe Diäten für Dienſtreiſen (5—6 Ft.
für den Tag und 3—4 Frs. für die Nacht, neben den
Eiſenbahn- und Poſtfahrkoſten) gewährt werden.
Die Revierförſter ſollten 1000 — 1800 Frs. Gehalt
und 3 Frs. Uebernachtungsgebühren erhalten.
Nach den vorliegenden Jahresrechnungen werden
dieje Sätze auch in Wirklichkeit ziemlich genau inne gr
halten; jedenfalls nicht nennenswert überſchritten. Ein:
zelne Revierförſter bleiben fogar noch hinter den Pin:
deſtſätzen zurück und erhalten nur 500 — 900 Frs. Es
find dies ſolche, welche aus dem Stand der Wald
wärter hervorgegangen find. Das Geſetz ſieht nämlich
in Art. 15 ausdrücklich vor, daß Bannwarte, welche
die erforderliche Vorbildung nachweiſen und ein Ge⸗
halt nicht unter 500 Frs. erhalten, zu der Stellung
amten, aufrücken können.
Im allgemeinen ſollten ſonſt die Waldwärter aus
der anſäſſigen Landbevölkerung und den Waldarbeitern
genommen werden. Die für ſie bisher ſeitens der
Waldbeſitzer angelegten Beſoldungen waren außer:
ordentlich gering; 30—200 Frs. pro Jahr! Daß
dementſprechend auch ihre Leiſtungen nicht ſehr her—
vorragend ſein können, iſt nur natürlich.
Nach dem Bundesforſtgeſetz vom 11. Oktober 1902
(Art. 40) trägt der Bund zu den Beſoldungen der
höheren Forſtbeamten 25 —35 %; zu denen der fub:
alternen 5—20°% bei. Die Waldeigentümer haben
für die Revierförſter 10 — 30% der Koſten berg
ſteuern.
Zweifellos find die vorſtehend aufgeführten Ge
hälter, welche noch nicht die Hälfte der z. B. in Preußen
geltenden Sätze erreichen, außerordentlich niedrig; zu—
mal wenn man berückſichtigt, daß alle anderen Neben⸗
bezüge und Lebenserleichterungen, wie Dienſtwohnungen.
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des Revierförſters, aljo eines techniſchen Kantons⸗Be⸗
51
ibrennholz uſw., gänzlich fortfallen. Freilich find
ensunterhalt und Lebensanſprüche etwas einſacher
leichter zu befriedigen als in Deutſchland; aber
merhin möchte man den Kollegen im Teſſin recht
n und bald eine erhebliche Aufbeſſerung wünſchen.
Leider iſt bei den gegenwärtigen wirtſchaftlichen
rhältniſſen zunächſt kaum eine Hoffnung hierfür vor⸗
nden. Bald nachdem das neue Forſtgeſetz und die
ue Organiſation durchgeführt waren, krachten im
inter 1913/14 die 3 Hauptbanken des Teſſin in⸗
ge unfähiger und leichtiertiger Geſchäftsführung zu:
nmen; wodurch das Volksvermögen des Kantons
n viele Millionen geſchädigt wurde. Dann kam der
‘elttrieg, welcher auch die neutrale Schweiz in bittere
titleidenfchaft zog, und ganz beſonders den wirtſchaft⸗
h vielfach von Italien abhängigen, im übrigen auf
remdeninduſtrie angewieſenen Kanton Teſſin.
Man kann. es nur zu gut verſtehen, wenn gegen:
oärtig überall geſpart und geſtrichen wird, wo es
rgend denkbar und möglich iſt. So kommen auch
eider die hoffnungsvoll begonnenen forſtlichen An⸗
äufe wieder ins Stocken. Hat man doch ſogar den
m Geſetz ausgeworſenen Jahresbetrag von 10000 Frs.
ür Schaffung von Kantonsforſten für die nächſten 5
fahre wieder abgeſetzt!
Anerkennenswert iſt übrigens, daß die ſämtlichen
kantonsforſtbeamten jhon feit 1899 von Amtswegen
bei der Schweizer Unfallverſicherungsgeſellſchaft in
Dinterthur zu angemeſſenen Sätzen verſichert find,
vobei der Kanton die Hälfte der Prämie zahlt. Alle
fantonsforſtbeamten werden auf Perioden von 6
Jahren gewählt. Was die Vorbildung anlangt,
ſo haben die höheren Forſtbeamten ſelbſtredend den
Bundesvorſchriften entſprechend die Berechtigung zur
Anſtellung durch den ſchweizeriſchen jetzt 5 jährigen
Studien⸗ und Uebungskurs und die damit verbundenen
Prüfungen erworben.
Die Revierförſter werden aus gebildeten und körper⸗
lich geeigneten Einwohnern gewählt, welche einen forſt⸗
chen Ausbildungsunterricht von 2 Monaten in 2 ge⸗
trennten Kurſen, einem wiſſenſchaftlichen und einem
mehr praktiſchen, durchmachen müſſen. Es finden ſich
unter ihnen viele fähige und gewandte Männer, u a.
auch frühere Lehrer. An allgemeiner Bildung dürften
Ne den deutſchen Förſtern keineswegs nachſtehen.
Weniger günſtig iſt es mit den Waldwärtern be:
Hellt, für welche nur kurze Ausbildungskurſe von |
Woche abgehalten werden. Immerhin würden dieſe
einfachen, dem praktiſchen Leben entnommenen Männer
NA bei entſprechender fortgeſetzter Schulung durch ihre
Lorgeſezten nicht ſchwer zu brauchbaren Gehilfen in
Schrieb und Forſtſchutz erziehen laffen, wenn man fie
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derart beſolden könnte, daß ſie eine gewiſſe Unab⸗
hängigkeit erlangten.
Als neulich im Bezirke Lugano die Teilnehmer
eines ſolchen Waldwärterkurſus nach Schluß deſſelben
zur Entlaſſung kamen, wurden ihnen ſeitens der Auf-
ſichtsbehörde Abſchieds- und Geleitsworte gewidmet,
welche voll Anerkennung und liebevoller Würdigung
ihrer künftigen Tätigkeit waren. Sie wurden als
Miſſionare und Apoſtel gefeiert, welche nun die Kennt⸗
nis vom Walde draußen im Lande verbreiten und
das Evangelium von der Bedeutung und dem Nutzen
der Forſten überall predigen und verkünden ſollten!
Gearbeitet worden iſt in den letzten Jahr⸗
zehnten auf forſtlichem Gebiete im Teſſin recht viel;
wohl mehr als in den meiſten anderen Kantonen.
Merz hebt ſchon in ſeiner Zuſammenſtellung vom Jahre
1903 mit einem gewiſſen nicht unberechtigten Stolz
hervor, daß in den letzten 15 Jahren 1500 ha Kahl⸗
flächen mit ca. 12 Millionen Pflanzen und einem
Koſtenaufwand von rund 700 000 Frs. aufgeforſtet
ſeien. 7 ha Pflanzkämpe waren angelegt, welche jähr⸗
lich ca. 800 000 Pflanzen lieferten. Er erinnert an
das gewaltige Werk der Teſſin⸗ und Maggiakorrek⸗
tion!), welche weit über 2000 ha ſchützt und gegen
600 ha teilweiſe auch zur Holzzucht brauchbaren Bodens
gewonnen hat. Er erwähnt die verdienſtvollen La⸗
winenſchutzbauten im Hochgebirge, deren damals
ſchon 23 mit einem Koſtenaufwande von mehr als
500000 Frs. vollendet waren. Faſt noch wichtiger
waren die Arbeiten zur Verbauung der Wild:
bade, von denen nicht weniger als 44 allein
54 000 cbm Mauerwerk außer Flechtwerken, Erd⸗
bauten uſw. erfordert hatten. Hierfür war mehr als
5 Million Frs. ausgegeben worden. Im ganzen
waren für alle Arbeiten, Aufforſtungen, Lawinen- und
Wildbachverbauungen 1 600 000 Frs. aufgewendet
worden, wovon die Eidgenoſſenſchaft mehr als die
Hälfte als Unterſtützung gewährt hat:).
Im Jahre 1908 wurde auf Anſuchen der Kantons:
forſtbeamten, welche vielfache Anfeindungen ihrer Tätig⸗
keit und Erfolge erfahren hatten, und auf Anregung
aus dem Landtage ſelbſt ſeitens des großen Rates eine
Unterſuchung der bisherigen forſtlichen Arbeiten an
Ort und Stelle durch eine Kommiſſion angeordnet, an
welder der damalige Profeſſor der Forſtwirtſchaft am
Eidgenöſſiſchen Polytechnikum zu Zürich, M. Decoppet
(gegenwärtig Bundesoberforſtinſpektor zu Bern, Nach—
folger des unverwüſtlichen und unvergeßlichen Dr. Coaz,
1) Die Geſamtkoſten allein, der Teſſinkorrektion haben
bis Ende 1914 5696118 Frs. betragen.
2) In der ganzen Schweiz waren in demſelben Zeit—
raum 6½ Millionen für Forſtarbeiten ausgegeben worden,
fo daß auf den Teſſin / aller Aufwendungen kommt.
7
welcher mit 93 Jahren noch fein Amt verſah), als forft- | begünftigtes, von der Kultur aber vernachläſſigtes Lan
licher Sachverſtändiger teilnahm. Aus ſeinem im Jahre
1909 veröffentlichten Bericht entnehme ich folgende
Angaben, welche auf der Merz'ſchen Statiſtik von 1908
beruhen.
In dem Zeitraum 1876—1908 waren neu auf:
geforſtet mit 12313 100 Pflanzen 1900,27 ha
für En 6. o. ee NG 723 481 Frs.
davon 30 % Laubhölzer
Für Einzäunungen der Kulturen
(108 356 m) waren aufgewendet
Zum Schutz gegen Lawinen waren
erſtellt 58 516 ebm Mauerwerk und
39 526 m Pfahlbauten für .
Für Wildbachverbauungen waren
errichtet 85107 cbm Mauern, 111386
m Flechtzäune und 7529 m Grä⸗
124986 „
385624 „
ben fir Un... 688 275 „
Ferner waren in den Schutzgebieten
1465 m neue Wege angelegt für 9454 „
Mithin für fertige Arbeiten Summe 1931830 Frs.
Von den bereits vollendeten Arbeiten entfallen auf
Aufforſtungen allein 37,5%; auf Gd ugar:
beiten 62,5%. Zu den aufgewendeten Koſten hatten
beizutragen:
Der Bund: 55,50%, der Kanton 19,9% und
die Grundeigentümer 24,60%.
Man ſieht, welche im Verhältnis zur Größe des Be-
zirks bedeutenden Summen aufgewendet!) und nament⸗
lich von der im Teſſin leider jo oft verkannten Bundes-
regierung zugeſchoſſen ſind, um den Kanton in der
ſchwierigen und koſtſpieligen Aufgabe zu unterſtützen,
frühere Sünden wieder gut zu machen?).
Ich möchte übrigens bei dieſer Gelegenheit be-
merken, daß nichts unrichtiger iſt, als ſich den Teſſin,
wie es ſo vielfach geſchieht, als ein zwar von der Natur
) In Teſſin find aufgewendet je km? Waldfläche 2600
Frs.; in Graubünden 825, im Wallis 250 Frs.
) Beſuchern des Teſſin, welche ſich über „die Sünden
der Väter“ und ihre Folgen näher an Ort und Stelle unter
richten möchten, empfehle ich Studium des. Maggia—
und Rovanatals, beſonders bei Someo und Campo. Das
Maggiatal bei Someo wird vor 100 Jahren als „eine frucht—
bare Ebene mit üppiger italieniſcher Kultur“ beſchrieben.
Heute iſt es nach den furchtbaren Verheerungen, welche die
Maggia nach der Entwaldung der Talhänge in ihrem mitt—
leren und oberen Lauf angerichtet hat, eine Fels- und Stein»
wüſte mit vereinzelten Rulturoafen. Bei dem durch feine
gleitenden Erdſchichten berühmten und gefährdeten Campo
hat ebenfalls Entwaldung des oberen Geländes und nament—
lich ein unbedachter Flößereibetrieb in der durch gewaltige
Klauſen aufgeſtauten Rovana, welcher das Bett des Fluſſes
um mehr als 30 m tiefer aushöhlte, die ganzen Waſſerab—
flußverhältniſſe der Art ungünſtig beeinflußt, daß die Boden—
ſchichten ins Abrutſchen gerieten.
52
vorzuſtellen, deſſen Einwohner materiell und morali:
unfähig feien, wirkſam an der Hebung ihrer Hen:
zu arbeiten! Ich behaupte, daß der Teſſin viele de
ſche Landſchaften in ähnlicher Lage an Kultur üb:
trifft. Man nenne mir einmal ein deutſches Gebirg:
land, wo 3. B. Poſtſtraßen und Poſtverkehr von äh:
lich guter Beſchaffenheit vorhanden find! Selbſt m:
Unterkunft und Verpflegung anlangt, bieten einſar
Teſſiner Bergorte oft mehr als die großen Tir
und Flecken in der Nähe Berlins! Auch an das be:
gebrachte Märchen von der Teſſiner Armut glaube it
nicht mehr, feit ich erlebt habe, wie anſcheinend let:
die jo großen Schädigungen der Bankkrache ertrage
wurden. Die außerordentliche Genügſamkeit und Spar
ſamkeit der Bewohner überwinden auch die ungünftigfte"
Verhältniſſe leichter, als man denkt, und der nament:
lich im Auslande bewährte Erwerbsfleiß der Felina
ſorgt für die Schaffung und das Zuſtrömen friſchn
Kapitals. Ich bin überzeugt, daß auch in der Wild |
kultur und Forſtwirtſchaft von dieſem begabten un
unverdroſſenen Volke Gutes geleiſtet werden könn
wenn es gelänge, die Einſicht zu verbreiten, daß dice:
Wirtſchaftszweig zum privaten wie öffentlichen Vorteil
gereichte.
Dies ift der Kernpunkt für allen Fortſchritt der
forſtlichen Beſtrebungen im Teſſin.
Daß auf die eigentlichen Aufforſtungen mt,
etwa / der Geſamtkoſten verwendet feien, während
auf die Schutzarbeiten faſt 2/s entfielen, bezeichnet
Decoppet mit Recht als ein unrichtiges für die Jork: |
kulturen zu ungünſtiges Verhältnis.
Im einzelnen findet dann D. bei den gemachten
Kulturen das fo bedeutende Vorwiegen der Nadel
hölzer (70 %) bedenklich!) und tadelt die große De
vorzugung der Lärche, welche man auch in zu niedrige
und zu warme Lagen gebracht habe. Er möchte, nament:
lich mit Rückſicht auf die Feuersgefahr und Streuge |
winnung, die Laubhölzer mehr berückſichtigt wiſen.
verwirft aber andererſeits auch die einſeitige Abneigung
gegen Nadelholzkulturen im Sottoceneri. .
Er warnt ferner, das Ziel von Anfang an gleid
zu hoch zu fteden, d. h. auch über der heutigen
Waldgrenze ſchon Aufforſtungen zu verſuchen, während
innerhalb des jetzigen Waldareals noch ſo unendlich
viel zu tun bleibt. N
Dann müßten vor allem die einmal mit ſo großen
Koſten angelegten Kulturen auch dauernd geſchütz
und erhalten werden, was bedauerlicher Weile u
——— l¶ —
1) Wohl infolge der Deſchen Ausſtellungen hat ſich fet
1908 das Verhältnis zu Gunſten der Laubhölzer geände |
Von 1903-14 find 2263796 Laubhölzer und nur 1505 25 |
| Nadelhölzer ausgeſetzt, aljo 60% zu 40%. i
nelen Gallen nicht geſchehen fei. Man habe das
Weidevieh nicht im Zaum zu halten vermocht und die
ganze Anlage ſei wieder vernichtet worden!
Ganz beſonders ſcheint mir in den D.'ſchen Aus:
ſührungen aber das Betonen eines grundſätzlichen
Punktes von Bedeutung; daß nämlich an der Sa:
nierung eines Talgebietes nicht nur die oben-
liegenden Berggemeinden intereſſiert ſind, auf deren
Gelände die Arbeiten ausgeführt werden, ſondern oft
weit mehr die unteren Tallandſchaften, welche eben
durch diefe Arbeiten gegen die Folgen von Ueber:
ſchwemmungen, namentlich Ueberflutung mit herabge—
führtem Geröll uſw., geſchützt werden. Unbedingt
müßten auch ſie mit zu den Koſten der Anlage und
Unterhaltung der Schutzbauten und Kulturen heran—
gezogen werden. Als Beiſpiel wird das ſchon mehr:
fach erwähnte Val Colla angeführt mit dem Oberlauf
der Caſſarate, in deſſen Bereich faſt / Million Frs.
zu Sanierungszwecken verarbeitet iſt. Das an der
Ausmündung des früher ſehr gefährlichen Fluſſes in
den See belegene Lugano genießt heute eigentlich den
Hauptvorteil dieſer großen und, wie man wohl be—
haupten darf, durchaus gelungenen Melioration!
Von der großen dort aufgewendeten Summe haben
die Grundbeſitzer etwa 25% und der Kanton 20%
aufgebracht; das Uebrige iſt Beitrag des Bundes. Im
Val Colla iſt übrigens nicht nur der unmittelbare
Zweck; die Verbauung der Wildbäche, Befeſtigung des
Bodens und Wiederbewaldung der Quellgebiete, er:
wiht worden, ſondern, was vielleicht noch höher an-
zuſchlagen iſt, die Ausſöhnung und Befreundung der
Bevölkerung mit dem urſprünglich mit Mißtrauen
und Feindſchaft betrachteten Sanierungswerk.
Neben der Aufſtellung von Forſtwirtſchaftsplänen
und Ablöſung der Servituten wird die Erwerbung
beſtimmter geeigneter und gefährdeter Gebiete und ihre
Aufforſtung ſeitens des Kantons auch von D. warm
empfohlen.
Beſonderes Gewicht legt er darauf, daß der Er:
haltung und Verjüngung der nod vor:
handenen Waldungen größere Sorgfalt als
bisher zugewendet werde.
Sicherungs-
im Teſſin verhältnismäßig weit mehr geſchehen fei als
in anderen Kantonen, daß aber in Schutz und Er—
haltung der ſchon beſtehenden Wälder die Leiſtungen
viel zu wünſchen übrig ließen. Er rät, neben Ber:
mehrung ihrer Zahl vor allem die Stellung der
Forſtbeamten materiell und moraliſch zu heben
und zu beſſern, ſo daß ſie frei von Sorgen und ge—
ſtützt durch die Regierung ihren ſchönen aber im Teſſin
doppelt ſchweren Beruf erfüllen können.
Jeder Kenner des Landes und wahre Freund des
Er hebt hervor, daß in
und Aufforſtungsarbeiten
Teſſin wird ſich dieſem Wunſche nur von ganzem
Herzen anſchließen können. Die Fachgenoſſen in Deutſch—
land und anderen Ländern mit älterer feft begrün⸗
deter und pfleglich geführter Forſtwirtſchaft können ſich
kaum eine Vorſtellung davon machen, mit welchen
Schwierigkeiten die Kollegen am Südfuß der Alpen
zu kämpfen und zu arbeiten haben.
Nicht nur, daß ihre materielle Stellung eine un-
zureichende ift; daß das ſchwierige oft faſt unzugäng⸗
liche Terrain, welches ſie nicht ſelten nötigt, gegen
1000 m bergab und bergauf wiederholt an einem Tage
auf pfadloſem Gelände zu machen, ihnen Anſtreng—
ungen auferlegt, die man anderswo gar nicht kennt —
es gilt auch für ſie, berghohe Vorurteile und abgrund—
tiefes Mißtrauen der Bevölkerung zu überwinden,
welche in jeder Forſtkultur nur eine Beſchränkung ihrer
Freiheit und ihres Eigennutzes ſieht. Alles unter
ſolchen Verhältuiſſen Erreichte iſt den Arbeitern dop—
pelt hoch anzurechnen!
Seit der Bereiſung und Begutachtung Decoppets
ſind wiederum 7 Jahre verfloſſen. In dieſem Zeit:
| raum, in welchem auch das neue Forſtgeſetz das Licht
der Welt erblickt hat, find die Befeſtigungs- und Auf:
forſtungsarbeiten fleißig weiter gefördert worden.
Nach den Rechenſchaftsberichten wurden in den 7
Jahren 1908—14 aufgeforftet: rd. 517 ha mit:
telſt 3473117 Pflanzen und einem Koſtenauſwande
von 2E & 237 036 Frs.
Für Schuzarbeiten (darunter 30748
Kubikm. Mauerwerk find ausgegeben 721348 „
Mithin im ganzen 958 424 Frs-
Die Koſten für Aufforſtungs- und Schutzarbeiten
ſtehen alſo in dem Verhältnis von 25 zu 75 /.
Außerdem ſind von Privaten ohne Kantons- oder
Bundesunterſtützung für Forſtkultur- und Schutzarbei—
ten aufgewendet worden 40 652 Frs.
Von der obigen Summe entfallen auf Unter:
ſtützungen Seitens des Bundes. 419098 Frs.
und „Kantons. . 182011 „
zuſammen. 601 109 Frs.
Rechnet man hierzu die Zahlen der Merzſchen Zu—
ſammenſtellung von 1876 - 1908, jo erhält man für
den ganzen Zeitraum 1876 - 1914, der für die
Forſtwirtſchaft und Forſtkultur im Kanton überhaupt
nur in Frage kommt, folgende Angaben:
Es ſind im Ganzen aufgeforſtet 2417 ha mit
15786217 Pflanzen. Die . Kulturkoſten
haben betragen 1085 512 Frs.
2 ²˙ —— ̃ —
|
IL
alſo 38 „0
Für Schutzbauten, Wildbachverbau—
ungen uſw., darunter allein 115 955
zu übertragen 1085512 Frs.
Uebertrag 1085512 Frs ſtellt, 24 Weideflächen gereinigt und geſäubert und
Kubikm. Mauerwerk, find aufge:
wendete . 1804741 „
alfo 62 9% |
Mithin im ganzen
(davon in den letzten 26 Jahren 1889
bis 1914 allein 2 793 195 Frs.)
und mit den Aufwendungen der Pri⸗
vaten 2 930 905 „
Zu dieſer beträchtlichen Summe hat der Bund beige:
ſteuert 53 un =. ;
Der Kanton 17%
2 890 253 Frs.
506 219 „
zuſammen 2 052 246 Frs.
ſodaß von den Waldbeſitzern getragen
find 30% =
In dieſen Zahlen
für Erwerb uſw. der neuen Kantonsforſten.
868 659 „
In den Jahren 1912—14 find für das Demanio |
forestale verarbeitet 57494,16 Frs., davon ift Bei:
trag des Bundes geweſen 39 986,23 Frs.
pflanzt ſind bis inkl. 1914 312 510 Pflanzen.
Nicht mit enthalten in den obigen Summen ſind
Abſchlüſſe des Pflanzgartenbetriebes,
welcher im Teſſin eine beſondere Rolle ſpielt, bei der
Berechnung der für die Forſtkultur aufgewendeten
die
Koſten jedoch inſofern außer Acht bleiben kann, als
er einen, wenn auch geringen, Ueberſchuß ergeben hat.
Hier ift in Umfang und Ertrag ein langſamer Rid:
gang zu verzeichnen.
Während im Jahrzehnt 1889 98 durchſchnittlich
jährlich 6,066 ha Kämpe im Betrieb waren und im
ganzen einen Ueberſchuß von 24 443,09 Fis. lieferten,
betragen die Zahlen für 1899/1908 5,221 ha und
4817,32 Frs. und für den Zeitraum 1908 — 14 nur
4,363 ha und 2 185,07 Frs.
Bis zum Jahre 1909!) waren der Forſtverwal⸗
tung auch die landwirtſchaftlichen Melio⸗
rationsarbeiten anvertraut, ſoweit dieſelben in
ihren örtlichen Bereich fielen. |
Merz führt im Rechenſchaftsbericht von 1908 an,
daß in den 20 Jahren 1889 - 1908 unter feiner Lei-
tung für landwirtſchaftliche Zwecke nicht weniger als
52 Straßen und Brücken, 44 Waſſerleitungen mit
Tränken und 38 Viehſtälle und Unterſtände gebaut,
8 Bewäſſerungs- und 5 Entwaͤſſerungsanlagen herge—
1) Wohl infolge des Gutachtens von Decoppet, wel—
cher die Entlaſtung der Forſtbeamten von nicht eigentlich
forſtlichen Arbeiten und die Anſtellung beſonderer Landwirt—
ſchaftstechniker befürwortete, iſt ſeitdem die Ausführung der
landwirtſchaftlichen Meliorationen durch die Forſtverwaltung
nicht mehr obligatoriſch, wird aber noch häufig gewünſcht
und auch geleiſtet.
54
find mit enthalten die Koſten
Ausge⸗
größere Bodenmeliorationen durchgeführt feien.
Der Geſamtkoſtenaufwand für diefe Arbeiten h.
betragen 954 166,08 Frs., davon hatte der Bund bi
246 408,11 Frs., der Kanto
21% = 195 037,86 Frs., ſodaß für die Grundeigen
tümer und Intereſſenten zu leiſten blieben 51 % =
geſteuert 28 %
482 720,10 Frs.
beiten ausgeführt, und zwar im Einzelnen:
7 Straßen nebſt Brücken in Länge
von 9,898 m für
9 Waſſerleitungen von 7479 m mit
222 Tränken für
1 Bewaͤſſerungsanlage von 106 m
Länge .
34 471,24 ,
3005,48 ,
7 Stallungen 24 821, —
4 Säuberungen auf zuſammen 16 ha
Weideflächen 3 4140,04 ,
1 Bodenmelioration auf 4,5 ha. 7 885,87 .
zuſammen . 125 056,55 gt.
Davon Beitrag des Bundes 38 177.44
des Kantons 22 043,58
der Intereſſenten 65 835,83.
Wie bedeutend auch im übrigen gerade auf land:
wirtſchaftlichem Gebiete im Kanton gearbeitet ift
und wird, mag die Angabe zeigen, daß in den 16
Jahren 1899 — 1914. im ganzen landwirtſchaftliche Me
liorationen für 2096 371 Frs. ausgeführt find mit
einem Bundesbeitrag von 450 580,75 Frs. und einem
Kantonsbeitrag von 375 721,92 Frs.
Mindeſtens ebenſoviel als für” diefe Verbeſſerungen
ſteuert der Bund noch jährlich für die verſchiedenſten
landwirtſchaftlichen Zwecke: Prämiierung von Zucht
vieh, Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten, Landwirt:
ſchaftlichen Unterricht, Viehverſicherung uſw. bei. Im
Jahre 1911 z. B. betrug der Bundeszuſchuß für bel
Noch im Jahre 1908 wurden von der Forſtrer
waltung auf dieſem Gebiete weitere umfangreiche Ar
1555727 Frs.
50 733,52 Fr:
Zwecke 33 708,78 Frs., während für Meliorationen be: |
| gefteuert wurden 32 989,37 Frs.
|
Dauernd der Forſtbehörde unterftellt find auch die
Zweige der Jagd und Fiſcherei.
Bis tief in das vorige Jahrhundert waren die Jagd:
| verhältniſſe im Teſſin verhältnismäßig gut’). Abge⸗
| ſehen von einem leidlichen Beſtand von Niederwil
namentlich Hafen, auch Schneehaſen, Stein- und Shnet:
hühnern und Birkwild, waren die höheren Bergpartien
1
) Geſchichtlich mag intereffieren, daß nach e
Lavizari (S. 262) in den Jahren 1852-59 noch 7
— — — — —— u
. i
(4 3 u. 8 q) und 53 Wölfe (30 F u. 23 q) im Kanton
0 Frs. ge
legt wurden, wofür eine Prämienſumme von 2820 Frs. 9
zahlt ward.
och faſt überall von Gemſen bevölkert. Beſonders das
"Ide val Verzasca bot den Gemszjägern reiche Beute.
Mit der Vernichtung der Wälder ſcheint auch die
Zerſchlechterung der Jagdverhältniſſe Hand in Hand
egangen zu fein. Als die Forſtbehörde die Aufſicht
iber die Jagd vor etwa 40-50 Jahren übernahm,
var auch in dieſer Hinſicht wohl zerjtört, was nur
nöglich war. Seitdem hat es ſich um tulnlichſten
Schutz des Verbliebenen und langſames Wiederaufbauen
zehandelt.
Was den Jagdſchutz aulangt, ſo iſt die Rieſen⸗
ahl von verbotenen Jagdgeräten (ordigni
oroibiti), Fallen, Schlingen, Dohnen uſw. bemerkens—
wert, welche alljährlich beſchlagnahmt werden. In ein-
zelnen Jahren find über 30 000 Stück der Konfiskation
verfallen; in den 14 Jahren 1901 — 1914 nicht weniger
als 256713! Wenn man berückſichtigt, daß doch ge—
wig nur ein beſcheidener Teil dieſer verhängnisrollen
Werkzeuge entdeckt wird, jo kann man fih eine Bor-
ſtellung von dem unerlaubten Jagdbetriebe und der
Wilddieberei im Kanton machen. Denn ſelbſtredend
haben die zahlloſen Liebhaber dieſer ſeit Menſchen—
altern gebräuchlichen Fangapparate kaum jemals einen
Jagdpaß (Patent) gelöſt, welcher gegenwärtig 10 Frs.
fojtet'). Anzuerkennen ift, daß die Raubzeugver—
tilgung ziemlich fleißig, allerdings größtenteils mit
Giftbrocken, betrieben wird. In den 10 Jahren 1905
bis 1914 wurden an Raubzeug gegen Prämien er:
legt: 3658 Füchſe, 313 Baummarder, 432 Steinmar:
der, 307 Iltiſſe, ca. 70 Fiſchotter, ferner 59 Adler,
193 Uhu, 2134 Sperber“).
Solange für Kraͤhen, Elſtern, Häher uſw. Prä-
mien gezahlt wurden, kamen jährlich von dieſen Vögeln
gegen 3000 unter dem Sammelnamen gazze zur Ab-
lieferung. An Prämien für Raubzeugerlegung wurden
in dem genannten Jahrzehnt 23 456,64 Frs. ausge:
zahlt.
In demſelben Zeitraum wurden 527 Jagdvergehen
und Uebertretungen zur Anzeige gebracht und mit im
ganzen 17 340 Frs. Geldbuße beſtraft.
Außer den Forſtbeamten und der Gendarmerie
waren noch 4—5 beſondere Auſſeher für den Jagd:
ſchutz angeſtellt.
An poſitiven Maßregeln zur Verbeſ⸗
) Zu den Zeiten Franscinis, um 1835, koſtete das Jagd⸗
patent nur 1 Frs. Damals wurden jährlich 1090- 1500
Jagdſcheine für die Jagd mit Schießgewehr ausgegeben.
Die Jagd mit Netzen uſw. war ganz frei.
) Kenner der Vogelwelt des Teſſin haben mir die Vers
mutung ausgeſprochen, daß unter „Adler“ alle größeren
Raubvögel, unter „Sperber“ alle kleineren Turm- u Baum-
falten intl.) und unter „Uhu“ alle größeren Eulen zuſam—
mengefaßt ſeien.
55
ſerung der Jagd und Hebung des Wild—
ſtandes laffen fic) anführen:
|
|
| I Die Bildung von Jagdſchonrevieren,
be denen die Jagd für einige Zeit (mindeſtens 5 Jahre)
|
|
|
|
ruben ſoll.
Als ſolche wurden z. B. die höchſte Gebirgsgegend
des Kantons am Campo Tencia und Simano, und
ipäter der Pizzo di Claro an der Bündner Grenze
und der Pizzo Ruscada am Valle Maggia erklärt.
Der Beſtand an Gemſen und Murmeltieren ſoll ſich
dort erſichtlich gehoben haben.
II. Die Bildung und Unterſtützung von
Jagdvereinen, deren etwa 10, meiſt mit dem
ſchönen Namen Diana, im Kanton beſtehen. An die⸗
ſelben werden jährlich 5— 6000 Frs. verteilt für Ber-
beſſerung des Wildſtandes und andere jagdliche Zwecke.
„Faſanen und Rebhühner ſind ausgeſetzt, aber bis jetzt
ohne rechten Erfolg; wohl wegen des unpfleglichen Jagd:
betriebes.
Die entſtehenden Ausgaben wurden durch die Ein-
nahmen für Jagdpatente, von denen in dem Jahre
vor dem Kriege bis zu 3000 (!) ausgegeben wurden,
und einem jährlichen Bundeszuſchuß von ca. 2000 Frs.
für die Schonreviere gedeckt. Es wäre ſehr zu empfeh-
len, daß die Jagdſcheingebühr recht erheblich erhöht
und die Zahl der Jäger dadurch vermindert würde.
Wohl mit reicherem Erfolge als auf dem Felde
der Jagd hat die Forſtbehörde auf dem Gebiet der
Fiſcherei gearbeitet, wo es ſich weſentlich darum
handelte, die Bäche, Flüſſe und Seen des Kantons,
welche beſonders für die Forellenzucht geeignet ſind,
mit Salmoniden verſchiedener Art zu bevölkern In
letzter Zeit ſind namentlich viel salmerini, d. h. Saib—
linge oder Rötel, aus nordſchweizeriſchen Seen einge-
führt worden Merz gibt an, daß in den 15 Jahren
von 1893 bis 1908 mit Hilfe von 15 Fiſchbrutan⸗
ſtalten 10831 800 Stück Fiſchbrut geliefert und aus⸗
geſetzt feien, darunter allein die Hälfte Bachforellen.
Seit 1908 iſt die Fiſchzucht erheblich weiter ge:
fördert worden. In dem Zeitraum von 1908 — 14
find in 14-20 Fiſchbrutanſtalten 24 466 620 Eier
zum Ausbrüten angeſetzt und 19 791 737 Stück Fildy-
brut ausgeſetzt worden, im letzten Jahre 1914 allein
5 867 169, darunter 2496 759 Saiblinge! Dieſe wert:
volle Fiſchart hat fih im Luganer See derart ver-
mehrt, daß wohl von einer wirklichen Bereicherung
des Gewäſſers geſprochen werden kann. Der Fiſche—
reiſchutz, welcher freilich leichter auszuüben iſt als
der Wildſchutz, ſcheint mit Erfolg wahrgenommen zu
werden. In den 12 Jahren 1903—14 find 693
Fiſchereivergehen und Uebertretungen zur Anzeige ge:
bracht und mit Geldbußen von zuſammen 15 869 Frs.
geahndet worden. Die Einnahmen dieſes Zweiges,
a ae ene ne eS
56
welche aus dem Erlös für Fiſchereipatente (Erlaubnis:
ſcheine) und Bundeszuſchüſſen beſtehen, haben ſich von
2514,62 Frs. auf 24 614,52 Frs. in 1914, die Aus:
gaben von 5733,66 auf 19 551,31 Frs. geſteigert.
Außer den Revierförſtern und der Gendarmerie ſind
noch mehrere beſondere Fiſchereiaufſeher für den Fiſch⸗
ſchutz tätig. |
Der Bundeszuſchuß hat 1914 10202
tragen.
Nach der Durchmuſterung der verſchiedenen Ge-
biete, auf denen die Forſtverwaltung im Teſſin ihre
Tätigkeit mit vielem Fleiß und teilweiſe auch gutem
Erfolge entfaltet hat, müſſen, um ein Geſamtbild der
gemachten Aufwendungen zu gewinnen, auch die Be:
ſoldungen der Kantonsforſtbeamten mit
in Rechnung gezogen werden.
Seitdem im Jahre 1857 zuerſt ein beſcheidener
Betrag (von damals 8400 Frs.) für Beſoldung von
Forſtbeamten im Etat des Kantons erſchien, um 5
Jahre ſpäter wieder bis 1870 abgeſetzt zu werden,
haben ſich dieſe Ausgaben naturgemäß erheblich ver:
mehrt. Im Jahre 1908 betrugen ſie 65 532 Frs.
und haben ſich dann annähernd auf dieſer Höhe bis
zum Inkrafttreten des neuen Forſtgeſetzes von 1912
gehalten. Durch die hiermit verbundene Vermehrung
des Perſonals, namentlich der Revierförſter, hat ſich
auch der Aufwand für Beſoldungen nicht unerheblich,
bis auf 86 275,17 für 1914, erhöht. Der Beitrag
des Bundes betrug 21 233,87 Frs. ö
Seit 1908 haben die Ausgaben für Gehälter be⸗
tragen: 495 325,50 Frs. und der Bundeszuſchuß
124 179,74 Frs. Im ganzen, d. h. ſeit Begründung
der Forſtverwaltung überhaupt, kann man den Auf:
wand für Beſoldungen auf rund 1½ Millionen Frs.
beziffern, wovon der Bund etwa 25%, alfo rund
370 000 Frs. beigeſteuert haben wird.
Alles in allem genommen hat der Bund für
forſtliche Zwecke im Kanton ſchon annähernd
2 Millionen Frs., außerdem für landwirt—
ſchaftliche Verbeſſerungen und Beſtrebungen ver:
ſchiedener Art mindeſtens 1 Million Frs. zugeſchoſſen.
Berückſichtigt man nun hierbei noch die großen Unter:
nehmungen der Teſſin- und Maggiakorrektion, welche
7—8 Millionen Frs. verſchlungen haben, von denen
der Bund die Hälfte getragen hat, ſo darf man wohl
behaupten, daß für keinen anderen Kanton auf dieſem
Gebiete auch nur annähernd gleiche Opfer ſeitens
der Eidgenoſſenſchaft gebracht worden ſind, als für
‚93 Frs. be:
den effin !). Wenigſtens in diefer Beziehung können
die Teſſiner ſich über ſtiefmütterliche Behandlung nicht
beklagen. Sie ſollten die ihnen geleiſtete weitherzige
) Im Jahre 1897 z. B. find 38% aller Bundesſub—
ventionen nach dem Teſſin gefloſſen!
|
4
und großzügige Hilfe nicht vergeſſen und beherzigen
daß dieſelbe nun auch fie verpflichtet, nach Möglich
keit an der großen Aufgabe eifrig mitzuarbeiten, di
geſamte Bodenwirtſchaft des Kantons zu ſichern uni
zu heben; ſei es auch mit einigen eigenen Opfern un:
Verzicht auf ein wenig wirtſchaftliche Freiheit, welch
manchmal richtiger als regel: und planloſe Unge
bundenheit zu bezeichnen iſt.
Denn bei aller Anerkennung für das Geleiftet
und namentlich für; den treuen Fleiß, welchen die Kol
legen dort unten im Sonnenlande in langer mühjelige
Arbeit entfaltet haben, muß offen erklärt werden und
wird auch von keinem Kenner des Landes und den
Verhältniſſe beſtritten, daß die bis jetzt er:
reichten und vor aller Augen Liegen:
den Ergebniſſe den für fie geleifteten
Aufwendungen an Mitteln und Arbeit
nicht entſprechen.
Die Gründe liegen, abgeſehen von einigen immer:
hin nicht erheblichen techniſchen Mängeln, weſentlich in
der Eigenart und dem Verhalten der Bevölkerung zu
den geplanten und ausgeführten Arbeiten.
Entwerfen wir uns einmal in großen flüchtig um:
riſſenen Zügen ein Bild von den zu erſtrebenden Boden
kultur- und Wirtſchaftszuſtänden! Das Ziel aller
Beſtrebungen darf und kann nur fein: Das mög:
lichſte Wohl und Gedeihen der Menſchen,
welche dieſes Fleckchen Erde bewohnen und
bebauen, und zwar in ihrer Geſamtheit!
Deshalb iſt die erſte und grundlegende Maßregel,
ihnen dieſe Erde gegen übermächtige Naturgewalten,
welche in der Form von Lawinen, Erdſtürzen und
Ueberſchwemmungen Leben, Wohnſitze und Kultur
land gefährden, zu ſichern und zu ſchülzen.
An der Spitze und am Anfang aller Arbeiten
müſſen daher unbedingt die Schutzbauten aller
Art ſtehen, welche Erfahrung und Scharfſinn gegen
die genannten Gefahren als tauglich und wirkſam er
funden und erprobt haben.
Erſt nach und früheſtens mit dieſen Anlagen
kann die Anpflanzung von Wald an den ge—
fährdeten Stellen geſchehen, welcher dann als Schutz
wald zu erklären und zu behandeln iſt. Noch vor:
handene Wälder an den betreffenden Oertlichkeiten
müſſen von vornherein zu dieſem Zwecke der beliebigen
Privat⸗ oder Korporationsbenützung entzogen und
unter Schutzbann geſtellt werden.
Am beſten und gründlichſten würden natürlich dieſe
Zwecke erreicht werden können, wenn das Schutzge—
lände einfach enteignet würde und in das Eigentum
des Kantons oder des zu bildenden engeren Schutz
verbandes übergingen. In Frankreich ſcheint dieſer
Weg der übliche zu ſein. Will und kann man nicht
53... — ————— ͤ——— —YV— —ß—.—— —̃——ü—̈—D—
derart vorgehen und follen die Eigentumsverhältniſſe
unberührt bleiben, fo muß ſchließlich ſtrenge unab-
läſſige Aufſicht genügen.
Die erſte und wichtigſte VBerwaltungsmaßregel vor
Beginn aller Arbeiten muß die Bildung und Ab—
grenzung des betreffenden Schutzbezirkes
und Meliorationsverbandes ſein; ſowohl
wegen Aufſtellung eines ſyſtematiſchen zuſammen⸗
hängenden Arbeitsplanes, als auch wegen gerechter
Verteilung der auf die Einwohner entfallenden Laſten
und Koften. Denn es erſcheint durchaus ungerecht
und unzweckmäßig, bei umfaſſenden Verbauungs- und
Sicherungsarbeiten, abgeſehen von rein örtlichen Her-
ſtellungen gegen Lawinen und Erdſtürze, lediglich oder
auch nur vorwiegend die Einwohner und Eigentümer
der oberſten Quellgebiete heranzuziehen, während in
Wirklichkeit die Anlieger der unteren Täler und ihrer
Ausmündungen den Hauptvorteil davon haben.
Wo ſich eine Vermögens- und Einkommensſchädi⸗
gung durch die Anlagen und die zu ihrer Herſtellung
und Erhaltung erforderlichen Maßregeln, namentlich
auch Beſchränkung der Weide, nachweiſen läßt, muß
angemeſſen und gerecht entſchädigt werden. Iſt
dies geſchehen, kann mit Fug und Recht auch ver—
langt werden, daß jeder ſich in die neu geſchaffene
Lage ſügt und die nach gerechtem Maßſtab von ihm
verlangten Opfer traͤgt.
| Das Verhältnis der Aufwendungen
lit Schutzbauten zu denen für Forſt⸗
kulturen und Aufforſtungen iſt bisher im
Teſſin, wie wohl in der ganzen Schweiz, zu ungünſtig
für die letzteren geweſen. Nach den ſehr umfangreichen
und, wie ich glaube, maßgebenden Erfahrungen, welche
in Frankreich!) unter der bewährten Leitung des Alte
meiſters der Wiederkultur des Hochgebirges Demontzey
gemacht find, müßte fih der Aufwand für beide Mr-
beiten ungefähr gleichſtellen. Demontzey hat immer
wieder betont, daß richtig ausgeführte und weiter be—
handelte Waldanlagen im Schutzgebiete viele koſt⸗
ſpielige Bauten erſetzten und überflüſſig machten, da
durch den Wald und ſeine Vegetation, wenn auch nicht
die Menge, ſo doch die Verteilung, die Verſickerung
und der Abfluß der Niederſchläge bald und erheblich
beeinflußt und geregelt werde. Zudem ſoll man nicht
dergeſſen, daß ſchließlich jeder Wald, auch der Schub:
wald, in Zukunft immerhin einigen Ertrag liefert, |
wogegen die Bauwerke noch einer koſtſpieligen ſteten |
Unterhaltung bedürfen.
Welche Holzarten zu und im Schutzwald an:
gebaut werden folen, muß nach den örtlichen Er:
) Hier find 52% der Geſamtkoſten für Aufforſtungen
und nur 48% für Schutzarbeiten aufgewendet worden.
1916
fahrungen und Verhältniſſen entſchieden werden. Wahr⸗
ſcheinlich wird die Fichte wohl die Hauptrolle ſpielen
müſſen. In den höheren Lagen könnte auch gelegent—
lich die Arve oder Zürbe mit herangezogen werden.
Von einigen Seiten wird behauptet, daß Weißerle,
Vogelbeere und Douglastanne vom Weidevieh, nament—
lich den Ziegen, nicht angenommen und verbiſſen wür—
den. Falls ſich dies bewahrheiten ſollte, wären dieſe
Holzarten, wo es angängig iſt, zu berückſichtigen, zu—
mal die Weißecle auch als Schutz⸗ und Treibholz für
edlere Holzarten dienen kann.
Daß für die Schutzwaldungen nur Planter:
betrieb in Frage kommt, bedarf kaum der Er—
wähnung.
Sind die Schutzanlagen und Schutzwaͤlder vol—
lendet oder doch planmäßig feſtgelegt, ſo bleibt der
Wirtſchaftswald übrig, welcher im allgemeinen
lediglich nach dem Geſichtspunkte des höchſten und
beſten Ertrages behandelt werden kann. Hier kann
den Anſichten und Wünſchen der Eigentümer und In—
tereſſenten möglichſt freie Hand gelaſſen werden, jo: -
weit die Erhaltung und Verbeſſerung des Waldes da—
mit vereinbar iſt.
B. Freuler, ſ. Zt. Kreisoberförſter in Lugano,
hat behauptet (Schweiz. Zeitſchrift für Forſtweſen 1898
S. 84):
„Daß die geringſte Weide im Hochgebirge immer
noch höhere Gelderträge abwirſt als der Wald“ und
„daß von allen Bodenproduktionszweigen die Wald—
wirtſchaft die geringſte Verdienſtgelegenheit bietet“.
Wenn dieſe Ausſprüche wirklich zutreffend wären,
ſo würde ſich jedes weitere Streben zur Vermehrung
und Ausdehnung, wenigſtens des Wirtſchaftswaldes,
völlig erübrigen. Sie dürften aber unrichtig oder doch
febr cum grano salis aufzufaſſen fein. Wahrſcheinlich
hat ihr Urheber weder das ſtete Steigen der Holzpreiſe,
welches die Forſtwirtſchaft immer rentabler macht, ge—
bührend berückſichtigt, noch davon Kenntnis gehabt,
daß in großen Aufforſtungsgebieten, wie z. B. in den
franzöſiſchen Landes, ſich Bevölkerung und Wohlſtand
nach der Bewaldung bedeutend vermehrt und gehoben
hat. Man hat in Frankreich überhaupt mit Sicher:
heit feſtgeſtellt daß Entwaldung und Entvölkerung
miteinander parallel gehen. Im Teſſin wird es nicht
anders ſein. Die Bedeutung der Weide- und
Alpwirtſchaft auch für den Kanton Teſſin ſoll
damit nicht herabgeſetzt werden.
Nach der Generalſtatiſtik der 465 Teſſiner Alpen,
bearbeitet von Profeſſor G. Mariani im Auftrag des
landwirtſchaftlichen Kantonal-Vereins und publiziert
durch den Schweizeriſchen alpwirtſchaftlichen Verein
„Solothurn 1901“, beſaß vor 15 Jahren der Kanton
165 Alpen, auf welchen während der Alpzeit 1563
8
58
—
Manner und 950 Frauen beſchäftigt waren. Es wur:
den damals 23 584 Stück Rindvieh, 33 510 Ziegen,
7824 Schafe, 3852 Schweine und 203 Maultiere und
Eſel gejömmert. - Der Wert der Milchprodukte wurde
auf 1165 915 Frs. veranſchlagt.
Es iſt mir leider nicht möglich, nachzuprüſen, ob
die Angaben dieſer Statiſtik noch gegenwärtig benutz⸗
bar ſind. Ich glaube, daß der Wert der Jahrespro—
duktion ſich eher vergrößert haben wird Zu demſelben
müßte nun noch der Wert der Vieherzeugung ſelbſt,
an Schlachtvieh wie an Zuchtvieh, ſowie des nicht auf
den Alpen geſömmerten Viehs gerechnet werden. Es
dürſte dann lein Zweifel fein, daß die Viehzucht
im weiteſten Sinne heute bei weitem der wichtigſte
Wirtſchafts- und Erwerbszweig des Kantons
iſt. Denſelben zu ſchädigen und zu beſchränken kann
deshalb niemals das Ziel einer verſtändigen und rich—
tigen inneren Politik ſein. Wohl aber kann es ſich
darum handeln, die Vieh- und beſonders die Weide:
wirtſchaft rationeller und intenſiver und fo zu aeltal:
ten, daß mit und neben ihr eine geſunde
Forſtkultur beſtehen und gedeihen kann.
Was nun die Waldbehandlung anlangt, ſo
müſſen die noch vorhandenen Buchenbeſtände unter
allen Umſtänden erhalten und gepflegt, auch ihre na-
türliche Verjüngung ermöglicht werden. Wo es irgend
angeht, ſollten wertvollere Miſchhölzer, namentlich Fichte,
Lärche und Tanne, in die Buchen eingeſprengt werden.
Im übrigen ift die Wahl zwiſchen Hoch- und Nie
der⸗, Laub⸗ und Nadelholzwald der örtlichen Entſchei—
dung und Erfahrung vorzubehalten. Naturgemäß wird
im eigentlichen Hochgebirge ſtets der Nadelholzhochwald
vorherrſchen, zumal hier die größere Feuersgefahr kaum
ins Gewicht fallen kann. Auch für die unteren und
mittleren Lagen, ſelbſt des Sottoceneri, vermag ich
mich nicht ganz der Anſicht des Kollegen Bettelini an-
zuſchließen, welcher beſonders aus landſchaftsäſthe⸗
tiſchen Gründen die Nadelhölzer dort verwirft. Ich
möchte ſogar glauben, daß es nur zur Verſchöne—
rung des jetzt namentlich im Winter manchmal recht
eintönigen Landſchaftsbildes beitragen könnte, wenn
ſtellenweiſe auch dunklere immergrüne Waldflaͤchen vor—
handen wären. An den oberen Hängen des Camoghé
und Monte Generoſo würden Nadelhölzer zudem ſicher
am meiſten dem Standort entſprechen. Man darf auch
nicht vergeſſen, daß raſchwüchſige Fichten- und Lärchen⸗
beſtände ſicherlich den ſchnellſten und höchſten Geld—
ertrag liefern. Gerade dieſes letztere Moment der Ren—
tabilität des Wirtſchafts waldes müßte meiner
Anſicht nach weit mehr in den Vordergrund geſtellt
werden, als bis jetzt geſchehen iſt. Wenn die Teſſiner
Waldbeſitzer und Patrizier erſt erfahren und einſehen,
daß ein rationeller Forſtbetrieb ſich rentiert und bei
|
*
den ſicher ſteigenden Holzpreiſen eine lohnende Art
|
Bodenbenutzung wird, dürfte auf dem Wege durch d.
Geldbeutel auch immer mehr Schätzung und Verſten:
nis für die Waldwirtſchaft ih einſtellen. „L'amor
viene del utile“, d. h. „Die Liebe kommt mit der
Nutzen“, iſt ein treffendes landesübliches Sprichwort.
Man darf wohl ohne Uebertreibung behaupten
daß, wenn der noch vor einem Jahrhundert vorhar
dene Waldreichtum des Teſſin erhalten, wirtſchaftlit
ausgenutzt und pfleglich verwaltet wäre, heute de
| Forſtwirtſchaft im Kanton eine Rente abwerfen könnt'
welche der aus der Weider und Viehwirtſchaft nis;
nachſtände!)
Auch in dieſer Hinſicht würden gut beſtandene ur:
bewirtſchaftete Kantonsforſte als zur Nachahmung an
eifernde Muſter und Lehrmittel dienen.
Was die beſondere techniſche Bewirtſchaf.
tung der übrigen Waldformen anlangt, fo fann man
fih wohl mit den Grundlagen einverſtanden erklären.
welche der langjährige Kantousforſtinſpektor Merz au
der Verſammlung des Schweiz. Forſtvereins am ».
Auguft 1895 zu Lugano aufgeſtellt hat. Danach folle:
I. die Kaſtanien-, Eichen- und Erlenwaldungen m
der unteren Zone (200—700 m) durch Kab
ſchlag verjüngt werden;
die Buchenniederwälder in der mittleren Zone
(700—1000 m) plänterweiſe behandelt werden.
indem man eine Anzahl Ausfchläge überhält und
auch die Verjüngung durch Ableger begünſtigt
Einpflanzung von Lärchen, Fichten, Abom,
Eſchen und Eichen als Oberſtänder iſt dringend;
zu empfehlen;
III. die höher gelegenen Buchenniederwälder allmaͤh—
lich in Mittel- und Hochwaldformen übergefüht!
und durch Einſprengung von Larden, Fichten
uſw. verbeſſert werden.
Ueber die Frage, ob im Hochgebirge lediglich der
bisher im Teſſin übliche Plenterbetrieb oder tine
Art Femelſchlagbetrieb geführt werden fol, j
neuerdings im Nachbarkanton Graubünden eine le
hafte Erörterung entitanden, welche in der Schwei
rischen Zeitſchrift für Forſtweſen (1914 und 19100
verfolgt werden kann. Wie es ſcheint, möchten die Grau
bündener Kollegen lieber an ihrem bisherigen emel:
ſchlagbetrieb feſthalten, weil dieſer für Holztransport,
Werdegang, Beſtandsverjüngung und Bodenſchutz ihnen
gegenüber dem Plenterbetriebe Vorteile zu bieten ccheint.
Ohne die Streitfrage für die mir nicht genügend be:
kannten Graubündener Verhältniſſe entſcheiden zu wol
len, wo vielleicht ein langiamer vorſichtiger ſchlagweiſe
II.
— nmm e
) Noch für das Jahr 1841 läßt ſich der Wert des ha
einſchlages auf rund 4 Millionen Frs. berechnen; bant
allein 2 Millionen für Ausfuhr!
59
Betrieb angemeſſen fein mag, möchte id) doch für den Folgen noch heute vor aller Augen liegen und bitter
Ich glaube, daß auch in Baden
mäßigem Waldbeſtand einſtweilen den Plenterbetrieb und Württemberg ähnliche Fehler begangen ſind.
für das Richtige halten, wenn er mit Rückſicht auf Selbſtredend ließe ſich auch heute im Teſſin auf
Verjüngung und — wegen der koſtſpieligen Holz: | dem Wege der Teilung zu freiem Einzeleigentum leicht
bringungsanſtalten — auf genügend großen Flächen, der Patriziatsverfaſſung ein Ende machen, wobei man
alſo in ausſetzender Nutzung, geführt wird. aber noch ein weit größeres Uebel herbeiführen und
Steil und langwierig iſt der Weg, welcher zur | den Teufel durch Beelzebub austreiben würde.
wirtſchaftlichen Geſundung des Teſſin durch Erhaltung . An fih kaun das gemeinſame Eigentum an
und Verbeſſerung der noch vorhandenen Forſten und Grund und Boden nur als ein erwünſchter ſozialer
ausreichende Wiederbewaldung führt. Schon im unteren Zuſtand begrüßt werden, welcher in den Allmenden
Teil der vielfach unwegſamen Straße ſtoßen wir auf | der übrigen Schweiz wie Süddeutſchlands feine immer
ein großes hinderndes und einengendes Bollwerk: die | mehr volkswirtſchaftlich als ſegensreich anerkannte Ver⸗
3 un welche über den bei weis körperung findet.
tem größten Zeil der Wälder und Weiden verfügen. Es kann ſich nur darum handeln. diefe alte ge:
Aus uralten Siedelungsverhältniſſen geſchichtlich ſchichtliche Entwicklung in ihrem urſprünglichen ſozia⸗
erwachſen, kann dieſe Form gemeinſchaftlichen Grund: len Sinne zu erhalten oder weiter auszubauen.
eigentums nicht ohne weiteres beſeitigt oder verändert Genaue Kenner der Verhältniſſe wie Bettelini und
werden. Sie ftellt dasſelbe Gemeindemitglieder⸗ oder Freuler, der jetzige und der frühere Kreisoberförſter
Intereſſenten⸗ Vermögen dar, wie es in gewiſſen Ge- von Lugano, beklagen mit Recht, daß die heutige
genden des deutſchen Weſtens, z. B. im rechtsrheini⸗ Patriziatsverfaſſung dem eigentlichen Geiſte einer
ſchen Teil des Regierungsbezirks Coblenz, ſich entwickelt echten und rechten Demokratie, d. h. des gemeinen
und ebenfalls zu den unliebſamſten Zuſtänden und | Nutzens, faft gar nicht mehr entſpreche. Wohl handele
an I 2 ago oe aed der unter died Ä es h noch um a u = ig a
igentum fallenden Waldungen geführt hat. meinſame Nutzung. er dieſe erfolge weſentlich na
Wäre die Patriziergemeinde zur rechten Zeit zur | der Fähigkeit, die Ausnutzung zu betreiben und zu
politiſchen Kommunalgemeinde umgewandelt und, wo verwerten, und nicht etwa nach für alle gleichem Maße;
erforderlich, geteilt worden, jo wäre der Weg klar und jo daß die Hauptnutznießer die Wohlhabenden und
einfach. Noch verwickelter iſt die Sachlage durch die Reichen ſeien. Dies iſt leider nur zu richtig. Denn,
vor 100 und mehr Jahren bewirkten realen und wenn Weide und Wald von den Patriziatsgenoſſen
ideellen Teilungen von Grund und Nutzung gewor- ſelbſt gemeinſam ausgenutzt werden, hat natürlich der
den; welche hauptſächlich ihrer Zeit geſchahen, um bei Beſitzer des größten Viehſtandes auch den größten Vor⸗
den vor fih gehenden und weiter befürchteten politischen | teil von der Weide, und der Eigentümer der größten
und ſozialen Umwälzungen die Beſchlagnahme des ge: Baulichkeiten den größten Nutzen vom Walde, welcher
meinſamen Eigentums für Staats- oder Kommunal- ihm ganz oder faſt unentgeltlich Bau- und Brennholz
zwecke zu verhindern. Hierdurch ift namentlich die [nach Bedarf liefert. Es hat denn in der Tat auch
unſelige Quadrellen- oder Parzellen-Wirtſchaft ent: | nicht an Beſchwerden und Klagen ſolcher Patrizier
flanden. | gefehlt, welche durch ihre Vermögens- und Wirtſchafts⸗
Auch hierfür finden wir im weſtlichen Deutſchland verhältniſſe gar nicht in der Lage waren, an der
nur zu treffende Vergleiche. Ich erinnere an die ver- Nutzung von Weide und Wald teilzunehmen, und nun
hängnisvolle Zerſtückelung der alten Markenwaldungen beantragten, die Nutzungen für das geſamte Patriziat
in großen Teilen Weſtfalens, beſonders im Wiehen⸗ durch Weideverpachtung und Holzverkauf in Gelderlös
gebirge und im Sauerlande, welche auf Grund der umzuſetzen und gleichmäßig unter alle Mitglieder zu
von Friedrich dem Großen in wohlmeinender Abſicht verteilen.
erlaſſenen Verordnung vom 4. Mai 1771) in der Da jedoch die beati possidentes und Vermögen⸗
kurzſichtigſten Weiſe von den betr. Behörden vorge- den in den Korporationen immer den Ausſchlag gege:
nommen und zugelaſſen worden iſt, und deren üble ben haben, iſt bisher jeder derartige Antrag abgelehnt
Y Die Verordnung wollte urſprünglich im Intereſſe der und zurückgewieſen worden. |
Landeskultur nur die zu „gemeinſchaftlichen und vermengten | Die geſchichtliche Entwickelung der Siedelungen hat
dutungen liegen gebliebenen Brüche, Hutungen, Angern d ;
' ' en heute als großen Nachteil empfundenen Umſtand
uſw.“, welche ſich zu Acker⸗ oder Wieſenkultur eigneten, in b 8 b $ pf
Privateigentum und Privatbewirtſchaftung überführen, wurde geſchaffen, daß Patriziat und politiſche Gemeinde
aber unbegreiflicher Weiſe zuerſt auf die Gebirgswaldungen gänzlich von einander verſchieden ſind. Manchmal bil—
angewendet. den ganze Talgebiete (wie z. B. das Onſernonetal mit
ge
9 Gemeinden) nur 1 Patriziat.
litiſchen Behörden auch bedeutend erſchwert, über die
Verwaltung und Nutznießung des Patriziatsvermögens
allgemeine und gerechte Anordnungen zu treffen und
ihre Ausführung zu überwachen. Wohl ift die Ber-
faſſung der einzelnen Patriziate durch Statuten (re-
golamenti) geregelt, welche übrigens jaft alle Entſchei⸗
dungen von der Mehrheit der Intereſſenten abhaͤngig
machen; eines modernen, den heutigen Zuſtänden und
Bedürfniſſen entſprechenden organiſchen Geſetzes über
die Patriziate und ihre Verwaltung überhaupt ent—
behrt der Kanton noch immer.
Die großen Schwierigkeiten, welche ſich der geſetz⸗
Dadurch ift den po:
lichen Regelung dieſer eigenartigen und verwickelten
Angelegenheit entgegenſtellen, ſind nicht zu verkennen.
Da eine Zurückführung der Patriziate auf politiſche
Gemeinden durch Teilung des gemeinſamen Grundbe—
ſitzes auf ſchwer überwindbare ſachliche und techniſche
Hinderniſſe ſtoßen dürfte, wird nichts übrig bleiben,
als dieſe Korporationen als Zweckverbände anzu—
ſehen und zu behandeln. Unbedingt könnte und müßte
dann verlangt werden, daß der gemeinſame Beſitz nach
dem Grundſatz des größten Nutzens für Alle
verwaltet würde; alfo durch meiſtbielende Verſteige⸗
rung oder Verpachtung feiner Nutzungen und gleich?
mäßige Verteilung des Erlöſes unter die Berechtigten
nach Abzug aller erforderlichen Aufwendungen für ge:
meinnützige Zwecke, Verbeſſerungen uſw. Wo, wie bei
der Weide, Selbſtnutzung beibehalten werden fof, mük-
ten die Taxen für den Kopf auszutreibenden Bieb?
dem wahren Wert entſprechend erhöht werden. Auf
dieſe Weiſe könnten auch die nichtpatriziſchen Gemeinde⸗
mitglieder, die ſogen. „Kommuniſten“ ohne Nachteil
für die Patrizier an den Nutzungen gegen gerechtes
Entgelt teilnehmen.
Teilung von Waldgrundſtücken iſt ſchon jetzt geſetz⸗
lich ausgeſchloſſen, Verkauf von Gemeinde- und Pa:
triziatsland nur mit Genehmigung der Aufſichtsbehörde
zulaͤſſig.
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Um die Aufforſtung geeigneten, als Weide wert:
lojen Terrains zu bewirken und die Erhaltung vor: |
handener Waldungen zu ſichern, waͤre natürlich das
einfachſte und gründlichſte Mittel, wenn der Kanton
derartige Grundſtücke auf dem Wege freiwilligen Ver:
kaufs oder durch Enteignung an ſich bringen und in
Selbſtbewirtſchaftung nehmen könnte. Leider wird die
ungünſtige Finanzlage wohl noch längere Zeit die Ver— ter an den fonnigen Hagen ul. ihre Leun suche
wirklichung derartiger ſchöner Pläne und ſegensreicher
Anlagen in größerem Umfange verhindern und ver—
zögern.
Daß im übrigen Bund und Kanton wohl berech—
tigt ſind, bei der Bewirtſchaftung und Verwaltung der
mitzureden, ergibt fih einerſeits aus dem Begriff de:
Staatshoheit von ſelbſt, welche für das allgemein:
Wohl ſorgen und wirken jol — und andererſeit
aus dem nicht zu unterſchätzenden Umſtande, daß jei
mehr als einem Menſchenalter Kanton und namentlic
Bund zur Verbeſſerung und Bewirtſchaſtung der Lie
genſchaften, beſonders der Waldungen, im Teſſin Unter
ſtützungen gegeben und Aufwendungen gemacht haben.
welche abſolut und relativ eine Rieſenprämie fir
die Grundbeſitzer darſtellen.
Millionen find vom Bund für forſtliche und land
wirtſchaftliche Schutz-, Aufforſtungs⸗ und Verbefferung::
arbeiten im Teſſin zugeſchoſſen worden. Bedeutend
Summen, welche wohl 1 Million erreichen, werden
alljährlich für diefe und andere Zwecke (Straßenbauten
uſw.) als Hilfe gewährt: alles Mittel, die Bodentul:
tur und den Bodenwert im Kanton zu heben. Te
für kann jedenfalls auch das Recht zur Deitbeftinmng
und Auſſicht über die Bodenbenutzung und die den
Gemeinwohl am beſten entſprechende Art derſelben be
anſprucht werden.
Iſt das mehr künſtliche Bollwerk, durch welche
die jetzige Patriziatsverfaſſung den Weg nach oben zu
ſperren droht, überwunden, jo geht es eine Streck
weit durch leidlich gehaltenen Wald und gepflegte Wie
jen ohne Schwierigkeiten aufwärts, big fih der fda:
ler gewordene Pfad in mit ſperrigem Buſch vewachee—
nen Klippen zu verlieren ſcheint. Es iſt die Fels und
Dornwildnis der Ziegenweide, welche jeden For
ſchritt zu lichteren Regionen hemmt. Seit uralten
Zeiten ift die Ziegenweide in den Gebirgsländern, në
mentlich auch in der Schweiz, das Haupthindernis jeder
Forſtkultur und jedes forſtlichen Fortſchritts geweſen
und auch als ſolches erkannt worden. Schon m
Jahre 1559 hat z. B. der Halbkanton Appenzell: Jr
ner⸗Rhoden vorgeſchrieben, daß Ziegen nur auf den
Eigentum des Beſitzers geſömmert und gewintert wer:
den dürften. Im Jahre 1708 wurde ſogar beſtimmt,
daß Geißen im Stall gehalten oder an einen Pfahl
oder ein Seil gebunden werden ſollten; und 1749 und
1762 wurde ſtreng verboten, „Geißen in gebannte noch
in ungebannte Waldungen zu treiben“.
Nirgends aber hat die Ziegenweide eine derartige
verhängnisvolle Rolle geſpielt wie im Teſſin, wo 2
coppet noch 1908 die Zahl der Ziegen auf 60 000 be⸗
ziffert.!) Die ſelbſtändig weidende, auch im harten Win⸗
nde
|
Ziege ift geradezu eine Beſonderheit des Teſſin und
$
1
|
eine wenigſtens biologiſch beſtimmte Rafe geworden.
Als man vor Jahren auch in dieſem Kanton Verſuche
9 Für 1833 gibt Lavinari (S. 765) die Ziegenzahl auf
Patriziatsgüter ein gewichtiges und entſcheidendes Wort | 75000; für 1859 auf 46 255 an.
——— —
61
machte, die einheimiſche Ziegenraſſe durch Einführung | Vorſchlag, daß die erheblichen Unterſtützungen, welche
edlerer Schläge zu verbeſſern, mußte man bald wieder für Meliorationen, namentlich der Wieſen und Wei:
teumütig zu der alten Teſſiner Ziege zurückkehren, | den, den Korporationen und Privaten gewährt werden,
weil die anderen feineren und zarteren Geißen ſich von der Bedingung der Einſchränkung und Regelung
weigerten, im Winter und bei Kälte und Näſſe auf der Ziegenweide abhängig gemacht würden. Es kann
die Weide zu gehen! | dies umſo eher geſchehen, als ja gerade durch die Ge-
Die Ziege wird ſtets als die Kuh der Armen hin- winnung von mehr und beſſeren Futtermitteln die
geſtellt und gefeiert; wie zugegeben werden muß, nicht | Durchhaltung der benötigten jetzt oft im Winter halb⸗
ohne gewiſſen Grund. Es wäre unſinnig und un- verhungernden Ziegen erleichtert und ermöglicht würde.
möglich, die gänzliche Abſchaffung der Ziegenweide unter Geſetzlich iſt übrigens (in Art. 62) vorgeſehen, daß
allen Umſtänden zu verlangen und zu verſuchen. Alles bei wiederholten Kulturbeſchädigungen die Regierung
was erſtrebt und erreicht werden kann, ift ihre Be- die Ziegenweide in der betreffenden Gemeinde völlig
ſchränkung und Regelung. unterſagen kann. Daß es auch ohne freie, d. h. wilde
Schon Landolt macht darauf auſmerkſam, daß ge: Ziegenweide und ohne Ziegen überhaupt geht, zeigt
rade die wohlhabenderen Patrizier, welche im Beſitz [das Beiſpiel von Patriziatsgemeinden, welche Ziegen
von vielen Kühen find, auch die meiſten Ziegen, oft und Ziegenweide ebenſo wie die Schafe gänzlich abge:
60-70 Stück, haben, während auf die ärmeren a: | ſchafft haben.
miken nur wenige entfallen. Man dürfte alfo nur die Der von verſchiedener Seite gemachte Einwand,
Zahl der von einem Berechtigten zu haltenden Ziegen daß durch Beſchränkung der Ziegenweide ſtets ein auf
feſtſetzen und beſchränken, um ſofort eine erhebliche andere Weiſe gar nicht wieder erſetzbarer Verluſt an
Verminderung der Ziegenherden zu erreichen, ohne Volksvermögen und Volkseinkommen herbeigeführt
gerade der ärmeren Bevölkerung irgend welchen Nad): würde, ift weder allgemein noch im beſonderen Falle
teil zuzufügen. In den angeführten Verordnungen zutreffend und anzuerkennen. Denn eben das mög-
des Rantons Appenzell: J. Rh. war die Höchſtzahl der liche und beſſere Gedeihen der Forſtkulturen und Jung:
Ziegen für eine Haushaltung auf 21 feſtgeſetzt; Le: wüchſe wird und fol durch vermehrten Zuwachs und
dige durften gar keine und die Sennen nur zwei hal: dadurch ſtatthaften höheren Einſchlag den Ertrag einer
ten. Die Verringerung der Ziegenzahl iſt übrigens Anzahl Ziegen in einer Form erſetzen, welche Allen
auch im Teſſin von Vertretern der Patriziate ſelbſt zugute kommt. Im beſonderen Falle würde leicht
als der beſte Weg zur Beſſerung empfohlen und be: eine Unterſtützung zur Verbeſſerung der Weidegründe
reits eingeſchlagen worden. direkt und indirekt etwaigen augenblicklichen Ausfall
Eine weitere unbedingt erforderliche und wohl auch reichlich ausgleichen. Mit Recht jagt jhon Decoppet:
— ——
im allgemeinen ohne große Härte durchführbare Maß⸗ es iſt Raum genug für mehr Vieh und mehr
tegel wäre die Aufhebung des pascolo vagante (auch W ald ma Teſſin.
p. vago richtiger vagantivo genannt), d. h. der Die Klippen und Dornen der Ziegenweide laſſen
Ziegenweide ohne Hirten, welche außer der Som: ſich alſo einebnen und beſeitigen, ſo daß der weitere
merzeit jetzt die Regel bildet. Es läßt fih nicht Weg zu beſſerer Zukunft frei wird.
leugnen, daß ſie für die Einwohner äußerſt bequem Vor nahezu 100 Jahren, im Sommer 1821 machte
iit: die Ziegen werden einfach morgens aus dem Stall der Berniſche Oberförſter Karl Kaſthofer eine forft-
gelaſſen, finden fih ſelbſt zuſammen, ſtreifen überall lichen und allgemein wirtſchaftlichen Beobachtungen
under und kehren je nach Witterung früher oder ſpä— gewidmete Reiſe über den Gotthard und Bernardinpaß
tet wieder heim. Man muß ferner berückſichtigen, nach Graubünden, auf welcher er den Teſſin abwärts
daß zur Zeit dieſer freien Weide, d h. im Winter, bis Bellinzona verfolgte und dann das Meſoccotal
die ſonſt mit der Aufſicht über die Ziegen betrauten aufwärts zog. Im Eingauge (S. 9—10) ſeines Be-
Kinder im Schulunterricht find, der im Sommer ruht. richts!) ſtellt er als Kernpunkte feiner Anſichten und
Trotzdem wird ſich bei irgend gutem Willen ein Hirte Erfahrungen folgende Sätze auf:
oder ſonſtige Aufſicht wohl überall ohne Schwierigkeit „Da der größte Teil der Wälder in den Gebirgs—
beſtellen laſſen. In verſchiedenen Kantonen hat man kantonen entweder eigentümlich den Gemeinden gehört,
ihon vor längerer Zeit die Beſtimmung getroffen, | oder durch Nutzungsrechte unter ihrem Einfluſſe liegt,
daß, wer 1 Kuh daheim halten kann, überhaupt keine und die beſtehenden Verfaſſungen die Vollziehung von
Ziegen austreiben darf, und daß ſtets die Ziegen⸗ | ſtrengen allgemein eingreifenden Adminiſtrations-Ver—
haltung ſich auf die Gewinnung des Milchbedarfs für ae eu
die einzelne Familie beſchränken ſoll.
Bettelini macht den eigentlich ſehr nahe liegenden
1, Vergl. „Bemerkungen auf einer Alpenreiſe über den
Suſten, Gotthard, Bernardin, Oberalpe, Furka und Grimſel“,
Aarau 1822.
62
fügungen nicht erlauben; jo kann die Erhaltung dieſer erhält. Hier müſſen Belehrung, Ueberzeugung und
Wälder, wo ſie noch vorhanden ſind; ihre beſſere | Erziehung zu beſſerer Bodenwirtſchaft und damit au:
Pflege, und die Anzucht neuer Wälder am Platz der Waldbehandlung und Forſtkultur den durch das G:
zerſtörten in der gebirgigen Schweiz nicht durch die ſetz eröffneten Weg erſt erweitern und glätten.
Regierungen, nicht durch Reglemente und nicht durch Mancherlei Mittel gibt es zu dieſem Zweck.
Regierungsbeamte allein bewirkt, ſondern es muß zu Sehr wichtig iſt die ſchon begonnene Schaffung
dieſem Zweck die Sorgfalt der Landleute in An⸗ | von Kantonsforſten, als Muſter pfleglicher und
ſpruch genommen werden. einträglicher Forſtwirtſchaft und zweckmaͤßiger
Dieſe Sorgfalt der Landleute in den Gebirgs⸗ | möglichſt billiger und einfacher Kultur. Sie würden
kantonen wird für die Waldpflege nie allgemein tätig
werden, wenn nicht ein beſſerer Unterricht in den Volks⸗
ſchulen und freie Verfaſſungen, oder eine von dem
Geiſte freier Verfaſſungen beſeelte Adminiſtration den
Gemeinſinn da wieder wecken kann, wo er ſich ver⸗
loren hat.“
Auf dieſen Gedanken, durch die Schule das Nn-
| ſicherlich bald und viel von Wißbegierigen und Inte
reſſenten beſucht und beachtet werden.
Bis vor Kurzem erfreute ſich der Kanton ein:
Wanderlehrſtuhles (cattedra ambulante) ji:
Landwirtſchaft, welcher unbedingt ſegensreich gewich
hat Landwirtſchaftliche Lehrer durchzogen den Kanton
tereſſe für den Wald zu erwecken und das Wichtigſte und hielten bald hier bald dort Vorträge über Land
von feiner Behandlung zu lehren, kommt K. auch und Alpwirtſchaft. Wenn eine ähnliche Einrichlung
ſpäter immer wieder zurück; ſo auf S. 101: auch für Forſtwirtſchaft getroffen würde, d. h. an
„Der Unterricht des Landmanns in den einfachſten geeignete mit Wald, Land und Leuten vertraute Per
allgemein anwendbarſten Wahrheiten der Forſtwirt⸗ ſönlichkeit an den Hauptorten der Patriziate einfach
ſchaft ift in allen Kantonen, wo der größte Teil der belehrende Vorträge über Nutzen, Bedeutung und rid:
Waͤlder den Gemeinden eigentümlich gehört, oder von tige Behandlung des Waldes hielte, fo könnte Hier:
der Regierung nicht frei bewirtſchaftet werden kann, durch die Arbeit der Forſtbeamten ſehr erleichtert und
das weſentlichſte Beding der Verbeſſerung der Landes⸗ viel mehr Verſtändnis für ihr Wirken und Schaffe
forſte“. erweckt werden. Vielleicht könnten die Kreisoberförſter
Er möchte dann in jedem Kanton einen tüchtigen | fih dieſer wichtigen Aufgabe widmen, wenigſtens wenn
Lehrer der Forſtwiſſenſchaft beſtellt ſehen, der geeignete fie das ganze Gebiet von Wald, Waſſer und Warde
Jünglinge unterrichtete, welche ſpäter in ihren Ge- gemeinſam beherrſchten
meinden die Behandlung der Wälder übernähmen. Der erwähnte Wanderlehrſtuhl ift feit dem Herbf
K. verwirft im übrigen jede einſeitige Fachwirt⸗ 1915 mit der neu eröffneten Land wirtſchafts⸗
ſchaft und meint: „Die Forſtwirtſchaft muß nicht als ſchule des Kantons zu Mezzana bei Mendriſio ver:
ein für fih beſtehender Adminiſtrations- und Produk⸗ einigt worden. Auch dieſe Anſtalt, welche jetzt bereits
tionszweig, ſondern als ein den Rückſichten der Land: von 40 lernbegierigen jungen Landwirten beſucht wird, |
durch Anſchauung und Erfolg überzeugend wirken un }
—— —
— oe
wirtſchaft und der Viehzucht untergeordnetes Fach bez ließe ſich für die Hebung der Forſtwirtſchaft und port
trachtet und behandelt werden.“ kultur im Kanton mit dienſtbar machen.
Er möchte deshalb am liebſten nur Arven, Lärchen Einmal müßten den Schülern ſelbſt die einfachen
und im übrigen Laubhölzer anbauen, weil dieſe mehr Kenntniſſe und Fertigkeiten in Holzzucht und gorf:
Futterſtoffe erzeugten und Graswuchs zuließen. benutzung, namentlich Pflanzung und Holzverwertung:
Auch Landolt ſagt am Schluſſe ſeines Berichtes beigebracht werden, wozu wenige Stunden wöchentlä
ſehr treffend (S. 356): „Im allgemeinen wird der genügen würden. Dann könnte man aber auc die
ſchweizeriſche Forſtmann ſeinen Zweck beſſer erreichen Ausbildungskurſe für Waldwärter, wenigſtens für den
und ſeine Aufgabe vollſtändiger zu erfüllen im Stande Südteil des Kantons, wohl zweckmäßig an
ſein, wenn er mehr durch Belehrung als durch ſtalt verlegen.
ſtrikten Befehl zu wirken juht”. Für eine Republik, Für das Wichtigſte halte ich aber, daß auch die |
wo jeder Bürger mit Stolz und Ciferfucht über feine Volksſchule für unſeren ſchönen und * |
perſönliche Freiheit wacht, iſt dies Wort zweifellos eine Zweck gewonnen und mit herangezogen wird.
tiefe Wahrheit; ganz beſonders aber für den Teſſin, die ganze Schweiz ſo hat auch der Kanton Teſſin N
wo dreihundertjährige Bevormundung und abweichende großenteils muſterhafter Weiſe für den Unterricht der
völkiſche Beanlagung leicht erklärliches Mißtrauen und Jugend durch Schulen aller Art geſorgt. Troß j
geheimen Argwohn gegen fremde Beeinfluſſung und durch Wirtſchafts- und Witterungsverhältniſſe
obrigkeitliche Verordnung, namentlich von Seiten des ſchraͤnkten Schulzeit erhalten die Kinder ſelbſt der er
Bundes, tief eingepflanzt hat und noch immer lebendig legenſten Bergdörfer im allgemeinen einen Unterricht
dieſe An⸗ |
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i
63
elcher durchſchnittlichen deutſchen Verhältniſſen feines: | Appia veranftalteten Brumpflanzfefte lebhaften und
98 nachſtehen dürfte. Nun wäre nichts weiter er-
orderlich, als daß beim naturwiſſenſchaftlichen Unter⸗
icht in einfachſter Weiſe ein wenig von der Art und
Bedeutung des Waldes den wißbegierigen Kleinen ge:
ehrt und damit Liebe und Verſtändnis für denſelben
n die empfänglichen Kinderherzen eingeſät würde.
Unterricht praktiſch ergänzen, ohne daß deshalb im
Heſamtunterrichtsplan auch nur das Geringſte ge-
ändert zu werden brauchte.
Ich bin überzeugt, daß eine derartige Ausſaat ge⸗
rade bei der im allgemeinen begabten und lernbe—
gierigen Teſſiner Jugend reiche Frucht trüge.
Eine ganz vorzügliche Einrichtung, die Schulen an
der forſtlichen Aufklärung zu beteiligen und die Herzen
der Kinder für den Wald und die Bäume zu gewin—
nen, ſind die neuerdings auch im Teſſin eingeführten
Baumpflanzfeſte „feste dell' Albero“, wie fie hier ge:
nannt werden.
Diele ſchöne Sitte, welche ſchon Bir: —
= — — — ——— —ääü ee —
|
|
gil als den alten Pelasgern eigentümlich feiert (die
dem Gotte Silvan an beſonderen Feſttagen heilige
Haine weihten), ift wohl aus Nordamerika durch Jta-
lien nach der Südſchweiz gekommen. In den Ver—
einigten Staaten ſpielten ſchon vor nahezu 30 Jahren,
als es mir vergönnt war, einen Teil des weſtlichen
|
|
Rontinent3 zu durchſtreifen, die Arbor days eine große |
Rolle. Ich glaube ſicher, daß fie nicht wenig dazu
deigetragen haben, die feit dieſer Zeit bewirkten Fort:
dritte in der Walderhaltung und Waldbehandlung,
welche drüben zu verzeichnen ſind, mit anzubahnen und
dolkstümlich zu machen.
In Italien wurden diefe feste dell' Albero zuerſt
1899 durch den Unterrichtsminiſter Baccelli eingeführt,
unter Mithilfe der Königin Margherita, welche an
den erſten in der römiſchen Campagna an der Via
æ ma :H— 2— — —— — — — —
—
Literariſche Berichte.
das Holz als Bauſtoff, ſein Wachstum und
eine Anwendung zu Bauverbänden von G. Lang,
Wiesbaden. C. W. Kreidels Verlag, 1915.
. Wenige Tage nachdem der letzte Druckbogen dieſes
Gerkes die Preſſe verlaſſen hatte, ereilte den Verfaſſer
in Dienſte des Vaterlandes der Tod.
zen über Propellerhölzer im Dienſte der Heeresver.
valtung in feinen Laboratorium zugezogen hatte.
wor Quietmeyer hat die Herausgabe pietät—
ollerweiſe vollendet und dem Werke eine kurze Dar-
|
u 3 bedeutendſte war.
Einige Ausflüge in die nächſten Wälder könnten den
perſönlichen Anteil nahm.
Im Teſſin wurden im letzten Jahre an mehreren
Orten, namentlich im Sottoceneri, ſehr gelungene feste
dell'Albero veranftaltet, von denen das am 25. März
1915 zu Caſtagnola bei Lugano abgehaltene wohl das
Mehr als 650 Schulkinder nahmen
daran teil. Der um diefe Sahe hochverdiente Shul-
direktor A. Tamburini, welcher die Feier in trefflicher
Weiſe leitete, hat in der Teſſiner Lehrerzeitung, dem
„Educatore“, einen ſchwungvollen Aufſatz über die Be⸗
deutung ſolcher Feiern für Erweckung von Liebe und
Verſtandnis für den Wald und feine Natur veröffent⸗
licht. Mit großem Nachdruck ruft er den Lehrern und
ihren Schülern den ernſten Mahuruf zu: „Un paese,
che disbosca, muore“, d. h. „ein Land, welches
ſich entwaldet, ſtirbt“. Tamburini möchte, daß
jede Schule einen wenn auch noch jo beſcheidenen „Ar-
boreto scolastico“, einen Schulforſtgarten, erhielte,
wo die Schüler ſelbſt Pflanzungen ausführen könnten.
Ein eigens für dieſen Tag gedichtetes und kompo⸗
niertes Lied wurde von der Schuljugend geſungen. Es
lautet in freier Ueberſetzung:
„Allmutter Erde vertrauen wir euch an,
Der fruchtbaren ewigen Zeugerin,
Die ſoviel Lebensſäfte in ſich ſchließt
Und für alle ſorgt und alle ſegnet.
Spendet der Erde dichte, grüne Belaubung,
Dem Boden unerſchütterlichen Beſtand;
Schenkt bunten Blütenſchmuck
Und warme Liebkoſung von Duft und Schatten!
Allmutter Erde vertrauen wir euch an;
Gedeiht geheimnisvoll in Traum und Schweigen:
Vielleicht werden eure Wipfel grauſamen Krieg ſchauen,
Aber die Wurzeln ſollen Frieden ſaugen.“
ſtellung des Werdegangs und Schaffens des Verfaſſers
vorangeſtellt.
Gewidmet hat Lang dieſes Buch den Bau- und
Forſtleuten. Das Werk und die Umſtände, unter denen
es erſcheint, ſtellen die Kritik vor keine leichte Aufgabe.
Am 9. Juni
tarb Profeſſor G. Lang im Alter von 66 Jahren in⸗
'olge einer Blutvergiftung, die er fih bei Unterſuchun- wenig verſtehen.
Lang betont im Vorwort, daß die Bauleute von
dem Holze, ſeinem Bau und ſeinen Eigenſchaften ſehr
Daraus folgern nach Langs. Anſicht
mit Recht die Forſtleute, daß ſie möglichſt viel Holz
ohne Rückſicht auf Qualität erziehen. Den Grund für
das mangelnde Verſtändnis der Bauingenieure für das
Holz als Bauſtoff ſchreibt der Verfaffer dem mangel-
haften Unterricht in dieſer Materie auf unſeren Hod:
ſchulen zu und beabſichtigt im vorliegenden Buche den
Technikern eine Anleitung zu dem Verſtändnis des
Holzes und ſeiner Eigenſchaften zu geben. Lang richtet
ſich gegen einen Ausſpruch Prof. Weilers aus dem
Jahre 1907 auf der Tagung der Vereinigung für an:
gewandte Botanik, der lautet:
„An den techniſchen Hochſchulen müſſe der botaniſche
Teil der Holzkunde von Botanikern geleſen werden,
da die techniſchen Lehrer hierfür meiſt zu wenig vor⸗
gebildet ſeien.“
Daß Profeſſor Weiler mit dieſem Gage recht hatte,
kann durch nichts ſchlagender bewieſen werden, als
durch den botaniſchen Teil dieſes Buches. Verf. hat
ſich zwar eifrig bemüht, die einſchlägige Literatur zu
benützen, aber man merkt ihm auf Schritt und Tritt
an, daß er ſich hier auf einem Gebiete bewegt, auf
dem er nicht zu Hauſe iſt. Ungemein erſchwerend für
das Studium des Buches wirkt, daß Lang mit einer
übertriebenen Verdeutſchung alle wiſſenſchaftlichen und
techniſchen Ausdrücke durch deutſche Ausdrücke zu er⸗
ſetzen ſucht. Verf. läuſt namentlich gegen die Worte
nicht deutſcher Abſtammung auf dem Gebiete der Bo:
tanik Sturm und glaubt dadurch das Verſtändnis zu
erhöhen, hat meines Erachtens aber gerade das Gegen:
teil erreicht. Welcher Ingenieur wird unter Zuhilfe—
nahme eines Buches über Botanik ſich weitere Kennt⸗
niſſe auf dieſem Gebiete zu holen vermögen, der nach
dieſen hier aufgeführten Worten darin ſucht. Er wird
ſuchen, ſuchen und wird nichts finden; nicht einmal in
einem Konverſationslexikon, das jetzt nach Lang „Welt:
wörterbuch“ heißt. Die aus dem Lateiniſchen heraus.
gebildeten techniſchen Ausdrücke, die gleichzeitig die not:
wendige internationale Verſtändigung erleichtern, ſind
eben keine Fremdworte; ihre begriffliche Ueberſetzung
in dem Umfange, wie ſie der Verf. hier durchgeführt
hat, bringt nur Erſchwerung des Gedankenaustauſches,
oft nur Mißverſtändniſſe hervor. So wird überſetzt
„Anatomie“ in „Kleingefüge“. Das müßten nunmehr
nicht nur Botaniker, ſondern auch Zoologen und Ana—
tomen annehmen. Wohin würde dies führen? Auch
die Ueberſetzung der ſyſtematiſchen Namen in der Bo—
tanik hat ſeine Grenzen. Dort, wo der deutſche Namen
nicht mehr allgemein bekannt iſt, wo er lokal raſch
wechſelt, oder gar wo es ſich um fremde Hölzer han—
delt, da gibt es, um zur Klarheit zu gelangen, nur
einen Ausweg, die richtige ſyſtematiſche botaniſche Be—
zeichnung zu ermitteln, auf der allein eine Verſtän—
digung möglich iſt. Wer ſich ſchon einmal mit der
Benennung der Hölzer im Handel befaßt hat und er—
fahren hat, unter welchen Namen die überſeeiſchen
Hölzer laufen, wird das ohne weiteres einſehen. Lang
nennt die Robinia pseudacacia Schoten dorn;
64
nachdem Lang aber fpdter in der zur Zeit der Gu:
vor der Holznot von Medicus herausgegebenen 3.
ſchrift „der unächte Akazienbaum“ (1794 - 1803)
funden hatte, daß Hülſendorn richtiger ift, t
er jetzt dieſen Ausdruck gewählt. Welcher Holzhänd.
liefert einen Wagen Hülſendornholz? Welches Fo
amt kann 100 ebm Hülſendornholz abgeben, ct:
lange zu ſtudieren, um welche Holzart es ſich be.
handelt? Iſt ſchließlich nicht Robinie gerade‘;
gut deutſch als Lilie?
Dieſe Tendenzen des Verfaſſers führen ihn gerr:
wegs auf falſche Wege, jo teilt Lang die Bäume ein!
A) Spitzkeimer,
B) Nadelhölzer,
C) Laubhölzer.
Den Ausdruck Spitzkeimer habe ich für die Men:
kotylen in keinem geltenden Syllabus gefunden; 18:
hat Reichenbach die Monokotylen als Akroblaſte —
das find wohl diefe Spitzkeimer — den Phylloblar::
gegenüber geftellt. Heute wird jedermann eine richt
und allgemein gültige ſyſtematiſche Anordnung dau
Gewächfe in einem techniſchen Lehrbuche verlange:
da er durch dieſe Einreihung allein jhon ſeht ti
Wiſſenswertes und Weſentliches erfährt. Die Ei
teilung der Samenpflanzen in A) Gymnoſper mn,
B) Angioſpermen, 1. monokoktyle, 2. dikotyle Gewäch⸗ |
ift gerade für ein Buch, das den Holzaufbau klar dar |
zuſtellen ſucht, die einzig mögliche, um das Thema
folgerichtig entwickeln zu können.
Noch ein Beijpiel einer Neuerung in technische
Ausdrücken. Um das Kleingefüge zu ſtudieren, er
pfiehlt der Verfaſſer 5 Schnitte. dies ſind
1. Hirnſchnitt,
2. Strahlſchnitt,
3. Spiegelſchnitt,
4. Fladenſchnitt,
5. Sehnenſchnitt. .
Dafür genügen doch die drei eingebürgerten Schnitte
1. der Querſchnitt = Hirnſchnitt,
2. die Längſchnitte,
a) der radiale = Spiegelſchnitt,
b) der tangentiale = Fladerſchnitt,
denn der Strahlſchnitt ift ebenfalls ein Spiegelſchnil,
und der Sehnenſchnitt iſt ein tangentialer Längsſchnitt
Nun muß aber noch der alte Fladerſchnitt
Fladenſchnitt umgetauft werden. Weshalb! Rad
Grimms Wörterbuch heißt Flader mhd. der Ahorn
und das könnte zu Verwechslungen führen; man komt
glauben, man hätte nur Ahornſchnitte vor ſich, wel
man von Fladerſchnitten ſpricht. Aber gerade weil
der gemaſerte Ahorn dieje Holztextur beſonders aus
geprägt zeigt, wie fie auf allen Fladerſchnitten burd
das Ueberſchneiden der Jahrringe typiid ift, kann mal
—
—
— — —
5
annehmen, daß auf den tangentialen Längsſchnitt die Hochwaldbäͤume, kurz nachdem fie ihr ſtärkſtes Wachs⸗
Bezeichnung Fladerſchnitt allgemein angewendet wurde. tum (Optimum) überſchritten haben, zu fällen.
Den Schnitt als Fladenſchnitt zu bezeichnen, weil eine Die Sammlung ſolcher falſch verſtandener oder
Textur zu Tage tritt, bei der die Jahrringe das Aus: einſeitiger Behauptungen, botaniſcher und forſt—
ſehen „wie breiter Fladen“ haben, ſcheint mir ſehr licher Unrichtigkeiten ließe ſich noch leicht vermehren.
geſucht. In den letzten Abſchnitten (4 u. 5) iſt der Verfaſſer
Einer allgemeinen Verdeutſchung techniſcher Aus- wieder auf feinem Spezialgebiete angelangt; ſehr lehr-
brücke ſehr mit Vorbehalt gegenüber zu ſtehen, recht | reid) find zahlreiche originelle Verſuche aus dem Ge⸗
jertigt das Durchblättern dieſes Buches, wie die an: biete der Feſtigkeitsprüfung. Die Verſuche mit Bam:
geführten Beiſpiele zur Genüge erkennen laſſen. Schon | bus und mit Holzverbänden, von denen viele aus dem
1851 ſchrieb ein deutſcher Philoſoph: „Die Einführung F des Verfaſſers ſtammen,
der armſeligen Grammatik in die deutſche viel edlere | Iben das Wertvollſte vom inhalt des Buches.
Sprache machen die verderblichen Galizismen aus; Den Verlag, der für die Ausſtattung viele Mühe
nicht aber wie bornierte Puriſten meinen, die Ein⸗ und Koſten aufgewendet hat, möchten wir darauf auf⸗
führung einzelner Fremdwörter. Dieſe werden aſſi⸗ | merkſam machen, daß das vorliegende Format ſich für
miliert und bereichern die Sprache“. Dieſe Sprach- | diee Arbeit wenig eignet. Es enthält 374 Seiten
cig von en, Grenbubten toon n, | Mh 85 v 2 un F wrens Tert a
werksmäßig geſchehen; letzten Endes entſcheidet wie . r =
auf allen gs 8 auch hier > richtige | nur 11 Zeilen Text — ſodaß ein Zuſammenfinden des
Gefühl, das Sprachgefühl. Textes und ein Ueberſchauen ſehr erſchwert wird; da:
Auf Seite 112 ift noch forſtbotaniſch etwas Inter⸗ en BIER oan ns „
effantes zu finden. Es heißt dort: Die Abarten der 3 l '
gemeinen Kiefer find ſehr zahlreich. Unter den e
europdiſchen find zu nennen: a) die Gotlandkiefer |
oe . 5. b pe ce Waldbilder aus Sachſen von Prof. Dr. Borg:
0 = dnerrrichiſche Schwarzkieſer. 5 bie Jirbeltiefer. 5 = coe Tabingen
) die Beimuttiefer, cine amerikanische un a 9) Verlag der Laupp'ſchen Buchhandlung 1915. Preis
ulm. Solche Ausführungen find falſch und vermögen 2.80 M |
eine Grundlage fiir die Unterſchiede des Holzes der a r
derſchiedenen Angehörigen der Gattung Pinus niemals Prof. Borgmann hat diefe Skizze für die ge⸗
m geben. plante XV. Hauptverſammlung des deutſchen Forſt⸗
, , a vereins zu Dresden im Aug. 1915 entworfen und
Wie auf botaniſchem Gebiete iſt der Verfaſſer auch darin zu dem Verhandlungs-Thema: „Die Ent—
auf dem der Forſtwiſſenſchaft wenig beheimatet, was wickelung des Kahlſchlagbetriebs in
ihn jedoch nicht hindert unter anderem Folgendes | Sachſen im 19. Jahrhundert. Welches
mit apodiktiſcher Sicherheit zu behaupten. Die ge. Ergebnis hat dieſer Betrieb gehabt
tinge Bezahlung der guten Bauholzſorten habe die und welche Schlüſſe laſſer ſich daraus
Jorſtwirtſchaft im vorigen Jahrhundert verführt, einen | für die Zukunft ziehen?“ Stellung genom:
Wirtſchaftsbetrieb einzuführen, der die Erträge Hteigert men. Der Kriegsausbruch hat dieſe Tagung vereitelt
und die Güte des Bauholzes verſchlechtert. Verf. meint | und Prof. Borgmann hat daher feine Gedanken zu
damit die Einführung der Kahlſchlagwirtſchaft mit dem genannten Thema in der „Silva“ mit zahlreichen
darauffolgender weitſtändiger Kultur. Zunächſt ſind wohlgelungenen Abbildungen aus den Verſuchsflächen
für die Entwickelung unferer Forſtwirtſchaft im vorigen der Tharandter forſtlichen Verſuchsanſtalt zuſammen—
Jahrhundert ganz andere, weit höhere Geſichtspunkte gefaßt, eine Abhandlung, die gleichzeitig als anregen—
maßgebend geweſen als der Verf. ſich träumen läßt. der Führer durch Sächſiſche Beſtandsbilder dient. Jetzt
Entwickelung des Verkehrsweſens und der Induſtrie).
i i ift die Arbeit auch als Sonderabdrud im Buchhandel
Rindeftens eben fo wichtig, wie die Beſtandesbegrün⸗ erſchienen.
dung für die Qualität des Holzes ift der ſtandorts⸗ Schon ein Blick auf die Abbildungen wird man—
gemäße Anbau und die Beſtandserziehung. Wie: | chen Forſtmann dadurch in Erſtaunen ſetzen, daß der
Diele erſttlaſſige Beſtände im natürlichen Verbreitungs⸗ gemiſchte Wald heute noch in fo mannigfacher Art,
gebiet der Fichte und der Kiefer find aus der Kahl: freilich nur in kleinen Beſtänden, in Sachſen zu finden
dlagform ſeither hervorgegangen? Bedarf der deutſche | ft. Verbinden doch viele mit der ſächſiſchen Forſtwirt—
Narkt nur Qualitätsbauhölzer? ſcſhaft die Vorſtellung einer alleinherrſchenden, finanziell
an fteht der lapidare Satz: Man pflegt die | tadellos berechneten Fichtenkahlſchlagwirtſchaft, der alles
9
— —— — a us a — is ae
66
andere, was nicht in dieſe Schablone hineinpaßt, zum
Opfer gefallen iſt.
An vielen Orten iſt in Sachſen der reine Nadel⸗
wald anſtelle gemiſchter Beſtände oder des Laubwaldes
getreten; da wo die Kiefer den Laubwald als erſte
Nadelholzgeneration verdrängt hat, beſteht trotz der
guten Wuchsverhältniſſe der Kiefer vielfach die Ten⸗
denz, der Kieferngeneration den Fichtenkahlſchlagbe⸗
trieb folgen zu laſſen, ſodaß der Fichtenkahlſchlagbe⸗
trieb weit über die Grenzen hinaus dominiert, inner⸗
halb deren er ſeine optimale Entfaltung, ſeine un⸗
leugbare Ueberlegenheit, gezeigt hat. Ueber dieſen
Grenzen birgt dieſer Betrieb wie jede Anwendung einer
waldbaulichen Technik, über die Grenzen hinaus, wo
nicht alle Bedingungen zu ihrer vollkommenen Ent-
faltung gegeben ſind, eine ſtändige Gefahr für die
Nachhaltigkeit der Erträge. Darum kann man auch
nicht' über den F.⸗Kahlſchlagbetrieb einfach den Stab
brechen und aus Mißerfolgen an Standorten heraus,
wo für eine wuchskräftige Entfaltung der Fichte die
Bedingungen nicht mehr gegeben ſind, den Kahlſchlag⸗
betrieb überhaupt erledigen.
In nicht zu großen Flächen in den rauhen, luft⸗
feuchten Lagen und auf friſchen Böden des Erzgebirgs
hat dieſer Betrieb, wie auch in anderen Gebieten, in
denen die Fichte ihre optimale Entfaltung erreicht, —
in dem kühlſten Waldgürtel der Erde — ausgezeich⸗
nete Erfolge erzielt. Man hat in der Zeit der all⸗
gemeinen „Verfichtung“ dieſe Holzart in der ihr im
Wirtſchaftswald am meiſten zukommenden Beſtandes⸗
form weit über das Gebiet hinausgetragen, in dem
der reine Fichtenhochwald eine nachhaltig günſtige Ent⸗
faltung zeigt. '
Borgmann weißt mit Nachdruck daraufhin, daß
faſt jede Forſtverwaltung Schmerzenskinder aufzuweiſen
hat. Solche wenig erfreulichen Erſcheinungen gibt es
nicht nur beim Kahlſchlagbetrieb, auch die natürliche
Verjüngung bei der Nachzucht gemiſchter Beſtände voll⸗
zieht ſich nicht überall ſicher ohne Fehlſchlag.
„Man iſt nur zu oft geneigt, Fehlſchläge im Wirt⸗
ſchaftserfolg einſeitig betonten öbkonomiſchen Zielen,
einer ſtarren Schablone der Forſteinrich⸗
tung zuzuſchreiben, welche den Waldbau in Feſſeln
ſchlaͤgt. Häufig mit Recht“. Nicht immer. Oft iſt
eben unſere noch unzureichende Kenntnis bezw. Be—
achtung der Standortsbedingungen und Lehren des
Waldbaus dafür verantwortlich zu machen. Verf. be-
tont, daß oft den zu niebrigen Umtrieben die Schuld
ſür waldbauliche Mißerfolge zugeſchrieben wird ohne
daß man die Augen öffnet und ſieht, daß zu hohe
Umtriebe meiſt ein weitaus größeres Hemmnis für
eine erfolgreiche naturgemäße Verjüngung in ſich
ſchließen.
Faſt allgemein iſt die Behauptung zu hören, daß
der ausgedehnte Anbau der Fichte ein Ergebnis der
Bodenreinertragslehre ſei. Demgegenüber muß man
darauf hinweiſen, daß die Waldreinerträge der
Fichte ihre Ueberlegenheit ſchon zur Genüge beweilen.
In der Periode der „Fichtenmanie“ waren es in der
Praxis vorwiegend „Waldreinerträgler“, die den Fichten.
anbau in waldbaulich heute ungerechtfertigter Weil:
übertrieben haben.
Heute find die Lehren der Bodenreinertragslehre
überall im deutſchen Walde zum Durchbruch gelangt,
und gleichzeitig erſchallt von faſt allen Seiten der Ruf
zur Rückkehr zu gemiſchten, die Bodenkraft erhaltenden
Beſtandsformen. Die Bodenreinertragslehre läßt allen
Holzarten gleiches Recht widerfahren, auch ſie betont
die Nachhaltigkeit der Erträge und damit die Pflege
des Standorts und der Holzart durch ſtandortsgemäße
Beſtände.
Auch in Sachſen begannen die Beſtrebungen zur
Rückgewinnung und Erhaltung einer naturgemäßen
Beſtockung, insbeſondere der Laubholzmiſchung lebendig
zu werden.
Die Forſtwirtſchaft ift nicht berechtigt, überkommene
Holzarten, inſonderheit die ſtandortsgemäßen Formen
des gemiſchten Waldes zugunſten der einen oder an
deren heute beſonders rentabeln Holzart verſchwinden
zu laſſen. Freilich binden den forſtl. Betrieb durch
die Länge feiner Produktionszeiträume getroffene Ma:
nahmen auf längere Zeit und die Umwandlung der
Beſtände in naturgemäßere kann ſich nur allmählic
vollziehen. „Aber er wird fic) vollziehen“ ſchliezt
Borgmann, darauf hin deuten die heute mehr und
mehr erkannten Ergebniſſe des ſeither eingehaltenen
Syſtems. Eine Fülle von Anregungen und Aus
blicken hat Borgmann in dieſer Skizze, wie Verfaſſer
dieſe Arbeit bezeichnet, gegeben; mögen viele deulſche
Forſtleute bald nach Beendigung des Krieges unter
Prof. Borgmanns Führung in anregender Diskuſfion
durch Sachſens Wälder wandern.
Den Schluß der Bilderreihe bildet in pietätvollet
Weiſe Heinrich Cottas Eichen bepflanztes Grab
bei Tharandt. Dr. Wimmer.
Notwendigkeit und Nutzen des Vogelſchutze⸗
im Qand- und Gartenbau. Von Friedri
Schwahl in Seebach, Kreis Langenſalza.
In einem unter dieſer Ueberſicht erſchienenen, von
dem an der Verſuchs- und Muſterſtation für Vogel
ſchutz in Seebach tätigen Ornithologen Fr. Schwahl
verfaßten Flugblatt, welches von dem preußiſchen Land:
wirtſchaftsminiſterium durch Erlaß vom 3. XI. 5
allen Oberförſtereien überwieſen worden iſt, wird git
i
i
— —
67
nächſt darauf hingewieſen, daß die allmählich üblich
gewordenen Formen unſeres Pflanzenbaues in ſich
ſelbſt die Notwendigkeit bergen, gewiſſe Tierarten, be⸗
ſonders Vögel, zu ſchützen, denn ihre Grundlage, die
Anzucht artreiner Beſtände, ändere die Lebensbe⸗
dingungen der Tiere, denen das Wohnen auf und
zwiſchen einförmigen Pflanzenſiedelungen nur aus:
nahmsweiſe möglich ſei, im Gegenſatz zu gewiſſen
„Schädlingen“, die hier nicht allein geeignete Nahrung,
ſondern auch Schutz in allen Entwickelungsſtufen fän⸗
den. Daraus erkläre ſich der ſcheinbare Widerſpruch,
daß die ungewollte Begünſtigung der Pflanzenfeinde
nicht auch zugleich die Vermehrung der von ihnen
lebenden Helfer zur Folge habe.
nis werde freilich mit der rückſichtsloſen Ausdehnung
der Anbauflächen erſt dort zur dringenden Gefahr,
!
i
lich aufzuklären fein. Dies fet aber für die Ausübung
eines unmittelbar und mittelbar wirkſamen Bogel:
ſchutzes auch gar nicht erforderlich. Es wäre verfehlt,
bei beſtimmten Zweigen des Pflanzenbaus auch nach
beſtimmten Vogelſchutzeinrichtungen zu ſuchen, zumal
Dieſes Mißverhält⸗ |
|
|
wir jeden unſerer gefiederten Helfer nur durch lücken⸗
loſe Erfüllung der Geſamtheit der Lebensbedingungen
halten könnten, die immer dieſelben, feſtgeregelten jeien.
Die Verhütung der Ueberhandnahme der Schädlinge,
um die es fid) bei der Bekämpfung durch Vögel ledig:
lich handeln könne, ſei bis jetzt nur an den Orten feſt⸗
zuſtellen geweſen, wo alle Vögel bis auf die wenigen
allgemein oder örtlich ſchädlichen geſchützt oder gehegt
worden ſeien.
Für die Höhlenbrüter ſeien die v. Berlep'ſchen Niſt⸗
höhlen anzubringen. Die Halbhöhlenbrüter liebten
wo jeder Unter⸗ oder Zwiſchenbau, jede anders ge⸗ keine engen Flugöffnungen, ſie nähmen mit Rüſt⸗
atete Bodennutzung, beſonders aber jeder Wildwuchs löchern oder Tragbrettchen, die unter Simſen und
ausgeſchloſſen oder beſeitigt werde. Dieſem traurigen
Zuſtande, den z. B. unſere beiten Weinbaugebiete,
die Ruͤbenwüſten, die waldverdrängenden Fichtenein⸗
öden uſw. ſchon längſt zeigten, würden noch weitere
große Flächen entgegengeführt werden, wenn die in
Angriff genommenen Oedflächen reft- und lückenlos
dem Pfluge anheimfielen.
Die künſtliche Bekämpfung der Nagez, Kerb: und
Weichtierplagen genüge allctn nicht, fie müſſe durch
natürliche Helfer unterſtützt werden, in erſter Linie
durch die Vögel. Zunächſt müßten ihnen geeignete
Niſtſtellen geſchaffen werden, weil dieſe durch die herr⸗
ſchend gewordene Bodennutzung zerſtört würden. Hier⸗
bei müſſe man ſtreng den im Urzuſtande gefundenen
Vorbildern folgen; hieraus ergebe ſich die Einteilung
der Vögel in Höhlenbrüter, Halbhöhlenbrüter und
Freibrüter.
Die verſchiedenen Zweige des Land: und Garten⸗
baus ſtellten ſehr häufig die Frage, welche Vogelarten
gegen die Schädlinge, mit denen eine Gegend gerade
zu kämpfen habe, wirkſam ſeien, und durch welche aus⸗
geſuchten Einrichtungen nur dieſe Arten herangezogen,
vermehrt und feſtgehalten werden könnten. Die Be⸗
antwortung ſolcher Fragen ſei nicht möglich. Bis auf
Ausnahmefälle, in denen gewiſſe Vogelarten als er⸗
folgreiche Vertilger bereits vorhandener und verheeren⸗
der Schädlingsmaſſen aufgetreten ſeien, wüßten wir
im einzelnen gar nicht, einen wie großen Anteil am
eigenllichen Nutzen wir einer oder der anderen Art
anrechnen dürften. Denn, was für uns wirklichen
Wert habe, dad fei die vorbeugende Verhütung der
ungeſunden Vermehrung ſchaͤdlicher Kleintiere; mit
anderen Worten, die Erhaltung des Gleichgewichts
zwiſchen Tier⸗ und Pflanzenwelt. Wieviel hierzu die
verſchiedenen Vogelarten beitrügen, das werde ſchwer⸗
t
|
|
brüter in Betracht.
Dachvorſprüngen anzubringen ſeien, gern fürlieb. Den
Schwalben könne man nur durch zweckmäßige Ge:
ſtaltung der Dachſimſe und durch ſtändiges Erhalten
von Schlemmſtellen zur Entnahme von Bauftoff, bel:
ſen. Viel ſchwieriger ſei die Hilfe bei den ſog. Frei⸗
brütern. Soweit dieſe Sümpfe und Moore, Geſtade
und Inſeln oder Oedflächen bewohnten, bleibe nichts
anderes übrig, als dieſe Gebiete ſoviel wie irgend
möglich zu ſchonen und unverändert zu erhalten.
Hier dürfe es nicht gehen wie bei den Flurverkoppe⸗
lungen.
Für die Maßnahmen, mit denen das Kulturge—
lände zu durchſetzen fei, kämen beſonders die Strand):
Der wild wuchernde Buſch, das
gleichmäßig aufſtrebende Geſtrüpp werde irrtümlich als
die beſte Heimſtätte unſerer Sänger angeſehen. Sie
könnten es freilich da fein, wo noch Kraͤfte walteten,
die den Kreis bodenſtändiger Lebensgemeinſchaft ſchlöſſen.
Gemeint fei z. B. der Wildverbiß, der Einbruch ab:
geſtorbener Baumäſte in das Unterholz und andere
Hemmungen des Wachstums, welche Krüppelwüchſe
verurſachten, die bevorzugten Bauſtellen der Strauch—
brüter ſeien. Da nun aber ſolches Zuſammenwirken
in den eintönig erzogenen Pflanzenbeſtänden unter⸗
bleibe, müßte dies künſtlich durch Beſchneiden der Holz-
pflanzen, welche Neſter tragen ſollten, erſetzt werden.
Dazu könne leider nicht jede Baum- oder Strauchart
verwendet werden, erfahrungsgemäß ſogar nur eine
beſchränkte Anzahl. An erſter Stelle ſei hier der Weiß—
dorn zu nennen, dann die Weißbuche, Ulme, wilder
Apfel und Birne, Liguſter, die Eiche als Stockaus—
ſchlag, im Schatten auch die Roßkaſtanie. Wenn dieſe
Laubhölzer auszutreiben begännen, feien die frühbritten:
den Kleinvogelarten ſchon mit dem Neſtbau beſchäftigt.
Für die Erſtbruten ſeien deshalb immergrüne Gehölze
9 *
68
erforderlich, vor allem die durch Schnitt kurz gehaltene Futterſtellen müßten von oben und allen Seiten k:
Fichte. Einige Laubhölzer wüchfen von ſelbſt kurz⸗
triebig und dicht, wie z. B die Stachelbeerarten. Dieſe
ſeien daher nicht zu beſchneiden. Wichtig ſei die Er⸗
haltung und Behandlung lebender Einfriedigungen
durch richtiges und rechtzeitiges Beſchneiden. Senk⸗
rechte Seitenflächen und Sommerſchnitt feien nad:
teilig für die Hecken und die Vogelbrüter. Einzeilig
gepflanzte, nach oben verjüngte und im Winter ge⸗
ſchnittene lebende Zäune erfüllten ihren Zweck allſeitig.
Ein großer Teil der im Sommer aufgekommenen
Vögel gehe im Winter wieder zugrunde, die ziehenden
durch die Gefahren der Wanderung, die hier bleiben⸗
den durch die Not des Winters. Darin komme eine
naturgewollte Ausleſe zur Geltung, worauf ja ſchon
|
zur wagerechten Höhe herab überdacht fein. Da
Vogel finde den einmal kennen gelernten Anflug ver
der allein offenen unteren Seite ohne Schwierigkeit
wieder.
Nicht alle Vogelarten litten durch die modern
Wirtſchaft, einigen würden fogar die Lebensbedingunge
verbeſſert. Ungewollt würden gewiſſe Arten durch dir
ſelben Vorgänge, durch die andere ungewollt vermehrt
würden, vermindert, je nachdem ihnen die Anpaſſungs
fähigkeit an unſere Kultur fehle oder eigen fei. E!
entſtünden den Arten, die wir ſchützen wollten, Feinde
durch das Ueberhandnehmen anderer Arten. Der Lan
ſtelle fic) darunter meiſt die Raubvögel vor, währen!
doch gerade dieſe der fortſchreitenden Kultur unter
die erhebliche Vermehrungsfaͤhigkeit namentlich der
Die ſchädlichen Arten, welche alle noch belafe
kleinen Standvogelarten (Meiſen) ſchließen ließe. So
könne es ſcheinen, als wäre ein Füttern der Vögel im
Winter nicht erforderlich. Man müſſe aber bedenken,
daß dies nur zutreffe, wenn alle natürlichen Nahrungs:
quellen vorhanden wären, an die der Vogel im Ur⸗
zuſtande angepaßt ſei.
Die Wildobſtarten des deutſchen Waldes ſeien ver⸗
ſchwunden; hohle, kranke Bäume, dichtes Unterholz, un⸗
durchdringliche Dickungen dulde die Durchforſtung erſt
neuerdings wieder; an Stelle des urwüchſigen Waldes
ſeien Baumäcker getreten. Der weſentlichſte Unterſchied
des früheren Zuſtandes gegen den heutigen beſtehe aber
in dem unerſchöpflichen Unterſchlupf und Nahrungs:
quell für jedwedes Getier bei jeder Witterung damals
und im Verſchwinden dieſer Vorräte und dem unge⸗
art ſolle ausgerottet werden.
Dies ſei aber nicht der Fall:
lager’ und heute ſchon zu den Seltenheiten gehörten.
Lebens möglichkeiten für fih in Anſpruch nahmen m
bei ungehemmter Vermehrung die Schwächeren unter:
drücken würden, feien einzuſchränken, denn keine Ler:
Dahin gehörten die
drei Krähenarten (Häher, Elſter, Dohle), ferner bi
Spatzen und in den Städten Mittel- und Weftdeutid;
lands die Amſel. Nicht wenige Vogelarten unterläge
freilich nur menſchlichem Vorurteil. Weil man ihn
Lebensäußerungen nicht verſtehe, betrachte man fr olf
ſchädlich. In ihrer Anpaſſungsfähigkeit an die Kulm
welt wetteiferten zwei ſchlimme Vogelfeinde unter den
Säugetieren mit dem Sperling: die wildernde Hans
hemmten Einfluß der Niederſchläge auf alle noch vor⸗
handenen Nahrungsquellen der Vögel jetzt. Wir müßten
daher füttern und zwar wetterſicher. Die Kleinvögel
könnten nicht lange ohne Nahrung aushalten, auch
nähmen ſie nicht jede an beliebigem Orte zur Stunde
der Not gereichte Futtergabe an. Es müſſe eine An: .
gewöhnung an die Futterſtellen ſtattfinden.
Solche
Antmen o e
Briefe
Aus dem Großherzogtum Heſſen.
Die Befteuerung den Waldungen.
Mit mir werden viele Leſer dieſer Zeitſchrift mit
Intereſſe den Ausführungen der Herrn Kollegen Ur: |
Nachhaltbetriebe einen gewiſſen Jahresertrag abwirft,
| : i a lep’
dieſer Steuerfrage ebenfalls die Feder ergreife, fo ge: halte ich es nach wie vor für irrig und fehlerhaft, den 13
ftadt und Wimmenauer gefolgt fein !). Wenn ich zu
ſchieht es einmal, um das amtlich vorgeſchriebene Ber:
anlagungsverfahren zu verteidigen, und ſodann um
5 Jahrgang 1915 Juli-Auguſt und Oktober⸗November⸗
Heft.
!
|
t
1
katze und die Wanderratte; im Bereich der Städte ud
Dörfer litten die Bruten der Vögel außerdem ehe —
lich unter dem Stöbern der Hunde.
Auch gegen das Heine einheimiſche Raubwild (Is,
Hermelin, Wieſel) müffe dann und wann eingeſchritten
werden, auch dürfe man das Eichhorn nicht zu zahl
reich werden laſſen. Immer aber müſſe vorher ge
prüft werden, ob diefe Tiere mehr als zuträglich Wr
treten ſeien. B.
einzelne Mitteilungen der genannten Kollegen zu er
gänzen ).
) Wenn ein größerer, z B. ſtandesherrlicher Wald, im
teren auf ein kleines Bauernwäldchen zu übertragen, *
wenn Bodengüte und Holzart die gleichen ſind. Denn 5
auch nur annähernd gleichbleibender Jahresertrag ift =
eben einfach unmöglich. Das richtige Verfahren vores
m. E. nur darin beftehen, zuerſt Boden⸗ und Veſtande
— . —.— — — D EEE ER
—
lrſtadt bezeichnet es als eine Lücke, daß keine aus:
ichen Vorſchriſten für die Ermittelung des Ein:
mens aus Waldungen gegeben ſeien. Ich be⸗
e es im Gegenteil, daß hier keine ſchablonenmäßige
ſchrift beſteht, da die Einkommen aus den zahl:
en. zum Teil ſehr kleinen Privatwaldungen von
t örtlichen Nommiſſion eingeſchätzt werden, die mit
Schablone nicht viel anzufangen wüßte. Be⸗
t man, daß Einkommen unter 500 M. ſteuerfrei
daß die Steuerklaſſen auch etwas willkürlich ge-
lt find und ſich ſprungweiſe nach oben bewegen,
z. B. bei einem Einkommen von 2299 Mk. die
ser 33½ M., bei einem ſolchen von 2300 2600
il.) 39 M. beträgt, jo wird man es verſtehen,
eine verfeinerte Berechnung des Einkommens hier
t am Platze wäre. Nehmen wir beiſpielsweiſe an,
wahrſcheinliche (von der örtlichen Kommiſſion) ge⸗
gre ducchſchnittliche jährliche Reinertrag aus einem
a großen Riefernwalde fei zu 60 M. angenommen,
hrend der (3. B. nach Wimmenauers Vorſchlag) ge:
u berechnete nur 45 M. betrüge, fo kann, muß aber
it hiermit eine Verſchiebung in der Steuerklaſſe ver:
den fein. Das Letzte findet theoretiſch nur an
Grenzen der Stenerflaffen ſtatt. Da aber Art. 48
Geſetzes über die Einkommenſteuer vorſchreibt, daß
ere die Leiſtungsfähigkeit des Steuerpflichtigen be-
rende Umſtände dergeſtalt berückſichtigt werden
69
unter Borfig und Leitung des Finanzamts ſicherlich
Rechnung tragen, ſo daß Härten vermieden werden.
Iſt aber diefe Behörde einmal im Zweifel, fo kann
ſie die Anſicht der Oberförſterei hören, die alsdann
nach wiſſenſchaftlichen Grundſätzen (vgl. Weber und
Wimmenauer im F. C. Bl. Heft 11 von 1901 u. a. m.)
verfahren wird. Bei der ſtaatlichen Vermögensſteuer
(Geſetz vom 12. 8. 1899) haben ſich kaum Schwierig⸗
keiten ergeben, nachdem Wimmenauer zweckmäßige Vor⸗
ſchlaͤge zur Ermittelung des Waldvermögens gemacht
hatte. Werden bei den nicht im Nachhaltbetrieb be⸗
wirtſchafteten Waldungen, bei den Privatwaldparzellen
2. Klaſſe, ſog. Mittelwerte zur Feſtſtellung des Wald⸗
vermögens verwendet, wie dies amtlich vorgeſchrieben
iſt, und hierbei der Durchſchnittszuwachs mit dem für
die betr. Holzart und das Holzalter bei Berück⸗
ſichtigung des Beſtockungsgrads und ſonſtiger Ver⸗
bältnifje zutreffenden Preiſe vervielfältigt, fo kann mit
geringſtem Aufwand an Koſten annähernd das Rich⸗
tige getroffen werden. In Zweifelsfällen fteht nichts
im Wege ein genaueres Verfahren anzuwenden. Jeden⸗
falls ſtimme ich aber Urſtadt darin bei, daß nach nicht
allzulanger Zeit eine Neu Veranlagung des Waldver⸗
vermögens ſtattfinden ſollte. Den Veränderungen des
Waldvermögens und etwaigen unrichtigen Einſchätz⸗
ungen wird hierdurch am leichteſten Rechnung getragen.
Auch hier iſt darauf hinzuweiſen, daß bei im Nachhalt⸗
en, daß die betr. Perſonen in der Regel zu der betrieb bewirtſchafteten Waldungen, deren Steuerwert
m wirklichem Einkommen entipredenden Klaſſe eine | nach Wimmenauers Vorſchlag f. Z. ermittelt wurde,
igen find, fo werden fo geringe Unterſchiede, wie
ſich nach der mehr oder weniger genauen Berech⸗
ng oder Schätzung ergeben, für die Zuteilung des
keuerpflichtigen zu einer beſtimmten Steuerklaſſe gar
cht von Belang ſein. Demgegenüber wären aber die
kranlagungskoſten durch Forſttechniker Angefichts der
Meingeit der Privatwaldparzellen unverhältnismäßig
od. Fällt aber das Einkommen aus dem Walde
B Lewicht und haben wir es mit Einkommen von
600 und mehr Mark (I. Abteilung) zu tun, dann
Ande Steuererklärung durch den Waldbeſitzer ſelbſt
Ratt, der im Zweifelsfalle ſich den Rat des zuftän-
den Oberförſters erholen kann. Je größer dann der
Waldbeſtz ift, um fo eher wird fih ein durchſchnitt⸗
lider Reinertrag berechnen laffen. Soviel mir be:
bunt, find übrigens ſeit Einführung des neuen Ein⸗
loummenſteuergeſetzes Berufungen gegen die Veran⸗
laguniger nicht vorgekommen, vielleicht ſchon allein aus
dem Grunde nicht, weil diefe Beſteuerung hinter der:
mgm nach der alten Grundſteuer zurückbleibt. Den
lutſächlichen Verhältniſſen wird die örtliche Kommiſſion
wer abzuſchägen und dann als „Einkommen“ einen ge⸗
ofen Proyentfag des letzteren, vielleicht 8 bis 5%, angus
4 fejen. Wimmenauer.
weſentliche Veränderungen ſich unter ſonſt gleichen Um:
ſtänden nicht ergeben werden, wohl aber iſt dies bei
den zahlreichen kleinen, im ausſetzenden Betrieb ſtehen⸗
den Privatwaldungen wahrſcheinlich. Nach dem Haupt⸗
voranſchlag von 1916 ſoll für je 1000 M. Vermögen
ein Satz von 1 M. erhoben werden; eine Aenderung
des Werts der kleinen Waldparzellen wird aber
kaum einen Einfluß auf den Steuerſatz des Eigen⸗
tümers ausüben. Aus dieſem Grunde iſt auch hier
das einfachſte und gleichzeitig billigſte Veranlagungs⸗
verfahren das Beſte. So richtig unzweifelhaft das von
Wimmenauer vorgeſchlagene Verfahren ift, jo dürfte
doch deſſen Anwendung in praxi bei den Tauſenden
von kleinen, oft ganz unvollkommen beſtockten Privat⸗
parzellen nicht ſo einfach ſein, daß jeder Forſtwart
dieſe Arbeit vollziehen könnte. Ein Mehr oder Weniger
an Wert ſpielt außerdem bei der Beſteuerung keine
Rolle. (Vermögen unter 3000 Mk. ſind ſo wie ſo
ſteuerfrei.) Hiermit will ich durchaus nicht ſagen,
daß ſich nicht allmählich das richtigere Verfahren Ein⸗
gang verſchaffen könnte. Für unſere jüngeren Kol⸗
legen wäre es ja gewiß eine lehrreiche Tätigkeit, hier⸗
nach die Vermögenswerte, die gleichzeitig die befte
Grundlage für die Berechnung des Wald⸗Einkommens
abgäben, zu ermitteln — aber koſtſpielig würde eine
70
keits⸗Durchſchnittszuwachſes zu begutachten. Daß `:
derartige Veranlagung, auch wenn ſie nur alle 10 Jahre im einzelnen Falle, wo doch die vorhandene — at
vorgenommen werden ſollte, doch werden.
Den Vorſchlägen von Urſtadt (S. 185) über die
Beſteuerung nach dem G. U. G. von 1911 vermag ich
nach der Abſicht des Geſetzgebers nicht zu folgen. U.
fällt hier aus dem Rahmen der Grundſteuer heraus.
Wir müſſen uns aber an die geſetzlichen Vorſchriften
halten. Wollte man Härten vermeiden, ſo müßte man
unbeſtockte oder nicht normal beſtockte Grundftüde einige
Jahre (bis zur Herſtellung des normalen Zuwachſes)
ſteuerfrei laſſen; allerdings fällt dann der Anreiz zum
alsbaldigen ordnungsmäßigen Wiederanbau des Wald⸗
grundſtücks weg. § 3 der Dienſtanweiſung ſagt: „Die
Grundſteuer wird als Objektſteuer vom Grundbefig
und von den dieſem gleichzuachtenden Rechten erhoben
. . . § 11 „Im Gegenſatz zu den landwirtſchaftlich
benutzten Grundſtücken werden Grundſtücke, die weſent⸗
lich der Holzgewinnung dienen und unter Forſtſchutz
ſtehen (Waldungen), ausnahmslos und ſtets nach dem
Ertragswert beſteuert .. .. Entſprechend dem real:
ſteuerartigen Charakter der Grundſteuer wird auch hier
der objektive Reinertrag zu Grund gelegt, wie er
bei den gegebenen Standortsverhältniſſen und Holz⸗
arten für die übliche Betriebsreihe und Umtriebszeit
unter Annahme normaler forſtmäßiger Wirtſchaft zu
erzielen iſt .. .. Bei dem ausſetzenden Betrieb wird
von der Annahme ausgegangen, daß das Waldſtück
im jährlichen Betrieb bewirtſchaftet werde ($ 3 der V.)
Hiernach wird für die genannten Waldungen der nor:
male Haubarkeits-Durchſchnittszuwachs des Geſamt⸗
ertrags (Haubarkeitsertrag und Vorerträge) nach Maß—
gabe der betreffenden Holzart und unter Zugrund—
legung der für dieſe Holzart im Nachhaltbetrieb üb⸗
lichen Umtriebszeit für 1 ha, und zwar nach dem Er⸗
gebnis gleichgelegener Waldungen ermittelt ...“. Map:
gebend ift grundſätzlich die Ertrag sfähigkeit des
iy
|
vielleicht gar nicht ftandortsgemäße — Holzart i
daneben gleichzeitig normale forſtmäßige Wirtſchaft t:
rüͤckſichtigt werden folen, recht ſchwierig fein kann,!
eine Sache für ſich. Da nun der Vermögenswert na:
dem Geſetz von 1911 über Gemeindeumlagen a.
Grund des wirklichen oder des möglichen (ideel:
Reinertrags durch Vervielfältigen mit 25 gebildet wir
und c. p. fih gleichbleiben kann für eine lange Rein;
von Jahren, falls nicht periodiſch eine Neuabſchätzur
ſtattfindet und hierbei ſich Aenderungen ergeben,
ift es nur begreiflich, daß der geſetzesfremde Wbt
fiker ſich wundert, daß die Vermögenswerte für ein:
0 - 1020 jähr. . .. —80 jähr. Beſtand + Boden fic
gleich bleiben, während er fih doch nie darüber g
wundert hat, daß die Grundſteuer — ohne Ridi:
auf den Holzvorrat unverändert die Jahre hu:
durch zu zahlen war; dabei ift die neue Grundfieue |
(nach Gef. v. 1911) inſofern viel gerechter wie the |
Vorgängerin, als ſie den Veränderungen der gegen
wärtigen Waldwirtſchaft vollſtändig Rechnung trägt
Hat doch auch bei uns in Heffen die Waldwirkſchuf
etwa feit den 60er Jahren des vorigen Jahrhundert
eine vollkommene Umwälzung erfahren. Während be
dahin die Aufgabe des Forſtbetriebs darin giplele, |
möglich viel und möglichſt gutes Brennholz zu er |
zeugen, trat mit der ungeahnten Ausdehnung des
Kohlenbergbaus ein vollſtändiger Wechſel ein.
Früher befanden fih die Erzhütten inmitten große
Waldgebiete — des Brennholzes wegen —, Stadt und;
Land waren auf Brennholz angewieſen, damals kla
die Buchenbrennholzwirtſchaft; daher auch die hohe
Grundſteuer für Buchenboden. Durch die Ausbeute
der foſſilen Brennſtoffe, die allein in der Zeit bn
1860—1880 um das Sechsfache geſtiegen war, trat
ein vollſtändiger Umſchwung ein. Mit jedem Bab
Grundſtücks. Es kommt daher für die Beſteuerung gar | bau drang die Stein? und Braunkohle in neue Ab⸗
nicht darauf an, ob bei der Veranlagung tatſächlich
das Grundſtück ſo bewirtſchaftet wird, wie es ord—
nungsmäßig bewirtſchaftet werden ſollte, ob z. B. der
Fichtenboden beſtockt oder nicht beſtockt iſt, ob auf ihm
ein 20⸗ oder 60 jähr. Beſtand ſteht.
Aus dieſem Grunde ſind mir die Ausführungen
Urſtadts auf S. 185 nicht verſtändlich. Während bei
der erſtmaligen Veranlagung für die ſtaatliche Ver—
mögensſteuer nach dem Geſetz vom 12. VIII. 1899 die
tatſächlichen Verhältniſſe (Bonität, Holzalter, Be:
ſtockungsgrad, Preislage uſw.) genau zu ermitteln
waren, um den Vermögensſtand kennen zu lernen,
kam es nach dem Gemeindeumlagen-Geſetz vom 8. VII.
1911 nur darauf an, die Ertrags fähigkeit eines
Grundſtücks einzufhägen, um den normalen Haubar—
|
ſatzgebiete vor und fiegte bier über das Brennholz
(Jetzt während des Krieges, wo die Kohle ſchwer 1
beſchaffen ift, bildet fih wieder gegen die feitherst
Entwickelung ein guter, ja ausgezeichneter Brennholz |
markt.) Der Steinkohle folgten die Induftrien auf
dem Fuße, die wiederum den Wald in gerade ent.
gegengeſetzter Richtung beanſpruchten. Es kam 10
Nutzholzwirtſchaft auf. Induſtrie, Eiſenbahnen un
das raſche Anwachſen der Städte verlangten jo d |
Mengen Nutzholz, daß Deutſchland allein nicht im
Stande war, die Nachfrage zu decken. Unſere einſt ;
ertragreichen Buchenbrennholzwälder ſanken um g |
und die Nadelholzwälder fliegen, dabei beffeben °°
vom H. der Einfuhr aus Nadelholz. Allein an 7
holz werden jährlich rd. 2 Millionen Fm. eingeführ
i
{
i
— — — —
on
Da ift es begreiflich, daß die Steuerwerte für die einzelnen | Jahrbuch 1915 S. 420 uff.). Für 11 große Domanial:
Jetriebsarten fic) gewaltig änderten und fih geradezu | oberförſtereien (mit gemiſchter Beſtockung) habe ich 1,71
imkehrten. Da die Bonitierung früher (vgl. Inſtr. 31 bis 3,01, im Mittel 2,12% berechnet. Wenn nun
[ 1825 u. Ausſchreiben v. 14. II. 1865) nach ähnlichen aus den Reinerträgen der Vermögenswert nach dem
Grundfagen wie jetzt erfolgte, jo geben die früheren und | Geſetz von 1911 mit 4% feſtgeſtellt wird, fo iſt es
jetzigen Steuerwerte ein deutliches Bild von dem Um⸗ einleuchtend, daß dann die Werte gegenüber den ſtaat⸗
ſchwung der Waldwirtſchaft. Ende der 80er Jahre lichen Vermögensſteuerwerten etwa nur die Hälfte be:
betrug in Heſſen im Domanialwald das Nutzholz⸗ tragen können (4% gegen 2 %% !). Zu dieſen Ertrags⸗
prozent rd. 20 jetzt rd. 40. Der nicht unerhebliche | werten kann natürlich c. p. der Waldeigentümer nicht
Zugang (= 12 135 ha ſeit 1885) an Gemeinde: und verkaufen. Er wird, und dies ganz mit Recht, bei der
Domanial⸗Waldfläche kommt der Nadelholzwirtſchaft Kapitaliſierung den ſogen. Waldzinsfuß (von 2— 8 %ů)
zu gut. Dieſer Flächenzugang und eine intenſive Nutz: anwenden, in deſſen geringer Höhe ſich eben die Vor⸗
golzwirtſchaft (auch im Laubwalde) ſowie die Um- | teile des Grundbeſitzes, die künftige Wertserhöhung
wandlungen des Eichenſchälwaldes in Hochwald er: neben der Annehmlichkeit und Sicherheit des Wald-
klären die zum Teil auffallenden Abweichungen der beſitzes ausſprechen. Steuerwert und Verkaufswert ſind
alten von den neuen Steuerwerten. eben zweierlei und werden fih nur in wenigen Fällen
Wie aus Obigem ſich ergibt, haben wir in Heſſen decken. Walther.
zweierlei Vermögenswerte, einmal nach dem Geſetz von
1899 (ſtaatliche Vermögensſteuer) und ſodann nach
dem Geſetz von 1911 (Gemeindeumlagen). Es iſt nun Aus Bavern.
intereffant, beide Werte zu vergleichen. Für die ſtaat⸗ Honſtdienſttauglichkeit.
liche Vermögensſteuer wurden die Werte der großeren Das Kgl. Staatsminiſterium hat im Vollzuge der
von Forſttechnikern geleiteten Waldwirtſchaften wohl Allerhöchſten Verordnung vom 2. Auguſt 1915 über
ohne Ausnahme nach Wimmenauers Vorſchlägen er: die Neuordnung des akademiſchen forſtlichen Unterrichts
mittelt (Boden⸗ und Vorratswerte wurden getrennt kürzlich folgendes beſtimmt:
|
|
berechnet). Ich habe nun für 33 Waldbefiker die | 1. Zur Forſtdienſttauglichkeit wird der Beſitz aller
Berte zuſammengeſtellt, wobei ſich folgendes ergab. jener körperlichen und geiſtigen Eigenſchaften verlangt,
Waldfläche: 52 883 ha, Bodenwert 21 232 682 M. die den Bewerber als den Anforderungen des äußeren
401½ Mk. je ha), Vorratswert 54 094 411 Mk. und inneren Forſtverwaltungsdienſtes vollkommen ge-
(1023 Mk. je ha), gemeiner Wert 75 327 093 Mk. wachſen erſcheinen laffen.
114244 Mk. je ha). Für 13 größere Wirtſchaften Zu dieſen Eigenſchaften zählen namentlich:
tellt fidh das Verzinſungsprozent auf 2,3. Da in den Ein im allgemeinen normaler Körperbau, Geſund—
neiſten Waldungen konſervativ gewirtſchaftet wird, fo heit der inneren Organe, insbeſondere des
erſchien der Vorratswert von 1023 Mk. je ha gering. Herzens und der Lunge;
denn man nicht wüßte, daß es fih zum großen Teile Befaͤhigung zum anhaltenden Gehen bei jeder
um Laubwaldungen (Buche!) handelte. Für mehrere Witterung auch im bergigen Gelände;
Domanialoberförſtereien habe ich nach den Betriebs⸗ körperliche Befähigung zum Schreiben, Zeichnen,
einrichtungen den wirklichen Vorrat an Holzmaſſe je Vermeſſen;
h ‘ i . .
a auf 278,12 fm berechnet (den Jahreshiebſas je ha entweder beiderſeits mindeſtens zwei drittel Seh-
oe = 1 5 1 ſchärfe, wobei Korrektur zuläſſig ift, oder auf
i 9 | „ 8 3 einem Auge mindeſtens zwei drittel Sehſchärfe
10 Mk. une, ‚berechnet en Waldwert von ohne oder mit Korrektur und auf dem anderen
72 Mk., der ſich für Fichtenwald noch um minde⸗ Auge mindeſtens halbe Sehſchärfe, ohne Korrektur;
tms 500 Mk. erhöht. In der Rhein⸗Main⸗Ebene
beiderſeits Hörfähigkeit von mindeſtens 3 Meter
für Flüſterſprache.
telte fih der bgl. Wert für einen größeren Gemeinde⸗
mad auf 2950 Mk. Vergleicht man nun demgegen⸗
lber e nad dem Pn ee a Dagegen ſchließen die Forſtdienſttauglichkeit aus:
Jermögensſteuerwerte, jo müſſen diefe weſentlich ges Otrganiſche Nervenleiden, Fallſucht, Sprachſtörungen,
ringer ausfallen, da hier dieſer Wert durch Kapitali- ausgedehnter auf die Luftröhre drückender Kropf, Unter:
ſierung mit vier Prozent ermittelt wird gegenüber leibsbruch oder ausgeſprochene Anlage hierzu, dem Dienſte
nem Waldzinsfuß von 2 3% Für das Könige hinderliche Schäden der Extremitäten, darunter Platt:
teich Sachſen ift die Verzinſung des Waldkapitals zu fuß und ausgeſprochene Krampfaderbildungen.
263% durchſchnittlich für 1913 angegeben. (Vgl. Th. Das Zeugnis über die Forſtdienſttauglichkeit hat
72
fih auf eine amtsärztliche, nach erfolgreicher Zurück⸗ des körperlichen Schadens und darüber auszufpr
legung der forſtlichen Studien vorzunehmende Unter: ob der Schaden auf den Krieg zurückzuführen id
ſuchung zu ſtützen. und inwieweit der Unterſuchte trotz des Schaden
2. Kriegsteilnehmer, die bei Kriegsausbruch mine Anforderungen des Forſtdienſtes bei nicht ſchwieri
deſtens 4 Semeſter auf das forſtliche Studium ver⸗ Berhaltniffen noch zu genügen entſpricht. !
wendet hatten, können beim Vorliegen einer Erkrankung die Möglichkeit folder. Dienſtleiſtung bejaht, fe
oder Verletzung vor Wiederaufnahme ihrer Studien, trotzdem nach Beendigung der Studien die vorgelärk
jedoch erft nach Ablauf der Erkrankung oder nach Hei: amtsärztliche Unterſuchung ſtattzufinden. Hierbei
lung der Verletzung eine vorläufige Entſcheidung dar- jedoch jene Schäden, die bereits früher feſtgeſtel
über herbeiführen, ob dieſer auf den Krieg zurückzu⸗ als nicht hinderlich erachtet wurden, nicht weite
führende Körperſchaden ihre ſpätere Verwendung im Betracht zu ziehen, es fet denn, daß fie ſich inn
Staatsforſtbetriebe ausſchließt. Das zu erholende Gut- verſchlimmert haben und nunmehr die Forſtdienſt
achten des Amtsarztes hat ſich über Art und Umfang lichkeit weſentlich beeinfluffen.
— — —
Notizen.
A. Forſtrat Dr. Georg Noth +. In Roths literariſchen Arbeiten find, wm
Am 5. Dezember 1915 verftarb zu Laubach in Oberheſſen angedeutet, zwei Perioden zu unterscheiden: die ältere, u
ein Fachgenoſſe, der in früheren Jahrzenten als hervorragender er ſich hauptſächlich auf forſtmathematiſchem Gebiete W
Schriftſteller auf forſtwiſſenſchaftlichem Gebiete, insbeſondere hat, und die ſpätere botaniſche. Zum Belege dafür, le
als wirklich ernft zu nehmender Gegner der fog. Bodenrein. Roth als den originellſten, geiſt⸗ und erfolgreichſten &
ertragslehre, in fpäterer Zeit durch wertvolle botaniſche Arbeiten der Bodenreinertrags lehre anſehe, möchte ich an zwei T
ſich einen geachteten Namen erworben hat. lungen von ihm erinnern, von denen die erſte mn
Georg Roth it am 23, März 1842 i Titel „Beiträge zur Reth
in Laubach als Sohn des dortigen ehh) | —— tätsfrage der Waldunzer
rers, Präzeptors Noth, geboren; er be⸗ in der Monatsſchrift für das Ind
ſuchte nach der Volksſchule und einer Pri⸗ Jagdweſen 1874 S. 887 ff., di
vatſchule feines Geburtsortes die „höhere im forſtwiſſenſchaftlichen Cen
Gewerbeſchule“ in Darmſtadt, deſtand da⸗ 1880 S. 152 erſchienen iſt. J
ſelbſt 1859 die Maturitätsprũfung und wid» erſteren erhebt er — vgl. and č
mete ſich alsdann dem Studium der Handbuch der Waldwertberechmmt I |
Forſtwiſſenſchaft an der Landesuniverſität — gegen die Fauſtmann ſche ©
Gießen. Leiber erlitt dies infolge eines Uns erwartungswert> Formel zunäht
falls auf der Jagd, der eine langwierige Einwand, daß fie nur mit einen 3
Krankheit, Hüftgelenkentzündung, zur Folge fub operlere ohne zu beachten, d
hatte, große Unterbrechungen, ſo daß der Waldwirtſchaft umlaufende a zi
Roth erſt 1865 die forſtliche und Kapitalien nebeneinander tät |
1866 die kameraliſtiſche Fakultäts⸗ Wolle man das beriidfidtiger, ve :
prüfung ablegen konnte. Nachdem im Zähler der Formel die barca '
er hierauf die vorgeſchriebenen Bore einnahmen für Zwiſchennutzunſe
bereitungskurſe und Staatsprüfungen im und ebenſo die Ausgaben für Kult |
Forſt⸗ und Finanzfach mit Auszeichnung jährliche Koſten mit dem höheren ue;
abſolviert hatte, fand er, da fein erwähn⸗ fuße außgelichenen Geldtaptielia ” 3
tes Leiden ihm den praktiſchen Forſtdienſt das Ende des Umtriebs zu prolem
unmöglich machte, Anſtellung als Kal⸗ dem Abtriebsertrag zuzuzählen
kulator, ſpäter als Reviſor bei der Großh. erſt die Summe mit dem 9 —9
Ober⸗Forſt⸗ und Domänen ⸗Dircktion, | | lichen Zinsfuße auf den Anfang bed Ri:
bezw. der Forſtabteilung des Grofh. ~ n * triebs zu diskontieren. Hier
Finanzminiſteriums. Gler erwarb er fic) durch die Ausarbei⸗ (ſelbſtverſtändlich!) ein größerer Bodenwert er ielt. 5y
tung des 1883 erſchienenen „Handbuchs für die Forſt⸗ und Zweifel hat diefe Auffaſſung, wenigfteng auf den erden l
Kameralverwaltung“ des Landes ein allgemein anerkanntes etwas Beſtechendes für fi; das hat auch zur Folge geet n aip
Verbienit. Aber ſchon im Jahre 1887 veranlaßte fein Befund: 32 Jahre fpäter Noſſek den gleichen Gedanken wieder
heitszuſtand die Verſetzung in den Ruheſtand wobei ihm der Titel griffen und weiter ausgeführt hat. Vgl. Oeſterreich ©
„Rechnungsrat“ gegeben wurde, was freilich feinen Wünfchen | jahresfchrift für Forſtweſen 1906 S. 148, Man ui 7
nicht entſprochen haben wird. Er nahm nun ſeinen Wohnſitz m. E. dagegen einwenden, daß bei Berechnung aller & i PN
in ſeiner Vaterſtadt Laubach, die er bis zu feinem Tode nicht | tungswerte künftige Geldeinnahmen und zs d
mehr verließ. Dort wohnte er mit feinen zwei Schweſtern gue | grundfäglih nur auf einen früheren Belly? ol
ſammen. diskontiert werden und daß die vorkommenden
— —
rungen nur Hilfsmittel zur bequemeren Berechnung ſind. Alle
jene Einnahmen und Aus gaben haben den Charakter umlaufen⸗
der Gapitalien; da fie aber als Erträge reſp. Erforderniſſe der
Bodenwirtſchaft ausgefaßt werden, kommt für fie nur der eben
dieſer Wirtſchaft eigentümliche Zinsfuß in Anwendung.
Der zweite a. a. O. von Roth erhobene Einwand gegen
die Bea Formel betont mit vollem Rechte, daß fie vom „augs
ſetzenden Betrieb“ ausgehe, der doch in der Forſtwirt⸗
ſchaft rur als Ausnahme gelten könne. Die Regel bilde
der „jährlich nachhaltige Betrieb“, bei welchem die
normalen Erträge bezogen werden könnten, ſobald der „Normal⸗
vorrat“ vorhanden ſei; alſo bei gleichzeitigem Anbau der ganzen
Waldfläche im Alter des halben Umtriebs. Demnach könne
hier der Waldrentierungswert
Wr = Au + Da H... c L uv
u. O, op
dem Waldkoſtenwert im Jahre
—
2
a z
Wk, = (Bt+c)lop* + V(lop? —1)—
u
u
Da. I, op 2 — a)
gleichgeſetzt werden. woraus ſich für den Bodenwert im Nach⸗
haltbetrieb eine neue Formel
Wr + Da. I, op 2 2) VI op? —1)
Bene nen — e
lop 2
ergebe. Hiergegen läßt fih wohl einwenden, daß im halben
Umtriebsalter vielleicht ſchon der normale Holzertrag, ſicher
aber nicht der normale Geldertrag bezogen werden kann; daß
in dem angenommenen Falle ein Teil der Holzbeſtände in zu
niedrigem, ein anderer Teil in zu hohem Abtriebsalter genutzt
wird, was immer mit Verluſten verknüpft iſt; daß alſo, wenn
u die finanzielle Umtriebszeit bedeutet, die richtig berechneten
Bodenwerte nicht, wie Roth meint, höher, ſondern niedriger
ausfallen müflen als ber Ben.
Auch dieſer Gedanke Roths iſt ſpäter und zwar von Baur
in ſeiner Waldwertberechnung S. 192 reproduziert worden.
Nur it dabei dem letzteren das Unglück pafftert, die Roth'ſche
Formel falſch abgnfdreiben; er verwechſelt den Waldkoſtenwert
im Jahre u / 2 mit dem gleichzeitigen Koſtenwerte des Beſtandes.
Außerdem leidet das Baur ſche Zahlenbeiſpiel S. 193 an
mehreren Fehlern in Anſatz und Ausrechnung. So ſind alſo
Roths immerhin ſinnreiche Gedanken von feinen Nachfahren mit
mehr oder weniger Glück und Geſchick ausgebeutet worden.
Der ſpätere Aufſatz „Die Reinertragstheorie, inse
beſondere die Unterſchiede zwiſchen Boden⸗ und
Waldreinertragstheorie“ im forſtwiſſenſchafl. Central⸗
blatt 1880 S. 153 bringt den Beweis, daß der Walderwartungs⸗
wert im Nachhaltbetrieb, ausgehend von den Erwartungswerten
der einzelnen Schläge, dem Rentierungswert
Au + Da 4... . c uy
Au a a =
gleich ift, alfo mit bem Umtriebsalter des größten durchſchnitt⸗
lichen Gelbertrags fein Maximum erreicht. Das lift ohne Zweifel
ganz richtig; aber für die praktiſche Anwendung iſt der
geführte Beweis doch nicht maßgebend. Denn man hat es in
Wirklichkeit nicht mit mehreren Normalwäldern von verſchiedenem
u zu tum, unter benen die Auswahl zu treffen ware, ſondern
immer nur mit sinem Walde von beſtimmter Zuſammen⸗
ſetzung, die höchſtens für eine Umtriebszeit normal fein kann
und für alle anderen abnorm iſt. In dieſem Falle aber be⸗
1916
73 ©
zeichnet, wenn die einzelnen Schläge normal beftanden find,
doch immer wieder der größte Bodenerwartungswert den vor⸗
teilhafteſten Umtrieb und das Maximum des Vorwertes künf⸗
tiger Erträge.
Ueber dieſe und ähnliche Fragen habe ich wiederholt mit
Herrn Roth mündlich und ſchriſtlich verhandelt; zuletzt noch im
Sommer 1914 anläßlich meines Aufſatzes „über den Streit um
die forſtlichen Reinerträge“ im Julihefte d. Bl. Dort S. 222,
bezw. im Auguſtheft S. 238 iſt auch über eine weitere Aus⸗
führung Roths in der 1874 er Monatsſchrift berichtet. Meine
Aufforderung, etwaige Einwände in der A. F. u. J. Z. zu
bringen, lehnte er jedoch mit der Begründung ab, daß er die
Vermittelung der ſtreitenden Richtungen mir überlaſſen wolle.
Seit ſeiner Verſetzung in den Ruheſtand hat Roth ſich vor⸗
wiegend mit Moosſtudien befaßt, als deren erſte Frucht in den
Jahren 1904 und 1905 das zweibändige Werk „Die Euro⸗
päiſchen Laubmooſe“ zu Leipzig erſchien. Dasſelbe ent⸗
hält zahlreiche ſehr ſorgfältig und ſchön ausgeführte Zeichnungen
nod mikroſkopiſchen Präparaten, wurde in den Kreiſen der
Botaniker als höchſt wertvoll anerkannt und gab Veranlaſſung
dazu, daß dem Verfaſſer von der Philoſophiſchen Fakultät der
Univerſttät Gießen auf Antrag der Vertreter des Forſtfachs
und der Botanik 1907 der Doktortitel honoris causa
verliehen wurde. Kurz darauf erfolgte auch die Aenderung
ſeines ſeitherigen Titels „Rechnungsrat“, an deſſen Stelle er
den Charakter als „GSroßh. Forſtrat“ erhielt. In Forte
ſetzung ſeiner Arbeiten gab R. dann im Jahre 1911 zu Dresden
noch den erſten Band eincs zweiten ähnlichen Werkes „Die
außereuropäiſchen Laubmooſe“ heraus. Ob dem noch
ein zweiter Band folgen kann, weiß ich nicht; doch habe ich
R. noch wenige Wochen vor ſeinem Tode daran arbeiten ſehen.
Die erwähnte akademiſche Ehrung Roths liefert den Be⸗
weis, daß die Gießener Vertreter der Forſtwiſſenſchaft auch den
literariſchen Gegner ſachlich und unparteiiſch zu beurteilen willen.
Das nämliche folgt, aus der Tatſache, daß Roth zweimal und
zwar im Jahre 1873 neben Hempel und Lorey, dann 1878
neben Stötzer, Schwappach und mir für die zweite, damals
außerordentliche Profeſſur unſeres Faches in Vorſchlag gebracht
worden iſt. Daß man von ihm wieder abſah, wurde nur durch
ſeine körperliche Unfähigkeit zur Abhaltung von Uebungen im
Walde begründet.
Zum Schluſſe ſoll nicht verſchwiegen werden, daß Roth in
ſeinen letzten Jahren infolge mancher Enttäuſchungen, die das
Leben ihm gebracht, einer krankhaften Einbildung verfallen war
vermöge deren er ſich von gewiſſen Perſonen verfolgt und um
den Lohn feiner Arbeiten betrogen glaubte. Inwieweit etwas
derartiges mit Bezug auf das Honorar ſeiner botaniſchen Werke
begründet geweſen fein mag; entzieht ſich meiner Beurteilung.
Sein ungeteiltes Vertrauen genoß in dieſer Zeit wohl nur ſein
gleichaltriger Jugendfreund, Graf Hermann zu Solms:
Laubach, der bekannte und allgemein hochgeſchätzte Strap:
burger Botaniker, der ihm um wenige Wochen im Tode voran⸗
gegangen iſt und ebenfalls auf dem Laubacher Friedhofe ruht.
Beim Begräbnis am 8. Dezbr. v. J. habe ich im Auf⸗
trage der Philoſophiſchen Fakultät am Grabe ihres hingeſchie⸗
denen Ehrendoktors einen Kranz mit kurzer Anſprache nieder⸗
gelegt, die ich wie dieſen Nachruf mit den Worten ſchließen
konnte:
„Have pia anima!“
Wimmenauer.
B. „Stredung des Weidwerks?“
Wir müſſen diefe Frage noch leinmal anſchneiden. Die
Preisregelung für Wild ift erfolgt, und im Anſchluß
10
7
daran verlangt ein fo bekannter Mann wie Dr. Fritz Skow⸗
ronneck in einem vielgeleſenen Berliner Bratt — Streckung
des Weidwerks! Hören wir zunächſt, wie Skowronneck ar⸗
gumentiert !):
„In Preußen ſollen Verfügungen ergangen ſein, Tiere
und Kälber abzuſchießen. Wie ſieht es aber mit der Ause
führung folder Verordnung aus? Erſtens find in den ſtaat⸗
lichen Revieren nur noch Grünröcke in höheren Sem. ftern,
ehrwürdige Graubärte, vorhanden, von denen faſt jeder mehrere
Reviere zu verwalten und zu beaufſichtigen hat, und ihre —
auch ſchriftliche — Arbeitslaſt ift fo geſtiegen, daß man ihnen
wirklich kein Weidwerk zumuten kann. Zweitens wiſſen die
Grünröcke nur zu gut, daß ihr Forſtmeiſter, der jetzt irgend⸗
wo im Felde ſteht oder in einer Garniſon Dienſt tut, den Abs
ſchuß in ſeiner wohlgepflegten Wildbahn nicht gern ſieht Da
iſt es doch gut, wenn man keine Zeit hat, eine ſolche unan⸗
genehme Pflicht zu erfüllen. Die alten Forſtmeiſter a. D.,
die jetzt als Revlerverwalter tätig find, haben über den Abs
ſchuß nichts zu beſtimmen. Zur Brunftzeit hatten übrigens
die Garniſondienſt leiſtenden Forſimeiſter Urlaub, und es
wurden auch hier und dort einige Geweihte geſchoſſen, deren
Nahrungsweilt gerade in dieſer Zeit recht problematiſch ift.
Man muß aber doch jetzt, wo unſere F.eilchvorräte durch zwei
fleiſchloſe Tage in jeder Woche geſtreckt werden follen, fragen,
ob es ſo weitergehen ſoll? In Friedenszeiten beträgt der
Marktwert des erlegten Wildes etwa 40 Millionen Mark. Die
Gewichtsmenge fol nur etwa ein Prozent des deutſchen Fleich⸗
verbrauchs ausmachen. Jetzt würde der Friedensabſchuß er:
heblich mehr ins Gewicht fallen. Nun ift aber unfer Wilds
ſtand in dieſem Herbſt erheblich größer als im vorigen Jahre.
Davon habe ich mich an verſchiedenen Stellen der Mark und
in Mecklenburg ſelbſt überzeugt. Daß es keine Jäger mehr
gibt, die von den leicht zu erlangenden Einladungen gern Ge⸗
brauch machen würden, iſt nicht richtig. Nein, es haben nur
viele, die früher gern und oft auf die Jagd gin, en, ihr Ge-
wehr an den Nagel gehängt, weil ſie die Ausgabe für
den Jagdſchein ſcheuen. Ein Gutsbeſitzer, dem ich meine
Zweifel ausſprach, daß der Preis des Jagdoſcheins eine folde
Wirkung ausüben könne, zählte ſoſort mehrere ältere Herren
au“, die bisher regelmäßig feine Jagdgäſte geweſen waren,
jetzt aber keinen neuen Jagdſchein mehr gelöſt hatten. Er wiſſe
nicht, wie er dies Jahr ſeine Treibjagd, die mindeſtens 400
Haſen und 200 Karnikel bringen müßte, werde abhalten können.
Ich meine: die Verhältniſſe haben ſich ſo zugeſpitzt, daß man
mit aller Dringlichkeit ein energiſches Eingreifen verlangen
darf und muß: die Herabſetzung des Jagdſcheinpreiſes auf
eine winzige Anerkennungsgebühr, wenn es durchaus nicht
anders gehen ſollte. Richtiger wäre es jedoch, jedem, der be⸗
reits einen Jagdſchein beſeſſen hat, eine koſtenloſe B ſcheinigung
zu erteilen, daß er bis zum Kriegsſchluß die Jagd ausüben
darf.“
Dieſe Argumentation Skowronnecks ſcheint zunächſt
recht zutreffend zu fein, zum wenigſten hat fie etwas Pe-
ſtechendes an ſich. Und doch kann man ihr nicht rückhaltlos
zuſtimmen. Zunächſt die Verteuerung des Jagdſcheins: Dieſe
ſtieg ſeinerzeit von 3 auf 15 und dann auf 22,50 Mk. in
Preußen; fie war eine gauz heilſame Maßrtegel nicht nur für
die damalige Zeit, ſondern auch für die jetzige und für immer.
Wenn jetzt tatſächlich jeder, der nur einigermaßen treffen kann,
—— D e ——
) Im „Berliner Tageblatt“ Nr. 489. Der Jagdſchrift⸗
ſteller Skowronneck verſteht unter „Streckung des Weidwerks“
ein Mehrabſchuß von Wild, als in Friedenszeiten Normal⸗
maß iſt.
zu einer geſuchten Perſönlichkeit geworden ift, fo hieße gerak
die Herabſetzung des Jagdſcheinpreiſes: Die Jagd dem Rid:
jägertum, den Schießern ausliefern. Sie opfern zu Gunst
einer nicht abſolut notwendigen Volksernäherungsmaßnahme
denn das deutſche Volk hat nach der reichen 1915er Ernte ge
uug Nahrungsmittel, um auch ohne Verwüſtung der Jagdde⸗
ſtände auszukommen. Bei Auslieferung der Jagd an Sir;
und Kunz durch Herabſetzung oder Abſchaffung der Jagdſchein,
preiſe würde gerade das eintreten, wogegen namentlich Privit
dozent Dr. Guenther- Freiburg immer Front machte, wen:
er für ſolche, die Jagd ausüben wollen, ein Examen darid
verlangte, ob fie auch fähig find, fie fo auszuüben, wie moz
es vom Standpunkt nicht nur der Menſchlichkleit,
fondern auch echter Hege und Pflege des Wildes vn
langen kann (Treffſicherheit, Kenntnis der Vogelarten, Ver
nichtung nur der ſchädlichſten Tiere uſw.). Gerade vor
Standpunkt des Tierkenners und Vogelſchützers aus möcht
ich bitten und warnen, von einer „Streckung der Jagd” o
zuſehen. Aus dieſem Grunde kann ich mich auch nicht mit den
von vielen Seiten gebilligten Vorſch lag befreunden, die Fel?
grauen in den Geneſungs- und Erholungsheimen zur Seb
übung der Jagd heranzuziehen. Wenn es mit Cinidrates
geſchieht, ſchon ja.
„Noch vor kurzem“ ſchreibt hierzu ein Fachmann, Stun:
ronned im „Berliner Tagblatt“ „fah ich mit einer Amati
Vizefeldwebel, Offiz'erſtellbertreter und Feldwebelleutrants ir
fröhlicher Tafelrunde zuſammen. Sie haben viel freie Zei,
die fie am Biertiſch — ra, fagen wir mal offen — totichlager.
Meine Frage, ob ſie bereit wären, ſich als Jäger zu beteiligen,
erregte ſtürmiſche Begeiſterung Zwei der Feldgrauen eat:
puppten fib als Förſter und alle als leidenſchaftliche Jiger.
Von den Nebentiſchen, wo viel Mil tär ſaß, kam ſoſott das
Angebot, Treiberdienſte zu tun. Wo liegt der Hinderarch
grund, dieſe brachliegenden Kräfte, denen ein Jagdlag der
licher wäre als mehrere Biertage, in den Dienſt des Weid
werks zu ftellen. das jetzt kein Sport, ſondern ein Dienſt zur
Fleiſchgewinnung fein ſoll?“ In dieſem Falle ift die Qram
ziehung der Feldgrauen zur Ausübung des Weidwerks ſchon
erwünſcht, acer nicht im allgemeinen. |
Prüfen wir aber den Vorſchlag zur „Streckung des Weid
werks“ noch im beſonderen von dem ſpeziell weidmännt
{hen Standpunkt aus! Sit es wirklich wahr, daß mit
nach „Johrzehnten ſorgſamer Wildpflege“ eine fo vortreffliche
Wildbahn haben, daß fie „etwas ſchärfer als üblich“ angelabt
werden kann, ohne fle zu ſchädigen? Ich meine, unſere Bil
bahn kann nie vortrefflich genug fein, denn nach modernen Be
griffen bezeichnet dieſes Attribut immer noch einen recht {hae
lichen Wildbeſtand, und die vortrefflichite moderne Wildbabn
bedarf m. C. der Schonung. Denn wo find z. B. heute die
prächtigen Rehrudel von 30 und 40 Stück, die ich in meint
Jugendzeit fah, wenn. ich in der Morgendämmerung über Ver?
höhen und durch Wieſentäler des heſſiſchen Vogelsberges alt
Lateinſchüler zum Inſtitut des Kreisſtädtchens pilgerte? Hat
nicht in der modernen Zeit jeder aus feiner Wildbahn 109
herausgeſchoſſen, als fie nur eben zu leiſten vermochte?! Do
rum kann ich auch das Argument nicht verſtehen: Wir haben
in zahlreichen Gebieten einen ſolchen Uekerſchuß an Wild, dab
die bitterſten Klagen über Wildſchaden in der Landwirtschaft
laut wurden. Die Landwirtſchaft wird immer klagen, an
wenn nur noch ein Reh im Revier ſteht. „Die Klagen halfen
ebenfowen!g wie die ganz energiſchen Beſchwerden in den Haus
haltsausſchüſſen des Landtags und Reichstags. Die zuftänbiger
Regierungen folen fih kühl bis ang Herz hinan verhalten
haben“. Das glauben wir wohl. Sie werden tren guten
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Stund dazu gehabt haben; denn fie befigen mehr eingehende
Kenutnis der Sachlage, mehr Einſicht und Vernunft als manche
Zeitungs ſchreiber. Wenn es aber wirklich wahr ift, daß im
verfloſſenen Jagdjahre, vom 1. Oktober 1914 bis 30. Septbr.
1915, nicht ſo viel Wildmenge wie in Friedenszeiten abge⸗
ſchoſſen wurde — eine Sache, die man ja nicht zu bezweifeln
unbedingt gezwungen iſt, wiewohl Skowronneck irren mag,
wenn er ſchreibt: nicht die Hälfte der in Friedenszeiten auf
den Markt kommenden Wildmenge —, ſo verlangt dies natür⸗
lich eine Abhilfe; es ſollen mindeſtens ſo viel Stücke geſchoſſen
werden, wie im Frieden, auch vom Großwild; das iſt denn
aber keine „Streckung des Weidwerks“, ſondern der mehr oder
minder normale Abſchuß.
Ich will in dieſem Zu ſammenhang betonen, daß ich bei:
ſpielsweiſe für eine vorübergehende Wiederfreigabe
des Dohnenſtiegs in zwei ſübddeutſchen Zeitſchriſten eins
getreten bin. Auch die KramimetBvo jel lieferten unſerem deut⸗
ſchen Volke alljährlich eine ganz nette Portion Fleiſch und es
iſt kein Grund vorhanden, die Fleiſchreſervoirs der Lüfte nicht
auszunutzen. Verboten wurde der Krammetsvogelfang aus
humanen Gründen und weil ſich im Dohnenſtieg außer den
rordifhen Krammetsv ð eln viele deutſche Singdroſſeln mits
fingen. Andere Zeiten verändern die Lage. Nachdem die nor—
diſchen Dro ſſelſcharen fih in mehrjähriger Schonzeit erholt
haben, würden fic einen Fang wieder einmal ganz gut Ver:
tragen; außerdem ſtreben fie, wenn fie un gefangen bleiben,
den Italienern, unſeren Feinden, zu und helfen deren wirt:
ſchaftliche Kraft ftärken (denn für die Mandolinenſpieler bes
deutet die Polenta ſchon etwas). Da uns die Lande und Meer:
wege verſperrt ſind, ſo wollen wir die Nahrung, die uns auf
dem Luftweg zugetragen wird, ausnutzen. Dies iſt jedoch
leichter geſagt als getan. Denn inzwiſchen — ſeit Verbot des
Dohnenſtiegs — ſind die Dohnenſtiege verfallen und wer ſollte
bei dem jetzigen Leutemangel wohl dieſe von Zeit und Wetter
zerſtörten Dohnenſtiege wieder herſtellen? Allerdings darf man
die Krammetsvögel ja auch in kleinen Fallen fangen und in
dieſer Beziehung iſt in der Letztzeit mancherlei Brauchbares —
darunter ganz humane Fallen — hergeſtellt worden. Natür⸗
lch ſollte der Krammetsvogelfang nur geſtattet werden, folauge
der Krieg dauert — nächste Frühjahr, den darauffolgenden
Herbſt — — —.
Weit wichtiger wäre es aber gewiß noch, den Fang der
wilden Kaninchen von den Hemniſſen zu befreien, die den
nach Abſicht der Geſetzgebung „freien“ Fang ins Gegenteil
verkehrt haben. Die Kaninchenplage, die jdou im Frieden
viele Landwirte ſchwer bedrohte, iſt ſicherlich nicht kleiner ges
worden. Jetzt wäre die Gelegenheit gegeben, dieſer Piage jo
energiſch zu Leib zu rücken, daß die Ausbeute der Frettierer
für die Ernährung ins Gewicht file Maın könnte
hier zwei Fliegen mit einer Klappe ſchlagen.
Mindeſtens ebenſo wichtig wäre eine Aktion des Staates
zur Aufrechterhaltung der Berufsfiſcherei im Süß⸗
waſſer. Es handelt fih um ein Gewerbe, das zu Friedens⸗
zeiten bei Friedenspreiſen für rund 100 Millionen Mark Fiſch⸗
fleiſch auf den Markt geliefert hat. Und wie ſicht es jetzt
damit aus. Hören wir das Urteil eines Sachkenners y:
„Da ich monatelang mitten in einem Seengebiet gelebt
dade, wo ich den „Betrieb“ dreier Großpächter, die etwa 7000
bis 8000 Mk. Pacht zahlen, nicht nur beobachtet, ſondern
als hochgeſchätzter „Mitarbeiter“ genau kennen gelernt habe,
lann ich wohl auf unbedingte Glaubwürdigkeit Anfpiud machen,
wenn ich berichte, daß der Ertrag um rund zwei Drit»
Be e A
—B— —
1) Skowronneck im „Berliner Tagblatt“.
75
tel zurückgegangen tft. Die Urſache? Leutemangel! Zwei
Pächter find im Felde, ihre Stellvertreter fiſchen auf 8600 und
4000 Morgen mit drei oder vier alten Krümpern. Jetzt fol
die Herbſtfiſcherei mit dem großen Zuggarn, die große Er⸗
träge zu liefern pflegt, beginnen; es fehlen leider nur die Ar⸗
beitskräfte.“
Man fragt ſich da: Sollten ſich nicht unter den ruſſi⸗
ſchen Gefangenen Leute finden laffen, die mit der Fiſcherei
Beſcheid wiſſen? Da ſelbſt das Gewerbe des Fiſchfangs mit
einer gewiſſen Paſſion verknüpft iſt, würde eine Umfrage frei⸗
willige Meldungen in genügender Zahl ergeben. Gegen eine
ſolche Verwendung ruſſiſcher Gefangener könnte kein Bedenken
vorliegen. Pfr. W. Schuſter.
C. Forſtliche Vorleſungen an den Hochſchulen im
Sommerſemeſter 1916.
I. Aniverſilät Sießen.
Prof. Dr. Weber: Waldbau II. Teil, vierſtündig. —
Forſtſchutz I. Teil, vierſtünd g. — Forſtpolitik II. Teil, piers
fündig. — Einführung in die Forſtwiſſenſchaft, einſtündig. —
Praktiſcher, Rurfus über Waldbau (Exkurſionen) am Samstag
Nachmittag. — Privaldozent Dr. Bader: Forſtſchutz II. Teil,
vierſtündig mit Exkutſiionen.
Außerdem zahlreiche Vorleſungen aus den Gebieten der
Mathematik, der Naturwiſſenſchaften, der Rechtskunde, Volks⸗
wirtſchaftslehre, Finanzwiſſenſchaſt. Landwirtſchaft uſw.
Beginn der Inimatrikulation: 17. April, der Vorleſungen:
27. April.
Das allgemeine Vorleſungs verzeichnis kann vom Univ.:
Sekretariat bezogen werden.
Ob die angekündigten Vorleſungen zuſtande kommen, hängt
von der Kriegslage ab, da die beiden Dozenten der Forſtwiſſen⸗
ſchaft noch im Heere ſtehen und ein Nachfolger Dr. Wim—
menauers bis jetzt nicht ernannt iſt.
II. Aniverſilät München.
Prof. Dr. Endres: Geſchichte des Forſt⸗ und Jagdweſens,
dreiſtündig; U.bungen in forſtlicher Rentabilitätsrechnung;
Exkurſionen zu der Vorleſung im Winterſemeſter über Eins
führung in die Forſiwiſſenſchaft. — Prof. Dr. Shüpfer:
Geodäſic, vierſtündig; Nivellieren und Wegproj«ktierung, dreis
ſtündig: Exkurſionen und Ue! ungen. — Prof. Dr. Fabricius
(3. Z. im Heere): Forſibenutzung, fünfſtündig; Forſtſchutz, zwei⸗
ſtündig; Exlurſionen. — Prof. Dr. Ramann: Agrifulture
chemie, fürsftis dig mit Exkurſionen; Bodenkundl. Praktikum.
— Prof. Dr. Eſcherich: Forſtzoologie II. Teil: Inſekten,
fünſſtündig; Forſtentomologiſche Ubungen und Exkurſionen.
— Prof. Dr. von Tub euf: Naturgeſchichte forſtlicher Kultur:
pflanzen, fünſſtündig mit Cxkurſionen; Pflanzenpathologie, fünf⸗
ſtündig.
Sonſtige Vorleſungen wie ad I.
Im verfloſſenen Winteiſemeſter haben die genannten Herren
mit Ausnahme des Dr. Fabricius Vorleſungen gehalten.
III. Hniverfildt Tubingen.
Beginn: 12. April. — Schluß: 14. Auguft.
Prof. Dr. v. Bühler: Waldbau II (Praxis des Wald,
baus), dreiſtündig mit Uebungen und Exkurſionen. — Uebungen
in der Verſuchsanſtalt, dreiſtündig. — Exkurſionen und Uebungen,
auch für Fortgeſchrittene (Kriegsteilnehmer). — Prof. Dr. Leh⸗
mann (3. Z. im Heere): Forſtbotanik, zweiſtündig und forſt⸗
botaniſche Unterſuchungen.
Sonſtige Vorleſungen wie ad I.
II. Lechniſche Jochſchule zu Narlsruhe.
Abteilung für Forſtweſen.
Geh. Oberforſtrat Prof. Siefert: Forſttechnologie und
Waldbau II. Teil. — Prof. Dr. U. Müller: Forſteinrichtung,
Forſtſtatik, Jagdkunde, Uebungen. — Prof. Dr. Haus rath:
Forſtſchutz, Forſtgeſchichte, Waldwegbau⸗Uebungen. — Geh.
Hofrat Prof. Dr. Haid: Geodät. Praktikum. — Obergeometer
Bürgin: Plans und Terrail zeichnen. — Geh. Hofrat Prof.
Dr. Klein: Forſtbotanik, Pilzkrankheiten der Waldbäume,
Uebungen uſw.
Sonſtige Vorleſungen wie ad I.
V. — VII. Die Forſtakademieen Eberswalde, Münden und
Sharandt
bleiben bei Fortdauer des Krieges vorausfichtlich geſchloſſen.
D. Prüfung für den Nevierverwaltungsdienſt der
Privaten uſw.
Nachdem die im Dezember 1914 vom Deutſchen Forſt⸗
wirtſchaftsrat ausgeſchriebene, für September 1915 angeſetzte
Prüfung wegen unzureichender Anmeldungen ausfallen mußte,
fol im Sommer 1916 zu Eiſenach eine ſolche ſtattfinden, falls
ſich mindeſtens 4 Bewerber melden.
Zu dieſer Prüfung werden ſolche Anwärter zugelaſſen,
die den Befähigungsnachweis zum Einjährig⸗Freiwilligen⸗
Dienſt beſitzen, 4 Semeſter mit Erfolg an einer deutſchen forſt⸗
lichen Hochſchule ſtudiert haben und eine mindeſtens 2 jährige
praktiſche Verwendung nachweiſen. Außerdem können aus⸗
nahmsweiſe auf Antrag eines, dem Deutſchen Forſtvereine
angehörenden Waldbeſitzers bereits in deſſen Dienſt ſtehende
Anwärter zugelaſſen werden, wenn ſte eine mindeſtens 4 jähr.
praktiſche Verwendung und eine genügende allgemeine Bildung
nachweiſen.
Das Nähere iſt aus der Prüfungsordnung zu entnehmen,
welche unentgeltlich vom Obmann des Prüfungsausſchuſſes
bezogen werden kann.
Die Anmeldungen zur Prüfung find unter Beifügung der
in § 4 der Prüfungsordnung bezeichneten Schriftſtücke bis
längſtens 5. Auguft 1916 an den Obmann des Prüfungsaus⸗
ſchuſſes, Herrn fürſtl. Oberforſtrat Eigner in Regensburg,
Fürſtl. Domänenkammer, einzuſenden.
Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und i D
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Siegen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauer Ca
` beffen hat das Reichsgericht dieſes Urteil nicht beftehen
E. Streit des Holzkäuſers mit dem Sorkfiätns wegen
der Holgabuabme.
Der Geſchäftsführer einer großen Holzfirma hatte d
Forffisfus drei verſchiedene Angebote bezüglich des Anka
von Holz gemacht, und der Fiskus hatte die Offerten ang
nommen. Die Firma nahm indeſſen das Holz nicht ab, de
Fiskus brachte es daher gemäß feinen allgemeinen Berfau
bedingungen auf Rechnung des Käufers zur Verſteigerung un
verlangte von der Beklagten Zahlung der Differenz zwiſchen
dem mit der Firma vereinbarten und dem bei der Verſteige⸗
rung erzielten Preiſe.
Die beklagte Firma wandte eln, ihr Geſchäftsführer hab:
zu der Zeit, als er die fragl. Offerte abgab, gar nicht mehr
Vollmacht für fie beſeſſen. Der Geſchäftsführer fet ſonach u
befugt für die Beklagte aufgetreten, und die Beklagte brauche
ſich daher von dem Kläger nicht fo behandeln zu laffen, al!
hätte ſie Vollmacht zu den Käufen erteilt.
Tatſächlich war daraufhin auch das Oberlandesgericht
Roftod zur Abweiſung der Klage des Forſtfiskus gelangt, in
laſſen. Nicht das fet von ausſchlaggebender Bedeutung ob
dem erwähnten Geſchäſtsführer zu der Zeit, als er die Offerten
abgab, die Vollmacht von der Beklagten bereits entzogen wer,
ſondern allein darauf komme es an, wie zur Zeit des
Abſchluſſes der ſtreitigen Geſchäfte die dem Ge
ſchäftsführer eingeräumte Stellung in den be⸗
teiligten Verkehrskreiſen aufzufaſſen war. Dit
läßt fih, da der Widerruf nur dem Geſchäftsführer gegen
über erklärt worden ijt und deshalb auch nicht ohne weitere!
nach außen wirkte, für die hier in Rede ſtehende Zeit nur m
Zuſammenhange mit dem Vorhergegangenen und aus der Lage
heraus, die zur Zeit des Widerrufs beſtand, ermeffen. Nahm
der Geſchäftsführer zu jener Zeit auf Grund ausdrüclicher
oder ſtillſchweigender Einräumung oder auch nur unter Due
dung der Beklagten bei dieſer eine Stellung ein, die ihn alt
vertretungsbefugt für Geſchäfte der hier vorliegenden Art er |
ſcheinen ließ, dann hätte eine nur dem Geſchäftsführer gegen‘
über erklärte Aenderung dieſer Befugnis gutgläubigen Dritten
gegenüber infolange keine Wirkung, als die Stellung des St
ſchäftsführers, welche die Befugnis ergab, nach außen fort⸗
dauerte.
Von dieſem Standpunkt hat der Vorderrichter die Sache
nicht geprüft, weshalb fie, unter Aufhebung des angefochtenen
Urteils, in die Vorinſtanz zurückzuverweiſen war. (Reicheger.
11. 249/15.) ö
—
Notizen Prof. Dr. Wimmenauer,
nders Berlad
Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. M. — G. Ottos Hofbuchdruckerei in Darmondt.
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o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft
dr. heinrich Weber,
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Herausgegeben
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an der Univerſität Gießen.
Dr. Kar Wimmenauer,
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u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft t. R.
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` Zweiundneunsigfter Jahrgang.
jeden Monat und
wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗
April.
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Mit einem Bildnis.
lungen und Poſtanſtalten.
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Frankfurt am Main.
J. D. Sauerländer's Verlag.
1916.
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bei kleineren eye die 40 mm breite Petitzeile 30 Pfg. — Rabatt bei Wiederholungen 15% bei =, 25% b
62 33½¼ % bei 10 <, 40% bei 12 , 50% bei 24 - iger Aufnahme eines Inſerates. — Textänderungen bei Langere
Aufträgen unberechnet. Beilagen-Breije nach Vereinbarung, je nach Gewicht des beizulegenden Proſpektes
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Allgemeine
fort- und Sagd-Jeitung.
Hpril 1916.
ordnung für Belgien. auf dem Anſtand keine Schonzeit, dagegen iſt auf be⸗
Für das okkupierte Belgien hat der Generalgouver⸗ bauten Feldern deffen Jagd unterſagt vom 30. 8. bis
neur unter dem 11. Auguſt 1915 eine Jagdordnung 5 a” das Rebhuhn geht die Jagd erſt am
erlaſſen. Mit ihr wird an die Löſung einer Frage 3
herangetreten, die große Wichtigkeit beſitzt. Belgien | Die Jagd ift nur des Tags geftattet, nur Enten
iſt in weiten Gebieten ein waldreiches Land. Im und auf dem Anſtande Schnepfen dürfen auch nachts
Rahmen der Jagdausübung und Wildverwaltung wur⸗ gejagt e Kaninchen / Stunde vor Sonnen⸗
den erhebliche Werte umgeſetzt. Der Krieg und die aufgang bis ‘2 Stunde nach dieſem. Die Jagd iſt
Beſetzung des Landes haben wohlgeordnete, eingehend grundſatzlich verboten während der Schonzeit. Eben:
organifierte jagdliche Zuſtände über den Haufen ge: falls verboten iſt das Ausnehmen von Eiern oder
worfen, deren Neuordnung für die Volkswirtſchaft Brut jagdbarer Vögel auf fremdem Grund.
wichtig iſt. | Das Recht zur Ausübung der Jagd ift
Das Jagdweſen iſt in Belgien geſetzlich geregelt abweichend vom deutſchen Gebrauch nicht an den Grund⸗
durch folgende Beſtimmungen: 1. Gef. v. 28. 2. 1882 beſitz gebunden, mithin fehlt auch der auf eine gewiſſe
betr. die Jagd mit Ausführungsbeſtimmungen v. 2. Mindeſtgröße des Grundbeſitzes begründete Begriff des
3. 1882. 2. Königl. Verordn. v. 1. 3. 1882 betr. ſelbſtändigen Jagdbezirks in Belgien. Jedermann, der
Jagdſcheine. 3. Königl. Verordn. v. 10. 3. 1900 einen giltigen Jagdſchein (V. v. 1. 3. 1882) hat, ift zur
betr. die Vertilgung von Kaninchen mit Ausf.:Beft. v. Ausübung der Jagd berechtigt auf eigenem Grund,
4. 4. 1900. 4. Königl. Verordn. v. 15. 8. 1906 auf dem eines anderen mit deffen Zuſtimmung. Die
betr. inſektenfreſſende Vögel. Jagd auf Staatsgrundbeſitz wird verpachtet mit Aus:
Die weſentlichen geſetzlichen Vorſchriften erſtrecken nahme der als Hofjagd zurückbehaltenen Gebiete. Das
ih auf Schonzeiten, Recht zur Jagdausübung, Wild. Wild gehört dem, der es getötet oder tötlich verwundet
Wildſchadenerſatz, Jagd⸗ und Wildſchutz. | hat. Nur wenn es in einem eingehegten Grundftüd -
Die Schonzeiten und Schußzeiten ſtehen fällt, gehört es deſſen Eigentümer. Wenn ein Grund:
nicht geſetzlich feft, ſondern werden alljährlich von der beſitz wildſicher gegen die Nachbargrundſtücke eingehegt
Regierung für jede Provinz oder jeden Teil einer Pro: | ift, kann der Eigentümer oder Beſitzer darauf jagen
vinz bekannt gegeben. Das geſchieht nach vorherigem oder jagen laſſen ohne Rückſicht auf die Schonzeit und
Benehmen mit dem ſtändigen Provinzialrat jeder Pro: ohne Jagdſchein.
vinz und dem Zentralausſchuß für Jagd. Nachdem Die Jagd muß weidmänniſch ausgeübt werden,
die geſetzlich vorgeſehene örtliche Verſchiedenheit des | d. h. allgemein mit den üblichen Jagdwaffen. Eigen:
Anfangs und Endes der Schußzeit fih als zweckmäßig tümer und Grundpächter find berechtigt, wilde Tiere,
nicht bewährt bat, wird ſeit einigen Jahren dieſe Zeit | die ihrem Grundbeſitz Schaden verurſachen, im Falle
einheitlich fürs ganze Staatsgebiet durch Erlaß des eines Angriffs oder unmittelbaren Schadens zu ver⸗
Ackerbauminiſters beſtimmt, ſo für 1813/14 durch Min. ſcheuchen oder zu vernichten, ſelbſt mit der Schuß⸗
Erl. v. 20. 3. 1913. waffe.
Die Schußzeit unterliegt allgemein keinen nennens⸗ Wild ſind allgemein alle eßbaren oder nicht eß⸗
werten Verſchiedenheiten in den Jahren, weicht aber [baren wilden Tiere, die gewohnheitsmäßig gejagt
von den in Deutſchland üblichen vielfach ab, am meiſten werden und welche das Eigentum des erſten Beſitz⸗
beim Rehbock, für den die Schußzeit v. 20. 9. bis 31. ergreiſers werden können. Als wilde ſchaͤdliche Tiere
1. dauert. Die für Faſanen iſt für Hähne v. 6. 10. gelten nach der Rechtſprechung ſolche Tiere, gegen
bis 31. 1., für Hennen vom 6. 10. bis 30. 11. Für welche man fi) oder fein Eigentum ſchützen muß.
1916 11
Dahin gehören Fuchs und Wildſchwein. Sie unter:
liegen nach Art. 6 des G. v. 28. 2. 1882 dem freien
Tierfang. Im übrigen bezeichnen die Ausführungs⸗
beſtimmungen es als ſehr ſchwierig, eine Aufzählung
der ſchädlichen wilden Tiere zu geben. Gemeinhin
wurden dazu gerechnet Wolf, Schwein, Fuchs, Otter,
Marder, Iltis, Wieſel, Dachs. Das Kaninchen iſt
zwar Wild, genießt indeſſen keine Schonzeit. Jeder
Inhaber von Grund und Boden kann es auf dieſem
fangen oder töten. Die Anwendung von Gift iſt ver⸗
boten, die von Schußwaffen nur mit Erlaubnis der
Behörde geſtattet. Die Behörde kann auch bei feſt⸗
geſtelltem zu zahlreichem Vorhandenſein von Kaninchen
und Wildſchweinen deren polizeiliche Bekämpfung an⸗
ordnen. Wenn, wie erwähnt, für Kaninchen auf der
Feldjagd eine begrenzte Schußzeit feſtgeſetzt iſt, ſo iſt
hierfür offenbar nicht der Schutz des Wildes ſondern
der Schutz der Feldkulturen beſtimmend.
Die Strafen wegen Jagdvergehen find ver:
hältnismäßig hoch. Beiſpielsweiſe für Jagen ohne
Jagdſchein 100 Frs., für Jagen auf Eiſenbahn⸗ und
öffentlichen Wegen, auf fremdem Jagdgrund ohne Er:
laubnis des Jagdbeſitzers oder in der Schonzeit, für
Ausnehmen der Eier von Federwild je 50 Frs. Dieſe
Geldſtrafen werden verdoppelt und durch Gefängnis
geſteigert, wenn verbotene Waffen angewendet oder des
Nachts gejagt wurde, bei Verkleidung, Maskierung
oder Bandenwilddieberei. Ebenfalls Verdoppelung tritt
ein bei Rückfall oder wenn die Kontravenienten Zoll⸗
wächter, Gendarme, Feld-, Wald-, Jagdhüter find.
Wildſchadenerſatz Die Verpflichtung zum
Erſatz des Wildſchadens an Feldfrüchten und im Walde
beſteht geſetzlich für jeden Inhaber des Jagdrechts und
für alle Fälle, in denen Schaden entſtanden iſt. Iſt
der Schaden durch Kaninchen verurſacht worden, wird
er in doppelter Höhe eutſchädigt. (Art. 7. V. v. 4.
4. 1900). |
Jagd- und Wildſchutz. Die Auffiht über
die Jagd führt allgemein die Verwaltung der Ge-
wäſſer und Forſten durch die Forſtinſpektoren. Oeffent⸗
liche Auſtalten und Privatperſonen haben das Recht,
Jagdhüter anzuſtellen. Dieſe bedürfen der Beſtätigung
durch den Gouverneur. Sie erhalten dann das Recht,
Waffen zu tragen und erhalten öffentlichen Glauben
durch ein Anſtellungsdekret nach erfolgter Vereidigung.
Die Jagdverhältniſſe Belgiens. Die
folgenden Angaben beſchränken ſich auf die Provinz
Namur oder das Gebiet des jetzigen Gouvernements
Namur und weſentlich wieder nur auf deſſen ſüdlichen
Teil. Die Jagd hier iſt durchaus charakteriſiert als
Eigentums- und Pachtjagd. Dieſe iſt eine Folge der
Eigentumsverteilung im bergigen Gebiete Südbelgiens,
dem fog. Condreau. Der Grund und Boden wird
78
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vorherrſchend beſeſſen von altangeſeſſenen Adelsfamilien
anſcheinend meiſt vlämiſcher Herkunft.
ſich auf ihrem Grundeigen inmitten weiter Parks ihre
Landſchlöſſer errichtet, wo fie ftändig oder zeitweis
wohnen, kaum ja ſelbſt Landwirtſchaft betreiben. ſon⸗
dern ihr Land an Bauern verpachten.
angeſeſſenen Grundeignern ſind im Laufe der letzten
etwa 80 Jahre reiche Induſtrielle getreten wie ander:
warts auch. Sie haben bisweilen das adelige Grund:
eigentum nebſt Schloß und Park erworben, oder gleich
artige neue gegründet oder haben auch nun Schloß
und Park errichtet ohne weiteren Grunderwerb. Neben
und zwiſchen den Großbeſitzen, die ſich da und dort
über mehrere Ortsgemeindebezirke ausdehnen, liegen
die kleinen Grundbeſitze ſelbſtändiger Bauern. In⸗
deſſen ſtehen dieſe der Fläche nach hinter dem Groß⸗
beſitz durchaus zurück. Im Kanton Dinant fallen
etwa 70—80 % der Fläche auf den Großgrundbeſitz.
Selbſt in den bäuerlichen Ortſchaften findet man einen
mehr oder minder großen Teil der Bauern nur oder
teilweiſe als Pächter. Die Kleinbeſitze ſind von nicht
erheblichen Ausnahmen abgeſehen in der Regel fo Hein.
daß ſie zur vollen Ernährung der Familie aus der
eigenen Landwirtſchaft nicht ausreichen. Dieſe Be⸗
ſitzer ergänzen dann das ihnen Fehlende durch Lohn⸗
arbeit in den Großbetrieben. Die Gemeinden haben
häufig auch Realbeſitz, wohl nirgends aber landwirt⸗
ſchaftliches Nutzland, ſondern immer nur Wald und
Oedland. |
Die Jagd ift überwiegend in der Hand der Groß—
eigentümer oder der Eigner der Landſchlöſſer. Die
Regel bildet dann, daß der Großherr zu der Jagd
auf dem eigenen Grund, der, ſoweit es ſich um land:
wirtſchaftliches Kulturgelände handelt, an Fermiers
verpachtet iſt, auch die Jagdnutzung auf benachbartem
Gelände angepachtet hat, gleichviel ob es Gemeinde⸗
oder Privateigen iſt. Daneben auch, aber nicht eben
häufig, findet fih die Jagdgenoſſenſchaft gebildet von
einer Mehrheit auch meist ſtaͤdtiſcher Jagdpaͤchter. Ber:
pachtung der Jagd kommt auch auf Großeigentum
vor. Es iſt dann bald der geſamte Grund und Boden
verpachtet bald nur Teile, ſei es, daß der Grundeigen⸗
tümer die Jagd nicht ſelbſt ausüben kann oder will
oder daß Teile ſeines Geländes nach Lage oder Aus⸗
geſtaltung ſchwer für ihn zu bejagen ſind. Hier tritt
bisweilen auch Afterverpachtung auf.
Unter dem Einfluß dieſer Umftände iſt Weſen und
Form der einzelnen Jagdbezirke vielgeſtaltig, oft bunt⸗
ſcheckig. Als Beiſpiel mag der Zuſtand im Dorfe
Falam angeführt werden. Zum Gemeindebezirk, 212 ha,
gehören zwei Landſchlöſſer, das des Baron C., der in
Jambes wohnt und das des Baron M. aus Namur.
C. beſitz 212 ha Land, M. 282 ha. Auch im Ge⸗
Dieſe haber
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meindebezirk hat fih ein vermögender Induſtrieller weiterhin aber den begründeten Verdacht, daß noch
B. aus Briiffel einen Park erworben und ein Schloß lieber ſehr ſtarkes Schrot aus großkalibrigen Flinten
darin gebaut. B. hat nun vom M.'ſchen Grundbe- auf Hochwild verſchoſſen wird. Rotwild ift felten, von
ſitz etwa 70 ha, von demjenigen des C. etwa 60 ha, wenigen Parks abgeſehen kommt es nur im großen
hierzu noch in angrenzenden anderen Gemeindebezirken] Wald um St. Hubert und als Wechſelwild in den
Gelände zur Jagdnutzung gepachtet. Wiederum be: hohen Ardennen vor.
ſitzt M. im Dorfe Saumiere Grund und Boden, auf Der Schwerpunkt der Jagd iſt durchaus die Nieder⸗
dem er die Jagd ausübt und zu dem er nicht ihm jagd mit dem Ziel auf reichliche Strecke durch ele-
gehöriges Land für die Jagd zugepachtet hat. In ganten Schrotſchuß. Selbſt das Rebhuhn iſt dem
Falam endlich ſind vom Kleinbeſitz zuſammen gegen untergeordnet. Deſſen Schußzeit beginnt erſt 30. Aug.
150 ha an einen Herrn D. zur Jagd verpachtet. So gleichzeitig mit der für Haſe, Faſan, Schnepfe, Wachtel.
jagen im politiſchen Gemeindebezirk Falam vier Jagd: Das am häufigſten vorkommende und am meiſten ge-
herren C., M., B., D. deren einzelne Jagdgebiete find | pflegte Wild iſt der Faſan, eben dasjenige Flugwild,
aber nicht auf die Gemarkung Falam beſchränkt, ſon⸗ das auf der Treibjagd den gewandten Sportſchützen
dern umfaffen auch Gelände in anderen Gemarkungen. fordert. Reiche Jagdbeſitzer wenden für die Anzucht
Wie hier liegen die Verhältniſſe Häufig auch anders: und Pflege des Faſans bisweilen enorme Summen
wo. Das erſchwert ungemein die Aufnahme einer auf. Die künſtliche Zucht ift hoch entwickelt. Winter:
brauchbaren Statiſtik. Die Jagdherren ſtellen ihre fütterung mit Mais und Hafer iſt in den beſſeren
Jagdhüter für ihr geſamtes Jagdgebiet an und üben Jagden allgemein üblich. Sehr verbreitet iſt das Ka⸗
die Jagd darauf ohne Rückſicht auf die Gemarkungs⸗ ninchen, der Hafe demgegenüber wenig. Das mag an
grenzen aus. Bei Ermittlung z. B. der Jagdpacht⸗ dem vorherrſchenden kalten ſchweren Boden liegen, ſeit
beträge oder der Jagderträgniſſe find daher die Jagd: Kriegsausbruch aber auch an der Schlingenſtellerei
herren und deren Beamte nur im Stande, für den durch Wilddiebe.
ganzen Jagdbezirk Angaben zu machen, die Orts⸗ | Die faſt alleinige Methode der Jagdausübung
bürgermeiſter aber können, wenn überhaupt, nur Aus: bildet die Treibjagd. Sie wird in kleinen Treiben mit
kunft geben über das im Gemeindebezirk Gezahlte und 12 — 15, höchſtens einmal 20 Flinten und der mine
Erlegte. deſtens doppelten Anzahl von Treibern ohne Hunde
Die Jagdausübung wird ausnahmslos als gehandhabt. Das Rebhuhn, gelegentlich wohl auch
Sport, nicht als Nutzjagd betrieben. Sie bildet das | Gafe und Kaninchen, werden vor dem Hunde geſchoſ⸗
vornehme Vergnügen reicher Leute. Und der Haupt⸗ ſen. Der Anſtand wird ſelten geübt.
reiz wird anſcheinend im Schießen und in der großen Der Jagdſchutz ift überall gut organiſiert. Die
Zahl des erlegten Wildes gefunden. Der deutſch⸗ Jagdherren haben einen oder auch mehrere Jagdhüter
weidmänniſche Genuß am Beobachten, Erlauſchen, Be: | angeftellt, in der Regel im Hauptberufe. Gutes Ver⸗
ücleichen, Ueberliſten des Wildes ſcheint dem Belgier | ftändnis für ergiebige und bequeme Treibjagden findet
zu fehlen. Daß die Jagd auf den Rehbock erſt im | man immer bei ihnen, auch Geſchick zur Anlage von
September aufgeht, beweiſt, daß der Belgier weder Fütterungen, zu An- und Aufzucht von Faſanen und
die Pirfche auf den Feiſtbock noch den hohen Reiz der zur Bekämpfung von Wildſchädlingen. Als Beweis
Blattjagd kennt, ſondern das edle ſchöne Reh zum dafür kann das faſt völlige Fehlen des Fuchſes gelten.
Opfer des Schrotſchuſſes auf den herbſtlichen Treib: Sie find allgemein gut vertraut mit dem Kaninchen⸗
jagden macht. Es iſt dafür gewiß charakteriſtiſch, daß fang mit Frettchen und üben ihn fleißig aus. In⸗
unter den vielen Hunderten beſchlagnahmter Jagd⸗ folge des Krieges ſind viele Jagdhüter als Soldaten
ſchußwaffen, die mir durch die Hände gegangen find, eingezogen oder geflohen oder getötet.
Nd eine einzige Büchſe, ein Doppelbüchſendrilling be- Die Jagdpachten bewegen ſich in weiten Grenzen,
fand. Alles andere waren Doppelflinten. Kaliber 12 nach den gewinnbaren Angaben ſchwankend zwiſchen
bericht durchaus vor, Kaliber 16 ift felten. Es fom- etwa 100 und 1100 Frs. für je 100 ha. Ebenſo
men aber einerſeits Kal. 20 und 24, anderſeits Kal. 8 ſchwanken die Zahlen des auf 100 ha erlegten Wildes.
vor. Der Kugelſchuß auf der Jagd, überhaupt der Die Grenzwerte betragen etwa bei Reh 1—3, Reb—
Pirſchgang des Einzeljägers ift dem belgiſchen Jäger | huhn 10—120, Hafe 10—140, Kaninchen 10 — 170,
fremd. Für Schwarzwild, das im Bergland mit feinen | Faſan 20—860.
dichten unterholzreichen Mittelwaldbeſtänden nicht ſelten Die Einwirkung des Kriegszuſtands
it. aber fogar auf Rotwild verwendet man nur hdd: auf die Jagd war tiefgreifend aus zwei Urſachen. Die
Heng die Rundkugel aus glattem Lauf. Die vorge: Schreckniſſe der erſten Okkupation fielen in den Be-
hundenen Patronen laffen das vermuten, erwerben | ginn der Niederjagd. Die notwendige Beſchlagnahme
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der Waffen machte den zur Jagdausübung an fid) Be:
rechtigten den planmäßigen Abſchuß unmöglich. Die
Unmöglichkeit wirkſamen Jagdſchutzes durch waffenloſe
Hüter ließ die Wilddieberei erſtarken, die ohnehin ſchon
immer bei den herrſchenden Jagd⸗ und Wildverhält⸗
niſſen gern geübt worden ſein mag, nunmehr durch
Not und Hunger geſteigert wurde. Die Wirkungen
auf den Wildſtand waren erheblich. Infolge Nicht⸗
abſchuſſes wäre der winterliche Wildſtand überall über
den Normalſtand gekommen, wenn nicht die Wild⸗
dieberei wiederum ihn dezimiert hätte. Die empfind-
lichſte Wildart, das Reh hat am meiſten gelitten.
Der belgiſche Forſtinſpektor in Dinant ſchätzt, daß
allein in den Jagdgebieten der Umgebung des Arden⸗
nenjchloffes mehr als 200 Rehe, nahezu der ganze Be:
ſtand, in Schlingen, weggefangen find. In vielen an:
deren Revieren iſt es ebenſo Andere mit Schlingen
leicht fangbare Wildarten haben ebenfalls ſtellenweiſe
ſtarke Einbuße erlitten, ſo der ohnehin nicht eben reich⸗
lich vertretene Haſe, das Kaninchen und der Faſan.
Das Rebhuhn dagegen iſt reichlicher als ſonſt vertre⸗
ten. Im Sommer und Herbſt 1914 wurde es nicht
beſchoſſen und mit Schlingen läßt es ſich nicht fangen.
In manchen von Wilddieben minder heimgeſuchten
Jagdgründen hat ſich das Kaninchen in einer für die
Landwirtſchaft nachteilig fühlbaren Weiſe vermehrt.
In folden Jagden, die aus Liebhaberei der Jagd:
beſitzer infolge Fütterns und beſonderer Hege ohnehin
überſetzt waren, tritt auch der Faſan in unerwünſcht
großer Zahl auf. Da überall iſt als natürliche Folge
des Kriegs und der Wilddieberei die zu große Zahl
der Hähne im Verhältnis zu den Hennen feſtzuſtellen.
Normal werden auf 1 Hahn 6—9 Hennen gerechnet.
In mehreren Jagden ift das Verhältnis auf 1: 1 ge:
ſunken, in einem hekannt gewordenen Falle gab es
fogar mehr Hähne als Hennen. Von tieriſchen Wild:
feinden iſt vor allem die Krähe zu nennen. Sie hat
in geradezu erſchreckendem Umfange zugenommen und
bildet als Räuber von Fafanen: und Hühnergelegen
und von Junghaſen eine ſchwere Gefahr für den Wılb-
ſtand.
Die Wilddieberei hat im wildreichen Belgien von
jeher eine erhebliche Rolle geſpielt. Das geht ſchon
aus den jagdgeſetzlichen Beſtimmungen hervor, bejon:
ders der Nov. v. 1900, die ſich vorwiegend auf ihre
Bekämpfung richtet. Wohl in den meiſten Orten gibt
es den und jenen, der ſie gelegentlich betreibt. Aber
einzelne Ortſchaften ſind von Alters her, und nunmehr
vor allem durch die Kriegsnöte, bekannt als Schlupf—
winkel profeſſioneller Wilddiebe.
weg den unterſten Schichten der Bevölkerung an. Sie
betreiben ihr lichtſcheurs Gewerbe zum Gelderwerb.
Vielfach ſind es Angehörige einer beſtimmten Familie
|
|
oder Sippe, die gemeinſam arbeiten. Banden wildere
kommt häufig vor. 5, 6, 10, ja ſelbſt 30 und 4
Mann ziehen auf Beute aus, halten bisweilen form:
liche Treibjagden und terroriſieren die Bevölkerund
und die Jagdhüter und die Hüter der öffentlichen Ord:
nung. Sie fühlen ſich ſicher, weil fie wiſſen, daß
keiner der Hüter ihnen mit der Waffe entgegentreten
kann. Von den vorzugsweiſe heimgeſuchten Jagd:
inhabern klagen manche, daß durch die Wilddiebere
ihre Jagd ſchon ſo gut wie vernichtet ſei. Die Wild⸗
diebe arbeiten fat durchweg mit der Schlinge. Ein
Jagdhüter gab an, er habe an einem Tage gegen
1000 Schlingen gefunden und beſeitigt. Ein anderer
bemaß das Gewicht der von ihm geſammelten Schlingen
auf mehrere Zentner. Wahrſcheinlich iſt, daß trotz
der peinlichen Beſchlagnahme aller auffindbaren Wat:
fen auch noch die Schußwaffe gehandhabt wird. Die
hochentwickelte Waffeninduſtrie Belgiens liefert alle
möglichen Syſteme auseinandernehmbarer Flinten,
Stockflinten und dergl. Aber ſelbſt mit der gemöhn:
lichen Jagdflinte fühlen die Leute fih ben unbewaffneten
Jagdſchutzbeamten gegenüber ziemlich ſicher. Die Stra}:
verfolgung iſt zur Zeit nur eben möglich, wenn die
Wilddiebe auf friſcher Tat betroffen werden und ihre
Namen bekannt ſind. Dann treten die empfindlichen
Strafen, die das belgiſche Geſetz androht, wirkſam ein.
Neben dieſer Wilddieberei zeitigte der Krieg auch
den ungeordneten Wildabſchuß durch Perſonen der
deutſchen Truppen und der militäriſchen Verwaltungs⸗
körper. Das war vor allem der Fall in der erſten
Zeit, als die innere Verwaltung noch nicht organiſiert
war und jeder jagdluſtige Deutſche die Freiheit hatte,
die Jagd auszuüben. Manchen Jagdgebieten iſt da:
durch empfindlicher Schaden entſtanden, zumal ſolchen,
die in der Nachbarſchaft viel benutzter Heerſtraßen ge⸗
legen, von paſſierenden Truppen, Fuhrkolonnen, In⸗
ſaſſen von Kraftwagen bejagt werden konnten.
Als im Herbſt 1914 die Ordnung der inneren
Verwaltung in die Hände der militäriſchen Kreischeſs
gelegt wurde, wurde die Befugnis zur Jagdausübung
bald an die Löſung eines vom Kreischef auszuſtellen⸗
den Jagderlaubnisſcheins gebunden, ohne daß indes
dieſe Maßregel bei der noch nicht möglichen genauen
Kontrolle genügt hätte, überall der räuberiſchen Schie⸗
Berei vorzubeugen. Einzelne Jagdherren ſtellten für
Treibjagden ihre Reviere den Gouverneuren und den
Kreischefs zur Verfügung, um dieſer Art einen ange:
meſſenen Abſchuß herbeizuführen. Bei ihnen wurden
ſolche Jagden veranſtaltet. Im übrigen verblieb es
Dieſe gehören’ durch: bei regelloſen Streifjagden und Revierbegängen durch
legitimierte Angehörige der Beſatzungstruppen. Den
offiziellen Schluß der Niederjagd ſetzte ein Gonverne⸗
mentsbeſehl zum 15. 1. 15 feft. Der Jagdſchutz follte
Be 99.02 cna ar ONT EEE
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durch militäriſche Patrouillen ausgeübt werden. In: Feldfrüchten vermieden werden. Für berechtigtermaßen
deſſen gelang es nicht, ihn allgemein wirſam zu ge- geltend gemachte Schadenerſatzanſprüche haftet der Jagd:
ſtalten; bei der Mannigfaltigkeit und Reidbaltigteit | ausübende perſönlich. Dagegen lehnt die Jagdordnung
der dienſtlichen Aufgaben waren ſtändige Jagdpatrouil⸗ grundſätzlich die Erſatzpflicht der Jagdausübenden und
len nicht durchführbar. Den Leuten aber, die aus überhaupt der deutſchen Militärbehörden für Wild-
beionderem Anlaß zu dieſem Dienſt beſtellt wurden, ſchaden ab. Die Vergütung für Wildſchaden bleibt
ſehlte bei mangelnder Orts- und Perſonalkenntnis zu: Verpflichtung des Jagdbeſitzers nach Maßgabe der
meiſt der volle Erfolg. Auch die Ausſtattung einzel⸗ eingangs angeführten belgiſchen Geſetze. Das Aequi⸗
ner vertrauenswürdiger belgiſcher Jagdhüter mit Seiten- | valent dafür bietet die Beſtimmung, daß das erlegte
gewehren konnte einen ſolchen nicht bringen. Das Wild Eigentum des belgiſchen Jagdbeſitzers ift. Nur
alles drängte auf eine grundlegende Ordnung der die Trophäen (Gehörne, Geweihe) find ohne weiteres
Jagdderhältniſſe im Okkupationsgebiete gebieteriſch hin. Eigentum des Erlegers. Dieſer iſt ferner berechtigt,
Sie erfolgte durch das von ihm erlegte Wild gegen den dafür durch die
die Jagdordnung für den Bereich des General- JO. feſtgeſetzten Preis zu übernehmen. Dieſer Be:
gouvernements in Belgien vom 11. Auguſt 1915 trag oder aber das erlegte Wild iſt von ihm unver:
mit Ausführungsbeſtimmungen vom ſelben Tage. züglich an den zuſtändigen zum Jagdvorſteher be-
Sie geht aus von zwei Tatſachen: dem Umſtande, ſtellten deutſchen Offizier abzuliefern. Dieſer kann
daß die jagd berechtigten Belgier durch den Kriegs⸗ | und fof tunlichſt das nicht vom Schützen übernom⸗
zuſtand an der Ausübung der Jagd verhindert find, | mene Wild an Lazarette, Truppenküchen, Offizierſpeiſe⸗
und der Notwendigkeit, den Wildſchaden zu vermindern | anftalten zum feſtgeſetzten Preiſe abgeben. Der jo er:
und das Wildbret als Nahrungsmittel nutzbar zu | löfte Preis wird dem Jagdberechtigten oder falls dieſer
maden. nicht bekannt oder nicht erreichbar ift, zu deffen Gunſten
Zur Ausübung der Jagd find ausſchließlich dentihe | an den Gemeindevorſteher gegen Quittung gezahlt.
Offiziere, Sanitätsoffiziere und im Offizierrang ſtehende Das fol nach der JO. unverkürzt geſchehen. Eine
Beamte berechtigt. Nur ausnahmsweiſe können unter ſpätere ergänzende Beſtimmung geſtattet aber, daß bei
Peihräntung auf den Abſchuß von Raubzeug und | größeren Treibjagden mit wenigſtens 20 Treibern die
Kaninchen auch Offizierftellvertreter, Unteroffiziere und | Zreiberlöhne ganz, bei kleineren zur Hälfte aus dem
Mannſchaſten einen Ausweis zur Führung der Jagd: | Wilderlös beſtritten werden.
ſchußwaffe erhalten. Wer von den Berechtigten jagen Das erlegte Wild, das weder der Erleger erwirbt
will, muß einen Jagdſchein bei ſich führen. Die Jagd: noch der Jagdvorſteher verwertet, wird dem belgiſchen
ſcheine gelten, gleichviel wann fie ausgeſtellt find, bis [Jagdbeſitzer oder zu deffen Gunſten dem Gemeinde:
Ende Februar des nächſten Jahres. Sie werden ge: vorſteher übergeben. In dieſem Falle muß der Jagd-
bührenfrei vom zuſtändigen Kreischef ausgeſtellt, können vorſteher jedes Stück mit einem anzuhängenden Wild:
übrigens ohne Angabe von Gründen auch verweigert | fhein verſehen, der Ort und Zeit der Erlegung und
oder zurückgezogen werden. Die Beſchränkung auf | Wildart ſowie die Dauer der Gültigkeit verzeichnet.
Offiziere und dieſen gleichſtehende Beamte hat den Nur mit Wildſchein verſehenes Wild darf in den Handel
Seed, einmal nur zuverläſſige, moraliſch durchs eigne gebracht werden. Die Schützen und Jagdvorſteher jo:
Gewiſſen gebundene Jäger auf dem tatſächlich nur wie andere Militärperſonen dürfen kein Wild in den
ſcwer und unzulänglich kontrollierbaren Gebiete ber | Handel bringen.
Jagd zuzulaſſen und alle Perſonen auszuſchalten, die Der Preis für das Wildbret, was der Jagdvor⸗
etwa aus Gewinnſucht oder unter Vernachläſſigung ſteher oder der Schütze übernimmt, beträgt für jedes
der geltenden Beſtimmungen oder räuberiſch jagen. | Stück: Rehwild 25 Fr., Haie 3 Fr., Faſanenhähne
Henn zweifellos auch unter den nicht im Offiziersrang 2.50 Fr., Faſanenhennen 2 Fr., Rebhuhn 1 Fr.,
ſtehenden Angehörigen der deutſchen Armee es ſehr Enten 1.50 Fr. Wildſchwein aufgebrochen in der
viele geben wird, die nach Charakter und Lebensftel: [Schwarte gewogen, unter 50 kg 1 Fr., über 50 kg
lung die gleiche Gewähr geben, ſo war doch militäriſch 0.80 Fr. für das kg., Rotwild 1 Fr. für das kg.
eine anderweite Ausſcheidung nicht wohl möglich Der Kaninchen können ohne Bezahlung vom Erleger oder
in Belgien Jagende hat beſtimmte Verpflichtungen zu Fänger behalten werden. Im Vergleich mit den jetzt
übernehmen und diefe aus ſich ſelbſt ohne äußere Kon: in Deutſchland für Wildbret gezahlten Preiſe und feft-
trolle innezuhalten. Die Jagd darf nur weidgerecht geſetzten Höchſtpreiſe ift danach das Wild in Belgien
und ſchonend ausgeübt und es muß überall vermieden | billig. Mancher Haſe und Faſan wandert infolge:
werden, daß der Abſchuß den Wildſtand verfchlechtert | deffen an die Angehörigen der Jäger. Die Beſtim⸗
oder gar vernichtet. Ebenſo muß Jagdſchaden an den | mung, daß Wild nur vom Jagdberechtigten oder deffen
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Vertreter, nicht vom Jagdvorſteher oder Schützen in
den Handel gebracht werden darf, gibt den erſteren die
Möglichkeit, den höchſtmöglichen Nutzen zu erzielen und
das ihnen überlaſſene Wild nach ihrem freien Er:
meſſen zu verwerten Der größere Teil des erlegten
Wildes wird in der Regel von den Erlegern oder
von den Jagdvorſtehern übernommen und an die
Truppenküchen und Offigierſpeiſeanſtalten weiterge⸗
geben. |
Die Schußzeiten und die Verkaufszeiten find für
die Wildarten feſtgeſetzt. Die letzteren enden 10 Tage
nach Beginn der Schonzeiten. Schwarzwild und Ka:
ninchen genießen keine Schonzeit. Die Niederjagd für
Rebhühner 20. 8.— 30. 11., Hafen 16. 9.— 15. 1.,
Faſanenhähne 16. 9. — Ende Februar, Faſanenhennen
16. 10.—30. 11., Rehbock Mitte Mai bis Jahresſchluß,
weibliches Rehwild November, Dezember, Rot- und
Damwild männlich Mitte Auguſt, weiblich Mitte Ok⸗
tober bis Jahresſchluß. Der Beginn der Niederjagd
kann nach dem Stande der Erntearbeiten vom Gou⸗
verneur um 14 Tage hinausgeſchoben werden.
Die örtliche Organiſation der Jagd ſchließt ſich
der territorialen Einteilung des okkupierten Gebietes
in Verwaltungsbezirke an. Die Provinzen Belgiens
ſind als Gouvernements den Gouverneuren unterſtellt
Sie gliedern ſich in Kreiſe mit den Kreischefs an der
Spitze. Der Kreischef teilt den Kreis in Jagdreviere
und überträgt jedes einem geeigneten Offizier, der als
Jagdvorſteher die Aufſicht darüber führt und die Treib⸗
jagden leitet. Die Jagdreviere (beffer wäre die Pe:
zeichnung Bezirke) ſind je nach den örtlichen Verhält⸗
niſſen ſehr verſchieden groß, in runden Zahlen 2000
bis 40000 ha. Beiſpielsweiſe hat der 157000 ha
große Kreis Dinant 4 Reviere von je 30 - 40 000 ha.
Der Jagdvorſteher fol tunlichſt Erfahrung und Nei-
gung beſitzen. Ihm liegt ob die Ordnung der Jagd—
ausübung und die Aufſicht darüber, die Veranſtaltung
von Treibjagden, Verwertung des Wildes, Verrech—
nung und Buchführung hierüber. Yom tft Hilfsper—
ſonal beigegeben, zur Unterſtützung bei Jagden und
zur Ausübung des Jagdſchutzes. Zum Jagdüber—
wachungsdienſt können auch die Gendarmeriepatrouillen
ſowie vertrauenswürdige belgiſche Aufſichtsbeamte her⸗
angezogen werden.
Von der Ausübung der Jagd ſind Belgier, ſchon
wegen des allgemeinen Waffenverbots, ausgeſchloſſen.
Nur der Fang von Kaninchen mit Frettchen und
Netzen (nicht mit Hunden) kann ihnen vom Kreischef
gegen beſondern Erlaubnisſchein geſtattet werden. Eben⸗
ſo die Ausübung des Vogelfangs in der Zeit v. 15.
9. bis 15. 11. gemäß der belgiſchen Kgl. Ver. v. 15.
8. 1906. Beide Arten des Tierfaugs werden viel und
gern in Belgien geübt. Den Kaninchenfang benutzen
beſonders die privaten Jagdhüter gern, um ſich ein
kleine Einnahme zu ſchaffen. Gemeinhin war ihnen
kontraktlich Abſchuß und Fang der Kaninchen zu eignen
Nutzen eingeräumt. Seit dem Kriegsausbruch find viel:
von ihnen ohne Gehalt geblieben. Den Vogelfang aui
primitiven Vogelherden üben Angehörige der unterſten
Stände nach altem Brauche im Herbſt aus. Es be:
darf dazu der Genehmigung des Inhabers des. Jagd⸗
rechts. Dies Rechtverhältnis Hält ein Nachtrag zur
JO. v. 17. 9. 15 aufrecht. Leimruten und Schlingen
find verboten, nur der Krammetsvogelfang darf mit Rog:
haarſchlingen, Dohnen, erfolgen. In den Vogelherden
bildet die Hauptbeute der Waldſperling, nach ihm der
Finke.
Inhabern größerer Faſanenjagden kann der Kreis⸗
chef geſtatten, Faſanen zur künſtlichen Faſanenzucht in
beſtimmter Zahl einzufangen. Dieſe Erlaubnis iſt in
mehreren Fällen erteilt worden. Es gibt Züchtereien,
die unter normalen Verhältniſſen gegen 5000 Jung⸗
faſanen verkaufen.
Die Jagdordnung hat ſich, ſoweit gegen Jahres⸗
ſchluß ein Urteil ſich bilden läßt, im allgemeinen gut
bewährt. Die Jagden ſind pfleglich behandelt worden;
wenn in einzelnen Fällen der Beſtand und damit die
Jagdbeute ſich gegen früher erheblich vermindert hat,
ſo liegt das vor allem an der Wilddieberei, ſodann
daran, daß die ſonſt übliche Winterfütterung und
künſtliche Zucht. der Faſanen unterblieben iſt. Der
ungeregelte Abſchuß, der vor Erlaß der JO. einge⸗
riſſen war, iſt der im ganzen weidgerechten oder doch
weidmänniſchen Jagd gewichen und die ſcharf geregelte
und kontrollierte Verwertung der Beute führt den
Jagdbeſitzern eine willkommene Einnahme, den Heeres:
angehörigen und der Bevölkerung eine ſehr geſchätzte
billige Verſorgung mit Fleiſchnahrung zu. Die Aus⸗
übung der Jagd gewährt den Offizieren des Beſatzungs⸗
heeres im anſtrengenden oder im eintönigen Dienſt⸗
leben eine Gelegenheit zur Erholung, insbeſondere auch
ſolchen, die in großen Standorten oft zu einer ſitzen⸗
den Lebensweiſe genötigt ſind. Der Jagdvorſteher hat
jedem einzelnen für Suche, Anſtand oder Pirſche ein
oder auch mehrere Einzelreviere zuzuweiſen, die nahe
gelegen oder bequem zu erreichen ſind. Einige Schwie⸗
rigkeit verurſachte bisweilen bei größeren Treibjagden
die Gewinnung genügender Schützen. Nicht nur die
Bindung durch den Dienſt, ſondern auch die Schwierig’
keit, zur Jagd und wieder ins Quartier zu kommen,
beſonders infolge der notwendigen Beſchränkung der
Autofahrten, endlich auch die immerhin ins Gewicht
ſallenden Koſten, zumal zu Anfang der Jagdſaiſon,
als die Treiberlöhne von den Schützen beſtritten
werden mußten, hielten manchen von der Teilnahme
zurück.
hen ae
83
Das nur gegendweiſe vorkommende Rot: und Dam: wald, Erzgebirge uſw.) ausſchließlich im Verein mit
wild iſt dem allgemeinen Abſchuß entzogen geblieben.
der Pflanzung ).
Der Abſchuß iſt nur mit beſonderer Genehmigung des
Wenn in ſüddeutſchen Gebirgen die Fichte vor⸗
General⸗ Gouvernements erlaubt, eine Maßregel. die wiegend durch Femelſchläge verjüngt wird, ſo
ſich ohne weitere Begründung rechtfertigt.
Jentsch.
Erſcheint es, beſonders in Kückſicht auf Er-
haltung und Vermehrung der Bodeugiite, ge:
boten, bei Fichte und Kiefer anſtelle des
zuführen?
Von Forſtmeiſter a. D. Tiemann in Göttingen.
Bekanntlich findet der Femelſchlagbetrieb bereits
iet einer langen Reihe von Jahren naturgemäß bei
der Verjüngung der zärtlicheren Holzarten, wie Buchen
und Weißtannen ſeine hauptſächlichſte Anwendung
und hat man ihm bisher eine beſonders ſorgfältige
Ausbildung zugewandt. |
Die Fichte ift in dieſem Betriebe wegen der Wind:
bruchgefahr ſchwieriger zu bewirtſchaften, und für die
Kiefer iſt letzterer wegen deren Lichtbedürftigkeit über⸗
haupt weniger geeignet. Ohnehin ſetzt er bei dieſen
beiden Nadelhölzern eigentlich beſſeren Boden und
bei der Fichte eine einigermaßen geſchützte Lage
voraus. Nach dem vorzüglichen „Waldbau“ von Heyer⸗
Heß!) hat bei letzterer Holzart „der Femelſchlagbetrieb
unbedingt den Vorzug in hohen Gebirgslagen und auf
einem ſehr ſteinigen und felſigen Boden, wo von der
Erhaltung der die Felſen bekleidenden Moosdecke die
Möglichkeit der Beſtandsnachzucht faſt allein abhangt.
Auf ſolchen Standorten kann ſogar der reine Femel⸗
betrieb angezeigt fein.” “)
In demſelben Werke?) heißt es bezüglich der
Kiefer: „Die große Mehrheit der Forſtwirte dürfte
wohl der Anſicht ſein, daß die natürliche Verjüngung
der Kiefer in Samenſchlägen nur ausnahmsweiſe, etwa
auf beſonders kräftigen Niederungsböden und bei großer
Luftfeuchtigkeit, ſowie auf ſogenannten Kienmooren
(Torſdöden mit Kienporſt) Ausſicht auf Erfolg biete.“
Der Kahlſchlagbetrieb dagegen, in Ber:
bindung mit künſtlicher Verjüngung, iſt bei Fichte
und Kiefer in ausgedehntem Gebrauch, bei der
Fichte ſchon ſeit langer Zeit, und zwar in den nord—
und mitteldeutſchen Gebirgsgegenden (Harz, Thüringer-
—
— 2 [— U
i) 5. Aufl, II. Bd., S. 113.
) Von befonderem Intereſſe ift das in Burckhardt's
llaffifdem „Säen und Pflanzen“ über die Bewirtſchaftungs—
weiſe der Fichte in den Hochlagen unſeres Harzes Geſagte.
) l. Bd., S. 143.
—
liegt der Grund wohl darin, daß hier die Fichte mehr
mit Tanne, auch Buche, gemiſcht vorkommt, und
die fo gemiſchten Beſtände, beſonders in Rückſicht auf
die beiden letzteren Holzarten, „am angemeſſenſten,
ſicherſten und wohlfeilſten“ zu einer ſolchen Verjüng⸗
ungsweiſe in Samenſchlägen führten. Ohnehin find
Tanne und Buche ſturmfeſter, als die Fichte,
und iſt für den Samenſchlag obiger Gebirge die Sturm⸗
Kahlſchlagbetriebes den Femelſchlagbetrieb ein⸗
z. B. für unſeren Harz’).
gefahr vielleicht nicht von ſo großer Bedeutung, als
Hinſichtlich der Verjüngungsweiſe der Kiefer
wird in dem Waldbauwerke von Heyer⸗ Heß!) Folgen⸗
‘
des mitgeteilt:
„In Norddeutſchland findet in Kiefernforſten aus⸗
ſchließlich Kahlſchlag⸗Wirtſchaft ſtatt; auch in Mittel⸗
und Süddeutſchland herrſcht dieſe Form vor. In Oſt⸗
preußen hingegen verjüngt man die Kiefer auf natür⸗
lichem Wege; auch in Bayern wird dieſe Methode hier
und da angewendet.“
Der Femel⸗ oder Plenterbetrieb, die
aͤlteſte Betriebsart, entſpricht wegen feiner bekannten
Schattenſeiten nicht den heutigen, an den Wald zu
ſtellenden Anforderungen und hat gegenwärtig nur
noch „für ſehr rauhe und ſteile Lagen insbeſondere
für die Hochgebirgsforſte, welche den Charakter als
„Schutzwälder“ haben, ſowie bei kleinem Wald⸗
beſitz“ Bedeutung 4). |
Obgleich nun bei Fichte und Kiefer der Kahl⸗
ſchlagbetrieb, in Verbindung mit künſt⸗
licher Kultur — in erſter Linie mit Pflanzung
—, verglichen mit dem Femelſchlagbetriebe,
viele ſehr erhebliche Vorteile bietet, und in den Gegen⸗
den, wo er fih, wie beſonders bei der Fichte, längſt
eingebürgert hat, wichtige Ausſtellungen gegen den⸗
jelben bisher nicht erhoben find, fo treten doch in der
neueſten Zeit, veranlaßt durch das verdienſtvolle, be⸗
rühmte Waldbauwerk Gayer's, Beſtrebungen hervor,
den Kahlſchlag betrieb, wie er hauptſächlich bei
den genannten beiden Nadelhölzern in ausgedehnter
Anwendung ſteht, durch den gebräuchlichen Fem el-
ſchlagbetrieb, beſonders aber durch die von Gayer
empfohlene, plenterbetriebsähnliche, ungleich—
alterige Form desſelben, zu erſetzen. Man geht
dabei wohl in der Hauptſache von der Erwägung aus,
der Femelſchlagbetrieb ſei naturgemäßer, ſtelle
1) Il. Bd. S. 113.
2) S. Burckhard's „Säen und Pflanzen“.
3) 11. Bd. S. 148.
9) II. Bd. S. 13.
ſich infolge der natürlichen Verjüngung viel billiger
und bewahre die Bodenkraft weit beſſer, als der
Kahlſchlagbetrieb in Verbindung mit künſtlicher
Wiederaufforſtung.
Forſcht man nach den Gründen der Einführung
des Kahlſchlagbetriebes bei der Fichte, ſo
mußte fih ein folder ganz natürlich herausbilden, nach
dem man ſich wohl überzeugt hatte, daß ein Ueber⸗
halten von Samenbäumen an vielen Orten wegen der
Sturmgefahr ſich für die Beſamung der Schläge zwed:
los erwieſen hatte. Weit mehr Erfolg mußten Kahl⸗
ſchläge mit Erwartung der natürlichen Beſamung vom
ſtehenden mannbaren Beſtande her verſprechen. Natür⸗
lich durften die der herrſchenden Sturmrichtung ent:
gegen zu führenden Fichten⸗Abtriebsſchläge wegen Er⸗
möglichung einer vollſtſtändigen Rand be ſamung
nur eine geringe Breite — nach dem genannten
Bürckhard'ſchen Werke etwa 3 Baumlängen — er⸗
halten ).
Später vervollſtändigte man dieſe natürlichen Fich⸗
ten⸗Verjüngungen durch Saat, ſodann auch durch
Pflanzung. Wo nun aber durch verheerende Sturm⸗
ſchäden große Blößen entſtanden waren, deren Auf—
forſtung durch natürliche Randverjüngung unmöglich
war, lag es nahe, zum Anbau der Fichte hauptſäch⸗
lich die leicht ausführbare, billige Saat zu verwen:
den, während die Pflanzung nur zur Ausbeſſerung
der Saat benutzt wurde.
Leider wurden die Saaten anfangs viel zu dicht
ausgeführt, was natürlich einen ſehr langſamen Wuchs
derſelben zur Folge hatte. Schädigungen der Saat—
pflanzen durch Gras und Forſtunkräuter führten all⸗
mählich mehr zu einem Verlaſſen der Saat und, be:
84
ſchuittes wörtlich folgen zu laffen. Derſelbe lautet nat
der 3. Aufl. von 1867:
„So find wir denn in dem einige Jahrhunder
langen Entwickelungsgange unſerer hieſigen Fichten.
zucht auf ihrem heutigen Standpunkte angelangt; «:
ift noch der alte Kahlſchlag, den man nur kleiner
machen möchte, aber es ift weder die vormalige Ber:
jüngung durch Anflug, noch durch Saat, felbft di:
ſonders in Norddeutſchland, zur faſt ausſchließlichen
Anwendung der Fichten-Pflanzung deren Er⸗
folge äußerft zufriedenſtellend find.
Aber ſelbſt da, wo eine Verjüngung der Fichte
in Femelſchlägen möglich war und geübt wurde,
durch Inſekten, Pilze,
mußten ſich doch auch mancherlei ſchwerwiegende Uebel:
ſtände geltend machen, von denen hier nur die Ab.
hängigkeit des Betriebes von der Wiederkehr der Samen: |
jahre — ungleiche Größe der Schläge —, ſowie die
immerhin beſtehende Unſicherheit des letzteren durch
Sturm⸗ und Graswuchsgefahr, erwähnt ſein mögen.
Höchſt anziehend ift, wie Burckhardt in feinem be: |
rühmten „Säen und Pflanzen“ die „Entwickelung der
Fichtenzucht am Harz“ ſchildert. Es würde zu weit
führen, hier näher darauf einzugehen und muß auf
das bekannte obige Werk verwieſen werden. Nur möge
es mir geſtattet fein, den Schlußſatz des betr. Ab:
y In Heyer- Heß, Waldbau, II. Bd.,
Breite der Saunmicchläge für die Fichte mit nur 1—1,5 Baum-
längen angegeben.
S. 121, wird die
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|
Sturmfhäden.der Fidtenbeftande
Büſchelpflanzung räumt, ungeachtet fie viel geleiſttt
hat, mehr und mehr das Feld; es ift heute der Kahl:
ſchlag mit Einzelpflanzung und n
ſchulen.“
Wenn nun auch die Windbrudgefahr fics
ein hauptſächliches Hindernis bei der allgemeineren
Einführung des Femelſchlagbetriebes der Fichte
bislang geweſen ift, fo verdient doch jetzt hervorge⸗
hoben zu werden, daß eine ſolche Gefahr infolge der
bei allen Holzarten mit Recht ſehr in Aufnahme ge
kommenen, naturgemäßen, die Standhaftigkeit und dit
Zuwachsfähigkeit der Beſtände ungemein fördernden.
ſtarken Durchforſtungen (C Grad), überhaupt durch
eine rationelle Erziehungsweiſe in lockerem
Kronenſchluſſe von Jugend an, wenn aih ih nicht
ganz beſeitigen, jo doch aber wohl fih erheblich ver:
mindern laffen wird, jo daß ſelbſt in weniger. ge:
ſchützten Lagen bei der Fichte ein Verſuch mit
der Verjüngung durch Femelſchläge einmal zu
wagen ſein dürfte.
Obiges Erziehungsverfahren würde auch noch in⸗
ſofern einer Einführung bezw. größeren Verbreitung
des Femelſchlagbetriebes günſtig fein, als es eine früh:
zeitigere, öftere und reichlichere Fruchbil:
dung zur Folge hat.
Weitere Vorbeugungsmaßregeln gegen
ſind
außer der genannten folgende:
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iy
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a) Soweit möglich, Beimiſchung der Buche zur
Fichte (zugleich gegen die, „den reinen Fichtenbeſtänden
Schnee uſw. drohenden Ge:
fahren“, ſowie zum Zwecke des Vogelſchutzes und der
Waldverſchönerung zu empfehlen) „In finanzieller
Beziehung ſteht aber der Miſchbeſtand hinter dem
reinen Beſtand zurück!).
Ebenſo erſcheint eine Einſprengung von W eip:
tannen oder Lärchen in Fichtenbeſtände nützlich).
b) Wahl kräftiger (verfdulter) Setzlinge bei
der Pflanzung der Fichte, Meidung zu enger Ver⸗
| bände.
c) Verſuch den Fichtenpflanzen in Kampen
eine Pfahlwurzel anzuerziehen und beim Anbau
1) S. Heyer⸗Heß, Waldbau II, S. 116. Ferner „Forſtw.
Zentralblatt“, Heft Juni u Juli v. eae
2) S. Heß, Forſtſchutz.
r-
che Pflanzen zu benutzen — der Koſtenerſparung
gen etwa nur diejenigen, die den künſtigen Haubar⸗
itsbeſtand bilden ſollen —, um vielleicht ſo eine grad zu erhalten.
85
Wir müſſen daher ſtets darauf bedacht fein, dem
Waldboden einen ausreichenden Feuchtigkeits⸗
Das geſchieht ja nun einfach da⸗
-ößere Sturmfeſtigkeit der Stämme zu erreichen. durch, daß wir durch angemeſſenen Beſtandesſchluß
uch bei der Mitverwendung der Buche ware ein
duliches Verfahren verſuchsweiſe zu beobachten !).
d)
rantel von Eichen, Eſchen, Bergahorn,
VLeißtannen, Kiefern — je nach den Stand:
rtsverhältniſſen — oder auch gewöhnlicher Wald:
näntel — mit nieder: oder mittelwaldartiger Be:
tockung —, nicht allein an den Rändern, ſondern
ud im Inneren größerer, reiner Fichtenbeſtände,
do fie auch zugleich Schutz gegen austrocknende Winde
emdbren würden 2).
Bei einer Vergleichung des Femelſchlagbe⸗
riebes mit dem Kahlſchlagbetriebe bezw.
bei der Wahl dieſer Betriebsarten muß ſelbſtverſtänd⸗
lich in erſter Linie deren Wirkung auf den Boden
maßgebend ſein; denn alle unſere forſtlichen Maß⸗
nahmen müſſen ſtets mit möglichſter Sorgfalt ſo ge⸗
troffen werden, daß die Bodenkraft erhalten und
vermehrt wird und Rückgänge derſelben entſchieden ver⸗
mieden werden, zumal ja beim Forſtbetriebe — ab⸗
geſehen von Forſtgärten, Oedländereien, mageren Sand⸗
böden uſw. nicht, wie bei der Landwirtſchaft, Stall⸗
düngung und künſtliche Düngung, neben intenſiver
Bodenbearbeitung, zur Anwendung gelangen können.
Weiter bleibt aber auch zu berückſichtigen, daß „die
Holzpflanzen, im Vergleiche zu den Agrikulturgewächſen,
dem Boden weit weniger Mineralbeſtandteile entziehen
und unter dieſen vorzugsweiſe ſolche, welche ſchon reich⸗
lich in den Böden vorkommen und am leichteſten ſich
aufſchließen“ 3).
Hauptſache bleibt. daß dem Waldboden der Laub⸗
bezw. Nadelabfall der Beſtände als Rückerſatz für die
durch letztere entzogene Boden⸗Nährſtoffe verbleibt.
Von den phyſikaliſchen Bodeneigenſchaften iſt
die Feuchtigkeit von größter Wichtigkeit, da das
Waſſer nicht allein Pflanzen⸗Nährſtoff, ſondern auch ein
Loͤſungsmittel für die Mineralſtoffe des Bodens iſt 4).
') Juli⸗Heft des „Forſtw. Zentralblattes“ v. 1913.
) Intereſſant dürfte es auch fein, einmal zu unter:
ſuchen, ob mit der Tiefe der Bodenſchichten vielleicht deren
Schalt an mineraliſchen Pflanzennährſtoffen etwas zunimmt.
Ware dies der Fall, ſo würde die Verwendung ſo bewur—
zeltet Pflanzen nicht allein durch Zuführung einer größeren
Menge an Feuchtigkeit, fondem auch an jenen Stoffen
günſtig auf das Wachstum der Holzpflanzen einwirken.
Auguſt⸗Heft d. Bl. v 1908.
) S. Heyer⸗Heß, Waldbau, I. Bd., S. 33.
Bezüglich der großen Bedeutung des Waſſers für die
Volzbeſtäade dürften folgende Notizen bemerkenswert fein.
a) Wie Profeſſor Hausrath in Karlsruhe in ſeinem in⸗
tereſſanten Werkchen: „Der deutſche Wald“ („Aus Natur
1916
Rechtzeitige Anlegung fturmfefter Wind: |
die Quelle aller Bodenfeuchtigkeit, die atmoſphäriſchen
Niederſchläge, nicht zu ſehr durch die Baumkronen
eine zu ſtarke Verdunſtung der Bodenfeuchtigkeit verhin⸗
dern. Andererſeits darf aber der Beſtandesſchluß auch
wiederum nicht ein ſo vollſtändiger ſein, daß
vom Boden zurückgehalten werden, es würde dieſer
ſonſt durch Austrocknung leiden, und der in dicht
geſchloſſenen Beſtänden angeſammelte Rohhumus
würde wegen mangelnder Feuchtigkeit ſich nicht in
milden, der Vegetation zuſagenden Humus um⸗
wandeln können; das Humuskapital würde alſo den
Beſtänden nicht den vollſtändigen Nutzen gewähren,
oder doch erſt nach längeren Jahren gegen Ende der
Umtriebszeit, wenn bei beginnender natürlicher Ver⸗
jüngung die Stellung der Vorbereitungs- und Samen:
ſchläge eine Unterbrechung des Kronenſchluſſes
nötig macht.
Demnach wird es das Richtige ſein, daß wir unſere
Holzbeſtände nicht in einem dichten, ſondern nur
in einem lockeren Kronenſchluſſe erziehen, wie ein
ſolcher bekanntlich von Bohdanecky und Schiffel bei
der Fichte mit beſtem Erfolge angewendet wird und
wie er ſich ſeit einer Anzahl von Jahren durch Ein⸗
führung der ſtarken Durchforſtung bezw. der H od:
durchforſtung bei unſeren Hauptholzarten den ver⸗
dienten Eingang verſchafft hat.
Ohnehin iſt ja, wie bereits früher erwähnt, dieſe
Erziehungsweiſe naturgemäßer, ſichert durch not⸗
wendige größere Einwirkung des Lichtes auf die
Baumkronen eine kräftige Ausbildung der Stämme und
läßt daher einen guten Zuwachs neben größerer
Widerſtandsfähigkeit erwarten. Dabei wird
infolge zeitigerer, häufigerer und reichlicherer Frucht⸗
erzeugung zugleich die natürliche Verjüngung ſehr ge⸗
fördert.
und Geiſteswelt“, Bändchen 153), Seite 15, anführt, hat
„Hohnel berechnet, daß 1 ha 115 jährigen Buchenwaldes wäh—
rend der Vegetationszeit 3 500 000 —5 400000 Liter Waſſer
braucht“. Die Niederſchlagmenge in Deutſchland ſoll nach
Hausrath „überall den Bedürfniſſen unſerer Waldbäume ge—
nügen“.
b) In dem „Botaniſchen Bilderatlas von Hoffmanns
Dennert, 3. Aufl. von Prof. Dr. Dennert, 1911, wird in
dem Abſchnitte: „Die Pflanze und das Waſſer“, Seite 19,
geſagt: „Die verdunſtete Waſſermenge kann ſehr groß ſein:
man hat berechnet, daß große Bäume täglich über 100!
abgeben können. Natürlich iſt dieſe Menge von vielen Um—
ſtänden abhängig (Boden, Klima, Beſonnung, Temperatur
der Luft); jedenfalls verſorgt die Pflanze, beſonders alſo der
Wald, die Luft mit großen Mengen von Waſſer“.
12
Durch den von den Mutterbäumen gewährten
Bodenſchutz ift nun allerdings der Femelſchlagbetrieb
gegen den Kahlſchlagbetrieb im Vorteil.
Hinſichtlich der Einwirkung auf den Boden laſſe
ich hier die Vorteile und Nachteile folgen, wie
ſie in dem mehrerwähnten Waldbauwerke von Heyer⸗
Heß, II Bd., S. 16, beim Femelſchlagbetriebe
im allgemeinen hervorgehoben ſind:
a) „Die Mutterbäume erhalten nicht bloß die vor:
handene Bodenkraft, ſondern vermehren ſie auch durch
ihren Laubabwurf (Bereicherung der oberen Erdſchichten).
Die Gefahr der Verunkrautung iſt bei rationeller Wirt⸗
ſchaft entweder gar nicht oder nur im geringen Grade
vorhanden.
b) Der Nachwuchs leidet entweder gar nicht oder
nur unter gewiſſen Umſtänden (bei Löcherhieben) durch
Froſt, Sonnenbeſtrahlung und austrocknende Winde;
daher bleibt die Bodenfeuchtigkeit mehr erhalten. Aller⸗
dings darf dabei nicht überſehen werden, daß durch
den Ueberhalt die Feuchtigkeitszufuhr zu den jungen
Pflanzen geſchmälert wird, weil die Mutterbäume be⸗
deutende Waſſerquantitäten aus dem Boden für ſich
beanſpruchen und einen großen Teil der atmoſphäri⸗
ſchen Niederſchläge mit ihren Kronen auffangen. Auch
wird die Taubildung durch den Oberſtand weſentlich
vermindert, und die von den einzelnen Stämmen re⸗
flektierten Sonnenſtrahlen wirken ſehr austrocknend.
Auf armen, trocknen, flachgründigen Böden, wo dieſe
Uebelſtände ſich beſonders bemerklich machen, kann hier⸗
durch dieſer Nutzen der Beſchattung mehr als aufge-
wogen werden.“
Hierzu möchte ich Nachſtehendes bemerken:
Intereſſant und von Wichtigkeit dürfte es ſein,
wenn von den forſtlichen Verſuchsanſtalten einmal bei
anhaltend trockenem Sommerwetter, bei derſelben Holz—
art, demſelben Alter und unter den gleichen Stand—
ortsverhältniſſen, der Boden in je einem voll:
ſtändig geſchloſſenen und in je einem nur locker
geſchloſſenen Beſtande, ferner in je einem Hemel:
ſchlage — vor und nach der natürlichen Beſamung
— ſowie auf je einem friſchen Kahlſchlage einer ver—
gleichenden Unterſuchung, auf ſeinen durchſchnittlichen
Feuchtigkeitsgehalt unterzogen würde. Am
beſten würde es ſelbſtredend ſein, wenn letztere auf jede
unſerer Hauptholzarlen und verſchiedene Standorts—
verhältniſſe ausgedehnt werden könnte. Die betreffen:
den annähernden Zahlen würden natürlich auch nach
dem Lichtgrade der Schlagſtellungen verſchieden fein.
Für die vorliegende Arbeit würden Unterſuchungen
bei Fichte und Kiefer ein beſonderes Intereſſe be—
anſpruchen.
Es iſt hohe Zeit, daß ſich unſere forſtliche Praxis
86
auf derartige exakte Zahlenangaben und nicht bloß ar
unbewieſene Meinungen ſtützen kann.
Den obigen, nach dem gen. Werke mitgeteilt:
Einwirkungen des Femelſchlagbetriebes ar
den Boden mögen die dort weiter aufgeführte
hauptjadlidjten ſonſtigen Vorteile dieſes Betrieb:
folgen:
c) „Man gewinnt an den Mutterbaͤumen während
der Verjüngungsdauer einen beträchtlichen Lichtung⸗
zuwachs und erzieht — zumal bei langer Verjüngung⸗
dauer — wertvolle Starkhölzer.“
Bei den beiden, hier in Betracht kommenden Nade!
hölzern: Fichte und Kiefer, hat wegen deren kurz:
Verjüngungsdauer dieſer Zuwachs keine bejonder
Bedeutung. Nur bei einem Lichtungs- oder etwa br
einem Ueberhalt⸗ Betriebe — auf kräftigem Boden
und bezw. in geſchützter Lage — würde er von Br
lang ſein.
d) „Die Inſektengefahr und gewiſſe Jugendkrank
heiten find geringer als in Kahlſchlagwäldern.“
e) „Die Kulturkoſten fallen entweder ganz weg.
oder ſtellen ſich doch niedriger als beim Kahlſchlag⸗
betriebe mit künſtlicher Nachbegründung.“
Ta, wo übrigens Bodenbearbeitungen in den
Samenſchlägen, Ausbeſſerungen der Verjüngungen und
zeitige Ausläuterungen zu dichter Stellen der natür |
lichen Anſamungen nötig werden, ſind geringere oder
größere Koſtenaufwendungen unvermeidlich. |
Schließlich wird noch geſagt: „Hiernach empfiehlt
fich diefe Verjüngungsmethode vorzugsweiſe für zärtliche
Holzarten, wie Rotbuchen und Weißtannen, zumal in
rauhen oder den Spätfröſten exponierten Lagen, ferner
auf freiliegenden Bergkuppen, an ſteilen, mit grobem
Felsgerölle bedeckten Hängen, überhaupt in Gebirgen.“
Als größerer Nachteil des Femelſchlagbe;
triebes muß immerhin, wie erwähnt, die Sturm:
gefahr, in erſter Linie bei der Fichte, hervorge⸗
hoben werden. Man wird daher dieſen Betrieb hier
mehr auf geſchützte Lagen beſchränken; doch wird
ſich jene Gefahr durch die empfohlenen Erziehungs⸗
maßregeln auch ſehr verringern laſſen. Der Betrieb
eignet ſich übrigens bei Fichte und Kiefer Haupt:
ſächlich nur für beſſere Böden. |
Bei der Erörterung des üblichen Femelſchlagbe⸗
triebes darf ſelbſtredend die von Gayer in feinem be
rühmten „Waldbau“ beſchriebene horſtmäßige Form
dieſes Betriebes nicht unerwähnt bleiben. Indem ich
auf dieſes Werk verweiſe, möchte ich zugleich auf die
in dem „Waldbau“ von Heyer:Heß, Bd. II, S. 17.
aufgeführte Vorteile und Nachteile des Gayer'ſchen
Betriebes aufmerkſam machen. Da nach dern letztge⸗
nannten Werke die Vorzüge dieſer Betriebsform „auch
bei ſach⸗ und ortsgemäßer Anwendung des Heyer'ſchen
enelichlag: Betriebs erreicht werden, ohne daß man
rößere Nachteile mit in Kauf zu nehmen braucht“,
nd da vergleichende Unterſuchungen über die Reſultate
87
möge nun zum Vergleich der Kahlſchlagbetrieb
einer näheren Betrachtung unterzogen werden, und
zwar zunächſt die äußere Beſchaffenheit der Kahl:
cider Femelſchlagformen noch nicht vor. ſchläge, wie fie fih meiſt bei den ſehr verbreiteten
tegen, fo haben wir keine Veranlaſſung, die ge- Fichten-Abtriebsſchlägen zeigt.
Dräuchliche Heyer fhe Femelſchlagform
durch die Gayer’ fhe Betriebs form zu erſetzen.
Für die in vorſtehender Arbeit beſonders zu berück⸗
fichtigende Fichte und Kiefer ift die Angelegenheit
ohnehin nicht von großer Wichtigkeit.
Zum Schluſſe des Abſchnittes über den letzteren
Betrieb heißt es in dem Heyer⸗Heß'ſchen Werke: „Die
Holzart, für welche dieſer Betrieb ſeine hauptſächliche
Bedeutung beſitzt, iſt die Weißtanne. Vollmaſten
der Buche ſind zu ſelten; auch iſt dieſe keine Nutzholz⸗
art). Für die Fichte eignen fih femelartige Betriebe
— wegen der Sturmgefahr — in der Regel nicht, und
für reine Beſtände aus Lichtholzarten (Eiche, Kiefer,
Lärche) kann die Gayer'ſche Femelſchlagform überhaupt
nicht in Frage kommen.“
Bei der Weißtanne wird in jenem Werke,
S. 103, noch beſonders betont, daß für die lange Ver⸗
jüngungsdauer (Gayer's Femelſchlagform)“, wie ſie im
badiſchen Schwarzwalde üblich ſei, „bedeutender Lich⸗
tungsanſehnlicher Wertzuwachs und geringere Kultur⸗
nachhilfe“ ſpreche.
In geſchützten Lagen, auf kräftigen Böden
und falls beim Femelſchlagbetriebe der Fichte der Mut⸗
terbeſtand durch vorangegangene ſtarke Durchforſt⸗
ungen widerſtandsfähig erzogen iſt, könnte behufs Er⸗
hung von Starkhölzern auch einmal ein Ber:
ſuch mit einem eigentlichen Lichtungs betrieben)
ausgeführt werden, der beim Gelingen infolge des
Lichtungszuwachſes ſich ſehr vorteilhaft erweiſen würde.
Da, wo wegen Graswüchſigkeit des Bodens ein
Criolg der natürlichen Verjüngung der Fichte durch
Samenſchläge nicht zu erwarten iſt, und wo bei Kahl⸗
ſclaͤgen Froſtſchäden zu befürchten find, wäre eine
Unterpflanzung mit allmählicher Lichtung des Schutz
beſtandes (Schirmſchlagform) zu verſuchen 3).
Sehr lehrreich würde es ſein, wenn durch einge⸗
ltitete Verſuche bei der Fichte die übliche Heyer'ſche
Femelſchlagform mit der Gayer'ſchen, ſowie mit dem
Lichtungsbetriebe untereinander und mit dem Kahl⸗
ſclagbetriebe in derſelben Oertlichkeit nach ihren Er:
folgen verglichen werden könnten.
Nach der vorſtehenden Erörterung der Vorteile
und Nachteile uſw. des Femelſchlagbetriebes
) Für verſchiedene Gegenden ift übrigens in neuerer
Zei bekanntlich auch die Buche in die Reihe der Nutzholz—
Aten getreten.
) S. Heyer⸗Heß, Waldbau, II. Bd., S. 139.
) S. Heyer ⸗Heß, Waldbau, II. Bd., S. 115.
|
Da, wo auf dieſen Stöcke von geringer Höhe
zum Zwecke der Rodung belaſſen werden, wie wohl
meiſt z. B. im Harze üblich, findet letztere im folgen⸗
den Frühjahr und Sommer ſtatt. Das gewonnene
Stock⸗ und Wurzelholz wurde bisher ſodann an Ort
und Stelle in Meilern verkohlt. In neuerer Zeit
wird aber auf den Eiſen⸗Hüttenwerken zur Ausnutzung
der wertvollen Nebenprodukte der Holzdeſtillation (Holz⸗
eſſig, Holzteer, Holzgeiſt uſw.) mehr die Retorten⸗
verkohlung angewendet, bei der ebenfalls die Kohle
als Rückſtand verbleibt.
Die auf den Abltriebsſchlägen erfolgten Hölzer
werden nach den vorgeſchriebenen Bau⸗, Nutz⸗ und
Brennholzſortimenten — mit Ausnahme der ſtärkeren
Bloch⸗ und Balkenhölzer — an die Abfuhrwege ge-
rückt oder in Reihen geordnet und in Haufen bezw.
Raummaßen aufgeſchichtet. Eine ſolche Anordnung der
Hölzer auf dem Schlage iſt wegen Erleichterung der
Numerierung, Abnahme und Kontrolle ſeitens der
Forſtbeamten, ſowie um den Käufern eine gute Ueber⸗
ſicht zu ermöglichen, ſelbſtverſtändlich durchaus not:
wendig. i
Zur Verhütung von Borkenkäferfraß werden wenig⸗
ſtens alle etwas ſtärkeren Stämme entrindet. Die
etwa vom Käfer befallene Rinde wird verbrannt, die
übrige bleibt auf dem Schlage liegen.
Das Ausaͤſtungsreiſig wird — ſoweit es nicht zur
Aufarbeitung gelangt — bei zu ſtarker, die nachfol⸗
gende Pflanzung hindernder Lage, auf der Abtriebs⸗
fläche verbrannt, und die Aſche auf letzterer ver⸗
teilt. Bildet das Reiſig kein zu läſtiges Hindernis,
wird es auf der {Fläche belaſſen.
Auf den Nadelholz-Abtriebsſchlägen bildet ſich nun
infolge der Freiſtellung bald ein meiſt dichter Grad:
und Unkrautüberzug. Ein ſolcher hat beſon⸗
ders nachſtehende ſchädliche Wirkungen:
a) Er verwurzelt den Boden und iſt der Kultur
hinderlich.
b) Er entnimmt dem Boden mineraliſche Nährſtoffe,
die alſo den Holzpflanzen entgehen.
c) Er unterdrückt junge Holzpflanzen durch Ent:
zug von Licht, Wärme, Luft, Tau, Regen
d) Er trocknet und magert als dichter Filz
einen an und für fidh zſchon! trockenen Boden
teils durch Abhaltung der Luftfeuchtigkeit und der
wäſſerigen Niederſchläge vom Boden, teils dadurch
um ſo mehr aus, als „die Gräſer durch ihre
Wurzeln ſehr große Waſſermengen konſumieren
12*
88
und durch die Transpiration ihrer oberirdiſchen | intereffant, zu unterſuchen, ob und welche mm:
Organe wieder abgeben!)“. liſchen Nährſtoffe durch diefe Pflanzen vorwiegend d.
Die Nützlichkeit der Forſtunkräuter würde außer [Boden entzogen werden. Es ließe fid) darnach '-
ihrem unmittellaren Nutzen hauptſächlich tin Folgen- | ftellen, inwieweit die angebauten Holzpflanzen viell.
dem beſtehen: . in der Aufnahme dieſer Stoffe beeinträchtigt wert:
a) Sie erhalten durch Abhaltung der direkten Son— 4. Unterſuchung, in welchem ungefähren Ti:
nenſtrahlen vom Boden dieſen friſcher und ſchützen. eine Vermehrung jener Nährſtoffe und des Feud:
bei entſprechender Höhe und nicht zu dichtem keitsgehalts des Bodens durch Verweſung der Unfr..
Stande zarte Holzpflanzen in exponierten Oertlich⸗ ter bewirkt wird.
keiten gegen Froſt, austrocknende Winde und Die Schlagruhe bei dem Fichten ⸗Kahlſchl.⸗
Hitze). betriebe bis zur Bepflanzung der Schlagflächen ift:
b) Durch ihre Verweſung bereichern fie den Boden wöhnlich eine zwei- bis dreijährige.
an mineraliſchen Nähritoffen?). Burckhardt äußert fih darüber in feinem voni
Hinſichtlich der Erforſchung des Einfluſſes der Forft lichen „Säen und Pflanzen“ bei Abhandlung der Sor
unkräuter auf den Boden der Kahlſchläge wür⸗ der Fichte folgendermaßen: „Weder im Rohhume
den etwa nachſtehende Verſuche und Unterſuchungen noch in einer Mineralerde findet der Samen t
von Intereſſe ſein: paſſendes Keimbett“. Fichtenabtriebsſchläge haben!
1. Wahrend anhaltend trockener Sommerwitte- der Regel eine mehr oder minder ſtarke Decke bon
rung wären einesteils von Unkraut befreite, andern: | Rohhumus, der man weder eine Saat noch Pflanzun
teils von demſelben ſtark überzogene, kleine Probe- anvertrauen darf. Durch ſtreifenweiſes Reinigen ode
Bodenflächen in der gleichen Oertlichkeit auf ihren un- durch landwirtſchaftliche Benutzung, ſonſt durch ent
gefähren Feuchtigkeitsgehalt zu unterſuchen ſprechende Schlagruhe wird der Rohhumus unſchädlic
und die Ergebniſſe miteinander zu vergleichen. gemacht.
Zugleich wäre jeftzuftellen, inwieweit annähernd Bei Erörterung der Pflanzung der Fichte hein
es: „Der Rohhumus der friſchen Abtriebsſchlä
| iit der Fichte in folder Form nicht zuträglich; gemei
lich läßt man daher den Schlag vor der Bepflanzun:
| einige Jahre ruhen, damit teils der Rohhumus L
Probeflächen nach Regenwetter anzuftellen, um zu er- zerſetze und mild werde. auch der zu lofe Boden hd
mitteln, wie viele Negenfeuchtigfeit annähernd ! dichte, teils die größere Gefahr des Rüſſelkäfers vor;
durch die Unkräuter vom Boden abgehalten wird. übergehe. Indes hält man es mit dieſer Schlagrul
|
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die infolge der direkten Einwirkung der Sonnenſtrahlen
auf den Boden verurſachte Erhitzung desſelben eine
Ermäßigung durch die Unkrautdecke erfährt.
2. Eine ähnliche Unterſuchung waͤre auf dieſen
Ebenſo wäre an klaren Sommertagen der Entzug des je nach Oertlichkeit, Betrieb und Erfahrung ſehr vet
Taues feſtzuſtellen. Natürlich ſind die betr. Feuch ſchieden. Am einen Orte liegt der Fichtenſchlag un
tigkeitsmengen nach Art und Stand der Unkräuter
verſchieden.
3. Da, wo beftimmte Forſtunkräuter maſſen⸗
haft auf den Schlagflächen ſich vorfinden, wäre es
ein Jahr lang, währenddem die Stuckenrodung tF;
folgt, am andern erfordern Rüſſelkäfergefahr, ġol;
vertrieb und Köhlerei ein zweites, ſelbſt drittes Jaht
Bezüglich des Rohhumus muß übrigens be
merkt werden, daß da, wo bei der Fichte die ratr
) Daſelbſt S. 131. nellen ſtarken Durchforſtungen als wichtige Erziehung
3) Näheres über Schädlichkeit und Nützlichkeit der Forſt⸗ maßregel eingeführt find, der angeſammelte Rohhumus |
1 $ $ : : r È , , f |
* on N * 1 a ſich aus bekannten Gründen bald in milden, dei
jnt fein, daß auf Fichten-Abtriebsſchlägen mit | Beſtand tt d 8 umwandel
friſchem humoſem Boden vieler Formationen, wie bekannt, eſtande mehr gugu ommen en Humu 11
fofort nach dem Abtriebe der rote Fingerhut (Digitalis pur- und daher lediglich in Rückſicht auf den Boden em,
purca) oder auch das Weidenröschen (Mpilobium angusti- eigentliche Ruhezeit der Abtriebsſchläge vor dert
folium) maſſenhaft erſcheinen. Dieſes Auftreten der beiden Bepflanzung nicht nötig erſcheinen dürfte. Meiſtens
Schlagpflanzen wird darauf een daß höchſtwahrſchein⸗ erfordern aber ſchon die letztgenannten obigen Rid:
lich ſchon feit Generationen Fichtenbeſtände in denſelben , : Schlag
Oertlichkeiten vorhanden geweſen ſind, da jene Pflanzen ſich ſichten die Innehaltung einer angemeſſene
hauptſächlich auf großen Kahlflachen zeigen, und dieſe wohl ruhe. .
nur in Fichtenbeſtänden — nicht in Laubholzbeſtänden Zum Zwecke einer richtigen Vergleichung des Kahl!
üblich waren oder leicht durch Sturmverheerungen entſtehen | ſchlagbetriebes mit dem Femelſchlagbe'
9 5 ’ » } S , ? s i ` 13
konnten. Man muß en daß die Samen der gen triebe wird es empfehlenswert ſein, nunmehr de
Forſtunkräuter ſich lange Jahre keimfähig im Boden er— PR Bu : teile des
halten und auf den Abtriebsflächen infolge der Einwirkung hauptſächlichſten Vorteile und Na ch
l Dar "i
von Luft, Wärme und Licht zum Keinen gebracht werden. | ET ſteren Betriebes überſichtlich zuſammenzuſtell
i S. Heß, Forſtſchutz, 2. Aufl., II. Bd., S. 132.
ichdem beim Femelſchlagbetriebe bereits das
Otige erörtert iſt:
I. Vorteile bezw. günſtige Eigenſchaften des Kahl⸗
ſchlagbetriebes.
. In bezug auf Erhaltung der Boden:
güte.
1. Soweit durch die Stockrodung bei Fichte
ind Kiefer nicht auch die ſchwächeren Wurzeln mit
ur Nutzung gelangen, ſondern dem Boden verbleiben,
errotten fie und tragen zur Verbeſſerung des Bodens
der Abtriebsſchläge bei. Zugleich wirkt die mit der
Rodung verbundene Bodenlockerung (Einebnung der
Stocktöcher) auf den Wuchs der angebauten Holz:
angen günſtig.
Eine Unterſuchung des Feuchtigkeitsgehaltes des
Bodens einesteils auf den eingeebneten Stocklöchern,
andernteils auf den Zwiſchenräumen würde dieje Wir:
kung deutlich zeigen.
Die Aſche, die durch Verbrennung des zu den
Feuern der Holzhauer behufs Speiſenkochung benutzten
Holzes zurückbleibt, beſſert gleichfalls bei ihrer Ver
teilung auf der Fläche den Boden.
2. Das auf den Schlägen verbliebene Reiſig und
die belaſſene abgeſchalte Rinde — ſoweit ſolches Ma⸗
terial nicht benutzt wird — üben zunächſt durch Boden:
deckung eine günſtige Wirkung auf die Feuchtigkeits⸗
ethaltung des Bodens aus!). Nach der Verrottung
düngen ſie den letzteren. Werden ſie verbrannt, ſo
wirkt die verteilte Aſche ebenſo.
3. Das bei der Fällung und Aufarbeitung dem
Boden verbleibende Sägemehl, ſowie die Hau:
ſpäne, nützen gleichfalls durch Verrottung, wenn es
N hier auch nur um unerhebliche Mengen handeln
unn.
4. Wo das gewonnene Stockholz etwa noch in
Deilern verfohlt wird, wirkt die auf den Meiler,
telen zurückbleibende Kohlenftübbe uſw. als Boden:
cungung. Jene verbeffert die phyſikaliſchen Eigen:
ſcaften des Bodens durch ihre Hygroſkopizität 2).
5. Die auf den Abtriebsflächen aufgeichichteten
Autz- und Brennhöͤlzer verhindern, fo lange
e im Walde lagern, eine zu raſche Verdunſtung der
Vodenfeuchtigkeit auf den Lagerſtellen und ſchützen
gegen Unkrautwucherung.
1 Allerdings erhitzen fih bekanntlich die von dem Fid-
lenreifig abgefallenen trockenen Nadeln ſtark und wirken
inſofern ungünſtig auf den Boden.
S. „Beobachtungen über Erhitzung der Bodenoberfläche
" Jahre 1914“. Vom Kgl. Forſtamtsaſſeſſor Dr. Münch.
‚Naturwiffenfchaftliche Zeitichrift für Forſt⸗ und Landwirt»
air" 1915, S. 249 u. f. (Beſprochen von Herrmann in
der „Forſtlichen Rundſchau“, Heft 9 v. 1915).
*, S. Heyer⸗Heß, Waldbau, I. Bd., S. 233.
89
6. Die oft maſſenweiſe auftretenden Forſtun⸗
kräuter ſchützen den Boden, wie bereits früher er⸗
waͤhnt, gegen zu ſtarke Erhitzung durch die direkten
Sonnenſtrahlen und gegen eine zu raſche Verdun:
ſtung der Feuchtigkeit; außerdem düngen ſie den
Boden bei ihrer Verweſung.
7. Etwaige Steine auf den Abtriebsſchlägen
wirken ebenfalls günftig auf Erhaltung der Boden:
feuchtigkeit.
8. Die atmoſphäriſchen Niederſchläge
werden nicht durch Baumkronen zum Teil vom Boden
zurückgehalten und können — ſoweit ſie nicht durch
dichtſtehende Forſtunkräuter behindert ſind — dem
Boden in vollem Maße zugutkommen.
9. Die von den Wurzeln des Abtriebsbe⸗
ſtandes während deſſen Vorhandenſeins aus dem
Boden aufgenommene beträchtliche Feuchtigkeits⸗
menge verbleibt — ſoweit ſie nicht verſickert — dem
Boden.
B. Sonſtige Vorzüge des Kahlſchlag⸗
betriebes. |
1. Dem Femelſchlagbetriebe gegenüber zeichnet er
ſich durch große Einfachheit aus.
2. Er ,geftattet die größte Freiheit in der An:
lage, Form und Größe der Schläge, welcher Vorzug
für Fichtenkahlſchlagwälder von beſonderer Bedeu⸗
tung iſt.“
3. Er „bleibt unabhängig von dem Fruchlbarkeits⸗
eintritt der zu verjüngenden Beſtände, ſowie von der
Wiederkehr der Samenjahre.“
4. „Mit den Mutterbäumen fallen auch die Sturm⸗
ſchäden und die Beſchädigungen an dem Nachwuchſe
durch die Holzernte hinweg.“ |
5. Man erzieht gleichförmigere und überhaupt
beſſere Beſtände“ als beim Femelſchlagbetriebe ').
II. Nachteile des Kahlſchlagbetriebes.
1. Durch den direkten Zugang der Sonnenſtrahlen
zum Boden, beſonders im Sommer, kann jener, dem
Jemelſchlagbetriebe gegenüber, durch zu ſtarke Aus
trocknung und Vermagerung leiden, wenn der
Bodenſchutz durch Unkräuter ſich ungenügend erweiſt;
dieſelbe ungünſtige Wirkung können trockene Winde
ausüben. j
2. Infolge ungehinderten Lichteinfluſſes kann
ein humoſer Boden durch Unkrautwuche rung
benachteiligt werden 2).
1) Im weiteren darf ich auf Heyer⸗Heß, Waldbau, II
Bd., S. 18 u. 123 verweiſen.
2) Vorteile und Nachteile der Forſtunkräuter auf den
Abtriebsſchlägen ſind früher bereits hervorgehoben.
Die genannten Nachteile zu 1 und 2 äußern ſich na—
türlich je nach der Dauer der Schlagruhe und je nach den
Standortsverhältniſſen in verſchiedenem Maße. Wiſſen wir
3. Der Kahlſchlagbetrieb erfordert ſelbſtredend einen
größeren Aufwand an Kulturkoſten, als der Femel⸗
ſchlagbetrieb, doch werden die Mehrkoſten durch die
Vorteile des erſteren, ſowie bei der Pflanzung durch
den Altersvorſprung der Pflänzlinge wohl meiſt reich:
lich aufgewogen !).
In dem mehrerwähnten „Waldbau“ von Heyer⸗
Heß (II. Bd., S. 19) wird bezüglich der Nachteile der
Kahlſchlaͤge geſagt: „Allerdings ſind mit größeren
Kahlſchlägen (Breitſchlaͤgen) die Gefahren der
Verunkrautung, Vermagerung und Verhärtung des
Bodens verknüpft, ſo daß leicht ein Zurückgang des
Holzwuchſes von Geſchlecht zu Geſchlecht ſtattfindet.
Auch leiden die auf den ſchutzloſen Schlägen begrün⸗
deten Kulturen vielfach von Froſt, Hitze, Winden,
Krankheiten (Schütte) und Inſekten (Maikäfer, Rüſſel⸗
käfer uſw.).
In Hochlagen kommen an ſteilen Hängen die Ge:
fahren durch Bodenabſchwemmung und Bodenabrutſch—
ungen, ſowie nachteilige Einwirkungen auf das Regime
der Gewäſſer hinzu. Man muß daher hier unter
ſolchen Verhältniſſen von der Kahlſchlag-Wirtſchaft
abſehen.“
Ferner heißt es in demſelben Bande, S. 144, in
dem Abſchnitte über die Anwendbarkeit des Femel⸗
ſchlagbetriebes bei der Kiefer: „Es ſoll nicht
in Abrede geſtellt werden, daß mit größerer Aus:
dehnung der Kahlſchlag-Wirtſchaft die Enger⸗
lingskalamität zugenommen hat, weil die Maikäfer⸗
weibchen ihre Eier lieber an freien als an beſchatteten
Orten ablegen. Auch tritt die Schütte und der Schaden
durch Dürre in Kahlſchlägen meiſt verderblicher
auf als in Femelſchlägen. Allein ein Durch—
ſchlagendes Mittel gegen diefe Feinde tft überhaupt
noch nicht gefunden. Andererſeits könnte aber durch
die Femelſchlag⸗Wirtſchaft der Inſektengefahr inſofern
Vorſchub geleiſtet werden, als infolge der unvollſtän—
digen Stockrodung eine Vermehrung der Brutſtätten
für manche Rüſſel⸗ und Baſtkärfer eintritt.“
Da bei den vielen wichtigen Vorzügen des
Kahlſchlagbetriebes für Fichte und Kiefer
die möglichſte Erhaltung dieſes Betriebes in hohem
Grade wünſchenswert erſcheint, könnte man die Frage
ſtellen: Iſt die Möglichkeit vorhanden, die Nachteile
des Kahlſchlagbetriebes durch beſondere
doch, daß z. B. die Böden der Sandſteinformationen gegen
Lichtungen und Bloßlegen beſonders empfindlich find. Leicht
wuchert hier das Heidelbeerkraut, wird aber fpater durch
Heide verdrängt, die wie bekannt, den höchſten Trockenheits—
grad des Bodens anzeigt; auf einem ſolchen Boden vermag
dann nur noch die Kiefer einigermaßen zu gedeihen.
1) S. Heyer⸗Heß, Waldbau, 11. Bd., S. 124.
Maßnahmen und welche bedeutungslos zu mar
bezw. angemeſſen herabzumindern?
Als ſolche Maßregeln wären etwa folge
— allerdings teilweiſe erſt noch zu erprobende - ;
nennen:
1. Für obige beide Nadelhölzer find | dma!
Schläge, aljo kleine Hiebszüge zu wählen, „weil br:
Schläge mehr unter den austrocknenden Wirtu:
von Wind und Sonne leiden“ ).
In Heyer⸗Heß, Waldbau, II. Bd., S. 124, m
bezüglich des Fichten-Kahlſchlagbetriebe
mit künſtlichem Anbau, nachdem die Boni:
dieſes Betriebes aufgezählt find, geſagt: „Im al:
meinen empfehlen fih für Fichtenwaldungen — mi:
des Schutzbedürfniſſes dieſer Holzart in der Jugend
mehr ihmale Schläge (Abſäu mungen), mi
da, wo eine regelwidrige Altersklaſſengruppierung
Rückſicht auf die Sturmfolge) vorhanden ift, dur
ſogen. Loshiebe eingeleitet werden müſſen. J
Verminderung der Rüſſelkäfergefahr dient ein ange
meſſener Schlagwechſel in der Art, daß man die Schlag
in einem Forſtort (Beſtand) erft nach etwa 3-5 Jahren
fortſetzt.“
Von den Kiefern-Kahlſchlägen heißt “
daſelbſt S. 150: „Der kahle Abtrieb in Verbindur.
mit künſtlicher Kultur ift für die Kiefer an,
meiſten geeignet, zumal in ihrem natürlichen Veri
breitungsgebiet. Die beſten Reſultate erzielt man duch
grundſätzliche Aneinanderreihung der Jahresſchläge mi
einjähriger Schlagruhe bis zur Kultur; nur dür
diefe nicht zu groß, bezw breit gemacht werden. De.
gleichzeitige Angriff an möglichſt vielen haubaren B
ſtänden, die Wahl ſchmaler Schläge von etwa 50 be
60 m Breite und deren Fortſetzung erft dann, wen
die Kultur auf dem vorausgegangenen Schlage t
ſichert ift, finden zurzeit die meiſten Fürſprecher, wen
durch die infolgedeſſen entſtehenden kleinen Hiebszüs
die Nachteile der großen Kahlſchläge weſentlich dt
mindert und ſonſtige Vorteile (beſte Ueberſicht, leicht
Kontrolle, keine Beſchädigung der Kulturen durch de
Fällung und das Rücken, Schutz gegen den Kaffe
käfer, Erſparnis an Käfergräben uſw) erreicht werden.
Um zu erkennen, in welchem ungefähren Maß
der Feuchtigkeitsgehalt des Bodens auf ſchmaͤleren
Kahlflächen größer erſcheint, als auf breiteren, würden
vergleichende Unterſuchungen in trockener Jahreszeit
von Intereſſe fein. Zugleich müßten diefe fid auf Be
ſtände mit vollem und mit lockerem Kronen!
ſchluß erſtrecken. Selbſtverſtändlich find die zu er
wartenden Reſultate nach Boden und Lage verſchieden.
Auch ein Verſuch mit den bekannten Wag ne“
1) S. Heß, Forſtſchutz, 2. Aufl., II. Bd., S. 278.
=
en Blenderſaumſchlägen, die, abweichend
u der gewöhnlichen Oſt⸗Weſtrichtung, — in Rück⸗
bt nicht allein auf erfolgreichſte Randbeſamung, ſon⸗
rn auch auf Zuführung der meiſten Niederſchläge —
on Norden nach Süden bezw. von Nordweſt nach
üdoft geführt werden, würden durch eine Vergleichung
it ebenjo ſchmalen, gewöhnlichen Kahlſchlägen,
ntichtlih des ungefähren Feuchtigkeitsgehalts des
zodens, Intereſſe darbieten.
2. Zum Zwecke der Erreichung einigen Schutzes
er Abtriebsflächen gegen die austrocknenden Sonnen:
rablen dürfte es fic) vielleicht, beſonders bei der
richte, empfehlen, verſuchsweiſe eine kleine An:
ahl von gceigneten Stämmen ſo lange überzu—
alten, bis die ausgeführte Pflanzung gehörig an⸗
ewachſen iſt. Wenn man zu einem ſolchen vorläufigen
leberhalt wegen der Sturmgefahr auch zunächſt
nur Schlagflächen mit kräftigen Böden und in ge:
ſchützten Lagen wählen wird, ſo könnte man doch
auch einmal in weniger geſchützten Oertlich⸗
keiten, falls dem Abtriebsbeſtande durch bereits ſeit
laͤngeren Jahren ausgeführte ſtarke Durchforſtungen
mehr Widerſtandsfähigkeit anerzogen fein ſollte,
denſelben Verſuch wagen. Wären etwa einzelne gutge⸗
ſormte Stämme von Weißtannen und Lärchen
vorhanden, ſo könnten natürlich auch dieſe mit über⸗
zegalten werden. Außer dem erreichten Schutze würde
auch der erfolgende Lichtungszuwachs einen Vor⸗
tel darbieten.
Ein Vergleich des ungefähren Feuchtigkeitsgehalts
des Bodens auf dieſen, mit vorläufigem Ueberhalt
rerſehenen Abtriebsflächen, mit reinen Kahlhiebs—
laden derſelben Oertlichkeit würde über die etwaige
Zdeckmäßigkeit ſolchen Ueberhaltes Aufſchluß erteilen.
3. Die rechtzeitige Anlegung von Waldmänteln
in nieder- bezw. mittelwaldähnlicher Form, nicht allein
jon den Waldrändern, ſondern bei größeren
Fichtenbeſtänden auch in angemeſſenen Abſtänden im
Inneren jener, würden. wie früher erwähnt, einen
mehrten Schutz der vorhandenen Beſtände gegen
Stürme uſw. bieten, aber auch durch weiteres Fort⸗
wachſenlaſſen dieſer Waldmäntel bezw. Schutzſtreifen
auf den Abtriebsſchlägen, letzteren ſofort nach dem Ab:
tebe den fo nötigen Schutz gegen austrocknende
Winde gewähren.
Nähme man außer den Schutzſtreifen vielleicht
noch den zu 2 bemerkten Ueberhalt gegen die,
duch die Sonnenſtrahlen verurſachte, zu ſtarke Gr:
hizung des Bodens, mit zur Hülfe, ſo dürfte wohl zu
hoffen fein, daß der letztere vor empfindlicher Aus:
lroknung mehr bewahrt bleiben würde.
) S. Heyer⸗Heß, Waldbau, II. Bd., S. 121.
Die bereits früher angeführten vergleichenden Unter⸗
ſuchungen über den Feuchtigkeitsgehalt des Bodens
teils in geſchloſſenen Beſtänden, teils in ſolchen
mit lockerem Kronenſchluſſe, teils auf Whtrieb 3:
flächen, müßten, wo es ſich ermöglichen ließe, be⸗
züglich der letzteren teils auf mit Schutzſtreifen,
teils auf mit Ueberhalt, teils auf- mit beiden
zugleich verſehene Abtriebsſchläge ausgedehnt werden.
4. Auf Kiefern⸗Abtriebsſchlägen mit
trockenem Sandboden wäre eine Bedeckung des
Bodens zwiſchen den Kiefern Pflanzenreihen mit grü⸗
nem Kiefernreiſig, zum Zwecke der Friſcherhal⸗
tung des Bodens und allmählichen Zuführung von
Stickſtoff zu demſelben, zu verſuchen, ein Mittel, deſſen
günſtige Wirkung von dem verdienſtvollen Profeſſor
Schwappach gerühmt wird.
5. Bei der Aufforſtung der Abtriebsflächen würde,
ſoweit die Standortsverhältniſſe geeignet erſcheinen,
durch Beimiſchung der Buche zu Fichte und Kiefer,
ein etwa zu befürchtender, dauernder Rückgang der
Bodenkraft vermieden und dieſe noch weſentlich erhöht
werden.
Zugleich ift diefe Miſchung bereits früher als Vor:
beugungsmittel gegen Sturmſchäden uſw. der Fichte
erwähnt worden.
Wir müſſen uns nun wieder der Beantwortung
der hier ausſchlaggebenden Frage zuwenden: Iſt bei
dem Kahlſchlagbetriebe, wie er ſeit langen
Jahren in vielen Gegenden, beſonders bei der Fichte,
üblich iſt, in der Zeit vom Abtriebe des bisherigen
Beſtandes bis zu annähernden Schluſſe der baldmig:
lichſt nachfolgenden Pflanzung ein Rückgang der
Bodenkraft und in welchem Maße — je nach den
Standortsverhältniſſen — unvermeidlich, ſo daß ein
Uebergang zum Femelſchlag betriebe not:
wendig wäre?
Erwägt man die bereits hervorgehobenen Vor:
teile des Kahlſchlagbetriebes inbezug auf Er—
haltung der Bodengüte — beſonders die volle Zu:
führung der atmoſphäriſchen Niederſchläge zum Boden,
den Schutz des letzteren durch Gras und Unkräuter,
den Erſatz der von dieſen Pflanzen dem Boden ent—
zogenen mineraliſchen Nährſtoffe durch die Verrottung
einer ſolchen Pflanzendecke an Ort und Stelle uſw. —
ſo ſollte man meinen, die Bodenkraft der forſtlich un⸗
angebauten Abtriebsſchläge könne wohl kaum weder
phyſikaliſch noch chemiſch Abbruch erleiden, wenn nicht
die früher zugleich erwähnten großen Nachteile
— Gefahr der Austrocknung des Bodens durch die
direkten Sonnenſtrahlen und trockenen Winde, ferner
zu fürchtende ſtarke Verunkrautung des Bodens u. a.
— beſtänden. Aber auch dieſe Nachteile würden ſich
wahrſcheinlich durch die oben empfohlenen Maß:
92
nahmen, in Verbindung mit einer zeitigen, zweck⸗
mäßigen Aufforſtung, vermeiden oder genügend
vermindern laſſen. Durch Verſuche und Unterſuchungen
muß natürlich erſt noch Klarheit geſchaffen werden.
Zunächſt müßte einmal auf verſchiedenen Stand—
orten feſtgeſtellt werden, wie lange ungefähr eine
Abtriebsfläche unaufgeforſtet (Schlagruhe) bleiben
kann, ohne eine merkliche Abnahme der Bodengüte
zu erleiden? |
Sodann wäre es wohl von Intereſſe, aud) einmal
die Wirkung der atmoſphäriſchen Niederſchläge auf eine
bereits bepflanzte Schlagfläche vor erreichtem Schluß
der Kultur etwas näher zu betrachten. In dieſer Be⸗
ziehung möchte Folgendes zu bemerken ſein: Die Nieder⸗
ſchläge verteilen fih hier ſelbſtverſtandlich direkt teils
auf die Pflanzen, teils auf den Boden der
Zwiſchenräume derſelben und auf den Boden unter
den Zweigen, ſoweit das von dieſen abfließende Waſſer
ſich auf ihm anſammelt. Die auf den Pflanzen
verbleibende Feuchtigkeit verdunſtet hier natürlich, ohne
ihnen zugutzukommen.
Der auf die Zwiſchenräume der Pflanzen
fallende Teil der Niederſchläge gelangt nur inſoweit
auf den Boden, als er nicht etwa durch Gras und
Unkräuter von jenem zurückgehalten wird und auf
ſolcher Bodendecke verdunſtet. Die den Boden der
ſeitwärts ausbreiten und fo den Waſſergehalt der
Pflanzſtellen noch etwas vergrößern.
zu berückſichtigen, daß die betreffende Bodendecke zwar
aus dem Boden Feuchtigkeit und mineraliſche Nähr⸗
aus ſolchem erzogener Pflanzen — zu geſchehen be
iſt ſelbſtverſtändlich.
Die Vorzüge der Pflanzung vor der Ca:
liegen hauptſächlich darin, daß die Pflanzung w:
Stämmchen ſchon von der erſten Jugendzeit an cin:
naturgemäßeren, größeren und gleichmäßiger:
Wachs- und Nahrungsraum bietet, bei dem dieſel⸗
fih regelmäßiger entwickeln und raſcher erſtarken fi:
nen Eine ſchädliche Ueberfüllung an Pflanz
wie fie bei Saaten und natürlichen Verjüngungen e.
eintritt, kann nicht vorkommen. Ebenſo find chen.
regelmäßige Beſtandsmiſchungen am ber
durch Pflanzung zu erreichen.
Verſuche bei Fichten, auch durch Verwendu
langwurzelig erzogener Pflanzen vielleicht m
auf Verminderung von Sturm- und Shane
druckſchäden, ſowie bei Kiefern auf trockene
Sandboden durch die Benutzung ebenſo bemurzei:
Pflanzen mehr gegen Vertrocknung derſelben bi
zuwirken, ſetzen Pflanzung voraus. Gelaͤnge de
Anerziehung einer Pfahlwurzelbildung bei de
Fichtenpflanzen, ſo würde dadurch wahrſchein
lich auch das Höhenwachstum gefördert werden
Selbſt eine ſorſtliche Zuchtwahl, die als ein Bory:
der natürlichen Verjüngung und der Saat hingeſtel
. „ wird, findet bis zu einem gewiſſen Grade auch bei de
Zwiſchenräume erreichende Feuchtigkeit wird ſich übrigens
auch zum Teil nach den Wurzeln der Holzpflanzen hin
Pflanzung ſtatt !).
Durch die Wahl kleinen, übrigens kräftigen
EEE Pflanzmaterials und die Anwendung einfacher,
guter, billiger Pflanzmethoden ſtellen fih ®:
Kulturkoſten kaum weſentlich höher als bei de
ſtoffe für ſich verbraucht, aber inſofern günſtig wirkt,
als ſie eine zu raſche Verdunſtung der Bodenfeuchtigkeit
hindert und durch ihre Verweſung jene aufgenommenen
Stoffe dem Boden wieder zurückgibt.
Es wäre ſehr wünſchenswert, wenn alle dieſe Ver⸗
hältniſſe durch die forſtlichen Verſuchsanſtalten einmal
gründlich unterſucht werden könnten.
Der Wiederanbau der Abtriebsſchläge ge
ſchieht, wie bekannt, beim Fichtenbetriebe faſt
|
|
ausſchließlich durch Pflanzung, in Kiefernrevieren mehr |
durch Saat als durch Pflanzung, doch hat letztere
an Ausbreitung gewonnen. Auf den Anbau ſelbſt
hier näher einzugehen, würde zu weit führen und er—
ſcheint überflüſſig, da bei jedem Forſtmann die nötigen
Kenntniſſe in dem fo wichtigen Forſtkulturweſen vor:
ausgeſetzt werden können. Nur einige Bemerkungen
mögen mir geſtattet ſein:
Daß die Aufforſtung möglichſt bald, bei der Pflan⸗
zung unter Verwendung nur guten, kräftigen Pflanz⸗
materials — beſonders bei dem Anbau der Kiefer
nur unter Benutzung einheimiſchen Samens bezw.
|
|
|
gegenüber. |
Saat. Ohnehin ſchädigen die berührten Vorzüge de
Pflanzung und der Altersvorſprung der Setzlin
gegen einen Mehraufwand an Koften, den Saaten
|
Weiter möchte ich noch einmal darauf aufmerkſar
machen, wie es zur möglichſten Vermeidung bezw. Ver.
minderung der bekannten empfindlichen Kalamitäle!
durchaus notwendig iſt, daß da, wo es die Stand:
ortsverhältniſſe erlauben, viel mehr als bisher, auf di
bereits erwähnte Beimiſchung der Buche zur Fichte um
Kiefer geſehen werden muß. Freilich kommen ™
die Fichte in etwas höheren Gebirgslagen und ™
die Kiefer auf trockenerem Sandboden nur rein
Beſtände in Frage.
Auf geeignetem Boden und in paſſender Lad
würde auch eine Einſprengung von Weiß tann? un
Lärche in die Fichtenkulturen, wie gleich
ſchon bemerkt, empfehlenswert fein.
Aus allen den vorſtehenden betr. Auseinander
ſetzungen ift nun ſchließlich zu entnehmen, daß au eim |
1) Näheres f. Maisdeft d. Bl v. 1913, S 157.
8
ündlichen Beantwortung der in der Ueberſchrift die: verhaͤltniſſen oder bi längerer Dauer der Schlag:
Artikels geſtellten Frage erft noch die Ergeb- ruhe bemerkbar machen. Bisher find, wenigſtens aus
iſſe mancher, den Boden betreffender Unterſuchungen unſerem Harze, Klagen in dieſer Richtung, ſoweit mir
nd Verſuche abgewartet werden müſſen. Beſonders bekannt, nicht lautbar geworden. Allerdings könnte
üsten ſelbſtredend die Reinerträge von anzu- es ja ſein, daß fih ungünſtige Wirkungen hier und
genden Verſuchsflächen bei beiden genannten Be: da erſt aus genauen vergleichenden wiſſenſchaftlichen
tebSarten zu einander in Vergleich gebracht werden. Unterſuchungen und Verſuchen, ſowie aus weiteren Er:
Da, wo ſchon ſeit längeren Jahren durch ſtarke | fahrungen feſtſtellen ließen. Auch dürfte es wohl an
durchforſtungen auf erhöhte Widerſtandsfähigkeit der Oertlichkeiten nicht fehlen, wo vielleicht trotz aller
ichtenbeſtände gegen Kalamitäten hingearbeitet ift, Vorſichtsmaßregeln, ſchon wegen etwa ſehr zu
rauchten Verſuche mit Samenſchlagſtellungen fürchtender Sturmgefahr, der Femelſchlag—
licht auf geſchützte Lagen mit gutem Boden be: betrieb bei der Fichte ſich nicht ermöglichen ließe,
brant zu werden, fie könnten auch einmal, wie be: jo wünſchenswert ſich feine Einführung in Rückſicht
es erwähnt, auf weniger günſtige Standorts⸗ auf den Boden auch erweiſen ſollte.
echaltniffe Anwendung finden. Obige Erziehungs⸗ Beſonders unter Beachtung der hier in Vorſchlag
seife würde, wie gleichfalls ſchon früher hervorgehoben, gebrachten Schutzmaßregeln wird man in reinen
ch infofern einer weiteren Ausdehnung des Femel⸗ Fichten⸗ ſowie Kiefernrevieren getroſt den
chlagbetriebes förderlich ſein, als bei jener zu⸗ üblichen Kahlſchlagbetrieb ſo lange beibehal—
mich eine frühzeitigere, öſtere und reichlichere Frucht: ten können, als eine Minderung der Boden:
+ 3 aaa pa kann. nn gtk es güte durch Vergleichung, namentlich der Bodenfeuch⸗
i T ae 3 3 : an oe 7 Her a tigkeit und der Erträge bei beiden fragl. Betriebsarten,
„ tere Betrieb. auch in Gegenden mit bis- nicht deutlich nachweisbar ift. Wo ſolches aber der
sengem faſt ausſchließlichem Kahlſchlag betriebe, Fall fein und die Umwandlung in den Femel—
zur Einführung, wenn auch etwa nur in geringem ſchla i i i
. 7 i : gbetrieb ratjam oder notwendig erſcheinen
Umfange, empfiehlt. Beide Betriebsarten könnten ſollte, werden vielleicht die Boden verhältniſſe
o vielleicht mitunter nebeneinander beſtehen, was derartig fein, daß man dieſen Betrieb durch Boden-
En letztgenannten Gegenden zugleich eine ſehr wün⸗ bearbeitungen, ſowie durch Saaten und Pflanzungen
tenswerte Abwechſelung und vieles Intereſſe dar: kräftig unterſtützen und ihm mehr Sicherheit
tieten würde. f
l , verleihen müßte.
Wenn erft einmal unter geeigneten Standortsver⸗ y B
hiltuiffen die ſehr zweckmäßige Beimiſchung der Buche Ohne den Ergebniſſen von Verſuchen und Erfah:
wit Fichte und Kiefer mehr durchgeführt fein wird, rungen vorgreifen zu wollen, möchte ich mich im großen
würden die jo herangewachſenen Miſchbeſtände ſelbſt- Ganzen bei Fichte und Kiefer mehr für die Wahl
wend am beften. und billigſten durch Femelſchlä ge des Kahlſchlagbetriebes in Verbindung
wrjüngt werden, und würde ſchon hierdurch ſomit mit der Pflanzung ausſprechen, unter bejon:
vier Betrieb eine größere Verbreitung erhalten. deren Standorts, namentlich Bodenverhältniſſen aber
In Gegenden, wo der Kahlſchlagbetrieb muß dem Femelſchlagbetriebe der Vorrang ein⸗
tigen feiner vielen, wichtigen, früher ſchon aufgezähl⸗ geräumt und ihm, meiner Meinung nach, eine grd>
un Vorteile feit langer Zeit ausſchließlich in Anwen- Bere Ausdehnung als bisher, hauplſächlich in Revieren
dung ficht. wird man fic) nur bei beſonders wichtigen mit ausſchließlichen Kahlſchlagbetriebe, ver:
Stunden zu einer vollſtändigen oder ſtellenweiſen Um⸗ ſchafft werden, inſoweit hier die Einführung des erſteren
wandlung in den Femelſchlagbetrieb verſtehen. Betriebes für manche Oertlichkeiten etwa durchaus
Teruhe mit beiden Betrieben nebeneinander müßten als zweckmäßig zu erachten fein ſollte.
mutlich eingeleitet werden. | Zum Schluß meiner Arbeit möchte ich noch eine
y Sehr zu berüdfichtigen bleibt doch auch, daß durch | Aeußerung des ſehr verdienten Profeſſors Heß über
wendung der bezeichneten Maßregeln die Nach- den Kahlſchlagbetrieb im allgemeinenen
telle des Kahlſchlagbetriebes ſich, wie zu er: | in dem mehrgenannten „Waldbau“ von Heyer-Heß,
en, mehr vermeiden oder doch vermindern II. Bd., S. 19, nicht unerwähnt laſſen. Dieſelbe
ee werden, nachdem event. jene Maßnahmen durch lautet bei Aufzählung der Vorzüge dieſes Betriebes
“chide und Erfahrungen ausreichend begründet find. folgendermaßen: „Es ift für den Herausgeber er:
es event. Rückgang der Bodenkraft bei freulich. daß auch jetzt noch manche Forſtmänner —
wi u Betriebe würde fih, wie wohl anzunehmen, | gegenüber der allgemeinen Schwärmerei für den Femel-
nl m ten Standorts-, namentlich Boden- und Femelſchlag-Betrieb — für den Ba cree
94
als überwiegende Form im Hochwalde eintreten, z. B.
Arndt”. !)
Weiter jagt er aber auch: „Es ift ein unbeſtreit⸗
bares Verdienſt Gayers, in ſeinem „Waldbau“ auf
1) Arndt: Waldbauliche Streifzüge (Zeitſchrift für Forft-
und Jagdweſen, 1905, S. 479).
Literariſche Berichte.
Wirtſchaftszeitung der Zeutralmächte. Offi:
zielles Organ des Deutſch⸗Oeſterreichiſch⸗Ungariſchen
Wirtſchaftsverbandes und des Oeſterreichiſch deutſchen
Wirtſchaftsverbandes. Herausgeber für das Deutſche
Reich: Geh. Regierungsrat Prof. Dr. Paaſche,
für Oeſterreich: Erz. Geh. Rat Dr. Wilh. Exner,
für Bulgarien: Deputierter Exz. Kaltſchow, für
die Türkei: Hadji Adil Bey, Präſident der 1.
Türkiſchen Kammer. Geſchäftsſtellen: Berlin, Linden:
ſtraße 105; Wien, Rote Turmſtraße 19; Budapeſt,
Bajza utcza 26; Sofia und Konſtantinopel. Redak⸗
tion: Berlin, Am Karlsplatz 16. Erſcheint all⸗
wöchentlich in Berlin, Wien, Budapeſt, Sofia, Kon⸗
ſtantinopel.
Das Jahres⸗Abonnement beträgt für Deutſchland:
24 M., für Oeſterreich Ungarn: 30 K., für das
übrige Ausland. einſchl. Porto 32 M. Zu bee
ziehen durch jede Poſtanſtalt oder direkt vom Verlag.
Dieſe Zeitung, deren erſte Nummer uns vorliegt,
hat ſich die Aufgabe geſtellt, die in dem Weltkriege
zuſammen kämpfenden Staaten auch wirtſchaftlich zu
gemeinſamer Arbeit zu verbinden, um ſich in dauern—
dem, engſten Anſchluß aneinander ſtark und unab—
hängig zu machen und ſich auf dem Weltmarkt die
Stellung zu verſchaffen, die ihnen einen ſicheren Anteil am
Welthandel gewährleiſtet und dadurch die Möglichkeit bie—
tet, ihre wachſenden Volksmaſſen immer mehr zu berechtig—
tem materiellen und geiſtigen Lebeusgenuß zu führen.
In einem Artikel „Zur Einführung“ weiſt der
Erſte Vizepräſident des Reichstages, Geh Regierungs-
2525722 ͤ ⁵c— —x
BER P —
rat Dr. Paaſche darauf hin, daß der Weltkrieg mit
unheimlicher Deutlichkeit zeige, wie notwendig es für
jede kontinentale Großmacht ſei, ſich nicht nur mili—
täriſch, ſondern auch finanziell und wirtſchaftlich fo ſtark
und unabhängig wie möglich zu machen, um ihre
Selbſtändigkeit bewahren und behaupten zu können.
Treue Pflege der Nahrung ſpendenden Bodenkultur,
Förderung unſeres auf wiſſenſchaſtlichex Grundlage fih
entwickelnden Gewerbefleißes, Ausbau unſeres Verkehrs:
weſens und Sicherung unſeres Handels durch zweck-
die Nachteile einer übertriebenen Ausdehnung der Ke
flächenform hingewieſen und eindringlich vor derſel
liches, leiſtungsfähiges, afrikaniſches Kolonialreich jir
die Lebensbedingungen dieſes neuen Völkerbundes über!
ſchaftszeitung es zu ihren beſonderen Aufgaben rechnet,
auf eine ſteigende, wirtſchaftliche Zuſam menarbeit det
gewarnt zu haben. Er ift aber mit der Ver urteil
der Kahlſchlagform etwas zu weit gegangen, und er:
ſeiner Anhänger haben die Verherrlichung der naz:
lichen Verjüngung auf Koſten der künſtlichen Beftar:-
begründung übertrieben.“
mäßige Handelspolitik müſſe neben aller Pflege re
giöſer und geiſtiger Bildung, neben aller wachſende
ſozialen Fürſorge die erſte Pflicht der vereinten Vol
ſein. Die törichten Beſtrebungen, die zurzeit in wa
ſendem Maße in England, Frankreich, Rußland
Italien zutage träten, die Mittelmächte Europas auch
nach dem Kriege vom Handel mit den gegenwärtigen
Feinden, womöglich auch mit den Neutralen, ausze
ſchließen, würden, fo unhaltbar und undurchführbr.
die Pläne auch fein möchten, doch für eine gewiß
Uebergangszeit uns die alten Handelskanäle |perre
oder ihre Benutzung ſtark erſchweren. Darum müß
es das erſte Ziel fein, die wirtſchaſtlichen Beziehung
zwiſchen den heutigen Bundesgenoſſen jo eng wie mig -
lich zu geſtalten, um ein großes Wirtſchaftsgebiet W -
ſchaffen, das mit den heutigen Weltmadten, Rußlank
Nordamerika und England in erfolgreichen Wettbewe
treten könne. Ein möglichſt euges Zuſammenſchließe
Deutſchlands, Oeſterreich⸗-Ungarus, der Türkei Bul
rieng und etwaiger ſonſtiger Balkanſtaaten würde;
einer ungeahnten Entwicklung all der mannigfache
wirtſchaftlichen Kräfte führen, die in dieſem große
Ländergebiet von der Nordſee bis zum Mittelmeer u
bis zum Perſiſchen Meerbuſen heute noch der ©.
ſchließung harren. Gemeinſames Arbeiten, gegenſeiti
Förderung und zweckentſprechender Schutz gegen daß;
Ausland könnten für alle Glieder dieſes Verband
einen weſentlichen Teil der Schäden ausgleichen, de
durch die entſtehende Störung der Welthandelswege
entſtehen müßten. Gelänge es dann, auch ein einhell
=
>
Deutſchland zu erhalten und zu ſchaffen, jo würden
allen Zweifel ſichergeſtellt fein.
Es wird weiter ausdrücklich betont, daß die Wir:
beiden Kaiſerreiche mit der Türkei und den Paltar: f
ſtaaten, die den Anſchluß an die Zentralmächte fan:
den oder finden werden, hinzuarbeiten.
Es foll zunächſt von den mannigfachſten Geſichts⸗
inkten aus gekennzeichnet werden, in welcher wirt:
gaftlichen Lage fih die verbündeten Reiche und ihre
uzelnen Erwerbsklaſſen befinden, wie fih ihre Wirt⸗
haftspolitik geſtaltet und geſtalten muß, um ihre
seitgebende Annäherung zu fördern, Hemmniſſe, die
em entgegenitehen, aus dem Wege zu räumen.
Dieſem allgemeinen Teil des Blattes wird ſich ein
weiter anfügen, der eine fortlaufende Ueberſicht aus
röglichſt allen Teilen des wirtſchaftlichen und wirt-
Haftspolitiſchen Lebens in den verbündeten Reichen
eben foll. Induſtrie, Land: und Forſtwirtſchaft,
andel und Börſe, Banken und Kapitalmärkte, Schiff:
ahrt. Arbeitsmärkte, die Entwickelung des Verkehrs⸗
efeng uſw. ſollen eine fortlaufende Betrachtung unter
en entwickelten Geſichtspunkten erfahren. Auf dieſe
von Dr. Ernſt Müller Meiningen, Mitglied des Reichs⸗
tages, „Der mitteleuropäiſche Wille“ von Dr. Fr. Nau⸗
mann, Mitglied des Reichstages, „Die wirtſchaftliche
Zukunft Deutſchlands“ von Kommerzienrat Hr. Fried:
richs, „Renten und Dividenden im Kriege“, „Export⸗
organiſation“, „Binnenſchiffahrtswünſche“, „Günſtiger
Saatenſtand“, „Amtliche Mitteilungen des Deutſch—
Oeſterr.⸗Ungar. Wirtſchaftsverbandes in Berlin“. In
einem beſonderen Abſchnitt: „Oeſterreich-Ungarn“ wer:
den nach einem Artikel: „Stimmen über die Wirt⸗
ſchaftszeitung der Zentralmächte“ Abhandlungen über
„Wirtſchafts⸗ und Außenpolitik“ vom Reichstagsabge⸗
ordneten Max Friedmann, Obmann des Oeſterreichiſch⸗
deutſchen Wirtſchaftsverbandes in Wien, „Handels⸗
politiſche Annäherung der Zentralmächte“ vom k. k.
Komm.⸗Rat H. Vetter, Präſident des Bundes öſterr.
Weiſe ift zu erhoffen, eine gründliche, gegenſeitige Rennt- Induſtrieller in Wien, „Wirtſchaftliche Annäherung“
nis zu fördern, ein geſteigertes Intereſſe der Völker
von Hamburg bis Bagdad zu erwecken.
Dieſem Geleitwort „Zur Einführung“ folgen eine Reihe
höchſt intereſſanter Artikel: „Deutſche Stimmen über
die Wirtſchaftszeitung der Zentral machte“ (von Staats⸗
\efretär Helfferich, Geh. Regierungsrat Dr. G. Reide-
Berlin, Franz v. Mendelſohn, Präſident der Handels⸗
kammer⸗Berlin, Dr. Rizoff, bulgar. Geſandter in Ber⸗
lin, Graf Weſtarp. Dr. Oertel uſw., Mitglieder des
Reichstages u. a.), „Annäherung auf der ganzen Linie“
von Sektionschef a. D. Dr. Sigm. Broſche, ‘Präfident
des Zentralverbandes der Induſtriellen Oeſterreichs,
„Die Bedeutung Mitteleuropas“ von Wirkl. Geh. Rat
Joſ. Szterényi, kgl. ungar. Staatsſekretär a. D., Mit⸗
glied des ungar. Reichstages, und „Wirtſchaftliche
Rundſchau“ gebracht.
Möge es der „Wirtſchaftszeitung der Zentralmächte“
gelingen, die großen Ziele, die ſie erſtrebt, voll und
ganz zu erreichen! E.
Briefe
Aus Preußen.
Der Etat den Domänen-, Forft- und landwint-
ſchaftlichen Derwaltung fir das Etatsjahr
J. April 190/957.
I. Der Etat der Domänen-Verwaltung.
Nach dem Abſchluſſe des Etats der Domänenver⸗
waltung betragen die Einnahmen 33 841 200 M.
gegen 33 782 380 M. des Vorjahres, die Ausgaben
14 325 130 M. gegen 14 846 430 M. des Vorjahres,
es bleibt mithin ein Ueberſchuß von 19516070 M.,
gegen 1915 ein Mehr von 580 120 M.
II. Der Etat der Forſtverwaltung.
Der Abſchluß des Forſt-Etats lautet:
Ordinarium.
Tie ordentlichen Einnahmen betragen
Die dauernden Ausgaben betragen
Mithin Ueberſchuß im Ordinarium:
r
Die außerordentlichen Einnahmen betragen
Die einmaligen u. außerordentlichen Ausgaben betr. 2 930 000 M. gegen 1915 mehr
154 513000 M. gegen 1915 mehr 245 000 M.
(4791000 M. gegen 1915 weniger 1 656 000 M.
89 722000 M gegen 1915 mehr 1901 000 M.
e
Extraordinarium.
2 000 000 M. gegen 1915 ebenſoviel.
300000 M.
300 000 M.
1601000 M.
13*
Mithin Zuſchuß im Extraordinarium:
Bleibt Ueber ſchuß:
930 000 M. gegen 1915 mehr
88 792000 M. gegen 1915 mehr
96
A. Einnahmen.
Ordentliche Einnahmen.
gegen den vorigen t:
1. Holz aus dem A 1916 143 600 000 M. ebenſoviel.
2. 8 7 709 000 „ mehr 164 000
2. Jagd... . 800 000 „ ebenſoviel
4. Torfgräbereien it im Forſtwirtſchaftsjahre 1916 . ss i 124 000 „weniger 16 000
5. Rückzahlungen auf die an Forſtbeamte (Oberförſter, Revierförster,
Förſter, Meiſter und Wärter) zur wirtſchaſtl. Einrichtung bei Ueber-
nahme oder anderweiter ne einer Stelle m zen 350000 „ ebenſoviel.
6. Forſtliche Lehranſtalten se 111000 „ .
7. Verſchiedene andere Einnahmen 1819000 „ mehr 97000
Außerordentliche Einnahmen.
8. Erlöſe aus dem Verkaufe von n n des vor⸗
maligen Staatsſchatzes) „ 5 2000 000 „ ebenſoviel.
Die Einnahme für Holz, welche im Etats- 1 3 Holguck beſtimmter Waldboden = 2729502
jahre 1912 = 146007 147 M. und im Jahre 1913 b), „ nicht „ N = 322177
= 151241453 M., mithin durchſchnittlich pro Jahr
148624300 M. und im Etatsjahr 1914 = 126310420
Mark betragen hat, iſt mit Rückſicht auf die Unge⸗
wißheit über die Verhältniſſe des Etatsjahres 1916 in
der Höhe des Vorjahres wieder eingeſtellt worden
Die Iſt⸗Cinnahme für Holz betrug in
Millionen Mark:
1905 = 108,8 1910 = 118,1
1906 = 109,8 1911 = 147.2
1907 = 117,9 1912 = 146,0
1908 = 116,3 1913 = 151,2
1909 = 119,2 1914 = 126,3
Der Naturalertrag an Holz iſt für 1916
veranſchlagt auf:
a) kontrollfähiges Material
b) nichtkontrollfähiges Material
im ganzen
Der Flächeninhalt der Staatsforſten
hat im Jahre 1915 betragen:
9 155 546 fm
2089777 „
—
—
Dauernde Ausgaben.
1. Koſten der Verwaltung und des Betriebes.
11 245 323 fm
im ganzen = 30516792
gegen 3 043 425 ha im Jahre 191:
An Erlöſen für veräußerte Forſtgrund
ſtücke in find den Jahren 1912 und 1913 eing
kommen:
im Etatsjahre 1912 — 6864 158 M.
” 1 1913 — 10 315 146 1
„
im ganzen = 17 179 304 M.
mithin durchſchnittlich für ein Jahr 8 589 652 \
Als mutmaßliche Einnahme ift ein Betrag von
Millionen Mark in den Etat eingeſtellt worden.
B. Ausgaben. :
Die Ausgaben betrugen nach dem Etat in pite
nen Mart: |
1906 = 50,3 1911 = 73,
1907 = 52,9 1912 = 73,9
1908 = 54,7 1913 = 80,0
1909 = 56,0 1914 = 808
1910 = 69,4 1915 = 692
|
|
den vorigen Ci!
gegen N
Befolbungen . 17010 380 M. mehr 130 210
Wohnungsgeldzuſchüſſe 171000 „ „ 5 000 .
Andere perſönliche Ausgaben ee er OS 2730448 „ ebenſoviel.
Stellenzulagen, Dienſtaufwands- und Mietsentſchädigungen,
Dienſtkleidungszuſchüſſe 8 4383330 , mehr 170 130
Werben und Verbringen von Holz und anderen een l
im Forſtwirtſchaſtsjahre 1916. 2020202020. 1I7 900 000 „ ebenfoviel.
Unterhaltung und Neubau der Gebäude. . 3250000 „ 7
Unterhaltung und Neubau der öffentlichen Wege. 3 600 000 „ ”
Beihilfen zu Wege- und Brückenbauten, zur Anlegung von
Eiſenbahngüterhalteſtellen, außerhalb der Forſten, die von _ |
weſentlichem Nutzen für die Forſtverwaltung find. 250 000 „ ebenjoviel. Ä
Waſſerbauten in den Forſten 8 ek 597000 „ " |
m
Forſtkulturen, Bau- und Unterhaltung der Wirtſchaftswege u.
Eiſenbahngüterhalteſtellen, die im Intereſſe der Korfiverwale
tung angelegt werden müſſen, Verbeſſerung der Forſtgrund—
ſtücke, Forſtvermeſſungen und Betriebs regelungen .. 6 000 000 „weniger 1790000 ,
Jagdverwaltungskoſten und un TE 121000 „ ebenjoviel.
Torfgräbereien CEE 31000 „ weniger 2500 „
Reifefoften > a 110000 „ „ 6400 „
Umzugskoſten ea 172 000 „ ebenſoviel.
Vertilgung ſchädlicher Tiere im Wirtſchaftsjahre 1916 N oa 300 000 „ i
Holgverfaujs: und Verpachtungskoſten, Vorflutkoſten, Prozeß-,
Druckkoſten und andere vermiſchte Ausgaben, darunter nicht
abgelöfte Poſtporto- und Gebührenbeträge mit Einſchluß von
Fernſprech⸗ und Telegrammgebühren und N PR des
dienſtlichen Verkehrs ; 1110842 „ weniger 65440 „
. Forſtwiſſenſchaftliche und Lehrawede.
Beſoldungen f > wt r at. on 135550 , mehr 2970 „
Wohnungsgeldzuſchüſſe „„ 11420 „ ebenſoviel.
Andere perſönliche Ausgabeeeeeeer n 59 400 „ 5
Sonſtige Ausgaben 187 630. „ mehr 30 „
3. Allgemeine Ausgaben.
Real: und Kommunallaſten und Koſten der örtlichen Kommu:
nal: und Polizeiverwal ung in fiskaliſchen Guts- u. Amts-
bezirken 4 100 000 „weniger 100 000 „
Ablöſungsrenten und zeitweiſe Biain an Etele von
Naturalabgaben. . . 1242000 „ ebenjoviel.
Geſetzliche Koſten der Unfallverſicherung 10 Unfallfürſ. orge aioi
Ausgaben für die Unfallverſicherung bei den Forſtakademien
und Beiträge zum Penſionskaſſenverbande für Gemeindeforſt—
beamte des Regierungsbezirks Wiesbaden. 427 000 „ F
Unterſtützungen für ausgeſchiedene Beamte ſowie Penſionen und
Unterſtützungen für Witwen und Waiſen von Beamten .. 200 000 M. fis
Koſten der dem Forſtfiskus auf Grund rechtlicher Verpflich⸗
tungen obliegenden Armenpflege mit Einſchluß von rund
30 000 M., die im Durchſchnitt alljährlich als Beiträge der
Forſtverwaltung zur Clausthaler Forſtarbeiterunterſtützungs—
kaſſe im Reg.-Bez. Hildesheim gezahlt werden .. 128 000 „ „
Unterſtützungen aus ſonſtiger Veranlaſſung, darunter ir
Unterſtützungen für Perſonen ohne Beamteneigenſchaft, die
im Dienſte der Forſtverwaltung beſchäftigt werden oder be:
ſchäftkigt geweſen find, und für ihre Hinterbliebenen .. 60 000 „ „
Ankauf von Grundſtücken zu den Forſtennn 1050 000 „ i
Einmalige und außerordentliche Ausgaben.
Ablöſung von Forſtſervituten, Reallaſten und Paſſivrenten .. .. 100 000 M.
Ankauf und erſte Einrichtung von Grundſtücken zu den Forſten, Borchert fit Aus⸗
führung des Verkaufs von Forſtgrundſtücken, deren Veräußerung beabſichtigt iſt,
4. B. Herſtellung der nötigen Straßen-, Beleuchtungs-, Entwällerungs: uſw. Un:
lagen ſowie deren laufende Unterhaltung und Benutzung .. 1 200 000 „
Hier kann derjenige Teil der Iſt⸗ Einnahme bei Kap. 1 Tit 10 (Erlöse aus den Ver⸗ |
kauf von Dömänen⸗ und Forſt⸗Grundſtücken) und Kap. 2 Tit. 8 verwendet werden, der die
Summe von 1600000 M. überſteigt und nicht zur Erwerbung und erſten Einrichtung
don Domänen- und Domänengrundſtücken verwendet wird. An Erlöſen aus dem Verkaufe von
Lomänen: und Forſtgrundſtücken find veranſchlagt unter Kap. 1 Tit. 10 = 2 000 000 M.
98
und unter Kap. 2 Tit. 8 = 2.000 000 M. Diele 4000000 M. überſteigen die Summe von
1600 000 M., die nicht zur Erwerbung und erſten Einrichtung von Domänen- und Forſt⸗
grundſtücken beſtimmt iſt, um == 2400000 M. Nach dem Verhältnis der Einnahmen zu
einander entfallen hiervon je 1 200 000 M auf die Domänen: und Forſtverwaltung.
Verſuchsweiſe Beſchaffung von Inſthäuſern für Arbeiter. . ee. 300 000
Außerordentlicher Zuſchuß zum Wegebaufonds (8850000 M)): 1300 000
Herſtellung von Fernſprechanlagen. .. 5 30 000
Die Zahl der Forſtbeamtenſtellen hat | ſelbſtoerſtändlich Auch eine A eb Arbeitsteil
ſich gegen 1915 um eine Forſtrendanten- und eine | zwiſchen den Oberforftmeiftern und SForfträten ift:
Waldwärterſtelle verringert. | nicht erfolgt, obwohl die Anordnung, daß die Pritts
Ueber die Zahl der vorhandenen Dienſtwohnungen und Feſtſtellung der jährlichen Wirtſchaftspläne d:
und die Iſt⸗Einnahme für Holz aus dem Etatsjahre die Forſträte allein und nicht durch die beiden!
1914, ſowie den Erlös für veräußerte Forſtgrundſtücke gierungsforſtbeamten erfolgen fof, jeit einer Reiger
im Etatsjahre 1914 fehlen die näheren Angaben. Jahren in Ausſicht geſtellt worden iſt.
Die Organiſationsreform ruht während des Krieges
IHM. Der Etat der landwirtſchaftlichen Verwaltung, einſchl. der Zentralverwaltunz
des Miniſteriums für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten.
: gegen den vorigen Et!
A. Einnahmen 90924208 M. mehr 3881 N
B. Aus gaben.
B. Dauernde Ausgaben.
1. Miniſterium . •ꝗ ... 10973000 N
2. Oberlaudeskulturgericht e Se Oe a a Er a er I Ey ae ues A 169010 .E:
3. Generalkommiſſionnnneee dt 13195 421
4. Banktechniſche Reviſoren .. r 32700 . f°
5. Landwirtſchaftl. Lehranjtalten und routine IT ich ‘nib Legon . 50465174
6. Tierärztliche Hochſchulen und Veterinärweſen . ... 6435035 „.
7. Förderung der Viehzuchh . 7635 000 E
8. Förderung der Fiſcherei .. K 588 527 „5
9. Landesmeliorationen, Moor-, Deich⸗ Ujer- ib Dineweren nn... GAMH
10. Allgemeine Ausgaben 1805069 . .
Unter den unter 9 aufgeführten Ausgaben find enthalten. für: Ausführung des Geſetzes betr. Schutzwal
N und Waldgenoſſenſchaften, ſowie Förderung der Wald- und Wieſenkultur überhaupt 195 000 M. .
ferner für Ausführung des Geſetzes vom 16. September 1899 betr. Schußwaßregeln im Quellgebiete der]
linksſeitigen Zuflüſſe der Oder in der Provinz Schleſien 15 000 M. *
Unter 10 (Allgemeine Ausgaben) ſind zur Beobachtung der in den Flüſſen vorkommenden Waſſerſtände A
und Meſſung der hierbei zum Abfluß gelangenden Waſſermengen ſowie Feſtſtellung des tatſächlichen Ber f
laufs der Hochwaſſerwellen in den preußiſchen Stromgebieten 55 219 M. ausgeworfen.
Einmalige und außerordentliche Ausgaben
Hier find im Ganzen vorgefehen. .. . . = 5638 350 M
Unter dieſen einmaligen und außerordentlichen Ausgaben ſind beſonders 5 erwähnen: u
Für Errichtung von ländlichen Stellen mittleren und kleineren Umfangs auf e
Grundſtücken . „ de 280 000 M.
Zur Förderung der Land- und Forſtwirtſchaft in det weſtlichen Provinzen Se & os ae 915000 -
Hierzu bemerfen die Erläuterungen zum Etat:
Den weſtlichen Provinzen follen wiederum die im vergangenen Jahre überwieſenen Be:
träge zugewendet werden, jedoch ſind mit Rückſicht auf die Kriegslage Minderausgaben für
1915 zu erwarten, ſo daß unter Uebertragung der hieraus entſtehenden Erſparniſſe auf das
Etatsjahr 1916 eine Kürzung des Fonds um 100 000 M. angezeigt erſcheint. Danach find
von dem angeſetzten Betrage zu verwenden innerhalb der Rheinprovinz 400 000 M., Pro:
ving Weſtfalen 175000 M., Provinz Sachſen 100 000 M., Provinz Hannover 80 000 M.,
Frovinz Heſſen⸗Naſſau 100 000 M.,
99
Provinz Schleswig⸗Holſtein 40 000 M. und der Hohen:
Ollernjdjen Lande 30000 M. Die Zuwendungen folen wie bisher unter der Voraus:
etzung wenigſtens gleicher Leiſtungen der Provinzial:
oder Kommunalverbände und der ge—
meinſamen Verwendung der Fondsanteile des Staates und der N Verbände geleiſtet
werden.
Zur Forderung der Land- und Forſtwirtſchaft in den öſtlichen vine
Zur Durchführung des öffentlichen Wetterdienſtes
Zur Förderung der Kultivierung und Beſiedelung von Oedländereien i in der Provinz Düma
Zur Förderung der Kultivierung von Oedländereien in der N a an
Desgl. in der Proving Weſtfalen
1252 000
210 000
150 000
60 000
50 000
Notizen.
A. Geheimerat Dr. Nichard Heß,
von 1869 bis 1910 ordentlicher Profeſſor der Forſtwiſſenſchaſt
an der Univerſität Gießen, iſt daſelbſt am 18. Januar ge⸗
ſtorben und am 21. unter zahlreicher Beteiligung aus den
Kreiſen des Landes, der Stadt und der Univerſität auf dem
alten Friedbofe an der Seite ſeiner Gattin, die ihm vor neun
Jahren im Tode vorausgegangen war, beerdigt worden. Am
Sarge wurden Kränze mit Anſprachen niedergelegt: namens
der Univerſität vom Rektor Profeſſor Dr. Sievers, namens
der Philoſophiſchen Fakultät von deren Dekan Prof.
Dr. Kalbfleiſch, namens der Forſtabteilung des Großh.
Finanzminiſteriums von Geh. Oberforſtrat Dr. Walther,
ſür die Burſchenſchaften und deren Alte Herren von Geh.
vofrat Dr. Haupt, ſeitens des ſtudentiſchen Ausſchuſ⸗
ſes und einer Gießener Geſellſchaft näherer Freunde,
des ſog. „Dienstagskranzes“, dem früher auch Hundeshagen,
Karl und Eduard Heyer ſowie deffen Amte vorgänger, der Ober:
forfter und Profeſſor Dr. Zimmer angehört hatten. Im Auf⸗
nage dieſer Geſellſchaft redete der langjährige Amtsgenoſſe des
Verſtorbenen, Geh. Forſtrat Dr. Wimmenauer. Dieſem war
zugleich nach Verabredung mit den genannten Vertretern der
Unwerfität die eingehendere Würdigung der wiſſentſchaftlichen
Verdienſte des Verſtorbenen vorbehalten. Ueber deffen Lebeng-
lauf iſt folgendes zu berichten:
Ridhard Heß ift am 23. Juni 1835 als jüngſter Sohn
des damaligen Regierungs- und Steuerrats, ſpäteren Geh.
Staatsrats und Geheimerats Karl Heß in Gotha geboren.
Seine Jugendjahre verbrachte er je nach dem Amtsorte des
Vaters teils in Koburg, teils in Gotha, wo er die Gymnaſien
deſuchte und im Jahre 1854 die Maturitas erlangte. Seine
ursprüngliche Abſicht, Artillerieoffizier zu werden, hatte er ius
folge eines längeren Ferienaufenthalts zu Oberhof im This
ringer Walde zugunſten des ſorſtlichen Berufes, den er dort
leunen lernte, aufgegeben. Nachdem er zunächſt dle vorges
ſchtiebene 1½ jährige Lehrzeit, und zwar bei dem als Entomo⸗
logen rühmlichſt bekannten Revierförſter Kellner zu Georgen:
tal, ugleich auch unter dem leitenden Einfluß des dortigen
Oberſorſtmeiſters Schrödter, abfolviert hatte, bezog er gus
nächſt im Herbſte 1855 die Akademie Aſchaffen burg. wo
damals Stumpf, Kauſchinger und nach dieſem Gayer Forſt.
wiſſenſchaft lehrten. und im folgenden Jahre die Univerfitat
Göttingen, um ſtaats⸗ und lechte wiſſenſchaftliche, ſowie
nalurwiſſenſchaftliche Vorleſungen zu hören. Hier ſchloß er
ſich der Burſchenſchaft Brunsviga an, der er bis zu feinem
Tode als treuer „Alter Herr“ augehörte. Die Staatsprüfungen
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im Forſt⸗ und Kameralfach legte er 1856 und 1858 zu Gotha
mit beſtem Erfolge ab. Nun folgte eine Reihe von Jahren
während deren ſich Heß mit größtem Eifer den praktiſchen
Arbeiten der Forſtverwaltung an verſchiedenen Revieren des
Landes widmete. Zugleich entfaltete er ſeit 1860 eine aus⸗
gedehnte ſchriftſtelleriſche Tätigkeit, die ihn in nähere Berül⸗
rung mit Profeſſor Dr. Guſtao Heyer, dem Herausgeber der
„Allgemeinen Forſt⸗ und Jasdzeitung“ brachte. Denn in dies
ſer Zeitſchrift erſchienen die meiſten ſeiner damaligen Abhand⸗
lungen; fo unter anderem eine über „Die Loshiebe“ im Oktober⸗
heft 1862, der eine redaktionelle Bemerkung beſonderen Dank
und rühmende Anerkennung zollte. Heyer ſuchte ihn bei ver⸗
ſchiedenen Gelegenheiten für den akademiſchen Lehrberuf zu ge⸗
winnen, aber Heß zog es zunächſt vor, in der Praxis zu blei⸗
ben. Im Jahre 1860 wurde er zum Forſtgehilfen ernannt,
1868 als Forſtconducteur und 1868 als Forſtcommiſſair, d. h.
als zweiter Beamter einer Forſtmeiſterei, angeſtellt. Im Jahre
1863 gründete Heß in Ohrdruf durch ſeine Vermählung mit
Sophie Schlenuk den eigenen Hausſtand. Dieſer Ehe find
vier Kinder entſproſſen: zwei Töchter, Klara und Elſe, von
denen die erſtere mit Herrn Oberſtleutnant Pampe verheiratet,
die zweite leider frühzeitig geſtorben iſt, und zwei Söhne, Ar⸗
thur und Hugo, beide zurzeit im Heere ſtehend, ſonſt der eine
Kaufmann, der andere Landwirt.
Als nun Guſtav Heyer, zu jener Zeit ohne Zweifel
unter allen akademiſchen Lehrern des Forſtfaches der hervor⸗
ragendſte, im Jahre 1868 die Profeſſur an der Univerſität
Gießen mit der Direktion der neugegründeten Forſtakademie
Münden vertauſchte, ſchlug er Richard Heß zu ſeinem Nach⸗
ſolger vor, denn in ihm glaubte er zu finden und fand er
tatſächlich, was er ſuchte: reife Kenntniſſe auf allen Gebieten
ſeines Faches, reiche Erfahrung in der forftlihen Praxis,
Lehrgabe und unermüdlichen Fleiß in der Sammlung, Sich⸗
tung und Ordnung des Wiſſensſtoffes. Wenn Heß auch an
Originalität und genialer Durchführung eigener Gedanken
ſeinem Vorgänger nicht gleich kam, ſo war er ihm an Viel⸗
ſeitigkeit doch überlegen. Wer die Lehrmittel des Gießener
Forſtinſtituts, die Sammlungen und den akademiſchen Forſt⸗
garten vor ſeiner Zeit gekannt hat und nun ſieht, was Heß
daraus gemocht hat. der ſtaunt und bewundert feine unermüd⸗
liche Arbeitsleiſtung. Und wer die lange Reihe feiner Schriften
überfieht, die bis ins Einzelne und Kleinſte mit einer uner—
reichten Gewiſſenhaftigkeit und Sorgſalt ausgearbeitet ſind,
der begreift es vollkommen, daß alles, was Heß an tatſächlichen
Angaben ſeſtgeſtellt hat, von anderen unbezehen als zweifellos
+
en e? «
.
richtig übernommen werden konnte.
„Lebensbildern“ hervorragender Fachgenoſſen (1885), von
ſeiner Schrift über „Eigenſchaften und forſtliches
Verhalten der Holzarten“ (1883 und 1895), von ſeinen
Das gilt von ſeinen
Erfahrungen und Beobachtungen im Gebiete des Waldbaue s,
wie ſie in den zwei von ihm bearbeiteten letzten Auflagen des
klaſſiſchen Werkes von Karl Heyer enthalten ſind (1893 und
1906/9), und vor allem von feinem Hauptwerke: „Der Forſt⸗
ſchutz“ (1878, 1887/90, 1898/1900), das in mehrere fremde
Sprachen überſetzt worden iſt, deſſen vierte Auflage zu bear⸗
beiten ihm aber leider nicht mehr vergönnt war. — Im Frühe
jahr 1869 trat Heß fein akademiſches Lehramt an; feinem
Vater war die Freude, dies zu erleben, noch beſchieden;
er ſtarb im März 1871; ſeine Mutter war bereits 3 Jahre
früher heimgegangen.
Im November 1869 hlelt Heß feine akademiſche Antrit!s⸗
rede „über die Organiſation des forſtlichen Ver⸗
ſuchsweſens“. Er vertrat darin die Anſchauung, daß dies
einem ausſchließlich hierfür anzuſtellenden Beamten, der zugleich
Mitglied der oberften Forſtbehörde fein fole, zu übertragen fet.
Als danı aber im Jahre 1882 die „ſorſtliche Verfuchsanitalt
für das Großherzogtum Heſſen“ errichtet und die Leitung der
Verſuche den beiden Profeſſoren der Forſtwiſſenſchaft an der
Landesuniverſität übertragen wurde, unterzog ſich Heß auch
dieſer Aufgabe, übernahm die Geſchäſtsleitung und die Leitung
der Durchforſtungs⸗ und Kulturverſuche, die er mit der ihm
eigenen Sorgfalt und Gewiſſenhaftigkeit bis 1907 fortführte.
Nicht weniger als 41 Jahre hat Heß ohne Unterbrechung
der Gießener Univerſität ar gehört; faſt alle lebenden heſſiſchen
Forſtleute und viele auswärtige ſind ſeine Schüler geweſen,
die ihm 1894 und 1909 zum 25s und zum 40jährigen Amts
jubiläum ihre Dankbarkeit und Verehrung zum Ausdruck brach⸗
ten. Anträge auf ſeine Berufung an die Hochſchule für Boden
kultur in Wien und die UIgiverſität München blieben ohne Er:
folg. Im Jahre 1877 wurde er zum Rektor der Univerſität
Gießen gewählt, 1890 zum „Geheimen Hofrat“ und 1907 zum
„Geheimerat“ ernannt. Heſſiſche und Go haiſche Orden zierten
feine Bruſt; der Oeſterreichiſche Reichsforſtverein und der
Mähriſch⸗Schleſiſche Forſtverein verliehen ihm die Ehrenmit⸗
aliedſchaft. Aber ſeinen höchſten Stolz dürfte er in der all⸗
ſeitigen Anerkennung ſeiner Verdienſte um die Wiſſenſchaft und
ihre Lehre finden.
Ehre ſeinem Andenken!
Eine ausführliche „biographiſche Skizze“, von dem ſürſt⸗
lich Lichtenſtein'ſchen Forſtmeiſter Herrn Franz Kraetzl
verfaßt, iſt in den „Verhandlungen der Forſtwirte von Mähren
und Schleſien“, 53. Jahrgang, fowle als Sonderabdruck hier.
aus 1902 erſchienen. Dieſe Schrift enthält auch ein bis dahin
vollſtändiges Verzeichnis der literariſchen Arbeiten von Richard
Heß. Neben den bereits erwähnten Hauptwerken feien biers
nach noch folgende ſelbſtändige Schriften zur Ergänzung
genannt:
1. Grundriß zu Vorleſungen über Eneyklopädie und Methodo-
logie der Forſtwiſſenſchaft, 1873, ſowie zu Vorleſungen über
Forſtbenutzung und ⸗Technologie, 1876 und 1901,
.Die forſtliche Unterrichtsfrage, 1874; über die Organiſation
des forſtlichen Unterrichts an der Univerſität Gießen, 1877;
der forſtwiſſenſchaftliche Unterricht an der UU⸗iverſität Gießen
in Vergangenheit und Gegenwart, 1881; über Umfang und
Lo
Bedeutung der Forſtwiſſenſchaft als Univerfitäte-Diszinis
Feſtrede 1881.
3. Der akademiſche Forſtgarten bei Gießen, 1878 und 180
4. Encyklopädie und Methodologie der Forſtwiſſenſchaft, 1883
1890 und 1892.
5. Ueber Waldſchutz und Schutzwald, Rektorats rede 1888.
An größeren und kleineren Abhandlungen um Ir
ſtigen Beiträgen in forſtwiſſenſchaftlichen Zeitſchti
ten werden dort 176 aufgezählt. Davon finden ſich mehr al
70 und auch ſpäter noch einige in der Allg. Forſt⸗ und Jag
zeitung. Den Schluß der Aufzählung endlich bilden 11!
Biographien, die in dem Sammelwerke der hiſtoriſchg
Kommiſſion bei der kgl. Bayriſchen Akademie der Wiffenlaet
ten zu München — „Allgemeine Deutſche Biographie“ — e
ſchienen ſind.
Wahrlich eine Fülle wiſſenſchaſtlicher Arbeit, wie m:
wenige ſie aufzuweiſen haben! Wr.
B. Muß der Käufer eines Erundbeſitzes in da
darüber abgeſchloſſenen Jagdpachtvertrag eintreten.
Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 16. Mai 1914.
(Nachdruck auch im Auszug verboten.) |
Für Jagdpächter und Verpächter von Wichtigkeit iR fol
gende Entſcheidung des Oberlandesgerichts Celle. — Von Voll:
hofbeſitzer M. pachtete der Kaufmann H. deffen Jagd auf“
Jahre, und zwar von 1911 bis Oktober 1917 gegen eine jähr:
liche, im voraus zu zahlende Jagdpacht von 150 Ml. In
März 1912 verkaufte M. ſeinen Vollhof an den Grundbeliger
T., und dieſer verbot dem H. die Jagd auf feinem Grund um
Boden, da durch den Verkauf des Hoſes der Jagdvertrag bic
fällig geworden fei. Daraufhin begehrte H. durch Plage det
ſtellung, daß er auf Grund des mit M.. geſchloſſenen Jog:
pachtvertrages berechtigt ſei, bis zum 1. Oktober 1917 auf den
von M. an den Beklagten veräußerten Grundbeſitz zu jagen.
Sowohl Landgericht Stade wie Ober landesgerich
Celle gaben der Klage ſtatt; letzteres mit folgender Begrün⸗
dung: Der Jagdpachtvertrag fei eine beſondere Art des Pacht
vertragek. Pachtverträge gingen aber nicht ſchlechthin auf den
Nacheigentümer des Verpächters über. Nur dann finde ei
ſolcher Uebergang („Kauf bricht Miete“) ſtatt, wenn ein Grund
ſtück verpachtet ſei und wenn außerdem das Grundück vor den
Eigentumswechſel dem Pächter überlaſſen, d. h. im Beſitz über r
geben fei. Das letztere treffe aber auf den Sagdpadter nit
zu; jedenfalls treffe es im vorliegenden Falle auf den Kläger
nicht zu. Der Kläger dringe mit ſeiner Forderung durch.
wenn er den Nachweis erbringe, daß der Beklagte den Jar
pachtvertrag übernommen habe, daß er alſo durch Vertrag mi |
M. in den Jagdpachtvertrag eingetreten fei. Dieſer Bew
jei erbracht. Beim Verkauf feines Hofes habe M. dem Ber
klagten 75 Mk. gegeben als die Hälfte der Summe, die er von
dem Kläger als Pacht für das erſte Pachtjahr vom Oktober
1911 bis 1912 im Voraus erhalten habe. Durch die Annahme
dieſer 75 Mt. habe der Beklagte nicht, wie er meine, uur die
Pflicht übernommen, dem Kläger die Ausübung der Jagd für
die zweite Hälfte des erſten Pachtjahres zu geſtatten, fondera
er fei durch ſtillſchweigende Ulebereinkunſt in den Badtoertar
eingetreten, und hahe daher zu dulden, daß der Kläger bis
Ofiober 1917 die Jagd auf feinem Grund und Boden ausübt
(Sächſiſche Korreſpondenz, G. m. b. H., Leipiig)
— —_ uh
—
Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer,
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländers Verlag
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8 :Berleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. N. — G. Ottos Hofbuchdruckerei in Darmſtadt. |
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Allgemeine
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Sort: und Jagd⸗Zeitung.
Herausgegeben |
Dr. Karl Wimmenauer, und Dr. heinrich Weber,
Geh. Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft
an der Univerſität Gießen. 8
Tweiundneunzigſter Jahrgang.
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1916. Mai. | |
Mit einer Karte.
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Hi | Frankfurt am Main. |
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fondern ift auch als Hachſchlagewerk für ausübende Foritmänner brauchbar.
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Mai 1916.
— — — — — —
Eine Waldteilung im Odenwalde.
Von Dr. Wimmenauer in Gießen.
Im Januar- bis Märzhefte 1906 habe ich unter
dem Titel „Praktiſche Waldwertrechnung“
über die Teilung eines etwa 3000 ha großen Wald-
befitzes im Hügellande der Provinz Oberheſſen be-
tier. Einige Jahre ſpäter wurde mir Gelegenheit,
an der Teilung eines noch größeren Waldgebietes, das
ſich auf mehr als 4000 ha erſtreckt, mitzuarbeiten.
Der Hergang hierbei iſt vielleicht für die geehrten Lefer
der Allg. Forſt⸗ und Jagdzeitung nicht ohne Jnter-
cie, weil es mir gelungen ift, dieſe Teilung in weſent⸗
lich vereinfachter Art zur Ausführung zu bringen.
Es handelt ſich dabei um die ſogen. „Gemein⸗
herrſchaft Breuberg“, die ſeit mehr als 300
Jahren ſich im gemeinſchaftlichen Eigentume der gräf⸗
lichen, fpdter fürſtlichen Häufer Löwenſtein und
Erbach befindet. Auch hiſtoriſch iſt dieſe Gemein⸗
herrſchaft nicht ohne Intereſſe. Ich werde deshalb
unter Zugrundelegung von G. Simons Geſchichte
der Dynaſten und Grafen zu Erbach und ihres Landes,
Frankfurt a. M. 1858, zunächſt kurz über die
Geſchichte der Burg und Herrſchaft
Breuberg
berichten.
An der Mümling oder Mömling, einem links⸗
letigen Nebenflüßchen des Mains, liegt etwa 20 km
ſüdweſtlich von Aſchaffenburg, unweit der Grenze zwi:
\den Heſſen und Bayern, aber noch auf heſſiſchem Ge⸗
biete, das alte Städtchen Neuſtadt i. O. Ueber
denselben erhebt fih ein etwas über 300 m hoher
Bergkegel, den die großenteils noch wohlerhaltene ſtatt⸗
ide Burg Breuberg krönt. Sie it nach Simons
Annahme um das Jahr 1200 vom Kloſter Fulda
um Schutze feiner dortigen Beſitzungen erbaut und
bann dem angeſehendſten Adelsgeſchlechte der Um⸗
„Legend, den Herren von Lützelbach zu Lehen gegeben
_ Doden. Dieſe nannten fih danach „Herren von
reuberg.“
„ sit Herrſchaft Breuberg gehörten das Gericht
| * anb die Benten Höchſt, Lützelbach und Kirch⸗
brombach. Die Grenze der Herrſchaft iſt auf
der hier beigegebenen Ueberſichtskarte leicht zu ver⸗
folgen und verläuft nach Simons Beſchreibung wie
folgt. Von der Böllſteiner Höhe (weſtlich von König
und Kirchbrombach) in ſüdlicher Richtung über Hem-
bach bis zur „Spreng“ (einem kleinen Gaſthaus an
der Straße); dann nach Often dem Langenbrom—
bacher Bache folgend bis zur Mümling; längs dieſer
abwärts bis zur Mündung des Weilbachs, dem ſie
nun wieder aufwärts bis zum „todten Mann“, einem
alten Grenzſtein zwiſchen Breitenbrunn und Nim-
horn, folgt. Hier wendet ſich die Grenze nach Süden
zum Kimbacher Tal, erſteigt jenſeits desſelben die
Höhe des Eulbacher Parkes und fällt dann wieder bis
Ohrenbach. Von da zieht ſie zunächſt talaufwärts,
dann längs der jetzigen Landesgrenze, am Hofe Brunn:
tal vorüber, bis zu dem Bache, der die Dörfer Hain⸗
grund und Seckmauern durchfließt, dieſem folgend bis
zur Landesgrenze und längs dieſer an den Dörfern
Lützelbach und Wiebelsbach vorüber in nördlicher Rich—
tung bis zum Mümlingtale; dieſes unterhalb Hain-
ſtadt überſchreitend wieder aufwärts zwiſchen Wald⸗
Amorbach und Sandbach, Heubach und Hetſchbach
hinlaufend bis Ober⸗Nauſes; von hier unweit des Ob-
berges (bei Hering) in ſüdlicher Richtung zwiſchen Hum⸗
metroth und Haſſeroth nach Höllerbach und zuletzt
zwiſchen Wallbach und Brensbach, Affhöllerbach und
Nieder⸗Kainsbach um den Schnellerts herum wieder
zur Böllſteiner Höhe.
Der hervorragendſte Mann des Breuberger Ge⸗
ſchlechtes war Gerlach Reiz von Breuberg, der gegen
Ende des 13. Jahrhunderts unter Rudolf von Habs⸗
burg und Adolf von Naſſau ſich als Heerführer aus⸗
zeichnete und zum Landvogt von Thüringen und der
Wetterau ernannt wurde.
Zu Anfang des 14. Jahrhunderts ging die Herr⸗
ſchaft nach dem Tode der letzten Breuberger an deren
Erben, die Herren von Trimberg, Eppenſtein, Weins⸗
berg und Wertheim über, von denen die letzteren, die
Grafen von Wertheim, 1497 bis 1556 im
Alleinbeſitz der Herrſchaft blieben.
14
102
Als nun 1556 der letzte Wertheimer, Graf Mi:
chael III. kinderlos ſtarb, wurden wieder von ver⸗
ſchiedenen Seiten Anſprüche an die Herrſchaft Breu:
berg erhoben, bis man ſich 1563 dahin einigte, daß
die gräflichen Häuſer Stolberg-Königſtein und
Erbach ſämtliche Nutzungen und Gefälle gemein—
ſchaftlich beſitzen ſollten. Der Anteil des erſteren Hauſes
ging endlich mit Anfang des 17. Jahrhunderts an die
Grafen von Löwenſtein über.
Obwohl die letzteren katholiſch, die Erbacher da:
gegen evangeliſch waren, beide Condomini alſo im
dreißigjährigen Kriege getrennten Parteien angehörten,
beſtand die Gemeinherrſchaft fort und beſteht
noch heute. Freilich ging es während jenes großen
Krieges nicht ohne Streitigkeiten und wechſelnden Be⸗
ſitz der Burg Breuberg, die damals als Feſtung eine
Rolle ſpielen konnte, ab. Wir finden ſie im Jahre
1631 unter kaiſerlicher, 1634 unter ſchwediſcher, 1637
wieder unter kaiſerlicher Beſatzung und 1644 aber⸗
mals im Beſitze der Gegenſeite. Daß trotzdem waͤh—
rend mehr als drei Jahrhunderten keine Spaltung ein:
getreten iſt, bezeugt die rechtliche und gemeinnützige
Geſinnung der beiden hochadeligen Familien.
Der Erbachiſche Anteil der Gemeinherrſchaft ging
im Jahre 1747 an die jüngere Linie Erbach-Schön⸗
berg über, die zu Anfang des 20. Jahrhunderts in
den Fürſtenſtand erhoben wurde. Dagegen verblieb
der Löwenſteiniſche Anteil der (katholiſchen) fürſtlichen
Linie Lö wenſtein-Wertheim-Roſenberg.
Das Eigentumsrecht an der Burg Breuberg und allem
zugehörigen Grundbeſitz ſteht nach wie vor beiden fürſt⸗
lichen Häuſern gemeinſam zu.
Den größten Teil ihres Beſitzes machen
die Waldungen der Gemeinherrſchaft
aus. Deren Lage innerhalb der ſchon beſchriebenen Um—
grenzung iſt aus der Ueberſichtskarte zu erſehen, auf
welcher ſie nebſt einigen privativ fürſtlichen Wald—
diſtrikten durch Schraffierung der en ber:
vorgeboben find. Forſtrat Dr. Räß gibt in feinem,
(cider Fragment gebliebenen, Werke von 1890 über
die Ertragsregelung der Reviere Neuftadt und Biel:
brunn die Flächengröße des gemeinherr⸗
ſchaftlichen Waldbeſitzes wie folgt an.
1. Selbſtändige Waldgemarkung mit dem
Jagdſchloß Hainhaus, dem höchſten
Punkte des Höhenzugs zwiſchen Main
und Mümling, die Feldgemarkung Biel-
brunn vollſtändig umſchließend = 2591 ha
2. Waldkomplex öſtlich von Neuſtadt, teils
eigene Gemarkung, teils der Gemar—
tung Rai-Breitenbach angehörend . 924 „
3. Waldgemarkung „Gräben“, auf der
zu übertragen 15 ha.
Uebertrag 3515
Karte mit Gr. bezeichnet, Diſtrikt
„Steinwald“ (St.) und Kohlwald“ (K.)
bei Rimhorn .
Waldgemarkung „Eichels“
König und Kirchbrombach
5. Diſtrikt „Hermesberg“ (H.) und Schlut⸗
ruf (Schl.) bei Höllerbach .
. Diftritt „Breuberg“, Diſtrikt „Schwe⸗
denſchanze“ (Schw), Diſtrikt „Scheuer⸗
berg“ (Sch.), Diſtrikt „Schließ“ uſw.
(Schl.) bei Neuſtadt und Sandbach
, Diſtrikt „Schnellerts“, weſtlich von Böll:
|
j
|
| u 150
zwiſchen
169 _
80
196
DV:
. Diftritt „Hartſteinshecken⸗ (Hst), Amts⸗
gut und Kirſchberg (A.) bei Seckmauern 129
Summe 4266 h:
Der unter Nr. 7 genannte „Schnellerts“ mi
ſpärlichen Reſten einer Burgruine ift im Odenwald
nach der Volksſage bekannt als Ruheſtätte des lebte:
Ritters von Rodenſtein, der aber nur in Friedens
zeiten hier liegt und, wenn ein Krieg ausbricht, mit
dem „wilden Heere“ nach der Burg Rodenſtein be
Reichelsheim überzieht). Scheffel hat befanntii
dieſe Sage in feinen viel geſungenen Rodenſteinlieden
verherrlicht. Der Walddiſtrikt „Schnellerts“ ift ir
zwiſchen da er von den anderen weit abliegt, jeilen:
der Gemeinherrſchaft gegen eine Anzahl fiskaliſcht
Parzellen, die an Breubergiſche Waldungen angrenzen,
zuſammen 21 ha, ausgetauſcht worden.
Die au fgezählten gemeinherrſchaftlichen Waldunge!
bildeten nebſt einigen nachher noch zu nennenden priva:
tiv fürſtlichen Diſtrikten zwei Oberförftereien: Neu
ſtadt und Vielbrunn. Zur letzteren, die ihren
Sitz bis vor kurzem auf dem Bremhof hatte, dann
aber nach Laudenbach a. M. verlegt wurde, ge
hörte der unter 1 genannte große geſchloſſene Kom:
plex mit 5 Schutzbezirken: Hainhaus, Bremhof, Brun
tal, Haingrund und Hengmantel; zeitweiſe auch de
Bezirk Seckmauern Nr. 8. Alles übrige bildete 5
ſammen das kleinere, aber wegen zerſtreuter Lage be
ſchwerlichere Revier Neuſtadt.
1) Aus meiner Kinderzeit iſt mir noch erinnerlich, daß
zu meinem Vater, der ums Jahr 1850 ev. Pfarrer in Kirch⸗
brombach war, ein Bauersmann aus Höllerbach oder einem
der benachbarten Orte kam und erzählte, in einer der legte"
Nächte ſei das wilde Heer wieder umgezogen und habe,
wie gewöhnlich, feinen Weg durch eine Scheuer (fo oviel id
mich erinnere, in Nieder-Kainsbach) genommen, die vorn
und hinten ein Tor habe. Am Morgen nach dem Umzug
habe man beide Tore ausgeriſſen und niedergelegt gefun e
Auch im Sommer 1914 ſoll, wie mir am Rodenſtein erzählt
wurde, wieder ein Umzug ftattgefunden Haben. Tr
103
Die Forſtverwaltung war dadurch erheblich ers
Hwert, daß beide Oberförftereien nicht nur über die
ährlichen Wirtſchaftspläne, ſondern auch über alle
ınderen wichtigen Vorſchläge an zwei Zentralſtellen,
die fürſtlich Löwenſteiniſche Domänen⸗Kanzlei in Wert⸗
beim a. M. und die fürſtlich Erbachiſche Rentkammer
in Schönberg a. d. Bergſtraße, zu berichten hatten.
Dieſe kommunizierten“ dann untereinander und fo
kam es, daß die endgiltige Entſcheidung oft ſtark ver-
zögert wurde. Ein ſo ſchwerfälliger Geſchäftsgang
paßt in die heutige Zeit nicht mehr. Man entſchloß
ſich daher im Jahre 1903, eine Teilung, zwar
nicht im Eigentume, weil eine ſolche wegen der agna⸗
tiſchen Konſenſe vielleicht Schwierigkeiten verurſacht
haben würde, wohl aber „in Beſitz und Genuß“
auszuführen; dergeſtalt, daß zwei gleichwertige Reviere
ausgeſchieden werden ſollten, von denen je eines zu
ſelbſtändiger Verwaltung und Nutzung der einen und
der anderen Seite zugewieſen würde. Die Ausführung
der Teilungsarbeit wurde einer fünfköpfigen Kom⸗
miſſion übertragen, zu der jede der beiden fürſtlichen
Verwaltungen zwei Mitglieder zu ernennen hatte. Von
Lowenfteinijder Seite waren es die Herren Forſtrat
Dr. RAB und Oberförſter von Uiblagger, von
Erbachiſcher Seite Herr Oberförſter Scheel und der
Verfaſſer dieſes Aufſatzes. Als fünftes unparteiiſches
Mitglied und Vorſitzender der Kommiſſion wurde
Herr Geh. Oberforſtrat Seyd in Darmſtadt gewählt.
In einem längeren Gutachten hatte ich ſchon im
Jahre 1902 näher ausgeführt, daß und warum ich
im vorliegenden Falle ein abgekürztes Teilungs⸗
verfahren für anwendbar hielt. Anſtatt einer voll⸗
Rindigen Wertermittelung des Bodens und der Holz-
befände, wie fie in anderen Fällen bei komplizierter
Beftodung und Betriebsart unentbehrlich erſcheint,
glaubte ich hier durch Ausſcheidung zweier
Waldhälften zum Ziele zu gelangen, die wenn
möglich
1. gleiche, auf mittlere Bonität reduzierte
Flächengröße,
2. gleiche Holzvorräte und
3. gleiche Durchſchnittserträge aufweiſen
ſollten. Beide letzteren ſollten zunächſt in Feſt⸗
metern, dann aber, wenn es nötig erſchiene, auf
Grund weniger Reduktionsfaktoren auch in Wert⸗
metern veranſchlagt werden.
Denn im Breuberger Walde ſind tatſächlich nur
zwei Holzarten, Buche und Kiefer, von weſentlicher Be⸗
deutung. Alle anderen wie Eiche, Fichte, Tanne,
Lärche, ſpielen nur eine ganz untergeordnete Rolle.
Und der Geldwert der beiden Hauptholzarten iſt auch
kein erheblich verſchiedener, weil die Kiefer zwar mehr
und werwolleres Nutzholz, die Buche aber das viel be⸗
gehrtere Brennholz liefert. Im Durchſchnitt der fünf
Jahre 1898 bis 1902 wurden vom Feſtmeter
Laubholz Nadelholz
im Revier Neuſtadt 9,61 9,09 Mk.
„ „ U Vielbrunn 9,76 10,35 „
„ ganzen 9,70 9,77 „
erlöſt.
Sollte das oben bezeichnete Ideal gleicher reduzierter
Waldflächen, Holzvorräte und Durchſchnittserträge nicht
ganz zu erreichen fein, jo wäre das Hauptgewicht auf
die Jahreserträge zu legen, zugleich aber darauf Rück⸗
ficht zu nehmen, daß jedem der beiden Teilſtücke mög-
lichſt gleiche Flachen und Holzvorräte der geringeren,
zur Umwandlung in Nadelholz vorgeſehenen Buchen⸗
bonitäten zugewieſen würden.
Zur beſſeren Abrundung der beiden zu bildenden
-Verwaltungsbezirke wurde noch beſtimmt, daß auch die
angrenzenden beiderſeitigen privativ fürſtlichen Wald⸗
parzellen in das Teilungsverfahren einbezogen werden
ſollten. Eigentum des fürftlihen Hauſes Erbach⸗Schön⸗
berg find nur kleine, auf verſchiedenen Gemarkungen
zerſtreute Waldflächen mit zuſammen 19 ha. Da⸗
gegen gehören dem fürſtlichen Hauſe Löwenſtein⸗W. R.
folgende Diſtrikte:
1. Kammerſchlag und Gaisberg (auf dem
Plane mit G. bezeichnet) bei Seck⸗
mauern = e
2. Schwanne (Schw.) bei Breitenbrunn 89 „
3. Verſchiedene, auf dem Plane nicht aus⸗
geſchiedene Waldſtücke bei Vielbrunn, zu⸗
jammen . n 1150
4. Dal. bei Nieder: und Mittelkinzig 33
5. Dgl. bei Wald⸗Amorbach 24 „
6. Dgl. bei Schloß⸗Nauſes 92
im ganzen 440 ha
Der Teilungskommiſſion, welche im Jahre 1904
zum erſten Male zuſammentrat, legte ich zwei Ent⸗
würfe A und B vor, von denen der erſtere Annahme
fand. Dieſer wies dem fürſtlichen Haufe Löwenſtein⸗
W. R. als Oberförſterei Vielbrunn den weiter oben
unter 1 genannten großen Waldkomplex beim Jagd⸗
ſchloß Hainhaus mit Ausnahme der Diſtrikte Eſchern,
Klinge (Kl.) und Neuerwald (N.) zu, die im Plane
durch eine ſchraffierte Grenzlinie ausgeſchieden ſind;
außerdem die ſoeben erwähnten beiderſeitigen priva⸗
tiven Waldparzellen bei Vielbrunn und die unter 6
genannten bei Schloß⸗Nauſes. Alles übrige war
als Oberförſterei Neuſtadt dem fürſtlichen Hauſe
Erbach⸗Schönberg zugeteilt. Der zweite Entwurf B
unterſchied ſich von dem erſten dadurch, daß er auch
den Bezirk Schloß⸗Nauſes ſowie einen weiteren Diſtrikt
beim Hainhaus zu Neuſtadt, dagegen den Bezirk Seck⸗
mauern zu Vielbrunn ſchlug. Hierdurch wären beide
14*
Tab. I.
Ueberſicht der Waldflächen in ha und der Anſprüche beider fürftlihen Häuſer.
Laubholz in Standortsklaſſe Nadelholz a :
Flächenteile Summe Summe |
II — III | IV V I | II Ill | IV
| |
|
Obf. Neuftadtt . . . .| 17 al 665,2 [435,6 565,5 12,6 | — 1013,7
Eingetauſchte Parzellen“ — — — — — — 15,9 5,0 — — 20,9
Obf. Vielbrunn . . » . | 6,6 | 25,6 325,8 5 4,8 139,7 1072,6 794 | 11,2 1404,7
Gemeinſchaftl. Befig . 68,3 | 564,0 | 765,6 1637,8 |1027,9 1308,2 92,0 | 11,2 | 2439,3
Hiervon die Hälfte. 29,2 282,0 382,8 818,9 514.0 6541, 460 5,6 1219,7
Privativ Erbach⸗ |
Schönbergiſch) — "E pS 10,2
|
|
!
9,3) 0.9
1,1 7.5
Anſpruch des fürſtl. Hau | |
ſes Erbad- Schönberg . 29,2 283,1 390,8 523,3 655,0 460 65,6 | 1229,9
Reduktionsfaktor 1,4 11 1,0 | 0,8 0,86 0,4 —
Reduzierte Flächen 40,9 1 4 351,3 523,3. 524, 0 27,6 2,2 | 1077,1
Hälfte des gemeinſchaftl. |
Beſitzes 3 514,0 654,1 46,0 5,6 [ 1219,7
|
190,7| 101,9
29,2 | 282,0 EE
Privativ Löwenſteiniſch
in der Obf. Neuftadt .
„ „ „ Vielbrunn.
Anſpruch des fürſtl. Hau⸗
ſes Löwenſtein 1
60,0 113,9 16,7 11,6] 208,2
— O18) — —— 135,3
| |
u 859,8 62,7 17,2] 1563,2 | 24792
Dgl. in reduz. Größe. . | 7,6 |60,1 623,5 687,8 87,6. 6,9 | 1355,8 | 2231
Tab. II. ee der zn in abfoluter und reduzierter .
Laubholz in Standortsklaſſe Nadelholz N
Flächenteile | | Summe | | Summe
1 | H III | IV | V I II III IV
| | | | | |
Fürſtliches Haus Erbach⸗Schönberg. i
Obf. Neuftadt . . . 1,7 | 82,7 238,2 190,7; 101,9 4356| 5655| 12,6 — | 1013,7
Eingetauſchte Parzellen.“ — — E pe I — 15,9 5,0 — z 20,9
Wom gemeinfchaftl. Befig | F | | |
in der Obf. Vielbrunn | — 2,1 29,9 34,7 76,4 104,3 2,9 — 183,6
Vom fürſtl. Löwenſt. ee |
fig in Meuftabt . . — 10,5 9,6 2,0 51,8] 95,4 16,7 | 11,5 175,4
|
03} 07 — | = 1,0
Dal. in Bielbrunn. . . | — = =
580,0 7709 32,2 | 11,5°| 1394.6
277,7 | 227,4
Summe | 1,7 | 45,8
Reduftionsfaftor . . . | 1,7 1,4 1,1 0,9 - 1,0 0,8 0,6 0,4 = —
Reduzierte Flächen . | 2,9 63,5 305,5 204,6 639,3 580,0 616,7 19,3 | 4,6 | 1220, 6 1859,9
Fürſtliches Haus Löwenſtein⸗Wertheim⸗Roſeuberg. :
Vom gemeinſchaftl. Beſitz , | | | y
in der Obf. Bielbrunn | 6,6 23,5 | 295,9| 540,3 186,8] 1003,1 | 500,0 633,4 765 | 11,2] 12211 8
)
9 ee lher | z:
Beſitz - — jj 78 — 86 | 9,3 09 Er oss 10,2
Fürſtl. Ldrweoft. Berg in | |
Vielbrunn . . 3 — 18 12,0 16] 15,7 | 43,2 910, — — 134,2
Dal. in Neustadt . — | 33 26,8 26,1 3,1 50,3 | 143] 18,6 — | -- 32,9
Summe | 6,9 | 26,8 325,0 585,9 141,5| 1086,7 | 566,8 743,9 765 | 11,2 | 13084 |?
Dal. in reduz. Größe. 87,5 358,2 527,3 84,9| 1019,7 45,9| 4,5 | 1212,3 | 2232,0
Tab. III.
Ueberſicht der Holzvorräte in fm und der Anſprüche beider fürſtlichen Häuſer.
Hiervon
a , Eiche Bude Kiefer ichte
wladmenteile uſw. Oen a Í vid Summe A2 05 en
Feſtmeter Jahren
Gemeinſchaftlicher Beſitz 10058 | 337591 474245 | 46463 868357 106819 | 247856
Hiervon die Hälfte 5029 168796 | 237123 23231 434179 53409 | 128928
Rrivativ Erbach⸗Schönbergiſch 48 1054 1322 62 2186 47 945
Anjprud des fürſtl. Hauſes Erbach⸗Sch. 5077 169850 238445 23293 53456 124873
174927 261738 178829
pro red. ha 223 243 284
Hälfte des gemeinſchaftl. Beſitzes 5029 | 168795 | 237122 23282 434178 53410 123928
Privativ Löwenſteiniſch |
in der Obf. Neuſtadt 416 | 18331 | 42311 635 61693 7082 | 27761
in der Obf. Bielbrunn . 689 | 979 | 20602 | 5118 27478 340 15197
Anſpruch des fürſtl. Haufes Löwenſtein 6134 188105 300125 28985 60782 166886
194239 329110 227668
pro red. ha 222 243
Tab. IV.
Zuteilung der Holzvorräte.
nn i o | f | Hiervon
cts . Eiche Buche Kiefer Fichte Laubholz Nadelholz
Flächenteile ufm. | Summe über 100 über 60
|
= Feſtmeter Jahren
| Fürſtliches Haus Erbad): Schönberg.
Gemeinherr{daftl Obf. Neuftadt . 1096 | 120922 | 219850 | 14727 356595 82251 | 104070
Eingetauſchte Parzellen ehe 1088 64 1152 — —
Cbf. Vielbrunn 109 7927 33762 349 42147 5742 10237
8 |
Fürſtl. Löwenſteiniſch. 416 5797 37175 | 571 48959 43 26198
Summe 1621 134646 291875 15711 443853 38036 140500
5 136267 307586 178536
pro red. ha 213 252 239
Fürſtliches Haus Löwenſtein⸗Wertheim⸗Roſenberg.
Gemeinherrſchaftl. Obf. Vielbrunn 8853 208742 219713 | 31852 468660 688 6 133557
Fürſtl. Löwenſteiniſch |
Obf. Vielbrunn 689 979 20524 5089 27281 340 15189
Obf. Neuftadt . = 12534 5186 64 17734 6989 1568
Fürſtl. Erbach⸗Schönb. 48 1054 1322 62 2486 47 945
Summe 9590 | 223309 246695 36567 516161 76202 | 151259
— E Haie Era ER —
232899 283262 227461
pro red. ha 229 234 231
106
Oberförſtereien noch beſſer arrondiert worden; da man
aber von fürſtl. Löwenſteiniſcher Seite beſonderes Ge⸗
wicht auf die Beibehaltung von Schloß⸗Nauſes legte,
wurde der Entwurf A vorgezogen.
Daß dieſer hinſichtlich der Flächen⸗Zuteilung der
geſtellten erſten Bedingung entſpricht, beweiſen die vor⸗
ſtehenden Tabellen I und II, aus denen hervorgeht,
daß die zugeteilten reduzierten Flächen den
berechtigten Anſprüchen bis auf Bruchteile des ha ge⸗
nau entſprechen, daß aber auch die abſoluten Fla-
chen annähernd zutreffen, alſo die Durchſchnitts⸗Boni⸗
tät der Flächeneinheit beiderſeits die gleiche iſt. Die
Endziffern der Tabelle I und II find folgende:
Oberſörſterei Vielbrunn Neuſtadt
Anſpruch in abſol. Größe 2479,2 2057,4
Zuteilung . 4 2485,1 2051,4
Anſpruch in reduzierter Größe 223 1,6 1860,2
Zuteilung „ i 5 2232,0 1859,9
Die beiderſeits angewendeten Reduktionsfaktoren
ſind aus den benutzten Ertragstafeln, die bei den Forſt⸗
einrichtungsarbeiten in Heſſen eingeführt ſind, abge⸗
leitet. Die Abweichungen der hier aufgeführten Flächen⸗
ſummen von den weiter oben nach Räß angegebenen
erklären fic) dadurch, daß die Wegflächen hier aus-
geſchloſſen, dort aber eingerechnet find.
Daß auch die zweite Forderung, Verteilung der
Holzvorräte nach Maßgabe der Anſprüche, annähernd
erfüllt iſt, zeigen die Tabellen III und IV. Deren
Schlußziffern ſind folgende:
Oberförſterei Vielbrunn Neuſtadt
Anſpruch im ganzen 523 349 436 665 fm
Zuteilung „ : 516161 443853 „
Anſpruch an älteren
Beſtänden 227668 178329 „
Zuteilung an dgl. 227461 178 536 „
Hiernach würde die fürſtl. Erbach⸗Schönbergiſche
Oberförſterei Neuſtadt etwas über 7000 fm im ganzen
zu viel und die Gegenſeite ebenſoviel zu wenig er⸗
halten. Das wären ungefähr 1.5% der betr. An-
ſprüche. Dieſe Differenz verliert aber an Bedeutung,
wenn man beachtet, daß die Zuteilung haubarer und
angehend haubarer Beſtände, die doch den bei weitem
größeren Teil des Wertes darſtellen, faft genau mit
den Anſprüchen übereinſtimmt.
Viel größer ſind allerdings die Unterſchiede zwiſchen
Anſpruch und Zuteilung an den einzelnen Holzarten;
hier hat Vielbrunn entſchieden zu viel Laubholz, Neu⸗
ſtadt zu viel Nadelholz erhalten. Aber die Durch⸗
ſchnittszahlen pro red. ha zeigen, daß die Beſtockung
Immerhin weiſen
die Zahlen beider Tabellen darauf hin, daß doch noch
weitere Kontroll: Berechnungen notwendig erſchienen,
im Mittel annähernd normal iſt.
auf die ich nachher zurückkomme.
Zunächſt it noch zu konſtatieren, inwieweit aut
der dritten obigen Forderung, nämlich anſpruchsge
mäßer Zuteilung von Durchſchnittserträgen.
Genüge geleiſtet it. Dieſe Durchſchnittserträge fteler
fih nach den Ertragstafeln für Standorte mittlere:
Güte, nämlich
Buchen und Eichen III. / IV. Kl. auf 5,5 fm
Kiefern 133
Fichten | ,
pro ha einſchließlich Zwiſchennutzungen.
Unter Zugrundelegung dieſer Zahlen ergeben jid
für die neu gebildete fürſtlich Lö wenſteiniſch
Oberförſterei Vielbrunn folgende Zahlen:
Anſpruch Zuteilung
red. ha fm red. ha ‘fm
Laubholz 876 4818 1020 5610
Fichte 208 2288 253 2808
Kiefer 1147 10323 959 8631
Summe 2231 17429 2232 17049
Ebenſo für die Erbach - Schönbergiſche
Oberförſterei Neuſtadt:
Anſpruch Zuteilung
red. ha fm red. ha im
| Laubhol) 783 4306 639 3514
Fichte 166 1826 121 1331
| Kiefer 911 8199 1100 9900
Summe 1860 14331 1860 14745
Auch hier Scheint das letztgenannte Revier vor dem
anderen begünſtigt zu ſein. Ich habe deshalb auf
Grund der ſeither erzielten Durchſchnittspreiſe eint
Umrechnung der Holzvorräte und Durchſchnittsertraͤg
in Wertmeter ausgeführt, wobei fih Hinfictlid
der erſteren eine weit geringere Bevorzugung des Rev:
ſtädter Reviers und bezüglich der Erträge eine fold
des Reviers Vielbrunn ergab; in beiden Fallen be
trug die Differenz nur ungefähr 19% des betr. Ar
ſpruchs. Auf die Einzelheiten dieſer Umrechnung kann
hier nicht näher eingegangen werden.
Als nun die Teilungskommiſſion im April 19
zuſammentrat und ihr dieſe Ausführungen vorgelegt
wurden, beſchloß fie, wie ſchon erwähnt, die Annahme
des hier näher dargelegten Teilungs⸗Entwurfs A, ber
hinſichtlich der Flächenzuteilung alsbald in Wirkſam⸗
keit treten follte. Ueber die Holzvorräte ſollten nac
Anleitung des Herrn Forftrats Dr. Räß durch einen
Forſtaſſeſſor ſpezialiſierte Zuſammenſtellungen nad
Holzarten, Standorts: und Altersklaſſen angefertigt
und etwaige, fic) hierbei noch ergebende Differenzen burd
Ueberweiſung von Beſtandsmaſſen ausgeglichen We
den. Weitere Beſchlüſſe bezogen ſich auf beſtthende
Berechtigungen, von denen nur ſolche auf Streu und
Stockholz berückſichtigt werden ſollten. l
€8 folgten dann noh zwei Rommijfionsfipuna”
E > 22 e T
ef
rer
a „
il nm
Januar und Oktober 1905, welche zum Ergebnis | (Zellkernbeſtandteil) „Lebensträger“, ſowie aus Kople-
ten, daß auf Grund der inzwiſchen ausgearbeiteten hydraten und Fetten zuſammen. Ajo muß auch der
ortats⸗Zuſammenſtellungen beſchloſſen wurde, von Humus diefe und ihre Abbauprodukte enthalten.
erauszahlungen (in Geld oder Holz) wegen der Bor: | Die Eiweißſtoffe werden zu Albumoſen, Pep-
Usdiſſerenzen ſowie auch wegen der Stockholzberech⸗ | tonen und ſchließlich Aminoſäuren abgebaut. Humin⸗
gungen ganz abzuſehen, weil beide den Betrag von ſubſtanzen, Ory- und Fettſäuren, baſiſche Körper zc.
va des Vorratswertes nicht erreichen, aljo in die find Abkömmlinge der Aminoſäuren, entſtanden durch
unvermeidliche Fehlergrenze fallen, und die beftehenden | die Tätigkeit der Mikroorganismen.
Streuberehtigungen durch Ablöſung zu beſeitigen. Die Kohlehydrate (Zuckerarten, Stärke zc.)
Damit war in verhältnismäßig kurzer Zeit die | gehen allmählich durch Enzyme und Gärung in Al⸗
zeilungsarbeit zu Ende geführt. kohol, Fettſäuren uſw. über.
Nachträglich ſei noch bemerkt, daß — nachdem die Die Fette werden in Glyzerin und Fettſäuren
eihriebene „Teilung in Befitz und Genuß“ während geſpalten. „Das Glyzerin löſt fih in Waſſer und
mer Reihe von Jahren in Geltung geweſen war — wird von den Mikroorganismen leicht aſſimiliert, wäh⸗
iter ein veränderter Modus eingeführt wurde, nach rend die frei gewordenen Fettſäuren z. T. als Seifen
elchem behufs beſſerer Ausgleichung der Jahreserträge gebunden werden. Die Seifen werden durch Mikro⸗
me alljährliche gegenfeitige Verrechnung und Teilung | Organismen wieder zerſetzt und ebenſo wie die freien
Der letzteren ſtattfindet; aber ohne daß hierdurch die Fettſäuren weiter verarbeitet“. “)
ſteie Verfügung beider Verwaltungen über die ihnen Aus dem Boden wurden tatſächlich verſchiedene
jugewiejenen Wald hälſten beeinträchtigt wird. Kohlenwaſſerſtoffe, Alkohole und Aldehyde, deren na⸗
mentliche Aufführung zu weit führte, iſoliert. Ferner
gelang die Iſolierung vieler organiſcher Säuren und
dieſe übertreffen auch der Menge nach die genannten
übrigen Körper. Jodidi erinnert an das Vorkommen
der Ameiſenſäure in Ameiſen, Prozeſſionsraupen, Fich⸗
tennadeln, von eſſigſauren Salzen in Pflanzen, dem
Schweiße, den Muskeln und Exkrementen der Tiere,
von Apfelſäure, Zitronenſäure, Weinſäure und Oral:
ſäure in den verſchiedenen Früchten und Pflanzen; fer-
ner find höhere Fettſäuren (Efter) als Fette, Oele,
Wachſe in der Natur ſehr verbreitet; das wichtigſte iſt
aber, daß die gewaltigen Mengen von Kohlehydraten,
Eiweißſtoffen und Fetten in der Natur durch Verwe⸗
fung und Fäulnis organiſche Säuren liefern. Buder-
arten, Stärke, Gummi. Mannit uſw. werden zu Milch⸗
und Butterſäure vergoren und aus Eiweißſtoffen ent⸗
ſteht Eſſigſäure, Butterſaͤure, Valerianſäure, Bernftein:
ſäure uſw. Manche erleiden raſch eine weitere Zerjegung,
ſo daß man ſie aus dem Boden noch nicht iſolieren
konnte; wohl aber gelang dies bezüglich der Eſſigſäure,
der Oxal-Bernſtein⸗Zuckerſäure und anderer. Die Oxal⸗
N begiet f anni Pi ſäure ſteht dem Endprodukte aller Oxydation der Kohlen:
„ bun ſich natürlich nicht auf mächtigere humoſe fdure nahe, die Bernſteinſäure kommt als ſolche im
ei gen wte Torje. Tier- und Pflanzenkörper vor, bildet fih außerdem
iW & if jedenfalls, logiſch, anzunehmen, daß ber | aus vielen organiſchen Körpern und ſchließlich wird
E “MS aus einer großen Menge organiſcher Subſtan⸗ die in Pflanzen häufige Aſparaginſäure durch Fäulnis
| 1 müſſe, da doch die Gewebe der Pflanzen | in Aminogruppen und Bernſteinſäure geſpalten; fo er-
oo. mi aus denen ſie hervorgehen, gleichfalls aus | Fart fieh deren Vorkommen im Boden, |
; | 15 5 Verbindungen zuſammengeſetzt ſind. Iſoliert wurden ferner (neben anderen weniger
a gto e Teil der Tier⸗ und pflanzlichen Organis⸗ intereſſanten) Eiweißſtoffe, Nukleoproteine (diefe in re:
9 zus aus Eiweißſtoffen und Nukleoproteinen lativ beträchtlicher Menge), Pentoſane (Derivate fünf-
5 wertiger Alkohole), Aminoſaͤure und Purinbaſen. Die
) Landwirtſch. Verſuchsſtationen 1914 S. 859 ff. | . me |
" Bodenbatterien und Bodenfruchtbarkeit 1914 S 18.
Aus dem Humus iſolierte Subflanzen.
Von H. Bauer⸗ München.
Noch wenig bekannt iſt der forſtlichen Praxis, daß
aus dem Boden doch eine große Zahl chemiſch wohl
kñnierter organiſcher Körper iſoliert worden ift. Die
Niebezüglichen Arbeiten ſtammen hauptſächlich von
amerikaniſchen Forſchern und find faſt durchwegs neu:
kn Datums. S. L. Jodidi berichtet hierüber.“
brelich bleibt der Einblick abzuwarten, in welchem
Mengeverhältnis die gefundenen Körper zu den Ge-
funthumusſtoffen ſtehen, aus denen fie iſoliert worden
‚ Im. Nach den Mitteilungen ift es möglich, daß die
o ollien Humusſäuren, wenn deren Exiſtenz und
Kenfitution einmal einwandfrei bewieſen werden ſollte
+ Nenbeldhabet ihrer kolloiden Eigenſchaften), einen ver:
'mindenden Anteil an den im Boden fih findenden
dtzaniſchen Verbindungen ausmachen. Löhnis') meint
daß jezt etwa 2, der kohlenſtoffhaltigen Subſtanz des
| boden hinſichtlich ihrer Zuſammenſetzung bekannt fei;
) Lafar Hoͤbch. der Mykologie III. S. 399.
108
letztgenannten find vorübergehende Verbindungen, ent:
ftehen aber fortwährend in friſchen organischen Mate⸗
rialien, wie in friſchem Stalldünger, bei Gründünger⸗
pflanzen ꝛc.
Nach Ruſſeli) haben Schreiner und Shorey eine
Wiederauflöſung der Humusſäure und der Krenſäure
(d. i. des durch Salzſäure nicht fällbaren Anteils) ver-
ſucht und dabei gleichfalls eine Menge wohl definierter
organiſcher Subſtanzen aus dem Extrakt erhalten.
Durch Alkohol, Aether und Toluol iſolierbare Sub⸗
ſtanzen, die gleichfalls zu den Humusſtoffen zählen,
ſind wachs- und harzartiger Natur (beſ. im Heide⸗
humus nach Grebe). Wollny) fand, daß an die:
ſen Stoffen am wenigſten der Mullhumus, mehr der
Rohhumus und am meiſten die Torfe (bis zu 20 %)
enthalten, ſelbſt Sandböden enthalten daran erhebliche
Mengen (Grebe). Harze und Wachs find refiftent
und häufen ſich deshalb an; durch den ſtarken Be⸗
netzungswiderſtand können ſie auf die Durchfeuchtung
der Böden ſtörend wirken.
a
erfahrungen bei der Perwertung des Buchen⸗
brennholzes.
Von Frh Forſtmeiſter Härter, Forſthaus Weißenbach.
Mag man auch den reinen Buchenhochwald wegen
ſeiner Unrentabilität in Acht und Bann erklären, jeden⸗
falls iſt er vorhanden und wird wohl meiner Ueber⸗
zeugung nach aus verſchiedenen hier nicht weiter zu
erörternden Gründen, wenn auch in geringerer Mus:
dehnung, beſtehen bleiben, ſolange über deutſchem Boden
Wipfel rauſchen. Der Wirtſchafter in unſeren großen
Buchenforſten ſteht mithin ganz abgeſehen von dem
oben angedeuteten Streit vor der Aufgabe, ſein Buchen⸗
holz ſo teuer wie möglich zu verwerten. Da ſolche
größeren Buchenwälder naturgemäß in abgelegenen
und ſchwach bevölkerten Gegenden ohne größere Jn-
duſtrie liegen und da das Buchenholz ob ſeiner Schwere
keine weite Verfrachtung verträgt, iſt dieſe Aufgabe
meiſt nicht ganz leicht. Es kommt hinzu, daß mit
dem ſachgemäßeren Durchforſtungs- und Verjüngungs
betrieb der Anfall an Buchenholz und insbeſondere an
ſchwächerem von Jahr zu Jahr größer wird.
Der örtliche Markt iſt nicht imſtande, die jährliche
Hiebsmaſſe aufzunehmen oder tut das nur zu geringen
Preiſen. Es iſt alſo zunächſt notwendig, den örtlichen
Markt zu entlaſten, um Angebot und Nachfrage in
Einklang zu bringen. Das geſchieht durch eine mög—
lichſt große Nutzholzaushaltung. Die Nutzholzausbeu—
tung der Buche erreicht aber ſchnell ihre Grenze, die
1) Boden u. Pflanze 1914 S. 96.
) Die Zerſetzung der org. Stoffe S. 110.
durch die Holzſtärke und die Beſchaffenheit der Stam:
gezogen wird. Mindeſtens 60°/o des Anfalls in eine
größeren Wirtſchaftsganzen aus Buchenhochwald jf:
in der Regel Brennholz. Man kann auch mit &
viel empfohlenen und gerühmten Nutzholzaushaltu⸗
bei der Buche zu weit gehen und würde die ſchwächer
Nutzholzſortimente ſehr oft beffer als Brennholz vr
werten können. Jedenfalls liegt auf der Brenntc:,
verwertung mindeſtens dasſelbe Gewicht wie auf X:
des Nutzholzes. Auch das beſſere Buchenbrennholz m:
trägt Bahnfracht und die Entlaſtung des ürllit::
Marktes ift nicht nur durch eine gute Nutzholza.⸗
haltung, ſondern auch durch ein Hinausſenden de
Brennholzes möglich. Immer finden ſich nicht al;
weit von großen Buchenforſten ſtärker bevölkerte ok:
landwirtſchaftlich oder induſtriell höher entwickelte &
biete, auch größere Städte, die einen hohen Bedarf r
Buchenbrennholz haben, das trotz der Kohle namen:
lich von der landwirtſchaftlichen Bevölkerung oder der
wohlhabenderen Teil der ſtädtiſchen noch gern und z
hohen Preiſen gekauft wird. Es gilt nur, dieſen A
ſatz zu organiſieren und den Gewinn, welchen er bring!
nicht in die Taſchen eines mehr oder weniger ſachge
mäßen Zwiſchenhandels fließen zu laffen. Auch die
Holzeſſigfabriken, denen heute noch mancher Wirth:
große Poſten Buchenbrennholz billig verkaufen ms
werden dann höhere Preiſe anlegen milffen. |
Die Hauptpunkte, die hierbei zu beachten fm
ſollen im folgenden kurz dargelegt werden, wobei il
bemerke, daß fie bei einer jährlichen Verwertung ton
4 5000 rm Buchenholz. die mit der Bahn fortg
ſchafft wurden, ſich ergaben.
Will man mit Brennholz noch weiterhin Hand f
treiben, fo müſſen folgende Vorbedingungen erül:
ſein. Das Holz muß tadellos ſortiert ſein, gut auf
geſetzt werden und richtiges Maß haben. Man muß
imſtande ſein, das Holz frei Bahnwagen Abgang
oder Beſtimmungsort zu liefern und man muß ft
händig verkaufen dürfen. Schließlich muß man nd
zum Grundſatz machen, alles gute Brennholz forty
ſchaffen und den örtlichen Verſteigerungen nur da
geringere Holz, das keine hohe Fracht verträgt, I"
überweiſen.
Von den weit entfernt wohnenden Käufern fam
man nicht verlangen, daß ſie ſich das Holz im Walde
anſehen. Sie müſſen auch unbeſehen wiſſen, was fie
kaufen und deshalb iſt eine genaue Sortierung nad)
einheitlichen Grundſätzen notwendig. Im allgemeinen
genügt eine Ausſcheidung des Scheitholzes in 2 Kalle
und der Prügel in 3 Sorten nach Stärke, Afreinhei
bezw. Spaltigkeit und Geradheit. Dieſe Sortierunl
belaftet die Hauerei im Walde nicht unnötig, wie ®
weitgehendere Ausſcheidungen tun.
109
Ferner muß der Käufer richtiges Maß erhalten,
ür gutes dichtes Setzen eine Hauptbedingung iſt.
3 bei uns hier in Bayern eingeführte Uebermaß
5 em für den Meter Höhe ift damit aber nicht
neint. Dieſes ſogenannte Schwindmaßz'ſtellt viel:
hr meiner Anſicht nach ein ganz unndtiges Geſchenk
die Brennholzhaͤndler dar. Die machen es ſich
gelmäßig in der Weile zu nütze, daß fie 14 m im
alde för 15 rm oder doch wenigſtens 17 rm für 18
iter verkaufen. Es wäre wirklich an der Zeit, daß
fer alte Zopf abgeſchafft würde, der Waldbeſitzer
neidet fic) damit nur ins eigene Fleiſch. Gute Sor-
rung und ordnungsgemäßes Setzen kann man nicht
n jedem Holzhauer verlangen, zumal das gerade
egenteil in ſeinem Intereſſe liegt. Man fährt daher
ı beiten, wenn man für jeden Schutzbezirk einen
Kuen Holzſetzer aufſtellt, wie das ja in vielen Gegen⸗
en von jeher üblich ift. Es kann leicht bewieſen
erden, daß der rm von fortiertem und gut geſetztem
poly 2-3 M. unter ſonſt gleichen Umſtänden mehr
oſtet wie von ſogenanntem gemiſchtem Holz, das die
Jolzhauer ſelbſt ins Maß geſetzt haben.
In den abgelegenen großen zuſammenhängenden
Bildern, von denen ja hier allein die Rede iſt,
pielt natürlich die Anfuhr eine ausſchlaggebende Rolle.
tur wer im Staride iſt, fein Brennholz prompt an
ie Bahn zu bringen, kann mit einem Geſchäft in
er geſchilderten Weiſe rechnen. Dazu gehört einmal
in gut ausgebautes Wegenetz und dann die nötige
Anzahl von Fuhr werken. Da gute Waldſtraßen eine
Brundbedingung jeder gewinnbringenden Forſtwirt⸗
Moit find, braucht hier darüber kein Wort verloren
u werden. Auf die Fuhrwerksfrage wird dagegen
von forſtlicher Seite meiſt zu wenig Wert gelegt. Wie
MM heißt es in den Holzverkaufsmitteilungen ſeitens
der Verwaltungen „Fuhrlohn unbekannt“ oder es
werden Fuhrlohnſätze mit fo großer Spannung an:
gegeben, daß ſich der Händler gar nichts dabei denken
| lan. Dieſem ift es aber einerlei, ob er ſein Geld dem
Fuhrmann oder dem Waldbeſitzer gibt, er kalkuliert,
wieviel ihm das Holz frei Bahn bezw. frei Verwen⸗
dungsort koſtet. Was alſo der Forſtmann am Fuhr⸗
lon uu eriparen vermag. ift fein eigener Verdienſt.
Let Ktieg und der dadurch hervorgerufene Pferde—
und duttermangel weiſt ja nun gerade auf dieſe Ber-
Nltnife mit aller Deutlichkeit hin und es gibt heute
Wälder genug, wo niemand wegen zu hoher Anfuhr—
toten kauft Je wertvoller das Holz iſt, eine umſo
wugere Rolle ſpielen dieſe Unkoſten, alſo iſt bei dem
ne memaßig geringwertigen Brennholz der Fuhr:
| ohn von beſonderer Wichtigkeit. Hinzu kommt, daß
die Käufer, namentlich die bäuerlichen großen Wert
| 1916
GE
t
auf prompte Lieferung legen; wenn fie erſt mitten in
der Feldbeſtellung ſtecken, darf man ihnen keinen Wagen
Brennholz mehr ſchicken. Man kommt daher aus allen
Schwierigkeiten am ſicherſten heraus, wenn ſich die
Forſtverwaltung eigene Geſpanne anſchafft. Denn
ſelbſt da, wo aus irgend welchen Gründen zahlreichere
Fuhrleute vorhanden ſind, tritt doch in der Zeit der
Brennholzlieferung ein gewiſſer Mangel ein, weil dann
auch größere Poſten Buchenſtamm- oder Schwellen:
hölzer aus dem Walde gebracht werden müſſen. Es
würde zu weit führen, hier auf die Einzelheiten eines
eigenen Fuhrwerkbetriebs näher einzugehen, nur möchte
ich aus eigener Erfahrung bemerken, daß dabei trotz
Ankauf ſämtlichen Futters eine Verzinſung und Fil:
gung des Anlagekapitals ſehr wohl möglich iſt. Wer
neben großer Holzanfuhr noch ausgedehnte Wegebauten
auszuführen hat, wird trotz Arbeit und Aerger, den
Pferde und Knechte mit ſich bringen, doch die Unab—
hängigkeit, die ſolche eigenen Geſpanne gewähren,
ſegnen.
Will man ſein Brennholz nach auswärts ver⸗
kaufen, muß man ſich natürlich erſt das Abſatzgebiet
dafür erſchließen. Das geſchieht nicht durch Ver⸗
ſteigerung, wenn man dafür auch noch ſoviel Reklame
macht. Dazu kommen doch immer nur wieder die
paar bekannten Brennholzhändler, die den Verdienſt
wegſchnappen. Man muß aus freier Hand verkaufen,
darf einige Reiſen und Probelieferungen nicht ſcheuen.
Sehr gute Abnehmer find die landwirtſchaftlichen Ge:
noſſenſchaften und Konſumvereine, auch an größere
ſtaatliche Auſtalten (Krankenhäuſer, Irrenanſtalten, Ge—
fängniſſe) kann man unſchwer liefern. Den Händler
ſchlägt man leicht durch das gute Maß aus dem Feld.
Wenn erſt einmal Holz herausgegangen iſt und wenn
die Abnehmer wiſſen, daß man bereit ift, frei Bahn—
wagen zu verkaufen, wenn man auch noch die Fracht
vorlegt, was der Händler meiſt nicht tut, iſt es gar
nicht ſo ſchwer, auch private und gute Kundſchaft zu
erhalten.
Zum Einladen des Holzes in die Bahnwagen be—
nutzt man am beiten einen zuderläſſigen Holzſetzer.
Zur Berechnung der Fracht iſt das Gewicht des
Holzes wiſſenswert und ich gebe daher im folgenden
einige Zahlen, wie ſie ſich im Durchſchnitt mehrerer
Jahre ergeben haben. Es handelt ſich um Buchen—
holz, das auf Buntſandſtein gewachſen iſt und aus
Beſtänden erſter und zweiter Standortsklaſſe (nach
Schwappach) ſtammt. Nicht unweſentlich für Fracht—
erſparnis und Preiskalkulation iſt die Gewichtsver—
ringerung, die das Holz bei längerem Lagern im Walde
erfährt und die auch aus den unten mitgeteilten Zahlen
hervorgeht.
15
_10__
1 rm wiegt bei Scheit | Scheit
der Verladung 1. Kl. | II. Kl. L Kl. II. Kl.
im kg | kg kg k
Januar | | |
Februar 830 800 | 865 810
März | |
April | 650 640 833 750
Mai Í | |
Nach meinen Erfahrungen wird der Forſtmann
bei einem derartigen Brennholzverkauf frei Bahn vollen
Lohn ſeiner Mühe finden und damit eine weitere Mög—
lichkeit, die Buchen wirtſchaft gewinnbringender zu ge:
ſtalten.
Raliinduflrie und Land- und Forfiwirtfdaft.
Im Laufe der letzten 10 Jahre hat die Kaliin⸗
duſtrie einen ungeahnten Aufſchwung genommen und
es unterliegt keinem Zweifel, daß hierdurch das ganze
deutſche Volk, insbeſondere aber die deutſche Land—
wirtſchaft, großen Nutzen gehabt hat. Andererſeits
aber ſind durch die Einleitung der Abwäſſer der Kali—
werke in die Waſſerläufe Mißſtände hervorgerufen
worden, welche dringender Abhilfe bedürfen. Nicht nur
die Fiſcherei, verſchiedene wichtige Induſtriezweige, die
Waſſerverſorgung großer und kleiner Orte leidet durch
die Verſalzung und Verchlorung der Gewäſſer, ſondern
auch die Landwirtſchaft ſelbſt. Abgeſehen davon, daß
das Waſſer derart verunreinigter MWafferläufe zum
Tränken des Viehs nicht verwendet werden kann,
leiden auch die Wieſen und Ackerländereien erheblich.
Die Herren Prof. Dr. Haſelhoff, Vorſteher der
landw. Verſuchsſtation der Landwirtſchaftskammer für
den Regierungsbezirk Caſſel und Prof. Dr. P. Dun—
bar, Direktor des ſtaatl. hygieniſchen Inſtituts in
Hamburg haben hierüber in dem „Geſundheits—
Ingenieur“ Zeitſchrift für die geſamte Städte—
hygiene (Verlag von R. Oldenbourg, München und
Berlin) intereſſante Abhandlungen veröffentlicht, denen
wir folgendes entnehmen.
Die Einnahmen im Betrage von jährlich faſt 200
Millionen Mark, welche dem deutſchen Nationalver—
mögen durch die Kaliinduſtrie ſchon jetzt direkt zu—
fließen und die ſich vorausſichtlich in abſehbarer Zeit
verdoppeln und vervielfachen dürften, ſpielen in wirt—
ſchaftlicher Beziehung nur eine untergeordnete Rolle
im Vergleich zu den indirekten Mehreinnahmen, welche
unſere Landwirtſchaft durch Uebergang zur künſtlichen
Düngung erzielt hat und zu der Tatſache, daß die
Prügel Prügel
ſalzen uns in der Ernährungsfrage vom Auslande
abhängig zu machen imſtande find. Angeſichts ſol
Tatſachen wird niemand eine Hemmung des Fe
ſchrittes in der Entwickelung der Kaliinduſtrie win
Ein großer Teil der geförderten Kalirohſalze k
zurzeit nach einfachem Vermahlen, ohne weitere X:
arbeitung, für die landwirtſchaftlichen Zwecke vermen:
werden. Der Reſt wird zuvor einer fabrikatoriſt⸗
Verarbeitung unterworfen, bei der fih große Dei: |
von Abwäſſern (Endlaugen) ergeben, die vorwieg
Chlormagneſium enthalten. Faſt die Geſamtheit di:
Endlaugen wird den Flüſſen überautwortet, weil f:
zurzeit noch keine ausreichende Möglichkeit zu ii:
Verwendung oder Verwertung bietet. Den Stun
gebieten der Elbe und Weſer, innerhalb derer die Ker
induſtrie ſich entwickelt hat, werden infolgedeſſen w
unterbrochen ſehr große Salzmengen zugeführt, t
fih von Jahr zu Jahr weiter ſteigern, und fid n
abſehbarer Zeit vervielfachen werden. Gegen die ti '
dadurch ergebende Verſalzung der Flüſſe haben di
verſchiedenſten Intereſſentenkreiſe Einſpruch erhoben.
Wo immer ein neues Kaliwerk angelegt wird und un
die Konzeſſion zur Ableitung feiner Endlaugen in di
Flüſſe nachſucht, erheben fih zahlreiche Proteſte geg
die Konzeſſionierung. Die Aufſichtsbehörden f
dieſen Vorgängen ratlos gegenüber. Auf der enn
Seite find die Intereſſenkreiſe derjenigen, die fih dur“
die Endlaugenableitung geſchädigt fühlen, zu groß un
zu bedeutungsvoll, als daß man über fie hinwegſehe
könnte. Auf der anderen Seite möchte man die Kalk
induſtrie fördern, ſoweit es irgendwie möglich 1
Andere Abwaſſerproduzenten werden von den Aufſich
behörden dazu angehalten, ihre Abwäſſer zu reinigen
bezw. die ſchädlichen darin enthaltenen Stoffe den
Flüſſen fernzuhalten. Die Kaliinduſtrie erklärt, t
gäbe für fie gar feine andere Möglichkeit, die End:
laugen unterzubringen, als fie in die Flüſſe ab
leiten. Hier liegt der ſtrittige Punkt. Die technik
Möglichkeit, Kalilaugen einzudampfen, darf als er
wieſen angeſehen werden. Während man früher o
nahm, daß das Eindampfen pro cbm Endlaugen Rott
von ungefähr 2 Mk. oder noch mehr verurſache, kann
jetzt behauptet werden, daß Verfahren zur Berfügun:
ſtehen, mittels deren dieje Eindampfung fih für wenig
als 1 Mk. pro cbm ermöglichen läßt. Herr Bev
aſſeſſor Dietz hat über dieſe Frage eine ſehr eingehende
Arbeit veröffentlicht, aus der auch zu erſehen ift, bab
ſich uns einige ausreichende Verwendungs möglichkeiten
für die Endlaugen bieten. Das größte Intereſſe ide
zurzeit die Herſtellung von Kunſtſteinen aus Kaliend—
laugen zu bieten.
Wenngleich die Urteile heute noch darüber aus:
A e mi —
Kaliſalze im Verein mit den übrigen künſtlichen Dung: einandergehen, ob der gegenwärtige Verſalzungsgiab
41
die Elbe und Weſer mit einigen ihrer Nebenflüffe
hren, zu erheblichen Schädigungen Anlaß gibt, fo
ı darüber doch kein Zweifel beſtehen, daß bei einer
doppelung oder gar vielfachen Verſtärkung dieſer
ſalzung fich völlig unhaltbare Zuſtände ergeben
den. Ueber kurz oder lang wird deshalb unter
n Umſtänden ein Weg gefunden werden müſſen,
es ermöglicht, die Kaliendlaugen von den Flüſſen
zuhalten.
Wenngleich der Nutzen, den die deutſche Landwirt⸗
ft aus der Kaliinduſtrie gezogen hat, ungeheuer
B geweſen ift, fo find es auf der anderen Seite ge-
e doch auch mit in erſter Linie diejenigen Land⸗
te, deren Anbauflächen an den durch die Kaliab⸗
Her verſalzenen Flußſtrecken liegen, die immer wieder
en eine weitere Verſalzung der Flußläufe durch
liabwäſſer proteſtieren und erklären, daß ihre Lände⸗
en dem Untergange geweiht fein würden, falls dieſer
ctidreitenden Verſalzung nicht Einhalt geboten würde.
euerdings find die Ergebniſſe verſchiedener Verſuche
röffentlicht worden, durch die bewieſen werden ſollte,
18 der Landwirtſchaft aus der Einleitung der Kali:
dlaugen in die Flüſſe keinerlei Nachteile erwüchſen.
in dieſen Verſuchen hat Herr Prof. Dr. Haſelhoff
ne vernichtende Kritik geübt und in Fühlings land⸗
irtſchaſtlicher Zeitung eine ausführliche Beſprechung
Nev der Arbeiten veröffentlicht, die fih mit der Frage
eſchaͤftigen, bei welchem Verſalzungsgrade das Waſſer
it landwirtſchaftliche Zwecke unbrauchbar wird. Hier:
ei iſt Prof. Dr. Haſelhoff zu folgenden Ergebniſſen
1
Bei Beurteilung der Wirkung, welche die
taliendlaugen auf Boden und Pflanzen
rusüben, kommen im deſentlichen nur Chloride, und
zwar in erſter Linie Chlormagneſium, ſodann
Chlornatrium in Frage. Nach den vorliegenden Unter⸗
ſuchungen tritt die nachteilige Wirkung auf wachſende
pflanzen erſt bei einem verhältnismäßig ſo hohen
Chloridgehalt auf, wie er im Zuſammenhange mit der Mb-
leitung der Kaliabwaſſer zurzeit felten vorkommen dürfte.
Die Keimung der Samen wird durch Chlor:
natrium und Chlormagnefium beeinträchtigt. Der
Grad der Beeinfluſſung iſt verſchieden je nach der
Pflanzenart. Es kann kein Zweifel darüber beſtehen,
bak bereits die geringe Menge von 0,087 Chlorid
im Boden eine deutliche Schädigung der Keimkraft
r Folge haben kann. Wenn daher angenommen
wird. daß die direkte Schädigung des Pflanzen:
wachstums durch Chloride keine erhebliche fei oder doch
ut bei größeren Chloridmengen in Frage komme, fo
mb hiervon die erſte Zeit der Entwicke⸗
lung, d. h. die Zeit der Keimung, ausge-
nommen werden.
Bei andauernder Einwirkung chlornatriumhaltiger
Wäſſer auf Wieſen wird der Pflanzenbeſtand ein
anderer, und zwar hinſichtlich der Futterwirkung ein
ſchlechterer.
Die nachteilige Wirkung der Salzlöſungen an
Sträuchern und kleinen Bäumen, macht ſich
umſo empfindlicher bemerkbar, je ſtärker das Wachs⸗
tum derſelben ift. Nach F. Storp wurden 3—4jähr.
Eichen durch das Begießen des Bodens mit chlor⸗
natriumhaltigem Waſſer in ihrem Wachstum nicht ge⸗
ſtört, 1-2 jähr. Fichten dagegen litten ſchon erheb⸗
lich, wenn ſie mit Waſſer begoſſen wurden, das nur 100
bis 600 mg Chlornatrium im Liter enthielt. Bei
100 mg zeigte ſich die Störung zwar nicht im erſten
wohl aber im zweiten Jahre.
Beim Ueberbrauſen von Grasflächen mit fod:
ſalzhaltigem Waller war die ſchaͤdliche Wirkung um
ſo größer, je geringer die atmoſphäriſchen Niederſchläge
ſich geſtalteten und je mehr Waſſer während und bald
nach dem Aufbringen der Salzlöſung verdunſtete.
Die bisherigen Verſuche berechtigen zu dem ſicheren
Schluſſe, daß das Wachstum der Pflanzen
durch ein Waſſer von 5g und mehr Chlor:
natrium im Liter geſtört wird und daß
unter Umſtänden die ſchädigende Wirkung
ſchon bei ½ g im Liter fih zeigt. Bodenart,
Nährſtoffgehalt des Bodens, atmoſphäriſche Nieder⸗
ſchläge und beſonders die Pflanzenart ſpielen dabei
eine entſcheidende Rolle.
Für chlormagneſiumhaltige Wäſſer wird man die⸗
ſelbe nachteilige Wirkung annehmen dürfen wie für
kochſalzhaltige. Wahrſcheinlich liegt die zuläſſige Grenze
für Chlormagneſium etwas höher als für Chlor⸗
natrium.
Durch die Einwirkung der Chloride wird der Boden
in chemiſcher und phyſikaliſcher Beziehung geändert.
Kochſalzhaltiges Waſſer wirkt auf die Bodenbe—
ſtandteile löſend, auswaſchend; der Zerſetzung der humus—
bildenden Stoffe wirkt es entgegen, die bodenaus—
waſchende Wirkung tritt bereits bei einem Chlor—
natriumgehalt von 300 mg im Liter deutlich hervor.
Ein Rieſelwaſſer mit 1 g Chlornatrium im Liter übt
bei regelrechtem Rieſelbetrieb eine derartig ſtarklöſende
Wirkung auf die Nährbeſtandteile des Bodens aus,
daß ſelbſt in vollem Wachstum befindliche Pflanzen
nicht imſtande ſind, dieſe Nährſtoffe aufzunehmen; ſie
alſo mit dem Drainwaſſer verloren gehen. Die aus—
waſchende Wirkung kochſalzhaltigen Waſſers auf Rieſel—
waſſer beginnt bei / g Chlornatrium im Liter Waſſer;
ein Waller mit 1 g Chlornatrium im Liter ift für
Rieſelzwecke zu verwerfen.
Aehnlich wie Chlornatrium wirken Chlormagneſium
15*
112
und Chlorkalzium löſend auf wichtige Bodenbeftandteile | Ziel gekommen. Angeſichts der Intereſſengemein⸗
wie Kalk⸗ und Kaliverbindungen. i ſämtlicher Kaliwerke werden dieſe die Koſten tau.
Der Nähritoffvorrat des Bodens wird durch die tiger ſyſtematiſcher Verſuche zur Fernhaltung des C
Einwirkung der ſalzhaltigen Waſſer ſchneller aufge- magneſiums von den Flüſſen und Verwendung!
braucht und hierdurch eine vermehrte Anwendung von ſelben viel leichter tragen können als die übrigen :
Düngemitteln erforderlich. waſſerproduzenten es konnten, ſelbſt wenn zuri:
In phyſikaliſcher Hinſicht wirken chloridhaltige | größere Opfer gebracht werden müßten. Die ler
Wäſſer ungünſtig auf die Schlickablagerung und die induſtrie verfügt über hervorragende Sachverſtän'
Verſchlämmung des Bodens. Salzhaltiges Waſſer ſoll mit umfaſſenden Kenntniſſen und Erfahrungen
auf die feinerdigen, tonigen Teile, die ein Flußwaſſer den einſchlägigen chemiſchen und techniſchen Gebie:
mit fih ſührt, niederſchlagend wirken. Dieſe tonigen Deshalb kann ein zielbewußtes Vorgehen von un
Teilchen, ſogen. Schlick, die für die Fruchtbarkeit des herein als geſichert gelten. Die bisherigen Eric:
Bodens von größter Bedeutung find, werden je höher ungen der Frage, wie man die Kaliendlaugen ı
der Salzgehalt ift, um fo ſchneller niedergeſchlagen beſten verwerten könnte, gehen noch allzuſehr von“
werden. Je weiter abwärts die betr. Kulturflächen | Borausfegung aus, daß die Rentabilität der Bers
liegen, je weniger werden fie daher auf Schlickablage⸗ dungsweiſe von vornherein gefichert fein müßte.“
rungen rechnen können. Außerdem können die jalz: | wip wäre das wünſchenswert. Wo es ſich aber!
haltigen Waſſer noch die phyſikaliſche Beſchaffenheit | die Reinhaltung der Flüſſe handelte, hat man tmz
des Bodens durch Verſchlämmung und Verkruſtung noch Opfer bringen müſſen. Und ſelbſt, wenn “.
der oberen Bodenſchichten ungünſtig beeinfluſſen. Hier: | Verwendung und Unterbringung des Chlormagnetur:
durch wird der Zutritt der Luft zum Bodeninneren | nur unter Aufwendung von Geldopfern möglid wir:
erſchwert, was auf die Fruchtbarkeit des Bodens nad- [müßten diefe im Intereſſe der Allgemeinheit gebrat
teilig wirken muß. werden. Es it wirklich an der Zeit, daß die verde!
Prof. Dr. Dunbar ſchließt feine Abhandlung: | nismäßig geringen Aufwendungen gemacht werden. di
„Kaliinduſtrie und Landwirtſchaft“ in erforderlich find, um die verſchiedenen höchſt finnmit
Nummer 2 des „Geſundheits-Ingenieur“ v. 8. Jan. | Verfahren zur Verwendung der Kaliendlaugen, *
1916 mit folgenden zutreffenden und zu beherzigenden erdacht worden find, praktiſch in genügend groben
Ausführungen: Maßſtabe zu erproben, ſoweit fie auf geſunder Gut}.
„Was können alle Beſtrebungen, den zuläſſigen | lage beruhen. Es würde ebenſo ſehr im Intereſſe kr.
Grad der Verſalzung immer weiter hinaufzuſchrauben, Kaliinduſtrie ſelbſt, wie im Intereſſe der Algemar
der Kaliinduſtrie ſchließlich nützen? Der Zeitpunkt heit liegen, wenn alle die Mühe und Arbeit, die je
wird kommen, wo die Einleitung der Kaliendlaugen | darauf verwendet wird, nachzuweiſen, daß die gen
zur allgemeinen Kataſtrophe führen muß. Dann wird wärtige Verſalzung der Flüſſe keinerlei hygiene.
man notgedrungen nach Mitteln und Wegen ſuchen landwirtſchaftliche, induftrielle oder biologiſche EA
müſſen, um die Kaliabwäſſer den Flüſſen fernzuhalten.] gungen verurſacht, darauf konzentriert würde, ART
Auch die ſonſtigen Abwaſſerproduzenten find bei ihren | maßregeln zu treffen, oder wenigſlens vorzuberelg] “
Beſtrebungen zur Reinigung ihrer Schmutzwäſſer erſt ehe es zur Entwickelung einer allgemeinen Kalamitii | -
durch jahrzehntelange überaus koſtſpielige Verſuche zum [gekommen iſt.“ Eberts.
Literariſche Berichte.
6
Neues aus dem Buchhandel. | 26) 8. M. 1- ; Lwbd. M. 1.80. Fraud ſche n
Berichte üb. Pflangenfaug d. Pflanzenfhurftellen an d. kgl. lagshandlung in Stuttgart. 1
landwirtſchaftl. Akademie in Bonn-Poppelsdorf u. an d. | Forſtkalender, Schweizeriſcher. Taſchenbuch f. Forſtweiel
fal. Lehranſtalt f. Wein-, Obſt- u. Gartenbau in Geiſen— Holzgewerbe, Jagd u. Fiſcherei. 11. Ig. 1916. Greg?
heim. Die Vegetationsperiode 1913/14 hrsg. v. Pr E. Prof. Thdr. Felber. (IV. 252 S. u. Notizblätter. NM
Schaffnit u. Prof. Dr. G. Lüſtner, m. 11 Textabb. (98 S) Geb. M. 2. -. Huber & Co., Verlags⸗Konto, in Fraue
gr 8e. M. 1. —. Pflanzenſchutzſtelle an der königl. land— feld. iu
wirtſchaftl. Akademie Bonn-Poppelsdorf, Nußallee 7. Kubier-Tabelle f. Rundhölzer. (19 S.) 8. M. Un
Beſſer, Hans: Raubwild und Dickhäuter in Deutſch-Oſt— Keyßner'ſche Hofbuchdr. (Karl Keyßner) in Meiniag
afrika. Mit zahle Abb. nach Orig.-Aufnahmen d. Verf., | Nubiftabellen z. Berechng. d. Grubenhölzer. Dreijtel re
nach Zeichngn. v. Prof. Wagner u. R. Deffinger, 1 Kart- tafeln, um d. Kubikinhalt e. Anzahl Rund Gruben be,
Ry
chen u. 1 farb. Umfdlagbild, gez v. M. Zimmer. 2. Aufl. bei gleicher Länge u. Stärke zu ermitteln. Durdme!
113
— 25 Zentimeter. Umfang: 20-8) Zentimeter. Länge:
—6 Meter. Zſgeſt. aus d. Kohlmannſchen Kubiktabelle.
S.) 16%. M. 1.—. C. W. Offenhauer in Eilenburg.
Ze. Max Frdr., Geh. Hofrat Prof. i. R. Dr.: Anleitung
Aufnahme d. Holzgehaltes d. Waldbestände. 3., durch-
S. Aufl. (63 S.) 8° Kart. M. 3.-. Paul Parey in
erlin.
ırımen, Franz v.: Deutſchlands u. Oefterreidh-llngarns
Olzzollpolitik vor, während u. nach d. Weltkriege. (Bib-
1 thek f. Volks⸗ u. Weltwirtſchaft. Hrsg.: Prof. Dr. Franz
>. Wammen. 9. Heft.) gr. 80. (d7 S.) M. 1.50. „Globus“
Wiſſenſchaftliche Verlagsanſtalt in Dresden.
isch. Hans, Prof. Dir. Dr.: Pflanzenphysiologie als
Theorie d. Gärtnerei. Für Botaniker, Gärtner, Land.
wirte, Forstleute u. Pflanzenfreunde Mit 127 Abb. im
Text (X, 306 S.) Lex.-8#. M. 10.—; Lwbd. M. 11.20.
'«nstav Fischer in Jena.
rfonalsBerzeichni3 d. fal. ſächſ. Staatsforftvermaltg. auf
„. J. 1916. (63 S.) M. 1. -. C. Heinrich, Verlagsbuch—
yandlung in Dresden-N.
incre, Landkulturſtelle-Vorſt. Dr.:
Lande u. forſtwirtſchaftl. Nutzg. d.
Die Urbarmachg, d
Sandheiden. (82 S.
in. Abb.) 8% Kart. M. 1,50. Johann Schwarck in
Wilſter. (Verkehrt nur direkt.)
Imann, Hans, Baumſtr. Archit.: Landwirtſchaftliches
Bauten-Album 1: „Wohnbauten“. Eine Samnılg. v. Ent—
würfen ausgeführter u. projektierter Wohnhäuſer f. d
Land- u. Forſtwirtſchaft, unter bef. Berückſ. d. Qand-
arbeiter⸗Wohng. m. zugehör. Stallg. (107 S. m. z. Tl.
farb. Abb.) 35x45 cm. Lwbd. M. 40.—. Paul Parey
in Berlin.
Vachstum und Ertrag der Fichte im Hoch:
gebirge von Prof. Dr. A. von Guttenberg,
mit 3 Abbildungen im Text und 21 Tafeln. Wien
und Leipzig, Deuticke, 1915.
Nach ſeinem Rücktritt vom Lehramte fand der
Verſaſſer erft Mufe zu dieſer Arbeit; zwar war das
ſeſamte Material dazu ſchon faſt vollkommen geſam—
mit und damals ſchon 2 Ertragstafeln, eine für Fichten:
beſtände des Hochgebirges im allgemeinen und eine für
den Staatsforſt Paueveccio, aufgeſtellt, aber diefe Tafeln
naten mehr vorbereitende Arbeiten, die nicht der Oef:
ſentlichkeit übergeben worden waren. Seither haben
TA die Anſichten über Beſtandserziehung weſentlich ge:
zendert und von Guttenberg hat in der vorliegenden
Bearbeitung dieſen Verhältniſſen Rechnung zu tragen
verſucht und das Thema tiefgreifend und methodiſch
ſoriginell behandelt. Eine erſtaunliche Fülle zeitrauben—
der Unterſuchungen liegt der Bearbeitung zugrunde.
J 0. Guttenberg fand bei Forſteinrichtungsarbeiten in
den Nordtiroler Alpen im Jahre 1870, daß die Er:
kagstafeln von Feiſtmantel und Preßler und
auch die ſpaͤter erſchienene von Baur für die Fichten⸗
Itelande des Hochgebirges nicht brauchbar waren. Er
d lte daher die beiden obenerwähnten Ertragstafeln
auf, zu deren Ergänzung bis in die 80er Jabre hin-
ein Nacherhebungen gemacht worden find. Die end:
gültige vorliegende Umarbeitung iſt das Ergebnis faſt
vierzigjähriger Forſcherarbeit.
Die Methode der Ertragstafel⸗ Auſſtellung von Gut⸗
tenbergs geht vom Einzelſtamme aus, wobei die Wuchs
und Form weſentlich bedingenden Faktoren, Standort
und Standraum, beſonders eingehend berückſichtigt wer⸗
den. Neben den Beſtandsmittelſtämmen, den Weiſer⸗
ſtämmen, find auch Stämme der ſtärkeren und ge:
ringeren Stammklaſſen genau unterſucht worden.
Dem Wachstumsgang des Einzelſtam—
mes iſt der erſte Abſchnitt gewidmet; in ihm find für
die Ertragskunde wertvolle Ergebniſſe veröffentlicht,
auf die von Guttenberg bei ſeinen Vorleſungen, in
ſeiner Holzmeßkunde im Lorey'ſchen Handbuch und an⸗
deren Veröffentlichungen teilweiſe eingegangen iſt. Vom
theoretiſchen Standpunkte aus betrachtet enthält dieſer
Abſchnitt das Wertvollſte. Der zweite Abſchnitt ban:
delt von dem Wachstum des Beſtandes, dem
dann als dritter Abſchnitt die Fichte von Pane:
veggio (Südtirol) nach Wachstum und Er:
trag ſolgt.
J. Das Wachstum des Einzelſtammes.
Die Unterſuchungen ſind auf 125 Stammanalyſen
von Modellſtämmen der Probeflächen aufgebaut, die
im Alter zwiſchen 60 und 320, zumeiſt zwiſchen 120
und 160 Jahren liegen; es mußten jedoch davon noch
18 Stämme ausgeſchieden werden, weil fie Wachstums
anomalien infolge abnormer Beſtandsverhältniſſe auf:
wieſen. Es blieben für die Durchſchnittsberechnung
von Grundſtärke, Grundfläche, Höhe, Holzmaſſe und
Formzahlen für Standortsklaſſe I 21, für Standorts:
klaſſe II 37, für Standortsklaſſe III 20, für Stand:
ortsklaſſe IV 21 und für Standortsklaſſe V 8 Stämme
übrig. Aus der Betrachtung des Wachstumsganges
des Einzelſtammes find folgende Schlüſſe zu ziehen.
Das Höhenwachstum iſt zuerſt raſch anſtei⸗
gend, nach dem höchſten Punkte erſt raſch, dann lang:
ſam fallend. Der Zeitpunkt des größten Höhenwuchſes
tritt umſo ſpaͤter ein und die Kulmination wird um-
ſo flacher, je geringer die Standortsgüte iſt.
Der Grundſtärkezuwachs (die Jahrring⸗
breite) iſt bei der Fichte des Hochgebirges in der erſten
Jugend am größten und nimmt von da ab anfangs,
beſonders auf den beſten Standorten, ſehr raſch, fpater
nur langſam ab, ſo daß auch dieſe Zunahme bei allen
Standorten im 150. Jahre mit einer faſt gleichen
Größe von 1,2 bis 1,4 mm pro Jahr abſchließt. Die
Meßhöhe von 1,3 m wird auf der erſten Standorts—
klaſſe im 8. Jahre, auf der fünften erſt mit 20 Jahren
erreicht. Die Mittelſtämme erreichen im 100. Jahre
auf:
Standortsklaſſe I eine Grundſtärke von 38 em
” V ” ” "n 20 n
114
ſamt Rinde, was einer durchſchnittlichen Jahrringbreite
von 1,8 bezw. 1 mm gleichkommt. Der im Alter faſt
gleichbleibende Grundflächenzuwachs bedingt eine mit
dem Alter abnehmende Jahrringbreite als eine durd-
ans naturgemäße Erſcheinung.
„Der Unterſchied in den Grundſtärken wird mit ab:
nehmender Standortsgüte geringer, worin der Einfluß
der Standortsgüte auf das Höhenwachstum gegenüber
jenem auf das Stärkewachstum ſich als überwiegend
herausſtellt“ ſagt von Guttenberg auf Grund ſeiner
Unterſuchungen. Es iſt bei ſeiner Ertragstafel im
100. Jahre die mittlere Grundſtärke der I. Stand-
ortsklaſſe nur 1,96 mal größer als die der V. Stand:
ortskaſſe, die entſprechende Höhe der I. Standortsklaſſe
dagegen 2,52 mal größer als die Höhe der V. Stand⸗
ortsklaſſe.
Die Abſtufung der Grundſtärken iſt je nach der
Standortsklaſſe keine ſo gleichmäßige als bei den Höhen:
der Unterſchied in den Grundſtaͤrken wird mit abneh⸗
mender Standortsgüte geringer, worin der Einfluß
der Standortsgüte auf das Höhenwachstum ſich als
überwiegend gegenüber jenem auf das Stärkewachstum
zeigt. Von neuem ein Beweis für die Richtigkeit der
Bonitierung nach der Höhe!
Im Alter 150 iſt auf Standortsklaſſe:
I II DI’ IV V
d = 446 387 33,4 29,3 25,6 cm
Differenz 59 53 41 3,7
hes 39,1 33,2 28,2 23,2 17,7 m
Differenz 59 5,0 5,0 5,5
Der Maſſenzuwachs zeigt ſehr deutlich den
Unterſchied der einzelnen Standortsklaſſen in Geſamt⸗
leiſtung und Wachstumsgang.
Charakteriſtiſch für den Wuchs der Fichte im Hoch⸗
gebirge iſt die ſehr langſame Jugendentwicklung und
der hierauf ausdauernde Erwachs bis in ein hohes
Alter; die Mittelſtämme erreichen auf Standortsklaſſe
II III IV V
im Jahre 100 eine
Schaftmaſſe von 1,6
im Jahre 150 eine |
Schaftmaſſe von 2,75 18 1,1 0,7 0,4 fm
Es leiſtet daher auf der beſten Standortsklaſſe bis
zum Jahre 100 der Mittelſtamm nahezu das Zehn—
fache, während im Alter von 150 Jahren dieſer
Unterſchied nur noch das Siebenfache beträgt.
Von den Formzahlen zeigen die Bruſthöhen—
(unechten) Formzahlen ein von den abſoluten
Formzahlen weſentlich verſchiedenes Verhalten.
Waͤhrend die abſoluten Formzahlen, bei denen nur
der Inhalt des Stammes von der Meßhöhe aufwärts
in Betracht kommt, vom 20. Jahre an von etwa 0,33
bis zum 90. oder 100. Jahre regelmäßig anſteigen,
1.0 0,56 0,34 0,17 fm
um dann wieder langſam abzunehmen (Hinad.
des Wurzelanlaufs über die Meßhöhe!), finial-
Bruſthöhenformzahlen anfangs raſch, nehmen
etwas zu, um dann vom 90. Jahre an aber man
zunehmen. :
Dies Verhalten ift bekanntlich in der gleihjeg
Veränderung der Stammhöhe und der Vollholz
begründet. |
Auch von Guttenberg’ außerordentlich peinlich $:
inſtruktive Unterſuchungen beweiſen, daß im hiii
Alter, in dem der Einfluß des Höhenwuchſes ſeht
ring wird, beide Formzahlen faſt parallel verag
ein Umſtand, der die Verwendung der unechten)
zahlen bei älteren Beſtänden und Baͤumen berii
Zur Erkenntnis der Stammformanderug
in der Jugend bilden die unechten Formzahlen |
brauchbare Unterlage.
Aus den Unterſuchungen über die Formzahlen a
deutlich hervor, daß die Vollholzigkeit der Etim
mit der Standortsgüte im allgemeinen abnimmt .
Die unechten Formzahlen find infolge der mt
nehmender Standortsgüte abnehmenden Höhe bis zn
50. Jahre umſo höher, je geringer die Stande:
güte iſt. l |
Ein Auszug aus einer auf S. 17 gufammengelte
Tabelle der berechneten und ausgeglichenen Mitten
läßt dieſe Beziehungen am deutlichſten erkennen:
Formzahlen nach Alter und Standort in 9
im Alter von 20 40 60 80 100 71
I. abfolute Formzahlen:
Standortsklaſſe I 336 404 440 453 453
R II 330 400 442 455 458 455
j III 380 420 439 442 441 4%
e IV 376 416 436 439 488 HE.
p v 356 384 399 406 410 „%
II. Bruſthöhenformzahlen: i
Standortsklaſſe I 565 457 470 476 473 466 Eh
p II 608 466 478 484 482 45 5 |
i ur 756 492 473 476 474 469 ©
x IV 516 492 494 488 480 5 Í
a v 624 528 493 477 468 WE.
Zuſammenfaſſend beurteilt der Verf. dann | .
die formelmäßige Darſtellung der Wachen
kurven von Prof. Weber u. E. L. Koller und.
den Schluß, der aus der Feder eines fo lange iy
reich wirkenden Hochſchullehrers beſonders beherzigen 5
wert erſcheint, daß die graphiſche Darftellung Í i
Wachstumskurven keinenfalls zu umgehen ift, aire =
Verf. die graphiſche Methode bei feinen Borir
fets vorgezogen habe, weil ſie anſchaulicher if p! f
ſich dem Gedächtnis des Hörers viel beffer eint ne
er
als eine auf die Tafel geſchriebene Formel.
Nach der Darſtellung der Wuchsgeſetze
ſtammes geht von Guttenberg auf das mitten |
ne
Te
des Eine x
115
balten und die durchſchnittliche Formausbildung
Fichte ſowohl nach Standortsgüte als auch
9 Standraum ein.
Es werden hierzu nur Mittelſtämme als Normal—
ırıme der Fichte ausgewählt. Im allgemeinen ſtimmt
Verhalten dieſer ſorgfältig als Mittelwerte ausge:
Aten Stämme mit den Wachstumgeſetzen der vorher
Wähnten Modellſtämme, unter denen auch die ſtarken
d geringen Stärkeklaſſen enthalten find, überein. Auch
> Betrachtung dieſer Normalſtämme zeigt, daß „durch
e Standortsgüte mehr der Höhenwuchs,
urd den freieren Standraum mehr der
r undſtärkezuwachs beeinflußt wird“.
Das Verhältnis der Höhen dieſer Mittelſtämme
im 120. Jahre von der IV. Standortsklaſſe auf—
Its
10:1,8: 1,6: 1,9
as der Grundſtärken
1,0: 1,2: 1,4: 1,6
Bei den 3 Stammklaſſen, in die die Beſtände zer—
igt werden, verhalten fich im Durchſchnitt der 3 in
tetrahit gezogenen Standortsklaſſen die Höhen wie
1,0: 1,14: 1,25
ie Grundſtärke wie
1.0: 1,3: 1,65.
Die Maſſeninhalte der Mittelſtämme der 4 Boni—
iten im Alter verhalten ſich im 120. Jahre wie:
1,0: 1.9: 3,3: 4,9.
Das Verhältnis der Mittelſtämme der 3 Stamm:
koien aft von den geringen zur ſtarken Klaſſe auf
len 3 Standortsklaſſen fait übereinſtimmend
1,0: 2,0: 3,0.
Fine weitere Unterſuchung an den Normalſtämmen
diente dazu, das Verhalten des Staͤrkezuwachſes
(Jahrringbreite) und des Querflächenzuwachſes
am Stamm zu unterſuchen.
Einen genauen Einblick in diefe Verhältniſſe ge-
währt Beilage 6, in der der Stärkezuwachs und Flåden:
zuwachs für die einzelnen Alterſtufen aus den ſektions⸗
wajen Meſſungen berechnet iſt.
Erfichtlich tft daraus, daß die Stelle der gering:
‚ten Jahrringbreite nur etwa bis zum 20. Jahre
ju der Abhiebshöhe von 0,3 m, dann längere Zeit
lindurch in der Meßhöhe (1,3 m), dann bis zur
Hehe von 4.3 m, bei den Stämmen der I. u. II. Stand:
ttsklaſſe ſelbſt bis auf 8,3 m hinaufrückt. Von dieſer
Stelle nach abwärts nehmen die Jahrringbreiten zu;
on der Stelle der geringſten Jahrringbreite nach auf—
darts nimmt die Jahrringbreite ebenfalls durchweg
qu und erreicht im Gipfel oft die doppelte Jahrring-
breite wie im unteren Stammteil.
Der Verlauf des Querflächenzuwachſes am Stamm
A nn 3 LQ ů——ñ—
— 3333 —
geht am beſten aus einigen Zahlen hervor, die aus
ausführlichen Ueberſichten hier zuſammengeſtellt ſind.
Verhältnis des Querflächenzuwachſes je
nach Stammhöhe für Standortsklaſſe J.
a) Mittelſtämme:
Im Alter von 20—30 50—60 70—80 90—100 J.
Höhe 0,3 m 132 141 170 152
r 13 „ 100 100 100 100
„ 4.3, 70 95 90 86
„ 8, e 98 88 78
„ 12% me 93 88 74
„ 193. = — 84 68
„ 53a Se = 43 63
b) geringe Stammklaſſe:
Höhe 0,3 m 110 171 158 188
„ 1.3 „ 100 100 109 100
„ 434 73 101 102 97
n 83, — 104 104 97
„ 123, — 100 106 94
„ 203, — — 85 88
ia ae — — — 57
c) ſtarke Stammklaſſe:
Höhe 0,3 m 114 141 141 140
„ 1.3 „ 100 100 100 100
„ 2 88 87 8⁴
8 8.3 „ — 94 87 78
„ 124, — 96 87 77
„ 20,3 „ — 46 84 74
„ 24,3 „ — — 57 67
f aa. LH Höhe
Auch das Dimenſionsverhältnis (p- Gru
ſtärke) hat für die Beurteilung der Stammform einen
Wert. Es iſt nicht gleichgültig, ob bei gleichem Bruſt—
höhendurchmeſſer ein Baum 15 oder 30 m hoch iſt;
es läßt auch Schlüſſe auf den Schlußgrad des Be—
H
D
ort, um fo kleiner, je größer der Standraum des Bau-
mes iſt.
Die vorwiegenden Wirkungen von Standort auf
H, des Standraums auf D kommen hierin zum Aus—
druck.
Mit zunehmendem Alter der Stämme iſt 5 bis
etwa zum Alter von 80 Jahren fteigend, dann längere
Zeit nahezu gleichbleibend, im höheren Alter etwas
ſtandes zu iſt um ſo größer, je beſſer der Stand—
fallend 5 des Mittelſtammes iſt im Alter von
40 60 80 100 120
auf Stand
ortsklaſſe I 79 87 92 93 92
II 74 2 86 86 86
V 65 66 69 70 70
116
Dem Rindenprozent der Schaftmaſſe, das
bei der ſorgfältigen Analyſierung der Stämme leicht
mit erhoben werden konnte, widmet der Verf. einen
beſonderen Abſchnitt.
Im allgemeinen wird die Rindendicke der Fichte
am Stamme aufwärts allmählich geringer, iſt aber
im mittleren Stammteile auf längerer Strecke gleich⸗
bleibend.
Das Rindenprozent nimmt mit abnehmender Stand⸗
ortsgüte zu, bis zum Alter von 120 Jahren regel⸗
mäßig ab. Seine Größe ſchwankte bei dieſen Unter⸗
ſuchungen zwiſchen 6,3 bis 14,6% ,‚ im Durchſchnitt
war es auf Standortsklaſſe:
I II III IV V
8,0% 9,0 9/0 9,5/0 11%, 12%
Das Verhältnis der Kronenlänge zur Shaft:
länge beſpricht von Guttenberg zum Schluß feiner
Ausführungen über das Wachstum des Einzelſtammes.
Schiffel hat bekanntlich diefer Verhältniszahl eine
hohe Bedeutung für die Beftandeserziehung beigelegt
und dieſe Zahl deshalb auch in feine Fichtenertrags—
tafel aufgenommen.
Die Kronenentwickelung wurde zunächſt für das
Studium des Einfluſſes der Kronenlänge auf Stärke—
zuwachs und Schaftform erhoben; der Einfluß hat ſich
nach den Unterſuchungen des Verf. bei der Hochge⸗
birgsfichte nur als ſehr wenig hervortretend gezeigt.
Das Verhälinis Kronenläuge — 1
Baumhöhe Ir wird mit zu:
H
nehmendem Beſtandesalter kleiner, mit abnehmender
Standortsgüte größer. Es ergaben fih im Durch—
ſchnitt Verhältniszahlen für Standortsklaſſe
I II III IV V
von 0,42 0,44 0,48 0,56 0,66.
Es muß daher bet der Beſtandserziehung daz
rauf geachtet werden, daß je geringer die Bonität iſt,
deſto größer der Kronenanteil, deſto größer die An—
forderung des Baumes an Licht, Luft und Boden ſind,
um einen befriedigenden Zuwachs zu leiſten. mer:
halb des Beſtandes betragen dieſe Verhältniszahlen für
die drei Stammklaſſen (ſtärkſte) 0,45, 0,50 (mittel), 0,55
(ſchwächſte).
Höherer Wert kommt der Unterſuchung über dieſe
Zahl dann zu, wenn ſie auf die Vergleichung von Be—
ſtänden verſchiedenen Schlußgrades, verſchiedener Be—
ſtaudserziehung ausgedehnt werden; es iſt dieſer Ab:
ſchnitt auch hier erwünſcht, weil er Schlüſſe auf die
Beſtandserziehung zuläßt, die der folgenden Ertrags—
tafel zu Grunde gelegt iſt.
Auf dieſen tief durchdachten und äußerſt anregenden
Abſchnitt, in dem eine Fülle zeitraubender Einzelfor—
ſchungen enthalten find, folgt II. die Ableitung des
|
|
|
|
|
Wachstums des Beſtandes, die aus deme
Teil gewiſſermaßen organiſch herauswächſt.
Auf Grund der unterſuchten Probeſtämme $
170 Probeflächen wurde der Wuchsgang und die K.
raus ſich ergebende Ertragstafel für die Fichte
Hochgebirges abgeleitet. Zur Einreihung der Pag
flächen in die 5 Standortsklaſſen wurde in erſter N
die Höhe, daneben auch die Maſſe als Funktion .
Alters benutzt. Bemerkenswert find dazu die Iq.
einer Probefläche, die im 50. Jahre 55,4 qm G
fläche aufwies — mehr als die I. Standortsklaf
dieſem Alter verlangt —, aber nur eine Höhe
12,5 m, eine mittlere Grundſtärke von 11,5 em ia.
der Höhe nach daher in die III., dem Durchna
nach in die IV. / V. Bonität hätte eingereiht wi
müſſen. l
In Wirklichkeit gehört die Probefläche in
II. Standortsklaſſe; gedrängter Schluß (im Alter
noch 5400 Stämme pro ha!) hatte in dem vert
aus Vollſaat hervorgegangenen Beſtande einen (iğ
völligen Stillſtand des Wuchſes bewirkt; die Berma
dung dieſer Fläche für die Ertragstafel ift rating
unterblieben. |
Die Höhenentwickelung der mittleren Modelltir:
kann als mittlere Beſtandshöhe nicht unmitiis
verwendet werden. Dieſe Stämme gehören in fel
rem Beſtandsalter zur vorherrſchenden Stammi
entſprechen daher mehr der Oberhöhe als der mil
leren B.⸗Höhe. Iſt der Abſtand der Oberhöhe .
der Beſtandsmittelhöhe in den einzelnen Alterskğ
durch Unterſuchungen bekannt, dann läßt dies nach gg
Oberhöhe die mittlere Beſtandshöhe leicht finden.
ſen Weg konnte der Verf. hier nicht einſchlagen.
v. Guttenberg hat daher die Mittel höhen der a
zelnen Probeflächen aufgetragen und da, wo die Rut |
ven infolge des Grundlagematerials unſicher warg
wurde die Kurve durch den Verlauf der Hohentuy
einer zweiten Reihe von Modellſtämmen ergänzt. De
zweite Reihe von Modellſtämmen, die namentlich fi
die jüngeren Alter nötig war, wurde dadurch gebil |
daß die in der Jugend ſtark vorwüchſigen Stau]
ausgeſchieden wurden und der Entwicklungsgang d
Vertreter der geringen Stammklaſſe mitherangezeg f
wurde. Auf S. 37 bringt eine Figur die mitte]?
Höhenzunahme des Beſtandes und den Höhenzuwat⸗ .
der Modellſtämme klar zum Ausdruck. wd
„Die Zunahme der jeweiligen Beſtandsmittelläb |
iſt demnach gegenüber dem Höhenzuwachs der Stämm ;
des Abtriebsbeſtandes in der Jugend etwas langſalle, :
anſteigend, erreicht ſpäter als dieſer ihren Höchſtbeg
und bleibt von da ab infolge des ſteten Hinaufrüce f
des jeweiligen Mittelſtamms in eine höhere Stamm i
klaſſe über dem Höhenzuwachs des Einzelſtamnes
{a
2; E ES
117
Sie Stammgrundfläche konnte aus den in
>eflächen erhobenen Beträgen derſelben ziemlich
gezogen werden.
>. Guttenberg konnte ſich der Anſicht, die in neue-
Ertragstafeln zum Ausdruck kommt, daß bei einem
== von 40—50 qm, bei lichterer Beſtandserziehung
rx von 20 - 30 qm, eine Zunahme der Kreisflächen⸗
time niht mehr erfolge, nicht anſchließen.
Hauptſächlich die Rückſicht darauf, daß in den
gebirgsforſten die Möglichkeit eines weitgehenden
ertfiven Durchforſtungsbetriebes in der Regel fehlt,
v. Guttenberg zu der Feſtlegung verhältnismäßig
yer Grundflächenſumme veranlaßt, die zwar gegen:
>r der erſten nicht veröffentlichten Bearbeitung durch
Sſcheidung aller Beſtände mit abnorm hoher Grund-
He ermäßigt find; es kamen auf I. und auch noch
Standortsklaſſe Grundflächenſummen von 70, ja
byt von über 80 qm! vor.
Im 100. Jahre haben für den bleibenden Beſtand
if Standortsklaſſe I. II. III. IV. V.
Guttenberg 64,5 58,4 52,0 45,7 35,9
tur, Gebirge (Schw.)
(B. Grad) 75,6 65,4 56,1 47,6 39,5
ꝓhwappach 1890 Ndd 64,0 57,2 50,4 43,1 36,4
z 1902 „ 48,3 43,4 38,4 33,5 27,5
rundner (Harz) 52,0 50,0 47,0 42,0 34,9
Die Beſtandsformzahlen haben die Eigen⸗
zaft eines ſtetigen Fallens. Unter Berückſichtigung
er Tatſache wurden die aus den Stammanalyſen
wonnenen Formzahlen, unter Ausgleichung des für
m Einzelſtamm charakteriſtiſchen Verlaufs, benutzt.
Die zur Charakteriſtik erwünſchtemittlere Grund⸗
‘atte des Beſtandes wurde analog den Höhen aus
Nodellſtammreihen ermittelt, die dann mit den Grund⸗
täten aus den Probeflächen verglichen wurden, wo:
m dann die zuletzt ausgeglichene Kurve hervorge⸗
angen ift.
Die Stammzahlen der Probeflächen hat nod
keiner der zahlreichen Ertragstafelbearbeiter benutzen
tonnen, um daraus halbwegs ſichere Stammzahlreihen
dzuleiten. Auch v. Guttenberg hat diefe Größe aus
der Divifion der mittleren Grundſtärke in die Grund⸗
Klächenſumme des Beſtandes erhoben.
Die Maſſeninhalte der Mittelſtämme ſind
inmal durch Diviſion der Stammzahl in die Holz⸗
aſſe, dann durch das Produkt aus Grundfläche ><
döhe >< Formzahl des Mittelſtammes beſtimmt.
Die Holzmaſſen pro ha ergaben ſich dann
Bus Multiplikation von Stammgrundfläche >< Be:
nddhöhe >< Formzahl; die hieraus berechneten
Maſſen fat ohne Ausgleich fih ergab.
9161
Die feither den Probeflächen meiſt mangelnde Er⸗
ziehung, machte die Benutzung des ausſcheidenden Be⸗
ſtandes dieſer Flachen zur Beſtimmung der Borer:
träge völlig unbrauchbar; iſt es doch ſchon unmöglich
ſolche Vorerträge bei länger beobachteten Verſuchs⸗
flächen zu benutzen, wenn irgend ein Faktor die Art
der Beſtandserziehung von der genau einzuhaltenden
Erziehungsmethode ablenkt. Im vorliegenden Falle
wurde der Zwiſchenbeſtand nicht aufgenommen und
v. Guttenberg hat ſich mit dem ihm allein übrig
bleibenden Wege geholfen, die Holzmaſſe der Vor⸗
erträge in den verſchiedenen Altersſtufen aus der aus⸗
ſcheidenden Stammzahl und dem anzunehmenden mitt⸗
leren Kubikinhalt der ausſcheidenden Stammklaſſe zu
berechnen. Die Ermittelungsart kann nur ein Not⸗
behelf ſein, der zu ganz einwandfreien Größen nicht
führt. Für die Beurteilung des Geſamertrags des
ausſcheidenden Beſtandes vom mittleren Beſtandsalter
ab bis zum Abtriebsalter hat v. Guttenberg den Satz
aufgeſtellt: die Größe des Zwiſchennutzungs⸗
ertrages vom mittleren Beſtandsalter bis zum
Abtriebsertrag iſt gleich der Differenz zwi—
ſchen der Geſamtmaſſe des Hauptbeſtandes und
der dem künftigen Abtriebsbeſtande in der be—
treffenden Altersſtufe zugehörigen Holzmaſſe.
Die Maſſe dieſes künftigen Abtriebsbeſtandes in den
betreffenden Altersſtufen iſt gegeben durch die entſpre⸗
chenden früheren Maſſen der Mittelſtaͤmme des Ab⸗
triebsbeſtandes multipliziert mit der Stammzahl des
Abtriebsbeſtandes. Eine geringe Erhöhung der Summe
des ausſcheidenden Beſtandes, nach dieſer Art berechnet,
iſt angebracht und auch geſchehen, da an dieſem noch
ein, wenn auch geringer, Zuwachs erfolgt. Zur Beur⸗
teilung der Vorerträge wurde die ausſcheidende Stamm⸗
zahl und der mittlere Inhalt dieſer Stammklaſſe maß⸗
gebend, der zu ½ des Beſtandsmittelſtammes ange:
nommen worden iſt. Bei ſtarker Niederdurchforſtung
ſtimmt dies letztere vom 50. — 80. Jahre überein, von
da ab iſt aber der Mittelſtamm des ausſcheidenden
Beſtandes meiſt größer als hier angenommen wird.
Im 100. Jahre betragen die Vorerträge in %o der
Geſamtleiſtung:
auf Standortsklaſſe
. II. III. IV. V
bei v. Guttenberg (Schaftmaſſe) 23
Grundner £ 45
Schwappach 1890 (Derbin.) -26
1902 Š 45 43 41 39 39
Flury (Gebirge) „ 28 28 29 29 30
Einen direkten Vergleich laſſen nur die v. Gutten⸗
24
42
24
22
37
21
24
35
17
26
34
13
tiben zeigten einen fo geſetzmäßigen Aufbau, bak bergiſche und die Grundnerſche Tafel zu, da fie allein
kr periodiſche Zuwachs aus der Differenz der | die Schaft maſſe enthalten, während die anderen
Tafeln auf die Derbmaſſe aufgebaut ſind.
16
418
Der Grundnerſchen Tafel liegt eine ſtarke
Niederdurchforſtung zu Grunde, Flury hat feine Fla:
chen mäßig (B. Grad) durchforſtet; die v. Gutten:
bergiſche Tafeln ſind nach dieſem Vergleich auf eine
ſchwache bis mäßige Durchforſtung aufgebaut.
Flury entnimmt mit B. Grad-Durchforſtung auf
III. Bonität
im Alter von Jahren:
60
Derbmaſſe in % des
bleib. Beſtandes 8,2 10,7 9,7 8,9 7,0 6,2 4.9
v. Guttenberg (Schaft:
maſſe in °/o des blei⸗
benden Beſtandes 8,3 6,8 5,7 4,8 4,1 3,7 3,3
Darnah ſcheint der Durchforſtungsgrad v. Gutten-
berg ſich zwiſchen ſchwach und mäßig zu bewegen oder
die Berechungsmethode der Vorerträge an dieſem Bilde
ſchuld zu ſein.
Die fertigen Ertragstafeln werden dann noch mit
anderen Fichtenertragstafeln verglichen.
Zunächſt mit Schiffels Ertragstafeln, die bekannt⸗
lich auf Lorey's und Schwappach's Tafel 1890 auf⸗
gebaut ſind und denen keine eigenen Erhebungen zu
Grunde liegen, weiter mit Ertragsunterſuchungen der
Fichte aus dem Mittelgebirge (Herrſchaft Weitra an
der niederöſterreich⸗böhmiſchen Grenze).
Darauf wird am Schluſſe noch näher eingegangen
werden. l
Als letzten Abſchnitt hat von Guttenberg noch eine
Ertragstafel für die Fichte in Paneviggio in Südtirol
aufgeſtellt. wobei er ſich derſelben Methode wie im
vorigen Abſchnitt bedient hat.
Herrliche Fichtenſtämme, ſchlank, vollholzig, 36 bis
40 m hoch in einer Höhenlage von 1500 — 1800 m u. d.
M., das Holz von gleichmäßigem Jahrringbau, 200 bis
300 Jahre alt haben diefe Beſtände das Auge jedes Be-
ſuchers erfreut. Weſſely's Anſicht, daß dies Waldungen
im „Plenterbetrieb“ ſeien, kann v. Guttenberg nicht
teilen. Beſtände mit 800 - 1200 fm pro ha, in welchen
die jüngeren und mittleren Altersſtufenkfaſt völlig fehlen,
find keine Plenterbeſtände. Auch die geringe Abholzig:
keit weißt darauf hin. Umtriebe in der Höhe von
140 Jahre laſſen ſich finanziell vielleicht gerade noch
rechtfertigen, ſo daß wohl die älteren Beſtände ver⸗
ſchwinden werden, es fet denn, daß die Staatsforſtver⸗
waltung ſie als Naturſchutzreſervat erhält, ſchreibt der
Verfaſſer bei der Abfaſſung dieſes Abſchnittes.
im Alter von
v. Guttenbergs: Fichte Hochgebirg IV. Bon.
Schiffel (Dichtſchluß) IV.
Grundner: IV./ V.
"
n"
70 80 90 100 110 120
Kurz vor Schluß der Beſprechung teilte de
faſſer mit, daß diefe 200 - 300 jährigen Betink
mehr dem Krieg zum Opfer gefallen find. Es it
ihrer Zerſtörung kaum irgendwo mehr Gelegent:-
boten eine Ertragstafel bis zum 200. Jahre, St.
analyſen bis zum Alter von 250 Jahren aukır.
Dieſe Arbeit bildet daher neben dem mifer:
lich Intereſſanten einen Gedenkſtein für ein im K
geopfertes Naturdenkmal.
Die Wuchsleiſtung fet hier an der Hand e.
Zahlen ſkizziert.
In drei Standortsklaſſen eingeteilt leiſteten die Fz
Beitände Paneveggios folgendes. :
ere rte p
Alter Stamm- Höhe Durch⸗ Schaft⸗ e
zahl meſſer maſſe
Jahre em em fn (Schaftmoß t
I. Standortsklaſſe.
50 20.0 12.4 15.0 217 266
100 692 26.2 31.5 664 865
150 433 33.6 424 952 1308
200 316 | 38.8 50.8 | 1121 167
Il. Standortsklaſſe.
50 2720! 90| 114 | 128 1%
10) 910 | 20.0 | 25.5 | 438 438
150 530 | 26.8 | 36.0 | 674 674
200 372 | 31.7 44.2 825 825
Da der Verlauf des Höhenwachstums bei der gid
des Hochgebirges verſchieden ijt von dem der Ù
aus niederen Lagen, ſo iſt ein Vergleich, der auf!
Höhe aufgebaut iſt, nicht einwandsfrei. Ein Berghe
der auf der Geſamtwuchsleiſtung für eine beftim
Umtriebszeit beruht, iſt ebenfalls hier anfechtbar,
die Vorerträge nicht in ihrem wirklichen Anfall
mittelt werden konnten.
Die Maſſe des Hauptbeſtandes Ihm!
je nach der Art der Beſtandeserziehung. Trotzdem MI
ich von dieſer und zwar im Jahre 100 ausgehen
einige Vergleiche erwähnen, die von Guttenberg E. i
u. 54) gibt, ergänzt durch Daten aus Grundnet“
Ertragstafel, die allein die Schaſtholzmaſſen ™
von Guttenberg angibt.
Die Hauptbeſtandsmaſſe im Jahre 10 hl
bei v. Guttenbergs Fi des Hochgebirges. IV. a
Schiffel (aus Schwappachs Tafel 1890 v. Lord TI
rechnet IV. Stdkl. Grundner auf Stdkl. IV/V.
60 70 80 90 100 110 120
Mittlere Beſtandshöhe: m.
91 112 13,2 14,9 165 18,0 194 20/7
78 106 131 15,3 17,1 18,7 200 20
97 120 142 163 182 19,9 212 2°
— —— 2
0 400 f
50
119
Stammgrundfläche pro ha: qm.
v. Buttenbergs: Fichte Hochgebirg IV. Bon. 28,0 33,0 37,2 40,6 43,4 45,7 47,5 48,8
ScHiffels P IV. „ 23,6 289 33,0 36,1 386 40,8 42,4 43,6
Grundner P VIV. „ 30,4 33,7 35,9 37,3 38,7 38,6 38,7 38,7
Schaftmaſſe pro ha.
v. Guttenbergs: Fichte Hochgebirg IV. Bon. 129 184 241 296 348 397 442 481
Schi ffel j IV. , 112 177 240 298 359 398 438 467
Grundner 5 IV. V. „ 173 231 284 330 371 402 423 239
"5 zeigt jih, der Verlauf der Hauptbeſtandsmaſſen
1idners ift vor dieſem Zeitpunkt höher als bei
uttenberg, ſpäter niederer. Es ift dies die v. Gutten-
betonte Erſcheinung, daß die Kulmination des
mwuchſes und des Durchſchnittszuwachſes bei der
ebirgsfichte ſpäter als bei der Fichte des Mittel-
ges eintritt, nachher langſamer abfällt. Auf der
Bonität (Hochgebirge) kulminiert der Durchſchnitts⸗
ichs erſt mit 120 bis 130 Jahren. Schwappach
darauf aufmerkſam gemacht, daß dies zum Teil
der Benutzung der Analyſen von Modellſtaͤmmen
Konſtruktion der Ertragstafel herrührt.
Die Höhen zeigen in 9 jüngeren Altersklaſſen
|
| einen energiſcheren Wuchs bei Grundner als bei v. Gutten-
bergs Hochgebirgsfichte, die aber im 100. Jahre noch
ſtarken Höhentrieb zeigt, während bei Grundners Fichten⸗
tafel dies nicht mehr der Fall iſt.
Auch die Stammgrundfläche, die bei Grundner in⸗
folge des Standorts und der B.⸗Erziehung raſch an:
ſteigt, nimmt im Hauptbeſtand vom 95. Jahre nicht
mehr zu, während die v. Guttenbergſche Tafel noch
eine weitere Mehrung zeigt.
Ein Vergleich der Wuchs leiſtung der mittleren
Standortsklaſſen mit denen anderer Fichtenertrags⸗
tafeln ſei hier noch gegeben:
Laufender
beſtand Vorerträge Geſamt⸗ Zuwachs
Holzmaſſe bis z. J. 100, leiſtung jährlich
im J. 100 bis z. J. 100 im J. 100
f 576 168 * Guttenberg Hochgeb
8 ) ; v. Guttenberg Hochgebirg Fi
ee 438 134 572 82 (mittel), Fi v. Baneveggio
f 632 203 835 8,4 Schwappach 1890
Terbmaffe 480 338 818 8,2 j 1992
l 740 297 1037 9,6 Flury (Gebirge)
Schaftmaſſe 602 359 961 7,5 Grundner.
Das vorzüglich ausgeſtattete Werk bietet eine Fülle
n Material, das nach allen Richtungen hin tief
uuchdacht und verarbeitet ift. Wenn meine Beſprechung
was verſpätet erſcheint, ſo möge der Verf. es teilweiſe
it meiner derzeitigen ſtarken dienſtlichen Inanſpruch⸗ |
ahme entſchuldigen, teilweiſe aber auch daraus ſchließen, |
aß mir das Werk eine Fülle von Anregungen geboten |
Bri
Aus Preußen.
Die Rechtsstellung des Wildes in „eingefrie-
digten Wildgänten“.
I der heutigen Zeit wirft jeder neue Tag auf
diem oder jenem Gebiete eine neue Frage auf.
Aus dieſem Grunde hat auch auf dem Gebiete des
Jagdrechtes, den Verhältniſſen Rechnung tragend, das
korigliche Staatsminiſterium ſchon in verſchiedenen
Fällen von der Befugnis Gebrauch machen müſſen,
di ihm der Artikel 63 der Verfaſſungsurkunde für den
|
|
|
hat. Mit diefer ſorgfältigen, Arbeit hat von Gutten-
berg für die Erkenntnis der Methodik in der Zuwachs⸗
lehre, namentlich des Einzelſtammes, einen klaſſiſchen
| Bauſtein, für die praktiſche Forſteinrichtung in Hod:
gebirgsforſten eine weſentliche Stütze geliefert;
wünſchen ihm eine weite Verbreitung.
Dr. Wimmer.
wir
e fe.
ee Staat vom 31. Jan. 1850 verleiht Ver⸗
ordnungen zu erlaſſen, die ändernd in das beſtehende
Jagdrecht eingreifen. So iſt am 30. Dezember 1915
eine inzwiſchen vom Abgeordnetenhaus genehmigte Ver—
ordnung erlaſſen worden, welche den § 47 der JO.
vom 15. Juli 1907 und den $ 10 des preußiſchen
Wildſchongeſetzes vom 14. Juli 1904, das noch in der
Provinz Hannover gilt, aufgehoben hat. Inhaltlich
decken fich die erwähnten Vorſchriften vollſtändig, denn
ſie ſagen in beiden Fällen, daß alle Beſtimmungen,
16*
120
welche für die Verſendung von Wild, ganz beſonders
innerhalb der Schonzeit gegeben ſind, auch auf das
Wild Anwendung finden, welches in eingefriedigten
Wildgärten erlegt oder gefangen iſt.
Die erwähnten Geſetze ſprechen weiter an anderer
Stelle aus, daß die Vorſchriften, welche über Schon:
zeiten gegeben ſind, auf das Fangen oder Erlegen
von Wild in eingefriedigten Wildgärten
keine Anwendung finden, ſo daß das hier vorhandene
Wild das ganze Jahr hindurch uneingeſchränkt erlegt
werden darf. Seinem Verkauf und ſeiner Verſendung
waren aber die Schranken gezogen, die für alles übrige
Wild zu gelten hatten.
Durch die Verordnung vom 30. 12. 15 ſind alle
dieſe Hemmniſſe beſeitigt worden, ſo daß heute der
Eigentümer des Wildgartens in der Verfügung über
das in ſeinem Beſitz und Eigentum ſtehende Wild
keinerlei Einſchränkungen unterworfen iſt.
Es mag auffällig erſcheinen, daß der Wildgarten⸗
beſitzer bei der Verwertung ſeines im Eigentum
ſtehenden Wildes denſelben Einſchränkungen unter-
liegen ſoll wie der Jagdberechtigte, der herrenloſes Wild
okkupiert.
Dieſe Gleichſtellung hat ihren guten Grund, denn
ſchon das Geſetz über die Schonzeiten des Wildes vom
26. Februar 1870 ging von der Vorausſetzung aus,
daß es unbillig wäre, wenn man dem aus eingefrie⸗
digten Wildgärten ſtammenden Wild eine Vorzugs—
ſtellung einräumen wollte. Für die Praxis iſt nun
die Frage außerordentlich wichtig, was unter einem
„eingefriedigten Wildgarten“ zu verſtehen
iſt, denn die Meinungen der Juriſten gehen hierüber
weit auseinander. |
Das Bürgerliche Geſetzbuch jagt in feinem $ 960:
„Wilde Tiere find herrenlos, jo lange fie fih in der
Freiheit befinden. Wilde Tiere in Tiergärten und
Fiſche in Teichen oder anderen geſchloſſenen Privat⸗
gemäſſern find nicht herrenlos“. Die Jagdgeſetzgebung
hat den Ausdruck „eingefriedigter Wildgarten“
aus dem alten Schonzeitsgeſetz von 1870 übernommen
und hat es — leider — unterlafſen dem Beiſpiele des
B. G. B., das vom „Tiergarten“ ſpricht, zu folgen.
Somit war von vornherein Veranlaſſung gegeben, die
verſchiedenen Ausdrücke begrifflich von einander zu
unterſcheideu. Dieſe Auffaſſung wurde beſonders da-
durch unterſtützt, daß bei der Beratung des Wild—
ſchongeſetzes von 1904 ein Vertreter der Staatsregie—
rung in der Kommiſſion des Herrenhauſes erklärt
hatte, daß „Tiergarten“ nach Auffaſſung des B.
G. B. ein engerer Begriff als „Wildgarten“ fet,
weil dieſer ein „Gehege“ bedeute. Es war alſo nur
ein ganz kleiner Schritt bis zu der Auffaſſung, daß
das unterſcheidende Merkmal zwiſchen „Tiergarten“
und „Wildgarten“ in der Größe beſtehe und
Tiergarten im Sinne des B. G. B. nur dann inf
kommen könne, wenn er ſo klein ſei, daß ein gen
Beſitz an dem Wilde möglich erſcheine.
Alles das hat dazu geführt, daß ein Unter
zwiſchen „eingefriedigten Wildgärten“ und , Trergiry
gemacht wurde.
Nur im letzteren folte das Wild i m Cig:
tum des Beſitzers ſtehen, während es im erſteren!
herrenlos gelten ſollte, was namentlich ar
strafrechtlicher Hinſicht zu den verſchiedenſten fer
— hn .— — — — e —— — — — — — —
—— . — ——ñ — ̃Fä . —y— ñ—1— nn nn nn nn
quenzen führen mußte.
Herr Prof. Dr. Carl Dickel, hat diefe Auffaflung »
vornherein auf das Entſchiedenſte bekämpft um!
Standpunkt vertreten, daß der Parkeigentümer u
im größten Gehege Eigentum an den dutch die!
zaͤunung am Entweichen abſichtlich verhinderten ag
baren Tiere haben müſſe, weil das Gefängnis ein eur
oder ein weiteres, alfo auch ein eingehegtes Gum
ſtück fein könne. Das deckt fih aber auch ganz x:
dem Wortlaut des 8 960 B. G. B., wo nicht ale
Fiſche in Teichen, ſondern auch in anderen gef
ſchloſſenen Privatgewäſſern nicht hene |
find.
Nichts ſpricht dafür, daß das Wild anden hy
handelt werden ſollte, fo daß es einzig und aun“
darauf ankommt, ob den Tieren im „eingeſtiden `-
Wildgarten“ die natürliche Freiheit entzogen ift wa p
nicht.
treffen muß, die Zeit in Anfpruch nehmen. |
Es wird nach dem Inkrafttreten der neuen der
ordnung nicht ausbleiben, daß der Verſendung jn
Wild, das aus „eingefriedigten Wildgärten“ fam,
Schwierigkeiten erwachſen und deshalb fei barauf aul
merkſam gemacht, daß das Reichsgericht in fenem
Urteil vom 9. Jan. 1902, in einem 3600 ha große “a
Wildpark Beſitz und Eigentum des Barkeigentämtt
am Rotwild angenommen hat, weil nach den me ; ey
Verhältniſſen das im Wildpark eingeſchloſſene "1
Ein ſehr namhafter Ja
Die Richtſchnur, daß der Beſitzer jeden Augen
in der Lage fein müſſe ein beſtimmtes Tier zu ting ~
beziehungsweiſe zu ergreifen und ſo tatſächlich in fe
Gewalt zu bringen, um zwiſchen Tier- und Wildau
zu unterſcheiden, ſtand von vornherein auf ſehr ſchwaß pi
Füßen, denn wenn aud) der Befi einer Gade MI] --
der Erlangung der tatſächlichen Gewalt über die Catt r
abhängig ift, fo folte eigentlich darüber teine Mar =
ungsverſchiedenheit beftehen, daß man durchaus ni à
in der Lage zu fein braucht die Berfügungsgemal 1 5
jedem Augenblick ausüben zu können. Dieſer Ghat: `
punkt war unhaltbar, weil der Wildgartenbefſe n
der Lage iſt jedes der vorhandenen jagdbaren Aut J:
zu erlegen, wenn er auch dazu einige Vorbereitungen f:
—
1 A
1
En
121
Id vollſtändig am Austreten gehindert und damit
aner natürlichen Freiheit beraubt war.
In der neueren Zeit hat ſich auch das Kammer⸗
ericht in feiner Entſcheidung vom 1. Dezember 1910
uf den Standpunkt geſtellt, daß der Begriſſ eines
Tiergartens im Sinne des § 960 B. G. B. im weſent⸗
ichen eine nach den Umſtänden des einzelnen Falles
Ju beurteileude Tatfrage iſt. Der hierfür maßgebende
Gefichtspunkt müßte darin geſehen werden, daß durch
Den Aufenthalt der wilden Tiere in dem betreffenden
Gehege, deren Freiheit als aufgehoben erſcheinen müſſe.
Die Einfriedigung des Grundſtücks begründe den Zu⸗
Rand der Gefangenſchaft, welche die Herrenloſigkeit
wilder Tiere aufhebt. Danach iſt in der Praxis zu
beurteilen ob „ein eingefriedigter Wildgarten“ in Frage
kommt oder nicht. Nicht die Größe iſt zur Entſchei⸗
Dung heranzuziehen, ſondern die Sachlage, die ergeben
muß. daß dem Wildſtande die Möglichkeit des Ent⸗
weichens fehlt.
Auch ſtrafrechtlich ift dieſes von ganz beſonderer
Bedeutung, denn die unbefugte Aneignung derartigen.
Wildes ift nicht als Jagd vergehen anzuſehen,
ſondern als gemeiner Diebſtahl zu beſtrafen.
Wenn nun heute der Beſitzer des eingefriedigten
Wildgartens in der Lage iſt, das in ſeinem Eigentum
ſtehende Wild in uneingeſchränkter Weiſe zu verkaufen
und zu verſenden, ſo gilt dieſes natürlich nur für das
von der Einfriedigung betroffene Wild.
Das Flugwild, welches von der Einfriedigung nicht
betroffen wird, iſt ſelbſtverſtändlich auch im Wild⸗
garten herrenlos, wenn es nicht zu den zahmen Tieren
gehört, und dasſelbe gilt natürlich auch für die Hafen,
wenn die Einfriedigung eine derartige iſt, daß ihrem
Ein⸗ und Auswechſeln keine Hinderniſſe entgegenſtehen.
Unter dieſen Umſtaͤnden bleiben fie ſtels im Zuſtande
der Herrenloſigkeit, ſo lange ſie ſich in ihrer natür⸗
lichen Freiheit befinden. Sie unterliegen dem aus⸗
ſchließlichen Okkupationsrecht des Jagdberechtigten und
für fie gelten wie unter anderen Umſtänden die Bor:
ſchriften über die Schonzeiten und auch die Bejtim:
mungen, welche die Verſendung des Wildes regeln.
Um ſich vor Nachteilen zu ſchützen, muß der Eigen⸗
tümer des „eingefriedigten Wildgartens“ dieſes be⸗
achten. Baltz-Hannover.
Aus Baden.
Kriegsmaßnahmen den badiſchen Forjt-
verwaltung.
In dem Briefe aus Baden auf Seite 15/1916
d. Bl. ſind einige bemerkenswerte Entſchließungen der
badiſchen Forſt⸗ und Domänendirektion auszugsweiſe
wiedergegeben. Es hat nun der Großh. Oberforſtrat
]
Gretſch, techniſcher Leiter der badiſchen Forſtverwaltung, |
unter obigem Titel eine Druckſchrift veröffentlicht, aus `
der einige Mitteilungen allgemeines Intereſſe bieten
dürften.
Die badiſche Forſtverwaltung hat es ſich zur be—
ſonderen Pflicht gemacht für eine zureichende Ernäh—
rung von Menſchen und Nutztieren Sorge zu tragen.
Zu dieſem Behufe wurden die Waldarbeiten im Jahre
1915 zu gunſten der dringendſten landwirtſchaftlichen
Arbeiten, der Bergung der Ernte und Wiederbeſtellung
der Felder tunlichſt eingeſchränkt.
Auch fand eine weitgehende Abgabe an Waldſtreu
und Waldgras ſtatt.
So wurde verabfolgt gegen den Durchſchnitt 1911/13
ein Mehr in den Domänenwaldungen an Rechſtreu
von 40%, an Unkrautſtreu von 8%, an Dürr: und
Futtergras von 137 °/o, bezw. in den Gemeinde: und
Körperſchaftswaldungen von 27%, 84% und 37%.
Von der Erlaubnis Futterlaub und Laubheu zu ſammeln
wurde ein kaum nennenswerter Gebrauch gemacht, eben-
ſo wenig von der geſtatteten Waldweide. Auch die
freigegebene Schweineweide beſchränkt fidh auf den Aus:
trieb von Zuchtſchweinen, hauptſächlich aus dem Grunde,
weil unſere jetzigen Schweineraſſen für die Nutzung der
Erdmaſt nicht mehr recht geeignet find und die Qand-
wirte die Stallfütterung wegen des Düngeranfalles
bevorzugen.
Dieſe wurde durch die überaus reiche Eichelmaſt
des Jahres 1914 ausgiebig ergänzt. Es kann nach
angeſtellten Schätzungen und Feſtſtellungen die Menge
der geſammelten Eicheln auf 200 000 Zentner veran—
ſchlagt werden. Ein Teil der Eicheln diente zur Be—
reitung des ebenſo wohlſchmeckenden als geſunden Eichel—
kaffees, der entſchieden noch weitere Beachtung verdient.
Ueber die wirtſchaftliche Behandlung der ſehr zahlreichen
Eichenaufſchläge iſt bereits S. 15 das Erforderliche mit:
geteilt.
Die größte Einwirkung auf die Lage des Holz—
marktes und die Walderträge ergab die lebhafte Rad-
frage nach Eichenſchälrinde mit einem Preisaufſchlag
von ſeither 2.60 bis 2.80 M. je 1 Ztr. auf 9 bis
10 M. Es mögen nach Erhebungen und zuverläffigen
Schätzungen auf einer Niederwaldfläche von beiläufig
1700 ha 118 000 Ztr. (in Privatwaldungen beiläufig
55 000 Btr.) geſchält worden fein mit einem Erlöſe
von rd. 900 000 M.
Auch die Fichtenrinde war lebhafter gefragt, doch
konnte wegen Beamten- und Arbeitermangels nur eine
mäßige Menge von etwa 35 000 Btr. mit einem Ge-
ſamterlöſe von beiläufig 200 000 M. gewonnen werden.
Mit der Beſchäftigung von Kriegsgefangenen in
Staatswaldungen wurde im Frühjahr 1915 beim
Rindenſchälen der Anfang gemacht. Im Winter 1915
waren in 13 Forſtbezirken (von 78) 260 Ruſſen ver—
wendet.
|
Hinſichtlich der Beamten: und Arbeiterfür-
ſorge wäre Folgendes zu erwähnen: Mit Rückſicht
auf die durch den Krieg eingetretene Teuerung der
Lebenshaltung wurden mit Wirkung vom Juni 1915
für die verheirateten Beamten, Bedienſtelen und ſtän—
digen Arbeiter mit Kindern, deren monatliches Dienſt—
einkommen weniger als 130 M. betrug, Teuerungs—
zulagen gewährt mit je nach der Kinderzahl, der
Dienſt⸗ und Beſchäftigungsart abgeſtuften Sätzen
zwiſchen monatlich 3 und 12 M. für die Famil
Die Zulagegrenze wurde vom November 1915 ar!
170 M. erhöht.
Die Angehörigen der vom Forſtärar beſchäftigten
zum Kriegsdienſte einberufenen ſtändigen Arbeiter (12
Beſchäftigungstage) erhalten als Beihilfe: die Ehefrar
25 %, jedes Kind bis zum zurückgelegten 15. Lebens
jahr 15% , jedes Kind eines verwitweten oder ge
ſchiedenen Arbeiters 7/½ l/ des wirklichen Arbeit:
verdienſtes; dieſe Sätze wurden ſpäter noch etwas er
höht. Die Geſamtbeihilfe darf 50% des Lohnes nicht
überſteigen.
Notizen.
A. Forſtrat a. D. Julius Hamm T.
Am 17. Januar 1916 verſchied zu Karlsruhe Forſtrat
Julius Hamm. l
Hamm war 1842 geboren und hatte an der Karlsruher
Hochſchule ſtudiert, wo er u. a. die anregenden Kollegien von
Klauprecht und Dengler gehört hatte. 1864 wurde er bad.
Forſtpraktikant, war dann längere Zeit bei der Forſteinrich⸗
tung und Waldſteuereinſchätzung tätig, Geſchäfte, die ihn mit
den vielſeitigen Waldverhältniſſe unſeres Landes näher bekannt
machten. 1871 übernahm Hamm das Forſtamt Stockach, 1884
das Forſtamt Kenzingen und 1892 das Forſtamt Karlsruhe.
Am 1. April 1914 war Hamm in den Ruheſtand ge⸗
treten, den er nur ſo kurz genießen ſollte. |
Mit Hamm iſt eine unermüdliche Arbeitskraft dem bas
diſchen Forſtweſen und der Forſtwiſſenſchaſt dahingegangen.
Die ſeltene Gabe eindringender Naturbeobachtung gepaart mit
dem eifrigen Streben, die Fortſchritte auf dem Gebiete der
Naturwiſſenſchaft und Volkswirtſchaft zu verfolgen, befähigten
den Verſtorbenen neben ſeiner mit großer Initiative geführten
praktiſchen Tätigkeit, jederzeit an der Diskuſſion forſtlicher
Tagesfragen lebhaft teilzunehmen und unſere Wiſſenſchaft durch
literariſche Arbeiten zu bereichern.
Neben Beiträgen ſorſtpolitiſcher und verwaltungstechniſcher
Natur in dieſer Zeitſchrift und im Forſtw. Zentralblatt war
Hamm's wiſſenſchaftliche Arbeit namentlich auf das Gebiet des
Waldbaus gerichtet.
In ſeinem erſten Bezirke Stockach entſtanden Beiträge zu
dem blologiſchen Verhalten der Fichte, Lärche und Kiefer auf
den Molaſſeböden des Bodenſeegebietes, denen Ertragsunter—
ſuchungen beigegeben waren. Seit feiner Tätigkeit in den
Rheintalforſtbezirken Kenzingen⸗Karlsruhe war es der Augs
ſchlagwald, mit einer enormen Wuchskra't und Vielgeſtaltig⸗
keit nach Holzarten, der Hamm beſonders anzog.
Hier entſtand ſeine bedeutendſte Veröffentlichung über den
Ausſchlagwald, das einzige zuſammenfaſſende Werk über
dieſen intereſſanten Teil des Waldbaus, das unſere forſtliche
Literatur beſitzt. Mitten in einer ihn viel in Anſpruch nehmen—
den Praxis fand Hamm immer Zeit zu wiſſenſchaitlicher Wr:
beit; ſeit den 1890er Jahren hatte Hamm ſich dann noch mit
Fragen fiſcherei⸗politiſcher Natur beſchäftigt und war für dieſes
Gebiet techniſcher Hilfsarbeiter im Miniſterium des Innern.
Seine faſt unbeſiegbare Lebenskraft hatte in den letzten
Jahren Krankheit geſchwächt, die er aber mit der ihm eigenen
Energie und Humor zu überwinden ſuchte. Im Verkehr en
ungemein anregender und heiterer Geſellſchafter vermochte
Hamm feine waldbaulichen Leiſtungen den Beſuchern feine
Bezirkes auf die kurzweiligſte Art belehrend vorzuführen. Mit
Julius Hamm iſt ſeiner Familie ein treubeſorgter Vater, den
Forſtweſen ein Mann verloren gegangen, der über ein reiches
Maß allgemeinen und forſtlichen Wiſſens verfügte, der mit
Leib und Seele an feinem Fache hing und fein Auſehen zu
fördern ſuchte.
Wiſſenſchaft und Praxis wird ihm ein treues Anden
bewahren. Dr. Wimmer.
B. Unberechtigte Jagdausübung durch Auſteher
auf eigenem Bezirk.
Eniſch. des Bayer. Oberſten Landesger. v. 29. Juli 1915,
Rev.⸗Nr. 173/15.
Die Angeklagten St., M. und K. haben am 28. Januar
1915 in der Weiſe die Jigd ausgeübt, daß einer von ihnen
mit einem Hund in einem an das Jagdgebiet des Bierbrauen
St. angrenzenden Jagdbezirk ein Wäldchen abging, um Wild
aufzuſcheuchen und gegen das Jagdgebiet des Bierbrauers zu
treiben, während die beiden anderen Jäger mit ſchußberciten
Gewehren auf dem fremden Jagdgebiet ſtanden, um daz aus
dem Wäldchen herauskommende Wild zu erlegen. — Die bri
Jäger wurden wegen Vergehens des ſtrafbaren Eigennutze!
durch unberechtigte Jagdausübung vom Landye
richte Paſſau verurteilt, ihre Reviſion wurde verworfen. Ans
den Gründen: „Wer eine Handlung vornimmt, durch die et
dem Wild nachſtellt, um es zu erlegen, einzufangen, oder font
in feinen Beſitz zu brinjen, übt die Jagd aus. Eine ſolche
Handlung liegt in der von der Strafkammer feſtgeſtellten, ay’
Erlegung von Wild aus einem fremden Jagdbezirk gerichteten
gemeinſchaftlichen Tätigkeit der drei Angeklagten, von denen
der eine fih bemüht, in dem fremden Jagdbczirk Wild aufzu
ſcheuchen und feinen Jagdgenoſſen zuzutreiben, während dieſe
bereitſtanden, dieſes Wild beim Vorbrechen zu erlegen. Daß
Wild aus dem fremden Jagddeiirke nicht hervortrat und dei
halb eine weitere, auf Aneignung von Wild gerichtete Tätig:
keit der Angeklagten unterbleiben mußte, tit rechtlich belanglos.
Die Frage, an welchem Orte die Jagd ausgeübt wird, und
ob die Jagdausübung bercchtigt ift oder nicht, entſcheidet
nicht der Standort des Jägers, ſondern des Wil⸗
1
i]
123
des. Das HOffupationfredht erſtreckt fih nur auf das Wild,
das ſich im Jagdreviere des Berechtigten befindet.
Die Strafkammer hat zwar tatſächlich feſtgeſtellt, daß St.
1:8 Glaubens war, noch auf ſeinem Jagdgebiete zu ſtehen.
Allein mit Recht hat fie auch dieſe irrige Meinung St.'s für
bedentungslos erklärt, da feſtſteht. daß St. dem Wilde nad:
ſtell“e, das ihm von den Mitangeklagteu nach feinem Willen
ans dem fremden Jagdbezirke zugetrieben werden folte.
Irrtum über die Jagdgrenze, ſoweit der Standort des
Wildes in Betracht kommt, dem die Angeklagten nach ben Feſt⸗
ſtellungen der Straſkammer nachſtellten, ift weder von St.
noch von einem anderen Angeklagten behauptet worden.
Wenn die Reviſion des Angeklagten St. darzulegen ver:
ſucht, Wille und Tätigkeitk St.'s fet nicht auf Erlegung von
Wild aus einem fremden Jagdbezirke gerichtet geweſen, fo feg:
ne RH in Widerſpruch mit den tatſächlichen Feſtſtellungen des
Beruſungsgerichtes.“
Dieſe Entſcheidung hat eine gewiſſe grundlegende Bedeu⸗
tung. Hier ift inbezug auf den Standort des Wildes
And jenen des Jägers bei der Grenzjagd und in gleicher
Weile anch inbezug auf die Frage eines entſchuldbaren Irr-
tums (de facto) das Reat der verbotswidrigen Jagdausübung
durch an fih jogdberedtigte Perſonen differenziert, wie man
bisher in der Rechtſprechung wohl noch nicht die Rechtslage
beurteilt bat. Demnach kommt es bei der ſtrafrechtlichen Ent⸗
ſcheidung über eine grenznachbarliche Jagdausübung, voraus⸗
geſetzt. daß der Angrenzer feinen Bezirk überhaupt nicht vers
laſſen hat oder doch, im Falle dies geſchah, ſich hierin in einem
entſchuldbaren Irrtum befunden hat, in erſter Linie auf den
Standort des Wildes an. Trifft der Angrenzer Maßnah⸗
men, durch welche das Wild in dem jenſeitigen Bezirk in ſei⸗
ner natürlichen Bewegung, in ſeinem Wechſel derart beeinflußt
und abgelenkt wird, daß dasſelbe genötigt wird, in den frem⸗
den Bezirk überzulaufen und wenn dieſes erreicht wird, die
Möglichkeit des Abſchuſſes für den Angrenzer beſteht, fo quali»
fiziert fidh diefe Handlungsweiſe als eine verbotswidrige Jagd»
ausübung nach § 292 SIEB. Auch wenn der Erfolg nicht
erreicht wird, alſo Wild weder überwechſelt noch überlaufendes
vu Schuß kommt, ift die Strafbarkeit gegeben. Ebenſo ift
ed belanglos, ob die auf die Bewegung des Wildes gerichtete
i Tätigkeit durch Perſonen, Treiber, in der Nähe der Grenze
: angeſtellte Jäger mit oder ohne Hunde oder ob dieſelbe durch
T fret revierendDe und von dem jagdlichen Intereſſenten in das
fremde Jagdrevier abgelaſſene Hunde ausſchließlich inſzeniert
wird. Das Okkupations⸗ oder weidmänniſche Aneignungsrecht
erſtreckt ſich im weiteſten Sinne auf alles im Jagdreviere des
Berechtigten befindliche jagdbare Wild. Dieſes im gewiſſen
Sime abſolute Aneignungsrecht erleidet aber eine Einſchrän⸗
tung inſofern, wenn es ſich bei der Erlegung um Wild han⸗
delt, das nicht auf natürlichem Wege, entſprechend dem B tge
des Wildes und unbeeinflußt durch einen intereſſierten Dritten,
ſondern durch beſtimmte Berechnung von Seite des Angren⸗
krs, ſelbſt auf dem Wege des Blattens und Lockens (in der
Nähe der Grenze) in ſein Revier gelangt iſt. Die Okkupation
als ſolche iſt auch hier nicht ſtrafbar, wenn das Wild erlegt
wird, wohl aber die Handlung, welche eine ſolche Er⸗
legung ermöglicht hat. Der Tatbeſtand iſt natürlich
um ſo flagranter und markanter nach ſeiner Strafbarkeit er⸗
Wiejen, wenn, wie im vorliegenden Falle, eine gemeinſchaftliche
Tätigkeit mehrerer Organe, alſo von Hund, menſchlichem Trei⸗
der und von Jägern zur Erreichung eines beſtimmten Zweckes
in Frage kommt.
Ein Irrtum über die Jagdgrenze kann nun nach der
übereinſtimmenden Rechtſprechung von Reichsgericht und den
einſchlägigen Landesgerichten die Strafbarkeit unter Umſtänden
ausſchließen. Auch im gegebenen Falle würde diefe Wohltat
von dem oberſten bayeriſchen Landesgerichte den Beteiligten
zugebilligt worden ſein. Allein dieſes Moment war hier be⸗
deutungslos, weil es ſich nicht um den Standort des Jägers
inbezug auf die Jagdausübung als ſolche, um Wild im frem⸗
den Jagdrevier direkt zu erlegen, handelte, ſondern um
das Nachſtellen und Zutreiben von Wild aus dem
fremden Jagdreviere in das eigene. Da im vorliegenden Falle
nur der Standort des Wildes als maßgebender Faktor in Be⸗
tracht kam und infolge der gemeinſamen Aktion der Beteiligten
über deuſelben ein Irrtum ausgeſchloſſen und auch nicht bee
hauptet worden war, ſo war eine wohlberechnete Tätigkeit von
Seite der Angeklagten, um Wild aus dem fremden Reviere in
das eigene zu bringen, gegeben und infolge der gerichtlichen
Feſtſtellungen eine gegenteilige Anſchauung nicht mehr halt⸗
bar. R.
C. Kriegsausuutzung des Waldheidekrauts.
Was doch der Krieg alles zuwege bringt! So manches
alte deutſche Kraut kommt wieder zu Ehren. Und warum auch
nicht? Warum ſoll beiſpielsweiſe der Tee aus überſeeiſchen
Pflanzenblättern beſſer ſchmecken als der Heidekraut⸗Erſatztee?
Es liegt vielfach nur an einer beſtimmten Geſchmacksrichtung
— Geſchmack iſt durchaus Modeſache! —, die wir uns in der
Zeit der Bevorzugung alles Ausländiſchen angewöhnt haben.
Nun ſieht ſich ſogar das offizielle Wolffbüro des mächtigen
deutſchen Reiches veranlaßt, in einem feiner täglich kommen⸗
den Telefonbriefe, Rubrik: „Nachrichtendienſt für Ernährungs:
fragen“, auf den Heidekraut⸗Erſatztee die Oeffentlichkeit auf⸗
merkſam zu machen. Allerdings erſcheint es ja bei den jetzigen
hohen Teepreiſen und bei der noch zu erwartenden größeren
Knappheit an Tee und Kaffee ratſam, ſich nach einem Erſatz
für dieſe Genußmittel umzuſehen. Es ſind auch ſchon mancher⸗
lei Vorſchläge in dieſer Richtung gemacht worden, die jedoch
zum Teil wenig ausſichtsreich find. Die Schwierigkeit liegt
eben darin, Kräuter auszuwählen, die nicht allzu ſehr an be⸗
kannte Volksarzneien und Hausmittel erinnern. Denn da ſpielt
uns wieder gerade der uns angewöhnte Geſchmack einen Streich:
Derartige Getränke würden dem an ſo ausgeſprochene Genuß⸗
mittel wie Tee und Kaffee gewöhnten Gaumen bald wider⸗
ſtehen. Der Heidetee iſt nun aber nicht nur den anderen Er⸗
ſatzmitteln für Tee, wie Brombeers und Erdbeerblättern, im
Geſchmack überlegen, ſondern er ſtellt auch ein ſehr bekömm⸗
liches Getränk dar, wobei zu betonen iſt, daß der Heidekraut⸗
Aufguß keineswegs an eine Arznei erinnert, wie dies bei Ka⸗
millen⸗ und Lindenblütentee der Fall iſt. Es ſcheint nun auch
tatſächlich fo, als ob der Ericatee in älteren Zeiten ein Volks⸗
trank war — man behauptet wohl nicht zu viel, wenn man
dieſen Satz aufſtellt. Demnach möchte es anſcheinend nur ein
Zurückgreifen auf ältere Volksgewohnheiten ſein — allerdings
ein glücklicher Griff —, wenn Schneider in der Pharma-
zeutiſchen Zentralhalle das Heidekraut als Erſatz für Tee ems
pfiehlt. Er führt folgendes aus:
Der mit kochendem Waſſer bereitete Aufguß des Heide⸗
krautes (1 Teelöffel auf eine Taſſe) iſt von blaßgelber Farbe,
ſchwachem Geruch und ſtark zuſammenziehendem Geſchmack.
Mit 1 bis 2 Stückchen Zucker auf die Taſſe geſüßt, iſt der
Aufguß ein angenehmes Getränk. Auch mit Milchzuſatz ſoll
der Geſchmack angenehm ſein. Da das Heidekraut (Calluna
vulgaris oder Krica vulgaris) in großen Mengen vorkommt
leicht zu ſammeln und zu trocknen iſt, läßt es ſich billig auf
den Markt brugen Beim Einſammeln lege man Wert da-
Do ——— ——
124
rauf, daß die roten Blütenhüllen mitgeſammelt werden, weil
dadurch der Tee ein gefälligeres Ausſehen erhält.
Für den Forſtmann, der, wenn er ein richtiger Forſtmann
iſt, nicht nur die ihm anvertrauten Bäume, ſondern auch ſeine
Waldkräuter betreut, iſt die Ehrenrettung der Erica wichtig
im Hinblick auf die beſt⸗ und größtmögliche Ausnutzung ſeines
wirtſchaftlichen Kapitals. Es würde ihm ein Leichtes fein
aus der Einſammlung des Waldheidekrauts, ſofern es ein be⸗
gehrter Marktartikel würde, einen Nutzen zu ſchlagen. Eine
gewiſſe Skepſis wird ja natürlich auch in dieſem wie in allen
anderen ähnlichen Fällen am Platze ſein müſſen. Denn bis
ſich ſo etwas wie Heidekrauttee im Volke einbürgert, darüber
vergehen Jahrzehnte; ſolange aber würden wir den Krieg gar
nicht aushalten, und mit Kriegsende käme der überſeeiſche Tee
wieder auf den Markt. Wie ich ſchon früher an dleſer Stelle
ausführte, laſſen ſich Volksſitten nicht von heute auf morgen
einführen. Allein der deutſche Mann tut, was er kann, und
es genügt uns nicht, feſtgeſtellt zu haben, daß das Heidekraut
ein gutes Erfagmittel für Tee iſt, ſondern wir wollen es auch
effektiv auszunützen ſuchen. Der deutſche Wald birgt noch viel
mehr Schätze, als wir glauben. Schuster.
|
D. Zum Gedächtnis
meiner im Kampfe für das Vaterland gefallenen früher:
Schüler habe ich die nachfolgenden Angaben geſammelt u:
in Tabellenform zuſammengeſtellt. Ich darf hinzufügen, de
fie alle ohne Ausnahme bei mir in guter Erinnerung fie:
Alle waren prächtige Menſchen, niemals hat meine Begiehur:
zu ihnen irgendwelche Störung oder Trübung erfahren. Al
haben wir bei verſchiedenen Gelegenheiten, die meiſten jue:
noch bei meinem 25 jährigen Amtsjubiläum im April 1917,
ihre Anhänglichkeit erwieſen.
Ehre ihrem Andenken!
Zur Erläuterung bemerke ich noch, daß die Namen in de:
Lifte nach dem Alter geordnet find. In der Spalte „Ort un
Zeit des Todes“ bedeutet W. den weſtlichen, O. den öſtliche
Kriegsſchauplatz; außerdem iſt, wo möglich, auch der betr. On
näher angegeben. Die unter Nr. 4 und 11 Genannten ji:
jeit mehr als einem Jahre vermißt und wohl ſchwerlich nec
am Leben. Alle älteren, Nr. 1 bis 13, waren heſſiſche For:
aſſeſſoren; nur die drei jüngſten, Nr 14 bis 16, waren Thi
ringer. Wimmenauer.
Aamen Ort und Beit
ter Geburt |
1 Karl Schmall
2 Heinrich Weiß
3 | Leo Vogt
Liederbach bei Als⸗
feld 2./12, 80
Ben i. W.
Schotten 28./6. 82
Neuſtadt i. Odw.
7.19. 82
4 Hermann Rühl
5 Wilhelm Brückner
des Todes
Gießen 27.5. 80 W. bei Weſiſchede
8./ 11. 14
Letzte Zivilſtellung Militäriſche Stellung
Leutnant d. R. im Saf:
Reg. 118
Oberleutnant d. R. in !.
Niederl. Kolonialdienſt auf
Java
Seit 29./7. 14 als Großh.
W. vor Verdun
27./2. 16
W. bei Cernay en
1./2. 81 Dormois 15/9.14
W. vermißt ſeit
10.9, 14
W. bei Etalon
24./9. 14
Forſtaſſiſtent angeſtellt
Fürſtl. Hohenzoll. Oberſör⸗
ſter in Biſtriz (Böhmen)
Landwirtſchaftskammer der
Rheinprovinz
Hilfeleiſtung bei Großh.
Oberförſterei Höchſt
Oberrhein. Inf.:Re. 9
Leutnant im Landw. Inf |
Reg. 116
1 im Juſ⸗Atg.
9 R. im Znf. Rez.
97 (3. eif. Kreuz vorgeſchl.
—
6 Ludwig Nicolaus Grebenhain 15.10. W. bei Maurupt | Fürftl. Erbach. Oberförfter | Leutnant d. R im In.
82 10.9. 14 zu Neuſtadt i. O. Reg. 116.
7 v. Wedekind, Frhr.] Mainz 6./8. 83 W. bei Viel St. Res Hofjagdjunker in Darme f Leutnant d. R. im Schützen
Georg my 30.8. 14 ftadt Reg. 108
8 Richard Kern Darmſtadt 6. / 12. 83
O. bei Bania (Gali:
zien) 27./5. 15
Otterbach (Obers W.
9 Ernſt Ruckelshauſen
befien 19./8. 84
in Werwicq
21./8. 15
W. bei Vitry le
François 9./9. 14
W. vermißt ſeit 13.
9. 14 b. Soiſſons
W. bei Craonne
20./ 9. 14
O. bei Lodz 21.11.
14
W. bei Moorslede
20./10. 14
O. bei Nowe a. d.
10 Wilhelm Scheele a 5./7.
11 Eberh. Metzger Gießen 28./ 1. 85
12 Franz Leibfried Gor Amiran 20,
13 Ludwig Frang eh 23./7.
14 ritz Döll Gotha 30./4. 89 W. vor YXpern
8 Juli 15
15 Alexander Graf von] Oberfüllbach bei
Keller Coburg 7./8. 90
16 | Hans Kirſten Gotha 21. 9, 91
Weichſ. 10./10. 14
Aſſiſtent b. d. Bade⸗ u. Kur⸗
verwaltung in Nauheim
e für Elſaß⸗
Lothri
Lehrer a. b. Geragl. S.⸗Mein.
Forſtwartſchule Sonneberg
Frhrrl. v. Seckendorfſche
Forſtverwaltg. Buchenau
Forſteinrichtung für Elſaß⸗
Lothringen
Reichsgräflich Schaffgotſch⸗
ae Ober förſter in Ullers⸗
or
Forſtreferendar
Forſtreferendar
Stud. d. Forſtwiſſ.
Oberleutnant d. 8. im Rel.:
Inf.⸗Reg. 222 (ei; i
u. Heſſ. Tapf.⸗Med.
Bentnand, d. R. im Ji
Reg. 99 (Gif. Kran l.
Heli. Tapf.⸗Med.)
Leutnant d. n im Landw.
Juf. Reg. 1
Qeutnant im en
Reg 71
Leutnant d. R. im Sale
Reg. 172 sole
Kriegsfreiw. Oberjäger
irſchberger Reſ.⸗Jäger⸗
at. 2
Leutnant im Reſ.⸗Juf.⸗ RE
233 (Gif. Kreuz)
. im Jag.
Offizier « ‚Stellpertreer im
Inf.⸗Reg. 95
Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenau er,
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauer län ders 8
erlag
Verleger: J. D. Sauerländer in Frankſurt a. M. — G. Ottos Hoſbuchdruckerei in Darmſtadt.
—— — — ——
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GemeinherrschaftBreub erg
im Odenwald.
Maßstab 1: 100 000
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.— . Landesgrenze Bache
. Verbindi III N Gemetnherrschaftliche
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Allgem. F. arst-u Jagd Zeitung 1916. Maihoft /
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Allgemeine
Herausgegeben
von
h. Forftrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft
an der Univerſität Gießen.
Zweiundneunzigfter Jahrgang.
1916. Juni.
Mit einem Bildnis.
Frankfurt am Main.
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fondern ift auch als Nachſchlagewerk für ausübende Foritmänner brauchbar.
Gist uud fey
Allgemeine
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fort und Zagd⸗ Zeitung.
Juni 1916.
Beiträge zur Anzucht von Carya-Arten.
t Von Forſtmeiſter Rebmann in Straßburg.
Von mehreren Seiten aufgefordert, meine Erfah:
ngen, die ich im Laufe von 33 Jahren über die An⸗
Gt einiger Caryaarten“) gewonnen habe, auch in
ſtlichen Blättern zu veröffentlichen, entſpreche ich um
Ver, als ich nach zahlreichen Anfragen zur Ueber:
zeugung gekommen bin, daß jeder Beitrag zur Klärung
„der Frage den ſich für die Anzucht intereſſierenden
Herren willkommen ſein wird. Sind doch dieſe Hölzer
ſo werwoll und ſo wichtig für uns, daß ſie keine Zu⸗
tidiegung verdienen.
Bei dem gewaltigen Völkerringen haben wir man:
ches gelernt, vor allem auch eingeſehen, wie wichtig es
für uns iſt, auf eigenen Füßen zu ſtehen und vom
Wuslande unabhängig zu fein. Dies gilt auch für
wiere Caryahölzer. Es iſt zu hoffen, daß mancher
Rollege, der bis jetzt der Anzucht von Ausländern kühl
und abwartend gegenüberſtand, fernerhin aus patrio⸗
then Rückſichten dieſen Holzarten ein größeres Jn-
treffe entgegenbringen wird. Die Anzucht bietet aller⸗
dings Schwierigkeiten; aber dies darf kein Grund ſein,
eine fo wertvolle Holzart zu vernachläſſigen.
Jaum gründlichen Studium dieſer Holzarten fehlt
ú bei uns und in den angrenzenden Ländern leider
an Gelegenheit. Aeltere und mittelalte Bäume ſind
ſcht {etten und die jüngeren Anlagen liegen in Deutſch⸗
land fo weit auseinander, daß man nur einen kleinen
U der Kulturen aufſuchen und Studien über das
Gedeihen an Ort und Stelle machen kann. Es war
Å
') Jn dieſer Abhandlung ift durchweg die Benennung
der fit nach Nuttall: alfo Carya gewählt.
Senugt wurden folgende Schriften:
l. Schriften von John Booth.
2 Fremdländiſche Wald⸗ und Parkbäume für Europa von
deine. Mayr 1906.
3 Saubholzkunde von Camillo Schneider 1906 - 1912
4, Artikel von Prof. Dr. Schwappach in den Zeitſchriften
_ Tht Gort: und Jagdweſen.
>. Unite in den D. D. G.⸗Heften von verſchiedenen Autoren.
; Aubauderſuche mit fremdl. Holzarten von Dr. E. Wim⸗
le Karlsruhe 1909.
„ The Commercial Hickories, Washington 1910.
-
mir jedoch möglich den weitaus größten Teil der in
Baden, der Pfalz und im Elſaß vorhandenen Anlagen
zu ſehen und Vergleiche über die Wuchsleiſtungen auf
ſehr verſchiedenen Standorten zu gewinnen.
Dadurch und durch das Entgegenkommen vieler
Herren, die mir wertvolle Notizen gaben, ferner durch
das Studium der vorhandenen Literatur, darunter 2
| neuere amerikanische Broſchüren, bin ich doch in der
Lage, weitere Beiträge zur Klärung der Frage geben
zu können.
Allen dieſen Herren, insbeſondere Prof. Dr. Schwap⸗
pad, Geh. Oberforſtrat Siefert, Privatdozenten Dr.
Wimmer, den Gutsbeſitzern von Schlumberger in Geb:
weiler und Gutenbrunnen, ſowie den Profeſſoren Dr.
Fernow in Toronto und Dr. Roth in ann Arbor
(Michigan) fei aufs wärmſte gedankt.
Die aus N.⸗Amerika ſtammenden Carya-Arten find
nicht nur ſehr ſchöne Zier-, ſondern auch wertvolle
Nutzbäume. Etwa 4 Arten ſind durch ihr wert⸗
volles Holz, die anderen 5 durch ihre begehrten Früchte
berühmt. Letztere Arten werden neuerdings in N.:
Amerika viel angebaut und ſogar veredelt. Für unſern
Zweck kommen nur jene Arten in Betracht, welche das
zäheſte Holz liefern, das wir kennen und das für
unſere Artillerie von allergrößtem Werte iſt und bleiben
wird. Denn wir beſitzen in unſern heimiſchen Forſten
kein Holz, das dem der C. porcina, alba und tomen-
tosa ebenbürtig iſt und es voll erſetzen kann. Wir
erfüllen durch den Anbau dieſer Hölzer ein patrio-
tiſches Werk, welches um ſo mehr zur Geltung kommt,
als dieſe Hölzer in der urſprünglichen Heimat ab⸗
nehmen und ſchließlich ganz verſchwinden. Und dieſer
Zeitpunkt liegt nach manchen Berichten nicht ſo fern.
Unter den zahlreichen im 18. und 19. Jahrhundert
von Nordamerika bei uns eingeführten Arten ſind die
Hickorys am ſchwächſten vertreten. Nur in Parkan⸗
lagen oder botaniſchen Gärten trifft man ganz ver⸗
einzelt ältere Bäume, von Pflanzenkennern gepflegt und
hochgeſchätzt, von der großen Menge kaum beachtet.
Das ſeltene Vorkommen der nützlichen Bäume hängt
offenbar mit der ſchwierigen Erziehung in der Jugend:
—
8. ii characteristics of Canadian Trees Toronto 1914. | zeit zuſammen. Schon die Beſchaffung keimfähigen
10 17
Samens war zur Zeit der Segelſchiffe und bei dem
Mangel an Wegen und Straßen mit den größten
Schwierigkeiten verknüpft; dazu kam die Keimung. die
ſchwierige Verpflanzung, der langſame Wuchs in den
erſten 5—7 Jahren, die Froſtempfindlichkeit u. dgl.,
kurz Verhältniſſe, die ſehr ungünſtig waren. Man
darf ſich daher nicht wundern, daß der Baum in
Deutſchland ſo ſelten iſt. Wenn auch einzelne weit⸗
blickende Männer, wie v. Wangenheim, Burgsdorf,
du Roi und einzelne andere für die ſo wertvollen
Hölzer lebhaft eintraten, ſo geſchah doch für die Er⸗
ziehung im Walde gar nichts.
Erſt unſer großer Kanzler brachte auf Anregung
von J. Booth die Exotenfrage in Fluß und man ging
von 1880 an planmäßig mit der Anzucht beſtimmter
Holzarten voran. Nach einem Arbeitsplane, der aber
dem Wirtſchaftsbeamten großen Spielraum ließ, wur⸗
den mehr oder minder geeignete Verſuchsflächen aus-
gewählt und dieſe mit den von der Zentralſtelle ge⸗
lieferten Sämereien angeſäet bezw. die Pflanzen in
der Saatſchule erzogen. Die Verſuche erſtreckten fih
im Reichslande auf 8 verſchiedene Holzarten — da:
von hatte ich ſämtliche Arten mit Ausnahme von
Pinus rigida; ich darf beifügen, daß — mit Aus⸗
nahme von Juglans nigra — alle anderen Flächen
ſehr ſchön ſind.
Die Verſuche mit Carya dehnten ſich anfangs auf
die 6 Arten alba, tomentosa, porcina, amara, sul-
cata und olivaeformis aus und hatten leider nur
zum kleinſten Teile Erfolg, immerhin bieten die An⸗
C. alba
„ porcina „ ss = Š
„ toment. „ P X „ 980
Nach Dr. Mayr reicht die atlantiſche Waldregion
etwa bis zum 90° weftlider Länge, von da an be-
ginne die Präirie. Nach den Aufnahmen der Schrift
The Com. Hick., die ich als maßgebend anſehe,
geht die Verbreitung nach Weſten bis zum 95. und
97°, — nach Norden bis zum 450. S. Zeichnung
S. 127. — Der Artenreichtum in dieſem ungeheuren
Waldgebiet iſt außerordentlich groß; je nach Standort
und Bodengüte herrſcht bald das Laub- bald das Nadel:
holz vor.
Von den Carya⸗Arten hat alba die größte Ver⸗
breitung; porcina, tomentosa und amara nehmen
einen etwas kleineren Flächenraum ein. (Siehe An:
lage). Die Carya⸗Arten findet man meiſtens einzeln
mit andern Laubhölzern gemiſcht — ſelten in Grup⸗
pen; nur beim Eingriff des Menſchen entſtehen auch
reine Horſte oder Gruppen. Die ſchönſten und wert⸗
vollſten Bäume ſeien bereits gehauen. Es komme jetzt
der ſogenannte 2. Wuchs an die Reihe. Oeſtlich vom
Alleghany⸗Gebirge ſei der Baum ganz verſchwunden,
97°
126
vom Atl. Ocean bis 1000 w.
"n
lagen — auch die mißlungenen — lehrreiche Objekte
weitere Studien. Die Flächen im Elſaß und beſond
in Baden, deren Ergebniſſe mir gütigſt zur Verfügun
geſtellt wurden, haben mir die Arbeit ungemein
leichtert. Einen beſonderen Wert hatten auch die au
N.⸗A. ſtammenden Nachrichten. Die von der Regierung
der Ver. Staaten zu Waſhington im J. 1910 heraus
gegebene Broſchüre: „The Commercial Hickories
enthält ungemein wertvolle Angaben über Vorkommen.
Anſprüche an Boden und Klima, Gedeihen, Höher:
und Dickenwuchs, Lebensdauer, Formzahlen, Genin
nung, Verarbeitung, Verkauf mit Bezug auf alle in
Handel üblichen Gebräuche, fo daß man ein vollfom:
men klares Bild über die dortigen Verhältniſſe be
kommt. Gegen 30 tabellariſche Zuſammenſtellungen,
deren Aufſtellung unendlich viel Zeit und Mühe tofe
ten, erhöhen den Wert und ermöglichen einen Cinblit
in dieſe ſchwierige Frage. Einen ähnlichen Dienf
leiſtete mir die in Toronto 1914 herausgegebene Schrift
Für unſere klimatiſchen Verhältniſſe haben fih die 3
härteren Arten alba, porcina und tomentosa al
anbauwürdig erwieſen und ſoll daher in der polge
hauptſächlich von dieſen Arten die Rede ſein.
Vorkommen. Um über dieſe Frage ein rid
tiges Bild zu bekommen, müſſen wir zunädjft die Ber:
breitung in der Heimat kennen, um Anhaltspunkte yu
gewinnen, wie weit wir in Deutſchland gehen können.
Nach einer Abhandlung des Hofgartendirektors Grau:
bener — D. D. Z. v. 1911 — erſtreckt fid) das Ber:
breitungsgebiet der
Länge und von 32 —490 nördl. Breite,
„ „ „ 30466 „ „
* ” ” 29 — 44° n „
weſtlich aber feien noch einige zerſtreute Gebiete, m
ſüdlichen Ohio aber noch das meiſte Holz zu finden.
In Deutſchland kommen nach meinen Erhebungen
nur 37 über 50 Jahr alte Hickories vor; davon
treffen 15 auf das nördliche und 22 auf das ſüdliche
Gebiet. Am ſtärkſten ift alba (18) und amara mit
12 vertreten, während von den andern Arten nur Je
1 oder 2 Exemplare vorhanden find. Mit Ausnahme
der 2 Bäume in Hohenheim ſtehen alle anderen m
der Ebene. Die in den letzten 4 Jahrzehnten ange
legten Kulturen befinden fid größtenteils in der Ebene,
doch trifft man auch im Hügelland und im Gebirg
ſehr hübſche Anlagen. Im Oberelſaß ging man mit
den Verſuchen ſogar bis 990 m, welche natürlich miß⸗
glückten. Aber bei 600 m M. H. habe ich noch gut
wüchſige Bäume geſehen.
2. Standortsverhältniſſe.
a) Klima.
Die Hickories find wärme: und lichtbedürſtige Holz
arten. Sie machen ungefähr die gleichen Ansprüche
i
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17.
126
wie die Juglandaceen. Doch kommen bei den ein: | Oft:Maryland und Pennſylvanien und wie Dr. Mayr
zelnen Arten immerhin bemerkbare Unterſchiede vor, ſagt im Treibhausklima des ſüdlichen Alleghany⸗Ge⸗
die nicht überſehen werden dürfen. birges.
Schon v. Wangenheim konſtatiert, daß zwiſchen Nach einer Mitteilung des Prof. Dr. Roth in
unſerm und dem amerikaniſchen Klima große Ver: ann Arbor kann man alba, poreina und noch tomen-
ſchiedenheit beſteht; daß aber dort auch Länderftreden | tosa fo weit anbauen, als der Mais gedeiht.“ Ez
mit nahezu gleichen klimatiſchen Verhältniſſen vor: | ift dies ein guter Anhaltspunkt.
kommen, wie bei uns. So habe das Klima der Staaten, , l
welche zwiſchen dem 39. und 45° nördl. Breite liegen, | b) Lage, Boden, Feuchtigkeitsverhält—
die größte Aehnlichkeit mit dem von Deutſchland und niffe.
könne man daher auch bei uns die dort vorkommenden Die Anſprüche an den Boden ſind nach den
wertvollen Holzarten erziehen. Dieſe vor 130 Jahren amerikaniſchen Berichten groß, obgleich man auch ein:
von v. W geaußerte Anſicht hat fih als vollkommen zelne Arten auf geringeren Böden antrifft. So finde
richtig erwieſen. Heute find wir in der Weiterkunde man — allerdings geringwüchſig - tomentosa
etwas weiter vor und wiſſen, daß die Witterung haupt: in Alabama und Miſſiſſippi auf dem ſandigen Boden
ſächlich von den Windſtrömungen abhängt. Dies ift der Weihrauchliefer und die blaßblättrige Hickory auf
dort ebenſo wie bei uns der Fall, nur ift die Wind: den trockenen Hängen und Rücken des weſtlichen Ar:
richtung nicht die gleiche. kanſas und Miſſouri; auch poreina und tomentosa
Bei S. und 80.⸗Winden wird die heiße feuchte treffe man auf trockenen Lagen 3. B. auf weft: und
Luft über dem mexikaniſchen Meerbuſen und dem an- ſüdlichen Abhängen, ſowie Rücken in Cumberland uſw.
grenzenden atlantiſchen Ozean weit ins Land hinein: aber in allen dieſen Lagen find die Baume mangel
getrieben und verurſacht eine üppige Vegetation. Dann haft entwickelt und von Spechten verhackt. „Selbſt an
bringen die mächtigen waſſerreichen Flüſſe, welche das Trockenheit gewöhnte Arten“ erfordern zur guten Ent:
Land in reicher Zahl durchſtrömen und die vielen wicklung einen mäßig friſchen und fruchtbaren Boden.
großen Seen im Norden eine Menge Feuchtigkeit, | Je beffer, fruchtbarer und tiefgründiger der Boden fei
welche einen günftigen Einfluß auf das Pflanzenwachs⸗ | um fo beffer wäre der Wuchs! Beſonders lohne por-
tum hat. Dagegen wirkt der W. und NW.⸗Wind in eina die größere Fruchtbarkeit; fo ift fie in den Mulden
ähnlicher Weiſe, wie bei uns der N., NO. und O.:Wind der Cumberland-Berge im Verein mit alba und andern
— fie bringen trockene und im Winter kalte Luft. Laubhölzern ſtets die größte und ſtärkſte Hickory. Eben:
Das Klima in jenem Gebiet hat große Aehnlichkeit fo fei es im Flußgebiet des Miſſiſſippi, nur Pekannuß
mit dem unſrigen, doch ſcheinen mir im ganzen die übertreffe fie dort. Bemerkenswert fei, daß C. albs
Verhältniſſe dort günſtiger zu liegen. Ob für immer, im Süden größere Mengen Feuchtigkeit beanſpruche
ift allerdings eine andere Frage ..! wie im Norden. Im Ohiogebiet käme fie noch auf
Was die einzelnen Jahreszeiten betrifft, fo ift das weniger friſchem Boden auf Oft- und Nordhängen fort
Frühjahr angenehm, doch kommen im Mai auch noch ebenſo in Cumberland aber ſtets in Miſchung mil
Fröſte vor, die Schaden verurſachen. Der Sommer | andern Laubhölzern. l Hinſichtlich der Anſprüche A
weicht darin von unſerm deutſchen ab, daß die Hitze Boden und Feuchtigkeit würden die Hickories folgende
im Juli und Au guſt größer und intenſiver ift, was | Reihe bilden: C. porcina, tomentosa, alba amara,
bei den dortigen kälteren Nächten eine ſehr ſtarke Tau- sulcata, myristicaeformis, olivaeformis und aque-
bildung zur Folge hat. Dieſe Witterungsverhältniſſe | t102-
|
find inſofern für das Pflanzenleben von Bedeutung, Das Vorkommen im deutſchen Reiche beed
als das Holz gut ausreift und auch die Vegetation tigt zu folgenden Angaben: Nach den Wahrnehmungen
zum Abſchluß bringt. Das ift ein Vorzug, den wir von Prof. Dr. Schwappach machen die z bezeichneten
in kalten regenreichen Sommern vermiſſen. Die Winter⸗ Arten keine ſo großen Anſprüche an den Boden, wie
monate find in N.-A. erheblich kälter, wie bei uns, die J. nigra. Hinſichtlich des ſchweren, kalten Lehmbodens,
Hickories leiden aber nicht unter der Kälte und können auf welchem ich Carya alba und tom. noch ziemlich
als vollkommen winterhart bezeichnet werden. gut gedeihend antraf, ſtimmt dies mit meinen Beob-
Sie haben nahezu die gleiche Verbreitung, wie achtungen überein; auf Urgebirgs⸗, Kalk-, Löß⸗, Dilu-
Juglans nigra und gehen wie dieſe unter dem Ein- vialböden fand ich keinen Unterſchied in den Anſprüchen
fluß des Seeklimas und des Golſſtromes an der atlan: an den Boden. Eine Bevorzugung einer beftimmten
tiſchen Küſte um 2 -3 Breitegrade weiter nach Norden, Bodenart konnte ich nicht bemerken.
wie auf der Weſtſeite, welche ſchon das trockenere Kon— | Den ſchönſten Wuchs traf ich auf milden, humoſen,
tinentalklima hat. Den beſten Wuchs findet man in friſchen, tiefgrundigen, mineraliſch kräftigen Böden an.
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129
Rein Rat geht dahin, für dieſe wertvollen Holzarten
ts den beiten Boden zu wählen, ſchon aus dem
Orunde, weil alle durch Unbilden der Witterung, durch
Tiere uſw. entſtehenden Beſchaͤdigungen ſchneller und
beffer ausheilen.
Die meiſten Carya-Anlagen befinden ſich in Deutſch⸗
land in der Ebene. Aber auch im Hügelland und
Gebirg treffen wir prächtig gedeihende Horſte an. Wie
hoch man im Gebirg gehen kann, iſt nicht genau feft-
geſtellt, aber nach dem Vorkommen der J. regia zu
ſchließen, welche ich im mittleren Schwarzwald und den
Vogeſen auf 750 m Meereshöhe noch mit gutem Wuchſe
angetroffen habe, würde ich kein Bedenken tragen c.
alba und porcina in gleicher Höhe zu erziehen. Als
beſte Himmelsrichtung möchte ich Oſt, Südoſt anſehen;
Süd und Südweſtſeite nur dann wählen, wenn die
Hänge ſanft geneigt ſind. Vorteilhaft wird es auch
ſein, wenn im N. und NO., von welcher Seite die
rauhen Winde kommen, ein Schutzbeſtand vor:
handen iſt. Auf der Sonnenſeite kann und ſoll es
offen fein.
Nun möchte ich noch kurz die Frage über das Ge⸗
deihen der Hickories auf mäßig fruchtbarem und
trockenerem Boden berühren. Es ſcheint, daß auf
i
4
|
ſolchen Lagen in N.⸗Amerika allmählich eine Ber: |
ſchlechterung der Standortsverhältniſſe eingetreten iſt,
wie dies bei uns auch in recht unliebſamer Weile ein:
tritt. Wo heute gute Eichen und Eſchen wachſen,
bringen wir bei der Wiederjüngung dieſe Holzarten
häufig nicht mehr fort, ſondern müſſen zu genüg—
ſameren Holzarten greifen. Genau fo wird dies überm
Waſſer der Fall fein. Die Hickory wird man auf
mageren trockenen Böden nicht mehr fortbringen. Als
he ſich auf ſolchen Standorten anſiedelten, war noch
jungfräulicher Urwaldboden da. Der iſt jetzt ver:
ſcwunden und kommt nie mehr wieder ..!
Eine Holzart an einen ſchlechten Boden gewöhnen
— das gibt es nicht.
3. Erziehung.
Dieſes Kapitel muß feiner Wichtigkeit wegen mög:
la eingehend behandelt werden. Hängt doch hier—
don Gelingen oder Mißlingen ab. Es handelt ſich
bier um Beſchaffung keimfähigen Samens, um Auf:
bewahren deſſelben, um rechtzeitiges Keimen, Saat und
Pflanzung und Pflege der Anlage in den verſchiedenen
Lebensperioden.
Die Beſchaffung guten keimfähigen Samens ift mit-
unter dem Forſtmanne, der mit Exoten wenig oder
noch nie zu tun hatte, gar nicht ſo einfach. Oft mehrere
Jahre nacheinander erhielt ich ſchlechten Samen, ob:
geh ich ihn ſtets von großen berühmten Firmen be-
ug. Anfangs glaubte ich, daß die Keimungsmethoden
—
unrichtig ſeien, fand aber nach Verſuchen, die doch
mehrere Jahre in Anſpruch nahmen, daß die Urſache
im ſchlechten Samen zu ſuchen fei. Die Früchte hatten
eben durch zu lange Lagerung die Keimkraft vollſtändig
verloren. Der Ausfall an Pflanzen 3--4 Jahre lang
iſt aber im Betrieb ſehr ſtörend, derſelbe kann ſelbſt
einen mit guter Geduld ausgeſtatteten Beamten zur
Verzweiflung bringen, denn er weiß, daß der Boden
immer mehr verangert und das Aufbringen der Pflanzen
von Jahr zu Jahr ſchwieriger wird und ſchließlich eine
lückige Kultur übrig bleibt. Für viele Forſtleute iſt
dies ein Grund ſolche Holzarten zu meiden — beſonders
bei ſolchen, die auf raſche Erfolge hinarbeiten. Sie
werfen dann die Flinte ins Korn. Gute zuverlaͤſſige
Firmen zu kennen oder zu ermitteln, iſt daher wichtig.
In den letzten Dienſtjahren bezog ich Hickoryfrüchte
von der D. D. G. (dendrologiſchen Geſellſchaft) — von
Helms Söhne in Großtabarz und direkt von Thomas
Meehan & Sons in Dreſher (Pa.) U. S. A. einer
berühmten Firma. Ich bekam von da an ſtets friſchen
keimfähigen Samen. Ratſam iſt es, den Samen ſchon
im September zu beſtellen, damit man ihn anfangs
oder mitte November erhält.
Was die Aufbewahrung oder Webermin:
terung der Früchte betrifft, jo fehlt es nicht an Vor:
ſchlägen verſchiedener Art. Ich Habe fie nicht alle er-
probt, fühle mich aber verpflichtet ſie anzugeben:
1. Aufbewahrung der Nüſſe in Kiſten, welche in
trockenen Räumen oder Kellern aufgeſtellt werden. Die
Früchte werden mit nicht zu trockenem Sand ſchichten⸗
weiſe gemiſcht. Die oberſte Schicht wird durch Aſche
bewirkt, ſie verhindert ein zu ſtarkes Austrocknen und
vor allem das Eindringen von Nagetieren
Die Kaſtanien habe ich immer ſo aufbewahrt und
es ſpäter mit Hickory ebenſo gemacht. Erfolg ſtets
günſtig.
2. Aufbewahren der Früchte in einem Gartenbeet
oder in der Saatſchule. Man ſchüttet die Früchte auf
den vorher eingeebneten Boden, verteilt die Nüſſe, daß
ſie in einer Schichte nebeneinander liegen, überdeckt
jie dann 6—8 em oder noch fidrfer mit Erde oder
Sand und ſichert ſie durch Drahtgitter eventuell ſeit—
wärts durch Dielen vor Nagetieren. Eichhörnchen,
Vögeln uſw., fie find bei ſtarkem Froſt und fehlendem
Schnee zu bedecken. Dieſe Methode habe ich vielfach
angewandt, ſtets mit beſtem Erfolg.
3. Aufbewahrung in Gruben.
Man legt eine 70—80 cm breite und ebenſo tiefe
Grube (Lehmboden, ſaudiger Lehm) an und ſchüttet
die Früchte 20 - 25 cm hoch hinein. Damit die Seiten:
wände nicht einfallen, werden ſie oben mit Dielen oder
Schwarten geſpreizt. Zum Schutze gegen Kälte, Regen,
Hitze wird die Grube mit einer dachartigen Erdſchichte,
welche auf mit Raſen bedeckten Stangen ruht — ge: keitsverhältniſſen erfolgt die Keimung bald früher, bald
ſchloſſen: etwa ſo:
a a
X..
Fa Ta
5 =
“er 3 is
100 —
2 S
Erfolg ftet3 günftig; befonders bei Eicheln.
4. Ein mit O. B. Z. unterzeichneter Herr gibt im
Oktoberheft der Forſt⸗ und Jagdzeitung von 1887
folgendes Mittel an: Man überwintere die Näſſe in
flachen etwa 30 em tiefen Gruben, die man vor Ein⸗
tritt ſtrenger Kälte anlegt — bringt die Nüſſe hinein,
begießt ſie reichlich mit Waſſer bis es überſteht; hier⸗
auf bedeckt man die Nüſſe mit einer dünnen Schicht
trockenen Strohes, dann etwa 25 em mit Erde und
darauf etwa 50 cm Pferdemiſt. Bei dieſer Art ſollen
80% Früchte zum Keimen kommen.
5. Einſchichten und Vorkeimen nach U. v. St. Paul.
D. D. Z. (dendrolog. Zeitſchrift) 1901 S. 28. Man
hebt eine 60—80 cm breite und ebenfo tiefe Grube
aus, bringt in dieſe eine etwa 10 em hohe Schicht
Pferdedung, dann eine Lage Nüſſe (10 em) vermiſcht
mit Sand und fo fort bis die Grube angefüllt ift.
Dann gießt man Waſſer oder verdünnte Jauche dar-
über. Bei ſchwerem Boden empfiehlt es ſich einen der⸗
artig geſchichteten Hügel oberirdiſch anzulegen — aber
mit ſtärkerer Erd-, Laub-, Schilfdeckung uſw.; zeit:
weiſes Begießen ſei zweckmäßig.
6. Nach einer Mitteilung des Freih v. Fürſten⸗
berg — D. D. Z. 1906 S. 116 werden in der Pro-
ving Ontario Carpanüſſe in Kiſten mit feuchter Erde
im Keller überwintert, um ſie zum raſcheren Keimen
zu bringen.
7. Förſter Himmespach in Pulversheim, Ober⸗
Elſaß (Kaligebiet), überwintert die mit Sand ver⸗
mengten Früchte in Fäſſern (oben offen), die er in
den Boden eingräbt und oben mit Drahtgeflecht gegen
Nagetiere uſw. ſchützt. Reſultate ſehr günſtig.
Kommerzienrat Heſſe⸗Weener bezieht ſeine Früchte
direkt aus N.⸗Amerika und behandelt ſie, wie unter
Nr. 2 geſchildert iſt. Erfolg ſehr gut.
Sehr wichtig ift bei allen Nußarten das An-
keimen.
a) Prof. Dr. Mayr ſchlägt in feinem Werke „Fremd—
länd. Wald⸗ und Parkbäume“ (1906 S. 455) vor, die
Nüſſe vor der Saat 10—14 Tage zur Vorbereitung
der Keimung ins Waſſer zu legen.
b) Die unter 2, 4, 5 und 6 angegebenen Auf:
bewahrungsarten bezwecken gleichzeitig die Keimung.
c) Bei trockener Ueberwinterung — Nr. 1, 3 und
7 werden die Früchte behufs Ankeimung — etwa Mitte
März — je nach der Geſamtwetterlage in ein Garten:
beet, wie in Nr. 2 geſchildert, eingelegt, um ſie zum
Keimen zu bringen.
Je nach der Witterung und je nach den Feuchtig⸗
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ſpaͤter. Ein öfteres Nachſehen ift unbedingt nötig,
Ein zu frühes Keimen würde Unheil bringen und
muß verhindert werden. Durch ſtärkere Erdbedeckung,
Laub oder Stroh, durch Beſchattung u. dgl. kann die
Keimung erheblich verzögert werden, ſo daß das zarte
Pflänzchen nicht mehr dem Spätfroſt zum Opfer fällt.
Aber auch zu fpät darf die Keimung nicht erfolgen.
Sind etwa bis zum 20. Mai noch keine oder nur ſeht
— —
wenige keimende Nüſſe da, ſo muß man eine Schichte
Pferdemiſt über das Saatbeet ausbreiten — dann wird
es ſchon vorwärts gehen. In der Regel wird es nicht
notwendig werden.
auch Unheil ſtiften. |
Die keimenden Früchte werden täglich ausgeſucht
und direkt in die vorbereiteten Streifen im Walde bezw.
Pflanzgarten eingeſtuft. Daß die keimenden Früchte
vorſichtig in Körben mit feuchtem Moog transportiert
werden, verſteht ſich von ſelbſt.
Nachdem Beſchaffung und Keimung des Samens
beſprochen, können wir zur eigentlichen Erziehung über:
gehen. Hier wird es zweckmäßig ſein einen Rückblick
auf unſere erſten Kulturen — die ſogenannten Kultur—
verſuche — zu werfen. Die Anſichten über dieje Ber
ſuche und ihren Wert gehen ja auseinander und man
hört mitunter über die Anſtalten recht abfällige Ur:
teile. Aber dieſen Standpunkt kann ich durchaus nicht
teilen und Jeder, der dieſe Frage gründlich und ohne
Vorurteil prüft, der die ſchönen Reſultate z. B. in
Baden ſieht — die ich genau kenne — muß zugeben,
daß wir den Verſuchsanſtalten ſehr vielen Dank ſchulden.
Die Kultur: und Durchforſtungsverſuche u. a. klären
uns über manche zweifelhafte Frage auf und liefern
das Material zu weiteren Studien: „Ohne die 1880
ins Leben gerufenen Anſtalten wären wir heute in der
Exotenfrage auf dem gleichen Standpunkt, wie vor
130 Jahren.“
Es ift ja leider richtig, daß die meiſten Verſuche
mit Carya, Juglans uſw. mißglückten, aber daren |
find nicht die Anftalten, welche nur das Befte eut:
ten, ſondern mancherlei andere Urſachen ſchuld. A
geſehen von der Auswahl ganz ungeeigneter Flächen
ſeitens der Lokalbeamten, wurden auch waldbauliche
Fehler gemacht, die man leicht hätte vermeiden können.
So ſäte oder pflanzte man an manchen Orten die
Hickory einzeln oder in zu kleinen Gruppen
— 10—12 St. — in ſchon vorgewachſene Kulturen
von Eichen und Buchen oder Tannen und Buchen em
oder legte Miſchbeſtände von Carya und andern Holt
arten an. Alle derartige Anlagen mußten ja mB
lingen. So kam es, daß von den hier — im Reichs
land — angelegten 30 Caryaflächen nur 6 — davon
Wo es aber nötig wird, muß es
mit Vorſicht geſchehen, denn zuviel des Guten kann
1131
4 recht gut — durchkamen. Man hätte noch einige | wie die Weißtanne — in die Höhe zu bringen. Das
Flächen durchbringen können, wenn der dem Begrün: | Schattenerträgnis der Hickorys wird auch von Prof.
der folgende Wirtſchaftsbeamte etwas Intereſſe für die | Dr. Schwappach betont und ich ſelbſt habe mit Hilfe
roten gehabt hatte .! des Schutzbeſtandes Erfolge erzielt.
In Baden waren die Erfolge ſchon beſſer, aber in Die amerikaniſchen Kollegen rechnen z. Zt. weniger
Bayern noch weit ungünſtiger wie im Elſaß. auf natürliche Verjüngung, weil durch Eich⸗
Die ungünſtigen Reſultate in den 80er Jahren hörnchen, Mäuſe, Schweineweide und den Menſchen ſo
find begreiflich und zu entſchuldigen; waren uns doch viele Früchte vernichtet werden, daß genügender Auf⸗
damals die biologiſchen Verhältniſſe dieſer Holzarten ſchlag nicht zu erwarten ift. Man geht deshalb auch
— insbeſondere das ſchwere Keimen bei den Juglans- zur künſtlichen Verjüngung mittelft Saat über.
und Carya⸗Arten, der langſame Wuchs in den erſten a) Begründung von reinen Horſten
Jahren, die Froſtempfindlichkeit uſw. — völlig unbe- | durch Saat. |
Se 05 a iets bie Rapa in allen Wir werden gut tun, auch bei uns die Saat als
er N 2 F großes Regel anzuwenden, da die in Betracht kommenden
ißtrauen, das heute noch beſteht, gegen diefe | 3 Arten lange Pfahlwurzeln treiben, welche die Plan:
pertvollen Holzarten Platz griff. Ja viele Forſtleute zung ſehr erſchweren. Unſere Buchen und Weißtannen
glauben, daß diefe Holzarten bei uns überhaupt nicht haben in der Jugendzeit wohl die meiſte Aehnlichkeit
gedeihen — auch in oe Broſchüre The Commercial mit dem Schattenerträgnis der Carya und wir werden
Hickories wird dieſe Anſicht vertreten! unter dem Schirm des Altholzes, der Froſt und Un-
Aber ſo ſchlimm ſteht es doch nicht. Wir beſitzen kraut zurückhält, die Carya aufbringen. Am beſten
einige Dutzend ſchöner alter Carya-Bäume, die alle wird es ſein, durch Vorkulturen die Hickories in
Unbilden der Witterung ohne jeden Nachteil überſtan- die Beſtände einzubringen, ebenſo wie es bei der Eiche
den haben und eine Reihe hoffnungsvoller Jungwüchſe geſchieht. Es tann fih nur darum handeln, wie viel
in Nord und Süd liefern den Beweis, daß Carya Jahre Vorſprung die Pflanze haben muß. Bei dem
auch bei uns gedeiht. (Siehe Verzeichnis.) Umſtand, daß der Wuchs erſt mit 8 oder 9 Jahren
Unſere Erfahrungen und Kenntniſſe über diefe unter Schirmbeſtand lebhafter wird, wird man auch
Holzarten ſind heute andere als damals, und wir einen ebenſo langen Vorſprung wählen müſſen. Die
können jetzt mit dem Bewußtſein vorgehen, daß wir nötigen Lichtungen wird man alle 2 oder 3 Jahre
Erfolge erzielen. vornehmen müſſen, ſo daß man in 10 12 Jahren
Zur Begründung von Carya-Anlagen können wir mit dem E fertig ſein wird. |
bei uns nur mit Saat oder Pflanzung vorgehen. Fehlt ein Schutzbeſtand auf einer ſonſt ſehr geeig⸗
Im Heimatgehiet des Baumes iſt dies anders. Aus neten Glade, ſo wäre ein ſolcher mit Kiefern, Birken
den amerikaniſchen Schriften entnehme ich, daß ſich die oder Weißerlen zu begründen und erſt, wenn derſelbe
Hickories natürlich verjüngen und die Jungwüchſe ſeinen Zweck erfüllen kann, mit der Kultur zu be:
— . ͤ B!— —
= —— A
Schatten und Ueberſchirmung mehrere Jahrzehnte lang ginnen. | |
ohne Nachteil ertragen können. Und bei der Frei— Ausnahmsweiſe kann auch die Erziehung ohne jeden
fellung follen ſich die Pflanzen verhältnismäßig raſch Schutzbeſtand auf Freilagen erfolgen — ſofern die
Lage froſtfrei iſt und ſehr geſchützt liegt. Dies war
z. B. bei meinen Barrer Flächen der Fall, die mit
zu den beſten in Vogeſen und Schwarzwald gehören.
Was die Größe der Horſte betrifft, ſo wird man im
Hochwald nicht unter 10 — 12 a gehen dürfen beſſer
werden Flächen von 16—20 a ihren Zweck erfüllen;
im Mittelwald, wo es gilt, Oberholz einzeln oder in
Gruppen zu erziehen, wird man größere Mühe haben,
die Hickory aufzubringen. Man wird hier zur Pflan⸗
zung greifen müſſen.
In Amerika iſt Streifenſaat üblich. Die Streifen:
entfernung beträgt za. 1.50 m und auf die gleiche
Weite werden 2 oder 3 im Sand überwinterte Früchte
eingeſtuft. Ich kann auch nur Streiſen, die tief
gelockert ſind, empfehlen. Die Löcherkulturen ſind zwar
eiholen und oft beffer wachſen als freiſtehende, vorher
nicht unterdrückte Bäume. Tas find vorzügliche Eigen:
iaten, beinahe genau, wie fie unſere Weißtanne be:
st. Wohl darf man annehmen, daß auf dem jung:
jräulihen, fruchtbaren, humoſen Urwaldboden eine
Holzart die Ueberſchirmung weit beffer verträgt, als
auf unſeren ausgenutzten Böden. Und dann mag
nuch die Beſchattung in den jhon kräftig durchgeplän:
teren Beſtänden nicht mehr fo intenſiv fein, wie bei
unſeren Hochwaldungen von Buchen, Tannen oder
dichten. Dieſe gute Eigenſchaft ſoll beſonders bei
C. alba, poreina und tomentosa hervortreten, fie iſt
gerade bei uns von größter Bedeutung, weil
he die Möglichkeit bietet, dieſe Arten unter einem
Shugbeftand ſicher und ohne Gefahr — ähnlich
—
— 23 —ů——ůðvL—i c' — messen
pe ——
132
etwas billiger, haben aber bei dieſen langſam wach: ſprechender Kürzung der Pfahl⸗ und eventuell
ſenden Holzarten ſo viele Nachteile, daß ich nur drin⸗
gend davor warnen kann. Der Streifenbeſtand kann
1,40 bis 1,80 m betragen; die vorher angekeimten
Nüſſe wären je nach den Verhältniſſen auf 60 — 100 em
einzuſtufen. Wo Kleinnutzholz — (Stöcke, Schirm⸗
ſtöcke, Peitſchenſtiele uſw.) — gut abgeſetzt werden
kann, iſt ein engerer Verband vorteilhaft. Beim Ein⸗
ſtufen in die Streifen ijt es zweckmäßig, die Stelle,
an welcher die Nuß liegt, durch ein kleines Stäbchen
zu markieren, damit man bei ſich einſtellendem Un⸗
krautwuchs die anfangs ſehr zarte Pflanze leichter
findet.
Beim Einſtufen der Früchte kann man durch mehr
oder minder ſtarkes Bedecken das Erſcheinen der Pflanze
regulieren. Erfolgt die Keimung ſchon frühe und muß
das Einſtufen ſchon Ende April ſtattfinden, ſo iſt ein
tieferes, andernfalls ein ſchwaͤcheres Bedecken am Platze.
Der; Wirtſchafter wird fih nach der mehr oder minder
vorgeſchrittenen Keimung und nach der Jahreszeit rid-
ten müſſen.
b) Begründung durch Pflanzung.
Wenn auch bei den Carha Arten die Pflanzung
ihre Nachteile hat und zweifellos zu den vielen Miß—
erfolgen beigetragen hat, ſo gibt es doch Fälle, wo
wir ſie nicht entbehren können.
Uebrigens haben wir durch Pflanzungen bei
entſprechender ſorgfältiger Pflege auch recht hübſche
Reſultate erzielt. Wie aus den Aufnahmen hervor—
geht, wurden ſogar die meiſten Kulturen durch Pflan—
zung begründet (von 52 Flächen 35 durch Pflanzung
und 17 durch Saat; das vollſtändige Verzeichnis iſt
in der D. D. Z. veröffentlicht).
Es ſei hier erwähnt, daß folgende Noten bezügl.
des Gedeihens erzielt wurden
bei Saat Pflanzung Sa.
ſehr gut I 4 17 21
gut II 11 11 22
mäßig III 1 4 5
ſchlecht IV 1 3 4
17 35 52
Bei allen im Park und einzeln vorkommenden
Hickorys darf man ohne Weiteres annehmen, daß ſie
durch Pflanzung begründet wurden. —
‚Eine Erziehung in der Pflanzſchule wird in dieſem
Falle notwendig. Es wird zweckmäßig ſein den Boden
nicht zu tief herumzuſtechen, um kürzeres Wurzelwerk
zu bekommen. Die Pflanze muß dann 2 mal ver:
ſchult werden und zwar je nach der Entwicklung im
J. und 4. — bezw. im 2. und 5. Jahre mit ent:
d ⁵ dd / / d d PPTP V nt, . e — . — a a
Seitenwurzeln. Mit 6 oder 7 Jahren wird dann
Pflanze zur Waldanlage verwendet.
Im Pflanzkamp it im Frühjahr durch ſtarke Lr
ſchattung, ſtarkes Bedecken mit Laub uſw. das Tret
möglichſt lange zurückzuhalten und find mit Bear:
der Vegetation die Pflanzen durch Lattengatter, on
eventuell mit Tannenreis noch gedeckt werden fönn:
gegen Froſt zu ſchützen. Ebenſo ift auch Schutz ger:
grelle Sonnenhitze notwendig. Die durch Froſt oda
jonftige Urſachen fih bildenden Doppelgipjelim
alljährlich im Winter eventuell ſchon Juni oder cz:
fangs Juli entſprechend zu beſchneiden, um einen hir;
ſchen Gipfel zu erziehen.
Was den Verband im Horſte betrifft, fo far
man je nach der Entwicklung der Pflanzen 1,50 ts
2 m wählen Reihen oder auch Löcherkultur.
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2
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4. Wuchsverhältniſſe.
Während der erſten Jahre verbraucht der Gidon: |
ſämling feine Hauptkraft zur Pfahlwurzelbildung. Da
Wurzel hat das Beſtreben in die Tiefe zu dringen
Auf lockerem Boden wird fie im 1. Jahre etwa!
im 2. 45, im 3. 60 und im 4. 75 cm lang. &
ſchnell fih die Wurzel entwickelt, fo langſam geht ker
Wuchs über dem Boden voran und dieſe Cigenidelt. |-
die vielen Baumzüchtern nicht bekannt war und von
der wir bei unſern erſten Kulturen auch keine Ahnung
hatten, war mit ein Grund des Mißlingens viele
Kulturen. Der Wirtſchafter glaubte, daß die Pflanz
bei uns nicht gedeihe, die nötige Pflege unterblieb oder
wurde nicht genügend beforgt, Gras und Unktaul
erſtickten viele Pflanzen und was übrig blieb, ver:
nichtete der Froſt. „Die Pflanzen find wieder unter
getaucht“ — fagt Prof. Mayr treffend in feinem Be
richt Aber die Carya-Kulturen in Bayern. Nun aber
kennen wir diefe Eigenſchaft und müſſen die nölgt
Rückſicht darauf nehmen. Unſere Weißtanne hal ”
dieſer Beziehung wohl die meifte Aehnlichkeit mit Com!
und wir werden unfer Ziel erreichen, wenn wir mo
Jugendzeit in annähernd gleicher Art bei der Anzucht
vorgehen. Der dichte Schirmbeſtand haͤlt Unkraut
wuchs und Froſt ab, die Pflanze erſtarkt allmablis
fie wird nach und nach freigeſtellt und ſchließlich ber
Altholzreſt ganz abgetrieben. Wie lange wir den Schuß
beſtand bei Carya belaffen müſſen, ift noch fraglich aus
reichende Erfahrungen darüber fehlen noch. Bei den
anfangs ſo langſamen Wuchs werden wir etwa 10 bis
12 Jahre brauchen. Bei den einzelnen Arten iſt der Much
nicht gleichmäßig, wie aus der nachſolgenden Weberit,
welche der Schrift „The Commercial Hickories* fil,
weiſe entnommen iſt, zu erſehen.
—— eas
4 28 8
—
——
Es erreichen hiernach im Ohiogebiet:
3 | 4
Jahre
cm Höhe
Holzart
. alba 7
purcina 8 14 20 30 43
„ tumentosa 8 | 12 2 | 31 | 51
„ana. . l 9 16 24 | 33 49
. sulcata 11 15 28 4 | 56
, Jirseform. 16 | 30 48 71
Im Elſaß und in Baden ergaben die Ermittelungen
„ Iba 5—6 15 25 | 40 55
, tomentosa 5-6| 15 25 4) 55
„ Aa 8 3) 80 135
Die hier ermittelten Durchſchnittszahlen find vom
~ Johre an etwas höher, wie die amerikanischen Zahlen,
ulleicht eine Folge günſtigerer Verhaͤltniſſe und gut
ingter Saatkämpe. Meine im Straßburger Gebiet
gewonnenen Zahlen ſtehen unter dem Durchſchnitt und
nummen bezüglich alba beinahe genau mit denen vom
Oziogebiet überein. Erwähnen möchte ich noch, daß
in einzelnen Pflanzenverzeichniſſen die Höhenangaben
noch größer find, als die vorſtehend ermittelten. So
nit z. B. Heſſe zu Weener a. d. Ems im Verzeichnis
ol an:
Jaht. C. alba 10—20 cm; c. amara 25 — 50 cm Höhe
ta „ „ 30—60 „ u.toment.40—60 „ „
Solche Wuchsleiſtungen werden nur bei ſorgfältiger
„ige und beſonders günſtigen Verhältniſſen erreicht,
u allgemeinen muß man mit viel beſcheideneren Re⸗
aten zufrieden fein.
Für Carya alba wurde folgendes feſtgeſtellt:
— — -.-r -
Bemerkungen
Die Aufnahmen erfolgten im Freiſtand und unter
leichter Beſchirmung im Flußgebiet des Ohio.
75 Die hieſigen Aufnahmen erfolgten ausſchließlich im
Freiſtande der Saatſchulen von Karlsruhe, Straß—
burg, Pulversheim, Barr und Gutenbrunnen.
Erſt von 7. oder 8. Jahre an wird der Wuchs
lebhaft; Höhentriebe von 30 — 70 em erfreuen das
Herz des Wirtſchafters und alle Sorgen über das Ge:
lingen der Kultur ſind vorüber.
Bekanntlich wurde vor 34 Jahren mit den Anbau:
verſuchen begonnen und bis heute mit der Anzucht fort⸗
gefahren. Es ſind daher ziemlich viele Anpflanzungen
aus dieſer Zeitperiode vorhanden. und wir find in der
Lage zuverläſſige Zahlen über die Wuchsleiſtungen auf
verſchiedenen Standorten ſammeln zu können. Dagegen
haben wir nur wenig ältere Bäume und von dieſen
wiſſen wir nicht viel. Meiſtens fehlt in den Zeit⸗
ſchriften, wo ſie erwähnt werden, die Angabe des Alters
und der zur Beurteilung der Wuchsverhältniſſe nötigen
Notizen. Immerhin bieten mehrere genaue Angaben
gute Anhaltspunkte, die auch fürs höhere Alter au—
naͤhernd richtige Zahlen geben.
Ohiogebiet
am In Deutſchland
Diurchmeſſer em | böte in m Durch. Höhe a
ff.. . . I meffer
von bis Durchſchn von | bis Durchſchn em m
1 15 3 | 1.8 14| 29 2.2 3 | 2.1 Alle Aufnahmen erfolgten im Frühj. 1914.
2 15 4.9 32 12 6.8 71 3.5 Die Zahlen für die 2 letzten Rubriken find
i 2 22 9.8 2 14 11.4 10.2 | 9.8 den Tabellen 4 und 6 der Schrift: „The
í 8 23 | 10.9 6 23 12.2 : : Commercial Hickories* entnommen und
17 31 | 15.8 14 16 15.3 13.7 | 13.1 zwar die Durchmeſſer d. T. 4 Aufnahmen
0 — 22.3 18.6 17.3 | 15.6 aus Süd - Indiana und Nord- Kentudy ;
le ee 28.3 25 21.2 20.3 17.7 die Höhen d. T. 6 im Ohio Valley.
„ 33225 27 23.5 23.9 19.5
8 5 d 36.5 | 18 25.6 26.7 21.3
al” |5| 38 21.5 | 30 27.6 29.5 22.9
10 39 29 241
12 l .
N Vergleiche find in dieſer Tabelle nur für die | unfere älteren Bäume, die, ausſchließlich im Park
al 30 Jahre möglich, weil hier, wie dort nur erwachſen find, hat die Gegenüberſtellung weniger
i 15 dem Walde in Betracht kommen. Für | Wert.
18
134
Die Zahlen aus dem Walde weichen nur wenig Nun wollen wir noch Eiche und C. alba
von einander ab und find rect intereſſant. Wir ſehen einander ſtellen und ſehen, wie fie fih im Bu `
daraus, daß C. alba hier nahezu das Gleiche leiſtet, einander verhalten.
wie im nördlichen Heimatsgebiet und dies wird einen Nach den Ertragstafeln von Prof. Schw
weiteren Antrieb zum Anbau dieſer vortrefflichen Holz- | erreicht
art bilden.
Die Eiche auf „ nn
im C. alba
Standortsklaſſe I tandortskl 1
Alter N = i Me E E EEE Bemerkungen
von Durchm. | Höhe [Durchm. | Höhe [Durchm. | Höhe
em m em m em | m
|
20 4.2 7.5 49 | 6.8 Bei Carya⸗Waldanlagen
25 5.5 9.4 3.9 6.3 7.2 9.1 ‘i i
30 7.2 11.2 5.1 77 98 11.4 5 i
35 9 13 6.5 9.1 12.7 18.4 i i
40 11.2 14.7 8.1 10.5 15.8 15.3 9
60 21 20.3 16.8 15.5 28.3 | 21.2 Parkbäume
80 a 21.1 25.0 19.5 36.5 25.6 n
100 40 26.8 32.9 22.2 89.5 29.5 ji
Hiernach leiſtet C. alba im Dicken⸗ wie Höhen: ringe haben beinahe die ganze Lebensdauer hma
wuchs ſoviel, als die Eiche auf Standortsklaſſe I im die gleiche Breite. So entnehme ich der Zakir
Hochwaldbetrieb. Damit kann man zufrieden fein. | der öfters genannten Schrift, daß C. alba in!
Wer die ſchönen Jungwüchſe von C. alba und tomen- Cumberlandbergen 8 Jahre braucht, um 1 Jol:
tosa in Karlsruhe, Barr, Haslach, Finſtingen, Pulvers: 2,54 cm zu wachſen d. i. = 3,17 mm pro J
heim und andere geſehen hat, wird nicht mehr be— Und dieſer Wuchs fol 184 Jahre der Gleitz in
haupten, daß diefe Holzarten bei uns verſagen. Auch Dieſer ſchöne gleichmäßige Wuchs erinnert mich u
im nördlichen Deutſchland — Hambach, Schkeuditz, herrlichen Eichen im Speſſart und Pfälzer Waldyeh
Gaffken, Stettin uſw. haben wir noch recht gute Er— Von dieſer hochintereſſanten Tabelle 3 get
folge. Die wärmebedürftigeren Arten laffen allerdings hier einen Auszug, weil er die Möglichkeit bietet, el
im Wuchs nach oder verſchwinden, wie dies im Heimat- lehrreichen Einblick in die Wuchsverhältniſſe zu |
gebiet auch der Fall ift. Sie werden dort im Süden Um Raum zu ſparen, habe ich je 4 Zoll gufammy
auch höher und ſtärker und wachſen raſcher, wie im gezogen. Es läßt ſich aber leicht berechnen, wie Y |
Norden. Jahre nötig find, um 1 Zoll zu wachſen. |
Der Wuchs unſerer 3 Carya-Arten ift im Heimat: | Unm einen Durchmeſſer auf Bruſthöhe von... JH
lande außerordentlich gleichmäßig; die Jahres- | zu erreichen, braucht ein Baum ... Jahre:
| ii ee S.⸗Ohio N.⸗Ohio Cumberland Miſſiſſippi
Durchmeſſer in Bruſthöhe ] Pennſplvane n [141
Zoll = cm Porcina ‘tomentosa Pore. | alba | Porc. | alba | Porc. | alba | tom. | Porc. alba C
ee eee Anzahl Jahre — |
— ͤ—. u Gä—̃—̃—H — - i
4 = 1016 41 33 33 3: | 38 36] 42 | 33 3a] 38 8) By.
8 20.32 72 58 61 | 66 [ 70 69 76 65 64] 70 ( * |
12 3 548 90 s2 | s| 98 | 102 | 105 | 108 | 97 | 96 102) %) PY
16 40.64 123 109 120 | 130 | 135 | 147 | 140 | 129 | 128 | 134 | 123 ff
20 50.80 147 140 f Tas | [172 161 161 | 166 160 e
24 61.0 171 174 ER . | 204 | 193 | 201 | 188 | 192 15 |
28 71.1 199 | 237 29 230 221
. Zu den Zahlen in dieſer Tabelle wird darauf auf- ; porcina fand man in W.⸗Virginien, fie waren D
merkſam gemacht, daß die Zeitperiode der Unter: | Jahre alt; C. tomentosa hat augenſcheinlich e
drückung in der Jugendzeit unberückſichtigt blieb, kürzere Lebensdauer. Doch waren mehrere Bäume U
um brauchbare Zahlen zu erhalten. | Miffiffippi- Tale über 260 Jahr alt. Bitternuß :
Ueber die Lebensdauer der Hickorys ift fol: | Waller: und Nuttmeckhickory haben eine kürzere Leben
gendes zu ſagen: Die älteſten Bäume von C. alba und dauer, als tomentosa.
e Stärnme von alba und porcina find ge-
2 — 300 Jahre alt.
abut fei hier noch, daß im Muſeum zu New:
e Starmmideibe einer Pekannuß fih befindet,
bei einem Alter von 382 Jahren — 1,20 m
Archmeſſſer und 53 m Höhe hatte.
te weitere wertvolle Eigenſchaft beſitzen alle
Wſoferne, als fie reichlich von Stock, Wurzel:
und Burel ausſchlagen und dadurch fih für
waldbetrieb eignen. Es gilt dies beſonders von
ara, welche für Reif: und ſonſtiges Kleinnutz⸗
dort in Frage kommt Nur müſſe der Boden
iederwaldbetrieb ſehr kräftig fein.
die Ausſchlagsfähigkeit vom Stock nehme mit dem
ab; dagegen nehme der Ausſchlag von der Wurzel
Alter und Stärke des Stockes zu.
sine Tabelle gibt die Prozente an, in der die 3u-
. Abnahme nachgewieſen wird.
5. Pflegliche Verhältniſſe.
Der langſame Wuchs von C. alba, poreina und
rentosa in den erſten 6—7 Jahren, ſowie die Em:
Dhehfett gegen Spätfröſte in der Jugendzeit weiſen
auf hin, daß die Pflege bei der Erziehung der
inze eine ſehr große Rolle ſpielt. Das wird jeder
ter zugeben. Wer keine Geduld hat und fid nicht
diepen kann die Pflanze jahrelang zu pflegen,
laffe die Finger von dieſen Anlagen; denn alle
gaben werden vergebens — Mißerfolge aber die
gel ſein. Auch ein weiterer Punkt iſt beim forſt⸗
en Betrieb von größter Bedeutung. Hat der Be:
Inder der Kulturen die ſchwer zu erziehenden Holz:
ten mit vieler Mühe und durch jorgfältige Pflege
ma in die Höhe gebracht. fo bleibt ihm beim Stel:
zuwechſel eine ſchwere Sorge für die Zukunft feiner
Arılırge „Wird der Nachfolger das nötige Jnter:
k und Verſtändnis, die Liebe zur Sache haben ..?
ro er dem ſchlimmen und falſchen Grundſatz hul:
en: zuerſt meine Kinder, dann die andern . . .?
dies der Fall, ſo werden ſtets für die Stief⸗
der keine Mittel mehr da ſein und viel ver⸗
ende wertvolle Anlagen gehen durch eine ſolche
wiſſenlofigkeit elendiglich zu Grunde. Es iſt febr
aurig — leider aber nur zu oft wahr . ..! Meine
lebniſe während einer langen Dienſt⸗ und Forſch⸗
ngrit berechtigen mich vollkommen zu dieſem Aus—
ud.”
B Oden wir nun etwas ſpezieller auf diefe Frage
Am einfachſten geſtaltet fih die Erziehung unter
em Schutzbeſtan d. Unkraut und Froſt werden
my Schaden und nur geringe Geldausgaben ver:
laden. Die Pflanze treibt infolge der ſtarken Be-
Aung ohnehin ſchon ſpäter und ift dadurch weniger
135
—— ——————————ů ů ů ů—' a — ⁰˙•i———ß—ß5——ßvrßo . ᷑ ᷑ (ii ͤ P Tlpœ— kö. —
dem Spätfroſt ausgeſetzt. Der Wuchs iſt zwar lang⸗
ſamer, wie im Freiſtand, dafür aber auch ſicherer. Alle
2 Jahre wird man lichten müſſen.
Bei den Kuliſſenkulturen ſind die Koſten
für Pflege ſchon größer. Es gilt das Unkraut nicht
aufkommen zu laſſen und durch Behacken oder Aus⸗
jäten zu vertilgen. Das Unkraut kann man liegen
laſſen; es verweſt, bildet Humus und wirkt günſtig
auf den Wuchs der Pflanzen. Ueberhängende zu ſtark
beſchattende Zweige ſind entſprechend einzuſtutzen. Der
Froſt wird fih in den Kuliſſen aber ſchon unlieb—
ſam bemerkbar machen und auch Koſten verur—
ſachen.
Die meiſte Arbeit und die größten Ausgaben ver⸗
urſachen die Kulturen oder das Hochbringen einzelner
Pflanzen im Freiſtande ohne jeden weiteren Schutz.
Unkraut und Spätfröſte und wohl grelles Sonnen:
licht erſchweren hier ungemein die Aufzucht der an:
fangs ſo zarten Pflanze. Beſtecken mit Reiſig hilft
zwar ein wenig, aber nicht ausreichend. Auf Boden:
arten, die ſtark zum Unkrautwuchs neigen, ſind die
Ausgaben recht erheblich, denn alljährlich iſt es 2 mal
und in feuchtwarmen Jahren oft dreimal nötig, das
Unkraut zu vertilgen. In ſolchen Faͤllen fragt man
ſich, ob man nicht billiger fährt, nachträglich einen
Schutzbeſtund zu erziehen. Meiſtens wird man die
Frage bejahen müſſen. Ich habe mich auch in einem
Fall nachträglich zur Erziehung eines Schutzbeſtandes
teils mit Kiefern, teils mit Weißerlen entſchloſſen.
Später gilt es dann die Schutzhölzer entſprechend ab-
zuäſten oder zu entgipfeln.
Ebenſo nachteilig, wie ſtarkes Unkraut, wirken die
Spätfröſte. Sie beeinträchtigen in ſtarker Weiſe
das Wachstum der Pflanzen. Einzelne Pflanzen im
Park oder Wald kann man durch rechtzeitiges Ein—
binden wohl ſchützen, aber wo es ſich um größere An—
lagen handelt, iſt dies meiſtens nicht möglich. Hat
man genügende Arbeitskräfte, ſo kann man mit Ein—
binden der Gipfeltriebe ſchon viel erreichen, bei wind—
ſtillem Wetter auch durch Rauchentwicklung. Iſt der
Gipfeltrieb erfroren, ſo wartet man die Bildung neuer
Schoſſe ab und ſchneidet im Juli den oder die Doppel⸗
gipfel mit einem ſcharſen Meſſer glatt am Stämmchen
ab. Es iſt nur der Gipfel zu begünſtigen, jede weitere
Beſchneidung ſoll unterbleiben. Die Triebe ſind in
den erſten Jahren ohnehin ſo klein und ſchwach, daß
man nur das Notwendigſte abnehmen darf. Dann iſt
darauf zu achten, daß nur ganz zuverläſſige Leute zu
dieſer Arbeit verwendet werden.
Im Schluſſe reinigen ſich die Bäumchen bald von
den Seitenäſten und bilden einen ſchönen nahezu ay:
linderförmigen Schaft aus. Eine Klebaſtbildung, wie
bei der Eiche, kommt bei Hickory nicht vor.
18*
136
Die Einbringung der Hickory als Einzelpflanze
z. B. in Mittelwaldungen wird im allgemeinen
nicht ratſam ſein, weil ſolche Pflanzen zu leicht ver⸗
geſſen werden und in Verluſt gehen. Allenfalls kann
man ſie rechts und links von Straßen, breiten Wegen,
Ruheplätzen uſw., wo man ſie ſtets im Auge hat, an⸗
bauen. In die Beſtände ſelbſt zu gehen, können nur
Erfolge bei gruppen⸗ und horſtweiſem Ein⸗
bringen erwartet werden.
Ein Beſchneiden verträgt die Hickory viel beſſer,
wie Juglans, ſie kommt in dieſem Punkt der Eiche
nahe.
Bei Horſten, welche im engeren Verbande erzogen
find, wird man bereits mit 12 — 15 Jahren, in welchem
Alter die Baͤumchen 2,5 — 3 m Höhe erreichen, mit
Durchreiſerungen beginnen müſſen, um einen räum⸗
lichen Stand zu erziehen Prof. Dr. Schwappach macht
hierauf beſonders aufmerkſam und ich ſelbſt habe es |
erlebt, daß bei Anlagen in engem Verband ein Miß⸗
verhältnis zwiſchen Schaſt und Krone entſtand und
die Pflanzen ſich umbogen. Es mußten die Baͤumchen
durch Pfähle und Stangen geſtützt werden. Bei wet:
terem Verband 1,30 und darüber kommt dies nicht
vor, ſo daß man dieſem Uebelſtand durch eine lichtere
Stellung vorbeugen kann. Sind die Pflanzen einmal
ſo weit und der Horſt geſchloſſen, ſo geht es raſch vor⸗
wärts und kann man mit 25 Jahren mit Durchforſt⸗
ungen beginnen und alle 8 10 Jahre wiederkommen,
um auf einen Lichtwuchsbetrieb hinzuarbeiten.
Im ganzen wird die Bewirtſchaftung die gleiche ſein,
wie bei der Eiche, auch wird eine Unterbauung mit
Buchen nicht entbehrt werden können
6. Schutz gegen Feinde.
In der beſagten Broſchüre wird geklagt über Be⸗
ſchädigungen durch Inſekten, Spechte, Mäuſe, Eich⸗
hörnchen und Verletzungen durch Fällungen, Anſchlagen
und Anprellen der Bäume, Schaden durch Feuer und
Weidevieh uſw. Viele Bohrkäfer würden ortsweiſe —
beſonders im nördlichen Gebiet an ſtehendem und
liegendem Holze — erheblichen Schaden anrichten, ebenſo
die Spechte in trockenen Lagen. Die Stämme würden
dadurch ſtark entwertet, öfters ganz unbrauchbar. Auch
das Verletzen der Rinde und des Holzes durch An—
prellen verurſache ſchwarze Flecken und Streifen im
Holze, was zwar die Güte des Holzes in keiner Weiſe
beeinträchtigen würde. Aber die Leute wollten ſolches
Holz nicht. weil fie ein Vorurteil dagegen hätten.
Solche mit Schönheitsfehlern behaftete Stämme würde
man im Walde meiſtens liegen laſſen. Den Ausfall
könne man mit 10 % veranſchlagen. Auch durch zu
raſchen Wuchs in feucht⸗warmem Gelände kämen ört-
liche Fehler im Herzholze vor, indem zu große Poren
|
und leere Gefäße entſtünden, welche den Wer
Holzes vermindern würden. |
Einer der größten Feinde fei aber dry
Er ſei die „Haupturſache“, daß im nördlichen
biet und auch in Deutſchland die Hickorhanpfg
zungen keinen Erfolg hätten ...! So mei
amerikaniſche Bericht.
Nach meinen Beobachtungen können wir bis j
über Inſektenſchaden nicht klagen. Daß
Schaden in den amerikaniſchen Wäldern ſo groß
hängt mit der ganzen Gewinnungsart aufs engfte
ſammen, denn fo viele und fo günſtige Pruiti
wie dort, können die Inſekten wohl nirgends finde
Dagegen haben wir auch Beſchädigungen d
Spätfröſte, Wild, Mäuſe, beſonders Wühlmäufe,
| hörnchen, Haber uſw. zu gewärtigen.
Wie wir unſere Anlagen gegen Frot füge
unter Nr. 5 ſchon erwähnt; gegen Wild können
nur durch Umgatterung die Pflanzen ſchützen.
Mäuſe müſſen wir durch Gift, gegen Eichhörnchen
Häher uſw. durch Abſchuß vorgehen. i
7. Verſchiedenes. j
Ueber das Verhalten der Hickories im Walde, übe
Wuchs, Erträge an Holz und Früchten, übe Renta
bilität und ſo manche anderen Fragen haben wir!
Deutſchland und in den angrenzenden zur Anz
geeigneten Ländern keinerlei Gelegenheit, um aus di
Praxis Kenntniſſe zu ſammeln. Zur Klärung fol .
Fragen bieten aber die zwei mir gütigſt überjand
neuen amerikaniſchen Broſchüren, welche mit fein E
Verſtändnis und größter Sachkenntnis auögeard
find, ſowie die brieflichen Mitteilungen ber oben
nannten Proſeſſoren für Forſtwiſſenſchaft reichlich OF
legenheit, unſere Kenntniſſe zu erweitern.
In der Annahme, daß vielen Waldbeſizern um
Forſtmännern ſolche Mitteilungen willkommen M
füge ich kurze Notizen, die allgemeines Intereſſe bietet
hier bei. Die Wichtigkeit des Baumes mit feinen
wertvollen nicht zu erſetzenden Holz für Wagenbauter,
Werkzeuge, Radkämme, Reife, Automobile, Stöcke un
Sportgegenſtände uſw., ſowie als beſtes Brenn
wird gebührend hervorgehoben, ebenſo aber auch, diß
der Verbrauch — den Vorrat leider überſteigt. G
naue Zahlen über Vorrat und Einſchlag können c
gegeben werden, doch nimmt man an, daß der a
liche Totalverbrauch etwa 450 Millionen Brettfuß
beträgt. Früher ſei der Vorrat bedeutend geweſen ; |
habe ca. / des Hartholzbeſtandes betragen hel
aber ſehe man der Erſchöpfung entgegen. Deftiid d
Alleghany-Gebirge fei der Baum ganz verſchwunden
1) 423 Brettfuß = 1 Feſtmeter.
137
ſeien noch einige zerſtreute Gebiete, im ſüd⸗ mitgebracht und von Ort zu Ort weiter transportiert.
„Bio aber das meifte Holz zu finden. Dieſe Sägen werden nur für Hickory und Eiche ge:
t Wettbewerb der Händler fet groß; fie durch⸗ braucht. Die Bedienung derſelben erfordert einen hohen
das ganze Land und nehmen jetzt jene Hölzer, Grad von Geſchicklichkeit, weil das Holz für alle mög⸗
im erften Hieb als zu gering ſtehen blieben. lichen Gebrauchszwecke ſchon im Walde hergerichtet
auch dieſe Vorräte ſeien bald erſchöpft. Die werden muß. Die Koſten der Fällung und Herrich⸗
quelle wird dann der ſogen. zweite Wuchs fein. | tung des Holzes, welches ohnehin zerſtreut im Walde
ı bemerken wäre hier, daß einſichtige Leute für | vorfommt und ſchwer zu finden ift, der Transport des
haltung des Vorrats, Regelung des Verbrauchs, Sägewerk uſw. find viel größer wie bei anderen Höl⸗
nung der Holzverſchwendung neuerdings lebhaft zern. Daher rentiert fih der Baum nach amerikani⸗
ten und auch Vereine gründen, um dieſen Zweck ſchen Begriffen nicht, obwohl bei einem 20 cm dicken
ehen. l Baume auf Bruſthöhe 44%, bei einem von 30 cm
inen wichtigen Faktor in dieſer Frage bilde aber | 50% und bei einem von 40 em 54% Mgebrauchs⸗
zeſitz ſtand. Soweit die Nationalforſte — za. | fähiges Holz verbleiben. Bei dieſer Aufbereitungsart
eillionen Hektar — in Betracht kommen, geht es bleibt viel Holz im Walde unbenutzt liegen; man ver:
recht ordentlich zu; aber bei den kleinen Privat⸗ | anſchlagt dieſen Verluſt auf 40 %.
eſitzern, in deren Wäldern viel Hickories ſich be- Von den vielen in der Waſhingtoner Schrift ent:
a, hapere es. Zum Ackerbau ift immer mehr haltenen Tabellen möchte ich nur 3, welche für unfere
» erlorderlid, und da muß der Wald weichen. Frage beſonderes Intereſſe bieten, in aller Kürze be-
Bedarf an Holz für Geräte aller Art und für ſprechen.
Kung wird immer größer, andererſeits verkauft der Tabelle 7 weiſt, wie unſere Maſſentafeln, den
ger die wertvollen Holzarten — Carya und Jug: Kubikinhalt des Baumes bei Bruſtdurchmeſſer und
— und ſo verſchwinden dieſe Hölzer immer mehr Höhe nach; außerdem das noch gebrauchsfähige Holz
geringwertige treten an ihre Stelle. Wohl ſind in Prozenten. Die Zahlen für Hickories ſtimmen ſo
im unteren Miſſiſfippi⸗Gebiet größere Laubholz⸗ ziemlich mit den in unſeren Maſſentafeln von Behm
ade vorhanden, aber nur wenige Hickories kommen für die Eichen angegebenen überein, bald find fie etwas
> höher, bald niederer.
r den Einſchlag des Holzes ift folgendes Sehr intereſſant iſt Tafel 12. Sie weiſt nach,
oen. Nach der Fällung des Baumes wird fofort | wie fih die Shaftform da Hieraus z. B.
der Aufarbeitung an Ort und Stelle begonnen. einige Zahlen:
dieſem Zwecke werden kleine fahrbare Sägewerke
Es beträgt
W dem dm | In einer Höhe von
auf Bruſthö he 1 5 e EN 40 Fuß Bemerkungen
von = 0,8 1,52 805 6,1 9,1 12,2 2 Meter
don cm der dm des Baumes in cm | 5
8 20,3 26 20 15,5 15,7 | 127 | 81 Die amerikaniſchen Maße
15 40,6 48 39 38 34,8 32,5 29,9 ſind in Meter umgerechnet
235 60 70 68 55 5138 49,5 48,3 Bei 1 bis 4 Höhe iſt der
ly 80 93 78,5 75 | 68,3 64,7 | 625 dm nod) größer als bei
91,4 108 90,7 84,8 77 72,1 | 696 Bruſthöhe.
| 205 je Tabelle ift zu entnehmen, wie vollholzig
e Baumſchäfte gewachſen find. Schon bei unſeren
angenhölzern fällt dieſer ſchöne Wuchs auſ.
Tabelle 14 handelt vom Durchſchnitts«
ertrag pro acre.
Alter 5 Zahl | Kubik⸗Fuß Feſtmeter
2 Bruſthöhe Höhe Ek 175 Davon Handelsware ae Seen
N Fuß | m Bäume ganzen Kubik⸗Fuß Feſtmeter Derbholz
! 1 acre =, 405 ha
b 60 700 19,81 118,5 1’ = 0,3048 m
; 9 1000 28,30 160,4
10) 1 300 36.80 202,2 Juß, Zoll, Flä⸗
120 1 650 48,79 244,0 enmaße find
200) 56,60 306,7 auf unjere Maße
2 700 76,40 397,4 umgerechnet.
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140
Nach den Ertragstafeln von Dr. Schwappach hat Man glaubt jedoch, daß der Holzvorrat für J:
die Eiche auf Standortskaſſe III nahezu gleich hohe amerika ausreicht, wenn die Hickory⸗Wälder unter ç
Erträge. Es bietet dieſe Tabelle einen ſchönen An: Verwaltung kommen, welche die Holzverſchwendung ı
haltspunkt für ſpätere Berechnungen. andere Mißſtände abſtellt. Eine Pflege wäre für!
Als echte Hickories gelten bei den Amerikanern Millionen acre nötig.
nur C. alba, porcina, tomentosa und sulcata; bei 9. Oekonomiſche Mittel
alba und porc. fol das Schattenerträgnis am gröf: In dieſem Kapitel wird auf dkonomiſche Vi
ten ſein. Die Fortpflanzung erfolge durch Samen, n i f
Stock⸗ und Wurzelausſchlag. Die Samenjahre wären und forſtliche Pflege mit wohlgemeinten und pr
l g . tijden Vorſchlägen hingewieſen.
unregelmäßig: alle 2—3 Jahre im ſüdlichen und Das Abfallholz fol vermindert, das Vorurtel!
mittleren und alle 3—5 Jahre im nördlichen Gebiet. J Jou vermindert, orurtei
Ein freiſtehender Baum gebe 2—3 bushel (72—109 J) kämpft, ar a echte Bermeflungsart genoem d
Früchte, ein veredelter Pekanbaum aber bis 15 bushel die Ueberproduktion vermieden werden. Der A:
i ſchlagwald genüge für die Erziehung der fogenanal
|
|
= 5401. Der fleinfte Teil der Früchte gelange l ; :
; i Kleinnutzhölzer. Zur Starkholzerziehung müſſe r:
jedoch zum Keimen, da Vögel, Eichhörnchen, Mäuſe, reine Beſtände durch Saat begründen, weil die na’:
er 1 . liche Verjüngung infolge ungünſtiger Verhältniſe v.
Erfolg verſpreche. Im übrigen werden wohldurchber.
vielen Unbilden — Wild, Vieh, Feuer uſw. — aus: Í : |
i waldbauliche Vorſchläge, die auf den Lidtwudsbete:
geſetzt, ſo daß nur wenige durchkämen. Zum Glück eee
jet die Ausſchlagsfähigkeit ſehr gros und können Schä⸗
den wieder ausgeheilt werden. Im Ohiogebiet finde 10. Schlußfolgerungen.
Es wird nochmals auf den hohen Wert des Holz;
man den meiſten Aufwuchs, im Süden aber wenig
infolge der Ueberſchwemmungen und des Schweine: | hingewieſen, auf die vielen guten Eigenſchaften be
eintriebs. Baumes, auf feinen Nutzungswert, die zur Beit hote:
Der Wuchs der echten Hickories fei langſam, an: | Gewinnungskoſten und den geringen Reingewinn. Nei
dere Arten würden mehr leiſten, die Weiß⸗Eiche z. B. auch darauf wird aufmerkſam gemacht, dab hd dit
das Doppelte an Maffe und das Zwei- bis Vierfache Verhältniſſe zu gunften des Baumes ändern durd d
an Handelsware. Das Holz der porcina gilt als gruppen: und horſtweiſe Erziehung der Hickory. &
das befte, dann kommt alba und tomentosa; die | fei Hoffnung da, daß in abſehbarer Zeit die Anzıd
anderen haben geringeres Holz; C. olivaeformis und | fih lohnen wird. Der Anbau dieſer wertvollen Hol
sulcata werden nur der Frucht wegen erzogen. art könne nur aufs beſte empfohlen werden.
Der techniſche Wert des Holzes variiert ſehr, „„
ſelbſt bei der gleichen Art, ja ſelbſt beim gleichen Baum.
Der untere Stammteil hat ſtets das beſte Holz Die
Größe der Jahrringe iſt kein Maßſtab für die Güte
des Holzes, auch die Zähigkeit bleibe unberührt beim
Wechſel von Kern: und Splintholz. Der befte Weri-
meſſer für das Holz ſei das Gewicht (84 ſpez. Ge⸗
wicht). Die Verletzungen und Fehler wurden ſchon
oben erwähnt.
8. Ausblicke in die Zukunft.
Ein Knappwerden des Vorrats ſteht unmittelbar
bevor; die jungfräulichen Bäume find bald fort, wir
müſſen auf den zweiten Wuchs greifen. Die Wald:
beſitzer ſehen den Baum als minderwertig an, weil er
ſich nicht ſo hoch rentiert wie andere raſchwüchſige
Holzarten. Für die Wiederanzucht geſchieht nichts.
Starkholz wird nur wenig verlangt und für die Ge:
räte, Werkzeuge uſw. genüge ſchwächeres Holz von
Soviel aus dieſer hochintereſſanten Schrift, Kit
Verfaſſer die Anzucht der Hickory fo warm empfell
und der Zukunft fo vertrauensvoll entgegenſieht. Miyet
alle feine Erwartungen fih erfüllen! Das ift de
Wunſch weiter Kreiſe, insbeſondere der deutſchen gori
mănner. — |
Im Anhange folgt noch ein Verzeichnis von eiten
Teil der in Deutſchland vorkommenden Hickorh!
Anlagen. Dieſe erbringen den Beweis, daß auc
in unſerem Klima bei richtiger Auswahl des Stand:
ortes und entſprechender Pflege die harteren Car
Arten noch gut gedeihen. Dieſes Vorkommen, ins
ſondere die Wuchsleiſtungen bilden das Fundamen
auf das fih meine Abhandlung ſtützt. Es iſt
heffen, daß die bisher erzielten ſchönen Reſultate m
chen Waldbeſitzer und Forſtmann veranlaſſen, UT
Verſuch mit dieſer wertvollen Holzart zu machen
8—9 Zoll (20—30 em), das mit 40—60 Jahren Und wenn dies — wie ich annehmen darf er
erzogen werden kann. Uebrigens rechne man bei ent: Fall ift, fo ift diefe mühevolle Arbeit nicht berge a
ſprechender Vorratsverminderung auf eine Preiser: | gewefen.
höhung und dann auf — Wiederanzucht.
141
x Frage der inneren Mängel des Rund-
- holzes.
n Oberförſter Alfr. Müller (Klingenthal, z. Zt. im Felde).
Für innere oder verborgene Mängel lehnen die
mdholzverkaufsbedingungen zahlreicher Forſthaus⸗
ite zur Zeit noch jede Gewährleiſtung ab. Auch
e Handelsgebräuche der einzelnen Holzhandelsgebiete
eutſchlands und Oeſterreich⸗Ungarns beſtimmen faſt
irchgängig, daß der Verkäufer für innere Fehler, die
ſt bei Verarbeitung eines äußerlich geſunden Nutz⸗
Azabſchnittes erſcheinen, nicht aufzukommen braucht.
un einigen dieſer Handelsgebräuche („Uſanzen“) gilt
terbei die Einſchränkung, daß der Rundholzverkäufer
e Falle argliſtiſcher Verſchleierung des Mangels ver:
atwortlich ift. Für den, der die Wechſelbeziehungen
nden Forſtwirtſchaft und Holzhandel mit beſonderem
zutereſſe verfolgt, ift die erwähnte Beſtimmung der
Dolzhandelsgebräuche nicht ohne Belang. Sie kann
entweder ihren Grund darin haben, daß Holzhandel
und Holzinduſtrie ebenſo wie unſere meiſten Forſthaus⸗
"Halte (mBbefondere die ſtaatlichen) tatſächlich aner:
kennen, daß verborgene Rundholzfehler gewährsfrei
fin müſſen. Oder aber, die Induſtrie hält es nur
r zweckmaͤßig, ihre Beſtimmungen über den Fall des
perborgenen Fehlers den nun einmal herrſchenden An-
uungen der maßgebenden großen Rundholzprodu⸗
enten anzupaſſen. Letzteres halte ich für den aus⸗
ſſhlaggebenden Grund. Nun verlangt ja das Intereſſe
unseres Abſatzes ebenſo wie das volkswirtſchaftliche
‚bezw. forſtpolitiſche Intereſſe heutzutage mehr noch als
früher, daß wir mit den Wünſchen und Bedürfniſſen
don Handel und Induſtrie dauernd engſte Fühlung
alten und berechtigten Wünſchen nach Möglichkeit ent:
gegenkommen. Daher fei es geſtattet, hier einige auf
die inneren Mängel bezügliche Wünſche zu beſprechen,
die mir im Verlaufe langjähriger holzkaufmänniſcher
Studien näher bekannt geworden find.
1. Daß der Rundholzverkäufer für innere Mängel,
die wirklich von außen unkenntlich ſind und dem Ver⸗
käufer auch ſonſt auf keine Weiſe bekannt werden
konnten, nicht haftet, das iſt zweifelsohne ein durch⸗
aus geſunder Rechtsgrundſatz. Nur muß man hierbei
vorausſetzen, daß der Verkäufer nichts verſäumt hat,
um ſich auch wirklich nach Möglichkeit von der inneren
Güte des Holzes zu vergewiſſern. Je wertvoller der
zu veräußernde Rundholzabſchnitt, umſo ſorgſamer
muß verſucht werden, Klarheit über die innere Fehler⸗
freiheit zu ſchaffen. Hierzu gehört in erſter Linie ein⸗
gehende praktiſche Schulung des zur Aufnahme der
geſchlagenen Hölzer verwendeten Unterperſonals, deſſen
Blick und deſſen praktiſches Wiſſen hinſichtlich der
mannigfachen inneren Mängel ſtändiger Weiterbildung
| bedarf. Man kann gelegentlich beobachten, daß die
1916
alterfahrenen Abnahmebeamten, Regimenter uſw. einer
Holzfirma oft eine erſtaunliche Sicherheit im Erkennen
verborgener Fehler beſitzen. Zu derſelben Sicherheit
kann und muß auch das Forſtperſonal gelangen, ins⸗
beſondere in Revieren, die hochwertige Laubholzab⸗
ſchnitte und ſonſtige ausgeſuchte Sortimente liefern.
Ein wichtiges Ausbildungsmittel iſt hierbei der häufige
Beſuch von Saͤgewerken und Holzverarbeitungsſtätten
aller Art.
Der Aufklärung über die innere Fehlerfreiheit dient
ferner gelegentlich auch eine Befragung der Vorge⸗
ſchichte des Beſtandes. So iſt es z. B. wichtig, zu
erfahren, daß ein Beſtand in einem beſtimmten Jahre
unter Hagelſchlag gelitten hat, deſſen Spuren vielleicht
längſt überwallt ſind oder, daß in ſeiner Nähe ein
gefechtsmäßiges Schießen abgehalten worden iſt. Wie
weit man mit diesbezüglichen Mitteilungen an den
Käufer zu gehen hat, darüber entſcheiden ſelbſtver⸗
ſtändlich die örtlichen und ſonſtigen BVerhaltniffe ſowie
Takt und kaufmänniſche Einſicht des Revierverwalters.
Nicht außer Acht darf hierbei die Erwägung bleiben,
daß auch der Käufer, ſeinerſeits verpflichtet iſt, ſich
die Ware vor Kaufsabſchluß gründlich anzuſehen, wozu
ihm der Verkäufer natürlich ausgiebig Gelegenheit
geben muß.
2. Eine Anzahl innerer Mängel iſt nur ſelten oder
nie beim Rundholzverkaufe zu entdecken. Als Beiſpiel
ſei das Vorhandenſein von Holzweſpenlarven erwähnt,
die nachträglich höchſt empfindliche Entwertungen und
Schädigungen herbeizuführen vermögen. In ſolchen
Fällen wird der Rundholzverkäufer von Fall zu Fall
erwägen, ob er den Käufer durch entſprechende nach⸗
trägliche Preisherabſetzung aus Billigkeitsgründen für
den Verluſt entſchädigen darf. Ein derartiges Ent:
gegenkommen wird in geeigneten Fällen bei einigen
großen Forſthaushalten geübt, ohne daß hierunter der
Grundſatz der Nichthaftbarkeit für einen tatſächlich ver⸗
borgenen Mangel zu leiden braucht.
3. In höherem Maße, als allgemein bekannt ſein
dürfte, leidet die holzverarbeitende Induſtrie unter drei
inneren Holzfehlern, die (im Gegenſatze zu den meiſten
anderen Fehlern dieſer Art) lediglich durch menſchlichen
Eingriff entſtanden ſind.
a) Fremdkörper im Holzinneren. Die vielerlei
Fälle, in denen eiſerne Schrauben, Nägel, Krampen
uſw. in dem lebenden Holzkörper befeſtigt werden,
führen ſehr leicht zur Entſtehung eines ſolchen inneren
Mangels. Wir können dies allenthalben beobachten,
wo man Niſtkäſten, Wegweiſer, Warnungstafeln, Num⸗
merſchilder zur Bezeichnung der Waldabteilung u. dgl.
auf dem lebenden Baume befeſtigt. Der befeſtigte
Gegenſtand wird im Laufe der Zeit entfernt oder er
fault ab und es genügen oft wenige Jahre, um den
Nagel, die Schraube uſw. ſpurlos überwallen zu laſſen.
19
112
Dasſelbe kann eintreten, wenn eiſerne Bänder, Ein⸗
friedigungsdrähte u. dgl. den Baum andauernd und
feſt berühren und bei flottem Zuwachſe raſch durch
neue Holzſchichten überkleidet werden.
Wird ein Stück Holz, das einen ſolchen metalli⸗
ſchen Fremdkörper birgt, verarbeitet, ſo können dreierlei
Nachteile eintreten.
1. Das Holz zeigt in der Umgebung des Metall⸗
körpers Roſtflecken und ähnliche Farbfehler oder
auch Faulſtellen. Diefer Nachteil tritt übrigens
(gleich dem unter 2. erwähnten) bereits dann
ein, wenn der Nagel uſw. noch rechtzeitig vor
dem Ueberwachſenwerden entfernt wurde.
2. Die Holzfaſer iſt an der verletzten Stelle zer⸗
riſſen und verläuft in den Ueberwallungsſchichten
wellenförmig, wodurch manches ſchöne Nutzſtück
für feinere Zwecke wertlos wird.
3. Treffen die Holzbearbeitungswerkzeuge auf den
Metallkörper, fo können ſie erheblich beſchädigt
werden. Dies gilt nicht nur für die empfind⸗
licheren Meſſereiſen, Fraͤſer, Kreis: und Band:
ſägen, ſondern auch für die robuſteren Formen
der großen Gatterſägen. Wir können uns dies
leicht dadurch erklären, daß die zum Zerſchneiden
von Metallen dienenden Sägen durch andere
Zahnform und durch die Kühlungsvorrichtung
weſentlich von den Holzbearbeitungsſägen ab⸗
weichen.
Mit dem Auftreffen auf einen Metallkörper iſt
außer Beihädigung der Maſchinen oft auch noch eine
Verletzung des bedienenden Arbeiters und eine mehr
oder wenig lange Betriebsſtörung verbunden. Er⸗
wähnenswert iſt, daß dieſer Nachteil im Gegenſatze zu
den beiden erſtgenannten auch bei Brennhölzern fühl⸗
bar werden kann, indem z. B. die Kreisſägen der in
Großſtädten eingeführten Holzſpaltmaſchinen erheblich
leiden können. Als einzige Schutzvorrichtung gegen
ſolche gefürchtete Unfälle könnte vielleicht erwähnt wer⸗
den, daß eine bekannte Maſchinenfabrik neuerdings
Gatter mit Walzenvorſchub baue, die einen mit Doppel⸗
ſchaltrad ausgerüſteten einfach und ſicher wirkenden Vor⸗
ſchubmechanismus aufweiſen, bei dem ein raſches Aus⸗
ſchalten, ermöglicht iſt. Auch die Horizontalgatter
werden von manchen hinſichtlich ſolcher Störungen für
günſtiger gehalten.
Wie wir ſehen, iſt dieſer innere Mangel überaus
nachteilig, daher ſollte ſeiner Entſtehung überall mit
Strenge entgegengearbeitet werden. Daß die Groß⸗
waldbeſitzer hierin mit gutem Beiſpiel vorangehen, iſt
ſelbſtverſtändlich.
b) Ganz ähnliche Folgen hat das Eindringen von
Geſchoſſen in den Baumkörper, nur daß hier meiſt
ſtärkere phyſiologiſche Schädigungen hinzutreten, wo-
durch der verborgene Mangel techniſch noch bedeut⸗
orten nach wenigen Jahren äußerlich nicht mehr er
ſamer wird. Die Ueberwallung, die den Mangel
einem verborgenen macht, geht übrigens oft febr raid
von ſtatten. So fand Anfang Februar 1916 mei
Burſche beim Brennholzmachen an der Weſtfront en
Stück Kiefer mit einem deutſchen Infanteriegeſchoß
welches von außen bereits unkenntlich war. Das Ga
ihop mußte nach Lage der Dinge im Auguft oder A
fang September 1914 in den Baum gedrungen ſei
Die Entſtehung dieſes Mangels iſt meiſt unverme
bar, außer bei privaten Schießſtänden, bei deren Auf
lage fih der Revierverwalter erforderlichenfalls dag
Einſpruch gegen ungenügende Geſchoßfänge ſichern wid; `
Daß nirgends einzelne Bäume zu Schießübungen diener:
dürfen, iſt ſelbſtverſtändlich. | n
c) Verborgene Fehler des Nutzholzes kann ſchliez
lich noch die Aufaſtung verurſachen. Wird beiſpik⸗
weiſe eine Eiche erft im ſpäteren Alter aufgeaſtet (glei!
viel aus welchem Grunde) fo ift dies auf guten Stande
kennbar. Im Sägewerk aber zeigt der anfdeinnd‘
tadelloſe Rundholzabſchnitt oft innere Faulſtellen und.
Farbfehler, günſtigſtenfalls aber ſtets Abweichungen vom‘
normalen Faſerverlaufe, die von der Markröhte bis
zur Ueberwallungsfläche des ſeinerzeit entfernten NW
reichen. Es bedarf wohl keiner ausführlicheren dan
legung, inwieweit folder abnormer Faſerverlauf ue,
kaufmänniſche Kalkulation bei Ausnutzung eines wert
vollen Abſchnittes ſtört, und es fei nur geſtattet, daran
zu erinnern, daß für beſtimmte techniſche Zwecke z By
die Tragkraft ſowie die Spaltbarkeit ſtark hierunter
leidet und daß die Ausführung eines exakten Bt).
ſchnittes ſehr erſchwert wird (beſonders bei Banbjägen) 2
Die ſpäte Aufaſtung hat alfo in dem Beilpilst,
falle einen inneren Mangel geſchaffen, der dem Rund:
holzkäufer mannigfache finanzielle Nachteile bringen
kann. Wo fidh ſolche ſpäte Aufaſtungen daher au —
nahmsweiſe nicht vermeiden laſſen, erwächſt dem De
käufer gegenüber einem nicht ortsanſäſſigen Käufer lie
Pflicht der Aufklärung über die ſeinerzeit erfolgte Mabe
regel. ve
Vom holzinduſtriellen Standpunkte aus kann eine f
Grünäftung in der Regel nur dann erwünſcht Ih |
nen, wenn ſie in der Jugend des Laubholzbaum *
erfolgt. Sorgſamſte Ausführung vorausgeſetzt, über is
wallen dann die Wunden meiſt raſch und ohne Nad; =
teil für die innere Holzgüte. Die unteren Abſchnitte $
des haubaren Stammes werden in biejem Falle beim :
Auftrennen auf der Sägemühle etwa dasſelbe Bild =
zeigen, wie diejenigen eines im Beſtandsſchluſſe alte" `
und vollholzig erwachſenen Baumes. Bei beiden 5 | :
wir in der Nähe des Martes zahkreiche Aftipuren, U u
die Induſtrie trägt dieſem ihr von vornherein a |
fannten Umftande dadurch Rechnung, daß fie eu?“
Kernbretter (Herzbretter) oder auch Kernbohlen heraus
143
Aus dem übrigen Teil des Abſchnittes darf fich |
t Der Induſtrielle, mit Sicherheit aſtfreie Sorti-
= verſprechen, zumal gelegentlich und vereinzelt
ommende geſunde Aeſte auch bei aſtreiner Ware
yelsüblich meiſt geduldet werden.
Bei allen verborgenen Mängeln wird der Rund⸗
holzverläufer gut tun, ſich zu vergegenwärtigen, in
welchem Umfange ſie alle Kalkulationen des Erſtehers
zu ſchanden machen. Ein von Fall zu Fall genau zu
erwägendes nachträgliches Entgegenkommen im Preiſe
dient in gewiſſen Fällen mittelbar auch dem Nutzen
des Waldbeſitzers.
Literariſche Berichte.
e Bodenkolloide. (Der „Kolloide in Land: und
Jorſtwirtſchaft“ erſter Teil) von Paul Ehrenberg,
mßerordentlicher Profeſſor und Direktor des agri-
uurchemiſchen Inſtituts der Univerfitat Göttingen.
Rur gebunden M. 14.50. Verlag von Th. Stein⸗
pff. Dresden 1915.
Berfafjer bringt als Einleitung einen „Abriß der
Moidchemie” ; das ift natürlich ein großer Vorzug,
A der Lefer beim Studium fih jederzeit über die
im etwa noch nicht geläufigen Begriffe dieſer etwas
‚wartigen Wiſſenſchaft orientieren kann. Im beſon⸗
tren wird es angenehm empfunden werden, daß die
fotetiſchen Ueberlegungen fic) nicht zu weit von dem
- ebiete entfernen, das nachher praktiſch behandelt wird.
Die Kolloide, die ſich durch Schweben feinſt ver⸗
-fter bis feiner Teilchen in einem anderen Stoffe
eichnen und dementſprechend außergewöhnliche Ober⸗
nentwicklung aufweiſen, können nach Prof. Ehren⸗
. Rg unter den Begriff der „ungleichartigen Ber:
zilungen“ zuſammengefaßt werden.
Je nach den dabei aneinander grenzenden Ober⸗
en wird zu unterſcheiden fein. zwiſchen: ungleich
igen Verteilungen flüſſig⸗gasförmig (Nebel, Schaum),
fi gasförmig (Rauch, Staub), flüſſig⸗flüſſig (Emul:
fionm oder Milcharten), hier von feinſter Art die
Tröpſchenkolloide, zu denen Verf. als ſehr wichtig die
kolloide Kieſelſäure wie die kolloiden Humusſtoffe zählt,
ſef⸗flüſfig (feiner Art: die Suspenſionen oder Auf:
ſchwemmungen; feinſter Art: die Körnchenkolloide).
Als Uebergangsform zwiſchen Tröpfchen⸗ und Morn:
dchenkolloiden bezeichnet E. die Hydroxyde des Eiſens
und Aluminiums.
Auf rund hundert Seiten werden ſodann die ver⸗
| open Bodenkolloide und ihre Eigen:
\Haften beſprochen.
Auch die Bakterienverteilungen im Boden gehören
n den Kolloiden und zwar zu den Emulſionen bezw.
Töpfchenkolloiden. Bekannter iſt freilich die Kolloid⸗
aur der Kieſelſäure, der Humusſtoffe, des Eiſen⸗
Ibdrats, der Tonerde; ſoweit Sande Aufſchwemm⸗
Jungen bilden, entſtehen ebenfalls ungleichartige Ver⸗
gelungen.
As beſonders wichtig ift der Ton unter den ver:
1 ſiedenſten Geſichtspunkten beurteilt.
Der größte Teil des Werkes iſt den „Wirkungen
der Bodenkolloide“ gewidmet. Es wird dar—
getan, daß Verhältniſſe, wie wir fie beim Experiment
beobachten, ſehr wohl auch in der Natur gegeben ſind.
Verf. erinnert beſonders an die Ausfällung einer
Tontrübung, die beim Verſuch wie auch im Boden
ſtattfindet. Auch die Quellungs- und Schwindungs⸗
vorgänge find dem Gebiete der Kolloidchemie einzu:
ordnen. Ganz beſonders wichtig iſt aber die Adſorp⸗
tion (= Abſorption) im Boden, deren Behandlung,
gleichfalls der Kolloidchemie zuſteht und Adſorption
tritt ebenſo an trockenen Bodenteilchen auf wie an
unter Waſſer befindlichen oder feuchten.
Die Bodenkolloide üben die verſchiedenſten Wirk⸗
ungen aus, je nach den Einflüffen, denen fie ſelbſt
unterliegen. Solche Einflüſſe find: Natur- und Kul:
turkräfte. Zu erſteren gehören die Witterung, die
Adſorption, die Bodenſalze, ſchließlich Pflanzen und
Tiere. Es gibt wohl kaum eine einſchlägige Frage,
die nicht mit außerordentlicher Sachkenntnis behandelt
und über die nicht mit ſtrengſter Gewiſſenhaftigkeit
und Gründlichkeit die diesbezügliche Literatur ange⸗
gegeben wäre.
Ebenſo erſchöpfend ſind die Kulturkräfte er⸗
örtert; ſo ziemlich jede mögliche Maßnahme iſt unter
dem Geſichtspunkte der Kolloidforſchung behandelt Er⸗
wähnt ſeien die verſchiedenen Meliorationen wie das
Brennen des Bodens, die Drainage, die Miſchkultur,
Bewaͤſſerung uſw.
Unter den Wirkungen der Bodenbearbeitung
intereſſieren uns beſonders die Ausführungen über die
Pflugſohle, auf die z. B. das ſchlechte Wachstum des
Waldes auf Ackerland zurückgeführt wird. Wie dieſe
Erſcheinung unerfreulicher Natur auf Bodenkolloide
zurückgeführt wird, ſo auch jene günſtige, die wir als
Bodengare bezeichnen; ſie wird nach Prof. E. er⸗
zeugt durch die Ausflockung der Bodenkolloide; dazu
iſt ein ausreichender Gehalt an Kalk und Magneſia
im Bodenwaſſer nötig. Die Löslichmachung dieſer
Stoffe beſorgen die Mikroorganismen, welche Kohlen-
ſäure bezw. Galpeterfdure z. T. aus dem Humus pro:
duzieren.
Ein umfangreiches Kapitel iſt der Düngung ge:
widmet und insbeſondere dargetan, wie die einzelnen
19*
EE E
Düngemittel organiſcher und unorganiſcher Natur auf
die Bodenkolloide wirken. Der Inhalt dieſer rund
ſiebzig Seiten iſt mit der intereſſanteſte des Werkes.
Unter den Ausführungen über den Pflanzenbau
findet ſich auch eine freilich kurze Ueberlegung, die ſich
auf die in Betracht kommenden Wirkungen des Kahl⸗
ſchlags und Waldfeldbaus beziehen. Hinſichtlich des Tafeln enthalten alle für den praktiſchen Gebrauf
erſteren wird neben anderem (Regenaufprall, Durch⸗
ſchlämmen uſw) darauf Bezug genommen, daß auf
kalkarmen Böden „angeſammelte ſauere Humusmaſſen
dem verſickernden Regenwaſſer die nötigen Mengen
von Schutzkolloiden mit auf den Weg geben“. „Dann
iſt Ortſteinbildung oder jedenfalls gründliche Boden⸗
verſchlechterung nahezu mit Sicherheit zu erwarten“.
Mit der Lektüre am Schluſſe des Werkes ange⸗
langt, ſieht man, daß es wenige Probleme der Boden⸗
kunde uſw. find, die nicht in Beziehung zur Kolloid⸗
chemie gebracht werden können. Das Intereſſe an
dieſen Dingen wird durch die klare Darſtellung nicht
nur erweckt, ſondern auch geſteigert. Beſcheiden und
vielleicht vorſichtigerweiſe nennt Berf. fein 563 Seiten
umfafjendes, tadellos ausgeſtattetes Werk „eine Er⸗
gänzung für die üblichen Lehrbücher der Bodenkunde,
Düngerlehre und Ackerbaulehre“.
Dr. Bauer-München.
Tafeln zum Abſtecken von einſeitigen offenen
Wergkurveu mit Beibehaltung des Weg Gefälles
berechnet von F. W. Fürſt zu Yſenburg und
Büdingen in Wächtersbach. Preis M. 1.00.
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Frankfurt a. M., J. D. Sauerländers Verlag, 1915
Dort wird aber vorausgeſetzt, daß der zu flogen
Die kleine Schrift ift im Weſentlichen ein Abdo
des Abſchnittes „I. Gebrauchsanweiſung“ aus dem er
Aufſatze im Maiheft 1915, aber vervollſtändigt du
ſämtliche Hilfstafeln für die Kurvenhalbmeſſer u
11 bis 20 m, während jenem Auſſatze nur ein
ſolche Tafel (für 16 m Radius) beigegeben war. X
im Walde notwendigen Zahlen ſowie eine Beſchreibuß
des dazu erforderlichen einfachen Winkelinſtrumenig
das hiernach von jedem Schreiner angefertigt werdg
kann; fie werden in der Hand auch des mathemati
ungeſchulten Forſtbeamten gute Dienſte leiften Be
fih aber für die Theorie des Verfahrens intereffiert
muß den Original: Auffag im 1915 er Maiheft de
Allg. Forſt⸗ und Jagdzeitung nachleſen.
Das Problem, austretende Bogenlinien von be
ſtimmtem Halbmeſſer und gegebener Steigung atm
ſtecken, ift m. W. zuerſt von mir in meinem „Grund
riß der Waldwegebaulehre, Leipzig und Wien 18%
in den Aufgaben 52 bis 58 zu § 41 gelöſt worden
Bogen immer nur ein Halbkreis iſt, der dann beider
ſeits durch Tangenten bis zur urſprünglich abgeftedten
Gefälllinie fortgeſetzt wird. Das den Tafeln des Garten
zu Y. und B. zu Grunde liegende Verfahren lit de
kompliziertere Aufgabe, den in feiner Länge nicht de‘
ſchränkten Kreisbogen, der kürzer oder länger, als en;
Halbkreis fein kann, durch Gegenkurven von 30
Halbmeſſer mit den Gefälllinien zu verbinden.
Wimmenatel.
Briefe |
Aus Preußen.
|
|
diefen gefallenen Helden ein ehrendes Andenken be⸗
Die Beratungen des Abgeordnetenhauſes Über wahren. Die Forſtverwaltung habe ſich nach Pit:
den Etat den Honſtvenwaltung.
|
Zunächſt berichtete der Berichterſtatter, Dr. Hoeſch⸗
Neukirchen, über die Beratungen der Staatshaus- Beamten und Waldarbeiter, aus dem Serportreter
halts⸗Kommiſſion über den Etat der Forſtverwaltung. ſo vieler Bedürfniſſe und nach dem Machlaffer ber
Hier fet darauf hingewieſen worden, daß man zu einem
vermehrten Schutz der Schälwaldungen zurüd:
kehren müſſe. Dieſe ſeien ſeit Jahr und Tag in einen
gewiſſen Mißkredit gekommen, nachdem vom Auslande | heit zu dienen. Die Holzpreiſe ſeien in den
außerordentlich billige Gerbmittel eingeführt worden | zelnen Bezirken und für
ſeien, und nachdem die Technik auf dieſem Gebiete ganz
beſonders vorgeſchritten wäre.
Der Berichterſtatter für den Forſtberwaltungsetat,
Graf v. d. Groeben, gedachte ſodann der im
Kriege gefallenen Forſtbeamten; es ſeien
von Forſtverwaltungsbeamten allein 4 Regierungs—
forſtbeamte, 39 Oberförſter m. R., 4 Oberförſter o.
R., 37 Forſtaſſeſſoren, 14 Forſtreferendare und 33
|
|
|
|
|
weſen, als ſonſt. Ungünſtig beeinflußt ſeien
teilung der Kgl. Staatsregierung, ungeachtet det
Schwierigkeiten, die aus der Einziehung zahlreicher
Einfuhr fic) ergeben hätten, bemüht, ihren Anforde:
rungen nach Möglichkeit gerecht zu werden und u |
Hintanfegung des fiskaliſchen Intereſſes der . |
e 3
bie einzelnen Sortimente außer
ordentlich verſchieden. Im Jahre 1915 ſei die Nach
frage nach Eichen-, Buchen- und Nadelholz, und zwa
Schneide: und Bauholz, im allgemeinen geringer 3”
die Prek
durch ſchlechte Abfuhrverhältniſſe und den Arbeiter:
mangel geworden. Den Schälwaldungen werde
die Staatsregierung ihr lebhaftes Intereſſe zuwerdel |
Die Brennholapreife feien hoch. Aber dev”
Forſtbefliſſene gefallen. Das Abgeordnetenhaus werde verwaltung habe auch hier eingegriffen und Anweiſung
4
BA. S
N, ſoviel Brennholz wie möglich einzuſchlagen
Wenn irgend angängig, an die Gemeinden frei⸗
3 Zu Verkaufen, mit der Maßgabe, daß die Ge:
edorftände dann ohne Preiserhöhung es an die
erbemittelten Einwohner abgeben.
3 Yet ſodann über das Weiterbeſtehen der
Na ka demie Münden verhandelt worden.
das Fortbeſtehen ſprächen die ſehr günſtige Lage,
zerrliche Umgebung, die mannigfache Ausbildungs:
nBeit und der Umſtand, daß der Wettbewerb
den zwei derartigen Anſtalten innerhalb eines
tes Heide anjpornten, ihren Schülern das Beſte
ben. Auf der anderen Seite fet aber zu berück⸗
Gen, Daß die Forſtakademie Münden noch nicht
lange beſtehe, und daß ſich gerade jetzt durch den
des Direktors und das hohe Alter zahlreicher
zenten eine günſtige Gelegenheit bieten würde, ſie
‚ubeben. Es komme hinzu, daß für die Forſt⸗
demie Eberswalde die Nähe Berlins mit ſeinen
innigfachen Lehranſtalten einen ganz gewaltigen Vor:
bedeute. Dieſer Umſtand habe dazu geführt, daß
e meiſten Studierenden der Mündener Akademie ſich
ein Jahr nach Eberswalde begeben hätten. Es
rde kaum möglich ſein, an der Frage vorüberzu—
Feu, ob man nicht mit Rückſicht auf die durch den
jeg gebotene Sparſamkeit davon Abſtand nehmen
Me, fih den Luxus zweier Akademien zu leiſten.
ps der Kommiſſion ſeien ſehr lebhafte Bedenken gegen
t Aufhebung der Mündener Akademie geltend ge:
acht worden, wobei namentlich auch hervorgehoben
den ſei, daß gerade bei Münden viel Laubwald⸗
ände vorhanden ſeien, während in der Gegend von
swalde in erſter Linie Nadelwälder wären. Dem:
enüber habe die Staatsforſtverwaltung erklärt, daß
bei Eberswalde Laubwälder vorhanden ſeien, und
a außerdem jährlich Exkurſionen in andere Staats:
ſorſtctviere gemacht würden, ſo daß die Studierenden
Gelegenheit hätten, auch andere Reviere kennen zu lernen.
Auf die Waldſtreu ſei ferner eingegangen und
_ demeitt worden, daß die Regierung nach Möglichkeit
bemüht ſei, dem Bedürfnis der Gemeinden nach Wald—
1 entgegenzufommen. Ebenſo feien die Staats:
forſten für das Eintreiben von Vieh freigegeben
g worden, die Gemeinden hätten aber nicht in dem er⸗
warteten Maße Gebrauch davon gemacht.
Der Abgeordnete Stull (Bentr.) bedauert
Im Rückgang der Eichen ſchälwälder, der durch die
Konkurrenz der Induſtrie und durch den geringen Zoll,
yj auf ausländiſchen Gerbmitteln liege, veranlaßt
yf worden fei. Die chemiſche Schnellgerberei habe be:
deutend zugenommen und pflanzliche Gerbmittel feien
inſolgedeſſen nicht mehr fo notwendig wie früher. Dem-
gegenüber fei aber zu berüdfichtigen, daß das Leder,
das mit Eichenlohe gegerbt ſei, zweifellos das beſte
— ——————— — — — — — — — 4 4244 Gl. —⏑—ñ— . — —
ſei und die Statiſtik der letzten Jahre beweiſe, daß auch
bei gewiſſer Schnellgerberei große Mengen ausländi⸗
ſcher Gerbmittel eingeführt würden. Durch die fabrik⸗
mäßige Herſtellung des Leders ſeien in der Eifel und
dem Hundsrück wie auch in Weſtfalen blühende Klein⸗
betriebe bedauerlicherweiſe vernichtet worden. Die Ge⸗
meinden, deren Schaͤlwald zurückgehe, verlören be:
deutende Einnahmen und private Befitzer würden in
ihrer wirtſchaftlichen Exiſtenz gefährdet. Aus dem
Siegerlande ſeien die Klagen beſonders lebhaft, weil
dort der Schälwald einen doppelten Zweck habe. Nach
feinem Abtriebe werde die Flache des Schälwaldes dem
Getreidebau zugeführt, alſo einem Zwecke, der in unſerer
Zeit eine beſonders wichtige Rolle für unſere Volks⸗
ernährung ſpiele. Es ſeien im Siegerlande in letzter
Zeit in den Wäldern Weideplätze für das Vieh an⸗
gelegt worden. Auch hier würde es zu bedauern ſein,
wenn die Schälmaldungen noch weiter zurückgehen
würden. Es werde im Gegenteil dort gewünſcht, daß
man ſtaatliche Mittel zur Verfügung ſtelle, um den
Schälwald in ſeiner jetzigen Bedeutung zu erhalten.
Der Herr Miniſter habe in dankenswerter Weiſe
verfügt, daß mit Rückſicht auf die Futternot die König⸗
lichen Waldreviere den Landwirten zu Weidezwecken
freizugeben ſeien. Leider hätten die Landwirte davon
nur geringen Gebrauch gemacht. Dieſe Erſcheinung
ſei wohl darauf zurückzuführen, daß die gute Abſicht,
welche die Zentralverwaltung gehabt habe, in den
unteren Inſtanzen nicht in dem Maße vorhanden und
ausgeführt worden ſei, wie es von oben herab gewünſcht
ſei. Es ſeien Klagen darüber laut geworden, daß von
den unteren Inſtanzen Schwierigkeiten bei dem Ver⸗
ſuch der Ausführung dieſes miniſteriellen Erlaſſes ge⸗
macht worden ſeien.
Bezüglich der Akademie Münden habe der
Miniſter in der Kommiſſion nur die Mitteilung ge:
macht, daß die Abſicht beſtehe, vielleicht die Akademie
aufzuheben und zwar ganz beſonders aus Sparſam—
keitsrückſichten. Sparſamkeitsrückſichten feien zurzeit
ſehr zu billigen, aber man müſſe ſich dabei doch fragen,
ob man auch an der richtigen Stelle ſpare. Es komme
hier in Betracht, daß einmal Münden mit ſeiner Um—
gebung ſehr geeignet ſei, nicht bloß für die theoretiſche,
ſondern auch für die praktiſche Arbeit, die zur Vor—
bildung der Forſtmänner notwendig ſei. Jetzt habe
Preußen zwei Forſtakademien und ſicher nicht zum
Nachteil der Forſtwirtſchaft und Forſtverwaltung. Im
Intereſſe der wiſſenſchaftlichen Konkurrenz würde es
zu bedauern ſein, wenn die Regierung ſich doch dazu
entſchließen ſollte, Münden aufzuheben.
Abgeordneter Brütt (freikonſ.) ſchließt ſich
dem Vorredner hinſichtlich ſeiner Ausführungen über
die Akademie Münden an und ſpricht ſich für deren
Erhaltung aus.
33 a a
Der Miniſter für Landwirtſchaft, Do:
månen und Forſten, Dr. Frhr. von Shor:
lemer, bemerkt, daß die Frage der Aufhebung die⸗
jer Akademie zunächſt nur Gegenſtand einer dor:
läufigen Erörterung ſei und daß endgültige Entſchlie⸗
zungen darüber noch nicht gefaßt worden ſeien. Der
einzige amtliche Schritt, der geſchehen jet, fet der ge:
weſen, daß an verſchiedene Behörden eine Anfrage er⸗
gangen ſei, ob ſie bei eventueller Aufhebung der Aka⸗
demie in der Lage ſein würden, die Gebäude ander:
weit zu verwerten. Für die Beibehaltung der Aka⸗
demie kämen die Gründe in Frage, die der Abgeord:
nete Stull angeführt habe, ſeinerſeits ſeien als Grund⸗
für die Aufhebung nicht allein der Grund der Spar:
ſamkeit, ſondern auch andere Gründe ins Feld geführt
worden. Man dürfe nicht vergeſſen, daß nach einer
ſehr ſorgfältigen ſtatiſtiſchen Zuſammenſtellung bei den
Forſtakademien in Preußen auf einen Dozenten un-
gefähr 5,5 Studierende entfielen, und daß der jähr⸗
liche Zuſchuß, den der Staat für einen Studierenden
leiſte, bei den Forſtakademien ungefähr 2000 M. im
Jahr betrage. Daß bei dieſen Koften. die gegenüber
anderen akademiſchen Lehranſtalten erheblich höher
feien, die Erwägung nahe liege, ob man vom ſtaat—
lichen und finanziellen Standpunkte aus die weitere
Aufrechterhaltung der Akademie noch verantworten
könne, ſei wohl ſelbſtverſtändlich. Es komme nun auch
noch etwas anderes hinzu. Es halte an ſich ſchon
ſehr ſchwer, für Forſtakademien geeignete und tüchtige
Dozenten zu gewinnen. Die Herren von der grünen
Farbe ſeien doch in der Regel praktiſche Leute und,
wenn ſie die Akademie hinter ſich hätten, theoretiſcher
Beſchäftigung weniger zugänglich. Die ſonſtigen aka:
demiſch gebildeten Lehrkräfte betrachteten die Forſtaka⸗
demie immer als Lehrſtätten zweiter Ordnung; ſie
ſtrebten nach den Univerſitäten, und infolgedeſſen ſei
es ſchwer, für die Forſtakademie tüchtige Lehrkräfte zu
gewinnen, und noch ſchwerer, ſie dort dauernd zu er—
halten. Wenn man dabei die Zahl der Forſtakade⸗
|
|
|
miker betrachte, die in Münden im Durchſchnitt der
letzten Friedensjahre ca. 73 und in Eberswalde 64
betragen habe, dann müſſe man ſich fragen, ob es
notwendig ſei, für dieſe geringe Zahl von Studieren:
den foviel Lehrkräfte in Bewegung zu ſetzen, und ob
nicht beiden Teilen damit gedient ſein könne, wenn die
Ausbildung der Forſtakademiker an einer Stelle mit
weniger Lehrkräften und beſſerer ſonſtiger Ausſtattung
ſtattfinden würde. Die Sache habe aber ihre zwei
Seiten und deshalb fei es erwünſcht, daß fih die Oef- |
fentlichkeit mit dieſer Frage beſchäftige und daß auch |
die weſtlichen Provinzen der Monarchie ihre Wünſche
bezüglich der Akademie Münden geltend machen könnten. |
|
Der Abgeordnete Stull habe zwar anerkannt, daß
alles geſchehen ſei, um die Benutzung der Wald—
~
weide den Landwirten zugänglich zu machen. he
aber gemeint, daß die nachgeordneten Behörden nf
überall im Geiſte der Zentralbehörde gehandelt hat
Vielleicht empfindet zwar der eine oder der andy:
Waldbeſitzer und auch Waldverwalter es nicht ang
nehm, daß die Ruhe des Waldes durch eingetriebe
Viehherden geſtört werde, ſoweit Staatsforſtbeam
aber in Frage kämen, habe keiner derſelben fid d
Ueberzeugung entzogen, daß in gegenwärtiger Zeit do
Staate ſowohl wie von den Privatwaldbeſitzern alg -
geſchehen müſſe, um den Eintrieb von Vieh und tq”
mit deffen Ernährung ſicherzuſtellen. Die Waldwei
komme aber nicht überall der Bevölkerung gelegeg
und es fei nicht ganz leicht, dieje in Gegenden ein
führen, wo fie bisher in Friedenszeiten nicht betray
worden fei. In Gegenden, wo bereits früher Sug-
in den Wald getrieben worden fei, habe dies in
Kriegszeit in verſtärktem Maße ſtattgefunden, in
deren Gegenden habe die Aufforderung hierzu ſei
der Behörden wenig Erfolg gehabt. Zum Teil fA”
wohl auch der Mangel an Hirten hieran ſchuld ge!
weſen.
Was den Eichenſchälwald anbetreffe, fo habe
der Krieg den Beweis erbracht, wie wichtig die pan:
lichen Gerbſtoffe im Inlande für unſere Volkswirſchaf =
feien, und wie notwendig daher es fei, den Eich:
ſchälwald dem deutſchen Volke für die Zukunft zu "4 -
halten. I.
E
Abgeordneter Hoff (fortſchr. Volksp.) 4 -
grüßt im Namen feiner Partei die Erklärung I °
Miniſters, daß die bisherigen Verhandlungen über die 5
Aufhebung der Akademie Münden nur einh :
mehr akademiſchen Charakter hätten, und bittet, das
Für und Wider nach jeder Seite hin zu erwäge;
Es ſei nicht zu leugnen, daß die von dem Minister
für die Aufhebung angeführten Gründe Beachtung Er =
dienten. Wenn eine beſſere Verſorgung der Studenten `
durch beſſere Dozenten und beſſere Einrichtungen ge
währleiſtet werde, ſo dürfe man dies nicht außer a .
laſſen. Andererſeits jeien aber auch die Gründe für 1
die Beibehaltung der Akademie ſehr wichtig. p
Der Abgeordnete Hofer (Soz.) führt May :
über die hohen Holzpreiſe. Brennboly habe det `;
doppelten und dreifachen Preis wie in Frieden il.
Erfreulicherweiſe ſuche der Miniſter Abhilfe zu ſchaffen —
Sollten dem Forſtfiskus aus der billigeren Abgabe
von Holz Ausfälle entſtehen, dann könnten dieſe burd 8
die Verpachtung der Jagd in den Staatsforſten g” >
deckt werden. >
Abgeordneter Dr. Roeſicke (fonf.) weil au} Ss
die Bedeutung der Eihenfhälmaldungen Me
Die heutigen Erfahrungen zeigten, wie notwendig © '
>
*
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fei, in Zukunft diefe Quelle des Werbftoffes nicht DU
1
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147
—ůůůů— ͤ— —v.
en zu laffen. Die Aufhebung der Forſtakade⸗
e Münden würde er bedauern.
Abgeordneter Krüger (nat.-lib.) bittet eben⸗
5 um Erhaltung der Forſtakademie Mün⸗
n, die für den Weſten der Monarchie von großer
Bedeutung ſei. Weiter empfiehlt er, den Förſtern,
denen das Dienſtland genommen und hierfür eine
Dienſtauſwandsentſchädigung gewährt werden ſolle,
eine Aufbeſſerung zu gewähren, weil fie fid ſonſt künf⸗
tig ſchlechter ſtehen würden als bisher.
4
Notizen.
A. Karl Eduard Ney +.
Am 16. Dezember v. J. ſtarb in Freiburg i. B. der dort
1912 im Ruheſtand lebende Kaiſerliche Oberforſtmeiſter Ney
Auer von 74 Jahren an den Folgen einer keel Sartigen Darm:
‚fett, Sein in weiteſten forſtlichen und nichtforſtlichen Kreiſen
unter Name wird es rechtfertigen, wenn ihm folgende Zeilen
m Andenken geſchrieben werden.
Ney wurde in einem pfälziſchen Pfarrhauſe geboren. Er
dierte in Aſchaffenburg, Karlsruhe und München Forſtwiſſen⸗
aft und legte 1863 das bayriſche Staatsexamen ab. 1866
at e als Leutnant für Kriegsdauer kurze Zeit in den Militärs
aft, ebenſo 1870 als Kriegsfreiwilliger, {pater als Reſerve⸗
mier. Bis zu feinem am 1. Oktober 1871 erfolgenden Eins
tn in den reichsländiſchen Forſtdienſt ftand Ney als Forſt⸗
‚echte im königl. bayriſchen Dienſt, ſpeziell in den Revieren
Funden, Jägers erg, Bergzabern und Johanniskreuz. Im
Xedeland warde ihm die ſchöne Oberförſterei Schirmeck über:
taten, die dem ſchaffensfreudigen Mann ein reiches Feld der
date bot, ſowohl was Kulturs und Wegebaubetrieb als
225 bolwerwertung betraf. In die aus dem ungeregelten
vemelbetried und dem fidh dieſem anſchließenden finnlofen frans
uiden Flächenfachwerk (Affektationswirtſchaft) geſchaffenen abs
atmen Waldzuſtände — große zuſammenhängende Flächen übers
dier Tannen mit teilweiſer Verjüngung — griff er mit ſtarker
m) geſchickter Hand ein und ſchuf in verhältnismäßig kurzer
i gutwüchſige ausgedehnte Verjüngungen von Tanne mit
cte Die Verwertung der anfallenden großen Holzmaſſen
itab mit gutem Erfolg, wozu nicht wenig ein in kurzer Zeit
zu Ney aue gebautes autes Wegenetz beitrug. Die Oberförſterei
zar lange Zeit die einträglichſte des Landes. Jahr für Jahr
desen rund ½ Mill ion Mk. in die Landeskaſſe. Hier wandte
„auch erſtmalig den franzöſiſchen Abſtrichverkauf an, dem er
thr Folge einen großen Vorzug beimaß. Die Erziehung
inet Kinder veranlaßte N., im Jahre 1881 um feine Ver:
‘thing in die Oberförfterei Hagenau⸗W. nachzuſuchen. In deren
u der Aheinebene liegenden Waldungen, die aus franzöſiſchem
A nelwaldbetrieb, fpäter aus der eigentümlichen Schlagwict⸗
än (coupes à tire et aire) hervorgegangen waren, hatte N.
| beioabere Celegenheit, die feit langer Zeit beobachtete große
ſorſtliche Verſchiedenheit zwiſchen Traubeneiche und Stieleiche
u itobleren und feine Anſicht zu Gunſten der erſteren weiter
in beieitigen. Mit gutem Erfolg wurde don ihm dort ter
mawn von Eichen und Kiefernbeſtänden mit Buche bes
güntigt, Ju Jahre 1890 erfolgte die Ernennung N.s zum
Forterfidtsbeamten — Forſtmeiſter alten Stiles — mit
therttagung des Aufſichtsbezirkes Straßbura— Hagenau. Doch
ii für kurze Zeit; denn ſchon Anfang 1891 wurde ihm die
= des Vorſtandes des Forſteinrichtungsbüros beim Minis
1. aun übertragen. Seine Tätigkeit bei dieſer Anſtalt führte
Se ganzen Lande herum und gab ihm neben zahlreichen
n altdeutſcher Forſten reichlich Gelegenheit, feine foris
den Erfahrungen und Kenntniſſe zu erweitern. Ob ihm der
a bei der Einrihtung-aber zuſagte, möchte ich bezweifeln.
i 9 5 hier übliche Methode des kombinierten Fachwerkes
wen Hiebsfolge ſelbſt im Laubwald mochte ihm, der in
In denriihen Verfahren groß geworden war, kaum liegen.
Meute er, daß die damals übliche Dispofition für jede
aes ung auf ein ganzes Umtriebsalter hinaus mehr oder
ig niche Spielerei war.
Nc. 1 erfolgte die Ernennung N.s zum Oberforſtmeiſter in
6 Jahre lang wirkte er in dieſer Stellung, die ihm
— —.9————————————
— . ——— ———— aa — —ͥ) ͤ — — —
reichlich Gelegenheit bot, feine in der Praxis erworbenen Kennts
niſſe zur Geltung zu bringen. Mit ganz beſonderem Intereſſe
wandte er ſich der großen forſtlichen Aufgabe in Lothringen
zu: Ueberführung der alten Mittelwaldungen in Hochwald.
Die Franzoſen hatten ſchon ſeit etwa 60 Jahren hiermit
begonnen und in einigen Bezirken mit günſtigen Standorts⸗
verhältniſſen (Chateau⸗Salins, Rombach, Dub, Diedenhofen)
achtungswerte Erfolge erzielt. Die deutſche Forſtverwaltung
ſchrieb ſehr bald das Umwandlungsverfahren für alle Staats⸗
waldungen vor. Der Umſtand, daß einerſeits im dünn be⸗
völkerten Lothringen Brennholz ſchlechte Verwertung findet,
und daß die Arbeitskräfte für Aufarbeitung der geringen Sor⸗
timente fehlen, anderſeits in faſt allen Lagen, ſelbſt auf ſchweren
Böden, die Eiche zum Nutzholzbaum erwächſt, führte unſchwer
zur Erkenntnis, daß Hochwald am Platze fei.
Häufiger Wechſel der Standorts⸗ und Beſtockungsverhält⸗
niſſe erſchweren indes die Umwandlung, namentlich bei der
Größe der Reviere. Ney ſuchte dann ſeiner „Wirtſchaft der
kleinſten Fläche“ zur Anwendung zu helfen. Leider fehlten für
ein raſches Tempo der Ueberführung grade während ſeiner
Metzer Dienſtzeit die ſehnlichſt erwarteten Eichel maſtjahre der
Traubeneiche. Erſt das Kriegsjahr 1914 brachte Lothringen
eine Vollmaſt, die leider nicht genügend ausgenutzt werden
konnte.
Ney's Stärke lag auf waldbaulichem Gebiet. Die Liebe
zur Natur, ſeine reichen botaniſchen Kenntniſſe, viele Reiſen
im Lande ſelbſt und in allen deutſchen Waldgebieten, verbunden
mit einem offenen Blick hatten das „forſtliche Auge“ geſchult,
das leicht das Weſentliche vom Unweſentlichen ſcheidet und
ſchnell das Richtige erkennen läßt. So war ſein ſtetes Be⸗
ftreben auf Vereinſachung der Kulturmethoden gerichtet. Nichts
konnte feinen Unwillen fo leicht erregen, als ein teures Pflanz⸗
verfahren oder koſtſpielige Spielereien in den Kämpen oder auf
freier Kulturflä he; gedankenloſes verſchwenderiſches Erziehen
von nicht benötigtem Pflanzenmaterial war ihm ein Greuel.
Auch die Pflege der Schonungen und jungen Gehege nahmen
ſeine beſondere Aufmerkſamkeit bei den fleißigen Revier⸗
bereiſungen in Anſpruch. Es verging kaum ein Waldbegang,
an dem er nicht den ſtets ſcharfgeſchliffenen Hirſchfänger zog.
um die durch Ueberwachſen bedrohten edlen Hölzer ſelbſt frei
zu hauen. Der Förſter, der in der Freiſtellung edler Holz:
arten ſäumig war, konnte ſicher ſein, etwaige perſönliche Wünſch
nicht ſobald erfüllt zu ſehen.
Galten die Sorgen in jungen Beſtänden der Entfernung
minderwertiger Beſtandesglieder und dem Freihieb des zu⸗
künftigen Hauptbeſtandes, ſo wandten ſie ſich in den Mittel⸗
hölzern einem vernünftigen Durchforſtungs betriebe zu. Es ges
hörte zu N.'s Verdienſten, daß er frühzeitig die Wichtigkeit
der Hochdurchforſtungen erkannte, namentlich die Pflege einer
guten Krone zur Starkholzzucht der Eiche im Hochwald beſtande.
Die großen Vorräte von Eichenſtarkholz, die das Land noch
birgt, ſtammen vorwiegend aus dem alten Mittelwald oder
den coupes à tire et aire. Hier konnte ſich die Krone frei
entwickeln. Im Hochwaldſchluß iſt die Lage eine entgegen:
geſetzte. Dazu kam die Sorge vieler Forſtleute, durch vor⸗
zeitigen Freihieb Längenwachstum, Aſtreinheit und auch den
Boden zu ſchädigen. Das führte zu verſpäteten Eingriffen.
Häufig war es zu ſpät, noch eine gute Krone zu erziehen. N.
trat für rechtzeitigen Kronenfreihieb und für Unterbau ein und
verlangte die wiederholte Entfernung ewa auftretender Waſſer⸗
reiſer. Eine für die Eichenſtarkholzzucht ebenfalls wichtige
148
Maßnahme fand gleichfalls in N. ihren überzeugten Vertreter:
Der Einzelüberhalt. Dieſe viel umſtrittene Maßregel hat be⸗
kanntlich manchen Widerſacher, begründnt durch üble Erfah⸗
rungen, die ſich in Wipfeldürre, Waſſerreisbildung ſchon vom
äſthetiſchen Standpunkte garſtig aufdrärgen. N.'s Anſicht war
auch bier richtig. In faſt allen Fällen find die Mißerfolge
Folgen unrichtiger Erziehung und Handhabung. Wer ſchlecht
bekronte Eichen einzeln überhält kann nichts Gutes erwarten.
Es muß von langer Hand her für eine richtige Kronenent⸗
wicklung geſorgt werden, dann bleiben üble Erfahrungen weg.
Der ſchön bekronte, waſſerreisfreie Einzelüberhalt bildet nicht
allein ein wertvolles mit ſtarkem Maſſen⸗ und Weriszuwachs
arbeitendes Beſtandesglied, er erfreut auch jedes für ſchöne
Baumkronen und abwechſelungsreiche Beſtandesbilder empfäng⸗
liche Auge.
Sorgte N. einerſeits für Erziehung wertvoller Hölzer, fo
war er anderſeits auch Meiſter bei der Verwertung, ein Gebiet,
das ihm ebenſo lag wie der Waldbau. Schon in Schinmeck
zeigte er beſondere Geſchicklichkeit beim Holzverkauf. Der Ab⸗
fag forderte dort Rückſichtsnahme ſowohl auf den deutſchen als
auch den franzöſiſchen Markt, und letzterer gab wohl den An⸗
ſtoß, daß N. das beim franzöſiſchen Großverkauf übliche Ab⸗
ſtrichverfahren im öffentlichen Verkaufe einführte, und dieſem
Verfahren ſtets — auch unter anderen Verhältniſſen — den
Vorzug einräumte. Natürlich — und das wurde auch von N.
gewürdigt — eignet es ſich nicht ſür den Kleinverkauf und
namentlich nicht für den Brennholzverkauf an den Verbraucher.
Dem Holzverkaufe weſen wandte N. in allen feinen Stellungen
beſondere Aufmerkſamkeit zu. Er nahm dabei den richtigen
Standpunkt ein, auch die Intereſſen der Käufer tunlichſt zu
berückſichtigen, was ihm auch gedankt wurde. An ſeinem Grabe
noch bat mich der erſte Vertreter des ſüddeutſchen Holzhandels,
bei einem Lebensbild nicht zu vergeſſen, anzuführen, was N.
für den Holzhandel und für deſſen Vertreter getan habe, daß
er ſtets durch ein vorurteil freies und gerechtes Handeln ſich die
Verehrung weiter Kreiſe zugezogen habe und daß man ihm
dafür dankbar ſei.
Auch bei der Ausbeldung der Sortimentseinteilung (Holz⸗
taxklaſſen) erwarb fih N. beſonderes Verdienſt dadurch, daß
er darauf drang, dieſe ebenſo wie die Verkaufslosbildung den
Bedürfniſſen des Marktes anzupaſſen.
Es entſprach feinem lebhaften ge'eligen Charakter, daß
N. ſtets ein reger Teilnehmer an forſtlichen Vereinen war.
Wohl kaum hat er jemals bei den Tagungen des Elſaß⸗
Lothringiſchen Forſtvereines gefehlt, und es war für Jeden
ſelbſtverſtändlich, daß er ſich bei allen Debatten und Wald:
begängen lebhaft beteiligte. Hervorragend trat ſein Vereins⸗
talent beim Deutſchen Forſtverein hervor. Wie deſſen Präſident
gelegentlich der Ernennung N.“ zum Ehrenmitglied des Deuts
ſchen Forſtvereins hervorhob, war N. es geweſen, der zuerſt
den Gedanken, im geeinten Vaterland auch einen geeinten
Forſtoerein für das ganze Reich zu begründen, in die Praxis
übertragen hat. Er rief ſ. Z. den Reichsforſtverein ins
Leben und durch ſein Entgegenkommen gelang es, den Reichs⸗
forſtverein mit der Verſammlung deutſcher Forſtmänner zu
verſchmelzen und fo den Deutſchen Forftverein zu begründen.
N. war dann jahrelang ſein Vorſitzender und gehörte bis zum
Jahre 1913 ſowohl dem Vorſtand wie dem Forſtwirtſchaftsrat
an, letzterem in ſeiner Eigenſchaft als Obmann für den Elſaß⸗
Lothringiſchen Landesbezirk.
Außerordentlich fruchtbar war N.“'s literariſche Tätigkeit,
zunächſt auf forſtlichem Gebiet. Schon als Forſtgehilfe ſchrieb
er ſein gutes Werkchen: „Die natürliche Beſtimmung des Waldes
und die Streunutzung“, das ſpeziell pfälziſchen Verhältniſſen ent:
ſprungen war, aber auch in weiteren Kreiſen Beachtung ſand.
Sein Waldbau, zweifellos das Beſte, was er verfaßt, litt an
einem unzutreffenden Titel, inſofern er ihn „Die Lehre vom
Waldbau für Anfänger in der Praxis“ nannte. Ganz im Gegen⸗
teil iſt dieſer Waldbau mehr als jeder andere für ältere Prak⸗
Für die Redaktion verantwortlich: für Aufsätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer;
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Stegen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländ ers
Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. M. — G. Ottos Hofbuchdruckerei in Darmſtadt.
tiker geeignet, denn er enthält viele Erfahrungen aus ber
förſterdienſtzeit. Der Titel mag daran Schuld fein,
Buch weniger Verbreitung fand, als es verdient.
„Forſtlichen Dummheiten“ enthalten viele praktiſche Erſeh
Zu nennen find weiter „Anleitung zur Begründung na
der Waldbeſtände“ — „Ueber den Einfluß des Wa
das Klima“. „Die Schablonenwirtſchaft im Walde“
heilige Forſt von Hagenau“. Ein mit großem Fleiß
Wiſſenſchaft geſchriebenes Werk ſind „Die Geſetze der
bewegung im Gebirge“. Von früh auf hatte ſich N.
Beziehungen der Niederſchläge zum Walde beſchäſtigt.
Weit größer als bei Verfaſſung ſelbſtändiger Wer
N.'s ſchriſtſtelleriſche Tätigkeit in den forſtlichen Feith
in denen eine große Zahl von Aufſätzen, meiſt wadh
Inhalts von ihm erichienen find. Von beſonderen J
war f. Z. die Polemik mit Oberforftmetfter Dr. Ber
bei der beiderſeits Späne flogen. N. war dacei der Au
durch eine Notiz mit der Ueberſchrift „Ein neuer Zeh
Waldes“. B. antwortete mit noch ſchwererem Geſchn
hinderte aber nicht, daß ſich beide Gerren nicht lange
bei einer in Straßburg tagenden Verſammlung deutſcher
männer anfreundeten, wobei B. den N. mit „alter Frew
Gewohnheitsgegner“ anſprach.
Soweit Ney als Forſtmann.
Nicht minder intereſſant war er als Menſch. Pii
Geburt, verkörperte er gewiſſermaßen die Eigenſchaſten
Volksſtammes. Eine bis zum Eintritt der tückischen F
krankheit gottbegnadete Geſundheit ſchien den faring
breitſchultrigen, mit ſtarker Stimme begabten Mann w
unverwüſtlich zu machen. In dem mit Lebenskeki
nerüfteten Körper wohnte ein von Lebensluſt deriv
Geiſt, deffen ſonnigſte Seite ein underwifilider Hua
Mit Humor ftand er auf, mit Humor legte er ide
Nichts konnte ihm dieſe herrliche Gottesgabe rauben
früh bis ſpät leuchtet ihm die Freude am Leben, an ber!
an der Familie, an der Menſchheit. Nie fühlte er fat
als an großer Tafelrunde beim Vortrag feiner Gediche;
Ulkgeſchichten. Die in ihm wohnende poetiſche Ader W
faſt ſtets in der Richtung des Ulkes von ihm erfolgreich
tiviert. Hiervon legen 8 Bände feiner „Reimereien eiue
Grünrocks aus der Pfalz“ reichlich Zeugnis ab. Vielfach f
erlebte dann auch namentlich dem fröhlichen Pfälzerleben
nommene Schwänke waren meiſt der Inhalt feiner, we §
ſelbſt nannte, Reimereien, deren Hauptſtärke in ber vièia
Mundart lag.
In weiten Kreiſen bekannt, auch in mehreren
Sprachen übertragen war ſein „Juriſt“. —
Das Forſtmann⸗ und Jägerleben gab ihm ſelbſtbern
lich auch reichlich Stoff zu allerhand erbaulichen Ein
in gebundener Form. Da Ney einen ausgeſprochenen „Herd
finn” beſaß, ein Freund der fröhlichen Tafelrunde & F
durchaus verträglicher Menſch war, ſo kam es, daß er
Kreiſen beliebt und gern geſehen war. Leider waren >
Lebensjahre durch Krankheit getrübt. Eine etwa 4 Jie
dem Tode vorgenommene Operation konnte das *
aufhalten. Ney liegt auf dem Friedhof von Freibund > |
begraben. Am 18. Dezember wurde unter lebhaften, 81 4
Vogeſen herüberrollendem Geſchützdonner die Hülle des MT
der Erde übergeben. IM
Ney hinterläßt 1 Sohn und 3 Töchter, von denen A
ehelicht, 1 verwitwet tft. Der Sohn tft Oberförster u
er folgte verwundet und geſchmückt mit dem eiſernen
1. und 2. Klaſſe dem Sarge des geliebten Vater. 10 n
Die Gattin, mit der N. in harmoniſcher Ehe 1t
ihm einige Jahre im Tode vorausgegangen. peda
Die edle Charaktereigenſchaft der Menſchenliebe de ak
N. beſonders als Vorgeſetzter durch großes Wohlwollen ere
über den Untergebenen, die wie die Kollegen un
dem hochbegabten Manne ein gutes Andenken bewahren
geriet
Allgemeine
Fork: und Jagd- Zeitung.
**
EN — — — —pä re ee mn >
| Herausgegeben
. dr. Karl Wimmenauer, um Dr. heinrich Weber,
Beh. Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft
| | an der Univerſität Gießen P
Zweiundneunzigfter Jahrgang.
Frankfurt am Main.
J. D. Sauerländer's Verlag.
4 1916. Juli.
=- NNN IV — ee — em ere Se ere A NW a
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B or Die Allgemeine Tor- und Zagd⸗Jeitung erſcheint regelmäßig jeden Monat und
IN wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗
7 lungen und Poſtanſtalten.
Aan — — — ä— - — ̃ Da ↄ Tin — — — — eet un an —ñ—ä . ——
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Anzeigen.
Preiſe: !/, Seite 60.— Mk., ½ Seite 32.— Mk., * , Sette 17.50 Mk., ½ Seite 10 Mk., 1
bei kleineren e die 40 mm breite etiigeiie 30 Big, = Nabatt bei Wieder
6x 33¼ % bei 10x, 40% bei 12 ><, 50 % bei 24><iger Aufnahme eines Ynferates. —
Aufträ gen unberechnet: 8 nach! een je nach Gewicht de
— — — — —
Wer weiss
es heute nach nicht Aa W
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in Form, Färbung und Lage als x?
von E. Neuhaus, Oberförster in Moutier (S
48 S. Text, 30 Wolkenbilder, 12 Tafeln, 8 Beilagen. Kl. Folio in
Vorliegende Arbeit ist die Frucht langjähriger Beobachtungen. Ein kleiner Nes
Orte sich bildendes Wölkchen hat uns im Sinne der lokalen W etter rprognose unter Umstän®
als der bestfunktionierende Wettertelegraph. Es kann daher die Anschaffung dieses Werkes
speziell den landwirtschaftlichen Schulen bestens empfohlen werden, da es zu einer zielbewußte
anregt und besonders die Jugend anspornt, die Kräfte und E rscheinungen des Weltalls zu st
Ausstattung ist eine ganz vorzugliche, besonders die photographischen Aufnahmen des Werkes sin
hervorragender Schönheit. (Schulwart, Leip
Wie sehr die Wolken in der Stimmung in der Natur mitbeteiligt sind, emptindet Jedermann; ih
Beziehungen zur Witterung sind bekannt. Aber wie viele Leute achten weder auf die Schönheit der
bildung, noch auf deren Bedeütung für das Wetter! Aus langjähriger Beobachtung heraus stellt der Ober
von Moutier, unterstützt von Gelehrten, die Wolken nach Form, Färbung und Lage, nach ihrem Einflu
die Windric htung, ihren Feuchtigkeitsgehalt und ihren Zusammenhang mit der Witterung dar. Dann s
er von der Beobachtung und den Zeichnungen der Wolken und Temper aturerscheinungen, die für die vo
sage der Witterung bestimmend sind. Wer seine Ausführungen beachtet, wird den Wolkenbildungen
schärfern Augen und mehr Freude folgen; aber auch für die Erkenntnis des kommenden Wetters mehr
baltspunkte finden, als die gewöhnlichen Wetterregeln bieten. Ein ästhetischer und praktischer Zweck ist 4
erreicht. Der Verfasser legt als praktischer Mann das Hauptgewicht auf den letztern.
(Schweizerische Lehrerzeitung.)
Neuhaus bezeichnet seine Arbeit als einen Versuch, die lokale Wetterprognose um einen Schritt;
zu bringen. Sie ist mehr als das. Auf dem soliden Grunde einer vieljährigen, systematischen Beob:
und einläßlichen Studiums bietet der Vertasser Abhandlungen, die allgemein lebhaftes Interesse
müssen. (Schweizerische Zeitschrift für Forstwe
Zu beziehen durch alle Buchhandlungen.
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Allgemeine
fork- und Jagd Zeitung.
Marteling des Yerbaltens der Holzarten zum
Waſſer.
Von Dr. phil. Auderliud.
Einige namhafte Schriſtſteller, welche ſich auf dem
Gebiete des Waldbaues betätigt haben, halten die met:
den unſerer Holzarten nicht für fähig, Ueberſchwem⸗
mungen, beſonders oft ſich wiederholende, in der Bege-
tullonszeit zu ertragen.
Jäger?) ſchreibt, „Die Weißerle iſt hauptſächlich
um Anbau in Flußtälern geeignet, welche ſtarken
zeriodiſchen Uebe rſchwemmungen ausgeſetzt find, denn
he it die einzige Holzart, welche Ueberſchwemmungen
zu jeder Zeit zu ertragen vermag“.
Ney?) fagt, „In der Ueberſchwemmung durch afl-
gi wiederke hrende Hochwäſſer ausgeſetzten Tief⸗
lagen kann nur von der Weide, den Pappelarten
ind rerſchiedenen geringwertigen Straucharten die
Rede fein“.
Borggreve!) behauptet, „Die Tanne ift un:
"ibig Ueberſchwemmungen zu ertragen, was auch für
alle ſonſtigen einheimiſchen Nadelholzarten gilt“.
Und Hamm“) meint, „Am wenigſten empfind⸗
lich gegen Uebe rſchwemmung ift Lorbeerweide, Balſam⸗
dappel und andere Pappel⸗ und Baumweidenarten;
klichwohl gehen in der Regel (ſelbſt) die widerſtands⸗
jähigſten Holzarten und Sträucher bei einer ſechs bis
ae Sommerüberſchwemmung vollſtändig zu:
Kunde“.
Bären die Ausſprüche der genannten Autoren zu:
lefend, fo würde man ſowohl in den ausgedehnten,
im eberſcwemmungsgebiete großer Flüſſe gelegenen
„„gmoldungen als auch in den Hälterwaldungen, deren
“1 Sinvidhtung ich Schon laͤngſt und oft empfohlen habe,
n ij den Anbau einer großen Anzahl Holzarten, und
„ade der wertvollſten, verzichten müſſen.
ehr Unter dieſen Umſtänden erſcheint es mir angezeigt,
Bt 735 5 Behalten der Holzgewächſe zum Waſſer und be⸗
5 a E. L. Jäger, Das Forſtkulturweſen. 2. Aufl.
) C. E. Ney, Die Lehre vom Waldbau. 1885, S. 91.
) 8. Borggreve, Die Holzzucht. 2. Aufl. 1891. S. 62.
| 9 un Der Ausſchlagwald. 1896, S. 60.
Juli 1916.
ſonders zum Oberflächenwaſſer einer Nachprüfung zu
unterziehen.
Dies ſoll in einer Reihe von Artikeln inbezug auf
| die meilten für die heimiſche Forſtwirtſchaft mehr oder
weniger in Betracht kommenden Holzarten geſchehen.
1. Die Kiefer (P. silvestris L.).
Die Urteile der forſtwiſſenſchaftlichen Schriftſteller
und praktiſchen Forſtmänner über das Verhalten der
Kiefer zum Waſſer lauten zum Teile mehr oder weniger
ungünſtig, zum Teile günſtig. Mein eigenes, durch
Anſchauung, Ueberlegung und wiſſenſchaftliche Studien
gewonnenes Urteil iſt unter gewiſſen Vorausſetzungen
recht günſtig. Ich werde im nachſtehenden, im weſent⸗
lichen chronologiſch, zuvörderſt die mehr oder weniger
ungünſtigen, dann die günſtigen Urteile der Schrift-
ſteller und Praktiker anführen und dieſen Urteilen
meine eigenen Wahrnehmungen folgen laſſen.
Schon durch meine erklärende und kritiſche Be—
handlung der ungünſtigen Urteile werden diefe für den
jetzigen Auenwaldbetrieb und vornehmlich für die in
den Auen, Niederungen und Ebenen gelegenen Wal:
dungen, welche nach meinem Vorſchlag zur künſtlichen
Bewäſſerung eingerichtet werden ſollen, als im allge:
meinen wenig bedeutſam nachgewieſen werden.
I. Mehr oder weniger ungünſtige Urteile.
Der erſte mir bekannt gewordene Schriftſteller,
welcher die Kiefer unter Umſtänden für waſſerſchwach
hält, tft Pfeil‘). Er ſchreibt, daß die Kiefer (in der
Vegetationszeit) einer Ueberſchwemmung dort leicht er⸗
liege, wo ſie an trockenen Stand gewöhnt ſei.
Es kann vorkommen, daß durch den Eintritt ſehr
bedeutender Hochwäſſer (in Au⸗ und Niederungswal⸗
dungen) Kiefernanlagen vorgeſchrittenen Alters ins Waſ⸗
ſer geraten, welche bis dahin von Ueberflutungen ver⸗
ſchont waren Ein ſolcher plötzlicher Wechſel in der
Bodenfeuchtigkeit kann der Kiefer verderblich werden.
Sie bedarf zur Unterhaltung der Atmung der Wur-
1) Pfeil, Neue vollſtändige Anleitung zur Behandlung,
Benutzung und Schätzung der Forſten. 3. Ausgabe. 2 Ab—
teilung, Holzkenntnis und Holzerziehung. 1839, S. 144.
20
1
zeln eines gewiſſen Maßes Sauerftoffs. Aber durch
das Bodenwaſſer wird die Deckung des Bedarfs plötz⸗
lich verhindert. Ein um ſo bedenklicherer Vorgang,
weil die anatomiſche Struktur der Organe, inbeſondere
der Wurzeln, ſich allmählich der Trockenheit des Bo⸗
dens in dem Sinne angepaßt hatte, daß die Ausbil⸗
dung geräumiger Luftbehälter unterblieb, aus welchen
zum Erſatz der von außen unterbrochenen Luftzufuhr
der Bedarf an Sauerſtoff für die Atmung eine zeit-
lang hätte bezogen werden können. Der Ausſpruch
Pfeils läßt fih alfo theoretiſch wohl begründen. Jn:
des werden in Au- und Niederungswaldungen Fälle,
daß ganz überſchwemmungsſrei aufgewachſene ältere
Kieferubeſtände doch noch von Ueberſchwemmungen
heimgeſucht werden, äußerſt ſelten vorkommen. Weit
eher können überſchwemmungsfrei aufgewachſene ältere
Kiefernbeſtände von einer Fußwaſſerdecke betroffen wer⸗
den dort, wo die Hälterung mit einer bis vier Wo⸗
chen währenden Stauwaſſerdauer eingeführt werden
ſoll. Da wären auf trockenem Boden erwachſene Be:
ſtände einer Bewäſſerung von langer Dauer zu
entziehen. Jedoch nicht der Bewäſſerung überhaupt
zu entziehen. Die Anwendung einer mäßigen Be⸗
wäſſerung wird ſich zunächſt in anatomiſcher Beziehung
für die Bäume vorteilhaft erweiſen. Man kann ſich
vorſtellen, daß hierdurch eine Aenderung der anato⸗
miſchen Struktur der Organe, beſonders der Wurzeln,
in der Richtung veranlaßt wird, daß ſich umfängliche
Lufträume ausbilden. Ein Vorgang, welcher den Bäu⸗
men die Gewinnung einer im Laufe der Zeit immer
zunehmende Widerſtandsfähigkeit gegen eine Waſſer⸗
decke ermöglicht. Als mäßig kann man eine Bewälle-
rung bezeichnen, welche in trockener Vegetationszeit
etwa alle 14 Tage während einiger Stunden ſtatt⸗
findet. So können auch ältere Kiefern, ohne gefährdet
zu werden, ſich der Bewäſſerung allmählich anpaſſen,
und dadurch eine Zuwachsſteigerung erfahren.
Leichter vollzieht ſich die Anpaſſung natürlich,
wenn die Kiefer von früheſter Jugend an bewälſſert
wird. Durch zweckmäßige, viele Jahrzehnte betriebene
künſtliche Bewäſſerung (in Streifen oder Hältern)
könnte die Kiefer dermaßen zur Anpaſſung an eine
Waſſerdecke von kürzerer oder längerer Dauer gedrängt
werden, daß daraus wahrſcheinlich eine äußerſt waſſer⸗
feſte Spielart, die Waſſerkiefer, hervorginge, deren
Samen zur Ausſaat in den Hälterwaldungen zu be:
nutzen ware.
Näher liegt es, bei Einführung der Waldbewäſſe⸗
rung, namentlich der Hälterung, auf trockenen Stand⸗
orten der Niederungen für Kieſernanlagen Samen zu
verwenden, welcher in ſolchen Kiefernwaldungen ge⸗
wonnen worden iſt, welche ſchon vielmals längere Zeit,
ohne Schaden zu erleiden, im Waſſer geſtanden haben.
50
In dieſer Beziehung werde ich unten, an geeign
Stelle, einen Vorſchlag von, wie ich denke, praktisch
bedeutender Tragweite machen.
Sodann ſei der für die Waſſerfeſtigkeit von junge
Kiefernanlagen ungünſtig lautenden Mitteilungen d
Königl. Preuß. Oberförſters Blankenburg in
lig (Regierungsbezirk Breslau) gedacht. Das ober;
halb Breslau gelegene Forſtrevier Zedlitz war unter
allen in Niederungen der Oder gelegenen Forftrevieren:
vor der Errichtung der Deiche dem Hochwaſſer am!
häufigſten und längſten ausgeſetzt!). Große Stredes:
des Revieres wurden beiſpielsweiſe durch die Flutwelle
der Oder im Aug. / Sept. des Jahres 1854 zwei bis;
drei Wochen lang überſchwemmt. Dieſes Hochwaſſer
war das gewaltigſte unter den Sommerhochwäſſer,
welche in dem 103 jährigen Zeitraum von 1813 bi:
1915 in den Oderniederungen vorgekommen find. Es,
erreichte am 1. Sept. in Frankfurt a. O. den höchsten
Stand, 534 cm, und übertraf den höchſten Stand dei
kleinſten Hochwaſſers in der bezeichneten Zeit, welcher
in Frankfurt a. O. am 15. Sept. 1890 350 em be
trug, um 184 em. Blankenburg ſchreibt, daß
die Pflanzen eines infolge Dammbruches überflutet
geweſenen Saatgartens vollſtändig, eine 5 ha umlar
jende, gleichfalls unter Waſſer geſtandene Miefernlaat
nahezu vollſtändig und, an einem anderen Orte, ſeldf
ältere, 4 Fuß hohe, kräftige Kiefernpflanzen dem flu⸗,
tenden Waſſer erlegen ſeien. Dem Berichte Blan-
kenburgs iſt aber auch zu entnehmen, daß die
Pflanzen des Saatgartens und der Freiſaaten durch
die Gewalt des ſtrömenden Waſſers größtenteils um:
gelegt wurden, und daß auch die 4 Fuß hohen Rie |
fernpflanzen ſtarker Strömung ausgeſetzt waren und
Schädigungen erlitten haben?). Angenommen, man
habe verſucht, die niedergelegten Pflanzen wieder auf
zurichten. Dann werden dieſe durch das Nieberlegen
und Aufrichten erhebliche Wurzelverletzungen erlitten
haben. Dadurch wurde die Nährſtoffzufuhr zu den
Pflanzen in hohem Maße gehemmt und überdies das
Eindringen zahlreicher fäulniserregender Bakterien in
die Wurzeln ermöglicht. Solche durch die Gewalt des
ſtrömenden Waſſers verurſachte Schädigungen der Pflan⸗
zen laſſen fih bei Ueberſchwemmungen in den AU
-waldungen nicht leicht vermeiden. Anders liegen bie
Verhältniſſe in den zur Beräfferung eingerichteten
Waldungen der Niederungen. In dieſen Walbunger
kommen heftige Strömungen des Waſſers, welche die
1) Näheres hierüber enthalten die Mitteilungen Blan’
kenburgs in den Verhandlungen des Schleſiſchen port
vereins 1855. S. 123 bis 132. ai
2) Verhandlungen des Schleſiſchen Forſtvereins
S. 130.
i
1
|
151
Pflanzen in der angegebenen Art ſchädigen könnten,
überhaupt nicht vor. |
Schon etwas beſſer lauten die von dem Königl.
Oberförſter Middeldorpfy in Stoberau (Regie⸗
tungsbezirk Breslau) über das Verhalten der Kiefer
in ſeinem Verwaltungsbezirk gegen die Oderflut im
Aug. Sept. des Jahres 1854 veröffentlichten Berichte.
In einem 0,31 ha großen Kiefern- und Fichtenſaat⸗
garten (Jagen 1), welcher faſt drei Wochen lang der-
maßen überflutet war, daß nur die älteſten Pflanzen
mehrere em aus dem Waſſer hervorragten, gingen die
liefern fat ſämtlich ein. Die Fichten zeigten ein
gelbliches, kränkliches Ausſehen. Ich denke mir, daß
Rodeln und Rinde der Pflänzchen durch das Waſſer
wridlammt wurden, und daß die Schlammſchicht noch
lange nach Ablauf des Waſſers an ihnen haften blieb,
io daß der Zutritt der Luft für Atmungszwecke durch
die Lentizellen der oberirdiſchen Organe wochenlang
dußztordentlich geſchwächt war Möglich auch, daß,
nach Verſchwinden des Waſſers aus dem Saatgarten,
auf der Oberfläche der Beete eine Schlammkruſte
enſtand, deren Zerkrümelung unterblieben iſt. Die
Lurzeln, welche ſchon während der faſt dreiwöchigen
Dauer der Bodenwaſſerdecke nur eine ſehr geringe
Menge Luft aus dem Waſſer zu beziehen vermochten,
waren durch das Beſtehen der Schlammkruſte mig:
lcherweiſe auch noch für den ganzen Reſt ber Vege⸗
lationszeit am Luftbezug von außen behindert. Boden⸗
naſſerdecke und Schlammkruſte zuſammen wären für
Nd ſcon imſtande geweſen, das Erſticken der Pflanzen
lerbeizuführen. Ferner kommt hier in Betracht, daß
auch die Affimilation in den Nadeln durch Minderung
der Zufuhr von Kohlenſäure aus der Luft und —
bſonders während der Dauer der Waſſerdecke — aus
Dem Pflanzenkörper beeinträchtigt war, zumal dann,
Den fih eine Schlammſchicht an den äußeren Orga⸗
nen abgeſetzt hatte.
Aehnliche Beobachtungen wie bei den Kiefern⸗ und
Sütenfaaten hat Middeldorpf auch bei völlig mit
Boier bedeckt geweſenen Kiefern⸗ und Fichtenpflan⸗
Agen gemachte). Soweit die Kiefernpflanzungen im
Jagen 9 vollſtändig unter Waſſer geſtanden hatten,
ingen fie ein. Dagegen ließen die Fichtenpflanzungen,
obwohl fie nach Ablauf der Flut gelb gefärbt erſchie⸗
"n und kränkelten, Erholung erhoffen. Aber auch
tine in den Jagen 13 und 14 vorhandene Kiefern⸗
bilatung machte, obſchon fie völlig unter Waſſer ge-
anden hatte, im Jahre 1855 neue Triebe und wuchs
i p ibbelborpf, Folgen ber Ueberſchwemmungen
wies Gen, Auguſt 1851 auf die Kulturen des Forſt⸗
Sm , oberau, Verhandlungen des Schleſ. Forſtv. 1856.
) A. a O. S. 135.
freudig weiter). Ich will verſuchen, die auffallenden
Unterſchiede im Verhalten der beiden Kiefernpflan⸗
zungen gegen das Waſſer zu erklären. Möglich, daß
die vernichtete Pflanzung in einer Vertiefung geſtanden
hat und daher den Wirkungen einer Gipfelwaſſerdecke
oder wenigſtens Wurzelwaſſerdecke mehrere Wochen
länger ausgeſetzt war als die am Leben gebliebene,
möglich auch, daß die vernichtete Pflanzung von Stau⸗
waſſer, die unverſehrt gebliebene jedoch nur von flie⸗
ßendem Waſſer betroffen worden iſt. Infolgedeſſen
wäre die Luftzufuhr zu den ſpäter eingegangenen
Pflanzen beſchränkter geweſen als die Luftzufuhr zu den
unverſehrt gebliebenen Pflanzen. Infolgedeſſen hätte
ferner bei erſteren eine ſchädliche Verſchlammung der
äußeren Organe leichter eintreten können als bei den
| am Leben gebliebenen Pflanzen. Es iſt auch nicht
ausgeſchloſſen, daß die Wurzeln der vernichteten Pflan⸗
zung im Gegenſatz zu denjenigen der unverſehrt ge⸗
bliebenen verletzt waren, z. B. durch Kerffraß, wodurch
|
|
|
|
den Wurzelfäulnis verurſachenden Bakterien der Zu:
tritt zu den Wurzeln ermöglicht geweſen wäre.
Erwähnt ſei noch, daß Middeldorpf?) wahrge⸗
nommen haben will, daß Kiefernkulturen, welche ge-
ſchüttet hatten, eine Waſſerdecke ertragen haben,
daß dagegen Kiefernkulturen, welche noch nicht ge⸗
ſchüttet hatten, durch die Flut benachteiligt worden
ſeien.
Middeldorpf berichtet weiter, daß infolge der
Waſſerbedeckung des Bodens auch in den Kiefern⸗
ſtangenhölzern der Jagen 12, 13, 14, 18 und 19 viel
1
t
—— — — it,
Holz trocken geworden feis). |
| Der Fürſtl. Trachenbergiſche Forſtmeiſter Buro
| in Trachenberg und der Königl. Preuß. Oberforſt⸗
meiſter v. Pannewitz in Breslau machen gleichfalls
Mitteilungen, welche eine geringe Widerſtandsfähigkeit
der Kiefer gegen Waſſerbedeckung des Bodens bekunden
ſollen.
Buro“) gibt betreffs der im Regierungsbezirk
Breslau gelegenen, zur Herrſchaft Trachenberg gehöri⸗
gen Forſte an, daß die ſchönen Kiefernjungwüchſe in
den Vertiefungen und Einſenkungen, wo das von den
im Sommer 1854 erfolgten Ueberſchwemmungen der
Bartſch, Horle und Schätzke zurückgebliebene Wafer
den Boden eine Zeitlang überſtaute, bedeutenden
Schaden erlitten, ſo daß der Schluß der mehrere Hun⸗
dert preuß. Morgen umfaſſenden Beſtände infolge Ab⸗
1) A. a. O S. 11.
2) A. a. O. S. 11 f. und 135.
5) A. a. O. S. 135.
) Buro, Beſchreibung der zum Fürſtentum Trachen-
berg gehörigen Forſte in den Verhandlungen des Schleſ.
Forſto. 1857. S. 236.
20*
152
ſterbens zahlreicher Bäumchen an vielen Stellen Unter:
brechungen erfuhr. v. Pannewitz!) beſtätigt diefe
Beobachtungen auf Grund des Befundes der Kiefern⸗
orte „in den angrenzenden und ſonſt ähnlich gelegenen
Königl. Forſten“.
Indes kann aus dieſen Beiſpielen keineswegs eine
geringe Widerſtandsfahigkeit der Kiefernjungwüchſe
gegen das Waſſer hergeleitet werden. Schon deshalb
nicht, weil genaue Angaben über die Dauer der Waſſer⸗
decke fehlen. Eine viele Wochen währende Waſſer⸗
decke kann der Kiefer unter gewöhnlichen Verhältniſſen
verderblich werden. Und einer Waſſerdecke von ſolcher
Dauer find höchſtwahrſcheinlich die Kiefernorte in den
Vertiefungen und Einſenkungen ausgeſetzt geweſen.
Aus der Darſtellung Buros geht nämlich hervor,
daß die drei genannten Waſſerläufe den Boden der
Jungwüchſe im Juni 1854 etwa 8 Tage lang, dann
wiederum im Auguſt und September desſelben Jahres
beinahe 14 Tage lang überfluteten. Nun ſtanden
aber die die Vertiefungen und Einſenkungen beſtocken⸗
den Jungwüchſe nach Abfluß des ſtrömenden Hoch⸗
waſſers noch eine Zeitlang im Stauwaſſer, welches,
weil ärmer an Sauerſtoff als fließendes Waſſer, den
Holzwuchs mehr zu gefährden vermag als letzteres.
Das Stauwaſſer kann ſich ſtellenweiſe im Juni und
dann wieder im September noch mehrere Wochen er⸗
halten haben, bis es durch Verſickerung und Verdun⸗
ſtung verſchwand. Eine Waſſerdecke von dieſer Dauer
geht über das Maß deſſen hinaus, was die Kiefer
unter gewöhnlichen Verhältniſſen, ohne Schaden zu er⸗
leiden, ertragen kann. Bei den von mir zum Ge⸗
brauch in den Niederungen und Ebenen vorgeſchlage⸗
nen Bewäſſerungsverfahren ift eine Waſſerdecke von
ſo langer Dauer ausgeſchloſſen. Das Holz erhält in
der Vegetationszeit bei Anwendung der Streifen:
bewäſſerung höchſtens eine etwa 5: bis 7tägige,
bei Anwendung der Hälterung, wenn es ſich um
Ablenkung eines Teiles des Flutwaſſers in die Hälter
handelt, eine 1- bis 2 wöchige, in ganz ſeltenen Fallen
eine 3 Wochen und länger währende Waſſerdecke.
Außerdem vermag die Kiefer, beſonders wenn ſie von
Jugend an bewäſſert wird, durch Aenderung der Or⸗
ganiſation, z. B. durch Vermehrung der Lufträume
und Nadeln, Vergrößerung der Nadelflächen, durch Er⸗
höhung und Erweiterung der Spaltöffnungen ſich dem
Waſſerüberfluß allmählich anzupaſſen und deſſen ge⸗
fahrdrohende Wirkungen zu paralyfieren.
v. Lips?) behauptet, daß die Kiefer Wechſel von
Näſſe und Trocknis nie ertrage und daher auch Stand:
orte, welche zeitweiſe überſchwemmt werden, meide.
1) Verhandlungen des Schleſ. Forftv. 1857. S. 236,
Anmerkung.
2) E. v. Lips, Die Schule des Waldbaues 1859. S. 120.
|
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— — — —— —— —— —gy— — —äj6 — — — —— (—— — er
Lips’ Urteil it in dieſem Umfange nicht zutreffend.
In direktem Widerſpruch hierzu ſteht beiſpielsweiſe eine]
Mitteilung des Königl. Oberförſters Middeldorpf),
Verwalters des Forſtreviers Stoberau (Reg.⸗Bez. Br
lau), welche aus natürlicher Beſamung entſtandent!
Kiefern betrifft. Middeldorpf ſchreibt: Alljähr⸗
lich find hier Sommer⸗, Winter⸗ und Frühjahrsge.
wäſſer von verſchiedenen Wärmegraden zwiſchen da
Kiefern hingeſtrömt. In jugendlichem Alter find dieje
von der Flut kürzere oder längere Zeit oft in einem
Maße heimgeſucht worden, daß aus dem Waſſer ge.
wiß nicht eine Nadel hervorragte. Trotzdem gingen;
die jungen Kiefern unverſehrt aus der Flut hewor
und wuchſen freudig empor.
Hätte v. Lips gejagt, ältere, auf trockenen
Boden erwachſene Kiefern ertragen eine ht}
ereignende Ueberflutung des Bodens don beträchtlichen
Dauer nicht, und umgekehrt, ältere, auf naſſen
Boden erwachſene Kiefern ertragen plötzlich
und dauernd eintretende Bodentrocknis nicht, jo bitte
man dieſem Satze im allgemeinen zuſtimmen können.
Betreffs des erfteren Teiles meines Satzes verweile ich aul
meine Bemerkungen zu Pfeils Ausſpruch (S. 149
Zum Beweiſe für die Richtigkeit des anderen Zeile
des Satzes teile ich die Erfahrungen mit, welche mon
hierüber in der Rheinpfalz gewonnen hat: Ueber in
den „Seen“ (Lachen) des Bienwaldes in der Rhein:
pfalz bei ſtändiger Näſſe erwachſene 60 jährige
Kiefern berichtet Eßlinger), daß fie im Jahre
1880 „beim Sinken“ des Grundwaſſers auf 1 m unter
die Oberfläche innerhalb 3 Wochen abgeſtorben feien.
Ein gleiches Schickſal erlitten, nach den Erkundigungen
Eßlingers, viel früher auch anderwärts im Bier:
walde auf der Sohle von „Seen“ erwachſene Kiefern.
Nachdem die „Seen“ in den Jahren 1818 und 1819
abgezapft worden waren, ſtarben die Kiefern in den
darauffolgenden Sommern ab. Aehnliche Erfahrungen
hat man übrigens vielfach auch mit anderen Holzarten
gemacht, namentlich in Flußtälern, wenn infolge Ein:
deichung und Geradlegung des Waſſerlaufes Ueber:
ſchwemmungen des Waldes nahezu ausgeſchloſſen TUT
den und das Grundwaſſer eine beträchtliche Senkung
erfuhr (öſterreichiſche Donauauen).
Die Kiefern, welche ihre Organiſation der häufig
eingetretenen Waſſerfülle entſprechend allmählich ge⸗
ändert haben, können bei danach ſich einſtellender fån:
diger Trocknis fih dieſer nicht ſogleich wieder anpaflen.
Daher können die von den Bäumen zur Abwendung der
Wirkungen anhaltender Bobennäffe getroffenen, z B. bie
1) Verhandlungen des Schleſ. Forftv. 1866. ©. 205 f.
2) Verhandlungen des Pfälziſchen Forſtvereins bei fer
ner 9. Jahresverſammlung zu Kandel am 3. und 4. Sept
1881. Bergzabern 1882. S. 22, 24.
153
Verdunſtung des Waſſerüberfluſſes aus dem Baum:
körper fördernden Vorkehrungen, wie die in den Wur⸗
zeln und im Stamme mutmaßlich erfolgte Vermeh⸗
rung der Lufträume, die Aenderung bezüglich der Be-
nadelung, der Spaltöffnungen uſw. den Holzgewächſen
ter Eintritt anhaltender Trocknis leicht verderblich wer:
den. Der Ernährungs und Wachstumsbetrieb wird
ſchwach und ſchwächer, bis er völlig erliſcht.
v. Pannewitz!) behauptet, daß junge Kiefern
die Ueberſchwemmung im Sommer, wo das Waſſer
warm ſei, faſt nie ertragen, ſondern ihr erliegen.
Sind in den Wurzeln und Stämmchen der jungen
Pflanzen Lufträume nur ſehr ſpärlich vorhanden,
ſo werden die jungen Pflanzen — und dies gilt nicht
bloß für die Kiefer, ſondern für alle Holzarten —
infolge Mangels an unentbehrlicher Luft allerdings
ſehr gefährdet. Das Waſſer, aus welchem die Wur⸗
zeln die in ihm, wenn auch in geringer Menge, ent-
haltene Luft teilweiſe zu beziehen vermögen, wird mit
zunehmender Wärme immer ärmer an Luft. Dazu
kommt, daß junge Pflanzen, weil fie rajh atmen,
einer verhältnismäßig größeren Luftmenge bedürfen
als ältere Pflanzen. Indes wird das Sommerwaſſer
nur wenn es ſteht, und nicht fließt, und wenn es an⸗
haltendem Sonnenſchein ausgeſetzt iſt, eine die Atmung
der Pflanzen in hohem Maße beeinträchtigende vol-
ſtändige Luftleere zeigen. Durch dieſe Umſtände er⸗
fährt der etwas ſchroffe Ausſpruch v. Pannewitz'
eine bedeutende Einſchränkung.
Eßlinger) bezeichnet die Kiefer in der erſten
Jugend als ſehr empfindlich, wenn der Boden faſt
ununterbrochen und beſonders im Frühjahr durchnäßt
iſt und hält das oft ſich zeigende Auswintern der
Jährlinge zum großen Teile für eine Folgeerſcheinung
derartiger Durchnäſſung des Bodens.
Auch Heß!) ſchreibt ſehr jungen Kiefern Empfind⸗
lichkeit gegen Näſſe zu. N
Meines Erachtens gedeiht die gemeine Kiefer über⸗
haupt nicht gut auf dauernd naſſem Boden. Die
Pfahl⸗ und Stechwurzeln, welche ſie bei normalen
Dodenverhältniſſen zu treiben pflegt, können auf
dauernd naſſem Boden nicht zur Ausbildung gelangen,
indem fie früher oder jpäter wegen ungenügender Sauer:
ſtofzufuhr abſterben und verſchwinden. Nur die nahe
der Bodenoberfläche ſtreichenden Wurzeln, welche der
Näſſe weniger ausgeſetzt find und mehr Sauerſtoff zu
beziehen vermögen als tiefgehende Wurzeln, bleiben
1) Verhandlungen des Schleſiſchen Forſtvereins 1866.
S. 209.
y Verhandlungen des Pfälz. Forſtö. 1881. S. 18, 22.
) R. Heß, Die Eigenſchaften und das forſtliche Vers
halten der wichtigeren in Deutſchland vorkommenden Holz⸗
arten. 1888. S. 131.
am Leben. Ich habe unweit des nördlichen Endes
des Wildſees im Schwarzwald auf naſſem, moorigem
Boden einige, ungefähr 50 jährige, vom Winde ge-
worfene Kiefern geſehen, deren Wurzelwerk ſehr um⸗
fängliche, dünne Ballen anhafteten. Auf der Unter⸗
ſeite der etwa 40 em ſtarken Ballen waren Pfahl⸗
und Stechwurzeln nicht vorhanden. Will man auf
dauernd naſſem, moorigem Boden Nadelhölzer anbauen,
ſo wären hierzu andere, beſonders flachwurzelige Holz⸗
arten, wie die Fichte, wohl geeigneter. :
Borggreve)), welcher weitaus die meiften Holz-
arten für wenig widerſtandsfähig gegen eine Waſſer⸗
decke hält, ſpricht insbeſondere der gemeinen Kiefer
ganz allgemein die Befähigung ab, Ueberſchwem⸗
mungen zu ertragen, weshalb die Kiefer denn auch
gleich allen ſonſtigen Nadelhölzern von Natur im deut⸗
ſchen Auwalde fehle.
Die Kiefer, wie faſt alle in Deutſchland vorkom⸗
menden Holzarten, fehlt von Natur im Auwalde, wenn
der von den Bäumen unmittelbar oder mittelbar
(durch fließendes Waſſer, Wind, Vögel) an den Boden
gelangte Samen immer gerade in deſſen Keimzeit
von einer anhaltenden Waſſerdecke betroffen wird. Die
überaus zarten Organe des keimenden Samens wer⸗
den dann oft ſchon nach wenigen Tagen von Fäulnis
ergriffen. Werden aber die Flußauen nicht regel⸗
mäßig jedes Jahr zur Keimzeit des Holzſamens
von Ueberſchwemmungen heimgeſucht, wie die Iſarau
bei Plattling, die Donauau bei Linz, die Elbau bei
Deſſau, dann erwachſen aus von der Flut oder durch
Wind herbeigeführtem oder von Vögeln verſchlepptem
Samen einzelne Kiefern oder Fichten oder kleinere
oder größere Gruppen, ja ſelbſt anſehnliche Beſtände.
Möge nun die Kiefer von Natur im deutſchen
Auwalde fehlen oder nicht: Tatſächlich findet ſich die
Kiefer, wie ich im 2. Teile dieſes Artikels nachweiſen
werde, im Ueberſchwemmungsgebiete der deutſchen Au⸗
waldungen in anſehnlichen, frohwüchſigen Beſtänden.
Gedeiht die Kiefer hier ſchon unter oft äußerſt ſchwie⸗
rigen Verhältuiſſen, fo wird fie erft recht gedeihen
unter für fie günſtigeren Verhältniſſen, namlich auf
den zur künſtlichen Bewäſſerung eingerichteten Böden.
Denn hier erreicht die Dauer des Waſſerſtandes die
im natürlichen Ueberſchwemmungsgebiete vorkommende
bei weitem nicht uſw. |
Erwähnt fei ferner, daß in den Verhandlungen der
am 26. Aug. 1890 in Wien ſtattgeſundenen General⸗
verſammlung des Niederöſterreichiſchen Forſtvereins
vom Oberförſter Arnold?) vor dem Anbau der Kie-
1) B. Borggreve, Die Holzzucht. 2. Aufl. 1891. ©.
62 f. und S. 70.
2) Mitteilungen des Niederöſterreichiſchen Forſtvereins
1890. S. 173.
154
fer in der Donauau gewarnt wird, weil Kiefernkul⸗
turen, welche durch Ueberſchwemmung „unter Waſſer
geſetzt werden“, abſterben. Leider unterläßt es Ar⸗
nold, Angaben zu machen über die Art des Kultur⸗
verfahrens, welches zur Herſtellung der von einer
Waſſerdecke betroffenen Anlagen angewandt wurde;
über das Maß der Wurzelverletzungen, welche die
Pflanzen, wenn die Anlagen aus Pflanzung hervor⸗
gingen, beim Verſetzen erfuhren; ferner darüber, ob die
Heberſchwemmung bald nach dem Verſetzen der Pflan⸗
zen eintrat, ehe noch die hierdurch in größerem oder
geringerem Maße verurſachten Wurzelverletzungen ge⸗
heilt waren, denn bei längerer Dauer der Ueber⸗
ſchwemmungen können in die verletzten Wurzeln leicht
Fäulnis erregende Bakterien eindringen; über die Dauer
der Gipfelwaſſerdecke; darüber, ob die Nadeln und die
Rinde der Zweige und der Stämmchen der Pflanzen
durch die Gipfelwaſſerdecke beſchlammt wurden und
nach dem Verſchwinden der Waſſerdecke noch längere
Zeit beſchlammt blieben; ob die Pflanzen durch An⸗
griffe von Mikroben, Kerfe, Wild, durch die Wirkung
von Froſt, Trocknis ufo. verletzt oder geſchwaͤcht waren.
Unter dieſen Umſtänden läßt ſich der Wert und die
Tragweite des Arnold'ſchen Ausſpruches nicht beur-
teilen.
Mitteninne zwiſchen den Forſtmännern, welche die
Kiefer, ſei es in der Jugend, ſei es überhaupt, für
waſſerſchwach halten und denen, welche der Kiefer
einen höheren oder geringeren Grad von Waſſerfeſtig⸗
keit zuerkennen, ſtehen der Enkel H. Cottas, H. v.
Cotta und Gayer.
v. Cotta!) fagt, die Naͤſſe ſcheine die Kiefer über-
haupt nicht in dem Grade zu benachteiligen als man
oft glaube, denn auch auf Torfbrüchern und Fennen
des Moorbodens ſei ſie heimiſch. Nur könne ſie ſol⸗
chen Standort nicht vertragen, wo Trockenheit und
Näſſe oft wechſeln.
Gayer?) ſchreibt der Kiefer einerſeits auf naſſem
Moor: und Torfboden ein „noch erträgliches“ Wachs⸗
tum, bei Vorhandenſein von ſtehender, gleichförmiger
Näſſe ſelbſt einen beſſeren Wuchs als der Fichte zu,
hält die Kiefer jedoch andererſeits für empfindlich ge⸗
gen extremen Wechſel der Bodenfeuchtigkeit, weil ſolcher
|
ſchon in einem Alter der Bäume von 30 bis 40 Jah:
ren Wurzelfäule verurſache. Hierzu ſei bemerkt, daß
nach der am Schluſſe dieſes Aufſatzes mitgeteilten Be:
obachtung Middeldorpfs, wenn man ſie als all—
gemein zutreffend anſehen darf, das Stammholz der
Kiefer durch oft eintretende und lange waͤhrende Bo⸗
denwaſſerdecke nicht benachteiligt wird.
1) H. Cottas Anweiſung zum Waldbau. 9. Aufl.,
herausgegeben von deſſen Enkel H. v. Cotta. 1865. S. 67.
2) K. Gayer, Der Waldbau. 4. Aufl. 1898. S. 62 f.
Ueberflutung in Frohwüchſigkeit.
Nun will ich einige felbft beobachtete oder Wr‘
das Forſtperſonal der betreffenden Forſtteviereſf =
kundete Fälle anführen, daß Kiefernkulturen durch
Waſſerdecke von kürzerer oder längerer Dauer zum
ten Teile oder ſelbſt vollſtändig vernichtet wu
Dieſe Fälle ereigneten ſich in den bayeriſchen Staff :::
forſtrevieren Speyer, Sondernheim und Kandel!
(Schutzbezirk Goldgrund). Im Forſtrevier Spe
Schutzbezirk Berghauſen, erlagen zwei in den ug
ziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ausgefü,
Kiefernkulturen den Wirkungen einer in der BE:
tationszeit des Jahres 1897 erfolgten Uebejdn `:
mung faft vollſtändig!). Eine in den Jahren 10 -::
bis 1895 auf einer Fläche von % ha mit zwei;
gen Pflanzen ausgeführte Pflanzung wurde in $.:
Vegetationszeit des Jahres 1897 von einer Waff n
decke in der Dauer von 7 bis 10 Tagen heimgeſu ;-:
Die meiſten Pflanzen gerieten völlig unter W |
Nach deffen Ablauf waren die von Gipfelwaſſerde -:
betroffenen Pflanzen an den Nadeln und der Nin
mit einer Schlammſchicht vollſtändig überzogen. A.
fie wegen Ausbleibens ergiebiger Regenfälle oder fam ..
ker Winde noch lange nach Waſſerablauf beſtehen bi;
jo gingen ſämtliche völlig beſchlammten Pflanzen an;:
Dagegen blieben ſolche Pflanzen, welche bei der lr
ſchwemmung zum Teile aus der Wafferflache hws -..
ragten und daher teilweiſe der Beſchlammung entridy .
waren, am Leben. Eine Anzahl dieſer Pflanzen was
den dann freilich vom Rehwild durch Schlagen ung ,
Verbeißen tödlich verletzt. Bei meiner am 11. Soll,
1904 in Anweſenheit Etzkorns erfolgten Befidtiguyy _.
betrug die Zahl der noch vorhandenen Pflanzen dwf `-
10 % Mdes urſprünglichen Beſtandes. Die anderen waf
der Ueberſchwemmung betroffenen Kulturen beflandny
aus Saaten, welche in den Jahren 1894/97 auf einen‘ 15
ein wenig tiefer, näher am Rhein gelegenen, etwa 36%
umfaſſenden Fläche ausgeführt worden waren. Dei `
Saaten, beſſeren Boden beſtockend als die vorher “
wähnte Pflanzung, übertrafen diefe vor Eintritt der
Die Pflanzen n
den durchweg und natürlich länger als die PNM
unter Waſſer, zeigten nach deſſen Ablauf völlig be .
ſchlammte Organe und erlagen ausnahngslos der Ba); .
ſerdecke und der daran anſchließenden Beſchlammung |
deren in gänzlicher Abſchließung der Luft von den p
oberirdiſchen Organen beſtehende Wirkung die be
Gipfelwaſſerdecke, aus welcher die Pflanzen noch en
wenig Luft zu beziehen vermögen, übertrifft.
il
L
7
thay
) Meine Mitteilungen beruhen teils auf eg
Anſchauung, teils auf Angaben des Forſtwartes 65“
korn und des Verwalters des Revieres, des inzwiſchen
in den Ruheſtand getretenen Forſtrates Gümbel m
Speyer.
fr
155
Jn dem vom Forſtmeiſter Vill verwalteten Forſt⸗
r Sondernheim ift nach Angabe des Genannten
junge Kiefernpflanzung einer Gipfelwaſſerdecke er⸗
t. von welcher fie in der Vegetationszeit des Jah-
1910 heimgeſucht wurde.
Auch hier waren ſämt⸗
“äußeren Organe der Pflanzen ſtark beſchlammt.
dies war ein Teil derſelben von der Gewalt des
nden Waffers niedergelegt.
m das letzte Beiſpiel. Bei dem am 19. Okt.
in Begleitung des Forſtwartes Sauer erfolgten
des Schutzbezirkes Goldgrund, welcher einen
des vom Königl. Forſtamtsaſſeſſor H. Röſinger
tg verwalteten Forſtreviers Kandel⸗Süd dar⸗
ſah ich auf einer etwa 1 ha umfaſſenden Fläche
He einer achtjährigen Kiefernpflanzung. „6 da:
waren den Wirkungen der Waſſerdecke erlegen.
meiſt ſtehende, felten ſtrömende Waſſer überhöhte
Zeit die Pflanzen. Die Waſſerdecke währte nach
: foe Sauers — und die Pegelbeobachtungen in
vist
un
“
E
|
imiliansau beftätigen dieſe -- in der wärmiten
hent, im Juni, Juli, Auguft, September des
1910, ununterbrochen mindeſtens 3 Monate.
*
fe Beiſpiel bekundet nicht ſowohl ein geringes,
Bern vielmehr ein verhältnismäßig hohes Maß der
2
derſtandsfähigkeit der Kiefer gegen eine Waſſerdecke
i Und es itt
“gunmen, daß die Pflanzung bei einer kürzeren
> fatbauer, etwa bei einer foldjen von 4 bis 5 Wochen,
Ag oder nahezu völlig unverſehrt aus ihr hervor-
„Fangen wäre.
Da, wo man durch Gipfelwaſſerdecke vollſtändig
Phlammte junge Kiefern nach Ablauf der Flut durch
Monding der Wald ſpritze, etwa wegen der nicht
2 mbeulenden Anſchaffungskoſten oder wegen der
Ponierigkeit der Waſſerbeſchaffung, nicht reinigen kann,
wie an Stellen, wo die jungen Kiefern mutmaßlich
ige Monate hindurch der Ueberflutung ausgeſetzt
` Miren, empfähle fidh wohl der Anbau waſſerfeſter Laub-
i balyer, namentlich der amerikanischen Eſche (Grau:
Babel, Stieleiche, der Silberpappel, Kanadiſchen
Jad mittelſt Heiſterpflanzung.
Ob freilich die
beifer, uch wenn fie angepfählt würden, der Gewalt
5 Nrömenben Waſſers widerſtänden, weiß ich nicht. Wie
> beginftigt gegen Beſchädigungen der bezeichneten Art
Ei Rane in
k dagegen die Kiefernkulturen in den Hälterwal⸗
men! Hier hat man die Regelung des Waſſer⸗
der Hand. Außerdem iſt in jedem Forſt⸗
weer eine auch zur Vertilgung mancher Kerfe (Nonne,
derwendbare
Titer ufw.), und zur Löſchung von Waldbränden
Waldſpritze vorhanden, mit welcher
, Mon beihlammte Kulturen nach Ablauf des Waſſers
i 85 zu reinigen vermag. Eine am Boden ſich
'n igende Schlammkruſte wird mit dem leicht zu
handhabenden Krümler zermürbt. Er beſteht aus
einem 1 bis 1½ m langen Stängchen, an deffen un:
terem Ende eine mit Zinken verſehene runde oder recht⸗
eckige Holzſcheibe angebracht iſt.
Nachdem ich die für die Widerſtandsfähigkeit der
Kiefer gegen eine Waſſerdecke mehr oder weniger un⸗
günſtig lautenden Behauptungen, Wahrnehmungen und
Urteile erklärt und einer Wertung unterzogen habe,
will ich nun eine ſtattliche Reihe fremder und eigener
Beobachtungen anführen, aus welchen die beachtens⸗
werte Waſſerfeſtigkeit der Kiefer, insbeſondere auch in
früher Jugend, ſich ergibt.
2. Erfahrungen, welche eine bedeutende Widerſtands⸗
fähigkeit der Kiefer gegen eine Waſſerdecke von be-
trächtlicher Dauer bekunden.
Einen anſehnlichen Grad von Widerſtandsfähigkeit
der Kiefernſaaten bekundet ein Bericht des Kgl.
Preuß. Forſtinſpektors Gumtau!) zu Breslau. Da-
nach hat eine zweijährige Kiefernſaat im ſogenannten
Backener See, einem niedrigen flachen Gelände des
Forſtreviers Bobiele (Reg.⸗Bez. Breslau), welches im
Spätſommer 1854 länger als 14 Tage gänzlich vom
Waſſer bedeckt und wiederum im Frühjahr 1855, we⸗
nigſtens in den Furchen, ſo überflutet war, daß die
Pflänzchen, als Gumtau ſie ſah, entweder unter
Waſſer ſtanden oder nur mit den Gipfeln daraus her⸗
vorragten, ſich im ganzen gut erhalten. l
Erwähnenswert find auch die Beobachtungen und
Anſichten des Forſtmeiſters Preßler?) zu Stettel⸗
dorf bei Wien über das Verhalten einjähriger Kiefern
gegen eine Waſſerdecke. Preßler hatte im Jahre
1890 in einer an einem Donauarm gelegenen Pflanz⸗
ihule Kiefern-, Fichten⸗ und Lärchenſamen geſät. Die
Sämlinge zeigten ein gutes Gedeihen. Da trat im
September des nämlichen Jahres Hochwaſſer ein, wel⸗
ches die Saaten meterhoch volle 8 Tage überflutete.
Nach Ablauf der Flutwelle fand es ſich, daß ein Teil
der Pflänzchen aus dem Boden ausgewaſchen waren
und mit den Wurzeln bloßlagen. Preßler ſetzte
die ausgewaſchenen Pflänzchen ſorgfältig wieder in die
Erde. Im folgenden Jahre hatte er die Genugtuung,
zu ſehen, daß die überflutet geweſenen Pflanzen freu⸗
dig fortwuchſen. Auf Grund dieſer und anderer Er:
fahrungen empfiehlt er den Fachgenoſſen aufs ange⸗
legentlichſte, die Kiefer, zuſammen mit der Birke, in
den Donauauen an paſſenden Stellen, wozu er ſelbſt⸗
verſtändlich die nach Ablauf der Flut noch geraume
Zeit mit Waſſer gefüllten Einſenkungen, Mulden und
Lachen nicht rechnet, anzubauen. Nach den Beobach⸗
15 Verhandlungen des Schleſ. Forſtv. 1855. S. 122 f.
2) K. Preßler, Die Kultur der Föhre in den Donau—
auen, Oeſterreichiſche Forſtzeitung 1891. S. 264.
156
tungen Pre ßlers iſt es nicht das Hochwaſſer, ſon⸗
dern „einzig und allein der übermäßige Wildſtand“,
welcher alle Waldkulturen in hohem Maße benachtei⸗
ligt. Zur Unterſtützung ſeines Ausſpruches beruft ſich
Preßler überdies auf die gelungenen Föhrenkulturen,
welche der Lehrmeiſter der Auenwirtſchaft, der vor
einiger Zeit verſtorbene Herzogl. Ratiborſche Forſt⸗
meiſter E. Podubetzky zu Grafenegg auf den an
Preßlers Verwaltungsbezirk angrenzenden Strecken
des Ueberſchwemmungsgebietes ausgeführt hat. Hier
müßte demnach Wild garnicht oder doch nicht in einer
die Kiefernkulturen gefährdenden Menge vorhanden ge⸗
weſen ſein.
Schon wenige Jahre ſpäter hat Preßler jedoch
Feuchtigkeit“ die Kiefer nicht mehr, ſobald fie ang
wachſen und in Schluß gekommen iſt.
Unter den Lehrern der Forſtwiſſenſchaft mühe
hier Heß und Weiſe wegen ihrer Aeußerungen ik:
das Verhalten der Kiefer zum Waſſer ermähnt mer:
den. Heß), welcher, wie oben berichtet wurde, de
Kiefer in der erſten Jugend gegen ſtehende Näſſe ji:
empfindlich hält, erkennt dagegen älteren Kiefern ein
geringe Empfindlichkeit gegen Ueberſchwemmungen zu
MWeife?) betont die bedeutende Anpaſſungsfähigkei
der Kiefer an Böden von verſchiedenartigem Feudty:
keitsgehalt. Sie beſtocke Flugſand, wie Moorboden
mit ſtauendem Waſſer und alle hinſichtlich de
Feuchtigkeitsgrades dazwiſchen liegenden Bodenarten.
|
|
den Anbau der Kiefer in der Au vollſtändig aufge⸗ Ich will nun meine teils durch Anſchauung
geben. Aber nicht etwa wegen der Ueberſchwemmun⸗ teils durch Befragung des betreffenden Fori:
gen, ſondern lediglich wegen der namentlich durch Reh, ſonals gewonnenen Ergebniſſe über die Wiberftan:
Hafe und das „elende Kaninchen“ den Kiefernkulturen fähigkeit der Kiefer gegen eine Waſſerdecke hier an
zugefügten Schädigungen ). führen.
Auch der Oberförſter Arnoſcht?) in Sirndorf In dem zum Waldbeſitz des Fürſten Hatzfeld
(öſterreichiſche Donauau) berichtet, daß der Wuchs und gehörigen Forſtrevier Neſigerode (Reg.⸗Bez. Breslau
das Ausſehen der Kiefernjungwüchſe in den Auen zeigte mir am 20. Auguft 1898 Herr Revierförſter
nichts zu wünſchen übrig laffen. Wenn die Kiefern Rudel ein ausgedehntes, etwa 30 jähriges Rie:
dort ſpäter nicht mehr ſchieben, ihre Kronen abzurun⸗ fernſtangenholz, welches feit dem Jahre 1881
den beginnen uſw., ſo wird dieſe Erſcheinung nicht während der Vegetationszeit viermal, davon einmal
durch die Ueberflutungen, von welchen die Kieſernbe⸗ im Juli, vom Hochwaſſer der durch das Forren
ſtände in der Vegetationszeit oft heimgeſucht werden, fließenden Bartſch heimgeſucht wurde. Die Kieler
verurſacht, ſondern dadurch, daß die Pfahl- und Steh- haben in den Ueberſchwemmungsjahren durchſchnittlic
wurzeln bei Vordringen in die Tiefe die nährſtoffarme, etwa 10 Tage lang im Waſſer geſtanden. Der Ve
meiſt aus Schotter beſtehende Bodenſchicht erreicht ſtand mochte an einigen Stellen etwas dünner fein als
haben. gewöhnlich in dieſem Alter, weil bisweilen einyine
Die Befähigung der Kiefer, eine Wurzelwaſſerdecke abgeſtorbene Stämme hatten entfernt werden müſſen.
zu ertragen, wird ferner bekundet durch die Angabe Im allgemeinen war aber hierdurch der Schluß des
des früheren Königl. Bayer. Oberförſters Eßlinger“), Beſtandes nicht unterbrochen worden. Die Baume
daß die im Forſtrevier Schaidt (Bienwald in der zeigten infolge der durch die Ueberſchwemmungen
Rheinpfalz) vorhandenen, inzwiſchen trockengelegten abe en Nährſtoffzufuhr eine üppige, dichte B
„Seen“, obſchon fie faſt beſtändig Waſſer enthiel: | nadelung. Der Unterſchied in der Benadelung
ten, gleichwohl oft eine, wenn auch ſpärliche Beſtockung zwiſchen dieſem und einem ein wenig höher 9°
von Kiefern, geringwüchſigen Birken und ſtruppigen legenen, überſchwemmungsfreien Stangenholz war I
Stieleichen aufzuweiſen hatten. Nach den Erfahrun⸗ augenfällig, daß ich Herrn Ruchel darauf aufmerk:
gen Eßlingers“!) ſchädigt ſelbſt eine „hochgradige fam machte.
— Bei einem in Begleitung des Gorfters Herti
Gückel am 26. September 1898 unternommenen
Ausflug in das Herzogl. Anhaltiſche Forſtrevier Grob:
kühnau ſah ich einen vor den Ueberflutungen der Elbe
durch Deiche geſchützten älteren Kiefernjungwuchs. Etwa
½ ha desſelben hat mindeſtens eine Woche bindud l
in dem durch Luftarmut berüchtigten Druckwaſſer ©
) R. Heß, Die Eigenſchaften und das forſtliche Ver-
halten der wichtigeren in Deutſchland vorkommenden Holz
arten 1883. S. 132.
) Weiſe, Leitfaden für den Waldbau. 2. Aufl. 189
S. 208.
1) K. Preßler, Holzartenwahl, Holzartenwechſel, die
Kulturarten und die Beſtandspflege in den Auwäldern der
Donau, Mitteilungen der Forſtvereine für Niederöſterreich,
Steiermark, Krain-Küſtenland, Kärnten Jahrg. 1894. S. 210
bis 214
2) H. Arnoſcht, Kulturarten, Holzartenwechſel, Be-
ſtandspflege, Haupt- und Nebennutzungsbetrieb in den Auen,
Mitteilungen der Forſtvereine für Niederöſterreich uf. Jahre
gang 1894. S. 220.
) Verhandlungen des Pfälz. Forſtv. bei feiner Jahres-
verſammlung zu Kandel am 3. u. 4. Sept. 1881. Bergzabern
1882. S. 12.
) A. a. O. S. 22.
157
en, welches durch das Hochwaſſer der Elbe im
aft 1897 hervorgerufen worden war. Der von
Druckwaſſer betroffene Teil des Jungwuchſes ließ
klei Benachteiligung erkennen.
BeadtenBwerte Wahrnehmungen über das Verhal-
einer Kiefernanlage mittleren Alters zum Waſſer
meten fih mir in dem 15 km oberhalb der Stadt
shturg am linken Rheinufer gelegenen Schutzbe⸗
e Plobsheim, welcher zu der damals von Herrn
Amafer Rebmann in Straßburg verwalteten
krförſterei Straßburg gehört. Von dem Schutzbe⸗
wird ein anſehnlicher Teil in der Vegetationszeit
alljährlich einmal oder ſelbſt einige Male während
Jimer Zeit überſchwemmt. Ich habe dieſen damals
mehreren Holzarten beſtockten Waldteil zweimal
icht, am 6. und 20. Juni 1899, das erſte Mal
de von Herrn Forſtmeiſter Rebmann freundlichſt
Fordneten Begleitung der Herren Förſter G. Gaf-
ß Plobsheim und E. Jung in Efdau. Unter:
en für meine Beobachtungen bildeten die mir von
yrker Gaffer perſönlich gemachten Angaben
die die mir von Herrn Forſtmeiſter Rebmann in
enkommendſter Weiſe zur Benutzung überlaſſe⸗
v Aufzeichnungen für die Jahre 1896/98 über Vege⸗
konsderhältniſſe und über den Waſſerſtand am Pegel
Straßburger Rheinſchleuſe Nr. 88.
Das Hochwaſſer des Rheins beginnt in dem der
ſchwemmung vorzugsweiſe unterliegenden Teil des
utbezirkes Plobsheim einzudringen, wenn der Pegel
. Brand von 2,20 m anzeigt. Bei einem Waſſerſtand
zu 3,00 m ift die der Ueberflutung ausgejegle Wald-
Px vollſtändig mit Waſſer bedeckt. Unter Be:
fitſichtigung des Waſſerſtandes von 3 m er:
‚ Mb ſich betreffs der Dauer der Ueberflutung für die
emn Jahre des Zeitraums 1896 bis 1898 fol:
weg:
| Die Plobsheimer Flutwaldfläche war während der
. Seqeationszeit des Jahres 1896, welche in dieſem
Jahn ſpät eintrat und fih vom Mai bis Oktober
th, 133 Tage lang mit Waſſer bedeckt. An⸗
daltende, ununterbrochene Waſſerdecken beſtanden
| | dom ö. Juni bis 14. Juli in der Dauer von 40 und
tom 23. Juli bis 2. September in- der Dauer von
| 2 Tagen. |
mm Jahre 1897 erwachte die Vegetation ſchon
1 Mirz Ende des Monates begannen bereits die
. a Sträucher und auch einige Baumarten, näm⸗
| tg RoBtaftanie, Birke, Weißerle, ſich zu begrünen.
2 * etwa vom 21. März bis Ende Oktober ſich
i enden Vegetationszeit war der Boden des Mu-
ji Ba während 104 Tage überflutet. Anhaltende,
bunbrochene Flutwellen traten zweimal ein. Sie
det Straßburger Rheinſchleuſe Nr. 88 einen Waſ⸗
~
—— 9 a —
erftredten fih vom 26. Mai bis 12. Juli über 48
Tage und vom 21. Auguſt bis 3. Oktober über 44
Tage.
1898 waren die Laubhölzer Ende April völlig
begrünt. Die Flutwaldflaͤche war waͤhrend der Vege⸗
tationszeit 63 Tage mit Waſſer bedeckt. Ununter⸗
brochen ſtanden die Holzgewächſe in der Wachstums⸗
zeit 30 Tage lang, vom 13. Juni bis 12. Juli im
Waſſer.
Der der Ueberſchwemmung ausgeſetzte, 30 bis 40
ha umfaſſende Teil des Schutzbezirkes Plobsheim liegt
am linken Ufer des Rheins zwiſchen dem Strombett und
dem ſehr hohen und ſtarken Flutdamm. Die Flache des
Auwaldes ſteigt vom Fuße des Dammes nach dem
Rheine hin ſanft, etwa 1 m, an. Der Auwald beſteht
hauptſächlich aus Mittelwald und aus den oben er⸗
wähnten, damals etwa zwei ha umfaſſenden Kiefern⸗
anlagen. Dieſe ſetzen ſich zuſammen aus drei kleinen
i'olierten Beftänden und einigen ſehr kleinen Gruppen.
Der größte, etwa 1,25 ha umfaſſende Beſtand ſtockt
am Ufer des Rheins und fteht, da die Bodenoberflade
ungefähr 80 em höher liegt als diejenige der beiden
anderen, zuſammen etwa 0,75 ha einnehmenden Be⸗
ſtändchen, nicht ſolange im Flutwaſſer als dieſe. Nur
bei beträchtlicher Ueberſchwemmung zeigt das Waſſer
in der Umgebung der beiden Beſtändchen langſame
Strömung. Dieſes iſt daher im allgemeinen als Stau⸗
waſſer zu bezeichnen.
Die Kiefernanlagen find aus einer Saat entſtanden,
welche ein früherer Förſter des Schutzbezirkes Plobs⸗
heim, Klöpfer, um das Jahr 1850 ausgeführt hat.
Dies geſchah an mehreren, durch ausgetrocknete oder
mit Stauwaſſer gefüllte Lachen und Schlingen, viel⸗
leicht auch durch Buſchholz von einander getrennten
Stellen, auf ſandigem Flußkies, einem zum Anbau
der Kiefer wenig geeigneten Boden. Man kann ſich
vorſtellen, daß hier ein Teil der aufgelaufenen Pflänz⸗
chen infolge mangelnder Nährſtoffzufuhr vertrocknete,
ein Teil zwar am Leben blieb, jedoch in den erſten
Jahren oder Jahrzehnten nur kümmerlich vegetierte,
bis die Pflanzen aus der zwiſchen ihnen almählih zur
Ablagerung gelangten Schlammſchicht Nährſtoffe etwas
reichlicher als früher zu beziehen vermochten. Man
ſollte denken, unter dieſen widrigen Verhaͤltniſſen hät:
ten Kiefern in Beſtandsform nicht aufkommen können.
Allerdings erlitten die Kiefern namentlich im Jahre
1896, in welchem die Bodenwaſſerdecke in der Vege⸗
tationszeit mit Unterbrechungen 133 Tage währte und
im Jahre 1897, in welchem der Boden mit Unter⸗
brechungen 104 Tage überflutet war, erhebliche Schaͤ⸗
digungen. Betrug doch das Anfallholz, welches wohl
meiſt zu Laſten der Bodenwaſſerdecke zu ſchreiben iſt,
21
158
in dieſen beiden Jahren ſechs Raummeter. Immer | dort unter günſtigen Verhältniſſen Kieferngruppen,
hin entſprach der Zuſtand der Kiefernanlagen, als ich ganze Beſtände entſtehen.
ſie am 6. und 20. Juni 1899 ſah, keineswegs der |
oben ausgeſprochenen Befürchtung.
Der Beſund ergab folgendes: Der hoch gelegene,
am Rheinufer ſtockende größere Beſtand ließ aller⸗
dings im allgemeinen Schluß vermiſſen. Dies erklärt
ſich zur Genüge durch die hier ſtarke Strömung des
Flutwaſſers, welches wohl manches aus der Saat her⸗
vorgegangenes Pflänzchen umgelegt und überdies mehr
Kies als Feinſand und Schlamm abgelagert haben
wird. Aus dieſem Medium vermochten die Pflanzen⸗
wurzeln Nährſtoffe nur in beſchränktem Maße zu ge⸗
winnen. Weit beſſer war der Zuſtand der auf tiefer
gelegenem Boden ſtockenden beiden Beſtändchen. Hier
bewegt ſich das Flutwaſſer gar nicht oder, zeitweilig,
nur ſchwach. Infolgedeſſen waren die Pflanzen in
früher Jugend der Gefahr, umgelegt zu werden, nicht
ausgeſetzt. Außerdem wird hier wohl ſchon bei Aus⸗
führung der Saat ums Jahr 1850 der Kies mit
Feinſand und Schlammteilchen einigermaßen gemengt
geweſen ſein. Allmählich ſetzten ſich aus dem
Waſſer Feinſand und Schlamm in ſolcher Menge ab,
daß die Pflanzenwurzeln im Laufe der Zeit ihren
Nährſtoffbedarf aus dem Boden in immer reichlicherem
Maße zu beziehen vermochten. Wie der Augenſchein
lehrte, war die Bodendecke der beiden Beſtändchen ziem⸗
lich maͤchtig, wozu ohne Zweifel der Abfall organiſcher
Stoffe von den Bäumen beigetragen hat. Der Schluß
der Beſtändchen war nur wenig unterbrochen. Die
mittlere Scheitelhöhe der Kiefern betrug 15 bis 20 m.
Eine im Hinblick auf den urſprünglich dürftigen Boden
anſehnliche Höhenentwicklung. Auch die Stammſtärke
war nicht unbedeutend. Ich habe den Durchmeſſer
zweier Stämme in Bruſthöhe gemeſſen. Der eine
ſtockte im Innern eines hier vollkommen geſchloſſenen
Beſtändchens, der andere an einer nicht vollkommenen
Schluß aufweiſenden Stelle des nämlichen Beſtändchens.
Der Durchmeſſer des erſteren betrug 21, der des letz⸗
teren ſogar 33 cm.
Bemerkt ſei noch, daß ich Anflug nicht wahrge⸗
nommen habe. Selbſt am Rande der kleinen Be-
ſtändchen nicht, obwohl die zahlreichen Zapfen am
Boden bekundeten, daß die Kiefern, und wohl nicht
zum erſten Male, gefruchtet hatten. Waſſerbedeckung
des Bodens von einiger Dauer, wie ſie an dieſem
Orte faſt regelmäßig in der Vegetationszeit vorkommt,
wird — ich wiederhole es — den Kiefernkeimlingen,
überhaupt den Keimlingen der Holzgewächſe, verderb⸗
lich. Möglich, daß Zapfen und Samen von der Flut
ſtromabwärts geführt und an nicht von jedem Hod:
waſſer überfluteten Stellen der Auwaldflächen abge
lagert werden. Dann iſt es nicht ausgeſchloſſen, daß
|
Peffer noch als durch die Plobsheimer Kiefer
anlagen wird der hohe Waſſerfeſtigkeitsgrad ber A:
fer bekundet durch die in zwei Staatsforſtrevieren
Rheinpfalz gewonnenen Beobachtungsergebniſſe.) hi
werden die Kiefernanlagen zwar nicht ſo oft von
Hochwaſſer des Rheins heimgeſucht als diejenigen n
Schutzbezirk Plobsheim. Dafür tft der urfpriingli
Umfang der Kiefernanlagen jener beiden Forſtrevie
im Gegenſatz zu den Plobsheimer Anlagen genau
kannt. Etwaige Einwirkungen des Hochwaſſers a
die Minderung der Ausdehnung der Kieſernwi
laſſen ſich daher dort leichter beſtimmen als hier
Außerdem ſind die pfälziſchen Kiefernanlagen viel a
gedehnter als die Plobsheimer und im Lebens alt
nicht einförmig wie im Schutzbezirk Plobsheim,
dern von einander verſchieden.
Zuvörderſt ſei zweier Kiefernſtangenhölze
gedacht, welche in der Abteilung 2 e, Geheg, Schußbe⸗
zirk Goldgrund, Forſtrevier Kandel:Sad nahe an!
Rheine ſtehen. Herr Forſtamtsaſſeſſor H. Röſinger,
welcher mich, ſeitdem ihm die Verwaltung des forh
reviers Kandel⸗Süd übertragen worden ift, wiederholt
im Goldgrund zu Beobachtungszwecken begleitete, teilte .
mir im Jahre 1913 mit, daß fih die Stangenboler -
aus zwei Beſtänden zuſammenſetzen, deren einer 30,!
der andere 40 Jahre alt fei, und daß der Haden:
umfang beider Beſtände 15,2 ha betrage. Sie foden
auf einer Kiesbank, auf welcher gegenwärtig eine bis
60 em hohe, aus Flutſchlick und Humus beſtehende
Erdſchicht lagert. Augenſcheinlich iſt der 30 jährige!
Beſtand aus Pflanzung, der 40 jährige aus Saat her
vorgegangen. Darüber, ob der ältere Beſtand durch
künſtliche oder natürliche Beſamung (durch vom glut
waſſer abgelagerte Zapfen oder Samenkörner) entar:
den iſt, vermochte Herr Röſinger aufgrund der
Durchſicht der einſchlägigen Akten des Forſtamtsar⸗
chives Aufſchluß nicht zu erhalten.
Der von 1888 bis 1912 im Goldgrund tätig .
weſene Forſtwart Herr Sauer konnte bei bedeutenden
Hochwäſſern feinen Schutzbezirk nur mittelſt Kahns
beſuchen, wobei er über den Gipfeln der auf tif 9"
legenen Flächen ausgeführten Kiefernkulturen hinge
fahren iſt. In den beiden Kiefernſtangenhölzern be
trug bei einem Pegelftand in Maximiliausau (be
) Vergl. Eßlinger, Hochwaſſerſchäden in den n
Rhein gelegenen Staats- und Gemeindewaldungen det 10
während des Sommers 1910. Forſtwiſſenſchaftl. Sentra
blatt 1911. S. 394 bis 400 und Bill, Die Hochwafſelche
den in den Staatswaldungen des Königl. Forſtamtes Son
dernheim im Jahre 1910. Naturwiſſenſchaftl. Zeitſcht
füt Forſt⸗ und Landwirtſchaft 1911. S. 198 bis 198.
159
‘pon 6,60 m die Waflertiefe unterm Kahn un: | erwähnten Kiefernſtangenhölzer und find, 1897 etwa
c8Ocm. Mithin würden die Kiefern- | 5jährig, länger als drei Wochen von Gipfelwaſſer⸗
genhölzer bei einem Pegelftand von
m gerade noch waſſerfrei fein, bei
mjold@en von 6mabereine etwa 20cm
» Boden waſſerdecke zeigen, ſodaß der
n auch an unebenen Stellen völlig überflutet ge-
t fein wird.
In neueſter Zeit hatte der Rhein die betreffs Höhe
Zeitdauer betradtlidften Ueberſchwemmungen
Vegetationszeit der Jahre 1897 und 1910
wilen. Der Pegel von Marimiliansau zeigte
ände von 6 m und darüber:!)
Jahre 1897 am 23., 26. und 27. Auguſt,
ununterbrochen an 21 Tagen vom 7.
Sept. Der Waſſerſtand überſtieg an 3 Ta-
m und erreichte am 11. Sept. das Höchſtmaß
3m; im Jahre 1910 ununterbrochen
Tagen vom 16. Juni bis 27. Juli, ferner
Tagen vom 10. bis 13. Nov. Der Waſſerſtand
„beg an 9 Tagen 7 m und erreichte am 19. Juni
. shöhftmaß mit 7,60 m.
ie Waſſerſtände von 7 m an aufwärts bekunden,
ie Kiefern in mehr als 1 m hohem Waſſer ge⸗
gen haben. 1897 war dies an 3 Tagen der Fall.
AIL September erreichte das Waller an den
en mit 1,33 m die beträchtlichſte Höhe. 1910
die Kiefern durch 9 Tage in mehr als 1 m
Waſſer. Am 19. Juni, an welchem das Hoch⸗
den höchſten Stand des ganzen Jahres erreichte,
die Waſſermarke an den Stämmen in einer Höhe
1 m, um 27 cm höher als 1897.
eine von mir gemeinſam mit Herrn Forſtamts⸗
In Köſinger am 28. Juli 1913 unternommene
digung ſämtlicher Kiefernorte ergab, daß die
‚ Mmgenbölger im weſentlichen unverſehrt aus den be:
1 Ueberſchwemmungen hervorgegangen waren,
Bunz die lezten Gipfeltriebe des 30 jährigen Stangen-
fe eine Länge von 30 bis 40 cm, die letzten Gip-
ach eines benachbarten 20 jährigen Kiefernjung⸗
,, Fades ine Länge von durchſchnittlich 50 bis 60 em
„Frith batten. Das 30 jährige Stangenholz enthielt
k Angabe des Herrn Röſinger auf dem ha 25
0 Feftmeter Derbholz.
e Sa nicht ſehr umfängliche Jungwüchſe bis zum
sh om 20 Jahren ſtehen tiefer als die vorſtehend
1 ;
u und mehr betragenden Waſſerſtände des
us N Habe ich mit Erlaubnis des Herrn Damm-
3 Doll im Jahre 1905 aus dem Pegelſtandsbuch
e ausgezogen. Die 6 m und mehr betra-
1 e Ninbe des Jahres 1910 hat Herr Doll felbft
werteiter Weiſe für meine wiſſenſchaftlichen Zwecke
elſtandsbuche herausgeſchrieben.
*
y
*
re
2
—
=
decke und 1910, etwa 18 jährig, länger als feds
Wochen von Wurzelwaſſerdecke heimgeſucht wor⸗
den, ohne Schaden zu erleiden. Nur einige kleine
Stellen dieſer Jungwüchſe, namentlich des tiefſt gelege⸗
nen Jungwuchſes, welcher ungefähr 2 bis 3 Monate
im Waſſer geſtanden hat, zeigten ſich etwas lückig.
Sehr lehrreich inbezug auf Widerſtandsfähigkeit
gegen eine Waſſerdecke ſind auch die Jungwüchſe, welche,
gleichfalls auf pfälziſchem Gebiete, rheinabwärts in den
Auwaldungen des vom Königl. Forſtmeiſter Vill
verwalteten Forſtreviers Sondernheim ſtocken.
Dieſe Kiefernjungwüchſe, wie auch alte Kiefern⸗
beſtände, welche zuletzt beſprochen werden ſollen, ſtocken
in dem durch 8,5 m hohe Daͤmme (Deiche) geſchützten
Teile der Auwaldungen!). Die Damme ſind ſo hoch
und ſtark, daß deren Ueberflutung oder Durchbrechung
durch die Rheinflut damals nicht möglich war. Un⸗
ſere Kiefernorte ſind daher 1910 nicht direkt von
ſtrömendem Hochwaſſer des Rheins betroffen worden.
Dafür wurden ſie freilich von dem in der Vegetations⸗
zeit für ſehr ſchädlich gehaltenen Grund- oder Druck⸗
waſſer des Rheins erfaßt. Dieſes erfuhr eine Verſtär⸗
kung durch die zeitweilig, und gerade im Jahre 1910,
ſehr waſſerreichen Flüßchen, welche teils im Pfälzer
Gebirge, teils in der nach dem Rheine ſich ſenkenden
Pfälzer Ebene entſpringen und zunächſt in die durch
den Rheindamm geſchützten Binnenwaldungen des
Rheins ſich ergießen. Hier werden dieſe Zuflüſſe ſo⸗
wie das Rheindruckwaſſer des oberen Teiles der Bin⸗
nenwaldungen von einem in früherer Zeit entſtandenen
Altrheinarme aufgefangen, an welchen ein diefe Waf-
ſermaſſen dem Rheine zuführender künſtlicher Kanal
angelegt iſt. An der Kreuzungsſtelle desſelben mit
dem Rheindamme findet ſich eine Schleuſe, deren auf
der Rheinſeite gelegene beide Torflügel ſich ſelbſttätig
öffnen und ſchließen. Sie öffnen ſich nach dem Rheine
hin, wenn das Rheinwaſſer niedriger iſt als das
Kanalwaſſer. Sie ſchließen ſich, wenn der Waſſerſtand
des Rheins den des Kanals überhöht. Geſchieht letz⸗
teres, was bei der gewaltigen Flut des Rheins im
Jahre 191) geraume Zeit der Fall war, dann ſammelt
fih das Waſſer in dieſem Teile des Binnenwaldgebietes
in beträchtlicher Menge an. Wohl find zur Verhin⸗
derung des Eindringens dieſer Waſſermaſſen in die
ſeit⸗ und abwärts von dieſem Altrheinarme gelegenen
Binnenwaldungen und in die an der weſtlichen Grenze
dieſer Waldungen vorhandenen Felder Daͤmme in der
) Nach Vill umfaßt dieſer Teil der Auwaldungen des
Forſtreviers Sondernheim 570 ha, der im Flutgebiet des
Rheins gelegene, von ſtrömendem Waſſer heimgeſuchte Teil
der Auwaldungen 530 ha
21*
$
durchſchnittlichen Höhe von 6,5 m errichtet. Bis zum
Jahre 1910 erfüllten dieſe Dämme auch ihren Zweck.
In dieſem Jahre jedoch erreichten die Waſſermaſſen
eine ſolche Höhe, daß ein Teil des Waſſers ſich über
die Dämme ergoß und das Wald- und Feldgelände,
ſoweit es von Druckwaſſer noch frei war, überflutete.
So glichen die Binnenwaldflächen einem ausgedehnten
See, aus welchem nur kleine hochgelegene Waldſtrecken
als Inſeln hervorragten!). Das Waſſer blieb auf den
überfluteten Waldflächen ſtehen bis es bei ſinkendem
Waſſerſtande des Rheins in dieſen mittelſt des Kanals
und der ſelbſttätigen Schleuſe abzog oder verſickerte
und verdunſtete.
Dieſe Vorgänge brachten es mit ſich, daß im Jahre
1910 jämtlihe Kiefernanlagen der Auwaldungen des
Forſtreviers Sondernheim von einer 1 bis 2½
Monate andauernden Waſſerdecke betroffen wurden.
Die Jung wüchſe im Umfange von 8 ha be⸗
ſtocken eine früher als Feld benutzte Fläche, welche
zu / mittelft Pflanzung, zu / mittelſt Saat auf:
geforſtet worden iſt. Die Anlagen waren bei Eintritt
des Waſſerſtaues im Jahre 1910 5 bis 14 jährig.
Der Waſſerſtau währte 1½ bis 21/e Monate, von
Ende Juli bis Sept., an den tiefſten Stellen bis Okt.
hinein. Die von mir und Herrn Forſtmeiſter Vill
am 20. Okt. 1911 beſichtigten Jungwüchſe waren im
allgemeinen von guter Beſchaffenheit. Nur etwa “
einer 1 ha beſtockenden 7 jährigen Pflanzung war an
einer Stelle zum großen Teile abgeſtorben. Dies er⸗
klärt ſich mutmaßlich fo: Vor Ausführung der Pflan:
zung wurde das außerordentlich ſtark von Engerlingen
bewohnte Feld gepflügt. Auf der ein ha umfaſſenden
Fläche wurden ungefähr 1 kbm Engerlinge geſammelt
und vertilgt. Viele von Engerlingen bewohnte Boden⸗
teile werden aber von der Pflugſchar nicht erfaßt wor⸗
den ſein. Aber auch in den durch Pflügen an die
Oberfläche gebrachten Bodenteilen werden eine Anzahl
Engerlinge den Blicken der Sammler entgangen ſein.
So konnten zahlreiche im Boden gebliebene Engerlinge
die Wurzeln der in den umgepflügten Boden gefetzten
Kiefernpflanzen mehr oder weniger ſtark beſchaͤdigen.
Die Pflanzen, deren Wurzeln ſtark beſchädigt wurden,
ſtarben ab, die Pflanzen, deren Wurzeln nur mäßig
beſchädigt wurden, blieben zunächſt am Leben. Wohl
werden die verletzten Wurzeln dieſer Pflanzen infolge
der Wirkungen des Stauwaſſers abgeſtorben ſein.
Allem Anſcheine nach waren jedoch nach dem Ver⸗
ſchwinden der Waſſerdecke eine, wenn auch nur kleine,
Anzahl mehr oder weniger geſunder Wurzeln noch vor⸗
1) Vergl. Vill, Die Hochwaſſerſchäden in den Staats-
waldungen des Königl. Forſtamtes Sondernheim im Jahre
1910, Naturwiſſenſchaftl. Zeitſchrift für Forſt⸗ und Land⸗
wirtſchaft 1911. S. 193 f.
*
handen. Denn die am Leben gebliebenen PR.
entwickelten im Frühjahr 1911 noch bis 20 en.
Gipfeltriebe. Da trat aber in dieſem Jahre eu
mehrere Monate ſich erſtreckende, faſt regenloſe 3
periode ein. Die geringe Anzahl Wurzeln, weiß
Engerlingfraß verſchont geblieben waren, vers
nicht, den Pflanzen die ungemein beträchtlich: W
menge zuzuführen, deren ſie infolge der überaus
ken Verdunſtung bedurften. Die Pflanzen wig `
ten. Dieſe kleine, übrigens nur den 40. Teil der
der Geſamtjungwüchſe darſtellende Fehlſtelle
ſonach im weſentlichen durch Engerlingfraß und
durch die Wirkungen des Stauwaſſers verrät
den ſein.
Am 25. Juli 1913 beſuchte ich in Begletts
Herrn Forſtmeiſters Vill die ein Hektar unc
achtjährige Pflanzung von neuem. Der Zuſtan
übrigen / der Pflanzung hatte fidh feit den |’
des Jahres 1911 verſchlechtert. Die ganze!
umfaſſende, ein wenig nach Süd geneigte i
bildet, jo zu fagen, ein Stelldichein tieriſcher 8.
linge. Außer den Engerlingen haben nau
Kaninchen und Rehe größere oder kleinen W
in den Kulturen verſchuldet. Beiſpielsweiſt ay.
eine Anzahl Kiefernſtämmchen in der Höhe w:
bis m von Rehen in der Weiſe verbiſſen, Ag
als Aeſung dienenden Gipfel nach unten hingen 1
Aus vorſtehender Darſtellung geht hems.
der etwas mißliche Zuſtand des iefernjengomy `
nicht ſowohl durch die Wirkung des Waſſerſtaues f
dern vielmehr durch die von Engerlingen und
bewirkten Beſchädigungen der Pflanzen ver
worden iſt. A
Zum Schluß frien die die bedeutende Af
feſtigkeit alter Kiefern bekundenden Tatil `
angeführt. Die in der Nähe der Kiefernjung riß
an einigen Stellen fih findenden, mindeſtens +4
beſtockenden alten Kieferubeſtände waren zur J.
dis Waſſerſtaues, im Jahre 1910, 60 JM
alt. Nach mündlicher Angabe des Herrn Forfait ‘7
Vill hat der größte Kiefernbeſtand, ſowel ae 1.
breite flache Mulde beſtockt, 2!/2 Monate, oe x
in 20 cm höher gelegenem Boden wurzelt, N.
im Stauwaffer geſtanden. Die Benadelung der n
fern in der flachen Mulde hatte ſich infolge bit
kung der Waſſerdecke etwas verdünnt. Herr BI
meinte, der Erſatz für die abgefallenen Nadeln
nicht lange ausbleiben. Wie die am 25 Juli 1
wiederholte Beſichtigung des Beſtandes lehrte, id
ſich dieſe Meinung als zutreffend: die Benai
war vollkommen. Im übrigen fei über den 2.
des nicht ſelten von anhaltender Wafferdede :
ſuchten Beſtandes folgendes berichtet. Schluß M
&
=
161
icenlos, durchſchnittliche Scheitelhöhe (Schätzung) un:
ihr 20 bis 22 m, mittlerer Stammdurchmeſſer 20
8 30 cm.
Außerdem bekundet unſer Kiefernbeſtand, welcher
“98 und 1899 mit Buchen unterpflanzt worden war,
aß die Kiefer die Buche in Waſſerfeſtigkeit erheblich
otat Die Hälfte der Buchen waren der Flut
ts Jahres 1910 erlegen.
Betreffs der Beſchaſfen heit des Holzes
zung von langwierigem Hochwaſſer betroffener Ries
aundeftände habe ich etwas Ungünſtiges nicht ver-
onmen. Der Königl. Preuß. Oberförſter Middel-
sth) in Stoberau (Reg.-Bez. Breslau), welcher
a fünf verſchiedenen Forſtrevieren des Ueberſchwem⸗
ungsgebietes der Oder ſechs oft und lange im Flut:
‚ser geſtandene Kiefern im Alter von 32, 45, 66,
3, 85 und 105 Jahren unterſuchte, fand die Baume
durchweg geſund.
Che ich meine Darſtellung über das Verhalten
der Kiefer zum Waſſer ſchließe, möchte ich der Königl.
Atgirung, Abteilung für Forſten, in Speyer, ſowie
den Herren Vorſtehern der Forſtämter Kandel⸗Süd
ond Sondernheim, Forſtamtsaſſeſſor Röſinger und
Jorfmeiſter Will eine Bitte ehrerbietigſt unterbrei⸗
m durch deren Erfüllung die Forſtwirtſchaft mag:
‚Sermeie eine überaus bedeutende Förderung erführe.
Le Bitte lautet, es mögen Verſuche angeſtellt wer:
. durch Gewinnung von Samen aus, den waſſer⸗
‘ren Kiefernbeſtänden der Forſtreviere Kandel⸗Süd
"ıldgrund) und Sondernheim und durch Ausſaat
ts Samens eine gegen die Wirkungen lange währen⸗
in Stauwaſſers ſehr widerſtandsfähige Spielart, die
Laſſerkiefer, zu züchten.
Leferten die Verſuche das erhoffte Ergebnis, ſo
tite der Same oder das daraus gewonnene Pflanzen:
uaterial zunächſt zur Befriedigung des Bedarfs der
Yortteiere Bayerns abzugeben, der etwa verbleibende
libencuß nach auswärts zu verkaufen.
„Di Verſuche ließen fih auch auf alle anderen
olig nichtigen Holzarten erſtrecken, deren Waſſer⸗
gleilsgrad in den genannten Forſtrevieren durch
“alung an die nicht ſeltenen und langwierigen
Buferdecken allmählich ein außerordentlich hoher ge⸗
vorden ift.
—
_) Verhandlungen des Schleſiſchen Forſtvereins 1866,
8. 206 bis 208
9 Dag Forſtamt Sondernheim ſcheidet aus meiner Bors
Be aus, da der Herr Finanzminiſter bald nach Beginn
i ſrieges aus militärifhen Gründen die unverzügliche
i holzung von 140 ba Staatswald im Forſtrevier Sondern»
= angeordnet hat.
Fable ſämtliche Kiefernorte betroffen worden,
tel]
Von dieſer Abholzung find auch
tere Pflanzen.
Hanptergebniſſe der vorſtehenden Darſtellung.
1. Unterirdiſche Bodennäffe, ohne Ober:
flächenwaſſer, wird von der Kiefer länger ertragen als
oberirdiſche Waſſerdecke. Bei unterirdiſcher Bodennälſſe
erhalten die nahe an der wenig feuchten Oberfläche
hinſtreichenden Wurzeln ſtets oder doch zeitweiſe Sauer⸗
ſtoffzufuhr direkt aus der freien Luft vermittelſt der
Lentizellen. Bei oberirdiſcher Waſſerdecke wird Sauer⸗
ſtoff von den Wurzeln weit ſpärlicher aufgenommen.
Die Aufnahme beſchränkt ſich auf die im Waſſer ent⸗
haltene Luft, deren Menge nur gering iſt und ſich
überdies bei zunehmender Tiefe des Waſſers und mit
deſſen zunehmender Erwärmung durch die Sonne und
Luft im Sommer noch vermindert.
2. Durch ſtehendes Oberflächenwaſſer
oder Stauwaſſer wird die Kiefer mehr benach⸗
teiligt als durch fließendes. Aus erſterem wird
| verhältnismäßig viel Luft durch Erwärmung des Waf:
ſers in der warmen Jahreszeit ausgetrieben. Doch iſt
der Unterſchied in der Wirkung zwiſchen ſtehendem
und fließendem Waſſer nicht ſehr bedeutend. Ver
mutlich, weil die Kiefer in hohem Maße befaͤhigt itt,
die Qufträume in den Wurzeln zu vergrößern und zu
vermehren. Stehendes Waſſer kann noch durch eine
andere Wirkungsweiſe die Kiefer benachteiligen. Stau⸗
waſſer begünftigt das Entſtehen von den Holzgewäͤchſen
mehr oder weniger ſchädlichen Bodenſäuren weit mehr
als fließendes Waſſer, welches den Boden ſogar zu
entſäuern und zu entſalzen vermag. Indes vollzieht
fih die Bodenverſaͤuerung durch Stauwaſſer nur lang:
ſam und kommt oſt nur bei Waſſerdecke von langer
Dauer vor.
3. Gipfelwaſſerdecke, bei welcher die Pflan⸗
zen völlig unter Waſſer ſtehen, iſt der Kiefer ſchäd⸗
licher als bloße Bodenwaſſerdecke. Durch Gipfelwaſſer⸗
decke wird der Zutritt von Sauerſtoff vermittelſt der
Rindenporen oder Lentizellen nicht nur zu den Wur⸗
zeln, ſondern auch zu den Stämmen, Aeſten und
Zweigen in hohem Maße gehemmt und außerdem der
Aſſimilationsvorgang in den Nadeln außerordentlich
beeinträchtigt. Ferner bewirkt die Gipfelwaſſerdecke,
wenn das Waſſer ſchlammig iſt, die Ablagerung einer
Schlammſchicht auf Rinde und Nadeln. Bleibt die
Schlammſchicht nach Ablauf des Waſſers noch eine
Zeitlang beſtehen, ſo erhält hierdurch die nachteilige
Wirkung, welche bei Gipfelwaſſerdecke das Waſſer
hervorruft, gleichſam eine Fortſetzung.
4. Durch Gipfelwaſſerdecke werden ſehr junge
Pflanzen, weil fie raſcher atmen als ältere und
weil jene wegen ihrer kurzen Lebensdauer noch nicht
imſtande waren, die Lufträume beträchllich zu ver:
mehren und zu vergrößern, mehr gefährdet als al:
162
5. Die Kiefer vermag, gleich den meiſten anderen
Holzarten, ohne Schaden zu erleiden, außerhalb
der Vegetationszeit länger im Waſſer zu
tehen als innerhalb derſelben. In unſeren
Breiten atmen die Holzgewäͤchſe, insbeſondere auch die
Kiefer, in der kalten Jahreszeit nur ſehr ſchwach, be⸗
dürfen daher auch nur einer geringen Menge Sauer⸗
ſtoffs. Außerdem ift das Waſſer unter gleichen äußeren
Verhältniſſen in der kalten Jahreszeit reicher an Luft
als in der warmen.
6. Das Stammholz oft und lange im Flut⸗
waſſer geſtandener Kiefern iſt geſund.
Aufgrund meiner Darſtellung habe ich den Waf-
ſerſeſtigkeitsgrad der Kiefer eingeſchätzt.
Hierbei blieben Keimlinge und ſehr junge Pflanzen
unberückſichtigt. Kiefern auf ſolcher Stufe der Ent:
wicklung atmen beſonders raſch und ſind nicht imſtande,
die durch Ueberſchwemmungswaſſer von langer Dauer
außerordentlich verminderte Luftzufuhr zu den Orga-
nen durch Vergrößerung und Vermehrung der Luft-
räume ſofort in gewiſſem Maße wettzumachen. Auch
werden Keimlinge und zarte Pflänzchen noch nicht
befähigt ſein, dem übermäßigen, Zellenſprengungen
uſw. verurſachenden Eindringen von Waſſer in die
Organe durch Verſtopfung der Zugänge in Form von
Thyllen zu begegnen. Ferner habe ich bei meiner
Einſchätzung angenommen, daß anhaltende Waſſerdecke
nicht eintritt kurz nach dem Verſetzen der Pflanzen,
ehe noch die dadurch etwa entſtandenen Wurzelver⸗
letzungen geheilt ſind, nicht eintritt zu einer Zeit, wo
die Pflanzen oder Bäume etwa durch pflanzliche oder
tieriſche Schädlinge verletzt oder geſchwächt ſind, nicht
eintritt in Jungwüchſen, Stangen: und Althölzern,
welche von Oberflächen waſſer nie betroffen worden find.
Weiter iſt meine Einſchätzung unter der Vorausſetzung
erfolgt, daß das Ueberſchwemmungswaſſer nicht eine
den Zutritt der Luft zu den Pflanzenwurzeln abhal⸗
tende Verkruſtung oder Verſandung oder Verkieſung
des Bodens bewirkt, und daß es nicht eine ſolche
Menge Schlamm enthält, daß ſämtliche oberirdiſchen
Organe der unter Waſſer geratenen Pflanzen mit
einer nach Ablauf des Waſſers noch lange fortbeſtehen⸗
den Schlammſchicht überzogen werden.
Unter dieſen Annahmen und Vorausſetzungen be-
trägt die Widerſtands fähigkeit in der Bege:
tationszeit bei von fließendem Waſſer
dargeſtellter Gipfelwaſſerdecke etwa 4 bis
5 Wochen, bei fließendem Waſſer ohne
Uebergipfelung der Pflanzen für Jung:
— ——¼ — — a a oe 222 ! 1Ü4: . a a E aa
r WJ ᷣͤ—-V—AM-•²E. . . .. a
— —— 333 —
wüchſe etwa 5 bis 6 Wochen, bei fließende
Waſſer für Stangen: und Althölzer 6 bis
Wochen, ohne daß ein erheblicher Abgang von
zen oder Baͤumen zu befürchten iſt. Bei beberbd
Waſſer iſt die Widerſtandsfähigkeit der vom Waf
übergipfelten und nicht übergipfelten Holzgewächt d
was geringer.
Obige Annahmen und Vorausſetzungen wein
freilich bei der unregulierbaren natürliche
Bewäſſerung durch eher en n
der Au: und Niederungswaldungen
nicht oder nur teilweiſe erfüllt werden.
wird ſich die Widerſtandsfähigkeit der Kiefer g
eine Waſſerdecke bisweilen vermindern.
die Erfüllung der Vorausſetzungen für meine Ei
ſchätzung ermöglicht durch die von mir an mehreren £!
len!) vorgeſchlagenen und beſchriebenen, vornehr
lich in der Streifenbewäſſerung und he
terung der Au- und Niederungswaldunge
beſtehenden künſtlichen Bewäſſerungsden
fahren. Hier hat man es völlig in der Hand, de
jenigen Waldflächen, für welche eine Waſſerzufuht
nicht erwünſcht ift, davon auszuſchließen. Darauf
daß man bei Anwendung der künſtlichen Bewöſſerung
imſtande ift, dem Walde Waſſer zuzuführen, wenn es
den Pflanzenwuchs fördert, es vom Walde auw: -
droht, beruht die hoch bedeutſame Uehberlegenheit
künſtlichen Bewäſſerung über die natürliche (du
Ueberſchwemmungen). Außerdem kommen an der Zo:
ſchließen, wenn es den Pflanzenwuchs zu a
denoberfläche der Streifen und Halter, Senken un,
Vertiefungen nicht vor im Gegenſatz zu den von leters
ſchwemmungen heimgeſuchten Au- und Niederung“
waldungen. In deren Senken können daher die Rul
turen nach Ablauf des fließenden Waſſers uus
geraume Zeit den dann unerwünſchten Wirkungen bes
ſtehenden Waſſers unterworfen ſein. Endlich möge
erwähnt fein, daß die künſtliche Bewäſſerung das ab:
brauſen verſchlammter Pflanzen durch die aud zur
Vernichtung von am Stamme und an den Nadeln
ſitzenden Schädlingen und zur Löſchung don Bränden
verwendbare Waldſpritze ermöglicht. Schließlich
ſei bemerkt, daß bei zweckmäßiger Anwendung bet
künſtlichen Bewäſſerung, beſonders des Streifen: unt
Hälterungsbewäſſerungsverfahrens, ſich möglihermeit
äußerft waſſerfeſte Spielarten der Kiefer und woll.
der meiſten anderen Holzarten gewinnen ließen.
1) Oeſterreichiſche Forſtzeitung 1896, S. 145 bis 147 und
386 f.; Allgemeine Forft- und Jagdzeitung 193, © 4
bis 450; 1904, S. 257 bis 259; 1905, S. 403 bis 40; I
S. 389 bis 395; Anderlind, ein Syſtem von
zur Verhütung ſchädlicher Hochwäſſer uſw. 1904.
Demgem
Dagegen wit
163
+ | Literariſche Berichte.
; ſeilungen der ſchweizeriſchen Central⸗ angenommen hat. Nach dem Talbotſchen Geſetze
. Balt für das forftl. Verſuchsweſen. XI. muß gleichen Produkten aus Zeit und Lichtintenſität
d. Heft 1. Herausgegeben von Prof. A. Eng⸗ gleiche Färbung entſprechen, es muß J. t — Ji - ti, fein.
I Zurich, Beer u. Co. 1914. Da aber heute das lichtempfindliche Papier meiſt nicht
s Heft enthalt 2 Abhandlungen, eine aus dem | felbft hergeſtellt wird, ſondern künstliches photogr. Ba:
„de der Pro duktionslehre und eine aus pier zu den Verſuchen benutzt wird, ſo liegt darin
.. Bebiete der Ertragskunde. ſchon o _— - die 1 ind
on bhandlung berichtet Dr. W. Knu⸗ cher Popiere durch das agern ſtark beein ußt wird.
i > Pear naa Unter: | Dr. E. Riebel nahm anſtelle des farbenempfind⸗
er gen im Walde. Es ift mit Freuden zu lichen Chlorfilberpapiers zu Lichtmeſſungen „Wynnes
nn, daß hiermit wieder eine wichtige theoretifche | Infallible Exposuremeter“, ben befannten Expo⸗
geliefert wird, wie wir fie zur wiſſenſchaftlichen * der Photographen. der Bromſilberpapier
unſerer Lehre vom Waldbau dringend l
Er. 3 und öſterreichiſche nn Abgeſehen von der genannten unbeſtimmten Fehler⸗
uſtalt find mit ſolchen Arbeiten bahnbrechend, quelle 5 1 Methode 0 a
Ind wi der Tatſache nicht verſchlie en dür⸗ mit allen photographiſchen Methoden — noch der
-k = ef rr eee 5 un Mangel an, daß die Reſultate nur dann Schlüͤſſe auf
A ieh vorwiegend auf das Gebiet der Ertrags- die Helligkeit zulaſſen, wenn die verglichenen
p beſhränkt haben. Die Cinrichtung und wohl Lichtquellen dieſelbe Farbenzuſammen⸗
kde Jerſplitterung der Anſtalten im Reich ſind ſetzung haben. Die diffuſe Strahlung beſteht nun
f ber triftigſte Grund dafür. Möge der kom⸗ aber meiſt aus den dunkeln Strahlen kurzer Wellen⸗
2 k Friede auch hier eine kraftige Weiterentwicke⸗ länge, während bei direktem Sonnenlicht, dieſes durch
- (in der = deutſchen et = — 1 = ren
haj inen gleichmäßigen Ausbau fowo nn
N: een ber Sea a auch der Be. hat nachgewieſen, daß die Methode nicht genügend An⸗
mehre bringen. haltspunkte für die Beſtimmung der chemiſchen In⸗
5 unchel gibt zunächſt einen Ueberblick über die | tenfitäten des diffuſen und des direkten Tageslichtes
hoden der Lichtmeſſung, die im Gebiete der Pflan- gibt. um bes pion arn = f a ae
< nz leichen. eiter geht dann Verf. noch au ie Licht⸗
x Prologic feither e ene . , 5 — von 51 Boyen Jenſen, Zederbauer und
er erſte, der photometriſche Unterſuchungen für Mar Wagner ein.
fändnis phyfiologiſcher Vorgänge im Walde Wichtig iſt das Reſultat Zederbauers für ein
F., War Theodor Hartig; er ſtellte ihon weiteres Eindringen in das Lichtmeſſungsproblem im
cj ‘0 Jahren 0 : lichtempfindlichen Papieren Licht Walde. Zederbauer folgert, daß das Kronendach
en an, die aber kein endgültiges Ergebnis des Walde eine ſelektive Abſorption auf das Tages⸗
Wi Prof. 3. Wiesner, der als Pflanzen⸗ licht ausübt, daß ferner die Abſorption bei den Holz⸗
: 180 dem Lichtgenuß der Pflanzen n groben arten verſchieden ift, weshalb Unterſuchungen über das
ener orſchungen widmet. vereinfachte die bod Beſtandslicht die einzelnen Spektralbe zirke zu
PEN ind Roscoe erfundene Methode der Licht⸗ berückſichtigen habe“
: en wuart, daß fie für biologiſche Unterfuchungen Max Wagner beſchrieb 1913 ein Photometer,
| et baden konnte. das dem vom Verf. verwendeten im Prinzip ähnlich
de Wieznerſche Methode wurde bekanntlich von iſt, hat aber bisher nur wenige Ergebniſſe mitgeteilt.
bieslar⸗Wien dann zu Lichtmeſſungen im Der Einfluß der Qualität und Quantität des
be benag.) Lichtes auf den Lebensprozeß der Pflanzen ift Gegen:
Le genannte Methode beſteht im weſentlichen ſtand vieler Spezialarbeiten geworden.
. d besonders bergeſtelltes lichtempfindliches Willſtätter zerlegte das Abſorptionsſpektrum von
Fulhapie ſolange dem Lichte ausgeſetzt wird, bis Chlorophyllöſungen in 7 ſcharf getrennte Bänder; er
dard cines konſtant gefärbten Vergleichspapiers fand, daß die Abſorption am ſtärkſten in Rot
) Mitteilu ichs. Blau, am gerinſten im Ultrarot iſt. Timixriazef
deft. e . foot, Berfuchömefen Ocker und Engelmann ſtimmen darin überein, daß Ab⸗
~
—
164
ee ma Imit
ſorption⸗ und Aſſimilationmaximum im Rot liegen;
Reinke gelangte zu demſelben Schluſſe.
Kniep und Minder fanden jedoch, daß „bei
Anwendung gleicher Intenſitäten für Rot und Blau
nahezu gleiche Aſſimilationswerte erzielt werden“.
Inſofern herrſcht nach dem heutigen Stande der
Wiſſenſchaft Uebereinſtimmung, daß „alle Strahlen⸗
gattungen des ſichtbaren Spektrums fähig befunden
werden, Aſſimilation hervorzurufen, den Strahlen mitt⸗
lerer Brechbarkeit jedoch eine geringere Bedeutung zu⸗
geſchrieben wird als den übrigen. Bezüglich der Ge⸗
ſtaltungsprozeſſe der Pflanzen weiſen die ſeitherigen
Forſchungsergebniſſe dahin, „daß die Pflanzen ſich im
monochromatiſchem Lichte nicht normal entwickeln, daß
jedoch die kurzwelligen Strahlen von beſonderer Be⸗
deutung ſind“.
Knuchel verwendete für ſeine Unterſuchungen ein
unter Mitwirkung von Prof. Schweitzer konſtruiertes
Spektrophotometer, ein ziemlich ſchwerfälliges Inſtru⸗
ment. Es hat den Vorteil, daß bei jeder Meſſung
an b genau beſtimmten Stellen des Spektrums
bei rot (Wellenlänge = 652 mm)
„ gelb 0 = 589 „
„ grün j = 520°
„ hellblau . — 472 ;
„ dunkelblau S = 652 ,
die Yntenfitat des Lichtes gemeſſen werden kann.
Das Inſtrument iſt nur zur Meſſung von Zenith:
licht eingerichtet; es wird zur Lichtmeſſung im Be⸗
ſtande Smal aufgeſtellt: Zunaͤchſt im Freien, dann
an der vorher beſtimmten Stelle im Beſtand, zuletzt
wieder im Freien. Dazu ſind im ganzen 60 Ein⸗
ſtellungen und etwa 30 Minuten erforderlich.
Haften auch dem neuen Photometer Nachteile an
— der Verf. erwähnt den großen Umfang und die
hohen Koſten des Apparates, die beſchränkte Trans⸗
portfähigkeit, die Notwendigkeit zweier Beobachter, die
Beſchraͤnkung der Meſſung auf nur vertikal einfallen:
des Licht —, ſo ſind doch erſt mit dieſem Photo⸗
meter Eigentümlichkeiten des Lichtes unter Baum⸗
kronen feſtgeſtellt worden, die mit den früheren Me⸗
thoden niemals zu erkennen waren. Weiter zeigt aber
die noch etwas umſtändliche Methode neue Wege zu ein⸗
facheren Methoden der Meſſung des Beſtandeslichtes.
Die Ergebniſſe ſind in den folgenden Abſchnitten
ſehr klar und anſchaulich dargeſtellt, die folgende Punkte
behandeln:
I. Das Tageslicht.
II. Die Lichtdurchläſſigkeit der Blätter.
III. Das Licht unter einzelnen Bäumen und Beltän:
den.
1. Das Licht unter Kronen freiſtehender Bäume
verſchiedener Holzarten.
2. Die Lichtverhäͤltniſſe unter Beſtandesſchirm. 3
3. Die Lichtintenſität unter laubloſen Kronen.
Zum Schluſſe werden die Ergebniſſe zufammengeic .
und Folgerungen gezogen. |
1.
5.
Die Ergebniſſe ſind im weſentlichen:
Das Tageslicht ift ſelbſt bei ſcheinbar ung
aͤnderlichem Himmel großen nicht vom Sonn
ſtande abhängigen Schwankungen unterworfen.
Die grünen Blätter der Laubbäume abforbied
die Strahlen verſchiedener Wellenlänge des f
baren Spektrums verſchieden.
Die Abſorption iſt bei verſchiedenen Platte
desſelben Baumes quantitativ ſehr verfdjiebed
Lichtblätter find im allgemeinen weniger bud
läſſig als Schattenblätter. Hauptſaͤchlich ich
durchläſſig find die Blattnerven; die dloropyy
haltigen Zellen find für chemiſch wirkſame Shop
len faſt undurchläͤſſig. :
0
. Beim Durdgang durd) belaubte Laubholzkro
erleidet das Tageslicht eine Abſchwaͤchung bis od
wenige Prozente feiner Helligkeit. Die Abſwi⸗
chung ift im Grün und Gelb geringer als in da
übrigen Spektrumsteilen. $
Die Menge des vertikal durch Kronen von dichte
und Tanne hindurchgehenden Lichtes beträgt meit
nur Bruchteile eines Prozentes der Hella.
Die ſtarke Auslöſchung des Tageslichtes durch de
Baumkronen erklärt fih aus der geringeren Duc
läſſigkeit und der großen Oberfläche aller Blatt
organe des Baumes. |
Die einfeitige Blattoberfläche aller Blatter tun
ſtark gelichteten 100 jährigen Buchenbeſtandes f
etwa 2—3 mal größer als die Beftandeiflit
und in einem 55 jährigen geſchloſſenen Fihte
beſtande beträgt die totale Nadeloberfläche niht
als das zehnfache der Beſtandesoberfläche
. Für die Praxis der Lichtmeſſung im Wald e
gibt ſich, daß
a) für feinere Unterſuchungen unter Vaubhölzern
die einzelnen Farben getrennt gemeflen mer
den müſſen, l
b) daß im Nadelholzwalde dieſe getrennte Miß
ſung nicht nötig iſt.
Es kommt dies daher, daß das im Nadelholzte
ſtande auf den Boden gelangende Zenithlicht mei
Licht if, das durch die Lücken des Kronendaches e
dringt und daher keine Veränderung in der
| aufammenfegung gegenüber dem Freilicht erleidet,
Ein weites Feld der Forſchung über die Rolle
Farben:
des
Lichtes im Walde eröffnet das Studium der 1 1
wiſſenſchaftlich durchgeführten Auferft anregenden
beit, die unſerem Waldbau feſtere Grundlagen
ben vermögen. Möge es viele zu eifrigem
zu ge
Studium
|
l
urn
des für die forſtliche Produktion fo wichtigen Faktors:
Licht anregen und darin fördern.
„Größe und Aufbau des Normal vor⸗
rateg im Hochwalde' ift die 2. Abhandlung be:
ntelt, in der Flury mittels theoretiſcher Unterſuchun⸗
gen über den Normalvorrat die Reſultate unſerer Cr:
tragstafeln der Forſteinrichtung leichter dienſtbar zu
macken ſucht.
Nicht einverſtanden kann man ſich damit erklären,
daß Flury in der Einleitung ſchreibt: „Es iſt ohne
meteres einzuräumen, daß bei dem heutigen Stande
ter Forſteinrichtung und Waldbehandlung der Normal:
rorrat gegenüber der früheren Auffaſſung erheblich an
Vahtigkeit verloren hat“.
Das ift nicht richtig. Der Begriff des „Normal:
ssrrates“ iſt heute für jede nachhaltige Forſtwirtſchaft
noch ſo wichtig wie ehedem. Geändert haben ſich nur
bei der Entwickelung einer rationelleren Forſtwirtſchaft
draußen im Walde die Maßnahmen ihn zu verwirk⸗
den. Die ſchablonenhafte Aneinanderreihung der
Mtersflaffen ift weggefallen, die freiere Beſtandswirt⸗
ſtaſt it im allgemeinen an ihre Stelle getreten.
Echt der reine Plenterwald bedarf zu feiner nad-
sultgen Bewirtſchaftung den Begriff des „Normal:
sorrates“ und Flury ſelbſt gibt im Gegenſatz zu den
einleitenden Sätzen im I. Abſchnitt über den „Be⸗
gan” des Normalvorrates dies zu, der mit dem Satze
dliet: „Sind auch für die endgültige Feſtſetzung des
Elats meit andere Gefichtspunkte und Erwägungen
beſtimmend, fo „fol uns dies nicht verleiten, deswegen
den Normalvorrat als hemmenden Ballaſt über Bord
iu werfen, ſolange wir an deſſen Stelle nichts beſſeres
u legen vermögen, was in zahlenmäßiger Form ein⸗
her und prägnanter als Kriterium für die Side:
tung der Nachhaltigkeit dienen könnte“.
Nach dem I. Abſchnitt „Begriff des Normalvorrates“
ht Flury auf die Beſchreibung und Größe im II.
Abidnitt ein. Zunächſt behandelt der Verfaſſer die
derachnung des Normalvorrates aus dem jähr⸗
liden Haubarkeitsdurchſchnittszuwachs,
die von der falſchen Vorausſetzung ausgeht, daß der
made in allen Lebensaltern gleich groß iſt.
Nv = u2:5,=u2:0-5u.
I dieſer Formel hat der Faktor 0-5 aber nur
ur einen Punkt der Kurve des graphiſch dargeſtellten
Rormalvorrates Giltigkeit, was ſofort erſichtlich wird,
wenn man den Normalvorrat nach der richtigen Me⸗
thode aus den Maſfenziffern einer Ertrags—
tafel berechnet.
Nan kann daher aus dem richtig nach einer Er⸗
tragêtaĵel berechneten Normalvorrat den richtigeren Wert
—— —.—————————— —i—— ß ͤ m ᷑ ͤ——‚a:ʒ̃ꝛꝛ— ſl— —— ͤ —ñ83—cnũ nn ST
—— 4 ̃ —2—œͤ rn e
als . 3 oder für die fogenannte variable Konſtants
6
e aus der Formel: Nv =u.cu berechnen. Dieſen
Weg hat Flury eingeſchlagen; es wurden für ver⸗
ſchiedene Holzarten, Bonitäten und Umtriebszeiten der
Normalvorrat aus den Ertragstafeln berechnet und
dann daraus die Werte für e geſucht. Zu Grunde
gelegt wurde den Unterſuchungen für
Fichte die Ertragstafeln Flurys 1907
Tanne „ s Koreys 1896
ee e Eichhorns 1902
Kiefer „ X Schwappachs 1896—1908
Bude „ 5 Flurys 1907
„ ee j Schwappachs 1911
Eiche „ * Schwappachs 1905.
Aus den Unterſuchungen, die von dem theoretiſch
richtigen Aufbau des Normalvorrates ausgehen, geht
hervor, daß je langſamer der Entwicklungsgang einer
Holzart iſt, (Licht⸗Schattholzarten) es deſto länger
dauert, bis die Konſtante e den Wert von 0-5 er:
reicht. Die Reſultate ſind in klaren überſichtlichen
Tabellen ſehr anſchaulich dargeftellt.
Für die Tanne und Buche erhält man mit der
Haubarkeitsdurchſchnittszuwachsſormel von über 120
Jahren den annähernd richtigen Vorrat, meiſt alſo
einen zu hohen, was die badiſche Forſteinrichtungs⸗
vorſchrift in den 1880 er Jahren zu Abänderung der
Formel auf Nv = uz x 0-45 u bewogen hat, eine
Vorſchrift, die aber nach einigen Jahren wieder fallen
gelaſſen wurde.
Um ein kurzes Bild über die Größe der Konſtanten
c zu geben, haben wir deren Wert für einige Hol:
arten, Umtriebszeiten und Standortsklaſſen im folgen⸗
den zuſammengeſtellt, zumal die Arbeit vielen Forſt⸗
einrichtungsbeamten nicht leicht zugänglich ſein wird.
Tabelle l.
Wert des Konſtanten e für Derbholzmaſſe.
Fichte (Flury) Gebirge.
Umtriebszeit = u Standortsklaſſe
Jahre I Il III IV V
60 0.362 0.340 0.316 0.284 0.247
80 0.427 0.411 0.392 0.363 0.334
100 0.485 0.471 0.453 0.426 0.393
120 0.537 0.525 0.480 0.484 0.453
Kiefer (Schwappach 1908).
60 0.439 0.409 0.374 0.301 0.234
80 0.507 0.483 0.456 0.390 0.331
100 0.562 0.539 0.525 0.469 0.416
120 0.607 0.603 0.596 0.555 0524
140 0.655 0.670 0.682 — —
Weißtanne (Baden).
80 0.363 0.345 0.317 0.271 0.204
100 0.435 0.410 0.384 0.347 0.285
120 0.483 0.463 0.487 0.400 0.348
22
166
Die Konſtante c fteigt mit zunehmender Um: FJorſteinrichtung ſucht den wirklichen Vorrat mit die
triebszeit und Standortsgüte.
vorrates nach Altersklaſſen möglich.
In tabellariſchen Ueberſichten, von denen ein Aus:
zug hier wiedergegeben iſt, hat Flury den prozentualen
Anteil der einzelnen 20 Jahre umſpannenden Alters:
theoretiſch intereſſanten Unterſuchungen ſind die Aus⸗
führungen und Darſtellungen der Verteilung des
Normalvorrates nach Alters: und Stand: |
ortsklaſſen. |
Höhere Umtriebszeiten verlangen einen höheren klaſſen am Normalvorrat für verſchiedene Holzarten,
Normalvorrat. Seine Größe und angemeſſene Ver⸗ Umtriebs⸗ und Standortsklaſſen zuſammengeſtellt.
zinſung find Hauptfragen der Forſtwirtſchaſt. Die
| Tabelle 1.
Verteilung des Normalvorrates nach Altersklaffen (für Derbholz).
Altersklaſſen:
fem Normalvorrat zu vergleichen und dies tft ein |
Für die Praxis wertvoller als dieſe vorwiegend gehend nur bei der Kenntnis der Größe des Normal J
Standort Normal⸗ |
andorts⸗ ] vorrat 1-20 | 21-40 | 41-60 | 61—80 | 81-100 100 -120
flaffe x p. 100ha|_ —
fm Prozentualer Anteil nm Geſamt⸗Normalvorrat.
Kiefer (Schwappach 1896).
1 w 28608 0.9 111 22.2 80.1 86.7 —
III 17795 0.5 9.1 219 31.2 37.3 —
I 120 38280 0.6 7.9 15.9 21.6 25.6 28.4
II 21062 0.4 6.4 15.4 21.9 26.3 29.6
Kiefer (Schwappach 1908).
I 100 24111 0.2 12.4 | 282 30.0 34.2 =
III 14850 = 8.4 23.1 38.9 36.6 a
I 8 27443 0.1 9.1 17.0 22.0 25.0 26.8
III 17153 = 6.1 16.1 23.0 26.4 27.8
Fichte (Flury, Gebirge).
I 100 56761 0,6 8.0 | 21.4 31.1 38.8 =
III } 88540 = 5.3 | 268 33.8 41.1 —
1 120 87648 a 5.6 15.0 22.2 27.2 20.1
III } 40918 = 3.6 14.2 22.4 28.1 31.7
Tanne (Eichhorn).
1 fon 41860 = 8.0 19.8 34.3 42.9 —
III 23820 — 1.8 16.9 34.7 47.1 =
I 120 61893 = 2.0 18.3 233.1 29.8 32.8
III 30996 — 0.8 10.8 22.2 30.2 36.0
Buche (Flury)
1 85 27054 = 5.2 20.4 82.7 41.7 =
III 17925 = 8.3 18.2 33.3 45,2 =
I i 33224 = 8.5 13.8 22.2 28.3 82.2
III 22703 = 2.2 12.0 21.9 29.7 34.2
Eiche (Schwappach).
1-40 ' 41—80 | 81-120 121 - 160 161—200
I 800 35167 2.0 | 12.9 22.5 29.1 33.5 e
II 10224 0.5 9.2 23.1 31.4 35.7 us
Bei der Fichte in 100 jährigem Umtrieb macht der
Vorrat der Altersklaſſen: 81— 100 Jahre 41.1%
des Geſamtnormalvorrats aus, entſprechend bei der der III. Standortsklaſſe!
Tanne 23.9 % auf I., 47.1% auf III. Standorts⸗
klaſſe, bei der Buche 41.7 % auf der I., 45.2 %% auf
Alters: und Stärkeklaſſen. Als Beiſpiel
167
Eine bemerkenswerte Darſtellung iſt dann die der die Gliederung des Normalvorrates einer Fichtenbe⸗
*
prozentualen Verteilung des Normalvorrates nach | triebsklaſſe im 100jährigen Umtrieb auf III. Bonität
nach der Fluryſchen Tafel (Gebirge) hier wiederge⸗
dieſer zeitraubenden und peinlichen Unlerſuchungen iſt | geben.
Tabelle I.
Prozentuale Verteilung der Gefamimaffe des Normalvorrates nach Alters- und
Stärkeklaſſen für 120 jäßrige Amtriebszeit.
Fichte (Gebirge). Flury. III Standortsklaſſe.
Anteil der Altersklaſſen
1—20 | 21—40 | 41-60 | 61—80 | 81—100 | 100 - 120
Prozentualer
Stärkeklaſſen
cm Anteil
Jahre
2.3 1.3 0.3 =" —
3.8 2.7 1.4 0.4 —
1.4 4.2 3.1 1.5 0.4
— 8.7 4.5 2.9 1.5
= 20 4.4 44 27
28 > 0.9 3.8 46 44.8
32 — 0.3 2.2 4.0 5.1
36 — = 1.5 8.1 4.7
40 — = 0.7 2.4 8.8
44 = -= 0.3 1.5 2.9
48 PE zu BR 0.9 2.0
52 ae as — 0.3 1.2
50 = Sen = = 0.5
60
*
|
26.0 20.1
| 100.0 | 11 70 | 15.1 | 21.7
Prozentuale Verteilung des Normalvorrates im Tannen: und Fidtenplenterwalb nad
5 Hauptſtärkeklaſſen. III. Bonität.
6-12 8.3 |
14—24 10.0 |
2—40 28.7 |
42—60 45.0
ilber 70 13.0
Befriedigt die Gliederung des Normalvorrates nad | men. In Tabelle III haben wir die Verteilung ber
Altersklaſſen meiſt die taxatoriſchen Anſprüche, fo ift Stärkeklaſſen der III. Standorksklaſſe dieſer Plenter-
dies nicht der Fall bei Forderungen der Statik oder betriebe zum Vergleich angefügt.
Beſtandsbewertung, die die Stärkeklaſſen erheben müſſen. Es ergibt ſich daraus ein viel größerer Maſſen⸗
Das Grundlagematerial für ſolche Unterſuchungen anteil der höheren Stärkeklaſſen am Geſamtvorrat als
lag leider nur für Fichte und Buche vor. bei dem gleichalterigen Hochwald.
Weiter verſucht Flury, — wie er ſelbſt einräumt, Allerdings ſind direkte Vergleiche hier nicht zu⸗
auf noch allerdings unvollkommenen Grundlagen — lälſſig, da die Plenterbeſtände Miſchungen von Ta und
die Konstruktion eines Normalvorrates für den Plen: | Fi aufweifen, und beſonders bei der Tanne im Plen:
terwald auf Grund von 6 Verſuchsflächenaufnah⸗ | terbetrieb die älteren Stämme raſch erſtarken, der
gue
168
Jungwuchs aber lange zuwachsarm zurückbleibt. ks Jahrgang. Mit 45 Figuren im Texte. Druck u
iſt dieſe Mitteilung auch nur als eine „vorläufige Verlag der Buchdruckerei und Verlagsbuchhandlun
Mitteilung in Ermangelung von etwa Beſſeren“ auf⸗ C. Fromme, Wien. Preis Kr. 3.50.
zufaſſen. | | Im Vorworte wird darauf hingewieſen, daß Ù
Zum Schluſſe geht Flury noch auf das Hundes⸗ forſtliche Kalender⸗Taſche zum 30. Male unter Böhmerlez:
hagenſche Nutzungsprozent ein. Leitung in dieſem Jahre erſcheint. Hierin liegt
Die nachhaltig jährliche Nutzung in Prozenten des beſte Beweis für die Gediegenheit ihres Inhalts. ind
Normalvorrates ausgedrückt ergibt bekanntlich das | zerfällt in folgende Hauptabſchnitte: 1. Allgemeine
Nutzungsprozent: : (Kalender für 1916, Poft- und Telegraph, Map- unde
p = 100. uz - Benistslabeten, Stempel⸗Skala, verſchiedene Beredd
Nu nungsformeln und Tafeln, die wichtigſten Formeln
. . | u der Waldwertberechnung uſw.); 2. Forſtbetrieb
RRV 3 (Sortimente und Maße der Forſtprodukte der Haupt:
u 0.5 dann p = 200 und Nebennutzung, Feſtmaſſengehalt der üblichen Raum-
l u` . maße, Gewicht der vornehmften Forſtbetriebsſtoffe und:
Setzt man aber wie oben ftatt der Größe 0.5: c, anderer Materialien, Schwand der forſtlichen Rohftet. :
ſo ergibt ſich Harznutzung, Ausbeute bei der Teerſchwelerei, der Pet 4
100 . 100 ſiederei und der Kienrußbrennerei, Knoppernnutzung.
| P uz. cu cu Maſt, Seegras⸗Nutzung, Lindenbaſtnutzung, Holzver⸗
Wenn die Größe c = 0,5 ift, dann ergibt fih | kohlung, Sägenbetrieb, Schindelerzeugung, pera
200 . nahmen, Bruſthöhen⸗Formzahlen, Normal⸗Extragstafeln,
p = uin den anderen Fällen dagegen ergeben eee Sortimententafel Stod- und Wurzel
ſich für ſie andere Werte. holz⸗Prozenttafel); 3. Waldbau (Gewicht, Körner:
Unter Berüchſichtigung der wandelbaren Konſtante ce | zahl, Keimprozent der Samen, Blütezeit, Reife und
hat dann Flury in einer Tabelle für verſchiedene Holz. Abfall der Samen, Dauer der Keimkraft, Tabelen
arten, Bonitäten und Umtriebszeiten die Nutzungs⸗ für den Forſtgartenbetrieb und für Freilandkulturen);
prozente berechnet und überſichtlich dargeſtellt, ein für 4. Jagd (aus der Fortpflanzungsgeſchichte des Feder:
die Praxis der Forſteinrichtung willkommenes Hilfs- wildes, Hauptlebensmomente des Haarwildes); 5. Ted:
mittel. : niſche Notizen; 6. Staatsprüfungsvorſchriſten; 7. For:
Vorausſetzung für die praktiſche Anwendung der liche Staatsbehörden, Lehranftalten, Vereine und Ro: :
Tabelle find in hohem Alter geſchloſſene Beſtände, greſſe. E.
die wie die Beſtände der benutzten Ertragstafeln erzogen 2
find. Stärfere een und Gidtungabetviebe Taſchenbuch für Jager und .
ſteigern natülich das Nutzungsprozent. gleich Repertorium für das Stud inn :
Neben wertvollen, mehr theoretiſch wichtigen Unter- Jagdwirtſchaft und die Vorbereitung 5
ſuchungen, enthält die Fluryſche Arbeit für die Praxis Jagdprüfung. Von Emil Böhmerle, = is
der Forſteinrichtung Anregendes und viel Nutzbares. Hofrat des techn. Departements des k. k 5 0
Auch dieje Arbeit Flurys zeichnet fih, wie feine | Miniſteriums für die Verwaltung der Stani: a
anderen Unterſuchungen auf dem Gebiete der Ertrags- Ben p Sai nn rg
: peL A. 3 e
kunde durch Gründlichkeit in der Methode und klare dungen. Dritte, gänzlich neu bearbeitete ANo
Darſtellung aus, die bei allen theoretiſchen Erörte⸗ ' Si
rungen die verbindenden Wege zur Praxis niemals | Wien und Leipzig 1915. 8 XVI und 636
aus dem Auge verliert. Dr: Wimmer Preis: 11 Mk. Buchdruckerei und Verlagsbu i
handlung Carl Fromme, Gej. m. b. H. in Wien
V., Nikolsdorfergaſſe 7— 11.
Das im Jahre 1903 erſchienene „Taſchenbuch für
Jäger und Jagdfreunde“ erlebt hiermit ſeine dritte
Auflage. Die ſyſtematiſche Einteilung des Stoffes ift
im weſentlichen die gleiche geblieben wie die der frühe
From mes forftliche Kalender ⸗Taſche. 1916.
Zugleich Kalender des Allgemeinen Güterbeamten⸗
Vereines in Wien. Redigiert von K. K. Hofrat
Emil Böhmerle, Ehren: und Zentral⸗Ausſchuß⸗Mit⸗ i
glied des Allgem. Güterbeamten⸗Vereins in Wien, ren Auflage. Textlich iſt jedoch dem Fortschritte ber
Ehrenmitglied und Erſter Bundesrat des „Bund Wiſſenſchaft Rechnung getragen worden. Um Raum
deutſcher Forſcher“ in Hannover, Correſpondierendem zu gewinnen wurde der Abſchnitt II der früheren Auf
Mitglied des N.-Ö. Forſtvereines uſw. XXXXIV. lage: „Schon: und Schußzeit des Wildes“ forte ein
169
ws Abſchnittes III: „Schonzeit der Fiſche und
weggelaſſen, was mit Rückſicht darauf, daß
Schonzeiten auf jeder Jagd⸗ und Fiſchereikarte
à find, begründet erſcheint.
eſentliche Erweiterungen haben die Abſchnitte IV:
Hauptlebensmomente des Haar: und Federwil⸗
V: „Körpergröße und Gewicht der wichtigſten
wien” und VI: „Jagd und Fang der wichtigſten
sten” erfahren. Nen ift der Abſchnitt XII: „Die
nen geſetzlichen Beſtimmungen für das Jagd-
chen Normen in den Reichsratsländern“.
übrigen ift der reiche Inhalt des Buches in
de Hauptabſchnitte eingeteilt: 1. Die gebräuch⸗
Ueberficht der Jagdtiere einſchließlich der wich⸗
bei der Bodenkultur in Betracht kommenden
1 3. Die Hauptlebensmomente des Haar: und
. 3 in Oeſterreich⸗Ungarn, 4. Die Krankheiten
Wildes und der Jagdhunde, 5. Körpergröße und
bie ber der Weidmannsſprache, 2. Syfte:
ba
4
—
1.2
roma
æ
s, $
b
5 Aus Preuſen.
us den Preußijchen Ronſtverwaltung.
ugung der Fichtenrinde zur Gerb-
ftoffgewinnung.') |
„ nter dem 26. November d. J. hat der Miniſter
„ Landwirtſchaft, Domänen und Forſten folgende
t
“ss
f bemeine Verfügung an die Kgl. Regierungen er-
| „Ter Mangel an Gerbſtoffen nötigt dazu, die
Miembe, ſoweit irgend angängig, zur Gerbſtoff—
unung zu benutzen Zu dem Zwecke ift in die
Aldderlaufsverhandlungen folgende Beſtimmung auf:
' nånn:
den Forſtfiskus bleibt das Recht vorbehalten, die
Í inde von allem verkauften Fichtenholz für ſich zu ge:
nen und zu verwerten, fo lange das Holz noch im Walde
‚Bir. Der Käufer darf das von ihm gekaufte Holz
Bade nicht entrinden. Er iſt jedoch zur Abfuhr
oles berechligt, auch wenn Lie Rinde vom Forſt⸗
noch nicht gewonnen iſt.“
5 h den meiften Bezirken wurde den Käufern auf-
t Kan Nadelholz bis Ende Mai zu ſchälen. Diefe
“ih Mihtung muß bezüglich der Fichte in Wegfall
Annen. Da die im Walde während des Winters
Fi
\ |
„ WI. Alg. Forte u. Jagd-Beltung, 1915, S. 197.
Mit der wichtigſten Wildarten, 6. Jagd und Fang
F
der wichtigſten Wildarten, 7. Die wichtigſten Jagd⸗
hilfsmittel, 8. Ueber Wildfütterung und Wildſulzen,
9. Ueber Jagd- und Wildſchäden, 10. Laichzeit, Brut:
dauer, Größe und Gewicht der Fiſche, gebräuchliche
Köderarten, 11. Die Obliegenheiten des Berufsjägers
in den einzelnen Monaten, 12. Die wichtigſten geſetz⸗
lichen Beſtimmungen für das Jagdſchutzperſonal.
In einem Anhange werden noch eine Reihe von
Aufſätzen und Kommentaren gebracht über: Einige
fremdländiſche Wildarten, Jagdſtatiſtik, Wildabſchuß⸗
erſonal' mit Anhang „Ueberſicht über die jagd:
vergebung in Ungarns Staatsforſten, Jagdpachtver⸗
trag, Schußlöhne für Wild, Beſtimmungen zum Tarif
über Wildpreiſe und Schußlöhne, Schußliſten, Be-
ſtimmungen für die Wehr⸗Verhaltungsmaßregeln für
die Hochwildjagden in den k. k. Staatsforſten im
Wienerwalde, uſw.
In dem gut ausgeſtatteten und mit guten Abil⸗
dungen verſehenen Buche iſt eine Menge intereſſanten
Materials enthalten. Auch die neue Auflage wird
bei Jägern und denen, die es noch werden wollen,
dankbare Aufnahme finden. E.
5 a Briefe
zu gewinnende Schnitzrinde wegen der Schwierigkeit
des Austrocknens ſich zu Gerbzwecken nicht verwerten
luͤßt, ſind die im Winter gefällten Fichten, ſofern nicht
ganz beſondere Gründe dagegen ſprechen, nicht alsbald
nach der Fällung zu entrinden, ſondern erſt bei Ein⸗
tritt der Saftzeit, dann aber ſchleunigſt zu ſchälen und
an Stellen, die ſich nicht ſchälen laſſen, durch Schnitzen
zu entrinden. Die Frühjahrſchnitzrinde iſt wie die Schaͤl⸗
rinde zu behandeln. In der Saftzeit gefällte Fichten
werden ſofort geſchält. Die Sommerfällung iſt ſoweit
wie möglich auszudehnen, insbeſondere für Fichten⸗
gruben⸗ und Papierholz zu bevorzugen. Soweit bis⸗
her die Meſſung mit der Rinde üblich war, verbleibt
es hierbei. In dieſem Falle iſt an den Meßſtellen ein
Rindenring zu belaſſen. Ich habe der Kriegsleder⸗
geſellſchaft in Berlin zugeſagt, ihr die geſamte im
Staatswalde zu beſchaffende Fichtenrinde zum Preiſe
von 5 Mk. je Zentner waldtrockner Rinde zu über⸗
laſſen. An andere darf demnach Fichtenrinde nicht
abgegeben werden.
Die Abfuhr der Rinde wird der Kriegsleder-Aktien⸗
geſellſchaft obliegen, doch hat der Oberförſter die Ver⸗
pflichtung, ihr hierbei nach Kräften beizuſtehen. Von
den vor der Saftzeit abgefahrenen Fichten geht die
Rinde für Gerbzwecke verloren, wenn Käufer die Rinde
nicht ſelbſt gewinnen.
Die Oberförſter haben daher
170
bei Verkauf von ungeſchältem Fichtenholz darauf hin⸗
zuweiſen, daß es ſich für die Käufer in ihrem und im
allgemeinen Intereſſe empfiehlt, die Fichten auf den
eigenen Lagerplätzen zu entrinden und ſich wegen An⸗
kaufs der Rinde mit der Kriegsleder⸗Aktiengeſellſchaft
in Verbindung zu ſetzen. Haben bereits Fichtenver⸗
käufe ſtattgefunden, nach denen dem Forſtfiskus das
Recht der Eutrindung nicht zuſteht, fo empfiehlt es
ſich, mit den Käufern größerer Mengen von Fichten⸗
holz eine Vereinbarung dahin zu treffen, daß der Fiskus
das Recht des Schälens erhält, oder den Käufern,
wenn ſie hierauf nicht eingehen wollen, die Gewinnung
der Fichtenrinde nahezulegen.“
Abſchrift dieſer Verfügung wurde auch den Regie⸗
rungspräſidenten mit dem Erſuchen zugeſandt, in jeder
moglichen Weiſe auf die waldbeſitzenden Gemeinden und
Privaten dahin einzuwirken, daß auch ſie ſich bemühen,
tunlichſt große Mengen Fichtenrinde zu gewinnen.
*
% *
Barzahlung geſtundeter Holzkaufgelder
gegen Abzug von Zinſen.
Durch Erlaß vom 30. Januar 1915 war beſtimmt
worden, daß das bei Verkauf von ſtehendem Holz aus⸗
bedungene Angeld, da es hauptſachlich zur Sicherung
des Kaufgeſchäftes dienen ſoll, bei Barzahlung nicht
zu kürzen iſt. In Abänderung dieſer Verfügung iſt
durch die allzemeine Verfügung vom 2. Dezember 1915
angeordnet worden, daß denjenigen Holzkäufern, die
auf Grund der Holzverkaufsbedingungen Anſpruch auf
zinsloſe Stundung des Kaufgeldes haben, im Falle
vorzeitiger Barzahlung des letzteren auch von dem in
bar gezahlten Angelde eine Zinsvergütung bei der
Schlußzahlung des Kaufgeldes gewährt wird. Die
Vergütung iſt für das Angeld beſonders nach dem bei
der Schlußzahlung angewendeten Lombardſatz auf die
Zeit von der Barzahlung des Angeldes bis zum Kauf⸗
geld⸗Stundungstermin zu berechnen. Die Zinsver⸗
gütung kommt nur für die nach dem 1. Dezember 1915
erfolgenden Barzahlungen von Angeld zur Anwendung
und zwar auch dann, wenn die Sicherheit für das An⸗
geld vor dem 1. Dezember d. J. in Wertpapieren ge⸗
leiſtet wurde. i
* *
Stundung von Holzkaufgeldern.
Die durch die Allgemeine Verfügung vom 30. Januar
1915') den Regierungen erteilte Ermächtigung, die bis
zum Schluß des laufenden Etatsjahres fälligen Holz:
kauſgelder des Wirtſchaftsjahres 1914 auf Widerruf
über das Etatsjahr 1914 hinaus gegen Zahlung von
5 und vom 1. Juli 1915 ab von 6%e Verzugszinſen
1) Vgl. Allg. Forſt⸗ u. Jagd⸗Zeitung 1915, S. 128.
vom Fälligkeitstage ab gerechnet bis äußerſtenfallz
1. März 1916 zu ſtunden, wenn die volle Höhe
Holzkaufgelder durch Sicherheitsleiſtung gedeckt
wird durch Miniſterial⸗Erlaß vom 22. Januar
entſprechend auf die Holzkaufgelder aus dem
ſchaftsjahre 1915 erteilt. Doch find vom Faͤllig
tage ab 6% Verzugszinſen zu zahlen. Die Stunde
kann äußerſtenfalls bis zum 3. März 1917
dehnt werden, darf jedoch erſt nach Prüfung der
lage, insbeſondere der perſönlichen Berbhaltniffe
finanziellen Lage des Antragsſtellers gewährt we
*
* *
Brennholzverkauf an Minderbemitteh⸗
Die erhebliche Steigerung der Brennholzpreiſe
Veranlaſſung zu folgendem Erlaſſe des DMtinifterng -
für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten vom 3.
1915 gegeben:
„Wiederholt find bei mir Klagen darüber laut]
worden, daß Brennholz nur zu unerträglich $
Preiſen zu kaufen ſei. Wenn ich auch annehme,
infolge der von mir veranlaßten Verſtärkung des
holzeinſchlags ſowie infolge der Milde des Winks
auf eine Ermäßigung der Brennholzpreiſe zu rechne
ift, will ich doch die Kgl. Oberförſter ermädtigen, fo
weit ein Bedürfnis vorliegt, an Gemeinden, die de
Walde benachbart find, freihändig Brennholz mögld
in günſtiger Abfuhrlage zu mäßigen Preiſen unter
Bedingung zu überlaſſen, daß die Gemeinden das he
ohne Gewinn unbemittelten Einwohnern zur Befri
digung des eignen, dringendſten Bedarfs abtreten. J
überlaffe es den Kgl. Oberförftern, den Preis von Me
zu Fall nach Lage der Verhältniſſe feſtzuſetzen, da
iſt mindeſtens die Taxe des Holzes zu fordern. Au
durch die im $ 32 der Oberförſtergeſchäſtsanweiſur
angeordnete Abhaltung von Verſteigerungen mit
ſchränkter Konkurrenz, bei der Holzhändler, Peron
die Holz zum Gewerbebetriebe kaufen wollen, un
notoriſch wohlhabende Perſonen vom Mitbieten aus
geſchloſſen werden, wird die Befriedigung des eigenen
Vedarfs für die minderbemittelten Einwohner elei:
tert werden können.
** **
Landwirtſchaftliche Nutzung forkfiste
liſcher Flächen aus Anlaß des Krieges
Die Kgl. Regierungen werden auf Grund Art
höchſter Ermächtigung durch Erlaß des Stadt'
minifteriums vom 11. Dezember 1915 ermächtigt, de
zur vorübergehenden landwirtſchaftlichen Nußung 9°
eigneten forſtfiskaliſchen Schlag- oder ſonſtigen, 3
Aufforſtung beſtimmten und zur Zeit ungenußte“
Flächen zur unentgeltlichen landwirtſchaftlichen Tugun
auf die Dauer von 1—3 Jahren unter der Bedingt!
171
ben. daß die landwirtſchaftliche Beſtellung und
tahme der erſten Ernte noch im Jahre 1916
Zugleich werden die Regierungen angewieſen,
mögliche Weiſe dahin zu wirken, daß die zu⸗
n Revierverwalter, deren Ermeſſen die Auswahl
Ausgeben der in Rede ſtehenden Flächen, ſo⸗
ſich nicht um den Nießbrauch von Forſt⸗
handelt. in der Regel zu überlaſſen fein wird,
t erteilten, den Anwohnern des Waldes ihrer-
ſonntzugebenden Ermächtigung im Intereſſe der
g der landwirtſchaftlichen Produktion, ins⸗
ps Kartoffelanbaus, ohne Rückſicht auf forſt⸗
ftliche Erwägungen einen tunlichſt ausgedehnten
pd machen. Bei Zuteilung der Nutzungsflächen
ächſt bedürftige Anwohner des Waldes, Wald⸗
Forfibeamte und ſonſtige kleinere Wirte, hier⸗
größere Wirte und Unternehmer zu berück⸗
Die Nutznießer der Flächen find vertraglich
; Miäten, für den Fall, daß die Beſtellung des
_ -fiberlaffenen Landes nicht rechtzeitig erfolgt, den
den Grundſteuerre inertrag als einmaligen Padt:
-g entrichten und zugleich die Flächen der Forſt⸗
tn zur anderweiten Verwendung zurückzugeben.
*
* *
i
=
a Grubenholz⸗Einſchlag.
uf \amtliche Regierungen hat der Miniſter für
fiſchaft. Domänen und Forften folgenden Erlaß
em 25. Februar d J. gerichtet:
. pa einer im Handelsminiſterium erfolgten Bez
pig mit Beauftragten von Steinkohlengruben⸗
n und von Grubenholzhändlern Preußens wurde
Felt. daß auf fat allen Gruben trotz der Minder-
Aug die greifbaren Vorräte an Grubenholz hinter
„ pomalen Vorrat zurückbleiben, und daß ſchleunigſt
„ Pon zur Wiederauffüllung der Beſtände ge-
P werden müſſen. Der Holzmangel fet insbe⸗
I duch die Verminderung der Einfuhr aus dem
‘Pande und dadurch herbeigeführt worden, daß der
„ Rag in den Staatsforſten und beſonders in den
; Aetooldungen infolge Fehlens von Beamten und
str hinter dem der Friedensjahre zurück⸗
ben fei, Dazu komme, daß viele Grubenhölzer,
"wie 1 Million Feſtmeter, zugerichtet im
lagen, aber bisher nicht abgefahren werden
‚da Pferde und Fuhrleute nicht zu beſchaffen
„„Die Militärverwaltung ift erſucht worden,
0 Wölfe zu ſchaffen, doch ift es fraglich, ob ihr
y s moglia ſein wird. Jedenfalls hat die Staats⸗
un ltung die Aufgabe, nach ihren Kräften dahin
1 daß den Steinkohlengruben das zur Auf.
lung des Betriebs erforderliche Holz zur Ver⸗
gefellt wird. Ich veranlaſſe daher die Kgl.
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Regierungen, Anträgen auf Abgabe von Grubenholz
entgegenzukommen und dafür zu ſorgen, daß der Gruben⸗
holzhieb im Frühjahr und Sommer fortgeſetzt wird.
Bei Auswahl der Schläge iſt beſonders Gewicht darauf
zu legen, daß die Abfuhr zur Eiſenbahnverladeſtelle
möglichſt leicht, wenn tunlich durch eine Waldbahn,
bewirkt werden kann. Freihändige Verkäufe find nicht
auszuſchließen. Ihnen iſt ein angemeſſener, den ört⸗
lichen Verhältniſſen entſprechender Preis zugrunde zu
legen. Es empfiehlt ſich, größere Verkäufe für mehrere
Oberförſtereien gleichzeitig abzuſchließen. Kriegs⸗
gefangene werden bei Mangel an Arbeitskräften über⸗
wieſen werden können, da der Herr Kriegsminiſter aus⸗
drücklich die Grubenholzſchläge als zu berückſichtigende
Arbeiten bezeichnet hat.
*
* *
Nutzung von Futterlaub.))
In einem Erlaſſe vom 7. Februar 1916 wird die
Menge des auf Koften der Forſtverwaltung geworbenen
Futterlaubs auf 90 000 Zentner angegeben. Die Wer⸗
bungskoſten betrugen durchſchnittlich etwa 2,20 Mk. je
Zentner. Bei der Verwertung Haben fih Schwierig-
keiten ergeben teils wegen der Höhe der Werbungs⸗
koſten, die in einzelnen Fallen mehr als das Doppelte
dieſes Durchſchnittsſatzes betrugen, teils aus dem reg⸗
neriſchen Wetter während der Werbung, das bei gleich⸗
zeitiger Steigerung der Koſten den Wert des Futters
ſtark beeinträchtigte, teils aus der guten Grummet⸗
ernte vieler Gegenden, die den befürchteten Mangel
an Rauhfutter nicht eintreten ließ, endlich und ſehr
weſentlich auch aus dem Mißtrauen, das die Land⸗
bevölkerung dem bisher unbekannten Futter entgegen⸗
brachte und weiter entgegenbringt.
Weiter ermächtigt der betr. Erlaß die Kgl. Re⸗
gierungen, den etwa noch vorhandenen Beſtand an
Futterlaub zu jedem erreichbaren Preiſe zu verkaufen,
und verweiſt darauf, daß ein ſehr bedeutender Teil des
bisher verkauften Futterlaubes an die PBroviantamter
hat abgeſetzt werden können, die ſich zum Teil ſehr an⸗
erkennend über den Wert und die Bekömmlichkeit des
Futters geäußert haben.
Dieſe Ermächtigung erſtreckt ſich auch auf die Ab⸗
gabe von Futterlaub an Forſtbeamte zu einem von
der Regierung feſtzuſetzenden Preiſe. Als Wildfutter
ſoll das Futterlaub nur verwendet werden, nachdem
jede andere Art der Verwertung ohne Erfolg verſucht
worden iſt. In dieſem Falle ſollen die Werbungs⸗
koſten aus dem Jagdverwaltungsfonds (Titel 26) ge⸗
zahlt werden. |
* * k
1 Bgl. Allg. Forſt⸗ u. Jagb- Zeitung 1915, S. 199 u. 248,
—
Verwendung der geſammelten Bucheln
| und Cideln.')
Ueber die Verwendung der auf minifterielle An-
ordnung in den Staatsforſten geſammelten Bucheln
und Eicheln trifft ein Erlaß vom 14. Februar 1916
folgende Beſtimmungen:
1. Die von einer Anzahl von Regierungen erbetene
Genehmigung zur Verwendung geringer Mengen von
Bucheln und Eicheln zu Forſtkulturen wird erteilt
2. Die noch ungeſammelten Bucheln werden zur
Oelbereitung vorausſichtlich nicht mehr brauchbar ſein;
ſie eignen ſich aber noch zum Verfüttern. Ihr Ein⸗
ſammeln auf Koſten der Verwaltung iſt deshalb nur
da noch angängig, wo durch den Verkauf an Vieh⸗
halter der Sammellohn gedeckt wird. Im übrigen
werden dieſe Bucheln durch Ausgabe von Sammel⸗
ſcheinen oder durch Eintrieb von Schweinen und Schafen,
von denen die jetzt weicheren Früchte lieber als im
Herbſt genommen werden, zu verwerten ſein.
3. Die bereits geſammelten Bucheln werden auch
in ganz geringen Mengen von dem „Kriegsausſchuß
für pflanzliche und tieriſche Oele und Fette“ über⸗
nommen und ſind demnach ohne Ausnahme bei dieſem
zur weiteren Veftimmung anzumelden. Die Abzüge
für die höhere Fracht bei der Verſendung der Früchte
als Stückgut ſind verhältnismäßig ſo gering, daß ſie
der Stückgutverſendung nicht im Wege ſtehen können.
4. Nachdem durch die Verordnung vom 8. November
1915 die Verordnung vom 28. Juni 1915 (Reichs⸗
geſetzbl. S. 747 u. 399) auf Eicheln und Roßkaſtanien
ausgedehnt und durch Verordnung vom 6. Januar
1916 (Reichsgeſetzbl. S. 2) Höchſtpreiſe für dieſe Früchte
feſtgeſetzt worden ſind, ſind die Vorſchriften gedachter
Verordnungen ſorgfältig zu beachten. Der durch die
allgemeine Verfügung vom 14. September 1915 zu-
gelaffene freihaͤndige Verkauf von Eicheln an vieh⸗
haltende Anwohner des Waldes iſt alſo, ſoweit es ſich
um Vorräte von mehr als einem Doppelzentner
handelt, erſt ſtatthaft, nachdem die Bezugsvereinigung
deutſcher Landwirte die Uebernahme der ihr anzu:
meldenden Vorräte abgelehnt hat. Als Mengen, die
zum Verbrauch im eigenen Betriebe der Eigentümer
erforderlich find (8 4 der Verord. vom 28. Juni 1915),
ſind auch die von den Staatsforſtbeamten in Anſpruch
genommenen anzuſehen. Die nach dem Runderlaſſe
vom 14. September 1915 ſtatthafte Abgabe von Eicheln
an dieſe ift alfo auch weiterhin zuläſſig. Die Ber-
wertung von Eicheln durch Einnehmen von Vieh oder
durch Ausgabe von Sammelſcheinen iſt als ein „Ab—
ſetzen“ der Früchte im Sinne des $ 2 der Verord.
vom 28. Juni 1915 nicht anzuſehen.
t Vgl. Allg. Forſt⸗ u. Jagd⸗Zeitung 1914, S. 246.
*
172
5. Goweit die Bezugsvereinigung deutſcher L
wirte auf die Abnahme der ihr angemeldeten Ei
verzichtet, find die Vorräte nunmehr nach eig
Ermeſſen der Kgl. Regierungen, tunlichſt aber zu
Höchſtpreiſen zu verkaufen.
* *
Brennholz⸗Einſchlag. |
Zur Befriedigung des Brennholzbedarfes hat
Landwirtſchaftsminiſterium folgende Verfügung *
10. Februar d. J. erlaſſen: |
Der Herr Kriegsminiſter hat betont, daß e z
Befriedigung des Heeresbedarfs dringend erforberig
lei, den Holzverkohlungsanſtalten das nötige Bred
holz zu liefern, da die Erzeugniſſe der Holzvertohlug
(Methylalkohol, Holzeſſig, Aceton, Formaldehyd, H
kohle) für Herſtellung von Kampfmitteln erfordert
feien. Den Kgl. Regierungen wird es daher zn
Pflicht gemacht, den Anträgen der Merkohlung
induſtrien uſw. möglichſt entgegenzukommen.
In vielen Gegenden ift die Bevölkerung wegen da
hohen Brennholzpreiſe erregt. Daher empfiehlt es ñd
nicht, den Verein für chemiſche Induſtrie in Man
zu Frankfurt a. M. in den Holzverkaufsterminen mit
bieten zu laffen, vielmehr ſcheint es geboten, hm
größere Poſten freihändig zu verkaufen. G8 m$
hierbei vermieden werden, daß der Lokalbedarf om
Brennholz unbefriedigt bleibt. Daher find in de
Regel beſondere Hiebe zu Gewinnung des KRoblbeld
einzulegen. In Nadelholz umzuwandelnde Buchen
beſtände, die beim Abtrieb nur Brennholz oder aube
dieſem nur geringwertiges Nutzholz liefern, eignen id
beſonders für diefe Holzabgabe. Durch die vorgedadit
allgemeine Verfügung habe ich die Regierungen be
reits ermächtigt, derartige Beſtände zu nutzen, oud
wenn fie nicht der I. Periode angehören. Ghenjo
eignen ſich Buchendurchforſtungshiebe gut zur de
ſchaffung des fal. Holzes.
In Rückſicht auf die großen Mengen, die ber
Verein übernimmt, wird es genügen, für das Derk:
brennholz einen Preis zu fordern der etwa nur 30 bis
50% höher ift, als derjenige Brennholzpreis, oder jo:
fern geringwertiges Nutzholz mitverſchnitten wird, ale
derjenige Preis je Feſtmeter dieſes Nutzholzes und wi
Derbbrennholzes der betreffenden Beſtände, der in be
letzten Friedensjahren zu erzielen geweſen ware.
Die Regierung in T. hat dem Verein aus 9 Ober
förſtereien 60 000 rm Buchenderbbrennholz und de !
zugehörige (ſtärkere) Reiſig mit der Verabredung be 3
kauft, daß der Einſchlag den ganzen Sommer hir
durch erfolgen kann. Doch müſſen die im Laub A
fallten Stämme einige Tage bis zum Verwelken de?!
Laubes unaufgearbeitet liegen bleiben. Der Beret
173
die Vermittlung für Beiheffung der Kriegs⸗
genen übernommen. Deren Arbeit war im P'er
fe bisher billiger, als die der gelernten heimiſchen
dauer, wenn fleißige Gefangene eine beſondere
ung von 20 Pfg. je Tag erhielten. Voraus⸗
ih wird der Verein auch für den dortigen Bezirk
"ine gleiche Verabredung bezüglich der Sommer:
- ing und der Beſchaffung der Kriegsgefangenen ein:
~ h Da nicht feſtſteht, daß die erforderlichen Mr-
äfte ſicher vorhanden fein werden, wird von der
Regierung eine Gewähr für Lieferung der ver-
mäßigen Mengen nicht zu übernehmen fein.
*
* *
ßerlaſſung von Wild an Forſtſchutz⸗
— beamte.
Buch Erlaß vom 9. Februar 1916 erklärt der
“Enter für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten
ffir erwünſcht, daß den einen eigenen Haushalt
renden Forſtſchutzbeamten, ſoweit dies nicht ſchon
hiebt, von den Oberförſtern Gelegenheit gegeben
~ fd, für ihren Bedarf Wild zu ortsüblichen
"etjen zu erwerben.“) Als ſolche haben die behufs
u s ſtſelung der Wildbrettaxen ermittelten örtlichen
ttungspreiſe zu gelten.
%
* *
Anpflanzen von Frühkartoffeln.
Wenn auch das Anpflanzen von Frühkartoffeln
12 Re forftwirtſchaftliche Maßnahme ift, jo dürfte ein
„ fuß des Landwirtſchaftsminiſters vom 18. Januar
RY, der fic) hierin it befaßt, für viele Forſtbeamte
Intereſſe und Wert ſein. In dieſem Erlaſſe wird
mdes ausgeführt:
„Je früher die Kartoffeln gepflanzt werden, um
0 früher tritt unter normalen Verhältniſſen die Reife
; MM und um fo zeitiger kann mit ber Aberntung be:
‚ ‚genen werden. Von beſonderer Wichtigkeit ift des-
„hub ein tunlichſt frühes Auspflanzen der Früh:
LU ſobald es die Bodenbeſchaffenheit und die
8 Aitenngaverhältniſſe geftatten. Im allgemeinen dürfte
| i idod für Norddeutſchland ein Auspflanzen vor An-
_ È fong his Mitte April kaum zu empfehlen fein. Ein
a beäßrtes Mittel, möglichſt frühzeitig Kartoffeln ernten
h kme, it das Auspflanzen bereits vor-
4 geleimter Kartoffeln. Zu dieſem Zwecke bringt
unn die Pflanzknollen etwa Mitte Februar auf kleine,
5
. J Den ſorſttechniſchen Vorgeſetzten des Oberförſters mußte
t m Grund deg 9.69 der Geſchäftsanweiſung für die Ober⸗
. 1 a iu ihrem eigenen häuslichen Bedarfe zu dieſem
ne leit jeher auf Verlangen üherlaffen werden.
a
\
leicht zu handhabende, etwa 10 em hohe Horden von
Holz, oder in entſprechende Holzkäſten, indem man ſie
eine neben der anderen, mit dem Kronenende nach
oben in dieſe einſetzt. Die ſo beſchickten Horden werden
in einem froſtfreien, am beſten heizbaren, warmen,
hellen, trockenen, und leicht zu lüftenden Raum unter⸗
gebracht. Sie werden hier entweder auf Lattengerüſten
oder einfach übereinander geſchüttet, ſo aufgeſtellt, daß
die Kartoffeln überall genügend Licht und Luft haben.
und verbleiben dort bis zum Auspflanzen. Unter
dieſen Verhältniſſen bilden ſich dann die erwünſchten
kurzen gedrungenen und beſonders kräftigen Keime
unter gleichzeitigem Einſchrumpfen der Knollen, wah:
rend die Bildung langer, dünner und ſchwächlicher
Keime, wie ſie bei dunkler und feuchter Lagerung zu
entſtehen pflegen, verhindert wird. Wenn die Zeit
zum Auslegen gekommen iſt, werden die Horden aufs
Feld gebracht und die Knollen aus dieſen direkt, unter
möglichſter Schonung der Keime, mit der Hand in die
Pflanzlöcher, das Kronenende nach oben, geſetzt, gut
eingedrückt nnd vorſichtig mit Erde bedeckt. Bei Ver⸗
wendung gut vorgekeimten Pflanzmaterials wird unter
ſonſt günſtigen Umſtänden immerhin auf eine 10 bis
14 Tage frühere Ernte zu rechnen ſein. Frühkartoffeln
werden enger gepflanzt als ſpäte Sorten. Die Pflanz⸗
weite iſt zweckmäßig bei ganz frühen Sorten etwa auf
40 mal 30 bis 40 mal 40 cm, bei mittelfrühen auf
40 mal 50 cm zu bemeſſen.
Die Bearbeitung der Frühkartoffeln iſt die
gleiche wie bei anderen Kartoffeln. Sie iſt beſonders
ſorgfältig auszuführen und geſchieht am beſten durch
Handarbeit.
Da die Frühkartoffeln häufig durch Nachtfröſte er⸗
heblichen Schaden erleiden, ſo muß nach Möglichkeit
Sorge getragen werden, ſie in kalten Nächten, nament⸗
lich im Mai gegen Froſt zu ſchützen. Selbſtverſtänd⸗
lich können hierbei nur kleinere, mit frühen Sorten
beſtellte Flächen in Betracht kommen. Man bedeckt
die Pflanzen für die Nacht entweder mit bereitgehaltenem
kurzem ſtrohigem Dünger, oder man deckt ſie mit Rohr⸗
oder Strohmatten (alten Decken, Plänen uſw.) zu, die
auf etwa !/2 m Höhe über den Anbauflächen anzu-
bringende Gerüſte gelegt werden, und zwar ſo, daß
auch die Seiten durch die bis zur Erde reichenden
Deckmittel geſchützt ſind.
Soweit die Frühkartoffeln für Speiſezwecke Ver⸗
wendung finden ſollen, iſt es nicht erforderlich mit der
Aberntung bis zu ihrer vollſtändigen Reife zu warten,
da ſie oft ſchon weſentlich früher genießbare und markt⸗
fähige Knollen zu liefern pflegen. Wo es ſich dagegen
um Gewinnung von Pflanzkartoffeln und Aufbewahrung
dieſer während des Winters handelt, darf ein zu frühes
Abernten nicht ſtattfinden.
23
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Notizen.
A. Oberförſter Robert Fiſcher +.
Auf der Bahnfahrt von Eiſenach nach Ruhla, wo er vers
tretungsweiſe das Großh. S. Forſtrevier Ruhla verwaltete,
verſtarb plötzlich der Großh. S. Oberförſter Fiſcher im eben
vollendeten 41. Lebensjahre. Der Tod riß ihn mitten aus
ſeiner hoffnungsreichen forſtlichen Laufbahn.!)
Im waldumrauſchten, an forſtlichen Erinnerungen reichen
Ruhla geboren, wandte er ſich nach Abſolvierung des Gym⸗
naſiums Welmar dem forſtlichen Berufe zu und trat nach ſehr
erfolgreicher Ablegung aller Prüfungen in den forſtlichen Vor⸗
bereitungsdienſt ein. Nach kurzer Zeit übernahm er die Vers
waltung der Fürſtl. Wittgenſtein⸗Hohenſteinſchen Oberförſterei
Banfe und wurde bald zum Fürſtl. Wiltgenſtein⸗Berleburg'ſchen
Forſtinſp⸗ktor und hierauf zum Kammerdirektor ernannt. Im
Jahre 1908 trat er in den Großh. S. Staatsforſtdienſt zurück
und wurde zunächſt mit Betriebseinrichtungsarbeiten an der
Großh. S. Forſttaxationskommiſſion Eiſenach beſchäftigt. Im
Jahre 1910 rückte er zum 1. Beamten an dieſer Behörde auf
und wurde hauptſächlich an der ehemaligen Großh. S. Forſt⸗
akademie als Dozent beſonders für die Betrlebsfächer ver⸗
wendet.
In dieſer Stellung hat er ganz Hervorragendes geleiftet;
daneben war er auch in ſehr bemerkenswerter Weiſe wiſſen⸗
ſchaftlich tätig als Referent der Thüring. Forſtverſammlung
und in der Journalliteratur.
Mit ihm iſt viel zu früh ein hervorragender Forſtmann
dahingegangen, auf deſſen Leiſtungen in der Praxis und Theorie
die Thüringer Forſtleute ſtolz waren und dem fle ein treues
Andenken bewahren werden. Matthes.
B. Beſchlagnahme der Walluußbäume.
Jetzt ſind uns auch die Wallnußbäume in den Parks und
Gärten nicht mehr ſicher. Sie werden beſchlagnahmt. Eine
Bekanntmachung, deren Anordnungen mit dem 15. Januar 1916
in Kraft traten, betrifft Beſchlagnahme und Beſtands⸗
erhebung von Nußbaumholz und ſtehenden Wall⸗
nuß bäumen.
Durch dieſe Bekanntmachung werden Vorräte an Nuß⸗
baumholz mit einer Mindeſtſtärke von 6 em, einer Mindeſt⸗
länge von 100 em und einer Mindeſtbreite von 20 em, ſowie
alle ſtehenden Wallnußbäume, deren Stämme bei einer Meſſung
in Höhe von 100 em über dem Boden einen Umfang von min⸗
deſtens 100 cm aufweiſen, beſchlagnahmt. Trotz der Beſchlag⸗
nahme iſt die Verarbeitung zu Gegenſtänden des Kriegs⸗
bedarfs und ihre unmittelbare Veräußerung an ſtaatliche
Militärwerkſtätten geſtattet. Im übrigen darf ihre Verarbeitung
oder Veräußerung nur zur Erfüllung eines militäriſchen Liefe⸗
rungsauftrages erfolgen. Als Nachweis hierüber gilt eine
ſchriftliche Beſcheinigung des Königlichen ſtellvertretenden
Generalkommandos, in deſſen Bezirk der Verarbeiter oder Ers
werber ſeinen Wohnſitz hat. Die Veräußerung und Ver⸗
arbeitung von Hölzern, die zur Herſtellung von Gegenſtänden
) Bei ihren Vorſchlägen wegen Wiederbeſetzung meiner
Stelle hatte die Univerſität Gießen u. a. auch Fiſchers Namen
auf die Liſte geſetzt. Wr.
des Kriegsbedarfs nicht geeignet find, ift allgemein geitatie
falls der Verkaufspreis für das Kubikmeter (Feſtmetet) de
Ware 60 M. nicht überſteigt.
Die Beſchlagnahme der Wallnußbäume erinnert wid e
ein höchſt perſönliches Erlebnis. Im väterlichen Pfarrgann
zu Friſchborn im Vogelsberg (bei Lauterbach) hatten wir einen
jungen Wallnußbaum und er war der Gegenſtand der Fürſorgze
von uns Kindern, der Jugend. Wir doktorten nämlich fleißig
an den Obſtbäumen im Pfarrgarten herum ſchon in oufer
frühen Kindheit, machten Gräben im Kreiſe um die Bars,
düngten fie, fällten alte, ſetzten neue, aßen die Kirſchen m
Pflaumen, brachen die Aepfel und Birnen, und verſahen die
jüngeren Stämme mit dem damals beliebten Rindenſchnit,
einer Modetorheit, welche die Stämme, angeblich beſſerer tee
breitung im Dickenwachstum wegen, von oben bis unten nit
einem Einſchnitt verſah, der, wenn er nicht ganz vorſichtig g
macht wurde und nur die oberſte Rinde ſpaltete, den Bann
unter Umſtänden regelrecht ruinierte. Wir hatten dort auch
einen Wallnußbaum, wie oben geſagt, der im Schatten und
fait unter dem äußeren Kronenrand einer ungemein mächtigen
Linde aufwuchs. Das biologiſch Intereſſante an diefem Rub:
baum war, daß er, um Freiheit und Licht zu gewinnen, {chief
aufwuchs, und als er fih einmal dieſer Tendenz zugewandt
hatte, halfen die jugendlichen Gartenbeſucher unbewußt feii
nach, indem fie an dem ſchiefen Baum hinauffletterten und
ihn immer ſchlefer drückten. Trotzdem entwickelte ſich en
mächtiges Exemplar von Wallnußbaum aus dem aufaͤnglichen
Krüppel, namentlich nach der leider (infolge Pfarrhausumban)
erfolgten Fällung der mächtigen Linde, und ich erzähle dies
hauptſächlich aus dem Grunde, um zu zeigen, daß ſelbſt in den
rauhen Vogelsberg den Wallnußbäumen noch ein verhältnis
mäßig gutes Gedeihen geſichert iſt. Wir hatten im Ort einen
anderen ſtattlichen Wallnußbaum. Dieſen dürfte nun zum Tel
die letzte Stunde geſchlagen haben. Das bringt der Weltkrieg
mit ſich. Zum wenigſten erfolgt eine Regiſtrierung, denn die
Bekanntmachung ordnet außer der Beſchlagnah me eine Melde⸗
pflicht für alle ſtehenden Wallnußbäume (ſelbſtverſtändlich
auch für die oben vorbezeichneten Vorräte an Nußbaumholz)
an; dieſe Regiſtrierung dürfte auch allein ſchon an ſich wiffene
ſchaftlich und forſtwirtſchaftlich intereſſant und wertvoll fein.
Die Meldung hat in einer in der Bekanntmachung näher
bezeichneten Weiſe auf beſonderen Meldeſcheinen zu erfolgen
und zwar bis zum 25. Januar 1916. Die Meldeſcheine können
bei dem zuſtändigen Landrat, in den Stadtkreiſen bei der Polizei
verwaltung angefordert werden.
Der Wortlaut der Bekanntmachung, die u. a. auch eine
Lager buchführung für diejenigen vorſchrelbt, die Nuß baumholz
des Erwerbs wegen in Gewahrſam haben, ijt bei den Polizei
behörden einzuſehen. Pfr. W. Schuster.
—
Nachſchrift.
Zu demſelben Getzenſtande iſt der Redaktion eine Be
merlung des Herrn Oberſörſters Müller- Uszballen, Retz.
Bez. Gumbinnen, zur Zeit im Felde ſtehend, zugegangen. Sie
lautet wie folgt:
Bet dieſer Gelegenheit möchte ich die forſtl. Preſſe I
der Heimat auf etwas aufmerkſam machen:
Wie ich höre, geht man den wenigen Wallnußbäumen
t deutſchen Heimat zu Leibe. M. E. bedeutet, wenigſtens
Mittel⸗ und Norddeutſchland, ein alter Nußbaum zumeiſt
a altes liebes Familienerbſtück. Er gehört mit zu Haus und
4. Man wird feinen Fall als ein ſchmerzliches Opfer auf
mm Altar des Vaterlandes betrachten. Muß es nun fein? Ich
hute nein! So lange nicht, als in dem beſetzten Belgien
ie Außbäume noch in weit erheblicherer Menge umherſtehen.
den delgiſchen, zumal walloniſchen Bauer, wird auch kaum
mend eine ſentimentale Wertſchätzung feines Baumes nad-
seen wollen, eine Wertſchätzung, die über den nachrechen⸗
xren Geldertrags wert hinausginge. Ehe man alfo den ſchmerz⸗
ichen Eingriff bei uns macht, hole man in Belgien das Bors
dent. Es tft genug damit, daß die deutſchen Kupferkeſſel
tizeſchmolzen werden und die belgiſchen unverſehrt bleiben.
- JA kann mich als Fortmann des Verdachtes nicht ers
zeiten, daß man über den Vorrat an greifbarem Eichen»,
Am, Kaſtanienholz in Belgien nicht genügend unterrichtet
i Das gilt auch für Kaſtanien⸗Gerbrinde. Es handelt ſich
pwit nicht um ſehr große Waldkomplexe, aber häufig um
en wertvolle® Material bei außerordentlich günſtigen Trang-
dortverhältulſſen.
C. Hochſchulnachrichten.
her Forſtamtmann und Privatdozent Dr. Wimmer if
zum ußerordentlichen Profeſſor an der techniſchen Hochſchule
w Rorlarude ernannt worden. D. Red.
J. Seit 50 Jahren Mitarbeiter der Allgem. Forſt⸗
und Jagdzeitung
ft Ottomar Viktor Anderlind, deffen Familiennamen urs
bränglich Leo lautete. Cf. die Anzeige feiner Selbſtbiographie
in Septemberhefte 1903 S. 811. Dem erſten Beitrage A. 's,
det im Jahrgang 1866 S. 244 erſchien und die Imprägnierung
w Holzes behandelt, folgten bis zum Jahre 1900 mehr als
u gribere und kleinere Auffäge und Mitteilungen aus vers
“ebenen Gebieten: Forſtſchutz,⸗Benutzung, ⸗Einrichtung,⸗Ge⸗
weihte und ⸗Politik. Seine bedeutſamſten Arbeiten find aber
tat Zweifel die feit 1902 erſchienenen Abhandlungen, welche
ltößtentells die Waſſerwirtſchaft im Walde behandeln
id war auf Grund ausgedehnter Studien und Beobachtungen
u den meiften Kulturländern der Erde. Sie finden fih in
genden Heften: Oktober 1902, Dezember 1903, Juli 1904,
Deyember 1905, November 1808, Muguit 1910, Oktober 1911,
Jui 1912, Juni 1913, Februar, März und September 1914.
Jud Abſchluß finden dieſe Unterſuchungen in der Abhandlung
über bag Verhalten der einzelnen Holzarten zum Waſſer, deren
erter Tal an der Spitze dieſes Heftes erſcheint. Er behandelt
er; andere Holzarten folgen demnächſt. Wr.
L. Die „Hähne“ oder „ahnen“ der Waldhühner.
I Nummer 3 (März) 1916 der „Mitteilungen des nieder⸗
ien. Jagdſchutzbereins“ wird die Frage aufgeworfen und be⸗
brochen, ob für eine Mehrzahl männlicher Waldhühner die
dtgeichnung „Hähne“ oder „Hahnen“ die richtige fet, und hiers
bei folgende Schlußfolgerung gezogen: „Die Form „Hähne“ iſt
blen grammatitalifch richtig und in der Fachliteratur ger
i Hane. wogegen die Form „Bahnen“, namentlich in den
Aiden Alpenländern, insbeſondere bei den Jägern ſehr
verbreitet it und demnach von vielen Jagdſchriftſtellern an⸗
Wander wird; weshalb beiden Formen ganz einwandfrei ihre
— nn
Gebrauchsberechtigung in Wort nnd Schrift zuerkannt werden
muß. Ergänzend ſei noch hinzugefügt, daß bei der Zuſammen⸗
ſetzung dieſer, das männliche Huhn betreffenden Worte des
Wohlklanges wegen beiſpielsweiſe geſagt wird „Kampfhähne“,
bezw. „Hahnenkämpfe“, gleichviel ob es fic) um Hause oder
Waldhühner handelt.“ | E.
F. Die Beeinfluſſung der Ausübung des Jagdrechtes
durch den Krieg.
Ein Jagdliebhaber hatte mit einer Gemeinde einen Jagd⸗
pachtvertrag für die Dauer von zehn Jahren geſchloſſen und
in dem Vertrage ſich verpflichtet, die Pachtſumme jährlich im
voraus zu entrichten. Bei Ausbruch des jetzigen Krieges er⸗
ließ der zuſtändige Bezirkspräſident eine Verfügung, wonach
die Jagdausübung in jener Gemeinde völlig verboten wurde.
Durch dieſes Verbot wurde der Jagdpächter faft fieben Monate
an der Ausübung der Jagd behindert, und infolgedeſſen ſor⸗
derte er die Gemeinde auf, den von ihm für dieſe Zeit im
voraus entrichteten Pachtzins auf die nächſte Jahrespacht zu
verrechnen. Hiermit war dle Gemeinde indeſſen nicht einver;
ſtanden. Im Verhältnis zu der langen Dauer des Pacht⸗
vertrages fei der Zeitraum, während deffen der Pächt r an
der Ausübung des Jagdrechtes verhindert war, nur ein un:
erheblicher, und es könne auch keine Rede davon ſein, ſo be⸗
hauptete die Gemeinde, daß der Pächter irgendwelchen Schaden
erlitten habe, da er mit Rückſicht auf die erzwungene Schonung
des Wildes nach Aufhebung des Verbotes in der Lage war,
erheblich mehr Wild abzuſchießen. Der Pächter war jedoch
der Anſicht, daß die Gemeinde durch die Zurückbehaltung des
Pachtzinſes für eine Zeit, während welcher er an der Jagd⸗
ausübung behindert war, ungerechtfertigt bereichert ſei; er
ſtrengte daher gegen ſie Klage auf Herausgade dieſes Betrages
an und erzielte auch die Verurteilung der Gemeinde.
Infolge der Verhängung des Kriegszuſtandes, ſo führte
das Oberlandesgericht Kolmar in den Urteilsgründen aus,
ſind für diejenigen Gebiete des Deutſchen Reiches, welche an
der vom Feinde gefährdeten Grenze bezw. im oder in der Nähe
des militäriſchen Operationsgebietes lagen, neben dem Verbot,
Waffen zu tragen, auch noch beſondere Verbote erlaſſen worden,
wonach die Jagdausübung nicht geftattet war. Dieſe Verbote
ſtehen deshalb in örtlicher Beziehung zu den Jagdgrundſtücken,
betreffen dieſe ſelbſt und befreien den Pichter von der Ent⸗
richtung des Pachtzinſes für die Zeit, während deren die Aus⸗
übung der Jagd unmöglich war. Es handelt ſich um einen
Fehler des verpachteten Rechtes im Sinne des § 537 BGB.,
der die Tauglichkeit zu dem vertragsmäßigen Gebrauche auf⸗
hob. Die Behauptung der Gemeinde, es komme hierfür nur
eine unerheblich kurze Zeit in Betracht, iſt unrichtig. Ein Zeit⸗
raum von ſechs Monaten kann — auch bei Berückſichtigung
der langen Dauer des Vertrages — nicht als unerheblich
gelten. Ohne Bedeutung iſt es, ob der Pächter mit Rückſicht
auf die erzwungene Schonung des Wildes in der Lage war,
mehr Wild abzuſchleßen. Denn die Gemeinde hatte nicht dem
Kläger eine beſtimmte Menge Wildes zum Abſchuß zu ſtellen,
ſondern ihm die Ausübung des Jagdrechtes für beſtimmte Zeit
zu ſichern. Hat aber der Pächter aufgrund des Vertrages die
Jagdpacht im voraus für eine Zeit entrichtet, für die er wegen
Eintritts eines Fehlers der verpachteten Sache von der Paht⸗
zinszahlung zu befreien iſt, ſo iſt die beklagte Gemeinde inſo⸗
weit ungerechtfertigt bereichert und gemäß § 812, Satz 2 BSS.
zur Herausgabe verpflichtet. (Oberlandesgericht Kolmar, 3. ZS.,
U 64/15, 21. Februar 1916.)
A. Radloff, Gerichts⸗ und Verwaltungs⸗Korreſpondenz.
23
176
G. Die praktiſche Verwertbarkeit der Boden:
reinertragstheorie.
Auf die Ausführungen des Herrn Oberförſters Hepp in
Nr. 16 der Wochenſchrift Silva möchte ich kurz folgendes er⸗
widern ). Wenn Herr Kollege Hepp deutſche Brofefforen für
ſchlimmere Gegner hält, als die Franzoſen, ſo will ich hierüber
nicht mit ihm rechten; mit ſeiner Auffaſſung dürfte er wohl
in jetziger Zeit allein ſtehen. Auch die deutlich hervortretende
Meinung, daß ein Profeſſor unter allen Umſtänden ein un⸗
praktiſcher Doktrinär ſein müſſe, kann mich nicht in Aufregung
bringen; denn ich glaube für meine Perſon in faſt fünfzig⸗
jähriger praktiſcher Tätigkeit gerade auf dem Gebiete der Wald⸗
wertrechnung und Statik das Gegenteil erwiejen zu haben.
Ob etwas, z. B. eine mathematiſche Formel, theoretiſch
richtig, aber praktiſch unbrauchbar, ja in gewiſſen Fällen ge⸗
radezu „falſch“ fein kann, mochte ich bezweifeln. Denn eine
Theorie, die in ihrer Anwendung falſche Ergebniſſe liefert,
iſt m. E. ſelber falſch. Doch auch hierauf will ich nicht näher
eingehen; es wäre nur ein Streit um Worte, d. h. um den
Begriff, den man mit dem Worte Theorie verbindet. Im
vorliegenden Falle bin ich allerdings der Meinung, daß Aug»
gaben und Einnahmen, die zu verſchiedenen Zeiten erfolgen,
nur iu ihren Bor: und Nachwerten mit einander verglichen
werden können; ganz ohne Unterſcheidung der Perſon oder der
Kaſſe des Beſitzers. Herr Hepp glaubt für Staats» und Ge-
meindewaldungen eine Ausnahme von dieſer Regel unterſtellen
zu dürfen, weil z. B. ein Aufwand für Kulturkoſten nicht aus
einem auf Zins und Zinſeszins angelegten Kapital, ſ ndern
durch laufende Einnahmen bezw. Umlagen beſtritten werde.
Ich gebe gern zu, daß er dieſe Auffaſſung geſchickt und ſinn⸗
reich vertreten hat; doch würde ſie immerhin zu bedenklichen
Konſequenzen führen. Wenn mir jemand einen Wechſel über
100 Mk., in einem Jahre zahlbar, ausgeſtellt hat, werde ich
von jedem Bankhaus jetzt nicht 100, ſondern vielleicht nur 95
Mark dafür ausgezahlt erhalten. Wollte ich dagegen geltend
machen, daß ich das Geld nicht zinstragend anlegen, ſondern
dazu benutzen werde, alsbald eine Rechnung zu bezahlen, ſo
dürfte ſich ſchwerlich ein Gericht finden, das mir Recht geben
und das Bankhaus zur Auszahlung des vollen Betrags von
100 Mk. verurteilen würde. Herr Hepp wird gegen dieſen
Vergleich einwenden, daß er hinke. Das gebe ich ohne wei⸗
teres zu; aber alle Vergleiche haben dieſe Eigenſchaft, d. h.
es findet ſich immer irgend ein Punkt, in dem der Vergleich
nicht zutrifft. Es kommt eben nur auf das tertium com-
parationis an; hier nämlich darauf, daß ein ſpäter fälliger
Betrag jetzt weniger als den vollen Nennwert gilt; einerlei,
ob es ſich um 100 oder 15000 Mk. und um eine Friſt von
einem Jahr oder von 120 Jahren handelt.
Bleiben wir bei dem von Herrn Hepp gewählten Beiſpiel.
Er veranſchlagt den Abtriebsertrag eines Buchenhoch⸗
wald es einſchließlich der prolonglerten Zwiſchennutzungen zu
9000 Mk. pro ha und berechnet daraus bei koſtenloſer natür⸗
licher Verjüngung einen Bodenwert von
9000 — — 267 Me
1,0312060 — 1 °
Dem ftellt er für Tannen und Eichen 15000 Mk. Er
trag und 500 Mk. Kulturkoſten gegenüber, wonach ſich der
Bodenwert zu
445-515 = —70 Mk.
berechnet. Hieraus ſchließt er, daß ein Anhänger der Bodens
reinertragslehre dem Buchenhochwaldbetrieb den Vorzug geben
müſſe. Ich bin, obgleich ich 28 Jahre lang „Profeſſor“ war,
anderer Meinung. Von den hier berechneten Bodenbrutto⸗
werten kommt noch das „Kapital der jährlichen Koſten“ in
Abzug. Veranſchlagen wir dieſe nur zu 6 Mk. pro ha, alſo
1) Dieſe Erwiderung war urſprünglich für die Silva bes
ſtimmt, wurde aber von deren Redaktion wegen Raummangels
abgelehnt. Wr.
— Rn oe TznuEzE ltr ReggEggen
das Kapital zu 200 Mk., fo bleibt für den Buchenhochwel
betrieb nur ein Nettowert von 67 Mk. übrig; dafür wird ws
nirgends ein Hektar Waldboden zu kaufen fein. Hier
ſchließe ich, daß der Buchenhochwald nicht 3% abwerfen far
Ermäßigen wir alfo den Zinsfuß auf 2 %, wie ich ihn!
großen Waldwertrechnungen wiederholt für Laubholz gefund
habe, fo ergibt der Buchenhochwald einen Bodenwert u
9000 >< 0,102 — 502 — 918 — 800 = 618 Rit.
Dem gegenüber berechnen fh für Tannen oder Ci de
bet gleichem Zinsſuß
15000 >< 0,102 — 500 >œ 1,102 — 300 =
1530 — 551 — 800 = 679 Mk.
alfo ein höherer Bodenwert!
Nach heutigen Verhältniffen dürften in vielen Fallen ets
8 Mk. pro Heltar für die jährlichen Koſten anzuſetzen feir
Dann würden ſich bei 2. prozentiger Verzinſung je 100 M
weniger, aljo Bodenpreiſe ergeben, wie fle tatfddlid dite
gezahlt werden. Aber das gegenſeitige Verhältnis bleibt fdik:
veiſtändlich das nämliche
Rechnet man mit 3 %, fo ergeben ſi h bei 8 Mk. fabrics
Koſten beiderſeits ſchon negative Bodenwerte; bei 2,5 :
Verzinſung ſtellt ſich das Reſultat ähnlich wie bei 3 , abe
der Unterſchied der beiderseitigen Bodenwerte wird geringer.
Hiernach würde ich ebenſo wie Herr Hepp einem Any:
holzbetrieb den Vorzug einräumen; zumal wenn, wit ct
leicht fein kann, für die Nughdlger mit größerer Wahridcic:
lichkeit auf eine höhere Preis ſteigerung zu rechnen fit
Alſo ſchlage ich dem Herrn Kollegen vor, daß wir un
gegenſeitig die Hand reichen und mit Befriedigung feſtftellen,
beiderſeits, wenn auch auf verſchiedenem Wege, zu den gleichen
„praktiſchen“ Ergebnis gelangt zu fein. Ich tue died mit dem
aufrichtigen Wunſche, daß Herr Hepp nach dem Abſchluß tut
ehrenvollen Friedens bald geſund in die Heimat zurückkehrm
möge. Dr. Wimmenaner.
H. J. D. Sauerländers Verlag
beging am 1. Juni d. J. den Hunderten Jahrestag
ſeines Beſtehens. Der Begründer der Firma war Johann
David Sauerländer, der Großvater des jetzigen uhr.
Seit dem Jahre 1845 war Heinrich Remigius S. da
zweite Sohn des Begründers, Teilhaber und nach deſſen Tode
(1869) alleiniger Inhaber der Firma. Dieſer nahm 188
feinen Sohn Robert David S. als Teilhaber auf und
ſtarb 1896. Der letztgenannte führt ſeitdem, ſetzt alfo schon
20 Jahre lang, das Geſchäft allein.
Die allgemeine Forks und Jagdzeitung, 18%
von Stephan Behlen begründet, wurde 1832 von 8 %
Sauerländer in Kommiffionsverlag übernommen und ging 184
in deffen Verlags⸗Eigentum über. In demſelben Jahre 0
übernahm Oberforſtrat G. W. Freiherr von weretin
die Redattion; ihm folgten als Herausgeber 1856 u |
Heyer, 1869 Julius Lehr und Tuis ko Sores, L
Gorey allein, 1902 Karl Wimmenauer und 1908 .
rich Weber als Mitredakteur. Verlag und Redaktion miet
Zeitſchriſt haben mithin ſchon mehr als 80 Jahre lang se
zwar im beſten Einvernehmen zuſammen gearbeitet. Dies b |
ausdrücklich und rühmend anzuerkennen erfġeint und als © |
fommene Pflicht. 5
Außer unferer Zeitfchrift find in gleichen Berlage md L
vielbenutzten Lehre und Handbücher von Hermann Stove” |
erſchienen; ferner verſchiedene forſtwiſſenſchaftliche 225
von Alers, Binzer, Borggreve, Fiſchbach, fon |
brand, Pauly, Räß, Roßmann, Vonhauſen, Karl 3 i
von früheren und jetzigen Herausgebern der Allg. Ö ated
Jagdzeitung. D. Reb.
JJ ³ðUñ⁊ ð K ER
Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer,
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländer!
gerlad
Berleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. M. — G. O tto Hoſbuchdruckerei in Darmſtadt.
S TEE EEE TEE TER EEE TEE REIT 0 r . d y „
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; Allgemeine
forf- und Jagd⸗Jeitung.
Herausgegeben /
Dr. Karl Wimmenauer, und Dr. heinrich Weber,
Geh. Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft
an der Univerſität Gießen.
— —
Zweiundneunzigfter Jahrgang.
—
1916. Auguſt.
Frankfurt am Main.
J. D. Sauerländer’3 Verlag.
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Die Allgemeine For- und Bagd-Beitung erſcheint regelmäßig jeden Monat und
wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗
lungen und Poſtanſtalten.
DE. LPL LPL LOL ee OP LOL Pl LON ON wet ͤ ͤ 42. Ne Ll Ne lOO N lle er a —
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Breife: ½ Seite 60. — Mk., ½ Seite 32.— Mk., 1, Seite 17.50 Mk., / Seite 10 Mk., , Seite 7.50 Mk., / Seite 5.50%
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Aufträgen unberechnet. Beilagen⸗Preiſe nach Vereinbarung, je nach Gewicht des beizulegenden Proſpektes.
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BER. DAY: R. Weber, k. k. Hoflieferant, Haynau i. Schl.
e . Alteste deutsche Raubtierfallenfabrik.
(re Die Stelle des
Hirschhorn- er
3 Jorſtinſpektors
i £ der Seeftadt Roftock foll neu beſetzt werden. Zum Bezirk des Foritinipektors gehören alle Te
Spitzen kauft jeden | der Rofioder Stadiforit und hinfichtlih der foritlihen und jagdlichen Intereffen auch die Ori
Posten Karenina al 1 m die Roftoker Kämmerei- und Boipitalgebiete. Der Forftin!
q È i macher at leinen Wohbnlig in Röpershagen.
N aS Das Grundgehalt des Beamien beträgt 5000. MR., Iteigend nach Ablauf von je 3 hka
onngon: um 500.— Mk. bis zum Bödltbetrage von 8000. Mk. Auf die Berechnung der Zulagen und
an des Ruhegehalts werden auswärtig verbrachte Dieniljahre bis zu höchſtens 10 Yahren inlomeil as
— | gerechnet, als fie 2 Jahre nach beitandener Forltaflefior-Prüfung liegen. Auf das Gehalt konnte
] g in Anrechnung der nadiltehend feſigeletzte Wert der dem Beamten zuſtehenden Patna ARE RU:
9 1. en des un neall 50 Ru u . 500, - 1
: = 2. Nubung von 762 uten er nebli 350 ulen Gräben uſw. . 450. -
bei Bestellungen bei 3. jährlich 120 Raummeter Brennholz . . . . . ; . 300.- Fb.
den hier inserieren- | Für Baltung von 2 Dienitpferden wird eine Entihädigung von jährlich 1800.~ Mk. gewétr.
den Firmen gefl. auf |. Bewerber, welche die Forltaifefforprüfung beitanden haben, werden aufgefordert, bebensisul !
en Beil und Zeugnille bis zum 25. Auguft d. Js. an die Ratsregiftratur hierielbit (Rathaus) einzweiden,
die „Allg. Forst-u. Bl die Anltellungsbedingüngen eingelehen und duch gegen Erlegung pon 2.— Mk. ab-
: 60 riftlih bezogen wer
Jagd Zeitung Be Perlönliche Vorltellung nur auf beſondere Aufforderung.
zug nehmen zu wollen. Gegeben im Rate zu Roitock. am 30. Juni 1916. B. Oergen, —
Í
i
4
ne —
Im Verlag Art. Institut Orell Füssli in Zürich ist erschienen:
Die Wolken
in Form, Färbung und Lage als lokale Wetterprognose
von E. Neuhaus, Oberförster in Moutier (Schweiz).
48 S. Text, 30 Wolkenbilder, 12 Tafeln, 8 Beilagen. Kl. Folio in Mappe Mk. 12.—.
Vorliegende Arbeit ist die Frucht langjähriger Beobachtungen. Ein kleiner Nebel, ein am bestimmten
Orte sich bildendes Wölkchen hat uns im Sinne der lokalen Wetterprognose unter Umständen mehr zu sage,
als der bestfunktionierende Wettertelegraph. Es kann daher die Anschaffung dieses Werkes den Schulen und
speziell den landwirtschaftlichen Schulen bestens empfohlen werden, da es zu einer zielbewußten Beobachtung
anregt und besonders die Jugend anspornt, die Kräfte und Erscheinungen des Weltalls zu studieren. Die
Ausstattung ist eine ganz vorzügliche, besonders die photographischen Aufnahmen des Werkes sind von gan!
hervorragender Schönheit. (Schulwart, Leipzig.)
Wie sehr die Wolken in der Stimmung in der Natur mitbeteiligt sind, empfindet jedermann; ihre engen
Beziehungen zur Witterung sind bekannt. Aber wie viele Leute achten weder auf die Schönheit der Wolken-
bildung, noch auf deren Bedeutung für das Wetter! Aus langjähriger Beobachtung heraus stellt der Oberförster
von Moutier, unterstützt von Gelehrten, die Wolken nach Form, Färbung und Lage, nach ihrem Einfluß er
die Windrichtung, ihren Feuchtigkeitsgehalt und ihren Zusammenhang mit der Witterung dar. Dann 1 :
er von der Beobachtung und den Zeichnungen der Wolken und Temperaturerscheinungen, die fiir die Vor a
sage der Witterung bestimmend sind. Wer seine Ausführungen beachtet, wird den Wolkenbildungen 5
schärfern Augen und mehr Freude folgen; aber auch für die Erkenntnis des kommenden Wetters en a
haltspunkte tinden, als die gewöhnlichen Wetterregeln bieten. Ein ästhetischer und praktischer Zweck ist dam
erreicht. Der Verfasser legt als praktischer Mann das Hauptgewicht auf den letztern. l
(Schweizerische Lehrerzeitung.)
Neuhaus bezeichnet seine Arbeit als einen Versuch, die lokale Wetterprognose um einen Schritt 1
zu bringen. Sie ist mehr als das. Auf dem soliden Grunde einer vieljährigen, systematischen Beobac 1
und einläßlichen Studiums bietet der Verfasser Abhandlungen, die allgemein lebhaftes Interesse erwe©
müssen. (Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen.)
Zu beziehen durch alle Buchhandlungen.
Allgemeine
erf. un Jagd- Jil!
Augult 1916.
Anſere Weidmannsſprache.
Von Baltz⸗Hannover.
Leider iſt es nur allzu wahr, daß vor dem großen
dige bei uns die ſtark ausgeprägte Neigung be:
unden hat, das Fremde, mit dem eine Berührung
Yattgefunden hatte, aufzunehmen, und daß es heute
noch diele gibt, die nicht begreifen wollen, daß in nichts
mehr das Weſen eines Volkes ſo zum Ausdruck kommt,
wie in ſeiner Sprache, deren Durchſetzung mit fremden
Brecken gleichbedeutend ift mit dem Abbröckeln eines
Stückes Deutſchtums, das in dauernder Wiederholung
nicht ohne ſchädliche Entwicklung auf den Volksgeiſt
dleiben kann. Die Sprache ift für uns nicht nur das
Jnſtrument zur Uebertragung des Gedankens, ſondern
ſie hat dieſe Gedanken ſo zu übermitteln, wie es dem
unverfälſchten deutſchen Geiſte entſpricht, der nur
dort lebendig erhalten werden kann, wo dem zerſetzen⸗
den Einfluß des Fremden der Eingang verwehrt wird.
»Wie nach dieſer Richtung der Volksgeiſt zerrüttet
den kann, dafür bieten die Franzoſen, die wir in
welem fo gerne nachgeahmt haben, ein lebendiges Bei-
lel, Mit großem Kraftaufwand betonen fie immer
der ihr lateiniſches Raſſentum, ſcheinbar ohne zu
echnen, daß fie damit das klägliche Geſtändnis ab-
igen ganz im Geiſte ihrer Unterdrücker, der Römer,
aufgegangen zu fein, denn die Gallier find keine Qa-
liner. Um fo törichter erſcheint aber diefe Truthahn⸗
mier fih aufzublaſen, weil die Gründer des Franken⸗
whe Germanen waren. Als von den Römern Pe:
hegte haben die Gallier bald die Sprache des Siegers
angenommen, was allenfalls zu verſtehen iſt, aber als
germaniſche Volksſtämme, die als Sieger Galliens
Poden unterwarfen, ſoweit gekommen waren, daß fie
‘the Sprache nicht mehr zur Geltung brachten und
ihre Geſetze lateiniſch ſchrieben, da war Raſſen⸗ und
Stammesſtolz im Schwinden, und fo gingen Franken,
Burgunder, Alemannen und andere, wo fie die Herren
waren, in dem Meer der Knechte unter. Obgleich
' mir längſt gutes deutſches Recht haben, wühlen wir
inmer noch im römiſchen herum. Wollen wir wiſſen,
das ein „Wildpark“ it, dann muß das uns ganz
dbeſensfremde römiſche vivarium herhalten, das zum
1916
Vergleiche nicht paßt. Unter folden Umſtänden dürfen
wir uns nicht wundern, daß der Katzelmacher Oberſter,
Ehren Salandra, uns vorhält, die lateiniſche Kultur
ſei der unſrigen um 2000 Jahre voraus.
Die Parforcejagd hat Deutſchland aus Frankreich
übernommen. Germanen ſind es aber doch geweſen,
die ſie ins Leben gerufen haben, denn ſchon die ſaliſchen
Franken, deren Häuptling Pharamund der erſte König
des Frankenreiches war, kannten etwas derartiges, be⸗
ſonders aber die Merovinger und Karolinger und
ſchließlich waren es auch Weſtgoten und Vandalen,
welche dieſe Jagd in Spanien eingeführt haben. Sie
iſt bei uns in Vergeſſenheit geraten und in Frank⸗
reich allerdings zu großer Blüte gebracht.
„Am Ende des XVII. und am Anfang des XVIII.
Jahrhunderts“, ſagt ein franzöſiſcher Schriftſteller,
„wollten auch die deutſchen Fürſten wie unſere Könige,
denen fie ebenſo große Bewunderung wie Haß ent:
gegenbrachten, es ihnen gleich tun. Alles richteten ſie
nach franzöſiſchem Muſter ein und ebenfalls bediente
man ſich der franzöſiſchen Ausdrücke, die gröblich ent⸗
ſtellt wurden“. Als „lächerliche Nachahmungen“ ſchätzte
man dieſe Beſtrebungen ein und wenn das nach den
obigen Erklärungen auch nicht ganz zutrifft, ſo hat es
doch an lächerlichen Nachahmungen nicht gefehlt.
Die Entwicklung des Sportes hat dazu geführt,
daß franzöſiſche und ja nicht zu vergeſſen engliſche
Brocken die deutſche Sprache geradezu verhunzten und
wie groß das Armutszeugnis iſt, das ſich die För⸗
derer dieſes Gebahrens ausſtellten, ſcheinen dieſe nicht
geahnt zu haben. Namentlich den dünkelhaften Eng⸗
ländern gegenüber war es eine klägliche Unterwürfig⸗
keit, die ſich nicht mit ſogenanntem internationalem
Brauch rechtfertigen ließ, denn auch in dieſem Falle
iſt eine Verleugnung des Wertes unſerer Sprache und
Einlaufen mit vollen Segeln in fremde Sitten und
Gebräuche ein Gebahren, das uns vor dem Auslande
herabſetzen mußte.
Das gilt bis zu einem gewiſſen Grade auch
für die Weidmannsſprache, die deutſch ſein
und den Geiſt deutſcher Jägerei atmen foll.
Natürlich ſind es wiederum die Franzoſen, die ſich
24
178
als die Väter der Weidmannsſprache betrachten, denn
wie ſie ſagen, hat Deutſchland ſie von ihnen über⸗
nommen.
In den alten deutſchen Helden- und anderen
Liedern, da ſind die Wurzeln unſerer Weidmanns—
ſprache zu ſuchen, und wenn wir fie heute von fran:
zöſiſchen und engliſchen Brocken durchſetzt finden, ſo
haben wir das leider unſeren Altmeiſtern zu verdanken,
die ſich nur an die in Frankreich nach dieſer Richtung
zuerſt feſtgeſetzten Regeln hielten, und das hier ge
gebene in bekannter deutſcher Schwache der Nachwelt
überliefern zu müſſen glaubten.
Wer unter Berufung hierauf, wie es heißt, „aus
Pietät“ die Fremdkörper, die wir nicht nötig haben,
in unſerer Sprache ſtecken laſſen will, nun, der fühlt
eben nicht deutſch, und gegen den richten ſich dieſe
Zeilen, um den Glauben auszurotten, daß in dem
Uebernehmen entbehrlicher Fremdwörter eine Bereiche:
rung unſerer Sprache liegt, und um das Gefühl zu
wecken, daß ſolche Unterwürfigkeiten dem Deutſch⸗
tum nur großen Schaden zufügen können, weil ſie uns
in den Augen des Auslandes herabſetzen.
Aus allen dieſen Gründen gehorche ich gerne einem
von dritter Seite ausgeſprochenen Wunſche mich dazu
zu äußern, inwieweit es möglich iſt, unſere Weidmanns⸗
ſprache von fremden Beſtandteilen zu reinigen und
das ſoll an der Hand des Buches „Deutſche Weid—
mannsſprache“ von Dombrowski in möglichſter Kürze
geſchehen.
Abnorm nennt man unregelmäßige Formen und
Färbungen, und Abnormitäten unter den Geweihen
und Gehörnen ſind die Freude des Erlegers. Norm
kommt von Norma, die Regel. Normal iſt das regel⸗
mäßig entwickelte, abnorm (abnormis) das Gegenteil.
Abnormität entſpricht dem lateiniſchen abnormitas.
Abnorm läßt ſich durch unregelmäßig erſetzen.
Immerhin aber iſt der Begriff abnorm ein ſchärfer
umriſſener und beſſer durch Mißbildung gekenn⸗
zeichnet.
Der Ausdruck abnorm hat ſich eingebürgert und
iſt mit Rückſicht auf ſeine Bedeutung einer derjenigen,
die vielleicht gerne beibehalten werden.
à droit. Alter, heute kaum noch üblicher Befehl
an den Hund ſich grade auf den Hinterläufen aufzu—
richten. Er bedeutet aljo se tenir droit = fidh auf:
recht hinſtellen. Dombrowski iſt der Anſicht, daß ein
Ausdruck im Deutſchen fehlt. Das Wort „hoch“ mit
entſprechender Handbewegung kann ihn vollkommen er—
ſetzen.
Allons cherche. Dieſer Ermunterungsruf zum
Suchen iſt ſo überflüſſig wie nur etwas, obgleich man ihn
noch bis in die neuere Zeit Hort. „Such!“ ift viel
kürzer und deutſch und dasſelbe gilt von Derriere,
das für „Zurück“ gebraucht wird, aber „hinter“
„Zurück“ heißt das Kommando wenn man den
hinter ſich haben will und das „Such“ zeigt ihm
daß er von neuem feine Tätigkeit beginnen fol.
Appel muß der Hund haben. Appellare
anſprechen und Appell iſt zuerſt bei Heppe in der
deutung der Folgſamkeit des Hundes angewendet u
bis heute beibehalten worden. Trotz der Einbürgen!
des Ausdruckes gehört er zu den entbehrlichen u.
erſetzbaren, denn er ſoll nur die Folgſamkeit!
Hundes dartun und ift deshalb durch Folglam!:
oder folgſam vollſtändig zu erſetzen.
Dombrowski nimmt aud an, daß der Ausdtu
à la vue keinen Erſatz im Deutſchen hat. Avew
oder avuer heißt im Auge behalten, und vue bei
dasſelbe wie Sicht, und ſichtig jagt der Hund, mi:
er das Wild ſieht. „Sichtig“ kommt zwar heute up:
ſächlich nur noch in Zuſammenſetzungen vor, wie un
ſichtig“ uſw. wenn es fih nicht auf das Wetter $
zieht, aber es ift deutſch, denn es kommt von da
mittelhochdeutſchen sihtec, sihtic und kann à la vue
voll und ganz erſetzen.
Das „Apportieren“ iſt uns, wie viele annehmen
ſo in Fleiſch und Blut übergegangen, daß ſie es gar;
und gar für unentbehrlich halten. Dieſe Aufaſun
teile ich nicht, denn es ift kein unerſetzbares Befund
teil unſerer Weidmannsſprache; apportare , heißt her
beibringen und deshalb iſt Bringen“ hierfür ein aus
reichender Erſatz, und das „Bring!“ oder „Bringher'
erſetzt „Apporte“ oder „Faß apporte” in jeder Bre
Deshalb ift es geradezu unverſtändlich, wie Lou
browski zu der Anſicht kommen kann, der Augu
jei im Deutſchen unerſetzbar. Schwieriger ift es fém
„Apportierbock, Apportierholz“ zu verdeulſchen. 2
Zuſammenſetzung des „Apportier“ mit „Bock um
„Holz“ iſt ſprachlich etwas unſchönes und jedenfal‘:
ift das aus dem Imperativ „bring“ und den deutſchen
Ausdrücken „Bock“ und „Holz“ zuſammengeſetzte Haupt
wort beffer. Warum nicht „Bringbock“ und „ring:
holz“? Das Sprachgefühl ſträubt ſich dagegen keines
wegs, denn daß das andere beffer fein fol it Ew
bildung und weiter nichts. Daran wird aud) Dabur
nichts geändert, daß, wie mißverkannt wird, wijde
apportare und Bringen ein Unterſchied besteht, M
hier nicht erörtert zu werden braucht, weil „Bing |
apporte erſetzt.
Arretieren (von arréter, adrestare) a
halten) ift wohl kaum noch gebräuchlich und ganz U"
gar überflüſſig, ſchon wegen feiner Nebenbedeutungel.
Warum denn nicht das niederdeutſche „Stopp“ s
nicht allein viel beffer und bezeichnender, ſondern au!
n ni
deutſch ift, und nicht, wie Dombrowski annm"
dem engliſchen entſtammt.
179
riden nennt Dombrowski beffer als Bürſchen,
en, Pirſchen. Das mit Recht, denn es kommt
ersare und Bersa. Es iſt die Schießjagd
ie Umwandlung in „Anſchleichen“ eigentlich nicht
det. Die chasse à bercer war ganz etwas
s als die heute darunter verſtandene Jagd, aber
wir die Veränderung des Begriffes feſthalten
n, dann folte man doch die richtige Schreibweiſe
Aten. Zwar wollen im Nibelungenlied Günther
lagene ,pirsen in den walt“ aber in den alt:
zſiſchen Artus- und Abenteuer⸗Romanen kommt
bercer zur Geltung. Die Birſchjagd beſtand auch
mingeln des Standortes des Wildes, wo es dann
ger an einen Baum gelehnt (afusté, s es-
dre à unfust) erwartete, aber diefe Jagd fand auch
khegen ſtatt, (berser as aceintes) und ſchloß
Bid auch das Verfolgen durch die Hunde in ſich.
duſchieren ift das Jagen im Walde nur mit
Hunde. Ein Fremdwort iſt der Buſch nicht, denn
An der deutſchen Sprache zu Haufe, wenn diefe
pichnung schließlich auch aus dem lateiniſchen boscus,
eus fammt. Gut klingt das Wort mit dem An-
ips aber nicht und es ſteht nichts im Wege
bine Stelle die Waldſuche im Gegenſatze zur Feld:
` teten zu laffen.
dem Buchſtaben © will ich nur das entnehmen, was
noch gebräuchlich, das andere aber übergehen.
Farreſſieren, heißt beffer Careſſieren mit einem
n es kommt von caresse (Liebkoſung) (caresser,
ſen, liebeln, ſchmeicheln), das wiederum auf carus,
. teuer) zurückzuführen it. Wir find alfo nicht
alegenheit das careſſieren auszumerzen.
Ceremoniell ift der Inbegriff feierlicher Gebräuche,
erlihe, förmliche; alfo die Gebräuche bei Jagden.
lal. ift das verſtändlicher und auch richtiger,
cerimonia ift ein heiliger Gebrauch und bes-
caerimonialis, das zur Gottesverehrung gehörige.
4. Cherche heißt zu deutſch ſuch! Chiens courants
fein von Dombrowski die zur Parforcejagd ges
tuen Hunde genannt. Der Begriff it zu eng,
fu m den Chiens courants zählen alle lautjagen⸗
n gude. Nennen wir fie Laufhunde, weil diefe
chung üblich ift und courant von courir (laufen)
Ent Couche. Warum denn nur? Coucher heißt
PR widerlegen. Couche, Kuſch = leg dich! Kurzer
dug Es gehört auch zu denjenigen Wörtern, die
19 fer eingebürgert haben, aber wenn man es an:
Piel, fage man nicht „Kuſch dich“, denn das Kuſch,
ache, ſchließt das „dich“ ſchon ein, weil Kujh „leg
J n' heißt. Couche kommt von collocare.
1 C8 wird krampfhaft weiter das Coupieren der
A 5 vorgenommen. couper heißt abſchneiden, ab:
temen,
Es denkt aber kein Menſch dran dem Hunde die
Rute abzuſchneiden, ſondern man kürzt ſie. Kou⸗
pieren iſt alſo nicht nur eine ganz überflüſſige, ſondern
auch eine unzutreffende Bezeichnung. Man ſpricht von
coupierten, alſo „geſchnittenen Hunden“. Nicht die
Hunde werden kupiert, ſondern ihr Schwanz wird
gekürzt und man muß deshalb von einem Hunde mit
kupiertem Schwanze oder Ohren reden, denn das Wort
fàgt nicht, was gekürzt iſt. -
Ein couteau oder couteau de Chasse können wir
richtig durch Jagd: oder Weidmeſſer erſetzen.
Für Curse oder Curie haben wir keinen Erſatz.
Nur will ich bemerken, daß ich der Auslegung des
Begriffes durch Dombrowski nicht ganz beitreten kann.
Kurz will ich andeuten, daß man mit wenigen Worten
Kuree als das vom Wilde bezeichnet, was nach Bu-
bereitung den Hunden gegeben wird.
Für den Jäger beſteht ein Jaͤgerrecht. Dasſelbe
bedeutet die Curie für die Hunde.
Derby, ein beſonders abſtoßend wirkendes Wort,
weil es von England kommt, einer Nation, die nicht
minder verächtlich iſt wie die franzöſiſche. Warum
ſetzen wir denn nicht Jugend ſuche, was nicht allein
verſtändlicher, ſondern auch beffer ift. Denn es be:
deutet urſprünglich das Rennen dreijähriger Pferde
und wurde davon auf die Abrichtung der Hunde über⸗
tragen. Hier haben wir einen der Fälle unter vielen,
wo wir ohne Not dem großmaͤuligen, anmaßenden
Albion etwas abgegudt haben, was wie manches andere
dieſem berechtigte Veranlaſſung gegeben hat ſich für
überlegen zu halten. Müſſen wir Deutſche uns nicht
lächerlich vorkommen, wenn wir mit Derby und Field
trial um uns werfen, wo für das letzte doch wohl
Feldprüfung ein paſſender Erſatz iſt. Iſt es nicht
geradezu blöde in engliſcher Nachäfferei von einem Hunde
als „Champion“ — urſprünglich = Kämpfer — zu
reden, wo mit dem Worte „Meiſterſchaft“ alles,
was man jetzt darunter verſteht, geſagt iſt. Früher
waren die Hunde im Stall oder im Zwinger, heute
im Kennel und ihre Herren bilden einen Club, bei⸗
leibe keinen Verein. Alles recht engliſch, aber wenn
man den Kennelclub ins Deutſche überträgt, dann
hat man einen Hundehütten- oder Oundeftall-
verein. Etwas anderes kann bei der Verknüpfung
dieſer engliſchen Brocken nicht herauskommen.
Auf derſelben Höhe ſteht das engliſche Down, das
wir ganz und gar nicht nötig haben. Das deutſche
Nieder iſt mindeſtens ebenſo gut, denn es iſt deutſch.
Oberländer hat ſchon das Wort Daun⸗Lage und da—
mit ſprachlich ein neues Wortungeheuer erfunden, denn
was ſoll man ſich darunter denn vorſtellen? Ebenſo
unſinnig iſt, was hier ſchon vorweg genommen werden
ſoll, das galliſche Tout-beau, das Dombrowski un⸗
24*
180
richtig mit „ganz gut“ überſetzt. Dobel fagt dubois
und überſetzt mit „ſtehe oder halte“. Du Bois heißt
„Holz“, tout beau aber „ganz ſchön“. Mit „tout
beau“ und „down“ wollen wir ungefähr dasſelbe.
Der Hund ſoll ſich hinlegen und das können wir
mit „Nieder“ voll und ganz erreichen. Zuweilen wird
tout beau auch in dem Sinne gebraucht, daß er fang:
ſam und vorſichtig vorgehen ſoll (Hartig). Wir ſprechen
immer von der Dreſſur, vom Dreſſeur, dref-
ſieren uſw. und meinen damit das Abrichten des
Hundes durch den, der es kann. Dreſſur iſt vor
allem eine ganz willkürliche Wortbildung, die im fran⸗
zöͤſiſchen ganz unbekannt ift, denn hier ift nur von
dressage die Rede. Abrichtung iſt das, was ge⸗
meint iſt und für dreſſieren haben wir das gute deutſche
Wort abrichten. Der Begriff des Wortes dreſ—
fieren iſt ein ganz anderer, denn das franzöſiſche
dresser, von dem es ſtammt, heißt „grade richten“,
irgend wohin, denn abgeleitet iſt es von dem latei⸗
niſchen directus bezw. dirigere. Ein Abrichter iſt
der Dreſſeur und Dreſſierbock, Dreſſierhalsband ſind
zwei zuſammengeſetzte Hauptwörter deren Beſtimmungs⸗
wort durch „Abricht“ erſetzt werden kann.
Von Dubletten und dublieren hört man
immer ſprechen. Dieſe Ausdrücke haben die allerver-
ſchiedenſte Bedeutung im Sprachgebrauch des Lebens.
In der Weidmannsſprache machen wir eine Dublette,
wenn wir, ohne abzuſetzen, zwei Stück Wild erlegen;
wir dublieren, wenn es das erſte oder auch zweitemal
vorbeigeht.
Wir können ebenſogut ſtatt zu dublieren zweimal
hintereinander ſchießen, vorbei oder treffen. Doubler
heißt verdoppeln, double doppelt oder zweifach. Ur⸗
ſprünglich hat man unter der Dublette den zwei-
mal in demſelben Beſitz befindlichen Gegenſtand ge—
meint. Der Ausdruck iſt auch anwendbar, ſo wie es
in der Weidmannsſprache geſchehen iſt, aber der ge—
legentlich von der Schriftleitung der Deutſchen Jäger:
zeitung vorgeſchlagene „Doppeltreffer“ ift der Du:
blette entſchieden vorzuziehen.
Ferm ift der Hund wenn er gut abgerichtet ift.
Ferm kommt vom lateiniſchen firmus. Mit dem
„guten“ oder „zuverläſſigen“ Hund kommen wir eben-
ſoweit.
Auf fall choke, half choke, choke bore, chilled
shot uſw. brauche ich wohl nicht näher einzugehen,
denn diejenigen, welche in ſpäteren friedlichen Zeiten
ſich von der engliſchen Waffeninduſtrie das Geld aus
der Taſche ziehen laſſen wollen, werden ſich auch da—
durch eines Beſſeren nicht belehren laſſen, wenn man
ihnen vorhält, daß in Deutſchland alles mindeſtens
ebenſogut zu haben iſt.
Haut goüt muß das Wildbret haben und da—
runter denkt mancher, daß es halb verweſt fein
Unter haut-goat ift nicht „hoher Geſchmack“ zu
ſtehen, denn aus dieſer Ueberſetzung kann ſich niem
einen Vers machen. Unter haut gout ift der wiry
Geſchmack oder Wildbretgeſchmack ſchlechtweg
verſtehen. Wildbret darf wie alles übrige F
nicht friſch gegeſſen werden, ſondern es muß eine
lang hängen und dieſen Zeitpunkt richtig zu erfai
das heißt den haut goat wahrnehmen, d. h. den Au
blick, in dem es den höchſten Wohlgeſchmack erreicht ha
Koppel ſagen wir zum Hundepaar, das j
einander am Riemen geht. Es kommt von cou
cople, copula, ift aber ganz und gar eingebürgg
und ein Teil des deutſchen Sprachſchatzes geworden.
Für das Lancieren — mit dem Hunde a
Riemen der Fährte folgen — wird fih kaum ein I
zeichnenderer Ausdruck finden, aber von lapins zu nde
liegt kein Grund vor, denn Kaninchen (von canya
conyn uſw.) iſt jedenfalls verſtändlicher. '
Bei à la meute fagt Dombrowski, daß der Aub
druck unerfegbar fein fole. Das iſt doch wohl un
teilweiſe der Fall, denn warum denn nicht an
Meute“ rufen, wenn die Hunde ſich in einem Haufen
ſammeln ſollen. Meute iſt allerdings auch ein grend:
wort, denn meute oder mute kommt von mouvor
(movere) und man verſteht oder verſtand urpring
lich darunter eine Anzahl in Bewegung geſetzter Hunde
Roy Modus!) fagt: „Mute de Chien est quand
il y a douze chiens courants et un limier, et 4
moins en y a, elle n'est pas dicte mute.
Alfo 12 Laufhunde und 1 Leithund müſſen mw
deſtens vorhanden fein, um eine Meute auszumabel
Einen Erſatz für dieſen Ausdruck haben wir nicht ind
in ſeiner Uebernahme können wir nur eine Bereicherung
unſeres Sprachſchatzes ſuchen. Das à la“ aber kan
ſehr gut entbehrt werden. |
Für Munition können wir ruhig Schieß bedarf
ſagen, denn dieſer Begriff iſt nicht minder ſcharf wi
jeft umſchrieben und ruht ſprachlich auf feſterer Grund:
lage.
Die Parforcejagd hat franzöſiſchen Church
iſt aber nicht, wie oben ſchon angedeutet, ganz j
zöſiſchen Urfprunges, wie meifteng angenommen WI“
e8 fei denn, daß man fih, wie bie Franzoſen ke
machen, auf den Standpunkt ſtellt, Karl der a
jei ein Franzoſe geweſen und alle die Könige ™
Merovinger, die ſie, wenn auch in etwas ante
Form geübt haben. R
Eigentlich fteht die frangöfifhe Jügerei auf d
Standpunkte, daß das chasser a force de chen
') Le livre du Roy Modus et de la Rayne Ratio. C
des
Jagdkatechismus, vot 1338 geſchrieben und 1
XV. Jahrhunderts gedruckt. Neue Auflage: Pari
it Chasse à courre zu bezeichnen ift, abgeſehen von
deren Bezeichnungen. Wir ſehen in der Parforce⸗
gd gewiſſermaßen eine Vervollkommnung der Chasse
courre, der Hetzjagd, aber ſcheinbar nicht mit all:
ügroßem Rechte. Chasse à courre und parforce
ad in Frankreich ganz gleichbedeutend, denn es wird
on Donoyer de Noirmond !) beiſpielsweiſe geſagt:
A chasse à courre, qui conserva toujours en
emagne son nom francais „Par force Jagd“.
Die wirkliche Bedeutung ift in force de chiens
u juchen, deshalb Parforcejagd, während das courre
id auf das ſcharfe Mitreiten bezieht. Die Parforce⸗
cg) it einfach eine mit beſtimmten Gebräuchen ver:
tundene Hetzjagd. Wir ſtellen uns das Reiten hinter
den Hirſch in der Hauptſache darunter vor, aber das
ten Irrtum, denn es wurden nicht allein Hirſche,
damwild und Rehe à force de chiens gejagt, fon:
dein auch Hafen, Bären, Wildſchweine, Wölfe, Füchſe,
citer und Dachſe. Der Unterſchied zwiſchen Heb:
und Parforcejagd, den man machen kann, iſt vielleicht
an genügender Grund, den letzten Ausdruck beizu⸗
behalten.
Rel wir zwischen Wechſel und Paß unterſcheiden
qifen, können wir paſſieren (aus passer) nicht ent:
hen. Einſchalten will ich hier, daß Dombrowski
von Reißzähnen jagt, fie ſeien die beiden verlänger⸗
im Zähne im Oberkiefer der Raubtiere. Das find
die Eckzähne, denn Reißzahn (Dens lacerans) heißt
kı Raubtieren jederſeits der letzte Prämolarzahn des
Cher: und der erſte Molarzahn des Unterkiefers. Sie
ind nicht verlängert wie die Ed- oder Fangzähne,
der von den andern durch Größe und Schärfe unter:
den, ſowie durch einen beſonderen Höcker an der
Inenſeite.
Raſant iſt die Flugbahn des Geſchoſſes, wenn ſie
loch nicht in hohen Bogen, verläuft. Ich nehme an,
tah geſtreckt dasſelbe ausdrückt.
Remiſe kann durch Schutzgehölz erſetzt werden;
Rendez-vous durch Sammelplatz. So lange wir
solo fingen und tanzen, können wir auch den Solo:
länger behalten, der allein, ohne Mitwirkung anderer
Hunde fängt. .
Sum Schluß möchte ich noch kurz auf einige weid⸗
nänniſche Ausdrücke eingehen, deren Herkunft und
deutung nicht überall bekannt ift.
n Nr. 39 des „Weidmann“ habe ich den Jagd-
u „Horrido“ fo eingehend erörtert, daß ich mich hier
auf den Hinweis beſchränken kann, daß es mit „Rideau“
Lorhang) nicht den allergeringſten Zuſammenhang
bat, denn es iſt ein echt deutſcher Kampf⸗ und Freu⸗
uf. Gier habe ich auch darauf aufmerkſam ge-
) Verfaſſer der Histoire de la Chasse en France,
3 Bande,
181
macht, daß Halali unſer bekannter Ruf, wenn die
Jagd aus iſt, namentlich den Hunden zugerufen wurde,
wenn ſie die Kurie erhielten, „Hallali, valets, hallali!“
Das ha la lit hat man in „ha, da liegt er“ (Döbel)
übertragen und iſt dadurch dem richtigen unbewußt
nahe gekommen, wenn der Ruf auch nicht dem zu
Stande gehetzten Hirſch galt, ſondern ein Beſtandteil
der nachfolgenden Feierlichkeiten war. au lit, au lit!
heißt aber „faßt an“ und das deutet auf den An-
feuerungsruf für die Hunde hin, denn wozu hätte
man dieſen Jägerſchrei in dem Moment gebrauchen
ſollen, in dem fie über die Curie herfielen. Bei dem
feierlichen Akt war der valet de limier (Führer des
Leithundes) derjenige, der die Decke des Hirſches von
der Kurie fortriß und „Hallali“ ſchrie.
Bett nennen wir die Stelle, an der ſich das Wild
niedertut um auszuruhen, und ſo wurde auch ſchon
die Stelle im altfranzöſiſchen bezeichnet. lit (deutſch
Bett) wurde fie genannt, denn „Jusques au lit vins
li vrais liemiers.“ Bis zum Bett führte der Leit⸗
hund, aber Halali gibt es erſt ſpäter. Hiermit oder
auch bei der Kurie läßt ſich das „ha da liegt er“
wohl in Verbindung bringen, aber an der Berechtigung
dieſer Auffaſſung zweifle ich.
Der Ruf „Talaut“ galt ebenfalls der Meute.
War die Curie vorbei, nahm ein Jagdknecht das vor⸗
her bei Seite gelegte dünne Geſcheide und ließ die
Hunde mit dem talaut hoch und höher ſpringen, bis
es ihnen zugeworfen wurde. Statt taiaut finden wir
auch „Ta haut“, „tiel au“, „thyalau“ und „ty a
hillaud “.
Dieſer Nachtiſch wurde forhu genannt von hu
(Lärm) huer (ſchreien, rufen). Beim forhu wurde
nochmals la vue geblaſen (Hirſch in Sicht) und dem⸗
zufolge großes Getöſe durch Blaſen der verſchiedenſten
Weiſen vor dem allgemeinen Aufbruch.
Von der Curie ein andermal ausführlich.
7
Die Okkupation des Wildes.
Das jagdbare Wild nimmt in rechtlicher wie tat-
ſächlicher Hinſicht eine Ausnahmeſtellung ein gegen—
über den übrigen in der Freiheit befindlichen oder
herrenloſen Tieren. Das Okũkupationsrecht ſteht hier
lediglich dem Jogdberechtigten beziehungsweiſe Jagd:
beſitzer zu; derſelbe beſitzt das Eigentumsrecht auf
alles in ſeinem Jagdbezirk befindliche Wild. Allein
dieſes Eigentumsrecht iſt kein abſolutes, ſondern an
gewiſſe Einſchränkungen im Rahmen des ſubſidiären
Jagdrechtes, wie des Strafrechts gebunden. Das Recht
der Okkupation oder der Aneignung des Verfügungs—
rechts über das erlegte und gefallene Wild — die
dauernde Beſitzergreifung iſt hierzu keineswegs unbe:
1082
dingt erforderlich — ſchließt auf der einen Seite die licht hat für den Jagdberechtigten ein ſtrafbarez
Vornahme der auf die Aneignung abzielenden Tätig⸗ begründen. Der Jagdbegriff als ſolcher erfordert
keit, aber auch das Recht auf Hege des Wildes in fih die Erlangung, die Abſicht, das Wild zu erlegen, nig
($8 958 Abſ. 1, 872, 854 BGB). Hiernach erwirbt | die Aneignung oder gar wirtſchaftliche Verwertung Wi
der Jagdberechtigte (Eigenjagdberechtigte und Jagd: Wildes. Alle jagdbaren Tiere fallen in den Be
ausübungsberechtigte) das Eigentum beziehungsweiſe | der Jagdausübung mit der Folge der Olfupati
Beſitztum am jagdbaren Wild in dem Augenblicke, mag ihr körperlicher Zuſtand ein normaler ſein
in dem er die tatſächliche Gewalt über das Wild er- | nicht, daher auch krankes und ſieches Wild. Im
langt. Ob diefe ſchon in dem Beibringen der tödlichen hin räumt aber letzteres kein Vorrecht im Falle
Verletzung liegt, wird vom BGB. nicht entſchieden, Schutzes ein.
ift vielmehr als Tatfrage der Entſcheidung des Rid: Nachdem nunmehr das Okkupationsrecht des Ja
ters nach den Umſtänden des Falles überlaſſen. Selbſt⸗ berechtigten für das jagdbare, keiner Beſchrän
redend erſtreckt fih das Okkupationsrecht nur auf unterworfene Wild, einwandfrei feftgelegt ift, jo tag:
den Umfang des dem Jagdberechtigten gehöri- die auf Grund dieſes Rechts erfolgte Befigergreiiu
gen Bezirkes. Trotz tödlicher Verletzung hat der: von Wild als ſolche im eigenen Revier auch in jend:
ſelbe kein Recht zur Aneignung, wenn es dem Wilde Fällen nicht ſtrafbar fein, in welchen dieſelbe un iq:
gelingt, noch auf das Nachbargebiet zu entkommen. Folge vorbereiteter an fic) fogar verbotener &ı
Iſt das Wild auf den Schuß liegen geblieben, fo hat lungen ermöglicht wurde oder ermöglicht werden kom
der Jagdberechtigte die phyſiſche Möglichkeit der tat: | Bemerkenswert iſt in dieſer Hinſicht ein in der jag
ſächlichen Einwirkung auf dasſelbe und in dieſem Falle lichen Preſſe vielfach beſprochenes Erkenntnis des .
ift die Okkupation im rechtlichen Sinne vollendet, ohne gerichts Eichſtädt v 16. Juni 1915. Nach dieser
daß er das erlegte Wild effektiv an fih genommen war vom Schöffengericht ein Jagdberechtigter beſtrafß
hat, ſofern er nur den Willen der Okkupation kund | worden, weil er und zwar erwieſenermaßen das Lor’
gegeben hat. Iſt jedoch eine Beſitzergreifung des durch handenſein von Füchſen und nur von folden in
den tödlichen Schuß dem Jagdberechtigten eigentüm: einem Baue anzunehmen Grund hatte, feine beiden
lich gewordenen Wildes im eigenen Revier nicht möglich, Teckel nach ſolchen ſchliefen ließ. Allein dieſelben ii: `
wie z. B. beim Waſſerwild, auch bei Hafen und Rehen derten ſtatt eines Fuchſes, einen Dachs und zwar wäh⸗
uſw., wenn ſolche auf Eis oder ins Waſſer ſich Müd- rend der Schonzeit desſelben zu Tage. In der 2.
ten, dort verenden und in ein anderes Revier weiter Inſtanz wies ein als Sachverſtändiger vernommen
getrieben werden, fo würde natürlich die Befigergreis | Forſtbeamter in ſehr ausführlicher Begründung den
fung des im eigenen Revier erlegten im fremden Re: vorliegenden tatſächlichen und daher entſchuldbaren Jre
vier eine verbotswidrige und daher ſtrafbare Jagd- tum nach und bemerkte, daß, wenn dieſes außerhalb:
ausübung involvieren. Jede unberechtigte Okkupation] [dem Willensbereich des Jagdberechtigten gelegene Ver
vom Wilde im eigenen Revier, wie z. B. des während ſehen ſtrafbar fein ſoll, das Schliefen nach Füchsen.
der Schonzeit geſchoſſenen jagdbaren Wildes oder des während der Schonzeit einfach unmöglich fei. „Heute
abſolut hegeberechtigten Wildes qualifiziert fih als ein | fei z. B. ein Bau mit Füchſen und morgen der gleiche
Jagdvergehen oder ein Jagdfrevel. Der Jagdberechtigte mit Dachſen befahren, es ließe fic) niemals voraus
kommt auf die gleiche Stufe mit einem unberechtigt ſehen, ob in einem Fuchsbau und ſelbſt neben den
Jagenden überhaupt, in gewiſſem Sinne fogar mit Füchſen nicht auch Dachſe fein könnten ...“ Darauf.
einem Wilderer zu ſtehen. hin erfolgte Freiſprechung. In die letzte Snflany lam
Der Irrtum über die Jagdbarkeit iſt im Sinne die Sache nicht. Zweifellos wäre dieſelbe aber an das
des 8 59 REIG. als faktiſcher zwar möglich, wird Landgericht zurückverwieſen und mit einer Verurteilung
aber bei der genauen Beſtimmung der Jagdobjekte | des Beklagten beendet worden, aber nicht wegen des
nur ſelten mit Erfolg geltend gemacht werden können. Schliefens nach Dächſen während der Schonzeit, fon
Zweifel, ob das Tier jagdbar fet, gilt nach der Recht: dern wegen unberechtigter Okkupation des don
ſprechung des Reichsgerichts als Eventualdolus (R. den Hunden geriſſenen und mit Schonzeit be
StrS. E. Bd. X S. 234). legten Dachſes. Es liegt alfo in anderem Sun
|
|
|
Der Begriff des Jagens fegt die Abſicht des Jagen: | eine verbotswidrige Jagdausübung nach § 292 ron
den, den Beſitz des zu erlegenden Wildes für fih zu vor. Der Jagdberechtigte war nicht befugt den Datz
erwerben, nicht voraus. Rechtliche und tatfächliche t pie:
Okkupation ſind zwei von einander getrennte Begriffe.
Die rechtliche Okkupation kann oftmals nach der tat—
ſaͤchlichen Seite hin, welche die Beſitzergreifung ermög—
da er nicht jagdbar war, zu olkupieren — de :
ter hatte denſelben in verſchiedenen Wirtſchoſten 2
Kuriofität und Trophäe feiner wackeren Teckel 9
zeigt —, er mußte ihn entweder liegen und zu Aas
— —— — —
| {allen oder der Polizeibehörde zur Verfügung
th der
b ſind
gleichmäßigen Rechtſprechung der Straf⸗
im Sinne des § 292 StG. bei den Grenz:
kotz des Wortlautes: „Wer an Orten, an
Ju jagen er nicht berechtigt ift...” alle Hand⸗
durch
rien
= ötig,
Hunde, Treiber, dritte Perſonen uſw. als
{ ftrafbar, durch welche im fremden Jagdrevier
lde nachgeſtellt, dasſelbe in ſeiner natürlichen
g beeinflußt und zum Ueberwechſeln in den
Bezirk veranlaßt wird. Auf den Erfolg
L nicht an. Es genügt die erwieſene Tat:
iner vorbereitenden Handlung, ſelbſt wenn ſie
geeignet war, das Wild im fremden Be⸗
beunruhigen“. Der Vorſatz ein beſtimmtes
okkupieren, ift zum Tatbeſtand des § 292
Es genügt der Vorſatz im allgemeinen,
nachzuſtellen, ſogar das Stehen auf dem
in fabſt bei noch nicht geladenem Gewehr (Oppen:
Stg. 1. Aufl. S. 783), natürlich nur dann,
u fremden Revier gleichzeitig Maßregeln zu
` f lleberwechſeln des Wildes getroffen find. (Hin:
Pit Anloden des Wildes an der Grenze allein
: Eſchiedenem Sinne entſchieden worden.) Haben
fberbotswidrigen Handlungen einen Erfolg, fo daß
—ſch die
c vegen
Okkupation des fremden Wildes im Eigen⸗
ermöglicht wurde, jo wird der Jagdberechtigte
der Okkupation als ſolcher, ſondern wegen
borbereitenden Handlungen, durch welche die
. bnd des
|
v Kum Se
*
A ng und Okkupation des Wildes bewirkt wurde,
Nn einem ſolchen Falle find die die Erlegung vorberei⸗
A handlungen darauf gerichtet geweſen, den Stand
Ude im fremden Jagdrevier in einer derartigen
Fe beeinfluſſen, daß dasſelbe zum Ueberwechſeln in
kmachbarte Revier veranlaßt wurde. Nicht der
an der Grenze poſtierten Jägers bildet für die
Mafwindigteit der Handlung ein maßgebendes Kri-
denn zu ſolcher Aufſtellung iſt er ja be⸗
mig —, ſondern der Stand des Wildes, dem
a fd wheedtigte Machinationen im fremden Jagd⸗
me nacheſtellt wurde, um es im eigenen Reviere
al ni
— =
—
Rag de
ji
fene oder erſchoſſene Wild aus dem fremden Jagd⸗
A das eigene durch irgendwelche Umſtände ge
des O
an zu konnen. In Folge deffen ift der Jagd-
3 ſtrafbar, wenn derſelbe nach Wild im
N
vier vom eigenen Bezirk aus ſchießt, gleich⸗
welchem Erfolg. Die Befugnis zur Okku⸗
auch dann nicht gegeben, wenn das ange⸗
metkengwert ift in dieſer Hinſicht ein Ur:
berften Bayer. Landesger. v. 12. IV. 1913.
melden hatte ein Jagdberechtigter in feinem
nach einem Rebhuhn im fremden angrenzenden
Revier einen Schuß abgegeben; dasſelbe fiel ab jen:
ſeits des die Grenze bildenden Baches. Ein Bauern-
burſche bemerkte dies und warf das Rebhuhn dem
Jäger über den Bach zu, dieſer okkupierte es. In der
Entſcheidung iſt ausgeführt, daß mit dem Schuß auf
das Rebhuhn in dem fremden Jagdrevier die ſtrafbare
Handlung ſchon vollendet war. Daß der Angeklagte
ſich nach dem Rebhuhn gebückt und es aufgehoben hat,
würde die Beſitzergreifung noch nicht ergeben. Wegen
dieſer — und wie es ſcheint nicht einwandfrei feſtge⸗
ſtellten — iſt auch die Verurteilung nicht erfolgt.
Nachdem es eine Jagd: oder Wildfolge nicht mehr
gibt, iſt auch Wild, welches vom Berechtigten inner⸗
halb ſeines Bezirkes im fließenden Waſſer erlegt oder
angeſchoſſen wurde, dann aber in den Nachbarbezirk
weiter ſchwimmt, im rechtlichen, wie tatſaͤchlichem Sinne
nicht als von dieſem okkupiert zu erachten. In erſterer
Hinſicht müßte derſelbe fremdes Gebiet betreten und
in letzterer hatte er das Wild nicht in ſeine phyſiſche
Gewalt gebracht. War alſo die ſofortige Ergreifung
des Wildes durch den Jäger nach den obwaltenden
Umſtänden z. B. wegen der Terrainverhältniſſe,
Ueberſchwemmung uſw., in der Hauptſache auch
in Folge der Einwirkung einer vis major nicht
möglich, und iſt das Wild nach der Verwundung
in das benachbarte Jagdgebiet gelangt, ſo war die
Okkupation, alſo die phyſiſche Beſitzergreifung beim
Eintreffen des Wildes in letzteren noch nicht vollen⸗
det, es kam als verwundet oder als Fallwild dahin.
der Jager, der es zur Strecke gebracht hat, hat hierauf
keinen Rechtsanſpruch mehr. Weder das Jagdrecht
noch das BGB. bieten hierzu eine Handhabe; es bliebe
nur die gütliche Einigung unter den Beteiligten übrig.
Dasſelbe trifft auch zu, wenn ein angeſchoſſenes und
ſpäter verendetes Wild mehrere Jagdbezirke durch—
ſchwimmt. Okkupationsberechtigt iſt derjenige Jagd⸗
berechtigte, in deſſen Bezirk das verendete Wild zur
Landung kommt oder in dem deſſen Beſitzergreifung
bewerkſtelligt werden kann.
Die Okkupationsberechtigung kann auch zweifelhaft
ſein für den Jäger, wenn Wild durch wildernde, fremde
Hunde während der Schonzeit geriſſen wurde. Nach
der allgemeinen Anſchauung ſteht hier dem Jagdbe—
rechtigten, als rechtlichem Eigentümer des Wildſtandes
ſeines Bezirkes das Okkupationsrecht zu. Durch die
Hunde wurde ſeinem Wildſtande ein Schaden zuge—
fügt, den er nicht veranlaßt hatte. Anders verhält
ſich die Sache, wenn der Jagdbeſitzer ſeine eigenen
Hunde während der Schonzeit auf Wild jagen, daher
auch auf Dachſe graben läßt. In dieſem Falle hat
der Jagdberechtigte nicht nur keinen Anſpruch auf das
geriſſene Wild, ſondern ſogar noch Beſtrafung wegen
verbotswidriger Jagdausübung zu gewärtigen.
184
Wie Grenzjagd überhaupt im Jagdbetriebe manche
Modifikationen bedingt, ſo kann auch oft die Okku⸗
pation des im Bereiche der Grenzlinie ſelbſt erlegten
oder dort verendeten Wildes zu ſehr verſchiedenen Auf—
faſſungen Anlaß geben.
bock, nachdem ſein Vorderkörper ſchon die Grenze
überſchritten hat, ſo iſt es jagdlicher Brauch, aber
keineswegs eine Rechtsregel, daß der Jagdbeſitzer okku⸗
pationsberechtigt iſt, in deſſen Bezirk Kopf mit Ge⸗
weih und Vorderteil ſich befindet. Man nimmt an,
daß in dieſer Richtung das Wild den Lauf einge—
ſchlagen hätte und daher doch dort noch verendet wäre.
Solange dieſes nicht der Fall iſt, iſt auch der andere
auf dieſem Gebiet d. h. auf der Lagerungsſtätte des
Wildes Berechtigte in der Lage, das Wild an ſich zu
nehmen, ohne in das Nachbargebiet phyſiſch überzu⸗
greifen. Auch iſt der vordere Teil des Tieres der
wertvollere und in phyſiologiſcher Hinſicht ausſchlag⸗
gebendere. Infolge deſſen hätte nach dem „pars pro
toto“ der Jagdberechtigte mit der Lagerung des Kopfes
auch Anſpruch auf das Ganze. Im Hochgebirge iſt
inbezug auf Hirſch- und Rehwild zwiſchen den Grenz⸗
nachbarn meiſt in dieſem Sinne ein Uebereinkommen
getroffen. Im eigentlichen Sinne und ohne gegen
den § 292 St. G., alfo gegen den Begriff der unbe-
rechtigten Jagdausübung zu verſtoßen, müßte dem
Jagdberechtigten geſtattet ſein, das innerhalb der
Grenzlinie gelagerte Wild zu okkupieren, wenn dies
ohne Betreten des fremden Bezirkes möglich iſt. Es
müßte nur ein Stützpunkt, wie z. B. für Großwild
gegeben ſein, von dem aus durch Herüberziehen und
ohne Anwendung von mechaniſchen Hilfsmitteln die
Okkupation im eigenen Bezirke möglich iſt. Aller:
dings hat der Grenznachbar das Recht der Einrede,
wenn er nachweiſen kann, daß der größere Teil
des okkupierten Wildes auf feinem Gebiete gelagert
hat. Somit hätte man dann glücklich eine geome:
triſche Jagdfolge. Sollte cine Einigung nicht
zu erzielen fein, fo müßte auf dem Wege der unge:
fähren Schätzung feſtzuſtellen ſein, welches Plus der
okkupierende Jäger feinem Konkurrenten zurückzu—
erſtatten beziehungsweiſe in Geldwerte zu erſetzen
hätte. Eine derartige Streitſache wäre dann auf
dem Wege der Zivil- oder Forderungs- beziehungs—
weiſe Entſchädigungsklage für das Zuviel des okku⸗
pierten Wildbrets auszutragen. Ein ſtrafbares Delikt
iſt ausgeſchloſſen, weil ſowohl Wahrung berechtigter
Intereſſen als auch Irrtum über die Grenze inbezuy
auf Jagdausübung durch Okkupation in Betracht
kommen können. Noch ſchwieriger als beim Großwild
wird die Regelung der geometriſchen Jagdfolge im
Grenzgebiet, wenn Kleinwild, z. B. ein Haſe, ein
Faſan, Auer: und Birkhahn uſw. auf der Grenz:
Fällt der angeſchoſſene Reh⸗
linie ſelbſt längs dieſer, alſo horizontal und nd
diametral liegen bleibt. Offenbar können auch hig
im Streitfalle nur die für das Großwild erörterid
Geſichtspunkte als maßgebend für die Entſcheidung y
der Okkupation erachtet werden. Man iſt vieti
auch hier gewohnt, die Okkupation von der Lage un
Richtung der Läufe und Ständer abhängig zu machen
weil man fih jagt, der Hafe oder das Geflügel halt
in dieſer Richtung feinen Lauf oder Flug genomme
und wäre daher ſicher nur in dieſem Reviere, wo di
vorgelagerten Gliedmaßen ſich befunden haben, un
mittelbar darauf eingegangen. Allein dem ſteht an
drerſeits doch wieder nach dem Augenſchein das ges
metriſche Größenverhältnis entgegen, wenn dieſer Eis
wand von dem Jagdkonkurrenten erhoben wird. Glück
licherweiſe find ſolche Okkupationsſtreitigkeiten ineng
auf die geometriſche Jagdfolge überaus felten und,
wenn es gelingt den Tatbeſtand einwandfrei jet:
ſtellen d. h. auch in der Richtung, daß Uebergnit
ausgeſchloſſen find und die Lage des Wildes eine der:
artige iſt, daß geradezu homogene Intereſſen im Spiele
find, ſo wird fih leicht eine Einigung unter den Be
rechtigten erzielen laſſen. Nur dann, wenn ein
unverhältnismäßig kleiner Teil des geſchoſſenen
Wildes auf der Grenzlinie desjenigen Jaghe-
ſitzers gelegen ift, welcher Anſpruch auf die Ki
pation macht und dieſelbe bereits vollzogen hat, wird
es zu Mißhelligkeiten und ſelbſt zum gerichtlichen Aus
trage kommen können. „Quod licet Jovi non licet
bovi“, alfo die Geltendmachung eines gewiſſen Bor:
rechtes mag hier auch oft eine Rolle fpielen.
Das ausſchließliche Aneignungsrecht des Jagt
rechtigten erſtreckt fih auf die lebenden jagdbaren, di
erlegten, toten Tiere, auch auf die Eier des jagdbaren
Federwildes, hier jedoch oft nur nach beſonderer poli
zeilicher Genehmigung, dagegen aber nicht auf emt
abgeworfene Geweihſtange, oder auf das Geweih und
Gehörn, welches durch den Tod und die völlige
Körperauflöſung des Hirſches oder Bodes vom
Körper getrennt iſt. Solche Geweihe find vielmehr
herrenloſe Sachen und können von Jedermann
in Beſitz genommen werden. Dagegen beſtraft bas
Jagdrecht nach einigen Landesgeſetzen auch die unde
fugte Aneignung der von Hirſchen abgemorfenen Ge
weihe, nicht aber von Rehböcken. Es kommt alfo gan
darauf an, in welchem Lande die Aneignung ab:
geworfener Stangen oder Geweihe von gefallenen.
bereits in Zerfall übergegangenen Hirſchen burt |
einen Nichtjagdberechtigten ſtattgefunden hat, .
ſtrafbar zu bleiben oder nicht. Bayern hat in m |
Jagdgeſetz hinſichtlich der abgeworfenen Geweihe uf
Gehörne keine beſonderen Beſtimmungen getro"
Auf Bayern hat daher die Rechtſprechung des Reit
185
serihte, wonach abgeworfene Geweihe oder folche von
gefallenen, in Verweſung und Zerfall übergegangenen
Hirſchen, ebenfo abgeworfene Stangen eine herrenloſe
Zache find, die ſich jedermann aneignen darf, Anwen:
dung zu finden. Nach einer autogr. Juſtiz-Min.⸗
Entſchl. ſtellt fich aber das Bewerfen, Schlagen, Verfolgen
und Hetzen von Wild durch die Unberechtigten zu dem
zede, daß es das lockere Geweih abwirft oder daß
es auf der Flucht dasſelbe abſtreift oder daß es über
wien und Abhänge ſtürzt, um die Aneignung des
Geweihes zu ermöglichen, als unbefugte Jagdausübung
dar. Hingegen beſitzen die Provinzen Oſtpreußen und
Sommern Polize iverordnungen, nach welchen bei Ge-
when das Recht zur Aneignung allein dem
Jagdberechtigten zuſteht. Da hier lediglich Ver⸗
srdnungen ohne geſetzliche Grundlage maßgebend find,
it es fraglich, ob ſolche in rechtlicher Hinſicht be:
gründet find. Im Königreich Sachſen, in den Her:
vatümern Braunſchweig, Anhalt und Sachſen⸗Koburg⸗
Gotha it durch „Jagdgeſetze“ nur Jagdberechtigten
die Aneignung der abgeworfenen Geweihe eingeräumt.
Arit im Jahre 1885 hat das Reichsgericht — es
hha} einen Fall im Gothaiſchen — ausgeſprochen,
daß es in denjenigen Gebieten, in denen die abge⸗
worfenen Geweihe uſw. der ausſchließlichen Aneignungs⸗
befugnis des Jagdberechtigten durch Landesrecht, alfo
auf dem Wege der Geſetzgebung, vorbehalten ſind, die
unbefugte Aneignung dieſer Gegenſtände nach 8 292
StGB. ſtrafbar fei.
Für das Herzogtum Braunſchweig iſt die ſtrittige
Frage ebenfalls im obigen Sinne entſchieden worden
und zwar durch das Reichsger.⸗Erl. vom 3. Juli 1894.
Tanach wurde ein Nichtjagdberechtigter verurteilt,
welcher im Herzoglichen Revier Trautenſtein das Ge:
xih eines verendeten Hirſchen, von dem ſonſt nur
nuch einzelne Knochenteile vorhanden waren, gefunden
ind ſich angeeignet hatte.
Bezieht fih das Aneignungsrecht des Jagdberech⸗
naten in Braunſchweig auch auf Rehgehörne ſo iſt
dis im Königreich Sachſen, ſowie in Anhalt und
Roburg nicht der Fall, vielmehr ſpricht hier das Ge:
tg ausdrücklich nur von Hirſchgeweihen. Die abge:
worſenen Rehgehörne gehören im Deutſchen Reiche mit
Ausnahme von Braunſchweig zu den herrenloſen
Lachen, welche ſich jedermann aneignen kann. —
| Ye ift im Deutſchen Walde nicht viel davon zu
unden.
Nicht bloß das lebende Wild, ſondern auch das
Fallwild unterliegt dem ausſchließlichen Aneig—
nungstecht des Jagdberechtigten, doch ift der Begriff
mer verſchiedenen Auslegung fähig. Fallwild im
engeren Sinne, d. i. aus natürlichen Urſachen infolge
tiner ni Abſturz, alfo auch aus mechanischen Ur:
l
en ng kk — . — I — —— — — — — — nn
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ſachen, wie infolge einer Schußverletzung, nach einiger
Zeit erſt eingegangenes Wild, ſomit auch Fallwild in
erweitertem Sinne, wie durch Jagdhunde oder Raub—
zeug geriſſenes Wild, auch ein Hirſch, welcher von
dem andern in der Brunftzeit getötet wird, Federwild,
welches ſich in den Telegraphen- oder Telephondrähten,
insbeſondere an den Drahtnetzen der Ueberlandzentralen
fängt, auch ein teilweiſe angeſchnittener, noch nicht
unbrauchbarer Haje ulm. begründen die Okkupation.
Dagegen gilt jenes Fallwild als herrenlos und daher
als aneignungsberechtigt auch für den Nichtjäger, das
die Bezeichnung Aas oder Luder verdient. Es muß
einen mehr oder minder hohen Grad der Faͤulnis —
alſo bei weitem nicht hinreichend der ſprichwörtliche
haut-gout höchſter Potenz — aufweiſen. Völlig in
Verweſung übergegangene Tierkörper oder Skelette, bt
welchen eine wirtſchaftliche Verwertung des Wildbrets
zu Genußzwecken, ſo namentlich beim Nutzwild, und
ſelbſt der äußeren Körperhülle — Haut oder Decke
beim Reh⸗, Rot: und Schwarzwild, Balg beim ge:
ſamten übrigen Wild mit Ausnahme der Schwarte
des Dachſes und des Fells der Wild- und verwilderten
Katzen — nicht mehr ratſam erſcheint, gelten als
herrenloſes Gut.
Als Fallwild kommt auch das in einer Schlinge
gefangene, dann verendete Wild in Betracht. Wer
ſich ſolches unberechtigter Weiſe aneignet, begeht
zwar keinen Diebſtahl, ſondern ein Jagdvergehen. Er⸗
greift aber jemand Fallwild, um es an die Jagd-
berechtigten abzuliefern, ſo iſt dies kein Jagdvergehen.
Hingegen iſt die Okkupation eine vollendete, wenn ein
jagdbares Tier in dem von den Jagdberechtigten zu
ſeinem Fange aufgeſtellten Netze ſich verwickelt hat,
da das Netz ebenſogut die Gewalt für den Herrn
manifeſtiert wie ein Käfig oder ein apportierender
Hund, vorausgeſetzt die Tauglichkeit des Werkzeuges.
Dagegen wird der Beſitz vereitelt — hier tritt Eigen⸗
tum und Beſitz in reziprokem Verhältnis in die Er⸗
ſcheinung —, wenn der Hund ſchlecht dreſſiert ift, die
apportiekte Bekaſſine oder Ente im Sumpfe liegen
läßt oder einem Dritten bringt, auch ſich von einem
fremden Hunde abjagen läßt, der Fangapparat oder
die Schlinge defekt wird und das eingefangene Wild
wieder entkommt. Nach dem Jagdrecht der Pfalz er⸗
langt der Jagdberechtigte, der eine Schlinge oder Falle
gelegt oder eine Grube hergeſtellt hat, die tatſächliche
Gewalt über das Tier, das in einer ſolchen Vorrich:
tung gefangen wird, es ſei denn, daß es dem Wilde
gelingt, ſich zu befreien, und tritt der Eigentums—
erwerb mit der Gefangennahme ein, wenn der Jagd—
berechtigte auch von derſelben keine Kenntnis hat.
Vermag das Tier mit der Falle zu entweichen, ſo
verliert der Jagdberechtigte den Beſitz der Falle und
25
186
erlangt nicht die tatſaͤchliche Gewalt über das Tier.
Divergierender Anſchauung begegnet die Okkupa⸗
tionsbefugnis bei gewilderten Tieren. Selbſtredend er:
wirbt der Wilderer kein Eigentum, fondern nur den
(widerrechtlichen) Beſitz. Allein auch der Jagdberech—
tigte erwirbt durch den Wilderer kein Eigentum,
wiewohl hier zwiſchen jagdberechtigtem Wilde und
Schonwild zu unterſcheiden wäre. Nach der Recht⸗
ſprechung bleibt das Wilderergut herrenlos, bis es
an den Jagdberechtigten oder auch an einen gut—
gläubigen Dritten (Erwerber) gelangt. Der Jagd—
berechtigte kann aber dem Wilderer, wenn er ihn auf
friſcher Tat ertappt, die Beute abnehmen und gegen
den Wilderer ſtrafrechtlich vorgehen, wegen Diebſtahls
und zivilrechtlich wegen Schadloshaltung (actio furti).
Gegen diejenigen aber, welche ſich Wilderergut zwar
unberechtigt, aber in gutem Glauben aneigneten (3. B.
die Gemeinde eignet ſich im Bezirke des Pächters Fall:
wild an, in dem Glauben, ein Recht zu haben) kann
nur auf dem Zivilrechtswege (die conditio sine causa)
vorgegangen werden.
Schließlich wäre noch die Frage aufzuwerfen, ob
es für den Jagdberechtigten und Jagdbeſitzer auf eine
Okkupationsverpflichtung unter gewiſſen Verhält—
niſſen nach dem Grundſatze: „Wo Rechte, da auch
Pflichten“ geben könne. Es würde ſich darum handeln,
Fallwild größerer Gattung, Aas oder Luder, wie auch
erlegte, wildernde Katzen und Hunde zu beſeitigen d. h.
zu vergraben. Damit ſollte den hygieniſchen und
veterinärpolizeilichen Vorausſetzungen Genüge geſchehen.
So müſſen alle wirtſchaftlich nicht verwertbaren ein-
gegangenen größeren Haustiere auf den Waſen verbracht
werden. In manchen Ländern beſteht Abdeckereizwang
auch für techniſch noch verwertbare Tiere. Allein kleinere
Haustiere, wie kleinere Hunde, dann Katzen, Ferkel,
Lämmer darf der Beſitzer in der Regel ſelbſt verſcharren.
Eine hygieniſche oder jagdrechtliche Beſtimmung auch
ſür entſprechende Beſeitigung und Verſcharrung ge—
fallenen unverwertbaren Wildes zu ſorgen, beſteht für
den Jagdbeſitzer nicht. Offenbar könnte derſelbe aber,
ſofern Gefahren durch den Prozeß der Fäulnis für
die Oeffentlichkeit zu befürchten ware, hierzu von der
Polizeibehörde angehalten beziehungsweiſe die Beſeiti—
gung auf ſeine (oder des betreffenden Grundeigentümers)
Koſten veranlaßt werden. Nur bei Wildkadavern, welche
die Erſcheinungen oder den Verdacht auf Wildſeuche,
Milzbrand, auch Rauſchbrand aufweiſen — Schwarz-,
Rot-, Dam- und Rehwild kommt hierfür in Betracht
—, ſchreitet nach dem Viehſeuchengeſetze die Polizei—
behörde ſofort ein. Hier hat der Jagdberechtigte die
Anzeigepflicht. Nach derſelben verliert er jede Verech—
tigung, über das gefallene, erlegte ſeuchenkranke wie
ſeuchenverdächtige Wild zu verfügen. Iſt der Ber:
dacht unbegründet, fo bleibt ihm die Verwertung des
Wildes gewahrt, außerdem werden die Kadaver nod
den Vorſchriften des Geſetzes zur Verhütung einer Ar:
ſteckung unſchädlich beſeitigt. Anders verhält es fid
mit der Okkupation und Verſcharrung der erlegten
Hunde und Katzen. Dieſe müſſen im Gegenſatz zun
Aaswild unbedingt verſcharrt werden, fie dürfen nicht!
länger als 24 Stunden im Freien lagern. Hat nun;
der Jagdberechtigte und Jagdbeſitzer das Recht zur,
bedingungsloſen Okkupation und damit auch die Ber: !
pflichtung zur Verſcharrung der in feinem Jagdgebiete
erlegten wildernden Hunde und Katzen? Dieſe Frage
muß nach beiden Richtungen verneint werden. Der
Jagdberechtigte hat nach Maßgabe der in den einzelnen
Ländern beſtehenden Vorſchriften, außerdem nach den Be: —
ſtimmungen des BGB. über den Notſtand das Recht
ſolche Tiere zu „töten“, auf welche Weiſe, ob durch be
Schußwaffe, Fangapparate uſw. ift gleichgültig, mr
dürfen nicht abſichtliche Quälereien ſtattfinden. Durd
die berechtigte Tötung — und ſolche einwandfrei er:
wieſen — wird der Jagdberechtigte aber keineswegs
zum Eigentümer des erlegten Hundes, wie bei der ein:
geräumten oder weidrechtlichen Okkupation des Wildes
Es find zwei von einander völlig verſchiedene Mode:
litäten. Die jagdrechtliche Okkupation ift Selbftzned,
das Endziel des Jagdbetriebs, die Umlegung ber wilden:
den Hunde und Katzen als Störenfriede der Jagd if
jedoch nur ein Mittel zum Zweck, eine Selbå:
und Nothilfe, um den Jagdbetrieb auf feiner Habe
zu halten. In dieſem Falle tritt der Jagdberedhtigte
als Korrektor und bedingter Eigentumsftellvertrelet
für den Hundebeſitzer, welcher nach dem BGB. die
Pflichten eines guten Tierhalters zu erfüllen hat, ein und
zwar mit der ſummariſchen Maßnahme, die von demſelben
durch feine Fahrläſſigkeit, durch Nichtbeaufſichtigung des
Hundes oder der Katze dem Wildſtande drohende oder
tatſächliche zugefügte Schädigung durch den Tod des
Tieres abzuwenden oder zu beſtrafen. Der Tierkörper
gehört aber dem Jäger ohne Weiteres nicht, im Gegen:
teil hat derſelbe die Pflicht, denſelben auf Verlangen
an den Hunde- oder Katzenbeſitzer herauszugeben. Dir
fem kann daran gelegen fein, das Fell, das weit oder
ſelbſt das Fleiſch zu verwerten. Eine Verpflichtung,
den Hundebeſitzer vom Tode des Tieres in Kenntnis
zu ſetzen, ift, wenn er dem Jagdberechtigten bekannt
ift, ratſſam — oft aber auch nicht! —, aber keines
wegs vorgeſchrieben. Nun fragt es ſich: „Wer hat die
vorläufige oder dauernde Okkupation mit der golg:
der Verſcharrung und Beſeitigung des Tieres zu über
nehmen.?“ Der „Jäger“, der „Beſitzer des Hundes,
wie der „Eigentümer des Grundſtückes“, auf dem der
Hund erſchoſſen wurde, können hierfür in Betra
kommen. Die Rechtlage wird am beſten illuſtrier
th nachfolgendes in der „Deutſchen Jägerzeitung“,
17 Bd. 57 enthaltene Urteil: „Der Forſtlehrling
hatte im September 1910 bei Ausübung der
herjagd auf der von feinem Lehrherrn, Oberförſter
1 B., gepachteten Gemeindejagd H. einer vom Hunde
firgten Katze einen Fangſchuß gegeben und die
ſodann in einem Haferſtücke liegen laſſen. Es
g polizeilicher Strafbefehl wegen Uebertretung des
, 8. des Feld⸗ und Forſtpolizeigeſetzes. Das
ffengericht in C. ſprach den Angeklagten frei. Die
egen ſeitens der Staatsanwaltſchaft eingelegte Be⸗
wurde durch Urteil der Strafkammer in Koblenz
ojn mit folgender Begründung: Durch das
laſſen der Katze hat der Angeklagte ſich nicht
t gemacht. Das Feld: und Forſtpolizeigeſetz
iat nicht den Zweck, die öffentliche Geſundheit zu
„ bährleiſten. Dieſes Ziel fof durch andere Geſetze
mn werden, gegen deren Beſtimmungen der An-
“Blage nicht verſtoßen hat. Das vorgenannte Geſetz
: met nur, die Privatintereſſen des Grundſtücks⸗
timers zu ſichern. Der $ 26, 3 ſtellt nur den
: - Ber Strafe, der unbefugt ein totes Tier liegen läßt,
> ccharrt oder vergräbt. Ein unbefugtes Liegenlaſſen
:: Katze ſeitens des Angeklagten würde vorliegen,
zem das Geſetz die Verpflichtung, ein totes Tier zu
~ Gemen, allgemein für den aufſtellte, der den Tod
$ Tieres verurſacht hat. Eine ſolche Verpflichtung
‚kim Geſetze nicht begründet. Als zur Entfernung
„ Teres verpflichtet kann nur der angeſehen werden,
: Pemerfeits berechtigt war, über das Tier zu ver:
„anderſeits das Haferfeld betreten durfte. Im
Fliegenden Falle könnten zur Entfernung des Tieres
In in Frage kommen entweder der Eigentümer des
8 oder der Eigentümer des Grundſtücks, auf
mes ſich befand. Der Angeklagte war zur Ent:
ung des Tieres um ſo weniger verpflichtet, als er
À burch das Betreten des Haferſtücks, das er, um
- W Kate zu entfernen, betreten mußte, nach $ 10 des
. Wigmannten Geſetzes ſtrafbar gemacht hätte. Eine
Lemfichtung des Angeklagten, dem Eigentümer der
7 Rate ober der Ortspolizeibehörde von dem Tode der
k Rate Mitteilung zu machen, ergibt fih weder aus
> bem § 25,3 noch aus einer anderen Beſtimmung des ge:
5 anner Geſetzes. Der Uebertretung einer ſolchen Vor⸗
at it der Angeklagte auch nicht beſchuldigt. Dem:
a Geni war die Berufung zurückzuweiſen. Die gegen
_ 9 9 85 Urteil ſeitens der Staatsanwaltſchaft einge:
al le Revifion ift leider zurückgezogen worden, fo daß eine
ade Entſcheidung nicht ergangen iſt. Letztere
, Lourie aber kaum zu einem anderen Ergebniſſe geführt
f Be die Neviſionsbegründung nicht ſehr über⸗
E oie war.“ Im gleichen Sinne ſpricht ſich auch
"Mlheidung des Landgerichts Zweibrücken —
„ „
187
veröffentlicht in Nr. 7 des Deutſchen Jäger von 1916 —
aus. Nach derſelben hatte ein Jagdhüter angeblich
gegen das Ueberhandnehmen der wildernden Hunde
Vorſtellung beim Bürgermeiſter erhoben. Als er
wieder einmal zwei Hunde nach Wild jagend in ſeinem
Revier antraf, ſtreckte derſelbe den einen davon nieder
und beauftragte ſeinen Begleiter, dem vermeintlichen
Beſitzer des Hundes hiervon Mitteilung zu machen.
Dieſer kümmerte ſich nicht weiter darum; der Hund
blieb liegen und der Jäger wurde wegen Nichtver:
ſcharrens des Hundes — über 24 ftündigen Lagerns
— mit der geringſt zuläſſigen Strafe von 1 Mk.
belegt, weil die Polizeibehörde glaubte, den Jäger
verantwortlich machen zu können für das Unterlaſſen
der Verſcharrung, in der Berufungsinſtanz aber mit
der Begründung freigeſprochen, daß zur Verſcharrung
des Hundes der Beſitzer verpflichtet geweſen wäre,
„weil derſelbe infolge Unachtſamkeit, durch Nichtbeauf⸗
ſichtigung den Tod des Hundes veranlaßt habe und
rechtzeitig von der Tötung des Hundes verftändigt
worden war.“ |
In gleicher Weile wie mit der Okkupation der
erlegten Hunde und Katzen verhält es ſich auch mit
der Erlegung (gemeingefährlicher) herrenloſer, ent-
laufener anderer Haustiere, oder der Gefangenſchaft
entwichener und in den Zuſtand der früheren Wild⸗
heit zurückgekehrter wilder Tiere; der Jagdberechtigte
darf ſolche erlegen und auch okkupieren, jedoch nur
dann, wenn ſich kein Eigentümer derſelben meldet.
Das Okkupationsrecht iſt hier gegenüber dem jagd⸗
baren Wilde nur ein bedingtes. Der Jäger hat dem
Cigentümer ebenſo wie bei der Erlegung von Katzen
auch bei anderen Tieren, zu deren Tötung er bered:
tigt war, die Verfügung über das getötete Tier zu
überlaſſen. Die zahmen Tiere begründen das Eigen:
tumsrecht auch dann noch, ſelbſt wenn ſie verwildern.
Sie gelten alſo nicht im abfoluten Sinne als „herren:
los“, ſodaß jeder, der ſie faͤngt oder erlegt, dieſelben
ohne weiteres behalten darf. Wohl zu unterſcheiden
davon find allerdings gezähmte Tiere. Es find
dies ſolche, welche ihrer Art nach zu den wilden (jagd:
baren) Tieren gehören, aber an die menſchliche Herr⸗
ſchaft gewöhnt worden ſind, wie dies z. B. bei Rehen,
Hirſchen, Störchen, ſelbſt Fiſchottern u. a. bisweilen
geſchieht. Dieſe bleiben im Eigentum des Eigentümers,
ſolange ſie die Gewohnheit haben, an den ihnen be—
ſtimmten Ort z. B. in ihren Stall, Gehege zurück—
zukehren, auch wenn ſie ihn zeitweiſe verlaſſen. Wer
ſie bei einer ſolchen Gelegenheit einfängt oder gar
tötet, um fie zu okkupieren, begeht, wenn er weiß,
daß ſie gezähmt ſind, einen Diebſtahl, und ſelbſt,
wenn er das nicht weiß, kann ihm das tote Tier vom
Eigentümer abgefordert werden. Es iſt daher auch
25*
1866
der Jäger, der Feldtauben ſchießt und okkupiert | in der Viehbucht läge „en gruglich Diert“, fie hätt
wegen Diebſtahls ſtrafbar. Liegt jedoch tatſächlicher [ihm ſchon einen mit der Forke gegeben, es wollte aber
Irrtum, Verwechslung mit Wildtauben ohne Ottu- nicht forgehen. Der Mann nahm feine Flinte und
pation vor, fo kann der Schütze nur wegen Schaden: gab aus nächſter Nähe einen Schrotſchuß auf das In:
erſatz durch den Taubenbeſitzer belangt werden. Ein getüm ab. Dies wurde der Löwin denn doch je
Okkupationsrecht befigt in ſolchen Fällen der Yager ungemütlich; fie ſpraug auf, mitten durch die in der,
oder Erleger nicht. Der Tierbeſitzer verliert mit dem Bucht eingepferchten zahmen Tiere, ohne dieſen indefien:
Entweichen zahmer oder gezähmter Tiere, in dem die etwas zu tun, ſetzte über den Zaun und lief nach den,
ſelben nicht mehr an den für fie beſtimmten Ort zu: Felde, wo fie fih wieder niederlegte. Der Butler,
rückkehren, zunächſt nur die phyſiſche Gewalt über fie, dem der Vorfall berichtet wurde, ſandte nach Rostock
fie werden „herrenlos“, allein eine gewiſſe rechtliche um Hilfe. Eine Kompagnie Soldaten rückte aus, der:
Gewalt über fein früheres Eigentum bleibt demſelben Hauptmann an der Spitze, umſtellte das Tier, das
im Falle der Ergreifung oder der Tötung doch ge: weder anzugreifen noch zu fliehen Miene machte, und
wahrt. Es müßte denn fein, daß er fic) von freien erſchoß es. Die Ldwenjdger legten die getötete Löwin
Stücken der Tiere entledigt und das Eigentum über auf eine Bahre, umkränzten fie mit Eichenlaub und
dieſelben aufgegeben hat. zogen mit ihr ſiegreich in Roſtock ein. |
Die Frage der Okkupation bei gezähmten, der Ge: Nun erhob fih der Streit um das Löwenfell. W
fangenſchaft entwichenen wilden Tieren wird an einem | Prätendenten kamen in Betracht: der Menageriebeſitzr,
praktiſchen Fall unter dem Titel „Die Roſtocker Löwen- der Gutsherr von Kuſſewitz als Jagd berechtigter, |
jagd“ in „Bernhöft. Rechtsfragen des täglichen Qe- endlich der Militärfisfus, für den die Soldaten gr -
bens“ in ſehr inſtruktiver Weiſe behandelt. Wir ent- handelt hatten.
nehmen den intereſſanten Ausführungen das Mad): Viele, ſelbſt Juriſten, waren anfangs geneigt, fd
ſtehende. für den Kuſſewitzer Gutsherrn zu erklären. Ihnen
„In den achtziger Jahren des vorigen Jahrhun- wurde aber entgegengehalten, daß die medlenburgide —
derts ereignete fih in der Umgegend von Roſtock ein] Jagdordnung nichts von Löwen ſagt, und fo fimo
Fall, der den Juriſten Gelegenheit zu endloſen Er: die urſprünglich anſehnliche Partei ſchnell zufamme.
örterungen gab und auch die Nichtjuriſten aller Kreife | Denn es ließ ſich allerdings nicht leugnen, daß die
lebhaft intereſſierte. Beiläufig gejagt, wurde dadurch Löwen in Mecklenburg — und wohl auch in den an
Ben Akiba Lügen geſtraft, denn kein Lied, kein Helden- deren deutſchen Staaten — nicht zu den jagdbaren
buch meldet, daß jemals vor- oder nachher bei Roſtock | Tieren gehören. |
eine Löwenjagd veranftaltet worden ift. Alſo war gemeines Recht zur Anwendung zu bringen.
Einem Menageriebeſitzer, der fih einige Zeit in | Damals galt in Mecklenburg das römische Recht, das
Roſtock aufgehalten hatte und von dort nach Ribnitz | in dieſem Punkte mit dem heutigen bürgerlichen Rechte
ziehen wollte, war eine Löwin beim Füttern entkom-⸗ ziemlich genau übereinſtimmt. |
men. Er hatte gunidft verſucht, fie wieder in den Eine große Zahl der Juriſten trat für den Men:
Käfig zu locken, war aber, da fih dies als vergeblich | geriebeſitzer ein. Sie behaupteten, er habe bas Eigen
erwies, nach Ribnitz weiter gezogen. Das Tier irrte tum an der Löwin nicht verloren. Gab man dad zu,
nun in der Umgegend umher, ſcheint aber keinen Scha- | fo war die Tötung der Löwin zwar berechtigt, peil |
den angerichtet zu haben. Wahrſcheinlich war es in dieſe trotz ihrer offenbaren Gutartigkeit immerhin eine
der Gefangenſchaft geboren und kannte die Freiheit Gefahr für die Bewohner der ganzen Gegend war,
überhaupt nicht; manches deutet auch darauf hin, daß aber an dem Kadaver, alfo auch an dem Felke bid
es frank war. Jedenfalls verſtand die Löwin es nicht, das Eigentum des Menageriebeſitzers beſtehen.
ſich bei den Landbewohnern in den Reſpekt zu ſetzen, Dieſe Auffaſſung wurde durch eine von dem ange
der ihr eigentlich gebührt hätte. Vielfach wurde fie | fehenen Rechtsgelehiten Dernburg aufgeftellte und bu:
für einen „großen gelben Hund“ gehalten; ein befon- | mals weitverbreitete Meinung geſtützt, daß auslän: |
ders intelligenter Taglöhner, der fie auf dem Felde diſche Tiere überhaupt nicht bei uns durch Entfliehen
bemerkt hatte, berichtete feinem Herrn darüber und herrenlos würden. Hierzu fei nötig, daß fie in ihre
meinte, „das müßt’ wohl en Muleſel fin, fon Diert „natürliche Freiheit“ zurückkehrten, und von emet
had he noch nich ſehn“. „natürlichen Freiheit“ ſolcher Tiere könne bei uns
Schließlich nächtigte fie in dem Dorfe Kuſſewitz in nicht die Rede fein. |
der Viehbucht eines Hofmeiſters. Des Morgens kam Der Begriff der „natürlichen Freiheit“ ift unklar Ä
deſſen Frau, die nach dem Vieh hatte ſehen wollen, und eine ſcharfe Begrenzung der Tiere, die bei a
zu ihm: er möchte doch einmal ſchnell herauskommen, „natürlich frei” fein können, würde auf große Gwir |
E
Ve
189
rigteuen ſtoßen. Ueberhaupt hat die Anſicht viel Be-
denkliches, auch vom rechtspolitiſchen Standpunkte aus.
Denn es iſt kein Grund dafür abzuſehen, daß die⸗
jenigen, die fremde Tiere ins Land bringen und ſie
dann nicht bändigen können, beſſer geſtellt ſein ſollen,
als diejenigen, die einheimiſche Tiere einfangen. Für
das Bürgerliche Geſetzbuch (§ 960 Abſ. 2) ift die An:
ſicht gar nicht zu halten, weil dieſes nur von „Frei⸗
heit“ und nicht von „natürlicher Freiheit“ ſpricht.“
Die richtige Entſcheidung iſt, daß der Menagerie⸗
tehger das Eigentum an der Löwin verlor, als er
die Verſuche, ſie wieder an ſich zu locken, einſtellte,
denn damit „gab er die Verfolgung auf“. Die Löwin
xurde dadurch herrenlos und konnte nunmehr, da die
Jagdordnung über Tiere dieſer Art keine Beſtimmung
trifft, nach den allgemein geltenden geſetzlichen Regeln
von jedem nicht nur erlegt, ſondern auch in Beſitz
genommen werden. Der Millitärfiskus hatte aljo das
Eigentum erworben.
Zum Prozeß kam es damals nicht. Das Mili-
tär behielt einfach das erlegte Tier, der Kuſſewitzer
Gutsherr ſah, als ſeine Reklamationen unbeachtet
blieben von einer Klage ab, und der Menageriebeſitzer
meldete fih überhaupt nicht. Das Löwenfell liegt
noch heute auf der Roſtocker Offiziersmeſſe. Es ſoll
aber ziemlich ſchäbig ausſehen.“
Eigenartig geſtaltet ſich auch das Okkupationsrecht
bei der im Jahre 1906 in Böhmen eingeführten und von
da aus immer weiter in die benachbarten Länder vor⸗
dringenden amerikaniſchen Biſamratte. Dieſelbe
iſt ein Nagetier, weder eine Ratten⸗ noch eine Biber⸗
art, ſondern eine Wühlmaus. Solange dieſelbe nicht
als jagdbar oder fiſchereiberechtigt erklärt iſt, hat jeder
das Recht, dieſelbe einzufangen und zu okkupieren. Es
beſtehen alſo weder für Jäger noch für Fiſcherei⸗
berechtigte Vorrechte. Letzterer darf aber nicht durch
die Schußwaffe, ſofern nicht der Jagdeigentümer zu
deren Gebrauch denſelben ermächtigt hat — da das
Betreten des Jagdreviers in Jagdausrüſtung ohne
Erlaubnis verboten iſt —, die Okkupation der Biſamratte
ſich ſicern. Das Gleiche würde auch für Fiſchreiher
und Fiſchotter gelten.
Das Okkupationsrecht für Wild in Wildparken,
Wildhegen oder Tierparken kann oftmals zu diver⸗
gierenden Rechtsanſchauungen führen. Der Inhaber
der großen Gehege iſt, wie jeder Jagdeigentümer, im
weiteſten Sinne Eigentümer des Wildſtandes, aber
nicht ohne weiteres Eigenbeſitzer, weil er nach
$ 872 BGB. die Tiere inſofern nicht als ihm ge:
hörend beſitzt, als er beliebig ſein Eigentumsrecht aus⸗
üben und ſie ohne weiteres in ſeine Gewalt bringen kann.
Größe, Umzäunung, Wildſtand, insbeſondere ob das
—— —ñ———
Wild durch die Beſchaffenheit der Umfriedigung ver⸗
hindert wird, ſich der gewollten Tötung und Okku⸗
pation zu entziehen oder nicht, ſind hier von Belang
inſoferne, als ein für ſich abgeſchloſſenes Ganze, für
das auch die Beſtimmungen über Hege (Wildgärten)
nicht Platz greifen können, mit der Möglichkeit, jeder⸗
zeit die Okkupation an dem eingeſchloſſenen Wild:
ſtande zu vollführen, in Frage kommt oder ob trotz
des Umfanges, der Einfriedung, da mit der Möglich:
keit des Entweichens zu rechnen iſt, die Okkupation
erſt durch planmäßiges Jagen, wie in freier Wild⸗
bahn überhaupt geſchehen kann. In letzterem Falle
würde derjenige, welcher eine abgeworfene Hirſchſtange
als herrenloſe Sache okkupiert, keinen Diebſtahl be⸗
gehen — Entſch. des Oberl. Köln v. 20. X. 1895 —,
dagegen würde jeder, der das in einem Park, Hege⸗
reien eingeſchloſſene Wild wider den Willen des Cigen⸗
tümers jagt und okkupiert, einen Diebſtahl nach § 242
StGB. begehen. Wer aber eingezäuntes Wild nur
tötet, z. B. aus Vergnügen an der Jagd, mit der
Schußwaffe oder durch Hetzen mit Windhunden, ohne
es wegnehmen zu wollen, der begeht eine Jagdſchädi⸗
gung. Wer dagegen im geſchloſſenen Gehege Flug⸗
wild, welches feinen Anflug nach oben hat, unberech⸗
tigt ſchießt, iſt weder wegen Diebſtahles noch wegen
Jagdſchädigung, ſondern wegen Jagdvergehens zu be:
ſtrafen; denn dieſes Flugwild befindet ſich in ſeiner
natürlichen Freiheit und nicht in dem Gewahrſam
eines andern. Daß indes der für den Ausſchluß des
Jagdrechts inbezug auf Wildhege und für die recht:
liche Beurteilung des Begriffes „Wildgarten“ ſehr
weit gezogen werden kann, beweiſt ein Erkenntnis des
VI. Ziv.⸗Senats des Reichsger. v. 9. I. 1902. Nach
demſelben wurde für das in einem 3600 ha großen,
von der Eiſenbahn durchſchnittenen Wildparke des
Fürſten Henkel von Donnersmark Beſitz und Eigen⸗
tum des Parkeigentümers am Rotwilde angenommen,
„weil nach den örtlichen Verhältniſſen das im Wild:
parke eingeſchloſſene Rotwild vollftantig am Austreten
gehindert und damit ſeiner natürlichen Freiheit be⸗
raubt it“. Vgl. auch den Artikel „Die Redt:
ſtellung des Wildes in eingefriedeten Wild: .
gärten“ auf S. 119 dieſer Zeitſchrift.
Das Okkupationsrecht des Jagdbeſitzers iſt ſomit
von verſchiedenen Vorausſetzungen inbezug auf Wild
oder auf jagende und frei umherſtreifende Haustiere,
wie der Gefangenſchaft entwichene wilde Tiere, ab-
hängig und, ſoweit nicht die einſchlägigen Beſtim⸗
mungen des BGB. (8§ 854, 872, 958) anwend⸗
bar ſind, dem Jagdrechte der einzelnen Bundes—
ſtaaten unterſtellt. Vielleicht bringt uns in ab:
ſehbarer Zeit ein der ungeheueren Opfer würdiger
Friede auch ein wahrhaft deutſches, bodenftändiges
190
Jagd: und ein einheitliches Okkupationsrecht. in welchem
die Allüren der engliſchen und franzöſiſchen Fleiſch⸗
jäger und Wildmörder keine Stätte finden können.
M. Reuter.
Nie verwendung von Kriegsgefangenen in der
Torſtwirtſchaft.
Von K. Forſtmeiſter Dr. Schinzinger in Hohenheim.
Zu den gewaltigen Aufgaben, welche der Krieg
mit ſich brachte, gehörte von Anfang an für Heeres⸗
verwaltung wie Regierungen eine andauernde, geeig⸗
nete und nutzbringende Beſchäftigung der Kriegsge—
fangenen im Dienſte der Landeskultur. Dieſe Auf:
gabe iſt trotz ihrer außerordentlichen Sckwierigkeiten
voll gelöſt worden. In weitgehendem Maße wurde
den Wünſchen der Gewerbetreibenden ebenſo wie der
Land⸗ und Forſtwirtſchaft Rechnung getragen, die Ge⸗
fangenen nach ihren früheren Berufsarten ausgeſchie⸗
den und dementſprechend verteilt. Die ſtellv. General⸗
kommandos ſtellten Bedingungen auf für Geſtellung
der Kriegsgefangenen zu gewerblichen, landwirtſchaft-
lichen und ſolchen forſtlichen Arbeiten, die in geord⸗
neten Forſtbetrieben vorfallen (Holzhiebe, Kultur-,
Wegarbeiten, Rindeſchaͤlbetrieb, Schädlingsbekämpfung
uſw.). Die Nachfrage nach Kriegsgefangenen war zu⸗
nächſt gering von ſeiten der Land⸗ wie der Forſt⸗
wirtſchaft.
Es zeigte ſich, von größeren Betrieben abgeſehen,
überhaupt recht wenig Neigung, Kriegsgefangene in An⸗
ſpruch zu nehmen. Mündlicher und ſchriftlicher An⸗
regung gegenüber erfolgten Einwendungen der ver-
ſchiedenſten Art, welche indeſſen meiſt das gemeinſam
hatten, daß ſie wenig ſtichhaltig waren.
Mit der Steigerung der Einberufungen wuchs aber
die Erkenntnis, daß, wenn auch mit den Beurlau—
bungen von Mannſchaften nicht gekargt, ja bis an
die durch militärische Intereſſen gezogene außerſte
Grenze gegangen wurde, dennoch die land- und forſt⸗
wirtſchaftliche Arbeit mit den bisherigen Hilfsmitteln
nicht bewältigt werden konnte.
Die Not lehrte die Vorurteile überwinden, gute
Beiſpiele taten das ihrige, die Geſuche ſchwollen in
einer Weiſe an, daß heute bei weitem nicht mehr allen
Wünſchen Rechnung getragen werden kann.
Das Geſuch um Geſtellung von Kriegsgefangenen
ift in Württemberg bei dem ſtellv. Generalkommando
einzureichen.
Es muß enthalten: die Zahl der Kriegsgefangenen,
Wünſche bezüglich der Nationalität, Angabe der Arbeit,
Beginn und Dauer der Beſchäftigung, Art der Unter⸗
bringung und die Erklärung, daß der Geſuchſteller
fih den vom Generalkommando aufgeſtellten Bedin
ungen unterwerfe.
Der Inhalt der letzteren ift im weſentlichen jo]
gender: Die Geſtellung ecfolgt in kleineren Betrieben
an die Gemeinden, in größeren an die Betriebsinhaber
(Forſtämter, Gutsbeſitzer, Pächter) als Arbeitgeber.
Weniger als 10 Kriegsgefangene werden in der
Regel nicht abgegeben. An Bewachungsmannicaitei .
ſind erforderlich:
bei 10 Kriegsgefangenen 2 Mann,
„ 11—20 „ 8 |
„ 21—30 = 4 „
„ 31—40 * 5 „ 1
„ 41— 50 5 6 „ |
„ 51-60 3 a he
je mit Einſchluß des Kommandoführers (Unteroffizier, :
Gefreiter oder Gemeiner). E
Die Heeresverwaltung wird darauf bedacht fen.
daß als Bewachungsmannſchaften womöglich folde.
Leute kommandiert werden, die in der betreffenden
Arbeit einige Erfahrung beſitzen.
Als Entgelt für die Geſtellung der Kriegsgefange
nen hat der Arbeigeber zu leiſten: :
a) eine an die Heeresverwaltung zu entrichtende
allgemeine Vergütung, die im einzelnen Fall mit dem
Arbeitgeber vereinbart wird und fih nach den otè:
üblichen Löhnen des Beſchäftigungsortes richtet, jedod
unter angemeſſener Berückſichtigung der Leiſtungs⸗
fähigkeit und Arbeitswilligleit der überlaſſenen Kriegs.
gefangenen; |
b) eine tägliche Zulage an die Bewachungsmann⸗
ſchaften in Höhe von 50 Pfg. für den Kopf;
c) für jeden Kriegsgefangenen eine Geldabfindung,
die für den Arbeitstag beträgt
bei Sſtündiger Arbeit 20 Pfg.,
” 9 ” n 25 n
O y „ 30 „
d) endlich fallen dem Arbeitgeber die Koſten des
Transportes der Gefangenen und Bewachungsmann
ſchaften zur Laſt.
Die Beförderung der letzteren auf der Gijenbahn
erfolgt zum Militärfahrpreis, d. h. zum Preis von
1 Pfg. für die Perſon und den Kilometer, der erſteren
mit Fahrkarten 4. Klaſſe.
Tägliche Geftellung der Kriegsgefangenen vom
Lager aus erfolgt nur, wenn der Arbeitsort vom Lager |
nicht weit entfernt iſt. |
Werden — wie dies die Regel bildet — di
Kriegsgefangenen und Bewachungsmannſchaften u
Arbeitgeber untergebracht und verpflegt, fo werden
ihm die Koſten hierfür zurückvergütet, und zwar fùr
die Unterbringung 15 Pfg. für den Kopf und Tag
für die Verpflegung der Gefangenen 75 Pfg. der
191
Bewachungsmannſchaften 1,20 Mk. für den Kopf und Arbeitgebers, den Gefangenen die etwa erforderliche
Tag.
Wird nur die Mittagskoſt von dem Arbeitgeber
gewährt, ſo werden ihm für die Gefangenen 50 Pfg.,
für die Bewachungsmannſchaften 90 Pfg. für den
Kopf und Tag vergütet.
Bei täglicher Geſtellung vom Lager aus wird den
Dewachungsmannſchaften keine Zulage gewährt.
Die Unterbringung der Kriegsgefangenen hat ſtreng
äbzeſondert in Schulräumen, Turnhallen, Scheunen
oer ähnlichen Räumen, die eine leichte Bewachung
cmagliden, zu erfolgen.
Lagerſtätten aus Strohſäcken, dazu Kiſſen mit Heu,
Segras oder Stroh gefüllt und 1, wenn nötig 2
zeiene Decken.
Den Bewachungsmannſchaften iſt angemeſſene, gute
Unterkunft zu gewähren.
Den Kriegsgefangenen ift eine auskömmliche, cin:
he Koſt, welche in ihrer Menge und Zuſammen⸗
hung den Arbeitsleiſtungen entſpricht, zu verabreichen.
Den Lebensgewohnheiten iſt tunlichſt Rechnung zu
tragen.
Die Bewachungsmannſchaft hat Anſpruch auf gute
delöſtigung. Die Geldabfindung ift den Kriegsge⸗
fangenen täglich auszubezahlen. Solchen, die es an
Gitex oder Disziplin fehlen laffen, kann die Geldab⸗
findung ganz oder teilweiſe einbehalten werden und
it an die Kaffe des Depots abzuführen. Die Lohn:
iten find dem Kommandoführer mitzugeben.
Die Arbeitsgeräte ſind vom Arbeitgeber zu ſtellen
miätig). Die Beſtimmungen der Reichsverſicherungs⸗
ordnung finden auf die Kriegsgefangenen keine An-
Andung.
Die Gefangenen müſſen in einem Trupp oder
Dmigiten’ in fo großen Gruppen beſchäftigt werden,
daß eine genügende, ſtändige Bewachung gewährlei⸗
et iſt.
Wirtshausbeſuch, jeder Verkehr mit der Zivil-
bevölkerung iſt zu unterbinden.
Entweicht ein Kriegsgefangener, ſo ſind die nächſt
gelegenen Polizei⸗ und Landjägerſtellen, die andes:
polyeyentrale ſowie das Gefangenendepot telephoniſch
in Kenntnis zu ſetzen. Die Mitteilung hat zu ent:
hallen Namen, Perſonalbeſchreibung des Entwichenen,
115 Angaben über ſeine Sprachkenntniſſe und Geld⸗
ent.
Die Gefangenen dürfen weder Briefe zur Poft
geben noch empfangen. Hiervon find die nächſten
Poftanftalten zu verſtändigen.
Erkrankte Kriegsgefangene find unter Benachrich⸗
tigung des Gefangenendepots in das nächſt gelegene
Ariegsgefangenenlazarett überzuführen.
In Fällen leichter Erkrankung iſt es Sache des
ärztliche Behandlung angedeihen zu laffen.
Die Geſtellung von Kriegsgefangenen erfolgt nur
gegen Beſcheinigung des am Beſchäftigungsort befind-
lichen oder ihm nächſtgelegenen öffentlichen Arbeits:
amtes darüber, daß der Arbeitgeber ſeinen Arbeiter⸗
bedarf bei dem öffentlichen Arbeitsamt angemeldet hat,
daß ſein Bedarf aber durch dieſes nicht oder nicht
vollſtändig befriedigt werden konnte.
Mit Genehmigung der K. Forſtdirektion wurden
im Forſtamtsbezirk Hohenheim im Mai 1915 in einem
10 Hektar großen Eichenſchälſchlag franzöſiſche Kriegs—
gefangene aus dem Gefangenenlager Stuttgart-Berg
verwendet, da es an einheimiſchen Arbeitskräften fehlte.
Auf Grund der an Ort und Stelle getroffenen Rück⸗
ſprache war die Kommandantur des Lagers bereit,
51 Gefangene nebſt 1 Unteroffizier und 7 Mann Be⸗
wachung bis auf weiteres in ſtets widerruflicher Weiſe
täglich zu ſtellen.
Als Entgelt für die Geſtellung hatte das K. Forſt⸗
amt zu leiſten:
a) an die Heeresverwaltung eine Vergütung von
1 Mk. für den Gefangenen und Tag,
b) an jeden Kriegsgefangenen eine tägliche Abfin⸗
dung von 30 Pfg,
c) an die Stuttgarter Straßenbahn die Koſten
für die Geſtellung eines Sonderwagens ſamt Beiwagen
für die tägliche Hin⸗ und Herfahrt mit zuſ. 21 Mk.
ſür einen Tag.
Als Lohnliſte diente das namentliche Verzeichnis,
das der Kommandoführer täglich dem Lager über⸗
brachte.
Weiter mußte das Forſtamt blaue Ueberziehhoſen
für die Gefangenen herſtellen laſſen, bezw. mieten, mit
breitem rotem Längsſtrich, während der Arbeit zu tragen.
In der Nähe des Arbeitsplatzes mußte für die
Gefangenen wie für die Bewachungsmannſchaft Ge—
legenheit zum Austreten und zum Unterſtehen bei ſtar⸗
kem Regen geboten ſein.
Der Aufwand für die Kriegsgefangenen ſamt Be—
wachungsmannſchaft berechnete ſich folgendermaßen:
Gearbeitet wurden 610 Tagesſchichten.
Taggeld von 30 Pfg. an die Gefangenen, Mk. Pfg.
zuſammeen 183 —
Koſten der Beförderung mit der Straßen:
Bann 2
Verpflegung der Gefangenen und Wad:
mannſchaften 659 76
Gebühr an das Gefangenenlager . 610 —
Für Benützung der Arbeitshoſen 85 —
Zuſammen 1810 76
Eine Gefangenen-Tagesſchicht berechnete ſich ſomit
auf 2 Mk. 97 Pfg., entfprechend 68 % des orts:
bo
üblichen Taglohns eines einheimiſchen Vollarbeiters Es dürfte ſich vielleicht für künftige Fälle empi
mit 4 Mk. 40 Pfg. Nach bisherigen Erfahrungen | len, durch Gewährung kleiner Geldprämien einen z;
ſchätzt man die Arbeitsleiſtung franzöſiſcher Kriegs- wiſſen Wettbewerb in der Arbeitsleiſtung hervor
gefangener auf 70 bis 75 % der Vollarbeit. rufen.
Zu bemerken iſt zu obiger Berechnung: Daß Gefangene nur für Rindenklopfen verwende
Die Koſten für Beſchaffung von 50 Rindenhäm- | werden follen, einem Geſchäft, das auch Mädchen unt
mern blieben außer Berechnung, da folde weiterver- Burſchen beſorgen können, verteuert ſelbſtredend d:
wendet werden konnten. Arbeit.
Für Schutz gegen Regen wurden Holzhauerzelte Nachdem aber bei der Aufbereitung des Sturr:
aufgeſtellt. Holzes im Winter 1870,71, wo die Gefangenen mi:
Die Verköſtigung beſtand aus einem warmen Mit: Axt und Beil gewaltig mithelfen mußten, ſich teiner-
tageſſen, das 1 ltr. Suppe mit 100 gr. Fleiſch nebſt | lei Anſtand ergeben, iſt nicht einzuſehen, warum man
Eemüſe inbegriff, ferner einem Morgen: und Mittag: auch jetzt nicht die volle Manneskraft nutzbringend
veſper, beſtehend in einer Wurſt. ausnützen und die Gefangenen als Holzhauer wr
Die Bewachungsmannſchaſt erhielt dazu / Liter wenden ſollte.
Apfelwein. Jedermann wurde ſatt und war zufrieden. Im vorliegenden Falle ift bas zum Teil auch gt.
Es wurde hier wie auch anderwärts die Erfahrung ſchehen. als es durch weitere militäriſche Einberufn:
gemacht, daß die Arbeitsleiſtung der Kriegsgefangenen einheimiſcher Holzhauer kaum mehr zu umgehen wu
ſich in erſter Linie nach der Verpflegung richtet. Die Berufsholzhauer wurden herausgezogen, mit be
Schlechte Urteile über Gefangenen⸗Arbeit haben Axt bewaffnet und konnten — vielleicht ſtolz auf to:
vielfach ihren Grund in minderwertiger, kärglicher [Vertrauen — ruhig als Vollarbeiter angeſehen werden
oder aber auch zu üppiger Verpflegung. Die Frage, ob fih, wenn eine Wahl möglid ii.
Den Gefangenen wurde mit Genehmigung des für die Arbeit im Walde Franzoſen oder Ruffen befe:
Lagerkommandanten erlaubt, auf eigene Koften Limo: eignen, dürfte ſich nach den bisherigen Erfahrung
nade oder 1/2 Liter Apfelwein fic) zu beſchaffen, des- ohne weiteres zu Gunſten der Ruſſen entſcheiden.
gleichen Tabak. Im Garten-, Obſt⸗ und Weinbau mag der Fror
Rauchen innerhalb des Waldes war ſtreng ver⸗ zoſe unbedingt vorzuziehen fein, da er für dieje Ar
boten. Die ganze Verköſtigung wurde einem Gaſt- beit Liebe beſitzt und von feiner Heimat her mit thi
wirt vertragsweiſe übertragen unter ſteter Aufſicht des vertraut iſt.
Forſtamts. Brot war vom Lager aus mitzunehmen. Für Ackerbau und Waldarbeit ift aber der Rut
Die Vergütung betrug je Kopf und je Tag für weit mehr geſchaffen vermöge feiner ruhigen, andauert
einen Gefangenen: 84 Pfg., einen Wachmann: 1 Mk. den und gleichmäßigen Arbeit, die auch einmal längere
14 Pfg., wobei die Kopfzahl der Lohnliſte maßgebend Zeit der Aufſicht entbehren kann.
. Kopfzahl iante p om Ele: Die anfängliche Befürchtung der Heeresverwaltung,
gen um 1 bis 2, was nicht zu vermeiden Bar die Beſchäftigung von Kriegsgefangenen im Walde
Teller, Belted, Gläſer ſowie friſches Trinkwaſſer müſſe mehr wie ſonſt Anlaß zu Fluchtverſuchen Beten
e © afttoirt zu ſtellen. hat ſich nicht beſtätigt. Wohl aber hat die verlangte
e h en wurde, m einem: eee Beſchäſtigung der Gefangenen in größeren geſchloſſenen
Saale der Gaſtwirtſchaf:, die nur 5 Minuten vom Ar: Gruppen Nachteile gezeigt in der Richtung, daß eben
VVV i die Franzoſen mit ihrem lebhaften Temperament um
Die Mittagspauſe betrug 1 Stunde, die Pauſen fo öfter in der Arbeit ausfehen, je größer die Gejel:
vor: und nachmittags je / Stunde. ſchaſt ift
Was nun die Arbeitsleiſtungen der Kriegsgefange— e ME ER
nen anbelangt, fo kann man dieſelbe als befriedigend Auch hier iſt der Ruſſe wertvoller. |
Zu bemerken ift noch, daß größeren Gefangenen
bezeichnen. i
Ungute Elemente kommen überall vor und die- Kommandos, wie dem vorſtehenden, Dolmetscher 1
ſelben können ſich auch recht unliebſam bemerkbar gegeben werden, welche die Anordnungen des Arbe
machen. Das erfordert ſofort ſcharfes Eingreifen und gebers zu übermitteln haben.
Umtauſch mit zufriedenen Leuten, wobei die Romman: Es wäre von Intereſſe zu hören, ob und
danturen der Gefangenenlager in liebenswürdigſter auch anderwärts Kriegsgefangenen⸗Arbeit in der
Weiſe Hilfe leiſten. wirtſchaft bewährt hat.
— mm —̃ꝛ— — ——— —=—◻c—œ—ꝓ. — 4 [cNT—— 4 [ N— R
wie ſich
gorf:
193
Literariſ che Berichte.
Neues aus dem Buchhandel.
‘hard, Julius, Oberförst. Dr.: Tafeln z. Bonitierg. u.
tragsbestimmg. nach Mittelhöhen (Höhen-Ertragskur-
ni 1. Tanne, Fichte, Forche, Buche u. Eiche. 3. Aufl.
S. m. 2 Fig. u. Text auf d. Umschl.) 8. Kart. in
mal 8° M. 2.60. Carl Kochs Verlagsbuchhandlung in
ürnberg.
deteigeſetz, Das. Vom 11. V. 1916. (GS. S. 55.) (52 S)
Beiepesterte Nr. 45/46.) 16°. M. —.40. Carl Heymanns
ktiag in Berlin.
Kereigeſetz, Das neue preußiſche. Nach d. übereinſtimm.
kidliffen beider Häuſer d. Landtages. Textausg. m.
Mführl. Sachregiſter. (48 S.) 8°. M. 1.—. J. Neumann
b Neudamm. .
Mrreigeſetz, Preußiſches. Entgült. Faſſg. nach d. Bes
Bien d. Abgeordnetenhauſes [22. III. 1916, ftenogr.
u. N. Sitzg.] u. d. Herrenhaufes [31. III. 1916, ftenogr.
bet. 8. Sitzg.J. Amtl. Ausg. Abdr. d. Druckſache Nr. 197
I goles d. Abgeordneten. (48 S.) 8%. M. —. 50. Preu-
Bide Verlagsanſtalt G. m. b. H in Berlin.
Rich. weil. Prof. Forſtinſt.⸗Dir. Dr.: Der Forſtſchutz. Ein
ehr u. Handbuch. 4. Aufl. vollſt. neu bearb. v. Forſt⸗
„ Wled-Beof. R. Beck. 2. Bd. Lex.⸗80. 2.: Schutz gegen
enſchen, Gewächſe u. atmoſphär. Einwirkgn. Mit 133
Abb. u. e. ſchwarzen Taf. (XII, 461 S.) Lwbd. M. 14.
©. Teubner in Leipzig.
thud) d. Schleſ. Forſtvereins f. 1914. Hrsg. v. Ober⸗
paint. Roth. — Nebſt: Führer f. d. Exkurſion d.
Pchleſ. Forſtvereins am 3. VII. 1914 durch d. Block I d.
abt. Oberförſterei Lauban. Hierzu e. Karte. (IV, 256 u.
S.) 8. Kart. M. 3.—. E. Morgenftern, Verlagsbuch⸗
lung in Breslau. .
„ Mtr, E., Forstmstr.: Dr. Theodor Glaser u. seine Be-
Fentg. f. d. Waldwertrechng. u. forstl. Statik. (46 S.)
IL. F. M. 2.—. Gustav Neugebauer in Prag.
Carl: Das Zielfernrohr, seine Einrichtg. u. Anwendg.
2. verm. u. verb. Aufl. Mit 48 Abb. im Texte. (88 S.)
„£F M. 2.—. J. Neumann in Neudamm.
men, Franz v., Prof. Dr.: Die Bedeutg. d. Waldes
| Ube. im Kriege. (Bibliothek f. Volks- u. Weltwirtſchaft.
10 dag. Prof. Dr. Franz v. Mammen. 11. Heft.) gr. 8°.
e! MI, % S.) M. 1.50. „Globus“ Wiſſenſchaftl. Verl -
„Ant in Dresden.
,, Mile, Bilh, Mufeumsbirektorialaffift.: Die Forft- u. Jagd-
cbt im Vaterländ. Muſeum d. Stadt Hannover. (102 S.
m 16 Taf.) (Veröffentlichungen z. niederſächſiſchen Ge-
(hät. 12. Heft.) 8. M. 2.25. Friedrich Gersbach in
damnoder.
Banann, E., 8. März u. H. Bauer: Ueber Bodenpresssäfte.
f Mitten. a, d. bodenkundl. Laboratorium d. bayer.
i ber. Versuchsanstalt.) (S.-A. a.: Internationale Mit-
4 a 1. Bodenkunde.) (26 S. m. 1 Abb.) Lex.-de. M 2.-.
15 erlag l. Fachliteratur G. m. b. H. in Berlin.
*
2
“
|
u
x
A Enfluß der Srundwafferentziehung auf den
al und feine Bewirtſchaftung. Vom
dl Sächfifchen Forſtmeiſter Sinz, Naunhof bei
Bie Sonderabdruck aus der Internationalen
Zeitſchrift für Waſſer⸗Verſorgung. II. Jahrgang.
Heft 7 und 8. |
Veränderungen des Grundwaſſerſtandes innerhalb
des Wurzelraums der Waldbäume haben häufig Nad:
teile für den Wald zur Folge, weil die Bodengüte
abnimmt, Zuwachsverluſte eintreten und ein Holzarten⸗
wechſel veranlaßt wird. An die Stelle der vorhan⸗
denen ſtandortsgemaͤßeſten Holzart muß eine andere
minderwertigere treten. Da man aber nicht in allen
Faͤllen alsbald zum Anbau der nunmehrigen ſtand⸗
ortsgemäßeſten Holzart übergehen kann, erhöht ſich
der Schaden meiſt noch erheblich.
Der Verfaſſer des Auſſatzes erläutert diefe Tat-
ſachen an einem Beiſpiele aus dem Naunhofer Staats⸗
walde im nordweſtlichen Teile Sachſens. In deſſen
Nähe ſind in den Jahren 1887 und 1896 zwei Waſſer⸗
werke der Stadt Leipzig errichtet worden, welche
ihrer Umgebung das Grundwaſſer mehrere Meter
tief entzogen haben. Eine blau gefärbte, für die
Pflanzenwurzeln ſchwer durchdringbare Lettenſchicht
ſchließt das obere Grundwaſſer des Geſchiebelehms,
das ſich im Wurzelraume der Bäume befindet, von
dem in der altdiluvialen Flußſchotterſchicht ſich fort⸗
bewegenden Tiefengrundwaſſer ab.
Darüber, daß durch die Errichtung der Waſſer⸗
werke das Tiefengrundwaſſer im Bereiche des Schotters
abgezapft werden würde, war man ſich von vornherein
klar. Man glaubte aber annehmen zu können, daß
die dazwiſchen liegende undurchläſſige Lettenſchicht eine
Verminderung des Waſſergehalts der darüber befind⸗
lichen Lehmſchicht im Bereiche der Baumwurzeln ver⸗
hindern werde. Dieſe Annahme hat ſich jedoch als
irrig herausgeſtellt, weil zahlreiche Bodeneinſchnitte bis
auf die Flußſchotterſchicht, hervorgerufen durch Ent-
wäſſerungsgraͤben, Straßenanlagen u. dergl., Verbin:
dungswege zwiſchen dem Ober- und Tiefengrundwaſſer
bilden. Die Waſſerabzapfung hat ſich infolgedeſſen
auch auf das obere Grundwaſſer im Bereiche der
Baumwurzeln übertragen, und eine nachteilige Ein⸗
wirkung auf den Wald war die Folge davon. War
der Naunhofer Wald vor der Senkung des Grund:
waſſerſtandes in der Hauptſache mit geſundem Nadel⸗
holze, namentlich wüchſigen Fichtenbeſtänden, zum klei⸗
neren Teile aber auch mit Eichen, Eichen und Rot-
erlen beſtockt, ſo wird er in Zukunft eine weſentlich
andere Holzartenzuſammenſetzung aufweiſen. Die hohe
Anforderungen an die Bodenfeuchtigkeit ſtellenden Holz⸗
arten Fichte, Eiche, Eſche und Roterle werden mehr
und mehr ihren Platz an die anſpruchsloſere Kiefer
abtreten, die Laubholzwirtſchaft und die eine hohe
26
194
Rente liefernde Fichtenwirtſchaft werden alſo allmählich
aufgegeben werden müſſen. Die zur Zeit der Waſſer⸗
werkerrichtung vorhandenen Beſtände aber haben all⸗
gemein einen Rückgang im jährlichen Maſſen⸗ und
Wertzuwachs ſowie cine Verminderung des techniſchen
Gebrauchswerts der Hölzer erfahren, zuwachsreiche Be⸗
ſtände find zum Teil im Wachstum derart zurückge⸗
gangen, daß ſie vor dem normalen Hiebsreifealter
abgetrieben werden mußten, die den Holzbeſtänden
drohenden Gefahren, wie Inſekten, Pilze, Sturm,
Schnee, Eis, Rauchgaſe, haben in erhöhtem Maße ihre
nachteiligen Wirkungen auf die weniger widerſtands⸗
fähig gewordenen Beftände ausgeübt, Bodenverwilde⸗
rung und ⸗Verſchlechterung find vielenorts an die Stelle
der vorherigen günſtigen Bodeuverfaſſung getreten, da:
durch haben ſich die Koſten des Holzanbaus und der
Boden⸗ und Beſtandspflege erheblich erhöht. Kurz:
der dem Walde durch die Waſſerabzapfung zugefügte
Schaden iſt leicht nachweisbar und ſehr erheblich, aber
beſitzer keinen finanziellen Nachteil durch die Errichtung
derartiger Waſſerwerke erleidet. Die vollſtaͤndige Ver:
gütung des geſamten wirtſchaftlichen Schadens muß
aber unbedingt gefordert werden.
Der Aufſatz, dem vier Abbildungen beigegeben ſind,
ift ſehr leſenswert. Den Bemerkungen, daß die Kiefer
eine minderwertige Holzart und das Kiefernholz an
und für ſich geringwertiger fei als das Fichtenholz
kann ich jedoch nicht zuſtimmen. Weber.
Zur Frage der Buchennachzucht im Säch⸗
ſiſchen Erzgebirge. Von Oberförſter Graſer,
z. Zt. im Felde. Berlin Verlagsbuchhandlung Paul
Parey. 1916. Sonderabdruck aus „Thar. forſtl.
Jahrbuch“, Bd. 67 (1916) S. 1—30.
Verfaſſer weiſt zunächſt darauf hin, daß die Flächen
der Buchenbeſtände im ſächſ. Staatswalde infolge des
weitgehenden künſtlichen Fichtenanbaus ſehr erheblich
zurückgegangen ſeien. Der Anbau der Fichte in natur⸗
widrigen Beſtands- und Betriebsformen und zum Teil
auch auf ungeeigneten Standorten habe dazu geführt,
daß diefe Holzart den ihr durch Sturm, Schnee, Froft,
Trockenheit, Inſekten uſw. drohenden Gefahren nicht
genügend Widerſtand leiſten könne. Gegenwärtig im
erſten Umtriebe leiſte die Fichte in finanzieller Be:
ziehung zwar ungleich mehr wie die Buche, man binde
ſich aber die Hände für die Zukunft, denn die Um:
wandlung der Fichte in Buche ſei äußerſt ſchwierig,
vielfach unmöglich. Der zu weitgehende Fichtenanbau.
im Kahlſchlagbetriebe bringe auch Eingriffe in das
Bodenkapital mit ſich. Die Trockentorfbildung werde
gefördert und dieſe führe zu Wuchsſtockungen. Nur
durch Buchenbeimiſchung könne der Boden und Be⸗
|
|
ſtand bei Fichtennachzucht geſund erhalten weil
Die Frage der Buchennachzucht, beſtandsweiſe
als Miſchholzart, fet daher eine der wichtigſten G
wartsaufgaben der ſächſiſchen Staatsforſtverw al
Verfaſſer beſpricht nun Zeit und Ort der Buh =:
nachzucht, die Schwierigkeiten der Budenverjing
das Schirmſchlagverfahren, das Femelſchlagverſaß
ein kombiniertes Verfahren (eine Verbindung
Lia
Gayer'ſchen Femelſchlages mit
Blenderſaumſchlag), die
im ſächſiſchen Erzgebirge au:
1. Erhaltung aller noch vorhandenen Buchen⸗
Miſchbeſtandsorte als folder und Umwandlung $:
zelner zwiſchen die Buchenbeſtände eingejchobener,
den vorliegenden Zweck günſtig gelegener Fichte
in horſtweiſe (ſtark mit Buche) gemiſchte Beſtände, 4 --
durch Verbindung kleinerer Buchen⸗ und Laub hol
meiſt ſehr ſchwer ſo genau zu berechnen, daß der Wald⸗ | zu größeren, zuſammenhängenden Laubholz⸗ und Mig
beſtandskomplexen Beſtandsverhältniſſe berbeigufiheg: ;
unter denen die natürliche Verjüngung der Buche W -
ſpäteren Umtrieben geringere Schwierigkeiten bietet &
gegenwärtig.
2. Verjüngung der Buche grundſätzlich im jes
ſchlagverfahren unter entſprechender Anpaſſung an!
von Natur gegebenen örtlichen Verhältniſſe. Ta
Einmiſchung von ſtandortlich und finanziell gerigna
Miſchholzarten (Ahorn, Eſche, Tanne, Larde, in 9
ringerem Umfange Fichte) auf etwa / — / der gii
Anwendung des Schirmſchlagverfahrens nur auknahng
weiſe und mit großer Vorſicht in reichen Samenjahn 7
und unter weitgehender künſtlicher Nachhilfe. ung
Umſtänden auch Kombination des Femelſchlagverfahte
mit dem Blenderſaumſchlagverfahren. Inangriffnahnſ
Norden, Nordweſten Ra
T>
B,
der Verjüngung ſtets von
Nordoſten.
erziehung eignen würden, in Miſchbeſtände nit X
Maßgabe, daß auf etwa / — / der Slade in Harte E
und Gruppen die Buche beſtandbildend wird und in $
ziehung vorwüchſiger Buchenhorſte, Erhaltung alt
einigermaßen tauglichen Gruppen und Gingelftdmme
der Buche bei der Schlagführung, um fie in die gider =
orte des nächſten Umtriebes einwachſen zu laffen ulm. ©
Eine ſolche Erziehung von Jichten⸗Bouchen⸗Miſchbefünde a
wird durch Naturverjüngung im Blenderſaunſchlar
verfahren weſentlich unterſtützt werden, eventuell in
Verbindung mit dem Jemelſchlag⸗ oder Kahlſclu⸗
verfahren. |
Art
Buche im Unterſtande J
reinen Fichtenbeſtänden, und ſtellt ſchließlich folg;
Grundſätze für die Erhaltung und Nachzucht der Be `
3. Allmähliche Umwandlung derjenigen gigi! -
beſtände, die ſich unzweifelhaft zur Buchen pol
j
¥
*
4
den übtigen Beſtandesteilen mögfichft gleichmäbig en?
teilt im Unterſtande vorhanden ift. Künflliche er
1 `
1
z
195
4. Herſtellung einer geringen Buchenbeimiſchung in
allen übrigen Fichtenbeſtänden behufs Bodenbeſſerung
durch Laubſtreuung, ſoweit dies die Standortsverhält⸗
niſſe irgend zulaſſen. Je ungünſtiger die Verhäͤltniſſe
auf geringen Böden und in höheren rauhen Lagen ſich
geſtalten, deſto mehr wird jede fid bietende Gelegenheit
und Form der Bucheneinmiſchung reſtlos auszunützen
ſein (beſtandbildende Horſte und Trupps, Ueberhälter,
Zwiſchen⸗ und Unterwuchs, Unterban); außerdem emp:
fiehlt fich alsdann die weitgehende Mitberückſichtigung
aller anderen ſtandortlich geeigneten Holzarten, um die
Entſtehung einer gemiſchten Streu und damit geſunder
Dumusverhältniſſe zu fördern. Bei der Verjüngung
im Kahlſchlagbetriebe wird das anzuſtrebende Ziel, daß
ze Flächen nach Möglichkeit der Ueberſtreuung durch
Buchenlaub teilhaftig werden, auch dadurch zu fördern
iein, daß große Kahlflächen und Aushiebe von Often
in Zukunft tunlichſt vermieden werden.
Die vorliegende Abhandlung enthält viel Zutreffen-
des und Brachtenswertes. Ein Eingehen auf die Bor-
ſchläge im Einzelnen verbietet uns der Raum und der
Umſtand, daß uns die ausſchlaggebenden Boden⸗ und
Aimatiſchen Berhaltnifje des Erzgebirges zu wenig be⸗
kannt find. E.
— — m
Brief
Aus Preußen.
Aus den preußischen Forftverwaltung.
Unterſtützung der Landwirtſchaft durch
die Forſtverwaltung.
Unter dem 20. März 1916 hat das Miniſterium
für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten an die Re⸗
gierungen folgende allgemeine Verfügung erlaſſen:
„Das herannahende Frühjahr gibt mir Anlaß, die
Kgl. Regierungen erneut darauf hinzuweiſen, daß die
Ctoatsforftverwaltung verpflichtet ift, der Landwirt⸗
\halt in ihrer gegenwärtigen ſchwierigen und täglich
ſcwieriger fih geſtaltenden Lage auf jede mögliche
Beife und ohne entſcheidende Rückſichtnahme auf etwa
entgegenſtehende forſtwirtſchaftliche oder finanzielle In:
tereſſen helfend beizuſtehen. Ich bringe der Kgl. Re⸗
gierung die in dieſer Richtung ſeit Ausbruch des
ſtiieges von mir bereits getroffenen Anordnungen über
die Einſchränkung forſtlicher zugunſten landwirtſchaft—
lider Arbeiten, über die Einnahme von Weidevieh und
über die Abgabe von Waldſtreu erneut in Erinnerung.
Was die Zurückſtellung der forſtlichen
Arbeiten zugunſten der Landwirtſchaft
Der deutſche Wald. Von Prof. Dr. M. Buesgeu.
Zweite, durchgeſehene Auflage. Mit zahlreichen Ab⸗
bildungen und 3 Tafeln. Leipzig, Verlag von Quelle
& Meyer. Preis: 1,80 M.
Dieſes Werkchen ſtellt ein Baͤndchen der „Natur⸗
wiſſenſchaftlichen Bibliothek für Jugend und Volk“,
herausgegeben von Konr. Höller und Dr. G. Ulmer, dar.
Die vorliegende zweite Auflage bringt zur erſten
Auflage keine nennenswerten Aenderungen. Wir können
uns daher auf den Hinweis auf die Beſprechung der
erſten Auflage im Jahrgang 85, S. 147, beſchränken.
E.
Der deutſche Wald. Von Prof. Dr. Hans Haus⸗
rath in Karlsruhe. Zweite Auflage. Mit einem
Bilderanhang und 2 Karten. Druck und Verlag
von B. G. Teubner in Leipzig und Berlin. 1914.
Preis: geheftet 1 M., in Leinw. gebunden 1.25 M.
Dieſes als 153. Bändchen von „Aus Natur und
Geiſteswelt“, Sammlung wiſſenſchaftlich⸗gemeinverſtänd⸗
licher Darſtellungen, erſchienene Schriftchen iſt bereits
im Jahrgang 84, S. 173, ausführlich beſprochen worden.
Die zweite Auflage hat außer einigen nach dem
heutigen Stande des Wiſſens erforderlichen Berichti⸗
gungen und Ergänzungen keine Aenderungen erfahren.
E.
— —— — Á
|
e fe.
betrifft, ſo iſt die allgemeine Verfügung vom 20. März
v. J., die zunächſt nur die Sicherung der Frühjahrs⸗
beſtellung des Jahres 1915 bezweckte, als maßgebend
gegenüber allen unaufſchiebbaren Arbeiten des land⸗
wirtſchaftlichen Betriebes wahrend der ganzen Dauer
des Krieges zu betrachten. Als forſtliche Arbeiten, die
den landwirtſchaftlichen Arbeiten an gemeinwirtſchaft⸗
licher Bedeutung gleichſtehen und deshalb hinter dieſe
nicht oder doch nur vorübergehend zurückgeſtellt werden
dürfen, weil ſie unbedingt rechtzeitig ausgeführt werden
müſſen, erkenne ich im allgemeinen nur den Einſchlag
der — namentlich für die Heeresverwaltung — un⸗
entbehrlichen Hölzer und Rinden, nicht aber Kultur⸗
und Wegebauarbeiten irgend welcher Art an. Auch
die Harznutzung wird zugunſten der Beſtellungs- und
Erntearbeiten vorübergehend nach Möglichkeit einge⸗
ſchränkt, wenn auch nicht ganz eingeſtellt werden
dürfen. In dieſem Zuſammenhang verweiſe ich auf
die Beſtimmungen der Allgem. Verfügung vom 15. 4.
15. über den zeitweiſen oder vollſtändigen Ausſchluß
beſtimmter Perſonen von dem Sammeln von Beeren
und Pilzen, an dem im Intereſſe der Lindwirtſchaft
auch künftighin feſtz uhalten ift.
26*
196
Der Eintrieb von Rindvieh, Schweinen,
Schafen und Ziegen in den Wald iſt nach Maß⸗
gabe der Allg. Verfügungen vom 24. 8. 14, 25. 8.
14, 13. II. 15, 20. III. 15 im weiteſten Umfang und
ohne ängſtliche Rückſichtnahme auf das forſtwirtſchaft⸗
liche Intereſſe zuzulaſſen. Soweit Mangel an Gras—
wuchs in den Beſtänden zu befürchten iſt, ſind gras
wüchſige Blößen, wie ſchon im Vorjahre, von der Auf:
forſtung zurückzuſtellen. Die Rückſicht auf die Jagd
darf unter keinen Umſtänden zu einem Ausſchluß
ſolcher Waldteile von dem Weidegang führen, die an
ſich dieſem geöffnet werden könnten. . !
Dasſelbe gilt von der Streunutzung, die in
Anbetracht des beſtehenden großen Mangels an Stroh
von hoher Bedeutung für die Landwirtſchaſt iſt. Ich
ermächtige die Kgl. Regierung, in Fällen des Bedarfs
Beſtände jeglicher Art zur Streunutzung heran⸗
zuziehen und unter Umſtänden Streu auch an ſolche
Landwirte abzugeben, die ihren das eigene Bedürfnis
an ſich deckenden Strohvorrat zu Futterzwecken ver⸗
kaufen wollen, da es unter den gegenwärtigen Um⸗
ſtänden allein darauf ankommt, daß möglichſt
viel Stroh für Futterzwecke freigemacht
wird. Hierbei iſt es von beſonderer Wichtigkeit, daß
die Waldſtreu nach Möglichkeit aus Beſtänden abge⸗
geben wird, die in der Nähe der bedürftigen Wirt⸗
ſchaften liegen. Der Beſtand an Zugtieren bleibt zur
Zeit überall hinter dem Bedarf zurück und es ent-
ſpricht den Zeitumſtaͤnden durchaus, die Streuabgabe
ſowohl unter dem Geſichtspunkte der möglichſten Er⸗
ſparung von Geſpannarbeit als unter dem der mög-
lichſt geringen Beeinträchtigung des Holzwuchſes zu
regeln. Endlich iſt auch von der Forderung, die ge⸗
wonnene Streu nach Raummetern aufzuſetzen, abzu:
ſehen, vielmehr die Streu zur Erſparung unnötiger
Arbeit in der Regel flächenweiſe nach geſchätzten Maſſen
abzugeben.“
— —— — —
Gewinnen und Verfüttern von Laubholz—
reiſig.
Ueber das Gewinnen und Verfüttern von Laub
holzreiſig als Erſatz für Heu und ſonſtiges Raub:
futter äußert fic) ein Erlaß des Landwirtſchafts
miniſteriums vom 11. April d. J. in folgender Weiſe:
Gut und rechtzeitig geſchnittenes und unverdorben
eingebrachtes Reiſig hat ſich als ein ſchätzbarer Erſatz
für anderes Rauhfutter erwieſen. Die Gewinnung
möglichſt großer Mengen von Futterreiſig tft daher
ins Auge zu faſſen.
Das Laub und die Zbweigſpitzen faſt aller Hol-
arten ſind als Viehfutter verwendbar. Ausnahmen
ſind Traubenkirſche, Faulbaum und Goldregen. Seinen
höchſten Nährwert hat das Futterreiſig, ſobald die
jungen Blätter ſich voll entwickelt haben, alſo etm
Mitte Mai bis Anfang Juni. Nach dieſer Zeit nimm
der Nährwert allmählich ab. Aus verſchiedenen Gründen
empfiehlt es fih, das Gewinnen des Futterreiſigs tun:
lichſt ſchon in der zweiten Hälfte des Mai in Angra
zu nehmen und dann ſo ſchnell wie möglich zu Ende
zu bringen. Infolge der Sonnenwirkung an der
Abenden heller, warmer Tage ift das an ſolchen Abenden
geſchnittene Futterreiſig beſonders nährſtoffreich.
Am leichteſten und wohlfeilſten kann das Futter
reiſig in Eichenſchäl⸗ und ſonſtigen Niederwaldſchlägen,
Hi Gelegenheit von Durchforſtungen, beim Aushieb
verdämmender Weichhölzer aus älteren Forſtkulturen
und bei ſonſtigen Läuterungshieben, ferner durch das
Schneiden junger Stockausſchläge im Mittel⸗ und im
Niederwalde gewonnen werden. Daneben kommt dn:
Schneiden älterer Bäume in Wäldern, Garten, Parti
und Anlagen, an Wegen, Rainen, Bächen und Gräfe,
von Waldſträuchern und von Hecken in Betracht. Bum
Abhauen und Schneiden bedient man fih der Eenie,
der Sichel, der Hecken⸗, der Garten⸗ und der Stangen:
ſchere, heppenartiger ſchwerer Meſſer und kleiner Aerte
Das Futterreiſig darf ältere als die vorigjährigen
Triebe nicht umfaſſen und am Abſchnitt höchſtens / cm
ſtark fein. Das abgehauene Reiſig wird zunächſt zum
Vertrocknen auf dem Boden ausgebreitet und hiernach
in Bündel von 30-40 em Stärke gebündelt. Sit
müſſen in allen Teilen gut austrocknen und daher
nach Bedarf umgeſetzt werden. Wird das Reiſig in
ſcharfer Sonne getrocknet, ſo verliert es den würzigen
Geruch, wird brüchig, läßt die Blätter leichter fallen
und wird vom Vieh weniger gern angenommen. An
empfindlichſten gegen das Verregnen ift Erlenreifig.
Die Aufbewahrung erfolgt am beſten locker geſchichte
in Scheuern. Iſt dies nicht möglich, ſetzt man es an
zur Abfuhr bequem gelegenen Stellen, tunlichſt im
Wetterſchutz eines höheren Beſtandes, aber nicht unter
deſſen Traufe, in Mieten ein. |
Zur richtigen Zeit gewonnenes und gut einge
brachtes Futterreis hat im allgemeinen den Wert bon
mittlerem Heu. Die nachſtehende Reihe ordnet die
wichtigſten Laubholzarten nach ihrem Futtervert:
Schwarzer und roter Hollunder, Bergahorn, gel:
rüfter, Sommerlinde, Spitzahorn, Wipe, Schwarze
Bruchweide, Winterlinde, Salweide, Eiche, Efe, Beit:
buche, Roßkaſtanie, Weißerle, Ebereſche, Birke, Hall
nub, Rotbuche. Der Rohproteingehalt des Futter
reiſigs beträgt beim ſchwarzen Hollunder 27,07 % und
bei der Rotbuche 12,67%. |
Auch der Weinſtock und die Himbeere liefern en
vorzügliches Futter. .
An Pferde und Rindvieh wird das Futterreis am
beften nur gehädjelt, gequetſcht oder eingeweicht u
197
ert als Beifutter und in Untermiſchung mit
trohbadjel, Kaff, Melaſſe uſw. gegeben, zu:
kleinen, dann in allmählich ſteigenden Mengen
1 Erjage von etwa der Hälfte des geſamten
tters.
Schafe und Ziegen kann das Futterreiſig wie
vn Bündeln liegt, alfo ungehäckſelt und ohne
e Zubereitung in Mengen von bis zu zwei
In des geſamten Trockenfutters gegeben werden.
weine erhalten Futterreiſig, ſoweit es nicht in
m Zuſtande gehäckſelt werden kann, nur in auf:
tem Zuſtande.
erde nehmen es, wenn es gut eingebracht wurde,
then von den etwa zu dicken Zweigen, im allge⸗
m gut und willig an; Rindvieh zeigt in der
( weder beſonderen Widerwillen, noch beſondere
ebe, nimmt es aber im allgemeinen willig an.
um Falle wurden dem Milchvieh bis zu 40%
Gejamtfutters in Form von Reiſig gegeben, ohne
tin Rückgang in der Menge oder im Geſchmack
Milch eintrat; Schafe und Ziege freſſen es mit
derer Vorliebe; auch Schweine nehmen es, ent⸗
be zubereitet, gern.
dimmeltes und dumpf gewordenes Reiſig ift
fömmlich und folte überhaupt nicht verfüttert
chen⸗,Schwarzerlen⸗ und Eichenreiſig darf nicht
| oben Mengen verabreicht werden, weil anderen:
leicht Verdauungsſtörungen infolge von Ber:
ng eintreten. Langes ausſchließliches Füttern
icenteiſig ſoll unter Umſtänden bei tragenden
ein Verwerfen und zu ſtarkes Füttern mit
lenreifig mit Blutabgang im Urin ver:
e Nierenentzündungen nach ſich ziehen.
t Koſten der Jutterreiſiggewinnung haben
1915 in den preußiſchen Staatsforſten trotz des
‚pltnd ſchlechten Wetters während der Werbungs⸗
und obwohl Beamten und Arbeitern jede Er-
ng und Uebung in dieſer Arbeit fehlte, nicht
M als 2,20 M. je Zentner oder 2,40 M. je Raum:
p Ar des trockenen Reiſigs betragen.
En weites, mit Bahnverladung verbundenes Ber-
fiben bes Futterreifigs wird dadurch erſchwert, daß
Winters wertvollen Blätter fidh leicht von den
en Bjen und deshalb beim Auf- und Abladen
tila verloren gehen. Das früh im Jahre ge-
bene Reiſig eignet fih für ſolches Verſenden noch
beiten, weil es weniger brüchig iſt und die Blätter
Hält als das ſpät geworbene. Im übrigen dürfte
dus vorherige Haͤckſeln des zu verbringenden Reiſigs
g3
i
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11
c
Ek..
0 Verpackung in Säcken empfehlen.
| Beier wird in dem Erlaſſe beſtimmt:
gf M* Abgabe von Futterreis aus den Staats⸗
11
— ͤ A' ⁊— 3 —ů—
— 4 W026 j — ⁰˙—rriꝓe . —
waldungen zur Selbſtwerbung iſt möglichſt zu fördern.
Sie kann auf Grund von Erlaubnisſcheinen, die auf
ganze Familien ausgeſtellt werden dürfen und für die
ein Preis von 50 Pf. zu zahlen iſt, geſtattet werden.
Liegt die Entnahme von Futterreiſig wie bei Läute⸗
rungen, Wege: und Grenzaufhieben uſw., in unmittel-
barem wirtſchaftlichen Intereſſe des Forſtfiskus, ſo
können unentgeltliche Erlaubnisſcheine verabfolgt wer⸗
den. Die Abgabe zur Selbſtwerbung kann auch nach
Raummetern unter Verzicht auf das förmliche Auf-
ſetzen auf Grund von Schätzung geſchehen, in welchem
Falle für ein Raummeter 10 Pf. zu zahlen ſind.
Daneben iſt die Aufarbeitung von Futterreiſig auf
Koſten der Verwaltung ebenſo wie im vergangenen
Jahre in möglichſt weitem Umfange durchzuführen.
Die Oberförſter ſind ermächtigt, das geworbene
Futterreis nach eigenem Ermeſſen entweder freihändig
gegen die Werbungskoſten zuzüglich von 10 Pf. je
Raummeter oder öffentlich meiſtbietend zu verkaufen.
Den Kgl. Forſtbeamten wird die Entnahme von
Futterreis für den eigenen wirtſchaftlichen Bedarf zu
den gleichen Bedingungen und gleichzeitig der Verkauf
des auf den Dienſtländereien geernteten Rauhfutters
geſtattet.
Wert des Adlerfarns als Schweinefutter.
Das Miniſterium für Landwirtſchaft, Domänen
und Forſten hat unter dem 22. März 1916 die Re⸗
vierverwalter angewieſen, der Abgabe von Farnwurzeln
in jeder tunlichen Weiſe Vorſchub zu leiſten. Die für
dieſe Abgaben feſtzuſetzenden Taxpreiſe ſollen ſo niedrig
gehalten werden, daß ſie mehr den Charakter einer
Anerkennungsgebühr, als den einer Vergütung für den
Futterwert der Wurzeln bekommen.
Des weiteren wird über die Wurzeln (Rhizome)
des gemeinen Adlerfarns (Pteris aquilina) und deren
Wert als Schweinefutter folgendes ausgeführt:
Der gemeine Adlerfarn iſt durch ganz Deutſchland
verbreitet und tritt in unſeren Wäldern oft auf großen
Flächen und in dichten Mengen auf. Er iſt der ein⸗
zige größere Farn Deutſchlands, der ſeine Wedel
(Blätter) nicht zu einer Roſette zuſammenſtellt, ſondern
einzeln aus dem Boden herortreiben läßt. Die Wedel
erreichen eine Höhe von 1 m und mehr und find im
Winter im abgeſtorbenen Zuſtande roftrot:braun ge-
färbt. Die von den Wildſchweinen gern genommenen
Wurzeln liegen wagerecht im Boden, etwa 20 — 25 cm
unter der Oberfläche, werden bis 4 m lang und etwa
1 cm ſtark, find ſchwärzlich gefärbt, wenig verzweigt,
ziemlich ſaftig und von etwas bitterlichem Geſchmack.
Sie durchziehen den Boden oft ſo maſſenhaft, daß ſie,
aufgedeckt, das Anſehen eines loſen Geflechts bieten.
Durch die Unterſuchungen des Geh. Regierungs:
rats Dr. Hanſen, Direktor des landwirtſchaftlichen
198
Inſtituts, und des Prof. Dr. Mez, Direktor des bo:
taniſchen Inſtituts der Univerſität in Königsberg iſt
feſtgeſtellt worden, daß dieſe Wurzeln reich an Stärke
find, auch nicht unerhebliche Mengen von Eiweiß ent:
halten und als ein wertvolles Erſatzfutter für Schweine
zu betrachten ſind.
Die in dem Königsberger Inſtitut mit den Wurzeln
gefütterten Läuferſchweine nahmen die ihnen zunädjt
in geringen und dann allmählich fih verftärkenden
Gaben gereichten Wurzeln bei langſamer Gewöhnung
gut an, erhielten zuletzt bei Entziehung aller Kar⸗
toffeln täglich 2¼ Pfund Wurzeln und haben ſich
durchaus wohl dabei befunden. Für Läufer und Zucht⸗
ſchweine ſtellen die Farnwurzeln hiernach ein unbedingt
brauchbares Futter dar; für Maſtſchweine können ſie
mindeſtens einen Teil des Futterbedarfs decken.
Als Futter für Rindvieh kommen die Wurzeln
wegen ihres bitteren Geſchmackes nicht in Betracht.
Die Gewinnung der ſich unſchwer vom Boden ab—
löſenden Wurzeln iſt leicht. Ein Arbeiter ſticht den
Boden mit dem Wurzellager um, während ein zweiter
Arbeiter — hierfür genügt ein Kind — die Wurzeln
aus dem umgeſtochenen Boden herauslieſt.
Die Wurzeln müſſen gewonnen werden, ehe die
jungen Wedel im Frühjahr austreiben. Sobald die
Wedel treiben, verringert ſich der Futterwert der Wur⸗
zeln erheblich.
Vor dem Verfüttern ſind die Wurzeln durch Ab⸗
ſpülen von der anhaftenden Erde zu befreien. Einer
weitgehenden Zerkleinerung oder ſonſtigen Zubereitung
bedürfen fie für die Verfütteruug nicht. In luftigen
Räumen, insbeſondere in Scheunen, laſſen ſie ſich gut
aufbewahren.
Den ſchweinehaltenden Wirten wird dringend em⸗
pfohlen, ſich das Gewinnen von Farnwurzeln noch
während des Monats April zur Streckung ihres Futter⸗
vorrats angelegen ſein zu laſſen.
Die preußiſche Staatsforſtverwaltung iſt bereit,
das Graben der Wurzeln in weiteſtem Umfange zu
geſtatten, auch ſteht zu hoffen, daß die übrigen Forſt⸗
verwaltungen das gleiche Entgegenkommen zeigen werden.
Anbau des Walnußbaumes.
Durch den infolge des Krieges ſtark erhöhten Pe-
darf an Nußbaumſchafthölzern und die dadurch her⸗
beigeführte Steigerung der Nußbaumholzpreiſe ſind
viele Baumbeſitzer veranlaßt worden, ihre Nußbaͤume,
die zu anderer Zeit noch nicht gefällt worden waren,
zu fällen. Hierdurch find die Nußbaumbeſtände Deutfch:
lands, namentlich im Weſten und Süden, ſtark ge:
lichtet worden. Zur Erhaltung der Nußbaumbeſtände,
die gleichermaßen für die Herſtellung von Gewehr⸗
ſchaften und die Möbelfabrikation notwendig wie ihrer
Schönheit und ihres Nutzens halber wertvoll ſind,
—— . K 6Üͤ— 8
hat der Miniſter für Landwirtſchaft, Domänen
Forſten unter dem 7. März d. J. die Regierung
präſidenten aufgefordert, die Bevölkerung durch
Behörden und durch die Preſſe auf die Notwendig
hinzuweiſen, unverzüglich junge Nußbäume in gif
möglichem Umfange anzupflanzen und ſich zu
bereit erklärt, ſolche Anpflanzungen durch Zuwendun
aus Staatsmitteln zu unterſtützen.
Streu-, Heide: und Weidenutzung d
nicht landwirtſchaftlich genutzten Gru
fti den. E
Der Bundesrat hat unter dem 13. April II
folgende Verordnung erlaflen: N
8 1. Die Beſitzer von Forſten und anderen m
landwirtſchaftlich genutzten Grundſtücken find auf $
ordnung der höheren Verwaltungsbehörde verpfidl
den von dieſer benannten Perſonen, Gemeinden oh
Kommunalverbänden zu geſtatten, daß ſie:
1. aus den Grundſtücken Streumaterial jeder!
ſowie Heideaufwuchs zu Futterzwecken oder fon
Futtermittel gewinnen.
2. auf den Grundſtücken Schweine und Rinde
weiden laſſen und die zu dieſem Swede erf
derlichen Hürden und Unterkunftsräume anlege
Die höhere Verwaltungsbehörde beftimmt ben Im
fang und die Bedingungen dieſer Nutzung und c
insbeſondere die zu zahlende Entſchädigung endgültig
§ 2. Die Landeszentralbehörden beſtimmen m
als höhere Verwaltungsbehdrde im Sinne dieſer
ordnung anzuſehen iſt.
8 3. Dieſe Verordnung tritt mit dem Tage
Verkündung in Kraft. Der Reichskanzler belt
den Zeitpunkt des Außerkrafttretens.
Uebernahme der Abfuhr von Wald
zeugniſſen durch Kgl. Forſtbeamte. j
Der Minifter für Landwirtſchaſt, Domänen 1
Forſten hat durch Erlaß vom 5. April d. J. bie Ñ
gierungen ermächtigt, den Kgl. Forſtbeamten die a
nahme der Abfuhr von Holz: und ſonſtigen ="
erzeugniſſen für andere oder die Teilnahne me
insbeſondere auch das Verleihen oder e p
eigenen Geſpannes zu ſolchem Zwecke gegen rail
ausnahmsweiſe für die Dauer des Krieges zu geſtollen
Aus gehen.
Beobachtungen über Blitzſchläge.)
Von Geh Oberforſtrat Jofeph in Darmftar
Die in 1914 im Großherzogtum Heſſen bean
Beobachtungen und Aufzeichnungen über die Aug H
an Bäumen find in 1915 fortgeſetzt worden. O j |
1) Vgl. Allgem. Forſt⸗ u. Jagd⸗Zeitung, Juli⸗ Heft l :
©. 165 ff. |
199
oße Zahl der Beobachter zum Heere einberufen lange andauernden Dürre des Vorſommers, der fonft
u viele Forſtwarteien verwaiſt ſtanden, fo kann gewitterreichſten Jahreszeit.
w regen Intereſſe, das dieſen Beobachtungen ent: Der früheſte Blitzſchlag ereignete ſich am 24. März
9 wird, doch angenommen werden, daß an einem 150 jähr. Eichenoberſtänder in der Ober:
8 die im Walde vorgekommenen Blitzſchläge förſterei Konradsdorf (Oberheſſen), die ſpäteſten am
dig gemeldet worden find. Einige find aller: | 30. Auguſt zwiſchen 3 und 4 Uhr nachmittags eben:
irſt ſpäter entdeckt worden, fo daß die Zeit, zu falls an Eichen, deren Standort 9 bis 10 km von
der Blitzſchlag ereignete, nicht mehr feſtgeſtellt einander entfernt war. Die eine 140 jährige Eiche
konnte. ſtand in der Main⸗Ebene (Forſtwald der Oberförſterei
Geſamtzahl der an Bäumen wahrgenommenen Dieburg), die andere 90 jährige auf den Vorbergen
ge mit zuſammen 72 bleibt hinter derjenigen des Odenwalds im Beſtandsſchluß und von gleich⸗
en Beobachtungsjahres mit 399 weit zurück. altrigen Buchen umgeben.
iſache hiervon ift aber wohl lediglich in den Auf die einzelnen Monate verteilen ſich in den
ugserſcheinungen des Jahres 1915 zu ſuchen, verſchiedenen Landesgegenden die Blitzſchläge folgender:
ſellenen Auftreten von Gewittern während der maßen:
Rhein- u. Wetterau u.
I Main⸗Ebene Odenwald Lahntal Taunus Obecheſſen Ganzes Land (In 1914)
. 1 — — — l 2 (1)
= — — — 1 1 (5)
1 — — — — 1 (13)
J 1 3 — 13 18 (186)
= 1 8 2 1 7 19 (184)
1 12 6 8 z 4 25 (10)
5 16 15 8 1 26 66 399)
bon 6 Bligichlägen im Walde, ſämtlich an Kiefern beſchädigt von Laubhölzern: 15 Eichen, 8 Buchen,
fir Rhein: und Mainebene, konnte der Zeitpunkt 1 Aſpe, 1 Birke, 1 Eiche und 1 kanadiſche Pappel
„ Entſtehens nicht mehr ermittelt werden, fie find | i. G. 27, von Nadelhölzern 39, nämlich 18 Kiefern,
`. wahrſcheinlich dem gewitterreichen Monat Auguſt 19 Fichten und 2 Lärchen.
kenen. Mit dieſen erhöhte fih die Zahl der Die Fichte ſteht ſonach in dieſem Jahre, zumal
Bolge in dieſem Gebiet auf 18 im Auguft und wenn der Anteil dieſer Holzart an dem Aufbau des
. Belamtzahl auf 22, während im Vorjahr hier Waldes mit nur 14.9% in Betracht gezogen wird,
[Tliume getroffen wurden. Die Oberförſterei Bingen weitaus an erſter Stelle, auch die Blitzſchläge in Buchen
rte aus dem außerhalb des Großherzogtums in zeigen eine verhältnismäßige Zunahme. Die Erklärung
fpeußiſchen Rheinprovinz gelegenen Wald der heſſi⸗ hierfür wird ebenfalls in den Witterungserſcheinungen
Gemeinden Ober⸗ und Nieder⸗Ingelheim noch des Berichtsjahres gefunden werden können. Die Ge⸗
Pußſchläge vom 24. Juni, wobei 2 Eichenüberhälter | witter entluden fih beſonders in den Monaten Juni
5 frifjerem Eichenniederwald getroffen und vollftändig | und Juli dorzugsweiſe in dem Hügel: und Bergland,
> 1 den Boden entrindet wurden. in Gebieten, wo Fichte und Buche ihre größte Ver⸗
VM Fernſprechleitungen wurden 2 Maſten aus breitung beſitzen und vielfach in reinen Beſtänden auf:
teftongen vom Blitz getroffen, der eine in der treten. In der Ebene mit vorwiegender Kiefern⸗ und
` Meiictern Nidda wurde zerſplittert, der andere in Eichenbeſtockung kamen bei den Frühjahrsgewittern 3
Fr Oberförfterei Lengfeld erhielt eine ſenkrechte Blig- Blitzſchläge in 1 Eiche und 2 Kiefern vor; in der dann
| Mne, | folgenden langen Zeit der Dürre, mit ſeltenen, meiſt
raſch ſich verziehenden Gewitterbildungen iſt nur 1 Blitz⸗
ſchlag am 12. Juli, der eine Eiche traf, wahrgenommen
: de erſten toe worden, während im Vorjahr dieſes Gebiet mit 86 und
5 e en Sad go goben zZ N 82 Blitzſchlägen an Bäumen in den Monaten Juni
don den ce 805 ER ne und Juli allen anderen Gegenden weit voraus war.
. 6 — 1 toffenen Bäumen befanden fih 66 im | Erft der Auguſt brachte hier zahlreiche und ſchwere
; P 0 Eiche, von der der Blitz auf einen Gewitter; an Zahl der Blitzſchläge übertrifft dieſer
l th > ü erſprang, 1 Birnbaum und 3 Pyra Monat auch weit die entſprechende Zeit des Vorjahres.
ü Moppen — in Obſtgärten und auf Wieſen. Die Beſonderheiten der einzelnen Landesgegenden
Jnnerhalb des Waldes wurden durch Blitzſchlag und Waldgebiete hinſichtlich der Zahl der Blitzſchläge
Bie im Vorjahre ereigneten fih weitaus die meiſten
ühſcläge in den Nachmittagsſtunden von 2—6 Uhr;
200
und der im Walde getroffenen Holzarten zeigt nach: ſchläge im Walde in 1914 in Klammer beigeſezt i
ſtehende Ueberſicht, in der die Geſamtzahlen der Blitz⸗
Es wurden getroffen:
Eichen Buchen Eſchen Birken, Aſpen Kiefern Fichten Lärchen Im Gan;
uſw.
1. Im Gebiet der Rhein⸗ u. Main⸗Ebene 6
2. In den Vorbergen des Odenwalds. —
3. Im Odenwaa dd. 3 en
4. Rheinheſſ. Hügelland . . . . 2... = —
5. In Wetterau und im Labntal. . . . 2 2
6. Im Taunus = —
7. Im Berg⸗ und Hügelland von Ober⸗
heſſen (Vogelsberg uſw ))))
15 8
Die meiſten Blitzſchläge ereigneten fih hiernach in
den Wäldern des Vogelsbergs mit ſeinen Ausläufern,
während auf die ausgedehnten Waldgebiete der Rhein⸗
und Mainebene nur 19 Blitzſchläge — 11% der vor-
jährigen Anzahl — entfallen. Auffallend iſt, daß im
Vogelsberg — trotz geringerer Anzahl der Blitzſchläge
im Ganzen, die Zahl der getroffenen Buchen größer
iſt als im Vorjahre. In der Meldekarte über einen
Blitzſchlag in eine 90 jährige Buche iſt von dem Be⸗
obachter bemerkt, daß dies die erſte vom Blitz ge—
troffene Buche ſei, die ihm in 29 Dienſtjahren zu Ge⸗
ſicht gekommen, und daß fie nur 2,5 und 9 m von
zwei Eichen von 30 em Bruſthöhendurchmeſſer ge⸗
ſtanden habe. Der gleiche Fall, daß eine von Eichen
umgebene Buche allein vom Blitz getroffen wurde, war Blitzrinne beftand. -
im vorigen Jahre ſchon aus dem Odenwald berichtet
worden. Weitaus zahlreicher ſind indeſſen die Fälle,
die für die beſondere Bevorzugung der Eiche ſprechen.
wald (Odenwald) eine nur 10 m hohe, völlig unt
drückte Eiche getroffen, während eine nur 2maq
fernt ſtehende 28 m hohe, ſtarke Lärche durchaus u
beſchädigt blieb. An dem Stamm der Eiche war de
Rinde vollſtändig abgeſchält und hing in Fetzen i
benachbarten Unterholz, der Stamm felbft zeigte 7!
gleicher Richtung nebeneinander laufende Bligrinna
Eine weitere vom Blitz getroffene Eiche in der Oben
förſterei Dieburg war von weit höheren Birken un
geben und von dieſen unterdrückt. Nur an der Eich
war eine Beſchädigung wahrzunehmen, die in einer in
15 m Höhe beginnenden, in einer Windung um da
Stamm bis in den Boden verlaufenden, 5 em breitet
Welche Stellung die getroffenen Bäume im Below
einnehmen, zeigt folgende Ueberſicht:
Im Beſtandsinnern
Ueberhälter Randſtämme Vorherrſchend Mitherrſchend Unterdrückt Im Gange
Eiche 3 3 5 — 4 15 4
Wipe, 2. 2 . — 1 — — == l
Birte . . 2... — sa 1 ee = 1 !
Buche — 1. 6 1 — 8 1
Eſ chte — — 1 a ies 1
Kanad. Pappel — 1 — = Zi I
Kiefer . 2 22000002 4 10 2 ai 18
Fichte 1 9 7 1 1 19
Lärche — 2 — = = 2
6 21 30 4 5 66
Daß für Randbäume eine größere Blitzgefahr zu
beſtehen ſcheint, kann auch aus den diesjährigen Beob⸗
achtungen wieder gefolgert werden. Die Zahl der ge-
troffenen Randſtämme iſt ſogar verhältnismäßig noch
größer als im vorigen Jahre. Die im Innern der
Beſtände getroffenen Bäume waren meiſt vorwüchſig;
von unterdrückten Beſtandsgliedern iſt — außer Eichen —
nur eine Fichte gelroffen worden und dieſe durch einen
von einer vorwüchſigen Kiefer abgeſprungenen Blitz.
Die Beſchädigungen der getroffenen Bäume ſind
wieder außerordentlich verſchieden. In 47 Fällen ſind
Blitzrinnen entſtanden, die mitunter nur in der Rinde
verlaufen, meiſt aber mehr oder weniger tief in das
Holz eingreifen. Oefters ſind mehrere Blitzrinnen
ſichtbar, die entweder in gleicher Richtung nedene
ander herziehen oder ſtrahlenförmig auseinanbergehen
auch mitunter ausſetzen.
Zerfplittert, abgeſchlagen oder geſpalten wurde
14 Fichten, 2 Buchen, 1 Eiche, 1 Eſche und 1 fan“
diſche Pappel. z ES
Bei einer 100 jährigen Buche befland die Bt
beſchädigung nur in einer 70 em langen fimt"
201
inne in 1,5 m Höhe, aus der ein dünnes Holz:
hen abgelöſt war.
Angehend find die Blitzſpuren an einer 150 jährigen
b im Nieder - Beſſinger Gemeindewald der Ober:
{Lich unterſucht worden. Dieſe Buche, ein Zwiefel,
vorherrſchend zwiſchen Buchen und Hainbuchen
urde in dem niedrigeren, nordweſtlichen Teil der
vom Blitz getroffen. Die Blitzbahn zeigt ſich
in zahlreichen Veräſtelungen unterhalb der Rinde,
durch ſichtbar find, daß auf der Rinde an dieſen
n der Flechtenüberzug verbrannte oder abgeſengt
t. Die Veräſtelungen laufen um den Stamm
alb des Gabelanſatzes herum und endigen unter:
der ſüdöſtlichen Gabel in drei Blitzrinnen, von
em Breite, die an den Tagwurzeln in den Boden
ten. Die eigentlichen Blitzrinnen find nur auf
‚0,5 und 1,5 m Höhe vom Boden aus ſichtbar,
t it noch auf 0,5 m unterbrochen. Bei einer
en 96 jährigen Gabelbuche in der Oberförſterei
order, die in 10 m Höhe ſich in drei ſtarke Aeſte
: H. wurde der mittlere Aft 4 m über der Gabelung
Hoffen. Die Blitzrinne geht von der Einſchlagsſtelle
d abwärts bis 1 m über den Gabelanſatz, ſetzt dort
.. B, während auf der entgegengeſetzten Seite 3 m
ter der Gabelung zwei getrennte, 20 em vonein⸗
fer entfernte Rinnen ſichtbar werden, die in ſchwacher
Ffümmung zum Boden verlaufen. Vollſtändige Ent:
ung des unteren Stammteils wurde — außer bei
`~ Pen — wieder an einer 70 jährigen Buche beob⸗
tt.
Als nachträgliche Wirkung eines am 7. Mai er⸗
ten Blitzſchlags in eine 91 jaͤhrige vorherrſchende
ſer in Gräfenhäuſer Gemeindewald der Oberförſterei
örfelden wird das vom Spätherbſt an beobachtete
gehen von 28 Kiefern im Umkreis der getroffenen
eldet. An den bis Ausgang des Winters abge⸗
thenen Stämmen konnten keinerlei Blitzſpuren entdeckt
erden, während die fichtbar getroffene Kiefer eine fent-
tete von der Krone zur Erde gehende Blitzrinne zeigte.
Wurzelerkrankung oder Inſektenbefchädigung liegen nicht
dor. Am weſtlichen Rande der entſtandenen Lücke von
— m Am Durchmeſſer ift an einigen Kiefern noch
Detter ein Dürrwerden der Kronenäſte wahrzunehmen,
: i daß wohl noch weiteres Abſterben einzelner Bäume
i watten fteht. , Seit Aufnahme der Beobachtungen
i dis Hun der erſte Fall des gruppenweiſen Ab:
Recbeng von Holzbeſtand im Anſchluß an einen zweifels⸗
Tt feſgeſtellten Blitzſchlag.
=
| Aus Numänien.
Rolzueichtum und Verwertung.
| Mit Rüͤckſicht darauf, daß nach dem Kriege das
= "aol an geſuchter Artikel fein wird, einmal, weil
durch den Wiederaufbau der zerſtörten Häuſer viel Bau⸗
holz nötig iſt, andrerſeits aber große Werte durch die
Kriegführung in Polen, Frankreich uſw. vernichtet ſind,
verdienen der Holzreichtum Rumäniens und ſeine Säge⸗
induſtrie einige Beachtung. ;
Nach der letzten amtlichen Statiſtik beſitzt Rumänien
2 757 789 ha Wald und zwar:
Kron⸗ Domänen. . 71401 ha
Staats⸗ Wald. . 1067562 „
Gemeinde- „ . .. . . 125985 „
Privat. 1492801 „
Der größte Teil befindet ſich alſo in Händen des
Großgrundbeſitzes. Von der Geſamt-Waldfläche ſind
z. Zt. etwa 78 576 ha in Nutzung.
Holzfällung und Transport erfolgt in den meiſten
Fällen durch den Käufer, die Art des Verkaufs iſt
entweder per Flächen⸗ oder Feſtmetereinheit unter Be⸗
obachtung einer Mindeſtdurchmeſſergrenze in Bruft:
höhe. Nur ganz vereinzelte, von deutſchen Forſtbeamten
geleitete, Verwaltungen haben Fällung und Transport
in Regie eingeführt.
Da das Holz in den meiſten Fällen weit von den
öffentlichen Verkehrswegen, Eiſenbahnen uſw. geſchlagen
iſt, bildet die Transportfrage die größte Sorge für
den Intereſſenten. Alle Arten von Transportmitteln
— vom einfachen Schleifen mit Ochſen bis zu kom⸗
plizierten Wald⸗ oder Drahtſeilbahnen, von der ein⸗
fachen Trift bis zu den großartigſten Anlagen für
Klauſen uſw. — findet hier Anwendung.
Abgeſehen von den zahlloſen kleinen Bauern⸗Sägen,
die für die Waldbeſitzer unentbehrlich ſind, und die
nicht nur den Lokalbedarf decken, waren im Jahre
1912 in Rumänien 71 große Dampfſaͤgen (Fabriken)
im Betrieb. 50 derſelben benutzten Dampf⸗Maſchinen
von ca. 15000 Pferdekräften und beſchäftigten über
12 000 Arbeiter, die jährlich ca. 8 350 000 Lei ver⸗
dienten.
Für Fällung und Transport des von den Sägen
benötigten Holzes werden noch weitere ca. 50 000 Ar⸗
beiter beſchäftigt. Bei einer mittleren jährlichen Ar⸗
beitszeit von 150 Tagen verdienen dieſe ca. 50 Millio⸗
nen Lei [1 Leu = 0,80 Mk.]. |
Der weitaus größte Teil der Rundhölzer wie
Bretterware geht ins Ausland.
Im Jahre 1911 betrug die Ausfuhr über 400 000
Tonnen mit einem Wert von ca. 26 Millionen Lei,
und zwar Nadelholzbretter und Balken für über 19
Millionen Lei, Klotzholz für ca. 4 Millionen Lei,
Eichenbretter und Balken für 800 000 Lei, Parkett⸗
leiſten für 600 000 Lei und ſonſtige Holzwaren für
1750 000 Lei.
Die Haupt⸗Exportländer ſind: Holland (1913
mit 4 Millioen Lei), Oeſterreich⸗Ungarn (6
| 27
202
Millionen Lei), Aegypten (5 Millionen Lei), Tür- Die maſchinellen Einrichtungen, Bahnen uſw. N
kei (3 Millionen Lei), Italien (2 Millionen Lei), ſer Geſellſchaften können außerdem noch mit ca.
Frankreich (1,5 Millionen Lei), Bulgarien Millionen veranſchlagt werden.
(ca. 1 Million Lei). Die fortwährende Abnahme der Wälder in a
Es ift klar, daß durch den Weltkrieg die Ausfuhr] Ländern hat auch in Rumänien in den letzten Jah
des Holzes ſehr gelitten, vielmehr faſt völlig aufge: bedeutende Preisſteigerung hervorgerufen und ez
hört hat. | zu erwarten, daß auch nach dem Kriege die ho
Nach der amtlichen Statiſtik des Miniſteriums für | Preiſe anhalten werden, um fo mehr, als
Handel und Induſtrie gab es in Rumänien im ver- neue Gebiete für den Holzverbrauch eröffnet
gangenen Jahre 14 Aktiengeſellſchaften für Ausbeu⸗ | 3. B. die Papierfabrifaticn, die allein ganze Wal
tung der Wälder mit einem Aktienkapital von ca. benötigt. 3
66 Millionen Lei, einem Umſatz von über 200 Millio- Friedrich, 1
nen und einem Reingewinn von ca. 7 Millionen Lei. Großh. Hefi. Forſtaſſefſor $
Notizen.
A. Geheimer Rat Dr. Guſtav Maret f. diſchen Fakultät der Univerſität in Wien für 1
Wie ein Blitz aus heiterem Himmel überraſchte die Kunde und Finanzwiſſenſchaft. Als Lehrer war Marchet vielfac auß i
von dem am 27. April d. Js. erfolgten Ableben Seiner Ers | als Fachſchriftſteller tätig. Bekannt wurde in weiteren rein
zellenz des Geheimen Rates Dr. Guſtav Marhet. Ders | fein Werk „Das Recht des Landwirtes“. s
felbe genoß als einſtiger Lehrer unter den Forſtwirten der Am 5. März 1891 gelangte er nach heißem Naupfe gegar E
letzten Jahrzehnte eine beiſpielloſe Beliebtheit, zumal er gegen | den Deutſchnationalen Fiegl in das Abgeordnetenhaus, we `
jedermann von beftridender Liebenswürdigkeit war. Seinen | er fih der Vereinigten deutſchen Linken anſchloß. In Bar a
Schülern blieb er allezeit ein guter Freund und Gönner fomie | lament widmete er fih beſonders den Fragen der Wenn j
Helfer und Tröſter in der Not. 1896 wurde er in den Vorſtand der Linken und fünf Jin Š
Marchet traf am 26. April abends als Gaſt des erz, | Später in die Obmannſchaft der Deutſchen Fortirittäpartl‘::
herzoglichen Domänendirektors Oscar Giel v. Gies. gewählt und war einer der Führer der Partei im Haufe.
lingen aus Karlsbad, wo er zum Kurgebrauche weilte, Bei der Bildung des Kabinetts Beck wurde a
in Schlackenwerth ein, um an der Schildhahnbalz teils | am 2. Juni 1906 an Stelle des damaligen Leiters des 1
zunehmen. In früher Morgenſtunde begab fih derſelbe in richtsminiſtertums Sektionschef Dr. Richard Freiherai
Begleitung des Direktors und eines Hegers auf den Stand v. Bienerth zum Minifter für Kultus und Un
und nahm in einer hergerichteten Hütte Platz, worauf ſich die richt ernannt. In die Zeit ſeiner Amtsführung fallen ese .
Begleiter entfernten. Nach kurzer Zeit hörte der Heger zwei | Reihe von Reformen auf dem Gebiete des „ :
Schüſſe fallen, die Marchet auf Birkhähne abgegeben hatte. Großes politiſches Aufſehen erregte auch die Wahrmunde
Da aber Marchet nicht aus der Hütte herauskam, um nach Affäre”, die dann durch die Ernennung Wahrmunde ai l
dem Reſultat der beiden Schüffe zu fehen, begab fid) der Heger Profeſſor des Kirchenrechtes in Prag beigelegt wurde. *
zur Hütte und fand dort Marchet entſeelt auf der Erde liegend dem Miniſterpräſidenten Dr. Wladimir 5 3
auf. Ein Herzſchlag hatte feinem Leben ein Ende gemacht. | Beck ſchied auch Marhet aus dem Amte. Dem Herr ae
Die Leiche wurde in das Schlackenwerther Schloß gebracht, gehörte er ſeit 1907 an, wo er ſich der ee E
das Eigentum des Erzherzogs Joſef Ferdinand ift ſchloß, in der er eine führende Rolle inne hatte. de Bo
Hier wurde dieſelbe im Jagdkoſtüm in einem prachtvollen bis 1914 nahm er an den bolitüfhparlamentariider
Metallfarg gebettet und feierlich eingeſegnet. gängen den lebhafteſten Anteil; auch an den pues `
Nachfolgende turze biographiſche Daten follen den Lebens. Kriegszeit ſtattgehabten Beſprechungen über bie er 5
lauf des alljeitig Gefeierten illuſtrieren: Guſtav Marder | gemeinschaft mit dem Deutfden Reiche war er rege a = .
wurde am 29. Mai 1846 in Baden bei Wien als Sohn an der letzten Zuſammenkunft deutſch⸗öſterreichiſcher Hi
eines Apothekers geboren. Nach Abſolvierung der Gymnaſial⸗ gariſcher Parlamentarier nahm Market teil. Dink -
ftudien bei den Schotten in Wien und Kremsmünſter bezog Eine hervorragende Tätigkeit entwickelte er im 1
er die Wiener Univerſität und wandte ſich dann den juridiſchen
Studien an der Grazer Univerſität zu, an der er 1870 pro⸗
movierte. Ein Jahr vorher war er bei der niederöſterreichiſchen
Statthalterei als Konzeptspraktikant eingetreten und wurde
Aſſiſtent an der k. k. Forſtakademie in Maria—
brunn bei Wien, woſelbſt er bürgerliches Recht und Volks⸗
wirtſchaftslehre vortrug. Nach Auflöſung dieſer Anſtalt und
Kreierung der k. k. Hochſchule für Bodenkultur in Wien wurde
er zuerſt zum außerordentlichen und ſpäter zum ordentlichen
Profeſſor für Rechtslehre und Nationalökonomie ernannt. Seit
1877 fungierte er auch als Prüfungskommiſſär an der juri—
der Kriegsfürſorge; er verfaßte eine Broſchüre über » é
jorgung ber Kriegsinvaliden“ und war der 1710
der Aktion der Verſendung von Büchern ins dt
Marchet war Ehrenpräſident des Allgemeinen =
8
reichiſchen Güterbeamtenvereins in Wien und war als freu
und unermüdlicher Freund des Güterbeamtenſtandez für nn |
Verein als vieljähriger wirklicher Präfident desſelben rail x
Seiner Einflußnahme ijt das Geſetz über die a a
und Invaliditätsverſicherung der Privatbeamten . 8
Jahre 1906 und das Geſetz über die Regelung der rechtli
203
na der Privatgüterbeamten vom Jahre 1913 zu ver:
Bo
‚
0
4
*
*
j
`
a
—
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karchet war Honorarprofeſſor an der Hochſchule für
kultur, Ehrendoktor der Hochſchule für Bodenkultur und
FPerärztlichen Hochſchule in Lemberg, Vize⸗Präſident der
uſſenſchaftlichen Prüfungskommiſſion, Prafident des Vers
(agitated der Wiener Handelsakademie und der k. k. Ges
der Mufikfreunde, Vize⸗Präſident der Zentralbank der
en Sparkaſſen, Ehrenbürger von Baden, Bergreichen⸗
Zubweis, Gottſchee und St. Georgen am Reith, Ins
des Leopoldordens I. Klaſſe, Ritter des Ordens der
er nn 1. stlafje und Komtur des Franz⸗Joſeph⸗Ordens
m Stern.
, Belches Anſehen der Verewigte an Höchſter Stelle genoß,
dl am deutlichſten aus nachſtehender Depeſche hervor,
Nui erfuhren zu Allerhöchſtihrem wärmſt empfundenen
ern das ungewärtigte Ableben Seiner Exzellenz des
ders a. D. und Herrenhausmitgliedes Dr. Guſtav Marchet,
Exzellenz jah dahingegangenen Gemahls, und geruhen
$ Grgina und Töchtern ſowie den Freiherrn Viktor
1 2 und Hugo Haan Allerhöchftderen aufrichtigſte und
t Teilnahme an dem Schmerz ob dieſes überaus ſchweren
we duldvollſt auszudrücken. Die beſonders erſprießliche
uehriad bahnbrechende Dienſtleiſtung des durch unges
a Begabung, erleſene Bildung und nie erlahmenden
Pe
J
. lichteifer hervorragenden Verblichenen ſowohl im Rate der
t ab auch in anderweitigen Verwendungen, ſeine viels
”
—
J.
ae
e ſozialpolitiſche, legislatoriſche und parlamentariſche, ſtets
den lauterſten patriotiſchen Motiven durchdrungene Bes
Weg ſichert ihm bei Seiner Majeftät eine ehrende, dant:
~ Mee Erinnerung. Im Allerhöchſten Auftrage Generaloberſt
*
4
T
i Paar.“
die Leiche Marchets wurde von Schlackenwerth
Baden überführt, woſelbſt dieſelbe von der Gemeinde⸗
ng empfangen wurde. Der Tod Marchets, des Ehren»
es gers ſeiner Geburtsſtadt Baden, hat in der dortigen
kerung große und allgemeine Teilnahme hervorgerufen.
Berblichene erfreute ſich in Baden hoher Verehrung und
:- Ribtheit. Vom Rathauſe und dem Gebäude der Sparkaſſe
en Trauerfahnen und hielt die Stadtgemeinde eine Trauer
Gab, nachdem fie ſeinerzeit die Berggaſſe in „Dr. Guſtav
archetſtraße“ umgetauft hatte.
ai Unter ungemein zahlreicher Beteiligung fand Dienstag,
ai 2 Mai um 4 Uhr nachmittags das Leichenbegängnis
Rerdets ftart, das ih zu einer eindrucksvollen Trauerkund⸗
x Gung geftaltete, Zwei Sonderzüge brachten die Trauergäfte
in Dim, unter ihnen Abordnungen zahlreicher wiſſenſchaft⸗
: licher Inte, künſtleriſcher Vereinigungen und Kriegsfür⸗
lotgetorporationen, In der Kirche hatten ſich nebſt den Fa⸗
Mlimengehörigen eingefunden: in Vertretung der Regierung
der Nmiſer
für Kultus und Unterricht Dr. Max Ritter
i g faret-geintein, in Vertretung des Kriegsminiſters
mull Kommandant Freiherr von Kirchbach, der Präſident
rd
- deck,
Obersten Rechnungshofes Dr. Wladimir Freiherr von
die Miniſter a. D. Baerureither, Korytowski,
' hin von Plener, Graf Wickenburg, Bankgouverneur
= . Popovich, Sektionschef Direktor Freiherr v. Banhans,
k Ah
Ge ube Freiherr v. Weckbecker und Dr. Galecki,
Mrodiretor Dr. Scheuchenſtuchl, der Vizepräſident des
beotdnetenhauſes Juckl mit den Abgeordneten Abrahamo⸗
wies, Kedlick, Denk und Prade, von der Univerſität Rektor
z Witwe des verblichenen Geheimen Rates zukam: „Seine
Hofrat Menzel mit den Hofräten Himmelbauer, v. Wett.
ſtein, Fuchs und Illawatſek, von der k. k. Hochſchule für
Bodenkultur in Wien Rektor Profeſſor Hecke, Hofrat von
Guttenberg, u. a. der Rektor der Technik Profeſſor Jäger,
von der Akademie der bildenden Künſte Rektor Profeſſor
Ritter v. Helmer, Profeſſor Dr. Guido Adler, vom nieder.
öſterreichiſchen Landes ſchulrat Vizepräſident Freiherr Rhos
v. Sternegg und Landes ſchulinſpektor Hofrat Janauſchka,
die Miniſterialräte Dlabac und Förſter⸗Streffleur vom
Unterrichtsminiſterium, der Präſident des Allgemeinen Güter
beamtenvereins in Wien Wirtſchaftsrat Lenotti mit mehreren
Mitgliedern des Zentralausſchuſſes, der gefertigte Hofrat
als Vertreter der Abſolventen der beſtandenen k. k. Forſt⸗
akademie in Mariabrunn und viele andere.
Bei der Einſegnung Marchets in der Stadtpfarr⸗
kirche zu St. Stephan in Baden durch Seine biſchöfliche
Gnaden den Weihbiſchof Th. Dr. Hermann Zſchokke unter
Aſſiſtenz des f. e. geiſtlichen Rats, Kanonikus Karl Frim
und dreier Kooperatoren brachte die vollſtändige Kapelle des
Tonkünſtlerorcheſters unter Leitung des Kapellmeiſters Nedbal
den Trauermarſch aus der „Eroica“ zum Vortrag; dieſem
folgte Joſef Richters „Die Klage“ von neun Waldhorn⸗
bläſern des Philharmoniſchen Orcheſters unter Leitung des
Hofmuſikers Stigler. Ein Sopranſolo mit Orgelbegleitung
„Vaterunſer“ von Regenschorie Bernhard Nefzger bildete
den Abſchluß der kirchlichen Trauerfeier.
In den Straßen, durch die ſich der Leichenzug von der
Kirche zum Friedhof bewegte, brannten die Straßenlaternen,
eine dichte Menſchenmenge bildete Spalier. Am offenen Grabe
widmete der Rektor der k. k. Hochſchule für Bodenkultur, Pro⸗
feſſor Hecke, ein ehemaliger Schüler Marchets folgenden
Nachruf: „Vom tiefften Schmerz erfüllt finden Sie ſich heute
von fern und nah, aus allen Kreiſen ein, welche einem teuren
Verſtorbenen die letzte Ehre erweiſen, den letzten Gruß ent,
bieten. Auch die Hochſchule für Bodenkultur ſchließt ſich an
die lange Reihe an, denn auch ihr wurde ein treuer Freund
entriſſen.“ „Denn er war unfer; mag das ſtolze Wort
den lauten Schmerz gewaltig übertönen.“ Dieſes Dich⸗
terwort erfüllt uns, die Hochſchule für Bodenkultur, heute an
dieſem Grabe. Ein Menſchenalter, dreißig Jahre dieſes
inhaltsreichen Lebens, waren der Hochſchule für Bodenkultur
gewidmet! Guſtav Marchet! So wie ich vor dreißig Jahren
als Dein Schüler Deinen Worten lauſchte, wie ich ſpäter als
ein Mitglied des Profeſſorenkollegiums das Glück hatte, Dich
Kollege nennen zu können, mit denſelben Gefühlen der Dank⸗
barkeit und Verehrung ſtehe ich heute als Dein Nachfolger in
dem Amte des Rektors, das Du ſo oft zum Ruhme der Hoch⸗
ſchule verſehen haſt, hier als ihr Vertreter, um Dir die letzten
Grüße von uns allen zu bringen, die Grüße von einer Stätte,
die Dir fo lieb war und wo Du Liebe erworben baft. Treu
haſt Du zeitlebens uns Deine Liebe bewahrt. Ueber den Tod
hinaus wird in Stolz und Dankbarkeit die Hochſchule für
Bodenkultur ſtets Deiner gedenken. Und ſo nimm zum letzten
Male ihren treuen Gruß.“ — Unzählige Kränze bedeckten weit⸗
hin die Grabſtätte des uns ſo jäh Entriſſenen. —
Nachdem Dich, hochgeſchätzter Herr und Meiſter, Diana
aus der Jagdhütte in die ewigen Jagdgründe ab⸗
berufen hat, wid met Dir dieſen letzten Bruch mit donnern⸗
dem Weidmannsheil Dein dankbarer Schüler
Emil Böhmerle.
27*
204
B. Kaninchen als Liebhaber der Bowie?
Ich ſammele und effe gern Pilze, erſetzen fle doch in Wohl⸗
geſchmack Kalbshirn und in Nährwert Fleiſch überhaupt. Wenn
das Pilzſammeln auch vielleicht ein Geſchäft der kleinen Leute
ift — lieber Gott, ift Raabes „Hungerpaſtor“ nicht auch ein
armer (aber doch glücklicher) Mann geweſen? —, ſo macht ein
Waldläufer wie unſereins doch immer ſeine intereſſanten Natur⸗
ſtudien dabei. In Geffen habe ich gern die Pfifferlinge
geſammelt, ſchon allein weil ſie mir gut bekannt waren und
keine giftigen Doppelgänger hatten, ſo daß ſie jedermann un⸗
beſchadet ſeiner Geſundheit ſammeln und eſſen kann; dann aber
auch, weil fle dort häufig wuchſen, z. B. in den Wäldern bei
Mainz und um den Leniaberg, wo die Gonſenheimer Buben
Sommers über Säcke voll holen, dann in den Wäldern um
das Rabenſteiner Schloß!) bei Neckarſteinach am Neckar, mäh-
rend ich beiſpielsweiſe im Vogelsberg in den Waldungen bei
Lauterbach und Friſchborn den echten Reizter vielfach
fand, den wir in Fulda in unſerer Knaben⸗Gymnaſialzeit
kennen gelernt hatten. Augenblicklich bin ich vorübergehend
an der pommerſchen Seenplatte in Stettin und ſammelte
in den letzten Tagen im Eckerberger Walde unter dem Quiſtorp⸗
turm die vollfleiſchigen Birkenpilze (Boletus scaber), die ſich
überall unter Birken finden, und ihre Lebenskraft aus dem
von den herabgefallenen Birkenblättern am Boden aufgeſpei⸗
cherten Blattgrün, ſobald es in moderigen Zuſtand verſetzt iſt,
ziehen, ſowie ferner feinen nah verwandten Bruder Rot:
häutchen (Boletus versipellis), den violetten, auch als Ot:
toberpilz noch reichlich vorhandenen Mas kenritterling
und den nebelgrauen Ritterling, ſowie die ſtarken wohl⸗
ſchmeckenden Steinpilze (Boletus edulis), ab und zu an
einer Waldwieſe einen Champignon, dann aber vor allem
auch die eßbaren Bowiſte, Eierbowiſt und Flaſchen⸗Stäub⸗
ling, während ich Pfifferlinge hier garnicht finde, obwohl ſie
doch — wahrſcheinlich aus anderer Gegend — neben Grünlingen
auf dem Markte in Stettin reichlich zum Verkauf aufgeſtellt
ſind. Ich beobachtete dann vielfach in der letzten Zeit, daß
die Bowiſte bis auf den unterſten Stumpf abgeäſt ſind. An⸗
deres Wild als Kaninchen gibt es hier kaum, dieſe freilich in
1) Bekannter unter dem Namen „Burg Shaded” oder
„Schwalbenneſt“. Die Bezeichnung „Rabenſteiner Schloß“ oder
„Rabenſchloß“ findet ſich im Volksmund, auch auf Karten und
in Reiſeführern. Der Wald, der hier gemeint ift, beginnt an
der Hinterburg, der älteſten der vier Burgen des herrlichen
Reckarſtädtchens, die durch Fürſorge des heſſiſchen Staates
vor wenigen Jahren wetterfeſt gemacht wurde, und zieht ſich
hinter dem Schwalbenneſt über den runden Bergkegel zwiſchen
Neckar und Steinach.
ſehr großer Zahl. Es find auch Faſanen im Neri
dieſen traue ich als Ornithologe das Verzehren der Pi
zu. So bleibt meine Vermutung nur an den Kaninchen
Direkt beobachtet habe ich es noch nicht; darum frage $
dieſer Stelle an, ob andere Beobachter auf ähnliche &
nungen aufmerkſam geworden find. — Uebrigens, neke
merkt, lernt man die Pilze, wenn man mit einem $;
ausgeht, ſehr bald kennen und erzielt aus ihnen in
Kriegszeit manches ſchmackhafte Gericht.
Pfr. Wilhelm Sch
C. Eine Sertretung der deutſchen Forkwi
im Kriegsernährungsamt. Auf Antrag des Kr
ausſchuſſes des Deutſchen Forſtvereins if ig
Stelle eines Referenten für Forſtwirtſchaft in]:
kürzlich neu begründeten „Kriegsernährungsamt“ zu Sef
vom 14. Juni d. 38. ab der Profeſſor Dr. Bote
aus Tharandt berufen worden.
Wir behalten uns vor, über die Vorgänge, weld:
genannten Berufung geführt haben, demnächſt noch
berichten. Die Einrichtung einer, die geſamte deutſche
wirtſchaft vertretenden, Stelle im Kriegsernährungs an
im Hinblick auf die mannigfachen und bebeutfamen In
die auch dem Walde in der Organiſation der Volkserni und
während des Krieges zufallen, mit beſonderer Gem
begrüßt werden. Die Na.
D. Der Deutſche Jorſtverein wird laut Vac |
Forſtwirtſchaftsrates im Jahre 1916 keine Hauptpenaan
abhalten.
E. Hochſchul nachrichten. Am 17. Juni d. J ny
100 Jahre feit der Eröffnung der Forſtakademie Thons
als Staatsanſtalt verfloſſen. Durch Reſkript vom 12. N
1816 wurde die bisherige Privatanftalt H. Gottas u
landesherrliche, unter die gemeinſchaftliche Oberdireftion §
Geheimen Finanzkollegiums und des Oberhofjägermeiden
ſtellte Forſtakademie umgewandelt. Zugleich wurde G. bo
zum Direktor und erſten forſtlichen Lehrer der Anſtalt emi
Am 17. Juni 1816 fand die feierliche Eröffnung der Made
ſtatt und am 19. Juni wurden die erſten Vorleſungen geha
Wie im Jahre 1866 die fünfzigjährtge, fo flt jets
100 jährige Wiederkehr des Erdffnungstages der
die Zeit eines Krieges unſeres Vaterlandes. Faſt alle ichn
und ſehr viele ehemalige Studi rende ſtehen im Felbe. Gire
akademiſche Feier kann daher nicht in Frage kommen.
(Thar. fort. Zateted
.
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15
Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer, (ag l
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländer Ser N
Verleger: J. D. Sauerländer in ffrankfurt a M. — G. Ottos Hdofbuchdruckerei in Darmſtadt.
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Allgemeine
| Fort: und Jagd⸗Jeitung
Herausgegeben
von
Dr. Karl Wimmenauer, und dr. Heinrich Weber,
Beh. Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft
| an der Univerfitat Gießen.
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Zweiundneunzigfter Jahrgang. |
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; | 1916. September.
Frankfurt am Main.
J. D. Sauerländer's Verlag.
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Jagd Zeitung“ Be-
zug nehmen zu wollen.
7
Im Verlag Art. Institut Orell Füssli in Zürich ist erschienen:
Die Wolken
in Form, Färbung und Lage als lokale Wetterprognose
von E. Neuhaus, Oberförster in Moutier (Schweiz):
48 S. Text, 30 Wolkenbilder, 12 Tafeln, 8 Beilagen. Kl. Folio in Mappe Mk. 12.—.
Vorliegende Arbeit ist die Frucht langjähriger Beobachtungen. Ein kleiner Nebel, ein am bestimmten
Orte sich bildendes Wölkchen hat uns im Sinne der lokalen Wetterprognose unter Umständen mehr zu Bages
als der bestfunktionierende Wettertelegraph. Es kann daher die Anschaffung dieses Werkes den Schulen un
speziell den landwirtschaftlichen Schulen bestens empfohlen werden, da es zu einer zielbewußten Beobachtang
anregt und besonders die Jugend anspornt, die Kräfte und Erscheinungen des Weltalls zu studieren.
Ausstattung ist eine ganz vorzügliche, besonders die photographischen Aufnahmen des Werkes sind von gan
hervorragender Schönheit. (Schulwart, Leipzig.)
Wie sehr die Wolken in der Stimmung in der Natur mitbeteiligt sind, empfindet jedermann; ihre engen
Beziehungen zur Witterung sind bekannt. Aber wie viele Leute achten weder auf die Schönheit der 2
bildung, noch auf deren Bedeutung für das Wetter! Aus langjähriger Beobachtung heraus stellt der Oberförster
von Moutier, unterstützt von Gelehrten, die Wolken nach Form, Färbung und Lage, nach ihrem Ein ul fe
die Windrichtung, ihren Feuchtigkeitsgehalt und ihren Zusammenhang mit der Witterung dar. Dann e R
er von der Beobachtung und den Zeichnungen der Wolken und Temperaturerscheinungen, die für die Vor 55
sage der Witterung bestimmend sind. Wer seine Ausführungen beachtet, wird den Wolkenbildungen 115
schärfern Augen und mehr Freude folgen; aber auch für die Erkenntnis des kommenden Wetters men ait I
baltspunkte finden, als die gewöhnlichen Wetterregeln bieten. Ein ästhetischer und praktischer Zweck ist dam" N
erreicht. Der Verfasser legt als praktischer Mann das Hauptgewicht auf den letztern.
(Schweizerische Lehrerzeitung.)
Neuhaus bezeichnet seine Arbeit als einen Versuch, die lokale Wetterprognose um einen Schritt ie
zu bringen. Sie ist mehr als das. Auf dem soliden Grunde einer vieljährigen, systematischen Beobac
‘ken
und einläßlichen Studiums bietet der Verfasser Abhandlungen, die allgemein lebhaftes Interesse erwecke
müssen. (Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen.
oe Me ee ee
Zu beziehen durch alle Buchhandlungen.
¢
Allgemeine
fork- und Jagd g.
September 1916.
— — — — —— — — 2 —Dů-
Bon Dr. Hemmann in Gießen
tach Unterlagen der großh. heff. forſtl. Verſuchsanſtalt
bearbeitet.
Nach welchen ſtatiſchen Grundſaͤtzen wird im großen
ganzen heutzutage eigentlich durchforſtet?
Genau wie vor einem Menſchenalter: am aller⸗
venigſten gerade nach mathematiſch ſeſtgelegten Richt:
Unien!
Bemehr betreiben mit wenig Ausnahmen jüngere
nie ältere Praktiker ihre Beſtandespflege rein nach
valdbaulichem Gutdünken oder überlaſſen fie
zuweilen auch dem Ermeſſen von Untergebenen, die
ihrerseits nun wieder mit den Beſtänden verfahren,
die ſie es für richtig halten.
Alles in allem aber handelt hierbei im Grunde
ker eben nach feinem Geſchmacke, über den ſich natür-
id nur zu häufig ſtreiten läßt
Sft es denn auch zu verwundern, daß in den ge:
mten Durchforſtungsbetrieb bis heute noch kein rechter
plan gekommen ift und keine Klarheit vor allem da:
tiber herrſcht, ob man zur Erzielung des höchſten
virtſchaftlichen Nutzens ſtark durchforſten oder ſich
nitmäßigen und geringen Vorentnahmen be⸗
guügen folle?
Durchaus nicht; denn es ſind im ganzen noch zu
wenig Beweiſe für die höchſte Rentabilität einer ganz
bfimmten Beſtandespflege erbracht, die nach den be:
fandesbildenden Holzarten verſchieden fein kann.
Bohl haben die methodiſch geleiteten Durchforſtungs⸗
derſuche des Verſuchsweſens bereits mancherlei bemerkens⸗
werte Aufſchlaſſe gebracht über die Wirkungen der ver:
Ihieden tarten Eingriffe auf die Maſſenerzeugung;
zur Statik der Durchforſtungen aber, aus der allein
Shlüffe auf die Rentabilität der praktiſch durchführ⸗
‘aren Durchforſtungsarten gezogen werden konnten,
And Beiträge nur felten geliefert worden.
Warum aber find die bisher mitgeteilten Ergeb⸗
nije exatter Verſuche nicht auch für die Statik ver:
wertet worden, und wie ift es mit jenen Durch⸗
ſorftungzverſuchen, die ja den Ertragsverſuchen parallel
liefen, nue bt gegangen?
Das laßt ſich ganz gut zurückverfolgen und wird
auch von allgemeinem Intereſſe ſein. Was man
ſich als endliches Ergebnis vor dreißig und mehr
Jahren von den Verſuchen hauptſächlich verſprochen
hatte, war doch eine in Zahlen ausdrückbare
Verſchiedenheit des Wachstums der grund:
ſätzlich von einander verſchieden behan⸗
delten, urſprünglich aber gleichmäßig
geſchloſſen geweſenen Beſtände.
Denn die Annahme, daß dermaßen verſchieden
angegriffene Beſtände ſchon bald in ihren Wuchs⸗
leiſtungen weit auseinanderſtreben müßten und die
größere oder geringere Rentabilität dieſes oder jenes
Durchforſtungsgrades ſich hiernach ganz klar beweiſen
laſſen würde, war mit eine der natürlichſten, die es
geben konnte. Zweiſel an der Erreichbarkeit poſitiver
Reſultate dürften bei der Einleitung der Durchforſtungs⸗
verſuche jedenfalls kaum aufgekommen ſein. Und jeder
praktiſche Forſtmann, der vordem zu ſtärkeren Durch⸗
ſorſtungen, als ſie bis dahin allgemein gebräuchlich
geweſen, von ſich aus ſchon übergegangen war, ſah
auch mit der Erwartung einer faſt ſelbſtverſtändlichen
Tatſache gerade ſolchen wiſſenſchaftlichen Veröffent⸗
lichungen entgegen, die im allgemeinen die offenbar
zeitgemäßer gewordenen ſtärkeren Durchforſtungen
rechtfertigen ſollten.
Auf eine Rechtfertigung ganz zu verzichten ging
eben nicht gut an; denn die ungemein geſtiegenen vor⸗
zeitigen Gelderträge konnten ſchließlich mehr als nur
die Zinſen vom Beſtandeskapitale darſtellen, die bei
einem geregelten Durchforſtungsbetriebe ohnedies nur
in anteiligen, nicht aber in vollen Beträgen bezogen
zu werden pflegen. Verſchwendung jedoch wollte nie⸗
mand treiben oder verantworten müſſen, nachdem die
Lehre von der Statik die geſamte forſtliche Praxis
über gewiſſe untere und obere Grenzen für die Ab:
nutzung forſtlicher Kapitalien aufgeklärt und ſich Be⸗
achtung von allen Seiten erzwungen hatte. Fraglich
konnte es eigentlich nur ſein, bis zu welcher Höhe
man die vorzeitigen Eingriffe in das Beſtandeskapital
ſteigern durfte, ohne dieſes — wie etwa mit Lichtungs⸗
und Verjüngungshieben — ſelbſt angreifen zu müſſen.
28
206 : |
Das aber konnte nur durch mühſeliges Berechnen und
langjähriges Vergleichen herausgebracht werden und
mußte dem Verſuchsweſen überlaſſen bleiben; wo wäre
inan auch hingekommen, wenn vor jeder Durchforſtung
in den vielen ungleichartigen Beſtänden erſt ein langes
Rechenexempel hätte angeſtellt werden müſſen!
Was aber haben die mancherlei Veröffentlichungen
des Verſuchsweſens nun ergeben, zu deren letzten und
vollſtändigſten auch diejenige gehört, die vom erſten
Verſuchsleiter der großh. heſſ. forſtlichen Verſuchsanſtalt
aus deren aktenmäßigen Unterlagen den Vertretern
aller deutſchen Verſuchsanſtalten bei ihrer Tagung
im Herbſte 1913 zu Neuſtadt a. d. Hardt vorgelegt
und im 1914er Märzhefte der A. F. u. J. Z. dann
auch weiteren Kreiſen zugänglich gemacht wurden?
Entgegen allen Erwartungen forſtlicher Praxis
die jedenfalls ſehr eigenartige Tatſache, daß der Werts:
zuwachs und geſamte Wertsertrag der daſelbſt ver⸗
glichenen ſchwach durchforſteten Kiefern- und Buchen⸗
beſtände ſich von dem der ſtärker durchforſteten nur
herzlich wenig unterſchied — es hierfür alfo ganz gleich—
giltig blieb, ob man ſchwach, mäßig oder ſtark in die
Vorräte eingriffe und ob einer dunkle oder lichte
Stangenhölzer draußen ſtehen habe.
Ohne die unwiderleglichen Zahlen beſonders der
im 1914er Märzheft veröffentlichten Ueberſichten eine
kaum für möglich gehaltene ſtatiſche Wirkung, deren
Erkenntnis allein niemanden recht befriedigen
konnte und die der bisher meiſt willkürlichen Beſtandes⸗
pflege auch kaum den Boden zu entziehen vermochte!
Jedenfalls erſcheint es nicht ausſichtsvoll, das von den
Verſuchsanſtalten ſeit Jahrzehnten angeſammelte Ma⸗
terial ſernerhin in gleicher Weiſe und lediglich für
Ertrags- und Zuwachsermittelungen im Geſamtbeſtande
zu verarbeiten.
Auf welche Art aber dann?
Hierzu wies der Gießener Profeſſor der Forſt⸗
wiſſenſchaft Dr. Wimmenauer in ſeiner IV. Auflage
Wert desſelben Beſtandes, wenn dieſer ſelbe Beltan
undurchforſtet geblieben wäre. |
Jedermann muß zugeben, daß gegenüber allen js
gut wie unberührt ſortwachſenden, geſchloſſenen Be
ſtänden die verſchieden ſtark durchforſteten auch zue
bemerkenswerte Unterſchiede aufweiſen.
Dieſe beſtehen — von dem auch ungeſchulten Augen
gewiß deutlichen und grundverſchiedenen Aufbaue der
durchforſteten und nicht durchforſteten Beſtande at:
geſehen — einmal im Wertsertrage der nach jeder
Durchforſtung verbleibenden Hauptbeſtandesmaſſen, ſo
dann in der fortdauernden werbenden Tätigkeit ber
verſilberten und zu Geldzins anlegbaren, aus dem Be
ſtande ausgeſchiedenen Durchforſtungshölzer.
Um die Berückſichtigung dieſer Unter
ſchiede dreht ſich die geſamte durchfor⸗
ſtungsſtatiſche Verrechnung, die Wimne—
nauer i. J. 1900 in die Literatur eingi
führt und hernach vervollkommnet hat.
Nur wenn man nach ihm verglich, welche Wert
ein ſtärker durchforſteter Beſtand gegenüber einem
ſchwächer oder nicht durchforſteten annahm und zu
welchen Summen die Durchforſtungserträge in den
Forſtkaſſen anwachſen konnten gegenüber den entipre
chenden Kapitalien, die andernfalls im Walde mit den
Zuwachsprozente des Holzwertes weiterarbeiteten, daun
erft konnte man die wirkliche finanzielle Zweckmäßig⸗
keit gewiſſer Durchforſtungsgrade für gewiſſe Holzarten
wirklich ermitteln und den ganzen Durchforſtungsbe⸗
trieb darauf einſtellen.
Nun Heben fih die einzelnen Durchforſtungsgrade
von einander hauptſaͤchlich durch diejenigen Stamm
ſtärken ab, die fie noch mit in die Entnahme einbe
zogen wiſſen wollen. Alſo ließ ſich auch Wertsertrag
und Wertszunahme des verbliebenen Beſtandes und
Durchforſtungsertrages beſſerer und ſicherer von Stamm:
ſtärkeklaſſe zu Stammſtärkeklaſſe beſtimmen und ver
gleichen, als bloß nach Geſamtertrag und durchſchnitt
lichen Zuwachsprozenten. Denn Geſamtertrag und
von Guſtav Devers Waldwertrechnung im Jahre 1892 | durchſchnittliche Zuwachsprozente konnten ſich nod)
— zu einer Zeit alfo, da die Durchforſtungsfrage durch immer einander ähneln, wenn innerhalb der Beltinte
wiſſenſchaftliche Veröffentlichungen noch bedeutend weniger | die ſtatiſch folgenſchweren Veränderungen ſich ſchon
und nach keiner Seite hin geklärt war — einen neuen
Weg, den er zur Begründung einer Statik des geſamten
Durchforſtungsbetriebes dann im Septemberheſte der
A. F. u. J. Z. von 1900, im Januarheſte von 1904
und zuletzt im Märzhefte von 1914 weiter beſchritt.
Sein Grundgedanke für die große Praxis war
dabei, wenn ich ihn kurz wiederholen darf, der, daß
die Durchforſtung eines Beſtandes ſtatiſch dann vor—
teilhaft wirke, wenn nach Ablauf mehrerer Jahre der
Wert des durchforſteten Beſtandes zuzüglich des pro—
longierten Durchforſtungsertrags größer wäre, als der
vollzogen hatten, die dauernd auf die Wertserzeugung
drückten und in keiner jener rechneriſchen Geſamt⸗ oder
Durchſchnittsgrößen zum Ausdrucke zu bringen waren.
Bekauntlich verfallen den ſchwachen Durchſorſtungen
in der Hauptſache nur die ſchwächſten Stämme, den
mäßigen bereits Stämme mit mittlerem Durchmeſer,
den ſtarken aber auch Stämme aus den jeweils vor
kommenden ſtärkſten Stammklaſſen; Hoch: und Plenter:
durchforſtung haben gleichfalls ihre Merkmale für fid :
War es denn trotz eines ziemlich gleichen Gejom! |
ertrags oder durchſchnittlichen Zumachfes vetſchieden de :
207
andelter Beſtände von jeher wohl einerlei, ob vor:
negend ſchwache Stämme, oder ob auch ſchon mittel⸗
tarfe und ſchließlich gar beträchtliche Mengen ſtärk⸗
ut Stämme frühzeitig aus dem Beſtande mit ver:
scandent und fortan mit einem einheitlichen Zinſe
over zu arbeiten vermochten, den im Beſtande viel:
wh nur eine Stammklaſſe und auch dieſe nur
fällig aufwies?
Doch kaum; denn jemehr eine Durchforſtung ein⸗
nuen hatte in die weit über den Durchſchnitt des
Jamien Beſtandes und über den Geldzinsfuß hinaus
‚nduzierenden Stärkeklaſſen, um fo ärmer war natur:
mäß der verbleibende Beſtand an fold) beftrentieren:
em Materiale oder Kapitale geworden und um fo
deiter wurde ſtets und ſtändig der Abſtand zwiſchen
der Wertsmehrung verkauften und auf der Kaffe an:
lezbaren oder unverkauſten und im Beſtande fortwer⸗
enden Holzes. Es war aljo für die Geldwirtſchaft
in Walde ohne allen Zweifel am wichtigſten, durch
ale Verrechnung feſtzuſtellen, bis zu welchem Be:
trage die an der Geſamtproduktion verſchieden betei⸗
ligten einzelnen Staͤrkeklaſſen zuſammenſchmelzen durf-
kn. ohne daß die Wertserzeugung auf die Dauer er:
mettete und hinter derjenigen der Parallelklaſſen un-
durchſorſteter Beſtände zurückbliebe.
Dies war, weiterumſchrieben, die Idee, die der be⸗
lunnten Verrechnungsweiſe des Herrn Geheimrats
Bimmenauer ebenfalls zu Grunde lag.
Wer nun bereit ift, die Folgerichtigkeit der Grund:
gedanken bis hierher anzuerkennen, der wird auch zugeben,
daß eine nachträgliche Zerfällung des Stammvorrates
von Durchforſtungsverſuchsflächen in Stammſtärke⸗
tajen zu brauchbaren Ergebniſſen dann führen konnte
wenn innerhalb dieſer Klaſſen die Wertsveränderungen
don der erſten bis zur letzten Durchforſtung ſich genau
tertolgen ließen und hieran nachgewieſen werden konnte,
. welden Einfluß ihr allmähliches Zuſammenſchmelzen
der ihr ungeſchmälertes, kräftiges Weiterwachſen auf
die geſamte Kapitalsbildung nach und nach ausübe.
g Die vom Begründer der Durchforſtungsſtatik im
ſürflch Solms⸗Lichiſchen Walde um die Mitte der 80er
Jahre angelegten Buchenverſuchsflächen erhielten eine
Einteilung in fünf Stammklaſſen von annährend gleicher
Brundflade, die fih nach der Stärke abjtuften.
Die ſtatiſchen Berechnungen geſchahen nach der,
von ihm ſelbſt abgeleiteten und begründeten Formel
d=H(z— y) + D (p — x), in der A das Ergeb:
Ns der Wertsvergleichung,
H den Wert des verbleibenden Beſtandes,
2 das Zuwachsprozent des durchforſteten Beſtandes,
y und x die Zuwachsprozente des undurchforſteten
Beſtandes,
— . —ñ—j —
—
—
D den Wert des Durchforſtungsertrages und
p den Geldzinsfuß bedeutete.
Bei den von allem Anfange an hierfür eingerich⸗
teten Licher Verſuchsflaͤchen war die Erhebung der rech⸗
neriſchen Formel⸗Größen eine einfache Sache. Kreis:
fläche und Höhe des verbleibenden Beſtandes einer
jeden Stammklaſſe wurden nach der Durchforſtung
ſorgfältig aufgenommen, daraus die Beſtandesmaſſe
berechnet und daraus wiederum der in Wertmetern
ausgedrückte Vorratswert.
Die Maſſe des Durchforſtungsholzes einer jeden
Stammklaſſe ergab fih aus der Aufnahme, fein Wert:
meter⸗Ertrag nach dem erfahrungsgemäß zuläſſigen
Anſatze des Reiſiganfalls zum halben Wertmeterertrage
des Derbholzes. Fielen beiſpielsweiſe in einer Durch-
forſtung 100 fm Derbholz und 80 fm Reiſig an, ſo
ergaben dieſe 100 +, = 140 Wertmeter im ganzen.
In dem nur auf Dürrholz durchforſteten Vergleichs⸗
beſtande wurden zu gleicher Zeit, wie in den durch—
forſteten Beſtänden, die Parallelſtammklaſſen ebenfalls
gekluppt und gemeſſen, der Abgang feſtgeſtellt und
ſo der jeweilige Wert auch in Wertmetern ermittelt.
Die Zuwachsprozente des undurchforſteten und jedes
durchforſteten Beſtandes wurden hiernach ſtammklaſſen⸗
weiſe berechnet und, wie alle veröffentlichten Artikel
erkennen laſſen, auch ſtammklaſſenweiſe einander
ſo gegenübergeſtellt, daß man ſofort überſah, welche
Wirkung ein beſtimmter Durchforſtungsgrad auf die
Stammklaſſenwerte und im ganzen gegenüber der Dürr:
holzdurchforſtung hervorgebracht hatte.
Der Geld zinsfuß, zu dem der Durchforſtungs—
ertrag weiter werbend zu denken war, konnte zu 3%
angenommen werden. Ihm gegenüber ſtand, ſtamm—
klaſſenweiſe verſchieden, der Zinsfuß des Holzes oder
das Zuwachsprozent des nur auf Dürrholz durch—
gangenen Beſtandes.
Aljo Hatte man alle Werte zum Vergleiche bei:
einander, die ſich nach jeder neuen Aufnahme ohne
weiteres zum Endreſultate formen ließen.
Weſentlich anders lagen die Buchführungsverhaäͤlt—
niſſe bei den Durchforſtungsverſuchsflächen der groß—
herzogl. heſſiſchen- und wohl auch jeder andern deut—
ſchen forſtl. Verſuchsanſtalt. Dieſe Verſuchsflächen
ſind nicht ſtammklaſſenweiſe, ſondern entweder durch—
laufend oder nur nach dem Haubarkeitsbeſtande mum:
meriert und zumeiſt auch erſt vom Stangenholzalter
an; eine Verrechnung der Erträge auf jene ſtatiſche
Art hatte bei keiner noch ſtattgefunden.
In den Aufnahmebüchern für jede Vergleichsfläche
iſt aber bei durchlaufender Nummerierung von jedem
Stamme doch wenigſtens die Bruſthöhenſtärke von der
erſten bis zur letzten Aufnahme zu verfolgen. Alſo
28
208
kann man auch von jedem Stamme nach der Num⸗
merierung den Grundflächenzuwachs von der erſten
Aufnahme an bis zu ſeinem Aushiebe oder bis zur
letzten Aufnahme, die ihn noch ſtehend vorgeſunden
hatte, genau berechnen.
Wenn man alſo die durchlaufend nummerierten
Stämme entſprechend etwa den Stammſtärken, nach
denen die Durchforſtungsgrade fih abſtufen, in den
Aufnahmebüchern nachträglich in Stärkeklaſſen ein⸗
teilte und danach mit ihren Kreisflächen auszugs⸗
weiſe auf beſonderen Bögen ordnete, ſo konnte man
klaſſenweiſe wenigſtens den Zuwachs an Stamm:
grundfläche nach jeder Durchforſtung verfolgen
und die verbliebenen oder ausgeſchiedenen Beträge an
Stammgrundfläche aus den Büchern und durch Red-
nung hinterher ebenſo ermitteln, wie ſie auf den Licher
Flachen müheloſer durch direkte Kluppierung der
klaſſenweiſe auch äußerlich gekennzeichneten Stämme
im Walde ſelbſt zu erheben waren.
Zu ſtatiſchen Wertsberechnungen gehört freilich nicht
nur die Kenntnis der Stammgrundfläche allein, ſon⸗
dern auch diejenige der geſamten verkäuflichen oder
verkauften Maſſe; hierzu wiederum die Kenntnis von
Stammgrundfläche und Höhe und, wenn nicht Probe:
holz geſällt und nach Sektionen kubiert und xylome⸗
triert wird, auch die der Formzahl.
Da beſonders Höhen auf den Durchforſtungsflächen
nur in längeren Zwiſchenräumen und mittels Probe⸗
ſtammfällungen wiederholt gemeſſen zu werden pflegen,
fo fehlen fie zu manchen Zwiſchenaufnahmen der Flä
gänzlich.
Eine Interpolation fehlender Höhen für die nach
träglich gebildeten Klaſſenſtämme erweiſt ſich er
aber als unmöglich. Damit ſchwindet aud die Mög⸗
lichkeit genauer Maſſen⸗ und Wertsberechnung von,
Klaſſe zu Klaſſe.
Alſo mußte bei Verarbeitung des Zahlenmaterials
der forſtlichen Verſuchsanſtalt zur Statik des A
forſtungsbetriebes Abſtand davon genommen werden,
in Wertmetern ausgedrückte Erträge mit einander zu
vergleichen. i
Zum Erſatze ſolcher abſoluten Werte ließ ſich je-
doch, da bekanntlich die Stammgrundfläche der Haupt: —
zuwachsfaktor iſt, dieſe auch als Hauptwertserzeugerin
zum Vergleiche in die Rechnung nach der ſtatiſchen
Formel einführen.
So find denn im Auftrage des Geſchäftsleiters
der Großh. Heſſ. Verſuchsanſtalt von den heſſiſchen
Durchforſtungsflächen, die ihm nach Ausſcheiden des
Geheimerats Heß aus dem Verſuchsweſen mit zur Ber:
fügung ſtehen, im ganzen vorerſt ſechs auf die be-
ſchriebene Art verglichen worden.
Und zwar von Kiefern die Verſuchsflächen
Nr. 17 mit 3 Feldern, gelegen im Diſtrikt Riedſtrauch der Oberförſterei Eudorf,
„ 18 „ 2
“ 20 L 3
von Buchen die Verſuchsflächen
n ad * n
n * n”
Naſſe Seifen der Oberſörſterei Grebenau,
Remberberg derſelben Oberförſterei;
Nr. 10 mit 4 Feldern, gelegen im Diſtr Kirchberg der Oberförſterei Laubach,
„ 12 „ 3 „
„ 23 „ 5
Von den Buchenverſuchsflaͤchen 10 und 23 mußte
je ein Feld wegen Beſchränkung der Numeration auf
den ſogenannten Haubarkeitsbeſtand unverglichen bleiben.
Angelegt find die verglichenen Verſuchsflaͤchen vom
nunmehr verſtorbenen Geheimerat Heß in den Jahren
1887 1898, übernommen und weitergeführt von Geh.
Forſtrat Wimmenauer im Jahre 1908.
Wegen der Abſtuſung der Durchforſtungsgrade und
- Stammklaſſe I,
” " L
" " I "
I ”
"n ” “
n" n
n *
Zu den exakten Rechnungsergebniſſen, die von den
Licher Flächen veröffentlicht ſind, treten nunmehr die
in den nachſtehenden Tabellen mitgeteilten Reſultate
hinzu. Sie ſind auf genau die gleiche Rechnungs⸗
weiſe gefunden, wie diejenigen des Herrn Geheimrats
Wimmenauer. Nur hat man ſich unter H und D
Sauberg der Oberförſterei Schotten,
Ramsberg des Laubacher Stadtwaldes der Oberförſterei gleichen Namens.
des Anſteigens der Stärkeklaſſen im ausſcheidenden
Beſtande mit zunehmender Stärke der Durchforſtungen
ſind die Stämme aller ſtatiſch bearbeiteten Felder bei
der erſten, auf die durchlaufende Nummerierung fol:
genden Aufnahme in die nachſtehenden fünf Klaſſen
untergebracht, die für jeden Stamm bis zu ſeinem
Aushiebe unverrückbar blieben:
umfaſſend die Stämme bis zu 12 cm Bruſthöhenſtärke,
zwiſchen 12 u. 14 em „
„ 14, 16 „ *
„ 16 „ 18 „ `
über 18 cm z
eben nicht die Werte der verbliebenen inb ausgeſchie⸗
denen Beſtandesmaſſen zu denken, ſondern nur die
Stammgrundflächen, die ſie vertreten ſollen, weil ſie
eben jeder Maſſen⸗ und Wertsberechnung hauptjadlid
zur Unterlage dienen.
Dementſprechend find ferner die in den Tabellen
— — — — —
am Schluffe berechneten Zuwachsprozente auch keine
eigentlichen Werts⸗, ſondern nur Fläͤchenzuwachspro⸗
gente. Und weil man es doch nicht mit dem endgil-
ligen relativen Werte und Wertzuwachſe zu tun hatte,
det natürlich höher ift, als der Betrag an bloßer
Stammgrundfläche und an Flaͤchenzuwachs, fo ift
ſcließlich der Geldzinsfuß anftatt zu 3% nur zu
35% angenommen und in die Formel eingeſetzt
worden; damit wurde das Verhältnis des Flåden-
madje zum Wertzuwachſe bei den Gegenüberſtel⸗
lungen der im Holze fortwerbenden oder auf den Forſt⸗
in Kiefern⸗Vfl. 171
170 (mäßig
17111 (ſtark
201 (ſchwach
2011 (mäßig
2010 (ſtark
1811 (mäßig
181m (ftarf
121 (ſchwach
1211 (mäßig
121 (ſtark
231 (ſchwach
2311 (mäßig
23111 (ſtark
23V (plenter
101 (ſchwach
1011 (mäßig
10111 (ſtark
Dieſen ſcheinbar regellos hin⸗ und herſchwankenden
Hrojentgiffern ſtehen folgende, nach der Wimmenauer'“
den Formel berechneten ſtatiſchen Ergebniſſe gegen:
Buchen⸗Vfl.
in Kiefern⸗Vfl. 171
1711 (mäßig p
17111 (ſtark ji
~ „ 201 (ſchwach ,
201 (mäßig a
2001 (ſtark 1
z „ 1811 (mäßig à
18111 (ſtark i
Buchen⸗Vfl. 121 (ſchwach e
1211 (mäßig 8
12111 (ſtark =
„ „ 231 (ſchwach ;
2311 (mäßig ý
2311 (ſtark "
23V (plenter P
„ „ 101 (ſchwach „
100 (mäßig n
10111 (ſtark „
.
kaſſen anlegbaren Kapitalien wenigſtens annähernd
gewahrt. So alſo entſtanden und würden zu verſtehen
ſein die tabellariſchen Ueberſichten, die dem Aufſatze
anzufügen waren und die allen, von den Licher Flächen
veröffentlichten auch in der Anordnung des Zahlen⸗
materials vollkommen gleichen.
Da dieſes aber ſehr reichhaltig und weniger bequem
zu leſen iſt, ſo ſeien daraus folgende Hauptzahlen
auszugsweiſe beſonders mitgeteilt:
Die Zuwachsprozente des Geſamtbeſtandes ſind nach
70
"a
n
(ſchwach durchforſtet)
5
3,7
3,7
8,9
2,3
2,7
2,7
2,8
3,2
1,8
2,9
3,7
3,2
4,2
5,3
4,7
2,0
2,6
3,2
w u Sum ee — — St — — — — — — — — — —
.
10
3,1
3,4
3,6
2,7
2,8
3,1
3,0
3,0
22
2,8
3,3
2,9
3,9
4,6
4,1
2.2
2.7
3.2
15 Jahren
2,7
2,8
3,0
2,0
2,7
2,8
2,6
über, von denen die eingeklammerten lediglich die Er⸗
folge ſtarker Durchforſtungen verglichen mit mäßigen
bedeuten:
(ſchwach durchforſtet)
— — — — —— . — — — — ANA Nee! — Yet — —
Nach 5
— 2,450
— 3,815
(— 2,673)
+ 1,729
— 1,548
(+ 0,850)
( + 3,508)
+ 9,430
+ 12,011
+ 8,496
+ 12,686
+ 14,214
+ 12,334
+ 4,782
10
+ 1,353
— 0,489
(— 1,958)
+ 0,661
— 2,141
(— 1,408)
(— 2,633)
+ 5,424
+ 5,548
+ 10,025
+ 9,866
+ 10,890
+ 17,404
+ 11,073
15 Jahren
+ 2,264
— 0,674
(— 1,488)
+ 1,496
— 3,002
(— 2,215)
(— 0,234)
+ 6,383
+ 5,749
+ 10,015
+ 10,827
+ 11,412
+ 12,074
+ 14,529
M
Was folgt daraus?
Zweifellos doch dies:
Was an ſtatiſcher Wirkung durch rechneriſchen Ver⸗
gleich bloß des Zuwachsganges oder der erzeugten Ge⸗
ſamtwerte feſtzuſtellen nicht möglich iſt, das läßt ſich
durch exakte Verrechnungsweiſe der Erträge und durch
klaſſenweiſen Vergleich der Differenzen von Holz: und
Geldertrag einwandfrei nachweiſen.
In den 40—60 jährigen Kiefernbeſtänden III. Stand-
ortsklaſſe, der die 6 Felder der Durchforſtungs-Ver⸗
ſuchsflächen 17 und 20 angehören, bleibt die ſtarke
Durchforſtung in ihrer finanziellen Wirkung hinter der
mäßigen und ſchwachen zurück.
In der gleichartigen Verſuchsfläche 18 konnte die ſtarke
nur mit der mäßigen Durchforſtung verglichen werden;
während hier nach fünf Jahren die ſtarke Durchforſtung
der mäßigen überlegen iſt, ſinkt ſie nach 10 Jahren
unter dieſe herab und weiſt auch nach 15 Jahren noch
keine Ueberlegenheit wieder auf.
Vergleicht man nach den eingeklammerten Beträgen
auch in Verſuchsflaͤche 17 und 20 die ſtarke lediglich
mit der mäßigen Durchforſtung, ſo findet ſich der
Vorgang beſtätigt, der bei 18 zu beobachten iſt.
Hiernach kann von einer vorteilhaften
ſtatiſchen Wirkung der ſtarken Durg:
forſtungen gegenüber den mäßigen und
ſchwachen in Kiefernbeſtänden jener Al-
ters⸗ und Standortsklaſſe nicht die Rede
ſein.
In den 40— 80 jährigen Buchenbeſtänden III. und
IV. Standortsklaſſe, der die 10 Felder der Durch⸗
forſtungs-Verſuchsflächen 10, 12 und 23 angehören,
bewegt ſich — wenigſtens vorerſt noch — die Statik
in weniger geſetzmäßigen Bahnen, als bei Kiefern.
Während ähnlich, wie im Kiefernbeſtande, in der
Buchenverſuchsflaͤche 12 und 23 die anfänglich über:
legene ſtarke Durchforſtung unter die mäßige oder doch
bis zu dieſer herabſinkt, tritt in Verſuchsfläche 10 das
Gegenteil hiervon ein und die ſtarke Durchforſtung
nimmt aus anfänglicher Unterlegenheit einen ſehr kräf⸗
tigen Auſſchwung, der ſie nach 15 Jahren über die
mäßige hinaus trägt.
Die Plenterdurchforſtung aber, die nach fünf Jahren
über der mäßigen und ſtarken Durchforſtung ſtand,
weiſt nach 15 Jahren kaum noch einen nennenswerten
Vorſprung auf.
Damit findet wiederum ein bereits von den Licher
Flächen bekannter Vorgang ſeine Beſtätigung.
Im ganzen aber läßt ſich von den Durch—
forſtungen in Buchenbeſtänden dieſer Al:
ters-und Standortsklaſſen noch, nicht fagen,
welchem Grade ſtatiſch der Vorrang gebühre.
Ueberhaupt würde in einem Schlußſatze noch da—
einen wirklichen Einfluß auf die Wirtſchaft im Walde
rauf einzugehen ſein, daß ſtatiſche Ergebniſſe dieſer Art
erft dann ausüben können, wenn die Verſuchsreihenn
bedeutend verlängert und die ſtatiſchen Unterſuchungeng
bis zum Abtriebe mancher Beſtände fortzuſetzen wären.“
Denn je umfaſſender die Unterſuchung, um fo zwingen
der natürlich ihr Gefamtergebnis! Was hier aus
langjährigen Aufnahmen der großh. heſſ. forſtlichen!
Verſuchsanſtalt veröffentlicht werden konnte, das us
ſich vorerſt ja nur auf einen verhältnismäßig kurz⸗
friſtigen Entwicklungsabſchnitt von 15 Jahren beziehen —
ift alfo aus dem langen Beſtandesleben gleichſam
herausgeſchnitten worden. a
Und wenn auch alle verglichenen Berfucsfehe |
ſchon in ſehr frühem Beſtandesalter angelegt wurden,
fo konnten fie ihrer erft nachträglich erfolgten Num ©
inerierung wegen nicht auch von früheſtem Alter ab
ſchon ſtatiſch verglichen werden. |
Selbſtverſtändlich war die Behandlung aller Flachen |
ihren Beſtimmungen entſprechend nach- wie vorher eine —
völlig konſequente und für jede Parallelfläche gleich⸗
artige.
Das wird vielleicht ausdrücklich hervorgehoben wer⸗
den müſſen, weil andernfalls jemand auf den Gedanken
kommen könnte, daß bereits durchhauene Beflände
ſtatiſch nicht mehr ſo recht vergleichbar ſeien und daß —
die ſtatiſche Unterſuchung unter allen Umſtänden auch
mit der erſten e e Maßnahme einſetzen
müſſe. i
Ueberdies dürften nicht gerade im Verſuchsweſen
tätige Forſtleute ganz allgemein auch weniger Intereſſe ~
an einem Zurückverfolgen der ſtatiſchen Wirkungen in
die Beſtandesvergangenheit oder bis zum Beginne je:
der geordneten Beſtandespflege überhaupt haben. Viel:
mehr wird ihnen an einer ergaͤnzenden Fortführung
der Verſuche bis in die höheren Beſtandesalter hinauf
gelegen ſein, in denen die Beſtandesbehandlung viel
einträglicher, zugleich aber auch verantwortungsvoller
zu werden pflegt.
Freilich find nun gerade die nachſtehenden ziffern:
mäßigen Ergebniſſe aus einer Zeitſpanne größter
Wuchskraft hergeleitet — aus Altersklaſſen alfo, in
denen die Beſtandespflege für gewöhnlich erſt mit
größerem Nachdrucke einſetzt! — immerhin könnte es
bod) fein, daß nach Abflauen mancher heftiger Be
er, eee
ſtandesangriffe, wie fie ſtarke oder Plenterdurchforſtun⸗
gen bedeuten, auch manche der hier nachgewieſenen.
periodiſch unvorteilhaften Wirkungen ſich ſtatiſch wieder
ausglichen Auch kann niemanden ohne weiteres zu:
gemutet werden, um geringfügiger ſtatiſcher Differenzen
willen von einer Beſtandespflege abzugehen, in die das
geſamte Hilfsperſonal im Laufe vieler Jahre einge⸗
(Fortſetzung Seite 217.)
211
Bl. 17 (Kiefer). Tabelle 1.
Gegenſtand 3 Grun a lade g =H =D
= .
1 der Mte] [ Stamm ⸗Stärkeklaſſe 5 x x A
Ae Sjlı)Julm|w|v (2—y) | (p=x)
Statiſches Ergebnis nach 5 Jahren:
1895 | Borġ. Beſtd.] 41 m | 5,64 ; 1,79 | 1,81 | 0,86 | 0,31 | 9,91 Schwach
| 1900 Ausgeſch 46 „ 187 003 i 90
Seu, 8 109 2,16 | 1,62 | 1,00 | 0,36 | 10,0!
ura R 1,1 0,40 | 0,31
ee % | 36 | 40 4,2 |
Worb. Gd. z | am | 4,77 | 214 118 0.48 | 0,23 880 | - 0,85 |-2065 24 mäsig
usgeſch., 46 i 1,71 | 0,10 O, — — 1,8
Zeugs 105 2,89 | 1,43 | 0,57 | 0,20 6,77
uwachs i 1, 0,3 0 | ‚06 | 1,
rs % | 39 | 80 | 40 | 84 4,6 | 37
1895 [Vorh. Beſtd. 41 | qm | 2,46 | 2,16 | 1,90 | 0,69 | 0,80 | 7,51 | — 0,389 | — 3,428 | -- 3,815 Stark
190 Ausgeſch. , 46 „ | 2,00 | 067 | 013 | — — | 280 |c+ 0,657) | (— 8,330) |(— 2,678)
5 j 5 A 155 au 501 915 0,37 | 6,32
uwachs 3 0, 0, 0,04 ! 0,15 | 0,07 | 1,61
% 151 | 50 | 04 | 39 | 42 | 39
Statiſches Ergebnis nach 10 Jahren:
on blag a qm 167 9105 1,31 0,56 0,81 ao Schwach
usgeſch. „ 46 M 1,87 0 — — — 1,90
E x 61 „ 1,43 006 | — — — | 1,40
Verbl. „| „ „ 4,00 2,54 | 1,97 | 1,23 0,45 [10,19
pinami „ | 1,66 | 0,84 | 0,66 | 0,37 | 0,14 | 8,67
uwachsprz. % 2,6 3,8 4,0 | 35 | 3,7 [3,1
Vorh. Beſtd. 41 | qm | 4,77 | 2,14 | 1,18 | 0,48 | 0,23 | 8,80 | + 1,905 | — 0,552 | + 1,353 Mäßig
wo | a de | tas | ga | aa | = | | as
m 7 51 " 1; ' ’ == in 1,5
5 a E a 3,62 2.0 1172 0,68 0,36 9,07
uwachs i 1, ; 0,59 0,20 | 0,1 8,50
ley % | 3,2 3,3 4,0 | 3,4 4,4 3,4
Vorh. Beitd.| 41 | qm | 246 | 2,16 | 1,90 | 0,69 0,80 | 7,51 | + 1,379 | - 1,868 | — 0,49 Stark
Ausgeſch. „ 46 0,13 2'80 | (+ 0,842) ( 2.800) (— 1,958)
" " 1,40
Verbl. p
1
uwachsprz
Vorh. Beſtd.
Wusgefd). „
Schwach
Vorh. Beſtd. 41
Wusgefd. ,, 46 * 1,71 0,10 | 0,02 — — 1,83
„ 51 5 1,26 | 0,21 | 003 | — — | 1,50
„ 56 „ 0,43 0,09 | 003} — | - | 0,55
Verbl. N
1 |
uwachsprz.
qm | 4,77 | 214 | 1,18 | 0,48 | 0,23 | 880 | + 1,478 | + 0,786 | + 2,264 Mäßig
|
|
iur | 1895 Vorh. Beſtd. 41 qm | 246 | 2,16 | 1,90 | 0,69 | 0,30 | 7,51 | 0,110 | — 0,564 | — 0,674 Stark
1900 Ausgeſch „ | 46 „ 1200 0,67 0,13 — — | 2,80 |(— 0,341) (— 1,147) (— 1,488)
1906 „ „ 51 „ 1051 | 0,64 | 0,14 | O11 | — | 1,40
1910 „ „ | 56 „1019 0,36 | 044 | 0,08 | — | 1,07
„ (Beb „„ „ | 102 | 1:90 | 204 | 1,03 | 0,52 | 6,60
1 1 M 1,26 1,50 | 0,85 0,53 | 0,22 | 4,36
uwachsprz. 9% 2,7 3,4 2,4 3,7 3,6 3,0
Vem. Die eingeklammerten Zahlen bedeuten das ſtatiſche Ergebnis der ſtarken gegenüber der mäßigen Durdjforftung.
Vfl.
Nr.
20111
2011
20111
2011
2011
Zeit
Gegenſtand
der
Aufnahme
> i ae
usgeſch. „
Berki. „
5
uwachsprz.
a ſch.
usgeſch. „
Verbl. „
uwachs
uwachsprz.
Vorh. Belt.
Ausgeſch. „
Verbl Š
5
uwachsprz.
* Grundfläche 8
= der —
E
Alter S | Stamm-Gtartetlaffe 5
S|ı ju/m|j|ıv|v
Statiſches Ergebnis nach 5 Jahren:
42 | qm | 3,46 | 1,60 | 1,80 | 0,87 | 0,88 | 8,11
47 „ 0,77 — ia e — 10,77
` i 2,86 | 1,86 | 1,54 | 1,04 | 1,04 | 8,84
„ 13,17 | 0,26 | 0,24 | 0,17 | 0,16 | 1,00
A 3 36 3
42 qm
47
212
VA. 20 (Kiefer).
+ 0,085
(+ 0,212)
Statiſches Ergebnis nad 10 Jahren
Vorh. Beſt.] 42 qm | 3,46 1,60 1,30 | 0,87 | 0,88 | 8,11
Ausgeſch. „ 47 | , | O77; — | — | — — 077
„„ 52 a 1,05 | 005; — — — | 1,10
Verbl. 5 i . 2,24 , 2,17 | 1,84 | 1,28 1,28 | 8,81
Buwacha „ | 0.60 | 0,62 | 054 | 041 | 040 | 2,57
uwachsprz. % | 1,6 | 3,2 | 3,4 | 88 | 37 | 2,7
Verbl. Beſt. 42 | qm | 2,57 | 1,68 | 1,39 | 0,74 | 1,28 | 7,66 | —0,834
Ausgeſch „ 47 „ | 089 | 010 | 002; — — | 1,01
„ „ | 6 | , | 082] O14 | 004 | 003 | — | 1,08
Verbl. „„ „ 1.80 | 2,03 | 1,95 | 1,04 | 3,84 | 8,16
1 i 0,44 | 0,59 | 0,62 | 0,83 | 0,56 | 2,54
uwachsprz. % 1,6 8,0 | 3,6 3,6 8,6 2,8
Borh. Beſt. 42 | qm | 0,92 | 1,53 | 1,20 | 0,93 | 2,11 | 6,69 | — 1,222
Ausgefd. „ 47 i 0,60 | 0,64 | 0,23 | 0,08 | 0,25 | 1,80 |(—0,750)} (
„ „ 52 | „ | 0,24 | 0,53 0,30 | 0,18 | 0,16 | 1,88
Verbl. „ 1 W 0,24 | 0,80 | 1,16 | 1,14 | 2,62 | 5,96
Runami „ | 0,16 | 0,46 | 0,49 | 0,42 | 0,92 | 2,45
uwachsprz. % | 1,6 26 3,4 3,7 3,6 81
Statiſches Ergebnis nach 15 Jahren:
Vorh. Beft.| 42 qm | 3,46 | 1,60 | 1,80
Wusgefd). ,, 47 5 077 | — —
” ” 52 L 1,05 0,05 a
j hi 57 ve 0,80 | 0,12 | 0,02
Verbl. 17 a BR 1,61 | 2,40 | 2,17
Zuwachs . 0,77 | 0,97 | 0,89
Zuwachsprz. % 1,8 | 3,1 8,4
Vorh. Beſt. 42 qm | 2,57 | 1,68 | 1,39
Ausgeſch. „ | 47 „ 10,89 | 0,10 | 0,02 S
5 » | 52 = 0,82 | 0,14 | 0,04
„o „| 7 | „ | 0,384 | 0,18 | 0,07
Berbl. „„ „ 1117 | 2,24 | 2,21
1 ri 0,65 | 0,93 | 0,9
uwachsprz. % 1,5 | 3,0 | 3,4 um
Borh. Belt.| 42 | am | 092 | 1,53 | 1,20 | 098 | 211 | 669 — 2310 | — 0,602 | 305,77
Ausgeſch., | 47 „ | 0,60 | 0,84 | 0,23 | 0,03 | 0,25 | 1,80 [( 1,615) |(— 0,600) (-“
5 bi 52 15 0,24 | 0,55 | 0,30 | 0,13 0, 16] 1,38
f ‘i 57 i 0,06 | 0,04 | 0,22 — „11 | 0,43
Verbl. „ a y 0,22 | 0,93 | 1,17 | 1,35 | 2,94 | 6,61
er $ 0,20 | 0,63 | 0,72 | 0,63 | 1,35 | 8,53
uwachsprz. % |13 |28 3,1 |34 3,2 | 28
dchforſtung
- |
Be
—— 213
rs *
pe: — ar Vfl. 18 (Kiefer). Tabelle 3.
s BER 3 S F H ED
1 =
| Seit 3 der Alter È | Stamm-Gtartetlaffe A
ufnahme
I 8 = I | W | IW
Statiſches Ergebnis nach 5 Jahren:
896 Vorh. Belt] 44 | qm | 4,11 3,35 2,70 | 1,95 | 0,97 | 13,08 Mäßig
201 Berge » | 49 „ | 1,95 | 0,49 | 0,21 2,77
E „ | 259| 3,37 | 2,97
1 w 0,43 | 0,51 | 0,48 |
uwachsprz. % 2,0 2,8 3,4
Borh. Beſt 44 | am 2.65 3,00 3,19 12,14 | C+ 3,398) | (+ 0,110) | (+ 3,508) Start
a es » | 49 „ | 2,02 | 1,07 | 0,35
. 5 1,00 | 2,47 | 8,47
uwa „ | 0,87 | 0,54 | 0,63
urachsprz. % | 26 | 33 | 3,6
3 Statiſches Ergebnis
1890 |Borh. Beſt.] 44 | qm | 4,11 | 8,35 | 2,70 | 1,95 | 0,97 | 13,08 Mäßig
01 Ausgeſch. , 49 „ | 1,95! 049| 021| 0,12 — | 37
„ 54 „ | 1,00 | 0,65 | 0,22 | 0,14 | O11] 2,12
„ [Verbl. „„, k 1,99 | 3,38 | 3,45 | 2,57 | 1,85 | 12,74
uwachs „ 0,83 1,17 1,18 088 | 0,49 | 4,55
uwachsprz. % 118 | 80 3,6 3,7 | 40 | 80
Vorh. Beſt.] 44 | qm | 2,65 | 8,00 | 3,19 | 1,99 | 1,81 | 12,14 |(— 2,048) | (— 0,585) | (— 2,633) Stark
Ausgeſch „ | 49 „ | 2,02 | 1,07 | 0,85 | 0,18 | 0,07 | 3,69 |
» 54 „ | 0,24 0,57 0,65 | 0,26 | 0,04 | 1,76
Verbl. „ „ | 0,93 | 2,39 | 3,44 | 2,39 | 1,79 | 10,94
Ben „ 0,54 1,03 1,25 0,84 | 0,59 | 4,25
uwachsprz. % 18 | 29 | 33 | 35 | 37 | 80
Statiſches Ergebnis nach 15 Jahren:
} 1896 Vorh. Beſt.] 44 | qm | 411 | 3,35 | 2,70 | 1,95 | 0,97 | 18,08 Mäßg
1 a Ausgeſch. „ 49 „ 10,0 021 0 — | 37
18 „ 1,00 0,65 0,22 0,14 0,11] 2,12
on a » | 59 N 0,42 0,29 | 0,06 0,04 — 0,81
„ (Be „„ „ 1.92 353 | 391 291 | 1,52 13,79
Ben „ 1,18 1,61 1,70 1,26 0,66 | 6,41
f uwachsprz. 0% ht 1.26 182 | as | »4 2,6
1896 Vorh. Beſt. 44 | am | 365 | 3,00 | 8,19 | 1,99 | 1,31 | 12,14 ( 0,733) (T 0,54%) ( 0,234) Start
1901 | Ausgeſch. „ | 49 „ | 202| 1,07 | 0,85 | 0,18 | 0,07 | 3,69
1906 54 „ 0,24 0,57 0,65 0,26 0,04 | 1,76
1911 1 50 „ | 0,49 | 0,59 | 0,59 | 0,25 | 0,05 | 1,97
„ Verbl. „„ | oot 2.21 3,52 2.58 205 | 10,97
gemo 8 g | 071| 1,44 | 1,92 | 1,28 | 0,90 | 6,25
uwachsprz. 1,6 2,6 3,1 | 32 | 84 | 27
Vfl. 12 (Buche). Tabelle 4.
Statiſches Ergebnis nach 5 Jahren:
oo. a 64 qm | 7,36 | 2,59 | 1,80 | 1,18 | 1,19 14,12 Schwach
yusgeld, 69 Sh ae = = a 080
$ „ | 7,28 2,92 | 2,08 | 1,82 | 1,89 | 14,99
| a De > 0,42 | 0,33 | 0,28 | 0,14 | 020 | 9,37
* uwachsprz. 9% 1,1 2,4 29 | 22 | 31 1,8
Borh. Beſt. 64 | am | 3,56 2,53 1,95 | 1,47 | 1,47 | 10,98] + 7,755 | + 1,675 | + 9,430 Mäßig
Ausgeſch. „ 60 ss 1,18 0,15 | 002 a — 1,35
Verb Bir -s „ | 2,21 | 278 | 337 | 1,72 | 1,76 | 11,83
wachs „ | 083| 0,0 0,44 0,25 0,28 1,70
} uwachsprz 0% 1,8 2,8 #1 IS 8,5 2,9
ur 1807 Vorh. Beſt. 64 am +23.| 1:80: | 1,72 | 1,70 | 2,14 | 8,59 | 11,93] + 0,818 | + 12011 Stark
1902 | Musgefd.,, | 69 „ 6,66 0,50 0,42 | 0,84 | 0,15 | 2,07
nl „, „ {081| 1,867 1,76 1,68 | 339 [8,81
2 0,24 0,37 0,46 0,82 | 040 | 1,7
Zuwachsprz. 9% 3,6 | 3,7 a7 S y! 3,4 3,7
den Die ingettammerten Zahlen bedeuten das ſtatiſche Ergebnis der ſtarken gegenüber der mäßigen Durchforſtung.
As
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29
Bi Gegenſtand 2 Grun z eige 8
. . = er
Nr. Zeit ar = Alter 3 Stamm-Gtärfeflaffe E x
gie Slılnmjmiw| y (2—y)
Statiſches Ergebnis nach 10 Jahren:
121 | 1897 J Vorh. Beft.| 64 | qm | 7,86 | 2,59 | 1,80 | 1,18 | 1,19 | 14,12
1 1902 | UWusgefd). ,, 69 * 0,50 — — — 0,55
1907 FEN n
x. Verbl. i = m 6,90
uwachs 9 1,17
uwachsprz. % 1,5
1211 Vorh. Belt.
Ausgefd. „
Verbl. 3
Na
uwachsprz.
121¹¹ Vorh. Beſt.] 64 am
Ausgeſch. „ | 69 7
Verbl.
mos 8 *
uwachsprz. 07
B Ergebnis nach 15 Jahren:
121 | 1897 Vorh. Beit.| 64 | qm
1902 | Wusgefd. ,, 69 a 0,50 0,50
1907 8 7 74 į 1,13 | 0,01 | 0,05 — 1,19
1912 > j. 79 hi 2,38 | 0,11 | 0,04 0,04 | 2,57
r * * 4,81 | 3,68 | 2,55 | 1,67 | 1,73 | 14,39
uwachs x 1,46 | 1,16 | 0,84 | 0,49 | 0,58 | 4,53
uwachsprz. 0% 1,2 2,4 2,5 2,3 2,6 1,8
1211 | 1897 | Vorh. Beſt.] 64 qm 1,47 | 1,47 | 10,98] + 3,828
3,56
1902 | Ausgeſch., „ 69 | , | 118! 015|002! — | — | 1,85
1907 eee et ee ENS | Peta
1912 „ „79 |, | 0,53 | 0,29 0,20 0,08 | 0,06] 1,11
„„ „| 1,95 3,07 | 2,86 2,23 | 2,24 | 12,35
0,97 1
j
4 2,59 | 1,80 1,18 | 1,19 | 14,12
nee "
uwachsprz. 9%
1211 | 1897 | Bor). Beſt.] 64 qm
1902 | Ausgefd). ,, 69 *
1907 ee
2,14 | 8,59 | +4,342
0
041| 0
19122 „ „70 [, 023 0,19 027 | 011| 0,16} 096
„ [Verbl. „ „ 5% 061 142 1,76 1,93 2,48 820
Zuwachs x 0,61 | 0,88 1, 0,96 ; 1,13 | 4,72
Zuwachsprz. % 26 | 25 | 3 28 | 27 | 29
Vfl. 23 (Buche).
Statiſches Ergebnis nach 5 Jahren:
281 | 1898 J Vorh. Beſt.] 42 | qm 11,2 1,00 | 0,41 | 012] — | 12,75
1903 Ausgeſch. „, 47 n 096; — | — — — 0,96
. „1199 1,30 0,54 0,16 — | 13,99
Duras „ 1.73 0,80 0,13 0,04 — | 220
uwachsprz % 29 | 58 55 87 — 3,2
2311 | 1898 | Bord. Beſt.] 42 qm | 9,44 0,80 | 0,11 | 0,02 | — | 10,17} + 9,560
1903 | Wusgefd. ,, 47 * 2,66 — = — — 66
N erbl. PP ia 7 891 | 0,80 | 0,14 0,03 — 9,88
Zuwachs n 2,13 | 0,20 | 0,03 | 0,01 | — 2,37
Zuwachsprz. o 1.87 |-48 | 80-| E |
231 | 1893 [Vorh. Belt. | 42 qm | 6,12 1,00 | 002 | 0,14 | 0,04 | 7,84 | + 14,308 Jtt
1903 | WUusqefd.,, | 47 „ 2,72 0,14 0,02 0,08 — [287 h
x erbl. „ . 2 5,16 | 1,23 | 0,72 | BA 0,05 | 7,31 | —
Zuwachs „ | 1,76 03 | 0,20 | 0,04 | 0,01 | 2,88 | ta
Zuwachsprz 0% 5,0 | 62 | 62 | 50 | 4,4 3 a ——
23V | 1898 | Bor. 4 42 qm 8,37 0,53 | = 0,05 | — | 9,00] + 14,274 |
1903 | Wusqefd.,, | 47 a 0,15 — — — — 0,15 mC
r „ 10,37 0,75 | 0,19 | 0,06 |. — | 11,87 N
Zuwachs > 2,15| 0,22 0,05 | 0,01 — 2,48 a
Zuwachsprz. % 45 | 69 — 3,6 — 4,7 Bi
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5
—
Pa
Gegenftand
Der
Aufnahme
Zeit
1903 Ausgeſch. ,,
*
77
Verbl. m
Bund:
1903 | Yusgefd). ,,
H 1908 „
Verbl. 4
Banas
uwachsprz
4 1903 Ausgeſch.,
[ios | 781,
Verbl. 2
E EEH
il
5 Ausgefd. ,,
Berbl. a
ae
n
. 1903 Ausgeſch.,
1008 g
Jumada
| 1898 | Borh. Beſt.
1908 | Ausgeich. ,,
{1909 | sel
1918
n
ee ve
Verbl. „
1 1
Kan: Ausgeſch.,
N
I vo
1903 | Aus $
1908 geſch.
m 71 79
Verbl.
Maßeinheit
Q
-æ
R
>
i 1898 Vorh. Beſt.
u wachsprz.
1888 Vorh. Beſt.
A} 1898 Vorh. Vejt.
uwachsprz.
1898 Borh. Belt.
uwachsprz.
1898 Vorh. Belt.
uwachsprz.
uwachsprz.
Vorh. Belt.
uma
Jawa, Sprz.
1808 Vorh. Beſt.
1 1
uwachsprz.
215
— . ——ů— Æ—— am
Grundfläche
der
Stamm⸗Stärkeklaſſe
1 | um II Iv v
0,12
1 0,20
0,63 0.25 | 0.08
48 | 47 | 50
1,09 | 0,41 |
a
63 | 0,
0,60 | 0,11 0,02
1,02 | 0,18 | 0,04
042 | 0.07 | 002
52 | 48 | 67
1,00 | 0,54 | 0,14
0,14 002 | 0.08
008 0,02 —
154 | 0'90 | 0,20
076 0.40 | 0,09
5,5 5,4 | 49
0,53 | 0,14 | 005
029 | 005 —
0,67 | 0,19 | 0,07
043 0,10 0.02
58 | 53 | 3,3
©
=
988 8
Summe
x
md
@-y) | (p=)
iſches Ergebnis nach 10 Jahren:
12,75 Schwach
0,96
2,00
14,20
4,41
29
10,17] + 10,669] — 0,644 | + 10,025 Mäßig
7,84 | +11,104| — 1,238 |+9,866 Stark
9,09 +11,495 | — 0,605 |+ 10,890 Pienter
Statiſches Ergebnis nach 15 Jahren
1,00 | 0,41 | 0,12 — | 12,75 Schwach
; „„ 2 il 20,96
00. 2 — | 2,00
— | — | — | 320
1,95 | 0831| 0,23 — | 12,44
0,95 | 0,40. oti | — | 5,85
4,3 | 44 | 4,2 — | 25
0,60 | 0,11 | 002 — | 10,17] 78,740 + 1,275 | + 10,015 Mäßig
BE See ee ee. PP 2G
„
i 0,02 — — = 2,55
1,24 | 0,22! 0,04 | — 10.34
066 | 0,11 | 0,02 | — | 6,50
47 4,4 4,4 — | 32
2 1,00 0,54 | 0,14 | 7,84 | + 102541 +0,573 | + 10,827 Stark
014 | 0.02 | 0,03 2.91
0,08 0,02 — 1,49
0,26 — 0004 1,50
1,67 | 1,12 | 0,20 8,54
1,15 | 0,62 0,13 0,6)
4,9 | 49 | 42 3,9
0,53 014 | 0,05 9,09| + 10,957 | + 0,455 |+-11,412 Plenter
5 5
0,29
0,80
0,56
4,6 1
Bil. 10 (Buche). Tabelle 4f
Vfl Gegenſtand 5 Grun 5 fade 2 TH TD
é 8 5 er
Nr. Zeit Şi ber Alter 5 Stamm⸗Stärkeklaſſe 3 x x a
ufnahme — — En
ee S&S it |aur|mijiv | v (2—y) | (px)
Statiſches Ergebnis nach 5 Jahren:
101 | 1897 | Borh. Beftd.| 64 | qin | 18,37| 6,48 | 5,83 | 4,02 | 4,42 | 34,07
1902 „uaneld) bi 69 2,26 0,02 0,01 — — 2,29
„ [Verbl. „„ „ 11,36 727 | 6,76 | 4,76 | 5,16 | 35,31
er y 0,25 0,86 | 0,94 | 0,74 | 0,74 | 3,58
Zuwachsprz. % 0,4 2,5 | 8,0
|
1011 | 1897 [Vorh. Beſtd. 64 | qm + 5,574 | + 6,760 | + 12,334
1902 en a P 69 5
n Verbl. n re "n
ade a
uwachsprz. %
10m | 1897 [Vorh. Beſtd. 64 qm | 2,22 | 4,60 | 6,14 | + 9,884 | — 4,602 | + 4,78
1902 Ausgeſch.,, | 69 N 1,56 | 2,82 | 2,28 j
„ [Verbl. „„ „ | 1,03 3,17 5,11 |
er „ | 0,37 | 089 | 1,25
uwachsprz. % | 31 3,5 7 |
Statiſches Ergebnis nach 10 Jahren:
101 | 1897 Vorh. Beſtd.] 64 | qm | 13,37! 6,43 | 5,83 | 4,02 | 4,42 34,07
1902 | Uuggefd). ,, 69 i 2,26 | 0,02 | 0,01 | — — 2,29
1907 n „„ 1,54 0,13 0,09 0,02; — | 1,78
„ [Verbl. „ „. „ 10,98 822 | 7,80 5,53 | 5,94 | 88,47
uwachs 141| 1,94 2,07 1,53 1,52] 8,47
uwachsprz. % 1,0 ‚6 | 3,0 8,2 2,9 2,2 :
i | *
10n Vorh. Beftd.| 64 | qm | 5,55 | 5,78 | 6,80 | 8,99 | 5,04 | 27,11] + 11,838] + 5,566 | +1748 |
Ausgeſch., 69 3,36 1,08 | 0,52 0,04 — ‚00 |
„ 4 „ 1,55 1,18 0,39 0,24 — | 8,86
Verbl. „ „ „ 1,68 541 8,00 | 5,22 | 6,84 | 27,15
rer 2 2,11 | 1,51 | 1,89 | 8,40
uwachsprz. 3 2,7 3,2 | 3,0 2,7
10111
10¹
2.33
| | |
| 1
101 | 1897 |Borh. Beſtd.] 64 qm | 5,55 | 5,73 | 6,80 | 3,99 27,11 | + 3,067
1902 Ausgeſch., 69 1 3,36 | 1,08 | 0,52 | 0,04 = 5,00 ;
1907 3 7 74 = 1,55 | 1,18 | 0,30 | 0,24 = 3,36
1912 m ij 79 i 0,81 | 0,33 | 0,19 | 0,08 u 0,91
11 Verbl. en ý 5 1,52 | 5,31 | 8,60 | 5,73 | 7,57 | 28,73
uwachs 8 1,19 2,17 | 2,90 | 2,10 | 2,53 | 10,89
uwachsprz. a 2,1 2,3 2,8 2,7 2,2
1011 | 1897 IBorh. Beftd. | 64 qm 2,22 4,60 | 6,14 | 4,59 | 5,13 I 22,68 + 10,055 + 4,474 + 14,529
1902 | Wusgefd). ,, 69 x 1,56 | 2,82 | 2,28 | 0,78 | 1,06 ‚00
1907 i A 74 M 0,64 | 1,18 | 1,50 | 0,76 | 0,55 4,63
1912 ji n 79 i 0,19 | 0,49 | 0,69 | 0,40 O, 24 2,01
Verbl. a, Me 5 0,73 | 2,91 | 5,08 4,97 | 6,16 | 19,85
uwachs „ 090 2.30 3,41 | 232 | 288 | 11,81
uwachsprz. % 2,2 | 2,7 29 | 2,7 2,9 9,7
Vorh. Beſtd. 64
Ausgeſch., 69
n n 74
Verbl. „ P
1 1 8
uwachsprz.
S
Vorh. Beſtd.
Uusgefd. ,,
" IL 74
7 n 79
Verbl. „ Re
ner
uwachsprz.
217
[wurde. An entſcheidenden ſtatiſchen Momen⸗
Nt es aber zur Zeit noch.
x praltiſcher Nutzen jedoch wird von niemanden
zu beſtreiten fein.
rum ift die Fortſetzung der ſtatiſchen Unter:
br nicht bloß wiſſenſchaftlich win:
b allerdings der etwas ausgetretene Weg der
1 Zuwachsvergleiche ohne Rückſicht auf innere
_berfchiebungen hierzu nicht mehr gangbar ift und
kelmebr den Wirkungen der Durchforſtungsgrade
Etammiflaffe zu Stammklaſſe nachg⸗ſpürt werden
wenn der forſtlichen Praxis ein wirklicher Anhalt
werden ſoll, darauf weiſen die zum Vergleiche
inandergeſetzten ſtatiſchen Ergebniſſe und Zuwachs⸗
ate hin, die zur größeren Bequemlichkeit als Aus:
ha den Tabellen bereits im Texte mitgeteilt wurden.
Gumal ſtehen in 1711, III, 2311 und 101I erheb⸗
übnehmenden Zuwachsprozenten anſteigende ſtatiſche
onife gegenüber; andererſeits ſchwanken in 2011, III
Zuwachsprozente nur wenig und die ſtatiſchen Er:
iſſe laffen gleichwohl ſtarke Ausſchläge beobachten.
Und nur in 120, III ſowie in 231 V ſtimmen
entziffern und ſtatiſche Ergebniſſe in ihren perio
en Bewegungen überein.
Kritt darin nicht ein Widerſinn zu Tage?
Eine kann doch nur die richtige Art her Ber:
kung fein; freilich wird fie zur endgiltigen Löſung
k ſtatiſchen Aufgabe jedenfalls noch einiger Jahr:
tte bedürfen.
Vorläufig ift höchſtens vor gewiſſen Uebertreibungen
der Behandlung der Beſtände zu warnen.
Lache oder Ladjte?
Bechſel oder Badfel?
Lon Sal, ftadt. Revierverwalter a. D., Hannover.
Seit der Weltkrieg tobt, haben wir unſeren Vettern
nſeits des Kanals, welchen aus der geſchichtlichen
fahrung heraus der mit Recht verdiente Namen
es „perfiden Albion“ gegeben worden ift, es
u verdanken, daß uns die Zufuhr von Lebensmitteln
ind auch an den für die Induſtrie ſo notwendigen
Rohſtoſſen vollſtändig abgeſchnitten ift. Von dem
Harz und Terpentin, welches Frankreich und
Amerika erzeugten, verbrauchte Deutſchland für fid
ùr ungefähr 39 Millionen Mark, und weil die Ge:
winnung dieſer Produkte im deutſchen Walde da, wo
ſie wirklich, wenn auch nur einer alten Ueberlieferung
getreu ftattgefunden hat, garnicht in die Wagſchale
ſallen konnte, fo war es eine ganz natürliche Erſchei⸗
nung, daß unſere Harzöl⸗, Papier⸗ und Seifeninduſtrie
ſowie diejenige, die ſich mit Lack⸗ und Anſtrichfarben⸗
— —————
ä — . —ůũ—ñ—
herſtellung befaßte, ſehr bald einen empfindlichen
Mangel an Rohſtoffen Hatte:
Die große Anpaſſungsfähigkeit an die veränderten
Verhältniſſe, welche das deutſche Volk zeigte, verſagte
auch nicht nach dieſer Richtung, und wenn man ſich
zuerſt auch darauf beſchränkte, in den vom Wild be⸗
ſchädigten Fichtenrevieren das auf den Schälwunden
vorhandene Harz abzukratzen, ſo trat aber bald das
Beſtreben in den Vordergrund, dieſe Rohſtoffgewin⸗
nung ſachgemäß zu betreiben und das Harz und Ter⸗
pentin liefernde „Balſam“ genannte Rohharz der Kiefer
in ausgedehnterem Maße nutzbar zu machen.
Gayer hat in ſeiner Forſtbenutzung der Harz⸗
nutzung ein beſonderes Kapitel gewidmet und dort
angeführt, daß die Weißtanne das Straßbur⸗
ger Terpentinöl, die Lärche den Venezia⸗
niſchen Terpentin, die nordamerikaniſche
Balſamtanne den Canadabalſam liefert,
während im ſüdlichen Frankreich die Scekiefer, in
den öſterreichiſchen Ländern die Schwarzkiefer und
ſchließlich in Deutſchland gemeine Kiefer und
Fichte die eigentlichen Harzbäume ſind.
Das Verfahren der Harzgewinnung ift in der letzten
Zeit in der forſtlichen Preſſe eingehend erörtert wor⸗
den, und hierbei fallt es auf, daß die Bezeichnung
der Wunden, welche, um das Rohharz zu gewinnen,
den Bäumen zugefügt werden müſſen, eine verſchiedene
iſt, und ebenſo, daß ein bei der Harzgewinnung un⸗
entbehrliches Werkzeug einer abweichenden Schreibweiſe
unterworfen wird.
So ſagt z. B. Gayer, daß die zum Zwecke der
Harznutzung künſtlich und regelmäßig beigebrachten
Wunden, welche nur bis auf das Holz gehen, Lachen
(Riſſe, Laken, Lochen, Lachten) genannt werden.
In dem Handbuch der Forſtwiſſenſchaft von Lorey
wird in dem Bande über die Produktionslehre auch
der Harzgewinnung ein Kapitel gewidmet und hier
das ſtellennoeiſe Abnehmen der Rinde Lachten reißen
genannt. Die Bezeichnungen Lachte und lachten
treten auch in der neueren Literatur ſtark in den
Vordergrund, und wenn es nun auch für die Harz⸗
gewinnung keinerlei praktiſche Bedeutung hat, ob die
den Harzbaäͤumen zugefügten Wunden Lachen oder
Lachten genannt werden, ſo iſt doch die Unterſuchung
angebracht, ob dieſe Benennungen nebeneinander gleiche
Berechtigung haben oder die eine der anderen vorge⸗
zogen werden muß.
Das Wort „Lache“ hat eine ſehr verſchiedene
Bedeutung, denn man ſchlägt eine Lache an, beſon⸗
ders wenn man ſich über irgend etwas luſtig machen
oder einer freudigen Erregung recht kräftigen Ausdruck
geben will. Im übrigen iſt die Lache die Pfütze
oder der Tümpel mit dem Nebenbegriff des Sumpfigen
28
und Moraſtigen, oder auch die Vertiefung, wo das
Waſſer geſtanden hat, und ſchließlich findet ſich die
Lache wiederum in der Geſtalt, in der ſie uns bei
der Harznutzung entgegen tritt.
Wenn von der „Lache“ als Waſſertümpel aus-
gegangen wird, fo ift dieſer mittelhochdeutſche Aus:
druck mit dem althochdeutſchen „Lach a“ oder auch
„laccha“, das wiederum mit „lake“ übereinſtimmt,
das heute ebenfalls noch eine ſeichte Stelle oder Sumpf
bezeichnen ſoll, als gleichbedeutend anzuſehen.
Das lateiniſche lacus, lacuna bezeichnet urſprüng⸗
lich jede Vertiefung, aber auch den See und jedes
ſtehende Gewäſſer, im übrigen aber auch den Röhren-
trog oder das Baſſin, wie den Löſchtrog der Schmiede
und hat mit dem griechiſchen Aanxos Verwandſchaft,
das auch auf Teiche Anwendung gefunden hat, die
zum Halten von Waſſervögeln beſtimmt waren, die
wiederum mit dem lateiniſchen vivarium identiſch ſind,
obgleich deſſen Bedeutung auch auf andere Tierbehält⸗
niſſe wie den Tiergarten Anwendung gefunden hat.
Ob die „Lache“ mit dem lateiniſchen lacus zuſammen⸗
hängt oder nicht, ſoll dahingeſtellt bleiben, aber jeden⸗
falls kann als feſtſtehend angenommen werden, daß
die „Lache“ des Harzbaumes hiermit nicht im Zu—
ſammenhang ſteht, ſondern eine ganz andere Bedeu—
tung hat.
Im Althochdeutſchen findet ſich die Bezeichnung
Lab”, die männlichen Geſchlechtes und mit ter Mit:
telhochdeutſchen lache, lachene, lauche gleich ift. Dieſe
Ausdrücke bedeuten die Lache oder das in einen Baum
gehauene Grenz: oder Merkzeichen. Der Baum, welcher
hierfür in Frage kam, war urſprünglich der Grenz—
baum und abgeſehen von der Wolfsangel waren die
‚incisiones factae in arboribus“ hauptſächlich in
der Form des Kreuzes vorhanden (in vallem, ubi
cruces in arboribus), während, wie hier nebenbei
erwähnt werden ſoll, auch Nägel eingeſchlagen wurden.
Ein derartiger Einſchnitt, wie er hier erwähnt
wird, war der althochdeutſche Lah oder auch blab.
In „Deutſche Rechtsaltertümer“ von Grimm wird
in Band 2 Seite 72ff. folgendes darüber geſagt:
„terram et silvam, quae est in illa marcha
de Birstat, seu in eo fine, de ecclesia sancti
Nazarii ad partem meridianam inter partem
sancti Petri per Agilolfum et suos consortes pro
signo incisa; et inde ad partem orientalem
usque in fluvium dietum Wisgoz, ubi marcha
de Basinheim conjungit, et de ipso rubore (robore)
ad partem aquilonis, sicut ipsa incisio arbo-
rum in ipsa die facta fuit, quae vulgo lachus
appelatur sive divisio; et sic ad illam ligneam
crucem, quae est posita iuxta illam viam, quae
venit de Birstat et inde ad partem aquilonis,
—
sicut illa in cis io arborum sive la chu
ipsa die facta fuit, usque ad illum monticu
usque in dictum Wisgoz, ubi marcha de
heim quicquid intra illam incisionem ar
rum seu lachum sive divisionem usque
marcham de Basinheim de dote Angilae vel}.
qualibet parte Cancoris ibidem videbatur
portio sive possessio vel dominatio.“
Hieraus geht hervor, daß die in die Baume $-
geſchnittenen Zeichen lachus genannt wurden.
Hier finden wir alle erforderlichen Erklärung
über „lache“ und „lachen“. Urſprünglich war 9
‚lächen“ die Bezeichnung des Grenzbaumes, in d
unter anderem Kreuze oder auch andere Mer
zeichen eingehauen wurden. Das althochdeu
ab, welches urſprünglich männlichen Geſchlechtes b
erſcheint ſpäter als „die lache“ in veränded
Schreibweiſe und wurde ſchließlich in lachus 4
niſiert.
Der Grenzbaum, welcher dieſes Zeichen trug, u
der lachbaum (mittelhochdeutſch lachboum, lade
boum, arbor incisa, arbor terminalis; ladhbäug
fegen = ponere in confinio arbores; lachbäun
oder lochbeume in jure forestali dicuntur arbore
antemissae et terminales). Nach der Art de
Bäume wurden im alten deutſchen Recht lachbuchen
lacheichen und lachtannen unterſchieden.
Die lache als Merkzeichen (lachus) hat mit lacus
lacuna keinerlei Zuſammenhang, ſondern der Urſprun
des Wortes kann einzig und allein in dem e
deutſchen [ah geſucht werden.
Ich habe vorhin die Bezeichnung loch beume ef
wähnt, die ebenfalls gebräuchlich war. Sie iſt jeden
falls darauf zurückzuführen, daß man die Merkzeiche
an den Grenzbäumen alle fünf Jahre erneuerte, da
mit fie ſichtbar blieben. Auf dieſe Weiſe wurden du
urſprünglichen Grenzzeichen in Löcher verwandelt,
wenigſtens iſt dieſe Annahme die wahrſcheinlichſte.
Jedenfalls aber hat die Wandlung des lachen in lochen
und lachbaum in lochbaum keinen inneren Zuſammen⸗
hang, denn loch (foramen) hat mit lache nicht das
Geringſte zu tun, und die entgegengeſetzte Annahme
kann nur die etymologiſche Deutung erſchweren.
Unter lachen hat man aber auch das Schlagen
eines Steiges in ein Buſchholz verſtanden, um die
Grenze der Haue anzudeuten, und ſchließlich, worauf
es hier beſonders ankommt, auch das Zeichen oder
den Hieb, welchen der Harzer an einem
Nadelbaum führte, um ſo beſſer erkennen zu
können, ob der Baum zum Harzſcharren brauchbar
war. Die Bezeichnung lachbaum hat ſich im Lauſe
der Zeit auf die Bäume übertragen, an denen durch
Anhauen und Abſchälen der Rinde Harzriſſe gemacht
219
u. und daraus wurde ſchließlich aus dem zum
1 gemachten Einſchnitt die lache.
At in der neueren Zeit ift für die lache auch der
yë lacht und für lachbaum lachte r baum
tht worden, aber das ift eine Abweichung, die
eine Berechtigung haben kann. Das mittelhoch⸗
lachter (lahter) taucht ſchon im 14. Jahr⸗
auf und bedeutet eigentlich die Klafter, wo⸗
das Maß der weit ausgeſpannten Arme ver⸗
wird. Beim Bergbau hat der Ausdruck lachter
peli) ausgedehnte Verbreitung, und um Ber:
ngen mit der bergmänniſchen Bedeutung des
zu vermeiden, ſollte man den Gebrauch bei
rzbuͤumen vermeiden, umſomehr aber aus dem
„weil hierdurch die urſprüngliche Bedeutung
Jottes nur verdunkelt und verwiſcht werden kann.
Wunde, welche den Nadelbaͤumen zugefügt wird,
Aren Harz zu gewinnen, kann nur als lache
et werden, und die zu ihrer Erzielung vorzu⸗
wen Maßregeln ſind das lachen.
r haben heute in der Weidmannsſprache auch
- Malbuim und verſtehen darunter den Baum, an
ſch eben aus der Suhle geſtiegenes Not- oder
borzwild gerieben hat. Der Malbaum im alten
den Recht ift der lachbaum, der im niederdeutſchen
:- ffnaatbom genannt wird. Die Bezeichnung Mal:
- hat ihren Urſprung in dem althochdeutſchen
$ meldes das Zeichen bedeutet. In dieſem Sinne
e Einverleibung in den Sprachſchatz des Weid⸗
voll und ganz berechtigt, denn der Schlamm,
t den Malbäumen anhaftet, iſt das Erkennungs⸗
kn, daß fih hier Wild gerieben hat, und je nach
. Hööbe, in welcher dieſes Zeichen feſtzuſtellen ift,
Fot oder Schwarzwild in Frage kommt.
; ah dieſer Richtung am Alten feſthalten ijt ſchon
ultstümlichen Gründen geboten, denn die Qad-
Ne waren heilig und unverletzlich.
gauntemissae arbores dicuntur, quas nonnulli
te possessionum suarum fines dimittere solent
ex quibus neque frondem neque lignum
«que cremium caedant, ut magnitudine ceteras
nüstent et sic observationem finium praestent.“
C waren bevorzugte Bäume, die unverſehrt bleiben
den, aus denen man weder Laub noch Holz oder
Ng schnitt, damit fie an Größe die übrigen über:
. und fo die Beobachtung der Grenzen gewähr⸗
en.
Dagielbe gilt von den Grenzſteinen oder Mal⸗
n, denn wer fie abfichtlich entfernt hatte, wurde
"graben und ihm der Hals mit dem Pfluge ab-
chen, wenn man die Milde walten laffen wollte,
6 zum Kopf in die Erde einzugraben. Sonſt
3 — ae. ai
T 2
ſtanden hatte, bis zum Gürtel eingebuddelt, und dann
„mit einem pluge unde vier pferden“ über ihn ge⸗
fahren.
Grenzzeichen wurden feierlichſt angebracht, und die
zugezogenen Knaben wurden kräftig in die Ohren ge—
kniffen und geohrfeigt, damit ſie ihr Leben lang ſich
dieſes Vorganges erinnerten. Auch herrſchte der Brauch,
ſie auf den neugeſetzten Stein kräftig zu ſtauchen, wo⸗
für fie nachher kleine Geſchenke erhielten.
Beim Anlegen und Erweitern der Harzlache wird
ein Inſtrument gebraucht, welches „Dächſel“ oder
auch „Dechſel“ genannt wird.
Die verſchiedene Schreibweiſe weiſt ſchon darauf
hin, daß der Urſprung des Wortes verſchieden ge⸗
deutet wird, aber ſchließlich kann doch nur das eine
oder das andere das Richtigere ſein. Im Althoch⸗
deutſchen finden wir die Benennungen Döhſa, Döhſala,
Döſla, im Mittelhochdeutſchen Döhſe und Döhſel. Die
veränderte Schreibweiſe „Dechſel“ iſt natürlich genau
dasſelbe, aber trotz des klaren Urſprunges des Wortes
hat fih in der Schweiz und in Bayern ,, Dadjel”
und „Däſel“ eingebürgert. Unter „Dechſel“ iſt die
Bezeichnung für verſchiedene Werkzeuge zu verſtehen.
Es kann eine Queraxt ſein wie die mit einer Art
Hammer verſehene Axt der Zimmerleute oder auch ein
mit krummer Schneide verſehenes Werkzeug zum Aus⸗
höhlen, wie es die Böttcher zum Herſtellen der Faß⸗
dauben verwenden. Als Werkzeug des Feldbaues iſt
es eine Axt, die auf der Rückſeite mit einem Karſt
(rostrum) verſehen iſt. Die Beſchaffenheit des Dechſels,
wie er bei der Harznutzung verwendet wird, weicht
von der urſprünglichen Form ab, denn er hat nicht
die Querform und ſoll nur benutzt werden, um die
lache herzuſtellen und nach oben zu erweitern. Dechſel
ſtimmt überein mit ascia und aftwm, und asciola ift
die Diminutivſorm von ascia und bedeutet das Aext⸗
chen mit ausgehöhlter Schneide. Die Umwandlung
des Dechſel in Dächſel ſowie Dächſelaxt und Dachs⸗
beil läßt fidh etymologiſch nicht begründen, denn es ift
ganz natürlich, daß der Dachs oder der Dachshund
mit ſeinen krummen (hohlen) Läufen mit Dechſel nichts
zu tun haben. Auch Dichſel hat ſich eingeſchlichen,
und das hat wohl dazu geführt, daß die kurzſtielige
Axt oder Beil auch als Deichſel bezeichnet wurde. Das
hat natürlich ebenſowenig Berechtigung, denn die Be:
zeichnung könnte auf den Gedanken bringen, daß ein
Zuſammenhang zwiſchen Dechſel und der zwiſchen den
Zugtieren vor dem Wagen befindlichen Stange beſteht.
Die Deichſel (temo) wird im Althochdeutſchen Dihſala,
im Mittelhochdeutſchen Dihſel genannt, und hieraus
b et an der Stelle, an welcher der Malſtein ge: geht hervor, daß das Deichſeln, welches die Bearbei—
peels
tung mit dem Werkzeug Dechſel zum Ausdruck bringen
ſoll, nicht berechtigt iſt.
Allem Anſchein nach ſtammt Dechſel von dem
Verbum Döhſen, was ſchwingen (Flachs ſchwingen)
bedeutet, ab. Die Umwandlung in Dächſel und Däxſel,
wie ſie in der Schweiz und in Bayern ſtattgefunden
hat, entbehrt der Berechtigung. Dächſel und Däxſel
ſind Maskulina, aber Dechſel iſt Femininum, ſodaß
man ſtatt der Form der Dechſel, die Dechſel ge:
brauchen muß, um nicht das urſprüngliche Geſchlecht
durch das Geſchlecht der eigentlich unrichtigen und
unberechtigten Bezeichnung verwiſchen zu laſſen.
Die Dechſel iſt mit wenigen Worten geſagt ein
für die verſchiedenſten Zwecke zu verwendendes Hohl:
beil, und das Dechſeln die Arbeit, die mit der Hob!
dechſel verrichtet wird.
Nach dieſen Ausführungen möchte ich mir den Vor
ſchlag erlauben, bei der Harznutzung das Wort Qa Hte
auszuſchalten und der ſprachlich allein berechtigte
Lache wiederum zu der Stellung zu verhelfen, di
ihr gebührt.
Weil die Richtigkeit der Bezeichnung Dächſe
einer näheren Unterſuchung nicht Stand halten kann
ſo kann es nur beſſer ſein, den Ausdruck Dechſe
feſtzuhalten, was in den neueren Ausführungen übe
die Harznutzung auch geſchehen it. Dechſel iti
weiblichen Geſchlechts, und weil wir dieſes dem Wort
nicht ohne weiteres rauben dürfen, müſſen wir flat:
der, die Dechſel ſagen.
Literariſche Berichte.
Die Bedeutung des Waldes insbeſondere
im Kriege. Von Franz von Mammen.
Heft 11 der „Bibliothek für Volks: und Weltwirt⸗
ſchaft“, herausgegeben von demſelben. — Dresden
und Leipzig, „Globus“, wiſſenſchaftliche Verlagsan⸗
ſtalt, 1916. — Preis: Mk. 1,50.
Die 96 Druckſeiten umfaſſende Schrift bringt nach
dem Vorwort in erweiterter Form einen Vortrag zum
Abdruck, den der Verfaſſer Ende 1915 im Literariſchen
Verein zu Dresden gehalten hat; nachdem er früher
ſchon im Jahre 1903 im Tharandter Bürgerverein
über das gleiche Thema geſprochen hatte und auch
dieſer Vortrag in drei auf einander folgenden Auf:
lagen im Buchhandel erſchienen war.
Der Verfaſſer will „die überaus wichtige Frage
über die volkswirtſchaftliche Bedeutung des Waldes
nach dem neueſten Stande der Wiſſenſchaſt und Er⸗
fahrung in möglichſt vielſeitiger Beleuchtung zuſammen—
faſſend behandeln“. Dieſes Ziel hat er in muſter—
gilliger Weiſe erreicht, wenn er auch beſcheiden Hinzu:
fügt: „Nicht Mehrer der Wiſſenſchaft ſoll darum das
Heftchen fein, ſondern nur dazu beitragen, die Kennt:
nis von der großen Bedeutung des Waldes für unſer
geſamtes Wirtſchaftsleben in weitere Kreiſe zu tragen,
dadurch die Liebe zu dem den Forſtwirten anvertrau:
ten Nationalgute in den breiteſten Schichten unſeres
Volkes zu wecken und zu vertiefen und ſo auch der
immer mächtiger werdenden Heimatſchutzbewegung, die
ebenfalls den Wald in ihr Bereich mit einbezogen hat.
mittelbar einen Dienſt zu erweiſen“.
Der Inhalt der Schriſt gliedert ſich in zwei Haupt⸗
abſchnitte, deren erſter
den materiellen, direkten oder unmittel⸗
baren Nutzen des Waldes
beſpricht. Hier kommen einerſeits „die Rohmaterialien
des Waldes“, Holz und Nebennutzungen, andererfeits
„Kapital und Arbeit im Walde“ in Betracht.
Etwa ½ der geſamten feſten Erdoberfläche it mit
Wald bedeckt; ') in Deutſchland annähernd / mit
14 Mill. ha, während Europa im Ganzen zu ½ der
Fläche bewaldet ift. Der deutſche Wald erzeugt jähr⸗
lich 54 Mill. cbm Holz im Werte von 400 Mill.
Mark. Dazu kommen noch etwa 10 Mill. cbm, die
von außen eingeführt werden; hauptſächlich aus Rub |
land, Oeſterreich-Ungarn, Schweden und Nord⸗Amerika..
Ungefähr die Hälfte dieſer geſamten Holzmenge wird 4,
neben den Mineralkohlen zur häuslichen und gewerb⸗
lichen Feuerung verwendet; die andere Hälfte als
Nutzholz. Der Bergbau erfordert allein 4 Mill. fm
Grubenholz, an Eiſenbahnſchwellen werden mehr als
1 Mill., zur Papierfabrikation 7 Mill. fm verbraucht.
Welche Mengen an Bauholz verarbeitet werden, kann
man ſich vorſtellen, wenn man bedenkt, daß allein die
Baracken für etwa 700 000 Kriegsgefangene 1 Mill. fm
Holz verſchlungen haben. Auch ſonſt iſt gerade der
Kriegsbedarf an Holz für Schützengräben und Unter⸗
ſtände, an Holzwolle zur Füllung der Betten a. a. m.
von großer Bedeutung.
1) Die Angabe auf Seite 4, wonach ½¼ der geſamten
(feſten) Erdoberfläche bewaldet wäre, beruht auf einem
Schreib- oder Rechenfehler. Denn die ganze Erdoberfläche |
einſchließlich der Meere beträgt ca. 509 Mill. qkm; hiervon
find etwa 132 Mill. qkm (26 %) Land und wenn bie Wal:
dungen zu 1500 Mill. ha = 15 Mill. qkm (nicht 150 Mil,
wie dort ſteht) geſchätzt werden, fo macht dies 11,4 % oder
rund ½ der feſten Erdoberfläche aus.
221
Neben dem Holze ſpielen die Nebennutzungen
es Waldes auch heute noch eine beträchtliche Rolle;
n erfter Linie durch die Lieferung von Nahrungs:
itten für Menſchen und Tiere — Waldfeldbau,
Jutterlaub und Waldweide, Jagd, Fiſcherei und Bie-
wibe, Oelgewinnung aus Bucheln, Wal und
Haie nſſen, Lindenſamen —, ferner durch Streu:
natertalien, Gerbſtoffe, Harz für Schreibpapier, Schmier⸗
A. a. m. ö
I dem Abſchnitt „Kapital und Arbeit im
Zalde“ wird der Geſamtwert der deutſchen Wal:
tungen zu etwa 25 Milliarden Mark veranſchlagt,
don etwa !/s auf den Boden und / auf die Holz:
wöte entfallen. Der in die Taſchen der Waldbefiker
zende Reinertrag ſoll etwa 500 Mill., alfo 2 %
ws Rapitalwertes betragen. Dazu kommen aber min:
feng 300 Mill. Arbeitsverdienſt und erhebliche Werte,
die wie der Erlös aus geſammelten Waldbeeren der
irmeren Bevölkerung zufließen; ferner die Jagdbeute,
di hh in Preußen auf 20, in ganz Deutſchland auf
toa 30 Mill. belaufen fol. Auf die Wichtigkeit der
derniidung ſchäd licher Waldnebennutzungen, insbeſon⸗
bere auf die notwendige Erhaltung der Streudecke
mith nachdrücklich hingewieſen. Im Kriege ſpielt der
Sah durch feine flrategiſche Bedeutung und durch
‘ene Nutzungen eine wichtige Rolle. Die Haager
Fredenskonferenz hat 1899 beſtimmt, daß der Wald
n Feindesland zur Nutznießung herangezogen werden
Alf, aber nicht verwüſtet werden fol.
Der zweite Hauptabſchnitt behandelt
den immateriellen, indirekten oder mit⸗
telbaren Nutzen des Waldes
ud zerfällt wieder in zwei Teile, deren erſter „die
Sohlfahrts wirkungen des Waldes“ be
‘mgt. Hier wird die früher verbreitete Meinung,
baß der Wald die Regenmenge direkt vermehre, wider:
ist, aber auf die Abſchwächung der Temperaturextreme,
te größere relative Feuchtigkeit der Waldluft, nad-
billigere Speiſung der Quellen und Verhinderung
Bri
von Ueberſchwemmungen durch Verlangſamung des
Waſſerabfluſſes hingewieſen. Als intereſſantes Bei⸗
ſpiel wird hier mitgeteilt, daß die Stadt Bern ihren
Waſſerbedarf aus 3 Tälern bezieht, von denen eines
gut, das zweite mäßig bewaldet, das dritte waldarm
iſt. In dieſem letzteren ſchwankt die Waſſermenge um
den 7⸗fachen, in beiden anderen nur um den 4-, reſp.
2,7:fahen Betrag. Außerdem bietet der Wald im
Gebirge Schutz gegen die Entſtehung von Lawinen,
in der Ebene gegen Verſumpfung und Verwehen des
Flugſandes. i
Weiter kommt „die geſundheitliche, ethiſche
und äſthetiſche Bedeutung des Waldes“
in Betracht. Die Waldlufkt iſt reiner, nicht erfüllt
von Fäulnisſtoffen, Rauch und Ruß, wie insbeſondere
die Luft der Städte; in Paris hat man 6000 Bat:
terien und Schimmelpilze auf ein Kubikmeter Luft
feſtgeſtellt, im benachbarten Park Montsourris nur
455. Dazu kommt der Schutz gegen rauhe Winde,
die entzündliche Krankheiten verurſachen. Auch der
Boden iſt im Walde freier von Spaltpilzen u. dgl.,
der Grundwaſſerſtand tiefer, das Quellwaſſer reiner
und geſunder. Baumpflanzungen in und bei großen
Städten, die zugleich Gelegenheit zur Erholung und
zum Naturgenuß bieten, vermögen in dieſer Richtung
ähnliche Wirkungen hervorzubringen.
Im Schlußwort richtet der Verfaſſer an ſeine Zu⸗
hörer und Leſer noch die Mahnung, den Hütern des
Waldes in ihrer Aufgabe, dieſen gegen Angriffe zu
ſchützen, die gerade in der Kriegszeit in vergrößertem
Maße auftreten, behilflich zu ſein. |
Ein Anhang bringt noch das im Felde entſtandene
ſchöne Gedicht „Der Baum im Argonner Wald“ von
Th. Leeb in Dresden; dann ein Verzeichnis der von
Deutſchen Forſtverwaltungen angeordneten Maßnah⸗
men im Kriege und eine Literatur⸗Ueberſicht.
F. von Mammens Schriſt wird ſicher zahlreiche
und freudig zuſtimmende Leſer finden. Wr.
efe
Aus Preußen.
Aus der Preußifchen HRonſtverwaltung.
| delaffung kriegsbeſchädigter Jäger der
i elaſſe A und kriegsbeſchädigter gelernter
| Jäger in der Förfterlaufbahn.
F Um allen Anwärtern der fiskalischen Förſterlauf⸗
ei, bie in dieſem Kriege dauernd feld⸗ und dauernd
garniſondienſtunfähig geworden ſind oder noch werden,
die Fortſetzung der Laufbahn, ſoweit dies irgendwie
angängig ift, zu ermöglichen, beſtimmt ein Miniſterial⸗
Erlaß vom 1. Mai d. J. im weſentlichen folgendes:
1. Die militäriſche Unterſuchung, die vor der Ent⸗
laſſung aus dem Militärdienſt vorzunehmen iſt, hat
feſtzuſtellen, ob der betr. Anwärter in gewiſſem Um⸗
30
__222_
fange „bedingt“ forſtdienſtfähig iſt; hierbei iſt nicht |
nur der Außendienſt, ſondern auch Schreibdienſt zu |
berückſichtigen. Für die Beurteilung der Faͤhigkeit
Kriegsbeſchädigter für den Forſtaußendienſt können die
in den Ziffern 251 — 256 der Dienſtanweiſung zur
Beurteilung der Militärdienſtfähigkeit gegebenen Ge⸗
ſichtspunkte als allgemeiner Anhalt dienen. Stärkere
Behinderung in der Fortbewegung im Gelände, im
Gebrauch der Waffen, auffallende Schwerhörigkeit auf
beiden Ohren, hochgradige Kurz- und Schwachſichtig⸗
keit auf beiden Augen ſchließen i. d. R. die Fahigkeit
für den Außendienſt aus; nicht dagegen ohne weiteres
der Verluſt eines Auges bei guter Gebrauchsfäahigkeit
des anderen Auges. Will die Regierung abweichend
vom militärärztlichen Gutachten den kriegsbeſchädigten
Jäger annehmen oder abweiſen, ſo bedarf dies der
Zuſtimmung des Landwirtſchafts⸗ und des Kriegs⸗
miniſters, die im Falle der dem ärztlihen Gutachten
widerſprechenden Annahme erſt nach einjähriger zu⸗
friedenſtellender Probezeit von der Regierung nachzu—
ſuchen iſt.
2. Vorausſetzung zur Fortſetzung der Laufbahn iſt,
daß dem Anwärter ein Anſpruch auf Kriegszulage
zugebilligt iſt. Der Anwaͤrter hat ſich, wenn er als
Jäger der Klaſſe A bei einer Regierung bereits no-
tiert war, bei dieſer, andernfalls für Notierung bei
irgend einer Regierung zu melden.
Forſtlehrlinge, deren Verwendungsfähigkeit unbe⸗
denklich ift, müſſen zur Beendigung der Lehre zu:
gelaſſen werden. Solange der Anwärter die Jäger⸗
prüfung noch nicht beſtanden hat, kommt für die
Meldung, Notierung und Beſchäftigung nur die Re⸗
gierung des Lehrbezirks in Frage. Als Anwärter in
dieſem Sinne gilt auch derjenige, der zwar zur Forſt⸗
lehre zugelaſſen war, dieſe aber vor ſeinem freiwilligen
Eintritt in das Heer noch nicht hat beginnen können.
3. Iſt der feld: und garniſondienſtunfähige An-
wärter bei ſeiner Meldung noch nicht forſt⸗ oder ſchreib⸗
dienſtfähig, ſo kann von dem Verlangen einer berufs⸗
mäßigen Beſchäftigung äußerſten Falls noch zwei Jahre
abgeſehen werden. Nach Ablauf dieſer Zeit iſt ſeine
Verwendung im Staatsdienſte nicht mehr zuläſſig.
4. Beſchäftigungsgelder erhält der im Staats⸗
forſtdienſt bejchäftigte kriegsbeſchädigte gelernte Jäger,
der die Jägerprüfung beſtanden hat oder aber doch
ſeiner Ausbildungszeit nach hätte beſtehen können und
nur durch den Krieg an der Ablegung der Prüfung
verhindert worden iſt, in Höhe von 2,50 Mk. täglich.
Unter welchen Vorausſetzungen eine Erhöhung anz
gängig iſt, wird nach Friedensſchluß erwogen werden.
Neben den Beſchäftigungsgeldern werden Dienſtklei⸗
dungszuſchüſſe ſowie freie Feuerung oder eine bare
Brennholzentſchädigung und, wo eine ſolche vorhanden
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ift, freie Dienſtwohnung gewährt. Auch ſtehen ihn
wenn die Art der Beſchäftigung dazu berechtigt, w
Betriebsregelungszulagen, die Schreibgehilfenzulage
und die Zulagen der Forſthilfsaufſeher bei der Fo
akademie zu.
5. Die übrigen kriegsbeſchädigten gelernten Sige
können nur während des Krieges Tagegelder in Hobe
der den Forſtlehrlingen zugeſtandenen Sätze erhalten,
wenn die für die Bewilligung an Lehrlinge geforder:
ten Vorausſetzungen gegeben ſind. ö
6. Die kriegsbeſchädigten gelernten Jäger, welche
Beſchäftigungsgelder nach 4 beziehen, haben im Dieng
die Uniform der Forſthilfsaufſeher zu tragen. l
7. Wegen Abnahme der Jäger: und der Yyörfter
prüfung ergehen fpdter beſondere Beſtimmungen, die
ſich darauf erſtrecken follen, inwieweit für diejenigen
Anwärter, deren Verſorgungsleiden eine Verwendung
im Außendienſt dauernd ausſchließt, die Prüfungen“
zu vereinfachen ſind.
8. Den Forſtverſorgungsſchein erhalten die kriegs
beſchädigten gelernten Jäger 9 Jahre nach dem Ein⸗ f
tritt in das Militär, wenn fie bereits vor dieſem Ein:
tritt die Jägerprüfung erfolgreich abgelegt haben,
andernfalls 11 Jahre nach dem Eintritt in die Lau:
bahn, wobei die Anrechnung einer Vorlehre ausge:
ſchloſſen iſt.
Zu dieſem Erlaſſe ift ein weiterer Erlaß unter
dem 27. Mai l. J. ergangen, der u. a. beſtimmt:
1. daß die militärärztliche Unterſuchung von dem
Truppenteil anzuordnen ift, von dem der Anwärter
entlaſſen wird, und daß fie erft dann ſtattzufinden
hat, wenn über die Verſorgungsanſprüche entſchieden
worden ift. Bei bereits entlaſſenen Anwärtern fol das
militärärztliche Urteil nachträglich abgegeben werden;
2. daß mit der Entlaſſung die kriegsbeſchädigten
gelernten Jäger aus der Kontrolle der Jägerkompagnie
ausſcheiden.
——— — —
*
* *
Beſetzung von Förſterſtellen während
des Krieges. |
Da fih bei der langen Dauer des Krieges di
durch die allgemeine Verfügung vom 22. Februar 15
getroffene Beftimmung, — wonach für jeden Krieg‘
dienſte leiſtenden Förſter o. R., der zur Verleihung
einer Stelle mit Revier an der Reihe ift, eine fole
freigehalten werden fol, — nicht mehr aufrecht er:
halten läßt, da anderenfalls das Aufrücken der gort:
verſorgungsberechtigten in Förſterſtellen o. N. völlig
ins Stocken gerade würde, ift durch Erlaß vom 22. Mat
d. J. beſtimmt worden, daß bis auf weiteres nur für
je zwei zur Fahne einberufene Förſter o. R. en’
Stelle mit Revier freizuhalten iſt. Forſtſchreiber folen
dabei außer Betracht bleiben. Das hierdurch in er
| —
——
223
reitertem Maße vorgeſchriebene Vorgreiſen auf jüngere
Beamte bei der erſtmaligen Verleihung einer Stelle
mit Revier hat ſich aber nur auf Förſter o. R. und
nicht auf Forſtverſorgungsberechtigte zu erſtrecken. Be⸗
tor hiernach Förſter o. R. übergangen werden, ſoll
ſorgfältig geprüft werden, ob nicht von der Militär⸗
derwaltung ihre Beurlaubung zwecks Uebernahme einer
Stelle erzielt werden kann, was von vornherein nur
iir die in der Front ſtehenden ausgeſchloſſen erſcheint.
Tah die übergegangenen Förſter o. R. im übrigen
tenerlei Nachteile erleiden, ift ſelbſtverſtändlich.
*
*
*
Verwertung der Waſſerpeſt.
Durch Erlaß vom 9. Mai d. J. macht der Mi⸗
zier für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten da:
rauf aufmerkſam, daß die Waſſerpeſt, Elodea cana-
densis, die in Seen und Waſſerläufen oft in ſolchen
Mengen auftritt, daß die Gewäſſer vollſtändig zu:
wachen und die Fiſcherei außergewöhnlich erſchwert
wird, ſowohl in grünem wie auch getrocknetem Zu—
and ein vorzügliches Futter für das Vieh, nament—
lich für Schweine iſt.
Nach der Analyſe von W. Hoffmeiſter enthält die
Daſſerpeſt: Rohprotein: 18,3%, Rohfett: 2,5 0/0,
Kohlehydrate: 42,5%, Holzfaſer: 16,7% ‚ Metall:
ſalze: 20 0/0.
Auch die Gründüngung mit Waſſerpeſt, die in
manchen Gegenden mit gutem Erfolge geübt wird, ſei
beachtenswert.
Der Miniſter erſucht die Regierungspräfidenten,
dafür Sorge zu tragen, daß die Waſſerpeſt möglichſt
für die landwirtſchaftliche Produktion nutzbar gemacht
werde.
Die Kgl. Oberförſtereien ſind zur unentgeltlichen
Abgabe der Waſſerpeſt aus den forſtfiskaliſchen Ge-
_ waffern ermächtigt werden.
*
* *
Verwertung der Pilze.
In einem Erlaſſe vom 26. März d. J. wird da:
nuf hingewieſen, daß in den Wäldern noch immer
laujende von Zentnern eßbarer Pilze jährlich verloren
geben, Erfahrungsgemäß beſtehe jür den Genuß von
Piken eine große Vorliebe, die aber durch die Furcht,
daß unter den geſammelten Pilzen giftige ſich befän⸗
den, beeinträchtigt werde. Die Pilzkunde müßte daher
befier gepflegt werden. als dies bisher durch die Ver:
tlung von Tafeln mit Darſtellungen der eßbaren
und giſtigen Pilze geſchehen ſei. Hand in Hand
wüßten Unterweiſungen über das Pflücken der Pilze
gehen, damit die Pilze nicht durch unſachgemäßes
Vorgehen ausgerottet werden, ſowie über die Zube-
Telling der einzelnen Pilzſorten. Das ließe ſich da-
durch erreichen, daß in den waldreichen Gegenden Pil:
kundige mit den daheim gebliebenen Frauen und Kin:
dern, ſoweit ſie nicht notwendige landwirtſchaftliche
Arbeiten in Anſpruch nehmen, gemeinſame Pilzwan⸗
derungen veranſtalten, um die Teilnehmer an der Hand
des gefundenen Materials über die in der Gegend
vorkommenden eßbaren Pilze, ihre Ernte, augenblick—
liche Verwertung im Haushalte und die Aufbewahrung
von Vorräten durch Einkochen oder durch Eintrocknen
zu unterrichten.
Die Landwirtſchaftskammern werden ſodann er—
ſucht, geeignete Maßnahmen zu treffen, daß in der
Pilzzeit Lehrer, Geiſtliche uſw. eine ſolche Unterweiſung
der Bevölkerung erteilen, oder kurzfriſtige Unterrichts-
kurſe durch die landwirtſchaftlichen Wanderlehrer uſw.
ins Leben zu rufen.
* *
*
Verkauf von Eichen- und Fichtenrinde.
Zwiſchen dem Kgl. Preuß. Forſtfiskus und der
Kriegsleder-Aktiengeſellſchaft zu Berlin ift über den
Verkauf von Eichen- und Fichtenrinde aus den Staats⸗
forſten ein Vertrag abgeſchloſſen worden, wonach der
Verkaufspreis fiir den Zentner (50 kg) Rinde beträgt:
1. für Eichenrinde:
a) Glanzrinde erſter Güte . 13.— Mk.
b) Rinde im Alter bis zu 25 Jahren 11. — „
c) Rinde im Alter von 25 bis 45
Jahren 9.50 ,
d) Rinde im Alter von mehr als
45 bis zu 60 Jahren . 7.50
2. Fichtenrin de:
a) Gebirgsrinde höchſtens bis zu /
ſchuppig . ; í 9.50 Mk.
b) Andere Rinde . 7.50 „
Wird Rinde, ehe ſie zur Abfuhr fertig geſtellt iſt,
durch Feuchtigkeit oder ähnliche Einflüſſe beſchädigt,
fo hat der Revierverwalter den Preis der Wertmin—
derung entſprechend herabzuſetzen. ft die Geſellſchaſt
mit dem feſtgeſetzten Preiſe nicht einverſtanden und
kommt eine Einigung nicht zuſtande, ſo ſetzt der zu:
ſtändige Forſt⸗Inſpektionsbeamte den Preis feſt.
Als Gebirgsrinde gilt die in einer Höhenlage von
über 600 m über N. N. erwachſene. Sollte die Be:
kanntmachung, betr. Höchſtpreiſe für Eichenrinde uſw.
vom 15. II. 16 durch eine andere Beſtimmung er—
gänzt werden, gilt dieſe Beſtimmung. Die Alters-
feſtſetzung und Klaſſeneinteilung erfolgt durch die Forſt⸗
verwaltung. Letztere übernimmt das Trocknen ſowie
das Aufbinden der Rinde auf ihre Koſten durch von
ihr angenommene Arbeiter oder Kriegsgefangene. Die
Koſten und Gefahren der Abfuhr und die Koſten des
Verwiegens trägt der Käufer.
Iſt die Rinde nicht
30*
224
binnen 8 Woden, nachdem die Mitteilung über ihre
Fertigſtellung an die Kriegsleder⸗Aktiengeſellſchaft ab⸗
gefertigt iſt, zur Abfuhr und Verwiegung gelangt, ſo
wird von den Forſtbeamten das Gewicht feſtgeſtellt
und der Preis der Rinde ermittelt. Der Geſellſchaft
ift mit der Rinde von 50 — 60 jährigen Eichenbeſtaͤnden
beſonders gedient; ſie iſt bereit, Fichtenrinde auch dann
zu übernehmen, wenn ſie in kleineren Mengen zerſtreut
liegt, nur ſoll die auf einer Eiſenbahnſtation zu ver⸗
frachtende Menge mindeſtens 20 Zentner betragen.
*
* *
Saatkrähen für die Volksernährung.
In einem Erlaß des Landwirtſchaftsminiſters vom
19. April d. J. wird mit Rückſicht auf die gegen⸗
wärtige Lage des Fleiſchmarktes auf die Saatkrähe
hingewieſen. Wenn dieſe auch vorwiegend nützlich ſei,
ſo ſei ſie doch in vielen Gegenden ſo zahlreich ver⸗
treten, daß ſie zuweilen auch erheblichen Schaden an⸗
richte und die Verminderung ihres Beſtandes in einem
Jahre keinen Bedenken unterliege. Es empfehle ſich
daher in dieſem Jahre die Saatkrähen plänmäßig der
Volksernährung nutzbar zu machen. Wildprethändler
ſeien auf die Möglichkeit des Bezuges von Saatkrähen
hinzuweiſen und ihnen anheimzugeben, Kaufangebote
in den Zeitungen zu veröffentlichen.
Aus Bayern.
Der Rorftetat in der bayerifden Abgeond-
netenkammen.
In 3 Sitzungen, am 18., 19. und 20. Mai hat
die bayeriſche Kammer der Abgeordneten den Forſt—
etat für die Finanzperiode 1916/17 erledigt, nachdem
vorher der Finanzausſchuß ſich in ebenfalls 3 Sitzungen
damit befaßt hatte. Aus den Verhandlungen dürften
mit Ausſchaltung der mehr örtlichen Gegenſtände nad):
ſtehende Mitteilungen ein weiteres Intereſſe bieten.
Zunächſt hat ſich eine Meinungaverſchiedenheit zwiſchen
der Regierung und dem Finanzausſchuß ergeben über die
Höhe des Einſchlags für 1 Jahr der Finanzperiode und
den Erlös aus Holz. Der Ausſchuß beantragte neben der
Erhebung der etatsmäßigen Fällungsgröße von 4,4 Mill.
Feſtmeter noch eine Minderfällung aus dem am 1. Juli
1915 begonnenen Wirtſchaftsjahre 1916 mit 580000 fm
nachzuholen und außerdem mit Rückſicht auf beſtehende
Vorratsüberſchüſſe eine weitere Mehrfällung von
500000 fm zu nutzen, woraus ſich eine Geſamtfällungs⸗
ziffer von rd. 5,5 Mill. km berechnet. Inſolge deſſen
ſoll der Roherlös gegenüber dem Regierungsvorſchlage
von 67 Millionen auf 77 Millionen Mark für 1 Jahr
erhöht werden. Die Regierungsvertreter äußerten Be⸗
denken wegen der Schwierigkeiten infolge Mangels an
Arbeitern und namentlich an Geſpannen, dann wegen
Unſicherheit der Holzpreiſe, wegen niedrigen Prei
ſtandes für die wertvollen Sortimente beſonders die
Eichenhölzer. Trotz dieſer Bedenken iſt der Satz vo
77 Millionen Mark beſchloſſen worden. Es li
wohl die Abſicht zugrunde den Voranſchlag auf der
Papier hoch zu halten, um die ſehr wenig beliebte vor:
der Regierung für notwendig erachtete Steuererhöhung
möglichſt abzuwenden. |
Einen breiten Rahmen nahmen die Erörterungen
über die leider noch in großem Umfange in Boyem” `
beſtehenden Forſtrechte ein. Es wurde namentlich vom
Zentrum darauf gedrungen trotz der ſchweren Kriegs-
zeiten das Eintragen der Forſtrechte in das Grund:
buch auf grund kommiſſioneller Verhandlungen mög: ;
lichſt zu fördern. Der Miniſter von Breunig jy
ſich ernſtliche Mißbilligung ſeitens einzelner Renn.
zu durch ſeine Aeußerung, während des Krieges könnt
in der Sache nichts geſchehen und auch nach Eintritt
des Friedens wären wichtigere Fragen zu behandeln.
Dieſen die Einnahmen aus Forſten ſowie die Bewirt: -
ſchaſtung vielfach beeinträchtigenden Forſtrechten wird
in Bayern, namentlich ſeitens des Zentrums und des
Bauernbundes, eine übergroße Bedeutung beigelegt
Ueber allzuſtarke Wildheege, namentlich in den Stats:
waldungen und Hofjagdbezirken, wurden nachdrütliche
Klagen vorgebracht und Abhilfe begehrt und zugesagt.
ſoweit im Einzelfalle Mißſtände beſtehen.
Der bayeriſche Förſterverein hatte in einer um:
fänglichen Eingabe u. a. die Bitte geſtellt, die Bell:
dungs⸗ und Nebenbezüge der Forſtaſſiſtenten (Förſer⸗
anwärter) wegen ungünſtiger Vorrückungsausſichten zu
verbeſſern, dann den Abſolventen der Waldbauſchulen dit
Beförderung zum Reſerveoffizier nicht zu behindern,
Auf dieſe von verſchiedenen Rednern befürworteten |
Anträge fagte der Minifter zu, ſelbſtändige Sekretär: .
ſtellen für Förſter bei den wichtigeren Forſtämtern
ſchaffen zu wollen und die Beförderung von dorf
affiftenten auf ihren dermaligen Poſten bis zur Ueber:
tragung eines Förſterſitzes in Ausſicht zu nehmen.
Dieſes in Bayern bisher nicht übliche Verfahren dam
als ſehr weitgehendes Zugeſtändnis betrachtet werden.
Außerdem verſicherte der Miniſter im Ausſchuß und
Plenum, die oberſte Stelle habe durchaus kein Be⸗
denken dagegen, den Förſterkandidaten die Erreichung
des Reſerveoffiziers zu ermöglichen, allein bie Entfder
dung liege auf militäriſcher Seite. Auf das Drängen
einzelner Abgeordneter, kleinere Forſtämter zuſammen ·
zulegen zwecks Stellenverminderung, erklärte der Mi
niſter im allgemeinen ſein Einverſtändnis jedoch unter
dem Vorbehalte, daß ſolche Stelleneinziehungen MU
in Erledigungsfällen durchgeführt werden könnten UM
nicht den Penſionsfond zu belaften. — Es ſei hier
225
ſchaltet. daß in Bayern noch verſchiedene Forſt⸗
8 aufgehoben werben könnten, ohne dem jetzigen
den Verwaltungsgrundſatze untreu zu werden,
der TForſtamtsvorſtand den Betrieb vollſtändig
dringen und leiten ſolle. Eine ſolche Vermin⸗
id der Aeimter könnte namentlich dann geſchehen,
für genügende Schreibhilfe geſorgt und die aus⸗
r Benutzung des modernen Verkehrsmittels, des
8, bei entſprechenden Geländeverhältniſſen, dann
elephons, der Schreibmaſchine uſw. Platz greifen
pe. — Bei dieſer Gelegenheit machte der Miniſter
1 Mitteilung, die ſchon längſt erwarteten neuen
. käſtsanweiſungen für die Miniſterialforſtabteilung,
»Fegierungsforſtkammern und Forſtämter, deren Ab⸗
R ſeither aus zwingenden Gründen nicht möglich
v $ feien nunmehr innerhalb des Miniſteriums fertig
M und ſollten nur noch den Regierungsforſtkam⸗
A und einzelnen Förſtämtern zur Aeußerung über⸗
Im werden. Damit wird einem ſchon lange ſchwer
ſpfundenen Mißſtande endlich Abhilfe gewaͤhrt. Denn
.. * ig Dienſtesorganiſation it mit dem 1. Januar
; B09 ins Leben getreten und heute noch fehlen die
„ derſezinftruktionen für die einzelnen Stellen, die
schiedene Vereinfachungen bringen ſollen. Die Ver⸗
-ungen im Ausſchuß und im Plenum ſind offen⸗
unter dem Einfluß des ſchweren Krieges viel kür⸗
r und einfacher verlaufen als früher. Insbeſondere
Pen außer der im Eingange erwähnten Hinauf⸗
ung der Einnahmen aus der Holzverwertung die
: Her der ſonſtigen Einnahmen und der Ausgaben
i keine Veränderungen erfahren mit Ausnahme des
Pfriches von 10 000 Mk. an der Poſition für Aus⸗
Aub Weiterbildung der Forſtverwaltungsbeamten. Auch
, pn Erörterungen über wichtige grundjägliche Fragen
pratt, In dieſer Hinſicht ift vielleicht der Mangel
Kaus forſtlichen Vertreters in der Kammer zu be⸗
jad. Die Zahl der Redner war gegen früher ge⸗
. „Nager, ferner find nicht zum Schaden der Sache die
„ bier iets einen breiteren Rahmen einnehmenden
Steuwerksreden und kleinliche Beſchwerden gegen ein⸗
he Beamte glücklich unterblieben. Zum Schluſſe
es It nog angeführt, daß der auf dem Felde der Ehren
| almen Forſtbeamten ehrenvoll gedacht und daß
A bm ganzen Stande ſowohl ſeitens des Miniſters als
t Vertreter aller Parteien für ſeine unter beſonders
: Ihnierigen Verhaltniffen geleifteten vorzüglichen Dienfte
| die größte Anerkennung ausgedrückt wurde.
|
Aus dem Großherzogtum Heſſen.
Mitteilungen aus den Forft- und Kameral-
verwaltung für die Jahre 194 u. 3915.
A. Perſonal⸗Veränderungen.
Geftorben.')
1915.
1. Der Oberförfter der Oberförfterei Münſter, Forſt⸗
meiſter Friedrich Stork zu Dieburg;
der Oberförſter der Oberförſterei Kelſterbach, Forſt⸗
meiſter Karl Freiherr Schenk von Schmittburg.
Verfetzung in den Ruheſtand.
1914
1. Der Oberförſter der Oberförſterei Düdelsheim, Forſt⸗
meiſter Friedrich Bücking zu Büdingen;
der Oberförſter der Oberförſterei Friedberg, Forſt⸗
meiſter Ludwig Spieler zu Friedberg; |
1915.
der Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft, Geh. Forſtrat
Dr. Wimmenauer zu Gießen; | |
alle auf ihr Nachſuchen, unter Anerkennung ihrer lang⸗
langjährigen, treu geleiſteten Dienſte.
Verſetzungen.
1914.
1. Der Oberförſter der Oberförſterei Grebenhain, Forſt⸗
meiſter Guſtav Krug zu Grebenhain in die Ober-
förſterei Düdelsheim (Wohnſitz zu Büdingen).
1915.
1. Der Oberförſter der Oberförſterei Mitteldick, Forſt⸗
meiſter Johannes Hillerich zu Langen in die Ober⸗
förſterei Münſter (Wohnſitz zu Dieburg);
2. der Oberförſter der Oberförſterei Michelſtadt, Forſt⸗
meiſter Eduard Heß zu Michelſtadt in die Ober⸗
ſörſterei Kelſterbach.
Ernennungen.
1914.
Forſtaſſiſtent Otto Schwieder zu Ortenberg zum Ober⸗
förſter der Oberförſterei Grebenhain.
1915.
Forſtaſſiſtent Hermann Koch zu Lorſch zum Ober⸗
förſter.
) Die Zahl der heſſiſchen Forſtaſſeſſoren iſt durch den
Krieg erheblich vermindert worden. Im Maihefte ſind die
bis dahin Gefallenen oder ſeit langer Zeit Vermißten be⸗
reits mit Angabe von Geburtsort nnd «zeit, letzter Zivil⸗
ſtellung und militäriſcher Stellung aufgeführt. Zu den 13
dort genannten iſt inzwiſchen noch ein vierzehnter hinzu⸗
gekommen: Rudolf Glaſer, geb. in Nordheim am 17. März
1885, in Frankreich gefallen im April 1916. Derſelbe war
vor dem Kriege in den Waldungen des Fürſten Schönburg⸗
Waldenburg in Rumänien mit Forſteinrichtungsarbeiten be-
ſchäftigt; im Heere war er Leutnant der Reſerve beim Kgl.
Sächſiſchen Schützenregiment 108, dekoriert mit dem Eiſernen
Kreuz, dem Albrechts⸗Ritterkreuz und der Heſſ. Tapferkeits⸗
3.
| mebaille.
226
Anftellungen.
1914.
1. Forſtaſſeſſor Karl Blitz aus Lengfeld als Yorft:
aſiſtent;
2. Forſtaſſeſſor Heinrich Weiß aus Liederbach als Forſt⸗
aſſiſtent.
1915.
Forſtaſſeſſor Wilhelm Jochem aus Laubach als Forſt⸗
aſſiſtent. .
Charakter⸗ Verleihungen.
1915.
1. Dem vortragenden Rat bei der Abteilung für Forſt⸗
und Kameralverwaltung des Großh. Miniſteriums
der Finanzen, Oberforſtrat Julius Hein zu Darm:
ſtadt der Charakter als „Geheimer Oberforftrat“.
2. Der Charakter als „Geheimer Forſtrat“:
a) dem Oberförſter der Oberförſterei Ober⸗Eſchbach,
Forſtmeiſter Auguſt Schwarz zu Ober⸗Eſchbach;
b) dem Oberförſter der Oberförſterei Lengfeld, Forſt⸗
meiſter Alfred Preuſchen zu Lengfelder Forſthaus;
c) dem Oberförſter der Oberförſterei Langen, Forſt⸗
meiſter Ernſt Klump zu Langen.
3. Der Charakter als „Forſtmeiſter“ dem Oberförſter
Dr. Alwin Schenck zu Darmſtadt.
Ordens-⸗ Verleihungen.
1914.
Die „Krone“ zum Ritterkreuz I. Kl. des Verdienſt⸗
ordens Philipps des Großmütigen:
1. dem Forſtmeiſter Friedrich Bücking zu Büdingen,
2. dem Forſtmeiſter Ludwig Spieler zu Friedberg
aus Anlaß ihrer Verſetzung in den Ruheſtand.
1915.
Das Komturkreuz II. Kl. des Verdienſtordens Philipps
des Großmütigen dem ordentlichen Profeſſor an
der Landes⸗Univerſität Gießen, Geh. Föorſtrat
Dr. Karl Wimmenauer.
B. Geſetze, Verordnungen, Befannt:
machungen.
1. Geſetz, betreffend die Beſoldungen,
Ruhegehalte und die Hinterbliebenen:
verſorgung der Staatsbeamten, vom 21. Maͤrz
1914 (Reg.⸗Bl. Nr. 10, Seite 95 u. ff.) Die neue
Faſſung des Geſetzes vgl. S. 195 — 206.
Die Beſtimmungen haben mit Wirkung vom 1. April
1914 eine neue Regelung erfahren. Im großen ganzen
ſind die Grundſätze des früheren Geſetzes beibehalten
und Härten in letzterem wurden bejeitigt.
Eine Vergütung für Wohnungsaufwand wird nicht
mehr gewährt, ſie iſt im Gehalt inbegriffen. In den
Städten Darmſtadt, Offenbach. Gießen. Mainz und
Worms kommen zu deu Gebhaltsjagen nichtpenſions—
fähige Ortszulagen; ſie betragen bei einem Forſtwart
50 Mk., bei einem Forſtaſſiſtent LOO Mk., bei eine
Oberförſter 150 Mk. jährlich. Iſt mit einem A
nach Anordnung des vorgeſetzten Miniſteriums Dien
wohnung verbunden, jo ift hierfür der Betrag
entrichten und vom Gehalt abzuziehen, welcher der ß
den Gehalt aufgenommenen Vergütung für Wohnung
aufwand entſpricht. Dieſer Abzug beträgt z. B.
Forſtwarten 250 Mk. jährlich.
Forſtaſſiſtenten. 400 „ 1 í
Oberförftern 550 „ 2 i
Die Gehaltsſaͤtze find folgende:
Forſtwarte 1600—2250 Mk. Aufrückungszeik!
18 Jahre, 3 jährig. Gehaltsbeträge in den Auf..
rückungsſtufen: 1600, 1700, 1850, 1950, 2050, 2150,
2250 Mk. Nicht penfionsfähige Bekleidungszulage .
100 Mk. Nach 21 Dienſtjahren erhalten die For:
warte eine penſionsfähige Zulage von 200 ME |
Forſtaſſiſtenten 3200-4100 Mk. Aufrädung: |
zeit 12 Jahre, 3jährig. Gehaltsbeträge in den kin.
zelnen Aufrückungsſtufen 3200, 3500, 3700, 3900,
4100 Mk. s
Beim Uebergang in die höhere Stellung als Ober⸗
förſter, forſttechniſcher Beamter des Forſtvermeſſungs⸗ .
und Taxations⸗Bureaus, Miniſterialſekretär wird ihnen -
bei Bemeſſung des Gehalts ihre geſamte Beſolbung -
dienſtzeit wie bei einer erſten Anſtellung gerechnel.
Oberförſter 3400 — 7400 Mk. Aufrückungazeil
24 Jahre, 3jährig. >
Gehaltsbeträge in den einzelnen Aufridungsftulen .
3400, 3900, 4400, 4900, 5400, 5900, 6400, 6900, i
7400 ME. ag te
Für die bei Inkrafttreten dieſes Befolbungétants |
(1. April 1914) bereits angeſtellten Beamten betragen
die Gehaltsſätze 3500, 4000, 4500, 5000, 5500.
6000, 6500, 7000, 7400 M. E
Durch das Geſetz haben auch die Beſtimmungen |
des Geſetzes über Verſetzung der Zivilbeamten in den .:
Ruheſtand vom 27. November 1874 (Reg.⸗Bl. S. 6
das in jeiner neuen Faſſung Seite 206 —210 abge:
druckt ift, eine febr weſentliche Aenderung erfahren.
Letzteres beſtimmt in Artikel 2:
„Wird ein Beamter nach zurückgelegtem fünften
Dienſtjahre in den Ruheſtand verſetzt, ſo erhält e
als Ruhegehalt, (Penſion) 40% ſeiner Beſoldung
Für jedes weitere zurückgelegte Dienſtjahr werden
vom 6.— 10. Dienſtjahre 2%, vom 11.— 30. Dia
jahre 11/2%o, und vom 31.—40. Dienſtjahr I
zugelegt. Wer nach zurückgelegten 50 Dienſtjahren
in den Ruheſtand verſetzt wird, erhält den vollen
Betrag feiner Beſoldung als Ruhegehall.“
Die neue Faſſung dieſes Artikels behält die Bor:
ſchriften bis zum 30. Dienſtjahr bei; vom 31.— 40.
Dienſtjahr wird jedoch nur ½ % zugelegt und de
— —
ee 4 “ be ee r
. 4 Be DE 2 92 a aa
ps 2 5 7; * pera | * ee
gehalt darf dabei 85% des penſionsſähigen Ge:
micht überſchreiten.
Die Beſtimmungen über die Hinterbliebenen⸗Ver⸗
ang der Staatsbeamten (vgl. die Geſetze vom
Juni 1886, Reg.⸗Bl. Seite 95 und vom 2. Auguſt
. Reg.⸗Bl. Seite 397) haben eine Aenderung
hend erfahren, daß das Witwengeld während
erfſten 5 Jahre der Anſtellung von 30% auf
‘© des Ruhegehalts und der Mindeſtbetrag des
geldes von 216 Mk. auf 300 Mk. erhöht
Verordnung, die Ausführung des Jagd:
ſgeſetzes, insbeſondere Anordnungen wegen
Hegezeit betreffend, vom 29. April 1914
(Reg.⸗Bl. Nr. 12, Seite 218).
Unter Aufhebung einer Anzahl früherer Beſtim⸗
angen wird folgendes beftimmt:
— 8 1.
| | Die allgemeine Hegezeit in Wald und Feld beginnt
u dem 1. Februar einſchließlich und endigt mit dem
$l. Auguft einſchließlich.
Von ber allgemeinen Hegezeit beſtehen — außer
in dem Artikel 30 des Jagſtrafgeſetzes vom
a 1893 angeführten — die nachfolgenden Mus-
dmen:
1. die Hegezeit für weibliches Rehwild beginnt
-1 mit dem 15. Dezember und endigt mit dem
15. Oktober;
2. die Hegezeit für männliches Rehwild beginnt
mit dem 15. Dezember und endigt mit. dem
30. April;
3. die Hegezeit für den Dachs beginnt mit dem
‚1 15. Februar und endigt mit dem 15. Mai;
| 4. die Hegezeit für Hafen beginnt mit dem 1. Fe:
Tb bmmar und endigt mit dem 30. September;
| 5. die Hegezeit für Auer⸗, Rackel⸗, Birk⸗, Hafel:,
Faſanen⸗ und Truthennen beginnt mit dem
1. Februar und endigt mit dem 15. September;
6. die Hegezeit für Auer⸗, Rackel⸗, Birk, Hafel:,
Yalanen= und Truthähne beginnt mit dem
| 1. Juni und endigt mit dem 15. September;
7. die Hegezeit für Enten beginnt mit dem 1. Fe⸗
| bruar und endigt mit dem 15. Juli;
V. die Hegezeit für Waldſchnepfen beginnt mit
| dem 1. April und endigt mit dem 15. September;
>
p= |
9 die Hegezeit für Sumpfſchnepfen, Trappen,
Brachvögel und Kiebitze beginnt mit dem
16. April und endigt mit dem 15. Juli;
W. die Hegezeit für Rebhühner beginnt mit dem
l. Dezember und endigt mit dem 31. Auguſt;
287
—
11. die Hegezeit für den Star beginnt mit dem
1. Februar und endigt mit dem 31. Juli, die
bezeichneten Tage jedesmal mit einbegriffen;
12 die Hegezeit für Muffelwild wird bis auf wei⸗
teres auf das ganze Jahr ausgedehnt.
83.
Es bleibt vorbehalten, aus forſt⸗ und feldpolizei⸗
lichen Gründen die Hegezeit für einzelne Wildarten
vorübergehend aufzuheben.
Mit dieſer Neuordnung der Hegezeiten ſind die
Wünſche der Jägerwelt größtenteils erfüllt worden.
3. Geſetz, die Teilung von Grundſtücken be—
treffend, vom 23. Mai 1914 (Reg.⸗Bl. Nr. 14,
Seite 235).
Nach dem Artikel 94 und Artikel 95, Abſ. 2 des
Geſetzes, die Ausführung des Bürgerlichen Geſetzbuches
betr., vom 17. Juli 1899 ift eine Tilung von Grund:
ſtücken (ausgenommen Weinberge, Gartengelände, Objt:
baumſtücke, Kraut- und Gemüfeländer, ſowie Grund:
ſtücke, die zu öffentlichen Zwecken oder zu Hofraiten
abgetreten werden), nur inſoweit zuläſſig, als hier⸗
durch keine ſelbſtändigen Teilſtücke unter 10 Ar Acker⸗
oder 6 Ar Wieſengelände und unter 50 Ar Wald-
gelände gebildet werden.
Von dieſen Beſtimmungen kann jetzt Befreiung
bewilligt werden. Zuſtändig iſt für Acker⸗ und Wieſen⸗
gelaͤnde das Großh. Miniſterium des Innern, für
Waldgelände das Großh. Miniſterium der Finanzen.
Wird die Befreiung nachträglich bewilligt, ſo iſt die
Teilung von Anfang an als gültig anzuſehen.
4. Verordnung, die Abänderung der Verord—
nung über die Tagegelder, Reiſekoſten und
Umzugskoſten der Zivilbeamten vom 9. Sep:
tember 1879 betr., vom 27. Juni 1914 (Reg.⸗Bl.
Nr. 15, Seite 247).
Seither beſtand Anſpruch auf Entſchädigung dann,
| wenn das Geſchaͤft einſchließlich der Zeit für Hin- und
Rückweg einen Zeitaufwand von mehr als 3 Stunden
erfordert hat. Erforderte das Dienſtgeſchäft einen
Zeitaufwand von über 3, jedoch unter 6 Stunden, ſo
war die Hälfte des Tagegeldes anzuſetzen. Dieſe Zeit⸗
grenzen ſind auf 4 Stunden, bezw. über 4, jedoch
unter 8 Stunden hinaufgeſctzt worden.
5. Geſetz, Aenderungen des Geſetzes vom
17. Januar 1901, die Dienſtbezüge der ſtaat—
lich beſtätigten Forſtwarte betr., vom 29. Juli
1914 (Reg.⸗Bl. Nr. 28, Seite 317).
Das ſ. Zt. im Juliheft 1902 der Allgem. Forſt⸗
und Jagdzeitung ausführlich beſprochene 190 ler Ge-
ſetz brachte den ſtaatlich beſtätigten Forſtwarten den
lang erſehnten geſetzlichen Anſpruch auf Gehalt, Ruhe
J ˙ en
228
gehalt, Witwen⸗ und Waiſenverſorgung. Im allge⸗
meinen betrug der Gehalt 70% p des Gehalts eines
Domanialforſtwarts. Grundlegend waren die Beſtim⸗
mungen des Geſetzes vom 9. Juni 1898, die Beſol⸗
dungen der Staatsbeamten betreffend. Als nun das
unter 1. beſprochene Geſetz vom 21. März 1914 den
Staatsbeamten eine Aufbeſſerung ihrer Bezüge brachte,
konnte dieſe Aufbeſſerung nicht kurzer Hand auch den
durch das Geſetz vom 17. Januar 1901 betroffenen
Beamten zugebilligt werden, da im letzteren ausdrück⸗
lich die Gehaltsſätze des 1898er Beſoldungsgeſetzes er:
wähnt waren. Es mußte deshalb für die ſtaallich
beſtätigten Forſtwarte = Kommunalforſtwarte ein
neues Geſetz erlaſſen werden. Deſſen Artikel 3 heißt
jetzt:
„Der Gehalt der Kommunalforſtwarte in Forſt⸗
warteien mit 300 Hektar oder mehr Waldflaͤche
bemißt ſich nach den Vorſchriften, die für die Dienſt⸗
bezüge der Domanialforſtwarte jeweils gelten.“
Da nach dem gleichfalls anders gefaßten Artikel 4
dieſer Grundſatz auch bei den Forſtwarten mit weniger
als 300 ha Waldfläche ſinngemäße Anwendung findet,
ſo bedarf es in Zukunft keines neuen Geſetzes, um bei
einer etwaigen Erhöhung der Gehalte der Domanial⸗
forſtwarte auch die Bezüge der Kommunalforſtwarte
hinaufzuſetzen.
Das Geſetz iſt in ſeinem neuen Wortlaut — wo⸗
bei auch der Sprachgebrauch des Forſtverwaltungs⸗
geſetzes vom 15. April 1905 übernommen wurde —
Seite 319— 323 des Regierungsblatts von 1914 ab:
gedruckt.
6. Verordnung, die Jagdwaffenpaffe betr. vom
19. Auguſt 1914 (Reg.⸗Bl. Nr. 36, Seite 465).
Die Vorſchriften in § 7, Abſatz 2 der Verord⸗
nung vom 30. Juni 1894 werden dahin erweitert,
daß in der Provinz Rheinheſſen und im Kreiſe Groß⸗
Gerau Jagdwaffenpäſſe auf Inhaber nur mit aus⸗
drücklicher Genehmigung des zuſtändigen Kreisamts
an Ausländer abgegeben werden dürfen.
Die Verſchärfung der Vorſchriften erfolgte aus
militäriſchen Rückſichten (Bereich der Feſtung Mainz).
Da die Jagdwaffenpaß⸗Verordnung in den letzten
Jahren verſchiedene einſchneidende Abänderungen er⸗
fahren hat, ſo wurde die Regierung ermächtigt, den
Text der Verordnung in der jetzt gültigen Faſſung
bekannt zu geben.
Dies geſchieht durch
7. Bekanntmachung des Textes der Verordnung
über die Jagdwaffenpäſſe vom 30. Juni 1894
in der vom 16. Oktober 1914 an geltenden
Faſſung, vom 4. November 1914 (Reg.⸗Bl. Nr.
38, Seite 475).
8. Bekanntmachung, Organiſation der 4
förftereien betreffend, vom 9. Oktober f-
(Reg.⸗Bl. Nr. 38, Seite 473). :
In Friedberg hatten 2 Großh. Oberförig - :
ihren Wohnſitz: Helbenbergen und Friedberg. -
gehörte zu den 9 Oberförftereien. welche nach de
ſchlüſſen bei der Beratung des 1912er Haupteg :
ſchlags nur auf den Inhaber bewilligt wurden! :
nach Erledigung nicht wieder beſetzt werden fo
Da der Fall eingetreten iſt, wird durch die Beke
machung die Großh. Oberförſterei Friedberg af
hoben und aufgeteilt. Die ſeitherige Großh. R
förfterei Heldenbergen zu Friedberg erhält die auf
Bezeichnung Oberförſterei Friedberg. .
9. Verordnung, die Ankerkuilenfiſcherei
Rhein betreffend, vom 9. Juni 1915 (Rag —
Nr. 13, Seite 163):
Auf Grund der Artikel 15 und 47 des Ge
vom 27. April 1881, die Ausübung und der Ed
der Fiſcherei betreffend, wird beſtimmt:
8 1.
Der Fiſchfang mittelſt Ankerkuilen tft au !
Nebenflüſſen und Altwäſſern des Rheins nwi
ebenſo 1 km oberhalb und 1 km unterhalb der ea.
eines Altwaſſers im Rheinſtrom ſelbſt. 12
82. |
Der Fiſchfang mittelſt Ankerkuilen ift auf de
Rhein in der Zeit vom 1. Dezember bis 15. IF.,
verboten und in der Zeit vom 16. Juli bis 30. 4 |
vember nur unter folgenden Bedingungen geffatie $..
: 8 3. =
Fiſchereibezirke mit einer Ausdehnung
bis zu 1 km dürfen nur mit 1 Ankerkuile i"
„ „ Uf = & a ‘dee. <2 Ankerkuilen J
oe | ge. ce E . |
über 10 „ „ Bu;
befiſcht werden. . =
wade
9 4. Ne 5
Mehr als zwei Schocker dürfen nicht beinnandet | > -
liegen und zuſammen nicht mehr als zwei Anterkuim 1 5
fiſchen. nn
Jeder Schocker muß mit zwei Mann zur saat
nung beſetzt ſein. . | |
85.
Die in $ 2 der Verordnung vom 14. Dehne Ie,
1887 (Reg.:Bl. S. 303) vorgeſchriebene wbdenlli |»
Schonzeit findet auf die Ankerkuilenfiſcherei keine An: x
wendung. |
8 6.
Die Maschenweite des Ankerkullen- Schluß Bl
in naſſem Zuſtande von der Mitte des noteri
.
wa,
b
229
m Garn entlang gemeſſen — nicht weniger als
15 em betragen.
Das Schlußnetz muß durch eingeſpannte Reifen,
die nicht mehr als 1 m Abſtand von einander haben
sten, in einer ſolchen Stellung im Waſſer gehalten
erden, daß ein Zerdrücken der Fiſche vermieden wird.
Unmittelbar hinter dem letzten Reifen iſt das
sklußnetz fo abzubinden, daß die Bildung eines Sadeg
armöglich ift.
87.
Zuwiderhandlungen gegen die in 88 1—6 ent:
taltenen Vorſchriften werden gemäß Artikel 64 des
"iege vom 27. April 1881 mit Geldſtrafe bis zu
w Mk. oder mit Haft beſtraft.
. Verordnung, die Jagdwaffenpäſſe betref—
ſend, vom 8. September 1915 (Reg.⸗Bl. Nr. 16,
Seite 183).
Es wird beſtimmt:
1
A. Jagdliches aus dem Schützengraben.
Der Wildſtand des weſtlichen Operationsgebietes ift ſtrecken⸗
reife trotz der langen Stellungskämpfe noch überraſchend gut.
Tan könnte auch fagen, er ift wieder gut. Denn zweifellos
‘at fig das Nutzwild feit Herbſt 1914 erholt und ftar! ver:
aal, wenigſtens die kleineren Wildgattungen. Beſonders
ilig find die ſtarken Beſtände an Rebhühnern. Dies er:
tät ſich daraus, daß die Jagd von unſeren Truppen überall
Wali gehandhabt worden ift und daß andererſeits immerhin
zeit Strecken in und vor den vorderſten Linien nicht Befaat
für freilich oft in anderer Weiſe geftört) werden, fo daß ſich
ut immerhin ſozuſagen kleine Schonreviere bilden. Ferner
hlt das Gelände in vorderſter Linie ſehr reichhaltige Aeſung
weil fid beiſpielsweiſe Hafer und andere Getreidearten überall
nuch Natutverjüngung vermehrt haben. An dieſen ſelbſt angs
Rialenen Nutzpflanzen kann man übrigens vom Graben aus
bt intereſſante ökologiſche Studien machen, ebenſo wic an
det natürli hen Beſiedelung zahlreicher Stellen verlaſſenen
amade mit Holzgewächſen. Das weiter zurückliegende
ame wird, wie all,emein bekannt, in echt deutſcher Sorg:
catet ſoweit möglich beſtellt und bewirtſchaftet. Auch hier
"abet nan hinreichend Wild und ſelbſtverſtändlich eine fad):
mife Durchführung der Jagdpolizei, welche der volks⸗ bezw.
de dwirſchafnichen Bedeutung der Jagd völlig gerecht wird.
nfo fügt Aid) natürlich aud die Fiſcherei in den Rahmen
niter wirtſchaſtlichen Maßnahmen ein.
Mi dem Rebhukn findet fih gelegentlich die Ningel:
5 „die Zwergtrappe, die Wildente. Im vorigen Herbſte fab
auch große Flüge von Wildgänſen. Vom Haarnutzwild ift
sire Gafe und Kaninchen am häufigſten. Erſterer auch in
at er Linie als „Drahtverhauhaſe“ allgemein beliebt und
Jutereſſe — beobachtet.
51 hunk zahlreich tft das gefiederte Raubzeug. Verſchiedene
i arten rütteln gerne nach Mäuſen uſw. über dem Draht⸗
m = tuben auf beffen Prählen aus. Die zahlreichen
Artikel 1.
Ein auf ſieben unmittelbar auf einander folgende
Tage lautender Jagdwaffenpaß kann auch ohne den
Nachweis des Beſitzes eines noch gültigen deutſchen
Jahresjagdwaffenpaſſes jedem Reichsdeutſchen“ ausge:
ſtellt werden, der freiwillig oder auf Grund der Dienſt—
pflicht an dem gegenwärtigen Kriege teilnimmt, oder
teilgenommen hat. ;
Die Abgabe für einen Wochenjagdwaffenpaß für
Kriegsteilnehmer beträgt 10 Mk., gleichviel ob der
Antragſteller feinen Wohnſitz oder ſtändigen Aufent—
halt in Heſſen, in einem anderen deutſchen Bundes—
ſtaat oder im Ausland hat.
Artikel 2.
Dieſe Verordnung tritt mit dem Tage der Ver—
kündigung im Regierungsblatt in Kraft und erliſcht
mit dem Wiedereintritt des Friedens.
(Fortſetzung folgt.)
N otize n.
(jetzt bei uns durch energiſche Vertilgung ſehr verminderten)
Mäuſe und Ratten ſowie die Ruinen der an der Froni liegen⸗
den Gebäud: mögen auch dazu beitragen, daß ſich verſchiedene
Eulenarten beſonders häufig zeigen. Oder es wird einem
deren Häufigkeit nur beſonders auffällig, weil wir alle mit⸗
einander nachts weit mehr als im Frieden alle Sinne anſpannen
und ſchärfen müſſen. A. M.
B. Forſtliche Vorleſungen an den Hochſchulen im
Winterſemeſter 1916/17,
I. Univerſttät Gießen.
Prof. Dr. Weber: Einführung in die Forſtwiſſenſchaft,
einſtündig. — Forſtbenutzung II. Teil, vierſtündig. — Forſt⸗
politik II. Teil, vierſtündig. — Konverſatorium über forſtliche
Produktion elehre und die Forſtverwaltungsfächer, einſtündig.
— Nraktiſcher Rurfus über Forſtbenutzung und Technologie
(Exkurſionen) am Samstag Nachmittag. — BWeivatdogent Dr.
Baader: Holzmeßkunde mit Uebungen im Walde, dreiſtündig.
— Uebungen auf dem Gebiete der Waldwertrechnung und
Statik, einſtündig.
Außerdem zahlreiche Vorleſungen aus den Gebieten der
Mathematik, der Naturwiſſenſchaſten, der Rechte kunde, Volfs-
wirtſchaftslehre, Finarzwiſſenſchaft Landwirtſchaft uſw.
Beainn der Immatrikulation am 16. Oktober, der Vor:
leſungen am 23. Oktober. — Das allgemeine Vorleſungsver⸗
zeichnis kann vom Univ.⸗S fretartat bezogen werden.
Für Vorleſungen uſw. derjenigen Dozenten, welche wie
die beiden der Forſtwiſſenſchaft im Heere ſtehen, lann keine
Gewähr geleiſtet werden. Jedoch wird nach Möglichkeit für
Vertretung geſorgt.
II. IIniverſität München.
Geh. Hofrat Dr. Brentano: Wirtſchaftsgeſchichte, fünf⸗
ſtündig. — Prof. Dr. Endres: Forſtpoliktik, fünfſtündig;
Waidwerty Hung und forſtl. Statik, vlerſtündig; Uebungen
31
hiezu; Einführung in die Forſtwiſſenſchaft, dreiſtündig (mit
Lehrwanderungen). — Prof. Dr. Lotz: Allgem. oder theore⸗
tiſche Volk⸗wirtſchaftstehre, fünfſtündig: Finanzwirtſchaft, fünf:
ſtändig. — Prof. Dr. Ramann: Bodenkunde mit Lehrwan⸗
wanderungen, fünfſtündig; Bodenkundl. Praktikum für Geüb⸗
tere, täglich und halbtäglich; kleines bodenkundliches Prakti⸗
kum. — Prof. Dr. Freiherr von Tubeuf: Anatomie und
Phyſiologie der Pflanzen, vierſtündig; Mikroſkopiſches Prakti⸗
lum. — Prof. Dr. Schüpfer: Forſteinrichtung, fünſſtündig;
Baum- und Beſtandsmaſſenermittelung, dreiſtündig; Praktiſche
Uebung in Verbindung mit Lehrwanderungen. — Prof. Dr.
Fabricius (z. Z. beim Heere): Waldbau, ſechsſtündig mit
Lehrwanderungen. — Prof. Dr. Eſcherich: Forſtzoologle
I. Teil: Wirbeltiere, vierſtündig; Praktiſche Uebungen; Leitung
wiſſenſchaftlicher Arbeiten. — Prof. Dr. Willſtätter: Anor-
ganiſche Experimenchemie, fünſſtündig. — Prof. F. Brunn:
Elemente der höheren Mathemathik und der darſtellenden Geo⸗
metrie, vierſtündig. — Prof. Dr. Jaffe: Oekonomiſche Bolis
tik II. Teil: Gewerbepolitik und gewerbliche Arbeiterfrage,
zweiſtündig. — Prof. Dr. Leonhard: Ockonomiſche Politik
J. Teil: Argrarpolitik, zweiſtündig. Privat⸗Doz. Dr.
Schmauß (3. Zt. beim Heere): Allgemeine Meteorologie und
Klimatologie, vierſtündig.
III. Univerſilät Büdingen,
Prof. Dr. v. Bühler: Einleitung in die Forſtwiſſenſchaft,
zweiſtündig mit Uebungen und Exkürſionen. — Waldbau J,
dreiſtündig mit Uebungen und Exkurſionen. — Exkurſionen und
Uebungen, insbeſondere für Kriegsteilnehmer. — Prof. Dr.
Wagner (3. Zt. im Heere): Waldwertrechnung, dreiſtündig
mit Uebungen. — Forftihug, dreiſtündig. — Seminarübungen,
dreiſtündig, und Exkurſionen am Donnerstag und Samstag.
Sonſtige Vorleſungen wie ad J.
Anfang des Winterſemeſters: 16. Oktober. — Schluß:
14. März.
IV. Gechniſche Hochſchule Karlsruhe.
Abteilung für Forflwefen.
Demoll: Zoologie, Fiſcherei. — Engler: Anorgan.
Chemie, Praktikum. — Klein: Botanik. Pflanzenkcankheiten,
Praktikum. — Lehmann: Phyſik. — Paulcke: Geologie II.
Mineralogie. — Schultheiß: Melerologie.
Bürgin: Planzeichnen. — Haid: Prakt. Geometrie.
Noether: Mechanik.
Hausrath: Forſtpolitik,⸗ verwaltung, Waldwegbau. —
Helbig: Bodenkunde. — Müller: Einführung in die Forſt⸗
wiſſenſchaft, Holzmeßkunde, Forſtelnrichtung II, Waldwerkrech⸗
nung. — Siefert: Waldbau I, Forſtbenutzung. — Wim-
mer: Das Holz. Cronberger: Landwirtſchaft. —
Drach: Wieſenbau. — Flügel: Baukonſtruktionen — G.
Fuchs: Biologie. .
P. Fuchs: Soz. Geſetzgebung. — Lewald: Verfaſſungs⸗
und Verwaltungsrecht. Mainhard: Bürg. Recht. —
v. Zwiedineck: Volkswirtſchaftslehre, Geld, Bank, Trang-
portweſen.
Beginn 10. Oktober.
Auskunft durch den Abteilungsvorſtand Prof. Dr. Hausrath.
V. - VII. Die Torſtakademieen Eberswalde, Münden und
Tharandt.
bleiben bei Fortdauer des Krieges vorausſichtlich geſchloſſen.
Andernfalls ſolgt noch beſondere Anzeige.
C. Der Präſident des Kriegsernährungsamtes an
die Bundesregierungen.)
Die vielſeitigen Aufgaben der Volkscrnährung im gegen»
wärtigen Kriege laſſen es erwünſcht erſcheinen, auch die Nutz⸗
—
varmachung der im Walde koſtenlos fid bier
den Nährſtoffe durch geeignete organiſatoriſche Maßnah
ſo wirkſam als möglich zu geſtalten.
Neben anderen Fragen bedarf vor allem die in Kürze a
ſetzende
Beeren⸗ und Pilzernte
einer baldigen Regelung nach einheitlichen Grundſätzen in oig
Teilen des Reiches unter Berückſichtigung der in den einzel
Landesteilen geltenden beſonderen geſetzlichen Beftimmunzd'
und bereits erlaſſenen Verordnungen. j
Im Intereſſe einer möglichſt vollkommenen Ausnugunf
der Beeren⸗ und Pilzernte wie auch dem Schu
des Waldes ſelbſt gegen unberechtigte Uebergriffe wird
am beiten dienen, wenn Staat, Gemeinden und Privat
allen berechtigten Wünſchen der ſammelnden Bevölkerung
gleichem Maße entgegenkommen, insbeſondere derſelben d
ihre Forſtverwaltungen geeignete Erntegebiete gumeijen
die Ueberwachung der Sammler im Walde ſelbſt in die
nehmen. )
Hierfür bietet die Ausgabe nicht übertragbarer, ei ba,-
Inhaber lautender Ausweisſcheine, die je nach Herbuna}
unentgeltlich oder gegen eine geringe Anerkenntnisgebühr ak,
gefertigt werden, eine geeignete Handhabe für dee Kon tolle
der Sammler durch die Forſtbeamten des äußeren Dienstes!
oder ſonſtig dafür beſtellte Aufſichtsperſonen, wie Feldhiter: .
Vorarbeiter, Kriegsbeſchädigte u. a. 5
Das Verfahren gibt die Möglichkeit, einerſeits Arbeit
kräfte, die volkswirtſchaſtlich anderweit nützlicher zu vewende:
find, fernzuhalten, andererſeits der Begehung von Fer?
und Jagdfreveln verdächtige oder bereits vorbeſtaft Per-
ſonen durch Verſagung des Ausweisſcheines vom Walde aun,
zuſchließen.
Die Ausſtellung ſolcher auf den Inhaber lautender Au-
weiſe wird in der Regel auf die erwachſenen Mitglieder einet
Familie beſchränkt werden können, während für Kinder die
Ausgabe gewöhnlicher Beerens und Pilzzettel, wie ſolche kits
her ſchon vielerorts üblich waren, ausreichend fein dürfte.
In ſolchen Landesteilen, in denen eine geſetzliche Gor
habe für die O ganiſation der Beerens und Pilzernte ſelü.
wird zu erwägen fein, inwieweit mit Rückſicht auf den be
ſtehenden Kriegszuſtand die Mitwirkung der Generale
tommandos durch Erlaß einer Anordnung für die Muh.
gabe von Ausweisſcheinen ausnahmsweiſe angerufen werden
kann. '
Es wird ferner eine Regelung des zeitlichen dr.
ginns der Beerenernte, um einer unwirtſchaſtlichen Aus
beutung vor Eintritt der vollen Reife vorzubeugen, durch po
lizeiliche Verordnung, inſoweit dieſe noch nicht geſchchen Ku
ſollte, unverzüglich in Ausſicht zu nehmen ſein. u
Juwiewelt eine Feſtſetzung von Höchſtpreiſen, ints
befondere für Heidelbeeren in Ausſicht zu nehmen iff muß e
Entſcheidung der Landesbehörden von Fall zu Fall 1 |
bleiben. Es werden hierbei im Weſentlichen uur ſolche aH: :
ins Auge zu ſaſſen fein, in denen bejonters durch Auffäule
Preistreibereien in einem Maße ftatifinden, bab die nalen
Verſorgung der Bevölkerung, kommunalen Verbände un |
Militärbehörden in Frage geſtellt wird, und in denen mi OP
Beſtimmungen der Bundesratsverordnung gegen übermäbit i
Pre'Sfteigerung nicht geholfen werden kann. EEE,
Von einer Beſchränkung der Beerenerute auf bekim
Präfdenlen
Veröffen⸗
D. Red.
1) Dieſer und die beiden folgenden Erlaſſe des
des Kriegs-Ernährungsamtes find uns von da zur
lichung zugegangen.
2
fend
rax in der Woche ift im Intercſſe einer möglichſt ausgicbigen
ivsaugung derſelben abzuſehen.
Erwünſcht iſt ferner beim Vollzug der Beeren⸗ und Pilz⸗
arte eine rege Beteiligung der Schulen, für welche
ve Freigabe ſowohl einzelner Schultage als auch die Gewäh⸗
mn formlider Ferien in Ausſicht zu nehmen ift.
Auch werden die Militärverwaltung darum anzugehen
ei Hr die Lazarette die Anordnung zu treffen, daß diefe
ig an dem Einbringen und der Verwertung der Beeren⸗ und
Aazernte beteiligen.
Den Privatwaldbeſitzern wird, inſoweit dieſe mit
tidigt auf die Kriegslage nicht ſchon aus eignem Antrieb
du beeren⸗ und pilzſammelnden Bevölkerung die erforderlichen
Kleichterungen für das Betreten des Waldes gewähren, in
wieter Form durch die dazu beruſenen Behörden nahe zu
ten fein, ſich den für die Staats⸗, Gemeinden uſw. Wals
bargen getroffenen Anordnungen — unbeſchadet des Rechts
kr Selbſtgewinnung der auf dem eigenen Waldgrund wach:
aden Beeren und Pilze — ſinngemäß anzuſchließen. Den
tenet in Betracht kommenden größeren Kommunalverbänden
sid zu empfehlen fein, die erforderlichen Anordnungen zur
einrichtung von Sammelſtellen, wie dies mehrfach
‘tea üblich ift, ſowie nötigenfalls auch von Trocken⸗
anlagen zu treffen und insbeſondere der Abwickelung des
Zuiſchenhandels (Unternehmer, Aufkäufer, Konſerven⸗
werte) durch behördliche Aufſicht wie durch Bee
Rellung von Vertrauensperſonen ein Augenmerk gus
renden, um PreiStreibereien, Zurückhaltung der Ware,
Fſchngen uſw. rechtzeitig aufdecken und verhindern zu können.
Die Gemeindebehörden werden ferner für den Bedarf
det Nilitärbehörden dahin zu wirken haben, daß den von
‘een bezeichneten Abnahmeſtellen für Beeren und Pilze die
angeforderten Mengen raſch und vollſtändig zugeführt werden.
Auch die Eiſenbahnverwaltungen werden bei der Ver:
ong der Beeren und Pilze um ihre Mitwirkung im In⸗
wa einer raſchen Abwickelung des Verſandgeſchäfts zu ers
iudeu fein,
Jir den Vollzug der Pilzernte liegen die Vers
fe mehrfach anders als für die Beerenernte. Während
tit legtere fih meiſt in kürzerer Zeit abzuwickeln pflegt, ver-
kt ſich die Pilzernte auf die geſamte wärmere Jahreszeit,
unerhalh deren nur beſtimmte, meift von der Witterung abs
tingige Zeitabſchnitte eine lobnende Ernte zu gewähren pflegen.
Die kurze Lebensdauer der Pilze erfordert außerdem, wenn
con Ertrag voll ausgenutzt werden fon, eine beſondere Orts—
annia, Aufmerkſamkelt und Rührigkeit der Sammler.
| Der Sammler muß daher über eine fichere Kenntnis aller
vitir Arten verfügen, um einerſeits alle wertvolleren
Eptiſpilze bei der Ernte berückſichtigen zu können, anderer⸗
eis aber alle untauglichen und insbeſondere giftigen Pilze
int Vermeidung von Unglücksfällen auszuſcheiden.
Trog der ſeither in auerkennenswerter Weiſe und mit
nacſendem Erfolg durch Behörden, Schulen, wlſſenſchaftlichen
baren ngen, Gebirgs- und Wandervereine, Hausfrauen:
: me und andere Private betriebenen Aufklärungen
0 Boltstretf e ift heute noch mancherorts die Kennt»
Ge wichtigeren etaren und giftigen Pilze wenig ver-
ir ar namentlich das Mißtrauen der Bevölkerung gegen
ai 1 noch nicht beſeitigt. Ich darf in dieſer Hinſicht
al ie enliegenbe Schrift: „Bedeutung der Pilze für die Volks⸗
mabtung“ von W. Obermeyer empfehlend hinweiſen.
innen beat wird, daß 1 Kilo frischer Pilze i A. einem
tert von 100 Gramm Fleiſch entspricht, und daß alljähr:
31
lich bedeutende Mengen wertvoller Pilze infolge der beſtehen⸗
den Hemmungen ungenutzt verloren gehen, ſo muß es als ein
beſonders dringliches Gebot der gegenwärtigen Krlegszeit ane
geſehen werden, daß Behörden, Schulen und Private
zur Aufklärung weiter Volkskreiſe erneut und mit beſonderem
Nachdruck beitragen.
Allgemein wird für die Verbreitung von guten Pilz:
tafeln und Belehrungsſchriften durch die zuſtändige Be⸗
hörden in erhöhtem Maße Sorge zu tragen, demnächſt die
Kenntnis der Pilze durch Vorträge, Unterrichtskurſe,
Pilzausſtellungen, Pilzwanderungen unter ſachkun⸗
diger Führung zu fördern ſein. Gleichzeitig iſt auf eine ge⸗
eignete Unterweiſung der Frauen in der Verwertung der Pilze
durch Mitwirkung der Haushaltungsſchulen, Frauen⸗
vereine und Landesvereine vom Roten Kreuz hinzu⸗
wirken. Auch die naturwiſſenſchaftlichen Vereine, die
Gebirgs⸗ und Wandervereine, die Jugendorgani⸗
ſationen und ſonſtigen Vereinigungen dieſer Art werden
bereit ſein, ſich in den Dienſt der guten Sache zu ſtellen und
zur Aufklärung weiterer Kreiſe beizutragen.
Eine wiſentliche Aufgabe der Forſtverwaltungen
wird darin zu erblicken ſein, nach vorgängiger Unterweiſung
der Lokalforſtbeamten an der Hand von Pilztafeln, Merk⸗
blättern, Belehrungsſchriften uſw. neben einer allgemeinen Auf:
klärung in den ländlichen Bezirken dafür Sorge zu tragen,
daß der Bevölkerung geeignete Ernteorte im richtigen
Zeitpunkt zugewieſen werden, damit ein planloſes Abſuchen
des Waldes an ungeeigneten Orten und zu ungeeigneten Zeiten
vermieden wird.
Die örtliche Waldaufſicht wird ferner ihr Augenmerk da⸗
rauf zu richten haben, daß die Pilze pfleglich geſammelt,
insbeſondere die größeren Edelpilze nicht ausgeriſſen, ſondern
abgeſchnitten, und allgemein nur geſunde Pilze bezw. Pilzteile
durch Verleſen und Reinigen am Sammelort gewonnen werden.
In den größeren Städten wird auf eine ausgiebige
Verwendung der Pilzkoſt für die Kriegsküchen zum Zweck
der Maſſenſpeiſungen hinzuwirken ſein. Dabei iſt darauf hin⸗
zuweiſen, daß die Abfälle von Pilzen oder ſonſtig in ganzen
Stücken ausgeſchiedene, für die menſchliche Nahrung minder
taugliche Arten ſich vorteilhaft zur Verfütterung an
Hühner und Schweine eignen. Ebenfalls ſollten, wo wegen
zu weiter Entfernung der Sammelorte oder aus ſonſtigen
Gründen ein Verſand nicht angängig iſt, die für die menſch⸗
liche Ernährung nicht mehr benötigten Pilze durch Dörren
(Backöfen, Ziegeleien uſw.) zu Hühnerfutter verarbeitet werden.
Dringlich erſcheint endlich eine verſchärfte Auſſicht
des Handels mit friſchen Pilzen und Pilzkonſerven — ge⸗
trocknete Pilze, Pilze in Büchſen, Extrakte für Suppen uſw. —
durch die zuſtändige Polizeibehörden. Neben einer Kontrolle
des Kleinhandels wird beſonders die Marktaufſicht
ſorgſam zu handhaben fein, damit minderwertige oder geſund⸗
heitſchädliche Ware vom Verkehr ferngehalten wird.
Den vielfachen Fälſchungen von Pilzkonſerven wird durch
Auſſchriftzwang nach der Verordnung vom 18. Mai 1916
(ReihesGefegbl. S. 380) über die äußere Kennzeichnung von
Waren vorzubeugen ſein.
Das Kriegsernährungsamt ſieht bei der Kürze der Zeit
und mit Rückſicht auf die in den einzelnen Landesteilen nach
Recht und Herkommen verſchieden liegenden Verhältniſſe davon
ab, über die Organiſation der Beeren: und Pilzernte beſondere
Vorſchriften anzuregen, legt jedoch Wert darauf, daß
den gegebenen Anregungen nach Möglichkeit Rech—
nung getragen wird. Es rechnet außerdem auf eine Unters
ſtützung durch die wiſſenſckaſtlichen Juſtitute der Hochſchulen
31*
232
und der Landesverſuchsanſtalten für Qand- und Forſtwirtſchaft
im Intereſſe der Erforſchung der Produktionsbedingungen der
Bodenfrüchte des Waldes, namentlich auch des Pilzwachstums
und der Möglichkeit ſeiner künſtlichen Förderung.
Berlin, 27. Juni 1916. In Vertretung:
Gez. von Braun.
D. Der Präſident des Kriegsernährungsamtes an
die Bundesregierungen.
Der beſtehende Mangel an Fetten und Oelen macht
es erforderlich, alle für eine nachhaltige Behebung desſelben
ſich eignende Quellen ſo vollkommen als möglich zu erſchließen.
Neben einer allgemeinen Vermehrung des Anbaucs von
Oelpflanzen eröffnet ſich im Bereiche der Forſtwirtſchaft
die Möglichkeit, durch eine ausgiebige Heranziehung der
diesjährigen Eichen ſchälwaldſchläge zum Anbau
von Raps (Winterraps, Kohlraps, Kohlſaat) zur Steigerung
der Oelproduktion weſentlich beizutragen.
Auf Grund der in den Königlich Bayriſchen Staats forſten
der Pfalz in den beiden letzten Jahren bereits gemachten gün⸗
ſtigen Erfahrungen iſt eine alsbaldige Inangriffnahme größerer
Anbauflächen auf allen geeigneten Böden des Eichenſchälwald⸗
betriebs nach Maßgabe der verfügbaren Vorräte an Saatgut
in Ausſicht genommen.
Die mir vorliegenden Gutachten ſprechen ſich über die
Durchführbarkeit des Anbaues und den zu erwartenden Erute⸗
erfolg ſowohl vom forſttechniſchen als auch vom landwirtſchaft⸗
lichen Standpunkt gleichermaßen günſtig aus.
Von der in der Reichsſtaliſtik vom Jahre 1900 auf
446 537,2 ha ermittelten Geſamtfläche des deutſchen Eiche is
ſchälwalds ſtehen heute nach Abzug der Umwandlungebeſtände
und ſonſtiger für den Schälbetrieb minder in Frage kommender
Niederwaldflächen noch annähernd 250000 ha zur Verfügung.
Von dieſer Fläche entfallen auf:
Kron⸗ und Staatsforſten annchernd 10 000 ha
Gemeindeforſten A 90000 „
Stiftungsfarſten > 3C00 „
Genoſſenſchaftsforſten „ 32 000 „
Privatforſten i 115000 „
An der Geſamtfläche find beteiligt:
Preußen mit eta 70 %
Bayern „ „ e ah ee we. OR a
Baden „ „ ie io Di
Heſſen „ „ 5 „
Oldenburg,, „ be ies et ae ee 2 9:5;
Elſaß⸗Lothringen mit etwa. . 2 u
Die übrigen deutſchen Staaten, insbeſon⸗
dere Württemberg und Sachſen, mit
zuſammen i 6
Bei einem mittleren Umtrieb von 16 bis 17 Johren würde
unter normalen Verhältniſſen die jährliche Schlagfläche rund
15 000 ha betragen. Infolge des durch die Kriegslage ge⸗
ſteigerten Bedarfs an Gerbſtoffen kann jedoch mit dem Ein⸗
ſchlag einer gegenwärtig 2 bis 3 mal fo großen Fläche = etwa
35 000 ha gerechnet werden.
Da in den Hauptverbreitungsgebieten des Eichenſchälwalds
großenttils auch die klimatiſchen Bedinc ungen für das Gedeihen
des Rapſes gegeben ſind, ſo darf nach Abzug aller nach Lage
und Boden oder aus ſonſtigen Gründen minder geeigneten Flächen
auf eine anbaufähige Fläche von immerhin beachtenswerter
Größe gerechnet werden.
Um die für die Organiſation des Anbaues zu er⸗
greifenden Maßnahmen, da die Einſaat i. A. ſchon in
der zweiten Hälfte des Monats Auguſt begonnen
werden muß, rechtzeitig überſehen zu können,
ich alsbald getrennt nach dem Befitzſtand Erhebungen
anzuftellen: l
1. welche Schälwaldfläche im Sommer 1916 über
zum Abtrieb gelangt tft,
2. welche Fläche hiervon nach Klima, Lage und Boden
zum Anbau von Winterraps eignet.
Im Beſonderen wären die Nachweiſungen fo einzmich
daß auch die auf die engeren Erhebungsbezirke (Provin
Regierungsbezirke, Kreiſe, Gemeinden, Forſtreviere uſw)
fallenden Anteile erſehen werden können. Die für eine Ach -
ſcheidung minder geeigneter Flächen maßgebend geweſenen @rüch .
wären hierbei kurz zu erläutern. =
Für den demnächſt auszuführenden Anbar
die künftige Sicherſtellung der Ernte werden
nachſtehenden Geſichts punkte zu beachten ſein:
1. Die klimatiſchen Vorbedingungen ſind
gegeben zu erachten, wenn ver Boden einen gut entwickelt
Eichenſchälbeſtand getragen hat. Hierher wird in erſter Eiri
die Mehrzahl der weſt⸗ und ſüddeutſchen Schälwaldgebite au
einer mittleren Jahrestemperatur von 8 — 10 Celſius und nme, .
ſeitigen Lagen bis zu 400 m Höhe zu rechnen ſein. f
Aber auch noch in Mittels und Oſtdeutſchland, 3. B. Qr:
nover, Sachſen, Schleſten werden noch vielfach ſich einne
Standorte in milderen Lagen vertreten ſein. 5
2. Hinſichtlich der Bodenbeſchaffenhe it bennett J
der Raps einen lockeren, hinreichend frifden, mit Humm ge
miſchten, mineralfraftigen Boden. Nach den in dem Has 8
verbreitungsgebieten des Eichenſchälwaldes vornehmild dm -~-
tretenen Grundgeſtein (Tonſchiefer, Grauwacke, Kobleranſen
Rotliegendes, Buntſandſtein, Kalk, Porphyr u. a.) iR eh Gin
reichender Mineralgehalt zumeiſt vorhanden. Der Verwitterung oe
boden ſelbſt befindet fidh, fofern nur der Vorbeſtand hinein
beſtockt war, in der Regel in günſtiger Verfaſſung, if reich m
Stickſtoff und neigt in den auf den Abtrieb folgenden erf
Monaten noch wenig zu Unkrautwuchs. Eine mehr ober wider
reichliche, lofe Steinbemengung tft dem Gedeihen des Ravit 2
nicht hinderlich. |
3. Die Kultur des Rapſes ift auf allen Böden dieset u.
verhältnismäßig leicht und ſicher ausführbar. Eine Düngen .
iſt nicht erforderlich. =
In den meiſten Fällen genügt eine Auflockerung des Bodens
mit eiſernen Rechen, unter ſchwierigeren Verhältnissen me
Zuhülfenahme eines 3 zinkigen Karſtes. Der Aufloderum en
die Ginfaat, welche am beften breitwürfig mit S—10kg file `
ausgeführt wird, unmittelbar folgen. Der Samen wird alte :
dann mit eiſernen Rechen leicht eingekratzt. a
4. Die Koſten des Anbaus find im Vergleich nit ben
feldmäßigen Anbau febr geringe. Der Bedarf m vn
kräften ift daher ebenfalls nicht erheblich. Frauen- und aati >
arbeit mit Unterſtützung durch einige wenige männliche Arbei ⸗/
kräfte dürfte ausreichend ſein. ae
Bodenarbeit, Ausſaat und Bedecken des Samens nn a:
im Mittel auf 20 Mk. der Wert des Saatguts auf 6 A) '
Geſamtkoſten der Beſtellung ſomit auf 25 Ml. für 1 hs fe, K
ſchätzt werden. j
5. Der Ernteertrag kann bei mäßiger ect. n
immerhin 25 Zentner Körner, 40 Zentner Stroh und 8 1195 ms
Schoten verarſchlagt werden. Unter günſtigen Verb eito
werden Ernten bis zum 1¼ fachen Betrage der genannten S
zu erwarten fein. 2:
6. Für den Erntevollzug iſt die richtige eee |
der 1. A. auf Ende Juni bis Anfang Gull fallenden Er i
833
m weſentlicher Bedeutung. Der Samen darf nicht zu reif
in, da ſonſt Feim Schnitt Verluſte eintreten.
7. Was die dem Rapsanban drohenden Schäden (ungün⸗
ge Winter, Erd floh, Glanzkäfer, Pilzerkrankungen) anbetrifft,
find dieſe bei dem Anbau auf Schälwaldſchlagen vist größer,
us auch bei feldmäßigem Anbau. x
Was den Schaden durch Wild anbelangt, fo wird dieſem
‚sch detſtärkten Abſchuß und Abwehrmaßnahmen (Verlappen,
Meritter) rechtzeitig entgegen zu tieten fen.
& Infor ſtwirtſchaftlicher Beziehung ift der Raps
wim als einmalige Nutzung auf friſchen Schälſchlägen un:
teeflid.
Für die Organifation der Nutzung werden ver:
ardene Wege je nach dem Beſitzſtand und den beſonderen wirt⸗
tigen Vechältniſſen einzuſchlagen fein.
Die bei verhältnißmäßig geringen Anbaukoſten zu er⸗
zerenden günſtigen Ernteerträgniſſe laffen die Ueber:
ahne des Anbaues durch den Wald beſitzer ſelbſt
ed in erſter Linie geeignet erſcheinen.
Ju den Kron⸗ und Staatsforſten, ebenſo in allen der
Smatzaufficht unterſtellten Gemeinde: und Genoſſenſchaftsforſten,
boie in den Stiftungsforſten dürften weſentliche Schwierig⸗
tem dieſem Verfahren nicht entgegenſtehen.
Auch für den Privatforſtbeſitz dürfte in den günſtigen Aus⸗
idtm, welche der Rapsanbau als lohnende Zwiſchennutzung an
nå ihon eröffnet, ein hinreichender Anreiz gegeben fein, wenn
kleiczeing für eine ſachgemäße Aufklärung, namentlich auch im
fuflichen Kleinbeſitz, durch alle beteiligten Behörden (Erlaß
ca Bekanntmachungen, Belehrungsartikel in den in den länd⸗
iden Bezirken verbreiteten Zeitungen, Vorträge in den lond⸗
etihoftiihen Vereinen, Mitwirkung der Lokal⸗Forſtbeamten
WA mündliche Werbearbeit u. a. m.) Sorge getragen wird.
Inſoweit fic) in dem Beſitzſtand der Gemeinden, Genoſſen⸗
daiten, Stiftungen und beſonders der Privaten Schwierigkeiten
meem ſollten, wird zu erwägen fein, inwieweit die Beſitzer
‘ep beftimmt werden können, ihre diesjährigen Schälſchläge
zen Gewährung eines angemeſſenen Pachlzinſes dem Staate
aufs einmaliger Nutzung zu Rapsanbau zur Verfügung zu
ilen, Weiterhin wäre auch die koſtenfreie Lieferung des Saats
ates an Private in Betracht zu ziehen, wenn diefe zur Aus⸗
lie fid verpflichten und bereit erklären, daß bei entſprechendem
Auzſall der Ernte die vorgelegten Koſten des Saatguts er⸗
hattet werden.
Bas endlich die künftige Einbringung der Ernte
aäbettifft, fo wird beſonders für die Rron- und Staateforſten,
einderlichenfalls auch für die Gemeinde- und Genoſſe / ſckafis
witen, fomte auf den im Privatbeſitz vom Staat in Pachtung
sommeren Schlägen, der flächenweiſe Verkauf auf dem Ha m
b innung durch den Käufer zu empfehlen fein. Es
Diele befe Der fahren, wenn der Verkauf der Loſe rechtzeitig
bor Beginn der Samenreife erfolgt, den Vorteil, daß die Gi»
brigg der Ernte im richtigen Zeitpunkt bei günſtiger Witte⸗
rug gefichert wird.
lber die Zuleitung der nächſtjährigen Samenernte an die
Oalmüblen, die weitere Verwendung des gewonnenen Oels und
3 wird der Erlaß beſonderer Beſtimmungen vore
Weber die erörterten techniſchen, ökonomiſchen und organiſa⸗
leichen Fragen ſehe ich, inſofern noch Zweifel obwalten ſollten,
weiteren Vorſchlägen entgegen. Die Mitteilung der Erhebungen
pid mit Räckficht auf die kurze, bis zur Ausſaat nur noch zur
1 ſtehende Zeit bis längſtens zum 25. Juli 1916
Berlin, 29. Juni 1916. In Vertretung: v. Braun.
E. Der Präſident des Kriegsernährungsamtes an
die Bundesregierungen.
Betr. Samenbezug für Rapsanbau auf Eichen⸗
ſchälwaldſchlägen uſw.
Unter Bezugnahme auf mein Schreiben vom 29. Jun
1916 B. 934 erſuche ich ergebeuſt, das für den Anbau von
Wumterraps erforderliche Saatgut baldwöglichſt bei dem Krieg?»
ansihuß für Oele und Fette in Berlin W 8, Franzöſiſche
Straße 63-65 anzufordern. Für die örtliche Verteilung des
Saatgutes an die Beſteller iſt es erwünſcht, daß Sammel⸗
ſtellen in den kommunalen Verbänden, Oberſörſtereien uſw.
eingerichtet werden, von denen die Samenmengen an die ein⸗
zelnen Verwendungsſtellen weitergeleitet werden. Dieſe Sammel⸗
ſtellen find unter Angabe der für dieſe beſtimmten Samenmengen
mit genauer Bezeichnung der Bolt und. Bahnſtation dem genann:
ten Kriegsausſchuß bei Anforderung des Bedarfs mitzuteilen.
Für die Berechnung des Samenbedarſs ift ein Hötftiag
von 8 Kilogramm auf 1 Hektar zu Grunde zu legen. Der
Preis für ein Kilogramm beträgt 0,75 Mk. Hinſichtlich der
dem Erzeuger zu Gute kommenden Vergüuſtigungen wird noch
auf die Beſtimmungen der „Bekanntmachung über den Verkehr
mit Oelfrüchten und daraus gewonnenen Produkten vom 15.
Juli 1915“ (ReidesGefegil. S. 438) und die „Bekanntmachung
zur Aenderung derſelben vom 26. Juli 1916“ (Reichs ⸗Geſetzbl.
S. 595) beſonders hingewieſen. Hiernach dürfen von der Ernte
zur Herſtellung von Nahrungsmitteln in der Hauswirtſchaft
des Lieferungspflichtigen bis zu 30 Kilogramm einbehalten
werden. Außerdem werden dem Erzeuger, welchem auch die
Käufer von Rapsernten auf dem Halm beſonders in den Staatz.
forſten, Gemeindeforſten uſw. gleich zu achten ſind, auf je 100
Kilogramm abgelieferten Samen auf Antrag für den eigenen
Bedarf bis zu 35 Kilogramm Oelkuchen von der Bezugsver⸗
einigung der Deutſchen Landwirte geliefert werden.
Bei der Ueberweiſung des Saatgutes an die einzelnen
Beſteller wird noch darauf zu achten fein, daß der gelieferte
Samen auch ausſchließlich und vollſtändig für den Anbau,
zu dem fidh diefe bereit erklärt haben, verwendet wird.
Berlin, 24. Juli 1916. In Vertretung: v. Braun.
F. Ueber die Bedeutung der Waldweide, Gras- und
Futterlaubnutzung für die Viehhaltung im Kriege.
Von Profeſſor Dr. Borgmann.)
Die in letzter Zeit mehrfach in der Tag spreſſe — fo u. a.
in einem „Vieh in die Wälder“ überſchriebenen Artikel in
„Der Tag“ vom 11. Juni d. J., 1. Beiblatt — hervorgetretenen
Anregungen zur Linderung der beſtehenden Futternot durch
die Gewährung der Waldweide, Gras- und Futterlaubnutzung
verkennen, ſo erwünſcht auch eine ausgiebige Heranziehung der
Futtermittel des Waldes für die Erhaltung der Viehbeſtände
an ſich iſt, zumeiſt das Weſen und den wirklichen Wert der
genannten Nutzungen und gelangen nicht felten zu Vorſchläger.
die unausführbar find.
So ſpricht z. B. der oben genannte Artikel von einem
Futterreichtum der Wälder, der in ungeheuren Mengen
jährlich zu Grunde geht, hunderttauſende von Rindern,
Schweinen, Schafen und Ziegen könnten ſich hier
ernähren, aber niemand kümmere ſich um dieſe zwecklos
herangereiften nationalen Schätze. Es ſei eine ſträfliche, un⸗
begreifliche Vernachläſſigung, die hier vorliege. Die Regierung
habe zwar eine lauwarme Erlaubnis für den Vit heintrieb ges
geben, die Forſtbeamten ſeien aber nicht überall beſonders ent⸗
gegenkommend, und die Landwirte betrieben die Sache auch
1) Forſttechniſcher Referent im Kriegsernährungsa nt.
234
nicht ſo, wie ſie es verdient, weil die Stallfütterung bequemer
und überſichtlicher ſei.
Endlich betont der Artikel, daß auch auf dieſem Gebiet
eine ſehr lohnende Aufgabe für Herren von Batodi
zu liegen ſcheine. |
So erheblich die in dem Artikel zu Tage tretende Ueber⸗
ſchätzung der Bedeutung der Waldweide, Gras und Futterlaub⸗
nutzung iſt, ſo unberechtigt ſind die gegen die beteiligten Be⸗
hörden, wie gegen die Landwirte erhobenen Vorwürfe.
Daß im übrigen die Reichsregierung auch ſelbſt der Frage
der Nutzbarma hung der im geſamten deutſchen Walde ſich bie-
tenden Nähr⸗ und Futterſtoffe nach wie vor Rechnung zu tragen
geſonnen iſt, geht ſchon daraus hervor, daß für die Bearbeitung
aller einſchlägigen Fragen ein beſonderes Referat für
Forſtwirtſchaft in dem neu gebildeten Kriegsernäh⸗
rungs amt eingerichtet worden ift.
Durch die Verordnung des Bundesrats vom 13. April
1916 iſt ſeither ſchon eine ſogar zwangsweiſe Gewährung der
Viehweide angeordnet worden, beſondere Maßnahmen der
Einzelſtaaten zur Gewährung von Gras, Futterlaub und Wald:
weide ſind ebenſalls getroffen.
Wenn es ſomit an einem Entgegenkommen der Behörden
nicht gefehlt hat, fo werden die Gründe für eine trotzdem in
nur geringem Maße hervorgetretene Neigung der Landwirte,
ſich die Futtermittel des Waldes in größerem Maßſtabe zu
Nutze zu machen, in der Sache ſelbſt zu ſuchen ſein.
Was zunächſt die Waldweide anbetrifft, ſo ſteht einer
ausgiebigen Ausnutzung derſelben in Zeiten der Not ein weſent⸗
liches Bedenken in forſtwirtſchaftlicher Beziehung nicht entgegen,
wenn auch manche für den Wald damit verbundenen Nachteile
und Schäden mit in Kauf genommen werden müſſen. Daß
alle Jungwüchſe, welche vom Weidevieh meiſt ſtark zertreten
und verbiſſen werden, ausgeſchloſſen werden müſſen, iſt eine
billige Forderung im Intereſſe des Waldes ſelbſt, über deſſen
Pflege als eines unſerer wertvollſten nationalen Güter ſich die
Parieien ſonſt meiſt einig zu ſein pflegen.
Die Schwierigkeiten der Waldweide liegen aber nicht in
dem Weſen der Waldwirtſchaſt, ſondern in den meiſt nur bes
dingten Erfolgen des Vieheintriebs ſelbſt begründet. Die
Möglichkeit einer ohne Nachteile für das einzutreibende Vieh
zu betreibenden Waldweide beſchränkt ſich auf ſolche Lagen,
in denen das Vieh einerſeits gutes Grasfutter reichlich vorfindet,
andererſeits aber nicht zu weite Wege bis zu den Weideplätzen
zurückzulegen hat.
Solche Fälle befinden ſich aber in erheblicher Minderzahl.
Hat das Vieh weite Wege zurückzulegen, ſo magert es meiſt
ab, anſtatt zuzunehmen, nicht ſelten treten ſogar Verluſte emp-
findlicher Natur ein.
Die Waldweide lelſtet außerdem der Verbreitung von
Viehkrankheiten Vorſchub, beſonders wenn große Viehbeſtände,
die ſeither nur an die Stallfütterung gewöhnt waren, in den
Wald getrieben werden.
Vor allem ift aber hervorzuheben, daß die große Mehr:
zahl der im Walde wachſenden Gräſer bei weitem
nicht den Grad von Nährwert und Bekömmlichkeit
beſitzt, als die guten Gräſer unſerer Wieſen. Dazu kommt
der Verluſt bedeutender Mengen friſchen Düngers, der unter
den gegenwärtigen Verhältniſſen dringend von der Landwirt⸗
ſchaft benötigt wird.
Es ift undenkbar, hunderttauſende von Rindern, Schweinen
Schafen, Ziegen in den Wald zu treiben und ſich von dieſer
Maßnahme auch nur den geringſten Vorteil zu verſprechen,
Im Groben ift ein Vieheintrieb aus den angeführten Gründen
unausführbar. Inwieweit die Waldweide in Einzelfällen vor—
|
teilhaft ift, beſtimmt fih fomit vorwiegend aus den Beftands:
verhältuiſſen des Waldes ſelbſt wie nach feiner örtlichen Lage
zu den einzelnen Viehwirtſchaſten.
Was die einzelnen Vieharten anbelangt, ſo kommen im
weſentlichen nur Rind vieh und Schafe in Betracht. Der
Eintrieb von Ziegen ift mit Rückſicht auf den ungewöhuli⸗
großen Schaden, den diefe Viehgattung im Walde perurjadt,
nur in Ausnahmefällen zuläſſig. i
Der Schweineeintrieb würde vom ſorſtwirtſchaft⸗
lichen Standpunkt nur zu begrüßen ſein, da hierdurch N
Forſtſchädlinge vernichtet werden.
Leider aber bieten ſich geeignete Weideſtellen für bie
Schweinemaſt ebenfalls nur in felteneren Fällen. Die betreffen⸗
den Orte müſſen wiederum günſtig gelegen ſein und zugleich
ausgiebige Nährſtoffe an Waldfrüchten, Gras, Wurzeln, Pilzen.
Larven, Puppen uſw. bieten, wenn die Schweine nicht alsbald
abmagern und erkranken ſollen. N
Die große Mehrzahl unſerer heutigen Züchtungen iſt zu⸗
dem für die Waldwelde nicht mehr geeignet und dieſe wieder
zu erlernen auch nicht mehr befähigt. Man wird es den Land⸗
wirten daher nicht verargen können, wenn fie bei dem tatſäch,
lichen Wert der Waldweide dieſe nur von Fall zu Fall in
Anſpruch zu nehmen geneigt ſind.
Nicht anders ſteht es auch mit der Grass und Futter:
laub nutzung im Walde.
Die Gräſerei beſchränkt ſich meiſt nur auf die guten Gräſer
an Wald» und Wegerändern, an Gewäſſern und auf den klei⸗
neren Waldwieſen ſelbſt. Eine förmliche Hengewinnung von
Waldgräſern im Großen iſt undurchführbar, da unter dem
beſchattenden Kronenſchirme der Holzbeſt ände eine fidere Trod
nung des gewonnenen Graſes nicht möglich iſt.
Die Futterlaubgewinnung iſt, wenn auch zur
richtigen Zeit gewonnenes und bei ſonnigem Wetter raſch gee |
trocknetes Futterlaub beſtimmter Laubholzarten ein wertvolles J
Futtermittel abgibt, ebenfalls mit nicht geringen Schwierigkeiten
verknüpft. Einmal ſind die geeigneten Holzarten nicht überall
im Walde vertreten, zum anderen gehören hinreichende Arbeits⸗
kräfte dazu, da nur raſch getrocknetes und ſicher eingebrachtes
Laubheu ſich aufbewahren läßt.
Alſo auch hier wird nur von Fall zu Fall die Nutzung
des Futterlaubes im Walde ausführbar fein.
Bel allen drei Verfahren — Waldwelde, Gras, Fulterlaub —
tritt ſomit eine erhebliche Beſchränkung der Ausnutzungsmög⸗
lichkeit hervor, und zwar zumeiſt aus Gründen, die dem Fer
nerſtehenden weniger bekannt ſind. :
Im Borjahre lag eine große Futternot vor. Die ge:
wachſenen Futtervorräte reichten für die Erhaltung des Vieh:
ſtandes nicht aus. Trotzdem wurden die angebotenen Gutters
mittel des Waldes aus den genannten Gründen nur wenig
in Anſpruch genommen. *
In dieſem Jahre ſind unſere Vlehbeſtände weſentlich
zuſammengeſchmolzen, es mußten des Futtermangels wegen
umfangreiche Schlachtungen vorgenommen werden —, gleichzeitig
iſt aber eine reiche Futterernte heute in Deutſchland herange⸗
wachſen, ſodaß künftig mehr Futter zur Verfü⸗
gung ſtehen wird, als von unſerem Viehbeſtand aufge:
nommen werden kann.
Unter ſolchen Umſtänden erſcheint der Ruf nach Oeffnung
des Waldes für Weide- Grag- und Futterlaub⸗
nutzung gerade in dieſem Jahr nicht ſehr ausſichtsvoll.
Daß an den hohen Fleiſchpreiſen die vorjährige Futter⸗
not und die unzureichende Erſchließung der Waldweide⸗, Gras⸗
und Futterlaubnutzung ſchuld ſein ſoll, wie in dem eingangs
93:
zenaunten Artikel im „Tag“ vom 11. Juni d. J. gefagt wird,
ft nicht ſtichhaltig.
Nicht die beſtehende Futternot, ſondern der beſtehende
Behmangel ift die Ur ſache der gegenwärtigen hohen Fleiſchpreiſe.
Die reiche Futterernte dieſes Jahres eröffnet aber, im
Berein mit der opferwilligen Mitarbeit des ganzen deutſchen
Folke in der Einſparung von Fleiſch, die Ausſicht, einen aug:
kömmlichen Vie hbeſtand allmählich wieder herarwachſen zu
laſſen und die künftige Fleiſchverſorgung ſicher zu ſtellen.
(Mitteilungen aus dem Kriegs⸗Ernährungsamt Nr. 188.)
u. Heber die Bedeutung des Wildes für die Volta»
eruährung im Kriege.
Von Proſeſſor Dr. Borgmann.)
Die in letzter Zeit mehrfach in der Tagespreſſe hervorge⸗
remen Anregungen zur Nutzbarmachung der Wildſtände für
ne Volksernährung laſſen es erwünſcht erſcheinen, über das
Mien und die Bedeutung der Jagdnutzung, ſowie über deren
Otganiſation in der gegenwärtigen Krieszeit die nachſtehenden
Ausführungen zur Aufklärung weiterer Kreiſe folgen zu lafen,
Es erſcheint dies um ſo notwendiger, als neben einer An⸗
ial durchaus berechtigter Wünſche fid häufig Vorſchläge fins
den, welche infolge mangelnder Kenntnis der talſächlichen Vers
bällniſſe meiſt zu Forderungen zu führen pflegen, die ebenſo⸗
wenig die erſtrebte Verbeſſerung der Fleiſchverſorgung zu er⸗
reiben, als die Möglichkeit einer erfolgreichen Durchführung
überhaupt zu eröffnen geeignet find. Daß das Kriegsernährungs⸗
cm! alle einſchläg igen Fragen unter Berückſi htigung der in den
einzelnen Bunde sſtaaten verſchieden liegenden jagdlichen Ver-
kältniſſe prüfen und vorſorglich ordnen wird, kann nicht zweiſel⸗
bat fein.
Das für die Volksernährung in Frage kommende Wild
urteilt ſich auf eine Fläche des Deutſchen Reiches von 54 Mils
bonen Hektar, von welcher 14 Millionen Hektar oder rund
„ auf die Waldfläche entfallen. Hleraus iſt, erſichtlich, daß
schen dem Wald die landwirtſchaftlich benutzte dreimal größere
fläche einen febr erheblichen Beitrag zur Wildverſorgung,
namentlich an Rehwild, Haſen, Faſanen, Rebhühnern uſw.
liefert.
| Meiſt werden jedoch die auf verſtärkten Wildabſchuß ges
rihteten Forderungen ausſchließlich an den Wald gerichtet.
Das Innere großer zuſammenhängender Waldungen iſt
wer, zumal im Gebirge, ſowohl an Wildarten als an Stid
whl meiſt erheblich ärmer, als die Randgebiete des Waldes
md der in der Gemenglage mit der Feldflur liegende, parzel⸗
lierte Wald.
Wer von einzelnen gewiß oft anſehnlichen Jagdergebniſſen
aus klimatiſch und kulturell beſonders begünſtigten Gebieten
det letztgenannten Art auf die geſamte forft: und landwirt⸗
ihaftlihe Fläche des Deutſchen Reiches ſchließen wollte, würde
uu einer erheblichen Ueberſchätzung unſerer Wildſtände kommen.
In der Tat iſt das alljährlich zur Strecke kommende Wild
nur mit rund ½ Prozent an der geſamten Fleiſchverſorgung
| beteiligt, Selbft eine Steigerung des Abſchuſſes auf das drei:
bis vierfache, was bereits einer Vernichtung der geſamten Wild»
Neſtände gleichkommen würde, könnte noch keinen nennenswerten
Einfluß auf die Fleiſchverſorgung ausüben.
Daß bei der heute in Feld und Wald ſtändig ſich ſteigern⸗
den Intenfität, der Bodenkultur das Wild, namentlich das
ſärkere Wild (Rotwild, Damwild, Rehwild, Schwarzwild) mehr
) Forſttechniſcher Referent im Kriegsernährungsamt.
|
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)
und mehr zuridgedrängt wird, ift jedem Sachkenner zur Bes
nüge bekannt.
Die Handhabung der geſetzlichen Beſtimmungen über die
Verhütung des Wildſchadens ſplelt hierbei eine weſentliche Rolle.
Ein wirklich ins Gewicht fallender Wildſchaden an Feldfrüchten
ift jedoch im Allgemeinen nur beim Rots, Dame und Schwarz:
wild und unter beſonderen Verhältniſſen auch beim Faſan, der
ſonſt durch Vertilgung von Schnecken, Juſekten und dergleichen
großen Nutzen ftiftet, zu verzeichnen. Der Schaden durch Reh—
wild und Haſen iſt, von ebenfalls meiſt nur geringfügigen
Einzelfällen abgeſehen, unerheblich.
Wie häufig der Umſang eines für vorliegend erachteten
Wildſchadens überſchätzt wird, zeigte die von den meiſten Landes⸗
geſetzen vorgeſehene Schadenfeſtſtellung zur Zeit der Ernte.
Der Schaden iſt dann meiſt ſehr viel geringer, als man an:
fangs angenommen hatte, häufig fogar überhaupt nicht mehr
nachweisbar.
Erhebliche Schäden, wie fie faſt nur durch Rots und
Schwarzwild verurſacht wurden, können natürlich nicht Hinge
nommen werden.
In der jetzigen Kriegeszeit kann es auch nicht als eine zu—
ſriedenſtellende Regelung erachtet werden, wenn der Geſchädigte
mit Geld abgeſunden wird.
Es kommt darauf an, die Früchte des Feldes
zu ſchützen und ihren un verkürzten Crtrag für
die Volksernährung ſicher zu ſtellen. Hierfür bieten
die beſtehenden geſetzlichen Beſtimmungen an ſich ſchon eine
genügende Handhabe, fo durch Aufhebung der Schonzeit, ver-
ſtärkten Abſchuß, Abgatterung des Wildes oder ſonſtige Mittel,
die Entſtehung von Wildſchaden zu verhüten. Daß auf eine
wirkſame Anwendung dieſer geſetzlichen Handhaben von mab:
gebender Stelle ſeither ſchon Wert gelegt worden iſt, geht aus
den von faſt allen Bundesſtaaten inzwiſchen erlaſſenen beſon⸗
deren Verordnungen über verſtärkten Wildabſchuß, Wildſchaden⸗
verhſituug u. a. mehr deutlich hervor.
Einzefälle von Wildſchäden werden auch bei geſteigertem
Abſchuß noch immer verbleiben. Daß aber, wie mehrfach be:
hauptet wird, der Wildſchaden ſeit dem Ausbruch des Krieges
in erheblicher Zunahme begriffen ſei, iſt nicht zutreffend.
Wäre es ferner überhaupt möglich, die Höhe des alljähr⸗
lich in ganz Deutſchland eintretenden Wildſchadens feſtzuſtellen,
fo würde im Verhältnis zur Geſamternte eine jo verſchwindend
kleine Ziffer zu Tage kommen, daß ihr ſüglich eine Bedeu⸗
tung für die Vollsernährung nicht würde zugeſprochen werden
können.
Daß ein ſtärkerer Wildſchaden im Einzelfall recht empfind⸗
lich ſein kann, ſteht außer Zweifel. In allen ſolchen Fällen
darf aber auf ein entſprechendes Eingreifen der Behörden jeder-
zeit gerechnet werden.
Unfere Wildbeſtände etwa aus Anlaß eines äͤäbermäßigen
Wildſchadeus abzuſchießen, dafür liegt mithin ebenfalls ein
triftiger Grund nicht vor.
Ein einmal zuſammengeſchoſſener Wildbeſtand bedarf vieler
Jahre der größten Schonung und Pflege, bis er ſoweit heran—
gewachſen ift, daß er wieder Erträge abzuwerfen beginnt. In
vielen Fällen wird ſeine Hebung überhaupt nicht mehr mög:
lich ſein.
Wer ſein Haus gut beſtellt wiſſen will, wird nicht vom
Kapital, ſondern vom Ertrag leben, ſonſt geht er alsbald dem
wirtſchaftlichen Ruin entgegen.
Wie das Kapital unſerer Viehbtſtände heute durch die
Futternot des vorigen Jahres zuſammengeſchmolzen iſt, ſodaß
es heute kaum noch den dringlichſten Bedarf für die Fleiſchver—
ſorgung zu liefern vermag, ebenſo würden wir auch mit unſeren
—
Wildbeſtänden bald vor dem Nichts ſtehen, wollten wir den oft
weit über das Ziel hinausgehenden Forderungen auf rückſichts⸗
loſen Wildabſchuß nachgeben. |
Wenn Wald und Feld jährlich Wild liefern foll, jo muß
ein gewiſſes Wildvortatskapital ſtändig vorhanden fein, deffen
normaler jährlicher Zuwachs den Gegenſtand der Nutzung bildet.
Dieſes Kapital fol auf fein günſtigſtes Maß bemeffen fein,
d. h. auf höchſtmöglichen Ertrag bei geringftem Produktions⸗
aufwand, d. h. für die Frage der Volksernährung bei einem
Mindeſtmaß von Wildſchaden.
Iſt ſolches Kapital an Wildbeſtänden örtlich im Uebermaß
vorhanden, ſo liegt ein unwirtſchaftlicher Zuſtand vor. Das⸗
ſelbe ift alfo durch Abſchuß überſchüſſigen Wildes, wozu nament⸗
lich auch der Abſchuß kranken Wildes zu rechnen iſt, auf ſein
günſtigſtes Maß zurückzuführen.
Darauf zielen auch alle ſeither erlaſſenen Verordnungen
der Einzel ſtaaten ab. Daß hierbei in unſerer jetzigen Lage
erheblich weiter gegangen werden muß als im Frieden, iſt ſelbſt⸗
verſtändlich. l
Alle unvermittelt und jäh einſchneidenden Maßnahmen
pflegen vom Uebel zu ſein.
Welche Wildmengen würden jetzt allein in der heißen Jahres
zeit verderben, wenn plötzlich große Maſſen abgeſchoſſen und
auf den Markt geworfen würden. Es müßten förmliche Jagt-
kommandos von zumeiſt Nichtjägeen für den Wildabſchuß qes
bildet werden. Wie manches Stück würde mit ſchlechtem Schuß
im Walde eingehen und verludern, oder, wenn es noch zur
Strecke gebracht wird, ſtark entwertet und dem Verderben auf
dem Transport ausgeſetzt ſein.
Es wird ferner ein weſentlicher Punkt bei der Verſorgung
mit Wild oft gänzlich überſehen: Wildfleiſch iſt Magerfleiſch,
zu ſeiner Zubereitung gehört Fett.
Wir leiden aber nicht ſo ſehr unter dem Mangel an Fleiſch,
als unter dem Mangel an Fett.
Dieſem Umſtand iſt ſeither mehrfach in den ſchon er⸗
laſſenen Verordnungen der Einzelſtaaten Rechnung getragen,
z. B. derart, daß von Wildfleiſch etwa die doppelte Menge ges
währt wird, als von Rind-, Schweinefleiſch uſw.
Daß daß ſtärkere Wild (Rots, Dam⸗, Rehwild, Schwarz⸗
wild, Halen) in die Fleiſchkarte unter Feſtſetzung von Hötchſt⸗
preiſen mit einbezogen wird, iſt im Intereſſe einer ſparſamen
Wirtſchaft, wie ſie bis auf Weiteres noch geboten iſt, notwendig.
Zugleich wird auf diefe Weiſe vor allem auch den minberbes
mittelten Kreiſen des Volkes der Wildmarkt erſchloſſen, zumal
wenn auf eine Fleiſchkarte die doppelte Menge bezogen werden
kann.
Eine angemeſſene Höchſtpreisfeſtſetzung gibt außerdem den
Anreiz für verſtärkten Wildabſchuß, beſonders im Privatbeſfitz.
in den Eigenjagdbezirken ſowohl wie in den öffentlich meiſt⸗
bietend verpachteten gemeinſchaftlichen Jagdbezirken. Wilde
Kaninchen und Wildgeflügel bleiben markenfrei.
Es iſt nur zu begreiflich, daß in den Zeiten der Not auch
die Vorſchläge für eine geſteigerte Wildnutzung in buntem
Wechſel hervortreten und vielfach zu Extremen gelangen, wie
z. B. die Forderungen einer alliemetuen Oeffnung des Waldes
für alle möglichen Nutzungen, die man für ausſichtsvoll hält,
die es aber in der Regel nur in beſchränktem Maße ſein können.
(Mitteilungen aus dem Kriegs-Ernährungsamt Ne. 189).
236
H. Das vorläuſige Feſtuahmerecht der Forſtbeamtie
Urteil des Reichsgerichts vom 15. Juni 1915.
Der Fabrikarbeiter Heinrich Harmeling ift am 24. e
ruar 1915 vom Landgericht Verden von der Anklage
Forſtwiderſtaudes (§ 117 StGB.) und der Bedrohung (S -
StGB.) freigeſprochen worden Am 23. Februar 1914
obachtete der Kgl. Förſter Erbes auf einem Redtergang. r
der ihm peiſönlich unbekannte Harmeling mit einem Mie
in der Hand aus einer Tannenſchonung hervorkam., währ
die Ehefrau Harmeling elwas in einen Sack ſteckte. Aus Ext:
der ſogleich einen Forſtſrevel vermutete, nach dem Inhalt
Sackes fragte, erwiderte H., er wolle ein Ferkel kaufen.
ſah darauf ſelber nach, fand in dem Sack einen friſch ak;
ſchuittenen jungen Tannbaum und forderte nun von H. 7
Angabe ſeines Namens, was H. aber verweigerte. Inzwiſch.
kam ein Waldarbeiter herbei und rief dem Förſter zu: „D
ift Harmeling; den kenne ich ja!“ Nunmehr wußte alſo
den Zunamen des Forſtfrevlers, wollte aber noch den Bomam:
erſahren und machte Miene, den H. zu verhaften und gc:
Polizei zu bringen, als er die Namendangabe verweigerte.
Hierbei kam es zwiſchen beiden zu einem Ringen. Als H. 2
Meſſer zog und den Beamten bedrohte, ließ dieſer den x
laufen. — Die Strafkammer hielt nicht für erwiefen. daß ©
dem E. in der rechtmäßigen Ausübung feines Forſtſchntzamte!
gewaltſamen Widerftand geleiſtet hat. Eine rechtmäßige Amts
alnsüdung liege nicht vor. Der Förftee dürfe nach den €E trat.
prozeßvorſchriſten nur dann zur vorläufigen Feſtnahme eines
unbekannten Verdächtigen ſchreiten, wenn dieſer die Namens
nennung verweigere oder falſch angebe. Da nun E. den Namen
des H. von den Waldarbeiter glaubhaft erfahren babe, ſei
kein Anlaß geweſen, den H. noch weiter feſtzuhalten und ihm
auch den Vornamen abzuverlangen. Solche Einzelheiten hätie
E. aud anderswie erfahren können Die weitere Feſthaltung
des H. ſtelle daher eine Ueberſchreitung der Amtsgewalt bar.
gegen die ſich H. mit Recht gewehrt habe. Daher falle ibm
ſchließlich auch keine Bedrohung zur Laſt, wenn er den un⸗
berechtigten Angriff des Förſters auf feine Freiheit durch
Zücken des Meſſers abgewehrt habe.
Auf die Revifion der Staatsanwaltſchaſt hob jetzt das
Reichsgericht das Urteil auf und verwies die Sache an
die Vorinſtanz zurück: Die Strafkammer hat den Begriff ter
rechtmäßigen Amtsausübung verkannt. Für deren Nachweiz
genügt, daß der Beamte bei der Vorn ihme einer innerhal
ſeiner geſetzlichen Zuſtändigkeit liegenden Handlung, alſo auch
bei der vorläufigen Feſtnahme, th nach pflichtmäßigem Er,
meſſen zum Einſchreiten berechtigt glaubt. Hier hatte allein
der Föcſter E. zu entſchelden, ob der Zuruf des Waldarbeiters
die Namensangabe erſetzte oder dieſelbe doch noch mittels vors
läufiger Feſtnahme zu erzwingen war. Bei der Nachprüfung
ift zu beachten, daß nach § 41 der Dienſtinſtruktion für preu:
ßiſche Forſtbeamte vom 20. Oktober 1868 der Foͤrſter vom
feſtgenommenen Forſtfrevler genaueſte Angaben des Namen,
Wohnortes und Standes verlangen darf und muß. (iter:
zeichen 2 D. 198/15.) (Sächſ. Korreſpondenz, G. m. b. H.
Leipzig.)
I. Der Forſtverein für das Großherzogtum efer
wird auch im Jahre 1916 keine Verſammlung abhalten.
Für die Redaktion verantwortlich: für Aupätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmen auer,
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländer s Berila
Verleger: J. D. Sauerländer in Frankſurt a. M. — 6. Ottos Hofbuchdruckerei in Darmſtadt.
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| Fort: und Jagd⸗Zeitung.
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| Herausgegeben |
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| i: De. Karl Wimmenauer, und dr. heinrich Weber,
l Geh. Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. . Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft '
| : | an der Univerſität Gießen. | | |
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Zweiundneunzigfter Jahrgang.
| 1916. Oktober. 3
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Frankfurt am Main.
J. D. Sauerländer's Verlag.
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Die Allgemeine Forh- und Bagd-Beitung erſcheint regelmäßig jeden Monat und
wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗
lungen und Poſtanſtalten.
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5 | Aufträgen unberechnet. Sellagen- Preise nach Vereinbarung, je nach Gewicht des beigule ne
Wer weiss
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ſeine mehr popularilierende und auf berporhebung der praktiichen Gelichtspunkte abzielende
Richtung in Fachkreiſen gefunden hat.
Diele neue Auflage, deren Durdlicht auf ausdrücklichen Wunich des veritorbenen Ver-
| fallers Berr Prof. Dr. Bausrath in Karlsruhe bereitwilligit übernommen hat, hat wieder
einige Sd ata bie erfahren, ſoweit ſolche durch die neueren Ericheinungen auf den bezüg-
lichen Gebieten bedingt wurden.
4
—
-
Frankfurt a. M. J. D. Sauerländer's Verlag.
Allgemeine
fork- und Jagd⸗Zeitung.
Oktober 1916.
it der badiſchen Fort- und Pomanenverwal:
tung (aus dem Kriegs jahr 1916).
Von Forſtrat Könige- Heidelberg.
Seit einer Reihe von Jahren iſt in immer weitere
Kreiſe die Empfindung gedrungen, daß die meiſten
Zweige unſerer öffentlichen Verwaltungen zu ſachlich
ungerechtfertigt großen Beamtenkörpern ausgewachſen
find, de übermäßig an den Kräften des Landes zehren.
Dieſer Auffaſſung ift in den Volksvertretungen, nament:
lich der ſüddeutſchen Staaten wiederholt Ausdruck ge⸗
geben und von den Regierungen nicht widerſprochen
worden. Die gleiche Urſache aber, die diefe ungeſunde An⸗
ſcwellung hervorgerufen — Rückſichten auf Sonder-
nutzen zu gunſten kleiner Minderheiten, ſeien es einzelne
Perfonen oder Berufsgruppen, ſeien es Anſtalten, Gemein⸗
den oder Parteien — haben bisher jede wirkſame Maßre⸗
gel zur Geſundung verhindert. Kammern wie Regierungen
i fiblten fich dieſen Verhältniſſen gegenüber mehr oder min:
| | der machtlos. Der Staat d. h. die Geſamtheit trug die von
Einzelteilen zu ihren Gunſten beanſpruchten Aufwendun⸗
gen, auch wo er fie für überflüſſig hielt, als Luxusaus
gabe. Dieſe Nachgiebigkeit fand ihre Erklärung, wohl auch
ihre teilweiſe Entſchuldigung in der verhältnismäßigen
keichtigkeit, womit die erforderlichen Mittel aufgebracht
werden konnten, in der Schwere, mit der wünſchens⸗
verte Vereinfachungen die in übergroßer Anzahl an-
genommenen Beamtenanmwärter wie einzelne Gemeinden
treffen mußte, und in dem kaum abzuwehrenden weiteren
Zubrang zur Beamtenlaufbahn.
Der Krieg hat die Lage gänzlich geändert. Das
Lund wird auf ein Menſchenalter hinaus ungeheure
baten tragen und abtragen müſſen. Die Zahl der
Arbeit leiſtenden Bevölkerung ift zuſammengeſchmolzen.
Gelb, Stoff und Menſchenkraft dürfen überall nur noch
in wirtſchaftlichſter Weiſe verwendet werden. Zur Er⸗
haltung der wirtſchaſtlichen Kraft des Volks in feiner
Geſamtheit müſſen alle bisher auf einzelne Teile ge:
nommenen Rückſichten, ſoweit ſie dem widerſprechen,
dem kategoriſchen Imperativ weichen. Alles drängt auf
eine 1 Vereinfachung der öffentlichen Verwal⸗
i
4
bedanken über Pereinſachung und Einſparung tung ausſchließlich nach wirtſchaftlichen Geſichtspunkten.
Leider hat der Krieg auch ſolche Lücken namentlich in
der jüngeren Beamtenſchaft geriſſen, daß eine Verringe⸗
rung des Beamtenkörpers perſönliche Härten nicht in
ſolchem Maße bringen wird, wie dies bei Andauer der
Friedenszeit der Fall geweſen wäre. Je zeitiger das
Eingreifen, um ſo leichter die Durchführung. Alle
Verwaltungszweige werden einer genauen und ſtrengen
Durchſicht unterzogen werden müſſen, die einen nach
ihrer Gliederung im allgemeinen, andere mehr nach
Einſparungen im einzelnen.
Zu den erſteren dürfte in Baden wohl auch die Forft-
und Domänenverwaltung gehören. Schon feit langem
ſteht die Frage der Vereinfachung, Zuſammenlegung
und Verbilligung dieſer Verwaltung zu beſonders ein⸗
gehender Erörterung. Darüber, daß eine ſolche ſehr
wünſchenswert ſei, war man ſich einig, nur gegen das
„Wie“ wurden von der Regierung Bedenken erhoben.
Aufhebung der Domänenämter und Vergrößerung der
Forſtämter, Angliederung der Forſt⸗ und Domänen:
direktion an das Finanzminiſterium wurden vorge⸗
ſchlagen; zu nichts konnte man ſich entſchließen, teils
aus ſachlichen, teils aus beamtenpolitiſchen Bedenken,
teils aus perſönlichen Rückſichten. Heute müſſen auch
lieb gewordene Einrichtungen und kleinere Bedenken
unbedingt dem einen großen Ziel geopfert werden.
Die Lage ſchreit geradezu nach einer erneuten Erör⸗
terung und endgiltigen Löſung dieſer Frage. Darin
mögen die nachfolgenden Ausführungen ihre Begrün⸗
dung und Rechtfertigung finden.
I. Umfang und ſtaatswirtſchaftliche Bedentung des
| bad. Domänenbeſitzes.
Der Domäͤnenbeſitz umfaßt folgende Liegenſchaften:
1. Wald (Forſtdomänen) — ohne die der Zivilliſte
zugewieſenen 4911 ha — innerhalb Badens 95 828 ha
außerhalb „ 330 „
96 158 ha
2. Zahmes Gelände ( Kameraldomänen)
(die Rameralbomadnen 1906, Stand 1900)
Garten . 76 ha
Aecker 8 816 „
zu übertragen . 8892 ha
32
Fiſchereien und dal.
— meiſt kirchliche — Baulaſten, Pfarrkompetenzen,
Aufwand für 2 Kolonien, Unterhaltung öffentlicher
Wege, Umlagen und dol.
mänenverwaltung:
meinen Verwaltungskoſten ſind auf 1 ha
238
Uebertrag. . 8892 ha | zen. Die Staatsforſtverwaltung umfaßt neben dem
Wieſen 7860 ha ſtaatlichen Forſtbetrieb die Bewirtſchaftung der den
Reben 28 „ | Domänenwald an Umfang um das 21/2 fach über⸗
Weid⸗ und Reuteleld . 419 „ | : ragenden Gemeinden und Körperſchaftswaldungen und
Oedungen 990, 18 189 ha | die Ausübung der Forſtpolizei.
114347 ha An der Spitze der Forſt⸗ und Domänendirektion
(Die Flache der Kameraldomänen iſt bis 1913 ſteht ein juriſtiſch gebildeter Verwaltungsbeamter als
auf 17 592 ha zurückgegangen) | Direktor. Als forſttechniſcher Berater ſteht ihm ein
9. Grundſtocksgebäude 360. Forſtmann als vorſitzender Rat der forſtlichen Abtei:
4. Staatsbrauerei Rothaus, rs je 1 m os at
| iche, 4 kameraliſtiſche, erwaltungsjuriſt, rg:
cu Tonnen at Anzahl Bereätigunge, wie mann. Dieſe gliedern ſich in eine forſtliche und eine
ogen. wirtſchaftliche Abteilung, treten aber auch als
Die auf dem nn 11 Laſten find | wen —— 1 Die E
führung war urſprünglich eine kollegiale, heute iſt ſie
es nur noch der Form nach, ſachlich unterſcheidet ſie
ſich kaum mehr von der bürokratiſchen. Der Referent
im Miniſterium iſt Finanztechniker. Die Forſtverwal⸗
a tung hat dort keinen Vertreter.
in Einnahme (Haushalt 1915/16 Friedenshaushalt) Die Bezirksverwaltung iſt zweiteilig, jedoch iſt die
| | Million ME. % | urſprünglich ſtrenge Trennung zwiſchen Forſtdomänen⸗
aus Wald a god . . . . 9,28 75
Im Staatsvoranſchlag erſcheint die Forſt⸗ und Do:
und Kameraldomänenverwaltung verwiſcht.
, Aameralbomanen Gahm. Gel). 1.66 14 1. Die Bezirksforſtverwaltung: Geſchäftskreis
„ Staatsbrauer . . . . 0,72 6 i
Gebäuden, Bere ti ; b a) als Domänenbehörde: Verwaltung und Be-
: gungen un wirtſchaftung des ſtaatlichen Waldbeſitzes und
dg. „ eo 0,61 5
8 12,27 100 der zugehörigen Gebäude und Fiſchereien.
in Ausgabe (neueſter Stand 1916/17) b) als Staatsforſtbehörde: Beförſterung aller
Zentralverwaltunn . . . . . 0,32 4 Gemeinde: und Körperſchaftswaldungen, Aus:
Bez. orftverwaltung. . . . . 3,71 50 übung der Forſtpolizei in famtliden Waldun:
„ Domaͤnenverwaltung . . 1,23 16 gen, ſachverſtändige Behörde in Jagdangelegen⸗
Allgem. Verwaltungsausgaben. 0,37 5 heiten.
Abgaben und Laſten . . 1,82 25 2. Die Bezirksdomänenverwaltung: Geſchäftskreis
zuſammen 7,45 100 a) als Kaſſen⸗ und Rechnungsbehöͤrde: Führung
Von den Liegenſchaften find zur Zeit (1916/17) der Kaſſe und Geldrechnung für die Forſt⸗
im Selbſtbetrieb verpachtet und Domänenverwaltung, Betreibungsweſen.
ha % ha % ' ` b) AB Verwaltungsbehörde: Verwaltung und
Wald. . . 96158 100 „ teilweiſe Bewirtſchaftung des Hauptteils der
Kameralbomänen. 4460 21 12030 79 Kameraldomänen, Fiſchereien und dergl.
Die Einnahmen ohne Berückſichtigung der allge⸗ Betrieb der Staatsbrauerei Rothaus.
Sie wird ausgeübt von
roh Kein a) reinen „Domänenämtern“ mit ausſchließ⸗
im Selbftbetrieb: Wald (1913) 95 Mk. 61 Mk. lichem Domänendienft (13 Stellen).
Wieſen u. Meder 138 „ 105 b) Finanzämtern und Hauptſteuerämtern (3 +
ö 4 = 7 Stellen) die den Domänendienft
des kleineren Teiles der Kameraldomänen,
|
verpachtet Hofgüter . 55 „ — ; |
Stückgüter. . 87 „ = neben ihrer Hauptaufgabe, dem allgmeinen
Finanz⸗ und Zolldienſt, beſorgen und der
II. Gliederung der Verwaltung. Zoll⸗ und Steuerdirektion unterſtehen. i
Die Oberleitung der Staatsjorft:, der Domänen: c) Forſtaͤmtern (etwa 68), wie ſchon bei der
und der Salinenverwaltung ift in der „Forſt-⸗ und Bezirksforſtverwaltung angegeben (davon 42
Domänendirektion“ vereinigt. Dieſe unterſteht als mit über 5 ha, 36 mit über 10 ha, 11 mit
ſelbſtändige Mittelſtelle dem Miniſterium der Finan⸗ über 100 ha, Bonndorf mit über 600 ha).
239
E BEER EEE ae
III. Allgemeine Verwaltungsgrundſätze, Vor⸗ und
Ausbildung der Beamten.
a) Forſtverwaltung.
Der Schwerpunkt der Verwaltung liegt in den mit
großer Selbſtändigkeit ausgeſtatteten Bezirksſtellen.
Zentralifiert ift lediglich Forſteinrichtung, Statiſtik
und Vermeſſung. Urſprünglich ſollten bei den Forſt⸗
ämtern grundſätzlich alle, auch die rein mechaniſchen
Schreibarbeiten von Oberbeamten oder Oberbeamten⸗
onwärtern ausgeführt werden. Und heute noch muß der
Borftand oder der zweite Beamte die volle perſönliche
Verantwortung für alle Schreibarbeit tragen. Den
größten Aemtern find zweite Beamte (Gorftamtmanner),
oder Gehilfen aus dem Aſſeſſorenſtand, teilweife auch
ſog. „Schreibforflwarte“, zugeteilt.
b) Domänen verwaltung.
Alle wichtigeren Angelegenheiten werden von der
Ientralftelle aus bearbeitet. Die Bezirksſtellen unter:
liegen einer genauen, bis ins einzelne gehenden Leitung
und Aufſicht. Alle untergeordneten und Kaſſengeſchäfte
wie die Buchhaltung find beſonderen mittleren Beamten
unter eigener Verantwortlichkeit übertragen. Die Haupt:
aufgabe der Oberbeamten iſt ausgeſprochenermaßen die
Bewirtſchaftung der in Selbſtbetrieb ſtehenden Ver⸗
nögenswerte. Im übrigen folen fie nur die Dienſt⸗
aufſicht führen.
Der Inſpektionsbezirk eines „Forſtrats“ umfaßt
burchſchnittlich 15 Forſtämter mit 50 000 ha beförfterter
Waldungen und etwa 130 ha Wieſen im Selbſtbetrieb,
jener eines „Domänenrats“ 5 Bezirksſtellen und
840 ha Güter im Selbſtbetrieb.
Die Oberbeamten ſowohl der Forſt⸗ wie der
Domänenverwaltung haben gleichwertige, volle aka⸗
demiſche Bildung.
Die forſtliche Ausbildung beruht auf volkswirtſchaft⸗
Domänenwald, Holzboden fläche
Gemeinde und Körperſchaften, Holzbodenfläche
Privatwald, Geſamtfläche a er
zuſammen
Die Privatwaldungen kommen nur für die forſtpoli⸗
geiliche Tätigkeit in Betracht, verurſachen daher im allge:
meinen keine nennenswerte Arbeit. Das Arbeitsfeld der
Jorſtämter ift in der Hauptſache der Staats: und
Gemeindewald und danach iſt die Inanſpruchnahme
der einzelnen Stelle zu bemeſſen. Aber auch hier
it die Aufgabe der Forſtämter verſchieden. Nur in
den Domänenwaldungen haben ſie die volle Betriebs⸗
leitung, Bewirtihaftung und Verwaltung. In den
Gemeinde⸗ und Körperſchaftswaldungen haben ſie ſich
nur mit der „Beförſterung“, d. h. mit der forſttechniſchen
licher und mathematiſch⸗naturwi ſſenſchaftlicher Grund:
lage und umfaßt neben dieſen und den forftlichen
Fächern Finanzwiſſenſchaft, Rechtskunde, Landwirtſchaft
(insbejondere find darin vorgeſchrieben Wieſen⸗
Acker⸗ und Obſtbau, Düngerlehre), Fiſcherei und Fiſch⸗
zucht und forſtliche Hochbaukunde.
Die Domaͤnenbeamten werden aus der Zahl der
Finanzbeamten entnommen. Ihre akademiſche Aus⸗
bildung iſt die der Verwaltungsbeamten und Richter.
In der ſpäteren Staatsprüfung ift als Wahl: und
Nebenfach Landwirtſchaftslehre unter Beſchränkung auf
Dünger⸗, Pflanzenproduktions⸗ und Betriebslehre frei⸗
geſtellt. Gin Studiennachweis darüber wird nicht verlangt.
Mittlere und techniſch gebildete Unterbeamte
gibt es bei der Forſtverwaltung nicht. Die wenigen
Schreibforſtwarte werden aus den Forſtwarten des
aͤußeren Dienſtes entnommen und haben, wie dieſe als
einfache Waldarbeiter eingeſtellt, keinerlei beſondere
Vorbildung. Als Forſtwarte erhalten ſie in einem
8 wöchigen fog. Forſtwartskurſe eine Auffriſchung der
Volksſchulkenntniſſe und Einführung in die einfachſten
Regeln der forſtlichen Arbeiten. Sie ſtehen mit den
Forſtwarten in der unterſten Klaſſe der Unterbeamten.
Die mittleren und Unterbeamten in der Domänen:
verwaltung gehören zu den Beamten der allgemeinen
Finanzverwaltung, haben zumeiſt eine beſondere Vor⸗
und Berufsbildung und find dementſprechend in die
höheren Unterklaſſen des Gehaltstarifs eingereiht. Die
Aemter ſind voll genügend mit ſolchen ausgeſtattet.
IV. Größe und betriebliche Bedeutung der Bezirksſtellen.
a) Für den Forſtdienſt.
Es gibt 99 landesherrliche Forſtämter. Dazu 4
ſtädtiſche und ein Hofforſtamt, die hier außer Betracht
bleiben.
Dieſe landesherrlichen Forſtämter haben ſich mit
folgenden Waldungen zu befaſſen:
Geſ . Durch ee eines Forſtamts
& &
94 200 952
263 200 2 648
208 500 2 106
565 900 5 706
Bewirtſchaftung zu befaſſen. Die eigentliche Verwaltung
und der ganze geldliche Teil der Bewirtſchaftung, wie
Verwertung der Walderzeugniſſe, Einſtellung und
Entlohnung der Arbeiter und dergl. iſt Sache des
| Waldeigentümers. Das Forſtamt wirkt dabei nur
beratend mit. Aber auch der forſttechniſche Teil der
Bewirtſchaftung bietet hier in der Regel nicht die
gleiche Möglichkeit einer ſo vielſeitigen, tiefgehenden
Ausgeſtaltung wie der Domänenbetrieb. Die Art der
Zurichtung und Verwendung des Holzes iſt meiſt an
beſtimmte Abgaben (Gabholz) gebunden und ſchwerfällig,
32*
240
dem Eigentümer fehlt vielfach Verſtändnis und Neigung,
oft auch die Möglichkeit mehr für die Waldwirtſchaft
aufzuwenden, als unbedingt erforderlich ift und geſetzlich er:
zwungen werden kann. Dazu kommt die Schwierigkeit der
Arbeiterfrage, der Mangel an brauchbarem Wirtſchafts—
vollzugsperſonal und die Zerſplitterung des Beſitzes.
Die Ausſtattung der Forſtämter mit Waldflächen
ſchlechthin gibt daher keinen Auſſchluß über ihr Tätig:
keitsfeld. Die Flächen müſſen vielmehr auf einheitliche
Vergleichsgrößen zurückgeführt werden.
gleichsgrößeneinheit kann nur die Flächeneinheit des in
Die Größe der einzelnen Forſtbetriebe und der
Forſtämter iſt ſehr unterſchiedlich. Wie ſich die Betriebe
unter die Klaſſen der Zwerg⸗, Klein⸗, Mittel- und
Großbetriebe verteilen, und die Gruppen der größten und
kleinſten Forſtbezirke find in den Überſichten am Schluß
(Seite 250 251, Taf. I u. II) dargeſtellt. Bei dem Dom-
nenbeſitz überwiegt ganz bedeutend der Groß: und grö⸗
ßere Mittelbetrieb, bei den Gemeindewaldungen dagegen
der Klein⸗ und kleinere Mittelbetrieb.
Dieſe Ver⸗
vollem Betrieb behandelten Domänenwaldes fein, d. h.
der Vollbetriebshektar (V. b. ha).
Gemeindewald muß dahin umgewertet werden.
Die amtliche Forſtſtatiſtik 1913 gibt dazu den
Schlüſſel. Sie verteilt den Aufwand für die
Bezirksforſtverwaltung auf das ha Domaänenwald
mit 428 Mk., auf das ha Gemeindewald mit
1.84 Mk. D. h. in den Verwaltungkoſten, und
darin findet der Arbeitsaufwand ſeinen Ausdruck,
die 28 ha Reben, ſind die Bezirksſtellen etwa beteiligt
ſtehen 2,3 ha Gemeindewald 1 ha Domänenwald oder
1 V. b. ha gleich. Bei dieſer Einſchätzung dürfte
aber wohl der Wunſch mitgewirkt haben, den Unter—
ſchied zwiſchen der den Waldeigentümern auferlegten
Beförſterungsſteuer von nur 1,05 Mk. je ha und dem
tatſächlichen Aufwand, den der Staat (das Domänen: |
ärar) aufzulegen hat, nicht allzuhoch erſcheinen zu
laſſen. In Wirklichkeit iſt der Unterſchied im Arbeits;
aufwand geringer.
von 2:3 oder 1:1½ dürfte den tätſächlichen Verhält—
niſſen näher kommen. Hiernach wären 11/2 ha be-
förſteter Wald = 1 V. b. ha zu ſetzen.
Auf ſolche Vollbetriebsfläche zurückgeführt berechnen
ſchaften.
fih die Betriebsflaͤchen der Forſtämter
im ganzen nn ` Amt
V. b. ha
b. ha
Domänenwald 94 200 952 2
Gemeinde- uſw. wald 175 500 1770
269 700 2 722,
rund 2700 ha.
Der beförſterte
Die größten Forſtämter ſind Forbach II mit 4 800
V. b. ha und 49 000 fm Holznutzung, und Bonndorf
mit 4490 V. b. ha und 51 000 fm Nutzung. Die
kleinſten ſind der Fläche nach Markdorf mit 1035 V. b. ha
(Nutzung 10 400 fm), der Nutzung nach Wertheim
mit 8 181 fm (2 126 ha) und Schönau i. N. mit
—
Die Annahme eines Verhältniſſes
|
8970 fm (2006 ha). Markdorf hat kaum ½¼ ber
Betriebsfläche, Schönau und Wertheim kaum 1“ der
Nutzung Bonndorfs.
b) Für den Kameraldomänendienft.
An der Verwaltung der Kameraldomänen, ohne
wie folgt (Kameraldomänen 1906 gutächtlich nach dem
neueſten Stand .
Zuſam⸗ Selbſt⸗
Selbſt⸗ Ners
betrieb pachtet | men betrieb 1 Zuſ.
Hettar
22 21
68 Forſtämter. .| 900 2650 3550 | 21
13 Domänenämter | 3160 8430 11590] 72 70 71
11 Finanzämter 300 950 1250 7 8 8
Zuſammen . 4860 12030 116300 | 100 100 100
Der von den Domänenämtern verwaltete Beſitz
liegt zumeiſt in der Rheinebene in fruchtbarſter Gegend
in größeren Flächen beiſammen, er iſt daher der ertrag⸗
reichſte und wertvollſte und am leichteſten zu bewirt⸗
Den Finanzämtern ſind die mehr zerſtückelten
Güter in den beſſeren Lagen zugewieſen, den Forſt⸗
ämtern die weniger ertragreichen und ſchwieriger zu
verwaltenden und zu betreibenden Güter in den ent⸗
legeneren Gebirgsgegenden.
Ihre Erträglichkeit iſt nach dem Staatsvoran⸗
ſchlag 1916/17:
Aufwand [Reinertrag
Rok
Fläche
ertrag
ba er
Wieſen im e a. annn me A 4360 601700
Reben 1 ó 42 55850
OAE re nee oe. ir 13 2950
FiſchzucktmmW4T4kce. . 44 10050
Verpachtet, Hofaüter . . 2 . .. 9609 839250
Sue a ae ea 2421 134270
77
picht berückſichtigt.
Eine eigentliche Wirtſchaftstätigkeit erfordern nur die
ſachl | Gehalt | | Bufam« im auf
Me uſw. men Ganzen 1 ha
— O Ho ço M | A | A
| |
145060 25000 170060 | 431610 | 98
43250 9480 52730 3120 74
1045 — 1045 1545 118
6590 1500 1960 1960 | 45* |*gefchätt
37350 2 2 „ „ oe top
Dabei ift der Aufwand für die Bezirksverwaltung | Güter in Selbjtbetrieb. Im allgemeinen wird daher bie be:
triebliche Tätigkeit einer Stelle nach deren Umfang und
den daraus erwirtſchafteten Reinerträgen zu bemeſſen fein.
241
Der Durchſchnittsertrag der Wieſen ift ſelbſtverſtänd⸗ ſchnittsertrag von 98 Mk. je ha wird er fih verhalten
lich bei dem ertragreichſten Teil, der von den Domänen⸗ wie 108: 70.
und Finanzämtern bewirtſchaftet wird, weſentlich höher Daraus ergibt ſich folgendes Bild der betrieblichen
als bei den geringeren und geringften Wieſen, die den Tätigkeit der mit Kameraldomänendienſt beauftragten
Forſtämtern zugeteilt find. Bei einem Gelamtdurd: Bezirksſtellen:
Wieſen Reinertrag aus Selbſtbetrieben auf 1 Stelle
im aus Wieſen ſonſtige ; Wiefen Reinertray
BE BEE —— N i 3 N
Bez. Stellen Selbſtbetriebkoc 1 h zuſammen Güter ee angen Slade | im Ganzen
[na M 4
3 Domänenämter 3160 108 341000 5000 | 346000 242 | 26600
7 Finanzämter 300 108 33000 150 34500 43 | 5009
etwa 30 Forftämter . . 90) 70 63000 = 63000 30 2100
Nicht beruckſichtigt iſt dabei die Staatsbrauerei. Uebertrag 146
Dieſe it zwar einem Domänenamt unterſtellt, hat Mittlere Beamte — —
aber eine eigene Verwaltung und beſondere Rechnung. Unterbeamte (Sesbforfmarte etwa 20
zuſammen 166
V. Perſonal und Verwaltungsaufwand für die Bezirks⸗
fellen (Staatshaushalt 1916/17). 2. Domänenverwaltung:
| Die 13 reinen Domänenämter ſind beſetzt mit
a) Perſonal. Oberbeamten: Amtsvorſtände . 13
1. Forſtverwaltung: Zweite Beamte 2
Für die 99 Forſtämter ſind vorhanden | Aſſeſſoren. 7 22
Oberbeamte: Amtsvorſtände 99 Mittlere Beamte 23
Zweite Beamte 15 UUnterbeamtdte 20
Aſſeſſoren „ ae ae 32 146 zuſammen . 65
Es kommen ſonach auf einen Oberbeamten:
Hilſsperſonal Betriebsfläche
im mittleres unteres zuſ.
Forſtdienſt 0 0,1 0,1 1850 ha Wald
Domänendienft 1,0 1,0 2,0 144 ha Wieſen, Reben, Fiſchteiche
Auf einen Schreibforſtwart kommen 13 500 V. b. ha Wald.
b) Verwaltungsaufwand. gebäude zu etwa 70 000 Mk., für ein Forſthaus zu
Vorbemerkung: Wert und Unterhaltungskoſten der etwa 50 000 Mk., die Verzinſung und Unterhaltur
Dienſtgebäude find aus dem Staatsvoranſchlag nicht | mit den üblichen 6 9% dieſer Werte, d. ift zu 4 200 Mk.
erfichtlich. Der Wert kann für ein Domänenamts-⸗ und 3 000 Mk. angenommen werden.
1) Forſtämter (99) Mk.
99 Forſtamtsvorſtände je 5000 ME. > > 2 2 2.2.2492 000
15 zweite Beamte, 3200 + 500 ME . . 2.2... 57 500
32 Aſſeſſoren „ 2000 ME . oe oe ee en 64 000
10 Schreibforſtwarte je 1500 ME. . 2 2 2 2 20. 15 000
10 desgl. nicht EEE je 1000 ME . . . 2... 10 000
Reiſekoſten u. dgl. EE E 202 000
Gchretbaushilffe. : . aaa a 25 200
Sachliche Amtsunkoſten ss 41 900 907 600 ME.
Dazu Aufwand und Verzinſung für 93 Died je 3000 ME. 279 000 ME.
Miete für Dienſtwohnungen 6 etwa , 10 000 Mt.
1 s 1 196 600 Mt.
ein Forſtamt foftet ſomit rund 12000 Mk.
Davon entfallen nach dem forſtſtatiſtiſchen Schlüſſel | waltung. Im ganzen fallen jomit an Verwaltungs:
(Statiftit 1913) auf das ha Domänenwald 5 Mk. koſten rund 6,30 Mk. auf das ha.
Weitere 1,34 Mk. erwachſen für die Zentralver⸗
222
2. Domänenämter (13)
13 Amtsvorftände . b s
2 zweite Beamte
9 Kaſſierer
16 Bürobeamte .
7 Schreibbeamte
3 Kulturmeiſter
Wohnungsgelder (geſchätzh)
Nicht etatsmäßiges Perjonal .
Dienſtreiſekoſten
Andere perſönliche Ausgaben (teilw.)
Sachliche Amtsunkoſten
Aufwand und Verzinſung für 12 Dienstgebäude je 4 200 Mt.
Mietzins für 1 Dienſtwohnung (geſchätzt)
ein Domänenamt koſtet ſomit rund 22 000 Mk.
Wie viel davon der eigentlich betrieblichen Tå:
tigkeit zur Laſt fällt, läßt ſich aus den amtlichen
Angaben nicht ermitteln. Es iſt nur aus folgenden
Erwägungen zu vermuten:
Die Regierungsdenkſchrift über die Vereinfachung in
der Staatsverwaltung (1912) begründet die Notwendigkeit
der Erhaltung von, durch Oberbeamte geleiteten beſonde⸗
ren Domänenämtern ausſchließlich mit der Verwaltung
der Kameraldomänen, insbeſondere der im Selbſtbetrieb
ſtehenden Wieſen. Man wird alſo wohl die Sonder⸗
aufwendungen für dieſe Oberbeamten als Verwaltungs⸗
koſten für dieſe Güter in Anrechnung zu bringen haben.
Sie ſind für jedes Amt:
Gehalt eines Oberbeamten 5 500 Mk.
Für das beſ. Dienſtgebäude 4 200 Mk.
Dienſtreiſen 1 000 ME.
Dabei bietet ſich . Bild:
Es trägt ein ha
im Selbſtbetrieb
Wald
Wieſen der Domänenämter
„ „ Forſtämter
Reben er
Fiſchereien
Torfſtiche
Verpachtet:
Hofgüter .
Stückgüter
Dabei find für den Forſtbetrieb alle Kosten ei
Ausnahme berückſichtigt und dem Wald zur Laft
geſchrieben, bei den von den Domänenämtern bewirt⸗
ſchafteten Kameraldomänen fehlen die öffentlichen Laſten
und die Arbeiterverſicherungen, da dieſe nicht feſt⸗
zuſtellen ſind.
10 700 Mk.
zuſammen
Mk.
72 330
6 050
26 275
34 020
11 935
4 850
20 000
29 100
14 350
7 950
11 860 238 720 ME.
— 50 400 Mk.
1400 Mk.
290 520 DU.
Auf ein Amt fallen an ſelbſtbetriebenen Gütern
(Wieſen, Reben und Fiſchteichen) 250 ha, an verpach⸗
teten Gütern 650 ha, zuſammen 900 ha. Hiernach
träfen auf das ha etwa 12,-— Mk. Verwaltungskoſten.
Verpachtete Güter erfordern aber eine nur ſehr geringe,
kaum /ö1ỹ der Arbeit des Selbſtbetriebs. D. h. 10 ha
der Pacht⸗Güter erfordern ſoviel Aufwand wie 1 ha der
ſelbſtbelriebenen (V. b. ha). Auf ein Domänenamt entfällt
alfo eine Vollbetriebsfläche von 250 + 65 = 315 ha
und der Vollbetriebsha ift mit = 155 — 34 Mt.
Koſten zu belaften. Die Koſten der een
find auf mindeſtens 3 Mk. zu veranjchlagen, die
Geſamtverwaltungskoſten auf das ha alſo auf 37 Mk.
Zur Feſtſtellung des wirtſchaftlichen Enderfolgs
ſind dieſe Koſten an den auf Seite 240 und 241 be⸗
rechneten Reinerträgen in Abzug zu bringen.
Reineinnahme
Verw.⸗Koſten e deren
ohne Verw.⸗Koſten i
Mk. Mk
61 6 55
108 37 71
70 — 70
74 37 37
45 37 8
118 37 81
55 (roh) 4 51
87 „ 4 83
VI. Geſchichtlicher Entwicklungs gang.
Die Forſt⸗ und die Kameraldomänenverwaltung waren
urſprünglich bis zur Miniſterialbehörde ſtreng getrennt.
a) Forſtverwaltung.
Die Dienſteinrichtung in der Forſtverwaltung nahm
in faſt allen deutſchen Staaten einen ähnliche Entwicklung.
Anmerkung. Nach der Forſtſtatiſtik 1913 verteilen ſich die Bezirksverwaltungskoſten auf die Domänenwaldungen
mit 40 , die Gemeindewaldungen mit 5) % und die Forſtpolizei⸗Verwaltungen mit 10 Ye,
Zentralverwaltung trifft der ha Oomänenwald 1,84 Mk.
Von dem Aufwand für die
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ann
= „
— er
243
In Baden ſtammt die, heute noch äußerlich in ihren
Grundlagen wenig veränderte Einrichtung des Bezirks⸗
dienſtes aus dem Jahr 1831. Sie war, der damals
verhältnismäßig geringen wirtſchaftlichen Bedeutung
der Waldungen und dem unentwickelten Stand der
Waldwirtſchaft und Forſtwiſſenſchaft entſprechend, auf
das einfachſte geſtaltet. Der „Bezirksförſter“ hatte
eine kaum akademiſch zu nennende Ausbildung, war
ſehr gering bezahlt und von ſehr beſcheidenen Anſprüchen.
Er zählte nicht zu den vollen Oberbeamten. Dazu
gehörten erſt ſeine Vorgeſetzten, die Wirtſchaftsforſt⸗
meiſter. Dienſtgebäude waren nicht oder nur in
einfachſter Art vorhanden, Hilfskräfte nur, inſoweit
Anwärter für die eigene Laufbahn zur Verfügung
tanden. Alle Verkehrseinrichtungen waren noch un:
entwickelt Der „Förſter“ ritt, fuhr im Einſpänner
oder ging noch häufiger zu Fuß. Von den „Wald⸗
hütern“ konnte die große Mehrzahl nur notdürftig
leſen und nicht mehr ſchreiben als den Namen. Die
Unterhaltung einer ſolchen „Revier⸗, ſpäter Bezirksforſtei“
forderte keinen großen Aufwand. Mit zunehmender
Bedeutung und Entwicklung der Waldwirtſchaft und
Forſtwiſſenſchaft und nach Uebergang der „Forſtamts⸗
geschäfte“ an fie, konnten diefe einfachen, alleinſtehenden
Beamten den von allen Seiten an ſie herantretenden
Anforderungen nicht mehr genügen. Aenderungen an Aus⸗
bildung, Bezahlung und Dienſtausſtattung mußten vor⸗
genommen werden. Heute find die Forſtbeamten längit in
die Gruppe der vollen Oberbeainten eingerückt, allerdings
erſt nach langen Kämpfen. Forſtbetrieb, Verkehr und Ver⸗
lehrzmöglichkeiten find völlig umgeſtaltet. Ein geordne⸗
ter, umfangreicher Kanzleidienſt hat ſich bei den „Forſt⸗
ämtern“ entwickelt, mit der Möglichkeit zu reichlicher
Erleichterung durch Verwendung der heutigen Hilfsmittel,
die aber nur in größeren Betrieben wirtſchaftlich voll aus⸗
genutzt werden können, wie Schreib ⸗ und Rechenmaſchinen
und dergl. Der allgemeine Bildungsſtand iſt ſo fort⸗
geſchritten, daß aus den Unterbeamten Kräfte zur
Beſorgung der einfacheren, handwerksmäßigen Betriebs⸗
und Schreibarbeiten herangezogen werden können.
| Dieſe Wandlungen traten aber zeitlich ganz unmerklich
ein und ſo begnügte ſich die Verwaltung damit, den bei
den einzelnen Forſtämtern auftretenden Bedürfniſſen
von Fall zu Fall Rechnung zu tragen durch vermehrte
Zuweiſung von Aſſeſſoren und geſteigerte Annahme
bon Anwärtern für die höhere Laufbahn. Dieſe mußten
die fehlenden techniſchen Unterbeamten erſetzen und
fanden ſo bald bezahlte Verwendung. Dadurch, noch
begünftigt durch das Beftehen einer eigenen Forſt⸗
lchranſtalt in der Refidenzſtadt, bildete fih allmählich
eim außerordentlich ungeſundes Mißverhältnis zwiſchen
der Zahl der wirklichen Oberbeamtenſtellen und der
heit der letzteren über die Art ihrer Beſchäftigung
und mangelnde Anſtellungsmöͤglichkeit. Auch den
Oberförſtern war damit dauernd nicht gedient. Ein⸗
mal fehlte es immer noch an Hilfskraͤften und dann
empfanden auch fie das Mißverhältnis zwiſchen Pil-
dung und Arbeitsgebiet ihrer Gehilfen perſönlich
äußerſt peinlich und als nachteilig für den Dienft.
Entſchiedene grundſätzliche Maßnahmen zur Abhilfe
konnten nicht mehr umgangen werden. |
Preußen griff zuerſt zielbewußt ein. Die Forſtlaufbahn
wurde ſaſt gänzlich geſperrt, vorübergehende etatmäßige
Stellen für die älteren Aſſeſſoren wurden geſchaffen, mit
dem Ziel, daß die Wartezeit bis zur Anſtellung als „Ober⸗
förſter mit Revier“ von der Staatsprüfung ab höchſtens
8 Jahre betragen ſoll, was heute erreicht iſt, ſo daß
dieſe Stellen wieder aufgehoben werden können. Jedem
Oberförſter wurde ein „Forſtſchreiber“ aus der Zahl
und mit dem Rang der Foͤrſter zugewieſen. So find
dort geſunde Verhältniſſe und die Grundlage zu einer
ſachgemäßen Weiterentwicklung geſchaffen. Ein neuer
Schritt dahin, die Uebertragung einer begrenzten Selbſt⸗
verantwortung an den „Forſtſchreiber“ ſteht in Ausſicht,
ſeine Vervollkommnung zu einem den Förſtern überge⸗
ordneten „techniſchen Hilfsbeamten“ der Oberförſterei
wird nicht ausbleiben. Bayern verfuhr, wenigſtens
was die Beſchränkung im Studium anbelangt, ähnlich.
Die übrigen Staaten konnten ſich zu einer ſol⸗
chen, das Uebel an der Wurzel faſſenden Maßregel
nicht entſchließen. Man glaubte allen, auch perſönlichen
Wünſchen Rechnung tragen und die Forſtlehranſtalten
erhalten zu können, indem man die Stellen für Ober⸗
beamte dauernd vermehrte, ſei es durch Errichtung
neuer Forſtämter, ſei es durch Schaffung von zweiten
Beamten bei den Forſtämtern oder gar auf eigenen
„Amtmannsbezirken“, ſei es durch dieſes zuſammen.
Und wo die Regierung dabei noch etwa Zurückhaltung
üben wollte, fanden die mit Recht nach Verſorgung
drängenden Aſſeſſoren die wärmſte Unterſtützung in
der Volksvertretung. Die Folgen waren, wie voraus⸗
zuſehen, nicht die gewünſchten. Es trat keine dauernde
Geſundung ein. Anſtatt einer ſachlich bemeſſenen
Anzahl mit gut abgeſtuften Kräften ausgeſtatteter
Verwaltungsſtellen, bekam man eine übergroße Anzahl
von Oberbeamten, die teils nicht voll, teils nicht ihrer
Bildung und Leiſtungsfähigkeit entſprechend beſchäftigt
ſind. Die notwendige Eingliederung einfacher techniſcher
Hilfskräfte wurde unmöglich oder ſehr erſchwert. Man
hatte aus perſönlichen Rückſichten das „Offizierkorps“
vermehrt, wo ſachlich „Unteroffiziere und Feldwebel“
nötig waren. Die Beamten wurden nicht zufriedener,
die Verwaltung teurer, aber nicht beſſer. Allorts
werden Stimmen laut, die eine Verminderung der
Jahl der Anwärter und eine noch größece Unzu frieden: Oberbeamten verlangen, Auch der Widerſtand gegen
244
Aufhebung der kleinen Forſtlehranſtalten hat erheblich
nachgelaſſen. Sachſen⸗Weimar hat mit der Aufhebung
von Eiſenach begonnen, Preußen beabfichtigt eine
Vereinigung feiner beiden Akademien. In Württemberg,
Baden und Heſſen ſind die Verhältniſſe zur Löſung
in gleichem Sinne völlig reif geworden. Auch die
badiſche Forſtverwaltung hat ſeit mehreren Jahren
auf Eingreifen des Miniſteriums den Zugang zur
Forſtlaufbahn beſchränkt; der erſt kurz vorher vor⸗
genommenen Vermehrung der Yorftämter folgten Auf⸗
hebungen und man beginnt fih auch nach der Shaf:
fung eines brauchbaren Gehilfenperſonals umzuſehen.
Eine neuerliche Verminderung der Forſtämter iſt ge⸗
fordert und gewiſſermaßen zugeſagt worden.
b) Domänen verwaltung.
Die Dienſteinrichtung der Domaͤnenverwaltung
ſtammt aus der gleichen Zeit wie die der Forſtverwaltung,
dem Jahr 1831. Damals waren die Einnahmen aus
dem Domänenbeſitz und den Gefällen für den Staats⸗
haushalt von der größten Bedeutung, ſie betrugen 44%
der geſamten Staatseinnahmen. Den „Domänen-
verwaltungen“ unterſtanden 738 Grundſtocksgebäude,
eine große Anzahl gewerblicher Betriebe, wie Mahl⸗
und Sägemühlen, Ziegelhütten, Bleichen, Wirtſchaften.
Sie hatten eine große Anzahl von Lehen und Be⸗
rechtigungen und den Zehnten zu verwalten, dem
weitaus der größte Teil des landwirtſchaftlichen Grund⸗
beſitzes unterlag. Dieſer wurde in Naturalabgaben
geleiſtet und teils wieder als Beſoldungsteil an die
Beamten, Kompetenzempfänger uſw. abgegeben, teils
verwertet. Die Einnahmen allein aus Lehen, Berech⸗
tigungen und Zehnten betrugen 1831 1 870 000 Mk.
Demgegenüber fielen die Einnahmen aus den meiſt
verpachteten Kameraldomänen mit 464 000 Mk. weniger
ins Gewicht. Die Tätigkeit der Domaͤnenämter als
„Forſtkaſſen“ war nebenſächlich. Dieſe Verhältniſſe haben
im Lauf der Zeit eine völlige Umwälzung erfahren.
Die Zahl der Grundſtocksgebäude iſt (1913) auf
360 zurückgegangen, die wohl zum größeren Teil mit
dem Forſtbetrieb in Verbindung ſtehen und von den
Forſtämtern verwaltet werden. Bei den übrigen
beſorgen die Hauptarbeit — Unterhaltung — die
Baubehörden. Alle Liegenſchaften mit beſonderen
Gewerbeeinrichtungen ſind abgeſtoßen mit Ausnahme
einiger Sägemühlen, die von den Forſtämtern verwaltet
werden. Einzig die Brauerei Rothaus iſt als Schmerzens⸗
kind übrig geblieben, weil ſich kein Käufer findet; aber
ſie hat eine beſondere Verwaltung. Der geſamte Zehnte
und faſt alle Berechtigungen, Frohnden, Lehen und
dergl. find längſt abgelöſt und das Ablöſungskapital
von rund 30 Millionen iſt dem Domänengrundſtock
zugeführt. Die Naturalwirtſchaft hat überall der Geld⸗
wirtſchaft Platz gemacht. Verblieben iſt den Domänen⸗
aͤmtern vor allem die früher nebenſächliche forſtliche
Geld» und Kaſſenrechnung als Hauptaufgabe und die
Verwaltung der landwirtſchaftlichen Güter. Aber auch
hier haben die reinen „Domänenämter“ das Feld nicht
gänzlich behauptet. Die Forſtkaſſe müſſen fie mit
einem Teil der allgemeinen Finanzſtellen, die Verwaltung
und Bewirtſchaftung der Kameraldomänen mit dieſen
und einer größeren Anzahl von Forſtämtern teilen.
Ihre Zahl iſt von 44 im Jahr 1831 auf 13 zurück⸗
gegangen. Die „Domänendirektion“ wurde mit der
Forſtdirektion in einer Mittelſtelle vereinigt. Für die
Finanzbeamten ift das „kameraliſtiſche“ Studium durch
das juriſtiſche erſetzt, und den fo vorgebildeten Beamten
erſcheint der Domänendienſt weſensfremd, mehr oder
minder fubaltern und daher, zumal er wenig Ausſicht
auf Erlangung höherer Stellen bietet, wenig begehrt.
Die Geſamteinnahme der Forſt⸗ und Domänen⸗
verwaltung verteilt ſich nach Hundertteilen
im Jahr 1831 1860 1900 1914
auf Forſtdomänen 86 54 72 78
„ Kameraldomänen 64 46 28 22
Die Entwicklung der beiden urſprünglichen Ein⸗
nahmequellen des Staatshaushalts, Steuern und
Domänen, ergibt ſich aus folgender Vergleichung:
Die Geſamteinnahme aus beiden = 100 geſetzt,
entfallen auf
Steuern Domänen davon
auf. Kameral Forſtd.
im Jahr 1831 (unficher) 56 44 (28) (16)
„ 1860 66 34 2 2
„ 1900 87 13 (4) (9)
„ 1913/14 86 14 (3) (11)
VII. Sind bei dieſer Gliederung alle Kräfte voll und
wirtſchaftlich zweckmäßig ansgeuntzt?
Unbeſtrittener, neuerdings auch ganz beſonders zur
Richtſchnur für die Staatsverwaltung erhobener Grund-
ſatz ift, daß zu Arbeiten, die ein Beamter minderer
Bildung erledigen kann, ein höherer, insbeſondere ein
akademiſch gebildeter Oberbeamter nicht verwendet werden
ſoll. Arbeit ſolcher Art gibt es in allen wirklichen
Verwaltungsſtellen, namentlich in Wirtſchaftsbetrieben,
und ſie ſind hier in der Regel an Umfang überwiegend.
Als Untergrenze einer wirtſchaftlich richtigen Beamten⸗
ausſtattung dieſer Stellen wird man daher ein Ver⸗
hältnis zwiſchen Oberbeamten und Hilfskräften aus
dem Stand der mittleren oder Unterbeamten von 1:1
annehmen müſſen. Die Obergrenze tritt ein, wenn
der leitende Oberbeamte Gefahr läuft den Ueberblick
zu verlieren und nicht mehr voll verantwortlich ſein
kann für eine ſorgfältige Durchführung des Dienſtes
nach den allgemeinen Dienſtvorſchriften und ſeiner
eigenen Auffaſſung.
PO Ah — u.
245
Forſtbetrieb und Forſtverwaltung unterliegen darin
keinem Sondergeſetz. Die preußiſche Forſtverwaltung
hat die Grundlagen zur Durchführung nach dieſem
Grundſatz geſchaffen, indem jedem Oberförſter ein
„Forſiſchreiber“ zugeteilt ift, in Bayern ſtehen den
meien Forſtämtern forſttechniſch gebildete mittlere
Beamte für ihren Dienſt zur Verfügung, auch
in Heſſen, Württemberg und Elſaß hat jeder Ober⸗
firfter einen Schreiber, allerdings Häufig von min:
derer Leiſtungsfähigkeit zur Verfügung. In Ba⸗
den kommt zur Zeit erſt auf 7 Oberbeamte ein
„Schreibforſtwart“. Das iſt ein unbeſtreitbares Miß⸗
verhältnis und eine völlig unwirtſchaftliche Verwendung
der Oberbeamten. Gründliche Abhilfe in wirtſchaftlicher
Beije kann nur dadurch geſchaffen werden, daß der
Geſchäftskreis des Oberbeamten, wo er in ſeinem jetzigen
Umfang die volle Ausnutzung mindeſtens eines unter-
beamtlichen Gehilfen nicht möglich macht, entſprechend
erweitert wird, bis dieſe Untergrenze erreicht iſt. Dieſe
Erweiterung kann geſchehen durch Vertiefung der Arbeit
innerhalb des Bezirkes ſelbſt, durch Zuweiſung neuer
Aufgaben, durch Vergrößerung der Bezirke, oder je
nach Umſtänden durch alles gemeinſam. Der Arbeits⸗
umfang der Forſtämter wird beſtimmt durch Größe
— . b2R— A—ü—4—ͤ . — —
Baden ſteht hiernach an der unteren Grenze. Keine
Verwaltung verfügt bis jetzt über volle „techniſche
Gehilfen“ und nirgends werden die gegenwärtigen Hilfs⸗
mittel des Verkehrs und für den Kanzleidienſt nach
Möglichkeit voll ausgenützt. In keiner Verwaltung,
auch nicht in jenen mit den größten Bezirken, iſt von
den Betriebsleitern ſelbſt die Notwendigkeit einer Ver⸗
kleinerung ihrer Bezirke ausgeſprochen worden. Ihr
Verlangen ging immer nur auf Entlaſtung von den
untergeordneten Arbeiten durch Zuteilung von ſelbſt⸗
verantwortlichen techniſchen Hilfsbeamten. Auch in
Baden ſelbſt haben wir Forſtbezirke bis zu 4800 V. b. ha
und Jahresnutzungen bis zu 50 000 fm. Aber trotz
der unvollkommenen Dienſteinrichtung hat noch niemand
behauptet, dort würde mit weniger wirtſchaftlichem
Erfolg gearbeitet als in den kleinen und kleinſten Forſt⸗
aͤmtern. Vielleicht dürfte eher das Gegenteil zutreffen.
| Auch das Verlangen dieſer Bezirksvorſtände iſt nicht
der Betriebsflächen und Nutzungen wie Größe und
Anzahl der einzelnen Betriebe, durch die geogra:
Hilde und topographiſche Lage der Bewirtſchaftungs⸗
gegenſtände und deren Entfernung vom Amtsſitz wie
unter fich, und endlich durch die Betriebsweiſe. Je
größer die Zerſplitterung der Waldungen, deſto umfang⸗
nicher die Arbeit, aber nicht nach der leitenden, ſondern
nach der mehr handwerksmäßigen, mechaniſchen Seite
alfo nach dem Arbeitsgebiet des „techniſchen Gehilfen“ hin.
Die Schwierigkeiten, ein genügend großes Arbeits⸗
gebiet rein leitender Art für einen Oberbeamten zu ſchaf⸗
fen, lagen früher in den Entfernungen der Waldungen
und haben bei den jetzigen Verkehrsmöͤglichkeiten und
Verkehrsmitteln an Bedeutung ganz weſentlich ab⸗
genommen. Es handelt fih nur darum, diefe in
gleichem Maße wie das private Wirtſchaftsleben fih
junuge zu machen. Je einfacher und gleichförmiger
die Betriebsweiſe, umſo größer kann die Flåden
ausdehnung des Bezirks gewählt werden.
Tie mittlere Größe der Forſtbezirke iſt in den ein⸗
zelnen Staaten ſehr verſchieden. Sie beträgt:
TE
Staats- | Gemeinde auf Voll⸗
; zuſammen betrieb ers
Ë walbungen | müßigt
ha V. b. ha
Ell.-Lothringen] 2 400 3 150 5 550 4500
Tengen oen 600
3 3 840 4500 | 4300
ape 2 465 1010 3475 3 140
mut... 940 2700 3640 2700
rn .| 1330 1140 2470 ` 2100
916
auf Bezirksverkleinerung ſondern auf Zuteilung geeig⸗
neter und ausreichender Hilfsbeamten und beſſere
Dienſtausſtattung gerichtet.
Hieraus in Verbindung mit den früheren Aus⸗
führungen ergibt ſich von ſelbſt, unter welchen
Bedingungen und bei welcher J Bezirksgröße in Baden
die Kräfte der Oberbeamten im allgemeinen am nub:
barſten verwertet werden würden und ſo die Verwaltung
am wirtſchaftlichſten arbeiten könnte. Vor allem muß
jeder Betriebsleiter durch Zuteilung mindeſtens eines
vollwertigen techniſchen Hilfsbeamten und durch zu⸗
reichende Nutzbarmachung aller neuzeitigen Hilfsmittel
auf die höchſte Stufe ſeiner Leiſtungsfähigkeit gebracht
werden.
Der Hilfsbeamte, aus der Zahl; der Forſtwarte
ſorgfältig ausgewählt und frühzeitig beſonders weiter⸗
gebildet, muß dem Betriebsperſonal, aberz nicht als
unmittelbarer Vorgeſetzter, übergeordnet fein. Zu
ſeinem Arbeitsgebiet gehören neben der Buchführung
und dem ſogenannten Sekretärsdienſt Dienſtverrich⸗
tungen einfacherer Art im äußeren Betrieb, ſo⸗
weit dies zur Entlaſtung des Betriebsleiters nötig
iſt, wie Beteiligung an Holzabnahmen und Holz⸗
anweiſungen — unter einfachen Verhäͤltniſſen und bei
kleineren Maſſen in ſelbſtändiger Weiſe — Nachſchau und
Beaufſichtigung von Betriebsarbeiten aller Art. Ein
ſo unterſtützter und ausgerüſteter Oberbeamter wird
unter mittleren Verhältniſſen eine Waldfläche, wie ſie die
größeren Forſtbezirke aufweiſen, das find 4000 V. b. ha,
mit vollem Erfolg bewirtſchaften,! eine Jahresuutzung
von 30 000 bis 40 000 fm verarbeiten und dabei immer
noch den Betrieb in allen Teilen überſehen und be-
herrſchen können. Könnten die Gemeinden geſetzlich
zur beſſeren Ausbildung ihres Hutperſonals Hand in
Hand mit einer Zuſammenlegung der unwirtſchaft⸗
38
246
lichen kleinen Hutbezirke gezwungen werden, fo wäre das
nicht nur ein wirtſchaftlicher Vorteil für die Gemeinden
ſelbſt und eine weſentliche Förderung der Waldwirtſchaft,
fondern es ermöglichte auch eine noch weitere Ber-
größerung der Forſtbezirke über dieſe Zahlen. Bezirke
unter 3000 V. b. ha dürften nur in ſeltenen Fällen
der Kraft eines Oberbeamten mit Gehilfen genügend Ge⸗
legenheit zur vollen Ausnutzung bieten. Bei Bezirken von
über 5 000 V. b. ha läuft der Betriebsleiter bei nicht ganz
einfachen Verhältniſſen Gefahr, den erforderlichen perſön⸗
lichen Einfluß auf die Betriebseinzelheiten zu verlieren.
Hier wären im allgemeinen die Unter⸗ und Obergrenzen.
b) Die Bezirksdomänenverwaltung.
Der Hauptdienſt der Domänenämter iſt Kaſſen⸗
und Rechnungsführung und das Beitreibungsweſen ge⸗
worden. Derartige Dienſte werden in allen anderen
Verwaltungszweigen und in allen anderen Staatsver⸗
waltungen von mittleren Beamten beſorgt.
Auch die badiſchen Großſtädte entnehmen die Lei⸗
ter ihrer Kaſſen⸗ und Rechnungsſtellen den mittleren
Finanzbeamten und find mit den Ergebniſſen ſehr
zufrieden. Anerkannt iſt ferner der Vorteil, den eine
Vereinheitlichung des ſtaaatlichen Kaſſenweſens bietet
und für alle anderen Verwaltungszweige, mit Aus⸗
nahme der Eiſenbahnen, beſtehen gemeinſame Be⸗
zirks⸗Kaſſen⸗ und Rechnungsſtellen in den Finanz⸗
bezw. Hauptſteuerämtern. Eine Angliederung der Forſt⸗
und Domaͤnenkaſſe an diefe wäre ein großer Vorteil auch
für die Forft- und Domänenverwaltung ſelbſt. Die Domä⸗
nenkaſſe hat nämlich keine eigenen Dienſtſtellen in den ein⸗
zelnen Gemeinden und iſt für alle dort vorzunehmenden
Auszahlungen von Löhnen und dgl. wie einzuholende
Auskünfte auf die örtlichen Dienſtſtellen der allgemeinen
Finanzverwaltung, die Steuereinnehmer, angewieſen
durch Vermittlung der Finanzämter. Das ift umſtändlich
und einer vollen Ausnutzung dieſer Ortsſtellen für Do⸗
mänenzwecke hinderlich. So dürfen ſie heute nicht ver⸗
wendet werden zu Zuſtellung von Forderungs⸗ und Los⸗
zetteln und zur Empfangnahme von Bezahlungen für
die Do mänenkaſſen. Mit Vereinheitlichung der Kaffen
würde fih das ganze Zahlungsverfahren im Domänen:
weſen ganz außerordentlich auch zu Gunſten der Be⸗
völkerung vereinfachen laſſen, und auch die Kredit⸗
gewährung würde auf weſentlich ſicherere Füße geſtellt.
Auch darüber herrſcht kein Zweifel, daß die eigent⸗
liche Verwaltungs und Betriebstätigkeit der Domä⸗
nenämter zu unbedeutend iſt und der Hauptwirtſchafts⸗
gegenſtände, der Wafferwiejen, zu wenige find und
dieſe zu zerſtreut liegen, als daß ſich die An⸗
ſtellung beſonders dafür ausgebildeter Oberbeamten
lohnte. Ebenſo wird nicht beſtritten, daß Finanzbe⸗
amte in ihrer heutigen Ausbildung für Landwirt:
ſchaftsbetrieb auch einfacher Art, wie es der Wieſen⸗
betrieb iſt, nicht vorbereitet ſind. Man hat dieſem
Mißſtand zwar durch zeitweiſe Zuteilung einzelner fü:
den Domänendienſt beſtimmter Beamten an die Rul:
turinſpektionen (Meliorationsämter) zu verbeſſern ge
ſucht. Dort wird aber keine Landwirtſchaft ſondern
Tiefbautechnik für alle Zweige des öffentlichen Inte⸗
reſſes — unter anderem auch Ent: und Bewäſſerungstech⸗
nik — in meiſt großzügiger Weiſe getrieben. Zu deren
gründlichen Erfaſſung und praktiſchen Anwendung gehört
aber eine mathematiſch⸗naturwiſſenſchaftliche⸗techniſche
Vorbildung, wie ſie der Finanzbeamte nicht beſitzt und
nicht beſitzen kann. Dieſer wird daher günſtigen Falls durch
ſeine Tätigkeit bei dem Kulturingenieur nur zu einem
mehr oder minder dilettantenhaften Verſtändnis dieſes
einen Teils des Wieſenbetriebs gelangen. Solche fach⸗
liche Halbbildung kann der Wirtſchaft wenig Vorteil
bringen, unter Umſtänden aber zu höchſt koſtſpieligen
Experimenten führen, wenn je Gelegenheit ſich findet,
ſie anzuwenden.
Die einzigen Verwaltungsbeamten, die in der Land-
wirtſchaft unter beſonderer Berückfichtigung des Wieſen⸗
baus und der Fiſchzucht eine ſyſtemathiſche wiſſenſchaft⸗
liche Vorbildung, wenn auch ſelbſtverſtändlich beſchraͤnk⸗
ten Umfanges, erhalten und den Nachweis dafür in
der Staatsprüfung erbringen müſſen, find die Forſt⸗
beamten. Auch bietet deren ſonſtige wiſſenſchaftliche
Bor: und praktiſche Ausbildung die Gewähr dafür,
daß fie fih raſch und mit Verſtändnis im landwirt⸗
ſchaftlichen Betrieb, wie in der Teichwirtſchaft, zurecht
finden werden. Der kleinere Teil dieſer Betriebe iſt
ihnen ſchon übertragen und der Gedanke liegt nahe,
auch der Reit der Kameraldomaͤnen könnte ohne
Schaden der Forſtverwaltung überwieſen werden. In
Heſſen iſt dies ſeit Jahren der Fall und hat ſich be⸗
währt. Der Berichterſtatter der I. badiſchen Kammer,
der als Sachkenner in forſt⸗ und landwirtſchaftlichen
Dingen gilt, iſt in entſchiedener Weiſe für dieſe Verein⸗
heitlichung eingetreten und die Regierung ſelbſt hat
dieſe Frage wiederholt unterſucht.
In der Denkſchrift der Regierung über die Ver⸗
einfachung in der Staatsverwaltung vom Jahr 1912
wird die Stellung der Forſt⸗ und Domaͤnendirektion
wie folgt wiedergegeben: Die Möglichkeit der Auf⸗
hebung der Domänenämter und der Verwaltung der
Kameraldomänen durch die Forſtämter wird anerkannt.
Nur wird die Befürchtung ausgeſprochen, die Forſt⸗
ämter möchten dieſen Zweig ihres Dienſtes dem Forſt⸗
betrieb gegenüber nebenſächlich behandeln und darunter
könnten die Güter leiden. Auch müßte zu dieſem
Zweck die Zahl der Forſtämter um zwei vermehrt wer⸗
den, es warde daher eine Verminderung des Verwal⸗
tungsaufwandes nicht eintreten. Die Grun dlagen für
t
247
efe Befürchtungen find nicht angegeben. Handelte | Beihäftigung der forſtlichen Beamten und Arbeiter.
8 hd darum, ob die Kameraldomänen den Bezirke:
telen der allgemeinen Finanzſtellen gänzlich übertra⸗
gen werden ſollten, fo wären dieſe Bedenken ſicher ge:
rechtfertigt, wie fie voll und ganz für jene 8 5,0 dieſer
Güter Geltung haben, die von dort aus jetzt ver-
woltet werden.
Gegenüber den Forſtämtern liegen die Verhältniſſe
doch ganz anders, und es darf wohl angenommen
werden, daß die genannten Bedenken ausſchließlich bei
der „Wirtſchaftlichen Abteilung“ der Forſt⸗ und Do:
maͤnendirektion obwalten, die Anſicht der „forft:
lichen Abteilung“ aber damit nicht zum Ausdruck
bracht ift. Jedenfalls finden fie in den tatſäch⸗
tden Verhältniſſen und der bisherigen Tätigkeit
der Forſtämter bezüglich der ihnen übertragenen Ra:
meraldomänen keinen Anhalt und halten einer fad:
lichen Prüfung nicht wohl Stand.
Land⸗ und Forſtwirtſchaft beruhen auf den gleichen
wiſſenſchaſtlichen und ſehr verwandten wirtſchaftlichen
Grundlagen. In der Ausübung haben ſie viele Be⸗
rührungspunkte. Wald, Wieſen und Feld liegen in
Baden, namentlich in jenen Gegenden, wo der größte
Rameraldomänenbefig fih befindet, meiſt in bun:
em Gemiſch durd oder in nächſter Nachbarſchaft
ubeneinder. Der Schwerpunkt des Forſtberufs ift
der äußere Dienſt. Der Forſtmann hat daher von
Alen in Betracht kommenden Beamten, die Borftände
ber Domänenämter nicht ausgeſchloſſen, die weitaus
ginfigfte Gelegenheit zur eingehenden und regelmäßi⸗
gen Nachſchau, Beaufſichtigung und Beobachtung der
- Rameralbomanen, feien fie verpachtet, oder im Selbſt⸗
: betrieb, feien es Wieſen, Felder, Torſſtiche oder Fiſch⸗
i ihe, ohne daß dadurch beſonderer Beit: oder Geld-
= aufwand entftfinde. Auch ſtehen ihm eine ganze An:
2 ial wertvoller Kräfte zu feiner Unterſtützung in dieſer
J Aufgabe zur Verfügung. Mit den Landleuten kommt
er jo häufig und nicht nur in der Kanzlei, ſondern in
Beh und Feld in Berührung wie kaum ein anderer Be-
e| mter, Seine Unterbeamten und Arbeiter find alle Klein-
g, luidwirte, die, Gemeinden, deren Waldungen er bewirt⸗
w haftet, zumeift ländliche, und die Landleute mit
y Pauptabnehmer der Walderzeugniſſe. Der Hauptbe⸗
| trieb in der Forſtwirtſchaft, namentlich in der Rhein-
4 tte, wo die wichtigſten felhftbewirtichafteten Domä⸗
$ ngiter liegen, fällt in die Winterszeit, der Wieſen⸗
f betrieb (ausſchließlich folder kommt in Betracht) in
p dalliahr, Sommer und Herbſt, die Zeit der „Wald⸗
d Tue", wo die Forſtämter genügend Zeit haben, fich
wen zu widmen ohne den Forſtdienſt zu ſchädigen.
\ der Biefenbetrieh bildet ſomit eine ausgezeichnete Er:
1" zur völligen Ausnutzung und gleichmäßigen
—
Liegt Forſt⸗ und Kameraldomänenbetrieb in einer Hand,
ſo wird häufig ein Wirtſchaftsunterbeamter genügen, wo
jetzt ein Forſtwart und ein Güteraufſeher, beide nur
zeitweiſe voll in Anſpruch genommen, nebeneinander
wirken, jedenſalls werden ſich die Arbeitsgebiete beſſer
abgrenzen laſſen. Wo bisher keiner der beiden Be⸗
triebe für ſich einen Stamm ftändiger Arbeiter
halten konnte wegen Mangels ſtändiger Arbeits⸗
gelegenheit, wird dies bei vereinheitlichtem Betrieb
möglich ſein. |
Unter ſolchen Verhältniſſen wird jeder unbefangen,
rein ſachlich Urteilende dem Forſtbeamten ſo viel geſun⸗
den Menſchenverſtand, Pflichtgefühl wie Verſtändnis
für die Landwirtſchaft zutrauen, daß er den ihm an⸗
vertrauten Kameraldomänengütern die gleiche Aufmerk⸗
ſamkeit zuwenden wird wie dem Wald. Soweit den
Forſtämtern bisher eine ſolche Tätigkeit zugewieſen
war, haben fie fie gerne übernommen und ſich
ihr mit vollem Eifer und anerkanntem Erfolg gewid⸗
met. Auch die forſtliche Abteilung der Forſt⸗ und
Domänendirekion war von je für eine tunlichſt aus⸗
gedehnte Uebertragung der Kameraldomänen an die
Forſtämter. Und die Regierung ſelbſt hat wohl in
der Vorausſicht, daß die Forſtbeamten zu Nachfolgern
der im Abſterben begriffenen und durch neuzeitige Fi-
nanzbeamte abgelöſten alten Kameralbeamten in der
Verwaltung der Domänen berufen ſein würden, deren
Bildungsgang durch Aufnahme der dazu notwendigen
landwirtſchaftlichen Fächer vervollſtändigt. Die Forſt⸗
beamten fühlen ſich befähigt und berufen die⸗
ſes Amt zu übernehmen und es liegt in keiner Weiſe
an Mangel guten Willens bei ihnen, wenn ſie bis
jetzt in dieſer Richtung nur in dem unvermeidlichſten
Umfang tätig fein dürfen und jede Erweiterung darin
erkämpft werden muß.
Welch außerordentlich hohen Koſtenaufwand die
Selbſtbewirtſchaftung der Wieſen durch die Domänen⸗
ämter erfordert, iſt auf Seite 242 nachgewieſen.
Wenn, wie die Denkſchrift angibt, zum Zweck der vollen
Uebertragung der Kameraldomänen die Zahl der Forſt⸗
aͤmter um zwei vermehrt werden muß, ſo iſt es irr:
tümlich anzunehmen, dieſer Mehraufwand würde die
durch Aufhebung der Domaͤnenämter erzielten Er⸗
ſparungen aufzehren. Der Aufwand für ein Forſtamt
beträgt (Seite 241) 12000 Mk., der für ein Domänen-
amt, ſoweit er der Bewirtſchaftung der Güter zur
Laft zu ſchreiben ift, (Seite 242) 10 700 Mk.
2 weitere Forſtämter erfordern 24 000 Mk., weg:
fielen für 13 aufgehobene Domänenämter 139 100 Mk.
Es bleibt ſomit immer noch die recht anſehnliche Er⸗
ſparnis von 115 000 Mk. E
88*
248
VIII. Wie ift der Bezirksdienſt zweckmäßig zu glic-
dern und wie würde dadurch die Geſamtverwaltung
beeinflußt?
Für die geſamte Forſt⸗ und Domänenverwaltung
gibt es, getrennt nach Verwaltung und Bewirtſchaftung
einerſeits, Kaſſe und Verrechnung andrerſeits, je nur
einheitliche Bezirksſtellen.
Die Verwaltungsſtellen, „Forſt⸗ und Domänen⸗
ämter“, einfacher „Forſtämter“ benannt, werden von
forſtlich gebildeten Oberbeamten geleitet, unter Zuteilung
der erforderlichen Anzahl, mindeſtens eines techniſchen
Hilfsbeamten, „Forſtgehilfen“ aus der Klaſſe der höheren
Unterbeamten. Was ſich zur Zuteilung an dieſe Aemter
nicht eignet, wie die Staatsbrauerei, die Kellerei und
Rebwirtſchaft in Meersburg, werden, ſoweit ſie nicht
als unrentabel abgeſtoßen werden können, beſonders
geordnet und von der Zentralſtelle aus unmittelbar
geleitet. Die Bearbeitung der Kompetenzen und ähn:
licher Laſten mit großer Rechnungsarbeit wird dem
Kontrollbüro dieſer Stelle übertragen.
Die Kaſſe und Verrechnung einſchließlich der Bei⸗
treibungsangelegenheiten beſorgen die „Forſt⸗ und Do⸗
mänenkaſſen“, oder einfacher „Forſtkaſſen“. Dieſe werden
den allgemeinen ſtaatlichen Bezirkskaſſen — Finanzämtern
— angegliedert, ſoweit nötig als beſondere Abteilung
unter einem mittleren Beamten als „Buchhalter“.
Damit wäre die Behandlung des geſamten Domaͤnen⸗
beſitzes nach einheitlichen Grundſätzen durch ſachver⸗
ſtändige Beamte ſichergeſtellt. Der bisherige oft recht
peinlich ſich geltend machende und einer natürlichen
Ordnung hinderliche, gänzlich unbegründete Gegenſatz
zwiſchen Kameraldomänen und Forſtdomänen, zwiſchen
Domänenverwaltung und Forſtverwaltung waͤre end⸗
giltig beſeitigt und damit eine Menge von Umſtänd⸗
lichkeiten und Schwierigkeiten. Die Kaſſen aber wür⸗
den alle jene Vorteile genießen, die mit einer Verein⸗
heitlichung zu einer großen Zahl- und Abrechnungs⸗
ſtelle verbunden find, die überall hin Verbindung und
in jedem Ort ihre beſondere Unterſtellen hat. Das
ganze Zahlungs⸗ und Rechnungsweſen, Verbürgungen,
Beitreibungen, Kreditfeſtſtellungen, Zuſtellungen und
dgl. könnten auf eine neue, ganz weſentlich vereinfachte
Grundlage geſtellt, werden.
Die Wirkung dieſer Neuordnung wird ſich aber
nicht in der Bezirksverwaltung erſchöpfen, ſondern
fih auch auf die Leitung in der Forſt⸗ und Do-
mänendirektion erſtrecken. Die bisher künſtlich noch
aufrecht erhaltene Zweiteilung in eine „Wirtſchaft⸗
liche“ und eine „Forſtliche“ Abteilung mit all den
damit verbundenen Geſchäftshemmungen würde fallen,
an Stelle der jetzigen vier „Jwirtſchaftlichen Refe⸗
renten“ dürfte die Zuteilung eines Finanztechnikers
und vielleicht eines landwirtſchaftlich gebildeten Refe⸗
renten oder Hilfsreferenten, genügen. Letzterer könnte
dann Kellerei und Brauerei bearbeiten, wenn man bir
nicht mit dem Referat für die Salinen zu einem
werblichen“ Referat vereinigen will. Auch wird da
nicht mehr die Notwendigkeit beſtehen, daß ein Hauptleiter
und, neben und unter ihm, ein „ſorſttechniſcher“ Lei
ter vorhanden find. Ein Leiter mit der erforderlicher
Sachkenntnis würde vollſtändig genügen. Mit einer
unmittelbaren Angliederung der Direktion an das Mi⸗
niſterium als „Abteilung für Forſte und Domänen
unter Leitung eines Abteilungsdirektors hätte die Ver⸗
einfachung und Vereinheitlichung den wirkungsvollen
natürlichen Schlußſtein gefunden. |
Daß man auch in Forſteinrichtung, Forſtſtatiſtik
und Forſtvermeſſung erheblich vereinfachen kann, wenn
man fic) auf das wirklich notwendige und weſentliche
beſchränkt und auf alles, was nur nach außen wirkt.
verzichtet, ſei nur nebenbei bemerkt.
IX. Finanzielle Bedeutung dieſer Gliederung.
Der Bedarf an Forſtämtern berechnet fih:
a) für den Forſtbetrieb:
Die mittlere Betriebsgröße eines neuzeitigen Forf
amtes ift (Seite 246) auf 4000 V. b. ha oder eine
Jahresnutzung von etwa 35000 fm, die Größe der
zu bewirtſchaftenden Waldungen im ganzen Land Seite
240) auf rund 270 000 V. b. ha berechnet, die jährliche
Holznutzung beträgt 2 299 000 fm (1918). Bei
ſchematiſcher Durchführung der Gliederung 10
biefen Zahlen wären nötig nach der Fläche 4 000
9 000
229
— 68 Aemter, nach der Nutzung 35 000 77 Aemter.
b) für die Bewirtſchaftung der Kameraldomänen:
Die Denkſchrift der Regierung gibt an, daß dazu zwei
weitere Forſtämter erforderlich ſind.
Hiernach wäre der Geſamtbedarf zwiſchen 70 und
79 Stellen, mehr der unteren Grenze zuneigend, denn
die Nutzung von 1918 war von außergewöhnlicher
Größe. Die einzelnen Forſtämter werden nach Um⸗
fang und Bedeutung immer abgeſtuft bleiben müſſen,
ſchon wegen der Verſchiedenheit in der Leiſtungsfähig⸗
keit der Beamten nach Alter, Rüſtigkeit und Veran⸗
lagung. Alles in allem genommen wird eine Anzahl
von 80 Stellen als ausreichend anzunehmen ſein.
Der Aufwand für eine Stelle iſt zu ſchätzen unter
Berückſichtignng der erweiterten Aufgaben:
— * —— A
— — -
ME.
Gehalt des Vorſtandes (wie bisher) 5 000
Dienſtgebäude (wie bisher) i 3000
1 Forſtgehilfe mit 8 (ne ; 2300 |
Schreibaushilfe (erhöht) 6 l . 400
Sachliche Amtsunkoſten (erhöht). 500
Reiſekoſten, Fuhrwerk, Taggelder uſw. (erhöht) 3800
zuſammen 15000
(bisher 12 000 Mk.)
249
Der Aufwand für die ganze Bezirksverwaltung
ird hiernach betragen:
0 Bezirksſtellen je 15000 Mk. 1200 000 Mk.
zweite Beamte „ 3700 „ 18 700 „
> Aſſeſſoren „ 2 000 „ 30 000 „
zuſammen 1248 700 Mk.
Dabei find die Aufwendungen reichlich angeſetzt.
An zweiten Beamten und Aſſeſſoren ſind nur ſo viele
dorgeſehen, als ſachlich zu Vertretungen, Aushilfen
und als Nachwuchs für die abgehenden Oberbeamten
nötig find. Eine weitere Anzahl folder junger Be:
anten wird, wie bisher, für die Zentralſtelle und die
Forſteinrichtung nötig bleiben, in letzterer allerdings
nach teilweiſer Erſetzung durch Forſtgehilfen.
In Wegfall kommen:
1. Der bisherige Aufwand für die Forſtämter
(Seite 241) mit 1 196 600 Mk.
2. Der bisherige Aufwand für die Domänenämter,
ſoweit er durch deren Beſtehen als ſelbſtſtändige Stellen
und durch die Verwaltung der Kameraldomänen ver⸗
utſacht wird, d. i. (Seite 242):
Mk.
Gehalte für 13 Dienſtvorſtände 72 300
„ 2 Finanzamtmaͤnner 6 050
„ 3 Kulturmeiſter 4 850
Wodnungsgelder ; 1 500
Diener Se e 2 500
Vergütung für 7 Finanzaſſeſſoren 14 000
Tienſtreiſekoſten 14350
Antsunkoſten (¼ des bisherigen Betrags) 5 900
Aufwand für Dienftgebäude . 51 800
zuſammen 173 250
Dabei wird angenommen, daß das geſamte mittlere
_ und untere Beamtenperſonal des inneren Dienſtes zur
Besorgung der Domänenkaſſengeſchäfte bei den Finanz-
+ dmtern erforderlich bleibt.
Künftig fielen ſomit im Ganzen weg
1196600 + 173250 = 1369 850 Mk.
Die neue Bezirksverwaltung koſtet 1 248 700 „
Unmittelbare Erſparnis ſomit 121 150 Mk.
Wird die Folge der neuen Gliederung der Bezirks⸗
dewalfung auch für die Zentralſtelle gezogen, jo kämen
It nach Umſtänden weiter in Wegfall der Aufwand
für zwei Kollegialmitglieder mit zuſammen 16 000 Mk.
Die finanzielle Bedeutung dieſer Neugliederung
lummt aber nicht völlig in dieſer unmittelbaren Gin:
1 barung von rund 137 000 Mk. zum Ausdruck. Denn
i borin find neben den Vereinfachungen und Ber-
| beflecungen, deren Wirkung ſich in feſten Zahlen nicht
$ admeijen läßt, die Mehrkoſten enthalten, die durch die
K IR wie jo unumgänglich notwendige und in Ausſicht
N genommene Schaffung eines Perſonals techniſcher Ge:
L) Men für den Forſtamtsdienſt auch ohne dieje Neu:
y
|
—— — ͤ— — an m LIU a nn —2æ ` — —
ordnung entſtehen würden. Dieſe ſind. auf mindeſtens
50 000 Mk. zu ſchätzen. |
Weiter wird dieſe Vereinheitlichung auch auf ben
Haushalt des Unterrichtsminiſteriums einen unaus⸗
bleiblichen Einfluß nach der Seite der Erſparung ausüben.
Denn mit der Schaffung eines techniſchen Gehilfen⸗
perſonals für die Forſtverwaltung wird der Bedarf an
Aſſeſſoren ſo gering, daß damit die ſelbſt füe den
Wohlwollendſten längſt ſtrittige Frage, ob die forſt⸗
liche Abteilung der techniſchen Hochſchule erhaltungs⸗
fähig und erhaltenswert ſei, zu einer unbedingt ver-
neinenden Löſung kommen muß. Die Forſtverwal⸗
tung bedarf auf längere Jahre überhaupt keinen Zu⸗
gang von Anwaͤrtern und fpdter darf er die Zahl
von 3 bis höchſtens 4 nicht überſchreiten, wenn die
Beförderungsverhältniſſe geſund werden und bleiben
ſollen. Ein eigener forſtlicher Hochſchulbetrieb wird
damit für jedermann erſichtlich völlig unmöglich. Der
bisher darauf verwendete Aufwand von jährlich 40 000
bis 50 000 Mk. wird für andere Zwecke frei.
Als Geſamtwirkung der Neuordnung in finanzieller
Beziehung kann die Minderung der Ausgaben im
Staatshaushalt um etwa 220 000 bis 230 000 Mk.
angenommen werden.
Die heutige Lage verlangt aber neben ſparſamſtem
Haushalt auch, daß die letzten Quellen ſür Vermehrung der
Staatseinahmen aufgedeckt und nutzbar gemacht werden.
In dieſem Sinne iſt darauf hinzuweiſen, daß die
Beförſterungsſteuer, die die Gemeinden und Körper⸗
ſchaften für die Bewirtſchaftung ihrer Waldungen zahlen,
weitaus nicht den dafür erwachſenden Aufwand decken.
Der Staat legt dafür alljährlich (Statiſtik 1913)
244 000 Mk. auf, welcher Betrag zu Unrecht dem
aäͤrariſchen Forſtbetrieb zu Laſten bleibt. Es handelt
fidh faſt durchweg um wirtſchaftlich kräftige Waldbeſitzer,
die eine angemeſſenere Beitragsleiſtung ſehr wohl tragen
könnten. Ferner beanſprucht eine größere Zahl von
Waldbeſitzern die Leiſtungen und die Mitwirkung der
ſtaatlichen Forſtbeamten zu ihrer Betriebsführung in
einem über deren amtliche Verpflichtung hinausgehenden
Umfang. Dieſe Mitwirkung erfolgt auf Grund von
Privatverträgen mit dienſtpolizeilicher Genehmigung.
Es wäre zu erwägen, ob die Forſtverwaltung dieſe
Leiſtungen nicht von ſich aus gegen angemeſſene Ent⸗
ſchädigung an die Staatskaſſe übernehmen ſollte. Den
dafür beanſpruchten Beamten müßte dann eine ent⸗
ſprechende Erhöhung ihres Dienſtaufwandes bewilligt
werden. Leiſtungen für Waldbeſitzer, die in dieſer Weiſe
nicht geordnet werden können, ſollten den Beamten
überhaupt nicht geſtattet werden. Damit würde zugleich
ein mit Recht viel beanſtandeter Uebelſtand, der ſich
kaum noch in einem anderen Zweig der Staatsver—
waltung findet, beſeitigt.
250
X. Durchführung der Nenordnung.
Die Uebertragung diefer Neuordnung in die Wirk:
lichkeit wird nicht einfach fein; es werden ihr eine
Menge von Schwierigkeiten teils ſachlicher, teils perſön⸗
licher Art entgegenſtehen.
„Eng iſt die Welt und das Gehirn iſt weit“.
„Leicht bei einander wohnen die Gedanken“,
Doch hart im Raume ſtoßen ſich die Sachen“.
Vor allem die Perſonalfrage erfordert die vor⸗
ſichtigſte und wohlwollendſte Behandlung. Die Vor⸗
ſtände der 13 Domänenämter find zum größeren Teil
ältere Herrn, die in nächſter Zeit auf dem natürlichen
Weg der Zuruheſetzung abgehen werden. Die übrigen,
wie die im Domänendienſt vorübergehend beichäftigten
Finanzaſſeſſoren finden ohne Schwierigkeit Verwendung
in dem weit verzweigten und beamtenreichen Dienſt
der allgemeinen Finanzverwaltung.
Auch wird es nicht ſchwer ſein nach dem Krieg
eine Anzahl Forſtämter frei zu bekommen. Teils find
ſolche ſchon erledigt, teils werden manche alte Beamte
nur den Frieden abwarten, um in den Ruheſtand zu
treten. Aber es wäre ein bitterer Willkomm für unſere
Aſſeſſoren und Praktikanten bei ihrer Heimkehr aus dem
Feld, wenn fie ihre früher ſchon trüben Anſtellungsausſich⸗
ten noch weiter verſchlechtert vorfänden. Das will niemand.
Und woher ſoll das, zu ihrem teilweiſen Erſatz beſtimmte
jetzt kaum in den allererſten Anfängen vorhandene Perſo⸗
nal der „Forſtgehilfen“ in der nötigen Zahl kommen?
Tafel l.
WeBerfiht über die BaBl und Größen der den ſtaatlichen Jorſtämte
unterſtellten Forſtbetriebe
(nach „die Gemeindeforſtverwaltung in Baden
Nach Größeklaſſen.
Domänenbetriebe
I.
Größeklaſſe
Anzahl
Das Vorgehen kann daher nur ſchrittweiſe erſ
gen. Die Einleitung muß gänzlicher Schluß in
Annahme neuer Anwärter für die höhere Forſtlauf
bahn und der Abbau der Domänenämter ſei
Für die Verminderung der Forſtämter iſt ein Pla
aufzuſtellen, der unter Benutzung jeder ſich bietend
Gelegenheit in einer beſtimmten Reihe von Jahr
durchzuführen iſt. Bis zur völligen Geſundung
Beförderungsverhältniſſe bei den vorhandenen Aſſeſſo
und Praktikanten iſt für jede eingehende Forſtamt
vorſtandsſtelle eine „künftig wegfallende“ Stelle für
einen zweiten Beamten in den Staatshaushalt außzu
nehmen. Die Ausbildung von „Forſtgehilfen“ iſt ſof
in ſolchem Umfang aufzunehmen und mit aller Kra
zu betreiben, daß die Bedienung der Forſtämter mit
ſolchen jo bald als möglich erfolgen kann. Das mir,
allerdings noch manches Jahr währen. Auch während |
dieſer Uebergangszeit findet immerhin noch eine iht!
weſentliche Erſparnis gegen bisher ſtatt.
Laſſen ſich ſo auch nicht alle Härten für den einzelnen
vermeiden, fo werden fie wenigſtens wirtſchaftlich nicht =
allzu einſchneidend, daher erträglich ſein. Auch bieten
ſich vielleicht in dem neuen Deutſchland für unſere
überzähligen Forſtaſſeſſoren andere befriedigendere Ar:
beitsgebiete. Gewiſſe Opfer zur Erhaltung des States
zu bringen muß heute jedermann zu tragen bereit jein.
„Ernſt ift der Augenblick der Notwendigkeit.“
F we eS
1864 und Forſtſtatiſtik 1913,).
Gemeindebetriebe
Anteil nad
Baki Bi
Anteil nach
Fläche | Zahl Fläche | Anzahl
9% | %
FEFE
I. Bwergbetriebe ! =
unter Ihe. . . 2 2 2 2 202. ; | *
/// ͤ / A te a Im
ER N 8 kr
II. Kleinbetriebe Ne.
51—100 h N.
1005200 4. 4 cee 78 wein we 8 | 1023 | 10 1 k
III. ne Mittelbetriebe | I:
201—3800 ha. c
801—400 ,, . ..... ee eee ty
401—500 p ci kw ee 15 | 4896 | 19 5 a
> ee Mittelbetriebe i
501-1000 ha 18 13 337 23 14 |
pe Großbetriebe a
über 1000 hc aaa 87 74 956 48 80 4 *
ufammen . . 78 94 212 | 100
dazu Körperſchaftsbetriebe ge oak
Auf ein Forſtamt entfallen durchſchnittlich 18 Betriebe a ftaatl., 17 Gemeinden).
313 12 400
1
7 — L EF
PA ‚F Fd DI =-
251
II. Nach Landesgegenden.
Domänenbetriebe Gemeindebetriebe
| Mittlere
Anzahl Größe
ba
Landes gegend
Bodenſeegegend ; 87
Donaugegend . 220
Schwarzwald . 205
Schwarzwaldvorberge 157
Oberes Rheintal. =
Unteres Rheinthal . 269
Bauland 158
Odenwald TER 236
Im ganzen Land 174
Dazu Körperſchafts betriebe 803 41
Tafel I.
Ueberſicht über die Gruppen der größten und der kleinſten Forſtbezirke in Baden.
Waldfläche in ha | Baht Waldfläche] Dirtſch. 1918
02 For ſt amt Ge⸗ 5 in Nutzun Kult
; Eigen- g Kult.
Domänen meinden duſammen A er V. b. ha îm. ha
7 Bon ben größten
“1 | Bonndorf . . ......... 2887 2479 5 316 14 4 390 50 874 50
2 | Geifingn . 2. 2 we — 5 040 5 040 28 3 860 27 41b 91
Todtn uu — 4536 4 586 18 8 024 29 265 14
"4168 Blaſ ien u 8578 919 4497 9 4101 35 708 14
5 Schönau WW. l M 4149 4480 32 8 107 33 878 51
6 Forbach II. ......... ] 4801 = 4 801 1 4801 48 722 7
7 Pforzheim 2 639 2175 4814 9 4 089 86 423 31
9 Philippsburg 3409 | 1567 | 8097 | 11 4514 27 414 69
MB Bruchſalall. ] 3990 — 3 990 1 8 990 27 266 96
il Eberbac eee — 5 084 5034 17 8 856 16 000 69
| Die kleinſten
1 |Martborf . . ..... nen 600 658 1 258 40 1 085 10 405 14
2 | Ueberlingen 2... 2... 2... 115 1 655 1770 | 22 1 218 19 145 22
83 [Pfullendorr . — 2 724 2 724 81 1816 28 007 60
-~ á Todtmoos. [ 1881 617 2 498 16 2 292 20:552 12
d | St Märgen 1 452 727 2179 8 1 917 14 345 16
6 Jeſtetten . 585 2217 2801 | 20 2 068 15018 6
1 | RHeinbifhofsheim . . .... 456 2 806 2 762 20 1891 18 091 38
8 Mannheim 245 1 959 2 204 5 1751 11 254 30
9 Eppingen 77 3 482 2559 | 16 1 782 11 051 14
10 | Nedar-Bifhofsheim. . . 2... = 2472 2472 | 20 1 648 10 694 13
ll | Gerlachs heim 368 2 508 2 870 88 2 085 12 642 80
12 | Tauber-Bifhofshem . . . . . . . 110 2 435 2845 | 25 1 688 9 589 26
3 | Schönau iN.. 2 2222 831 1 768 2594 | 14 2 006 8 970 55
4 Werthein eam | - 3129 3129 | 32 2 126 8 181 88
Das größte ftädt. Forftamt Freiburg — 3 624 3 624 1 8 624 27 000 32
Waden f Forſtämter Todtmoos, St. Märgen und Schönau iM. find aus Abtrennung von anderen, als zu groß erachteten
en wor egangen. Mannheim iſt durch Ausſcheidung größerer Flächen aus dem Waldverband zuſammengeſchrumpft.
Sein Bet Forſtamtsvorſtand von Eberbach verwaltet nebenbei noch etwa 1 800 ha Großherzogliche Privatwaldungen.
e detriebsfläche ift ſomit 5156 ha, feine Nutzung etwa 35 000 fm.
denz Jobe II hat nur Genoſſenſchaftswald, an dem das Domänenärar weſentlich beteiligt iſt und der daher wie
anenwald verwaltet wird.
a
252
Bemerkungen zu vorſtehendem Auffabe.
Von Dr. Wimmenauer.
Der Gedanke des geehrten Herrn Kollegen, daß
die Staatsverwaltungen nach Beendigung des Krieges
doppelte Veranlaſſung haben werden auf Erſparniſſe
hinzuwirken, iſt ohne allen Zweifel richtig. Das wird
überall nicht anders ſein und es erſcheint daher gewiß
gerechtfertigt, dieſen Gedanken näher auszuführen.
Wenn dies hier mit beſonderer Berückſichtigung der Ver⸗
hältniſſe im Großherzogtum Baden geſchieht, ſo wird
auch außerhalb dieſes Landes dem Intereſſe der Leſer
unſerer Zeitſchrift damit gedient ſein. Und es wäre
für die Redaktion nur höchſt erfreulich, wenn ſich eine
ausgiebige und vielſeitige Beſprechung der hier ange⸗
regten Fragen daran knüpfen würde.
Für meine Perſon möchte ich gegen einzelne Punkte
Bedenken aͤußern.
rühmen; denn von den 20 Jahren meiner praktiſchen
Tätigkeit habe ich mehr als 15 in ſtandesherrlichem
Dienſte zugebracht; hier bin ich faſt ganz ohne Schreib⸗
hilfe ausgekommen und habe mich auch nicht un⸗
glücklich gefühlt, wenn ich oft ſtundenlang mechaniſche
Arbeiten zu verrichten hatte. Freilich war ich anderer⸗
ſeits inſofern im Vorteil, als ich mir meine Dienſt⸗
inſtruktion ſelber machen durfte und dabei ſelbſtver⸗
ſtändlich alle irgend überflüſſigen Schreibereien vermied.
In dieſer Hinſicht dürfte, wie ich annehmen möchte,
auch im Staatsdienſt an manchen Stellen eine beſſernde
Hand anzulegen ſein.
Ein Punkt fordert m. E. in erſter Linie den
Widerſpruch heraus. Das iſt die von Forſtrat Könige
ausgeſprochene und konſequent durchgeführte Anſicht,
daß die Bewirtſchaftung der Kommunalwaldungen dem
Oberförſter nur / der Arbeit verurſache, die ein
Domaͤnenwald von gleicher Größe erfordert. Die hier:
nach durchgeführte Flächenreduktion auf „Vollbetriebs⸗
Hektare“ (V. b. ha) führt nach meiner Ueberzeugung
zu fehlerhaften Schlüſſen. Und in dieſer Hinſicht darf
auch ich mir ein Urteil erlauben; denn die beiden ſtaat⸗
lichen Reviere in Heſſen, die ich zeitweiſe ſelbſtändig
zu verwalten hatte, beſtanden zum größten Teil aus
Gemeinde⸗Waldungen. Dabei hatte ich das Glück,
mit allen Gemeindebehörden auf gutem Fuße zu ſtehen,
was bekanntlich nicht immer und überall der Fall iſt.
Aber verurſacht denn nicht gerade die Zerſplitterung
des Waldbeſitzes in zahlreiche Wirtſchaftseinheiten und
der unvermeidliche ſchriftliche Verkehr mit deren Be⸗
ſitzern eine Menge von Arbeiten, die der Verwalter
eines großen Domanialbezirks gar nicht kennt? In
Baden beträgt die Durchſchnittsgröße der Gemeinde⸗
Allerdings kann ich mich lang: |
jähriger Erfahrung im ſtaatlichen Forſtdienſte nicht
—— — ——
— — r c —
a a d T—T— MTT. — . —
waldungen nach der Tabelle am Schluß des Artikels
174 ha. Welcher Oberförſter würde wohl ein Revier
von 20 ſolchen Einheiten einem Staatswaldbezirk von
35 00 ha vorziehen? Unterläßt man aber die Re
duktion auf V. b. ha, fo bleibt als Durchſchnittsgröße
der badiſchen Forſtämter eine Fläche von
I = rund 3600 ha.
Würde nun (wie in Heffen) die Verwaltung der Kameral⸗
domänen (16 390 ha) den Forſtämtern auch noch über:
tragen — das tft ja von Herrn K. vorgeſchlagen —,
jo bliebe die Durchſchnittsgröße eines Verwaltungsbe⸗
zirks nur wenig hinter 4000 ha zurück. Das ift m.
E. reichlich genug und alſo wohl kaum ein ausreichender
Grund vorhanden, die Stellenzahl weiter auf 80 zu
vermindern.
Für mich liegt natürlich die Vergleichung mit
Heſſen beſonders nahe. Hier betraͤgt nach der neueſten
Zuſammenſtellung die Geſamtſumme der Verwaltungs⸗
objekte von 83 Oberförſtereien 184 426 ha, alfo deren
Durchſchnittsgröße 2222 ha. Wollte man dieſe wie
in Baden auf 3 600 reſp. 3765 ha erhöhen, fo blie-
ben nur etwa 50 Stellen übrig. Diele Zahl dürfte
weder in den Kreiſen der Regierung noch in den
Ständekammern von irgend einem Sachverſtändigen
für ausreichend erachtet werden. Denn man würde
damit den derzeitigen Ausnahmezuſtand, wobei während
des Krieges zahlreiche Oberförſter 2 Reviere zu ver⸗
walten haben, zum normalen und dauernden machen.
Am Schluſſe ſeiner Ausführungen glaubt Herr
Kollege K. darauf hinweiſen zu ſollen, daß zwiſchen
den Lebensbedürfniſſen der beſtehenden forſtlichen Hoch⸗
ſchulen und einer geſunden Weiter⸗Entwicklung der
Verwaltungs⸗Organiſation eine beſſere Harmonie als
ſeither anzuſtreben wäre. Der gleiche Gedanke iſt ſchon
ſeit Jahrzehnten gerade in den Kreiſen der Hochſchulen
zum Ausdruck gekommen; deren Anzahl wäre zu ver⸗
mindern, der Ausbau der verbleibenden zu vervoll⸗
kommnen. Gerade hier in Gießen haben nacheinander
Heß, ich ſelbſt und zuletzt Kollege Weber darauf hin⸗
gearbeitet. So wie jetzt, nach Aufhebung der Forſt⸗
akademie Eiſenach, die Verhältniſſe liegen, würde m. E.
eine forſtliche Hochſchule für Mitteldeutſchland, d. h.
Heſſen und die thüringiſchen Laͤnder, und eine für
Süddeutſchland exkl. Bayern, alfo Württemberg, Ba-
den und Elſaß-Lothringen, dem Bedürfnis entſprechen
Die erſtere dürfte namentlich dann unentbehrlich werden,
wenn Preußen — wie Herr Kollege K. annimmt —
ſich dazu entſchließen ſollte, die eine ſeiner beiden Forſt⸗
akademien aufzuheben und dann die verbleibende (hoffent⸗
(ih!) mit einer Univerſität zu vereinigen. Für die
253
itteldeutſche forſtliche Hochſchule würde dann Gießen
Weiteren Beiträgen zu den hier berührten in⸗
ich ſeiner Lage und geſchichtlichen Entwickelung wohl
t gegebene Ort fein.
terefjanten Fragen ſieht die Redaktion d. Bl. gern
entgegen.
Literariſche Berichte.
Streifzüge durch Wald und Flur. Eine An⸗
leiiung zur Beobachtung der heimiſchen Natur in
Monatsbildern. Von weil. Bernhard Landsberg.
Fünfte Auflage, vollſtändig neu bearb. von Dr. A.
Günthart und Dr. W. B. Schmidt. Mit zahl
reihen Originalzeichnungen und Abbildungen. Leip⸗
zig und Berlin. Druck und Verlag von B. G. Teub⸗
ner. 1916. In Originaleinband gbdn. Mk 5,40.
Dem Landsberg'ſchen Buche liegt der Gedanke zu
Grunde, mit dem Unkundigen an die verſchiedenen von der
Natur im Wechſel der Jahreszeiten gebotenen Bilder
deranzutreten, ihm zu deuten, was er ſieht und ihm das
einzelne tieriſche oder pflanzliche Lebeweſen, ſowohl mit
ſeinen von der Syſtematik gefaßten Eigenſchaften, wie
auch mit ſeinen Anpaſſungseinrichtungen an die Um⸗
gebung vorzuſtellen. In richtiger Würdigung des Lehr:
weckes des Buches haben die Verfaſſer der neuen
Anlage das Hauptgewicht auf die zuletzt genannten
biologiſchen Eigenſchaften gelegt. Im Rahmen feiner
Umgebung, als Teil der jeweils von der Natur oder
auch vom Menſchen bedingten Genoſſenſchaft gewinnt
das Einzelweſen erſt Wert und Leben; mit dem
Rennenlernen feines Rüſtzeuges für den Kampf ums
lan wächſt das Intereſſe an ihm und feſtet ſich
die Erinnerung an ſeine Formen.
Entgegen der bisherigen Verteilung des außeror⸗
denllich reichen Stoffes auf 3 Jahreskurſe entrollen
-f die Verfaſſer zwölf Monatsbilder in der Jahreszeiten⸗
ge vor dem Lefer. Jedes Bild umfaßt Exkurſionen
in den Wald, ins Flußtal, auf die Wieſe, ans Fluß⸗
okt Seeufer, auf die Oedung uſw. Und was da
qint und blüht, kriecht und fliegt, das muß Rede
und Antwort ſtehen auf die Frage nach woher und
wohin, muß ſeine äußeren und inneren Eigenſchaften
aufdecken und muß fih ausweiſen nach Daſeinszweck
wd Daſeinserfüllung. In buntem Wechſel folgen fih
botanifche und zoologiſche Schilderungen. Ueberall
m Halt gemacht, um den Lernenden auf die alltäg:
ichen Erſcheinungen des Tiers und Pflanzenreiches
| Iingumeifen und um ihn mit ihren Eigentümlichkeiten,
hun meiſt fo wenig bekannten und doch fo hodin-
tefionten Beziehungen zur Ummelt, fowie mit ihren
Einrichtungen zur Erhaltung der Art vertraut zu
. „en ſtillen Volke der Pflanzen iſt hier der
u . OO e
f
größere Raum zu Verfügung geftellt worden; der Bo⸗
taniker hat den Grundbau des Buches geliefert.
Das eine Fülle von Anregungen bietende, vorzüg:
lich geſchriebene Buch ſoll zunächſt dem Anfänger und
zum Selbſtunterrichten dienen. Faft wil es uns ſchei⸗
nen, als ob es hierfür des Guten zu viel böte. Wenn
auch, wie im Vorwort geſagt, die Verfaſſer darauf
bedacht geweſen ſind, die Stoffülle der früheren Auf⸗
lagen zugunſten vertiefterer Behandlung einzelner For⸗
men und Erſcheinungen einzuſchränken, ſo birgt das
Buch doch noch eine ſo große Menge von Fragen und
berührt ſo viel Richtungen und Ergebniſſe naturwiſſen⸗
ſchaſtlicher Forſcherarbeit, daß die Darſtellung des
Elementaren hinter manchen nur dem Gereifteren voll⸗
kommen verſtändlichen Streiflichtern zurücktreten muß.
Dem Zwecke des Anfaͤngerunterrichts ſcheint es uns
auch nicht förderlich, daß die Betrachtung zuſammen⸗
gehöriger Fragen bezw. Darſtellung der Entwicklung
des einzelnen Lebeweſens hin und wieder nicht im Zu⸗
ſammenhang, ſondern, dem Aufbau des Buches ent⸗
ſprechend, in verſchiedenen Abſchnitten erfolgt.
Wir möchten deßhalb, ohne damit eine Minder⸗
einſchäͤtzung feines Wertes andeuten zu wollen, das
Buch lieber als höchſt genußreiches Repetitorium für
den Kenner bezeichnen und möchten es aus dieſem
Grunde gerade dem Forſtmann ganz beſonders warm
empfehlen. Ihm treten die in dem Buche in bunter
Reihe genannten und behandelten Geſtalten des Tier⸗
und Pflanzenreiches tagtäglich vor Augen, er kennt
ihre Namen, und ihr Charakterbild iſt ihm ſeiner Zeit
im Hörſaal oder auf der Lehrwanderung von kundiger
Seite dem Stande der damaligen Erkenntnis entſprechend
geſchildert worden. Vieles von dem, was in der Aus⸗
bildungszeit zum Beſtandteil des erforderlichen natur—
wiſſenſchaftlichen Wiſſens wurde und was unvergeßlich
ſchien für alle Zeiten, hat das ſpätere Berufsleben mit
ſeinen anders gearteten Gedankenrichtungen aus der
Erinnerung weggewiſcht und das zu Auffriſchung ver:
blaſſender Bilder befähigte Lehrbuch hat gefehlt, oder
iſt ungeöffnet geblieben. Da ſind die vorliegenden
„Streifzüge“ wie geſchaffen, alte Kenntniſſe wieder auf⸗
leben zu laſſen und die Verbindung mit den kleinen
Gebilden der Natur wieder herzuſtellen. Als äußerſt
brauchbarer Leitfaden für die Vorbereitung und erfolg:
34
EL oe —E——— — — 2
254
reiche Geſtaltung von Lehrausflügen empfehlen wir
das mit zahlreichen neuen Originalen bezw. guten
Abbildungen des Teubner'ſchen Verlags reich ausge:
ſtattete Buch in erſter Linie allen mit der Ausbildung
forſtlichen Nachwuchſes fih beſchaftigenden Wirtſchaſtern.
In deren Hand ſcheint es uns ebenſo ſehr am richtigen
Platze zu ſein wie in der Hand des Lehrers, dem die
Aufgabe obliegt, die heranwachſende Ingend in die
Schönheiten der Natur einzuführen. R. Beck.
Reſultate der Forſtverwaltung im Regie:
rungsbezirk Wiesbaden. Jahrgang 1914. Her⸗
ausgegeben von der Kgl. Regierung zu Wiesbaden.
Druck und Verlag von P. Plaum, Wiesbaden, 1905.
Der Flächeninhalt der Forſten beträgt: 288 473 ha
(1,5 ha weniger wie i. J. 1913), darunter 53 651 ha
Staatswald (2,6 ha mehr wie i. J. 1913).
Der Naturalertrag betrug im Staatswalde pro
ha Holzboden: 4,6 Fm Derbholz und 1,3 Fm Reiſig
und Stockholz, zuſammen 5,9 Fm. Von dem Ge:
ſamteinſchlage entfallen auf Derbnutzholz 27.8%, auf
Reiſernutzholz 1,2%, auf Derbbrennholz 40,6%, auf
Stockholz 0,3%, auf Brennreiſig 30,1%. Im Ge:
ſamtderbholz find an Nutzholz enthalten 38%. Der
Anfall an Eichenlohrinde betrug 22 306 Ztr. gegen
24 474 Btr. im Vorjahre.
Der Geldertrag belief ſich im Staatswalde pro
ha der Geſamtfläche auf 53,88 Mk., darunter Rob:
einnahme für Holz 90,8% der Geſamteinnahme
= 50,49 Mk. pro ha Holzboden; die Roheinnahme für
Nebennutzu ungen auf 4,7% der Geſamteinnahme
= 2,51 Mk. pro ha der Geſamtfläche.
Die Geſamtausgabe betrug 36,09 Mk. pro ha
der Geſamtfläche.
Die Werbungskoſten betrugen 30,5% der Ge⸗
ſamtausgabe; die Kulturkoſten 8,1% der Ausgabe;
die Koſten der Gelderhebung 2% der Ausgabe.
Der Reinertrag betrug 17,70 Mk. pro ha der
Geſamtfläſche gegen 14.01 Mk. im Vorjahre.
Das Nutzholz erzielte einen Durchſchnittspreis
von 14,31 Mk. für das Feſtmeter, das Brennholz von
6,12 Mk; der Durchſchnittspreis für 1 Fm des Ge⸗
ſamtanfalls hat 8,57 Mk. betragen.
An Kulturgeldern, ausſchließlich Wegebau und
Unterhaltung, find je ha Holzbodenfläſche 1,45 Mk.
verausgabt worden; hiervon betrug der Geldaufwand
für eigentliche Kulturen 43,85%, für Anlegung und
Unterhaltung, von Pflanzkämpen 27.61% der Geſamt⸗
ausgabe.
An Wegebaugeldern find pro ha Holzboden⸗
fläche 1,56 Mk. ausgegeben worden.
Der Geſamtaufwand für Kulturen und Wege zu—
fammen belief ſich pro ha Holzboden auf 3,01 Mk.
—— ———— ͤͤœ————
Die Größe der Schälwaldabtriebsfläche betru
358 ha mit einem Ertrage von 62 Zentnern pro bag
und einem Gelderlös von 103 Mk. je ha. Der Zenit
ner Lohrinde brachte 1,66 Mk. bei einem Schälerlohn
von 2,04 Mk.
Die Einnahmen aus der Jagd beliefen ſich a
6597 Mk.
In den Staatsforſten waren 6752 Arbeiter
ungefähr 221347 Arbeitstagen beſchäftigt. Es wu
den 118 Unfälle angemeldet, von denen 10 eine
längere als 13 Wochen dauernde Ermwerböbteins l
traͤchtigung zur Folge hatten.
Gegen Krankheit waren alle Arbeiter verſich
Die Zahl der Waldbrände belief ſich 25
darunter 6 im Staatswalde. E
Die wirtſchaftlichen Fragen der Zeit. Von
Oekonomierat Dr. phil. h. c. Hoeſch, Mitglied!
des Hauſes der Abgeordneten. Verlag von Reimar
Hobbing in Berlin. 1916. Preis: 1,20 Mk.
Zweck der Schrift iſt die Beſeitigung des Mißver⸗
ſtändniſſes zwiſchen Konſumenten und Produzenten von
Nahrungsmitteln. Verfaſſer ſchildert den bewunderns⸗
werten Aufſchwung unſerer Induſtrie während des
Krieges und weiſt darauf hin, wie auch die Landwirt⸗
ſchaft allen berechtigten Anforderungen gerecht gewor⸗
den jet. Er ſchildert ihren glänzenden Aufftieg, ihre.
alle anderen Ländern überragende Stellung, ihre:
Leiſtungen für unſer Durchhalten im Kriege und gibt
beachtenswerte Winke für eine künftige erforderli
wirtſchaftliche Kriegsvorbereitung.
Der Inhalt der Hoeſch'ſchen Arbeit zerſällt in
folgende Hauptabſchnitte: das Mißverſtehen; die deut:
ſche Induſtrie; die deutſche Landwirtſchaft; die land⸗
wirtſchaftliche Arbeitsweiſe während des Aufſtiegs; die
Zeit der Prüfung; Intereſſengemeinſchaft der Erzeuger
und Verbraucher von Nahrungsmitteln; die landwirt⸗
ſchaftliche Produktion während der Kriegszeit; der Pro⸗
duktion zuwider; Rartoffelverforgung im Kriege und
andere Ernährungsfragen; deutſche Organiſationskunſt;
Ausblick.
Die Schrift verdient weiteſte Verbreitung. Wir
vermiſſen in derſelben einen Hinweis auf die große;
Hilfe, die der Wald der Landwirtſchaft während des
Krieges durch Hergabe ſeiner vielen Nebennutzungen
geleiſtet hat. E.
Geiſenheimer Mitteilungen über Obst: und
Gartenbau. XXXI. Jahrgang. Gründer: Lan:
des-Oekonomierat R. Goethe. Schriftleiter: Kgl.
Garteninſpektor E. Junge. Verlag von Rud. Bech⸗
told u. Comp., Wiesbaden. Preis: 1,75 Mk. jahrlich.
Die Geiſenheimer Mitteilungen für Obſt- und Gar:
255
tenbau erſcheinen monatlich in einem Heftchen. Die-
ſelben ſind geeignet, vielen Beſitzern von Aeckern und
Gätten gerade in der gegenwärtigen Zeit, wo auf eine
möglichſte Ausnutzung und möͤglichſt intenſive Bewirt⸗
ſcaftung Bedacht genommen werden muß, ein will:
lommener Ratgeber zu fein.
Das vorliegende Heft enthalt Auſſätze über: Ge⸗
müſebau im Kriegsjahre von Obergärtner Schlegel⸗
Ceftrih, Bepflanzung von Nordwänden von A. Mod:
Geiſenheim, Schädlingsbekaͤmpfung durch Vogelſchutz
don A. Traulſen⸗Wiesbaden; Warum eignen ſich
zugige Höhen nicht für den Obſtbau?; Zum Anbau
der Zwiebel, die Kartoffel und Dörrprodukte u. a. m.
l E.
Natgeber⸗Bibliothek. Mein Sonntagsblatt.
L. V. Enders'ſche Kunſtanſtalt, Neutitſchein.
l. Kaninchenzucht für den Haushalt. Mit 60
Abbildungen. Von Friedr. Fürſt, landw. Fachlehrer.
Preis: 75 Pfg.
Die Nutzeigenſchaften des Kaninchens, die verſchie⸗
denen Raſſen, die Zuchtrichtung, die Stallungen, die
Zucht, die Fütterung, die Maſt, das Kaſtrieren, die
Krankheiten, das Schlachten, das Abbalgen, die Fell-
vermertung werden eingehend erörtert und durch Ab:
bildungen veranſchaulicht.
Jetzt, wo es darauf ankommt, in kürzeſter Zeit
nöglichſt viel Fleiſch zu erzeugen, wird dieſes Büchlein
ſcherlich viele Abnehmer finden.
*. *
*
2 Die feine Kaninchenküche. Ueber 50 Rod:
dorſchriften, zumeiſt auf öſterreichiſche Art. Von Käthe
Roch⸗Nicolai. Preis: 25 Pfg.
Bri
Aus Preußen.
Einsammeln von Brennesseln.
Da der Krieg die Einfuhr von Hanf und Baum:
wolle fajt vollſtändig unterbunden hat, folen nach
einem Erlaſſe des Miniſters für Landwirtſchaft, Do:
månen und Forſten alle im Inlande vorhandenen ver:
ſpinnbaren Pflanzen genutzt werden. Dazu gehört
auch die Brenneſſel, deren Faſer nach einem neuen,
don einer deutſchen Firma gefundenen Verfahren ver⸗
arbeitet werden kann. Die Faſerausbeute beträgt etwa
io der trockenen Neſſelſtengel Die Bildung einer
Rriegsgeſellſchaft zur Sammlung und Verwertung der
Bunneſſel ift im Gange. Die Landräte werden ange:
wvieſen, das Einſammeln der Brenneſſeln zu regeln
Da die meiſten Hausfrauen und Köchinnen der
Zubereitung des Kaninchens ziemlich fremd gegenüber⸗
ſtehen und die meiſten Kochbücher keine oder nur
wenige Rezepte für deſſen Zubereitung enthalten, wird
auch dieſes Schriftchen bei vielen eine freundliche Auf⸗
nahme finden.
* *
*
3. Landwirtſchaftliche Fürſorge während
und nach dem Kriege. Von einem Freiagrarier.
Preis: 25 Pfg.
In zwei Abſchnitten werden 1. die landwirtſchaft⸗
lichen Fürſorgemaßnahmen während des Krieges und
2. die landwirtſchaſtlichen Friedensmaßnahmen be⸗
ſprochen. E.
Kaninchenzucht. Praktiſche Ratſchläge für An-
fänger von einem erfahrenen Züchter mit einer An⸗
zahl billiger, gutbewährter Kaninchenfleiſch⸗Rezepte.
Von Fr. R. Paulus. Druck und Verlag von
Erich Spandel⸗Nürnberg. Preis: 25 Pfg.
Die Kaninchenbeſchaffung, die billige und zweck⸗
mäßige Unterbringung, die Deckung, Aufzucht und
Kreuzung, die rentable Zucht im Gegenſatz zur Sport⸗
zucht, die Kaninchenraſſen, die Fütterung, die Krank⸗
heiten und deren Behandlung, die Schlachtarten und
Fellverwertung, die Verwendung und Zubereitung
des Kaninchenfleiſches werden erörtert und eine große
Anzahl von Rezepten für dieſe gegeben.
Mit Rückſicht auf die derzeitige Fleiſchnot 11
manchem dieſes billige Büchlein willkommen jein.
E.
ie fe.
und eine möglichſt große Menge für die Vermehrung
des heimiſchen Vorrates an ſpinnbaren Faſern undzan
Geweben nutzbar zu machen. Auf Grund der bei der
Einſammlung des erſten Brenneſſelſchnittes gemachten
Erfahrungen fol ſpäter die Aberntung ‚des zweiten
Schnittes geregelt werden.
Für das Einſammeln wird folgende Anweiſung ge⸗
geben:
1. Zu ſammeln iſt nur die brennende langſtielige
Brenneſſel (Urtica dioica). Die krautartige, ver⸗
äftelte, niedrige Brenneſſel iſt nicht zu ſammeln.
2. Der günſtigſte Zeitpunkt zum Ernten iſt die
Zeit nach vollendeter Blüte, beginnend Ende Juni.
Auch ſpäter geſammelte Brenneſſeln ſind noch .
256
3. Die geernteten Stengel müſſen eine Länge von
mindeſtens 50 cm aufweiſen. Kürzere Stengel find
nicht zu ſammeln, da ſie für die Faſergewinnung
wertlos ſind.
4. Die Stengel ſind unmittelbar über dem Boden
abzuſchneiden; dürfen nicht ausgeriſſen werden. Das
Abſchneiden erfolgt am beſten mit einem Meſſer oder
einer Sichel, bei großen Beſtänden mit einer Senſe.
5. Zum Schutze gegen das Brennen wird die Ver⸗
wendung von Handſchuhen aus irgendwelchen Stoffen
empfohlen. Kurze Zeit nach der Ernte brennen die
Pflanzen nicht mehr. |
6. Ein Zerreißen oder Zerbrechen der Stengel ift
unter allen Umſtänden zu vermeiden, beſonders iſt dies
auch bei dem Packen in Bündel oder Garben zu be⸗
achten.
7. Die abgeſchnittenen Brenneſſeln ſind, wenn ſie
nicht am Gewinnungsorte liegen bleiben können, in
Bündel zu packen und an geeigneten Stellen zum
Trocknen dünn auszubreiten. Die Stengel müſſen
gut getrocknet werden, weil ſie ſonſt in kurzer Zeit
unter Wärmeentwicklung zu faulen beginnen. Faule
Stengel ſind für die Faſergewinnung unbrauchbar.
Die genügende Trocknung iſt erreicht, wenn die Blätter
ſich leicht abſtreifen laſſen.
8. Nach dem Trocknen ſind die Blätter, etwaige
Seitenäſte und die Köpfe zu entfernen. Hierzu wird
je eine handvoll Stengel durch eine Art Kamm hin⸗
durchgezogen. Der Kamm wird zweckmäßig dadurch
hergeſtellt, daß in eine etwa 1,5 m lange Latte kräftige
Nägel in einem Abſtand von je 1,5 cm eingeſchlagen
werden. Die Latte iſt danach zur Vereinfachung der
Entlaubungsarbeit vor dem Gebrauch an einem Baum
oder Balken zu befeſtigen.
9. Die entblätterten Stengel ſind ſorgfältig geord⸗
net in Bündel oder Garben zu binden.
10. Die Abnahme erfolgt an der, dem Gewinnungs⸗
orte nächſtgelegenen Eiſenbahn⸗ oder Schiffsverladeſtelle
durch einen Beauftragten des Landrats zu den von
ihm bekannt gegebenen Zeiten.
11. Für entblätterte und ſorgfältig gebündelte
Brenneſſelſtengel werden 10 Mk. für 100 kg bezahlt.
12. Die verbleibenden Blätter und Köpfe ſind
wertvolles Viehfutter und haben den gleichen Wert
wie gutes Heu.
Aus Württemberg.
Der Anbau der Brennessel im Walde.
Von Forſtmeiſter Dr. Schinzinger, Hohenheim.
Zur Zeit wird der Anbau der Brenneſſel auf
ertragloſen Flächen im Walde, Felde, auf den Dämmen,
Böſchungen und Auffüllplätzen unſerer Eiſenbahnen
uſw. warm empfohlen.
Aus dem heute ſchwer gehaßten Unkraut wurd
im Mittelalter ein durch feine Zartheit bekanntes G
webe geſponnen, das unter dem Namen „Neſſeltuch
fortlebt.
In neueſter Zeit ſoll es der Technik wieder gelungen
ſein, die in der Rinde der Brenneſſel enthaltenen Fale:
auszuſondern und zum Verſpinnen geeignet zu machen.
Nun ſoll den Fabriken das geeignete Rohmaterial
in genügender Menge zur Verfügung geſtellt und zu
dieſem Zwecke einmal die wild wachſende Brenneſſel
in ſchattigen Wäldern, an Hecken, Zäunen, auf alten
Shutt: und Kompoſthaufen, an Bächen mit ſchlammigen
Ufern geſammelt und getrocknet, des weiteren auf oben
genannten ertragloſen Flächen neu angebaut werden.
Da über Brenneſſelkultur praktiſche Erfahrungen
bis jetzt kaum vorliegen, wurde in dieſem Frühjahr
auf dem Verſuchsfelde der Kgl. landwirtſchaftlichen
Hochſchule Hohenheim ein Anbauverſuch eingeleitet.
Der Acker erhielt eine normale gründliche Boden:
bearbeitung, wurde mit 440 dz Stall miſt je 1 ha gedüngt
und auf 15 em Tiefe unterpflügt, beides im lebten
Winter.
Vor dem Auspflanzen der aus den Rhizomen wild
wachſender Brenneſſeln im März gewonnenen 15 em
langen Stecklinge wurde die Fläche mit der Egge tüchtig
gelockert und jene hierauf mit dem Markor in den geeggten
Boden in ca. 8 em tiefen Rillen mit 30 em Entfernung
gelegt. Nach der Pflanzung der Stecklinge wurde die
Fläche gewalzt und die Erde dadurch feft an die Sted-
linge gedrückt.
Dieſe Aufmerkſamkeit, wie man ſie auch landwirt⸗
ſchaftlichen Nutzgewächſen nicht beffer angedeihen läßt,
war von einem günſtigen Erfolg micht begleitet. Die
Anlage bildet zur Zeit einen ſehr dünnen lückenhaften
Beſtand, der im heurigen Jahr keinen irgendwie nennens⸗
werten Ertrag an Stengeln verſpricht. Vielleicht wird
man bei künftigen Anlagen darauf zu ſehen haben, nur
die Kopfſtücke der unterirdiſchen Rhizome als Stecklinge
zu verwenden, weil nur an dieſen junge Knoſpen ſiten.
Jedenfalls läßt ſich erkennen, daß im erſten Jahre
der Pflanzung nur eine ganz kleine Ernte zu erzielen
iſt und daß vielleicht erſt vom zweiten oder dritten
Jahre ab auf die volle Ernte gerechnet werden kann,
ſofern die Brenneſſel überhaupt unter den Derhält:
niſſen des Feldbaues entſprechende Erträge zu liefern
vermag. Bekanntlich gibt der der Neſſel nahe ver:
wandte Hopfen im erften Jahre einen ganz Heinen
Ertrag in Form des fog. Jungfernhopfens.
Die Vermutung liegt nahe, daß ein Brenneſſel⸗
Anbau auf Oedflächen innerhalb des Waldes bei den
weniger günſtigen Boden- und Bearbeitungsverhält:
niſſen noch weniger Erfolg haben wird. .
Wir finden die wildwachſende Brenneffel nicht auf
-a —
257
mageren, trockenen, ſandigen Böden, ſondern nur auf
Stellen, wo größere Humusmengen vorhanden ſind,
wo organiſche Maſſen, beſonders altes Holz, Baum⸗
rinde, Laub, Schlamm u. ſ. w. der Verweſung unter⸗
liegen. Demgemaͤß paßt fie weder auf Oedland, noch
auf Dämme und Böſchungen der Eiſenbahnen.
Der Landwirt wird, folang nicht wirklich brauch⸗
bare und zuverläffige Erfahrungen über den feldmäßigen
Anbau dieſer Pflanze vorliegen, gut daran tun, wenn
es ſich um Anbau von Faſernpflanzen handelt, ſich an
die altbewährten Geſpinnſtpflanzen Flachs und Hanf
zu halten, ſchon weil Brenneſſelſamen nirgends erhält⸗
lich und die Anpflanzung mit Stecklingen immerhin
eine ziemlich umſtändliche Arbeit iſt.
Im übrigen wachſen in Feld und Wald an oben
erwähnten Plätzen jetzt fo viele wilde Brenneſſeln, daß
man vorerſt diefe in rentabler Weiſe ſammeln ſollte,
um jährlich recht anſehnliche Mengen der Neſſelſtengeln
zur Faſergewinnung zuſammenzubringen.
Der günſtigſte Zeitpunkt zum Ernten iſt die Zeit
nach vollendeter Blüte, beginnend Ende Juni. Die
zweite Ernte kann dann etwa Ende September erfolgen.
lleber Gewinnung, Trocknen, Bündeln, Aufbe⸗
wahrung, Einlieferung und Verkauf an den Kriegs⸗
ausſchuß für Baumwollinduſtrie ſind in den Zeitungen
bereits die entſprechenden Anleitungen!) bekannt gegeben.
1) Eine Bekanntmachung hierüber hat die Kgl. Zentral⸗
ſtelle für Gewerbe und Handel zu Stuttgart unter dem 1. Juli
1916 herausgegeben. Derſelben iſt eine Anweiſung für das
Einſammeln der Brenneſſeln, ähnlich der in dem Briefe aus
Preußen enthaltenen, beigefügt.
Aus dem Großherzogtum Heſſen.
Mitteilungen aus der Forjt- und Rameral-
verwaltung für die Jahre 1974 u. 1915.
(Fortſetzung und Schluß.)
C. Mitteilungen aus der engeren Verwaltung.
Aus den Aufſtellungen, die zum Zwecke der forſt⸗
lichen Produktionsſtatiſtik für das Deutſche Reich für
das Wirtſchaftsjahr 1913 (1. Oktober 1912 bis 1. Ok⸗
tober 1913) gefertigt wurden, ſei folgendes entnommen:
Es ſtellt ſich die Geſamtwaldfläͤche für:
a. Waldungen des Großherzoglichen
Hauſes (Familien⸗Eigentum) auf . 72897 ha
b. Staatsdomänen auf . 2987 „
c. Kommunalwaldungen auf . 94433 „
I. Ueberſicht des Holzmaſſenertrags:
Nutzung je ha
Holzboden
Waldeigentümer
an der
an
Derbholz
Großherz. Haus, Familien»
Fällungsergebnis u. Nutzholz % im Ganzen
ganzen
Holzmaffel D
fm
Laubholz⸗Nutzholz %
: Nabel-
Nutzholz Ye Hiervon holz⸗
vom von der Nutzholz
gefamten | Ganzen Eiche Buche %
erbholz Holzmaſſe
Eigentum . . ... 1 4,73 6,12 48,19 37,61 21,94 41,70 14,81 78,79
Staat. . . . 2 202. 1918 8,82 5,63 70,85 50,00 7,28 18,69 2,57 90,90
Kommunen. . . . . 1913 4,26 6,05 46,08 32,94 17,21 37,79 6,98 64,94
II. Ueberſicht der Einnahmen und Ausgaben in Mark:
a Perſonalaufwand Sachlicher Auf⸗
a = 4 55 in Mark je ha ; Volz wand je ha
nahme Einnahme — — . hauer⸗ u-
Baldeigentümer ane Ausgabe Ueber⸗ entfallen für Rücker⸗ Kultur- Wegbau⸗
ſchuß | auf Holz Lokalver⸗ löhne u. ſonſtige
waltung Forſtſchutz je fm koſten Koſten
Großh. Baus
Fam.⸗Eigent. 1913 70,88 34,63 35,75 67,46 4,06 4,39 2,30 4,47 3,29
Stant 1913 56,63 28,61 28,02 54,48 4,06 4,51 2,00 2,66 1,70
Rommunen 1913 67,80 29,59 38,21 65,54 4,06 2,90 2,41 4,48 2,44
258
Der ſtarke Kälterückfall zu Anfang Mai
1914 hat wieder vielerorts empfindlichen Schaden an
Kulturen verurſacht. Es wäre verfehlt, ſolche beſon⸗
ders in der Rheinebene öfters wiederkehrende Schäden
als etwas Unabänderliches hinzunehmen, wenn ſie durch
geeignete Maßnahmen bei der Hiebsführung und Be⸗
ſtandsbegründung bis zu einem gewiſſen Grade ver⸗
hütet werden können. Schon mehrfach und zuletzt in
den „Wirtſchaftsgrundſätzen“ ift auf ſolche Maßnahmen
hingewieſen worden. Durch das Ausſchreiben vom
13. Mai 1914 zu Nr. F. M. D. 25 764 wurden die
Oberförſtereien beauftragt, unter dem friſchen Eindruck
des Spätfroſtſchadens und ſo lange dieſer ſeiner
Intenſität und Ausdehnung nach noch deutlich erkenn⸗
bar war, eingehend zu prüfen. inwieweit die empfohlenen
Maßnahmen ſich bewährt haben. Nach den einge
gangenen Berichten laſſen — wie den Oberförſtereien
durch den Erlaß vom 21. Oktober 1914 zu Nr. F. M. D.
52 703 mitgeteilt wurde — die Beobachtungen über
den Spätfroſtſchaden im Mai 1914 erkennen, daß
dieſer in ſehr verſchiedener Weiſe aufgetreten iſt, ſodaß
ſich für die einzelnen Wirtſchaftsgebiete, ſelbſt für Nach⸗
barreviere mit faſt gleicher Lage kein einheitliches Bild
über den Grad und Umfang ſeines Auftretens ergibt.
Mehrfach wird hervorgehoben, daß der Spaͤtfroſt vom
1/2. Mai und 2./ 3. Mai unter ganz eigenartigen
und außergewöhnlichen Umftänden nach einer Reihe
abnorm warmer Tage und zuletzt nach einem ſtarken
Regenfall plötzlich mit einem ſo ſtarken Temperaturſturz
eingetreten ſei, daß der Gefriertod der friſch ausge⸗
triebenen, weichen, mit Feuchtigkeit überſättigten Zweige
unvermeidlich habe erfolgen müſſen. Weder Kronen⸗
noch Seitenſchutz habe dies verhüten können. Einem
mit ſolcher Heftigkeit auftretenden, immerhin ſeltenen
Naturereignis gegenüber ſeien alle wirtſchaftlichen Maß⸗
nahmen unwirkſam. Andererſeits werden aber auch
ſehr günſtige Erfahrungen über froſtverhütende oder
doch froſtmindernde Wirkung des Seitenſchutzes mit⸗
geteilt. So berichtete z. B. die Oberförſterei Iſenburg,
daß die in Altholz eingelagerten Eichenkulturen von
je 1 ha Größe infolge des Seitenſchutzes nur ganz
geringe Froſtſchäden und zwar nach der Mitte hin zu—
nehmend aufwieſen, während in einem Buchenver⸗
jüngungsſchlag mit eingebrachten Eichen, Eſchen uſw.
der Froſt geradezu verheerend gewirkt habe. Das
Gleiche wird von einer größeren Anzahl von Ober—
förſtereien der Rhein⸗ und Mainebene berichtet und
hervorgehoben, daß durch die Verjüngung auf Löchern
bet der Eiche der Froſtgefahr fajt vollſtändig vorge⸗
beugt werden konnte und die in gleicher Weiſe begrün⸗
deten Kulturen von Eſche, auch Schwarznuß, keinen
oder doch nur geringen Froſtſchaden erlitten haben.
Auch die Douglasfichte ift bei Seitenſchatten vor Froſt—
ſchaden bewahrt geblieben. Im Berg: und Hügelland
hat die Weißtanne beſonders gelitten Aber auch hier
hat ſich gezeigt, daß in Buchenaltholz auf Löcher:
flächen eingebettete Kulturen dieſer fo ſehr froſtempfind⸗
lichen Holzart ganz verſchont geblieben ſind. — Wenn
in manchen {Fällen eine froſtverhütende oder froſtmin⸗
dernde Wirkung des Seitenſchußes nicht feſtgeſtellt
werden konnte, ſo mögen wohl vielfach beſonders un⸗
günſtige örtliche Verhältniſſe und Einflüſſe mitgewirkt
haben, denen genauer nachzuforſchen fih bei einem fpi-
teren wiederholten Eintritt von Spätfröſten wohl ver
lohnen wird. Mitunter war die Beſtandesverfaſſung
und Lagerung wohl auch nicht derart, daß der Kultur
ein ausreichender und wirkſamer Seitenſchutz beſonders
nach den gefährdeten Seiten hin belaſſen werden
konnte. — Die vorliegenden günſtigen Erfahrungen
über die Wirkungen des Seitenſchutzes ſprechen aber
dafür, ihn bei der Beſtandesbegründung an den Dert-
lichkeiten, die erfahrungsmäßig häufiger von Spätfroft
heimgeſucht werden, möglichſt vielſeitig anzuwenden
und auf dieſem Wege die froſtempfindlichen und bei
Erfrieren des Gipfeltriebs oft dauernd geſchädigten
Holzarten raſcher über die gefährlichſte Froſthöhe hinaus
zu bringen.
Die Reviſion der Dienſtjagdwaffenpäſſe der
Forſtbeamten durch die Steuerbeamten hat
ſchon öfters Anlaß zu Mißliebigkeiten gegeben. So
hat wieder einmal ein Großh. Forſtwart — als gelegent⸗
lich einer Treibjagd die Jagdwaffenpäſſe durch einen
Steueraufſeher nachgeſehen wurden — die Vorzeigung
ſeines Jagdwaffenpaſſes verweigert. Da nach § 10
der Jagdwaffenpaßordnung jeder, der mit einem zur
Jagd tauglichen Feuergewehr außerhalb der Wohnorte
erſcheint, in eine Strafe von 5 Mk. zu nehmen it,
wenn er zur Zeit der Betretung die erforderliche Legi:
timation zwar beſitzt, aber auf Anfordern nicht ſofort
vorzeigt, ſo wurde gegen den betreffenden Forſtwart
die vorerwähnte Strafe verhängt. Hiergegen wurde
Beſchwerde verfolgt mit der Behauptung: Es ſei den
Steuerkontrollbeamten unterſagt, den Forſtwarten die
Dienſtpäſſe abzuverlangen. Eine Hinterziehung der
Abgabe fet bei Forſtbeamten ausgeſchloſſen und es,
beſtehe daher kein Anlaß, den Dienſtpaß eines Forſt⸗
beamten abzuverlangen, zumal wenn dieſer fidh, wie es
bei dem betreffenden Forſtwart der Fall geweſen ſei,
in ſeinem Dienſtbezirk befindet. — Die Beſchwerde
wurde abgewieſen. Eine Vorſchriſt, wonach die Dienſt⸗
päſſe der Forſtbeamten nicht der allgemeinen Reviſion
durch die Steuerbeamten unterliegen, beſteht nicht.
Der Forſtwart iſt vielmehr ebenſo wie jeder andere,
der mit einem zur Jagd tauglichen Feuergewehr auker:
halb der Wohnorte erſcheint, verpflichtet, ſeinen Paß
auf Verlangen vorzuzeigen. Darauf — ob eine ſteuer⸗
1
4
|
259
fe Hinterziehung in Betracht kommt oder nicht —
mmt es für die geſetzliche Vorſchriſt nicht an, eben⸗
nuig darauf, ob der Betreffende fich in feinem Dienſt⸗
att befindet oder nicht. Dieſe Entſcheidung — welche
guder Vorſchrift gemäß als eine endgültige anzu-
yu it — wurde den Großh. Oberförſtereien zur
dedtuſung des unterſtellten Forſtperſonals mitgeteilt.
Mi dem Schutz der Naturdenkmäler beſchäf⸗
tt ih das Ausſchreiben vom 4. April 1914 zu Nr.
N., D. 16994. In einzelnen Fällen wurde wahr:
nommen, daß Oberförſtereien über ihre Obliegen⸗
men auf dem Gebiet des Denkmalſchutzes nicht aus:
hend unterrichtet waren. Dies gab Anlaß, auf die
in. 33 ff. des Geſetzes, den Denkmalſchutz betreffend
tr 16. Juli 1902, ſowie auf das Ausſchreiben Nr.
rom 29. Oktober 1902 zu Nr. F. M. D. 73 586 —
gl. Auguſt⸗Heft 1903 dieſer Zeitſchrift, Seite 268
nd 271 — wiederholt hinzuweiſen. Dabei wird
xiter bemerkt:
1. Das Geſetz, den Denkmalſchutz betreffend, hat die
Anordnung des Naturſchutzes von dem Antrage
der Abteilung für Forſt⸗ und Kameralverwaltung
abhängig gemacht. Es geht davon aus, daß die
Behörden der Forſtverwaltung, die ihr Beruf
innig mit der Natur verknüpft, den Zwecken des
Geſetzes mit beſonderem Verſtändnis gerecht wer⸗
den. Sind auch andere Behörden von der Mit⸗
wirkung bei dem Schutz der Denkmaͤler nicht aus:
geſchloſſen, ſo liegt es hiernach doch in ganz be⸗
ſonderem Maße den Oberförſtereien ob, bei der
Ausführung des Geſetzes mitzuarbeiten. Dabei
jolen die Oberförſtereien ebenſo von anderer
Seite kommende Auregungen verſolgen und
würdigen, als auch ſelbſt auf Grund ihrer eige:
nen Wahrnehmungen dafür Sorge tragen, daß
des Schutzes werte Naturdenkmäler auch geſchützt
werden. Die erforderlichen Anträge ſind nicht
unmittelbar bei den Großh. Kreisämtern zu ſtellen,
londern es ift an die Miniſterialbehörde in
Darmſtadt zu berichten.
2. Ob ſich ein Naturdenkmal in einem Walde befindet
oder außerhalb der Waldungen in der Feldge⸗
gemarkung oder innerhalb einer Ortſchaft — ift
gleichgaltig. Es ift deshalb nicht zutreffend, wenn
gelegentlich die Meinung ausgeſprochen wurde,
eine Oberförſterei ſei nicht befugt, den Schutz
einer Dorflinde zu beantragen. Von Wichtigkeit
it namentlich die Erhaltung von Naturdenk⸗
målen auf Friedhöͤſen.
3. Zur Förderung der geſchäftlichen Erledigung und
zur Vermeidung überflüſſiger Rückfragen ſollen
die Oberförſtereien darauf achten, daß ſchon bei
ber erſten Berichterſtattung kurz gehaltene An⸗
gaben über alle weſentlichen Punkte nicht fehlen,
z. B. die geſchichtlichen oder naturgeſchichtlichen
Gründe oder die Rückſichten auf die landſchaft⸗
liche Schönheit oder Eigenart, aus denen der
Naturſchutz gerechtfertigt iſt; die geſchichtliche oder
volkstümliche Benennung eines Baumes oder
ſonſtigen Naturdenkmals, bei Bäumen die bota⸗
niſch richtige Bezeichnung der Art oder Spielart;
ob Gründe vorliegen, den Schutz auch auf die
Umgebung eines Naturdenkmals auszudehnen,
Mitteilungen über befondere Maßnahmen, die
zur Erhaltung des Naturdenkmals “etwa erfor:
derlich ſind u. dgl. m. Vielfach, und insbeſondere
in Fällen, in denen es zweifelhaft ſein kann, ob
die Vorausſetzungen des Artikels 33 des Geſetzes
erfüllt ſind, iſt auch eine Aeußerung darüber
zweckmäßig, ob der Grundeigentümer der Anord⸗
nung des Naturſchutzes vermutlich widerſprechen
wird oder nicht. Durch geeignete mündliche Auf⸗
klärung und Belchrung wird es häufig möglich
ſein, nichtbegründete Widerſtände und Bedenken
des Grundeigentümers von vorn herein auszu⸗
ſchalten.
4. Wenn in einzelnen Fällen wegen unmittelbar
drohender Gefahr für ein Naturdenkmal ein
ſchleuniges Eingreifen geboten ſein ſollte, ſo iſt
möglichſt umgehend mit dem zuſtändigen Kreisamt
in Verbindung zu treten, zugleich aber auch un⸗
verzüglich an die Miniſterialforſtbehörde zu be⸗
richten. |
Der Erlaß teilt weiter mit, daß beabſichtigt ift,
eine Neuausgabe des vergriffenen Werkes „Bemerkens⸗
werte Bäume im Großherzogtum Heſſen“ zu veran⸗
ſtalten, wobei das Werk inhaltlich ergänzt und reicher
ausgeſtattet werden ſoll. Ueber den Umfang der
früheren Ausgabe hinausgehend, ſoll die neue Aus⸗
gabe außer bemerkenswerten Bäumen auch ſonſtige Na⸗
turdenkmäler (3. B. eigenartige Felsbildungen, Waſſer⸗
läufe uſw.) zum Gegenſtand haben. Dem Erlaß ſind
folgende, den Natur: und Heimatsſchutz betreffende
Ausſchreiben des Großh. Miniſteriums des Innern
beigegeben, betreffend:
a. Erhaltung und Anlage der Friedhöfe, insbeſondere
den Schutz des Baumwuchſes und der Grabdenk—
mäler, v. 17. Mai 1911 zu Nr. M. d. J. 1852;
b. Den Schutz der Alleen und beachtenswerter Bäume
vom 17. Mai 1911 zu Nr. M. d. J. 18 658
v. 1910.
c. Heimatſchutz bei elektriſchen Kraftanlagen vom
22. Februar 1913 zu Nr. M. d. J. 3148;
d. Heimatſchutz, Erhaltung und Erbauung von
Brücken vom 23. Dezember 1913 zu Nr. M.
d J. 20 180.
260
Der Inhalt dieſer Ausſchreiben iſt in vielem auch
für die Forſtbehörden unmittelbar von Bedeutung,
doch würde es zu weit führen, hier näher darauf
einzugehen.
Zur Erleichterung und Verbilligung der Schreibar-
beiten iſt nach Ausſchreiben vom 28. Juli 1914 zu Nr.
F. M. D. 40 936 in Ausſicht genommen, für diejenigen
Oberförſtereien Schreibmaſchinen zu beſchaffen, für die
es fih nach Art und Umfang der Schreibgeſchäfte als
notwendig oder zweckmäßig erweiſt. Die Schreibgehilfen
müßten alsdann den Gebrauch der Schreibmaſchine
erlernen. Die Mittel ſollen im Laufe der nächſten
Jahre in das Budget eingeſtellt werden.
Mit Erlaß vom 10. Juni 1914 zu Nr.
F. M. D. 31165 wird den Großh. Oberförſtereien
ein Bericht der Großh. Oberförſterei Darmſtadt
zur Kenntnisnahme mitgeteilt, deren Vorſtand Geh.
Forſtrat Kullmann zu Darmſtadt auf dem Gebiete
des Vogelſchutzes eine ganz beſondere Tätigkeit
entfaltet. Sie hat von der Strangmann'ſchen Niſt⸗
höhlenfabrik zu Nieder⸗Eſchbach — welcher die Lieferung
der Niſthöhlen übertragen iſt — ein Verzeichnis der
für 1913/14 eingegangenen Beſtellungen angefordert,
das gleichſam eine Ueberſicht über den Umfang der
praktiſchen Vogelſchutzbeſtrebungen in den Großh. Heff.
Waldungen abgiebt. Hiernach laſſen — wenn man
für Höhlenbrüter einen 20⸗jährigen Vogelſchutzturnus
zu Grunde legt — von 39 Oberförſtereien nur 4 un⸗
gefähr den halben jährlichen Sollbeſtand erreichen.
Dieſes Tempo wird für einen zielbewußten praktiſchen
Vogelſchutz unſtreitig zu langſam und das von den
übrigen Oberförſtereien ſogar noch ganz bedeutend
und bis zum Liebhaber⸗Vogelſchutz verkürzte Tempo als
unzureichend und beinahe zwecklos gehalten. Zur Be⸗
ſeitigung dieſes Mißſtandes beantragt K., einen Schutz⸗
turnus für die einzelnen Oberförſtereien in Ueberein⸗
ſtimmung mit den Betriebsleitern feſtzuſetzen und
darnach die Einſtellungen für Vogelſchutz in die jähr⸗
lichen Wirtſchaftspläne zu normieren. Auf Grund
ſeiner vieljährigen, von gutem Erfolg begleiteten Vo⸗
gelſchutzpraxis empfiehlt K., den Betrieb des Vogel⸗
ſchutzes für Höhlenbrüter im Wald in der Art einzu⸗
richten, daß ſogenannte Vogelſchutzſtationen an geeig⸗
neten Stellen über die ganze Oberförſterei hin gelegt
werden. Eine ſolche Station ſoll beſtehen aus reichlich
ausgehängten Berlep'ſchen Niſthöhlen, aus einem
heſſiſchen Futterhaus und wo irgend möglich aus einer
Kullmann'ſchen Vogeltränke, die im dichten Gebüſch
mit einzelnen Hochſtämmchen, aber ja nicht auf freier
Fläche angebracht ſein muß. Von dieſen Vogelſchutz⸗
ſtationen aus werden dann durch weiteres Aushängen
von Niſthöhlen und ſtellenweiſes Anbringen von Ber:
lep'ſchen Futterglocken die Vögel weiter in den Wald
geleitet und dabei beſonders die Hegen berlückſichi⸗
werden. Die einzelnen Stationen ſollen nicht ifr
% Stunden auseinander liegen. Im Allgemeine:
erachtet K. für je 100 — 150 ha eine ſolche Statics
für genügend, namentlich, wenn zwiſchen den Stationen
noch hie und da Jutterglocken ausgehängt werden.
Die vorgeſchlagene Betriebsart wird Ordnung und
Ueberſicht für den Vogelſchutzbetrieb im Wald bringen
und die guten Erfolge der Berlep'ſchen Vogelſchutz⸗
maßnahmen fichern. — Das eingangs erwähnte Aus-
ſchreiben empfiehlt den Großh. Oberförſtereien, die von
K. gemachten Vorſchläge bei den in den jährlichen Wirt
ſchaftsplänen zu ſtellenden Anträgen zu berüdfihtigen.
Um die berufliche Weiterbildung des
Forſtperſonals, z. B. durch Beſuch von Hort:
verſammlungen, von Wirtſchaftsräten uſw. zu fördern
find lt. Ausſchreiben zu Nr. F. M. D. 34742 von
29. Juni 1914 vom Etatsjahr 1914 ab (unter ĝo. |
101, Titel 7 des Hauptvoranſchlags) wieder bejonder
Mittel vorgefehen worden. Der Umfang biefer Mitte |
ermöglicht es, daß vorausſichtlich 4 Oberförſter an der
Tagung des Deutſchen Forſtvereins teilnehmen können.
Außerdem werden die Mittel ausreichen, um den
Oberförſtern, Forſtaſſiſtenten und den dienftlich be |
ſchäftigten Forſtaſſeſſoren beim Beſuche der Wirtſchafts⸗
rate ein Tagegeld von je 4 Mk. zu gewähren, voraus |
geſetzt, daß im Laufe des Jahres nicht mehr ale a
3 Tagfahrten eines Wirtſchaftrats ftattfinden. ier:
bei entſtehende Transportkoſten find in ber feitherigen
Weiſe zu verrechnen. — Wie in der Berichterſtattung
für das Jahr 1910 (Oktoberheft 1911 dieſer geit
ſchrift, Seite 350) erwähnt wurde, war vom Etatsjahr
1910 ab das frühere Tagegeld von 15 Mk. bein
Beſuch der Verſammlungen des Deutſchen Forftoerens
weggefallen und es wurde nur noch Erfa der Reiſe⸗
often gewährt. Wenn nun auch nicht — wie früher
— ein jeder der 7 Wirtſchaftsräte einen Vertreter
zu den erwähnten Verſammlungen entfenden kann, fo
iſt doch die eingetretene Beſſerung dankbar zu begrüßen
In den letzten Jahren ſind mehrfach, ſowohl im
Heſſiſchen Landtag als auch in der Tagespreſſe, Aus⸗
ſchreitungen junger Leute, die mit Kochtopf und Zupf⸗
geige ausgerüſtet waren, irrtümlich als Ausſchreitungen
von Wandervögeln bezeichnet worden. Der Kreis:
leiter des Wandervogel in Südheſſen hat ſich deshalb
an die Miniſterialforſtabteilung gewendet. Die Ober⸗
förſtereien werden gebeten, ihre Unterbeamten ausdrüd:
lich anzuweiſen, bei Untaten Jugendlicher nachzuforſchen,
ob dieſe Wandervogel⸗Ausweiskarten bei ſich führen,
d. h. wirkliche Wandervögel ſind. Es ſoll dadurch
möglichſt verhindert werden, daß in die Tagespreſſe und
in das Gerede der Leute falſche Nachrichten kommen,
die den Jugendwande rungen bisher nur g
————— = en ET En a a
4 tae — — Kae e > x Bs 5
sea 3 pe 4 te Par Te n 2 HE PI
261
ſchadet und den Namen und die Ehre des Wan⸗
dervogelbundes in der Oeffentlichkeit herabgeſetzt
haben. Sollten ſich einmal wirlliche Wandervögel
etwas zu Schulden kommen laſſen, ſo wird gebeten,
dies unter Nennung der Namen und der Ortsgruppe
der jugendlichen Sünder der Kreisleitung mitzuteilen,
damit auch vom Wandervogel aus ſtreng dagegen vor⸗
gegangen werden kann. (Ausſchr. zu Nr. F. M. D.
37578 v. 13. Juli 1914.)
Mit dem Verkauf von Gemeindewald be⸗
ſchäftigt ſich das Ausſchreiben zu Nr. F. M. D. 37 798
vom 21. Juli 1914. Nach der Städte- und Land:
gemeinde⸗Ordnung iſt zur Uebertragung des Eigentums
von Gemeindegrundſtücken, ſofern es ſich um Werte
von mehr als 5000 Mk., bei Landgemeinden um
ſolche von 500 Mk. handelt, die Genehmigung der
Verwaltungsbehörde, des Kreisamtes erforderlich. In⸗
ſoweit es ſich hierbei um die Uebertragung des Eigen⸗
tums von Gemeindewald handelt, ſoll nach einer
von dem Großh. Miniſterium des Innern an die
Kreisämter ergangenen Weiſung die Genehmigung erſt
dann erteilt werden, wenn eine Aeußerung der oberen
ſtaatlichen Forſtbehörde eingeholt ift. Letztere wird
hierdurch in die Lage verſetzt, die wirtſchaftlichen In⸗
tereſſen der Gemeinden in forſtlicher Hinſicht zu wahren
und auf etwaige Nachteile und Schäden aufmerkſam
zu machen. Zugleich iſt es im Intereſſe der Betriebs⸗
führung ſelbſt gelegen, daß die Forſtbehörde von
Aenderungen an dem Wirtſchaftsobjekt zeitig Kenntnis
A. Natural
erhält. Die Kreisämter folen deshalb vor jeder Ge:
nehmigung einer Veräußerung von Gemeindewald mit
der Miniſterialabteilung für Forſt⸗ und Kameralver⸗
waltung in Benehmen treten.
Aus den Zuſammenſtellungen der Na:
turalerträge, der Nutzholzprozente und
der Bruttoerlöſe aus Holz in den Do:
manialwaldungen des Großherzogtums He]:
ſen wird folgendes entnommen:
Nutzholzprozente.
u Anzahl der Oberförftereien
y 1914 | 1915
über 60 5 2
50— 60 5 4
40 - 50 12 6
30-4) 17 15
20—30 17 14
10—20 13 18
unter 10 7 16
Brutto⸗Erlöſe für den Feſtmeter.
Anzahl der Oberförftereien
Erlöſe in Mk.
1914 | 1915
über 14 4 6
12—14 16 17
10-12 35 27
8—10 16 18
unter 8 5 7
„Einnahme.
in den N PP {
Wirtſchafts⸗ Provinzen in der im 177 utzholz⸗Pro de n
Starkenburg] Provinz Großher⸗ ae z ort in der ſchnitt Hi
jahr. Kheinheſſen Oberheſſen] zogtum f ken ueg und Oberheſſen das Groß»
fm fm fm Rheinheſſen herzogtum
1914 184 887 295 305 480 192 32.20 44.88 39.97
1915 165 311 228 771 394 082 27.23 34.89 31.67
B Geld: Cin nahme in Mark.
in der Provinz Starten- U in der Provinz
Wirtſchafts⸗] burg und Rheinheſſen Oberheſſen für das Großherzogtum
jahr im Ganzen für den fm | im Ganzen | für ben fm | im Ganzen | für den fm
1914
1915
2 252 917
1 987 881
12.03
Der Voranſchlag für das Etatsjahr 1914 und |
1915 rechnete mit einem Durchſchnittserlös von
10,50 Mk. für den Feſtmeter.
Die Submiſſionsholzverkäufe aus den
Großh. Heſſ. Domanialwaldungen fanden
1916
3 107 392
2 144 566
10.52
9.37
5 360 309
4 132 447
11.16
10.49
in der gewohnten Weile ftatt. Für das Wirtſchafts⸗
jahr 1915 fanden 3 Termine ſtatt: einer am 1. Ok⸗
tober 1914 für das Schwellenholz, einer (der Haupt⸗
verkauf) am 4. November 1914 und ein dritter am
19. Januar 1915 für Eſchen⸗Stammholz. Letzterer
35
262
wurde veranftaltet, um der infolge des Krieges einge⸗
tretenen ſtarken Nachfrage nach Eſchenholz gerecht
werden zu können. Es wurden hierbei 524,5 fm Eſchen⸗
Es ftellte fic) der Preis für:
Klaſſe
„ ͤ II v. 50 - 59 „ P
„ III „ 40-49 „ i
„ IV „30-39 , F
> V „ 25—29 „ N
„ VI „ unter 25 „ a
Aehnliche Preiſe erzielten auch die waldbeſitzenden
Gemeinden und Private.
Der Verkauf für das Wirtſchaftsjahr 1916 fand
am 4. November 1915 ſtatt.
Der Geſamtumſatz ſtellt ſich auf:
Wirt⸗ cana Turchichnitts-
ſchaftsjahr Feſtmeter Erlös in Mk. pris iir den
1915 67 719 1 181 400.55 16.71
1916 53 628 910 866.17 16.98
Bei den Submiſſionsholzverkäufen aus den Ge-
meindewaldungen, die in üblicher Weiſe etwa 4 Wochen
ſpäter ſtattfanden und ſich einer guten Beteiligung zu
erfreuen hatten, wurden gleich günftige Ergebniſſe
erzielt. Die mit dem Verkauf verbundenen Koſten
wurden wie in den früheren Jahren auf die Staats⸗
kaſſe übernommen und die mit dem Verkauf zuſammen⸗
hängenden Arbeiten durch das Sekretariat der Mini-
ſterialabteilung für Forſt⸗ und Kameralverwaltung
erledigt.
Die Submiſſion vom 4. November 1915 hatte
ergeben, daß damals für verſchiedene Sortimente, ſo
für Schnitt: und Bauholz, ſowie für Buchenſchwellen⸗
holz nur eine geringe Nachfrage beſtand, die ſich neben
einem zum Teil nicht unerheblichen Rückgang der
Preiſe auch dadurch bemerkbar machte, daß auf einen
Teil der Verkaufsloſe keine, oder nur wenige oder
unbefriedigende Gebote eingelegt wurden. Dagegen
waren Kiefern⸗ und Fichtengrubenholz, Zelluloſeholz
ſowie auch Erlennutzholz begehrt und die Preiſe für dieſe
Sortimente überſtiegen die vom Vorjahr mehrfach
beträchtlich. Aber ſchon 3—4 Wochen ſpäter machte
ſich eine Nachfrage nach ſtarkem Schnittholz geltend,
ſo daß es möglich war, größere Poſten auf dem Wege
des Handverkaufs zu guten Preiſen abzuſetzen.
Es iſt klar, daß der Krieg die Forſtverwaltung
in ganz beſonderem Maße in Anſpruch nehmen mußte.
Der Beruf des Forſtmanns ſtellt an die körperliche
Leiſtungsfähigkeit und Widerſtandskraft der Beamten
hohe Anforderungen und nur wenige werden es ſein,
die infolge eines körperlichen Mangels vom Militär⸗
`
em re, e ern ne ernene
ſtammholz zu einem Geſamtpreis von 39501,88 Mt.
verkauft, was einem Durchſchniſtserlös von 75,31 Mk.
für den Feſtmeter entſpricht.
e
I über 60 cm Durchmeſſer auf 125.04 Mk für den Feſtmeter,
„ 114.19 „ 5 5
„ 104.68 „ „ „ P
=. BLIS k 3 y 5
n OBOL a yg a
„ 29438 „„ iw
dienſt befreit geblieben find. Die Forſtverwaltung
hat deshalb einen erheblichen Prozentſatz ihrer Beamten
hergeben müſſen, als das Vaterland rief. Für unab⸗
kömmlich wurde keiner erklärt und viele, die nach
ihrem Alter der Dienſtpflicht enthoben waren, haben
ſich freiwillig geſtellt. So wartete denn derer, die
nicht hinaus in den Kampf ziehen konnten, reiche
Arbeit zu Hauſe. Nicht wenige Oberförſter haben
außer ihrem Dienſtbezirk noch 1 oder 2 Oberförſtereien
mitzuverſehen. Bei dem Forſtſchutz⸗ und Büroperſonal
iſt es nicht anders. Wenn auch mancher bereits in
den Ruheſtand getretener Beamter ſeine Kraft dem
Staate wieder zur Verfügung ſtellte, es hier und da
auch möglich war Erſatzkräfte, allerdings ungeſchulte
einzuſtellen, ſo wird es doch wenige Berufsarten geben,
bei; denen das Durchhalten die Kraft des Beamten jo
in Anſpruch nimmt als beim Forſtmann.
Ein leuchtendes Beiſpiel gab der verehrte Chef der
heſſiſchen Forſtverwaltung, Staatsrat Wilbrand. Er
— der im Frühjahr 1914, im 72. Lebensjahr ſtehend,
daran dachte in den wohlverdienten Ruheſtand zu
treten und ein dahingehendes Geſuch bereits eingereicht
hatte — ſteht heute noch ſeinem arbeitsreichen, ver⸗
antwortungsvollen Amt vor. Seine Königliche Hoheit
der Großherzog Ernſt Ludwig hat deshalb dem Ge⸗
nannten nachſtehendes Allerhöchſte Handſchreiben zugehen
laſſen:
Darmſtadt, den 16 November 1915.
Lieber Staatsrat Wilbrand!
Schon vor 1'/s Jahren war Mir Ihr Geſuch
wegen Uebertritts in den Ruheſtand zugegangen.
Der Ausbruch des Krieges verhinderte Mich daran,
Ihrem Wunſche zu willfahren, den Ich bei der Länge
Ihrer reichgeſegneten Dienſtzeit, anz ſich nicht hätte
ablehnen können. Ich fand Mich vielmehr zu dem
Erſuchen bewogen, Sie wiſſen zu laffen, Siez möchten
von einem Beſcheid auf die vorgetragene Bitte vorerſt
abſehen. Wenn Ich neuerdings erfahre, daß Sie
hierauf zurückkommen, ſo kann Ich Meinen damaligen
Wunſch nur wiederholen. Mein Vertrauen auf
Ihren durch mehr als 50 Jahre bewieſenen treuen
Dienſteifer läßt Mich nicht zweifeln, daß Sie bei
—
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on a 4 + 4. 1 owt. .
: — .. ——23'⸗ꝛ̃.. —Zxmün— K —ãAmñĩ U—— —— TE S
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= 4 * r
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= — =-
263
Ihrer trefflichen Geſundheit bereit ſein werden, auch
an Ihrem Teile die allſeitige Pflicht zu erfüllen,
in der gegenwärtigen Zeit nach Kräften und bis
zum fiegreichen Ende des Krieges durchzuhalten.
Ihr wohlgeneigter Großherzog
Ernſt Ludwig.
Da zu erwarten ſtand, daß die Kriegszeit nam⸗
hafte Ausfälle in den Einnahmen des Staates zur
Folge habe, war es erforderlich, die Geſchäftsführung
in allen Zweigen der Staatsverwaltung
daraufhin zu prüfen, ob und wo die laufenden Staats⸗
ausgaben beſchränkt werden konnten. (Ausſchreiben des
Großh. Staatsminiſteriums vom 8. Auguſt 1914 zu
Nr. St. M 6930 und vom 20. April 1915 zu Nr.
St. M. 3507). Um die perſönlichen und fachlichen
Roen möglihft zu beſchränken, wurden alle Maß⸗
nahmen, Arbeiten und Herſtellungen, die zur Aufrecht⸗
erhaltung des Geſchaͤftsbetriebs nicht unbedingt erfor⸗
derlich waren, ein⸗ oder zurückgeſtellt, ſofern ſie —
wenn bereits begonnen — nicht zu Ende geführt werden
mußten, oder ſofern nicht bereits rechtsgültige Ver⸗
träge — die nicht mehr im Wege der Vereinbarung
gelöſt werden konnten — darüber abgeſchloſſen waren.
Neben der Einſchränkung in den laufenden Ausgaben,
mußten vor allem größere Arbeiten unterbleiben, für
die größere laufende oder einmalige Mittel vorgeſehen
waren. Auch auf den Gebieten von Wiſſenſchaft und
Kunft uſw. mußten Aufwendungen weiteren Umfangs
vermieden werden, ſofern nicht ein unmittelbarer Zu⸗
ſammenhang mit der Volksgeſundheit und der Kriegs⸗
Inge beſtand. So wurde es z. B. für angezeigt erachtet,
die Ausgaben für Denkmalpflege, Naturſchutz und dgl.
zu beſchränken oder ganz einzuſtellen. Die allgemeinen
Jonds für Vertretungs-, Aushilfe- und Reiſekoſten
dürfen nicht mehr als unumgänglich nötig in Anſpruch
genommen werden. Dabei blieb es aber den Behörden
und Beamten unter eigener Berantwortung überlaſſen,
innerhalb ihres Verwaltungsbereiches zu prüfen, ob
und inwieweit Arbeiten und Herſtellungen, die ein
Unterbleiben oder ein Zurückſtellen vertragen können,
nicht trotzdem im Einzelfall dann auszuführen ſind,
wenn es ſich darum handelt, arbeitslos Gewordenen
ober bedürftigen Angehörigen von Einberufenen Ver⸗
dienſt zu verſchaffen.
Als zu Anfang des Krieges durch das Stillſtehen
don Fabriken vielerorts Arbeitskräfte frei geworden
waren, die nach Beendigung der Getreideernte im
Landwirtſchaftsbetrieb nicht mehr beſchäftigt werden
konnten, wurden dieſe Arbeitskräfte — ſoweit irgend
mgingig — in Domanialwaldungen zum Aufarbeiten
des Dürrholzes und zur Ausführung von Durch—
ſorſtungen in jüngeren Nadelholzbeſtänden herangezogen.
& wurde — nach Verf. zu Nr. F. M. D. 43 970
vom 19. Auguſt 1914 — davon abgeſehen, die Ar⸗
beiter vertraglich für die Dauer der ganzen Holzhauerei
zu binden; mündliche Vereinbarung des Arbeitsvertrags
und der Lohnjäge wurde als genügend und wöchent⸗
liche Auszahlung des Lohnes ebenfalls durch die Zeit⸗
verhältniſſe geboten erachtet. In den Gemeindewaldungen
wurde nach den gleichen Grundſätzen verfahren.
Im Einverſtändnis mit den Landſtänden wurde
ein größerer Betrag für Wegbauten in den fiskaliſchen
Waldungen für den Fall bereitgeſtellt, daß Bedürfnis
nach Notſtandsarbeiten ſich zeigen folte.
Was die Fürſorge für die zum Heeres—
dienſt einberufenen Beamten und Bedienſt⸗
eten anlangt, ſo machte dieſe Frage den Erlaß einer
größeren Anzahl von allgemeinen Verfügungen des
Großh. Staatsminiſteriums notwendig, die ſich zum
Teil aus der Verordnung vom 24. Januar 1890,
die Ausführung des 8 66 des Reichsmilitärgeſetzes
betr. (Reg.⸗Bl. 1890, S. 9) herleiten. Nachſtehende
Vorſchriften des Ausſchreibens zu Nr. St. M. 6713
vom 2. Auguſt 1914 ſeien erwähnt:
1. Jedem etatsmäßig angeſtellten Beamten bleibt
während des Kriegsdienſtes ſeine Zivilftelle gewahrt.
Den etatsmäßig angeſtellten Staatsbeamten und
den in unmittelbaren Staatsdienſt ſtändig gegen
Entgelt aus der Staatskaſſe verwendeten Be⸗
dienſteten (alſo z. B. Staatsdienſtanwärtern uſw.)
wird während der Dauer des Kriegsdienſtes ihr
perſönliches Dienſteinkommen aus der Staatskaſſe
unverkürzt fortgewährt.
Erhält der Beamte die Beſoldung eines Offiziers
oder oberen Beamten der Militärverwaltung, fo
wird der reine Betrag desſelben, als welcher 7/10
der Kriegsbeſoldung angeſehen werden, auf das
Zivildienſteinkommen angerechnet. Das Dienſtein⸗
kommen eines Unteroffiziers in einer freien Leut⸗
nantsſtelle gilt nicht als Offiziersbeſoldung.
In dem Ausſchreiben des Großh. Staatsminiſteriums
vom 4. September 1914 zu Nr. St. M. 7634 wurde
näher erläutert, was unter den in unmittelbarem
Staatsdienſt ſtändig gegen Entgelt aus der Staats:
kaſſe verwendeten Bedienſteten verſtanden werden
ſoll und hiernach zählen hierzu auch die Forſtaſſeſſoren,
Forſtwartaſpiranten und die ſtändig beſchäftigten Schreib⸗
gehilfen der Großh. Oberförſtereien. Eine Beſchäf⸗
tigung ſoll als ſtändig gelten, falls mit Rückſicht
auf das Dienſtalter der Bedienſteten oder den ihnen
zur Zeit des Eintritts in den Militärdienſt erteilten
Auftrag anzunehmen iſt, daß ſie fortdauernd in
Betrieben oder im Dienſt des Staates beſchäftigt
worden wären. Dieſe Annahme gilt ſtets als gerecht:
fertigt, wenn die bisherige Beſchäftigung umunter:
brochen länger als zwei Jahre gedauert hat.
35
2.
3.
264
Lt. Ausſchreiben des Staatsminiſteriums vom 3. Au:
guſt 1914 zu Nr. St. M. 6742 wurde der Lohn
(Entgelt) der in Betrieben oder im Dienſte des Groß⸗
herzogtums Heſſen zur Zeit der Mobilmachung, ihrer
Einberufung oder ihrer freiwilligen Meldung beſchäf⸗
tigten Perſonen, welche i
1. entweder zur Erfüllung der Wehrpflicht eingezogen
find, oder
2. freiwillig militärische Dienſtleiſtungen verrichten,
für die Dauer von zwei Wochen unverkürzt weitergezahlt.
Folgende Vorausſetzungen mußten jedoch erfüllt ſein:
J. Es darf fi) nicht um nur vorübergehend beſchäf⸗
tigte Perſonen handeln; als vorübergehend beſchäf⸗
tigte Perſonen im Sinne dieſes Ausſchreibens wur⸗
den ſolche Perſonen angeſehen, deren Beſchäftigung
auf weniger als eine Woche entweder nach der
Natur der Sache oder im Voraus durch den
Arbeitsvertrag beſchräaͤnkt iſt;
Die in den Militaͤrdienſt eintretenden Perſonen
müſſen
a. entweder Angehörige beſitzen, die mit ihnen
in häuslicher Gemeinſchaft leben, oder
b. zum Unterhalt von Angehörigen beigetragen
haben.
Die zweiwöchige Friſt begann mit dem Geſtellungs⸗
tag. Die beſchäftigenden Behörden (Oberförſtereien)
hatten ſelbſtändig zu prüfen, ob dieſe Voraus
ſetzungen erfüllt ſind. Sie ſollten ſich dabei von dem
Wohlwollen leiten laſſen, das im Intereſſe der Für⸗
ſorge für die dem Vaterland dienenden Perſonen und
ihre Angehörigen ſelbſtverſtändliche Pflicht aller ſtaat⸗
lichen Behörden iſt.
Für die Zeit nach Ablauf dieſer zwei Wochen
können lt. Ausſchreiben des Großh. Staatsminiſteriums
vom 4. Septbr. 1914 zu Nr. St. M. 7635 im Be⸗
dürfnisfall Beihilfen gewährt werden, wenn die
betr. Perſonen im Dienſte des Staates ſtändig be⸗
ſchäftigt geweſen ſind und wenn ſie zur Zeit ihres
Eintritts in den Militärdienſt in Betrieben
oder im Dienſte des Staates beichäftigt waren. Als
ſtaͤndig gilt eine Beſchäftigung, wenn fie:
entweder a. innerhalb der Zeit vom 1. Auguſt 1913
bis zum 31. Juli 1914 wenigſtens 40
Wochen gedauert hat,
oder b. ſich bei mehrjähriger Beſchäftigung im
Durchſchnitt jährlich auf wenigſtens 40
Wochen belaufen hat.
Die Beihilfen betragen:
a. für die Ehefrauen bis zu 25 vom Hun⸗
dert des Lohnes (Entgelt) ihres Mannes.
b. für jedes eheliche oder einem ehelichen
geſetzlich gleichſtehenden Kind unter 15
Jahren bis zu 6 vom Hundert des Lohnes.
II.
Das erwähnte Ausſchreiben hebt auch hervor, daß
bei Bewilligung und Bemeſſung ſtaatlicher Beihilfen
auf das Vorhandenſein von Arbeitsgelegenheit Rückſicht
zu nehmen ſei. Dieſer Geſichtspunkt wird ſich in den
verſchiedenen Jahreszeiten in verſchiedenem Maße gel⸗
tend machen. Die Frühjahrszeit gab den Angehörigen
einberufener Arbeiter vielfach Gelegenheit, in der Land⸗
wirtſchaft oder auch in eigenen Betrieben des Staates
ſelbſt etwas zu verdienen. Zudem war es auch im
Intereſſe der geſamten Volkswirtſchaft und der Volts:
ernährung dringend erwünſcht, daß die vorhandenen
Arbeitskräfte zu landwirtſchaftlicher Tätigkeit in mdz:
lichſt großem Umfange nutzbar gemacht werden. Die
Oberförſtereien wurden daher durch die Verfügungen
vom 9. April 1915 zu Nr. F. M. 6593 und vom
6. Mai 1916 zu Nr. F. M. 12 105 angewieſen, ihre
beſondere Aufmerkſamkeit auf dieſe Frage zu lenken
und ſtaatliche Beihilfen jedenfalls dann nicht oder nicht
in dem ſeitherigen Umfang anzuweiſen, wenn Gelegen⸗
heit zu Verdienſt durch landwirtſchaftliche oder andere
Beſchäftigung vorhanden iſt und die in Betracht
kommenden Perſonen arbeitsfähig find.
Neben amtliche Bezüge werden nach Aus:
ſchreiben des Großh. Staatsminiſteriums vom 22.
Dezbr. 1914 zu Nr. St. M. 10 896 nur dann fort
gezahlt, wenn fie penſionsfähig find. Nach I. 2 A:
ſatz 3 der Verordnung vom 24. Januar 1890 werden
Dienſtaufwandsgelder nicht zu dem perjön:
lichen Einkommen gerechnet, das unverkürzt fortgewährt
wird. Es fallen deshalb für die Dauer des Militär:
dienſtes aus:
a. die Dienſtaufwandsentſchädigungen der Oberförſter,
b. die Bekleidungszulagen der zum Heeresdienſt
einberufenen Domanial⸗ und Gemeindeforſtwarte,
c. die Vergütung für Benutzung des Fahrrads.
Es iſt klar, daß während des Krieges auch der Wald
das Seinige dazu beitragen muß, die Viehbeſtände zu
erhalten und die Nahrungsmittelverſorgung Deutſch⸗
lands ſicher zu ſtellen. Mehrfach iſt zu Beginn des
Krieges in den Zeitungen darauf hingewieſen worden,
daß die Futtermittel des Waldes in weiteſtem Umfang
nutzbar gemacht werden müßten. Der Heſſiſchen Forf
verwaltung kann das Zeugnis ausgeſtellt werden, daß
fie mit ihren Maßnahmen nicht gewartet hat, bis
derartige Wünſche in der Preſſe laut geworden find.
Alsbald nach Ausbruch des Krieges ift den Ober:
förſtereien empfohlen worden, in der Abgabe von Gras
den Viehhaltern, insbeſondere den Beſitzern von Klein⸗
vieh, weitgehendſtes Entgegenkommen zu zeigen. Wenn
hiervon zu Beginn des Krieges nur vereinzelt Gebrauch
gemacht wurde, ſo lag der Grund hierfür darin, da
damals ein Ueberfluß an Gutter in Feld und Flut
vorhanden war und es daher nicht lohnend erſchien,
|
7 265
ee
im Walde Gräſer und Kräuter zuſammenzuſuchen.
Auch war das Gras von den Waldwegen und Schneiſen,
das den Hauptertrag bildet, damals ſchon geerntet.
Ueber den Wert und die Menge der in den Be⸗
ſtänden ſelbſt wachſenden Halbſchattengräſer und Kräuter
pflegen vielfach übertriebene Vorſtellungen obzuwalten.
In den meiſten Beſtänden ſind es doch nur beſcheidene
Mengen, die zuſammengebracht werden können. Aber
ſchon mit Beginn des Frühjahrs 1915 wurde nament:
lich durch die Beſitzer von Kleinvieh (Ziegen, Kanin⸗
chen uſw.) die Gelegenheit zur Gewinnung von Futter
aus den Waldungen ſtark benutzt. Manche Laſt,
mancher Handwagen voll Grünfutter wurde durch
Rupfen und Ausſchneiden von Gras und Forftunfräutern
aus Hegen gewonnen. In den Hegen, in welchen
Grasſamen hätte genutzt werden können, wurde auf
deſſen Verwertung im Allgemeinen im Intereſſe der
Gewinnung von Futtermitteln verzichtet; indeſſen blieb
es den Oberförſtereien überlaſſen, ba — wo Grasab⸗
gabe nicht erfolgt und eine Ernte von beſonders gutem
Grasſamen zu erwarten ſtand — dieſen zu verwerten.
Die Nutzung des Graſes und der Futterkräuter wurde
ohne Entgelt geſtattet, unter Beobachtung der für die
Hegpflege und den Schutz der jungen Holzpflanzen,
ſowie Aufrechterhaltung der Ordnung unerläßlichen
Vorſchriften. Von der Feſtſetzung beſonderer Grastage —
wie dies im Notjahr 1893 vielfach geſchehen it — wurde
abgeſehen, da diefe Frage nach den örtlichen Verhält⸗
niſſen und dem jeweiligen Bedarf geregelt werden muß.
Um die Erhaltung der Viehbeſtände ſicher zu ſtellen,
wurde auch Gelegenheit zur Waldweide geboten.
Zunächſft kam ja nur der Eintrieb von Schweinen
und Schafen in Betracht, zumal durch die Schweine
auch die noch etwa vorhandene Eichelmaſt nutzbar
gemacht werden konnte. Leider wurde im Frühjahr
1915 von der Freigabe der Waldweide und beſonders
von dem Eintrieb der Schweine wenig Gebrauch ge:
macht, da es anſcheinend zu ſchwierig iſt, größere
Herden zuſammen zu bekommen. Da die Domänen⸗
pidter wohl zunächſt in der Lage find, mit dem Ein-
trieb einer entſprechenden Anzahl Zucht⸗ und Jung⸗
ſchweine vorzugehen und damit ein vorbildliches
Beiſpiel zu geben, wurde den Oberförſtereien empfohlen,
mit den Domänenpächtern ihrer Dienſtbezirke ins
Benehmen zu treten und mit dieſen die geeigneten
Maßnahmen zu vereinbaren. Wo die Beſtände, die
mit Schweinen befahren werden konnten, zu weit von
den Domänenhöfen entfernt ſind, als daß der Weg zum
Walde und zurück täglich zurückgelegt werden könnte,
wurde der Verbleib der Herden im Walde bis zum
Spätherbſt geftattet. Etwa vorhandene Schutzhütten
und Schutzzelte konnten für die Unterkunft der Hirten
unentgeltlich zur Verſügung geſtellt werden. Auch
wurden die Oberförſtereien ermächtigt, das Holz zur
Herſtellung der Unterſtände zum Brennholzpreis abzu⸗
geben. Weiter hat das Großh. Miniſterium des Innern
im Einvernehmen mit dem Großh. Miniſterium der
Finanzen in einem Ausſchreiben an die Großh. Kreis⸗
aͤmter Maßnahmen zur Förderung der Waldweide
während der Kriegsdauer, insbeſondere die Schaffung
von Einrichtungen für den Waldeintrieb von Schweinen
angeregt, um den Schweinebeſitzern namentlich das
Durchhalten der Zuchttiere und des jungen Nach⸗
wuchſes zu erleichtern. Die den Domaͤnenpächtern zuge⸗
ſtandenen Erleichterungen ſollen auch hier Platz greifen.
Um die geernteten Futtermittel für den Winter
aufſparen und die vorhandenen Weideflächen nach
Möglichkeit ausnutzen zu können, gab die Domanial⸗
verwaltung auch die ſelbſtverwalteten fiska⸗
liſchen Wieſen nach der Grummeternte
zum Beweiden freiz; die Oberförſtereien wurden
beauſtragt, die Bürgermeiſtereien der Gemeinden, die
für das Beweiden der fiskaliſchen Wieſen in Betracht
kommen, zu bedeuten.
Bereits zu Anfang Oktober 1914 iſt darauf hin⸗
gewieſen worden, daß die landwirtſchaftliche Anbau⸗
fläche nergrößert und der Ernteertrag unmittelbar ver:
mehrt werden könnte, wenn die Abtriebsflächen in
geeigneten Lagen zum Anbau von Feldfrüchten als
landwirtſchaftlichem Zwiſchenbau benutzt würden. Aus-
drücklich wurde dabei hervorgehoben, daß der Zweck
diefer landwirtſchaftlichen Zwiſchennutzung
von Holzbodenflächen nicht die Erſchließung
einer Einnahmequelle für die Staatskaſſe, ſondern die
tunlichſte, wenn auch nur vorübergehende Vergrößerung
der der Volksernährung dienenden Fläche ſein ſoll.
Dieſer Waldfeldbau, bei dem beſonders gute Kar:
toffelernten erzielt werden können, war noch vor we⸗
nigen Jahrzehnten in den Waͤldern der Rheinebene
ſehr verbreitet. Der Mangel an Arbeitskräften hat
inzwiſchen zu nahezu gänzlicher Aufgabe dieſes Petrie-
bes genötigt. Den Oberförſtereien blieb es überlaſſen,
die Verpachtung entweder öffentlich auszubieten, oder
— wo feine größere Beteiligung zu erwarten ſteht —
freihändig an zuverläſſige Pachtliebhaber zu vergeben.
Gründliche Rodung der Flache war auszubedingen
und wegen des gleichzeitigen Holzanbaus durch die
Forſtverwaltung das Erforderliche vorzuſchreiben. Das
Reinigen und Behacken der Pflanzenreihen oder Saat⸗
ſtreifen konnte den Pächtern mitübertragen werden;
in dieſem Falle konnte bei richtiger Ausfuͤhrung der
Arbeit unter Verzicht auf jede Pachteinnahme, ſogar
ein entſprechender Zuſchuß aus der fiskaliſchen Kaſſe
gewährt werden. Wo größerer Wildſchaden zu be-
fürchten ſtand, wurde die Eingatterung der Anbau:
fläche auf fiskaliſche Koſten zugeſagt.
266
Auch die Gewinung von Futterreiſig
wurde in weitgehendſtem Maße geſtattet und mehrfach
auf deſſen Wert in der Oeffentlichkeit hingewieſen.
Auf Anregung der Miniſterialabteilung für Forſt⸗
und Kameralverwaltung hin hatte das Proviantamt
Darmſtadt im Sommer 1915 im Domanialwald der
Oberförſterei Meſſel auch einen Verſuch mit Gewinnung
von Laubheu durchgeführt. Der Verſuch ergab,
daß ſelbſt unter den günſtigſten Verhältniſſen (trockene
Witterung, Entnahme der Zweige in jüngeren Be—
ſtänden in der Nähe der Wege, Mitverwendung billiger
weiblicher Arbeitskräfte) der Zentner gutgetrockneten
Laubheus im Walde an Ort und Stelle ſoviel her:
zuſtellen koſtet, als für den Zentner beſten Wieſenheus
eingeliefert bezahlt wurde.
Die Eichelmaſt im Herbſt 1914 war auch in
den heſſiſchen Waldungen eine überaus reiche und
brachte einen erheblichen Schritt weiter in der Ver⸗
jüngung der für die Nachzucht der Eiche geeigneten
Beſtände. Das Sammeln der Eicheln wurde unent—
geltlich überall da geſtattet, wo nicht etwa im Eigen⸗
betrieb geſammelt wurde. Wo die Maſt durch Schweine
eintrieb nutzbar gemacht werden konnte, waren die
Oberförſtereien angewieſen, alle Waldorte hierfür freiz
zugeben, die ohne unverhältnis mäßigen wirtſchaftlichen
Nachteil und unbeſchadet beſtehender Rechtsverhältniſſe
der Schweinehut geöffnet werden konnten. Die Be⸗
völkerung machte ausgedehnten Gebrauch von der Er:
laubnis zum Sammeln von Eicheln ſowohl zur
Deckung des eigenen Bedarfs als auch zum Verkauf.
An manchen Orten entwickelte ſich ein lebhafter Handel
mit Eicheln. Tauſende von Zentnern ſind von Frauen
und Kindern geleſen und damit nicht allein guter
Arbeitsverdienſt erzielt, ſondern auch wertvolle Futter⸗
mittel eingebracht worden.
Für das Sammeln von Beeren, Pilzen
uſw. im offenen Wald iſt nach den im Großherzog⸗
tum Heſſen geltenden geſetzlichen Beſtimmungen eine
beſondere Erlaubnis nicht erforderlich; es iſt nur be⸗
ſchränkt durch die reichsgeſetzliche Vorſchrift, die das
Betreten von Hegen unter Strafe ſtellt. Auch auf
den Wert dieſer Nutzungen wurde mehrfach öffentlich
hingewieſen und betont, wie es unter den gegenwär—
tigen Zeitverhältniſſen geboten erſcheint, die Früchte
des Waldes in weiteſtem Umfang zu ſammeln und
nutzbar zu machen. Den Oberförſtereien wurde em—
pfohlen, während der Reifezeit der Waldbeeren überall
da, wo deren Ernte lohnend erſcheint, die Hegen frei—
zugeben, ſoweit dies ohne offenſichtlichen Schaden mög—
lich iſt. Die Hegezeichen wurden während dieſer Zeit
entweder entfernt, oder es wurde öffentlich bekannt
gegeben, für welche eingehegte Waldorte das Hege=
verbot ruht.
Um während der Dauer des Krieges das Sammeln
von Leſeholz in den Domanial- und Gemeinde
waldungen möglichſt zu erleichtern, wurden die Ober:
förſtereien ermächtigt, da — wo ſeither die Leſeholz—
nutzung zeitweiſe nur an einem Wochentag geſtattet
war und das Bedürfnis und der Wunſch nach einer
Erweiterung dieſer Erlaubnis beſtehen — bis auf
weiteres im Einvernehmen mit den Großh. Bürger:
meiſtereien zwei wöchentliche Leſeholztage feſtzuſetzen.
Erwähnt ſei noch, daß alle vorerwähnten Maß⸗
nahmen auch in den der Verwaltung der Großh. Ober:
förſtereien unterſtellten Gemeindewaldungen Auwendung
fanden, wozu ſelbſtverſtändlich vorher die Zuſtimmung
der betr. Waldeigentümer eingeholt werden mußte.
Was die Ausübung der Jagd während
der Kriegszeit anlangt, ſo wurde dieſe Frage
von Großh. Miniſterium des Innern im Einvernehmen
mit dem Großh. Miniſterium der Finanzen, Abteilung
für Forſt⸗ und Kameralverwaltung in folgender Weile
geregelt (F. M. D. 46368 vom 29. Auguſt 1914):
In den Provinzen Starkenburg und Oberheſſen
erjolgt die Ausübung der Jagd durch Reichsdeutſche
oder Angehörige der Oeſterreich⸗Ungar. Monarchie wie
ſeither nach Maßgabe der beſtehenden Geſetze und Ber:
ordnungen, insbeſondere in Gemäßheit der Verordnung
vom 29. April 1914 (vergl. B. 2 dieſes Berichts).
In der Provinz Rheinheſſen iſt die Ausübung der
Jagd bis auf weiteres gänzlich unterſagt. Eine Aus⸗
übung der Jagd durch Angehörige neutraler Staaten
kann in den Kreiſen der Provinzen Starkenburg und
Oberheſſen mit Zuſtimmung der betr. Kreisaͤmter von
Fall zu Fall geftattet werden; Angehöige folder
Staaten, die ſich mit Deutſchland im Kriegszuſtand
befinden, dürfen die Jagd im ganzen Großherzogtum
bis auf weiteres nicht ausüben, auch dann nicht, wenn
ſie Pächter oder Eigentümer heſſiſcher Jagden ſein
ſollten.
In allen Fallen, in denen hiernach oder durch die
Abweſenheit von Jagdberechtigten auf einem Jagdgebiet
der regelmäßige Wildabſchuß nicht ſichergeſtellt fein
ſollte, hat ſich zur Verhütung von übermäßigem
Wildſchaden die örtlich zuſtändige Großh. Oberförſterei
mit dem betr. Kreisamt zu benehmen, welches alsdann
die geeigneten Anordnungen erläßt. Bei dieſen An
ordnungen ift — ſoweit es fih um Deutſche, Oeſter⸗
reicher oder Angehörige neutraler Staaten handelt —
nach Möglichkeit auf die vermutliche oder durch Nad
frage feſtzuſtellende Willensmeinung des verhinderten
Jagdberechtigten über die Auswahl der Perſonen, die
an feiner Statt den Abſchuß vornehmen jollen, Rad:
ſicht zu nehmen. Die Abſchußjagden ſind unter Leitung
der Großh. Oberförſtereien oder des von ihnen hierfür
bezeichneten Forſtperſonals abzuhalten. Iſt es hin
267
ſichtlich ſolcher Abſchußjagden nicht möglich, eine Ent⸗
ſchließung des Jagdͤberechtigten über die Verwertung
des erlegten Wildes rechtzeitig herbeizuführen, ſo iſt
dasselbe zu veräußern und der Erlös nach Abzug der
entſtandenen Koſten in Verwahr zu nehmen. Es
empfiehlt ſich, den Erlös mündelſicher anzulegen. Bei
Domanialjagden haben die Großh. Oberföritereien
die Verwertung des Wildes, die Verrechnung des Er⸗
löſes und die Auseinanderſetzung mit den Jagdberechtigten
zu beſorgen.
Der Verminderung des Wildſchadens
zum Schutze der Saaten wurde ganz beſondere Auf⸗
merkſamkeit gewidmet; die Entſtehung namhaften Wild⸗
ſchadens in den Feldfluren ſoll ſoweit als möglich
verhindert werden. Wo nach dieſer Richtung Beſorg⸗
niffe beſtanden, war den Kreisämtern empfohlen, als⸗
bald mit dem Jagdberechtigten wegen Ergreifung
wirkſamer Abwehrmaßregeln in Verbindung zu treten.
Es wurde dabei mit Recht auf volles Verſtändnis und
tätige Mitwirkung ſeitens der Jäger gerechnet. Sofern
es in einzelnen Bezirken wünſchenswert erſchien, die
beſtehenden Vorſchriften über die Hegezeit für irgend
eine Wildart vorübergehend aufzuheben, hatten die
Kreickaͤmter dem Großh. Miniſterium des Innern
zwecks Herbeiführung einer Entſchließung gemäß § 3
der Verordnung vom 29. April 1914 Vorlage zu
machen. Wo es im Intereſſe der Ernte für erforderlich
erachtet wurde, beſondere Maßnahmen zur Vertilgung
der wilden Kaninchen zu treffen und wo der Jagd⸗
berechtigte nicht allein in der Lage iſt, die nötige Ver⸗
minderung dieſer Schädlinge zu bewirken, war mit
ihm wegen Zuziehung der Forſt⸗ und Feldſchutzbeamten
zu den Vertilgungsmaßnahmen zu verhandeln Bei
allen dieſen Maßregeln ſollte beachtet werden, daß es
ſich um im Intereſſe der Allgemeinheit wünſchenswerte
Eingriffe in private Rechte handelt und daß ſich ein
Einvernehmen zwiſchen Behörde und Jagdberechtigten
ebenſo ſehr dieſerhalb wie zur Erzielung eines mig:
licht günſtigen praktiſchen Ergebniſſes empfiehlt. Nur
wenn der Zweck der Maßnahmen — die Verhinderung
empfindlichen Wildſchadens — eine vorherige Anhörung
des Jagdpächters ſchlechterdings nicht geſtattete, durfte
dieſer Gefichtspunkt außer Acht gelaſſen werden.
In den in Frage kommenden Domanialjagdbe⸗
zirken wurden die Oberförſtereien beauftragt, nament:
lich den Beſchaͤdigungen durch Kaninchen nach Möglichkeit
vorzubeugen. In erſter Linie wurde ein vermehrter
Abſchuß und Fang der Kaninchen in den an die Fel⸗
der angrenzenden fiskaliſchen Waldteilen und zunäachſt
der Eiſenbahnſchutzſtreifen herbeigeführt, auf denen die
Eiſenbahnverwaltung im Intereſſe der Volksernährung
durch planmäßigen Anbau von Feld⸗ und Gartenge⸗
wächſen ganz außergewöhnliche Koſten aufgewendet
hatte.
Bei dem großen Bedarf der Heeresverwaltung an
Leder bezw. der ſtarken Nachfrage von Gerbſtoffen kam
der Eichenſchälwaldbetrieb, der in den Do⸗
manialwaldungen gaͤnzlich aufgegeben war, in den
Kommunalwaldungen nur noch in geringem Maße
vorkam und auch von den Privatwaldbefitzern ſchon
mehr oder minder verlaſſen war, wieder zu Ehren.
Mancher bereits als Hochwald behandelte Stockſchlag
wurde wieder auf Rinde genutzt. Da ſchon im Jahre
1915 Preiſe bis zu über 10 Mk. der Zentner erzielt
wurden, mußte dieſer Umſtand in ſolchen Oberförſte⸗
reien — wo die Ueberführung von Eichenſchalwald in
Hochwald eine große Rolle ſpielte — die im W. J.
1915 erzielten Durchſchnkttserlöſe für den Feſtmeter
ganz weſentlich erhöhen. Dieſer ſtellte ſich in der
Oberförſterei 1914 auf 1915 auf
Beerfelden 9.90 Mk. 19.77 Mk.
Lindenfels 11.82 „ 14.59 „
Lorzenbach 9.65 „ 11.81 „
Michelſtadt 8.39 „ 13.48 „
Rothenberg 10.65 „ 18.22 „
Wald⸗Michelbach 11.67 „ 24.20 „
Ober⸗Eſchbach 4.96 „ 14.07 „
Ober⸗Rosbach 3.39 9.18
Trotzdem der Krieg dem Forſtbetrieb eine Menge
geſchulter Arbeitskräfte entzog, hat die Tätigkeit in
der Aufforſtung von Gemeindehutweiden
keinen Stillſtand erlitten. Hierfür, ſowie für Ueber⸗
führung von Schälſchlägen in Hochwald war unter
Kap. 74, Titel 3 des Hauptvoranſchlags ſowohl für
1914 als auch für 1915 ein Betrag von je 20000 Mk.
— gegenüber 15 500 Mk. in 1913 — eingeſtellt und
bewilligt worden. Für die Aufforſtung von Ge⸗
meindewüſtungen kommt nur die Provinz Oberheſſen
und Starkenburg in Betracht Nachſtehende Tabelle
mag die Tätigkeit auf dieſem Gebiet erläutern
; Angah der Gemarkungen, in denen ise. cs r | Den betei⸗
Wirt⸗ ô tufforftungen ſtaltfanden Größe der aufgeforſteten Fläche in ha Aufforſtung ligten Ge-
ſchafts⸗ „ eblt Nach u...
jahr Starkenburg Oberheſſen im Ganzen Starkenburg Oberheſſen im Ganzen e i e
1914 10 62 72 19 23 42 14 592.38 6 866
1915 8 28 36 10.7 13.8 24.5 7 251.83 3 625
x | E
268
Von ben Geſamtkoſten entfallen auf:
a) Nachbeſſerungen früherer Aufforſtungsflächen
in 1914 6 919.47 Mk.
„ 1915 3395.21 „
b) Aufforſtung der genannten Flächen
in 1914 7 692.91 Mk.
„ 1915 385662 „
Ueberführung von Eichenſchälſchlägen in Hochwald fand in den 3 Provinzen des Groß⸗
Nachſtehende Tabelle gewährt einen Ueberblick:
herzogtums Heſſen ſtatt.
u Anzahl
|
Proving | der Oberförftereien | der Gemeinden Beihilfe in Mk.
1914 1915 | 1014 1915 | 1914 | 1915 M M. 1914 | 1915
Starkenburg 9 8 86 36 71.41 53.66 | 19575.30 | 14244.86 | 9212 7121
Oberheſſen 5 5 12 16 11.37 61.38 | 2867.69 | 4447.93 1350 2223
Rheinheſſen 1 3 3 2700 | 4250 | 5468.16 | 4747.19 2572 | 237%
14 51 55 109.78 | 157.54 | 27911.15 | 23439.48 | 18184 | 11718
Von den 27 911.15 Mk. in 1914 entfallen auf:
Neukulturen 18 008.93 Mk.
Nachbeſſerungen 9 902.22 „
Kulturfläche in ha |
Geſamtkoſten im Jahre
kaſſe gewährte
1914 1915
Von den 23 439.48 Mk. in 1915 entfallen auf;
Neukulturen 15 807.78 Mk.
Nadbefferungen . 7 631.70 „
Notizen.
A. Günſtige Witterung für den Anbau von Winter-
raps an] Eichenſchälwaldſchlägen.
Von Profeffor Dr. Borgmann.
Die gegenwärtige feuchte Witterung läßt es
angezeigt erſcheinen, nachdem auf das bis vor kurzem herrſchende
trockene Wetter ausgiebigere Regen fälle gefolgt ſind, nunmehr
mit allen Kräften an die Ausſaat von Winterraps auf
Eichenſchälwaldſchlägen heranzugehen.
Die Ausſaat erfolgt nach vorheriger Bodenverwundung
— unter Ausſchluß vergraſter oder naſſer Bodenſtellen —
mit ſtarken eiſernen Rechen, erforderlichen Falls mit einem
dreizinckigen Karſt, breitwürfig unter Verwendung von höchſtens
8 Kilogramm Samen auf 1 Hektar. Die Ausſaat wird leicht
eingekratzt. Die Koſten der Bodenbearbeitung ſtellen ſich bei
dem einfachen, beſonders auch von Frauen und Kindern leicht
zu bewerkſtelligenden Verfahren auf etwa nur 20—30 Mark,
diejenigen des Saatgutes auf etwa 5 Mark, im Ganzen ſomit
auf nicht mehr als 25-85, im Mittel 80 Mark für 1 Hektar.
Dieſer Aufwendung eht unter Berückſichtigung der bes
ſonderen Verhältniſſe des Waldbodens ein Ertrag von immerhin
25 Zentner Körner, 40 Zentner Stroh und 8 Zentner Schoten
gegenüber. Mithin kann der Anbau in Anſehung der geringen
Koſten bei recht befriedigendem Eitrag als durchaus vorteil⸗
haft angeſehen werden.
Der durch Humus in längerer Zeit angereicherte Wald⸗
“oben, in dem ſelbſt eine reichlichere, wenn nur lofe gelagerte
Steinbeimengung dem Anbauerfolg nicht hin erlich ift, ift der
Entwickelung der Rapsſaat, ohne daß es einer tiefergehenden
Bodenlockerung oder Düngung bedarf, durchaus günftig.
Es iſt bei der Auswahl der Anbauflächen darauf zu achten,
daß mineralkräftige, etwas bindige Böden in milden Lagen
ausgewählt werden, die zuvor einen gutwüchſigen und ge⸗
ſchloſſenen Eichenniederwaldbeſtand, beſonders anh einen folden
von Edelkaſtanien getragen haben. Auf ſolchen Böden iſt der
Nachteil der Unkcautentwickelung nach dem erft kurz zuvor im
Vorſommer erfolgten Abtrieb des Schälholzes noch gering.
Geeignete Standorte für den Rapsanbau dieſer Art finden
fih in größerer Zahl in dem Eichenſchälwaldbeſitz des Staates,
der Gemeinden und Privaten, beſonders in Süd» und Welle
deutſchland (Altbayern, Pfalz, Baden, Heſſen, Elſaß⸗Lothringen
und in den preußiſchen Bezirken Heſſen⸗Naſſaus, der Rhein
probing und Weftfalens).
Die heutige Eichenſchälwaldfläche dieſer Bezirke beträgt
noch immerhin 250000 Hektar, von denen etwa 35 000 Hektar
auf die diesjährigen Lohſchläge gerechnet werden können, fo daß
bei entſprechendem Zugreifen des Staates, der Gemeinden und
beſonders auch der Privaten im Klein⸗Walbbeſit
eine beachtenswerte Fläche zum Anbau herangezogen werden
könnte. Abgeſehen von dem nur geringen Riſtko des Anbaus,
für den auf Antrag das Saatgut von dem Kriegsausſchuß
für Oele und Fette in Berlin vorſchußweiſe fogar
foftenfret geliefert werden kann, ift die Betreibung des Anbaus
von größtem Intereſſe als wertvoller Beitrag zur Behebung
der beſtehenden Oelknappheit.
Aus der Staats⸗
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269
Inſoweit der Anbau inzwiſchen noch nicht erfolgt fein
ſollte, wird derſelbe nunmehr nach Kräſten zu beſchleunigen
ft
Das Saatgut kann, inſoweit nicht in den einzelnen Landes:
teilen ſelbſt Vor äte verfügbar fein ſollten, durch alsbaldige
„Aumeldung von dem genannten Kriegsausſchuß für Oele
und Fette in Berlin zum Preiſe von 0,75 Mark für 1
Kilogramm unter genauer Angabe der Poſt⸗ und Bahnſtation
bezogen werden.
Hinſichtlich der künftig dem Erzeuger zu Gutekom⸗
menden beſonderen Vergünſtigungen wird noch auf
die Beſtim mungen der „Bekanntmachung über den Verkehr
mit Oelfrüchten und daraus gewonnenen Produlten vom 15.
Juli 1915˙ (Reichs⸗Geſetzbl. S. 488) und der „Bekanntmachung
zur Aenderung derſelben vom 26. Juli 1916“ (Reichs⸗Geſetzbl.
S. 585) hingewieſen. Hiernach dürfen von der Eente zur
Herſtellung von Nahrungsmi eln in der Hauswirtſchaft des
t
Rieferungspflichtigen bis zu 30 Kilogramm einLeholt- ı werden;
mzerdem werden dem Erzeuger auf je 100 Kilogramm ab:
gelicferten Samen auf Antrag für den eigenen Bedarf] bis zu
35 Kilogramm Oelkuchen zu Futterzwecken von der Bezugs⸗
vereinigung Deutſcher Landwirte überwieſen.
Auf den in feder Beziehung vorteilhaften und aus valer:
landiſchen Intereſſen in hohem Maße wünſchenswerten A n=
bau von Winterrape auf Eichenſchälwaldſchlägen
it ſeitens des „Kriegsernährungsamts“ durch ein an alle
Bundes regierungen gerichtetes Schreiben vom 29. Juni 1916
B. 934 bezw. vom 24. Juli 1916 B. 10386 hingewieſen worden.
Auf die bezüglichen beiden Schreiben, zu denen von Seiten
der betelligten Bundesregierungen und Elſaß⸗Lothringens die
erforderlichen weiteren Bekanntmachungen und Anweiſungen
agangen find, fei daher noch einmal beſonders hingewieſen.
Dieſelben koͤnnen auf Wunſch auch direkt vom „Kriegsernährungs⸗
amt“ an Intereſſenten in Abſchrift mitgeteilt werden, inſoweit
diefe ſich eingehender über die wirtſchaftliche rund organiſatoriſche
Seite des Rapsanbaus auf Eichenſchälwaldſchlägen zu unter⸗
lichten wünſchen. (Mitteilungen aus dem Kriegs- Ernährungs
amt Nr. 216).
B. Auskuuftſtelle für Speiſepilze.
Um die Bekanntſchaſt mit den in unſeren Wäldern fo
aahlreichen Speifepilzen zu verallgemeinern, ift auch in dieſem
Jahre in Königsberg i. Pr. eine ſtädtiſche Pilz⸗Beſtim⸗
mungsſtelle in Tätigkeit. Sie wird wiederum von Lehrer
€ Gramberg verwaltet, deffen zweibändiger Pilzatlas
| „Bile der Heimat“ (pro Bd. 5,40 Mk.) weite Verbreitung
— —
gefunden hat. Jeder Ausflügler der Stadt kann hier Pilze
kostenlos beflimmen laſſen. Auch Auswärtige können Pilze
mr Beſtimmung einſenden (Adreſſe: Städt. Pilz⸗Beſtimmungs⸗
delle in Königsberg i. Pr.), haben jedoch für jede Pilzart
eine Gebühr von 50 Pf. beizulegen. Die Pilze find — ebenſo
wie die zurückbehaltenen — zu numerieren. Die Beſtimmung
Abt den deutſchen und wiſſenſchaftlihen Namen an und vere
merkt, ob die Art eßbar, ungenießbar oder giſtig iſt.
. Die Speisepilze, die an Nährwert mindeſtens den Gemiifes
Ten gleichſtehen, werden leider in den breiten Volksſchichten
= viel zu wenig beachtet. Da es in den heimiſchen Wäldern
an wohlſchmeckende Pilzarten gibt, follte man doch end»
a unſerer ernſten Zeit der Nahrungsmittelknappheit mit
er rung dieſer fo wohlfeilen Lebensmittelquelle Ernft
1916
C. Ueber Pflanzeuſchutz.
Während der Tierſchutz ſeit Jahrzehnten in faſt allen Kultur⸗
ländern durch Vereine in teils ausgezeichneter Weiſe organifiert
iſt, ſieht ſich die Pflanze in dieſer Hinficht bis zur Stunde recht
ſtiefmütterlich behandelt. Das Tier als geiſtig und körperlich
weſentlich höher organtfiertes Weſen vermag aus dieſen Fähig⸗
keiten heraus lebhafter und eindringlicher zu unſerem Gemüt
zu ſprechen und ſo wird jede Kundgebung des Tieres, ſtütze ſie
ſich nun auf Hunger, Krankheit oder ſonſtiges Leiden, bei uns
ein ſicheres Echo des Mitleids erwecken, das wohl immer zur
Hilfe bereit iſt. Die Tierſchutzvereine haben in dieſem Sinne
eine unendlich ſegensreiche Tätigkeit entwickelt und nicht genug
damit: in vielen Staaten ſuchen Tierſchutzgeſetze dem leidenden
Tier zu Hilfe zu kommen, wo ſich gelegentlich menſchliche Herz ⸗
loſigkeit breit macht. Unſere Jagdſchongeſetze fallen auch in
dieſen Kreis des Tierſchutzes, obwohl dieſe nicht gerade einen
idealen Tierſchutz verkörpern, ſich vielmehr zur Hauptaufgabe
ſtellen, die einzelne Tierart mehr vor der Ausrottung zu ſchützen,
die ſonſt bei zügelloſer freier Jagd nicht ausbleiben würde.
Die Heimatſchutzbeſtrebungen unſerer Zeit haben nun auch
dem Pflanzenſchutz ihre Aufmerkſamkeit geſchenkt, was anzuer⸗
kennen und hocherfreulich ift, doch iſt der [Pflanzenſchutz in
dieſem Falf nur ein Teilglied, das dem großen Ganzen bald
mehr oder weniger ſtark untergeork net tft. Unſere Feld⸗ und
Forſtgeſetze kennen allerdings einen begrenzten Pflanzenſchutz,
doch iſt von dem geſetzlichen und rechtlichen Beſtand eines ſolchen
vielen ſo gut wie nichts bekannt und der Städter iſt in dieſem
Fall faſt immer von einer ziemlichen Unkenntnis begleitet. In
Parks und öffentlichen Gärten iſt der Pflanzenſchutz dem Be⸗
ſucher meiſt eine gutbekannte Sache und wo gelegentlich etwas
Vergeßlichkeit obwalten ſollte, wird man durch einen unerwartet
auftauchenden Aufſeher manchmal unangenehm an den beſtehen⸗
den Pflanzenſchutz erinnert, wenn man ſich unerlaubt Eingriffe
in das Pflanzenreich geftattet hat. Ganz anders liegt die Sache
im Wald und auf der Heide, hier fühlt man ſich frei und un⸗
gebunden und man empfindet die Pflanzenwelt ſchutzlos vor
ſich liegen. Ein Freibeutertum greift Platz; man überfällt die
wehrloſen, die ſtumm und lautlos ihr Leben laſſen, bündelt ſie
formlos zu einem Bukett, ſchleppt fie eine Strecke des Weges.
um dann plötzlich die welkgewordenen, abgeſtorbenen Blumen
wle ein Nichts achtlos zu Boden zu werfen. So etwa gehen
jährlich Millionen von Blumen zu Grunde, an deren Anblick
ſich im anderen Fall noch Tauſende ſonſt erfreut hätten. So⸗
lange es fih um Pflanzen hand elt, die als typiſche Kinder der
deutſchen Flora überall in ungezählten Mengen zu finden ſind,
wird man ſich mit einem Vorgang, wle dem eben geſchilderten,
noch abfinden können, obgleich auch hier ein Pflanzenſchutz voll
am Platze wäre. Bedenklicher aber iſt, daß gerade ſeltene
Pflanzen am eheſten dem Pflücken und ſo der Vernichtung zum
Opfer fallen. Eine ſeltene Wald⸗ oder Wieſenblume, einmal
erſpäht, hat ihr Leben ſicher verwirkt. Im Uebereifer des
glücklichen Fundes wird dem ſeltenen Findling gedankenlos das
Todesurteil geſprochen. Der Gedanke an Nachkommenſchaft
ſcheidet in dieſem Augenblick völlig aus: die Zerſtörung triumphiert,
im nächſten Augenblick wird das blühende Kind der Flora rauh
von der Mutter Erde geriſſen, um kurze Zeit darauf den Weg
des Vergeſſenen und Verlorenen zu gehen. Und ſo ſind wir
dahin gekommen, daß viele Pflanzen der deutſchen Flora immer
ſeltener werden und daß ihr Verſchwinden und Ausſterben nur
noch eine Frage der Zeit iſt.
Erfreulicherweiſe beginnt man dem Pflanzenſchutz in amt⸗
lichen Kreiſen mehr und mehr Aufmerkſamkeit zu ſchenken, wenn
gleich es hier noch viel zu tun gibt und eine weſentlich ſtärkere
36
270
Ausdehnung und Verbreitung des Pflanzenſchutzgedankens
dringend zu wünſchen wäre. So hat die Stadt Wernigerode
Eichen und Buchen von beſonderer Größe und Schönheit, ferner
den Straußfarn und das Adonisröschen (Adonis vernalis) in
den Stadtforſten unter beſonderen Schutz geſtellt. München
brachte das Iſargelände bei Harlaching iu feinen Beſitz und
erließ zu Gunſten der Alpenpflanzen, die dem Fluß bis zu den
Stadttoren folgen, ein Verbot des Pflüdens und Botanifterens.
Die Stadt Duisburg ſtellte den in ihrem Stadtwald zu einer
großartigen Entwicklung gekommenen Adlerfarn unter Schutz,
der von der Bevölkerung willig geübt wird. Die Stadt München
hat fic) hinſichtlich des Pflanzenſchützes in ihren Maßnahmen
als beſonders weitſchauend erwieſen; fo unterſagte fie in ihrer
Marktordnung vom Jahre 1903 den Verkauf von wildwachſen⸗
den Pflanzen mit Wurzeln und Knollen auf dem Viktualien⸗
markte. Nürnberg und Regensburg haben Verbote von Frauen⸗
ſchuh (Cypripedilum calceolus) und anderer Orchideen erlaſſen.
Auf dem Dutzendteich in Nürnberg wächſt eine ſeltene Seeroſen⸗
art, die ſeitens der Stadt einen beſonderen Schuß genießt.
Die Stadt Hameln hat für das in ihrem Stadtforſt gedeihende
große Schneeglöckchen (Leucoium vernum) ein beſonderes Suge
gebot erlaſſen. Die ſtaatliche Naturdenkmalpflege, die ganz
hervorragende Erfolge aufzuweiſen hat, von privater Seite in
glücklicher Weiſe unterſtützt, nimmt fih des Pflanzenſchutzes in
beſonderer Weiſe an. Die an den deutſchen Seeküſten vor⸗
nehmlich von Badegäſten hart bedrängte Stranddiſtel (Eryngium
maritimum) hat ſtaatlichen Schutz gefunden, ſodaß von den
beteiligten Regierungspräſidenten entſprechende Polizeiverord⸗
nungen erlaſſen wurden, welche das Ausreißen, Abſchneiden, Abs
pflücken und Feilbieten der Stranddiſtel bis zu 150 Mk. Geld⸗
ſtrafe bedrohen. In den Badeorten der Küſte wird auf dieſe
Verordnungen durch Anſchlag hingewieſen. In der Provinz
Sachſen hat ſich die Stadt Artern gemeinſam mit der Domänen⸗
verwaltung entſchloſſen, eine mit ſeltenen, charakteriſtiſchen
Pflanzen der Salzflora beſtandenes Gelände unter Schutz zu
nehmen. Sehr wertvolle Dienſte leiſten dem Pflanzenſchutz die
auf Veranlaſſung des preußiſchen Landwirtſchaftsminiſters
herausgegebenen amtlichen „Forſtbotaniſchen Merkbücher“, welche
die einzelnen Provinzen behandeln, wenngleich dieſe Merkbücher
noch nicht von allen Provinzen vorliegen. Für Baden und
Württemberg find ähnliche „Forſtbotaniſche Merkbücher“ ges
ſchaffen worden. In Bayern, Oeſterreich und der Schweiz wur⸗
den die ſelteneren Alpenpflanzen vielfach unter Schutz geſtellt,
beſondere Schutzmaßnahmen waren ſür das Edelweiß erforderlich,
das als Handelsartikel der maſſenhaften Vernichtung ausgelegt
war. Auf dem Brocken befindet ſich ein Schutzgarten, der die
immer ſeltener werdenden Brodenpflanzen zu erhalten verſucht.
Man erſieht, daß von amtlicher und auch privater Seite reich⸗
lich Anſätze zu einem Pflanzenſchutz vorhanden find, der aller—
dings nicht als allgemeiner Pflanzenſchutz auftritt, ſondern mehr
in Einzelfällen ſelten werdende Heimatspflanzen vor dem Aus⸗
ſterben zu retten ſucht. So erfreulich dieſer Sonderſchutz einzelner
ausgewählter Pflanzen iſt, wäre doch künftig die Parole eines
allgemeinen Pflanzenſchutzes wünſchenswert. Der großen Maſſe
des Volkes muß, wie es beim Tierſchutz ſo ziemlich erreicht
wurde, der Begriff Pflanzenſchutz geläufig werden und hier iſt
die Schule der eigentlich: Nährboden, wo die Saat auszeſtreut
werden muß. Auf den Wanderungen und Ausflügen der Jugend
bietet ſich die beſte Gelegenheit, Pflanzenſchutz zu predigen und
zur Tat werden zu laſſen. Für die Touriſtenvereine muß der
Pflanzenſchutz gleichfalls zu einem Schlagwort werden, während
die recht nützlichen Verſchönerungsvereine in Retfee und Bades
orten durch die ihnen geſtellte Aufgabe von ſelbſt auf den
Pflanzenſchutz kommen dürften. Vor allem ſollte es Regel
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werden, Pflanzen nie mit der Wurzel auszureißen, fondem
wenn botaniſche Zwecke verfolgt werden, möglichſt abzuſchneiden.
Aehnlich folen Zweige von Sträuchern und Bäumen nie ab-
gebrochen, ſondern ſtets nur abgeſchnitten werden, da felbt im
letzeren Fall die Verletzung immer noch groß und ſchädigend
genug th. Die Gründung beſonderer Pflanzenſchutzvereine drite
zu erwägen fein, die von Botanikern geleitet ihren Arbeitskreis
nicht nur anf den Schutz heimatlicher Pflanzen beſchränken
brauchten, ſondern fih auch weitergehende Ziele ſtecken könnten
Eine ſolche Aufgabe wäre die planmäßige Ausbreitung im Aus
ſterben begriffener Heimatspflanzen und die Einführung und
Anpflanzung fremder Wildpflanzen, die durch ihr ſchönes Aus⸗
ſehen als eine willkommene Bereicherung der heimatlichen Flora
zu gelten hätten. In einer ins Leben zu rufenden Pflanzen⸗
ſchutzbewegung wäre dem Botaniker eine äußerſt dankbare Ani:
gabe geſtellt, zu deren Erfüllung ſich ſicher viele bereit finden
würden. Dr. P. Martell.
t
D. Maſſenüberwinterung von Schuepfen in deat
ſchen Winterquartieren. Kaum eins der früheren Jahre
hat einen fo deutlichen Beweis von der Revolutionierung
der grundſätzlichen Gewohnheiten im Vogelreiche,
die ich unter einem beſtimmten Schlagworte zuſammengefaßt
habe („Wiederkehr tertlärzeitähnlichen Tierlebens“), gebracht
wie dieſer Winter. Vielleicht niemals früher haben die Schnepſen
fo zahlreich in Deutſchland den Winter überſtanden wie dies —
mal. Es handelt ſich in erſter Linie um die gemeine Be
kaſſine, Heerſchnepfe (Scolopax gallinago, Gallinag
gallinago (L.), oder Gallinago coelestis). Wer z. B. in dieſen
Winter 1015/16 den fchönen, etwa zwei Stunden langen Bey
von Stettin nach Altdamm (am Dammſchen See) ging, bet
konnte zu gewiſſen Tageszeiten, namentlich gegen Abend ver
Dunkelwerden, alle 5 Minuten neben dem Straßenrand aus
dem ſumpfigen Gelände eine Schnepfe mit lautem „zälſch“
aufſteigen, in zackigem Fluge vorwärts ſtreben und auf Beute
ſuchen ausgehen ſehen. In den letzten Jahren iſt ja durch
zahlreiche Beobachtungen feſtgeſtellt worden, daß diele unferer
Zugvögel, die ſonſt regelmäßig im Herbſt nach dem Sida
ziehen und im Frühjahre zurückkehren, die weite Reiſe nicht
mehr antreten, ſondern in der Heimat bleiben, wo ſte ſich
ſchlecht und recht durch den Winter zu ſchlagen ſuchen. Wit
haben feſtgeſtellt, wodurch dieſe merkwürdige Erichelmung —
hervorgerufen wurde: In erſter Linie durch die überwiegend
milden Winter, die in einer Reihe von Jahren aufeinander
folgten. Die Vogel ließen ſich durch das milde Wettet des
Spätherbſtes zu längerem Aufenthalt verleiten, und als der
Winter mit Froſt und Schnee nicht eintraf, blieben fle eben
ganz hier. Daß der Eintritt häufiger und dauernd milde
Winter nicht eine Laune der Natur ift, ſondern auf grund :
ſtürzenden telluriſchen Veränderungen beruht, habe ich früher
ſchon an anderer Stelle angeführt, iſt übrigens auch aus den
einſchlägigen Werken zu erſehen (z. B. Neumayr, „Erde im
Weltraum“). Es iſt nicht richtig, wenn behauptet wird, dieſe
Veränderung in der Lebensweife fei am auffälligſten und hån:
figſten bei dem Lieblingswild des deutschen Jägers, der Wal
ſchnepfe, beobachtet worden; eventuell träfe es für dieſe viel⸗
leicht zu in England, wo ein engliſcher Herzog ſtarkes Ueber⸗
wintern namentlich von jungen Waldſchnepfen (Scolopax rusti-
cola) feftgeftellt hat; aber in Deutſchland ift es unſtreitig die
gemeine Sumpfſchnepfe, die viel zahlreicher über
wintert als die Waldſchnepfe, was ſich auch ſchon aus ihrem
überhaupt viel zahlreicheren Auftreten ergibt. Im ganzen
Vogelsberg beifpielsweife ſahen wir viele Jahre hindurch nicht
3
271
ine Wald ſchnepfe, während in jedem feuchten Wieſengrunde
dutzende von Pärchen der gemeinen Sumpfſchnepfe lagen. Die
Schnepfen, ſowohl die Wald» wie die Sumpfſchnepfe, waren
kibe anz geſprochene Zugvögel. Jetzt it das Ueberwintern
ta Schnepfenreich gang und gäbe, taft zur Regel geworden
du leberwinterung nimmt immer mehr zu. Selbſt in ſtrengen,
Warreihen Wintern werden an paſſenden Oertlichkeiten immer
ach tinige Langſchnäbel getroffen. Lieblingsorte für die Walde
kapis find moorige, lichte Wälder, für die Sumpſſchnepfen
heumfreieß Gelände, ſumpfige Niederungen, Teiche, Tümpel,
Fußläuſchen. Ueberall da, wo der Untergrund aus gewaltigen
Tortmaflen beſteht, die fortwährend in Zerſetzung und Um:
deng begriffen find, wird eine Wärme erzeugt, welche
werizdert, daß die Torfſchichten leicht gefrieren, und hier ift
tr ein Inſekten⸗ und Wurmleben vorhanden, ſodaß für
be Nahrung der Schnepfen geforgt ift. Wieviel Würmer, im
Sehen Deutſchlands „Tieratze“ genannt, ſelbſt im Januar
®) Februar fidh dicht unter der Oberfläche des Bodens bes
faxn, das fab ich, als fi im Januar 1916 in einer großen
kuſchen Stadt (Stettin) der Zirkus Krone für einige Wochen
nederließ; auf dem von ihm benutzten Gelände ſtrebten aus
len lockeren Erdreich nach allen Seiten viele „ſchöne“, vers
Nunsmäßig junge Würmer in zart roſenroter Farbe fort.
Sind die von den Schnepfen⸗Wintergäſten ausgewählten Ges
dar, die Tümpel und Waſſergräben, nun noch mit dichten
Tororpolſtern, Wollgräſern und Heidekraut durchſetzt, dann
t en Dorado für die Langſchnäbel geſchaffen, wo fie immer
bureidend Nahrung finden, um ihren Hunger zu ſtillen. Wird
dlenſals die Kälte mal fo ſtark, daß ſelbſt dieje Gebiete zu
Gi erſtarren, dann wiſſen die klugen Vögel immer noch hier
wd da eine warme Quelle, an der fie wenigſtens für kurze
dat ihr Leden friſten können, bis wieder weicheres Wetter
tritt, ja kommen auch an die Miſthaufen der Dörfer. Cre
ſchrungsgemäß dauern ja dieſe Perioden ſtrengſter Kälte nicht
se: zu lange; ift dies ausnahmsweiſe aber doch einmal der
dal, fo tritt noch lange nicht ein, was ein Herr St. in „Für
fle Welt“ glaubt annehmen zu dürfen: daß es dann ben
Amen Schnepfen ſehr ſchlimm geht und fie elend zugrunde
gxn müſſen; nein: mit ihrem ſehr fördernden Fluge bringen
fe ih rechtzeitig in Sicherheit, machen einen mitunter recht
eägebehnten Abſtecher nach Süden, aber nur für kurze Zeit.
Dieſer Fall ſehr harter Kälte tritt aber nur ſelten ein, meiſtens
bumen die Schnepfen ganz gut durch den Winter, und es
behagt ihnen in den ftillen, ruhigen deutſchen Winterquartieren.
Jo babe diefe ganz eigentümliche avifauniſtiſche Erſcheinung,
| be von einem höheren Geſichtspunkt gemeſſen den Charakter
cnet bloßen Natur merkwürdigkeit verliert, auf Grund anderer
Belege ausführlich behandelt in einem früheren Qrgroang ber
‘abreshefte der Oberheſſiſchen Geſellſchaft für Naturkunde.
die Mitteilung über die Zeichnung und dadurch erfolgte Feit
felling des Ueberwinterns jüngerer Waldſchnepfen in Eng⸗
land (eilens eines britiſchen Herzogs) findet fih in Schillings
„Nit Blitzlicht und Büchſe“. !) Im Vogelsberg umſchwärmen
+ 8, überwinternde Sumpfſchnepfen allabendlich die Miſt⸗
buten der „Daumenmühle“ bei Friſchborn (Kreis Lauterbach).
Die Revolutlonierung ber grundſätzlichen Gewohnheiten im
Öogelreiche zeigt ſich u. a. auch in der Beſiedelung höher Lies
sender Gedirgepartieen durch Ebene⸗Vögel und in der harat
a Nordwärtsverſchiebung der Brutgebiete faſt ſämt⸗
iber mitteleuropälſcher Vogelarten. Schuster.
i Der engliſche Herzog erhielt die Anregung zu feinem
th durch meine Theſe einer „Wiederkehr tertlärzeitähn⸗
ichen Tlerleb ens“.
E. Aufruf zum Sammeln von Bucheckern für die
Gewinnung von Del. “)
Von Profeſſor Dr. Borgmann, forſttechniſcher Referent im
Kriegsernährung damt.
In den meiſten Gebieten Süd⸗ und Weſtdeutſch⸗
lands liegt in dieſem Jahre eine vielerorts günſtige
Bucheckernmaſt vor.
Im Hinblick auf die Seltenheit von Buchen⸗
maſtjahren kann dieſe Tatſache bei der beſtehen⸗
den Knappheit an Oelen und Fetten als ein be⸗
ſonders glücklicher Umſtand bezeichnet werden,
dem voll Rechnung zu tragen nicht unterlaſſen
werden darf.
Das Kriegsernährungsamt hat ſich daher die Or⸗
ganiſation der diesjährigen Bucheckernernte beſonders angelegen
ſein laſſen.
Nachdem inzwiſchen durch Bundesratsverordnung
vom 14. September 1916 (Reichs⸗Geſetzbl. S. 1027) die
allgemeinen Anordnungen für das Einſammeln und die Ver⸗
arbeitung der Bucheckern zu Oel erlaſſen worden find, ergeht
an alle Kreiſe der Bevölkerung die Aufforderung,
die Landesbehörden in der Durchführung der
beſonderen Maßnahmen für die Sicherſtellung
der Ernte zu unterſtützen, insbeſondere ſich an
dem Ein ſammeln der Bucheckern während der
Monate Oktober und November ausgiebig zu
beteiligen.
Zur Einbringung der Ernte, ſowohl im eigenen
Betriebe der Staats-, Gemeinde und Privatforſten, als auch
durch die beſonderen Organiſationen für Lebens mittelverſorgung
ſowie durch das private Unternehmen werden zahlreiche
Arbeitskräfte aller Art benötigt. Neben einem guten
Sammellohn wird nach § 1 Abſatz 2, Nr. 3 der Verord⸗
— — —
*) Zu der hier beſprochenen Frage hat die Großh.
Heſſiſche Minifterial Abteilung für Forſt⸗ und Kas
meralverwaltung durch Ausſchreiben vom 21. Septbr. das
außer den Großh. Oberförſtereien auch den größeren Privat⸗
Forſtverwaltungen zugegangen ift, Stellung genommen. Darin
wird ausgeführt, daß im Domanialwalde das Sammeln
der Bucheckern grundſätzlich freizugeben iſt, aber nach einem
alsbald aufzuſtellenden Plane erfolgen ſoll, wobei auf die Lage
der Forſtorte zu den Ortſchaften Rückſicht genommen wird und
diejenigen Stellen, wo wie an vielbefahrenen Wegen uſw. die
Bucheln der Beſchädigung durch Fuhrwerke und Tiere ausge⸗
ſetzt ſind, zunächſt geöffnet werden. Bei Sprengmaſt wird Be⸗
zeichnung der reichlich mit Bucheckern behangenen einzelnen
Bäume mit Kalkſtrichen oder Ringen im Innern der Beſtände
empfohlen. Daneben kann auch im Eigenbetrieb der Forſtverwal⸗
tung die Ernte durch Anprellen folder Stämme, die keinen
Nutzholzwert beſitzen, erleichtert werden; wobei ſchwere, mit
Lappen umwickelte Hämmer verwendet und Tücher auf dem
Boden ausgebreitet werden.
Bei Kommunalwaldungen ſollen die Großh. Ober
förſtereien im Einvernehmen mit den Ortsbehörden ebenfalls
die erforderlichen Anordnungen treffen und ſich hinſichtlich der
Privatwaldungen mit den Eigentümern ins Benehmen
ſetzen.
Schweine⸗Eintrieb ſoll in der Regel erſt nach Be⸗
endigung des Einſammlns geſtattet werden.
Wegen Einrichtung der Sammelſtellen, Mitwirkung der
Schulkinder und Jugendwehren, Erwirkung ſchulfreier Tage
uſw. fol mit den Kreisämtern Vereinbarung getroffen were
den. D. Red
86
nung jedermann, ber Bucheckern abliefert, bie beſondere
Vergünſtigung zu Teil, zur Herſtellung von Oel für die
eigene Wirtſchaft / der geſammelten Bucheckern bis
zum Betrage von 25 kg für den einzelnen Hausſtand
einzubehalten. Er kann die hiernach einbehaltenen Bucheckern
gegen einen von der Ortsbehörde feines Wohnorls auszuſtellen⸗
den Ausweis von einer Oelmühle verarbeiten laſſen. Je nach
der Güte und Reinheit der Bucheckern ergibt die genannte
Menge von 25 kg eine Ausbeute von 4—5 kg Oel, das ſich
jeder, der Bucheckern zu ſammeln in der Lage iſt, gegen eine
mäßige an die Oelmühle zu zahlende Vergütung vorweg bes
ſchaffen kann. Die gleiche Vergünſtigung genießen auch die Forſt⸗
eigentümer, wenn fie ſich das Einſammeln der Bucheckern angele
gen ſein laſſen, und ihre bei der Sammlung beteiligten Beamten.
Eine weitere Vergünſtigung betrifft nach § 8 der Verord⸗
nung die geſamte Bevölkerung derjenigen Gebiete,
in denen Bucheckern geſammelt und abgeliefert werden.
ſelbe beſteht darin, daß den Landeszentralbehörden auf je
100 kg abgelieferte Bucheckern bis zu 4 kg Oel und bis
zu 20 kg Oelkuchen oder Meble, dte ein wertvolles Kraft⸗
futter find, als Vorausleiſtung ohne Anrechnung auf
die weitere Verteilung von Oel bezw. Oelkuchen oder Mehlen
zugewieſen werden.
— Je größere Mengen von Bucheckern ſomit in einem Lande
geſammelt und abgeliefert werden, um fo günſtiger ftellt
ſich für dasſelbe die allgemeine Zuteilung von
Del bezw. Oelkuchen oder Mehlen.
Die genannte Vergünſtigung umfaßt nicht weniger als
etwa ½ des gewonnenen Oels und etwa , der entſallenden
Oelkuchen bezw. Meble.
Eine weſentliche Steigerung der Bucheckernernte ift ferners
hin zu erwarten, wenn ſich in allen denjenigen Gebieten, in
denen Bucheckern gewachſen find, auch die Schulen an dem
Sammeln beteiligen, ins beſondere den Kindern das Sammeln
nicht nur geftaltet wird, ſondern diefe bei Zubilligung
eines angemeſſenen Sammellohı8 unter Leitung
der Lehrer oder ſonſtiger geeigneter Perſonen entſprechend or⸗
ganiſiert, geführt und zum Sammeln der Bucheckern angehal⸗
ten werden. Um die erwünſchte wertvolle Beteiligung der
Jugend an der Einbringung der Ernte für die Oelverſorgung
ſo erfolgreich als möglich zu geſtalten, wird allen Schulbe⸗
hörden nahegelegt, eine tage⸗ oder wochenweiſe Freigabe des
Unterrichts zu dieſem Zwecke, zumal bei günſtiger Witte⸗
rung beſonders im Laufe des Monats Oktober in Ausſicht
nehmen zu wollen.
Es ergeht ferner die Aufforderung an alle Forſteigen⸗
tümer, inſoweit ſie nicht ſelbſt bereit oder in der Lage ſind,
die bei ihnen anfallenden Bucheckern zu ſammeln, der Be⸗
völkerung das Sammeln von Bucheckern in ihren
Forſten zu geſtatten und durch Zuweiſung ergie⸗
biger Erntegebiete im vaterländiſchen Intereſſe
behilflich zu fein, insbeſondere auch zu geſtatten, daß die
Sammler die zum Sammeln, Reinigen und Wegſchaffen der
Bucheckern notwendigen Einrichtungen treffen können.
Hinſichtlich des Erntevollzugs ſei noch auf das von dem
„Kriegsausſchuß für Oele und Fette“ in Berlin NW. 7 heraus⸗
gegebene Merkblattzum Sammeln und Aufbewahren
von Bucheckern für die Oelgewinnung hingewieſen.
Die Reifezeit der Bucheckern fällt im allgemeinen in den
Anfang bezw. die Mitte des Monats Oktober. Die tauben
Eckern fallen zuerſt, die beſten zuletzt.
Die⸗
Für das Sammeln find möglihft Tage mit trockener
Witterung zu wählen. Das Sammeln ſelbſt kann geſchehen
1. durch Aufleſen mit der Hand, 2. durch Zu ſammen
kehren, 3. durch Abklopfen und Abſchütteln der
Eckern auf untergebreitete Tücher oder den zuvor klargerechten
Boden, inſoweit dieſer eine Laubdecke trägt.
Bei Aufleſen mit der Hand erübrigt ſich ein weiteres
Reinigen der Bucheckern. In allen andern Fällen müſſen dieje
durch Werfen oder auch mit Hilfe von Sieben von beigemiſchtem
Laub, Holzteilen, Erde uſw. zunächſt befreit und nötigenfalls
noch nach oberflächlicher Trocknung in Windfegemühlen und
dergleichen gereinigt werden.
Bis zur Ablieferung an die von dem „Kriegsausſchuß für
Oele und Fette“ beſtimmten Stellen, insbeſondere die Raat-
lichen und kommunalen Abnahme⸗ und Lagerſtellen, ſowie die
ſonſtigen in den einzelnen Staaten beſtehenden, mit der Bers
arbeitung der Bucheckern betrauten beſonderen Organiſationen
müſſen die Bucheckerntrocken und kühl aufbewahrt
werden. Dieſelben werden am beſten auf luftigen Speicher
böden, Tennen oder dergleichen etwa 20 bis 30 cm hoch fed
ausgebreitet und nach Bedarf des öfteren umgeſtochen, W fe
lufttrocken find.
Bezüglich der Aufbewahrung im Freien in dachartig über
deckten Gräben oder nach zuvoriger guter Abtrocknung in Mio
ten enthält das von dem genannten Kriegsausſchuß heraut
gegebene Merkblatt die näheren Vorſchriften.
Von großer Bedeutung für eine raſche und fidere Ein
bringung der Ernte ift die Einrichtung möglichſt zahl⸗
reicher, kleinerer und größerer Sammelſtellen in
und am Walde — Forſtämter, Marktflecken, Dorfgemin
den, Güter, Höfe — und ergeht daher nach dieſer Richtung,
insbeſondere an alle ländlichen Lefiker die Aufforderung, alle
verfügbaren Räume den Behörden, den mit dem Sammeln
der Bucheckern betrauten beſonderen Organiſationen oder ſon⸗
ſtigen Unternehmern entgeltlich oder auch unentgeltlich zur Bers
fügung ſtellen zu wollen.
Wenn alle helfen, jeder an feinem Teil mit:
arbeitet, und beſonders fleißig geſammelt wird,
darf auf ein immerhin beachtenswertes Ernte⸗
ergebnis gerechnet werden.
Unfaſſen doch die Buchenaltholzbeſtände Süd- und Bef
Deutſchlands, in denen in dieſem Jahre eine Maſt gewachſen
ift, mehr als 200000 ha. Wird angenommen, daß es vielleicht
gelingt, nur die Hälfte dieſer Fläche, mithin 100 000 ha, mit
einem mittleren Ertrag von 10 Zentner Bucheckern abzuſam⸗
l
meln, fo würde bei einer Ausbeute von 10 Litern auf 1 Zem⸗
ner ein Ertrag von im ganzen 10 Millionen Litern Oel er
faßt werden können.
Inwieweit dieſe Menge eingebracht werden kann, wird
abgeſehen von der Güte der Ernte und der Gunſt der Bitte
rung von einem ſtarken Zugreifen oller beteiligten
Behörden in der Durchführung der örtlichen Mab
nahmen und einer lebhaften Beteiligung weiter
Kreiſe der Bevölkerung abhängen.
Möchte es gelingen, die feltene Gelegenheit einer Bucheckern⸗
maſt, die dem deutſchen Volke von einer gütigen Vorſehung
in der Zeit der Not beſchert wurde, in einmütigem Zuſammen⸗
wirken von Regierung und Volk fo auszunutzen, daß bie fo
dringende Verſorgung mit Oelen und Fetten eine ſtarke Hilfe
in dem „Oel aus dem Walde“ zu finden vermag!
Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Lerſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer,
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländer Verlag
Verleger: J. D. Sauerlönder in Frankfurt a. M. — G. Ottos Hofßbuchdruckerei in Darmſtadt.
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Allgemeine
| Fort- und Jagd Jritun
Herausgegeben
Geh. Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft
an der Univerſität Gießen
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| Dr. Karl Wimmenauer, und Dr. heinrich Weber,
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Zweiundneunzigſter Jahrgang.
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1916. November.
Scankfurt am Main.
J. D. Sauerlänber’ 8 Verlag.
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un Die Allgemeine Forh- und Jagd⸗Zeilung erſcheint regelmäßig jeden Monat und :
wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗ 3
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Das Ericheinen der fünften Auflage legt am beiten Zeugnis ab von der allleillgen An-
erkennung, die das Werk durch die Penn und klare Dariiellung des Stoffes und durch
feine mehr popularilierende und auf Dervorhebung der praktiichen Gelichtspunkte abzielende
Richtung in Fachkreiſen gefunden hat.
Dieſe neue Auflage, deren Durchſicht auf ausdrücklichen Wunich des verliorbenen Ver-
fallers Derr Prof. Dr. Bausrath in Karlsruhe bereitwilligit übernommen hat, hat wieder
einige Ergänzungen erfahren, foweit ſolche durch die neueren Ericheinungen auf den bezüg-
lichen Gebieten bedingt wurden.
Stankfurta.M. J. D. Sauerländer's Verlag.
Allgemeine
forh- und Jagd-Jeitung.
November 1916.
Bie FJorſtwirlſchafts⸗Philoſophie der
Gegenwart. |
Eine Darlegung und Würdigung des neueſten Verſuches
tur „Grundlegung, Syſtematik und Methodik“ uuſerer
Wiſſenſchaft
von Heinrich Weber, Großh. Heil. Forſtaſſeſſor.
Einleitung.
Die Entwicklung der Einzelwiſſenſchaften vollzieht
ſich in unſerer Zeit in einem raſenden Tempo, und
neue Erkenntniſſe ſprudeln wie ein Wunder in unge⸗
ahnter Fülle hervor. Das Prinzip der Arbeitsteilung
hat ſich auch hier bewährt, und innerhalb der Spezial⸗
wiſſenſchaften haben ſich wieder viele Sonderabteilungen
herausgebildet. Der Spezial⸗Forſcher, der etwas leiſten
will, tut gut, ſich auf ein engbegrenztes Gebiet zu
beſchränken.
So vorteilhaft dieſe Spezialiſierung und Arbeits⸗
teilung für die Entwicklung der Wiſſenſchaften auch iſt,
‚ fie hat auch einen großen Nachteil mit fic) gebracht.
»Sie hat den Blick für das Ganze der Einzelwiſſenſchaft,
für die Form und Geſamtkonſtruktion derſelben be-
ſchränkt.
Das gilt auch für unſere Wiſſenſchaft. Auch bei
uns hat die mächtige Stoffanhäufung und die Spe-
zialiſierung eine faſt allgemeine Intereſſeloſigkeit für
ßforſtwirtſchaftsphiloſophiſche, d. h. grundlegende, fyfte-
mathiſche und methodologiſche Fragen zur Folge gehabt.
Man merkte garnicht, daß die alte Form, die man
als ein Dogma verehrte, für die Menge des neuen
Erkenntnisſtoffes ſchon längſt zu enge geworden war
und erkannte nicht, daß es not tue, eine neue zu prä⸗
gen. Man fragte überhaupt nicht mehr nach dem
Wie, nach der zeitgemäßen Kompoſition des überhand⸗
nehmenden Stoffes und der philoſophiſchen Grund⸗
legung derſelben. .
Da fam Einer, der den Weg von unferer Wiffen-
l
| ſchaft zur Philoſophie, die ja die Einheit alles Wiſſens
| iſt, wiederfand und fo der ganz in Vergeſſenheit ge:
| gratenen
„Forſtwirtſchafts⸗Philoſophie“ ein Wieder:
erwecker wurde: Herr Regierungsdirektor Dr. Lorenz
Yappes. Er hat im Jahre 1909 eine kleine Schrift
1916
mit dem Titel: „Studien über die Grundbegriffe und die
Syſtematik der Forſtwiſſenſchaft“ veröffentlicht, in der er
die fraglichen Probleme von Grund auf zu löſen ver:
ſucht. Vier Jahre ſpäter hat er eine etwas veränderte
Darſtellung feiner Ideen als einleitende Abhandlung;
„Grundlegung, Gliederung und Methode der Forſt⸗
wiſſenſchaft“ im „Lorey'ſchen Handbuch der Forſtwiſſen⸗
ſchaft“ (3. Aufl., hrsg. von Dr. C. Wagner, 1. Bd.,
Tübingen 1913) erſcheinen laſſen.
Von ſeinen Gedanken über das Weſen unſrer
Wiſſenſchaft ſoll im Folgenden die Rede ſein. Dieſe
Abhandlung will ein Weg ſein zur Förderung und Weiter⸗
verbreitung forſtwirtſchafts⸗philoſophiſcher Wahrheiten
— das will ſie ſein, auch wenn ſie Kritik übt. Ich
bin mit Widenmann der Anſicht, daß der Kritiker, ſobald
er „blos die Sache erörtert“ „die Wahrheit ohne Schminke
ſagen kann“, und glaube der guten Sache nur nützen
zu können, wenn ich meine Anſicht frank und frei
bekenne.
I. Die Wappes' ſche Grundlegung der Forſtwiſſenſchaft.
Die Grundlegung einer Wiſſenſchaft kann auf rein⸗
logiſchem und hiſtoriſchem Wege angenommen werden.
Die Grundlegung, wie ſie Wappes von unſrer Wiſſen⸗
ſchaft gibt, ift rein logiſch. Er legt erſt dar, was
ſeiner Anſicht nach Wiſſenſchaft im Allgemeinen
bedeutet, fixiert dann den Gegenſtand unſrer
Wiſſenſchaft und baut auf dieſer Grundlage ſchließ⸗
lich ſeine Definition der Forſtwiſſenſchaft auf.
1. Was iſt nach Wappes Wiſſenſchaft im
Allgemeinen?
Bei feiner Begriffsbeſtimmung der „Wiſſenſchaft
im Allgemeinen“ ſtützt ſich Wappes auf den bekannten
Leipziger Philoſophen und Pſychologen Wundt. Ein
Verſtändnis und eine gerechte Beurteilung ſeiner De⸗
finition iſt ohne eine Kennknis der fraglichen Anſichten
Wundts ſchlechthin unmöglich. Deshalb ſoll hier zuerſt
eine kurze Darſtellung und kritiſche Würdigung der in
Betracht kommenden Ideen Wundts gegeben werden.
Wundt ift weder reiner Idealiſt, noch reiner
Realiſt, er ſucht vielmehr zwiſchen Realismus und
Idealismus eine vermittelnde Stellung einzunehmen.
37
274
In feinen erkenntnistheoretiſchen Anſichten ſtimmt
er ganz mit dem ſog. „Kritiſchen Realismus“ über⸗
ein. (Das Folgende im Anſchluß an Meſſer:
„Geſchichte der Philoſophie vom Beginn des 19. Jahrh.
bis zur Gegenwart“. Leipzig 1913. S. 148 fl.)
Der philoſophiſche Laie, der an ſeinem Erkenntnisver⸗
mögen noch keine Kritik übt, der naive Realiſt,
wie man ihn mit dem philoſophiſch⸗techniſchen Ausdrucke
zu nennen pflegt, glaubt, er vermöge die Dinge ſo
zu erkennen, wie ſie in Wirklichkeit ſind. Anders der
Idealiſt im Sinne Kants, der fog. transſcendentale
Idealiſt. Ihm wird der rohe Stoff, wie ihn die Sinne
liefern, erſt durch die Verſtandskräfte zur gültigen ob⸗
jeftiven Erfahrung umgeformt. Die Sinneseindrücke
allein machen für ihn das Erkennen noch nicht aus.
Er glaubt erſt zu einer Erkenntnis zu gelangen ver⸗
mittelſt der Begriffe, durch ſie exiſtieren erſt Gegen⸗
ftände für ihn, und ohne fie ift feiner Anſicht nach
eine Erkenntnis nicht möglich. |
Zwiſchen beiden, dem Realiften und dem Idealiſten
ſucht, wie geſagt, Wundt zu vermitteln. Er geht
nicht von dem Gegenſatz zwiſchen Subjekt und Objekt,
Vorſtellung und Gegenſtand, ſondern von der nicht
differenzierten Einheit beider aus. Das wahre Objekt
ſelbſt ergibt ſich nach ſeiner Anſicht aus der Wahr⸗
nehmung, ſobald man alle die Eigenſchaften abzieht,
die ſich durch Vergleichung der objektiven Erfahrungen
als ſubjektiv erweiſen. Dieſe Uebernahme von einzel-
nen Merkmalen des Wahrgenommenen auf die ſub⸗
jektive Seite geht jedoch nie ſo weit, daß das „Vor⸗
ſtellungsobjekt“ ganz und gar in eine rein ſubjektive
Vorſtellung aufgelöſt würde. (Das iſt der Standpunkt
des fog. ſubjektiven Idealismus). Die Exiſtenz
einer vom Subjekt unabhängigen Wirklichkeit kann nach
der Anſicht Wundts ſelbſt niemals zu den ſubjektiven
Elementen gehören, denn ſie iſt ja die Vorausſetzung,
welche erſt die das „Vorſtellungsobjekt“ korrigierenden
Unterſcheidungen zwiſchen ſubjektiven und objektiven
Formale Wiſſenſchaften
(Reine Mathematik)
Naturwiſſenſchaften
Reale Wiſſenſchaften
Geiſteswiſſenſchaften
Elementen möglich macht. Die Geſamtheit der urſprüng⸗
lichen, undifferenzierten Erkenntnisinhalte oder „die
jeder Einwirkung der Denkfunktionen vorausgehende Er⸗
fahrung“ nennt Wundt „unmittelbare Erfahrung”.
Ihr gegenüber ſteht nach ihm die „mittelbare Er⸗
ſahrung“, d. i. diejenige, „die durch die Wirkſamkeit
der Denkfunktionen, namentlich durch die mittels dieſer
gewonnenen Begriffsbildungen irgendwie verändert iſt.“
Schon die unmittelbaren Erfahrungsobjekte zerfallen
in ſolche, die auf Erfahrungsobjekte („Vorſtellungs⸗
objekte“) und in ſolche, die auf das erfahrende Subjekt
ſelbſt („Gefühls⸗ und Willenstätigkeiten“) bezogen
werden. Dann werden auch die Gedächtnis⸗ und
Phantaſievorſtellungen und alle qualitativen Be⸗
ſtimmungen der „Wahrnehmungsobjekte“ ins Subjekt
verlegt. Das, was als reales Objekt übrig bleibt, if
in keiner Anſchauung gegeben und kann deshalb nur
Gegenſtand begrifflicher Erkenntnis ſein. Somit hal
ſich der Gegenſatz von Vorſtellung und Gegenſtand zu
dem Gegenſatz des anſchaulich und des begrifflich Er⸗
kannten umgeſtaltet. Anſchaulich ift die Erkennt⸗
nisart der Pſycholo gie, die die unmittelbare Er:
fahrung in ihrer Einheit von Fühlen, Wollen und
Vorſtellungsobjekt zum Gegenſtand hat. Begrifflich
dagegen iſt die Erkenntnisart der Naturwiſſenſchaft,
die unterſucht, „wie die Objekte ohne Rückſicht
auf das Subjekt beſchaffen find. Demnach laßt ſich
auch der naturwiſſenſchaftliche Standpunkt
aoa als der Standpunkt der mittelbaren
Erfahrung, der pſychologiſche .. . . als derjenige
der unmittelbaren Erfahrung bezeichnen.“
Alle Wiſſenſchaften, die „dem bloßen Erkenntnis⸗
bedürfnis dienen“, nennt Wundt die „reinen“ Wiſſen⸗
ſchaften. Für die Klaſſifizierung dieſer „reinen“
Wiſſenſchaften ſchlägt er in ſeiner „Einleitung in die
Philoſophie“ 5. Aufl., Leipzig 1909, S. 76 folgendes
Schema vor:
Phänomenologiſche (Phyſik, Chemie, Phyſiologie)
Genetiſche (Kosmologie, Geologie, Entwicklungsgeſchichte
der Organismen) . -
Syſtematiſche (Mineralogie, Syſtematiſche Botanik und
Zoologie uſw.)
Phänomenologiſche (Pſychologie)
Genetiſche (Geſchichte)
Syſtematiſche (Syſt. Rechtswiſſenſchaft, Nationalökomie uſw.
275
Er zerfällt alfo, wie man fieht, die „reinen“
Wiſſenſchaften wieder in die formalen und die realen
Wiſſenſchaften. Dadurch, daß er dieſe wieder durch
den Gegenſatz unmittelbar⸗mittelbar trennt, ſchlägt er
„auf einfachſte Weile die Brücke zwiſchen Pſychologie
und Geiſteswiſſenſchaften“. „Handelt es ſich in der un⸗
mittelbaren Erfahrung“ (ſo ſagt Dr. Liſa Friederich⸗
Bauſch in ihrer Schrift: „Wundts pſpchologiſche
Grundlegung der Geiſteswiſſenſchaften“. Freiburg i.
Br. 1913) „nicht um die anſchauliche Erlebniskonkretheit,
von der alle empiriſchen Wiſſenſchaften ausgehen, ſon⸗
dern ift dieſe unmittelbare Erfahrung von der Piy:
chologie allein beſchlagnahmt, ſo daß es außerhalb
ihrer nur noch Abſtraktion von Unmittelbarkeit und
Anfhaulidfeit: Naturwiſſenſchaft gibt, fo bleibt aler-
dings kein anderer Weg offen, als der, die Geiſtes⸗
wiſſenſchaften zu Anwendungen der Piychologie zu
machen. Wundt ſieht denn auch tatſächlich hierin
den einzigen Weg, ſie überhaupt als Wiſſenſchaften zu
retten, und vollzieht konſequent die Scheidung aller
Erfahrungswiſſenſchaften in Naturwiſſenſchaften und
Pſychologie, für die ſich inſofern die Zweiheit, Natur⸗
wiſſenſchaften und Geiſteswiſſenſchaften einſetzen läßt,
als die Pſychologie allgemeinſte Geiſteswiſſenſchaft ge-
nannt werden mag“. In Wahrheit aber ſtellt Wundt
den Gegenſtand der Naturwiſſenſchaft dem Material
der Pſychologie entgegen und ſetzt auf dieſe Weiſe
„beide Wiſſenſchaften in völlig verſchiedenen Ebenen
an“. „So gewinnen denn die Begriffe unmittelbar⸗
mittelbar? allerdings einen Schein der Berechtigung,
aber nur ſolange, als nicht eingeſehen ift, daß dieſer
Gegenſatz nur den von Material und wiſſenſchaftlichem
Gegenſtand, nicht den zweier Wiſſenſchaften bezeichnen
kann“.
Wie in ſeiner Erkenntnistheorie, ſo ſucht Wundt
auch in ſeiner Ethik zwiſchen Empirismus und (Kan⸗
tiſchem) Apriorismus den Vermittler zu ſpielen. Die
fitllichen Anſchauungen find nach ihm geſetzmäßige
Erzeugniſſe der univerſellen geiſtigen Entwicklung;
werwoll ſind nur die objektiven geiſtigen Schöpfungen,
an denen zwar das Einzelbewußtſein Teil nimmt,
deren Zweckobjekt aber nicht der einzelne ſelbſt, ſondern
der allgemeine Geiſt der Menſchheit iſt.“
(Siehe bei Meſſer a. a. O. S. 153, ferner in
deſſen „Einführung in die Erkenntnistheorie“ Leipzig
b. J. S. 138 ff.)
Werte können jedoch, wie Meſſer mit Recht hier⸗
gegen einwendet, ihren Wertcharakter doch nur haben
durch die Beziehung auf bewertende Subjekte. „Eine
Beſtimmung der Lebenswerte aber, bei der den Sub⸗
jekten ſozuſagen kein Platz eingeräumt wird, bleibt
darum unbefriedigend.“
Wundt ordnet die menſchliche Freiheit einer pſy⸗
Willens⸗
chiſchen Kauſalitat unter. Darum kann er auch die
oder Gemeinſchafts⸗Wiſſen⸗
ſchaften, welche ein ausſchließliches Produkt der
menſchlichen Freiheit, der menſchlichen Normſetzung ſein
wollen, nicht anerkennen.
Er ſpricht zwar auch von „normativen Wiſſen⸗
ſchaften“ (ſiehe ſeine „Logik“ 2. Aufl. 1. Bd. S. 1),
die im Gegenſatz zu den „theoretiſchen“ Wiſſenſchaften
nicht feſtſtellen wollen, was iſt, ſondern was ſein ſoll,
und bezeichnet z. B. die Logik und die Ethik als ſolche.
Die Norm iſt aber nach ſeiner Anſicht kein Erzeugnis
des wertenden, ideale Zwecke frei ſetzenden Individuums,
ſondern als ein Produkt geſetzmäßiger Entwicklung
aus der beſchaulichen Betrachtung abzuleiten. Die
„normativen“ Wiſſenſchaften ſind ihm nicht „Willens⸗“,
ſondern „Sollens⸗Wiſſenſchaften“. |
Wundt erkennt zwar die „normativen“ Willen:
ſchaften nicht als vollberechtigte, „reine“ Wiſſenſchaften
an, läßt fie aber dennoch als „Wiſſenſchaften“ gelten
und ſpricht nirgends davon, daß ſie kein Recht zum
Tragen dieſes Titels hätten. Nach ihm enthält jede
„normative“ Wiſſenſchaft eine „reine“ Wiſſenſchaft,
aus der die „Norm“ erſt abgeleitet wird. So bildet
nach ihm z. B. die Individualpſychologie die Grund⸗
lage der Logik, die Völkerpſychologie die der Ethik.
Logik und Ethik ſelber aber haben als wiſſenſchaftliches
Ganzes genommen in dem Wundt'ſchen Klaſſifikations⸗
ſchema der reinen Wiſſenſchaften — ein Geſamtſchema
der reinen und normativen Wiſſenſchaften hat Wundt
aus begreiflichen Gründen nicht aufgeſtellt — keinen
Platz. Dieſes dient ja, wie wir geſehen haben, nur
zur Klaſſifizierung der theoretiſchen Wiſſenſchaften und
kann alſo nur den „rein wiſſenſchaftlichen“ Teil der
normativen Wiſſenſchaften enthalten. Jede „norma⸗
tive“ Wiſſenſchaft aber hat nach Wundt „einen halb
wiſſenſchaftlichen (d. h. alſo „rein wiſſenſchaftlichen“),
halb techniſchen (d. h. normativen) Charakter“ (f.
a. a. O. 2. Bd. S. 533).
Im Gegenſatz zu dieſer Anfiht Wundts muß je⸗
doch betont werden, daß in jeder praktiſchen Wiſſen⸗
ſchaft der rein wiſſenſchaftliche und der normative Teil
zu einer organiſch verbundenen höheren Einheit zu⸗
ſammenſchmelzen und ſich gegenſeitig durchdringen.
Denn alle theoretiſchen Unterſuchungen werden ja im⸗
mer nur im Hinblick auf die aus ihren Ergebniſſen
zu konſtruierende Norm vorgenommen.
Die Darlegung der Wundt'ſchen Ideen bildet die
notwendige Grundlage der nun folgenden Kritik der
Wappes'ſchen Definition der Wiſſenſchaft im allge:
meinen. Ohne ſie wären wir über ein fruchtloſes
Räſonnement nicht hinaus gekommen.
Es iſt ſehr zu bedauern, daß es Wappes nicht
immer gelingen will, die richtigen Konſequenzen aus
37%
276
den Anſchauungen feines philiſophiſchen Gewährs⸗
mannes zu ziehen.
Das zeigt fih ſchon in feiner ſtrikten Verwerfung aller
praktiſchen, d. h. normativen Wiſſenſchaften. Solche
Wiſſenſchaften gibt es nach ſeiner Anſicht überhaupt nicht
und kann es für ihn auch nicht geben, denn er ver⸗
langt von einer „jeden Wiſſenſchaft“, daß ſie „Selbſt⸗
zweck“ ſein ſoll. (Siehe ſeine Abh. „Grundlegung,
Gliederung und Methode der Forſtwiſſenſchaft“ S. 3.)
Er glaubt ſich hiermit in vollem Einklange mit Wundt
zu befinden. Aus unſeren Ausführungen auf S. 275
geht jedoch hervor, daß dem nicht ganz ſo iſt. Wundt
ſtellt dieſe Forderung des Selbſtzweckes mit Recht nur
für die theoretiſchen Wiſſenſchaften auf. Er erkennt zwar
nur dieſe als eigentliche oder „reine Wiſſenſchaften“
an, geht aber nicht ſo weit, den normativen Wiſſen⸗
ſchaften den Anſpruch auf den Titel „Wiſſenſchaft“
gänzlich ſtreitig zu machen. Sie find für ihn zwar
keine reinen Wiſſenſchaften, aber doch noch Wiſſen⸗
ſchaften.
Die Wappes ſche Weſensbeſtimmung der Wiſſen⸗
ſchaft im allgemeinen ſteht ganz unter dem Zeichen
dieſes eigenartigen Mißverſtändniſſes.
„Wiſſenſchaft entſteht“, nach ihm dann, „wenn
Erſcheinungen realer oder idealer Natur nach
ihrem kauſalen Zuſammenhang erforſcht und
begrifflich erfaßt werden.“ Der Begriff der
„Wiſſenſchaſt“, der aus dieſer Entſtehungserklärung
derſelben reſultiert, iſt m. E. zu eng gefaßt. Er hat
keinen Raum für die Norm: oder Sollenswiſſenſchaften,
die es auch verdienen als Wiſſenſchaften bezeichnet zu
werden.
Seine Anſicht über das Weſen der Wiſſenſchaft im
allgemeinen legt Wappes noch näher in folgenden drei
Theſen dar:
„Nicht die Gegenſtände an und für fiğ”,
jo führt er a. a. O. auf S. 4 im 8 3 aus, „können
Ausgangspunkte einer wiſſenſchaftlichen Aus-
ſcheidung oder Gliederung ſein, ſondern die
Begriffe, zu deren Bildung ſie Anlaß geben.
Ein und derſelbe Gegenſtand kann deshalb
Objekt mehrerer Wiſſenſchaften werden je nach
dem Geſichtspunkt, von dem er betrachtet wird.
Jede Wiſſenſchaft charakteriſiert ſich einer—
ſeits durch ihr Objekt, andrerſeits durch den
Geſichtspunkt, von dem aus ſie ihr Objekt be⸗
grifflich erfaßt“.
Begrifflich iſt nach Wundt nur die Erkenntnisart
der Naturwiſſenſchaft, während die der Pſychologie und
der Geiſteswiſſenſchaften anſchaulich iſt. In dem erſten
Satze aber ſpricht Wappes, der ſich in einer Anmer⸗
kung zu dem 2. der zitierten Sätze ausdrücklich auf
Wundt bezieht, alle Erkenntnis, alſo auch die der
Geiſteswiſſenſchaften als eine begriffliche an. So {efx
man ihm auch hierin beiſtimmen muß — oben wurde
ja gezeigt, daß ſich die Wundt'ſche Grundlegung der
Geiſteswiſſenſchaften u. E. auf falſchen Prämiſſen auf:
baut — mit den Wundt'ſchen Anſichten, denen fid
Wappes hier eng anzuſchließen glaubt, iſt dieſe Auf-
faſſung nicht zu vereinbaren. Ebenfalls nicht im Sinne
Wundts iſt die Behauptung, daß deshalb, weil die
Wiſſenſchaft nicht von den Gegenſtänden, ſondern den
Begriffen ausgehe, ein und derſelbe Gegenſtand Ob⸗
jekt mehrerer Wiſſenſchaften werden könne. An der
von Wappes hierzu angezogenen Stelle (, Logik“ 3.
Aufl. Stuttgart 1906 3. Bd. S. 12) ſagt Wundt,
nachdem er ausgeführt hat, daß der Unterſchied zwiſchen
Natur⸗ und Geiſteswiſſenſchaften nicht in den Objekten,
ſondern nur in den Geſichtspunkten ihrer Betrachtung
liegen könne, Folgendes: „Suchen wir uns nun wi
dem Geſichtspunkte aus, daß die urſprüngliche Unter:
ſcheidung von Erfahrungsgebieten in der Unterſcheidung
gewiſſer Klaſſen von Vorgängen ihren Grund haben
muß, über die Sonderung der einzelnen Wiſſenſchaften
Rechenſchaft zu geben, ſo erſcheint es vollkommen be⸗
greiflich, daß ein und dasſelbe Objekt Geger
fand ganz verſchiedener (h Wiſſenſchaften fein
kann“. Hiermit will er fagen, daß ein Objelt jt
nachdem es begrifflich oder anſch aul ich erfaßt
wird, ſowohl Gegenſtand der Naturwiſſenſchaften als
auch zu gleicher Zeit der Geiſteswiſſenſchaften ſein kann.
Die Schlußtheſe der Wappes'ſchen Weſensbe⸗
ſtimmung der Wiffenfdaft lautet: „Jede Wiſſen⸗
ſchaft charakteriſiert ſich einerfeits
durch ihr Objekt, andererſeits durch den
Geſichtspunkt, von dem aus fie ihr Ob:
jekt begrifflich erfaßt“. Unter dem „Objekt“
einer Wiſſenſchaft verſteht man aber die Gedanken⸗
klammer, welche alle Einzelbegriffe und -Urteile einer
Wiſſenſchaft zu der großen Einheit zuſammenfaßt. So
ift z. B. — wie wir ſpäter ſehen werden — das Ob:
jekt der Forſtwiſſenſchaft die ideale Form der Forſt⸗
wirtſchaft. Zu ihr werden alle Urteile der Forf
wiſſenſchaft in Beziehung geſetzt. Jede Wiſſenſchaſt
hat ihr beſtimmtes, ausſchließlich ihr angehörendes
Objekt und wird durch es vollſtändig beſtimmt; der
Geſichtspunkt aber, von dem aus fie ihr Objekt be⸗
trachtet — dieſes Objekt it ſchon ein Oberbegriff,
braucht alſo nicht mehr begrifflich erfaßt zu werden —
ſteckt ſchon in dem Begriff desſelben, d. h. eben in
dem Objekt ſelber darin und iſt unlöslich mit dieſem
verbunden. Jede wiſſenſchaftliche Beſtimmung von
Einzeldaten aber iſt „die Einreihung von mannigfal⸗
tigem Stoffe in eine einheitliche Auffaſſung nach gleich
mäßiger Methode. Es ſteckt alfo in jeder gegen’
ſtändlich feſtgeſtellten Tatſache der beſondere be
— ¶ +
|
277
fimmte Stoff und die allgemein bedingende Art des
Verfahrens notwendig und untrennbar verbunden
darin“. (Siehe Stammler „Wirtſchaft und Recht“.
2. Aufl. Leipzig 1906, S. 11.)
2. Was bezeichnet Wappes als Gegenſtand der
zu Grund zu legenden Wiſſenſchaft.
Wappes verfällt nicht in den Fehler, von dem
„spothetiichen Bilde: „Forſt⸗Wiſſenſchaft“ auszu⸗
gehen. Er nimmt vielmehr zum Ausgangspunkt ſeiner
Unterſuchungen ganz richtig den Ausdruck: „Forſt⸗
pirtſchafts-Wiſſenſchaft“. Mit großem Nachdruck
betont er, daß nicht der „Forſt“ oder der „Wald“,
ſondern die „Forſtwirtſchaft“ das Objekt der fälſch⸗
lch, Forſtwiſſenſchaft“ genannten Wiſſenſchaft darſtellt.
hoffentlich ift es ihm gelungen, die irrtümliche Anficht,
daß der Wald das Objekt unſerer Wiſſenſchaft ſei,
damit endlich einmal mit Stumpf und Stiel auszu⸗
totten. Daß ſich dieſer Aberglaube bis auf unſere
Tage ſo feſt einwurzeln konnte, iſt eine traurige Folge
der bei uns weit verbreiteten Intereſſeloſigkeit für die
Literatur unſerer Wiſſenſchaft. Hundeshagen bes
hauptet zwar noch in feiner „Enzyklopädie“ der Forſt⸗
wiſſenſchaft, daß die Forſte allein den eigentlichen
Gegenſtand der Forſtwiſſenſchaft oder der Wiſſenſchaft
von den Wäldern ausmachten. Aber ſchon im Jahre
1826 hat Wi den mann eine kleine Schrift „Ueber
ben Zweck und Begriff der Forſtwiſſenſchaft“ (Tübingen
1826) veröffentlicht, in der er eine „formelle Begrün⸗
dung“ der. Forſtwiſſenſchaft zu liefern verſuchte und
als deren Objekt klipp und klar die „Forſtwirtſchaft“
begeichnete. Hiernach konnte dem einſichtigen, in der
Literatur feiner Wiſſenſchaft bewanderten, Forſtmann
ein Zweifel über den Gegenſtand ſeiner Wiſſenſchaft
nicht mehr auffommen. Man muß indeſſen berück⸗
fidtigen, daß die Schriften Widenmanns unverdienter
Beije von der großen Mehrzahl garnicht beachtet
wurden, während das Syſtem Hundeshagens bis in
unsere Tage hinein als ein Dogma verehrt wurde.
Mit feinen Vorzügen hat dieſes auch feine Fehler ver-
erbt. Und ſo iſt es denn kein Wunder, daß man noch
heute von Vielen hören muß, der Gegenſtand unſerer
Wiſſenſchaft fei der Wald. Ja einer der bedeutendſten
dach⸗Hundeshagenſchen⸗Syſtematiker unſerer Wiſſen⸗
daft, Kraft, ſchreibt noch im Jahre 1868 in feiner
Abh. Zur Syſtematik der Forſtwiſſenſchaft“ („Kritiſche
Blätter für Forſt⸗ und Jagdwiſſenſchaft“ 51. Bd.,
Leipzig 1868, S. 177 ff.): „Objekt der Forſtwiſſenſchaft
find die Wälder, d. h. geſellige Vereine folder Holz:
gewächſe, welche einen Gegenſtand der Forſtkultur zu
bilden pflegen“. Was Johann Gottlieb Beckmann
don der Jägerei ſagt, das gilt leider auch heute noch
ift für die Forſtwiſſenſchaft: „Denn fo ift es bei der
Jägerei in gar vielen Stücken gebräuchlich, daß einer
von dem anderen etwas höret, und wie er es höret,
weiter fort ſaget; unterſucht man die Sache etwas
genauer, ſo befindet ſich dieſelbe ganz anders, als man
bisher geglaubt hat“. Wappes vermutet nicht mit
Unrecht, „daß auch heute noch in dieſem Punkte nicht
überall völlige Klarheit herrſcht“, und wir müſſen ihm
Dank dafür wiſſen, daß er ſo energiſch für die richtige
Anſicht eintritt.
Was verſteht aber Wappes unter „Forſtwirtſchaft“?
Den ſcheinbaren Oberbegriff „Wirtſchaft“ oder „wirt⸗
ſchaftlich“ erläutert Wappes nicht beſonders. Er begnügt
ſich vielmehr damit, die Definitionen ſeiner beiden dies⸗
bezüglichen Gewährsmänner Wundt und Marshall
zu zitieren. „Wirtſchaftlich“ it nach Wundt der
„Inbegriff derjenigen geſellſchaftlichen Erſcheinungen,
welche in der durch vorſorgliche Arbeit zu erreichenden
Befriedigung der Lebensbedürfniſſe ihre Quelle haben“.
Marshall definiert; „Die politiſche Oekonomie oder
Wirtſchaftslehre betrachtet „Die Tätigkeit des Einzelnen
und der Geſellſchaft, ſoweit ſie ſich auf die Gewinnung
und den Verbrauch der Mittel zum materiellen Wohl⸗
befinden erſtreckt“.
Die „Forſtwirtſchaft“ ſieht Wappes als einen
Teil der „Volkswirtſchaft“ an. Die Forſtwirtſchaft
kann aber nur dann als ein Teil der Volkswirtſchaft
betrachtet werden, wenn man unter dieſer die Summation
aller Privatwirtſchaften verſteht. Im allgemeinen
faßt man indeß die Volkswirtſchaft als die wechſelſei⸗
tige Verkettung aller Privatwirtſchaften auf und aus
dieſem Grunde dürfte die Bezeichnung der Forſtwirt⸗
ſchaft als eines Teiles der Volkswirtſchaft nicht wohl
zu rechtfertigen ſein. Unter „Forſtwirtſchaft“, als dem
Objekt der Forſtwiſſenſchaft, verſteht Wappes nur „die
auf den Wald ſich beziehende wirtſchaſtliche Tätigkeit einer
Perſon“, alſo ausſchließlich die Tätigkeit des privaten
Wirtſchafters. Die vom Staate zur Förderung der priva⸗
ten Forſtwirtſchaft ausgeübte Tätigkeit rechnet alſo Wap⸗
pes nicht zum Gegenſtand der Forſtwiſſenſchaft. Da⸗
mit erkennt er aber auch die ſogenannte „Forſtpolitik“,
als die Wiſſenſchaft von dieſer Tatigkeit des Staates,
nicht als einen inhärenten Teil der eigentlichen Forſt⸗
wiſſenſchaft an. Denn ſie hat ja eine Tätigkeit des
Staates zum Gegenſtande und gehört deshalb, ſo
ſchließt Wappes, zum Kreis der Staatswiſſenſchaften.
Der Gedanke, daß die Forſtpolitik nicht in das Syſtem
der Forſtwiſſenfchaft hineingehöre, it nicht neu und
ſchon ſehr früh in unſerer Literatur ausgeſprochen
worden. Schon im Jahre 1811 ſchreibt Freſenius
in feinen „Abhandlungen über forſt⸗ und ſtaatswiſſen⸗
ſchaftliche Gegenſtände“, Frankfurt a. M., einem Büchlein,
in dem er mit beredten Worten für die Gründung
einer heſſiſchen Forſtſchule in Darmſtadt eintritt, Fol-
278
gendes: „Der Verfaſſer kann ſich nicht überzeugen, daß
der beſondere Zweig der Staatswirtſchaft, welcher
das Forſtweſen betrifft, Gegenſtand der Forſtwiſſen⸗
ſchaft ſei, und er fühlt ſich daher ebenſowenig verſucht,
die bisher häufig ſogenannte höhere Forſtwiſſen⸗
ſchaft für etwas anderes, als ein Gemenge der eigent⸗
lichen Forſtwiſſenſchaft mit Grundſätzen der Staats
wirtſchaft, zu halten, als er die Mitglieder derjenigen
Sektion des Staatsrates, welcher die oberſte Direktion
des Forſtweſens anvertraut ift, höhere Forſtbe⸗
diente nennen möchte.“ Im allgemeinen hat man
indeß der Zuſtellung der „Staatsforſtwirtſchaftslehre“
in das Gefüge unſerer Wiſſenſchaft, wie ſie, durch
Burgsdorf und Walther gefordert, Hundeshagen
zum erſten Male in ſeiner Enzyklopädie in praxi
durchgeführt hat, bis in unſere Tage hinein volle An⸗
erkennung gezollt. Eine geiſtvolle theoretiſche Begrün⸗
dung dieſer Auffaſſung hat Widenmann geliefert.
Er faßt allerdings auch den Begriff der Forſtwirt⸗
ſchaft als des Gegenſtandes unſerer Wiſſenſchaft viel
weiter und verſteht darunter „den Inbegriff der An⸗
ſtalten und Einrichtungen, durch welche auf die mög⸗
lichſt vorteilhafte Weiſe aus den Waldungen der unſeren
Zwecken und Bedürfniſſen entſprechende Ertrag an
nutzbaren Gegenſtänden derſelben erzeugt und gewonnen
wird, die gegebenen Waldungen ſelbſt aber möglichſt
erhalten werden.“ Dieſer weiten Faſſung des Begriffes
der Forſtwirtſchaft entſpricht auch ſeine verhältnismäßig
weite Abſteckung der Grenzen der Forſtwiſſenſchaft.
Ueber dieſe ſagt Widenmann: „Namentlich iſt von
vielen Schriftſtellern das, was eigentlich bloß Forſt⸗
wirtſchaftslehre iſt, Forſtwiſſenſchaft genannt worden.
In dieſer kann aber das Gewerbe der nachhaltigen
Erzeugung und Gewinnung der nutzbaren Gegenſtände
der Waldungen nicht bloß in ſeiner privatwirtſchaft⸗
lichen Bedeutung aufgefaßt werden, ſondern es muß
in derſelben auch nach feiner Beziehung zur Volls⸗
und Staats⸗Wirtſchaft dargeſtellt werden.“ Er faßt
alſo den Begriff der Forſtwirtſchaft und damit auch
den der Forſtwiſſenſchaft weiter als Freſenius und
Wappes und will als Gegenſtand dieſer neben der
Tätigkeit des privaten Wirtſchafters auch noch die dies⸗
bezügliche Tätigkeit des Staates geltend machen. Merk⸗
würdige Ironie der Geſchichte! Gerade die Disziplin,
durch deren Miteinbeziehung für Widenmann erſt die
wahre Forſtwiſſenſchaft erſtand, iſt uns heute im
Rahmen unſerer Wiſſenſchaft ein Stein des Anſtoßes.
Es iſt auch in der Tat nicht zu denken möglich,
wie aus einer gemeinſamen Behandlung zweier ganz
verſchiedenartiger Gegenſtände eine einheitliche Wiſſen⸗
ſchaft reſultieren ſollte. Die Forſtwiſſenſchaft muß aus
einem einheitlichen Grundgedanken heraus entwickelt
werden, und deshalb muß dieſer Dualismus aus
privat: und ſtaatswirtſchaftlicher Tätigfeit auseinander:
gebrochen werden. Es ift ein Gebot der Gegenwart,
daß wir uns endgültig von dieſer zwieſpältigen Au}:
faſſung losreißen. Wappes zählt die „Forſtpolitik'“
wie wir ſahen, zu den Staatswiſſenſchaften. Richtiger
iſt aber ohne Zweifel, ſie als ein Zwiſchengebiet, als
einen Berührungsſtreifen zwiſchen Forſtwiſſenſchaft und
Staatswiſſenſchaft aufzufaſſen. Der Ausbau der „Forſt⸗
politik“ bleibt deshalb doch in erſter Linie eine Auf:
gabe der „Forſtwiſſenſchaftler“.
Analog der „klaſſiſche Schule“ der Nationalökono⸗
mie, die den von dem ganzen übrigen menſchlichen Bred:
zuſammenhang losgelöften, rein ökonomiſch beſtimmten |
Menſchen, den ſogenannten „homo oeconomieus“ zum
idealen Gegenſtand ihrer Forſchung machte, will Bap:
pes den ſogenannten „homo foresticus (gleichſam als
Art der Gattung oeconomicus)“ der Forſtwiſſenſchaſt
als Studienobjekt zu Grunde legen. „Das Erkennt:
nisobjekt der Forſtwiſſenſchaft, jo führt er aus „wird
dadurch gewonnen, daß die auf den Wald ſich be⸗
ziehende wirtſchaftliche Tätigkeit einer Perſon
einer isolierenden Betrachtung unterzogen wird Ez
wird alſo, wie bei der Nationalokonomie der homo
oeconomicus, der homo foresticus . . . konſtruiert“.
Die Unzulänglichkeit der einſeitigen Forſchungs⸗
methode der ſogenannten klaſſiſchen Schule hat man
in der Nationalökonomie ſchon ſeit langem erkannt.
Noch viel einſeitiger, abſtrakter und konſtruierter aber
als der homo oeconomicus der klaſſiſchen Schule der
Volkswirtſchaftslehre iſt der ſognannte homo foresticus
von Wappes. Wie die Volkswirtſchaftslehre nur durch
ein Studium der konkreten menſchlichen Zwedzujammen:
hänge zu wertvollen Ergebniſſen gelangen kann, fo ift
eine wiſſenſchaftliche Behandlung der Forſtwirtſchaft
„nur in Beachtung und folgerichtiger Verwertung det
—
—
jeweils maßgeblichen konkreten Rechtseinrichtungen und |
der dadurch beſtimmt geregelten Sozialökonomie mög:
lich“. Dieſe kultürlichen Grundlagen bilden neben den
naturwiſſenſchaftlichen und den kunſtwiſſenſchaftlichen
Grundlagen das einzige Erkenntnisobjekt der gorit:
wiſſenſchaft. Die ſozialwirtſchaftlichen Prinzipien be:
dingen die Forſtwirtſchaft genau fo gut und fo fart,
wie die naturgeſetzlichen. Eine Forſtwirtſchaft losge⸗
=. a k6Luæ y =
löſt von der ſozialen Geſellſchaft ift ein Ding der Un |
möglichkeit, eine leere Abftrafion. Was ſollen wir
uns alſo mit der Konſtruktion eines ſolchen lebens⸗
unfähigen Baues beſchäftigen? Die Forſtwirtſchaft
darf keinesfalls als iſolierte Einzelwirtſchaft angeſehen
werden. Das Exkenntnisobjekt der Forſtwiſſenſchaft if
nicht der „homo foresticus“, dieſes abſtrakte Gebilde,
das nicht die geringſte Exiſtenzfähigkeit befit, fondem
die mannigfaltigen Beziehungen der Forſtwirtſchaft di
den bedingenden Faktoren der Natur, des Rechts und
279
der ſozialen Wirtſchaft bilden den Ausgangspunkt der
Forſtwiſſenſchaft. Zu den oben zitierten Worten von
Wappes ift fernerhin noch zu bemerken, daß die forſt⸗
wirtſchaftliche Tätigkeit mit nichten diejenige wirtſchaft⸗
liche Tätigkeit iſt, die ſich auf den Wald bezieht.
Die forſtwirtſchaftliche Tätigkeit charakteriſiert ſich viel⸗
mehr — wie bald ausgeführt werden ſoll — durch
ihren Bezug auf die forſtwirtſchaftlichen Güter. Zu
dem Wald ſteht ſie nur zu einem Teile und zwar in
indirekter Beziehung.
„Forſtwirtſchaft entſteht“, fo jagt Wappes,
„wenn die in der Vegetationsform „Wald“ vorhandenen
natürlichen Kräfte und Stoffe Gegenſtand wirtſchaft⸗
licher Tätigkeit werden“. Gegen dieſen Satz ift Fol-
gendes einzuwenden. Natürliche Kräfte können wohl
Gegen ſtand wirtſchaftlicher Tätigkeit fein wie z. B.
die Elektrizität, die man erzeugen und rentabel ver⸗
werten kann. Die Forſtwirtſchaft wirtfchaftet jedoch
nur mit Stoffen, die als Gegenſtand der Privat:
wirtſchaft „Güter“ ſind. Dieſe Güter bilden den Ge⸗
genſtand der Forſtwirtſchaft, nicht aber der Wald, wie
Wappes meint. Der Forſtwirt erzeugt ſie und ver⸗
wertet fie rentabel, d. h. er wirtſchaftet mit ihnen oder
ſie find der Gegenſtand ſeiner Privatwirtſchaft. Mit
natürlichen Kräften aber wirtſchaftet er nicht. Er be-
nutzt dieſe nur zu einem Teile ſeiner wirtſchaftlichen
Tätigkeit, nämlich der Produktion; bei dem ebenſo
nichtigen Teile der wirtſchaftlichen Tätigkeit, der Ber-
wertung, ſpielen dieſe aber nicht die mindeſte Rolle mehr.
Sie find nur ein Mittel zum Zweck der Produktion,
die aber ihrerſeits wieder nur einen Teil der forſtwirt⸗
ſchaftlichen Tätigkeit ausmacht. In ſeinen „Studien
über die Grundbegriffe und die Syſtematik der Forſt⸗
wiſſenſchaft“ (Berlin 1909) beſchäftigt ſich Wappes
mit dieſem Gegenſtand ausführlicher. Dort ſagt er
auf S. 21: „Je: nachdem der Wald als Kapital oder
als Produktionsmittel benutzt wird, iſt er verſchiedenen
Arten wirtſchaftlichen Lebens zuzuteilen. Forſtwirt⸗
ſchaft iſt jene menſchliche Tätigkeit zu nennen, welche
den Wald als Produktionsmittel benutzt“ und
dazu in einer Anmerkung: „diefe Unterſcheidung zwiſchen
der Benutzung des Waldes als Kapital und als Pro:
duktionsmittel muß erfolgen, weil ſonſt in die Definition
der Handel mit Waldgütern auch eingeſchloſſen
würde, was doch zweifellos nicht als Forſtwirt—
ſchaft zu betrachten iſt, da beim Handel der
Wald nur als Kapital behandelt wird“.
Zu derartigen Schlußfolgerungen wird Wappes
verleitet durch die Annahme, der „Wald“ ſei als Ge⸗
genſtand der Forſtwirtſchaft zu betrachten. Der Wald
kann aber unmöglich Gegenſtand der Forſtwirt⸗
ſchaft ſein. Dieſe iſt eine ſogenannte „Produktions⸗
wirtſchaft i. w. S.“
Die arbeitsteilige Wirtſchaft der Gegenwart wird
in erſter Linie durch das Vorhandenſein des allgemeinen
Tauſchmittels, des Geldes, ermöglicht. In der Geld⸗
wirtſchaft richtet ſich die Tätigkeit des Wirtſchaftenden
„vorzugsweiſe oder ausſchließlich auf den Erwerb von
Geld im Austauſch gegen ſeine eigenen Produkte oder
Leiſtungen und das in Geld dargeſtellte Einkommen
dient zur Anſchaffung der für die Konſumption be⸗
ſtimmten Güter“. So entſtehen auch reine Produk⸗
tions⸗ oder allgemeiner ausgedrückt, Erwerbs⸗Wirt⸗
ſchaften, die von der Konſumptions⸗Wirtſchaft der
Beteiligten ganz getrennt ſind“. Hiernach beſteht alſo
die Tätigkeit einer jeden Produktionswirtſchaft i. w. S.
darin, Güter zu produzieren und rentabel zu ver⸗
werten und erſt mit der Einnahme des Geldes für
die verkauften Güter erreicht ſie ihren Abſchluß.
Schon Pfeil ſagt in ſeinen: „Grundſätzen der
Forſtwirtſchaft“, Züllichau und Freiſtadt 1822/24,
2. Bd. S. 9, „wir behandeln den Wald nur zu oft
als Zweck, während er doch nur Mittel ift und fein
kann“. Und S. 11: „Es iſt lächerlich, den Wald um
des Waldes willen zu bauen und zu pflegen, nichts
iſt natürlicher, als daß die Arbeiten und Sorgen des
Menſchen die Vervollkommnung des phyſiſchen und
moraliſchen Wohlſeins der menſchlichen Geſellſchaft zum
ausſchließlichen Zweck haben.“ Warum ſcheut man ſich
aus dieſen noch heute nicht genug gewürdigten Gagen-
die notwendigen Folgerungen zu ziehen auch für die
begriffliche Feſtlegung unſerer Wirtſchaft und deren
Wiſſenſchaft? Der Wald iſt nur Mittel zum Zweck
des Produzierens der forſtwirtſchaftlichen Güter, bei
der Verwertung aber, ohne die eine Forſt⸗„Wirtſchaſt“
nicht zu denken iſt, iſt er völlig ausgeſchaltet. Deshalb
kann er auch nicht der „Gegenſtand“ der Forſtwirt
ſchaft ſein. Im forſtwirtſchaftlichen Verſtande iſt der
Wald nicht Gut, ſondern Fabrik zur Produktion der
forſtwirtſchaftlichen Güter. Der Wald iſt genau ſo
wenig Gegenſtand der Forſtwirtſchaft, als etwa die
Porzellanfabrik der Gegenſtand der Porzellan:
induſtrie iſt. Gegenſtand der Porzellaninduſtrie ſind
die Porzellangüter, Gegenſtand der Forſtwirtſchaft die
forſtwirtſchaftlichen Güter. Unter dieſen find die bis⸗
her in der „Forſtbenutzung“ als „Haupt⸗ und Teil⸗
nutzungen“ des Waldes bezeichneten Güter, d. h. alle
diejenigen zu verſtehen, die durch ein Zuſammenwirken
des Bodens mit der auf ihm ſtockenden Holzpflanzen⸗
gemeinſchaft durch Mitwirkung des Lichtes und der
Atmoſphaͤre erzeugt werden.
3. Wie definiert Wappes die „Forſtwiſſenſchaft“
und welche Stellung weiſt er ihr im Gefamt-
gefüge der Wiſſenſchaften an?
Nachdem wir in den beiden letzten Abſchnitten die
Wappes'ſchen Weſensbeſtimmungen der „Wiſſenſchaft
280
im Allgemeinen“ und des „Objektes des forſtlichen
Wiſſensgebäudes“ einer ausführlichen Darlegung unter-
zogen haben, find wir nunmehr genügend vorbereitet,
auf deſſen Weſensdeutung der Forſtwiſſenſchaft ſelber
unfer Augenmerk zu richten. Die Wappes' fhe Grund:
legung gipfelt in folgender Definition der Forſtwiſſen⸗
ſchaft: „die Forſt wiſſenſchaft hat als Aufgabe die
Erforſchung, als Inhalt die hierdurch gewonnene Er⸗
kenntnis des Weſens der Forſtwirtſchaft“). Auf den
erſten Blick fällt an dieſer Definition ihre überaus
enge Begrenzung des Arbeitsgebietes der Forſtwiſſen⸗
ſchaft auf. In der bloßen „Erforſchung des Weſens
der Forſtwirtſchaft“ ſoll ſich die ganze Aufgabe dieſer
Wappes' chen Forſtwiſſenſchaft erſchöpfen. Erforſchung
des Weſens der Jorſtwirtſchaft bedeutet aber nichts
anderes als Feſtſtellung des Begriffes der Forſtwirt⸗
ſchaft und bildet als ſolche, wie wir geſehen haben,
einen Teil der Grundlegung der Forſtwiſſenſchaft. Sie
kann alfo unmöglich den ganzen Inhalt derſelben aus⸗
machen. Wappes aber ſcheint an etwas ganz anderes,
als eine logiſche Begriffsbeſtimmung der Forſtwirtſchaft
zu denken, wenn er von der Erforſchung des Weſens
derſelben ſpricht. Er verſteht, ſo weit ich es beurteilen
kann, darunter nichts anderes, als die rein beſchauliche
Betrachtung der forſtwirtſchaftlichen Tätigkeit des ſo⸗
genannten „homo foresticus“. Von dieſer Betrach⸗
tung erwartet er, daß ſie ihm das Weſen der Forſt⸗
wirtſchaft entſchleiert, d. h. deren Entwickelungsgeſetze
enthüllt. In meinem, im Aprilheft des Jahrgangs
1914 der Allgemeinen Forſt⸗ und Jagdzeitung er⸗
ſchienenen Artikel „Wiſſenſchaft und Erfahrung“
(S. 120/121) habe ich ſchon darauf hingewieſen, daß
dieſe Begrenzung der Forſtwiſſenſchaft zu eng iſt, „die
Forſtwiſſenſchaſt will nicht bloß eine Erklärung der
forſtwirtſchaftlichen Tätigkeit, ſondern in erſter Linie
eine Richtſchnur für dieſe liefern”. Das ganze Streben
unſerer Wiſſenſchaft war deshalb bisher mit Recht
darauf gerichtet, mit Hilfe des theoretiſchen Studiums
der natürlichen und kultürlichen Grundlagen der Forſt⸗
wirtſchaft für die praktiſche Ausübung derſelben eine
Norm aufzubauen, eine Anweiſung zu geben. Die rein
beſchauliche Betrachtung der in praxi ausgeübten forſt⸗
wirtſchaftlichen Tätigkeit bildete zwar auch einen Teil
unſerer Wiſſenſchaft. Sie war aber nur von unter⸗
geordneter Bedeutung. Die Konſtruktion einer Norm
war die Spitze, in der die ganze bisherige Forſtwiſſen⸗
ſchaft mit Recht gipfelte; ſie war die Krone, der eigent⸗
liche Zweck des Ganzen.
Was aber, ſo fragen wir uns, bewegte denn
eigentlich Wappes dazu, den ſtolzen Baum der über⸗
kommenen Forſtwiſſenſchaſt ſo ſtark zu beſchneiden?
Sein operativer Eingriff in die alte Forſtwiſſenſchaft
iſt ſo ſtark, daß nur ein kleines Stümpflein von dieſer
übrig bleibt. Oben habe ich gezeigt, daß Wappes nur
die theoretiſchen Wiſſenſchaften als ſolche anerkennt.
Die praktiſchen Wiſſenſchaften ſind für ihn gar keine
Wiſſenſchaften. Die überkommene Forſtwiſſenſchaft
aber iſt keine theoretiſche Wiſſenſchaft, ſondern ſie hat
normativen Charakter und kann deshalb nach Wappes
keinen Anſpruch auf den Titel „Wiſſenſchaſt“ erheben.
Für Wappes blieb alfo, wollte er der Forſtwiſſenſchaft
den Wiſſenſchaftscharakter in ſeinem Sinne nicht ganz
und gar abſprechen, nichts anderes übrig, als eine
reine Wiſſenſchaft aus ihr zu machen. Das aber iſt
m. E. der Grundſehler feiner logiſchen Begründung
der Forſtwiſſenſchaft, daß er nicht von dem tatſäch⸗
lichen Wiſſenskomplex derſelben ausgeht und deren
wiſſenſchaftlichen Charakter erſt hiernach beſtimmt, ſon⸗
dern daß er ein ganz beſtimmtes Wiſſenſchaftsideal
zum Ausgangspunkt nimmt und den forſtlichen Er
kenntniskomplex dieſem anpaßt. Die Aufgabe einer
Grundlegung unſerer Wiſſenſchaft darf nicht verkannt
werden; fie beſteht nicht darin, aus dem forfiliden
Wiſſen unter allen Umſtänden, und koſte es was es
wolle, eine „reine“ Wiſſenſchaſt zu formen, fondem
darin, ſein Weſen und ſeine Eigenart zu erkennen.
Die Forſtwiſſenſchaft, wie ſie ſich hiſtoriſch entwickelt
hat, iſt eine Lehre vom Seinſollen und kann deshalb
unmöglich eine „reine“, theoretiſche Wiſſenſchaft fein.
Wer es aber nicht über ſich bringt, ihr deshalb über⸗
haupt den Namen einer Wiſſenſchaft zuzugeſtehen, der
mag ſie nennen, wie er nur immer will, aber ihren
Kern darf er nicht antaſten. Wappes hat ſich jedoch,
in dem Glauben, daß es nur Seins⸗, nicht auch Soflens:
wiſſenſchaften gebe, in dem Streben, der Forſtwiſſen⸗
ſchaft unter allen Umſtänden den vermeintlichen Willen
ſchaftscharakter zu ſichern, nicht geſcheut, ihre eigentliche
Domäne, gleich einem Fremdkörper, aus ihrem Ge⸗
ſamtgefüge herauszureißen und eine kleine Sonder-
parzelle, die feinen ſtrengen Anſprüchen an Wiſſen⸗
ſchaſtlichkeit allein Genüge leiſtete, als neue eigentliche
Forſtwiſſenſchaft zu proklamieren.
Er wollte unter allen Umſtänden eine „Scientia
pura“ aus unſerer Wiſſenſchaft machen. Seine näaͤchſe
Aufgabe war alſo die Entſcheidung darüber, ob er fie
zu einer Natur- oder zu einer Geiſteswiſſenſchaft machen
ſollte. Denn Natur: und Geiſteswiſſenſchaften, das
ſind ja im Sinne ſeines philoſophiſchen Gewährsmannes
Wundt, wie wir ſahen, die beiden Unterabteilungen
der Realwiſſenſchaften. Die Formalwiſſenſchaften, die
mit den letzteren die theoretiſchen Wiſſenſchaften and
machen, kamen ja für die Forſtwiſſenſchaft auf feinen
Fall in Betracht. Da die überkommene Forſtwiſſen⸗
ſchaft ſowohl natürliche als auch kultürliche Erkennt
nisgebiete in ſich ſchließt, wird demjenigen, der aus ihr
abſolut eine „reine“ Wiſſenſchaft machen will, die Wahl
— a Dede
281
milden Natur: und Geiſteswiſſenſchaft gar nicht fo ſchaft auszuſetzen hat, daß fie eine Lehre, eine An⸗
lacht gemacht. Gemiſchte, aus Natur: und Geiſtes⸗
wiſſenſchaft kombinierte theoretiſche Wiſſenſchaften ge-
hören nicht in das Bereich der Möglichkeit, ſonſt hätte
man die Forſtwiſſenſchaft ja einfach — und das iſt
denn auch tatſächlich verſucht worden — als eine ſolche
gemiſchte Wiſſenſchaft bezeichnen können. Wappes war
nd indeß der Unhaltbarkeit einer ſolchen gemiſchten
tbeoretiichen Wiſſenſchaft zu ſehr bewußt, als daß er in
dejen Fehler hätte verfallen können. Daß die Forſt⸗
wiſſenſchaft als reine Wiſſenſchaft entweder nur Natur-
viſſenſchaſt oder nur Geiſteswiſſenſchaſt fein konnte,
darüber war er ſich im klaren. Sehr naheliegend wäre
es deshalb für ihn geweſen, fie zu einer Naturwiſſen⸗
ſcaft zu ſtempeln. Denn es unterliegt keinem Zweifel,
daß das naturwiſſenſchaftliche Wiſſen vom Walde eine
der Hauptgrundlagen der Forſtwirtſchaft ausmacht.
Auf der anderen Seite aber ift die Forſtwirtſchaſt, die
ja den Gegenſtand der Forſtwiſſenſchaft bildet, „ein
Teil des geiſtigen Lebens (im weiteren Sinne)“ und
die Forſtwiſſenſchaſt demnach eine „Geiſteswiſſen⸗
ſchaft“. Wappes entſcheidet ſich für die Geiſteswiſſen⸗
haft. Damit ift er aber auch gezwungen die wid):
ligſte Grundlage der Forſtwirtſchaft, die theoretiſche
Erforſchung des Naturobjektes „Wald“ aus dem Rahmen
der Forſtwiſſenſchaft auszuſcheiden. Er teilt dieſen
nichtigſten Teil der überkommenen praktiſchen Forſt⸗
mfenihaft einer geſonderten Gruppe von außerhalb
bes Shftems ſtehenden Wiſſenſchaften, den ſogenannten
„Grundwiſſenſchaſten“ zu. An dieſen durfte er jedoch
fonfequenter Weiſe überhaupt kein Intereſſe bezeugen;
denn das alleinige Erkenntnisobjekt der als Geiſtes⸗
niſſenſchaft aufgefaßten Forſtwiſſenſchaft fol und kann
doch nur die forſtwirtſchaftliche Tätigkeit ſelber ſein.
Auf dieſen Widerſpruch der Wappes'ſchen Ausführungen
wit ſchon Profeſſor Dr. H. Weber hin, wenn er in
ſeiner Beſprechung der Wappes'ſchen „Studien“
auf S. 345/346 d. A. F. u. Big. 1909 ſagt:
„ilt man die Anſicht von Wappes, indem man die
dorſtwifſenſchaft lediglich als Geiſtes⸗, und zwar als
lechniſche Wiſſenſchaft auffaßt, und ihr nur „die wiſſen⸗
ſchaftliche Betrachtung der Forſtwirtſchaft als wirt-
ſchaſtlicher Organismus“ zuweiſt, dann darf man in
logiſcher Konſequenz dieſer Begrenzung m. E. nicht
ſagen: „die forſtliche Technik kann die durch die Na⸗
lurwiſſenſchaft errungenen Kenntniſſe benutzen, be⸗
ziehungsweiſe mittelſt naturwiſſenſchaftlicher Me⸗
thoden kn ſyſtematiſcher Weiſe die für den Vorgang
wichtigen Verhältniſſe erforſchen“. Daß ſie ſo ganz
und gar den eigentümlichen Charakter des Gegenſtan⸗
des der Forſtwiſſenſchaft verkannte, das iſt ſeiner We⸗
ſenzdeutung zum Verhängnis geworden. Gerade das,
was Wappes an der hiſtoriſch gewordenen Forſtwiſſen⸗
1916
weiſung, eine Norm ſein wolle für die Forſtwirtſchaft,
gerade das macht ihre innerſte Weſenheit aus und
wird auch immer ihre Hauptaufgabe bleiben. Es iſt
durchaus nicht ſo ganz unrichtig zu ſagen, Forſtwiſſen⸗
ſchaft fet: „der Inbegriff derjenigen Grundſätze,
nach denen die Behandlung oder Benutzung der Wal⸗
dungen zu betreiben ift“. Wappes verzichtet ja —
ſeine Auffaſſung der Wiſſenſchaft im allgemeinen zwingt
ihn dazu — ganz auf die Aufſtellung einer Norm und
glaubt allen von einer „Forſt⸗Wiſſenſchaft“ gefor⸗
derten Anſprüchen damit Genüge zu tun, daß er ſich
auf eine rein beſchauliche Betrachtung der forſt⸗
wirtſchaftlichen Betätigung des „homo foresticus“
beſchränkt. Dieſe rein theoretiſche Betrachtung' der
Forſtwirtſchaft in der ſich für Wappes die Forſtwiſſen⸗
{daft erſchöpft, it auch gar nicht imſtande, Grundſätze
und Leitlinien für eine künftige Forſtwirtſchaft an die
Hand zu geben. Sie kann ja immer nur ſchon Ge⸗
ſchehenes, Abgeſchloſſenes konſtatieren. Geſchichte jeg⸗
licher Art aber iſt nie imſtande, Zukünftiges zu erklären,
bezw. Normen für eine Tätigkeit zu bieten. Die Na⸗
tur kann ſich der menſchliche Geiſt durch konſtruierte
Geſetze zum Verſtändnis bringen, das Weſen feiner
Selbſt aber kann er unmöglich in ſolche, aus ihm doch
ſelber fließende, Gefetzeskonſtruktionen einzwängen.
Solche Grundlagen und Richtlinien kann vielmehr
nur ein Studium der aus allen vorhandenen Kultur:
gebieten herfließenden Grundlagen der Forſtwirtſchaft
liefern. Das zeigt ein Blick auf den Erkenntnisinhalt
unſerer Wiſſenſchaft. Dieſer iſt ein ausſchließliches
Reſultat des Studiums der genannten Grundlagen
der forſtwirtſchaftlichen Tätigkeit. In der Literatur
unſerer Wiſſenſchaft findet man vielfach die irrtüm⸗
liche Meinung vertreten, daß die Theorie immer erſt
ein Ergebnis der Praxis ſei, und dieſe jener zeitlich
vorausgehe. So ſagt z. B. Karl Eduard Ney in
ſeiner „Lehre vom Waldbau“, Berlin 1885, im Vor⸗
wort: „Der Gayer'ſche Waldbau, der einzige, welcher
auf der Höhe der heutigen Praxis ſteht, welcher ja
in unſerem Fache die Theorie faſt immer um Jahr⸗
zehnte nachhinkt, war für mein Publikum zu hoch ge-
faßt; die Angaben der übrigen widerſprechen in nicht
wenigen Beziehungen denjenigen Anſichten, welche in
den Kreiſen wenigſtens der Praktiker, mit welchen ich
verkehre, ſeit Jahrzehnten die herrſchenden ſind, und
welche in Gayers klaffiſchem Werke nachträglich ihre
theoretiſche Begründung gefunden haben“. Die Theorie
alſo, ſo meint Ney, würde bei uns der Praxis „faſt
immer um Jahrzehnte“ nachhinken Ein Vergleich der
Geſchichte unſerer Wirtſchaft mit derjenigen unſerer
Wiſſenſchaft beweiſt jedoch ſchlagend, daß durchweg das
gerade Gegenteil der Fall iſt. Die Theorie iſt nicht
88
282
ein Ergebnis der Praxis, ſondern ſie iſt es, die dieſer
erſt den Pfad weiſt. Und auch in dem von Ney er⸗
wähnten Falle liegen die Dinge nicht anders. Die
Gayer'ſche Theorie it das Urſprüngliche und bie prat:
tiſche Ausführung derſelben erſt deren Folge. Daß
man in einem kleinen Kreiſe von Praktikern ſchon vor
Veröffentlichung des epochemachenden Gayer'ſchen Wer:
kes ähnliche Ideen, wie ſie Gayer in dieſem Buche
vertritt, in die Praxis umgeſetzt hat, kann unſere
Auffaſſung nicht erſchüttern. Auch in dieſem Falle
kann nur der Gedanke der Vater der Tat geweſen
ſein. Die praktiſche Durchführung ſolcher Ideen in
einem ſo kleinen, beſchränkten Bezirke will übrigens
gar nichts heißen. Von einer allgemeinen Ver⸗
wirklichung der fraglichen Gedanken kann jedenfalls
vor dem Erſcheinen des Gayer'ſchen Waldbaues nicht
die Rede ſein; und das iſt ausſchlaggebend für uns.
Daß bei uns die Praxis der Theorie nachhinkt und
nicht umgekehrt, das zeigen auch fehr ſchön zwei der
unmittelbaren Gegenwart entnommene Beiſpiele. Die
C. Wagner'ſche Idee des Blenderſaumſchlags iſt
doch gewiß nicht ein, Ausfluß der forſtwirtſchaftlichen
Praxis, und wenn Forſtmeiſter Max] Wagner
neuerdings den Nachweis zu erbringen verſucht, daß
man, „wenn es gelingt zuverläſſige Unterlagen zu be⸗
ſchaffen, aus der Lichtabſorption die Standortsgüte
und mögliche Maſſenproduktion wird beſtimmen fin:
nen“, ſo verdankt er dieſe Erkenntnis, die für unſere
Wiſſenſchaft von nicht geringer Bedeutung zu werden
verſpricht, doch nicht einer Betrachtung der forſtwirt⸗
ſchaftlichen Tätigkeit. Es wird eine vergebliche Mühe
bleiben, aus dieſer Leitſätze für eine künftige Ausübung
der Forſtwirtſchaft abzuleiten. Fortſchritte kann uns
nur wie bisher ein gründliches Studium der Funda⸗
mente bringen, auf die ſich jede forſtwirtſchaſtliche
Tätigkeit ſtützt, und je tiefer wir dieſe Fundamente
erkennen, deſto reinere Normen können wir auch auf⸗
ſtellen für dieſe Tätigkeit. Aus der Tätigkeit ſelber
aber, wie ſie früher ausgeübt wurde, und heute aus⸗
geübt wird, können wir nichts erſchließen, was ihr
Fortſchreiten befördern könnte.
Nicht nur bei uns, auch auf allen anderen &:
kenntnisgebieten ift der Gedanke die treibende, Macht.
Die praktiſche Wirklichkeit kann die Erkenntnis niemals
überholen, ſie kann höchſtens gleichen Schritt mit ihr
halten. Meiſt wird jedoch — und ſo liegen die Dinge
auch bei uns — die Erkenntnis der Wirklichkeit mit
Rieſenſchritten vorauseilen. (Schluß folgt.)
Literariſ che Berichte.
Deutſche Heldenhaine. Herausgegeben im Auf⸗
trag der Arbeitsgemeinſchaft für Deutſchlands Helden⸗
haine von dem Kgl. Preußiſchen Gartenbaudirektor
Willy Lange in, Wannſee bei Berlin. Verlag
J. J. Weber, Leipzig 1915.
Der Vorſchlag: :
„Jedem für das Vaterland Gefallenen eine
Eiche in ſeiner Heimatgemeinde zu pflanzen,
jo daß „Deutſche Heldenhaine“, von Baum:
wall und Graben begrenzt, entſtehen, in deren
Mitte auf freiem (Ringplaß die Kaifer: und
Friedenslinde blüht!“, fand weithin Zuſtimmung
ı deutſchen Landen.
Die vorliegende Schrift ſtellt fih die Aufgabe, den
Empfindungen und Gedanken des Vorſchlags weitere
Ausarbeitung und zu ſeiner Verwirklichung eine An⸗
leitung zu geben.
Die Ausführung iſt in der Weiſe gedacht, daß in
jeder Gemeinde unter möͤglichſter , Anlehnung an die
Natur und unter, Vermeidung gärtneriſcher Aus⸗
ſchmückung ein Hain geſchaffen wird, in, dem jeder aus
der Gemeinde Gefallene in regelmäßiger Reihenſtellung
eine Eiche erhält und der im übrigen mit Wildgras
und Wildblumen beſtanden ift. Ein kreisförmiger, zu
Gemeindefeſten uſw. dienender freier Platz mit einer
Friedenslinde ſoll den beherrſchenden Mittelpunkt des
Haines bilden, während er von einer Schutzpflanzung
mit Wall und Graben umgeben wird. Zur For
derung dieſes Planes, der in den weiteſten Schichten
der Bevölkerung großen Anklang gefunden hat, ift
von Vertretern der verſchiedenſten Städte eine
„Arbeitsgemeinſchaft für Deutſchlands Heldenhaine“
gegründet worden, deren Geſchäftsſtelle ſich in Berlin:
Wannſee befindet. Seine Durchführung muß natürlich
den Gemeinden, Vereinen oder den zu dieſem Zweck
zu bildenden Ortsausſchüſſen überlaſſen bleiben; die
Arbeitsgemeinſchaft will hierbei nur mit Rat und Tat
zur Seite ſtehen und auf eine möͤglichſt einheitliche
Ausgeſtaltung der Haine hinwirlen. Dieſem Zwecke
ſoll zunächſt die obengenannte Schrift dienen, die in
zwei Teile: einen anleitenden und einen berich⸗
tenden zerfällt. Im erſten Teile finden ſich Ab⸗
handlungen über: die leitenden Geſtaltungsgedanken
für die Heldenhaine, die Bedeutung des Ringes im
Heldenhain, den Wert derſelben für die Siedelungskultur,
Heldenhaine und Jugendpflege, die Herſtellung der Hel:
denhaine, die gärtneriſche Behandlung von Eiche und
Linde, allerlei Einwände und ihre Erwiderung, Ver⸗
3
288
teilung der Arbeit uſw.; im zweiten Teile über
Heldeneichen und Friedenslinden (erfte Anregung), den
Wiederhall draußen und daheim, ferner eine Auswahl
von Dichtungen u. a. m.
Von Oberforſtmeiſter Dr. Möller-Ebers⸗
walde enthält das Buch eine Abhandlung „Forſtliche
Bemerkungen zur Pflanzung von Eiche und Linde“.
Hierin weiſt M. vor allem darauf hin, für die
betr. Oertlichkeit die richtige Eichenart zu wählen: die
Traubeneiche für das Hügel⸗ und Bergland, die Stiel⸗
eiche für die Niederungen. Die breite und ausladende
Krone, den knorrigeren Wuchs zeige die Stieleiche,
während die Traubeneiche ſtraffer gebaut ſei und ihre Aeſte
id ſpitzwinklicher emporrichteten. Im ganzen weniger
anſpruchsvoll dem Standort gegenüber fei die Trau-
beneiche, weniger auch durch Frühjahrsfröſte gefährdet-
Außer auf die Art ſei aber auch auf die Heimat und
Herkunft der Bäume zu achten. In heimiſchen Pflanz⸗
ſchulen aus ſelbſt geſammelten Samen gezogene Bäume
verdienten den Vorzug vor ſolchen, deren Herkunft
unbekannt ſei. Als Pflanzmaterial werde zunächſt
wohl der verſchulte Starkheiſter gewählt werden. Es
gelte im allgemeinen für alle Baumpflanzungen die
Regel, daß fie um ſo ſicherer ſeien, je jüngere Pflanzen
man verwende. Wer die nötige Sorgfalt, Pflege und
Geduld, vor allem den ſicheren Schutz gegen Menſch
und Tier aufwenden könne und wolle, werde den
Heldenhain auch mit ein⸗ oder zweijährigen ſicher be⸗
gründen können. Ein Starkheiſter ſei mindeſtens 5—7
Jahre alt. Dem allgemeinen Wunſche und der Vor⸗
ſtellung, die man ſich in der Bevölkerung von den
Heldenhainen gebildet habe, dürſte jedoch durch eine
Kleinpflanzung nicht gedient ſein. Die Eichenpflanzung
ſei zudem bei ſorgſamer Durchführung ſehr ſicher. Die
nächſte wichtige Aufgabe fei die des Verbandes. Der
Helbenhain erfordere einen regelmäßigen Verband;
es könne Quadrat⸗ und Dreiecksverband angewen⸗
det werden; letzterer ſei gefälliger und vorzuziehen.
Ein Quadratverband von 8 m oder ein Dreiecksver⸗
band von 9 m fei zu wählen, um der Eiche den
nötigen Raum zur Kronenentwickelung zu gewähren.
Dabei gingen auf 1 ha im Quadratverband 155, im
Dreiecksverband 144 Eichen. Die Herrichtung der
Pflanzlöcher werde am beſten im Herbſt, die Pflan⸗
zung im Frühjahr ausgeführt. Runde Pflanzlöcher
ſollten nicht unter 1 m Durchmeffer und Tiefe haben.
Kompoſt oder Humus, in gleichmäßiger Verteilung dem
Boden beigemiſcht, werde von guter Wirkung ſein.
Eine alte forſtliche Lehre ſage, die Eiche wolle Licht
auf den Kopf und Schatten auf den Fuß haben. Eine
jo weitſtändige Eichenpflanzung, wie fie der Heldenhain
erfordere, brauche einen deckenden Unterſtand von Sträu⸗
chern und Halbbäumen und werde nur in Ausnahme:
r ——. — — re Per
— 3
fällen gedeihen, wenn man zwiſchen den Eichen nur
Gras und Blumen wachſen ließe. Ein dichtes Unter⸗
holz von deutſchen Sträuchern, denen Aspen, Weiß⸗
buchen, Linden, Faulbaum, Rüſtern, Ahorn je nach
der Oertlichkeit in paſſender Auswahl beigemiſcht ſein
könnten, ſollte die Fläche bedecken. Die pflegende Axt
werde dafür ſorgen, daß kein unberufener Baum des
Unterſtandes über die Eichen emporwachſe. Er werde
alsbald auf den Stock geſetzt und bilde dann
Stockausſchlag, der das Unterholz verdichte. In dem
Maße, wie die Eichen erſtarkten, könne das Unterholz
weichen und erſt, wenn ſie ſelbſt nach Jahrzehnten den
Boden völlig beſchirmten, könnten hie und da Gras, Kraut:
wuchs und Blumenflor den Bodenteppich bilden.
Eichen⸗Heiſterpflanzung ohne bodenſchützenden Unter⸗
ſtand würde an vielen Orten Bilder zeitigen, die dem
erträumten Heldenhain wenig entſprächen.
Reine
Bezüglich
der Auswahl der Friedenslinde wird auf den Unter⸗
ſchied der Heinblätigen Winterlinde hingewieſen, welche
im nördlichen Deutſchland und in jeder rauheren
Lage vor der großblütigen Sommerlinde den Vorzug
verdiene. Der rohe Trockentorf oder Rohhumus, der
bei genügender Zerkleinerung und Miſchung mit dem
Mineralboden der Eiche vortreffliche Dienſte leiſte, ſei
für die Linde nicht günſtig. Humoſe Erde und gut
zerſetzter Kompoſt ſeien für ihr Pflanzloch als düngende
Beigabe am geeignetſten. E.
Richtlinien für die Erſtellung von Kriegs⸗
erinnerungszeichen. Herausgegeben vom (ſtaat⸗
lichen) Württemberg. Landesausſchuß für Natur⸗ und
Heimatſchutz.
Dieſe ſehr beachtenswerten Richtlinien behandeln
nach einer Einleitung im erſten Abſchnitt 4 die
Erinnerungszeichen mit wohltätigem, ſozialem, gemein:
nützigem oder ähnlichem Zwecke. Hier wird ähnlich
wie in der Notiz E unſeres Januarheftes hervorgehoben,
daß als allererſte Aufgabe nach dem Kriege die Für⸗
ſorge für Kriegsteilnehmer und deren Hinterbliebene
gelten müſſe. Wie diefe” namentlich ſeitens der Ge:
meinden allenfalls mit Erinnerungszeichen zu vereinigen
wäre, wird dann näher ausgeführt.
Dann folgt ein größerer Abſchnitt B. Schmückende
Erinnerungszeichen. Hier werden Denkmale zur Er:
innerung an den Krieg als ſolchen und, Kriegerdenk⸗
male zur Ehrung der Kriegsteilnehmer abgehandelt
Unter den erſteren werden neben Kunſtwerken archi⸗
tektoniſcher und plaſtiſcher Art auch Anlagen an
Wohnplätzen und in freier Landſchaft beſprochen.
Gerade die letzteren dürften für unſere Lefer im Hin:
blick auf die a. a. O. ſowie im vorſtehenden Berichte er⸗
wähnte Frage der „Heldenhaine“ beſonderes Intereſſe
š 38%
284
bieten. Wir laſſen daher den betr. Abſchnitt wörtlich
folgen.
38. Schon Vorhandenes zu verwenden und auszuge⸗
ſtalten, iſt oft eine reizvolle und künſtleriſch dankbare Aufgabe.
Nach ſolchen Möglichkeiten auszuſchauen, iſt jetzt ſchon die Zeit
gekommen. l
Ein großer alter Cingel baum (Weidebuche, Wettertanne,
Linde) an günftiger, ftimmungspoller Stelle läßt fic mit gee
ringen Mitteln zu einem Denkmal ſtempeln, z. B. durch Aufo
hängen von Gedenktafeln, etwa noch mit einem Kreuzbild am
Stamm, deffen Fuß mit einer Bank ummauert werden mag.
Die alten Gemeindelinden, wie ſie ſich z. B. beſonders in
Franken finden, ſind ſchon von vornherein mit ihrem Säulen⸗
franz und Gebälk und ihrem Steinbankring oder Sodelgemäuer
zu Denkmalſtätten hergerichtet. Jede Säule kann durch In⸗
ſchrift und Abzeichen als Einzeldenkmal für einen Krieger be⸗
zeichnet werden.
39. Allerdings hat es gewiſſe Schwierigkeiten, einen ein⸗
zelnen Baum nach ſeinem Eingehen wieder zu erſetzen. Bei
einer Mehrheit von Bäumen (Gruppe, Hain, Wäldchen
uſw.) fällt dieſe Schwierigkeit weg; der Erſatz iſt hier leicht
und unbedenklich, da ja nicht das einzelne Stück, ſondern der
Geſamtbeſtand als ſolcher Gegenſtand der Erhaltung und Ver⸗
ewigung ſein ſoll.
Schon zwei, drei und mehr Bäume gleicher Art und un⸗
gefähr gleichen Alters bilden einen ſtimmungsvollen Raum
zur Aufſtellung eines Denkmals. Das Denkmal darf ganz be⸗
ſcheiden ſein, ein Kreuz oder Bildſtock oder Schriftblock von
Stein oder Holz, auch wobl verbunden mit einer Bank oder
einem Brunnen, ein offenes Kapellchen uſw.
40. Neuſchöpfungen gärtneriſcher Art haben
zwar den Nachteil, daß die Baumpflanzungen lange Zeit noch
keinen denkmalmäßigen Eindruck machen. Andererſeits aber
gewähren ſie die höchſte künſtleriſche Freiheit. (Für das Ver⸗
pflanzen ſchon erwachſener Bäume, das ſich unter Um⸗
ſtänden empfiehlt, wo der Schmuckzweck raſch erreicht werden
ſoll, gibt nähere Anweiſungen Nr. 1 der Veröffentlichungen
des Landesaus ſchuſſes von 1911.) Ganze Gedächtnis haine
und ebenſo Ehrenbäume für einzelne Krleger zu pflanzen,
iſt nicht nur ein pietätvolles, ſondern auch gemeinnütziges Werk
für ferne Zeiten. Nur muß dafür geſorgt ſein, daß die An⸗
lage dauernd gegen Verbauung, Verunſtaltung, Mißbrauch oder
Zerſtörung geſchützt iſt.
41. Ein Hain iſt eine feierliche Halle von Bäumen, eine
Art Naturdom. Dazu gehört ein gleichmäßiger Beſtand von
Bäumen einheitlicher Art und ungefähr gleichen Alters in
regelmäßiger Verteilung, ohne Unterholz im inneren Haupt
raum; ferner ein gleichmäßiger äußerer Umriß mit feſter Ein⸗
ſaſſung (Hag, Zaun, Mauer, Wall und Graben). Auch ein
alter Hochwald kann durch Aushieb zum Hain aus geſtaltei
werden, ein Soldatenfriedhof durch Anpflanzung von Bäumen
in Reihen. — Das Ganze braucht nicht groß zu ſein. — Ein
Schema für einen Normal⸗Hain, das landauf landab
wiederholt wäre, würde feinen Zweck verfehlen.
Eine beſonders günftige Gelegenheit, geeignete Selandeteile
dem Anbau zu entziehen und vorhandene Anlagen zu ſchützen,
bietet die Felderbereinigung, wenn man das dabei übrig
bleibende fog. Maſſengrundſtück auf landſchaftlich hervor.
ragende, beherrſchende oder ſonſt eindrucksvolle Punkte der
Man kung verlegt, einheitlich mit kräftigen Bäumen bepflanzt
und entſprechend einhegt.
Würdige Hainbäume ſind unſere einheimiſchen Baum⸗
arten, die faſt überall mehr oder weniger gut gedeihen, und
auf fog. ſchlechtem Boden und im Freiſtand wenn nicht üppige,
ſo umſo maleriſchere Formen annehmen. In Betracht kommen
beſonders: Eiche, Linde, Ulme, Eſche, Buche, Hagbuche, Ahorn,
Pappel, Birke, Forde, Eibe, nicht aber Obſtbäume, Rok
kaſtanie, Robinie, (fog. Akazie) und ausgeſprochene Fremdge⸗
wächſe. — Die ſpätere Erneuerung (Verjüngung) bei Abgang
einzelner Bäume wird erleichtert, wenn vpn Anfang an der
Standraum nicht zu eng gewählt wird. —
Zum Gedächtnis⸗Hain gehört ein Denkmal mit In:
ſchrift, das recht einfach und nicht groß ſein, auf einem
freien Mittelraum oder am Ende einer durchgehenden Gaffe
uſw. ſtehen fol. — Auch der Zugang zum Hain kann bind
Baumſat hervorgehoben werden. — Ein Waſſergraben um den
Hain, ein einfacher Brunnen im Innern der Anlage oder ein
Waſſerbecken, (wenn künſtlich angelegt, von ftrenger, regelmäßiger
Form,) fieigert die Wirkung der Stimmung ungemein. —
42. In der Mehrzahl der Fälle wird man mit emer ge
gebenen Partie der Landſchaft, einem Naturdenkmal in
weiteren Sinn, eine für den Erinnerungszweck bezeichnende
Anlage verbinden. Inſelartig hervorragende Punkte ber
Landſchaft (Bergkuppe, Fel ſen, Gehölz, Inſel, Landſpitze un),
ſind beſonders geeignet. — Stille Lage iſt erwünſcht.—
43. Gegebene Naturformen (Naturdenkmale in
engeren Sinn,) durch Zutaten zum Erinnerungsmal zu ftem:
peln oder gar umzuformen, iſt ein heikles Unterfangen. Leicht
erſcheint die Sache als unziemliche und unkünſtleriſche Willkür,
als Mißbrauch oder Entſtellung der Natur. Kunſt und Natur
dürfen auch im Bauwerk des Denkmals nicht vermengt erſcheinen.
Eine Inſchrift an der Felswand ſoll beſtimmt abge⸗
grenzt und eingerahmt fein; noch mehr das Bildwerk. Der
gewachſene Fels kann in den Unterbau des Denkmalbauez
einbezogen ſein (wie auch an mittelalterlichen Burgen oft der
Fall). Der Berg darf unter Umſtänden als Sockel für den
Denkmalbau hergerichtet werden mit abgegrabenen und ange
ſchütteten Böſchungen und Stufen. — Aber immer fol das
Menſchenwerk von den Formen der Natur deutlich unter:
ſchieden ſein.
44. Durchaus unzuläſſig it Nachahmung 8°
fälliger Naturformen, „künſtliche Natürlichkeit“, ſo von
Felſen, Waſſerfällen, Seen u. dgl.
Lehrbuch der Holzmeßkunde. Von Dr. Udo
Müller, o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft an
der Techniſchen Hochſchule zu Karlsruhe. Zweite
neubearbeitete Auflage. Berlin, P. Parey, 1915.
Gr. 8°. S. XVI und 398. Preis geb. Mk. 13,50.
Ueber die erſte Auflage dieſes Buches, das in den
Jahren 1899 bis 1901 in drei Teilen erſchienen ift,
hat Lorey in dieſer Zeitſchrift 1899 S. 429, 1900
S. 422 und 1902 S. 22 berichtet. Seinem ſehr
günſtigen Urteil kann ich mich nur durchaus anſchließen;
der am Schluß ausgesprochene Wunſch, daß „das Buch
überall entſprechend gewürdigt und in weiten Kreilen
benutzt werden“ möchte, iſt in Erfüllung gegangen, wie
die jetzt erſchienene zweite Auflage beweiſt. Ich kann
mich daher hier darauf beſchränken, die Abänderungen
und Zufäge hervorzuheben, welche das Werk bei forg:
fältigſter Benutzung der inzwiſchen erſchienenen Literatur
erfahren hat. |
—
— —
—
285
Im erſten Teile (S. 1 bis 119), der die „In-
haltsbeſtimmung des gefällten Holzes“
behandelt, ſind neuere Unterſuchungen von Schiffel,
Cberhard, Blajer u. a. über den Fehler angeführt,
der bei Anwendung der Mittenflähen: Formel
(uber) begangen wird. Anſtatt der Formeln von Prey-
mann und Weddle ift die empiriſche Formel von Schiffel
v=1(0,61 G ½¼ + 0,62 G 3/4 — 0,23 G / . G 8/4
aufgenommen. Ein neu hinzugekommener Anhang
(5. 45 bis 48) beſpricht die Inhaltsermittelung von
bearbeitetem Holze: ſcharf⸗, voll⸗, baum: oder mehr:
fantige Hölzer, Bahnſchwellen, Bohlen u. a.
In dem umfangreichen Kapitel S. 48 bis 95, das
„die Aus führung der ſtereometriſchen Ku:
bierung“ behandelt, find zahlreiche neue Hilfsmittel
angeführt; fo die Meßkluppe von Flury, die Sor:
tierungskluppe von Gehrhardt und Gleinigs
Grubenholzkluppe „Einfach“. Die Regiſtrierkluppen
don Reuß, Jachnoff, Eck und Bodenſtein, welche nur
die Durchmeſſer nacheinander notieren und ſpätere
Abzaͤhlung derſelben erfordern, werden als veraltet be⸗
zeichnet. Brauchbarer feien die neueren Kreis flächen⸗
Zaͤhlkluppen von Hirſchfeld, Wimmenauer und
Bufe, welche Geſamtſtammzahl und Kreisflächenſumme
automatiſch feſtſtellen. Die Kluppen von Bufe, Hohenadl
und Wild ſollen auch Stärkeſtufen und Holz⸗
atten auseinander halten; die Beſtandsmaſſen⸗
kluppen von Hirſchfeld und Hohenadl ſogar jede
nachherige Berechnung überflüſſig machen. Endlich
werden als neue mechaniſche Rechnungshilfs⸗
mittel Apparate von Trédl, Göderer, Holan und
Hohenadl beſchrieben. |
Streng genommen gehören m. E. alle Regiſtrier⸗
und Zäͤhlkluppen, da fie bei gefälltem Holze kaum An-
wendung finden, nicht in den erſten, ſondern in den
dritten Abſchnitt: Inhaltsermittelung des Beftandes.
Die phyſikaliſchen Methoden der Jn:
haltsbeſtimmung, bei denen auch die Ermittelung
des Feſtgehaltes der Schichtmaße untergebracht iſt, find
ohne weſentliche Aenderung aus der erſten Auflage
übernommen.
Der zweite Teil (S. 120 bis 246): Inhalts⸗
ermittelung des ſtehenden Baumes, zählt
ebenfalls eine anſehnliche Reihe neuer Inſtrumente,
inzbeſondere Höhenmeſſer auf; als ſolche mit
geometriſcher Grundlage diejenigen von Felber,
Klein, Maader, Leiß, Borglind, Hani, Wimmenauer
(aus 1869) und Fuſchlberger; als trigonometrifde
göhenmeſſer Hübners Meßplatte, Wimmenauers Höhen:
pegel und das Vifierrohr von Benjes. Unter den
Vftrumenten zur indirekten Stärkemeſſung iſt
nur der ſchon erwähnte auch hierzu eingerichtete Baum:
neſſer von Borglind hinzugekommen.
Hinſichtlich der Anforderungen, welche an gute In⸗
ſtrumente zu ſtellen find, möchte ich dem, was auf
S. 178 und 197 bemerkt iſt, auf Grund vielfacher
praktiſcher Erfahrung noch beifügen, daß es für Höhen⸗
meſſer erwünſcht iſt, wenn ein Anviſieren des Baum⸗
Fußpunktes nicht erfordert wird, weil dieſer oft durch
Unterholz u. dgl. verdeckt iſt; und daß eine ſichere
optiſche Stärkemeſſung nur möglich iſt, wenn das In⸗
ſtrument (insbeſondere das Fernrohr) die gleichzeitige
Erfaſſung beider Enden des betr. Durchmeſſers geſtattet.
Denn im anderen Falle, alſo beim Herabkippen oder
ſeitlichen Verſchieben des Fernrohrs, muß vorausgeſetzt
werden, daß der Baum ſtill hält, was er gewöhnlich,
ſelbſt bei wenig bewegter Luft, nicht tut.
Im dritten Teile (S. 247 bis 327): In⸗
haltsermittelung des ganzen Beſtandes,
unterſcheidet der Verfaſſer nur zwei Methoden: Meſſung
und Schaͤtzung, und bringt die zahlreichen Fälle, in
welchen beide nebeneinander angewendet werden, teils
im erſten Abſchnitt („ideelle Probeſtämme“), teils im
zweiten („teilweiſe Schätzung, Probeflächen“) unter.
Einfacher und überſichtlicher würde mir die Unterſchei⸗
dung dreier Methoden erſcheinen: Schätzung, Meſſung,
Kombination beider. |
Dem Kapitel, das in der erſten Auflage die Pe-
ſtandskluppierung abhandelte, iſt in der zweiten eine
kurze Erörterung über Beſtandshöhenmeſſung (S. 260)
angefügt. Bei den Schätzungsmethoden iſt die Ver⸗
beſſerung des Gerding⸗Borggreve'ſchen Verfahrens durch
Räß erwähnt. Sonſt keine weſentlichen Aenderungen.
Im vierten Teile (S. 328 bis 392) iſt der
erſte Abſchnitt „Die Ermittelung des Alters“
faſt unverändert geblieben; im zweiten: „Die Er⸗
mittelung des Zuwachſes“, ſind bei den „all⸗
gemeinen Vorbemerkungen“ die Beziehungen zwiſchen
laufendem und durchſchnittlichem Zuwachs durch eine
größere und beſſere Figur (S. 344) erläutert.
Im 1. Kapitel: „Zuwachsermittelung am
Einzelſtamm“, wird (S. 350) darauf hingewieſen, daß
der Höhenwuchs nach Glaſer nicht einmal durch eine
Gleichung vierten Grades richtig dargeſtellt werden
kann. Beim Zuwachsprozent iſt der Preßler'ſchen
und Kunze'ſchen Formel noch diejenige Merkers bei
gefügt (S. 366) und weiterhin nachgewieſen, daß zur
annähernden Berechnung des Maſſenzuwachsprozentes
die Zuwachsprozente der Grundfläche, Höhe und Form⸗
zahl einfach addiert werden dürfen. (S. 376.)
Im 2. Kapitel: „Zuwachsermittelung am
Beſtande, werden wie in erſter Auflage 4 Methoden
unterſchieden: 5
1. Meſſung am Beſtande ſelbſt,
2. mit Hilfe von Extragstafeln,
__ 286
3. nach dem Durchſchnittszuwachs,
4. nach erfahrungsmäßigen Zuwachsprozenten.
Unter Nr. 2 werden Begriff, Geſchichte und Literatur,
Aufſtellung und Anwendung der Ertragstafeln (S.
380 bis 389) abgehandelt, die Literatur⸗Angaben der
erſten Auflage vervollſtändigt. Da nun die Ertrags⸗
tafeln doch keineswegs nur Hilfsmittel der Zuwachs⸗
ſchätzung für einzelne Beſtände ſind, möchte ich in
Uebereinſtimmung' mit Lorey's Andeutungen (a. a. O.)
als meine unmaßgebliche Anſicht ausſprechen, daß den
Ertragstafeln vielleicht beſſer ein ſelbſtändiger Abſchnitt
gewidmet worden wäre. Dann hätte das 2. Kapitel
etwa ſo gegliedert werden können:
a. Ermittelung des Zuwachſes normaler Beſtände
während ihrer ganzen Lebensdauer; d. i. Auf⸗
ſtellung von Ertragstafeln;
b. Zuwachsermittelung an einzelnen Beſtänden für
gewiſſe Zeitabſchnitte.
Möge dem Buche auch in der neuen Geſtalt ein
reicher Erfolg beſchieden fein! Wr.
Hirſchbrunn. Eine Erzählung aus dem Wald von
Ferdinand von Raesfeld. Berlin, P. Parey
1916. 363 Seiten. Preis geb. 4 Mk.
Zwiſchen Roſtock und der Inſel Rügen, nordweſt⸗
lich von Stralſund, zieht fich, vom Feſtlande durch
mehrere „Bodden“ — Meeresarme und -Bujen —
getrennt, die langgeſtreckte Halbinſel Zingſt hin. Deren
breiteſte Stelle bedeckt ein etwa 5000 ha großer Staats⸗
forſt, der Darß. Dort lebte und wirkte bis zum Jahre
1913 der Verfaſſer dieſer Erzählung, die als 5. Band
der Jagdromane „Wild und Hund“) erſchienen ift,
und mit der er fih ein Denkmal aere perennius ge-
ſetzt hat. Denn wer ſich für das Leben und Treiben
im Walde, wie es der Verwalter eines ſolchen Forſt⸗
bezirks in weltferner Einſamkeit führt, begeiſtern kann,
der wird das Buch nur hochbefriedigt aus der Hand
legen. Den Glanzpunkt bildet ohne Zweifel die Schil⸗
derung eines großen Waldbrandes im 12. Kapitel,
mit dem die Aufdeckung eines zuvor verübten Ver⸗
brechens, Ermordung eines Förſters durch Wilddiebe,
vielleicht etwas zu künſtlich verknüpft iſt. Nicht weniger
als die Naturſchilderungen nehmen die ſcharf und klar
gezeichneten handelnden Perſonen mit ihren teils er⸗
ſreulichen, teils tragiſchen Schickſalen das Intereſſe
des Leſers in Anſpruch. Wr.
Deutſchlands und Oeſterreich⸗ Ungarns Holz:
zollpolitik vor, während und nach dem
Kriege von Prof. von Mammen. Dresden und
1) Vgl. die lit. Berichte im Septemberheft 1914, S. 298
und im Februarheft 1916, S. 42.
Leipzig, Verlag, „Globus“, Bibliothek für Bolte:
und Weltwirtſchaft. Herausgegen von Prof. F. von
Mammen. 1916. Heft 9.
Das Heft behandelt eine Frage, der ein großer
Teil unſerer Fachgenoſſen ferner ſteht und die z. 3t.
völlig im Fluſſe iſt; es iſt ein Sonderabdruck aus der
Wochenſchrift „Silva“ aus dem Jahre 1915 über daz
Thema: Deutſchlands und Oeſterreich⸗Ungarns Hol;
zollpolitik vor, während und nach dem Weltkriege.)
Die Holzzollpolitik beider Reiche vor dem Welt:
kriege wird ſkizziert unter Beigabe des nötigen ſtatiſtiſchen
Grundlagematerials.
— 8
Es geht aus den Zahlen die
bekannte Tatſache hervor, daß das Deutſche Reich für
Holz ein Haupteinfuhrland, Oeſterreich⸗Ungarn ein
Exportland iſt.
Holz im Deutſchen Reiche 350 Mill. Mk. im Wert,
die Mehrausfuhr Oeſterreich⸗Ungarns 212 Mil.
Deutſchlands Ausfuhr und Oeſterreichs Einfuhr om
Holz find dem gegenüber gering. So verſchieden gr
lagerte Intereſſen haben eine verſchieden geſtaltele
Holzzollpolitik zur Folge. Das Deutſche Reich hat
auf Holz einen je nach dem Grade der Verarbeitung
abgeſtuften Einfuhrzoll, der für Rohholz allerdings jehr
gering iſt. Schutz der heimiſchen Induſtrie war das
1913 betrug die Mehreinfuhr an
Hauptmotiv bei der Feſtlegung der deutſchen Holzzölle.
Oeſterreich⸗Ungarn bedarf wie aus feiner ſtarken Hol:
ausfuhr hervorgeht keiner Einfuhrzölle, da das Roh:
produkt dort in großem Umfange und billiger als bei
uns zu finden ift. Ausfuhrzölle beſtehen in dem jetzigen
Rahmen der Zollgeſetzgebung beider Länder nicht. Als
Finanzzoll betrachtet bringt der Holzzoll dem Teutſchen
Reiche eine nicht unerhebliche Einnahme; Oeſterreich⸗
Ungarn hätte aus einem Holzeinfuhrzoll keinen großen
Gewinn. Nach Sortimenten gegliedert zeigt die Handels:
ſtatiſtik folgende wichtige Tatſachen:
Das Deutſche Reich zeigt eine ſtetig zunehmende
— —
Mehreinfuhr an Rohholz, Oeſterreich darin eine!
gleichbleibende Ausfuhr. Oeſterreich⸗Ungarns Schnitt:
holzausfuhr ift von 1905 — 18 ebenfalls ziemlich gleich
groß, während die Einfuhr in das Deutſche Reich flies;
daraus leiten unſere Sägeinduſtriellen ab, daß die
Spannung zwiſchen unſerem Schnittholzzoll und Rob
holzzoll noch nicht ausgiebig genug ift. Die Einfuhr
von Papierholz in das Deutſche Reich ift ſtark geſtiegen.
Weiter iſt bemerkenswert, daß die Holz⸗Einfuhr in
das Deutſche Reich, die 1905 noch zu 38,4% aus
Oeſterreich⸗Ungarn kam, 1913 auf 27% zurückgegangen
iſt, während Rußlands Beteiligungsziffer in demſelben
Zeitraum von 36,4% auf 51,2% hinaufgegangen if
Rußland lieferte uns mehr Rohnußholz, das doppelte
an Schnittware, das vierfache an Zelluloſeholz zu
1) Cf. die Notiz „Gegenüberſtellung des Deutſchen mad
OefterrU gar. Zolltarifs“ in dieſem Heſte.
287
günſtigeren Preiſen als Oeſterreich⸗-Ungarn. Der Krieg laſſen können, daß dagegen in Oeſterreich, wo in den
hat nun auf dem Gebiete der Holzzollpolitik mit der letzten Jahren verſchiedene Beſtrebungen auf Aenderung
allgemeinen Umwälzung der Handelsbeziehungen fol⸗ der Holzzollpolitik ſich eifrig zur Geltung gus bringen
a gendes gezeitigt. ſuchten, dieſe Frage zunächſt mit viel mehr Eifer be⸗
| Er hat alle Handelsbeziehungen zu den feindlichen trieben werden wird als bei uns.
Machten auch formell abgebrochen, alle Handelsver⸗ Es iſt dies auch daraus Jerklärlich, als in der
träge find aufgehoben und jeder ſucht durch Abſchneiden Handelsbilanz Oeſterreichs das Holz eine ganz andere
des Bezugs wichtiger Güter den anderen zu ſchäͤdigen. | Rolle ſpielt als bei uns. 1918 ſteht das Holz in der
I England auch die abſolute Blockade unſerer Häfen Statiſtik der öſterr. Ausfuhr dem Werte nach an erſter
nicht gelungen, ſo iſt der Warenverkehr auf dem Welt⸗ Stelle mit 1/10 der Geſamtausfuhr. Die Ausführungen
meer durch die Minengefahr und das Recht auf über Wirtſchaſtsgemeinſchaft, Zollunion und andere
ktonterbandebeſchlagnahme faſt völlig lahm gelegt. Das Arten mehr oder weniger ſtarker handelspolitiſcher
Deutſche Reich hat mit Kriegsbeginn wegen der relativen Annäherungen hat Verf. unter Heranziehung der bis
Knappheit unſerer ſofort greifbaren Holzbeſtände die zur Veröffentlichung erſchienenen, wichtigeren Ab⸗
dolzausfuhr und die Ausfuhr von Gerbſtoffen verboten. handlungen zuſammengeſtellt und dann die Ten⸗
Oeſterreich hat feine urſprünglich eingeführten denzen der Holzzollpolitik beider Staaten klar ge⸗
Holzausfuhrverbote, nachdem Italien und der Oſten gelegt.
für ſeine Holzausfuhr geſchloſſen wurden, ſehr gemildert Verf. hat, um dieſe Frage zu betrachten, zunaͤchſt
und ſo iſt die Ausfuhr nach dem Deutſchen Reiche faſt die Veröffentlichungen über das zu erwartende Ver⸗
völlig aufrecht erhalten geblieben. Für die Gerbſtoffe hältnis in den wirtſchaftlichen Beziehungen beider
und mechaniſch und chemiſch bereiteten Holzſtoffe hat Länder kritiſch beſprochen und dann aus den Tendenzen,
das Deutſche Reich Freiheit von Einfuhrzöllen einge⸗ die ſich in den um die Holzzollpolitik intereſſierten
führt, wodurch die Einfuhr dieſer Stoffe aus neutralen Kreiſen in jüngſter Zeit zeigten, herausgearbeitet, in
Ländern begünſtigt werden ſoll. Als unbedingte Bann⸗ welcher Richtung hin, die Holzzollpolitik beider Reiche
ware hat das Deutſche Reich Grubenholz erklärt. Die gehen wird. Zunächſt werden nach dem ſiegreichen
wichtigſte Frage iſt die Geſtaltung der Holzzollpolitik Friedensſchluſſe die allgemeinen handelspolitiſchen Streit:
nach dem Kriege. Wenn ſich auch über die Geſtaltung fragen einer kühlen Abwägung bedürfen und in den
unnſerer Wirtſchaftspolitik noch die divergierendſten für uns vorteilhaſten allgemeinen handels⸗ und zoll⸗
Wünſche kreuzen und auf dem Gebiete der Holzzoll⸗ politiſchen Grundſätzen werden dann auch die forſt⸗
politik nicht viel Beſtimmtes ſich ſagen läßt, ſo ſoll doch politiſchen Forderungen unter Hinblick auf unſere all:
bier das vom Berf. Angeführte der Betrachtung em⸗ gemeine Wirtſchaftspolitik einzufügen ſein. Als Grund⸗
ppahlen werden. Im allgemeinen können wir feſtſtellen, lage und zur Anregung für ſolche Erwägungen ſei
daß wir dieſe Frage mit Ruhe an uns herankommen die Schrift warm empfohlen. Dr. Wimmer.
hart
© Briefe
t ;
J Aus Preußen. der bezeichneten Prüfung nachweislich ſpäter ftattge-
5 Aus den preußijchen Honſtvenwaltung. funden hat.
Grundſätze über Anrechnung des Kriegs— 2. Mittleren und Kanzleibeamten wird bei Feſt⸗
\ | u. f das Dienſtalter d er Staats: ſtellung des Dienſtalters, welches für ihre Berufung
- ne zur erſten etatsmäßigen Anſtellung in Betracht kommt,
{ die Zeit ihres Kriegsdienſtes inſoweit angerechnet, als
Auf Grund Allerh. Ermächtigung hat das Staats- ſie infolge des Kriegsdienſtes die Befähigung zur Be⸗
miniſterium nachſtehenden Beſchluß gefaßt: kleidung des betr. Amtes nachweislich ſpäter erlangt
1. Höheren Beamten, bei denen die Fahigkeit zur haben. |
kleidung ihres Amtes von dem Beſtehen einer Brit: 3. Wo auch für Unterbeamte die erſte etatsmäßige
fung abhängt, wird bei Beſtimmung des Dienſtalters, ſo⸗ Anſtellung von dem Beſtehen einer Prüfung abhängt
jern biefelbe gemäß dem Zeitpunkte des Beſtehens der oder wo für die Beförderung in eine höhere Stelle das
Prüfung zu erfolgen hat, die Zeit ihres Kriegsdienſtes Beſtehen einer Prüfung erforderlich ift, wird den B.
ſowett angerechnet, alg infolge derſelben die Ablegung | amten die Zeit ihres Kriegsdienſtes auf das für di
288
Anſtellung oder Beförderung maßgebende Dienftalter
inſoweit angerechnet, als infolge des Kriegsdienſtes die
Prüfung nachweislich ſpäter abgelegt worden iſt.
4. Bei allen Beamten ift auf das Diätariatsdienſt⸗
alter die Kriesdienſtzeit inſoweit anzurechnen, als durch
ſie der Beginn der diätariſchen Beſchäftigung nachweis⸗
lich verzögert iſt.
5. Anwärtern, welche nach Ableiſtung des Probe⸗
oder Vorbereitungsdienſtes ohne weiteren Nachweis ihrer
Befähigung zur erſten etatsmaͤßigen Anſtellung ge⸗
langen, wird bei dieſer Anſtellung diejenige Zeit des
Kriegsdienſtes auf das Beſoldungsdienſtalter angerech⸗
net, um die ihre Anſtellung nachweislich ſpäter er⸗
ſolgt iſt. ,
6. Wenn die Anſtellung oder Beförderung nach der
Reihenfolge der Anwartſchaft erfolgt und die Anſtellung
oder Beförderung nach der Anwartſchaft, wie ſie ſich
nach den vorſtehenden Beſtimmungen ergibt, zu einem
früheren Zeitpunkte erfolgt wäre, als ſie tatſaͤchlich
ſtattgefunden hat, ſo wird das Beſoldungsdienſtalter
ſo feſtgeſetzt, wie es im Falle der Anſtellung oder Be⸗
förderung zu dem früheren Zeitpunkt beſtimmt wor⸗
den wäre.
7. Ueber etwaige Anrechnungen auf das Beſol⸗
dungsdienſtalter, die durch die vorſtehenden Beſtim⸗
mungen nicht getroffen ſind, entſcheidet der Verwal⸗
tungschef im Einvernehmen mit dem Finanzminiſter.
8. Kriegsdienſt im Sinne dieſer Beſtimmungen iſt
der Dienſt bei dem Heere, der Marine, den Schutz⸗
truppen vom Tage der Mobilmachung bis zur Demobil⸗
machung, oder der Dienſt bei der Krankenpflege, ſofern
er auf Grund einer auch für den Etappendienſt über⸗
nommenen Verpflichtung erfolgt, ſowie der Dienſt der
für die Verwaltung der beſetzten fremden Landesteile
zur Verfügung geſtellten Beamten. Dem Kriegsdienſt
iſt auch die Zeit gleich zu rechnen, während der ein
Kriegsteilnehmer der vorbezeichneten Art infolge ſeiner
Geſundheitsſchädigung oder aus ſonſtigen Gründen über
die Demobilmachung hinaus beim Heere uſw. zurück⸗
gehalten werden ſollte.
9. Dem Kriegsdienſte kann bis zum Höchſtmaße
von 9 Monaten hinzugerechnet werden die Verzögerung,
die eintritt:
a) infolge einer im Kriegsdienſte erlittenen oder
über die Zeit nach Beendigung des Kriegsdienſtes
hinaus wirkenden, mit Arbeitsunſähigkeit verbundenen
Geſundheitsſchädigung;
b) bei denjenigen Kriegsteilnehmern, die ohne Aus-
bruch des Krieges innerhalb eines Jahres ſeit ihrer
Einberufung zum Kriegsdienſte zu einer vorgeſchriebenen
Prüfung hätten zugelaſſen werden können, infolge der
durch den Kriegsdienſt verurſachten Einbuße in der
— — ——— — — ' — — —— . — — L ⁰⁰ —— — .
Beherrſchung des zu dieſer Prüfung erforderlichen
Lernſtoffes.
10. Die Anrechnung findet nur ſtatt, ſofern der
Beamte unmittelbar nach Beendigung des Kriegs⸗
dienſtes oder der Schulzeit fih dem demnächft ergriffenen
Berufe im Staatsdienſte oder der Vorbereitung bafür
zugewendet hat. Wie weit im Falle eines ſpaͤteren
Berufswechſels eine Anrechnung ſtattfinden kann, ent:
ſcheidet der Verwaltungschef im Einvernehmen mit dem
Finanzminiſter. Eine Anrechnung von Kriegsdienſt
findet auch zugunſten von Höheren und mittleren
Staatsbeamten ſtatt, die als ehemalige aktive Offiziere
ſich unmittelbar nach Beendigung des Krieges oder
ihrem früheren Ausſcheiden aus dem Militär⸗, Marine⸗
oder Schutztruppendienſte oder der nachfolgenden Schul⸗
zeit der höheren oder mittleren Beamtenlaufbahn ader
der Vorbereitung dafür zugewendet haben.
* *
*
Anbau von Raps auf Eichenſchälwalb—
ſchlägen. |
Der Minifter für Landwirtſchaft, Domänen und
Forſten hat unter dem 12. Juli d. J. angeordnet,
daß in den Staatsforſtrevieren Eichenſchälwaldflächen, |
welche fih für den Rapsanbau eignen, in dieſem Herbfte |
mit Winterraps beftellt werden ſollen, ſowie daß, wenn
in der Nähe von Staatsforſtrevieren oder Kgl. Do⸗
mänen geeignete Cichenſchälwaldſchläge von Gemeinden,
Genoſſenſchaften, Stiftungen oder Privaten, deren Be-
ſitzer die Beſtellung mit Raps nicht ſelbſt ausführen
wollen oder können, die Anpachtung zwecks Nutzung
auf Raps von der Forſtverwaltung in Erwägung ge
zogen werden ſolle. Es wird zugleich ein Ausſchreiben
des Kriegsernährungsamtes mitgeteilt, dem wir folgen:
des entnehmen.
„Der beſtehende Mangel an Fetten und Oelen
macht es erforderlich, alle für eine nachhaltige Behebung
derſelben ſich eignende Quellen fo vollkommen als
möglich zu erſchließen. Neben einer allgemeinen Ver⸗
mehrung des Anbaues von Oelpflanzen eröffnet fid
im Bereiche der Forſtwirtſchaft die Möglichkeit, durch
eine ausgiebige Heranziehung der diesjährigen Eichen⸗
ſchälwaldſchläge zum Anbau von Raps zur Steigerung
der Oelproduktion weſentlich beizutragen. Auf Grund
der in den Kgl. Bayriſchen Staatsforſten der Pfalz
in den beiden letzten Jahren gemachten günſtigen Er⸗
fahrungen ift eine alsbaldige Inangriffnahme größere!
Anbauflächen auf alle geeigneten Böden des Eichen-
ſchälwaldbetriebes nach Maßgabe der verfügbaren
Vorräte an Saatgut in Ausſicht zu nehmen. Die
deutſche Eichenſchälwaldfläche beträgt annahernd hier
250 000 ha. Da in den Hauptverbreitungsgebieten
des Eichenſchälwaldes größtenteils auch die klimatische
— . —— — ——
— ——
289
Bedingungen für das Gedeihen des Rapſes gegeben
ſind, ſo darf nach Abzug aller nach Lage und Boden
oder aus ſonſtigen Gründen minder geeigneten Flachen
auf eine anbaufähige Flache von beachtenswerter Größe
gerechnet werden.
Für den Anbau und die künftige Sicherſtellung
der Ernte ſind folgende Geſichtspunkte zu beachten.
1. Die klimatiſchen Vorbedingungen find als
gegeben zu erachten, wenn der Boden einen gut ent⸗
wickelten Eichenſchälwaldbeſtand getragen hat. Hierher
wird in erſter Linie die Mehrzahl der weſt⸗ und ſüd⸗
deutſchen Schälwaldgebiete mit einer mittleren Jahres⸗
temperatur von 8 — 10 Celſius und ſonnenſeitigen
Lagen bis zu 400 m Höhe zu rechnen fein.
2. Hinſichtlich der Bodenbeſchaffenheit bean⸗
ſprucht der Raps einen lockeren, hienreichend friſchen
mit Humus gemiſchten, mineralkräftigen Boden. Nach
dem in den Hauptverbreitungsgebieten des Eichenſchäl⸗
waldes vornehmlich vertretenen Grundgeſtein (Ton-
ſciefer, Grauwacke, Kohlenſandſtein, Rotliegendes,
Buntſandſtein, Kalk, Porphyr u. a.) ift ein hinreichender
Mineralgehalt meiſt vorhanden. Der Verwitterungs⸗
boden ſelbſt befindet ſich, ſofern nur der Vorbeſtand
twreihend beſtockt war, in der Regel in günſtiger
Verfaſſung, iſt reich an Stickſtoff und neigt in den
auf den Abtrieb folgenden erſten Monaten noch wenig
zu Unkrautwuchs. Eine nicht oder minder reichliche,
loje Steinmengung ift dem Gedeihen des Rapſes nicht
hinderlich.
3. Die Kultur des Rapſes iſt auf allen Böden
dieſer Art verhältnismäßig leicht und ſicher. Eine
Düngung iſt nicht erforderlich. In den meiſten Fällen
genügt eine Auflockerung des Bodens mit eiſernen
Rechen, unter ſchwierigeren Verhaltniffen unter Zuhilfe⸗
nahme eines dreizinkigen Karſtes. Der Auflockerung
muß die Cinſaat, welche am beſten breitwürfig mit
8-10 kg auf 1 ha ausgeführt wird, unmittelbar
folgen. Der Samen wird alsdann mit eiſernen Rechen
leicht eingekratzt.
4. Die Koſten des Anbaus ſind gering. Boden⸗
arbeit, Ausſaat und Bedecken des Samens können auf
etwa 20 Mk., der Wert des Saatgutes auf 5 Mk.
geſchätzt werden.
5. Der Ernteertrag kann bei mäßiger Schätzung
auf ca. 25 Zentner Körner, 40 Zentner Stroh und
8 Zentner Schoten veranſchlagt werden.
6. Für den Erntevollzug iſt die richtige Be⸗
meſſung der im allgemeinen auf Ende Juni bis Wn:
fang Juli fallenden Erntezeit von weſentlicher Bedeu-
tung. Der Samen darf nicht zu reif ſein, da ſonſt
beim ome Verluſte eintreten.
916
7. Was die dem Rapsbau drohenden Schäden
(ungünſtiger Winter, Erdfloh, Glanzkäfer, Pilzer⸗
krankangen) anbetrifft, ſo ſind dieſe bei dem Anbau auf
Schälwaldflächen nicht größer als bei feldmäßigem
Anbau. Was den Schaden durch Wild anbelangt, ſo
wird dieſem durch verſtärkten Abſchuß und Abwehr⸗
maßnahmen (Verlappen, Verwittern) entgegenzutre-
ten ſein. |
8. In forſtwirtſchaftlicher Beziehung ift der
Rapsanbau als einmalige Nutzung auf friſchen Schäl:
ſchlaͤgen unbedenklich.
Für die Organiſation der Nutzung werden
verſchiedene Wege, je nach dem Beſitzſtand und den
beſonderen wirtſchaſtlichen Verhältniſſen, einzuſchkagen
ſein. Die bei verhältnismäßig geringen Anbaukoſten
zu erwartenden günſtigen Ernteerträgniſſe laſſen die
Uebernahme des Anbaues durch den Waldbeſitzer ſelbſt
als in erſter Linie geeignet erſcheinen. In den Kron
und Staatsforſten, ebenſo in allen der Staatsaufſicht
unterliegenden Gemeinde- und Genoſſenſchaſtsforſten,
ſowie in den Stiftungsforſten dürften weſentliche
Schwierigkeiten dieſem Verfahren nicht entgegentreten.
Auch für den Privatforſtbeſitz dürfte in den gin:
ſtigen Ausſichten, die der Rapsanbau als lohnende
Zwiſchennutzung an fih ſchon eröffnet, ein hinreichen⸗
der Anreiz gegeben ſein, wenn gleichzeitig für eine
ſachgemäße Aufklärung durch alle beteiligten Behörden
Sorge getragen wird. Inſoweit fh in dem Beſitz⸗
ſtand der Gemeinden, Genoſſenſchaften, Stiftungen und
beſonders der Privaten Schwierigkeiten ergeben ſollten,
wird zu erwägen ſein, inwieweit die Beſitzer dazu be⸗
ſtimmt werden können, ihre diesjährigen Schälſchläge
gegen Gewährung eines angemeſſenen Pachtzinſes dem
Staate behufs einmaliger Nutzung zu Rapsanbau zur
Verfügung zu ſtellen. Weiterhin wäre auch die koſten⸗
freie Lieferung des Saatgules an Private in Betracht
zu ziehen, wenn dieſe zur Ausſaat ſich verpflichten und
bereit erklären, daß bei entſprechendem Ausfall der
Ernte die vorgelegten Koſten des Saatgutes erſtaltet
werden.
Was endlich die Einbringung der Ernte
anbetrifft, fo wird beſonders für die Kron- und Staats:
forſten, erforderlichenfalls auch für die Gemeinde- und
Genoſſenſchaftsforſten, ſowie auf den im Privatbeſitz
vom Staat in Pachtung genommenen Schlägen, der
flächenweiſe Verkauf auf dem Halme zur Selbſtge⸗
winnung durch den Käufer zu empfehlen fein.
Ueber die Zuleitung der naͤchſtjährigen Gamencrite
an die Oelmühlen, die weitere Verwendung des ge⸗
wonnenen Oels und der Oelkuchen wird der Erlaß
beſonderer Beſtimmungen vorbehalten.
l * .
1
39
290
Verſtärkung des Wildabſchuſſes und
| MWildverwertung.
Durch Erlaß des Miniſters für Landwirtſchaft
Domänen und Forſten vom 25. Juni 1916 werden
die Kgl. Regierungen wiederum angewieſen, mit allen
Mitteln auf einen verſtärkten Abſchuß von Wild hin:
zuwirken, um dadurch der jetzigen Fleiſchknappheit, ſo⸗
weit die vorhandenen Wildbeſtände dies ermöglichen,
abzuhelfen und um gleichzeitig eine wirkſame Vermin⸗
derung des Wildſchadens herbeizuführen.
Die für Wild feſtgeſetzten Höchſtpreiſe haben die
Wirkung gehabt, daß Wild den Städten kaum noch
zugeführt wird. Es wird daher beſtimmt, daß bis auf
weiteres das in den preußiſchen Staats forſten unter
Adminiſtrationsaufſicht zur Strecke gebrachte Rote,
Dam⸗ und Schwarzwild, ſoweit dieſes nicht von den
Forſtbeamten zur Verwendung im eigenen Haushalt
übernommen oder an Lazarette abgegeben wird, und
ſoweit dem nicht etwa rechtsverbindliche Abkommen
entgegenſtehen, den Gemeindeverwaltungen der näch⸗
ſten größeren Städte angeboten und auf deren Wunſch
zu den in der Bekanntmachung des Herrn Reichs⸗
kanzlers vom 30. Dezember 1915 feſtgeſetzten Höchſt⸗
preiſen zuzüglich etwaiger Transportkoſten überlaſſen
waltungen ſich verpflichten, das ſo erworbene Wildbret
an die minderbemitielte Bevölkerung in einer der Ber-
teilung an möͤglichſt viele Haushaltungen gewähr⸗
leiſtenden Weiſe ohne Gewinn weiter zu verkaufen.
+ *
*
Sammlung der Früchte des Weißdorns.
In Berlin hat ſich eine gemeinnützige Geſellſchaft
unter Kapitalbeteiligung von Reich und Staat ge⸗
bildet, deren Zweck die Gewinnung und Verwendung
der Früchte des Weißdorns für ein Kaffee⸗Erſatz⸗
mittel iſt. Die Geſellſchaft führt die Bezeichnung
„Kriegsgeſellſchaſt für Kaffee⸗Erſatz, G. m. b. H.“ und,
hat ihren Sitz in Berlin W. 66.
Wie in einem Erlaß des Miniſters des Innern
vom 21. Juli d. J. ausgeführt wird, läßt die Gefell:
ſchaft aus den Früchten des Weißdorns nach einem
beſonderen, nur in größeren Betrieben durchführbaren
Verfahren ein Kaffee⸗Erſatzmittel herſtellen, das ſo⸗
wohl in geſundheitlicher Hinſicht wie in Bezug auf
den Geſchmack allen Anforderungen an einen guten
ſchmackhaften und preiswerten Kaffee⸗Erſatz entſpricht.
Im dringenden öffentlichen Intereſſe liegt es, daß die
Früchte des Weißdorn in dieſem Jahre in möglichſt
weitem Umfange für die gen. Geſellſchaft geſammelt
und zur Gewinnung von Kaffee⸗Erſatz nutzbar gemacht
werden. Denn die Menge an Kaffee⸗Erſatzmitteln,
die aus Weißdorn hergeſtellt wird, kommt in Anrech⸗
nung auf die aus Gerſte und Brotgetreide herzuſtel⸗
lende Menge von Kaffee⸗Erſatz. Je mehr Kofe-
Erſatz aus der Weißdornfrucht gewonnen wird, defo
weniger Gerſte und Brotgetreide wird für dieſen Zmed
verbraucht.
In jedem Landkreiſe ev. in den Stadtkreiſen, in
denen Weißdorn in nennenswerter Menge vorkommt,
ſoll eine Kreisſammelſtelle, in Landkreiſen fer:
ner Ortsſammelſtellen eingerichtet werden. Die
Leiter der Ortsſammelſtellen werden von den Ort:
vorſtehern, Gemeinde: und Gutsvorſtehern oder Bir:
germeiſtern ausgewählt. Den einzelnen Sammlern wird
für je 1 kg luftgetrockneter Früchte ein Sammellohn
von 20 Pf. gewährt. Die Ortsſammelſtelle
hat die Bevölkerung zum Sammeln der Weißdorn⸗
früchte anzuregen, die geſammelten Früchte ordnungs⸗
gemäß aufzubewahren und in Säden nach dem von
der Kreisſammelſtelle angegebenen Ort zu befördern.
Für feine Tätigkeit erhält der Leiter der Kreis: und
der Ortsſammelſtelle eine Vergütung von 2 Mk. für
je 100 kg luftgetrockneter Früchte. Die Kreis⸗
ſammelſtel le leitet die Werbetätigkeit für das Sam:
meln im Kreiſe, überwacht die Ortsſammelſtellen und
vermittelt den Verkehr mit der Geſell ſchaft. Sie prült
wird. Vorausſetzung ift dabei, daß die Gemeindever⸗ die von den Ortsſammelſtellen aufgenommenen Früchte
auf Ordnungsmäßigkeit der Ware, beſorgt die Mb:
nahme und bewirkt die Verſendung an die ihr von
der Geſellſchaft aufgegebenen Stellen.
In der für den Leiter der Ortsſammelſtelle ange
ſetzten Vergütung iſt das Entgelt für die Beförderung
der geſammelten Früchte nach der nächſten, nicht mehr
als 5 km entfernten Eiſenbahnſtation oder ſonſtigen
von der Kreisſammelſtelle bezeichneten Stelle enthalten,
ebenſo ift in der Vergütung der Kreisſammelſtelle das
Entgelt für die Aufbewahrung der derſelben zugeführ:
ten Früchte und deren Abtransport nach dem nächſten
Güterbahnhof einbegriffen.
| Aus Bayern.
Honſtliches Hontbildungsweſen.
Die durch minifterielle Entſchließung vom Jahre
1913 im Intereſſe der Fortbildung angeordneten Zuſam⸗
menkünfte der Forſtverwallungsbeamten und die forftli:
chen Reiſen haben durch den ſchweren Krieg in den Jahren
1914 und 1915 eine Unterbrechung erfahren. Nun
find neuerdings forſtliche Zuſammenkünfte angeordnet
worden, infolge deffen kürzlich eine ſolche für den Re
gierungsbezirk Oberfranken in Bayreuth abgehalten
wurde. Der Einladung durch die Regierungs gorit
kammer hatten beiläufig 60 Forſtverwaltungsbeamte
Folge geleiſtet. In der unter dem Vorſitz des Kal
Regierungspräſidenten von Brenner und unter
—— — f— 2
——Ä— ——— — 3¹dũiͤͤ ——ͤ—
—
291
Leitung des Kgl. Regierungsdirektors Neblich am
erſten Tage abgehaltenen Sitzung wurden von ver⸗
ſhiedenen Berichterſtattern zeitgemäße Fragen eingehend
behandelt, ſo von Direktor Neblich in ausführlicher
Beife die durch den Krieg veranlaßten Maßnahmen
der Forſtverwaltung, namentlich die weitgehende Unter⸗
ſützung der Landwirtſchaft uſw. Außerdem wurde
berichtet über Holzverwertung während der beiden
Kriegsjahre, über Harznutzung, über Gerbrindege⸗
vinnung und über eine in dem nahe gelegenen Forſt⸗
amte Glashütten vorgekommene ſehr bedeutende Wald⸗
verheerung durch eine Windhoſe vom 3. Januar 1916,
durch die beil. 50 000 Fm ſchönſten Fichten⸗ und
Tannenholzes geworfen wurden. An die Vorträge der
Lerichterſtatter ſchloſſen ſich ſehr belebte Beſprechungen
m, die noch ſehr viel Anregendes brachten. Am 2.
Tage wurde das Windbruchgebiet des Forſtamts Glas-
hütten beſucht mit lebhafter Erörterung der getroffenen
forſttechniſchen Maßnahmen.
Solche Zuſammenkünfte haben zweifellos ſehr gro⸗
zen Wert, da neben dem Intereſſe, das die Vorträge
und Verhandlungen bieten, die gegenſeilige vertrauliche
Ausſprache der Fachgenoſſen eine Fülle von Anregungen
mit ſich bringt.
Die forſtliche Zentralſtelle unterſtützt die Sache durch
Gewährung der ordnungsmäßigen Tagegelder und Reiſe⸗
loften an die Teilnehmer. Für Bayern liegt noch eine be:
ſondere Bedeutung darin, daß mit Ausnahme der Pfalz
örtliche Forſtvereine nicht beſtehen, die ja auch ſehr geeinet
find, ſolche Tagesfragen fruchtbringend zu erörtern.
=
Aus Baden.
Derjchiedene Kriegsmaßnahmen.
Zu den unter vorſtehender Spitzmarke in dieſem
Aakte bereits gebrachten Mitteilungen dürften die
nachſtehenden Angaben allgemeines Intereſſe verdienen.
Mit Rückſicht auf den dringenden Bedarf hat die
Dorſt⸗ und Domänen⸗Direktion in verſchiedenen Er:
lafen febr nachdrücklich darauf hingewieſen, in den
Domanial⸗ und beförſterten Gemeindewaldungen die
zur Bereitung von Papier und Holzwolle geeigneten
Nadelholz-Rollen⸗ und Prügel nach Möglichkeit aus⸗
zjuformen und zu gewinnen. Einer beſonderen Muf-
merkſamkeit empfohlen iſt die Herrichtung von Gruben⸗
hölzern, die auch außer dem Wirtſchaftsplane und ohne
Ridficht auf eine geordnete Hiebsfolge geliefert werden
ipt um die notwendige Kohlenförderung fider zu
ellen.
Der Schkwierigkeit der Geſpannsbeſchaffung ſoll
unter beſonders ſchwierigen Umſtänden durch militäriſche
Maßnahmen entgegengewirkt werden. Auf die dringende
Nachfrage nach Eſchen und Erlenſtammhölzern ift
bietet.
nachdrücklich aufmerkſam gemacht. Der Landwirtſchaft
wird weitgehendes Entgegenkommen bezüglich der Stren,
Gras: und Weidenutzung zugeſichert und ein beſonderes
Gewicht gelegt auf die im Vorjahre bereits zugelaſſene,
aber ſo gut wie nicht beachtete Gewinnung von grü⸗
nem Laubfutter und von Laubheu, das bei richtiger Be⸗
handlung einen ſehr brauchbaren Erſatz für Rauhfutter
für Pſerde, Rindvieh, Schafe, Ziegen zu liefern vermag.
Es iſt eine merkwürdige Erſcheinung, daß die einheimiſche
Landbevölkerung dieſem Futtererſatz ſo wenig Gegenliebe
Vielleicht hilft die wiederholte Anregung und
namentlich auch die Verbreitung der veröffentlichten
ſehr ausführlichen Anleitung für die Zubereitung des
Laubheus in dieſem Jahre zu einer vermehrten Bereit⸗
ſtellung. Die Gewinnung von Fichtenrinde iſt beſon⸗
ders empfohlen und hierbei darauf aufmerkſam gemacht,
die im Winter gefällten Stämme mit Eintritt der
Saftzeit zu ſchälen, außerdem auch die Schnitzrinde
zu benützen. Zur Einleitung des im ganzen Deutſchen
Reich eingeführten Harzens fand anfangs April im
Großherzoglichen Wildpark bei Karlsruhe und ſpäter
an einigen anderen Orten eine Vorführung der vorbe⸗
reitenden Arbeiten, Nöten der Stämme und Anlage
von Grandeln ſtatt. Dieſe Arbeiten ſind ſehr energiſch
in den Staats⸗ und beſörſterten Gemeinde und Stif⸗
tungswaldungen durchgeführt worden. Allein gegen
Erwarten zeigt ſich jetzt im letzten Drittel vom Mai
trotz der gut warmen Witterung nur ein fehr mäßiger
Harzfluß. Als neue Nebennutzungen haben ſich ergeben
das Sammeln von bisher wenig oder gar nicht beach⸗
teten Arzneipflanzen als Kamillen, Linden⸗,Königskerzen⸗
blüten uſw. Auch das von jeher in Waldgegenden
zum Viehfutter benützte Heidekraut, deſſen Verwendung
zu einem gefunden Tee auf S. 123 / 1916 dieſes Blattes
empfohlen iſt, ſoll im Großen durch Vermahlen der
Spitzen zu einem Futtererſatzmittel verarbeitet werden.
Es iſt wirklich ſtaunenswert, welche bis jetzt unbekannten
Werte dem deutſchen Wald entnommen werden können.
Als ſehr beachtenswert iſt empfohlen die Verwer⸗
tung eingeſammelter Maikäfer zu Hühner⸗, Schweine⸗
und Fiſchfutter, auch beabſichtigt die badiſche Land⸗
wirtſchaſtskammer in der Zuckerfabrik Waghäuſel Mai-
käfer im großen zu trocknen und zu verwerten. Für
den Doppelzentner lufttrockener Maikäfer werden 5
Mark angeboten. Hierbei möchte darauf aufmerkſam
gemacht werden, daß die empfohlene Tötung der Mai⸗
käfer durch kochendes Waller umftändlich, koſtſpielig
und u. U. feuergefährlich ift, während ein ſehr ein⸗
faches, in der bayr. Pfalz (Bienwald) längſt gut er⸗
probtes Verfahren darin beſteht, die geſammelten Käfer
in ein leeres Petroleumfaß einzufüllen, die vorher ein⸗
geſchnittene Oeffnung, nach Zugießen von beiläufig /
Liter Schwefelkohlenſtoff, dicht zu verſchließen
39*
~
293
worauf die heftig krabbelnden Käfer in beil. 5 Minuten gung ihrer Ueberſchreitung ift das guftdndige Forft: |
zuverläſſig alle getötet find.
Zur Ausſaat der ſo vielfach zum Anbau empfohlenen
Sonnenblumen auf unbeſtellten Saatſchulflächen und
Kompoſthaufen innerhalb der Waldungen ift etwas
Samen verteilt worden.
In jagdlicher Hinſicht waren weniger bemerkens⸗
werte Aenderungen zu verzeichnen. Zunächſt wurde
die Abminderung überhegter Wildftände unter Erinne⸗
rung an die bereis erlaſſenen Vorſchriften dringend in
Erinnerung gebracht. Dann iſt durch das Miniſterium
des Innern das Fuchsgraben allgemein für alle Jag⸗
den bis einſchl. 30. September l. J. verboten und
durch die Forſt⸗ und Domänendirektion für die Selbſt⸗
verwaltungsjagden die Schonung von Fuchs, Marder,
Iltis und Wieſel bis 30. September l. J. anbe⸗
fohlen worden für den Fall, als ein größerer Mäuſe⸗
ſchaden zu befürchten ſteht. Es war bereits als
zuläſſig erklärt worden, die auf den 1. Febr. 1915
leihfällig gewordenen Domänenjagden im Einverſtänd⸗
nis des Pächters unter den bisherigen Bedingungen
um 1 Jahr zu verlängern. Dieſe Ermächtigung iſt
für die am 1. Februar 1916 abgelaufenen Jagden
in gleicher Weiſe erſtreckt worden, auch für ſolche Be⸗
zirke, deren Pachtvertrag bereits vom 1. Februar 1915
auf 1 Jahr verlängert wurde. Ferner hat das Mi⸗
niſterium des Innern unterm 4. Februar 1916 die
Ermächtigung erteilt, während des Kriegs pachtfrei
werdende Gemeindejagden mit Genehmigung des Be⸗
zirksamtes auf ein bis zwei Pachtjahre aus der Hand
an zuverläſſige Perſonen abzugeben, ſofern in jedem
Einzelfalle zur Verhütung eines übermäßigen Ab⸗
ſchuſſes eine entſprechend bemeſſene Obergrenze des Ab⸗
ſchuſſes für die wichtigeren Wildarten (Rehwild, Haſen,
Faſanen) feſtgeſetzt wird, deren Ueberſchreitung nur mit
Zuſtimmung des Bezirksamts geſchehen darf. Vor
Feſtſetzung der Obergrenze und vor jeder Genehmi⸗
amt zu hören.
Aus Rumänien.
Rolzlieſenungen für die Eiſenbahn.
Die Lokomotiven der rumaͤniſchen Eiſenbahn wer⸗
den zum weitaus größten Teil mit Holz geheizt, und
die Verſorgung mit dem nötigen Brennholz war der
ſtetigen Preisſteigerung wegen mit den größten Schwie⸗
rigkeiten verbunden.
In den letzten Tagen kam nun ein für die Eiſen⸗
bahnverwaltung außerordentlich günſtiger Vertrag zu
Stande. Darnah wird die Staats = Forſtoverwaltung,
vertreten durch Direktor Cudalbu, der Eiſenbahnver⸗
waltung jährlich ca. 20—30 000 Waggons!) Ciden:
und Buchenbrennholz und einige 1000 fm Schwellen
liefern. ö
Als Preis für den Raummeter Brennholz — fret
Verladeſtation — wurden 2.— Lei feſtgeſetzt, gegen:
über einem ſolchen im Handel von 6 —8 Lei. Aud
für die Schwellen wird der Preis nur die Hälfte bis
ein Drittel des normalen betragen. |
Sämtlihes Holz wird in ziemlich abgelegenen
Staatswäldern geſchlagen und mittels noch zu erbauen: —
der Waldeiſenbahnen bis zu den Stationen gebracht.
So follen allein in dem Königl. Staatswald bein
Cacuti, Diſtr. Bacau, an der Eiſenbahnlinie Mara:
ſcheſti—Palanka, jährlich 200 000 fm Holz geſchlagen
werden.
Nur in ſo großem Maßſtab angelegte Hauungen
vermögen eine Ausbeute der Transportſchwierigkeiten
wegen rentabel zu machen, andererſeits müßte das Holz |
ungenutzt verfaulen. Auf diefe Weife find in Ru `
mänien ſchon große Kapitalien für die Volkswirtſchaft |
verloren gegangen und gehen noch verloren. F.
1) Auf den Waggon (10000 kg) gehen je nach der Aus⸗
trocknung 20 —28 rm Buchenſcheiter. |
Notizen.
A. Legenüberſtelung des dentſchen und öſterreich.⸗
ungar. Zolltariſes. :
In kürzeſter Zeit wird der Deutſch⸗Oeſterreich.⸗Un⸗
gariſche Wirtſchaftsverband in Berlin eine Gegenüber⸗
ſtellung des deutſchen und öſterreich.⸗ ungariſchen Zolltarifes ers
ſcheinen laſſen. Der Verband hat unter Mitwirkung von Fach⸗
leuten und Zollbeamten die Poſitionen des öſterreich. ungar:
Zolltarifes den gleichen Poſitionen des deutſchen Zolltarifes
derart gegenuͤbergeſtellt, daß ſich ein überſichtliches Bild der
in Deutſchland und Oeſterreich⸗Ungarn für die gleichen Waren
erhobenen Zollſätze ergibt. Es iſt ferner bei jeder einzelnen
Poſition eine Ueberſicht des Austauſchverkehrs der betreffenden
Ware, der wechſelſeitigen Ein⸗ und Ausfuhr zwiſchen den beiden
und es iſt zur Beurteilung der Grundlagen eines eventl. deutſch⸗
warten iſt, daß die Auflage bald vergriffen ſein wird.
|
Reichen beigefügt. — Dieſes deutſch⸗ öſterreichiſch-ungariſche
Zollbuch iſt von größter Bedeutung als Nachſchlagebuch für
jeden, der am Handelsverkehr der Zentralmächte intereſſtert if,
öſterreich.⸗ungariſchen Gemeinſchaftstarifes unentbehrlich. Bel
jeder Poſitlon ift Raum gelaſſen für Bemerkungen. Der Pres
des Buches, von dem nur ein beſchränkter Vorrat hergeſtell
wird, ſtellt ſich auf Mk. 5.— und es empfiehlt ſich, Bekel
lungen der Geſchäftsſtelle des Deutſch⸗ Oeſterreich.
ungar. Wirtſchaftsverbandes, Berlin W. 35, An
Karlsbad 16, möglichſt umgehend zu übermitteln, da zu er
—
293
B. Die Oktupation des Wildes.
Gegen die unter dieſem Titel im Auguſthefte erſchienenen
Ausführungen des Herrn Reuter, Bezirkstierarzt zu Nürn⸗
bere, find von verſchiedenen Seiten Einwendungen erhoben
worden. Zu dem auf Seite 182 erwähnten Falle der Tötung
und Aneignung eines Dachſes während der Schonzeit ſchreibt
der als Sachverſtändiger vernommene Forſtbeamte folgendes:
‚as Gutachter zu dieſem Falle kann ich Aufſchluß geben.
Angeklagt war nicht der Jagd pächter, ſondern ein Hunde⸗
züchter aus Nürnberg, der den Jagdpächter erfucht gehabt hatte,
tba wiſſen gu laffen, wenn er einen von Füchſen beſetzten Bau
gefunden habe. Der Jagdpächter führte den Hundezüchter an
den kefahrenen Bau und verſicherte ihm, daß er ſchon oft
zühfe aus dieſem Bau gegraben habe. Als nun ein Dachs
als Inſaſſe dieſes Baues von den Hunden erwürgt war, machte
der Hundebeſitzer dem Jagdpächter den Vorſchlag, den Dachs
einzugraben und über die Sache zu ſchweigen. Der Gundes
deſitzer hat alfo den Dachs nicht okkupiert und auch nicht
ottupteren wollen. Das Vergehen der unbefugten Okkupation
ſeitens des Jagdpächters war im Zeitpunkte der land»
gerichtlichen Verhandlung bereits verjährt. Der Hunde⸗
deſizer hat RA lediglich im Intereſſe feiner Hunde mit der
Sache befaßt und das Gericht hat auf meine Begutachtung
bin gefunden, daß der Hundebeſitzer keine ſtrafbare Hands
lung begangen hat.“
Bon anderer Seite wird eine längere Reihe von Stellen
des erwähnten Aufſatzes beanſtandet. Der Jagdberechtigte habe
len Eigentumsrecht am Wilde (S. 181), ſondern nur
das Redt der Aneignung — das ganz unnötige Fremd⸗
wort „Okkupation“ kennt das BSB. überhaupt nicht. Erle:
gung von Wild während der Schonzeit ſei kein
Jigdvergehen, hebe auch die Befugnis zur Aneignung nicht auf,
werde aber als Jagdpolizei⸗Uebertretung beitraft.
Auf der Grenzlinie verendetes Wild (S. 184) g:höre beiden
Angrenzern gemeinſam oder je hälftig. Ueber Aneignung von
abgeworfenen Gehörnen (S. 185) beſtänden in Oſtpreußen,
Pommern, Braunſchweig uſw. zum Teil andere als die ange⸗
gebenen Beſtimmungen. Wilderer gut ſei allerdings herren⸗
los, dis es in den B. ſitz des Jagdberechtigten gelangt fei;
ater ein Diebſtahl fet d-ffen Aneignung doch nicht. Wenn
wildernde Hunde oder Katzen (S. 186) vom Jäger
erlegt werden, hab: dieſer in Preußen allerdings nicht die
Verpflichtung. das gelötete Tier 31 verſcharren, ſondern der
Grundeigentümer. Anderwärts könne durch die Lande sgeſetz⸗
gebung abweichende Beltimmuug darüber, 3. B. zu Laſten des
Hundebeſitzers, getroffen ſein. Die Ausführungen über ent⸗
laufene zahme und gezähmte Tiere, Feldtauben uſw.
(S. 187) feien zum Teil unzutreffend und widerſprechend. Die
Erlegung eingevarkten Wildes (S. 189) fei, wenn
ſie nicht mit Aneignung verbunden werde, als Sachbeſchädigung
zu beftrafen,
Um eine etwaige Kontroverſe über ſolche juriſtiſche Fragen,
die doch nicht Aufgabe dieſer forſtlichen Zeitſchrift ſein kann,
zu vermeiden, habe ich einen mir befreundeten Richter, der zu⸗
gleich erfahrener Jäger iſt, darüber befrazt. Deſſen Urteil
ging dahin, daß der Aufſatz im Auguſtheſt neden intereſſanten
Erörterungen auch manche Punkte enthalte, die vom juriſtiſchen
Standpunkt anfechtbar feien. Wr.
C. Schriftlichkeit der Jagdpachtverträge.
Urteil des Reichsgerichts.
(Nachdr., auch im Auszug, verb.)
Gemäß § 22 Nr. 1 der Jagdordnung bedürfen Pachtver⸗
träge mit Jagdgeno ſſenſchaften der Schriftform. Um die Frage,
ob dieſe Form gewahrt iſt, handelte es fih in dem folgenden
Rechtsſtreit, in welchem der Kläger als Pächter der Jagd in.
den gemeinſchaftlichen Jagdbezirken U. und K. mit der Bee
hauptung, der Beklagte habe die Pa htungen übernommen, und
bec Kläger ihm feine Pachtrechte abgetreten, von dem Beklagten
Befreiung von feinen Verpflichtungen aus den beiden über den
Jagdpacht abgeſchloſſenen Verträgen und Zahlung des Pacht⸗
zinſes verlangt. Während Landgericht und Oberlande?⸗
gericht Düſſeldorf der Klage ſtattgaben, hat ſie das Reichs⸗
gericht abgewieſen mit folgenden Gründen:
Die erſte Vorausſetzung eines ſolchen Abkommens, wenn
es den Beklagten zur Zahlung des Pachtzinſes verpflichten foll,
iſt, daß dem Kläger ſelbſt die angeblich abgetretenen Pachtrechte
zuſtanden, ſie ihm alſo in rechtsverbindlicher Art auf die Zeit
für welche der Beklagte in das Pachtverhältnis eingetreten ſein
fol, übertragen worden fi.d. Der E.nwand des Beklagten,
daß dies nicht geſchehen ſei, weil die in Betracht kommenden
Jagdverpachtungen der für Pachtverträge mit Jagdgenoſſen⸗
ſchaſten vorgeſchriebenen Schriftform entbehrten, ift deshalb
rechtlich erheblich. Bei Verträgen, welche, wie der Jagdpacht⸗
vertrag nach geſetzlicher Beſtimmung in Schriftform zu fhließen
ſind, muß, ſofern nicht mehrere gleichlautende Urkunden auf⸗
genommen werden, die Unterzeichnung der Parteien auf dere
ſelben Urkunde erfolgen. Daß hier mehrere gleichlautende.
Urkunden aufgenommen ſind, iſt nicht behauptet. In den
Jagdverpachtungsprotokollen aber findet fi, wie die Reviſion
mit Recht geltend macht, eine vom Kläger und vom Jagd⸗
vorſteher unterzeichnete, den Pachtvertrag enthaltende Urkunde
nicht. Das Berufungsgericht will mit Rückſicht darauf, daß
das Verpachtungs protokoll alle Vertrag zbeſtimmungen enthält,
dieſes als Vertragsurkunde anſehen. Dem ſteht aber entgegen,
daß inhaltlich des Protokolls erſt aufgefordert wird, unter den
angeführten Bedingungen Angebote zu machen. Auch durch
ein dementſprechendes Angebot gelangt aber der Vertrag noch
nicht zum Abſchluß, denn es fehlt zur Willen düberelnſtimmung
noch das dem Zuſchlage vorbehaltende Einverſtändnis des
Jagdvorſtehers. Das Verpadtungsprotofol beurkundet ledig⸗
lich die Bereitwilligkeit des Anſteigerers, die Jagd zu dem von
ihm abgegebenen Gebot unter den im Protokoll aufgeführten
Bedingungen zu pachten. Damit, daß dieſes Peotokoll von
beiden Teilen unterſchrie en oder, wie das Verufungsgericht
annimmt, in dem Falle K. die fehlende Unterſchrift des Jagd»
vorſtehers darch d ſſen Witerfdrift unter dem Zuſchlag erſetzt
wird, iſt ſonach ein ſchriftlicher Pachtvertrag nicht geſchloſſen
worden. Eine andere von beiden Teilen unterſchriebene Ur⸗
kunde liegt nicht vor. Sind hiernach zwiſchen dem Kläger und
den Jagdgenoſſenſchaften Verträge in der vom Geſetze für
Jagdpachtungen von Jagdgenoſſenſchaften zu ihrer Rechts⸗
wirkſamkeit erforderten fchriftlihen Form nicht abseſchloſſen,
ſo entbehrt, wie vorſtehend ausgeführt iſt, das Klagverlangen
der rechtlichen Grundlage. (Aktenzeichen: VII. 99/15.)
Dr. jur. C. Klamroth.
(Reichsgerichts referat der Sächſiſchen Korreſpondenz, G. m. b. H.
Leipzig, Querſtraße 13, vom 18. Auguſt 1916).
D. Der Einfluß der Kaliabwäſſer auf die Leder
fabrikation.
Im Laufe der letzten Jahre haben Gerbereibefitzer wieder⸗
holt darüber geklagt, daß das ihnen zur Verfügung ſtehende
Flußwaſſer, welches ſich in langjähriger Benutzung immer vor⸗
züglich bewährt hatte, ſich für Gerbereizwecke nicht mehr eigne,
ſeit die Kalifabriken ihre Abwäſſer in die Waſſerläufe einleiten.
294
Hierdurch veranlaßt hat ſich ber Direk or des Staatlichen
Hygieniſchen Iuſtituts zu Hamburg, Prof. Dr. W. P. Dunbar,
mit dieſer Frage eingehend beſchäftigt und die Ergebniſſe ſeiner
Unterſuchungen in Nr. 44 und 45 des „Geſundheits⸗Ingenieurs“,
1916, veröffentlicht. D. weiſt zunächſt darauf hin, daß die
Literatur über ble Bedeutung der Waſſerbeſchaffenheit auf die
Lederfabrikation verhältnismäßig nur ſpärliche Angaben ent⸗
halte. Es werde immer wiederholt, die Gerbereien hätten ſich
dort niebergelaffen, wo ihnen reines, weiches, ſalzarmes Waſſer
zur Verfügung geftanden habe. Hartes, namentlich auch an
Chloriden reiches Waſſer fet für Gerb ereizwecke ebenſowenig
brauchbar wie ein Waſſer, das einen hohen Gehalt an orga⸗
niſchen Stoffen enthalte. Seit W. Eitner nähere Studien über
diefe Frage veröffentlicht habe, übernähmen die Lehr⸗ und Hands
bücher ſeine Behauptung, wonach bei der Weiche in weichem
Waſſer die Felle im all gemeinen ſchla ik und dünn würden,
was erwünſcht ſei, weil ſich in dieſem Zuſtande der fettige und
ſchmutzige Inhalt löſe und leicht entfernt werden könne. Hartes
Waſſer halte den Fettſtoff in der Erſtarrung. Deshalb löſe
ſich dieſer und im Zuſammenhange damit der Schmutz nur
ſchwer. Chloride ſchwellten die Haut nicht, fle höben fogar
die ſchwellende Wirkung der Säuren auf. Eitner ſei der Mei⸗
nung, daß das für Gerbereizwecke beſtimmte Waſſer nicht zu
hart ſein und keine großen Mengen Chlorverbindungen ent⸗
halten dürfe. Die frühere Annahme, hartes Waſſer mache
feſtes Leder, ſei nicht richtig, vielmehr werde die Ausnützung
der Gerbmittel durch hartes Waſſer weſentlich beeinträchtigt.
Beim Gerben mi an Chloriden reichem Waſſer erhalte man
weniger Gewicht, die Häute gerbten ſchwer, und man müſſe
mehr Sätze geben, um ſie gar zu bekommen. Das chlorhaltige
Leder halte mehr Waſſer zurück und ziehe leichter Feuchtigkeit
an, bleibe daher weich und werde nicht feſt. Nach Nihoul löſe
hartes Waller weniger Gerbſtoff aus dem Gerbmittel als
weiches Waſſer. Auch nach Simand ſolle das Waſſer in der
Gerberei nicht zu hart ſein und keine großen Mengen Chlor
enthalten.
Die Fachleute ſchienen in ihrem Urteil allgemein darin
übereinzuſtimmen, daß der Beſchaffenheit des Waſſers im
Gerbereibetriebe eine hervorragende Bedeutung beizumeſſen ſei,
und daß gute Gerbergebniſſe nur zu erzielen ſeien, wenn dem
Betriebe ein reines, weiches, ſalzarmes Waſſer zur
Verfügung ſtehe. Außer den allgemeinen Klagen darüber, daß
Gerbereien, die mit dem ihnen zur Verfügung ſtehenden Fluß⸗
waſſer Jahrzehnte hindurch zufriedenſtellende Ergebniſſe erzielt
hätten, auf Schwierigkeiten geſtoßen ſelen, nachdem den betr.
Flüſſen Kaliabwäſſer zugeführt werden, enthalte die Literatur
keine weitere Beſtätigung für die Anſicht der Fachleute, daß
die Gerberelen auf die Benutzung eines reinen, weichen, ſalz⸗
armen Waſſers durchaus angewieſen ſeien.
Der Umſtand, daß bie Lederfabrik Auguft Wehl u. Sohn
in Celle, welche ſeit ihrem Beſtehen (1849) im Rufe ſtand,
immer erfiflaifige Produkte zu liefern, feit Jahren, insbeſon⸗
dere feit 1909, ernſiliche Klagen üver mangelhafte und teils
weiſe vollſtändig ungenügende Durchgerbung der Leder, ver⸗
bunden mit unreinem und fledizem Ausſehen erhielt, ſowie daß
die Schuh'abrikanten klagten, daß bei der Bearbeitung ber
Faden reiße, die Leder hart und holzig wären und z. T. wie
Glas zerbrochen werden könnten, gab Veranlaſſung, daß Prof.
Dr. Dunbar in Verbindung mit der „Deutſchen Verſuchsanſtalt
für Lederinduſtrie in Freiberg i. Sa.“ der Frage des Ein⸗
fluſſes der Kaliabwäſſer auf die Lederfabrikation näher trat.
Bereits i. J. 1912 hatte de gen. Verſuchsanſtalt ſich mit
dieſer Frage beſchäftigt und war damals zu dem Ergebniſſe
gekommen, „daß die ſeit einigen Jahren auftretenden Schädi⸗
gungen in der Beſchaffenheit der Wehl'ſchen Leder tatſächlic
auf die durch die Einleitung von Kaliabwäſſern veränderte Be
ſchaffenheit des Allerwaſſers zurückzuführen feien und daß dieſer
Fehler nur dadurch vermieden werden könne, daß die Ben
wendung von Allerwaſſer nicht nur bei der Gerbung, fondem
auch bei der Ausführung der Vorarbeiten (Wäſſern, Aeſchern,
Reinemachearbeiten) vollſtändig unterlaſſen werde“.
Bei einem ſodann t. J. 1914 abgegebenen erneuten Gut:
achten war der Vorſtand dieſer Verſuchsanſtalt, Prof. Paeßler,
auf Grund der ausgeführten Verſuche zu folgender Schluß⸗
folgerung gelangt:
„Die Verwendung chlormagneſtumhaltiger Waſſer in den
Gerbereibetrieben muß zu ſolchen Ergebniſſen führen, wie fe
im Betriebe der Firma Wehl u. Sohn bei der Benutzung bes
durch Chlormagneſium verunreinigten Allerwaſſers beobachtet
worden find. Auf Grund der früheren und der jetzt in der
Verſuchsanſtalt angeſtellten Verſuche bin ich zu der Ueber
zeugung gelangt, daß die Mängel, die in den letzten Jahren
bei den von dieſer Firma unter Verwendung von Allerwaller
hergeſtellten Ledern aufgetreten find, tatſächlich auf die Ber:
unreinigung des Allerwaſſers durch die chlormagneſtumhaltigen
Abwäſſer der oberhalb liegenden Kaliabriken zurückzuführen
ſind“.
Un den endgültigen Beweis dafür zu erbringen, daß die
mangelhafte B. ſchaffenheit der von der Firma Wehl u. Sohn
unter Verwendung von Allerwaſſer hergeſtellten Leder auf die
Benutzung dieſes Waſſers bezw. auf die Verunreinigung dieet
Waſſers durch die Abwäſſer der Kalifabriken zurückzuführen
fet, hat die Verſuchsanſtalt angeregt, im Betriebe dieſer Firma
vergleich nde Gert verſuche mit einer Anzahl von Häuten vor:
zunehmen.
Dieſe Verſuche find alsdann auf Veranlaſſung Dunbars
im Wehl'ſchen Betriebe unter Leitung des Afiftenten am Hygie⸗
niſchen Inſtitut in Hamburg Dr. Nachtigall ausgeführt worden.
Bei di.fen Verſuchen wurden Häute halbiert und die eine
Hälfte mit von dem Fabrikgrundſtück entnommenen Allerwaſſer,
die andere Hälfte in folgender Weiſe behandelt:
1. Vorbehandlung (Wäſſern, Aeſchern, Reinigen) und Ser
bung mit Aller waſſer ohne End lau genzuſatz; *)
2. Vorbehandlung mit Allerwaſſer mit Endlaugenzuſaßz,
Gerbung mit Allerwaſſer ohne Zuſatz;
3. Vorbehandlung mit Allerwaſſer ohne Endlaugenzulat
Gerbung mit Allerwaſſer mit Zuſatz;
4. Vorbehandlung und Gerbung mit Allerwaſſer mit End:
laugenzuſatz; |
5. bei Vorbehandlung und Gerbung Verwendung von Geller
leitungswaſſer.
Die nach 5 behandelten Zeder waren einwandfrei und von
einer Beſchaffenheit der früheren W. ſchen Erzeugniſſe, die den
guten Ruf der Firma begründet haben.
hielten ſich die Leder, die bei der Vorbehandlung und bei der
Gerbung hinſichtlich des Waſſers in verſchiedener oben ange⸗
gebener Weiſe behandelt worden waren. Den größten Unter
fhed gegenüber den nach 5 erzeugten Ledern wieſen die nach
4 behandelten (Vorbehandlung und Gerbung mit Allerwaſſer
unter Endlaugenzuſatz) Leder auf. Die anderen Leder, bei
denen entweder nur bei der Vorbehandlung, aber nicht bel det
Gerbung Allerwaſſer mit Endlaugenzuſatz (Nr. 2), oder nut
bei der Gerbung aber nicht bei der Vorbehandlung foldes
Waller (Nr. 3) verwendet worben war, zeigten bie ungänftige
1) Der Kali-Endlaugenzuſatz erfolgte infowcit, daß das
Waſſer auf einen Colorgehalt von etwa 450 mg per Liter gë
bracht wurde.
Ganz anders ver
— —— — — — ——
295
zeſchaffenheit in nicht fo ausgeiprohen.m Maße wie bie
no 4 gegerbten Leder. Noch geringer war der Unterſchied
del dem mit Allerwaſſer ohne Endlaugenzuſatz vorbehandelten
und gegerbten Leder (Nr. 1).
Die ungünſtige Beſchaffenheit beſteht namentlich in einem
ögentümlichen harten Griff, der als hölzern und knochig zu
lezeichnen ijt und den normalen Erzeugniſſen der Firma Wehl
1 Sohn nicht eigen iſt, in einer weniger günſtigen Farbe und
kmer darin, daß beim Anſchneiden diefe Leder einen weniger
at gegerbten Eindruck machen. Dieſe Abweichungen in der
deſchaffenheit gegenüber normalen Ledern bewirken, daß der
Ubnehmer einen niedrigeren Preis zahlt, weil er ſolche Leder
fir geringwertig hält. Da die Fehler bei den Ledern, bei
benen ſowohl für die Vorbehandlung als auch für bie Gerbung
tai Allerwaſſer mit Endlaugenzuſatz verwendet worden tft, am
rten und bei den Ledern, die unter Verwendung des Aller⸗
wiers ohne Endlaugenzuſatz hergeſtellt worden find, am
wächſten auftreten, und da diefe Fehler mit denen ſich decken,
ze feit einigen Jahren bei den im Betriebe der Firma Wehl
x. Sohn hergeſtellten Ledern beobachtet werden, fo tft hiermit
det Beweis erbracht, daß die bei den W.'ſchen Ledern bei Ver:
wendung von Allerwaſſer beobachteten Fehler tatſächlich auf
die Verunreinigung des Allerwaſſers durch die Abwäſſer der
Lalifabrilen hervorgerufen find.
Der Mitinhaber der Schuhfabrik Haug u. Leonhardt in
Eppendorf, Haug, dem dieſe Leder ohre weitere Mitteilung
zur Begutachtung vorgelegt wurden, bezeich ete die nur mit
Allerwaſſer behandelten Leder als gute Durchſchnitts ware,
während die nach 1—4 behandelten Leder unanſehnlicher und
von eigentümlicher brettiger und ſtrohiger Beſchaffenheit ſeien.
Ein Schuhmachermeiſter Rönitzſch in Freiberg faßte ſein
Udell dahin zuſammen, daß an dem mit Allerwaſſer herge
Alten Leder nichts auszuſetzen fet, daß dagegen die nah 1—4
behandelten Lederhälften in bezug auf Griff und Farbe von
gaingerer Beichaffenheit ſeien.
Es wurden endlich Tragverſuche mit aus dem verſchieden⸗
ertig behandelten Leder hergeſtellten Schuhen angeſtellt und
diefe ergaben, daß in mehreren Fällen das unter Endlaugen⸗
juſatz gegerbte Leder eine geringere Haltbarkeit aufweiſt, als
das ohne Endlaugenzuſatz gegerbte.
Die deutſche Verſuchsanſtalt für Lederinouftiie in Frei⸗
berg gibt ihr Urteil ſchließlich dahin ab, „daß durch dieſe
Lerbeverſuche und die Ergebniſſe der Prüfung
und Beurteilung der hierbei erhaltenen Leder
durch Sachverſtändige einwandfrei nachgewieſen
ſei, daß die Verunreinigung der Aller durch die
Einleitung der Abwäſſer der oberhalb liegenden
Ralifabriten die Urſache der Schäden fet, die bei
der Verwendung eines derartig verunreinigten
Allerwaſſers in dem Betriebe der Firma Wehl
tas an den von ihr erzeugten Ledern aufs
kreten.“
E. Hochſchul⸗Nachrichten.
Für die Zeit von Ende Ot:ober bis Weihnachten 1916
t an der Forſtakademie Tharandt die Abhaltung
eines forſtwiſſenſchaftlichen Kurſus in Ausſicht genommen.
Su demſelben folen hauptſächlich Voileſungen über die Fächer,
welche nach dem Lehrplan der Akademie dem 6. Halb jahr zus
fallen, in abgekürzter Faſſung gehalten und durch Uebungen
und Lehrausflüge ergänzt werden. Nach Abſchluß des Kurſus
wird die Diplomſchlußprüfung abgehalten werden. — Abgeſehen
an finden im Winterſemeſter 1916/17 keine Vorleſungen
+
—
Der am 9. April 1916 verſtorbene Kgl. Sächſ. Forſt⸗
meiſter Schramm zu Dresden hat in feinem letzten Willen vom
18, Februar 1918 der Kgl. Forſtakademie Tharandt
für 2 Stipendien von je 600 Mk. jährlich an 2 würdige in⸗
ländiſche Staatsdtenftanwarter 30 000 Mk. als Vermächtnis
ausgeſetzt. |
Das Kgl. Finanzminiſterium hat aus den Mitteln des
Vermächtniſſes eine rechtsfähige Stiftung errichtet und hierzu
die ſtaatliche Genehmigung erteilt.
Der Königlich Preußiſche Miniſter der Landwirtſchaft,
Domänen und Forſten hat unterm 11. Aug. I. J. beſtimmt,
daß folarge in Folge des Kriegszuſtandes Vorleſungen an den
Preußiſchen Forſtakademien nicht gehalten werden,
zur weiteren Ausbildung der Forſtbefliſſenen in den Giff-
wiſſenſchaften wie in der Forſtwiſſenſchaft und Rechtskunde die
Techniſche Hochſchule Karlsruhe, jedoch längſtens zwei Se⸗
meſter, beſucht werden darf. .
F. Rohrtolben : Verwertung.
Alljährlich wachſen in Teichen und Sümpfen die bekannten
zylinderförmigen Fruchtſtände der Rohrkolbenpflanze (Typha
latifolia = breitblättrig oder angustifolia = ſchmalblättrig),
die iu Volksmund ganz verſchiedene Bezeichnungen haben, als
z. B. Narrenzepter, Bumskeulen, Kitſchel, Zylinderputzer,
Schmackdutſchen, Rohrpompen und dergleichen mehr. Dieſe
beſonders von der Schuljugend beliebten Gewächſe werden
meiſtens achtlos gepflückt und zu Spielereien oder Neckereien
benutzt. Wenn ſie reif ſind und die behaarten Samen anfangen
auszufliegen, ſo müſſen ſie, namentlich bei der Ernte, vorſichtig
behandelt werden. Die behaarten Samen können, wenn fie
in die Augen kommen, leicht Entzündungen hervorrufen. Seit
Kriegsausbruch und der dadurch behinderten überſeeiſchen Zufuhr
von Rohſtoffen hat die Rohrfolbenpflange einen gewiſſen Wers
erlangt, weil fie auf Grand patentamilich geſchützter Bearbe .
tungsmethoden gute Verwendung finden kann. Darum foll
man die Rohrkolben ſchonen und die Samenſtände erſt, wenn
ſie naturreif ſind, ſammeln und an die bei den Gemeinde⸗
ämtern zu erfahrenden Sammclftellen abliefern. Sie werden
daſelbſt je nach Güte bezahlt. Die Hauptſammelſtelle befindet
ſich bei Herrn Kommerzienrat Zietz, Dresden, der
an alle Intereſſenten koſtenlos Anleitungen über das Ernten
und die ſonſtige Behandlung der Rohrkolben abgibt.“) Noch
nicht völlig naturreife Kolben dürfen nicht gepflückt werden,
weil dieſe für die gedachten Zwecke nicht verwendbar ſind.
Ein jeder, der mit ſammeln hilft, macht ſich, abgeſehen davon,
daß er Geld dafür bekommt, mit Rückſicht auf die mangelnde
Zufuhr an Rohmaterialien vom Auslande um das Gemein⸗
wohl verdient
1) Wir haben uns dieſe Anleitung ſchicken laſſen und
daraus ſowie aus dem Begleitſchreiben des Herrn Kommerzlen⸗
rat Rieg — Dresden, Weiſeritzſtraße 8 — entnommen, daß
die Rohrkolben hauptſächlich in Lazaretten und Krankenhäuſern
Verwendung finden; wozu, wurde nicht näher angegeben. Die
Ernte fol am beſten von Mitte November an erfolgen. Die
Kolben ſollen mit Meſſer oder Schere vom Stengel abge⸗
ſchnitten, forgfältig getrocknet und ähnlich wie Zigarren in
Holzliſten u. dgl. eingeſchichtet werden; zum Ausfüllen leerer
Räume in den Kiſten iſt zuſammengeballtes Papier zu ver⸗
wenden. Wachſen die Kolben in ſumpfigen Gräben, ſo ſind
fie vom Grabenrand mit Hakenſtock leicht zu erreichen; ſtehen
ſie dagegen in Teichen oder Sümpfen, ſo wartet man Froſtwetter
ab oder benntzt Kähne. D. Red,
296
G. Zur Frage der Tötung wildernder Hunde durch haben würde, feinen Hund fo zu verwahren, daß ihm cis
JForſtſchutzbeamte.
Ein Forſtaufſeher hatte einen Foxterrier, den er öfters
wildernd in dem ihm unterſtellten Revier gefunden hatte und
deſſen Herr bereits verſchiedentlich auf das Jagen des Hundes
aufmerkſam gemacht worden war, als er wiederum unbeauf⸗
ſichtigt jagte, erſchoſ en. ,
Der Eigentümer des Hundes hatte von dem Forſtaufſeher
im Wege der Klage Schadenserſatz wegen vorſätzlicher Tötung
des Tieres verlangt, indem er geltend machte, der Beklagte
ſei nicht berechtigt geweſen, den Hund zu erſchießen, es hätte
vielmehr ein Schuß in die Luſt genügt, um die drohende Ge⸗
fahr, daß der Hund durch fein ferneres Jagen das Wild ſchä⸗
dige, abzuwenden. Gegebenenfalls hätte ja der Beklagte auch
Strafanzeige gegen ihn, den Kläger, erſtatten können.
Das Amtsgericht war den Ausführungen des Klägers
gefolgt und hatte den Forſtaufſeher zur Leiſtung von Schadens⸗
erſatz verurteilt; auf Berufung des Beklagten hat jedoch das
Landgericht Gießen das angegriffene Erkenntnis aufgehoben
und auf Abweiſung der gegen den Forſtauſſeher gerichteten
Klage erkannt.
Der Kläger beſtreitet ſelbſt nicht, ſo heißt es in den Grün⸗
den, daß ſich fein Hund bisweilen unbeauſſichtigt herumgetrieben
haben könne, und es iſt feſtgeſtellt, daß der Hund in zahlreichen
Fällen im Wald nach Wild ſuchend, manchmal auch direkt
jagend, umhergeſtreiſt iſt. Es braucht nicht bewieſen zu wer⸗
den, daß der Hund des Klägers jemals Wild ge angen, be:
ſchädigt oder getötet hat, ſondern es genügt die Tatſache, daß
der Hund häufig jagend, d. h. nach Wild ſuchend, oder auſ⸗
geſcheuchtes Wilt verfolgend in Feld und Wald fih herumge,
trieben hat. Jeder erfahrene Jäger weiß, daß die fortgeſetzte
Beunruhigung eines Jagdreviers, mag fie auch nur durch einen
einzigen ſtöbernden Hund geſchehen, das Wild, namentlich das
wertvolle Rehwild, allwählich vertreibt. Weiterhin ſteht es
für jeden Kundigen außer Frage, daß der wildernde Hund —
wenn es auch nur ſelten gelingen wird, hierfür einen Beweis
zu erbringen — in dem für Menſchen ſchwer zugänglichen
Dickicht auch Wild ergreift und tötet. Man denke nur an die
feſt auf dem Neſte am Boden brütende Faſanenhenne, an die
trächtige, feſt im Lager liegende Häſin und namentlich an die
zahlreichen Junghaſen, die noch nicht die genügende Schnellig⸗
keit beſitzen, um ſich dem verfolgenden Hunde durch die Flucht
zu entziehen. Daß endlich der Hund, der einmal Gefallen am
Jagen und Stöbern gefunden hat, wenn er unbcauſſichtigt
durch Feld und Wald ſtreift, ſtets nach Wild ſucht und nicht
elwa, um die Schönheiten der Natur zu genießen, quer durch
a und Feld fpazieren läuft, tft für jeden Hundekenner
ar.
Wenn der Kläger Erhebung einer Strafanzeige gegen ſich als
ausreichendes Mittel zur Verhütung von Schädigungen durch
ſeinen Hund bezeichnei, ſo iſt das völlig unbeachtlich. Denn es
iſt doch fraglich, ob auf die Anzeige auch wirklich Beſtrafung
erfolgt wäre und ob eine Beſtrafung den Kläger veranlaßt
Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmen auer,
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländer s Verlag
u l Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. W. — G Ottos Hofbuchdruckerei in Darmitadt.
Entſchlüpfen unmöglich geworden fein würde. Ein Hund. is
dem die Jagdpaſſion rege tft, gibt fic) ihr erfahrun gegemäz
immer wieder hin. Ebenſo ungeeignet war im vorliegenden
Falle die Abgabe eines Schreckſchuſſes. Der Schreckſchuß lan
den wildernden Hund nicht von feiner Paſſion heilen; er kann
höchſtens bewirken, daß der Hund dem begegnenden Jäger vor
ſichtig ausweicht.
Nach alledem war die Tötung des Hundes das einzige
zur Abwendung der Gefahr geeignete und deshalb erforderliche
Mittel. (Landger. Gießen, II BR, 19. V. 15, S. 228/14)
A. Radloff, Gerichts⸗ u. Verwaltungs⸗Korreſpondenz.
H. Tötung revierender Hunde.
X. halte einen wertvollen auf dem Felde umherlaufenden
Jagdhund erſchoſſen und war deshalb auf Grund des Pren:
ßiſchen Landrechts beſtraft worden. Das Ober landeige⸗
richt Breslau wies feine Reviſion zurück. Aus den
Gründen:
Der Frage anlangend, ob außer dem Forſtbeamten auch
ein Jagdgaſt ermächtigt iſt, einen Hund zu erſchießen, ſo wirt
die Zuläſſigkeit der Uebertragung des Jagdſchutzes grundſätzlich
zu bejahen fein, jedoch nur dann, wenn ein: ausdrückliche Er
mächtigung des Jagdberechtigten vorliegt, die nicht ſchon darin
zu finden tft, daß dieſer Fremden die Jagd geftattet hat. —
Der § 65 ſpricht nur von einem „Herumlaufen“ des Hunde.
Allein aus dem Zuſammenhang mit § 64 des Allgemeinen
Landrechts und aus dem Zwecke der Voridrift, das Jagdrecht
zu ſchützen, ergibt fih, daß nur ein Herumlaufen in revic:
renden Abſicht gemeint iſt, d. h. zu dem Zwecke, das Wild
aufzuſuchen und zu verfolgen. Es muß verlangt werden, daß
die Tötung erft erfolgt, wenn der Hund reviert und nur fs:
lange, als er revlert, nicht aber, nachdem er reviert hat. Denn
die Tötung fol ein Vorbeugungsmittel fein; die Befugnis
zur Tötung erliſcht alſo, wenn eine Beunruhigung des Wildes
nicht mehr anzunehmen iſt. Der Angeklagte beruft ſich noch
auf § 228 BGB. „Wer eine fremde Sache beſchädigt oder
zerſtört, um eine durch ſie drohende Gefahr von ſich oder einem
Anderen abzuwenden, handelt nicht widerrechtlich, wenn die
Beſchädigung oder die Zerſtörung zur Abwendung der Cefahr
erforderlich ift und der Schaden nicht außer Verhältnis m
der Gefahr ſteht. Hat der Handelnde die Gefahr verſchuldet,
jo ift er zum Schadenserſatze verpflichtet.“ Allein diefe Ge
ſetzesbeſtimmung kann ihn nicht entſchuldigen, denn der Hund
war im Begriffe, das Jagdgebiet zu verlaſſen, er bedrohte
daher nicht mehr den Wildſtand; endlich ſtand ſein Wert boa
200-400 Mk. außer jedem Verhältnis zu der Gefahr, die
aus der Beunruhigung des Wildes durch den Hund drohle.
|
Sächſ. Korreſpondenz, G. m. b. H. in Leipzig.
Querſtraße 13. |
|
Allgemeine
fork- und Sagd-Feitung.
Berausgegeben
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111. A KIRKAITIRIUIIITILCHLICY Ur. ie
von
Dr. Karl Wimmenauer, und Dr. heinrich Weber,
Geh. Forftrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft
a an der Univerſität Gießen.
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wor > oi ere
Miah Fede ie. A
Zweiundneunzigiter Jahrgang.
1916. Dezember.
Irn
Frankfurt am Main.
J. D. Sauerländer's Verlag.
Die Allgemeine Forh- und Jagd-Beitung erſcheint regelmäßig jeden Monat und
wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗
lungen und Poſtanſtalten. 2
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(18 )
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Preiſe: ½ Seite 60.— Mk., ½ Seite 32.— Mk., „ Seite 17.50 Mk., / Seite 10 Mk., ½ Seite 7.50 Mk., J Seite 5.50 Mt.
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Waldwertrechnung u. forstl. Statik.
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weiland Profelior Dr. Bermann Stoeger,
Großh. Sachi. Oberlandforitmeifter und Direktor der Forftakademie zu Ellenach.
Durchgeiehen pon Prof. Dr. Bans Bausrath, Karlsruhe.
Fünfte Auflage.
Groß-Oktav, VIII und 252 Seiten.
Preis: broich. ME. 5.—, gebunden MR. 5.80,
Das Ericheinen der fünften Auflage legt am beiten Zeugnis ab von der allieitigen Anerkennung, die
das Werk durch die prägnante und klare Darftellung des Stoffes und durch feine mehr popularilierende und
auf Bervorhebung der praktiichen Gelichtspunkte abzielende Richtung in Fachkreifen gefunden hat.
Dieſe neue Auflage, derem Durchlicht auf ausdrücklichen Wunich des veritorbenen Verfaſſers Berr Prof.
Dr. Bausrath in Karlsruhe bereitwilligit übernommen hat, hat wieder einige Ergänzungen erfahren, fome
ſolche durch die neueren Ericheinungen auf den bezüglihen Gebieten bedingt wurden.
Frankfurt a. M. J. D. Sauerländer's Verlag.
t
]
*
Allgemeine
fort- und Jagd⸗Jritung.
Dezember 1916.
piologiſche Amwälzungen, insbefondere bei
Leporiden und Sciuriden.
Neue Studien über Hafe, Kaninchen, Eid:
birnden. Veränderte Lebenserſcheinungen
und ihre Erklärung. Zugleich kritiſche
Bemerkungen zur Behandlung der Nager
inder Neuauflage von Brehms Tierleben.
Von Wilhelm Schuſter, Pfr.
J. Gemeiner Haſe. — Lepus Europaeus Hall. —
L. timidus L.
peld, Wald: und Buſchhaſe. Warum
verſchwindet der Waldhaſe mehr und
mehr?
Es iſt keine Frage, daß dieſer Tatbeſtand vorliegt.
Nan findet ihn wiederkehrend in Jagdzeitſchriften an⸗
gegeben; zuletzt las ich in „Zwinger und Feld“ vom
Jerſchwinden der Waldhaſen. Aus Waldhaſen werden
Luſchhaſen, ja Feldhaſen.
Der Unterſchied zwiſchen Wald-, Buſch⸗ und Feld-
haſen iſt in Brehms Tierleben IV. Aufl. zur Genüge
angegeben.) Feldhaſe: geht nie in den Wald,
auch bei Tage nicht, liegt ſelbſt im Winter ſtets auf
freiem Feld. Buſchhaſe: wechſelt regelmäßig zwiſchen
Wald und Feld, liegt bei Tage in erſterem, rückt
abends ins Feld, zieht morgens zu Holze und macht
nur zur Zeit des ihn erſchreckenden Blaͤtterſalls eine
Ausnahme davon. Wald haſe: ſtets im Walde.
„Der Feldhaſe“, ſagt der öſterreichiſche Jägerbe⸗
obachter Wi öber, „iſt ein Vagabund, der, wenn es
) Geiftreiher als der alte Brehm ift der neue (Tier
leben, IV. Aufl.), wenn auch die ſehr ausgiebige Benn zung
von Jägerzeilungen zunächſt ein gewiſſes unbehagliches, wenn
nicht miztrauiſches Gefühl beim Nachleſen des Texts erweckt
(ber Gedanke an „Latein“ liegt immer etwas nahe). Typiſch
ift die Behandlung des Hafen; beim gründlichen Durchdenken
obiger Frage fiel mir zunächſt auf, daß bet der Verbreitung
des Haſen, zur Erörterung obiger Begriffe, 60 Zeilen in den
Test des alten Brehm eingeſchoben warden, mit einem Urteil
Euſtav Jägers beginnend (der dieſes Thema, wie fo viele
Andere, zuerſt gründlich durchdacht zu haben ſcheint) und der
emerkung eines „Ortskundigen“ der „Deutſchen Jägerzeitung“
ſchließend. Tatſächlich haben die Beſchreibungen von Haſe und
Ranin a Wert von Monographieen, wie es im Vorwort heißt.
6
ihm gerade einfällt, zu jeder Stunde des Tages nach
Genoſſen ſucht, mit ihnen balgt, der keine Mahlzeit,
keinen Wechſel einhält, der ſich ſein Lager nach Ge⸗
jallen heute da und morgen dort bereitet, mit wenigen
Worten geſagt: ein Lumpenleben führt. Der Wald⸗
haſe hingegen hält ſtets feinen Wechſel, ſchiebt fih
ſtets in das gleiche Lager ein, ſofern er nur in Ruhe
gelaſſen wird, und rückt, dem Rehe gleich, zu beſtimmten
Stunden des Morgens und Abends auf Aeſung aus.
Der Waldhaſe iſt ſcheuer, vorſichtiger als ſein Bruder
im Felde und hat alle Gewohnheiten anderer Wald:
tiere angenommen“. Der charakieriſtiſche Unterſchied
ſteht alſo feſt. l
Die deutſchen Hafen müſſen ehedem durchweg Walde
haſen geweſen ſein. Denn das Germanien des Caeſar
und Tacitus war ein Waldgebiet. Haſen waren da⸗
mals in Deutſchland vorhanden. Ueberhaupt legt
uns die Unterſuchung der oben geſtellten Frage weitere
Fragen nahe: Wo kommt der Haſe her? War er
urſprünglich Feld- oder Waldtier? Mit Brehm,
vielmehr den Bearbeitern der neuen IV. Auflage
(Heck, Hilzheimer — der alte Brehm enthält
den betreffenden Paſſus nicht —) bin ich der Anſicht,
daß der Haje gleich anderen Nagern feiner urſprüng⸗
lichen Art nach Steppentier iſt und von Oſten ein⸗
wanderte (Brehms Tierleben, IV. Aufl., Bd. 11,
S. 86). Nun vermute ich aber, daß er nicht erft nach
der Eiszeit, ſondern in Steppenzeiten zwiſchen den Eis⸗
zeitperioden oder unmittelbar darnach bei uns einge⸗
wandert iſt. Denn nur ſo würde ich mir erklären
können, wie er ſich als Steppentier allmählich — mit
dem Auftreten des Waldes — an den Wald gewöhnen
konnte, und dieſer war ja dann hernach, in geſchicht⸗
licher Zeit und noch im Mittelalter bis in die neuere
Zeit, die hergebrachte Vegetation auf deuſchem Boden.
Wenn es nun Tatſache iſt, daß die eigentlichen
Waldhaſen im neuen modernen Deutſchland zu einer
Seltenheit geworden find, d. h. aus den typilchen
Waldhaſen neuerdings mehr und mehr Buſchhaſen
(Uebergangsform!) und Feldhaſen geworden ſind, ſo
läßt ſich folgendes feſtſtellen: Es waren die Waldhaſen
beſonders zarte Tiere, die bedeutend mehr Deckung
40
298
brauchten, mehr Deckung gegen Witterung, widrige
Temperatureinflüſſe, Kälte. Die veränderten neuzeit⸗
lichen Verhältniſſe, dee zu ihren Gunſten ausfallen,
machen dieſe Deckung nicht mehr ſo nötig wie früher.
Ich weiß nicht, ob ich richtig verſtanden werde und
will mich in Kürze noch näher auszudrücken verſuchen.
Wir erleben ſeit Jahrtauſenden, daß die Eiszeitfort⸗
ſetzung (unſere Zeit) immer mehr abflaut und in den
Zuſtand vor der Eiszeit zurückflutet, ſich alſo der ehe⸗
maligen (weiter zurückliegenden) Tertiärzeit wieder an⸗
nähert. Mildere Winter und dgl.! Der Haſe kann
den Schutz des Waldes vor Wind und Wetter ent⸗
behren. Darum entzieht er ſich ihm. Denn es muß
ehemals dem charakteriſtiſchen ſcheuen Steppentier äußerſt
ſchwer geworden ſein, ſich an den Wald zu gewöhnen;
um ſo leichter muß es ihm jetzt werden, wenn es ihm
günſtige Verhältniſſe erlaubten, zum Normalhaſen,
zum Steppentier ſich zuückzubilden. Hand in Hand
damit geht die Erſcheinung, daß der Haſe ſich in der
Neuzeit ungeheuer ſtark vermehrt hat; denn Europa
iſt ja zur förmlichen Kulturſteppe — auch dies unter
Einfluß wiederkehrender tertiärzeitähnlicher Verhält⸗
niſſe! — geworden; 200 und 300 Haſen werden jetzt
in Revieren geſchoſſen, wo noch vor 50 Jahren nur
20 oder 30 Håjen zur Beobachtung kamen (3. B. in
Oſtpreußen, Ludwig Dach). Daß der Haſe ſeiner
ganzen Natur nach abſolut nicht in den Wald gehört,
beweiſt die Tatſache, daß der ſogenannte Waldhaſe bei
dem herbſtlichen Blätterfall fortgeſetzt ſchreckt, dadurch |
aus dem Laubwald ins freie Feld oder in den Nadel-
wald vertrieben wird; aber auch aus letzterem muß er
nach der Beobachtung des Oeſterreichers Wöber
flüchten, wenn im Winter und beginnenden Frühling
bei eintretendem Tauwetter die Eiszapfen und Schnee⸗
teilchen von den Baumzweigen zur Erde niederfallen
und ihn furchtbar erſchrecken.
H. Eichhöruchen. — Sciurus vulgaris L.
Beim Eichhorn macht ſich eine parallele Erſchei⸗
nung geltend. Es verzichtet allmählich mehr und mehr
auf die Winterruhe. Ehedem artete die Winterträg:
heit in einen Winterſchlaf von kürzerer oder längerer
Dauer aus. In den jetzigen milden Wintern aber
ſieht man es allerorten lebhaft ſich bewegen. Im
Januar des letzten Winters beobachtete ich Tag für
Tag das lebhafte Treiben der Hörnchen am Glambeck⸗
See bei Stettin, wo fie ſich auf dem Boden umher-
trieben und über die Wege liefen, als wäre es im
ſchönſten Herbſt. Dabei liegt Stettin doch immerhin
ſchon ziemlich weit nördlich, auf dem 53“ nördlicher
Breite.
Die Tatſache der Winterregſamkeit iſt um ſo auf⸗
fallender, als die Sciuriden außerordentlich empfind⸗
recht gut aufzufinden vermochten.
lich gegen die Einflüſſe der Witterung ſind. Ich be⸗
zeichne darum die Abänderung ihrer Lebensgewohnheit
— genau wie die Umwandlung des Waldhaſen in
Buſch⸗ und Feldhaſen, die Verwandlung der Kaninchen
aus Höhlentieren in Freilandbewohner, wovon noch die
Rede fein wird — als eine biologiſche Umwäl⸗
zung erſten Grades. Sciurus vulgaris iſt ein
„Thermometer der Natur“. Wie die Syrphiden⸗ Fliegen
(bei Heilbronn zur Zeit namentlich Syrphus pyrastri,
ſowie Volucellen) und wohl auch der Turmfalk beim
Rütteln einen ganz beſtimmten „Anemotropismus“ an
den Tag legen, ſo möchte ich dem Eichhörnchen direkt
einen „Thermotropismus“ d. h. Waͤrmezuwendung
zuſchreiben. Ludwig Heck und Max Hilzheimer
bemerken in dem von Prof. Dr. O. zur Straſſen
herausgegebenen Brehms Tierleben ganz richtig:
noch viel mehr aber ſcheuen fie Regengäſſe,
heflige Gewitter, Stürme und vor allem Schneege⸗
ſtö bier. Ihr Vorgefühl der kommenden Witterung
läßt ſich nicht verkennen. Schon einen halben Tag,
bevor das gefürchtete Wetter eintritt, zeigen ſie Unruhe
durch beſtändiges Umherſpringen auf den Bäumen und
ein ganz eigentümliches Pfeifen und Klatſchen, das man
bloß bei größerer Erregung von ihnen vernimmt. Go:
bald die erſten Vorboten des ſchlechten Wetters ſich
in ein und dasſelbe, und laſſen, das Ausgangsloch an
der Wetterſeite ſorgfältig verſtopfend und behaglich in
ſich zuſammengerollt, das Wetter vorübertoben.“
Im neuen Brehm finde ich keine Angabe über die
merkwürdige Abänderung der Lebensgewohnheit der
Eichhörnchen. Band 11 Seite 549 ift nur eine Notiz
meines Bruders Ludwig Schuſter mitgeteilt —
und für unſere Erörterung ift dies ja auch recht bezeich⸗
nend und wertvoll —, daß Eichhörnchen im Winter 190s
im Vogelsberg — im „rauhen, kalten“ Vogelsberg! —
zeigen, ziehen ſie ſich in ihre Neſter zurück, oft mehrere
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und zwar in einem Fichtenbeſtande vergrabene Nüͤſſe
Im allgemeinen iſt
ja das Gegenteil der Fall; die größere Menge der von
ihnen geborgenen Reichtümer geht ebenſo wie die ver⸗
ſteckten Eichel häherſchätze den Tieren ſelbſt verloren,
dienen anderen Tieren zur Nahrung oder bilden die
Keime zu neuem pflanzlichem Leben. Die weitere Noty
in Brehms Tierleben, IV. Aufl.:
Herbſt wird für ſie gewöhnlich verderblich, weil ſie in
ihm die Wintervorräte aufbrauchen; folgt dann ein
nur einigermaßen ſtrenger Winter, ſo bringt er einer
Unzahl von ihnen den Tod; manche Speicher werden
vergeſſen, zu anderen verwehrt der hohe Schnee den
Zugang, und ſo kommt es, daß die munteren Tiere
geradezu verhungern, hier liegt eins und dort eins tel
im Neſt oder fällt entkräftet vom Baumwipfel herunter,
und Edelmarder und Zobel haben es noch leichter als
„Ein ſchlechter,
299
fonft, ihre Hauptnahrung zu erlangen“ — dieje Notiz
iſt zwar richtig, aber jetzt doch ſchon ziemlich veraltet,
eine Notiz älteren Stiles fürs ältere Deutſchland.!)
Es trifft für unſere moderne wärmere Zeitperiode
kaum noch zu. Die nördliche Erdhemipphäre hat ſich
infolge der Erdpendulation in eine klimatiſch günſtigere
Weltlage geſtellt. „Strenge“ Winter — vacant!
III. Kaninchen. — Oryctolagus (Lepus) ouniculus L.
Schon oft habe ich Beweiſe wiederkehrenden tertiär⸗
zgeitaähnlichen Tierlebens mitgeteilt.) Das Kanınden
) Weu akiueller find die immerhin wohl wertvollen Rats
ſchaͤge, die uber die „Kriegsverwendung“ der Sciuriden und
üverganpt der Nagetiere von zuftändiger Seite gegeben werden.
In einem längeren Aufſatz in Nr. d, 1916, der „Fori
lien Wochenſchriſt Silva“, Tubingen, ſtellt und beantwortet
Pro}. Dr. Karl Editein, Eberswalde, die, Frage, ob uno
wie dem Futtermangel umerer Haustiere auch durch Wags
regeln des Forſtſchutzes wenigſtens zu einem kleinen Teiu abge⸗
golfen werden tönne. Er findet die Möglichteit hierzu in der
Verwertung der Forſtſchädlinge aus dem Reiche der Sauge⸗
tiere, Bogel und Insekten. Die Vorteile dieſer wiriſchaftlichen
Verwertung follen nicht nur dem Forſtperſonal, ſondern auch
den aus Gemeinden herangezogenen over ſich an bietenden Hilfs⸗
klauen zuteil werden. In Beiracht kommen folgende Schäc⸗
lunge:
1. Das Eichhörnchen. Der Abſchuß der Eichhörn⸗
den it von dem im Revier verbliebenen Forſtſchutzbeamten
eifrig zu betreiben. Das Eichhörnchen ift wie das Ras
ningen in der Küche zu verwerten; wer dies nicht
wil, koche das Fleiſch und füttere feme Hühner damit, die fur
Flerſcnahrung fiyr empfänglich find. Auch die Eingeweide
ſud zu kochen und den Hügnern zu geben, nachdem der Darm
in kurzere Stucke zerſchnttten und entleert ift. Man gebe den
Vubnern gled nur in kleinen Brocken, da fie größere Stücke
umher ſchleppen und im Sande verkommen laſſen. Der Ab⸗
ſcuß der Eichhörnchen hat möglichſt noch in der Winterszeit
M geſchehen. Das Abbalgen erfolgt genau wie das Streifen
eines Marders. Die getrockneten Feue ſind zu ſammeln und
zum Verkauf bereit zu halten. |
2 Mauſe. Alle Mäuſe, einerlei welche Art es iſt, ob
langigwangige Mäuſe oder kurzſchwänzige Wühlmäuſe, find
Up zu vergiften, ſondern in Fallen zu fangen. Die Mauje
werden mit gaut und Haaren gekocht, zerhackt und den Hüh⸗
nern gegeben oder gekocht, aber unzertleinert den Schweinen
vorgeworfen. Seitdem man gelernt hat, die Mäuſe mit Schwe⸗
leltohlenſtoff und Typhus vazillen zu bekämpfen, ift der Gee
brauch von Fallen in Feld und Wald eingeſtellt. Man wird
auf ſie zurückgreifen. Verfaſſer hat mit gewöhnlichen Mauſe⸗
wie man ſie in verſchiedenſten Konſtruktionen überall
. lwen kann, tm Walde große Ausbeute gemacht.
8, Ratten. Wenn die Wanderratte auch nicht zu den
ſorſtlich schädlichen Tieren gehört, ſo ſoll ſie hier doch erwähnt
werden. Auch ſie muß verwertet werden als Hühner⸗ und
Schweinefutter, aber — und darauf fet ausdrücklich aufmerk⸗
fam gemacht — nachdem fie bis zum Zerfallen weich gekocht
it, weil fie unter Umſtänden der Träger von Trichinen fein
kann. Selbſtverſtändlich dürfen vergiftete Ratten nicht ver⸗
füttert werden; auch ſie find in Fallen zu fangen.
) Einige Detailangaben macht mit Beziehung auf die
Vogelwelt das „Illuſtrierte öſterreichiſche Jagdblatt“ (Brünn).
iſt ein Kronzeuge erſter Güte. Es wird eine totale
„Abänderung der Artgewohnheit“ bemerkt. Dieſe wird
als „weitausholende, unſere ganze Naturanſchauung
berührende Frage“ richtig eingeſchätzt von den Neu⸗
bearbeitern von Brehms Tierleben (IV. Aufl. Band 11
S. 32), die auch anerkennen, daß mein Bruder $ ud-
wig Schuſter neben Hugo Otto zuerſt auf die
biologiſchen Umwälzungen aufmerkſam gemacht hat:
Das Kaninchen iſt aus einem Höhlentier
zum Freilandbewohner geworden. Im
Mainzer Becken namentlich kann man beobachten, daß
das Kaninchen vielfach garnicht mehr in Höhlen
wohnt, im Waldgebiet faſt durchweg nicht mehr. Er⸗
folgreiche Waldtreibjagden bei Schnee beweisen, daß
die Karnickel trotz Schnees ihre Baue nicht bezogen
haben. Andererſeits wieder erfolgloſes fünfſtündiges
Frettieren im Februar bei „ſchlechtem“ Wetter; es
ſprang auch nicht ein einziges Kaninchen vor dem
Frettchen, alle Baue waren leer, dagegen trieben die
Fretuierer öfters Kaninchen unter dem Gebüſch und
Strauchwerk hervor. „Aus alledem ergibt ſich, daß
das Kaninchen zum Schutze gegen die Witterung den
Bau garnicht mehr bezieht; eine andere Veranlaſſung,
einen Bau aufzuſuchen, hat es aber nicht“ (Ludwig
So berichtet es 1907, daß die Sumpfſchnepfen in Deutſchland
überwintern und dazu auch wieder häufiger geworden ſind
(S. 117, A. Bütow). Nr. 3 1908 meldet: „Unter den Winters
garten (190% 8) zäylie auch diesmal die Waldſchnepfe, was
uns ein Beweis dafür iſt, daß der Vogel in einer gewiſſen
Eingewöhnung vet uns neht, Man will das nicht gut haben,
deun durch dieje Latjawe verurteilt fic) immer mehr der
„Schnepfenſtrich“, das heißt das Erlegen des Vogels im Früy⸗
jahre auf dem Anſtande“ (wo wir bekanntlich unjere eigenen
Brutſchurpfen erschießen).
Selvis Laien in ornithologiſchen Dingen tft dies aufge⸗
fallen, denn in den „Muuchencet Neueſten Nachrichten“ vom
15. April 1908 ſchreibt ein ſolchet: „Bet warmem Herbſtwetter
und milder „offener“ Winterlemperatur treibt fid) unser Mange
ſchnavel, deffen eigentliche, urſprüngliche Heimat die Tundra
iſt, zigeunernd da und dort herum, ſolange der Boden nicht
gefriert und der viegſam weiche Stecher nach reichlich vorhan⸗
dener Aeſung wurmen kann. Daher beſonders in den letzten
beiſpiellos milden Wintern die große Zahl Lagerſchnepfen in
fajt ganz Deniſchland, Lagerſchnepſen, die größtenteils bei uns
überwulterten, während nur eine verſchwindende Minderheit
den Donauauen, dem mediterranen Gediet, der Levante zu⸗
ſtrebte. Iſt jedoch der Winter weniger gnädig, tritt plotzlich
Barfroſt ein, ſo iſt denn auch die ganze Geſellſchaft im Nu
verſchwunden. Mit der gleichen, man möchte fagen, „Lannen:
haftigkeit“ vollzieht ſich, beſonders merklich im Rhein⸗ und
Elbeial, die Rückreiſe. Auch bei dieſer Gelegenheit pflegt
Scolopax ſehr felten „zielſtrebig“ zu reiſen; meiſt geht die
Fahrt etappe. weiſe vor fih, jo daß häufig die bereits eintre⸗
tenden Mutterſorgen unſeren Eulenkopf zwingen, Station zu
machen, ehe noch das eigentliche, urſprüngliche Reiſeziel er.
reicht tft”. Das letzte beſtreite ich inſofern, als die Waldſchnepfe
wirklich bei uns endemiſcher Vogel iſt, das heißt ein alteinge⸗
ſeſſener Brutvogel, der nur nicht leicht beobachtet p
300
Schuſter). Hier finden wir deutlich den Grund an-
gegeben, warum das Kaninchen Baue anfertigte: Zum
Schutz gegen die Witterung („andere Veranlaſſung hat
es nicht“, denn Feinde hat es z. B. im Mainzer Becken
kaum und feine gefährlichſten Feinde können es eben:
ſogut unter die Erde verfolgen wie über dieſer, z. B.
Frettchen, Wieſel). Nicht aber ift im obigen der Grund
angegeben, warum es jetzt Freilandbewohner ge—
worden ift. Die Beobachter finden alle natürlich et-
was ſehr Merkwürdiges dabei, auch z. B. „Field“
(1909), wenn in dieſer Zeitſchrift erklart wird, daß
in ſchottiſchen Hodmooren Raninchenwürfe über
der Erde in Grasbüſcheln gefunden würden,
daß bereits „viele derartige Fälle“ bekannt ſeien, aber
als ungewöhnlich, merkwürdig angeſprochen werden
müßten. Und doch iſt gar nichts beſonders Merk⸗
würdiges daran, wenn man den näheren Zuſammen—
hängen nachgeht. Die wahren Gründe find die ver:
änderten Luft⸗, Temperatur-, Klima-, Witterungs⸗
verhältniſſe. Die angebrochene „wiederkehrende Tertiär⸗
zeit (W. T.) geftattet dem Karnickel, zum Freiland,
bewohner zu werden. Oder richtiger muß man viel-
leicht ſagen: Wenn das Kaninchen jetzt Freilandbewohner
iſt, beweiſt dies doch, daß auch die Witterung eine
andere geworden iſt (gegen die ſchlechte Witterung hat
ja das Kanin früher die Höhlen angelegt); das be—
weiſt dieſe Tatſache im Zuſammenhang mit allen an—
deren gleichen oder ähnlichen Erſcheinungen, denn der
andere Schluß, der auch guldjjig wäre, daß nämlich
das Kaninchen von ſich aus ohne Grund anders ge—
worden ſei, iſt deswegen nicht zu gebrauchen, weil dann
merkwürdigerweiſe ſich alle anderen Tiere, bei denen
gegenwärtig Veränderungen beobachtet werden, ohne
gemeinſame Urſache verändert haben müßten, während
in Wirklichkeit ein genereller Grund, der allen Er—
ſcheinungen zugrunde liegt, ohne merkwürdige Um⸗
ſchweife die Sachlage ganz natürlich erklärt.
das Kaninchen ſich allein verändert, ſo würde man
eben mit gutem Grunde jagen konnen: Die Verände⸗
rung hat individuelle Gründe. Tritt ſie ganz allge—
mein auf, jo muß doch eine gemeinſame Unterlage vor:
handen ſein, beziehungsweiſe die Veranlaſſung gegeben
haben. Auf dieje gemeinſame Veranlaſſung, die wieder:
kehrende tertiärzeitähnliche Zeitepoche, laffen
alle Teilerſcheinungen ſchließen. — Die Verwandlung des
Kaninchens aus einem Höhlentier zu einem Freiland—
bewohner ſchildert für den Niederrhein Hugo Otto:
Mörs. Am Niederrhein gibt es eine Menge geradezu
idealer Kaninchenreviere, wo es weder an paſſendem
Baugelaͤnde noch an reichlicher Aeſung gebricht. Trotz—
dem ſieht man die Kaninchen dort andere Oertlich—
keiten befiedeln, die für ihre natürlichen, angeſtammten
Lebensgewohnheiten „weniger geeignet erſcheinen müſſen“
Hätte |
(diefe Ausdrucksweiſe iſt der alten Denkform an⸗
gepaßt; warum müſſen fie „weniger geeignet er:
ſcheinen“, wenn die Kaninchen dabei ebenſo gut
exiſtieren? !). So bewohnten fie in der Dürre des
Sommers 1904 „ſelbſt Sumpfgelände, dicht mit Rohr
und Schilf bewachſen“, und „auch nach der, Dürre,
als ſich längſt wieder die gewöhnliche Waſſermenge ein⸗
geſtellt hatte, konnte man ſie dort noch beobachten“.
Hochintereſſant iſt nun, daß am Niederrhein, wie ich
aus den Mitteilungen ſchließen darf, die Kaninchen
aus ihrer veränderten Lebensweiſe noch nicht alle Vor⸗
teile gezogen haben, wie etwa am Mittelrhein im
Mainzer Becken. Hier nämlich haben fie direkte Bor:
teile von der Veränderung; jie ſparen u. a. die mib:
ſelige Grabarbeit. Am Niederrhein aber hat ſich der
Fortſchritt noch nicht allen Zeitverhältniſſen angepaßt,
es iſt noch eine beſtimmte Waghalſigkeit damit ver:
bunden, wenn dies zutrifft, was Otto behauptet:
„Ihre bei trockener Witterung angelegten, kurzen
Baue zur Auſnahme der Nachkommenſchaft werden
leicht beim erſten heftigen Gewitterregen oder bei an:
haltenden Niederſchlägen ſo unter Waſſer geſetzt, daß
die Jungen erſaufen. Nicht ſelten findet man jpäter
die Jungenbaue ſolcher Kaninchen auf hochgelegenen
Feldern“. Auch hier werden ſich die Kaninchen den
Ortsumſtänden noch anpaſſen in weiter ſortſchreitender
Entwickelung und ſie werden davon Nutzen haben, ge⸗
nau wie im Mainzer Becken. Aber feſtgehalten ſoll
dabei immer werden: Garnicht einmal ſpeziell auf den
Nutzen reflektiert letzten Endes die Umwandlung, fon
dern ſie tritt ein, weil ſie eintreten muß. Die Ka⸗
ninchen „halten es gewiſſermaßen im Bau nicht mehr
aus“. So muß die Veränderung eintreten, ja ſie
müßte es wohl, auch wenn die Art Schaden davon
hätte und unter Umſtänden untergehen würde. Es
vollzieht ſich alles unter dem Motto: „Wiederkehrende
Tertiärzeit“! Dieſer Begriff iſt von mir geſchaffen.
IV.
Ich füge vorſtehenden Ausführungen einen weiteren
allgemeinen Teil an. Meine Lefer wiſſen vielleicht,
daß ich den gewaltigen, die Tierwelt tatſächlich revo⸗
lutionierenden Veranderungserſcheinungen der
Gegenwart ein umfangreiches Buch widme, an dem
ich zur Zeit arbeite, worüber ich ſchon verſchiedentlich
Mitteilung gemacht habe und zuletzt auf Beranlaffung
des bekannten Aſtronomen Direktor Archenhold
bei meinem Vortrag in der Berliner „Treptow Stern:
warte“ am 6. Mai 1916 (vorausſichtlicher Titel des
Werkes: „Die Veränderung der Arten. Bd. 1:
Revolutionierung der Vogelwelt infolge wiederkehrender
tertiärzeitähnlicher Tierlebensverhaltniſſe. Bd. 2: Bio:
logiſche Umwälzungen im Säugetier:, Fiſch⸗, Amphi
bien⸗, Inſektenreich in der Gegenwart“). Ich bin ſchon
⸗
301
auf das Thema zu Sprechen gekommen in meinem:
„Vogeljahr, 20 Jahre Vogelbeobachtungen aus
meinem Vogelforſcherleben in Deutſchland, Oeſterreich
und allen angrenzenden Laͤndern Europas“ (Korneu⸗
burg, Verlag Julius Kühkopf, Preis 5 Mk.) !). Frei-
ſich nur dem Eingeweihten werden dieſe Veränderungen
der gegenwärtig exiſtierenden Lebeweſen ſichtbar und
bekannt; für dieſen jedoch iſt es eine Luſt, den grund⸗
ſtürzenden Erſcheinungen nachzugehen, ſie zu erkennen
und zu verfolgen, — eine „Luft zu leben“ und zu
forſchen; denn beide find in dieſem Falle eins.
Mein Kärtchen Fig. I
veranſchaulicht die Ver⸗
breitung des Feldhaſen
und des Eichhörn⸗
chens. Unſer Hafe
bewohnt ein verhältnis⸗
mäßig kleines Gebiet,
Europens Wald⸗ und
Kulturland; und es iſt
doch merkwürdig, daß
ein Verbreitungskärtchen
des Weizens etwa genau
dieſelbe Fläche bedecken
würde wie das mi!
obiger Skizze (mit einer weiteren Ausladung nach
Oſten), worauf m. W. bisher niemand aufmerkſam
gemacht hat. Zugleich zeigt hier mal eine Karte, daß
) Hierfiher urteilt Staatsanwalt Bacmeiſter⸗Heil⸗
hom: „Es it wohl kein Gebiet der Ornithologie. das hier
nicht kürzer oder ausführlicher behandelt wird: das Zugpro⸗
blem, Vernunft und Inſtinkt, Niſt⸗ und Brutgeſchäft. Eheleben,
Ehupfärbuna, Brute und Schlafſtätten, Albinismus. Verbrei⸗
tna, dies alles und noch mehr wird in anregender und geiſt⸗
boler Weile behandelt Es verſteht ſich von ſelbſt daß auch
die Sp⸗zialität des Verkaſſers ni bt unerwähnt bleibt: die
von ihm aufgeſtellte Lehre, daß ornithologiſche
und entomologiſche (Entomologie das ift Inſeklenkunde)
Anzeichen für die Wiederkehr einer tertiärzeit⸗
lichen Verbreitung der Vogel⸗ und Tierwelt über:
boupt vorhanden find, daß wir mit anderen Worten einer
wärmeren Zeitevoche entgegenoeher, welche eine Umwälzung
im biologiſchen Charokter unſerer Vogelwelt und ebenſo auch
in der geographiſchen Verbreitung der Arten heraufführen wird
Hierauf kann hier des näheren nicht eingegangen werden. So
biel iR aber zu ſagen, daß Schuſter dieſe feine Tbeſe
mit fo reichhaltigem Beweismaterial tm beſpro⸗
chenen Buche und anderen Ortes belegt hat, daß
ihr belzupflichten tit. — Mit dem bisher erwähnten If
aber das Buch noch nicht erſchpft. Es tft ihm noch ein Dil-
derſaal der Ornitholoaen betnefitat, der in aut getroffenen Ab»
bildungen die wichttaften Forſcher der Vogelkunde mit fe einem
kurzen Abriß ihres Lebens und ihrer Bedeutung für die Wiſſen⸗
ſchaft bringt. Und endlich ſind noch dem Werke eine ſtattliche
Anzahl wohlgelungener und charakteriſtiſcher Nogelbilber bets
gegeben. Erwäbnen wir noch zum Schluſſe. daß der Ver⸗
faſſer in der Einleitung ſeines Buches in pietätvoller Weiſe
Verbreitungsgebiet des Hasen mmmmmmmım
Verbreitungsgebiet des Cichhotndens-—- -- = --. |
die neue Nomenklatur von Brehms neueſtem Tierleben
(IV. Aufl.) mit „europaeus“, nach Gadow in
Bronns „Klaſſen und Ordnungen des Tierreichs“
durchgeführt ſtreng nach dem Prioritätsgeſetz — ſomit
aͤlteſte Nomenklatur! —, von Pallas mit ebenſo
viel Recht gewählt wurde wie das bisher gebräuchliche
Linneſche „timidus* (unſer Haſe iſt ebenſo furchtſam
wie ſpezifiſcher Europäer) !). Um die Sache intereſſant
und noch anſchaulicher zu machen, füge ich die Ver⸗
breitungskarte der Faſanen bei. Was ich auch vom
Feldhaſen glaube, ift mir bei den Faſanen ganz une
zweifelhaft gewiß: Daß
die Eroberung der
kälteren Teile unſe⸗
rer Erde erſt in neue⸗
rer Zeit ſtattgefun⸗
den hat und noch nicht
abgeſchloſſen ift. Bei den
Faſanen iſt dies ganz
offenkundig. Denn der
ganze graue Latſchen
von der Küſte des
Marmarameeres, Dar⸗
danellen und Hellespont
bis England und Süd⸗
ſchweden iſt erſt in allerneueſter Zeit, wahrſchein⸗
lich erſt ungefähr ſeit dem Mittelalter und in der
Hauptſache gerade erſt im vorigen Jahrhundert hin⸗
zugekommen. Die Faſanen haben ſich Europa auf
Schuſters Rappen vom Balkan her erwandert, find
auch ausgeſetzt worden, haben aber auch in Oſtaſien
einen Vorſtoß nach Norden gemacht, wie figura zeigt.
Wie unvergleichlich ruhig hebt ſich dagegen die in ſich
geſchloſſene Ellipſe der Sproſſer⸗ bezw. Nachtigall⸗
verbreitung ab (vergleichsweiſe eingezeichnet)! Auch
die Verbreitung des Eichhörnchens kennzeichnet ſich
ein Bild feines verftorbenen Vaters (Pfarrers in Friſchborn⸗
Vogelsberg), eines Vogelfreundes von echtem Schrot und Korn,
entworfen hat, ſo iſt es durchaus berechtigt, wenn wir dieſe
neue Arbeit Wilhelm Schuſters als eine überaus reichhaltige,
anregende und wertvolle bezeichnen.“ — Ich laſſe dieſe Worte,
ausdrücklich ſei es bemerkt, hier nicht wiederholen, um pro
domo zu reden (bitte auch betreffs der Lobeserhebungen, von
denen ich ahfolut kein Freund bin, um Entſchuldigung), ſon⸗
dern um das Urteil eines gewiegten Tierkenners und vortreff⸗
lichen Ornithologen zur Geltung kommen zu laſſen.
1) Vielleicht ſchwebte manchem die Frage auf dem Mund:
Wie kann dieſe Nomenklatur die älteſte ſein? Pallas
lebte doch 1741—1811 und der nordiſche Paſtorsſohn Linné
ſchon 1707—1778. „Da ftaunt der Laie“ und der Fachmann
wundert ſich nicht. Linné benannte mit timidus ſeinen
ſkandinaviſchen Schneehaſen (ſo auch im neuen Brehm), nicht
unſeren Feldhaſen Lepus europaeus. Ebenſo wird ſich auch
noch mancher altergraute, ehrwürdige Weidmann daran ge⸗
wöhnen müſſen, das umſtändliche Oryctolagus cuniculus L.
(Kaninchen) zu leſen ſtatt Lepus cuniculus L.
Gez. vom Verfaſſer.
302
durch eine ähnliche, nur länger geſtreckte und höher
in den Norden reichende Ellipſe. Ich vermiſſe dieſe
ſo ſehr inſtruktiven Kärtchen im neueſten Brehm.
Soviel aber ſteht mir jedenfalls feſt: Viele Tiere ſind
in ihrem Areal noch nicht ſtabil, und manche Arten
heute weniger als je. Dahin darf man ruhig auch
die Wanderzüge der Nager (Lemminge, Ratten) aus-
legen. Hafen hat man in Scharen von 5— 600 Stück
wandernd getroffen. „Wafferratten, Eichhörnchen, Hafen,
ja ſogar Siebenſchläfer — alfo auch echte Winter-
ſchläfer — machen ſich in? Sibirien ſcharenweiſe zu
gelegentlichen Wanderun⸗
gen auf“ (Midden⸗
dorf). „Auf der Tai⸗
myrhalbinſel ſcheint der
Anſtoß namentlich durch
ſtarke Winterkälte ver⸗
anlaßt zu werden, wo-
bei die Tiere ſich von
den hoheren Lagen der
Bergzüge in niedere
ziehen. Die Parallele
zu den Zuavögeln liegt
auf der Hand. Noch iſt
die Blutwärme nicht
ausreichend, auch der ſtärkſten Kälte zu trotzen“ (Sim:
roth).
Ganz eigentümlich iſt die Rolle, welche die Kanin⸗
chen des Gonſenheimer und Budenheimer Waldes im
) Wie ich fiber die Sim rothſche Theſe urteile, habe
ih an anderer Stelle (. G⸗iſteskampf der Gegenwart“ 1916)
folgendermaßen fixiert: Die Entwickelung des Lebens und felts
ner Formen erklärt viel beffer als Darwins Zuchtwahllehre
eine neue Theorie, die ein deutſcher Gelehrter, Simroth,
an die Stelle des Darwinismus geſetzt hat: Die Erppendu⸗
lationatpeorie. Die Reibiſch⸗ Gimrothihe Erdpendu⸗
Tation ſchaltet den typiſchen Darwinismus vollſtänd ia aus, ine
dem fie eine Verſchiebung der Tierwelt bald in wärmere, bald
in kältere Lage. und damit ihre Umwandlung nachweiſt. Der
Leipaaer Univerſttätsprokeſſor Dr. Simroth ſaat ſelbſt auf
S. 37 feireg dicken Werkes „Die Erppendulationstheorie“
(Leipzig 1907) bei der Abſchätzung ſeiner Theſe in ihrem Ver-
hältnis zu Darwins Thb⸗ſe: „Der Kampf ums Dalein ers
ſcheint jetzt weniger als ein Konkurrenzkampf der verſchiedenen
Lebeweſen untereinander, wiewohl vereinzelte beglaubigte Bets
ſpiele von der Ausrottung einer Pflanze oder eines Tieres
durch ein anderes vorliegen, er wird febt viel mehr unter den
Geſſchtspunkt der klimatiſchen Ausleſe aeridt. So ordnen ſich
die Einzelfaktor⸗n des Darwinismus ohne weiteres unter: ein
kosmiſches Geſetz, das der Stellung der Erde zur
Sonne, tritt für fie ein.“ Die Erklärung der Entwickelung
durch ein Weltgeſetz, ein kosmiſches, erichrint uns jüngeren
Forſchern viel natürlicher als der typiſche Darwinſche struggle
for life. Die Ent⸗ oder Auswicklung der Tierwelt, die für
jeden klar Blickenden eine Tatſache iſt, kam zuſtande durch die
Verſchiebung der Tierwelt bald in kältere, bald in wärmere
Erdlagen.
Verbreiizunsgeblet der Fasenen err em
Verbreitu: gasgedi iH Ife p
Gez. von Frau Pfr. B. A. Schuſter, geb. Freiin von Forſtner.
warmen Januar 1913 ſpielten oder vielmehr nur in
der einen Nacht vom 12. auf den 13. Januar, wo
vorübergehend verhältnismäßig hoher Schnee gefallen
war. Die Kaninchen im Mainzer Becken hatten näm⸗
lich auffallender Weiſe weder durch die große Sommer⸗
hitze 1911 (,„Glutjahr“), noch durch die anhaltende
Naͤſſe 1912 („Flutjahr“) im geringſten gelitten ). Die
Sommerwaͤrme bezw. auffallende Hitze 1911 ſchadete
dem Tier deshalb nicht, weil es fidh bei möglichſt viel
Wärme offenbar wohl fühlt, was darauf ſchließen
läßt, daß der Ausgangspunkt feiner geographiſchen Ber-
breitung mehr im Ei:
den Deutſchlands oder
ſüdlich von Deutſchland
als nördlich von unſe⸗
ren Breitegraden liegt.
Die Näſſe 1912 hatte
dem Kaninchenbeſtand
wohl ſicher geſchadet,
wenn ſie ſich im Main⸗
zer Becken mehr geltend
gemacht hätte; dieſes
warme Sandbecken hat
bekanntlich unter der
Näſſe 1912 nicht fonder:
lich gelitten. Im warmen Winter 1912/13 aber hatten
die Kaninchen genug junges, ſaftiges Grün zu freſſen,
da ja die Pflanzenwelt ſo ungewöhnlich früh ausge⸗
ſchlagen hatte (z. B. die Stechpalmenſträuche, Nex,
hatten in den Wäldern des bergiſch-märkiſchen Landes
und bei Heilbronn bereits Anfang Januar 1913
die typiſchen Frühlingstriebe herausgeſtoßen, die be
kannten zwei zarten hellgrünen Blättchen an der
Spitze der Zweige). Nun kam aber die eine Nacht
mit hohem Schnee und deckte alles zu. Da nun die
Kiefernwälder von Mainz bis Ingelheim voll tav:
ſender Oryctolagus cuniculus ſtecken und dieſe nichts
zu freſſen hatten, fo kam „Not an den Mann“. Was
taten fie? Mitten im Wald hat Baron von Walk
hauſen vor einigen Jahren ein großartiges Schloß
Waldhauſen, das auf der den ganzen Mainzer Lén:
forſt beherrſchenden Höhe gelegen ift, errichtet, weithin
ſichtbar dem auf dem Rhein fahrenden Touriſten, und
unterhalb des Schloſſes Waldhauſen find nach Buden:
heim zu ganz umfangreiche gärtneriſche Anlagen ber
geſtellt. In diefe brachen die zahlreichen Kanins durch
1) Wer ſich noch zu erinnern vermag, denkt an das von
einer Zigeunerin prophezeite Glut⸗, Flut-, Blutlahr, vergl.
meinen Nufſatz: „Glut⸗, Flut-, Blutjahr! Prophezeiung einer
Zigeunerin für die Jahre 1911, 1912 und 1918” in der Fe
milienwochenſchrift: „Aus Zeit und Leben“ vom 15. Mai
1913. Das Blutjahr iſt auch eingetreten, allerdings hat
es fic) um ein Jahr verſpätet, kam erft 1914, aber dann gleið
in verſtärkter Auflage! Schuster.
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803
und machten fid) an die jungen Obſtbäume. Wir
haben hier ein klaſſiſches Beiſpiel 1. für die Baum⸗
wertvernichtung durch Kaninchen in einer einzigen
Nacht. 2. für die ganz beſtimmte Geſchmacksrichtung
des cuniculus (leider konnte die Feſtſtellung dieſer
Zatfachen im neueſten Brehm keine Aufnahme mehr
finden!) Der Schloßherr Baron von Waldhauſen
hat im weiten Bogen um die ganze Runde der An⸗
lage eine Reihe von Quitten und Mispeln ge⸗
pflanzt. Hinter dieſer erſten Reihe von Pomazeen
ehen Nüſſe (Blut⸗, Lamberts⸗, Haſelnuß). Die Ka:
ninden haben diefe zweite Reihe nicht angerührt, da-
gegen ſämtliche Bäumchen der erſten Umfaſſungs⸗
the rundum am Unterteil des Stammes abgenagt,
lowie einige der hinter der zweiten Reihe mehr nach
dem Innern zu ſtehenden Pomazeen. Daß die Tiere
nur die erſte Bäumchenreihe angingen und nicht die
zweite, hat ficher wohl darin feinen Grund, daß die
Quitten und Mispeln für den Geſchmack
des Kaninchens ſüße Rinde haben, die Nu Be
ſorten aber bittere, was ein ganz neues Licht auf
die beſtimmte Geſchmacksrichtung des Kaninchens wirft
Nur da und dort war ganz vereinzelt auch ein Nuß⸗
ſtämmchen angegangen, und zwar immer nur wenig,
und es erſchien dies als eine ungewollte oder unbe⸗
abſichtigte Verwechſelung. Es kam wohl auch hinzu,
daß die Tiere von der niedrigen Kieferndickung aus
ert über ein freies Feld laufen mußten, ehe fie die
Obſtbäumchen erreichten, und dadurch wohl ſchon etwas
in ihrem Sicherheitsgefühl geſtört, wagten ſie ſich im
allgemeinen nicht mehr viel weiter an die hinteren
oder inneren Reihen von Obſtbäumchen. Es braucht
kaum geſagt zu werden, daß die Stämmchen gerade
in Kaninchenhöhe oberhalb der Schneedecke angenagt
worden waren. Die dem Untergang geweihten Baum:
Gen wurden durch neue erſetzt.
Ueber den Wandertrieb und die freie Bewegung
der Eichhörnchen, die neuerdings auch im Winter
beobachtet wird, finde ich von A. Bülow noch fol⸗
gende Notiz:
Der Wanderzug, der dem Tier im Norden beſon⸗
ders eigen iſt, bekundet ſich auch bei uns. Ueberall,
wo Nahrung zu finden iſt, findet es ſich ein: im
Dohnenſtriche ſtellen ſie den Droſſeln nach; im Vor⸗
winter, wenn die Bucheckern noch auf den Bäumen
ſizen, find fie im Buchenſchlage zu finden; ſpäter ver⸗
ſchaffen fie ſich die Kerne des Hainbuchenſamens,
der bekanntlich bis in den Nachwinter an den Zweigen
fiken bleibt. Dagegen verſchmähen fie den Sa:
men der Akazie gänzlich. Im hohen Winter
nehen fie fi wandernd nach Fichtenbeſtänden hin.
Ueberall aber ift das Eichhorn im Frühjahr zu Hauſe
ue
und namentlich in dichten Laubbeſtänden, wo die Vögel
zahlreiche Neſter bauen. Selten erſtreckt ſich ſeine
Wanderung über weite, unbeſtandene Flächen, dagegen
habe ich häufig die Beobachtung gemacht, daß es auf
hohen, dichtbelaubten Wegbäumen weiter wechſelt (,Lei⸗
tung“, Schuſt.). In meinem Heimatsdorfe befand ſich
ein großer Dorfplatz, der mit Birken, Buchen, Linden
und Kaſtanien faſt dicht beſetzt war ſo daß das Dorf
einem Garten glich; hierher kamen häufig Eichhörnchen
in dem Schutz der großen Bäume, die überall die
Straße beſäumten. (Anfang Juli 1916 ſah ich ein
Eichhörnchen am Wunnenſtein (Neckarlande) eine halb⸗
reife Walnuß verzehren. Schuſt.)
Die Vorliebe des Eichhörnchens für Vogelneſter
bekundet es ſelbſt in ſeinen Wohnungsverhältniſſen.
Es hat mehrere Wohnungen, wie alte Kräͤhenhorſte,
Elſternneſter ufm. Auch Höhlungen in Bäumen, am
liebſten in hohlen Stämmen, baut es aus oder benutzt
ſie zum vorübergehenden Aufenthalte. Lenz hat be⸗
obachtet, wie Eichhörnchen das Eingangsloch zu Staren⸗
käſten erweiterten, um ihre Wohnung darin aufzu⸗
ſchlagen. |
Die Anſichten des mir eng befreundeten Wemer
über die verſchiedenen Spielarten der Eichhörnchen⸗
neſter, die aus den Weſftfaͤliſchen Jahrbüchern für
Naturkunde auch im neuen Brehm (IV. Aufl.)
Aufnahme gefunden haben, vermag ich nicht ganz zu
teilen. Insbeſondere glaube ich nicht, daß das Eich⸗
horn ſpeziell Fallen in Neſtern baut, um Vögel darin
zu fangen. |
Mit der „wiederkehrenden tertiärzeitähnlichen Tier⸗
lebensperiode“, dem von mir geprägten und zuerſt
erklärten Begriff, haben die zuletzt gemachten Bemer⸗
kungen nichts zu tun. Ich machte ſie en passant
und weil ſie im Zuſammenhange ſtehen mit den An⸗
gaben im neueſten Brehm (IV. Aufl.). Die Betrach⸗
tung der Tierwelt aber im Lichte meiner Theſe iſt
nicht allein ungewöhnlich anziehend, ſondern gibt für
viele bisher rätſelhafte Erſcheinungen mühelos Er⸗
klärung. Da ich in erſter Linie Ornithologe bin,
könnte ich faſt für jede Vogelart ungewöhnliche neu⸗
zeitliche Erſcheinungen auf die Wiederkehr tertiärzeit-
lichen Tierlebens zurückführen, nach dieſer Richtung
hin genügend begründen und leicht erklären. Wie ſich
die Forſcher zu meiner Theſe ſtellen, habe ich in
den Jahrbüchern der Wetterauiſchen Geſellſchaft für
Naturkunde durch Zuſammenſtellung ihrer Aeußerungen
klargelegt.
304
Die Jorſtwirlſchafts⸗Philoſophie der
Gegenwart
von Heinrich Weber, Großh. Heſſ. Forſtaſſeſſor.
(Schluß.)
II. Das Wappes'ſche Syſtem der Forſtwiſſenſchaft.
Der I. Teil dieſer Abhandlung gipfelte in der Er⸗
kenntnis daß die Forſtwiſſenſchaft eine praktiſche, beſſer
geſagt eine Gemeinſchafts⸗ oder Willens⸗Wiſſenſchaft
iſt. Es wurde der Verſuch gemacht, den Nachweis zu
erbringen, daß es nicht gerechlfertigt erſcheint, unfere
Wiſſenſchaft als eine theoretiſche Geiſteswiſſenſchaft
(wie Wappes) oder gar als eine theoretiſche kombinierte
Wiſſenſchaft (wie Katzer es tut) aufzufaſſen. Es liegt
auf der Hand, daß das Wappes'ſche Syſtem, das ja
bekanntlich für eine geiſteswiſſenſchaftliche Forſtwiſſen⸗
ſchaft berechnet iſt, für eine gemeinſchaftswiſſenſchaftliche
Forſtwirtſchaftswiſſenſchaſt als Einteilungsprinzip nicht
in Betracht kommen kann. Eine Kritik des Wappes'ſchen
Syſtems von meinem Standpunkt aus ließe ſich alſo
ganz kurz und einfach damit abtun, daß ich ſagen
würde: Unſere Wiſſenſchaft iſt Gemeinſchaftswiſſenſchaft
und kann nur Gemeinſchaftswiſſenſchaft ſein; ein für
eine geiſteswiſſenſchaftliche Forſtwiſſenſchaft aufgeſtelltes
Syſtem iſt alſo von vornherein als unbrauchbar ab⸗
zulehnen.
Eine andere Frage iſt es jedoch, ob ſich das Syſtem
von Wappes für eine als Geiſteswiſſenſchaft aufgefaßte
Forſtwiſſenſchaft, ſür die es ja geprägt iſt, wirklich
eignet. Der Unterſuchung dieſer Frage ſoll im Fol⸗
genden näher getreten werden. Vorher ſoll jedoch die
Wappes'ſche Stellungnahme zu den älteren Syſtemen
der Forſtwiſſenſchaft kurz beleuchtet werden.
Zu den vorhandenen Syſtembildungen hat Wappes
ſowohl in ſeinen „Studien über die Grundbegriffe und
die Syſtematik der Forſtwiſſenſchaft“ als auch ganz
beſonders in ſeiner Abhandlung im „Lorey'ſchen Hand⸗
buch“ Stellung genommen.
Ich geſtatte mir nun einige kleinere, belangloſe
Fehler, die Wappes in der Literatur unterlaufen ſind,
kurz zu berichtigen. Herr Regierungsdirektor Dr.
Wappes iſt ein vielbeſchäftigter und verantwortlicher
Verwaltungsbeamter und entfaltet nebenbei auf wiſſen⸗
ſchaftlichem Gebiet eine rege Tätigkeit. Zudem hat er
ſich von vornherein ausdrücklich entſchuldigt für den
Fall, daß ſeine Ausführungen kleinere Mängel enthalten
ſollten. Ich hoffe, daß man mir dieſe Hinweiſe nicht
verübelt und fie für das nimmt, was fie fein wollen,
Richtigſtellungen im allgemeinen wiſſenſchaftlichen In⸗
tereſſe.
In der erſtgenannten Schrift befaßt ſich Wappes
nur mit einem der älteren Syſteme, nämlich mit
dem Syſtem Hundeshagens. „Wer über das
Thema ſchreiben will“, ſo führt er auf S. 55 aus,
„das ich mir in vorliegender Arbeit geſtellt habe, muß
auf Hundeshagens „Enzyklopädie der Forſtwiſſenſchaſt“
zurückgehen: erſtens, weil nirgends die einſchlägigen
Fragen ſo ausführlich behandelt worden ſind und
zweitens, weil Hundeshagen in ſeinem Syſtem, obwohl
es eigentlich der erſte Verſuch war, bis heute in
Umfang und Folgerichtigkeit nicht übertroffen wurde.“
Es it nicht richtig das Hundeshagen'ſche Syſtem als
den erſten Verſuch eines Syſtems unſrer Wiſſenſchaft
zu bezeichnen. Es iſt genau betrachtet garnicht ſo
originell, als man gewöhnlich annimmt und in allen
Büchern über ſorſtwiſſenſchaftliche Syſtematik lieſt.
Nicht allein bei Wappes, auch ſonſt findet man es in
unſerer Literatur immer und immer wieder ſo dar⸗
geſtellt, als ob Hundeshagen der forſtlichen Welt ſein
Syſtem als eine funkelnagelneue, durchaus originelle
Schöpfung fix und fertig zu Füßen gelegt hätte. Das
iſt ein Grundirrtum! Daß die älteren Syſteme auf
den Ausbau des Hundeshagen'ſchen Syſtems nicht ohne
Einwirkung bleiben konnten, iſt ganz ſelbſtverſtändlich.
Ohne die Syſteme eines Moſer, eines v. Burgs⸗
dorf und eines Walther wäre auch das Hunde:
hagen'ſche Syſtem nicht denkbar. Darüber beſteht kein
Zweifel, daß ohne die Gedankenarbeit dieſer Vorgänger
Hundeshagen auf ſyſtematiſchem Gebiete niemals ſo
Großes hätte vollbringen können. Von v. Burgs⸗
dorf ſagt ja Hundeshagen ſelber auf S. 6 ſeiner
„Enzyklopädie der Forſtwiſſenſchaft“ (2. Aufl. Tübingen
1828): „Mit Recht gebührt dem talentvollen durch
Gleditſch wohl unterrichteten Burgsdorf das
Verdienſt, in feinem 1788 erſchienenen und 1796 durch
einen zweiten Teil fortgeſetzten „Forſthandbuch“ zuek |
ein vollſtändiges Syſtem der Forſtwiſſenſchaft aufgeftelt
und dieſelbe dadurch eigentlich begründet zu haben.“
So anfechtbar dieſe Behauptung Hundeshagens in
übrigen auch fein mag, dieſer Satz zeigt auf jede
Fall klar und deutlich, daß Hundeshagen weit davon
entfernt war, in fih ſelber den Begründer des erim
forſtwiſſenſchaftlichen Syſtems zu erblicken.
Von großem Einfluß it ohne Zweifel auch bal
Syſtem Fr. L. Walther's auf das Hunbeshagenidt
Syſtem geweſen. Hierauf ift in der Literatur nod
nicht gebührend hingewieſen worden. Walther cchrib
in feinem „Lehrbuche der Forſtwiſſenſchaft“ (2. Auf.
Gießen 1803): „Was nun die Forſtwiſſenſchaft felt
anbetrifft, fo teilt man fie in die Privat- und Staats
Forſt⸗Wiſſenſchaft.“ Damit hat Walther einen der
Grundgedanken des Hundeshagen'ſchen Syftems schon
auf das deutlichſte ausgeſprochen und bezüglich desſelben
muß ihm unſtreitig die Priorität zuerkannt werden.
Walther hat deshalb ein Anrecht auf einen Ruhms
anteil. Wenn auch ſein Anteil nicht dem eines Hunde
= —e — ———— —
š
- 805
hagen vergleichbar ift, fo it fein Verdienſt deshalb
doch nicht gering einzuſchätzen. Auch die Großen im
Reiche der Wiſſenſchaft und Kunſt find in hervor⸗
ragendem Maße auf die Arbeit ihrer Vorgänger an⸗
gewieſen. Selbſt Goethe ſagt von ſich in den „Zahmen
Tenien“:
„Gern wär ich Ueberliefrung los
Und ganz ortainal;
Doch iſt das Unternehmen groß
Und jübrt in manche Qual.
Als Autochthone rechnet' ich
Es mir zur höͤchſten Ehre,
Wenn ich nicht gar zu wunderlich
Selbſt Weberltefrunq wäre.“?
Hierdurch wird natürlich das große Verdienſt, das
ih Hundeshagen um unſere Wiſſenſchaft und ganz
beſonders auch um deren ſhyſtematiſche Einteilung er:
worben hat, nicht im geringſten geſchmälert. Und
dann kommt als ſein Hauptverdienſt noch hinzu, daß
er ſeine ſyſtematiſchen Pläne auch in die Tat umgeſetzt
hat, indem er in ſeiner Enzyklopädie zum erſten Male
ein feinem Syſtem entſprechendes vollſtändiges Gebäude
der Forſtwiſſenſchaft aufgeführt hat.
In ſeiner Abhandlung im Lorey'ſchen Handbuch
ſchikt Wappes feinem „organiſchen“ Syſtem ein ganzes
Kapitel voraus, das die Ueberſchrift trägt: „Geſchichte
und Kritik der Lehrfyſteme“.
Als Gegner einer „praktiſchen“ Forſtwiſſenſchaft
verwirft er darin auch alle für eine ſolche berechneten
Syſtembildungen, d. h. aber alle bisher aufgeſtellten
Syfteme der Forſtwiſſenſchaft. Für diefe prägt er
den Ausdruck „Lehrſyſteme“.
Auch hier möge mir geftattet fein, auf einen kleinen
Irrtum von Wappes kurz hinzuweiſen. Wappes ſagt
auf S. 15: „die Heß'ſche Stoffabgrenzung kann inſofern
als ein Fortſchritt betrachtet werden, als die vorberei⸗
tenden Naturwiſſenſchaften von der Fachlehre abge⸗
\hieden find. Auch die Unterſcheidung von Grund:
und Hilfswiſſenſchaften ift im Prinzip zutreffend.“
Hierzu iſt zu bemerken, daß Heß nicht der erſte war,
der dieſe Neuerungen in die Literatur eingeführt hat.
Eine Unterſcheidung zwiſchen Grund⸗ und Hilfswiſſen⸗
ſchaften macht fdon Müller im Jahre 1824
(„Rineamente zur Theorie der Forſtwiſſenſchaft im
Geiſte der lebenden Natur und der pofitiven Staaten⸗
Einrichtung.“ Abh. in der „Zeitſchrift für das Forſt⸗
und Jagdweſen mit beſonderer Rückſicht auf Baiern.“
II. Bd. 3. Heft S. 77 und 4. Heft S. 52 f. Bamberg).
Als Grundwiſſenſchaften bezeichnet er (S. 53) die
„Erkennungslehre der Holzpflanzen“ und die „Staats⸗
lehre“, Hilfswiſſenſchaften ſind nach ihm (S. 56):
„Mathematik“, „Chemie“, „Phyſik“. Die gleiche
Unterſcheideng findet ſich in demſelben Heſte (4) der
. Zeitſchrift in einer Rezenſion der Widen⸗
916
mann'ſchen Schrift: „das Syſtem der Forſtwiſſenſchaft“.
Der Rezenſent (der mit Müller identiſch zu ſein ſcheint)
ſagt dort auf S. 127: „Referent macht indeſſen einen
Unterſchied zwiſchen Grund⸗ und Hilfswiſſenſchaften.
Erſtere enthalten die Lehren, von welchen die Funda⸗
mentalſätze der Forſtwiſſenſchaft ausgehen, letztere be⸗
greifen die unentbehrlichen Vorkenntniſſe zum richtigen
Auffaſſen derſelben und bieten mannigfaltige Kennt⸗
niſſe dar, welche zu deren Erläuterungen benutzt werden.
Hiernach ſind die Botanik und die Staatslehre Grund⸗
wiſſenſchaften der Forſtwiſſenſchaft, die Mathematik,
Chemie, Phyſik, Technologie uſw. unentbehrliche aber
nützliche Hilfswiſſenſchaften derſelben.“ Auch Cotta
und Stumpf unterſcheiden ſchon Grund: und Hilfs⸗
wiſſenſchaften.
Für eine Abſcheidung der vorbereitenden Natur⸗
wiſſenſchaften von der Fachlehre tritt ſchon Theodor
Hartig in ſeiner Schrift: „Syſtem und Anleitung
zum Studium der Forſtwirtſchaftslehre“ (Leipzig 1858)
auf S. 10 f. ein. Ob dieſe Abtrennung, wie Wappes
meint, als ein Fortſchritt bezeichnet werden darf, da-
rüber kann man verſchiedener Meinung ſein. Von
dem Anhänger einer „praktiſchen“ willenswiſſenſchaft⸗
ſichen Forſtwirtſchaft kann fie nur als Rückſchritt be⸗
trachtet werden.
Den „Lehrſyſtemen“ der älteren Syſtematiker, die
ja für eine praktiſche Forſtwiſſenſchaft berechnet und
deshalb für ſeine Forſtwiſſenſchaft nicht brauchbar
waren, ſtellt Wappes nun ſein eigenes Syſtem ent⸗
gegen. Sein ſog. „organiſches“ Syſtem iſt in der
Hauptſache eine Uebertragung des von einigen Staats⸗
wiſſenſchaftlern wie L. von Stein und den älteren
Soziologen, wie Schäffle, angewandten organiſchen
Syſtemſchemas auf die Forſtwiſſenſchaft bezw. ihren
Gegenſtand. Wie L. von Stein den Staat und
Schäffle die Geſellſchaft, ſo betrachtet Wappes die
forſtliche Unternehmung als einen einheitlichen Orga⸗
nismus. Die forſtliche Unternehmung iſt ein „aeiftiger
Organismus“. Auf dieſe Annahme baut Wappes ſein
ganzes Syſtem auf. „Das Weſen der forſtlichen
Unternehmung“, ſo ſagt er, „iſt in ihrer Eigenſchaft
als einheitlicher wirtſchaftlicher Organismus zu ſuchen“.
Das Wefen der forſtlichen Unternehmung liegt jedoch
m. E. in der beſonderen Eigenart ihrer Betätigung
und nicht in einer ihr angedichteten, auf alle mögliche
andere menſchliche Zweckzuſammenhänge, wie z. B. den
Staat, auch übertragbaren Eigenſchaft eines Organis⸗
mus. Wappes führt auf S. 43 weiter aus: „Alle
Wiſſenſchaften nun, deren Aufgabe die Erforſchung
von Organismen, deren Inhalt die Erkenntnis ihres
Vorkommens, ihrer Beſchaffenheit und ihrer
Lebensäußerungen iſt, finden ihre Einteilung darin,
daß ſie ihr Objekt mit Hilfe wiſſenſchaftlicher Metho⸗
41
den nach den drei eben genannten Richtungen hin er:
forſchen und die dadurch gewonnenen Erkenntniſſe nach
dieſem Gefichtspuntte zuſammenfaſſen“. Ganz nach
Analogie der Zoologie und der Botanik, ſo meint
Wappes, iſt deshalb auch die forſtliche Unternehmung
nach drei Richtungen hin zu betrachten:
A. Geographiſch und Syſtematiſch;
B. Nach der aͤußeren und inneren Geſtaltung
(Morphologie und Anatomie) und
C. Nach den Lebensäußerungen.
(Phyſiologie und Biologie.)
Iſt dieſe Vorausſetzung, daß man die forſtliche
Unternehmung als Organismus betrachten und des⸗
halb zu ihrer Erforſchung ſich der gleichen Metho⸗
den und desſelben Einteilungsſchemas bedienen könne,
wie die Biologie bei der Betrachtung der tieriſchen
Organismen, iſt dieſe Vorausſetzung, mit der das
Wappes'ſche Syſtem ſteht und fallt, haltbar? Oder
allgemeiner geſprochen: Iſt die organiſche Methode
der Biologie überhaupt auf die wiſſenſchaſtliche Be⸗
trachtung menſchlicher Zwecktätigkeit anwendbar?
Schon C. Wagner äußert in feiner Beſprechung
der Wappes'ſchen Studien („Naturw. Zeitſchrift für
Lande und Forſtwirtſchaft“ 7. Jahrg. 1909, Heft 10
S. 503 — 506) Bedenken darüber, „ob eine glatte Auf:
teilung des Stoffs und damit ein praktiſch brauch⸗
bares Syſtem auf dieſem Wege überhaupt gewonnen
werden könne. Darüber ſind Zweifel immerhin noch
möglich, denn die Baſis bildet ja einen Vergleich
zwiſchen Wirtſchaft und Organismus und Vergleiche
heterogener Dinge pflegen zu hinken“.
Wappes ſucht einen diesbezüglichen Angriff auf
die Prämiſſen ſeines Syſtems von vornherein damit
abzuwehren, daß er kurzer Hand auf die Anwendung
dieſes Prinzips bei der Staatswiſſenſchaſt durch L. von
Stein und bei der Soziologie durch Schäffle, von
Lilienfeld u. a. verweiſt. Mit dem einfachen Hinweis,
daß es andere für verwandte Gebiete auch benutzt
haben. ift jedoch noch keineswegs die Berechtigung der
Anwendung dieſes Prinzips für die forſtliche Unter⸗
nehmung bewieſen. Denn geſetzt, für die Staats⸗
wiſſenſchaft und die Soꝛiologie fei eine derartige Ana:
logie ganz an ihrem Platze, ſo iſt damit noch nicht
gelaat, daß fie fih auch dann ohne weiteres für die
forſtliche Unternehmung eigne. Die ſtete Wechſelwir⸗
kung zwiſchen den einzelnen Teilen, wie ſie für den
Staat und die Geſellſchaft ſo charakteriſtiſch iſt, welche
die unmittelbare Veranlaſſung zu der Analogie mit
körperlichen Organismen gegeben hat, iſt in der forſt⸗
lichen Unternehmung bei weitem nicht in dem Maß
zu finden.
Doch man kann davon ja ganz abſehen; es dreht
m ee
fidh ja hier um die prinzipielle Frage: ob die orga:
niſche Methode überhaupt auf menſchliche Zwecktätigkeit
irgendwelcher Art angewendet werden darf? Dieſe
Frage aber muß verneint werden.
Die Soziologen ſelber ſehen neuerdings immer
mehr von derartigen Analogiebildungen ab. Selbſt
Schäffle hat bezeichnender Weile in feinem nach feinem
Tode von Bücher herausgegebenen „Abriß der Sozio:
logie“ (Tübingen 1906) jede biologiſche Analogie ver⸗
mieden und in der Einleitung zu dieſer Schrift aus⸗
drücklich darauf hingewieſen, daß er fidh imſtande fühle,
auch ohne die Krücken der bioloaiſch⸗pſycholoaiſchen
Analogien eine ziemlich vollſtändige Syſtemiſierung
der ſozialen Tatſachenkreiſe zu geben.
Es ſei bier noch auf die kleine Schrift von Ludwig
Stein „Weſen und Aufgabe der Soziologie“, Berlin
1898, hingewieſen. Ludwig Stein tritt darin für
eine Anwendung der empiriſch induktiven bezw. ver⸗
aleichend⸗geſchichtlichen Methode in der Soziologie ein,
bezüalich der biologiſchen Analogien aber vertritt er
die Anſicht, daß fie „allenfalls als heuriſtiſche Rot:
behelfe“ herangezogen werden könnten. „Iſt aber die
Soziologie ſolchergeſtalt wie die Geſchichte ſelbſt zu:
nächſt und zu obert Ereigniswiſſenſchaft (Stein ſtützt
ſich hier auf die Rickert'ſche Einteilung der Wiſſen⸗
ſchaften in Geſetzes⸗ urd Ereigniswiſſenſchaften), affo
durch und durch empiriſch. dann muß auch ihr metho:
diſches Verfahren ein empiriſch⸗induktives, vor allem
ein vergleichend⸗geſchichtliches ſein. (Ueber die ver⸗
gleichend⸗geſchichtliche Methode f. Wundt, Logik!
Gegen diefe empiriſche Baſis aller Soziologie verſün⸗
digt fic) nun die organiſche Methode; fie ſucht nach
Naturaeſetzen, ſtatt fih bei empiriſchen Geſetzen, bei
der Konſtatierung von ſozialen Rhythmen zu beider
den; ſie erklärt das hiſtoriſche Leben nach dem Schema
des biologiſchen Geſchehens, ohne fih des Unterſchieds
zwiſchen Geſetzeswiſſenſchaft und Ereignis wiſſenſchaft
bewußt zu werden; fie verfährt endlich deduktiv Matt
induktiv.“ l
Auch die Mehrzahl der modernen Nationalötone:
men bezw. Staatswiſſenſchaftler verhält fidh genen die
Anwendung der oraaniſchen Methode und Einteilung
in Staats⸗ und Geſellſchaftswiſſenſchaften durchaus ab⸗
lehnend. So ſagt Lexis im „Wörterbuch der Volts:
wirtſchaft“ (hrsg. von Elſter, 2. Aufl.. Jena 1907,
| S. 927 f.): „vor allem aber find die Beziehungen,
die zwiſchen den Menſchen in einer Geſellſchaft be
ſtehen, ihrem ganzen Weſen nach von den wiſchen
den Zellen eines Organismus obwaltenden verſchieden:
es ſind nicht phyſikaliſche, chemiſche oder phyſiologische
Kräfte, ſondern Erregungen des Geiſtes oder des Bil
lens, Empfindungen von Bedürfnis und Befriedigung.
Luſt und Unluſt, Haß und Liebe und unſer ganzes 9
u SS oe e ~
307
Sntereffe am geſellſchaftlichen Leben beruht gerade da⸗
rauf, daß ihm dieſe ſpezifiſch menſchlichen Triebfedern
zu Grunde liegen, wie auch die Hauptprobleme der
Sozialwiſſenſchaft auf die Frage hinauslaufen, wie trotz
der jedenfalls großen Freiheit des individnellen Den⸗
kens, Fühlens und Handelns Regelmäßigkeiten in den
geſellſchaftlichen Maſſenerſcheinungen entſtehen können.
Scheidet man aus dem geſellſchaftlichen Zuſammen⸗
hange das pſychologiſche und bewußte Element aus,
wie es durch die Paralelliſierung mit dem Leben eines
Organismus tatjächlich geſchieht, fo verliert die Sozio⸗
logie gerade das, was ſie zu einer beſonderen und
ſelbſtändigen Wiſſenſchaft machen kann“.
Zum Schluſſe ſeien noch die Ausführungen von
Dilthey in die Wagſchale geworfen, der ſchon in
finer 1883 erſchienenen epochemachenden „Einleitung
in die Geiſteswiſſenſchaften“ (1. Bd. Leipzig 1883)
die Unanwendbarkeit der biologiſchen Methode auf die
Geiſteswifſenſchaften überzeugend nachgewieſen hat. „Der
Begriff des Organismus“, ſo führt er auf Seite 39
dieſes Werkes aus, „ſubſtituiert für ein gegebenes Pro⸗
blem ein anderes, und zwar wird vielleicht, wie ſchon
J. St. Mill bemerkt hat, die Auflöſung des Pro⸗
blems der Geſellſchaft früher und vollſtändiger ge⸗
lingen als die des Problemes des tieriſchen Orga⸗
nismus“.
Was hier Mill von der Geſellſchaft bemerkt, das
ſpricht Martin in ſeiner Beſprechung der Wappes'⸗
ſchen „Studien (, Forſtwiſſenſchaftliches Ben-
tralblatt“ Jahrg. 1909, S. 593 — 596) bezüglich der
Jorſtwirtſchaft aus, wenn er fagt: „Die hier begrün⸗
dete Syſtematik (gemeint ift natürlich die Wappes'ſche)
darf wegen ihrer Eigenartigkeit gewiß Intereſſe be⸗
anſpruchen. Manche treffende Analogien zwiſchen den
Organismen der Natur und der Wirtſchaft laſſen ſich
aufſtellen und verfolgen. Gegenüber der Ueberein⸗
ſtimmung muß man aber auch die großen Unterſchiede
hervorheben, die zwiſchen beiden Lebensgebieten be⸗
ſtehen. Man darf insbeſondere nicht verkennen, daß
gegenüber der unendlichen Mannigfaltigkeit der Natur
und dem Reichtum der Naturwiſſenſchaften die ent-
ſprechenden Vorgänge der Forſtwirtſchaft — insbeſon⸗
dere was die Morphologie (Dienſteinrichtung) und
Anatomie (Geſchäftsbehandlung) betrifft — ſehr ein⸗
ſach find und eine weit geringere Bedeutung haben.
Wenn nun Wappes zur Erwiderung auf einen
Angriff von nationalöfonomifcher Seite ſagt: „Aus
der Naturwiſſenſchaft möchte ich aber nicht den In⸗
halt, fondern nur das Syſtem, die Bildung und Ab-
grenzung der einzelnen Disziplinen übernehmen“, ſo
ift dies gerade das, was im Vorliegenden beanſtandet
wurde. Wappes hätte nicht ausdrücklich zu betonen
brauchen, daß er nicht den Inhalt der Naturwiſſen⸗
—— — 3 a e ̃ĩqQũñLsxk32é—ꝰ ͤ é2ĩrß—ß;ĩ?Vẽ —— — — — — ſ-k NJ·ſ— (—-„—⸗i a —ę᷑ôW ä
ſchaſt auf unſere Wiſſenſchaft übertragen wolle. Eine
derartige Abſicht wird ihm wohl niemand zutrauen.
Es iſt doch ganz klar, daß er von der Naturwiſſen⸗
ſchaft nur das Formale, d. h. die Methode oder das
Syſtem übernehmen kann Daß er dies tut, das habe
ich aber oben gerade angefochten. Dort glaube ich
nachgewieſen zu haben, daß die Anwendung der orga⸗
niſchen Methode auf die Forſtwiſſenſchaft im Wappes’:
ſchen Sinne, die, wie er ſelber zugibt, mit pſychiſchen
Affekten zu rechnen hat, nicht angängig iſt.
„Nicht dadurch“, fo ſagt Dilthey, „erweiſen wir
uns als echte Schüler der großen naturwiſſenſchaft⸗
lichen Denker, daß wir die von ihnen erfundenen Me⸗
thoden auf unſer Gebiet übertragen, ſondern dadurch,
daß unſer Erkennen ſich der Natur unſeres Objektes
anſchmiegt, und wir uns ſo. zu dieſem ganz ſo der⸗
halten, wie ſie zu dem ihrigen. Natura parendo
vincitur“.
Eine Anwendung der ſogenannten organiſchen Me⸗
thode auf die wiſſenſchaftliche Erforſchung menſchlicher
Tätigkeit iſtsalſo grundſätzlich nicht gerechtfertigt. Des:
halb iſt es auch nicht Jangängig, den Stoff unſerer
Wiſſenſchaft in die äußere Feſſel eines fremden Syſtems
zu bannen. Die Form hat fih nach dem Gegenſtand
zu richten und nicht dieſer ſich jener zu fügen. Damit
fällt aber auch das Fundament, auf dem Wappes
ſein Syſtem errichtet hat. Mit ſeinen Vorausſetzungen
ſtürzt es in ſich ſelber zuſammen Alſo ſelbſt für die
Forſtwiſſenſchaft im Wappes' chen Sinne ift das foge-
nannte „Organiſche Syſtem“ als ihrem Gegenſtande
inadäquat abzulehnen. Auch das Syſtem einer als
theoretiſche Geiſteswiſſenſchaft aufgefaßten Forſtwiſſen⸗
ſchaft muß aus ihrem Gegenſtand ſelbſt hervorwachſen
und dem ureigenſten Weſen dieſes beſonderen Objektes
angemeſſen ſein. Jeder Verſuch, das Objekt einer
Wiſſenſchaft in einen, von einem ganz anderen Gebiet
entliehenen, ihm nicht entſprechenden Rahmen zu ſpan⸗
nen, kann von vornherein als verfehlt bezeichnet werden.
III. Die Wappes'ſche Methodik der „Forſtwirtſchafts⸗
Wiſſenſchaft“.
Die Methodik unſerer Wiſſenſchaft baut ſich wie
ihr Syſtem, mit dem ſie in einer innigen Wechſel⸗
beziehung ſteht, auf der Baſis der Grundlegung auf.
Die Eigenart des ſpeziellen Objektes unſrer Wiſſen⸗
ſchaft iſt bedingend und richtunggebend für die Art
der Forſchungs methoden.
Es leuchtet ohne weiteres ein, daß die Methodik
verſchieden ſein muß je nach der verſchiedenen Art des
Grundes, den man unſrer Wiſſenſchaft legt.
Wer, wie Wappes, unſere Wiſſenſchaft in einer
theoretiſchen Erfaſſung der forſtlichen Unternehmung,
d. h. der tatſächlich ausgeübten forſtwirtſchaftlichen
41*
308
Tätigkeit, fich erſchöpfen läßt, der kann auch nur die,
zur Erkenntnis dieſes beſonderen Gebietes notwendigen
Methoden als Forſchungsmethoden unſrer Wiſſenſchaft
gelten laſſen.
Sehr viel komplizierter geſtaltet ſich die Darſtellung
einer Methodenlehre unſrer Wiſſenſchaft für einen Ber-
treter einer willenswiſſenſchaftlichen „Forſtwirtſchafts⸗
Wiſſenſchaft“ im Sinne des transſcendental⸗logiſchen
Idealismus, wie ſie im J. Teile dieſes Artikels in
ihren Grundzügen angedeutet wurde.
Für ihn bildet ja das Studium der Forſtwirt⸗
ſchaft in concreto nur ein Glied feiner Willen:
ſchaft, die außerdem noch die, aus den drei großen
Gebieten der menſchlichen Kultur, (dem der Natur,
dem des „Beiſammen der Menſchen“ und dem des
„Gefühls des Schönen”) herfließenden Grundlagen
der forſtwirtſchaftlichen Tätigkeit, denen Wappes in
feinem „organiſchen“ Syſteme keinen Platz gönnt, und
zuletzt aber nicht zumindeſt die ſich darauf aufbauende
Forſtwirtſchaft der Idee in ſich faßt.
Er hat alſo neben den Methoden, die zur Er⸗
forſchung der Forſtwirtſchaft in concreto — die ihm
nichts als eine Kontrollinſtanz iſt — dienen, auch noch
die beſonderen Methoden der einzelnen Grundlagen,
als da find die mathematiſchen, die mathematiſch⸗
naturwiſſenſchaftlichen, die biologiſch⸗naturwiſſenſchaft⸗
lichen, die kunſtwiſſenſchaftlichen, die juriſtiſchen, ſtaats⸗,
volkwirtſchafts⸗ und privatwirtſchafts-wiſſenſchaftlichen
Grundlagen, und vor allem die den Aufbau der Norm
bewirkende Methode als Forſchungsmethoden unſrer
Wiſſenſchaft anerkennen und zu beglaubigen.
Doch dieſe Gedanken können hier nicht weiter aus⸗
geſponnen werden. Hier ſoll ja nicht eine Methode
dieſer willenswiſſenſchaftlichen Forſtwirtſchafts⸗Wiſſen⸗
ſchaft aefchrieben, ſondern nur eine Kritik der Wappes'⸗
ſchen Methodik gegeben werden.
Im I. und II. Teile dieſer Abhandlung wurde
ausgeführt, daß Wappes die forſtliche Unternehmung,
die er ja als das Objekt ſeiner Forſtwiſſenſchaft an⸗
ſieht, als einen geiſtigen Organismus auffaßt und die
Wiſſen'chaſt von ihr'nach einem „organiſchen“ Syſtem⸗
ſchema geordnet haben will.
Danach müßte man vermuten, daß er auch, in
Berückſichtigung der, zwiſchen Syſtem und Methode
herrſcheuden, Wechſelbeziehung, für eine „organiſche“
Forſchungsmethode unſrer Wiſſenſchaſt eintreten würde.
In ſeinen „Studien über die Grundbegriffe und die
Syſtematik der Forſtwiſſenſchaft“ macht ſich der Ein⸗
fluß der Wundt iden Philoſophie auf feine Anſchau⸗
ungen noch nicht ſehr deutlich bemerkbar. Wappes
ſteht vielmehr noch ganz im Banne L. von Steins
und der älteren Soziologen. Er geht in feiner Ber:
gleichung der forſtlichen Unternehmung mit einem,
natürlichen Organismus noch ſehr weit und verfehl!
auch nicht der angedeuleten Relation gebührend Red:
nung zu tragen. Auf S. 34 ſagt er: „Wenn wit
aber das Objekt unſerer Forſchung, die forſtliche Unter:
nehmung als geiſtigen Einzelorganismus auf:
faſſen, ſo müſſen wir die gleichen Methoden anwenden
können, wie die Naturwiſſenſchaft den körperlichen Or⸗
ganismen gegenüber.“ Und er macht in der Tat den
Vorſchlag, die von einem Biologen F. Dreyer für
die biologiſche Forſchung vorgeſchlagenen Methoden
auch bei der „forſtwiſſenſchaftlichen“ Forſchung zu ver:
wenden. F. Dreyer unterſcheidet lich zitiere hier
nach Wappes „Studien“ .... S. 34): drei Methoden:
1. die deſkriptiv⸗regiſtrierende (Anne),
welche die vorhandenen Erſcheinungen als ſeſt an:
nimmt und ſie beſchreibt (entſpricht der empiriſchen
Paul du Bois⸗Reymonds);
2. die hiſtoriſch⸗morphologiſche (Darwin),
welche das Verſtändnis der Formen durch Ver⸗
folgung ihrer Entſtehung und Entwicklung an:
ſtrebt und
3. die ätiologiſch⸗mechaniſche (gegenwärtige
Richtung), welche die Aufgabe hat, die inneren
treibenden Kräfte zu erforſchen.“
„Dieſe Unterſcheidung Dreyers“, ſo führt Wappes
dann wortlich aus, „dürfte auch bei der forſtwiſſen⸗
ſchaftlichen Forſchung anzunehmen fein. Es darf hier:
bei jedoch nicht die Auffaſſung Platz greifen, als ob die
erſte und zweite Methode ein überwundener Stand:
-a — N
u
punkt fei. Die drei Metboden müſſen vielmehr neben: «
einander angewendet werden und ergeben durch ihre
Anwendung den Inhalt der Forſtwiſſenſchaft.“
Er ſtellt aber den Wert ſeines Vorſchlags wieder
in Frage, wenn er ſagt, die Forſtwirtſchaſt fei als
geiſtiger Organismus kein ſicher reagierendes Objekt.
— — . — —
— mm —
wie der natürliche Organismus, ſondern mälle al |
folder mit pſychiſchen Affekten rechnen, es gäbe daher
bei ihr nur Geſetze der Wahrſcheinlichkeit. Damit gibt
er aber zu, daß die naturwiſſenſchaftlichen biologische
Methoden, die er vorgeſchlagen hat, für eine Geil
wiſſenſchaft im Wundt'ſchen Verſtande — das fol
unſere Wiſſenſchaft feiner Anſicht nach ja fein — en
nicht ausreichen.
In der vier Jahre ſpäter im Lorey'ſchen Gan:
buche veröffentlichten Abhandlung ändert er feinen
Standpunkt ganz weſentlich. Er hält zwar das „or
ganiſche“ Syſtem noch aufrecht, nicht aber be
organiſch-naturwiſſenſchaftlichen Ne i
thoden. Er ſcheint inzwiſchen eingeſehen zu habel,
daß man in einer Geiſteswiſſenſchaft im Wundt ſche
Sinne doch nicht ſo ohne weiteres nach denſelben Me
m 2 002
thoden forſchen kann, als in den Naturwiſſenſchafttnn.
Und zwar verdankt er diefe Einſicht, wie ungwoeideuts
Experiment,
|
809
aus feiner letztgenannten Schrift zu entnehmen iſt,
hauptſächlich dem Studium der „Logik“ Wundts.
Meiner Anſicht nuch hat. er deſſen Darlegungen
nicht durchweg richtig aufgefaßt. Er bringt zunächſt
eine kurze Darſtellung der „allgemeinen Methoden⸗
lehre“, die ja auch für die Forſchungsmethoden unſrer
Wiſſenſchaft bedingende Geltung beſitzen muß. Und
zwar bedient er ſich hierzu eines gedrängten Auszuges
aus der Wundt ' ſchen „Methodenlehre“, wie fie dieſer
in ſeiner „Logik“ entwickelt hat.
Hierauf geht er zur „Anwendung“ der Me⸗
thoden über und führt, indem er fih wieder auf
Bundt bezieht, auf S. 31 Folgendes aus: „Hier
ergibt ſich ſofort ein ſchwieriges Problem, nämlich die
Verschiedenheit des Objektes der beiden großen Gruppen
Xatur: und Geiſteswiſſenſchaſten, die in ihrer Rud:
wirkung auch Einfluß auf die Methode hat. Die
Aufgabe der Naturwiſſenſchaft beſteht in der metho⸗
digen Erforſchung der einzelnen Naturerſcheinungen.
Ale Naturforſchung geht aus von der Sinnes-
wahrnehmung. Im Gegenſatz dazu iſt das Merkmal
geiſtiger Erfahrungsinhalte Wertbeſtim⸗
mung, Zweckſetzung und Willensbetätigung. Man kann
zuſammenfaſſend jagen, die Naturwiſſenſchaft wolle ihr
Objektt erklären, die Geiſteswiſſenſchaft es ver-
ſtehen. Die Natur kann als Mechanismus erkannt
werden, das Geiſtige bleibt irrational, d. h. mit den
Sinnen nicht zu faſſen und vorzuſtellen. Eine ſcharfe
Grenze in methodologiſcher Hinſicht iſt jedoch nicht zu
ziehen. Wenn aber auch das Prinzip der Methode
nicht geändert wird, wenn es bei beiden Gruppen In.
duktion, Deduktion uſw. gibt, ſo hat ſich doch im
ganzen eine verſchiedene Art des Vorgehens entwickelt.
Als ſpezifiſch naturwiſſenſchaftlich ift zu nennen das
als ſpezifiſch geiſteswiſſenſchaftlich die
Kritik und Interpretation.“
Ich möchte hier nur ganz flüchtig auf einen kleinen
Fehler in der Wappes'ſchen Interpretation der Wundt-
Iden Gedanken aufmerkſam machen. Im erſten Satze
des joeben angeführten Zitates ſpricht Wappes von einer
Verſchiedenheit des Objektes der Natur:
und Geiſteswiſſenſchaften. Wundt aber bekämpft
gerade die Auffaſſung, daß die Natur- und die Geiſtes⸗
wiſſenſchaften verſchiedene Objekte hätten; und gerade
die Annahme, daß es nur ein Objekt der Erkenntnis
für diefe beiden Arten der Wiſſenſchaft gibt, und daß
deshalb der Unterſchied dieſer nicht in den Objekten,
ſondern in der verſchiedenen Betrachtungs⸗
weiſe dieſes einen Objektes durch dieſelben liegt,
it der Grundpfeiler, auf dem er feine ganze Klaffi-
fikation der „reinen“ Wiſſenſchaften in Naturwiſſen⸗
ſchaften einerſeits und Geiſteswiſſenſchaften andrerſeits
aufbaut.
Die Schlußſätze des Zitates dagegen find wieder
ganz im Sinne Wundt's und ſtimmen auch überein
mit der Erläuterung der einſchlägigen Ideen Wundts,
wie ich ſie im I. Teile dieſer Abhandlung gegeben
habe. Dort habe ich ausgeführt, daß nach Wundt
die Pſychologie, die auch die allgemeinſte Geiſteswiſſen⸗
ſchaft genannt werden kann, es mit der unmittelbaren
Erfahrung zu tun hat, und deshalb auch als anſchau—
lich bezeichnet werden kann, daß aber die Naturwiſſen⸗
ſchaft, die das gleiche Objekt hat, von der mittelbaren
Erfahrung ausgeht und daher begrifflich iſt. Das
deckt ſich voll und ganz mit der Ertlärung, daß die
Naturwiſſenſchaften mehr mit dem Experiment, die
Geiſteswiſſenſchaſten mehr mit der Kritik und der In⸗
terpretation arbeiten. Als Anhänger des trans-
ſcendental-logiſchen Idealismus, wie ihn
Cohen u. A. gelehrt haben, kann ich mich mit der
Philoſophie Wundt’ F, die ja mehr realiſtiſch
und pſychologiſtiſch ift, nicht einverſtanden er:
klaren. Ich bin mir indes meiner Schülerſchaft in der
Philoſophie zu ſehr bewußt, als daß ich mich ver:
meſſen könnte, mich auf eine Kritik der Methoden⸗
lehre Wundts einzulaſſen. Eine ſolche zu geben,
das iſt Sache der reinen Philoſophen.
Hier liegt mir nur daran feſtzuſtellen, daß ſich
Wappes in feiner „Grundlegung . . ..“ auf die Die:
thodenlehre Wundts beruft und damit feine Meinung,
wie er ſie in feinen „Studien . . . .“ an den Tag legt,
von Grund auf ändert. Im Banne der Wundt'ſchen
Philoſophie wirft er die früher empfohlene „organiſche“
Methode über Bord und bekennt ſich zu den, von
Wundt für die Geiſteswiſſenſchaften vorgeſchlagenen,
Methoden. Gegen diefe Entwicklung ift an und für
ſich nichts zu ſagen, im Gegenteile, ſie iſt ſogar ſehr
erfreulich. Aber wenn die organiſche Methode
als unbrauchbar ſallen gelaſſen wird, kann da das
organiſche Syſtem noch mit Recht aufrecht er⸗
halten werden? Organiſche Methoden laſſen ſich
nur mit einem organiſchen Syſtem und geiſtes⸗
wiſſenſchaftliche nur mit einem geiſteswiſſen⸗
ſchaftlichen Syſtem vereinbaren. Ein „organiſches“
Syſtem für die Forſchung einer Wiſſenſchaft, die nur
mit geiſteswiſſenſchaftlichen Methoden arbeitet, iſt ein
Unding. Wer davon überzeugt iſt, daß man in einer
Geiſteswiſſenſchaft nicht nach naturwiſſenſchaftlicher Me⸗
thode forſchen kann, der muß auch einſehen, daß das
„organische“ Einteitungsſchema dem Erkenntnismaterial
einer ſolchen Wiſſenſchaft nicht angemeſſen ſein kann.
310
Literariſche Berichte.
Neues aus dem Buchhandel.
Vericht üb. d. 22. Tagg. (Kriegstagg.) d. deutſchen Forſt⸗
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Dombrowski, Raoul v., illustrierter Jagd-Kalender pro 1917.
kin Vademekum f. Jäger u. Jagdfreunde. 39. Jg. Red.
v. Ernst Ritter v. Dombrowski. (IV, 187 S. u. Tage-
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konto, in Wien. ö
Fiſchereigeſetz. Vom 11. V. 1916. Mit ausführl. Sachregiſter.
Preußiſche Geſetze.) (68 S.) kl. 8. M. —.75. J. U.
Kerns Verlag (Max Müller, in Breslau.
Floericke, Kurt, Ur.: Ueber d. Vögel d. deutſchen Waldes.
Mit zahlr. Abb. 21., neu umgearb. Aufl. (103 S.) 8°.
M. 1.—; geb. M. 1.80.
Forst- u. Jagdstatistik f. d. J. 1913. (Zsgst. im k. k.
Ackerbauministerium.) (44 S.) Lex.-8°. (3.-A. a. d. statist.
Monatsschrift, 20. Jg.) M. —.80. Wilhelm Frick, Ver-
lagskonto in Wien.
Forſtkalender, Deutſcher, d. deutſchen Forſtvereines f. Böh⸗
men. 1917. 10. Ig. Bearb. v. Forſtſch.⸗Dir. Forſtwirt
Bez.⸗Forſttechn. Ziv.⸗Geometer Dr. Rich. Grieb. (152 u.
Beilage 48 S.) kl. 8° Lwbd. u. geh. M. 2.40. J. Kobrtſch
& Gſchihay in Eger.
ports u. Jagdkalender 1917. Begr. v. Schneider u. Judeich.
67. Ig. (40. Ig. d. Judeich⸗Behm'ſchen Kalenders.) Bearb.
v. Geh. Oberforſtr. Oberforſtmſtr. Dr. M. Neumeiſter. (In
2 Tln.) 1. Tl. Kalendarium, Wirtſchafts⸗, Jagd u.
Fiſcherei⸗Kalender, Hilfsbuch, verſchiedene Tab. u. Notizen.
Ausg. A. 7 Tage auf d. linken Seite, d. rechte Seite
frei.] (XXXII, 10 S., Schreibkalender, 144 u. 52 S.) kl. 8°.
Lwbd. M. 2.40; Runftlorbd. M. 3.—. J Ausg. B auf jeder
Seite nur 2 Tage] Lwbd. M. 2.60; Kunſtldrbd. M. 3.20
Julius Springer in Berlin.
Fromme's forstliche Kalender-Tasche 1917. Zugleich Ka-
lender d. allgemeinen Güterbeamten- Vereines in Wien.
Red. v. Hofr. Emil Böhmerle. 31., der ganzen Folge 45.
Jg. Mit d. Bildnis d. Redakteurs u. 44 Fig. im Texte.
(VIII, 225 S. m. Tages-Notizbuch u. 4. S. in 16°.) kl. 8.
Lwbd. M. 3.80; Brieftaschen-Ausg. M. 4.80. Buchdruckerei
u. Verlagsbuchhandlung Carl Fromme, Ges. m. b. H. in
Wien.
Herrmann, Max, Rechtsanw.: Kommentar z. preuß. Fiſcherei⸗
geſetz vom 1. V. 1916. (96 S.) 8%. Pappbd. M. 3.50.
Herrmann, Max, Rechtsanw.: Kommentar z. preuß. Fiſcherei⸗
geſetz vom 1. (überklebt 11.) V. 1916.) (96 S.) de
Lwbd. M. 8.50 W. Moeſer, Buchhandlung in Berlin.
Jugoviz, Rud., Dr.: Der Wald als Retter in d. Not. En
Bruchſtück aus zeitgemäßer Forſtbenutzg. (III, 48 S.
gr. 8. (S.⸗A. a. d. Zeitſchrift d. ſteierm. Forftvereines,
32. u. 33. Ig. M. 1.—. Ulr. Moſers Buchhandlung
(J. Meyerhoff, Verlagskonto in Graz.
Mitteilungen aus d. Forst- u. Kameralverwaltg. f. d. Wirt-
schaftsjahr 1913. Bearb. im Grossh. Ministerium d. Finan-
zen, Abt. f. Forst- u. Kameralverwaltg. (48 S.) Lex.--#.
M. 1.—. (Beiträge z. Statistik d. Grossh. Hessen. Hrsg.
v. d. Grossh. Hess. Zentralstelle f. d. Landesstatistik.
Schriftleitg.: Reg.-R. L. Knöpfel. 64. Bd. 4. Heft.) Buch-
handlung des Grossh. Hess. Staats verlags in Darmstadt
Nechleba, Forstr.: Ein Eisenbahnunfall vom fortl u.
geolog. Standpunkte betrachtet. (2 S. m. 1 Abb.) 33.
cm. (S.-A. a. d. Montanistischen Rundschau. 1916.) M.—.w.
Verlag f. Fachliteratur, G. m. b. H. in Berlin.
Ross, H., Konserv. Dr.: Die Pflanzengallen Bayerns u. d.
angrenz. Gebiete. Mit 325 Abb. v. Dr. G. Dunzinger.
Hrsg. m. Unterstützg. d. kgl. bayer. Akademie d. Wissen:
schaften. (XII, 104 8.) Lex.-8%. M. 2.50. Gustav Fische
in Jena. i
Schikora, rdr.: Die Wiederbevölkerg. d. deutſchen Gemüja '
m. Krebſen. Mit e. Karte u. Y Lichtdr.⸗Taf. v. Krebs
arten u. Krebspräparaten. (VII, 195 S.) kl. 6% Lwbd!
M. 4.50. Emil Hübners Verlag in Bautzen. |
Taschenkalender (Einbd.: Gustav Hempel’s Taschenkalender
f. d. Forstwirt f. d. J. 1917. 36. Jg. Begr. v. Holt.
Prof. G. Hempel. Fortges. v. Hofr. Prof. Julius Marche!
u. Forst- u. Domänen-Verw. Dr. Frdr. Hempel. (VIII.
303 S.) kl. 8°. LW bd. M. 3.80. Moritz Perles Verlags-
konto in Wien.
Weller, Hubert, Förſter: Unfere einheim. Stubenvögel. Ein |
prakt. Handbuch üb. Naturgeſchichte, Aufzucht u. Pflege |
unferer bekannten einheim. Wald⸗ u. Singvögel. Nebit
e. Anleitg. üb. d. Einfangen d. Vögel u. d. Behandlg.
ihrer Krankheiten. Mit e. Anh.: Die Behandlg. d. Ka
narienvögel i. d. Hecke. 5. Aufl. bearb. v. L. Walter.
(VI, 140 S. m. Abb.) 8. M. 1.—. Ernſt'ſche Verlags
buchhandlung, Leipzig.
—
|
Die Maſſenbekämpfung der Kaninchenplage |
unter Anwendung von Verwitterunge
mitteln. Von Dr. A. Ströſe, Geh. Regierung
rat in Berlin⸗Zehlendorf. Mit 9 Abbildungen im |
Texte. Neudamm 1915. Verlag von J. Neumann.
72 S. Preis geheftet 60 Pf.; in Partien billiger.
In dieſem „Belehrungsheft des Inſtituts für Jagd:
lunde“ ſchildert und empfiehlt der Verfaffer ein durch
mehrjährige Unterſuchungen und Verſuche als bewährt
befundenes Verfahren, die auch an manchen Orten
Deutſchlands vorhandene Kaninchenplage rationell zu
bekämpfen. Nach eingehenden Studien über die Det,
hütung und Unterdrückung des Kaninchenfhaden? hat
Ströſe die Ueberzeugung gewonnen, daß es ſowo
311
vom volkswirtſchaftlichen wie vom Standpunkte der
Jagd aus am zweckmäßigſten fei, den Kampf gegen
die Wildkaninchen in erſter Linie mittels Abſchuſſes
aufzunehmen, die dann noch übriggebliebenen Kanin⸗
chen durch Verwitterungsmittel und Zäune von der
Schädigung erheblich gefährdeter Kulturflächen uſw.
abzuhalten und erſt in äußerſten Notfällen an ein⸗
zelnen Orten zur Vergiftung der Kaninchen zu ſchrei⸗
ten. Eine vollſtändige Ausrottung des Wildkaninchens
halt er nicht nur für ausſichtslos, ſondern auch für
unwirtſchaftlich und überflüſſig.
Der Verfaſſer ſchildert zunaͤchſt die bemerkenswerten
Eigentümlichkeiten der Lebensweiſe des Kaninchens,
beſpricht den durch dieſes Wild in Wald und Feld,
Daumſchulen, Gärten und Weinbergen verurſachten
Schaden und legt dann die allgemeinen Geſichtspunkte
für die Bekämpfung der Kaninchenplage dar.
Da das Karnickel ſich in der Regel in der Nähe
ſeines Baues oder Verſteckes aufzuhalten pflegt, erſtreckt
id die Zone, innerhalb welcher die Kaninchen ihr
dernichtendes Werk verrichten, ſelbſt bei einem ſtarken
Kaninchenbeſatz felten auf mehr als etwa 50 m Ent:
ſernung vom Rande der Kolonie. Hinſichtlich des
Schadens im Walde läßt es ſich vielerorts fo eric:
ten, daß das Kaninchen durch Verwertung des Wild⸗
prets und des Balges einen Gewinn abwirft, der die
Rojten der Verhütung des Schadens mehr oder weniger
teichlich aufwiegt. Welch' hohe volkswirtſchaftliche Be-
deutung das Wildkaninchen hinſichtlich der Fleiſchver⸗
ſorgung gewiſſer Bevölkerungskreiſe hat, geht u. a.
aus der Tat ſache hervor, daß allein in der Zentral—
markthalle zu Berlin im Jahre 1913 nicht weniger
als 518645 Kaninchen zum Durchſchnittspreiſe von
6,78 Mk. veräußert wurden. Aus dieſem volkswirt—
ſchaftlichen Grunde ſoll denn auch das Vergiften, das
ſich von allen zur Bekaͤmpfung der Kaninchenplage
bisher angewandten Mitteln als das wirkſamſte er-
wieſen hat, nur in ſolchen Ausnahmefällen ſtattfinden,
in welchen man mit keinem anderen Mittel die Plage
abſtellen kann, denn die vergifteten Kaninchen find
wertlos, während das mit der Flinte erlegte ſowie das
uin Netzen gefangene Kaninchen zu gutem Preiſe ver-
kauft werden kann, ganz beſonders jetzt während des
Krieges, wo infolge der eingetretenen Fleiſchknappheit
der Preis für Kaninchen ſehr erheblich geſtiegen iſt.
In der Berliner Zentralmarkthalle z. B. koſtete das
Stück im vorigen Jahre bis zu 1,40 Mk. und heute
beträgt der Preis dort vielleicht noch mehr.
Das Weſentliche des von Ströſe empfohlenen Be⸗
kaͤmpfungsverfahrens ift der planmäßige Maſſenabſchuß
der Kaninchen und der Schutz ganzer Kulturflächen
und einzelner Pflanzen uſw. gegen Kaninchenſchaden
durch das Anbringen dauerhafter Vorrichtungen. Bei
beiden Arten der Bekämpfung ſpielt eine beſondere
Art des Verwitterns der Kaninchenbaue eine hervor⸗
ragende Rolle. Von den zahlreichen Verwitterungs⸗
mitteln hat ſich bei den Verſuchen des Verfaſſers als
beſtes das Rohkreſol (Cresolum erudum) erwieſen,
deſſen Anwendung deshalb aufs wärmſte empfohlen
wird.
Der Abſchuß erfolgt auf Treib- und Stöberjagden
und beim Frettieren. Zwei bis vier Tage vor der
Treibjagd ſind die Röhren zu verwittern, damit die
Kaninchen, welche fic) zur Zeit des Verwitterns außer⸗
halb der Baue befinden, dieſe auf längere Dauer nicht
aufſuchen, während die in den verwitterten Bauen
ſteckenden Kaninchen ſo lange dort verbleiben, bis ſie
der Hunger hinaustreibt, was im allgemeinen ein bis
zwei Tage dauert. Durch ein derartiges Verwittern
der Baue laſſen ſich die Strecken der Kaninchentreib⸗
jagden erfahrungsgemäß leicht auf das Toppelte des
ſonſtigen Durchſchnitts bringen. Auch beim Frettieren
ſollen zur Erzielung beſſerer Ergebniſſe die in der
weiteren Umgebung des abzufrettierenden Gebiets be⸗
findlichen Kaninchenröhren etwa vier bis fünf Tage
vor der Jagd mit Rohkreſol verwittert werden, um
die Kaninchen aus deu verwitterten Bauen zu ver:
treiben und nach den Bauen zu ziehen, welche frettiert
werden ſollen. Zum Vergiften der Kaninchen in
beſonderen Ausnahmeſällen empfiehlt Ströſe in erſter
Linie die Verwendung von Phosphatlatwerge in
einem Stückchen Mohrrübe. Hiermit ſollen weit durch⸗
greifendere Erfolge erzielt werden als mit dem be-
kannten, bisher ſehr viel angewandten Schwefelkohlen⸗
ſtoff⸗ Verfahren, weil mit Phosphor die Kaninchen
„nahezu reſtlos“ vertilgt würden, während man bei
Anwendung von Schwefelkohlenſtoff nur diejenigen
Kaninchen vertilge, die ſich gerade während der An⸗
wendung des Mittels im Baue befänden.
Zum Schutze ganzer Kulturflächen gegen die
Veſchädigungen durch Wildkaninchen ſind Scheuchen
oder Drahtzaͤune aufzuſtellen. Als wirkſamſtes
Scheuchemittel empfiehlt Ströſe allgemein Kreſol—
leimdüten. Der Kreſolleim wird aus Rohkreſol und
Fiſchtran, Kolophonium und etwas Glyzerin herge⸗
ſtellt und auf Streifen von 25 cm Länge und 25 cm
Breite aus Zeitungspapier geſtrichen, von welchen je
drei zu einer Düte gedreht werden. Die Düten wer:
den in Abſtänden von je 2 m in einer Höhe von
i/a m wie Jagdlappen an einem dünnen Draht an
den zu ſchützenden Revierteilen aufgehängt. Dieſes
Verfahren hat vor dem der Umzäunung den Vorzug
weit größerer Billigkeit. Die Koſten belaufen fih auf
nur 1—2 Mk. für 100 laufende Meter, waͤhrend
Drahtzäune der bisher allgemein gebräuchlichen Art
etwa 50 Mk. koſten. Die Kreſollei mſcheuchen laffen
312
ſich jedoch nur dort verwenden, wo ein 8 — 10 wöchiger
Schutz vor Kaninchenſchaden genügt, alſo z. B. für
junge Saaten. Waldkulturen, Garten und Park—
anlagen dagegen bedürſen eines allgemeinen dauern⸗
den Schutzes vor Kaninchen durch feſte Zäune. Bei
den bisher allgemein gebräuchlichen Kaninchen⸗Maſchen⸗
drahtzäunen haben ſich jedoch eine Reihe von Mängeln
herausgeſtellt, die Ströſe zur Herſtellung eines neuen
Modells („Modell 8“) veranlaßt haben. Dasſelbe
ſoll vor dem bisher gebräuchlichen u. a. den Vorzug
haben, daß die Karnıfel fic) nicht unter das auf bez
ſondere Art in die Erde eingelaſſene Drahtgeflecht hin⸗
durchwühlen und den Zaun auch nicht überklettern
können.
Zum Schutze einzelner Stämme, Sträu—
cher uſw., ferner von Eiſenbahndämmen, Dei-
chen, Feſtungsanlagen und Exerzierplätzen wird
ebenfalls die Verwendung von Kreſolleim in erſter
Linie empfohlen. l
Ströſe hält einen mäßigen Kaninchenbeſatz für
durchaus zuläſſig, ganz beſonders aber jetzt während
des die Zufuhr von Nahrungsmitteln aus dem Aus⸗
lande uns abſchneidenden Wirtſchaftskrieges, wo ein
mäßiger Kaninchenbeſtand geradezu im Intereſſe der
Volksernährung liegt. Einem übermaͤßigen Beſatze
kann mit Hilfe des empfohlenen Verfahrens vorge⸗
beugt bezw. ein ſolcher kann gegebenenfalls ſchnell und
ſicher auf das zuläſſige Maß verringert werden. Des⸗
halb verdient dieſes Bekämpfungsverfahren zurzeit all:
gemeine Anwendung, denn es muß heute mehr als
ſonſt das Beſtreben der Volkswirtſchaft darauf hinaus⸗
gehen, einerſeits dem Schaden des Wildes an den Er⸗
zeugniſſen des heimiſchen Bodens mit allen braud:
baren Mitteln entgegenzutreten, andererſeits aber auch
die bedeutenden Werte, die wir in unſeren Wildſtänden
haben, ſo zweckmäßig und vorteilhaft wie irgend mög⸗
lich auszunutzen.
Dem klar geſchriebenen Büchlein ſei weiteſte Ver⸗
breitung in all' den Kreiſen gewünſcht, welche die
Frage der Kaninchenbekämpfung berührt. Möchten
die maßgebenden Behörden und Intereſſenvertretungen
der Land⸗ und Forſtwirtſchaft ſowie der Jagd den
Kampf gegen die Kaninchenplage nach den Anleitungen
des vorliegenden Belehrungsheftes überall dort unver:
zuͤglich aufnehmen, wo es bisher noch nicht geſchehen ift.
Weber.
J. Großmann, Das Holz und ſeine Bearbeitung.
Aus Natur und Geiſteswelt, Bändchen 473. B. G.
Teubner.
In populärer dem Zweck der Sammlung entſprechen⸗
der Weiſe beſchreibt der Verf. in 13 Abſchnitten das
Holz und ſeine Bearbeitung. Aufbau, Eigenſchaften
und Fehler des Holzes werden nach bekannten Werken
dargeſtellt; es folgen dann wertvollere Abſchnitte die
der Holzbearbeitung nach knapper Schilderung des
Holztransportes und der Lagerung gewidmet ſind.
Dann geht Verf. zunächſt auf die mechaniſche Bear⸗
beitung des Holzes, das Zerteilen, Biegen und Preſſen
ein, wobei die dazu nötigen Werkzeuge und Maſchinen
in ihren Grundtypen anſchaulich beſchrieben werden;
gute Abbildungen ſind beigegeben. Dem Verſchönern
des Holzes, das durch Schleifen, Laſieren, Lackieren,
Anſtreichen, Beizen, Wachſen, Mattieren, und Polieren
geſchehen kann, werden die folgenden Abſchnitte gewid:
met. Das Holz der wichtigſten Holzarten wird b:
ſchrieben und deren hauptſächlichſte Verwendung ange —
geben. Unter „Zedernholz“ iſt geſagt, daß es wohl⸗
-richend, Schön bräunlich, dem Mahagoniholz ſehr ayn:
lich ſei und weitaus am meiſten von der Atlas: und
Deodarzeder ſtamme.
mit dem Holze von Cedrela odorata vor, das im
Handel fälſchlich als Zedernholz (bekanntes Zigarren⸗
kiſtenholz) bezeichnet wird.
Das Holz der echten Zeder ſtammt von der Hime:
Taya, Atlas: oder Libanonzeder, hat das Gefüge der
„Nadelhölzer“, ift im Kern gelb bis gelblich braun und
für den Holzhandel und die Holzbearbeitung bedeutung:
los. Das Ccdrelaholz ift braun, ſtammt von einem
Laubbaume, Cedrela odorata und ſeinen Verwandten,
und hat daher das Gefüge der Laubhölzer. Solche
Unſtimmigkeiten hätten ſich vermeiden laſſen, wenn der
Verfaſſer bei der Bearbeitung die grundlegenden Quellen:
werke benutzt hätte, die wir in dem Literaturverzeichnis
vermiſſen. Das Werkchen gibt über die Hole
arbeitung einen guten Ueberblick. Der letzte Abſchnitt
über die wirtſchaſtliche Bedeutung des Holzes hängt
mit dem Thema nur febr lofe zuſammen und veralke
raſch; es iſt nicht möglich auf ſo engem Raume der
Bedeutung des Problems einigermaßen gerecht zu
werden, ſein Weglaſſen bei der 2. Auflage würde die
Abgeſchloſſenheit und den Wert des Ganzen nid!
beeinträchtigen. Dr. Wimmer.
Hermann Löns, Das Tal der Lieder. Verlag von
Friedrich Gersbach in Hannover. Geb. 1 Mk.
Dieſes Büchlein it in gewiſſem Sinn eine €r
gänzung des an dieſer Stelle beſprochenen Tierbuchs
„Goldhals“. Hier bietet Löns Stimmungsbilder, zei’
net Städte und Landſchaften. Cs ift ein Buch feiner
engeren Heimat Hannover. Ein paar Ueberſchriften
mögen ſeinen Inhalt andeuten: „Die bunte Stadt am
Harz“ (Wernigerode), „Die Stadt am hohen Ufer
(Hannover), „Am Steinhuder Meer“, „Die deutſchen
Erdölgebiete“ und — last not least: wie könnte es
— — — — —.— — — m
— e O a
Hier liegt eine Verwechſelung
813
bei ben „Heidedichter anders fein? — „einfame Geid-
fahrt“.
Möge das Bändchen Löns, der einer der deutſcheſten
Dichter unſerer Tage war, viele neue Freunde er⸗
werben. B. Th.
Nengeſtaltung im Mittelſchul ⸗Unterrichte.
Bericht, erſtattet an den vom Oeſterreich. Ingenieur⸗
und Architektenverein eingeſetzten Ausſchuß für tech⸗
niſch⸗wirtſchaftliche Staatsnotwendigkeiten von k. k.
Oberforſtrat Dr. Rudolf Jugoviz, Direktor
der höheren Forſtlehranſtalt f. d. Oeſterr. Alpen⸗
länder zu Bruck a. d. Mur. — Daſ. 1916, Buch⸗
druckerei H. Snerczek u. Comp.
Der Verfaffer dieſer Schrift, welche dem Andenken
Dr. Guſt av Marchets — Cf. Nekrolog im Auguft:
heft d. Bl. — gewidmet iſt, erſtrebt eine durchgreifende
Umgeſtaltung des Mittelſchul⸗Unterrichts in dem Sinne,
daß dem 4= oder 5 jährigen Beſuche der Volksſchule
an Stelle der Unterſtufen der Gymnaſien, Realſchulen
ufo. eine einheitliche Mittelſchule, „nach dem
Arbeitsprinzip organifiert”, folgen fole. Dieſe möge
5 oder 6 Jahreskurſe umfaſſen und den Abſolventen
das Anrecht auf Einjährig⸗ Freiwilligen = Dienft ge:
währen. Dann folge, etwa im 16. Lebensjahr, die
Berufswahl und für ſolche, die eine weitere wiſſen⸗
ſchaftliche Ausbildung erſtreben, der Uebergang zu einer
Akademie, die entweder der allgemeinen Weiter⸗
bildung (Gymnafium, Realſchule uſw. als Vorftufe für
Hochſchulen) oder dem Fachunterricht für Erziehungs»,
Bank- und Handels-, Poſt⸗ und Eiſenbahn⸗, Berg:
und Hütten⸗, Gemeinde⸗ und Steuer, See⸗ und Heer⸗
weſen, Gewerbe, Kunſt und Induſtrie, Land- und Forſt⸗
wirtſchaft zu widmen wäre. Nur den beſten und tüch⸗
tighten: Abſolventen der einen oder anderen Akademie
ſtehe nach vierjährigem Beſuche derſelben der Ueber:
gang zur Hochſchule offen. Den Zudrang zu
dieſer abzulenken, ſei in e zu einer Staats⸗
notwendigkeit geworden.
Ein beſonderer Abſchnitt der Schrift ſucht an dem
Beiſpiel einer Forſtakademie den Nachweis zu er⸗
bringen, daß hier neben der fachlichen auch die all:
gemeine Bildung gefördert werden könne und folle.
Nicht nur Wiſſen und Können, ſondern insbeſondere
auch Liebe zur Arbeit und Pflichtbewußtſein müſſen
a als unerläßliche Erforderniſſe der Ueberzeugung
des Schülers einprägen. Wohltuend wirkt namentlich
auch der warme Ton, in welchem die Erziehung zu
wahrer Religioſität ohne konfeſſionelle Einſeitigkeit, die
Pflege der Mutterſprache und der Vaterlandskunde
gefordert wird.
p it mir nicht zweifelhaft, daß der geehrte Ber-
18
faſſer eine Reihe geſundeſter Gedanken entwickelt —
mag auch im Einzelnen vielleicht manches anfechtbar
ſein. Wr.
Der Wald als Retter in der Not. Ein Bruch⸗
ſtück aus zeitgemäßer Forſtbenutzung. Von Dr.
Rudolf Jugoviz. — Sonderabdruck aus der
Zeitſchrift des Steierm. Forſtvereins XXXII, 2 und
XXXIII, 1. — Graz, U. Moſers Buchhandlung,
1916. — 48 Seiten.
Der Verfaſſer, bekanntlich Direktor der höheren
Forſtlehranſtalt für die Oeſterreich. Alpenländer in
Bruck a. d. Mur, beſpricht in dieſer Schrift nach
einer kurzen Erörterung über „das Holz als iſolches“
zunächſt ausführlich die Nährwerte des Waldes,
hauptſächlich auf Grund neuerer Unterſuchungen und
Berichte von Haberlandt und Zuntz. Futter⸗
laub und Futterreiſig der verſchiedenen Holz⸗
arten haben nach Päßler⸗Tharandt (1893) im Ver⸗
gleiche zum Wieſenheu folgende Zuſammenſetzung:
Trockenes
Wiefenher Laub Reiſig
l % von bis Mittel von bis
Roh- Miche 7 5 15 10 8 9
„ Protein 11 18 85 24 12 27 20
„Fett 2 1 10 5 1 6 8
„ Hafer 32 9 21 15 20 36 28
Stickſtoff⸗freie
Extraktſtoffe 48 86 59 46 36 50 48
Summe 100 100 100
Dieſe Zahlen, welche den dort einzeln eingeteilten
Ergebniſſen auszugsweiſe entnommen find, zeigen deut:
lich, daß die Waldprodukte an Nährwert hinter dem
Wieſenheu keineswegs zurückſtehen. Um das (mecha⸗
niſche und chemiſche) Verfahren zur Verarbeitung des
Reifigs hat fih auch Ramann verdient gemacht.
Aber auch das fertige Holz, insbeſ. von Ahorn,
Pappel, Ulme, Linde und Birke enthält reichliche Nähr⸗
ſtoffe, die durch Schleifmaſchinen und dergl. in Zeiten der
Futternot einen brauchbaren Futterzuſatz lieſern können.
Ja ſogar zur Nahrung für Menſchen — nicht
nur als Magen⸗Füllmittel, wie es für Vieleſſer wie
die ruſſiſchen Kriegsgefangenen nötig und nützlich it —
läßt fih nach den eigenen Unterſuchungen des Bers
faſſers ein Zuſatz von 20 bis 30 %% Holzmehl zum
Brote verwerten. Er hat ſolches „Brucker Brot“
wochenlang mit ſeiner Familie gegeſſen, wohlſchmeckend
gefunden und keinerlei nachteilige Folgen davon be⸗
obachtet.
Daß Holzftoff und Zelluloſe in der Papier⸗
fabrikation, als Erfatzmittel für Baumwolle, zu Ver⸗
bandwatte und Sprengmitteln, zu Kunſtſeide u. a.
Verwendung finden, iſt bekannt und wird neben der
im Kriege auch wieder zu Ehren gekommenen Holz:
kohle und der Neſſelfafer erwähnt; ebenſo die
42
Mittel
6
314
vorteilhafte Gewinnung von Alkohol aus Säge:
ſpänen, welche die Konkurrenz mit Zuckerrübe, Getreide
und Kartoffel aushält.
Die Nutzung von Eichen- und insbeſ. Fichten⸗
rinde, auch von im Winter gefällten Stämmen, die
im Frühjahr „in Saft kommen“ und ſich ſchälen
laſſen, wird nachdrücklich befürwortet, um Erſatz für
die zur Zeit geſperrte Einfuhr fremder Gerbmittel
zu Schaffen. Auch Weiden: und Lärchenrinde, wenn
ſie noch nicht dickborkig iſt, kann verwendet werden.
Und die Borke der Kiefer und Laͤrche läßt ſich anſtatt
des Korks zur Bekleidung der Waͤnde gebrauchen.
; Harz wurde in Oeſterreich feither nur von der
Schwarzkiefer gewonnen. Bei ſeiner vielfachen
Verwendung zu Sprengmitteln, in der Papierinduſtrie,
zum Anſtrich, zu Schmieröl und Wagenfett uſw. und
bei dem Ausſchluß der Einfuhr aus Amerika und Süd—
frankreich wird man auch die gemeine, die Weymuths—
kiefer, die Fichte, Lärche und Tanne heranziehen müſſen.
Die Früchte der Buche, Eiche und Roß—
kaſtanie werden als gute Futtermittel erwähnt;
der Oelgehalt der Bucheckern zwar mit 27% beziffert,
aber die Oelgewinnung ſelbſt nicht näher beſprochen.
Von ſonſtigen „unſcheinbaren, aber in Kriegszeiten
wertvollen Walderzeugniſſen“ wird neben Beeren und
Pilzen das Heidekraut als Erſatz⸗Futtermittel
empfohlen. Auch Waldweide und Waldfeldbau
gewinnen wieder erhöhte Bedeutung.
Zum Schluſſe wird auf die Bedeutung des
Wildes für die Volksernährung hingewieſen. Als
forſtliche Nebennutzung, nicht als Sport für ſich und
im Widerſtreit mit Forſt- und Landwirtſchaft, muß das
edle Weidwerk wieder zur vollen Geltung kommen.
Aber „der feſte alles ſtützende Fuß heimat⸗
licher Volkswirtſchaft in den Alpen iſt
der Wald“.
Möge die gediegene, im höchſten Maße zeitgemäße
Schrift nicht nur in der Heimat des Verfaſſers, ſondern
auch in Deutſchland Intereſſe und Beachtung finden.
Wr.
I. Geſchäftsbericht des Erholungs-, Alters⸗
und Invalidenheims für Jäger u. Schützen
des Dentiden Heeres in Marburg (Lahn).
Marburg, 1. Juli 1916. Invalidenheim für Jäger
und Schützen. E. V.
Der vorliegende erſte Geſchäftsbericht des „Erho—
lungs-, Alters- und Invalidenheims für Jäger und
Schützen des Deutſchen Heeres in Marburg“ enthält
zunächſt den Aufruf zur Gründung eines Heims für
invalide Jäger und Schützen. Hiernach ſoll in Mar—
burgs ſchönſter Lage, unmittelbar am Walde, ein Bau
errichtet werden, der den invaliden Jägern und Schützen
des deutſchen Heeres zu einem dauernden Heime oder
zu einer Pflegeſtätte werden fol. Die gänzlich Ar:
beitsunfähigen ſollen hier dauernd Ruhe und Fürſorge
finden, die vorübergehend Arbeitsunfähigen zeitweilig
Erholung und Kräftigung.
Als Zweck und Ziel des Heimes werden ange
geben:
1. Dauernde Verſorgung erwerbsunfähig gewordener
Angehörigen der deutſchen Jäger- und Schützenbataillone
in körperlicher und geiſtiger Hinſicht, wogegen ſich der
Aufzunehmende verpflichtet, einen zu vereinbarenden
Teil ſeiner vom Staate gezahlten Invalidenrente an
das Heim abzutreten.
2. Unterkunft für erwerbsunfähige Angehörige
deutſcher Jäger- und Schützenbataillone, deren Zu:
ſtand verſpricht, daß fie noch zu nützlichem Ewerb
herangebildet werden können. Dieſe ſollen hier Ge
legenheit finden, ſich in einer, ihrer Veranlagung ent:
ſprechenden Weiſe zu betätigen oder zu einem Bernie
vorzubereiten.
3. Soweit der Platz reicht, vorübergehende Unter
kunft für Erholungsbedürftige anderer Truppenteile
gegen Zahlung einer zu vereinbarenden beſcheidenen
Vergütung.
4. Unterkommen und Unterhalt für Angehörige
der Jäger- und Schützenbataillone, welche das 65. Le
bensjahr erreicht haben, bis an ihr Lebensende gegen
eine zu vereinbarende jährliche Vergütung.
5. Ueberlaſſung von Land mit oder ohne Gebäulich⸗
keiten zur pachtweiſen Benutzung an Invalide zwecks
Betätigung in landwirtſchaftlicher, gärtneriſcher oder
gewerblicher Hinſicht.
Ein ſolches Grundſtück kann auch kauflich oder al
Rentengut erworben werden.
Für die dem Forſtfache angehörenden Kriegsbe—
ſchädigten follen Fachkurſe eingerichtet und praktiſcher
Unterricht in einem anzulegenden Forſtgarten erteilt
werden.
Zunächſt ift ein 42 000 qm großes Grundjtid
erworben und ein anſchließendes ähnlich großes zur
Erwerbung geſichert worden. Die Gebäude follen in
Form der Pavillons errichtet werden, wozu die Pläne
von dem Wirkl. Geh. Oberbaurat Erz. von Ihne—
Berlin ausgearbeitet wurden. Das Protektorat hat
Se. Hoheit Herzog Ernſt Günther zu Schleswig⸗Hol⸗
ſtein übernommen. .
Aus einem Auszuge aus der Niederſchrift über die
erſte Hauptverſammlung iſt erſichtlich, daß bereits über
190 000 Mk. für den beſagten Zweck zur Verfügung
ſtehen. 32 450 Mk. haben die Jäger -⸗Bataillone hierzu
beigeſteuert. |
Die Feier der Grundſteinlegung des Alter, Er
holungs⸗ und Inpalidenheims hat in dieſem Jahre be⸗
315
reits ſtattgefunden. Der vorliegende Bericht bringt
eine Beſchreibung derſelben.
Die weiter erforderlichen Mittel ſollen durch Samm⸗
lungen, Beiträge von Vereinen, Veranſtaltungen volks⸗
timlider Konzerte und Vorträge, feldgrüner Abende,
Lotterien, Preisſchießen, Nagelungen, Vertrieb von
Poſtkarten, Herausgabe eines Ehrenbuches deutſcher
Jäger und Schützen beſchafft werden.
In den Künſtler⸗Werkſtätten zu Warmbrunn ſoll
ein überlebensgroßer Hubertus Hirſch zur Nagelung
geſchnitzt werden. Der Hirſch ſteht auf einem von
Schwertern umgebenen Sockel. Jedes dieſer Schwerter
ſoll von einem Jäger-Bataillon genagelt werden. Das
Ganze wird ſpäter zugleich ein Ehrendenkmal für die
im Kriege gefallenen Kameraden in den Anlagen des
Invalidenheims bilden.
Möge das Erholungs-, Alters- und Invalidenheim
in Marburg a L. recht vielen invaliden Jägern und
Schützen des deutſchen Heeres zum Segen gereichen
und möchten die weiter zur Errichtung und Unterhal—
tung desfelben erforderlichen Mittel auch fernerhin
dieſem patriotiſchen Unternehmen in reichem Maße
zufließen. E.
Die Eichenrinde. Von Prof. Dr. Johannes
Paeßler, Vorſtand der deutſchen Verſuchsanſtalt
für Lederinduſtrie zu Freiberg in Sachſen. Mit—
teilungen aus der deutſchen Verſuchsanſtalt für Leder—
induſtrie. Berlin 1916. Verlag: F. A. Günther
u. Sohn, A.⸗G., Berlin. Preis: 1,10 Mk. Zu
beziehen von der Geſchäftsſtelle der „Lederinduſtrie“,
Berlin SW 11, Schönebergerſtr. 9/10.
Berfaffer weift auf die große Bedeutung der Eichen:
rinde für die inländische Ledererzeugung in der Gegen-
wart hin und gibt an, daß an der Einfuhr von Eichen—
rinde im Jahre 1913 beteiligt waren: Oeſterreich—
Ungarn mit 198 500 dz, Frankreich mit 59 500 dz,
Belgien mit 32 500 dz und Holland mit 26 000 dz.
Die Frage, welche der beiden deutſchen Eichenarten
die gerbſtoffreichſte Rinde liefere, beantwortet er da⸗
hin, daß jede der beiden Arten dort die gerbſtoffreichſte
Rinde erzeuge, wo ſie die ihr zuſagenden Verhältniſſe
in Bezug auf Klima, Standort uſw. finde. Der Gerb—
ſtoffgehalt der Eichenrinde nehme von Jahr zu Jahr
zu und erreiche ſeinen Höhepunkt im Alter von 12
bis 20 Jahren. Unter normalen Verhältniſſen be⸗
meſſe ſich der Ertrag an trockener Rinde pro Jahr
und Hektar auf 1—5 dz, im Mittel 3 dz. Die im
Saft gefdalte Rinde enthalte 50 — 60 %% Waſſer, die
getrocknete nur noch 15%. Das geſchälte Holz ent:
halte nur 0,5 — 1,5% Gerbſtoff.
Bei borkefreien Eichen ſei der Gerbſtoffgehalt unten
am höchſten und nehme von unten nach oben ab; der
Gerbſtoffgehalt der Aſtrinde ſei noch niedriger als der
der Wipfelrinde. Stärkere Rinde, ſoweit ſie borken⸗
frei, fei gerbſtoffreicher wie ſchwächere. Sonnenlage,
durchgreifende Durchforſtung wirkten günſtig auf das
Wachstum der Rinde und deren Gerbſtoffgehalt ein.
Bei der Eichenaltholzrinde ſei das Fleiſch der Rinde
auch gerbitoffreih; nach Entfernen der Borke komme
der Gerbſtoffgehalt dem guter Spiegelrinden gleich.
Trotzdem ſei ſie nicht einer ſo vielſeitigen Anwendung
fähig als die Spiegelrinde, weil fie ſehr arm an zuder:
artigen Stoffen ſei und infolgedeſſen nur in geringem
Maße die Fähigkeit beſitze, Säuren zu bilden.
Schließlich werden noch Angaben über die Rinden
von einigen ausländiſchen Eichenarten gemacht. E.
Die Sonnenblume, ihre Kultur, Nutzwert,
Würdigung und Bedeutung als Oel- und
ssutterpflanze Mit Abbildungen. Von Dr.
Arthur M. Grimm. Preis 18 Pfennige. Druck
und Verlag: L. V. Enders'ſche Kunſt-Anſtalt in
Neutitſchein.
Zur Abhilfe des herrſchenden Fett- und Oelmangels
wird der Anbau der Sonnenblume allgemein empfoh—
len. Das vorliegende billige Schriftchen, in dem u. a.
eine Kulturanleitung für Sonnenblumenzucht enthalten
iſt, wird daher manchem Landbeſitzer willkommen
ſein. E.
Briefe.
Aus Preußen.
Ueber die Dotwendigkeit den Schaffung von
Moorſchutzgebieten.
Die Frage der Schaffung von Moorſchutzgebieten
war Gegenſtand der Beratungen der VII. Jahreskon⸗
ſerenz für Naturdenkmalpflege in Berlin am 3. und
gegebenen Denkſchrift wird hierüber ausführlich be—
richtet.
Es wird zunächſt darauf hingewieſen, daß nach der
Schilderung von Tacitus Deutſchland einſt von Wäl—
dern und Mooren ſtarrte. Die Kulturarbeit der Jahr—
hunderte habe dieſen Zuſtand gründlich geändert. Die
4. Dezember 1915. In einer von der Staatlichen | Wälder ſeien durch Abholzungen und Rodungen ver:
Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen heraus- ringert und durch einen geregelten Wirtſchaftsbetrieb
42%
316
mehr und mehr in Forſten von höchſter Nutzbarkeit
umgewandelt worden. Die Moore ſeien größtenteils
entwajjert oder doch angeſchnitten worden und anges
ſichts der raſtloſen, durch den Staat eifrig geförderten,
durch wiſſenſchaftlich⸗techniſche Arbeit in zielſichere
Bahnen gelenkten Meliorierungen fei ihr nahezu völ-
liges Verſchwinden nur eine Frage der Zeit. Ein⸗
dringlich mahnten die Erfahrungen des gewaltigen
Krieges zur Ausdehnung unſerer Aecker und Wieſen
und nirgends böte ſich beſſer Raum für die Schaffung
neuen Kulturlandes als auf unſeren Mooren und
Sumpffladen. Trotzdem könne man gegen ihre völlige
Beſeitigung ernſte Bedenken erheben.
Schon vor 60 Jahren habe F. V. Hochſtetten vor
zu weitgehender Kultivierung gewarnt und auf die
große Bedeutung der Moore als Waſſerſammler hin⸗
gewieſen. Dieſe Warnung fei ſeitdem häufig und feit
Beginn der Kriegsmeliorationen beſonders nachdrück⸗
lich wiederholt worden, jedoch habe fie auch Wider:
ſpruch gefunden. Während auf der einen Seite von
der fortſchreitenden Austrocknung eine ſchädliche Ein⸗
wirkung auf die Waſſerregulierung und die Nieder⸗
ſchlagsverhältniſſe des Landes befürchtet und das Nahen
eines Steppenklimas vorausgeſagt werde, betrachteten
andere dieſe Beſorgniſſe wenigſtens für die in der
Ebene gelegenen Moore als unbegründet. Daß in der
Nachbarſchaft von Meliorationsgelände durch Sinken
des Grundwaſſers Benachteiligungen des Baumwuchſes
eingetreten ſeien, werde mehrfach bezeugt. Aber im
allgemeinen fet die Frage noch wenig geflart, und da
die Meliorierungsarbeiten im großen und ganzen nicht
aufzuhalten ſeien, könne man nur wünſchen, daß die⸗
jenigen, die auf Grund von Einzelbeobachtungen oder
theoretiſchen Betrachtungen eine Schädigung der Lan⸗
deskultur durch die Entwäflerungen vorausſagten, fih
als ſchlechte Propheten erweiſen möchten.
Wenn auch die Bedeutung der Moore für die
Waſſerwirtſchaft ſtrittig ſei, ſo ſtehe ihr Wert für die
wiſſenſchaftliche Forſchung außer allem Zweifel. In
den Wieſenmooren der verlandenden Seen und Ueber⸗
ſchwemmungsgebiete finde man eine mannigfaltige
Pflanzenwelt. Aermer ſei die Flora der Hochmoore,
hier träten aber beſonders einige bemerkenswerte Arten
auf, die fih auf dem naff n, kalten Boden lange ers
halten Hatten und Zeugen einer früheren Entwick⸗
lungsſtufe der Erdoberfläche ſeien. In den Mooren
begegneten wir ſo ziemlich den letzten natürlichen Lebens⸗
gemeinſchaften, die im Kampfe mit der Kultur ihre
Urſprünglichkeit hätten bewahren können. Auch die
Tierwelt der Moore weiſe eigentümliche Formen auf
und ſtelle der weiteren Forſchung lohnende Aufgaben.
Kleintiere ſeien zuweilen in nicht geringer Artenzahl
vorhanden, aber auch einzelne Ariſtokraten der Tier⸗
welt hätten im Moore ihren Standplatz, wie z. B.
der Kranich.
Außer der lebenden Pflanzen⸗ und Tierwelt der
Moore ſeien auch die Reſte ehemaliger Floren und
Faunen, die ihr Boden umſchließe, ein wichtiger Ge⸗
genſtand der naturwiſſenſchaftlichen Forſchung. Die
Entſtehung der Moore gehe teilweiſe in die Eiszeit
zurück. Sie enthielten daher Hefte früherer Organis-
men in aufeinanderfolgenden Schichten. So bilde
der Moorboden gewiſſermaßen ein Album der ge⸗
ſchichtlichen Entwickelung der Pflanzen: und Tierwelt
unſeres Landes.
Neben den Vertretern der Naturwiſſenſchaft be
klagten die Prähiſtoriker die allzuhaſtige Meliorierung,
weil ſie der vorgeſchichtlichen Forſchung die Möglichkeit
nehme, die Reſte alter Kulturen, die ſo manches
Moor in feinem Schoße berge, ans Tageslicht m
ziehen und zur Aufhellung früherer Perioden der Be
ſiedelungsgeſchichte Deutſchlands zu verwenden.
Und endlich würden durch die ſchrankenloſe Moor⸗
vernichtung auch allgemeine Kulturgüter gefährdet.
Mit den Mooren verſchwinde aus der deutſchen Lant:
ſchaft eine der eigenartigſten Geländeformen. Wenn
aus den großen Meliorationsflächen einige Stücke der
charaktervollen Landſchaft ausgeſchieden und als Moor:
ſchutzgebiete dauernd erhalten würden, würden damit
ideale Werte gefichert, die für unſer Volksleben von
Bedeutung ſeien.
Die Erhaltung der Moore werde jetzt nicht zum
erſtenmale gefordert. In Dänemark fet ſchon 1844
das ſtaatliche Sphagnummoor Gammelmose im wii:
ſenſchaftlichen Intereſſe geſchützt worden, in Preußen
ſeien zwei kleinere Moore mit der zierlichen Zwerg
birke, einem Ueberbleibſel der Eiszeit, gefichert; dab
ſtaatliche Naturſchutzgebiet Plagefenn bei Chorin um‘
faſſe ein Niederungsmoor, bas fih teilweife in Hod:
moor umbilde. Beſonders erfreulich fei, daß die Begla,
ein großes Hochmoor in Oſtpreußen, auf dem nch
Elchwild ſtehe, bis auf weiteres zur Erhaltung be⸗
ſtimmt fei. Ferner habe der Landwirtſchaftsminiſter
angeordnet, daß auch unter Umſtänden kleine darat
teriſtiſche Moorflächen von jeder Kultur unberührt
bleiben und dem freien Privatbefig entzogen werden
könnten. Hierauf feien in Preußen noch weitere klei
nere Moore geſchützt worden, z. B. in einer Ober
förfterei eine Moorfläche mit Betula humilis und m
einer anderen eine ſolche mit brütenden Kranichpaaten.
Ebenſo ſchone die ſächſiſche Forſtverwaltung das Rro:
nichſumpfmoor im Erzgebirge, und die bayriſche ort
verwaltung habe beſtimmt, daß mehrere Moore in
Böhmerwald erhalten bleiben ſollten. In Württem⸗
berg ſei ein Teil des Federſeerieds bei Buchau vom
ee m
317
Bund für Bogelſchutz mit erheblichen Mitteln geſichert
worden.
Unter der Herrſchaft des Friedens hätte man hoffen
können, daß die Bemühungen um die Erhaltung von
Mooren zum Ziele führen würden, aber die ſeit dem
Herbſt 1914 unter Heranziehung von Kriegsgefangenen
bedeutend vermehrten und beſchleunigten Meliorierungen
vergrößerten erheblich die Gefahr, daß wertvolle Denk⸗
maler der Natur und Vorgeſchichte vernichtet würden.
Daher hätten die Leiter der ſtaatlichen Stelle für
Naturdenkmalpflege und der Leiter der vorgeſchichtlichen
Abteilung des Muſeums für Völkerkunde eine gemein⸗
ſame Eingabe an das Kultusminiſterium gerichtet, auf
welche ein Erlaß an die Oberpräſidenten ergangen ſei,
dei den Bodenarbeiten, ſoweit es mit den wirtſchaft⸗
lichen Zielen vereinbar ſei, auf die Ausſcheidung und
jonftige Berückſichtigung bemerkenswerter Vorkommen
der Natur und der Geſchichte Bedacht zu nehmen.
Auch der Landwirtſchaftsminiſter habe verfügt, die zur
Aufſtellung von Projekten zu Bodenverbeſſerungen und
iu ihrer Ausführung berufenen Beamten zu veranlaſſen,
im Sinne des Erlaſſes des Kultusminiſters zu wirken, ins⸗
. beſondere die für den Natur: und Denmalſchutz in Be⸗
tracht kommenden Stellen von dem Vorkommen ſeither
* unbekannter Naturdenkmäler uſw. zu benachrichtigen.
Techniſch ſei es nun aber nicht durchführbar, im
Noore eine Oaſe zu erhalten, wenn ringsum melioriert
os
werde, es könnte nur die Erbaltung ganzer Moore in
Betracht kommen. Ferner ſei es erwünſcht, daß ſie
nicht von Acker⸗ oder Wieſenflächen, ſondern möglichſt
von Wald begrenzt ſeien. In einer Eingabe vom
Jahre 1915 habe die ſtaatliche Stelle den Kultus⸗
miniſter gebeten, dahin wirken zu wollen, daß in jeder
Provinz durchſchnittlich wenigſtens ein bis zwei größere
Moore von der Meliorierung ausgeſchieden und als
Naturdenkmäler erhalten würden.
Die am 3. und 4. Dezember 1915 tagende
Konferenz endlich brachte zum Ausdruck, daß
dem großen nationalen Werke der Urbar:
ſind, in einer ausreichenden Zahl von Bei—
ſpielen der deutſchen Heimat zu erhalten ſeien.
Die ſtaatliche Stelle für Naturdenkmalpflege
in Preußen hoffe zuverſichtlich, daß der Staat,
der an dem Beſitze der Moore in hervorragen
der Weiſe beteiligt ſei und der ja die Notwen⸗
digkeit der Erhaltung von Naturdenkmälern
anerkannt habe, zur Verwirklichung dieſer
Wünſche die Hand bieten werde!
: Notizen.
$ A. Wildernde Hunde. — drr gehörigen Bewachung feiner ala Wilderer bekannten Hunde
1 Urteil des Oberlandesgerichts Braunſchweig. . | dat fehlen laffen, daß ihn alfo der Vorwurf der Fahrläffigkeit
„ Rag der, für das Landesſtrafrecht maßgebenden örtlichen trifft.
eC
aa 8 der Strafvorſchriften (8 8 RStr. G8.) erfiredt | Sädf. Korreſpondenz,-G. m. b. H. in Leipzig, Querſtraße 18
= Ag die Braunſchweigiſche Jagborbnung lediglich auf die im
n Gebiete des Herzogtums begangenen Straftaten, auf dieſe aber
yy auch dann, wenn der. Täter außerhalb des Herzogtums ſeinen B. Schonung des Ranbwilds? — Zwangs weiſer
„ Wohnſtz hat. Wer es unbefugt geſchehen läßt, daß ein Hund Abſchuß des Nutzwilbs!
1 auf fremden braunſchweigiſchen Jagdgebieten führerlos frei Der Krieg hat merkwürdige Jagdmaßregeln ge⸗
— Mmberläuft, wird nach 8 84 Ziff. 8 der Jagdordnung beſtraſt. zeitigt. Schonung oder Schutz des Raubwilds und gleichzeitig
5 Welche Urſachen es dem Hunde ermöglicht haben, feiner Jagd» zwangsweiſer Abſchuß des Rots und Schwarzwilds, Hand in
xY WR sbauttegen, ober welche Maßnahmen der Herr des Hundes Hand mit verlängerter. Schußgeit für Faſanenhennen und Hafen;
<M Verhinderung des Herumtreibens getroffen hat, iR an ſich Dies wirkt komiſch,
„y angles: feine Urfaden oder dieſe Maßnahmen berühren
„ MR den geſetzlichen Tatbeſtand, der nicht in der Unterlaſſung
p ung ber Hunde beſteht. Auch die größte An b. dieſe anſcheinend
5 läffgkeit in der Aufficht über die Hunde würde nicht ſtrafbar ſetzeskraft erhalten, teils ſucht man noch nach der Geſetzform
Aachen, fo lange die Hunde nicht Gelegenheit nehmen, fremde in der dieſe unſer bisheriges jagdliches Verhalten auf den No pf
2. Sgbgeblete zu durchſtreifen. Nur dies unerlaubte Umher⸗ ſtellenden Normen untergebracht werden könnten. Alſo einer
yi eifenlaffen macht die ftrafbare Handlung aus; ſie it nur | feits Schutz
17 Im m begangen und unterſteht der Herrſchaft der gemacht.! Die Füchſe find d
„ Famſchweigſſchen Jandordnung. Nur für die ſub jektive Seite
der Straſbarkei
9 t kamm es von Erheblichkeit fein, aus welchen ‘) Aus Mecklenburg- Schwerin kommt bie Nachricht, daß
a der jagende Hund ſich der Aufficht entzogen hat. In dort die wilden Kaninchen in einer Weiſe zugenommen haben,
* Wan Öinficht ift jedoch feſtgeſtellt, daß der Angeklagte es an daß die Feldfrüchte ernſtlich gefährdet ſeien. Es. iſt dahin⸗
318
— — M — ee
mehrung begünſtigt werden fole, damit fle mit der Landplage
der Kaninchen mehr aufräumen: Im Intereſſe der Landwirt⸗
ſchaft bezw. Volksernährung. Alte Gedanken werden wad;
was wir da jetzt in Mecklenburg eingeführt ſehen, hat ſchon lange
vor dem Krieg der berühmte Schillings, auch Pfarrer
W. Schuſter (auf dem internationalen ornithologiſchen Rons
greß 1911 in Stuttgart), gefordert im Intereſſe einer allers
ſeits gleich gerechten Behandlung der Natur unter dem Ge⸗
ſichtspunkte des Naturſchutzes. Wir haben ſchon längſt ge⸗
fordert, das Raubwild, und namentlich die Raubvbögel, nicht
ganz auszurotten; ſie ſind nötig zur Aufrechterhaltung des
Gleichgewichts in der Natur. Wir haben in der Schweiz und
Süddeutſchland mehr als einmal erlebt, daß garſtige, ekelhafte
Seuchen nnter dem Haſenbeſtand furchtbar aufräumten, weil
die Füchſe fehlten, die jene leicht und zuerſt erkrankten Stücke,
welche den Keimherd der Anſteckung bildeten, rechtzeitig weg⸗
nahmen. Da und dort hat man ja auch den Füchſen ab und
zu ganz beſonderen Schutz gewährt, aber aus anderen Gründen.
So erinnere ich mich aus meiner Jugendzeit, daß einmal im
Oberwald im Vogelsberg, welcher den Freiherrn R. gehört,
die Parole ausgegeben wurde, die Füchſe zu ſchonen, weil die
Dörfler aus gewiſſen eigenſinnigen Motiven heraus die Ge-
meindejagden gepachtet hatten (wo jie natürlich mit dem augs
rottungslüſternen Schneid des Bauern — als Landwirt —,
weniger mit dem weidmänniſchen Geſühl des geſchulten Jägers
und Hegers jagten: alles niederknallten); und nun ſollten die
Füchſe aus den Wäldern dem Haſenbeſtand der Felder recht
zu Leibe gehen, dann würden ja hernach ſchon die Gemeinden
ihre „nutzloſen“ Jagden anderen überlaſſen. In der Gegend
von Schlitz, alfo zwiſchen Vogelsberg und der Fulda, wurden
ja gelegentlich auch die Füchſe unter Obhut genommen, genau
wie in der Baar, Hochebene öſtlich des Schwarzwalds, damit
fle fic) recht zahlreich vermehrten und möglichſt viel Mitglieder
der Familie Reinecke für die Fuchs jagden ſtellten, an denen
bekanntlich auch der Kaiſer teilnahm. In Meckl⸗nburg haben
fih nun proteſtierende Stimmen gegen den Shug des Raub⸗
wilds erhoben. Sie haben, nicht ganz mit Unrecht, hervor⸗
gehoben, daß für die Volksernährung nicht allein das Erzeug⸗
nis des Landwirts in Frage komme (den ja die Kaninchen un⸗
zweifelhaſt ſchädigen), ſondern auch die Beute des Jägers oder
Kaninchenfängers. Und da ſei es doch unzweifelhaft von
größerem Werte, die Kaninchen durch Menſchenhand oder slift
zu erlegen und auf den Lebensmittelmarkt zu bringen anſtatt
in die Mägen der gern geduldeten Füchſe wandern zu laſſen.
Dies iſt unſtreitig richtig. Hierzu kommt, daß der Erfolg der
Fuchsvermehrung, wie dieſe ſelbſt, nur allmählich erſt
ſich bemerkbar mache und darum wohl nachträglich zur
Geltung käme, mit anderen Worten: zu ſpät; Menſchen aber
könnten ſogleich oder bald Abhilfe ſchaffen. Fragt ſich nur,
ob ſolche zur Stelle find; das iſt der ſpringende Punkt und
daran wird es eben fehlen. Denn wer hat eben Zeit zur
Kaninchenjagd oder fang 7 Unſere Jäger, die rüſtigen alle,
find draußen im Felde, die daheimgebliebenen haben alle
Hände voll zu tun, und private Müßiggänger, die jetzt zur
Frettchenjagd Zeit hätten, finden ſich auch nicht. So iſt die
gehend von der großherzoglichen Regierung eine vorläufig für
das Domanium geltende Verfügung erlaſſen worden, nach der
alles Raubzeug, das dem Kaninchen nachſtellt, als Fuchs,
Dachs, Iltis, Wieſel, Baummarder und Steinmarder, eine
Schonzeit vom 15. März bis zum 15. Oktober genießen ſoll.
Nun ſtellt die Schwerinſche Landwirtſchaftskammer beim Land⸗
tag den Antrag, dieſes Schongeſetz auch für die Ritterſchaft
und die Städte zu erlaſſen.
|
.
|
Kaninchenplage und »frage eine der Kriegsfragen wie die vielen
anderen und könnte nur wegen Mangels an Kräften zur Kala:
mität werden. — Hand in Hand mit dem Schutz des Rant
wilds taucht der Gedanke an zwangsweiſen Abſchuß
des Not» und Schwarzwilds auf. Auch hier Liegt die
Erwägungsfrage zu Grunde, da dieſe Tiere an der Erzielung
voller Ernten hinderlich ſind, darum die Volksernährung ſtören,
das Volkswohl ſchädigen. Gewig darf man nun wobl in
ſolchen kühnlichen Behauptungen nicht zu weit gehen und
einfach das Kind mit dem Bade ausſchütten. Es
hat ja die Fortſchrittliche Volkspartei im Hauptausſchuß des
Reichstages eine Entſchließung über die Wildſchadenfrage an-
geregt, worin der Reichskanzler erſucht wird, zu veranlaſſen,
daß in wirkſamerer Weiſe als bisher dem Wildſchaden, ins be⸗
ſondere durch Rots und Schwarzwild, entgegengetreten wird,
nötigenfalls durch zwangsweiſen Abſchuß der ſchädigenden
Wildarten, und entſtandene Schäden möglichſt ſchnell und voll
entſchädigt werden. Es heißt darin u. a. „Der erneute Hin⸗
weis auf eine wirkſamere Verhütung des Wildſchadens iR da-
durch notwendig geworden, weil die wiederholten Beſchlüſſe
des Reichstages zwar den Reichskanzler veranlaßt haben, die
Landesregierungen zu lebhafterer Bekämpfung des Wildſchadens
aufzufordern, dieſe abet ihrerſeits dieſer Anregung nicht in ge⸗
nügender Weiſe entſprochen haben. Nach wie vor wird aus
bäuerlichen Streifen über den ſtarken Wildſchaden geklagt, durch
den die Saaten wie die Ernte ſchwer geſchädigt werden. Da⸗
mit iſt über die privatwirtſchaftliche Schädigung des einzelnen
Landwirts hinaus auch die Volksernährung in beklagenswerter
Wife beeinträchtigt. Der Abſchuß, beſonders von Not- und
Schwarzwild, iſt aber nach wie vor ungenügend geblieben.
Es mag ja zugegeben fein, daß die Einziehung vieler Qager
zu einer Verminderung des Abſchuſſes geführt bat. Um fo
dringender wäre es aber nötig geweſen, die im Lande geblit⸗
benen Jagdpächter zum Abſchuß anzuhalten, die Ausübung der
Jagd auch während der Schonzeit zeitweilig frei⸗
zugeben und vor allem die Forſtbeamten zum eifrigiten
Abſchuß anzuweiſen.“
Es mag dahingeſtellt ſein, vielleicht auch ſraglich bleiben.
ob dies alles fo zutrifft, was hier und da, und nißt felten
auch von Leuten, deren Urteil durch keinerlei Sachkenntnis ge
trübt iſt, behauptet wird; unter anderem z. B., daß die Ver⸗
längerung der Schußzeit nicht in genügendem Maße gewart
worden fei, daß gelegentlich durch Hinauszögern der Bagh
fcheinerteilungen die Ausnützung der verlängerten Schußzeit
gegenſtandslos gemacht wo den fel. Wir wollen gewiß nicht
verkennen, daß die ſchnelle und genügende Abſckätzung und der
hinreichende Erſatz des Schadens gerade für die
kleinen und kleinſten landwirtſchaftlichen Betriebe außerordent⸗
lich wichtig iſt, namentlich wenn erſchwerende Umftände
vorliegen, wenn z. B. die Verzögerung eine wirtſchaftliche
Schädigung bedeuten kann inſofern, als landwirtſchaftliche Ar
beiten nicht rechtzeitig in Angriff genommen werden können,
da zur Schadensabſchätzung natürlich ei. e Feldbeſichtigung
nötig ift. Andererſeits hat neben der Landwirtſchaft eine
ſinngemäße Jagdwirtſchaft genau dieſelbe Gziftens
berechnung wie jene, und zwar auch, worauf jene pocht, im
Jutereſſe der Vollsernährurg und Landeskultur. Ob ef in
dieſer Hinſicht ſehr zweckmäßig, oder auch nur angebracht er:
ſcheint, die Ausübung der Jagd auch während der Schonzeit
„zeitweilig freizugeben“, könnte man füglich doch fart be
zweifeln. Wir wollen immer bedenken, daß wir auch unmittel⸗
bar nach dem Kriege und ſpyäter vielleicht noch längere Zeit
Fleiſch ſehr notwendig brauchen, und daß es da von großer
—— — —
— —
Wichtigkeit ſein kann, auch in den Wildbeſtände
wünſchte Fleiſchreſervoire zu haben,
dierauf nicht rechnen können,
Wild Raubbau treiben.
ja meiſtens die bedeutendſten u
Hand haben und als
berfligen, nicht nur nach ihrem und
ſondern nach ihrem beſten Wiſſen u
ſchon dafũr ſor gen, daß hier nicht
ſchieht.
nd er
des „Guten“ zu viel ge⸗
dis 1. Februar).
Weiter wird der
der Paragraph des
für die Dauer des
Nach $ 47 finden d
§ 47 der Jagdordnun
Wildſchongeſetzes für d
gegenwärtigen Kriege
ie Vorſchriften,
g und ein entſprechen⸗
ie Proving Hannover
3 außer Kraft geſetzt.
betr. Verbot des Verſandes
von Wild vom Beginn des 15. Tages der
feſtgeſetzten Schonzeit bis zu deren Ablauf
auch auf Wild Anwendung, das in eingefriedigten Wilds
gärten erlegt oder gefangen war. Der Landwirtſchafts⸗
nminiſter wird ermächtigt, den Zeitpunkt zu beſtimmen, zu
welchem die zuletzt erwähnten geſetzlichen Beſtimmungen wieder
in Kraft treten.
i Wie geſagt, für Haſen und
fahrungen, wie die verlängerte S
* wit, nun vor, namentlich auch
ſch eigen wird, ob ſie in der
bommen, wie eg wünſchenswert
Jäger auf, ihre &
: wähnten Punkte in
„ Mlegen.
„„ Um noch
„ üeifellos liefert es in dieſen fleiſchloſen Ta
: >| ſchmeckenden Braten. Das wilde Kaninchen
ye
*
1
Faſanenhennen liegen die Er—
chußzeit auf den Beſtand ein⸗
für Faſanenhennen, bet denen
nötigen Anzahl zum Britien
wäre. Ich fordere alle
rfahrungen über die oben er:
Dieser Jagdzeitſchrift nieder⸗
r ſozial gedacht, jetzt, wo
angel an Fleiſch und Wildb
ci bar macht, die Füchſe und die Iltiſſe mit bem W̃
„ Ramidel zu betrauen. Hier käme doch das
Frage (wenn auch der „wilde“
ein garnicht
ret ſich fühl⸗
egfangen der
Frettieren in
ef Frettierer, wie er gern von
feinem in der Stadt gelegenen Domizil aus auf Schleichwegen
oe KR weit entfernte Jagdgründe heimſucht, um dort ohne Er⸗
= lng fein verſtohlenes Handwerk zu treiben, keine erwünſchte
Meinung it). Frettie rer finden ſich wohl immer noch trotz
des Rriegen, Wilhelm Schuster, Pfr.
C. Lochſchul-Nachrichten.
r Nachdem im laufenden Winterſemeſter wieder einige Stu⸗
ie der Forſiwiſſenſchaft — zum Teile verwundet oder
Ss aus dem Felde zurückgekehrt oder behufs Ablegung der
fung beurlaubt — fih an der Univerſität Gie=
1 7 % "gefunden haben, find nach zweijähriger Unterbrechung
= ſortwiſenſchaftliche Vorleſungen wieder eingerichtet wore
a € tragen vor: Geh. Forſtrat Dr. Wimmenauer
n ganz ere
daß wir aber beſtimmt
wenn wir jetzt an unſerem
Nun, die „großen Herren“, die
giebigſten Jagden in der
Jagdherren frei und ſelbſtändig darüber
anderer Leute Gutdünken,
nd Gewiſſen, die werden
319
— —
„Forſtzeſchichte d
zweiſtündig und
Herr Forſtamtsaſſeſſor Dr. Bauer, Aſſiſtent der chemiſch⸗
bodenkundlichen Abteilung der forſtlichen Verſuchsanſtalt zu
München, hat eine Berufung als Direktor der türkiſchen
forſtlichen Hochſchule im Belgrader Walde bei Ko n ſtan⸗
tinopel erhalten und angenommen. D. Red.
— ſ—
D. Iſt Möven
Von geſchä
ob Mövben,
fleiſch genießbar?
ie Anfrage gerichtet,
ſchon als menſchliches Genußmittel
ben, wie die Ergebniſſe waren und
ng erfolgt iſt.
fahrungen gemacht, der Ge⸗
darch beſondere Zubereitung
wir für gefällige Mitteilung
D. Red.
E. Freiſprechung eines Förſters
verwallungsgericht, nachdem er w
eines wildernden Hundes vom Shi
Sachbeſchädigung verurteilt w
Urteil des Preußiſchen Oberverwaltun
Am 6. Auguſt 1911
Hannover jein kurzhaariger,
von 200 bis 300 Mark.
folgte dieſen bis in den fi
er von dem Kgl. Förſter
erhob die Staatsanwaltſchaft gegen den
beſchäbigung; der Förſter wurde vom S
eventl. 2 Tagen Gefängnis verurteilt.
gleichzeitig erhob die Regierung den
Bilde Oberverwalt
den zuſtimmte:
Durch den Hund des N.,
riſſen hatte und in die Kgl. Fo
dem Wildbeftande daſelbſt eine
Gefahr beſchränkte ſich
a a Se
durch das Ober.
egen Erſchießung
ffengericht wegen ,
orden war.?)
K. erſchoſſen. Auf Antrag des N.
K. Klage wegen Sach⸗
chöffengericht zu 10 Mk.
Ec legte Berufung ein,
Konflikt, den das Bre us
ungsgericht aus folgenden Grün⸗
der fib von der Leine losge⸗
rit hineingelaufen war, drohte
unmittelbare Gefahr. Dieſe
keineswegs, wie das Schöffengericht ans
nimmt, auf den einen von dem Hunde gehetzten Haſen, ſondern
dehnte ſich auf den geſamten in der Forſt gehegten Wildbe⸗
ſtand aus. Da der Hund des N. nach deſſen eigenen Angaben
) Vor Kurzem wurde mir eine am Rhein geſchoſſene
Möve zugeſchickt. Meine Tochter hat, nachdem die Haut, die
ſich mit den Federn leicht abziehen ließ, entfernt war, das
wenige übrig gebliebene Fleiſch gekocht. Dieſes ſowie die
Fleiſchbrühe erwies ſich als genießbar, wenn auch nicht gerade
beſonders wohlſchmeckend. Wr.
) Die in dieſem und dem vorigen Hefte angegebenen Fälle
beweiſen, daß über die vorliegende Frage ganz verſchiedene
Rechtsanſchauungen beſtehen. Eine durchgreifende geſetzliche
Regelung wäre daher ſehr erwünſcht. D. Red.
320
die Folgſamkeit aufgegeben hatte und nach Entſchwinden aus
dem @efichtsfelde feines Herrn ſich ſelbſt überlaſſen war, fo
ſtand zu beſorgen, daß er, wenn er weiterhin ungehindert blieb,
immer tiefer in die Forſt hineinlaufen und das Wild — Rehe
und Haſen — vor ſich her und aus der Forſt heraus in die
benachbarten Gebiete hineintreiben würde. Eine ſolche Gefahr
lag um ſo näher, als nach den von der Kgl. Regierung be⸗
ſtätigten Angaben des Angeklagten gerade das Wild in dem
dieſem unterſtellten Gebiet in hohem Maße durch frei umher⸗
laufende Hunde beunruhigt wird und es keine Seltenheit iſt,
daß Rehe und Haſen von wildernden Hunden geriſſen werden.
Da dem Angeklagten als Jagdauffichtsbeamten die Hege und
Pflege des Wildes obliegt, ſo war es ſeine Pflicht, die zur
Abwendung der von ihm erkannten Gefahr erforderlichen
Maßnahmen zu ergreifen. Daß dazu gerade die Tötung des
Hundes geboten war, wird von N. in Abrede geſtellt, muß
jedoch nach La ze der Sache angenommen werden. Wenn fid
nämlich auch der Hund, als ihn der Angeklagte ſah, noch un⸗
weit der Grenze befunden haben muß, ſo iſt doch nicht erſicht⸗
lich, wie es dem Angeklagten möglich geweſen ſein ſollte, ihn
auf irgend eine andere Weiſe aus der Forſt hinaus in das
Jagdgebiet des N. zurückzubringen, da der Hund einem Haſen
folgte, der in das Innere des Waldes flüchtete, und er ſich,
wie nach allgemeiner Erfahrung anzunehmen iſt, davon durch
mildere Mittel — wie Rufen oder Abgabe eines Schreckſchuſſes
— nicht würde haben abbringen laſſen. Endlich kann es nach
dem auf wiſſenſchaftlicher Grundlage erſtatteten Gutachten der
Kgl. Regierung, dem gegenüber die von N. beigebrachten
ſchriftlichen Aeußerungen zweier ortskundiger Landwirte bedeu⸗
tungslos find, keinem Zweifel unterliegen, daß der durch die
Tötung des Hundes angerichtete Schaden nicht außer Verhält⸗
nis zu der Gefährdung des Wildes ſtand. Der Wert, den der
getötete Hund hatte, wird von N. und feinen Jagdgenoſſen auf
200 bis 300 Mk. geſchätzt. Demgegenüber beſtand die Gefahr,
die der herrenlos im Walde laufende Hund bildete, nicht in
der zu befürchtenden Vernichtung des einen von ihm gehetzten
Hafen, ſondern in der Beunruhigung und Schädigung des
Wildbeſtandes der Fort M. überhaupt. Infolge der fort e⸗
ſetzten Beunruhigung, namentlich durch wildernde Hunde, an
der der Hund des N. für ſeinen Teil mitgewirkt hat, iſt der
dortige Wildſtand ſeiner Zahl und ſeinem Werte nach ſo herab⸗
geſetzt, daß alljährlich ein Jagdertragsausfall von etwa 400 Mk.
entſteht, was bei Annahme eines Zinsſatzes von 4 v. H. einer
Wertsminderung der Jagd im Kapitalwerte von 10000 Mk.
entſpricht. Der Angeklagte handelte d aher nicht wibderreätii
und überſchritt feine Amtsbefugniſſe nicht, als er den Hur
des N. erſchoß.
Sächſ. Korreſpondenz, G. m. b. ©. in Leipzig.
F. Waun iR ein Jagbrebier als „Tiergarten“
anzuſehen ?
Die Frage, ob und wann ein Jagdrevier als Tiergart
anzuſehen tft, beſchäſtigte vor einiger Zeit das Kammergerie
gelegentlich der Erörterung eines Falles, in dem es fd m
die Entwendung zweier abgeworfener Hirſchſtangen and eine
fiskaliſchen eingegatterten Walde handelte. — Gemäß $ N
Abf. 1, Satz 2 BSB, find bekanntlich wilde Tiere in Tie
garten nicht herrenlos; im vorliegenden Falle hatte ber tact
anwalt die eingehegten Reviere, in denen die Oirſchſtang
ſich befunden hatten, als „Tiergärten“ im Sinne des 5 X
angeſehen und dementſprechend die Verurteilung des Ans
klagten wegen Diebſlahls gemäß 8 242 des Strafgefesbuce
beantragt. Indeſſen hat das Kammergericht die Anwender
keit des § 242 des Strafgeſetzbuches verneint. — Aladiy
habe das erkennende Gericht früher im Anſchluß an eine Reich
gerichtsentſcheidung als Tiergärten auch Jagdreviere ob
Kückſicht auf deren Größe angeſehen, falls ihre Einzänm;
geeignet wäre, das Entweichen des Wildes zu hindern: dii:
Anfiht kann aber nicht mehr aufrecht erhalten werber k
führte das Kammergericht aus; denn der Sprachgeb rens nr
ſteht unter „Tiergärten“ Flächen von geringer Aida;
auf denen Tiere zu anderen als Jagdzwecken, ins beſonen t
Schau und Zierde, gehalten werden. Die frühere Aufi
nach der auch eingegatterte größere Waldgelände als Tiergkrte
angeſehen wurden, ſteht nicht im Einklang mit ber Uniden
der beteiligten Kreiſe, welche das Aufſpüren, Verfolgen md
Erlegen des Wildes in ſolchen Revieren als Jagd auflcht, un
fie widerſpricht der Anſchauung des Volkes, das bie Beguahu:
von Wildſtangen auch in dieſen eingehegten Nevieren nicht all
Diebſtahl erachtet. Die Behandlung dieſer Faghgedest 1
Tiergärten würde auch zu ſachwidrigen Ergebniſſen. inden
dere zur Nichtanwendung der Jagdſcheinbeſtimmungen, Fähren -
Nach alledem ift eine Verurteilung des Angellagten wt
Diebſtahls gemäß § 242 des Strafgeſetzbuches abzulehnen m
es muß bei feiner Beſtrafung aus Tit. 35, § 1 der Holy M
und Jagdorduung vom 80. Mai 1720 felu Bewenden Hkz
A. Radloff, Gerichts und Verwaltungs ⸗ Korean
Steglitz ⸗ Berlin.
Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Berfammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenanet, üii
fax literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Biegen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Gauerlaude rs Ber
„Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. M. — C. Ottos Dofbuchdruckerei in Darmſtadt.
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Ullgemeine | |
Herausgegeben
Dr. Karl Wimmenauer, u Dr. heinrich Weber,
Geh. Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i
| an der Univerfität Gießen.
Dreiundneunzigſter Jabrgang. |
— —
1917. Jannar.
J. D. Sauerländer's Verlag.
r rere
/
Srankfurt am Main.
BÆ Die Allgemeine Forh- und Jagd-Beitung erſcheint regelmäßig jeden Monat und :
wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand: . :
ee, und Poftanftalten. |
—
g 18
Se
Anzeigen. =
Preiſe: ¼ Seite 60.— Mk., ½ Seite 82.— Mk., „ Seite 17.50 Mk., / Seite 10 Mk., /; Seite 7.50 Mk., / Seite 5.50 poe
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Forſtwiſſenſchaft im Allgemeinen, Forſt⸗
geſchichte, Biographien.
Vom franzöſiſchen Mittelwalde. Von Privat-
dozent Dr. G. Baader
Nachtrag.
9% o e „ „„
Aufgaben der deutſchen Forſtwirtſchaft nach
dem Kriege. Von Dr. Künkele, Kgl. Forſt⸗
meiſter zu Elmſtein, Pfalz, z. Zt. Haupt-
ee So ee 90
Entſtehung und Entwicklung des Rumäniſchen
Forſtweſens. Vom Forſtlich Schönburgiſchen
Lerſuch einer neuen Grundlegung der Forſt—
Von Heinrich
Großh. Heſſ. Forſtaſſeſſor ..
Nameralismus und praktiſch⸗techniſche Wiſſen⸗
ſchaften. Vom Gr. Bad. Oberförſter Prof.
Waldbau-, Schutz und -Pflege.
Über Zuführung und ſparſame Verwendung
der Feuchtigkeit in den Holzpflanzen. Von
„Jorſtmeiſter Tiemann in Göttingen
Larſtellung des Verhaltens der Holzarten zum
Waſſer. Von Dr. Anderlind
Betrachtungen über den Wettſtreit der Stämme
reiner, gleichalter, geſchloſſener Beſtände um
die Oberherrſchaft, ſowie über Vererbung
bei unſeren Waldbäumen und über Erziehung
der Beſtände. Von Forſtmeiſter a. D. Tie⸗
mann in Göttingen..
Forſtliche Betriebsfächer.
(Forſteinrichtung, Vermeſſung, Holzmeßkunde, Wald—
wertrechnung und Statik, forſtſtatiſche Berjuche.)
ber die Genauigkeit der Höhenmeſſungen.
Von Dr. Hemmann, Gießen
Forſtverwaltung.
(Politik und Statiſtik, forſtliches Unterrichts- und
Vereinsweſen.)
Markgenoſſenſchaften und Waldeigentum im
Lichte neuerer Forſchungen. Von Profeſſor
Dr. H. Hausrath
i: „„ „„
Eee en ee le ie
Jagd und Fiſcherei.
Der Krammetsvogelfang im Dohnenſtieg. Von
Geh. Regierungsrat Eberts in Caſſel
Der Jagdgeſang des Gratius Faliscus. Von
Baltz⸗Hannover
„ „ „ „ e „ e „ „
Forſtliche Hilfsfächer.
(Mathematik und Naturwiſſenſchaften ꝛc.)
Seite
94
32
12
SI
189
Die Entwickelung vom Waldhaſen zum Feld-
haſen (oder umgekehrt?) und die Neubildung
von Tierformen in der Gegenwart: — im
Beginne der wiederkehrenden tertiärzeit—
ähnlichen Tierlebensperiode. Von Wilhelm
Schuſter, Pfarrer a. D. und Chefredakteur
biterariſche Berichte.
Forſt wiſſenſchaft im Allgemeinen, Forſt⸗
geſchichte, Biographien.
259
Neues aus dem Buchhandel 13, 101, 165, 266
Die Mitwirkung der deutſchen Forſtwirtſchaft
an den Aufgaben der Volksernährung im
Kriege. Von Prof. Dr. Borgmann ..
Die Geſchichte der Kammergutsforſten im
Fürſtentum Schwarzburg-Sondershauſen .
Von Dr. ing. F. Fiſcher
Bialowies in deutſcher Verwaltung. Heraus-
gegeben von der Militärforſtverwaltung
Bialowies. Erſtes Heft. I. Hauptmann
Gruber: Die Eroberung des Urwaldes;
Ik Hauptmann Dr. Voit: Die Erſchließung
des Urwaldes uſw.
e % % ò o „% e ẹọ
e @ ọ e 8 e —— „% ē 2
Waldbau, Schutz und Pflege.
Der Forſtſchutz von Heß. Vierte Auflage, voll-
ſtändig neu bearbeitet von R. Beck, Profeſſor
der Forſtwiſſenſchaft an der Kgl. Forſtaka⸗
demie Tharandt
I ee „% ù o @ @ ē ò> ù oò ē 9
Forſtbenutzung einſchl. Transportivefen.
Handbuch der Holzkonſervierung von Trofchel .
Fichtenſamen als Quelle von Speiſeöl. Von
C. von Tubeoe nnn
Anleitung zur Gewinnung vonFichtengerbrinde.
Herausgegeben von der Forſtabteilung der
Landwirtſchaftskammer der Rheinprovinz.
Der Krieg und die Gewinnung von Nahrungs-
mitteln durch Waldfeldbau. Von B. Borne-
mann, Großh. Heſſ. Forſtmeiſter i. P.
Beſtandeswirtſchaft und Altersklaſſenmethode.
Von Th. Micklitz .
Die Kriegsnutzung des Waldes. Eine Anleitung
zur Mobilmachung des deutſchen Waldes.
Von Prof. Dr. von Mammen und Ober
lehrer Riedel
Forſtliche Betriebsfächer.
(Forſteinrichtung, Vermeſſung, Holzmeßkunde, Wald—
wertrechnung und Statik, forſtſtatiſche Verſuche.)
Ph. Flury: Unterſuchungen über die Sorti-
mentsverhältniſſe der Fichte, Weißtanne und
Buche
Dr. Theodor Glaſer und feine Bedeutung für
die Waldwertrechnung und forſtliche Statik,
von Forſtmeiſter E. Kreutzer
269
268
14
Das Weiſerprozent des Ertragswaldes im
Jahresbetrieb. Von Forſtmeiſter E. Kreutzer
Hönlingers Waldertragstheorie. Beſprochen
von Forſtmeiſter E. Kreutzrre .
Anleitung zur Aufnahme des Holzgehaltes der
Waldbeſtände. Von Dr. Max Friedrich
Kunze, Geh. Hofrat und Profeſſor i. R.
Dritte durchgeſehene Auflage .. ..
Forſtverwaltung.
Statiſtit, forſtliches Unterrichts- und
Vereinsweſen.)
„Waldheil“, Kalender für Deutſche Forſt—
männer und Jäger auf das Jahr 1917. I. u.
EI Tell. os ges ĩ K e
Jagd-Abreißkalender 1917. Herausgegeben
von der Deutſchen Jäger⸗ Zeitung..
Forſt⸗ und Jagd⸗Kalender 1917. Begründet
von Schneider und Judeich. 66. Jahrgang
Deutſcher Forſtkalender des deutſchen Forſt—
vereins für Böhmen 1917. 10. Jahrgang
Der Förſter. Qand- und Forſtwirtſchaftlicher
Kalender für Forſtſchutzbeamte 1917. Her⸗
ausgegeben vom praktiſchen Forſtmann Th.
err. a re N
Wild» und Hund⸗Kalender. XVII. Jahrgang.
Herausgegeben von der illuſtrierten Jagd—
Zeitung „Wild und Hund“
Bericht über die XXII. Tagung (Kriege
tagung) des deutſchen Forſtwirtſchaftsrats
zu Berlin, 28.—30. März 1916.
Statiſtiſche Nachweiſungen aus der Forſtver—
waltung des Großherzogtums Baden für das
Jahr 1914. XXXVII. Jahrgang
Anleitung zur Buch- und Rechnungsführung
für Privatforſtreviere. Von B. Böhm, Geh.
Regierungs- und Forſtrat in Königsberg i. Pr.
Zweite umgearbeitete Auflage
Die Studienreiſe des kommerziellen Kurſes
an der Hochſchule für Bodenkultur im Jahre
1908. Von J. Syrutſchek
Die Veränderung des Eigentums an Grund—
fliiden in Preußen ufm. Von J. Leopold
Preußiſches Förſter⸗Jahrbuch für 1916.
Die Tharandter Forſtakademie als Hemmſchuh
für den Fortſchritt. Von Hans Hönlinger .
Das öſterreich. Reichsforſtgeſetz mit Erläute—
rungen zu ſeiner Handhabung. Von Rudolf
Fiſcher und Dr. Albrecht Hirſch Edlen von
Stronſtorff
Die organiſatoriſchen Aufgaben und Ziele der
deutſchen Forſtwirtſchaft, zugleich Bericht
der Geſchäftsſtelle des Forſtwirtſchaftsrates
für kriegswirtſchaftliche Angelegenheiten.
(Politik und
. è @ ò ò> o o „% 8
eo e òo oe „„ o
Herausgegeben vom Leiter der Geſchäftsſtelle is
Regierungsdirektor Dr. Wappes, Speyer
Seite
10
2300
Jagd und Fiſcherei.
Die Bedeutung der Binnenfiſcherei in der Er—
nährung des deutſchen Volkes. Von Dr.
A. L. Buſch kiel i
Die preußiſche Jagdordnung nebſt Sonderrecht
Hannovers und Helgolands ſowie ergänzen-
den Geſetzen. Von Dr. jur. Werner Brandis
Rieſenthals Jagdlexikon. Zweite Auflagen.
planmäßiger Abſchuß des Rehſtandes uſw.
Von E. Graf Kal nin
Jagden und Abenteuer in den Gebieten des
oberen Nil. Von A. David.
Praktiſche Anleitung zur Erhaltung der ver-
mähten Rebhühner⸗ und Faſanengelege. Von
Paul Clauſius
> e %% %% ç òè è ò òo 8 „„
Forſtli che Hilfsfächer.
(Mathematik und Naturwiſſenſchaften ze.)
Tie Ernährung der landwirtſchaftlichen Kultur-
pflanzen. Von Profeſſor Dr. Schneidewind
Novellen aus dem Tierleben. Lebensbilder
aus der Tierwelt von H. Meerwarth u. Karl
F A a a a A
Die Ameiſe. Schilderung ihrer Lebensweiſe.
Von Prof. Dr. Karl Eſcherich. — 2. Aufl.
Verſchiedenes.
O Akademia! Von Ferdinand von Raesfeld
Praktiſche Stallhaſen⸗ und Ziegen⸗Nutzzucht
mit Kriegskochbuch. Von Rödel-Paulus⸗
Zittauall ls r
Briefe.
Ans Baden.
Gedanken über Vereinfachung und Ein parung
in der badiſchen Forſt⸗ und Domänenver⸗
waltung. Von Geh. Finanzrat Reinach,
Karlsruher
Zu Herrn Forſtrat Königes Ausführungen im
Oktoberheft 1916. Von W. Hmm
zu den Gedanken über Vereinfachung und
Einſparung in der badiſchen Korjt- und
Domänenverwaltung. (Von Forſtrat Könige,
Heidelberg). Von Forſtmeiſter Feiſt
Gedanken über Vereinfachung und Einſparung
in der badischen Forſt⸗ und Domänenver-
waltung. Von Forſtrat Könige, Heidelberg
Sein oder Nichtſein der Forſtabteilung an der
techn. Hochſchule Karlsruhe. Von Forſtrat
Könige.
Aus Bayern.
Veſchäftigung von Frauen bei der Holzhauerei
Buchelernte. Von Eßlinger
> „ oò „%% oe «@
2.31
Ogi
—
206
Seite
Aus Heſſen.
Beobachtungen über Blitzſchläge. Von Geh.
Oberforſtrat Jofeph nee.. 204
Aus Kurland.
Aus den kurländiſchen Forſten . 17⁴
Aus Sſterreich.
Forſtweſen in Iſtrien. Von Hugo Piffl . .. 212
Kroatiens und Slawoniens Forſtweſen. Von
Hugo Piffl j ꝓ U Pd m 243
Aus Preußen.
Das neue Preußiſche Filchereigeiek . . .. 22
Das neue preußiſche Fiſchereigeſetz vom 11.
What 91h 3 26
Zur Preußiſchen Verwaltungs- Reform 54
Aus der Preußiſchen Forjtvermwaltung . . . 3
Zur Preußiſchen VerwaltungsReform . .. 106
Aus der Preußiſchen Forſtverwaltung. .. 113
Aus der Preußiſchen Forſtverwaltung (Schluß) 140
Der Etat der Domänen⸗, Forſt⸗ und iland-
wirtſchaftlichen Verwaltung für das Etats—
jahr 1. April 1917/1918 . n:mm 6 144
Forſtakademie Münden 166
Aus der Preußiſchen Foritverwaltung . .. 169
Die Verhandlungen des Abgeordnetenhauſes g
über den Etat der Forftverwaltung . . .. 200
Die preußiſche Fiſchereiordnung vom 29. März
V P an be de a 202
Aus der Preußiſchen Foritverwaltung . .. 234
Welche Beſtimmungen des neuen Preuß.
Fiſchereigeſetzes hat der Angler zu bes
Hbachtenmsnsnmsmsmù;s 3 237
Aus der preußiſchen Forſtwaltun g.. 270
Zur Vergrößerung der Oberförſtereien .. 273
Berichte über Derlfammlungen
und Ausftellungen.
Die 23. Tagung des Forſtwirtſchaftsrates. Von
Dr. H. Webtttek og: re 2
Die XXIV. Tagung des Forſtwirtſchaftsrates 276
Tagung des Deutſchen Forſtvereins am 17. _
bis 19. Septbr. 1917 zu Erfurt ..... 271
notizen.
Forſtwiſſenſchaft im Allgemeinen, Forſt⸗
ge ſchichte, Biographien.
Dr. Hermann von Fürſtit rh 82
Dr. Adolf Ritter von Guttenberg g. .. 178
Miniſterialrat a. D. Prof. Ferdinand Edler
von Wangngnn hh 180
Invalidenheim für Jäger und Schützen in
Marbbu nnn A: 214
Berichtigung. ee ES
Forſtwirtſchaftliches von për Biti. Von
Oberförſter A. Müller, Klingenthal i. Sachſ. 216
K. Bayer. Oberforſtrat te ries +
Von J. Keipen 250
Forſtbenutzung einſchl. Transportweſen.
Ernte⸗Berichtttmw·eꝙuũitu4. A
Waldſamen-Erntebericht. Von Heinrich Keller
Sohn in Darmſt adde... 251
Forſtſamen⸗Erntebericht 1917/18. Von Con⸗
rad Appel, Kontrollklenganſtalten, Ddarmſtadt 252
Aufruf an alle Jäger von der Neſſelfaſer-Ver—
wertungs-Geſellſch akte... . 279
Forſtverwaltung.
(Politik und Statiſtik, forſtliches Unterrichts- und
Vereinsweſen.)
— ——;;ñ— —— E EEEE
Seit
Forſtliche Vorleſungen an den N im
Winterſemeſter 1917/18. ae eds
An die geehrten Lejer der A. 525 u. J.. 215
Unfallverſicherung im Forſtbetrieb ... W.
Jagd und Fiſcherei.
Wildverſorgung der großen Städte .. Ws
Pachtung einer Jagd durch einen Belgier.
Muß der Pächter trotz Unmöglichkeit perjon-
licher Jagdausübung den Pachtzins zahlen? 2s
Aufrufe. . 110
Jagdliche Mitteilungen aus Südden tſchland 5
Fischerei in Talſperree nnn . H
Die Jagd und der Krieg .. E
Tötung eines fliehenden Wilddiebes durch einen
Privatförſte nnn 28%
Forſtliche Hilfsfächer.
(Mathematik und Naturwiſſenſchaften 2c.)
Die Errichtung einer Geſchäftsſtelle des Forſt— Wer verbreitet die Miſtelbeeren? . . .. 1
wirtſchaftsrates für kriegswirtſchaftliche An— Zum Nutzen der Krammetsvögel . .. 17
gelegenheiten. Von Dr. Wappes . . . . SI Gegen vermehrten Häherabſchuß . ... 25
Forſtliche Vorleſungen an den Hochichulen im
Sommerſemeſter 1917 er 3 Verſchiedenes.
Der Forſtverein f. d. Großh. Heſſen . . . . 25 Deutſche Helden haiinka ... . Th
ee I
Alphabetiſches Sachregiſter.
D.
Abſchuß, plaumäßiger des Rehſtands 199.
Akademia 139.
Ameiſe, Schilderung ihrer Lebensweiſe von Eſcherich 231.
Aufgaben der Forſtwirtſchaft nach dem Kriege 87, 90, 117.
Aufruf an die Jäger 116, 279.
Baden, Briefe aus: 54, 77, 79, 147, 206.
Baden, ſtatiſtiſche Nachweiſungen aus der Forſtverwaltung 72.
Baden, Vereinfachung u. Einſparung pp. 42, 54, 79, 147, 206.
Bayern, Briefe aus: 240.
Berichtigung 215.
Beſtandswirtſchaft und Altersklaſſeumethode von Micklitz 138.
Bialowies in deutſcher Verwaltung 269.
Binnenfiicherei 101.
Blitzſchläge, Beobachtungen darüber 204.
Buchhandel, neues aus dem 13, 101, 165, 266.
Buch- und Rechnungsführung für Privatforſtreviere 166.
Deutſcher Forſtverein, Nerſammlungsbericht 277.
Eigentum an Grundſtücken, deſſen Veränderung 200. ,
Ernährung der landwirtſchaftlichen Kulturpflanzen 48.
Cölinger, Otto, Oberforſtrat + 250.
Etat der preußiſchen Forſtverwaltung 144, 200.
Feuchtigkeit, deren Zuführung und Verwendung in den Hole
pflanzen 61.
Fichtengerbrinde 105.
Fichtenſamen, als Quelle von Speiſeöl 104.
Fiſcherei-Ordnung, Preußiſche 202, 237.
Forſtabteilung der techn. Hochſchule Karlsruhe 206.
Förſterjahrbuch, Preußiſches für 1916 200.
Förſter, Kalender 22. an, ae
Forſtkalender, deutſcher des deutſchen Forſtvereins MN
Böhmen 21.
Forſt⸗ und Jagdkalender 1917 21.
Forſtſchutz von Heß, Dr., IV. Auflage 70.
Forſtwirtſchaftsrat, deſſen Tagungen 49, 245, 276.
Forſtwirtſchaftsrat, Geſchäftsſtelle für kriegswirtſchaftliche
Angelegenheiten 81.
Jranzöſiſcher Mittelwald 1.
Frauen, deren Beſchäftigung in der Holzhauerei 240.
Fürſt, Dr. Hermann, Nekrolog 82.
Glaſers Bedeutung für die Waldwertrechnung und ſorſtliche
Statif 18.
ratius Falis eus, deſſen Jagdgeſang 189.
——— — ——
undleging der Forſtwirtſchaftswiſſenſchaft 157, 265.
Guttenberg, Dr. A. T 178.
Yen, deren Geſchichte uſw. 181, 259.
aberabſchuß 215.
deldenvaine 115.
chen, Briefe aus: 204.
weh, Forſtverein für das Großherzogtum 215
ohenmeſſungen, deren Genauigkeit 194.
onlingers Waldertragstheorie 20.
olzachalt der Waldbeſtände von Kunze 139.
konſervierung, Handbuch von Troſchel 47.
ügd Abreißkalender 1917 21.
agen und Abenteuer am oberen Nil 231.
aadliche Mitteilungen aus Süddeutſchland 153.
adardnung, preußiſche 105.
wwpachtung durch Ausländer
\aad und Krieg 155.
\walidenbeim für Jäger und Schützen 214.
Iusſens Forſtweſen 212.
28.
~
Lametalismus und praktiſch-techniſche Wiſſenſchaften 162.
iammergutsforſten im Fürſtentum
hauſen 233.
Arammetsvögel 179.
Krammetsvogelfang im Dohnenſtieg 7.
Atiegsnutzung des Waldes 268.
Kroahleus und Slawoniens Forſtweſen 243.
Kurland, Briefe aus: 174.
Rutland iſche Forſte 174.
eier der A. F. und J. 3. 215.
- — 5 . 7 hd
Markgenoſſenſchaften und Waldeigentum 32.
Miſtelbeeren 104.
Münden, Forſtakademie 166.
Münſtetrländer Eichenwirtſchaft 29.
Neſſelfaſer-Verwertung 279.
Otganiſatoriſche Aufgahen und Ziele der deutſchen Forſt—
wirtſchaft 267.
—
Schwarzburg Sonders—
Vi
Oſterreich, Briefe aus: 212, 213.
Oſterreichiſches Reichsforſtgeſetz 230.
Oſtfront, Forſtwirtſchaftliches von der 216.
Preußen, Briefe aus: 22, 26, 54, 73, 106, 113, 140, 144, 166,
169, 200, 202, 234, 237, 270, 273.
Preußiſche Forſtverwaltung 73, 113, 140, 169, 234, 270.
Preußiſches Fiſchereigeſetz 22, 26.
Rebhühner und Faſanengelege 231.
Rieſenthals Jagdlexikon 198.
Rumäniſches Forſtweſen 120.
Sortimentsverhaltniſſe der Fichte, Weißtanne und Buche 14.
Stallhaſen- und Ziegen-Nutzzucht 231. ,
Studienreiſe der Hochſchule für Bodenkultur 198.
Syſtematik der Forſtwiſſenſchaft 85.
Taliperren, Fiſcherei 154.
Tharandter Forſtakademie 229.
Tierleben, Novellen 105.
Tötung eines fliehenden Wilddiebs 280.
Unfallverſicherung im Forſtbetriebe 280.
Vereinfachung und Einſparung in der Badiſchen Forſt- und
Domänenverwaltung 42, 54, 77, 79, 147, 206.
Verhalten der Holzarten zum Waſſer 227.
Nerwaltungsreform in Preußen 54, 106, 273.
Volksernährung im Kriege, Mitwirkung der Forſtwirtſchaft
dazu 48.
Vorleſungen, ſorſtliche, an den Hochſchulen 83, 215.
Waldfeldban zur Gewinnung von Nahrungsmitteln 137.
Waldheil-⸗Kalender 21.
Waldſamenernteberichte 84, 251, 252.
Walnußbäume, abſterbend 217.
v. Wang, Miniſterialrat u. Profeſſor r 180.
Weiſerprozent des Ertragswaldes im Jahresbetrieb 19.
Wettſtreit der Stämme im gleichaltrigen Beſtand 253.
Wildverſorgung großer Stadte 28.
Wilde und Hund-LNalender 22.
Druck von Paul Schettlers Erben, G. m. b. H., Hofbuchdruckerei in Cöthen⸗Anh.
Hllgemeine
Fort: und Iagd-Jeitung.
Januar 1917.
deswegen nicht bearbeitet werden können, gleichen aus-
Vom franzöſiſchen Mittelwald.
Bon Privatdozent Dr. G. Baader, Hauptmann d. L.
Die nachſtehenden Ausführungen beziehen fih auf
das Waldgebiet nordöſtlich von Verdun, das durch
die Verbindungslinien der 4 Orte Etain —Gondrecourt
— Spincourt — Azannes umgrenzt wird. In einer
Höhenlage zwiſchen 210 bis 260 m erhebt ſich hier
ein Hügelland, deſſen ſanſte Wellen von Oſt nach Weſt
ih immer mehr abflachen und die nach Südweſten in
die Wosvre: Ebene auslaufen, aus der unvermittelt und
ſchroff die Cote Lorraine, der natürliche Wall der
Feſtung anſteigt.
I. Die Eigenart der Beſtockung und die Wirtſchafts⸗
form der Waldungen wird beſtimmt durch die Boden⸗
verhältniſſe. Der Boden wird gebildet von einem
ſchweren Lehm, der in größerer oder geringerer Tiefe
eine wafferundurdlajfige Schicht von plaſtiſchem, blau:
grauem Ton führt, der ſich fettig anfühlt. Die Ton⸗
ſcicht wird meit ſchon bei 0,6 bis 1,0 m Tiefe ge:
funden und iſt von ungewöhnlicher Mächtigkeit. Bei
dem Verſuch, einen Brunnen zu graben, war ſie in
6 m Tiefe noch nicht durchſtoßen. Das Grundgeſtein
if ein der Juraformation angehöriger Kalk, dem etwas
Sand beigemengt iſt und der vielfach in verbröckelten
Platten zu Tage tritt. Charakteriſtiſch find die vielen
verſumpften Partien die ſich faſt in allen Tieflagen
finden und zahlreich auftretende, flach tellerförmige
Einſenkungen — auch auf den Höhen —, die mit
Grundwaffer angefüllt find (f. Bild Nr. 1). Einige
größere Teiche und Seen tragen zur Belebung des
Landſchaftabildes bei.
Im Winter und bei Regenwetter erſchweren der
geringe Fall des Geländes und die Tonſchicht den Ab⸗
fluß des Waſſers; die obere Lehmſchicht ift dann voll-
geſogen wie ein Schwamm. Bei Trockenheit hingegen
tritt {on nach kürzeſter Zeit Waſſerarmut ein, weil
die Kapillarkraft die Oberſchicht raſch auspumpt, ſo
daß tieſe Riſſe das dürre Land durchziehen. Die un⸗
beftellten Felder, die zum großen Teil nun fon faſt
2 1 L der Feuerzone der Artillerie liegen und
gebrannten Schlacken.
Ein Boden, der zeitlich und örtlich in ſeinem
Waſſergehalt derart kraſſe Gegenſätze aufweiſt, iſt zum
Kahlſchlagbetrieb offenbar ſchlecht geeignet. Der künſt⸗
lichen Wiederbeſtockung, ſei es Saat, ſei es Pflanzung,
würden große Schwierigkeiten ſich entgegenſtellen, da
auf freier Fläche im Uebermaß von Näße oder bei
vollkommener Trockenheit die jugendliche Pflanze ver⸗
kümmerte. Eine nachhaltige Wirtſchaft iſt m. E. unter
den gegebenen Verhältniſſen, und ich möchte dies nad-
drücklich betonen, nur möglich bei einer Betriebsform,
die auf dauernden Bodenſchutz Ridfidt nimmt.
Wenn man hierüber klar iſt, dann wird man im
Mittelwald, der hier ausſchließlich herrſchenden Be⸗
triebsart, nur ein natürliches Ergebnis der Standorts⸗
verhältniſſe erblicken, und der franzöſiſche Forſtmann
hat ſomit guten Grund, dieſe Wirtſchaftsform zu er⸗
halten und zu pflegen. Mit weitſchauenden Plänen
der Landesverteidigung hat dagegen das Daſein des
Mittelwaldes gewiß nichts zu tun und Behauptungen
dieſer Art, die dazu etwas post festum kommen, ge⸗
hören in das Gebiet der Legende.
II. Die herrſchenden Holzarten auf der rund
10 000 ha umfaſſenden Waldfläche find Stieleiche
und Hainbuche, beide vortrefflich für den Boden
paſſend und waldbaulich ſich ergänzend. Als unftand-
ortsgemäß muß die Traubeneiche bezeichnet werden,
die man ſtellenweiſe findet. Andere Hölzer ſind nach
Zahl und Art reichlich vertreten. Obenan ſtehen Saal⸗
weide und Aſpe, ſehr häufig ſieht man auch Feldahorn
und Linde, weniger oft die Birke. Geradezu eine
Seltenheit iſt die Rotbuche, und die wenigen Eſchen,
die der Boden trägt, ſind meiſt krummſchaſtig oder
gegabelt. Die Erle fehlt offenbar ganz und die An⸗
bauverſuche mit Nadelholz beſchränken ſich auf ſehr
kleine Flächen. Die älteften vorhandenen Fichten,
Kiefern und Stroben find etwa 35 jährig. Erwähnt
man endlich noch die Elsbeere, die Mehlbeere und den
wilden Birnbaum, dann dürfte die Aufführung voll⸗
ſtändig ſein.
1
III. Wenn das äußere Bild des hieſigen Mittel-
waldes trotz dieſes Holzartenreichtums einen eintönigen
Eindruck macht, dann liegt das daran, daß alle Bei⸗
hölzer fidh faſt ausſchließlich im Unterholz finden. Nur
gelegentlich rettet fih ein Stämmchen hiervon aus der
zudringlichen Geſellſchaft der Hainbuchen⸗Stockſchläge
in die Klaſſe des Oberholzes hinüber. Der Wirt⸗
ſchafter vollzieht dieſes Rettungswerk ſicher nicht, denn
eine Beſtandspflege im Jungholz wird anſcheinend
überhaupt nicht geübt. In dieſer Vernachlaͤſſigung
der heranwachſenden Dickungen während der erſten 30
bis 40 Jahre dürfte die Haupturſache für die wald⸗
baulichen Mängel zu erblicken ſein, die vielen Beſtän⸗
den anhaften und auf die ich fpdter noch zu ſprechen
komme. |
Die Tätigkeit des Wirtſchafters beſchränkt fih fo:
mit im weſentlichen auf den Ernteakt. In 25- bis
40 jährigem Turnus wird die Hainbuche auf den Stock
geſetzt, während von der Stieleiche, die allein den
Oberſtand bildet, ſo viel entnommen wird, als der
Vorrat gerade erlaubt. Von einer beſtimmten Um⸗
triebszeit und Klaſſenzahl des Oberholzes läßt ſich
nicht reden. Man trifft Beſtände, in denen der Kern⸗
wuchs mit zwei Altersſtufen vertreten iſt, und andere,
die mit 5 bis 6 Klaſſen ausgeſtattet ſind, ſo daß die
Charakter. Einen in jeder Hinficht normal aufge
bauten Beſtand trifft man kaum.
IV. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß die beſonderen
Lebensbediungen des Mittelwaldes auch im äußeren
Aufbau des Einzelſtammes und deſſen Wuchsleiſtungen
ſich geltend machen. Das Längen wachstum der
Stieleiche ift ſchon frühzeitig, etwa mit dem 80.—90.
Jahr abgeſchloſſen. Je nach dem Standort bewegt
ſich die Mittelhöhe zwiſchen 25 und 22 m; nur in
einem Fall (Bild Nr. 2) habe ich bei 170 jährigen
Eichen eine Höhe von 26 m und einen durchſchnitt—
lichen Holzgehalt von 9 fm feſtgeſtellt. Der große
Durchſchnitt aller Beſtände ift etwa 18—20 m hoch
Die Krone ift im Oberholz überall vorzüglich
ausgebildet und nimmt etwa / der geſamten Baum:
länge in Anſpruch, während der Reſt auf den meiſt
tadellos gereinigten, aſtfreien Schaft entfällt (Bild
Nr. 3). Im Gegenſatz zu dem ſtark herabgeminderten
Längenwuchs zeigt das Stärke wachstum einen ge
ſteigerten Verlauſ. Die nachſtehenden Angaben ſollen
dafür einen Beleg bilden. Wiſſenſchaftliche Genau:
keit können und wollen fie natürlich nicht beanspruchen,
da die Zahl der Meſſungen, die ihnen zugrunde lint,
eine beſchränkte ift. Immerhin erfüllen fie den Zmd,
das Bild ſchärfer zu zeichnen als es lange Außsfüh⸗
Abtriebsalter zwiſchen 90 und 220 Jahren ſchwanken. | rungen vermöchten.
Im einen Fall ähnelt das Waldbild einem ſtark ver⸗
lichteten und unterbauten gleichaltrigen Eichenwald, im
letzteren hat der Beſtand einen mehr plenterwaldartigen
3 mare
81,0 34,9
eine Stärke
von etwa om: 5 9 15 20,6 24,9
Den Verlauf des Maſſen wachstums kann man
auf Grund dieſer Unterlagen nicht feſtſtellen. Hierzu
wären ſchon Stammanalyſen notwendig, deren Vor⸗
nahme mir aber nicht möglich war. Zu welch er⸗
ſtaunlichen Mafjenerträgen der ununterbrochene Licht⸗
ſtand den einzelnen Baum u. U. befähigt, dafür einige
Beiſpiele.
Eine 220 jährige Eiche ergab bei ihrer Fällung
5,74 fm bei 13 m Länge und 75 em Mittendurch⸗
meſſer. Auf einer ausgeſprochen naſſen Partie fand
ich auf einer Fläche von 900 qm 6 Stück 170 jährige
Stieleichen mit einem Bruſthöhendurchmeſſer von 0,8
bis 1.10 m. Da die Mittelhöhe 26 m beträgt, ent⸗
fällt auf den einzelnen Baum ein Geſamtgehalt von
rund 9 fm. 120 jꝗährige Eichen von 3—4 fm Geſamt⸗
gehalt ſind keine Seltenheit.
36,0
Bei Beſtänden der am meiſten vertretenen Stand: |
ortsklaſſe (18—20 m Höhe) ergab fih bei der Shel:
eiche in Bruſthöhe ohne Rinde:
im Alter von Jahren: |
20 | 80 | 40 | 50 | 60 70 80 90 100 | 110 | 120 180 | 149 150 160 | 17
88,0 | 40,0 | 44,6 | 48,6 52,6 56 | 60,4 | 642
V. Wenn trotz dieſer blendenden Einzeleiftunge
die Geſamtvorräte an Oberholz auf der Flächeneinhel
oft nicht befriedigen, dann liegt dies an der geringen
Stammzahl. In Anbetracht der außerordentlich
ſchwankenden Zuſammenſetzung des Oberholzes, ſowohl
nach Klaſſenzahl, Alter und Stammzahl der einzelnen
Klaſſen, ijt es ſchwer, beftimmte Angaben zu machen
Weite Flächen, deren Unterholz nur mit wenigen
Stämmen durchſetzt ift, wechſeln mit lichter, räumliß
und voller beſtockten Oertlichkeiten. Läßt man die
Laßreitel außer Acht, weil die Brufthöhenftärke der
meiſten unter 14 em liegt, dann dürfte die Ve
ſtockungsdichte, wie fie fih am häufigſten findet, einen
Standraum von 6—12 m Quabdratfeite entipredet
Das find pro Hektar etwa 70—250 Stämme von 2,
3 oder mehr Altersſtufen. Eine ſchwaͤchere Beſtockung
kommt öfter vor, eine ſtärkere felten. Die Holzmaſſen,
die ſich hieraus ableiten, ſchwauken zwiſchen wenigen
Feſtmetern bis zu etwa 220 fm; Vorräte von 100 —
150 fm auf den Flaͤcheninhalt bilden die Regel (Bild
Rr. 4 und 5).
Anſchließend noch einige Worte über das Unter⸗
holz. Je nach Abtriebsalter und Standortögüte er:
reichen die Hainbuchenſtockſchläge eine Höhe ron 5 bis
10 m. Die Ausſchläge ſtehen neſterweiſe zuſammen,
auf einem Stocke oft bis zu 50 Stück fingerſtarke bis
armdicke Loden und bilden vielfach ein undurchdring⸗
liches Hindernis. Der Schluß iſt nur dort unbefrie⸗
digend, wo die Stöcke überalt find und ihre Ausſchlag⸗
fähigkeit verloren haben. Nach der Schätzung eines
in meiner Kompagnie ſtehenden Forſtaufſehers, der in
einem Mittelwaldrevier angeſtellt iſt, dürften die Ab⸗
triebserträge des Unterholzes zwiſchen 40 — 70 fm
ſchwanken.
VI. Eine erſchöpfende Würdigung der Vorzüge
und Nachteile des hieſigen Mittelwaldes in waldbau⸗
licher und ökonomiſcher Hinſicht it mir nicht möglich.
Da mir weder Ziele noch Aufwand und Erfolg der
Wirtſchaft im einzelnen Fall bekannt ſind, muß ich
mich darauf beſchränken, mein Urteil auf den wirklichen
Befund im Walde zu begründen. Den Haupt vor⸗
zug erblicke ich in der dauernden Bedeckung des Bodens,
deſſen zu Extremen neigende Eigenſchaften dadurch auf⸗
gehoben werden. Eine gleichmäßige Feuchtigkeit ſchafft
für die Naturverjüngung die günſtigſten Bedingungen.
Und da die Stieleiche des Mittelwaldes dank einer
geſunden Kronenentwicklung und dauernden Licht⸗
genuſſes ein vorzüglicher Fruchtträger iſt, kann man
in der Tat auf allen Schlagflächen einen Eichenauf⸗
ſchlag feſtſtellen, deſten Fülle erſtaunlich iſt. Rechnet
man hierzu die völlige Unabhängigkeit der Wirtſchaft
von den Feſſeln einer beſtimmten räumlichen Ordnung,
die Sicherheit gegen Wind und Froſt, die geriuge Ge⸗
fährdung durch Schädlinge, insbeſondere durch den
Engerling, ſo ſind dies alles Vorzüge, die für den
Mittelwald ſprechen und die der um ſo höher ſchätzt,
der weiß, daß gerade der ſchlagweiſe Hochwald in den
angedeuteten Punkten ſeine ſchwächſten Stellen zu offen⸗
baren pflegt.
Bei der ſtatiſchen Beurteilung ſind es namentlich
zwei Umſtände, die einen günſtigen Einfluß ausüben.
Einmal das Fehlen von Kulturkoſten und dann der
hohe Stärke⸗ und Qualitätszuwachs im Oberholz, der
früher und kräftiger ' einſetzt als im gleichaltrigen Hod):
wald. Da ferner die Abfuhr der Hölzer unmittelbar
von der Schlagfläche erfolgt, werden Rückerlöhne er⸗
ſpart und hohe Wegbaukoſten überflüſſig. Allerdings
kann dieſe Sparſamkeit u. U. höchſt unangebracht ſein.
Dieſen BorzügenN\ftehen aber gerade auf ſtatiſchem
’
— — — —— 4 -—W0ö
—— . A õͤ—— —
`
—
Gebiet beträchtliche Nachteile gegenüber. Der jähr⸗
liche Maſſenertrag im Oberholz beträgt nach vorſich⸗
tiger Schätzung im günſtigſten Fall 3 fm pro Hektar,
vielfach wird er bis auf 1 fm herabſinken. Hiervon
hat aber nur das Stammholz, deffen Anteil auf hdd-
ſtens 60% zu veranſchlagen ift, einen hohen Wert.
Das ſperrige Aſtholz der Krone ergibt dagegen ein
minderwertiges Brennholz und der Erlös aus dem
Reiſig des Unterholzes (1 -2 fm pro Jahr und Hektar)
iſt wahrſcheinlich noch geringer. Das finanzielle Ge⸗
ſamtergebnis dürfte ſomit ein recht dürftiges ſein und
weit hinter den Erträgen des gleichaltrigen Waldes
zurückbleiben.
Die weiteren Mängel fallen mehr dem Wirtſchafter
als der Waldform zur Laſt. Wie ſchon unter Punkt
II und IV geſagt wurde, zeigt zwar das Unterholz
eine reichliche Beimiſchung anderer Holzarten, nach
deren Verbleib man jedoch im Oberholz vergeblich
ſuchen wird. Dem vorwüchfigen und gedrängt ſtehen⸗
den Hainbuchen⸗Stockſchlag erliegen aber nicht nur die
Beihölzer, ſondern auch der reichlich vorhandene Eichen⸗
aufwuchs geht vielfach ganz oder größtenteils zugrunde.
Eine Beſtandspflege, die ſich mit der Freiſtellung von
Edelhölzern und der Sicherung der nötigen Eichen⸗
kernwüchſe befaßt, gibt es eben nicht. Mit Sicherheit
läßt ſich dies in älterm, über 35 jährigem Unterholz
feſtſtellen, wo Dürrholz und faulende Stämmchen in
wirrem Durcheinander umherliegen und ein Bild der
Verwahrloſung abgeben. Die üblen Folgen zeigen
ſich in mehrfacher Beziehung. Um die Nachhaltigkeit
nicht zu gefährden, wird der Wirtſchafter ſowohl beim
Mangel wie beim völligen Fehlen an Laßreiteln ge⸗
nötigt ſein, mit dem vorhandenen Oberholz hauszu⸗
halten und den Hiebsſatz einzuſchränken. Hieraus er⸗
gibt ſich ein Hinausſchieben der Nutzungsalter und bei
mehrmaliger Wiederholung eine teilweiſe Ueberalterung
der Kernwuchsklaſſen. Die Hainbudenftdde verlieren
ihre Ausſchlagfähigkeit und da auch zu wenig Hain⸗
buchenſamenbäume vorhanden find, verſchwindet das
Unterholz auf ſolchen Oertlichkeiten vollſtändig. Boden⸗
verhärtung und Unkraut tun dann das übrige, um
eine Neubegründung überhaupt zu erſchweren.
VII. Die Forſteinrichtung ſtützt ſich in der Haupt:
fahe wohl auf die Fläche. Ob eine Aufnahme der
geſamten Oberholzmaſſe hierbei erfolgt, entzieht ſich
meiner Kenntnis. Sicher iſt, daß dies mit dem Stark⸗
holz, d. h. den in Bruſthöhe über 50 em ſtarken
Stämmen geſchieht, da dieſe in den einzelnen Abtei⸗
lungen fortlaufend durchnummeriert ſind. Ueber die
Höhe des Hiebsſatzes habe ich bereits geſprochen. Die
Hiebe ſelbſt erſtrecken ſich wie im Niederwald auf weite
Flächen von 30, 40, ja ſelbſt 50 ha. Das Wege⸗ und
Schneißennetz iſt dünn, die Abteilung infolgedeſſen groß
i®
bis zu 100 und mehr Hektar. Die Wege ſelbſt find
meit in troſtloſem Zuſtand. Eine Folge des unge-
heuren Kolonnenverkehrs, der ſich der Deckung wegen
vorzüglich in den Wäldern abſpielt. Befeſtigte Wege find
ſelten und dienen dann zugleich der Verbindung von
Ort zu Ort.
VIII. Die Bedeutung des Waldes im Kriege, über
die in dieſen Tagen manches geſagt und geſchrieben
wurde, äußert ſich in mehrfacher Hinſicht. Es iſt zu
unterſcheiden:
1) Der Wald als Kampfgelände,
2) der Wald als Deckung gegen feindliche Sicht
(Flieger!), =
8) der Wald als Lieferant unerſetzlicher Mitte
zur Kriegführung.
In dieſer Aufſtelluug hat eigentlich nur der letzte
Punkt Intereſſe für den Forſtmann. Eine Beſprechung
der Bedeutung des Waldes als Kampfgelände
kann ich mir deswegen erſparen, außerdem iſt dieſe in
der militärwiſſenſchaftlichen Literatur längft durch be-
rufene Feder erfolgt. Auch eine Erörterung über den
zweiten Punkt, die Bedeutung des Waldes als Deckung
gegen feindliche Sicht, gehört im Grunde ge⸗
nommen nicht in dieſe Zeitſchrift. Der Umſtand je⸗
doch, daß es ſich hierbei um eine zum erſtenmal im
jetzigen Kriege angewandte, grundfägliche Ausnutzung
der Eigenſchaften des Waldes handelt, rechtfertigt viel⸗
leicht einige Worte.
Die bis zur Vollkommenheit gediehene Entwicklung
des Flugweſens, ſowohl als Erkundungsmittel wie als
Angriffswaffe, verlangt eine viel größere Geheimhaltung
aller Truppenbewegungen als in früherer Zeit. Die
Partei, die unter ſonſt gleichen Umſtänden am beſten
das Geheimnis wahrt, hat die höchſten Sieges möglich⸗
keiten. Dieſe Erkenntnis iſt heute in der Armee durch⸗
gedrungen bis zum letzten Musketier. So iſt der Wald
der treue Freund des Soldaten geworden, denn ſein
Kronendach bietet Schutz vor dem Auge des Feindes.
Hier ſtehen die Batterien ſchwerſter Rieſengeſchütze, im
Wipfel hachragender Eichen ſind Beobachtungsſtellen,
ein Netz von Drähten vermittelt die Verbindung der
einzelnen Kommandoſtäbe, auf den Schienen der Feld⸗
bahnen rollen Tag und Nacht die Wagen mit Men⸗
ſchen und Material, und in den Waldlagern ſammeln
die ruhenden Truppen neue Krafte für ihren ſchweren
Dienſt.
Der Wald ſchützt treu das Geheimnis der Armee!
Eingehendere Behandlung verlangt die dritte und
letzte Frage, die Bedeutung des Waldes als Lie⸗
ferant unerſetzlicher Mittel zur Krieg:
führung. Zwang und finderiſcher Sinn des Ein⸗
zelnen geben dem Holz aller Stärken eine geſteigerte
Verwendungsmöglichkeit, mit der Hand in Hand ein
Maſſenverbrauch geht, der mit der Länge des Krieges
ins ungemeſſene wächſt. Den Geſamtverbranch an
Holz heute ſchon feſtzuſtellen oder auch nur ſchätzungs⸗
weile zu beſtimmen, ift ein völlig ausfichtsloſes Ve:
ginnen. Dazu fehlen jede Unterlagen. Ich muß mich
daher darauf beſchränken, ein Bild verkleinerten Maß⸗
ſtabes zu zeichnen. Wem die Multiplikation der an⸗
gegebenen Zahlen Vergnügen macht, mag dies immer⸗
hin tun.
Einen Einblick vermittelt ein Gang durch ein
Truppenlager. Der Weg führt ab von der großen
Straße. Ein ſchmaler, etwa 1 m breiter Pfad nimmt
uns auf und führt ins Waldinnere. Er iſt ſauber
belegt mit einem Roſt aus Reiſig oder geſpaltenen
Stangen und an den Seiten eingefaßt von einem
Holzgeländer. Ein labyrinthiſches Gewirr ſolcher
Straßen durchzieht den ganzen Wald. Die Herſtellung
von 100 lfd. m Holzroſt erfordert 3 - 4 fm Reifg.
Zu beiden Seiten der Pfade liegen die Unkerkunſts⸗
räume. Von der einfachſten Hütte aus Brettern und
Dachpappe bis zum maſſiven Blockhaus find hier all
Formen vertreten, je nach der Zeit und dem Geſchmack,
die den Erbauern zur Verfügung ſtanden. Die Wände
find meiſt aus horizontal aufeinander liegenden Cider:
ſtämmen aufgeführt, die dem Feind zugewandte Cette
ift durch 2—3 Stammlagen und einen kräftigen Er:
anſatz verſtärkt. Der ganze Bau iſt 1—2 m in die
Erde eingelaſſen, der Fußboden zum Schutze gegen das
Grundwaſſer mit einem Holzroſt belegt. Bei Regen⸗
wetter müſſen Handpumpen die Trockenhaltung be:
ſorgen. Die Stärke des Daches iſt von der Gefähr⸗
dung durch die feindliche Artillerie abhängig. Vier
kreuzweis verlaufende Schichten Eichenſtammholz und
eine Erddeckung von 1—2 m bieten gegen die Mehr
zahl der Geſchoſſe einen ausreichenden Schutz. Bei
einem Wohnunterſtand dieſer Art für 20 Mann habe
36 fm eingebautes Eichenſtammholz gemeſſen, das bei
einem Mittendurchmeſſer von 25—40 em pro Feſt⸗
meter mit etwa Mk. 30.—, im ganzen mit wenig
ſtens Mk. 1000.— zu bewerten ift (Bild Nr. 4),
Eine Verſchalung mit Eſchenborke und ſchmucke Leiften
aus Birkenreiſig längs der Dachränder und am Giebel
verleihen mitunter dem Ganzen ein gefälliges Aus
ſehen.
Auch die Unterſtände der Schützengräben find weiter
nichts als bombenſichere Wohnräume, bei denen aber
der Oberbau verſchwindet. Um die Gefahr des Ber:
ſchüttens herabzumindern, erhält jeder Unterſtand tun:
lichſt zwei Ausgänge. Die ganze Anlage beſteht bann
aus 2 fteil nad) unten verlaufenden Stollen, die M
einem fpigen Winkel zu einander ſtehen und die auf
der Sohle durch einen Quergang, den eigentlichen
Unterſtand, miteinander verbunden ſind. Die Stollen
und der Quergang find aufs kräſtigſte mit Stämmen
geſtützt, die Wände entweder mit Rundholz, Spaltholz
oder ſtarken Bohlen bekleidet. In den Stollen ſind
Stufen eingehauen, die mit Holz geſüttert ſind. Da
faſt jeder Unterſtand vom anderen abweicht, ift es nicht
moglich. Durchſchnittszahlen für den Holzverbrauch zu
geben. In einem Unterſtand für 8 Mann, der 6 m
tief liegt und der nur mit Rund⸗ und Spaltholz aus⸗
gebaut iſt, habe ich beiſpielsweiſe rund 10 fm feſtge⸗
ſtellt. Andere wieder enthalten mehr, andere dagegen
kaum die Hälfte. Den Höchſtverbrauch dürften aber
die bergmänniſch angelegten Stollen und Gallerien
für Minenſprengungen, ferner die ſogenannten Bereit
ſchafts⸗Stollen und endlich die Unterſtände in den
Ortsunterkünften aufweiſen. 50 und mehr km find
in einzelnen Fällen nicht ausreichend. Mit dieſen
bomben ſicheren Räumen dürfen nicht die ſplitter⸗
ſicheren Unterſtände verwechſelt werden, bei denen eine
ſchwache Erddecke über 3 bis 4 zollſtarken Brettern
den ganzen Schutz darſtellt. |
Der Ausbau der Gräben ift jedoch mit der Anlage
der Unterſtände nicht beendet. Wo die Standfeſtigkeit
der Grabenböſchungen ungenügend it und die Wände
einrutſchen, hat ihre Verſteifung durch ein Flechtwerk
von Reiſig zu erfolgen, deſſen feſtes Gerippe von
Pfählen gebildet wird, die von m zu m in den Graben⸗
boden getrieben ſind. Wenn Zeit und Umſtände es
erlauben, wird noch die Grabenſohle mit einem Holz⸗
toft ausgelegt.
Beträchtliche Holzmengen verlangt ferner der Bau
von Zeltgerüſten für Pferdeſtälle und die Anlage
trockener Lagerplätze für Material und Munition in
einer Ausdehnung von vielen ha.
Die Verwendungsmöglichkeiten des Holzes beim
Wege⸗ Brücken⸗ und Bahnbau find jedem Forſtmann
geläufig. Ich kann daher auf nähere Ausführungen
verzichten und mich auf die Mitteilung einer Art Wege⸗
verbeſſerung beſchränken, die ich hier kennen lernte und
die vielleicht dem einen oder anderen Fachgenoſſen
u. U. nachahmenswert erſcheint.
Eine völlig verſumpfte Wegſtrecke wurde zunächſt
in der Längsrichtung mit 4 Reihen Eiſenbahnſchwellen
ausgelegt, die Längsreihen alsdann mit Ouerſchwellen,
die breite Seite nach oben, dicht zugedeckt. Zwei
Schwellenlängen bildeten die Wegbreite. Es entſtand
ſo eine Fahrſtraße, die bei ſtärkſtem Verkehr ſchwer⸗
beladener Fuhrwerke ſich vorzüglich bewährt. Als
„fliegendes Baumaterial“ könnte ich mir auch in der
Jorftwirtſchaft eine gleiche Verwendung alter Schwellen
bei der Räumung abgelegener Schläge denken, wohin
der Bau feſter Wege bei einmaliger Benutzung unren⸗
tabel wäre.
Hier wären noch die Maskierungsanlagen zu er⸗
wähnen, d. ſ. wandartige Kuliſſen von etwa 4 m
Höhe aus belaubtem Reifig oder Schilf, die längs der
offenen Wegſtrecken und Bahnlinien aufgeſtellt find,
um den Verkehr der feindlichen Beobachtung zu ent⸗
ziehen. Auch das Verblenden von Daͤchern, Mu⸗
nitionslagern, Fuhrwerken, Beobachtungsſtellen uſw.
mit friſchem Reiſig zwingt fortdauerd zu ſtarken Cin:
griffen in das Unterholz.
Wie viel Holz geht ferner nicht als Rauch auf aus den
ungezählten Kochſtellen? Sehr ſparſam brennen die
fahrbaren Feldküchen. Mit 1 rm Scheit oder Knüppel
reicht eine Feldküche 7—8 Tage. Feſtſtehende Koch⸗
einrichtungen verlangen mindeſtens das Doppelte an
Brennmaterial. Unkontrollierbar nach Zahl wie nach
Verbrauch find die vielen Feuerſtellen in den einzelnen
Quartieren und Unterſtänden.
Genug der Beiſpiele, deren Reihe verlängert werden
könnte. Und jetzt richte man einen Blick auf das
Ganze!
Sagen wir rund 10000 km Schützengraben —
wie viel Unterſtände mögen fie bergen? Wie viel km
Feldbahn ſind gebaut im Rücken einer Front von
2000 km, wie viel iſt in 2 langen Jahren zerſtört,
erſetzt und wieder zerſtört worden?
Die Fragen allein genügen, um uns die Gewißheit
zu geben, daß der Krieg gewaltige Holzmengen ver⸗
ſchlingt, die hoch in die Millionen fm gehen und daß
auch an den Wald unerhörte Anforderungen geſtellt
werden, die den Opfern entſprechen, die von den Völkern
verlangt werden.
IX. Nach dieſen allgemeinen Feſtſtellungen komme
ich auf mein eigentliches Thema zurück, auf die Be⸗
deutung des Mittelwaldes im Kriege.
Wenn ich nicht irre, iſt es Wappes geweſen, der in
der Silva zum Ausdruck brachte, daß der deutſche Forſt⸗
mann nach dem Kriege vielleicht genötigt fet, aus
Gründen der Landesverteidigung ſich mehr als bisher
mit dem Mittelwald zu beſchäftigen.) Wappes be:
tonte dabei die beſondere Eignung dieſer Waldform,
hier einen zähen Widerſtand zu organiſieren. Dies
iſt, wie der Krieg lehrt, richtig. Doch muß m. E. bei
ſolchen Zukunftsplänen mit Sicherheit mit einer weiteren
Vervollkommnung der Angriffsmittel, insbeſondere der
Artillerie ſchwerſten Kalibers gerechnet werden, ſo daß
es in einem Zukunftskriege auf die Waldform über⸗
haupt nicht mehr ankommt. Dagegen wird der In⸗
fanleriſt noch mehr wie jetzt genötigt fein, Schutz in
der Tiefe der Erde zu ſuchen. Noch mehr Holzmengen
werden verbraucht werden und die Frage, die angeſichts
1) Sollte ich mit der Anführung des Autors und der Zeit⸗
ſchriſt irren, — in der Sache ſelbſt irre ich mich nicht — dann
bilte ich das Verſehen nicht ſchwer zu nehmen. Die Mitnahme
von Leſeſtoff ins Feld iſt leider nur beſchränkt möglich.
dieſer Entwicklung allein entſcheidet, lautet: iſt der
Mittelwald überhaupt im Stande mit ſeinen geringen
Vorräten ſolche Holzmaſſen zu liefern? Nach den Er⸗
fahrungen im jetzigen Kriege iſt dieſe Frage aber keines⸗
wegs mit Sicherheit zu bejahen und die großen Nach⸗
ſchübe an Holz, insbeſondere an Schnittware, aus der
Heimat beweiſen eher das Gegenteil.
Die Einführung des Mittelwaldbetriebes im Grenz:
gebiet oder im Bereich unſerer Feſtungen iſt m. E.
deswegen abzulehnen. Der Landesverteidigung wegen
haben wir nicht nötig, unſeren waldbaulichen Idealen
eine andere Richtung zu geben als ſeither. Wir er⸗
füllen unſere Pflicht, wenn wir nach dieſen Grundfagen
weiter arbeiten und der Zukunft möglihft hohe Holz⸗
vorräte zur Verfügung ſtellen.
Die Beſchädigungen durch Artilleriefeuer in dem
Waldgebiet, von dem hier die Rede iſt, ſind erſtaun⸗
lich gering, trotzdem es ſeit September 1914 unmittel⸗
bar hinter der Front und im Bereich der gegner iſchen
Artillerie lag und zum größten Teile heute noch liegt.
Am häufigſten find Kronen: und Scaftverlegungen,
hie und da hat eine ſchwere Granate auch das Unter⸗
holz auf kreisförmigen Flächen von etwa 10 m Durg:
meſſer herausgeſchleudert. (Bild Nr. 7 ſtellt einen
Volltreffer dar.) Aber Zerſtörungen, die bis zur
völligen und faſt ſpurloſen Vernichtung ganzer
Waldungen gehen,!) wie man fie jet auf der Cote
Lorraine fieht, gibt es hier nicht.
Trotzdem wird es der Arbeit vieler Jahrzehnte be⸗
dürfen, bis der hieſige Mittelwald ſeine alten Erträge
wieder abwirft. Die Bedürfniſſe für eine zweijährige
Kriegführung verlangten eben gebieteriſch Eingriffe, die
vielfach bis an die Grenzen des Möglichen gingen.
X. Die Forſtbenutzung im Operationsgebiet kennt
keine Rückſichten waldpfleglicher Natur, ſie kennt nur
militaͤriſche⸗ Erwaͤgungen. Der Stamm wird in
0,8—1,0 m Höhe über dem Boden abgeſägt, die
Krone wird abgeſchnitten und bleibt ungenutzt liegen.
Selbſt als Brennholz wird ſie nur ausnahmsweiſe ver⸗
wertet. Der Transport und die Zerkleinerung wären
viel zu zeitraubend. Der ſtehen bleibende untere Schaft:
teil kann u. U. bei der Anlage eines Drahthinderniſſes
verwandt werden.
Um den Bedarf an Holzkohle zur Feuerung in
den Schützengraben zu decken, hat wohl jede Diviſion
einen eignen Köhlertrupp arbeiten. Verkohlt wird nur
1) In der Schrift: „Die Champagne⸗Herbſtſchlacht, be:
arbeitei und herausgegeben vom Armee⸗ Oberkommando 8“ ift
auf S. 31 über die Artilleriewirkung zu leſen: „Bäume wurden
entwurzelt. Ganze Waldſtücke verſchwanden vom Boden.
Einige kahle Stümpfe zeigten bald nur noch die Stellen an,
wo ſich früher die für die Champagne fo charakteriſtiſchen
Rieferngehdlge erſtreckt hatten.“
—— . ee —2u- ]Æ öU]—2k ee eee :e —
Eiche. Die Meiler haben 30 bis 45 rm, der Robt:
prozeß dauert je nach der Größe des Meilers 3—4
Wochen. Schnitthölzer liefert das Divifionsſägewerk.
Leider konnte ich über die Leiſtungsfähigkeit dieſer Ein-
richtung nichts in Erfahrung bringen.
XI. Ich bin am Schluſſe meiner Ausführungen
angelangt. In den freien Stunden, die der Dienſt
mir ließ, habe ich mich bemüht, einen Einblick in den
hieſigen Mittelwald zu gewinnen. Der erſte Eindruck
der Eintönigkeit wird bei tieferem Eindringen bald
verwiſcht. Auch der Mittelwald hat ſeine Reize und
enthält Bilder von großer waldbaulicher und land:
ſchaftlicher Schönheit. Einem regſamen und zielbe⸗
wußten Wirtſchafter erwachſen hier dankbare und
intereſſante Aufgaben.
Was ich geſehen, iſt in den vorſtehenden kurzen
Skizzen feſtgehalten, und was mir durch das Bort
nicht gelungen iſt, vermitteln vielleicht die beigegebenen
photographiſchen Aufnahmen. Ihre Betrachtung er:
weckt wohl eine beſondere Teilnahme, find es doch
Bilder von den Orten, wo unſere braven Truppen
gekämpft und wo vicle unſerer Brüder ihre lezte
Ruheſtätte gefunden haben.
Mitte Juli 1916.
Aachtrag.
Zu meinen vorflehenden Ausführungen über fran⸗
zöſiſchen Mittelwald kann ich einen weiteren Heinen
Beitrag liefern. Durch Vermittelung eines Kameraden.
der Ortskommandant von Gondrecourt ift, habe ih
Kenntnis erlangt von einer Waldkarte aus dem Jahre
1773 über den Gemeindewald von Aix. Dieſer Wald
liegt in der Südoſtecke des von mir beſchriebenen Wal:
gebietes. Die Art der Waldeinteilung iſt aus der
photographiſchen Wiedergabe der Karte (Bild Nr. 8
und aus dem beigeſchriebenen Text, den ich wortgelrey
anführe, erſichtlich.
Carte topografique
d'un Canton de bois
appart. & la Communau-
té d' Aix Contenant
864 *.) suivant l'ar-
pentage du S" Bagard
Arpenteur de la Mai-
trise de Briey et Divisé
en consequence d'un ar-
rest du Conseil en trente
couppes par moi sous-
Topographiſche Karte
eines Waldbdzirks der Ge
meinde Aix. Nach einer
Vermeſſung des Hern
Bagard, Landmeſſer der
Forſtinſpektion von Ort)
iſt der Wald 864 Morgen
groß und auf Grund eine
Staatsbeſchluſſes durch
mich den unterzeichneten
Oberlandmeſſer in der ge
1) arpent = altfranzöſiſches Flächenmaß, 2100-3000 a
groß, entſpricht etwa dem deutſchen Morgen.
—— c
signé Rearpenteur en la
D° Maitrise deduction
faitte du quart en Re-
serve de 216%P. Les
Douzes Premieres Coup-
pes Contiennent vingt
un arpens chaq une, la
treizieme, la quatorzie-
me, la quinzieme, la sei-
zieme, la Dix-septieme,
la Dix-huitieme et la
Dix - neuvieme vingt
deux arpens, la vingtie-
me vingt quatre arpens,
la viugt uniemc vingt
deux arpens. la vingt
deuxieme vingt un, la
vingt troizieme, la vingt
quatrieme, la vingt cin-
quieme, la vingt sixieme
et la vingt septieme
chaq une vingt deux ar-
pens, la vingt huitieme
et la vingt neuvieme
vingt un arpens, la tren-
tieme et Derniere vingt
arpens, ce qui fait sui-
vant la Division un to-
tal 861 *¹. Mesure de
Lorraine, fait sur les
Lieux et achevé a long
le quatre fevrier mil sept
cent soixante et treize.
nannten Forſtinſpektion in
30 Schläge eingeteilt, nach⸗
dem ein Viertel der Flaͤche,
216 Morgen als Reſerve
ausgeſchieden wurde.
Die 12 erſten Schläge
enthalten je 21 Morgen,
der 13., 14., 15., 16., 17.,
18. und 19. Schlag je 22
Morgen, der 20. hält 24
Morgen, der 21. 22 Mor⸗
gen, der 22. hält 21 Mor⸗
gen, der 22. halt 21 Mor⸗
gen, der 23., 24., 25., 26
und 27. Schlag jeder 22
Morgen, der 28. und 29.
je 21 Morgen, der 30.
und letzte Schlag 20 Mor⸗
gen. Dieſe Verteilung er⸗
gibt im ganzen 861 Mor⸗
gen lothringiſches Maß.
Aufgenommen an Ort und
Stelle und beendet am 4.
Februar 1773.
Zur Erläuterung darf nachgetragen werden, daß
die Waldungen im alten Lothringen bis zum Jahre
1760 entweder einer regelloſen Plenterwirtſchaft oder
einer niederwaldartigen Bewirtſchaftung unterworfen
waren.
betrieb eingeführt;
Später wurde der ſchlagweiſe Mittelwald⸗
für den Gemeindewald von Aix
erfolgte dieſe Neuordnung im Jahre 1773 und zwar
gemäß eines „arrest du Conseil“.
Ob damit der
Gemeinderat oder der Rat der Forſtverwaltung von
Briey oder eine andere Körperſchaft gemeint iſt, geht
aus dem Text nicht hervor.
Sehr groß erſcheint für heutige Anſchauungen die
Reſervefläche, die nicht ſchlagweiſe, ſondern im Plenter:
betrieb bewirtſchaftet wurde.
Die in meinem Auſſatz
erwähnten plenterwaldartigen Waldbilder find ſomit
zum Teil Ergebniffe. zielbewußter Wirtſchaft.
Zum Schluſſe füge ich noch an, daß die für den
genannten Gemeindewald im Jahre 1773 feſtgelegte
Wirtſchaftsform im Jahre 1860 unverändert für die
Folge übernommen wurde und heute noch in Kraft iſt.
Im Felde, Ende Oktober 1916. .
Dr. Baader.
Ber Krammetsvogelfang im Bohnenftiege.
Von Geh. Regierungsrat Eberts in Gaffel,
Bis zum Jahre 1908 durften die Krammetsvögel
im Dohnenſtiege gefangen werden, ſodann wurde der
Fang mit Schlingen durch das Vogelſchutzgeſetz vom
30. Mai 1908 (§ 2 b) verboten. Dieſes Fangverbot
hat feiner Zeit mit Recht vielſeitigen Widerſpruch er⸗
fahren. Einzig und allein ausſchlaggebend waren die
übertriebenen Schilderuugen der Qualen, welche ein
in der Schlinge gefangener Vogel zu erdulden haben
ſollte, bevor er verendete. l
Seitdem it nun die Stimmung in weiten Kreiſen
eine andere geworden, die Hoffnungen, die man an
dieſes Verbot des Fanges der Krammetvögel mit
Schlingen knüpfte, haben ſich nicht erfüllt und der
Krieg verlangt eine Nutzbarmachung aller für die
Volksernähruug nur irgendwie in Betracht kommenden
Nahrungsmittel.
Hierdurch veranlaßt hat — wie die „Deutſche
Forſtzeitung“ in Nr. 31, Bd. 31 mitteilt — ein Reichs⸗
tagsabgeordneter bereits im Jahre 1915 einen Antrag
im Reichstage eingebracht:
„Während der Dauer des Krieges in der Zeit
vom 2. September bis 31. Dezember den Krammets⸗
vogelfang im Dohnenſtiege mittels feſthängender Dohnen
zu geſtatten und für die Dauer der Zulaſſung dieſes
Fanges die Krammetsvögel (Droſſeln) für nicht jagd⸗
bare Tiere zu erkennen.“
Zu dieſem Antrage iſt folgendes zu bemerken:
Mit der Geſtattung des Krammetsvogelfanges im
Dohnenſtiege für die Dauer des Krieges wird
nichts erreicht. Die Herſtellung eines lohnenden
Dohnenſtieges erfordert viel und zeitraubende Arbeit.
Es muß zunächſt der Dohnen ſtieg im Walde her⸗
gerichtet, es müſſen ſodann tauſende von Dohnen und
noch viel mehr Schlingen angefertigt und in die
Dohnen eingefügt werden. Allein die Beſchaffung
von Pferdehaaren für Letztere würde gegenwärtig kaum
möglich ſein. Der Freigabe des Vogelfanges im Sinne
des obigen Antrages können wir daher nicht das
Wort reden, dagegen dürfte es fich empfehlen, nachdem
ſeit Einführung des Fangverbotes in Schlingen 8 Jahre
verfloſſen ſind, auf Grund der inzwiſchen geſammelten
Erfahrungen in Erwägung zu ziehen, ob es nicht an⸗
gezeigt wäre, das Krammetsvogelfangverbot wieder ganz
zu beſeitigen.
Die Gründe, die i. J. 1908 für das Verbot des
Dohnenſtieges ins Feld geführt wurden, waren fol-
gende:
1. Durch den Fang der Krammetsvögel im Dohnen⸗
ſtiege ſollte eine merkliche Abnahme derſelben ein⸗
getreten ſein;
2. durch die Einführung des Fangverbotes in Deutſch⸗
land würden ſich wohl auch die anderen Staaten,
beſonders die Italiener, veranlaßt fühlen, in ähn⸗
licher Weiſe die Krammetsvdgel zu ſchützen;
3. der Fang der Vögel in Schlingen ſei eine Tier⸗
quälerei, die nicht geduldet werden dürfe;
4. die Krammetsvögel ſeien nur ein Leckerbiſſen für
die vermögenden Leute, die Maffe der Bevölke⸗
rung habe nichts von denſelben;
5. es würden im Dohnenſtiege außer den ſehr nip:
lichen Droſſeln auch eine Menge nützlicher Klein⸗
vögel gefangen.
Sehen wir uns nun dieſe Gründe näher an, dann
erweiſen fie fih meiſt als Scheingründe, die der aus-
reichenden Begründung entbehren.
Was zunähft die behauptete Abnahme der
Vögel anbelangt, ſo iſt dieſelbe ebenſowenig erwieſen,
wie eine Zunahme derſelben, die doch ſeit 1908 hätte
beſtimmt erwartet werden müſſen, ſofern der Vogel⸗
fang in Deutſchland einen merklichen Einfluß auf den
Beſtand der Vögel ausüben würde. Den Hauptein⸗
fluß übt in dieſer Richtung aber nicht der Fang in
Deutſchland, ſondern der in den Nachbarländern, vor
allem in Italien, aus. Wie hier von Jedermann,
Groß und Klein, Hoch und Niedrig den Vögeln nach⸗
geſtellt wird, iſt allbekannt. Je mehr der Krammets⸗
vogel in Deutſchland geſchont wird, um fo mehr Vögel
werden dort erbeutet. Die Italiener find niemals ge⸗
neigt geweſen, auf den Vogelfang. den ſie mit Schlingen,
Netzen, Schießgewehren uſw. ausüben, zu verzichten,
find es aber nach Einführung des deutſchen Vogel⸗
ſchutzgeſetzes vom Jahre 1908 noch weniger wie früher,
denn der Ertrag aus dem Vogelfange iſt infolge unſerer
Schonung für ſie ein erheblich größerer geworden.
Keine Regierung würde es dort wagen, ein Vogel⸗
ſchutzgeſetz einzuführen, welches dem Volke dieſen Sport
des Vogelfangens und Schießens verbieten wollte. Wir
ſchonen alſo nur für andere und entziehen hierdurch dem
Lande einen recht anſehnlichen Gewinn.
Nach der amtlichen Statiſtik über den Wildabſchuß
uſw. in Preußen vom 1. April 1885 bis 31. März
1886 wurden in Preußen allein während dieſer
Zeit 1 295 702 Droſſeln gefangen. Rechnet man, daß
der Vogel im allgemeinen nur mit 25 Pfg. bezahlt
nahme geht feit 1908 dem Vaterlande nicht nur ver:
loren, ſondern, da der Krammetsvogel immer noch ein
ſehr beliebter Leckerbiſſen iſt, gehen viele tauſende zum
Ankaufe von uns geſchonter im Auslande gefangener
Vögel in das Ausland. Wir erleiden alſo einen
doppelten Verluſt und bezahlen außerdem dem Aus:
lande den Krammetsvogel, der bei uns gefangen mit
25 —30 Pfennigen verkauft wurde, noch mit dem dop:
pelten Preife! |
Die infolge unſerer Schonung in Ausſicht ge⸗
felte Zunahme der Krammetsvögel iſt infolge bes
Maſſenfanges derſelben in unſeren Nachbarländern
ebenſowenig eingetreten, wie ehedem eine Abnahme dor
Einführung des Fangverbots. Selbſt Regierungsrat
Prof. Dr. Rörig, Mitglied der biologiſchen Ab⸗
teilung für Land- und Forſtwirtſchaft, ein Fürsprecher
des Dohnenſtiegverbots, hat zugegeben, daß die de
hauptung eines Rückganges im Beſtand der heimiſchen
Droſſeln nicht aufrecht erhalten werden könne. Zum
gleichen Ergebnis kommt die Vogelfangſtatiſtik von
Geheimen Re'gierungs⸗ u. Forſtrat Eberts
aus der Oberförſterei Gemünd in der Eifel, einem an
der Haupt⸗Vogelzugſtraße gelegenen Forſtreviere. Mud
Forſtmeiſter Beling⸗Seeſen und Prof. Dr.
Altum⸗ Eberswalde u. a find auf Grund ge -
nauer Beobachtungen und Aufzeichnungen zu der
Ueberzeugung gekommen, daß trotz des Fanges im
Dohnenſtiege die Krammetsvögel alljährlich immer
wieder in gleicher Zahl bei uns durchwandern. Hierzu
kommt, daß die Gefahren, die den Vögeln durch Raub: `
zeug uſw. drohen, infolge der Verminderung der Fide.
Marder, Raubvögel uſw. von Jahr zu Jahr ver
ringert werden.
Als im Jahre 1904 das neue Wildſchutzgeſez für
— — — — —
| Preußen beraten wurde, fpielte der Mrammetsvogel:
| fang ebenfalls eine Hauptrolle.
Der Regierung:
Kommiſſar erklärte bei dieſer Gelegenheit, der Kram:
metsvogelfang fei von großer volkswirtſchaftlicher Be
deutung. Ein Abnehmen der Krammetsvdgel wire -
trotz des großen Fanges nicht nachweisbar.
Es iſt jedenfalls ebenſowenig eine Abnahme der
Krammetsvögel durch den Fang im Dohnenftiege wie
eine Zunahme infolge des eingeführten Fangverbotz
feit dem Jahre 1908 erwieſen. Wenn Freihert
von Berlepſch eine Abnahme der Krammetsvögel
behauptet, fo ift er den Beweis dafür bis jetzt ſchuldig
geblieben.
Der zweite Grund, der für das SFangverbot in
— — — — y —
— nn
wurde — oft wurden 30 und mehr Pfennig bezahlt Deutſchland angeführt wurde, daß hierdurch auch an
— fo ſtellen dieſe einen Wert von über 300 000 Mk. dere Staaten veranlaßt würden, dieſem Beiſpiele a
dar. Der Wert der in ganz Deutſchland gefangenen folgen, iſt durch die Tatſache in ausreichender Beil
4
Vögel überſtieg ſicher eine Million Mark. Dieſe Çin- widerlegt, daß auch nicht ein einziger Staat daran
gedacht hat und daran denkt, irgend etwas in dieſer
Richtung zu tun.
Auch die behauptete Tierquälerei kann als
Grund für das Fangverbot in Schlingen nicht aufrecht
erhalten werden.
Der Abgeordn te Dr Varenhorſt hat im Reichs⸗
tage die Abgeordneten durch Vorzeigung einiger
Schlingen und eine grarſige Schilderung der Qualen,
welche ein darin gefangener Vogel erdulden müſſe,
zum Gruſeln gebracht. Es gelang ihm dies, weil
die meiſten ſeiner Zuhörer den Fang im Dohnenſtiege
aus eigener Anſchauung nicht kennen. Mit demſelben
Erfolge könnte er die Schilderung einer Treibjagd
oder einer Hühnerjagd und ihre Folgen benutzen, um
ein Verbot des Erlegens von Wild mit dem Schieß⸗
gewehr zu begründen. Jede Jagd iſt grauſam, aber
am grauſamſten die Jagd mit der Schrotflinte. Dieſe
ift jedenfalls mit viel größerer Quälerei für die Tiere
verbunden, wie der Fang des Vogels in der Schlinge.
Wie viele Tiere werden auf der Jagd mit der Flinte
angeſchoſſen, die erſt nach langem Leiden und Sieg⸗
tum eingehen und verkommen! Dies iſt beim Dohnen⸗
ſtiege ausgeſchloſſen. Die regelrecht gefangenen Vögel
verenden ſofort, die ausnahmsweiſe am Ständer oder
Flügel gefangenen werden nach ganz kurzer Zeit vom
Vogelfänger gefunden und getötet. Verludern, wie ſo
vieles andere Wild, tut kein Krammetsvogel; jeder in
die Schlinge gegangene Vogel wird auch genutzt! Durch
Verbote des Anbringens von Bodenſchlingen würde
außerdem dem Fange mit dem Ständer uſw. wirkſam
entgegengearbeitet. i
Hören wir, was ber befannte Parlamentarier, ber
Abgeordnete Dr. Windthorſt bei den Verhand⸗
lungen über das Vogelſchutzgeſetz im Jahre 1888 ge⸗
ſagt hat. Er ſagte wörtlich Folgendes:
„Ich werde für inhuman gehalten, weil ich den
Krammetsvogel gegen die böſen Bogelfteller nicht
ſchützen will. Ich bin jedoch der Meinung, daß die
Sache mit der Humanität an ſich nichts zu tun hat,
glaube vielmehr, wir ſollten im Uebermaß der Sorge
für die Tierwelt nicht die Menſchen vergeſſen, für
welche die Schöpfung die Tiere gemacht hat. Man
treibt, glaube ich, dieſe und ähnliche Fragen jetzt et⸗
was auf die Spitze, und das iſt namentlich bei den
Vögeln der Fall. Es hat ſich, wie bei allen Gelegen⸗
heiten, da wir uns über Vogelſchutz unterhalten haben,
hauptſächlich nur um den Krammetsvogel gehandelt,
ſo daß, wenn dieſer nicht in Frage käme, das Geſetz
längft fertig fein würde. Ob nun durch dieſes Geſetz,
ob durch die Verhandlungen, welche auf Grund deſſen
international geführt werden ſollen, wirklich der Zweck
erreicht wird, das iſt mir ſehr zweifelhaft, weil ich da⸗
für or daß die Ausführung des Geſetzes die Haupt⸗
17
jade ift und ſchwer Kontrollen und Garantien dafür
geſchaffen werden konnen, daß wirklich das Geſetz or-
dentlich ausgeführt wird. Es wurde mit Recht darauf
hingewieſen, daß der Verkehr mit der Vogelwelt wirk⸗
lich volkstümlich iſt, ganz in den Sitten und Gewohn⸗
heiten des Volkes wurzelt. Solche Sitten und Ge⸗
wohnheiten entwickeln fih hiſtoriſch und man kann fie
durch pofitive Geſetze ſchwer beſeitigen oder aͤndern,
und ſelbſt, wenn Sie mit allerlei Strafen und Dro⸗
hungen vorgehen wollten, ſo würde die Sitte des
Volkes ſich dagegenſtemmen. Wenn ich mir nun denke,
es folte dieſer Maſſenmord der Krammetsvbgel geſetz⸗
lich verboten werden, ſo würde ein ſolches Verbot,
wenn es auch vertragsmäßig z. B. mit Italien ver⸗
einbart wäre, ſchwerlich dort durchgeführt werden
können, weil nach meiner Ueberzeugung der Krammets⸗
vogelfang in Oberitalien in der Bevölkerung ſo ein⸗
gewurzelt iſt, daß das Geſetz in gleicher Weiſe unbe⸗
achtet bleiben und übertreten werden würde. Nun iſt
bereits hervorgehoben, daß ein Geſetz, welches in Ita⸗
lien zum Schutz der Vogel infolge eines Ueberein⸗
kommens mit dem deutſchen Reiche erlaſſen würde,
dennoch nur einen zweifelhaften Erfolg haben dürfte,
weil der Krammetsvogelfang auch in Frankreich, in
Belgien und in Holland in Uebung iſt. Die Folge
würde alfo fein, daß die Krammetsvögel, wenn fie
unbehelligt unſere Gegenden verlaſſen haben, auf der
einen oder anderen Seite unferes Landes gefangen
werden. Es handelt ſich alſo in der Tat darum, ob
wir dieſen Braten uns entziehen laſſen wollen, damit
ihn andere Volker effen. Ich mache gar kein Hehl
daraus, daß ich außerordentlich gern einen Krammets⸗
vogel eſſe, wenn er gut zubereitet iſt. Ich würde ja
wahrſcheinlich fo viel Krammetsvögel, als ich über»
haupt noch in meinem Leben nötig haben möchte, auch
nach Erlaß des, Geſetzes noch bekommen, aber das iſt
es nicht, was wir in den Vordergrund ſtellen dürfen.
Wir können nicht fagen, es handelt fih hier bloß um
einen Braten für die Reichen, nein, es handelt ſich
um große Schichten der Bevölkerung. In bezug auf
die Krammetsvögel erzielen die kleinen Beute
dadurch einen beſonderen Gewinn, wie ich
aus meinem Wahlkreiſe bezeugen kann, daß eine ganze
Reihe von Leuten eine erhebliche Summe ſich alljähr⸗
lich aus dem Fangen und Verkaufen der Krammets⸗
vögel verſchafft. Weiter halte ich in der Tat die Be⸗
hauptung, daß bei dem Krammetsvogel⸗
fang eine Tierquälerei vorliege, für eine
Sentimalität, die ich gar nicht begreife.
Ich habe die Schlingen nicht allein ſelbſt gemacht, ſie
ſelbſt aufgehängt, ich habe auch die Vögel darin ſich
fangen ſehen. Ich bin in der Frühe in den Wald
gegangen, um zu ſehen, was ich etwa ernten könnte.
f , 2
Ich kenne alſo die Sache ex fundamento, und da
kann ich nur fagen, daß die Krammetsvögel
ſehr bald durch die Schlinge vom Leben
zum Tode befördert werden. Daß allerdings
auch einmal ein Krammetsvogel am Bein gefaßt
wird, das gebe ich zu. Ich habe felbſt auch wohl
einzelne in dieſer Situation in meinen Dohnen ge-
funden, dann habe ich ſie mitgenommen und ſie lange
gepflegt. Ich hatte meine Freude daran. Aber das
ſind immer einzelne Fälle und Sie werden finden, daß
überall in der Natur, in der Tierwelt, ſoweit ſolche
von Gott den Menſchen als Nahrung gegeben iſt, der⸗
artige Fälle vorkommen. Alsdann gleich von Tier⸗
quälerei zu ſprechen, wird wohl ſchwerlich angehen,
denn dann würden wir auf das Gebiet des Schlachtens
uſw. kommen, auf dem meiner Meinung nach viel
mehr Tierquälerei ftattfindet, wie dies irgendwie beim
Vogelfang der Fall iſt.“
In ähnlicher Weiſe bezeichnete der Abgeordnete
Freiherr von Wolff⸗ Metternich es im Jahre
1908 im Reichstage als eine Sentimentalität, wenn
beim Vogelfang im Dohnenſtiege von Tierquälerei ge⸗
ſprochen würde.
Er ſagte am 10. Januar 1900 im Reichstage in
dieſer Beziehung folgendes:
„Ich möchte nun noch mit wenigen Worten einige
Bedenken erwähnen, die gegen den Fang des Krammets⸗
vogels zur Sprache kamen. Es wurde zunächſt darauf
hingewieſen, daß der Fang im Dohnenſtiege eine be⸗
fondere Grauſamkeit fet. Ich bin der Meinung, daß
vielfach in dieſer Hinſicht eine übertriebene Sentimen⸗
talität Platz gegriffen hat. Das große Publikum
wird durch Zeitungsartikel, welche nicht immer aus
ſachverſtändiger Feder ſtammen, irregeführt. Ich glaube,
mit der Grauſamkeit iſt es wirklich ſo ſchlimm nicht.
Mag es hier und da vorkommen, daß ſich ein Kram⸗
metsvogel, wenn die Schlingen ſchlecht aufgeſtellt ſind,
mit dem Ständer oder den Flügeln fängt, das ſind
aber immer nur einzelne Fälle. Wir haben ja auch
behördliche Vorſchriften, wodurch das Aufſtellen der
Schlingen immer ſo geſchehen muß, daß Granſam⸗
keiten vermieden werden. Der gewöhnliche Fall ift
der, daß der Vogel ſich mit dem Kopſe fängt und
dann bald verendet. Der Tod des Erhaͤngens iſt
keineswegs immer als ein beſonders qualvoller zu be⸗
zeichnen. Ich erinnere daran, daß man in England
die Hühner in der Weiſe ſchlachtet, daß man ſie mit
der Schlinge erſtickt. Der Fang der Krammetsvögel
gehört zur Ausübung der Jagd, und es iſt zweifellos,
daß es auf der Jagd hier und da, wenn man es ſo nennen
will, ohne Grauſamkeiten nicht abgeht. Das iſt auch
beim beſten Willen nicht zu umgehen. Aber die
kommen auch anderwärts vor. Ich erinnere z. B. an
10
das Schlachten der Schweine, wie es vielfach üblich
ift. Man denke ferner an das Nudeln der Ginie
oder an das Schlachten des Aals. Alſo die unver:
vermeidlichen Grauſamkeiten, wie ſie zuweilen vor⸗
kommen beim Fangen der Krammetsvögel, kann ich
in dem Maße, wie fie gewöhnlich dargeſtellt werden,
nicht gelten laſſen.“
Ferner verweiſen wir auf einen trefflichen Artikel
der „Deutſchen Jägerzeitung“. Bd. 50 Nr. 51 u. 52,
wo es heißt:
„Nicht waidgerecht fol der Dohnenſtieg fein, fo
ſagt man. Waidgerecht nennt man diejenigen Jagt:
arten, welche geeignet find, das zu tötende Wild mig:
lichſt ſicher in die Hand des Jägers zu bringen und
es ſo ſchnell wie möglich vom Leben zum Tode zu be⸗
fördern. Könnte es zur Erlangung einer Beute wie
des Krammetsvogels eine beſſere Art geben als ben
Schlingenfang, welcher dieſen Zweck erfüllt? Das
gruſelnerregende Bild, welches dem mit der Fangart
weniger Vertrauten künſtlich dadurch beigebracht wird,
daß man die Sache ſo darſtellt, als ob nun der größte
Teil der ſich fangenden Vögel erſt nach langen Qualen
verendete, oder gar, daß die meiſten von ihnen ſich an
den Ständern in den Schlingen fangen und- ftunde:
lann hilflos zappeln müſſen, kann für jeden, der dit
Sache aus eigener Anſchauung kennt und ohne Bor
eingenommenheit urteilt, nicht verfangen. Es kommt
ja freilich unter 100 Fällen vielleicht 4 — 5 mal vor,
daß ſich Vögel nicht mit dem Halſe, ſondern mit den
Ständern fangen, fie gelangen dann aber doch mil -
Sicherheit in den Beſitz des Jägers. Sie werden ge:
nutzt und gehen nicht verloren, während beim Schießen
das Wild nicht ſelten angeſchoſſen wird, dem Jäger
verloren geht und oft erſt nach Tagen und Wochen
qualvollen Daſeins verendet. Man führt aus, die
waidgerechten Jäger wollen doch auch nicht, daß Halen
und Rehe mit Schlingen gefangen werden. Weshalb
ſollte dies nun gerade beim Krammetsvogel zuläffg
ſein? Hierauf iſt zu erwiedern, daß es zur Erlegung
von Hafen und Rehen andere beſſere Jagdarten gibt,
und daß ferner das an der Erde lebende Haarwilb,
wenn es ſich hängt, ſtets einen Stützpunkt findet, der
das Zuziehen der Schlinge verzögert oder gar dem
Wilde die Möglichkeit gibt, die Schlinge abzuſtreifen
‚und mit ihr die Freiheit zu erlangen, nicht ohne daß
ſie die Haut durchſchneidet und ſchmerzhaſte, meiſt zum
Eingehen führende Entzündungen hervorruft, dem se
plagten Wilde alſo ein grauſames, oft erſt nach Wochen
eintretendes Ende bereitet. Auch iſt dem im Ver⸗
borgenen mit der Schlinge geräuſchlos jagenden Frevler
weit ſchwerer beizukommen. Daß in dieſer Hinſicht
beim Krammetsvogel ganz andere Verhältniſſe beſtehen,
liegt auf der Hand. Alfo von einer beſonderen Grat:
ſamkeit im Dohnenſtiege gegenüber anderen Jagdarten
kann abſolut keine Rede ſein. Dieſer Vorwurf iſt hin⸗
\ällig!“ .
Von allen Jagdarten ift der Vogelfang im Dohnen⸗
ſtiege mit den wenigſten Quälereien verbunden. Mit
Recht ift von dem Reichstageabgeordneten Feld⸗
mann darauf hingewieſen worden, daß die meiſten
mit der Kugel verletzten Stücke Wild nicht ſofort zur
Strecke gelangen, ſondern erſt nach Stunden, Tagen,
ja Wochen. Bei der Beratung des preußiſchen Wild⸗
ſchadengeſetzes wollten mehrere Abgeordnete eine Be⸗
ſtimmung einführen, wonach es erlaubt ſein ſollte,
krankes, kümmerndes oder angeſchoſſenes Wild, welches
doch dem Tode ver“ allen fei, auch während der Schon⸗
zeit zu erlegen, um dieſes ſo von ſeinen Qualen zu
erlöſen. Im Intereſſe der Jagdpolizei und um ein
mißbräuchliches Anwenden dieſer Beſtimmung zu ver⸗
hüten, wurde der Antrag abgelehnt. Todkrankes und
tödlich verletztes Wild darf der fühlende Jäger, ohne
ſich der Gefahr einer Beſtrafung auszuſetzen, alſo nicht
erlegen, den Vogelfang hat man aber verboten, weil
es zuweilen vorkommt, daß ein Vogel infolge ſchlechten
Fanges in der Schlinge nicht ſofort verendet!
Auf Haſentreibjagden iſt man im allgemeinen mit
dem Ergebnis wohl zufrieden, wenn auf drei Schüſſe
eine Kreatur zur Strecke gebracht wird. Daß alle
abgegebenen Schüſſe immer auf die zur Strecke kom⸗
menden Stücke abgegeben werden, iſt ausgeſchloſſen,
es werden vielmehr außer den geſtreckten noch andere
Stücke angeſchoſſen, die oft erſt nach langem Siechtum
qualvoll und elendiglich zugrunde gehen. Alles dies
iſt beim Vogelfang ausgeſchloſſen. Jeder gefangene
Vogel kommt zur Strecke, und zwar ſehr bald ohne
lange Qualen, ohne langes Siechtum.
Was würden die Herren Reichstagsabgeordneten
wohl geſagt haben, wenn ihnen ſtatt der Schlingen,
die Herr Dr. Varenhorſt — der vom Saulus
zum Paulus gewordene Vogelfänger, der ſogar nicht
einmal mehr Krammetsvögel ißt, weil er den Bogel-
fang für unwaidmänniſch hält — um die Abgeord⸗
neten gruſelig zu machen, vorgezeigt hat, einmal die
verſchiedenen Angeln gezeigt würden, mit denen der
Fiſcher ſeine Fiſche fängt und bei dieſer Gelegenheit
geſchildert würde, was für ſchreckliche Folterwerkzeuge
dieſe Angeln find! Wie urteilt Herr Dr. Varenhorſt
denn über die Beſtimmung des Fichereigeſetzes, daß
alle, gefangenen Fiſche, welche das geſetzliche Mindeſt⸗
maß nicht haben, wieder in das Waſſer eingeſetzt
werden müſſen? Der Angler iſt leider nicht in der
Lage, ſeinen Fang auf die geſetzlich vorgeſchriebenen
Maße zu beſchränken, er fängt, was anbeißt. Die
mindermaßigen Fiſche muß er von der Angel loslöſen
und dem Waſſer wieder übergeben. Welch' elendes
11
Schickſal ſteht ſolch armen, oft tötlich verletzten Fiſchen
bevor, bis ſie durch den Tod von ihren Qualen erlöſt
werden. Bei den Hühnerjagden wird auf ein hoch⸗
gehendes Volk mit dünnem Schrot geſchoſſen und
während ein oder zwei fallen, wird noch das eine oder
andere krank geſchoſſen, um dann elend zugrund zu
gehen. Hühner mit abgeſchoſſenem Schnabel, mit zer⸗
ſchoſſenem Ständer uſw. müſſen verhungern, wenn
nicht das Raubzeug ſich ihrer erbarmt und ſie ſchon
vorher erlöſt, Deshalb wird es aber keinem Menſchen
einfallen, die Jagd mit der Flinte verbieten zu wollen.
Weshalb ſoll nun aber der mit viel weniger Quälerei
verbundene Dohnenſtieg verboten ſein?
Weiter wird auf die Nützlichkeit der Kram⸗
metsvögel ſowie darauf hingewieſen, daß im
Dohnenſtiege außer ihnen viele nützliche Klein⸗
vögel gefangen würden.
Mit dem Nutzen der Krammetsvögel ift es lange
nicht ſo weit her, wie behauptet wird. In der Haupt⸗
fahe find dieſelben Beeren: und Körnerfreſſer, darum
werden fie auch mit Beeren im Dohnenſtiege gefangen.
Ob ſie nun durch Beerenfreſſen nicht ebenſo viel oder
gar noch mehr ſchaden, als ſie auf der anderen Seite
vielleicht durch Verzehren von Inſekten nützen, erſcheint
mindeſtens fraglich. Nur während der Brütezeit find
die Krammetsvögel Inſektenfreſſer. Sie ſuchen ihre
Inſektennahrung dann aber auch nur auf dem Boden,
aber nicht auf den Bäumen, wo unfere Waldinſekten
leben. Für die Landwirtſchaft kommen ſie gar nicht
in Frage. Im Sommer fieht man die Droſſeln faſt
immer da, wo Beeren find. Heidelbeeren und ſpäter
Ebereſchenbeeren, auch Wachholder⸗ uſw. Beeren ſind
ihre Hauptnahrung. Als Herr Dr. Varenhorſt noch
zur Zunft der Vogelfaͤnger gehörte, wird er beim Aus⸗
löſen der Vögel aus den Schlingen wohl recht oft
blaue Finger bekommen haben. Dies war nicht eine
Folge des Inſekten⸗, ſondern des Heidelbeerenfraßes.
Der Reichstagsabgeordnete Freiherr von
Wolff⸗ Metternich beleuchtete in der Reichstags:
figung am 10. Januar 1908 auch dieſe Frage und
bemerkte:
„Gegenſtand des Fanges find die Droſſelarten,
alſo die Weindroſſel, Schwarzdroſſel, Miſtel⸗, Schnarr⸗
und auch die Singdroſſel. Der Nutzen der Droſſel⸗
arten für Wald und Feld wird meiſt überſchätzt. Viele
glauben z. B., daß die Droſſel beſonders dadurch
nützt, daß fie die Obſtbäume von ſchaͤdlichen Inſekten
ſäubert. Das ift nicht der Fall. Diejenigen Vögel,
die den Obſtbäumen beſonders nützen durch Ableſen
der Inſelten, find hauptſächlich die Meiſen, nicht die
Droſſelarten. Ein großer Teil, wozu insbeſondere
der Weinvogel, der Hauptgegenftand des Fanges, ge⸗
hört, niſtet überhaupt nicht bei uns, ſondern beſucht
9%
12
uns nur auf dem Durchzuge vom hohen Norden zum
Süden. Bei uns beſteht die Nahrung dieſer Wein⸗
vogel fat nur aus Beerenfrüchten. Die bei uns brü-
tenden Droſſeln nähren ſich während der Brutzeit
allerdings meiſt von Inſekten, die ſie auf dem
Waldboden aufleſen. Es find dies indeſſen
hauptſächlich ſolche, die ziemlich indifferent ſind für
das Wachstum der Nutzpflanzen. Ich möchte hier an
das Feldhuhn erinnern. Das iſt eine Wildart, die
zweifellos ganz erheblich viel nützlicher iſt für den
Landwirt als die Krammatsvögel; aber kein Menſch
denkt daran, die Jagd auf Feldhühner deshalb ein⸗
zuſtellen. Was würde man ſagen, wenn die Jagd
auf Feldhühner beſeitigt werden ſollte, weil es ein
nützliches Tier ift? Und nun fol die einträgliche
Jagd auf den Krammetsvogel, deſſen Braten doch
mindeſtens ebenſo gut iſt wie derjenige des Feldhuhns,
aufhören! Nun wird weiter gegen das Fangen der
Einwand erhoben, daß durch das maſſenhafte Töten
der Vogelgeſang in unſeren Wäldern verſtummt.
Auch dieſer Auffaſſung kann ich nicht beitreten. Ich
gebe zu, daß gelegentlich in den Dohnen andere Vögel
mitgefangen werden z. B. Dompfaffen. Aber der Dom⸗
pfaff tft doch nie und nimmer ein nützlicher Vogel. er
iſt auch kein Singvogel, denn wenn er fingen ſoll,
muß er erſt gefangen und ihm das Lied vorgepfiffen
werden, ſonſt kann er nicht fingen. Ich gebe zu, daß
einzelne Rotkehlchen dabei zu Grunde gehen; aber der
Schaden, der Nachteil, der dadurch entſteht, entſpricht
doch keineswegs dem Ertrage, der durch das
Fangen der Krammetsvögel manchen we⸗
niger bemittelten Leuten zugute kommt.
Der einzige Mangel, den man mit Recht hierbei er⸗
wähnen könnte, iſt die Singdroſſel, die beſſer nicht
gefangen würde. Aber ich möchte den ſehen, der mir
beweiſt, daß durch den Dohnenſtieg die Zahl der
Singdroſſeln abgenommen hätte. Das iſt durchaus
nicht der Fall, nur ein reichlicher Ueberſchuß wird ge⸗
fangen. Ueberall da, wo ihnen ihre Lebensbedingungen
geboten find, Geftrüpp, feuchter Boden uſw., find fie
recht reichlich immer noch bei uns zu finden; auch
dort, wo der Krammetsvogelfang betrieben wird, iſt
von einer Verminderung nichts zu bemerken. Das
iſt auch ganz natürlich, wenn man bedenkt, wie weit
die Singdroſſel verbreitet iſt; ſie iſt Brutvogel von
Weſteuropa bis tief nach Aſien hinein, und die Ver⸗
mehrung ift fo ſtark, daß der geringe Prozentſatz, der
durch den Krammetsvogelfang in Abgang kommt,
keine Rolle ſpielt. Wenn in Preußen der Fang be⸗
ginnen darf, dann haben die bei uns heimiſchen
Droſſeln ihren Durchzug bereits vollendet; was dann
noch gefangen wird, ſind ausländiſche Vögel. Ich
will dann noch daran erinnern, daß der Hauptgegen⸗
ſtand des Fanges, die Weindroſſel, überhaupt kein
Singvogel iſt, d. h. fie kann überhaupt nicht fingen
und beſucht uns nur auf dem Durchzuge; ihre Brut⸗
plätze liegen im hohen Norden. Daß die Schwarz
droſſel, die auch mitgefangen wird, in ihrem Bor:
kommen dadurch vermindert wird, muß ich auch beſtreiten.
Gerade ſie gehört trotz des vielgeſchmähten Dohnen⸗
ſtieges zu denjenigen Vogelarten, die ſich bei uns er:
heblich vermehrt haben, ſtellenweiſe ſogar ſo ſtark, daß
ſie für nicht wenige Gartenbeſitzer unangenehm wird. |
Das Fangen der Schwarzdroſſel ift alfo auch kein
Grund, um mit dem Dohnenſtieg aufzuräumen“.
Als i. J. 1904 das neue Wildſchongeſetz beraten
wurde, erklärte namens der Staatsregierung ein Re:
gierungskommiſſar folgendes:
„Was den Nutzen der Droſſeln für die Landwirt:
{daft anbetrifft, fo kann man kaum davon fpreden,
denn faft ſämtliche Droſſelarten, die dem Rrammets:
vogelfang unterliegen, leben im Walde; ſie kommen
nur felten auf die Felder, können alfo der Landwirt⸗
ſchaft durch Aufleſen von Würmern uſw. keinen be:
ſonderen Nutzen gewähren. Auch den Inſelten, bie
ſich im Walde aufhalten, wenigſtens in unſeren Wal
dungen, tun fie keinen erheblichen Abbruch. Die meife
Droffelarten brüten im hohen Norden und leben dort
während des Sommers, ſie kommen meiſt nur in ber
Herbſtzeit zu uns und können alſo unſeren Wäldern
keinen Nutzen bringen. Außerdem ſucht die Droflel
bekanntlich ihre Inſektennahrung in der Regel auf
dem Boden und nicht in den Gipfeln der Bäume, wo
unſere ſchädlichen Waldinſekten leben“.
Hiermit ſtimmen im weſentlichen auch meine Er:
fahrungen überein. Die Droſſeln nehmen in der
Hauptſache nur ſo lange Inſektennahrung, als noch
keine Beeren vorhanden find. Sind dieſe erſt da,
dann findet man die Droſſeln ſtets dort, wo folde
vorhanden ſind. Durch dieſes Beerenfreſſen können
die Vögel unter Umſtänden ſehr ſchädlich werden.
Das Sammeln der Waldbeeren iſt für viele Gemeinden
eine ſehr erhebliche Einnahmequelle. Für eine Ober:
förfterei in dem Regierungsbezirk Cafſel wurde bet
Wert der in einem Sommer geſammelten Beeren auf
15000 Mk. und die Einnahme einer einzigen Ge
meinde durch den Beerenverkauf auf 10 000 Mk. fet
geſtellt. (Deutſche Forſtzeitung, Nr. 17, 1904). Für
die Provinz Pommern hat Forſtmeiſter Heyne:
mann die Zahl der Beerenſammler auf 1201550 Per:
ſonen ermittelt und deren Verdienſt auf jährlich
5 225 682 Mk. berechnet. Dieſe Erträge können be
ſonders in beerenarmen Jahren durch die Krammets⸗
vögel weſentlich geſchmaͤlert werden.
Daß die Droſſeln durch Verzehren der für, die !
Bodenlockerung und Bodendurchlüftung unentbehrlichen
—U— —— a
19
Würmer eher ſchaden als nützen, ſowie daß das Ber:
breiten der höchſt ſchädlichen Miſtel durch ſie nicht als
ein Nutzen betrachtet werden kann, ſoll nur nebenbei
bemerkt werden. l
Gewiß werden in einem Dohnenftiege außer den
Krammetsvögeln auch einige andere Vögel gefangen
werden. Nach der Vogelfangſtatiſtik von Geheimrat
Eberts find dies aber nur 3,9% des Krammets⸗
vogelfanges, alſo eine wirklich nicht beängſtigende Zahl.
Der Förſter Schmidt zu Forſthaus Rudak bei
Thorn äußerte ſich hierüber folgendermaßen in der
Deutſchen Forſt⸗Zeitung, 1908, Nr. 8:
„Tatſächlich fangen fic) auch zufällig einige Rot: |
kehlchen, auch wohl mal eine Meiſe, indes dies ſind ſo
wenig, daß ihre Zahl wirklich ſo gut als gar nicht
in Betracht kommt. Häufiger iſt der Fang der Gimpel
(Dompfaffen), welche die Ebereſchenbeeren, die in den
Dohnen hängen, als Nahrung nehmen. Wer aber etwa
weiß, welchen Schaden diefe Tiere oft in Obſtgärten
durch das vollſtändige Ausreißen der Tragknospen
machen, der wird ſich freuen, wenn ihre Zahl ſich ver⸗
tingett. Auch wird im Dohnenſtieg jo mancher
Sperber, alſo ein großer Feind der kleinen Vögel,
gefangen, wenn er, ſeiner Gewohnheit gemäß, unter
den Zweigen, in dichteren Stangenhölzern' den Stieg
entlang fliegt und ſich, um Auszuruhen und auf Beute
zu ſpähen, in eine Dohne ſetzt. Hatte doch der Förſter
Schmied zu Traſſenmoor auf der Inſel Uſedom i. J.
1874 in den damaligen großen Dickungen des Schutz⸗
bezirks Hammelſtall in einem Herbſt etwa 30 Sp: rber
gefangen. Alljährlich habe auch ich im Dohnenſtieg
in Dickungen oder jungen Stangenhölzern einige Exem⸗
plare gefangen und ich komme auf Grund meiner Be⸗
obachtungen zu der beſtimmten Meinung, daß die fo
vogelgefährlichen Sperber am meiſten durch die Dohnen
ſtiege erlegt werden, folglich letztere durch die erheb
liche Vertilgung dieſes ſehr ſchädlichen Raubvogels für
unſere heimiſchen Singvögel von großem Werte ſind.
Wie viel nützliche kleine Singvögel mag wohl ein brü⸗
tendes Sperperpaar in einem Sommer ſamt deren
Brut vernichten! Gewiß hundertmal mehr, als in
einem Dohnenſtiege zufällig und unbeabſichtigt mit⸗
gefangen werden! Ebenſo iſt die Zahl der im Stieg
erbeuteten, den Bruten der Waldvögel ſo ſehr nach⸗
ſtellenden und auch ſonſt ſchädlichen Haber meiſt recht
bedeutend“. '
Der Fang von Kleinvögeln ift bet richtiger Schlin⸗
genſtellung nach meiner Erfahrung faſt ausgeſchloſſen.
Nur wenn durch Regen und Sturm die Schlingen
ihre normale. Lage verändert d. h. ſich geſenkt haben,
und wenn Unterſchlingen angebracht find, werden auch
Kleinvögel gefangen. Da die Anbringung von Unter⸗
ſchlingen aber durch Polizeiverordnung verboten werden
kann und in der Tat früher auch meiſt durch Polizei⸗
verordnung verboten war, kann von einer Gefahr, daß
im Dohnenſtiege viele Kleinvögel gefangen werden,
keine Rede ſein.
Ich für meine Perſon habe immer das Verbot des
Fanges der Krammetsvögel im Dohnenſtiege bekämpft
und für verfehlt gehalten; auf Grund der Erfahrungen,
die ſeit dem Jahre 1908 gemacht worden find, bin ich
in meiner Anſicht noch immer mehr beſtärkt worden.
Die Hoffnungen, die man an dieſes Verbot geknüpft
hat, find ohne Ausnahme nicht eingetroffen. Wir
ſchonen nur für unſere Nachbarſtaaten, beſonders für
Italien, welches alles andere eher verdient, als auf
unſere Roften begünſtigt zu werden.
Literariſ che Berichte.
Neues aus dem Buchhandel.
Borgmann, Referent Prof. Dr.: Die Mitwirkg. d. deutschen
Forstwirtschaft an d. Aufgaben d. Volksernährg. im Krie-
ge. (S. 357-456.) 8%. S.-A. a. Tharandter forstl. Jahr-
buch. 67. Bd. M. 1.60. Paul Parey in Berlin.
Flöricke, Kurt, Dr.: Taſchenbuch z Vogelbeſtimmen. Prakt.
Anleitg. z. Beſtimmg. unferer Vögel in freier Natur nach
Stimme, Flug, Beweggn. uſw. nebſt Tabellen z. Beſtimmg.
toter Vögel, d. Neſter u. Eier. Mit 9 farb. Doppeltaf. v.
W. Heubach, 1 Doppeltaf. m. d. Flugbilderſchema d. Raub⸗
vögel u. m. vielen Textbildern v. H. Kuttner. 3. Aufl.
(260 S.) 80. Twbd. M. 3.80. Franckh'ſche Verlagshandlung
in Stuttgart.
Grashey, Otto: Praktiſches Handbuch f. Jäger. Ein zuver⸗
laff. Nachſchlagebuch f. d. geſamte Weidwerk. 3. Aufl.
Bearb. v. Gen.⸗Maj. z. D. V. v. Sproeſſer u. F. Berg⸗
miller. Mit 322 Text⸗Illuſtr. u. 48 (3. T. farb.) Taf.
(XXIV, 527 S.) Lex.⸗8. Lwbd. 28.—; auch in 12 Lfgn.
je 2.— E. Schweizerbart'ſche Verlagsbuchh. Nägele & Dr.
Sproeſſer in Stuttgart.
Jagd⸗ Abreißkalender 1917. Hrsg. v. d. deutſchen Jäger⸗
Zeitg. (I, 220 Bl. m. Abb.) Lex.⸗8o. M. 2.50. J. Neu
mann in Neudamm.
Jordan, W., weil. Prof. Dr.: Handbuch d. Vermessungs-
kunde. Fortges. v. weil. Prof. Dr. C. Reinhertz. 3. Bd.:
Landesvermessung u. Grundaufgaben d. Erdmessg. Mit
zahlr. Abb. 6. erw. Aufl. Bearb. v. Prof. Dr. O. Eggerte
(VIII, 785 u. 78 S.) gr. 8. M. 22.—; Lwbd. M. 24.—
J. B. Metzlersche Buchhandlung, G. m. b. H., in Stutt-
gart.
Kreutzer, E., Forstmstr.: Hönlinger's Waldertragstheorie
besprochen. (15 S.) gr. 8°. M. —.80. Gustav Neu-
gebauer in Prag.
Rieſenthal's Jagdlexikon. Nachſchlage⸗ und Handbuch für
Jäger u. Jagdfreunde. 2., vollſt. umgearb. Aufl., hrsg.
v. d. Schriftleitg. d. deutſchen Jäger⸗Zeitg. Mit 364 Abb.
(VIII 636 S.) gr. 8 Lwbd. M. 15.—. J. Neumann
in Neudamm.
„Waldheil“. Kalender f. deutſche Forſtmänner u. Jäger auf
d. J. 1917. Vereinskalender d. Vereins kgl. preuß. Forſt⸗
beamten. 29. Ig. 2 Tle. (218 u. 100 S. m. Fig. u. 1
Karte.) kl. 8%. Lwbd. u geh. M. 2.—; ſtärkere Ausg.
M. 2.40. J. Neumann in Neudamm. i
Ph. Flury: Unterſuchungen über die Sortiments-
verhältniſſe der Fichte, Weißtanne und Buche.
Mitteilungen der ſchweizeriſchen Zentralanſtalt für
das forſtliche Verſuchsweſen. XI. Band 2. Heft.
Zurich 1916.
Die Kenntnis der Maffenerträge? der Beſtände,
wie ſie uns die Ertragstafeln geben, genügt für viele
forſtliche Aufgaben heute nicht mehr. Ein weites Reich
forſtlichen Gebietes der Forſteinrichtung, Wertrechnung
und Statik verlangen eine weitgehende Erhebung der
Werterzeugung. Um die Werte der Holzmaſſen zu
beſtimmen, iſt es nötig, ſie in Sortimente zu zer⸗
legen und mit dem entſprechenden Preiſe in Beziehung
zu bringen. Für Erhebung ider Einzelſortimente be⸗
ſtehen die eingehenden Unterſuchungen von Behriger,
Dr. Hähnle und E. Gayer für Tanne, Fichte
auf der ſog. „Heilbronner Sortierung“, von Dr. Mick⸗
litz und Schmied für Fichte auf die Sorten des
böhmiſchen Bahnholzhandels aufgebaut. à
Als eine Sortimentstafel, die zum erſtenmal für
ganze Beſtände aufgeftellt worden ift, nennt Flury die
Ertrags⸗ und Sortimentsunterſuchungen im Buchen⸗
hochwalde von E. Wimmer.
Den Nachteil allein für das Bereich der einen be⸗
ſtimmten Sortierung zu gelten, den alle erwähnten
Arbeiten gemeinſam haben, will Flury in ſeiner Arbeit
vermeiden und eine ſolche Tafel geben, die für alle
Verhältniſſe paſſend, bzw. leicht angleichbar iſt.
Es iſt ein wirtſchaftlich ſchwerwiegender Nachteil,
daß wir im Holzhandel ſo weit von einander abweichende
Sortierungen haben. Nicht nur mit den Nachbar⸗
ſtaaten beſteht keine Uebereinſtimmung, ſondern inner⸗
halb des Deutſchen Reiches beſtehen noch grundſätzliche
verſchiedene Sortierungsvorſchriften, die den Holzver⸗
kauf, den Handel und die Preisſtatiſtik ungemein mit
unnötigen zeitraubenden Arbeiten erſchweren. Dieſe
Tatſachen ſind ja in neueſter Zeit, als Hinderniſſe eines
beweglichen und überſichtlichen Holzverkaufs, als der
Reform dringend bedürſtig ſowohl im deutſchen Forſt⸗
wirtſchaftsrat als auch in der Vorſtandsfitzung Südweſt⸗
deutſcher Holzintereſſenten in Baden bezeichnet worden;
es beſteht die Hoffnung, daß den Worten auch bald
Taten folgen werden. Flury führt in ſehr lehrreicher
Ueberſicht die Sortierung in Süddeutſchland, in Nord:
deutſchland (preuß. Taxklaſſen), im böhmiſchen Bahn:
holzhandel auf und belehrt uns, daß es in der Schweiz
noch unerfreulicher iſt, wo hinſichtlich der Sortiments:
bildung noch größere Mannigfaltigkeit herrſcht.
Zwar beſteht zwiſchen dem Schweiz. Forſtperein
und dem Schweiz. Holzinduſtrieverein eine Vereinbarung
über Sortierung und Meſſung, die aber nach keiner.
Seite hin eine Verpflichtung bildet; es wird daher
vielerorts nach wie vor nach der ortsüblichen Weise
weitergemeſſen und ſortiert. Es iſt dies für unſere im
Gange befindlichen Beſtrebungen ebenfalls ſehr inftrut:
tiv, wie Sitte und Herkommen einer auf klaren Ver⸗
nunftgründen aufgebauten Reform Widerſtände ent:
gegenſetzt.
Flury teilt feine Unterſuchungen über die Sorti:
mentsverhältniſſe der Fichte, Tanne und Buche in
ſolche des Einzelſtammes und ſolche beliebiger ganzer
Beſtände ein. N
Für die Sortimentsverhältniſſe des Einzelſtammez
lagen dem Verf. als Grundlagematerial vor: Probe⸗
ſtämme der nach dem Urich'ſchen Verfahren aufge
nommenen Verſuchs flächen und weiter eine Reihe von
Stämmen aus Kahlhieben, die ſektionsweiſe vermefien
worden ſind. In der Hauptſache rühren die Bäume
aus Beſtänden her, die im mehr oder weniger gleich
altrigen Hochwalde meift rein im mittleren Schluß⸗
grade erzogen worden ſind. Da die vorliegenden
Tafeln ſich keinem beſtimmten Sortierungsſyſtem an⸗
ſchließen, hat Flury für die Zopfſtärken von 42, 32,
24, 18, 15, 12 und 7 cm des berindeten Stammes,
die zugehörigen Sortiments⸗Längen und Inhalte be
ſtimmt; für die Einſchätzung dazu find Scheitelhöhe
und d 1,3 m bekannt, ſo daß jeder ſelbſt beſtimmen
kann, in welche Klaſſe eines Sortierungsſyſtems ein
einzuſchätzender Stamm gehört.
Unberückſichtigt find Stammſtücke folgender Länge
geblieben:
bei einem Zopf von Fi. u. Ta. Buche
42 cm Stammſt. unter 5 m Bge. unter 4m
32 „ 5 „ v i
24 „ 8 % 5.
18 „ Das 6,
15 „ 8 „ „
12 „ 8 A
Dann werben die Stämme nad) Scheitelhoͤhe und
nach 2 em (Bruſthöhenſtärke) = Gruppen geordnet
und der Schaftinhalt ein und derſelben Stärke un
Höhenklaſſe wurde in Prozenten der Derbholzmaſt
ausgedrückt. Dabei zeigte fih, daß die abſoluten
Sortimentsinhalte einer und derſelben Stärkellaſe be
wechfelnder Scheitelhöhe große Verſchiedenheit aufweise.
daß ſie aber alle das gleiche prozentuale
= r
Da O — er e —ñä 6 ——.—
15
Verhältnis zur entſprechenden Derbholzmaſſe be:
figen. Dieſe Geſetzmäßigkeit erleichtert die Aufſtellung
einer Sortimentstafel ſehr. Es ſei dies an einem Bei⸗
ſpiel erläutert:
Fichten mit d 1,3 = 40 cm
Zopf = 24 cm
haben in allen Höhenſtufen einen Sortimentsinhalt
von 82% des Derbholzgehaltes; es beträgt ferner für
die Zopfſtärken von
32 24 18 15 12 em
das Sortimentsprozent
47 82 94 96,8 98,4
Die vorkommenden Maſſendifferenzen betragen nur
ganz ausnahmsweiſe 2%. Betrachten wir Tannen
von gleicher Grundſtärke aber verſchiedener Scheitelhöhe
jo ergibt ſich z. B. für d 1.3 = 30 em |
längiter Stamm kürzeſter Stamm
H = 32,6 m 21,4 m
Derbh. — 1,17 fm 0,76 fm
Derbh.⸗Formzahl = 0,505 0,500
4 = 108,7 71,3
bei einem Zopf von 18 cm zeigt ſich folgendes Sor⸗
timentsergebnis:
Sort.: Länge 24,0 m 14,3
„: Inhalt 1.07 „ 0,69
in / des Derbh. 91,5 „ 90,8
Es iſt weiter ſehr bemerkenswert, was auch durch eine
Zuſammenſtellung der Derbholzformzahlen von Grund⸗
ner und Schwappach nach gleichen Grundſtärken für
verſchiedene Höhen beleuchtet wird, daß die Formzahl
für denſelben Dm. von der Höhe ſehr wenig beeinflußt
wird, daß die Formzahl lediglich eine Maſſen⸗
reduktionszahl iſt, daß die Schaftform bei gleicher
Formzahl ſehr verſchieden fein kann: diefe Verſchieden⸗
heit zeigt ſich in dem Quotienten a den Flury an:
fühet, auch in J. — qe den Schiſfel und Gayer
als Hauptformweiſer verwendet haben. Weſentlich für
die weitere Entwickelung der Abhandlung iſt nun
Flury's Stellung zu der Frage des Einfluſſes der
Schaftform auf die Sortimentsbildung. Bei einer
und derſelben Grundſtärke und Höhe können die ein:
zelnen Stämme je nach ihrer Vollholzigkeit ſowohl in
den Derbmengen als auch in den Sortimenten ziem:
lich verſchieden ſein. Schiffel hat als wertvollſten
Weiſer für die Beurteilung der Schaftform wie ſchon
erwähnt, den Formquotient insbeſondere qe (= Ber:
hältnis des Durchmeſſers in halber Scheitelhöhe zu
demjenigen in Bruſthöhe) angeſehen und in ſeinen
Tafeln dieſe Methode ſehr eingehend durchgearbeitet.
E. Gayer hat ſich ebenfalls dahin ausgeſprochen,
daß qe der einzige zuverläſſige Faktor fei, mit
deſſen Hilfe man verhältnismäßig einfach zu brauch⸗
baren Sortimentszahlen für Einzelſtämme gelangen
könne. Flury beſtreitet die „verhältnismäßige Gin-
fachheit“ dieſes Verfahrens und nahm von der Be⸗
nützung des Formquotienten Abſtand.
Entgegen der Anſchauung Gayer's, daß nur
wenige Probeftämme genügen um einen ſicheren An⸗
halt über den Formquotient zu bekommen, da dieſer
in geſchloſſenen Beſtänden nach Schiffel's Forſchungs⸗
ergebniſſen regelmäßig verläuft, oder daß eine augen⸗
ſcheinliche Einſchätzung der Formklaſſen für viele Halle
genügt, if Flury der Anſicht, daß diefe wiſſenſchaft⸗
lich freilich genaue Methode für ihre Anwendung er⸗
hebliche taxatoriſche Mehrarbeit vorausſetzt und deshalb
von der Praxis einfach übergangen wird. Flury iſt
der Meinung, eine Sortimentstafel ſoll nicht Selbſt⸗
zweck ſein, ſondern ſoll als taxatoriſches Hilfsmittel
überſichtlich und einfach in ihrer Anwendung ſein.
Mit dieſer Begründung hat Flury die Ausſcheidung
von Schaftformklaſſen unterlaſſen. Der Tatſache, daß
gleiche Durchmeſſer und Höhen ſehr verſchiedene Schaft⸗
maſſen bedingen können, hat Flury dadurch Rechnung
zu tragen verſucht, daß er für die Einzelſtämme durch⸗
ſchnittliche Sortimentswerte ermittelte, aber den von
dieſen Mittelwerten möglichen Abweichungen, (ſehr voll:
holzig und ſehr abholzig) dadurch gerecht wird, daß
er dafür Korrekturen anbringt. Für die Durchmeſſer⸗
abſtufungen von 10 zu 10 em iſt in einer Tabelle
(VI) angegeben, um wieviel em der Durchmeſſer
(in 1,3 m) bei ſehr abholzigen zu erhöhen, bei
ſehr vollholzigen Stämmen zu erniedrigen iſt,
um zu richtigen Reſultaten zu gelangen. Hat z. B.
eine 62 em ſtarke Fichte eine ſehr abholzige Form,
ſo werden nach der Tabelle 4 em von d 1,3 abge⸗
zogen und dann für den Durchmeſſer 58 em, die
dieſem entſprechenden Größen in der Tabelle aufge⸗
ſucht und in die Rechnung eingeſtellt. In Wirklichkeit
operiert alſo Flury auch mit 3 Schaftklaſſen und ich
möchte noch bezweifeln, ob man damit leichter und
ſicherer zum Ziele gelangt, als mit der Methode
Schiffels oder Gayers mit qe, namentlich wenn man
die dazu bearbeiteten Tabellen benützt. Eine verhält:
nismäßig zeitraubende Arbeit bleiben Sortimentser⸗
mittelungen immer.
In Tabelle VI, die die Größe der vorzunehmenden
Bruſthöhendurchmeſſerkorrektur angibt, iſt der Spiel⸗
raum z. B. für Fichte:
d =
= 60 cm: 6 +6 = 12 cm
= 60, :5+5=10 „
= 40 „ : 4 + 4 8 „
= 80 „ : 3 + 3= 6 „
16
nad den Gayer'ſchen Unterſuchungen für Stammkl. I,
die d 60 und d 50 entſpricht
13—17 cm
für Stammkl. II (d 40) 10—16 cm
K „ III (a380) 8—12 em
Es ift diefe Verſchiedenheit wohl in dem Grundlagen:
material begründet. Flury hat Stämme aus ſehr
gleichartigen Beſtänden, das bad. Material ſcheint
infolge Beſtandsbehandlung und Verbreitungsgebiet
etwas weitgreifender zu ſein. Jedenfalls zeigt es, daß
größere Schwankungen möglich find als Verf. an⸗
nimmt.
Die Unterſuchungen über die Genauigkeit der
Stammkubierung aus Länge und Mittelſtärke
zur ſektionsweiſen Vermeſſung, worüber der Verf.
ſchon früher eine ausgezeichnete Arbeit veröffentlicht
hat, find auf Grund des vorliegenden Materials er⸗
weitert und neu geprüft worden. Es iſt darnach feſt⸗
geſtellt und bewieſen:
1. daß die Kubierung aus Länge und Mittelſtärke
gegenüber der 2 m Sektionsmeſſung in der Regel
zu kleine Reſultate liefert; eine Ausnahme macht
davon nur die Zopfſtärke von 7 cm, alſo die ge⸗
ſamte Derbholzmaſſe;
. unter fonft gleichen Bedingungen bleiben mit wady
ſendem Zopfdurchmeſſer die Inhalte aus Länge
und Mittenſtaͤrke mehr und mehr hinter den
ſektionsweiſe ermittelten Inhalten zurück;
. mit zunehmender Stammſtärke wird der Ku⸗
bierungsfehler prozentual aufſteigend größer.
Die größere Vollholzigkeit der Tanne gegenüber
der Fichte äußert ſich deutlich im relativ ſtärkerem
Steigen der aus Länge und Mittelſtärke bezeichneten
Derbholzmaſſe.
Die prozentuale Abweichung des Stamminhaltes
berechnet aus Hu D von dem ſektionsweiſe er:
mittelten Inhalt beträgt:
bei einem Zopf von:
d 1,3 24 18 15 12 7 em
bei Fichte |
60 — 52 —38 — 3,1 — 2,5 —18
30 — 40 — 1,5 — 0,8 — 0,2 + 0,6
bei Tanne
60 — 50 — 3,4 — 2,7 — 2,1 — 10
30 — 3,3 — 14 — 0,7 — 0,0 +11
bei Buche
60 — 0,3 + 4,8
30 — — 22
Daß Buchen ſchon bei einem Zopf von 18 em in
größeren Stärken eine höhere Maſſe als aus ſektions⸗
weiſer Meſſung ergeben, erklärt ſich aus dem Aufbau
der Buchenſchaften, Vollholzigkeit bis zum Kronen⸗
anſatz, dann raſches Sinken der Durchmeſſer nach oben
—— — ) — . —22s—ð—ͤ.0vds,08ů—ů—ñ—— [ VK—ẽ— . ůßꝛ3—ðit ;
hin. Hätte nun Verf. die genau ſektionsweiſe er⸗
mittelten Inhalte in di. Tau eingeſetzt, fo würden
ſich mit der Praxis, die n.h HuD den Inhalt feft
ſetzt, Unſtimmigkeiten ergeben haben. Flury hat dies
dadurch vermieden, daß er die auf genaue ſektionsweiſe
Stammkubierung aufgebauten So timentsprozente pro:
zentual entſprechend der Kubierung aus Hu D um:
gerechnet hat. Auch der Umſtand, daß ein als ganzes
vermeſſenes z. B. 20 und mehr m langes Stammftäd
nach Zerlegung in 6 m lange Stücke nicht denſelben
Inhalt, wie das unzerteilte Stammſtück gibt, hat
Flury zu einer weiteren Unterſuchung Anlaß gegeben.
Es ergaben die Vermeſſungen von 6 m = Sektionen
für die Zopfſtärken von 42— 18 m meiſtenz höhe,
genauere Reſultate als aus Länge und Durchmeſſer
des ganzen Stückes. Bei geringeren Zopfſtärken ändert
ſich jedoch dieſes Verhältnis in entgegengeſetztem Sinne.
Eine Tanne z. B. mit
d = 56 cm ergibt bei einem Zopf
von 41 32 24 18 em
(nach 2 m Sektionen) = 100 100 100 100%
„6m s = 93.5 96.8 97.5 98.6%
„ gh vermeſſen = 93.5 94.8 96.2 97.6%
des wirklichen Mapes.
Es folgen dann die trotz des reichen Inhalts ſeht
überfichtlich geordneten Sortimentstafeln für Einzel⸗
ſtämme der Fichte, Tanne und Buche. Dazu iſt zu
bemerken, daß die Angaben der Schwappach⸗Grundner⸗
ſchen Maſſentafeln gegenüber dem ſchweizeriſchen Ma⸗
terial als etwas zu hoch ſich erwieſen haben und an
denſelben daher eine Reduktion vorgenommen wurde,
was bei Benützung der Fluryſchen Tafeln zu be
achten iſt.
Flury hat die Tafeln durch Anwendung auf genau
vermeſſene Stämme aus Kahlhieben geprüft und für
die Zopfſtärken 12—32 cm zufriedenſtellende Refultate
erzielt. Für die Zopfſtärke von 42 cm ergeben fid
größere Abweichungen, weil hier der Grad der Boll:
formigkeit am ſichtbarſten wird. Eine Vergleichung
von Stämmen aus verſchiedenen Durchforſtungsgraden
ergab keine bemerkenswerte Geſetzmäßigkeit; es find
aber die Zeiträume einer vergleichenden Beſtande⸗⸗
erziehung noch zu kurz, um daraus weitere Schlüſe
ihrer Wirkung auf Stammform und Sortiment ziehen
zu können. Ebenſo ergab eine Vergleichung von
Stämmen aus dem Plenterwald mit den Angaben
der Sortimentstafeln ein gutes Reſultat, wenn bei
den über 60 cm ſtarken Stämmen des Plenterwalbes
die nur 2—4 em ſchwächeren Stämme der Sort
mentstafel benutzt wurden; es entſpricht diefe Durch
meſſerkorrektur der größeren Abholzigkeit bezw. dem
ſtarken Wurzelanlauf in den unteren Teilen der Stämme.
Die Stämme von 30—60 cm des Plenterwaldes find
für bie Zopfſtärken 30-60 em nach Flury eher voll⸗
holziger als die Stämme aus geſchloſſenem Hochwalde.
Ein Grund dafür iſt nicht angegeben.
Im Prinzip des Aufbaues der Fluryſchen Sorti⸗
mentstafel und der Gayerſchen iſt der weſentliche Unter⸗
igid, daß Flury möͤglichſt den Anforderungen der
Praxis entgegenkommt, Gayer mehr den theoretiſch
präziſeren Weg durch Benutzung des Formquotienten
einſchlägt. Da Flury für beſtimmte Zopfſtärken die
Sortimentsprozente gibt, Gayer auf die Heilbronner
Sortierung ſeine Tafel eingerichtet hat, ſo ſind Ver⸗
gleiche beider Tafeln für Fi und Ta nur nach Um⸗
rechnungen möglich!). Nimmt man diefe vor, fo er:
gibt fich: ö
1) daß die Nutzholzmaſſenprozente für alle Höhen
nahezu gleich ſind;
2) die Sortimentzuntergrenzen der Stammklaſſen
Gayers, auf die Heilbronner Sortierung bezogen,
ſtimmen mit den entſprechenden Werten HuD
aus Flurys Tafel genommen gut überein.
Die Fluryſchen Zahlen liegen darnach für Kl. I
zwiſchen den Kurven von Gayer
für qe = 0.60 — 0.64
für Kl. II = 0.64 — 0.66
III und IV = 0.66 — 0.72 für Fichte.
Die Fluryſchen Mittelwerte entſprechen für Klaſſe
I und II den mittelformigen, III und IV den mittel:
bis vollformigen Stämmen Gayers.
Die Fluryſchen Tafeln ſind daher auch gut für
die Heilbronner Sortierung verwendbar.
Trotz der verſchiedenen originellen Wege, die beide
Forſcher gegangen find, ſtimmen ihre Reſultate für die
Praxis gut überein. Für die Buche laſſen ſich Ver⸗
gleiche nicht ziehen, da die vorhandenen Buchen⸗
ſortimentstafeln nicht auf die Zopfſtärke der ans
mente aufgebaut ift.
Nach dieſer gründlichen Unterſuchung über die Sor⸗
timentsverhältniſſe des Einzelſtammes geht Flury zu
dem 2, Teil, den Sortimentsverhältniſſen
beliebiger ganzer Beſtände über.
Die Sortimentstafeln für den Einzelſtamm laſſen
ſich natürlich auf jeden beliebigen nach Durchmeſſer⸗
abſtufungen aufgenommenen reinen oder gemiſchten
Beſtand anwenden. Dieſe ſtammweiſe Ermittelung
des Sortimentsinhalts verurſacht aber weitläufige Ar⸗
beit.
—
Man greift daher beſſer zu einem abgekürzten Ber-
fahren; für deſſen Anwendung müſſen von dem Be⸗
ſtande bekannt fein: Maffe, Stammzahl nach Stärke⸗
ſtufen und die Höhen zu dieſen, alſo Größen, die bei
1) Herr Forſtamtmann Gayer hat dieſe Vergleiche grafiſch
durchgeführt und mir ſein Reſultat als Grundlage für die
vergleichende Beſprechung überlaſſen, wofür ich one an dieſer
Stelle danken möchte.
917
17
eE ma a a a a
G
einer ſtammweiſen Aufnahme ohnehin ermittelt werden
müſſen. Die Stammverteilung nach Durchmeſſerſtufen
iſt am wichtigſten; der mittlere Durchmeſſer eines Be⸗
ſtandes kann für konkrete Beſtände kein Gortiments-
weiſer fein, weil Beſtände mit gleicher Höhe, mittlerem
Durchmeſſer und Maſſe ganz verſchiedene Sortimente
je nach der Verteilung der Stämme auf die Durch⸗
meſſerſtufen aufweiſen können. Der mittlere Beſtands⸗
durchmeſſer läßt ſich nur bei reinen, gleichalterigen,
normalen Beſtänden, wie ſie die Ertragstafeln ent⸗
halten, als Weiſer für die . an⸗
wenden.
Für die weitere Soriimentzernitelung konkreter
Beſtände liegt die ganze Methode in der Beantwor⸗
tung der Frage: Welche Sortimentsinhalte liefert bei
bekannter Derbholzmaſſe und Scheitelhöhe eine gewiſſe
Anzahl von Stämmen einer und derſelben Haupt⸗
ſtärkeklaſſe? Daraufhin wurde das Grundlagematerial
unterſucht. Für die Beſtände des annähernd gleich⸗
alterigen ſchlagweiſen Hochwald gilt der Satz, daß in
ihrer Verteilung auf die Stärkeklaſſen Vorrat und
Kreisfläche analog prozentual zuſammengeſetzt find;
es iſt dem zufolge nach der Kenntnis der Verteilung
der Kreisfläche auf die Durchmeſſerklaſſen die Vertei⸗
lung der Maſſen leicht gegeben. Die abſolute Größe
der Sort'mentswerte für jede Stärkeklaſſe ergibt ſich
aus dem kliſſenweiſen Anfall beim Kahlhiebverfahren,
aus den Probeitanmanfall bei dem Probeſtammver⸗
fahren. Die bezeichneten abſoluten Sortimentswerte
in Prozenten der zugehörigen Derbholzmaſſe ausge⸗
drückt ergeben die Sortimentsprozente, die der Tafel
zu Grunde liegen. Flury hat die Hauptſtärkeklaſſe (6)
in Anlehnung an die in der Schweiz üblichen Haupt⸗
ſortimente gebildet. Da auch hier die Geſetzmäßigkeit
gilt, daß für alle Höhenklaſſen einer und derſelben
Grundſtärke dasſelbe prozentuale Verhältnis der Sor⸗
timentsmaſſen gemeinſam iſt, ſo iſt aus der entſprechen⸗
den Tafel mit der Stärkeklaſſe als Eingang für die
einzuhaltende Zopfſtärke das prozentuale Verhältnis
der Sortimentsmaſſe zur Derbholzmaſſe leicht abzuleſen.
Die Prüfung der Tafeln ergab, daß ſich für die
Zopfſtärken von 12 — 32 cm die Fehlerprozente zwiſchen
Wirklichkeit und Rechnung innerhalb erlaubter Grenzen
bewegen. Ein letzter Abſchnitt, der wieder mehr der
Theorie als der Praxis genähert iſt, enthält die Sor⸗
timentsverhältniſſe reiner gleichalteriger normaler Be⸗
ſtaͤnde, wie fie in den Ertragstafeln enthalten find.
Es wird dabei die Verteilung der Holzmaſſen nach
4 cm Stärkeklaſſen und nach 6 Hauptſtärkeklaſſen auf
Grund von Ertragstafeln der Fichte, Tanne und Buche
unterſucht und dargeſtellt, was für den Einblick in die
Beſtandgliederung nach Alter, Holzart, und Bonität
wichtig ift. Darauf find dann die weiteren Sorti⸗
8
18
mentstafeln reiner normaler Beſtände nach 6 Stärke
klaſſen aufgebaut. N
Die außerordentlich klare Arbeit Jurys vermag
durch ihre Darſtellung der Sprödigkeit des Stoffes in
jeder Hinſicht Herr zu werden; mögen diefe geitrau⸗
benden Unterſuchungen reichliche Früchte für die forſt⸗
liche Praxis tragen. Es kann ja nicht Aufgabe des
Verſuchsweſens fein, der Praxis für alle Fälle gahlen⸗
mäßig fertiges Material zu liefern. Das Verſuchs⸗
weſen kann auf Grund feiner Unterſuchungen den afa-
demiſch gebildeten Forſtleuten nur die Wirkung und
den organiſchen Zuſammenhang der einzelnen unter⸗
ſuchten Faktoren klarlegen. Bei der Vielgeſtaltigkeit
der Natur bleibt der Praxis für die Anwendung von
Erirags: und Sortimentstafeln auf konkrete Verhält⸗
niſſe noch die geiſtige Arbeit vorbehalten, Normen, die
auf Grund von ſpſtematiſchen Unterſuchungen der
Verſuchsanſtalten gewonnen find, auf den Einzelfall
richtig anzuwenden.
Dieſe Arbeit Flurys hat die Tendenz, ſoweit als
möglich der Praxis entgegenzukommen und ihr ein
möglichſt einfach zu verwendendes Material für Sor⸗
timentsermittelung an die Hand zu geben. Für die
Exaktheit und Sebiegenheit der Arbeit bürgt der Name
des durch ſeine früheren Arbeiten aus dem Gebiete
der Extragskunde geſchätzten Verfaſſers.
Dr.
Wimmer.
Dr. Theodor Glaſer und ſe ine Bedeutang
für die Waldwertrechunug und for ſtliche
Statik. Von Forſtmeiſter E. Kreutzer, Leſſo⸗
nitz. Prag 1916, G. Neugebauer. 46 Seiten.
In der Einleitung werden drei Glaſer'ſche
Hauptanforderungen an Grundlagen und Syſtem der
Rentabilitätslehre ſowie deren Begründung beſprochen,
zugleich aber — und zwar mit größerem Aufwande
an Raum — der Verſuch gemacht, mir Widerſprüche
in verſchiedenen Sätzen meiner Schriften nachzuweiſen.
Dies konnte ſcheinbar dadurch gelingen, daß jene Sätze
einzeln auß dem Zuſammenhang geriſſen und deren
Begründungen weggelaſſen wurden. Ein Widerſpruch
zwiſchen den verſchiedenen Sätzen meines fog. „Olan:
bensbekenntniffes“ — Jauuarheft dieſer Zeitſchriſt 1915,
S. 17 — beſteht z B. nicht, wenn man beachtet, daß
dort zwiſchen normalen und abnormen Be⸗
ſtaͤnden reſp. Betriebsklaſſen unterſchieden
wird; daß Falle namhaft gemacht werden, in denen
mit einheitlichem Zinsfuß, andere, in denen mit
verſchiedenen Zinsfüßen zu rechnen iſt; daß
ich den Bodenerwartungswert (S. 17) nie⸗
mals allgemein als „praktiſch unbrauchbar“ bezeichnet,
vielmehr von feiner Berechnung reichlich Gebrauch ge-
macht habe, wenn ich ihn auch nicht als alleinigen
Maßſtab der Rentabilität gelten laffe; daß ich ent
führlich begründet habe, warum die „finanzielle
Umtriebszeit“, wie fie ſich ans Geldertragstuſeln
auf Grund derzeitiger Holzpreiſe berechnet, Verände⸗
rungen unterworfen iſt und deshalb nicht überall und
immerwährend eingehalten werden kann u. dgl. m.
Daß ich (S. 16) irgendwo behauptet haben fol: „es
habe keinen Zweck, mathematiſche Formeln für den
Normalwald zu entwickeln, denn einen folden gäbe es
nicht“, kann ich mich nicht erinnern. Habe ich dod
in der 4. Auflage von Heyers Waldwertrechnung zahl:
reiche ſolche Formeln von früher übernommen ober |
auch felbft entwickelt. Wo Ret denn jener mit An: |
führungszeichen verſehene Sag? Das hätte Herr R.
doch angeben müſſen. Und wenn er andererſeits be⸗
hauptet, die Vertreter der Reinertragslehre verſchwiegen
„wohlweislich“ (S. 18), alfo abſichtlich und wider
beſſeres Wiſſen, dies oder jenes, fo kann wh einen
ſolchen Vorwurf nar als ebento häßlich wie unbegründet
bezeichnen.
Der Einleitung folgt ein Abſchnitt
I. Der gemeine Waldwert,
den Herr R. = N. + X. B fegt, wobei x die ls:
triebszeit, B den Bodenverkaufswert und N. den Ror:
malvorratswert, berechnet aus den Abtriebsertcüen
der einzelnen Beſtände, bedeutet. Den letzteren hahe
ich als ein „Phantaſiegebilde ohne praktischen Wert“
bezeichnet, weil 10⸗, 20⸗, 30 jährige und andere junge
Beſtände eben in Wirklichkeit nicht abgetrieben werden.
Ich habe diefe Anficht mit Beiſpielen aus der Prat
belegt (Juniheſt 1915, S. 146). Herr K. beiümpt
fie mit mathematiſchen Formeln. Wer iğ nım be
Theoreliker? Ich möchte hier noch ein weiteres Ber
{piel anführen, aus dem hervorgeht, daß auch für B.
fände von weit mehr als 40 Jahren der Abtriebswert
unter Umſtänden nicht zutrifft. Aus der in meinen
Grundriß der Waldwertrechnung (Leipzig und Wien
1891) unter Aufgabe 28 entwickelten Holz; und Gelb:
Ertragstafel für Buchenhochwald ergibt fith
far das Alter von 45 75 Jahren
ein Beſtandesverkaufswert von 1195 9084 M.
Dagegen berechnet fih für Femelſchlagbetrieb und W:
jährigen Umtrieb nach Aufg. 70
der Beſtands⸗Erwartungswert zu 1318 3806 M.
Die Unterſchiede betragen über 10 und 7%, find afo
doch noch zu beachten.
Daß ich mich einer „Selbſttäuſchung“ (6. 25) bin:
gegeben habe, wenn ich im Maihefte 1915 S. 111
richtiger als Frey gerechnet zu haben glaubte, it mir \
unerklärlich und erſtaunlich; denn ich komme dort ja
zu faft zu dem gleichen Ergebnis wie Glafer. |
l
19 ,
Daß beffen Methode zur Berechnung des Wertes
jüngerer Beſtände von U. Müller als „Erwartungs⸗
wert“ bezeichmet wird (S, 26), ift m. E. ganz richtig.
Denn jeder aus künftigen Erträgen abgeleitete Wert
iſt ein Erwartungswert, einerlei nach welcher Formel
er berechnet wird.
Wenn ich den Bodenwert (S. 21) bei einer Wald⸗
abſchätzung zu einem gewiſſen Betrage und die jähr⸗
lichen Koſten zur Hälfte der Boden⸗Bruttorente „an.
genommen“ habe, jo waren dieſe „Annahmen“ doch
nicht aus der Luft gegriffen, ſondern den Erfahrungen
der betr. Oertlichkeit entſprechend und mit Zahlen be⸗
legt. Was dies mit einer „Verkürzung über die
Hälfte” bei Kaufverträgen zu tun haben ſoll, verſtehe
ich nicht. Selbſtverſtändlich wollte ich jenen „An⸗
nahmen“ keine allgemeine Giltigkeit zuſchreiben.
IIA: Die Waldwertrechnung als Trå:
gerin des richtigen Wertgedankens.
Hier bringt K. eine Wertertragstafel ohne Angabe
der Holzart und berechnet unter Einführung folgender
Zahlen
Boden wert. = 914.5 Kr.
jährliche Koſten = 90 „
Kulturkoſten . 120.0 „
Zins fuß = 3%
für 7 verſchiedene Betriebsklaſſen von 60⸗, 70»,
120jährigern Umtrieb
1. den Rentierungswert,
2. den gemeinen Waldwert,
3. den Koſtenwert
jeder Betriebsklaſſe. Dieſe 3 Werte ſteigen ſelbſtver⸗
ſtandlich mit dem Umtrieb, ſtimmen aber unter ſich
nur bei 100 jährigem Umtrieb überein. Vorher find
beide letzteren kleiner, nachher größer als der Rentie⸗
rungswert. Der 100 jährige Umtrieb wird deshalb
als der vorteilhafteſte bezeichnet. Im Durchſchnitt pro
Hektar wäre — beiläufig bemerkt — der Rentierungs⸗
wert des 110 jährigen Umtriebs der größte, alſo dieſer
nach Anficht der Waldreinertragslehre vorzuziehen.
M. E. hat man es bei praktiſchen Waldwertrech⸗
nungen ſtets mit einem Walde von beſtimmter
meiſt abnormer Zuſammenſetzung zu tun und die zu
beantwortende Frage lautet nur, welche Wirtſchaft reſp.
Umtriegszeit hier am beſten einzuführen iſt. Die Ver⸗
gleichung 7 verſchiedener normaler Betriebsklaſſen hat
wenig praktiſchen Wert.
In dem folgenden Abſchnitt:
IIB: Der richtige Rentabilitätsgedanke
der forſtlichen Statik,
berechnet K. (S. 36) den größten Bodenerwartungs⸗
wert für die Einzelbeſtände nach der Fauſtmannſchen
Formel zu 1056,8 Kr. beim 80 jährigen, den der Ye
triebsklaſſe zu 914,5 Kr. beim 100 jährigen Umtrieb.
Dieſer Unterſchied erklärt ſich dadurch, daß in der
Riden Formel des gemeinen Waldwertes der Ab-
triebSertrag des 80. Jahres als Beſtandswert figuriert
der eben kleiner if, als der Koſten⸗ reſp. Erwartungs⸗
wert. Die übrigen Ausführungen dieſes Abſchnitts
find mir teilweiſe unverſtändlich.
In dem Schlußabſchnitt
„Rückblick“
kommt Herr K. auf einen von mir ſ. Z. gebrauchten
derben Ausdruck zurück, den er offenbar übel genommen
hat, der aber nichts anderes bedeutet, als die auf
Seite 1 von ihm gerügte Aeußerung, wonach die
Gegner der Reinertragslehre mitunter nicht das be⸗
kämpfen, was deren Anhänger ſagen, ſondern das,
was ſie nach Anſicht der Gegner ſagen ſollten. Daß
jene (die Anhänger) damit „ſelbſtverſtändliche
Schlußfolgerungen verſchweigen“, darf
hieraus nicht gefolgert werden; denn es gibt auch
mißverſtändliche Schlußfolgerungen und
gerade ſolche find es, auf die ich hingewieſen habe.
Im übrigen glaube ich die wiſſenſchaſtlichen Leiſtungen
Glaſers im 1915er Junihefte unparteiiſch gewürdigt
und anerkannt zu haben; ein einzelner herausgegriffener
Satz, der einen Tadel enthält, kann das Gegenteil
nicht beweiſen. Wimmenauer.
Das Weiſerprozent des! Ertragswaldes im
Jahresbetrieb. Von Forſtmeiſter E. Kreut⸗
zer, Leſſonitz. 24 Seiten. — Prag, G. Neuge⸗
bauer 1916.
Auf Grund mathematiſcher Entwickelungen, denen
in allen Einzelheiten zu folgen mir nicht gelungen iſt,
kommt der Berfaffer zu dem Ergebnis, daß das Weiſer⸗
prozent des Einzelbeſtandes für den jährlichen Nach⸗
haltbetrieb keine Geltung habe. Das iſt nichts neues,
vielmehr ſchon vor 27 Jahren von Bofe in feiner
Schrift „Das fſorſtliche Weiſerprozent“ ausgeführt
worden. Vgl. den lit. Bericht hierüber im April⸗
heft 1890.
Schon der erſte Satz der Broſchüre
„Die Suche nach der vorleildafteften Wirtſchaft
führte die Begründer der Bodenreinertragslehre zum
Bodenertragswert Bx als Maßſtab für den vom
Beſtande gewährten Gewinn.“
fordert die Kritik heraus. Denn allgemeiner Maßſtab
in dieſem Sinne iff nur der Beſtaudes⸗Erwar⸗
tungswert, der bei normalen Beſtänden — aber
nur bei dieſen — allerdings zu demſelben ! Haubarkeits⸗
alter führt wie die Ermittelung des max. Be.
Ganz unverſtändlich iſt der folgende Satz, wonach
8 *
20
das Bodenkapital der Betriebsklaſſe nicht = u. Be,,
fondern — wie weiterhin (S. 10) ausgeführt wird —
als Mittel aus u verſchiedenen Bodenwerten, die für
Abtriebsalter von 1 bis u Jahren ſich berechnen, ab⸗
zuleiten wäre. Wenn ein jeder der u Schläge erſt im
Umtriebsalter u zum Abtrieb gelangt, ſo kann doch
auch nur aus dem Abtriebsertrag Au dieſes Alters
der Bodenwert ermittelt werden, nicht aber aus anderen
Abtriebszeiten, die gar nicht verwirklicht werden.
Ebenſowenig iſt einzuſehen, warum dann folge⸗
richtig der Normalvorrat, der doch aus u Schlägen
im Alter 1 bis u beſteht, = u. Au geſetzt werden
ſollte. |
Wenn der Verf. ferner eine Stelle aus der von
mir herausgegebenen 4. Aufl von Heyers Waldwert⸗
rechnung anführt, in der geſagt wird, die finanzielle |
Umtriebszeit fei eine veränderliche Größe und deshalb
nur in beſchränktem Umfang als maßgebend zu be⸗
trachten; und wenn er daran anknüpfend fortfährt:
„im Sinne W.’3 können .... nur die Größen:
gemeiner Bodenwert B und das Verzinſungsprozent
p als unſichere Grundlagen qualifiziert werden“,
jo überſieht er dabei ganzlich, daß ich an der fragl.
Stelle hauptſächlich den Abtriebsertrag, wie er
ſich aus Ertragstafeln für geſchloſſene Beſtände, alſo
nur für den Kahlſchlagbetrieb im Hochwald ergibt
und weiterhin die Holzpreiſe ſowie Kultur⸗ und andere
Koſten als ſchwankende Größen (je nach Betriebsart,
Marktlage und ſonſtigen Umſtänden) bezeichnet habe.
Auch auf Seite 9 findet ſich eine völlig mißver⸗
ſtändliche Auffaſſung der Bedeutung, welche nach
Judeich, Heyer und mir dem Weiſerprozente zukommt.
Steht dies noch höher als der für die Wirtſchaft an⸗
genommene Zinsfuß, ſo wird von den genannten Au⸗
toren übereinſtimmend der Abtrieb eines ſolchen
Beſtandes als unvorteilhaft oder mit Verluſt verbun⸗
den bezeichnet; erſt wenn es unter jenen Betrag ſinkt,
gilt der Beſtand als hiebsreif. Wie der Verf. hieraus
folgern kann, daß Judeich und ich „in der höheren
Verzinſung des Produktionsaufwandes durch den Wert⸗
zuwachs keinen Vorteil, ja ſogar einen Verluſt er⸗
blickten“, bleibt unverſtandlich; denn der Verluſt wird
eben nicht durch das Fortwachſen, ſondern durch den
Abtrieb des Beſtandes herbeigeführt.
Die hier angeführten Stellen zeigen deutlich, daß
Herrn K.'s Polemik gegen die Reinertragslehre nicht
auf genügender Kenntnis derſelben aufgebaut iſt. Was
er aber für Betriebsklaſſen an die Stelle des Preß⸗
ler'ſchen Weiſerprozentes der Ein zelbeſtä ide ſetzen will,
nämlich das Verhältnis zwiſchen gleichbleibendem oder
durchſchnittlichem Jahresertrag und Geſamtwert des
Bodens und Holzvorrats, iſt gar nichts anderes, als
die „Verzinſung des normalen Waldver nögens“, wie
ich fie fon im Auguſtheft des Jahres 1891 S. 262 ff.
als maßgebend gefordert habe. Dabei beſteht nur
inſofern ein Unterſchied, als ich den Verkaufswert nur
für ſolche Glieder der Schlagreihe gelten laffe, die
ſchon abſatzfähige Sortimente liefern, nicht aber wie
Kreutzer, Glaſer u. a. auch für ganz junge Beſtände,
an deren Abtrieb niemand denkt. Auf welcher Seite
hier die Denkweiſe des Praktikers und wo das ſtarre
Feſthalten an gewiſſen Doktrinen zu ſuchen iſt, mögen
die geehrten Lefer entfcheiben. Wimmenauer.
Hönlingers Waldertragstheorie. Beſprochen
von Forſtmeiſter E. Kreutzer, Leſſonitz. — Prag
1916, Kommiſſionsverlag von Guſtav Neugebauer.
15 Seiten.
Vor längeren Jahren erklärte der inzwiſchen ver
ſtorbene Oberforſtmeiſter Dr. Borggre ve gelegent⸗
lich einer Zuſammenkunft hier in Gießen dem Kollegen
Heß und mir: Um ein Buch zu rezenſieren, fei ez
keineswegs nötig, dieſes Buch vollſtändig zu leſen; viel:
mehr genüge es völlig, wenn man von einzelnen
Seiten, gewiſſermaßen Stichproben, Kenntnis nehm.
So verfahre er ſchon lange als Redakteur feiner Feit:
ſchrift, der „Forſtlichen Blätter“. Wer den ſeligen
Kollegen Heß und ſeine Gewiſſenhaftigkeit gekannt hat,
mag ſich vergegenwärkigen, welchen Eindruck jene Er⸗
klärung B.'s bei ihm hinterlaſſen hat. Ich ſelbſt kann
der Wahrheit gemäß bezeugen, daß ich bei den zahl:
reichen literariſchen Berichten, welche die A. J. u. 3.3.
aus meiner Feder gebracht hat, bisher dem Borg⸗
greve'ſchen Verfahren niemals gefolgt bin. So habe
ich auch die beiden Schriften Hönlingers, nämlich:
1. „Waldwertrechnung und forſtliche Statik des jähr⸗
lich nachhaltigen Betriebes“ von 1906 und
2. „Beweiſe für die Unrichtigkeit der Reinertragslehre“
von 1908
ert auf Grund eingehenden Studiums im Maiheſt
1907 und im Juniheft 1908 ausführlich beſprochen und,
was mir unrichtig ſchien, m. E. ſchlagend widerlegt.
Die jetzt vorliegende Schrift des Herrn Kollegen
Kreutzer beſtätigt zu meiner Freude meine Auf
faſſung; denn ſowohl am Anfang (S. 6.) als auch
am Ende (S. 14) wird erklärt, „Hönlingers Theorie
verdanke ihr Daſein einem Rechenfehler“. Unter dieſen
Umſtänden hielt ich mich diesmal für berechtigt, die
dazwiſchen liegenden Seiten 6 bis 13 mit ihren 24
Formeln zu überſchlagen und mir deren Durcharbeitung
zu ſchenken. Ich beſchränke mich darauf, die Lieben
würdigkeiten zurückzuweiſen, mit denen Herr K. feine
Gegner, die Anhänger der Reinertragslehre bedenkt:
—— — St
1
|
daß fie nur eine Schein⸗Wiſſenſchaft pflegen, die Mathe _
matik gleich einer feilen Dirne zu unlauteren Zwecken
mißbrauchen, den Beweis für die von ihnen behauptete
Unrichtigkeit der Hönlingertheorie pflichtwidriger Weiſe
ſchuldig blieben und dgl. Das letztere iſt unrichtig,
denn den verlangten Beweis habe ich a. a. O. geführt.
Wer ſich aber ſo empfindlich zeigt, wie Herr Kreutzer
in dem „Rückblick“ am Schluffe feiner Schrift „Theodor
Glafer uſw.“, der ſollte ſich doch auch im Streite mit
wifſenſchaftlichen Gegnern einige Mäßigung auferlegen.
| "S Wimmenauer.
„Waldheil“, Kalender für Deutſche Forſt⸗
männer und Jäger auf das Jahr 1917.
Neunundzwanzigſter Jahrgang. I. Teil: Taſchen⸗
buch. II. Teil: Forſtliches Hilfsbuch. Schwache
Ausgabe: Preis 2 Mk. (5 Stück zu 1.70 Mk.)
Starke Ausgabe: Preis 2.40 Mk. (5 Stück zu
2.10 Mk.) Verlag von J. Neumannn in Neu⸗
damm.
Durch die Fortdauer des Krieges hat ſich die Vor⸗
nahme der längſt geplanten durchgreifenden Aenderung
des erſten Teils immer noch nicht ermöglichen laſſen.
Man hat fih vielmehr auf Unerläßliches beſchränken
müſſen. Dagegen ſoll im zweiten Teile von jetzt ab
jahrlich eine Abhandlung eines namhaften Forſtmannes
über einen Gegenſtand gebracht werden, der im Vorder⸗
grunde des forſtlichen Intereſſes ſteht und alle Kreiſe
der forſtlichen Praxis angeht. Zum erſten Male iſt
tine Abhandlung Prof. Dr. Schwappachs über Forſt⸗
düngung abgedruckt. We.
Jagd: Übreilalender 1917. Herausgegeben
von der Deutſchen Jäger⸗Zeitung. Verlag von J.
Neumann in Neudamm. Großoktavformat. Reich
illuſtriert, 220 Abbildungen. Mit monatlichen Rat⸗
ſchlaͤgen für Jagdbetrieb und Wildbahn, tägliche Mit-
teilungen für weidgerechtes Jagen, Hege und Pflege
des Wildes und Titelblatt in Farbendruck. Preis
2.50 Mk. Fünf Stück und mehr zu 2.30 Mk.
Der dritte Jahrgang dieſes belehrenden und an⸗
regenden! Kalenders ſteht feinen beiden Vorgängern,
was Ausſtattung, Text und Illuſtrierung anlangt, in
keiner Weiſe nach. Das Geleitwort weiſt insbeſondere
auf die ſchweren Opfer hin, die der Krieg auch in den
Reihen der Heger des deutſchen Waldes und Wildes
gefordert hat, ſo wie auf die Bedeutung des Jagd-
weſens als eines idealen und wirtſchaftlichen Gutes,
eines Jungbrunne ns der Kraft und des beſten Mittels
zur Vorbereitung für den Krieg. Einer beſonderen
Empfehlung, beſonders als paſſendes Weihnachtsgeſchenk
für Sager, bedarf der Kalender nicht. We.
21
Horft: und Jagd⸗Kalender 1917. Begründet
von Schneider und Judeich. 66. Jahrgang. Be⸗
arbeitet von Fr. M. Neumeiſter, Geheimen Ober⸗
forſtrat und Oberſorſtmeiſter in Dresden. In 2
Teilen. I. Teil. Kalendarium, Wirtſchafts⸗, Jagd-
und Fiſcherei⸗Kalender, Hilfsbuch, verſchiedene Ta⸗
bellen und Notizen. Berlin, Verlag von Julius
Springer. 1917. Preis: Ausgabe A: in Leinw.
geb. 2.40 Mk., in Leder 3 Mk. Ausgabe B: in
Leinw. geb. 2.60 Mk., in Leder 3.20 Mk.
Der Kalender, der bisher von dem Geh. Ober⸗
forſtrat Dr. Neumeiſter in Gemeinſchaft mit dem Rech⸗
nungsrat Retzlaff herausgegeben wurde, iſt in ſeiner
vorliegenden Auflage nur von erſterem bearbeitet, weil.
Rechnungsrat Retzlaff aus Geſundheitsrückfſichten zu-
rückgetreten iſt. Bei der Prüfung des Jagd⸗Kalenders
auf Grund der hierbei maßgebenden Beſtimmungen
über die Schonzeit der Jagdtiere ſtellten fih Aenderungen
für Oldenburg, Meiningen, Braunſchweig, Schwarz⸗
burg⸗Rudolſtadt, Lippe, Lübeck und Tirol heraus
Die vorübergehenden Abänderungsbeſtimmungen wäh:
rend der Kriegszeit find unberüdfichtigt geblieben. Nur
für Mecklenburg wird darauf hingewieſen, daß auch
für 1917 bei Rehwild, Haſen, Faſanen, Feldhühnern
und Enten eine Verlängerung der Schonzeit angeordnet
iſt, um die Verluſte des Jahres 1914/15 auszugleichen.
E.
Deutſcher Forſtkalender des deutſchen Forſt⸗
vereins für Böhmen 1917. 10. Jahrgang.
Bearbeitet von Dr. Richard Grieb, Direktar der
deutſchen Forſtſchule in Eger, ſtaatl. gepr. Forſt⸗
wirt uſw. Eger 1917, Druck und Verlag von J.
Kobriſch und Gſchihay, Eger. Preis: 2,60 Kr.
Die Anordnung des Stoffes iſt unverändert ge:
blieben. Neubearbeitet wurden infolge der geänderten
behördlichen Beſtimmungen: der Poſt⸗ und Telegraphen⸗
tarif, die Stempelſkalen, der Jagdkalender für Böhmen
uſw. Der Kalender enthält die für den Dienſtbetrieb
üblichen Tabellen, darunter Kreisflächen⸗ und Walzen⸗
tafeln, Angaben über die erſte Hilfe bei Unglücksfällen
uſw. In einer beſonderen Beilage finden ſich eine
Reihe von Angaben über Poft- und Gebührenſachen,
über die Hauptlebensmomente des Haar⸗ und Feder⸗
wildes, ſowie der wichtiäften Gelege betr. Forſtwirt⸗
ſchaft, Jagd und Fiſcherei, über Mittel gegen Wunden,
Entzündungen, Durchfall, Uebelkeit, Erbrechen, rheu-
matiſche, gichtiſche, Zahn. und Ohrenſchmerzen, In⸗
ſektenſticke uſw. E.
Der Förſter. Land: und Forſtwirſchaftlicher Ra-
lender für Forſtſchutzbeamte 1917. Herausgegeben
vom praktiſchen Forſtmann Th. Conrad. Preis:
Kleine Ausgabe: (2000 Nummern zur Abzählungs⸗
tabelle) in Leinw. geb. 1.80 M., in Lederb. 2.40 Mk.;
Große Ausgabe; (4000 Nummern zur Abzäblungs⸗
tabelle) in Leinw. 2.20 Mk., in Lederb. 2.75 Mk.
Graudenz, Guft. Röthes Buchdruckerei und Verlag
„Der Geſellige“. 1916.
Der Kalender „Der Förſter“ erſcheint nunmehr im
91. Jahrgang, und zwar wie bisher in zwei Ausgaben.
Die Einrichtung iſt im weſentlichen die gleiche wie bei
den früheren Jahrgängen. E.
Wild: und Hund⸗Kalender. Taſchenbuch für deut:
ſche Jäger. XVII. Jahrgang 1917. Herausgegeben
4
22
von der illuftrierten Jagdzeitung „Wild und Gund.
Berlin, Berlagsbuchhandlung Paul Parey. 1917.
Preis: geb. 2.25 Mk. n
Nach dem Ueberfichtakalender und dem Ralendarim
für tägliche Eintragungen folgen Angaben über Eden‘
zeiten, Abſchußregeln, Weidmannsſprache. erhalten ba
Zuſammentreffen mit Jagdfrevlern, Einfluß der Jud
art auf den Wildſtand, Anlage von Wilbäden md
Hochſitzen, Behandlung der Jagdgewehre, Beſchuß⸗
ſtempel, Verſand von Wild, Präparieren der Reh
gehoͤrne, Wildfätterung, Jagdhunde, Schuß wirken
u. a. m. Ferner enthält der Kalender Tabellen jir-
Wildſchadentaxation, Abſchußliſten, Jagd⸗Ausgaben mi -
„Einnahmen, Treibjagd⸗Formulare ufw. B
Briefe.
Aus Preuſen.
Das neue Preußliche Riſcheveigeſetz.
Viele Jahre hat das neue preußiſche Fiſchereigeſetz
die Staatsregierung, den Landtag, die Fiſchereiintereſ⸗
ſenten, die Grundbeſitzer und die Induſtrie beſchäftigt.
Viele Schwierigkeiten waren zu überwinden, bevor es
unter Dach und Fach kam. Während das bislang
geltende Fiſchereigeſez vom 30. Mai 1874 in erſter
Linie ein Polizeigeſetz war, iſt das neue Fiſchereigeſetz
mehr ein Wirtſchaftsgeſetz.)
Zweck des Fiſchereigeſetzes von 1874 war — wie
in der Begründung zu dem neuen Geſetze ausgeführt
wird — neben einer Zuſammenfaſſung der provinziell
und lokal zerſplitterten, älteren Vorſchriften eine Neu⸗
regelung des geſamten Fiſchereirechts unter dem Ge⸗
ſichtspunkte der Fiſchereipolizei. Infolge der Ungleich⸗
artigkeit der früheren Geſetzgebung war namentlich der
Schutz der laichenden Fiſche und der jungen Brut
völlig vernachläſfigt worden. Intenfive Fiſchereiwirt⸗
ſchaft wurde nur vereinzelt betrieben. Der Erlaß
polizeilicher Schonvorſchriften erſchien daher unter den
damaligen Verhältniſſen als das wirkſamſte Mittel
zur Hebung der Fiſcherei. In dieſer Beziehung hat
ſich im Lauf der Jahre ein erheblicher Umſchwung
vollzogen. Gegenwärtig iſt anerkannt, daß die Binnen⸗
fiſcherei weniger durch die Einhaltung beſtimmter Vor⸗
ſchriſten über Mindeſtmaße der Fiſche, Maſchenweite
der Netze oder Schonreviere als durch eine nach Art
der Teichwirtſchaft betriebene ordnungsmäßige Bewirt⸗
ſchaftung der Fiſchgewäſſer gefördert wird. Zu einer
1) Die beſonderen Beſtimmungen des neuen Geſetzes,
welche mit der Jagd in Beziehung ſtehen und die hierauf
bezüglichen Befugniſſſe der Fiſcherei⸗ Berechtigten ordnen,
ſind in dem folgenden Briefe näher beſprochen. D. Red.
derartigen Gewäſſerwirtſchaft bietet das geltende Geh
keine Handhabe. Jusbeſondere gewährt es keinen a. i
reichenden Schutz gegen die tatſächliche Ausübung de .
Fiſcherei durch eine große Zahl von Berechtigten
Das Fiſchereirecht umfaßt die Befuges u ;
einem Gewäſſer Fiſche, Krebſe, Auftern und ander
Muſcheln, Seemoos und Korallenmoos ſowie El
kröten zu hegen und fih anzueignen. Soweit dad Ge: `
wäſſer zur Fiſcherei benutzt wird, erſtreckt fih des
Fiſchereirecht auch auf Froͤſche. In den Rafter,
gewäffern, an denen kein Eigentum beſteht, hat je |
Deutſche freien Fiſchfang, in denen, die im Eigentum;
ſtehen, fowie in den Binnengewäſſern hat der Eiger .
tümer das Fiſchereirecht mit der Einſchränkung, di;
1. alle Fiſchereirechte und der freie Fiſchfang auf
recht erhalten bleiben, ſoweit ſie am 30. April 1014
beſtanden haben, 2. die Vermutung für den, der ein:
Fiſchereirecht bis zum 1. Mai 1914 mindeftens 30
Jahre lang als ſein eigenes ausgeübt hat, dafür ſprich,
daß es ihm zuſteht. |
Zur Sicherſtellung der Fiſchereirechte, die nicht den
Eigentümer des Gewäſſers zuſtehen, beſtimmt dab Ge
ſetz, daß dieſe auf Antrag des Berechtigten ins Ba):
ſerbuch einzutragen find, und daß dieſe Rehte mil
Ablauf von zehn Jahren nach Inkrafttreten Di
Fiſchereigeſetzes erldichen, wenn die Eintragung 1
Waſſerbuch nicht vorher beantragt iſt. |
Im Falle von Ueberfhwemmungen W
der in dem über die Ufer austretenden Gewinn
Fiſchereiberechtigte das Recht, auf den überfluten
Grundſtücken zu fischen. Der Grundeigentümer bat
während der Ueberflutung nicht fischen; bleiben abe
nach Rücktritt des Waſſers in Gräben oder anderen
Vertiefungen, die nicht mehr in Verbindung mit den
Ze.
Gemafer ſtehen, Fiſche zurück, fo darf er diefe fid
aneignen.
Sinfihtä des Üferbetretungsrechts emt-
halt das Geſetz folgende wichtige Beſtimmung:
„Der in einem Gewäſſer zur Fiſcherei Berechtigte
und mit defen Ermächtigung der Fiſchereipüchter oder
angestellte Fiſcher darf mit feinen Gehilfen und feinen
Geräten die an das Waffer angrenzenden Ufer, Inſeln,
Anlandungen, Schiffahrtsanlagen ſowie Brücken, Wehre,
Schleuſen und ſonſtige Waſſerbauwerke ſoweit betreten,
als es die Ausübung ſeines Fiſchereirechts erfordert.
Das Betreten von Schiffahrtsanlagen und Waſſerbau⸗
werken, ſowie von Anlandungen. die durch Unterhal⸗
tungs⸗ und Ausbauarbeiten entſtanden find, kann durch
Polizeiverordnung verboten oder eingeſchränkt werden.
Das Uferbetretungsrecht erſtreckt ſich nicht auf Gebäude,
Hofräume, Gartenanlagen, Forſtkulturen, beſtellte
Aecker, gewerbliche Anlagen und dauernd vollſtändig
eingefriedigte Grundſtücke, ſowie auf die Ufer von Bee
wifferungs- oder Entwällerungsgräben in Wieſen. Der
Schaben, der durch die Uferbetretung verurſacht wird,
it dem Geſchͤͤdigten zu erſetzen.“
Um einer weiteren Zerſplitterung der
Fiſchereirechte vorzubeugen, ift die Belaftung
eines Gewäſſers mit neuen Fiſchereirechten verboten.
Ferner ift, um eine Ausdehnung der Koppel fiſche⸗
teien zu verhindern, beſtimmt, daß bei Nechts⸗
geſchͤſten unter Lebenden die Zahl der Erwerber die
Zahl der bisher Fiſchereiberechtigten nicht überſteigen
darf f
Die Ausübung des Fiſchereirechts, fo-
weit fie nicht von dem Berechtigten ſelbſt erfolgt, kann
durch Verpachtung oder durch Erteilung von Erlaub⸗
nisſcheinen erfolgen. Pachtverträge bedürfen der ſchrift⸗
lichen Form. Die Pachtzeit it auf mindeſtens 12
Jahre ſeſtzuſetzen. Eine Beſtimmung über die Höchſt⸗
dauer det Pachtverträge und über die Zahl der Pächter
ift leider nicht getroffen, dagegen ift dem Bezirksaus⸗
ſchus die Ermächtigung erteilt, zu beſtimmen, an wie
viel Perſonen ein Gewäſſer oder eine Bewäflerftrede
derpachtet werden darf.
Sehr wichtig find die Beſtimmungen über die
Jiſcherei in den Abzweigungen (Mühlgräben,
Werkkanälen uſw). Dadurch, daß der Eigentümer
folder Abzweigungen in dieſen den Fiſchfang ausübt,
wird der in dem Hauptgewäſſer Fiſchereiberechtigte oft
ſehr geſchͤdigt. Beſonders bei Hochwaſſer und bei
ſchr niedrigem Werfierftande ziehen fich die Fiſche gerne
in die Mühl: ufe. Gräben, weil fie hier bei Hoch⸗
waffer Schuß und bei Niedrigwaſſer das meiſte Waſſer
vorfinden. Der Grabenbeſitzer macht. dann reiche Ernte
auf Rofen des im Hauptwaſſer ‚Fiſchereiberechtigten,
ohne auch nur das Geringſte zur Hebung der Fiſcherei
beizutragen. Er erntet ohne zu ſäen. In Bayern
hat man daher die ſehr zweckmäßige Beſtimmung ge⸗
troffen, daß dem im Hauptwaſſerlauf Berechtigten auch
das Fiſchereirecht in der Abzweigung gehören ſoll.
Hierzu konnte ſich die Staatsregierung leider nicht
entſchließen. Nach dem Entwurfe des neuen Fiſcherei⸗
geſetzes ſollte aber der Grabenbeſitzer verpflichtet fein,
die Ausübung der Fiſcherei in dem Mühl- uſw. Graben
dem in dem angrenzenden Haupigewäſſer Fiſcherei⸗
berechtigten gegen einen nach billigem Ermeſſen feſt⸗
zuſetzenden jährlichen Pachtzins zu verpachten.
Bedauerlicher Weiſe fand dieſe ſehr zweckmäßige
Beſtimmung nicht die Zuſtimmung des allzuinduſtrie⸗
freundlichen Landtages und es wurde nunmehr folgende
Beſtimmung beſchloſſen: |
„Fiſchereiberechtigte in Abzweigungen miiffen die
Ausübung ihrer Fiſchereirechte den in den angrenzenden
Strecken des Hauptwaflerlaufs zur Fiſcherei Berechtigten
auf Verlangen gegen eine Geldrente überlaſſen, wenn
ſie nicht bereit ſind, die zum Schutz und
zur wirtſchaftlichen Nutzung der Fiſch⸗
gewäͤſſer notwendigen, Maßnahmen gez
meinſchaftlich mit ihnen zu treffen uſw.“
Der Mißſtand, daß in dem Hauptgewaͤſſer und
in der Abzweigung zwei verſchiedene Perſonen fiſcherei⸗
berechtigt ſind, bleibt hiernach auch ferner zum Schaden
der Fiſcherei beſtehen.
Für blind endigende Gewäſſer enthält
das Geſetz die zweckmäßige Beſtimmung, daß, wenn
ein Waſſerlauf oder ein See in Verbindung mit einem
nicht zu den Waſſerläufen gehörenden, blind endigen⸗
den Gewäſſer ſteht, der im Waſſerlauf oder See an
der Verbindungsſtelle Fiſchereiberechtigte verlangen
kaun, daß dieſes Gewäſſer gegen den Wechſel von
Fiſchen, die das vorgeſchriebene Mindeſtmaß haben,
abgeſperrt wird. Solange das nicht geſchieht, iſt er
ausſchließlich berechtigt, die Fiſcherei in dem Gewäſſer
auszuüben. pe e
Zum Schutze der verſchiedenen in einem offenen
Sewäſſer oberhalb und unterhalb liegenden Fiſcherei⸗
berechtigungen iſt es verboten, Vorrichtungen zu
treffen, die den Wechſel der Fiſſche ver⸗
hindern. Der Regierungsprafident kann jedoch aus
polizeilichen und wirtſchaftlichen Gründen, vorüber⸗
gehend Ausnahmen, namentlich für den Fiſchfang ge⸗
ſtatten. Durch ſtändige Fiſchereivorrich⸗
tungen darf ein offenes Gewäſſer zum Zwecke dez
Fiſchfanges nicht mehr als auf die Hälfte der Waſſer⸗
fläche für den Wechſel der Fiſche verſperrt werden.
Die Beſtimmungen über Fiſcherei'genoſſen⸗
ſchaften ſind in dem neuen Fiſchereigeſetze im fiſche⸗
reiwirtſchaſtlichen Intereſſe wefentlich ergänzt und in
24
bezug auf das Verfahren den Vorſchriften des Waſſer⸗ ſchaftlichen Betrieb desſelben ſchädigen und ber Bert
geſetzes nachgebildet worden. des Fiſchereirechts in dem ſelbſtändigen Bezirke den.
Das Geſetz unterſcheidet Schutz- und Wirt ihrer Fiſchereirechte überſteigt. Sie können ſtatt defer:
ſchaftsgenoſſenſchaften. Erſtere ſollen behufs auch die Fiſcherei ruhen laffen, wenn das Ruhen den
geregelter Aufſichtsführung und zum gemeinſamen ſelbſtändigen Fiſchereibezirke nicht nachteilig iſt.
Schutze des Fiſchbeſtandes, letztere behufs gemeinſchaft⸗ Das Fiſchereigeſetz führt, analog dem Jagdſchein
licher Bewirtſchaftung und Nutzung der Fiſchgewäſſer einen Fiſchereiſchein ein, den jeder bei ſich führen
gebildet werden. muß, der den Fiſchfang ausübt. Es ſoll dadurch de
Eine Schutzgenoſſenſchaft kann auch ohne notwendige Kontrolle der Fiſcherei erleichtert und ved
Zuſtimmung der Fiſchereiberechtigten gebildet werden, hindert werden, daß Perſonen, von denen eine Ge:
eine Wirtſchaftsgenoſſenſchaft in der Regel fährdung ' fiſchereilicher Intereſſen zu befürchten if, den.
nur mit Zuſtimmung der Mehrheit der Fiſchereiberech⸗ Fiſchereibetrieb ausüben können. Zur Ausſtellung dez
tigten, wenn der genoſſenſchaftliche Zuſammenſchluß für die ganze Monarchie geltenden Fiſchereiſcheines if
der Erhaltung und Vermehrung des Fiſchbeſtandes die Fiſchereibebörde (Ortspolizeibehörde), in deren
dient und einen höheren wirtſchaftlichen Nutzen in Aus: zirk' der Antragſteller den Fiſchfang ausüben will
fit ſtellt, als der ſelbſtändige Fiſchereibetrieb der cine rechtigt.“ Der Fiſchereiſchein, der koſtenfrei ausgeſtell
zelnen Berechtigten. Nur, wenn der ſelbſtändige Fiſche⸗ wird, kann verfagt werden: Perſonen, die nicht glau
reibetrieb der einzelnen Berechtigten mit einer wirt⸗ | haft machen können, daß fie zur Ausübung der Fiſch
ſchaftlichen Fiſchereinutzung der Gewäſſer im ganzen im Bezirke der Fiſchereibehörde befugt find, fowie P
unvereinbar ift und wenigſtens ein Berechtigter mit | fonen, die in den letzten drei Jahren wegen Diebſtahle
der Bildung einverſtanden ift, kann auch ohne Zu: Unterſchlagung, Hehlerei, Jagd- oder Fiſchereivergeſenn
ſtimmung der Mehrheit der Fiſchereiberechtigten eine oder Widerſtandes gegen einen Fiſchereibeamten
Wirtſchaftsgenoſſenſchaft gebildet werden. i § 118 R. St. G. B. oder aus den 88 117—119 bx
Eine erwünſchte Neuerung bringt das Geſetz in ſelbſt, oder wegen einer Straftat, die zugleich
den Fiſchereibezirken. Solche können, wenn der Polizeiaufſicht, Ehrverluſt oder Ueberweiſung an de!
geringe Umfang der Fiſchereirechte der Erhaltung oder Landespolizeibehörde bedroht iſt, beſtraft worden fib
Vermehrung des Fiſchbeſtandes oder einer vollen wirt: | und endlich Perſonen, die keinen Wohnſitz im Deu
ſchaftlichen Ausnutzung eines Gewäſſers hinderlich find ſchen Reiche haben. Ausgenommen find. die Fisch
und ein genoſſenſchaftlicher Zuſammenſchluß unaus⸗ berechtigten, dieſen muß immer ein Fiſchereiſchein
führbar erſcheint oder nicht den gleichen wirtſchaftlichen teilt werden, weil die Verſagung des. Fiſchereiſche
Erfolg in Ausſicht ſtellt, auf Antrag der Fiſcherei⸗ oft der Einziehung des. Fiſchereirechts gleichlomn
behörde oder eines Beteiligten durch Beſchluß des Be: würde. Für Ausländer kann nur ber Regierun
zirlsausſchuſſes gebildet werden. Neben dieſen ge: | präfident einen Fiſchereiſchein ausſtellen. |
meinſchaftlichen Fiſchereibezirken können, Neben dem Fiſchereiſchein muß derjenige, der
ähnlich wie nach der Jagdordnung gemeinſchaftliche einem Gewäfſſer fiſcht, in dem er nicht Fiſchereibenth
und eigene Jagdbezirke gebildet werden können, ſelb⸗ | tigter oder Fiſchereipächter ift, einen Erlaubni⸗
ſtändige Fiſchereibezirke gebildet werden, ſchein des Berechtigten oder Pächters bei ſich führen
wenn ſich ein Fiſchereirecht ununterbrochen auf min⸗ ſofern dieſer nicht zugegen iſt. Zur Erhaltung de
deſtens 2 Kilometer Länge in der ganzen Breite der Fiſchbeſtandes kann der Regierungspräfident die Zahl
Gewäſſer oder auf einen ganzen See erſtreckt. Aus⸗ der Erlaubnisſcheine, die für eine Fiſchereiftut
nahmen kann der Bezirksausſchuß dahin geſtatten, daß erteilt werben follen, feſtſetzen, die Ausſtellung aut
dem felbftändigen Fiſchereibezirk auch ſolche Gewäſſer⸗ zeitweiſe ganz verbieten oder auf beſtimmte Fischarten
ſtrecken angeſchloſſen werden, auf denen der Fiſcherei⸗ oder Fangmittel beſchränken. l
berechtigte nicht in der ganzen Breite der Gewäſſer Die Anwendung ſchädlicher oder explodie
fiſchereiberechtigt ift, und daß auch aus kürzeren Strecken render Stoffe ift verboten. Zum Shupe ber
und auch wenn das Fiſchereirecht nicht die ganze Breite Fiſche kann den Eigentümern von Turbinen bi !
des Gewäſſers oder die ganze Fläche des Sees umfaßt, | Herftellung und Unterhaltung von Vorrichtungen, .
ein ſelbſtändiger Fiſchereibezirk gebildet wird. das Eindringen der Fiſche in die Turbinen verhinden,
Fiſchereiberechtigte eines Gewäſſers, das an einen auf ihre Koſten auferlegt werden, ſoweit folde Bor |
ſelbſtändigen Fiſchereibezirk angrenzt, find verpflichtet, | richtungen mit dem Unternehmen vereinbar und vir
die Ausübung ihrer Fiſchereirechte dem Inhaber dieſes ſchaftlich gerechtfertigt ſind. |
Bezirks gegen eine Geldrente zu überlaffen, wenn fie In Ergänzung” der Beſtimmungen des Baler |
durch eigene Ausübung ihrer Fiſchereirechte ben wirt: geſetzes über die Verunreinigung der Gewal:
|
j
4
25
fer enthält das Fiſchereigeſetz eine Beſtimmung, welche
dahin lautet:
„Werden auf Grund eines nach den 88 379, 380
W. G. aufrechterhaltenen Rechtes in ein Gewäſſer
fliffige Stoffe eingeleitet, welche die Fiſcherei weſent⸗
lich beeinträchtigen, ſo können die Fiſchereiberechtigten ver⸗
langen, daß der Unternehmer der Anlage Einrichtungen
trifft, die geeignet find, die nachteiligen Wirkungen zu
beſeitigen oder zu verringern, ſoweit ſolche Einrichtungen
wirtſchaftlich gerechtfertigt ſind und den Betrieb des
Unternehmens nicht weſentlich beeinträchtigen.“
Um eine Trockenlegung eines Gewaffers, beſonders
von Mühl⸗ und Werkgräben ohne Vorwiſſen des
siihereiberechtigten zu verhindern, ſieht das Geſetz
vor, daß durch Polizeiverordnung beſtimmt werden
kann, daß Fiſchgewäſſer nur zu einer be:
ſtimmten Zeit oder bis zu einem beſtimm⸗
ten Maße abgeleitet werden dürfen, und
daß der zur Ableitung Berechtigte dem
Fiſchereiberechtigten den Beginn und die
vorausſichtliche Dauer einer, beabſichtig⸗
ten Ableitung beſtimmte Zeit vorher an⸗
zuzeigen hat.
Zum Schutze der Fiſcherei gegen fiſchereiſchäd⸗
liche Tiere darf der Fiſchereiberechtigte und der
Fiſchereipaächter, wenn er einen Fiſchereiſchein beſitzt, in
ſeinem Fiſchgewäſſer Fiſchottern und Fiſchreiher
mit den zur Jagd erlaubten Mitteln, ausgenommen
Schußwaffen, töten oder fangen und für ſich behalten.
Eines Jagdſcheines bedarf er hierzu nicht. Außerdem
fann, nach 8 67 der Jagdordnung, die Jagdpolizei⸗
behörde die Eigentümer und Pächter ſolcher zur Fiſche⸗
rei dienenden Seen und Teiche, die nicht zu einem
Eigenjagdbezirk gehören, ſelbſt wenn die Jagd auf
ihnen ruht, ermächtigen, jagdbare und nicht jagdbare
Tiere, welche der Fiſcherei Schaden zufügen, zu jeder
Zeit auf jede erlaubte Weiſe zu fangen, namentlich
auch mit Anwendung von Schußwaffen zu erlegen.
Zur Hebung der Fiſcherei können von dem Regie⸗
“Tung8prafibenten nach Anhörung der Fiſchereiberech⸗
tigten oder Fiſchpächter Gewäſſerſtrecken, die vorzugs⸗
weile den Wechſel der Fiſche beherrſchen, zu Fiſch⸗
ſchonbezirken und Gewäſſerſtrecken, die vorzugs⸗
weiſe geeignete Laichplätze für die Fiſche bieten, zu
Laichſchonbezirken erklärt werden. In erſteren
jede Art des Fiſchſanges verboten, in Laiſchſchon⸗
ezirken gilt dies nur für die Laichzeit der Fiſcharten,
t die der Schonbezirk angeordnet iſt. Damit der
echſel der Fiſche nicht behindert wird, müſſen
i der Anlage von Wehren, Schleuſen, Dämmen oder
nderen Anlagen, erforderlichen Falls Fiſchwege an:
tlegt und unterhalten werden. Die Eigentümer von
olden Anlagen, die beim Inkrafttreten des Geſetzes
1017
bereits vorhanden ſind, müſſen die Anlegung und
Unterhaltung eines Fiſchweges gegen Entſchädigung
dulden, wenn der Staat aus öffentlichen Rückſichten
oder die Fiſchereiberechtigten im oberen oder unteren
Teil des Gewäſſers ihn anlegen wollen. In den Hild:
wegen iſt jede Art Fiſchfang verboten, auch ober⸗ und
unterhalb derſelben muß für die Zeit, während welcher
ſie geöffnet ſind, der Fiſchfang in einer den örtlichen
Verhältniſſen angemeſſenen, vom Regierungspräſidenten
zu beſtimmenden Ausdehnung unterbleiben.
Fiſchereibehörden find in den Binnengewäſ⸗
ſern die Ortspolizeibehörden bezw. die Oberfiſchmeiſter,
in den Küſtengewäſſern nur die Oberfiſchmeiſter. Zur
Unterſtützung letzterer dienen Fiſchmeiſter und Fiſcherei⸗
Aufſeher.
Polizeiverordnungen auf Grund des neuen
Fiſchereigeſetzes können nur erlaſſen werden von dem
Miniſter für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten,
den Oberpräſidenten und den Regierungspräſidenten.
Der” ſpäteren Regelung durch Polizeiver-⸗
ordnungen ſind hauptſächlich folgende Gegenſtände
vorbehalten worden:
1. die Beſtimmungen Jüber die das Eindringen der
Fiſche in die Turbinen verhindernden Schutzvor⸗
richtungen;
2. die Beſtimmungen betr. Ableitung von Fiſch⸗
gewäſſern;
3. die Beſtimmungen über:
a) das Mindeſtmaß der Fiſche;
b) die Schonzeiten der Fiſche, die Verbote und
Beſchränkungen des Fiſchens während der
Schonzeiten und die Behandlung der während
der Schonzeit gefangenen Fiſche;
c) weitergehende Verbote und Beſchränkungen
hinſichtlich der Ausfegung, des Ganges und
der Verſendung von Fiſchen, ſowie hinſichtlich
der Art und Beſchaffenheit der Fanggeraͤte;
d) die aus Rückſichten auf den öffentlichen Ver⸗
kehr und die Schiffahrt ſowie zur Vermeidung
gegenſeitiger Störung der Fiſcher und zur Er⸗
leichterung der Aufſichtsführung beim Fiſchfange
zu beobachtende Ordnung;
e) die Abfiſchung von Gewäſſern;
f) die Bekaͤmpfung von Fiſchkrankheiten;
g) das Ausſetzen ausländiſcher Fiſche;
h) die Art und Zeit der Werbung von Waſſer⸗
pflanzen (Rohr, Schilf, Binſen uſw.);
i) den Schutz der Futtertiere;
k) den Schutz des Fiſchlaichs;
1) das Einlaſſen von Enten in Fiſchgewäſſer;
m) den Schutz von Fiſchteichen und Fiſchzucht⸗
anſtalten mit zugehörigen Anlagen.
Dieſe Polizeiverordnungen find von der größten
— 4
Wichtigkeit. Von ihnen wird es vor allem abhängen,
wie ſich das neue Fiſchereigeſetz bewähren wird. Ihr
Erlaß ſteht noch aus, ift aber wohl in nddfter Zeit
zu erwarten. Es wird dann über dieſelben weiter be⸗
richtet werden.
Das neue preußiſche Fiſchereigeſetz bedeutet zweifel⸗
los einen großen Fortſchritt auf dem Gebiete der
Fiſchereigeſetzgebung, wenn es auch nicht allen berech⸗
tigten Wünſchen der Fiſchereiintereſſenten gerecht ge⸗
worden iſt. Vor allem wäre es erwünſcht geweſen, wenn
die Bildung von Fiſchereibezirken nicht nur eine fakul⸗
tative, ſondern ähnlich wie bei der Jagd eine obliga=
toriſche wäre. Hierdurch wäre das Geſetz weſentlich ver⸗
einfacht worden und eine ganze Reihe ſchwieriger Fragen,
wie die Behandlung der Fiſcherei in den Mühl⸗ und
Werkgräben, die Behandlung kleiner Fiſchereiſtrecken,
die ſich nicht zu ſelbſtändiger rationeller Bewirtſchaf⸗
tung eignen u. a. m., hatten hierdurch ihre zweckmäßige
und einfachſte Löſung gefunden! Bei der Behandlung
dieſer und manch anderer Fragen iſt die Rückſicht⸗
nahme auf die Induſtrie wohl etwas zu ſehr in den
Vordergrund getreten.
Daß ein Fiſchereigeſetz nicht alle Wünſche der
Fiſchereiintereſſenten befriedigen fann, ift ſelbſtverſtänd⸗
lich. Ein ſolches Geſetz darf nicht nur auf deren
Wünſche Rückſicht nehmen, auch die Intereſſen der
Landwirtſchaſt, der Induſtrie, der Uſeranlieger müſſen
gewahrt werden. Es muß anerkannt werden, daß das
neue preußiſche Fiſchereigeſetz ernſtlich bemüht geweſen
iſt, die vielen widerſtreitenden Intereſſen der Fiſcherei,
Landwirtſchaft, Induſtrie uſw. möglichft auszugleichen.
Daß dies nicht in allen Fällen gelungen iſt, liegt in
den großen Schwierigkeiten, die hierbei zu überwinden
waren.
Wenn, wie wir zuverſichtlich hoffen, zu dieſem Ge-
ſetze als Ergänzung gute Ausführungsbeſtimmungen
und Polizeiverordnungen erlaſſen werden, dann wird
es der Fiſcherei und zugleich dem ganzen Lande ſicher⸗
lich zum Nutzen und Segen gereichen. Eberts.
—
Aus Preußen.
Das neue preußiſche HFiſchereigeſetz vom
33. Mat 9996.
Das neue Fiſchereigeſetz vom 11. Mai 1916, welches
das alte Fiſchereigeſetz vom 30. Mai 1874 und vom
30. März 1880 aufhebt, iſt allerdings noch nicht in
Kraft getreten, weil dieſer Zeitpunkt durch eine König⸗
liche Verordnung beſtimmt werden ſoll, die bis heute
noch nicht ergangen ift ($ 135 Gef. vom 11. Mai
1916). Auch die Interefſen der Jägerwelt werden
durch das Fiſchereigeſetz berührt, denn es iſt bekannt,
daß in dem alten jetzt noch weiter geltenden Geſetz den
Fiſchereiberechtigten die Befugnis eingeräumt iſt, außer
26
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den nicht jagdbaren Tauchern, auch Eisvögel, Reiher,
Kormorane und die jagdbaren Fiſchadler und
Fiſchottern ohne Anwendung von Schußwaffen
zu töten oder zu fangen und für ſich zu behalten
(§ 45 F. G.). Dieſes den Fiſchereiberechtigten gemachte
Zugeſtändnis ging recht weit und jedenfalls aus dieſem
Grunde hat das neue Geſetz gewiſſe Einſchränkungen
eintreten laſſen. j
Im § 105 ift den Fiſchereiberechtigten oder dem
Fiſchereipächter nur noch erlaubt worden, in feinem
Fiſchgewäſſer Fiſchottern und Reiher mit den
zur Jagd erlaubten Mitteln, ausgenommen
Schußwaffen, zu töten oder zu fangen und für ſich zu
behalten.
Nach den Vorſchriften der J.⸗O. vom 15. Juli
1907 mußte auch der Fiſchereiberechtigte zur Erlegung
der jagdbaren Tiere, wie z. B. Fiſchottern, einen Jagd:
ſchein haben, eine Forderung, die, wie zugegeben wer:
den muß, demjenigen gegenüber. welcher die geſetzliche
Befugnis hat, feine Intereſſen Schaden anrichtenden
jagdbaren Tieren gegenüber zu ſchützen, nicht berechtigt
iſt. Das neue Fiſchereigeſetz ſchafft nach dieſer Rid:
tung die erforderliche Abhilfe, denn es ſchreibt vor,
daß der Fiſchereiberechtigte in Ausübung der ihm er:
teilten geſetzlichen Befugniſſe eines Jagdſcheins
nicht bedarf ($ 105 Abſ. 1).
Damit ſind die Befugniſſe des Fiſchereiberechligten
aber noch nicht erſchöpft, denn wie Abfatz 2 des 9 105
weiter vorſchreibt, ſoll es, ſoweit durch Geſetze den
Fiſchereiberechtigten oder Fiſchereipächtern der Fang
jagdbarer, der Fiſcherei ſchädlicher Tiere in weiterem
Umfange geſtattet iſt, hierbei ſein Bewenden behalten.
Die Beſtimmung des § 67 der J.⸗O. vom 15. Juli
1907 ermaͤchtigt die Jagdpolizeibehörde, den Eigen:
tümern und Pächtern ſolcher zur Fiſcherei dienenden
Seen und Teiche, die nicht zu einem Eigenjagdbezirt
gehören, ſelbſt wenn die Jagd auf ihnen ruht, die
Erlaubnis zu erteilen, jagdbare und nicht jagdbare
Tiere, welche der Fiſcherei Schaden zufügen, zu jeder
Zeit auf jede erlaubte Weiſe zu fangen, nament:
lich auch mit Anwendung von Schußwaf—
fen zu erlegen. In dieſem Falle kann aber der
Jagdberechtigte verlangen, daß ihm die erlegten Tiere,
ſoweit ſie feinem Jagdrecht unterliegen, gegen das üb: |
liche Schußgeld überlaſſen werden.
Von dem § 67 der Jagdordnung kann man ef
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daß er beffer und deutlicher hätte abgefaßt werden
können, als es tatſächlich der Fall ift, denn er iſt fehr
unklar. Es iſt die Rede vom Fangen und Er |
legen von Tieren mit der Schußwaffe. Die auf
Grund dieſer Beſtimmung erlegten jagdbaren Tiere |
folen gegen Schußgeld dem Jagdberechtigten aus |
gehändigt werden. Fangen und erlegen *
verſchiedene Begriffe, denn beim fangen ift die Witr-
kung nur das in die Gewalt bekommen, während er⸗
legen das Töten des Tieres bedeute}, im vorliegen⸗
den Falle mit der Schußwaffe.
Nur die auf Grund des $ 67 erlegten Tiere
jagdbaren Charakters ſind gegen Schußgeld zu über⸗
laſſen, aber Schußgeld, wo es feſtgeſetzt iſt, wird
ſchließlich auch für Wild gezahlt, das gefangen worden
iſt, ohne daß es erlegt zu ſein braucht. Wenn aber
nur für erlegtes Wild die Ablieferung gelten ſoll,
dann würde ſie bei dieſem, wenn es gefangen und
nicht erlegt iſt, nicht beanſprucht werden können
und im Sinne des Wortlautes des 8 67 ift die Aus:
legung die nächſtliegende, daß hierfür nur mit der
Schußwaffe erlegte jagdbare Tiere in Frage
kommen. Andererſeits kann man aber auch wiederum
ſagen, daß alle jagdbaren Tiere, auch die gefangenen,
gegen Schußgeld herausgegeben werden müſſen. Nach
dem Inhalt des 8 67 iſt dieſes keineswegs ſelbſtver⸗
ſtändlich, denn es wird mit Recht auch die Auffaſſung
vertreten, daß nur die jagdbaren mit der Schuß⸗
waffe erlegten Tiere herausgegeben zu werden
brauchen.
Unklar wie dieſer Teil des § 67 ift auch der andere,
„daß der Jagdberechtigte verlangen
kann, herauszugeben, was herauszugeben iſt“.
Der § 13 der J.⸗O. gibt den Eigentümern der
zur Fiſcherei dienenden Seen und Teiche, die über
75 ha groß ſind, die Befugnis, dieſe einſchließlich der
in ihnen liegenden Inſeln, ſoweit dieſe ganz ihnen ge⸗
hören, von dem gemeinſchaftlichen Jagdbezirk auszu⸗
ſchließen, und beſtimmt zu Abſatz 4, daß für die Dauer
des Ausſchluſſes der Grundſtücke die Jagd auf ihnen
ruhen ſoll. Danach darf auf ihnen weder der Pächter
des gemeinſchaftlichen Jagdbezirks noch der Eigentümer
ſelbſt die Jagd ausüben. Wenn nun die von Fiſcherei⸗
berechtigten auf Grund des § 67 der J.⸗O. erlegten
jagdbaren Tiere dem Jagdpächter auf deſſen Ver⸗
langen auszuhändigen ſind, mit der erwähnten Aus⸗
nahme, jo handelt es ſich darum, wer im Falle
des Ruhens der Jagd der Jagdberechtigte iſt.
Dankelmann⸗Engelhard bemerken hierzu, daß dieſer
nur vorhanden iſt, wenn die Grundſtücke nicht von
dem gemeinſchaftlichen Jagdbezirk ausgeſchloſſen find.
Der § 67 J. O. findet aber in vollem Umfang
auf Seen und Teiche, die nicht zu einem Eigenjagd⸗
bezirk gehören, auch dann Anwendung, wenn die
Jagd auf ihnen ruht. Das bezieht ſich natürlich
auf die vorgeſehene Herausgabe erlegter jagdbarer
Tiere, denn es iſt keine Rede davon, daß dieſe nur
ſtattfinden ſoll, wenn die Grundſtücke zum gemein⸗
ſchaftlichen Jagdbezirk gehören. Iſt dieſes der Fall,
dann könnte der Fiſchereiberechtigte ſo wie ſo kein
27
Eigentumsrecht geltend machen, ſoweit es ihm nicht
ausdrücklich zugeſtanden iſt. Hat Ausſchluß der Seen
und Teiche aus dem gemeinſchaftlichen Jagdbezirk ſtatt⸗
gefunden, dann iſt Jagdberechtigter der Grundeigen⸗
tümer, der es ſich nicht ſelbſt herausgeben kann.
Es ift daher anzunehmen, daß als Jagdberechtigter
im Sinne des $ 67 der Pächter des gemein:
ſchaftlichen Jagdbezirks allein in Frage kommt.
Ganz zu billigen iſt das natürlich nicht, denn wenn
dieſe Seen und Teiche vom gemeinſchaftlichen Jagd⸗
bezirk ausgeſchloſſen find, fo können fie auch nicht mehr
als Teile desſelben gelten. Auf ſie entfällt keinerlei
Jagdpachtanteil, denn es wird nichts für ſie bezahlt
und deshalb müßte die Verpflichtung des Fiſcherei⸗
berechtigten, beiſpielsweiſe die mit der Schußwaffe er⸗
legten Fiſchottern unter dieſen Umſtänden herauszu⸗
geben, fallen.
Das alte Fiſchereigeſez vom 30. Mai 1874, das
ja heute noch in Kraft ſteht, hat den Fiſchereiberech⸗
tigten die Eisvögel vollſtändig preisgegeben. Unter der
Herrſchaſt des neuen Geſetzes iſt das nicht mehr der
Fall und deshalb hat der Fiſchereiberechtigte dieſen
ſchönen und ſelten gewordenen Vögeln gegenüber die
Vorſchriften des R. V. Sch. G. vom 30. Mai 1908
zu beachten. Dieſes ſetzt eine Schonzeit vom 1. März
bis zum 1. Oktober feſt, die von der Landesgeſetz⸗
gebung erweitert und auch auf das ganze Jahr aus⸗
gedehnt werden kann. Dadurch iſt natürlich der Fiſcherei⸗
berechtigte nichk in ſeinen Intereſſen geſchädigt, denn
wenn die Eisvögel der Fiſcherei wirklich Schaden zu⸗
fügen, fo gibt der § 67 der J.⸗O. die Möglichkeit
dieſen Schaden nachzüprüfen und mit den geſtatteten
Mitteln abzuwenden.
Soweit Fangmittel in Anwendung gebracht werden
dürfen, müſſen es erlaubte ſein. Hierzu gehören Eiſen
und Fallen, aber die Benutzung von Schlingen iſt all⸗
gemein verboten.
Es ſchreibt der § 13 des neuen Fiſchereigeſetzes vor,
daß der in einem Gewäſſer zur Fiſcherei Berechtigte
und mit deſſen Ermächtigung der Fiſchereipächter die
an das Waſſer angrenzenden Ufer, Inſeln, Anlan⸗
dungen ... jo weit betreten darf, als es die Ausübung
ſeines Fiſchereirechts erfordert. Nach Abſatz 4 erſtreckt
ſich dieſes Recht aber nicht z. B. auf Forſtkulturen,
beſtellte Aecker und dauernd vollſtändig eingefriedigte
Grundſtücke.
Soweit der Fiſchereiberechtigte außerhalb ſeines
Fiſchwaſſers ſein Fiſchereirecht ausüben darf, muß ihm
auch die Befugnis zuſtehen, von hier aus Ottern und
Reiher, ſo wie es ihm das Fiſchereigeſetz geſtattet, zu
töten und zu fangen. Anders verhält es ſich natür⸗
lich, wenn die Jagdpolizeibehörde auf Grund der Jagd⸗
crbnung die Erlaubnis erteilt hat, jagdbare und nicht
4*
jagdbare Tiere, welche der Fiſcherei Schaden zufügen,
zu erlegen, denn in dieſem Falle darf die Schußwaffe
nur ſoweit verwendet werden, wie die Waſſerfläche reicht.
Eine weſentliche Aenderung hat das neue Fiſcherei⸗
geſetz gebracht.
In Abſatz 2 § 45 des Fiſchereigeſetzes vom 30. Mai
1874 heißt es:
„Wenn in einzelnen Landesteilen durch die be⸗
ſtehende Geſetzgebung dem Fiſchereiberechtigten der
Fang jagdbarer, der Fiſcherei ſchädlicher Tiere in
weiterem Umfange geſtattet ift, (namlich über Mb-
ſatz 1 hinaus. Der Verf.), behält es dabei ſein Be⸗
wenden.“
In § 132 bleiben die auf Staatsverträgen be⸗
ruhenden beſonderen Vorſchriften über die Fiſcherei
aufrecht erhalten und ſchließlich ſetzt der § 133, ab⸗
geſehen von den in 8 132 bezeichneten Vorſchriften alle
dieſem Geſetz entgegenſtehenden Beſtimmungen des bis⸗
herigen Rechtes außer Kraft.
—
28
Der § 67 J.⸗O. geht über den „Fang“ hinaus
und geftattete die Anwendung der Schußwaffe,
wie oben dargetan iſt.
Abſatz 2 des § 105 des Geſetzes vom 11. Mai
1916 beſtimmt:
„Soweit durch Geſetze den Fiſchereiberechtigten
oder Fiſchereipaͤchtern der Fang jagdbarer, der
Fiſcherei ſchädlicher Tiere in weiterem Umfange ge⸗
ſtattet iſt (wie in Abſatz 1 feſtgeſetzt. D. Verf.), bleibt
es dabei.“
Auf Grund des $ 133 find aber anderweitige Be⸗
ſtimmungen aufgehoben.
Unter dieſen Umſtänden fällt ſpäter für den Fiſcherei⸗
berechtigten die Möglichkeit fort, irgend welche Schaden
anrichtenden Tiere mit behördlicher Erlaubnis unter
Anwendung der Schußwaffe zu erlegen.
Baltz.
Notizen.
A. Wildverſorgung der großen Städte.
Wie uns im Auſtrag des hohen Prafidiums des allge
meinen Deutſchen Jagdſchutzvereins mitgeteilt wird,
haben zur Erreichung des in der Ueberſchrift angedeuteten
Zwecks zwiſchen dieſem Vereine und dem Deutſchen Wild⸗
und Geflügelhändler⸗ Verband Beratungen ſtatt⸗
geſunden, die zur Gründung einer „Reichsgeſellſchaft
m. b. H. zur Wildverſorgung der Deutſchen Städte“
geführt baren. Den Jägern wird empfohlen, Wildbret an
Wildhandelefirmen, welche Mitglieder dieſer Geſellſchaft find,
zu verſenden. Nähere Auskunft erteilt:
1. Der allg. Deutſche Jagdſchutzverein, Berlin W. 50,
Geisbergſtraße 25/26.
2. Der Deutſche Wiid: und Geflügelhändler verband E. V.
Berlin SW. 68, Neuenburgerſtraße 34.
8. Die Reichsgeſellſchaſt uſw. Berlin NW. 6, Schiffbauer⸗
damm 19.
4. Juſtizrat und Notar Eſchenbach, Berlin SW. 48, Ende
platz 81.
i D. Red.
Patung einer Jagd durch einen Belgier. Muß
der Pächter trotz Unmöglichkeit perſönlicher Jagd⸗
audübung den Packtzins zahlen?
Ein Belgier hatte vor Kriegsausbruch mit einer deutſchen
Gemeinde einen Jagdpachtvertrag geſchloſſen, demzufolge er
den Pachtzins in Jahresraten im Voraus zu zahlen hatte.
Nach Kriegsbeginn wurde durch das zuſtändige Generalkom⸗
mando der Abſchluß von Jagdpachtverträgen mit Ausländern
und die Jagdausübung durch ſolche verboten, und infolgedeſſen
ordnete die Zivilverwaltungsbehörde zur Vermeidung von Wild.
ſchaden den Wildabſchuß auf der fraglichen Gemeindejagd durch
den deutſchen Jagdauſſeher des belgiſchen Pächter und vor:
läufige Hinterlegung des Erlöſes an.
Der Pächter verweigerte nun die Vorauszahlung des Pa ft:
zinfe®, wurde aber ſowohl vom Landgericht wie auch vom
Oberlandesgericht Karlsruhe dazu verurteilt. — Das Verbot
des Generalkommandos ſtellt lediglich einen in der Perſon
des Pächters liegenden Grund für die Unmöglichkeit der Jagd⸗
ausübung dar, ſo führte das Oberlandesgericht aus. Der
Pachtvertrag, in dem der Beklagte für den Fall des Eintritts
ſeiner Jagdunfähigkeit infolge etwaiger Verweigerung des
Jagdſcheins ausdrücklich das Fortbeſtehen des Anſpruchs der
Gemeinde auf den Pachtzins anerkennt, tft nach 8 157 BER.
dahin auszulegen, daß der Pächter für alle Fälle des Er⸗
löſchens feiner Jagdberechtigung aus einem in feiner Ans
ländereigenſchaft liegenden Grunde die Gefahr der Fortzahlung
des Pachtzinſes für die ganze Vertragsdauer auf ſich genommen
hat. Er kann ſich daher jetzt nicht darauf berufen, daß es ihm
lediglich um den perſönlichen Jagdgenuß zu tun geweſen ſei.
— Demgewäß war er zur Vorauszahlung des Pachtzinſes zu
verurteilen. (Oberlandesger. Karlsruhe, Z. I. B. R. 183/15,
8. 3. 16.) — (Nachdruck verboten).
A. Radloff, Gerichts⸗ und Verwaltungs⸗
Korreſpondenz, Steglitz⸗ Berlin.
Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Berſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer,
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländer s Verlag
Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a N. — 6 Ottos Hofbuchdruckerei in Darmſtadt.
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Aufſatz Baader „Vom franzöſiſchen Mittelwald“
Allg. Forſt⸗ und Jagd⸗Zeitung. 93. Jahrgang. Januar 1917
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Aufſat Baader „Vom franzöſiſchen Mittelwald“
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fort- und Jagd⸗Zeitung.
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E | Berausgegeben
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von
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Dr. Karl Wimmenauer, und Dr. heinrich Weber,
Geh. Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft
| l l an ber Univerſität Gießen. |
|
Dreiundneunzigfter Jahrgang.
| | 1917. Februar.
|
Frankfurt am Main.
J. D. Sauerländer“ s Verlag.
BP” Die Allgemeine Forf- und Bagd-Beilung erſcheint regelmäßig jeden Monat und
wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗
lungen und Poſtanſtalten.
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Hllgsmeine
Februar 1917.
Münſterländer Eichenwirtſchaft.
Von Dr. Herwig, Forſtaſſeſſor, Meppen a. d. Ems.
Einem jeden Forſtmann, den ſeine Reiſe über
Münſter in Weſtfalen hinausführte, find wohl unter-
wegs die zahlreich im Gelände zerſtreut liegenden Eichen:
beſtände aufgefallen, welche, nach Größe, Alter und
Lage verſchieden, in Verbindung mit Ackerland und
großen Weideflächen ein gerade nicht großartiges, aber
doch außerordentlich liebliches Landſchaftsbild vor den
Augen des Reiſenden entſtehen laſſen.
Welch ein Eldorado für das Niederwild und im
beſonderen für die Faſanen, denkt dabei unwillkürlich
jeder Weidmann und ich kann es ihm heilig verſichern,
mit vollem Rechte.
Büſche nennt der Münſterländer feine Eichenbeſtände,
denn wenn fie auch, was Höhen⸗ und Stärkezuwachs
.. ft, ganz Erkleckliches leiſten, jo ift die Flåden-
größe des Einzelbeſtandes meiſtens ſo gering, daß er
2 ur
den Namen Wald nicht recht verdient. Die Zahl der
Einzelbeſtände ift dafür um jo größer, da junddft
einmal jeder nach weſtfäliſcher Sitte einzeln liegende
Gutshof ſeinen Buſch direkt am Hofe liegen hat, um
dieſen vor Wind und Wetter zu ſchützen und ihm bei
geſchloſſener Hauswirtſchaft das nötige Werk und Bau⸗
holz zu liefern.
Größere Waldkomplexe findet man ſchon bei herr⸗
ſchaftlichem Beſitz und bei dem im Münſterland noch
zahlreich vertretenen bäuerlichen Großgrundbeſitz. In
Zuſammenhang auf größere Strecken liegen aber auch
dieſe nur ſelten, ſondern Acker⸗ und Weideland liegen
trennend dazwiſchen. Abſoluten Waldboden gibt es
eben auf den von lehmigem Sand bis ſchwerem Mer⸗
gellehm wechſelnden Böden des Münſterlandes überhaupt
nicht, da ſich faſt jeder Waldboden bei ebener Lage
ebenſogut zu Acker⸗ oder Weideboden eignet. Als
Ideal für den Münſterländer kann es gelten, wenn,
und das ift dort ſehr oft der Fall, fein eigener Bufd
und ſein eigenes Feld die Größe eines eigenen Jagd⸗
bezirkes ausmachen.
Was dem Forſtmann im Münſterland aber merk⸗
würdig erſcheinen muß, iſt die Einſeitigkeit der dortigen
Eichenwirtſchaft. Gewiß, der Boden des Münſter⸗
1917
landes — von den leichten Sandböden, welche der
Kieferngrubenholzwirtſchaft vorbehalten bleiben, iſt hier
nicht die Rede — eignet ſich für den Anbau der Eiche
vorzüglich. Eſche, Schwarzpappel, die Buche beſonders
auf Mergellehm und ſtellenweiſe auch die Fichte ge⸗
deihen darauf aber doch auch ganz vorzüglich, oft weit
beſſer noch als die Eiche, und dennoch iſt es eine Selten⸗
heit, wenn man einmal einen Horſt oder gar einen
Beſtand dieſer Holzarten zu Geſicht bekommt.
Die Einſeitigkeit der Wirtſchaft hat ſich wie ſtets,
auch hier bitter gerächt. Das Münſterland iſt das
klaſſiſche Land des Eichenwicklerfraßes und des Mehl⸗
taues geworden. Ich darf hier auf eine f. Zt. in
dieſer Zeitſchrift erſchienene Abhandlung verweiſen, in
welcher ich an Hand zahlreicher Zuwachsunterſuchungen
den hierdurch entſtandenen Zuwachsverluſt der letzten
10 Jahre auf 28% berechnet habe.“)
Ein Bekämpfungsmittel dieſer ſtets wiederkehrenden
Kalamität kann ich nach wie vor nur darin erblicken,
daß mit der einſeitigen Eichenwirtſchaft gebrochen und
die Begründung von Laubholzmiſchbeſtänden als erſter
forſtlicher Grundſatz für das Münſterland aufgeftellt
wird. Miſchbeſtände werden bekanntlich weniger ſtark
befallen, und ſelbſt dann würde ſich der Zuwachsver⸗
luſt doch nur an der Hälfte der Beſtandesmaſſe be⸗
merkbar machen, wenn als beſtes Miſchungsverhältnis
etwa folgendes gewählt würde: Eiche 0,5, Eſche 0,3,
Buche 0,2. Die Rentabilität der Wirtſchaft würde
durch Begründung von Mifchbeftänden nicht fallen,
ſondern ſteigen, einmal durch Wegfall oder doch Ver⸗
ringerung des Zuwachsverluſtes bei fortgeſetztem Wickler⸗
fraß und zum anderen durch Beimiſchung der hoch⸗
wertigen Eſche, für welche, wenn fie in größeren Mengen
zum Verkauf angeboten wird, nicht nur wie jetzt in
Kriegszeiten horrende Preiſe — für beſte Ware wurden
bis 350 Mk. pro Feſtmeter gelöft — ſondern auch in
Friedenszeiten ſolche erzielt werden, welche mit 40 bis
80 Mk. für Blockware und 15 — 20 Mk. für ſchwachere
Rundhölzer die der Eiche oft weſentlich überſteigen.
Das Zuwachsprozent der Eſche ift ferner nach meinen
1) Der Eichenwicklerfraß in Weſtfalen von Dr. Herwig
Allg. F. u. J.⸗Z., Sept.⸗Heft 1913.
5
früheren Zuwachzunterſuchungen ein gleich hohes, öfters
aber noch ein höheres als das der Eiche. Die Be⸗
gründung von Miſchbeſtänden bietet den weiteren
Vorteil, daß ſie im Abtriebsalter eine natürliche Ver⸗
jüngung des Beſtandes und damit eine erhöhte Ren⸗
tabilität ermöglicht. Ich habe freilich in Weſtfalen
auch reine Eichennaturverjüngungen geſehen, die ihres⸗
gleichen ſuchen, doch ſind die Vollmaſtjahre zu ſelten
infolge des Wicklerfraßes, welcher die zur Samen⸗
produktion notwendige Anſammlung überſchüſſiger Re⸗
ſerveſtoffe unmöglicht macht, als daß die Verjüngung
reiner Eichenbeſtände nicht nach wie vor eine glückliche
Ausnahme bilden würde.
Stehen dagegen in Altholzbeſtänden, wie man dies
wohl öfters findet, auch nur einige Eichen, dann ift
eine teilweiſe Naturverjüngung in dieſer Holzart ſtets
möglich und anzuſtreben. An Stellen, welche der Eſche
beſonders zuſagen, wächſt ſie wie Unkraut und der Forſt⸗
mann hat dann nur darauf zu achten, daß ſie die bei⸗
gemiſchten anderen Holzarten, wie Eiche und Buche,
nicht gänzlich verdrängt. Eine Vorverjüngung von
Eiche und Buche iſt deshalb zweckmäßig. Unbegreif⸗
lich aber bleibt es, daß man dieſen Fingerzeig der
Natur einer leichten Verjüngung der Eſche nicht früher
erkannt und ausgenutzt hat, fondern im Gegenteil die
Eſche als forſtliches Unkraut ſtets aus den Kulturen
zu beſeitigen ſich beſtrebte. Die Eſche iſt vielmehr für
das Münſterland der Baum der Zukunft und ihr An⸗
bau durch gruppen⸗ und horſtweiſe Beimiſchung zu⸗
ſammen mit Buche, Laͤrche und Kiefer je nach der
Schwere und dem Feuchtigkeitsgehalt des betreffenden
Bodens iſt zu fördern, wo immer es nur möglich iſt.
Die Fehlſtellen in den Kulturen wird man deshalb
künftig auch nicht mit Eiche, ſondern, wie dies in
großen Betrieben des öfteren ſchon geſchieht, vornehm⸗
lich mit Eſchenhalbheiſtern auspflanzen. Daß natür⸗
lich in den jüngeren Beſtänden einer natürlichen Nei⸗
gung der Eſche zum Zwieſelwuchs durch Beſchneiden
und in den älteren Beſtänden durch Aushieb etwa
ſtehengebliebener Zwieſel entgegengearbeitet werden muß,
iſt ſelbſtverſtändlich.
Die Eſche eignet ſich ſchließlich vorzüglich zum Aus⸗
pflanzen der durch den Wicklerfraß und den ſekundär
auftretenden Mehltau entſtandenen Beſtandeslücken.
Wenn dann auch in älterem Holz die Löcher etwas
erweitert werden müſſen, um einen lebensfähigen Eſchen⸗
horſt darauf zu begründen, dann verſchlägt dies gar⸗
nichts; der Boden wird voll ausgenutzt und die Eſche
hat bei Abtrieb des Hauptbeſtandes bei ihrem ſchnellen
Beſtandes alter
Nettopreis pro geſtmeter gwiſchennutzung:
30
Wachstum meiſt ſchon Nutzholzſtärke erreicht und trägt
bei frühzeitiger Pubertät zur teilweiſen Naturverjüngung
des Beſtandes bei.
Da ich die durch den Wicklerfraß hervorgerufenen
Beſtandeslücken erwähnte, will ich nicht verſehlen, noch
auf einen Punkt aufmerkſam zu machen, nämlich auf
den für die dortigen reinen Eichenbeſtände zu wählen⸗
den Grad der Durchforſtungen, welche m. E. vieler⸗
orts viel zu ſtark gegriffen werden. Die Eiche leidet
zwar im Münſterland nirgends an kalten Füßen, da
allenthalben ein wildes Unterholz von Haſel, Hain⸗
buche, Faulbaum raſch und reichlich für einen bedeckten
Fuß Sorge trägt und aufs beſte den künſtlichen und
teuren Unterbau erfegt.
An und für ſich ſtünde alſo einer jedesmaligen
kräftigen Durchforſtung zwecks Erziehung der Eiche im
Lichtwuchsbetrieb nichts entgegen, wenn eben der Wickler.
fraß nicht immer wieder auftreten würde. Tritt auch
wirklich einmal ein großes Sterben ein, wiederkehren
tut der Wickler doch und der Mehltau bleibt auch.
Kleinere und größere Beſtandeslücken ſind die Folge.
In Zeiten der Fraßruhe würde ich deshalb emp:
fehlen, die Durchſorſtungen bis etwa zum 75 Jahre
nur auf das Notwendigſte zu beſchränken, da die Be
ſtände durch die während der ganzen Lebensdauer dez
Beſtandes ſich öfter wiederholenden Fraßſchäden all:
mählich jo ſtark gelichtet werden, als es für einen in
tenſiven Lichtungsbetrieb der Eiche nur immer erwünſcht
erſcheint. Auf dieſe Weiſe dürfte ein Grad der Durch⸗
forſtungen erreicht werden, welcher zwiſchen den im
Forſt⸗ und Jagdkalender von Dr. Wimmenauer und
Dr. Schwappach angegebenen Durchforſtungsſatzen et-
wa die Mitte hält. Zu beachten iſt dabei, daß bei
Bonitierung der Beſtände nach der Beftandesmittel:
höhe die II. Ertragsklaſſe nach Wimmenauer der I Er:
tragsklaſſe von Schwappach entſpricht.
Da Zahlen ſtets eine größere Beweiskraft inne
wohnt als Worten, ſo füge ich zum Schluß noch eine
Rentabilitätsberechnung an durch Berechnung des Be
einmal für reine Eichenbeſtände und zum andern fit
Miſchbeſtände. Als Preiſe lege ich die Friedenspreiſe,
welche in einer Münſterländer Oberförſterei bei Ab:
trieben und Durchforſtungen pro Feſtmeter Derbholz
als Durchſchnitt der letzten Jahre erzielt wurden, zu
Grunde. Reiſerholz und Stockholz bleiben als mei
unverwertbar außer Betracht. Es berechnet ſich ſomit
bei Unterſtellung eines Zinsfußes von 2,5% ber Be
für Eiche nach der bekannten Fauftmann ſchen Formel
wie folgt:
30 40 50 60 70 80 90 100 110
7 8 11 14 16 18 20 22 25
——5— — — —— ———— — | m — —
31
II. Extragsklaſſe
nach Wimmenauer
Da & 1, op- +... 13 532
Au = (35 Mk. pro fm) 18 270
81 802
c = 425 x 1,025 129 V — 8228
r:= 28574
1
r I. op*—1 = 1 272
6
Nee 0,025 rai Hage
Be rund 1000
(bei 3% 400
Bei der für den Durchſchnitt geführten Berechnung
zeigt es ſich alſo, daß die Summe der prolongierten
Durchforſtungserträge ungefähr dem Abtriebsertrag
gleich zu ſetzen tft, während der Nachwert der Kultur:
loten etwa die Hälfte des Abtriebsertrages verzehrt.
Stellt man ferner den während der ganzen Lebens⸗
dauer des Beſtandes öfters eintretenden Zuwachsver⸗
luſt infolge des Wicklerfraßes in Rechnung, dann er⸗
niedrigt fih der für reine Eichenbeftände bei 2,5% |
I. Ertraasklaſſe
nach Schwappach im Durchſchnitt
22 835 18 183
16 170 17 220
39 005 35 4083
— 8228 — 8228
30 777 27175
1661 1 467
— 240 — 240
1 400 1 200
700 550)
mit 1200 Mk. berechnete Be auf durchſchnittlich
1000 Mk.
Bei der nun folgenden Berechnung von Be für
Miſchbeſtände ſetze ich für Eſche, für welche bis jetzt
keine genaueren Ertragsunterſuchungen vorliegen, die⸗
ſelben Abtriebserträge wie für Buche ein, da fie dieſer
Holzart in ihren Wuchsleiſtungen wohl am naͤchſten
ſtehen bürfte:
Miſchunge verhältnis Maſſe Preis
fm Mk.
Eiche 0,5 246 * 35 = 8 610
Eſche 0,3 180 * 42 = 7 560
Buche 0,2 120 * 20 = 2 400
Au 546 18 570
Sa Da bleibt bdiefelbe, da fih die höheren — und
niederen Budenpreife ausgleichen . + 18183
36 753
c x 1, op" bleibt = . — 8228
28 525
1
r 102515 — 1 m
= — 240
Be = 1300 ME.
Bei der Erziehung von Miſchbeſtänden fteigt alfo | 2,50/0, bei Erziehung von Miſchbeſtänden dagegen
Be bei gleich hohen Kulturkoſten allein infolge der
höheren Maſſen⸗ und Gelderträge um 100 Mk. Nimmt
an nun an, daß fih die Miſchbeſtände jpater teil:
eiſe natürlich verjüngen laſſen, ſo daß dadurch die
Rulturkoſten auf etwa 150 Mk., ermäßigt würden,
Dann wächſt bei 2,5% Verzinſung der Be für Miſch⸗
Deftdnde fogar auf rund 1600 Mk.; oder richtiger ge⸗
gt, es verzinſt ſich der Boden, welcher in feiner Güte
derſelbe bleibt, einerlei, ob darauf reine Eichen⸗
eſtände oder Laubholzmiſchbeſtände erzogen werden,
ei Unterſtellung eines gemeinſamen Bodenwertes von
000 Mk. pro Hektar bei reiner Eichenwirtſchaft mit
ä— —
mit 3%.
Dieſe Zahlen und der Umſtand, daß durch die
künftige Erziehung von Laubholzmiſchbeſtänden die
Wicklergefahr im Münſterland herabgemindert und
allmählig wohl ganz beſeitigt werden kann, dürften
wohl genügen, um den Uebergang von reiner Eichen⸗
wirtſchaft zu dieſer Betriebsart als gerechtfertigt und
wünſchenswert erſcheinen zu laſſen. Daß Laubholz⸗
miſchbeſtände gleichzeitig zur Hebung des Landſchafts⸗
bildes beitragen würden, ſoll nur nebenbei geſagt ſein
Sehr zu wünſchen wäre es, wenn demnächſt von einer
der forſtlichen Verſuchsanſtalten eine allgemeine Ertrags⸗
5 *
tafel auch für die Eiche herausgegeben würde!), da die
zu erwartenden hohen Haupt⸗ und Zwiſchennutzungs⸗
ertraͤge und das damit verbundene hohe Zuwachs⸗ und
Verzinſungsprozent wohl am eheſten zu einem aus⸗
gedehnten Anbau dieſer Holzart auf den ihrem Wuchs
ſo außerordentlich günſtigen Böden des Münſterlandes
führen würden.
A
Markgenoſſenſchaften und Waldeigenlum im
Lichte neuerer Torſchungen.
Pon Profeffor Dr. H. Hausrath.
Die bisher herrſchende Anſchauung geht dahin, daß
der Wald in der germaniſchen Urzeit Gemeineigentum
des Volkes war und nach Entſtehung der Siedelungen
im Eigentum freier Markgenoſſenſchaften ſtand, ſoweit
er im Bereich der Nutzungsmöglichkeiten lag. Maurer
und ſeine Schule?) bezeichnen die ältere Markgenoſſen⸗
ſchaft ausdrücklich als die „freie“ im Gegenſatz zur
grundherrlichen Hofgenoſſenſchaft, die von ihnen als viel
jünger angeſehen wird. Wohl haben auch ſie erkannt,
daß zur Zeit der Aufzeichnung der Weistümer die
freie Mark mit wenigen Ausnahmen verſchwunden
war, ja man ſah vielfach in den Weistümern Ver⸗
ſuche der Märker, ſich gegen die immer wachſenden
Anſprüche der Grund⸗ und Landesherren zu wehren.
Aber i. a. gibt, was Giercke in ſeiner Rechtsge⸗
ſchichte der deutſchen Genoſſenſchaft ſagt, daß zur Zeit
der Karolinger in Deutſchland „alte vollfreie Bauer⸗
und Dorfgenoſſenſchaften noch die eigentliche Grund⸗
lage der Verfaſſung“ waren, die damals ſchon be⸗
gonnene Zerſetzung durch die Grundherrſchaften aber
in wenigen Jahrhunderten vollendet war, den Stand⸗
punkt wieder, auf dem die maßgebenden Rechtsgelehrten
und ihnen folgend unſere Forſthiſtoriker in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts ftanden.?) Auch nach
) Die forſtliche Verſuchsſtation für das Großherzogtum
Geffen ift zur Zeit mit der Anlage und Aufnahme von Ere
tragsverſuchsflächen in Eſchenbeſtänden beſchäftigt.
Dabei hat ſich bis jetzt herausgeſtellt, daß die Eſche im Höhen⸗
wuchs bis etwa zum 50. oder 60. Jahre nicht nur der Buche,
ſondern auch der Eiche überlegen ift, fpäter aber (mit etwa
100 Jahren) hinter beiden, namentlich hinter der Buche zurück⸗
bleibt. Die Stammgrundfläche des Hauptbeſtandes ſteht
häufig zwiſchen den Zahlen, welche für geſchloſſene und ge⸗
lichtete (reſp. ſtark burchforitete) Beſtände beider anderen Holz⸗
arten gelten. Wr.
) G. L. v. Maurer: Geſchichte der Markenverfaſſung in
Deutſchland, Erlangen 1856 und Einleitung zur Geſchichte der
Mark, Hof, Dorf und Stadtverfaſſung, München 1854.
9 Giercke: Das deutſche Genoſſenſchaftsrecht 1 1868. 8 8.
Lamprecht: Deutſches Wirtſchaftsleben im Mittelalter 1885 6.
Heußler, A.: Inſtitutionen des deutſchen Privatrechts 1885;
R. Schröder, Lehrbuch der deutſchen Rechtsgeſchichte IV. Aufl.
1902; A. Bernhardt, Geſchichte des Waldeigentums uſw., Ber⸗
32
Schwappach fällt der Untergang der freien M
genoſſenſchaften in der Hauptſache in die Karolin
eit.
i Fuſtel de Eoulange!) hat zuerft die Richtigkeit di-
ganzen Lehre angefochten. Auf Grund der Anga
von Cäſar und der anderen Quellenſchriftſteller, ng
allen Dingen aber fih ſtützend auf die Zuſtände W
weſtfränkiſchen Reiches beſtreitet er, daß bis zum Gd |
der Karolingerzeit überhaupt Belege für das Beteg
von Markgenoſſenſchaften zu finden feien. Ewa
werde gemeinſamer Beſitz von Wald und Weide, ab
dies waren rein privatrechtliche Verbände, wie fe of -
Erbſchaft noch heute entſtehen. Zudem tragen `
Marken wie die Dörfer Gallien’ meiſt den Nun
ihrer Eigentümer, fie find daher nach Coulonge |:
von den Franken übernommenen „saltus“ der ga
romaniſchen Grundherrſchaft, die angeblichen Nag
genoſſenſchaften find als vom Grundherren abhäng
Nutzungsverbände anzuſehen. |
In noch ſchrofferer Form ſprach 1907 Hildebrand
dieſen Gedanken aus: „Man hat als res commug .
behandelt, was noch res nullius war, für Geil :
eigentum, was noch ungeteiltes Miteigentum, ME:
Eigentumsrecht der Bauern, was nur Nukmair
am grundherrlichen Boden, für Eigentumsrecht de Tor
gemeinde, was nur adminiſtrative Befugnis war, entipat
gen der ſolidariſchen Haftbarkeit für die Grundsteuer
Erhöhte Bedeutung erhielten diefe Lehren du
ihr Zuſammentreffen mit einem Angriff gez
eine andere Grundanſchauung unſerer Rechts u
Wirtſchaftsgeſchichte, nach der bei den alten Des
ſchen freie Bauern die Hauptmaſſe des Vol
bildeten, während die Zahl der Adeligen und Hing
ganz unbedeutend war. Erſt ſeit der Karolinger
jet eine weſentliche Verſchiebung durch den mare
haften Uebertritt kleiner bäuerlicher Freier in Schr
und Abhängigkeitsverhältniſſe eingetreten und im u
teren Verlauf des Mittelalters die freien Bauern ganz dg
ſchwunden. Zunächſt ſuchte Hecks) hauptſächlich aus!
Wehrgeldverhältniſſen der lex Frisionum zu ewei
daß die frieſiſchen Edelinge den fränkiſchen Bole
entſprechen und daß unter ihnen eine größere Ane
von Hörigen und Freigelaſſenen — frilinge i
lin 1872. Roth, Geſchichte des Forſt⸗ und Jagbivefens, te
lin 1879. Schwappach, A., Handbuch der Forf» and Ja
geſchichte, Berlin 1886 und Handbuch der Forfttwlffenidett 19"
Band IV.
1) Revue des questions historiques 1889. Fuste d.
Coulanges: Le probleme des origines de la prop“
foncière. Ne
) Hildebrand, R.: Recht und Sitte auf den prinia
wirtſchaftlichen Kulturſtufen. 2. Aufl. Jena 1897.
9 Heck: Altfrieſiſche Gerichtsverfaſſung. Weimar 19
Beiträge zur Geſchichte der Stände im Mittelalter J ud
Halle 1900/5, i
liten — ſtanden. Auch für Sachſen und Thüringer
hielt er dieſe Auffaſſung für richtig. Nach feinen weiteren
Arbeiten waren aber auch dieſe nobiles überwiegend
Bauern, nicht Grundherren. Dagegen zeigte 1896 Wittich!)
daß in dem Sachſen der ottoniſchen Zeit die Grund⸗
herrſchaft ſchon voll ausgebildet war, und beſtritt, daß
damals oder in karolingiſcher Zeit ein Stand freier
Ackerbauer als Kern des Volkes irgendwie bezeugt fei
der daß wir Urkunden für die von der herrſchenden
Lehre angenommenen „maſſenhaften Ergebungen“ in
die Hörigkeit befäßen. So kam er rückſchließend zu
dem Satz „Der freie Deutſche zu Tacitus Zeit war
ein Grundherr, der von den Abgaben feiner Hörigen
lebte. Er ift der ſächſiſche Edeling“. Die Liten im
ſüͤdöſtlichen Sachſen der Karolingerzeit feien aus den
unterworfenen Thüringern entſtanden und die frän⸗
liche Eroberung habe die Gegenſaͤtze noch verſchärft,
indem Karl d. Gr. die Edelinge durch Vorrechte an
ſich zu feſſeln ſuchte, die er ihnen auf Koſten der
großen Maſſe verlieh, während er die Lage der Fri⸗
linge und Liten durch Auflage von Zehnten und
Heeresdienſt verſchlechterte. Seine maſſenhaften Ver⸗
pflanzungen trafen in erſter Linie dieſe Klaſſen. Die
ſo entſtandene Mißſtimmung benutzte Lothar 841 zur
Entflammung des Stellingaufſtandes, den Ludwig der
Deutſche niederwarf, wodurch das Schickſal der fac:
ſiſchen Bauern befiegelt war. Auch bei den übrigen
Stämmen hält Wittich eine ſolche Verfaſſung für die
urſprüngliche, ihm ſchloß ſich in allen weſentlichen
Punkten fein Lehrer Knapp an,?) der als das Haupt
der ganzen Schule angeſehen werden darf, weiter Gut⸗
mann für Bayern. Aus ſprachgeſchichtlichen Gründen
vertrat Kauffmann?) einen ähnlichen Standpunkt. Die
Hufenanteile gehörten in der Urzeit der Hausgemein⸗
ſchaft. Dieſe war nach K. der wichtigſte herrſchaft⸗
liche Verband. Der Hausvater leitete ihn unum⸗
'hräntt. Aus dem abhängigen Hufner dieſer Haus:
gemeinſchaften — colonus ahd kapuro — gingen die
Bauern hervor, die ja daher den Namen haben.
Mancher von ihnen hat ſpäter die Freiheit zu er⸗
ringen gewußt und insbeſondere find bei der Bolter:
wanderung viele Nachkommen alter Bauern den alt⸗
freien Sippenmitgliedern gleichgeſtellt worden.
War wirklich die Gliederung des Volkes eine der⸗
artige, daß nicht die Freien die Hauptmaſſe bildeten,
verfügten ſchon in taciteiſcher Zeit grundherrliche Ver⸗
bande über das Land, fo verliert die Annahme der
1) Wittich: Die Grundherrſchaft in Nordweſtdeuſchland,
Leip zig 1896 und Zſcht. für Rechtsgeſchichte. Germ. Abt. Band
XIII. 1901.
2) Knapp, G. F.: Grundherrſchaft und Rittergut, Leipzig
1897. Gutmann: Die ſoc. Gliederung d. Bayern. Straßburg 1906.
) Wörter und Sachen 1910, p. 9 ff. Fr. Kauffmann:
Altdeutſche Genoſſenſchaften.
88
alten freien Markengenoſſenſchaften den Boden. Auch
wir milfjen daher ihre Berechtigung prüfen.
Zunächſt ſind die Heck'ſchen Ausführungen über
die Wehrgeldſätze bei Frieſen, Sachſen und Franken
von Brunner und von Winogradoff einer eingehenden
Nachprüfung unterzogen worden, die ergab, daß die
Unterſchiede in der Hauptſache aus der Verſchiedenheit
der Gold- und Silberwährung zu erklaren find. Beide
Autoren lehnen daher die Gleichſetzung der frieſiſchen
und ſächſiſchen Edelinge mit dem fränkiſchen Vollfreien
ab und ihnen ſchloß ſich R. Schröder auf Grund der
erneuten Prüfung der alten Volksrechte an. Die
ſächſiſchen Frilinge waren echte Vollfreie, die zwar
manchmal aber durchaus nicht immer von den Ede⸗
lingen in einer gewiſſen Abhängigkeit ftanden. ’)
Bei Beurteilung der Zuſtände in Deutſchland zu
Cäſars Zeit muß, wie M. Weber überzeugend dar⸗
gelegt hat, ſcharf auseinander gehalten werden, was
Cäſar von den auf einer vieljährigen Kriegsfahrt be-
griffenen Sueben des Arioviſt und was er von den
übrigen deutſchen Stämmen ſagt. Denn nur von
jenen gilt „minime omnes agriculturae student“.
Tacitus aber ſchildert uns den Germanen als richtigen
Bauern, der freilich die Feldarbeit gern der Frau und
dem Gefinde überläßt, nur die Führung des Pfluges
übernimmt, ſoweit ihm dafür nicht Söhne oder Ges
finde zur Verfügung ſtehen.?) Das iſt ja auch heute
noch die Arbeit, bei der der Großbauer am erſten mit
zugreift, und daß hier eine uralte Ueberlieferung vor⸗
liegt, hat Brunner durch den Hinweis auf die Worte
der Rigſpula aufgedeckt: „Da zähmte er Stiere, fer⸗
tigte einen Pflug, zimmerte das Haus, baute Scheuren,
machte Karren und führte den Pflug“.
Auch Kötzſchke ) wendet fih ſcharf gegen die Ver⸗
allgemeinerung der Worte „ipsi hebent, ament iner-
tiam oderint quietem*, die Tacitus nur auf das
Gefolge der Großen gemünzt habe. Tie Vollfreien,
d. h. die Hauptmaſſe des Volkes, lagen ſelbſt dem
Feldbau ob, einen eigenen Stand von Grundherren
gab es nicht, obwohl, wie auch Weber ausdrücklich be⸗
tont, Ungleichheiten im Grundbeſitz auch ſchon damals
beſtanden. Sie können auf einer Bevorzugung der
angeſehenſten Geſchlechter bei der Landverteilung oder
1) Zſchft. f. Rechtsgeſchichte. G. Abt. XIX. Heinrich
Brunner: „Nobiles und Gemeinfreie der karolingischen
Volksrechte“ und „Deutſche Rechtsgeſchichte“, 2. Aufl. 1906.
Zſchft. f. Rechtsgeſchichte. G. Abt. XXIII. Paul Winogra⸗
doff: „Wergeld und Stand“. Ebenda XXIV. R. Schröder:
„Der altſächſiſche Volksadel und die grundherrliche Theorie“.
) Jahrb. f. Nationalökonomie u. Statiſtik 1904. M.
Weber: „Der Streit um den Charakter der altgermaniſchen
Socialverfaſſung“.
2) D. Zſchft. f. Geſchichtswiſſenſchaft II, 189718. Köͤtzſchke:
| „Die Gliederung der Geſellſchaft bei den alten Deutſchen“.
—— on — —
auf bem Vorſprung beruhen, den der Befiger von
Hörigen bei der Ausnutzung des Bifangsrechtes zur
Rodung von Wildland hatte. Anſätze zu Grundherr⸗
ſchaften find alfo nicht zu beſtreiten, aber fie treten
noch ganz hinter dem freien Eigentum der Bebauer
zurück. Die Knapp'ſche Schule fieht eine Hauptſtlütze
ihrer Auffaſſung in der Hufenverteilung auf Gewanne-
Die Tatſache, daß jedem Genoſſen urſprünglich in
jedem Gewann ein gleichgroßes Stück wie den andern
zugewieſen wurde, gilt ihr als Beweis für die grund⸗
herrliche Verfaſſung der altgermaniſchen wie der ſpä⸗
teren Gemeinde. Wir werden uns demgegenüber doch
lieber Weber anſchließen, der ſchon 1894 ihr maſſen⸗
haftes Vorkommen „einen der ſtärkſten Beweiſe für
die urſprüngliche Freiheit der dort anſäſſigen Bevöl⸗
kerung“ nennt,) zumal wenn wir uns vergegenwär⸗
tigen, daß das gleiche, hier erſt recht unwirtſchaftliche
Verfahren in den letzten beiden Jahrhunderten bei der
Aufteilung baͤuerlicher Genoſſenſchaftswaldungen nur
gar zu oft gewählt wurde. Wir werden den Grund
in dem Rechtsempfinden, in der peinlichen Aengſtlich⸗
keit ſuchen, die befürchtet, es könne der einzelne wegen
der verſchiedenen Bodengüte und Lage benachteiligt
werden, wenn die Zuteilung des Landes an einer
Stelle erfolgte. Hätten Grundherren die Austeilung
der Hufen beſorgt, fo wäre fie zweckmäßiger ausge⸗
fallen.
Aber auch für die Karolingerzeit hat die Wittich'⸗
ſche Lehre zum wenigſten nicht allgemeine Gültigkeit.
Oppermann hat aus den Aenderungen der Gerichts⸗
verfaſſung nachgewieſen, daß am Niederrhein tatſäch⸗
lich „ein maſſenhafter Uebertritt“ kleiner Freier in die
. Abhängigkeit ſtattfand, und Caro ſtellte auf Grund
der Schenkungsverzeichniſſe verſchiedener Klöſter feſt,
daß in jener Zeit in der Nordoſtſchweiz die kleinen
freien Eigentümer noch zahlreicher waren als die un⸗
freien, und daß auch im ſüͤdlichen Schwarzwald und
der Bodenſeegegend noch um 1100 zahlreiche nicht
rittermäßige kleine Freie lebten.?) Nach Koetzſchke
haben wir drei Gruppen zu unterſcheiden: 1. Bur⸗
gunder und Goten, nehmen den römiſchen Vorbeſitzern
einen Teil ihres Grundeigentums weg, wurden kleine
Grundherren, die aber ſelbſt noch Landwirtſchaft trieben.
2. Franken, Alemannen und Bayern. Die Haupt⸗
maſſe beſteht aus Bauern mit Grundeigentum. 3. Sach⸗
ſen. Die zahlreichen Frilinge find vollfreie Bauern
mit kleinem Grundeigentum, daneben ſtanden viele
) Zſchft. f. Rechtsgeſchichte. G. A. 1804. p. 191.
2) Weſtd. Zſchft. f. Geſchichte u. Kunſt. 1911. p. 409 f.
Oppermann: „Die Altfreiheit der mederrhein. Miniſterialität“.
Jahrb. f. Nationalökonomie u. Statiſtik. 1901. 474 ff. 1902.
601 ff. Caro: „Die Grund befitzverteilung uſw.“ und „Zur
Agrargeſchichte“.
34
Edelinge, deren Befi größer war, als der eines vol
freien Franken, und die ihn durch Hörige bebaut
ließen. !)
In Weſtfranken haben allerdings auch die Franke
einen großen Teil der galloromaniſchen Grundter:
ſchaften übernommen, ja Clodwig hat ſie beflätig:
feine Nachkommen fogar noch ihr Wachstum hurd
Schenkungen. gefördert, obwohl fie dadurch ihre eigen:
Macht verminderten.?) Der Ausbildung von Mart:
genoſſenſchaften waren daher enge Grenzen gezogen
und jo erklärt fih die Stellung Coulanges.
Mit der Ablehnung der grundherrlichen Theorie
für die Urzeiten ift aber die Frage nach der Exiſtenz
der] Markgenoſſenſchaften und ihrem Waldeigentum
noch nicht entſchieden. Nach allem, was wir den Ur⸗
kunden der Zeit zwiſchen 600 und 1200 entnehmen
können, iſt die Abgrenzung der von den Gemeinden
beanſpruchten Bodenflächen fat immer erft erfolgt
wenn andere. Bewerber auftraten. Nun- ift es freilit
für den Forſthiſtoriker ein müßiger Streit, ob dy
Germanen der Urzeit dem Stamm ein Eigentum ober
nur eine Nutzungsbefugnis an feinem ganzen Gebiete
zuſchrieben, ſoweit dieſes nicht von den Einzelnen in
Anbau genommen war oder den Niederlaſſungen ali |
Milchviehweide diente. Ob aber darüber hinaus {dor
eine rechtliche nicht nur tatjächliche Ausſcheidung vor
Nutzungsbezirken, von Markwäldern, für größere ode
kleinere Teile des Stammes erfolgte, wird wohl imme |
eine offene Frage bleiben. Sie iſt denkbar für dich
bevölkerte Gegenden, alfo vor allem für die walt
armen Lößgebiete der Urfiedelung. 3) Unwahrſcheinli
iſt ſie für dünnbeſiedelte Striche, weil dort der Anlo:
fehlte. Auch das Abtriebsrecht beweiſt nichts, da b.
Befugnis, den fremden Siedler zu vertreiben, vor allen |
den anbaufähigen Boden dem fremden Wettbewert
entziehen folte. Denn folder war vor der Biller
wanderung nur in beſchränktem Maße vorhanden
weil die Rodung geſchloſſenen Urwaldes noch nit
möglich war. Wir müſſen uns begnügen zu 1
in der älteſten Zeit beſtand an Wald und Debon -
eine allgemeine Nutzungsbefugnis der Freien dei
Stammes, eine abgeleitete für ihre wenig zahlreichen
Hinterſaſſen, näheres über die Organiſation if më
bekannt. Welches fie aber geweſen fein mag, von de
Stürmen der Völkerwanderung iſt ſie ſchwerlich gan
unberührt geblieben. Hat fih doch in dieſen auch be
den Weſtgermanen das Königtum herausgebildet und |
das unbefiedelte Land für fih in Anſpruch genommen
1) a. a. O. p. 808. .
2) Weſtd. Zſchft. f. Geid. u. K. 1896, W. Sidel: „Die
Privatherrſchaften im fränkiſchen Reich“.
) Näheres in meinen „Pflanzengeographiſchen Wandlungen |
der deutfhen Landſchaft“. Leipzig 1911. i
Die Zuſtände der fränkiſchen Zeit dürfen alfo nicht
auf die Urzeit übertragen werden, und auch ſie weiſen
ſelbſt innerhalb der Stammesgrenzen mancherlei Ver⸗
ſchieden heiten auf.
Bei der folgenden Betrachtung wird als freie Mark
diejenige bezeichnet, in der das Grundeigentum den
Markgenoſſen gehörte.
Zunächſt müſſen wir uns mit den Anſchauungen
auseinanderſetzen, die Rübel an verſchiedenen Orten
entwickelt hat.) Schon Thudichum hat darauf auf:
merkſam gemacht, daß die Markgrenzen überwiegend
Bergkaͤmmen oder Waſſerläufen folgen. Rübel glaubt
nun beweiſen zu können, daß die letzteren bevorzugt
und auch ſpitze Winkel geſchaffen wurden, wenn ſo
die nächſte Quelle am raſcheſten erreicht werden konnte.
Nach ſeiner Schilderung traten die Grenzſetzer, die ut
Franci dicunt, forestem faciunt und daher fores-
tarii genannt werden, unter der Leitung eines hohen
Beamten, des Präfekten zuſammen. Sie gehören zum
königlichen Gefolge, der Truſtis. Bei ihrer Arbeit
folgten fie dem als Grenze gewählten Waſſerlauf bis
zu ſeiner entlegendſten Quelle. Dann wurde der
naͤchſte grenzbildende Waſſerlauf bis zu feiner Quelle
verfolgt und nach Verſtändigung mit Hornfignalen
und Rufen die Verbindungslinie mit dem Scharbeil,
der „scara“, ausgezeichnet, das nur die Förſter führen
durften. Lagen die beiden zu verbindenden Quell:
punkte nahe bei einander, ſo wählten ſie die direkte
Verbindungslinie, ſonſt erſtiegen ſie den Bergkamm
und legten die Grenze auf ihn, bis fie in die Mabe
der andern Quelle kamen. Dieſe Bevorzugung der
Waſſerläufe führt Rübel auf die Verhältniſſe in der
Heimat der ſaliſchen Franken zurück, wo die taglid
ſteigende Flutwelle die Waſſerfäden zu deutlich ſicht⸗
baren Grenzen ſtempelte. Hier hatten ſie ſich nach
vollſtändiger Vertreibung der früheren Bewohner nie⸗
dergelaſſen und zwar wahrſcheinlich ſo, daß jeweils
ein befeſtigter Salhof den Stützpunkt für die Nieder⸗
laſſung von je 10 Familien bildete. Die Einteilung
entſtammt nach Rübel der Heeresorganiſation, welche
die Römer den Franken als einem Hilfsvolk gegeben
hatten. Bei ihrem Vordringen im römiſchen Gallien
ſiedelten ſich die Franken tunlichſt in geſchloſſenen
Gruppen an. Dazwiſchen blieb der alte Großgrund⸗
beſitz beſtehen, der Konig zog ihn für fih ein.
Ebenſo nahm dieſer nach Unterwerfung der deut⸗
ſchen Stämme, der Alemannen, Thüringer, Sachſen
1) K. Rübel: „Die Franken, ihr Eroberungs⸗ und Siede⸗
lungsſyſtem im deutſchen Volksland“. Leipzig⸗Bieleſeld 1904,
Beiträge zur Geſchichte Dortmunds und der Mark 1901: „Die
Reichshöfe im Lippe⸗, Ruhr: und Diemelgebiet“ und am Hell:
meg. Ebenda 1907. „Die Dortmunder Reichsleute“.
35
uſw. grundſaͤtzlich das ganze eroberte Land für fih in
Anſpruch. Sein Wille beſtimmte, was für die Be⸗
ſiedelung freigegeben, was als Königsgut ausgeſchieden
werden, was Forſt ſein ſollte. Vor allem ließ er
längs der Grenzen und an den Heerſtraßen ein Syſtem
von großen Königshöfen mit zahlreichen Nebenhöfen
erſtehen, die Verteidigung des Landes und die Ver⸗
pflegung des Heeres zu ſichern. Um dabei nicht be⸗
hindert zu ſein, ſchuf die Truſtis durch Vertreibung
der Einwohner künſtliche Einöden, den zonuos und
bie solitudo der Urkunden. Solche künſtliche Einöden
ſind es, die Klöſtern überwieſen wurden, wie die Rhön
dem Bonifacius für Fulda, denn nur ſo erklärt ſich
der ſcheinbare Widerſpruch, daß der Zuſtimmung oder
des Verzichtes der Umwohner zur Schenkung der „Ein⸗
öde“ gedacht wird, ſie mußten eben dem Machtgebot
der Truſtis weichen.
Die fraͤnkiſche Mark und ihre Durchführung im
Eroberungsland iſt nach Rübel ein Werk der frän⸗
kiſchen Könige. Sie wurde planmäßig geſchaffen und
gleichzeitig Forſten, ſonſtiges Königsgut — regnum
Reich — ſowie Einzelgüter für Private ausgeſchieden,
wie wir bei der Ausſtattung des Sachſenherzogs Wi⸗
dukind und anderer Großen ſehen können. Aber auch
der Klein: und Streubeſitz wurde dabei geregelt und
zuſammengelegt, von ihm beanſprucht der König ein
Zehntel. So entſtanden die kleinen Splitter, die ſchon
früh im Beſitz des Reiches auftauchen. Der Aufſtand
der Thüringer 785/6, die wiederholten Erhebungen
der Sachſen wurden nach Rübel durch dieſe Mark⸗
ſetzungen verurſacht. Eine Stütze für feine Theorie
ſieht Rübel in Fällen, in denen Gemeinden von ihrem
Genoſſenſchaftswald durch verſchiedene nicht beteiligte
Gemarkungen getrennt ſind, denn das habe nur eine
ſelbſtherrliche Behörde anordnen können. Uebrigens
kam auch die Aufteilung von Wald unter die Inter⸗
eſſenten vor. Die Oedlandsausſcheidung als Beſitz
des Königs war grundſätzlich von den fränkiſchen Herr⸗
ſchern ausgeſprochen, die tatſächliche Durchführung er⸗
folgte freilich in einzelnen Fällen erſt im ſpäteren
Mittelalter, aber ſtets nach dem gleichen Verfahren.
Dieſem Vorgehen verdanken nach Rübel die Mark⸗
genoſſenſchaften ihre Entſtehung, ſie ſind eine zwangs⸗
ſtaatliche Einrichtung. Die altgermaniſche Mark, die
das Oedland nicht einſchließt, ſondern durch es von
andern Marken getrennt wird, wurde von den Fran⸗
ken unter Aufteilung des Oedlandes beſeitigt. Daß
es vor dem Eingreifen der Franken keine organiſierte
Markgenoſſenſchaft gab, lehren uns die Verhäͤltniſſe
Englands, es beweiſen es Schenkungen einzelner Leute,
die über ihren Anteil ohne Einſpruch der Genoſſen
verfügen — fo bei Werden 793. Auch die Maſtrechte
waren früher ungeregelt. Das alles hat erſt die frän⸗
36
kiſche Markenſetzung feftgelegt und jo der Entwicklung
beſtimmte Bahnen gewieſen.
Wir haben hier eine von den bisherigen Anſchau⸗
ungen abweichende, auf den erſten Blick durch ihre
Geſchloſſenheit beſtechende Theorie vor uns. Rübels
Ausführungen über den Verlauf fränkiſcher Mark⸗
grenzen ſind i. a. als richtig anerkannt, aber es gibt
doch Ausnahmen, ſo daß von einem ſtreng durchge⸗
führten Syſtem nicht geſprochen werden kann. So
finden wir im Neckartal, daß die Grenzen der Hirſch⸗
horner, der Eberbacher Cent und der Zwingenberger
Mark nicht einmal den Strom als Grenze achten,
ſondern über ihn hinübergreifen. Beſonders auffällig
iſt, daß es ſich bei Hirſchhorn nur um einen ſchmalen
Saum längs des Fluſſes und den Inhalt der Ers-
heimer Stromſchlinge handelt. Aber auch bei der Ab⸗
grenzung des ſüdlichen Teils der Eberbacher Cent ſind
die Waflerfäden nicht ausgenutzt. Wir befinden uns
hier in dem den Alemannen entriſſenen Gebiet, aber
trotzdem find die Marken offenbar nicht planmäßig
von Beamten geſchaffen, ſondern fie ſtellen ſich dar
als nachträglich feſtgelegte Nutzungsbezirke der Siede⸗
lungen, wie fie im Wettbewerb der Nachbargemeinden
ſich ausgebildet hatten. Am Niederrhein hat Wey⸗
mann!) ähnliche Ausnahmen nachgewieſen. Für die
Gegend von Brauweiler kommt Oppermann?) zu dem
Ergebnis, daß die Centen ſchon auf römiſche Verhält⸗
niſſe zurückgehen und nur von den Franken über⸗
nommen wurden. Eine bewußte ordnende Tätigkeit
der fränkiſchen Könige liegt in einzelnen Gebieten, wo
militäriſche Gefichtspunkte die Schaffung geſchloſſener
fränkiſcher Kolonien nötig machten, beſtimmt vor, nicht
aber überall. Vielmehr wird wohl Dopſch;) recht
haben, der die Marken der Karolingerzeit bezeichnet
als „das Ergebnis einer fortgeſetzten Ausſonderung
urſprünglich noch herrenloſen Wildlandes, deſſen
Nutzung den anrainenden Siedlern niemand wehrte,
durch die immer kräftiger vordringenden Grundherr⸗
ſchaften oder auch freie Grundeigner“. Ob ſo freie
oder grundherrliche Marken entſtanden und welche
Nutzungsrechte den Genoſſen zufielen, hing davon ab,
wer zuerſt den Boden in Beſitz genommen hatte und
wer fih als der ſtärkere erwies. Grundherrliche und
1) Unterſuchungen zur d. Staats- u. Rechtsgeſchichte 106.
1911. K. Weymann: „Die Marks u. Walderbengenoſſenſchaften
des Niederrheins“.
1) Weſtd. Zſchft. f. G. u. K. 1908. Oppermann: „Die
älteren Urkunden des Kloſters Brauweiler“.
8) A. Dopſch: „Die Wirtſchaftsenkwickelung der Karolinger⸗
zeit“ I. Weimar 1912. Vergl. auch Heußler: „Deutſche Ver⸗
faſſungsgeſchichte“. Leipzig 1905, der Rübel für das Erobe⸗
rungsland zuſtimmt, aber für das Volksland ſeine Anſchauung
ablehnt.
freie Marken ſind gleich alt, ebenſo der unbelaſtete
Privatwald. N
Rübel jah in der Schenkung von Nutzungsanteilen
den Beweis dafür, daß die Mark noch nicht organi⸗
ſiert war. Es reichen ſolche Schenkungen aber bis in
das ſpäte Mittelalter herab.!) Da liegt doch die alte
Auffaſſung näher, daß es ſich um Marken handelt, in
denen die Rechte ſchon von der Hufe losgelöſt waren,
„Aktiencharakter“ angenommen hatten.
Im folgenden ſoll die Entwicklung in den einzelnen
Gebieten erörtert werden. Natürlich kann es ſich nicht
um eine erſchöpfende Darſtellung, ſondern nur um
einen Ueberblick und die Erörterung einzelner Fille
handeln. Daß noch viele Punkte unſicher find, be⸗
ruht darauf, daß wir darauf angewieſen find, aus
viel jüngeren Zuſtänden auf die früheren zurückhu⸗
ſchließen. Die Verhältniſſe am Niederrhein haben in
neuerer Zeit, außer Weymann, Ilgen und Hammers
erörtert.?) Die großen Waldmarken dieſer Gegend
— Kottenforſt, Flamersheimer Wald, Weſeler Wald,
die Burge bei Düren, der Probſtei⸗Eſchweiler und
Nothbergerwald, der Reiche: und Akſcherwald — waren
altes Königsgut, an denen die anſtoßenden Orte aut
gedehnte Nutzungsrechte erwarben. Ja am Probfti⸗
wald erlangten ſie ſogar das Grundeigentum, die Mark
war im 15. Jahrhundert aus einer grundherrlichen
eine freie geworden. Auch die Vele bei Bonn und die
großen Wälder um Zülpich waren von jeher grund:
herrlich. Das älteſte Weistum der Wehrmeifteri:
waldungen kennt nur einen freien Gemeindewald, den
von Niederau.) Ob der fih bei Frimersheim zwiſchen
ſicher altköniglichen Waldbeſitz einſchiebende Markvald
einer urſprünglich freien Mark gehörte, muß nach dem
von Kötzſchke⸗) mitgeteilten Material bahingefell
bleiben. Wohl aber beſaßen einzelne Gemeinden, wie
Remagen, ſchon früh Gemeindewald.) Für das eigenl:
liche Gebirgsland der Eifel, Hunsrück, Idar und Soon
1) Zum Beleg mögen dienen: Urkunde für Altenberg von
1281. Laccomblet, Urkundenſammlung a. Geſch. des Rieder
rhein’ II. 443, K. v. Falkenſteins von 1826; Smoler, Gito
riſche Blicke aus d. Forſt⸗ u. Jagdweſen p. 154 Fußnote, 1323
für H. v. Redichhuſen und Eberhard, Rübel Dortmunder Ur
kundenbuch p. 284 und 1842 für L. u. H. v. Ariſte ebenda
p. 384.
2) Weymann a. a. O. Weſtd. Zſchft. f. G. u. K. Jen
„Die Grundlagen der mittelalterlichen Wirtſchaftsverſaffung :
Hammers: „Die Waldgenoſſenſchaften in der Aachener Gegend
Diſſertation Aachen 1913.
8) Weſtd. Zſchft. f. G. u. K. 1007. Schwarz: „Zur So
ſchichte d. rhein. Pfalzgrafſchaft“ p. 168. Ritz: „Urkunden .
Abhaadlungen z. Geſch. d. Niederrheins“ 1824. Opperman
a. a. O.
) Koetzſchle: „Studien z. Verwaltungsgeſchichtr d. Erb
qcundbherrfdaft Werden“. Leipzig 1900.
) Laccomblet, Urkundenbuch p. 284.
—
— —
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—— —E———— —
find urſprünglich freie Marken nicht zu erweifen. Im
Gebiet zwiſchen Moſel, Saar und Ruwer mußten
zwar nur die jüngeren, nicht die älteren Gemeinden
den Forſthafer entrichten, aber wohl nur, weil dieſe
ihre Nutzungsrechte erworben hatten, ehe der Grund⸗
herr ihnen großen Wert beilegte. !)
Bohl 2) glaubt in der Vorderpfalz und in wenigen
frühbefiedelten Tälern der Weſtpfalz freie Marken nad:
weiſen zu können. In den letzteren habe aber die
Grundherrſchaft das Eigentum an ſich zu ziehen ge⸗
wußt, während die erſtern bis 1500 frei blieben. Das
mag i. a. zutreffen, nur für den Bereich des Kloſters
Hornbach — Marken Wilgartswieſen, Queichhambach,
Waldfiſchbach, Queidersbach, Glanmünchweiler, We⸗
benheim und. Mimbach — ift es nach meiner Meinung
wenigſtens gerade ſo wahrſcheinlich, daß es ſich um
urſprünglich grundherrlichen Beſitz handelt, an dem die
Orte Nutzungsrechte erworben haben. Denn zu Wald⸗
fiſchbach gehören die Strafen und die Maſt dem Abt,
wohl it auch das Bauholz den Markern frei, aber die
Ausmärker gehen ebenfalls frei aus, wenn ſie nur
geladen haben, ehe der Föͤrſter fie antrifft. Die Vor:
zugsrechte der Märker find alſo recht gering.
Mit Müller und Kuby übereinſtimmend bezeichnet
Bohl weiter die Pfälzer Haingeraiden als freie Mark⸗
genoſſenſchaften. Dieſe nahmen den Oſtabhang der
Hardt und Nordvogeſen ein und gehörten jeweils
einer größeren Anzahl von Gemeinden. Es waren 15
oder, wenn man mit Serini den Hagenauer Wald mit⸗
zählt, 16.
Bohl fieht die Freiheit der Marken durch den Um⸗
ſtand als erwieſen an, daß ſie als reichsunmittelbar
und im Eigentum der Dörfer ſtehend betrachtet wurden.
Das iſt für das Ende des Mittelalters zutreffend.
Müller?) glaubt dagegen, daß die Tradition, Dago:
bert II. habe die Haingeraiden den Dörfern zum Dank
für Hilſe bei einem Aufſtand geſchenkt, inſoweit be⸗
gründet ſei, daß dieſer den ſchon länger beſtehenden
Markgenoſſenſchaften die Organiſation verliehen habe.
Er ſelbſt ſagt andererſeits, im 6. Jahrhundert ſei das
1) Ergänzungsheft XIII z. weſtd. Zſchft. f. G. u. K.
Roerig: „Eutſtehung der Landeshoheit] des Trierer Era»
bidofs...”. Hamm: „Die Wirtſchaftsentwickelung der Mark
Rhaunen“. Differtation München 1905. Fröhlich: „Geſchichte
der Mark Thalfang“ 1895. Weſtd. Zſchſt. f. G. u. K. 1905.
Fabricius: „Das Hochgericht auf der Heide“ und ebenda 1909
Derſelbe: „Das pfälziſche Oberamt Simmern“. Back, Fr.:
„Das Kloſter Ravengiersburg uſw.“ Koblenz 1841/53,
) O. Bohl: „Die Rechtsverhältniſſe d. rheinpfälz. Wal-
dungen“. Differtation. Heidelberg 1909.
*) Pfälzerwald 1905. Müller: „Die Geſchichte der pfälz,
Geraldewaldungen“. Ferd. Kuby: „König Dagobert und d.
r Edenkoben 1885.
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ganze Gebiet vom Bienwald bis zum Nahegau ein
Koͤnigsforſt geweſen.
Obwohl die Dörfer im ſpäteren Mittelalter zu
den verſchiedenſten Herrſchaften gehörten, iſt ſicher, daß
wir im ganzen Gebiet der Haingeraiden altes Reichs⸗
gut vor uns haben. Darum konnte Konrad II. 1035
die Dürckheimer oder ſechſte Haingeraide zur Aus⸗
ſtattung des Kloſters Limburg benutzen, dem daher
auch ſpäter noch die Maſt meiſt allein, in einem Teil
gemeinſam mit dem Vogt zuftand. Auch die Herx⸗
heimer und die Bobenheimer Geraide ſollten zu Kloſter
Limburg gehört haben. Geſtützt auf die Rechte des
Reichs ordnete Friedrich Barbaroſſa die Verhältniſſe
der Oberhaingeraide und wies dem Kloſter Eußertal
bei der Stiftung nicht nur das Mitnutzungsrecht,
ſondern auch ein Drittel der Strafen zu. Und da⸗
rum war Rudolf von Habsburg befugt, 1291 der
Stadt Landau in dieſer Geraide das Mitmaͤrkerrecht
zu verleihen. Die Geraiden ſind daher doch wohl als
Nutzungsgenoſſenſchaften aufzufaſſen, die ſeit alten
Zeiten Holz und Weide im Königswald genoſſen und
dieſe Rechte behaupteten; i. F. des Verfalls der Reichs⸗
gewalt find ſie zu Eigentümern emporgeſtiegen. Bei
der Zerſplitterung dieſes Gebietes in kleine Herr⸗
ſchaften iſt es begreiflich, daß die Eiferſucht der ver⸗
ſchiedenen Herren ihnen dabei zugute kam. Und doch
haben einzelne Grundherrſchaften auch in ihnen Rechte
und Anteile erworben, ſo Kloſter Weißenburg in der
erſten, Burg Pleißweiler in der zweiten, Lindenburg
in der 12. und Wachenheim in der 13. Haingeraide.
War wirklich der Heilige Forſt zu Hagenau mit dem
Wanzenauer und Brumather Gewald urſprünglich eine
Haingeraide, ſo zeigt ſeine Geſchichte, daß die Ent⸗
wicklung auch anders verlaufen konnte.!) Hier blieb
der Hauptteil des Waldes lange Reichsgut, ging dann
in den Befitz verſchiedener Fürſtenhäuſer über, von denen
ihn die Staufer erwarben, mit deren Ausſterben er
wieder an das Reich fiel. Die Stadt Hagenau ver⸗
dankt ihren Anteil am Wald Barbaroſſa und Karl IV.
In der badiſchen Pfalz hatten die Schriesheimer
und. die Reichhardshäuſer Cent eine den Haingeraiden
aͤhnliche Entwickelung, ſie führte von okkupatoriſch er⸗
rungenen Nutzungsrechten bei letzterer zu vollem Eigen⸗
tum der Gemeinden, bei der andern zu einer hälftigen
Teilung mit dem Landesherren. Zahlreich ſind in
dem Hügelland ſüdlich des Odenwalds alte Gemeinden,
die eigenen freien Gemeindewald ſeit alter Zeit be⸗
fitzen, d. h. altfreie Einzelmarkgenoſſenſchaften, die ihr
1) Becker: „Geſchichte der Reichslandvogtei im Elſaß“ 1905.
Zſchft. f. d. G. d. Oberrheins 1897. Witte: „Der Heilige
Forſt und feine älteſten Befitzer“. Beiträge zur Volkskunde
von Elſaß⸗Lothringen 1888, Ney: „Geſchichte d. Heiligen
Forſtes bei Hagenau“. `
i 6
Eigentum bewahrten. Größere wohl urſprünglich eben-
falls freie Marken waren hier Bretten und Eppingen.
Das letztere hat dann einen Teil feiner Mitmärker zu
Berechtigten herabgedrückt, die anderen durch Teilung
abgefunden.
An der Südgrenze des fraͤnkiſchen Gebiets waren
im Rheintal die alte Forchheimer, die Malſcher und
die Ettlingen⸗Speſſarter Mark bis zum Moosalbtal
wahrſcheinlich freie Marken, während die weiter öſtlich
gelegenen Gebirgswälder zum Königsgut gehörten, in
denen die Gemeinden durch grundherrliche Siedelung
entſtanden. War ja auch Ettlingen ſelbſt Reichsbeſitz,
doch liegen für eine grundherrliche Entſtehung der
Markgenoſſenſchaft keine Anzeichen vor. Bei Raſtatt
find die Wälder fo früh geteilt worden, daß die ur⸗
ſprünglichen Eigentumsverhältniſſe nicht mehr zu er⸗
kennen ſind, um 1370 beſtanden freie Gemeindewal⸗
dungen neben grundherrlichem Sonderwald. Die große
Badener Mark, in der nach Gothein das Reichsgut
erſt fpdt ausgeſondert wurde, war urjprünglich wohl
königlich⸗grundherrliches Eigentum. Denn Clodwig hat
bei der Grenzfeſtſetzung gegen die Alemannen gerade
dieſes Gebiet wegen der heißen Quellen an fih ge
zogen und ſchon früh iſt eine Vergabung an Kloſter
Weißenburg erfolgt.!) Königsgut war offenbar auch
das ausgedehnte Waldgebiet, das von der Alb bis
gegen Darmſtadt zieht, denn auch die älteren Gemein⸗
den haben überwiegend nur Nutzungsrechte, nicht Eigen⸗
tum daran erworben, während viele von ihnen dafür
in der Rheinniederung oder im Hügelland freien Ge⸗
meindewald beſaßen. In der von den Karolingern
dem Kloſter Lorſch geſchenkten Heppenheimer Mark,
in der Michelſtädter Mark und den übrigen Centen
der Grafſchaft Erbach liegt wohl urſprünglich könig⸗
licher Befitz mit weitgehenden Nutzungsrechten der Nn-
ſiedler vor.“)
In der Taubergegend beſtand noch 1404 die eine
große freie Mark „auf der Hardt“. Daneben beſaßen
viele Gemeinden altfreien Gemeindewald und im
16. Jahrhundert fand hier noch die Bildung einer
freien Waldmark ſtatt, indem. die Gemeinden Dungen⸗
dorf, Wermutshauſen und Wildentierbach aus; der
Gemarkung des eingegangenen Hohenweiler einen ge⸗
meinen Wald machten. Ihr Eigentum beweiſt draſtiſch
das „Saufrecht“, d. h. der Brauch, den Erlös aus
dem Holz zu vertrinken. Im übrigen württembergi-
ſchen Franken waren dagegen nach Boſſert wenigſtens
1) Seeger: „Beitrag z. G. d. Waldungen d. Stadt Éti-
lingen“. Diſſertation Karlsruhe 1908. Gothein: „Wirtſchafts⸗
geſchichte des Schwarzwalds“ I. 1892 p. 135. Bierordt: „Ba:
diſche Geſchichte“ 1865 p. 105.
2) Killinger: „Die Zenten der Graſſchaft Erbach“. Diſſer⸗
tation Straßburg 1912.
im 15. Jahrhundert keine freien Marken vorhanden,
ebenſo ſchreibt Weller der Mehrzahl der Dörfer und
Weiler rechts des Neckars grundherrlichen Urſprung
zu. Auch die Mark der „fieben Dörfer“ zwiſchen
Steinheim und Kleinaſpach war grundherrlich.!)
Ob die Miltenberger Mark urſprünglich frei⸗ war,
ift unſicher, ſpäter hat die Stadt die Obermaͤrkerſchaft
erworben und die Mitmaͤrker zu. Berechtigten herab:
drücken wollen.?) Für den Untermaingau hate Imgram
zu beweiſen geſucht, daß hier die Markenbildung erſt
um 900 einſetzte. Im einzelnen wird ihm darin bei⸗
zuſtimmen fein, daß die Biebermark altfret war; ob
auch die Roeder, ſcheint mir bei dem Vorkommen aus⸗
gedehnter Königsforſten doch fraglich. Die Rheingauer
Haingeraide war wohl eine altfreie Großmark, die
1158 zum erſtenmal geteilt wurde, doch iſt eine ge⸗
wiſſe Zurückhaltung im Urteil nötig, da die wichlige
Quellenſammlung Bodmanns nicht unbedingt zuver⸗
läſſig if. |
Die Verhältniſſe der heſſiſchen Marken hat Varren:
trap eingehend unterſucht. In der Wetterau beſtan⸗
den, wie ſchon Schazmann 1746 darlegte, eine Reihe
altfreier Marken, in denen auch ſpuͤter der Obermärkt |
keine überragende Stellung erlangt hatte. Noch im
16. Jahrhundert wurde er in verſchiedenen Marken
frei gewählt und die Bingenheimer Marker tauſchten
das Geſchlecht ihres Obermärkers, um wirkſameren
Schutz zu gewinnen. Ebenſo gab es in dem ſpät⸗
befiebelten heſſiſchen Bergland und dem Tharingerwald
altfreie Marken, daneben viele, die erſt allmählich frei
geworden ſind. Im allgemeinen entſtanden nach
Varrentrap ſofort bei der Niederlaſſung die Mart
genoſſenſchaften. Dieſe teilten aber zunächſt nur einen
kleinen Teil des Gebietes auf. An den daz wiſchen
liegenden Wäldern übten ſie Nutzungsrechte aus, in
Bezirken ohne feſte, ja gegen die Wildnis hin ohne
jede Grenze. So konnten denn auch Verhältniſſe ent:
ſtehen, wie beim Freiwald, der dem Kloſter Georgen:
tal geſchenkt wurde, an dem aber verſchiedene entfernt
1) Herwagen: „Die Lage der Bauern ... i. d. Tauber:
gegend“. Diſſertation Heidelberg 1899. Württ. Jahrb. 1. 3
Statiſtik 1886. Boſſert: „Fränkiſches Gemeinderecht“. Wirt. |
Viertel jahresheſte z. Landesgeſchichte 1894. Weller: „Die frán |
kiſche Anfiedelung.. .". !
2) Hohlhauſen: „Von denen Gerechtſamen u. Pflichten
eines Obermärkerd“. 1757.
) Imgram: . Geſchichte der Markgenoſſenſchaft im unteren
Maingau“. Diſſertation Münſter 1913. Buri: „Behauptet
Vorrechte“. Offenbach 1744. Fellner: „Geſchichte d. granb
furter Stabtwalds“.* Differtation München 1895. K. Brow:
„Geſchichte des Rheingauer Markwaldes“. Vierteljahresſchriſ
für Volkswirtſch. u. Kulturgeſch. 1872. Zſchſt. f. Rettig
ſchichte. G. A. XXIV. H. Mayer: „Das fogenannte] Rhein
gauer Landrecht“.
Ee — ay, SE ER EE Pe a.» A —
liegende Gemeinden gemeinſame Rechte beſaßen, wäh⸗
rend näher liegende Orte die dazwiſchen befindlichen
Wälder fih zu alleiniger Nutzung angeeignet hatten.
Im ſpäteren Mittelalter herrſcht in Heffen die ge-
miſchte Mark, aber ſie iſt in vielen Fällen aus der
grundherrlichen, nicht aus der freien hervorgegangen.
Ob auf dem 531 den Thüringern von den Franken
entriſſenen Eichsfeld große freie Marken beſtanden, iſt
trotz der Ausführungen von J. Müller fraglich. Viel⸗
mehr laſſen die ſorgfältigen Aufzeichnungen von Win⸗
tzingenroda⸗Knorr's erkennen, daß meiſt alter Reichs⸗
befitz vorliegt, ſo für den großen Waldbeſtand um
Mühlhauſen: Forſt, Herzogswald, Hart, Mühlhauſer
Stadtwald und Steinerwald, weiter für den Fürſten⸗
hagen einſchließlich Heiligenſtädter Forſt, den Grafe⸗
forſt bei Holungen, den Wald zwiſchen Ammern und
Faulungen. Auch für das Segel bei Holungen und
den Hainich ifl alter Reichsbefitz wahrſcheinlich. Am
erften wäre der Höheberg — Odinsberg — bei Han⸗
ſtein als altfreie Mark anzuſprechen. Aber auch hier
find die Orte überwiegend jungen Alters, alſo wohl
grundherrlichen Urſprungs. Ebenſo ſpricht für grund:
herrliches Eigentum am Walehagen, was bei der
Gründung des Kloſters Gerode 1124 geſagt wird:
villae quaedam novalium Hildenhagen, Immendal,
Juzenbach, Haselbach, Solebach, Walehagon quo-
que usque ad Wizzanbrunnon, qui cives termi-
num habent in silva S. Michaelis tantum, quan-
tum iactus securis comprehenderit. Die Dörfer
haben alſo lediglich ein Nutzungsrecht als Anrainer
in einem noch nach vorfränkiſcher Weiſe durch Beil⸗
wurf begrenztem Streifen. Auch für Nordthüringen
iſt das Vorkommen von urſprünglich freien Wald⸗
marken, nach dem was Schlüter über die Beſiede⸗
lungsgeſchichte mitteilt, wenig wahrſcheinlich. Zwar
halten Meyer und Rackwitz die Marken des Helmegaus
für älter als den Reichsbeſitz. Doch iſt ihre Beweis⸗
führung nicht zwingend. Der Siebengemeindewald —
1341 „das Holz aller Dörfer gemeyn“ —, an dem
12 Gemeinden teilhatten, iſt nach der Tradition
Schenkung einer fürſtlichen Perſon. Von dieſen Ge⸗
meinden waren Berga, Görsbach und Vorrieth 802
mit ihrer ganzen Flur Königsgut, Böſenroda und
Timmenroda ſind junge Gründungen. Von den Orten
der Windehauſer Markgenoſſenſchaft waren Winde⸗
hauſen, das ſpäter zwei Drittel der Rechte beſaß,
Grumbach, der Sitz des Markvogtes, und 9 andere
ebenfalls 802 mit den ganzen Gemarkungen Königs⸗
gut. Vom Gibichenhagen iſt der mittlere Teil immer
Reichsgut bezw. landes herrliches Eigentum geblieben.
Nur für die Mark von Oueſtenberg fehlen ähnliche
Anhaltspunkte. In dem an der ſächſiſchen Grenze
. gelegenen Heſſenwald waren nach Barrentrapp, wie
39
bei den niederſächſiſchen Marken, die Erfexen die wah⸗
ren Eigentümer. !)
Noch ein fränkiſches Gebiet ift zuerwähnen, Drenthe.
Hier hat ſich die freie Mark immer erhalten, indem
die Bauern dem Eindringen der Grundherrſchaft er⸗
folgreich widerſtanden. Die Verhältniffe liegen hier
ähnlich, wie im benachbarten Friesland. Denn auch
dort hat die freie Mark, der allerdings meiſt der Wald
fehlt, langen Beſtand gehabt. ?)
Für das Gebiet, das den Alemannen nach ihrer
Unterwerfung durch Clodwig verblieb, iſt zunädhit feft-
zuſtellen, daß die Ausſcheidung von Markwäldern in
vielen Teilen erft {pat erfolgte. So führt Schotte mit
Recht darauf die Streitigkeiten zwiſchen St. Gallen
und den Gaubewohnern zurück. Im Berner Jura ift
der Wald erſt im 14. Jahrhundert ausgeſondert wor⸗
den, auch in Unterwalden geſchah dies erft ſpät, da
die ſchwache Bevölkerung keine Beſchränkung der
Nutzungen nötig machte. In der Nordſchweiz finden
ſich ſeit Beginn der Nachrichten zahlreiche grundherr⸗
liche Marken neben freien, und zwar wiegen die nur
eine Gemeinde umfaſſenden Marken weitaus vor. Die
ſpätere Entwicklung führte hier vorübergehend dazu,
daß faſt alle Marken grundherrlich waren. Doch fiel
meiſt das echte Eigentum am Gemeindeland der Dorf⸗
genoſſenſchaft ſchließlich zu, obwohl die Grundherrlich⸗
keit weiter beſtand, nur daß fie vom Adel an Städte
überging.
Im Berner Jura hat der Biſchof von Baſel früh
das Waldeigentum beanſprucht und dann auch gegen
die nutzungsberechtigten Gemeinden behauptet. Im
Berner Oberland bildeten im fpdteren Mittelalter
Oberhasli, Urſeren und Entlibuch geſchloſſene Genoſſen⸗
ſchaften, denen auch ein Teil der Waldungen gehörte.
Da aber die Stadt Bern als Landesherr den übrigen
Wald beanſpruchte, bleibt die Frage nach den ur⸗
ſprünglichen Rechtsverhältniſſen offen. Dagegen war
das Grindelbacher Tal durchaus grundherrlich. Das
Gleiche gilt von Engelberg und Einſiedeln. Am in⸗
tereſſanteſten ſind die Verhältniſſe in den drei Urkan⸗
tonen, von denen Schwyz oft als Vorbild einer großen
freien Mark bezeichnet worden iſt. Auch Wyß neigt
in ſeiner ſorgfältigen Unterſuchung über die ſchweize⸗
1) Varrentrapp: „Rechtsgeſchichte und Recht der gemeinen
Marken in Heſſen“. Teil I. Macburg 1909. Schazmann,
Diss. iuridica „De iure communitatum .. .“ Göttingen 1746,
Forſchungen z. Thür.⸗ſächſ. Geſchichte II 1911. Joh. Müller:
„Frankenkoloniſation auf dem Eichsfeld“. v. Wintzingeroda⸗
Knorr: „Die Wüſtungen des Eichsfeld“. Halle 1908, O.
Schlüter: „Die Siedelungen im nordöſtlichen Thüringen“.
Berlin 1903. Mitteil. d. V. f. Erdkunde. Halle 1888/90.
Meyer u. Rackwitz: „Der Helmegau“.
2) Fall: „Das Eigentum an Grund u. Boden in Drenthe“
Diſſertation Würzburg 1914. Rachfahl a. a. O.
66
riſchen Landgemeinden dieſer Anſchauung zu, da die
Schwyzer ſchon vor der Loslöſung von Habsburg
Eigentum an der gemeinſamen Mark beſaßen und
freie Grundeigentümer den Kern der Gemeinde bildeten.
Doch waren ſie nach Schweizer ſchlechter geſtellt als die
Freien anderer Gebiete. Während dieſe ſich ihren
Amtmann ſelber wählen durften, empfingen ihn die
Schwyzer von der Herrſchaft und mußten „fih noch
glücklich preiſen, wenn ihnen einmal verſprochen wird,
daß kein Unfreier oder Fremder ernannt werden ſoll“.
Der Vogt nahm an der Ausübung der Gemeinde⸗
rechte teil, „unter ſeiner Autorität werden die Be⸗
ſchlüſſe gefaßt, ſeine wenigſtens ſtillſchweigende Zu⸗
ſtimmung iſt mit erforderlich, er bezieht einen Teil
der Buben” (Wyp). Erft die Befreiung von der Vogtei
beſeitigte dieſe Rechte, die ich als die letzten Reſte der
Grundherrlichkeit anſehe, ſie beendete eine Entwicke⸗
lung, die mit der Niederlaſſung freier Männer im
Bereich des Königsgutes und der Ausübung von
Nutzungen an einem Wald begonnen hatte, von dem
urſprünglich galt, was eine Urkunde Heinrichs II. 1008
über das angrenzende, bald auch von den Schwyzern
zur Hälſte an ſich geriſſene Einfiedler Gebiet ſagt:
silva invia et inculta et ob hoc nostrae proprie-
tati deputata. Die urſpüngliche Wertloſigkeit der
Waldnutzungen, die Entlegenheit des Gebietes, die
Schwäche der Zentralgewalt mögen die Ausdehnung der
Nutzungsrechte gefördert haben. In Uri beſtanden
vor der Befreiung mehrere große Grundherrſchaſten,
obwohl Wald und Allmende wahrſcheinlich dem ganzen
Tal gemeinſam waren. Dagegen waren dieſe in
Unterwalden unter die Gemeinden geteilt, die z. T.
grundherrlich waren. Das Gleiche gilt für Appenzell,
Glarus, Zug, Graubünden und Wallis.
Altgrundherrliche Marken find die Biſchofshöͤri um
Konſtanz und die Allmende der Baar, die den Oſt⸗
abfall des Schwarzwaldes und das vorgelagerte Riet
umfaßte. Denn die Genoſſen konnten die Anlage von
Klöſtern und Städten auf der Allmende durch die
Herrengeſchlechter nicht hindern und erhielten ſelbſt von
dieſen ihre Einzelallmenden aus der Geſamtmark zu⸗
gewieſen. Auch im eigentlichen Schwarzwald ſind
grundherrliche Marken häufig. Hierher gehören die
1) Münſt. Beiträge z. Geſchichtsforſchung XVII 1908,
Schotte: „Studien z. Geſchichte d. weſtf. Mark“. Giercke:
Deutſchrechtliche Unterſuchungen 74 1905, Rennefahrt: „Die
Allmend im Berner Jura“. Zſchft. f. ſchweiz. Recht I 1852,
Wyß: „Die Schweiz. Landgemeinden“, ebenda X. 1862. Heuß⸗
ler: „Die Rechtsverhältniſſe am Gemeindeland in Unterwalden”,
Staats- u. ſozialwiſſ. Forſchungen 2. 1879. A. v. Miaskowski:
„Die ſchweiz. Allmend uſw.“. Jahrbuch f. ſchweiz. Geſchichte
X 1885. 7. P. Schweizer: „Die Freiheit der Schwyzer“. Der
Geſchichtsfreund 43. 188. O. Ringholz: „Geſchichte d. fürſt⸗
Benediktinerſtiftes U. L. F. z. Einſiedeln ...“
40
Gengenbacher Mark und die ſpäter reichsfreien Täler
bei Zelle Harmersbach, denn diefe haben ihre Reichs⸗
freiheit erſt ſpät erworben, weiter die Dornſtetter Mark
trotz des ausgedehnten Jagdrechtes der Eingeſeſſenen.
Waren doch von dieſem nicht nur Rotwild ſondern
auch Rehe ausgeſchloffen und mußten von den ſchäd⸗
lichen Tieren Teile als Anerkennung des Herrſchaſts⸗
rechtes eingeliefert werden. Vor allem aber war für
Holz⸗ und Weidenutzung eine Haferabgabe zu leiſten.
Schwieriger find die Verhältniſſe in der Rheinebene
und den Vorbergen zu beurteilen. Die Sasbacher,
Bühler, Steinbacher, die große Korter und die Um:
Lichtenauer Mark waren wohl frei. Nicht ſo ſicher
iſt dies für die große Kinzigdorfer Mark, die ſchon
früh in einen Verband um Ortenberg und einen
andern um Griesheim zerfiel. Denn der alte Offen⸗
burger Stadtwald war, wie Gothein gezeigt hat,
Reichslehen, ebenſo der Gotteshauswald, an dem die
Gemeinden des Griesheimer Verbands die Nutzung,
Kloſter Gengenbach aber das Eigentum beſaß. In
der Ortenberger Mark wurde Offenburg Markferr.
Offen bleibt die Frage nach dem urſprünglichen Eigen:
tum für die Marken des vorderen Rend- und ks
Durbachtals, die Ulmhardt, Hardtwald und Mos:
waldgenoſſenſchaft. In der ſchwäbiſchen Alb iſt nach
Weller die Münſinger Gemeinmark der Hartorte eine
altfreie Hundertſchaftsmark und ebenſo im Allgäu der
Zwölfpfarrwald nach Baumann der Reſt einer ſolchen.
Frei waren auch, wie Haff ausführt, verſchiedene
Marken des oſtalemanniſchen Gebirgslandes, ſo die von
Pfronten und jene von Neſſelwangen, denn obwohl
Wildbann und Obrigkeit 1059 an Augsburg fielen,
wurde das Eigentum nie beftritten. !)
Aus dem Gebiet des bayriſchen Stammes iſt wenig
über Markgenoſſenſchaften überliefert, während Privat:
wald bereits in der lex Bajuvariorum erwähnt wird
und eine Fülle von Grundherrſchaften uns in den
Schenkungsurkunden der Agilulfingerzeit entgegentritt
Auch ſpricht die Kleinheit der meiſten Gemarkungen
gegen die Annahme, daß früher umfangreiche free
Markgenoſſenſchaften in größerer Zahl vorkamen. In
Egerland überwog ſtets der grundherrliche Beſitz, in
Oeſterreich o. d. E. iſt nach Kryſpin „auch gemeinſames
Eigentum der Anrainer am Wald überliefert“. Jn
entlegeneren Teilen der bayriſchen Alpen ift die Rege
lung der Eigentums verhältniſſe vielfach erft im 17. und
1) Gothein a. a. O. Trenkle: „Der Korker Waldbrief v.
1476“. Karlsruhe 1880. E. Weiß: „Die Gemeinde u. Se
markungsverhältniſſe des bad. Rebortes Durlach. Differtation
Heidelberg 1910. Vierteljahresh. zur Landeszeſch. Wuͤrtten⸗
bergs VII 1898, Weller: „Die Beſiedelung d. Alemannen
landes“. Baumann: „Geſchichte d. Allgäu“. Kempten p. 138.
K. Haff: „Geid. e. oſtalemann. Gemeindelandverſaſſung. Dt
ſertation Würzburg 1902, ſowie die Weistümer bei Grimm.
18. Jahrhundert erfolgt, der Wald wurde meiſt ftark
mit Rechten belaſtetes Staatseigentum. Ebenſo war
nach Wopfner in Tirol das Eigentum an den All⸗
menden im 11. Jahrhundert noch ungeregelt, im 13.
das Allmendregal der Landesherren durchgeführt, das
ſich mit unter dem Einfluß des Bergbaus und ſeines
großen Holzbedarfes „zu Eigentum im Sinn des
römiſchen Rechtes verdichtete“. Selbſt in den Hof-
marken anderer Grundherren drang dieſer Anſpruch
durch. Nach ihren Weistümern möchte man Dorf
und Au Oetztal, Schluders, Carein und Steinegg für
vielleicht altfreie Marken halten, jedenfalls war deren
Verbreitung im ganzen Bereich des bayriſchen Stam⸗
mes gering.!) ,
Ueber die niederſächſiſchen Marken befteht eine an-
ſehnliche Literatur.?) Während Haff ihr Beſtehen
jhon im 8. Jahrhundert verficht und nicht freie Mar⸗
kennutzung, ſondern einen Kreis alleinberechtigter Hufen⸗
beſitzer annimmt, worin er mit Schaumann und Lappe
übereinftimmt, hält Schotte für ſicher, daß bis zum
Ende der Karolingerzeit von Markgenoſſenſchaften nicht
geredet werden kann, ſondern nur von einer gemein⸗
ſchaftlichen Nutzung an dem zwiſchen den Siedelungen
liegenden Oedland. Vermittelnd gibt Varrentrapp zu,
daß zwar keine Markgenoſſenſchaften im ſpateren Sinn,
aber doch genoſſenſchaftliche Verbände irgend einer Art
beſtanden. Ich möchte mich dem anſchließen. Denn
was Seibertz mitteilt über die Entwicklung der Rechte
am Arnsbergerwald mit feinen 4 Haupt: und 19
Untermarken, zwiſchen denen Sonderwaldungen des
Reichs, ſpäter der Landesherren lagen, wobei doch noch
den Herren Maſtvorrechte in den Marken zukamen,
1) Studien u. Darſtellungen a. d. G. d. Geſchichte 1908,
Faſtlinger: „Die wirtſch. Bedeutung uſw.“ Mitt. d. geogr.
Geſellſchaft München 1906. Reindl: „Dörfer u. Weiler in
Südbayern“. Zentralbl. f. d. g. Gorftw. 1913. „Die erſte
Forflordnung für Eger“ ebenda 1895, Kryſpin: „Die Anfänge
d. öſter. Forſtgeſchichte“. Schwappach: „Forſt⸗, Jigd⸗ und
Fiſchereipolitit“ 1895 p. 76. Forſch. 3. in. Geſch. Oeſterreichs
III, Wopfner: „Das Allmendregal der Tiroler Landes für ften”.
2) Schotte a. a. O. Vierteljahrſch. f. Sozial⸗ u. Wirt⸗
ſchaftsgeſch. VIII 1910. Haff: „Markgenoſſenſchaft u. Stadt⸗
gemeinde in Weſtfalen“. Schaumann: „Geſch. d. niederſächſ.
Volkes“. Gottingen 1839. Gierke: Unterſ. z. d. Staats- u.
Nechtsgeſch. 97. 1908. Lappe: „Die Bauerſchaften der Stadt
Geſecke. Dieſer: „Das Nordlüner Markenrecht“. Beilage z.
B. d. Progymnafiums Lünen und „Die Bauerſchaften und
Huden der Stadt Salzkotten“ in Beyerle, Deutſchrechtliche
Unterſuchungen VII 1912. Philippi: „Die Erbexen i. d. ſächſ.⸗
weſtf. Markgenoſſenſchaft“. Diſſertation Münſter 1914. Sei⸗
bertz: „Landes⸗ und Rechtsgeſchichte d. Herzogtum Weſtfalen“.
1860/75 u. „Quellen der weſtf. Geſchichte“. 1857 69. Grunert,
Forſt⸗Blätter. Suppl. I 1872. Seidenſticker: „Ueber die ge⸗
noſſenſch. Holzungsrechte . Dieſer: „Ueber den geſch. Urſprung
uſw. d. Intereſſentenforſten“. Peine 1853. Meyer v. Knonau:
Jahrb. d. Reichs unter Heinrich IV. II, 228 ff.
41
läßt ſich am beſten erklären, wenn wir annehmen,
daß in altfadfifder Zeit ſolche Nutzungsverbaͤnde be:
ſtanden, welche die näher liegenden Teile des Wild⸗
landes für ſich allein beanſpruchten und in denen die
Rechte wenigſtens teilweiſe feft mit dem Hofbefitz ver:
knüpft waren, während dazwiſchen noch ausgedehnte
herrenloſe Gebiete lagen, die dann dem Könige zu⸗
fielen. Auf ſolche Gebiete bezieht ſich wohl die Klage
der Sachſen gegen Heinrich IV: „pupilla et advena
quivis — indigenas prohibent silvis communibus
uti — pascua praeripiunt, abigunt armenta gre-
gesque heredes circumveniunt, vi praeda
tollunt“; die auch Schotte als Beweis für das Bor-
dringen der Grundherrſchaft geltend macht. Es war
die Auseinanderſetzung des Königs, der, auf die frän⸗
kiſche Rechtsanſchauung geſtützt, das Wildland als res
nullius in Anſpruch nahm, mit den Erbexen — Bauern
und kleinen Grundherren — die es zu ihrer bisher
nicht abgegrenzten Mark ziehen wollten, d. h. eine
Folge der angewachſenen Bevölkerung. Verſcharft mag
den Streit haben, daß wie Meyer⸗Knonau annimmt,
die Bauern während Heinrichs Unmündigkeit ſich viel-
fach Rechte in Forſten angemaßt hatten, die früher
unbeſtritten dem Reich gehörten. Sie machten dabei
auch keinen Unterſchied zwiſchen Reichsgut und Kirchen⸗
gut, wie der Bericht der vita 8. Bennonis über die
Vorgänge bei Kloſter Iburg zeigt: „circum manen-
tes rustici, quos hic commarchiones appellant,
porcos suos immittere glandesque saccis aspor-
tare et rem episcopi communi usui mancipare
coeperunt“. | |
Allgemein anerkannt ift, daß die Erbexen, d. h. die
Beſitzer eines berechtigten Hofes, in der jpäteren Zeit
als die wahren Eigentümer der ſächſiſchen freien Mark
zu betrachten ſind. Aber hinter ihnen ſaßen ſchon
früh abhängige Leute, urſprünglich wohl Liten, ſpäter
auch Freie, die an der Marknutzung nur kraft des
Rechtes ihrer Schutzherren teilnahmen. Aus dieſen
freien Marken wurden im Laufe der Zeit grund⸗
herrliche, aber nicht etwa durch ein Herabſinken der
Erbexen in Hörigkeit und Verluſt des Eigentumsrechts
an einen Herrn, ſondern dadurch, daß ſie ſelbſt zu
Grundherren wurden, die ihre Höfe durch Zinsbauern
beſtellen ließen, und jenen dann die Marknutzung ganz
oder teilweiſe übertrugen. Der Vorgang wurde be⸗
ſchleunigt durch die Loslöſung des Markenrechts von
Grund und Boden, jo daß es verkauft und verſchenkt
werden konnte. Dadurch wurde auch die Vereinigung
der Erbexenrechte in wenigen Händen ermöglicht. Für
manche Marken kann auch die Anſicht Schaumanns
zutreffen, daß nach Aufteilung der alten Nutzungs⸗
verbände, ſeiner Großmarken, der einzelne Erbexe in
ſeinem Anteil die Nutzungsrechte ſeiner Hinterſaſſen
organifierte. Alſo nicht ein Herabſinken der freien
Mark in Abhängigkeit, ſondern ein Aufſteigen der
freien Märker zur Grundherrlichkeit. Daneben gab
es auch in Niederſachſen ſchon früh Hofmarkgenoſſen⸗
haften auf dem Beſitz des Königs und der Großen.
Zuſammenſaſſend laßt fih alfo fagen: das Be
ſtehen echter Markgenoſſenſchaften in der Urzeit und
insbeſondere von Markwaldungen muß als offene
Frage betrachtet werden. In vielen Fällen haben ſich
die Markgenoſſenſchaften erſt in und nach der Karo⸗
lingerzeit organiſiert. Soweit die Ueberlieferung reicht,
gab es neben freien Marken auch grund herrliche und
zwar in verhältnismäßig großer Zahl, vielleicht waren
ſie immer in der Mehrzahl. Nicht nur die Umwand⸗
lung von freien Marken in gemiſchte und grundherr⸗
liche, ſondern auch die umgekehrte Entwicklung kam
vor. Dieſe erklärt ſich wahrſcheinlich daraus, daß vom
12. bis 14. Jahrhundert die alten Grundherrſchaften
in vielen Gebieten aufgelöſt waren in ſelbſtändige zins⸗
tragende Bauernwirtſchaften und die Lage des Bauern⸗
ſtandes wirtſchaftlich günſtig war.
Nochmals Gedanken über Pereinfachung und
Einſparung in der Badiſchen Torſt⸗ und
Bomanenverwaltung.
(Bon Forſtrat Könige, Heidelberg.)
Herr Geheimer Forſtrat Dr. Wimmenauer war
ſo freundlich meinem Aufſatz im Oktoberheſt 1916 ein
Geleitwort hinzuzufügen, das zur Beſprechung auf⸗
fordert und dieſe alsbald einleitet.
Er berührt dabei die wichtigſten, grundlegenden
Punkte, die einer möglichſt vielſeitigen und eingehenden
Unterſuchung wohl wert ſind. Es ſind folgende
Fragen:
1. Wird die Leiſtungsfähigkeit des Betriebsleiters
erſt durch Zuteilung eines fachlich beſonders ausge⸗
bildeten Gehilfen aus der Klaſſe der mittleren oder
Unterbeamten auf ihre ganze Höhe gehoben?
2. Iſt das von mir angenommene Verhältnis der
Leiſtungsbeanſpruchung zwiſchen Vollbetrieb und Be⸗
förſterung wie 1½ zu 1 der Wirklichkeit entſprechend?
3. Kann die Größe eines neuzeitlih muſtermäßig
ausgeſtatteten Forſtamtes im Durchſchnitt auf 4000 Vbha
bemeſſen werden, ohne daß dadurch die Gründlichkeit
des Betriebs leidet?
4. Genügen für Baden 80 ſolcher Forſtämter,
wenn dieſen anch die Verwaltung ſämtlicher Kameral⸗
domänen überwieſen wird?
Der Herr Geheimrat ſtellt die Richtigkeit meiner
Ausführungen auf Grund ſeiner eigenen Erfahrungen
in Frage.
Hier ſteht Anſicht gegen Anſicht, Erfahrung gegen
42
Erfahrung. Der Herr Geheimrat gibt allerdings zu,
daß die ſeine auf einer nur kurzen Verwaltungstätig⸗
keit beruht, die wohl ein Menſchenalter hinter der
Gegenwart zurück liegt. Die meinige erſtreckt fich über
die letzten 40 Jahre lückenlos bis auf den heutigen
Tag und iſt in den verſchiedenſten Bezirken wie in
Stellungen und Taͤtigkeiten aller Art gewonnen. Alle
Schlüſſe aus ſolchen Erfahrungen aber haben einen
mehr oder minder großen perſönlichen Einſchlag, kön⸗
nen daher eine allgemeine Giltigkeit nur in beſchränk⸗
tem Maß beanſpruchen.
Ich habe daher den Verſuch gemacht aus den be⸗
ſtehenden Verhältniſſen heraus, möglichſt auf redne:
riſchem Weg, die Richtigkeit meiner Sätze zu prüfen
und ſoweit möglich für jedermann prüfbar zu beweiſen.
Das Ergebnis lege ich der Offentlichkeit vor.
I. Gehilfenfrage.
Der Herr Geheimrat verſichert, daß er ſeiner Zeit
die Beſchäftigung mit untergeordneten (ſubalternen)
Arbeiten nicht unangenehm empfunden habe. Für
jene Zeit wird das zutreffen, es waren die Zeiten des
ſorſtlichen Paradieſes. Der Apfel der Erkenntnis hing
noch reifend am Baum. Die Schlange der Wiſſen⸗
ſchaft hatte ſich noch nicht im ſchillernden Kleid heutiger
Forſteinrichtung und Statiſtik genaht. Inzwiſchen aber
hat der Förſter längſt vom Baum der Erkenntnis
genaſcht und iſt, als ſchuldig geworden, vom Erzengel
Gabriel mit dem im Feuer der 150 Sortimente, der ſo⸗
zialen Geſetzgebung und ähnlicher unvermeidlicher Fort:
ſchritte entflammten Schwert aus dieſem Paradies
vertrieben werden. Seitdem ſchreibt er nicht mehr zur
Erholung, ſondern im Schweiße ſeines Angeſichts. Hier
handelt es fic) aber nicht darum, ob der Ober:
förſter die Beſorgung ſolchen Kleinkrams mehr oder
minder läſtig empfindet, als vielmehr darum, ob
die Kraft eines hochſchul⸗gebildeten Oberbeamen bei
einer ſolchen Tätigkeit auch wirtſchaftlich voll ausge⸗
nutzt wird.
Wer dies bejaht und in dem Oberförſter den
Alleinbeamten für alle mit der Betriebsleitung ver⸗
bundenen Arbeiten, auch jener niederer Natur erblickt,
der muß folgerichtig zu dem Schluß kommen, daß
kleine Forſtbezirke die Grundlage der Dienſtein⸗
richtung ſein müſſen. Meines Wiſſens iſt allerdings
noch kein Vertreter der Wiſſenſchaft der Gehilfenfrage
näher getreten und auch Herr Profeſſor Bühler hat
ſie in ſeinen Unterſuchungen über die zweckmäßige
Größe der Forſtbezirke nicht berührt. Alle größeren
Forſtverwaltungen aber und alle Verwaltungsbeamten,
die ſich in den Fachzeitſchriften darüber geäußert haben,
erkennen die Notwendigkeit des „Forſtgehilfen“ im Be⸗
zirksdienſt unbedingt an. Seine Einführung iſt, wie
43
in Preußen und Bayern, ſchon durchgeführt, teils wird ich diefe allein voll überſehen und beurteilen kann, wie
fie erſtrebt. Das einzige, namentlich in den kleineren auch meine Ausführungen in dem erſten Aufſatz ſich
Staaten mit eigenen Forſtlehranſtalten ſchwer zu über: vorweg auf dieſes Land beziehen.
windende Hemmnis iſt die Ueberzahl der vorhandenen Teilt man die Badiſchen Forſtbezirke in ſolche von
Ufefforen und das Lebensbedürfnis dieſer Anftalten. über und ſolche von unter Mittelgröße und teilt man jede
, der beiden Gruppen (nach dem Badiſchen Geſchafts⸗
II. Das Vo llbetriebshektar. kalender 1913) in ſolche mit und ſolche ohne ſtändigen
(Vbha.) II. Beamten oder Aſſeſſor, und zieht man ausjder
Hier wie in den folgenden Punkten beſchränke ich Gruppe der größeren Aemter jene mit ausſchließlich
mich grundſätzlich auf die badiſchen Verhältniſſe, weil Gemeindewaldungen heraus, fo ergibt fih folgendes
Bild J.
Forſtämter Geſamtwaldfläche Waldfläche eines Amtes
1 Domänen | Gemeinde zufammen
ha | % ha | % ha | Vbha
Gruppe
Sahl a Gemeinde
|
|
| Ueber Mittelgröße | a |
(über 3600 ba)
a) mit ftändigem Uffeffor. . | 11 || 25437 | 21771 | 47208 | 2818 54 1979 46 | 4292 | 3622
bi mit zeitweiſem Aſſeſſor oder
ohne Aſſeſſo e 38 36 720 | 122413 159 133 4188 3141
zuſammen 49 62157 | 144184 | 206 341 1268 30 2943 70 4211 | 3230
a gegen b . +1346 |+81 |-1242 |-31 | + 104 | + 481
2. Unter Mittelgröße |
a) mit ſtändigem Aſſeſſor . 7 10244 | 11509 | 21753 1464 47 1644 58 3106 | 2560
p) ohne Wffeffor err 21799 103 707 2988 2165
zuſammen 49 32048 | 115216 147 259 654 22 2351 78 8°05 | 2221
a gegen b. +945 729 — 828 |-29 | +118 | +895
-3. Ueber Mittelgröße |
mit rein Gemeindewald |
(Auszug aus 1) !
a) mit ſtändigem Affeffor . . — | — — — — — — —
b) mit zeitweiſem Wffeffor. . 5 — — — 4816 — 4816 3201
c) ohne Uffeffor . e 2799
zuſammen
gegen 1b +818 — 187
|
Die Aemter unter la und 2a haben fländige Ge- gebend ift, ſondern das Verhältnis, wie die Domänen:
hilfen aus der Zahl der Oberbeamten oder Aſſeſſoren, waldungen an der Geſamtgröße beteiligt find.
jene unter 1b und 3b vielſach ſolche Aushilfe zeit⸗ Nimmt man an, daß die Leiſtungsfähigkeit eines
weiſe in der Hauptgeſchäftszeit, etwa je 6 Monate, Amtes durch Zuteilung eines ſtändigen Hilfsoberbe⸗
jene unter 2b und 3c haben Dienſtaushilfe nur in amten um ¼, durch Zuteilung eines ſolchen für 1/2
Erkrankungsfällen des Vorſtandes. Jahr um / gefteigert wird — gewiß eine recht mäßige
Es fällt ſofort in die Augen, daß für die Ge⸗ Einſchätzung der Hilfsleiſtung —, ſo muß die wirkliche
hilfenzuteilung nicht die zahlenmäßige Größe ausſchlag⸗ Leiſtung der Aemter 1a um ¼ höher fein als die
der Aemter 1b, und jene der Aemter 2a um ½
höher als die der Aemter 2 b. Setzt man ferner die
Arbeitsinanſpruchnahme des ha: Domänenwald = d,
Gemeindewald = g, jo ergeben ſich — Gleich⸗
ungen:
aus Gruppe 1.
ee re (967d + 32218) _ osiga + 19798, woraus
g = 0,67d.
aus Gruppe 2.
4 (6194 F 24686) t 24698) _ 1464d + 1644g, woraus
g = 0,47d.
Nach dem von der Großh. Forſt⸗ und Domänen:
direktion in der Forſtſtatiſtik gegebenen Schlüſſel ift,
wie ich ſchon angegeben, g = 0, 43 d.
Ich ſelbſt habe geſchätzt g = 0, 67d.
Hieraus darf wohl angenommen werden, daß meine
Schätzung der vergleichsmäßigen Beanſpruchung durch
den Gemeindewald eher zu hoch als zu nieder iſt.
Zur Vervollſtaͤndigung und als Grundlage für
meine weiteren Ausführungen habe ich auch verſucht
die vergleichsmaͤßige Arbeitsinanſpruchnahme (dem
Arbeitswert) der ſelbſtbewirtſchafteten Wieſen rechneriſch
feſt zu ſtellen. Dies iſt nur möglich in der Annahme,
daß ſachlicher Bewirtſchaftungsaufwand und Ver⸗
Bild II über den jetzigen Stand:
44
waltungsarbeitsbeanſpruchung in Forſt⸗ und Wiesen
betrieb verhältnisgleich find.
Der Unterhaltungsaufwand für Wieſen beträgt
nach dem Staatshaushalt 1914 (Seite 240 Spalte 1
meines Aufſatzes) für 4360 ha 170060 M., font
für 1 ha rund leinſchließlich Düngung) 40 M., fr
den ha Domdaͤnenwald (Forſtſtatiſtik 1914, Seite 145)
30 M. Beim Wald gehen ab durch Ausſcheidung aller!
Koſten, die bei den Wieſen nicht berückfichtigt fnb,
6 M., bleiben zur Vergleichung 24 M. i
Bezeichnet man den Arbeitswert der Wieſen mit |
w, fo ergibt fic) folgende Gleichung: i
40d _ 1674
w= — [0
24
Ein ha Wieſe wird ſomit an Arbeitsbeanſpruchung
höchſtens die Bedeutung von 2 Vbha Wald haben.
III. Genügen 80 Forſtämter für Baden?
Zur rechneriſchen Unterſuchung ift zunächst das
Forſtamt Forbach II auszuſcheiden, da es Gemeinheit
waldungen einer Genoſſenſchaft und des Staates ver:
waltet, wegen beſonderer Verhältniſſe untrennbar if
und beſondere Einrichtungen hat.
Nach Ausſcheidung dieſes Amtes und feiner Jike |
ergibt ſich folgendens
PE ENDRBER SEE a SSO ee Oe
i ’
i 2 re i
Waldflächen 8 3 Auf ein Forſtamt kommen
8 S — — 25 — ch
Landesgegend 85 5 | do Ge⸗ BS Sp
E E mänen | meinden un 85 mänen men zuſammen $ 75
ha ha | Vbha ha |Vtha| |b
1. Bodenfee ..... 19624 ı 24938 3117 | 2299 31 X
2. Donau)) 16 215 18106 4 527 | 8 176 | 22 | 13
3. SGdwarzwalb . . . . 70583 115 809 8602| 2 868 11 | 20
4. Oberes Rheintal 65 922 85 787 3572| 2657 19 14
5. Unteres Rheintal 12 455 8 669 3076 9 07
6. Bauland 40 143 8 389 2310 20 |15:
7. Odenwald 34 505 4047 2897| 18 10
98 | 1663 | 94 211 259 447 353 658 267 176 4 360] 961 | 2648| 3 609 2726; 17 W
Vbha . 94 211 172 965 | 267 176 | 8720 | 961 1765 f2 726 |
Ermäßigt man die Zahl der Forſtämter von 98
auf 79 Normalforſtämter und teilt die Betriebsgegen⸗
ſtände unter Einhaltung der Grenzen der Landes⸗
275 896 |
Zn
gegenden unter die neuen Aemter auf, fo bietet f
folgendes
E
Bild III.
Stand bei 79 Normalforſtämtern.
f
Bew. Fläche [ Auf 1 Amt Vbha Auf 1 Amt wirkl. Fläche =
© l € =
j z z |52
Sandesgegend Bies | @ Wald 8 S Wald T — 1.5
TE Wald f en Sine Bee = = — G 2 = w E
= o⸗ 5 zuſam⸗ = D es zuſam⸗ = S SS
= Imänen meine È en g nen E
Vbha SS den — den =
|
Bodbenfee . .... 18 397 | 1168] 6 | 886| 2180| 3066 | 194 | 3260] 886 3270| 4156| 97 | 4253| 42
Donau ...... 12 701 68} 3] 630! 3603| 4233| 22 | 4255| 630 5405| 6035 11 6046] 29
Schwarzwald.. . | 91781] 1503| 27 | 1657| 1743| 3 400 56 | 3956| 1657 | 2614} 4271| 28 4299 14
Oberes Rheintal. . | 63793 | 3472] 20 991 | 2198| 3189| 173 | 3362] 991 3294 4285, 87 4372| 22
5. Unteres Rheintal. || 21531| 2294| 6 | 2205| 1389| 3594| 392 | 83986] 2205 2076| 4281 191 4472| 10
6. Bauland 30 028 172| 8| 408) 3345| 3 753 21 | 8774| 408 5002| 5410| 11 5421| 33
7. Odenwald 28 975 3889 6633 556 3 219 4 | 3223] 663 3834 4497 | 2 4499 20
zuſammen . 267 176 8720| 79 | 1193| 2189 | 3382| 113 | 3495 | 1193| 3284 | 4477| 55 | 4532| 21
— mm
Hiernach würde die mittlere Bezirksgröße nur bei
022 Donaugegend die Zahl von 4000 Vbha etwas
überſchreiten, ſonſt aber zwiſchen 3223 und 3986 Vbha
ſchwanken und im Mittel des ganzen Landes rund
3500 Vbha betragen. Dieſe Größe bleibt um 500
Vbha hinter der eines „Muſterforſtamtes“ zurück.
Reiht man dieſes „Badiſche Muſterforſtamt“ in
die Ueberſicht auf Seite 245, Spalte 1 ein, ſo ergibt
ſich folgendes
Bild IV.
Durchſchnittsgröße der Forſtbezirke.
Elſaß⸗Lothringen . 4500 Vbha
Preußen 4300 „
Normal 4000 „
Baden fete fant 3500 „
Bayern ; . 8140 „
Baden jetzt. 2700 „
Dazu ſei bemerkt, daß Preußen wie Bayern fortwäh⸗
reud Forſtämter aufheben und die belaſſenen vergrößern.
_ W Wie wird ſich der Geſchäftsbetrieb
beim Normalforſtamt gegenüber jenem
bei den derzeitigen Aemtern geſtalten?
Darüber, wie der Jahresbetrieb bei einem Forſtamt
der jetzigen Dienſteinrichtung verläuft, beſtehen teils in
den Tagebüchern für auswärtige Geſchäfte ziemlich ge⸗
naue Aufzeichnungen, teils weiß jeder Geſchäftskundige,
der gewohnt iſt ſich ungeſchminkte Rechenſchaft über das
Maß ſeiner Arbeitsleiſtung zu geben, an Hand ſeiner
Aufzeichnungen, wie ſeine Jahresarbeit ſich einteilt.
Nach meinen eigenen Erfahrungen und Aufzeich⸗
nungen wie nach dem, was mir aus den Aufzeich⸗
1917
— —— — — — —
| |
nungen anderer Amtsgenoſſen bekannt geworden iſt,
habe ich eine Geſchäftseinteilung aufgeſtellt.
Unterſtellt man, daß dem künftigen Muſterforſt⸗
amt ſowohl Kraftwagen wie eine mit allen Hilfs⸗
mitteln der Neuzeit ausgeſtattete Kanzlei zur Ver⸗
fügung ſtehen muß, ſo ergibt ſich aus Tatſachen,
Erfahrungen und Vergleichen folgendes
Bild V Fortſetzung folgende Seite).
2. Aſſeſſoren.
A. Jetziges Verhältnis;
267176 Vbha.
Stand: 47 Amtmänner und Aſſeſſoren.
a. Außendienſt: 1 Aſſeſſor 120 Geſchäfte zu je
6 Stunden reiner Arbeit gibt zuſammen 720 Stunden
und für 47 Aſſeſſoren 33 840 Stunden.
Arbeitswidmung auf je 100 Vbha, jährlich omit
13 Stunden.
b. Innendienſt: 1 Aſſeſſor 150 Arbeitstage zu je
8 Stunden = 1200 Stunden; für 47 Aſſeſſoren
56 400 Stunden.
Arbeitswidmung auf je 100 Vbha jährlich ſomit
21 Stunden.
B. Verhältnis bei 79 Normalforſt⸗
aͤmtern und einer Betriebsflaͤche von 275 896 Vbha.
Stand: 20 Amtmänner und Aſſeſſoren.
Geſchäftseinteilung wie bei A.
a. Außendienſt: 20 Aſſeſſoren zu 720 Stunden
== 14400 Stunden.
Arbeitswidmung auf je 100 Vbha jährlich ſomit
5 Stunden. |
b. Innendienſt: 20 Aſſeſſoren zu 1200 Stunden
= 24000 Stunden.
—
Betriebsflaͤche
7
40
Bild V. Yahresgejhäftseinteilung beim Forſtamt.
1. Dienſtvorſtan d.
EE ñ ñ —T— :..:... D‚——uüU—Ü—¼— . T
—
jetzt Norm. Amt
02 Gegenſtand Maßeinheit 1
en se kl. Amt gr. Amt bei 79 mit 4000
ohne Wiel. | Asso: Stellen Vbha
1 Betriebsflähe. . . . .. Sale (lager Sh ts Vbha 2165 8622 3500 4000
2 | Gonne und Feiertage Taye 65 65 65 65
8 | Urlaub, Krankheit ue. = 60 60 60 60
4 | Außendiennt . N 140 150 150 150
5 | Innendiennt i 100 90 90 9⁰
a) Außendienſt
6 | Mittlere Entfernung der Geſchäftsorte
vom Dienſtſi zz km 10 15 15 18
7 | Beförderungsmittel. . . 2.2... Art Pferdefuhrwerk Kraftwagen
8 | defen Geſchwindigke ie Stund. km 10 10 35 35
9 Zeitdauer für ein Gefhäft . . . . . Stunden 6 8 8 8
10 | Zeitdauer für den Weg * 2 3 1 1
11 Reine Arbeitszeit 5 4 5 7 7
12 Reine Arbeitszeit im Jahr . . . . . ‘i 560 750 1050 1050
13 Arbeitswidmung auf 100 Vbha . . . ‘i 26 21 30 26
im Mittel 23
b. Innendienſt
14 J Je Arbeitstag n 8 8 8 8
15 | 3m Jae; i 800 720 720 720
16 | Arbeitswidmung auf 100 Vbha . . . i 37 20 21 18
im Mittel 28
(Fortſetzung Z. 2 auf voriger Seite.)
Arbeitswidmung auf je 100 Vbha jährlich ſomit
9 Stunden.
3. Forſtgehilfen (Schreibforſtwarte).
A. Jetziges Verhältnis: Betriebsfläche
267 176 Vbha.
Stand: 20 Schreibforſtwarte.
a. Außendienſt: Keine Verwendung.
b. Innendienſt: Ein Schreibforſtwart 280 Tage
zu 8 Arbeitsſtunden = 2240 Stunden, 20 Forſtwarte
44 800 Stunden. :
Arbeitswidmung auf je 100 Vbha jährlich fomit
17 Stunden.
B. Verhältnis bei 79 Normalforſt⸗
ämtern und einer Betriebsflaͤche von 275896 Vbha.
Stand: 79 Forſtgehilfen.
a. Außendienſt: 1 Gehilfe 100 Tage zu je 6
reinen Arbeitsſtunden — 600 Stunden, 79 Gehilfen
— 47400 Stuuden.
Arbeitswidmung auf je 100 Vbha jährlich ſomit
17 Stunden.
b. Innendienſt: 1 Gehilfe 180 Tage zu 8 Stunden
— 1440 Stunden, 79 Gehilfen = 113 760 Stunden.
Arbeitswidmung auf je 100 Vbha 41 Stunden.
(Fortſetzung Bild VI naͤchſte Seite.)
— En Le ee
Hiernach wird beim „Badiſchen Muſterforſtamt“
dem jetzigen gegenüber die Arbeitswidmung für die
Flächeneinheit ſowohl im Aupen: wie im Innendienft
fic) nicht unweſentlich — im ganzen um 10% —
erhöhen, zugleich auch in einem ber Leiftungsfähigkeit
der verſchiedenen Beamtengruppen angemefjenerem Der:
haͤltnis vollziehen.
Aber auch bei dem Muſterforſtamt von 4000
Vbha iſt noch eine Verſtärkung der Arbeitswidmung
von im ganzen 4% nachzuweiſen.
Bei den Schätzungen von Zeit, Weg uſw. ift troh
aller rechneriſchen Grundlagen der perſönliche Einſchlag
ſelbſtverſtändlich nicht völlig auszuſchließen. Die mög:
lichen Fehlergrenzen find aber fo gelegen, daß auf
bei einer anderen Veranſchlagung im einzelnen das
vergleichsmäßige Endergebnis fih keinenfalls zu Um
gunſten des Muſterforſtamtes verſchieben kann. Eder
dürfte das Gegenteil eintreten.
Es fei nur darauf hingewieſen, daß der Ktaſt⸗
wagen einfach als Erſatz für den Pferdewagen einge
ſtellt wurde, in Wirklichkeit iſt ſeine Verwendung eine
gänzlich andere, tiefergreifende. Sie wird die Beweg⸗
lichkeit und Leiſtungsfähigkeit des Betriebsleiters ganz
außerordentlich erhöhen, indem fie die Hemmniſſe bon
— = A ANE
47
Bild VI. Geſamtüberſicht der Arbeitswidmung.
Be⸗ Arbeitsſtunden auf 100 Vbha | „Verhältn. Beteiligung
zirks⸗ Außendienſt Innendienſt Aeuß. Dienft | Innendienſt
W i. G. F. Af. G. B. Af. e
vpha Vor. Aſ. G. | auf. Vor.“ Af. | G. zuſ. „ „% „% % | % | n
. Jetziges Verhältniss 2700 23 | 18 — 36 28 | 21 | 17 66 | 102 | 64 36 — | 48 81 | 26
2 Bad. Muſter⸗ Amt.. 3500 30 5 17 52 21 41 71 | 123 1)
3. Allgemeines Muſter⸗ Amt
(2 v. B. 2
3. 2 gegen 1 1 8 800 7 — |17
Seb e e i = 8
3.3 gegen 1 -. 1300 8 — 15
a iy it = 0
(Fortſetzung vorige Seite Sp. 2.)
geil und Raum auf ein Mindeſtmaß zurückdrängt,
don dem man früher keine Ahnung hatte.
Ebenſo iſt die Bedeutung der gegenwärtigen Hilſs⸗
mittel für den Innendienſt, wie Fernſprecher, Schreib:
maſchine und dergl. nicht in Rechnung gezogen. All
hele Umſtände aber geben der Arbeitsſtunde des Zu⸗
kunſtsforſtamtes einen ganz weſentlich erhöhten Arbeits-
wert gegenüber der jetzigen.
Ich glaube, ſoweit dies irgend auf den vorhandenen
Grundlagen möglich it, den Nachweis erbracht zu
kaben, daß Baden mit 79 bzw. 80 Forſtämtern auch
z
3
&
2
=
unter Zuteilung ſämtlicher Kameraldomänen nicht nur
auskommen kann, ſondern daß bei dieſer Umordnung
neben weſentlichen Erſparungen und Vereinfachungen
darüber hinaus auch eine Steigerung der Bewirt⸗
ſchaftungstätigkeit erzielt werden kann.
Aber auch das ſcheint mir erwieſen, daß das
Muſteramt mit 4000 Vbha die derzeitigen Forſtämter
im Durchſchnitt an vergleichsmäßiger Leiſtungsfähigkeit
eher übertreffen als hinter ihnen zurückbleiben wird.
Ich danke dem Herrn Geheimrat Wimmenauer,
daß er mich durch ſein Geleitwort zu dieſer nochmaligen
Durcharbeitung veranlaßt hat.
Literariſ che Berichte.
Handbuch der Holzkonſervierung. Unter Mit:
wirkung von Eiſenbahn⸗Bau⸗ und Betriebsinſpektor
a. D. E. Biedermann⸗Berlin; ehem. Direktor der
R. Eiſenbahn⸗Verſuchsanſtalt Dr. J. Dehnſt⸗Berlin;
Oberförfter Dr. Dengler⸗Reinhauſen; Prof. Dr. K.
Edſtein⸗Eberswalde; Prof. Dr. Falk⸗Hann. Münden;
Regierungs⸗Baumeiſter a. D. O. v. Haſelberg⸗Berlin;
K. u. K. Hauptmann der Pioniertruppe B. Malen⸗
lodie⸗Wien; Dr. Ing. Fr. Moll: Berlin; Dr. Fr.
Peterg⸗Berlin; Dr. Fr. Pfenning⸗Berlin; Ingenieur
R. Sodemann⸗ Hamburg; Direktor K. H. Wol-
man⸗Berlin, herausgegeben von Marine⸗Oberbaurat
t Erni Troſchel⸗Berlin. Mit 220 Textabbil⸗
dungen. Berlin bei Springer 1916.
Da eine planmäßige und begründete Bekämpfung
der pflanzlichen und tieriſchen Holzſchädlinge ſchließlich
boch nur auf Grund der phyſiologiſchen und anato⸗
miſchen Berhaltniffe der Holzentſtehung und Holz⸗
eigenſchaften Ausſicht auf Erfolg hat, iſt das Wiſſens⸗
werte über letztere in knapper und klarer Form mit⸗
geteilt. Nicht minder wichtig ſcheint auch die Betrach⸗
tung alles deſſen, was ſchädigend auf das Holz wirkt.
Neben der Zerſtörung des Holzes durch atmoſphaͤriſche,
klimatiſche, mechaniſche und chemiſche Einflüffe find es
insbeſondere die holzzerſetzenden Pilze, die wie alle
Kapitel durch eine erſtklaſſige, ſelbſtforſchende und er⸗
fahrene Kraft behandelt werden. Auch die tieriſchen
Schädlinge und deren Lebensäußerungen find ein⸗
gehend beſprochen.
Einen breiten Rahmen nimmt naturgemäß der
(zweite) Teil ein, der ſich mit den einzelnen Konſer⸗
vierungsmethoden befaßt; das hierüber gebotene Detail
erſpart vielfach die Zurhandnahme der weitzerſtreuten
Spezialliteratur. Dieſem Teile iſt als Anhang eine hiſto⸗
7°
48
— nn —
riſche Zuſammenſtellung der Konſervierungsmethoden
angeſchloſſen.
Je nachdem das konſervierte oder nicht konſervierte
Holz im Freien, in Innenräumen oder unter Waſſer
verwendet wird, iſt ſein Verhalten ein verſchiedenes;
aber auch die Konſervierungsmittel ſelbſt löſen unter:
ſchiedliche Wirkungen aus. Das wichtigfte iſt ſelbſt⸗
verſtändlich die Lebensdauer roher bezw. konſervierter
imprägnierter Hölzer. Ueber all das belehrt uns der
dritte Teil.
Im vierten iſt die hauptſächlichſte Verwendung des
Holzes im Eiſenbahn⸗, Gruben-, Waſſer⸗, Schiff⸗, Hoch-,
Straßen-, Brückenbau uſw. eingehend und ſachmänniſch,
unter Angabe der einſchlägigen Konſervierungsmethoden
geſchildert.
Für noch genaueren Aufſchluß Suchende bildet die
beigegebene Patentliſte eine wohl allen Bedürfniſſen
Rechnung tragende Fundgrube.
Das Werk, welches geheftet 18 und gebunden
19.60 Mk. koſtet, iſt abgeſehen vom Inhalte noch aus⸗
gezeichnet durch glänzenden Druck und ebenſolche Ab:
bildungen. Wer irgendwie mit Holzkonſervierung zu
tun hat, wird Aufſchluß und Anregung darin finden.
H. Bauer-München.
Die Ernährung der landwirtſchaftlichen Kul
turpflanzen. Lehrbuch auf Grundlage der wiſſen⸗
ſchaftlichen Forſchung und praktiſchen Erfahrung
bearbeitet von Profeſſor Dr. W. Schneidewind,
Vorſteher der agrik.⸗chem. Verſuchsſtation der Land
wirtſchaftskammer für die Provinz Sachſen. Halle
a. S. Berlin bei Parey 1915. Preis gebunden
13 Mk.
Ein Lehrbuch, geſchrieben von einer bekannten
Autorität auf dem Gebiete der Landwirtſchaft. So
weit fih die Ausführungen nicht ausſchließlich auf land:
wirtſchaftliche Pflanzen beziehen, gewähren fie auch dem
Forſtwirt wertvolle Aufſchlüſſe und Anregungen. Der
Inhalt entſpricht dem neueſten Stande von Willen:
ſchaft und Praxis; er iſt in drei Teile gegliedert:
1. „Die Phyſiologie der Ernährung“; eine theo:
retiſche Stoffbehandlung als wiſſenſchaftliche Grund:
lage für die praktiſchen Düngerfragen. Die Ernäh—
rung der Keim und der grünen Pflanze ift mit viel
Geſchick und belegt mit z. T. originellen Verſuchen
behandelt.
2. „Der Boden“. Die Kapitel „Beſtandteile der
feſten Erdrinde“ (Mineralien und Geſteine), „die
Bodenbildung“, „die verſchiedenen Bodenarten, ihre
Eigenſchaften und Umwandlungen durch menſchliche
Eingriffe“ bezeugen, daß dieſe übrigens elegant ge—
ſchriebene „Bodenkunde“ auf die Bedürfniſſe der Praxis
zugeſchnitten iſt.
— — — —
3. „Die Düngung“. Verf. beſpricht zuerſt die em-
zelnen Düngemittel, deren Bewertung und Preis, dann
ihre Anwendung auf die verſchiedenen Kulturpflanzen
unter Bezugnahme auf eine ſorgfältig ausgewählte
Verſuchsreihe. Von beſonderem Intereſſe ſind die
Düngerrezepte für die verſchiedenen Bodenarten.
H. Bauer -München.
Die Mitwirkung der deutſchen Forſtwitt⸗
ſchaft an den Aufgaben der Bolter:
nährung im Kriege. Von Prof. Dr. Borg:
mann, Forſttechniſcher Referent im Kriegsernäh⸗
rungsamt in Berlin. Sonderabdruck aus „The:
randter Forſtliches Jahrbuch“ Band 67. Heft 5 6.
Berlin: Verlagsbuchhandlung, Paul Parey. 1916.
Preis: 1,60 M.
In der Zeit vom 2.—4 Juni 1916 trat, wie
Verfaſſer einleitend mitteilt, der vom deutſchen For:
wirtſchaftsrat gebildete „Kriegsauſchuß“, unter Leitung
des Regierungsdirektors Dr. Wappes, erſtmalig z
einer Sitzung in Berlin zuſammen, um im Gmbh
auf das kurz zuvor ins Leben gerufene „Kriegzer⸗
nährungsamt“ zu den Aufgaben Stellung zu nehmen,
die dem deutſchen Walde für die Volksernährung
während des Krieges zufallen. Hierbei wurde be
ſchloſſen, an den Präſidenten des Kriegsernährungs⸗
amtes mit einem Antrage heranzutreten, die deulſche
Forſtwirtſchaſt wegen ihrer Bedeutung für die Voll:
ernährung im Kriege in den Geſchäftsbereich des
Kriegsernähtungsamtes einzubeziehen, im befonderen
eine Vertretung derſelben:
1. durch die Einrichtung eines Referats für Fori:
wirtſchaft und 2. durch die Berufung von Bertretern
der deutſchen Forſtwirtſchaft, inſonderheit auch eins
ſolchen aus dem deutſchen Forſtverein, in den Beirat
des Kriegsernährungsamtes in Ausſicht zu nehmen.
Bereits unter dem 14. Juni 1916 erfolgte hierau ß
die Einberufung des Verfaſſers als ſorſttechniſcher Re
ferent in das Kriegsernährungsamt. Die Zuziehung
eines Vertreters des deutſchen Forſtvereins in den Ver
rat desſelben wurde von Fall zu Fall vorbehalten.
Verfaſſer weiſt weiter auf die Mitwirkung de
Waldes in den Fragen der Volksernährung hin, we:
bei als leitender Grundſatz für die zutreffenden Ent:
ſchließungen das doppelte Ziel berückſichtigt wurde:
einmal den Wald für die Zwecke der Volksernährung
Jo vollkommen als möglich zu erſchließen, zum an:
deren den Wald gegen ungerechtfertigte Anſprüche
nachdrücklich zu ſchützen.
In einer allgemeinen Ueberſicht ſtellt B. fodann
die dem Walde für die Volksernährung zufallenden
ave — — 7
Ny Zoe! I A
Aufgaben zuſammen und läßt dann die beſondere Bes
handlung derſelben folgen.
Es handelt ſich hiernach um ſolgende Gegenſtände:
I. Waldbeeren und Pilze. 1. Bodenfrüchte:
Rauſch⸗
a. Beerenfrüchte (Heidelbeere, Preißelbeere,
beere, Moosbeere, Erdbeere, Himbeere, Brombeere);
b. Pilze (Steinpilz, Champignon, Pfifferling, Grün⸗
ling. Moosling, Butterpilz, Täubling, Reizker, Mor⸗
chel u. a.); 2. Strauch⸗ und Baumfrüchte (Ebereſche,
Mehlbeere, Elsbeere, Berberitze, Weißdorn, Schwarz⸗
dorn. Hagebutte, Hollunder, Wachholder, Mispel,
Kornelkirſche u. a).
II. Tee- und Heilkräuter.
III. Oelfrüchte. 1. Anbau von Raps auf Eichen:
ſchälwaldſchlägen; Kultur der Sonnenblume und des
Mohns im Walde; 2. Ernte der Bucheckern; 3. Son⸗
ſtige Oelfrüchte (Wal: und Haſelnüſſe, Roßkaſtanien,
Lindenſamen, Ebereſche, Fichtenſamen).
IV. Kraftfuttermittel. a. unmittelbar:
Baumfrüchte (Eicheln, Bucheckern, Roßkaſtanien), Holz⸗
mehl (Fichte, Birke, Buche), Heide⸗ und Flechtenmehl,
b. mittelbar: Oelkuchen und Oelmehle wie Raps aus
dem Anbau auf Eichenſchälwaldſchlägen, aus Buch⸗
eckern, von Wal- und Haſelnüſſen, Roßkaſtanien,
Fichtenſarnen, Freiwerden von Kartoffeln infolge der
Spiritusherſtellung aus Holz und den Sulfitablaugen
der Zellſtoffinduſtrie.
V. Spiritusherſtellung aus Holz nnd den Sulfit⸗
ablaugen der Zellſtoffinduſtrie.
VI. Zuckerherſtellung aus Holz,
Ablaugeri und Laubblättern.
VII. Waldweide, Gras: und Futterlaubnugung,
Reiſigfutter.
VIII. Wald⸗ und Torfſtreu.
IX. Landwirtſchaftlicher Zwiſchenbau, Moorkultur.
X. Wildabſchuß und Wildſchadenverhütung, Wild:
fütterung im Kriege.
Auf die nun folgende beſondere Behandlung dieſer
einzelnen Punkte näher einzugehen, verbietet uns der
zur Verfügung ſtehende Raum. Es kann aber auch
aus dem Grunde um ſo mehr hiervon abgeſehen werden,
als das Wichtigſte hierüber ſchon unter „Notizen“ in
den letzten Heften der Allg. Forſt⸗ und Jagd⸗Zeitung
mitgeteilt worden iſt. E.
Bericht über die XXII. Tagung (Kriegs⸗
tagung) des deutſchen Forſtwirtſchaftsrat
zu Berlin, 28.— 30. März 1916. Berlin,
Verlag von Julius Springer. 1916.
Mit Recht wies der Vorſitzende, Oberforſt⸗
meiſter Riebel⸗Filehne, am Schluß der Kriegs⸗
tagung des deutſchen Forſtwirtſchaftsrats darauf hin,
Sulfitzelluloſe⸗
49
daß dieſe Tagung eine der intereſſanteſten und inhalt⸗
reichſten des deutſchen Forſtwirtſchaftsrates geweſen ſei.
Aus dieſem Grunde ſoll dem Inhalte des vorliegenden
Berichts auch größere Beachtung geſchenkt werden, als
es bei ſonſtigen Beſprechungen eines derartigen Be⸗
richtes zu geſchehen pflegt. |
Zunächſt wurde über „die Gewinnung von
Nährſtoffen und techniſchen Hilfsſtoffen
aus dem Walde“ geſprochen.
Als Berichterſtatter wies Oberforſtmeiſter
Riebel⸗Filehne auf den Exiſtenzkampf hin, den
Deutſchland führt, der nur mit der Niederwerfung
eines der beiden großen Nebenbuhler, Deutſchland und
England, enden werde. Da man uns durch Hunger
zugrunde richten wolle, ſei es nötig, im Lande alle
Mittel herauszuſuchen und rückſichtslos nutzbar zu
machen, die geeignet ſeien, uns in der Ernahrung des
Volkes und ſeines Viehſtandes unabhängig von der
Einfuhr aus dem Auslande zu machen und uns ganz
auf eigene Füße zu ſtellen, nicht nur während des
Krieges, ſondern möglichſt für immer.
Auch der Wald müſſe hierbei mithelfen. Zur
direkten menſchlichen Ernährung werde derſelbe zwar
nur verhälnismäßig wenig beitragen können, es könne
dies nur in beſchraͤnktem Maße durch Hergabe von
Anbauflächen für Feldfrüchte geſchehen; eine erhebliche
Veränderung der Waldfläche erſcheine auch nicht rat⸗
ſam. Hilfsſtoffe zur Tierernährung könnten aber aus
dem Walde in großen Mengen entnommen werden.
Ferner kämen zum direkten Nahrungsmittelbezuge aus
dem Walde noch Beeren, Pilze und ſonſtige
Waldfrüchte in betracht, und es liege nahe, zu er⸗
wägen, ob man nicht deren Produktion, wenn auch
nicht durch Anbau, ſo doch durch Schaffung geeigneter
Lebensbedingungen fördern ſolle.
Die Beeren⸗ und Pilznutzung habe leider die übele
Kehrſeite, daß ſie in die Sommerzeit falle und einen
erheblichen Arbeitsaufwand erfordere. In guten Beeren⸗
jahren ſeien daher ſchwer Erntearbeiter zu bekommen;
die Leute gdgen das Beerenſammeln, wobei bequem
und angenehm 4—8 Mk. täglich verdient würden,
anderer Arbeit vor.
Unter den tieriſchen Futtermitteln ſtehe in erſter
Reihe das Gras. Zunächſt könnten gute Wieſen im
Walde geſchaffen werden, welche nicht nur zur Heu:
gewinnung, ſondern auch als Weidekoppeln genutzt
werden könnten. Sodann ließen ſich die Gräſer im
Walde als Viehfutter benutzen und es fet zu erwägen,
ob man die Grasnutzung nicht in geeigneten Beſtänden
durch billige Düngung mit Kaliſalzen verbeſſern könne.
Auch von den Forſtunkräutern feien manche
wertvoll. Die Neſſel z. B. enthalte einen hohen
Stickſtoffgehalt und reichlich Zucker. Junge Neſſeln
SS SS — — — — aaa
x
50
würden mit Vorliebe zur Schweinefütterung, Diſteln
zu Schweine⸗ und Bänjefutter verwendet. Durch Ein:
ſäuerung könnten Forſtunkräuter, die ſonſt vom
Vieh nicht gern genommen würden, ſchmackhafter und
verdaulicher gemacht werden. Viele der Forſtunkräuter
(3. B. Heidekraut, Ginfter, Beſenpfrieme) ließen ſich
auch zur Erzeugung von Pflanzenmehl verwerten.
Als weiteres Futtermittel feien Laubheu und
Laubholzreiſig zu nennen, welches in großen
Mengen beſchafft und in friſchem und getrocknetem
Zuſtande verfüttert werden könne.
Von anderen land wirtſchaftlichen Hilfsmitteln käme
dann noch die Streu in Betracht. Die Landwirt⸗
ſchaft könne das Stroh verfüttern und durch Wald:
ſtreu erſetzen.
Als Düngemittel könne Moorerde, Lehm
-und Mergel benutzt werden. Gute Moorerde wirke
auf Sandböden faſt wie Chiliſalpeter.
Als techniſcher Hilfsſtoff ſtehe in erſter Linie das
Holz. Diefes müſſe man bei dringendem Bedarf
während des Krieges unter Außerachtlaſſung der
ſtrengen Nachhaltigkeit, nehmen, wo es zu bekommen
iſt. Vor ſtärkeren Vorgriffen, beſonders zur Beſchaffung
von Gruben⸗ und Papierholz, dürfe man nicht zurück⸗
ſchrecken. Die deutſche Induſtrie müſſe leiſtungsfähig
erhalten werden, ohne Rückſicht darauf, ob ſpäter die
Erträge aus dem Walde zurückgehen könnten. Auch
für genügend Brennholz miiffe geſorgt werden. Hier:
bei könne die Stockrodung helfen. Wenn hierzu die
Arbeitskräſte fehlen ſollten, müſſe man ſich mit mecha⸗
niſchen Mitteln (Stockrodemaſchinen) behelfen, oder
Stockholz zur Selbſtwerbung abgeben.
Weiter ſei auf die Faſerſtoffe hinzuweiſen, wie
die Neſſeln ſie lieferten. Die Neſſel wolle eine
mäßige Beſchattung haben und man könne ihren Wuchs
leicht durch Schaffung geeigneter Belichtungsgrade
fördern.
Die heimiſchen Gerbmaterialien hätten einen
unerwartet hohen Wert erlangt und der bereits auf⸗
gegebene Eichenſchälwald komme wieder zu Ehren.
Die Harznutzung erlange immer größere Aus⸗
dehnung, der wertvollſte Beſtandteil des Harzes, der
Terpentin, ſei für eine Menge Induſtriezweige ein un⸗
entbehrliches Hilfsmittel.
Aus dem Holze konnten ferner auf dem Wege der
trockenen Deſtillation eine ganze Reihe wertvoller Pro⸗
dukte gewonnen werden, darunter namentlich Eſſig⸗
ſäure, Methyl⸗ und auch Aethylalkohol. Hierdurch
könnten eine Menge Kartoffeln, die jetzt zur Spiritus⸗
gewinnung erforderlich ſeien, für die menſchliche Er⸗
nährung frei gemacht werden.
Geheimer Oberforſtrat Dr. Neumeiſter⸗
Dresden beſpricht die Verwendung des Laub⸗ und
von Futterlaub gemacht hat.
Reiſigfutters, Regierungs⸗ Direktor Dr.
Wappes⸗Speyer empfiehlt die Kenntnis der eß⸗
baren Pilze zu erweitern, denn tauſende von Zentnern
eßbarer Pilze gingen jährlich im Walde ungenutzt ver⸗
loren, und weiſt ferner auf den Anbau der Sonnen⸗
blume hin. Für die menſchliche Ernährung ſei auch
die Heidelbeere von größter Bedeutung. Ebenſo
ſei ihr hygieniſcher Wert bei Verarbeitung und Ver⸗
wertung in getrocknetem Zuſtande ſehr groß.
Wenn es daher einerſeits ſehr erwünſcht ſei, daß
Frauen und Kinder die Heidelbeernutzung in größtem
Maßſtabe vornähmen, fei es andrerſeits ſehr uner⸗
wünſcht, wenn Arbeitskräfte, die man anderweitig ſehr
notwendig gebrauche, im Walde herumliefen, um
Heidelbeeren zu pflücken. Dieſe Angelegenheit bedürfe
in irgend einer Weiſe der Regelung.
Landforſtmeiſter Schede⸗ Berlin hält
auch die Verwertung des Laubes gu Futter:
zwecken für ſehr wichtig und teilt die Erfahrungen
mit, die die Preuß. Forſtverwaltung mit der Abgabe
Die Beeren hätten
zweifellos eine ihrem maſſenhaften Vorkommen ent:
ſprechende außerordentliche Bedeutung, Dielen Beere:
maſſen entſprächen aber die für ihre Ernte zur Ver⸗
fügung ſtehenden Arbeitskräfte leider fo wenig, daß
die preuß. Staatsforſtverwaltung ſchon zu Friedens⸗
zeiten ihre Politik immer dahin habe richten müſſen,
die Bevölkerung zum Sammeln der Beeren nicht an
zuregen, vielmehr den Teil der hierfür in Betracht
kommenden Perſonen, die ihre Kräfte als land wirt⸗
ſchaftliche Arbeiter nützlicher verwerten könnten, nach
Möglichkeit vom Beerenſammeln zurückzuhalten.
Die Brenneſſel verdiene infolge der Erfindung
des Prof. Richter die größte Beachtung. Früher
feien dadurch Schwierigkeiten entſtanden. daß bei lan:
gerem Liegen der Brenneſſel im Waſſer ſich ein Ba⸗
zillus entwickelte, der die Faſern zerſetzt habe. Dies
werde jetzt dadurch vermieden, daß das Waſſer bald
nach dem Einlegen der Neſſeln gewechſelt würde. Das
erſte Waſſer, in dem die Neſſeln gelegen hätten, folle
noch zur Zuckerfabrikation verwendet werden, da die⸗
ſelben nicht weniger als 8 ½% ihres Trockengewicht
an Zucker enthielten. Die Brenneſſelfaſer fer aner
kaunt beſſer als die Flachsfaſer, fie ſei haltbarer und
ftärfer.
Ein vorzügliches Futtermittel für Schweine fei die
Wurzel von Pteris aquilina.
Verſchiedene Verfahren zur Verwertung des
Holzes zu Futterzwecken ſeien foweit gefir
dert, daß gute Ausſicht vorhanden fei, daß fie 3!
einem brauchbaren und wertvollen Futter führen
würden.
Oberforſtmeiſter Runnebaum⸗Erfur!
— a — —— — — — i q"
beſpricht die Harznutzung an der Fichte und
die Benutzung transportabeler R zur Ge⸗
winnung des Terpentinöls.
Forſtmeiſter Heyer⸗Jugenheim teilt mit,
daß neuerdings Eichenaltholz zu Gerbſtoffen ver⸗
arbeitet werde. Die Kriegsleder⸗A.⸗G. nehme hierzu
ſchlechte Stammabſchnitte bis zu 10 em Zopfſtärke und
zahle frei Waggon für den Feſtmeter 22 Mk. Auch
die Stubben nähme fie und zahle dafür 14 Mk. je
Raummeter. Für Fichtenrinde zahle fie 8-10 Mk.
je Zentner.
Regierungs⸗Direktor Dr. Wappes⸗
Speyer bemerkt, daß die Heidelbeernutzung
in Süd deutſchland eine große volkswirtſchaftliche
Bedeutung habe. Zu ihrer Werbung ſolle man Schulen,
Gefangene uſw. heranziehen. In Altbayern ſei auch
der Pilz ein ausgeprägtes Volksnahrungsmittel.
Oberforſtrat Gretſch⸗Karlsruhe weiſt
auf den Fett⸗ und Oelgehalt des Eſchen⸗ und
Linden⸗Samens hin, Oberförfter Dr. Roe:
nig bemerkt, daß aus Eſchenſamen in Württemberg
gutes Speiſeöl hergeſtellt werde. Das beſte Oel hatten
Aepfel⸗ und Birnenkerne ergeben.
Oberförſter Riebel⸗Filehne will im In⸗
tereffe der Vermehrung der Heidelbeere keine Maß⸗
nahmen ergriffen haben; der größeren Ausdehnung der
Heidelbeernutzeing ſtehe das Bedenken der großen
Arbeitsleiſtung entgegen und außerdem wirke die Beer⸗
krautflora auf den Boden dauernd nachteilig. Eine
große Bedeutung habe die Waldweide. Sie ſei
aber für die verſchiedenen Vieharten getrennt zu ver⸗
werten. Für Pferde und größere Herden von Rind⸗
vieh komme. mur die Koppelweide in Betracht; kleinere
Herden könne ein Hütejunge wohl beauffidtigen. Jung:
vieh werde man im Walde mit Nutzen weiden können,
beim Milchvieh bringe die Waldweide wenig ein. Sehr
zu empfehlen ſei die Waldweide für Schweine, Ge⸗
flügel und beſonders auch für Schafe. Für dieſe müſſe
man Brachſchläge liegen laſſen. Durch die Waldweide
könne die Schweinezucht weſentlich verbilligt und ver⸗
mehrt werden. Bezüglich der LZaubheugewinnung
ſei zu erwägen, ob dieſe nicht durch künſtliche Trock⸗
nung in vorhandenen Trockenanlagen in gehäckſeltem
Zuſtande vorteilhafter geſtaltet werden könne.
Landforſtmeiſter v. Harling⸗Neuſtre⸗
litz bemerkt, daß zur Wald wei de getriebenes Rind:
vieh vielfach erkrankt ſei. Der Vorſitzende beſtätigt
dies und führt an, daß die Infektion durch Zecken
oder Holzböcke erfolge. Es ſei feſtgeſtellt, daß Vieh,
das an die Waldweide nicht gewöhnt ſei, in der Regel
ſchwer erkranke, während das Vieh, das von Jugend
auf daran gewöhnt ſei, immun ſei oder doch die Krank⸗
heit im Falle der Infektion leichter überſtehe.
51
Schließlich wird noch von verſchiedenen Seiten be⸗
merkt, daß die Sonnenblume auf armem Boden
ſich weniger gut entwickelt hätte und daß es falſch ſei,
die kleine Sonnenblume anzubauen, man ſolle die ge⸗
wöhnliche Art wählen.
Als zweites Thema fam: „Der forſtliche Be-
trieb während des Kriegszuſtandes“ zur
Erörterung.
Regierungs⸗ Direktor Dr. Wappes⸗
Speyer beſpricht als Berichterſtatter zunächſt die
Störungen, die der forſtliche Betrieb durch den Krieg
erliiten ; andererſeits ſtünden dieſen aber günſtige Wir-
kungen auf Abſatz und Preisbildung gegenüber, welche
die Nachteile ausgeglichen hätten. Hinſichtlich der
Störungen müſſe man unterſcheiden zwiſchen dem An⸗
fange des Krieges und ſeiner ſpäteren Entwickelung.
Im Anfange ſei das wirtſchaftliche Leben beinahe ge⸗
lähmt geweſen, Handel und Wandel hätten mit der
Mobilmachung mehr oder weniger aufgehört; auch
der Holzabſatz habe nahezu geſtockt. Es ſeien zuerſt
noch hinreichend Arbeitskräfte vorhanden geweſen, es
habe fogar eine gewiſſe Verlegenheit mit der Beſchäf⸗
tigung der Leute beſtanden. Infolgedeſſen ſei auch
der Mangel an Beamten nicht gerade unangenehm
hervorgetreten. Mit dem weiteren Verlaufe des Krieges,
mit der ftarferen Einziehung der Mannſchaften und
auch mit den erhöhten Anforderungen des ſich lang⸗
ſam wieder entwickelnden Betriebes ſei dann ein um⸗
gekehrtes Verhaltnis eingetreten. Immer mehr hatter
ſich die Anforderungen an die Forſtwirtſchaft ſowohl
von ſeiten ihrer bisherigen Konſumenten, des Handels,
der Induſtrie wie des neu auftretenden militäriſchen
Bedarfs geſteigert, während auf der anderen Seite der
Mangel an Beamten und Arbeitern immer mehr ge⸗
wachſen ſei. Für die Direktivbehörden hätten die Per⸗
ſonalangelegenheiten, die ſtändigen Verſchiebungen eine
gewaltige Arbeitslaſt gebracht.
Was nun den Abſatz und den eigentlichen
Forſtbetrieb betreffe, ſo ſeien manche Sortimente
ſeit Kriegsbeginn faſt nicht mehr abzuſetzen geweſen,
insbeſondere die Eichenſtammhölzer, zum Teil auch die
ſchweren Kiefern und Buchen. Auf der anderen Seite
hätten die überraſchenden Anforderungen, die der Krieg
ſtellte, zu Nutzungen geführt, an die man früher nicht
habe denken können. Hinſichtlich des dritten Punktes,
Zahlung und Kredit, habe der Krieg außer⸗
ordentlich wenig Störungen gebracht. Anfangs ſeien
allerdings zahlreiche Stundungsgeſuche eingelaufen, die
Zahlungen ſeien aber nach und nach erfolgt und die
Forſtverwaltungen hätten nur ſehr geringe Verluſte
erlitten. Heute werde faſt jeder Händler und Indu⸗
ſtrielle imſtande ſein, gut zu zahlen, denn der größere
Teil der Lieferungen ſei für Kriegsbedürfniſſe beſtimmt
52
und werde prompt bezahlt. Für die Preisbildung | getreten, die natürlich auch vor dem der Forſtwirtſchaf
habe ſich daraus eine günſtige Wirkung ergeben, daß und des Holzhandels nicht Halt gemacht habe. Auf
es möglich geworden ſei, eine Reihe von Sortimenten dem Gebiete der Nebennutzungen ſeien recht be:
abzuſetzen, die vorher ſchlecht abſetzbar geweſen ſeien. deutende Wandlungen hervorgerufen worden. Auch
Deshalb hätten in den großen Laubholzgebieten Durch⸗ der forſtliche Betrieb ſtehe unter dem Zeichen
forſtungen nachgeholt und zuwachsarme Beſtände, deren des Krieges. Mangel an Arbeits- und Ge:
Einſchlag bisher wegen Mangel an Abſatz nicht mög: | ſpannkräften habe veranlaßt, manche Arbeiten
lich geweſen ſei, genutzt werden können. Beſonders auf ſpätere Zeiten zu verſchieben. Die ganze Wald:
günſtigen Abſatz hätten Grubenholz, Holzwolleholz, arbeiterfrage habe ſich in ganz anderem, neuem Lichte
Minendielen, ſowie Brenn: und Kohlholz einſchließlich | gezeigt, und das fo vorteilhafte Zuſammenarbeiten von
Stockholz gefunden. Von Holzarten ſei beſonders die Land- und Forſtwirtſchaft ſei ungemein deutlich zutage
Eſche in der Wertſchätzung geſtiegen. i getreten. Beinahe unüberſehbar feien die Momente,
Weit mehr als die Holznutzung hätten fih die Ber: welche die wirtſchaftliche Lage von Forſtwitt—
hältniſſe bei den Nebennutzungen geändert. Gerbftoff, | ſchaft und Holzhandel im Kriegszuſtande beeinflußt
Harz, Streu, Heide, Futterlaub ſeien zu einer ganz hätten.
überrafchenden Wertſchätzung gekommen. Die Bedeutung des Holzes habe im Kriege be
Die größte Schwierigkeit, die der Forſtverwaltung deutend zugenommen, was auch im Preiſe zum Aus:
erwachſen fet, habe in dem Mangel an Arbeits- druck gekommen fei. Für Nutz⸗ und Brennholz ie
kräften beſtanden. Eine umfangreichere Heran- die Preisbildung nicht ganz einheitlich geweſen. Te
ziehung von Kriegsgefangenen zu den Hauungen jet Brennholzpreis fet, weil die Kohlengewinnung in den
ert im J. 1915 erfolgt. Berichterſtatter beſpricht Bergwerken und auch die Zufuhr infolge dir Ein |
dann die Unterbringung, Verpflegung, Entlohnung, berufung zahlreicher Arbeits- und Geſpannkraͤſte u:
Leiſtung der Gefangenen und weiſt ſodann darauf ſchwert und verlangſamt wurde, mehr oder wenign
hin, daß auch ſchon vor dem Kriege Arbeitermangel ſtark geſtiegen. Zur Befriedigung des Brennboly
geherrſcht habe. Die Forſtwirtſchaft werde daher Für: | bedarfes fet alles mögliche geſchehen, es fet fogar feiten:
ſorge treffen müſſen, um ſich einen dauernden und der Staatsforſtverwaltung Brennholz zu ermäßigten
tüchtigen Arbeiterſtand zu fichern. | Preiſen an bedürftige Angehörige von Kriegskeil
Schließlich wird noch die Holzabfuhr erörtert nehmern und ſonſtige Notleidende und Minderbemit
und auf die Lanz'ſchen Dampflokomotiven hingewieſen, telte abgegeben worden. Eine Herabſetzung der Walt:
die ſich ſehr gut bewährt und viel billiger gearbeitet preiſe bleibe aber ziemlich wirkungslos wegen des ge
hätten, wie Pferdefuhrwerk. waltigen Steigens der Fuhrlöhne. Eine gemaltian:
Oberforſtmeiſter Runnebaum⸗Erfurt Einwirkung auf die Höhe der Anfuhrlöhne für Hol:
empfiehlt die Benutzung von Motorwagen der Firma | fei aber ganz ausgeſchloſſen, weil die Fuhrleute ander
Büſſing in Braunſchweig zur Holzabfuhr und die An⸗ weite Beſchäftigung ſuchen und finden würden.
lage von Waldeiſenbahnen. Beim Nutzholze fei beim Kriegsausbruche zunätt
Einen großen Raum der weiteren Beſprechung ein allgemeines Stocken auf dem deutſchen Markt
nimmt die Arbeiterfrage in Anſpruch. Es würde zu im Verlaufe des Krieges aber eine allgemeine Befit
weit führen, hier naher darauf einzugehen. rung eingetreten. Die Einfuhr hätte aufgehört un
Zu dem dritten Thema: „Die wirtſchaftliche die Heeresverwaltung bedürfe ungeheuere Mengen vor
Lage der Forſtwirtſchaft und des Holy: Holz der verſchiedenſten Art. Ferner fei der Beda’
handels im Kriegszuſtande“ berichtet Prof. zum Wiederaufbau in den vom Feind beſetzt gewefener
Dr. Franz v. Mammen⸗Brandſtein. Landesteilen groß; Holzſchuhe müßten die aus den
|
Kein Zweig unſeres Willens habe fih im Kriege ttueren Leder gefertigten Stiefel zum Teil erſeßen
vor fo vielen neuen und gewaltigen Problemen ge: rieſige Mengen an Sägeſpänen gingen als Pferdeſtren
ſehen, als die Volkswirtſchaftslehre, und an Stelle von Stroh nach den Kriegsſchauplaͤtzen; un
naturgemäß auch deren Nutzanwendung auf den uns geheure Mengen von Holzwolle würden benötigt zun
anvertrauten Wald, die Forſtpolitik. Der Welt: Stopfen der Strohſäcke und Matratzen an der Front
krieg habe Deutſchland vor die Aufgabe geſtellt, die | und in den Gefangenenlagern. Zu Verpackung
wirtſchaftlichen Schäden, die vor allem der Aushunge- werde viel Holßzſchliff gebraucht, der auch zur An
rungsplan Englands mit fih gebracht habe, aus innen fertigung von Decken, Socken, Taſchen, Handtüchen
heraus tunlichſt abzuſchwächen und zu überwinden. und Weſten für die Soldaten Verwendung finde; at
Auf diefe Weiſe fei durch den Krieg auf allen Ge: Stelle der Putzwolle und Putzlappen diene die Papier
bieten eine vollſtändige Umwertung von Werten ein- wolle, und welche Rolle das Papier im Weltkriege
— —— önj..—— a —.ʒñ ⸗ ỹ
— ——— —U— —
ſpiele, brauche nicht gejagt zu werden, es werde eben-
falls zum Füllen von Matratzen, als Erſatz für Lager⸗
ſtroh, als Schutzmittel gegen das Einfrieren der Kar⸗
toffeln, von Aerzten zu Gelenkpackungen und Brei—
umſchlägen, als Verbandſtoff und endlich ſogar für
den mangelnden Bindfaden verwendet. Der Bedarf
an Hölzern für Heereszwecke fei in den erſten 6 Kriegs⸗
monaten bereits auf 15 Millionen Mark geſchätzt
worden. Die Nachfrage habe naturgemäß haupfſäch⸗
lich nach ſchwächeren Hölzern (Gruben⸗, Schwellen-,
Papierholz) beſtanden. Da Bautätigkeit, Tiſchlerei
uſw. ruhten, und die Militärverwaltung den Bedarf
an Eichenhölzern in den eroberten Gebieten decken
konnte, ſei die Lage des Eichenhandelsholzes am ſchlech⸗
teſten geweſen. Auch der Nadellangholzmarkt habe in⸗
folge des Stockens der Bautätigkeit anfangs darnieder⸗
gelegen, habe fih aber neuerdings erheblich gehoben-
Großer Bedarf ſei an Eſchen⸗ und Nußbaumholz her⸗
vorgetreten, auch für Roterlen⸗, Birken: Pappen- und
Weidennutzhölzer ſei die Nachfrage geſtiegen. Außer
nach Rinde ſei auch ſtärkere Nachfrage nach Eichen⸗
und Edelkaſtanienholz zur Gewinnung von Gerbſtoff.
Die Buche ſei wieder zu Ehren gekommen. Sie liefere
auch die beſte Holzkohle. Der Krieg habe gezeigt,
wie wichtig es für die Forſtwirtſchaſt ſei, daß das
Holz marktfaͤhig gemacht, d. h. auf Lagerplätzen zu:
ſammengerückt oder noch beſſer frei Eiſenbahn geliefert
werde.
Auch die Holzinduſtrie habe durch den Krieg viel
Arbeit bekommen (Kiſtenherſtellung, Anfertigung von
Schlitten für die Feldartillerie, von Zeltſtöcken, Beil⸗
und Axtſtielen, Barackenfenſter⸗, Papier⸗ und Holz⸗
ſtoff um).
Die Behauptung, daß der Holzeinſchlag im all⸗
gemeinen eingeſchränkt werden müſſe, habe ſich nicht
begründet erwieſen, es hätte aber den beſonderen Ver⸗
hältniſſen, die der Krieg geſchaffen, Rechnung getragen
werden müſſen (Veränderung des Einſchlags an wert⸗
vollen Nutzhölzern, Vermehrung des Einſchlags an
Bahnſchwellen, Grubenholz, Papierholz, Buchenholz
zur Verkohlung, Holzwolleholz uſw.; Verlegung der
Schläge in die Nähe der Bahnhöfe uſw.).
Der abgeſchloſſene Handelsſtaat, in dem wir jetzt
lebten, weiſe neben manchem Nachteiligen auch gewiſſe
gute Seiten auf. Vor allem ſchaffe der Krieg Geld:
die nicht abgeſchloſſenen Staaten zahlten ihr Geld nach
Amerika, wir brächten dagegen alles, was wir aus
unſerem Wirtſchaftsleben herauspumpten, wieder auf
den Markt. Der Krieg habe erwieſen, daß wir im
großen und ganzen in unſerem Holzbedarf nur hin⸗
ſichtlich der Luxushölzer und ſtärkeren Hölzer vom
Auslande abhängig ſeien, aber hinſichtlich der in weit
größerer Menge benötigten ſchwächeren Hölzer in der
1917
53
—
Lage ſeien, den größten Teil des Bedarfes im Lande
ſelbſt zu befriedigen. Die künftigen! Ausſichten für
die Forſtwirtſchaft, für Holzhandel und Holzinduſtrie
würden keine ſchlechten ſein. Gewiß werde infolge der
Beeinträchtigung der Arbeits⸗ und der Schwächung
der Kapitalskraft das Gelamtrefultat, des Weltkrieges
eine weſentliche Einſchränkung der Produktionskräfte
in faſt allen Ländern der Erde ſein, und dieſer ver⸗
änderten Produktionsfähigkeit werde vielfach ein ver⸗
minderter Bedarf gegenüberſtehen. Hinſichtlich des
Kriegsmaterials würde derſelbe ſich jedoch wohl nur
langſam abſchwächen, da die kriegführenden Mächte
ihr durch den Krieg zerſtörtes, abgenutztes oder ver:
loren gegangenes Material ergänzen müßten. Hier⸗
durch würde die Holzinduſtrie unſtreitig ſogar einer
ſteigenden Konjunktur entgegengehen. Es werde zu
erwägen ſein, ob der Zollſchutz auf Gerbmaterialien,
Holzkohle, Holzwolle, Harze, Waldwolle, Vanellin
u. a. m. nicht noch zu verſtärken ſei. Hoffentlich ge⸗
länge es, unſere Wünſche Rußland gegenüber, das
uns für ſeinen Holzabſatz unbedingt gebrauche, ganz
beſonders energiſch durchſetzen zu können, und Sache
der Holzinduſtrie müſſe es ſein, dahin zu wirken, daß
Schädigungen, die für ihre Ausfuhr vor dem Kriege
ſeitens Frankreichs und auch der Schweiz ſich geltend
gemacht hätten, nach demſelben abgeſtellt würden. Auf
alle Fälle müßten die Zentralmächte beim Friedens⸗
ſchluß ſich gegen etwa geplante Beunruhigungen und
Verdrängungen und allzuhohe Zollmauern unſerer
Gegner zu ſchützen wiſſen. Nicht ganz ſo einfach
lägen die Verhältniſſe hinſichtlich Oeſterreich⸗Ungarn
und der anderen uns verbündeten Staaten. Redner
beſpricht dann eingehend die Holzzollfrage und legt im
Anſchluſſe daran die von der Holzhandelskommiſſion
des deutſchen Forſtvereins geſtellten Anträge dar, die
in folgender Form angenommen werden: „Die Holz⸗
handelskommiſſion bittet den deutſchen Forſtwirtſchafts⸗
rat, im Intereſſe einer einwandfreien Erörterung der
Frage über die Zuläſſigkeit der deutſchen Schwachholz⸗
erzeugung an das Reichsamt des Innern und an die
in Frage kommenden Bergbehörden das Erſuchen zu
richten, die Endergebniſſe ihrer einſchlägigen Erfah⸗
rungen über den Papierholz⸗ und Grubenholzverbrauch,
am beſten nach Provinzen geſondert, mitzuteilen.
Die Holzhandelskommiſſion nimmt zu Vorſchlägen
einer wirtſchaftlichen Annaherung des Deutſchen Reiches
an Oeſterreich⸗Ungarn zur Zeit in bindenden Anträgen
noch nicht Stellung, da fie die einſchlägigen Fragen
noch nicht genügend geklärt erachtet, erbittet aber vom
Forſtwiriſchaftsrat die Ermächtigung, nicht nur, wie
bisher mit deutſchen, ſondern nun auch mit öſterreichiſch⸗
ungariſchen Vertretern von Forſtwirtſchaft, Holzhandel
und Holzinduſtrie, inſonderheit mit dem chen
54
Reichsforſtverein über dieje Fragen Fühlung nehmen gierungsdirektor Dr. Wappes, Prof. Dr. O. Mammen,
zu können.“ Oberforſtmeiſter Riebel, Oberforſtmeiſter v.“ Oertzen,
Ferner wird der Antrag des Vorfitzenden ange: Graf zu jWefterholt, Forſtrat Blum.
nommen, „daß der Forſtwirtſchaftsrat einen kriegs⸗ Es folgte nun noch ein Vortrag des Univerſitäts⸗
wirtſchaftlichen Ausſchuß wählen möge, der profeſſors Dr. Dickel über: „Die Beurteilung
die Aufgabe haben ſoll, die in den (vorſtehend mit: des Diebſtahls an aufgearbeitetem Holz
geteilten) drei Referaten und in den fih daran an: | als Mundraub“ und ein Bericht der Satzungs⸗
ſchließenden Verhandlungen angeregten Gedanken weiter kommiſſion.
fortzuſpinnen, etwa erforderliches Material zu ſammeln, Das Studium des vorliegenden intereſſanten und
die beſchloſſenen Anträge zu ſtellen und entſprechende lehrreichen Berichtes des Deutſchen Forſtwirtſchaftsrates
Anregungen zu geben“. können wir allen efern der Allg. Forſt⸗ und Jagd⸗
In dieſen Ausſchuß werden ſodann gewählt: Re- zeitung warm empfehlen. E.
Briefe.
Aus Preußen. Mit der Prüfung“ der Juſtiz⸗Angelegenheiten be:
Zur Preußiſchen Derwaltungs-Rejorm. auftrage ich den Unterſtaatsſekretär im Juſtizminiſterium
„Allgemeine Freude bei den Beamten, insbeſondere Dr. Mügel mit der Prüfung der Verwaltungsange⸗
auch bei den Forſtbeamten hat folgender königl. Er⸗ legenheiten den Unterſtaatsſekretär im Miniſterium des
laß vom 19. Januar d. J. erregt: Innern Dr. Drews.“ ä
Der geſchichtlich gewordene Aufbau der Staats: | Dieſer königliche Erlaß iſt ein richtiges Wort zur
verwaltung trägt nicht mehr allerorts den veränderten richtigen Zeit !
wirtſchaftlichen Verhältniſſen Rechnung, ift vielfach zu Möge die geplante Reform auch bei der Hort:
verwickelt und verlangt dadurch mehr Kräfte, als nach verwaltung, wo ſo vieles vereinfacht werden könnte, die
dem Kriege zur, Verfügung ſtehen werden. Auch haben ſchon ſolange erſehnte größere Selbſtändigkeit der Ober⸗
die Erfahrungen des Krieges gezeigt, daß eine ein- förſter und eine gänzliche Umformung der beiden forf:
fadjere Geſtaltung und Handhabung der Verwaltung lichen Regierungsinſtanzen unter Beſeitigung der Doppel
möglich ift. Dazu kommt, daß die öffentlichen Laſten arbeit der Oberforſtmeiſter und der Regierungs- und
nach dem Kriege eine außerordentliche Steigerung er- Forſträte in derſelben Sache bringen. .
fahren werden. Mit Rückſicht hierauf wünſche Hier kann die Verwaltung in ſehr vielem verein:
ich, daß die Frage ernſtlich geprüft wird, facht und verbilligt und in Verbindung hiermit bi
wie eine Vereinfachung und Verbilligung Selbftändigfeit,” das Verantwortungsgefühl und die
aller Staatsverwaltungen herbeigeführt Arbeitsfreude der Beamten gehoben werden.
werden kann. Unſeres Erachtens folte man aber mit der Durd:
i führung der als zweckmäßig erkannten Maßnahmen.
ö are „ * Bergpematung NEN wie z. B. mit der ſchon lange in Ausficht geftellten
Ich ear e das Staatsminiſteri ſaumt Beſeitigung der gleichzeitigen Mitwirkung der Oberforft:
in die Borarbeiten ten und He a en meifter und der Forſträte bei Prüfung und Feftftelung
jaͤhrli i ie der Baupläne
Abſchluß ſeine Vorſchläge zu unterbreiten. Damit das er 558 .
Staatsminiſterium einheitliche, durch beſondere Reſſort⸗ w altungsreform warten, ſondern ſolche mit Radjidt
rückſichten nicht beeinflußte Grundlagen für feine Ent: auf die möͤglichſte Erſparung von Arbeitskräſten in
ſchließungen erhält, will ich zwei erfahrene Staats⸗ der jetzigen Zeit unverzüglich treffen.
beamte, von denen der eine die Angelegenheiten der
Rechtspflege, der andere die übrigen Angelegenheiten
zu bearbeiten hat, mit der Beſchaffung betrauen. Ich
ordne an, daß jeder dieſer Beamten befugt ſein ſoll,
Auskünſte von Behörden zu erbitten, ſowie ſich ſeine
Mitarbeiler, die nötigenfalls von anderen Dienſtge⸗
ſchäften zu befreien find, ſelbſtändig auszuwählen, und
daß weder fie, noch ihre Mitarbeiter bei ihren Arbeiten
an die Weiſungen ihrer Vorgeſetzten gebunden ſind.
Aus Baden.
Gedanken üben Vereinfachung und Einſparun
in den badifchen Korjt- und.Domänenverwaltung.
(Von Geh. Finanzrat Reinach: Rarlärı he.)
In der; Oktober⸗Nummer der Allg. Fort- und
Jagd⸗Zeitung vom Jahre 1916 hat Herr Forfiral
Könige⸗Heidelberg unter obiger Ueberſchrift eine a
=
—
—
handlung veröffentlicht, die ſich mit der Organiſation
der badiſchen Forſt⸗ und Domänenverwaltung ein:
gehend beſchäftigt und unter kritiſcher Beleuchtung der
beſtehenden Zuſtände die Notwendigkeit einer Abkehr
von den bisher in dieſem Verwaltungszweige einge:
ihlagenen Bahnen oder, wie man es mit einem zeit:
gemäßen Ausdruck bezeichnen könnte, eine Neuorien⸗
tierung der Behörden⸗ und Beamtenpolitik auf ge⸗
nanntem Gebiet zu begründen verſucht. Man könnte
im Zweifel ſein, ob derartige interne Angelegenheiten
der Behörden⸗ und Beamtenorganiſation eines einzelnen
Vundesſtaates, deren richtige Beurteilung und Wür⸗
digung doch nur auf Grund einer genauen Kenntnis
der geſamten Verwaltungseinrichtung des betreffenden
Staates und ihrer geſchichtlichen Entwicklung ſowie
des urſaͤchlichen Zuſammenhangs ihrer einzelnen Gli der
55
auf und zieht daraus das Fazit. Wie nicht anders
zu erwarten war, fällt die Bilanz glänzend aus, fie
hat nur den einen Fehler, daß die einzelnen Teile der
Bilanz auf verſchiedenen Grundlagen aufgebaut ſind.
Auf der Gewinnſeite bucht der Verfaſſer alle Er:
ſparniſſe, die er der Staatskaſſe durch Aufhebung der
Domänenämter in Ausſicht ſtellen zu können glaubt,
während das Verluſtkonto die an die Staatskaſſe durch
Erweiterung des Aufgabekreiſes der Forſtämter heran⸗
tretenden Mehrausgaben zur Darſtellung bringt.
In die Gewinnrechnung ſtellt er folgende Poſten
ein:
1) Wegfall der Bezüge von 13 Domänenamtsvor⸗
ſtänden zu 5500 Mk. = 72300 Mk. Vergleicht man
damit den entſprechenden Teil des Verluſtkontos, ſo
findet man, daß für eine Oberförflerftelle nur ein
möglich ift, fih zur Behandlung in einer wiſſenſchaft⸗ Durchſchnittsſatz von 5000 Mk. angenommen wird.
lichen Zeitſchrift, die über ganz Deutſchland und viel⸗ Dieſe unterſchiedliche Berechnungsart dürfte umſo⸗
leicht noch über die deutſchen Grenzpfähle hinaus ver⸗
breitet iſt, eignen. Nachdem aber die Frage einmal
aufgerollt iſt, hat die Wiſſenſchaft ein Intereſſe daran,
irrtümliche und ſich widerſprechende Angaben, wie ſie
hier zutage treten, in das richtige Licht gerückt zu
jeben.
Man wird in der Annahme kaum fehl gehen, daß
der Reformplan des Herrn Verfaſſers in den Kreiſen
ſeiner badiſchen Fachgenoſſen mit gemiſchten Gefühlen
aufgenommen wird, handelt es ſich doch um nichts
geringeres als um die Preisgabe von 20 ihrer Be:
zirksſtellen; auf der anderen Seite ſoll ihnen allerdings
dieſe bittere Pille durch Zuweiſung der geſamten land⸗
wirtſchaftlichen Güterbewirtſchaftung etwas verſüßt
werden.
Auf den erſten Punkt — Aufhebung von Forſt⸗
imtern — ſoll hier nicht eingegangen werden, zumal
wohl angenommen werden darf, daß dies von berufener
Seite geſchehen wird. Dagegen kann ich es mir als
ines der Opfer, über deren Haupt das Damokles⸗
chwert der auf vollſtändige Umwälzung des badiſchen
domänendienſtes gerichteten Beſtrebungen des Herrn
Berfaſſers ſchwebt, nicht verjagen, zu dieſem Teil feiner
lusführungen Stellung zu nehmen.
Einen breiten Raum in der dieſer Frage gewidmeten
jeweisführung nimmt, wie dies ja auch ſchon in der Ueber-
hrift des Aufſatzes zum Ausdruck kommt, das in heutiger
eit namentlich für unſere Staatsfinanzen beſonders
ichtige Sparproplem ein. Der Verfaſſer glaubt, bei
durchführung ſeiner Reformpläne eine Erſparnis von
iehreren Hunderttauſend Mark verheißen zu können
- ein Finanzkunſtſtück, das doch wahrlich den Neid
des „Finanztechnikers“ erregen müßte. Zur Be:
ründung der von ihm vorgeſchlagenen Maßnahmen
ellt er eine Art von Gewinn⸗ und Verluſtrechnung
weniger begründet ſein, als der Verfaſſer ja doch auf
Seite 243 ſeiner Ausführungen ſelbſt anerkennt, daß
„heute die Forſtbeamten längſt in die Gruppe der
vollen Oberbeamten eingerückt find“. Ebenſo unver⸗
ſtändlich ift es, warum der Verfaſſer auf der Gewinn⸗
feite den Wegfall famtliher 13 Domänenämter unter:
ſtellt, während er doch die Angliederung der den
Domänenämtern Bonndorf und Meersburg unter⸗
ſtellten Brauerei: und Weinkellereibetriebe an die Forſt⸗
verwaltung ſelbſt nicht für möglich hält. Er findet
ſich bei dieſen Betrieben mit dem Auskunftsmittel ab,
daß ſie „beſonders geordnet und von der Zentralſtelle
aus unmittelbar geleitet werden“. Wie er ſich nun
dieſe „beſondere Ordnung“ denkt, iſt aus den Dar⸗
legungen nicht erſichtlich. Jeder unbefangene Sach⸗
verſtändige wird aber zugeben müſſen, daß ein größerer
Brauerei⸗ oder Reb- und Kellereibetrieb, bei dem in
zahlreichen Fällen ein raſches Handeln nicht zu um⸗
gehen ift, viel weniger die örtliche Leitung entbehren
kann, als der Forſtbetrieb; hat es ſich doch in der
Kriegszeit gezeigt, daß eine ganze Reihe von Forſt⸗
bezirken von benachbarten Forſtämtern oder der Zen⸗
trale mitverwaltet werden können. |
2) Wegfall von 2 Finanzamtmännerſtellen mit
6050 Mk. Tatſächlich it ſchon feit vielen Jahren
nur ein Domänenamt mit einem Finanzamtmann be⸗
ſetzt, deſſen Tatigkeit bis zum Einrücken in eine Vor⸗
ſtandsſtelle im weſentlichen in Beſorgung von? Kaſſen⸗
und Rechnungsgeſchäften beſteht. Für ihn gilt das
Gleiche, was unter Ziffer 4 hinſichtlich der Finanz⸗
aſſeſſoren zu ſagen iſt.
3) Wegfall von 3 Kulturmeiſterſtellen 4850 Mk.
In Wirklichkeit ſind im Bereich der badiſchen Do⸗
maͤnenverwaltung nur 2 Kulturmeiſter vorhanden.
Außerdem fehlt es aber auch an jedem erſichtlichen
8*
56
Grund dafür, warum dieſe Beamten, die nicht zum Auf die Einzelheiten der Verluſtrechnung will ich
eigentlichen Verwaltungsperſonal der Domänenämter, als Außenſeiter in forſtlichen Fragen nicht näher ein:
ſondern geradeſo wie das Forſthutperſonal zu den gehen. Doch will mir ſcheinen, daß der von dem Ver⸗
Organen des äußeren Dienſtes zu rechnen find, bei faſſer für die erweiterten Forſtämter angenommene
Zuweiſung der Güterbewirtſchaftung an. die Forſtämter Bedarf von zweiten Beamten (5) und Aſſeſſoren (15)
in Wegfall kommen ſollen. Es iſt dies umſo unwahr⸗ gegenüber der bisherigen Zahl von zweiten Beamten
ſcheinlicher, als der Verfaſſer für den Forſtamtsdienſt (22) und Aſſeſſoren (32) ſehr knapp bemeſſen iſt. Das
die Schaffung eines ganzen Stabes techniſcher Gehilfen Gleiche trifft zu, wenn er für die erweiterten Forf-
in Ausſicht geſtellt hat. ämter durchſchnittlich nur 1 Forſtgehilfen mit einem
4) Wegfall von 7 Finanzaſſeſſorenſtellen 14000 Mk. Gehalt von nur 2300 Mk. in Rechnung ſtellt, wäh:
Die den Domänenämtern zugeteilten Finanzaſſeſſoren [rend er an anderer Stelle (Seite 248) die Forderung
bekleiden ſamt und ſonders Stellen von Verrechnungs-⸗ zum Ausdruck bringt, daß jedem erweiterten Forſtamt
gehilfen. Dieſe Stellen müßten unter allen Umftänden „mindeſtens“ ein techniſcher Beamter (Forſtgehilfe) aus
erhalten bleiben, wird ja doch vom Verfaſſer felbſt an- der Klaſſe der höheren Unterbeamten zuzuteilen fei»
genommen, daß „das geſamte mittlere und untere Be⸗ Was aber ſelbſt dem Nichtfachmann bei Durchſicht
amtenperſonal des inneren Dienſtes zur Beſorgung der Verluſtrechnung ſofort auffallen muß, iſt der hohe
der Domänenkaſſengeſchäfte bei Finanzämtern erforder: | Aufwand, den der Verfaſſer für den äußeren Dient
lich bleibt“. der erweiterten Forſtämter in Anſpruch nimmt. Eine?
5) Wegfall des Aufwands für Dienſtgebäude 51800 | der Hauptargumente, die er für die Zweckmäßigkeit
Mk. Von den 13 Domänenämtern find nur 6 in der Uebertragung der Güterbewirtſchaftung an dit
beſonderen Dienftgebäuden und 3 zuſammen mit an- Forſtämter ins Feld führt, ift folgendes: „Der Forft⸗
deren ſtaatlichen Dienſtſtellen in je einem Gebäude mann hat daher von allen inbetracht kommenden Be:
untergebracht. 3 Aemter haben ihren Sitz in alten | amten, die Vorſtände der Domänenämter nicht aus
Schloßgebäuden und bei 1 Amt ſind die Dienſt⸗ und geſchloſſen, die weitaus günſtigſte Gelegenheit zur ein⸗
Wohnräume gemietet. Der Verfaſſer geht mit Un: gehenden und regelmäßigen Nachſchau, Beauffichtigung
recht von der Unterſtellung aus, daß der Aufwand und Beobachtung der Kameraldomänen, ſeien es Wieſen.
für Dienſtgebäude bei den Domänenämtern (4 200 Mk.) 1 Felder, Torfſtiche oder Fichteiche, ohne daß dadurch be
höher zu veranſchlagen fei, als bei den Forſtämtern ſonderer Zeit: oder Geldaufwand entſtünde“ (Seite
(3000 Mk.). Viel leichter ließe ſich das Gegenteil 247). Man wäre hiernach zu der Erwartung berech
nachweiſen, da gerade in den letzten Jahrzenten in tigt geweſen, daß bei der vorgeſchlagenen Neuorgantfatior
Baden eine große Reihe luxuriöſer Forſthausbauten eine erhebliche Steigerung des Koſtenaufwandes für der
erſtellt worden iſt, deren Aufwand jenen für die Do: auswärtigen Dienſt der Forſtämter nicht eintreten
mänenämter ganz erheblich überſteigt. werde. Dieſe Erwartung wird aber gründlich zerflört
Ueberdies hat der Verfaſſer nicht berückſichtigt, daß durch die Berechnung auf Seite 248, wo der Aufwand
bei Uebertragung der Kaſſen⸗ und Rechnungsführung eines erweiterten Forſtamts für Dienſtreiſen (Fuhr⸗
des Domänendienſtes an die Finanzämter ganz be: werk und Tagegelder) auf durchſchnittlich 3 800 Mk.
—
trächtliche Koſten für Erweiterung der Dienſträume veranſchlagt wird. Dies würde für 80 Forſtämter
der letzteren aufgewendet werden müßten. einen Jahresbeitrag von im ganzen 304000 Mk.
6) Wegfall zweier Stellen von Kollegialmitgliedern alſo gegenüber dem bisherigen budgetmäßigen A |:
bei der Zentralbehörde 16000 Mk. Der Verfaſſer wand von 202 000 Mk. ein Mehr von 102 000 Mk.
nimmt in Ausſicht, die bisher von der ſogenannten ergeben. Die Neuorganiſation würde ſomit allein be:
wirtſchaftlichen Abteilung der Forſt⸗ und Domänen⸗ den Reiſekoſten eine Verteuerung des Betriebs um ehr:
direktion beſorgten Geſchäfte zum großen Teil an die 500 / mit fi bringen.
forſtliche Abteilung zu überweiſen. Dies wäre aber Auch die auf Seite 240/1 des Aufſatzes gemachten
ganz abgeſehen von anderen, hier nicht weiter zu er: Zahlenangaben über die Rob: und Reinerträge de
örternden Umſtänden nur dann möglich, wenn es den von den Domänenämtern und Forſtämtern ſelbſtbewirt⸗
forſtlichen Referenten bisher an genügender Beſchäf⸗ ſchafteten Wieſen entſprechen nicht den tatſächlicher
tigung gefehlt hätte. In dieſem Falle ließe ſich aber Verhältniſſen. Beiſpielsweiſe ergibt ſich für das Wirt:
zur Erziehlung der angeſtrebten Erſparnis auch noch ſchaftsjahr 1913 für das Hektar folgendes Bild:
ein anderer Weg finden.
ſelbſtbewirtſchaftete Güter: Pacht güter:
Rohertrag Reinertrag: Rohertrag Reinertrag
Von den Domänenämtern leinſchl. Finanz: und
Hauptſteuerämtern) bewirtſchaftete Wieſen: 160 Mk. 118 Mk. 110 Mk. 105 Mt.
Von den Forſtämtern bewirtſchaftete Wieſen: 66 Mk. 43. Mk. 42 Mk. 40 Ml.
"æ +
Hierbei find die Verwaltungskoſten nicht berück
ſichtigt. Dieſe ſollen nun nach der Berechnung des
Verfaſſers für den ha Wieſen 37 Mk., für den ha
Wald dagegen nur 6 Mk. betragen. Auch dieſe Rech⸗
nung beruht auf anfechtbaren Vorausſetzungen.
Einmal iſt der Jahresaufwand für ein Domänen⸗
amtögebäude mit 4200 Mk. — wie ſchon oben ge-
zeigt wurde — viel zu hoch gegriffen; es kann hierfür
höchſtens der gleiche Aufwand wie für ein Forſtamts⸗
gebäude mit 3000 Mk. eingeſetzt werden. Hiernach
würden die Verwaltungskoſten für ein Domänenamt
ſtatt 10 700 Mk. — wie der Verfaſſer annimmt —
nur 9 500 Mk. betragen. Wenn man nun weiter
unterſtellt, daß die Tatigkeit der Domänenamtsvor⸗
ſtände etwa zu. durch die Bewirtſchaftung der in
Sebſtbetrieb ſtehende Wieſen uſw. in Anſpruch genom⸗
men wird — was keineswegs zu nieder gegriffen iſt;
denn die übrige Zeit wird durch die Verwaltung der
Pachtgüter, Einzug der Gefällſchuldigkeiten und die
zahlreichen ſonſtigen Amtsgeſchäfte reichlich ausgefüllt
— ſo entfällt auf den Selbſtbetrieb ein Aufwand von
0
I rund 3200 Mk. und auf den ha 250 =
3
rund 13 Mk. (ſtatt 34 Mk. wie der Verfaſſer an:
nimmt) oder einſchließlich des einſchlägigen Aufwand?
der Zentralverwaltung 13 + 3 = 16 Mk. Hiernach
hätte z. B. der Reinertrag der von den Domänen:
ämtern bewirtſchafteten Wieſen im Jahre 1913 be:
tragen: 118 — 16 = 102 Mk. für den ha, während
die von den Forſtämtern bewirtſchafteten Wieſen im
gleichen Jahr nur eine Rente von 43 Mk. abgeworfen
haben. An letzterem Betrag wäre übrigens noch ein
entſprechender Abzug für Verwaltungsaufwand zu
machen, da ja doch die dieſen Geſchäften gewidmete
Tatigkeit der Forſtämter und der Zentralverwaltung
nicht koſtenlos geleiſtet werden kann, wie ſich ſchon aus
der für den auswärtigen Dienſt eines erweiterten Forſt⸗
amts aufgeſtellten Rechnung ergibt.
Wenn nun dem Reinertrag der ſelbſtbewirtſchafteten
Wieſen jener aus den Domänenwaldungen mit 55 Mk.
für den ha gegenübergeſtellt wird, ſo iſt die letztere
Zahl inſofern nicht einwandfrei, als bei Ermittlung
der Verwaltungskoſten für den forſtlichen Betrieb ein
anderer Maßſtab angelegt wurde, als beim landwirt⸗
ſchaftlichen Selbſtbetrieb. Während der Verfaſſer z. B.
bei letzterem als Wohnungsaufwand einen jährlichen
Betrag von 4200 Mk. zugrundelegt, ſtellt er bei der
Waldwirtſchaft — im Wiederſpruch mit feinen ſpäteren
Ausführungen, wo er den Wohnungsauſwand für ein
Forſtamt auf 3000 Mk. veranſchlagt — nur das
—99— D 735 ME. für ein
Forſtamt in die Rechnung ein. Ferner müßte den
Wohnungsgeld mit
57
Verwaltungskoſten des forſtlichen Betriebs noch ein an⸗
gemeſſener Betrag für den Einzug der Holzgefälle zu:
geſchlagen werden, der bei 20 Einzugsſtellen (Domänen,
inang: und Hauptfteuerämter) auf mindeſtens 5000
>< 20 = 100000 Mk. zu veranſchlagen ift.
Mit beſonderem Nachdruck glaubte der Verfaſſer die
Vorzüge der auf volkswirtſchaftlicher und mathematiſch⸗
naturwiſſenſchaftlicher Grundlage beruhenden Bor:
bildung der Forſtbeamten in Hinſicht auf ihre Ver⸗
eigenſchaftung zur Leitung landwirtſchaftlicher Betriebe
hervorheben und im Gegenſatz dazu die Ausbildung
der Finanzbeamten nach dieſer Richtung als ungenügend
bezeichnen zu ſollen. — Wenn nun aber denn doch die
theoretiſche Vorbildung eines Beamten als alleiniger
Prüſſtein für ſeine Verwendbarkeit im praktiſchen
Dien gelten ſoll — man kann darüber verſchiedener
Meinung fein — fo darf füglich bezweifelt werden,
ob die Forſtbeamten ein höheres Maß von Wiſſen
und Verſtändnis für die Verwaltungstätigkeit mit:
bringen, als die durch ein einheitliches und umfaſſen⸗
des Studium der volkswirtſchaftlichen und juriſtiſchen
Wiſſensgebiete unter Einbeziehung naturwiſſenſchaft⸗
licher Fächer gerade für die Verwaltungslaufbahn be⸗
ſonders vorgebildeten fog. Finanztechniker, die in der
überwiegenden Mehrzahl durch Beſuch mehrerer Uni⸗
verſitäten und zum Teil techniſcher und landw. Hoch⸗
ſchulen, in ſteter Berührung mit den Lehrern und
Jüngern anderer wiſſenſchaftlicher Berufe ihren Ge⸗
ſichtskreis zu erweitern und den Blick für die viel⸗
fachen Wechſelbeziehungen der geſellſchaftlichen und
wirtſchaſtlichen Erſcheinungen unſerer Zeit — worauf
es gerade im Verwaltungsdienſt ſo ſehr ankommt —
zu ſchärfen Gelegenheit hatten.
Dem Verfaſſer ſcheint übrigens nicht bekannt zu
ſein, daß die neue badiſche Prüfungsordnung für Finanz⸗
beamte bis jetzt noch garnicht zur praktiſchen Anwen⸗
dung gekommen iſt, da der Bedarf an ſolchen Beamten
durch die vorhandene Zahl an jüngeren Kameraliſten
noch für viele Jahre gedeckt iſt. Auch befindet er ſich
inſofern im Irrtum, als er annimmt, daß die Vor⸗
ftande der 13 Domänenämter zum größeren Teil ältere
Herren feien, die in nächſter Zeit auf dem natürlichen
Wege der Zuruheſetzung abgehen werden, denn in Wirk⸗
lichkeit trifft dies allerhöchſtens bei einem einzigen
dieſer Beamten zu, während alle übrigen nach menſch⸗
licher Berechnung von dieſem „natürlichen Wege“ noch
recht weit entfernt find. Die weitere Geſtaltung der Dinge
kann deshalb unbedenklich der Zukunft überlaſſen werden.
— Wer weiß, ob nicht die altbewährte kameraliſtiſche
Ausbildung über kurz oder lang wieder zu Ehren
kommt und vielleicht in anderem Gewande wieder aus
der Verſenkung hervorgeholt wird; machen ſich doch
jetzt ſchon Anzeichen dafür bemerkbar, die in weiten
—
Kreiſen den Wunſch nach einer gründlicheren und ver:
tieften volkswirtſchaftlichen Ausbildung unſerer im öffent:
lichen Leben ſtehenden Beamten erkennen laſſen. Es
ſei in dieſer Beziehung an den in Nr. 19/20 der bad.
Zeitſchrift für Verwaltungs⸗ und Verwaltungsrechts⸗
pflege vom 27. September 1916 erſchienenen, in der
Oeffentlichkeit viel beachteten Aufſatz des Senats⸗
präſidenten a. D. Buch: „Die Vorbildung der ba:
diſchen Verwaltungsbeamten“ erinnert, der die For⸗
derung erhebt, die Anwärter des Juſtizdienſtes von
jenen des höheren Verwaltungsdienſtes und die zweite
Staatsprüfung beider zu trennen, wobei er u. a. folgen⸗
des ausführt: „Für die zweite badiſche Staatsprüfung
für den höheren Finanzdienſt bezeichnet § 1 der 1h.
V. O. vom 3. Auguſt 1909 als Prüfungsgegenſtände
an erſter Stelle die Volkswirtſchaftslehre, (insbeſondere
Agrarpolitik, Gewerbepolitik und ſoziale Geſetzgebung)
und ferner aus dem Gebiete der praktiſchen Volkswirt⸗
ſchaft die Landwirtſchaftslehre und Gewerbekunde. Man
wird nicht behaupten können, daß dieſe Prüfungsfächer
für die künftigen Beamten der inneren Verwaltung
weniger wichtig ſeien, als für Finanzbeamte“.
Mit ſchwerem Geſchütz zieht der Verfaſſer gegen
die praktiſche Tätigkeit der Domänenbeamten zu Feld,
der er die Epitheta ornantia ,dilettantenhaft* und
auf Halbbildung beruhend beizulegen für gut findet.
Demgegenüber wird den Leiſtungen der Forſtbeamten
auf landwirtſchaſtlichem Gebiet uneingeſchränktes Lob
geſpendet und auf das Beiſpiel von Heſſen verwieſen,
wo die Forſtbeamten als Leiter landwirtſchaftlicher Be
triebe ſich ſehr gut bewährt hätten. — Es liegt mir
ſelbſtredend fern, die Tätigkeit der heſſiſchen Forſtbe⸗
amten irgend wie einer abfälligen Kritik unterziehen
zu wollen, aber die eine Frage darf doch wohl geſtellt
werden: Wie kommt es, daß die Erträge der unter
der Selbſtverwaltung der heſſiſchen Forſtämter ſtehen⸗
den Kameraldomänen, die übrigens dem Umfang nach
nicht einmal die Hälfte der ſelbſtbewirtſchafteten Do⸗
mänengüter in Baden ausmachen, in den letzten 20
Jahren um 14% zurückgegangen ſind, während die
badiſchen Domänenwieſen in den Jahren 1890 - 1915
eine Ertragsſteigerung von 56% und bei Ausſcheidung
der von den badiſchen Forſtämtern bewirtſchafteten
Wieſen noch einen weſentlich höheren Einnahmezuwachs
erfahren haben?
Dem etwaigen Einwand, daß der Forſtmann der
Landwirtſchaft nicht das gleiche Intereſſe entgegen:
bringe, wie ſeinem Hauptberuf, ſucht der Verfaſſer
durch den Hinweis zu begegnen, daß zwiſchen Land⸗
und Forſtwirtſchaft zahlreiche Berührungspunkte be⸗
ſtehen. Die Richtigkeit dieſes Satzes iſt nicht zu
beſtreiten; denn in der Tat beſtehen zwiſchen Land—
und Forſtwirtſchaft Wechſelbeziehungen verſchiedenſter
58
Art, die aber nicht immer in dem vom Verfaſſer ge-
meinten Sinn ſich auslöſen, ſondern in zahreichen
Fällen als Intereſſentengegenſätze von mehr oder minder
ſcharfer Art in die Erſcheinung treten. Es darf nur
an die zahlreichen Aufforſtungen erinnert werden, un
die Berührungspunkte zwiſchen Qand- und Forſtwirt⸗
ſchaft in das richtige Licht zu ſtellen. Im Großher⸗
zogtum Baden hat die Waldfläche in den letzten 36
Jahren um 61950 ha oder 11,8% zugenommen. Die
Folgen maden fih gerade jetzt bei der durch die Kregs⸗
lage geſchaffenen Lebensmittelknappheit in unſerem
kleinen Lande, das mit einem Walbbefitz von 36,5%
der Geſamtflaͤche ohnedies ſchon nahezu alle übrigen
Bundesſtaaten des deutſchen Reiches an Waldreichtum
übertrifft — ſelbſt in dem gebirgigen. Bayern beträgt
das Waldareal nur 31.6% der Geſamtfläche — fühl⸗
bar; mußte doch Baden als Zuſchußland in den Kriegs
jahren allein an Kartoffeln ganz bedeutende Mengen
aus anderen Bundesſtaaten einführen, um feinen Be
darf an dieſem unentbehrlichen Nahrungsmittel auch
nur notdürftig decken zu können. Es fol dabei dur:
aus nicht verkannt werden, daß große Gebiete unſers
Landes, namentlich im hohen Schwarzwald, für den
landwirtſchaſtlichen Anbau nicht oder nur wenig gr
eignet find und am zweckmäßigſten durch Waldanpflan⸗
zungen wirtſchaſtlich ausgenutzt werden. Immerhin
liegt der Gedanke nahe, mit Wald beſtockte Flächen,
die einen lohnenden Anbau von Feldfrüchten ver
ſprechen, vor allem in der Rheinebene und den Bor:
bergen, für die landwirtſchaftliche Erzeugung nutzbar
zum machen und auf dieſe Weiſe den Nahrungsſpiel
raum unſeres Volkes zu erweitern. Die Bodenftagt
ift in einzelnen Landesteilen Badens durch daz Ar
wachſen der Bevölkerung und die zunehmende Jr
duſtrialiſieruug, wie im Bezirke Bruchſal und in
Hanauerland, namentlich aber in der Nähe der Gro}
ſtädte mit ihrem ungeheuren Bedarf an Milch, Butter
Eiern, Fleiſch und anderen landwirtſchaftlichen Erzeug⸗
niſſen — das Gebiet in der Umgebung der Stadt
Heidelberg und Mannheim gehört zu den dichteſtbe
völkerten Gegenden von ganz Europa — nadhgerabe
derart brennend geworden, daß in dieſen Gegenden
neben einer beſſeren Regelung der Waſſerverhältniſe
auf den zur Verſumpfung neigenden Ländereien auf
Gewinnung von Neuland im Wege der Waldausſtockung
zur möglichſten Erweiterung der landwirtſchaftliche
Anbauflächen hinzuwirken fein wird. Den beſten Grad
meſſer für die Dringlichkeit des Bedürfniſſes bilden
die hohen landwirtſchaftlichen Grundſtückswerte, die in
einzelnen Gebietsteilen ſchon vor dem Kriege auf
10000 Mk. und darüber für den ha geſtiegen fit
und infolge der während des Krieges eingetretene“
hohen Bewertung der landwirtſchaftlichen Erzeugnife
—
— —
- in 7 —2Ä3 2 nn nn y ~ eos
—
brausſichtlich noch eine weitere Steigerung erfahren
erden. l
Eine geeignete Gelegenheit, die Ueberleitung der
daldwirtſchaft zum Feldbau in größerem Maßſtabe
urchzuführen, wäre gerade jetzt oder nach dem Kriege
eben, da eine große Zahl von Gemeinden, darunter
cht auch ſolche in der Rheinebene und den angren⸗
enden Gebieten, umfangreiche Holzhiebe, um Mittel
ur Zeichnung von Kriegsanleihen zu gewinnen, vor:
shme. — Die früher verbreitete Anſchauung von
er geringen Vereigenſchaftung der leichteren Wald:
den des Rheintals für eine landwirtſchaftliche Nutz⸗
ing iſt ſchon längſt durch die Tatſache überholt, daß
in den letzten Jahrzehnten mit Hilfe der neuzeitlichen
Errungenſchaften (künſtliche Düngung, Tiefkultur,
Gründüngung) die Umwandlung nährſtoffarmer Böden
m fruchtbares Feld bereits in weitem Umfang ſtatt⸗
gunden hat, wie z. B. ein Blick auf die von der
zuderfabrik Waghäufel und den Landwirten benach⸗
barter Gemeinden bebauten Wusftodungsfldden in über:
wugender Weile dartut.
ein anderer Intereſſengegenſatz zwiſchen Land: und
Jorſtwiriſchaft liegt auf jagdlichem Gebiete. Es mag
genuͤgen, auf die manchmal recht erheblichen Opfer,
de der Landwirtſchaft durch die Wildhege auferlegt
verden, hinzuweiſen.
Nach Anſicht des Verfaſſers könne kein Zweifel da⸗
rüber beſtehen, daß die eigentliche Verwaltungs⸗ und
Fetriebstätigkeit der Domänenämter zu unbedeutend
a und der Hauptwirtſchaftsgegenſtände, der Wäſſer⸗
nieſen, zu wenige feien, als daß fih die Anſtellung
wonders dafür ausgebildeter Oberbeamten lohne. Als
mileres Argument für die geringe Bewertung der
Uöigkeit der Domänenämter macht er den Umſtand
wind, daß die Domäneneinkünfte im heutigen Staats:
alt gegen früher an Bedeutung erheblich verloren
‚pin. Demgegenüber muß betont werden, daß die
: the der Einkünfte eines beſtimmten Verwaltungs:
Pes der Staatsmaſchine nicht als alleiniger Maß:
Ab für feine Bedeutung im öffentlichen Leben gelten
In, denn die Hauptaufgaben zahlreicher wichtiger
den der Staatsverwaltung liegen auf ganz an⸗
km Gebieten und haben mit den fiskaliſchen Inte⸗
en gar nichts zu tun. — Was insbeſondere den
Fechäftskreis der Domänenbehörden anbetrifft, fo darf
t außer acht gelaſſen werden, daß der Domänen⸗
ty, der früher allerdings im weſentlichen nach rein
wirtſchaftlichen Grundſätzen verwaltet wurde, zu-
e der im Laufe der Zeit eingetretenen Umbildung
allgemeinen wirtſchaftlichen und geſellſchaftlichen
hältniſſe neben ſeiner Aufgabe als ſtaatliche Ein⸗
hmequelle noch wichtige volkswirtſchaftliche und ſoziale
nllionen zu erfüllen hat, die ihn zu einem beachtens⸗
werten Faktor der Staatsverwaltung machen.
59
Die
in dieſer Richtung ſich betätigende Wirkſamkeit der
Domänenbehörden tritt vielleicht nach außen hin weniger
in die Erſcheinung, um ſo mehr aber entfalten ſie in
raſtloſer ſtiller Arbeit eine auch der Forderung der
öffentlichen Intereſſen dienende wertvolle Tätigkeit.
Vor allem haben die Domänenbehörden durch Ein:
richtung größerer Be⸗ und Entwäſſerungsanlagen, durch
Vornahme von Meliorationen verſchiedenſter Art, durch
frühzeitige Einführung der künſtlichen Düngung, durch
Herſtellung von Wegeanlagen,, durch Schaffung) und
ſachgemäße Pflege ausgedehnter Obſtbaumpflanzungen,
durch Hebung der Fiſcherei in den offenen Gewäſſern
und Errichtung einer größeren Zahl von Fiſchbrut⸗
anſtalten und Teichbetrieben in verſchiedenen Landes⸗
gegenden und andere Kulturen vorbildlich und ſegens⸗
reich gewirkt. Eine weitere wichtige und keineswegs
immer leichte Aufgabe iſt den Domänenbehörden
zufolge der auf landſtändiſche Anregung ergangenen
Normativbeſtimmungen über die Bewirtſchaftung des
domänenärar. landw. genutzten Grundbeſitzes zugefallen,
die von dem Grundgedanken ausgehen, daß der ſtaat⸗
liche Grundbeſitz nicht im einſeitigen fiskaliſchen Jn-
tereſſe verwaltet werden darf, ſondern ſoweit möglich
durch Förderung gemeinnütziger Beſtrebungen und
tunlichſte Unterſtützung und Berückſichtigung der wirt:
ſchaftlich Schwachen auch dem Allgemeinintereſſe dienſt⸗
bar gemacht werden ſoll. Es bedarf wohl keiner
weiteren Ausführung, daß die Durchführung dieſer
Grundſaͤtze bei den zahlreichen von den Domänenbe⸗
hörden vorzunehmenden Verpachtungen, Verkäufen, Er-
werbungen und die Abwicklung der großen Zahl ſon⸗
ſtiger in den Bereich der Domänenämter fallender
Verwaltungshandlungen und! Rechtsgeſchäfte, wie Ber:
waltung und Vermietung der vielen ärariſchen Woh⸗
nungen in den Schlöſſern und anderen ſtaatlichen Ge-
bäuden, Verwertung der zum Teil ſehr bedeutenden,
manchmal Werte von vielen Millionen darſtellenden
Bauplätze, Abſchluß von Verträgen mit Gemeinden,
Körperſchaften und Privaten wegen Benützung von
Wegen, Brücken, Wäſſerungseinrichtungen, Quellen,
Feſtlegung von Baufluchten, Behandlung von Steuer⸗
fragen, Teilnahme an Gemeindevoranſchlagsberatungen,
Bildung von Waͤſſerungs⸗ und ſonſtigen Genoſſen⸗
ſchaften, Begründung von Dienſtbarkeiten der verſchie⸗
denſten Art, Abſchluß von Ablöfungsverträgen mit
kirchlichen Behörden und dergl. ein großes Maß von
Umſicht und Verſtändnis für die allgemeinen wirt:
ſchaftlichen Erforderniſſe der Zeit beanſpruchen und
daß dieſen Aufgaben ein in den verſchiedenen volks⸗
wirtſchaftlichen und juriſtiſchen Wiſſenszweigen gründ⸗
lich vorgebildeter und in der Verwaltungspraxis ge⸗
ſchulter Kameraliſt in weit höherem Maße gewachſen
60
ift, als der mehr nach der techniſchen Seite hin vor: der Holzgefälle in den Händen von Beamten ift, denen
gebildete Forſtmann. Ä man in dieſer Hinſicht auf Grund der gemachten Gr:
Wenn der Verfaſſer meint, daß im Geſchäfts⸗ fahrungen vollſtes und uneingeſchränktes Vertrauen
bereich der Domaͤnenverwaltung alle wichtigeren An⸗ ſchenken kann. Der Verfaſſer ſteht auf einem anderen
gelegenheiten von der Zentralſtelle aus bearbeitet Standpunkt, er meint, diefe Geſchafte könnten an-
werden, jo entſpricht dies in keiner Weiſe den Tat⸗ ſtandslos mittleren Beamten übertragen werden, wie
ſachen. ja auch in allen anderen Verwaltungszweigen diefe
Es ift auch zu berüdfichtigen, daß der Wirkungs- Dienſte von mittleren Beamten beſorgt würden. Das
kreis der Domänenbehörden nicht auf die Verwaltung Letztere ift nicht einmal richtig, denn auch außerhalb
und Bewirtſchaftung der Felddomänen beſchränkt iſt, des ſtaatlichen Dienſtes ſteht an der Spitze der größeren
ſondern daß fie ja auch für die Forſtverwaltung durch Bezirksſtellen (Hofverwaltung, Markgräfl. Verwaltung,
den Einzug der Holzgefälle, wie die Verrechnung und Fürſtenbergiſche Standesherrſchaft, Kirchenvernallung)
Auszahlung ſämtlicher im Staatsforſtbetrieb erwach⸗ durchweg ein wiſſenſchaſtlich gebildeter Finanzbeamte
ſender Ausgaben in weitgehendem Umfange Dienſte der genau wie bei den Domänenämtern neben ſeinen
zu leiſten haben. Dieſe Arbeit mag in den Augen ſonſtigen Dienſtaufgaben das wichtige Geſchäft des
eines Forſtmanns als etwas Untergeordnetes, Sub- Einzugs, der Sicherſtellung und der Beitreibung ber
alternes erſcheinen, aber ſie muß eben auch getan Gefällsſchuldigkeiten mit eigener Verantwortung
werden; denn mit dem bloßen Verkauf des Holzes ift zu leiten hat. Daß fie alle diefe Geſchäfte nicht allem
der Staatskaſſe nicht gedient, ſondern der dabei er- beſorgen können, ſondern dabei von anderen ihnen be:
zielte Erlös muß auch hereingebracht werden. Forſt⸗ gegebenen Beamten unterftügt werden, ift felbftrer:
und Domänenverwaltung find Glieder eines und des: ſtäudlich. — Ob es ratſam erſcheint, wie der Berfaffer
ſelben Verwaltungskörpers, fie ſchließen ſich nicht ein- vorſchlägt, das ganze Kaſſen⸗, Rechnungs⸗ und Be:
ander aus, ſondern gehören zuſammen und ergänzen treibungsweſen mittleren Beamten zur ſelbſtändigen
ſich, wie die einzelnen Glieder einer Familie Deg: und allein verautwortlichen Beſorgung zu übertragen,
halb ift es auch nicht verſtändlich, wie der Verfaſſer] muß nach den bisherigen Erfahrungen, zumal bei den
die beiden Verwaltungen in Gegenſatz ſtellen kann; ſtändig ſteigenden Einnahmen und dem gerade in
viel eher hätte man gerade in heutiger Zeit, in der Baden befonders weit ausgebildeten Befriſtungeſyſten,
die Wahrung bes ſogenannten Burgfriedens in aller bei dem der Sicherheitsleiſtung in ihren verſchiedenen
Munde ift, eine Mahnung zum einheitlichen Zufam- | Formen hohe Bedeutung zukommt, bezweifelt werden;
menwirken beider Verwaltungen, wodurch dem ftaat: ganz abgeſehen davon, daß eine Selbſtändigmachung
lichen und privaten Intereſſe ſicherlich beſſer gedient der zur Zeit in abhängiger Stellung befindlichen Ver:
ift, erwarten follen. In dieſem Sinne kann man dem rechnungsgehilfen — wie gerade das vom Berfaffer an
vom Verfaſſer aufgeſtellten kategoriſchen Imperativ, gezogene Beiſpiel der ſtädtiſchen Beamten beweift — di
daß zur Erhaltung der wirtſchaftlichen Kraft des unabwendbare Folge höherer Gehaltsanſprüche nach fit
Volkes die Sonderintereſſen einzelner Teile zurückſtehen ziehen und damit den vom Verfaſſer amgeftrebter
müſſen, vollauf zuſtimmen, denn „salus publica su- Zweck der Entlaſtung der Staatskaſſe vereiteln würde
prema lex esto“. Der Verfaſſer dürfte alſo auch in dieſem Punti
Aus dem Obengeſagten dürfte zur Genüge hervor: die Kehrſeite ſeiner Reformpläne nicht genügend be
gehen, daß der Verfaſſer fih auch inſofern im Irrtum achtet haben, wie er auch anzugeben unterlaſſen hal,
befindet, als er annimmt, daß der Hauptdienſt der in welcher Weiſe „das ganze Kaſſen⸗, Zahlungs: und
Domänenämter unter den heutigen Verhältniſſen in Rechnungsweſen, Verbürgungen, Beitreibungen, Rre
Kaffen: und Rechnungsführung und in der Gefäll⸗ ditfeſtſtellungen, Zuſtellungen u. dergl. auf eine neve,
beitreibung beſteht. Wenn dies aber auch der Fall ganz wefentlich vereinfachte Grundlage geſtellt werder
wäre, jo ſollte ſich der mit der Holzverwertung be: könnte“.
traute Forſtmann darüber freuen, wenn der Einzug
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Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, VBerſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmen auer,
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländers Ver lag
Berleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. M. — G. Ottos Hofbuchdruckerei in Darmſtadt.
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| Allgemeine ö E
Forſt⸗ und Jagd⸗Jeitung.
Herausgegeben |
Dr. Karl wimmenauer, um Dr. heinrich Weber,
Geh. Forſtrat u. Profeffor. der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft
an der Univerſität Gießen.
— —
Dretundneunzigiter Jabrgang.
1917. März.
Mit einem Bildnis.
Frankfurt am Main.
J. D. Sauerländer's Verlag.
—
Die Allgemeine Forf- und Bagd-Beitung erſcheint regelmäßig jeden Monat und
wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗
lungen und Poſtanſtalten. oz
(18 cl
Anzeigen. ==
Breife: / Seite 60.— Mk., ¼ Seite 82.— Mk., „ Seite 17.50 Mk., !/, Seite 10 Mk., /, Seite 7.50 Mk., % Seite 5.50 Mt.
bei kleineren Inſeraten: die 40 mm breite Petitzeile 30 Pfg. — Rabatt bei Wiederholungen 15 % bei 3><, 25% bei
6 331/,% bei 10 , 40% bei 12><, 50% bei 24 = iger Aufnahme eines Inſerates. — Tertänderungen bei längeres
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Die Jagdnutzung des ges
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Albert Simon, Cöln Morgen Waldbeſtand, in der
Tel. A. 6268. Glockengasse 6. Mitte großer Forſten gelegen,
fol vom 1. April 1917 bis zum
31. März 1928 freihändig vers
pachtet werden.
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bahn Nauen — Velten.
Die e konnen bei
dem unterzeichneten Jagdvor⸗
ſteher eingeſehen werden.
Vans Gf a 1817
Grundriß der Bolzmeßkunde, „„
8°. (49 S.) geheftet. Preis Mk. 1.—. Bree, Gemeindevorſteher.
J. D. Sauerländer's Verlag
Frankfurt a. M.
Waldwertrechnung u. forstl. Statik,
Ein behr- und bandbuc
weiland Profelior Dr. Bermann Stoeger,
Grobh. Sachi.2Oberlandforltmeifter und Direktor der Forftakademle zu Ellenoch.
Durchgefehen von Prof. Dr. Bans?Bausrath, Karisruhe.
Fünfte Auflage.
GroB-ORtap,§vill und 252 Selten.
Preis: broſch. Mk. 5.—, gebunden (Mk. 5.80.
Das Ericheinen der fünften Auflage legt am beiten Zeugnis ab von der allleitigen Anerkennung, de
das Werk durch die prägnante und klare Darliellung des Stoffes und durch feine mehr popularifierende md
auf Berporhebung der praktiichen Gelichtspunkte abzielende Richtung in Fachkreilen gefunden hat. |
Dieie neue Auflage, deren Durchlicht auf ausdrücklichen Wunich des veritorbenen Verfallers Ber Prol, ;
Dr. Bausrath in Karlsruhe bereitwilligit übernommen hat, hat wieder einige Ergänzungen erfahren, fond! |
lolche durch die neueren Ericheinungen auf den bezüglihen Gebieten bedingt wurden.
Frankfurt a. m. J. d. Sauerländer’s verlag. í
Durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Dr. K. Wimmenauer,
Geh. Forstrat und Professor der Forstwissenschaft
an der Universitat Giessen.
Bitte,
bei Bestellungen bei den hier in-
„Allg. Forst- u. Jagd-Zeitung“
Bezug nehmen zu wollen.
serierenden Firmen gefl. auf die
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Hllgsmsins
For: um Zugd-Jeitung.
März 1917,
—
Ueber Zuführung und ſparſame Verwendung
der Feuchtigkeit in den Holzpflanzen.
Von Forſtmeiſter Tiemann in Göttingen.
Es. ift ſelbſtverſtändlich, daß zum Zwecke guten
Wachstums und Gedeihens unſerer Holzbeſtände nicht
allein die Zuführung der nötigen Feuchtigkeitsmenge
zum Boden unbedingt erforderlich iſt, ſondern wir
müſſen auch unſere wirtſchaftlichen Maßregeln ſo ein⸗
richten, daß ein ausreichender Grad von Waſſergehalt
im Boden erhalten bleibt und den Holzpflanzen
nachhaltig zugut kommt. Daß ſolche Maßnahmen
für ſchon an ſich trockene Böden (namentlich Sand-
böden, flachgründige Böden uſw.) von beſonderer Wichtig⸗
keit find, ift einleuchtend. Zur möglichſten Steige-
rung der Ertragsfähigkeit ſolcher Böden müſſen außer⸗
dem natürlich bei der künſtlichen Beſtandsgründung
auf Oedland, Abtriebsflächen uſw. — auf armen Sand:
böden hauptſächlich, wie bekannt, durch Anbau der
genügſamen Kiefer, wennmöͤglich mit Beimiſchung
der Buche — noch geeignete Düngemittel (Humus⸗
erde, Moorerde, künſtliche Dünger) in Anwendung
kommen, deren Wirkſamkeit aber aus bekannten Gründen
wiederum einen angemeſſenen Feuchtigkeitsgrad des
Bodens zur Vorausſetzung hat.
Intereſſant dürfte es auch für den Forſtmann ſein,
die Verhältniſſe der Waſſerzuleitung zu den
Wurzeln, ſowie diejenigen der Verdunſtung des
Waſſers durch die Spaltöffnungen der Blätter nicht
allein bei unſeren Hozpflanzen, ſondern zum Ver⸗
gleich auch bei anderen Gewadjen, wenn auch nur
ganz im allgemeinen, ein wenig näher zu betrachten.
Allerdings iſt das Wichtigſte über dieſen Gegenſtand,
wenigſtens inſoweit es ſich auf Holzpflanzen be⸗
zieht, wohl jedem Forſtmann bekannt; aber doch er⸗
ſcheint vielleicht eine überſichtliche, kurze Zuſammen⸗
ſtellung aller hauptſächlichſten Punkte Manchem er⸗
wünſcht. Ein Vergleich mit anderen Gewadfen dürfte
naheliegen und unſer Intereſſe erregen, wenn man be⸗
denkt, daß ja unſere Forſtwirtſchaft eigentlich nur „an⸗
gewandte Botanik“ iſt.
Schon in dem bekannten, viel verbreiteten „Lehr⸗
buche für Foͤrſter“ von unſerem berühmten Altmeiſter
1917
Dr. Georg Ludwig Hartig, 9. Auflage, herausgegeben
von deſſen Sohne, Profeſſor Dr. Theodor Hartig 1851,
eißt es in dem von letzterem bearbeiteten Bande:
„Luft⸗, Boden⸗ und Pflanzen⸗Kunde in ihrer Anwen⸗
dung auf Forſtwirtſchaft“ gegenüber der „Erkennungs⸗
Lehre“ der Pflanzen, Seite 128: „Um ſo wichtiger
iſt die Lehre vom Leben und den Lebensver⸗
richtungen der Pflanzen (Pflanzenphyſiologie). Sie
iſt die Grundlage der Forſtwiſſenſchaft, da ſie uns
mit der Natur derjenigen Geſchöpfe bekannt macht,
deren Erziehung, Pflege und Benutzung unſer Be⸗
ruf iſt.“
Das Nähere kann ſelbſtredend nur Sache des Bo:
tanikers von Fach ſein und muß auf die neueren
Lehrbücher der Botanik!) verwieſen werden. Bei dieſen
iſt es als ein weſentlicher, deren Studium ſehr fördern⸗
der Fortſchritt anzuſehen, daß ſie nicht, wie die älteren
Bücher, lediglich trockene Beſchreibungen der
Pflanzen darbieten, ſondern auch die höͤchſt intereſſanten,
bedeutungsvollen, biologiſchen Vorgänge derſelben
behandeln.
Ohnehin iſt ja die Botanik eine allgemeine be⸗
liebte Wiſſenſchaft, die deshalb auch wohl als scientia
amabilis bezeichnet wird.
Bei einer kurzen Betrachtung des in Frage ſtehen⸗
den Gegenſtandes dürften nun etwa folgende Geſichts⸗
punkte zweckmäßig einer geſonderten Behandlung
zu unterziehen ſein:
I. Die direkte und indirekte Zuführung ausreichender
Feuchtigkeit zu den Wurzeln der Pflanzen und die
möglichſte Erhaltung dieſes Feuchtigkeitszuſtandes.
1. Direkte Zuführung der Feuchtigkeit
zu den Wurzeln.
1) U. a. möchte ich hier das vorzügliche, von Sachkennern
ſehr günſtig beurteilte „Lehrbuch der Botanik“ von Profeſſor
Dr. Otto Schmeil in Heidelberg empfehlen. Es ifi im Vere
lage von Quelle und Meyer in Leipzig 1916 bereits in 86. Auf⸗
lage erſchienen und „unter beſonderer Berückſichtigung bios
logiſcher Verhältniſſe bearbeitet“. Die zahlreichen Abbildungen
find ausgezeichnet, und der Preis von 6 Mk. geb. äußerſt
mäßig. Auch ich habe das Werk bei der vorliegenden Arbeit
vielfach benutzt.
9
a) Durch atmofphärifche Niederſchläge (Regen, Schnee,
Tau).
Zuvörderſt wird hinſichtlich der Wurzeltätigkeit der
Pflanze die Bemerkung nicht unangebracht erſcheinen,
daß nach dem erwähnten Schmeil'ſchen Werke in der
Regel die ſogen. Wurzelhaare die Aufnahme des
Waſſers und der darin gelöſten Boden⸗Nährſalze ver⸗
mitteln. Wie dort weiter auseinandergeſetzt wird,
ſtellen dieſe zahlreichen Wurzelhaare zarte, „lange,
ſchlauchförmige Ausſtülpungen der Oberhautzellen“ dar
und finden ſich nur an den jüngſten Wurzeln, mit
Ausnahme eines äußerſten Endes. „Die älteren
Teile der Wurzel umkleiden ſich mit waſſerdichten
Korklagen, ſind alſo zur Aufnahme von Waſſer und
Nährſalzen untauglich.“ In Rückſicht auf die überaus
zarte Beſchaffenheit und die leichte Verletzbarkeit der
Wurzelhaare, folle man die Gewächſe möglichſt mit
dem „Ballen“ verpflanzen“.
Ferner heißt es in demſelben Werke noch von den
Wurzelhaaren: „Sie durchdringen jede Lücke des
Bodens und find imſtande, ſelbſt noch die geringſte
Waſſermenge einzuſaugen und das kleinſte Boden⸗
teilchen auszubeuten“.
Nun fehlen aber, wie daſelbſt bemerkt. den meiſten
unſerer Waldbäume die Wurzelhaare, dagegen ſind
„die Wurzelenden von einem dichten Geflechte
zarter Pilzfäden umſponnen. Von dieſem Pilz:
mantel gehen zahlreiche Fäden nach außen, durch⸗
wuchern den Waldboden und entnehmen ihm Waſſer
ſamt den darin gelöſten Nährſtoffen. Andrerſeits legen
ſich die Fäden aber ſo dicht um die Wurzelenden, daß
dieſe imſtande ſind, ihnen das aufgenommene Waſſer
zu entziehen und es ſich dienſtbar zu machen. Schon
aus der Länge der Fäden geht hervor, daß der Baum
den Waldboden auf dieſe Weiſe weit beſſer auszu⸗
nutzen vermag, als wenn ſeine Wurzelnden, wie bei
den meiſten andern Pflanzen, mit winzig kleinen
Wurzelhärchen bedeckt wären. Weiterhin wird übrigens
noch betont: „Im einzelnen ſind aber die Beziehungen
zwiſchen Pilz und Wurzel noch ziemlich unbekannt“.
Nicht unerwähnt möchte ich laſſen, wie ſich der
Verfaſſer obigen Werkes auch noch über die Wurzel⸗
ausbreitung und die von den Pflanzen bewirkte
Ableitungsweiſe des Regenwaſſers äußert. Es
wird dort geſagt: „Zwiſchen der Ausbreitung der
Wurzeln und der Art, wie die Pflanzen das Regen⸗
waſſer ableiten, beſteht — wir wir mehrfach geſehen
haben — eine innige Beziehung. Tropft das Waſſer
am Umfange der Krone nieder, iſt die Waſſerableitung
alſo nach außen gerichtet oder zentrifugal, ſo
breiten ſich die Wurzeln allſeitig ſo weit aus, daß die
mit Wurzelhaaren beſetzten feinſten Wurzelzweige meiſt
im Umkreiſe der Krone liegen (dichtbelaubte Bäume,
62
Königskerze u. a.). Fließt das Waſſer dagegen nach
innen oder zentripetal ab, ſo ſind die Wurzeln
mehr oder weniger ſenkrecht nach unten gerichtet und
eng zuſammengedrängt (Raps, Tulpe u. a.). — Bei
dünn belaubten Bäume (Birke) find die Saugwurzeln
gleichmäßig unter der ganzen Krone verteilt. —
Waſſer⸗ und Sumpfflanzen, ſowie viele Gewächſe, die
geſellig beieinander ſtehen, laſſen das Waſſer in keiner
beſtimmten Richtung von den Blättern abtropſen.“
Einige Beiſpiele der bei vielen Gewäͤchſen beſtehen⸗
den zentripetalen Waſſerableitung mögen nach
dem genannten Werke hier noch folgen:
Von der Heidelbeere (Vaccinium myrtillus |
wird erwähnt: „Die ſchräg ſtehenden, rinnigen Blätter
leiten das Regenwaſſer über den kurzen, gefurdten
Blattſtiel zu dem Zweige, dem fte anfigen; in einer
tiefen Rinne, die ſich an ihm von Blatt zu Blatt
zieht, fließt es hinab und ſammelt fih von ſämtlichen
Zweigen am Hauptſtamme, der es ſchließlich der Wurzel
zuführt“.
Ebenſo ſtehen beim Raps (Brassica napus) , die
Blätter am Stengel ſchräg aufwärts und bilden
in der Regel flache Rinnen“. Die auf die Blätter
fallenden Regentropfen fließen daher zum Stengel ab
und werden ſchließlich zur Wurzel geleitet. Die Pflanze
„begießt“ ſich alſo ſelbſt.
Bei der Schwarzwurz (Symphytum officinale)
entſpricht die zentripetale Maſſerableitung der Richtung
der mit Saugwurzeln beſetzten Wurzel. Bedingt wird
dieſe Art des Waſſerabfluſſes dadurch, daß erſtens die
Blätter ſchräg aufwärts gerichtet am Stengel
ſtehen, daß zweitens die Blattflächen ſowohl, wie die
Blattſtiele (ſoweit vorhanden), die Form von Rinnen
befigen, und daß drittens die Blattflächen als Saͤume
an den Stielen und am Stengel herablaufen, ſo daß
dieſer „geflügelt“ erſcheint. Die Säume verhindern
das Waſſer, von den Blattſtielen abzuſpringen und
leiten es an dem Stengel hernieder.
Auch beim allbekannten Löwenzahn (Taraxacum
officinale) ſind „die Blätter auf der Oberſeite mit
einer deutlichen Rinne verſehen. Infolgedeſſen leiten
ſie jeden Regentropfen, von dem ſie getroffen werden,
der dürſtenden Wurzel zu“.
Da, wie bemerkt, nur die feinen Saug wurzeln,
eines Baumes Feuchtigkeit aus dem Boden aufzunehmen
vermögen, ſtärkere Wurzeln aber durch die dicke Rinde |
daran gehindert find; da ferner die Saugwurzeln ſch
nur im Bereiche der Kronentraufe des Baume
finden, fo ſieht man z. B. bei der Zuführung flüſſigen
Düngers zu Obſtbäumen darauf, daß dieſes nur an
jener Stelle geſchieht.
Uebrigens möchte ich noch anführen, daß bei ſtark |
abgekühltem und überhaupt bei kaltem Boden
(z. B. Moorboden) die Aufnahme von Waſſer durch
die Wurzeln nachläßt und bei ſtark gefrorenem
Boden fat ganz aufhört.
Auch die Humusſäuren des Torfbodens hemmen
jene Tätigkeit der Wurzeln.
Hinſichtlich des Regens muß noch beſonders her⸗
vorgehoben werden, wie es nicht genügt, daß er, nament⸗
lich in trockener Zeit und bei trockenem Boden, in aus⸗
reichender Menge fällt, ſondern wir müſſen auch, fo⸗
weit möglich, Vorkehrungen Ireffen, daß das Regen-
waſſer nicht zu raſch abläuft, vielmehr langſam in
den Boden zu den Wurzeln der Gewächſe dringt und
lange genug von dem Boden feſtgehalten wird —-
natürlich ohne durch Uebermaß ſchädlich zu wirken.
Nur fo kommt das Waſſer den Pflanzen möglichſt
nachhaltig zunutz.
In unſeren Forſten ſuchen wir dieſen Zweck da⸗
durch zu erreichen, daß wir zum Auffangen des Regen⸗
waſſers, z. B. an ſteilen, trockenen Hängen die be⸗
kannten Horizontalgräbchen in angemeſſenen
Entfernungen von einander anlegen, ſowie bei Pflan⸗
zungen, vorwiegend auf geneigten Flächen, kleine Rin⸗
nen um die Pflanzen bezw. Pflanzlöcher herumziehen,
was beſonders für größere Pflanzen (Heiſter uſw.)
nützlich iſt. Mindeſtens ſind hier kleine Erdwälle
am unteren Rande der Pflanzlöcher anzubr engen.
Aumerkung: Bezüglich der Wurzeltätigkeit der
Pflanzen dürfte auch noch eine Bemerkung über die vielleicht
nicht jedem Forſtmann bekannten Ausſcheidurgen der
Wurzeln Intereſſe beanſpruchen: Nach dem Schmeil ſchen
Werke ſcheiden die letzteren nämlich außer einer Säure, die zur
Loͤfung von Boden⸗Nährſalzen dient, zufolge neuer, ſorgfältiger
Unterſuchungen, „Stoffe aus, die auf Gewächſe derſelben,
nicht aber anf die einer andern Art wie Gifte einwirken.
Je öfter nun ein Boden mit derſelben „Feldfrucht“ beftellt
wird, um ſo mehr muß er von dieſen Stoffen durchtränkt, der
Ernteertrag alfo herabgeſetzt werden. Erſt nachdem er durch
Witterungseinflüſſe (Regen und dergl.) von den „Giiten“ wieder
befreit iſt, gedeihen Pflanzen der erſteren Art auf ihm wieder
vortrefflich“.
SR letztere Beobachtung richtig, fo würde ſchon eine ſolch e
in Hinſicht auf unſere Forſtw ertſchaft gegen die Erziehung
reiner, geſchloſſener Holzbeſtände, aber für ſtandortsgemäße,
rationelle Holzarten⸗Miſchungen ſprechen, wie fie wohl
gegenwärtig in den meiſten Revieren, inſoweit klimatiſche Ber-
hältniſſe nicht entgegenſtehen, eingeführt find. Wo aus bes
ſonderen Gründen nur reine Beſtände zuläſſig wären, müßten
fie, zur dauernden Erhaltung guten Wachstums, nicht geſchloſſen,
ſondern in lockerem Kronenſchluſſe erzogen werden, wie
er ja überhaupt für alle unſere Holzbeſtände ſich empfiehlt, um
die etwa im Boden reiner Beſtände vorkommenden „Gifte“
obiger Art durch ausgiebigere Einwirkung des Regens uſw.
möalichſt unſchädlich zu machen, was bei vollſtändigem Kronen⸗
ſchluſſe ſich nur ungenügend erreichen ließe. Erſt bei den
ſpäteren Schlagſtellungen bisher geſchloſſen aufgewachſener,
reiner Beſtände, zum Zwecke der natürlichen Verjüngung,
und bei Abtrieben, würde die bezeichnete Regenwirkung in ange
reichrudem Maße eintreten.
68
b) Durch Bewäſſerung.
Eine ſolche kommt naturgemäß weit mehr bei der
Landwirtſchaft und beim Gartenbau, als bei der Forſt⸗
wirtſchaft vor. Bei letzterer beſchränkt ſie ſich meiſt
auf die Forſtgärten oder gelegentlich auf kleine Be⸗
ſtandsſtellen, größere Anlagen ſind ſelten.
Im Kleinen laſſen ſich in den Forſten Bewäſſe⸗
rungen wohl öfter anwenden als geſchieht. Z. B. könnte
bei vorgenommenen Entwäſſerungen ſumpfiger Stellen
das Waſſer aus den Gräben bei vorhandenem Gefäll
zweckmäßig den angrenzenden Beſtandesteilen und et-
waigen Kulturen in erforderlichem Maße zugeleitet
werden!).
c) Durch Begießen.
Solches muß ſelbſtredend bei trockenem Wetter in
größter Ausdehnung beim Gartenbau Anwendung
finden, in der Forſtwirtſchaft iſt es nur in Saat⸗
und Pflanzkämpen anwendbar. Wie bekannt,
muß das Gießen, wenn einmal begonnen, bis zu ein⸗
tretendem Regen fortgeſetzt werden, weil ſich ſonſt an
der Beetoberfläche eine feſte Erdkruſte bildet, die
den Zutritt der Atmoſphäre zu den Pflanzenwurzeln
und die Abſorption von Waſſerdämpfen durch die Erd⸗
teilchen verhindert“).
Intereſſant würde es ſein, einmal durch leicht an⸗
zuſtellende Verſuche zu ermitteln, inwieweit bei an⸗
haltend trockener Witterung während der Vegetations⸗
zeit eine wiederholt vorzunehmende Lockerung der
Zwiſchenräume zwiſchen den Pflanzreihen der Kampe,
in Verbindung mit einem gleichzeitigen Anhäufeln
der Saat⸗ und Pflanzreihen, das koſtſpielige Begießen
zu erſetzen vermag. Das Lockern „macht die Boden⸗
krume abſorptionsfähiger für Waſſerdampf und Tau,
befördert das Eindringen des Regens in die Tiefe und
ermäßigt die Waſſerverdunſtung ).
d) Hierher würde auch ein Verſuch gehören, Pflänz⸗
linge in trockener Zeit, etwa einen oder ein paar
Tage lang vor dem Verſetzen, mit ihren Wurzeln im
Waſſer aufzubewahren und von letzterem aufſaugen
zu laffen, unter der berechtigten Annahme, daß die
Pflanzen ſodann jene Zeit beſſer überſtehen, alſo ge⸗
ringeren Abgang zeigen werden.
2. Indirekte weitere Zuführung von Feuchtig—
keit zu den Wurzeln.
Solche könnte bewirkt werden:
a) Durch das erwähnte Lockern der Zwiſchen⸗
räume zwiſchen den Pflanzreihen und das Anhäufeln
1) Näheres ſ. das vorzügliche Waldbauwerk von Heyer⸗
Heß, 5. Aufl., I. Bd., S. 251.
9) S. Heyer⸗Heß, Waldbau, I. Bd., S. 250 und 305.
) Daſelbſt S. 805.
Qe
letzterer in den Forſtgärten, ſowie durch Bodenauf⸗
lockerung um Pflanzheiſter behufs Hebung deren
Wachstums.
b) Durch Beimiſchung des Bodens der Beete in
Forſtgärten mit hygroſkopiſchen Stoffen, z. B.
Humuserde, Moorerde, Raſenaſche, Kohlengrus. Be⸗
kanntlich haben die drei erſtgenannten ſchon als eigent⸗
liche Düngemittel im Forſtbetriebe ihre Bedeutung.
Auch die Kaliſalze ſollen außer ihrer düngenden Wir⸗
kung noch dadurch einen günſtigen Einfluß ausüben,
daß ſie aus der Luft Waſſer aufnehmen und deſſen
Verdunſtung hindern.
o) Zu erwähnen wäre etwa noch, daß bei der
Zerſetzung der Humusſubſtanzen, außer Kohlenſäure,
Ammoniak uſw. auch Waſſer ſich bildet.
II. Möglichſte Ausnutzung des im Boden vorhandenen
Waſſers — und ſomit der ſonſtigen Boden⸗Nährſtoffe
— durch beſondere Beſchaffenheit des Wurzelſyſtems
der Pflänzlinge, ſowie durch naturgemäße Lagerungs⸗
weiſe der Wurzeln beim Einpflanzen.
Die im Boden vorhandene Feuchtigkeit kann nur
dann von den Pflanzen möglichſt vollſtändig ausge:
nutzt werden, wenn dieſen eine reichliche Menge von
Saugwurzeln zu Gebot ſteht, wie ſie ſich nur in
einem lockeren, humoſen Boden zu entwickeln vermögen.
Wir erziehen daher im Forſtbetriebe die beſtbewurzelten⸗
ein gutes An⸗ und Fortwachſen tunlichſt verbürgenden,
Holzpflänzlinge in unſeren, durch ſorgfältige Boden⸗
bearbeitung und Pflege wohlzubereiteten Saat: und
Pflanzkämpen, namentlich durch Verſchulung.
Die meiſten Saugwurzeln werden ſich natürlich in
den oberen Bodenſchichten entwickeln, weil ſich hier
nicht allein die meiſten Nhrſalze finden, ſondern auch
Wärme und Luft hier günſtiger wirken können.
Hierzu möchte ich noch erwähnen, daß man auch
verſucht hat, bei etwas älteren Kamppflanzen noch ein
reiches Saugwurzelſyſtem im Kampe durch A b⸗
ſtechen bezw. Kürzen weiterſtreichender, ſtärkerer
Seitenwurzeln hervorzurufen. So hat man z. B. bei
dem etwa nötig werdenden, längeren Verbleiben von
Fichten⸗Schulpflanzen im Kampe — etwa über das
Alter von vier Jahren hinaus, wo ſich dann ſchon
längere Seitenwurzelſtränge mit weniger Saugwurzeln
bilden — durch Kürzung der erſteren mittels ſcharfen
Spatens im Frühjahr eine beſonders reiche Saug⸗
wurzelentwicklung, wie ſie beim Verpflanzen ins Freie
ſehr erwünſcht iſt, noch in demſelben Jahre erreicht
und fo eine fpdtere Verſetzung mit genügender Sicher:
heit des An⸗ und Fortwachſens ermöglicht.
Dieſelbe Idee hat nun der Ratsoberförſter Muth
zu Bertholsdorf (Erzgebirge) der von ihm erfundenen
„Wurzelſchnittmaſchine“ zum Grunde gelegt.
Je.
Infolge der fo entftehenden dichten Bewurzelung würde
auch eine größere Ballenfeſtigkeit der Schul⸗
pflanzen erlangt werden. Verſuche müſſen über die
Brauchbarkeit des Maſchinchens entſcheiden !).
Da die Feuchtigkeit im Boden natürlich mit der
Tiefe zunimmt, ſo müſſen wir zugleich beſtrebt ſein,
auch den reichlicheren Waſſergehalt der tieferen
Bodenſchichten den Pflanzen möͤglichſt zugänglich zu
machen, was beſonders für trockeneren Boden don
großer Bedeutung ift. Wir erreichen dieſen Zweck da:
durch, daß wir auf ſolchem Boden, falls er genügend
locker ift, Pflanzen mit tiefgehender Wurzelbildung
(Pfahl: oder Herzwurzeln) anbauen, und auf etwas
feſterem Boden eine ſolche durch tiefere Bearbeitung
desſelben ermöglichen, ſowie daß wir z. B. bei Pflan⸗
zungen humoſe Erde beſonders auf den Boden der
Pflanzlöcher bringen, um die Verlängerung der Wurzeln,
namentlich einer Pfahlwurzel, weiter nach unten zu
leiten; dabei muß die Tiefe der Pflanzlöcher die Wurzel⸗
länge etwas überſchreiten.
Bezüglich unſerer Waldbäume wiſſen wir, daß
z. B. die wichtige, genügſame Kiefer in großen Ge⸗
bieten mit trockenem Sande nur aus dem Grunde noch
einigermaßen zu gedeihen vermag, weil ſie ſchon von
der erſten Jugend an eine Pfahl wurzel entwickelt,
welche die Feuchtigkeit aus den tieferen, friſcheren Boden⸗
ſchichten aufſaugt.
Zu denjenigen Holzarten, welchen eine ſolche Wurzel⸗
form ſchon von Natur eigen ift, gehören bekannt⸗
lich, außer der Kiefer, noch Eiche und Weiß⸗
tanne, ſodann auch Ulme, Ahorn, Eſche,
Linde, Weymouthskiefer und Lärche. Die
Buche geht mit ihren Wurzeln meiſtens weniger tief
in den Boden, ebenſo Schwarzerle und Schwarz⸗
kiefer. Eine mehe flache Bewurzelung zeigen:
Hainbuche, Weißerle, Birke, Akazie und
die Pappeln. Am flachſten bewurzelt iſt die
Fichte, die deshalb auch in ſo hohem Grade der
Sturmgefahr ausgeſetzt iſt ?).
Von ſonſtigen bekannten, kleinen, wildwachſenden |
Pflanzen zeichnen fih durch Pfahlwurzelbil⸗
dung, die deren Gedeihen auf trockenerem Boden
möglich macht, aus: die Küchenſchelle (Kuhſchelle)
Pulsatilla pratensis, die Steinnelfe (Dianthus car-
thusianorum), die Zichorie (Cichorium intybus), der
Löwenzahn (Taraxarum officinale), der Klatſchmohn
(Papaver rhoeas), die Wegmalve (Malva neglesta),
der Reiherſchnabel (Erodium cicutarium) u. a.
1) Näheres darüber |. das genannte Waldbauwerk. I. Bd, |
S. 296.
) S. Heyer Heß, Waldbau, I. Bd., S. 24.
Intereſſamt und wichtig würde es fein, einmal zu
verſuchen, ob es nicht erreichbar ſei, auch den von
Natur flachwurzelnden Holzarten, in erſter Linie
der für unſere Finanzen ſo bedeutungsvollen Fichte
— wenigſtens den künftigen Haubarkeitsſtämmen —
eine bleibende Pfahlwurzel oder überhaupt dau⸗
ernde, tiefergehende Wurzeln durch tiefere
Bodenlockerung der Kaͤmpe und durch, den längeren
Pfahlwurzeln entſprechende, tiefere Pflanzlöcher an⸗
zuerziehen. Hätten derartige Verſuche einigen Erfolg,
ſo würden ſich durch Verwendung ſolcher Pflanzen bei
den Kulturen die mitunter ſo verheerend auftretenden
Sturmſchäden — namentlich in reinen Fichten⸗
beſtänden — wohl ſehr ermäßigen laſſen, beſonders
wenn in letzteren bereits die rationellen, ftarfen
Durchforſtungen (C⸗Grad) eingeführt wären. Ebenſo
würden Fichten mit einer ſolchen anerzogenen Bewurze⸗
lung den durch Hitze verurſachten Beſchädigungen weit
beſſer zu widerſtehen vermögen; hat doch in dem außer:
gewöhnlichen trockenen Sommer des Jahres 1911 be⸗
ſonders die flachwurzelnde Fichte ſtark gelitten.
Etwa mat Pfahlwurzeln erzogene, kleine, ballen⸗
loſe Buchenpflanzen könnten auch einmal ſelbſt auf
trockenerem Boden, z. B. als wichtiges Miſchholz
der Kiefer auf beſſerem Sandboden, verſuchsweiſe
angebaut werden.
Vielleicht ließe ſich bei Buche und Fichte durch
Anerziehung einer Pfahlwurzel auch der Höhen:
wuchs günſtig beeinfluſſen !).
Sollen nun aber z. B. die Wurzeln unſerer Holz⸗
Pflänzlinge eine erſprießliche, volle Tätigkeit entfalten
und dadurch ein gutes Anwachſen und Gedeihen der
Pflanzen bewirken, ſo müſſen wir den Wurzeln ſelbſt⸗
verſtändlich eine vorſichtige, ſchonende Behandlung
und den Pflanzen überhaupt eine gute Pflege zu⸗
teil werden laſſen. Um nur Einiges, übrigens jedem
Forſtmann Bekanntes, hier noch einmal hervorzuheben,
müſſen beim Ausheben der Pflanzen die Wurzeln ſorg⸗
fältig vor Verletzungen behütet, die ausgehobenen
Pflanzen gut eingeſchlagen, und beim Transport die
Saugwurzeln durch gutes Verpacken friſch erhalten
werden.
Beim Einſetzen find kleine, ballenloſe Pflanzen in
einem Gefäße mit Waſſer oder in einem Korbe, unter
Bedeckung der Wurzeln mit friſcher Erde, aufzubewahren.
Das Einpflanzen hat ſo zu geſchehen, daß die Pflanzen
nicht tiefer als vorher zuſtehen kommen; nur auf
lockerem oder tief aufgelockertem oder ſehr trockenem
Boden kann etwas tiefer gepflanzt werden?). Die
1) Näheres f. Forſtw. Zentralblatt, Juli⸗Heft von 1913,
2) Bei der Ballenpflanzung und der bekannten von Mans
teufel ſchen Hügelpflanzung wird ein ſchädliches zu tiefes Eins
pflanzen natürlich einfſn allemal vermieden.
65
Wurzeln müſſen naturgemäß nach allen Richtungen
ausgebreitet, beſonders dürfen Pfahlwurzeln kleiner
Pflanzen nicht umgebogen, und die Wurzeln auch nicht
gequetſcht werden. Billige Klemmpflanzung, unter
Anwendung der bekannten Geräte, iſt bei ſolchen
Pflanzen nur auf lockerem Boden, beſonders Sand⸗
boden, ſowie auf künſtlich gelockertem Boden zuläſſig.
Dabei muß das Befeſtigen der Pflanzen in den Pflanz⸗
löchern mittels jener Gerate in der Art bewirkt werden,
daß nach nochmaligem Einſtechen derſelben neben dem
Pflanzloche die Erde zuerſt gegen deſſen Boden und
ſodann nach dem oberen Rande zu — alſo nicht allein
in letzter Weile — angedrückt wird, um ein ſchädliches
Hohlſtehen der Wurzel zu vermeiden.
Selbſtverſtändlich wird den Wurzeln die pfleglichſte
Behandlung durch die Ballenpflanzung zuteil.
In dem mehrgenannten „Waldbau“ von Heyer⸗Heß !)
wird darüber geſagt: „Die Ballenpflanzung iſt zwar
teuerer als die Pflanzung mit gleichalten ballenloſen
Setzlingen, gewährt aber dafür größere Sicherheit in⸗
bezug auf das Anwachſen und nachhaltige Gedeihen.
Die Wurzeln verbleiben hierbei in ihrer natürlichen
Lage, ſind gegen das Austrocknen geſchützt und werden
beim Ausheben und Verſetzen der Pflanzballen weniger
verletzt. Die ſchädliche Tiefpflanzung ift hierbei ganz
ausgeſchloſſen uſw.“ Natürlich empfieht ſich die Ballen⸗
pflanzung hauptſächlich für ungünſtige Standorte.
Von den Geräten zu dieſer Methode für kleine
Pflanzen mögen hier die ſinnreich konſtruierten, in dem
obigen Werke beſchriebenen, verbreiteten, billig arbeiten⸗
den Pflanzbohrer: der C. Heyer'ſche „Hohl⸗
bohrer“ und der Ed. Heyer'ſche „Kegelbohrer,“
die ſich ſeit langen Jahren beſtens bewaͤhrt haben,
noch einmal Erwähnung finden; auch der Janſa'ſche
„Patent⸗Hohlbohrer“ wäre hier zu nennen.
Der bezeichnete „Kegelbohrer“ ſoll bekanntlich
bei kleinen Pflanzen mit Pfahl wurzeln, welche
der Holzbohrer nicht herauszufördern vermag, zur An⸗
wendung kommen.
Die Pflanzbohrer ſetzen natürlich ſtein⸗ und wurzel⸗
freien, genügend bindenden Boden voraus und könnten
— beſonders der Kegelbohrer — auch ſogar einmal
bei Pflanzungen im Laube angewendet werden.
Kleine ballenloſe Pflanzen find übrigens weit
mehr im Gebrauch, als gleichalte Ballenpflanzen
da das gute Wurzelſyſtem der erſteren, wie es bei der
ſorgfaͤltigen Erziehung in unſeren Kaͤmpen ausgebildet
wird, den Ballen bis zu einem gewiſſen Grade er⸗
ſetzt, wenn auch für ſchwierigere Oertlichkeiten die
Ballenpflanze immer ihren höheren Wert behauptet.
1) I. Bd., S. 831.
Größere Billigkeit redet übrigens der Benutzung kleiner
ballenloſer Pflanzen gleichfalls das Wort.
Nach Prof. Hausrath') tft eine Bodentieſe
von 1 m zum Gedeihen der wichtigeren Bäume ſchon
völlig ausreichend, und ſind Tiefen von über 2 m für
den Holzwuchs ohne Bedeutung.
Noch näher auf den Holzanbau überhaupt und
feine Methoden einzugehen, entſpricht nicht dem Zwecke
meines Aufſatzes, ſondern iſt Sache unſerer Waldbau⸗
werke. Es kam mir hier in erſter Linie nur darauf
an, das Hauptſachlichſte über die Wurzeltaͤtigkeit und
die Wurzelformen unſerer Holzpflanzen aus dem prat:
tiſchen Betriebe noch einmal hervorzuheben und in Er⸗
innerung zu bringen
III. Die Hinderung einer zu raſchen Verdunſtung der
Feuchtigkeit, ſowohl der in den Pflanzen ſelbſt, als
der im Boden vorhandenen.
1. Natürliche Schutzmittel der Pflanzen
gegen zu ſtarke Waſſerverdunſtung.
Es möge mir geſtattet ſein, hier etwas näher auf
die intereſſanten Ausführungen in dem genannten
Schmeil'ſchen „Lehrbuch der Botanik“ einzugehen.
Wenngleich die ununterbrochene Waſſerverdunſtung
der Pflanze für ihr Leben von größter Bedeutung iſt,
ſo wirkt doch eine zu ſtarke Verdunſtung ſehr ſchäd⸗
lich, indem die Pflanze dadurch, namentlich auf
trockenen Standorten, den Gefahren des Welkens
und ſchließlich des Vertrocknens ausgeſetzt wird. Es
iſt im höchſte Grade bewundernswert, wie ſparſam
unter ſolchen Berhältniffen die Gewächſe mit ihrer
Waſſerverdunſtung, unter Benutzung beſonderer, zweck⸗
mäßiger Form und Beſchaffenheit ihrer Blätter, ſowie
ſonſtiger Einrichtungen, verfahren. Die Schutzmittel
gegen zu ſtarke Verdunſtung ſind nun nach jenem Werke
etwa folgende: ö
a) Größe und Form der Blätter.
Manche Pflanzen bilden auf trockenen Standorten
zum Zwecke einer Beſchraͤnkung der verdunſtenden Ober:
flaͤche der Blätter und demgemäß zur Verringerung
der Anzahl der Spaltöffnungen nur kleine oder
ſchmale oder feinzerteilte oder überhaupt nur
wenige Blatter. In dem obigen Werke find hier
beiſpielsweiſe folgende Pflanzen aufgeführt:
Leinkraut (Linaria vulgaris): Blätter ſehr ſchmal;
Kuhſchelle oder Küchenſchelle (Pulsatilla pratensis):
fein zerteilte Blätter; von holzigen Forſtun⸗
kräutern: Heidekraut (Calluna vulgaris) und
1) S. das intereſſante Werkchen: „Der deutſche Wald- von
Prof. Dr. Hans Hausrath in Karlsruhe (Bändchen Nr. 158
der Sammlung „Aus Natur und Geiſteswelt“).
66
Beſenginſter (Sarothamnus scoparius): beide
haben ſehr kleine Blätter; bei der Heide find letz⸗
tere auch noch zuſammengerollt (Kollblatt).
„Ein ſolches Rollblatt bietet der Luft nur die Ober⸗
ſeite dar, wird daher auch weit weniger Waſſer ver⸗
dunſten, als wenn es ausgebreitet wäre“.
Auch die Blätter des Strandhafers (Ammophila
arenaria) und Strandroggens (Elymus arenarius)
ſind, wenn dieſe Pflanzen auf trockenem Sande ſtehen,
„zu langen Röhren zuſammengerollt“. Dadurch
verkleinern ſie ihre Oberfläche ſehr ſtark und ver⸗
dunſten nicht ſo viel Waſſer, wie auf feuchtem Boden
im ausgebreiteten Zuſtande.
Ebenſo „bieten gefaltete Blätter dem Winde
eine viel kleinere Verdunſtungsfläche dar, als aus-
gebreitete“. Siehe die gefalteten jungen Einzelblätter
des Roßkaſtanie (Aesculus hippocastanum).
„Bei den Kaktusarten ſind die Blätter in der
Regel in Dornen umgewandelt, durch die kaum
eine Verdunſtung ſtattfindet.“ Zugleich haben diefe
Pflanzen „verhältnismäßig wenige Spaltöffnungen“.
b) „Die Blätter ſind dem Stengel an⸗
gedrückt“. Z. B. Heide und Mauerpfeffer (Sedum
acre). „Infolgedeſſen können ſie von der Luft nicht
in dem Maße umſpült werden, als wenn ſie weit und
frei vom Stengel abſtänden.“
c) „Die Blätter ſind ſenkrecht geſtellt.“
Z. B. die jungen Blätter der Roßkaſtanie. „Die
Sonnenſtrahlen treffen zur Mittagszeit — alfo wenn
ſie am kräftigſten wirken — das ſenkrecht aus der
Knoſpe hervortrelende oder ſpäter nach unten hängende
Blatt unter viel ſpitzerem Winkel als das voll⸗
kommen ausgebreitete, das zu den einfallenden Sonnen⸗
ſtrahlen ſchrag geſtellt it. Ein ſenkrecht geſtelltes
Blatt kann zur Mittagszeit alſo nicht in dem Grade
erwärmt werden wie ein wagerecht oder ſchräg ge⸗
ſtelltes; daher wird es auch nicht ſoviel Waſſer ver⸗
dunſten wie jenes.“
d) „Die Blätter ſchlagen ſich bei zu ſtar⸗
ker Erwärmung nach unten.“ Z. B. Sauerklee
(Oxalis acetosella): „Die beſchatteten Pflanzen
breiten ihre Blätter ſo aus, daß die drei herzförmigen
Einzel⸗Blättchen in einer Ebene liegen; die von den
Sonnenſtrahlen getroſſenen dagegen haben die
Blättchen ſenkrecht nach unten geſchlagen und
— wie der vorhandene Raum dies bedingt — in der
Mittellinie etwas eingefaltet. In dieſer Lage werden
die Blätter ſelbſtverſtändlich viel weniger beſonnt und
mithin auch viel weniger erwärmt, als wenn ſie aus⸗
gebreitet wären.
e) „Mehrere Trockenlandpflanzen (Mauer⸗
pfeffer, Kaktus und andere Fettpflanzen oder Succu⸗
eee a —
lenten, ſowie tropiſche Orchideen, die auf Baum:
ſtämmen wachſen) ſpeichern in den Blättern
oder Stämmen Waſſer auf.“
Die, beſonders in den tropiſchen Teilen Amerikas
| artigen Ueberzug (junge Blatter des Kirſch⸗
heimiſchen Kaktusgewächſe der heißen, außerordentlich
trockenen, fafi regenloſen Wüſten und Steppen ver?
mögen ſo viel Waſſer zu faſſen, daß ſie „weiter
grünen, wenn um ſie her ſcheinbar alles Pflanzenleben
erloſchen iſt.“
) Die Blatter find lederartig und in:
folgedeſſen meiſt immergrün. „Die Außen⸗
wände der Oberhautzellen ſind ſtark verdickt, in
hohem Maße mit wachsartigen Stoffen (Kutin)
durchtränkt und mit einer ſo dicken Kutikula ver⸗
ſehen, daß ſie für Waſſerdampf faſt undurchläſſig ſind
(Efeu, Agaven, Kaktusarten).“
Immergrüne Blatter haben unſere Nadel⸗
hölzer, mit Ausnahme der Lärche, von Sträu⸗
chern (Forſtunkräutern): Wacholder (Juni
perus communis), Stechpalme (Ilex
aquifolium); von kleineren Forſtunkräutern:
Heide, Preißelbeeren (Vaccinium vitis
idae a). Bei der Heidelbeere loöſen ſich die
lederartigen, der vorigen ähnlichen Blatter im Herbſte
von den grünen Zweigen. Die Miſtel (Viscum
album) hat immergrüne Blätter.
Von unſeren ſonſtigen bekannten Kräutern ſind
immergrün: Efeu, Haſelwurz (Asarum euro-
pacum), Leberblume (Hepatica triloba), Wintergrün
(Pirola), Immergrün (Vinca minor).
Bezüglich der Laubholz⸗Sträucher wird in
dem obigen Werke noch vom Liguſter (Ligus-
trum vulgare) geſagt: „Die weidenartigen
Blätter (Rainweide !) find etwas lederartig. Infolge⸗
deſſen überdauert an jedem Strauche ſtets eine Anzahl
von ihnen ſelbſt den kälteſten Winter.“
Als bekannte immergrüne auslandifde
Baume find u. a. zu nennen: Zitronen, Orangen und
Lorbeerbdume. Da man „in den füdlicher gelegenen
Ländern Verhältniſſe, wie fie bei uns im Winter
herrſchen, nicht kennt, fo find die Bäume und Sträucher
dort zumeiſt immergrün.“
Ferner heißt es von den Kaktusarten, daß ſie
= ſehr dicke, faft waſſerdichte Oberhaut“ bez
then.
Es darf wohl angenommen werden, daß die Blatter
unſerer Laub Bäume und «Sträucher, fo lange fie noch
jung und zart find, die meiſte Feuchtigkeit ver-
dunſten, daß die Verdunſtung aber gemindert wird,
wenn die Blätter ſpäter mehr Feſtigkeit erlangen.
g) „Die Blätter ſind mit einer Wachs⸗
ſchicht überzogen (Raps;, auch viele Früchte, find „ſehr kleine Gebilde“,
67
z. B. Weinbeere, Pflaume a. a.)“. Hierher gehören
auch die ſchmalen Blätter des Leinkrauts (Linaria
vulgaris).
h) „Die Blätter beſitzen einen firnis⸗
baums; Knospenſchuppen der Roßkaſtanie).“
i) „Die Blätter ſind auf einer Seite
oder auf beiden Seiten mit Haaren be⸗
deckt (junge Blätter der Roßkaſtanie; Edelweiß
u. v. a.“ Man könnte hier weiter noch den Mohn
(Papaver rhoeas), die Wegmalve (Malva neglecta),
die Schwarzwurz (Symphytum officinale), ſowie die
jungen Blätter der Linde anführen.
k) Die meiſten Pflanzen haben die
Fähigkeit, „die Spaltöffnungen zu ver⸗
ſchließen, ſobald Waſſermangel ein:
tritt.“ |
1) Als ſerneres Schutzmittel mag hier noch er-
wähnt ſein, daß manche Pflanzen, z. B. der bekannte
Löwenzahn (Taraxacum officinale) ihre Blätter auf
trockenem Boden zu einer Roſette ordnen, „die dem
Boden dicht aufliegt, ihn beſchattet und mithin vor zu
ſtarker Austrocknung ſchützt.“
Auch der Reiherſchnabel (Erodium cicutarium)
und der Wegerich (Plantago) zeigen dieſe Anordnung
der Blätter, letzterer an trockenen Standorten.
Zugleich möchte ich an dieſer Stelle daran er⸗
innern, wie die jungen gepflanzten Fichten ſich die
erforderliche Bodenfeuchtigkeit unter ihrem Kronen⸗
bereich meiſt dadurch möglichft zu erhalten ſuchen, daß
ſie zunächſt unmittelbar über dem Boden eine dichte
Zweigbildung entwickeln. Wie jedem Forſtmann
bekannt, pflegt die Fichtenpflanze erſt dann größere
Höhentriebe zu bilden, nachdem ſie ihren Fuß durch
dichte Beaſtung gehörig bedeckt und dem N fo die
nötige Feuchtigkeit geſichert hat.
Bei verſchiedenen Pflanzen find mehrere Schutz⸗
mittel gegen zu ſtarke Verdunſtung vereinigt und
wirken daher um ſo intenſiver. Im Nachſtehen⸗
den erlaube ich mir, wenigſtens einige, dem Schmeil'⸗
ſchen Werke entnommene, intereſſante Beiſpiele anzu⸗
führen.
Heide.
1. Das Heidekraut zeigt infolge der auffallenden
Dürre und Trockenheit aller ſeiner Teile nur
eine ſchwache Waſſerverdunſtung.
2. Es wächſt in dichtem Stande und erhebt ſich
nur wenig über den Boden, es hat daher auch nur
wenig unter den austrocknenden Winden zu leiden.
3. „Das wichtigſte Mittel iſt aber in dem eigen⸗
tümlichen Bau der Blätter zu erblicken.“ Dieſe
die „nur auf der
Unterſeite Spaltöffnungen beſitzen“; außerdem ift der
Zugang zu letzteren durch haarähnliche, die Ver⸗
dunſtung gleichfalls ſtark herabſetzende Organe ver⸗
ſperrt. Ferner find die Blätter ungeſtielt und
vermögen ſich den Zweigen eng anzuſchmiegen. Dazu
find die erſteren „Rollblätter“ undd immer⸗
grün.
Mauerpfeffer (Sedum acre).
Die Blätter find fehr klein, liegen dem Stengel
meift dicht an und ſtellen dicke, fleiſchige
Körper dar, die als Waſſerſpeicher dienen
(Fettpflanze, Saftpflanze oder Succulente).
Der Zellſaft der Blätter zeigt oft einen reichlichen
Schleim, der das Waſſer nur ſehr langſam abgibt.
„Infolge der verhältnismäßig dicken Oberhaut
der Blätter und der ſehr geringen Zahl von Spalt⸗
öffnungen vermag nur wenig Waſſer in Dampf⸗
form zu entweichen.“ T „Vorteilhaft für eine langſame
Verdunſtung ift auch, daß die Stengel ſehr niedrig
bleiben und der Mauerpfeffer einen dichten Raſen
bildet.“
Von Waldbäumen möge die Kiefer er⸗
wähnt ſein, bei der ebenfalls verſchiedene Schutzmittel
vereinigt ſind, die das Wachstum bezw. Aushalten
dieſer wichtigen Holzart auf ſelbſt ſehr trockenem
Sandboden noch ermöglichen und daher, „auf einen
ſparſamen Waſſerverbrauch hinweiſen.“
„Die Außenwand der Oberhautzellen der
Nadeln iſt ſtark verdickt. Infolgedeſſen iſt fie für
Waſſerdampf ſchwer durchdringbar und läßt die Nadel
hart und trocken erſcheinen.“ Außerdem „find Spalt:
öffnungen, durch die die Verdunſtung des Waſſers
am ſtärkſten erfolgt, nur in ſehr geringer Zahl
vorhanden.“
„Die Kiefer verliert alljährlich im September
einen größern, und im Oktober oder November einen
weitern kleinern Teil ihrer Blätter. Da die einzelne
Nadel aber 2--3 Jahre alt wird, erſcheint die Kiefer
immergrün.“
Auch das in dem betreffenden Werke als Wirkung
der letzteren Eigenſchaft Hervorgehobene iſt ſehr be⸗
merkenswert: „Im Herbſte verlieren unſere Laubbäume
durch den Blattabfall eine große Menge von Stoffen,
die im Frühjahr wieder erſetzt werden müſſen. Die
Kiefer dagegen behält ihre Blätter mehrere Jahre
hindurch. Sie braucht daher dem Boden auch nicht
eine ſolche Menge von Nährſtoffen zu ent⸗
ziehen als ein Laubbaum mit derſelben Blattmaſſe,
eine Tatſache, die bei der Nahrungsarmut des Bodens,
auf dem die Kiefer zumeiſt wächſt, wohl zu beachten
iſt. Auch inſofern befindet ſich die Kiefer den Laub⸗
baͤumen gegenüber im Vorteile, als fie im Früh⸗
68
jahre ſoſort die Arbeit beginnen kann, während
jene erſt die Blätter, d. h. die Werkſtätten bilden
müſſen, in denen neue Bauſtoffe erzeugt werden.“
Erwägt man noch weiter den bekannten Zweck
der, der Kiefer eignen Pfahl wurzel, fo muß man
zugeben, daß für das Gedeihen bezw. die Wachstum⸗
möglichkeit dieſer Holzart, ſogar auf armem Sand⸗
boden, durch die Pflanze ſelbſt beſtens geſorgt if.
Es würde zu weit führen, noch fernere Beiſpiele
der vorſtehenden Art anzuführen und muß auf die
botaniſchen Lehrbücher verwieſen werden.
Eine höchſt bedeutſame Einrichtung im Leben
unſerer Laub⸗Bäume und Sträucher gegen
zu ſtarke Waſſerverdunſtung durch die Blätter
bietet der herbſtliche Laubabfall.
Man hat hierbei nach dem mehrgenannten Schmeil⸗
ſchen Lehrbuch Folgendes zu bedenken: Da die Hätter
jener Gewächſe beſtändig Waſſer verdunſten, fo Welden
letztere eine ſolche Tätigkeit auch im Winter ſorhſeten,
wenn ſie während dieſer Jahreszeit ihr Laub behielten.
Nun läßt aber die Aufnahme der Feuchtigkeit durch
die Wurzeln bei ſtärkerer Abkühlung des Bodens, wie
ſie ſich „ſchon im Auguſt und September (kurze Tage,
lange Nächte!)“ zeigt, allmählich nach, und würden
die Wurzeln „bei hart gefrorenem Boden überhaupt
gar nicht mehr imſtande fein, ihm Waſſer zu ent:
ziehen. Würden die Laubgewäͤchſe jetzt durch ihre Blätter
noch fortgeſetzt Waſſerdampf an die Luft abgeben,
jo müßten fie bald vertrocknen,“ da „die Wurzel
jetzt nicht mehr fo viel Waͤſſer aufzunehmen vermag,
wie die Pflanze verdunſtet. Kalter Boden wir
auf die Pflanze alſo wie trockner Boden ein.“ „Die
meiſten Bäume und Sträucher helfen ſich über dieſe
für fie durchaus ungünſtige Zeit des Jahres bekannt:
lich dadurch hinweg, daß ſie ihre Blätter einfach
abwerfen.“
Da nun „Stärke, Eiweiß und alle andern wer:
vollen Stoffe aus den Zellen des herbſtlichen Blattes
ausgewandert und in den Stämmen und Zweigen ab⸗
gelagert ſind, um im nächſten Frühjahre zum Aufbau
der jungen Zweige, Blätter und Blüten verwendet zu
werden, jo verliert die Pflanze beim Laubfalle aljo
nicht viel mehr, als die jetzt wertlos gewordenen
Skelette der Blätter.“
a
Nur unfere immergrünen Nadelhöoͤlzer
— mit Ausnahme der Lärche —, ſowie die bereits
unter f erwähnten hieſigen immergrünen Gewäͤchſe mit
derben, lederartigen Blättern zeigen infolge dieſer ver:
bieten Blattoberfläche eine jo geringe Waſſerber⸗
dunſtung, daß ein Abfall der Blätter im Herbſt nicht
notwendig wird.
—— — — oa — aE
Bäume und Sträucher mit immergrünen
Blättern haben gegen die, das Laub im Herbſt ab⸗
werfenden, den Vorteil, daß ſie, wie ſchon bei der
Kiefer bemerkt, beim Eintritt des Frühlings mit den
„Arbeiten der Nährſtoffaufnahme und » verarbeitung
69
ſofort beginnen, alſo dieſe über einen viel größeren
Teil des Jahres ausdehnen“ können.
»Wenn der Fortmann, namentlich bei größeren
Laubholzpflänzlingen, die Kronen vor dem Einſetzen
der Pflanze in bekannter Weile beſchneidet )), jo be
folgt er, außer der Abſicht der Form: und Wuchs⸗
regulierung, auch denſelben Grundſatz, wie ihn
die Natur durch den herbſtlichen Laubfall benutzt,
d. h. er ſucht die Anzahl der waſſerverdunſtenden
Organe, alſo der künftigen Blätter, zu vermin⸗
dern, und zwar im Verhältnis eines beim Ausheben
dern Pflanzen ſtattgefundenen Wurzelverluſtes.
Aberzaud ohne einen ſolchen würde für trockenen
B. vı ein ſtärkeres Beſchneiden der Kronen dieſer
Pflänzlinge raͤtlich fein.
Dieſelben Gründe gelten natürlich auch für das
fogenannte Stummeln unter etwa 1—2 cm ſtarker
Laubholz⸗Pflaͤnzlinge, wie es beſonders bei deren Ber-
wendung im Nieder⸗ und Mittelwalde üblich iſt. In
dem erwähnten Waldbauwerke von Heyer⸗Heß, I. Bd.,
S. 324, wird darüber geſagt: „Man drängt hier
dem Pflänzling nicht eine Schaft: und Kronenmaſſe
zur Ernahrung auf, ohne zu wiſſen, ob er ſie auch
zu ernähren vermag, ſondern man überläßt es
ihm, nach Maßgabe feines unbekannten Ernährungs:
vermögens fein neues Wachstum ſich ſel bſt zu bilden.
Da hier die geſamte Saftzufuhr durch die Wurzeln
ausſchließlich auf die neuen Stockausſchläge verwendet
wird, ſo entwickeln ſich dieſe kräftiger; es bildet ſich
ein neuer Jahrring an Stock und Wurzeln, der Pflänz⸗
ling ſchlägt ſicherer an und erſetzt reichlich wieder den
an ſich wertloſen Verluſt an Schaft und Krone.“
2. Schutzmaßregeln gegen eine zu ſtarke
Verdunſtung der Bodenfeuchtigkeit.
Wenngleich die hierunter aufgeführten dergl. Maß⸗
regeln bekannt ſind und bereits in früheren Artikeln?) Er⸗
wähnung gefunden haben, geftatte ich mir doch, fie,
der Vollſtaͤndigkeit wegen, hier noch einmal kurz folgen
zu laſſen:
3) Das Beſchneiden der Wurzeln beſchränkt ſich auf das
glatte Abſchneiden der mit dem Spaten abgeſtochenen, dickeren
Wurzelenden und auf die Wegnahme beſchädigter Wurzeln.
Uebrigens muß ſelbſtverſtändlich ein Beſchneiden der Wurzeln
nach Möglichkeit vermieden werden, um eine Verminderung
der wichtigen Saugwürzelchen zu verhliten.
2) Allgem. Forſt⸗ und Jagd⸗Zeitung, Mai⸗Heft von 1913,
Seite 158 und Forſtwiſſenſchaftl. Zentralblatt, Juli⸗Heft von
1914, S. 370.
1917
a) Als eine ſehr naheliegende Schutzmaßregel galt
früher, hier und da bis in die neuere Zeit hinein, die
allgemein ſtreng durchgeführte Erziehung unſerer Be⸗
ſtände in dichtem Schluſſe. Aber abgeſehen da⸗
von, daß durch den auf dieſe Weiſe hervorgerufenen
Lichtmangel die Entwicklung geſunder, ausreichen⸗
der Baumkronen und ſomit überhaupt ein natur⸗
gemäßes, kräftiges Wachstum an Stamm und Wurzeln
erheblich behindert iſt, muß ein großer Nachteil
darin gefunden werden, daß ein großer Teil der ſo
wichtigen atmoſphäriſchen Niederſchläge nicht zum
Boden gelangt, ſondern von dem dichten Kronen:
dache aufgefangen wird und dort verdunſtet.
Die Folge hiervon iſt daher ein Waſſermangel im
Boden, eine ungenügende Ernährung der Beſtände
und wegen zu großer Trockenheit des Bodens eine
durchaus unvollkommene Humusbildung. Die verur⸗
ſachte Minderung des Zuwachſes, ſowie der Wider⸗
ſtandsfähigkeit der Beſtände — in erſter Linie der
Fichtenbeſlände — find natürlich ſehr fühlbar. Es
muß als ein großer waldbaulicher Fortſchritt be⸗
zeichnet werden, daß in neuerer Zeit die ſtarke
Durchſorſtung (der C⸗Grad), die Hochdurch⸗
forſtung und überhaupt eine rationellere, natur⸗
gemäßere Erziehung der Beſtände in lockerem
Kronenſchluſſe, wie ſie bekanntlich ſchon ſeit
längeren Jahren zuerſt von Bohdanecky und Schiffel
beim Fichtenbetriebe mit Erfolg geübt wird, eine
immer größere Verbreitung erlangt.
b) Für trockenen Sandboden, wird, wie bekannt,
von Profeſſor Schwappach zur Erhaltung der Boden:
feuchtigkeit eine Deckung des Bodens mit Kiefern⸗
reiſig, auch mit Lupinenſtroh, Kartoffel:
kraut u. a. empfohlen. Erſteres wirkt auch durch
feinen Stickſtoffgehalt günſtig. Weitere Verſuche find
notwendig. |
Einen ebenfo guten Einfluß auf den Feuchtigkeits⸗
gehalt des Bodens würde auch die von Forſtmeiſter
Kautz in Anregung gebrachte gleichmäßige Ausbreitung
des Durchforſtungsreiſigs auf dem Boden
zeigen, und wären auch darüber Verſuche anzuſtellen.
c) Das Bedecken der Pflanzſtellen mit ab⸗
geſchältem Raſen — wo ſolcher zu gewinnen —, die
Grasſeite nach unten, -felbft mit platten Steinen würde
die Feuchtigkeitsverdunſtung min dern.
d) Aehnlich würde auf trockenem Boden eine
Vertiefung der Saat⸗ und Pflanzſtellen wirken.
Selbſtverſtändlich iſt eine ſolche Pflanzweiſe nicht mit
einer ſchädlichen Tieſpflanzung zu verwechſeln.
e) Wo der Wagner'ſche Blenderſaum⸗
ſchlag vielleicht verſuchsweiſe eingeführt iſt, würde es
von großem Intereſſe ſein, zugleich deſſen ae auf
ben Feuchtigkeitsgehalt des Bodens feſtzu⸗
ſtellen.
f) Von beſonderer Wichtigkeit it die rechtzeitige
Anlegung der bekannten, fo nützlichen Wald mäntel,
in Form von Niederwald bezw. Mittelwaldſtreifen,
an den Beſtandesrändern, ſowie aͤhnlicher Schutzſtreifen
bei ausgedehnten Beftänden auch im Innern der:
felben. ')
70
Uebrigens möchte ich noch bemerken, daß Boden:
feuchtigkeit durch Luftfeuchtigkeit er ſetzt zu werden
vermag. |
Ich bin am Schluſſe meiner Arbeit angelangt.
Wenn ich durch meine einfache Behandlung des Gegen:
ſtandes derſelben einiges Intereſſe erregt haben Sollte,
wäre der Zweck der Arbeit erreicht.
Literariſche Berichte.
Der Forſtſchutz. Ein Lehr: und Handbuch von
Dr. Richard Heß, weiland o. 5. Profeſſor der
Forſtwiſſenſchaft und Direktor des Forſtinſtituts an
der Ludewigs⸗Univerſität zu Gießen. Vierte Auf-
lage vollſtändig neu bearbeitet von R. Beck, Pro⸗
feſſor der Forſtwiſſenſchaft an der Kgl. Forſtakademie
Tharandt. Zweiter Band: Schutz gegen Menjden,
Gewächſe und atmoſphäriſche Einwirkungen. Mit
133 Abbildungen und einer ſchwarzen Tafel. Leipzig
und Berlin, Druck und Verlag von B. G. Teubner.
1916.
Nachdem Ende 1914 der I. Band des Forſtſchutzes
erſchienen iſt, hat Beck Anfang 1916 den zweiten und
letzten Band folgen laſſen. Die dieſem Bande zuge⸗
wieſene Materie iſt ſchon aus der Einleitung des
I. Bandes bekannt, über die Zweckmäßigkeit ihrer Ver⸗
arbeitung, beſonders ihrer Gliederung und Abgrenzung
gegen andere Wiſſensgebiete iſt erſt heute ein Urteil
moglich.
Nach beiden Richtungen hin hat aber das Studium
des Buches bei mir Zweifel geweckt. Dieſe gelten vor
allem dem I. Abſchnitt „Schutz gegen direkt und in:
direkt ſchädliche Eingriffe des Menſchen.“ Ich hätte
es als einen Fortſchritt begrüßt, wenn Beck ſowohl
den „Schutz der Waldbegrenzung“ wie den „Schutz
gegen ſchädliche Ausübung der Hauptnutzung bezw.
Nebennutzungen“ ganz aus dem Rahmen des Forſt⸗
ſchutzes geſtrichen hätte. Die Forderungen, die der
Forſtſchutz an Forſtvermeſſung und Forſtbenutzung
ſtellt, laſſen ſich zwanglos einem Vortrage über dieſe
Fächer einfügen. Das von Heß⸗Beck eingeſchlagene
Verfahren dagegen nötigt, weil ſonſt der Zuſammen⸗
hang verloren ginge, zur Abhandlung über Dinge, die
in einem Buche über Forſtſchutz kaum am Platze find.
Ich rechne hierher die Ausführungen über Grenz⸗
bezeichnung und Grenzgräben, über Kartierung und
Koſten der Grenzen. Auch die S. 19 bis 32 er⸗
1) Näheres f. Allgem. Forks und Jagd⸗Zeitung, Auguſt⸗
Heft von 1908, S. 277.
*
hobenen Forderungen bezüglich einer ſchonenden Aw:
übung der Haupt⸗ und Nebennutzungen haben mit den
eigentlichen Forſtſchutz z. T. recht wenig zu tun. Einer
ſcharfen Trennung der einzelnen Wiſſenszweige iſt dieje
Verwiſchung der Grenzlinien nicht förderlich. Voraus:
ſetzung wäre allerdings eine Umgeſtaltung der von Bed
gegebenen allzu dehnbaren Definition des Begrifie
„Forſtſchutz“.“)
Zum Inhalt des erſten Abſchnittes iſt noch ein
Bemerkung nötig. Auf S. 18/19 nennt Beck unter
den indirekten Maßnahmen zum Schutze der Wald⸗
grenzen u. a. die Verbannung von waldfeindlichen
induſtriellen Unternehmungen, alfo von Fabriken und
anderen Rauchquellen aus gefahrbringender Nähe des
Waldes. Ich muß geſtehen, daß mir der Sujammen:
hang dieſes Vorſchlags mit dem Schutze der Wald:
grenzen unklar geblieben ift. |
Die beiden nächſten Abſchnitte über Forſtfrevel und
Waldſervituten ſind von dem inzwiſchen gefallenen
Proſeſſor Biermann: Halle bearbeitet. Meine Be
denken hinſichtlich ihrer Zugehörigkeit zur Lehre von
Forſtſchutz ergeben fih aus dem eben gefagten, bir
ſichtlich ihrer Bewertung ſtimme ich durchaus den
AR oy ee OS 2
1) Nach Beck it Forſtſchuß „Die vom Walbeiger:
tümer ausgehende Sicherung des Waldes gegen
Gefährdungen.“ Bei der Neuprägung dieſer Defattion,
die eine klar abgegrenzte Faſſung der Aufgaben des Korb
ſchutzes ermöglichen ſoll, wäre m. E. zu beachten:
a) daß der Forſtſchutz nur Angriffe auf das leben be $o
abzuwehren hat,
b) daß die möglichſte Eindämmung von Schäden an leber
dem Holz, foweit fle bet einer planmäßigen Beritt
ſchaftung des Waldes unvermeidlich find, Sache c
Forſtbenutzung find,
c) daß die Abwehr unberechtigter Angriffe des Menſchen
in das Gebiet der Forſtpolizei fällt.
„Forſtſchut“ ik ſomit die durch den Ball
eigentümer bewirkte Sicherung des lebendes
Holzes gegen Gefährdungen, foweit diefe nlá!
vom Menſchen ausgehen und mit der pleu nd“
Waldbewirtſchaftung zuſammenhängen.
71
Urteil Becks (vergl. Vorwort S. 1V) bei. Unverein: ſich, daß an die Ausbildung der Forſtleute auf dieſem
bar mit den Intereſſen des Waldbeſitzers halte ich die
Forderung S. 38, wo zur Einſchränkung der Forſt⸗
frevel den Gemeinden empſohlen wird, bei ihren Orts⸗
bürgern hinzuwirken auf möglichſte Benutzung von
Holzſurrogaten und Einführung von Holz ſparenden
Feuerungen.
Die folgenden Kapitel behandeln Waldbrände und
Rauchſchäden und es iſt außer Zweifel, daß ſie unter
die Lehre vom Forſtſchutz fallen. Ihre Einordnung
unter die direkt oder indirekt ſchädlichen Eingriffe des
Menſchen halte ich jedoch nicht für glücklich. Mit
gleicher Berechtigung könnten hier Sturmſchäden,
Sonnen: und Rindenbrand, auch Inſektenkalamitäten
beſprochen werden, denn ſie alle ſind u. U. indirekt
verurſacht durch eine fehlerhafte Wirtſchaſt, alſo einen
ſchädlichen Eingriff des Menſchen.
Abgeſehen von dieſen Einwendungen gegen eine
mir anfechtbar ſcheinende Syſtematiſierung hat Beck
mit Sachkenntnis und entſchiedenem Geſchick die Neu⸗
bearbeitung der beiden Abſchnitte durchgeführt. Bei
der wachſenden Zahl von Waldbränden, die bem Eiſen⸗
bahnbetrieb zur Laft zu legen find, betont der Ver⸗
faffer mit Nachdruck die große Bedeutung, die der
Anlage von Schutzſtreifen längs der Schienenwege zu⸗
kommen. Ihr Ausbau und ihre Behandlung ſind
ebenſo klar und erſchöpfend beſprochen wie die eigent⸗
lichen Bekämpfungsmaßnahmen. Zu begrüßen iſt end⸗
lich auch ein kurzer Ueberblick über Geſchichte und der⸗
zeitigen Stand der Frage der Waldbrandverfiderung,
In den beiden letzten Jahrzehnten hat ſich die
Wiſſenſchaft mit erhöhtem Intereſſe den Rauchſchäden
zugewandt zur Erforſchung der eigentlich ſchädlichen
Beſtandteile im Rauch und deren Wirkung auf die
Pflanzenwelt in chemiſcher und phyfiologiſcher Hinficht,
ohne daß es ihr gelungen iſt, den zweiten Teil der
Aufgabe bis jetzt reſtlos zu löſen. Es iſt deswegen
kein unweſentliches Verdienſt Becks, daß er aus der
Fülle der Literatur und der Meinungen das wertvolle
geſichtet und zuſammengetragen hat. Umſo ſtörender
habe ich aber die verunglückte Beweisführung S. 117.
empfunden, wo unter den Rauchſchäden „Zuwachs⸗
verluſte infolge Minderung der Maſſenproduktion“
aufgeführt werden. Wer denkt da nicht an Bräfigs
Wort: „die große Armut in der Stadt kommt her
von der großen Powerteh“?
Ohne einſchneidende Aenderungen iſt der erſte Teil
des III. Buches „Schutz gegen Forſtunkräuter“ aus
der alten Auflage übernommen. In Gliederung, Ein⸗
teilung und Nummerierung der einzelnen Abſätze und
Abſätzchen ift aber entſchieden zu viel des guten ge
ſchehen.
Die Fortſchritte in der Mykologie bringen es mit
Gebiet immer höhere Anforderungen geſtellt werden.
Wollen wir unſere Kräfte nicht zerſplittern und von
wichtigeren Dingen ablenken, dann muß in Anbetracht
der Studienzeit von 7 bis 8 Semeſtern irgendwo eine
Grenze gezogen werden. Um die Praxis jedoch in
ſtändiger Berührung mit der Wiſſenſchaft zu halten,
wäre es alsdann unbedingt notwendig, daß aus der
Zahl der jüngeren Aſſeſſoren geeignete Leute durch
Abkommandierung an Univerfitäten oder Akademien
zu Spezialiften ') herangebildet würden. Beck hat fo-
mit triftige Gründe, wenn er bei ſeinen Ausführungen
über die kryptogamen Paraſiten eine weile Beſchrän⸗
kung übt. Er glaubt fih hierzu umſo mehr berech⸗
tigt, da er, geflützt auf Sorauer, bei den meiſten
Pilzerkrankungen eine Dispoſition vorausſetzt, die den
Schädling zu einer ſekundären Rolle verurteilt. In
der vorbeugenden Tätigkeit des Waldbaus, der An⸗
zucht von Raſſen, die auf Klima und Standort ab⸗
geſtimmt find, erblickt Verfaſſer die wirkſamſten Waffen
im Kampfe gegen die Kleinwelt. Entſprechend ihrer
praktiſchen Bedeutung find ausführlich behandelt Lopho-
dermium Pinastri, Aecidium elatinum, Perider-
mium Pini, Trametes Pini, Fomes annosus und
endlich Agaricus melleus. Nachdrücklich erwähnt und
dem Wirtſchafter zum Studium empfohlen ſeien die
fleißigen Angaben über die Kupferpräparate und deren
zweckmäßigſte Verwendung.
Das vierte und letzte Buch des II. Bandes iſt dem
„Schutz gegen atmoſphäriſche Einwirkungen“ gewidmet.
Vorangeſtellt ift die Beſprechung der verſchiedenen Froſt⸗
erſcheinungen als Erfriertod, Starrfroſt und Barfroſt.
Soweit über die phyſiologiſche Deutung dieſer Vor⸗
gänge Meinungsverſchiedenheiten beſtehen, ſucht Beck
durch Gegenüberſtellung der Urteile namhafter Bota⸗
niker aufzuklären. Dagegen ſcheint mir die allzu vor⸗
ſichtige Zurückhaltung im eigenen Urteil bei der Be⸗
wertung der verſchiedenen Beſtandsbegründungsmethoden
und deren Beziehungen zur Froſtgefahr nicht angezeigt.
Insbeſondere werden auf den Studierenden die vielen
Einſchränkungen und Vorbehalte (S. 262/263) mehr
verwirrend als belehrend wirken.
Einer gründlichen und, wohl gelungenen Umarbei⸗
tung wurde der Abſchnitt über Hitzeſchäden unter⸗
worfen. Der Hitzetod, der früher ausſchließlich auf
ein Mißverhältnis zwiſchen Verdunſtung und Waſſer⸗
aufnahme zurückgeführt wurde, iſt nach den neuern
Arbeiten von Münch in vielen Fällen verurſacht durch
1) Ich denke dabei nicht nur an Mykologie und Ento⸗
mologie; auch die Bodenkunde, das forſtliche Verſuchsweſen
und die holzverwertende Induſtrie find Felder, deren gründe
liche Erkenntnis und Bearbeitung Wiſſenſchaft und Wirtſchaft
zum Segen gereichten.
10*
eine zu ſtarke Erwärmung der oberen Bodenſchichten.
Steigt hier die Temperatur auf 540 C und mehr,
dann .ftirbt die Pflanze an der Berührungsſtelle mit
der Bodenoberfläche umſo leichter ab je weniger ihr
Schaft verholzt iſt“ (vergl. S. 276).
Mit Intereſſe werden die Ausführungen über Wind
und Sturm aufgenommen werden. Die Zuwachs⸗
verluſte, die durch anhaltend wehende ſchwächere Winde
(Stärke 1-6) eintreten, ſind jetzt durch zahlenmäßige
Angaben belegt. Nach Bernbeck verhalten ſich auf
optimal feuchtem Boden die Zuwachsleiſtungen bei
Windſtärken von 0 — 5 — 10 m wie 3: 2: 1.
Was im folgenden über die Stürme (Stärke 7—10)
neues geſagt wird, beſonders über Entſtehung, Wir⸗
kungsweiſe und Sturmſchutz, entſpricht im allgemeinen
den literariſchen Kundgebungen von Stötzer, Eifert,
Bargmann und Wagner. In Uebereinſtimmung mit
dieſen Autoren will Beck den Sturmſchutz organiſieren
1. im Innern des Beſtandes durch zweckentſprechende
Durchforſtung und Holzartenmiſchung, um dadurch die
Standfeſtigkeit der einzelnen Individuen zu heben,
2. nach Außen durch Trauf und Deckung. Die Her⸗
ſtellung des Deckungsſchutzes, die auf die Bildung von
Hiebszügen hinausläuft, wird der Forſteinrichtung zu:
gewieſen, die Löſung der übrigen Aufgaben dem Wald:
bau. Als durchaus zutreffend müſſen die Grundſaͤtze
bezeichnet werden, die der Verfaſſer für die Begrün⸗
dung und Behandlung der Waldmäntel aufftellt, für
ebenſo begründet aber auch die Zweifel, die er dem
Verlangen nach „abgeſtuften“ Waldmänteln entgegen⸗
bringt. In der Hiebszugfrage wird, geſtützt auf den
Erfahrungsſatz, daß die Sturmgefahr nicht mit dem
Umfang, ſondern mit der Tiefe gleichaltrig beſtockter
Flächen zunimmt, den kurzen Hiebszügen der Vorzug
gegeben.
Der Abſchnitt über Waſſerſchäden hat m. E. nur
zum kleinſten Teil Heimatrecht in der Lehre vom
Forſtſchutz. Die Angriffe des Waſſers richten ſich
vornehmlich gegen den Boden, deſſen Oberflächen⸗
geſtaltung und Zuſammenſetzung ſie nachteilig beein⸗
fluſſen können. Die Abwehr der Wildbachverheerungen,
d. i. die Wildbachverbauung, iſt außerdem eine Wiſſen⸗
ſchaft für ſich und das gleiche gilt bei den Ueber⸗
ſchwemmungen. Was dem Forſtmann zu tun übrig
bleibt, beſteht oft nur darin, daß er im Hochgebirge
Vorpoſten aufſtellt, Schutzwaldungen, die das Uebel
bei der Wurzel packen ſollen. Aber Forſtſchutz iſt das
nicht!
Wo endlich Verſumpfung droht oder die Nachteile
einer folchen abzuwenden find, tritt die Bodenmelio⸗
ration in ihre Rechte.
Mit ähnlichem Vorbehalt bezüglich der Zugehörig⸗
72
keit zum Forſtſchutz iſt auch das Kapitel über Lawinen
zu verſehen.
Eine Erweiterung hat die Darſtellung der Schnee⸗
bruch⸗ und Druckſchäden erfahren, auch die Gliederung
wurde einigen Aenderungen unterworfen, während die
Beſprechung von Duft⸗ und Eisanhang, ſowie der
Hagelſchäden nur wenig von der 3. Auflage abweicht.
Den Schluß des II. Bandes bildet ein Anhang
über Blitzſchaden und auf wenigen Seiten wird eine
Fülle neuer Erklaͤrungen und Tatſachen beigebracht.
Was z. B. der Verfaſſer unter „Blitzempfindlichkeit“
verſteht, in welcher Weiſe dieſe bei den einzelnen Holz⸗
arten geſteigert oder gemindert wird, welche Rolle
hierbei die Beſchaffenheit der Rindenoberfläche ſpielt,
fet jedem, der dieſen Fragen Intereſſe entgegenbringt,
zum Studium warm empfohlen.
Was ich an dem II. Bande des Forſtſchutzes aus⸗
zuſetzen habe, ergibt ſich aus dem Geſagten. Das
Buch iſt nach Anſicht des Berichterſtatters etwas ſtark
belaſtet mit Dingen, die in die Lehre vom Forſtſchutz
nicht gehören. Inwieweit Beck ſich hierbei von rein
ſachlichen Erwägungen oder von dem Gebot der Pietät
gegen Heß hat leiten laſſen, ſei dahingeſtellt.
Durch den Teubner'ſchen Verlag hat das Werk
eine würdige, vornehme Ausſtattung gefunden und
eine große Zahl guter Bilder und Photographien er⸗
leichtert das Verſtändnis des geſchriebenen Wortes.
Möchte das Buch die Anerkennung finden, die der
Fleiß des Verfaſſers verdient, und mochte es nach
deſſen eigenem Wunſche ein „Kampfbuch“ werden zum
Schutze der „heimiſchen Wälder“. Dr. Baader.
Statiſtiſche Nachweiſungen aus der Forft:
verwaltung des Großherzogtums Baden
für das Jahr 1914. XXXVII. Jahrgang.
Karlsruhe, C. F. Müller'ſche Hofbuchhandlung
1916.
Die GVefamtwalbflade hat ſich im Jahre
1914 um 726 ha auf 588 722 ha vergrößert. Die
Zugänge haben hauptſächlich Ankäufe und Aufforſtungen
landwirtſchaftlich geringwertigen oder ertragsloſen Ge⸗
ländes zur Urſache.
Nach dem Befitzſtande geſtaltet fih die Verteilung
der Waldflaͤche am 1. Januar 1915 folgendermaßen:
Domänenärar = 100922 ha = 17,2 v. H.
Gemeinden = 258980 „ = 44,0 v. H.
Köoͤrperſchaften = 20256 „ = 3,4 v. H.
Standes⸗ u. Grundherrn - 62414 „ = 10,6 v. H.
Sonſtige Private = 146150 „ = 24,8 v. H.
Ausgeſtockt wurden i. J. 1914 = 97 ha, neuauf⸗
geforſtet: 408 ha. Seit dem Inkrafttreten des Ge⸗
ſetzes, betreffend das Forſtſtrafrecht und Forſtſtrafper⸗
fahren, vom 25. Februar 1879 ift die Zahl der .
frevel ſtetig zurückgegangen.
Waldbrände find nur 30 nennenswerte jiis
gekommen, wodurch 21 ha beſchädigt und ein Schaden
von 3663 Mk. veranlaßt wurde.
Durch Sturmſchaden ſowie durch Schnee⸗
und Eisbruchſchaden wurden hauptſächlich die
Domänen⸗, Gemeinde: und Körperſchaftswaldungen der
Bodenſee⸗ und Donaugegend, der mittleren und höheren
Lagen des Schwarzwaldes mit Vorbergen, durch Schnee⸗
und Eisbruch die Gemeinde⸗ und ſtandesherrlichen Wal⸗
dungen in Odenwald, größtenteils im Januar bis April
heimgeſucht. Die betroffene Flaͤche beträgt rund 970 ha,
die geworfene bezw. gebrochene Holzmaſſe etwa 58 500 fm.
Der Holzmaſſenertrag belief ſich a) für den
Hochwald auf 605 940 fm, darunter 422 453 fm
End: und 183 487 fm Vornutzung, d. i. pro ha
4,69 fm End: und 2,03 fm Vornutzung, zuſammen
pro ha 6,72 fm; b) für den Mittel: und Niederwald
auf 20963 fm; darunter 19610 fm End⸗ und 1355 fm
Vornutzung, d. i. pro ha 4,76 fm End- und 0,33 fm
Bornugung, zuſammen pro ha 5,09 fm.
Der Anfall vom Nutzholz betrug für den Hoch⸗
wald 46,9% , für den Mittel: und Niederwald 19,2%.
Der Holzgeldertrag betrug a) für den Hoch⸗
wald: 8 533 962 Mk., und zwar für 1 fm Nutzholz
21 Mk., für 1 fm Derb⸗Brennholz 9,78 Mk., für
Lfm Reis⸗ Brennholz 3,73 Mk.; die Zurichtungskoſten
betrugen pro fm 2,37 Mk., der erntekoſtenfreie Erlös
pro fm 11,71 Mk.; b) für den Mittel: und
Niederwald: 302 541 Mk., und zwar für 1 fm
Nutzholz 36 Mk., für 1 fm Derb⸗Brennholz 12 Mk.,
für 1 fm Reis⸗Brennholz 7 M.; die Zurichtungs⸗
koſten betrugen pro fm 2,53 Mk., der erntekoſtenfreie
Erlös pro fm 11,90 Mk.
Der Reinertrag berechnet ſich pro ha auf
57,49 Mk.
Die Einnahmen betrugen pro 1 ha 95,01 Mk.,
die Ausgaben 37,52 Mk.
73
Der Geſamtwert aller Nebennutzungen
beträgt 256234 Mk., d. i. 2,60 Mk. pro ha. Der
Ertrag der domänenärariſchen Jagd felt fiH auf
73 820 Mk.; von dieſem Ertrag entfallen auf ſelbſt⸗
verwaltete Jagden 17 192 Mk, auf verpachtete Jagden
56 628 Mk. Die Flaͤche der ſelbſtverwalteten Jagden
beträgt nach dem Stande vom 1. Januar 1914:
31076 ha Wald und 7061 ha Feld, zuſammen
38 137 ha. Der Reinerlös der ſelbſtverwalteten Jagden
beträgt für das Rechnungsjahr 1914: 0,55 Mk. für
1 ha Waldflaͤche und 0,45 Mk. für 1 ha der geſamten
Jagdfläche. Im Jahre 1914 wurden im ganzen
4051 Stück Wild erlegt, namlich 2 226 Stück Haar-
wild, 907 Stück Federwild und 918 Stück Raubzeug uſw.
Die Kulturfläche betrug: a) Saat: Neu:
kulturen 106 ha und 3,3 ha Nachbeſſerungen;
b) Pflanzung: 420 ha Neukulturen, 163 ha Nach⸗
beſſerungen. Der Gefamtaufwand an Kulturgeldern
betrug 200 327 Mk. d. i. pro ha = 2,13 Mk.
Für Holzabfuhrwege ſind pro ha 4,67 Mk.
verausgabt werden. Der Durchſchnittspreis für 1 fm
Eichenſtammholz betrug 54,61 Mk., für 1 fm Buchen⸗
ſtammholz 21,31 Mk., für 1 fm Eſchenſtammholz
62,50 Mk., für 1 fm Fichten⸗ und Tannenſtammholz
21,04 Mk., für 1 fm Kiefer⸗, Larchen⸗, Weymouths⸗
kiefernſtämme 24,94 Mk.
Die Zahl der Unfälle i. J. 1914 betrug 144. Hier⸗
von entfielen auf die Holzhauerei 125 (87%), auf
Wegearbeiten 8 (5%), auf ſonſtige Betriebszweige 11
(80,0). Von dieſen Unfällen hatten zur Folge: 7 teil-
weiſe dauernde, 137 vorübergehende Erwerbsunfähig⸗
keit. Entſchädigungen wurden in 19 Fällen (18%)
bezahlt. Von den Unfällen entfallen auf 100 ha
Waldfläche 0,1, auf 1000 Arbeiter 15,7, auf 100 der
zum Kataſter angemeldeten Arbeitstage 0,02. Die
Ausgaben des Aerars für Unfallverſicherung betrugen
rund 23 316 Mk. d. h. auf den Kopf der beſchaͤdigten
Arbeiter rund 2,54 Mk. E.
Briefe.
Aus Preußen.
Aus der Pueußiſchen Forftuerwaltung.
Landwirtſchaftliche Nutzung forſtwirtſchaftlicher
Flächen aus Anlaß des Krieges.
Durch Erlaß des Miniſteriums für Landwirtſchaſt,
Domänen und Forſten vom 12. September 1916 wur⸗
den die Kgl. Regierungen ermächtigt, die zur vorüber⸗
gehenden landwirtſchaftlichen Nutzung geeigneten Forſt⸗
fiskaliſchen Schlag⸗ oder ſonſtigen zur Aufforſtung be⸗
ſtimmten und zur Zeit ungenutzten Flächen zur unent⸗
| geltlihen landwirtſchaftlichen Nutzung auf die Dauer
von einem bis zu drei Jahren unter der Bedingung
abzugeben, daß die landwirtſchaftliche Beſtellung und
die Entnahme der erſten Ernte noch im Jahre 1917
erfolgt.
—7
Verwertung von Eicheln, Roßkaſtanien und
Bucheln.
Ein Erlaß vom 29. Sept. 16 beſtimmt ſolgendes:
1. Verwertung von Eicheln und Roßkaſtanien.
a) Der Eintrieb von Schweinen in die maſttra⸗
genden Eichenbeſtände iſt, ſoweit ein Sammeln der
Früchte nicht in Frage kommt, wie bisher in jeder
nach den allgemeinen Vorſchriften zuläſſigen Weiſe zu
begünftigen.
b) Die von ber Forſtverwaltung geſammelten
Früchte find, abgeſehen von Mengen unter 100 kg
und von denjenigen Mengen, die zum Verbrauch im
eigenen Betriebe der Verwaltung leinſchließlich ihrer
Beamten) erforderlich find, ausſchließlich an die Be⸗
zugsvereinigung der deutſchen Landwirte in Berlin,
W. 35, Potsdamerſtr. 30, oder an die von dieſer ein⸗
gerichteten Abnahmeſtellen abzuführen, es ſei denn,
daß die Bezugsvereinigung ausdrücklich auf die Früchte
verzichtet hat.
c) Die Bezugsvereinigung zahlt in Gemäßheit der
Verordnung vom 6. Januar 1916 für lufttrockene
Eicheln in Mengen von wenigſtens 100 Zentnern
190 Mk. je 1000 kg und für lufttrodene Roßkaſta⸗
nien in Mengen von wenigſtens 100 Zentnern 150 Mk.
je 1000 kg. Die Annahmeſtellen (Aufkäufer) der Be⸗
zugsvereinigung zahlen für waldfriſche, ſchalentrockene
Eicheln jeder Gewichtsmenge 120 Mk. je 1000 kg
und für ebenfoldje Roßkaſtanien 90 Mk. je 1000 kg.
Unter lufttrockenen Früchten werden ſolche verſtanden,
die nicht mehr als 40 % Waſſergehalt, unter wald:
friſchen ſolche, die mehr als 40 % Waſſergehalt Ha-
ben. Für alle Früchte iſt Vorausſetzurg, daß ſie von
mindeſtens mittlerer Art und Güte frei Eiſenbahn⸗
wagen oder Schiff der Verladeſtation geliefert werden.
Die Preiſe gelten für das Bruttogewicht, einerlei, ob
die Ware unter Ueberlaſſung der Saͤcke an den Em⸗
pfänger oder in den vom Eigentümer geliehenen Säcken
geliefert werden. Vorausſichtlich wird die Bezugs⸗
vereinigung die Säcke leihen.
d) Die Abnahmeſtellen (Aufkaͤufer) der Bezugs⸗
vereinigung werden von dieſer öffentlich bekannt ge-
geben. Die Abgabe an dieſe Abnahmeſtellen kommt
für die Forſtverwaltung nur für Mengen unter 100
Zentner in Betracht. Sie iſt nach Möglichkeit zu
vermeiden, unter Umſtänden auch durch Zuſammen⸗
fahren der in benachbarten Staatsforſtrevieren ge⸗
ſammelten geringeren Mengen zu ſolchen von min⸗
deſtens 100 Zentnern entbehrlich zu machen.
e) Die Kgl. Oberförſtereien find befugt, Eicheln
und Roßkaſtanien auch aus nichtfiskaliſchen Nachbar⸗
forſten aufzukaufen, ſoweit dies zur Förderung des
Sammelwerkes erwünſcht erſcheint.
Lufttrockene Früchte ſind für Rechnung der Ver⸗
waltung nur anzukaufen, wenn es zu Preiſen geſchehen
kann, die hinter den Preiſen der Bezugsvereinigung
ſoweit zurückbleiben, daß die bis zur Ablieferung der
Früchte frei Bahnſtation der Verwaltung noch ent:
ſtehenden Koſten aus dem Unterſchied zwiſchen An⸗
kauſs⸗ und Ablieferungspreis noch gedeckt werden können.
f) Die Bezahlung der NF... ‘siteng der Forſt⸗
verwaltung an die Sammler wird nach dem Geſagten
zweckmäßig nach Gewicht erfolgen. Führt die Fef-
ſtellung des Gewichts durch die abnehmenden Beamten
zu Schwierigkeiten, ſo iſt das Durchſchnittsverhältnis
zwiſchen Maß und Gewicht zu ermitteln und nach ihm
ein feſtſtehender Maßpreis aus dem Gewichtspreis her⸗
zuleiten.
2. Verwendung von Bucheckern.
1. Es wird auf die ergangene Verordnung vom
Bundesrat über Bucheckern vom 14. September 16
verwieſen.
2. Die Kgl. Regierungen folen erforderlichenfalls
bei den zuſtändigen Behörden da, wo offenbar ein
rechtzeitiges Sammeln der Bucheckern zu Oelbereitungs⸗
zwecken ausgeſchloſſen iſt, für die Aufhebung des Ver⸗
fütterungsverbotes und insbeſondere des Schweine⸗
eintriebs ſofort, und in allen ſonſtigen Fallen dann
eintreten, ſobald das Sammeln der Bucheckern für die
Zwecke des Heeresausſchuſſes für Oele und Fette in⸗
folge der vorgerückten Jahreszeit nicht weiter in Frage
kommt.
3. Die von der Forſtverwaltung geſammelten
Bucheln find, abgeſehen von denjenigen, die zu Forf:
kulturzwecken verwendet werden ſollen, oder nach 8 1
lfd. Nr. 3 der Verordnung den Sammlern uſw. zu
überlaffen find, dem Kriegsausſchuß für Oele und
Fette in Berlin, Unter den Linden 68a, nach Vor⸗
ſchrift der Verordnung zur Verfügung zu ſtellen.
4. Die nach $ 1 lfd. Nr. 3 den Sammlern uſw.
zu überlaſſenden Bucheckern find, ſoweit der Verwal⸗
tung bereits Koſten für das Sammeln uſw. entſtanden
ſind, gegen Erſtattung dieſer Koſten, ſonſt unentgelt⸗
lich abzugeben.
5. Die in der allgemeinen Verfügung vom 14. Sep⸗
tember 1915 empfohlene Abgabe von Bucheln zum
Zwecke der Verfütterung an Forſtbeamte und an d.
in der Umgebung der Forſten wohnenden Viehhalter
kommt nur noch unter der Vorausſetzung in Frage.
daß das Verfütterungsverbot für den betr. Bezirk auf⸗
gehoben worden iſt, und daß die Bucheln von den
Beamten und Viehhaltern oder deren Beauftragten
auf Grund von Erlaubnisſcheinen geſammelt werden.
6. Mit dem Kriegsausſchuß für Oele und Fette
iſt folgende Vereinbarung getroffen worden:
I. Jedes Staatsforſtrevier gilt als Sammelſtelle
—
des Kriegsausſchuſſes im Sinne des § 1 ber
Verordnung vom 14. September 1916.
Die Sammelſtellen zahlen den Sammlern für
friſche gereinigte Bucheckern 50 Mk. für 100 kg.
Die Sammelſtellen liefern die Bucheckern —
auch in Mengen unter 100 kg — nachdem ſie
lufttrocken aer nen find, zum Preiſe von 55
Mark für 100 8 frei nächſter Bahnſtation und
tragen den bis zur Ablieferung eingetretenen
Gewichtsverluſt.
IV. Für Lagerung und Pflege der Bucheckern
bis zur Ablieferung erhalten die Sammelſtellen
in jedem Falle eine Vergütung von 5 Mk. für
100 kg. Dieſe Vergütung ſchließt das Lager⸗
geld für 6 Wochen ein. Die Lagerzeit laͤuft
vom Tage der Anmeldung der geſammelten
Menge bei dem Kriegsausſchuß. Dauert ſie
laͤnger als 6 Wochen, ſo wird eine weitere Ver⸗
gütung von 1 Mk. für 100 kg für jede ange⸗
fangene Woche gewährt.
V. Der Forſtverwaltung wird, ſoweit fie Bucheckern
ſammeln läßt, ſelbſt in Verwahrung und Pflege
nimmt und demgemäß direkt beim Kriegsaus⸗
ſchuß zur Ablieferung anmeldet, als Vergütung
für die erteilte Sammelerlaubnis ein weiterer
Betrag von 5 Mk. für 100 kg gezahlt.
. Die im $ 4 der Bundesratsverordnung vorge⸗
geſehene Vergütung für verjpätete Abnahme der
Bucheckern durch den Kriegsausſchuß und für
Verwahrung und Pflege der Bucheckern nach
Ablauf der Abnahmefriſt wird als durch die
oben feſtgeſetzten Verhältniſſe voll abgegolten
angeſehen.
III.
*
xk
Dohnenſtieg.
Der Bundesrat hat auf Grund des § 3 des Ge:
ſetzes über die Ermächtigung des Bundesrats zu wid:
ſchaftlichen Maßnahmen uſw. vom 4. Augu 1914
folgende Verordnung erlaſſen:
8 1. Die Landeszentralbehörden oder die von
ihnen beſtimmten Behörden können die Ausübung des
Dohnenſtiegs mittels hochhängender Dohnen für die
Zeit bis zum 31. Dezember 1916 einſchließlich ges
es „atten.
Die Landeszentralbehörden oder die von ihnen be⸗
fimmten Behörden können die Art der Ausübung des
Dohnenſtiegs näher regeln.
§ 2. Mit Geldſtrafe bis zu 150 Mk. oder mit
Haft wird beſtraft, wer den nach § 1 Abſ. 2 erlaſſenen
Beftimmungen zuwiderhandelt.
$ 3. Dieſe Verordnung tritt mit dem Tage der
Verkündigung in Kraft. Der Reichskanzler beſtimmt
den Zeitpunkt des Außerkrafttretens.
75
Auf Grund dieſer Verordnung bat der Miniſter
für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten unter dem
3. Oktober 1916 den Jagdberechtigten die Ausübung
des Dohnenſtiegs mittels hochhängender Dohnen für
die Zeit bis zum 31. Dezember 1916 einſchließlich ge⸗
ſtattet. Unterſchlingen dürfen nicht verwandt werden.
Binnen drei Tagen nach Schluß der Fangzeit müſſen
die Schlingen aus den Dohnen entfernt ſein.
&
Erhöhter Holzeinſchlag in den
Staatswaldungen.
Da nur wenig Holz nach Deutſchland eingeführt
wird und namentlich am Anfange des Krieges der
Holzeinſchlag ſehr verringert worden iſt, ſtellt ſich all⸗
maͤhlich Holzknappheit ein, der im allgemeinen Intereſſe
abgeholſen werden muß. Das Miniſterium für Gand-
wirtſchaft, Domänen und Forſten hat daher unter dem
22. September 1916 die Kgl. Regierungen angewieſen,
darauf hinzuwirken, daß im Wirtſchaftsjahre 1917
nicht nur der normale Einſchlag wieder erfolgt, ſon⸗
dern auch — zumal in Rückſicht auf die eingeſparten
Holzmengen — in geeigneten Revieren überſchritten
wird. Selbſtverſtändlich ſoll der Hieb in den vom
Handel begehrten Holzarten geſührt werden.
Es wird weiter bemerkt, daß nach Geſuchen aus
Holzhändlerkreiſen beſonders Verwendung für folgende
Holzſorten vorliegt:
Nadelholz, vorwiegend Starkholz,
über 30 em ſtarkes glattes Nutzholz von Buche
und Birke,
Papierholz, Grubenholz, Buchenholz zu Verkohlungs⸗
zweden, zu Leiſten, Holzſohlen und Fäſſern,
ſtarke Eichen u. a. zu landwirtſchaftlichen Ma⸗
ſchinen,
Erlen, langſchaftige, über 30 em ſtarke Linden.
Die Firmen der Holzverkohlungsinduſtrie (Verein
für chemiſche Induſtrie in Mainz, Verkauſſtelle Frank⸗
furt a. M, Chemiſche Fabrik Bruchhauſen, G. m. b.
H. in Bruchhauſen, Kreis Arnsberg, Gewerkſchaft
Marienglück in Cöln⸗Lindenthal, Chemiſche Werke
Henke u. Baertling, Aktiengeſellſchaft in Holzminden)
bitten um freihändige Ueberlaſſung von Holz, was
inſofern eine gewiſſe Berechtigung hat, als es nicht
wohl angängig und auch unerwünſcht iſt, daß dieſe
Firmen bei den Brennholzverkäufen mitbieten. Wenn
Arbeitskräfte mangeln oder die Beſchaffung der Kriegs⸗
geſangenen Schwierigkeiten macht, bieten dieſe Firmen
ihre Unterſtützung an.
Inwieweit im übrigen freihändige oder meiſtbietende
Verkäufe anzuwenden ſind, überlaſſe ich dem Ermeſſen
der Kgl. Regierung. Wenn auch eine Erhöhung der
Holzpreife in Rückficht auf die gefteigerten Werbungs⸗
koſten, die günſtige Lage der Hölzer und die Opfer,
die vielfach durch die Störung der planmäßigen Wirt⸗
ſchaft gebracht werden, angezeigt iſt, ſo halte ich doch
eine übermäßige Steigerung der Holzpreiſe für nicht
im allgemeinen Intereſſe liegend.
Es it darauf zu achten, daß die Fällungen moͤg⸗
lichſt zeitig beginnen und die Abfuhr wenig Auſwand
von Pferdekräften verurſacht.
Da die Arbeitskräſte zur Beſchaffung des erforder⸗
lichen Holzbedarſs meiſtens fehlen, haben mehrere Re⸗
gierungen der Landbevölkerung Brennholzhiebe zur
Selbſtwerbung übergeben. Dieſes Verfahren empfiehlt
ſich zur ausgedehnten Anwendung für geeignete Schläge.
In Rückſicht auf den eigenartigen Holzbedarf und
die beſonderen Abfuhrverhältniſſe werden die Regie⸗
rungen ermächtigt, allgemein Hauptnutzungshiebe
außerhalb der erſten Periode zu führen und das zu⸗
läffige Abnutzungsſoll in der Hauptnutzung um mehr
als 20 %ö zu überſchreiten.
®
*
Verkehr mit Harz.
Der Bundesrat hat folgende Verordnung vom
7. September 1916 erlaſſen:
§ 1. Rohharz jeder Art, das fic) zur Herſtellung
von Kolophonium eignet, insbeſondere Fichten⸗, Kie⸗
fern⸗, Lärchen⸗ und Tannenharz, ſowie Kolophonium
(Fertigharz), hergeſtellt aus Rohharzen vorbezeichneter
Art, iſt dem Kriegsausſchuſſe für pflanzliche und
tieriſche Oele und Fette, G. m. b. H. in Berlin an⸗
zubieten und auf Verlangen abzuliefern. Dies gilt
nicht: 1. für Vorräte, die insgeſamt 10 Kilogramm
nicht überſteigen, und für Kolophonium, das im Eigen⸗
tum der Heeresverwaltung oder der Marineverwaltung
ſteht.
8 2. Harz jeglicher Herkunft, Rohharz jeder Art,
das ſich zur Herſtellung von Kolophonium eignet, ins⸗
beſondere Fichten⸗, Kiefern⸗, Lärchen⸗ und Tannen⸗
harz, ſowie Kolophonium, hergeſtellt aus Rohharzen
vorbezeichneter Art, flüſſiges Harz und Harzprodukte, ins⸗
beſondere Harzleim (Harzſeife) und Brauerpech, die
aus dem Ausland eingeführt worden ſind, find an den
Kriegsausſchuß für pflanzliche und tieriſche Oele und
Fette in Berlin, zu liefern.
8 3. Der Reichskanzler erläßt die Ausführungs⸗
beſtimmungen, er kann Ausnahmen zulaſſen und wei⸗
tere Vorſchriften über den Verkehr mit Harz und
Harzprodukten erlaſſen. Er kann die Vorſchriften
dieſer Verordnung auf Harzerſatzmittel ausdehnen.
Er kann beſtimmen, daß Zuwiderhandlungen gegen
die auf Grund dieſer Ermächtigung erlaſſenen Vor⸗
ſchriften mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit
Geldſtrafe bis zu 10 000 Mk. beſtraft werden, ſowie
76
daß neben der Strafe auf Einziehung derjenigen Stoffe
erkannt werden kann, auf die ſich die ſtrafbare Hand⸗
lung bezieht uſw.
Zu dieſer Verordnung find unter dem 7. Sep:
tember 1916 folgende Ausfüh cungsbeſtimmungen er:
laſſen worden:
$ 1. Wer mit Beginn des 10. September 1916
Rohharz jeder Art, das ſich zur Herſtellung von Ro:
lophonium eignet, uſw. im Gewahrſam hat, iſt ver:
pflichtet, die Beſtände getrennt nach Eigentümer und
Arten in landesüblicher Bezeichnung unter Angabe
der Menge, des Eigentümers und des Lagerungsottz
und unter Beifügung einer verſiegelten Probe dem
Kriegsausſchuß für pflanzliche und tieriſche Oele und
Fette in Berlin bis zum 20. September 1916 anzu-
zeigen.
Mengen, die ſich mit Beginn des 10. September
1916 unterwegs befinden, ſind von dem Empfänger
anzuzeigen.
Wer Rohharz jeder Art, das ſich zur Herftellung
von Kolophonium eignet, insbeſondere Fichten⸗, Kie⸗
fern⸗, Lärchen⸗ und Tannenharz, gewinnt, hat dem
Kriegsausſchuß die im Vormonat angefallene Menge
bis zum 10. jeden Monats anzuzeigen, ſofern nicht
andere Vereinbarungen getroffen ſind.
$ 2. Der Kriegsausſchuß hat fih unmittelbar
nach Empfang der Anzeige zu erklären, ob er die
Ware annehmen will. Geht binnen 3 Wochen nach
Abſendung des Angebots eine Erklärung nicht ein,
oder erklärt der Kriegsausſchuß. daß er die Ware
nicht übernehmen will, fo erliſcht die Lieferungspflicht.
Erklärt der Kriegsausſchuß, die angebotene Ware
übernehmen zu wollen, ſo iſt ſie auf ſein Verlangen
in die von ihm aufgegebene Adreſſe zu verladen.
Das Eigentum geht auf den Kriegsausſchuß über
in dem Zeitpunkt, in welchem die Uebernahmeerklärung
dem Eigentümer oder dem Inhaber des Gewahrſams
zugeht.
|
|
-- na
—
§ 3. Wer aus dem Ausland Harz jeglicher Ger:
kunft, Rohharz jeder Art, das ſich zur Herſtellung von
Kolophonium eignet, einführt, iſt verpflichtet, den Ein⸗
gang der Ware im Inland dem Kriegsausſchuſſe unter
Angabe der Menge, des Einkaufspreiſes und des Auf:
bewahrungsortes unverzüglich dutch eingeſchriebenen
Brief anzuzeigen.
§ 4. Wer aus dem Ausland Stoffe der im 9 3
bezeichneten Art einführt, hat fie an den Kriegsaus⸗
ſchuß abzuliefern uſw.
8 5. Der Kriegsausſchuß fegt für die von ihm
übernommenen Stoffe den Uebernahmepreis feſt. af
der Verpflichtete mit dem angebotenen Preife nicht
einverſtanden, ſo ſetzt die höhere Verwaltungsbehörde, |
77
die für den Ort zuftändig it, von dem aus die Lie-
ferung erfolgen ſoll, den Preis endgültig fet uſw.
8 6. Die Zahlung erfolgt ſpäteſtens 14 Tage
nach Abnahme uſw.
8 7. Die gewerbliche Verarbeitung von Rohharz
jeder Art, das ſich zur Herſtellung von Kolophonium
eignet uſw., darf nur mit Zuſtimmung des Kriegs⸗
ausſchuſſes erfolgen.
58. Mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder
mit Geldſtrafe bis zu 10 000 Mk. wird beſtraft:
1. wer die in § 1, 3 vorgeſchriebenen Anzeigen nicht
rechtzeitig erſtattet, oder wer wiſſentlich falſche oder
unvollſtändige Angaben macht; 2. wer den Vorſchriften
des 8 7 zuwiderhandelt. Neben der Strafe kann auf
Einziehung der Stoffe erkannt werden, auf die ſich
die ftrafbare Handlung bezieht, ohne Unterſchied, ob
ſie dem Täter gehören oder nicht.
*
*
Wegen des ſilbernen (Offizier:) Porte⸗
pees der Feldwebelleutnants zur Zivil⸗
uniform.
Ein Erlaß des Miniſteriums für Landwirtichaft,
Domänen und Forſten vom 23. September 1916 be⸗
ſtimmt: `
Das filberne Portepee dürfen nach § 3 der Allerh.
Verordnung vom 29. Juli 1889 zur Ziviluniform
nur diejenigen Beamten tragen, die Offiziere der Re⸗
ſerve oder Landwehr find oder die Offiziere waren
und als ſolche mit der Berechtigung zum Tragen der
Militäruniform verabſchiedet worden find. Die Feld-
webelleutnants gehören nach der Allerh. Kabinetsorder
vom 8. April 1915 zu den Offizieren. Sie treten
nach der Entlaſſung aus dem Heeresdienſt in den
Beuklaublenſtand — ſoweit fie nod) dienſtpflichtig find
— oder in das Inaktivitätsverhältnis — ſoweit ſie
landſturm⸗ oder nicht mehr wehrpflichtig find — gu:
rück. Sofern und ſolange obige Vorausſetzungen er⸗
füllt ſind, trifft daher die Berechtigung zum Tragen
des filbernen Portepees auch auf Feldwebelleut⸗
nants zu. ö E.
*
Aus Baden.
Zu Reren Forjtrat Röniges Ausführnngen im
Oktoberheſt 3996.
Im letzten Oktoberheft der Allg. Forſt⸗ u. Jagd-
zeitung macht Forſtrat Könige⸗Heidelberg eine Reihe
von Vorſchlägen zur Vereinfachung und Er⸗
ſparung in der badiſchen Forſt- und Do⸗
mänen verwaltung. Wenn dieſe Vorſchläge, die
Sache und Perſonen teilweiſe recht ſcharf anfaſſen,
auch nicht auf reſtloſen Beifall rechnen dürfen, fo find
fie ie zu begrüßen, weil fie ohne Frage wert:
17
volle Gedanken über die durch den Krieg zur unab⸗
weisbaren Notwendigkeit gewordenen Umgeſtaltung
unſerer Verwaltung enthalten und jetzt ſchon die Aus⸗
ſprache über die bevorſtehende Aufgabe einleiten. Es
wird vieler Arbeit und Klugheit und vor allem viel
guten Willens bedürfen, um die Verwaltung den
harten Forderungen der neuen Verhaltniffe anzupaſſen.
Höchſte Wirtſchaftlichkeit wird allenthalben die Loſung
ſein. Um ihr zu dienen, werden wir, abgeſehen von
dem Erſchließen neuer Quellen, vereinfachen und ſparen
miffen. Dabei mag manch ſchmerzlicher Verzicht und
manch willensſtarkes Zerbrechen der überlieferten Tafeln
von uns gefordert werden. Es hilft nichts, wir müſſen.
Die wichtigſten Vorſchläge, die Forſtrat Könige
macht, find!
- 1. Aufhebung der Domänenämter und Verwaltung
der Kameraldomänen durch die Forſtämter;
2. Verringerung der Zahl der ſtaatlichen Forſtämter
von 99 auf 80; Verringerung der Stellen der
2. Beamten auf 5 und der Aſſeſſoren auf 15;
3. Aufhebung der Forſt⸗ und Domaͤnendirektion und
und ſtatt ihrer Bildung einer „Abteilung für
Forſte und Domänen“ beim Miniſterium der
Finanzen unter gleichzeitiger Beſeitigung der Zwei⸗
teilung in eine „Wirtſchaftliche“ (Rameraldomäne)
und „Forſtliche“ Abteilung; |
4. Ausſtattung aller Forſtämter mit mindeſtens einem
techniſchen Hilfsbeamten „Forſtgehilfen“;
5. Aufhebung der forſtlichen Abteilung der Tech⸗
niſchen Hochſchule in Karlsruhe.
Alle diefe Forderungen wurden in der einen oder
andern Form ſchon früher erhoben. Bis jetzt war es
aber nicht möglich, für die einzelnen Fragen eine be⸗
friedigende Löſung zu finden, weil bald von der einen,
bald von der andern Seite Widerſtände eingeſchaltet
wurden. Mit Forſtrat Könige bin ich der Meinung,
daß die Geſamtheit der von ihm aufgeſtellten Forde⸗
rungen in ihrem organiſchen Zuſammenhang nunmehr
geprüft und zur grundſätzlichen Entſcheidung gebracht
werden muß. |
Der Aufhebung der Domaͤnenämter und bie Ver⸗
waltung der Kameraldomaͤnen (meit Wieſen, Aecker,
Garten, Teiche) durch die Forſtämter halte ich für
ſpruchreif. Die von Forſtrat Könige ins Feld ge⸗
führten Gründe find beweiskräftig. Daß wir Forſt⸗
amtsvorſtände die Verwaltung der Güter gerne über⸗
nehmen, und daß wir das Zeug dazu haben, darüber
ſind ſich unſere und wohl auch andere Kreiſe einig.
Es liegt ſomit weder ein perſönlicher noch ein ſachlicher
Grund vor, die Erſparnis verbürgende Neuordnung
hintanzuhalten. Ebenſo begründet iſt auch die Ein⸗
ſchnürung der „Wirtſchaftlichen Abteilung der Forſt⸗
und Domänendirektion“ auf einen oder zwei Refe⸗
=; 11
78
renten, zumal dieſe Maßregel manche, der Sache nicht
dienliche Reibungsflächen verſchwinden läßt.
Der Verringerung der ſtaatlichen Forſtämter auf
die niedere Zahl 80 möchte ich nicht ſo bedingungslos
das Wort reden. Die Grundlage, auf der Forſtrat
Könige ſeinen Vorſchlag aufbaut, erſcheint mir nicht
ſicher genug. In Uebereinſtimmung mit Herrn Prof.
Dr. Wimmenauer bin ich der Anſicht, daß der Voll:
betriebshektar (Vbha) keine zuverläſſige Beweisgröße
iſt. Auch ich vermag nach meinen Erfahrungen nicht
zuzugeben, daß der Hektar Gemeindewald nur / des
von 1 ha Domänenwald beanſpruchten Arbeitsaufwan⸗
des erfordert oder umgekehrt, daß man mit der Ar⸗
beit, die man auf die Bewirtſchaftung eines Hektar
Domänenwald zu verwenden pflegt, 1!/2 ha Gemeinde:
wald bewirtſchaften kann.
einzelne Fälle zutreffen; im großen Ganzen aber halte
ich ſie nicht für gerechtfertigt. Eigentumszerſplitterung,
mangelhafte Ausbildung des Unterperſonals, ſchwierige
Betriebsform, Unaufgeſchloſſenheit der Waldungen und
oft auch Widerſtand der Gemeindeverwaltungen ſind
Dinge, die den Arbeitsbedarf im Gemeidewald über
denjenigen eines geordneten Domänenwaldbetriebes
häufig hinausheben. Wenn man die Zahl der ſtaat⸗
lichen. Forſtämter beſchraͤnken will, fo kann man m. E.
die Grundlage dieſes Beſtrebens nicht auf dem Papier
machen, ſondern man muß ſie durch eine eingehende
Prüfung aller einſchlägigen Verhältniſſe an Ort und
Stelle und von Fall zu Fall gewinnen. Mir er⸗
ſcheint indes die ganze Frage der Aufhebung einer
Anzahl Forſtämter nicht lösbar, wenn nicht gleich⸗
zeitig eine andere, die ſeit Jahrzehnten angeſtrebte
Ordnung des Forſtſchutzrechts in den Gemeindewal⸗
dungen, mit ihr verknüpft und befriedigend geregelt
wird. Zunächſt muß das Hutperſonal der Gemeinde-
waldungen auf einen nach Ausbildung, Arbeitsumfang
und Bezahlung der Staatswaldhut entſprechenden
Stand gebracht werden. Erſt wenn dies geſchehen
iſt, wird der Größenbemeſſung der einzelnen Forſt⸗
ämter und das Einſparen der Bezirksſtellen auf ein⸗
heitlicher Grundlage moglich fein. Für koſtſpielige
Eigenbrödeleien, wie ſie in der Beſtellung eines eigenen
Forſtſchutzbeamten auf 4 ha Gemeindewald bisher zum
Ausdruck kamen, iſt die Zeit jetzt dahin. Gemeinden,
deren Waldbeſitz für die Schaffung eines dem ſtaat⸗
lichen Beiſpiel nachgebildeten Hutbezirks zu klein oder
zu zerſplittert iſt, müſſen auf den „eigenen“ Wald⸗
Hüter verzichten, wenn anders fie nicht der Vorwurf
treffen ſoll, daß ſie aus kleinlichen Beweggründen der
Verbilligung der Staatsverwaltung und ſomit dem
Gejamtwohl bewußt entgegenarbeiten. Aufgabe der
Regierung wird es ſein, die Neuordnung des Ge⸗
meindeforſiſchußdienſtes, dieſe Maßregel, über deren
Dieſe Annahme mag für
Notwendigkeit und Erſprießlichkeit in badiſchen Fort:
kreiſen nur eine Stimme beſteht, bei der Volksver⸗
tretung in einem Zuſammenhang mit der Umbildung
einzelner Forſtämter durchzuſetzen. Ob ſich bei dem
allem aber das Aufgeben von ganzen 19 Forſtbezirken
erreichen läßt, ſcheint mir zweifelhaft.
Hand in Hand mit der Beſchränkung der Zahl
der Forſtämter will Könige eine ſtarke Verringerung
der 2. Beamten⸗ und der Aſſeſſorſtellen durchgeführt
wiſſen. Dem hierdurch entſtehenden Zuwachs an Ar:
beit bei gleichzeitigem Ausfall an Arbeitskräften be⸗
abfidtigt er durch die Zuweiſung von techniſchen Hilfe:
beamten „Forſtgehilfen“ an die Forſtämter Rechnung
zu tragen. So zuſtimmend ich einem allmählichen
Abbau des bei uns durch eine verfehlte Verwaltungs:
politik viel zu ſtark angewachſenen Korpers an akad.
gebildeten Gehilfen gegenüberſtehe — wenn ich aud
die von Könige vorgeſchlagene Beſchränkung auf 20
Stellen als zu weitgehend erachte — fo wenig ver:
mag ich mich mit der Schaffung der „Forſtgehilfen“
zu befreunden. Sie ſchmeckt nach Förſterſyſtem.
Bis jetzt ſtand bei uns zwiſchen dem Akademiker
und dem Forſtſchutzbeamten Niemand. Dieſen Zu⸗
ſtand, der ein äußerſt erſprießliches und unmittelbare
Zuſammenwirken der oberen und unteren Organe er⸗
möglichte, empfand ich ſtets als beſondere Wohltat.
Es ift mir eine unerfreuliche Vorſtellung, ihn nur leije
angetaſtet zu ſehen. Das geſchieht aber durch den
„Forſtgehilfen“. Ich bin der Ueberzeugung, daß alle
bei einem Forſtamt zu leiſtenden Schreib⸗, Buchfüh⸗
rungs⸗, Regiſtratur⸗ und Rechenarbeiten von einem
tüchtigen „Forſtwart“ beſorgt werden können. Der
Forſtwart wird trotz ſeiner bevorzugten Verwendung
und wohl auch etwas beſſeren Bezahlung als primus
inter peres mit feinen Kollegen verkehren. der Forf:
gehilfe aber wird, aller menſchlichen Vorausſicht nach
fih etwas beſſeres dünkend, den Verbindungsmann
zwiſchen Forſtamtsvorſtand und Schutzperſonal ſpielen
wollen und dadurch allerlei Widerwärtigkeiten in unſern
nach dieſer Richtung hin bisher reibungsfreien Betrieb
hineintragen. Man laſſe es alſo beim Syſtem der
Schreibforſtwarte, verbeſſere und erweitere es.
Ueber die Zukunft der forſtlichen Abteilung an
unſerer techniſchen Hochſchule werden die politiſchen
Kriegsergebniſſe entſcheiden. Ich halte es für verfrüht,
jetzt ſchon zu dieſer Frage Stellung zu nehmen. Da⸗
gegen halte ich den Zeitpunkt bereits für gegeben, die
Umwandlung der Forſt⸗ und Domaͤnendirektion in
eine ſelbſtändige Abteilung des Miniſteriums der Fi:
nanzen ins Auge zu faſſen. Die Verwirklichung dieſes
Gedankens würde neben beachtenswerter Gelderſparnis
eine bedeutende Vereinfachung und Förderung des
Geſchäftsganges mit ſich bringen und der babiſchen
Forſtverwaltung endlich jene Stellung einräumen, auf
die fie kraft ihrer Bedeutung und ihrer Leiſtungen
billigerweiſe Anſpruch machen darf. Ich befürworte
deshalb lebhaft den dahin zielenden Vorſchlag des
Forff rates Könige.
Es ift mir nicht möglich, mich zu allen Gedanken,
die der Herr Verfaſſer in ſeiner umfangreichen Arbeit
niedergelegt hat, zu äußern. Dazu fehlt mir die Zeit.
Ich freue mich aber, mich in den großen Richtlinien
mit ihm einig zu wiſſen und für die Zeit nach dem
Kriege eine dem Wohle unſeres Heimatlandes förder⸗
liche Umgeſtaltung unſerer forſtlichen Verhältniſſe er⸗
hoffen zu dürfen.
28. Dezember 1916.
Oberförſter W. Hamm (Kandern)
| z. Z. im Felde.
Aus Baden.
An den Gedanken über Uereinfachung und Gin-
fparung in der badiſchen Horft- und Domänen-
verwaltung. (Von Forſtrat Könige: Heidelberg.)
Vor dem Kriege hat Deutſchland jährlich für über
300 Millionen Mark Holz eingeſührt, zu 15 Millionen
Feſtmeter angenommen, macht das auf 1 ha der deut⸗
ſchen Waldfläche ungefähr 1 fm. Die Geſamtproduktion
an Derbe und Reisholz war (nach Dr. Endres, Hand:
buch der Forſtpolitik) im Jahr 1900 vom ha 3,4 fm,
die Steigerung der Holzerzeugung um 1 fm würde
alfo einen Geſamtzuwachs von etwa 4,5. fm erfordern,
eine Leiſtung, die in einem Lande, das wie Deutſch⸗
land dem Holzwuchs ſo günſtig iſt, eine pflegliche
Forſtwirtſchaft follte erreichen können. Der Krieg hat
die ungeheuere Wichtigkeit der nationalen Wirtſchaft
im Gegenſatz zur Weltwirtſchaft erwieſen. Wenn dies
beim Wald weniger in die Erſcheinung getreten iſt, ſo
79
beruht es darauf, daß das feindliche, beſetzte Gebiet
viel Holz geliefert hat und weil im Anfang des Krieges
die Nachfrage nach Holz ſtark zurückging. Bei einer
weiteren Verlängerung des Krieges wird der Bedarf
wohl wieder ſtark anſteigen. Aber auch bei einer bal-
digen Beendigung wird es gut fein, ſich nicht alzu-
ſehr auf das Ausland zu verlaſſen, ſelbſt wenn der
angedrohte Wirtſchaftskrieg nicht eintritt. Es wird
auf jeden Fall Aufgabe der deutſchen Forſtwirtſchaft
fein, das Holz moͤglichſt im Inlande zu erzeugen. Der
von Forſtrat Könige gezeigte Weg der Reduzierung
der Zahl der Forſtämter wird uns dieſem Ziel aber
nicht näher bringen, denn es handelt ſich bei der Pro⸗
duktionsſteigerung nicht um die Abnutzung vorhandenen
Holzes allein, ſondern um die Hebung des Zuwachſes,
um die Auffindung und die Anwendung wiſſenſchaft⸗
licher Grundſätze zur Hebung der Holzproduktion, die
im Allgemeinen nur von den akademiſch gebildeten
Beamten erwartet werden kann. Zweifellos werden
aber in dieſer Richtung 100 Beamte mehr leiſten als
80. Die Ueberlegenheit der deutſchen Anilinfarben⸗
induſtrie über die engliſche beruht bekanntlich darauf,
daß in Deutſchland ein wiſſenſchaftlich gebildeter Che-
miter auf 40 Arbeiter kommt, ein Prozentſatz, den
keine andere Nation der Welt erreicht. Die deutſche
Landwirtſchaft hat ſeit dem Jahre 1880 ihre Erträge
verdoppelt. Nach einer Zuſammenſtellung, die unlängſt
durch die Tagesblätter ging, ſtieg der Ertrag vom Hektar
Roggen von 8.4 dz auf 19,1 dz N
Weizen „ 124 , „ 23,6 „
Kartoffeln „ 71,0 „ „ 156,6 „
im Jahr 1913. Dieſe Steigerung, die allein uns das
Durchhalten ermöglicht, iſt wie in der Chemie in erſter
Reihe der Wiſſenſchaft zu verdanken, was nicht genug
betont werden kann. Was forſtwirtſchaftlich in dieſem
Zeitraum geleiſtet wurde, zeigt folgende Zuſammen⸗
ſtellung für die badiſchen Verhältniſſe:
Dauptnugung Zwiſcheunutzung im Ganzen
Domänenwaldungen
fm im Ganzen per ha im Ganzen per ha zuſammen per ha
1880 316 000 3,62 72 000 0,82 388 000 4,44
1913 454 000 4,82 180 000 1,91 634 000 6,78
Gemeindewaldungen
1880 1028 000 4,07 148 000 0,58 1176 000 4,65
1913 1 390 000 5,00 359 000 1,29 1 749 000 6,29
Zuſammen
1880 1344 000 220 000 1564 000
1918 1844 000 539 000 2 383 000
Zunahme 500 000 319 000 819 000
| Diefe Zahlen laffen es als durchaus möglich er: | Holzmenge mit der Zeit felbft zu erzeugen. 1 Zwar
en, die zur Ausgleichung der Einfuhr nötige
!
der angenommene Zuwachsgewinn von 1 fm wird nicht
11°
ausſchließlich in Nutzholz beſtehen. Aber abgeſehen da⸗
von, daß in Deutſchland ſich noch viel Gelände findet,
das für die Landwirtſchaft wenig geeignet iſt, wohl
aber der Forſtwirtſchaft zugeführt werden kann, find
auch noch Waldungen genug vorhanden, deren Ertrag
bei rationeller Bewirtſchaftung weſentlich gehoben
werden kann, man denke nur an den parzellierten
Kleinprivatwaldbefitz oder an die durch Streunutzung
herabgewirtſchafteten Waldungen. Eine Einſchränkung
der Streunutzung würde den Handelsgewächsbau zu
Gunſten des Körnerbaues vermindern, was, wie die
jetzige Zeit zeigt, nur von Vorteil wäre. Der Tabak
iſt zum Leben nicht nötig. Aber auch die nach durch⸗
aus wiſſenſchaftlichen Grnndſätzen bewirtſchafteten Wal-
dungen find einer Ertragsſteigerung ſicherlich noch
fähig. Man kann von Düngung, Bewäſſerung und
ähnlichem ganz abſehen. Jede Produktionsſteigerung
in der Landwirtſchaft, zu welcher die Forſtwirtſchaft
zählt, wird durch eine Aenderung in der Kombination
der Produktionsfaktoren bewirkt. Die Beſtandsver⸗
faſſung und Beſtandsbehandlung übt auf den Zuwachs
einen Einfluß aus, der neben dem der Standortögüte
wohl Beachtung verdient” Wenn es nun möglich
wäre, durch eine Aenderung im Forſtbetrieb, ſagen
wir einmal, durch Umwandlung der gleichaltrigen,
reinen Beſtände in ungleichaltrige, gemiſchte, die feh-
lenden 300 Millionen Mark jährlich nachhaltig her⸗
auszuwirtſchaften, und wenn dies nur durch Vermeh⸗
rung des wiſſenſchaftlich gebildeten Perſonales erreicht
werden könnte, müßten dann die berufenen Faktoren
nicht mit beiden Händen nach dieſer Möglichkeit grei⸗
fen? Und wenn, um den Mehrtrag zu erreichen, für
100 Millionen neue Forſtämter errichtet werden
müßten (das Forſtamt zu 12 000 Mk. gerechnet gäbe
8000 Stück) ſo wäre das keine unproduktive Aus⸗
gabe. Die angeführten Zahlen find natürlich nur
ſozuſagen bildlich zu verſtehen, weder kann eine Zu⸗
wachsſteigerung von 15 Millionen Feſtmeter plotzlich
erfolgen, noch iſt alles Holz, was vom Ausland be⸗
zogen wird, durch inländiſches zu erſetzen, noch auch
wird die Einfuhr von Holz aus dem Ausland ganz
aufhören, noch wird der eine Feſtmeter Zuwachs⸗
ſteigerung lediglich in Nutzholz beſtehen. Aber es
wäre eine hervorragende volkswirtſchaftliche Leiſtung,
wenn Deutſchland in die Lage verſetzt werden konnte,
ſeinen Holzbedarf in der Haupſache ſelbſt zu erzeugen.
Mit der größten Sparſamkeit allein werden wohl die
ungeheueren Laſten, die der Krieg uns auferlegt, nicht
gedeckt werden können. Das deutſche Volk wird nach
dem Krieg die Hände nicht in den Schoß legen dürfen,
es muß zu neuen und noch gewaltigeren Arbeitsan⸗
ſpannungen, ſich entſchließen. Sollten die deutſchen
Forſtverwaltungen fih nicht mit Freuden an dieſer
nationalen Arbeit beteiligen?
Wenden wir uns jetzt zu dem Vorſchlag von Forſt⸗
rat Könige, die badiſche Forſtverwaltung durch Redu:
zierung der Forſtämter von 100 auf 80 und dutch
Zuteilung von je einem techniſchen Gehilfen zu refor:
mieren. Eine Erſparnis ſoll dabei nichl gemacht
werden. 80 Forſtämter zu 15000 Mk. koſten ſoviel
wie 100 zu 12000 Mk. Es ſoll vielmehr eine Ent:
laſtung des Dienſtvorſtandes von mechaniſchen Schreib⸗
und auswärtigen Geſchäften herbeigeführt werden. Daz
ift eine große Verlockung für jeden Dienſtvorſtand.
Beſonders für jene, die ſeither eines Aſſeſſors oder
II. Beamten fih nicht erfreuen konnten. Für diefe
ift es ficherlid) nicht erhebend, wenn fie in ihren alten
Tagen als ſelbſtändige Dienſtvorſtände noch die Ar:
beiten mit verrichten müſſen, die ſie in ihren jungen
als Praktikanten geleiſtet haben, wo ihre Tätigkeit in
der Hauptſache in Beihilfe bei den Holzaufnahmen
und im Schreibwerk beftanden hat. Seit ihrer Prat:
tikantenzeit hat das Schreibwerk nicht abgenommen.
Forſtrat Könige deutet das an mit ſeinem Hinweis
auf Statiſtik und Forſteinrichtung. Dieſe Berbilt:
niſſe haben ſich aus der Ueberfüllung des Berufs mit
Anwärtern ergeben. Hört die Ueberfüllung auf, ſo
muß die Oberbehörde für genügenden Erſatz durch
Hilfskräfte ſorgen und ſie wird, wenn ſie ſparen muß,
das Schreibwerk, was bei jeder Vermehrung neue
Hilfskräfte erfordert, ſtatt es durch Statiſtik uſw. zu
vermehren, vielleicht von ſelbſt vermindern, und auch
womöglich die Kompetenz der Dienſtvorſtände er
weitern. Und es wird dann ſicher auch ohne ted}:
niſche Gehilfen gehen.
Vor dem Krieg waren es 70 Anwärter auf höhere
Stellen, 20 würden zur Ergänzung des Abgangs ge
nügen, es könnten mit der Zeit 50 Stellen eingeſpart
werden, 100 000 — 150 000 Mk. Aus dieſen Ein
ſparungen könnten reichlich Schreibaushilfen bewilligt
werden, und es wäre gerade jetzt die rechte Zeit, da
geeignete Kriegsinvaliden genug vorhanden find, die
durch einen Kurs zu ihrem Beruf etwas herangebildet
werden könnten. Das wäre dann die Erſetzung der
akademiſch gebildeten durch mindere Kräfte. Alo
Schreibgehilfen, keine techniſchen Gehilfen, deren Ein⸗
führung den ſchwerſten Bedenken unterliegt. Es gibt
keinen Bezirk, der in der Hauptgeſchaftszeit dem Dienft:
vorſtand nicht volle Beſchäftigung böte. Was an Fläche
fehlt — die Bewertung der Gemeindewaldwirtſchaft
die gänzliche Außerachtlaſſung der Privatwaldungen
u. a. kann überhaupt nicht anerkannt werden — wird
durch die Zahl der Eigentümer und eine oft ſehr
weitgehende Parzellierung der Waldungen erſetzt. Daß
dabei Geſchäfte unterlaufen, die auch ein nicht alas
demiſch gebildeter Beamter erledigen kann, ift nicht zu
Zh .
vermeiden. Der Grundſatz, daß zu Arbeiten, die 3
Beamter minderer Bildung erledigen kann, ein höherer
81
insbeſondere ein akademiſch gebildeter nicht verwendet
werden ſoll, wird ſich nicht immer und überall durch⸗
führen laſſen. Gerade in der Forſtverwaltung kommt
dies zur Geltung. Hier darf jedenfalls nicht das
Schreibgeſchäft die Grundlage der Organiſation ab⸗
geben. Wenn Könige anerkennt, daß, je größer die
Zerſplitterung der Waldungen, deſto umfangreicher die
Arbeit, ſo iſt der Nachfatz nicht anzuerkennen, daß dies
nach der mehr handwerksmaͤßigen, mechaniſchen Seite,
alſo nach dem Arbeitsgebiet des techniſchen Gehilfen
hin der Fall iſt. Der Wirtſchafter muß den zer⸗
ſtückelten Wald gerade fo ſorgfältig behandeln, wie
den großen, zuſammenhängenden, die größere Mühe
muß er eben ſelbſt tragen, er kann oder ſoll ſie nicht
dem techniſchen Gehilfen zuſchieben. Die Gefahr des
techniſchen Gehilfen liegt darin, daß er, um beſchäftigt
zu werden, zu Geſchaften herangezogen wird, die eigent-
lich Sache des Dienſtvorſtandes find. Man gewöhnt
ſich an ſeine Leiſtungen, die ja, wenn es ſich nur da⸗
rum handelt, alterprobtes in Ausführung zu bringen,
ganz befriedigend ſein können, die fogar manchen Dienſt⸗
vorſtand dazu führen könnten, zu ſagen, er getraue
fih, einen dreimal jo großen Bezirk zu verſehen uſw.,
ſo daß man von dem reinen Oberförſterſyſtem allmälig
dahin zurückkäme, von wo man ausgegangen, zum
Wirtſchaftsforſtmeiſter. Wenn damit vielleicht Erſpar⸗
niſſe für die Staatskaſſe verknüpft wären, ein volts-
wirtſchaftlicher Vorteil wäre es nie und nimmermehr.
Wenn der Fall eintreten ſollte, daß bei dem einen
oder dem andern Amt zeitweiſe für den Dienſtvorſtand
eine ungenügende Beſchäftigung vorhanden wäre, ſo
könnte ihm auch ohne Vergrößerung des Bezirks neue
Beſchäftigung geſchaffen werden, wie ja auch Forſtrat
Könige es mit der Aufhebung der Domänenämter
vorſieht.
Der Aufſchwung, der nach dem Krieg kommen ſoll,
wird auch in der Forſtwirtſchaft nur kommen können
durch wirtſchaftlichen und techniſchen Fortſchritt. Die
Maſchine iſt bei uns noch ziemlich unbekannt, das
Automobil ſcheint ſich allerdings raſch zu nähern, die
Elektrizität geht ſchon durch den Wald, oder nahe an
ihm vorüber, das Beil aber wurde ſchon in der Stein⸗
zeit erfunden, Alles in allem: denken wir daran, daß
nicht die Kanzlei, ſondern der Wald unſer eigenſtes
Arbeitsgebiet iſt. |
Jeſtetten, 31. Dezember 1916. Forſtmeiſter Feist.
Notizen
A. Die Errichtung einer Geſchäftsſtelle des Forſt⸗
wirtſchaftsrates für kriegswirtſchaftliche Augelegen⸗
heiten.
Die ſich geradezu über ſtürzende Entwicklung des Holz»
marktes, die in verwirrender Fülle fH bildenden und in
ſtändiger Umformung befindlichen Kriegsorganiſationen
des Reichs ſowie der wirtſchaftlichen Verbände und Bere
tretungen aller Wirtſchaftszweige, mit denen die Forſtwirtſchaft
verflochten iſt, die wachſende Bedeutung der Walder⸗
zeug niſſe in Haupt» und Nebennutzung, namentlich auch für
Schaffung von Erſatzſtoffen und für Volksernährung, die ſich
mehrenden Hemmniſſe des Forſtbetriebes insbeſondere
der Mangel an Beamten und Arbeitern ſowie die Schwierig⸗
keit der Holzausfuhr, die vielfachen, oft weitgehenden An⸗
ſprſche jeder Art an den Wald brachte die Satzungs⸗
kommiſſion des Forſtwirtſchaftsrates, welche Au-
fangs Dezember b. Js. in Berlin zuſammentrat, um über die
weitere Geſtaltung des deutſchen Forſtvereins und die Bee
ſchaffung der hierzu benötigten Mittel zu beraten, einſtimmig
u der Auffaſſung, daß es unbedingt nötig fet, hier durch
raſches Handeln einzugreifen. Die Kommiſſion wurde fid
auch über den hier einzig gangbar erſcheinenden Weg klar,
nämlich daß eine kriegswirtſchaftliche Geſchäftsſtelle zu
ſchaffen ſei, welche l
1. durch genauere Kenntnis der oben erwähnten Organis
ſationen und durch ſtändige Verfolgung der Entſtehung, Ziele
und Wirkungen der behördlichen Maßnahmen im ſtande ſei,
den Walbbefigern und deren Forſtverwaltungen Rat und
„Auskunft zu verſchaffen, durch Auflärung Mibverfländ-
niſſe zu befettigen und Klagen vorzubengen, ferner auch nach
Möglichkeit und Erfordernis in der Oeffentlich keit
namentlich in der Tagespreſſe für die Intereſſen und den Schutz
des Waldes und der Jagd zu wirken,
2. als Sammelſtelle zum Zuſammenfaſſen der wiſſen⸗
ſchaftlichen und praktiſchen Kräfte wirke, welche für die Hebung
der Erzeugung des Verkehrs und des Abſatzes der Forſtpro⸗
dukte arbeiten.
Der auf Antrag am 28. Dezember zu Leipzig zuſammen⸗
getretene Vorſtand des Vereins trat der Auffaſſung der
Satzungskommiſſion bei und beſchloß, es felen mit Rückſicht
auf die Dringlichkeit der Sache ſofort die Schritte zu unters
nehmen, um die Geſchäftsſtelle fo bald als möglich ins Leben
zu rufen. Der Unterfertigte hat fih auf Wunſch der Satzungs⸗
kommiſſion bereit erklärt, die Einrichtung der Geſchäftsſtelle
zu übernehmen und — ſofern und ſoweit dies dienſtlich möglich
— fo lange zu leiten, bis der Geſchäftsgang gefidert ift.
Durch einen Aufruf an die deutſchen Brivatwalbbefiger,
von denen ein einmaliger Beitrag von 10 Pfg. je ha erbeten
wurde, konnten ſehr raſch ſo viel Mittel aufgebracht werden,
daß die finanzielle Unterlage des Unternehmens fürs erſte als
hinreichend geſichert erachtet werden kann. Auch das Reich und
die deutſchen Staatsforfiverwaltungen wurden um Zuſchüſſe
angegangen und haben zum größten Teil ſolche bereits zugeſagt.
Es tft nunmehr gelungen den bisherigen Privatoberförſter
Herrn Schulz (ſtudierter Tharandter), Oberleutnant d. R. bis
auf weiteres beurlaubt, für feſt zu gewinnen; bei weiteren
Herren, die ſich bereit erklärt haben, mitzuwirken, muß erſt
noch das militäriſche Verhältnis geregelt werden, was ſich leider
längere Zeit hinzieht. Gere Prof. Dr. von Mammen wird
von ſeinem Wohnſitz aus und durch jeweiligen mehrtägigen
Aufenthalt in Berlin mitwirken, Durch fetne Mitarbeit läßt
ſich in einfachſter Weiſe die Ordnung der Beziehungen zwiſchen
der Geſchäftsſtelle und der von ihm verſehenen Stelle für
Holzhandels⸗Verkehrs⸗ und Zollangelegenheiten aufrechterhalten.
Die räumliche Unterbringung der Geſchäftsſtelle kounte
durch die febr dankenswerte Vermittlung eines Privatwald⸗
befitzers einer glücklichen Löſung zugeführt werden. Im Haufe
der Kreuz⸗Zeitung (Bernburgerfiraße 24, IV zwiſchen
Potsdamer und Anhalter Bahnhof) wurden ſechs paſſende
Räume ab 1. März gemietet. Ein Teil der Zimmer iſt be⸗
reits bezogen, ſodaß die Geſchäftsſtelle, wenn auch zunächſt
noch in beſchränktem Umfang, ihre Tätigkeit beginnen konnte.
Fernſprechanſchluß wird demnächſt mitgeieilt werden.
Ein⸗ und Auszahlungen erfolgen durch Vermittlung der
Dresdner Bank.
Oinfidtlid der fachlichen Arbeit der Geſchäftsſtelle möchte
ich einſtweilen nachfolgendes bemerken:
Einſtweilen ſteht nur eines feſt: Das Bedürfnis
zentraler Arbeit iſt vorhanden und es iſt unend⸗
lich viel zu tun. Schwierig ift die At wägung der Wichtig⸗
keit und Dringlichkeit. Gerade die Unklarheit über die Ber-
hältniſſe und die Unkenntnis der Zuſtände, die dieſes Bedürfnis
hervorruft, hindert im voraus bereits völlig feſtzulegen, was
und wie verarbeitet werden fol. Die au die Geſchäftsſtelle
herantretenden Anfragen und Forderungen werden erſt genauer
erkennen laſſen, was man von ihr will und wofür man ſie
btaucht und daraus wird ſich erft das genauere Arbeits⸗
programm ergeben.
Die Geſchäftsſtelle wird hauptſächlich, wie ſchon oben an⸗
gedeutet iſt, nach zwei Richtungen zu arbeiten haben,
als Beratungsſtelle und
als Sammel», Verarbeitungs- und Veröffeutlichungsſtelle.
Ziel der Arbeit ſoll in erſter Linie ſein:
Verbeſſerung des Betriebes und der Arbeits⸗
technik durch Vermittlung des Austauſches von
Erfahrungen und durch Klärung der Meinungen.
Als beſonders wichtig erſcheint, ſoweit zur Zeit ein Urteil ge⸗
fällt werden kann,
1. Berichterſtattung über die Lage des Holzwarktes
(Bedarf, umgeſetztes Material und Preiſe):
2. Förderung der Holzlieferung durch Bekannt-
gabe der Mittel und Wege zur Erlangung von Fuhrleuten
und G.ſpanne , Ausbildung des maſchinellen Zuges;
8. Mitwirkung an der Behebung der Schwierigkeiten ber
Arbeiterverhältniſſe, insbeſondere auch Behandlung des
Siedlungsproblems (Kriegerheimſtätten) als Vorbereitung für
die Fragen der Uebergangswirtſchaft;
4. Mitwin kung bei der Verbeſſerung der Technik der
Harzge winnung; ,
5. Mitwirkung bei ber Feſtſtellung von Richtlinien für
den Anbau von Oelfrücht en;
6. Mitwirkung bei der Volksaufklärung über Pil ze und
bei der Organisation zur Gewinnung des Wachstums an Pilzen,
Heidelbeeren, und ſonſtigen Waldfrü hten.
7. Berfolgen und bearbeiten von Steuerfragen,
namentlich der Entwürfe, durch welche der Wald zu Reichs⸗
ſteuern beigezogen werden ſoll.
Ob und in welchem Maße ein forſtlicher Rat ſeitens der
Kriegzorganiſationen gefortert wird und erteilt werden
kaun, muß die ſpätere Entwicklung zeigen.
82
Bei der Tätigkeit der Stoffſammlung fol davon ab» |
gelehen werden, die ohnehin ſchon reichlich belaſteten oberen
und unteren Forſtbehörden mit der Bitte um Erhebungen zu
behelligen.
Um aber doch den erforderlichen Einblick in dle Verhält⸗
niffe zu erlangen, fol das Mittel der öffentlichen Un⸗
frage in der Fachpreſſe, gegebenenfalls unter Beigabe von
Fragebogen zu dieſer, angewandt werden.
Für die Mitteilungen der Geſchäftsſtelle ſollen hauptſäch⸗
lich die beiden beſtehenden forſtlichen Wochenſchriften „Silva“
und „Deutſche Forſtzeitung“ benngt werden. Erſtere
wird zu dieſem Zwecke eutſprechend erweitert werden.
. Z. Berlin, Ende Februar 1917. Dr. Wappes.
B. Dr. Germann von Fürſt t.
Am 11. Febr. 1917, wenige Wochen vor ſeinem 80. Ge⸗
burtstage, verſchied zu Aſchaffenburt der k. Forſtdirektor a. D.
Hermann von Fürſt, dort fand er auch an der Seite ſeiner im
|
|
Tode längt vorrausgegangenen Gattin die letzte Ruhestätte.
Mit ihm iſt einer unſerer bedeutendſten Forſt männer dahin
gegangen, deſſen Name nicht nur in den engeren Grenzen feines
Heimatlandes, ſondern auch im weiteren Ju und Ausland
hohes Anſehen genießt.
Fürft war geboren am 29. März 1837 zu Ausbach als
Sohn eines Pfarrers. Nach Beſuch der Mittelſchule wer
er Eleve in Uffenheim und beſuchte zwei Jahre die Forſtlehr⸗
anſtalt Aſchaffenburg, die er mit Note I abiolvterte, ſowie ein
Jahr die Univerſität Würzburg. In die Forſtgehilfenzeit, die
Fürſt an verſchiedenen Revieren Mittelfrankens verbrachte, fiel
1860 der Staatskonkurs, den er mit Auszeichnung beſtaub.
1865 wurde er Forſtamtsaktuar in Berchtesgaden und 1867 in
gleicher Eigenſchaft an die Regierung von Mittelfranken ver⸗
ſetzt. Das Jahr 1871 brachte feine Srnnenung zum Ober
ſörſter in Berg (O.⸗Pf.), einem für die Ausbildung von Eleven
beſonders geſchäpten Revier. Am 1. Jan. 1878 wurde Fark
zum Kreisforſtmeiſter in Regensburg befördert, im Herbfte
gleichen Jahres jedoch erfolgte ſeine Berufung zum Direktor
der neuorganiſierten Forſtlehranſtalt Aſchaffenburg. Dieſe An
ſtalt, der 1898 ihrem Charakter entſprechend die Bezeichnung
Hochſchule beigelegt wurde, leitete er bis zur Verlegung bes
geſamten forſtlichen Unterrichtes an die Univerſt:ät München
im Jahre 1910, alio volle 82 Jahre; er unterzog ſich daun
noch freiwillig den umfangreichen Geſchäften der Ueberleitung.
Am 1. Januar 1911 tratt er in den Ruheſtand und behielt
feinen Wohnſitz in Aſchaffenburg, das ihm zur zweiten Heimat
geworden war.
Fürſt hat als Direktor der Hochſchule, die im Jahre 1878
grundlegende Aenderungen hinſichtlich des forſtlichen Nus
bildungsganges erfuhr, das auf ihn geſetzte Vertrauen voll
bewährt und mit raſtloſer Hingabe, guten Geſchick und richtigen
Takt die ihm geſtellte große Aufgabe erfüllt. Er hat die Hod,
ſchule, die im Jahre 1895 ihren Höch ſtſtand mit 176 Studieren ·
den (darunter 22 Ausländer) erreichte, zu hoher Blüte und
Anſehen gebracht. Sein Verhältnis zu der Studentenſchaft
war anfangs nicht gerade ein glückliches, feinen eruften Streben
ſagte die ungebundene akademiſche Freiheit, die RG oft im
ſchlechtem Beſuch der Vorleſungen und Uebungen äußerte, nicht
zu und er ſuchte auf die Lebensführung und den Fleiß der
Studierenden mehr Einfluß zu gewinnen, als mit einer Hoch⸗
ſchule vereinbart war. Dies brachte ihm manche Enttäuschungen,
aver allmählich vollzog fig in ihm die innere Umwandlung
zum warmherzigen Freund findentifgen Lebend und wohlbe⸗
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Ss.
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wa ad
meffener akabemiſcher Freiheit. Das Zuſammenwirken von
Akademie und Univerfität für eine tüchtige und vielſeitige forſt⸗
liche Ausbildung hat Fürſt jederzeit warm vertreten, die Löſung
der forſtlichen Unterrichtsfrage in Bayern konnte ihn deshalb
nicht befriedigen und dies machte ihm den Abſchied vom Amte
boppelt ſchwer. ö
Als Lehrer genoß Fürſt bei allen feinen Schülern, bie
fein Streben richtig würdigten, Liebe und Verehrung: in feiner
langen Tatigkeit führte er über 1500 Studierende in den Wald
und in Waldbau ſowie in Jagdkunde ein, außerdem hielt
et für die Hoſpitanten noch beſondere Vorleſungen. Er beſaß
eine vorzügliche Lehrbegabung, ſeine Vorträge waren wohl⸗
durchdacht und klar. Die Lehrwanderungen in dem dankbaren
Gebiete der näheren und weiteren Umgebung Aſchaffenburgs
wußte er feſſeilnd und fordernd zu geſtalten. Beſondere Sorgs
falt wand er der Pflanzenzucht in den der Hochſchule übers
laſſenen Forſtgärten zu.
Unsgefprochene Neigung befak Fürſt zu fachliterariſcher
Beſchäftigung, deren Anfänge auf das Jahr 1871 zurückgehen.
Als Fachſchriftſteller war er von ſtaunenerregender Frucht bar⸗
keit und Vielſeitigkeit, mit klarem Verſtändnis griff er in faſt
alle Tages fragen des Forſtweſens ein. Das Zuſammenfaſſen
mb Sammeln, das Ausbauen und Ordnen war ſeine ſtarke
Seite, feine wiſſenſchaftliche Produktion beruhte weniger auf
bahnbrechenden neuen Ideen, doch tritt überall feine feinfinnige
Beobachtung des Waldes, gepaart mit reicher Erfahrung und
ſcharfer Erfaſſung des Stoffes zu Tage.
GS würde zu weit führen, die vielen Abhandlungen auf⸗
führen, die feiner gewandten Feder entſtammen; von ſelbſt ·
ſtändigen, in mehreren Auflagen erſchienenen Werken find bee
ſonders zu nennen: Die Pflanzenzucht im Walde und die
ehre vom Forſtſchutz, welch letztere er auch in Lorey's Hands
buch bearbeitete; im Verein mit Mitarbeitern verfaßte er das
iluſtrierte Forſt⸗ und Jagdlexikon und ein Werk über Deutſch⸗
lands nützliche und ſchädliche Vögel. Seine kritiſche Bekämpfung
ber Lehren Wageners und Borggreves find beſonders in Ers
imerung. Eifrig betätigte er ih auch in der Beſprechung
forſtlicher Werke. Von 1877—1914 leitete er das forſtwiſſen⸗
or Zentralblatt mit großem Geſchick und unermüdliche
Beſonders rege hat ſich Far am forſtlichen Vereinsweſen
beteiligt, mit der Entwicklung des deutſchen Forſtvereins ift
ſein Name eng verbunden. Er war bei den Verſammlungen
dreimal Bräfident und häufig Berichter fatter; unermüdlich war
er in der Werbetätigkeit für dieſen Verein und er verſtan d es
. Dor alem den deutſchen Gedanken in die Kreiſe der deutſchen
Forſtleute hineinzutragen. Seine Gewandtheit in der freien
Rede und beſonders in der Diskufflon, in der er ſich ſelbſt im hef⸗
tigen Streit der Meinungen ſtets frei von Schärfe hielt, ſeine
liebenswürdige Wefensart habe ihn zum Mittelpunkt gar
Mander Verſammlung gemacht. Beſondere Freude bereitete
ihm die Ernennung zum Ehrenmitgliede, eine Auszeichnung,
mit der ihn auch ber Verein bayeriſcher Forſtverwaltungs⸗
Beamte ehrte.
Fürſts vielſeitige fachliche Tätigkeit kennzeichnet ſich and
ch, daß er zur Mitwirkung im Reichsamt des Innern
bei Beratung des dentſchen Vogelſchutzgeſetzes berufen wurde,
daß er Beirat der biologiſchen Anftalt für Land: und Forſt⸗
wirtſchaft und ſtändiges Mitglied der Prüfungskommiſſion für
atſtudlerende war.
An äußeren Anerkennungen hat es ihm nicht gefehlt. 1885
erhielt er Titel und Rang eines Regierungsrates, 1887 wurde
ihm bas Nitterkren) vom hl. Michael I. Kl. verliehen. 1889
83
wurde er zum Doktor der Staatswiſſenſchaft aufgrund des
vorgelegten Werkes „Die Pflanzenzucht im Walde“ und eines
Kolloquiums ernannt. 1892 erhielt er Titel und Rang eines
Oberforſtrats. Das Jahr 1901 brachte ihm den bayr. Kronen⸗
orden mit dem perſönlichen Adel und im Jahre 1911 wurde
er durch den Titel eines Forſtdirektors mit dem Range eines
Regierungsdirektors ausgezeichnet.
Fürſt war von idealer Begeiſterung für den Wald und
für feinen Berüf erfüllt. Als Menſch war er einfach, beſcheiden,
ſelbſtlos und frenge gegen ſich ſelbſt, eine Perſönlichkeit von
makelloſem Charakter und tadelloſer Lebensführung. Sein Leit⸗
ſtern war die Pflicht, er war ein Vorbild unermüdlicher
Schaffens freute und dadurch wirkte er belebend und befruch⸗
tend. Auf den verſchiedenſten Gebieten des Öffentlichen Lebens
war er tätig, ſoweit es nur immer feine Zeit geſtatte ' e; fo
war er insbeſondere ſtets Vorkämp er einer echt liberalen Welts
anſchauung und des deutſchen Gedankens. Auf den Feſten der
Bürgers und Studentenſchaft war er ein gern nehörter Redner.
Ihm iſt es vor allem zuzuſchreiben, daß die forſtliche Hoch⸗
ſchule mit ihren Profeſſoren und Studenten einen wichtigen
Faktor im geiſtigen und geſelligen Leben der fchönen Muſen⸗
ſtadt Aſchaffenburg bildete. Er ſeldſt war lange Jahre in
politiſchen und gefel gen Vereinen führende Perſönlichkeit. Bis
in feine legten Tage hat er fi überall mit ganzer Kraft bes
teiligt, wo es galt, gemeinnützige Beſtrebungen zu fördern und
trotz ſeiner hohen Jahre hatte er ſich ganz in den Dienſt der
Kriegshilfe aeſtellt. |
Seine Erholung ſuchte Fürſt im edlen Weidwerk, fo oft
fih Zeit und Gelegenheit ergab, and) hierin zeigte er große
Zähigkeit und Ausdauer.
So konnte ſich der Dahingegangene, dem körperliche und
geiſtige Rüſt igkeit bis zuletzt beſchieden war, ausleben und aus»
geben bis an die äußerſten Grenzen menſchlichen Daſeins.
Fürſt hatte ſich im Jahre 1867 mit Wühelmine Sueco,
einer Pfarrerstochter aus Gochsheim, verehelicht, der Ehe ents
ſproſſen 3 Töchter und 1 Sohn, letzterer iſt k. b. For ſtmeiſter
und ſieht als Hauptmann im Felde. Auch dadurch war das
Fühlen und Sorgen des hochbetagten Mannes eng verbunden
mit dem Sehnen nach einem baldigen glorreichen Friedeu.
In Fürſt ift eine der ſympathiſchſten Persönlichkeiten der
forſtlichen Welt dahingegangen. Mit beſonderem Bedauern
empfinden es ſeine ehemaligen Schüler, daß der Tod eine be⸗
abſichtigte Ehrung zum 80. Geburtstage vereitelt hat, ihnen
ziemt es vor allem, um das Andenken des Verſtorbenen den
Kranz immergrüner Erinnerung zu ſchlingen. Aber auch unter
allen anderen deutſchen Forſtleuten wird ſein Name hochge⸗
halten und in Ehren genannt werden, wenn es gilt, die her⸗
vorragenden deutſchen Forſtmänner rühmend aufzuzählen.
M.
C. Forſtliche Vorleſungen an den Hochſchulen im
Sommerſemeſter 1917.
I. Aniverſität Gießen.
Geh. Forſtrat Dr. Wimmenaner: Waldertragsregelung
4:ft, oder — je nach Verabredung — eine andere Vorleſung
aus dem Gebiete der forſtl. Betriebslehre. — Prof. Dr. Weber
(teilweiſe vertreten durch Forſtmeiſter Dr. Schench: Wald»
bau II 4:ft., Forſtſchutz I 4. ſt., Forſtpolitik II 4ft, Einführung
in die Torſtwiſſenſchaft 1-ft., Prakt. Kurſus über Waldbau
(Exkurſtonen) am Samstag Nachmittag. — Außerdem zahl⸗
reiche Vorleſungen aus den Gebieten der Mathematik, der
Naturwiſſenſchaften, der Rechtskunde, Volkswirtſchaftslehre
Finanzwiſſenſchaft, Landwirtſchaft uſw.
Beginn der Immatrikulation am 16., der Vorlefungen am
98, April. — Das allgemeine Vorleſungs verzeichnis kann vom
Univ.⸗ Sekretariat bezogen werden.
$ II. Aniverfität München.
Geh. Hofrat Prof. Dr. Endres: Geſchichte des Forſt⸗
und Sagbweiens 3, ſt., Forſtverwaltungslehre 2ft., Uebungen
in forſtl. Rentabilitätsrechnungen, Lehrwanderungen zu den
Worlefungen im W.⸗S. über Einführung in die Forſtwiſſenſchaft.
— Kaiſerl. Unterſtaatsſekretär Dr. Gg. Ritter von Mayr:
Praktiſche (Spezielle) Nationalökonomie 5⸗ſt., Finanzwiſſen⸗
ſchaft Sf., Statiſtik 4⸗ ff. — Prof. Dr. Ramann: Agrikultur⸗
chemie (mit Lehrwanderungen) 5. ſt., Bodenkundliches Praktikum
täglich und halbtäglich. — Prof. Dr. Freiherr v. Tubeuf:
Pflanzenpathologie mit beſonderer Berückſichtigung der Krank⸗
heiten ſorſtlicher und landwirtſchaftlicher Kulturpflanzen mit
Vorführungen und Lehrwanderungen 4. ſt., Spezielle Botanik
I. Teil: Naturgeſchichte forſtl. Kulturpflanzen mit Uebungen
und Lehrwanderungen 4ſt. — Prof. Dr. Schüpfer: Geodäſie
4. ſt., Nivellieren und Wegprojektierung B⸗ſt., Uebungen und
e anderungen. — Bro‘. Dr. Fabric ius (im Heere):
Forftt -gung 5⸗ſt., Forſtſchutz Aft, Lehrwanderungen. —
Prof. 1. Eſcherich: Forſtzoologie II. Teil: Juſekten 5. ſt.,
Forſtentomologiſche Uebungen mit Lehrwanderungen, Leitung
wiſſenſchaftlicher Arbeiten ganztägig. — Prof. Dr. Rothen⸗
bächer: Deutſches und bayeriſches Verwaltungsrecht GR. —
Prof. Dr. Rothyletz: Geologie 4ſt. — Prof. Dr. Hegi:
Syſtematiſche Botanik 4ſt. — Privatdozent Dr. Goßuer:
Mineralogie und Geſteinskunde mit Uebungen 4. ſt.
III. Ariverfität Zübingen.
v. Bühler: Einleitung in die Forſtwiſſeuſchaft, teils im
Hoͤrſaal, teils im Walde, mit Uebungen und Erkurſionen Sa.
9—11; Waldbau I, mit Uebungen und Exkurſtonen Di., Mi.,
Fr. 8—9; Exkurfionen und Uebungen Do.; Uebungen in der
Verſuchsanſtalt Di. 3—6; Uebungen und Exkurſionen für Kriegs⸗
teilnehmer (Zeit noch zu vereinbaren).
Sonſtige Vorlefungen wie ad L
Anfang des Sommerſemeſters: 16. April. — Schluß:
14. Auguſt.
IV. Cechniſche Jochſchule zu Karlsruhe.
: Abteilung für Jorſtweſen.
Prof. Dr. Demoll: Forſtentomologie mit Uebungen und
Grfurfionen. — Geh. Hofrat Dr. Klein: Forſtbotanik, Soft.
Botanik, Pilzkrankheiten der Waldbäume. — Prof. Dr. Qauss
rath: Forſtſchutz, Waldwegbauübungen, Färſtgeſchichte. —
Prof. Dr. Müller: Forſteinrichtung I, Statik, Jagdkunde.
— Geh. Ober forſtrat Dr. Siefert: Waldbau II, Technologie.
Ferner Vorleſungen in allen Grund⸗ und Hilfswiſſen⸗
ſchaften als Mathematik, Naturwiſſenſchaften, Volks wirtſchafts⸗
lehre, Rechtskunde. |
Auskunft durch den Abteilungsvor ſtand Prof. Dr. Gauss
rath.
V.— VII. Die Zorftakademieen Eberswalde, Münden und
Sharandt
bleiben bei Fortdauer des Krieges vorausſichtlich geſchloſſen.
D. Erute⸗Sericht.
Die Ausfichten für die Waldſamenernte waren im allge:
meinen nicht ſchlecht. Infolge des Krieges und anderer un⸗
günſtiger Verhältniſſe blieben die Ernteergebniſſe für fat alle
Arten weit gegen die Erwartung zurück. Die nicht allzureich⸗
liche Ernte von Kiefernzapfen wurde nur zum kleinſten Teile
eingebracht, denn ſelbſt die höͤchſten Sammellöhne konnten die
wenigen Leute, die überhaupt zum Samen: flüden in Betracht
84
kommen, nicht veranlaſſen, viele Zapfen zu fammen. Die
Leute haben überall dringendere Arbeiten für ſich zu ſchaffen.
Genau das ſelbe gilt für die Fichte, die reichlich Zapfen trägt,
far überall in Deutſchland. Auch hiervon kommen nur ſpär⸗
liche Mengen herein, ſeitdem bie große Kälte herrſcht, fo gut
wie nichts mehr. Es ift zu befürchten, daß nach der Kälte
periode warme Witterung einſetzt, und namentlich die Fichten
ſich raſch öffnen. Hätte man die Ernte richtig ausnützen Innen
bei fo mäßigen Pflückerlöhnen, wie fie früher gezahlt wurden,
dann hätte vielleicht daran gedacht werden können, den Fichten,
famen zur Oelgewinnung zu benutzen. Bei dem jetzigen Preise
des Fichtenſamens ift wohl gar nicht mehr daran zu derben
außerdem find, wie gefagt, die geernteten Mengen zu gering,
fte werden kaum für die Saaten ausreichen. Auch die Birke
hatte recht viel Zapfen angeſetzt, auch von dieſen wird mr
der kleinſte Teil eingebracht. Die Weymuthskiefer ergab cine
nur mäßige Ernte. Die Weißtanne fo gut wie gar nice,
Von der Schwarzkiefer wird ebenfalls ein geringer Ertrag ge
meldet.
Von ausländiſchen Nadelholzſamen wie Korfliche Kiefer,
Douglas und Sitka⸗Fichten, Stechfichten, Pechkiefern, ſibiriſche
und japaniſche Larden, Nordmannstanne konnte natürlich wieder
nichts hereingebracht werden. Was von kleinen Vorräten viel:
leicht noch exiſtiert, ift zur Ansſaat ungeeignet. Die Bank
kiefer bringt in Deutſchland fo gut wie keine Zapfen, die wo
nigen Douglas⸗Zapfen, die gewachſen find, kommen ebenfalls
kaum in Betracht. Dagegen wurden aus Belgien bezogen
Seekiefernzapfen geklengt, die recht guten Samen ergaben.
Von Laubhölgern brachte die Buche eine gute Mak, de:
Ertrag wurde von dem Kriegsausſchuß für Oele und Fette
in Beſchlag gelegt, nur verhältnismäßig kleine Mengen wurden
zu Saatzwecken freigegeben. Die Eicheln mußten an die Be
zugsvereinigung der deutſchen Landwirte abgeliefert werden
Der Ertrag war geringer als man vorher annahm. An die
Qualität dürfen keine höheren Anforderungen geſtellt
wie dies bei geringen Ernten ja immer der Fall if. Bud
hiervon wurden nur kleine Mengen für Saatzwecke abgelafſen,
Die Roteiche lieferte in Belgien eine wohl ziemlich be
friedigende Maſt, es war aber nicht moglich, große Lieferungen
aus Belgien freizubekommen. Die wenigen Roteicheln, die den
Handel zur Verfügung ſtehen, find von beſter Qualität,
Die Ahorn und Lindenarten hatten reichlich Samen ange
fett, die meiſten davon wurden gerade vor der Reifezeit duré
Stürme davongetragen, ſodaß faft kein Samen eingebracht
wurde.
Von Eichen und Hainbuchen Mißernte. Die Erlenartem
brachten etwas Samen von befriedigender Güte. Auch von
Birken und Akazien wird wohl genügend geliefert werden
koͤnnen.
Was die Preiſe betrifft, fo wird deutſcher Kontrol :
Kiefernſamen beträchtlich teurer werden wie voriges Jahr, abet
immerhin erheblich billiger als in den vorhergegangenen Jahren
Dagegen wird Fichtenſamen einen Preis erreichen, wie er fet
Jahren nicht mehr vorgekommen iſt. Auch Lärchenſamen wird
höher w'e voriges Jahr notiert werden müſſen, dagegen iR
Weymutskiefernſamen zu normalen Preiſen erhältlich. Dor
den Laubhölzern werden Eicheln und Bucheln etwa die vor
jährigen Preiſe erreichen. Roteicheln find teurer. Die üb
rigen Sorten werden zu etwas über normalen Preiſen geltefert
werden konnen.
Darmſtadt, den 1. Februar 1917.
Heinrich Keller Sohn
— 2 — —— —: ͥl.tßT yyn P P! tt. F: U : t [dä •.ü•.⁰ä —— ũ w]: m
Für die Redaktion verantwortlich: für Uupäge, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer,
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Cießen. — Fir die Inſerate verantwortlich: J. D. Gauerladnders Berlag
Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. M. — G. Ottos Hoſbuchdruckerei in Darmſtadt.
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| Herausgegeben
Dr. Karl Wimmenauer, und Dr. heinrich Weber,
( 2a Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft
an der Univerſität Gießen.
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ecb A aie wee at wwe eee ene —— = K- .. =
Dreiundneunzigſter Jahrgang.
1917. April.
— — —
Frankfurt am Main.
J. D. Sauerländer's Verlag.
Die Allgemeine Fork- und Bagd-Beitung erſcheint regelmäßig jeden Mon
wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle —
lungen und Poſtanſtalten.
Anzeigen. =
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Die sebr erhebliche
Verzögerung
7 Das
iii Erscheinen des Aprilheftes wurde durch europäliche Odland,
verschiedene zwingende Umstände verursacht, und
wir bitten unsere geehrten Leser, den gegenwär-
tigen, schwierigen Verhältnissen wohlwollend sch. feine Bedeutung und Kultur,
nung zu tragen. |
Redaktion u. Verlag der, Allg. Forst-u. Jagd-Zeitung“. Von
|
| Dr. Richard Grieb. i
| 8°. 142 Selten. Preis Mk. 3.-.
Dr. R. Wimmenauer, Eine ſehr beachtenswerte Schrift, die in forltlicher wie volks
Geh. Forstrat und Professor der Forstwissenschaft —— wirlldaftlicher Binficht gleiches Intereſſe verdient. =~
an der Universitit Giessen. In gegenwärtiger Zeit, die die Nubarmachung jedes
Grundriß der Polzmehßkunde, brach liegenden Flecken bandes aufs dringendie |
8°. (49 S.) geheftet. Preis Mk. 1.—. erhelicht, pon ganz beionderem Wert!
J. D. zu Verlag Frankfurt a. M. l
F kfart a. M. 2 |
on J. D. Sauerländer’s Verlag. |
Waldwertrechuung u. forstl. Statik.
Ein behr- und Handbuch |
pon |
weiland Profelior Dr. Bermann Stoeger,
Großh, Sächſ. Oberlandforftmeifter und Direktor der Foritakademie zu Eilenach.
Durchgeiehen pon Prof. Dr. Bans Bausrath, Karlsruhe. — | i
Fünfte Auflage. |
Groß-Okta, Vill und 252 Seiten.
Preis: broich. Mk. 5.—, gebunden Mk. 5.80.
Das Ericheinen der fünften Auflage legt am beiten Zeugnis ab von der allieitigen Anerkennung, die
das Werk durch die prägnante und klare Daritellung des Stoffes und durch feine mehr popularifierende und
auf Bervorhebung der praktiichen Geſichtspunkte abzielende Richtung in Fachkreiſen gefunden hat.
Dieſe neue Auflage, deren Durchlicht auf ausdrücklichen Wunich des veritorbenen Verfailers Berr Prof.
Dr. Bausraih in Karlsruhe bereitwilligit übernommen hat, hat wieder einige Ergänzungen erfahren, fovel
ſolche durch die neueren Ericheinungen auf den bezüglichen Gebieten bedingt wurden. |
Frankfurt a. M. J. D. Sauerländer's Verlag.
Durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Hilgemeine
forh- und Jagd⸗Jeitung.
April 1917.
pur Jyſtematik der Torfwiſſenſchaft.“
Eine vorläufige Erwiderung.
Von Dr. L. Wappes, K. B. Regierungsdirektor.
Als ich im Herbſt 1911, nach Vollendung der ein⸗
leitenden Abhandlung für das Lorey⸗Wagnerſche Hand⸗
buch, mit großem Gefühl der Erleichterung die Feder
aus der Hand legte, um, wie ich glaubte, den Stoff
für längere Zeit zurückzuſtellen, hätte ich nicht gedacht,
daß ich in Verteidigungsſtellung einzutreten brauche,
wenn ich wieder dazu käme, mich mit den Problemen
der Grundlegung, Gliederung und Methode der Forſt⸗
wiſſenſchaft zu beichäftigen.
Ich gab mich — nach den früheren Erfahrungen
— keinen großen Erwartungen über eine lebhaftere
Teilnahme für die neu ins Fach geworfenen Ideen hin,
hoffte aber, daß wenn ſich Jemand näher damit be⸗
ſchäftigte, er dazu kommen werde, die Richtung meines
Denkens anzuerkennen. Ich gedachte deshalb damals
in Ruhe den ſich entwickelnden Gedankenaustauſch ab⸗
zuwarten und erſt nach geraumer Zeit einzugreifen,
wenn Veranlaſſung beſtände, noch etwas zur Klärung
und Vertiefung der Fragen beizutragen.
Schon der erſte Kritiker, Herr Oberförſter Katzer,
hat aber in wichtigen Punkten mein neues Syſtem
nicht anerkannt.
Nun hat jetzt, nach Umfluß von mehr als 3 Jahren
ſeit dem Erſcheinen meiner letzten Veröffentlichung Herr
Forſtaſſeſſor Weber in einer längeren Abhandlung in
dieſem Blatte (November⸗ und Dezemberheft 1916)
meine Arbeiten einer eingehenden Unterſuchung unter⸗
zogen und iſt zu Ergebniſſen gekommen, die von meiner
Auffaffung grundlegend abweichen.
Die Tatſache, daß ein junger Fachgenoſſe durch
meine Arbeiten veranlaßt worden iſt, mit umfaſſenden
1) Ich gebrauche noch dieſe Ueberſchrift, wiewohl ich nicht
ganz leugnen kann, ein pars pro toto zu ſetzen. Allein mir
ſcheint Ziel und Inhalt der Erörterungen damit genügend be⸗
zeichnet und ich wage mich nicht recht an den Ausdruck „Forſt⸗
wirtſchafts⸗Philoſophie“, den Herr Forſtaſſeſſor H. Weber für
ungefähr das gleiche Stoffgebiet anwendet. Er ſcheint mir
noch zu anſpruchsvoll für die wenigen Sätze, mit denen wir
uns in die Anfänge hineinarbeiten.
1917
Literaturſtudien und offenſichtlicher Eignung für die
Behandlung des Stoffes die von mir aufgeworfenen
Probleme einer kritiſchen Prüfung zu unterziehen, und
damit, was bisher Niemand tun wollte, den von mir
aufgenommenen Faden ſortſpinnt, freut mich weit mehr
als es mich betrübt, daß unſere Auffaſſungen — einſt⸗
weilen — ſo weit auseinander gehen. — Aus beiden
Gründen mochte ich die Ausführungen Webers nicht
ſo lange unerwidert laſſen, bis mir eine wirkliche, ein⸗
gehende Entgegnung moglich ift.
Ich bringe alſo für jetzt — tief in den organi⸗
ſatoriſchen Arbeiten für die von mir einzurichtende
kriegswirtſchaftliche Geſchäftsſtelle des Forſtwirtſchafts⸗
rates ſteckend — nur einige wenige Bemerkungen zu
den mir am wichtigſten erſcheinenden Punkten, raſch
in den wenigen Stunden geſchrieben, die mir zwiſchen
Verhandlungen und Briefdiktaten bleiben.
I.
Vor allem Stelle ich gerne feft, daß ich mit Weber
in dem Ausgangspunkte übereinſtimme, im Ur⸗
teil über die Wichtigkeit und Notwendigkeit grund⸗
legender, ſyſtematiſcher und methodologiſcher Unter⸗
ſuchungen auch für ein ſog. „praktiſches“ Fach, wie es
das unſrige zweifellos iſt.
Weber lehnt dann aber zunächſt eine grundlegende
Auffaſſung von mir ab: die Zuteilung der Forſtwiſſen⸗
Schaft zur Kategorie der Geiſteswiſſenſchaften .
Ich habe die Begründung dafür in der Abhandlung I
des Lorey⸗Wagnerſchen Handbuchs im Anſchluſſe an dei
Wundtſche „Einleitung in die Philoſophie“ gegeben. Zu
dieſer meiner Auffaſſung bin ich aber gekommen, lange
ehe ich das Wundtſche Werk geleſen hatte, ſchon vor
mehr als 20 Jahren!). Die Ausgangspunkte meiner
damaligen Ueberlegungen und das Ziel meiner Dar⸗
legung war allerdings mehr negativ als poſitiv: Ich
wollte vor allem nachweiſen, daß die Forſtwiſſenſchaft
nicht der Naturwiſſenſchaft zugerechnet werden
1) Ueber das Verhältnis der techniſchen zu den Natur⸗
wiſſenſchaſten. Forſtlich⸗naturwiſſenſchaftliche Zeitſchrift 1898.
13
gehend, unſere wiſſenſchaftliche Arbeit von dem bisher
allein bebauten naturwiſſenſchaftlichen Gebiet abbringen
und zur Erforſchung des Faches, der forſtlichen
Methoden führen. Darin iſt ja auch Weber mit mir
einig. l
Unſere Differenz beruht darauf, daß wir uns in
verſchiedenen Lagern hinſichtlich der Geſamt⸗
einteilung der Wiſſenſchaften befinden. Ich ſtehe auf
dem Wundtſchen Prinzip der Zweiteilung in Natur:
und Geiſteswiſſenſchaften (neuerdings ſpricht man von
nomothetiſchen und ideographiſchen Wiſſenſchaften),
während Weber auch Norm-Wiſſenſchaften anerkennt
und die Forſtwiſſenſchaft, d. h. die Wiſſenſchaft
von der idealen Norm der Forſtwirtſchaft, zu
dieſen rechnet.
Das find Gegenſätze von tiefſter Grundſätzlichkeit,
die auf forſtlichem Boden kaum zum Austrag gebracht
werden. Ich möchte deshalb, was mir im Augenblick
auch gar nicht anders möglich iſt, auf weitere Aus⸗
einanderſetzung hierüber verzichten.
Weber meint, ich hätte Wundt teilweiſe mißver⸗
ſtanden. Möglich. Ich werde gerne in ruhigeren Zeiten
ſeine Einwendungen nachprüfen. (Man tut ſich ja
ſchwer in dieſen Dingen als Autodidakt — auch ein
Nachteil unſeres iſolierten Bildungsganges, der ſich
wohl erſt verlieren wird, wenn wir mehr Profeſſoren
haben, die von der allgemeinen Hochſchule ihre Bildung
geholt haben.) Nach einer Richtung aber kann ich
keinesfalls zugeben, daß meine Auffaſſung erſchüttert
jei; die Auffaſſung, daß es die for liche Forſchung
nur mit der auf die Forſtbewirtſchaftung
gerichteten Tätigkeit zu tun habe und nur
daraus ihren Inhalt bekommen könne.
Ich habe das Gefühl, daß ich hier nicht viel zu
meiner Verteidigung zu ſagen brauche; ich muß nur
bitten meine durchweg ſehr gedrängt gefaßten Dar—
legungen in der Sache genau zu leſen. Das aller:
dings muß ich verlangen, wenn ſich Jemand über
unſeren wiſſenſchaftlichen Streit ein Urteil bilden will.
Insbeſondere bleibe ich bei der Auffaſſung, daß der
geſamte wiſſenſchaftliche Stoff über die Beziehungen
zwiſchen Forſtwirtſchaft und Staat der
Staatswiſſenſchaft, der Verwaltungslehre (als
Forſtpolitik) zugehört. Wollte man das nicht aner:
kennen, ſo würde man einenteils der Staatswiſſenſchaft
den Inhalt und damit das Daſeinsrecht abſprechen
und käme andrerſeits zu einer Landbau-, Induſtrie—
und Gewerbepolitik als Teil dieſer Fach wiſſenſchaften.
Wenn bei dieſer Operation unſere Fachwiſſenſchaft,
wie Weber auf S. 280 meint, auf ein kleines Stiimpf-
lein zuſammengeſchnitten wird, ſo iſt das nicht meine
!
Einblick gewinne in die Arbeitsweiſe und Erfolge anderer
86
|
i
1
dürfte; ich wollte, von der bisherigen Richtung ab: Schuld. Man kann daraus nur Anlaß nehmen bei
uns mehr für die Wiſſenſchaft zu tun. Ich brauche
nur auf das Syſtem Taylor hinzuweiſen, deſſen An:
wendung reichlich Gelegenheit böte, unſere praktiſche
Tätigkeit zu unterſuchen und aus dieſer Unterſuchung
einen wiſſenſchaftlich kontrollierten, wirkſameren und
zugleich billigeren Betrieb abzuleiten. Die ganze
Schwierigkeit der heutigen unzureichenden Holzlieferung
beruht nach meinem Dafürhalten darauf, daß der bis
her handwerksmäßig geführte Forſtbetrieb nicht in der
Lage war fih fo raſch auf den Wechſel der Verhäll⸗
niſſe und die höheren Anforderungen einzuftellen wie
die wiſſenſchaftlich geleiteten Betriebe der Induſtrie.
Die „Erſparniſſe“ am Aufwand far
forſtwiſſenſchaftliche Forſchung, Ausge⸗
ſtaltung des forſtlichen Verſuchsweſens
und wirtſchaftliche Organiſation machen
fic jetzt geltend in Millionen-Ausfällen
und unzureichender Verſorgung des Volkes
und Heeres mit wichtigen Rohſtoffen.
Niemals haben ſich mir die Beweiſe für die Richtig⸗
keit dieſer Anſchauung, der ich ſchon mehrfach Ausdruck
gegeben habe, mehr aufgedrängt als jetzt, wo ich näheren
Wirtſchaftszweige.
Doch das nur nebenbei, darin ſtimme ich ja wohl
mit meinem literariſchen Gegner völlig zuſammen.
II.
Weber unterſucht nun weiter, ob das von mir auj:
geſtellte Syſtem, das ich als „organiſch“ bezeichnet
habe, brauchbar fei und zwar für den Fall, daß
man ſich auf meinen — von ihm nicht anerkannten —
Standpunkt ſtelle, daß die Forſtwiſſenſchaft eine Geiſtes⸗
wiſſenſchaft ſei, und lehnt das Syſtem auch von die⸗
ſem Standpunkt aus ab.
Zu dieſer Stellungnahme kommt er nach meinen
Dafürhalten durch ein vielleicht von mir verſchuldetes,
jedenfalls aber nicht gewolltes Mißverſtändnis. Wenn
ich die Bezeichnung „Organismus“ und „organisch“
gebrauchte ſo wollte ich damit durchaus nicht ſagen,
daß die wirtſchaftlichen Erſcheinungen und Zweckäuße⸗
rungen von gleicher Art wie Naturobjekte ſeien, daß
es ſich bier um Vorgänge und Geſtaltungen handle
wie etwa bei der Entſtehung und beim Leben de
Tiere und Pflanzen (ebenſo wenig, wie man an fo
etwas denkt, wenn man vom wirtſchaftlichen „Leben“
jpricht). Dem gemäß habe ich, wenn ich die geiſtigen
Forſchungsgebiete der Forſtwiſſenſchaft mit den Aus
drücken der entſprechenden naturwiſſenſchaft—
lichen Disziplinen — Morphologie und Anatomie,
Phyſiologie und Biologie — bezeichnete, lediglich eine
— — — —ä—— — — üA wmõ.———᷑ñ᷑ꝑ˖? = 2
— ee
87
medmäßige Analogie im Auge gehabt; id) wollte die | Einige forſtlich⸗volkswirtſchaftliche Aufgaben
ach meinem Dafürhalten bereits mehr entwickelte Natur⸗ nach dem Weltkriege.)
orſchung gleichſam zur Einführung benutzen, durch die (Lon Oberförster A. Müller, z. Bt. im Felde)
tert gut gekennzeichnete und umſchriebene Nomenklatur = —
mm auf analogem Wege gewonnenen oder zu ge: In ungeahntem Maße hat der Krieg alle Zweige
smeden Wiſſensſtoff, der auch in analoger Weiſe unſerer Volkswirtſchaft beeinflußt, teils hemmend und
fommengufaffen ift, in einfachſter Weiſe bezeichnen. ſchädigend, teils auch fördernd durch neue Erfahrungen
Daß man die wirtſchaftlichen Erſcheinungen nach und Anregungen. Mit der Sichtung ſolcher Erfahrungen
cer räumlichen Verbreitung, nach ihrer und Anregungen möchte bereits jetzt begonnen werden,
ugeren Geſtaltung und ihrem inneren damit die künftige Friedenswirtſchaft ſchon Nutzen
lusbau ſowie nach der Art ihrer Wirkſam— daraus ziehen kann. Es ſei geſtattet, einige der hierbei
tit unterſuchen kann und, wenn man zu wiffen: in Frage kommenden Aufgaben kurz zur Sprache zu
daflichen Ergebniſſen gelangen will, unterſuchen muß bringen.
nnd wohl kaum beſtritten werden können. I. Erhöhung unſerer Vorräte an Rohſtoffen, die für
Die Art der Unterſuchung beſtimmt das Forſchungs⸗ die menſchliche Ernährung oder für die Juduſtrie
ict. Dieſem kann man bei den Geiſteswiſſenſchaften wertvoll ſind.
-ſelbſtverſtändlich unter dem Vorbehalt, daß es ſich , f 1
m Objekte und damit auch „Geſetze“ von anderer Der Krieg hat erwieſen, daß wir hinſichtlich aller
. i „ b.; Rohſtoffe vom Auslande möglicht unabhängig werden
u au VVV n müſſen, auch wenn wir einft wieder im freien und
et Naturwiſſenſchaft oder man kann andere Bezeich⸗ ;
i 8 „ regſamen Warenaustauſche mit fremden Völkern ſtehen.
ungen einführen. Das iſt ſchließlich nur eine Frage l . es
ee Nun bringen unfere Wälder einſchließlich der Feld⸗
er 3medmäßigfeit. er
„ gehölze und alles ſonſtigen Baum- und Strauchwuchſes
Da die von mir angewandte Syſtembildung nicht ER
: 2 | Rohſtoffe, deren Bedeutung für die Unabhaͤngigkeit
at fir die Jorſtwirlſchaft. ſondern für alle Wirt der deutschen Bolkswirkſchaft bisher teilweiſe underſchatzt
daſtszweige paſſend und anwendbar, meines Erachtens | orden in
dar einzig und allein richtig ift, ſchien es mir rich⸗ l l
ier einftweilen keine neuen Ausdrücke zu ſchaffen, bis | a) Nahrungsmittel und ne
x in der Hauptſache bei uns erft noch zu ſchaffendee % Außer den heimiſchen Holzarten mit eßbaren
hie Inhalt darnach verlangt. oder für die Viehzucht verwertbaren Früchten erzeugt
De von mir verlangte Art der Be: auch die Beeren⸗ und Pilzflora der Waldbeſtände an⸗
trachtung ift der Erforſchung menſchlicher | fehnliche Mengen von Volksnahrung. Dem boppelten
däͤtigkeit nicht fremd, demgemäß kann fie auch Zwecke der Ernährung und der gleichfalls fo wichtigen
ur Syſtembildung benutzt werden. | Oelgewinnung werden außerdem noch die Buche, Linde,
So viel für heute. Walnuß und Haſelnuß mehr als bisher dienſtbar ge⸗
Eine ablehnende Kritik kann nur dann wirkſam macht werden können, ferner auch die Eſche und die
oden, wenn fie ihre negative Stellungnahme aus Nadelhölzer?) wegen ihren dlhaltigen Sämereien. Es
nem entgegengeſetzten Ideal ableitet. Erft dadurch ”
lonn fie ihre volle Begründung entwickeln. Abgeſehen 1) Unſere Zeitſchrift hat bereits wiederholt einzelne hier
don den oben erwähnten äußeren Hinderungsgründen einſchlägige Fragen erörtert; teils durch den Abdruck von
möchte ich deshalb mit ausführlicherer Entgegnung zu⸗ Erlaſſen des Kriegernährungsamtes, teils durch Ori-
wa 18 : ginal⸗Beiträge des dortigen Referenten für Forſtwirtſchaft,
ie 5 Kollege Weber an Ih en a Profeſſor Dr. Borgmann u. a. So find beſprochen worden:
i in Syſtem entwickelt hat. Denn ich darf Hanlelm im: Februarheft 1916,
oc wohl annehmen, daß auch ihm die heute in der Beeren, Pilze, Waldweide, Gras und Futterlaub im Seps
Hauptſache noch herrſchende Hundeshagenſche Gin: temberheft 1916,
teilung („Syſtem“ will ich nur etwas aus einem Grund: | Rapsanban auf Eichen⸗Schälſchlägen im September: und
ba aft: I Oktoberheft 1916,
braten logiſch Entwickeltes nennen) nicht völlig ent: Wild und Fiſche als Voltsnehrung im Dezemberheft 1915,
rich und daß er feine philoſophiſchen Studien gleich | m Februar j und Septemberheft 1916 und im Januarheft
mt mit dem Endziel unternommen hat, zu einem bes 1917.
ſricdigenderen Syſtem der Fachwiſſenſchaft zu kommen Es iſt ohne Zweifel dankenswert, daß der Verfaſſer dieſes
als das ift, was uns feit Jahrzehnten überliefert und | Aufſabes, zur Zeit als Hauptmann d. L. tm Felde ſtehend
gelehrt wird. Veranlaſſung genommen hat, den Gegenftand im Zufammen,
z. 8. l hang ausführlich vorzutragen. D. Red.
„St. Berlin, Ende Februar 1917. 2) Auf Hochgebirgsſtandorten verdient anch die ſchöne
Zirbelkiefer künftig erhöhtes Intereſſe.
12°
=
gilt, diefe volkswirtſchaftlichen Schätze möglichſt reſtlos
zu heben und ihre Verwertung durch praktiſche und
einfache Maßnahmen zu fördern. Derſelbe gut or-
ganifierte Sammelſinn, der an der Front keinen Bind:
fadenreſt, keine Konſervenbüchſe verkommen läßt, wird
auch hier durch Kleinarbeit große Werte ſchaffen. Der
Samenbedarf für die Holzzucht iſt hierbei ſelbſtverſtänd⸗
lich ſorgſam zu berückſichtigen. Der Ertrag an ver:
wertbaren Holzſämereien aller Art wird ſich übrigens
oft ſchon bei der Auszeichnung von Durchforſtungs⸗
und Läuterungshieben uſw. ſteigern laffen, ohne andere
forſtliche Rückſichten zu beeinträchtigen. Man wird
ferner bei der ſtets erſtrebenswerten Bildung natur:
gemäßer Waldſaͤume die Samenbildung von Buche,
Eiche, Linde, von Pirus und Sorbus-Arten uſw. mit
Vorteil unterſtützen können. Hierbei wird, nebenbei
bemerkt, der landſchaftliche Reiz des Waldbildes opfer⸗
los erhöht. Als ſchönſtes Beiſpiel für ſolche nützliche
Einſprenglinge im Waldſaume möchte ich Sorbus aria
und S. domestica erwähnen. Unter den Oel und
Nahrung liefernden Holzarten beanſprucht die Walnuß
und die Haſelnuß beſonders erhöhte Beachtung.
p) Hinſichtlich der Walnuß darf man wohl be-
haupten, daß die milderen Gegenden Deutſchlands noch
zahlreiche Standorte aufweiſen, wo die Kultur dieſes
Baumes bei genauer Berückſichtigung ſeiner Anſprüche
die rentabelſte Bodenbenutzung darſtellen würde!). Auf
mancher ſonnigen ſteinigen Berglehne ließe ſich auf
dieſe Weiſe eine äußerſt dankbare Oedlandskultur im
Kleinen treiben. Gerade die Forſtwirte können hier
durch ſachverſtändigen Rat und ſtetes Beiſpiel dem
Vaterlande viel nützen, zumal große Nußbaumholz—
vorräte für uns unter anderem auch als Rohſtoff für
Gewehrſchäfte unentbehrlich bleiben dürften.
y) Die volkswirtſchaftliche Bedeutung der Haſel⸗
nuß erfährt in Deutſchland womöglich noch weniger
allgemeine praktiſche Würdigung als die der Walnuß.
Haſelnußöl wird als feines Speiſeöl geſchätzt, und der
Nährwert der Nüſſe verdient dauernde Beachtung,
nachdem uns die Kriegswirtſchaft einmal gelehrt hat,
auch mit ſolchen Werten haushälteriſch umzugehen.
Im Frieden gab Deutſchland beträchtliche Summen
für die Einfuhr von Haſelnüſſen aus. Die Höhe
dieſer Summe intereſſiert uns nicht mehr infolge der
veränderten Verhältniſſe, aber wir müſſen trachten,
dieſes wie manches andere Erzeugnis künftig mehr auf
„ieenem Boden zu gewinnen. Es darf hierbei wohl
date aanert werden, daß Haſelnüſſe maſſenhaft ans
Italun zu uns kamen, wo dieſe Holzart vielfach in
Niederwaldbeſtände (ſogenannte nuccioleti) teils mehr
1) Ebenſo möchten alle für die Edelkaſtanie paſſenden
Standorte noch rationeller ausgenutzt werden.
88
forſtmäßig teils mehr gartenmäßig anbebaut wit
Wir haben manche Standorte, wo ſolche Niederwal'
beſtände ſehr wohl am Platze wären, insbeſondere au:
auf kleinbäuerlichen Grundſtücken. Kleine Oedland'
parzellen ſollten überhaupt viel mehr daraufhin unter:
ſucht werden, ob das Gelände (3. B. bei ſchmalen
Hangſtreifen zwiſchen landwirtſchaftlichen Kulturen)
nicht zur Anlage von Niederwaldbetrieben auffordert
(geeigneten Standort vorausgeſetzt), inſofern Hochwald
der Beſchattung wegen ausgeſchloſſen ift. Auch im
Waldſaume verdient die Haſel Beachtung.
Auf die Bedeutung einiger Ahornarten zur Ge:
winnung von Zucker und Syrup fet wenigſtenz hin:
gewieſen. Deutſche Verſuche hierüber dürften erwünſch
ſein.
J) Nicht unerwähnt möchte ſchließlich noch bleiben,
daß fih unſere Trüffelproduktion namentlich in Wet: l
deutſchland bei forgſamem Studium paffender Oertlic
keiten noch ganz weſentlich ausbauen ließe. Hierdurc
würden dem Volksvermögen beträchtliche Werte erhalte:
bleiben, da wir doch wohl im Frieden ſonſt we
faft gänzlich auf die Einfuhr aus Frankreich angemic |
ſein dürften.
b) Harze, Gerbſtoffe, Faſerſtoffe.
a) Unſere Harzinduſtrie war vor dem Kriege über: |
aus abhängig vom ausländiſchen Rohſtoffe. Eder
früher ift darauf hingewieſen worden linsbeſonder
durch Heinrich Mayr), daß wir kurz vor dem Abtriebe
geeignete Beſtänbe der Harzgewinnung zugänglich
machen könnten. Künftig ift die Frage noch beachten
werter. Sie ſollte eingehenden praktiſchen Erörterungen
unterliegen. Unter anderem möchte auch verſucht werden
Brennholzbeſtände, ſowie Durchforſtungshölzer der Har}.
verſorgung dienſtbar zu machen. Sicher wird es ge
lingen, die großen Mengen Harz, die uns hier jährlit
nutzlos verloren gehen, durch Technik und Organiſalon ö
ohne Schaden für den Wald der Induſtrie zuzuführen. ;
Wer über dieſes ungelöfte Problem die Achſeln zudi |
dem darf wohl geraten werden, fih durch die Statift |
ſowie durch die Fachblätter unſerer harzverbrauchenden
Gewerbe über die Notwendigkeit geſicherten inlanbdilde .
Harzbezuges zu unterrichten.
B) Was die Gerbſtoffe anlangt, fo hat ja der Ririn
recht eindringlich gezeigt, daß wir uns auch hierin wel
mehr auf eigene Füße ſtellen müſſen. Ohne gegerbie
Leder können wir weder maſchieren noch fahren um
reiten. In die Erörterungen über die Beibehaltun:
oder Umwandlung eines Eichenſchälwaldbeſtandes mus
ſich daher künftig auch die Frage nach dem vater
ländiſchen Intereſſe einmiſchen. Soweit nicht der Stall
der Beſitzer ift, wird man in beſtimmten Schälwalb
gebieten vielleicht mit dem Mittel von Belohnungen,
Belobigungen uſw. zur Erzeugung einwandfreier Rinde
anzuregen ſuchen, ſoweit nicht befriedigende Rinden⸗
preiſe ſchon hierzu auffordern. Auf die Verbeſſerung
benachbarter unzulänglicher Schälwaldbetriebe kann auch
der einzelne Forſtwirt durch Rat und Tat, durch Füh⸗
lungnahme mit den landwirtſchaftlichen Vereinen uſw.
erfolgreich einwirken. Den leitenden Verwaltungsſtellen
aber ſtellt die forſtpolitiſche Behandlung der Eichen⸗
ſchälwaldfrage neue und dankbare Aufgaben. Auch
dieſe Aufgaben werden ein enges Hand- in Handarbeiten
mit führenden Fachleuten der Lederinduſtrie erfordern
Wahrſcheinlich wird man bei der Verfolgung dieſer
Aufgaben auch zu der Forderung gelangen, daß unſere
zum Hiebe kommenden Fichtenhölzer weit gründlicher
und ſorgſamer zur Gerbſtoffgewinnung herangezogen
werden. Namentlich in der privaten Waldwirtſchaft
dürfte ſich auf dieſem Gebiete noch viel tun laffen
Hierdurch würden ebenſowohl unſere Ausgaben für
Gerbſtoſſeinfuhr verringert wie auch die Erträgniſſe
des Privatwaldes erhöht werden. Ein weiterer Gerb⸗
ſtoff, der in Deutſchland noch zu wenig gewürdigt wird,
iſt die Weidenrinde, die u. a. bei der Korbflechterei
als Abfall erhalten wird. Vielleicht empfiehlt es ſich
zu unterſuchen, ob unter den durch den Krieg ſo
weſentlich veränderten Verhältniſſen nicht auch der
Gerbſtoff unſerer Eichengallen mehr praktiſche Beach⸗
tung verdient. Durch unſere engen wirtſchaftlichen
Beziehungen mit verbündeten Ländern Südoſteuropas
erlangt ferner die Frage erhöhtes Inlereſſe, wie die
dortigen hochwertigen Eichengallenſorten nachhaltig und
haushälteriſch zu gewinnen ſind.
y) Was ſchließlich die erhöhte Ausbeute an hei:
miſchen Faſerſtoffen betrifft, ſo können wir namentlich
durch ſorgſame Ausnutzung aller Brenneſſelſtandorte
89
der Induſtrie gute Dienſte leiſten. Auch hier wie bei
allen dieſen Fragen kann ein wirklicher Nutzen für
beide Teile nur durch kaufmänniſche Regſamkeit des
Forſtwirtes und durch ſorgſame Beachtung berechtigter
| Wünſche des Käufers erzielt werden.
Ein Faſerſtoff, deſſen Wert für Bindezwecke und
für grobe Webzwecke vor dem Kriege ſehr geſchwunden
war, iſt der Lindenbaſt. Auch ſeine erhöhte Gewinnung
kaun dazu beitragen, unſere Volkswirtſchaft unabhäng⸗
iger von fremder Einfuhr zu machen. Die Baſtnutzung
im Lindenausſchlagwalde iſt bei uns weniger bekannt.
Daher möchte auf Lindenſtandorten auch dieſer Frage
durch ſorgſame praktiſche Studien näher getreten werden.
8) Die ſchon jetzt angebahnte enge wirtſchaftliche
Itntereſſengemeinſchaft mit den uns verbündeten Ländern
dürfte künftig unſere Induſtrie weitere wichtige forſt⸗
liche Rohſtoffe zuführen. Jedenfalls werden Studien
auf dieſem Gebite unſeren Forſtwirten noch manche
wertvolle Anregung bringen.
c) Brennſtoffe für Induſtrie und Haus:
halt.
a) Daß die Meilerkohlerei während des Krieges
wieder eine ungeahnte praktiſche Bedeutung erlangt
hat, liegt an der Eigentümlichkeit des Stellungskampfes.
Vielleicht wird man aber (wenigſtens in der Ueber⸗
gangswirtſchaft), der Verkohlung geringwertigerer Hölzer
aus mehreren volkswirtſchaftlichen ſowie auch aus rein
forſtlichen Gründen auch fernerhin mehr Wert beilegen;
ihon deswegen, weil im Feldzuge Viele mit der Köhle⸗
rei praktiſch vertraut geworden ſind, während es früher
an eingearbeiteten Leuten oft völlig fehlte. Auf die
Bedeutung beſtimmter Holzkohlenſorten für einzelne
Zweige unſerer Metallinduſtrie näher einzugehen, ver⸗
bietet hier der Raum. Jedenfalls würde für unſere
Schutz⸗ und Trutzrichtung ein Wiederaufleben heimi⸗
ſcher Köhlerei unentbehrlich werden, falls Deutſchland
oder auch Mitteleuropa einmal wieder durch fremde
Mißgunſt blockiert werden ſollte. Ebenſo erſcheint die
Holzkohle berufen, gegebenenfalls bei ſtockender Brenn⸗
ſtoffverſorgung der Städte und Induſtrieorte zum Er:
ſatze beizutragen. In der konzentrierten Form von
Kohle findet ein Teil des in den Waldgebieten über⸗
reich vorhandenen geringen oder abfallenden Holzes
noch am ebeften den Weg zur Stadt!). Die Gewin⸗
nung dieſes Brennſtoffes erfordert überdies verhältnis-
mäßig wenig junge (anderweit beſſer verwendbare)
Arbeitskräfte; auch der anteilige Verwaltungsaufwand
ift ſehr mäßig. Uebrigens eignet fich die Meilerköhlerei,
wie ich in Süditalien Häufig beobachten konnte, oft
ſehr gut dazu, von einem Familienvater mit Frau
und Kindern betrieben zu werden.
8) Eine ſorgſame und pflegliche Ausnutzung ge-
eigneter Torfmoore wird gleichfalls dazu beitragen,
unſere Volkswirtſchaft in außergewöhnlichen Zeiten zu
entlaſten?). Stein: und Braunkohle erfordert hohe
Leiſtungen an Verwaltungstätigkeit und Menſchenkraft,
an Grubenholz und Waggonraum. Es gilt, dieſe
Leiſtungen, wo dies für die Geſamtheit nötig iſt, ein⸗
zuſchränken, indem vorwiegend und zuerſt nur die wid):
tigſten Gewerbe ſowie der Bahn- und Schiffsverkehr
mit den hochwertigſten Brennſtoffen verſorgt werden.
Ergänzend greift dann eben die Nutzbarmachung aller
ſonſtigen im Boden und in den Holzbeſtänden ſchlum⸗
mernden Brennſtoffe ein.
1) Vgl. auch die Vorſchläge unter 5).
2) Auch die Brauchbarkeit des Torfes als Stroherſatz im
Stalle ſowie als Faſerſtofferſatz für Pappen und Gewebe ver⸗
dient Beachtung.
y) Hinſichtlich folder Brennhölzer, die nicht in
nächſter Nähe des Waldes verwendet oder verkohlt
werden können, erwachſen uns beſondere Aufgaben.
Oft beſteht das Mißverhältnis, daß einerſeits im Walde
Ueberfluß an Hölzern und Holzabfällen herrſcht, die
lediglich zu Brennzwecken taugen, aber nicht zum vollen
Werte abſetzbar ſind, und daß anderſeits die vom
Wald entfernten Ortſchaften und Induſtrien ihr Brenn⸗
holz nur ſchwer und zu hohen Preiſen erhalten. Dieſes
Mißverhältnis läßt ſich vielleicht durch Bahntarifbe⸗
ſtimmungen mildern, teilweiſe wohl auch durch zeitge⸗
mäße Handhabung des alten Syſtems der ſtädtiſchen
Holzhöfe. Den wichtigſten Ausweg aus dieſer Schwierig:
keiten aber erblicke ich darin, daß alles Brennholz (ſo⸗
weit es nicht den rein örtlichen Bedarf zu decken hat
und ſoweit eine Vertriftung nicht in Frage kommt)
ſchon im Walde oder wenigſtens bei der erſten Ver⸗
ladeſtelle möglichſt in ofenfertige Stücke zerkleinert
wird. Hierdurch erreicht man raſche Gewichtsvermin⸗
derung, gute Ausnutzung des Waggon⸗ oder Kahn⸗
raumes und Verwendbarkeit zahlreicher kleiner Abfälle,
die bei den jetzigen Waldſortimenten des Brennholzes
häufig ſelbſt von den Leſeholzholern nicht reſtlos aus⸗
genutz werden. Das Brennholz des entlegenen Schlages
erreicht auf dieſe Weiſe bereits als völlig verbrauchs⸗
fertige Ware unter angemeſſenen Frachtkoſten den
großen Markt; auch die Geſamtarbeit für Herſtellung
der Ware (Sägen, Spalten. Aufſchichten uſw.) verein⸗
facht ſich etwas. Herſteller und Verbraucher haben
Gewinne hiervon.
Selbſtverſtändlich wird ein geſunder Zwiſchenhandel
bei dieſem Verfahren ebenſo unentbehrlich bleiben wie
bisher. Bei großen Schlägen wird gegebenenfalls der
Zwiſchenhändler ſchon im Walde das ausfallende Brenn⸗
holz in zerkleinertem Zuſtande aufbereiten. Oder der
Waldbeſitzer liefert an den Zwiſchenhändler zerkleinertes
Brennholz (frei Waggon Abgangsſtation). Für dieſe
und andere Löſungen der Frage bietet die Praxis be⸗
reits Vorgänge. Die Lohnberechnung und überhaupt
die geſamte Kalkulation der Wertung und Anfuhre
beſtimmter Mengen von gebrauchsfertig zerkleinertem
Brennholze iſt nicht ſo ſchwierig, als man zunächſt
denken möchte. Brauchbare Erfahrungszahlen für dieſe
Berechnungen müſſen durch örtliche Unterſuchungen be⸗
ſchafft und verbeſſert werden. Bei der Meſſung kann
man nach Raummaß, Hohlmaß oder Gewicht vor⸗
gehen. Raummaß kommt u. a. in Betracht für die
durch Kettenpreſſen oder ſonſtwie hergeſtellten Holz⸗
bündel, ähnlich wie ſie in der Holzinduſtrie als gut⸗
bezahltes Abfallſortiment hergeſtellt werden. Hohlmaß
findet Anwendung in Form von Säcken, Drahtkörben,
Käſten uſw. Auch die manchmal ſehr gut durchführ⸗
bare unmittelbare Beladung des Bahnwaggons oder
90
des Kahnranmes gehört hierher. Meſſung nach Ge
wicht dürfte (nach Erfahrungen aus der Holzinduftr:
zu ſchließen) unter Umſtänden empfehlenswert fein, jc:
bald wir über einwandfreie Methoden zur Perit:
ſichtigung des Austrocknungsgrades verfügen werden.
Marktgerechte, ſorgſame Orientierung und Ar:
paſſung an örtliche Verhaltniffe ift natürlich auch bei
dieſer Form der Brennholzgewinnung unerläßlich.
J) Die Brennholzverſorgung Deutſchlands und ſeiner
wirtſchaftlich Verbündeten bietet noch ein weiteres Pro⸗
blem. Bei Kohlenmangel und Transportſchwierigkeiten
wird man hier und da vorübergenhend auf firer
Berwendung von Brennholz zurückgreifen müfſen.
Für ſolche Fälle dienen die mehr oder wenige
ausſchließlich der Brennholzzucht gewidmeten Wal:
flächen als wertvolle Reſerven. Namentlich die n
Ausſchlagbetrieben bewirtſchafteten Flächen Heiner X
figer ſollten gelegentlich auch von dieſem Standpuntt
aus betrachtet und gewürdigt werden. Und wenn mı
bei der fo wichtigen Nutzbarmachung kleiner Oedlände
reien im landwirtſchaſtlichen Gelände häufiger auf di
Begründung von Niederwald zukommen müſſen, io i
hierbei unter anderem ſchon die Schaffung von Vrer:
holzreſerven bedeutungsvoll für die Allgemeinheit ud
der Unterſtützung wert. Hierbei braucht wohl mi
betont zu werden, daß wir auch den Nußholgertra
des kleinbäuerlichen Brennholzwaldes, foweit irgend
möglich, zu heben beſtrebt fein müſſen.
(Schluß folgt.)
Aufgaben der deutſchen Forſtwirkſchaft
nach dem Kriege.“)
Von Dr. Künkele, Kgl. Forſtmeiſter zu Elmſtein, Bil —
3. Zt. Hauptmann und Adintant.
Die Aufgaben der Zeit nach dem Kriege jezt Ihr
zu erkennen, ift ſchwer; nur vermuten kann man It:
fie jetzt feftzulegen, wäre zwecklos. Sie find abhin:
von der Art des militäriſchen, politiſchen, wirtſcaer
lichen Kriegsausganges.
Geheimerat Rieper, M. d. R., nennt“ „t
denspanik“ die Unordnung, die entftünde, wenn nt:
ſchon während des Krieges rechtzeitig dr!
Friede ebenſo vorbereitet würde, wie mi
mitten im Frieden den Krieg vorbereiten muß, I
der Kriegspanik vorzubeugen. Er ſchildert die andi
falls unvermeidlich nach Kriegsende eintretenden nu
1) Ein ähnliches Thema behandelt der vorhergehende Auf
von A. Müller, jedoch von anderen Gefidtäpunften arte
hend. Es wird die geehrten Refer intereſſteren, biefe zeugen:
Betrachtungen kennen zu lernen. Vielleicht knüpfen ant
daran an, was dankbar zu begrüßen wäre. D. Red.
2) Deutſche Revue, 1917, S. 32.
91
Störungen der Rohſtoff⸗ und Nahrungsmittelverforgung,
des Arbeits⸗, Frachten⸗ und Geldmarktes. Um ihnen
zu begegnen, iſt neuerdings die „Reichsſtelle für
die Uebergangswirtfchaft' geſchaffen; fie ſoll
den „ ſtaatsſozialiſtiſchen“ Kriegsbetrieb möglichſt raſch,
geſchickt und ſchmerzlos in das freie Kräfteſpiel der
Triedenswirtſchaft überleiten, gegebenenfalls unter Er:
haltung, Um⸗ oder Ausgeſtaltung jener Reichseinrich⸗
tungen und amtlich geförderten Einkaufs⸗, Erzeugungs-,
Verteilungsgeſellſchaften uſw., die dauernd wertvoll
eiſcheinen.
Wie das Alles und was noch Alles hierin kommen
wird, das weiß niemand. Dieſes Dunkel der nächſten
Zeit darf aber nicht hindern, muß vielmehr gerade
mit Macht antreiben, daß auch wir Forſtmänner
uns jetzt ſchon und ſoweit möglich mit die
ſen Fragen beſchäftigen. Nur dann haben wir
Ausficht, diefe große Aufgabe nach Zahl und Art,
Dringlichkeit, Umfang, Gewicht, Lösbarkeit und Zu⸗
ſtändigkeit der Einzelfragen denkbar gut zu erfaſſen,
durchzudenken, und — ſo weit, gut und raſch es an
uns liegt — ihrer Löſung zuzuführen.
1. Die Reinertragsfrage.
Mit ihr ſei begonnen, weil ſie grundlegend iſt.
Noch in unſer aller Erinnerung iſt die vierzigjährige
Fehde und ihr allmählicher Abklang, die. über den
jorftliden Reinertrag ſeit Preßler entbrannt war.
Sie trennte faſt nach Art von Glaubensbekenntniſſen
die beiden „Schulen“ in der Forſtwirtſchaft ſo lange,
bis die abgeklärte Richtung der Bodenreinertragswirt⸗
ſchaft nicht ohne das weſentliche Verdienſt von Mar⸗
tin in der Praxis des deutſchen Forſtweſens immer
mehr zum Siege und in der bayr. F. E. A. v. 1910
amtlich zur Anerkennung gelangte.
Dem praktiſchen Ergebniſſe nach deckt ſich zwar
dieſe abgeklärte Richtung beiläufig mit dem „volks⸗
wirtſchaftlichen Reinertrag“, der im Sinne von Marx
(bzw. Borggreve) die gemeinwirtſchaftliche Auf:
faſſung der privatwirtſchaftlichen gegenüberſtellte und
demgemaͤß jene Erzeugungskoſten (z. B. Arbeitslöhne)
außer Anſatz ließ, die keine offene Verminderung des
derzeitigen Volksvermögens oder Volkseinkommens dar⸗
ſtellen. Dieſe Betrachtungsweiſe hat ſich jedoch als
unhaltbar erwieſen. Ney hatte befürwortet, daß die
nationale Arbeitsmenge und Werterzeugung das Höchſt
maß erreiche. Er war damit ſeiner Zeit vorausgeeilt.
Nun hat der große Krieg den „geſchloſſenen Han⸗
delsſtaat“ (Fichte 1800) in gewiſſer Hinſicht ver⸗
wirklicht. Auf wie lange, das wiſſen wir nicht. Jeden⸗
falls hat er durch Rathenau den Leitſatz geprägt:
Wirtſchaft iſt nicht mehr Sache des Einzelnen, ſondern
der Gemeinſchaft, nicht mehr eigene Angelegenheit,
ſondern res publica“. — Die Wirtſchaft aller im
Staate oder Staatenbund zuſammgefaßten Volksglieder
muß alſo künftig noch zielbewußter als bisher ſo ge⸗
leitet werden, daß der Reinertrag der ge:
ſamten Wirtſchaft des Staatenbundes
dauernd den Höchſtbetrag erreicht. Dieſe Leitung muß
dort, wo der ſelbſttätige natürliche Wettbewerb nicht
ausreicht, durch Maßnahmen der Geſetzgebung oder
Verwaltung erſtrebt werden.
Iſt die Forſtwirtſchaft bisher ſchon von ſolcherlei
Maßnahmen (Holzzölle, Frachttarife, Waldbeſteuerung,
Waldſchutzgeſetze uſw.) betroffen worden, ſo werden
künftig vielleicht noch einſchneidendere Beeinfluſſungen
nötig ſein, z. B. bezügl. Flurbereinigung, Forſtrechts⸗
ablöſung, Einſchlag oder Anzucht beſtimmter Holzarten
oder Sortimente, Rodungsgebote, Aufforſtungsverbote
uſw. Dabei wird man zu ſorgen haben, daß der alte
Polizeiſtaat nicht wieder auftaucht und daß die Unter⸗
nehmungsluſt nicht zu Schaden kommt.
Der vorerwähnte Leitſatz von Rathenau!) be⸗
deutet nichts anders als: Hauehalten mit Kraft,
Stoff und Kapital innerhalb des Wirt⸗
ſchaftsverbandes! Nichts vergeuden, alles er⸗
ſchließen, richtig verteilen, zur einheitlichen und höchſten
Wirkſamkeit bringen! — Wir werden dieſen Gedanken
im Nachfolgenden allenthalben begegnen.
Sie ſind gleichbedeutend mit dem, was den preu⸗
ßiſch⸗deutſchen Staat werden und gedeihen ließ in
ſeiner dauernden Hochſpannung zwiſchen äußerer Lage
und innerem Vermögen, gleichbedeutend mit der „preu:
Biden Prägung“, mit der ſteten Anfpaunung aller
Mittel zur gemeinſamen Höchſtleiſtung.
In der Reinertragsfrage aber handelt es ſich nach
wie vor darum, die Wirkung wirtſchaftlicher Maß—
nahmen rechneriſch abzuwägen, allerdings unter mög—
lichſter Berückſichtigung der in den natürlichen Wett⸗
bewerb eingreifenden Staatsnotwendigkeiten. Denn
hier, wie in jedem Organismus, iſt das Ganze mehr
als die Summe ſeiner Teile.
2. Der forſtliche Zinsfuß.
Die Geſtaltung des europäiſchen Holz-, Arbeits-
und Geldmarktes im Kriege und noch für lange Zeit
nachher iſt von unſeren früheren Rechnungsunterlagen
ſo verſchieden, daß ſie alle überm Haufen liegen. Das
ſcheint alle Vorausſagen, Vorausrechnungen und
finanziellen Abwägungen unmöglich zu machen. Es
iſt aber nicht ſo; bei der Länge der forſtlichen Er⸗
zeugungszeitdauer ſind ſelbſt ſo gewaltige Störungen
wie dieſer große Krieg doch nur Zwiſchenereigniſſe
und ſie beeinfluſſen den „forſtlichen Zinsfuß“ unſerer
1) Walther Rathenau, Probleme der Friedens wirtſchaft,
Berlin 1917 (75 Pfg.), S. 28.
92
Finanzrechnungen nur im Rahmen der Zinsfußent⸗
wicklung innerhalb der Umtriebszeiträume.
3. Die Vorratsfrage.
Vor dem Kriege hatten wir in Deutſchland be⸗
kanntlich eine Holz meh r einfuhr, die etwa ein Drittel
unſerer Erzeugung betrug. Der Krieg hat dieſen
Holzhunger Deutſchlands noch vermehrt. Trotzdem
würde ſelbſt ein zwanzigjähriger Krieg keine Holznot
(im ganzen geſprochen, von beſtimmten Sortimenten
freilich abgeſehen) entſtehen laſſen, weil die Eigenart
der forſtlichen Wirtſchaft davor ſchützt, bei der ſchon
das halbreife Erzeugnis viele Zwecke des vollreifen
zu erfüllen vermag. Wir haben alſo bei der Forſtwirt⸗
ſchaft ſchon aus Betriebsnotwendigkeit dauernd jene
Vorratsanhaͤufung eines mehrjährigen Jahresbedarfes,
wie wir ihn jpäterhin für künftige Kriegsgefahr in
allen Bannwaren ſtändig bereit halten müſſen, für
deren Bezug wir im Frieden auf erhebliche Mehrein⸗
fuhr angewieſen ſind und die ſich nicht durch verfüg⸗
bare Erſatzſtoffe vertreten laffen. Holz⸗notvorräte („Re-
ſervefonds in natura“) brauchen wir alſo der Kriegs⸗
zeiten wegen nicht anzulegen, ſofern wir nur für Anzucht
verſchiedenartiger Holzarten und Sortimente ſorgen.
Andererſeits wollen wir dankbar dieſer Eigenart der
forſtlichen Wirtſchaft gedenken, ohne die uns das Fehlen
eines in Maſſen nötigen Rohſtoffes ſehr bald hätte
mattſetzen können.
4. Rodung und Aufforſtung.
Vom Standpunkt der Kriegs wirtſchaft aus
iſt alſo Deutſchland überreich bewaldet. Anderſeits
hat ſich unſer Acker⸗ und Weideland als zu knapp er⸗
wieſen und zwar zum Teil auch deshalb, weil nam⸗
hafte Ackerbauflächen gewiſſermaßen dem Ueberfluß dienen
(Tabak, Hopfen, Wein) Dazu kommt, daß die gleiche
Landfläche durch Ackerbau den etwa 4 fachen Boden-
reinertrag gegenüber der forſtlichen Bewirtſchaftung ab⸗
wirft, und daß ſchon etwa 1 ha Gartenland und 5 ha
Landwirtſchaft, aber erſt etwa 50 ha Wald für je eine
Familie volle Arbeit und vollen Lebensunterhalt bieten.
Durch Innenanſiedlung in zeitgemäßen Beſitzformen,
ſowie durch Verbeſſerung ihrer Wirtſchaft und durch
Neulandgewinnung aus Mooren und Oedfläͤchen ift
die Landwirtſchaft ſchon im Gebiete des alten Deutſch⸗
land vor ſo große Aufgaben geſtellt, daß ſie der bereits
Wald tragenden Böden zunächſt nicht allerwärts dringend
bedarf.
Dennoch wird es nötig fein, alle Waldböden ),
die für Ackerbau dauernd gut geeignet und für den
Forſtbetrieb nicht unumgänglich als Wald nötig ſind,
der Landwirtſchaft zuzuführen. Dies ſoll natürlich
1) Gleichgültig, ob im öffentlichen oder privaten Eigentum.
`
nicht mit erheblichen Zuwachsverluſten durch vorzeitigen
Abtrieb, ſondern im Laufe eines Umtriebszeitraumez
geſchehen und jedesmal nur nach ſorgfältigen ſtandört⸗
lichen und wirtſchaftlichen Erhebungen und Abwägungen.
Es iſt jedoch zweifellos, daß ſolcher Wechſel der Kultur⸗
art in ſehr zahlreichen und ſehr ausgedehnten Fallen
nach dem Kriege an uns herantreten und im Laufe
der Zeit auch möglich fein wird. Vorher aber müſſen
wir über die Grundſätze bei der Rodung zu Acker⸗ oder
Weideland mit uns im Reinen fein’).
Auf die Beſiedlung ſolchen Neulandes werden wir
bei Abſchnitt 12 zurückkommen.
Einiger Erſatz hierfür an Waldfläche kann durch
raſchere Aufforſtung geeigneter Oed⸗, Heide, Moor:
— —— Ü— ²wö.ä—.——dẽ——ũ—ü— ä —'iẽä— — : ũ᷑ ͤ— — 4 ——ᷣÄ ——— —Eä—Ü . —
und Weideflächen gewonnen werden.
5. Holzartenwahl.
Zu den wichtigſten waldbaulichen Aufgaben gehört
die Wahl der ſtandörtlich richtigen Holzart; „Rand:
örtlich“ im Sinne der natürlichen wie wirtſchaſtlichen
Beſtimmungsgründe.
Die Schwierigkeit der hierfür erforderlichen fnar:
ziellen Abwägung einerſeits und die auf vielen Start:
orten beſtehende ausſchließliche Geeignetheit für em
oder wenige beſtimmte Holzarten anderfeits laſſen in
der Praxis diefe Aufgabe meiſt nicht in der Schärfe
hervortreten, die ihrer Bedeutung für den finanziellen
und volkswirtſchaftlichen Erfolg unſerer Wirtſchaſt an:
gemeſſen wäre.
Dazu kommt noch ein Weiteres. Als auf der bay.
Forſtverſammlung zu Neuſtadt a. H. 1913 unier
Wirtſchaftsziele von mir ,unfider” genannt wurden,
begegnete ich lebhaftem Widerſpruch. Der Krieg bil
aber die „Unſicherheit der forſtlichen Bitt:
ſchaftsziele“ raſch und kräftig beſtätigt. Ich er:
wähne nur die Not an Gerbſtoffen, Gewehrſchaft
holz), Pflockholz (für Schuhholzſtifte), an Oel un
Fett, an Harzen, an Nahrungs: und Futtermittel
uſw. Auch die forſtlichen Wirtſchaftsziele unterliegen
den allgemeinen Geſetzen der Entwicklung und fd
nicht Selbſtzweck').
Dieſe Unſicherheit der Vorausſicht über den volfi
wirtſchaftlichen Zukunftswert der einzelnen Holzarten
und Holzſortimente war ſchon vor dem Kriege au
der raſchen Entwicklung der Technik zu ſchließen und
1) Weiteres in Martins Statik, Bd. I. S. 237.
3) Zum Erſatz der Nußbäume in Deutſchland, die bung
den Krieg faſt aufgebraucht find, wurde auf meine Amen
von meinem Nachfolger zu Forſthaus Langenberg (Pfali ul
der Züchtung einer froſtharten, ſomit auch zur Fork |
verwendbaren Spielart der Walnuß begonnen. Carya-
bäume werden ja ſchon lange forſtlich bei uns angebert.
e) Der Juſtiz geht es übrigens genau ſo. mit ihren Reit
ſätzen, die der fortſchreitenden Entwicklung ſtändig nachhiun
brachte damals {don viele Forſtleute mit Recht dazu,
grundjäßlich jeweils diejenigen Holzarten zu bevorzugen,
welche den natürlichen Standortsbedingungen jeweils
am beſten entſprachen und ſomit örtlich das beſte Ge⸗
deihen erwarten ließen. Dabei haben Bodenpflege
(Rotbuche, Weißtanne) ſowie Seltenheitswert und
„Nutzholz“ tüchtigkeit (z. B. Eiche, Eiche, Hainbuche,
Roterle, Birke) beſondere Berückſichtigung zu finden.
Dieſer, an ſich einfach⸗ natürliche, unter dem
Einfluß von Schul⸗ und Modebeſtrebungen oder unter
der Macht des Gewohnheitsmäßigen zurückgedrängte
Grundſatz führt notwendig zu gefunden und viel-
ſeitigen Holzartenmiſchungen und begegnet
der Unficherheit unſeres Zukunfterfolges am beſten.
Er muß nach dem Kriege noch viel ſtärker betont und
durchgeführt werden. Seine Durchführung bei Ver⸗
jüngung und Beſtandspflege wird uns in zukünftigen
Kriegen vor der Not an beſtimmten Holzarten mög⸗
lichſt bewahren.
6. Die Betriebsart.
Dem Wechſel der Wirtſchaftsziele im Walde unter⸗
liegt auch die Betriebsart. Wer kann heute ſagen, ob
nicht künftig aus Gründen der Volksernährung auch
„Nährſtoff⸗Forſtwirtſchaft“ getrieben werden und wie
dieſe dann geſtaltet ſein muß? Ich erinnere nur an
die Gewinnung von Zucker und Alkohol aus Holz.“)
Ob man nicht künftig Pilze, Beeren?) und andere
Nähr⸗ und Futtermittel von Berufswegen im Walde
nicht nur gewinnt, ſondern förmlich züchtet? Ob man
nicht noch viel weitergehende Zugeſtändniſſe an die
eineren Landwirte wird machen müſſen als bisher
und ob man dann aber auch endlich durchſetzt, daß
der Gelderlös hieraus wieder dem Walde in Form
von Bodenbearbeitung, Düngung uſw. werklich zugute
kommen darf? All das find Zukunftsfragen, die ſehr
98
nahe liegen, brennend werden und uns bereit finden Fu
Verkaufsberatung iſt ein Hauptziel der „Geſchäftsſtelle
ſollen.
7. Die forſtliche Erzeugung.
| Wie in ber geſamten Rohſtoffwirtſchaft, fo it auch
im Forſtweſen die Hebung der Erzeugung auf
die Höchſtleiſtung Deutſchlands eine unſerer künftigen
Friedensaufgaben. Mit der Forderung nach noch
ſchärferer Anſpannung aller Kräſte haben auch die
mannigfachen, hierauf bezüglichen forſtlichen Verwal⸗
tungs⸗ und Betriebsfragen der Zeit vor dem Kriege
für die Zukunft an Bedeutung noch gewonnen.
1) Jetzt bedauern wir, daß durch die Branntweinſteuer⸗
geſete in Deutſchland die induſtrielle Verwertung dieſer Ere
findung unterdrückt wurde.
) Bgl. Wappes in Silva 1916, ferner Borgmanns aus
ſammenfaſſende Darſtellung über „die Mitwirkung der deutſchen
Forſtwirtſchaft an der Volksernährung im Kriege“ in Thar.
forſtl. Jahrb. 1916, S. 367.
1917
8. Holzverkaufswefen.
Der außerordentliche Verbrauch an Pferden und
die Schwierigkeit des Pferdeerſatzes wird noch viele
Jahre nach dem Kriege die jetzige Notlage in der
Holzverbringung vom Forſtort zum Bahnhof weiter⸗
beſtehen laſſen. So iſt denn auch ſicher, daß die
Schöpfungen der Kriegszeit, mit denen dieſe Holzfuhr⸗
not da und dort von beweglichen Beamten, Waldbe⸗
ſitzern oder Holzkäufern bekämpft wurde !), großenteils
fortbeſtehen bleiben. Ja, es werden immer mehr Wald⸗
beſitzer und Beamte zur Erkenntnis kommen, daß die
Anfuhr im Betriebe des Waldbeſitzers ermöglicht
werden muß und durchaus auch im Nutzen des Wald⸗
beſitzers liegt, der damit den Kreis feiner Abnehmer
außerordentlich erweitern und dieſen die Preisberechnung
ſicherer geſtalten kann. Der Wert guter Holzabfuhr⸗
wege wird dann auch im Frieden ſo finnfällig bleiben,
wie er jetzt iſt.
Eine weitere weſentliche Verbeſſerung im Holzver⸗
kaufsweſen wird dem Verkaufsverfahren gewidmet
ſein; hier wird die Einführung des Verkaufs im münd⸗
lichen Abſtrich (Ney) oder im ſchriftlichen Verfahren
immer mehr zur Notwendigkeit, je mehr fih die Käufer
zu Einkaufsgruppen oder feſten Vereinigungen zuſam⸗
menſchließen, ein durch die Erſcheinungen der Kriegs⸗
wirtſchaft und ihre Folgen noch beſonders geförderter
Entwicklungsvorgang.
Dieſen Käufervereinigungen gegenüber müſſen die
Waldbeſitzer endlich, trotz aller kleinen Gegenſäͤtzlich⸗
keiten, ſich auch noch zu anderen gemeinſamen Ab⸗
wehrmaßregeln (z. B. Gegenringe) bereit finden, ins⸗
beſondere auf dem Gebiete der Verkaufsberatung. Daß
eine notwendige Unterlage dieſer die Verkaufsſtatiſtik iſt
und eine Vorbedingung der letzteren eine möͤglichſt ein-
heitliche Holzſortierung, ift ſelbſtverſtändlich.?) Solche
für Kriegswirtſchaft“ des Forſtwirtſchaftsrates. Ander⸗
ſeits nutzt der Staatswaldbeſitz ſeine Vormachtſtellung
auf dem Holzmarkt noch faſt gar nicht aus, und zwar
nicht nur aus gemein⸗wirtſchaftlichen Gründen. — Die
Neuordnung unſerer Rohſtoffverſorgung nach dem
Kriege (Einfuhrbanken. Monopole, Verteilungsſyndi⸗
kate?) wird auch das Holzverkaufsweſen vor neue,
große Aufgaben ſtellen.
1) Val. Stamminger in Silva 1916 und 1917.
2) Vol. Künkele, Beiträge zum forſtl. Wertszuwachs,
F. Bol. 1918, S. 497, Ziff. 4. — Teil I dieſer Arbeit weiſt
nach, in welchem Maße für Wertbildung und Stammholz⸗
ſortierung der einzelnen Holzarten die Stärke, Güte und Länge
entſcheidend find. Die preuß. Sortierung nach Feſtgehalt ent⸗
ſpricht dieſen Maßgaben nur ganz ungenügend.
13
9. Grenzgebiete des Forſtweſens.
a) Holzverkehrspolitik.
Welche Bahnen die deutſche Zollpolitik nach Außen
und die Frachttarifpolitik im Innern zum Wohle des
Ganzen wird einſchlagen müſſen, it noch gar nicht ab-
zuſehen. Nur ſoviel ift heute ſchon zu erkennen, daß
der Krieg die ſchon früher von großen Fürſten, Staats⸗
männern und Heerführern wohl erkannte, und von An⸗
deren immer wieder verkleinerte Bedeutung des Kanal:
weſens für die Geſamtwohlfahrt beſonders ſinnfällig
gemacht hat. Und ſchon hat die bayer. Regierung die
Folgerung hieraus herzhaft in die Tat umzuſetzen be⸗
gonnen. — Zur Waſſerverfrachtung eignen ſich natur:
gemäß die ſchweren Rohſtoffe (Steine, Kohlen, Holz,
Eiſen) am meiſten.
b) Wildbachverbauung, Stauwerke, Stromregelung.
Dieſe Gebiete der Waſſerbewirtſchaftung ſind eben⸗
falls durch den Krieg noch mehr in den Vordergrund
getreten. An ihrem Ausbau hat die Forſtwirtſchaft
nicht nur ſtillen Anteil, ſondern in hohem Maße ſelbſt⸗
tätig mitzuwirken. — Im Gegenſatz zu uns haben
die Fachgenoſſen in Oeſterreich, Schweiz und Frank⸗
reich zum Nutzen der Sache es verſtanden, bei einem
Großteil dieſer Kulturwerke die Führung in der Hand
zu behalten, ſtatt, wie das in Deutſchland geſchah, die
zweite oder dritte Rolle übernehmen zu müſſen.
c) Waldſchutz. Schutzwald, und Alpweidewirtſchaft,
Moorkultur und Oedlandaufforſtung, Naturpflege
und Vogelſchutz.
Hier gilt wörtlich das Gleiche wie im vorletzten
Satz. Sehen wir zu, daß wir nicht immer wieder
vor verſäumten forſtlichen Gelegenheiten ſtehen und uns
nicht weiterhin ſolche Grenzgebiete der forſtlichen Be⸗
tätigung eins nach dem anderen aus der Hand gleiten
laſſen müſſen.
10. Landesverteidigung.
Die Mobilmachungsvorarbeiten der Forſt—
verwaltungen vor dieſem Kriege haben auf den Be:
amten, der mit der militäriſchen Kriegsvorbereitung
einigermaßen vertraut war, immer ſehr unbefriedigend
gewirkt; waren es auch, wie ſich gezeigt hat. Man
wird künftig die wirtſchaftliche und zivilſtaatliche Mobil⸗
machung gleichgut vorbereiten wie die militäriſche.
Die wichtigſte Kriegsvorbereitung in Heer und
Flotte iſt die Schaffung des „guten Geiſtes“ in Offizier⸗
korps und Mannſchaft, und die beſte Mobilmachungs⸗
vorarbeit im Beamtentum wie in der Staatswirtſchaft
überhaupt iſt die Förderung der tüchtigen Kräfte und
die Schaffung jener Beweglichkeit, Anpaſſungsfähigkeit
und »willigkeit, wie das bereits eine Beſonderheit un-
ſerer Induſtrie iſt und ſich als ſo ſegensreich erwies.
94
Erſt in zweiter Linie kommen die übrigen Perfonal:
und die Materialfragen. Dieſer „gute Geit” in Be:
amtenkörper und Staatswirtſchaft wird uns beim Ab.
ſchnitt 14 weiter beſchaͤftigen.
Ins Einzelne gehende Erörterungen über künftige
„Mob.⸗Vorarb.“ der Forſtverwaltungen find nicht am
Platze. Diesbezüglich genügt es, auf eine Abhandlung
von Dr. Wappes zu verweilen in Silva 1915 S. 13 ff.,
gegliedert nach
1. Der Wald als Kampfgelände
2. Forſtbetrieb und Kriegsmaterial
3. Der Forſtmann als Soldat
4. Der Forſtmann als milit. Erzieher.
Dieſe Arbeit, ſowie im Anſchluß daran erſchienene
Ausführungen von Aſſeſſor Höpffner in Silva 1916
S. 17 bringen eine Fülle anregender Gedanken über
unſere Zukunftsaufgaben in obiger Richtung.
11. Die Kriegsſchäden im Walde.
Schwer haben die Wälder gelitlen, die im Rampi:
gürtel gelegen find Eine Längenausdehnung von
mehreren Tauſend Kilometern nehmen unſere Fronten
in Weft, Oft, Südoſt und Süd ein, und viele Rilo:
meter Breite. Mit Schußfeld⸗Durchhieben von mid:
tigen Abmeſſungen begann es, rückſichtsloſe Brennholz
hiebe und Ausholzungen nach den Starkſtaͤmmen für
Blockhaͤuſer, Unterſtände, Verkehrsbauten uſw. folgten
und mit völliger Vernichtung im Streu-, Sperr- und
Minenfeuer endete ſchließlich der Wald als jammer⸗
volles Trümmer: und Leichenfeld.
Wehmutsvolle Aufforſtungsarbeiten ſtehen da bevor,
manche mühevoll, fhul- und ſtandorte gerecht heraus:
gearbeitete und hoffnungsvolle Schlagſtellung iſt nun
für immer verhauen, die ſchönſten Stangenhölzer find
durch die Hartmantelgeſchoſſe und Eiſenſplitter für
immer entwertet. Da wird es an einem Orte zur
Heilung einen „Schnitt bis aufs geſunde Fleiſch“ er:
fordern, an anderer Stelle geduldiges Zuwarten, wo
die Zeit die Wunden heilen kann.
Aber auch in der Heimat, fern vom Kampf
getümmel, hat der Wald im Kriegsdienſte bleibende
Narben davon getragen. Da hat der Mangel an
Geld und Arbeitskräften zu ausgedehnten Bernady
läſſigungen im Kultur- und Wegbaubetriebe und in
der Beſtandserziehung geführt, haben die zwingenden
Notwendigkeiten des Kriegsbedarfes und die Abfuhr:
ſchwierigkeiten Verſtöße gegen Betriebsregelung, Hiebe
führung und Faäͤllungsvorſchrift hervorgerufen, die in
Friedenszeiten den Verluſt von Amt und Würden en
gebracht hätten, haben die Ausdehnung alter und die
Einführung neuer Nebennutzungen, ſowie manche
ſchweren Freveleingriffe dauernde Beſtockungsſchdde
hervorgerufen, find viele Jagden unweidmänniſch be⸗
trieben oder audgewildert worden uſw.
All dieſe „Sünden“ müſſen zumeiſt als Folgen
ebenſovieler lobenswerten Taten angeſehen werden, durch
die der betr. Forſtverwalter zeigte, daß er die For⸗
derungen des Vaterlandes und der Zeit erkannt und
den überkommenen, aber im Augenblick der höchſten
Not veralteten Schulbegriffen und Friedenserwägungen
vorangeſtellt hat. Umſomehr aber wird die Zeit
nach dem Kriege uns die Pflicht auflegen, das alles
wieder, ſoweit möglich, gut zu machen, die Kultur⸗
arbeiten und Beſtandspflegehiebe nachzuholen, die ge:
ſtörte Betriebsordnung ins Geleis zu bringen und die
gelockerten oder zerriſſenen Bande der örtlichen Dienſt⸗
führung wieder feſt in die Hand zu bekommen.
Hoffentlich ſind dann aber auch die Regierungen
mit den Volksvertretungen und die übrigen Waldbe⸗
ſitzer Willens und im Stande, dieſe Kriegsopfer des
Waldes anzuerkennen und die Mittel zu ihrer
Heilung ebenſo bereitzuſtellen wie für die Geſundung
anderer kriegsbeſchädigter Zweige der Staatsverwaltung.
Dies Alles umſomehr, als ſehr bald wieder geſteigerte
Anforderungen an die finanzielle Leiſtungsfähigkeit des
Waldes zu erwarten ſind.
12. Invalidenfürſorge.
Wenn auch der Hauptleitſatz der Invalidenfürſorge
das Beſtreben iſt, den Kriegsbeſchädigten womöglich
ſeinem früheren Berufe zu erhalten, ſo gibt es doch
noch eine ungeheuere Zahl von Fällen, wo wir anders⸗
wie ſorgen müſſen und können.
Zu dieſen Möglichkeiten kann nur in ganz geringem
Grade die Verſorgung kriegsbeſchädigter Berufsoffiziere
im Forftweſen gehören. Denn der Forſtmann braucht
dieſelben körperlichen Fähigkeiten wie die aktiven Offi-
ziere. Auch frägt es ſich, ob es letzteren lohnt, die
ſorſtliche Vorbildung in dem vollen Maße zu erwerben,
das unumgänglich iſt, wenn die kriegsbeſchädigten
Kameraden nicht als Fachgenoſſen zweiter Güte er⸗
ſcheinen ſollen.
In ungleich häufigeren Fällen wird es möglich
ſein, ſchreibgewandte, hinreichend begabte Kriegsbe⸗
ſchädigte als Forſtſchreiber, Buchhalter, Rendanten zu
verwenden, umſomehr, als künftig alle zum Dienſt
im Walde verwendbaren Forſtgehilfen und Förſter uſw.
auch hierfür voll benötigt ſein werden.
Ferner gehört dazu die Anlernung und Verwen⸗
dung geeigneter Kriegsbeſchädigter als Wegwarte, Obſt⸗
warte, Vogelpfleger, Imker, Hühnerfarmer im Walde,
jowie als ſtändige Vorarbeiter für Forftgartenbetiieb,
Kultur⸗ und Jungholzpflege. Ich kann mir denken,
daß geiſtig geweckte und fleißige Invaliden mehrere
dieſer Berufe, je nach Jahreszeit, miteinander verbinden
und ſo eine ſehr ſegensreiche Tätigkeit ausüben können,
deren finanzielle Sicherung in ihren Arbeitsbeziehungen
95
zur Staatsforſtwirtſchaft und vielleicht in einem kleinen
Vertragsverhältniſſe zur ländlichen Gemeinde liegen
würde.
Gegebenenfalls würde auch eine Anſiedlung auf ge⸗
eigneten Forſtgrundſtücken in Frage kommen, wobei
man ſich durch die zweifelloſe Zweiſchneidigkeit der
Sache nicht abſchrecken, durch einzelne Mißerfolge gt
irre machen laffen darf !).
Solche Invalidenfürſorge muß eintreten, ſelbſt wenn
dadurch die Vorrückung von heil gebliebenen Beamten
oder Arbeitern leiden würde.
13. Arbeiterfürſorge.
Dies führt uns über zur Arbeiterfrage im Walde.
Wie immer dieſe nach dem Kriege liegen wird, jeden⸗
falls wird ſie eine Hauptſorge für uns bleiben müſſen,
und noch viel mehr als früher die Betätigung zeitge⸗
mäßer Denkungsweiſe und ſozialer Auffaſſung er:
fordern.
Eine glückliche Perſonalpolitik wird manche Neben⸗
fragen (3. B. Wildererbekämpfung) erleichtern, die durch
den Krieg in ihrer Schärfe oder Bedeutung geſtiegen
find (vgl. auch Abſchn. 12).
Ganz beſonders wird es gelten, noch viel mehr als
früher die tüchtigſten Kräfte aus der Arbeiterſchar zu
erkennen, herauszuheben und „mit geruhſamer Eile“
zur Entfaltung zu bringen. In manchem Betriebe
hat ſich gerade in der Kriegszeit gezeigt, was aus
einem tüchtigen Vorarbeiter, Rottmeiſter oder Schlag⸗
hitter alles herauszuholen ift.
Die 3 Hauptmittel, der Arbeiternot auf dem Lande
zu ſteuern, ſind: Ermöglichung genügenden Barlohnes,
einer geſunden Wohnung und eines kleinen, aber be⸗
friedigenden Landbeſitzes. Schon lange haben das die
Großinduſtriellen, die Berg⸗ und Eiſenbahnverwal⸗
tungen erkannt und nach dieſer Erkenntnis mit Erfolg
gehandelt. Unſere Staatsforſtbetriebe ſind auch auf
dieſem Gebiete bisher kaum zu beſcheidenen Anfängen
gediehen. Da wird es gelten, in großzügiger und zu⸗
gleich örtlich wohlbedachter Weiſe zuzupacken, ehe wir
den bereits im Ausſterben begriffenen Stamm und
Stand ehrenfeſter, holzgerechter Forſtarbeiter ganz aus
dem Walde „hinaus geſpart“ haben.
Sobald aber mal unſere Feldgrauen heimkehren,
muß auch im Walde (Nachholungen!) Gelegenheit zu
Notſtandsarbeit bereit ſtehen.
14. Verwaltung und Beamtentum.
Die hochgetriebene „altpreußiſche“ Sparſamkeit im
Staatshaushalte, die nach dem Kriege einſetzen muß,
wird noch dringender als früher zur „Verwaltungs ⸗
1) Vgl. Wappes in Silva 1916, S. r, 9. 13.
13.
vereinfachung“ ) führen und damit zu noch viel weiter:
gehenden Zuſtändigkeitsübertragungen von
oben nach unten. Hat doch der Krieg auch da
die alten Werte gewandelt und an die Stelle manches
Amtsvorſtandes einen Aſſeſſor, des Aſſeſſors einen mitt⸗
leren Beamten, des mittleren und unteren Beamten
raſch geſchulte Frauen oder Porarbeiter treten laſſen,
die oft und bald den meiſt einfacheren Verhältniſſen
des Kriegsbetriebes hinlaͤnglich gewachſen waren. Und
ging es hier und da mal holprig, es ging doch und
es wird ſo auch nach dem Kriege noch vielfach gehen
müſſen.
Reißen wir uns los von den Anſchauungen der
Friedensjahre und geſtehen wir, daß die Arbeit aller
Dienſtgrade oft bis zur Hälfte an die nächſt untere
Angeſtelltenklaſſe abgegeben werden kann ohne Schaden,
ja zum Nutzen des geſamten Dienſtbetriebes.
Wenn das jetzt unter Waffen ſtehende Geſchlecht
zurückkommt, voll Schaffensfreude ſür ſeine alte, neu⸗
zuordnende Berufsarbeit, dann will es das unter den
Waffen ihm gegebene Maß von Verantwortung und
Vertrauen auch weiterhin genießen und wird ſich nicht
mehr an den oft zu engen Zuſtändigkeiten genügen
können, die ihm ein Geiſt des Mißtrauens aus ver:
klungenen Zeiten notdürftig gewährt hatte. Ein Po⸗
lizeigeiſt, der von ſeinem Glanze etwas einzubüßen
fürchtete, wenn der Untergebene in die Höhe ſtrebte,
während er doch hätte erkennen müſſen, daß die För⸗
derung und der Erfolg ſolches Strebens auch ihn
ſelber erhöht und der Sache nutzt.?)
Die Abſchiebung von Zuſtändigkeiten nach unten
wird als Entlaſtung von Kleinkram jeder Stelle durch
Vertiefung und Erweiterung des Arbeits⸗ und Geſichts⸗
kreiſes, ſomit durch allſeitige Dienſtfreudigkeit zu gute
kommen. Ganz beſonders erfahren dadurch einerſeits
die Zentralſtellen die gerade hier nötige Befreiung von
beengender Tretmühlarbeit, anderſeits erreichen die
Amtsvorſtaͤnde zum Nutzen des Dienſtes die langer⸗
ſtrebte Abwälzung des formellen Rechnungsweſens auf
einen hierfür verantwortlich zeichnenden Forſtſchreiber.
— Die Folge davon ſoll nicht ſo ſehr eine weſentliche
Verminderung der Stellen, am wenigſten in den Zen⸗
tralbehörden ſein, ſondern die Sicherung ihrer Beweg⸗
lichkeit, Großzügigkeit und Tiefe, alſo ihre Freihaltung
für Verbeſſerungen und Neueinrichtungen. Dann iſt
zu hoffen, daß man neuen Möglichkeiten künftig nicht
oft bremſend oder untätig, ſondern noch mehr als
1) Bgl, Februarheft S. 54. D. Red.
) Das Gefühl der Mitverantwortlichkeit an der Geſamt⸗
leiſtung ſteigert die Einzelleiſtung. „Den Kern der milit. Er⸗
ziehung fehe ich im Zuſichheraufheben“ (ein Bayr. Oberſt aus
der Front an die Frankf. Ztg.).
96
bisher aufgreifend und prüfend, vorausſchauend und
führend gegenübertritt.
Wenn man dem Wirken des „Militarismus“ nag:
geht, ſo ergeben ſich 3 Hauptleitſätze in einer Schärfe
der Ausformung und Verwirklichung, daß ſie ſich von
der in den Zivilverwaltungen üblichen Dienſtauffaſſung
weſentlich abheben, nämlich .
1. Die Hochwertung der Tat gegenüber dem Ge:
danken („Zögern iſt ſchuldhafter als Fehlgreifen in der
Wahl der Mittel“ und „allemal zuerſt attakieren“).
2. Das Höhftmaß der Anforderungen führt zum
Höchſtmaß der Leiſtungen („das Unmögliche erſtreben,
um das Möglichſte möglich zu machen“) !).
3. Die unabläſſige und grundſätzliche Sorge für
die Untergebenen jeden Grades (fie iſt „die ſchönſte
Pflicht des Offiziers“).
Wohlan, nehmen wir auch in den Zivilverwaltungen
dieſe 3 Leitſätze unter die Hauptrichtlinien auf, ver⸗
binden wir damit die Förderung der Tüchtigen und
ein Höchſtmaß an Beweiſen des Vertrauens und Zu⸗
trauens für Alle, dann werden wir ein in allen
Dienſtgraden auserleſenes, williges und fähiges, ſomit
auch billig arbeitendes, weil gut ausge⸗
nugtes Beamtenherr heranziehen. Dieſes Haus:
halten mit den Kräften wird um fo nötiger
ſein, als wir eine lange Reihe von Fachgenoſſen jeden
Dienſtſtandes unter den Kriegsopfern beklagen, da⸗
runter einen großen Teil gerade der Beſten; manch
Andern hat die Arbeitslaſt in der Heimat oder der
Kummer der Kriegszeit vorzeitig verbraucht.
Zu den Mitteln auf dem Wege dahin gehört auch,
daß man dem Moſte nicht verübelt, daß er gärt, und
dem Meiſter nicht, daß er ſich durchzuſetzen ſucht. Es
gehört auch dazu, daß „freie Bahn jedem Tüchtigen“
offen ſteht, auch wenn feine Herkunft und politijde
Anſchauung oder ſeine Beziehungen und Prüfungs⸗
ergebniſſe anders ſind, als man ihm gewünſcht hätte.
Iſt er wirklich tüchtig, fo find das keine Gewährsfehler.
Allgemein ift darnach zu ſtreben, daß die Haupt:
vorzüge des deutſchen Beamtentums, und ganz be⸗
ſonders der Forſtmänner, nämlich Pflichtbewußtſein
im großen und kleinen, einſchl. Treue zu Fürſt, Volk
und Verfaſſung, Berufsfreude und ſelbſtloſe Sachlich⸗
keit, Sachkenntnis und Stetigkeit, Einheitlichkeit und
Straffheit weiterhin erhalten bleiben. Auch jene höhere
1) Die „militäriſche“ Dienſtauffaſſung darf aber keinesfalls
dazu führen, daß der Untergebene ſich ſeines Gewiſſens für
die Sache, ſeiner Treue gegen ſich ſelbſt und ſeiner Verantwortung
für das Ganze zu entkleiden ſucht hinter dem Satze „Was be⸗
fohlen wird, wird gemadi” oder gar hinter deffen Umkehrung
„Was nicht befohlen ift, wird nicht gemachi“. Das wäre auch
keineswegs im Geiſte des großen Friedrich, unter dem doch
Ziethen durch lauter Selbſtändigkeiten hoch getommen iſt.
Form der Pflichttreue, die Verantwortungs⸗
freudigkeit, bedarf der beſtändigen Pflege; ſie
war bisher ſchon eine ſtete Sorge gerade der beiten
Vertreter des Beamtentums. Je größer die Aufgaben,
die des neuen Deutſchland harren, um ſo notwendiger
werden jedem Zweige der Staatsverwaltung und des
öffentlichen Lebens Männer ſein, die aus eigener Tiefe,
aus innerem Tatendrang heraus ſich entfalten wollen,
die ſich vor keiner Verantwortung, aber auch vor keiner
vorgeſetzten Stelle ſcheuen, wenn es die Sache fordert
und wert ift, aufbauende Menſchen von Wirklichkeits⸗
finn und Gedankenſchwung, Entſchlußkraft und Feſtig⸗
keit.
Anderſeits iſt nicht zu verkennen, daß unſer Be⸗
amtentum von ſeiner Geburtsſtunde im Abſolutismus
noch eine Reihe von Erſcheinungen herübergerettet hat,
die dem Schützengrabengeiſt des heutigen Volksſtaates
noch fremdartiger gegenüberſtehen als dem Geſchlecht
vor dem 4. Auguſt 1914. Man denkt da!) in der
Hauptſache daran, was man Aſſeſſorismus bezw. Büro⸗
kratismus nennt und womit Kaſtengeiſt, Ultrajuſtiz,
Einſeitigkeit der Beamten, Hörigkeit der Techniker bezw.
Unperſönlichkeit, Schwerfälligkeit, Freude an unfrucht⸗
barer Aktenarbeit und engherzige Ueberſchätzung for⸗
maler „Bedenken“ gemeint ſind. Auch wir im Forſt⸗
weſen haben da noch vor unſerer Türe zu kehren.
Der große Krieg hat an Stelle der Ideen von
1789 die von 1914 treten laſſen. Dieſe zumeiſt mit
„Staatsſozialismus“ bezeichneten, rein militärischen
Gedanken vom Aufbau durch Zuſammenſchluß können
nicht mehr verſchwinden; ſie haben Zeit gehabt und
Kraft genug, um Gemeingut der kriegführenden Volker
Europas zu werden.?)
Sie verlangen für die Zukunft eine ſozialere Aus⸗
prägung des Beamtentums, ſie verlangen, daß jede
einzelne Amtshandlung vom Beamten aufgefaßt und
betätigt werde in ihrer Beziehung zur Wohlfahrt des
Volksganzen. Dieſe Forderung ſchließt ſehr viel ein;
ſie erfordert neben dem guten Willen noch Kenntnis,
oder beſſer: Verſtändnis des Beamten in allen den
vielen und vielgeſtaltigen Zweigen und Formen der
heutigen Rechts⸗ und Verwaltungseinrichtungen, unſeres
Wirtſchaftslebens und unſerer Geſellſchaftsordnung. Es
handelt ſich alſo auch um den bekannten Tropfen ſo⸗
zialen Oeles, mit dem der Beamte geſalbt ſein muß.
Und nicht zuletzt der Forſtmann, der auf der Hälfte
des deutſchen Bodens und für ein Großteil des deutſchen
Volkes als nächſt wohnender höherer Staatsbeamter
das Beamtentum verkörpert, als maßgebend gilt; der
1) Vol. Stier⸗Somlo, Grund» und Zukunftsfragen deutſcher
Politik, Bonn 1917, S. 110 ff.
N) Auch jener des Vielverbandes, der gerade den Kampf
wider den Militarismus zu ſeinem Feldgeſchrei erhoben hatte.
97
|
l
als Lohnherr einer zahlreichen Arbeiterſchar beiderlei
Geſchlechts und als Verwalter, Erzeuger und Verkäufer
eines Maſſenbedarfsſtoffes ein weites Feld zur Be⸗
währung ſozialen Geiſtes hat. Nicht zuletzt auch die
Forſtmannsgattin, die als Hausfrau und Mutter ſchon
durch ihr Vorbild in Schlichtheit und Adel der Lebens-
führung und außerdem durch werktätige Sozialpolitik
im Dorfe überaus ſegensreich wirken kann.
Dieſe Beſonderheit der ſtaatsbürgerlichen Stellung
des Forſtbeamten, die jener des Landrates oder des
Dorfpfarrers ähnlich iſt, legt ihm die beſondere Pflicht
auf, an allen Zeitfragen mitzuarbeiten,
Stellung zu ihnen zu nehmen, geeignetenfalls und für
den örtlich möglichen Wirkungskreis ſich an ihre Spitze
zu ſetzen, und auf großen Gebieten dieſer Zeitbe⸗
ſtrebungen die Führung oder wenigſtens die Mitführer⸗
ſchaft zu gewinnen und zu behalten. Um nur einige
ſolcher Grenzgebiete zu nennen: Natur: und
Heimatpflege, Volksgeſundheit, Bevölkerungspolitik,
Bodenreform. Siedelungsweſen, Frauenfrage, Geſellig⸗
keit ohne Alkoholzwang, landwirtſchaftliche Vereine,
Kriegsfürſorge, Jugendwehr, militäriſches und Schützen⸗
Vereinsweſen, Kanal: und Verkehrsvereine, Wander:
vereine, naturkundliche und geſchichtliche Vereine, Volks⸗
bildungsweſen, jagdliche: und Fiſchereivereine uſw. Bor:
ausſetzung für erfolgreiche Tätigkeit auf dieſen Gebieten
iſt neben einer gewiſſen, aber auf Grund unſerer guten
natur- und volkswirtſchaftlichen Vorbildung meiſt raſch
erworbenen Sachkenntnis noch eine beſtimmte perſön⸗
liche Eignung, die aber häufiger vorhanden iſt als wir
bisher von uns glaubten, und die meiſt nur des Selbſt⸗
vertrauens und guten Willens bedarf.
Eine Vorbedingung für ſolche außerordentlich ſegens⸗
reiche Tätigkeit des Forſtbeamten in Land und Stadt
iſt freilich, daß dem Amtsvorſtand und dem ſelb⸗
ſtändigen Aſſeſſor die Verantwortung für formellen
und ſonſtigen Kleinkram (3. B. Grubenholzabzählungen)
abgenommen wird, und daß die vorgeſetzte Stelle auch
ein Auge zuzudrücken weiß, wenn unter der Tätigkeit
auf obigen Gebieten der eigentliche Forſtbetrieb viel⸗
leicht einmal zu kurz zu kommen ſcheint. Wahrlich,
es kommt dem Walde anderswo wieder zehnfach zu
gute, wenn es den Forſtbeamten gelingt, in richtiger
Erkenntnis ihrer beſonderen ſtaatsbürgerlichen Aufgabe
und Wirkungsmöglichkeit die Stellung in Staatsleben,
Volkswirtſchaft und Geſellſchaſt einzunehmen, die ihnen
nach Vorbildung und Leiſtungsfähigkeit zukommt!) oder
wenn es gelingt, was ebenſo not tut, die Freude am
1, Ich denke da auch an die Mitglied ſchaft von Forſt.
beamten in Volksvertretungen aller Grade, die im dienſtlichen
Nutzen liegt und ſtets im Sinne des Geſamtwohles und der
Verſöhnung mirken möge.
98
Wald und das Verſtändnis für ihn und feine Aufgaben
noch viel mehr als bisher zu wecken und zu fördern.
Solches Beamtentum hat den „guten Geiſt“, von
dem wir im Abſchnitt 10 ſprachen. Cs bleibt willig
und geeignet zur Aufnahme und Auswirkung der lei⸗
tenden Grundſätze, die von oben her alle Zweige und
Dienſtſtellen der Staatsverwaltung nur dann burd:
dringen können, wenn dieſe nicht als Selbſtzweck, ſondern
nur als Glieder des Ganzen ſich fühlen und wirken,
alſo „Staatsgeſinnung“ zeigen.
Soll ihm dieſer gute Geiſt dauernd erhalten bleiben,
ſo bedarf es auch einer gewiſſen Unabhängigkeit von
den finanziellen Sorgen des Alltags. Es muß im
Gehalt neben der angemeſſenen Entlohnung der Tages⸗
arbeit und der Vergütung für die eigenen Ausbildungs⸗
koſten auch noch die Entſchädigung für beſondere Be⸗
rufser forderniſſe finden.
Als ſolche beſonderen Erforderniſſe des forſtlichen
Berufes haben zu gelten die Schwierigkeit und Koſt⸗
ſpieligkeit der Kindererziehung, ſowie guter ärztlicher
Hilfe, nicht felten auch die Schwierigkeit der Verpflegung,
ferner die Schwierigkeit oder Koſtſpieligkeit, ſich in
wirtſchaftlichen Fragen und in Sachen der allgemeinen
Bildung auf dem Laufenden zu halten, ſehr häufig
die Höhe der ländlichen Gemeindeſteuern uſw. Wir
müſſen anſtreben, daß dieſen Erſchwerniſſen künftig
gerechte Rechnung getragen wird. f
Eine allgemeine Schwierigkeit in der Beamtenbe⸗
ſoldung bildet das Sinken des Geldwertes. Kaum
iſt eine neue Gehaltsordnung unter Dach, die dem
augenblicklichen Geldwert vielleicht angemeſſen war, ſo
ſinkt dieſer alsbald weiter Die Folgen ſind Zuſtände,
die in ihrer häufigen Wiederholung der Fortdauer des
guten Geiſtes im Beamtenheer und deſſen Anſehn
in der Oeffentlichkeit leicht abträglich werden. Ein
Ausweg bietet ſich nur ſo, daß die Beamtenbeſoldung
mit dem Sinken des Geldwertes ſelbſttätig und
verhältnismäßig ſteigend geſtaltet wird. Als
Maßſtab des Geldwertes pflegt der Preis des Rob:
eiſens, des Getreides, des Taglohnes uſw. zu gelten;
der befte wäre für unſeren Zweck das Durchſchnitts⸗
einkommen des Steuerzahlers in dem betreffenden
Bundesſtaate.
15. Hochſchulen und Forſchung.
Auch auf dieſem Gebiete wird mit Kraft, Stoff
und Geld geſpart werden müſſen. Um ſo wichtiger
iſt gerade hier, richtig hauszuhalten.
Das forſtliche Hochſchulweſen im deutſchen
Sprachgebiet ſteht zwar ebenſo über dem der an—
dern Kulturländer, wie unſere Forſtwirtſchaft über der
Waldbewirtſchaftung des Auslandes. Trotzdem iſt auch
jenes verbeſſerungsbedürftig.
c) München; dieſer Fakultät würde auch die
—ʒ ͤVWEẽ— ͤ üwÿ — nc ee
Erſtens ſind der Hochſchulen zuviele im Vergleich
zur Hörerzahl und ſo ſchadet Jede den Andern. Meines
Erachtens dürften 6 genügen, wobei Jeder derſelben
noch je eine beſondere, wertvolle Nebenaufgabe
zufiele, nämlich
a) eine norddeutſche für die beſondere Berück⸗
ſichtigung der zumeiſt großzügigen Bodenwirtſchaft des
deutſchen Nordens und Nordoſtens,
b) eine mittel⸗ und eine weſtdeutſche für
die hohe Kulturſtufe und die vielgeſtaltigen Befitz⸗ und
Standortsformen des Weſtens und der Mitte, ins:
beſondere für die Beziehungen zur Induſtrie,
Pflege der „mitteleuropäiſchen“ Geſichtspunkte im Forſt⸗
weſen obliegen.
d) Wien für die beſondern Verhältniſſe Oeſter⸗
reichs (Hochgebirg, Landesforſtverwaltung, Privatwald⸗
großbeſitz) und die dort heimiſche Pflege des forſtlichen
Ingenieurweſens. |
e) Zürich für die beſondern Verhältniſſe der
Schweiz.
Wenn ſich die deutſchen Staaten einigen könnten,
würde damit die Zahl um ein Drittel geringer und
die Güte noch höher, da der Aufwand für Lehrmittel
| entſprechend vermehrt und die Lehrſtühle doppelt
beſetzt werden könnten. ;
Weitere Schäden im forſtlichen Hochſchulweſen find
die Unſicherheit der forſtlichen Dozentenlaufbahn an
ſich, ſowie der zeitweiſe Stillſtand einzelner Zweige der
Forſtwiſſenſchaft. Letzteres iſt z. Tl. die Folge von
Erſterem, z. Tl. auch die Folge der Ueberlaſtung der
Forſcher mit Lehr: und Nebenaufgaben. Die Ver⸗
mehrung der Lehrſtühle an den verbleibenden Hoch⸗
ſchulen würde dieſen 3 Mängeln zugleich abhelfen
können.
| Vielleicht ließe ſich dann auch eine noch innigere
| Fühlung zwiſchen Forſchung und Wirtſchaft erreichen.
Ein Weg hierzu iſt auch die von einigen Regierungen
bereits in geeigneten Fällen betätigte Ueberweisung
paſſender Amtsbezirke an wiſſenſchaftlich begabte und
forſchend tätige jüngere Forſtmänner, die dabei durch
Entlaſtung und entſprechende Arbeitsaufgaben in ihrer
Forſchertätigkeit erfolgreich gefördert werden und ge:
radewegs Nutzen für die Wirtſchaft bringen können.
Der vierte Nachteil des jetzigen Zuſtandes iſt die
mangelhafte Freizügigkeit des Forſtſtudenten. Zum
Teil die Folge davon iſt die Langſamkeit, mit der
forſtliche Errungenſchaften eines Bundesſtaates in den
andern übergehen, und die Zähigkeit, mit der gewiffe
zweifelloſe Rückſtändigkeiten ſich am Leben halten. Das
ſchadet dem Ganzen, paßt alſo nicht mehr ins neue
Deutſchland.
16. Die forſtliche Fachpreſſe.
Das Gleiche gilt für die forſtliche Fachpreſſe. Hier
würden genügen im deutſchen Sprachgebiet:
a) eine Vierteljahrsſchrift für größere Auf:
ſätze, die ſchon beſteht;
b) eine forſtlich⸗ — DU Lee
Monatsſchrift, die ſchon befteht ;
c) höchſtens fünf weitere Monatſchriften,
deren eine als forfilides Zentralblatt für „Mittel:
europa“ auszubauen wäre, während eine andere mit
dem Jahresberichte über das geſamte forſtliche Schrift⸗
tum verbunden iſt;
d) mindeſtens zwei Wochenſchriften (Deut:
ſches Reich und Oeſterreich) für kleinere und raſchere
Mitteilungen, Vereins- und Perſonalnachrichten. Eine
weſentliche Aufgabe diefer Wochenſchriften wären fort⸗
laufende Berichte über die forſtlichen Neuerſcheinungen
und Ereigniſſe, ſowie die Vermittlung aller Pemer-
kungen, Erfahrungen, Erkenntniſſe, die aus Tages⸗
zeitungen, aus Büchern und Fachzeitſchriften anderer
Berufe oder Sprachgebiete uſw. zu finden und für die
forſtliche Wirtſchaft oder Wiſſenſchaft von Wert fein
können, dem Forſtmann aber im allgemeinen nicht
zugänglich ſind;
e) einige Wochenblätter für Holzhandel,
von den Staatsregierungen unterſtützt und von den
Käufervereinigungen unabhängig.
Es muß möglich gemacht werden, daß jede Ober⸗
jörfterei den Jahresbericht und einen Teil der Zeit:
ſchriften als Selbſtbeſteller, den andern Teil im Um⸗
lauf erhält.
17. Forſtliches Vereins weſen.
Ganzen herrſcht im forſtlichen Vereinsweſen.
ſtehen provinziale oder bundesſtaatliche Forſtvereine von
mehr oder minder feſter Bindung, forſtliche Standes⸗
intereſſenvereine, teils ſelbſtändig, teils als Zweig⸗
abteilungen der Forſtvereine, ferner Waldbeſitzervereine
uſw. und endlich in nur loſer Fühlung mit dieſen Teil⸗
vereinen der „Deutſche Forſtverein“ für das Reichsgebiet.
Das örtliche Vereinsweſen iſt ein beſonders geeig⸗
netes Feld für die Auswirkung der jungen Kräfte,
die örtlich vereinſamen oder fachlich verkümmern
könnten und hier Gelegenheit zum Durchbruch er⸗
halten. Es iſt auch der gegebene Ort zur Pflege des
forſtlichen Standesbewußtſeins und Zuſammengehörig⸗
keitsgefühls, ſowie des Fortbildungsweſens und der
ſogenannten Standesintereſſen. Aber es bedarf der
Zuſammenfaſſung und der Stütze im Deutſchen Forſt⸗
verein.
Einigkeit macht ſtark, und Zuſammenfaſſung der
Kräfte, Eingliederung in ein großes Ganze vermehrt
99
ihren Wirkungskreis und ihren Erfolg. Es wird eine
geſchickte und volle Ausnützung des Zuges dieſer Zeit
durch den Deutſchen Forſtverein erfordern, dieſe jetzt
noch fo zerſplitterten Kräfte zuſammenzuführen. Es
iſt aber nötig, wenn das Forſtweſen gegenüber der
Ueberfülle der Aufgaben, die ſeiner warten, und im
Vergleich zu den anderen Berufen, die beweglicher ſind,
das Gebot der Zeit erfüllen will. Wird es das nicht,
ſo wird es eine nimmer wiederkehrende Entwicklungs⸗
gelegenheit verfäumen und dem Vaterlande in der Zeit
der Not nicht das Höchſtmaß ſeines Könnens leiſten.
Ein Weg zur Zuſammenfaſſung dieſer Kräfte liegt
in den von Dr. Wappes ſchon mehrerenorts gegebenen
Richtlinien.
18. Die Wald beſitzer.
Ein reichliches Viertel des deutſchen Bodens iſt der
Verwaltung oder der Aufſicht der Forſtbeamten an⸗
vertraut. Hiervon etwa die Hälfte iſt Eigentum des
Staates oder anderer öffentlicher Körperſchaften, und
auch der Reſt wird großenteils von Forſtleuten ver⸗
waltet. Daraus ergibt ſich eine weitere Beſonderheit
der Forſtwirtſchaft, daß ſie nämlich in der Hauptſache
von Beamten geleitet wird. Die Folgen hiervon ſind
ſowohl eine vorzugsweiſe, zumeiſt aber örtliche Pflege
der techniſchen Fragen unter Vernachläſſigung der or⸗
ganiſatoriſchen, wie auch eine gewiſſe Langſamkeit der
Entwicklung im Vergleich zu andern Wirtſchaftszweigen.
Die Wege zum tunlichen Ausgleich dieſer verluſt⸗
bringenden Folgeerſcheinungen einer feſt gegebenen Ur⸗
fahe find in den vorausgehenden Abſchnitten ange-
deutet. Die Staatsregierungen mit den Volksver⸗
tretungen und manche anderen Waldbeſitzer, ganz be⸗
Eine ähnliche Zerſplitterung zum Schaden des i
Da be: | gut anderwärts die Ausgaben zur mittelbaren
ſonders aber die Großinduſtriellen wiſſen ja wohl, wie
Förderung einzelner Wirtſchaftszweige durch Hebung
des Fach- und Fortbildungsunterrichtes, des Verſuchs⸗
weſens, der Fachpreſſe, der Büchereien und des Ver⸗
einsweſen rentieren. Sie wiſſen nicht nur, daß bis zu
einer gewiſſen Grenze der Mehraufwand an Betriebs⸗
mitteln den Betriebsfortſchritt fördert und die Rente.
erhöht, ſondern ſie gehen auch bis hart an dieſe Grenze
heran. Trotzdem ringt ſich dieſe Erkenntnis gerade
für den Forſtbetrieb nur langſam bis zur vollent⸗
ſprechenden finanziellen Betätigung durch.
Bei keinem Zweige der Volkswirtſchaft find die
Schäden und Verluſte durch mangelnden Fortſchritt,
Vernachläſſigung oder Mißhandlung ſelbſt für den Fach⸗
mann ſo ſchwer urſächlich nachzuweiſen, wie im Forſt⸗
betriebe, im langlebigen Walde. Das hat zwar be—
wirkt, daß die freieſten Beamten des Staates, die
Forſtmänner, zu ſeinen gewiſſenhafteſten Sachverwaltern
gehören, es hat aber auch dazu geführt, daß immer
100
wieder hier ein geldbedürftiger Eigentümer, dort eine
kurzlebig arbeitende oder ungenügend unterrichtete
Volksvertretung oder Körperſchaftsverwaltung dem
Walde über Gebühr nahm oder unter Gebühr gab.
Am Walde merkt man es nicht, „der wächſt ja von
ſelbſt“. Und gar Kriegszeiten und ihre Folge waren
von jeher die „gefährlichen Jahre“ des Waldes.
Nur an den Beſtrebungen der maßgebenden Kreiſe
durch uns Forſtleute aller Stufen und Stellen wird
es liegen, ob nach dem Kriege dem Walde im Rahmen
und zum Nutzen des Ganzen wieder ſein Recht wird!
Das Endziel dieſer Beſtrebungen ſoll alſo nicht
die Forſtwirtſchaft als Selbſtzweck ſein, ſondern die
dauernd beſte Heranziehung des Waldbodens aller
Beſitzformen zur Reinertragshöchſtleiſtung der Wirt-
ſchaft des Geſamtſtaates (vgl. Abſchn. 1). Soll aber
ſolches Beſtreben von Erfolg ſein, ſo müſſen über Ziele
und Wege zuerſt wir Forſtmaͤnner uns möglichſt klar
und einig zu werden ſuchen!
Schluß.
Seit Goethes Wilhelm Meiſter zeigt fih!) im deut-
ſchen Schrifttum ein Spähen nach Selbſterkenntnis, ein
Lernenwollen an den eigenen Erfahrungen, Erfolgen
und Enttäuſchungen, das unter der Wucht unſerer
Kriegserlebniſſe dem Willen zur Heranbildung der
höchſten Volksform durch Züchtung der guten Anlagen
in zielbewußter Selbſtordnung geradezu mit
der Gewalt eines Naturtriebes zum Durchbruch ver⸗
holfen hat. |
In dieſem Sinne und im halbbewußten Banne
der werdenden Ereigniſſe habe ich ein Jahr vor Kriegs⸗
ausbruch am Schluſſe eines volkstümlichen forſtlichen
Schriftchens?) deffen Leitgedanken von der Ausleſe der
Tüchtigen und von dem Genoſſenſchaftsleben im Walde
als die beiden Bergpfade bezeichnet, die, wie den Wald,
ſo auch uns Menſchen in Familie und Volk zu den
Höhen führen.
War das Streben nach Selbſterkenntnis vor dem
Kriege zum großen Teil verbunden mit der zer⸗
ſetzenden Ueberſchätzung des Fremden, ſo hat dieſe
alte, ehrliche, deutſche Selbſtprüfung in der Not des
Krieges immer mehr die Geſtalt aufbauenden
Schaffens angenommen unter Verzicht auf das Fremde
und unter Beſcheidung auf die heimiſchen Mittel. Das
brachte die Umwertung vieler Werte, das brachte auch
die gewaltigen militäriſchen und wirtſchaftlichen Neu⸗
ſchöpfungen, die zum großen Teil wirklich Sprünge
ins Dunkle waren und Sprünge in den Abgrund
hätten werden können, es brachte aber auch die ver⸗
) Bgl. Stefan Zweig in L. Ill. Ztg. v. 18. 1. 17.
) „Wie wächſt der Wald“, Kaiſerslautern 1914 bei Kayſer.
ftandige und opferbereite Gefolgſchaft des deutſchen
Volkes aller Schichten, das im Geiſte des 4. Auguft
1914 fein großes Pfingſtfeſt der politiſchen Mündig⸗
keit erlebte.
Und ſeitdem zeigen fih allenthalben mächtige Ent:
faltungen dieſes Geiſtes, regen ſich aller Orten ſtarke
Kraͤfte und Führer, die jeweils für ihr Gebiet und
von ihrer Warte aus in dieſem Sinne die Kriegs⸗
wirtſchaft geſtalten, und fie auch wieder in die fünf:
tige Friedenswirtſchaft überzuführen gedenken.
Wieweit ſich der deutſche Wille zur Selbſtordnung
künftig auf dem Arbeitsfelde und auf den Grm;
gebieten des Forſtweſens betätigen mag, iſt im
Vorſtehenden mehr anzuregen als darzulegen ver:
ſucht; mehr als ungleichmäßige und unvollftänbige ')
„Andeutungen“ zu bieten oder dieſen wenigſtens die
Stütze des Tatſachenſtoffes zu geben, hat meine Frei⸗
zeit nicht erlaubt; auch das „nonum prematur in
annum“ müſſen diefe Ausführungen völlig entbehren.“
Treten wir nun der Bearbeitung dieſer Zukunft:
aufgaben näher, fo ſehen wir, daß fie faſt jämtlid
auf dem Gebiete des Einrichtens, Organiſierens
liegen, und daß für ſaſt alle diefe Fragen unſere vor
dem Krieg erarbeiteten Ergebniſſe forſtlicher For:
ſchung zunächſt als voll ausreichend erſcheinen. Ez
wird ſonach für die nähere Zukunft im Forſtweſen
richtiger, verdienſtlicher und erfolgreicher ſein, dieſen
eingliedernden, auf⸗ und ausbauenden,
wirtſchaftlichen Fragen die freien und die beften
Kräfte der Wiſſenſchaft wie der Verwaltung vorzugs⸗
weiſe zu widmen und nicht mehr im bisherigen Maße
den mehr zergliedernden, forſchenden, rein
wiſſenſchaftlichen Aufgaben. Letzteres ſind Er⸗
forderniſſe glücklicher vergangener und fpäter wieder
kehrender Friedensjahre, jenes find dringliche Forde
rungen der Gegenwart und der naͤchſten, ſchweren Zeit
nach dem Kriege. |
Für das Forſtweſen hat dieſer Block der Zukunft:
aufgaben noch eine beſondere Seite. Die ge
ſchichtlich erklärliche Eingliederung der forſtlichen Er
zeugung in die Finanzverwaltungen der meiſten Bun⸗
desſtaaten bildet zweifellos eine Gefährdung der ge:
mein⸗wirtſchaftlichen Aufgaben des Forſtweſens, künftig
vielleicht mehr als früher. Dazu kommt noch unser
räumlicher und dadurch leicht auch geiſtiger Abſchluß
von den Gedanken, Schöpfungen und Zielen der
Männer und Frauen anderer Berufe, die in
) So bzgl. des Forſtweſens in den beſetzten Gebieten.
2) Immerhin war es möglich, die Niederſchrift dieſer Ar
beit von einem kleinen Kreiſe meiſt militärischer Fachgenoſſen
beurteilen und in mehreren Einzelpunkten wertvoll und danken
wert ergänzen zu laſſen.
— — — — — —
— — ERTET
Es irn en;
101
den Mittelpunkten des politiſchen Lebens dem Web-
ſtuhl der Zeitgeſchehniſſe näher ſitzen als wir Forſt⸗
leute.
Gegen die Folgen all dieſer Uebelſtände und im
Sinne dieſer Aufgaben des Forſtweſens wie der All:
gemeinheit, gilt es unſererſeits Stellung zu
nehmen. Je raſcher und beffer wir dieje Stellungs⸗
linie unſerer Zukunſtsaufgaben erkennen, beſetzen, aus⸗
bauen, um ſo leichter werden wir ſie halten, um ſo
erfolgreicher von ihr aus weiter wirken können für die
Zeit und in der Zeit nach dem großen Kriege.
Straßburg, Elſ. 3. 3. 1917.
Literariſche Berichte.
Neues aus dem Buchhandel.
Anleitung z. Gewinng. v. Fichtengerbrinde. Hrsg. v. d.
Forstabteilg d. Landwirtschaftskammer f. d. Rheinpro-
vinz. (III, 12 8. m. 4 Taf.) 8°. M. —.30. Forststelle
der Landwirtschaftskammer f. d. Rheinprovinz in Bonn,
Endenicher Allee 60.
Berichte des Forſt⸗Vereines f. Oberöſterreich u. Salzburg.
Red. v. Oberforſtr. Franz Gabriel. 1916. 55. Bd. 1. u.
2. Heft. (III, 55 S. m. Abb. u. 8 Taf.) 8%. M. 2.40.
E. Mänhardt in Gmunden.
Förſter, Der. Qand- u. forſtwirtſchaftl. Kalender f. Forſt⸗
ſchutzbeamte. 1917. Hrsg. vom prakt. Forſtmanne Th.
Canrad. [Kleine Ausg.] (288 S.) kl. 8° Lwbhd M. 1.80;
Lorbd. M. 2.40; große Ausg. Lwbd. M. 2.20; Ldrbd. M. 2.75.
Buftan Röthes Buchdr. u. Verlag „Der Geſellige“ in
Graudenz. ;
Forſtkalender, Schweizeriſcher. Taſchenbuch f. Forſtweſen,
Holzgewerbe, Jagd u. Fiſcherei. 12. Ig. 1917. Hrsg. v.
Forſtverwalt. Roman Felber. (IV, 252 S. u. Schreib⸗
kalender.) kl. 8%. Lwbd. M. 250. Huber & Co., Vers
lags⸗Konto, in Frauenfeld.
Kalnein, E. Graf: Planmäßiger Beſchuß d. Rehſtandes, e.
Mittel z. Förderung d. Gehörnſtärke. (Jahrbuch d. In⸗
ftitut8 f. Ingdkunde Neudamm u. Berlin⸗Zehlendorf. 3.
Bd. 1914/16. 4. Heft.) Mit 6 Textabb., 3 Taf. u. e. Tab.
(Lex.⸗8o, S. 145—174.) M. 1.—. J. Neumann in Neus
damm.
Lebl, M., Hofgärtner a. D.: Die Champignonzucht, 7., erw.
Aufl., hrsg. v. Abt.⸗Vorſteh. Fachlehr. Garten⸗Inſp. G.
A. Langer. Mit 35 Textabb. (VIII, 97 S.) 80. Kart.
M. 2.—. Paul Parey in Berlin.
Micklitz, Th.: Beſtandeswirtſchaft u. Altersklaſſenmethode.
(V, 73 S.) gr. 8%. M. 2.50. Franz Deuticke in Wien.
Oertzen, M., Oberforstmstr.: Anleitung z Gewinng. d. Buch-
mast d. J. 1916. (S.-A. a. d. Natur wissenschaftl. Zeit-
schrift f. Forst- u. Landwirtschaft.) Mit 1 Abb. (4 S.)
Lex.-do. M. . 15. Eugen Ulmer in Stuttgart.
Paul, Thdr.: Untersuchungen üb. d aus Fichtensamen ge-
wonnene Oel, m. bes. Berücks. seiner Verwendg. als
Speiseöl im Kriege. [Mitteilg. aus d. Laborat. f. ange-
wandte Chemie an d. Universität München.] (S.-A. a. d.
Naturwissenschaftl. Zeitschrift f. Forst- u. Landwirtschaft.)
(3 S.) gr. 8. M. —.25. Eugen Ulmer in Stuttgart.
Perfonal-Berzeichnig der kgl. ſächſ. Staats⸗Forſtverwaltung
auf d. J. 1917. (65 S.) 8. M. 1.25. C. Heinrich in
Dresden.
Reſultate d. Forſtverwaltung im Reg.⸗Bez. Wiesbaden. Ig.
1914. Hrsg. v, d. tgl. Regierung zu Wiesbaden. (12 u.
54 S.) Lex.⸗8o. M. 2.—. P. Plaum in Wiesbaden.
1917
Rohstoffe, Die, d. Wirtschaftsgebietes zwischen Nordsee u.
Persischem Golf. Hrsg. v. Prof. Dr. A. Binz. 2. Heft.
(Binz, A., A. Leppla u. A. Schwappach: Waldbestände
u. Wasserkräfte.) gr. 8%. VI, 63S. m. 2 Karten. M. 8.-.
Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig.
Tubeuf, C. von, Anbau d. Sonnenblume. [Helianthus annuus.]
(S.-A. a. d. Naturwissenschaftl. Zeitschrift f. Forst- u.
Landwirtschaft.) (3 S.) gr. 8°. M. —.15. Eugen Ulmer
in Stuttgart.
Tubeuf, C. von, Harznutzung d. (Kiefer od.) Föhre.
a. d. Naturwissenschaftl. Zeitschrift f. Forst- u.
wirtschaft.) Mit 9 Abb. (10 S.) gr. 8°. M.
Eugen Ulmer in Stuttgart.
Tubeuf, C. v.: Fichtensamen als Quelle v. Speiseöl.
a. d. Natur wissenschaftl. Zeitschrift f. Forst- u.
Virtschaft.) (16 S.) gr. 8. M. —.30. Eugen
in Stuttgart.
Wislicenus, H., Prof. Dr.: Zur deutschen Terpentingewinng.
m. geschlossenen Baumverwundgn. (S.-A. a. d. Natur-
wissenschaftl. Zeitschrift f. Forst- u. Landwirtschaft.)
Mit 6 Abb. (12 S.) gr. 8. M. —.60. Eugen Ulmer
in Stuttgart.
(S.-A-
Land-
—.60.
(S.-A.
Land-
Ulmer
Die Vedentung der Vinneufiſcherei in der
Ernährung des deutſchen Volkes. Vortrag,
gehalten in der Hauptverſammlung des deutſchen
Fiſcherei⸗Vereins am 23. September 1916, von
Dr. A. L. Buſchkiel. K. B. Hofbuchdruckerei von
Gebr. Reichel in Augsburg.
Diejenigen Tiere, für welche Futter in Fülle vor⸗
handen ift, welche ſich ſtark vermehren, ſchnell wachſen,
früh Fortflanzungsreiſe erhalten und ein nahrhaftes
Fleiſch geben, ſtehen jetzt im Vordergrund des allge⸗
meinen Intereſſes. Vom Geflügel und Kaninchen
wird gegenwärtig viellei ht mehr geſprochen als vom
Großvieh. Man ſollte auch erwarten, daß die Be⸗
deutung der Fiſche, die wir im eigenen Lande erzeugen
können, außerordentlich zugenommen hat; denn der
Fiſch ſcheint auf den erſten Blick bezüglich Vermehrung
und Futterbedarf den Zeitforderungen am beſten zu
entſprechen; er vermehrt ſich durch Tauſende bis Mil⸗
lionen von Eiern, und er ernährt ſich nicht nur von
Abfällen, wie es das Kaninchen zum Teil tut, ſondern
14
102
von der winzigen Kleintierwelt, die am Ufer und
Grunde der Gewäſſer lebt und im Waſſer in Un⸗
mengen herumſchwarmt. Wir ſehen in vielen Gewaͤſſern
ungeheure Mengen kleiner Fiſche, haben vielleicht Ge⸗
legenheit, reiche Faͤnge zu beobachten, drängt fidh da
nicht der Gedanke auf, daß die Binnenfiſcherei berufen
fein müßte, Nahrung in großen Mengen herbeizu⸗
ſchaffen? Und doch merken wir wenig von einem
Fiſchüberfluß. Beſonders in den Großſtädten wird
der Mangel an Fiſchen ſehr empfunden. Wirft man
aber einen Blick auf die Speiſekarten der Gaſthäuſer
oder ſieht man dem Treiben an der Zentralmarkthalle
in Berlin etwa zu, dann kommt man zu der Erkeunt⸗
nis, daß die Ernte aus unſeren Gemaffern doch recht
beträchtlich ſein und gegenwärtig eine gewiſſe Rolle in
der Volksernährung ſpielen müßte.
Nach dieſen einleitenden Ausführungen ſpricht Re-
ferent ſein Bedauern über das Fehlen einer Fiſcherei⸗
ſtatiſtik aus; nur in einigen Landesteilen ſei es den
Fiſcherei⸗Vereinen gelungen, Ueberſichten über die
Fiſchereierträge aus den Teichen aufzuſtellen. So habe
der Bayr. Landesfiſcherei-⸗Verein 1904 eine Statiſtik
unter Mitwirkung der Verwaltungsbehörden durch⸗
geführt. Da aber eine ſolche Statiſtik für das ganze
Reich fehle und daher eine den volkswirtſchaftlichen
Erforderniſſen entſprechende Verteilung der Teichfiſche
nur während des Krieges nicht nützlich geweſen fii,
habe man als Notbehelf durch eine Kriegsgeſellſchaft
für Teichfiſchverwertung verſucht, wenigſtens die Ern te
der größeren Teichwirtſchaften zu ermitteln und feſt⸗
zuſtellen, welchen Weg die Fiſche bis zum Verbraucher
gehen. -
Ueber die Ertragsfähigkeit der bayr. Gewäſſer an:
geſtellte Erhebungen hätten ergeben, daß die rund
15 000 ha umfaſſende Fläche von 28 000 Teichen
einen jährlichen Zuwachs von 30 000—35 000 Zentner
im Werte von 2—3 Millionen Mark bringe. Die
Berechnung der Erträgniſſe aus fließenden Ge⸗
wätrjern von mehr als einem Meter Breite, die ing:
geſamt eine Strecke von 70 000 km Länge darſtellen
würden, habe 85 000 Zentner im Werte von 2,5 Mil⸗
lionen Mark ergeben. Die bayr. Seen mit Aus⸗
ſchluß des Bodenſees umfaſſen etwa 25 000 ha Fläche
mit einem Ertrage vou 2000 - 7500 Zentnern im Werte
von 500 000 Mk. Der Geſamtertrag der bayr. Ge⸗
wäſſer mit Ausſchluß des Bodenſees und der weniger
als einen Meter breiten Bäche beliefe ſich auf rund
75 000 Zentner Fiſche im Werte von 5 500 000 Mk.
Für Preußen könnten zahlenmäßige Angaben nicht
gemacht werden. Preußen ſei aber fiſchereilich viel er:
tragsreicher wie Bayern. Seine fiſchereilich nutzbare
Fläche ſei viel größer. Vor allem kämen die großen,
vielfach ſehr fruchtbaren Seen öſtlich der Elbe ſowie
die reichen breiten, langſam fließenden fiſchreichen Strome |
—
Brandenburgs, Oft: und Weſtpreußens und Pommernz
in Betracht. Die Seenfiſcherei habe in neuerer Zeit
dank der Hilſe des Staates einen großen Auſſchwung
genommen; teils durch Beſetzung der Gewaffer mit
Erzeugniſſen der Teichwirtſchaft und der künftlichen
Fiſchzucht, vor allem aber durch die Errichtung des
kgl. Inſtituts für Binnenfiſcherei. Dieſes Inſtitut
habe ſehr befruchtend auf die Seenfiſcherei gewirkt und
mit alten ſchädlichen Theorien, beſonders mit der übe:
triebenen ſozialen Schonung der Gewäſſec aufgeräumt.
Die Lehren dieſes Inſtituts hätten auch viel dazu be:
getragen, daß man während des Krieges manche Bor:
ſchriften, welche die Ausnutzung der Gewäſſer mehr
als nötig beſchraͤnkten, aufgehoben habe. Die Be
ſeitigung überflüſſiger oder unzweckmäßiger Fangver⸗
bote ſei entſchieden ein Vorteil, den der Krieg gebracht
habe. Aber es fet nicht leicht, die Grenze zu finden.
So habe man z. B. völlige Freigabe der Fiſcherei für
jedermann waͤhrend des Krieges verlangt. Von einer
ſolchen Maßnahme würden nur die Elemente Ruben
gehabt haben, die trotz des herrſchenden Mangels an
Arbeitskräften über viele freie Zeit verfügten; jede ge
ordnete, rationelle Fiſchereiwirtſchaft werde außerdem
geſtört. Die Allgemeinheit habe das größte Intereffe
daß unſere Fiſcherei möglichſt große Mengen guten
Fiſchfleiſches erzeuge; dies könne aber nur durch fad:
männiſch betriebene Fiſchereiwirtſchaft erreicht werden.
Dr. Buſchkiel geiſelt dann das Vorurteil, das ud
in neiten Kreijen herrſche, daß ein zu Markt gebrachten
Süßwafferfiſch leben müſſe, um vollwertig zu jen
Dieſem Vorurteil könne nicht energiſch genug entgegen:
getreten werden,) denn welch bedeutende Exfpamifi
könnten erzielt werden, wenn auch nur die billigen
Süßwaſſerfiſche, wie es in Mecklenburg, Pommern,
Weft: und Oſtpreußen ſchon längſt geſchehen, getötet
auf den Markt kämen.
Zur guten Verwertung der Fiſche gehöre auch em
richtige Zubereitung. Die Klage, daß Fett für die Ju
bereitung fehle, ſei unbegründet, es gebe allerhand
Methoben der fettloſen Zubereitung. Der Fiſch folk
in ſeinem eigenen Safte gedämpft oder in ſeinem eigenen
Fett mit geringſter Fettzugabe gebraten werden. Eine
Unſitte jet es, Fiſchfleiſch fo von den Gräten zu trennen.
—— —
daß viel Eßbares verloren gehe. Kleine, billige Filke `
ließen fih gut verwerten, wenn man fie mit den Gräten
fein hacke (am beſten nach Entfernung von Kopf und
Schuppen in einer Fleiſchhackmaſchine), würze, mit ge:
riebenen Kartoffeln oder Brot vermenge und auf einer
1) Wir verweiſen in dieſer Beziehung auf den Auffaß
im Februarheft 1916: „Verwertung der Süßmaſſerfiſche 1t
beſondere der Forellen“ von Geheimrat Eberts⸗Caſſel.
108
Sparpfanne backe oder mit Mehlteig gebunden in Form
von Klößen koche.
Mit Rüdfiht auf den Futtermangel habe die
deutſche Teichwirtſchaft ſich mit Recht im allgemeinen
auf den Standpunkt geſtellt, im Kriege ohne Fütterung
auszukommen. Der Kleinteichwirt habe ſchon zu
Friedenszeiten in der Regel in ſeine Teiche nicht mehr
Fiſche geſetzt als darin natürliche Nahrung hätten
finden können: Viele Großteichwirte hätten aber in
Friedenszeiten aufs intenfivfte gewirtſchaftet, die Teiche
ſo ſtark beſetzt, daß künſtliche Fütterung nötig geweſen
ſei. Im Kriege ſei nun das Futter mehr und mehr
zur Neige gegangen und die Fiſcherzeugung ſei dauernd
verringert worden. Hätte die Teichwirtſchaft ſich mit
allen Mitteln bemüht, wäre es ihr wohl gelungen,
mehr Futtermittel zu echalten oder aber eine Hinauf⸗
ſetzung der Höͤchſtpreiſe für Karpfen und Schleien zu
erwirken, welche den Zukauf von teuren Futtermitteln
erlaubt hätten. Die Vertreter der Teichwirtſchaft
hätten aber die volkswirtſchaftliche Notwendigkeit er⸗
kannt, ſobald wie möglich zum extenſiven Betrieb ohne
Zufütterung überzugehen. Inſolgedeſſen hätten viele
große Opfer bringen müſſen, und es ſei ganz falſch,
wenn man annähme, daß die neuen Hidftpreife für
Karpfen und Schleien zur Bereicherung der Teichwirte
führten. i
Der ſtarke Rückgang der Fiſcherzeugung in Teichen
ſei eine nützliche Lehre des Krieges. Es ſei noch nicht
lange her, da hätte man behauptet, die Fiſcherei in
den offenen Gewäſſern habe keine Zukunft, ſie müſſe
wichtigeren Intereſſen weichen, aber die Teichwirtſchaft
ſei ſehr entwicklungsfähig. Heute ſehe man, daß dieſe
Auffaſſung nicht richtig ſei. Wohl ſeien noch längſt
nicht alle nutzbaren Teiche einer rationellen Bewirt⸗
ſchaſtung zugeführt, viel ſumpfiges Gelände, das nur
ſchlechte Wieſen⸗ oder Forſtnutzung zulaſſe, aber der
Fiſchzucht gut dienen konne, liege brach, aber die Groß⸗
teichwirtſchaft habe wohl abgeſehen von der Teich:
düngungsfrage im allgemeinen die Grenzen einer all:
gemeinnützlichen Entwicklung ſchon überſchritten.
Man habe ferner oft geſagt, daß die Forellenzucht
in ihrer volkswirtſchaftlichen Bedeutung laͤngſt nicht
an die Karpfen⸗ und Schleienzucht heranreiche. Zweifel⸗
los habe eine Forellenzucht in Teichen, bei denen Futter⸗
mittel verbraucht würden, verhältnismäßig geringe
Bedeutung, ſie könne jetzt ſogar volkswirtſchaftlich
ſchaͤdlich werden, wenn Futtermittel verbraucht würden,
die zu anderer Fleiſcherzeugung beſſer auszunützen
ſeien, denn die Forelle ſei ein ſchlechter Futterverwerter.
Aber die Forellenzucht ſei ſehr wertvoll, wenn ſie der
Erzeugung von Beſatzmaterial für offene Gewaͤſſer
diene. Noch immer lägen eine Menge Gewäſſer brach,
in denen die Forelle ſich nicht oder nur wenig auf
à
natürlichem Wege vermehre, aber ſehr gut zum Speiſe⸗
fiſch herangezogen werden könne. Ebenſo wie die
Forellenzuchtanſtalten hätten die Hecht⸗ und Zander⸗
brutanſtalten Bedeutung für die Beſetzung von Wild-
gewäſſern, ferner die Maränen⸗ und Felchenbrutan⸗
ſtalten. Große Erfolge habe auch die Lachseiererbrütung
gebracht. Die Beſetzung der Sttöme mit Lachsbrut
jet beſonders wichtig, weil hohe Wehre den Aufitieg
derſelben zu ihren natürlichen Laichplätzen verhinderten.
Würde keine Brut ausgeſetzt, dann hätte die ſtetige
Verſchlechterung der natürlichen Vermehrungsmöͤglich⸗
keiten ſchon längſt zu einer faſt gänzlichen Vernichtung
der Lachsfiſcherei geführt. Mit der Lachsfiſcherei ſtehe
es übigens keineswegs überall ſchlecht, an der Nord-
und Oſtſeeküſte und im Unterrhein, ſowie in manchen
Küſtengewaͤſſern ſei fie noch recht bedeutend und fie
wäre durch die künſtliche Lachszucht noch weiter ent-
wicklungsfähig, wenn nicht Waſſerverunreinigung und
rückſichtsloſe Stromverbauung ſchädigend einwirkten.
Von großer Bedeutung ſei auch die Aalfiſcherei. Da
der Aalaufſtieg durch die Flußverbauungen ſtark be⸗
hindert werde, fange man junge Aale in den Fluß⸗
mündungen und ſetze ſie im Oberlauf der Flüſſe wieder
aus. Manche Gewäſſer könnten erft durch Aale richtig
ausgenützt werden. Der Aal ſei nämlich ein ſehr
wirtſchaftlicher Fiſch, weil er ein eifriger Räuber ſei
und dank ſeiner Körperform an viele Stellen gelange,
wo andere Fiſche nicht hinkämen. Er nütze alſo Nahrung
aus, die ſonſt verloren ginge. Da der Aal in Bezug
auf die Reinheit des Waſſers anſpruchlos ſei, paſſe er
für manche ſonſt fiſchereilich wenig wertvollen Bewäfler.
Die gleiche Eigenſchaft habe die Karauſche, die ſich
außerdem ſehr ſtark vermehre und ein recht ſchmack⸗
hafter Fiſch ſei. Aus guten Gründen habe man ihr
bisher keine hervorragende Stelle in der Fichzucht ein⸗
geräumt. Sie wachſe ſehr langſam, vermehre ſich ſehr
ſtark, es trete daher leicht eine Uebervölkerung ein.
Eine ſehr dankbare Aufgabe waͤre die Heranzüchtung
einer ſchnellwüchſigen Karauſchenraſſe. Die beſten Sach⸗
kenner hätten den Wert des jährlichen Rohertrags un⸗
ſerer Binnenfiſcherei auf über 100, ja 120 Millionen
Mark geſchätzt und feien der Anſicht, daß die Ertrags⸗
fähigkeit ſich in mehreren Jahren auf das doppelte, ja
dreifache ſteigen laſſe.
Zunächſt müßten die Schwierigkeiten, mit denen
die Fiſcherei gegenwärtig zu kämpfen habe, aus dem
Wege geräumt werden. Abgeſehen von dem Arbeiter⸗
mangel, ſowie dem Mangel an Netzen und Futter-
mitteln wirkten ungünftig auf die Fiſcherei die Höchſt⸗
preiſe und zwar hauptſächlich dadurch, daß folde für
die großen Städte, aber nicht für das Land beſtänden.
Hierdurch ſei die Verſorgung der Hauptmärkte ins
Stocken geraten, ferner die unerfreuliche Regelung der
14*
104
Einfuhr der Süßwaſſenfiſche aus dem Ausland. Weiter
komme eine ſtärkere und zwedmäßigere Beſetzung der
Wildgewaͤſſer mit jungen Fiſchen und eine Erhöhung
der dieſen Zwecken dienenden Zuſchüſſe des Reichs und
der Einzelſtaaten in Frage. Die Organiſation des
Fiſchweſens laſſe noch ſehr viel zu wünſchen übrig;
vor allem fehle es in den meiſten Staaten an ent:
ſprechend vorgebildeten Fachbeamten. Auch das Vereins⸗
und Genoſſenſchaftsweſen ſtehe noch auf einer recht
entwicklungsfähigen Stufe. In dem Kampfe zwiſchen
Fiſcherei und Induſtrie huldige man der Anſicht, daß
die beiderſeitigen Intereſſen unvereinbar ſeien. Meiſt
hätte die Fiſcherei der Induſtrie gegenüber zurück treten
müſſen, weil man ihren Wert unterſchätzt habe. Erft
neuerdings gelinge es der Fiſcherei mehr und mehr ſich
durchzuſetzen. Die rechtlichen Grundlagen hierzu ſeien
durch die neuen Waſſergeſetze und Fiſchereigeſetze ge⸗
geben, es bleibe aber noch zu wünſchen, daß die Fiſcherei
geſchickte Verteidiger finden möge, die Wege ſuchten,
die wiederſtreitenden Intereſſen in gerechter Weiſe aus⸗
zugleichen. Unbedingt nötig fet es, daß überall, bee
ſonders auch in Preußen eine genügende Zahl fach⸗
männiſch vorgebildeter Oberfiſchmeiſter oder ſonſtiger
Fachbeamter angeſtellt, und daß für die Reinhaltung
der Gewäſſer mit allen Kräften geſorgt werde. Durch
die Einführung der künſtlichen Düngung ſtehe die Teid-
wirtſchaft vor einer neuen Entwicklungsperiode. Prof.
Dr. Hofer habe hiermit Mehrerträge bis zu 100%
gegenüber den ungedüngten Teichen erzielt. Die ver⸗
wendeten Düngemittel ſeien inländiſchen Urſprungs ge⸗
weſen, ſtänden alſo auch waͤhrend des Krieges dem
Teichwirt in gewiſſen Mengen zur Verfügung. Es ſei
zu hoffen, daß mit Hilfe der Teichdüngung der Aus⸗
fall von Fiſchfleiſch, der infolge Ausbleibens von Futter⸗
mitteln für die intenſive Zucht entſtehe, wenigſtens
einigermaßen ausgeglichen werde. Ferner komme die
Verwertung der ſtädtiſchen Schmutzwaſſer zur Teich⸗
düngung in Frage. Bevor die Abwäſſer in die Teiche
gelangten, würden große Fäkalſtoffe durch Siebe auf⸗
gefangen — dieſe würden getrocknet und landwirt⸗
ſchaftlich verwertet —, dann würden die Abwäſſer ſtark
mit Friſchwaſſer verdünnt und in die Teiche geleitet.
Hier zerſetzten unter der Einwirkung der Sonne Bak⸗
terien die feinen Fäkalſtoffe, es entſtehe eine reiche,
niedere Tierwelt, die von den Fäkalbakterien lebe, dieſe
niederſte, winzige Tierwelt diene etwas größeren Tieren,
Würmern, Inſektenlarven uſw. zur Nahrung und dieſe
wiederum den Fiſchen. Die Teiche blieben ganz klar
und die Fiſche ſelbſt kämen mit den Fäkalien in gar
keine Berührung.
Umgekehrt wie in Teichen wirkten ungeklärte ſtädtiſche
Abwäſſer, ſowie Abwäſſer von Zuckerfabriken, Bren⸗
nereien, Holzſtoffinduſtrien uſw.) in ſchnellfließenden
Gewäſſern, verſchmutzend und es entſtehe hier eine der
Fiſcherei ſehr ſchädliche Bakterienwelt.
Schließlich macht Referent Mitteilung über die Ge-
winnung von Oel aus dem Eingeweide von Aeſchen.
Eine Oelfabrik habe aus dem Eingeweide von 40 Pfund
Aeſchen 1 Pfund dünnflüffigen gelben Oels gewonnen,
welches einen Fettgehalt von 99,3% gehabt habe und
ſich zur Herſtellung techniſcher Fette, zur Seijener:
zeugung, Verwendung in der Textilinduſtrie und zu
vielen anderen Zwecken eignen und einen Wert bis m
600 Mk. für den Doppelzentner haben würbe.
Dr. Buſchkiel ſchloß feinen intereſſanten Vortrag
mit dem Hinweis, daß die Bedeutung, die die Fiſchere
im Kriege gewonnen, fih wohl nicht fo bald verlieren
werde, daß wir nach dem Kriege vielmehr in ein
Wirtſchaftsperiode ſtärkſter Eigenerzeugung eintteten
würden und die Binnenfiſcherei dann berufen ſei, dazu
beizutragen, daß ein altes Kaiſerwort in neuem Be:
wande wahr werde: „Deutſchlands Zukunft liegt 7
unter und über dem Waſſer!“
Fichtenſamen als Quelle von Speiſeöl. Vn
C. von Tubeuf. Sonderabdruck aus be:
Naturwiſſenſchaftlichen Zeitſchrift fin
Forſt⸗ und Landwirtſchaft. Herausge⸗
geben von Prof. Dr. Freiherr von Lu:
beuf. Verlag von Eugen Ulmer in
Stuttgart.
Für die Gewinnung des Fichtenſamens gibt Ber.
folgende Anleitung:
1. Bei den Herbſt⸗ und Winterfällungen find be
Zapfen fortlaufend, womöglich täglich zu ſammeln unt
zu bergen d. h. in Säcken oder Kiſten unter Dach zu
bringen.
2. Beim Sana konnen Weiber und Kinde
mitwirken.
3. Es ſollen womöglich nur gute, geſunde Sapien
geſammelt werden; uncntwidelle, kranke, verkrümmt
und mit Harz ganz übergoſſene, die offenfichtlich far
von Inſekten angebohrt find, folen ausgeſchloſſe
bleiben. Die Unterſchiede müſſen den Sammlern durd
Vorzeigen der Objekte klar gemacht werden, doch fol
dabei nicht ängſtlich verfahren werden.
4. Die Zapfen können auf luftigen, trocknen Ep
chern aufgeſchüttet werden; kommen hier ſchon Samet
zum Ausfall, ſo werden ſie zuſammengekehrt und bleibe
bis zur Abſendung offen oder bei Mäuſegefahr in ge
ſchloſſenen Kiſten liegen.
5. Die Zapfen werden partienweiſe in offenen Mifte
in geheizten Räumen (in den Holzhauerwohnungen. m
Schulhäuſern, Gemeinde⸗Räumen, SForfthäufern ulm)
am Ofen jo lange getrocknet bis die Samen ausfallen.
JJV ⁵²mÄh; nee ] .. ͤ . f Ne
105
6. Die Samen find in Säcken oder Riften zur
Entflügelung und Reinigung an die Klenganſtalt zu
ſenden, von der die gereinigten Samen geſammelt und
an die Oelfabrik weiter geleitet werden.
7. Die Zapfen verbleiben denen, welche die Zapfen
entſamen, als ein wertvolles Heizmaterial. Für die
abgelieferte Samenmenge konnte eine dem Gewichte
entſprechende Entlohnung gegeben werden, ſofern die
Dienſte nicht etwa freiwillig geleiſtet werden.
Ferner macht von Tubeuf intereſſante Angaben
über den Gehalt der Samen von Fichte und anderen
Nadelhölzern an Oel und anderen Subſtanzen, ſowie
über die Verwendung des Oels als Speiſe⸗ und Brennöl,
fowie zur Oelfarben⸗ und Firnisſabrikation. E.
Anleitung zur Gewinnung von Fichtengerb
rinde. Herausgegeben von der Forſtabteilung der
Landwirtſchaftskammer für die Rheinprovinz. Berlin
1916. F. A. Günther und Sohn, Aktien - Gef.
Berlin SW. II (die Lederinduſtrie; Ledertechniſche
Rundſchau). Preis: 30 Pfennig.
Die große Bedeutung, die der Fichtenrinde für die
Deckung unſeres Bedarfs an Gerbſtoffen, die vor dem
Krieg zu ½ aus dem Auslande bezogen wurden, zu:
fällt, hat die Forſtabteilung der Landwirtſchaftskammer
für die Rheinprovinz zur Herausgabe dieſer Schrift
veranlaßt. |
In fieben Abſchnitten wird in derſelben behandelt:
1. Die Bedeutung der Fichtenrinde als Gerbſtoſſ.
2. Die Menge der in Deutſchland zu gewinnenden
Fichtenrinde.
3. Das Schalen der Fichtenrinde
a) das Schälen des Sommerholzes
b) das Schälen des im Winter gefällten Holzes.
4. Die Bedenken gegen die Sommerfällung des
Fichtenholzes.
5. Das Trocknen der Rinde.
6. Der Verkauf der Rinde
a) die Verkaufſseinheit
b) Verkaufsergebniſſe.
7. Die Entlohnung der Arbeiter.
Acht gute Abbildungen veranſchaulichen die Lehr:
reichen wertvollen Darlegungen, die das Schriftchen
enthält. Da die rechtzeitige und ausreichende Beſchaf⸗
fung von Gerbſtoffen im vaterländiſchen Intereſſe liegt,
kommt dieſe Anleitung gerade zur rechten Zeit. Eine
möglichſt weitgehende Verbreitung iſt der dankenswerten
Arbeit zu wünſchen und mit Rückficht auf den außer:
ordentlich geringen Preis auch wohl zu erwarten!
E.
Die preußiſche Jagdordnung nebft Sonder:
recht Hannovers und Helgolands ſowie
ergänzeuden Geſetzen. Anhang: Kriegsverord⸗
nungen. Mit Erläuterungen von Dr. jur. Werner
Brandis, Amtsricher a. D. in Berlin = Lichterfelde.
Zweite, vermehrte Auflage. Cöthen⸗Anhalt. Paul
Schettlers Erben, Geſellſchaft m. b. H. Preis:
2,40 Mk.
Außer der Jagdordnung vom 15. Juli mit aus⸗
führlichem Kommentar werden in einem beſonderen Ab⸗
ſchnitt die Ergänzungen der 2. Auflage zuſammengeſtellt,
die ſich beziehen auf Anordnungen hinſichtlich den Be⸗
ſtimmungen über: jagdbare Tiere (Muffelwild, Bronze⸗
puter oder Trutwild), den Stempel der Jagdſcheine,
das Vogelſchutzgeſetz, ſowie auf die Kriegsverordnungen
des Reichs und Preußens. Ferner werden mitgeteilt
das Reichsvogelſchutzgeſez vom 22. März 1888, die
die Jagd betreffenden Beſtimmungen aus dem Reichs⸗
ſtrafgeſetzbuch, insbeſondere die Beſtimmungen über
Widerſtand gegen die Staatsgewalt, das preuß. Geſetz
über den Waffengebrauch der Forſt⸗ und Jagdbeamten
v. 31. Maͤrz 1837 mit der zugehörigen Inſtruktion
v. 17. April 1837 und ihrer Abänderung v. 14. Juli
1897, die Polizeiverordnungen über die Sonntagsruhe,
die den Jäger intereſſierenden Beſtimmungen aus dem
preußiſchen Feld⸗ und Forſtpolizeigeſetze, die neueren
Kriegsverordnungen u. a. m.
Die Materie wird klar und erſchöpfend behandelt.
In den Abſchnitt „der Stempel der Jagdſcheine“
hatte unter Hinweis auf Tarifſtelle 31 Abſ. 2 des
Stempelſteuergeſetzes v. 30. Juni 1909 bemerkt werden
müſſen, daß ein Stempel für die unentgeltlich zu er⸗
teilenden Jagdſcheine nicht zu erheben iſt. |
Das Buch wird ſicherlich in Jägerkreiſen viele Ab-
nehmer finden, umſomehr da auch der Preis ein aäußerſt
billiger iſt. E.
Novellen aus dem Tierleben. Entnommen aus
dem Werke: Lebensbilder aus der Tierwelt von
H. Meerwarth und Karl Soffel. Sieben Novellen
mit 116 urkundtreuen Photographien nach dem Leben.
R. Voigtländer's Verlag in Leipzig. Preis: geb.
3 Mk.
In ſieben Novellen mit vielen photographiſchen
Freiaufnahmen wird das Leben und Treiben des Wald:
kauzes und der Raben: und Nebelkrähe von Hermann
Löns, der Sumpfohreule und des Buchfinks von Elſe
Soffel, der Seeſchwalbe von Otto Leege, der Saat:
kraͤhe von A. Bülow und des Cormorans von Hugo
Otto in friſcher, ee oft humoriſtiſcher 5
geſchildert.
ul.
Briefe
Aus Preuſen.
Zur Preußiichen Uerwaltungs-Reform.
Infolge des im Februarhefle mitgeteilten Allerh.
Erlaſſes vom 19. Januar 1917 wird nun wohl die
preußiſche Verwaltungsreform etwas ſchneller in Fluß
kommen. Es dürfte daher angezeigt erſcheinen, die
hierüber bisher veröffentlichten Anſichten, ſoweit fie die
Reform der Forſtverwaltung betreffen, in kurzen Um:
riſſen zuſammenzuſtellen.
Hierbei handelt es ſich im weſentlichen um zwei
Fragen: 1. um die Organiſation der Regierungsab⸗
teilung für direkte Steuern, Domänen und Forſten
und 2. um die forſtlichen Inſtanzen dieſer Abteilung
und die damit zuſammenhängende Erweiterung der
Befugniſſe der Revierverwalter.
1. Die Organiſation der Regierungs⸗-⸗Ab⸗
teilung für Domänen und Forſten.
Die „Novelle zum Landverwaltungsgeſetz“, welche
im Jahre 1914 dem preußiſchen Landtage von der
Staatsregierung vorgelegt worden, aber infolge des
Krieges noch nicht zur Beratung gekommen iſt, ſieht
die Aufhebung der kollegialen Verfaſſung der noch be⸗
ſtehenden Regierungsabteilungen und die Uebertragung
deren Geſchäfte an den Regierungspräſidenten vor.
Alle Forſtverwaltungsbeamte, die ſich über dieſe grund:
legende Frage geäußert haben, haben ſich mit einer
einzigen Ausnahme entſchieden gegen die Aufhebung
der Kollegialverfaſſung ausgeſprochen, und die eine hier⸗
von abweichende Stimme (Regierungs: und Forſtrat
Dr. Laspeyres) hat auch nicht unmittelbar gegen die
Beibehaltung Stellung genommen, es vielmehr für
bedeutungslos bezeichnet, nach welcher Seite hin die
Entſcheidung fallen werde. Auch mehrere Parlamen⸗
tarier ſind für die Beibehaltung der kollegialen Ver⸗
faſſung eingetreten.
Regierungs⸗ und Forſtrat Dr. Laspeyres: Es
würde verfehlt ſein in der Staatsforſtverwaltung die
Dreiteilung der forſtlichen Behörden in Zentral-, Be-
zirks⸗ und Lokalinſtanz zu beſeitigen. Eine Reform
der Organiſation der forſtlichen Bezirksinſtanz wird
von allen Seiten anerkannt. Die bisherige Verbindung
zwiſchen der Staatsforſtverwaltung und der Bezirks⸗
regierung iſt eine ſtaatliche Notwendigkeit, dagegen be⸗
darf die Stellung der Staatsforſtverwaltung im Or⸗
ganismus der Bezirksregierung nach dem einſtimmigen
Wunſche aller Forſtverwaltungsbeamten inſofern drin⸗
gend einer Aenderung, als ihre Vereinigung mit der
Domänenverwaltung zu einer Abteilung, in der der
Oberforſtmeiſter neben dem Oberregierungsrat der Do⸗
mänenverwaltung nur Mitdirigent iſt, beſeitigt werden
muß. Ob nun die Forſtverwaltung als ſelbſtändige
Fachabteilung mit kollegialer Verfaſſung organifiert
oder ob fie mit bürokratiſcher Verfaſſung der Prafidial:
abteilung angegliedert wird, iſt eine Frage ohne große
praktiſche Bedeutung.
Für die erſte öſung läßt fic) anführen, daß die
Staatsforſtverwaltung in erſter Linie eine große Ver⸗
mögensverwaltung iſt, deren Erträge zur Deckung
öffentlicher Ausgaben beſtimmt find. Dieſe Verwaltung
fo alfo jo geführt werden, daß Beſchwerden oder Be⸗
vorzugung oder Zurückſetzung einzelner Perſonen oder
Bevölkerungsklaſſen nach Möglichkeit vermieden werden.
Hierfür würde die kollegialiſche Verfaſſung an
und für ſich eine beſſere Bürgſchaft bieten als die |
bürokratiſche unter der Leitung eines politiſchen Be: |
amten. Dagegen läßt fih jedoch einwenden, daß ſchon
jetzt die beſtehende kollegiale Verfaſſung tatſaͤchlich nur
auf dem Papier ſteht, daß Mehrheitsbeſchlüſſe inner: _
halb der Abteilung für Domänen und Forſten nur
aͤußerſt felten herbeigeführt und ſchon jetzt faſt al
ſchwierigen Entſcheidungen auf dem Wege der perfin: |
lichen Rückſprache und des Vortrages beim Regierung: |
präfidenten getroffen werden. Das Bedenken, der
Regierungspräſident möchte bei Einführung des Präfe: |
turſyſtems in der Forſtverwaltung zu ſehr exponiert
werden und leichter in den Verdacht geraten, die Fort
verwaltung feinen politiſchen Zwecken dienſtbar zu |
machen, wird ferner dadurch abgeſchwächt, daß bi
forſtlichen Dezernenten die Verantwortung für die Ent: |
ſcheidung mittragen. Der Kreis der verantwortlichn
Perſonen ift deshalb bei beiden Arten der Organifation |
nicht weſentlich verſchieden. Ein unbedingter Vorzug
des Präfekturſyſtems ift aber die Möglichkeit jhnellere
Entſcheidung.
(Zeitſchrift f. Fort- und Jagdweſen, 1912 S. 75ff)
Oberforſtmeiſter Ochwadt: Eine Verbin⸗
dung der Staatsforſtverwaltung mit den Bezirk
regierungen iſt keine ſtaatliche Notwendigkeit; dies be
weiſen die Forſtorganiſationen der meiſten größeren
Staaten Deutſchlands. Die kleinen Regierung
forſtabteilungen müſſen fortfallen und an ihre Stell
große treten, weil nur große forſtliche Mittelbehörden
den Anforderungen der Gegenwart und Zukunft gr
wachſen find. Anzuſtreben find große forſtliche Mitte:
inſtanzen durch provinzielle Vereinigung der Rt
gierungsforſtabteilungen zu je einer großen Forflat:
teilung bei der an dem Sitze des Oberpräfibiun
befindlichen Regierung unter voller Selbſtändigkeit. Di
Beibehaltung der kollegialiſchen Verfaſſung, ift die beit
107
Schutzwehr der Staatsforſten gegen die Beeinfluſſung
durch gewiſſe Rückſichten, weil ſie nicht nur eine forſt⸗
liche Entſcheidung in wichtigen Fragen ſicherſtellt, ſon⸗
dern auch verhindert, daß aus ſachlichen Meinungs⸗
verſchiedenheiten perſönliche Spannungen entſtehen. Bei
der kollegialen Verfaſſung iſt die als wenig angenehme
ultima ratio wirkende Abſtimmung und Entſcheidung
durch die Mehrheit oft die Urſache für eine ſchließliche
Verftändigung der durch Meinungsverſchiedenheit ge-
trennten Parteien und verhindert, daß nach nicht ſach⸗
lichen, die Intereſſen des Waldes ohne Grund hint⸗
anſetzenden Geſichtspunkten entſchieden wird.
| Es ware doch auch faſt wunderbar, wenn jeder
Regierungspraͤfident in jedem Falle der Verſuchung
widerſtehen würde, zu ſeinen politiſchen Zwecken der
Bevölkerung Vermögensvorteile oder Annehmlichkeiten
aus den Staatswaldungen auf Koſten dieſer zuzu⸗
wenden. Die Bemerkung, daß beim Praͤfekturſyſtem
die Verantwortung von den forſtlichen Dezernenten
mitgetragen würde und dadurch der Wald genügend
geſchüͤtzt jet, ift meines Erachtens nur beſchränkt richtig;
denn das iſt ja gerade das Kennzeichen dieſes Sy⸗
ſtems, daß die Entſcheidung lediglich beim Regierungs⸗
präfidenten ſteht, daß dieſer, wenn er gegen die Anſicht
der Bearbeiter entſcheidet, damit auch unter Ausſchal⸗
tung der Bearbeiter die Verantwortung übernimmt.
Im übrigen möchte ich gerade daraus, daß Mehr⸗
bhbiitsbeſchlüſſe immer feltener werden, ſchließen, daß die
kollegiale Verfaſſung an ſich einer ſchnellen Erledigung
der Geſchaͤfte nicht entgegenſteht, alfo in Wirklichkeit
nach dieſer Richtung Nachteile gegen das Präfektur:
ſhyfſtem kaum bietet. Tatſächlich wird wohl niemand
nachweiſen können, daß in den Forſtabteilungen der
Regierungen langſamer gearbeitet wird als in den
Präfidialabteilungen.
(Zeitſchrift f. Fort- u. Jagdweſen, 1912 S. 234 ff.).
Dr. Loening, Mitglied des Herrenhauſes:
In dem Entwurfe, welchen die Kgl. Staatsregierung
i. J. 1914 dem Landtage vorgelegt hat, war beab⸗
ſichtigt, die kollegiale Zuſammenſetzung der beiden Re-
gierungsabteilungen für Kirchen⸗ und Schulſachen und
für direkte Steuern, Domänen und Forſten aufzuheben
und den Regierungspräſidenten allein zu einem Einzel⸗
beamten im geſamten Gebiete der inneren Verwaltung
und der Finanzverwaltung zu machen. Dies halte
ich für einen außerordentlichen Fehler. Das Gebiet
der inneren Verwaltung in allen ihren verſchiedenen
Teilen, der Finanzverwaltung, der Domänen und
Forſten iſt ſo außerordentlich groß, daß ſelbſt die Ar⸗
beitskräfte des gelehrteſten oder vielmehr des bedeu⸗
tenſten oder des praktiſchſten Regierungspräſidenten
nicht ausreichen. Auch der praktiſchſte Regierungs-
präfident wird nicht in der Lage fein, diefe Dinge
allein zu überſehen und einen leitenden Einfluß darauf
auszuüben. Ich halte es deshalb für notwendig, die
Verwaltung der direkten Steuern, der Domänen und
Forſten von den Regierungen zu trennen und dafür
Provinzialbehörden einzuſetzen, die kollegial orga⸗
niſiert und daher wohl imſtande ſind, in der Provinz
die geſamte Verwaltung der direkten Steuern, Do:
mänen und Forſten zu führen. Dadurch würde auch
der Verdacht beſeitigt werden, daß der Regierungs⸗
präſident auf die Verwaltung der direkten Steuern,
Domänen und Forſten einen Einfluß ausübt,
der von der politiſchen Parteiſtellung abhängig
erſcheint. Aber gerade dieſe Verwaltungsangelegen⸗
heiten ſollen von allen politiſchen Parteibeſtrebungen
fern bleiben, und das kann nur erreicht werden, wenn
ſie getrennt werden von der eigentlichen politiſchen
Verwaltung, die in der Hand des Regierungspräſi⸗
denten ruhen muß.
(Sten. Bericht über die Verhandlungen des Herren⸗
hauſes am 28. März 1917.)
Regierungs⸗ und Forſtrat Trebel⸗
jahr: Die Bildung beſonderer ſelbſtändiger Forſt⸗
abteilungen bei den Regierungen mit dem Oberforſt⸗
meiſter als alleinigem Dirigenten und mit kollegialer
Verfaſſung ſind dringend erwünſcht. Der Vorzug der
Kollegialverfaſſung beſteht nicht nur im Austrag — ohne
Verſtimmung — ſondern auch in der Verhütung von
Differenzen. Die Ausſicht, eine zu Papier gebrachte
Entſcheidung bei gehöriger Begründung auch durch⸗
drücken zu können, hebt das Gefühl der Selbſtändig⸗
keit, die Arbeitsfreudigkeit, Arbeitsgründlichkeit, ſtärkt
das Verantwortlichkeitsgefühl. Der Oberforſtmeiſter
und der Regierungspräſident willen, daß ihre Macht
nicht unbegrenzt iſt, daß ſie nicht mit einem Feder⸗
ſtrich über die begründete Entſcheidung eines Dezer⸗
nenten hinwegehen können. Bei dem Präfekturſyſtem
würde der Regierungspräfident zu ſtark exponiert werden
und leicht in den Verdacht kommen, die Forſtver⸗
waltung ſeinen politiſchen Zwecken dienſtbar zu machen,
außerdem fehlt demſelben die nötige fachliche Vorbil⸗
dung und die nötige Ueberſicht und Orientierung, um
ſich ein eigenes richtiges Urteil bilden zu können. Der
Regierungspräſident beſitzt bereits einen ausreichenden
Einfluß auf die Arbeiten der Forſtverwaltung; dieſen
Einfluß bis zur Allmacht zu ſteigern, liegt weder im
Intereſſe der ſtaatlichen Vermögensverwaltung noch im
Intereſſe des Regierungspräſidenten. |
Ein ſchnellerer Geſchäftsgang wird mit der Ein:
führung des Präfekturſyſtems auch nicht erzielt. Die
einzelnen Sachen gehen genau denſelben Gang wie bis⸗
her. Es könnte ſogar eine Verſchleppung dann ein⸗
treten, wenn etwa der Regierungspräſident aus der
erweiterten Macht die Veranlaſſung herleiten ſollte,
108
ſich in größerem Umfange als bisher die Sachen der
Forſtverwaltung vorlegen zu laſſen.
(Zeitſchrift f. Forſt⸗ u. Jagdweſen 1912, S. 265 ff.).
Geh. Regierungs- und Forſtrat Schmanck:
Die Bedeutung der Staatsforſtverwaltung und die
Rückſicht auf ihre innere Fortentwicklung verlangen
grundſätzlich das Recht der freien Selbſtbeſtimmung.
Jede organiſche Verbindung mit der Landesverwaltung
muß vom Standpunkte der Forſtverwaltung als eine
Hemmung angeſehen werden. Der Gefahr, daß der
Regierungspraͤſident in den Verdacht geraten könnte,
die Forſtverwaltung ſeinen politiſchen Zielen dienſtbar
zu machen, kann nur durch völlige Lostrennung der
Forſtverwaltung von den Regierungen und den Re:
gierungspräſidenten vorgebeugt werden, mag nun die
weitere Geſtaltung ſich vollziehen in Form einer pro⸗
vinzweiſen Zuſammenſaſſung zu ſelbſtändigen Finanz⸗
direktionen oder zu beſonderen Oberforſtämtern. Falls
die Forſtverwaltung aber auch künftig noch ein Be⸗
ſtandteil der Bezirksregierung bleiben ſoll, wäre die
Einführung des Präfekturſyſtems der verhängnisvollſte
Schritt, den die Forſtverwaltung feit hundert Jahren
getan haben würde, verhängnisvoll für die Sache und
für die mitwirkenden Beamten.
zweck der Forſtverwaltung würde damit in den Schatten
der Politik treten. Die durchaus bewährte kollegiale
Verfaſſung war bisher und iſt gegenwärtig noch unge⸗
gemindert das feſte Bollwerk, auf das ſich die Selbſtändig⸗
keit der Forſtabteilung bei der Regierung und die der
einzelnen Mitglieder innerhalb der Abteilung gründet.
Zwar iſt das alte rein inſtruktionsmäßige Verfahren,
wonach die Abteilung ſo ziemlich über alle materiellen
Entſcheidungen beſchließen mußte, längſt außer Uebung
gekommen, und ſelbſt der § 27 der Reg.⸗Inſtr. von
1807 pflegt nur noch beachtet zu werden, ſoweit es
ſich um beſonders wichtige, vor allem grundſaͤtzliche
Fragen oder um Sachen handelt, die beſonders zum
Vortrag geſchrieben ſind, oder endlich, wenn kein Ein⸗
verſtändnis zwiſchen den Reſerenten unter ſich oder
zwiſchen dieſen und den Abteilungsleitern zu erreichen
iſt. Gerade in letzterer Hinſicht liegt für die Forſt⸗
abteilung bei der Regierung noch heute die volle Be⸗
deutung des Kollegialbeſchluſſes.
Die unbedingte perſönliche Zuſtändigkeit des Re⸗
gierungspräſidenten, allein und ohne Rückſicht auf die
Stellungnahme der Referenten zu beſtimmen, mag rück⸗
fichtlic) der inneren Angelegenheiten der Landesver⸗
waltung am Platze ſein. Wie ſoll ſich aber die ganz
auf techniſche Sachkenntnis aufgebaute Forſtverwaltung
Der innere Selbſt⸗
nicht erwarten können. Wohl aber liegt die Gefahr
nahe, daß durch allzu ſtarke Vorkehrung poliliſcher
Rückſichten die finanziellen Ergebniſſe eine Einbuße
erleiden könnten. Wenn daher — trotz aller entgegen:
ſtehenden Bedenken — die organiſche Verbindung der
Forſtverwaltung mit der Landesverwaltung bei ber Be:
zirksregierung aufrecht erhalten werden ſoll, dann iſt
die bürokratiſche Unterordnung unter den Regierungs:
präſidenten nicht die geeignete Form, vielmehr fordert
das eigene Lebensintereſſe der Forſtverwaltung min:
deſtens die ungeſchwächte Erhaltung der bisherigen
Selbſtändigkeit in der kollegialen Verfaſſung. Man
laffe uns unſere durchaus bewährte Kollegialverfaſſung
als allein wirkſame Sicherung gegen unberechtigte Cin:
griffe, ebenſo wie für die allgemeine Landesverwaltun;
durch den 8 24 des Landesverwaltungsgeſetzes alle min:
ſchenswerten und zuläffigen Rückſichten auf die Laude:
verwaltung und insbeſondere auf die Politik ausreichend
ſichergeſtellt find und bleiben mögen. Daß beiderſeit
— —
von dieſen Mitteln jo felten Gebrauch gemacht wird.
ſpricht nur für die Bewährung der bisherigen Orgam:
ſation und ſollte vor deren Beſeitigung dringend warner.
Der Einwand, daß das Präfekturſyſtem als unbedingten
Vorzug, die Möglichkeit ſchnellerer Entſcheidung biet,
iſt bereits durch Trebeljahr als Irrtum nachgewieſen
(Zeitſchrift f. Forſt⸗ und Jagdweſen 1912, S. 335)
Geheim. Regierungsrat Kalk: Den don
Obim. Schwadt vorgeſchlagenen Weg, die Regierung:
forſtbeamten der Provinz in deren Hauptſtadt zu ver⸗
einigen, halte ich weder in der Form der Zuſammen⸗
ziehung zu einer beſonderen Behörde, noch in der
jenigen einer Angliederung an die Regierung, welche
ihren Sitz in der Provinzialhauptſtadt hat, für gang:
bar. Der Forſtinſpektionsbezirk, als ein örtliches Stüc
— —
des Regierungsbezirks, ſchafft zu der allgemeinen
Staatsverwaltung ſo vielfache Wechſelbeziehungen, daß
der unmittelbare Verkehr zwiſchen der Regierung und
ihren forſtlichen Mitgliedern ohne Schaden für den
Dienſt ſich nicht beſeitigen läßt. Der völligen Lot
trennung der Forſtverwaltung von der Regierung
ſtehen daher gewichtige Bedenken entgegen. Bete
hiernach die Notwendigkeit, die Inſpektionsbeamten be
der Regierung ihres örtlichen Bezirks zu belaffen, den
Oberforſtbeamten aber einen größeren Wirkungskreis |
als die Einzelregierung bietet, zuzuweiſen, fo ergibt
ſich eine einfache Löſung in der Einrichtung von Ober:
forftämtern bei den Oberpräſidien, in ähnlicher Weile
wie dieſen Strombaudirektionen, Provingialfdultollegie
uſw. angegliedert find. Der Oberforſtmeiſter wird üb!
in die völlige Unterordnung unter einen Nichtfachmann die Anſtellung und Verſetzung der Förſter zu belim
finden, abgeſehen vielleicht vom Strebertum, deſſen
Weizen hierbei blühen könnte? Eine ſachliche Förderung
wird die Forſtverwaltung vom Regierungspräſidenten
men und zu prüfen haben, ob die Bewirtſchaftung Mm
Forſten fih im Rahmen der Betriebswerke volzi!
und ob die ſonſt für die Wirtſchaftsführung erlaſſenen
i
7
— — — - — ~ =
109
Vorſchriften beachtet find. Durch eine ſolche Gliederung
läßt fih für die jetzigen Regierungsforſtbeamten die
befte Wirkungsmöͤglichkeit ſchaffen: Der Oberforſt⸗
meiſter verfügt über ein fruchtbringendes, feſtumgrenztes
Arbeitsfeld, der Regierungs⸗ und Forſtrat aber gelangt
zu einer ſelbſtändigen Betätigung bei der Regierung
und in ſeinem Inſpektionsbezirke, für welchen ihm die
volle Verantwortung auferlegt iſt.
(Zeitſchrift f. Forſt⸗ und Jagdweſen. 1912, S. 562.)
Oberförſter Merten: Oberforſtmeiſter Ochwadt
und Forſtrat Schmanck haben überzeugend nachgewieſen,
daß die Verbindung der Forſtverwaltung mit den Be⸗
zirksregierungen keine ſtaatliche Notwendigkeit iſt. Er⸗
ſterer hat gleichzeitig treffend die Vorzüge einer großen
forſtlichen Mittelbehörde hervorgehoben. Nicht recht
verſtändlich iſt ſein Vorſchlag, dieſe Mittelbehörde als
große Forſtabteilung der am Sitz des Oberpräſidiums
befindlichen Regierung zu unterſtellen. Es muß als
Armutszeugnis erſcheinen, wenn ſich die Forſtverwaltung
die ſelbſtändige Erfüllung ihrer Aufgaben unter voller
Wahrung der geſamten Staatsintereſſen nicht zutraut.
Ein ſelbſtändiges etwa für jede Provinz zu errichtendes,
gut ausgeſtattetes Oberforſtamt, mit Forſteinrichtungs⸗
und Verſuchsſtelle verſehen, mit großzügigen und er⸗
fahrenen Forſtleuten beſetzt, könnte unzweifelhaft allen
Aufgaben beſſer und ſchneller gerecht werden, es würde
ſeinen Mitgliedern ſowohl wie den Oberförſtern Raum
zu befriedigender Tätigkeit gewähren und alle Vorbe⸗
dingungen zu einer geſunden Fortentwicklung von Wirt⸗
ſchaft und Verwaltung in ſich tragen.
(Zeitſchrift f. Forſt⸗ und Jagdweſen 1912, S. 426.)
Forſtmeiſter Lehnpfuhl: Dr. Laspeyres
erklart die fortdauernde Verbindung der Forſtverwal⸗
tung mit den Regierungen als eine ſtaatliche Notwen⸗
digkeit. In keiner der ſeitdem erſchienenen Aeußerungen
über dieſe Frage findet er jedoch unbedingte Zu⸗
ſtimmung, z. T. lebhaften Widerſpruch. Es liegt kein
Grund vor, bei einer Organiſationsänderung dieſe Ein-
richtung nicht anders zu regeln. Eine ſelbſtändige
forſtliche Mittelinſtanz auf breiter, in der Regel pro⸗
vinzieller Bafis wird die größte Gewähr dafür leiſten, daß
die Eigenart der forſtlichen Aufgäben nach Möglich⸗
keit zu ihrem Rechte kommt. Dieſe Provinzialbehörde
würde mit Rückſicht auf die überwiegend techniſche
Natur der vorkommenden Fragen und den erheblich
erweiterten Wirkungskreis einem Landforſtmeiſter zu
unterſtellen und in Abteilungen unter je einem Ober⸗
forſtmeiſter zu gliedern ſein. Da es mit der Einheit⸗
lichkeit der Behörde unverträglich iſt, daß die einzelnen
Mitglieder beſondere Inſtanzen darſtellen, ſo würde
die Abgrenzung ihrer Funktionen nur den Charakter
einer inneren Geſchäftsverteilung haben dürfen. Die
Revierverwalter würden die Organe der Provinzial:
1917
inſtanz für die Verwaltung fein und als ſelbſtändige
Wirtſchaſter der Kontrolle dieſer Behörde unterliegen.
(Zeitſchrift f. Forſt⸗ und Jagdweſen 1912, S. 468.)
Mitglied des Abgeordnetenhauſes Linz
(Zentr.): Das Kollegialſyſtem muß vor allen Dingen
deshalb beibehalten werden, weil es das Verantwort⸗
lichkeitsgefühl ſtärkt und den Charakter und die Tid:
tigkeit der Beamten. Verlangt man Individualität,
Charakterbildung, Selbſtverantwortlichkeitsgefühl der
Beamten, dann muß das Kollegialſyſtem wenigſtens
in ſeinem jetzigen beſcheidenen Maße erhalten bleiben.
Nach § 24 des Landesverwaltungsgeſetzes hat der Re⸗
gierungspräſident ſchon jetzt ein ſo einſchneidendes
Veto⸗ und Eingriffsrecht, daß er das Kollegium vor
die Türe ſetzen kann. Wenn durch die Beſeitigung
des Kollegialſyſtems die eigene Individualität des Be⸗
amten ausgeſchaltet oder vermindert wird, wenn er
zu einem Inſtrument eines dritten, des Regierungs⸗
präſidenten, gemacht wird, dann leidet das Selbſt⸗
gefühl, dann wird der Charakter, die Individualität
der Beamten hierdurch jedenfalls nicht geſtärkt. Außer⸗
dem ift der Regierungspräſident derart belaſtet, daß
die von ihm geforderte Arbeit faſt über die Grenze
ſeiner Leiſtungsfähigkeit hinausgeht. Ihm noch andere
Aufgaben zu übertragen, insbeſondere die Abteilungen
mehr techniſcher, wirtſchaftlicher Natur in ſeiner Hand
zu konzentrieren, würde ihm eine Verantwortung auf⸗
bürden, die manchem Regierungspräfidenten im hddften
Grade ſtörend ſein würde. (Sten. Berichte der Ver⸗
handlungen des Abgeordnetenhauſes v. 14. Febr. 17.)
Mitglied des Abgeordnetenhauſes Caſſel
(Fortſchrittl. Volkspartei): Bezüglich der Geſtaltung
der Regierungsabteilungen teile ich den Standpunkt
des Herrn Abgeordneten Linz. Er hat vollkommen
recht, wenn er Bedenken gegen die Beſeitigung der
kollegialen Geſtaltung der Regierungsabteilung hat
und der Meinung iſt, daß dieſe Kollegialität die Selb⸗
ſtändigkeit der einzelnen Beamten zu erhöhen geeignet
iſt, daß wir aber ſolcher ſelbſtändiger Beamten auch
auf dem Verwaltungsgebiete bedürfen, daß die Neigung
lange in ſolchen Regierungsſtellen zu bleiben noch er⸗
heblich vermindert wird, wenn der Betreffende nicht
mehr das Bewußtſein hat, daß ſeine Meinung, ſeine
Gründe, ſein Wiſſen, ſeine Erfahrungen nicht auch
für die Beſchlüſſe beſtimmend ſein ſollen. Der Regie⸗
rungspräſident hat ja ſchon jetzt ſehr weitgehende Be⸗
fugniſſe, um die Beſchlüſſe der Regierung zu ſuspen⸗
dieren und ſich an ihre Stelle zu ſetzen. Aber immer⸗
hin muß er dies auf ſeine Verantwortung hin tun
und ſich ſagen, daß ſeine Verantwortung auch in An⸗
ſpruch genommen werden kann und daß daher nur
in ganz ſeltenen und in beſonders ſchwierigen und ge⸗
eigneten Fällen von ihm von dieſer geſetzlichen Be⸗
- 15
fugnis Gebrauch gemacht werden kann. Wird er über:
haupt an die Stelle der Kollegien geſetzt, wären die
Regierungsräte nur ſeine Referenten und Dezernenten,
dann beſitzt der eine Mann eine Allmacht, die nach
vielen Richtungen hin der Landesverwaltung und der
Bevölkerung durchaus nicht zum Vorteil gereichen kann.
In ſehr vielen Fällen, wo die Regierungen in bezug
auf wirtſchaftliche Intereſſen Einzelner oder einzelner
Verbände Beſchlüſſe zu faſſen haben, was in vielen
Verwaltungen z. B. der Forſtverwaltung nötig ift,
iſt es beſſer, wenn ein Kollegium die Verantwortung
für die Beſchlüſſe übernimmt als ein einzelner Be⸗
amter, weil durch die Verantwortlichkeit der Kollegien
jeder Verdacht von Begünſtigung Einzelner, von Nepo-
tismus oder anderen ungebührlichen Einflüſſen viel
eher zu beſeitigen iſt, als wenn ein Einzelner alle
dieſe Beſchlüſſe zu faſſen hat. (Sten. Berichte über
die Verhandlungen des Abgeordnetenhauſes vom 14.
Februar 17).
Schließlich möge noch darauf hingewieſen werden,
daß aus dem dem Landtage im Jahre 1914 feitens
der preuß. Staatsregierung vorgelegten „Entwurfe
einer Novelle zum Landesverwaltungsgeſetz“ ſelbſt deut⸗
lich hervorgeht, daß die Staatsregierung die kollegiale
Verfaſſung der Regierungsforſtabteilung für einzelne
Fächer für unentbehrlich halt. Es ift nämlich dort
vorgeſehen, daß auch in Zukunft von der Behandlung
nach dem Büroſyſtem (Präfekturſyſtem) bei der Staats.
forſtverwaltung ausgenommen bleiben: 1. die Entſchei⸗
dung über Verwertung des Holzes und der übrigen
Forſtnutzungen einſchließlich der Jagd, 2. die Ent⸗
ſchließungen über Erwerb und Veräußerung von
Grundſtücken. Bei ihnen ſoll auch in Zukunft den
Regierungsmitgliedern ein mitentſcheidendes Votum be⸗
laſſen werden.
2. Die forſtlichen Regierungs⸗Inſtanzen
und die Lokalverwaltung.
Von dem Zeitpunkte ab, wo die früheren Lokal⸗
Inſpektionsbeamten an die Regierungen gezogen wur⸗
den, begannen die Klagen über Reibereien zwiſchen
dem Oberforſt⸗ und den Inſpektionsbeamten. Dieſe
rühren hauptſächlich daher, daß die Funktionen der
beiden Regierungsforſtbeamten zu wenig klar von
einander abgegrenzt ſind und daß den Oberforſtmeiſtern,
die früher die alleinigen Regierungsforſtbeamten waren,
auch nach Einreihung der Inſpektionsbeamten in die Re⸗
gierungsinſtanz alle früheren Machtbeſugniſſe belaſſen
worden ſind, während aber den Inſpektionsbeamten
ein großer Teil der früheren Pflichten und der Ver⸗
antwortung der Oberforſtmeiſter auferlegt worden iſt.
Die Anſichten über die Beibehaltung und ev. über
die Geſtaltung der beiden forſtlichen Regierungsinſtanzen
find geteilt; darin, daß eine Aenderung eintreten
muß, ſtimmen alle überein.
Geh. Regierungsrat Hauſendorf wünſcht:
Beſeitigung der forſtlichen Doppelinſtanz bei der Re
gierung; Vergrößerung der Inſpektionsbezirke; Bear⸗
beitung der Generalien durch den älteſten Forſtbeam⸗
ten; Verteilung der Geldfonds auf die einzelnen Jn:
ſpektionsbezirke; Entſcheidung über Meinungsverſchie⸗
denheiten zwiſchen Dezernenten und Kodezernenten durch
den Regierungspräfideut; beſſere Regelung der Rang:
verhältniſſe der Regierungsforſtbeamten gegenüber den
Oberförſtern. (Allg. Forſt⸗ u. Jagd⸗Zeitung, 1911,
S. 180.)
Als Vorteile dieſer Vorſchläge werden bezeichnet:
Große Erſparnis an perſönlichen und Reiſekoſten, Be:
ſeitigung der Reibungsflächen zwiſchen den jetzigen
beiden forſtlichen Regierungsinſtanzen, Vereinfachung
der geſchäftlichen Behandlung, insbeſondere Verein⸗
fachung des Verhältniſſes des Oberförſters zur Re
gierungsinſtanz, Stärkung der Wirkungs⸗ und Dienft⸗
freudigkeit bei den Regierungs⸗ und den Lokal⸗Forſt⸗
beamten.
Regierungs- und Forſtrat Dr. Laspeyres.
Beibehaltung der forſtlichen Doppelinſtanz bei der Ne
gierung. Der Oberforſtmeiſter it dem Regierung
präfidenten für die Wahrung der Einheitlichkeit in der
Forſtverwaltung und dem Miniſter für die Befolgung
der allgemeinen Verwaltungsvorſchriften und dafür
verantwortlich, daß die forſtfiskaliſchen Intereſſen nad:
drücklich vertreten und gewahrt werden, wenn die Ge
fahr beſteht, daß fie zum Schaden der Staatskaffe
politiſchen Zwecken des Regierungspräfidenten dienſtbar
gemacht werden ſollen. Dem Oberforſtmeiſter ſoll die
Bearbeitung der Generalien, Perſonalien, die Berte:
lung der der Regierung zur ſelbſtändigen Verwendung
überwieſenen Geldmittel. Verantwortung für die rid
tige Bewirtſchaftung der Staatsforſten obliegen. Eine
Reform der Organiſation der forſtlichen Mittelinſtan
ift zweiffellos notwendig. Auch den Oberforſtmeiſter
find größere Inſpektionsbezirke zu überweiſen; de
Rangſtellung der Forſträte iſt zu heben.
Es wird geſagt, daß die örtliche Ueberwachung der
Wirtſchaft durch den Oberforſtmeiſter ſich mit der den
Forſträten auferlegten vollen Verantwortung nicht ver⸗
trage, daß fie unnötig fei, unnötige Reiſekoſten ver
urſache, das notwendige Anſehen der Forſträte bei den
Oberförſtern ſchmälere, ihre Dienſtfreudigkeit und Tat:
kraft lähme, eine dauernde Quelle von Mißhelligkeitmn
zwiſchen Oberforſtmeiſter und Forſtrat bilde und aud
für die Oberförfter läſtig fei. Demgegenüber ift gl:
tend zu machen, daß grundſätzlich kein Verwaltung
beamter ohne Kontrolle ſein ſoll. Die Ueberwachung
der Wirtſchaft in den Oberförftereien kann nicht von
-m cee i a =
0 ee
111
der Sentralftelle erfolgen. Um die Wirtſchaft über:
wachen zu lönnen, muß der Oberforſtmeiſter die Re⸗
viere bereiſen. Die Kritik des Geleiſteten und die Be-
ſprechung der Pläne für die Zukunft wird fih unter
Dreien fruchtbarer geſtalten als unter Zweien. Ein⸗
greifen wird der Oberforſtmeiſter nur, wenn er die
lleberzeugung gewinnt, daß Mißgriffe gemacht oder
zu befürchten find. Glaubt der Forſtrat, daß von
den Anordnungen des Oberforſtmeiſters wirtſchaftliche
Nachteile zu befürchten ſind, dann hat er das Recht
und die Pflicht, die Entſcheidung des Miniſters anzu⸗
rufen, wenn ſich der Regierungspräſident auf die Seite
des Oberforſtmeiſters ſtellt. Dem Forſtrat ſoll alſo
durch die Bereiſung des Oberforſtmeiſters von ſeiner
vollen Verantwortlichkeit nichts genommen werden.
Um noch ſchärfer zum Ausdruck zu bringen, daß die
Leitung der Wirtſchaft Sache des Forſt⸗
tats it, während bem Oberforſtmeiſter
nur die Ueberwachung obliegt, würde in
Frage kommen, die Beſtätigung der von den Forſt⸗
täten geprüften und feſtgeſtellten Wirtſchaftspläne
durch den Oberforſtmeiſter wegfallen zu laffen. Nun
mag es ja ſein, daß hier und da Oberforſtmeiſter mit
autokratiſchen Neigungen die Grenzen einer nur über-
wachenden Tätigkeit überſchritten und den Verſuch ge⸗
macht haben, die geſamte Leitung der Wirtſchaft bis ins
Einzelne an ſich zu reißen. Es iſt natürlich, daß das
zu einem Uebermaß von Bereiſungen und zu mancher⸗
lei Konflikten mit den Forſträten führen muß, denen
dadurch die Freude am Dienſt verleidet und die Tat⸗
taft gelähmt wird. Dann liegt zweifellos ein Fehler
vor, er liegt aber nicht im Syſtem, ſondern in den
Perfonen. Solche Fälle beweiſen nur, daß die Wahl
des Oberforſtmeiſters keine glückliche geweſen iſt, gegen
die beſtehende Organiſation beweiſen ſie nichts. Ganz
urig ift die Anficht, daß die Stellung des Oberförſters
durch die Beſeitigung des Oberforſtmeiſters gewinnen
würde. Das Gegenteil iſt richtig. Wenn jetzt Ober⸗
förſter und Forſtrat in forſtlichen Fragen entgegen:
geſetzter Meinung find, dann wird der Oberforſtmeiſter
bei ſeinen Bereiſungen vermittelnd eingreifen und den
Oberförſter gegen Einſeitigkeit oder Willkür des Forſt⸗
rats ſchützen. Ebenſo kann auch ein junger Forſtrat
bei Meinungsverſchiedenheit mit einem alten Ober⸗
förſter in dem Oberforſtmeiſter eine wichtige Stütze
finden.
Oberforſtmeiſter Ochwadt iſt, wie unter 1
ausgeführt worden, für Errichtung großer forſtlicher
Mittelbehörden durch provinzielle Vereinigung der Re⸗
gierungsforſtabteilungen zu einer großen Forſtabteilung
bei der an dem Sitze des Oberpräſidiums befindlichen
Regierung mit einem Oberforſtmeiſter an der Spitze.
Den Hauptvorteil großer forſtlicher Mittelbehörden er⸗
blickt er darin, daß in ihnen jedem Regierungs⸗ und
Forſtrate ein genügend großer und dadurch befriedi⸗
gender Wirkungskreis gewährt und die Stellung des
Oberforſtmeiſters zu einer nur leitenden und Auffſicht
führenden umgeſchaffen werden könnte, unter einer
klaren, jede Reibungsfläche beſeitigenden Abgrenzung
der Befugniſſe. |
Regierungs- und Forſtrat Trebeljahr:
Die Tätigkeit des Forſtrats erſtreckt fih auf die Tätig:
keit als Mitglied der Regierung und auf die im Walde.
Hier hat er zunächſt örtliche Revifionen auszuführen,
dann aber auch mit voller Verantwortlichkeit — na⸗
mentlich auch für den techniſchen Betrieb — bei allen
Angelegenheiten des Forſthaushalts mitzuwirken. Hier⸗
aus kann volle Befriedigung für jeden Forſtrat er⸗
wachſen, wenn ihm hierbei ein beſtimmtes Maß von
Selbſtändigkeit gewährt wird. Nach Laspeyres ift diefe
ſchon jetzt ausreichend gewährleiſtet. Dies ift nicht der
Fall. Verſtimmungen und Reibereien zwiſchen Ober⸗
forſtmeiſter und Forſtrat kommen daher häufig vor.
Der Grund für ſolche Differenzen ift in dem S yſſt e m,
in dem unzureichenden Maße und der ungenauen Ab⸗
grenzung der Befugniſſe des Forſtrats zu ſuchen. Es
würde genügen, wenn der Oberforſtmeiſter nur hin
und wieder die Reviere fremder Inſpektionen bereiſte,
um ſich die nötige Kenntnis über Perſonen und ört⸗
liche Verhältniſſe zu verſchaffen, und wenn er dabei
mehr mitteilend und anregend als beſtimmend und an⸗
ordnend wirkte. Natürlich hätte er dabei eine allge⸗
meine Oberkontrolle auszuüben. Er hätte zu prüfen,
ob die generellen und miniſteriellen Anordnungen be⸗
folgt werden und keine groben Verſtöße gegen die an⸗
erkanuten Wirtſchaftsregeln vorkamen. Die endgültige
Feſtſetzung der jährlichen Wirtſchaftspläne foll Sache
des Forſtrats ſein. Laspeyres ſagt zutreffend: „Kein
Verwaltungsbeamter ſoll ohne Kontrolle ſein“, von
| feinem Standpunkte aus bleiben aber die Oberforſt⸗
meiſter in ihren eigenen Inſpektionsbezirken tatſächlich
ohne Kontrolle. |
Geheimer Regierungsrat Shmand: Qas:
peyres will den Oberförſter durch den Oberforſtmeiſter
gegen Einſeitigkeit oder Willkür des Forſtrats
ſchützen. Dieſer Schutz iſt aber nur lückenhaft, denn
er bleibt über 100 Oberförſtern, welche jetzt ſchon den
Oberforſtmeiſter zum Inſpektionsbeamten haben und
künftig noch in größerer Zahl haben werden, verſagt.
Zweifellos empfindet der Oberförſter die vielen dem
Forſtrat auferlegten Reviſionen läſtig. Wo findet ſich
außerdem der Forſtrat, der dieſen allen vollauf ge⸗
nügte? Und doch trägt er die volle Verantwortung!
Die notwendige Vorausſetzung einer Beſchränkung des
unmittelbaren Eingreifens des Forſtrats in die ört⸗
lichen Reviergeſchäfte wäre eine zeitgemäße Abänderung
15°
112
der beſtehenden Vorſchriften über die von dem Forft⸗
rat auszuführenden Reviſionen und Kontrollen im
Sinne der Stärkung der Lokalinſtanz.
Hinſichtlich der Geſchaflsverteilung bei der Regie:
rung wird man den im weſentlichen dem Erlaſſe vom
18. II. 1906 entſprechenden Ausführungen Laspeyres
zuſtimmen können. Insbeſondere wird man dem Ober⸗
forſtmeiſter die alleinige Verantwortung
für einen ordnungsmäßigen und vor⸗
ſchrifts mäßigen Geſchäftsbetrieb und für
die Disziplin in der Abteilung übertragen
müſſen. Anders ſteht es mit den L.'ſchen Vorſchlägen
bezüglich der Verantwortung des Oberforſtmeiſters für
die richtige Bewirtſchaftung der Staats:
forſten, die er örtlich zu überwachen und zu be⸗
ſtimmen haben ſoll. Hier ſcheint mir L. doch noch
allzuſehr in veralteten Anſchauungen befangen zu ſein,
deren zeitgemäße Umformung doch das Ziel
einer wahren Reform fein foll.
Vor 100 Jahren, als die Inſpektionsbeamten nod
eine außerhalb des Regierungsſitzes wohnende Zwiſchen⸗
inſtanz bildeten und der Oberforſtmeiſter noch der
alleinige Repräfentant der Bezirksinſtanz war, da war
es berechtigt und notwendig, ihm in techniſchen Sachen
die ſelbſtändige und alleinige Beſtimmung und die
Ausführung der Lokalreviſionen zu übertragen. Heute
jedoch, wo bereits der Forſtrat als voll:
wertiger und voll verantwortlicher Ber:
treter der Bezirksinſtanz diefe Funt:
tionen dem Oberförſter gegenüber aus⸗
übt, bedeutet die gleichzeitige Leitung
und Ueberwachung des techniſchen Be-
triebes durch den Oberforſtmeiſter eine
entbehrliche Doppelkontrolle, die nur noch
dann einen Sinn hat, wenn man ſie als eine Kon⸗
trolle gegenüber dem Forſtrat auffaßt. Soll aber
jhon eine Stärkung der Oberſörſterinſtanz dem Forſt⸗
rate gegenüber ein ausgeſprochenes Ziel der Verwal⸗
tungsreform ſein, ſo muß ſelbſtverſtändlich im ſelben
Sinne auch für die Stellung des Forſtrats dem Ober⸗
forſtmeiſter gegenüber eine Stärkung gefordert werden.
Die von L. aufgeworfene Frage, ob nicht die Beitäti-
gung der von den Forſträten geprüften und feſt⸗
geſtellten Wirtſchaftspläne durch den Oberforſtmeiſter
wegſallen könnte, iſt unbedingt zu bejahen. In der
nochmaligen Kontrolle der Pläne und der jetzt noch
von letzterem verlangten Beſtätigung derſelben, liegt
gerade der Hauptkeim zu den perſönlichen Verſtim⸗
mungen. Entbehren doch auch heute ſchon die vielen
Oberförſtereien der heutigen Oberforſtmeiſter-Inſpek⸗
tionsbezirke der doppelten Kontrolle!
Schwieriger iſt die weitere Frage bezüglich der
Doppelüberwachung der Ausführung der
techniſchen Arbeiten. So lange die Doppel⸗
inſtanz des Oberforſtmeiſters und Forſtrats bei der
Bezirksinſtanz beſteht, wird auch die Betätigung beider
bei der Ueberwachung der Reviergeſchäfte ſich nicht
vermeiden und nur ſchwer gegeneinander ſcharf ab⸗
grenzen laſſen. Hierbei kann man nur hoffen, daß
der Oberforſtmeiſter nicht vergeſſen möge: „Minima
non curat praetor“, und daß Fehlgriffe in der Wahl
der geeigneten Perſonen möglichſt ſelten vorkommen
möchten. Sollten ſie öfters vorkommen, dann müßte
man trotz L.'s entgegengeſetzter Wnficht doch wohl das
Syſtem für die Folgen verantwortlich machen und auf
ſachliche Abhilfe bedacht nehmen.
Zur Stärkung der Oberförſter⸗ und
der Forſtratsinſtanz iſt hiernach ein Zu⸗
rücktreten des Oberforſtmeiſters bei der
ſachlichen Leitung des jährlichen Wirt⸗
ſchaftsbetriebes erwünſcht; umgekehrt
erſcheint es angezeigt, dem Oberforſt⸗
meiſter einen größeren Einfluß auf die
Aufſtellung der periodiſchen Betriebs⸗
pläne dadurch zu ſichern, daß das Be:
triebsregelungsweſen des ganzen Regie⸗
rungsbezirks in ſeine leitende Hand ge⸗
legt wird.
Oberförſter Merten: Durch die geringe Zu⸗
ſtändigkeit des Revierverwalters und das übertriebene
Beſtreben der Regierungsinſtanz, Wirtſchaft und Ver⸗
waltung der Reviere im einzelnen zu lenken und zu
leiten, wird die örtliche Verwaltung aufs ſchwerſte ge⸗
hemmt. Dem als Grundlage für die Reform der
ganzen Staatsforſtverwaltung vorgeſchlagenen Grund:
ſatz, überall da, wo die Lokalbehörde ebenſogut oder
beſſer entſcheiden kann, von der Beteiligung der höheren
abzuſehen, wird gerade bei der Forſtverwaltung eine
vernünftige Tendenz nicht abzuſprechen ſein, da es ſich
hier ganz überwiegend um Dinge handelt, die ohne
genaue Kenntnis der beſonderen örtlichen Verhältniſſe
nicht entſchieden werden können. Der gut ausgebildete,
mit Luft und Liebe feinem Beruf nachgehende Ober:
förſter, dem man Zeit und Freiheit laßt, feine Auf:
gaben in Ruhe zu überlegen und durchzuführen, wird
die beſte Bürgſchaft für eine gute Verwaltung ſein,
da n'emand beffer wie er in der Lage ift, fih über
alle Verhältniſſe feines Revieres zu unterrichten und
auf fie einzuwirken. Man unterſtütze und begrenze fein
Wirken durch einen guten Betriebsplan, allgemeine
Wirtſchaftsregeln und angemeſſene Betriebsmittel, und
gebe ihm mit der Verantwortung die volle Zuſtändig⸗
keit für alle Reviergeſchäfte.
Eine Ueberwachung ſeines Dienſtes muß ſich der
Oberförſter natürlich gefallen laſſen. Dieſe zugleich
anregend und fördernd zu geſtalten, die Wirtſchaft auf
— 113
gute Grundlagen zu ſtellen, ausreichende Mittel zu
erwirken, Hinderniſſe aus dem Weg zu räumen, denen
der einzelne Oberförſter machtlos gegenüber ſteht, da⸗
für zu ſorgen, daß der ſchwerfällige Apparat der Ver⸗
waltung den Betrieb nicht ſtört, alles dies bleibe neben
der Bearbeitung der Betriebsergebniſſe, allgemeiner
und außergewöhnlicher Dinge die dankbare Aufgabe
der Zwiſcheninſtanz.
Forſtmeiſter Lehnpfuhl: Die erheblichen
Uebelſtände, an denen die preuß. Forſtorganiſation
krankt, wird man allgemein auf den Mangel einer
rationellen Arbeitsteilung zurückführen müſſen. Zu⸗
naͤchſt ift das Verwaltungsgebiet nicht dergeſtalt ſcharf
abgegrenzt, daß jeder in ihm tätige Beamte ausſchließ⸗
lich dieſem allein ſeine Kräfte zu widmen hätte, viel⸗
mehr ſind die Grenzen durch die Perſonalunion mit
der inneren Verwaltung durchbrochen. Der zweite
wunde Punkt iſt die Ueberfülle von Inſtanzen. Vom
Regierungspräfidenten bis zum Landrat iſt nur eine
Stufe, vom Regierungspräſidenten bis zum Ober-
förſter drei. Da die einheitliche Natur der forſtlichen
Aufgaben eine organiſche Gliederung in fo viel Ar-
beitögebiete, als Inſtanzen vorhanden find, nicht zu⸗
läßt, fehlt es an einer rationellen Geſchäftsverteilung
überhaupt. Unter dieſen Umſtänden hat das Zu⸗
ſammenpferchen der Inſtanzen auf einen engen orga⸗
niſatoriſchen Raum die weitere Folge, daß das natür⸗
liche Expanſionsbedürfnis nach der Seite des geringſten
Widerſtandes einen Druck erzeugt, welcher dem hierher
geſtellten Beamten jede Bewegungsfreiheit nimmt. Der
Oberforſtmeiſter hat die Verwaltung und den Betrieb
bis ins Kleinſte zu leiten. Jede Poſition der aus⸗
zuführenden und ausgeführten Arbeiten iſt von ihm
in dem Revier örtlich zu prüfen, zu genehmigen bezw.
zu revidieren. Auch der Forſtrat hat eine ſpezielle
Prüfung vorzunehmen. So weit erforderlich hat er
ferner eine ſpezielle Anleitung über die Ausführung
der Pläne zu geben und die Arbeiten zu überwachen
und zu kontrollieren. Die Ausführung der Hauungen,
Kulturen und ſonſtigen Amtsgeſchäfte iſt nach der
Forſtdienſtinſtruktion Sache des Förſters. Die Ge⸗
ſchäftskreiſe des Oberforſtmeiſters und
des Forſtrats decken ſich im weſentlichen
und reichen unmittelbar an die Auf⸗
gaben des Förſters heran. Eine wirkliche or⸗
ganlſatoriſche Lücke für den Oberförſter iſt in dieſer
Stufenleiter nicht vorhanden. Vergleicht man indeſſen
hiermit die Oberförſtergeſchäftsanweiſung, ſo weiſen
ihm die beiden erſten Paragraphen zwar auch ein
großes Feld für feine Tatigkeit an und legen ihm
eine große Verantwortlichkeit auf, doch irgendwelche
diskretionären Beſugniſſe zur Erreichung der ihm ge⸗
ſteckten Ziele werden ihm nicht zugeſtanden. In jeder
ſeiner Dienſtverrichtungen iſt er gebunden an die vor⸗
gängige Genehmigung. Um jeden Baum, welcher ge⸗
hauen werden ſoll, und um jeden Kulturplatz ver⸗
ſammeln ſich vor und nach dem Hiebe und der Kultur
vier Inſtanzen!
Lehnpfuhl verlangt für den Oberförſter größere
Selbſtändigkeit. Fehlgriffe werden vorkommen, ſie
werden aber nie einen ſo großen Umfang erreichen,
wie wenn ein Oberforſtmeiſter eine Idee generaliſiert
und in allen ihm unterſtellten Revieren jahrelang
durchführt. Hiergegen bietet die Organiſation keinen
Schutz, während ein Fehlgriff des Oberförſters ſchon
nach kurzer Zeit zur Sprache kommen würde! E.
Aus Preußen.
Aus der Preußischen Forftverwaltung.
Bereitſtellung der für die Heeres ver⸗
waltung und die Volkswirtſchaft er⸗
forderlichen Holzmengen.
Der Miniſter für Landwirtſchaft, Domänen und
Forſten teilte unter dem 8. November 1916 den Kgl.
Regierungen eine auszugsweiſe Niederſchrift einer Be-
ſprechung in der Kriegs⸗Rohſtoff⸗Abteilung mit, der
wir folgendes entnehmen:
1. Eine Geſtellung von Militärpferden für
Holzwerbung iſt auch nach Beendigung der land⸗
wirtſchaftlichen Arbeiten ausgeſchloſſen. Es iſt der
Ankauf unbrauchbarer Militärpferde zur Bildung
fliegender Kolonnen anheimzuſtellen.
2. Auch die Geſtellung von Laſtkraftwagen
für die Holzgewinnung iſt angeſichts der beden⸗
tenden Anforderungen an der Front unmöglich. Der
Ankauf von Laſtkraftwagen, welche für die Heeres⸗
verwaltung nicht mehr brauchbar ſind, wird empfohlen.
Solche Wagen werden von der Feldkraftwagen⸗Aktien⸗
geſellſchaft in Berlin, Friedrichſtr., verkauft. Es dürfte
weiter zu empfehlen ſein, Förderbahnen mit Lokomo⸗
tiven für die Holzgewinnung anzulegen.
3. Berufsmäßige Waldarbeiter werden grundjäglich
den Foriverwaltungen vorzugsweiſe überlaſſen werden.
Bezüglich der Ernährung der Gefangenen werden
Maßnahmen erwogen werden, um den Regierungen
die notwendigen Lebensmittel hierfür beſonders zuzu⸗
weiſen.
4. Bezüglich der Geſtellung von garniſondienſt⸗
fähigen Holzſällern, vorzugsweiſe auch von tüchtigen
Vorarbeitern find der Abteilung Clb des Kriegs⸗
miniſteriums Anforderungen zuzuleiten; die Abteilung
Cib wird nach Möglichkeit für die Zeit vom 15. Of-
tober bis Ende Februar 1917 die benötigten Kräfte
zur Verfügung ſtellen.
14
5. Es wäre den Regierungen nochmals anheimzugeben,
die Heranziehung Strafgefangener aus den Gefängnis⸗
anſtalten für Holzgewinnungsarbeiten zu erwägen.
Hieran knüpft der Miniſter ſodann weiter folgende
Bemerkungen:
Zu 1. Es empfiehlt ſich, den Ankauf der
Militärpferde, die nicht mehr für das Feld
brauchbar find, durch Geſpannhalter, die Holzfuhren
leiſten wollen, ſeitens der Forſtverwaltung in jeder
Weiſe zu fördern und zu vermitteln. Auch kann in
Frage kommen, ſolche Pferde zwecks Verwendung im
eigenen Fuhrwerksbetriebe der Forſtverwaltung anzu⸗
kaufen. Die für das Heer unbrauchbar gewordenen
Pferde werden zurzeit von den ſtellvertretenden Gene⸗
ralkommandos mir zur Verfügung geſtellt und von
mir den Landwirtſchaftskammern überwieſen. Dieſe
verkaufen die Pferde zu den militäͤriſcherſeits feſtge⸗
ſetzten Abſchätzungswerten zuzüglich der entſtandenen
Unkoſten an Landwirte, die ſich verpflichten, die Tiere
tunlichſt bis nach Beendigung des Krieges in ihren
Betrieben zu verwenden und ſie vor dieſer Zeit nur
mit ausdrücklicher Genehmigung der Land wirtſchaſts⸗
kammer weiter zu verkaufen. Dieſe Genehmigung wird
nur erteilt, wenn der Verkauf dem wirtſchaftlichen Be-
dürfnis entſpricht und an einen Landwirt erfolgt, der
ſich den gleichen Bedingungen unterwirft. Außer an
Landwirte erfolgt die Zuteilung von Pferden unter
Auferlegung ähnlicher Bedingungen auch an gewiſſe
Gewerbetreibende, insbeſondere an ſolche,
triebe gemeinnützigen oder öffentlichen Zwecken dienen
oder denen Lieferungen für die Armee oder Marine
aufgetragen find. Ich habe die Landwirtſchaftskammern
nunmehr angewieſen, bei der künftigen Verteilung
dieſer Pferde neben den Landwirten und den bezeich⸗
neten Gewerbetreibenden auch Forſtverwaltungen,
Holzkaufer und ſolche Geſpannhalter nach Möglichkeit
zu berückſichtigen, die ſich verpflichtet haben und ſich
hierüber durch eine amtliche Beſcheinigung ausweiſen
können, die Pferde bei der Holzabfuhr zugun:
ſten beſtimmter Forſtverwaltungen oder Holz—
käufer zu benutzen und nach Beendigung der
Holzabfuhr in der Landwirtſchaft arbeiten zu
laſſen oder mit Genehmigung der Landwirt⸗
ſchaftskammer an einen Landwirt oder Wald:
beſitzer oder Holzkäuſer weiter zu verkaufen.
Liegen hier oder dort die Verhältniſſe ſo, daß
zuverläſſige und in der Holzabfuhr erfahrene, aber nicht
hinreichend kapitalkräftige Perſonen bereit ſein würden,
Holz aus Staatsforſtrevieren abzufahren, ſofern ihnen
der Ankauf von Pferden durch Vorſchüſſe aus der
Staatskaſſe ermöglicht würde, ſo würde ich unter Um⸗
ſtänden bereit ſein, ſolche Vorſchüſſe bei Stellung hin⸗
reichender Sicherheiten und Uebernahme beſtimmter
vertraglicher Verpflichtungen ſeitens der Vorſchußneh⸗
mer in Höhe von bis zu 60% des Taxwertes der
Pferde zu gewähren. In Fällen dieſer Art könnte
in Frage kommen, zur beſſeren Sicherung der Staats⸗
kaſſe das Eigentum an den Pferden der Forſtwerwal⸗
tung bis zur Abzahlung des gewährten Vorſchuſſes
vorzubehalten. Soweit es ſich um Aufwendungen von
Staatsmitteln für dieſe Zwecke handelt, ſei es nun,
daß Vorſchüſſe zu gewähren ſind oder ſei es, daß die
Forſtverwaltung ſelbſt Pferde anzukaufen beabſichtigt
(3. B. für den Betrieb einer Waldbahn), erwarte ich
die Anträge der Kgl. Regierung auf Bewilligung der
erforderlichen Geldbetraͤge.
In allen Fällen iſt dafür zu ſorgen, daß die Pferde,
die im Intereſſe der Holzabfuhr angekauft werden
folen, ſobald wie möglich und auch ſchon vor der
Ueberweiſung der Mittel durch mich bei der zuſtän⸗
gigen Landwirtſchaftskammer angemeldet werden.
Da ein großer Teil der den Landwirtſchaftskam⸗
mern überwieſenen Pferde nach ihrer Beſchaffenheil
ſür die Holzabfuhr nicht in Frage kommt, da ferner
in nddfter Zeit diejenigen Pferdebeſitzer, die bei den
jetzt vorgenommenen Zwangsaushebungen Pferde ab-
gegeben haben, in erſter Linie zu berüdfichtigen find,
ſo wird mit einer ſehr erheblichen Zuweiſung von
Pferden für die Holzabfuhr kaum gerechnet werden
können. Umſomehr iſt es von Wichtigkeit, von jeder
ſich bietenden Gelegenheit zur Verſtärkung des ge⸗
deren Be: | ringen, für die Holzabfuhr verfügbaren Pferdebeftandes
gewiſſenhaften Gebrauch zu machen.
Zu 2. Laſtkraftwagen, die für die Zwecke der
Heeresverwalrung nicht mehr brauchbar find, werden
nach Wiederherſtellung von der Feldkraftwagen⸗Akltien⸗
geſellſchaft in Berlin, in den Handel gebracht. Aus:
gebildete Kraftwagenführer können unter Umftänden
von dem im Kriegsminiſterium beſchäftigten Haupt:
mann d. L., Forſtmeiſter Dr. Storp, nachgewieſen
werden.
Neue und gebrauchte Waldbahnen zum Betriebe
mit Pferden oder mit Lokomotiven werden vielfach
angeboten. Der Verband deutſcher Tiefbauunterneh⸗
mer in Berlin⸗Wilmersdorf wird vorhandene Beſtände
dieſer Art nachweiſen können. Auch werden öffentliche
Aufforderungen zur Einreichung von Angeboten Er⸗
folg verſprechen. ,
Zu 3. Die Lieferung von Lebensmitteln für
Kriegsgefangenen-Kommandos aus den Lagern
iſt durch den Runderlaß des Kriegsminiſters vom 8.
X. 16) neu geregelt worden und wird vorausſichtlich
nunmehr nach Bedarf ohne die früheren Erſchwerriſſe
erfolgen. Die vorzugsweiſe Ueberlaſſung von Kriegs
1) Dieſer Runderlaß i nachſtehend mitgeteilt.
115
gefangenen, die berufsmäßige Waldarbeiter find, ift
von großer Wichtigkeit und wird unter Berufung auf
den kriegsminiſteriellen Erlaß von den Lagerkomman⸗
danten immer wieder zu erbitten ſein.
Zu 4. Anträge auf Geſtellung von garniſon⸗
dienſtfähigen Holzhauern, insbeſondere auch von
tüchtigen Vorarbeitern ſind von der Kgl. Regierung
direkt an die Abteilung C1 b des Kriegsminiſteriums
zu richten. Ich empfehle wiederholt, von dieſer Mög⸗
lichkeit, den Beſtand an gelernten Waldarbeitern zu
ergänzen, ausgiebigen Gebrauch zu machen.
Zu 5. Wegen der Verwendung von Straf⸗
gefangenen der Verwaltungen der Juſtiz und des
Innern bei der Waldarbeit nehme ich Bezug auf den
Erlaß des Herrn Juſtizminiſters an die Oberſtaats⸗
anwälte vom 3. Oktober 1916.
Dieſer Erlaß lautet:
„Der geſteigerte Bedarf der holzverbrauchenden Induſtrien
hat bei der Forſtverwaltung zu Schwierigkeiten in der Beſchaf⸗
fung von Arbeitskräften geführt. Es fehlen vor allem geübte
Holzarbeiter, namentlich Vorarbeiter. Die Erſten Staatsan⸗
wälte ſind daher anzuweiſen, etwaigen Geſuchen der Forſtver⸗
waltung von Stra faufſchub oder Strafunterbrechung
für Forſt arbeiter nach Möglichkeit zu entipreden. Sollten
ſich in den Inſtizgefängniſſen derartige Perſonen befinden, deren
Beurlaubung nicht in Frage kommt, und laſſen ſich aus ihnen
Arbeitskolonnen, die den ſtaatlichen Forſtverwaltungen zur Vers
fügung geſtellt werden lönnten, nicht bilden, ſo iſt durch Be⸗
nehmen mit den Regierungspräfidenten feſtzuſtellen, ob etwa
bei den Sefängnifien der inneren Verwaltung ſolche Arbeiter⸗
kolonnen für die Staatswaltungen zuſammengeſtellt werden,
und ob dieſen Kolonnen hie in Betracht kommenden Gefange⸗
nen ans den Juſtizgefängniſſen zugeteilt werden können.“
Ich vertraue, daß die Kgl. Regierungen der Frage
der Beſchaffung von Holzhauern für die Schlagarbeiten
und von Pferden, Kraftwagen und Waldbahnen für
die Holzverbringung ihre volle Aufmerkſamkeit fort⸗
geſetzt zuwenden werden. Die immer ſchwieriger ge⸗
wordene rechtzeitige Bereitſtellung der für die Bedürf⸗
niſſe von Heer und Volk erforderlichen Holzmengen iſt
von allerernſteſter Bedeutung.
* +
*
Verpflegung der beim Holzeinſchlag
beſchäftigten Kriegsgefangenen.
Durch Erlaß des Kriegsminiſteriums vom 8. Ok⸗
tober 1916 wird zunächſt anerkannt, daß zur Siche⸗
rung des im Intereſſe der Heeresverwaltung und Volks⸗
wirtſchaft unbedingt erforderlichen Holzeinſchlags die
bei den Forſtgeſangenenkommandos hervorgetretenen
Verpflegungsſchwierigkeiten behoben werden müſſen, und
ſodann weiter folgendes ausgeführt.
Von dem Grundſatze, daß nur ſolche Kommandos
von den Lagern mit Lebensmitteln beliefert werden
können, welche die Kriegsgefangenenverpflegung in
Eigenbetrieb genommen haben, kann nach den ſehr'
mißlichen Erfahrungen, die mit der Unternehmer⸗
verpflegung gemacht ſind, nicht abgegangen werden,
zumal fi) bei dieſer kaum eine Kontrolle darüber
durchführen läßt, daß rationierte Nahrungsmittel nicht
doppelt empfangen werden.
Die Kommandos der Arbeitsſtätten mit Eigen⸗
wirtſchaft werden aber künſtig nach Maßgabe der
vorhandenen Beſtände die Nahrungsſtoffe von den
Stammlagern erhalten. Anforderung ſeitens der Kom⸗
mandos hat mindeſtens 14 Tage vor dem Auf⸗
brauch der Vorräte zu erfolgen; die anzufordernden
Mengen müſſen der Größe und Art der vorhandenen
Vorratsräume entſprechen, doch können Nahrungsſtoffe
auf eine längere Zeit wie für 4 Wochen nicht geliefert
werden.
Auch Pökelfleiſch wird auf Antrag geliefert werden
und zwar ein eiſerner, für ungefähr 14 Tage reichen⸗
der Beſtand, welcher der Verrechnung auf die zuſtän⸗
dige Fleiſchmenge unterliegt und nur angegriffen werden
ſoll, wenn die kommunalen Fleichüberweiſungen ſich
verſpäten oder ausbleiben, jedenfalls aber innerhalb
der Grenzen der Haltbarkeit. Kann ein Vorrat auf
längere Zeit nicht gehalten werden, muß das Patel:
fleiſch von Fall zu Fall vom Stammlager angefordert
werden. Die Stammlager werden ſich aber nötigen⸗
falls mit den zuſtändigen Stellen ins Benehmen ſetzen,
damit die Gemeinden das von ihnen zu liefernde Friſch⸗
fleiſch tunlichſt rechtzeitig und vorſchriftsmäßig her⸗
geben. Es iſt zu hoffen, daß dieſe Regelung genügen
wird. Sollten gleichwohl noch vereinzelt Unregelmäßig⸗
keiten hervortreten, ſo wird erſucht, dieſe unmittelbar,
nötigenfalls telegraphiſch, durch die Oberförſtereien zur
Kenntnis der betr. Inſpektion der Kriegsgefangenen⸗
lager gelangen zu laſſen. Auch wird es ſich empfehlen,
durch die Kgl. Regierungen auf die Kommunalver⸗
bände erneut einwirken zu laſſen, daß ſie ihren Ver⸗
pflichtungen zur Lieferung von Fleiſch uſw. für die
Arbeiterkommandos unter 100 Mann nachkommen.
(Schluß folgt.)
Notizen.
A. Deutſche Heldenhaine.
Im Novemberheft 1916 haben wir den von der „Arbeits⸗
gemeinſchaft für Deutſchlands Heldenehrung“ ver-
breiteten Gedanken von Willy Lange: „Jedem Gefallenen
in feiner Heimat eine Eiche zu pflanzen“ eingehend beſprochen ·
Zu dieſer Frage, der Anlage von Helden hainen. haben nun
116
nenerbings Männer Stellung genommen, zu denen das beutide
Holl mit beſonderem Vertrauen und Dankbarkeit aufblickt.
Alle bekunden ihr volles Einverſtändn's, indem fie ſich in fol-
gender Weiſe äußern:
Großes Hauptauatier, 3. Februar 1917.
Unſere bravſten Soldaten kehren nicht in die Heimat zus
rück; fle haben ihren Trenſchwur mit dem Tode beſiegelt und
ruhen in Feindesland.
Daheim ihnen ein Denkmal in Heldenhainen zu
ſetzen, iR ein verdienſtliches Werk der Dankbarkeit und
treuen Gedenkens.
Mögen dieſe deutſchen Eichen ein Wahrzeichen werden für
das jetzige und die kommenden Geſchlechter, ſtets der Männer
ſich zu erinnern, deren Herzblut Deutſchlands Durchhalten und
Sieg gegen eine Welt in Waffen verbürgte. Der deulſche Baum
Inorrig feſter Wurzel entwachſend, fet ein Sinnbild der Kraft
des Einzelnen, ihre Vereinigung ein Abbild der Sammlung an
gleichem Ziel.
Nach Menſchenaltern noch tnde das Rauſchen der Helden ⸗
haine ble Erinnerung an die Zeit, in der das Vaterland all
feine Söhne rief und von jedem forderte, fein Beſtes willig
zum Wohle des Ganzen zu geben. Kinder und Kindeskinder
ſollen in den Hainen dle Kraft finden, nachzufühlen, nachzu⸗
elfern und bereit zu fein, wenn wieder das Vaterland ruft zu
neuem Waffengange. Das iſt der ſchönſte Dank an dlejenigen,
dle durch ihr Sterben für Kalfer und Reich den Boden ſchafften
zu freier, ſtolzer Weiterentwicklung unſeres geliebten, deutſchen
Vaterlandes!
Das walte Gott! von Hindenburg.
Kriegs ministerium. Berlin W. 66, 6. Januar 1917.
Der Aibeitsgemeinſchaft für Deutſchlands Heldenhaine
ſage ich für Ueberſendung der Schriſt „Deutſche Heldenhaine“
mit Nachträgen meinen herzlichen Dank. Man ſollte ſolche
Fragen nicht nach dem Geldwerte behandeln. Etwas höheres
liegt zu runde und muß gepflegt werden.
In verſchiedenen Gegenden unſeres Vaterlandes ragen
einzelne Baume elnfam aus der Umgebung hervor. Ihr Urs
ſprung und Alter iſt ſagenhaft umwoben. Mögen ſie die Ver⸗
ſammlungsplätze unſerer Vorfahren beſchattet haben oder zur
Erinnerung an beſondere Ereigniſſe gepflanzt. fein oder auch
das einfame Grab eines Helden bezeichnen, immer werden fle
einen Schauer der Ehrfurcht erregen als Zeugen eines beſonderen
Geſchehens aus alter Zeit, an denen viele Jahre des Lebens
unferrs Volkes vorüber gezogen find.
Wenn wir heute unſeren gefallenen Helden zum Gedächtnis
Haine pflanzen, ſo ſollen ſte ein lebendiges Zeugnis
geben von der Volkstreue unſerer Toten. Mag auch ſie einſt
die Suge umſpinnen und dle längſt vergangene ſchwere Zeit
verklären, fo ſollen fle doch den Nachſahreenden das große Gre
eiguis dauernd im Bewußtſein erhalten. Vielleicht lauſcht ein
Dichter oder bas dichtende Volk dem Rauſchen ihrer Wipfel
und dem Geſang der gefiederten Sänger, die in ihnen wieder
eine Heimſtätte geſunden haben. Dann mögen neue Lieder
erklingen, die das Gedächtnis und die Taten unſerer Gefallenen
lebendig erhalten, ſo lange unſer deutſches Volk beſteht.
So denke ich mir den Sinn der Heldenhaine und ich be⸗
grüße fle als Wiederaufnahme eines geheiligten uralten Braud s
unſeres Volkes. v. Ste in.
Kriegsminiſterium. Berlin W. 9, 27. Dezember 1916.
Kriegdamt.
Ich begrüße die Beſtrebungen der Arbeitsgemeinſchaft⸗
durch Errichtung von Deldenbainen die Dar: kbarkeit für die
Y ~ —
aut dem Felde der Ehre Gefallenen wach zu erhalten, aufs
wärmfte. Solche Ecinnerungs ſtatten werden daß Boll ermahnen,
an der unter dem Trange der Ret neuerſtanbenen Einigkeit
aller Volksſchichten untereinander feſtzuhalten, wem
anders nicht das Leben von hundertauſenden von Deutidlands
Söhnen umſonſt geopfert fein foll.
Groener,
Generalleutnant, Chef den Rriegsamis.
D. Aufruf!
An die deutſchen Jäger!
Die Stärkung unſerer Armee macht es gur unabweisbarer
Notwendigkeit, alle in der Heimat und im beſetzten Gebiet ir
gendwie erfegbaren Militärperſonen für den Waffendtenk frei:
zumachen. Eine große Anzahl von Militärperſonen wird zur
Zeit durch den Bahus, Brücken⸗ und Grenzſchutz, die Gefango
nenbewachung, ſowle den ſonſtigen Wach und Sicherbeitäblenf
in Anſpruch genommen. Sie muß jetzt durch ſolche Perſonen
erfeet werden, die im Gebrauch der Schußwaffe geübt, mig
lichſt in der Lage find, ſich felbft mit einer Waffe auszurüfen,
und für die die Verwendung im ſtehenden Heere nicht mehr
in Frage kommen.
Das Vaterland verlangt dringend, von jedem einzelnen.
ſoweit er nicht im Heere ſteht oder in Hilfsdienſtbetrieben bo
ſchäſtigt iſt, ſich jetzt zur Verſügung zu ſtellen.
Der deutſche Jäger, im Waffengebrauch geübt und buró
das Weidwerk abgehärtet, ift beſonders befähigt hier einzutreta
Im Hinblick auf das dringende Gebot der Stunde und da dei
Vaterland mit jedes deutſchen Mannes Hilfe rechnet, richte ih
auf Veranlaſſung des Kriegsamtes an alle hierfür in Betraczt
kommenden deutſchen Jäger die eindringliche Aufforderung, fd .
den zuſtändigen Stellen unverweilt zur Verfügung zu ſtellen
Niemand darf dle Uebernahme einer auch nur untergcotd⸗
neten Tätigkeit ſcheuen, im Dienfte des Vater landes il jder
deutſche Mann an dem ihm zugewieſenen Platze am rechte
Ort.
Die eigene Waffe darf geführt werden. Auch diejenigen,
welche in ihrem Berufe nicht voll beſchäftigt find, Koma
Dienſte leiſten.
Die für den Bereich der Landesvereine in Frage kommenden
Kriegsamtſtellen veröffentlichen Aufrufe mit näherer Angabe,
für welche Arbeitsleiſtungen Menfden geſucht werden und wo
die Meldungen zu erfolgen haben. Bei den örtlichen Arbeit
nachweiſen find Hilfsdlenſtmeldeſtellen, die jede Art von Rd
dungen annehmen und Auskünfte erteilen. Die Geſchäftsſteln
der Landcsvereine nehmen gleichfalls Meldungen aus Mitglieder:
kreiſen zur Weitergabe zuſtändigen Orts entgegen. Den Mel:
dungen wäre eine Erklärung beizufügen, ob ſich der Betreffende
für das beſetzte Gebiet oder zum Dienſte in der Heimat meldet
und in letzterem Falle, zu welchen Tages» und Nachtzeiten er
ſich zur Verfügung ſtellt.
Wem von uns Zeit und Tätigkeit es erlauben, dem Be
terlande zu nützen, der hat die dringende Pflicht, feine Peros
jetzt zur Verfügung zu ſtellen.
Der deutſche Jäger hat felt Kriegsbegiun fic) ſtets u!
opferfreubig in den Dienit des Vaterlandes geſtellt, ich habe
daher die fefte Zuverſicht, daß mein Aufruf überall in mjaa
Reihen vom beften Erfolg gekrönt fein wird.
Rauden, den 1. März 1917.
Mit Weidmannsheil!
Der Prafident
Victor Herzog von Ratibor.
Nur die Redaktion Pease elch fur Aurdve, Brieſe, Berſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer,
lür literariſche Berichte Grof. Dr. Weder, beide in Siegen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländer Berlas
Serleger : J. D. Cane r länder in Hrantfurt a. M. — F. O tto 8 Hofbuchdradere! in
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Allgemeine
Fort: und Jag Zeitung,
Herausgegeben
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von
Dr. Karl Wimmenauer, und Dr. heinrich Weber,
Geh. Forſtrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der a
an der Univerſttät Gießen.
— ANS NA NAE ANININ INA NA ee a Ne — . ed LAS a —— Dr TUT NA .
Dreiundneunzigſter Jahrgang.
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Frankfurt am Main. |
J. D. Sauerländer's Verlag. :
Die Allgemeine Forh- und Bagd-Zeitung erſcheint regelmäßig jeden Monat und |
wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗
lungen und Poſtanſtalten.
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brach liegenden Flecken bandes aufs dringende
Näheres durch die Zeitung“ Bezug nehmen zu
„Kirner Zeitung“, Kirn a. Nabe. | wollen.
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Dr. K. Wimmenauer,
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Geh. Forstrat und Professor der Forstwissenschaft
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Frankfurt a. M. :
weiland Profelſor Dr. Bermann Stoep
Großb. Sachi. Oberlandforſtmelſter und Direktor der Forflakademie zu Eilen
Durcigefehen von Prof. Dr. Bans Bausrath, Karlsruhe.
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Groß-Oktap, VIII und 252 Seiten.
| Preis: broſch. Mk. 5.—, gebunden Mk. 5.80.
Das Ericheinen der fünften Auflage legt am beiten Zeugnis ab pon der allleitig
das Werk durch die prägnante und klare Daritellung des Stoffes und durch feine mehr pa.
auf Berporhebung der praktiichen Gelichtspunkte abzielende Richtung in Fachkreifen gefund&”
Diele neue Auflage, deren Durchſicht auf ausdrücklichen Wunich des Deritorbenen Ve
Dr. Bausrath in Karlsruhe bereitwilligit übernommen hat, hat wieder einige Ergänzungen
ſolche durch die neueren Ericheinungen auf den bezüglichen Gebieten bedingt wurden.
Frankfurt a. M. J. d. Sauerländer's verlag.
— ä— ————————— ͤ ́ͤ H — —
E
Hllgemeine
forf: T Jagd⸗Zeitung.
Pai⸗Juni 1917.
— —— —f—E—ͤA . ͤ— . • —r³— q wͥ nn.
Einige forſtlich⸗volkswirtſchaflliche Aufgaben
nach dem Welikriege,
Von Oberförſter A. Müller, z. Z. im Felde.
(Schluß.)
I. Beförderung der allgemeinen Bodenkultur durch
*
7
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ar
i
nützlichen, ja unentbehrlichen Schutz gewähren.
forſtliche Maßnahmen.
Wenn der heimiſche Boden zu Nutz und Frommen
unſerer Unabhängigkeit nachhaltig ſein Beſtes hergeben
ſoll, wenn wir alle ſeine Kräfte und Stoffe reſtlos
und pfleglich ausnutzen wollen, dann müſſen alle
Zweige der Bodenkultur ſich verſtändnisvoll und rück⸗
ſichtsvoll ergänzen und unterſtützen. Im Sinne dieſer
Forderung entſteht die Frage, welche Rolle unſer Wald
als Schutzwald und als Nutzwald gegenüber der Land⸗
wirtſchaft zu ſpielen berufen iſt, ſodann aber auch die
Frage, ob unſere bisherigen Anſchauungen vom unbe⸗
dingten (abſoluten) Waldboden noch die alte Geltung
beanſpruchen dürfen.
a) Schutzwald.
Wald aller Arten und aller Flächengrößen kann
unter beſtimmten Vorausſetzungen dem Kulturgelände
Es
gilt, dieſe Verhältniſſe überall ſorgſam an Ort und
Stelle zu ſtudieren und fih für Pflege und Erhaltung
der als Schutzwald erkannten Waldbeſtände einzuſetzen,
nach Bedarf auch Neuanlagen zu ſchaffen. Soweit
hierbei forſtpolitiſche Maßnahmen in Frage kommen,
dürfte beſonderes Gewicht auf anſchauliche Belehrung
und Ueberzeugung der mittleren und kleinen Grund⸗
befiger zu legen fein.
a) Schutz gegen kalte Winde kann ein Grundſtück
weſentlich im Ertrage heben. Sehr anſchauliche Bei-
ſpiele hierfür gewährt unter anderem ein Vergleich
zwiſchen Obftgärten, die von paſſend gelegenen Wald-
ſtücken umgeben find, und zwiſchen freiliegenden Går-
len. Maßgebend iſt hier vor allem der Einfluß der
plten Winde auf die Blüten und Früchte !, bei anderen
kuren auch der Einfluß auf das Wachstum der
Aehnliche Beobachtungen wurden in der kleinaſiati—
Türkei gemacht. Dort iſt die Hebung der ſo wichtigen
inenzucht auf gewiſſen Standorten vollkommen ab-
hig vom Vorhandenſein des Schutzwaldes.
1917
Blattorgane. Weitere Unterſuchungen über dieſe Wech⸗
ſelbeziehungen wären mit Dank zu begrüßen. Sie
würden weitere Kreiſe darüber belehren, daß der Wind⸗
ſchutz keineswegs nur in ausgeſprochenen Freilagen
(Meeresküſten, Hochebenen uſw.) hohe wirtſchaftliche
Bedeutung beanſprucht. In Heidegegenden gewähren
vorgelagerte Waldſtücke den Feldern und Gärten auch
Schutz gegen kalte Nebel.
f) Erhöhte Beachtung dürfte auch der Schutz ver-
dienen, den der Wald gegen Verluſte an kulturfähigem
Boden und gegen Beſchädigungen von Kulturgewäͤchſen
gewährt, wie ſie durch Abſpülung von Ackerkrume,
Ueberwehung mit Flugſand, durch Steinſchlag, Erd⸗
rutſche u. dgl. entſtehen. Neben den großen Ver⸗
heerungen dieſer Art im Dünen: und Flugſandgebiete
und im Hochgebirge finden wir allerorten kleine Schä:
den und Verluſte, die ſich allmählich zu hohen volks⸗
wirtſchaftlichen Werten ſummieren. Eins der wich⸗
tigſten Vorbeugungsmittel gegen ſolche Verluſte bietet
der Holzwuchs aller Arten und Betriebsformen. Um
dieſes Mittel zur vollen Geltung zu bringen, müſſen
die den Holzwuchs erhaltenden und begründenden Maß⸗
regeln den örtlichen Verhältniſſen beſonders ſorgfältig
angepaßt werden. Neben eigentlichen Waldſtücken
kommen je nach Lage, Boden uſw. auch Baumreihen,
Baum: und Strauchgruppen ſowie Hecken in Frage.
Aehnliche Erwägungen gelten auch häufig für den
Schutz von Feldern, Gärten uſw. gegen Straßenſtaub
und Hüttenrauch. |
Auf die bedeutſamen Wechſelbeziehungen zwiſchen
Holzwuchs und Waſſerhaushalt kann hier nur hinge⸗
wieſen werden.
y) Bei Würdigung der erwähnten Schutzgehölze
bedarf ein Punkt beſonderer Erwähnung. Man be⸗
fürchtet oft nachteilige Einflüſſe der Holzgewaͤchſe auf
das angrenzende Kulturgelände. Allerdings kann die
Beſchattung und Durchwurzelung Schaden verurſachen.
Abgeſehen davon, daß dieſer Schaden oft nachweisbar
durch nützliche Einflüſſe aufgewogen wird, läßt er ſich
auch bei entſprechender Anpaſſung an das Gelände, an
die Himmelsrichtung und an die Kulturart oft ganz
ausſchalten. Wo hochſtämmige Holzbeſtande im ein⸗
16
a
zelnen Falle nicht angebracht erſcheinen, wird man oft
mit Vorteil auf einen dem Standorte angemeſſenen
Ausſchlagholzbetrieb zurückkommen und unter Um⸗
ſtänden ſelbſt nützlichen Strauchwuchs nicht verſchmähen.
Auch die Beſchaffenheit des an das Kulturgelände
grenzenden Gehölzrandes ift wichtig. Ein naturge⸗
mäßer Waldſaum baut ſich, im Querſchnitte betrachtet,
nach dem Beſtandsinnern zu dachförmig auf. Er ent⸗
hält am äußeren Rande meiſt viele Lichtholzarten,
viele laubabwerfende Gehölze ſowie zahlreiche zwiſchen⸗
wüchſige und unterwüchſige Bäume und Sträucher.
Sv finden wir 3. B. die Bäume zweiter und dritter
Größe vorzugsweiſe in derartigen Waldſäumen.
Aus dieſen Gründen wird der naturgemäß auf⸗
wachſende oder vom Menſchen entſprechend erzogene
Beſtandsſaum neben ſonſtigen Vorzügen auch den auf⸗
weiſen, daß er das angrenzende Gelände weit weniger
bejdjattet, als etwa ein gleichförmig hochſtämmiger Be-
ſtandsrand, der aus einer einzigen wintergrünen Schat⸗
tenholzart gebildet wird. |
Holzarten mit Wurzelbrut oder mit beſonders weit
ſtreichender Bewurzelung werden womöglich in ange:
meſſenem Abſtande von wertvollem Kulturboden zu
halten jein. |
Das Geſagte bezieht ſich natürlich auch auf den
noch zu betrachtenden Fall, daß der Wald auch dem
unmittelbaren landwirtſchaftlichen Nutzen dienſtbar ge⸗
macht wird.
Die allgemeine Bodenkultur wird weiter gefördert
b) durch Nutzwald, indem beſtimmte Waldflüde
der Landwirtſchaft unmittelbar dienſtbar gemacht wer⸗
den. Die Möglichkeiten einer ſolchen unmittelbaren
Dienſtbarkeit beanſpruchen heutzutage m. E. erneut
eine unbefangene Würdigung. Hat man doch dieſe
Wechſelbeziehungen lange Zeit in Erinnerung an frühere
Mißbräuche oft mit Voreingenommenheit betrachtet.
An uns iſt es künftig, auf dieſem Gebiete Mittel und
Wege zu erkunden, um die Waldpflege ſoweit möglich
mit anderweiten Intereſſen in Einklang zu bringen.
a) Waldweide und verwandte Nutzungen.
Für manches kleinbäuerliche Waldſtück, ja ſelbſt
für manchen Beſtand in größeren Waldungen hält der
Nutzen der Waldweide dem Schaden die Wage oder
. er überwiegt ihn fogar. Hier wie bei allen forſtlich⸗
volkswirtſchaftlichen Problemen iſt ſelbſtverſtändlich eine
ſachverſtändige und vorurteilsloſe Prüfung der örtlichen
Verhältniſſe die Grundbedingung. Ebenſo wichtig iſt
bei allen dieſen Fragen eine möglichſt enge Fühlungs⸗
nahme der leitenden und beratenden Forſtbeamten mit
erfahrenen Landwirten.
Unter allen Formen der Waldweide dürfte gegen⸗
wärtig der Eintrieb von Schweinen beſonders erhöhte
Beachtung verdienen. Er iſt auch neuerdings in ſeiner
118
rein forſtwirtſchaftlichen Bedeutung wieder mehr ge -
würdigt worden, fo z. B. im Bunzlauer Stadtforſt
und in einigen Waldungen der Mark. Ausführliche
Darlegungen über Schweineeintrieb (und zwar vom
Standpunkte modernſter Praxis aus) finden ſich nament⸗
lich in der Literatur der niederländiſchen Oedlands⸗
verbeſſerungen (Flugblätter der Staatsforſtverwaltung,
Zeitſchrift der Heidegeſellſchaft). Muſtergiltige Cin:
richtungen auf dieſem Gebiete habe ich vor Jahren in
den ausgedehnten Heideaufforſtungen von Schorl (Hol:
ländiſch Brabant) ſtudiert. Wenn dort und anderswo
zunächſt die forſtlichen Tugenden des Schweines (Boden:
durchlüftung, Vertilgung tieriſcher Schädlinge) zum
Beſten des Waldes verwendet wurden, ſo dürfte in
Deutſchland künftig der allgemeine volkswirtſchaſtliche
Nutzen (Ausnutzung von Futterſtoffen, Darbietung
naturgemäßer Lebensbedingungen) als ebenbürtig neben
den rein forſtlichen Nutzen treten. Der Schweineein⸗
trieb in den Wald erſcheint auch als eine zeitlich und
örtlich beſchränkte Maßregel berufen, der Geſundhaltung
—— —ñüͤ Syke
der Herden zu dienen und damit auch unmittelbar
unſere Erzeugung an Fleiſch und Fett zu fördern.
Als landwirtſchaftlicher Nutzwald können ferner
ſolche Waldſtücke gelten, die dem Betriebe von Hühner⸗
und Entenfarmen dienen. Ebenſo die Gehölze in und
an Dauerweiden, denn die für unſere Viehzucht als
höchſt wichtig erkannte Dauerweide kann einzelner
kleiner Waldſtücke ſchwer entraten, um dem Vieh
außer Schatten auch Gelegenheit zum Scheuern zu
gewähren.
Endlich können auch unſere Waldungen und Feld:
hölzer ſtellenweiſe noch weit mehr als bisher der wid:
tigen Bienenzucht nutzbar gemacht werden. Ich denke
dabei zunächſt an allgemeine Anwendung der Bienen
zucht mit tragbaren Stöcken (ähnlich der Heideimlerei),
wie ich fie vereinzelt z. B. in den einſamen märkischen
— — b. —
- = ~
Kiefernwaldungen (Gegend von Belzig und Treuen
briezen) gefunden habe.
Förderlich würde es ferner ſein, dort, wo es Stand⸗ 7
ort und Beſtandsform erlaubt (alſo namentlich wieder
im Waldſaume) die Linden zu begünſtigen. Deren
Pflege liegt uns ja ohnedies wegen der Oelgewinnung
und wegen des Holzes am Herzen. Für die Bienen:
weide iſt die kleinblätterige Linde beſonders wertvoll.
Sie beginnt in Deutſchland leider ſelten zu werden.
Daher erwirbt ſich der Forſtwirt ein Verdienſt, wenn
er fie gelegentlich auch im Saat: und Pflanzbeete be
rückſichtigt und ſie wohl auch zur Einzelauspflanzung
an Wegen und auf freien Plätzen verwendet. Zwei
weitere forſtliche Bienenpflanzen ſind die Aſpe und
unter den Strauchweiden namentlich die Sahlweide.
Beide find höchſt wichtig für die erſte Frühlingstracht.
Kleine Beſtände beider Holzarten ſind auf Oedland
— —
Le = 2
119
und auf gewiſſen ſchwierigen Standorten oft ſehr am
Platze, ſo z. B. die Aſpe auf Sand in Froſtlagen, die
Sahlweide auf Geröllſtellen. Daß beide zur Blüte-
zeit auch ein eintöniges Landſchaftsbild verſchönen, ſei
nur nebenbei erwähnt.
6) Waldſtreu und ſonſtige Nutzungen.
Unter beſtimmten örtlichen Verhältniſſen können
wohl alle Formen einer mäßigen Streunutzung zeit⸗
weile zur Unterſtützung des Landwirtes herangezogen
werden. In einzelnen Fällen wird dies zugleich den
forſtwirtſchaftlichen Zwecken dienen. Es gilt daher,
Rauch dieſen Verhällniſſen durch unbefangene Prüfung
von Fall zu Fall Rechnung zu tragen. Aufgabe des
Forſtwirtes wird es hierbei ſtets bleiben, aufklärend
und überzeugend zu wirken, um jeder mißbräuchlichen
Streuentnahme entgegenzuarbeiten.
Bei dem Streben, die landwirtſchaftlichen Erträge
des Heimatbodens zu heben, werfen wir vielleicht künf⸗
tig öfter als bisher prüfende Blicke auf die Möglich⸗
leit einer gelegentlichen Verbindung des Waldbaues
mit dem Feldbau. Auch dieſe Möglichkeit verdient
allenthalben ein ſorgſames und unbefangenes Studium.
Insbeſondere folte man ſtets erwägen, ob landwirt⸗
ſchaftlicher Vorbau als Kulturmaßregel bei der Be⸗
ſtockung kahler Flächen möglich und ratſam iſt. Ein
dankbares Feld der Betätigung bietet hier namentlich
die Oedlandsaufforſtung. Die Praxis hat erwieſen (e8
darf hier wohl auf die beſonders umfangreichen ein⸗
ſchlägigen Erfahrungen der Niederländer hingedeutet
werden), daß der Vorbau gewiſſer Feldgewächſe auf
vielen höchſt ungünſtigen Oedflächen bahnbrechend
wirkt für den ſpäteren nachhaltigen Waldwuchs. Aller⸗
dings iſt hierbei oft ein ſehr hoher Kapitalaufwand
für Bodenbearbeitung und Düngung unerläßlich. Aber
dieſer Aufwand wird bald durch die ſich raſch ver⸗
beſſernden Ernten an Hafer, Hackfrüchten uſw. gedeckt.
Daß der kleine Beſitzer bei ſolchen doppelt gemein⸗
nützigen Oedlandverbeſſerungen meiſt der Unterſtützung
mit Geldvorſchüſſen und mit fachmänniſcher Beratung
bedarf, braucht kaum erwähnt zu werden.
c) Es ſei geſtattet, in dieſem Zuſammenhange noch
die Frage zu berühren, ob die Bewaldung, die wir
jetzt haben bezw. die wir bei Neuaufforſtungen an⸗
ſtreben, im Einklange ſteht mit der erhöhten Not⸗
wendigkeit, der Landwirtſchaft alle geeigneten Flachen
zuzuweiſen. Ebenſo wie wir früher von unbeding⸗
ten (abſoluten) Waldböden oder beſſer Wald⸗
ſtandorten ſprachen, möchte der Forſtwirt künftig auch
ſeine Standorte gelegentlich daraufhin anſprechen, ob
ſie etwa unbedingte Eignung für Feld, Wieſe oder
Weide befiten. Erkennt man unzweifelhaft derartige
Standorte im Waldgelände, ſo wird man von Fall
zu Fall zu erwägen haben, ob eine Umwandlung
(etwa beim nächſten planmäßigen Abtrieb des Be⸗
ſtandes) geboten oder erwünſcht iſt. Bisweilen wird
ſich im zuſammenhängenden Waldgelände aus ſolchen
Erwägungen eine zweckmäßige Iſolierung gefährdeter
Beſtandskomplexe (Feuer, Sturm) ergeben. Am haͤu⸗
figſten werden Erwägungen dieſer Art Platz greifen
müſſen bei größeren Neuaufforſtungen, insbeſondere auf
Oedflächen. Selbſtverſtändlich verdient auch hier das
Bedürfnis nach Schutzwaldbeſtänden (und zwar in dem
bereits erörterten weiteſten Sinne dieſes Begriffes) ſtets
beſonders ſorgſame Berückſichtigung.
Die Vermehrung unſerer deutſchen Ernährungs⸗
fläche wird übrigens der ſtets wünſchenswerten Ver:
mehrung unſerer Holzbeſtaͤnde keineswegs hinderlich
ſein. Es gilt nur, einesteils alle wirklich aufforſtungs⸗
bedürftigen Flächen zu bewalden, anderenteils die zahl⸗
reichen verwahrloſten Waldſtücke des Privatbeſitzes einer
pfleglichen Wirtſchaft entgegenzuführen, mit anderen
Worten, alle unbedingten Waldſtandorte Deutſchlands
bezw. Mitteleuropas nachhaltig forſtwirtſchaftlich aus:
zunutzen.
III. Ausnutzung des Waldes für die Volksgeſnndheit.
Der deutſchen Volkswirtſchaft erwächſt infolge des
Krieges neben vielen anderen dringenden Aufgaben
auch die hochbedeutſame Aufgabe, ihre Verluſte an
menſchlicher Arbeitskraft und an Rüſtigkeit möglichſt
bald wieder zu erſetzen. Nicht nur die Dankespflicht,
ſondern auch das vielſeitige Bedürfnis unſeres Wirt⸗
ſchaftslebens und unſerer Wehrkraft drängt uns dazu,
Verwundeten, Kranken und ſeeliſch Gebrochenen mit
allen Mitteln heilend beizuſtehen. Andererſeits gilt
es heute mehr als je zuvor, dem heranwachſenden Ge⸗
ſchlechte, Friſche, Kraft und Heimatliebe zu geben.
Bei allen Beſtrebungen dieſer Art verdient der
heilende und belebende Einfluß des Waldes planmaͤßige
Berückſichtigung.
a) Der Wald als Geſundungsſtätte.
Der Aufenthalt im Walde wirkt auf den Menſchen
wohltätig durch die Ruhe, die ſtaubfreie Luft, den zur
tieſen Atmung anregenden Harzgeruch uſw. Weniger
bekannt iſt, daß der durch den Waldbeſtand gewährte
Windſchutz in der rauhen Jahreszeit und bei Sonnen⸗
ſchein oft ein örtliches Sonderklima ſchafft, deſſen
Milde z. B. für Lungenleidende höchſt beachtenswert
iſt. Näheres hierüber habe ich in den Mitt. der d.
dendrol. Gef. 1914 (. Forſtliche u. dendrologiſche Auf⸗
gaben der modernen Großſtädte“) erörtert.
Die Verwertung dieſer Heilfaktoren darf ſich m. E.
nicht auf die Waldungen von Kurorten und Heil⸗
anſtalten beſchränken. Jedes in der Nähe von Ort⸗
16
120
— ol
ſchaften gelegene Waldſtück vermag ſolchen Leidenden
und Geneſenden zu dienen, die aus irgend welchem
Grunde an ihren Wohnort gebunden ſind. Bei dem
wohl überall vorauszuſetzenden Entgegenkommen der
betreffenden Waldbeſitzer wird ſich häufig die Gelegen⸗
heit bieten, den Wünſchen der geneſungſuchenden Wald⸗
beſucher Rechnung zu tragen, ohne daß dabei wirt-
ſchaftliche Opfer gebracht werden müſſen.
b) Der Wald als Erholungsſtätte.
Auch der volkswirtſchaftliche Wert, den der Wald
für den erholungſuchenden Spaziergänger beſitzt, wird
leicht unterſchätzt. Ueberdies ift ſehr begreiflicher Weiſe
der Forſtwirt infolge der Rückſichtsloſigkeiten mancher
Waldbeſucher bisweilen etwas voreingenommen gegen
das geſamte waldbeſuchende Publikum. Zweifellos
ſollen grobe Störungen der Waldesruhe und Beein⸗
trächtigungen der Wirtſchaft nicht geduldet wer: en.')
Aber ein ſehr großer Teil der Fremden und der An:
wohner betritt den Wald mit rückſichtsvoller Freude
und Andacht, ſucht und findet in ihm ſeeliſche und
körperliche Erquickung und nicht ſelten auch neue Ar⸗
beitsfriſche und neuen Lebensmut. Dieſen Erholungs-
ſuchenden den Waldgenuß nach Möglichkeit zu erleich:
tern, bedeutet daher eine Erhaltung und Schaffung
volkswirtſchaftlicher Werte. Nicht unerwähnt darf
hierbei bleiben, daß der Wald namentlich auch für
Herz und Sinne der heranwachſenden Jugend ein un:
erſchöpflicher Quell des reinen Naturempfindens und
der Heimatliebe werden kann, ein Quell, deſſen Seg⸗
nungen wir für unſer Volkstum und unſere Volks⸗
wirtſchaft auszunutzen verpflichtet find.
Ueberblicken wir zum Schluſſe die Reihe der hier
ſtizzierten forſtlich-volkswirtſchaftlichen Aufgaben, fo er-
kennen wir, daß die größeren Wirtſchaftswaldungen
nicht allein allen dieſen Aufgaben gerecht werden können.
Es bedarf hierzu der Mitwirkung unſeres geſamten
Waldbeſtandes und aller bewaldungsfähigen und be—
waldungsbedürftigen Standorte des deutſchen (mittel:
europäiſchen) Bodens. Ueberaus wichtig iſt es daher,
daß alle für das Wohl des Landes und des Volkes
beſorgten Kreiſe an der Verbeſſerung, Erhaltung und
Vermehrung des privaten Waldbeſitzes arbeiten, daß
die weiteſten Kreiſe mehr und mehr von dem Ver—
ſtändnis für pflegliche Waldwirtſchaft durchdrungen
werden.
1) Auf Grund längerer praktiſcher Beſchäftigung mit dieſem
Gegenſtande vertrete ich die Anſicht, daß der rückſichtsloſe Teil
der Waldbeſacher meiſt aus Unkenntuis ſtört und ſchädigt. Bes
lehrung und Aufklärung (namentlich auch gegenüber der Jugend)
iſt darum ebenſo wichtig wie eine ſtraffe aber taktvolle Hand⸗
hadung polizeilicher Maßnahmen.
Entſtehung und Entwicklung des Aumäniſchen
Torſtweſens.
Vom Fürſtlich Schönburgiſchen Forſtmeiſter Adolph.
Nachdem Rumänien durch ſeine Deutſchland feind⸗
liche Teilnahme am Weltkriege augenblicklich in den
Vordergrund der Ereigniſſe getreten iſt, und nach em
nun der größte Teil dieſes ſchönen und fruchtbaren
Landes von unſeren über alles Lob erhabenen tapferen
Truppen im Vereine mit den verbündeten Mächten
erobert iſt und bereits Zivilverwaltung dort einge
richtet wird, dürfte es von Intereſſe fein, etwas über
das ſeitherige rumäniſche Forſtweſen zu hören, worüber
dem Berfaffer vermöge einer nunmehr 37 jährigen
forſtlichen Tätigkeit auf den Beſitzungen Seiner Durch
laucht des Fürſten von Schönburg-Waldenburg in
Rumänien eingehende Studien und Erfahrungen zur
Verfügung ſtehen. Es fet zunächſt mit dem geſchicht⸗
lichen Teile begonnen.
Rumänien verſügte im Altertum über einen großen
Waldreichtum und insbeſondere war es die Moldau,
welche mit ausgedehnten Wäldern bedeckt war, die fid
in Waldungen des Gebirges, des Hügellandes und der
Ebene teilten.
Insbeſondere ſchreibt Demeter Cantimir in ſeinen
Schilderungen über die Moldau vom Jahre 1716,
daß die Wälder von hervorragender Schönheit und
Güte geweſen find, die durch zahlreiche Eichenbeſtände,
ſowohl im reinen als gemiſchteu Beſtande von vorzüg⸗
licher Qualität, erhöht wurde. Das Eichenholz fi
von beſonders guter Qualität für Schiffsbauten ge
weſen.
Gegend von Cotnari bei Jaffy mit ſehr ſchönen Eichen
beſtänden beſtockt, die ihre Entſtehung dem berühmten
moldauiſchen Fürſten Stephan dem Großen verdantten,
der das frühere dortige flache Feld mit der Eiche be
——— — —„-—-—-— ne ̃ ̃Ä ͤꝗ̃gd mĩ m...
—
— +
Insbeſondere war nach dieſem Autor die,
ſtockte, daß er die in feinen fiegreichen Schlachten gegen
die Polen gemachten Kriegsgefangenen an Pflug:
ſpannen, das Feld beackern und mit Eicheln beſäen
ließ. Auch der damals zur Moldau gehörige Teil
von Beſſarabien, der heute von Wald vollſtändig ent:
blößt ift, fol reich an Eichenbeſtänden geweſen fein.
Auch in der Wallachei befanden ſich herrliche Eider:
wälder, von denen heute nichts mehr oder doch nur
geringe Spuren zu ſehen find und in den Reeifer
=
—
Teleorman und Braila ift das Prozent des bewaldeten
Bodens auf 2,2—4,9 herabgeſunken.
Unterſucht mar |
nun, welches die Gründe find, die die Abnahme des
Waldes in Rumänien ſo ſehr gefördert und auf den
heutigen geringen Stand gebracht haben, ſo findet man
zunächſt, daß es die vielen Störungen waren, welde
die Staatsorganiſation der beiden Fürſtentümer Mol
dau und Wallachei durch den Einbruch und die Ber
121
wüſtungen flawifder, türkiſcher und anderer Volfs:
ſtämme zu erleiden hatten, die ihr gutes Teil zur
ſteten Verminderung des Waldareales in Rumänien
beitrugen. Insbeſondere waren es die Türken, welche
ungeheure Mengen von Bauholz teils für den Wie⸗
deraufbau niedergebrannter Stadtteile von Konſtanti⸗
nopel und anderer Orte Rumeliens, teils für den Bau
ihrer Schiffe und Brücken aus Rumänien ausführten.
So wurde z. B. bei dem Friedensſchluß zwiſchen
Rußland und der Pforte im Jahre 1802 beſtimmt,
daß, wenn Holz für die Türkei nötig ſei, dasſelbe den
Wäldern der Moldau und Wallachei entnommen
werden ſolle, und daß das Holz von dieſen Ländern
auf deren Koſten an Ort und Stelle des Verbrauches
zu transportieren ſei.
Es kamen aber damals auch Kaufleute aus an⸗
deren Häfen des ſchwarzen Meeres und aus Aegypten
und kauften große Mengen Holz zu lächerlichen Prei⸗
ſen, da nicht der Verkäufer, ſondern der Käufer die
Holzpreiſe beſtimmte. Vor allem waren es die der
Donau zunădft liegenden Walder, welche dezimiert
wurden, da dieſelben für die cg auf Schiffen
am günſtigſten lagen.
Als zweite Haupturſache für die Verminderung des
Waldareals in Rumänien ift der frühere enorme Holz:
verbrauch für die Pflaſterung in den Straßen der
größeren rumäniſchen Städte, wie Jaffy, Bukareſt,
Craiova uſw. anzuſehen. Dieſe Straßenbefeſtigung
geſchah in der Weiſe, daß ganze behauene Baum⸗
ſtämme dicht aneinander gefügt quer über die Straße
gelegt wurden, und dieſe Befeſtigungen mußten teils
aus Geſundheitsrückſichten, teils aus Rückſichten für
den Verkehr alle 5 bis 6 Jahre erneuert werden, wo⸗
durch ungeheure Mengen von Holz, namentlich Eichen⸗
holz, aufgebraucht und große Waldflächen verwüſtet
wurden.
Die dritte Urſache der Waldverminderung waren
die vielen Verwüſtungen durch Krieg, namentlich zwi:
ſchen Rußland und der Türkei, die ſich vielfach auf
rumdnijdem Boden abſpielten, Einbrüche der Tartaren
uſw., wobei große Waldbeitände niedergebrannt und
niedergehauen wurden.
| So erzählt Profeſſor Pichl in feiner „Geſchichte,
natürliche Beſchaffenheit und Verfaſſung der Wallachei
und Moldau vom Jahre 1790", daß auf der ganzen
ſich ausdehnenden Ebene zwiſchen Bukareſt und Craiova
alles durch Krieg verwüſtet war, und daß die Felder
unbebaut blieben, gleichſam um aufs Neue als Schlacht⸗
felder zu dienen, und daß die Wälder, welche die
Höhen bedeckten, durch Krieg verwüſtet wurden.
Wohl haben ſchon in der Zeit von 1790 bis 1820
verſchiedene Fürſten und hervorragende Männer der
Moldau und Wallachei wie Al. C. Moruzi, M. C.
— —
Suku, B. Vacarescu, C. A. Epſilanti eingeſehen, daß
eine derart fortgeſetzte Waldbehandlung zum gänzlichen
Ruin des Waldes führen mußte und haben Verfügungen
dagegen erlaſſen, deren Erfolg aber nur ein negativer
war, da an der Günſtlingswirtſchaft alles ſcheiterte,
wie ja heute noch die ſtrenge Aufrechterhaltung der
beſtehenden Forſtgeſetze an den Rückſichten auf poli-
tiſche Parteigenoſſen und hervorragende, einflußreiche
Perſönlichkeiten vielfach ſcheitert.
Bis zum Jahre 1842 unterſtand das rumäniſche
Forſtweſen keiner Regel. Jeder Waldbeſitzer konnte
ſeinen Wald ausbeuten, wie er wollte, und Vieh in
den Wald treiben, ſo viel er wollte, auch ſtockten viele
Waldbeſitzer wegen der geringen Holzpreiſe den Wald
als unrentabel aus und arbeiteten ihn zu Feld um.
In der Wallachei ſieht man noch heute die traurigen
Ueberreſte herrlicher Eichenwälder. |
Im Jahre 1843 wurde nun in der Moldau durch
den Fürſten Mihai Sturza und 1847 in der Wallachei
durch den Fürſten Bibesco für die Waldungen des
Gebirges und Hügellandes die erſten geſetzlichen Er⸗
läſſe, das fog. „Regulament Organic“ gegeben, wo-
durch der fortſchreitenden Entwaldung ein Ziel geſetzt
werden ſollte und die franzöſiſche Parket⸗ oder Reihen⸗
wirtſchaft eingeführt, die bis zum Jahre 1881. wo
das erſte regelrechte Forſtgeſetz zu Stande kam, be⸗
ſtanden hat.
Dieſe Parket⸗ oder Reihenwirtſchaft beſtand darin,
daß der Waldbeſtand bis auf 80 Samenftämme pro
Falſche, d. i. 1,43 ha, alſo 56 Stämme pro Hektar,
die aus den mittleren Stärken gewählt ſein ſollten,
abgetrieben wurde.
Abgeſehen nun davon, daß eine fo geringe Stamm:
zahl für die Beſamung der Fläche bei weitem nicht
genügte, ſo wurden auck zu Gunſten der Käufer, die
dafür dem Perſonale Trinkgelder (bacsis) verteilten,
nicht die guten Mittelſtämme dazu gewählt, ſondern
nur Schwache und geringe Exemplare belaſſen, die in:
folge der plötzlichen Freiſtellung entweder alsbald dem
Windwurf oder dem Duft- und Schneebruch anheim
fielen oder ſich, namentlich die Eichen, mit Waſſer⸗
reiſern bedeckten und zopftrocken wurden.
Die Folge davon war, daß, zumal auf dem guten
kräftigen mit Kalk gemiſchten Lehmboden, einem Ver⸗
witterungsprodukt des Karpathenſandſteines, ſich die
Flächen bald mit üppigem Gras- und Unkrautwuchs,
Weichhölzern uſw. bedeckten, was nicht nur jede Natur-
beſamung verhinderte, ſondern auch der künſtlichen
Wiederbeſtockung ernſtliche Schwierigkeiten entgegen⸗
ſetzte, und daß an Stelle der früheren ſchönen Eichen⸗
und Buchen- oder Buchen- und Nadelholzmiſchbeſtände
die wertloſen Weichhölzer, Weide, Pappeln und die
Birke traten oder minderwertige Stockausſchlagbeſtände.
122
In den meiften Fallen geſellte ſich dieſem Uebelſtande
auch noch die Viehweide hinzu, ſodaß auch das Wenige,
was etwa an Stockausſchlag von den wertvolleren
Holzarten noch hätte wachſen können, dem Maule des
Viehes anheim fiel und dann nichts anderes übrig
blieb, als die verödete Fläche der Landwirtſchaft zuzu⸗
weiſen und ſie als Weide weiter auszunutzen oder in
Ackerland umzuwandeln, denn an künſtliche Aufforſtung
dachte des Geldaufwands wegen niemand. Selbſt die
heutigen Waldbeſitzer ſind bis auf wenige Ausnahmen
nur darauf bedacht, dem Walde Einkünfte zu ent⸗
nehmen, ihm aber nichts wiederzugeben, und ſobald
ein Gutsbeſitzer in Geldverlegenheiten kommt, muß der
Wald herhalten; ob dann dabei noch etwas für die
Nachkommen übrig bleibt oder nicht, iſt ihm ziemlich
gleichgültig.
Nur in ſeltenen Fallen gingen aus der Parket⸗
wirtſchaft gute Samenbeſtände hervor, wenn namlich
im Herbſte vor der Fällung eine reichliche Samen:
produktion der Beſtände ſtattfand, welche die Fläche
mit Samen überſchüttete. Den Schutz, welchen die
darauf erſchienenen jungen Pflänzchen, namentlich der
Buche und Tanne, in den erſten Jugendjahren durch
einen Mutterbeſtand nötig haben, übernahm dann der
ſofort erſcheinende Unkrautwuchs, insbeſondere das
Weidenröschen (epilobium), durch welchen fih. wenn
kein Vieheintrieb ftattfand, der Buchen: und Tannen:
jungwuchs vermöge ſeines großen Schattenerträgniſſes,
insbeſondere auf gutem Boden, allmählich hindurch⸗
arbeitete. |
Verſchiedene Beſtände in meinem ſpeziellen Wir⸗
kungskreiſe auf den in der Moldau bei der Stadt
Bacau gelegenen Beſitzungen Seiner Durchlaucht des
Fürſten von Schönburg⸗Waldenburg legen von dieſer
Entſtehungsart Zeugnis ab. Eine Hauptbedingung
bleibt dabei aber immer, daß mittelſt rechtzeitiger
Läuterungen und Durchforſtungen die reichlich erſchie⸗
nenen und verdaͤmmend wirkenden Weichhölzer entfernt
werden, wie dies in den oben erwähnten Waldungen
geſchehen iſt.
Im großen Ganzen aber hatte dieſe Bewirtſchaf⸗
tung für die Wälder Rumäniens ebenfalls einen nega⸗
tiven Erfolg und trug eher zur Verminderung als zur
Vermehrung derſelben bei.
An regelrechte Durchforſtungen und Läuterungen
in den Beſtänden wurde durchaus nicht gedacht, ſämt⸗
liches Durchforſtungsmaterial ging dem Waldbeſitzer
verloren, und dies iſt leider auch heute noch ſo, ins⸗
beſondere beim Staate ſelbſt. Ein weiteres Unglück
für die Wälder, namentlich auch des Staates, bildete
die bis zum Jahre 1881 den Bauern gewährte Vieh⸗
weide im Walde, die namentlich im Gebirge inſofern
zu einem noch viel größeren Uebel wurde, als die
Bauern, um größere und beſſere Viehweiden zu haben,
den Wald im Sommer anzündeten. wodurch in den
mit Maſſen von Trockenholz und dicken Moosteppichen
verſehenen Urwäldern oft wochen: ja monatelang an:
haltende Waldbrände entſtanden, die menſchliche Kräfte
nicht zu löſchen im Stande waren und die nur durd
ausgiebige Regengüſſe zum Abſchluß gebracht werden
konnten. Auf diefe Weile find Tauſende von Hektaren
ſchönſten Gebirgswaldes vernichtet worden und don
dieſem Anblick wendet ſich der Forſtmann mit Shu:
dern ab. | |
Dieſen Zuſtänden hat erſt das Forſtgeſetz von
Jahre 1881 allmählich ein Ziel geſetzt, da mit den
Verbot der Waldweide der Bauer auch kein Intereft
mehr hatte, den Wald anzuzünden.
Ein Verſuch, Mittelwaldwirtſchaft zu betreiben,
namentlich in der Ebene, ſcheiterte vollſtändig, de
hierfür die Vorbedingungen, insbeſondere genügend;
und für dieſen Betrieb gut ausgebildetes Perſonol
vollftandig fehlte. |
Angefichts dieſer vorbeſchriebenen Tatſachen wir '
es erklärlich, weshalb der Waldbeſtand ſo ſchnell ct:
genommen bat, ſodaß Rumänien heute zu den ſchwa⸗
bewaldeten Ländern, namentlich in der Ebene, gebir:
Mit dem Momente, wo König Karl von Rumönt:
im Jahre 1866 als Fürſt die Leitung der Geldic
des Landes übernahm, iſt ernſtlich an der Berbefferur: -
des rumäniſchen Forſtweſens gearbeitet worden un
ſollen hier nur kurz die Hauptſachen hervorgehen
werden, welche vom Jahre 1866 ab bis zum Tode!
König Karls zur Hebung des rumäniſchen Gorden
Es find.
1. Einführung eines Spezialforſtdienſtes für be
Wald.
2. Zeitweiſe Berufung einzelner hervorragender ofc
reichiſcher und franzöſiſcher Forſtleute zur Orgar:
ſation des Staatsforſtdienſtes.
3. Einführung eines Forſtgeſetzes im Jahre Ig
wonach die dem Forſtgeſetz unterſtellten Waung: `
des Gebirges und Hügellandes nur auf An.
einer von drei Staatsforſtbeamten aufgeftellle
Betriebseinrichtung, bezw. eines Hauungsplant
für kurze Zeiträume, ausgebeutet werden durften.
Aufhebung der Waldweide.
„Einführung künſtlicher Kulturen zur Wufforftun
verwüſteter und verödeter Flächen und zu dieser
Zwecke vermehrte Anlage von Forſtgärten.
6. Einrichtung der Staats⸗ und Privatwälber un
Unterſtellung der letzteren unter die ſtaallih
Aufſicht.
7. Verkauf der Nadelholzwälder für lange Perioden
insbeſondere derjenigen, welche ſchwer guginglit
und ohne Weganlagen find, damit die Kauft
OU pp
123
welche dort koſtſpielige Bringungdanlagen er-
richten müſſen, dieſe Koſten beſſer amortiſieren
können.
Verwertung von Waldnebennutzungen.
Gründung eines Fonds von 2% aus den Brutto⸗
einnahmen des Staatswaldes, zur Durchführung
von Verbeſſerungsarbeiten, Verwertung unpro⸗
duktiven Geländes, Befeſtigung von Rutſchungen,
ſowie eines Gemeindefonds in der Dobrutſcha
zur Aufforſtung von Oedungen.
Sendung junger ſtudierender Forſtleute an die
deutſchen und franzöſiſchen Forſtlehranſtalten.
Bindung eines großen Teiles der in der Donau⸗
ebene befindlichen Flugſandflächen und Schaffung
von Waldflächen in der Dobrutſcha.
Errichtung einer Forſtſchule für die höheren Forſt⸗
beamten mit einer Abteilung für die Vorbildung
des niederen Forſtperſonals.
Bau von Dienſtwohnungen für das Verwaltungs⸗
und Aufſichtsperſonal.
Einführung einer Forſtzeitung und Gründung
eines Forſtvereins mit Abhaltung einer Forſtver⸗
ſammlung in jedem Jahre.
Ausgabe einer jährlichen Forſtſtatiſtik.
Forſtgeſetz vom Jahre 1910, wodurch dasjenige
vom Jahre 1881 modifiziert wird und als Haupt⸗
neuerung den Privatwaldbeſitzern Garantien in
Geld auferlegt werden für die ſichere Wieder⸗
bewaltung der alljährlich in Ausbeutung genom⸗
menen Waldflächen.
So ſchön nun alle dieſe Einrichtungen und Ver⸗
befierungen klingen, fo it doch der Erfolg nur ein
teilweiſer geweſen, da, wie ſchon oben bemerkt, die Ge⸗
ſetze und Erläſſe nicht mit objektiver Strenge durch⸗
geführt werden und der Erfolg durch die Rückſicht auf
parteipolitiſche Intereſſen immer wieder in Frage ge⸗
ſtellt wurde. Es wird mit einem Worte dem Geſetze
nicht: die Achtung verſchafft, die ihm gebührt.
Ich komme nun zunächſt auf den Waldbeſtand
Rumäniens zurück und ſei es geſtattet, hier einen
Vergleich zu ziehen zwiſchen der erſten ſtatiſtiſchen Auf⸗
ſtellung vom Jahre 1899 und der letzten vom Jahre
1907. Dabei ſei aber bemerkt, daß der Mangel
eines Kataſters die Genauigkeit der Flächenangaben
ſehr beeinträchtigt, denn es finden genauere Vermeſſungen
eines Waldes immer erſt dann ſtatt, wenn verkauft
werden ſoll, und dann wird eben auch nur der zu
verkaufende Teil vermeſſen, die übrigen Flächen find
nur ſchätzungsweiſe oder nach alten, nicht genauen
Vermeſſungen bekannt.
Im Jahre 1899 ergab die Geſamt⸗Waldflaͤche
Rumäniens die Summe von 2774 048 ha, welche ſich
aus folgenden Beſitzkategorien zuſammenſetzt:
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
— —— — —— ——ũä.õä ́ ͤ— ic —— SR 33ůͤääXX—·· —-xkxͤꝛ ³ĩ3 —-—-—-ꝛ ... —ͤ
1. Staatswaldungen ha 1085033 .
2. Gemeinden und Ane
ftalten . f „ 125 986
3. Krondom nen „ 70188
4. Privatwälder 1492 841
im Ganzen ha 2 774 048
Die im Staatswald vorhandenen Blößen wurden
damals auf 163 389 ha angegeben, ſodaß nach Abzug
dieſer Fläche fih die wirklich bewaldete Flache des
Staatswaldes auf 921644 ha und die Geſamtwald⸗
fläche Rumäniens auf 2 610 659 ha ermäßigt. Die
Blößen in den übrigen Waͤldern find nicht bekannt
und können ſomit auch vorläufig nicht in Rechnung
gezogen werden. '
Nach der vom Domänenminifterium aufgeſtellten
letzten Statiſtik vom Jahre 1907 ergeben ſich folgende
Flächen:
Geſamtwaldfläche einſchließlich Blößen ha 2 755 755.
Hiervon entfallen auf:
1. Staatswaldungen
2. Gemeinde und öffentliche
Anſtalten „
Krondomänen „ 71 401,0 2,5 %
Privatwälder . . „ 1492 841,0 = 54,2%
im Ganzen ha 2 755 755
Die in den Staatswäldern befindlichen Blößen
werden auf 146 703 ha angegeben, ſodaß ſich die
wirklich bewaldete Staatswaldfläche auf 918 825 ha
ermäßigt und die Geſamtwaldfläche auf 2 609 052 ha.
Die Blößen in den übrigen Wäldern find auch hier
nicht bekannt.
Der Geſamtflächeninhalt des Königreichs Rumänien
wird heute auf 13 135 300 ha angegeben, ſodaß ſich
ein Bewaldungsprozent von 21 ergibt einſchließlich der
im Staatwalde befindlichen Blößen und ausſchließlich
derſelben von 19,8 °/o.
Vergleicht man die ſtatiſtiſchen Daten von den
Jahren 1899 und 1907 ſo ergibt ſich eine Abnahme
der Waldfläche in den Staatswäldern von 19 505 ha
und eine Abnahme der Geſamtwaldfläche des König:
reiches von 18 293 ha. Dieſer Unterſchied kommt
teils daher, daß vom Jahre 1899 bis 1907 eine ge-
nauere Vermeſſung und Schätzung der Waldflaͤchen
des Staates ſtattgefunden hat, teils daher, daß Wald⸗
teile in der Dobrutſcha zur Abgabe behufs landwirt⸗
ſchaftlicher Benutzung an die dort angeſiedelten Vete⸗
ranen des Krieges von 1877,78 ausgeſtockt wurden
und endlich auch daher, daß Teile von Weiden⸗
beſtänden an den Ufern größerer Flüſſe, insbeſondere
der Donau weggeſchwemmt wurden.
Zieht man aber nur die wirklich bewaldete Fläche
des Staatswaldes in Betracht, ſo ergibt ſich eine
ha 1 065 528,0 = 38,8%
125 985,0 = 4.5%
8.
4.
Waldverminderung von 921 644—918 825 = 2819 ha,
und auf die Geſamtwaldfläche Rumaͤniens bezogen
von 2 610 659 —2 609 052 = 1607 ha. Vergleicht
man die Blößenflächen des Staatswaldes in dieſen
beiden Zeitabſchnitten, ſo ergibt ſich folgendes Reſul⸗
tat für den Staatswald: ö
im Jahre 1899 Blößen ha 163 389
1907 Fe „ 146 703
mithin weniger ha 16 686,
woraus folgt, daß ſich der wirklich bewaldete Teil des
Staatswaldes um 0,3°/n, dagegen die Blößen um
10,2% vermindert haben, welche letztere Verminderung
wohl größtenteils den vorgenommenen Kulturen zu—
zuſchreiben iſt, teils aber auch der genaueren Ver⸗
meſſung. Wie fdon früher erwähnt, wurde durch
Forſtgeſetz vom Jahre 1881 die alte Parketwirtſchaft
abgeſchafft und durch eine mehr femel- bezw. femel-
ſchlagbetriebartige Wirtſchaft erſetzt, die darin beſtand,
daß man eine größere Anzahl von ſogenannten Re⸗
ſerveſtämmen auf der Fläche beließ und nur Stämme
von einem gewiſſen Bruſthöhendurchmeſſer an auf:
wärts, bei der Tanne 50 cm, bei der Buche 40 em,
zur Fällung brachte.
Dieſe Art der Ausbeutung bot wohl dem Forſt⸗
perſonal beim Auszeichnen der Beſtände große Er⸗
leichterungen, Ueberlegung war dabei nift nötig, der
Durchmeſſer gab den Ausſchlag und das Forſtperſonal
konnte bei dieſer Schablonenwirkſchaft für etwaige
Fehler in der Auszeichnung nicht verantwortlich ge:
macht werden; aber der Wald wurde dabei, nament⸗
lich im Gebirge, ebenſo zu Grunde gerichtet wie 3u-
vor, denn die mächtigen Urwaldtannen von 40 m und
und mehr Länge und 80 — 150 em Durchmeſſer
ſchlugen bei der Fallung, namentlich an Berghängen,
den größten Teil ihrer Umgebung zuſammen und was
übrig blieb, fiel ſpäter in Folge der Freiſtellung dem
Luft⸗ und Schneebruch anheim und der Reſt der
Nadelhölzer, namentlich Fichte, wurde vom Porten-
käfer zerſtört, da die Ueberreſte von den Fällungen
unentrindet liegen blieben und durchaus keine Schutz⸗
maßregeln gegen die Inſektengefahr ergriffen wurden.
So hatte ich, um ein Beiſpiel zu erwähnen, einmal
Gelegenheit einem Waldbeſitzer nachzuweiſen, daß er bei
einem Waldteil, den er mit Zugrundelegung obiger
Hiebsart mit 40 000 Frs. zur Ausbeutung verkauft
hatte, noch einen Schaden an gebrochenem und nieder:
geſchlagenem Holz von 37000 Frs. erlitten hatte.
Der Staat ſah nun bald ein, daß auch auf dieſe Weiſe
das Ziel nicht erreicht wurde, die Einnahmen blieben
verhältnismäßig geringe, da den Käufern, die ſtets die
Fällungen ſelbſt vornehmen müſſen, bezüglich des
ſtehenbleibenden Materials zu ſchwere Bedingungen
L 0
auferlegt werden mußten, wozu dann nod die Anlage
von Wegen und fonftigen Bringungsanftalten dem
Käufer zur Laſt fielen, und entſchloß ſich daher im
Jahre 1890, insbeſondere auf Anraten des vom ba:
maligen Domänenminifter Carp zur Verbeſſerung des
rumänischen Forſtweſens berufenen Öfterreichifchen Fork:
rates Pitſchak, zum Kahlſchlagbetrieb mit künftlicher
Wiederbeſtockung der Flächen.
Dabei wurde der Vorteil erreicht, daß die Ein⸗
nahmen für den auf dem Stock verkauften Wald in
die Höhe ſchnellten, aber mit der Wiederaufforſtung
der Kahlflächen war es ſchlecht beſtellt und als nun
gar in dem Notjahre 1900, wo Rumänien mit ſeinen
Finanzen nahe vor dem Staatsfalliment ſtand, der
Wald nach alter Methode wieder herhalten mußte
und die Abtriebsflächen in den einzelnen Oberförſtereien
auf ein Minimum von 250 und auf ein Maximum
von 500 ha ausgedehnt wurden, da verſagte die
künſtliche Wiederbeſtockung vollſtändig; denn abgeſehen
davon, daß man über ein im Kulturbetrieb abfolut
unkundiges Unterperſonal bei Arbeitermaterial ver:
fügte, mußte, um nur annähernd das Pflanzen:
quantum für jo große Flåden zu ſchaffen, zur
Pflanzung mit zweijährigen unverſchulten Pflänzlingen
gegriffen werden, die bald vom Unkraut erſtickt wur:
den. Dabei war die Ausführung der Kulturen die
denkbar ſchlechteſte. Es wurden und werden auch
heute 500 — 600 Arbeiter täglich auf einer Flache zum
Pflanzen verwendet, die hohe Tagelöhne erhalten un
dabei keine Ahnung vom richtigen Einſetzen ein
Pflanze haben.
führt eine vollſtändig ungenügende Anzahl von Walt
hütern, die ſelbſt keinen Begriff von regelrechter
Pflanzung haben, ſodaß der Erfolg geradezu em
jammervoller iſt. Dazu kommt, daß die Kulturen
einmal ausgeführt werden und an Nachbeſſerungen
Die Aufſicht über dieſe Arbeiten l
oder Pflege durch Ausſchneiden von Unkraut, Aus-
hieb von Verwuchs uſw. nicht gedacht wird Man
ſagt ſich: dieſe Flächen find nun kultiviert und ab:
getan, und rühmt ſich dann damit, daß man ſo und
ſoviel Tauſend Hektare wieder in Beſtand gebracht
hat, ſieht man aber nach ein bis zwei Jahren diefe
Kulturen näher an,- fo ift der Erfolg abſolut nega |
tiv, denn die meiſten Pflanzen find in Folge des
ſchlechten Einpflanzens oder Vertrocknens der feinen
Faſerwurzeln ſchon vor dem Einpflanzen eingegangen
und diejenigen, welche etwa hätten wachſen können,
find von Gras, Unkraut und Vorwuchs überwachſen
und friſten ein kümmerliches Daſein.
Auf diefe Weile ift es dann gekommen, daß trob
aller Anſtrengungen die mit den Jahren ins Kieler
hafte anwachſenden Kulturflächen nicht nur nicht vol!
ſtändig bepflanzt und Tauſende von Hektaren nicht
125
kultiviert werden konnten, ſondern daß auch die wirk⸗
lich kultivierten Flächen einfach größtenteils als Blößen
anzuſehen ſind, auf denen mannshohes Unkraut und
Weichhoͤlzer fic) breit machen.
Ich ſah vor vier Jahren noch eine große, ſogar
mit vierjährigen verſchulten Fichten ausgeführte Kultur
im Staatswalde, wo es mir nicht moglich war, auf
einem größeren Teil der Fläche auch nur eine Pflanze
zu finden, welche Wachstum verſprochen hätte. Eine
nähere Unterſuchung der Urſache ergab, daß die
Pflanzen ſämtlich zu tief gepflanzt und in Folge
deſſen eingegangen waren.
Daraus geht hervor, daß das Waldareal des
Staates auch unter der Kahlſchlagwirtſchaft heute noch
zurückgeht, und ich möchte fagen, noch mehr als vorher.
Auch in der Dobrutſcha hatte man große Flächen
mit Akazien bepflanzt, man ſprach im Jahre 1896
von 11000 ba, aber da die Kulturen nicht gepflegt
wurden, ſo blieb nur wenig davon und diejenigen
wenigen Anpflanzungen, welche gewachſen ſind, gehen
jetzt nach 15-20 Jahren wieder ein. Im letzteren
Umſtande mögen nun wohl der Akazie ungünſtige
Bodenverhältniſſe mitſprechen. Aus dieſen Umſtänden
iſt der Schluß zu ziehen, daß das Bewaldungsprozent
Rumäniens in Wirklichkeit nicht einmal 21 bezw. 19,8
beträgt, ſondern weit geringer ift, etwa 16— 17%,
da viele als Wald bezeichnete Flächen heute tatſächlich
Blößen und Oedungen ſind. |
Angeſichts dieſer Tatſachen kam der Staat wieder
von der Kahlſchlagwirtſchaft zurück und wollte nun
wirklichen Femelſchlagbetrieb einführen.
Die wirkliche gute Durchführung dieſes Wirtichafts:
ſyſtems dürfte aber bei der großen Bequemlichkeit und
geringen praktiſchen Ausbildung des rumaͤniſchen Forſt⸗
perſonals ſchwer durchführbar fein, denn die Auszeich⸗
nungen hierzu, namentlich auf ſo großen Hiebsflächen,
wie ſie der Staat führt, geben dem Perſonal viel
Arbeit und Anjtrengung, wovon der rumaͤniſche Forſt⸗
mann kein Freund iſt, auch fehlt bei den meiſten Forſt⸗
leuten das richtige Verſtändnis bezw. die nötige prat-
tiſche Ausbildung dafür; und den Betrieb ſo zu führen,
daß das zu verkaufende Material vom Staate ſelbſt
angefertigt wird, ift nicht möglich, da der Staat einer:
ſeits hierzu nicht das nötige Vertrauen in feine Forſt⸗
beamten hat, andererſeits das Perſonal numeriſch viel
zu gering und das Unterperſonal dazu in keiner Weiſe
ausgebildet iſt, wie weiter unten nachgewieſen werden
ſoll. Ich bin perſönlich ſehr für den Femelſchlag⸗
betrieb, da ſich bei den in Rumänien ſehr oft wieder⸗
holenden Samenjahren (Buche alle 3 — 4 Jahre, Eiche
und Tanne alle 2—3 Jahre) und bei den vorzüg⸗
lichen klimatiſchen und Bodenverhäliniſſen die natür-
liche Verjüngung bei einiger Umſicht in der Hiebsfüh⸗
1017
—— 2 SS a a a a e A R E e a A
rung duferft leicht, jedenfalls viel leichter als in
Deutſchland, vollzieht, wo die natürliche Verjüngungs⸗
dauer oft 15—20 Jahre ift, während fie hier 8-10
Jahre, in vielen Fällen noch weniger beträgt, nament⸗
lich bei der Eiche, die ſich am leichteſten natürlich ver⸗
jüngt. Daß dieſe meine Anſicht richtig iſt, davon
legen die Waldungen Seiner Durchlaucht des Fürſten
von Schönburg⸗Waldenburg, das beſte Zeugnis ab.
Dieſelben find heute nach 37 jähriger deutſcher Be:
wirtſchaftung auch von den Rumänen als muſter⸗
gültig anerkannt.
Bei dieſem Betriebe bleiben dem Waldbeſitzer
große Kulturen erfpart, dieſelben beſchränken fic) nur
auf Auspflanzung geringer Fehlſtellen, die in jeder
natürlichen Verjüngung vorkommen, und auf das Ein⸗
bringen wertvoller Nutzholzarten, insbeſondere Eiche,
Tanne, Ahorn, Eſche, Ulme in die Vorbereitungs⸗
hiebe, um neue wertvolle Mifchbeftände zu erziehen.
Im erſteren Falle find es insbeſondere die Lärche und
Fichte, die als dreijährige verſchulte Pflanzen die beſten
Dienſte leiſten, im letzteren Falle iſt es die Einpflanzung
1 jähriger Eichen⸗, 2 jähriger Tannen uſw. Pflanzen
in die zur Verjüngung geſtellten Buchenbeſtände, ſo⸗
bald der Vorbereitungshieb in denſelben beendet iſt.
Ich komme nach dieſer Abſchweifung wieder auf das
Verwaltungsperſonal des Staates zurück, um dabei
auch den Nachweis zu liefern, daß dasſelbe für eine
intenſive Forſtwirtſchaft numeriſch viel zu gering iſt.
Was die Privatwälder betrifft, jo find es nur
5 Waldbeſitzer in Rumänien, welche großen Wert auf
ihre Wälder logen und nicht bloß den Wald als eine
Einnahmequelle betrachten, ſondern ſich die Erhaltung.
Verbeſſerung und Vermehrung ihres Waldbeſitzes auch
große Summen koſten laſſen. Dieſelben haben deutſche
Forſtbeamte, die ihre rumäniſchen Untergebenen tüchtig
praktiſch geſchult und ausgebildet haben und es
wird Tüchtiges nach deutſchem Syſtem geleiſtet. Im
Uebrigen haben die Privatwaldbeſitzer im Lande keine
geregelte Wirtſchaft von Bedeutung und ſelbſt in den
Privatwaldungen des Königs iſt die Wirtſchaft durch⸗
aus keine ſyſtematiſche. Ich will nun bezüglich des
Staatsforſtperſonals, bezw. der Verwaltung, wieder
einige geſchichtliche Daten vorausſchicken.
Die erſte oberſte Behörde zur Verwaltung der
Staatswälder wurde im Jahre 1860 unter dem Titel
„Forſtdirektion“ geſchaffen und dem Kultusminiſterium
unterſtellt, fpäter aber dem Finanzminiſterium über:
wieſen. Dieſelbe leiſtete faſt nichts mit ihren halben
Maßnahmen und war nicht im Stande, die Miß⸗
bräuche der Bevölkerung abzuſchaffen, bis im Jahre
1881 die neue Aera mit Erlaß des Forſtgeſetzes be⸗
gann. Es entſtand ein Domänen: und Induſtrie⸗
miniſterium, dem die Forſtverwaltung unterſtand, und
17
126
von welchem vor wenig Jahren die Induſtrie als be:
ſonderes Miniſterium getrennt wurde, ſodaß das reine
Domänenminiſterium mit forſt⸗ und landwirtſchaftlicher
Abteilung verblieb.
Das Verwaltungs⸗Syſtem iſt dasjenige der Zen⸗
traliſation. Alle Geſchäfte, wie Verkäufe, Verpach⸗
tungen uſw. vollziehen ſich beim Miniſterium. Den
Verwaltungsbeamten iſt hierin abſolut keine freie Hand
gelaſſen aus Gründen des Mißtrauens, was oben
ſchon Erwähnung fand.
Dieſes Syſtem bildet einen großen Mißſtand für
das Publikum, denn der Intereſſent für irgend eine
Sache, die mitunter eine Kleinigkeit iſt, die vom Ver⸗
waltungsbeamten leicht zu erledigen wäre, muß Reiſen
nach Bukareſt zum Miniſterium machen, um ſeine
Intereſſen durchzuſetzen und muß hierzu oft große
Opfer von Zeit und Geld bringen. Nach dem Geſetze
von 1910 fteht nächſt dem Domänenminifter der Ad-
miniſtrator der Forſtkaſſe an der Spitze der Forſt⸗
abteilung. Derſelbe iſt ein Juriſt und hat von Forſt⸗
wiriſchaft keinen Begriff, aber der Poſten wird ab:
ſichtlich aus Gründen des Mißtrauens und der In⸗
triguen nicht mit einem Fachmanne beſetzt. Das ganze
Forſtperſonal des Landes ſetzt ſich heute zufammen aus:
1. 2 Generalinſpektoren (Landforſtmeiſter) I. Klaſſe
2. 4 „ a II. „
3. 4 Inſpeltoren (Oberforſtmeiſter) I
4. 7 8 š II. „
5. 14 Forſtmeiſteern. I. „
6. 1 „ EEE.
7. 32 A p as D a III. „
8. 69 Oberförſteen I. „
9. 18 u ee e a Be | er
10. 20 Affiftenten
11. 50 Brigadiere (Förſter 77). I. „
12. 60 ý Š aoa woo ae y
13. 100 R ar an Ar Ser ae y
14. 150 Padurare (Waldhiter) . . . . I. „
15. 400 k A sa ee Se. oe
16. 1400 „ , III. „
17. 11 n ausſchließlich für
Anpflanzung in der Dobrotſcha.
18. 400 Grenzwaͤchtern.
Der geſamte Staatswald iſt eingeteilt in 11 ſo⸗
genannte Forſtregionen (Forſtämter), an deren Spitze
je ein Forſtmeiſter I. oder II. Klaſſe ſteht, zu deſſen
Hilfe noch ein bis zwei Forſtmeiſter II. oder III. Klaſſe
als Kontrollbeamte angeſtellt find und in 121 Re-
viere, welche von Oberförſtern, Aſſiſtenten oder Forſt⸗
meiſtern III. Klaſſe verwaltet werden.
Als Schreibhilfe iſt den Verwaltern der Forſt⸗
ämter je ein Kopiſt und ein Kanzleidiener beigegeben.
die
Ebenſo haben die Oberſörſter je einen Schreiber zu
ihrer Hilfe. Ä
Hiernach ergibt fih, wenn man die Geſamigröße
des Staatswaldes einſchließlich der Blößen, die doch
unter Forſtverwaltung ſtehen, mit 1 065 528 ha zu
Grunde legt, eine Durchſchnittsflächengröße für die
Forſtregionen von je 96 866,25 ha und für die Ober
förſtereien eine ſolche von 8806,02 ha. Die letzteren
find nun natürlich nicht alle gleich groß, fondem ez
gibt ſolche, welche über, und ſolche, welche unter dieſen
Durchſchnitt ſtehen; aber auch angenommen, es hätten
alle Oberförſtereien die obige Durchſchnittsgröße, [o
liegt doch klar auf der Hand, daß die Flaͤche für
einen intenſiven Betrieb und bei dem Zuſtande, in
welchem ſich der Staatswald befindet und bei der
Hilfe, welche in der Verwaltung den Oberförſtern zur
Verfügung ſteht, viel zu groß ift, ein Uebelſtand, der
ſich ſelbſtverſtändlich noch erhöht, ſobald von einer
Oberförſterei die Durchſchnittsgröße, manchmal bis
20 000 ha weſentlich überſchritten wird. Cbenſo find
auch die Forſtamtsbezirke viel zu groß. Es ſtehen
wohl jedem Oberförſter durchſchnittlich 16 Waldhütte
und 1 JFörſter (Brigadier) zur Verfügung, aber die
Waldhüter beſtehen aus ganz gewöhnlichen Bauern,
die weder von Fällungen noch vom Kulturbetrieb ein
Ahnung haben und die bei der geringen Bezahlung,
welche ſie erhalten, den Staat nur beſtehlen.
Die Förſter (Brigadiere) werden feit einer Reihe
von Jahren aus der mit der höheren Forſtſchule in
Braneſti verbundenen Förſterſchule ergänzt, was j
ſchon einen weſentlichen Fortſchritt bedeutet, da dieje
Leute doch etwas leiſten können.
Für die Waldhüler
ift mit Inkraftſetzung des neuen Forſtgeſetzes im Jahre
1910 auch ein Kurſus auf der Forſtſchule eingerichtel
worden; bis ſich aber das Unterperſonal mit Hilfe dieſer
Anſtalten vollſtändig ergänzen wird, dürfte noch lange
Zeit vergehen, zumal der rumäniſche Bauer wenig
Liebe für den Wald zeigt, und wenn es heißt, mehrer
Jahre für den Beruf als Waldhüter zu lernen und
ſich vorzubereiten, erſt recht keine Luſt zeigt.
Die Vorbereitung der Waldhüter für ihren Beruf
—
würde viel beffer und praktiſcher beim Militärdient
und ſpeziell bei den Jägerbataillonen geſchehen, wie
dies auch in Deutſchland der Fall ift. Dort beſteht
der militäriſche Zwang, der die jungen Leute zum
Arbeiten und Lernen nötigt und die Zeit wäre fùr
dieſelben vor Allem nicht verloren, da fie fidh mit Ab
leiſtung ihrer Militärpflicht auch gleichzeitig für den
Waldhüterdienſt vorbereiten würden. Die Nachfrage
nach Waldhüterſtellen würde dadurch vermehrt und der
Staat würde viel ſchneller zum Ziele kommen, inden
alljährlich eine viel größere Anzahl ausgebildet werden
könnte. Dann aber müßte der Staat die Leute, wenn
127
fie in den Dienſt geftellt werden, viel beſſer bezahlen,
wenn er will, daß dieſelben ehrlich bleiben ſollen.
Es erhält heute:
ein Förſter I. Klaſſe monatlich bis 85 Frs. oder Lei
„ II. n 70
2 „ III. „ ý PE
„ Waldhüter I. „ 2 „ 40 „
" š U- " „ 30 „
a „ Hy " „ 20 „
„ Grenzwaͤchter 5 1
Es erhält:
\
und außerdem das Recht Trockenholz aus dem Walde
für den Hausbrand zu entnehmen.
Das iſt entſchieden eine zu geringe Bezahlung, die
den einzelnen Mann einesteils dazu veranlaßt, ſeinen
Dienſt möglichſt notdürftig zu verrichten, und ihn
andernteils zur Unehrlichkeit geradezu nötigt.
Es ſei nun noch geſtattet, hier Einiges über die
Gehaltsverhältniſſe der höheren Staatsforſtbeamten "zu
ſagen, für welche beſſer geſorgt iſt.
ein General⸗Inſpektor I. Kl. monatlich 800 Lei und 100 Lei Tagegelder
II
700 „ 100 „
„ Inſpektor I. Klaſſe k 650 „ „ 150 „ i
= r U ; = 500 „ „ 100 „ ji
„ Forſtmeiſter I. „ 5 450 „ „ 150 „ R
4 P II. „ S 400 „ „ 10 „ a
P a III. „ N 350 „ „ 150 „ P
„ Oberförſter I. „ A 250 „ „ 100, :
E 7 II. „ " 200 , , 100 , z
„ Afiftent r 175, „ 50, R
Von allen Gehältern und Tagegeldern werden
10% é für die Penſionskaſſe und von dem Reſt noch
3% Gehaltsſteuer, eine Art Einkommenſteuer, in Ab-
zug gebracht. Außerdem beziehen dieſe Beamten noch
Deputatbrennholz und zwar:
die Inſpektoren 50 rm
die Forſtmeiſter 40 „
die Oberförſter 30 „
Die Inſpektionsbeamten haben in ihren Bezirken
freie Eiſenbahnfahrt, jedoch haben ſie keine Dienſt⸗
wohnungen und auch keine Entſchaͤdigungen dafür;
dagegen haben faſt alle Revierverwalter (Oberförſter
I. und II. Klaſſe, ausnahmsweiſe auch die Aſſiſtenten)
Dienſtwohnungen und in den wenigen Fällen, wo dies
nicht der Fall iſt, erhalten dieſelben Geldentſchädigungen,
ſowie Miete für Kanzleien. Die Kopiſten bei den
Forſtämtern erhalten 100 Lei monatlich, die Kanzlei⸗
diener 40 Lei, die Schreiber bei den Oberförſtereien
25 Lei.
Aus obigen Darlegungen iſt erſichtlich, daß das
Forſtperſonal für einen intenſiven Betrieb einesteils
nicht zahlreich genug iſt, andernteils meiſt zu ſchlecht be⸗
zahlt wird und zum Dritten nicht vorgebildet genug
iſt, denn es fehlt den höheren Forſtbeamten an der
nötigen praktiſchen Vorbildung in der Forſtwiſſen⸗
ſchaft, ſie ſind Bürokraten und Theoretiker und ver⸗
lieren ſich in topographiſchen und Nebenſtudien, wo ſie
auch, namentlich in Vermeſſungen, mitunter Gutes
leiſten, aber die Hauptſache, der Waldbau, bleibt ihnen
graue Theorie und jede praktiſche Gewandheit darin
geht ihnen ab. Sie können diefe Praxis auch im
Lande nicht lernen, da es an den nötigen Lehrmeiſtern
fehlt, und ſo iſt es denn ſehr begreiflich, daß, da die
Leute gleich nach Ablegung ihres Staatsexamens in
den Verwaltungsdienſt treten, ſie ſchwere waldbauliche
Fehler begehen und von der Auszeichnung eines Ver⸗
jüngungshiebes oder Ausführung von Forſtkulturen
keine praktiſchen Kenntniſſe und Erfahrungen haben.
Das niedere Forſtperſonal iſt, wie ſchon oben ge⸗
ſagt, ganz ungeſchult und leiſtet in waldbaulicher Be⸗
ziehung gar nichts.
Es ſei nun noch ein Ueberblick auf die Zuſammen⸗
ſetzung der Forſtabteilung beim Domänenminiſterium
geſtattet.
Wie ſchon oben bemerkt, ſteht an der Spitze der⸗
ſelben der „Administrator casei padurilor“ Forſt⸗
kaſſenverwalter, dem zur Hilfe noch ein Forſtmeiſter
I. Klaſſe und ev. als Stellvertreter beigegeben iſt.
Neben dem Forſtkaſſenverwalter ſteht der Verwaltungs⸗
rat, beſtehend aus fieben Perſonen, teils Advokaten
teils Großgrundbefitzern.
Ferner der techniſche Rat, beſtehend aus 2 Land⸗
forſtmeiſtern (General⸗Inſpektoren) I. Klaſſe und 2
Landforſtmeiſtern (General⸗Inſpektoren) II. Klaſſe, die
auch gleichzeitig Kentrollbeamte find und dem weiteren
techniſchen Perſonale: 2 Landforſtmeiſtern (General:
Inſpektoren) II. Klaſſe und 2 Oberforſtmeiſtern, In⸗
ſpektoren I. Klaſſe, welche als Dienſtchefs funktionieren
und dem Kanzleiperſonal mit 2 Oberforſtmeiſtern
II. Klaſſe, einem Forſtmeiſter I. Klaſſe, 3 Forſt⸗
meiſtern II. Klaſſe und einem ſolchen III. Klaſſe.
Als Aushilfe ſind noch tätig: 8 Oberförſter I. Klaſſe,
1 Oberförſter II. Klaſſe, 4 Aſſiſtenten.
Weiter gehören noch zum techniſchen Rate: 3 Jn-
170
— 28
genieure I., II. und III Klaſſe für Vermeſſungs⸗ und
Grenzregulierungszwecke.
Hieran reiht ſich dann das reine adminiſtrative
Perſonal der Forſtkaſſe im Miniſterium, als Kanzlei⸗
vorſteher, Gehilfen uſw.
Die Haupttätigkeit in der Forſtabteilung des Do:
mänenminiſteriums fällt dem techniſchen Rate zu, der
die Betriebseinrichtungen, Waldverwertungen, kurz alle
Maßregeln im Walde zu prüfen und dem Admini-
ſtrator bezw. Verwaltungsrate zur Genehmigung vor⸗
zulegen hat, der dann in letzter Inſtanz die Geneh⸗
migung des Miniſters bezw. des Miniſterialkollegiums
herbeiführt.
Aus dieſen Ausführungen iſt erſichtlich, daß der
Apparat der Forſtabteilung beim Domänenminifterium
ein bedeutender und zahlreicher iſt, der viel Koſten
verurſacht und das alles aus Gründen der unvermeid⸗
lichen Zentraliſation, die nach ſranzöſiſchem Syſtem
gebildet iſt.
Ein großer Nachteil bei der Organiſation der
Forſtverwaltung im Allgemeinen iſt noch der, daß die
Oberförſter direkt an das Miniſterium berichten können
mit Uebergehung ihres direkten Vorgeſetzten, des Forſt⸗
meiſters, welcher dem einſchlägigen Forſtamte vorſteht,
und daß in gleicher Weiſe das Miniſterium den Ober⸗
förſtern direkt Befehle erteilt, von denen der Forſt⸗
meiſter keine Kenntnis hat. Wo bleibt da die Ber-
antwortlichkeit des Forſtmeiſters als kontrollierender
Beamter? Es führt tiefer Zuſtand der Dinge gerade:
zu zu unglaublichen Mißverhältniſſen.
Es ſei nun noch einiges über die Ausbildung des
rumäniſchen höheren Forſtperſonals geſagt, wobei zu⸗
nächſt wieder einige geſchichtliche Daten Erwaͤhnung
finden ſollen.
Die erſten Anfänge eines forſtlichen Unterrichts⸗
weſens finden ſich im Jahre 1851 zur Zeit des Fürſten
Alexander Stinbey, welcher aus Frankreich den Forft:
inſpektor Reichmond, der Unterinſpeltor Reichhomme und
den Oberförſter (Garde Gencral) Patras berief. Dieſe
Herren waren beauftragt, im Laufe des Sommers den
Forſtdienſt zu organiſieren und im Winter den Forſt⸗
ſchülern Unterricht zu erteilen. Es war dies eine Art
praktiſcher Unterricht (Meiſterſchule). Die erſten Schüler
waren die Ingenieure Mihail Rämniceanu und Joſef
Hartel, ſowie C. N. Racota und Searlat Träsnea.
Die Schule hatte ihren Sitz in Bukareſt, indeſſen ver:
ließen im Jahre 1853 die franzöſiſchen Forſtleute das
Land wieder und die Schule wurde aufgelöſt.
Einer der Schüler, Mihail Rämniceann, erreichte
jedoch, daß er auf Staatskoſten zur Forſtſchule nach
Nanch geſchickt wurde, woher er 1857 wieder zurück-
kehrte und an der Wiedererrichtung der Forſtſchule
arbeitete, was ihm auch gelang, ſodaß dieſelbe im
Jahre 1860 in Bukareſt mit einem zweijährigen
Studienkurſus wieder eröffnet wurde. Dieſelbe wurde
jedoch im Jahre 1862 wieder aufgelöſt und mit der
landwirtſchaftlichen Schule in Pantelimon vereinigt,
von wo die vereinigten Schulen im Jahre 1869 nach
Hereftran verlegt wurden und dort bis zum Jahre
1882 vereinigt blieben.
In dieſer ganzen Zeit unterſtand die Schule dem
Finanzminiſterium.
Im Jahre 1883 zugleich mit der Schaffung eines
Domaͤnenminiſteriums wurde auch die Spezialſchule
für das Forſtweſen errichtet, von der landwirtſchaft⸗
lichen Schule in Hereſtran getreunt und in Bukareſt
in den Räumen des Domänenminiſteriums unterge⸗
bracht. Die Studiendauer war 2 Jahre und die
jährlichen Kurſe waren jeder in zwei Semeſter einge
teilt, wovon das erſte Semeſter dem theoretiſchen Teilt
und das zweite Semeſter dem praktiſchen und Pri:
fungsarbeiten zugewieſen war.
Im Jahre 1886 wurde indeſſen von Neuem die
Schule aufgelöſt und wieder mit der landwirtſchaft⸗
lichen Schule in Hereſtran vereinigt mit einer bre:
jährigen Studienzeit und einem Jahre Praxis. Jm
Jahre 1892 wurden die Lehrkurſe von 12 auf 18
Monate verlängert und die Verbindung mit der land
wirtſchaftlichen Schule war eine weniger innige. Auch
wurde in demſelben Jahre die Förſterſchule (Brigadier:
ſchule) in Braneſti ins Leben gerufen.
Im Jahre 1893 entſtand dann wieder der Ge
danke an eine ſeparierte Forſtſchule, die dann auch
unter dem Patronate des damaligen Domänenminiſters
Carp wieder geſchaffen wurde, mit ihrem Sitz in
Braneſti bei Bukareſt, den fie auch heute noch inne
hat, wo ein Neubau für die Schule errichtet und am
10. Oktober 1894 eingeweiht wurde.
Mit der Errichtung dieſer Schule beginnt zugleich
eine neue Aera im forſtlichen Unterricht Rumäniens.
Die theoretiſche Studienzeit wurde wieder auf 2 Jahre
reduziert und 1 Jahr praktiſcher Unterricht auf der
Schule hinzugefügt. Für die Aufnahme der Schüler
war eine Gymnaſialbildung von 4 Klaſſen erforder⸗
lich und die Kandidaten mußten vorher ein Jaht
praktiſchen Kurs bei einem Staatsoberförſter gemacht
haben, um zum Aufnahmeexamen zugelaſſen zu werden.
Da dieſes Verfahren aber viel Unzulänglichkeiten
zeigte, ſo wurde es im Jahre 1899 wieder aufgehoben
und nur ein Aufnahmeexamen ohne vorherigen prat
tiſchen Kurs gefordert. Gleichzeitig wurde am 1. April
1899 die Schule dem Unterrichts miniſterium unterftellt,
aber am 31. März 1900 ſchon wieder zurück zum
Domänenminiſterium genommen. Seit dem Jahre
1901 werden nur noch Schüler, welche Maturitäl
prüfung eines Gymnaſiums abgelegt haben, aufge
129
nommen, wobei diejevigen mit Realgymnaſialbildung
bevorzugt werden. Aus der Geſchichte dieſer Forſt⸗
ſchule iſt in gleicher Weiſe wie beim ganzen Forſtweſen
erſichtlich, mit wie wenig Beſtaͤndigkeit und zielbewußter
Energie dieſe ſo wichtige Einrichtung geleitet wurde.
Jede neue Regierungspartei, welche ans Ruder kam,
hatte andere Ideen und warf Alles, was die Gegen⸗
partei geſchaffen hatte, über den Haufen, daher ein
fortwährendes Hin: und Herſchwanken ohne feſtes Ziel
und greifbare Fortſchritte, Nachteile, welche gerade die
Forſtwirtſchaft am wenigſten vertragen kann. Erſt
ſeit der Errichtung der Anſtalt in Braneſti iſt Be⸗
ſtändigkeit zu bemerken, da die damit verbundene
Kapitalanlage des Staates eine zu große iſt, als daß
dieſelbe einfach zum Verſchwinden gebracht werden
könnte.
Wer früher ſeine Studien im Forſtweſen noch ver⸗
vollkommnen wollte, beſuchte noch eine ausländiſche
Forſtlehranſtalt, wozu mit Vorliebe Nancy gewählt
wurde, wie überhaupt früher die rumäniſche Jugend
für alle wiſſenſchaftlichen Fächer ihre Studien in Frank⸗
reich machte. Daher trägt auch die ganze Einrichtung
des rumäniſchen Staates und bis vor wenigen Jahren
auch das Forſtweſen franzöſiſchen Charakter. Erſt in
letzterer Zeit und beſonders, ſeitdem das Maturitäts⸗
examen eines Gymnaſiums oder einer Realſchule für
das Forſtſtudium auch in Rumänien obligatoriſch ift,
beſuchen diejenigen Studierenden der Forſtwiſſenſchaft,
welche etwas Beſſeres lernen wollen, als ihnen auf
der Landesſchule geboten werden kann, zur Vervoll⸗
ſtändigung ihrer Studien auslaͤndiſche, insbeſondere
deutſche Forſtlehranſtalten, wie München und Tharand;
auch beſteht die Abſicht, die jungen Forſtleute nach
Abſolvierung der rumäniſchen Forſtſchule in Deutiſch⸗
land eine Praxis von 1 bis 2 Jahren durchmachen
zu laſſen; ein Entſchluß, der, wenn er wirklich zur
Ausführung kommt, nur von großem Vorteil für die
Hebung des Forſtweſens in Rumänien ſein kann. Bis
jetzt aber iſt die Verwirklichung noch an dem Wider⸗
ſtand des Finanzminiſteriums geſcheitert, obwohl dazu
nicht mehr als ein Kredit von etwa 8 000 — 10 000
Lei jährlich erforderlich wäre, auch trat der Balkan⸗
krieg hindernd in den Weg.
Die Anſtalt von Braneſti, die ein Internat iſt,
hat nun aber wieder große Nachteile aufzuweiſen, da
der Sitz derſelben als eine abſolut unglückliche Wahl
bezeichnet werden muß. Die Auſtalt hat dort weit
und breit nichts anderes als einen elenden, aus Stock—
ausſchlag erwachſenen Eichenbeſtand als Lehrrevier zur
Verfügung, und wenn einmal den Studenten etwas
Anderes gezeigt werden ſoll, ſo müſſen weite und koſt⸗
ſpielige Reiſen gemacht werden. An eine etwaige Ver⸗
beſſerung dieſer Lage iſt aber inſofern nicht zu denken,
als die dortige heiße und trockene Ebene der Kultur
der Schattenholzarten, wie Buche, Tanne, Fichte, die
größten Schwierigkeiten entgegenſetzt, und ſelbſt wenn
dieſe Holzarten auch dort wachſen könnten, ſo würden
ſie ſich nicht auf ihrem natürlichen Standort befinden
und in ihrem Verhalten den jungen Studenten ganz
falſche Bilder geben. Wenn man eine iſolierte Forſt⸗
lehranſtalt haben wollte, ſo hätte dieſelbe in den wald⸗
reichen Kreiſen Prahowa, etwa in Aguga oder Sinaia
oder im Kreiſe Neamtz errichtet werden müſſen, wo
den Studenten in nächſter Nähe alle möglichen demon⸗
ſtrativen Objekte für ihr Studium hätten vorgeführt
werden können und wo ihnen nicht die Behandlung
der Gebirgswälder, die gerade in Rumänien die Haupt:
ſache bildet, meiſt graue Theorie geblieben wäre. An⸗
ſtatt daß im Laufe eines Studienjahres allwöchentlich
Exkurſionen mit den Studierenden gemacht werden
müßten, um ihnen im Anſchluß an den Unterricht in
der Natur den Stoff handgreiflich und zugänglich zu
machen, wird am Ende eines jeden Studienjahres im
Juli nur eine einzige große Forſtexkurſion in die im
Karpathengebirge liegenden Staatswälder gemacht, wo
dann in etwa 14 Tagen bis 3 Wochen die ganze
Waldbautheorie praktiſch verarbeitet werden foll, was
ja in den Staatswäldern ſchon deshalb nicht möglich
iſt, weil es an demonſtrativen Objekten für alles, ins⸗
beſondere Durchforſtungen, Verjüngungshieben, wohl
gelungenen Kulturen, faſt gänzlich fehlt. Die jungen
Leute können höchſtens auf dieſen Exkurſionen lernen,
wie die Waldwirtſchaft nicht betrieben werden ſoll.
Dabei werden oſt bei rieſiger Hitze enorme Tages⸗
touren gemacht, wobei ſowohl Lehrer als Schüler über⸗
mäßig ermüden und das Intereſſe am Lehren bezw.
Lernen verlieren. Beide Teile, ſowohl Lehrer als
Schüler, intereſſieren ſich unter ſolchen Umſtänden ſtets
ſehr rege dafür, wo ſie abends unterkommen, ob dort
neben glänzendem Empfang auch für die leiblichen
Bedürfniſſe und Genüſſe und für luſtige Unterhaltung
Sorge getragen iſt, Wiſſenſchaft bleibt dabei Neben⸗
ſache. Würden aber kleinere Exkurſionsbezirke beſucht,
die Exkurſionsobjekte vorher von den Lehrern ſorg⸗
fältig ausgewählt und ſich dann bei der Exkurſion
zum eingehenden Studium der Objekte länger auf⸗
gehalten, ſo würde der Erfolg ein ganz anderer ſein.
Wenn nun aber doch größere Reiſen für Exkur⸗
ſionen gemacht werden müſſen, ſo iſt es unbegreiflich,
weshalb man nicht die Forſtlehranſtalt mit der Uni⸗
verſität in Bukareſt vereinigt hat, wo der Student in
Berührung mit Studierenden anderer Wiſſenſchaften
eine beſſere allgemeine Ausbildung erlangt und wo
für das Studium der Hilfswiſſenſchaſten, wie Chemie,
Botanik, Mineralogie, Geodäſie, Zoologie uſw. alle
erforderlichen Lehrkräfte und⸗Miltel vorhanden ſind,
180
und wo der Studierende auch in dieſen Hilfswiſſen⸗
ſchaften ſeinen Geſichtskreis weſentlich erweitern kann,
und auch der Staat würde mit Rückſicht auf das Vor⸗
geſagte viele Ausgaben ſparen.
Wie ſchon oben bemerkt, iſt mit der Anſtalt in
Braneſti auch ein Ausbildungszweig für die niederen
Forſtbeamten, zunächſt die Brigadiere geſchaffen. Dieſe
Einrichtung leidet natürlich an den nämlichen Kala⸗
mitäten und ihre langſame Wirkung bezüglich der Wald⸗
hüter auf die zukünftige Ergänzung des ſtaatlichen
Forſtperſonales wurde ſchon oben erwähnt.
Ein weiteres Verdienſt des ſeinerzeitigen Domänen⸗
miniſters Carp war es, daß im Jahre 1890 begonnen
wurde, für das Verwaltungsperjonal auf dem Lande
geeignete Dienſtwohnungen zu errichten, und zwar für
Oberförſter, Unterförſter und Waldhüter, wie über⸗
haupt unter dem Miniſterium Carp das Forſtweſen
in Rumänien einem entſchiedenen Aufſchwung zuſtrebte,
der ſich auch, da Herr Carp nach hieſigen Begriffen
ziemlich lange als Domänenminiſter tätig war, zu
verwirklichen begann; aber mit ſeinem Falle wurde
dieſer fortſchrittliche Weg wieder verlaſſen und es ſind
jeitbem derartige Fortſchritte nicht mehr zu verzeichnen
geweſen. Wie eben der ewige Regierungswechſel auf
die Entwicklung aller Zweige hemmend wirkt, ſo iſt es
auch ganz beſonders beim Forſtweſen der Fall, das
wie kein anderes Fach einer konſtanten, zielbewußten
Leitung auf viele Jahre hinaus bedarf, wenn gedeih⸗
liche Entwicklung erwartet werden ſoll. Leider iſt es
ſeit 1890 Herrn Carp nicht mehr möglich geweſen,
das Domaͤnenminiſterium zu leiten.
Ich komme nun zunädft noch einmal auf das
gegenwärtige Wirtſchaftsſyſtem des Staates zurück und
wiederhole, daß ſeit dem Jahre 1890 bis heute der
Kahlſchlagbetrieb mit künſtlicher Wiederbeſtockung,
namentlich für die Gebirgswaldungen, in Auwendung
iſt. Die Nachteile dieſer Wirtſchaſt wurden oben be⸗
reits dargelegt und es bleibt dem Staate daher nichts
anderes übrig, als zum Femelſchlagbetrieb zurückzu⸗
greifen, wobei ihm die geringſten Koſten für die Wie:
derbewaldung erwachſen. Es iſt daher bereits der
Verkauf größerer Schläge eingeſtellt worden, es follen,
namentlich auch mit Rückſicht auf die numeriſche
Schwäche des Perſonales, kleine Hiebsflächen gewaͤhlt
und dieſe intenſiver bewirtſchaſtet werden. Ob dies
bei den geringen praktiſchen Fertigkeiten des Perſonals
und bei der beſtehenden Zentraliſation gelingen wird,
iſt eine große Frage.
Hand in Hand mit dem Kahlſchlagbetrieb ſollte
auch das Kulturweſen gehen. Bisher wurden Forſt⸗
gärten von 3 ha Größe möͤglichſt in der Nähe der
Oberförſtereien angelegt, die bei dieſer Größe über:
haupt nicht zu bewirtſchaften ſind und weiter den Nach⸗
teil haben, daß der Pflanzentransport bis zu den
Kulturſtellen meiſt ein ſehr entfernter iſt, wodurch ſich
die Kulturkoſten erhöhen und die Pflanzen bei meiſt
mangelhafter Verpackung ſchon während des Trans:
portes mindeſtens ſehr leiden, wenn nicht vollſtändig
verderben.
Kleinere, auf den Kulturflächen ſelbſt oder in deren
unmittelbarer Nähe angelegte Forſtgarten würden ganz
andere Dienſte leiſten und die Kulturen erheblich ver
billigen. 3
Dabei dürfte nicht angeſtrebt werden, moͤglichſt
große Teile der nun doch verödeten und verunkrauteten
Waldflächen zu kultivieren, da hierzu weder geübte:
Perſonal noch Arbeitskräfte vorhanden ſind, ſondern
kleinere, nur fo große Flächen, als in einem Früh
jahre ſicher und gut kultiviert und worauf die Kul⸗
turen dann auch gepflegt und geſchützt werden können.
Die Boden: und klimatiſchen Verhaltniffe find dem
Waldwuchſe auberft günſtig, insbeſondere der Buche,
Eiche, Tanne und Fichte und es können hier bei un⸗
gefähr achtzigjährigem Umtrieb dieſelben Maſſen pro
Hektar erzielt werden, als in Deutſchland bei 100 —
120 jährigem Umtrieb. Allerdings läßt die Feſtigkeit
und Dauerhaftigkeit des Holzes zu wünſchen übrig,
indem das üppigere, raſchere Wachstum aller Holzarten
ein loſeres Zellengefüge im Gefolge hat, das an Trog:
fähigkeit und Widerſtandsfähigkeit gegen Fäulnis dem
deutſchen, auf ſchwaͤcheren Böden und in rauheren
Klima erwachſenen Holze nachſteht.
Die Waldungen des Hügellandes und der Ebene
beſtehen meiſt aus Buchen: und Eichenbeſtänden, teils
rein, teils gemiſcht, wobei im Hügellande die Süt:
und Weſthänge meiſt mit der Eiche, die Nord: und
Oſthänge mit der Buche beſtockt find. Als Mit
hölzer geſellen ſich denſelben Eſche, Ahorn, Ulmen.
Birke und Aſpe hinzu.
Die Flußniederungen find mit jog. „Lunken“ längs
der Flußufer bewaldet, aus Weiden und Pappeln be:
ſtehende Beſtände, die vom ſechſten Jahre ab mit Vieh
beweidet werden.
Die Gebirgswälder beſtehen meiſt aus Miſchbeſtän⸗
den von Buchen und Tannen, in den höheren Lagen
Fichte, teilweiſe finden ſich auch reine Beſtände dieſel
Holzarten vor und beſonders charakteriſtiſch iſt es, daß
die Buche im Karpathengebirge verhältnismäßig ſehr
hoch hinaufgeht und noch in bedeutender Höhe in reinen
Beſtänden vorkommt. ;
Es finden fih im Gebirge auch noch von der Art
bis jetzt unberührt gebliebene Urwälder, welche Rielen:
exemplare von Tannen und Buchen aufzuweiſen haben,
aber bei der Zunahme der Dampfſägewerke im Lande
dürfte auch bald die letzte Urwaldfläche verſchwinden.
131
Das aus diefen Urwäldern anfallende Material
liefert, da es vielfach überalt und abſtändig iſt, auch
ein dieſem Zuſtande entſprechendes, meiſt zweit⸗ und
drittklaſſiges Material.
Bei der künſtlichen Wiederbeſtockung der Blößen
bezw. Kahlſchlagflächen wird leider nicht in ſorgfältiger
Weiſe auf die Auswahl der Holzarten geſehen, damit
jeder Holzart der ihren Lebeng: und Wachstumsver⸗
hältniſſen entſprechende Standort zugewieſen wird.
Man generaliſiert und pflanzt Flächen von Tauſen⸗
den von Hektaren durchweg mit Fichten oder Kiefern
an und läßt dabei unbeobachtet, daß naſſe Stellen
weit beſſer mit Eſche oder Ulme, friſche mit Ahorn,
die Hügel und Rücken mit Lärche, die Süd- und Weft-
hänge mit Eiche, wobei im Hügellande die Trauben⸗
eiche, im Flachlande die Stieleiche am geeignetſten
wären, beſtockt werden; und in der Wahl der mit ein⸗
ander zu miſchenden Holzarten und des Miſchungs⸗
verhältniſſes fehlt das Verſtändnis, da die Kenntnis
über die Wachstumsverhältniſſe der Holzarten zu
mangeln ſcheint.
Die Kiefer eignet ſich überhaupt für die Wald⸗
kultur in Rumänien mit wenigen Ausnahmen nicht,
da im allgemeinen keine Kiefernböden exiſtieren. Die
Kiefer wächſt viel zu üppig, tft infolge deffen fpröde
und brüchig und unterliegt ſchon in jugendlichem Alter
dem Schneedrucke, namentlich im Hügelland und in
der Ebene. Es eignen ſich für den Anbau der Kiefer
und Schwarzkiefer nur ſteinige, magere Gebirgsrücken
oder kegelförmige Erhebungen, wo ſie ein normales
Wachstum zeigt und auch von Natur vorkommt. Dort
unterliegt ſie auch nicht dem Schneedruck.
Die Miſchungen von Fichte mit Kiefer zeigen hier
noch mehr als in Deutſchland die nachteiligen Folgen,
indem die Kiefer die Fichte bald überwäͤchſt und die
Kiefer dann zum Schutz und zur Erhaltung der Fichte
in einem Alter ausgehauen werden muß, wo ſie noch
keinen Nutzungswert hat. Aus den verbleibenden
Fichten erwächſt dann ein weitſtändiger, ſtammarmer
Fichtenbeſtand, deſſen Einzelexemplare infolge des raͤum⸗
lichen Standes ſich nicht rechtzeitig natürlich von Aeſten
reinigen und daher ein aſtiges, geringwertiges Nutzholz
liefern.
Bei den ausgeführten Kulturen geſchieht, wie ſchon
oben bemerkt, zu deren Pflege gar nichts; Unkraut und
Verwüchſe werden nicht entfernt und Fehlſtellen werden
nicht nachgebeſſert, ſodaß von den Pflanzungen nur
wenig bleibt nnd das Reſultat in unvollſtändigen, von
Weichholz überwucherten Beſtänden beſteht oder auch
gänzlich fehl ſchlägt.
Es ſei nun das Forſtgeſetz vom Jahre 1910 einer
etwas eingehenderen Beſprechung unterzogen. Dieſes
Geſetz enthält als beſondere Neuerung in Artikel 3
1 — — — . ꝙgÄ—ꝓũ—— .. — — — — — . ne —T—e¾—ꝛ —x%— u
und 10 die Beſtimmung, daß jeder Privatwaldbefiker,
bevor er einen Waldbeſtand zur Ausbeutung anhaut,
bei der Forſtkaſſe des Domaͤnenminiſteriums eine
Garantie für die Wiederbewaldung der angehauenen
Flächen deponieren muß, bevor er mit dem Hiebe be⸗
ginnen darf. Die Höhe dieſer Garantie wird vom
Domänenminiſterium beſtimmt und kann bis zu 100 Frs.
pro Hektar gehen. Ferner wird beſtimmt, daß die
Waldhüter im Privatforſtdienſt die ſtaatliche Aner⸗
kennung haben und auf das Forſtgeſetz vereidigt werden
müſſen. Die ſtaatliche Anerkennung wird aber nur
ſür ſolche Perſonen erteilt, die des Leſens und Schreibens
mächtig ſind und im Heere gedient haben, wobei die
Chargen bevorzugt werden.
Die Waldhüter für den Staatsforſtdienſt müſſen
in Zukunft bei der dazu eingerichteten Abteilung der
Forſtſchule zu Braneſti ausgebildet ſein, ebenſo die
Förſter. |
Das Geſetz beſtimmt ferner, daß die höheren Forſt⸗
beamten der Privatwaldbeſitzer ebenfalls die Aner⸗
kennung des Domänenminiſteriums haben müſſen und
dieſelbe, falls ſie Ausländer ſind und ihre Studien
auf ausländiſcher Schule gemacht haben, entweder
durch eine vor einer eigens dazu ernannten Kommiſſion
abgelegte Prüfung erreichen, oder indem ſie durch
regelrechte Zeugniſſe und Akten vor dieſer Kommiſſion
nachweiſen, daß ſie mindeſtens eine forſtliche Praxis
von 10 Jahren haben und daß ſie waͤhrend dieſer
Zeit als Leiter einer Forſtwirtſchaft im In⸗ oder Aus⸗
lande tätig geweſen ſind.
Die aus Deutſchland und in Rumänien in Privat:
dienſte tretenden höheren Forſtbeamten, welche auf
deutſchen Forſtlehranſtalten ihre Prüfungen beſtanden
haben, erhalten auf Grund ihrer diesbezüglichen Zeug⸗
niſſe anſtandslos die ſtaatliche Anerkennung, ſoweit
ihre Tätigkeit die Verwaltung betrifft. Forſtpolizei⸗
liche Funktionen dürfen dieſelben indeſſen nicht aus⸗
üben, da hierzu die rumäniſchen Staatsbürgerrechte
erforderlich ſind. Der Staatsforſtdienſt iſt Ausländern
gänzlich verſchloſſen.
Ferner kürzt das Geſetz das forſtpolizeiliche Ver⸗
fahren ab und gibt hierin weſentliche Erleichterungen.
Den geſetzlichen Beſtimmungen über die Verwaltung
der Privatwälder ſind auch ſelbſtverſtändlich die Wal⸗
dungen der alten Freibauern, in der Moldau
„Reſoſchen“, in der Wallachei „Moſchneni“ genannt,
unterworfen. Im Allgemeinen verſchärft das Geſetz
die Beſtimmungen des Geſetzes vom Jahre 1881, ins⸗
beſondere darf kein Privatwaldbeſitzer ohne eine vom
Staate genehmigte Betriebseinrichtung ſeinen Wald
ausbeuten, und will dadurch, daß für die Wieder⸗
bewaldung der ausgebeuteten Flächen eine Garantie
—
hinterlegt werden muß, eine Sicherheit für die Erhal⸗
tung des Privatwaldbeſtandes ſchaffen.
Auch die Viehweide iſt im Walde ſtreng verboten
. und werden Uebertretungsfälle ſchwer beſtraft. ſodaß
man meinen ſollte, daß an der Hand eines ſolchen
Geſetzes jetzt wirklich durchgreifende Verbeſſerungen zu
erzielen ſein würden. Leider iſt dem aber nicht ſo,
denn das Geſetz wird nicht mit aller Strenge und
Objektivität durchgeführt, Rückſichten auf politiſche
Parteiintereſſen und einflußreiche Perſönlichkeiten treten
hemmend in den Weg und wenn man die Reſultate
des Geſetzes bei Lichte betrachtet, ſo ſind ſie faſt gleich
Null. Selbſt die Drohung des Geſetzes, daß, falls
der Waldeigentümer in der von der Betriebseinrichtung
vorgeſchriebenen Zeit die genutzten Waldflächen nicht
oder in unvollſtaͤndiger Weiſe wieder in Beſtand ge⸗
bracht hat, der Staat mit Hilfe der von ihm depo⸗
nierten Garantie die volle Wiederbeſtockung vornehmen
wird, ſchreckt den größten Teil der Privatwaldbeſitzer
nicht ab, ihre Wälder zu verwüſten und die Wieder⸗
bewaldung der Natur zu überlaſſen, denn er weiß
ganz genau, daß der Staat die Wiederbeſtockung nicht
vornehmen wird und auch nicht vornehmen kann, da
es ihm hierzu am Material und Perſonal fehlt. Er
riskiert dabei weiter nichts, als daß er ſeine deponierte
Garantie verliert, die er fih durch feinen Einfluß vor-
her möglichſt gering hat bemeſſen laſſen und an deren
Verluſt ihm gar nichts gelegen iſt, insbeſondere wenn
er ſeinen Wald gut verwertet hat, daß er durch ſeinen
parteipolitiſchen Einfluß die Garantie wieder zurück
erhält, ohne daß die genutzten Waldflächen wieder be⸗
ſtockt worden find; und wehe dem Staatsforſtbeamten,
der ſich etwa unterſtehen ſollte, durch ſein Dazwiſchen⸗
treten dem Geſetze Achtung zu verſchaffen, derſelbe
riskiert gegenüber einem ſolchen einflußreichen Manne
einfach ſeine Stellung.
Mit den Bauernwaldungen iſt noch weniger zu
erreichen, denn von künſtlicher Kultur oder Abſtellung
der Viehweide will der Bauer in ſeinem Walde nichts
wiſſen, und betrachtet jegliche geſetzliche Gegenmaßregel
als einen jähen Eingriff in die ihm als Eigentümer
zuſtehenden Rechte. Zu künſtlichen Kulturen hat er
weder Mittel noch Pflanzenmaterial und die Weide
betrachtet er als ein unbedingtes Recht für ſeinen
Lebensunterhalt; und da der Bauer von jeder Re⸗
gierung, um ihn ſich zu den Wahlzwecken gewogen zu
halten, in jeder Beziehung, aber immer am unrechten
Platze, verwöhnt und verhätſchelt wird, ſo bleibt auch
das Forſtgeſetz an 3 obigen Gründen für ihn ein toter
Buchſtabe und die Regierung wagt es nicht, mit Energie
durchzudringen, weil fie eben den Bauer für ihre je:
weiligen Wahlzwecke braucht. Dasſelbe iſt auch bei
der Landwirtſchaft der Fall. Man glaubt dort dem
Bauer aufhelfen zu können, wenn man ihm in Not:
jahren auf Staatskoſten Mais verteilt, wofür ihm
eventuell nach kurzer Zeit die Zahlung erlaſſen wird,
oder wenn man ihm immer mehr landwirtſchaftliches
Gelände gibt, zumal das Verlangen des Bauern nach
Land ein unerſättliches iſt. Damit wird derſelbe aber
nur noch mehr verwöhnt und die ihm ſo ſchon ein⸗
geborene Trägheit noch mehr begünſtigt. Die Anbau:
art des Bauern ift eine fo primitive, von Düngung
— ae aF
iſt gar keine Rede, daß er auf verhältnismäßig großer
Flaͤche nur wenig erntet.
Um dieſem Uebelſtande abzuhelfen, müßte den |
Bauer ſchon von Jugend auf in der Schule beige
bracht werden, wie er fein Land gut und vorteilhaſt
bebauen muß, um es voll und ganz für feine Bedürf:
niſſe ausnutzen zu können. Vor allem müßte ihm
eine rationelle Viehzucht und Verwertung deren Er⸗
zeugniſſe, Butter, Milch, Käſe, gelehrt werden. Dann
würde ſich ein gewiſſer Wohlſtand beim Bauer ein:
—— —
ſtellen, er würde ſich glücklich und zufrieden fühlen
und es würden ihm dieſe Lehren mehr nützen als alle
Steuernachläſſe und ſonſtigen Rückſichten.
Nach dieſem kurzen Abſchweif kehre ich wieder zur
Forſtwirtſchaft zurück.
Aus dem Vorgeſagten geht hervor, daß das neue
Forſtgeſetz an und für ſich ein gutes und den Ber:
hältniſſen entſprechendes und wohl dazu angetan if,
bei ſtrenger Durchführung die forſtlichen Verhältniſe
des Landes weſentlich zu heben und zu beſſern, daß
aber die Anwendung und Durchführung des Geſetze
eine laue und laſche, durch innerpolitiſche Parte:
verhältniſſe beeinträchtigte ift, ſodaß ein voller Erfolg
nicht zu erwarten ſteht; zumal der Staat auch ſelbſt
nicht im Stande iſt, mit gutem Beiſpiel voranzugehen
und in Folge ſeines numeriſch geringen und auch
wiſſenſchaftlich und praktiſch ungenügend ausgebildeten
Forſtperſonals den geſetzlichen Beſtimmungen, nament:
lich bezüglich der Wiederbewaldung ausgebeuteter Wald:
flächen, nicht nachkommen kann.
Sehr viel hat zur ſchonungsloſen Ausbeutung der
Wälder, namentlich im Gebirg, in den letzten 15 Jahren
die Holzinduſtrie (Sägeinduſtrie) beigetragen, die bis
her den Hauptplatz in der rumäniſchen Induſtrie ein:
nahm und die auch namentlich auf den Staatswald
dezimierend eingewirkt hat; insbeſondere feit der Ein
führung des Kahlſchlagbetriebes, der den Käufem
weſentlich erleichterte Bedingungen bei der Ausbeutung
gewährte, wodurch die Nachfrage, die im Jahre 1896
noch eine beſchränkte war, ſehr erhöht wurde und me
durch auch der Staatskaſſe erhöhte Einnahmen zu:
floſſen. Ä
Es handelte ſich dabei früher immer nur um de
Verwertung von Nadelholz, während dem Laubholz,
nn — — ICR
— — — — —
—
——
138
namentlich der in ausgedehnten Beſtänden vorkommen⸗
den Buche, zur Nutzholzverwertung kaum eine Bedeu-
tung beigemeſſen wurde. Dieſelbe diente ausſchließlich
nur zu Brennholz.
2 Erſt feit wenigen Jahren, ſeitdem die Eiſenbahn⸗
verwaltung durch Mangel an Eichen⸗Schwellen material
zu leiden beginnt, iſt auch der Verwertung der Buche
als Nutzholz und insbeſondere zu Eiſenbahnſchwellen,
größere Aufmerkſamkeit zugewendet worden.
So groß nun auch die Hoffnungen waren, die in
die Verwertung der Buche als Eiſenbahnſchwelle ge⸗
ſetzt wurden, ſo ſehr flauten dieſe Hoffnungen wieder
ab, als man an die Ausbeutung der alten Buchen⸗
beſtände ging, denn der den alten Buchen eigene „rote
Kern“, den die Eiſenbahndirektion nicht tolerierte, da
er ſich nicht imprägnieren ließ, beeinträchtigte in hohem
Maße die vorteilhafte Ausnutzung der Buche und da⸗
mit die Luſt zu Lieferungen. In Anbetracht deſſen
ließ ſich die Eiſenbahndirektion zu Konzeſſionen bezüglich
des roten Kernes herbei und nachdem in Ploeſti eine
Imprägnieranſtalt ſeitens der Eiſenbahnverwaltung er⸗
richtet worden war, ſo wurden verſchiedene Klaſſen
von Buchen = Schwellen gebildet, in welchen auch
Schwellen mit geſundem rotem Kern mit ent⸗
ſprechender Preisermäßigung Aufnahme fanden.
Nach den auf den ungariſchen Staatsbahnen mit
rotem Kern gemachten Erfahrungen, beeinträchtigt der⸗
ſelbe die Dauerhaftigkeit der Buchenſchwelle gar nicht,
ſondern hält mindeſtens ebenſo lange aus als die im⸗
prägnierten Teile der Schwelle, da die Zellen im roten
Kern bereits von Natur aus durch Abſchluß mit Gummi⸗
ſchichten gegen das Eindringen der Feuchtigkeit ge-
ſchützt ſind.
Außerdem verarbeiten die Sägewerke heute Buchen⸗
holz für ſchwache Kiſtenbretter, ſogenannte „Tabuletti“
zur Verpackung von Orangen, oder fog. „Teſtoni“ zur
Verpackung anderer Früchte und Gegenſtände, hauptſäch⸗
lich für den Export nach Italien. Weiter werden
teils zur Verwertung in den Möbelfabriken des In⸗
landes, teils zum Export ſchwache Stäbe und Latten
fabriziert.
Als ein Werk, welches ſich faft ausſchließlich die
Verarbeitung der Buche zur Aufgabe gemacht hat, iſt
die Faßfabrik Seiner Durchlaucht des Fürſten von
Schönburg⸗Waldenburg in Taslau-Sarat hervorzu⸗
heben. Dieſelbe fabrizierte zunächſt nach ihrem Ent:
ſtehen im Jahre 1907 Buchenfäſſer für die Petroleum⸗
induſtrie zum Verſand von Schmierölen und Roh⸗
petroleum. Da ſich aber dieſe Fabrikation als nicht
rentabel erwies, wurde ſie aufgegeben und ſich auf die
Fabrikation von Zement⸗, Farb: und Mehlfäſſern, mit
einem Worte: Fäſſern für Trockenpackungen, verlegt, was
ſich bei der intenſiven Zunahme des Zementverbrauches
1917 |
und der damit verbundenen Entſtehung von Bement-
fabriken im Lande als weit rentabler erwies.
Im Allgemeinen muß bemerkt werden, daß die
Verwertung der Buche als Nutzholz immerhin inſo⸗
fern eine beſchränkte bleibt, als die Buchenbeſtände,
welche im Lande maſſenhaft vorkommen, die aber von
Jugend auf jeglicher Erziehungmaßregel entbehrten
und aufgewachſen ſind, wie es die Natur gegeben hat,
ſämtlich überalt und in Folge deffen vielfach mit
Defekten aller Art behaftet ſind, die den Nutzungs⸗
wert ſehr beeinträchtigen und nur verhältnismäßig
geringen Anfall, wohl aber ſehr viel Abfall ergeben,
ein Umſtand, der manchem Unternehmer ſchwere Ent⸗
täuſchungen und Verluſte gebracht hat.
Eine duberft ausgedehnte Verwertung hat dagegen
Tannen⸗ und Fichtenholz aufzuweiſen und die zahl⸗
reichen im Lande entſtandenen Sägewerke beſchäftigen
ſich in der Hauptſache mit Herſtellung von Tannen⸗
und Fichten⸗Schnittwaren, die auch in großen Mengen,
namentlich von Conſtanta, Braila und Galatz aus
über Rotterdam nach Deutſchland exportiert wurden
und beſonders zur Deckung der Bedürfniſſe der deutſchen
Induſtrie dienten, da der deutſche Wald nicht im
Stande iſt, allein dieſe Bedürfniſſe zu decken.
Die größten Unternehmungen in Sägewerken in
Rumänien hat die anonyme Aktiengeſellſchaſt, vor⸗
mals Götz & Loup, ein öſterreichiſches Unternehmen,
mit Zentralſitz der Verwaltung in Bukareſt bezw. Wien.
Dieſelbe beſitzt ihr größtes Sägewerk in Nehoiu bei
Buzeu mit 25 Sägegattern und mit einer Jahres-
produktion von 125 000 fm Schnittware.
Ferner das aͤlteſte Sägewerk in Galatz mit 16 Gattern
und einer Jahresproduktion von 80 000 fm Schnitt:
holz. Comaneſti (Silvya) mit 12 Gattern und einer
Jahresproduktion von 60 000 fm Schnittflächenholz.
Iscor Alb, ebenfalls Kreis Bacou, mit 6 Gattern
und jährlich 30 000 fm Produktion.
Slanic, Kreis Bacau 5 Gatter mit 25 000 fm.
Tarcau, „ Neamt 6 „ „ 30 000 „
Das Werk in Galatz verarbeitet außer rumaͤniſchem
Material jährlich auch je etwa 90 000 fm Rundholz,
die es aus der Bukowina bezieht und welches aus⸗
ſchließlich für die Wiederausfuhr in geſchnittenem Zu⸗
ſtande beſtimmt iſt, ſodaß der ſonſt auf Rundholz
laſtende Einfuhrzoll von 3 Lei pro Feſtmeter hierfür
nicht bezahlt wird; jedoch muß das exportierte Schnitt⸗
material mindeſtens 80 % des importierten Rund:
holzes ausmachen, um dieſer Vergünſtigung teilhaftig
werden zu können.
Das ſämtliche Rohmaterial, welches das Sägewerk
in Galatz, ſei es aus der Bukowina, ſei es aus
Rumaͤnien kauft, wird mittelſt Flößerei auf den Flüſſen
Biſtritza und Sereth bezogen, da dies die einzigen
18
134
Flüſſe der Moldau find, welche von Natur ohne toft-
{pielige Flußregulierungen ſich zur Flößerei eignen
und mittelſt deren das Holz direkt bis Galatz gebracht
werden kann.
Eine Einfuhr von geſchnittenem Material iſt bei
dem hohen Zolle von 25 Lei pro Feſtmeter gänzlich aus⸗
geſchloſſen, indeſſen findet alljährlich eine Durchfuhr
von 6000 — 7000 Waggonladungen aus Oeſterreich
nach dem Orient ſtatt.
Die eben genannte Aktiengeſellſchaft arbeitet haupt⸗
ſaͤchlich für den Export, etwa 75% ihrer Produktion
werden ausgeführt und nur 25 % verbleiben im Lande.
Die exportierte Ware dieſes Unternehmens geht in der
Hauptſache nach der Türkei, Griechenland, Aegypten,
Algier, Frankreich, Italien und nur zum klein ſten
Teile nach Deutſchland. Außer den Werken der ano⸗
nymen Aktiengeſellſchaft befinden ſich allein im Kreiſe
Bacau noch folgende Sägewerke:
Bradul in Därmanſti mit 10 Gatter und einer Jahres⸗
produktion von 90 000 fm Schnittware.
Stefan Voda 6 Gatter und 45 000 fm Sabres:
produktion.
Union⸗Caſin mit 9 Gatter und 80 000 fm Jahres:
produktion.
Cinghes mit 5 Gatter und 50 000 fm Jahresproduktion.
Hieraus iſt zu ermeſſen, welche enorme Nadelholz⸗
quantitäten allein aus dem Kreiſe Bacau jährlich ge⸗
nutzt werden. |
Außer diefen Werken beſtehen noch große Unter-
nehmungen in Cartea de Anghes, im Lotru- und Muscel-
und Prahowa⸗Tale, welche enorme Holzquantitäten ver:
arbeiten und teils aus belgiſchem, teils aus rumä⸗
niſchem, teils jüdiſchem Kapitale errichtet ſind. Dazu
kommen noch zwei große Papierfabriken Letea bei Bacau
und Schill in Buşteni im Prahowatale, ſowie eine
Pappenfabrik Eichler in Piatra N, welche ſehr viel
Fichtenholz zu Papierſtoff verarbeiten.
Stellt man alle dieſe großen Holzquantitäten
zuſammen, welche dieſe Fabriken verarbeiten, ſo iſt es
klar, daß bei einer weiteren Fortſetzung derartiger
Maſſenausbeutungen in kurzer Zeit die Nutzholzaus⸗
beute Rumäniens verſiechen muß.
Die Säge⸗Induſtrie hat, wie hieraus erſichtlich,
ſeit dem Jahre 1893 ganz erheblich zugenommen und
vermag nicht nur den Bedarf des Inlandes voll⸗
kommen zu decken, ſondern betreibt auch einen ſehr leb⸗
haften Export.
Der Eichenholzvorrat des Landes hat in er:
ſchreckender Weiſe abgenommen. In ſinnloſer Weiſe
haben namentlich die Privatwaldbeſitzer mit ihren
Eichenholzbeſtänden gewirtſchaftet, die ſie mit Schleuder⸗
preiſen verkauften. Die Umgebung von Tirgu⸗Jin,
und viele andere Orte der Wallachei legen davon be⸗
—
— elle m —
redtes Zeugnis ab. Die Eiche wurde in Maſſen er:
portiert und namentlich hat das Berliner Holstomptor
tüchtig, beſonders in der Gegend von Tirgu -In da
mit aufgeräumt.
In Folge deffen und ganz beſonders mit Räckſcct
darauf, daß ſich bei der Eiſenbahn der Mangel an
Schwellen und Konſtruktionsholzern ſehr fühlbar
machte, hat der Staat vor 3 Jahren einen groß
Ausfuhrzoll von 80 Lei pro Feſtmeſter auf Eichen⸗
holz gelegt und dadurch den Export in dieſem Hole
unmöglich gemacht, leider aber für Rumänien zu pit.
Nach der rumaͤniſchen Handelsſtatiſtik betrug der
Export an beſchlagenem Bauholz und Schnittholz in
Jahre 1895 |
56 842 000 kg mit einem Werte von 4848048 Qi. |
Derſelbe ſtieg im Jahre 1909 auf
298 439 321 kg mit einem Werte von 24 395 936 Le
und fiel im Jahre 1910 wieder auf
256 816 182 kg mit einem Werte von 20 717 829 Lei
Von den Jahren 1911 und 1912 liegen noch keine
Handelsſtatiſtiken vor, jedoch dürften dieſelben ein |
weitere Verringerung der Materialausfuhr, dagegen
verhältnismäßig höheren Geldwert aufweiſen, da di
Bauholzpreiſe, namentlich vom Jahre 1911 bis Mitt
1912 ganz bedeutend geſtiegen waren; und wenn der
Staat feinen neuerdings gefaßten Entſchluß, von jet
ab mit feinen Vorräten an haubarem Holze İpar
ſamer zu wirtſchaften, aufrecht erhält, fo Dürfte fd ;
die Ausfuhr von Bauholz in den nächſten Jahren, b
bald die beſtehenden Verkaufsverträge abgelaufen find
noch bedeutend verringern.
Es ſei noch bemerkt, daß zu den vorgenannten
Zahlen noch die Ausfuhr von Rohmaterial (Schneide:
klötzer) hinzuzurechnen iſt.
Diefelbe betrug im Jahre 1909
1044 461 kg mit einem Werte von 2 999 554 Lei.
im Jahre 1910
1 290 339 kg mit einem Werte von 3 278 473 Lei,
ſo daß alſo beide Kategorien zuſammengerechnet
im Jahre 1909 einen Wert von 27 395 490 Lei und
im Jahre 1910 einen ſolchen von 23 996 302 Lei
hatten. i
Somit ift der Wert der Ausfuhr vom Jahre 18%
bis 1909, in welchem Jahre derſelbe feinen Hoͤhepunk
erreichte, um 22 547 442 Lei geſtiegen, ein Umſtand
welcher der infolge Einführung des Kahlſchlagbetriebe
vermehrten Nachfrage zuzuſchreiben iſt. Welche Nach
teile indeſſen die Uebernutzungen infolge des Kahl
ſchlagbetriebes für den Wald haben, wurde bereits oben
erörtert.
Die Einfuhr von Bauholz betrug an Schnitt,
ware:
ae ae es SO. SE
135
1909 — 665 398 kg mit einem Werte von 54589 Lei
1910 — 895954 kg mit einem Werte von 80 207 Lei
an Klotzholz:
1909 — 117 791 rm mit einem Werte von 804 161 Lei
1910 — 144 809 rm mit einem Werte von 478 804 Lei
Die Holzpreiſe waren bis zum Jahre 1906 recht
geringe. Das Feſtmeter Tannenholz wurde ab Wald
je nach den größeren oder geringeren Transportſchwie⸗
rigkeiten mit 3 bis 5 Lei verkauft und Schnittmate⸗
rial I. Klaſſe mit 33 bis 38 Lei das Feſtmeter ab
Fabrik. Bom Jahre 1907 ab find die Preiſe ſtetig
geſtiegen und erlangten im Jahre 1912 ihren Höhe⸗
punkt, wo ſie bis auf 10 und 12 Lei das Feſtmeter
Rohmaterial ab Wald und bis 45 und 50 Lei das
Feſtmeter Schnittmaterial ab Fabrik ſtiegen. Seit
dem Beginn des Balkankrieges iſt natürlich wieder ein
bedeutender Preisrückgang zu verzeichnen und auch
nachdem der Friede geſchloſſen war, wollten die Preiſe
noch nicht wieder emporſchnellen, was wohl einesteils eine
Folge der finanziellen Ermattung und der großen
Verluſte an Menſchen war, welche die Balkanſtaaten
durch den Krieg erlitten hatten, anderenteils aber auch
erſt mit dem Eintritt des Winters zum Verſchwinden
gebracht werden dürfte. Es durfte alfo erft im Früh-
jahre 1914 ein nennenswertes Steigen der Bauholz⸗
preiſe zu erwarten ſein, die auch eintrat. Auch die
letzten Brennholzpreiſe ſind in den letzten Jahren ſehr
geſtiegen und haben ſich auch ſelbſt während des Bal⸗
kankrieges auf guter Höhe erhalten.
Das Brennholz wird, da die Steinkohle als Zim⸗
merheizmaterial zu teuer ift, faſt ausſchließlich im Lande
verbraucht und der Export iſt ein geringer im Ver⸗
hältnis zur anfallenden Maſſe. Derſelbe betrug in
1909 — 27818935 kg mit einem Wert von 278 189 Lei
1910 — 19268286, „ . „ 192683,
der Import
1909 — 12 490 554 kg 'mit einem Werte von 124 905 Lei
1910 — 14403 190 „ „ „ „ „ 144032 „
Der Grund der Steigerung des Importes in 1910
und der Abnahme des Exportes iſt in der damals
ſchon zunehmenden Preisſteigerung des Brennholzes im
Inlande zu ſuchen.
Was nun die Rentabilität der Staatswaldungen
anbetrifft, ſo ſei es zunächſt geſtattet, die Geſtaltung
der Einnahmen, Ausgaben und Reineinnahmen ſeit
dem Jahre 1896 tabellariſch nachzuweiſen.
Jahr Einnahmen Ausgaben für Ausgaben für Reineinnahme
Adminiſtration Material u. Arbeiten
Lei Lei Lei Lei
1896-97 3700 000 1192 400 146 000 2 361 600
1897—98 4 090 000 1247 880 112000 2 730 120
1898—99 4 200 000 1248 680 89 500 1150 180
1899 —1900 4 600 000 1273 160 93 220 3233620
1900—01 5000000 1258 700 19 020 3 722 280
1901-02 4 000 000 1251 300 25 500 2 723200
1902—03 5470 000 1099 112 74 300 4 296 588
1903-04 5 500 000 1087592 79 000 4333408
1904—05 5500000 1081472 178 000 4240528
1905-06 5500000 1079240 183 000 4 237 760
1906—07 5500 000 1111376 208 000 4180624
1907—08 5700000 1118096 93 500 4488404
1908-09 6200000 1278480 27 236 4 650 284
1909—10 6200000 1 405 080 265 840 4 529 080
1910-11 6 400 000 1 863 600 4536400
1911—12 6000000 1906 500 560 620 4 654 300
1912—13 7000000 2 095 200 694 500 4210300
Aus dieſer Aufſtellung geht hervor, daß die Ein-
nahmen der Forſtverwaltung des Staates zwar ſtetig
geſtiegen find, aber auch die Ausgaben, und daß in:
folge beffen feit dem Jahre 1902 die Reineinnahme
eine jährlich faſt gleiche geblieben iſt.
„Die Zunahme der Ausgaben iſt in der Hauptſache
in der vermehrten Ausgabe für Kulturkoſten ſeit Ein⸗
führung des Kahlſchlagbetriebes zu ſuchen. Die Ad⸗
miniſtrationskoſten, die ſich von 1896 bis 1910 ziem⸗
lich gleich blieben, haben in den letzten drei Jahren
durch Schaffung der „Caſa Paduriber“ (Staatsforſt⸗
kaſſe), in welche auch nach dem Forſtgeſetze von 1910
die Garantien für die Wiederaufforſtungen ſeitens der
Privatwaldbeſitzer fließen, wovon ſchon oben die Rede
war, eine weſentliche Erhöhung erfahren. Die Rein⸗
einnahme hat im Jahre 1911/12 mit 4654120 Lei
ihren Höhepunkt erreicht. Die durchſchnittlich jährliche
Reinnahme der oben angeführten ſiebenzehn Jahre be⸗
18*
136
trägt ſomit 3702205 Lei und diejenige der letzten
zehn Jahre 4 406 091 Lei.
Wie Eingangs nachgewieſen, enthält der rumaͤniſche
Staatswald an rein bewaldeter Fläche rund 918 825
Hektar, mithin berechnet ſich die jetzige Reineinahme
pro Hektar 4,8 Lei, dem ein Bruttoertrag von 4,43
bis 5,20 Lei im Jahre 1896 entgegenſteht und es iſt
angeſichts dieſer Tatſache wohl ein Fortſchritt zu ver⸗
zeichnen, aber das Reſultat der heutigen Reineinnahme
iſt dennoch als ein geringes zu bezeichnen, insbeſondere
wenn man in Rechnung zieht, daß die im Lande be⸗
findlichen ſechs Privatwaldbeſitzungen, die fih in ſyſte⸗
matiſcher Bewirtſchaftung durch deutſche Forſtleute be⸗
finden, viel höhere Einnahmen aufzuweiſen habe, trotz⸗
dem die Ausgaben und insbeſondere die Verwaltungs:
koſten „verhältnismäßig viel höhere ſind als beim
Staate. So rechnet z. B. die Forſtverwaltung Seiner
Durchlaucht des Fürſten von Schönburg-Waldenburg
im diesſeitigen Konſulatsbezirke mit einem Reingewinn
von 10 Lei pro Hektar. Dabei hat dieſelbe muſter⸗
gültige Waldungen aufzuweiſen, wie ſie nirgends
anderswo im Lande zu finden ſind, und daraus folgt,
daß man auch in Rumänien intenfive und gut ren:
table Forſtwirtſchaft, bei welcher dem Beſitzer nicht
nur der Wald erhalten bleibt, ſondern ſtetig gebeſſert
und vermehrt wird, betreiben kaun, wenn dieſelbe durch
genügend zahlreiches, tüchtig geſchultes und umſichtiges
Perſonal geleitet wird. ö
Es geht aus den obigen Darlegungen klar hervor,
daß die rumäniſche Staatsforſtwirtſchaft auf ſehr
ſchwachen Füßen ſteht und noch einſchneidender Ver⸗
beſſerungen bedarf, bis ſie auch nur einigermaßen
leiſtungsfähig wird.
Wie ſchon im Vorhergehenden geſagt, bildete ſtets
ein großes Hindernis für die Entwicklung des rumä⸗
niſchen Forſtweſens die Abhängigkeit derſelben von der
inneren Politik des Landes und die ewigen Schwan⸗
kungen, denen ſie bei dem häufigen Regierungswechſel
unterworfen war.
In den Jahren 1890 — 1895 hatte unter dem da:
maligen Domänenminiſter Peter Carp das Forſtweſen
einen kraͤſftigen Auſſchwung genommen und würde,
wenn Carp'ſcher Geiſt noch 20 Jahre wenigſtens das⸗
ſelbe beeinflußt haben würde, zu einer ſchönen und
kräftigen Entfaltung gekommen ſein; aber mit dem
Fall Carps, im Jahre 1895, trat auch wieder ein
ebenſo ſchneller Rückgang ein, ſodaß bis zum Jahre
1916 eher Rückgänge als Fortſchritte zu verzeichnen |
find. Die ewigen Schwankungen in der Direktion,
die mangelhafte praktiſche Ausbildung des Gort:
perſonals, zu der ſich ſchließlich noch das Mißtrauen
geſellt, bedingten den Stillſtand bezw. den Rückgang
des rumänischen Forſtweſens.
Peter Carp ift überhaupt der einzige rumäniſche
Staatsmann, der das Land zu hoher Blüte hätte
bringen und auf ſolide Grundlagen hätte ſtellen können,
denn abgeſehen von feinem tadellos ſoliden und ehren:
werten Charakter beſitzt er auch in hohem Maße die
Energie und die Eigenſchaften, einen Staat zu moder:
niſieren, und ihn in ehrenhafte ſolide Bahnen zu
lenken; aber feine ſtets zu Tage tretende Abficht, mit
bem fein Vaterland immer mehr demoralifierenden
Syſtem zu brechen, die unehrenhaften Elemente aus:
zuſcheiden und gründliche Reinigung zu halten, ließen
ihn nur felten zur Regierung kommen und dann met
nur kurze Zeit, ſodaß die beſten Jahre ſeines Lebens
für ſein Vaterland nur eine verhältnismäßig geringe
Ausnutzung fanden.
Peter Carp fühlt und denkt vollkommen deutſch
und daher war es ſein Beſtreben, deutſchen Geiſt auch
feinem Vaterlande aufzuprägen; hatte er doch feine
Studien in Heidelberg gemacht, und für fein deutſches
Denken und Fühlen liefert den beſten Beweis ſein
glühender und eifriger Kampf, den er ſeit Ausbruch
des Weltkrieges dafür führte, daß Rumänien bei feiner
Beteiligung am Weltkriege auf die Seite der Mittel:
machte trete. Leider aber haben die gewiſſenloſen und
beſtochenen Kriegshetzer in Rumänien die Oberhand
gewonnen, Rumänien hat ſich als Feind der Mitte:
mächte in den Weltkrieg geſtürzt und bekommt nun
für feine Treuloſigkeit gegenüber den Mittelmächte
ſeinen wohlverdienten Lohn.
Die vorſtehende Studie war bereits vor dem Ein:
tritt Rumäniens in den Weltkrieg verfaßt und folte
am Schluſſe an Hand der feitend des Verfaſſers gr
machten Erfahrungen eine Darlegung derjenigen Maß
nahmen enthalten, welche geeignet geweſen wären, eine
Sanierung des rumänifchen Forſtweſens herbeizuführen.
Nachden! aber nun Rumänien durch die ſinnloſe Politik
ſeines Miniſterpräſidenten und gewiſſenloſer eigen:
nütziger Kriegshetzer ins Verderben getrieben iſt und
aller Wahrſcheinlichkeit nach von der Landkarte Europas
als ſelbſtändiger Staat verſchwinden wird, fo haben
derartige Erörterungen keinen praktiſchen Wert mehr
und es bleibt den zukünftigen Beherrſchern dieſes
ſchönen Landes überlaſſen, auch das rumäniſche Fort
weſen einer beſſeren Zukunft entgegenzuführen.
— ee —
— `
— — a nt
137
Literariſche Berichte.
Der Krieg und die Gewinnung von Nah⸗
rungsmitteln durch Waldfeldbau.!) Von
B. Bornemann, Großh. Heſſ. Forſtmeiſter i. P.,
Bad Homburg v. d. H. Selbſtverlag des Verfaſſers.
Preis 50 Pfg.
Die im Januar 1915 verfaßte Denkſchrift war
zur Veröffentlichung in der „Frankfurter Zeitung“ be⸗
ftimmt, dort aber nur in abgekürzter Faſſung abge:
druckt worden. Da der Krieg fih in die Länge zieht,
die Abgeſchloſſenheit Deutſchlands immer größer und
dadurch die Möglichkeit, Nahrungsmittel aus dem
Auslande zu erhalten, immer geringer wird, hat der
Verfaſſer nunmehr ſeine Denkſchrift als Broſchüre ver:
öffentlicht. Der Reinerlös iſt für erblindete Krieger be⸗
ſtimmt.
Mit großer Wärme tritt Bornemann für die Aus⸗
nutzung des Waldes zur Vermehrung unſerer Nah⸗
rungsmittel ein, weil ein hoher Prozentſatz des deut⸗
ſchen Waldes nicht auf ſogenanntem „abſolutem“, ſon⸗
dern auf „relativem“ Waldboden ſtockt, d. h. auf
Boden, auf welchem mit Vorteil auch landwirtſchaft⸗
liche Nutzpflanzen angebaut werden können. Und meiſt
iſt dieſer bedingte Waldboden durch jahrhundertelange
Pflege und Selbſtdüngung in einer ſo günſtigen Ver⸗
faſſung und derart mit allen Pflanzennährſtoffen an:
gereichert, daß er mehrere Jahre hindurch ohne jede
Düngung reiche Ernten hervorbringen kann. Nach
ſeinem letzten in der Einleitung zur Denkſchrift nieder⸗
gelegten Vorſchlage will der Verfaſſer nun die beſten
Stellen des bedingten Waldbodens zur Gewinnung
von landwirtſchaftlichen Erzeugniſſen ausgeſucht wiſſen.
Er will ſich alſo nicht mit den betriebsplanmäßig oder
zufällig vorhandenen Schlagflächen begnügen, ſondern
weiter gehen und mehr als die normale Jahresſchlag⸗
fläche vorübergehend dem Feldbau zur Verfügung ge⸗
ſtellt haben. Auch tritt er hier dafür ein, daß auf
. diejen ausgeſuchten Flächen vorerſt nur Nahrungs:
mittel angebaut werden ſollen, während die Anzucht
junger Waldkulturen der Zukunft, d. h. der Zeit nach
Beendigung des Krieges, überlaſſen bleiben foll. Mit
) In einer von Herrn Forſtmeiſter Hoffmann in Bugs
bach an uns gerichteten Zuſchrift macht derſelbe u. E. mit
Recht darauf auſmerkſam, daß die Broſchüre Bornemanns
ſchon im Januar 1915 erſchienen und dem Preußiſchen Minis
ſter ium für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten eingereicht
worden iſt. Hätte man ihr damals mehr Beachtung geſchenkt
und Folge gegeben, ſo hätte in den Jahren 1915 und 1916,
wo noch weit mehr Arbeitskräfte zur Verfügung ſtanden, die
Kartoffele nte erheblich geſteigert werden können. Jetzt dürfte
bei dem herrſchenden Arbeitermangel die günſtige Zeit verpaßt
fein. D. Red.
anderen Worten: Bornemann ſpricht ſich hier für die
ſogenannte „Vorbau“: Form des Waldfeldbaus aus.
In der „Denkſchrift“ ſelbſt dagegen redet er dem
ſogenannten „Zwiſchenbau“ des Waldfeldbaus das
Wort, d. h. derjenigen Form, bei welcher gleich⸗
zeitig Wald⸗ und Feldbau auf der Fläche betrieben
werden. Die geſamte Jahresernte an Haubarkeits⸗
nutzungen ſoll durch Kahlhiebe gewonnen werden, und
zwar auf kleinen Flächen beſter Standortsgüte inmitten
der hiebsreifen Beſtände. Dieſe Löcherhiebe ſollen ſich
auf je J ha große, quadratiſche Flächen von 50 m
Seitenlänge erſtrecken und die Kahlhiebsflächen zur
horſtweiſen Einſprengung anderer Holzarten, ins⸗
beſondere von hochwertigen Nutzhölzern in einem Grund⸗
beſtand von Buche, Fichte oder Kiefer benutzt werden,
um auf dieſe Weiſe nach Gayer's horſtweiſer Femel⸗
ſchlagverjüngung Miſchbeſtände anzuziehen. Der Ber-
faſſer unterſtellt etwa / der geſamten deutſchen Wald-
fläche von rund 14 Millionen Hektar, alfo 10 Millionen
Hektar, als geeignet zum Waldfeldbaubetrieb. Bei
Unterſtellung einer Durchſchnitts⸗ Umtriebszeit von
100 Jahren würde die normale Jahresſchlagfläche
alſo 100 000 ha betragen. Dieſe Fläche ſoll im Wald⸗
feldbaubetrieb bewirtſchaftet werden, und zwar ſchlägt
der Verfaſſer in Anlehnung an den in der Rhein⸗
Main Ebene ſchon zu Anfang des vorigen Jahr⸗
hunderts eingeführten Waldfeldbaubetrieb den Kar⸗
toffelzwiſchenbau vor. Er rechnet pro Hektar mit
einem Ertrage von 200 Zentner Kartoffeln, auf
100 000 ha alſo mit 20 Millionen Zentner. Und
da ein zweimaliger Anbau von Kartoffeln die Zu⸗
kunft der anzuziehenden Holzbeſtaͤnde nicht weſentlich
ſchädige, ſoll im zweiten Jahre eine doppelt ſo große
Fläche und eine Kartoffelernte von 40 Millionen
Zentner zu erwarten ſein. Und ſelbſt dieſe Zahl
könnte noch für einige Jahre um etwa 10 Millionen
Zentner erhöht werden, wenn der geſamte Holzein⸗
ſchlag im deutſchen Walde, alſo einſchließlich der
Zwiſchennutzungen (Durchforſtungen), durch die vorge⸗
ſchlagenen Löcherhiebe gedeckt würde. Ferner könnten
bei Frühkartoffelanbau noch Gemüſe nachgezogen werden,
z. B. Rüben aller Art, Karotten, Spinat, Winter⸗
kohl, Salat, Buſcherbſen, Buſchbohnen uſw. Die Ar⸗
beiten ſollen in Regie ausgeführt werden, weil ſich
dann Jedermann ohne Riſiko daran beteiligen könne.
Der Verfaſſer erhofft davon außer den waldbaulichen
Vorteilen und vermehrten Erzeugung von Nahrungs⸗
mitteln reichliche Arbeitsgelegenheit und Abhilfe gegen
mancherlei Not. Die Ernte ſoll verſteigert werden,
jedoch könnten der Staat und die Gemeinden die
138
Kartoffeln aud) auf ihre eigene Rechnung einernten,
um durch Abgabe zu einem angemeſſenen Preiſe zur
Verhinderung des Wuchers beizutragen.
Der Vorſchlag Bornemanns, den Wald während
der Kriegszeit in ausgiebiger Weiſe zum Anbau von
Nahrungsmitteln heranzuziehen, findet überall, auch
im Kreiſe der Forſtwirte, volles Verftändnis und Bu-
ſtimmung. Aber eB fragt ſich, ob und in welchem
Maße er unter den heute beſtehenden Verhältniſſen
verwirklicht werden kann. Mannigfache Schwierig⸗
keiten ſtellen ſich der Durchführung der in der Denk⸗
ſchrift niedergelegten Gedanken in der Praxis ent⸗
gegen; der Verfaſſer ſcheint ſie unterſchätzt zu haben.
Abgeſehen davon, daß die zum Waldfeldbau geeignete
Fläche des deutſchen Waldes mit 10 Millionen Hektar
m. E. zu hoch gegriffen iſt, muß der Plan an den
fehlenden Arbeitskräften ſcheitern. Durch die von
Monat zu Monat geſteigerte Einberufung der waffen⸗
fähigen Männer Deutſchlands mangelt es nicht, wie
Bornemann annimmt, an Arbeitsgelegenheit, ſondern
in allen Betriebszweigen, ſowohl in der Landwirtſchaft
wie in der Induſtrie und im Handel, iſt mehr und
mehr ein empfindlicher Mangel an Arbeitskräften ein⸗
getreten. Die Folge davon iſt, daß heute nur mit
Mühe und Not die landwirtſchaftlich benutzte Flache
Deutſchlands beſtellt werden kann. Nur an ſehr
wenigen Orten werden deshalb die zur Beſtellung von
Waldfeldern erforderlichen Arbeitskräfte vorhanden
ſein. Aber auch dort wird es in dieſem Jahre an
den nötigen Saatkartoffeln mangeln, um den Wald⸗
feldbaubetrieb durchzuführen. Das Roden der Stöcke
und die Beſtellung der Waldfelder erfordern viel zu
viel Arbeitskräfte. Wir müſſen die wenigen zur Ver⸗
fügung ſtehenden Kräſte jetzt dort verwenden, wo die
Erzeugung von Nahrungsmitteln mit dem geringſt⸗
möglichen Aufwande an Arbeit erfolgen kann. Da⸗
zu eignen ſich vielerorts die jungfräulichen Boden⸗
flächen in den von unſeren Heeren beſetzten Gebieten
weit beſſer als die heimiſchen Waldböden. Bauen
wir deshalb auf möglichſt ausgedehnten Flächen der
im Oſten und namentlich im fruchtbaren Rumänien
beſetzten Gebiete Getreide an und ſuchen wir im
Sommer 1917 in Deutſchland die Kartoffelanbaufläche
tunlichſt zu vergrößern. Doch woher die Saatkartoffeln
dazu im Frühjahr nehmen? An dieſem Punkte wird
die Hebung des Kartoffelertrags im Jahre 1917 wohl
überhaupt ſcheitern.
Gut Pilamont (Litauen), im Februar 1917.
Weber.
Beſtardeswirtſchaft u. Altersklaſſenmethode.
Von Th. Micklitz. Wien u. Leipzig, Franz Deu⸗
ticke. 1916. 80. 73 S. Preis 2,50 Mk.
Die Ziele, welche der Verfaſſer bei Herausgabe
dieſer Schrift im Auge hat, werden von ihm im „Bor: —
wort“ wie folgt bezeichnet:
„Die Lehrbücher über Forſtbetriebseinrichtung ent:
halten über die heutige Vorgangsweiſe bei der Be:
ſtimmung des periodiſchen Haubarkeitsnutzungsſatzes,
wie diefe zum Teil in verſchiedenen Inſtruktionn
großer Adminiſtrationen feſtgelegt ift, nur allgemeine
und unvollſtändige Angaben. Der theoretiſche Rahmen,
in welchen die Gliederung der modernen Etatsermitte:
lung eingefügt werden kann, iſt bislang nicht ent⸗
worfen worden. Mit der folgenden Studie wird der
Verſuch gemacht, die Syſtematik in der bezeichneten;
Richtung auszubauen.“
Das moderne Einrichtungsverfahren ſtellt eine Bu.
ſchmelzung der Grundformen beider Methoden, be
Beſtandeswirtſchaft und der Altersklaſſenmethode, dar. |
Zum Belege dafür werden S. 7—26 die Forfteinrid: |
tungs⸗Inſtruktionen folgender größeren Berl |
auszugsweiſe mitgeteilt:
1. der Oeſterreichiſchen Staats: und on
von 1901,
2. der fürſtl. Schwarzenbergiſchen Forſte in Böhm
und Steiermark 1908,
3. der Preußiſchen Staatsforſte 1912,
4. der Bayeriſchen Staatswaldungen 1911,
5. der Sächſiſchen Staatsforſte nach Angabe der
Schriften von Judeich⸗Neumeiſter und Martin,
6. der unter ftaatlider Verwaltung ſtehenden Fort
im Großherzogtum Baden 1912 und |
7. der Domanial⸗ und Kommunalwaldungen in
Großherzogtum Heſſen 1903.
Hiernach ift man dem von Sachſen eingeführten
Vorgang zuerſt in Heffen gefolgt, denn die Anletuny `
von 1903 ftellt nur die Erweiterung und den Abſchluß
eines bereits im Jahre 1899 ausgegebenen Entwurß
dar. Dann folgen Oeſterreich 1901, die fürſtl. Schwarzen
bergiſche Verwaltung 1908, Bayern (ſowie auch Wirt
temberg) 1911, Preußen und Baden 1912.
Im weiteren Verlaufe der Darſtellung wird
(S. 27—50) die Grundform der Beſtandes⸗
wirtſchaft näher ausgeführt. Deren Kriterien find:
al. die Zuweiſung der zugänglichen Gingelbeftink |
zum Hiebe nach deren individueller Hiebsteiſt
unter Rückſichtnahme auf eventuelle zwingende
waldbauliche Forderungen, aber ohne Beade
nahme auf die Verbeſſerung der Hiebsfolge und |
Nachhaltigkeit in der Zukunft; ö
2. Vorkehrungen zur Sicherung der künftigen Hieb
zugänglichkeit (Umhauungen); |
3. die mittelbare Ableitung des periodiſchen Hieb
ſatzes aus dem nach dieſer individuellen Beſtandez
— — Ze Be
139
behandlung aufgeſtellten Haubarkeitsnutzungs⸗
plan.“
Weiter werden die Durchführung der Arbeit, die
Erhebung des Weiſerprozents, die Berückſichtigung der
Beſtockung, wirtſchaſtliche Rückſichten bei Auswahl der
Hauungen, Hiebszugaänglichkeit und Hauungsplan be
ſprochen. In dem letzteren find einzuſtellen:
1. alle Beſtaͤnde mit ungenügendem Zuwachs, wo⸗
bei entweder die Grundſätze der Reinertragslehre
(Weiſerprozent) oder auch diejenigen anderer
Wirtſchaftsziele (höchſter Maſſen⸗ oder Geld⸗
ertrag) maßgebend ſein können; Ä
. Loshiebe uſw. zur Vorbereitung der künftigen
Hiebszugänglichkeit ungünſtig gelagerter Beſtände;
3. gelichtete Beftände, in denen die Freiſtellung des
Unterwuchſes aus Rückſicht auf die Verjüngung
notwendig iſt;
4. etwaige hiebsfragliche Beſtände unter Beachtung
der Abſatzmoͤglichkeit.
S. 50-61 wird dann die Grundform der
Altersklaſſenmethode beſprochen, die „vom
Wirtſchaftsganzen ausgehend im Wege der Rechnung
und Kalkulation den Etat nach der Fläche oder nach
Fläche und Maſſe direkt ermittelt und ein ausge⸗
glichenes Altersklaſſenverhaltnis ſowie die Nutzungs⸗
nachhaltigkeit erſtrebt, ohne ſich um die Beſtimmung
der Hiebsorte ſelbſt zu kümmern.“
Bei der Durchführung kann die Auswahl der Hiebs⸗
orte ſelbſtverſtändlich nicht umgangen werden. Ein
weſentlicher Unterſchied ergibt fih hierbei ſowie bei
Aufſtellung der Altersklaſſentabelle, jenachdem man
dabei von den konkreten oder von auf gleiche Ertrags⸗
fähigkeit reduzierten Flächen ausgeht. Der Verfaſſer
erblickt in dem erſteren Verfahren die eigentliche Grund⸗
form der Altersklaſſenmethode, führt dann aber S. 61
bis 68 die von ihm ſelbſt vorgezogene und praktiſch
geübte Rechnung nach reduzierten Flächen näher aus.
un dieſer Auffaſſung kann ich ihm nur völlig bei-
ſtimmen. Ich halte es für einen inneren Widerſpruch,
wenn 3. B. nach der heſſiſchen Anweiſung in der fo:
genannten Bonitätstabelle alle Unterabteilungen in die
entſprechenden Standortsklaſſen eingereiht, wenn dann
Normalvorrat und Zuwachs hiernach berechnet, ſchließ⸗
lich aber in der Altersklaſſentabelle wieder alle Flächen
nur in konkreter Größe eingetragen und zuſammen⸗
gezählt werden. Als ob ein Hektar erſter und dritter
oder fünfter Klaſſe überhaupt gleichwertige und ver⸗
gleichsfähige Größen wären! Bei den von mir nach
dem heſſiſchen Verfahren ausgeführten Ertragsrege⸗
lungen habe ich dieſen Fehler ohne irgend welche
Schwierigkeiten vermieden.
Den Schluß der Schrift bildet S. 68 — 73 der
Abſchnitt: „Syſtematik des heutigen kom⸗
to
binierten Forſteinrichtungsverfahrens“.
Hier wird außer der bereits beſprochenen Gliederung
nach konkreten und reduzierten Flächen noch eine
weitere erörtert, jenachdem ein bindender Hauungs⸗
plan verfaßt wird oder der Nutzungsplan nur den
Charakter eines Hauungsentwurfs hat, der dem
Betriebsführer einen gewiſſen Spielraum bei der Aus-
wahl der Nutzungen nach Maßgabe etwaiger unvor⸗
herzuſehender Notwendigkeiten gewährt.
Zum Schluſſe möchte ich noch eine kritiſche Be-
merkung nicht unterdrücken. Wenn der geehrte Ver⸗
faſſer in dem Vorwort ſeiner verdienſtvollen Schrift
die Abſicht ausſpricht, eine Lücke in den vorhandenen
Lehrbüchern auszufüllen, ſo wird er dieſen Zweck
ſchwerlich erreichen. Denn mit der abſtrakten Faſſung
ſeiner Ausführungen, die viel zu Vieles als bereits
bekannt vorausſetzt, und mit der Konſtruktion künſt⸗
lich aufgebauter, oft ſchwer verſtändlicher Sätze hat
er den richtigen Ton eines Lehrbuchs wohl nicht
getroffen. Wr.
ee a ——
Anleitung zur Aufnahme des HSolzachaltes
der Waldbeſtände. Von Dr. Max Friedrich
Kunze, Geh. Hofrat und Profeſſor i. R. Dritte
durchgeſehene Auflag. Berlin, Verlagsbuchhand⸗
lung Paul Parey. 1916. |
Die zweite Auflage dieſer Schrift iſt 1891 erſchie⸗
nen und im Oktoberheft desſelben Jahres von Dr.
Speidel kurz beſprochen. Die neue, dritte Auflage, hat
jener gegenüber an Umfang und Einteilung wenig
Aenderungen erfahren.
In 8 3 hätte wohl erwähnt werden dürfen, daß.
wenn Probeſtämme nicht gefällt werden ſollen, ſolche
nicht nur nach der veralteten Preßler'ſchen Richthöhen⸗
methode, ſondern mit neueren und beſſeren Inſtru⸗
menten ſtehend aufgenommen werden können.
Zu § 10 hatte ſchon Speidel darauf hingewieſen,
daß neben der Berechnung aus Grundfläche, Höhe
und Formzahl auch die vielfach übliche Benutzung von
Maſſentafeln Beachtung verdient hätte, weil beide
Verfahren ſich zwar nicht im Prinzip, aber in der
Ausführung von einander unterſcheiden. Statt deſſen er⸗
wähnt die neue Auflage nur die Verwendung anderweitig
gefällter Stämme, etwa beim Aufhieb der Einteilungs⸗
und Weglinien, nach den Methoden von Speidel und
Kopetzky: Maſſenkurve und Maſſenlinie. Wr.
O Akademia! Ein fröhliches Buch von Jugend,
Jagd und Liebe. Von Ferdinand von Raes:
feld. Neudamm, Verlag von J. Neumann. 333
Seiten. Preis 4 Mk.
140
Der im Novemberhefte 1916, S. 286, kurz bes
ſprochenen Erzählung hat der Herr Verfaſſer dieſes
Buch bald folgen laffen. Von Jugend, Jagd und
Liebe iſt in der Tat darin viel, vielleicht zuviel die
Rede; von der Norddeutſchen Forſtakademie, an der
die Handlung teilweiſe ſpielt, aber herzlich wenig. Es
iſt mir deshalb zweifelhaft, ob der Titel glücklich ge⸗
wählt iſt. Denn der Akademie iſt in der Erzählung
wahrlich keine glänzende Rolle zugeteilt. Die Pro:
feſſoren find komiſche Käuze, die Forfibeamten arge
Neidhämmel, die keinem anderen einen guten Schuß
gönnen, und die Studenten intereſſieren ſich für nichts
als Jagd und Liebesgeſchichten. Wer an einer allge:
meinen Hochſchule ſeine Ausbildung genoſſen hat, wird
denn doch andere und wertvollere Erinnerungen davon
bewahren. Wr.
Briefe.
Aus Preußen.
Aus der Preußiſchen Ronſtvenwaltung.
(Schluß.)
Zurückſtellung und Beurlaubung garni⸗
ſondienſtfähiger Holzarbeiter.
In einem Schreiben vom 6. November 1916 teilt
das Kriegsminiflerium dem Miniſterium für Land⸗
wiriſchaft, Domänen und Forſten mit, daß ſaͤmtliche
Preuß. ſtellvertr. Generalkommandos erſucht worden
ſind, Anträgen auf Beurlaubung und Zurückſtellung
garniſondienſtfähiger Holzarbeiter, ſoweit mit
den dienſtlichen Intereſſen irgend vereinbar, ſchnellſtens
zu entſprechen. Die ftellverir. Generalkommandos
ſeien ferner erſucht worden, die von den Regierungen
angeforderten Kriegsgefangenen zu ſtellen und als
Wachleute möglichft Holzhauer, Vorarbeiter oder ſonſtige
Waldarbeiter zuzuteilen.
& ;
*
*
Verwendung von Strafgefangenen
zur Waldarbeit.
Der Juſtizminiſter hat unter dem 3. Oktober 1916
an die Oberſtaatsanwälte folgende Verfügung ergehen
laſſen:
Der geſteigerte Bedarf der holzverbrauchenden In⸗
duſtrien hat bei der Forſtverwaltung zu Schwierig⸗
keiten in der Beſchaffung von Arbeitskraͤften geführt.
Es fehlen vor allem geübte Holzarbeiter, namentlich
Vorarbeiter. Die Erſten Staatsanwälte ſind daher
anzuweiſen, etwaigen Geſuchen der Forſtverwaltung
von Strafaufſchub oder Strafunterbrechung für
Forſtarbeiter nach Möglichkeit zu entſprechen.
Sollten ſich in den Juſtizgefängniſſen derartige Per⸗
ſonen befinden, deren Beurlaubung nicht in Frage
kommt, und laſſen ſich aus ihnen Arbeitskolonnen, die
den ſtaatlichen Forſtverwaltungen zur Verfügung ge⸗
ſtellt werden könnten, nicht bilden, ſo iſt durch Be⸗
nehmen mit den Regierungspräſidenten feſtzuſtellen, ob
etwa bei den Gefängniſſen der inneren Verwaltung
ſolche Arbeiterkolonnen für die Staatswaldungen zu⸗
ſammengeſtellt werden, und ob dieſen Kolonnen bi
in Betracht kommenden Gefangenen aus den Jufligge
fängniſſen zugeteilt werden können.
* *
*
Beſchäftigung von Kriegsgefangener.
Das Kriegsminiſterium hat bezüglich der Ber:
lohnung der bei der Grubenholzgewinnung und for:
ſtigen Holzeinſchlägen beſchäftigten Kriegsgefangenen
folgende neuen Beſtimmungen feſtgeſetzt.
1. Der Arbeitgeber trägt allein, unter Batt
auf jeden baren Zuſchuß die Unkoſten für Verpflegung
Unterkunft uſw. der Kriegsgefangenen und Wates.
2. Der Arbeitgeber zahlt für den Arbeitstag 30 $i
als Abfindung an jeden Kriegsgefangenen, der an
Wochenſchluß mindeſtens 30% der Leiſtung eines mitte-
tüchtigen freien Arbeiters der Gegend als durchſchml⸗
liche Tagesleiſtung für die betreffende Woche ofw.
weiſen hat. Der Arbeitgeber hat das von ihm fet:
geſetzte Maß dieſer Durchſchnittsleiſtung ſowie die fü
freie Arbeiter angemeſſenen und gültigen Affordiik
bei Beginn jedes größeren Schlages der zufländir
Lagerkommandantur mitzuteilen. Bedenken, welche di
Lagerkommandantur gegen diefe Feſtſtellungen auf Grunt
örtlicher Nachprüfungen und zugleich im Intereſſe wir:
ſamer Anſpornung der Kriegsgefangenen oder d:
Sicherung einigermaßen gleicher Verdienſtmoͤglichleiln
auf benachbarten Arbeitsftellen erhebt, find zu beachte
und nach gemeinſamer Rückſprache zu beſeitigen. Komm!
es nicht zu einer Einigung, fo entfcheidet die Inſpeklion
3. Ferner zahlt der Arbeitgeber in Form von?
„Zuſchüſſen“, die von den Organen des Lage
bezw. der Inſpektion beaufſichtigt, aber nicht faffer
mäßig gebucht und verrechnet werden: u
a) an die eifrigen Wachtleute täglich 507)
Es unterliegt auch keinem Bedenken, wenn dieſer “
ſchuß in feiner Höhe veränderlich und zu der Gelam!
leiſtung der dem Wachtmann unterſtellten Gefangen
in ein beſtimmtes Verhältnis gebracht wird. Tr
Charakter eines mäßigen Nebenverbienftes darf dit
Zuſchuß aber nicht verlieren. Wachtleuten, deren
141
Gruppen auch nach einmonatlicher Einübung nicht ‚über
40% der Normalleiſtung der freien Arbeiten auf⸗
weiſen, find keinerlei Zuſchüſſe zuzubilligen;
b) als „Zuſchüſſe“ an die Kriegsgefange⸗
nen, die am Wochenſchluß nicht über 40% der
Leiſtung des freien Mannes als durchſchnittliche Tages⸗
leitung aufzuweiſen: nichts;
die über 40% bis einſchließlich 60 / nachweiſen:
von der geſamten Leiſtung einen Akkordlohn, der mit
210 des für die freien Leute (bei gleichen Arbeitsver⸗
hältnifien) feſtgelegten Einheitſatzes zu berechnen ift;
die über 60 bis einſchließlich 80 0 /o nachweiſen; von
10 des Akkords der freien Leute;
die über 80 bis einſchließlich 100 % nachweifen:
von *ın des Akkords der freien Leute und die über
100 % nachweiſen: 5/10 des Akkords der freien Leute.
Auf dieſe veränderlichen Zuſchüſſe find-die feſtge⸗
zahlten und kaſſenmäßig nachzuweiſenden Abfindungen
von 30 Pfg. in Anrechnung zu bringen.
4. Die Leiſtung des einzelnen Mannes wird in
den meiſten Fällen nicht feſtgeſtellt werden können, es
wird aber möglich fein und genügen, die Leiſtung feſt⸗
uhelen für Rotten von 2—6 Mann, die dann als
Arbeitsgemeinſchaften zuſammenzufaſſen und deren
mehrere je einem Wachmann zu unterſtellen ſind. Auf
die Bildung der Rotten muß dem Arbeitgeber oder
dem ihn vertretenden ſachverſtändigen Leiter des
Schlages unbedingt ein mitbeſtimmender Einfluß ein⸗
geräumt werden, da ſein Urteil am eheſten die nach
ihrem Arbeitsgeſchick und nach ihrer Arbeitswilligkeit
zuſammenpaſſenden Leute erkennen wird.
Soweit die obigen neuen Bedingungen nicht von
dem Arbeitgeber gefordert oder angewendet werden,
ſind ſie von den zuſtändigen Stellen der Heeresver⸗
waltung wenigſtens überall dort zu fordern, wo es
ſich nicht um ganz vorübergehende Beſchäftigung ein:
zelner Leute eines Arbeitskommandos beim Holzſchlag
handelt, deren abweichende Geſtellungsbedingungen un⸗
verhältnismäßige Umſtände verurſachen würden. Weitere
ausnahmen können, wenn triſtige Gründe vorliegen
und genügende Arbeitsleiſtungen anderweitig geſichert
werden, zwiſchen den Kgl. Regierungen und den ſtell⸗
vertretenden General⸗Kommandos bezw. Inſpektionen
von Fall zu Fall vereinbart werden.
Nach Maßgabe dieſer Beſtimmungen würde die
Gefangenenarbeit erft bei einer Leiſtung von etwa 70 9%
der normalen ungefähr ebenſo billig werden, wie die
der freien Leute. Der Arbeitgeber hat alſo kein In⸗
tereffe daran, freie Leute durch Gefangene zu erſetzen,
wohl aber ein weſentliches Intereſſe, die Leiſtungen
der Gefangenen baldmdglichſt auf mindeſtens 70 % zu
eigern.
* *
x
1917
Verlohnung der Kriegsgefangenen bei
Fällungsarbeiten.
Die Durchführung dieſer Beſtimmungen über die
Verlohnung der bei Fällungsarbeiten beſchäftigten Kriegs⸗
gefangenen iſt mehrfach auf Schwierigkeiten geſtoßen.
Der Minifter für Landwirtſchaft, Domänen und For⸗
ften hat daher im Einverftändnis mit dem Kriegs⸗
miniſter unter dem 4. September 1916 in dieſer An⸗
gelegenheit folgendes beſtimmt:
1. Das neue Verlohnungsverfahren iſt nur anzu⸗
wenden, wenn beide Teile — Heeresverwaltung und
Arbeitgeber — damit einverſtanden find.
2. Die Vorſchriften für das neue Verfahren werden
wie folgt abgeändert und ergänzt.
a) Die Tagesdurchſchnittsleiſtung eines mittel⸗
tüchtigen freien Arbeiters hat der Arbeitgeber vor
Beginn jedes größeren Schlages nach ihrem Lohn⸗
wert in Geld einzuſchätzen und dem zuſtändigen
Lagerkommandanten mitzuteilen. Haͤlt letzterer die
Schätzung für unzutreffend, fo entſcheidet, ſoweit es
fih um ſtaatliche oder unter ſtaatlicher Verwaltung
ſtehende Forſten handelt, der zuſtändige Forſtinſpek⸗
tionsbeamte über die beſtehende Meinungsverſchieden⸗
heit endgültig. In allen anderen Fällen bleibt die
Regelung diefes Punktes der beſonderen vertraglichen
Vereinbarung der Parteien Überlaſſen. Der endgültig
feſtgeſetzte Lohnwert iſt dem Arbeitskommando bekannt
zu geben.
b) Der zur Anwendung kommende Hauerlohntarif
einſchließlich der etwa bewilligten Rückerlöhne ift vor
Beginn der Arbeit dem Lagerkommandanten mitzu⸗
teilen. Die von den ſtaatlichen Verwaltungen vorge⸗
ſchriebenen Hauerlohntarife und Rückerlöhne können
von dem Lagerkommandanten nicht beanſtandet werden.
Andere Tarife uſw. werden durch beſondere vertrag⸗
liche Vereinbarung zwiſchen den Parteien feſtgeſetzt.
e) Ob und wie das Arbeitskommando in mehrere
Arbeitsgemeinſchaften (Rotten) eingeteilt werden fol,
entſcheidet der Arbeitgeber oder ſein Vertreter nach
Anhörung des Kommandoführers, deſſen Wünſche nach
Möglichkeit zu berückſichtigen ſind.
d) Lohnzahlungen können nur von 14 zu 14 Lager
gefordert werden. Vor Beendigung 'des Schlages uni
Feſtſtellung des Schlagergebniſſes werden nur Abſchlags
löhne gezahlt, deren Höhe in allen Junter ſtaatliche
Verwaltung ſtehenden Forſten der zuſtändige Revier
verwalter allein feſtſetzt. Dieſer kann auch beſtimmer
daß, wenn die: geleiſtete Arbeit, entſprechend gering
war, ein Abſchlagslohn für den betreffenden Zeit⸗
abſchnitt überhaupt nicht zu zaͤhlen iſt.
e) Auf Lohnempfang nach Maßgabe der Arbeits⸗
leiſtung haben nur diejenigen Kriegsgefangenen und
Wachmannſchaften Anſpruch, die bei der Schlagarbeit
19
142
ſelbſt beſchäftigt waren. Die kriegsgefangenen Unter:
offiziere erhalten eine beſondere feſte Zulage von täg:
lich 30 Pfg. Den bei anderen Arbeiten z. B. in der
Küche beſchäftigt geweſenen Zugehörigen des Kom:
mandos gebühren während der Dauer dieſer Arbeit
nur die ublichen feſten Abfindungen.
f) Feiertage, Krankheitstage und Tage, an denen
wegen ſchlechten Wetters oder aus ſonſtigen Gründen
nicht gearbeitet worden iſt, bleiben bei den Berech⸗
nungen des Lohnes nach Maßgabe der Leiſtung außer
Anſatz. Für ſolche Tage werden auch feſte Zulagen
oder Abfindungen an die Wachmannſchaſten und Kriegs⸗
gefangenen nicht gezahlt.
g) Die in Gemeinſchaft mit den Kriegsgefangenen
beſchäftigten freien Arbeiter der ſtaatlichen Verwal⸗
tungen nehmen an dem verdienten Geſamtlohn der
Arbeitsgemeinſchaften (Rotten) teil Sie erhalten außer⸗
dem einen feſten Tagelohn, der in der Regel nicht
höher ſein ſoll, als der nach a feſtgeſetzte Lohnwert
der Durchſchnittsleiſtung. Die Haumeiſter der freien
Arbeiter der ſtaatlichen Verwaltungen erhalten außer⸗
dem einen Zuſchlag zu dem feſten Tagelohn in Höhe
von nicht mehr als 30% dieſes Lohnes. Alle den
freien Waldarbeitern hiernach zuſtehenden feſten Be⸗
züge werden neben dem ſonſtigen Verdienſt der Arbeits⸗
gemeinſchaft beſonders gezahlt.
3. Wird von der abgeänderten Verlohnungsart
nach lfd. Nr. 2 kein Gebrauch gemacht, fo tritt an
ihre Stelle das folgende Verfahren, bei welchem die
Leiſtungen der Kriegsgefangenen nicht mehr an den
Leiſtungen der freien Arbeiter, ſondern allein an der
Menge des aufgearbeiteten Holzes gemeſſen werden:
a) Die Kriegsgefangenen erhalten für das aufge⸗
arbeitete Holz 40 % des nach dem Hauerlohntarif und
den bewilligten Rückerlöhnen ſich berechnenden Lohnes;
die Wachtmannſchaften erhalten neben dem Durch⸗
ſchnittslohn der ihnen unterſtellten Kriegsgefangenen
an allen für die Gewährung von feſten Zulagen über⸗
haupt in Betracht kommenden Tagen eine ſolche von
täglich 50 Pfg.
b) Die Beſtimmungen zu lfd. Nr. 2 b—g haben
auch für das Verfahren nach lfd. Nr. 3 mit der Map:
gabe Geltung, daß Abſchlagslohnzahlungen an keinem
der unter lfd. Nr. 2 d feſtgeſetzten Termine ausfallen
dürfen.
4. Andere Lohnverfahren dürfen nur dann ein⸗
geführt oder beibehalten werden, wenn triftige Gründe
hierfür vorliegen, gleich befriedigende Arbeitsleiſtungen
geſichert bleiben und Arbeitgeber wie zuſtändige mili⸗
täriſche Dienſtſtelle mit' dem anderen Verfahren ein⸗
verſtanden ſind.
5. Die Verpflegungszuſchüſſe der Heeresverwal⸗
tung, die bei Anwendung des Verlohnungsverfah⸗
—
rens nach lfd. Nr. 2 wegfallen, kommen auch
bei dem Verfahren nach ld. Nr. 3 in Wegfall. Ob
bei Anwendung anderer Verlohnungsverſahren (nach
lfd. Nr. 4) Verpflegungszuſchüſſe zu zahlen find oder
nicht, hängt von den zwiſchen den Parteien zu treffen⸗
den beſonderen Vereinbarungen ab. Die beſtehenden,
hiernach nicht mehr zuläffigen Verträge über Aus⸗
führung von Fällungsarbeiten durch Kriegsgefangene
ſind mit tunlichſt kurzer Friſt zu kündigen oder im
Wege der Vereinbarung baldmöglichſt zu löſen.
Haben die Arbeiten der Kriegsgefangenen ohne
vorangegangenen Vertragsabſchluß begonnen, ſo kann
die ſpätere gewählte Verlohnungsart vom Beginn der
Arbeiten ab zur Anwendung kommen.
* *
%
Holzanfäufe zur Herſtellung von Hol:
: wolle.
Durch Erlaß vom 21. November 1916 find die
Regierungen von dem Miniſter für Landwirtſchaft,
Domänen und Forſten angewieſen worden, wieder Holz⸗
wolleholz, nötigenfalls in beſonders anzulegenden
Schlägen, zum Verkauf zu bringen. Das Wolleholz
ſoll freihändig zu einem angemeſſenen Preiſe an die
Holzwollefabrikanten bezw. deren Holzeinkäufer, ſoweit
dieſe einen Ausweis der Intendantur der militäriſchen
Inſtitute darüber vorlegen, daß das Holz lediglich zur
Herſtellung von Holzwolle für die Heeres verwaltung
verwendet wird, abgegeben werden. Der Preis ſoll im
Anhalt an die beim Verkaufe von Grubenholz gegen
Meiſtgebot erzielten Preiſe bemeſſen und tunlichst ein
heitlich für den ganzen Regierungsbezirk feſtgeſetzt
werden.
* Š *
Verbot der Ausübung der Jagd und
Fiſcherei durch Ausländer.
Im Intereſſe der Spionageabwehr hält das Kriegs⸗
miniſterium es für geboten, daß die Ausübung der
Jagd und Fiſcherei durch Ausländer, ſoweit ſie nicht
einem verbündeten Staate angehören, in Deutſchland
für die Kriegsdauer verboten werde. Es hat daher
die ftellvertretenden kommandierenden Generale erſucht,
auf Grund des Geſetzes über den Belagerungszuſtand
entſprechende Anordnungen zu treffen und dabei bemerkt,
daß, wenn auch aus dieſem im Intereſſe der Sider:
heit des Reiches zu erlaſſenden Verbot Entichädigung®
forderungen nicht hergeleitet werden können, es fd
doch empfehle, in dem Verbot zum Ausdruck zu bringen,
daß es Ausländern freigeſtellt ſei, ihre Jagd⸗ und
Fiſchereiberechtigungen durch geeignete Deutſche unter
Beobachtung der dafür vorgeſchriebenen Form auk
üben zu laffen. Jagd: und Fiſchereiverpachtungen, die
unmittelbar an der Grenze gelegen, in geringem Um
143
fange die Grenzlinie überſchreiten, dürfen einem neutralen?
Ausländer mit Genehmigung des ſtellvertretenden Ge⸗
neral⸗Kommandos des betreffenden Grenzkorps über⸗
laffen werden, fofern die betr. Ausländer völlig ein:
wandfrei und die Pachtverträge bereits in Kraſt find.
Nach § 97 des vorausſichtlich am 1. April 1917
in Kraft tretenden Fiſchereigeſetzes vom 11. Mai 1916
bedürfen Ausländer künftig eines durch den Regierungs⸗
präſidenten auszuſtellenden Fiſchereiſcheines.
Durch Erlaß vom 10. November 1916 erſucht der
Miniſter für Landwirtſchaft, Domaͤnen und Forſten
die Regierungspräfidenten, dieſe Scheine demnächſt
Ausländern, foweit fie nicht einem verbündeten Staate
angehören, für die Dauer des Krieges grundſätzlich zu
verſagen. Weiter weiſt der Miniſter darauf hin, daß
hinſichtlich der Jagdſcheine 8 29, Abſ. 2 der Jagd-
ordnung beſtimmt, daß Perſonen, welche weder Ange⸗
hörige eines deutſchen Bundesſtaates find, noch in
Preußen einen Wohnſitz haben, gegen die Bürgſchaft
einer Perſon, welche in Preußen einen Wohnfitz hat,
ein Jagdſchein erteilt werden kann, die Jagdpolizei⸗
behörden ſeien aber anzuweiſen, künftighin an Aus⸗
länder, die nicht den verbündeten Staaten angehören,
Jagdſcheine grundſätzlich nicht zu erteilen und Aus⸗
nahmen nur in den vom Kriegsminiſterium bezeichneten
Fällen nach Benehmen mit den ſtellvertretenden Ge-
neral⸗Kommandos zuzulaſſen.
* *
*
Wildſchadenverhütung und Wildabſchuß.
Unter dem 28. September 1916 hat der Minifter
für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten in einem
an die Regierungspräſidenten gerichteten Erlaſſe da-
rauf hingewieſen, daß der Kriegsbeirat des Kriegs⸗
ernährungsamtes ſich am 16. September erneut mit
der Frage der Wildſchadenverhütung und der Mus-
nutzung des Wildſtandes für die Verſorgung des Volkes
mit Fleiſch beſchäftigt habe. Hierbei ſei behauptet
worden, daß in vielen Revieren der Wildſtand infolge
Einſchraͤnkung des Abſchuſſes über das normale und
erträgliche Maß hinaus geſtiegen ſei, und das Ver⸗
langen ausgeſprochen worden, über die in der Preuß.
Jagdordnung zugelaſſenen Schutzmaßnahmen hinaus,
die Jagdberechtigten auch in Eigenjagdbezirken und in
eingegatterten Revieren zwangsweiſe zum Wildabſchuß
anzuhalten. Es ſei ferner als unzuläſſig bezeichnet
worden, Kartoffeln und andere zur menſchlichen Nahrung
oder als Viehfutter in Betracht kommende Stoffe an
Wild zu verfüttern. Der Ernaͤhrungsbeirat habe be-
ſchloſſen, es möchten, wo nötig, die ſtellvertretenden
Generalkommandos auf Grund der ihnen zuſtehenden
Machtbefugniſſe alsbald die erforderlichen Anordnungen
treffen. Das Kriegsernährungsamt ſei wegen Aus⸗
führung dieſes Beſchluſſes an ihn herangetreten und
die Militärverwaltung habe ſich zwecks Durchführung
des zwangsweiſen Abſchuſſes auf Eigenjagdbezirken
erforderlichenfalls zur Stellung von Jagdkommandos
bereit erklärt.
Der Miniſter bemerkt weiter, daß der Wildabſchuß
im allgemeinen auch auf Eigenjagdbezirken und in
eingezäunten Revieren wohl über das nach Friedens⸗
verhältniſſen normale Maß geſteigert worden ſei, ſollte
es aber noch Jagdbezirke geben, in denen der Wild⸗
ſtand eine angemeſſene Höhe überſteige und der Ab⸗
ſchuß — nicht allein im Hinblick auf den Wildſchaden,
ſondern auch auf die Gewinnung von Wildpret —
ungenügend ſei, ſo ſei auf die Jagberechtigten mit allem
Nachdruck dahin einzuwirken, daß der Wildabſchuß
unverzüglich und in hinreichendem Maße verſtärkt
werde. Nötigenfalls ſei der Forderung durch Hinweis
auf die ſonſt bevorſtehende Anordnung zwangsweiſen
Abſchuſſes Nachdruck zu verleihen, und, wenn dieſe
nicht zum Ziele führen ſollte, eine ſolche Anordnung
bei dem ſtellvertretenden Generalkommando zu bean⸗
tragen. Den Nachbarn von Jagdrevieren, in denen
übermäßig geſchont wird, ſei jede geſetzlich zugelaſſene
und mit polizeilichen Rückſichten vereinbare Erleich⸗
terung des Wildabſchuſſes zu gewähren.
Daß die Verfütterung von Kartoffeln und anderen
zur Ernährung von Menſchen und Vieh geeigneten
Erzeugniſſen an Wild in gegenwärtiger Zeit durchaus
unzuläſſig iſt, bedürfe keiner beſonderen Betonung.
Sollten in dieſer Beziehung Verſtöße von Jagdbeſitzern
vorkommen, ſo werde durch Beſchlagnahme der zur
Wildfütterung beſtimmten Vorräte und deren Wieder⸗
zuführung zur Verwertung als menſchliche Nahrung
oder Viehfutter das Erforderliche nötigenfalls mit
Hilfe des ſtellvertretenden Generalkommandos zu ver⸗
anlaſſen ſein.
*
*
Beſchäftigungsgelder für Forſtlehrlinge.
Den Abſchluß der fiskaliſchen Forſtlehre bildete in
Friedenszeiten der Eintritt bei einem Jäger⸗Bataillon
nach beſtandener Jaͤgerprüfung. Die Lehrlinge wurden
früheſtens im Oktober desjenigen Jahres beim Bataillon
eingeſtellt, in dem ſie bis zu dieſem Monat einſchließ⸗
lich das 18. Lebensjahr vollendet hatten. Für die
Kriegszeit iſt nun inſofern eine Ausnahme zugelaſſen,
als auch die ſogar vor Beginn der Lehre zuläſſige
Einſtellung bei anderen Truppenteilen der Ein⸗
ſtellung beim Jäger⸗Bataillon gleich erachtet wird und
der Militärdienſt, ſoweit er vor Ablegung der einft-
weilen bis nach Friedensſchluß hinausgeſchobenen Jäger:
prüfung ſtattfindet, der nach der militäriſchen Ent⸗
laſſung oder Beurlaubung beginnenden Lehrzeit voran⸗
geht oder ſie unterbricht. Bei der langen Dauer des
19 *
144
Krieges wird es nunmehr notwendig, die Beſchäftigungs⸗
gelder für diejenigen Lehrlinge feſtzuſetzen, die ihrer
Ausbildung nach die Jägerprüfung ſchon hätten be⸗
ſtehen können und nur durch den Krieg an der Ab⸗
legung der Prüfung verhindert worden ſind. Bezüg⸗
lich der zu den kriegsbeſchädigten Jaͤgern zu rechnenden
Lehrlinge iſt dies bereits durch die allgemeine Ver⸗
fügung vom 1. Mai und 2. Oktober 1916 geſchehen ·
Für die übrigen Lehrlinge werden die Beſchaͤftigungs⸗
gelder hiermit ebenfalls auf 2,50 Mk. taglich feſtgeſetzt.
Die Ausbildungszeit, zu der jede Beichäftigung im
forſtfiskaliſchen Betriebe gehört, gilt im Sinne dieſer
Beſtimmung als beendet, wenn fie, abgeſehen von der
weiter unten folgenden Ausnahme, zwei volle Jahre
gedauert hat. Hierbei iſt der Heeresdienſt nicht mit⸗
zurechnen, wohl aber die Zeit etwaiger militäriſcher Be-
urlaubungen, während deren der Lehrling in der Staats’
forſtverwaltung betätigt war. Hatte er im Oktober des An⸗
nahmejahres das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet,
fo müſſen entſprechend den Vorſchriflen für die Friedens-
zeit drei volle Jahre zur Ausbildung gerechnet werden.
Die Beſtimmung der allgemeinen Verfügung vom
30. Juni 1915, wonach den Forſtlehrlingen bei ihrer
Heranziehung zur Vertretung eines Forſtſchutzbeamten
ein Tagegeld von 1,50—2,50 Mk. gewährt werden
kann, wenn ihnen durch Verlegung des Wohnfitzes be-
fondere Unkoſten erwachſen, bleibt für diejenigen Fort:
lehrlinge, die ihre Ausbildung noch nicht vollendet
haben, beſtehen. Dieſe Tagegelder können künftig auch
den Lehrlingen, deren Ausbildungszeit nach obigen
drei volle Jahre um faſſen muß, im dritten Jahre auch
dann bewilligt werden, wenn fie, ohne den Wohnih
zu wechſeln, einen Forſtſchutzbeamten vertreten. (AN:
gemeine Verfügung des Miniſters für Landwirtſchaft,
Domänen und Forſten vom 10. November 1916).
Aus Preufen.
Der Etat der Domänen, Rorſt - und landwirt-
ſchaftlichen Derwaltung für das Etatsjahr
3. April 197/918.
I. Der Etat der Domaͤnen⸗Verwaltung.
Nach dem Abſchluſſe des Etats der Domänenver:
waltung betragen die Einnahmen 34 323 450 M.
gegen 33 841 200 M. des Vorjahres. die Ausgaben
11551150 M. gegen 14 325 130 M. des Vorjahres,
es bleibt mithin ein Ueberfchuß von 19 772 300 N,
gegen 1916 ein Mehr von 256230 M.
II. Der Etat der Forſt verwaltung.
Der Abſchluß des Forſt⸗Etats lautet:
Ordinarium.
Die ordentlichen Einnahmen betragen 154811000 M. gegen 1916 mehr 298 000 M.
Die dauernden Ausgaben betragen 64 989 000 M. gegen 1916 „ 198 000 M.
Mithin Ueberſchuß im Ordinarium: 89 822 000 M. gegen 1916 mehr 100 000 M.
Extraordinarium.
Die außerordentlichen Einnahmen betragen 2 000 000 M. gegen 1916 ebenjoviel.
Die einmaligen u. außerordentlichen Ausgaben betr. 2 930 000 M. gegen 1915 ebenſoviel.
Mithin Zuſchuß im Extraordinarium: 930 000 M. gegen 1916 ebenſoviel.
Bleibt Ueberſchuß: 88 892 000 M. gegen 1916 mehr 100 000 N.
A. Einnahmen.
Ordentliche Einnahmen. gegen den vorigen Etat
1. Holz aus dem „ 1917 143 600 000 M. ebenſoviel.
2. Nebennußungen . . 7709000 „ P
3. Jagd. . ; 800 000 „ 4
4. Torfgräbereien i im Forſtwirtſchaftsjahre 1917 . id f 124000 „ ; '
5. Rückzahlungen auf die an Forſtbeamte (Oberförſter, Revierförster,
Förſter, Meiſter und Waͤrter) zur wirtſchaftl. Einrichtung bei Ueber⸗
nahme oder anderweiter u einer Stelle u N 350 000 „ $
6. Forſtliche Lehranſtalten > 111000 , :
7. Berjchiedene andere Einnahmen 2117000 „ x
Außerordentliche Einnahmen.
8. Erlöſe aus dem Verkaufe von n . des vor⸗
maligen Staatsſchatzes) . S : i 3 2000000 , a
——
145
Für die Einnahme für Holz, Nebennutzungen, Jagd,
Torfgräbereien uſw. find mit Rückſicht auf die Unge:
wißheit über die Verhältniſſe des Rechnungsjahres
1917 die Beträge des Vorjahres wieder eingeſtellt
worden.
Der Naturalertrag an Holz iſt für 1917
veranſchlagt auf:
a) z. Holzzucht beſtimmter Waldboden — 2729444 ha
b) „ „ nicht „
n
322265 „
im ganzen = 3 051707 ha
gegen 3051679 ha im Jahre 1916.
B. Ausgaben.
Die Ausgaben betrugen nad dem Etat in Millio⸗
a) kontrollfähiges Material = 9 199 488 fm | nen Mark:
b) nichtkontrollfähiges Material — 2091202 „ 1907 = 52,9 1912 = 73,9
im ganzen = 11290690 fm 3 a ne REA 7 =
Der Flächeninhalt der Staatsforſten 1910 = 69,4 1915 = 69,2
hat im Jahre 1916 betragen: 1911 = 73,1 1916 = 67,7
Dauernde Ausgaben.
l. Koſten der Verwaltung und des Betriebes. | gegen den vorigen Etat
Beſoldungen ; & #4 . 171913810 M. mehr 180930 M.
Wohnungsgeldzuſchüſſe 174 000 „ „ 3000 „
Andere perſönliche Ausgaben 22730448 „ ebenſoviel.
Stellenzulagen, Dienſtaufwands⸗ und Mietsentſchädigungen,
Dienſtkleidungszuſchüſſe : 4394880 „ mehr 11550 „
Werben und Verbringen von Holz und anderen Goreng
im Forſtwirtſchaftsjahre 1917. 17 900 000 „ ebenſoviel.
Unterhaltung und Neubau der Gebäude. 3 250 000 „ "
Unterhaltung und Neubau der öffentlichen Wege 3 600 000 „ š
Beihilfen zu Wege: und Brückenbauten, zur Anlegung von
Eiſenbahngüterhalteſtellen, außerhalb der Forſten, die von
weſentlichem Nutzen für die Forſtverwaltung find. 250 000 „ ebenſoviel.
Waſſerbauten in den Forſten 50 000 „ "
Forſtkulturen, Bau und Unterhaltung der Wirtſchaſtswege u.
Eiſenbahngüͤterhalteſtellen, die im Intereſſe der Forſtverwal⸗ ,
tung angelegt werden müſſen, Verbeſſerung der Forſtgrund⸗
ſtücke, Forſtvermeſſungen und Betriebsregelungen . 6 000 000 „ ebenſoviel.
Jagdverwaltungskoſten und 8 121000 „ R
Torfgräbereien ; 81000 „ i
Reiſekoſten 110 000 „ 5
Umzugskoſten 172 000 „ f
Vertilgung ſchädlicher ö im Forſt⸗ Wirtschaftsjahre 1917 300 000 „ j
Holzverkaufs⸗ und Verpachtungskoſten, Vorflutkoſten, Koſten in 1
Rechtſtreiten, Druckkoſten und andere vermiſchte Ausgaben,
darunter nicht abgelöſte Poſtporto⸗ und Gebührenbeträge mit
Einſchluß von Fernſprech⸗ und Sean und igi
ſtige Koſten des dienſtlichen Verkehrs. 1110362 „ weniger 480 „
2. Forſtwiſſenſchaftliche und .
Beſoldungen 138 520 „ mehr 2970 „
Wohnungsgeldzuſchüſſe 11420 „ ebenſoviel.
Andere perſönliche Ausgaben 59 400 „ 8
Sonſtige Ausgaben 187660 „ mehr 30 „
3. Allgemeine Aus gaben. ;
Grunde und Gemeindelaſten und Koſten der örtlichen Ge-
meinde⸗ und e in . Guts: u. Amts⸗
bezirken : i. cal. ts i. a Me ie i cw g 4100000 „ ebenſoviel.
146
Ablöſungsrenten und zeitweiſe Vergütungen an Stelle von
Naturalabgaben ; 1 242 000 M.
Geſetzliche Koſten der Unfallverſicherung und Unfallfürſorge ſowie
Ausgaben für die Unfallverſicherung bei den Forſtakademien
und Beiträge zum Ruhegehaltskaſſenverbande für Gemeinde⸗
forſtbeamte des Regierungsbezirks Wiesbaden 427 000 „
Unterſtützungen für ausgeſchiedene Beamte ſowie Ruhegehälter und
Unterſtützungen für Witwen und Waiſen von Beamten 200 000 „
Koſten der der Forſtverwaltung auf Grund rechtlicher Verpflich!?!
tung obliegenden Armenpflege mit Einſchluß von rund
30 000 M., die im Durchſchnitt alljährlich als Beiträge der
Forſtverwaltung zur Clausthaler Forſtarbeiterunterſtützungs⸗ f
kaſſe im Reg.⸗Bez. Hildesheim gezahlt werden 128 000 „
Unterſtützungen aus ſonſtiger Veranlaſſung, darunter einmalige
Unterſtützungen für Perſonen ohne Beamteneigenſchaft, die
im Dienſte der Forſtverwaltung beſchäftigt werden oder be-
ſchäftigt geweſen ſind, und für ihre Hinterbliebenen 60 000 „
Ankauf von Grundſtücken zu den Forſten 1050 000 „
Einmalige und außerordentliche Ausgaben.
Ablöſung von Forſtberechtigungen, Grundlaſten und Schuldrenten i
Ankauf und erſte Einrichtung von Grundſtücken zu den Forten, Vorbereitung und Aus⸗
führung des Verkaufs von Forſtgrundſtücken, deren Veräußerung beabſichtigt iſt,
z. B. Herſtellung der nötigen Straßen-, Beleuchtungs⸗, Entwäſſerungs⸗ uſw. An-
lagen ſowie deren laufende Unterhaltung und Benutzung i s
Hier kann derjenige Teil der Iſt⸗Einnahme bei Kap. 1 Tit 10 und gap. 2 Tit. 8
(Erlöſe aus dem Verkauf von Dömaͤnen⸗ und Forſt⸗Grundſtücken) verwendet werden, der die.
Summe von 1600000 M. zuzüglich der Hälfte des Erlöſes aus dem Waldverkauf an den
Verband Groß-Berlin überſteigt und nicht zur Erwerbung und erſten Einrichtung von
Domänen- und Domänengrundſtücken verwendet wird . .
An Erlöſen aus dem Verkaufe von Domänen: und Forſtgrundſtücken find veranſchlagt
unter Kap. 1 Tit. 10 = 2000000 M. und unter Kap. 2 Tit. 8 = 2000000 M. Dieſe
4 000 000 M. überſteigen die Summe von 1 600 000 M., die nicht zur Erwerbung und
erſten Einrichtung von Domänen: und Forſtgrundſtücken beſtimmt ift, um — 2400000 M.
Nach dem Verhältnis der Einnahmen zu einander entſallen hiervon je 1 200 000 M. auf die
Domänen- und Forſtverwaltung. Der Erlös aus dem Waldverkauf an den Verband Groß⸗
Berlin fol zur Hälfte zur Erwerbung und erſten Einrichtung von Domänen: und Forſt⸗
grundſtücken verwendet werden Die andere Hälfte ſoll den Einnahmen des vormaligen
Staatsſchatzes verbleiben.
Verſuchsweiſe Beſchaffung von Inſthäuſern für Arbeiter. ;
Außerordentlicher Zuſchuß zum Wegebaufonds (3 850 000 M.)
Herſtellung von Fernſprechanlagen
ebenſoviel.
|
100 000 NM.
1 200000 ,
300 000 N.
1000000 .
30000 ,
Die Zahl der Forſtbeamtenſtellen hat eben Oberförſterſtellen mit Revier in ſolche ob
ſich gegen 1916 nicht geändert. Der Haushalts: Revier umzuwandeln und Forftaffefforen zu Ober:
Entwurf enthält die Bemerkung, daß zur Einziehung ſörſtern ohne Revier zu ernennen.
gelangende Oberförſterſtellen mit Revier in ſolche ohne Der Höchſtbetrag der Dienſtaufwandsentſchädigung
Revier nach Bedarf umgewandelt werden können, wozu für Oberförſter betrug bisher 3900 M. Er ſoll bi
dann weiter erläuternd bemerkt wird: Es ſind nicht zu 6000 M. hinaufgeſetzt werden, damit es möglich
fo viele Oberförſterſtellen ohne Rebier vorhanden, daß wird, eine Reihe von kleinen Oberförſtereien, die bir |
alle Forſtaſſeſſoren, die nach ihrem Dienftalter zur her wegen der weiten Entfernung vom Nachbarrevitt
Ernennung zum Oberförſter an der Reihe find, cine als ſelbſtändige Reviere erhalten worden find, nur
Stelle erhalten können. Da verſchiedene kleinere Ober- mehr als ſolche aufzuheben. Den Oberförſtern für die
förſtereien mit Nachbarrevieren vereinigt werden ſollen, vereinigten Reviere ſoll in geeigneten Fällen das hal:
wird durch den eingeſetzten Vermerk die Möglichkeit ten eines Kraftwagens zur Pflicht gemacht werden.
147
II, Der Etat der landwirtſchaftlichen Verwaltung, einſchl. der Zentralverwaltung
des Miniſteriums für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten.
A. Einnahmen.
B. Aus gaben.
Dauernde Ausgaben.
. i „ e e oE
2. Oberlandeskulturgericht
3, Generalkommiſſionen
4. Banktechniſche Reviſoren
5. Landwirtſchaſtl. Lehranſtalten und fonttige wien und Reheat
6. Tierärztliche Hochſchulen und a :
7. Förderung der Viehzucht.
8. Förderung der Fiſcheri
9. Landesmeliorationen, Moor-, Deich⸗ Ufer- und Dunenweſen
10. Allgemeine Ausgaben .
11106 967 M.
1991850 M.
169 670
13 358 145
32 700
5.060 403
6443 075
8815 000
589 687
4175 474
1805 069
Unter den unter 9 aufgeführten Ausgaben find a. enthalten, fur: zur Ausführung des Geſetzes betr. Schutzwal⸗
dungen und Waldgenoſſenſchaften, fowie Förderung der Wald: und Wieſenkultur überhaupt 195 000 M.,
ur Ausführung des Geſetzes vom 16. September 1899 betr. Schutzmaßregeln im Quellgebiete der links⸗ N
tigen Zuflüſſe der Oder in der Provinz Schleſien 15 000 M.
Unter 10 (Allgemeine Ausgaben) ſind zur Beobachtung der in den Flüſſen anne Waſſerſtände
und Meſſung der hierbei zum Abfluß gelangenden Waſſermengen jowie Feſtſtellung des tatſächlichen Ber-
laufs der Hochwaſſerwellen in den preußiſchen Stromgebieten 55 219 M. ausgeworfen.
Einmalige und außerordentliche Ausgaben
Hier find im Ganzen vorgefehen .
Hierunter find beſonders zu erwähnen:
Für Errichtung von ländlichen Stellen miltleren und kleineren ae A —
Grundſtücken
Zur Förderung der Land⸗ und Forſtwirlſchaft in 1 den weſtlichen Provinzen
Hierzu wird erläuternd bemerkt:
Den weſtlichen Provinzen ſollen, dem Bedürfnis entſprechend, wiederum die in
früheren Jahren überwieſenen Beträge zugewendet werden. Darnach ſollen verwendet werden
innerhalb der Rheinprovinz 420000 M., der Provinz Weſtfalen 205000 M., der Pro:
dinz Sachſen 120 000 M., der Provinz Hannover 110 000 M., der Provinz Heſſen⸗Naſſau
100 000 M., der Provinz Schleswig⸗Holſtein 40 000 M. und der Hohenzollernſchen Lande
20000 M. Die Zuwendungen ſollen wie bisher unter der Vorausſetzung wenigſtens
gleicher Leiſtungen der Provinzial⸗ oder Kommunalverbände und der gemeinſamen Verwen⸗
dung der Anteile des Staates und der beteiligten Verbände geleiſtet werden.
Zur Förderung der Land⸗ und Forſtwirtſchaft in den öſtlichen Provinzen
Zum Ausbau der hochwaſſergefährlichen Gebirgsflüſſe in der Provinz Schleſien
Zur Durchführung ves öffentlichen Wetterdienſtes 5
Zur Förderung der Kultivierung der Niederungsmoore durch Folgeeinrichtungen
Zur Förderung der Kultivierung und Beſiedelung von Oedländereien in der Provinz Hannover
Zur Förderung der Kultivierung in der Provinz Weftfalen . N oe ok
5639 740 M.
280 000 M.
1015 000
1252 000 M.
335 000
210 000
450 000
150 000
50 000
"n
n
n
(ad
1
5 Aus Baden. zur Klärung notwendige Beleuchtung aus dem Ge:
Gedanken über Uereinſachung und Einjparung dankenkreis eines Kameraldomänenbeamten im Februar:
in den badischen Honſt- und Domänenverwal- heft erhalten. Der Verfaſſer, Herr Geh. Finanzrat
tung. Reinach — es ſei mir geſtattet ihn der Kürze halber
Bon Forſtrat Könige, Heidelberg. in meinen weiteren Ausführungen mit R. zu bezeichnen
Mein Aufſatz im Oktoberheft hat die erwartete und | — glaubt mir eine ganze Reihe von Widerſprüchen, Un:
148
richtigkeiten Ungenauigkeiten und falſchen Schlüffen
nachweiſen zu können. Darauf muß ich erwidern.
In der Denkſchrift der badiſchen Regierung vom
Jahr 1912 über mögliche Vereinfachungen ſind alle
Zweige der Staatsverwaltung zu Wort und zu dem
einheitlichen Schlußergebnis gekommen, daß innerhalb
ihres Bereiches ſchon alles auf das Sparſamſte geord⸗
net ſei und weſentliche Vereinfachungen und Einſpar⸗
ungen nicht möglich wären. Die Oeffentlichkeit war
enttäuſcht und in vertrautem Einzelgeſpräch konnte
man auch von Beamtenkreiſen die Anſicht dahin äußern
hören, daß weſentliche Vereinfachungen und Einſpar⸗
ungen wohl durchgeführt werden könnten und ſollten,
merkwürdigerweiſe aber meiſt nur in Verwaltungs⸗
zweigen, denen der betreffende Beamte ſelbſt nicht an⸗
gehörte.
R. ſteht für die Kameraldomänenverwaltung heute
noch völlig auf dem Standpunkt von 1912, ja er zieht
ſogar die in jener Denkſchrift gemachten theoretiſchen
Zugeſtändniſſe zurück. Die Erfahrungen des Krieges
haben ſeine Anſicht in keiner Weiſe geändert. Bei
dieſer Verwaltung iſt alles aufs trefflichſte und ein⸗
fachſte geordnet. Sie iſt auch zu wichtig, um an ihr
zu ſparen. Die Nachbarin Forſtverwaltung, ja die
bietet eher ein Feld für Einſparung. Die öffentliche
Meinung aber hält mehr denn je an der Forderung
einer Vereinfachung und Verbilligung in allen Zweigen
der Verwaltung feſt, und der Erlaß des Königs von
Preußen gibt ihr entſchiedenen und entſcheidenden Aus⸗
druck. Meine Gedankengänge ruhen auf dieſem Boden.
Angeſichts der ſchweren Lage unſeres Vaterlandes und
der nahezu völligen Ergebnisloſigkeit der 1912er Er⸗
hebungen hielt ich mich für verpflichtet, meine Anſichten
in einer Fachzeitſchrift jenen Kreiſen zu unterbreiten,
die zur Prüfung der Frage fähig und berufen ſind,
niemand zulieb, niemand zuleid, lediglich ſachlich.
R.'s Einwände find teils allgemeiner, grundſätz⸗
licher Art, teils richten ſie ſich gegen meine rechneriſchen
Angaben und Grundlagen. Im Rahmen eines forſt⸗
lichen Fachblattes kann ich nicht auf alle Züge meines
Kritikers eingehen. Ich muß mich auf die hauptſäch⸗
lichſten Einwürfe beſchraͤnken, deren Klarlegung und
Erörterung für die Sache zum Nutzen und zu meiner
eigenen Rechtfertigung geboten iſt.
I.
R. lehnt die Vereinigung des Bezirksdienſtes der
Kameraldomänen⸗ mit der Forſtverwaltung und die
Zuſammenlegung der Domänenkaſſen mit den Finanz⸗
kaſſen grundſätzlich ab, weil:
1. Die Domänenämter neben ihren wirtſchaftlichen
Aufgaben auch ſolche von hervorragender agrarpolitiſcher
und volkswirtſchaftlicher Bedeutung und auch rechtlicher
Art hätten, zu deren guten Löſung die Vorbildung
und der weitere Geſichtskreis des Finanztechnikers eine
beſſere Gewähr gäbe als die des Forſtbeamten;
2. zwiſchen Forſtmann und Landwirtſchaft Gegen:
ſätze beſtünden, insbeſondere bei Ausſtockungs⸗ und
Jagdfragen;
3. die gewerblichen Betriebe — Staatsbrauerei,
Rebgut und Kellerei Meersburg — ſich nicht ein⸗
gliedern ließen;
4. die Uebertragung der ſelbſtändigen Kaſſen⸗ und
Rechnungsführung an mittlere Beamte bedenklich ſei;
5. durch die Vereinigung der Domänen: mit den
allgemeinen Finanzkaſſen eine vereinfachte und beſſert
Grundlage für das Geld: und Kreditweſen nicht ge
ſchaffen wären. |
Dem ift entgegen zu balten:
1. Auch der Staatsforſtbeamte hat neben feinen
rein forſttechniſchen Aufgaben ſolche ſtaats⸗ und volle
wirtſchaftlicher wie agrar- und ſozialpolitiſcher Art und
auf rechtlichem Gebiet teils gleichen, teils ganz ahnlichen
Charakters wie der Kameraldomänenverwalter zu loͤſen.
Nur umfaßt der Wirkungskreis der Forſtverwaltunz
an Staatseigentum das Ffache, an bewirtſchaftetem Gr: |
meindeeigentum (über 1300 Gemeinden) das 20fache
der Kameraldomänenverwaltung und an Wert der er⸗
wirtſchafteten Erzeugniſſe das 3 und fahe. Die Be:
amten einer Verwaltung von ſolcher Ausdehnung und
Vielſeitigkeit werden, wenn ſie ihrer Aufgabe gerecht
werden folen, an Fahigkeit in praktiſcher Behandlung
allgemeiner ſtaats⸗ und volkswirtſchaftlicher Fragen,
wie ſie bei der Bezirksverwaltung vorkommen, den
Kameraldomaͤnenbeamten nicht nachſtehen dürfen. Bur
Behandlung verwickelterer Rechtsfragen find auch für
Finanztechniker in der Rechtſprechung erfahrene Ju:
riſten unentbehrlich. Die Kriegszeit hat die Bedeutung
der Forſtwirtſchaft und die vielſeitige Verwendungs⸗
fähigeit der Forſtbeamten erwieſen. Unbeſtreitbar if,
daß die beſte Hochſchulbildung für alle Verwaltungs
beamte die Univerſität übermittelt. Deren Beſuch
ſteht den Forſtleuten ebenſo frei wie den Finan:
technikern. Wenn die badiſchen Forſtbeamten zu ihren
wie des Staates Nachteil bis jetzt von dieſer Freiheit
nicht vollen Gebrauch machen, ſondern den größeren
Teil ihrer Ausbildung an der forſtlichen Abteilung der
techniſchen Landeshochſchule nehmen, ſo beruht dies auf
der gleichen Urſache wie der Genuß des „Staatsbieres
ſeitens der Beſucher der badiſchen Bahnwirtſchaſten,
nämlich auf einem gelinden Druck der Regierung, denn
nur fo können diefe beiden ſtaatlichen Sondereinrich
tungen, wenn auch nur notdürftig lebensfähig bleiben.
Der Staat gibt aber auch Beamten mit weitaus be
deutenderem und vielſeitigerem volkswirtſchaſtlichen
Wirkungskreis als jenem der Rameralbomanenver
149
walter, wie Ingenieuren, Kultuttechnikern und Ge:
werbeauffihtsbeamten ihre Ausbildung an den tech⸗
niſchen Hochſchulen, alſo dürften, nach Anſicht der Re⸗
gierung, die dort zu gewinnenden allgemeinen Kennt⸗
niſſe auch für dieſen Bezirksdienſt als hinreichend
gelten.
2. Der angebliche Gegenſatz zwiſchen Forſtbeamten
und landwirtſchaftlichen Intereſſen iſt aufgebaut auf
einer meines Erachtens nicht ganz unbefangenen und
einſeitigen Anſchauung.
Warum ſoll der badiſche Forſtbeamte bodenwirt⸗
ſchaftlichen Fragen einſeitiger und kurzſichtiger gegen⸗
über ſtehen als der Finanzbeamte? Bewirtſchaftet er
doch über 1300 meiſt ländlichen Gemeinden ihre Wal⸗
dungen und gewinnt dadurch wie durch ſeinen fort⸗
währenden Verkehr mit dem Volk Einblick und Ver⸗
ſtändnis für die wirtſchaftlichen Verhältniſſe und Be⸗
dürfniſſe der Bevölkerung ſeines Bezirkes wie kaum
ein anderer. Die Grenzen zwiſchen Feld- und Waldbau
ſind von jeher flüſſig geweſen und können nicht nach
augenblicklich auftretenden Einzelanſprüchen, ſondern
nur im Hinblick auf das allgemeine dauernde Wohl
gezogen werden. Der Forſtbeamte kann allerdings an
die Frage der Verſchiebung dieſer Grenzen nur mit
der Vorſicht herantreten, die ihm ſeine Sachkenntnis
nach beiden Seiten, feit Verantwortlichkeitsgefühl und
ſeine Erfahrungen auferlegen. Handelt es ſich um
Staatsgelände, ſo wird die Sachlichkeit und die Aus⸗
ſcheidung jeder perſönlichen Empfindung bei ſolchen
Fragen um ſo mehr geſichert, wenn mit Verſchiebung
der Nutzungsart des Geländes nicht zugleich auch deſſen
Uebergang an eine andere Verwaltung verbunden iſt,
wie derzeit der Fall. Es kann nicht geleugnet werden,
daß bei der heutigen Ordnung Machtfragen die ſach⸗
liche Prüfung auf beiden Seiten erſchweren können,
da und dort wohl auch erſchwert haben.
Die jetzt ſo ziemlich abgeſchloſſene Erwerbungs⸗
und Aufforftungspolitil im Schwarzwald ſtand in ihren
Grundzügen ſtets unter der oberſten Leitung von Nicht⸗
Forſtbeamten. Wenn fie nicht überall vollen volks⸗
wirtſchaftlichen Erfolg hatte, indem ſie ortsweiſe eine
Verarmung größerer Landſtriche an Menſchen verur⸗
ſachte, ſo liegt dies nicht in der Schuld der Forſtver⸗
waltung. Die maßgebenden Nicht⸗Forſtleute waren
für Bewilligung der Mittel, die für eine Um⸗ und
Neufiedelung nötig geweſen wären, nicht zu gewinnen.
Die Jagd iſt ein Nebenbetrieb ſowohl der Land⸗
wie der Forſtwirtſchaft. Das Wild lebt und bringt
Schaden in Wald und Feld. Jäger und Jagdlieb⸗
haber gibt es unter Forſt⸗ und Landwirten. Letztere
ſind dabei in ganz erheblicher Ueberzahl. Amtlich hat
der Forſtbeamte mit der Jagd ſich nur zu befaſſen als
Bewirtſchafter der wenigen Domaͤnenjagden im Selbſt⸗
1917
betrieb und als Sachverſtändiger in Jagdſachen. Als
Jagdbetriebsleiter iſt es ſeine Dienſtpflicht, überall dort,
wo die Landeskultur in Wald und Feld durch über⸗
mäßigen Wildſtand Schaden leidet, den Wildſtand durch
Abſchuß jo zu ordnen, daß er unfchädlich wird. Auz-
drücklich zu dieſem Zweck wurde an Stelle der Ver⸗
pachtung die Selbſtbewirtſchaftung gewählt. Die Forſt⸗
beamten ſind dieſer ihrer Aufgabe pflichtmäßig voll
und ganz nachgekommen. Hier wie als Jagdſachver⸗
ſtändige haben ſie die Intereſſen der Bodenkultur ſo
gewahrt, daß ihnen in Jägerkreiſen und Jagdzeit⸗
ſchriften zwar nie die Anerkennung einer beſonderen
Berückſichtigung der Jagdintereſſen, wohl aber wieder⸗
holt heftige Vorwürfe wegen „Jagdfeindlichkeit“ ge⸗
macht wurden. Andererſeits allerdings verbietet es
dem Forſtmann Gewiſſenhaftigkeit und Sachkenntnis,
jede Klage eines Grundbeſitzers, Paͤchters oder Güter⸗
auſſehers über angeblichen Wildſchaden ohne eingehende
Prüfung als berechtigt anzuerkennen und zu vertreten.
3. Die beiden Gewerbebetriebe Brauerei und Kel⸗
lerei ſind Verluſtwirtſchaften, einerlei wie die Bewirt⸗
ſchaftung, und dürfen für große Organiſationsfragen
nicht ausſchlaggebend ſein. Ich halte mich weder für
berufen noch auch für fähig das Rätſel zu löſen, wie
weit dieſe Betriebe unter ſtaatlicher Leitung zu einem
wirtſchaftlichen Ertrag gebracht werden können. Auch
iſt hier dazu nicht der richtige Ort. Die Rebwirtſchaft
könnte vielleicht zur Errichtung der von der Land⸗
wirtſchaft längſt erſtrebten Rebbauſchule Verwendung
finden.
4. Durch die Uebertragung der Domänenkaſſen an
die Bezirksfinanzkaſſen findet keinerlei Selbſtändig⸗
machung von mittleren Beamten ſtatt. Die Vor⸗
ſtände der Finanzkaſſen ſind akademiſch gebildete Ober⸗
Finanzbeamte, und ihnen iſt vielfach auch noch ein
zweiter Oberbeamter zugeteilt. Dieſe genügen voll:
ſtändig auch zur Leitung der Domänenkaſſenabtei⸗
lungen.
5. Ich würde es einem ſeiner Aufgabe gewachſenen
Finanztechniker gegenüber für eine Anmaßung halten,
im einzelnen diejenigen Vereinfachungen für Zahlungs⸗
und Kreditweſen aufführen zu wollen, die ſich aus der
Kaſſenvereinheitlichung ergeben müſſen. Hier darüber
nur ſoviel: |
Die Finanzämter müſſen den beſten Einblick in
Vermögensverhältniſſe und Borgwürdigkeit aller Per:
ſonen innerhalb ihres Dienſtbezirkes haben, oder die
nötigen Grundlagen dazu auf die einfachſte Weiſe be⸗
ſchaffen können. Sie haben in jedem Ort einen Steuer⸗
einnehmer und damit eine Zahlſtelle und eine Ver⸗
trauensperſon. Sie verfügen über eine große Anzahl
von Steueraufſehern, die regelmäßig alle Orte beſuchen
und vorzügliche Auskunfts-, Vollzugs⸗ und Zuſtellungs⸗
20
—
beamte abgeben müſſen. All dies fehlt den Domänen:
aͤmtern. Der bargeldloſe Zahlungsverkehr und die
Heranziehung der Banken auch für den Bereich der
Staatskaſſen harren noch ihres völligen Ausbaues.
II.
Die gegen meine rechneriſchen Angaben erhobenen
Beanſtandungen ſind in der Hauptſache folgende:
1. Ich habe bei den Forſtaͤmtern den Gehalt der
Vorſtände um 500 Mk. und den Baumert der Dienſt⸗
gebäude um 20 000 Mk. niederer als bei den Domänen:
aͤmtern angegeben, während doch tatſächlich beide gleich,
ja die Forſtamtsgebäude fogar teilweiſe als Luxus⸗
bauten koſtſpieliger ſeien.
2. Die Angaben über den auf das ha Domänen⸗
wald fallenden Koſtenaufwand für die Bezirksverwal⸗
tung ſei unrichtig. Es fehle der Koſtenaufwand für
Rechnungs⸗ und Kaſſenführung, der bei der Domänen⸗
und Finanzverwaltung gebucht ſei, ferner müſſe für
Wohnungsaufwand anftatt des Wohnungsgeldes der
tatſächliche Gebäͤudeaufwand eingeſetzt werden.
3. Es ſei nicht einzuſehen, warum die 3 Wieſen⸗
Kulturmeiſter künftig überflüſſig werden ſollten.
4. Durch die Uebertragung der Kaſſe und der
Rechnung an die Finanzämter müßten dort beträcht⸗
liche Erweiterungen der Dienſtraͤume vorgenommen
werden. Dieſe Koſten ſeien ebenfalls nicht berück⸗
ſichtigt.
5. Erſtaunlich und nicht zu vereinbaren mit meinem
Beſtreben der Erſparung ſei, daß ich für die Be⸗
zirksverwaltung in ihrer künftigen Geſtaltung eine ganz
erhebliche den hung des Aufwandes für den äußeren
Dienſt fordere.
Darauf erwidere ich: |
1. Meine Angaben über Gehalt und Baukoſten⸗
aufwand ſind den Staatsvoranſchlägen entnommen,
deren Angaben wohl auch für R. maßgebend und ihm
bekannt ſein müſſen.
Nach dem Voranſchlag 1913/14 beträgt der Durch⸗
ſchnittsgehalt der 13 Domänenamtsvorſtände 5500 Mk.,
jener der 99 Forſtamtsvorſtände 5000 Mk. Anſangs⸗
und Endgehalt ſind zwar gleich, aber nicht die Ver⸗
teilung unter die einzelnen Gehaltsklaſſen. Die Forſt⸗
beamten find von der Gehaltsgemeinſchaft der übrigen
Beamten der Finanzverwaltung merkwürdigerweiſe
ausgeſchloſſen, daher der Unterſchied zu ihrem Nach⸗
teil.
In den Staatsvoranſchlägen von 189495 bis mit
1912/13 find an Neubauten für Dienftgebäude ent-
halten:
150
Forſtämter Domänenämter
Anzahl 22 4 (ein Doppelhaus als
zwei gerechnet)
Geforderte Bau⸗
ſummen i. G. 1088000 Mk. 365 000 Mk.
i. Einzelnen v. 25000-74000 Mk. 64000-103000 Mt.
mittl. Bauſumme 49 500 Mk. 91000 Mt
Mehraufwand für 1 Domänen⸗
amt im Mittel 41000 Ml.
Die Domaͤnenämter haben ein größeres Perſonal
und es wurden ihnen von jeher größere und mehr
Dienſträume bewilligt. Daher iſt auch bei ihnen
Grundriß und überbauter Raum, alſo auch die Bau⸗
ſumme größer. Der Vorwurf der Luxusbauten trift
nur für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum, der
in obigen Angaben enthalten iſt, zu, erſtreckt ſich aber
auf alle Verwaltungszweige und, wie die Nachweiſung
erſehen läßt, auch auf die Domänenämter. In den
80er Jahren, wo mit dem Bau der Forſthäuſer in
größerem Umfang begonnen wurde, ſchwankte der Bau:
aufwand für ein ſolches Gebäude zwiſchen 25 000 und
30 000 Mk.
2. Meine Angaben über den Verwaltungsaufwand
für 1 ha Wald find der von der Forſt⸗ und Domänen:
direktion herausgegebenen Forſtſtatiſtik des Jahres 1913
entnommen. Die von R. hervorgehobenen Mängel find
zutreffend und auch mir nicht entgangen, bleiben aber
auf das Endergebnis ohne Einfluß, weil fie durch dn
Fehler ausgeglichen werden, daß als Verteilungsſchlüſe“
für den Anteil der Domänen: und Gemeindewaldunge
eine erſtere viel zu ſchwer belaſtende Zahl angenommen
worden ift. Unterſtellt man das Vbha⸗Verhältnis, d. h.
1½ ha Gemeindewald — 1 ha Domänenwald, Ío
ergibt ſich folgende Berechnung:
Aufwand nach der Statifti€ .
dazu kommen:
a. Unterſchied zwiſchen wirklichem
Gebäudeaufwand u. Wohnungs⸗
geld 297 000 - 70 000
b. Aufwandsanteil für Kaſſe und
Rechnung nach R. . . 10000,
Wirklicher Aufwand ſomit 1 354 640 Rt
Davon Anteil der Forſtpolizei nach
amtlichem Schlüſſel 0,12 .
bleiben für 269 700 Vbha Domänen:
und Gemeindewaldungen 1192070 N.
das ift für 1 Vbha Domänenwald 4,42 Ml.
Legt man den Aufwand für Rechnung und Raft
ausſchließlich dem Domänenwald zur aft, fo iſt W
Ergebnis:
Verwaltungsaufwand ohne Kaſſe 1251640 N.
Davon Anteil für Forſtpolizei 0,12 1505
. 1027640 N.
227 000 .
162570.
gr, ed
7
151
Koſten für Domänen: und Ge⸗ ſturmpflichtigen Altersklaſſe über 45 Jahren, die 68
meindewaldungen . . 1104083 Mk. Köpfe zählt, 28 Mann = 41%. Ihr Leben haben
Das tft für den Vbha . . . . 4,10 Mk. im Kriegsdienſt gelaffen 14,4 % der Eingetretenen
Für den Domänenwald Kaſſenkoſten: und 17,7% der in's Feld gerückten.
100 000 Mk. auf 94 200 ha, auf 1 ha 106, Der Forſtverwaltung iſt es trotz dieſes gewaltigen
Verwaltungsaufwand mit Kaſſe ſomit 5,16 ME | Ausfalls von Beamten gelungen den Betrieb in der
Meine Angabe war abgerundet . 5,00 „ Heimat aufrecht zu halten und auch den durch die
3. Die Kulturmeifter find den Domänenämtern Kriegsverhältniſſe weſentlich erhöhten Anforderungen
nötig zum Entwurf und Vollzug wieſenbautechniſcher im Großen und Ganzen gerecht zu werden, ſoweit dies
Arbeiten. Die Forſtbeamten haben die dazu erforder: | mit der ebenſo zuſammengeſchmolzenen Arbeiterſchaft
lichen Fachkenntniſſe ſelbſt, oder können dieſe ſich leicht möglich war, allerdings in kriegsmäßiger Weiſe.
aneignen. Auch finden ſie außerhalb der Zeit des Es iſt Geſchmackſache aus dieſen Tatſachen die
forſtlichen Hochbetriebs Gelegenheit, dieje Arbeiten unter Hauplſchlußfolgerung zu ziehen, daß die Forſtverwal⸗
Heranziehung ihres dazu ebenfalls verwendbaren Forſt⸗ tung ſich beſſer zur Einſparung von Beamten eigne
perſonals auszuführen. Ich halte daher die Anſtellung als die Kameraldomänenverwaltung, über deren Jn-
beſonderer Kulturmeiſter künftig für entbehrlich. anſpruchnahme durch den Kriegsdienſt R. nichts ſagt.
4. Das Perſonal der betroffenen Finanzämter wird | IV
zur Bearbeitung der Domänenkaſſenangelegenheiten eine
Vermehrung von vielleicht je 2 bis höchſtens 3 Köpfen Endlich fragt R., wie es komme, daß im Geld⸗
erfahren. Wahrſcheinlich wird aber auch bei dieſen rohertrag die von Forſtbeamten bewirtſchafteten heſſi⸗
Stellen durch Einſparen da und dort ein Raum frei ſchen Kameralwieſen in den letzten 20 Jahren um
werden. Im übrigen werden fih die Beamten wohl 14 zurückgegangen, die bad. Kameralwieſen aber
überall, wenn nötig, an ein näheres Zuſammenrücken unter der Bewirtſchaftung von Finanzbeamten in den
gewöhnen müſſen. Koſtſpielige Erweiterungsbauten letzten 25 Jahren um 56% geſtiegen feien. Die
laffen fih daher ſicherlich vermeiden, wenn der ſtrenge Grundlagen zu dieſer in Frageform gekleideten fo
Wille dazu vorhanden iſt. kurzen und ſicheren Behauptung find weder mir noch
5. Die Grundbedingung für die Erfüllung der auch der heſſiſchen Verwaltung bekannt. Ihre Be:
hohen Anforderungen an die Leiſtungen des künftigen rechtigung und Beantwortung ergibt fih aus folgen:
Mufterforftamtes ift, wie ich ausdrücklich hervorgehoben der, auf amtlichen Angaben beruhenden Darſtellung
habe, neben dem Gehilfen eine ausgiebige Be- | („Die Kameraldomänen des Großherzogtums Baden
nützung des Kraftwagens. Damit ift ſelbſtverſtändlich im 19. Jahrhundert“ Karlsruhe 1906, Seite 148,
ein weſen tlich erhöhter Koſtenaufwand gegen bisher und Voranſchlag des Finanzminiſteriums 1914/15,
verbunden. R. fällt auch hier in den Fehler, einen Seite 87 für Baden; Denkſchrift über den Zuſtand
einzelnen Poſten aus dem ganzen Gefüge heraus zu der Domanialwieſen im Großherzogtum Heſſen und
nehmen und mit einem Poſten der alten Rechnung zu weitere amtliche Mitteilungen für Heſſen):
vergleichen. Es handelt ſich aber nicht um Einzelteile, Der Rohertrag des Hektar ſelbſtbewirtſchafteter
ſondern um die Schlußwirkung des Ganzen. Wieſen war:
Zeitabſchnitt in Baden in Heſſen
. III. 1885/1894 116 Mt. 101 Mt.
Nach R. „hat fih in der Kriegszeit gezeigt, daß 1904/1913 129 Mt. 95,5 Mk.
eine ganze Reihe von Forſtbezirken von benachbarten Veränderung in % + 13 — 4
Forſtämtern oder der Zentralſtelle mitverwaltet wer- (Angabe R. 's) (+ 56) (— 14)
den können“. Dies ift richtig, aber mit der notwen⸗ Flächen der Wieſen
digen und ſehr weſentlichen Einſchränkung: „zur drin⸗ 1885 6078 ha 3913 ha
gendſten Not in kriegsmäßiger Art“. Und ähnliche 1913 4635 ha 2180 ha
Wahrnehmungen gelten für alle Zweige der öffent⸗ Abnahme 1443 ha 1733 ha
lichen Verwaltung wie für das ganze wirtſchaftliche Die Flächen haben ſich ſomit in beiden Verwal⸗
Leben. Dieſer Zuſtand ift aber weder natürlich, noch | tungen ganz erheblich, in Baden um 240/0, in Heffen
vorteilhaft, noch auf die Dauer durchführbar. um 440/0 innerhalb der Vergleichszeit verringert.
Von den höheren Forſtbeamten ſind bei einem Stand Beiderſeits kamen durch Ankäufe neue, meiſt wohl ge:
von 182 Köpfen feit Kriegsbeginn in den Heeresdienft | ringwertigere Wieſen von ſogenannten „Waldgütern“
eingetreten 112 = 67 %, von den 99 Forſtamts⸗ hinzu, andere wurden durch Verkauf, Aufforſtung und
vorſtänden 44 — 44%, darunter aus der nichtland⸗ Verpachtung — in Baden auch durch Ueberweiſung
20%
— — . —— — zs
in den Waldverband als ſogenanntes Waldgut —
ausgeſchieden.
In Heſſen ſind ſchon ſeit dem Jahr 1875 die
Oberförſtereien an Stelle der aufgehobenen Rentämter
mit der Bewiriſchaftung der Kameraldomänen betraut.
Schon in den 80er Jahren begann man dort mit
einer großzügigen Verbeſſerung der früher vernach⸗
läſſigten Wieſen, insbeſondere durch Wäſſerungsein⸗
richtungen und namentlich auch durch Anwendung
von künſtlichem Dünger. Zu dieſem Zwecke wurde
auch eine große Anzahl bisher verpachteter Wieſen in
Selbſtbewirtſchaftung übernommen. Im Jahr 1907
ging man dann dazu über, die ſo hoch gebrachten
Wieſen wieder, ſoweit fie wirtſchaftlich vorteilhafter
unmittelbar an einen landwirtſchaftlichen Betrieb mit
Viehhaltung angegliedert werden konnten (Nutzbar⸗
machung von tieriſchem und pflanzlichem Dünger),
wieder an die inzwiſchen durch das Arariiche Beiſpiel
beſſer erzogenen Landwirte in Pacht zu geben. Dies
waren natürlich die hochwertigſten, ertragreichſten Wieſen
in landwirtſchaftlich dicht bevölkerten Gegenden und
in der Nähe der Ortſchafſten. Dauernd ſollten in
Selbſtbewirtſchaftung nur ſolche Wieſen bleiben, die
wegen ihrer Lage oder ſonſtiger Verhältniſſe Gefahr
liefen, bei Verpachtungen in ihrer wirtſchaftlichen Lei⸗
ſtung zurückzugehen. Eine Erhöhung der Leiſtungs⸗
fähigkeit ſolcher Wieſen bringt nicht immer zugleich
auch eine Erhöhung des Rohgeldertrages; in landwirt⸗
ſchaftlich weniger dicht bevölkerten Gegenden wird durch
die erhöhte Graserzeugung und das dadurch bedingte
erhöhte Grasangebot der Geldertrag ſogar herabge⸗
drückt. In Heſſen liegt ein anſehnlicher Teil der
noch ſelbſtbetriebenen Kameralwieſen in Gegenden mit
ſolchen Verhältniſſen. In Baden befindet ſich zur Zeit
die ganz überwiegende Flaͤche der ſelbſtbewirtſchaſteten
Wieſen in der landwirtſchaftlich dicht⸗ und überbevöl⸗
kerten Rheinebene. Ein Uebergang hocherträglicher
Wieſen aus der Selbſtbewirtſchaftung in Verpach⸗
tung it in Baden nicht Grundſatz, wohl aber eine
tunlichſte Ausſcheidung aller Wieſen mit geringerem
Geldertrag namentlich in Gebirgsgegenden aus dem
Selbſtbetrieb in Verpachtung.
Aus dieſen verſchieden gearteten Verhältniſſen und
Wirtſchaftsgrundſätzen findet der Unterſchied im Roh:
geldertrag zwiſchen den heſſ. und bad. Wieſen ſeine
natürliche Erklarung. Zum Schluß auf eine vergleids:
weiſe minderwertige Leiſtung der heſſiſchen Verwaltung
berechtigt er nicht.
Im Jahr 1895, alſo 20 Jahre nach Uebernahme
des Betriebs durch die Forſtverwaltung, wurde der
Zuſtand der heſſiſchen Kameralwieſen auf Wunſch der
Landſtände durch eine Kommiſſion, beſtehend aus dem
kulturtechniſchen Perſonal der oberen landwirtſchaft⸗
152
lichen Behörde, einer Unterſuchung unterzogen und
das Ergebnis den Landſtänden unterbreitet mit den
verlangten Verbeſſerungsvorſchlägen. In dieſer Dent:
ſchrift heißt es unter anderem: „Die Vorſchläge der
Kommiſſion deckten fih im Ganzen mit den wirtſchaft⸗
lichen Abſichten der Oberförſtereien. Wenn ſchon der
Geſamteindruck für die Kommiſſion ein günftiger war,
jo befanden fih einzelne Wieſen in muflergiltigen
Zuſtande. Faſt allenthalben hoben ſich die Domanial:
wieſen vorteilhaft von Privat: und Gemeindewieſen
ab, was bei der langjährigen, zielbewußten Bewitt⸗
ſchaftung nicht Wunder nehmen kann. Werden doch
die fiskaliſchen Wieſen ſeit rund 20 Jahren in ange⸗
meſſenen Zeitabſchnitten regelrecht mit Thomasmehl
und Kainit gedüngt. Die hierbei erzielten Erfolge
gaben den übrigen Grundbeſitzern vielfach erft die An:
regung zu gleihmäßigem Vorgehen. Wenn gleichwohl
die Erlöfe den geſteigerten Erträgen nicht entfpraden, .
fo lag das in den beſonderen Verhältniſſen (Mißver⸗
hältnis zwiſchen Angebot und Nachfrage wie oben ge:
ſchildert).
wurde mit der Beſſerung der Wieſen überall den
fortgefahren, wo die Reinerträge noch annehmd
waren.“
Auch die badiſche Kameraldomänenverwaltung wird
ein beſſeres Zeugnis von unbeteiligter ſachverſtändiger
Seite für ſich nicht beanſpruchen.
Als Ergänzung hierzu fei angeführt, was daz Er.
heſſ. Miniſterium der Finanzen, Abt. für Forſt⸗ und
Kameralverwaltung, am 16. April 1917 mir auf Ar
frage mitzuteilen die Güte hatte:
„Die Aufgabe, die Domanialwieſen muſtergültig zu
bewirtſchaſten, haben die Oberförſtereien ſehr gut ge:
löſt, und zwar mit dem Erfolg, daß Gemeinden und
Private dem Streben der Forſtverwaltung nacheiferten.
Während bei den Mitte der 90er Jahre auf Ver
langen der Ständekamwer ſtattgefundenen Ortsbefid:
tigungen die Domänenwieſen vorteilhaft von den Ge
meinde⸗ und Privatwieſen fih abhoben, verſchwand der
Unterſchied allmählich immer mehr, indem die Land:
wirte, durch das Vorgehen der Oberförſtereien angeregt,
das Verſäumte nachholten.
Wenn nach der Geldertragsüberſicht in den letzten
20 Jahren die Roherlöſe um 4% geſunken find gegen:
über dem Durchſchnitt der vorausgegangenen 17 Jaht,
jo hängt das, abgeſehen von dem vermehrten Futter
bau damit zuſammen, daß gerade die wertvollen
Wieſen in der Nähe der Ortſchaften aus eigener Ber
waltung in Zeitpacht übergingen.“
Jeder Vorſchlag über bedeutende Umſormung kann
zunächſt nur in großen Zügen geſtaltet werden und
wird einem eifrigen Nachprüfer aller Einzelheiten immer
Trotz Ausbleibens der klingenden Erfolge
153
Gelegenheit zu Einwürfen geben, namentlich wenn
ihm fachlich und perjönlich eine Neuordnung nicht er-
wünſcht erſcheint. Ich war auf eine ſolche Behand⸗
lung gefaßt, aber auch überzeugt, daß ich in der Lage
wäre, die Grundzüge meiner Ausführungen und Vor⸗
ſchlaͤge erfolgreich zu rechtfertigen. Ich glaube, dies iſt
mir gelungen. Was ich an Einwendungen hier nicht be⸗
handelt habe und nicht behandeln konnte, dreht
ſich um nebenſächliche Dinge, die für die Wirkung
des Ganzen von keiner ausſchlaggebenden Bedeu⸗
tung find. |
Man darf und muß ſich vor einem ſachverſtän⸗
digen Kreis über Organiſationsfragen ausſprechen
können, ohne daß man ſich von anderer beteiligter
Seite dem Vorwurf der Gefährdung des Burgfriedens
ausſetzt. Regierung und Volksvertretung verlangen
und erſtreben mit aller Entſchiedenheit eine von per⸗
ſönlichen Rückſichten völlig unbeeinflußte durchgreifende
Vereinfachung unſerer Staatseinrichtungen. Daß Ver⸗
waltungszweige und Beamtengruppen, die zu ihrer
Zeit ihre Aufgaben voll erfüllt haben, einer Verſchie⸗
bung ihrer bisherigen Arbeitsgebiete und ihrer Arbeits⸗
gewohnheiten mit Bedenken und innerem Widerſtreben
gegenüberſtehen, it menſchlich begreiflich. Staatsnot⸗
wendigkeit aber muß darüber hinwegkommen.
Woher ſollen die zur Durchführung dieſer Not⸗
wendigkeit berufenen Kreiſe klare Einficht in Sonder:
verhältniſſe und alle gebotenen Möglichkeiten gewinnen,
wenn ſolche Ausſprachen als eine Schädigung des vater:
ländiſchen Wohles gelten ſollen?
q
Notizen.
A. Jasdliche Mitteilungen aus Süddentſchlaud.
Für den Verkehr mit Wild und die Höchſtpreiſe hierfür
find ſeitens des Kriegsernährungsamtes Ende September v. J.
Vorſchriften erlaſſen worden, wobei die Preiſe eine anſehnliche
Erhöhung erfahren haben. Letzterer Maßnahme lag die Ab⸗
ficht zugrunde, das Wild mehr als ſeüher den größeren Städten
zuführen, weil bei den früheren, unter den allgemeinen Fleiſch⸗
preiſen verbliebenen Beträgen für Wild dieſes von den Jagd⸗
berechtigten im eigenen Haushalt verwendet oder an die ein⸗
geſeſſenen Bewohner abgegeben wurde. In den ſür das Reich
ergangenen Vorſchriften it den einzelnen Bundesſtaaten das
Recht vorbehalten, noch beſondere Anordnungen zu treffen. Ueber
die in dieſer Hinſicht von Bayern und Baden ergangenen Bee
ſtimmungen fet nachſtehend kurz berichtet.)
Bayern. Der gewerbsmäßige Handel mit Wild und
Geflügel bedarf einer beſonderen Erlaubnis der Bayer. Fleiſch⸗
berforgungsftelle, die regelmäßig nur an Perſonen erteilt wird,
welche dieſen Handel ſchon vor dem 1. Auguft 1914 betrieben
haben. Die Abgabe von Rots, Dame, Schwarz» und Rehwild
auch ſchenkungsweiſe ſowohl roh als in jeder Art der Zu⸗
bereitung darf nur gegen Fleiſchmarken oder Bezugſcheine er⸗
folgen. Markenfrei bleiben Gemſen, Hafen, Kaninchen, Wilds
geflügel ſowie der Wildaufbruch mit Herz und Leber, dann die
Wildköͤpfe. Die Wildbrel händler haben Über den Bezug und
die Art der Verwertung des abgeſetzten Wildes Vormerkung
zu führen, ebenſo die Wirte und ſonſtigen Gewerbireibende, die
Wild zubereitet abgeben. Die Jäger find berechtigt, von einer
Treibſagdſtrecke 10 vom Hundert, höchſtens aber 40 Stück
Haſen für den eigenen Bedarf zurückzubehalten Von dem Reſt
it ein Viertel dem Kommunalverband des Jagdgebietes oder
ber von dieſem bezeichneten Stelle anzubieten bezw. abzugeben
und ber weitere Reſt an die von der Fleiſchverſorgungs stelle
zugelaſſenen Wildbrethändler zu verabfolgen. Auf Antrag der
Jäger kann eine andere Art der Verteilung der Strecke durch
die Fleiſchverſorgungsſtelle zugelaſſen werden. Zwecks Ver⸗
ſorgung der Städte iſt die bemerkenswerte Beſtimmung ge⸗
) Auch in Gefen find ähnliche Beſtimmungen getroffen
worden. D. Red.
troffen, daß die Wildbrethändler die bezogene Strecke an be
ſonders bezeichnete Verſorgungsgebiete zu liefern haben. Es
ſind hier für die einzelnen Regierungsbezirke je 2 bis 5 größere
Städte benannt, an welche die Wildbrethändler die ihnen zu⸗
gefallenen Hafen zu überlaffen baben. Auch von dieſer Bore
ſchrift können durch die Fleiſchverſorgungsſtelle Ausnahmen
zugeſtanden werden. Markenfreies Wild und Geflügel dar
aus Bayern nur mit Genehmigung der Fleiſchverſorgungsſtelle
ausgeführt werden, welcher die Verſandpapiere mit einer Er⸗
klärung des Komm alverbandes des Ausfuhrortes vorzu⸗
legen ſind, daß das auszuführende Wild und Geflügel für den
Bezirk nicht beanſprucht wird. Die Ausfuhr iſt ſohin ziemlich
erſchwert. Mit verſchwindenden Ausnahmen ſind die vom
Kriegsernährungsamte feſtgeſetzten Höchſtpreiſe für Wild in
Bayern beibehalten worden. Erwähnenswert dürfte ſein, daß
auch für den zerlegten Haſen Einzelpreiſe beſtimmt wurden.
Ein Ziemer 2,20 Mk., beide Schlegel zuſammen 2,40 Mk.,
Ragout 1,20 Mk. Bemerkenswert iſt das von dem Stellvertr.
Generalkommando des I. und III. bayer. Armeekorps erlaſſene
Verbot, daß während des Krieges die Jagd und Fiſcherei durch
Ausländer, die nicht einem verbündeten Staat angehören, nicht
ausgeübt werden darf. Hierbei bleibt den durch das Verbot
betroffenen Ausländern frei geſtellt, ihre Befugnis durch ge⸗
eignete deuſche Staatsangehörige unter Beachtung der dafür vor-
geſchriebenen Formen ausüben zu laſſen. Es kommen hier u. A.
belgiſche und ſchweizer Jagdgeſellſchaſten in Betracht, die in
der bayer. Pfalz gut beſetzte Jagdbe irke zu hohen Preiſen ers
pachtet und ſeither alljährlich im Herbſte glänzende Treibjagden
veranftaltet haben. Mit Rückſicht auf den Krieg find zur auss
giebigen Verſorgung mit Wildbret und Minderung der Wild⸗
ſchäden die Schußzeiten für Rehböcke und Haſen um je 14 Tage
verlängert worden.
Baden. Die Jäger ſind verpflichtet, das auf ihrer Jagd
erlegte Rot-, Dam⸗, Schwarz⸗ und Rehwild ſowie Hafen und
Wildgeflügel, inſoweit fle ſolches nicht in ihrem eigenen Gaus-
halt verbrauchen, oder an Gaſtſchützen zum Verbrauche in deren
Haushalt abgeben, an den Kommunalverband des Jagbortes
oder ihres Wohnortes oder an zugelaſſene Wildbrethändler
gegen Entrichtung der für den Großhandel mit Wild feſtgeſetzten
154
Höchſtprelſe abzuliefern. Die Kommunalverbände dürfen die
Jäger hinſichtlich der Abgabe von Wild an die zugelaſſenen
Wildbrethändler wicht beſchränken. Mit Zuſtimmung des Koms
munal verbandes kann die Ablieferung auch an in der Nähe
des Jagdortes gelegene Wirtſchaften erfolgen. Ueber das emp⸗
fangene Rots, Dams, Schwarz- und Rehwild haben die Rom:
munalverbände Beſcheinigungen, die Wildbrethändler ſowie die
Inhaber von Wirtſchaften Fleiſchbezugsſcheine dem Jager and»
zuſtellen. Bei der Entnahme von Fleiſch von Rote, Dante,
Schwarz: und Rehwild zum Verbrauche im eigenen Haus⸗
halte, daun bei der Ueberlaſſung ſolchen Wildes an Gaſtſchützen
find die entſprechenden Fleiſchmarken abzugeben. Markenfrei
And Hafen, Kaninchen, Wildgeflügel, Aufbruch mit Herz und
Leber, auch Wildköpfe. Bei gemeinſamen Jagden darf der
Jäger für den eigenen Haushalt nur je zwei Haſen und für
jeden Gaſtſchützen nur je einen Haſen von der Strecke be⸗
halten. Ueber die Entnahme und Abgabe von Wild und Wild⸗
geflügel haben die Jäger eine⸗Aufſchreibung zu führen, welche
die für den eigenen Haushalt entnommenen, an die Gaſt⸗
ſchüͤtzen, die Kommunalverbände, die Wildbrethändler und Wirte
abgegebenen Mengen, die Namen der Empfänger und einen
Vermerk über eingezogene Fleiſchmarken und Bezugſcheine ent⸗
halten. Als Wildbrethändler find vom Bezirksamte auf Ans
ſuchen nur ſolche Gewerbtreibende zuzulaſſen, die bereits vor
dem 1. Mat 1916 in offenen Verkaufsflellen Wild gewerbs⸗
mäßig verabfolgt und fic) hierbei nicht als unzuverläſſig er⸗
wieſen haben. Die Höchſtpreiſe des Kriegsernährungsamtes
find vorbehalten. Für den zerlegten Hafen find beſtimmt: für
einen Ziemer 2,40 Mk., für einen Schlegel 1,40 Mk., für das
Ragout 1,10 Mk. |
B. Wer verbreitet die Miſtelbeeren.
Obwohl man ſchon bei den Römern wußte, daß die Miſtel⸗
droſſel die Miſtelbeeren verbreitet, iR man heute noch unfider,
welche Vögel ſonſt noch dem Genuß der Miſtelfrüchte huldigen;
ja man weiß nicht einmal, welche Droſſelarten außer dem
Miſtler das zu tun pflegen. Bei meinen Fütterungsverſuchen
fraß der Seldenſchwanz die Beeren ebenſo wie die Miſteldroſſel,
aber keine andere Droſſelart und auch ſonſt kein Vogel. Füt .
terungsverſuche mit Zimmervö zeln find jedoch nicht geeignet,
ſichern Aufſchluß zu erlangen. Alle Auskünfte, die man von
Forſtleuten und Jägern erhalten kann, beſchränken ſich auf
die Beobachtung, welche Vögel an Miſtelbüſchen geſehen wur⸗
den. Man kann ſich aber leicht überzeugen, daß manche Vögel
Beeren abpicken ohne fie zu freffen und daß andere an den
grünen Blättern zupfen. Wenn man alſo erfahren will, welche
Vögel wirklich Miſtelbeeren freſſen. muß man ihren Magen⸗
inhalte unterſuchen; man muß Vögel (Droſſelarten, Krähen
Elſtern, Eichelhäher, Wildtauben, Seidenſchwänze), die ſich
an Miſtelbüſchen zu tun machen, abſchießen und fih überzeugen,
ob ſie Miſtelbeeren im Magen oder Darm haben. Die bo⸗
taniſche Abteilung der K. Forſtlichen Verſuchsanſtalt in Mün⸗
chen, Amalienſtraße 52, wäre dankbar für die Mitteilung der
Unterſuchungsreſultate und würde bei etwaiger Zuſendung
der Tiere die Portokoſten vergüten.
Die Miſteln verſchwinden zumeiſt im Februar⸗März, doch
wären auch genaue Beobachtungen über die Zeit des Ab⸗
leerens der Beeren beim Frühlingszug der Droſſeln nach
Norden ſehr erwünſcht. Prof. von Tubeuf.
C. Fiſcherei in Talſperren.
Im Oktober⸗Heft 1911 wurde über die Fiſcherei in den
Talſperren auf Grund eines Vortrags des Geheimen Regie
rungsrats Eberts in Caſſel berichtet und darauf hingewieſen,
daß die Fiſche im allgemeinen in den Talſperren recht gut
gedeihen. Inzwiſchen find in dieſer Beziehung weitere Gr
fahrungen geſammelt worden, die zu einem gleichen Ergebnis
geführt haben.
Heute liegt ein weiterer Beweis für die Ergiebigkeit gweie
Talſperren, nämlich der Weißeritz⸗Talſperren, vor. Hierübe
folen nachſtehend einige Angaben gemacht werden, die vir
einem Vortrage entnehmen, den der Bewirtſchaſter dieser
Sperren, der Fiſchzüchter Rub. Linke in Tharandt, gelegt:
lich der Hauptverſammlung des Sächſiſchen Fifderetereins tn
Dresden in dieſem Jahre gehalten hat.
Hiernach fel das Wachstum der Fiſche in dieſen Sperren
ein hervorragend gutes. Wenn auch die erſtmalige Beſpar ung
in guter Pflege befindlichen Acker⸗ und Wieſenlandes und vor:
zügliches Beſatz material ein gutes Wachstum habe borausiehen
laſſen, fo fet es dem Berichterſtatter in feiner nunmehr 4%
jährigen fiſchereilichen Praxis noch nicht vorgekommen, ba
innerhalb eines Sommers einſommrige 10—12 cm lange
Regenbogenforellen bis zu 2 Pfund herangewachſer,
dreiſommrige Karpfen von 1½ Pfund im 4. Sommer bi
zu 7 Pfund ſchwer geworden ſeien und 50 gr beim Einſeze
im April wiegende Schleien bis Oktober ein Gewicht va
% Pfund erreicht hätten. Wenn auch diefe günſtigen Grge:
niffe auf die Dauer nicht blieben, fo forge die durch das foh
lende Waſſer entſtehende Trockenlegung größerer Geläånbefida
für dauernde Fruchtbarkeit des Bodens, beſonders, wenn ent
entſprechende Bearbeitung, Gründüngung und unter Umſtanden
mineraliſche Düngung nicht verſäumt werde.
Karpfen, Schleien und Karauſchen hätten in dn
Sperren reichlich Brut erzeugt; weitere Ausſetzung von Rarpia |
und Schleien fei daher nicht mehr erforderlich. |
Als unwillkommener Eindringling in eine der Sperr
habe ſich gleich im erſten Jahre (1914) der Barſch eingeftell
Da durch die Zuflüffe keine Barſche in die Sperre hätten komma |
tönnen, bliebe keine andere Erklärung, als daß die in große
Menge einfallenden wilden Enten die Barſche aus den in da :
Luftlinie nur 3 km entfernten Teichen bei Wendtfcy- Garlbdor
oder auch aus größerer Entfernung als Laich an ihren Ruder i
und am Gefieder eingeſchleppt hätten. |
|
Gin unliebſamer Galt fet ferner der Fiſchreiher. &
horſte in den anliegenden Wäldern.
Die als Futterfiſche für die Forellen eingefegten Grind:
linge vermehrten ſich gut.
Die Fiſche veränderten in den Talſperren ihre Leben
gewohnheiten. Beſonders auffallend ſei dies bei der Bad:
forelle. Während fle im Zuflußgebiete nur im Herbſt, von
Ende Oktober bis Mitte November, laidhe, begännen in der |
Sperren einzelne Forellen ſchon im September zu lalchen n
großer Teil bleibe feiner alten Laichzeit treu, und / derſelbn
lache erft vom Dezember bis in den April hinein. Det
Verſchiebung habe ihre Urſache in den Temperaturverhältniſſe |
des Sperrwaſſers. Auch ſuchten die Forellen nicht ale bal
fließende Waller zum Lalchen auf, zur Hälfte laichten fe I
4—5 m Waſſertiefe im Sperrbecken ſelbſt an den verſchleden e
Stellen, wo fle harten Untergrund fänden. Das fei nicht w.
wichtig, denn es fet ein großer Unterſchled, ob die Forda
bequem und in aller Gemütlichkeit in den wenigen Suflifa
gefangen werden könnten, oder ob man fle umftändlich sm
155
mühevoll an den verſchledenen zerfttent Uegenden Laichplätzen
aus der Tiefe heraufbefördern müſſe. l
Gerade die Beſchaffung beſter und geſunder Eier fet für
ihn die Haupttriebſeder zur Pachtung der Sperren geweſen und
nun müſſe er ſehen, daß der Plan des Fanges in unmittel⸗
barer Nähe der Zuflüſſe nur zum Teil ausgeführt wer den
konne.
Bet den Regenbogenforellen habe ſich keine Ler
änderung der Laichzeit bis jetzt herausgeſtellt; ſie laichten vor
wie nach im April und Mai.
Die Saiblinge würden nur vereinzelt gefangen; fie
wüchſen auch nicht fo gut, wie die Bach⸗ und Regenbogen⸗
forelen. Es ſcheine ihnen in den Sperren nicht zu gefallen.
Eine weitere in den Temperaturverl ältniſſen begründete
Veränderung zeigten die Schleien. Dieſe könnten in den
Seen bloß erſt im Juni und Juli in größeren Mengen ge⸗
fangen werden, in den Sperren beginne der Fang gleich nach
Verſchwinden des Eiſes in den erften warmen Tagen im März.
Dies komme daher, daß das Waſſer an den Ufern bei Sonnen⸗
ſchein und warmen Regen ſich erwärme und die Schleie aus
der kalten Tiefe emporlocke.
Der Fiſchfang in den Sperren erfordere einen fehr gee
wandten und intelligenten Fiſcher, der unverdroſſen und fleißig
die ſtets wechſelnden Aufenthaltsorte der Fiſche auffuche und
darnach feine Fanggeräte aufſtelle. Das Fiſchen mit dem
Zugnetz ſei wegen der auf dem Boden befindlichen Stöcke und
Steine unmöglich. Der Fang erfolge in den Hauptfangzeiten
April Mal und Oktober — Dezember mit Garnſäcken und Reuſen,
während der übrigen Zeit mit einwandigen Grundnetzen und
Stellneßzen aus feinem Garn von 36 mm Maſchenweite. Im
Winter gingen aber nur Forellen ins Garn, weil es die ein⸗
nigen Fiſche feien, die dann Nahrung ſuchten; im Sommer
würden mit 50 — 100 m langen und 10 m tiefen Schwimm⸗
netzen die Karpfen gefangen.
Auch mit der Angel könnten im Sommer bei leicht bes
wegtem Waſſer gute Fänge von Forellen gemacht werden.
Ein Entweichen der Fiſche durch das den Abfluß bildende
Turbinenrohr fet ganz vereinzelt, dagegen entwichen bei Hoch⸗
waſſer Fiſche in größeren Mengen durch den Ueberlauf.
Die Fiſcherei in den Talſperren ſei in fachkundiger Hand
zweifellos ein wertoolles Mittel, größere Mengen wohl
ſchmeckender, gutgenährter Fiſche auf den Markt zu bringen.
Wer einmal Talſperrenfiſche gegeſſen habe, wolle am liebſten
nur noch ſolche haben, weil ſie ſo hochfein im Geſchmack ſeien.
E.
D. Die Jagd und der Krieg.
Die Berliner tier ärztliche Wochenſchriſt ſchreibt in Nr. 40
von 1915 über „Jägermangel und Wildvermehrung“ folgendes:
„Wegen der Einziehung vieler Jäger hat ſich der Wildbeſtand
ſehr ſtark vermehrt, und es beſteht nicht nur die Gefahr, daß
die Tiere in den Saaten große. Verwüſtungen anrichten, auch
die Waldbäume dürften viel beſchädigt werden. In Friedens⸗
zeiten gab es in Deutſchland rund 600 000 Perſonen, die auf
die Jagd gehen; — ſomit wäre im Durchſchnitt bisher jeder
67. Deutſche ein Jäger geweſen —; 60 000 Perſonen, alfo
nicht ganz zehn Prozent der Bevölkerung ſind Forſt⸗ und Jagd⸗
beamte. Bei einem größeren Abſchuß würde auch für die Be⸗
völkerung mehr Fleiſch auf den Markt kommen. Vor dem
Kriege wurde das Fleiſchgewicht des in Deutſchland abge⸗
ſchoſſenen Wildes im Jahre auf rund 500 000 Zentner — offen⸗
bar eine viel zu nieder bemeſſene Ziffer — eingeſchätzt. Bez
einer regen Jagdtätigkeit wäre dieſe Menge bedeutend zu er⸗
höhen. Auch die Felle der Tiere könnten bei dem heutigen
Mangel an Rohmaterialien manche Lücke ausfüllen.“
Dieſe in dem tierärztlichen Fachblatt ausgeſprochene An⸗
ſchauung betrachtet die Jazd vom volkswirtſchaftlichen Stand:
punkte aus als eine Quelle für die Ernährung, ſowie als eine
notwendige Abwehrſtelle gegenüber den Schädigungen des
Wildes an Wald und Flur, zugleich aber auch als eine lukra⸗
tive Beſchäftigung für den Jagdbeſitzer in der Kriegszeit. In
Bezug anf Wildſchaden pflegen und zwar ganz beſonders in
heutiger Zeit von den Landwirten die Anſprüche oftmals über⸗
trieben zu werden und manche Schädigungen dem Wilde zur
Laſt gelegt zu werden, welche ſich bei genauerer Erforſchung
auf ganz andere Faktoren, kleineres Raubzeng, Mäuſe, Ratten,
auch Schnecken, Krähen, Raubvögel und namentlich wildernde
Hunde zurückführen laſſen; wenn ſolche z. B. zu mehreren eine
Ricke mit Kitz im ſtehenden Getreidefeld zielbewußt und aus⸗
dauernd verfolgen, ſpäter reißen, und durch herumlagernde
Knochen und Wildbretteile anderes Ungeziefer anrelzen.
Richtig i, daß das Raubzeug aller Art auch im Binnenlande
jetzt ſehr überhandnehmen wird. Naturſchutzdenkmäler für
manche feltener gewordene Raubtierſpezies oder Einführungen
von wertvolleren Fuchsarten, wie dies ſeinerzeit im bayeriſchen
Walde und an anderen Plätzen durch Rauchwarenfirmen ge⸗
ſchehen tft, können jetzt ausgeſchaltet werden. Im Gegenteil
ſollte, nachdem die Jagd auf Nutzwild faſt die ganze Tätigkeit
der zur Verfügung flebenden Nimrode in Anſpruch nimmt,
die Vertilgung von Raubzeug aller Art mehr als eine abſo⸗
lute Notwendigkeit in die breiten Schichten des Volkes, ganz
beſonders der Landbewohner, eindringen und die Erlegung bet
der weit vorgeſchrittenen Induſtrie jetzt mehr als ſonſt auf die
richtige und intenſive Verwendung der verſchiedenen Fang⸗
apparate ausgedehnt werden. So exiſtieren bereits Merkbüch⸗
lein zur Beſeitigung der Mäuſe⸗, Ratten» und Kaninchenplage.
Dieſe ſehr dankbare Bekämpfungsart iſt noch bedeutender Er⸗
weiterung fähig. Namentlich ift neben dem Krähengeftndel
auch die amerikaniſche Biſamratte, welche von Böhmen aus
immer weiter vordringt und infolge ihres geſicherten Terrains
bereits die erſten Verteidigungslinien durchbrechen konnte und
enormen Schaden auch bereits in den angrenzenden Staaten an⸗
richtet, nicht zu vergeſſen. Der Krieg kam dieſem Schädling
ganz beſonders zu ſtatten. — In den Schützengräben des
Weſtens fol die Mäuſe⸗ und namentlich die Rattenplage für
unſere Feldgrauen an manchen Plätzen geradezu unheimlich
fein. Man wendet bereits den Löſflerſchen Mäuſe⸗ und Typhus⸗
bazillus gegen biefelbe an. Es iſt dies auch begreiflich; dieſe
Nager finden wegen ihrer Kleinheit und Höhlenwohnungen
leicht Schutz vor den Geſchoſſen, wie vor der Detonation und
außerdem ſehr reichliche Nahrung auf den nicht abgeernteten
Fluren, wie auf den Schlachtfeldern. — Uebrigens könnten in
den Garniſonen auch Mannſchaften, namentlich nicht mehr
felddienſttaugliche, zum Abſchuß von Nutz⸗ wie Raubwild ver⸗
wendet werden. Es wäre dies für die Soldaten eine ſehr an⸗
genehme und nutzbringende Abwechslung. Hat fi doch bee
reits die Induſtrie unſerer invaliden Nimrode angenommen.
So ſoll auch den einäugigen, einarmigen und ſelbſt den ein⸗
füßigen Jägern durch Konſtruktion beſonder er Gläſer und Ge⸗
wehre, wie anderweitiger Vorrichtungen, die Ausübung des
Weidwerkes für die Zukunſt ermöglicht werden.
Die Jagd iſt Gemeingut der deutſchen Nation, derſelben
ſchon von den älteften Zeiten her als Nähr⸗ und Beſchäfti⸗
gungszweig eigen. Allein der Charakter iſt gegenüber früherer
156
Zeit und namentlich in jetziger Kriegszeit ein weſentlich anderer
geworden. Das Wildbret, alſo die Erlegung des Wildes
ſollte, nach der modernen Auffaſſung, in der Hauptſache dem
Sport vorbehalten ſein. Wildbret galt daher als ein Genuß⸗
mittel, und nicht als ein eigentliches Nahrungsmittel regulärer
Art, böchftens für die oberen Zehntauſend. Die gegenwärtigen
Fleiſchyreiſe überſteigen aber vielfach den Preis des Wild-
brets. Somit verdient jetzt das Wildbret eine andere Beurs
teilung für die Volksernährung als vor dem Kriege. Im
Jahre der großen Trockuung von 1893, wo an manchen
Plätzen Ochſenfleiſch erſter Qualität um 20 Pfg. pro Pfund
wegen des Futtermangels verkauft wurde, behielt das Wild⸗
bret ſeinen Preis ganz wie in den normalen Zeiten. Es iſt
dies auch erklärlich. Angebot und Nachfrage hielten ſich wie
fonft die Wage und die Nonſumenten fuchten und fanden im
Wildbret ihre Befriedigung. Der billige Fleiſchkonſum ver⸗
mochte nicht die Liebhaber des Wildbrets abzulenken. Auch
war keineswegs ein Ueberſchuß an Wild vorhanden. Die wirt⸗
ſchaftliche Notlage, wie fle bei der Haustiereernährung in die
Erſcheinung trat, kam beim Wilde nicht zum Ausdruck. Nun⸗
mehr hat unfer Wildbret auch die Rolle eines Nahrungs-
mittels zu übernehmen. Die meiſten der bisherigen Gour⸗
mands ſtehen wohl im Felde; die Fleiſchvorräte werden mit
der Dauer des Krieges immer kaapper. Soweit als nur irgend
möglich muß, namentlich für verwundete und kranke Krieger,
das Wild für die Volksernährung herangezogen und deſſen
zweckmäßigſte Zubereitung, woran es bisher oſt viel gefehlt
hat, immer mehr Verbreitung finden. Auch Dauerwaren aus
Wildbret müſſen jetzt mehr als ſonſt zur Geltung kommen.
Ganz beſonders ift es für Gefrierfleiſch geeignet. Dem Abs
ſchuß von Nutzwild und der gleichzeitigen tunlichſten Vertilgung
von Raubzeng kommt in volkswirtſchaftlicher Hinſicht jetzt die
größte Bedeutung zu. Nicht zu vergeſſen find aber auch die
menſchlichen Räuber, deren Weizen in der Kriegszeit ganz bes
ſonders blüht. Wenn mar bedenkt, daß Deutichland fährlih
durchſchnittlich rund 6 500 00) Stück Haarwild und 5500000
Federwild im Geſamtwert von etwa 27009000 Mk. durch den
Wildabſchuß erzielt hat, fo kann man fi daraus ein Bild
machen, was die Jagd auch für die Volksernährung zu leiſten
im Stande ift. Schließlich kaun, wie dies bisher auch ſchon
geſchehen tft, durch Erweiterung der Schußzeiten, Erleichterung
des Betriebes unter Umſtänden das Ergebnis noch bedeutend
geſteigert werden. Allerdings kann der finanzielle Ertrag and
durch die Marktlage wieder beeinträchtigt werden. Allein
diefe Frage ſpielt keine Rolle. Es würde nicht dem wad-
männiſchen Charakter des Deutſchen entſprechen, die wirtſchaſt⸗
liche Notlage für gewinnſüchtige Zwecke auszunützen, wie dis
jetzt leider bei anderen Sparten fo Häufig geſchieht. Die
deutſchen Jagdverhältniſſe erheiſchen ſomit die weitgehendſte
Fürſorge von Seiten der maßgebenden Stellen. Bemerkenz⸗
wert iſt, daß die Führung und Beförderung der Schußwaffen
in j⸗tziger Kriegszeit ſelbſt für die Jagdausübung eine be
fondere Vorſicht erheiſcht. Bekanntlich ift allen Perſonen dat
Tragen von Schußwaffen jeder Art ſtrengſtens bei Strafe ver
boten, ſofern fie nicht im Beſitze einer Jagdkarte find. Se
ließ in Nürnberg ein Fabrikant, der Jäger iſt, durch feinen
Ausgeher Gewehr und Rudiad zum Bahnhof bringen. Einen
Schutz mann kam dieſe Ausrüſtung bedenklich vor; der Nam
wurde auf die Wache gebracht und zur Vorzeigung der Jage
karte oder eines Waffenſcheines aufgefordert. Da er beidet
nicht konnte, wurde ihm das Jagdgewehr abgenommen und
nach Feſtſtellung feiner und feines Herrn Perſonalien wurde
er entlaſſen. Es wäre daher wünſchenswert. daß bei Vefir:
derung von ungeladenen Jagdgewehren, die von den Büchſer⸗
machern meiſt durch Lehrlinge, auf den Bahnhöfen durch Be
dienſtete ohne Jagdkarte und zwar unbeanſtandet geſchleht, die
Härte der Verordnung, Wegnahme der Waffen und Beſtrafunz
keine Anwendung finden möge. M. Reuter.
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Für die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Berſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenaner,
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inſerate verantwortlich: J. D. Sauerländer? Berlag
Berleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a M. — G. Otto Hofbuchdruckerei in Darmftadt
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Allgemeine
Herausaegeben
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Geh. Forftrat u. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft i. R. o. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft
i an ber Univerfität Gießen.
—
Dreiundneunzigfter Jabrgang.
1917. Juli.
Mit einem Bildnis.
Frankfurt am Main.
J. D. Sauerländer's Verlag.
—
wird halbjährlich mit Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhand⸗
lungen und Poſtanſtalten.
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Fort- und Jagd- Jritung
Dr. Karl Wimmenauer, und Dr. heinrich Weber,
Bap Die Allgemeine Forh- und Yagd-Britung erſcheint regelmäßig jeden Monat und
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Anzeigen. ==
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Großh. Sachi, Oberlandforſtmelſter und Direktor der Forltakademie zu Elſenach.
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- Grob-Oktap, Vill und 252 Seiten. l
Preis: broich. Mk. 5.—, gebunden Mk. 5.80.
Das Erſcheinen der fünften Auflage legt am beiten Zeugnis ab pon der allieitigen Anerkennung, die
das Werk durch die prägnante und klare Daritellung des Stoffes und durch feine mehr popularifierende und
auf Bervorhebung der praktiichen Gelichispunkte abzielende Richtung in Fachkreilen gefunden hat.
Dieie neue Auflage, deren Durchlicht auf ausdrücklichen Wunich des veritorbenen Verfallers Berr Prol.
Dr. Bausrath jin Karlsruhe bereitwilligit übernommen hat, hat wieder einige Ergänzungen erfahren, -fowell
ſolche durch die neueren Ericheinungen auf den bezüglichen Gebieten bedingt wurden.
Frankfurt a. M. J. d. Sauerländer's Verlag.
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Allgemeine
fort umd 3agd-3eitung,
Juli 1917.
Berſuch einer neuen Grundlegung der
Torſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft.
Von Heinrich Weber, Croßh. Hell. Forſtaſſeſſor.
Die genaue Beſtimmung und Abgrenzung ihres
Gegenſtandes iſt eine der wichtigſten Aufgaben einer
jeden Wiſſenſchaft. Der Einzelforſcher kann nur dann
Erſprießliches leiſten, wenn ihm das Ziel und die
Grenzen feiner Wiſſenſchaft klar und deutlich vor
Augen ſtehen. Ohne die Oberleitung dieſes führenden
Prinzipes wird ſeine Arbeit nie vor Bet: und Kraft⸗
vergeudung ſicher fein.
Man unterſcheidet die hiſtoriſche von der rein
logiſchen Grundlegung. Dieſe leitet den Begriff einer
Wiſſenſchaft ab, indem ſie den hypothetiſchen Sammel⸗
begriff, von dem ſie ausgeht, in ſeine Elemente zerlegt
und nach deren Definition durch ihre Zuſammenſetzung
das Weſen des Sammelbegriffs zu erſchließen verſucht.
Jene dagegen ſucht alle in der Literaturgeſchichte der
betreffenden Wiſſenſchaft vorkommenden begrifflichen
Faſſungen des in Frage kommenden Wiſſenskomplexes
zu ermitteln und deſſen wahre Bedeutung aus der
vergleichenden Betrachtung all dieſer nebeneinander ge⸗
ſtellten Anwendungen zu erklaren.
Beide Methoden der Grundlegung bedingen ſich
indes gegenſeitig. Denn die hiſtoriſche Grundlegung
geht ja bei ihrer Unterſuchung aller vorhandenen An⸗
wendungen immer ſchon von einem beſtimmten a priori
feſtgeſtellten Begriffe aus. Auf der anderen Seite iſt
das „hypothetiſche Bild“, das die logiſche Grundlegung
zum Ausgangspunkte nimmt, immer ſchon ein, wenn
auch mehr oder weniger unbewußtes, Produkt hiſto⸗
riſcher Erwägungen. Einſeitig iſt ſowohl die rein
logiſche als auch die rein hiſtoriſche Grundlegung.
Beide müſſen ſich einander ergänzen.
Dies gilt auch für die Grundlegung unſerer
Wiſſenſchaft. Für eine hiſtoriſche Grundlegung der⸗
ſelben fehlt es aber bis heute noch an den notwenigen
Unterlagen und Vorarbeiten. Seit den Anfängen einer
forſtwirtſchafts⸗wiſſenſchaftlichen Literatur ift ſchon
manches über das Weſen der Forſtwirtſchaftswiſſen⸗
1917
ſchaft geſchrieben worden. Es iſt aber zerſtreut in
vielen Schriften, die kaum jemand lieſt, und könnte
nur dann wieder lebendige Wirkungskraft erlangen,
wenn es in ſyſtematiſcher Gebundenheit auf die Gegen⸗
wart hinübergerettet würde, d. h. wenn man eine Ge⸗
ſchichte davon ſchreiben wollte. Ein ſorgfältiges Durch⸗
ſieben unſerer älteren Literatur iſt ſchon deshalb von⸗
nöten, weil ſich bei der immer intenſiver werdenden
Weiterarbeit allmählich eine ſolche Ueberfülle von Reich⸗
tümern anhäufen würde, daß wir mit der Zeit darin
erſticken müßten. Die wertvollen Gedanken der Alten
bleiben tot und fallen allmählich ganz der Vergeſſen⸗
heit anheim, wenn wir ſie uns nicht immer wieder
von Neuem erringen und ans Licht ziehen und in Be⸗
ziehung ſetzen zum Lebendigen und Werdenden.
Auguſt Bernhardt hat uns zwar in ſeinem
bekannten hiſtoriſchen Werke auch eine glaͤnzende Dar⸗
ſtellung der Geſchichte unſerer Wiſſenſchaft gegeben, ſeit
ihm aber iſt dieſer Spezialteil der „Geſchichte der
Forſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft“ nicht mehr ſonderlich ge⸗
fördert worden. Eine Entwicklungsgeſchichte der „Forſt⸗
wirtſchaftsphiloſophie“ im Beſonderen gibt Bernhardt
in Bd. II § 18, 22 und 42 und in Bd. III § 25,
allerdings nur in kurzen Umriſſen. Nach ihm hat
man mehr die anderen Teile der ſog. „Forſtgeſchichte“
ausgebaut, der Geſchichte dieſer wichtigen Sonder⸗
disziplin aber nicht die geringſte Beachtung mehr
geſchenkt. Schwappach hat dieſe Seite der Forſt⸗
geſchichte in ſeinem ſonſt ſo verdienſtvollen „Handbuch
der Forſt⸗ und Jagdgeſchichte Deutſchlands“ leider
garnicht berückſichtigt. Eine umfaſſende Darſtellung
der Forſtwirtſchaftsphiloſophie auch in ihrer hiſtoriſchen
Entwicklung iſt von nicht zu unterſchätzender Bedeutung.
Hier harrt noch ein weites Feld der Bearbeitung.
Ohne die Grundlage einer ſolchen Entwickelungs⸗
geſchichte ift eine hiſtoriſche Grundlegung unſerer Wiſſen⸗
ſchaft ſchlechterdings unmöglich. Auch ich muß mich
hier, da ich in meinem Studium der hiſtoriſchen Ent⸗
wicklung der Forſtwirtſchaftsphiloſophie bis jetzt noch
nicht zu einem abſchließenden Ergebnis gelangt bin,
auf eine logiſche Grundlegung beſchränken.
; 21
158
Zum Ausgangspunkt für meine grundlegenden
Erörterungen nehme ich nicht den Ausdruck „Forſt⸗
wiſſenſchaft“, mit dem man bisher unrichtiger⸗
weiſe unſer Wiſſengefüge faft allgemein bezeichnet hat,
ſondern das „Hypothetiſche Bild“: „Forſtwirt⸗
ſchafts⸗Wiſſenſchaft“. Der Gegenſtand
unſerer Wiſſenſchaft — das muß hier vor⸗
greifend erwähnt werden — iſt nämlich nicht der
„Forſt“, der „Wald“, ſondern die „Jorſtwirt⸗
ſchaft“. Deshalb kann auch nur die Bezeichnung
„Forſtwirtſchafts-Wiſſenſchaft“ dem in
Frage kommenden Wiſſensinhalt vollauf gerecht wer⸗
den. Es iſt an der Zeit, daß wir den Ausdruck
„Forſt⸗Wiſſenſchaft“, dieſe Eierſchale einer überwun⸗
denen Anſicht, endlich einmal von uns abſchütteln.
Denn es gilt, nicht nur den Begriff unſerer Wiſſen⸗
ſchaft klar und ſcharf zu umreißen, wir müſſen ihm
auch einen, ſeinem Sinn und Weſen durchaus ent⸗
ſprechenden, Namen geben. Es ware überhaupt im
Intereſſe der Weiterentwicklung unſerer Wiſſenſchaft
ſehr angebracht, wenn wir etwas mehr Wert auf die
Richtigkeit und Prägnanz der Begriffsbezeichnungen
legen würden. Der laxen Auffaſſung, daß es „auf
den Titel nicht ankomme“ kann nicht genug energiſch
entgegengetreten werden. (Siehe Trebeljahr „Revier⸗
förſter als Oberförſterſtellvertreter“, Abh. in der „Sil⸗
va“ Jahrg. 1916, Nr. 40, Seite 214, 2. Spalte.)
In dem hpypothetiſchen Bilde: „Forſtwirt⸗
ſchafts⸗Wiſſenſchaft“ find die Begriffe: „Wiſ⸗
ſenſchaft“ und „Forſtwirtſchaft“ enthalten.
Daraus ergibt ſich der logiſche Weg der Ableitung
des Begriffes „Forſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft?: Man
erläutert die Begriffe „Wiſſenſchaft“ und „Forſtwirt⸗
ſchaft“ und erhält durch Zuſammenfügen dieſer Zeil:
begriffe eine Definition für den Sammelbegriff. Mit
anderen Worten: Man muß ſich klar werden über
den Begriff der Wiſſenſchaft im allgemeinen einerſeits
und den beſonderen Gegenſtand unſerer zu begründen⸗
den Wiſſenſchaft andererſeits. Aus dem Zuſammen⸗
halten dieſer beiden reſultiert dann ohne weiteres die
dadurch bedingte Art des beſonderen Charakters unſerer
Wiſſenſchaft. Solange die beiden Grundbegriffe: „Wiſ⸗
ſenſchaft im allgemeinen“ und „Gegenſtand des frag:
lichen Wiſſenskomplexes“ noch nicht feſtſtehen, iſt es
ein müßiges und erfolgloſes Beginnen, über das Weſen
unſerer Wiſſenſchaft Erwägungen anzuſtellen. Je nach
der verſchiedenen Stellungnahme zu dieſen beiden
Grundbegriffen ergeben ſich naturgemäß auch ganz
verſchiedene Arten der Grundlegung unſerer Wiſſen⸗
ſchaft. Hier liegen auch die Wurzeln der zwiſchen
Wappes und mir beſtehenden Meinungsverſchiedenheiten
über diefes bedeutſame Problem.
I. Was it „Wiſſeuſchaft im allgemeinen“?
Von den Autoren, die in neueſter Zeit über die
Grundlegung unſerer Wiſſenſchaſt geſchrieben haben,
hat nur Wappes eine genaue Definition dieſes All⸗
gemeinbegriffes zu geben verſucht. „Wiſſenſchaft ent:
ſteht“, nach ihm dann, „wenn Erſcheinungen realer
oder idealer Natur nach ihrem kauſalen Zuſammen⸗
hang erforſcht und begrifflich erfaßt werden“. In
meiner kritiſchen Würdigung der Wappesſchen Grund⸗
legung unſerer Wiſſenſchaft habe ich ſchon darauf hin:
gewieſen, daß der Begriff der „Wiſſenſchaft“, der aus
dieſer Entftehungserllärung derſelben reſultiert, m. E.
zu eng gefaßt iſt. Er läßt keinen Raum für die auf
der Grundlage der Ethik baſierten Willens⸗
oder Gemeinſchaſts⸗Wiſſenſchaften, die
den Charakter von praktiſchen oder Norm⸗Wiſ⸗
ſenſchaften haben. Dieſe läßt Wappes nicht als
Wiſſenſchaften gelten. Er erkennt nur die „dem reinen
Erkenntnisbedürfnis dienenden“, von den Prinzipien
der Logik geleiteten Wiſſenskomplexe als Willen:
ſchaften an. Es dürfte jedoch nicht gerechtfertigt fein,
den Ausdruck „Wiſſenſchaft“ ausſchließlich für dieſes,
taufale Zuſammenhaͤnge beſchaulich betrachtende, Wi:
ſensgefüge zu reſervieren. Die Willenswiſſenſchaften
verdienen genau fo gut den Namen „Wiſſenſchaften“.
Sie find indes auf dem Zweckbegriffe und den Prin:
zipien der Ethik begründet und laſſen ſich nicht ein⸗
ordnen in einen Wiſſenſchaftsbegriff, der ſeinen Inhalt
nur von der Logik erhält.
Wer den Willenswiſſenſchaften und damit auch der
„Forſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft“ — denn dieſe iſt m. E.
eine Willenswiſſenſchaſt — den Anſpruch auf den Titel
„Wiſſenſchaft“ zuerkennt, der kann ſich mit einer fo
engen Begrenzung des Begriffes „Wiſſenſchaſt“ nicht
zufrieden geben. Ich verſtehe mit Erdmann und
Meſſer unter „Wiſſenſchaft“ ganz allgemein:
„Einen wohlgeordneten Inbegriff von
zuſammenhängenden wahren und (foweil
die Bedingungen dazu fehlen) wahr:
ſcheinlichen Urteilen über die Gegen:
ſtände des Denkens und von Unterſuch⸗
ungen, die zu ſolchen Urteilen führen.
Die Wiſſenſchaft in ſolchem Sinne iſt viel allgemeiner
und umfaſſender und hat auch noch Raum für die
Willenswiſſenſchaften. Einen anderen Vorzug dieſer
Definition der „Wiſſenſchaft im allgemeinen“ aber er:
blicke ich darin, daß ſie ſo nachdrücklich betont, daß
auch alle Unterſuchungen, die zu den Urteilen einer
Wiſſenſchaft führen, zu dieſer felbft rechnen. Deel
Mithereinbeziehungen aller Vorunterſuchungen einer
Wiſſenſchaft in diefe ſelbſt, wie fie die Erdmann 'ſche
Definition vorſieht, ift gerade für den Aufbau unfe:
—
— =
—
159
rer Wiſſenſchaft von großer Bedeutung. Davon wird
ſpäter noch ausführlicher die Rede ſein.
Jetzt gilt es erſt einmal den Gegenſtand unſerer
Wiſſenſchaft feſtzulegen und zu definieren. Denn neben
der Fixierung des Begriffes „Wiſſenſchaft“ heiſcht die
Grundlegung unſerer Wiſſenſchaft auch eine genaue
Beſtimmung ihres Objektes, als das ſchon oben die „Forſt⸗
wiriſchaft“ bezeichnet wurde. Nicht der „Forſt“, der
„Wald“, ſondern die „Forſtwirtſchaft“ bildet den
Gegenſtand unſerer Wiſſenſchaft. Das hat ſchon
Widenmann in ſeinem geiſtvollen Schriftchen
„Ueber den Zweck und Begriff der Forſtwirtſchaft“
klar und deutlich entwickelt. Deshalb iſt es unbegreif⸗
lich, wie heute noch Zweifel über dieſen Punkt beſtehen
können. Aber ſie beſtehen tatſächlich noch, und wir
müſſen Wappes großen Dank wiſſen für ſeine ener⸗
giſche Bekämpfung der falſchen Auffaſſung, die dadurch
hoffentlich endgiltig aus der Welt geſchafft worden iſt.
Aber von einer anderen Seite her droht Gefahr.
Katzer!) hat in einer kritiſchen Beſprechung der
Wappesſchen „Syſtematik“ die Behauptung aufgeſtellt,
unſere Wiſſenſchaft habe zwei Objekte, einmal die
„Forſtwirtſchaft“ und dann den „Wald“. Die Forſt⸗
wirtſchaft ſelbſt aber habe zum Gegenſtand wiederum den
„Wald“. In einer Kritik der Katzerſchen Aeußerungen
habe ich auf die Unhaltbarkeit dieſer Auffaſſung hin⸗
gewieſen. Zum erſten iſt es — angenommen, daß
unſere Wiſſenſchaft zwei Objekte haben könne — ganz
undenkbar, daß der eine von den zwei Gegenſtänden
(nämlich die „Forſtwirtſchaft“) den anderen Gegenſtand
dieſer Wiſſenſchaft (nämlich den „Wald“) wieder ſelbſt
zum Gegenſtand haben könne. Zum zweiten aber ifl
eine Wiſſenſchaft mit zwei Objekten ein Nonſens.
Denn ſobald man von dem „Objekt einer Wiſſen⸗
ſchaft“ redet, meint man damit den einen Ober⸗
begriff, der alle Einzelurteile und Begriffe zu der
großen Einheit zuſammenſchweißt, die eben Wiſſen⸗
ſchaft genannt wird.
Alſo das ſteht feſt: unſere Wiſſenſchaft hat weder
zum Objekt den „Wald“, noch hat ſie zwei Objekte
(„Wald“ und „Forſtwirtſchaft“).
Eine Willenswiſſenſchaft kann ja auch unmöglich
ein „Sein“ zum Objekt haben. „Im Wollen iſt die
Handlung der Inhalt und das Ziel“. Und das
„Sein“ (in unſerem Falle der „Wald“) „ift nichts
als das Mittel, die Handlung zu erzeugen und zu
Stande zu bringen.“ Gegenſtand iſt hier nur aus⸗
ſchließlich die Handlung. Und nur die Handlung iſt
hier die Aufgabe. (Cohen, Ethik S. 175. 177.)
Ein „Handeln“ iſt auch Gegenſtand unſerer Wiſſen⸗
1) Silva 1913 Nr. 14. 16 und 23,
ſchaft, und dieſes „Handeln“ iſt eben die „Forſtwirt⸗
ſchaft“.
II. Was iſt „Forſtwirtſchaft“ als Gegenftand unferer
Wiſſenſchaft?
Die „Forſtwirtſchaft“ iſt eine „Privatwirtſchaft“.
Dieſer Begriff wird oft zu Unrecht wieder als Teilbegriff
des Begriffes „Wirtſchaft im allgemeinen“ angeſehen. So
geht Marſhall, auf deſſen Definition der „Wirt⸗
ſchaft“ Wappes ſeine Begriffsbeſtimmung der „Forſt⸗
wirtſchaft“ bafiert, bei der Begründung der Volks⸗
wirtſchaftslehre von der wirtſchaftlichen Tätigkeit der.
Menſchen aus und zerfällt dieſe wieder in die Tätig⸗
keit des Einzelnen und die der Geſellſchaft. Und wie
mit den „Gegenſtänden“ ſo iſt man mit ihren Wiſſen⸗
ſchaften verfahren. So ſagt Katzer („Silva“ Jahr⸗
gang 1913, Nr. 23, Seite 266 „Beiträge zur Syſte⸗
matik der Forſtwiſſenſchaft“) von der allgemeinen
„Privatwirtſchaftslehre“, daß ſie zuſammen mit der
„Volkswirtſchaftslehre“ die „allgemeine Wirtſchafts⸗
lehre“ ausmache. Mit Recht bekämpft Stammler
in ſeinem bekannten Werke „Wirtſchaft und Recht“
dieſe Begründungsart der Volkswirtſchaftslehre auf
einer „Wirtſchaft in abstracto”. Nach ihm
gibt es einen ſolchen einheitlichen Oberbegriff nicht.
Man erhält ihn nach ſeiner Anſicht „auch nicht durch
das neuerdings von Adolf Wagner beſonders ſtark
betonte öfonomifhe Prinzip“. Es ift unmög⸗
lich „die Lebensfriſtung und Bedürfnisbefriedigung des
gänzlich iſoliert gedachten Menſchen, als ſog. Einzel⸗
wirtſchaft, mit dem geregelten Zuſammenwirken von
Menſchen, als der Sozialwirtſchaft, unter einem ein⸗
heitlichen oberen Begriffe, der „Wirtſchaft in abstracto“
zuſammen zu nehmen und jene beiden nur als un⸗
mittelbare Unterabteilungen eines und desſelben Ob⸗
jektes zu faſſen.“ Wir haben vielmehr „zwei ver⸗
ſchiedene Einheiten und zwei der Art nach getrennte
Gegenſtände. Die Begriffe von beiden ſind im Ganzen
wie in der Einzelforſchung qualitativ unterſchieden,
ſtehen unter getrennten Erkenntnisbedingungen; wie
ſollte es da einheitliche Lehrſätze geben, die allgemein für
beide Geltung hätten und dann in den getrennten Unter-
klaſſen nur Einzelmodifikationen aufweiſen würden?“
Die ſoziale Wirtſchaft iſt nach Stammler „das
unter äußeren Regeln ſtehende, auf Befriedigung irgend
welcher menſchlicher Bedürfniſſe gerichtete Zuſammen⸗
wirken“. Alles ſoziale Leben der Menſchen iſt als
Einheit aufzufaſſen, „und der Gedanke an dieſe ein⸗
heitliche Zuſammengehörigkeit aller Einzeläußerungen
des geſellſchaftlichen Menſchendaſeins“ muß „das erſte
Prinzip für die wiſſenſchaftliche Durchforſchung und
Erkenntnis desſelben ſein“. Der Gegenſtand der So⸗
zialwiſſenſchaft, das ſoziale Leben, iſt ſeinem Begriffe
21*
160
nach nichts anderes, als das „durch äußerlich verbin⸗
dende Normen geregelte Zuſammenleben von Menſchen“,
deſſen „Materie“ die Wirtſchaft, deſſen „Form“ das
Recht bildet. Die Sozialwiſſenſchaft kann nicht in
einer naturwiſſenſchaftlichen Deſkription der Technik
von . . . . Einzelwirtſchaften und in einer mechaniſchen
Addition derſelben beſtehen; denn vom Standpunkt der
ſozialwiſſenſchaftlichen Unterſuchung der Wirtſchaft zu⸗
ſammenlebender Menſchen gibt es jene ſupponierten
Einzelwirtſchaften überhaupt nicht mehr. „Eine andere
Bewandtnis, als mit der iſolierten Einzelwirtſchaft des
gaͤnzlichen Einſiedlers, hat es mit den Privatwirt⸗
ſchaften von Rechtsgenoſſen“.
Auch die „Forſtwirtſchaft“ it mit tauſend
Fäden an das geſamte menſchliche Kulturleben und
beſonders an alle anderen Erwerbszweige gebunden.
Auch fie darf nicht als ifolierte Einzelwirtſchaft,
nicht als die Tätigkeit eines aus dem übrigen
menſchlichen Geſellſchaftszuſammenhang herausſezierten
„homo foresticus“ betrachtet, fie muß vielmehr als
eine „Privatwirtſchaft von Rechtsgenoſſen“ angeſehen
werden.
Wenn wir die „Forſtwirtſchaft“ als eine „Privat⸗
wirtſchaft“ und damit die „Forſtwirtſchafts⸗Wiſſen⸗
ſchaft“ als eine „Privatwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft“ be⸗
zeichnen, dann ſchalten wir damit die „Forſtwirtſchafts⸗
Politik“, die ſich auf die volkswirtſchaftliche Förderung
und Pflege der Forſtwirtſchaft durch den Staat und
ſeine Geſetzeseinrichtungen bezieht, von vornherein aus
dem Rahmen unſerer Wiſſenſchaft aus. Früher glaubte
man allgemein, daß ohne die Hereinbeziehung dieſer
Disziplin, die ein wichtiges Glied der Syſteme von
Hundeshagen und Widenmann ausmacht, ja
deren Weſen recht eigentlich bedingt, und auch von den
meiſten jüngeren Syſtematikern unſerer Wiſſenſchaft
einverleibt worden iſt, eine Forſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft
nicht möglich ſei. Es iſt ein Verdienſt von Wappes,
die Unhaltbarkeit diefer dualiſtiſchen Forſtwirtſchafts⸗
Wiſſenſchaft zuerſt erkannt zu haben. Wir haben ja
eben erſt dargelegt, daß eine rein privatwirtſchaftliche
Disziplin und eine rein volkswirtſchaftliche ſich nie
unter einen Oberbegriff bringen, d. h. nie zu der Ein⸗
heit einer Wiſſenſchaft vereinigen laſſen. Ein ſolcher
Dualismus iſt ganz und gar unwiſſenſchaftlich. Wir
fahen ja ſchon bei Beſprechung der Katzer ſchen
„Grundlegung“ (S. 159), daß ſich aus zwei verſchie⸗
denen Einheiten und zwei der Art nach getrennten
Gegenſtänden eine Wiſſenſchaft nicht zimmern läßt,
denn Wiſſenſchaft iſt Einheit. Sie ringt nach einer
alles beherrſchenden Idee. Von den einzelnen Urteilen
ſucht ſie zu immer umfaſſenderen hinaufzuſteigen bis
zu dem hehren Gipfel des allumfaſſenden Begriffes
ihrer ſelbſt. Die „Forſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft“ ift
eine reine „Privatwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft“. Deshalb
hat die „Forſtwirtſchafts⸗Politik“, die ſich vom volls⸗
wirtſchaftlichen Standpunkt mit der Forſtwirtſchaft be⸗
faßt, in dem Gefüge unſrer Wiſſenſchaft keine Daſeins⸗
berechtigung; fie macht vielmehr einen Teil der „Bolta:
wirtſchafts⸗Wiſſenſchaft“ aus.
Als eine „Privatwirtihaft von Rechtsgenoſſen“
hatten wir die „Forſtwirtſchaft als Gegenſtand unſerer
Wiſſenſchaft“ definiert. Aber dieſer Begriff muß noch
enger begrenzt werden. Es muß wohl unterſchieden
werden zwiſchen „Tun“ und „Handeln“, alſo auch
zwiſchen „forſtwirtſchaftlichen Tun“ und
„forſtwirtſchaftlichen Handeln“. Dieſen
wichtigen Unterſchied hat man m. E. bisher bei uns
nicht ſcharf genug betont. Die „Forſtwirtſchaft in
ihrer Gegenwaͤrtigkeit“, d. h. die, „Forſtwirtſchaft“,
wie fie tatſächlich zu beſtimmten Zeiten und an be:
ſtimmten Orten ausgeübt wird, kann nicht Gegenſtand
unſerer Wiſſenſchaft ſein. Gewiß, ſie kann ſehr wohl
Objekt einer rein beſchaulichen, konſtatierenden wiſſen⸗
ſchaftlichen Betrachtung ſein. Aber mit dieſer allein
iſt uns nicht gedient. Wir wollen ja nicht einer tat⸗
ſächlich ausgeübten Tätigkeit regiſtrierend nachhinken,
ſondern wir verfolgen das Ziel, der Ausübung der
Fon ſtwirtſchaft durch das Vorhalten eines idealen forf:
wirtſchaftlichen Handelns voranzuleuchten. Dieſes ideale
forſtwirtſchaftliche Handeln ift unſere Aufgabe, unſer
Ziel, es ift der Gegenſtand unſerer Wiſſenſchaſt. é;
iſt ein ſich ſtetig entwickelndes aber doch einem feſen
Ziele zuſtrebendes Ideengebilde, das der Ausübung
der Forſtwirtſchaft als Ideal oder als Norm vor⸗
ſchweben will. Die praktiſche Ausübung der Forſt⸗
wirtſchaft aber entwickelt ſich immer mehr aus einem
Tun zu einem Handeln, je mehr ſie ſich dem idealen
forſtwirtſchaftlichen Handeln naͤhert.
Die „Forſtwirtſchaft als Gegenſtand
unſerer Wiſſenſchaft iſt alſo nichts ande⸗
res als die geiſtige Zweckidee des idealen
forſtwirtſchaftlichen Handelns als einer
Privatwirtſchaft von Rechtsgenoſſen,
d. h. die ideale Föͤrſtwirtſchaft, wie fie in ihrer all:
mählichen Entwicklung in der Literatur unſerer Wiſſen⸗
ſchaft ihren Niederſchlag findet, und wie wir ſie in
immer näherer Anlehnung an ihre „Grundlagen“ aus
deren Zuſammenwirken heraus zu konſtruieren bemüht
ſind. Dieſes ideale forſtwirtſchaftliche Handeln kann
allein „Objekt“ unſerer Wiſſenſchaft ſein. Die tat:
ſächlich ausgeübte Forſtwirtſchaft iſt nichts als ein
Ausfluß, eine mehr oder weniger gelungene Anſtrebung,
dieſer vom Willen geſetzten „Forſtwirtſchaft der Idee
Die Setzung eines idealen Zweckes iſt das Urſprüng⸗
liche. Sie war auch in den Zeiten, als ſie noch nicht
in das ſyſtematiſche Gewand einer bewußten Norm
161
gekleidet war, ſchon unbewußt das treibende und för:
dernde Moment.
III. Was ift „Forſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft“?
Aus den Weſensdeutungen der Begriffe: „Wiſſen⸗
ſchaft im allgemeinen“ und „Forſtwirtſchaft als Gegen⸗
ſtand unſerer Wiſſenſchaft“ ergibt ſich folgende Defi⸗
nition der „Forſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft“:
getragen werden. Wir können uns nicht iſolieren und
von der übrigen Kultur abſchließen. Wir ſtehen
mitten drin in dem Ganzen der Kultur und nach
allen Seiten hin heißt es Verbindung aufzunehmen“.
(Siehe meinen Art. „Was iſt Forſtgeſchichte und
welche Stelle nimmt fie im Syſtem unſerer Wiſſen⸗
ſchaft ein“. „Forſtw. Zentralblatt“, Jahrgang 1916,
Heft 8 und 9, Seite 426) Das iſt unſere fittliche
Die Forſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft iſt Verpflichtung der Allgemeinheit gegenüber.
der wohlgeordnete Inbegriff der zuſam⸗
men hängenden wahren und (ſoweit die
Bedingungen dazu fehlen) wahrſchein⸗
lichen Urteile über das ideale forſtwirt⸗
ſchaftliche Handeln und aller Vorunter⸗
ſuchungen, die zu dieſen Urteilen führen.
Die Forſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft iſt eine Willens⸗
Wiſſenſchaft. Ihr Gegenſtand iſt das ideale forſtwirt⸗
ſchaftliche Handeln. Es iſt wie alles menſchliche San:
deln vor allem durch die Geſetze der Ethik bedingt.
Es iſt Pflicht eines jeden die Forſtwirtſchaft aus⸗
itenden „Rechtsgenoſſen“ feinen Willen bei der Aus:
übung ſeiner Wirtſchaft auf die Bedingung einer all⸗
gemeinen Geſetzgebung einzuſchränken. Er braucht
deshalb keineswegs feinem „natürlichen Zwecke“, nam:
lich der „Glückſeligkeit“ zu entſagen; denn das kann
er garnicht. Er ſoll nur die ſittliche Idee „rein
halten“ und, wenn auch vielleicht volle Uneigennützig⸗
keit des Handelns nie erreicht worden ift, noch erreicht
werden wird, „zu jener Reinigkeit hinſtreben“: „das
vermag er, und das iſt auch für ſeine Pflichtbeachtung
genug“. (Siehe Kant's Aufſatz: „Ueber den Ge:
meinſpruch: das mag in der Theorie richtig ſein, taugt
aber nicht für die Praxis“.) Das „höchſte Gut“ be:
feht fogar auch für Kant in der Vereinigung
von reinſter Sittlichkeit und ihr entſprechender allge⸗
meiner Glückſeligkeit. Der Menſch muß aber immer
ter fein, daß er feiner allgemeinen Menſchenpflicht
nicht zuwider handelt, nachher kann er auch an ſeine
eigene Glückſeligkeit, ſeinen eigenen Vorteil denken.
Sein Handeln wird dem Forſtwirtſchaft treibenden
„Nehtägenoffen“ leichter gemacht, wenn die wiſſen⸗
ſchaſtliche Norm, nach der er ſich bei Ausübung ſeiner
peziellen praktiſchen Tätigkeit richten fo, von vorn:
herein auf den Grundlagen der Ethik aufgebaut iſt,
d. h. wenn es alle Beziehungen zur Allgemeinheit und
zur Geſamtkultur berückfichtigt.
Die aus allen Kulturgebieten herfließenden „Grund⸗
lagen der Forſtwirtſchaft“ ſind es alſo, welche die
Bausteine bilden zur Errichtung der Norm, in der ſie
zu einer eigenen Einheit zuſammengeſchmolzen werden.
„Aus allen Gebieten der menſchlichen Lebensbetätigung,
nicht nur aus dem Wollen, ſondern auch aus dem
Denken und Fühlen müſſen die Bauſteine heran⸗
Die Darſtellung der beſonderen Art und Zuſam⸗
menſetzung dieſer „Grundlagen der Norm“ iſt Aufgabe
der Syſtematik unſerer Wiſſenſchaft.
Die „Forſtwirtſchaft der Idee“, der „Norm“ ift
der Angelpunkt und Kern aller „Forſtwirtſchafts⸗
Wiſſenſchaft“, ihr Ziel und ihre Aufgabe.
Die tatſächlich ausgeübte forſtwirtſchaftliche Tatig-
keit war ſchon oben als etwas ſekundaͤres, als ein
„Ausfluß der vom Willen geſetzten Forſtwirtſchaft der
Idee“ bezeichnet worden. Damit ſoll aber nicht geſagt
ſein, daß ihre beſchauliche Betrachtung nicht in den
Rahmen unſerer Wiſſenſchaſt hineingehöre. Dieſe
bildet vielmehr ein wichtiges Glied unſerer Wiſſen⸗
ſchaft und iſt als Kontrollinſtanz eine nachwirkende
Quelle der Reinigung für die Norm, ein Korrektions⸗
faktor derſelben
Mit ihrer Notwendigkeit wird die Kategorie der
Urteilsart der Kritik, die Bedeutung des Erfahrungs⸗
momentes als berechtigt anerkannt. „Die Erfahrung
bezeichnet in der Geſchichte der Wiſſenſchaft, der Phi⸗
loſophie, der Kultur überhaupt das allgemeine Problem,
welches gegen die Souveränität der Theorie ſich richtet“.
(Cohen, „Logik der reinen Erkenntnis“, Seite 400 f.)
Der Empfindungsfaktor der Erfahrung ſpottet aller
reinen Theorie, und das reine Denken geht verzwei⸗
felnd ſeines wiſſenſchaftlichen Charakters verluſtig,
wenn es dieſen anſcheinenden Widerſpruch nicht aner⸗
kennt, um ihn zu bewältigen. ‚Der Zweifel an der
Reinheit der Theorie muß zu Wort kommen. Sein
Anwalt ift die Kritik, die ſich von der Skepfis durch
die Sachlichkeit unterſcheidet.“ Alle Wege zur wahren
Erkenntnis und Läuterung der Norm zählen nach
unſerer Definition der Forſtwirtſchafts⸗Wiſſenſchaft zu
dieſer ſelbſt. Darum muß auch dieſer Weg ein imma:
nentes Glied unſerer Wiſſenſchaft bilden. Wir haben
es nur mit der beſchaulichen Betrachtung der tatſäch⸗
lich ausgeübten Forſtwirtſchaft zu tun. Dieſe ſelbſt
aber, die praktiſche Betätigung ſelbſt, d. h. die Um⸗
ſetzung der Norm, der Theorie in die Praxis ſtellt
wieder ganz beſondere Forderungen an den ausüben⸗
den Forſtwirtſchafter. Ein ſolcher kann die Wiſſen⸗
ſchaft, die Theorie bis ins Kleinſte beherrſchen und
dennoch können ihm die praktiſchen Fähigkeiten ab
162
gehen. Dieſe Fahigkeiten zu wecken und zu entwickeln,
das kann nicht mehr Aufgabe unſerer Wiſſenſchaft ſein.
Es find alſo drei große, gleich wichtige und gleich
bedeutſame Glieder, aus denen ſich unſere Wiſſenſchaft
zuſammenſetzt:
1. Erforſchung der Grundlagen,
II. Aufbau der Norm, und
III. Beſchauliche Betrachtung der tatſächlich aus:
geübten Forſtwirtſchaft.
Die durch das Grundprinzip, den einheitlichen
Gegenſtand „Forſtwirtſchaft der Idee“, gewährleiſtete
und verbürgte, große Einheit unſerer Wiſſenſchaft be:
ſteht alſo in einer Dreiheit der Auswirkung. Dieſe
Trichotomie zerreißt nicht etwa die Einheit unſerer
Wiſſenſchaft, im Gegenteil, dieſer eine Kopf mit den
drei Geſichtern ſtellt erſt ihre wahre Einheit dar.
Rameralismus und praktifd-tednifde
Wiſſenſchaften.“)
Vom Gr. Bad. Oberförfler Prof. Dr. Wimmer: Berlin.
Kameralwiſſenſchaft bedeutet den Inbegriff der die
Kameralverwaltung betreffenden Kenntniſſe. Das ehe⸗
malige Kameralvermögen der Fürſten, das die Grund⸗
lage der Kameralverwaltung bildete, iſt Staatsver⸗
mögen oder Privatvermögen der regierenden Fürſten
geworden. Die Kameralverwaltung, die nach der erſten
Abtrennung der Juſtiz als beſonderen Verwaltungs⸗
zweig die Verwaltung der Domänen, Regalien und
Steuern inne hatte, und der weiter die Wirtſchafts⸗
und Wohlfahrtspolizei oblag, bezog ſo allmählich in
ihr Bereich die Lehre von Land⸗ und Forſtwirtſchaft,
Bergbau, Handel und Gewerbe ein. Man verlangte
alfo vom Kameraliſten die Kenntniſſe dieſer praktiſch
techniſchen Wiſſenſchaften, die faſt nur von rein pri⸗
vaten Geſichtspunkten behandelt wurden. Das ging,
ſolange die einfache Empirie herrſchte und dieſe Dis:
ziplinen nicht auf breiter Grundlage aufgebaut und
entſprechend vertieft waren. Ja, die prakliſche Kame-
ralwiſſenſchaft ſpielte die Hauptrolle im Studium und
Leben der Kameraliſten und die theoretiſche Volks⸗
wirtſchaftslehre wurde völlig vernachläſſigt oder es
blieb ihr nur eine ganz untergeordnete Rolle. Sie
findet im Anfang des vorigen Jahrhunderts zuerſt
von Schmalz in Königsberg Anerkennung, und des
Heidelberger Profeſſors Rau großes Verdienſt war
es, diefes unausgeglichene, unklare Gebilde der Kame:
ralwiſſenſchaft, das nur mehr einen äußeren Zuſam⸗
menhang hatte und nicht durch ein tiefgreifendes
1) In den Ausführungen der Herren Könige, Reinach,
Hamm und Feiſt in den Heften X. 16, II. 17 u. III. 17 der
Allg. Fe u. J.⸗Zeitung.
Syſtem oder eine einheitliche Methode geboren war,
endgültig zu beſeitigen, dadurch, daß er das unhalt⸗
bare Syſtem der Kameralwiſſenſchaft erkannt und an
ihre Stelle die Wirtſchaftslehre geſetzt und in politiſche
Oekonomie und private Oekonomie und Technik getrennt
hat. Die erſtere enthält Gegenſtände, die der heutigen
Nationalökonomie zufallen, die zweckmäßig in theore:
tiſche Volkswirtſchaftslehre, Volkswirtſchaftspolitik und
Finanzwiſſenſchaft eingeteilt wird.
Die Technik der Gand- und Forſtwirtſchaft und der
übrigen Wirtſchaftszweige aber gehört nicht in das
Bereich der Staatswiſſenſchaften oder Geſellſchafts
wiſſenſchaſten, ſondern bildet den Gegenſtand beſon⸗
derer praktiſcher Wiſſenszweige mit überwiegend na⸗
turwiſſenſchaftlicher Grundlage. Hiſtoriſch
ſind dieſe praktiſch⸗techniſchen Wiſſenſchaften noch an
drei Univerſitäten, in den ſtaatswirtſchaftlichen bezw.
ſtaatswiſſenſchaftlichen Fakultäten der Univerfitäten
München und Tübingen, in Gießen in die philoſophiſche
Fakultät einbezogen, erhalten, verlangen aber zum
Verſtändnis und Studium der darin enthaltenen ted:
niſch⸗praktiſchen Wiſſenſchaft eine gründliche naturwiſſen⸗
ſchaftliche Vorbildung. Daß das alte enzyklopaͤdiſch
kameraliſtiſche Studium keine tiefen Kenntniſſe in den
mit Rieſenſchritten weiter fortſchreitenden und wichtiger
werdenden techniſchen Wiſſenſchaften bieten konnte, er⸗
kannte man nach und nach. Rau hat ſchon 1825 die
Frage theoretiſch geklärt; die Kameralwiſſenſchaft if
ſeither in die Disziplinen, die fie unvollkommen zu
erfaſſen ſuchte, zerfallen und faſt überall ift das Sh:
dium der ſogenannten Kameralwiſſenſchaft als Vor⸗
bereitung zur Beamtenlaufbahn weggefallen. Nur
einige dürftige Beſtandteile praktiſch⸗techniſcher Willen:
ſchaften ſchleppte man dort, wo die Kameralwiſſen.
ſchaſten noch eine Zeitlang als Vorbereitung für die
Beamten der Finanzverwaltung galten, weiter, ſo in
Baden, Heſſen und Württemberg. Jn
Baden hat man 1903 auch dieſen Reſt endlich be
ſeitigt und das kameraliſtiſche Studium aufgehoben;
es gibt damit ſeither keine neue „Kameraliſten“ mehr.
Die Verwaltungsbeamten teilen ſich nun, der Vor⸗
bildung nach, zweckmäßig in Juriſten mit volkswirt⸗
ſchaftlicher Ausbildung, Volkswirtſchaftler mit juri:
ſtiſcher Vorbildung, die dann die Finanzwiſſenſchaſt
als Spezialgebiet ihrer theoretiſchen und praktiſchen
Ausbildung wählen und auf dem Bereich des Steuer,
Zollweſens, allgemein des Staatsfinanzweſens eine
ihrer Vorbildung entſprechende und befriedigende Tätig
keit finden.
Die dritte im Zeitalter der Naturwiſſenſchaft und
Technik ſich immer weiter ausbildende Vorbildung if
die der praktiſch⸗techniſchen Berufe, von denen um:
faſſende volkswirtſchaftliche Kenntniſſe verlangt werden.
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163
Die Leitung privatwirtigatlichet Betriebe der
Staats: und, öffentlichen Koͤrperſchaften fällt heute
den für die ſpezialwirtſchaftliche Tätigkeit vorgebildeten
techniſchen Beamten zu und nur in den oberſten
Spitzen der Verwaltungs⸗Organiſation treffen ſich
beide, der volkswirtſchaftlich gebildete Techniker und
der juriſtiſch gebildete Volkswirt auf dem Gebiete der
Finanzwiſſenſchaft, und ergänzen ſich zweckvollſt.
Es ſind nun in Baden im Bereich der Domänen⸗
verwaltung noch einige Stellen mit „Kameraliſten“
beſetzt. Ihnen fehlt aber jene Ausbildung in praktiſch⸗
techniſchen Wiſſenſchaften, jene naturwiſſenſchaftliche
möglichte, bildet m. E. die ganze Grundlage für Aus-
einanderſetzungen, wie ſie einmal kommen mußten und
die durch Klärung und Neuorientierung der geſamten
Staatsverwaltung nach dem Kriege gerade jetzt zur
prinzipiellen ſachlichen Auseinanderſetzung zwingen; ſie
bilden den Kern deſſen, was in den Artikeln von
Könige, Reinach, Feiſt und Hamm niedergelegt iſt und
worin die anderen Forderungen nebenfadlider Art
ſind. Iſt die Frage der Organiſation der Forſt⸗ und
Domaͤnendirektion als Abteilung des Finanzminiſte⸗
riums, die Umgeſtaltung der Forſtämter zu Verwal⸗
tungsſtellen des geſamten ärariſchen Grundbeſfitzes ger
Grundlage, die zur Beherrſchung der Technik nötig iſt. klärt, dann werden ſich die andern mehr nebenſächlichen
In großen Bundesſtaaten find die Mitglieder der
Staatseinrichtungen, denen die Verwaltung der land⸗
wirtſchaftlichen Güter und der Forſten obliegt, mit
akademiſch ausgebildeten Landwirten und Forſtbeamten
beſetzt. Das Kaſſenweſen iſt im weſentlichen mittleren
Beamten anvertraut. Da die ganze techniſche Leitung
in den Händen gründlich durchgebildeter techniſcher
Beamten mit ſtaats⸗ und volkswirtſchaftlicher Vor⸗
bildung liegt, fo ift das Buchungs- und Kaſſenweſen
zu einem ergänzenden Hilfsdienſt der techniſchen Be⸗
triebe herabgeſunken.
In Staaten wie Baden, in denen keine landwirt⸗
ſchaftlichen Domänen außer Wieſen der Selbſtbewirt⸗
ſchaftung unterliegen, iſt der Uebergang der Bewirt⸗
ſchaftung des Grundbeſitzes an techniſch und natur⸗
wiſſenſchaftlich vorgebildete Betriebsleiter am einfachſten
zu erreichen durch Zuweiſung der Verwaltung des
ganzen domänenärariſchen Grundbeſitzes — mit Aus⸗
nahme der Brauereien und der Weinberge — an die
Forſtämter, ein einfacher und zweckentſprechender Weg,
den andere Bundesſtaaten ſchon mit Erfolg — Heſſen
— beſchritten haben. Es iſt lange nicht genügend be⸗
achtet, daß für den Forſtmann nach einem grund⸗
legenden vierſemeſtrigen naturwiſſenſchaftlichen Studium
mit den auf vier weitere Semeſter verteilten forſtlichen
Hauptfächern und volkswirtſchaft⸗juriſtiſchen Hilfsdiszi⸗
plinen, auch Fiſcherei, Wieſenbau und Landwirtſchafts⸗
lehre in das Bereich ſeiner Studien und Prüfungs⸗
fächer einbezogen ſind, und daß er namentlich auf dem
Gebiete der Fiſcherei und Jagd (allgemein angewandte
Zoologie, Fiſche, Fiſcherei, Fiſchzucht, Jagdkunde) eine
weitgehende theoretiſche Vorbildung genießt. Gebiete,
die für ihn ſpäter bei der jetzigen Organiſation in der
Praxis faſt völlig brach liegen.
Dieſe hiſtoriſche Entwicklung kameraliſtiſcher unzeit⸗
gemäßer Gebilde im Jahrhundert der Technik neben
jugendkräftigen, auf klarer Grundlage aufgebauten
techniſchen, denen man erft allmählich das volle afa:
demiſche Studium mit gediegener naturwiſſenſchaftlicher
Grundlage und volkswirtſchaftlichen Kenntniſſen er⸗
Fragen faſt ſelbſttätig löſen. Für die in genannten
Artikeln angeſchnittenen Fragen über Größe der ein⸗
zelnen Aemter, über Schreibaushilfen uſw. findet ſich
nach einer Flächen verteilung des geſamten ärariſchen
Grundbeſitzes an die Forſtämter und nach einem Plan
über die Einrichtung dieſer Stellen leicht eine befrie⸗
digende Organiſationsform. Es wird ſich dies um ſo
leichter erreichen laſſen, als den meiſten Kameraliſten
auf den Gebieten des Staatsfinanzweſens, des Steuer⸗
und Zollweſens reichlich Arbeit nach dem Kriege zu⸗
fließen und ihre Arbeit und Ausbildung dort Befrie⸗
digung und Anerkennung finden kann. Ein Haupt:
hindernis iſt die Unklarheit über den Begriff des Ka⸗
meralismus und eine ungenügende Würdigung der
praktiſch⸗techniſchen Berufe, die noch dadurch erſchwert
iſt, daß dank der hiſtoriſchen Entwicklung die Kame⸗
raliſten ein großes Gebiet der Staatsforſtverwaltung
beherrſchen und die mit Gewalt vorwärts drängenden
und immer großen Erfolg aufweiſenden praktiſch⸗tech⸗
niſchen Berufe als nicht gleichwertig anſehen wollen.
Wie häufig hört man, wenn von Forſtverwaltungs⸗
beamten die Rede, ihre Herkunft aus dem vor etwa
100 Jahren üblichen Forſtlehrlingsweſen und von
Waldläufern betonen, von „Forſtſchule“ für eine Fa-
kultät an einer Hochſchule und von „Förſtern“ (mitt:
leren Beamten) reden, wo es ſich um Beamte mit
voller akademiſcher Bildung handelt.
Einzelne Punkte der Abhandlungen Königes und
Reinachs möchte ich am Schluſſe noch berühren, die
zu einer Kritik herausfordern. Königes Artikel macht
den Eindruck, zuerſt die rechneriſchen Reſultate feſtge⸗
legt und dann mit der Beweisführung begonnen zu
haben. So wird auch der „Vollbeſtands⸗Faktor“, dieſe
unſichere Größe, entſtanden ſein. Der Vollbeſtands⸗
faktor iſt eine imaginäre Größe, die völlig in der Luft
hängt. Ich möchte z. B. ſehr bezweifeln, daß ein Be⸗
zirk mit vorwiegendem Domänenwald mehr Arbeit
verurſacht, als ein großer Gemeindewaldbezirk mit
waldbaulich nicht einfachen Verhältniſſen und mit ſehr
dürftigem vorgebildetem Hilfsperſonal, womöglich noch
164
mil 20 verſchiedenen Waldeigentümern. In einem
ſolchen Bezirk wird der Oberförſter durch verwaltende
und beratende Tätigkeit viel mehr in ſeiner Zeit in
Anſpruch genommen, als bei der Bewirtſchaftung eines
gleich großen Domänenwaldbeſitzes. In den Gemeinde⸗
waldungen hat der Oberförſter doch nicht nur die Auf⸗
gabe zu wirtſchaften und das Holz der Gemeinde zu
überweiſen, ſondern er muß ſich um den Gemeindehaus⸗
halt, die Finanzkraft der Gemeinden und den Holzver⸗
kauf eingehend bekümmern, um den Bürgermeiſtern
bei Aufſtellung des Gemeindehaushaltungsplanes mit
weitgehendem Rat an die Hand gehen zu können.
Der ganze Holzverkauf vollzieht ſich unter ihm als
Berater und ich möchte weiter bezweiſeln, ob es weniger
Arbeit verurſacht, verſchiedene Bürgermeiſter vom zweck⸗
mäßigen Holzverkauf zu überzeugen, als den Holzanfall
eines großen Domaͤnenwaldes in einigen Tagen zu
veräußern. Auch die ſtatiſtiſchen Daten, die Könige
aufführt, find nicht vollſtändig und geben daher dem
uneingeweihten Leſer ein unklares Bild der wirklichen
Größenverhältniſſe der Oberförſtereien im Deutſchen
Reiche. In der Zuſammenſtellung ſind die Bundesſtaaten
mit kleineren Aemtern als Baden, z. B. Sachſen,
Braunſchweig, Mecklenburg, ganz weggelaſſen. In
Sachſen iſt der Grund für die kleinen etwa 2000 ha
großen Oberförſtereien die intenſive Bewirtſchaftung.
An Intenſität der Bewirtſchaftung dürfte Baden an
zweiter Stelle im Reiche ſtehen. Die beſtehenden
Forſtämter find meines Erachtens in Baden nicht zu
klein, zumal wir durch eine ſehr gute Verkehrslage
zu dem rheiniſch⸗weſtfäliſchen Induſtriegebiet es auf
eine intenfive Ausnutzung unſerer Waldungen mit
mannigfachen Holzarten in wechſelnden Betriebsformen
abſehen müſſen. Erſparniſſe durch Verkleinerung der
Aemter find Berechnungen, die etwas krämerhaftes an
ſich haben, den weiten Blick der Wirtſchafter aber ver⸗
miſſen laſſen, die in produktiven Ausgaben zu⸗
letzt ſparen. Die durchſchnittliche Größe eines Forſt⸗
bezirkes im Reiche iſt etwa 2500 ha, unter 2000 ha
ſollte man überhaupt nicht herabgehen; bei Größen
über 3000 ha wird eine intenſive Wirtſchaft im Ober⸗
förſterſyſtem mehr und mehr fraglich. Da in einer
größeren Organiſation nicht alle Forſtamts-Vorſtände
in dem rüſtigen Alter von 40 bis 50 Jahren (mit
40 werden die meiſten erſt Amtsvorſtände) ſtehen
können, ſondern auch noch ältere, ſehr tüchtige Beamte
beſchäftigt werden müſſen, die ſehr großen Bezirken
immerhin körperlich nicht mehr gewachſen ſein können,
ſo muß man mit den wirklichen Verhältniſſen rechnen
und darf für eine Geſamtorganiſation m. E. keine
Idealgröße allen Aemtern zu Grunde legen. Daß
bei dieſen kleinlichen Rechnungen Forſtrat Könige auch
an der Forſtwiſſenſchaft, an der theoretiſchen Weiter⸗
bildung unſeres Faches ſparen will. hat mich nicht ge⸗
wundert, aber die Mittel, die für die theoretische
Weiterbildung unſeres Faches aufgewendet werden,
ſind m. E. erſt recht produktive Ausgaben.
Wo wäre man im Kriege hingekommen, hätte man
nicht große Summen vorher für techniſch⸗wiſſenſchaft⸗
liche Zwecke, zu rein theoretiſcher Unterſuchung freudig
ausgeworfen? Solche Fragen laffen fih durch Rechen.
kunſtſtücke nicht beantworten, ſondern da muß man
auf den geſunden deutſchen Idealismus vertrauen.
Mit Könige werde ich mich in dieſer Frage ebenio
wie Herr Geheimrat Prof. Wimmenauer niemals
einigen können; das find letzten Endes Weltanſchauungs⸗
probleme.
die forſtliche Abteilung der Techniſchen Hochſchule, ſo⸗
wie alle forſtlichen Lehrinſtitute nicht nur Lehr:, jon:
dern auch Forſchungsinſtitute find, und daß für die
forſtwiſſenſchaftliche Forſchung als ſolche und für die
rein theoretiſchen Unterſuchungen im Deutſchen Reiche
im Verhältniſſe zu den großen Erträgniſſen der Bil:
dungen viel zu wenig Mittel aufgewendet werden.
Zum Schluſſe möchte ich noch vor einer Organiſationz
änderung warnen, die uns den allzu gehobenen der
wart — Förſter — das „Revierförſterſyſtem“ brite.
Wir haben in Baden eine ganz vorzügliche Einrichtung
in unſeren Forſtwarten, die bei der ſeitherigen Auk
bildung ein ausgezeichnetes Betriebsvollzugs⸗ und
Schutzperſonal bilden, ohne daß wir damit eine Mak
der mittleren, meiſt unzufriedenen Beamten mit jat
licher Halbbildung geſchaffen haben. Aus allen Staaten,
die die Einrichtung der mittleren Forſtbeamten beſizen,
find ſchon ſehr berechtigte Klagen über dieſe Organ:
ſationsform laut geworden. Bilden wir nach wie vor
unſere Forſtwarte aus Leuten aus den Holzhauerkreiſn
in Kürze heran, ſorgen wir, daß fie noch eine klein:
Landwirtſchaft betreiben können, und ſuchen wir unſere
Gemeindewaldhüter auf denſelben Grad der Ausbildung
zu bringen, jo haben wir ein vollkommenes Hilfeper:
fonal, das allen Anforderungen voll und ganz genügt.
Neben dem Oberförſter und den akademiſchen Hilfe
kräften — von denen man übrigens für die Inventar⸗
aufnahme im Walde (Forſteinrichtung) nach dem
Kriege mehr benötigen wird, als Könige annimmt —,
find Forſtwarte für die Betriebsführung vollſtändig
genügend. Löſen wir noch das ſchwierigere Problen
der Büro- und Schreibbeamten, was m. E. durch dit
Vereinheitlichung der Verwaltung des domänen:ärur:
ſchen Grundbeſitzes leicht möglich iſt, dann haben wir
alle Kräfte, die im Oberförſter⸗Syſtem fih am zweck
entſprechendſten ergänzen und den flotten Gang des
Betriebes am vollſten gewährleiſten. Mit Hamm
ſtehe ich hier auf einem Standpunkte, den faſt all
badiſchen Forſtverwaltungsbeamten teilen.
Ich möchte hier nur noch betonen, daß
165
Auf den Hauptdifferenzpunkt des grundverſchiedenen
Weſens des ſogenannten Kameralismus und der tech⸗
niſchen Wiſſenſchaft iſt auch Geh. Rat Reinach nicht
eingegangen; auch ſeine Beweisführung ſucht mit Zahlen
dem unkundigen Leſer Beweiſe vorzuführen, wo es
nichts mit Zahlen zu beweiſen gibt, ſolange man die
Vorausſetzungen nicht genügend kennt. Reinach will
mit dem Reinertrag der Wieſen, die unter kamera⸗
liſtiſcher Leitung ſtehen, beweiſen, daß die Bewirtichaf-
tung dieſer Stellen beſſer ſei, als die der unter forſt⸗
licher Leitung ſtehenden Wieſenkomplexe.
Dieſe Differenz der Reinerträge iſt jedoch kein Ver⸗
dienſt der Wirtſchaftsbeamten. Die kameraliſtiſche
Verwaltung erſtreckt ſich hauptſächlich auf ein günſtig
gelegenes Gelände, wie z. B. im Rheintale. Die
Vewaltung der Forſtämter erſtreckt fih auf Wieſen
in rauher Lage, fernab von jedem Verkehrswege. Es
iſt daher nach allen Regeln für Reinerträge klar, daß
je fruchtbarer ein Grundſtück iſt, und je günſtiger es
zu Markte liegt, ein deſto höherer Reinertrag allein
durch dieſe beiden Faktoren erzielt werden muß. Ich
glaube nicht, daß die Reinerträge der unter den Do⸗
mänenämtern ſtehenden Wieſen zurückgehen werden,
wenn die Forſtämter die Bewirtſchaftung übernehmen.
Dann erſt könnte man von einem Beweis reden, wenn
dieſelben Grundſtücke unter verſchiedener Leitung bei
gleichbleibenden Preiſen und Koſten verſchiedene Rein⸗
erträge abwerfen würden. Auch die angebliche Ueber⸗
legenheit des „Finanztechnikers, der den Blick für die
vielfach wechſelnden Beziehungen der geſellſchaftlichen
Erſcheinungen unſerer Zeit, worauf es gerade im Ver⸗
waltungsdienſt ſo ſehr ankommt, zu ſchärfen Gelegen⸗
heit hat“, gegenüber anderen gebildeten Sterblichen
iſt ein ſehr ſubjektives, anzuzweifelndes Urteil. Sollte
ein gründliches Fachſtudium, gute Volkswirtſchaſts⸗ und
Allgemeinbildung einer ehemaligen Kameralwiſſenſchaft,
die auf allen Gebieten privat⸗ökonomiſcher Disziplinen
umhertaſtet, doch nicht mindeſtens gleichwertig ſein?
Solche Einſeitigkeit und unvollkommene Benutzung
ſtatiſtiſcher Zahlen ſollten in einer wiſſenſchaftlichen
Abhandlung nicht zu finden ſein. Erfaßt man den
Kameralismus und der praktiſch⸗techniſchen Berufe in
ihrer hiſtoriſchen Entwicklung und heutigen Bedeutung,
ſo wird eine Vereinfachung der Staatsverwaltung ein
Leichtes ſein und dadurch ſchon geſpart werden können,
daß man Beamtenkategorien das ganze Gebiet, das
ihre Vor⸗ und Ausbildung umfaßt, als Arbeitskreis
überträgt und ſo zu einer zweckmäßigeren Benutzung
der vorhandenen Kräfte fortſchreitet. Bei einer Ver⸗
einfachung der Staatsverwaltung, die ja ſchon 1912
in Baden eingeleitet wurde und wovon die Forſtver⸗
waltung betroffen worden iſt, ſollte man gründlich
prüfen, was alt, überlebt und nicht mehr entwicklungs⸗
fähig iſt, und namentlich ſollten nicht nur von „Kame⸗
raliſten“ in wiſſenſchaftlich⸗techniſchen Verwaltungs⸗
zweigen Vereinfachungen ausgearbeitet und durch⸗
führt werden, Probleme, die ſie gar nicht in aller
Tiefe erfaſſen können; ſondern ſie ſollten einmal im
eigenen Gebiete ſchürfen und graben, und ſie werden
bei dem Studium der neueren nationalökonomiſchen
Literatur und der Verhältniſſe in der Praxis — zum
Teil wenigſtens, hoffe ich — zu der Einſicht gelangen,
daß heute nur noch juriſtiſch gebildete National-
ökonomen und nationalökonomiſch durchgebildete wiſſen⸗
ſchaftlich⸗techniſche Beamte exiſtenzberechtigt ſind. Recht
und Wirtſchaft bildet die Grundlage für die eine
Gruppe, Wirtſchaft und Naturwiſſenſchaft
die Grundlage für die andere.
Literariſche Berichte.
Neues aus dem Buchhandel.
Denkſchrift z. Förderung d. Geflügelzucht unt. Ausnutzung
von Waldboden und beſonderer Futtermittelgewinnung
3. bill. Zucht u. Haltung d. Geflügels, in Verbindung
m. Garten- u. Landwirtſchaft. Dabei Arbeitsbeſchaffung
f. Kriegsbeſchädigte u. deren Frauen in d. Krieger⸗
heimſtätten. (Von Gracchus.) (4 S.) Lex. 8. M. —. 10.
Victor Zimmer in Breslau.
Dickel, Karl, Ger.⸗R. a. D. Prof. Dr.: Deutſches u. preuß.
Forſtzivilrecht m. Berückſ. d. übrigen deutſchen Landes⸗
rechte u. einiger öffentlichrechtl. Fragen, wie Waffenge-
brauchsrecht, Forſt⸗ u. Jagdſchutz, Stempelſteuer. 2. völlig
umgearb. u. verm. Aufl. (XXVIII, 1173 S. m. 1 Bild⸗
nis.) gr. 88. M. 28.—; geb. M. 31.—. Franz Vahlen
in Berlin.
1917
Eberts, Geh. Reg.⸗R., Fiſchereivereins⸗Vorſitz.: Zuſammen⸗
ſtellung d. im Reg.⸗Bez. Caſſel gelt., d. Fiſcherei betr.
geſetzl. Beſtimmungen. (III, 147 S.) kl. 8. M. 1.50.
Friedr. Scheel in Kaſſel.
Fiſcher, J., Oberförſter: Geſchichte d. Kammergutsforſten im
Fürſtent. Schwarzburg⸗Sondershauſen. (VIII, 121 S. m.
3 farb. Karten.) gr. 8D. M. 2.—. Fürftl. Hofbuchdruckerei
von Emil Frotſcher in Arnſtadt.
Förſter⸗Jahrbuch, Preußiſches, f. 1916. Ein Ratgeber f. die
preuß. Kron: u. Staats⸗Forſtbeamten. 7. Bd. Hrsg. z. T.
nach amtl. Quellen v. d. Geſchäftsſtelle d. deutſchen Forſt⸗
Zeitung. (XXXVI, 244 S.) Lex.⸗8o. M. 4. ; f. Bes
zieher d. deutſchen Forſtzeitung M. 3.30. J. Neumann
in Neudamm.
Heinricher, E.: Der Kampf zwischen Mistel u. Birnbaum.
22
166
Immune, unecht immune u. nicht immune Birnrassen;
Immunwerden f. d. Mistelgift früher sehr empfindl. Bäume
nach d. Ueberstehen e. ersten Infektion. Aus d. botan.
Institut d. k. k. Universität in Innsbruck. (S.-A. a. d.
Denkschriften d. kais. Akademie d. Wissenschaften in
Wien. Mathem.-naturw. Kl. 93. Bd.) Mit 4 Taf.
(34 S. m. 4 Bl. Erklärgn.) 31,5><24,5 cm. M. 5.10.
Alfred Hölder, Verlag in Wien.
Mitteilungen d. deutschen dendrologischen Gesellschaft.
1916. Kries-Jg. Red.: Dr. (Fritz) Graf v. Schwerin.
(IV, 360 S. m. Abb. u. 78 Taf.) Lex.-8%. M. 5.—. Deutsche
dendrologische Gesellschaft in Wendisch-Wilmersdorf bei
Thyrow (Kr. Teltow).
Mitteilungen aus d. Forst- u. Kameralverwaltg. f. d Wirt-
schaftsjahr 1914. Bearb. im Grossh. Ministerium d. Fi-
nanzen, Abt. f. Forst- u. Kameralverwaltung. (Beiträge
z. Statistik d. Grossh. Hessen. Hrsg. v. d. grossh. hess.
Zentralstelle f. d. Landesstatistik. Schriftleitung: Reg.-
Rat L. Knöpfel. 64. Bd. 5. Heft.) Lex.-8°. (45 S.) M. 1.—.
Buchh. d. Grossh. Hessischen Staatsverlags in Darmstadt.
Anleitung zur Buch und Rechnungs führung
für Privatforſtreviere. Von B. Böhm, Geh.
Regierungs⸗ und Forſtrat in Königsberg i. Pr.
Zweite, umgearbeitete Auflage. Neudamm 1916,
Verlag von J. Neumann.
Die neue Auflage der Böhmſchen Anleitung zur
Budh- und Rechnungsführung für Privatforſtbeamte
iſt in vielen Abſchnitten weſentlich umgearbeitet, er⸗
gänzt und hierdurch erheblich verbeſſert worden. Vor
allem enthält der III. Abſchnitt „Forſtrechnungs⸗
weſen im beſonderen“ viele Verbeſſerungen be:
ſonders in den Abſchnitten über den Holzverkauf. Neu
ift hier eingeſchoben ein Kapitel über „die Vorſchriften
über die Verlohnung der Arbeiten in den Kgl. Pru:
ßiſchen Staatsforſten“. Auch in den Abſchnitten
„Rechnungsführung für beſondere Ber:
hältniſſe“ und „Führung des Kontroll:
buches und Aufſtellung des jährlichen
Hauungsplanes“ iſt vieles neue enthalten. Gan
neu find hier die Kapitel über das Hauptmerlbud,
das Flächenverzeichnis, das Saden: und Gerite-Ler:
zeichnis, das Geſchäftstagebuch.
Die Zahl der neuen Vordrucke iſt gegen die
der erſten Auflage faſt um das Doppelte vermehrt,
fo find ſtatt 32 Vordrucke jetzt 70 in die forſtlich
Buchführung eingefügt worden, darunter viele, die ié
im Laufe der Zeit außerhalb des Böhmſchen Bud:
führungsſyſtems im Neumannſchen Verlage bereit:
eingebürgert und in der Praxis als beſonders gang:
bar erwieſen haben. Die Preiſe für die Vordruck
find äußerſt billig. Dieſelben zeichnen fih durch jor:
beren Druck und feſtes Papier aus und werder auc
in feflen Einbänden geliefert.
Gleichwie die erſte Auflage wird auch die mt
Auflage bei den Verwaltungen der Privatforſten ml:
kommene Aufnahme finden. E
Briefe.
Aus Preußen.
Forjtakademie Münden.
Dem ſtenographiſchen Berichte des Preuß. Herren:
hauſes über die Sitzung vom 23. Januar 1917 ent:
nehmen wir Folgendes:
Mündlicher Bericht der Finanzkom⸗—
miſſion über die Petition des Magiſtrats
zu Hann. Münden um Fortbeſtand der
Kgl. Forſtakademie in Hann. Münden.
Berichterſtatter Dr. Hillebrandt: M. H.! Die
Stadt Hann. Münden hat dem Hohen Hauſe eine
Petition eingereicht, die ſich auf den Fortbeſtand der
gefährdeten Forſtakademie in Hann. Münden bezieht.
Es iſt Gefahr vorhanden, daß ſie aufgehoben und mit
der Akademie in Eberswalde verbunden wird. Darauf⸗
hin hat die Stadt an uns die Bitte gerichtet, zu be⸗
ſchließen, daß die Kgl. Forſtakademie zu Münden, für
deren Erhaltung auch wichtige Staatsintereſſen ſprechen,
weiterhin beſtehen bleibe.
In der Konmmiſſion traten zuerſt Bedenken hervor,
eb der Magiſtrat von Münden auf dieſe Petition noch
Wert lege, weil es ſchien, als ob er einverſtanden i
wenn die Stadt in anderer Weiſe ſchadlos gehalt
werde. Das war aber ein Irrtum. Die Stadt bat
erſt neuerdings wieder in einem Schreiben an de |
Herrn Minifter zum Ausdruck gebracht, daß fiede
Petition nach wie vor aufrecht erhält. Die Kommi:
ſion hat ſich damals durch die Bedenken nicht abhalten
laffen, über die Forſtakademie zu beraten und ift zu
dem Reſultat gekommen, dem Hohen Haus zu emp:
fehlen, die Petition der Staatsregierung zur Berit:
ſichtigung zu überweiſen.
Die Gründe, die für diefen Beſchluß maßgebn)“
waren, find gunddft die Rückſichten auf die Leben?
intereſſen der Stadt ſelbſt. Als vor Jahren die E“
richtung einer Forſtakademie in Münden geplant wurd
ging die Staatsregierung an die Stadt heran mit dem
Erſuchen, ihrerſeits dafür zu ſorgen, daß die Unter
richtsmittel und anderen Einrichtungen der Stadt au
die Höhe gebracht würden, wie die Forſtakademit "t
brauche. Darauf hat die Stadt eine Umwandlung
ihres Progymnaſiums in eine volle Anſtalt beſchloſſe,
167
fie hat ferner eine Umwandlung der Töchterſchule in
ein Lyceum vorgenommen, beides Dinge, die nicht ohne
erhebliche Aufwendungen möglich geweſen ſind. Weiter
hat der Wunſch, den Sitz der Forſtakademie würdig aus⸗
zugeſtalten, dazu geführt, Stadtpläne anzulegen, eine
Gasanſtalt und eine Waſſerleitung zu bauen und all
den ganzen Apparat zu ſchaffen, den eine auf der
Höhe ſtehende kleinere Stadt haben muß, um eine
Akademie würdig zu beherbergen. Das alles läßt
natürlich den Wunſch der Stadt berechtigt erjcheinen,
dieſe Akademie zu behalten. Dazu kommen aber noch
andere Momente: das der Pietät und das der hiſtoriſchen
Entwicklung. Die Akademie wurde i. J. 1867 infolge
des Zuwachſes der neuen Provinzen in Münden ein⸗
gerichtet. Die Regierung wünſchte, im Weſten eine
Forſtakademie zu haben, und ihre Wahl fiel auf Hann.
Münden, das ſchon früher einmal in feinen Mauern
eine Forſtakademie beherbergt hatte, nämlich i. J. 1844.
Kaiſer Wilhelm I. wünſchte den neuen Provinzen da⸗
durch entgegenzukommen. Es erſchien daher i. J. 1867
ein Erlaß des Herrn Finanzminiſters, daß des Königs
Majeſtaͤt geruht habe, die Wahl der Stadt Münden
für die Errichtung einer zweiten Forſtakademie mit
Rückſicht auf die Anerbietungen, die ſie gemacht habe,
zu genehmigen. Nun ſpricht gegen die Aufrechterhal⸗
tung der Akademie die geringe Zahl von Studierenden,
die ſich auf beiden Akademien befinden. Es iſt gewiß
richtig, daß auf jeden Studierenden gegen 3000 Mk.
Staatsausgaben kommen und auf jeden Dozenten nur
3½ Zuhörer. Das ift keine große Zahl, und es iſt
auch formell richtig, wenn man an eine Zuſammen⸗
legung denkt. Aber gegen dieſen bloß formellen Ge⸗
ſichtspunkt ſpricht doch einmal die Rückſicht auf die
hiſtoriſche Entwicklung der Stadt, die Rückſicht auf
jenen Allerh. Erlaß, und ferner gewiſſe allgemeine
Momente, die ich kurz vorführen möchte. Wir dürfen
erſtens nicht vergeſſen, daß das Beſtehen mehrerer An⸗
ſtalten der Wiſſenſchaft mehr zugute kommt als eine
einzelne, da dadurch die einzelnen Dozenten unab:
hängiger von einander arbeiten, verſchiedenartiger nach
der wiſſenſchaftlichen Richtung, als an einer Anſtalt,
wo ſie einem Direktor unterſtehen. An kleinen Fa⸗
kultäten mit wenigen Zuhörern wird perſönlicher ge—
arbeitet, ich möchte ſagen, die Studenten werden beſſer
erzogen, weil ſie da in der Lage ſind, mit den Do⸗
zenten nahe zu verkehren und in engſter Berührung
mit ihnen ihre Arbeiten zu machen. Ferner bedeutet
jede Profeſſur ſozuſagen einen Arbeitstiſch mehr, der der
Geſamtheit zugute kommt; eine Profeſſur weniger be’
deutet einen Arbeitstiſch weniger.
Ferner iſt zu bedenken, daß, wenn' an einer Hoch⸗
ſchule keine geeigneten Dozenten vorhanden ſind und
der eine oder andere Dozent in gewiſſer Richtung ver⸗
ſagt, der Student wo anders hingehen, oder aber auch
die Lehrer einer anderen Schule hören kann. Ferner
haben wir das Intereſſe, möglichſt viele Kulturzentren
in, kleinen Orten zu erhalten oder zu errichten. Da⸗
durch, durch die Mannigfaltigkeit, iſt eigentlich Deutſch⸗
— — . —— ä äü c . ä .ſw.. ꝛſhb— ——— 4äö c'. ũ 0 P 0001 ]êJ750Si.. 0„p-pͥ̃᷑ä—— 6—.!.!..⁊ +iꝛ—᷑— “?iĩ.œ᷑ͤ —06ðci— ¼.‚k . ꝑkmmky ᷑ ¾§?ß.wĩ!ͥuẽũ ʃ.[Lͤ!.mwäßxß́ꝛ :ñßx?§Vĩ é ᷓV a —᷑ũüñ?»?¶ —2-᷑—ꝛi:ĩ — —ęV—t¼.Td' — i — —-— —
land groß geworden. Ich bin der Meinung, daß,
wenn wir in manchen Richtungen uns nach dem Kriege
neu orientieren, es notwendig ſein wird, mehr und
mehr die kleinen Kulturzentren zu erhalten und zu
ſtärken. Wenn wir die Akademie Münden nach Ebers⸗
walde verlegen, ſo wird ſie eigentlich praktiſch nach
Berlin verlegt, d. h. es wird dem Moloch von Berlin
ein neues Opfer gebracht. Ich meine, wir müſſen da⸗
für forgen, daß die Provinzen möglichſt das ihrige
behalten. Nun iſt von der Kommiſſion zugegeben,
daß die Mittel nicht ausreichen. Ich glaube aber, die
Beſchaffung der Mittel läßt fih doch vielleicht fo er:
möglichen, daß beide Hochſchulen in gleicher Weiſe aus⸗
geſtattet werden. Preußen hat in den Jahren nach
1807 zwei bis drei Hochſchulen errichtet. Ich glaube,
es wird auch nach dieſem Kriege, wie er auch ausfallen
möge, die nötigen Mittel haben, die Hochſchulen genügend
zu dotieren. In dieſem Sinne bitte ich, die Petition der Kgl.
Staatsregierung zur Berückſichtigung zu überweiſen.
Miniſter für Landwirtſchaft, Domänen und For⸗
ften, Dr. Freiherr von Schorlemer: M. H.!
Ich habe bereits im vorigen Jahre im Abgeordneten⸗
hauſe, wo ebenfalls die Wünſche der Stadt Münden
zur Sprache gebracht worden find, der Anſicht Aus⸗
druck gegeben, daß die Frage der Aufhebung der Forſt⸗
akademie Münden in dieſem Augenblicke keineswegs
akut iſt. Das Gleiche habe ich einer Abordnung der
Stadt Münden am 2. Juni 1916 eröffnet, die eben⸗
falls bei mir war, um ihre Gründe gegen die Auf⸗
hebung der Akademie geltend zu machen. Ich möchte
dieſelbe Anſicht auch heute hier vertreten, glaube aber
doch mit einigen Worten darauf eingehen zu müſſen,
warum überhaupt die eventuelle Aufhebung der Aka⸗
demie Münden zur Sprache gekommen iſt. Wir haben
in Preußen gegenwärtig zwei höhere forſtwirtſchaftliche
Anſtalten, die Akademien zu Eberswalde und zu
Münden. Die Akademie Münden iſt erſt nach dem
Jahre 1866 errichtet worden. Beide Lehranſtalten
erfordern ſoviel Lehrkräfte, daß im Durchſchnitt auf
etwa 5,5 Schüler ſchon ein Lehrer entfällt. Es liegt
auf der Hand, daß es nicht ganz leicht iſt, die not⸗
wendigen und vor allem tüchtige Lehrkräfte für zwei
Forſtakademien zu beſchaffen, zumal die Herren von
der grünen Farbe bei aller Tüchtigkeit und allem
Wiſſensdrang im großen und ganzen ſich ſehr ungern
von ihrem Walde trennen und von der praktiſchen
Tätigkeit einem mehr wiſſenſchaftlichen Berufe wieder
zuwenden.
225
168
Außerdem darf nicht außer acht gelaffen werden,
daß die Dozenten an einer Forſtakademie, wenn fie
Hervorragendes leiſten, in der Regel auch ein weiteres
und größeres Arbeitsfeld erſtreben daß die Ausſicht,
ordentlicher Profeſſor an einer Univerſität zu werden,
manchen verlockt, im Laufe der Zeit die Forſtakademie
zu verlaſſen.
Das ſind zweifellos Erwägungen, die mich genötigt
haben, die Frage der Beibehaltung der Forſtakademie
Münden zu prüfen, in dem Augenblicke, wo der ver⸗
diente Direktor der Akademie auf dem Felde der Ehre
gefallen war. Es kommt hinzu, daß ſowohl in der
forſtlichen Literatur), wie auch anderwärts wiederholt
die Frage zur Sprache gebracht worden iſt ob ſich die
Beibehaltung der Forſtakademien in ihrer jetzigen Ein⸗
richtung als geſchloſſene Lehranſtalten empfiehlt, ob
nicht manches dafür ſpricht, die jungen Forſtkandidaten
auch dem allgemein wiſſenſchaftlichen Univerſitätsunter⸗
richt näher zu bringen. Und ſo hat ſich denn auch
die Frage erhoben, ob nicht vielleicht den dahingehen⸗
den Wünſchen dadurch entgegen zu kommen ſei, daß
eine engere Verbindung der Akademie Münden mit
der Univerſität Göttingen herbeigeführt oder auch an
der Univerſität Göttingen forſtlicher Unterricht einge⸗
richtet würde. Alles, was ich hier angeführt habe,
ſind Erwägungen, und ich kann auch heute nur noch⸗
mals dasſelbe, was ich bereits der Abordnung der
Stadt Münden erklärt habe, wiederholen: daß näm⸗
lich eine Verlegung der Forſtakademie
Münden weder während des Krieges noch
ſofort nach dem Kriege in Frage kommt,
und daß fie keineswegs eher in beſtimmte
Ausſicht genommen werden wird, bis die
Stadt Münden einen Erſatz für die Aka⸗
demie erhalten kann. Es könnte in dieſer Be⸗
ziehung die Verlegung einer anderen Anſtalt nach
Münden, die Verſtärkung der Garniſon oder anderes
mehr in Frage kommen.
Bei dieſer Stellungnahme der Staatsregierung bin
ich der Meinung. daß es nicht notwendig wäre, ihr
die hier vorgelegte Petition zur Berückſichtigung zu
überweiſen. Denn Sie werden kaum den Standpunkt
einnehmen wollen, daß unter allen Umſtänden daran
feſtgehalten werden muß, die Forſtakademie in der
Stadt Münden zu belaſſen. Eins will ich ja aller⸗
dings zugeben, daß der Weſten der Monarchie ein
großes Intereſſe daran hat, daß die Söhne der Ya:
milien, welche ſich dem Forſtfach widmen, die Mög⸗
lichkeit haben, in größerer Nähe ihrer Heimat den er⸗
forderlichen Unterricht zu erhalten. Aber dieſem
1) Auch in dieſem Blatte ift die Frage, ob Forſtakademie
oder Univerſitat mehrfach zu Ganften der Univerſität beanis
wortet worden.
Wunſche würde auch dann Rechnung getragen werden,
wenn an einer Univerſität des Weſtens forftlicher
Unterricht erteilt werden könnte. M. H.! ich glaubt
Sie werden unter dieſen Umſtänden den Wünjhen det
Stadt Münden auch dann gerecht, wenn Sie Ihrer:
ſeils beſchließen, die hier vorgelegte Petition der Rol
Staatsregierung als Material zu überweiſen.
Die Frage der weiteren Entwicklung der tort:
akademien, ihrer Einſchränkung und ihrer eventuellen Bn:
legung wird ja auch weiter Gegenſtand der Distuion
bleiben. Ich kann nur nochmals betonen, daß ein
entſcheidende Stellungnahme der Staatsregierung un
der landwirtſchaftlichen Verwaltung noch nicht erfol!
iſt, und daß wir jederzeit dankbar für weitere Rat
ſchläge und ebenſo für die Geltendmachung weitern
Wünſche ſein werden.
von Buch: M. H.! Mit Rückſicht auf die Aus: |
führungen des Herrn Miniſters und mit Ridid:
darauf, daß nach feiner eigenen Erklärung die Gr:
ſcheidung keine Eile hat, ſchlage ich Ihnen vor, dit
Angelegenheit zur ſchriftlichen Berichterſtattung an de
Kommiſſion zurück zu verweilen, damit Gelegentbe:
wird, die einzelnen Geſichtspunkte noch einmal er:
gehend in der Rommiffion zu prüfen.
Hierauf beſchließt das Herrenhaus, die Petition a
die Kommiſſion zur ſchriftlichen Berichterſtattung zu
rid zu verweiſen.
Ueber dieſen zu erwartenden Kommiſſionsbencht
wird fpäter weiter berichtet werden.
Die gleiche Frage hat dann im März 1917 bi
Preuß. Abgeordnetenhaus beſchäftigt.
Nachdem die Abgeordneten v. der Groeber
(fonj.), von Dietz (konſ.), Frhr. v. Wolff⸗Met
ternich (Zentr.), Dr. Bredt (freikonſ.), Bier:
dorff (nat.⸗lib.) die Erhaltung der Akademie Mir
den warm befürwortet hatten, äußerte fih der Cher
landforſtmeiſter v. Freier hierüber in folgender
Weiſe:
„Die Frage, in welcher Weiſe der forſtliche Unter:
richt am zweckmäßigſten zu geſtalten fein mödte, if
von jeher eine außerordentlich umſtrittene Streitfrage
geweſen, die alle beteiligten Gemüter ſtets lebhuf
bewegt hat. Es gibt kaum eine Frage, über die 1
viel geſchrieben, beraten und geſprochen worden it
Bereits i. J. 1874, auf der Verſammlung Dentfder
Forſtmänner in Freiburg, hat die damalige Berjamm
lung mit ſtürmiſcher Begeifterung fih dafür ausge
ſprochen, daß der forſtliche Unterricht von den Alo:
demiey fort auf die Univerſitäten zu verlegen fet, und
i. J. 1907 auf der Verſammlung des Deutſchen dort:
vereins ſtand dasſelbe Thema auf der Tagesordnung:
die Verſammlung hat auch dort mit erdrückenden
Majorität eine Reſolution angenommen, nach der der
169
geſamte forſtliche Unterricht nicht auf den ifolierten
Fachſchulen, ſondern auf den Univerſitäten ſtattzu⸗
finden habe. Auch innerhalb der preußiſchen Forſt⸗
verwaltung iſt dieſe Frage eigentlich nie von der
Tagesordnung verſchwunden. Nach dem Tode des
Landforſtmeiſters Danckelmann, des langjährigen Di⸗
rektors der Forſtakademie Eberswalde, hat eine Be⸗
ratung hier ſtattgefunden, an der die höchſten Forſt⸗
verwaltungsbeamten und Männer der Wiſſenſchaſt,
im ganzen 18 Perſonen teilgenommen haben. Bei
dieſer Beratung hat fih nur eine verſchwindend kleine
Minderheit für die Beibehaltung der iſolierten Forſt⸗
akademien ausgeſprochen; bei weitem die größte Mehr⸗
zahl und beinahe alle maßgeblichen Stimmen find für
den Univerſitätsunterricht eingetreten. Nur eine ein⸗
zige Stimme, der damalige Direktor der Forſtakademie
Münden, ſprach ſich für Beibehaltung beider Akademien
aus. Auf dem Standpunkt der Majorität haben
meine Amtsvorgänger, der Oberlandforſtmeiſter Donner
und der Oberlandforſtmeiſter Weſener geſtanden. Ich
ſtehe auf demſelben Standpunkt. Die ſämtlichen Forſt⸗
beamten des Miniſteriums haben die gleiche Anſicht
und ebenſo eine ſehr große Zahl der preußiſchen Forſt⸗
verwaltungsbeamten. Als daher der verdiente Direktor
der Forſtakademie Münden, Oberforſtmeiſter Fricke,
auf dem Felde der Ehre gefallen war, hat die Staats⸗
forſtverwaltung fih für verpflichtet gehalten, diefe
Frage von neuem zu prüfen. Der Herr Miniſter iſt
bei dieſer Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, daß
es zur Zeit nicht angezeigt erſcheine, der Auflöſung
der Akademie Münden näher zu treten, hauptſächlich
aus dem Grunde, weil ſich zur Zeit nicht annähernd
überſehen läßt, wie ſich die Verhältniſſe nach dem
Kriege geſtalten werden. In dieſem Sinne hat der
Herr Miniſter auch die Deputation der Stadt
Münden beſchieden und ihr die Zuſicherung gegeben,
daß während des Krieges und auch während der
nächſten Zeit nach dem Kriege die Auflöfung der
Forſtakademie Münden nicht in Ausſicht genommen
ſei. Hiernach war m. E. auch die Petition der Stadt
Münden tatſächlich als erledigt anzuſehen. Die Sach⸗
lage war dieſelbe wie früher, und ich glaube nicht,
daß dieſes Hohe Haus aus Anlaß dieſer Petition grund⸗
ſätzlich zu der Frage, wie für alle Zukunft der forſt⸗
liche Unterricht zu organiſieren iſt, hat Stellung
nehmen wollen. Ich kann verſichern, daß, wenn ſpäter
einmal die Entſcheidung fallen wird, die Staatsforſt⸗
verwaltung lediglich dabei von dem Streben geleitet
ſein wird, unſerem jungen Forſtnachwuchs die denkbar
befte und vollkommenſte wiſſenſchaftliche und fachliche
Ausbildung zu geben, um ſie für ihren ſchönen, aber
auch verantwortungsvollen Beruf vorzubereiten.
Aus der Preußiſchen Rorjtuerwaltung.
Anfuhr des Gruben- uſw. holzes.
1. In einer an die Regierungspräfidenten gerichteten
Allgemeinen Verfügung vom 3. November 1916 weiſt
der Reichskanzler auf die Klagen der holzverbrauchenden
Induſtrien über Holzknappheit hin, die vornehmlich
durch den Mangel an Geſpannen zur Abfuhr des
Holzes begründet ſeien. Ein Verſagen in der Abfuhr
würde unabſehbare Folgen haben, da es im ſtaatlichen,
beſonders im militäriſchen Intereſſe dringend erforder⸗
lich ſei, große Mengen von Holz zum Bau von Unter⸗
ſtänden uſw., zur Gewinnung von Zellſtoff und Papier
und insbeſondere zu Grubenzwecken zur Verfügung zu
haben. Die Bedeutung der reichlichen Förderung von
Kohle bedürfe keiner weiteren Ausführung; es brauche
nur darauf hingewieſen zu werden, daß im Intereſſe
der Bereitſtellung ausreichender Munitionsmengen er⸗
heblich größere Mengen Kohle als bisher gefördert
werden müßten. Zur Regelung der Grubenholzfrage
ſeien die Holzbeſchaffungsſtellen Oſt in Kattowitz und
Weſt in Eſſen tätig. Die Bemühungen der Gruben⸗
holzfirmen, Privatfuhrwerk zu erlangen, ſeien früher
auf außerordentliche Schwierigkeiten geſtoßen. Eine
Beſſerung ſei eingetreten, als das Kriegsminiſterium
Kommandos mit Geſpannen zur Grubenholzförderung
zur Verfügung geſtellt habe. Da der erhöhte Bedarf
der Front jedoch in Kürze die Zurückziehung der Pferde
erforderlich mache, ſo ſei mit der Rückkehr der früheren
Verhältniſſe zu rechnen, wenn es nicht gelänge, durch
Einwirkung auf die Fuhrhalter die ausreichende Ge⸗
ſtellung von Geſpannen herbeizuführen. Es ſolle nicht
verkannt werden, mit welchen Schwierigkeiten die Privat⸗
fuhrwerksbeſitzer zurzeit zu kämpfen hätten. Anderer⸗
ſeits werde es bei gutem Willen der Beteiligten und
bei verſtändnisvoller Aufklärung über die hohe Be-
deutung der Angelegenheit vielfach gelingen, auch ohne
geſetzlichen Zwang und ohne Eingreifen der Militär⸗
behörde darauf hinzuwirken, daß die erforderlichen Ge⸗
ſpanne geſtellt werden. Insbeſondere werde es den
örtlichen Verwaltungsbehörden, die in enger Fühlung
mit den Landesbewohnern ſtehen, möglich ſein, die Ge⸗
meinden oder die Gemeindevorſteher darüber aufzu⸗
klären, wie notwendig eine geregelte Grubenholzabfuhr
zur Aufrechterhaltung der für die militäriſchen, hin⸗
ſichtlich der Gewinnung von Nebenprodukten aber auch
für die landwirtſchaftlichen Intereſſen überaus wich⸗
tigen Kohlenförderung ſei und daß dringende vater⸗
ländiſche Intereſſen es jedem Beſitzer von tauglichen
Geſpannen zur Pflicht machten, dem Anſuchen der
Grubenholzfirmen, Pferde und Wagen zur Verfügung
zu ſtellen. entgegenzukommen. Von beſonderem Werte
würde es fein, wenn auf die Aufgaben der Hok-
170
beſchaffungsſtellen Oft und Weit hingewieſen und ver⸗
fügt würde, daß man den Mitteilungen und Anträgen
dieſer Stellen Gehör und Beachtung ſchenken ſolle.
Einwendungen der Pferdehalter, daß die Tiere unter⸗
ernährt ſeien und geſchont werden müßten, würden
die örtlichen Behörden zu beurteilen am beſten in
der Lage ſein. Ebenſo würde es ihnen möglich ſein,
bei zu hohen Preisforderungen der Pferdehalter aus⸗
gleichend einzugreifen.
2. Abſchrift dieſer Verfügung überſandte hierauf
der Miniſter für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten
unter dem 4. Dezember 1916 den Regierungen mit
dem Erſuchen, die für die Holzabfuhr in Betracht
kommenden Geſpannhalter durch die nachgeordneten
Behörden und Beamten, durch die Tagespreſſe uſw.
darüber belehren zu laſſen, welche verhängnisvollen
Folgen für die Kriegsführung ſowohl wie für die ge⸗
ſamte Volkswirtſchaft es nach ſich ziehen müſſe, wenn
ſie ſich der vaterländiſchen Pflicht entziehen wollten,
für die Heranſchaffung des nötigen Holzes aus dem
Walde zu den Verbrauchsſtellen nach Kräften ſich ein⸗
zuſetzen. Es ſei hierbei mit Nachdruck darauf hinzu⸗
weiſen, daß Zwang ausgeübt werden müſſe, wenn die
gutwillige Hergabe der Geſpanne für die Holzabfuhr
wider Erwarten nicht ſollte erreicht werden. Von
beſonderer Wichtigkeit ſei die regelmäßige und recht⸗
zeitige Heranſchaffung des Grubenholzes für den Kohlen⸗
bergbau. Mangel an Grubenholz bedeute Aufhören
der Kohlenförderung und Mangel an Kohlen die Un⸗
möglichkeit weiterer Kriegführung, die Zerrüttung der
deutſchen Volkswirtſchaft. Wegen der Bereitſtellung
ausreichender Futtermittel für die zur Holzabfuhr
bereitgeſtellten Pferde ſeien Verhandlungen mit dem
Kriegsernährungsamt eingeleitet. Es ſei zu hoffen,
daß auch die in Frage kommenden Königl. Domänen⸗
pächter ſich nach Möglichkeit an der Holzanfuhr be⸗
teiligen, und daß die Forſtbeamten ſich als Vermittler
zwiſchen Geſpannhaltern und Holzkäufern erfolgreich
betätigen würden. In vielen Fällen habe es ſich als
zweckmäßig erwieſen, daß die zuſtändigen Revierver⸗
walter ſchon vor dem Verkaufe des Holzes Verein⸗
barungen mit den Geſpannhaltern über die Fuhrlöhne
getroffen und bei Eröffnung der Verkaufstermine den
Käufern die zur Abfuhr bereiten Perſonen und deren
Forderungen genannt hätten.
3. In einem dem vorſtehenden Erlaſſe beigefügten
Flugblatte wird auf alles das hingewieſen, was
aus der Kohle gewonnen wird, um hierdurch zu be—
weiſen, wie unendlich wichtig der Bergwerksbetrieb und die
Beſchaffung des hierzu erforderlichen Grubenholzes iſt.
Mit dem aus der Kohle erzeugten Koks würden
Eiſen und Stahl bereitet, die zur Herſtellung von
Geſchützen, Gewehren, Schiffen, Munition und all ber
Kriegsgerät in tauſendfacher Geſtalt dienten, ohne ba:
die Niederringung unſerer Feinde unmöglich fei. Fu
Pech diene neben anderen Verwendungszwecken zur
Herſtellung von Briketts zur Heizung von Lokomotiven,
ſowie zur Fabrikation von Dachpappe für die Schützen;
graben und Unterſtände. Die Teeröle bildeten en
unſchätzbares Kraftmittel für Motoren und würden in
weitgehendem Maße in der Kriegsmarine angewnr,
Das Benzol fet neben Spiritus der einzige zur Xr
fügung ſtehende Erſatz für Benzin und diene als X:
triebsmittel der Laſtkraftwagen, die den Truppen i
die entlegenſten Gebirgswinkel folgten und ihnen Leber
mittel und Munition nachführten.
werde jener wirkſame Sprengſtoff bereitet, der yr
Füllung der Granaten Verwendung finde. Aus der.
Gas werde neben anderen Stoffen, deren die Spreng:
ſtoffinduſtrie bedürfe, das ſchwefelſaure Ammo:
niat gewonnen, jenes ſtickſtoffhaltige Dingemitt:.
ohne welches es den Engländern ein Leichtes gewe
wäre, das deutſche Volk trotz ſeiner glänzenden mi:
täriſchen Erfolge durch Hunger in die Knie zu zwinge
Ferner bilde die Kohle das wichtigſte Mittel, mit dr
wir aus den neutralen Staaten unentbehrliche Ne:
rungs- und Futtermittel im Austauſch beziehen könnte
uſw.
* *
Holzabfuhr.
In einem Runderlaß vom 8. Januar 1917 werde
die Landwirtſchaftskammern von dem Landwirtſchafk
miniſter erſucht, bei der künftigen Verteilung X:
von ihm überwieſenen und zur Verwendung bei &
Holzabfuhr geeigneten Militär- und anderen Pii?
ſolche in der Nähe des Waldes wirtſchaftende Lot
wirte vorzugsweiſe zu berückſichtigen, die durch de
ſcheinigung des zuſtändigen Landrates oder eines könn
lichen Oberförſters nachweiſen. daß in ihrer Seger
dringender Bedarf an Geſpannen für die Holzabit:
vorliegt, und zugleich der Landwirtſchaftskammer gegi"
über die Verpflichtung eingehen, mit den erhaltenen
Pferden fih wenigſtens bis zur Beſtellzeit nach Kräfte
an der Holzabfuhr zu beteiligen. Die Namen der \
verpflichteten Landwirte und die Zahl der ihnen iter
wieſenen Pferde find alsbald dem zuſtändigen Lar
rat mitzuteilen und von dieſem im Kreisblatt un
Mitteilung der von den Empfängern übernommene
Verpflichtung öffentlich bekannt zu machen.
— — : —
Aus Tolu
—
Ferner benachrichtigt das Landwirtſchaftsminiſterun;
unter dem gleichen Datum die Regierungen, daß ®
vorausſichtlich in den nächſten Monaten in der Sag i
fein werde, zur Holzabfuhr geeignete Pferde unmittee
bar von Berlin aus auf Antrag der Staatéforfe
waltung an ihm namhaft gemachte zuverläſſige Ge
171
ſpannhalter, die ſich zur Uebernahme von Holzfuhren
der Forſtverwaltung gegenüber verpflichtet haben, zu
überweiſen.
**
* *
Holzab fuhr.
Unter dem 9. Januar empfiehlt der Landwirt⸗
ſchaftsminiſter den Kgl. Regierungen, ſich zur Hebung
der der Holzabfuhr entgegenſtehenden Schwierigkeiten
erforderlichenfalls an das zuſtändige ftellvertr. General:
kommando mit dem Erſuchen um möglichfte Förderung
der Holzabfuhr durch Geſtellung von Pferden und
Kraftwagen der Heeresverwaltung zu wenden. Nament⸗
lich bei den Hölzern, an deren Lieferung die Heeres⸗
verwaltung wegen ihrer Verwendung für Kriegszwecke
ein unmittelbares Intereſſe habe, werde ſolche Hilfe
erwartet werden können. Wenn nach Lage der Ver⸗
hältniſſe die rechtzeitige Abfuhr von ſolchem Holze auf
keine andere Weiſe zu erreichen ſei, dann ſei bei dem
zuſtändigen ſtellvertr. Generalkommando der Erlaß
einer Verordnung zu beantragen, durch den geeigneten
Geſpannhaltern unter Zwangsandrohung eine Ver⸗
pflichtung zur Bereitſtellung ihrer Pferde für die Holz⸗
abfuhr auferlegt werde. Da Anordnungen dieſer Art
wegen der auf die Landwirtſchaft zu nehmenden Rück⸗
ſicht nur bis zum Eintritt der Beſtellungszeit in Kraft
bleiben könnten, ſei gegebenen Falls der Erlaß ſolcher
Verordnungen mit der größten Beſchleunigung in die
Wege zu leiten.
* ü %
Förderung des Holzeinſchlags und der
Holzabfuhr.
Das Miniſterium für Landwirtſchaft, Domänen
und Forſten benachrichtigte durch Erlaß vom 18. Januar
1917 die Kgl. Regierungen, daß von dem Kriegs⸗
miniſterium unter dem 8. Januar 1917 an die ſtell⸗
vertr. Generalkommandos, die Kgl. Inſpektion des
Kraftweſens und die Kgl. Inſpektion der Eiſenbahn⸗
truppen verfügt worden ſei, daß mit Rückſicht auf die
beſtehende Holzknappheit für die Monate Januar,
Februar und März folgende Maßnahmen zu treffen
ſeien:
1. Allgemein.
Jeder Einſchlag und jede Abfuhr von Nutzholz
gelten bis auf weiteres als dringende Kriegsnotwen⸗
digkeit, ohne daß es im Einzelfall des Nachweiſes be⸗
darf, daß und wie ſie Heereszwecken dienen.
2. Förderung des Nutzholzeinſchlages.
a) Alle nicht kriegsverwendungsfähigen Holzhauer,
einſchließlich der Vorarbeiter, find erforderlichenfalls
für den Nutzholzeinſchlag nach Prüfung des Bedarfs
freizugeben.
b) Kriegsgefangene ſind für den Nutzholzeinſchlag
vorzugsweiſe zu ſtellen. Den einſchlägigen Anforde⸗
rungen der Forſtverwaltung uſw. iſt in weiteſtem Maß
zu eniſprechen. Eingearbeitete Kriegsgefangene find den
Arbeitgebern auch dann zu belaſſen, wenn die Arbeits⸗
ſtelle nach Abholzung eines Reviers in das Gebiet
einer anderen als der geſtellenden Militärbehörde
(innerhalb oder außerhalb des Korpsbereichs) verlegt
wird, ſoweit an der neuen Stelle die erforderlichen
Arbeiskräfte fehlen.
c) An Stelle der gegenwärtig nur in ſehr ge⸗
ringem Umfange zur Verfügung ſtehenden Kriegs⸗
gefangenen iſt mit allen Mitteln auf die Verwendung
abgeſchobener belgiſcher Arbeitsloſer hinzuwirken.
3. Förderung der Nutzolzabfuhr.
a) Für die Nutzholzabfuhr ſind in erſter Linie alle
irgendwie verfügbaren Zivilgeſpanne heranzuziehen.
Wo der Bedarf auf dieſe Weife nicht gedeckt werden
kann und die dienſtlichen Verhältniſſe es zulaſſen, ift
durch Ausleihen von Pferden in weitgehendſtem Maße
auszuhelfen.
b) Die Aushebung der zur Nutzholzabfuhr bereits
verwandten oder nachweisbar verpflichteten Geſpanne
hat bis 31. März 1917 zu unterbleiben. Den Be⸗
ſitzern iſt für dieſe Geſpanne die Auflage beſtimmter
Mindeſttagesleiſtungen in der Nutzholzabfuhr zu machen.
c) Den Anforderungen der Geſpannhalter auf Frei⸗
gabe nicht kriegsverwendungsfähiger Holzfuhrleute für
die Nutzholzabfuhr iſt in weiteſtem Maße zu ent⸗
ſprechen.
d) Die Nutzholzkaͤufer find in der Anwerbung
privater Geſpanne nachdrücklich zu unterſtützen, indem
die Geſpannhalter auf den Charakter der Fuhrleiſtung
als einer Tatigkeit im Sinne des Geſetzes über den
vaterländiſchen Hilfsdienſt in geeigneter Weiſe hinge⸗
wieſen werden; das Zuſtandekommen freier Verein⸗
barung zwiſchen Holzkäufern und Geſpannſtellern iſt
zu vermitteln, bei ungerechtfertigter Verweigerung des
Spanndienſtes aber die Fuhrleiſtung nach Maßgabe
des Geſetzes über die Kriegsleiſtungen vom 13. Juni
1873 § 3 Ziffer 5 und 6 zu fordern. Dieſer Spann-
dienſt muß während der bis zum Beginn der Früh-
jahrsbeſtellung noch verbleibenden Zeit unter allen
Umſtänden in großem Maße arbeiten.
e) Soweit die Geſpanne nicht ausreichen, kommt
weitgehende Verwendung von Dampf- und ſonſtigen
Kraftwagen in Frage. Ankauf und Anmietung von
Laftkraftwagen ift u. a. bei der Feldkraftwagen⸗Aktien⸗
geſellſchaft, Berlin, Unter den Linden 34, möglich, die
im Auftrage der Heeresverwaltung die aus dem Felde
zurückkehrenden Laſtkraftwagen inſtand ſetzt und ver⸗
wertet. Für die zur Holzabfuhr eingeſtellten Laſt⸗
kraftwagen iſt die Notwendigkeit der Abgabe genügen⸗
der Betriebsſtoffe (Oel, Benzol uſw.) anzuerkennen
172
Wo Betriebsſtoffe im freien Handel nicht erhältlich, ift
die Inſpektion des Kraftfahrweſens um Aushilfe anzu⸗
gehen. Maßnahmen, durch die der Verkehr der Laſt⸗
kraftwagen ſachwidrig erſchwert wird, ſind, ſoweit es
die Verkehrsverhältniſſe irgendwie geſtatten, außer
Kraft ſetzen zu laſſen.
f) Bau und Betrieb von Nutzholzabfuhrbahnen
ſind zu unterſtützen. Förderbahnmaterial kann, wenn
es im freien Handel nicht erhältlich iſt, bei der In⸗
ſpektion der Eiſenbahntruppen erbeten werden, die nach
Möglichkeit aus eigenen Beſtänden verkaufen oder noch
verfügbare Landesbeſtände nachweiſen wird. Bei Be⸗
-ſchaffung neuen Materials iſt Bezugsſchein der In⸗
ſpektion für die Lieferfirmen notwendig. Die Not⸗
wendigkeit zur Abgabe genügender Betriebsſtoffe iſt
anzuerkennen.
Der Landwirtſchaftsminiſter empfiehlt von dieſem
dankenswerten Entgegenkommen des Kriegsminiſters
in jeder möglichen Weiſe zur Förderung von Holz⸗
einſchlag und Holzabfuhr Gebrauch zu machen.
Zur Förderung der Holzabfuhr hat das Stell⸗
vertretende Generalkommando des XVIII. Armeekorps
unter dem 24. Januar 1917 folgende Verordnung
erlaſſen:
„Auf Grund des § 9b des Geſetzes über den Be:
lagerungszuſtand vom 4. Juni 1851 beſtimme ich für
den mir unterſtellten Korpsbezirk:
Bis zum 15. März d. J. find Fuhrwerksbefitzer,
die mindeſtens 2 Pferde haben, auf Aufforderung ihrer
Polizeibehörde verpflichtet, für von dieſer ihnen be⸗
zeichnete Geſchäfte oder Perſonen — gleichgiltig, wo
letztere ihren Sitz haben bezw. wohnen — Holz aus
den benachbarten Wäldern anzufahren.
Ueber Beſchwerden wegen der Aufforderung ſelbſt
entſcheidet endgültig die untere Verwaltungsbehörde
(Landrats⸗ bezw. Kreisamt).
Die Vergütung für die Holzanfuhr iſt ausſchließ⸗
lich Sache der Vereinbarung zwiſchen den Fuhrwerks⸗
befigern und denjenigen, für welche die Anfuhr des
Holzes erfolgt, event. der richterlichen Feſtſetzung, je⸗
doch hat die Geſtellung des Fuhrwerks zu erfolgen
ohne Rückſicht auf eine etwa eingelegte Beſchwerde oder
eine vorherige Regelung der Vergütung.
Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bis zu
einem Jahre, beim Vorliegen mildernder Umſtände
mit Haft oder Geldſtrafe bis zu 1500 Mk. beſtraft.
Der ſtellvertr. Kommandierende General.“
Unter dem 24. April iſt dieſe Verordnung durch
eine Verordnung des gen. Generalkommandos ergänzt
worden, welche beſtimmt:
1. Halter von Pferden-, Ochſen⸗ und Kuhfuhr⸗
werken ſind verpflichtet, auf ſchriftliche Aufforderung
des für ihren Wohnort zuſtändigen Holzabfuhraus⸗
|
ſchuſſes für jeden ihnen von dem Holzabfuhrausſchuß |
bezeichneten Auftraggeber die jemeils beſtimmten Mer:
gen Nutzholz (auch Acetonholz) zu den feſtgeſetzter
Zeiten nach den ihnen bezeichneten Orten abzufahren.
Wagenbeſitzer find in gleicher Weiſe verpflichtet, ihr:
zur Holzabfuhr geeigneten Wagen zur Verfügung zu
ſtellen.
2. Jede männliche Perſon iſt verpflichtet, auf Aui:
forderung des für ihren Wohnort zuſtändigen Hol:
abfuhrausſchuſſes gegen den ortsüblichen Lohn be den
Abfuhr von Holz aus den Wäldern inſoweit mit:
wirken, als es ohne weſentliche Schädigung ihrer ng:
nen Verhältniſſe geſchehen kann.
3. Gegen die Heranziehung durch den Holzabful:
ausſchuß ſowie gegen die Höhe der von dieſem ft:
ſetzenden Vergütung ſteht die Beſchwerde zu, die ker
aufſchiebende Wirkung hat. Ueber die Beſchwerde er:
ſcheidet endgültig der Landrat, bezw. in Stabthei |
der Regierungspräſident.
4. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis ki
zu einem Jahr, beim Vorliegen mildernder Umar
mit Haft oder Geldſtrafe bis 1500 Mk. beſtraft.
5. Die Holzabfuhrausſchüſſe werden in Pree
von den Regierungspräſidenten, in Heſſen vom Viz
ſterium des Innern in Darmſtadt gebildet.
In Preußen beſteht der Holzabfuhrausſchuß an
dem Staats-, Gemeinde: oder Privat⸗Oberförſter de
Waldes, in dem das abzufahrende Holz lagert, di
Vorſitzenden und dem Bürgermeiſter der Gemein
des Wohnorts deffen, der zur Holzabfuhr in Anipı:
genommen wird, als Beiſitzer. Bei Meinungsverſchieder
heiten zwiſchen dem Vorſitzenden und dem Beifiger tt |
des Erſteren Entſcheidung maßgebend, dem Berg
ſteht aber das Recht der Beſchwerde an den Lu
rat zu.
Aehnliche Verordnungen find auch ſeitens anden
Stellvertr. General⸗Kommandos erlaſſen worden.
Holz zur Herſtellung von Gewehr
ſchäften.
Das Kriegsminiſterium teilt unter dem 28. 2r
zember 1916 dem Landwirtſchaftsminiſterium mit, dal
noch große Mengen Rotbuchen und Birkenholz zu:
Herſtellung von Gewehrſchäften erforderlich ſeien un
erſucht um Angabe, welche Mengen ſolchen Holzes bi
Ende März 1917 zur Verfügung geſtellt werte i
können. Es ſei bereit für Buchenholz 60 Mk. für ht
Feſtmeter der Klaſſe A 1, 50 Mk. je Feſtmeter Klit
A2, 40 Mk. je Fm. Klaſſe AB und 30 Mt. je an.
Klaſſe A 4 frei Wald zu zahlen. Die gleichen Prev
könnten für Holz der B-Klaſſe gelten, für Birken
ſtammholz erſcheine ein Durchſchnittsſatz von 40 N.
je Feſtmeter angemeſſen. Die Abfuhr des Holze
173
werde von der Kgl. Gewehrfabrik Erfurt veranlaßt
werden.
Das Holz müſſe folgende Eigenſchaften haben:
1. Beſchaffenheit.
a) Birke: Sämtliches Holz iſt äußerlich aſtrein
auszuhalten, jedoch können nach dem Zopfende hin
und wieder kleinere geſunde Aeſte vorhanden ſein. Im
allgemeinen müſſen die Stämme gerade gewachſen ſein.
Geringe Krümmung iſt nur am Stammende zuläſſig.
Sumpfbirken oder am Waſſer gewachſene ſowie ge⸗
dreht gewachſene Stämme ſind von der Annahme aus⸗
geſchloſſen. Bei Stämmen mit einem Mittendurch—
meſſer von 35 em aufwärts iſt geringer brauner, je⸗
doch geſunder Kern zuläſſig. Schwächere Stämme
müſſen weißkernig ſein. Stämme mit Längsriſſen und
Abſplitterungen ſind unbrauchbar.
b) Rotbuche: Sämtliches Holz muß im allge:
meinen der A-Klaſſe angehören. Die Stämme müſſen
gerade gewachſen ſein. Aus der B-Klaſſe kommt Holz
nur ausnahmsweiſe zur Abnahme, ſofern es geſund
und nur mit wenigen, weit auseinanderliegenden Aeſten
behaftet iſt. Stämme unter 40 em Durchmeſſer dürfen
keinen roten Kern haben; bei ſtärkeren Stämmen iſt
geringer geſunder Kern zuläſſig.
2. Länge des Holzes.
Die Stammenden müſſen mindeſtens 1,30 m lang
ſein. Im allgemeinen ſind ſie in einer Länge von
4,20 - 4,40 m auszuhalten. Falls es die äußere Be-
ſchaffenheit des Holzes bedingt, kann das Holz auch
in anderen Abmeſſungen, jedoch nicht unter 1.30 m
Länge ausgehalten werden.
3. Durchmeſſer der Stämme. Die Stämme
mit ſtärkſtem Durchmeſſer ſind die brauchbarſten. Der
Mindeſtdurchmeſſer ift ſür Birkenholz 33 em in der
Mitte des Stammes, 30 em am Zopfende, für Rot⸗
buchenholz 35 em bezw. 30 em.
*
* *
Buchenholz zur Herſtellung von Fäſſern.
Der Verein oſtdeutſcher Holzhändler führt Klage
über den Mangel an Buchenholz zur Herſtellung von
Jäſſern. Es jet zu befürchten, daß bedenklicher Mangel
an Fäſſern zur Beförderung der wichtigſten Lebens⸗
mittel für Heer und Volk einträte. Auch der Präfident
des Kriegsernährungsamtes macht darauf aufmerkſam,
daß die Faßverſorgung in Frage geſtellt werde, wenn
Mangel an Holz für die Faßanfertigung einträte.
Ebenſo bezeichnet die Reichsſtelle für Speiſefette den
Mangel an Faßholz als groß.
Hierdurch veranlaßt erſucht der Landwirtſchafts⸗
miniſter durch Erlaß vom 26. Januar 1917 die Regie⸗
rungen, dafür zu ſorgen, daß in den Buchenſchlägen
tunlichſt Faßholz ausgehalten werde. Der Hieb ſolchen
1917
Holzes werde ſich vorausſichtlich bis zum Sommer hin⸗
ziehen laſſen.
Bei freihändigem Verkauf von Faßholz im Betrage
von mindeſtens 100 fm in einer Oberförſterei jet zur
Bedingung zu ſtellen, daß das Holz bei Vermeidung
einer Vertragsſtrafe von 20 Mk. je Feſtmeter tatſäch⸗
lich zur Faßanfertigung verwendet werde, daß die Fabrik
ſich hierüber einer Kontrolle des Kriegsernährungs⸗
amtes unterwerfe und dieſes auch darüber Beſtimmung
zu treffen habe, zu welchen Verwendungszwecken (Butter-,
Marmelade⸗, Margarine⸗Verſand uſw.) die Fäſſer ab:
gegeben würden.
x
* *
Anerkennung der Forſtſchutzbeamten als
Schwerarbeiter.
In einem Erlaſſe des Miniſteriums für Landwirt⸗
ſchaft, Domänen und Forſten vom 16. Januar 1917
wird darauf hingewieſen, daß die Feſtſetzung des Be⸗
griffs „Schwerarbeiter“ zur Zeit noch Sache des zu⸗
ſtändigen Kommunalverbandes ſei. Die Holzhauer
würden wegen der Schwierigkeit ihrer Arbeit, die ſtets
im Freien ohne Schutz gegen die Unbilden der Witte⸗
rung ſtattfinde, wohl überall zu den Schwerarbeitern
gerechnet und erhielten die für dieſe zuläſſigen Nah⸗
rungsmittelzuſchüſſe. Der Präſident des Kriegsernäh⸗
rungsamtes habe anerkannt, daß die Forſtſchutzbeamten
zum mindeſten in Bezug auf die Brotzulage den Holz⸗
hauern gleichzuſtellen ſeien. Die Kgl. Regierungen
werden daher erſucht, bei den zuſtändigen Kommunal:
verbänden darauf hinzuwirken, daß die Forſtſchutz⸗
beamten bei Zuteilung der Nahrungsmittel wie Schwer⸗
arbeiter bedacht werden. Ebenſo ſollen die Regierungen
auch für die Anerkennung der Holzabfuhrleute als
Schwerarbeiter, ſoweit dies erforderlich ſein ſollte, ein⸗
treten.
x
* *
Einmalige Kriegsteuerungszulagen für
Arbeiter.
Durch Erlaß vom 13. Dezember 1916 find die
Kgl. Regierungen von dem Miniſter für Landwirt:
ſchaft, Domänen und Forſten ermächtigt worden, den
in dem Staatsforſtbetriebe beſchäſtigten Arbeitern und
ſonſtigen in einem Arbeiter⸗ oder unterbeamtenähn⸗
lichen Verhältniſſe befindlichen Lohnempfängern ein⸗
malige Kriegsteuerungszulagen zu zahlen und zwar:
den ledigen Arbeitern 40 Mk.
den verheirateten Arbeitern ohne Rinder unter
14 Jahren ee 60,
den Arbeitern mit einem Rind unter 14 Jahren 80 „
den Arbeitern mit zwei Kindern unter 14
Jahren 90
23
~
174
den Arbeitern mit drei Kindern unter 14
Jahren 100 Mk.
den Arbeitern mit ur Kindern unter 14
Jahren 110 „
den Arbeitern mit funf und mehr Kindern
unter 14 Jahren ; . 120
Nicht zu berückſichtigen find ſolche Personen, deren
Lohnbezüge während des Krieges eine erhebliche Auf⸗
beſſerung bereits erfahren haben, und ſolche, die an
Stelle von Beamten oder ſtändigen Arbeitern nur vor⸗
übergehend und ohne Ausſicht auf dauernde Beibe⸗
haltung beſchaͤftigt werden. Hingegen können Lohn:
angeſtellte, die für die Dauer des Krieges als Erſatz
für die zum Heeresdienſt eingezogenen Unterbeamten
angenommen find und mindeſtens ſchon ſechs Monate
im Dienſte der Verwaltung ſtehen, mit den einmaligen
Kriegsteuerungszulagen bedacht werden.
*
* *
Sammeln von Fichtenſamen.
Eine Allgem. Verfügung des Miniſteriums für
Landwirtſchaft, Domänen und Forſten vom 22. De⸗
zember 1916 weiſt darauf hin, daß der Kriegsaus⸗
ſchuß für Oele und Fette gereinigten Fichtenſamen
zur Oelgewinnung, frei Waggon und ab Verlade⸗
ſtation, zum Preiſe von höchſtens 150 Mk. je Doppel⸗
zentner übernehme und fordert auf, den diesjährigen
ſtarken Fichtenzapfenanhang zur Oelgewinnung mög:
lichſt nutzbar zu machen. In geeigneten Oberförſtereien
ſeien daher die Waldarbeiter und deren Familien zur
Fichtenzapfengewinnung auf eigene Rechnung, anzu-
regen. Die Zapfen könnten den Sammlern unent⸗
geltlich abgegeben werden. Bei der vorgeſchrittenen
Jahreszeit würden die Zapfen in der gewöhnlichen
Stubenwärme leicht aufſpringen, fo daß der Samen
von den Sammlern ſelbſt gewonnen werden könne.
Zur Entfernung der Samenflügel genüge ein leichtes
Durchdreſchen auf der Scheunentenne. Weiter werden
die Kgl. Oberförſter ermächtigt, ſolchen gereinigten
Fichtenſamen zu einem Preiſe anzukaufen, der den
Weiterverkauf an den Kriegsausſchuß ohne Einbuße
für die Staatskaſſe, aljo etwa zu 130 — 140 Mk. für
den Doppelzentner, ermöglicht.
Aus Kurland.
Aus den kurländifchen Horſten.
Die Aufmerkſamkeit der deutſchen Forſtleute und
Holzintereſſenten wird ſich nach Beendigung dieſes |
großen Krieges jedenfalls ganz beſonders nach dem
Oſten richten, denn vom Weſten haben wir bei einer
etwaigen Gebietserweiterung in forſtlicher Hinſicht
— 6
— ͤ Fb ——ß5ri᷑ñ m2 —X(ͤñb„⅔„≅⸗m-t.—
— n
weniger zu erwarten. Die von uns eroberten oder
zurückgenommenen ruſſiſchen, bezw. ehemaligen deut:
ſchen Landſtriche find durchweg aͤußerſt waldreich. Ez
iſt daher zu erwarten, daß vom Oſten her ein ausge
dehnter Holzhandel einſetzt, der fih immer mehr fei: |
gern wird. je nachdem das neugewonnene Land durd
Bahnen, Chauſſeen erſchloſſen wird.
Eines der waldreichſten von uns beſetzten Laub:
ſtriche ift das urdeutſche Kurland, welches mit fenn
ungeheueren Wäldern eine gewaltige Sapitalvermekt:
ung für unfer Vaterland bedeutet. Der große Holz
verbrauch des Landes ſelbſt, die Ausfuhr und ver:
ſchiedene politiſche Maßnahmen haben zwar eine be:
deutende Verminderung des ehemaligen Holzbeſtande
zur Folge gehabt; trotzdem iſt noch ein ſchier uner:
ſchöpflicher Vorrat vorhanden, der hoffentlich den |
deutſchen Vaterlande zu gute kommen wird.
Eine Urſache des außergewöhnlich hohen Holz
verbrauchs im Lande ſelbſt beſteht im Bau der Holz
Hauler.
Mit Ausnahme der alten, feudalen aus Stein
erbauten Herrenſitze, werden die meiſten Bauten, aud
in den Städten, aus Holz aufgeführt. Dazu win,
wenn man die vielen Ausbeſſerungen noch berückſit
tigt, die bei Holzbauten alljährlich nötig find, em
Unmaſſe Material gebraucht. Weiter wird in de
baltiſchen Provinzen faſt nur mit Holz geheizt, denn
Kohlen find bei den ſchlechten Wegeverhältniſſen ide:
zu befördern und daher zu teuer. Der Lette legt
ganz beſonders Wert darauf, billiges Brennholz zu
bekommen, weil er große Mengen davon verbraucht.
Dieſes nutzte ſeinerzeit auch Herzog Jakob und nac
ihm die ruſſiſche Regierung aus; denn um das don
dem Herzog gegründete Städtchen Jakobſtadt an in
Düna zu bevölkern, verſprach er den Bürgern koſter
freie Lieferung von Brennholz. Allerdings war diefe
Verſprechen nur eine Liſt, denn nach einiger Zeit ihrer
Anſiedelung wurde den Einwohnern das verjprodent
Holz ſoweit von Haufe fort angewieſen, daß fe &
nur mit ganz beſonders hohen Koſten holen konnten.
Auch die großen, induſtriellen Anlagen, bejonders
Biegelcien, werden vielfach nur mit Holz geheizt, aller:
dings wird dazu der Abfall der Sägereien verbraucht,
weil die Entnahme aus dem Walde zu teuer if.
(Ein Faden!) aus der Forſt koſtet 30 Rubel, em
Faden Abjallyolz aus den Rigaer Sägereien wurde
1900 mit 5 Rubel, 1914 mit 18 Rubel bezahlt).
Weiter war die für Hebung des Deutſchtums in
den baltiſchen Provinzen fo großartige deutſche Rolo:
niſation eine Urſache der Waldverminderung. Nach
den Schreckensjahren der von der ruſſiſchen Regierung
1) Der Kurlandijre „Faden“ wird nach Angabe des Berl.
6 Fuß (Preuß.) lang, breit und hoch aufgeſetzt, enthält alt
eiwa 6,7 Rm. D. Ned.
175
gewünſchten lettiſchen Revolution im Jahre 1906, ging
das Beſtreben der moskovitiſchen Regierung dahin, die
Ländereien der zerftörten Güter durch die Agrarbank
aufzukaufen, Kleinſiedelungen daraus herzuſtellen und
dieſe an Ruſſen zu verteilen, um auf dieſe Weiſe
das ſich heldenhaft jahrhundertelang bewährte Deutſch⸗
tum zu untergraben. Die Deutſchbalten erkannten
aber die Gefahr und kauften nun ihrerſeits die Güter
auf, um ſie an deutſche Anſiedler, die mit vieler
Mühe aus Polen und Wolhynien herbeigezogen wur⸗
den, aufzuteilen Aecker, Wieſen, Weiden und die
meiſt ausgedehnten Gutswälder kamen zur Aufteilung.
Fünf Jahre hatten die neuen Koloniſten den Beſitz,
den ſie für 15 Rubel für den Morgen Ackerland er—
warben, zinsfrei, dafür aber die Verpflichtung, den
Wald ganz zu roden und die Flächen zu beſtellen.
So wurden rund 20000 Menſchen von deutſcher
Geſinnung angeſiedelt, es iſt aber auch leicht erkenn⸗
bar, daß große Waldteile für dieſe dem Deutſchtum
ſo ſegensreiche Maßregel geopfert wurden.
Schon im Jahre 1856 hatte die ruſſiſche Regie⸗
rung das Weſen der Balten durch die Militärkoloni⸗
ſation zu untergraben verſucht. Eine Maßregel, die
auch zu großen Schädigungen im Wald- und Wild—
beſtand führte. Es bekamen damals alle Letten, die
20—25 Jahre im ruſſiſchen Heere gedient hatten,
1—10 Deßjätinen (ungefähr 4,36 - 43,60 ha) Acker⸗
land. Dieſe Politik war aber vollkommen verfehlt,
denn die ehemaligen Soldaten des Zaren übernahmen
meiſtens mittellos und ohne Kredit ihr Land und da
ſie von der Landwirtſchaft auch keine Ahnung hatten,
gerieten ſie bald in Schulden. Die Akten jener Zeit
berichten von ganz gewaltigen Holzdiebſtahlen und
Wilddiebereien. Eine Beſtrafung der Uebeltäter fand
in Anbetracht des politiſchen Zwecks der Koloniſation
nicht ftatt, denn für Wild: und Holzdiebſtähle hatte
die ruſſiſche Regierung viele Umgehungen.
Auch die Waldbrände haben in Kurland alljähr—
lich große Waldflächen vernichtet. Der Brandſchaden
it in Rußland ungeheuerlich, in den Jahren 1903 —
1909 brannten 1247994 Deßjätinen = 1362 313,73
ha, ab, wodurch ein Schaden von 5121653 Rubel =
16594 156 Mark allein am abſetzbaren Holz verur⸗
ſacht wurde.
Die wenigen Schneiſen, die im kurländiſchen Wald
angelegt find, begünſtigen die Ausdehnung des Feuers
ſehr. Nur in den ſeltenſten Fällen war, wie mir ver⸗
ſchiedentlich Buſchwächter verſicherten, an ein Löſchen
mit Hilfe ſämtlicher Einwohner und des in der näch—
ſten Stadt liegenden Militärs, zu denken. Man mußte
das Feuer ſo lange brennen laſſen, bis der nächſte
Regen es verlöſchte oder bis eben ein ganzer Waldteil
vernichtet war.
Nun mag noch der Holzverbrauch während des
Krieges durch Bau von Unterſtänden, Schützengräben,
meilenlangen Knüppeldämmen uſw. erwähnt werden.
Der dadurch verurſachte Schaden iſt umſo größer,
weil zu den, von Truppen angelegten, Bauten meiſtens
nicht hiebsreife Hölzer von 10-30 em Durchmeſſer
gebraucht werden müſſen. Dazu kommt, daß beim
Ausſuchen und Fällen der Stämme nicht gerade nach
forſtlichen Grundſätzen verfahren wird. Die in der
Nähe der Truppen liegenden Beſtände find vielfach
derart gelichtet, daß ſie nach Wiederaufnahme einer
geordneten SForftwirtichaft entweder ganz abgetrieben
oder unterbaut werden müſſen. Dann verfahren un⸗
ſere Soldaten beim Fällen meiſtens ſo, daß ein Stumpf
von ungefähr 1 m Höhe bleibt; die fo behandelten
und gelichteten großen Partien bieten kein ſchönes
forſtliches Bild.
Es leuchtet ein, daß die ſchönen furldndtiden
Wälder doch ſchon arg gelitten haben. Einige Forſt⸗
ordnungen verſuchten ſchon frühzeitig die Benutzung
des Waldes zu regeln, z. B. ſchrieb die Stadtver⸗
faſſung in Libau im 18. Jahrhundert vor, daß die
Bürger ſich das Lagerholz (Fallholz) umſonſt aus
den Wäldern holen konnten; Bauholz ſollte „vor ein
billiges verabfolget“ und das Brennholz nach der
mitauiſchen Taxe „für jedes Pferd“ abgegeben werden.
Sehr intereſſant iſt auch das Holzungsrecht der Geiſt⸗
lichen aus dem Jahre 1252, jedenfalls die ältefte
Forſtordnung in den baltiſchen Provinzen. Dieſe
Verordnung verbietet den Geiſtlichen das Schlagen
der, dem Gotte Perkon geweihten, heiligen Haine
(ſiehe Blätter der Hoffnung, Zeitſchrift für Pflege
deutſchen Weſens, Verlag Thiele, Berlin, Nr. 20/21).
Der einzige Fürſt Kurlands, der ſich näher mit dem
Wald beſchäftigte und feine Wichtigkeit für das Volks⸗
wohl ahnte, war Herzog Wilhelm, der jüngere Sohn
des Herzogs Kettler. Er erließ ein Holzausfuhrverbot,
weil er bei dem enormen Holzverbrauch im eigenen
Lande eine Holzknappheit befürchtete. Dieſes Verbot
zog große Schwierigkeiten mit dem dadurch geſchaͤdigten
grobinſchen Adel nach ſich. Vor dem Kriege beſtand
eine Oberauſſicht des ruſſiſchen Staates über die Privat-
wälder, es wurde der Hiebsſatz und die Umtriebszeit
feſtgeſetzt.
Nach den waldverderbenden Urſachen ſollen die mir
von kuriſchen Buſchwaͤchtern beſchriebenen Kultur:
methoden angeführt werden. Bis vor kurzem wurde
die natürliche Verjüngung der Kiefer und Fichte an⸗
wandt. Bei der Fichte kehrte man neuerdings ja auch
bei uns zu dieſer Methode zurück, nur daß man
raſcher nachlichtet, als z. B. bei der Buche. Die
Kiefer dagegen gedeiht bei der natürlichen Verjüngung
weniger gut, am beſten ſchließlich noch, je luftfeuchter
23%
176
das Klima iſt. Daher ſcheint die natürliche Ver⸗
jüngung dieſer Holzart in den baltiſchen Provinzen
ſchließlich gerechtfertigt.
Wenn ein Waldteil geſchlagen werden ſollte, mußten
die, von dem Oberförſter oder Buſchwächter mit dem
Stempelbeil gezeichneten. Samenbaͤume, deren Anzahl
auch im Kaufkontrakt als unantaſtbar bezeichnet war,
ſtehen bleiben. Sie wurden erſt herausgenommen,
wenn der neue Aufwuchs die Höhe von 1,50 m er:
reicht hatte. Die Methode des allmählichen Lichtens
des zu verjüngenden Beſtandes wurde nach Berichten
der Förſter nicht angewandt, ebenſo fehlte jegliche
Bodenbearbeitung, um dem Samen die Aufnahme zu
erleichtern. Das Fehlen der letzten ſo notwendigen
Maßregel ſcheint mir eine Urſache der vielen Fehl⸗
ſtellen zu ſein, die man auf faſt allen Kulturen be⸗
merkt. Ueberblickt man größere Fichten⸗ oder Kiefer⸗
kulturen, die durch natürliche Verjüngung entſtanden
ſind, ſo kann man durch den ſtellenweiſe dicht auf⸗
tretenden Aufwuchs, der von nichtbeſtandenen Flächen
umgeben iſt, deutlich erkennen, wo früher einmal
Samenbäume ſtanden. Die Nichtbearbeitung des
Bodens hat neben Unregelmäßigfeit der Kultur und
Bodenverſchlechterung durch die Blößen einen großen
Ausfall an Durchforſtungsmaterial und ſchlechten
Wuchs der vielen Randbäume zur Folge. Selbſt bei
Beſtänden mittleren Alters glaubt man noch zu er⸗
kennen, daß das lückenhafte Ausſehen auf Fehlen der
Bodenarbeit zurückzuführen iſt.
Auch die Folgen einer plötzlichen Freiſtellung
der Samenbäume ſind bei vielen Beſtänden ſichtbar.
Der Wind biegt die Stämme oder wirft ſie ganz um,
vielfach, vertrocknen ſie auch, da nun aber die Samen⸗
bäume die beſten und geſündeſten Stämme darſtellen,
iſt es leicht zu erkennen, daß gerade das wertvollſte
Material durch dieſen Fehler am meiſten an Geldwert
verliert. Unter Umſtänden wird aus der Kultur über⸗
haupt nichts, wenn die größte Anzahl der Saatbaͤume
vom Winde umgeworfen wird. Auf dieſe Weiſe ſind
wahrſcheinlich die großen Blößen entſtanden, die man
recht häufig im kurländiſchen Wald ſieht. Heute
wendet man die Naturverjüngung ohne Bodenbearbei⸗
tung nur noch bei der Kiefer an, denn „diefe Holzart
wächſt von ſelbſt“ ſagte mir ein alter, kuriſcher Buſch⸗
wächter. Fichtenbeſtände ſchlägt man kahl ab, ſchaufelt
an der Schnur nach Entfernung der Humusſchicht, im
Abſtande von 1 m, flache Löcher und tut Saat hinein.
Ebenſo verfährt man mit den vielen, mit Birken be⸗
ſtandenen Flächen, die im Staatswald meiſtens durch
Fichten erſetzt werden.
Bei dieſer Gelegenheit mag noch eine durchaus
wichtige Maßnahme erwähnt werden, auf welche unſere
forſtliche Literatur andauernd hinweiſt. Der kur⸗
ländiſche Fortmann gewinnt nämlich feine Nadelbolz⸗
ſaat immer ſelbſt. Die Zapfen werden von Frauen
und Kindern geſammelt und nach der Oberförſtere
gebracht, wo fih eine Klenganſtalt befindet. Die Bor-
züge dieſer Selbſtgewinnung brauchen nicht erſt erwähnt
zu werden.
Die Laubholzarten werden in Kurland nur gar;
wenig angebaut. Die ausgedehnten Eichen: und
Buchenbeſtände hat man alle geſchlagen und das Hol;
verkauft, für eine Wiederanpflanzung wurde aber nicht
geſorgt. „Denn die Pflege macht zuviel Arbeit“ faat:
mir ein Forſtmann. Wie oben ſchon erwähnt, werden
beſonders im Staatswald die Birkenbeſtände geſchlagen
und durch Nadelholz erſetzt. In den Gutsforften be:
gegen trifft man recht häufig reine Birkenpartien, denn
das Holz wird zu landwirtſchaftlichen Zwecken gerne
gebraucht. Die Hauptholzarten der baltiſchen Pro:
vinzen ſind Fichten und Kiefern, oder eine Miſchung
beider. Am angeſehenſten iſt die Fichte.
Wir kommen nunmehr zur bisherigen Pflege der
Beſtände. Wer als Forſtmann die Wälder duré:
wandert, bemerkt immer wieder, daß nur felten Lin:
terungshiebe, Durchforſtungen oder Trockenhiebe ar:
gelegt wurden. Es iſt ſehr viel ſtarkes, tote vom
Wind geworfenes Material vorhanden. Die welig
ganz ausgezeichneten Stämme werden von vorrit
figen Birken arg geſchadigt; ebenſo ift es mit den
Schonungen, die ſehr viel Vorwüchſe beherbergen. X:
iſt das Bild der kuriſchen Beſtände. Allerdings let
auch der ruſſiſche Forſtmann feine Durchforſtungm
mit 20 Jahren ein, aber die wenigen Arbeitskräfe
find für die ungeheure Größe des Reviers nicht aus
reichend. (Es gibt Oberförſtereien, zu denen 40 und
mehr Buſchwächtereien gehören). Die eigene Wit:
ſchaſt des Oberförſters paßt ſich in Bezug auf Größe
feinem Revier an. Zu der jetzt zerſchoſſenen Ober:
förſterei K. gehören 170 Lofſtellen (ungefähr 190
Morgen) Acker, außer Wieſen, Garten uſw. Zur Be
ſtellung des Ackers waren 20 Pferde nötig. Auber
Schweinen und Schafen befanden fih hundert Kühe
auf dem Hofe. Dann betrieb der Oberförſter einen
ſchwunghaften Getreidehandel; alle kleineren Beſttzer
der Umgebung kauften bei ihm, weil er, vermöge ſeiner
landwirtſchaftlichen Maſchinen billig produzieren konnte.
Zur Durchforſtung ſtehen nur während des Bir
ters wenige Landleute zur Verfügung. Als Lohn W
kommen dieje für einen Faden Durchforſtungsmaterial
4 Rubel. (Verkaufspreis eines Fadens 5—6 Rubell.
Ein großer Mangel der kuriſchen Forſten iſt die
fehlende Entwäſſerung. Außer an verkehrsreichen
Hauptwegen fehlen die Gräben faſt gänzlich und auch
hier find fie aus Mangel an Pflege ſtellenweiſe zug"
fallen. Im Walde bilden ſich, beſonders im Früh⸗
177
jahr, große Tümpel, die man wegen ihrer Tiefe kaum
durchreiten kann und wo jeglicher Abfluß fehlt. Die
moosbewachſenen niedrigen Stämme, die ſchlechten
Kulturen, die auf dieſen oft recht ausgedehnten Par⸗
tien ſtehen, zeigen das Fehlen einer Entwäſſerung
deutlich an. Auch die Landwirtſchaft iſt hierin weit
zurück. Sehr häufig ſind große Flächen landwirt⸗
ſchaftlichen Bodens, beſonders im Nordteil des Landes,
wochenlang mit Waſſer bedeckt, wo eine Ueberſchwem⸗
mung ganz gut vermieden werden konnte. Allerdings
wird hier eine Drainage wenig helfen, es müſſen
Kanäle angelegt werden.
Nunmehr ſoll die Nutzung des kurländiſchen Wal⸗
des, wie ſie von ruſſiſcher Seite gehandhabt wurde,
beſprochen werden. Die Beſtände wurden auf den,
meiſtens im September angeſetzten Auktionen, die in
den Gemeindehäuſern oder in den Städten ſtattfanden,
auf dem Stock verkauft. Als Käufer kamen mei⸗
ſtens nur größere Holzhändler in Frage, denen vor
der Verſteigerung eine gedruckte Liſte derjenigen Be⸗
ſtände zugeſandt wurde, die im Laufe des Jahres ge⸗
hauen werden ſollten. Die Verzeichniſſe enthielten
den Namen der Forft- und der Buſchwächterei, dann
Größe des Schlages, Holzart, Taxe für den ganzen
Schlag. Anzahl der Saatbäume, Kultur: und Rei⸗
nigungsgeld und das Datum der Abfuhr aus dem
Walde. Nach dieſer Liſte ſuchte ſich nun der Käufer
ſeine Beſtände aus. und ſchickte, wenn er ſelbſt nicht
kommen konnte, feinen „Braker“, der fidh mit dem
Buſchwächter zuſammen die etwa zu erwerbenden Be⸗
ſtände anſah.
Nach der Auktion wurden 10% des Kaufgeldes
ſofort entrichtet. Wurde der Beſtand nun gehauen, ſo
mußte erſt der Reſt des Kaufgeldes. dann das Kultur:
und Reinigungsgeld bezahlt werden. Letzteres bekam
der Käufer zurück, wenn der Schlag vollkommen ge⸗
raͤumt war; ließ er das für ſeine Zwecke nicht brauch⸗
bare Holz zurück und mußte der Schlag erſt von
Seiten der Forſtverwaltung geräumt werden, fo ver:
blieb auch das Reinigungsgeld der Forſt.
Die Holzhauer, die der Käufer ſelbſt ſtellen mußte,
arbeiteten unter Aufſicht des „Brakers“, dieſer ordnete
den ganzen Hieb an, maß ſich Stämme ab und führte
die Löhnungsliſte. Die Arbeiter bekamen für jeden
zu fällenden und zu entäſtenden Baum, ganz gleich
welcher Stärke, 15 Kop., für einen Faden Holz auf:
zuſetzen 1 Rubel 50 Kop.
Die Taxen waren in den Auktionsprotokollen meiſt
ſehr niedrig angeſetzt, wurden aber oft um das drei⸗
fache überboten. Einige Beiſpiele aus einem Auktions⸗
protokoll des Jahres 1914 mögen hier angeführt
werden: ö
|
|
Taxe der
Verwaltung
Wirklicher
preis
Verkaufs-
Holzart Bemerkungen
Alter,
[Rubel Rubel
Fichten (Bret⸗
terware) 120 0,84 | 185 405 Der Rubelkurs
Fichten „ 71,08 231 675 des Jahres
1913 war 3,24
Fichten (Balken)? | 0,84 | 204 | 411 Mk. für 1 Gil-
Fichten⸗ und berrubel.
Kiefern⸗ 1 Deßjatine =
Miſchung . || ? | 0,41 | 264 | 656 1,09 ha.
Fichten ⸗ und Das Alter der
Kiefern ⸗ Beſtände war
Miſchung nicht überall
80 cm Durchm.]? | 0,42 274 | 757 angegeben.
Der Verkauf der Saatbäume regelte ſich anders.
Wollten Käufer einzelne, beſonders ſtarke, kernige
Stämme zu Balken uſw. haben, ſo ſuchten ſie ſich
Samenbäume aus. Dieſe ſchaͤtzte der Buſchwächter ab
und der Käufer bezahlte ſie im Voraus. Nach der
Fällung wurden die Stämme nach der Buſchwaͤchterei
gebracht, dort aufgemeſſen, und jetzt zahlte der Käufer
hinzu, wenn das Maß die Schätzung übertraf, oder
er bekam im umgekehrten Falle wieder Geld heraus.
In den Gutsforſten iſt der Verkauf ähnlich ge⸗
regelt. Es braucht kaum erwähnt zu werden, welche
Unſummen Geldes der Forſtverwaltung durch den Ver⸗
kauf auf dem Stock verloren gehen, man muß aber
die ſchlechten Arbeiterverhältniſſe berückſichtigen, die ein
Aufarbeiten des Holzes von ſeiten der Forſtverwaltung
nicht erlauben. Vielfach iſt es auch gebräuchlich, daß
die Sägereien die Stämme gleich im Walde zerſchneiden
laſſen, um ſo einen Teil der teuern Transportkoſten
zu ſparen; denn dieſe ſind infolge der fehlenden Eiſen⸗
bahnen, ſchlechten Wege und der wenigen Fuhrwerke
ſehr hoch. Ein Fuhrmann verdient beim Heraus⸗
ſchleppen des Holzes den Tag ungefaͤhr 3 Rubel,
50 Kopeken.
Meiſtens werden die Hölzer der an den Flüſſen
gelegenen Waldungen nach dem naͤchſten Waſſerlauf
geſchleppt, wo dann die Flößerei des Rundholzes be⸗
ginnt. Das Fadenholz wird mit einem Kahn trans⸗
portiert. :
Im kurländiſchen Wald iſt die ſchlechte Beſchaffen⸗
heit der wenigen Wege und das Fehlen an Wald⸗
ſtraßen das größte Hemmnis einer rentablen Forſt⸗
wirtſchaft, denn in den ausgedehnten, abgelegenen
Wäldern ift die möglichſt billige und müheloſe Abfuhr
der Waldprodukte die erſte Bedingung. Ein gut aus⸗
gebautes Wegenetz zu ſchaffen, wäre wohl die erſte,
178
wichtigfte Aufgabe des neuen Wirtſchafters. Die an⸗
gewendeten Koſten werden bald wieder durch Steige⸗
rung der Holzpreiſe eingebracht. Das Ergebnis der
Auktionen hat auch in Kurland gezeigt, daß gute
Wege die Preiſe erhöhen, denn als in der Oberförfterei
K. wenigſtens einige gute Wege gebaut waren, boten
die Käufer gleich mehr. Die jetzt vorhandenen Wege
ſind eigentlich nur im Winter gangbar, aber das ge⸗
nügt nach Meinung der Einwohner. „Im Sommer
hat kein Menſch etwas im Walde zu tun, und im
Winter kann man ganz gut abfahren“, ſagte mir ein
Förſter.
Die Landſtraßen find etwas beffer als die Wald:
wege, denn jeder Beſitzer muß eine mit Pfählen be-
zeichnete Strecke der Landſtraße in Stand halten.
Dieſen Zwang empfindet er als die größte Laſt und
iſt eifrig auf Ablöfung bedacht. Die Karten der
großen Forſten, beſonders weſtlich von Riga, weiſen
ein rechtwinkliges, von Norden nach Süden laufendes
Schneiſenetz auf; ob dieſes in Wirkichkeit vorhanden,
iſt bei den ruſſiſchen Verhältniſſen zu mindeſt zweifelhaft.
Den Landtransport müſſen die Wafferlaufe erfegen.
In Kurland wird die älteſte und billigſte Art des Holz⸗
transportes, die Flößerei noch ſehr betrieben und zwar
in Form der Trift oder der gebundenen Flößerei.
Heute herrſcht allerdings nach Uebernahme des Waſſer⸗
transportes durch eine Geſellſchaft eine gewiſſe Ord⸗
nung; wenige Jahre vor dem Krieg wurde zur Ver⸗
ſorgung der Stadt Mitau das den Kronsforſten ent:
nommene Bau- und Brennholz einfach in die Aa gr
worfen. In der Stadt angelangt wurde es dann
von den Bürgern mit langen Bootshaken herausgeholt
und zwar durfte jeder nur ſoviel nehmen, als er vom
Staate gekauft hatte, eine Verkaufsweiſe, die natürlich
große Verluſte mit ſich brachte, weil unterwegs ich
viel Holz entwendet wurde und jeder mehr nahm, als
er bezahlt hatte. Die meiſten Städte, z. B. Riga.
Mitau, Bauske, Windau uſw. werden auf dem Wafer:
wege mit Holz verſorgt. Letztere Stadt iſt durch ihren
Holzhandel, der in jüdiſchen Händen liegt, berühmt.
Das Material zu dieſem Aufſatz wurde während
des Krieges geſammelt. Bei jedem neuen Landesteil,
den Verfaſſer Gelegenheit hatte zu ſehen, tauchte
immer wieder der Wunſch auf, daß dieſes urdeutſche
Land nun auch deutſch bleiben möge. Der kurländiſche
Wald iſt wunderſchön und für Deutſchland ein wert:
voller Erwerb. Aber dieſe wilde Forſt hat keine Kultut.
Die Aufgabe des deutſchen Forſtmannes it e,
nach dem Friedensſchluß diefe in das Waldesdunkel
hineinzutragen. Died ift nicht leicht. Wer aber deulſch
Arbeit in dieſem Kriege an der Front und in der
Heimat geſehen hat, wird keinen Zweifel hegen, daß
auch das neue Friedenswerk gelingen wird.
W. Parchmann, z. Zt. Bizewadtmeiter.
Notizen.
A. Dr. Adolf Ritter von Guttenberg +.
Im Jahre 1907, gelegentlich der dritten Jahrhundertfeier
der Univerſität Gießen, hat die Philoſophiſche Fakultät da⸗
ſelbſt auf Antrag ihrer Mitglieder Heß und Wimmenauer dem
ordentl. Profeſſor an der k. k. Hochſchule für Bodenkultur in
Wien, Hofrat Adolf Ritter von Guttenberg, die Doktor⸗
würde ehrenhalber verliehen. Ueber deſſen Leben, Verdienſte
und wiſſenſchaftliche Arbeiten enthalten die Fakultätsakten fol⸗
gende näheren Ausführungen, die wir nachſtehend mit einigen
kleinen Aenderungen und Kürzungen zum Abdruck bringen.
Das von Rektor und Dekan unterzeichnete Ehrendiplom
enthalt folgendes Elogium:
der durch Forſchung, Unterricht und praktiſche
Arbeit auf den verſchiedenſten Gebieten der
Forſtwiſſeuſchaft, insbeſondere um die Forſt⸗
betriebseinrichtung, ſich ausgezeichnete Ber»
dienſte erworben hat.
Adolf Ritter von Guttenberg geb. zu Tamsweg,
Salzburg, am 18. Oktober 1839 als Sohn des damaligen k. k.
Oberförſters Anton Ritter von Guttenberg, abſolvierte die
Gymnafialftudien in Graz und Wien, dann die forſtlichen
Studien, ſowie die techniſchen Fächer (Baukunde, Maſchinen⸗
bau uſw.) an der k. k. Berg⸗ und Forſtakademie zu Schemnitz
in Ungarn in den Jahren 1859 — 1862.
Am 15. Oktober 1862 als Forſtgehilfe in den öfter. Staats⸗
dienſt beim Forſtamte Auſſee (Steiermark) eingetreten, darauf
der Forſtverwaltung Attergau (Oberöſterreich) zugeteilt, legte
er im Oktober 1863 die Staatsprüſung in Linz ab und wurde
darauf dem k. k. Forſtamte Mariazell (Steiermark) als Hi:
arbeiter vom Juni 1864 bis Januar 1867 unterſtellt. Die
Uebernahme der Stelle als ſuppl. Affiftent an der k. k. don
akademie Mariabrunn bei dem unvergeßlichen Prof. K. Vry
mann bot ihm Gelegenheit gir Vervollſtändigung feiner the:
retiſchen Ausbildung. Die Aenderung in der Organiſation
dieſer Lehranſtalt veranlaßte ihn mit 1. Auguft 1868 wieder
in den praktiſchen Dienſt, als Unterförſter beim Forſtamte Gin
(Küſtenland) zurückzutreten, er avanzierte daſelbſt zum Ford
verwalter und wurde mit der Durchführung der Forſteinric⸗
tungsarbeiten des Ternovaner Forſtes, der Staatswalbm⸗
gen bei Görz und in Iſtrien, ſowie bei Adelsberg in Krain
betraut. Am 1. Januar 1871 zum k. k. Forſtkonzipiſten kei
der Staathalterei Innsbruck ernannt, oblag ihm die Arbeit in
forſtpolitiſchen Angelegenheiten und die Leitung der Vermeſſung
und Forſteinrichtung der Staatsforſte, welche fidh ſpäter auf
ganz Tirol und Vorarlberg ausdehnte und ihm den Titel einc
k. k. Oberforftingenieurs eintrug.
Dieſe langjährige Tätigkeit auf dem Gebiete der Betritt
einrichtung, wie auch einige Abhandlungen aus demſelden, bil
anlaßten feine Berufung auf die Lehrkanzel der forſtlichen de
triebslehre an der k. k. Hochſchule für Bodenkultur zu Wien
am 1. Auguſt 1877 mit dem Titel eines k. k. Forſtrates, wo
rauf am 27. Juli 1878 feine Ernennung zum ordentlichen Bro
feſſor erfolgte. Als Rektor der Hochſchule fungierte Gutter
berg dreimal (im Jahre 1883/4, 1891/92 und 1898/99); feit
Jahren iit er Präſes der Prüfungskommiſſion für die III. fork!
Staatsprüfung und Präſes für das Lehramt der lands md
ee
179
ſorſtwirtſchaftlichen Schulen; Mitglied des Landwirtſchaftsrates
und Obmann der forſtlichen Abteilung desſelben.
Auszeichnungen.
Verleihung des Titels und Charakters eines k. k. Hof⸗
rates (1856); Verleihung des Komturkreuzes des Franz⸗Joſ.⸗
Ordens; Inhaber der Ehrenmedaille für 40 jähr. treue Dienſt⸗
leitung, ſowie der Jubiläumsmedaille. Allerhöchſte Aner:
kennung aus Anlaß der l. u. f. Ausſtellung in Wien 1890, als
Muarbeiter des Werkes: „Die öſter.⸗ungar. Monarchie in Wort
und Bild“ (1902) und für ſeine Tätigkeit als Mitglied des Land⸗
wirtſchaftsratez. Ehrendiplome der Gewerbeausſtellung 1888,
1898, der land» und forſtw. Ausſtellung 1890. Gold. Medaille
der Weltausſtellung Paris 1900. °
Ernennung gum Ehrenmitgliede des diter. Reihs-
forftvereines, des Klub der Bande u. Forſtw. in Wien, des
ſteierm.⸗kärutn. und des Forſtoereins für Tirol und Vorarlberg
ſowie mehrerer andern fachlichen und gemeinnützigen Vereine.
Im Oeſterreichiſchen Reichs forſtverein tft er Mitglied feit
1863, Redakteur der Vereiusſchrift feit 1883, Vigeprafident feit
1905. Außerdem Vizepräſident des öſter. Forſtkongreſſes uſw.,
Gründer und Ausſchußmitglied des Kaiſer Franz Joſeph⸗
Studentenheims der k. k. Hochſchule by Bodenkultur, des
Studentenkrankenvereins uſw.
Literariſche Arbeiten.
a) Selbſtändig erſchienene Schriften und Werke.
Tie Wachstumgeſetze des Waldes, Wien 1885.
Die Pflege des Schönen in der Land⸗ und Forſtw. 1889.
Die Reviſion des Vermögensſtandes in Fideikommißforſten
1894.
Die Forſtbetriebseinrichtung nach ihren gegenwärtigen
Aufgaben und Zielen 1896.
Die Holzpreiſe in Oeſterreich von 1848 - 1898 - 1902.
Die Forſtbetriebseinrichtung 1903,
b) Mitarbeit an größeren Werken.
Holzmeßkunde in Lorey's Handbuch der Forſtwiſſenſchaft
I. und II. Aufl. 1887 und 1908.
Forſtverwaltung und forſtl. Rechnungsweſen in Dont
browsky's Enzyklopädie der geſamten Forſt⸗ und Jagdwiſſen⸗
ſchaft.
Die Forſtwirtſchaſt in N.⸗Oeſter., dann in Tirol und Vor⸗
arlberg in: „Die öſter. ungar, Monarchie in Wort und Bild“
(1902).
Fortſchritte in der Forſteinrichtung in „Oeſterreichs Forf
weſen von 1848 — 18887, redig. von L. Dimitz 1890.
Die Entwicklung des forſtl. Betriebs und ſeine Einrich⸗
tung in „Geſchichte der öſter. Land» und Forſtwiriſchaft 1848
bis 18987.
c) Redaktionen.
Herausgabe des VI., VII. und VIII. Bandes von Dom⸗
browsky's Enzyklopädie der gef. Forſt⸗ und Jagdwiſſenſchaft
gemeinſam mit Henſchel 1891 — 1894.
Redakt. der öfter, Vierteljahrsſchr. f. Forſtweſen von 1883
bis jetzt. N
d) Abhandlungen und Aufſätze.
In der Vierteljahresſchr.:
Judeichs Forſteinrichtung 1872.
Organiſation des forſtl. Verſuchsweſens 1882.
Die Hochwäſſer des Herbſtes 1882.
Die Aufſtellung der Formzahlen und Maſſentafeln 1883,
Zur Statik des Durchforſtungsbetriebs 1834,
Die Aufitellung von Ertragstafeln 1885.
Die Reinertrags⸗ und Beſtandeswirtſch. 1885.
Zum 100 jähr. Jubiläum der öſter. Kameraltaxe 1888.
Forſtwirtſchaft und Jagd in Nieder⸗Oeſterreich 1888.
Forſtwirtſchaft und Holzinduſtrie auf der Gewerbeaus⸗
ſtellung in Wien 1888.
Die Heider ſche Präziſionsbaummeßkluppe 1889.
Memorandum der Staatsforſtbeamten 1890.
Die Nachhaltigkeitsforderung in der Forſtwirtſchaft 1890.
Neue Grundlagen der Waldwertrechuung 1892.
Vergleichung des Wachstumganges der Buche, Fichte,
Tanne, Kiefer gemiſcht 1885.
Wald und Waldwirtſchaft in Tirol und Vorarlberg 1894.
Aufſtellung v. Holzmaſſen⸗ und Geldertragstafeln 1896,
Standes fragen der Forſtwirte 1898.
Rückblick auf die Entwicklung unſerer ene in
den letzten 50 Jahren 1848 — 1898.
Holzverkehr auf unſeren Eiſenbahuen 1898.
Forf» und Jagdweſen auf der Pariſer Weltausſtellung
1900.
Bewirtſchaftung des Kleinwaldbeſitzes 1908,
Die bosniſche Konkurrenz im Holzhandel 1904.
Der Holzhandelsvertrag mit Deutſchland 1905.
Im Zentralblatt für das geſamte Forſtweſen.
Von 1877 bis 1904 9 größere Arbeiten, unter welchen
hauptſächlich die „Betriebseinrichtung der Staats⸗ und Fonde⸗
forſte“ 1878 und 1879 hervorzuheben ift. Ferner die Nein:
ertragslehre in der Gegenwart“ 1904.
In der öfter. Forſt⸗ und Jagdzeitung.
Von 1883 — 1902 vjele größere Aufſätze aus dem Gebiete
des forſtl. Wiſſens, unter welchen hauptſächlich zu erwähnen
find: die „Photogrammetrie im Dienfte der Forſtwermeſſung“
über die „Waldmißhandlung in den Alpenländern“ njw.
e) Rezenſionen, Biographien, Nekrologe uſw.
find in großer Anzahl in der öfter. Vierteljahresſchrift für
Forſtweſen, im Zentralblatt für das geſamte Forſtweſen, wie
auch in der öſter. Forſt⸗ und Jagdzeitung, vom Jahre 1875
angefangen bis in die jüngſte Zeit 1906, enthalten.
Was vorſtehend den Gießener Fakultätsaklien von 1907
entnommen iſt, möge noch wie folgt ergänzt werden.
A. von Guttenberg iſt im Jahre 1912, alſo im Alter von
73 Jahren in den Ruheſtand getreten, hat aber ſpäter während
des Krieges die Vorlefungen wieder aufgenommen. Im Herbſt
1916 wurde infolge eines Krebsleidens ein operativer Eingriff
notwendig, von dem er ſich nicht wieder erholen konnte. Am
8. März 1917 erlag er der ſchweren, leidvollen Krankheit.
Vier Söhne und fünf Töchter, aus zwei Ehen mit Schweſtern
ſtammend, trauern um den Hingeſchiedenen, dem das feltene
Glück zu Teil geworden war, in allgemeinſter Hochachtung zu
ſtehen ohne Neider und Feinde. Bis kurz vor ſeinem Ende
hatte er ſeine wiſſenſchaftlichen Arbeiten fortgeſetzt. Seine
letzten Werke waren „Wachstum und Form der Fichte im
Hochgebirge“ 1915 und die „Forſtverwaltungslehre“ 1917. Wo
deutſche Forſtwirtſchaft und Wiſſenſchaft blühen, wird der
Name von Guttenberg unvergeſſen bleiben. Wr.
B. Zum Nutzen der Krammets vögel.
Eine Beſprechung des Artikels „Der Krammetsvogelfang
im Dohnenſtiege“ von Geh. Regierungsrat Eberts in Kaſſel
(Jan.⸗Heft 1917 der Allgem. Forſt⸗ u. Jagdztg.) ift im Juni⸗
Heft, Nr. 38 der naturwiſſ. Wochenſchrift (Bbg. v. Guft. Fiſcher
in Jena) erſchienen und veranlaßte mich zum Leſen des bezeich⸗
neten Aufſatzes. Nicht beabſichtige ich Stellung zu nehmen
zum Für oder Wider der Dohnenſtiege. Vieles ſpricht dafür,
guter Nebenverdienſt mancher kleinen Leute, volkswirtſchaſtlicher
180
Nutzen, Hinweis auf die Feldhühner, die trotz ihrer Nütz⸗
luchkeit durch Vertugen ſchäoltcher Kerptiere ausgtebigſt bejagt
werden, Schonen der Droſſeln für den „lachenden Ungetreuen
im Süden“ — vieles dagegen! Nur einiges zum Nutzen der
Droſſeln will ich ſagen.
An oben bezeichneter Stelle ſind auf S. 12 Worte des
Reg.⸗Kommiſſarsz angeführt: „Was den Nutzen für die Bands
wurtſchaft anbetrifft, jo kann man kaum davon ſprechen, denn
faſt ſämtliche Vroſſelarten, die dem Krammeisvogelſang unters
liegen, leven im Walde; fie kommen nur teiten auf die Felder“
ujw. Ja fie leben im Walde und da miften fie unbeftreubaren
Nutzen durch Veroreuen der beerentragenden Pflanzen, Heidel⸗
beere, Wachholder, Evereſche u. a., oeren Fruchte im Heroſt
die Hauptnahrung der Droſſeln auf ihren Wanderflügen bilden.
Mein Diennland (Oberförſteret Lindenberg, Reg.⸗Bez.
Marienwd.) liegt muten im gleichnamigen Sqyugbizirt, rings
vom Walde, Miſchwald, umſchloſſen; nur im judlichen Teil
iſt eine 200 m breite freie Verbindung mit weiter augrenzenden
Feldern. Von den, das Dienjtiand ourchſchneidenden, Wegen
ind 600 m auf ihrer ganzen Lange beiderſeus mu Evereſchen
bepflanzt, die alljährlich reichlich Beeren tragen. Bis in den
Dezemver hinein wurden dieſe, in den Jahren meiner Wes
obachtung vor dem Kriege, von Tausenden von Droſſeln —
met T. viscivorus — peyudt. Aus den erſten Jahren meiner
hieſigen Diennzeit (jett 1902) weiß ich, daz vt, 1908 taft in
allen Schutzbezirten ein ziemlich ausgiebiger „Doynenſtieg⸗
beirteb” herrſchte. Seit dem Schutzgebot, von Jagr zu Jahr
mehr, iit mtr aber aufgefallen, daß überall im ztevier, aud
in ber Nähe anderer Wege, die mu Ebereſchen geſchmückt fino,
namentlich in der Nachdarſchaft der Vogeldeerdaume, in etwa
40 jähr. Kierernftangenorien, ein Jungwuchs von Sverejmen
zum Gedeihen tommt, von dem ehemals fo gut wie nichts zu
ſehen war.
All die Droſſeln, die früher in den Kiefernſtangenorten
gefangen wurden, kommen fett 1908 zum ruhigen Verſchmauſen
ihrer Beeren, fliegen, höchſtens aufgeſcheucht von verteyrendem
Fuyrwerk und engen, Hin uno her vom Vogelbeer baum zur
Kiefer und verlieren dabei viele Beeren und in narüclicher
Weiſe den Samen von dem großen Nayrungsreichtum. a fie
ſelbſt jest am Leben bleiben, tonuen fie einen langen ungenörten
Heronſchmaus halten, dis die voll tragenden Baume leer ind.
Ihre emfige Futtertätigteit iſt heute durch einen freudigen Eoer⸗
eſchenunter ſtand in den jonft vodenoden Nieſernſtangen vezeichnet.
Besonders erfreulich tft dieſes Vogelſchaffen in Niefernſtangen⸗
orten auf ehemaligem Ackerland mit beginnenden Sterbeluden.
Da bleibt nun wenigſtens ein Bodenschutz von freudig wach⸗
tendem Vogelbeerjungwuchs. Kriegsweidevich hat dafur allers
dings kein Verſtändnis und vernichtet, trotz oer Weidevet vote,
vieles wieder — abermals iſt hier des Wenden Tun hochſt
unzureichend für die Wiederbegrundung des Waldes.
Noch eine andere Oertlichten fah ich in dieſem Juni, im
Greifswalder Unwerftlaisforu, mu noch viel dichterem uno
ausgedegnterem Vogelbeerjungwuchs, als hier im Revier. Dort
find beim Kleinvahnhof Pattyagen fart 2 Jagen 30 — 40 jahr.
Kiefernnangen vis zur dichteſten Geſchloſſenheit mu etwa 10 jahr.
Evereſchen unterwachſen. Meine Erkundigung be id zurändigen
Beamten beſtätigte meine Annahme, daß auch da nur die
Droſſeln die „Waldbegründer“ waren.
Für die Verbreitung von Buche und Eiche ſorgt der Eichel⸗
häher, für die Verbreuung aller beerentragenden Bäume und
Sträucher ſorgen die beerenfreſſenden Vogel, in erner Linie
alle Oroſſelarten. Eine heimliche mächtige Kleinarbeit, die
dem Meuſchen viel zu oft entgegt, weil er Nutzen uno Schaden
von Pflanze und Tier meiſt in eriter Linte als eine Magen ⸗
frage behandelt, leinen hier unſre Waloſanger.
Weitere Beobachtungen könnten wohl flariegen, ob fold
nützliche Vogellätigten nicht nur eine Folge der ihnen zuteil
gewordenen Utube während thres Verbſtbeſuches in, oder ob
uicht gleichzeitig bod auch eine wesentliche Zunahme der Droſſel⸗
vogel mit in Frage kommt.
Vielleicht regen dieſe Zeilen an zu ähnlichen Betrachtungen
über den tatſächlich vielſeuigen Nutzen der vorzugsweiſe im
Walde lebenden Droffelarten, ehe mal ein letztes Wort ges
ſprochen wird über den Dohnenſtieg als einer reinen Erwervs⸗
und Magenangeiegenheit. Forſtmeiſter G. Hütterott.
Se aM —
C. Miniſterialrat a. D. Prof. Ferdinand Edler von
Wang f.
Der erſte, der in Oeſterreich den Gedanken der
Wilddachverbauung mit aller Macht feines Anſehens und Eu
fluſſes verprettete, war k. k. Regierungsrat Prof. Dr. Attut
Freiberr von Seckendorf⸗Gudent, der u Babu
heit als Pionier in Wort und Schrift für teme Rreblengarder
eingetreten ijt. Sein Werk übernahm nach ſeinem Tode ein
Mann, deffen Name in feinem Fache einen gar guten Klang
hat, der die Foriſetzung des Seckendorſſſchen Wertes
ais ſeine Lebensaufgabe betrachtete, Jerdinand Wang,
den wir vor kurzer Zeit — er paro am 26. april 1917 an
einem hartnäckigen Darmleiden und Rippenſellentzünd un —
zu Grave geleiter haben. . |
Wang wurde am 24. Dezember 1855 gu Boledowry
in Boymen gevoren, wandte fiq nach wpdfolorerung der Ro
telſchule urſprunglich dem iechniſchen Fache an der Baumgenu::
ſchule der k. k. Techniſcheu Vochſchule in Wien gu, widmete fa
aber bald darauf dem forſtwiſſenſchaftlichen Stud tum an der
im oktober 1876 eröffneten fornlichen Sektion der Yoyıqul
fur Bodentultur in Wien, die von nun an die Stelle ber hi.
Fornatademie in Martanrunn eriegen joie, Mu
trat im Jahre 1878 bei der f. k. Forn⸗ und Domanew duc:
non in Salzourg als k. k. Forst- Eleve in den Siaatsforſtoieun.
Als zu Anfang der Achtziger jahre der ſorſtrechniſche Diet
der politiſchen Verwaltung in Oenerreich neuorgaalſiert wo:
den war, fam Wang im Jahre 1884 als Forpinppetuon
Adjunkt nach Gili. Im gleichen Jahre ward ore portie
niſche Aoteilung für Wadvachverdauu eig errichtet, m welds
er zu femer ganzen Bedeuiung aufſteigen toure. 1886 K |
wir ihn tn der Sektion Villach, und 1887 in der pontis
Brixen tatig. S
Was von Seckendorff angebahnt, hat wang a
regſtem Girer durchgefuhrt. Umgeben von einem Stab nan
Beamter, war es ihm gegönnt, rog mancher Wider waza
und trotz der bescheidenen Mutel, ote ſeinem Leboenswal 000
Staate zur Verfugung geitellt wurden, Erfolge zu apuka,
denen auch im Ausland die Anerknnung nit verjagt Mii
konnte. Von altem operreichiſchen Geiſte vejeelt, war et MEL
das Anfehen ſeines Vaterlandes auch außerhalb oer Gies
zu heben and auf den verschiedenen Austellungen gE uch.
was Fleiß und Unverdroſſenyeit zu ictiten verman. Volt fe
achtung verdienten demnach auf der Parier Weitauspelz!
die Oojelte aus dem Wuobachveroauungsweſen der aun.
Für die Leipziger imernationale Baufachausſtellung 1913 0
bettete er uner üblich eim volles Jahr. Auch ver den Ki
ſchiedenen heimischen Ausſtellungen (Aöriaauspgelung t 6)
war Wang mit Aufgebot aller feines strane und Gii
rungen tätig, wieder nur, um den Beſuchern aus der Ray wid
Fremde zu zeigen, was Wiuenstraft hervorbringen kann.
Schon im geroft 1887 an der Hochſule fur Bo
mit den Vorleſungen uver Wildvachver bann
betraut, ſuchte er feine Hörer gerade fur otejea Zwei Ù
Forſtwiriſchaft recht empfanglich zu machen; ewe zeigen 5
fahrungen legte er in feinem Vauptwerte „Grundriß det
Wild dachvervauung' nieder, das wohl ein reichgalnge
und gediegenes Lehrbuch auf dieſem Gebiete IN.
Ebenſo deſaßte jig Wang eingehend mu PY
grammetrie, die er auch au oer k. k. vochchule 1
Bodenkultur dozierte.
Im Jahre 1889, nachdem er die zwei Dorgergebeudti
Winterperioden im Aderoaumınıitertum gedient — verrand
in pieje Zentralſteue oecuren, halte Wang Seleyeahcu, un.
allen leitenden Focumäanern jener Zeu in regſter Verbindun
zu ſtehen uno ſeinen Planen offene Herzen und gutes Wero”
nis zu ver ſcha ffen. 3
Im Jahre 1897 wurde Wang zum k. k. Forſtrat befördert
rückte im Jahre 1903 anläßlich oer Schaffung eines l
Departements tür Wildoachocrvauung im k. i Aderbanasi
ſterrum zum Ober- Focnrat und Veiter dieſes Depares
vor und wurde im Jahre 1908 zum Miuiſteriatrat mn
Wht Allerhöchſter Entschließung vom 20. Januar 1
geruhte Seine k. u. k. Apoſtoliſche Aafeſtät dem Ge f
die erbetene Berjegung in den dauernden Ruhen!
zu bewilligen. 92
Mögen feine Beſtrebungen taikcäftig fortgeſezt W
zum Segen der Bevolkerung und zur Eure des outete
Forſtweſens! K. k. Hofrat Ing. Emil Böhme a
Für die Redaktion verantworuich: für Aufsätze, Briefe, Verſammlungsverichte und Notizen Prof. Dr. Wimmen auer,
tür literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen. — Für die Inserate verantwortlich: J. D. Sauerländer“ Berlag
Werleger: J. D. Sauerläuder in Frankfurt a wW.— @. Ottos Dolbuchdruckerei in Darmitadt.
Zu Allgemeine =. |
Sart und Jagd 3ritung
: .
| von |
Dr. Karl Wimmenaner m Dr. heinrich Weber
Geh. Forſtrat u. Profeſſor d. Forſtwiſſenſchaft i R. ordentl. Profeſſor der ec
an der Univerſität Gießen.
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Augui/September 181i 7 8 1917
Zur Geſchichte
der europäiſchen Haſen nebſt Bemer⸗
kungen über die Urſache des Ausſterbens
der großen Diluvialſäugetiere Europas
und über die Entſtehung neuer Arten
von
Dr. Max Hilzheimer, z. Zt. Lazarettinſpektor
im Reſ.⸗Lazarett Weißenau bei Ravensberg.
Wenn ein guter Naturbeobachter und warm-
herziger Naturfreund ſeine durch eifriges Nach—
ſinnen gewonnenen Ergebniſſe mitteilt, ſo wirkt
das immer anregend auf gleichgeſtimmte Seelen.
Auch wenn ſich die eigenen Gedanken nicht immer
in den gleichen Bahnen bewegen, wird man die
mitgeteilten Tatſachen als neue Anregung mit Freu-
den begrüßen und dankbar zu verarbeiten ſuchen.
Die alte Wahrheit aber, daß der Widerſtreit der
Meinungen für die Erkenntnis weſentlich fördernd
iſt, veranlaßt mich auf die ſehr wertvollen Mittei—
lungen des Herrn Pfarrer Wilhelm Schuſter
S. 297 bis S. 303 im Dezember-Heft 1916 dieſer
Zeitſchrift einiges zu entgegnen.
Vorausſchicken möchte ich freilich noch, daß ich
jetzt in Stuttgart im Militärdienſt bin, alſo fern von
meiner Wohnung Charlottenburg über meine Notizen
und literariſchen Handapparat nicht verfüge und
demgemäß, wo ich Gewährsmänner anführe, dies
aus dem Gedächtnis tun muß.
In ſeiner Behandlung des Haſen ſchreibt Schuſter
verſchiedene Sätze, die mich ſehr ſympatiſch berühren
müßten: „Aus Waldhaſen werden Buſchhaſen, ja
Feldhaſen“ und ſpäter: „Es waren die Waldhaſen
beſonders zarte Tiere, die bedeutend mehr Deckung
brauchten, mehr Deckung gegen Witterung, widrige
Temperatureinflüſſe, Kälte.“
Das ſind Gedanken, wie ich ſie ganz ähnlich be—
reits 1912 in meinem „Handbuch der Biologie der
Wirbeltiere“ (Stuttgart 1913) eingehend ausführte,
wenn auch in etwas anderer allgemeinerer Form.
Ich glaube dort nachgewieſen zu haben, daß. wenn
von zwei verwandten Tieren das eine den Wald,
das andere die Steppe oder offene Landſchaften
bewohnt, das letztere das ſpezialiſiertere, mehr ein-
ſeitig angepaßte oder wie man wiſſenſchaftlich ſagt,
in der ſtammesgeſchichtlichen Entwicklung fort⸗
geſchrittenere iſt.
1917.
Ein ſehr einleuchtendes Beiſpiel dafür iſt die
Giraffe und das Okapi, die beide nahe verwandt ſind.
Jeder Laie fieht auf den erſten Blick ein, wieviel:
weiter ſich die offene Landſchaften bewohnende
Giraffe in ihren Körperverhältniſſen vom allge-
meinen Bauplan der Wiederkäuer entfernt hat, als
das den Wald bewohnende Okapi. Die Giraffe iſt
eben ſtammesgeſchichtlich weiter entwickelt, fort-
geſchrittener, höherſtehend. Von den afrikaniſchen
Büffeln, hat ſich der die offenen Länder Oft- und
Südafrikas bewohnende mächtige Kaffernbüffel
mit ſeinem gewaltigen, ſo eigenartigen Gehörn
weiter entwickelt, als die den weſtafrikaniſchen Ur
wald bewohnenden kleinen Büffelformen, von
denen einige noch ein Gehörn haben, das ſich wenig
vom normalen Rindergehörn unterſcheidet. Unter
den Hirſchen trägt bei der einzigen Form, die nicht,
den Wald bewohnt, dem Rentier, auch das Weibchen
ein Geweih, ſicherlich ein fortgeſchrittener Zuſtand,
wenn man der wohl allgemein angenommenen
Anſicht iſt, daß derartige Waffen im Laufe der
Stammesgeſchichte zuerſt vom Männchen erworben
werden und dann im weiteren Verlauf der ſtammes—
geſchichtlichen Entwicklung auch auf das Weibchen
übergehen. Von den ſechs lebenden Nashornarten,
bewohnen die primitivſten, tiefſtſtehenden die Ur»
wälder Sumatras. Sie haben ſich noch die Schneide ⸗
zähne bewahrt, die den anderen verloren gingen.
Weiter als alle lebenden war aber die eigenartige
ſibiriſche Nashornform entwickelt, die die Wiſſen⸗
ſchaft als Elsamotherium sibiricum bezeichnet, mit
ihrer einzigartigen gekräuſelten Schmelzfalten auf
den Backenzähnen. Dies Tier war aber ein Steppen-
bewohner. Ebenſo dürfte nach den neueſten For.
ſchungen von Dietrich u. a. das Mammut, alſo die
typiſchſte Steppenform der Elephanten, eine der
höchſtſtehenden Elefantenformen geweſen ſein, ſicher
erheblich höher ſtehend als der indiſche Elefant.
Mit dieſen Beiſpielen will ich es bewenden laſſen,
ſie genügen wohl, um die allgemeine Gültigkeit des
Satzes von der fortgeſchritteneren Entwicklung der
Steppentiere gegenüber ihren nächſten Verwandten,
die ben kok bewohnen, zu zeigen.“)
— = =
S An m. Es iſt übrigens intereſſant, daß dieſes Geſetz
auch für den Menſchen gilt, der ja natürlich auch den allge⸗
meinen biologiſchen Geſetzen unterworfen iſt. Die körperlich
und geiſtig tiefſtſtehendſten Menſchen finden wir in den tro.
24
182
Von diefem Standpunkte aus könnte mir alfo
Schuſters Anſicht: Waldhaſe, Buſchhaſe, Feldhaſe, nur
recht ſein. Denn die Entwicklung ſchreitet von wenigen
Ausnahmen abgeſehen, wo wie bei Paraſiten ganz
beſondere Verhältniſſe vorliegen, ſtets fort. Aber
Schuſter vermutet, daß der deutſche Haſe „ehedem
durchweg Waldhaſe geweſen“ ſei, daß er „gleich
anderen Nagern ſeiner urſprünglichen Art nach
Steppentier iſt und von Oſten einwanderte. Nun
vermute ich (Schuſter) aber, daß er nicht erſt nach
der Eiszeit, ſondern in Steppenzeiten zwiſchen den
Eiszeitperioden oder unmittelbar darnach bei uns
eingewandert iſt.“
Dieſen Sätzen kann ich mich nun nicht durchweg
anſchließen und zwar aus zwei Gründen. Der erſte
und ſchwerwiegendſte ſcheinen mir die paläonto⸗
logiſchen Funde zu ſein. Aus der Durchforſchung
der eiszeitlichen Kulturen ſind wir ſehr genau über
die ſie begleitende Fauna unterrichtet, da man dieſer
namentlich in den letzten Jahrzehnten mit Recht
große Aufmerkſamkeit geſchenkt hat. Ich ſelbſt habe
vor einigen Jahren in Perigord mit zwei Herrn im
Auftrage des Berliner Muſeums für Völkerkunde
ſehr ſorgfältig in den altſteinzeitlichen Kulturſchichten
ausgegraben. Da es damals galt, ſowohl das gegen⸗
ſeitige Verhältnis der einzelnen Kulturen, als auch
innerhalb der Kulturſchichten eine Entwicklung feſt⸗
zuſtellen und ſchließlich auch das Verhältnis der
Kulturſchichten zu den Eiszeitphaſen aufzuhellen,
ſo kann ſich jeder leicht ein Bild davon machen, wie
ſorgfältig die Erde durchſucht, ja durchſiebt wurde.
In der Berliner anthropologiſchen Geſellſchaft haben
wir über unſere Reſultate einen vorläufigen Be⸗
richt veröffentlicht. Bei dieſer Art der Durchforſchung
des Bodens hätten uns ſchwerlich die Reſte eines
piſchen Urwäldern Afrikas und Hinterindiens, Zwergvölker
wie die Akkas, Orang⸗Mamas u. a. In dieſem Zuſammen⸗
hange ſe auch wenigſtens angedeutet, daß gerade die älteſten,
erſten Kulturen unſeres Kulturkreiſes in Steppengebieten,
Meſopotamien und Agypten, liegen. Dieſe Länder trugen
urſprünglich während des Ausganges unſerer europäiſchen
Eiszeit Wald. Mit dem trockner Werden des Klimas dort, das
wohl mit dem Rückgang der gewaltigen nordiſchen Gletſcher
zuſammenhing, ging auch der Wald zurück. Reſte der ehe⸗
maligen Waldbedeckung müſſen zu Beginn des Dämmerns
der Geſchichte jener Völker noch beſtanden haben, wie ich
mehrfach an Hand der damaligen Fauna nachge wieſen habe.
Mit dem Rückgang des Waldes wurde aber allmählich jenen
Völkern der ihnen durch den Wald gewährte Schutz entzogen,
ſie wurden allmählich den härteren Lebensbedingungen der
freien Steppe ausgeſetzt. Damit war der erſte Anreiz zur
kulturellen Entwickelung gegeben. Als bei weiterer Aus⸗
trocknung die Steppe zur Wüſte wurde, verſchwand aus jenen
Gebieten die Kultur. So ſteht Wachſen und Werden der
Völker in innigem Zuſammenhang mit geologiſchen und
kosmiſchen Verhältniſſen. Europa konnte ſeine hohe Kultur
erſt erreichen, nachdem die Wälder zurückgedrängt und eine
(Kultur-) Steppe geſchaffen war.
nur einigermaßen häufigen Tieres entgehen können,
zumal wir auf die Fauna beſonders achteten und
ſelbſt ſo kleine Stückchen, wie Fiſchwirbel fanden.
Nirgends aber fanden wir in rein eiszeitlichen
Schichten Haſen⸗Reſte. Und ich darf gleich hinu
fügen, auch von anderer Seite ſind ſie dort nicht
gefunden worden, obwohl der weit kleinere Lem:
ming (Lemminge in Südfrankreich!) entdech
worden iſt. Das will bei der großen Sorgfalt, mit
der von den verſchiedenſten Seiten in Südfrankkeich
ausgegraben iſt, immerhin etwas heißen. Die erſten
Reſte von Hafen fand ich erft in Magdalénien jelbi
und zwar nicht einmal im Beginn ſondern etwa in
mittleren Schichten und zwar am klaſſiſchen Fund,
ort La Madeleine. Dies war der tuypiſche kleine
franzöſiſche Haſe (Lepus meridiei Hilzh), wie er
heute noch Frankreich bewohnt, nicht unſer großer
deutſcher Hafe (Lepus europaeus Pallas). Da nu:
das Magdalénien eine altſteinzeitliche Kulturſtufe
ift, die nach der allgemeinen Meinung in die Aus:
gangsphaſe der Eiszeit, d. h. in die Zeit nach ber
letzten großen Bereifung verlegt werden muß, ie
ſcheint es mir erwieſen, daß in Perigord der Har
erſt nach der Eiszeit einwanderte. Dieſen Schlu
dürfen wer wohl auf ganz Südfrankreich ausdebner,
— + — a
|
das ſchon mindeſtens feit dem Diluvium ein ein |
heitliches Faunengebiet geweſen ift. Dabei mir |
Steppenbildung nach Ausweis der Fauna İdo
ſehr früh dort geherrſcht haben, denn das Wildpferd
und der Bison priscus, d. h. eine Form des Visor,
die dem amerikaniſchen, präriebewohnenden Bier
und nicht unſerm waldbewohnenden Wiſent gleicht
finden wir feit dem Acheulléen, aljo einer demd —
ginn der eiszeitlichen Kulturen zeitlich naheſtehen
den Kulturperiode, die ſpäteſtens in die Mitte der
Eiszeit zu ſetzen iſt.
Ahnliches gilt in Bezug auf den Haſen auch für
Deutſchland. Wenn es mir auch leider nicht möglıd
ift, im Augenblick die verſchiedenen aufgeitellter
diluvialen Faunenliſten durchzuſehen, ſo glaube ic
doch nicht, daß unter den wirklich diluvialen Tieren
der Feldhaſe (Lepus europaeus Pallas) vorkommt.
Dagegen findet ſich ſehr häufig darunter der Shue
haſe (Lepus timidus L.). Freilich muß man bein
Studium von diluvialen Faunenliſten vorſichtig
fein. Es find nämlich foffile Faunen leider häufig
von Geologen bearbeitet worden. Dieſe mögen oft
als Geologen mit Recht fih großer Wertſchätzum
erfreuen, zur Beurteilung feinerer Unterſchiede
morphologiſcher Art, wie fie bei Bearbeitung fol)!
Faunen nötig find, fehlt ihnen aber die nötige &
fahrung. Das Schlimme dabei ift, daß nun die
Autorität, deren fie fidh infolge ihrer Bedeuum
auf geologiſchem Gebiet erfreuen, auch blind
auf ihre paläontologiſchen Ausführungen über |
tragen wird. Für den Kenner ijt der Wert der-
artiger Bearbeitungen paläontologiſchen Materials
. fofort zu erſehen, indem oft Artnamen auf Reſte
angeführt werden, die kaum ausreichen, Gattungen
zu beſtimmen.
Nun find Feld- und Schneehaſe im Skelett,
ſelbſt wenn ganze Skelette rezenter Tiere vorliegen,
ſchon nicht ganz leicht unterſcheidbar. Um wieviel
ſchwerer iſt das bei einzelnen foſſilen Reſten. Wenn
Schädel oder wenigſtens Gebißteile vorliegen, mögen
bei genauer Kenntnis und großer Übung beide
Haſenarten mit leidlicher Sicherheit unterſchieden
werden, aber ſchon bei Gliedmaßenknochen ſcheint
es mir ſchwer, immer mit Sicherheit zu ſagen, welche
von beiden Arten vorliegt, bei Wirbelknochen dürfte
das ganz unmöglich fein. Zwar wenn die Beſtim—
mungen von Männern wie Liebe, Woldrich, Nehring,
Studer u. a. herrühren, kann man ſie wohl
als geſichert annehmen. Und gerade Studer
hat die Fauna der ſehr exakt durchforſchten
ſchweizer diluvialen Kulturſtätten ſehr genau
bearbeitet und meines Wiſſens dort in diluvialen
Schichten keinen Schneehaſen gefunden. In dem
großen Werk „Die diluviale Vorzeit Deutſchlands“
von R. R. Schmidt, E. Koken und A. Schliz (Stutt-
gart 1912) gibt Koken im paläontologiſchen Teil
eine Zuſammenſtellung der bisher beſchriebenen
Faunen diluvialer Kulturſtätten Deutſchlands. Der
europäiſche Haſe wird dabei nur zweimal erwähnt,
S. 173 und 189, und dabei ausdrücklich hervorge-
hoben, daß er jünger ſei als die eiszeitlichen Tiere
dieſer Fundplätze, an denen die Schichten infolge
moderner Grabungen geſtört waren. Lepus timi-
dus L., der Schneehaſe, dagegen fehlt kaum einer
deutſchen diluvialen Fauna.!)
Dies alles ſcheint mir alſo dafür zu ſprechen, daß
der europäiſche Haſe im europäiſchen Diluvium
fehlte und erſt nach der Eiszeit hier einwanderte.
Und zwar muß die Einwanderung ſehr ſpät erfolgt
ſein. In den ſpärlichen Funden des Azilien, der un-
mittelbar auf das Magdalenien folgenden Kultur,
die einer Waldzeit mit moderner Fauna angehört,
iſt kein Haſe gefunden. Jedoch iſt dieſe Kulturſchicht
bei uns bisher viel zu ſelten, um daraus Schlüſſe zu
ziehen. Leider fehlt mir im Augenblick die Möglich⸗
keit, die zahlreichen jungſteinzeitlichen und ſpäteren
prähiſtoriſchen Faunenliſten durchzuſehen. Viel⸗
leicht ließen ſich daraus über die Zeit des Einwan⸗
derns von Lepus europaeus Pall. und feiner Ger:
kunft Schlüſſe ziehen.
1) Leider krankt die Arbeit Kokens, ſoweit es ſich um
eigene Beſtimmungen handelt, daran, daß nie angegeben iſt,
auf welche Knochenfunde ſie ſich ſtützen. So weiß man nicht,
wie Lepus cf. cuniculus (S. 173) und Lepus sp. S. 201 zu
deuten iſt.
183
—
Der deutſche Haſe iſt wohl, wie auch Schuſter an-
nimmt, höchſt wahrſcheinlich von Oſten gekommen.
Aber wahrſcheinlich mehr von Südoſten, als direkt
von Oſten oder gar Nordoſten. Woher ſtammt nun
der franzöſiſche Haſe? Daß Lepus meridiei Hilzh.
nicht nur eine der modernen Arten iſt, die nur vom
genauen Kenner wiedererkannt werden könne,
ſondern daß wirklich beide erheblich verſchieden ſind,
lehrt ein Vergleich des etwa um ½ é kleineren, febr
lebhaft gefärbten ſüdfranzöſiſchen Haſen, mit dem
erheblich größeren matter gefärbten, namentlich der
lebhaft roſtroten Farbe entbehrenden deutſchen
Haſen. Der Unterſchied zwiſchen beiden iſt min⸗
deſtens ſo groß, wie zwiſchen etwa einem lang⸗
haarigen deutſchen Hühnerhund und einem Setter.
Durch Deutſchland kann der Haſe Südfrankreichs
nicht gekommen ſein, ſonſt müßten hier irgendwo
ſeine Reſte gefunden ſein. Oder ſollten die a. a. O.
in der Anmerkung genannten Lepus sp. und Lepus
cf. cuniculus ſich auf ihn beziehen? Schon bei der
Erwägung dieſer Frage wäre es ſehr wichtig, wenn
man wüßte, welche Reſte Koken vorgelegen haben.
So verſchieden der ſüdfranzöſiſche Haſe von dem
deutſchen Haſen iſt, ſo ähnlich iſt er gewiſſen um das
weſtliche Mittelmeer wohnenden europätfch-nord-
afrikaniſchen Haſen. Wir dürfen alſo wohl in ihm
einen Einwanderer aus Spanien vermuten, dem,
und das ſteht wieder im Einklang mit Schuſters An-
ſicht, die wiederkehrende Wärme ein Vordringen
nach Norden ermöglichte. Wie weit er hier nach
Norden vorgedrungen iſt, kann ich nicht ſagen. Auf
jeden Fall geboten im Often, nach meinen Felt
ſtellungen im Elſaß, feinem Eindringen in das Rhein:
tal die Vogeſen Halt, während dieſes Waldgebirge
andererſeits hier gegen das Vordringen des Lepus
europacus nach Weſteneine unüberwindliche Schranke
bildete. Es liegt hier alſo der merkwürdige und ſehr
beachtenswerte Fall vor, daß einmal eine Tiergrenze
mit einer Landesgrenze zuſammenfällt. !) In dieſem
Sinne iſt alſo Schuſters Fig. I mit der Verbreitung
des Haſen zu korrigieren. Es handelt ſich nicht um
eine einheitliche Art, deren Verbreitungsgebiet dort
als das des Haſen umgrenzt iſt, ſondern um das
von mindeſtens zwei Arten, die nach Ausſehen und
Herkunft verſchieden ſind. Auch der engliſche und
iriſche Haſe, ſoweit letzterer nicht ein Schneehaſe iſt,
1) Es ift ſehr beachtenswert, gerade augenblicklich, wo
in Frankreich immer wieder von dem ſtammverwandten
Elja- Lothringen geſprochen wird, wie ſcharf hier die tier.
geographiſche Grenze iſt. So zieht z. B. von Weſten her die
Ginſterkatze bis an die Vogeſen, von Oſten machte noch vor
wenigen Jahrzehnten hier der Hamſter Halt. Jetzt hat er das
Hindernis, allerdings auf dem Umweg über Belgien (1)
überwunden. Dieſe Beiſpiele ließen ſich noch leicht vermehren.
Man ſieht alfo, wo die „natürliche“ Grenze zwiſchen Frant:
reich und Deutſchland verläuft.
245
184
gehört zum „Mittelmeerhaſen“, wie ich ihn einmal
nennen möchte.
Daß aber gerade das nicht eben hohe Wald—
gebirge der Vogeſen für die Haſen von beiden Seiten
ein unüberwindliches Hindernis bietet, iſt für die
folgende Frage, der ich mich jetzt zuwende, ſehr zu
beachten. Die Höhe der Vogeſen iſt nämlich keines
wegs eine derartige, daß etwa deswegen die Hafen
es nicht hätten überſchreiten können. Sondern es
leben, wie ich mich wiederholt überzeugt habe, auch
auf den Vogeſenkämmen Haſen. Aber freilich äußerſt
ſpärlich. Die Seltenheit des Waldhaſen geht ja
auch aus Schuſters Aufſatz hervor. Nur iſt Schuſter
der Anſicht, die Waldhaſen ſeien früher häufiger
geweſen und verſchwinden heute mehr: „Die deut-
ſchen Haſen müſſen urſprünglich Waldhaſen ge-
weſen ſein. Denn das Germanien des Caeſar und
Tacitus war Waldgebiet. Haſen waren damals in
Deutſchland vorhanden.“ Ja, ſicher waren zu
Tacitus Zeiten in Deutſchland Haſen vorhanden,
wie gewiſſe römiſche Denkmäler beweiſen. Tacitus
ſelbſt erwähnt übrigens in ſeiner Germania den
Haſen nicht; ob dies Caeſar tut, iſt mir unbekannt.
Woraus aber ſchließt Schuſter, daß dieſe Tiere da—
mals beſonders zahlreich geweſen ſind?
Woher will Schuſter wiſſen, daß im Germanien
des Cäſar und Tacitus der Waldhaſe häufiger war
als heute? Ich kenne eine im kgl. Lapidarium in
Stuttgart befindliche, in Stuttgart gefundene,
römische Darſtellung eines Jägers auf einer Haſen—
jagd, der den Haſen von einem Windhund jagen
läßt.) Ahnliche Haſenjagden mit Windhunden find
mir aus Gallien bekannt. Nun hat aber ſicher nie
und nirgends jemand Waldtiere mit Windhunden
gehetzt, denn im Walde würden ſich dieſe Jagd—
gehilfen des Menſchen die Schädel einrennen. Und
im Mittelalter hat man Falken zur Haſenjagd ab-
gerichtet, wieder ein Beweis dafür, daß der Haſe
auch damals ein Tier des offenen Geländes war.
Wie überhaupt der ganze Falkenſport beweiſt, daß
hinreichend offenes Gelände im mittelalterlichen
Deutſchland vorhanden war. Hiermit ſoll aber
nun keineswegs die Zunahme der Haſen in Deutſch—
land in den letzten Jahrzehnten geleugnet werden.
Im Gegenteil iſt eine ſolche nicht zu bezweifeln. Nur
hat jie ihre Urſache nicht in biologiſchen Verän—
derungen, ſondern in den durch die Feldwirt—
ſchaft für die Haſen geſchaffenen beſſeren Lebens—
bedingungen. Auf eine biologiſche Anderung in
der Lebensweiſe aber zu ſchließen, ſcheint mir ſehr
gewagt.
1) Gbbildung bei Hilzheimer. Die Haustiere in Abjtame
mung und Entwicklung. Abb. 12 S. 29 (Stuttgart bei Strecker
n. Schröder).
Sicherlich iſt das römiſche Germanien, wie auch
das ſpätere Deutſchland Waldgebiet geweſen, aber
es wird ſich nicht über das ganze Land ein Baum
an den anderen gereiht haben, ſondern es wird auch
Lücken im Walde gegeben haben, Blößen, Wald⸗
wieſen, wo ſich Haſen halten konnten, ebenſo wie ja
auch als Hinterlaſſenſchaft der Steppenzeit als
„Relikte“ fich überall an geeigneten Plätzen Steppen-
pflanzen gehalten haben. Starben doch auch ge⸗
wiſſe andere Steppentiere in dem ſpäteren wald⸗
bedeckten Deutſchland nicht völlig aus. Pferde er⸗
hielten ſich an geeigneten Orten durch das ganze
erſte Jahrtauſend, an manchen Stellen noch länger.
Auch der Hamſter überlebte die Waldzeit, und nie-
mand wird von ihm behaupten, daß er jemals Wald⸗
tier geweſen iſt. Er bietet übrigens genau dasſelbe
Bild wie der Haſe, inſofern nämlich, als er mit Zu-
nahme der durch Bebauung geſchaffe nen für feine
Lebensbedingungen günſtigen offenen Stellen, mit
Zunahme der Felder, der „Kulturſteppe“ ebenfalls
erheblich zunahm. In dieſem Zuſammenhang iſt
gerade der Vergleich der mit Schuſters Fig. I gue
ſammengeſtellten Verbreitungsgebiete des Haſen
und des doch ficher waldbewohnenden Eichhörnchens
lehrreich. Bei dem Eichhörnchen gibt es keine von
Nord nach Süd verlaufende Grenze, wie eine ſolche
die Vogeſen für Hafe und Hamſter bilden. Das Cidh-
hörnchen war aber Waldbewohner und konnte ſich
ſonach, als ganz Europa von Wald bedeckt war, auch
einheitlich über dieſen ganzen Kontinent verbreiten.
Wohl mag man bei dem europäiſchen Eichhörnchen
hier und da etwas beſonders ausſehenve Lokalformen
oder ſelbſt Unterarten nach mühſamen Studien
trennen, aber zwei derartig ſcharf geſchiedene Arten,
wie die beiden Haſenarten, gibt es bei dem Eich.
höruchen nicht.
Noch einen ferneren Grund habe ich gegen die
Annahme, daß Haſen jemals eigentliche Waldtiere
waren. Es gibt ein biologiſches Geſetz, das foge-
nannte Dolloſche Geſetz, von der Nichtumkehrbar⸗
keit der Entwicklung im ſtammesgeſchichtlichen Werde.
gang. Wenn z. B. im Laufe der Entw cklungs⸗
geſchichte ein Organ verloren gegangen iſt und es
infolge Wechſels der Lebensweiſe wieder benötigt
wird, ſo kann es doch nicht wieder entſtehen, ſondern
es muß an ſeiner Stelle ein neues Organ gebildet
werden. Ein Beiſpiel aus unſerer Fauna wird
dies klar machen. Die Eichhörnchen hatten wohl
ſchon, bevor ſie zur tletternden Lebensweiſe über⸗
gingen, den Daumen verloren. Nun machte aber
die Art ihrer Bewegung, die Art, wie ſie die Vorder⸗
füße beim Freſſen halten, einen Widerhalt gegen
die übrig gebliebenen 4 Finger nötig. Da konnten
ſie nicht etwa den verloren gegangenen Daumen
wieder bekommen, ſondern mußten ſtatt deſſen ein
=
— = =
neues Organ entwickeln; fie bekamen nun an feiner
Stelle an den Händen eine Art Warze, die wohl
einem Zehenballen entſtammt.
Dieſes Dolloſche Geſetz geht noch weiter. Nicht
nur verloren gegangene Organe können nicht wieder
entſtehen, ſondern auch funktionslos gewordene
können ihre frühere Betätigungsmöglichkeit nicht
wieder erhalten. Man nimmt wohl mit Recht an,
daß im Laufe der Stammesgeſchichte dem Ver:
ſchwinden eines Organs eine Zeit vorhergeht, wo
es außer Dienſt geſetzt wird. Beiſpiele für derartige
funktionslos gewordene Organe ſind bekannt genug.
Es ſei nur an die Muskeln in der Ohrmuſchel des
Menſchen und den berüchtigten Wurmfortſatz des
Blinddarms erinnert. Bei den Kängurus iſt das
Ende der Schwanzmuskulatur funktionslos ge⸗
worden, nicht der Anfang, da ja bei ihm die Wurzel⸗
hälfte des Schwanzes ein wichtiges Stützorgan iſt.
Allem Anſchein nach ſtammen aber die Kängurus
von baumbewohnenden Tieren ab und hatten früher
einen Greifſchwanz, wie andere baumbewohnende
Beuteltiere. Als Reſte davon finden wir heute noch
bei einem zu den Känguruhs gehörigen Tiere, näm”
lich Bettongia, eine gewiſſe Greiffähigkeit des
Schwanzendes. Dieſe läßt fidh bei dem erd⸗, fogar
höhlenbewohnenden Tiere gar nicht anders erklären,
als durch die Annahme baumbewohnender mit
Greifſchwänzen verſehener Vorfahren. Nun ſind
eine Anzahl Kängurus zum Baumleben zurückgekehrt.
Ihr Schwanz aber konnte die verlorene Greiffähig⸗
keit nicht wieder erhalten, obwohl das ſehr nützlich
geweſen wäre.
Was hier für zwei Beiſpiele ausgeführt wurde,
gilt natürlich auch für alle übrigen Körperteile, aber
es gilt natürlich nicht nur für den Körper, ſondern
auch für die Pſyche, für Gewohnheiten und Inſtinkte,
die ja nur eine Funktion des Körpers ſind. Nun
habe ich ſchon am Anfang auseinandergeſetzt, daß
Steppenleben eine höhere Entwicklung bedingt als
Waldleben. Aus dieſem Grunde ſcheint es mir un⸗
wahrſcheinlich, daß ein pſychiſch und körperlich an
die Steppe angepaßtes Tier Waldtier wird. Und
tatſächlich ſind auch jene erwähnten diluvialen
Steppentiere, das Mammut, der Bison priscus,
Elasmotherium, das wollhaarige Nashorn aus.
geſtorben, manche früher, manche ſpäter, wie die
Pferde; manchen iſt es gar gelungen, ſich ein neues
waldfreies Gebiet zu erobern, in dem ſie ſich auf den
Gebirgshöhen über dem Waldgebiet anſiedelten,
wie die Steinböcke, die heute noch leben. Waldtier
aber iſt keines von ihnen geworden. Der lebende
Wiſent iſt kein Nachkomme des diluvialen Bison
prisc us. Mit dieſem identiſch, höchſtens unterartlich
von ihm unterſchieden, iſt der amerikaniſche Biſon,
dem eine gute ausgedehnte Steppe, eben die nord—
185
amerikaniſche Prärie, die nötigen Lebensbedingun⸗
gen gewährt. Während in Euraſien die Entſtehung
mächtiger zuſammenhängender Waldungen ihm,
wie den anderen Steppentieren das Leben unmöglich
machte. Man hat ſich oft den Kopf zerbrochen,
warum jene großen diluvialen Säugetiere aus-
geſtorben ſind. Es ſchien das umſo unerklärlicher,
als man nachweiſen konnte, daß noch heute in
Sibirien die gleiche Flora beſteht, als zur Zeit in
der die Mammute dort lebten. Auf der Suche nach
einer Urſache für das Ausſterben, hat man ſelbſt den
diluvialen Menſchen dafür verantwortlich machen
wollen, bis Soergel vor einigen Jahren überzeugend
klar legte, daß der Menſch als Vernichter nicht in
Betracht kommt.
Für jeden, der meinen Ausführungen bis hierher
gefolgt iſt, wird es ohne weiteres klar ſein, warum
jene Tiere ausſterben mußten. Aber es muß einmal
klar und deutlich ausgeſprochen werden: Die Urſache
des Ausſterbens jener eiszeitlichen Steppentiere
war die Ausbildung des Waldes in Europa und
Nord⸗Aſien und die Unmöglichkeit für ein Steppen⸗
tier, ſich an den Wald anzupaſſen. Für dieſe Auf-
faſſung bildet die Tatſache, daß heute noch an den
ſibiriſchen Fundſtellen dieſelben Gewächſe gefunden
werden, keine Schwierigkeit, wenn wir uns die
biologiſchen Gewohnheiten der nordiſchen Säuge-
tiere vor Augen halten. In meinem Handbuch der
Biologie habe ich bei Beſprechung der Tierwande—
rungen darauf hingewieſen, daß alle nordiſchen
Tiere wandern, die größeren regelmäßig, die flei-
neren periodiſch. Aber auch die Tiere der Steppen
führen regelmäß'ge Wanderungen aus. Über die
Wanderungen der wilden Equiden in Zentralaſien
haben uns ruſſiſche Forſcher eingehende Berichte
hinterlaſſen. Aus Südafrika haben die mächtigen
Wanderzüge der Springböcke große Berühmtheit
erlangt. Auch ſonſt berichten die Erforſcher der
afrikaniſchen Tierwelt von den Wanderungen der
großen Steppenſäuger. Warum ſollen gerade die
Säugetiere der europäiſchen diluvialen Steppen
nicht gewandert ſein? Wir müſſen vielmehr an—
nehmen, daß auch ſie den allgemeinen Geſetzen der
Steppentiere folgten, dieſelben Gewohnheiten hatten
und große jahreszeitliche Wanderungen antraten,
die ſie im Winter weit nach Süden führten. Gehen
doch noch heute die Wanderungen der Renntiere
auf der Teimyrhalbinſel über mehrere Breitengrade
fort. Als ſich nun in Europa der Wald ausbildete,
war hier ein Leben für Steppentiere ausgeſchloſſen.
Ahnlich lagen aber die Verhältniſſe auch in Aſien.
Zwar war hier nicht die ganze Steppe mit Wald
bedeckt, aber die nordſibiriſche Tundra wurde nach
Süden durch die mächtigen Waldgürtel der Taiga
abgeſchloſſen. Damit waren den nordiſchen Steppen-
186
—— mee aa e a a
tieren, Mammut, ſibiriſches Nashorn, Bison pr’scus
und anderen die ſüdlichen Teile ihres Wohngebietes
entzogen. Wohl wächſt heute noch in der Tundra
dieſelbe Vegetation, wie damals als die großen
Säuger dort wohnten, wohl würden ſie dort im
Sommer noch genügend Nahrung finden, wohin
aber ſollen ſie vor dem Verhungern im Winter
flüchten, nachdem die Taiga im Süden ihnen ein
nicht zu überwindendes Hindernis bereitet? So
mußten jie infolge der Ausbildung der Taiga) und
der Unmöglichkeit für Steppentiere, ſich an den
Wald anzupaſſen, ausſterben. Nur, und das iſt
der beſte Beweis für meine Anſicht: in Nordamerika,
wo ſich eine mächtige, nach Süden unbegrenzte
Prärie ausdehnt, konnte ſich der Biſon bis auf den
heutigen Tag erhalten. Dort waren feiner Wander:
luſt niemals Schranken geſetzt und es iſt zu bekannt,
um hier noch näher darauf eingegangen zu werden,
daß er im Winter den ſüdlichen, im Sommer den
nördlichen Teil ſeines Wohngebietes bezog, indem
er jedes Jahr große Wanderungen ausführte. Das
gilt natürlich nur für die Zeit vor ſeiner in den
70 er Jahren erfolgten mutwilligen Ausrottung
durch den Menſchen.
Gegen dieſe Anſicht, daß der Haſe im allge—
meinen niemals Waldtier war, ſprechen auch die
wenigen vereinzelten Wald haſen nicht. Ebenſo, wie
es bei den körperlichen Eigenſchaften der Lebeweſen
eine große Veränderlichkeit gibt, ſo auch bei den
geiſtigen. Gewohnheiten und Inſtinkte variieren nicht
minder und kein Tier iſt körperlich oder geiſtig
dem andern gleich. Perverſitäten kommen auch bei
den Tieren vor; wenn ſie auch wegen der großen
Schwierigkeit der Beobachtung, zumal ſie auch nicht
meßbar oder wägbar ſind, weniger bekannt und er-
forſcht ſind. So gibt es auch einzelne Haſen, die aus
beſondern Gründen, ſei es körperlicher oder
pſychiſcher Art, ein Leben im Walde vorziehen. Daß
es aber, wie Schuſter andeutet, wirklich zwei biolo—
giſche Raſſen, Wald- und Feldhaſe, und vielleich tals
dritte noch den Buſchhaſen gibt, will mir noch nicht
recht in den Kopf. Wohl kennen wir auch ſonſt bei
Säugetieren derartige der Lebensweiſe nach ver.
ſchiedene, ſogenannte „biologiſche“ Raſſen, welche
bei körperlicher Gleichheit verſchiedene Inſtinkte
1) Die Ausbildung der Taiga führte übrigens zu jener
ſcharfen Trennung zwiſchen den Tieren der nördlichen und
ſüdlichen Steppe. In diluvialen Ablagerungen finden wir
noch neben Ren, Saigaantilopen und Wildpferde, neben
nordiſchen Nagern ſüdliche. Das iſt wohl ſo zu erklären, daß
infolge des fehlenden Waldgürtels zwiſchen den Verbceitungs⸗
gebieten beider keine ſcharfe Grenze beſtand, und in breiter
Zone mögen die Gebiete, die die Tiere des Nordens im Winter
bewohnten, von den ſüdlichen im Sommer eingenommen
worden ſein. So finden wir heute ihre Reſte gemeinſam, ohne
daß ſie gerade neben und durcheinander gewohnt zu haben
brauchen.
und Gewohnheiten beſitzen. So kann man unſere
Wühlratte Arvicola terrestis) und unſere Waller:
ratte (Arvicola amphibius) an körperlichen Mer.
malen nicht unterſcheiden, obwohl fie die ſchon m .
Namen ausgedrückten verſchiedenen Lebens
gewohnheiten haben.
Gewiß ift es ſehr wichtig, auf biologiſche Ver.
änderungen zu achten, und es iſt ein großes Ber.
dienſt von Schuſter, bei verſchiedenen Gelegen:
heiten nachdrücklichſt auf die Möglichkeit der Unde.
rungen in der Lebensweiſe der Tiere hingewieſen
zu haben. Denn wenn wir ſolche beobachten, wahr.
nehmen, gewiſſermaßen mit eigenen Augen ſehen
können, ſo wäre das äußerſt wichtig, nicht nur wegen
der erdgeſchichtlichen Schlüſſe, die Schuſter glaubt
daraus ziehen zu können, ſondern auch, wie ich
ſpäter zeigen werde, in entwicklungstheoretiſcher
Hinſicht. Aber man muß mit der Annahme folder
biologischer Veränderungen äußerſt vorſichtig fein.
Wie alt iſt denn überhaupt das Intereſſe an der
Lebensweiſe der Tierwelt! Abgeſehen von Jagr
tieren und von Beobachtungen an gefangen ge
haltenen Tieren, hat uns die frühere Zeit doch nu
auffällige Erſcheinungen aus der Tierwelt berichtet
Gerade das alltägliche, die ganze Lebensweiſe cine:
Tieres ijt doch erft in allerneueſter Zeit Gegenſtand
der wiſſenſchaftlichen, exakten Erforſchung geworden
und ſelbſt da iſt es ein nur von einigen wenigen
beackertes Gebiet geblieben. Wenn da alfo heut
neue Tatſachen bekannt werden, braucht es f h noch
lange nicht um eine Anderung der Lebens weit
zu handeln, ſondern um eine beſſere Erfenntn:.
Ich erinnere nur an das berühmte, vor etm
10 Jahren häufig angeführte, Beiſpiel von der
Anderung in den Lebensgewohnheiten der Ami!
welche erft in den letzten Jahrzehnten Fleiſchfteſſe
geworden fein ſollte. Nun ſteht aber ſchon, wie ich ver
einigen Jahreninder Naturwiſſenſchaftlichen Woden
ſchrift ausführte, im Frankfurter Kräuterbuch, de:
gegen Ende des 15. Jahrh. erſchien, daß die Amiel
Fleiſch freſſe. Sie tat das alfo bereits feit 400 Jahren,
und vermutlich ſchon länger, wir haben nur darüber
keine Nachrichten. So hat alfo die Amſel nicht the
Lebensgewohnheiten geändert, ſondern dieſe ſind
nur beſſer bekannt geworden. Sie wird eben immer,
wie noch manche andere Tiere, ein Allesfreſſer g
weſen ſein. Nun führt Schuſter zwei Beiſpiele von
veränderter Lebensweiſe bei Säugetieren an. Te:
erſte betrifft die Eichhörnchen, welche infolge der
milden Winter immer mehr auf die Winterruhe ver
sichten follen. Daß hier wirklich ein fortſchreitender
Prozeß vorliegt, der bei Winterſchläfern durch a
nahme der Winterruhe allmählich zum völligen Ver
luſt der Winterruhe führt, ſcheint mir mindeiten:
ſchwer beweislich. Ich habe in meinem ſchon meh
187
fach erwähnten Handbuch der Biologie der Wirbel-
tiere alles ſorgfältig zuſammengetragen, was über
den Winterſchlaf der Tiere bekannt iſt. Daraus
ſcheint mir zunächſt hervorzugehen, daß es einen
wirklichen monate⸗ oder ſelbſt nur wochenlangen
Winterſchlaf unter Säugetieren höchſtens bei In⸗
ſektenfreſſern wie Fledermäuſen oder Igeln gibt.
Unter den andern Winterſchläfern ſchlafen, wie es
ſcheint, die deshalb ſogenannten „Schläfer“ und
„Murmel“ tiere noch am tiefſten und längſten. Aber
ſelbſt unſere Siebenſchläferkommenan ſchöne nmilden
Wintertagen aus ihrem Verſteck hervor. Überhaupt
dürfen wir bei den Winterſchläfern, die Vorräte
anlegen, ſchon deshalb nicht an einen ununter⸗
brochenen Schlaf denken, ſelbſt wenn auch, wie bei
unſern Eichhörnchen, nicht immer alle Vorräte auf-
gebraucht oder wiedergefunden werden. Auch die
winterſchlafenden Bären liegen nicht in ununter⸗
brochener Ruhe. Werfen doch gerade bei ihnen die
Weibchen in den Wintertagen ihre Jungen; und von
den Eisbären iſt es bekannt, daß einzelne Individuen
den ganzen Winter durch tätig find. Bei dieſen hod.
nordiſchen Tieren kann man doch aber ſicher nicht
an ein allmähliches Aufgeben der Winterruhe in-
folge milder Winter denken. Überhaupt wiſſen
wir noch wenig über die Urſache, warum die Tiere
beim Winterſchlaf in den lethargiſchen Zuſtand —
ſo ſagt man wiſſenſchaftlich wohl beſſer insgemein,
da es ſich nicht immer um einen wirklichen Schlaf
handelt — verfallen. Die unmittelbare Urſache
ſcheint nicht immer ein beſtimmter Temperatur:
ſtand zu ſein — es gibt in den Tropen bei gewiſſen
Säugern auch einen Trockenzeits⸗Schlaf und bei
unſern Eidechſen wenigſtens teilweiſe einen
Sommerſchlaf, — doch iſt die Urſache wohl in irgend-
welchen noch nicht genau bekannten kosmiſchen
Einwirkungen zu vermuten. Auf jeden Fall ſcheint
es für unſere Tiere feſtzuſtehen, daß ihr Schlafbe⸗
dürfnis in milden Wintern weniger groß iſt, als in
ſtrengen. Eine biologiſche Veränderung iſt das
alſo nicht, wenn die Eichhörnchen während einer
Reihe milder Winter tätiger ſind als bei ſtrengem
Winter. Eine ſolche könnten wir erſt dann feſtſtellen,
wenn nach einer Reihe milder Winter bei Wieder⸗
einſetzen einer Folge ſtrenger Winter die Eich-
hörnchen die in den vorhergehenden Wintern ge-
übte Gepflogenheit kürzeren Winterſchlafes bei-
behielten. Solange das nicht bewieſen iſt, kann nur
feſtgeſtellt werden, daß die Eichhörnchen die Gewohn⸗
heit haben, in milden Wintern weniger zu ſchlafen
als in ſtrengen. Es ift das eine Eigentümllichkeit, die
zu ihrer Lebensweiſe gehört, ebenſo wie es zu ihrer
Le be nsweiſe gehört, daß ſie ſich in Jahren, wo ihre
Nahrung reichlicher ausfällt, ſtärker vermehren als
in ſolchen, wo ſie kärglich iſt.
Das zweite Beiſpiel für eine biologiſche Ande-
rung findet Schuſter beim Kaninchen, indem er
feſtſtellt, daß das Kaninchen im Mainzer Becken viel⸗
fach keine Höhlen mehr herſtellt, ſondern Freiland⸗
bewohner ſei. Dieſe Tatſache iſt nun an und für
ſich ſo intereſſant, daß wir ihm für dieſe Mitteilung
dankbar ſein müſſen. Nur befindet er ſich in der An⸗
nahme der Urſache für dieſe biologiſche Veränderung
auf einem Wege, auf dem ich ihm nicht zu folgen
vermag.
Von der Anſicht ausgehend, daß die Kaninchen
urſprünglich die Angewohnheit, Höhlen anzulegen,
annahmen infolge eines durch das ſchlechte Klima
der Eiszeit erregten Schutzbedürfniſſes, ſchließt
Schuſter weiter, daß nunmehr die Aufgabe dieſer
Gewohnheit die Folge eines wieder beſſer werdenden
Klimas ſei. Nun iſt es gewiß richtig, daß die Anlage
von Höhlen einem Bedürfnis des Tieres nach Schutz
entſpricht. Muß dies aber gerade ein Schutz gegen
unwirtliches Klima geweſen ſein? Es gibt doch auch
in den warmen Ländern höhlenbewohnende Säuge⸗
tiere, ſogar vollkommen unterirdiſch lebende wie
den afrikaniſchen Bathyergos. Bei den Kaninchen
kommt noch beſonders hinzu, daß es während der
Eiszeit gar nicht in Mitteleuropa lebte. Es iſt
auch hier nicht etwa in der Nacheiszeit eingewandert.
Sondern die Heimat des Kaninchens iſt bekanntlich
Spanien, das auch während der Eiszeit ein ver-
hältnismäßig mildes Klima hatte. Von hier aus
wurden Kaninchen erſt zu Anfang der geſchichtlichen
Neuzeit nach Deutſchland importiert.) Meint nun
Schuſter wirklich, das heutige Klima der Rheinebene
ſei wärmer, als es in Spanien vor etwa 500 Jahren
der Fall war? Ich glaube kaum, daß jemand dieſen
Gedanken wird ausſprechen können. Nein! Die
Verhältniſſe liegen anders. Das Kaninchen hat wie
die Mehrzahl der Nagetiere?) eine große Anpaſſungs⸗
1) Vgl. auch die Ausführungen darüber von Prof. O. Pax
in Naturwiſſenſch. Wochenſchr. 32 Bd. (N. F. 16. Bd.) Nr. 22
vom 8. Juni 1917, S. 299 — 300, der darin auch ſehr intereſſante
Tatſachen über das neuerliche Vordringen des Kaninchens nach
Polen bringt. Es hat dort bereits die Weichſel erreicht, iſt
aber noch nicht auf das rechte Weichſelufer vorgedrungen. —
Auch die von Schuſter erwähnten Faſanen wurden durch die
Römer importiert. Schuſters Anſicht, daß ſie ſich „Europa
vom Balkan her erwandert“ hätten, dürfte ſtarken Zweifeln
begegnen. Denn die Griechen lernten dieſen Vogel bekannt⸗
lich nicht auf den Balkan kennen, ſondern in Colchis und gaben
ihm nach dem kleinaſiatiſchen Fluß Phais, wo ſie ihn in Menge
trafen, den heute noch in der Wiſſenſchaft gebräuchlichen
Namen „Phasianus“. Es iſt möglich, und ſpricht manches
dafür, daß ſie ihn ſchon in ihrer Heimat einbürgerten. Nach
Deutſchland haben ihn aber erſt die Römer gebracht.
2) Die Nagetiere ſind überhaupt eine erdgeſchichtlich
verhältnismäßig junge Säugetierordnung, die noch eine
Zukunft haben. Das zeigt fih in der auf großem An-
paſſungsvermögen beruhenden leichten Anſiedlungsföhigkeit,
wie es z. B. den Ratten noch in der Neuzeit gelang, ſich über
8
fähigkeit, ſo daß es leicht auf allen ihm einigermaßen
zuſagenden Plätzen anzuſiedeln iſt. Die Anpaſſungs⸗
fähigkeit beſteht nun darin, daß das Tier nicht etwa
in der neuen Heimat einfach gut weiter lebt, ſondern
es reagiert leicht auf äußere Einflüſſe und ändert
ihnen gemäß ſeine Gewohnheiten, ja ſogar ſeinen
Körperbau ab, es paßt ſich eben an. Das zeigen
uns zwei berühmte Beiſpiele. Das eine ſind die ſeit
Darwin allgemein bekannten Borto-Santo-Kanin-
chen, die, obwohl von aus Europa eingeführten Eltern
abſtammend, ſich auf jener Inſel derart verändert
haben, daß ſie nicht nur ein anderes Ausſehen ge—
wannen, ſondern andere Lebensgewohnheiten an—
nahmen und biologiſch derartig abgeändert wurden,
daß ſie ſelbſt ſich nicht mehr als Verwandte ihrer
Stammeltern, der europäiſchen Kaninchen, fühlen:
ſie laſſen ſich nämlich mit ihnen nicht mehr
kreuzen. Auch in Auſtralien, wo die eingeführten
Kaninchen bald eine Landplage wurden, da für deren
Beſeitigung von Staats wegen vergeblich Millionen
geopfert wurden (von Neu⸗Süd⸗Wales allein
15 Millionen), haben fie andere Gewohnheiten an:
genom ien. Sie follen angefangen haben Baum-
tiere zu werden und ihre Gliedmaßen ſollen in
Aupaſſung an die neue kletternde Lebensweiſe
gewiſſe Umgeſtaltungen erfahren haben. Das zeigt,
wie ſchnell und vollkommen ſich Kaninchen anpaſſen
können. Wenn alſo am Rhein die Kaninchen andere
Lebensgewohnheiten angenommen haben, als ihnen
urſprünglich zukamen, ſo hat das natürlich ſeine
Gründe. Dafür allein das milder werdende Klima
verantwortlich zu machen, ſcheint doch wohl etwas
gewagt zu ſein. Sicher wäre es eine intereſſante
und lohnende Aufgabe, die Urſache zu erforſchen,
denn hier ſchlummern tiefere Probleme. a
Es iſt nämlich denkbar, daß derartige zunächſt
geringfügige Anderungen in der Lebensweiſe zu tief
greifenden Anderungen der ganzen Organıfation des
Tieres und damit zur Entſtehung neuer Arten führt.
Wie ja tatſächlich das auſtraliſche Kaninchen infolge
der Gewohnheit, Bäume zu beſteigen, ſchon eine
Anderung des Fußbaues erlitten hat. Und das
die ganze Erde zu verbreiten. Und die vor wenigen Jahren
in Böhmen angeſiedelte amerikaniſche Biberratte hat jich dort
jo ſchnell und fo ſtark vermehrt, daß fie nicht nur in ihrem
urſprünglichen Anſiedelungsgebiet zur Landplage geworden
iſt, ſondern das Land weit darüber hinaus überſchwemmt.
Es liegt alſo, wie auch das Kaninchen lehrt, im Einbürgern
fremder Nagetiere bei uns eine große Gefahr. Darum ſeien
alle Jäger, die bei uns fremde Tiere einbürgern wollen, vor
Nagetieren aller Art gewarnt. — Umgekehrt wie die Nage⸗
tiere haben die Huftiere die Höhe ihrer Entwicklung über-
idretten. Bis auf ganz geringe Arten eigentlich nur Haus:
tiere ſind ſie ſtarre, nicht mehr anpaſſungsfähige Formen
geworden, daher die Schwierigkeit Steinböcke, ſelbſt dort,
wo ſie noch vor kurzem beheimatet waren, wieder anzuſiedeln,
wenn ſie einmal ausgerottet ſind.
Porto⸗Santo⸗Kaninchen wäre ſicher ſchon als new |
Art im Syſtem aufgenommen, wenn man fein
Herkunft nicht ſo genau wüßte. Es wurde oben
ſchon angeführt, daß die wichtigſten Unterſchiede
zwiſchen europäiſchem und Schneehaſe im Gebiß
und Schädelbau liegen. Dieſe Unterſchiede fin |
ficher durch Verſchiedenheiten in der Nahrung be⸗
dingt. Unſer Haſe äſt vorwiegend ſaftige, weiche
Gräſer und Kräuter, der Schneehaſe liebt dagegen
die Zwerghölzer feiner Heimat. Sicher ftellt da:
Zerkleinern von Holzarten an alle bei dem Rav
geſchäft beteiligten Organe größere Anforderungen,
als das Kauen weicher Pflanzenteile. Dieſe Organe
müſſen daher kräftiger werden. So erklärt ſich die
größere Kürze und Maſſigkeit des Unterkiefers de:
Schneehaſen. Dieſer Verkürzung entſprechend müßte
auch der Oberkiefer fih verkürzen. Andererſeit
erforderte die ſchwerere Arbeit auch eine Verſtärkun
der Kaumuskulatur. Dieſe mußte unbedingt auch
eine Anderung der Schädelteile, an die fie fidh ar
fegt, d. h. Unterkiefer und Gehirnſchädel, im &
folge haben, ſo daß wir den ganzen Unterſchied in
Schädelbau und im Gebiß beider Hajenarter
auf die veränderte Nahrung zurückführen können.
Ich führe das Beiſpiel der beiden Haſenarten nich
ohne Grund an. Ich las nämlich kürzlich, etwa in
Februar oder Anfang März, in der Züricher Zeitung
von Wildſchaden, den die Hafen in Obſtgärten ar
gerichtet hätten, indem ſie bei dem diesjährigen
ſtrengen Winter maſſenhaft in die Obſtplantagen
eingedrungen feien und dieſe ſchwer durch Verbeißen
geſchädigt hätten. Mir war das neu, daß europayd
Hafen an Bäume gehen. Aber der Art der Tar
ſtellung nach ſcheint das in der Schweiz eine gan
gewöhnliche, nicht unbekannte Tatſache zu fein.
Aus Mangel an Zeit in meiner augenblicklichen
militäriſchen Stellung konnte ich der Frage noch nuch
näher nachgehen. Aber nehmen wir einmal an, t:
gäbe irgendwo Feldhaſen, die aus irgendwelchen
Gründen regelmäßig Baumknoſpen äſten, ſo müßte
fich deren Schädel allmählich in der oben gefchildertei
Richtung des Schneehaſenſchädels ändern. Ramen
dazu noch weitere Anderungen, vielleicht im ußban,
weil diefe Hafen anfingen, ähnlich wie die auftre
liſchen Kaninchen, ihrer Nahrung nach auf Bäume
zu ſteigen, fo würden w'r bald eine neue Art ent
ſtehen ſehen. Um wieviel einſchneidender werden
nun die Anderungen fein, wenn ein Walhtier
aus irgend einem Grunde Steppentier wird. T
würden fih bei dem Waldtier bald alle möglichen
Bedürfniſſe geltend machen. Entweder der Tier
körper könnte ſie befriedigen, indem er ſich ihnen
entſprechend ändert, vielleicht gar neue Organe ent
wickelt, d. h. ſich anpaßt, oder er könnte es nicht
Dann würde das Tier zugrunde gehen. Tiel’:
139
—
Anpaſſungsbedürfnis iſt das, worauf ich kommen
wollte. Bekanntlich gibt es eine Theorie, die an-
nimmt, daß bei der Entſtehung neuer Organe, bei
der Anpaſſung und ſchließlich bei der Heraus.
bildung neuer Arten ſich zuerſt das Bedürfnis nach
dem Neuen im Tierkörper geltend gemacht habe.
Dem iſt entgegnet worden, daß dieſe Anſicht nicht
viel Wahrſcheinlichkeit für ſich habe, da ja die Tiere,
bevor fie das Neuerworbene beſäßen, garnicht wijfen
konnten, welchen Nutzen fie davon hatten. Ich
denke, die vorſtehenden Zeilen werden zur Genüge
zeigen, wie es wenigſtens theoretiſch denkbar iſt,
daß infolge geringer Anderungen der Lebensweiſe
erſt ein Bedürfnis nach Neuem und ſchließlich das
Neue wirklich entſtand. Doch möchte ich das au
einem Beiſpiel noch weiter ausführen.
Bekanntlich waren die Hirſche urſprünglich ge-
weihloſe Tiere, die ſich mit ihren langen, hauerartig
hervorragenden Eckzähnen verteidigten, wie es noch
heute die geweihloſen Moſchustiere und Waſſerrehe
tun, Bei die ſer Art der Verteidigung, d. h. beim
Hauen mit den Eckzähnen mag ſich oft das hauende
Tier ſelbſt die hervorragendſte Stelle des Schädels,
eben die Augengegend ſelbſt verletzt haben. Es ent⸗
ſtand das Bedürfnis nach Schutz dieſer Stelle. So
nat hier, wie überhaupt an häufig verletzten Stellen,
ein erhöhtes Knochenwachstum ein, es entſtand der
Roſenſtock. Ob nun in Korrelation mit der Reu
bildung etwa den Eckzähnen zuviel Material ent-
zogen wurde und ſie ſich ſo verkürzten, oder ob es
ſich allmählich herausſtellte, daß die neuentſtandene
Bildung auf dem Schädel gleichzeitig neben dem
Schutz eine gute Waffe ſei und durch Verwendung
dieſes neuen Organes als Kampfmittel die Eckzähne
überflüſſig und damit funktionslos und infolgedeſſen
rückgebildet wurden, wird heute ſchwer zu ent:
ſcheiden ſein. Genug, der neuentſtandene Auswuchs
über dem Schädel wurde Waffe, damit war das
Bedürfnis gegeben, ihn weiter auszubilden, und er
entwickelte ſich allmählich im ſtammesgeſchichtlichen
Geſchehen zum Geweih. So glaube ich gezeigt zu
haben, wie die Bedürfnisfrage die Entſtehung eines
ſo ſchwierig zu erklärenden Gebildes wie das Geweih
der Hirſche oder das Gehörn der Hohlhörner am
einfachſten erklärt. Und den Beweis für die Richtig ⸗
keit dieſer Anſicht ſehe ich darin, daß ſelbſt die Hörner
der Hohlhörner nicht einheitlicher Entſtehung ſind,
wie ich an Hand einer Zeichung in meinem Hand-
buch der Biologie ausgeführt habe, ſondern mehr⸗
fach ſich unabhängig gebildet haben. Sie ſitzen
nämlich an ganz verſchiedenen Stellen des Kopfes.
Dieſe Erklärung für die Erwerbung neuer Organe
und für die Umbildung der Arten hat noch den
Vorteil, daß fie ohne Schwierigkeiten ſowohl von
Vamardianern wie Weismannianern angenommen
1917.
—.
werden kann. Nimmt man mit den Lamarckianern
eine Vererbung erworbener Eigenſchaften an, ſo
bietet ſie überhaupt keine Schwierigkeit. Leugnet
man fie mit Weismann, jo kann man ruhig bei der
von mir gegebenen Entſtehungsart an eine Aus⸗
wahl von in der Anlage gegebenen Verſchiedenheiten,
von Keimesvariationen, denken. Denn ſo wie ich
3. B. die Geweihentſtehung zu erklären verſucht
habe, können ſelbſt ſchon kleine Unterſchiede in der
Wölbung der Stirnbeine oder bei dem Beiſpiel der
Fuß und Schädeländerung der Hafen geringfügige
Unterſchiede in der Stärke der Kaumuskulatur von
Wert ſein.
Der Yagdgejaug des Gratius Faliscus.
5 Von Baltz, Hannover.
Wie ſchon die Geſchichtsſchreiber Cäſar und
Tacitus bezeugen, waren auch die alten Germanen
ſehr eifrige Jäger. Wenn es auch nicht allgemein
bekannt iſt, daß die alten Völker, ausgenommen die
Hebräer, eine große Vorliebe für die Jagd gehabt
haben, ſo ergibt doch jede nähere Unterſuchung
dieſer Frage, daß die heute in unſerem Volksleben
eine ſo große Rolle ſpielende Tätigkeit auch ſchon im
Altertume ſtellenweiſe zu hoher Blüte entfaltet
war, und ganz beſonders kann dieſes daraus ent-
nommen werden, welche Aufmerkſamkeit den von
jeher zur Jagd unentbehrlichen Hunden geſchenkt
wurde. Sowohl die alten Agypter wie auch die
Aſſyrer und Perſer hielten ſehr große Meuten, und
nach der Eroberung von Babylonien durch die Perſer
wurden die Einkünfte, welche vier Städte erbrachten,
verwendet, um die Jagdhunde des Königs zu unter-
halten. Großes Anſehen genoſſen die Jagdhunde
bei den alten Griechen, die ſie beinahe als göttlichen
Urſprunges anſahen. Homer beſingt die Treue des
Hundes Argos, der nach dem 17. Geſang der Odyſſee
von dem leidengeübten Odyſſeus ſelber erzogen
wurde. Ehemals jagte Argos wilde Ziegen, flüchtige
Haſen und Rehe. Seine Eigenſchaften als Spür⸗
hund waren glänzende, und kein Wild konnte ſeiner
Schnelligkeit entrinnen. Aber nachdem Odyſſeus
gen Troja gezogen war, lag Argos bald von Un⸗
geziefer zerfreſſen auf dem großen Haufen von Miſt
der Mäuler und Rinder. Der Dioskure Kaſtor war
der erſte, der mit Laufhunden gejagt hat. Xenophon
gibt ſehr eingehende Beſchreibungen der zur Jagd
verwendeten Hunde, und ſeine Ausführungen laſſen
aufs deutlichſte erkennen, in wie hoher Blüte die
Jagd ſeiner Zeit bei den alten Griechen geſtanden hat.
Die Auffaſſung, welche die alten Griechen und
Römer von der Jagd hatten, war von der heute all-
gemein herrſchenden himmelweit verſchieden. Nicht
Zerſtreuung und Vergnügen war urſprünglich der
25
— —.-œ— —
Beweggrund für die Ausübung, ſondern es galt
durch Mut und Kraft die Tierwelt zu bekämpfen
und zu überwinden, und hieraus mußte fid allmäh⸗
lich die Kunſt entwickeln, durch Vervollkommnung
der Waffen und Werkzeuge, ſowie auch durch Über-
liſtung des Wildes, immer mehr die Überlegenheit
über dieſes zu gewinnen. Das Hohe und Erhabene,
welches der Jagd innewohnte, ergibt ſich aus der
den Göttern vorbehaltenen Mitwirkung, und alle
Geſänge der Alten, welche der Neuzeit überliefert
ſind, laſſen erkennen, daß dem Kampfe des Menſchen
mit der Tierwelt nirgends die religiöſe Weihe fehlt.
Einer der ſchönſten Geſänge, welcher uns er—
halten geblieben iſt, iſt der des Gratius vom
Stamme der Falisker, der in Falerii, einer alten
Stadt im ſüdlichen Etrurien, ſeinen Sitz hatte. Er
beſchäftigt ſich ganz beſonders mit den Hunden,
beſingt die Jagd als Göttergeſchenk und eine dem
Jäger erfreuliche Kunſt, die aber deshalb erblüht,
weil ſie von Diana, der Göttin der Jagd, begünſtigt
wird.
„Dona cano divuin, laetas venantibus artes
Auspicio, Diana, tuo.“
(Vers 1 u. 2.)
Gratius, der ein Zeitgenoſſe des Ovid war, mußte
als Römer Dia na als die Göttin der Jagd an:
ſehen, die von den Griechen in Artemis verehrt
wurde. Gratius ſieht in Diana die Behüterin des
von der Tierwelt bedrohten menſchlichen Lebens,
das ſie durch die Kunſt des Jagens zu ſchützen ſucht,
damit es von der Gefahr, die ihm droht, erlöſt werde.
Ihr zur Seite ſtehen die Nymphen aus unzähligen
Hainen und die Najaden aus tauſend Quellen.
„Tu trepidam bello vitam, Diana, ferino,
Qua primam quaerebat opem, dignata repertis
Protegere auxiliis, orbemque hac solvere noxa.
Adscivere tuo comites sub numine divae
Centum omnes nemorum, centum de fontibus omnes
Naiades“ . ..... (Vers 13—18.)
Der Dichter Claudianus zeigt uns im 5. Jahr-
hundert die Göttin mit ihrer aus den verſchiedenſten
Hunden zuſammengeſetzten Meute. Die einen,
ſchrecklich durch ihr Gebiß, das geeignet war, den
mächtigen Nacken der Stiere zu brechen, die anderen
wiederum hoch auf den Läufen, ſchnellfüßig, leicht
ſpürend, und wiederum andere von dem verſchie⸗
denſten Ausſehen.
Wie der Artemis von dem Jäger ein Teil der
Beute gelobt werden mußte, wenn er Weidmanns⸗
heil haben wollte, ſo herrſchte auch dieſer Brauch
bei den Kelten der Diana gegenüber, die ihnen von
den Römern überliefert war. Allerdings wurde
von ihnen die Göttin Arduinna genannt, und
dieſe göttliche Jägerin der Ardennen hatte ſich hier
bis in das 8., ja bis in das 9. Jahrhundert göttlicher
190
Ehren zu erfreuen. Nicht allein bei den Kelten
herrſchte dieſer Brauch, ſondern jelbitveritändlic
auch bei den im Ardennengebiet anſäſſigen alten
Germanen war Diana Arduinna Schutzherrin de:
Waldes und des Wildes, aber ihr poeſieumhauchter
Kultus mußte mit der Verbreitung des Chriiten:
tums vernichtet werden.
Die heiligen Haine der alten Germanen, in
welchen ſich die ſchlichte Gottesverehrung unſerer
Altvordern vollzogen hat, mußten Kapellen und
Kirchen weichen, Jene wurden vernichtet, die heiligen
Steine zertrümmert, die heiligen Quellen vr
ſchüttet, die heiligen Bäume niedergelegt. Der
wütende Angelſächſiſche Mönch Winfried, der
ſpäter zum heiligen Bonifacius kreiert wurde,
ſchlug eigenhändig die Joviseiche bei Geismar
nieder, um den ihn ſtumm und ſtarr umſtehenden
Chatten die Ohnmacht ihrer Götter zu zeigen, aller:
dings ohne zu bedenken, daß die Zerſtörung der von
ihm gebauten Kapellen nur denſelben Erfolg hätte
haben können.
So wurde auch Diana entthront, welche bis dahin
der Jagd das Gepräge religiöſer Erhabenheit ver.
liehen hatte, und an ihrer Stelle trat St. Hubertus,
der Jagd und Jäger verfolgende Biſchof, der nicht
den geringſten Anſpruch darauf erheben kann, der
Schutzpatron der Jäger und der Jagd zu ſein; de
um jo weniger, da feſtſteht, daß er als Erſatz fir
Diana dienen ſoll.
Die Jagd als Tierkampf ging allmählich in die
Kunſt des Jagens über, denn wie die Waffen jit
vervollkommneten, jo war es auch mit den Garner
und Netzen der Fall, und nicht zum mindeſten mit
den Liſten, welche der Jäger aufwendete, die Tien
in ſeine Gewalt zu bringen. Gratius beſingt die
Herſtellung der Netze, und wie die Federn des ge
fräßigen Geiers, fo auch wurde die Wolle des ſchnet⸗
igen Schwanes als Jagdgerät verwendet. (Feder
lappen.)
„Sunt, quibus immundo decerptae vulture plumae
Instrumentum operis fuit, et non parva facultas.
Tantum inter nivei iungantur vellera cygni;
Et satis armorum est," | (Vers 75—78,
Er ſchildert die Fußfallen.
„ Quid, qui dentatas iligno robore clausit
Venator pedicas?“ (Vers 92—98.)
und preiſt den Mann als glücklich, deffen Streben j
dieſer Erfindung geführt hat, denn er kann nach feint!
Anſicht nur ein Gott fein oder ein göttlicher Get,
welcher die unwiſſende Roheit Sterblicher übertt
ö „Deus ille, an proxima divcs
Mens fuit, in coecas aciem quae magna tenebras
Egit, et ignarum perfudit lumine vulgus?“
(Vers KR.
Gratius lehrt auch, wie die hölzernen Schafte der
Jagdſpieße ausgewählt werden mußten. Cornelbaun,
—— — —— ct -
Myrte, Taxus, Fichte und altinattiche Ginſter find |
unter anderem beſonders dazu geeignet (Vers 129 bis
131), und auf das Gebiet der Forſtwiſſenſchaft geht
er hinüber, indem er ſagt, daß der Olbaum nicht
von ſelbſt in die Luft ragt und ihm die ſchädlichen
Reiſer entzogen werden müſſen. Nur ſo wird der
Baum ſeine edle Geſtalt erhalten, wenn ihm das
überflüſſige Laub genommen und nutzloſe Ber-
geudung der Säfte vermieden wird. Dann in der
Höhe von 5 Fuß ſoll man die Stangen packen und
abſchneiden, wenn das Jahr ſoweit vorgeſchritten
iſt, daß das alte Laub abgeworfen wird und der
Herbſt ſich noch der laulichen Regen enthält.
„At enim multo sunt ficta labore
C etera, quae silvis errant hastilia nostris,
Nunquam sponte sua procerus ad aëra termes
Exiit, inque ipsa curvantur stirpe genistae
Ergo age, luxuriam primo fortusque nocentes
Detrahe: frondosas gravat indulgentia silvas.
Post ubi proceris generosa stirpibus arbor
Se dederit, teretesque ferent ad sidera virgae;
Stringe notas circum, et gemmantes exige versus.
His, si quis vitium nociturus sufficit humor,
Ulceribus fluet, et venas durabit inertes.
In quinos sublata pedes hastilia plena
Caede manu, dum pemifer is advertitur annus
frondibus, et tepidos autumnus continet imbres“ . .
(Vers 136—149.)
Der Jagdgeſang des Gratius beſchäftigt ſich aber,
wie bereits hervorgehoben, ganz beſonders mit den
zur Jagd verwendeten Hunden, wenn er auch nach
dieſer Richtung in die Spuren der Griechen tritt.
Im alten Griechenland ſpielten eine Hauptrolle
die Moloſſerhunde, die aus der Landſchaft
Moloſſis des Epirus, welche durch ihre Jagdhunde
eine große Berühmtheit erlangt hat, ſtammten.
Eine genaue Beſchreibung dieſer Hunde beſitzen
wir zwar nicht, aber man glaubt, ſie in den Hunden
von gewaltiger Größe und Doggenart zu erkennen,
die auf alten Denkmälern gefunden ſind, aufrecht
ſtehende Ohren und lange Haare auf Schultern und
Nacken hatten, ähnlich der Mähne des Löwen. Es
waren ferner in Griechenland berühmt die Hunde
aus Lakonien, die Kreter, Karer, Thraker, Päonier;
die Hunde von Argos, aus Arkadien und Lokrien,
die Hunde von Elis, ſowie Magneſier. )
1) Lakonien: eine Landſchaft des alten Griechen:
land, die den ſüdöſtlichen Teil des Peleponnes umfaßte. Die
hier gezüchteten Jagdhunde genoſſen einen guten Ruf.
Die Karer ſtammten aus Karten; einer Land:
ſchaft im Südweſten Kleinaſiens. Seine Bewohner waren
wahrſcheinlich Semiten, aber trotzdem kriegeriſch.
Thrakien war in der ölteſten Zeit eine Landſchaft
nördlich von Griechenland und nördlich, ſowie öſtlich von
Makedonien. Die Thraker waren Arier, Krieg und Jagd ihre
Hauptbeſchäftigung; ihre Sitten denen der Germanen ähnlich.
Päonier: im Altertum ein in Thrakien und Mate:
donien verbreitetes Volk.
Argos: eine Landſchaft des Peleponnes.
Wie die Griechen ihre Hunde mit denen aus ihnen
benachbarten Gegenden kreuzten, ſo ließen ſie auch
andere von weit her kommen, wie aus Agypten,
Pannonien, Sarmatien 2), Gallien, der Inſel Bri-
tannien und Indien. So waren die ſogenannten
Lakonier der ſpäteren Zeit aus Kreuzungen mit
galliſchen und ägyptiſchen Windhunden hervor:
gegangen, und Vergil, Horaz ſowie Claudianus
laſſen dieſen Hund als ſehr ſchnell, biſſig und ſo
ſtark erkennen, daß er zur Wolfsjagd ſehr geeignet
war.
Der griechiſche Dichter Oppian, der in der
2. Hälfte des 2. Jahrhunderts nach Chriſtus einen
Jagdgeſang geſchrieben haben foll, erzählt uns hier.
über, daß der beſte Miſchling erreicht wird, wenn der
Pannonier mit dem Kreter, der Arkader mit dem
Kreter, der Arkader mit dem Hunde von Elis, der
Karier mit dem Thraker, der Tyrrhener mit dem
Lakonier, die iberiſche Hündin mit dem Sarmatier
gekreuzt wird. Die beſte Zeit erſcheint ihm hierzu
der Frühling, in welchem nach ſeiner Anſicht ſelbſt
die Sterblichen von einem brennenden Verlangen
erfüllt ſein ſollen.
Gratius ſpricht mit Recht von den tauſend Ländern
der Hunde, die es gibt, und daß deren Güte von der
Abſtammung abhängig iſt.
„Mille canum patriae, doctique ab originae mores
Cuique sua“ š (Vers 154.)
Zu ſchweren Kämpfen erſcheint ihm der
Meder geeignet, obgleich er ungelehrig iſt,
und mit Ruhm bedeckt erſcheinen ihm auch die
keltiſchen Hunde. Von den Gelonens) kann
er dasſelbe nicht annehmen, aber doch geſteht
er ihnen zu, daß ſie von Natur eine ſcharfe Naſe
haben. Alle guten Eigenſchaften vereinigen ſich im
Perſer. Wilder Natur find die ſeriſchen Hunde ),
von ungeheurer Kraft, aber unbezähmbar. Ge-
ſchmeidig und mächtig entwickelt im Bug ſind die
lykaoniſchen Hunde, aber denen aus Hyrkanien
wohnt noch eine viel größere Kraft inne.d) Ihr
real iit der Wald, wo fie ſich mit den Beſtien
—— — nn
A r ka d fen: H'rten⸗ und Schäferland inmitten des
Peleponnes. D'e Bewohner waren äoliſchen Stammes.
Die Wälder waren ſehr weldreich und deshalb genoß auch
Artemis beſondere Verehrung.
Lokris: Landſchaft im alten Griechenland.
Elis: gehörte zum alten Peleponnes.
Magnejia: Landichaft Theſſaliens, die einen Tempel
der Artemis hatte.
2) Pannonien: eine römiſche Donauprov'nz.
Sarmati en: Land zwiſchen Weichſel und Wolga.
3) Gela: Stadt an der Südküſte Siziliens, aber hier
ſcheint es ſich um den Hund eines ſarmatiſchen Volksſtammes
zu handeln.
) Serika: Tibet und Norddina.
5) Lykaon ien: eine Landſchaft Kleinaſiens.
25"
192
— a
zu vermiſchen ſuchen. Die Hunde aus Hyrfanien?)
waren von gewaltiger Größe und ſollen vom Tiger
und einer Hündin abſtammen, weshalb ſie auch ein
getigertes Fell hatten. Von dem Umbrer ) weiß
Gratius hinſichtlich des ihn beſeelenden Mutes nichts
Günſtiges zu ſagen, aber um ſo mehr rühmt er die
Schärfe feiner Nafe. Schnell find die Moloſſer,
hinterliſtig die Akarnanier, die ſchweigend und un⸗
erwartet den Feind anfallen. Ein Kläffer war der
Hund vom ätoliſchen Stamme, denn auf der Sau⸗
jagd macht er das Wild flüchtig, das er nicht ſieht,
weil er einen gräßlichen Lärm verurſacht. )
Gratius will, wie nach ihm Oppian, wahrſchein⸗
lich nach des erſteren Vorbild, es geſchildert hat,
die Hunde der verſchiedenſten Völker miteinander
miſchen. So die Hunde der Umbrer mit dem Gallier,
um den den erſteren fehlenden Mut durch den be⸗
weglicheren Sinn des letzteren zu ergänzen. Die
feigen Gelonen ſollen durch den hyrkaniſchen Vater
Angriffsgeiſt erhalten, und der moloſſiſche Rüde ſoll
bei der flatterhaften kalydoniſchen Hündin die un⸗
günſtige Eigenſchaft verbeſſern ). Es kommt weniger
auf die Raſſe an, als auf die Benutzung des Guten,
wo es vorhanden iſt. |
Wenn darauf verzichtet werden muß, hierüber
den Text anzuführen, ſo ſoll dieſes doch nicht bei
den übrigen Hunden unterlaſſen werden, beſonders
weil über einiges Meinungsverſchiedenheiten be-
ſte hen.
Aut versuta sequi leporis vestigia par vi;
Petronios, scit fama, canes, volucresque Sygambros,
Fit pictam macula Vertraham delige falsa,
Ocior affectu mentis pinnaque cucurrit,
Sed premit inventas, non inventura latentes
Illa feras: quae Petroniis bene gloria constat.
Quod si maturo pressantes gaudia lusu
Dissimulare feras, tacitique accedere possent;
Illis omne decus, quod nunc, metagontes, habetis,
Constaret silvis: sed virtus irrita damno est
At vestrum non vile genus, non patria vulgo:
Sparta suos, et Creta suos promittit alumnos.
Sed primum celsa lorum cervice ſerentem,
Glympice, te silvis egit Boeotius Hagnon;
Hagnon Astylides E (Vers 199---215.)
—
1) Hyrkanien: am ſüdöſtlichen Teil des Kaſpiſchen
Meeres. Hatte viel Wald und Wild und hieß deshalb das
Wolfsland.
2) Umbrien: Altitalieniſcher Landſtrich öſtlich des
Apen nin.
3) Akaruanien: der weſtliche Teil des alten Heilas,
ein wald» und wildreiches Bergland. Ihm tft Atolien
benachbart. |
1) Kalydon en: Stadt in Atolien. Nach ihr fit die
kalydoniſche Jagd benannt, auf welcher der kaly⸗
doniſche Eber von Meleagros tödlich verwundet wurde, nach
dem Atalante ihn angekratzt hatte.
„Assumtus metagon lustrat per nota ferarum
Pascua, per fontes, per quas trivére latebras,
Primae lucis opus: tum signa vapore ferino
Intemerata legens, si qua est, qua fallitur, eius
Turba loci, maiore secat spatia extera gvro.
Atque hic, egressu iam tum sine fraude reperto,
Incubuit spatiis, qualis permissa Lachaeis
Thessalium quadriga decus, quam gloria patrum
Excitat, et primae spesambitiosa coronae.
Sed ne qua ex nimio redeat iactura favore,
Lex dicta officiis: ne voce lacesseret hostem,
Neve levem praedam, aut propioris pignora lucri
Amplexus, primos nequidquam effunderet actus.
Jam vero impensum melior fortuna laborem
Quum sequitur, iuxtaque domus quaesita feiarum,
Ut sciat, occultos et signis arguat hostes;
Aut effecta levi testatur gaudia cauda,
Aut ipsa infodiens uncis verstigia plantis
Mandit humum, celsasve adprensat naribus aures.
Et tamen, ut ne prima faventem pignora fallant,
Circa omnem, aspretis medius qua clauditur orbis,
Ferre pedem, accessusque abitusque notasse ferarum,
Admonet, et si forte loci spes prima fefellit,
Rarum opus, incubuit spatiis ad prospera versis,
Intacta repetens prima ad vestigia gyro.“
(Vers 21—25.)
Dem Sinne nach foll das alfo heißen, daß zu
Jagd auf Gazellen und kleine Hafen der petro
niſche Hund gewählt werden foll oder der wi
Vogelflug ſchnelle Sygambrer (germanische
Windhunde) und auch der Vertrahus, ) der
ſchillernde Flecken hat und gedankenſchnell wie der
geflügelte Pfeil iſt. Dem gefundenen Wilde gegen
über kann er feine Eigenſchaften entfalten, aber da:
Verborgene vermag er nicht zu finden, während
dieſes wiederum den Ruhm der Petronier aus
macht. Dieſe aber haben den Fehler, daß ſie zu
vorlaut find und ſich nicht im ſtillen dem Bild
zu nähern vermögen.
Der Vertrah us ijt der Windhund, der eine
ſchlechte Naje hat und fih durch Schnelligkeit auè
zeichnet. Es iſt derſelbe Hund, den wir in den Bolti»
rechten unter verschiedenen ähnlichen Bezeichnungen
wiederfinden. Der Petronier, der von den
Römern gebraucht wurde, ift jedenfalls identit
mit dem petrunculus der Burgunder und den
bracco parvus der Frieſen. Von den petroniſchen
Hunden heißt es: |
„Petronii canes, quia ita solidos calces habent, ut petras
et rupes etiam illesim percurrant.“ |
Der Petronius ift nichts anderes als die alter
Steinbracke. Roth ſagt in feiner Forſt⸗ und
Jagdgeſchichte bei der Gegenüberſtellung des rel
trahus und des petronius, daß der erſtere ausge
9 Der Vertrahus foll, wie im Altertum angenommen
wurde, einer Kreuzung von Hund und Wölfin entſproſſen
ſein, wie es auch von den Sloughis der Araber behauptet wit
Nach Martial war der Vertrahus zum Bringen des Wildes
abgerichtet. (Non sibi, sed domino venatur vertragus act
Hlaesum leporem, qui tibi dente refert.)
- —
— — o e
zeichnet ſchnelk läuft, aber ſchlecht findet, während
der letztere gut findet und nicht vorlaut iſt,
ſondern dem Wilde ſtill ſich nähert. Das
Gegenteil iſt aber der Fall, denn die Petronier ſind
Kläffer, die, wie Gratius in Wirklichkeit ſagt, ſich
nicht ſtill zu halten vermögen und nach Bracke nart
durch ihr unzeitiges Lautgeben das Wild verſcheuchen.
Auf dieſe Abweichung gehe ich beſonders ein, weil
ſie für die Feſtſtellung, was für Hunde die Petronier
ſind, von ſehr weſentlicher Bedeutung iſt.
Wegen des Lautjagens will alſo Gratius dem
Petronius nicht den Ruhm zuerkennen, welchen die
Metagonten?) beim Jagen im Walde haben. In
Sparta und auf Kreta ſcheinen dieſe Hunde beſon⸗
ders gezüchtet zu ſein, und wenn ich dieſe Stelle des
Gratius richtig verſtehe, jo ſcheint Glympicus einer
dieſer berühmten Hunde geweſen zu ſein, der mit
dem Riemen am hocherhobenen Halſe von Hagnon,
dem Sohn des Aſtylus, der wohl ein großer Jäger
geweſen iſt, geführt wurde. Er liebte nicht die
Begleiter auf der Jagd, und auch nicht das Jagd-
gerät, ſondern im Morgengrauen ſucht er die Fährten
des Wildes auf. Wo die Spuren ſich kreuzen, ſucht
Metagon im Kreiſe, bis er die richtige Fährte ge⸗
funden hat, die er nun mit der Schnelligkeit des mit
fheſſaliſchen Rennern beſpannten Viergeſpannes vers
folgt. Bei dieſer Gelegenheit greift er keine andere
Beute, damit nicht die geleiſtete Arbeit nutzlos ſei,
und wenn er das Lager des Wildes gefunden hat,
ſo zeigt er dieſes mit aufgehobener Rute an und
hebt auch den Fuß, beißt in die Erde und gibt auch
durch Winden die Nähe des Wildes zu erkennen.
Selten geſchieht es, daß er ſich täuſcht, und wenn es
der Fall ift, kehrt er zur früheren Fährte zurück, um
dann ſein Werk zu vollenden.
Die Me tagonten waren demnach die berühm⸗
teſten Spürhunde, die, wie man annahm, vom
Schakal abſtammen ſollten. Hoch erhoben tragen fie
den Kopf, die Ohren ſind zottig und nach vorne
gerichtet. Groß iſt der Fang, das Gebiß ſtark, tief
die Bruſt und kurz die Rute. Seine Haare follen am
Halſe eine Art Mähne bilden. Den ſoll man meiden,
welcher die Fährte breit austritt und bei der Arbeit
einen weichen Fuß verrät. Auf trockene Muskulatur
und feſte Fußballen ift der größte Wert zu legen.
Zur Zucht ſoll natürlich nur ein Hund zur Hündin
' zugelaſſen werden, und größter Sorgfalt ſollen die
sungen fih zu erfreuen haben. Ihr Futter fei nicht
üppig, ſondern ihre Koſt beſtehe aus Milch und den
Abfällen des häuslichen Tiſches. Nur einer ſoll die
Hündchen pflegen und ihnen Koſt und Arbeit zu⸗
teilen. Der Jäger, der mit ihnen hinauszieht, foll
die Waden mit einer ledernen Binde bedecken, ein
—
2 Metagonium in Afrika foll die Heimat dieſer Hunde ſein.
kurzes Jagdgewand, eine Kopfbedeckung aus Dachs⸗
fell und um die Hüften den toledaniſchen Degen
tragen. Einen ſchrecklichen Ton ſoll die mit der
Rechten geſchwungene Falarika, worunter ein
Schleuderſpeer zu verſtehen iſt, von ſich geben, und
mit der Hippe ſoll ſich der Jäger da, wo es nötig iſt,
Bahn durch den Wald hauen. |
Gratius gibt auch Anleitungen, wie Wunden
bei den Hunden zu behandeln ſind. Auch ein Mittel
gegen die Hundswut erwähnt er, die von den Rö⸗
mern auf ein Würmchen zurückgeführt wird, das ſich
unter der Zunge feſtſetzt. Mit Meſſern ſollen die
jungen Hunde hier ſchon in der Jugend behandelt
werden, um nicht der Seuche zu verfallen. Mit Salz
follen die Wunden beſtrichen und dann mit Oliven-
öl erweicht werden. Gratius ſpricht auch noch von
den Leuten, welche als Mittel gegen die Tollwut ein
Halsband von Dachsfell empfehlen, von geweihten
Muſcheln oder Feuerſtein, und fehiteßlich follen auch
noch die Korallen von Malta und durch Zauber—
geſänge geweihte Kräuter unter dem Schutze der
Götter vor Nachteil bewahren. Die Räude ſoll mit
einer Salbe von Wachs und Schwefel ſowie Pech
und Ol bekämpft werden. In einer Höhle im
trinakriſchen Felſen, wo die Gänge Naphtha ſchwitzen,
ſoll Heilung von der giftigen Seuche geſucht werden,
und Vulkan, der Gott dieſer Ortlichkeit, ſoll Hilfe
bei der Heilung gewähren.
Die Tollwut foll auch durch Ritzen der Nafen-
höhle und unter anderem noch weiter durch Ein⸗
ſchnitte in die Behänge, damit Blut abgeführt wird,
bekämpft werden, ein Brauch, der ſich bisindie heutige
Zeit erhalten hat. Olivenöl und Wein dienen zum
Beſprengen der Wunden, denn das Geſchenk des
Bacchus iſt ein auch Wunden heilender Saft.
Den Schluß feines Jagdgeſanges widmet Gra-
tius dem Jagdpferd, aber bei allem iſt die Haupt⸗
ſache der Beiſtand der olympiſchen Götter, der durch
dankende Feſte erfleht werden ſoll. Sie ſind nament⸗
lich der Diana geweiht, und ihnen ſollen auch die
geſchmückten Hunde beiwohnen. Rauchende Kuchen
auf grünenden Körbchen ſind die Opfer, und ein
Bock, deffen Hörnerchen die weiche Stirne durd-
ſtoßen, ſowie an Zweigen hängende Früchte.
Blumenſchmuck und dieſe Geſchenke vermögen es,
die Gunſt der Göttin zu erwerben, damit ſie ihre
Gnaden den Sterblichen zuteil werden laſſe.
Geben wir aifo ebenfalls Diana die Ehre, denn
Hubertus iſt, wenn auch unfreiwillig, ein Uſurpator,
der keinen Anſpruch darauf hat, der Schutzpatron
der Jäger und der Jagd zu ſein.
über die Genauigkeit ven Höhen⸗
Nach Unterlagen
mitgeteilt von Dr. Hemmann in Gießen.
Im 1915er Oktober⸗ und Novemberhefte dieſer
Zeitung habe ich den älteren Wimmenauerſchen
194
Sg —ͤ —
Zu derartigen Nachmeſſungen hat ſich inzwiſchen
bei der Durchforſtung von Verſuchsflächen und der
Fällung von Probeholz in der nächſten Umgebung von
neu angelegten Verſuchsflächen Gelegenheit geboten.
Nach Tabelle I ergab die Meſſung und Nach.
meſſung von zehn bis 25 m hohen und fünf höheren
meſſungen.
der großh. heſſ. forſtl. Verſuchsanſtalt,
Maße bei Verwendung des
Chriſten Wim menanerſchen Lage
= Dolgatt v. oben v. unten i. gleicher, Spiegel- Höhen- und Beſtands form
i = Hohe ſextanten meffers
m m m m
Tabelle I.
11 Fichte 20,0 21,3 19,4 18,7 Schiffenberg Eben; mäßig und
2 190 | 189 19,1 19,4 ſtark durchforſtetes
3 20,0 21,0 20,2 20,4 ſchwaches Baumholz
4 21,0 | 19,8 21,2 21,6
5 21,0 21,3 20,8 21,7
6 28,0 | 215 23,0 22,0
7 24,0 | 261 23,1 22,8
8 23,0 22,9 23,0 23,5
9 | 40 | 24,1 24,0 28,8 |
10 | 265 24,0 24,0 24,6 Reichenbach Hang; mäßig dutch
j. DJ. 221 220 21,7 21,8 forftetes Baumyolz
11 26,0 26, Sch'ffenberg Eben; ſtark buró.
12 i a 27,0 Neichenbad) forftetes Baumholz
13 80,
14 80,4
15 80,9
i, D. 28,9
Tabelle II.
16 | Buche 24 2,9 22,0 Ebene; Lichtſchlog
17 27 28,9 23,0 |
18 25 25,4 28,0
19 25 21,9 28,0
20 27 26,7 28,5
21 25 25,2 28,6
22 24 28,6 28,8
28 26 @ 26,2 24,0
24 80 27,3 24,0
25 26 26,7 24,0
26 27 26,4 24,2
27 29 27,0 25,0
28 26 25,2 25,0
29 26 26,00 25,0
j. D. 26,0 285,7 28,8
30 205 25,5 25,6
31 28 270 26,0
82 27 28,6 26,2
33 29) 28,0 27,0
84 29 29,0 28,0
35 29 28,4 28,4
36 28 29,7 28,4
37 30 30,0 28,5
38 „29 30,0 29,2
iD.f |] 28,2 385 27,5
Höhenmeſſer mit dem neuen Spiegelſextanten und
dem in der Praxis ſehr gebräuchlichen Chriſtenſchen
Meßlineale verglichen und zur Feſtſtellung des Ge-
nauigkeitsgrades
lich eine Nachmeſſung am liegenden Holze nötig
gefunden.
Fichten, die ſelbſtverſtändlich alle fünfzehn vom Fuk
bis zum Scheitel unverdeckt ſichtbar waren, be
Benutzung
des Chriſten im Durchſchnitte
„ Spiegelſextanten im Durch—
ſchnitte
für alle drei Inſtrumente ſchließ⸗ 22,1 bezw. 2040
22,0 28,0 u
u
des älteren Höhenmeſſers im dem Chriſten günſtigeren Stammgruppe als die
Durchſchnitte 7 bezw. 28,8 m | bedeutendere herausſtellte und der nach Tabelle I
und eines Bandmaßes im Durch» eher nachteilige Einfluß der zunehmenden Höhe auf
ſchnitte 21,8 „ 289 m | die Genauigkeit, in dem vorliegenden Falle gerade
der umgekehrte war. Mit aus dem Grunde wurden
die Nachmeſſungen bei der Fällung von Probe—
ſtämmen für die neuen heſſiſchen Eſchen⸗Ver⸗
ſuchsflächen, mit deren Aufnahme und Bearbeitung
die forſtliche Verſuchsanſtalt in Gießen gegenwärtig
u. a. beſchäftigt iſt, in dieſem Winter fortgeſetzt.
Dabei ergaben ſich nach Tabelle III für ſechs bis
25 m hohe, ferner für ſieben bis 30 m hohe und endlich
für vier noch höhere Probeſtämme nach Meſſung
Alſo bewährte ſich an den beiden ungleich hohen
Stammgruppen am beſten der ältere Höhenmeſſer
und der Spiegelſextant, während der Chriſten gegen
beide an Genauigkeit etwas zurückblieb — und zwar
mit zunehmender Stammhöhe um ſo mehr.
Zu einem größeren Abſtande, als der praktiſch
für Bonitierung oder Maſſenberechnung bedeutungs⸗
loſe von einem halben Meter es war, führten aber
einige mit dem Chriſten und Spiegelſextanten von
Maße bei Verwendung des
Chriften Wim menanerfden
v. oben v. unten i. gleier] Spiegel⸗ Höhen-
i ee e
m |
Maß
lie ae ober örſterei Lage
Í und Beſtandsform
Stammes
In In m
Tabelle III.
39 | Eiche 28,0 21,5 22,0 22,3 Reichenbach | Hang; ſtark durd-
40 26,5 28,1 26,0 23,5 forſtetes, ſchwaches
41 24,0 26,1 21,3 28,8 Baumholz
42 26,5 22,1 22,4 24,0
ry 25,0 26,4 25,7 24,7
5 z 30, 9 28,8 24,9
i. a > 0 24,3 23,9
25,3 | Gr. Gerau Eben; ſtark durch⸗
Geheimrat Wimmenauer ſelbſt angeftellte Mep:
verſuche. Er erhielt nach Tabelle II für vierzehn bis
25 m hohe und für neun höhere Buchen im fürſtlich
Lichſchen Walde, die im allgemeinen ebenfalls gut
anzuviſieren waren, bei Gebrauch
des Chriſten im Durchſchnitte 26,0 bezw. 28,2 m
„ Spiegelſextanten im Durch⸗
ſchnitte 25,7 „ 28,5 m
und des Bandmaßes im Durd)- |
Schnitte 23,8 „ 275m
— im ungünſtigſten Falle alfo einen um 2,2 m zu
hohen Betrag, nach dem jede Bonitierung oder
Ma ſſenberechnung bereits von wirtſchaftlichen Rad
teilen begleitet geweſen wäre. Jedenfalls mußten
gegenüber den Ergebniſſen der Tabelle I derlei Un-
ſtimmigkeiten auffallen und verlangten eine Er⸗
klärung, da ſich die Differenz in der durchſchnittlich
niedrigeren und darum beſonders der Meſſung mit
forſtetes ſtarkes Baum:
holz
mit dem Chriſten im Durch—
ſchnitte 25,2 28,8 34,5 m
mit dem Spiegelſextanten im
Durchſchnitte 25,0 29,7 35,9 m
mit dem älteren Höhenmeſſer
im Durchſchnitte
und mit dem Bandmaße im
Durchſchnitte 23,9 27,3 32,5 m
Alſo auch hier, je nach dem benutzten Inſtrumente,
beträchtliche Unterſchiede, die mit der anſteigenden
Durchſchnittshöhe der drei Gruppen im Höchſtfalle
je 1,3 bezw. 2,4 und 3,4 m betrugen und wiederum
für Maſſenberechnungen oder Bonitierungen prak⸗
tiſch nur mit Nachteil hätten verwertet werden
können.
Daß, wie bei den Licher Buchen, auch diesmal
bei der Meſſung im Stehen regelmäßig zu hohe Maße
herauskamen, dürfte freilich Zufall ſein. Weniger
24,3 28,6 346 m
Maße bei Verwendung des
Wimmenauerſchen
i. gleicher, Spiegel- Höhen-
Höhe e
m
— &
SSS & IN
88884
Ss
~
82
33
`~
=
33,0
35,0
86 85,0
87 35,0
86,0
37,0
37,0
91 38,0
Chriften
v. oben v. unten
SNS
D
m
SS SSS S SSS
D
=~
DN
SRARB
SERER
meſſers
m
~
29,2
30,1
30,7
-
SSRARSs
DODO D in
=
oo
a
12288808
liegenden
Stammes
m
Tabelle IV.
56 Eiche 19,0 21,0 |
57 21,0 240.
58 21,0 24,0
59 21,0 22,0 |
60 22,0 28,0 |
61 22,00 24,0
62 23,00 25,0
68 23,0 25,0 |
64 28,0 | 22,0 i |
65 A0 24,0 |
. D. Ta 3444 [„
235 |
Neuſtadt
Reichenbach
Neuſtadt
Neuſtadt
Reichenbach
Ober förſterei
La ge
und Beſtandsform
Hang; mäßig durch
forſtetes ſchwaches
aumholz
Hang: ſtark durd-
forſtetes ſchwaches
Baumholz
ang; mäßig durch
eh Baumhol
freie i een
eter
von ftarfen Lärchen
und ſchwächeren Bu:
chen.
Hang; mäßig durch
forſtetes Baumholz
Zuſammeunſtellung der Durchſchnitts⸗Ergebniſſe in Prozenten der richtigen Döhe.
Fichte
Buche
amt-Durhidnitt 90
n
2 are "m —
Nez
zufällig dürfte es hingegen ſein, daßdie ſchirmkronigen
Buchen und ſchon zeitig ſich gabelnden Eſchen der
genaueren Höhenmeſſung mit jedem der drei Ju
ſtrumente ausnahmslos einen größeren Widerſtand
entgegenſetzten, als die ſpitzkronigen Fichten gleich:
hoher Stammgruppen.
And wenn es auch vielleicht noch verfrüht wäre,
zu behaupten, daß die Höhenmeſſung ſtehender
ſchirmkroniger Bäume durchweg nur ungenaue,
praktiſch nicht zu verwertende Reſultate lieferte, ſo
könnte doch bei der Aufnahme ſtarker
Baumhölzer von Buchen, Eſchen,
Eichen, Kiefern und Tannen mehr
Vorſicht in der Auswahl der Stämme
nach der Kronenform geboten
ſein, als bei derjenigen von Fid.
ten und ſchwachen Baum hölzern
oder Stangenhölzern jener Holz-
arten. Auch wird man nicht alle Höhenmaße
ſchwarz auf weiß einfach darum getroſt nach Hauſe
tragen dürfen, weil man fie mit den nachgewieſener⸗
maßen beſten Inſtrumenten und auf die ſorgfältigſte
Art gewonnen hat. Beſonders auch deshalb nicht,
weil es ſich beiläufig nicht ganz gleich zu bleiben
ſcheint, ob die Meſſung von ſtehendem Holze an
Berglehnen oder Steilhängen von oben, von unten
oder in etwa gleicher Höhe mit dem Fuße eines
Stammes vorgenommen wird — immer natürlich
im etwa gleichen Abſtande der ungefähren Schaft⸗
länge von dem zu meſſenden Stamme.
In dem eingangs erwähnten Artikel ijt auf die
Verſchiedenheit der aus wechſelnden Aufſtellungen
erhaltenen Maße ſchon einmal hingewieſen und in
Tabelle IV auch hierfür noch einiges an zahlen-
mäßigen Belegen zuſammengetragen worden.
Danach ergaben ſich bei Meſſungen mit dem
Chriſten
| vou von oder in
| > oben unten gleich. Höhe
für Eichen durchſchnittlich 21,9 — 234m
m Eichen 24,1 27,1 26,2 m
„ Buchen A 28,7 — 31,3 m
„ Lärchen 7 35,1 — 33,7 m
„ Fichten : 28,5 295 295 m
Außer beiden Lärchen alſo iber-
1917
all kürzere Maße von oben, als in
gleicher Höhe!
Was hat es wohl mit dieſen Unterſchieden für
eine Bewandtnis? Möglich, daß die von oben ge-
nommenen Maße die genaueren deshalb wären,
weil man den wirklichen Scheitel eben von oben
meiſt genauer anviſieren kann, als von unten oder
von der Seite, von der meiſt nur die breit aus⸗
ladenden Schirmkronen mit ihren Seitenäſten ein
Ziel bieten, das häufig den eigentlichen und nur
von einem höheren Standort zu gewahrenden
Gipfeltrieb verdeckt
Doch kann auch irgend ein Zielfehler oder die
Stellung der Stämme gegen den Hang die Urſache
der Unterſchiede ſein.
Wohl ergeben die Maße der fünf über 25 m
hohen Reichenbacher Fichten, die in der Tabelle IV
zuletzt aufgeführt ſind, daß die Meſſung von oben die
niedrigſte und genaueſte zugleich iſt. Aber Fuß wie
Scheitel dieſer Fichten waren von oben wie von
unten und von der Seite gleich gut ſichtbar. Sie
beweiſen darum noch nicht viel.
Eher beſtätigte die Annahme einer genaueren
Meſſung von oben die Nachmeſſung der zwiſchen
Granittrümmern und -blöden des gleichen fürſtl.
Erbach⸗Schönbergſchen Reviers Reichenbach i. O.
aufgewachſenen Eſchen der Tabelle IV; denn von
ihnen war wirklich Fuß und Scheitel jeweils von
oben am beſten ſichtbar und tatſächlich lieferte auch
die Meſſung von der Seite und von unten im Durch⸗
ſchnitte bei ihnen weſentlich zu hohe Beträge.
Kurz und gut: auch bei den doch gewiß
nicht ſchwierigen Höhenmeſſungen
können recht erhebliche Fehler be-
gangen werden, vor denen die Be.
nutzung der praktiſchſten oder fein:
ſten Inſtrumente zunächſt noch nicht
ſchütz t — es fei denn, daß ſehr zahlreiche Meſſungen
immer auch Ausgleiche ſchafften. Aber iſt das ſo
ſicher? Weitere Verſuche und Probefällungen zum
Herausfinden der genaueſten Meßweiſe nach Baum ⸗
formen ſind m. E. nötig, weil beſonders die Ertrags⸗
regelung und Wertsermittelung genauer Unter
lagen bedarf und die hier von 96 Stämmen mitge-
teilten Ergebniſſe noch lange nicht beweiskräftig
genug ſind.
26
198
— — ow — a io
Literariſche Berichte.
Die Stud ienreiſe des kommerziellen Kur ſes an
der Hoch ſchule für Bodenkultur i. J. 1908. Von
Julius Syrutſchek, k. k. Ober⸗Forſtrat.
Wien 1908. Wilh. Frick, k. k. Hofbuchhändler.
Preis 8 Kronen.
Das vorliegende Werk verdankt ſeine Entſtehung
einer Studienreiſe, die im Anſchluß eines von dem
Ackerbauminiſterium an der Hochſchule für Boden⸗
kultur veranſtalteten kommerziellen Kurſus für
höhere Staatsforſtbeamte und Forſttechniker der
politiſchen Verwaltung i. J. 1908 ſtattfand. Dieſe
Studienreiſe führte nach Paſſau, München, Nürn⸗
berg, Ochſenfurt, Hanau, Frankfurt, Mainz, Duis-
burg und Amſterdam. In allen dieſen Orten wurden
die bedeutendſten Holzhandlungen und Holzinduſtrien
(Faßfabriken, Möbelfabriken, Bleiſtiftfabriken, Zi⸗
garrenkiſtenfabriken ıc.) beſucht und die Hafen
anlagen, Kanalanlagen und Flößereien beſichtigt.
So bietet das mit zahlreichen Abbildungen ver⸗
ſehene Buch ein um ſo intereſſanteres Bild des
deutſchen Holzhandels und Holzbedarfs, als in den
genannten Orten nicht nur Holz aus Süd. und
Nord⸗Deutſchland und Oſterreich, ſondern auch aus
Rußland, Norwegen, Schweden, Amerika und
Auſtralien verwertet wird. Es fanden ſich z. B.
auf dem Lagerplatz der Holzgroßhandlung Hugo
Forcheimer in Frankfurt a. M. folgende amerika⸗
niſchen Hölzer vor: Alle Nadelhölzer, welche unter
der allgemeinen Bezeichnung Pitsch pine, Yellow
pine und Red pine in den Handel kommen, Pinus
palustris, Pinus ponderosa, Pinus rigida, Pinus
mitis, Pinus resinosa, Redwood, ferner die amerifa:
niſchen Laubhölzer Mahagoni, Storaxbaum, ameri:
kaniſche Linde, Pappel, Rotbirke, Eſche und Eiche,
weiter das auſtraliſche Wunderholz „Jarrah“ ic.
Der techniſche und Handelswert aller dieſer Hölzer
wird beſprochen. Ebenſo werden die verſchiedenen
holzverarbeitenden und induſtriellen Anlagen, Häfen,
Kanäle rc. eingehend erörtert, die Rhein- und Main-
Flößerei geſchildert. Forſtlichen und holzhändle⸗
riſchen Kreiſen ſei dieſes intereſſante Werk beſtens
empfohlen. S,
Rie ſenthals Jagd⸗Lexikon. Nachſchlage⸗ und Hand-
buch für Jäger und Jagdfreunde. Zweite voll⸗
ſtändig neugearbeitete Auflage, herausgegeben
von der Schriftleitung der „Deutſchen Jäger⸗
Zeitung“. Mit 364 Abbildungen. Neudamm,
1916. Verlag von J. Neumann. Preis: in Lein-
wand geb. 15 Mk.
Mit dem Erſcheinen der erſten Auflage von |
Rieſenthals Jagd⸗Lexikon find 34 Jahre verfloſſen,
und das Werk ift feit Jahren ſchon vergriffen ge:
we ſen. Rieſenthal, der im Jahre 1898 ſtarb, lonnte
eine zweite Auflage nicht mehr herausgeben, ſondern
dieſelbe nur zum Teil vorbereiten. Und fo hat e
denn die rührige Schriftleitung der „Deutſchen
Jäger⸗Zeitung“ unternommen, auch dieſes Ber!
gleichwie verſchiedene klaſſiſche Schriften über bu:
Jagdweſen in neuer Auflage der Offentlichkeit zu
übergeben. Begründet iſt dieſer Entſchluß durt
die mannigfachen Veränderungen auf jagdlichen
Gebiete, insbeſondere die Vervollkommnung der
Hilfsmittel zur Jagd und die fortgeſetzt fih ere
ternden Kenntniſſe von den Lebensverhältniſſer
und Lebensgewohnheiten des Wildes. Und dies
Veränderungen haben naturgemäß eine alle Ten
des Werkes umfaſſende gründliche Neubearbeitun.
zur Folge gehabt. Nur weniges iſt gänzlich une
ändert geblieben. Und da bei der gewaltigen ji -
nahme der zum erfolgreichen Jagdbetriebe ero
derlichen Kenntniſſe ein einziger Verfaſſer die N.
arbeitung dieſes umfaſſenden Wiſſens nicht zu be
wältigen vermochte, haben Verlag und Heron:
geber fünfzehn Bearbeiter gewonnen, deren Name:
für die Gründlichkeit und Zuverläſſigkeit the:
Arbeiten bürgen. Es haben bearbeitet: Ernſt Rite:
von Dombrowski einen Teil des Gebiets, das tic
unter dem Begriff „Allgemeine Jagdkunde“ zu.
ſammenfaſſen läßt; der andere Teil dieſes Willen:
zweiges ſowie alles, was die Weidmannsſprache
und den Weidmannsbrauch betrifft, ſtammt a:
der Feder von E. Teuwſen. Syndikus A. Eh!
hat die jagdrechtlichen Fragen bearbeitet, Wi
meiſter W. Gottſchalk die Faſanenzucht, Redalten
B. Grundmann und E. E. Leonhardt als Sdm
leiter die Jagdliteratur, letzterer außerdem nd
die Jagdgeſchichte und die Fiſchkunde, Fngeneu
C. Leif alles, was fih auf Jagdgläſer bezieht, Heat
meiſter Mau den Raubzeugfang, Fallen und Netze.
H. Otto das jagdliche Bauweſen und die Pflanzer;
kunde, Redakteur A. Preuß die Jagdfeuerwaffen
Major E. Rieſenthal, der Sohn des Verfaſſers, “
Raubvögel, Hüttenjagd und Beize, Chefredattit
Dr. E. Schäff die jagdliche Tierkunde, Geh. Rege
rungsrat Prof. Dr. A. Schwappach die forſtwiſſen
ſchaftlichen Fragen, Redaktionsſekretär G. Sted
fleth das jagdliche Vereinsweſen, Geh. Regierung
rat Dr. A. Ströſe ſchließlich alle Fragen, die i
auf die Jagdhunde und die Wildkrankheiten beziet
Es kann nicht Aufgabe dieſer kurzen Beſprechim
_199
fein, näher auf den Inhalt des 686 Seiten ſtarken
Werkes mit 5 200 Artikeln und Verweiſungen etn-
zugehen. Beim Durchblättern und ſtichprobeweiſen
Leſen einer ganzen Reihe von Beſchreibungen,
Schilderungen und Erklärungen habe ich aber den
Eindruck gewonnen, daß der Jägerwelt ein Nach⸗
ſchlag ebuch übergeben worden ift, das ihr ein zu-
verläſſiger Ratgeber auf allen Gebieten des Jagd-
weſens fern wird. Die Hauptwiſſenszweige find
naturgemäß die Lehren von Wild, Jagd, Hund und
Waffe. Alles für den deutſchen Weidmann erwäh⸗
nenswerte Jagdwild iſt eingehend beſchrieben und
in ſeinen Lebensäußerungen nach den neueſten
Beobachtungen geſchildert. Jagd, Fang und Hege
ſind nicht nur in der jetzt gebräuchlichen Art und
Weiſe dargeſtellt, ſondern es iſt auch der geſchicht⸗
lichen Entwicklung des Jagdbetriebs in weitgehen⸗
dem Maße Rechnung getragen. Eine erſchöpfende
Behandlung haben die zur Jagd geeigneten Hunde⸗
raſſen erfahren. Ebenſo iſt den Jagdfeuerwaffen
ein großer Raum gewidmet. Aber nicht nur das
Hauptwiſſensgebiet, fondern auch die zahlreichen
Hilfsgebiete des Jagdweſens haben, ſoweit erfor-
derlich, in je nach ihrer Bedeutung für den Jäger
größeren oder kleineren Artikeln ihre Bearbeitung
gefunden, ſo die Weidmannsſprache, Sitte und
Brauch, Jagdliteratur, Jagdgeſchichte, Jagdrecht,
Jagdmuſik, Jagdkunſt und das jagdliche Vereins⸗
weſen. Ebenſo das Forſtweſen, ſoweit der Wald
als Aufenthalt des Wildes in Betracht kommt und
die Kenntnis der verſchiedenen forſtlichen Beſtands⸗
und Betriebsarten, ſowie der forſttechniſchen Aus⸗
drücke für den Jäger notwendig iſt, ferner die Bo⸗
tanik, die Fiſchereikunde und die optiſchen Hilfs-
mittel der Jagd, wie Feldſtecher, Ferngläſer und
Zielfernrohre. Die 364 Abbildungen find zum
größeren Teile von Dr. E. Schäff, dem Kunſtmaler
A. Stöcke und dem Jagdmaler C. Schulze neu ge-
zeichnet worden. Eine wertvolle Bereicherung der
neuen Auflage des Lexikons bildet die als Anhang
beigegebene tabellariſch gehaltene Einführung in
die Weidmannsſprache. Sie bietet eine nach den
Jagdtieren geordnete, klare Überſicht der gebräuch⸗
lichſten weidmänniſchen Ausdrücke und. umfaßt die
allgemeine Benennung der Wildarten, ihre äußeren
und inneren Körperteile, die Lebensäußerungen
und die Verwertung des Wildes, und zwar hat man
hier zweckmäßiger Weiſe das umgekehrte Verfahren
eingeſchlagen, wie ſonſt in den Jagdbüchern üblich.
Will man z. B. wiſſen, wie das Maul, die Zähne
oder der Schwanz des Schwarzwildes weidmänniſch
genannt werden, ſo braucht man nur unter den
betr. Körperteilen zu ſuchen, bis man auf das
Schwarzwild kommt, um raſch feſtzuſtellen, daß
der Weidmann das Maul des Wildſchweines „Ge—
brech“, die unteren Hauzähne des Keilers „Ge
wehre“ und den Schwanz „Bürzel“ nennt.
Das vom Verlag gut ausgeſtattete Werk ent⸗
ſpricht einem Bedürfnis. Einer beſonderen Empfeh⸗
lung bedarf es nicht. Sein reicher, gediegener Inhalt
wird für eine raſche Verbreitung des Lexikons in
Jägerkreiſen ſorgen. We.
Planmäßiger Ab ſchuß des Nehſtandes, ein Mittel
zur Förderung der Gehörnſtärke. Von E. Graf
Kalnein, Domnau Mit 6 Textabbil⸗
dungen, 3 Tafeln und einer Tabelle. Neudamm,
1917. Druck und Verlag von J. Reumann. Laden:
preis: 1 Mk.
Vorliegende Schrift iſt als Heft 4 Band 3 des
Jahrbuchs des Inſtituts für Jagdkunde Neudamm
und Berlin- Zehlendorf erſchienen.
In einer Einleitung weiſt Verfaſſer darauf hin,
daß es 3 Punkte ſind, die in hervorragendem Maße
die Gehörnſtärke des in der Freiheit lebenden Reh⸗
bockes beſtimmen, nämlich Ernährung, Abſtammung
und Züchtung. Des Weiteren werden dann das
Geſchlechtsverhältms der Rehe, die Vererbung der
Gehörnform, die Altersverhältmſſe, die Fortpflan⸗
zung, die Unterſcheidungsmerkmale der Altersklaſſen,
die Stärke des Wildſtandes, die Regelung des Ab⸗
ſchuſſes ꝛc. beſprochen.
Zur Erhaltung eines guten Rehſtandes bezeichnet
es Graf K. für notwendig, ebenſo viel Ricken als
Böcke abzuſchießen, ſofern nicht beim Vorhandenſein
einer Überzahl von Ricken einige Jahre hindurch
ein erhöhter Rickenabſchuß vorgenommen werden
muß. Mit Recht iſt er ein Gegner des Geltricken⸗
abſchuſſes, den er nur dann für einwandfrei hält,
wenn über das Geltſein einer Ricke jeder Zweifel
ausgeſchloſſen iſt. Wie ſchwer es iſt, in dieſer Richtung
ein zutreffendes Urteil zu gewinnen, iſt aus folgen⸗
dem Falle zu erſehen. Vier Jahre lang trat täglich
eine ſtarke Ricke auf dem Dienſtlande eines Förſters
aus ohne Kitzen bei ſich zu haben und dieſes allge-
mein bekannte und als Geltricke geltende Reh würde
längſt der Kugel verfallen ſein, wenn es nicht auf
Wunſch der Förſterfamilie geſchont worden wäre,
die ſich alltäglich an dem Anblick desſelben erfreute.
Im fünften Jahre erſchien dieſelbe Ricke mit drei
ſtarken Kitzen. In den vorhergehenden Jahren
waren ihre Rigen vermutlich von Fuchs oder Wild-
katze, die dort noch häufig vorkam, geräubert worden.
Der Abſchuß des weiblichen Wildes ſoll ſich
hauptſächlich auf die Schmalrehe und Kitzen er-
ſtrecken. Den Kitzenabſchuß ſieht Verfaſſer als durd-
aus zuverläſſiges Mittel an, um einen Rehſtand
ohne Schaden in Schranken zu halten, durch ver⸗
ſtärkten Abſchuß der Rickenkitze das Geſchlechts⸗
e 26°
200
verhältnis zu beſſern und bei ſtändiger Auswahl
der geringen Kitze minderwertige Stücke von vorn⸗
herein auszumerzen.
Dieſen Gründen ſtimmen wir in jeder Beziehung
bei, halten aber trotzdem den Kitzenabſchuß für ein
zweiſchneidiges Schwert, welches nur dem durd.
aus weidgerechten Jäger in die Hand gegeben wer:
den darf.
Die vorliegende Arbeit verdient die volle Pe-
achtung der weidmänniſchen Kreiſe! E.
— ee — —
Die Veränderung des Eigentums an Grundſtücken
in Preußen und ihre Fortſchreibung im Kataſter
unter beſonderer Verütkſichtigung des Wa ffer:
ge ſetzes vom 13. April 1913 von J. Leopold,
Kgl. Preuß. Kataſterinſpektor und Steuerrat.
Verlag von R. Reiß, Liebenwerda.
In acht Hauptabſchnitten behandelt Verfaſſer
die Eigentumsveränderungen an Grundſtücken und
zwar im Abſchnitt A gewiſſermaßen als Einleitung:
Das Eigentum an Grundſtücken, das Grundſtück,
ſeine Beſtandteile und Zubehör. die Beziehungen
der Hypotheken- (Grund) Bücher zum Kataſter
und die Fortſchreibung des Eigentumswechſels vor
dem Inkrafttreten des bürgerlichen Geſetzbuchs,
im Abſchnitt B: die Veränderungen des Eigentums
an Grundſtücken nach dem Bürgerl. Geſetzbuch, im
Abſchnitt C: die Veränderungen des Eigentums an
Grundſtücken nach anderem Recht (Erwerb herren⸗
loſer Grundſtücke, infolge Zwangsverſteigerung,
Enteignung, Ablöſung von Reallaſten, Gemeinheits—
teilungen, Zuſammenlegungen, Erbfolge, Bildung
von, Rentengütern ꝛc.), im Abſchnitt D: das Erb-
baurecht und das Stockwerkseigentum, im Wb:
ſchnitt E: die Veränderungen des Eigentums an
nicht gebuchten und an nicht buchungspflichtigen
Grundſtücken, im Abſchnitt F: das Meeresufer, in
Abſchnitt G: das Waſſergeſetz vom 13. April 1013
und im Abſchnitt H: den Nachweis der Grundstück
im Grundbuch und im Kataſter.
Das mit großem Fleiß und Verſtändnis be
arbeitete Buch enthält eine erſchöpfende und ieh
ſorgfältig durchgearbeitete Darſtellung aller die Ver:
änderung des Eigentums an Grundſtücken und ihre
Fortſchreibung im Kataſter berührender Fragen
unter ganz beſonderer Berückſichtigung der >
ſtimmungen des Waſſergeſetzes.
Preußi ſches Förſter⸗Jahrbuch für 1916. Gin Rar
geber für die preußi ſchen Kron: und Staats
Forſtbeamten. Siebenter Band. Herausgegeben
zum Teil nach amtlichen Quellen von der G
ſchäftsſtelle der Deutſchen Forſt⸗Zeitung. Rew
damm 1917. Verlag von J. Neumann.
Der vorliegende ſiebente Band des Prem
Förſter⸗Jahrbuchs ift zwar im März 1917 aw:
ſchloſſen, trägt aber die Jahreszahl 1916. X
geſchah, wie im Vorwort bemerkt wird, weil es kr
Verlag bet der ſtarken Inanſpruchnahme des dur
Heranziehung zum Kriegsdienſte erheblich wr
ringerten Perſonals nicht möglich war, im Jahn
1916 einen Band erſcheinen zu laſſen, und wei
beabſichtigt wird, demnächſt in einem günſtigeren
Jahre zwei Bände herauszugeben.
Die Einleitung des vorliegenden Bandes X:
Jahrbuchs ijt die gleiche wie die der früheren
Bände, nur iſt der Perſonalteil ausgefallen.
Das dem Jahrbuche beigegebene Sachregiſter er
ſtreckt ſich nicht nur auf den vorliegenden Band, for |
dern auf alle bisher erſchienenen Jahrgänge. k.
Briefe.
Aus Preußen.
Die Verhandlungen
des Preuß. Abgeordnetenhanuſes über
den Etat der Forſtverwaltung.
Am 9. März d. J. fand die Beratung des Forſt—
haushalts im Abgeordnetenhauſe ſtatt. Über die
Verhandlungen der Staatshaushalts⸗Kommiſſion be⸗
richtete zunächſt der Abgeordnete Grafvon
der Groeben folgendes:
Auch i. J. 1916 hat die Forſtverwaltung ſchwere
Verluſte erlitten. Es ſind in dieſem Jahre auf
dem Felde der Ehre gefallen: zwei
Regierungsforſtbeamte, ſechs Oberförſter mit Revier,
ein Oberförſter ohne Revier, zwei Forſt⸗ Aſſeſſoren
zwei Forſtreferendare, 15 Forſtbefliſene, ein Forst
kaſſenrendant, ein Förſter mit Revier, zehn Fort
ſchreiber bzw. Förſter ohne Revier, 10 Forftverier
gungsberechtigte, fünf Reſervejäger, 20 Oberjäger
und fünf Lehrlinge. Im ganzen jind bis jetzt 164 A.
gehörige der Forſt verwaltungslaufbahr
gefallen. Die Forſtverwaltung wird den Gefallene |
ein ehrendes Andenken bewahren und alles, toa?"
ihren Kräften ſteht, tun, um den Verwaifte
und Hinterbliebenen ebenſo wie den Kriege
ſchädigten und verkrüppelten Forſtbeamten zu helfen
Naturgemäß ſind durch den Mangel an
Holzarbeitern und vor allem an Ge⸗
ſpannen zur Abfuhr große Schwierigkeiten ent-
ſtanden. Trotzdem hat ſich die Verwaltung nach
Möglichkeit bemüht, das verlangte Grubenholz
und das Holz für militäriſche Zwecke
bereitzuſtellen. An Arbeitern ſtehen ihr nur die
wenigen zurückgebliebenen Leute und Kriegsge⸗
fangene zur Verfügung. Es iſt ſelbſtverſtändlich
nicht leicht, gegenüber den Anforderungen an
Grubenholz und an Holz für militäriſche Zwecke
auch denjenigen an Brennholz gerecht zu werden.
Die Verwaltung hat den Oberförſtern daher anheim-
geſtellt, einzelne Schläge auch zur Selbſtwerbung
durch den Käufer zu verkaufen. Bei der Bearbeitung
uſw. können ſich dann auch die Frauen beteiligen.
Die Lohpreiſe ſind noch weiter geſtiegen. Be-
züglich der Harzgewinnung iſt zu bemerken,
daß ein Mangel an Harz für die Papier-, die
Seifen- und Lack-⸗Indnſtrie eingetreten war.
Zur Abhilfe dieſes Mangels hat die Forſtverwal—
tung alles mögliche getan. Der Ertrag entſprach
aber nicht den Erwartungen, immerhin ſind aber
rund 30000 Zentner Harz gewonnen worden.
Von größeren Kalamitäten iſt die Forſtverwaltung
verſchont geblieben. Leider ſteht für das kommende
Jahr ein Spinnerfraß in Ausſicht, gegen
den ſich recht wenig Gegenmittel anwenden laſſen.
An Eicheln find i. G. 3000 Zentner, an Buch ⸗
eckern 2200 Ztr. und dann noch einige Zentner
Kaſtanien zur Olbereitung und als Futter geſammelt
worden. An Wild ſind aus den Staatsforſten un⸗
entgeltlich an Lazarette abgegeben worden: i. J.
1914: 616 Stück Rotwild, 192 Damwild, 2383 Rehe,
73 Sauen, 2312 Hafen; i. J. 1915: 2 Elche, 415 Rot:
wild, 145 Damwild, 1478 Rehe, 48 Sauen, 531
Hafen. Der Wildabſchuß ift ſowohl 1915 wie
1916 nach Möglichkeit verſtärkt worden. Die An⸗
ſtellungsverhältniſſe haben ſich für die
höhere Laufbahn ſehr gebeſſert. Nach
einigen Jahren wird man nicht genug Anwärter
mehr haben, da die älteren Jahrgänge erheblich im
Alter vorgeſchritten ſind und der Tod unter den
jüngeren Beamten eine furchtbare Ernte gehalten
hat. Bei den Förſtern eiſt dies nicht in gleichem
Grade der Fall, weil die Anzahl der Anwärter ſehr
groß und von den Förſtern mit Revier wegen des
durchſchnittlich höheren Lebensalters nur verhält-
nismäßig wenige ins Feld zogen.
Wegen Belaſſung der Forſtakademie
Münden hat der Mggiſtrat in Münden eine
Petition eingereicht. Dieſe hat auch bereits dem
Herrenhaus vorgelegen und die Finanzkommiſſion
des Herrenhauſes hat ſie der Staatsregierung zur
Berückſichtigung überwieſen. Zunächſt wird jeden⸗
201
falls eine Verlegung der Akademie noch nicht in
Frage kommen; dauernd kann die Belaſſung der⸗
ſelben in Münden aber nicht zugeſichert werden.
Die Staatshaushaltskommiſſion des Abgeordneten.
hauſes hat ebenfalls beſchloſſen, die Petition der
Kgl. Staatsregierung zur Berückſichtigung zu über⸗
weiſen. ,
Abgeordneter v. Dietz (konſ.) gedenkt
der im Kriege gefallenen Forſtleute, weiſt darauf
hin, daß die Forſtverwaltung neben dem Mangel
an Verwaltungs- und Schutz⸗Perſonal, auch unter
dem Arbeiter- und Geſpann⸗Mangel ſehr zu leiden
habe, beſpricht den Holzverkauf, die Abgabe der
Waldſtreu, die Harzgewinnung, das Sammeln von
Bucheln und Eicheln, die Anſtellungsverhältniſſe der
Forſtbeamten, die Erhaltung der Forſtakademie
Münden und ſpricht ſchließlich den Forſtbeamten
Dank und Anerkennung aus für das, was ſie unter
den jetzigen ſchwierigen Verhältniſſen geleiſtet haben.
Abgeordneter Wenke (fortſchr. V.⸗P.)
erörtert auch die Anſtellungsverhältniſſe der Forſt⸗
beamten, empfiehlt zur Hebung des Arbeiter⸗
mangels die Anſiedlung Kriegsbeſchädigter im oder
am Walde, wünſcht die Abgabe von Brennholz zu
mäßigen Preiſen an die Bevölkerung, führt Klage
über Wildſchaden und darüber, daß von vielen Forſt⸗
verwaltungen ein großer Teil der Waldwege ge-
ſperrt werde, wünſcht größeres Entgegenkommen bei
Nutzbarmachung aller Forſt⸗Nebennutzungen und
verlangt, daß die Aufforſtung von Grundſtücken, die
ſchon als Ackerland benutzt waren, von einer gewiſſen
behördlichen Genehmigung abhängig gemacht werde.
Abgeordneter Frhr. v. Wolff⸗
Metternich (Zentr). bemerkt, daß man dem
Waldbeſitzer das Recht laſſen müſſe, unwillkommene
Beſucher aus ſeinem Walde zu verweiſen. Der
Staatsforſtverwaltung gebühre wärmſte Aner⸗
ken nung für das weite Entgegenkommen, welches fie
bezüglich der Nutzbarmachung aller Nebennutzungen
während des Krieges gezeigt habe. Ebenſo habe ſie
im Einſchlagen von Grubenholz und Holz für den
Heeresbedarf Außerordentliches geleiſtet. Um die
Lohſchläge wieder rentabel zu machen, müſſe nach
dem Kriege dahin geſtrebt werden, wirkſame Bile
einzuführen. Es ſei zu hoffen, daß die im Jahre 1916
erteilte Erlaubnis zum Vogelfange im Dohnenſtiege,
beſonders auch mit Rückſicht auf die in den Wein⸗
bergen durch die ſtarke Vermehrung der Droſſeln
verurſachten ſtarken Schäden, nicht wieder rüd-
gängig gemacht werde.
Weiter bemerkt Redner, daß die Förſter durch
die Kriegszeit wohl dahin belehrt worden ſeien, daß
das Dienſtland doch nicht ſo ganz zu verachten
ſei, und daß ſie auch in dieſem Punkte von den Wort-
führern des Förſtervereins recht ſchlecht beraten
202
worden ſeien. Die Überlaſſung von ausreichenden
Dienſtländereien an die Föͤrſter fet ſehr erwünſcht.
Schließlich tritt auch er für die Erhaltung der Afa-
demie Münden ein.
Der Miniſter für Landwirtſchaft,
Domänen und Forſten, Dr. Frhr. v.
S.chorlemer dankt für die Worte ehrender An:
erkennung, welche den gefallenen Helden der grünen
Farbe gewidmet worden ſeien. Dem Vorredner ſei
beizuſtimmen, daß manche Förſter froh fein würden,
wenn ſie noch im Beſitze ihres Dienſtlandes wären;
die Vorteile desſelben würden auch bei der weiteren
Stellenregulierung berückſichtigt werden müſſen.
Erſt nach dem Kriege werde darüber entſchieden
werden, wieviele Stellen eingezogen werden könnten.
Augenblicklich ſei die Lage der Anwärter für den
höheren Forſtverwaltungsdienſt günſtig, weil be⸗
dauerlicher Weiſe zahlreiche Anwärter und Ober-
förſter im Felde geblieben ſeien. Es ſei anzunehmen,
daß nach dem Kriege die Mehrzahl der Aſſeſſoren
zur Anſtellung kommen werde. Anders liege es bei
den Förſtern und den Anwärtern zum Forſtſchutz⸗
dienſt. Da ſich die Förſter im höheren Alter be-
fänden, ſeien verhältnismäßig wenig von ihnen in
der Front geweſen, infolgedeſſen auch wenige ge-
fallen. Um die Lage der Forſtanwärter zu ver-
beſſern, werde alljährlich nur eine beſchränkte Zahl
angenommen. Im Rahmen der verfügbaren Mittel
ſei die Forſtverwaltung ſchon ſeit Jahren bemüht,
Waldarbeiter in der Nähe der Forſten anzuſiedeln.
Die Regierungen ſeien darauf hingewieſen worden,
auch auf die Anſiedlung von Kriegsbeſchädigten,
ſoweit dieſe noch im Walde Verwendung finden
könnten, Bedacht zu nehmen.
Im Intereſſe der Bevölkerung ſeien die hohen
Holzpreiſe zu beklagen und die Regierungen ſeien
angewieſen, der bedürftigeren Bevölkerung das
Holz in möglichſt günſtiger Weiſe zugänglich zu
machen Dies ſei zunächſt in der Form einer be-
ſchränkten Verſteigerung verſucht worden, indem
man nur die Bewohner beſtimmter Orte oder die
Kriegerfranen oder Kriegerwitwen zur Ver
ſteigerung zugelaſſen habe. Das habe fidh) aber nicht
bewährt, weil ſich die Beteiligten gegenſeitig wieder
die Preiſe ſo in die Höhe getrieben hätten, daß ſie
das Holz ſchließlich zu nahezu unerſchwinglichen
Preiſen hätten übernehmen müſſen. Jetzt werde
den Gemeinden eine beſtimmte Menge Holz zu er-
träglichen Preiſen zur Verteilung unter die ärmere
Bevölkerung zur Verfügung geſtellt. Da, wo Mangel
an Waldarbeitern ſei, werde den Gemeinden auch
die Möglichkeit gegeben, Holz ſelbſt einzuſchiagen.
Dies habe den Vorteil, daß auch weibliche Kräfte
im Walde Verwendung finden könnten, und die
Gemeinden ſeien anch vielfach in der Lage, mit den
Geſpannen der Abnehmer das gekaufte Holz aus
dem Walde abzufahren. Auch die Bäcker, die keine
Kohlen zur Verſügung hatten, hätten billiges Holz
aus dem Walde bekommen, weil ſonſt die Deckung
des Brotbedarfes gefährdet worden wäre. Auf-
geforſtet fet ſchon lange vor dem Kriege kein Gelände
mehr geworden, welches für landwirtſchaftliche
Benutzung hätte in Frage kommen können. In den
beiden Kriegsjahren ſeien ungefähr 2500 ha beſſeren
Waldbodens teilweiſe mit Raps, in der Hauptſache
. aber mit Kartoffeln angebaut worden und man habe
namentlich mit Kartoffeln recht gute Ernten erzielt.
Abgeordneter Dr. Bredt (freikonſ.
will die Akademie Münden ebenfalls erhalten haben
und empfiehlt, die Wälder in den beſetzten Gebieten
fo viel wie nur möglich zur Holznutzung heranzu⸗
ziehen, die deutſchen Wälder aber möglichit zu
ſchonen.
Abgeordneter Wiersdorjfluat.lib)
befürwortet auch die Erhaltung der Akademie
Münden und weiſt auf den bedeutend geſteigerten
Wildabſchuß hin.
Miniſterialdirektor, Oberland
forſtmeiſter von Freier bemerkt, daß di
Forſtverwaltung hinſichtlich des Abſchuſſes von Wil
reichlich weit gegangen fei. Es fei an die Regie:
rungen die Weiſung ergangen, die Wildſtände über⸗
all durch verſtärkten Abſchuß auf eine den gegen
wärtigen Zeitverhältniſſen entſprechende Zahl zu
reduzieren und erforderlichenfalls auch mit Zwangs
maßregeln vorzugehen. Was die Akademie Minden
anbelange, fo erſcheine es zur Zeit nicht aw
gezeigt, der Auflöſung derſelben näher zu treten,
weil ſich nicht annähernd überſehen laſſe, wie ſich
die Verhältniſſe nach dem Kriege geftaiten würden.
Aus Prenßen.
Die Preußiſche Fiſchereiordnung
vom 29. März 1917.
Im Januar⸗Heft d. J. haben wir über das neue
Preuß. Fiſchereigeſetz eingehend berichtet und dabei
darauf hingewieſen, daß eine Reihe höchſt wichtiger
Gegenſtände durch Polizeiverordnung geregelt wer
den ſollten. Dies iſt nun inzwiſchen, inſoweit als
es fih um Materien handelt, die einheitlich für das
ganze Staatsgebiet geregelt werden können, durch
eine Polizeiverordnung des Miniſters für Land
wirtichaft, Domänen und Forſten vom 29. März d. J.
geſchehen. Dieſe Polizeiverordnung ift als „Fi“
ſchereiord nung“ bezeichnet worden. Nur
die Materien, bei denen die jeweiligen örtlichen
Verhältniſſe beſtimmend fein müſſen, find dem Ne
gierungspräſidenten zur weiteren Regelung durch
203
Hegierungs-PVolizeiverordnungert überlaſſen worden.
Wir können ſelbſtverſtändlich hier nicht alle Be⸗
ſtimmungen der ſieben Abſchnitte umfaſſenden
Fiſchereiordnung aufführen, müſſen uns vielmehr
auf das Weſentlichſte beſchränken.
Vom allgemeinen Intereſſe ſind zunächſt die
Mindeſt maße der Fiſche, deren Fang erlaubt
ift. Dieſe find feſtgeſetzt: für Stör auf 100 cm,
jedoch foll der Regierungspräſident befugt ſein,
für Küſtengewäſſer das Mindeſtmaß auf 150 cm
zu erhöhen, für Aal auf 35 cm, mit der Ermächti⸗
gung des Regierungspräſidenten dasſelbe für Küſten⸗
gewäſſer auf 25 cm herabzuſetzen, für Lachs auf
35 cm, für Meerforelle auf 35 cm, für Zan⸗
d er auf 35 cm, mit der Ermächtigung des Regie⸗
rungspräſidenten dasſelbe für Küſtengewäſſer auf
28 cm herabzuſetzen, für Barbe, Hecht
Nordſeeſchnaepel auf 28 cm, für Mai-
fiſcch auf 28cm, mit der Ermächtigung des Regie:
rungspräſidenten für Küſtengewäſſer dasſelbe bis
auf 20 cm herabzuſetzen, für Blei auf 25 cm, für
Scholle und Flunder in der weſtlichen Dft-
ſee weſtlich der Linie Hyllekrog Leuchtturm (auf
Laaland) nach Staber Hut (auf Fehmarn) auf 22 cm
öſtlich dieſer Linie bis zur Linie Gedser nach Ahrens
hoop auf 21 cm, ſonſt, ausgenommen Scholle der
Nordſee auf 18 cm, mit der Ermächtigung des
Regierunspräſidenten das Mindeſtmaß für die
Flunder in den Haffen bis auf 15 cm herabzuſetzen,
für Aeſche, Aland, Döbel und Nafe auf
20 cm, für Bachforelle und Schleie auf
18 cm, für Barſch, Plötze und Rotfeder
in Binnengewäſſern auf 13, ſonſt auf 15 cm,
für Flußkrebs auf 8 cm, In den thü⸗
ringiſchen Grenzgewäſſern und in Gewäſſerſtrecken,
die mit thüringiſchen Gewäſſern in Verbindung
ſtehen, kann der Regierungspräſident das Mindejt-
maß für den Blei bis auf 28, die Schlei e bis auf
20, den Krebs bis auf 10 cm erhöhen, ſowie ein
Mindeſtmaß für den Karpfen bis zu 28 cm vor-
ſchreiben. Im Regierungsbezirke Sigmaringen kann
der Regierungspräſident das Mindeſtmaß für den
Hecht auf bis 30, die Aeſche bis auf 25, die Bachforelle
und Schleie bis auf 20 cm erhöhen: er fann aud)
ein Mindeſtmaß für den Huchen bis zu 50, für die
Regenbogenforelle bis zu 20 em vorſchreiben. Zu
wiſſenſchaftlichen, gemeinnützigen und wirtſchaft⸗
lichen Zwecken kann der Regierungspräſident für
einzelne Perſonen Ausnahmen an den feſtgeſetzten
Mindeſtmaßen geſtatten. Als Köderfiſche
können für den eigenen Gebrauch des Fiſchers unter⸗
maßige Aland, Döbel, Naſen, Barſche, Plötzen und
Rotfedern gefangen werden. Widerrechtlich gefangene
untermaßige Fiſche, die lebend in die Gewalt des
Fiſchers fallen, ſind ſofort, oder wenn ſie nicht gleich
aus dem Fanggerät entfernt werden können, ſpä⸗
teſtens nach Rückkehr des Fiſchereifahrzeugs ans
Land, mit der zu ihrer Erhaltung erforderlichen
Vorſicht ins Waſſer zurückzuſetzen. Von den toten
Fiſchen dürfen die mit Aalhamen, Ankerkuilen und
Steerthamen gefangenen ſämtlich, die mit Zug⸗ und
Grundſchleppnetzen gefangenen bis zu einer Geſamt⸗
menge von J kg für den Tag und die Beſatzung eines
Fahrzeugs im Haushalt des Fiſchers verwertet
werden, während alle übrigen zu gemeinnützigen
Zwecken nach näherer Beſtimmung der örtlichen
Fiſchereibehörde zu verwenden ſind.
Die Schonzeiten ſind in folgender Weiſe
feſtge ſetzt worden:
J. Am Sonntag iſt der Fiſchfang von vormittags
9 bis nachmittags 6 Uhr verboten (Sonntags-
ſchonzeit). Die Fanggeräte der ſog. ſtillen
Fiſcherei, d. h. ſolche, die weder gezogen noch geſtoßen
werden, dürfen zum Fang im Waſſer bleiben.
Dazu gehören namentlich Stellnetze, Aaalhamen,
Ankerkuilen, Steerthamen, Garn-, Draht- Korb-
reuſen ſowie Treib⸗ (Schwimm-) Netze ohne Beglei⸗
tung von Fahrzeugen. Angeln iſt zuläſſig, ſoweit
nicht der Fiſchfang in einem Gewäſſer ganz ver-
boten iſt.
2. In den Gewäſſern, in denen ſich vorzugsweiſe
Winterlaicher (Lachſe, Forellen: und Saiblingsarten,
Oſtſeeſchnäpel u. a.) fortpflanzen, iſt der Fiſchfang
in den Monaten Oktober bis Januar während acht
aufeinanderfolgender Wochen, die der Regierungs⸗
präſident beſtimmt, verboten (Winterſchon⸗
zeit). Der Regierungspräſident beſtimmt auch die
Gewäſſer.
3. In den nicht der Winterſchonzeit unterliegen.
den Binnengewäſſern ift der Fiſchfang in den Mo-
naten März bis Juni während ſechs aufeinander⸗
folgender Wochen, die der Regierungspräſident
beſtimmt, mit Ausnahme der ſtillen Fiſcherei und
des Fiſchfangs mit der Handangel verboten (Früh ⸗
jahrsſchonzeith)..
4. Der Regierungspräſident kann außerdem be⸗
ſondere Arten⸗Schonzeiten feſtſetzen: a) für
© t ö re vom 1. Juli bis 31. Auguft, b) für Lachſe,
Saiblinge, Meer- und Bachforellen
ſowie Schnäpel, wenn dieſe Fiſcharten keiner
Winterſchonzeit unterliegen, höchſtens acht Wochen
in den Monaten Oktober bis Februar, c) für Ma⸗
ränen höchſtens acht Wochen in den Monaten
November und Dezember, d) für Aeſchen und
Naſen ſowie im Regierungsbezirk Sigmaringen
für Huchen und Regenbogenforellen,
wenn dieſe Fiſcharten keiner Frühjahrsſchonzeit un⸗
terliegen, höchſtens acht Wochen in den Monaten
März bis Mai, e) für Döbel, die keiner Frühjahrs⸗
ſchonzeit unterliegen, höchſtens ſechs Wochen in den
204
Monaten Mai und Juni, f) für Flußkrebſe
vom 1. November bis 31. Mai, g) für See moos
und Corallenmo os vom 1. April bis 31. Auguſt.
Von allen Schonzeiten kann der Regierungspräſident
zu wiſſenſchaftlichen, gemeinnützigen und wirtſchaft⸗
lichen Zwecken für einzelne Perſonen Ausnehmen
ge ſtatten.
Als Maſchenweite wird fiir Stellnege,
Stocknetze, Treibnetze, Zugnetze und Grundichlepp-
netze eine Weite von 2,5 cm vorgeſchrieben. Für
verſchiedene Fälle kann der Regierungspräſident
Ausnahmen zulaſſen. Für die Kehlen von Netzen,
den hinteren Sackteil von Bug: oder Grundſchlepp⸗
netzen, ſowie für Netze zum Fang von Aalen, Bad):
und Regenbogenforellen, Stichlingen und Köder-
fiſchen können engmaſchige Netze benutzt werden.
Ständige Fiſchereivorrichtungen
müſſen eine Lattenweite von mindeſtens 2 cm
haben. Ebenſo müſſen die Abſperrungsvor⸗
richtungen für geſchloſſene Gewäſſer, die Stab-
gitter einen Abſtand von mindeſtens 2 cm, Maſchen
eine lichte Breite von mindeſtens 2 cm haben.
Der zur Ableitung eines Fiſchge⸗
w ä Í f e r Berechtigte hat den Fiſchereiberechtigten
den Beginn und die Dauer einer Ableitung min⸗
deſtens drei Tage vorher anzuzeigen. In Notfällen
kann die örtliche Fiſchereibehörde die Ableitung ſchon
vor Ablauf der drei Tage geſtatten. Geſchloſſene
Gewäſſer, ausgenommen die künſtlichen Fiſchteiche,
dürfen in der Zeit vom 1. April bis 15. Mai, offene
Gewäſſer während der Schonzeiten nur mit Ge-
nehmigung des Regierungspräſidenten abgeleitet
werden.
Bachſaiblinge, Regenbogenforellen, Forellen -,
Schwarz- und Steinbarſche, Sonnenfiſche, Zwerg⸗
welſe, amerikaniſche Krebſe, galiziſche Sumpfkrebſe
und fremdländiſche Auſtern, ſowie andere Fiſcharten,
die in Zukunft aus dem Ausland eingeführt
werden, dürfen in offenen Gewäſſern nur mit Zu⸗
ſtimmung des Regierungspräſidenten neu ausgeſetzt
werden.
Soweit die Frühjahrsſchonzeit von Gewäſſern in
die Monate Mai und Juni fällt, iſt in ihnen die
Werbung von Waſſerpflanzen, ein⸗
ſchließlich der Unterwaſſerpflanzen, ſowie die € n t-
nahme von Schlamm, Erde, Sand,
Kies und Steinen nur mit Erlaubnis des
Fiſchereiberechtigten zuläſſig. Für Laichſchonbezirke
beſtimmt § 112 F.⸗G., daß dort während der Laidh:
zeit der zu ſchonenden Fiſcharten die Räumung, das
Mähen von Schilf und Gras, die Entnahme von
Pflanzen, Schlamm, Erde, Sand, Kies und Steinen,
ſowie jede andere der Fortpflanzung der Fiſche ges
fährliche Störung unterbleiben muß. Fiſchlaich
darf ohne Erlaubnis des Fiſchereiberechtigten nicht
aus dem Waſſer genommen oder beſchädigt werden.
Entenbeſitze r müſſen ihre Enten von fremden
Fiſchgewäſſern fernhalten, wenn ihnen der Fiſcherei⸗
berechtigte nicht deren Einlaſſung geſtattet. Bei
Zuwiderhandlungen ſetzen ſie ſich, abgeſehen von
der Beſtrafung, der Gefahr der Beſchädigung oder
Tötung der Enten nach § 228 B. G. aus. der
Regierungspräſident kann beſtimmte Fiſchgewäſſer
von dem Verbot des Enteneinlaſſens ausnehmen,
er kann auch das Enteneinlaſſen gegen den Willen
des Fiſchereiberechtigten verbieten. Das Einlaſſen
von Enten während der Laichzeit in Laichſchon⸗
bezirke ijt bereits in 8 112 F.⸗G. verboten. Weiter
werden noch Beſtimmungen getroffen über den
Gebrauch der Fanggeräte, über die Kennzeichnung
der Fiſcherzeuge, die Ordnung beim Fiſchfang in
offenen Gewäſſern uſw.
Aus Heſſen.
Beobachtungen über Blitzſchläge.)
Von Geh. Oberforſtrat Jofeph in Darmſtadt.
In 1916 find im Großherzogtum Heffen 57 Biz
ſchläge in Bäume feſtgeſtellt worden, die geringte
Anzahl fert Aufnahme der Beobachtungen. Die lr
ſache hierfür bildet die eigenartige Witterung dei
Sommers mit ſeinen langen Regenzeiten und tiefen
Temperaturen. Von den Hauptgewittermonaten
war der Juni außerordentlich kühl und brachte auf:
fallend wenig Sommertage. In den bis 1830 guritt:
reichenden Darmſtädter Temperaturbeobachtungen
findet fich fein gieich niedriges Junimittei verzeichnet.
Auch der Juli war bis zum letzten Drittel kühl, trüb
und regneriſch. Im Juni find dann auch nur 11,
im Juli ſogar nur 3 Bäume vom Blitz getroffen
worden. Im Auguft find — trotz zeitweiſer lebhafter
Gewittertätigkeit — überhaupt Blitzſchläge in Bäume
nicht mehr wahrgenommen worden. |
Die meiſten Blitzſchläge ereigneten fidh im Mar,
und zwar 30 von 37 im Ganzen bei den weit ver
breiteten, ſchweren Gewittern, die ſich von den
Nachmittagsſtunden des 26. bis zu den erſten Morgen
ſtunden des 27. Mai namentlich im Odenwald und
in Oberheſſen entluden. —
Die Verteilung der Blitzſchläge auf die einzelnen
Monate in den drei Beobachtungsjahren zeigt fol
gende Überſicht:
1914 1915 1916
GES io Ste, gn ke d 1 2 1
Ap 5 1 5
CGN e · - ee OE 13 1 37
—
Übertrag 19 4 48
1) Vgl. Allgem. Forft- und Jagd-Zeitung Juli Heft
1915 S. 165 ff., Auguſt⸗Heft 1916, S. 198 ff.
205
Übertrag 19 4 43
Juin Boe oH ok 186 18 11
Juli 184 19 3
Auguſte 10 25 —
Von den getroffenen Bäumen befanden ſich
49 in Wäldern, und zwar von Laubhölzern
24 Eichen, drei Buchen und eine Akazie (Robinie),
ferner von Nadelhölzern zwölf Fichten und neun
Kiefern.
Außerhalb des Waldes wurden vom Blitz ge⸗
troffen: ein Apfelbaum, ein Kirſchbaum, ein Nuf-
baum, eine Pappel, ein Vogelbeerbaum und drei
Fichten. Letztere, ſowie der Kirſchbaum und der
Vogelbeerbaum ſtanden als Alleebäume an Straßen
im hohen Vogelsberg. Von zweien dieſer Fichten
wird angegeben, daß fie etwa 120 m voneinander
entfernt unmittelbar an Straßendurchläſſen mit
fließendem Waſſer ſtanden und bei beiden der Blitz —
ohne den unteren Stammteil zu zerſplittern oder
merklich zu beſchädigen — in der Richtung nach den
Kanälen übergeſprungen ſei. Der obere Stammteil
war, beſonders ſoweit die ſtarke Beaſtung reichte,
durch ſtarke Abſplitterungen nin der Blitzbahn er-
heblich beſchädigt. Auch an dem Vogelbeerbaum
endigt die unterhalb der Krone beginnende Blitz⸗
rinne in 1,3 m Höhe über dem Boden. Von hier aus
ſcheint der Blitz nach einem 3 m entfernten alten
ſteinernen Grenzmal übergeſprungen zu ſein. —
In den durch Blitzſchläge ſonſt viel heimgeſuchten
Wäldern der Rhein- und Main⸗Ebene find in 1916
nur ſieben Blitzſchläge vorgekommen, die zwei Eichen
und fünf Kiefern trafen. Auf den Odenwald ent⸗
fallen 11 Blitzſchläge, und zwar ſechs an Eichen,
drei an Kiefern, je einer an Buche und Akazie. In
den Wäldern des Vogelbergs ſind dem ſtärkeren
Vorkommen der Fichte mit 25% entſprechend auch
die getroffenen Fichten (zehn Stück) am zahl⸗
reichſten. Doch bleibt die Eiche mit ſieben getroffenen
Bäumen nicht weit zurück, obgleich ihr Anteti an
der Beſtockung nur 5,7% beträgt. An der Hauptholz⸗
art die ſes Gebietes, der Buche, find nur zwei Blig-
ſchläge vorgekommen. Die Wetterau, in deren
Wäldern ebenfalls die Buche weitaus vorherrſcht,
hat nur Blitzſchläge in Eichen (acht) und in eine Fichte
vufzuweiſen. Überhaupt tritt die ſtarke Gefährdung
der Eiche und an zweiter Stelle der Fichte in dieſem
Jahre beſonders hervor. —
Welche Stellung die im Walde getroffenen Bäume
im Beſtand und zu ihrer Umgebung einnehmen, iſt
aus nachſtehender Überſicht zu erſehen:
1917
Über: Rand ; Im Beſtandsinnern Im
hälter ſtämme vorherrſchend unterdrückt ganzen
Eiche 7 4 11 2 24
Buche 1 — 1 13
Akazie. — 1 zu an 1
Kiefer. 2 4 3 ae 9
Fichte. — 4 8 — 12
10 13 23 3 49
Die verhältnismäßig große Zahl der getroffenen
Überhälter und Randſtämme beſtätigt wieder die
Erfahrung, daß neben der Holzart der Stand des
Baumes die Blitzgefahr weſentlich beeinflußt. Unter
einem Eichenüberhälter wurden bei dem Gewitter
am 26. Mai auch drei Rindenſchäler getroffen und
an demſelben Tage unter einem frei im Felde
ſtehenden ſtarken Nußbaum eine Frau erſchlagen.
Der ſeltenere Fall, daß unterdrückte Bäume von
Blitz getroffen wurden, iſt bei zwei Eichen und einer
Buche vorgekommen. Eine dieſer Eichen ſtand neben
einer Fichte, die fie um mindeſtens 8 m überragte;
die Eingangsſtelle des Blitzes war der dürre Gipfel,
von dem die Blitzrinne ſenkrecht zu Boden führte.
Die andere Eiche befand fidh in einem 80 jährigen
Buchenbeſtand und wurde unterhalb der Krone in
12 m Höhe getroffen. Die Blitzrinne läuft um den
Baum herum, ohne jedoch dabei, wie in dieſem Falle
ausdrücklich bemerkt wird, dem Holzfaſerverlauf zu
folgen. Die unterdrückte Buche von 25 m Höhe be-
fand fih im Schluß eines 90 jährigen, reinen Buchen⸗
beſtands; ſie wurde in 10 m Höhe getroffen. Aus
der von der Eingangsſtelle ſenkrecht zum Boden
führenden, 3 cm breiten Blitzrinne wurde ein langer
Span von der Stärke eines Bleiſtifts herausgeriſſen
und 12 m weit weggeſchleudert.
In den weitaus meiſten Fällen (45) beſtehen die
Blitzbeſchädigungen in Rinnen von 1 bis 10 cm
Breite von ſenkrechtem oder gewundenem Verlauf,
die teils nur an der Rinde ſchwach ſichtbar ſind, teils
mehr oder weniger tief in das Holz eingreifen.
In einigen Fällen ſind mehrere Blitzrinnen vor⸗
handen, die an den entgegengeſetzten Seiten des
Stammes zum Boden führen. Eine mehrfach unter⸗
brochene Blitzrinne wurde an einer 60.jährigen,
ſtark beaſteten Kiefer in der Oberförſterei Storndorf
beobachtet. Die Blitzrinne beginnt in 13 m Höhe
und überſpringt in ihrem Verlauf alle dürren Aſt⸗
ſtummel oder umgeht. fie. Wo diefe Rinne in etwa
10 m Höhe endigt, wird ſeitlich in einem Abſtand
von 10 cm eine weitere Rinne ſichtbar, die ſenkrecht
zum Boden verläuft.
Mehrfach wurde feſtgeſtellt, und zwar ausſchließ⸗
lich an Fichten, daß ſich die Blitzrinnen auf der dem
Wetter abgekehrten, alſo zur Zeit des Blitzſchlags
vermutlich noch unbenetzten Stammſeite befanden.
20
— ee —
Größere Zerſtörungen an Waldbäumen durch
Blitzſchlag ſind entſtanden an fünf Fichten, vier
Eichen und einer Kiefer, die vollſtändig zerſplittert,
geſpalten oder abgeſchlagen wurden. Ein mächtiger
Eichenüberhälter von 2,15 m Stammumfang in der
Oberförſteeri Eichelsdorf wurde vollſtändig in zwei
Hälften geſpalten, die oben weit auseinander klaffen,
Ein Hauptaſt der Krone wurde abgeſchlagen, die
beiden anderen Hauptäſte wurden, wie auch der
ganze Stamm, von Rinde entblößt. Aſte, Holz⸗
ſplitter und Rindenſtücke wurden auf größere Ent⸗
fernung weggeſchleudert. Eine hohle Eiche wurde
durch einen Blitzſchlag in Brand geſetzt und zerſtört.
Im Felde wurde ein Apfelbaum und eine Pappel
geſpalten und abgeſchlagen.
Der anſcheinend doch ſelten vorkommende Fall
des nachträglichen Abſterbens einer ganzen Baum⸗
gruppe im Anſchluß an einen einwandfrei feitge-
ſtellten Blitzſchlag wurde in dieſem Jahre aus der
Oberförſterei Storndorf gemeldet. Dort war eine
auf ſehr feuchtem Lehmboden ſtockende, 100 jährige
Fichte getroffen worden, die inmitten einer gleich-
altrigen Kieferngruppe ſtand. Etwa 14 Tage nach
dem Blitzſchlag begannen die im Umkreiſe von 15 m
ſtehenden Kiefern abzuſterben. An keiner der ein-
gegangenen Kiefern waren Blitzſpuren wahrzu⸗
nehmen.
Bei dem im Vorjahre aus der Oberförſterei
Mörfelden berichteten Fall des ſpäteren Abſterbens
von Kiefern iſt ein weiteres Eingehen nicht mehr
‚ erfolgt. i
Aus Baden.
Sein oder Nichtſein der Forſtabteilung
an der techniſchen Hochſchule Karlsruhe.
Von Forſtrat Könige, Heidelberg.
Wenn ich wiederum mit einem Aufſatz vor die
Leſer dieſer Zeitſchrift trete, ſo bitte ich mir dies
nicht als eine Überhebung anrechnen zu wollen,
ſondern aus den Verhältniſſen ſich zu erklären.
Die zur Erörterung geſtellte Frage erduldet
keinen Aufſchub. Der Bad. Forſtverein iſt unter
den Kriegsverhältniſſen nicht in der Lage, Stellung
zu nehmen. Es wäre aber zu bedauern, wenn Kam-
mer und Regierung entſcheiden würden, ohne daß
irgendeine forſtliche Stimme ſich geäußert hätte.
Von dem älteren Geſchlecht' der Vorkämpfer in
dieſer Frage bin ich der letzte Lebende, das jüngere
ſteht mit ſeinen beſten Kräften zum größten Teil
im Feld. Ich halte es daher für eine Ehrenpflicht,
trotz meiner ſonſtigen dienſtlichen und militäriſchen
Inanſpruchnahme im Heimatdienſt, hier nochmals
namens aller forſtlichen Geſinnungsgenoſſen für
das einzutreten, was wir für notwendig halten zur
— — —
Geſundung der forſtlichen Verhältniſſe im engen
wie im weiteren Vaterland und zur Bekämpfung
des Sondertumsgeiſtes, ſoweit er dafür ein Hinder
nis iſt.
Seit einer längeren Reihe von Jahren win
immer wieder in den badiſchen Kammerverham.
lungen die Frage über Weiterbeſtehen oder Mj:
laſſung der Forſtabteilung an der Hochſchule Anl:
ruhe erörtert. Nach Außerung des Unterricht
miniſters in der 14. Sitzung der II. Kammer vm
11. Juni d. J. ſoll, wenn möglich, ſchon im
nächſten Landtag, der im September d. J. zu.
ſammentritt, Klarheit über ihr ferneres Sdydial
geſchaffen werden, weil durch die dauernde Beun
ruhigung der Lehrkreiſe, wie der Studierenden,
Schaden zu befürchten ſei.
Es erſcheint daher gerechtfertigt, dieſe Frage
vorher nochmals rück- und ausblickend in einer Fach
zeitſchrift einer rein ſachlichen und fachlichen X
ſprechung zu unterziehen, um den entſcheidender
Kreiſen die Grundlage für ein richtiges Urteil ;.
bieten.
Der Lehrſtätten für Forſtwiſſe nſchaft find!
Deutſchland allzuviele für den Bedarf an afademt
gebildeten Forſtmännern, die Aufwendungen ii
gute Ausſtattung einer ſolchen belaſten den Hau:
halt eines kleineren Staates ziemlich erheblich, ohn
daß dem ein begründetes Bedürfnis oder ein ge:
nügender Beſuch gegenüberſteht. Auch bietet die
Gewinnung tüchtiger forſtlicher Lehrkräfte für die
vielen Anſtalten große Schwierigkeiten. Forſwer
waltungen und Forſtwiſſenſchaft, wie die Forftlehr
anſtalten ſelbſt, leiden mehr oder minder idw
unter dieſen Mißverhältniſſen.
Alle Forſtle ute, fet es, daß fie in der Verwaltung.
—— — —— —— a
fet es, daß fie im Lehramt ſtehen, find mit verſchwi |
denden Ausnahmen dahin einig, daß eine Zujammen —
legung der Forſtlehrſtätten an drei bis vier deutſch
Univerſitäten unter Verzicht der kleineren Staate
auf je eine eigene Landeslehranſtalt zu einer tid:
tigen Pflege der Forſtwiſſenſchaft, zur Gefundun
des Forſtweſens und zur Verbilligung der Staat
haushalte unbedingt anzuſtreben iſt.
Als im Jahre 1832 der forſtliche Lehrſtuhl an der
Univerſität Heidelberg aufgehoben und die Fort
ihule für Baden an der Polgytechniſchen Schule in
Karlsruhe errichtet wurde, entſprach dies den de
maligen Verhältniſſen. Eine eigentliche Forſtwiſſer
ſchaft beſtand überhaupt noch nicht, oder richtigen
ſtand noch in den erſten Kinderſchuhen. Nach der
damaligen Auffaſſungen ſchien ſie ſich gänzlich au
dem mathematiſch-geometriſchen und jenem Tel
der Naturwiſſenſchaften aufbauen zu wollen, di
hauptſächlich zugleich die Grundlagen jener ted
niſchen Fächer bildeten, zu deren Pflege dieſe Schule
bejtimmt war. Botanik und Zoologie harrten noch
gänzlich ihrer Entwicklung und Bedeutung als
„biologiſche Wiſſenſchaften“. Von den Forſtbefliſſe⸗
nen wurde ebenſo wie von den Schülern der anderen
Fachſchulen nicht die Univerſitätsreife verlangt.
Dieſe wurde durch eine gemeinſame „Vorſchule“
erſetzt.
Die Forſtwiſſenſchaft nahm aber eine andere
Entwicklung. Für die „Forſttechnik“ wurden immer
zunehmend die biologiſchen Wiſſenſchaften von
Bedeutung, für die Forſtverwaltungsfächer trat
Volks- und Staatswirtſchaftswiſſenſchaft in den
Vordergrund, alles Wiſſenszweige, die ihre beſte
und höchſte Pflege an der Univerſität finden. Mit
der Forderung der Maturitas für die Forſtbefliſſenen
fiel die Notwendigkeit einer weiteren ergänzenden
Ausbildung in der Mathematik an der Forſtſchule
ſelbſt und damit der letzte Grund einer Verweiſung
der Forſtwiſſenſchaft an die techniſche Hochſchule.
Alle anderen deutſchen Staatsforſtverwaltungen ſind
der Anſicht, daß eine techniſche Hochſchule nicht gleich
günſtige Bedingungen wie die Univerſität bietet
für eine univerſelle Ausbildung, wie ſie von einem
Staatsforſtbeamten verlangt wird, eine Überzeu«
gung, die mit verſchwindenden Ausnahmen alle
Fachmänner teilen. Weiſend iſt, daß die forſtlichen
Lehrſtühle an den Univerſitäten München und
Tübingen nicht etwa der naturwiſſenſchaftlichen,
ſondern der ſtaatswirtſchaftlichen Fakultät zugeteilt
ſind.
Die Folge, an der Baden nichts ändern kann,
iſt daher der völlige Mangel an Zugang von Forſt—
befliſſenen aus dem übrigen Deutſchland für Karls:
ruhe. Da auch das Pflichtzuflußgebiet an Forſt⸗
befliſſenen für Karlsruhe das kleinſte iſt — Gießen
hat ne ben Heffen noch die thüringiſchen Staaten —
ſo iſt dieſes von allen Forſtlehrſtätten in der ſchlimm.
ſten Lage. Seine Studentenzahl iſt von 64 im Jahr
1833 ſchon ſeit Jahren auf 12 bis 14 herabgeſunken.
Weſentlich günſtiger ſteht es in dieſer Beziehung
an den Univerſitäten Tübingen und Gießen auch
nicht.
Es haben daher forſtliche Lehrer dieſer drei
Hochſchulen vor etwa 20 Jahren unter Darſtellung
dieſer mißlichen Verhältniſſe unter Hinweis auf die
ähnlich ungünſtige Lage in der Hochſchulpflege der
Tierheilkunde und Landwirtſchaft ihren Regierungen
den gemeinſamen Vorſchlag unterbreitet: die drei
Staaten Württemberg, Baden und Heſſen, hätten
alle das gleiche Intereſſe an einer muſterhaften
Pflege dieſer Wiſſenſchaften, keiner aber ſei für ſich
allein in der Lage, ſolche für alle drei Wiſſenszweige
zu übernehmen. Sie möchten ſich daher in dieſe
Aufgabe in der Art teilen, daß Baden der Forſt⸗
wiſſenſchaft, Württemberg der Landwirtſchaft, Heſſen
der Tierheilkunde eine allen Anforderungen der
Jetztzeit entſprechende Lehrſtätte errichte. Für die
Forſtwiſſenſchaft konnte ſelbſtverſtändlich nur die
Angliederung an eine Univerſität — Heidelberg
oder Freiburg — in Betracht kommen.
Dieſer geſunde Vorſchlag zu gemeinſamer Tat
fand in Heſſen und Württemberg günſtige Aufnahme.
Die Beſtrebungen des forſtlichen Berufsſtandes
in Baden auf Verlegung des forſtlichen Unterrichtes
von der techniſchen Hochſchule an eine Univerſität
gehen bis zum Jahre 1892 zurück. Damals gab die
Verſammlung des bad. Forſtvereins die Erklärung
ab, „es wäre wünſchenswert, daß die badiſchen Forſt⸗
beamten ihre Ausbildung an der Univerſität ſich
erwerben müßten.“
Dieſe Erklärung wurde 1896 wiederholt. Es
wurde aber nichts erreicht, als einige notdürftige
Verbeſſerungen der beſtehenden Einrichtungen.
Nun ſtand zur Zeit, als die Anregung zu gemein⸗
ſamer Löſung der Forſtſchulfrage durch Heſſen,
Württemberg und Baden gegeben wurde, an der
Spitze der Bad. Forſtverwaltung ein Mann von
beſonders hervorragender Stellung als gleichzeitiges
Mitglied des Staatsminiſteriums. Dieſer war, wenn
auch nicht Fachmann, mit den Forſtverhältniſſen
vertraut genug geworden um die forſtlichen Wünſche
als gerechtfertigt zu erkennen, ihre Förderung in
die Hand zu nehmen.
Er glaubte dazu den Boden genügend vorbe-
reitet durch den Vorſchlag der Forſtdozenten, die
günſtige Aufnahme, die dieſer in den anderen bee
teiligten Staaten gefunden hatte und das günſtige
Angebot, daß er für Baden enthielt. Auf ſeine An⸗
regung befaßte ſich der Bad. Forſtverein erneut
mit der Frage. Im Juni 1903 trat dieſer zu einer
feierlichen Sitzung in Baden⸗Baden zuſammen
unter Anweſenheit ſowohl des Forſt⸗Domänen⸗
direktors als des damaligen wegen ſeines weiten
Blicks und ſeines warmen großen Verſtändniſſes
für Land- und Forſtwirtſchaft in ganz Deutſchland
hochangeſehenen Finanzminiſters Buchenberger.
Nach eingehender Begründung durch den Vorfigen-
den, Forſtmeiſter von Teuffel, einen Mann, der
ſich in allen Kreiſen des badiſchen Landes wegen
feines würdigen, jeder Leidenſchaft baren, ritter-
lichen Weſens beſonderer Hochachtung und Ver—
ehrung erfreute, und nach daran ſich ſchließender
lebhafter Beſprechung nahm der Verein mit 91
gegen 2 Stimmen folgende Entſchließung an:
„Der Bad. Forſtverein richtet die ehrerbietigſte
Bitte an hohe Regierung, es wolle die forſtliche Ab-
teilung der techniſchen Hochſchule in Karlsruhe an
eine der beiden Landesuniverſitäten verlegt werden.“
Der Landesfürſt, der in dieſem Augenblick die
Verſammlung mit ſeinem Beſuch beehrte, geſtattete,
27°
daß ihm dieſer Beſchluß ſofort vorgetragen werden
durfte. |
Die berechtigten Hoffnungen, die fic) an dieſen
feierlichen Vorgang und an das Entgegenkommen
der Nachbarſtaaten knüpften, gingen nicht in Cr-
füllung. Stadt und Hochſchule Karlsruhe machten
in Regierung und Landtag ihren ganzen großen
Einfluß gegen eine Verlegung der Forſtabteilung
von Karlsruhe geltend. Die Regierung lehnte dieſe
ab, und ſo war der Boden zu weiterem gemeinſamen
Handeln mit den Nachbarſtaaten verloren. In den
Kammern fand ſich zwar eine anſehnliche Stimmen-
zahl für die Verlegung, aber keine Mehrheit. Die
Forſtabteilung ſelbſt und die forſtlichen Lehrer be—
teiligten ſich an der öffentlichen Erörterung der
Frage nicht. So ſcheiterte der Plan je einer großen
gemeinſchaftlichen Lehrſtätte für Forſtwiſſenſchaft,
Landwirtſchaft und Tierheilkunde, auf die Univerſi⸗
täten der ſüdweſtdeutſchen Staaten verteilt, zum
allgemeinen Bedauern der beteiligten Fach- und
vieler ſonſtigen einſichtigen Kreiſe im Lande ſelbſt.
Die Stunde der Hinüberführung der bad. Forft-
abteilung in eine geſunde Zukunft blieb unbenutzt
nicht ohne eigene Schuld. Ihr Wirkungskreis iſt
und bleibt ausſchließlich die Ausbildung der tünf-
tigen Staatsforſtbeamten für Baden.
Wie groß iſt nun der Bedarf an ſolchen?
Die Staatsverwaltung hat 111 planmäßige
ſelbſtändige Stellen für höhere Forſtbeamte, dazu
kommen noch 15 Stellen für zweite Beamte, in der
Hauptſache errichtet mehr zur Verbeſſerung der
ungeſunden Beförderungsverhältniſſe, als daß ein
eigentliches ſachliches Bedürfnis bei einer zwet
mäßigen Organiſation dazu vorläge. Dieſer Be⸗
ſtand wird in der Zukunft ſicherlich nicht erhöht,
eher wohl durch Stellenaufhebung verringert wer
den. Die wenigen Privatforſtverwaltungen Badens
nehmen ihren unbedeutenden Bedarf an Obers
beamten nur zum kleinen Teil aus den badiſchen
Anwärtern. Zur Zeit dürften etwa 6 dort tätig
ſein. Nach langjährigem Durchſchnitt werden in
Baden alljährlich etwa 3,8 Stellen für forſtliche
Oberbeamte frei. Soll die beſte Manneskraft in
ſelbſtändiger Stellung ausgenutzt werden, ſo darf
die Anſtellung als Oberförſter nicht ſpäter als im
32. Lebensjahr erfolgen. Die Vorbereitung von
der Reifeprüfung bis zur Staatsprüfung beanſprucht
mit dem Militärdienſt 8 Jahre. Der Aſſeſſor wird
alſo bei natürlichem Verlauf im Alter von etwa
27 Jahren erreicht. Es blieben ſomit 5 Jahre Tätig⸗
keit als Aſſeſſor und zweiter Beamter, vollſtändig
hinreichend zur Erlangung der Reife für den Ober⸗
förſter. Ein geſunder Beſtand von Aſſeſſoren und
zweiten Beamten wäre die Zahl von 5 x 3,8 bezw.
4 =20 bis 25. Dieſe würde auch ſachlich genügen
—— —
bei Heranbildung eines geeigneten Unterperjonal:
für den Forſtamtsdienſt. Zur Zeit aber findet die
Anſtellung als Oberförſter im Lebensalter von über
40 Jahren ſtatt und der Beſtand an Aſſeſſoren und
zweiten Beamten zählt trotz des Kriegsabgang:
und des ſeit 1909 beſtehenden Numerus clausus
immer noch etwa 50. Seit deſſen Einführung wer:
den alljährlich 2 bis 3 Forſtbefliſſene zugelaſſen. Bei
Beibehaltung dieſer Zahl würde der Normalſand
von 25 Aſſeſſoren und zweiten Beamten etwa im
Jahr 1930 erreicht ſein.
Bis dahin muß die Forſtabteilung mit einem
Zugang zum Forſtſtudium von 2 bis 3, von bon
ab von etwa 4 rechnen. Alles, was weiter zugelaſſen
wird, ift gegen das Intereſſe der Forſtverwaltung
und der Staatskaſſe.
Aber nicht einmal auf dieje Studentenzahl fan:
die Forſtabteilung ganz rechnen. Der Staat muf
wünſchen und es fördern, daß feine künftigen Be.
amten ihre Ausbildung nicht ausſchließlich in Karl:
ruhe nehmen, ſondern auch ſonſtige Lehrſtätten eriten
Ranges, das find Univerſitäten, aufſuchen. Dahn
geht auch das natürliche Streben der Studierenden.
Jeder Hemmſchuh darin ift ein Schaden füt beide
Teile. Bringt der Studierende auch nur die fitt
ſeiner Studienzeit für die Forſtwirtſchaft im engeren
Sinn an einer Univerſität zu, fo bleibt für die sent
abteilung Karlsruhe nur die Hälfte obiger Zabler,
d. h. eine Zuhörerſchaft für die einzelnen forſtliche⸗
Vorleſungen für die nächſten 10 Jahre von 1 bis! |
{pater von 2 bis 3 Köpfen.
Im ungünftigen Fall kann für einzelne Bor |
leſungen die Zuhörerſchaft überhaupt gänzlich au:
bleiben. |
Die tatſächlichen Verhältniſſe beftätigen di
Berechnung. |
Seit Einführung des Numerus clausus It
wiederholt die Studentenſchaft für einzelne Studien
ſemeſter völlig aus; wenn dies nicht der Fall war
konnte der Lehrer mit einem Kollegienbeſuch vo!
2 bis 3 Hörern ſehr zufrieden fein, vielfach mußte «
ſich mit einem begnügen.
Irgend eine Beſſerung durch Zugang von außer l
halb Badens ift nicht zu rechnen. In früheren Zei!“
war Karlsruhe von Forſtleuten aus Naſſau, KT
Schweiz und von Holland ſtark beſucht. al!
beſteht nicht mehr, Schweiz und Holland habe
längſt eigene Forſtlehranſtalten und der Forſtſtuden
hat den berechtigten Zug zur Univerſität.
„Der Bad. Forſtverein hat in Vorausſicht delt
Entwicklung im Jahr 1903 fid dahin ausgeſprochel,
daß „wenn eine Verlegung des forſtlichen Unter
richts an eine badiſche Univerſität in Vereinbarut
mit den Nachbarſtaaten nicht zu erreichen fet, de
209
gänzliche Aufhebung der Forſtabteilung der Be-
laſſung des derzeitigen Zuſtandes vorzuziehen ſei.“
Dieſer Entſchluß hätte gefaßt werden müſſen,
als ſich die Regierung zur Rettung der Forſtverwal⸗
tung vor ihrer Aufzehrung durch die Überzahl der
Anwärter im Jahr 1908 den Numerus clausus eine
zuführen gezwungen ſoh, denn damit wurde der
Forſtabteilung auch die Untergrenze jedes Weiter⸗
lebens abgeſchnitten. Mit ihrer Aufhebung hätte
man eine gänzliche Sperrung der Forſtlaufbahn
und ſo die Geſundung auf dem kürzeſten und unan⸗
fechtbarſten Wege durchführen können.
Die getroffene Maßnahme war für die badiſchen
Verhältniſſe eine Halbheit und hat zu den unhalt⸗
baren Zuſtänden geführt, die ſeit Jahren die öffent⸗
liche Meinung beſchäftigen und zu Beanſtandungen
in den Verhandlungen beider Kammern führen.
Numerus clausus und Forſtabteilung können
in würdiger Weiſe nicht neben einander beſtehen.
Das eine oder das andere muß weichen.
Zur Entſcheidung ſteht die Frage: ſind beides
Staatsnotwendigkeiten, wenn ja, welches iſt die
wichtigere?
Die Antwort der Fachkreiſe liegt vor in den
Entſchließungen des Bad. Forſtvereins und des
Finanzminiſteriums.
Jener hat den Numerus clausus als eine Not⸗
wendigkeit erklärt, dieſes als ſolche erkannt und
gegen zähe und einflußreiche Widerſtände auch in
der Leitung der Forſtverwaltung ſelbſt durchgeführt.
Der Finanzminiſter hat neuerlich erſt wieder
den Kammern den Numerus clausus als das beſte
Mittel zur Durchführung und Erhaltung geſunder
eamtenverhältniſſe in der geſamten Staatsver⸗
waltung bezeichnet.
Die Auflaſſung der Forſtabteilung iſt vom Bad.
Forſtverein nicht nur als durchführbar erklärt, ſon⸗
dern ausdrücklich empfohlen worden. Die führen⸗
den forſtlichen Kreiſe in Württemberg und Heſſen
waren ſeiner Zeit zum Verzicht auf eigene Forſt⸗
lehranſtalten bereit, die thüringiſchen Staaten haben
dies neuerdings getan, Elſaß⸗Lothringen wie eine
größere Anzahl anderer kleinerer Bundesſtaaten
haben ſolche nie gehabt oder längſt aufgegeben.
Der Unterrichtsminiſter äußerte ſich über die
Frage in der Landtagsverhandlung vom 11. Juni
weiter:
„Von einer Verlegung der Forſtabteilung an
eine Univerſität, wie ſie ein Teil der bad. Forſt⸗
beamten wünſche, könne des Koſtenaufwandes
halber nicht die Rede ſein, es ſei nur zu wählen
zwiſchen Belaſſung oder gänzlicher Aufhebung.
Die Forſtabteilung ſelbſt habe ihren jährlichen
Koſtenaufwand auf 40 000 Mk. angegeben. Durch
ihre Aufhebung könnten kaum 14 000 Mk. erſpart
werden. Man könne daher Bedenken haben, wegen
ſolch geringer Erſparung eine Einrichtung zu be⸗
ſeitigen, die mit dem Werdegang der Hochſchule
hiſtoriſch verbunden geweſen ſei. Bei der Aufhebung
wären die badiſchen Forſtbefliſſenen genötigt, im
Ausland (1), vorausſichtlich meiſt in München, ihre
Studien zu betreiben. Es wäre aber nicht von Bor»
teil, wenn die inländiſchen Verhältniſſe und die
Eigentümlichkeiten des bad. Forſtbetriebs bei der
Vorbereitung auf der Hochſchule außer acht ge-
laſſen werden müßten.“
Betrachten wir dieſe Ausführungen im einzelnen,
ſo iſt folgendes feſtzuſtellen:
1. Nicht ein Teil der Forſtbeamten, ſondern der
Bad. Forſtverein, der wohl als berufene Vertretung
der Anſicht der bad. Forſtmänner in ihrer Geſamt⸗
heit gelten kann, hat allerdings, wie oben dargeſtellt,
urſprünglich die Verlegung des Forſtunterrichts in
Verbindung mit den Nachbarſtaaten an eine bad.
Univerſität angeſtrebt und würde dies auch heute
noch als die beſte Löſung für alle in Betracht kom⸗
menden Staaten halten. Nachdem dieſe aber an
dem Widerſtand Badens geſcheitert iſt, hat er ſich
ſchon längſt mit der völligen Aufhebung der Forſt⸗
abteilung nicht nur abgefunden, ſondern ſich aus⸗
drücklich dahin erklärt, daß er dieſe der Belaſſung
an der techniſchen Hochſchule vorzieht und empfiehlt.
Die gleiche Stellung dürften wohl alle Forſtleute
Deutſchlands, ſowohl jene der Praxis wie der akade⸗
miſchen Kreiſe mit verſchwindenden Ausnahmen
einnehmen. |
2. Der derzeitige Aufwand für die Forſtabteilu
wird rechneriſch mit 40 000 Mk. wohl richtig an⸗
gegeben ſein. Die Angabe der Forſtabteilung, daß
durch ihre Aufhebung aber kaum 14 000 Mk. erſpart
würden, iſt nicht ohne weiters nachzuprüfen, mir
will aber ſcheinen, daß man bei einer Nachprüfung
vom Standpunkt der Beſchränkung auf das un-
bedingt Nötige doch zu einer ganz erheblich größeren
Einſparung kommen kann. Jedenfalls iſt es un⸗
möglich, mit einem Betrag von 14 000 Mk. Einrich⸗
tungen auch nur für den rein forſtlichen Unterricht dau.
ernd ſo zu unterhalten, daß ſie den an ſie zu ſtellenden,
immer ſteigenden Anſprüchen auch nur einigermaßen
genügen. Handelt es ſich doch um drei forſtliche
ordentl. Profeſſuren, einen Lehrſtuhl für forſtl.
Bodenkunde mit Laboratorium, einen Forſtzoologen,
mehrere Aſſiſtenten, Sammlungen und Forſtgarten,
ſowie ein forſttechniſches Laboratorium und Diener.
In der Berechnung muß irgendein Irrtum unter⸗
laufen ſein. .
Das Entſcheidende ijt aber meines Erachtens
weniger die Größe der Erſparnis, als vielmehr, ob
der Aufwand für etwas unbedingt Nötiges oder
wenigſtens für etwas Zweckmäßiges und Lebens⸗
310
fähiges, oder für etwas Überflüfjiges, die ſtaatlichen
Intereſſen nicht wirklich Förderndes erfolgt.
3. Mit dem Werdegang der techniſchen Hoch⸗
ſchule waren hiſtoriſch auch verbunden eine Poft-,
eine Handels- und eine Landwirtſchaftsſchule. Keiner»
lei Rückſicht auf das hiſtoriſch gewordene hat die
Aufhebung der beiden erſten und die Überführung
der letzten an die Univerſität Heidelberg gehindert,
als ſie ſich als lebensunfähige Glieder der techniſchen
Hochſchule erwieſen. Dieſe Abtrennungen haben
der Hochſchule nicht nur nichts geſchadet, ſondern
ſie in ihrer glänzenden Entwicklung zur eigentlichen
techniſchen Hochſchule gefördert. Die Auflaſſung
der dort tatſächlich ebenfalls lebensunfähig gewor⸗
denen Forſtabteilung wird die gleiche Wirkung haben.
Angeſichts der rieſenhaften Entwicklung der Technik
werden nach dem Krieg Aufgaben allergrößten Stils
an die techniſchen Hochſchulen herantreten, die nur
unter Aufwendung großer Mittel gelöſt werden
können, dem Staat aber werden dieſe fehlen. Was
liegt näher, als fie durch Aufhebung eines entbehr-
lich gewordenen liedes aus ſich ſelbſt zu gewinnen?
In ihrer forſtgeſchichtlichen Bedeutung, und
nur dieſe kann doch wohl in Betracht kommen, hebt
ſich die Forſtabteilung an der Bad. Techniſchen
Hochſchule in nichts über die ſonſtigen kleinen Landes-
forſtlehranſtalten hinaus. Sie hat in der Wiſſen⸗
ſchaft keine führende Rolle geſpielt, auch hat ſie auf
die Entwicklung des Forſtweſens in Baden ſelbſt
einen dauernden maßgebenden Einfluß nicht ge:
wonnen. Ihre Tätigkeit blieb in der Hauptſache die
Ausbildung brauchbarer Bezirksforſtbeamten und
Gehilfen. Der Badiſche Staat hält
heute noch als einziger in Deutſch⸗
land an der Leitung der Forſtverwaltung durch
einen juriſtiſch gebildeten Verwaltungsbeamten feſt.
Wäre aber auch die geſchichtliche Bedeutung der
Forſtſchule noch ſo groß, durch ſie allein würde ihre
fernere Erhaltung ſich nicht begründen laſſen. Sie
ijt weder ein Denkmal, das feinen Zweck allein durch
ſein Daſein erfüllt, noch hat ſie das Weſen etwa
einer Münzſtätte, deren Erhaltung auch bei un⸗
genügender Beſchäftigung als eine äußerliche Be-
tätigung der Staatshoheit berechtigt erſcheinen
mag. Eine Forſtlehranſtalt hat eine lebende, für
das Volks⸗ und Staatswohl höchſt wichtige Aufgabe
und es liegt im ſtaatlichen Intereſſe, daß dieſe in
vollkommenſter Weiſe erfüllt wird.
Dazu gehören aber beſtimmte Vorbedingungen
und nicht unweſentliche Mittel. Iſt in einem Bundes⸗
ſtaat wie Deutſchland ein kleineres Glied nicht in
der Lage, für ſich allein dieſe Grundlagen zu ſchaffen,
ſo muß er verſuchen, ſich mit anderen Gliedern in
der gleichen Lage zu gemeinſamer Löſung dieſer
Aufgabe zu vereinigen oder aber er überläßt dieſe
Aufgabe größeren Gliedern, die zu deren volllom
mener Erfüllung in der Lage ſind. Das liegt in
Weſen des Bundesſtaates und gebietet die Achtung
vor der Wiſſenſchaft.
4. Notwendig ift allerdings, daß bei der Aus
bildung der badischen Forſtbeamten für den öffent.
lichen Dienſt die heimiſchen Verhältniſſe und Eigen
tümlichkeiten des badiſchen Forſtbetriebs nicht außer
acht gelaſſen werden. Gänzlich verfehlt wäre ez
aber, diefe Einführung in die Zeit der akademiſchen
Vorbildung zu verlegen. Wirkliches Verſtändni⸗
und Intereſſe für ſolche „Heimatkunſt“ und ein
unbefangenes Urteil darüber, was daran berechtigt
und was unberechtigt, kann nur von dem mit ſeiner
akademiſchen Fachausbildung fertigen Mann er
wartet werden. Dazu ſind auch die auf das Studium
folgenden drei Jahre praktiſcher Tätigkeit in der
badiſchen Forſtverwaltung beſtimmt und genügen.
Gänzlich ſchädlich wirkt und zu unfruchtbarer Sonder⸗
tümelei und Überſchätzung der heimatlichen und
Unterſchätzung der fremden Verhältniſſe führt e,
wenn der Student namentlich eines kleinen Staats
während ſeiner ganzen Studienzeit in den Rahner
feiner engeren Heimat eingezwängt bleibt und vr
hindert wird, feine Ausbildung nach freier Wahl u
größeren Vaterland zu nehmen. Je unbeeinflußte
von den heimatlichen Verhältniſſen fein Studien.
gang, um ſo unbefangener und freier wird er in
reiferem Alter mit erweitertem Geſichtskreis ar
fie herantreten, mit um fo mehr Liebe und Ber
ſtändnis ſich in ſie hineinleben und an ihrer weiteren
Vervollkommnung mitarbeiten.
Eine Haupturſache der auffallenden Langſamken
in dem Fortſchreiten der Forſtwiſſenſchaft und Fort
wirtſchaft im Vergleich zu den techniſchen Fächern
und der Landwirtſchaft dürfte meines Eradten —
mit zu ſuchen ſein in der Abgeſchloſſenheit, deren
jiġ die deutſchen Forſtverwaltungen bei der Aue
bildung ihrer künftigen Beamten befleißigen, in
der landsmänniſchen und fachlichen Sondertümelt,
die daraus hervorgeht und fo oft bei Forſtbefliſſenen
wie bei Forſtverſammlungen in die Augen zäll.
Damit ſei nicht geſagt, daß der nach Aufhebung
der Landeslehranſtalt nicht nur wie jetzt in der Tito
rie, ſondern in der Tat freizügig gewordene badiſhe
Forſtſtudent die Fühlung mit feiner Heimat gänzlıd
verlieren foll oder gar muß. Iſt der beabſichtig
Zwang für Karlsruhe weggefallen, ſo kann pi
Studien- und Prüfungsordnung ſehr wohl fo er
gerichtet werden, daß der Forſtbefliſſene feine ert
vier Semeſter auf einer badiſchen Univerſität aut
ohne forſtlichen Lehrſtuhl zuzubringen in der Lau!
ijt. Will man dieſes Infühlungbleiben fördern, !
richte man eine Vorleſung über Forſtenzyklopädle
ein und beauftrage damit einen Forſtbeamten mi
211
geeignetem Dienſtſitz im Nebenamt, wie dies ja
auch mit anderen Fächern geſchieht, die ſonſt an
der Univerſität nicht vertreten, aber für beſtimmte
Ausbildungsgänge gefordert werden. An geeigneten
Kräften fehlt es nicht, die Koſten wären gänzlich
unbedeutend. Dieſe Vorleſungen hätten Ausſicht
auch von anderen Studenten beſucht zu werden und
böten die ſehr erwünſchte Gelegenheit, ein beſſeres
Verſtändnis für das Forſtweſen, als es bis jetzt
vielfach beſteht, in ſolche Kreiſe zu tragen, die be-
rufen ſind, ſpäter am öffentlichen Leben ſich zu
beteiligen und an der Staatsverwaltung an hervor⸗
ragender Stellung mitzuwirken.
Zur Erledigung der forſtwiſſenſchaftichen Stu-
dien im engeren Sinne ſtehen die Univerſitäten mit
forſtlicher Lehrausſtattung nicht nur München,
ſondern auch Tübingen und Gießen, in einigen
Jahren vorausſichtlich auch Göttingen zur Verfügung.
Die bedeutendſten Lehrer ſind an dieſen verteilt,
eine einſeitige Bevorzugung Münchens wäre weder
begründet noch erwünſcht. Die thüringiſchen Staaten
verweiſen zur Ablegung der akademiſchen Prü⸗
fungen ihre Forſtbefliſſenen ſeit Aufhebung der
Akademie in Eiſenach an die Univerſität Gießen.
Nachdem die Regierung eine Vereinbarung mit
den Nachbarſtaaten wegen Errichtung einer gemein-
ſamen forſtlichen Studiengelegenheit an einer ba-
diſchen Univerſität ablehnt und nur die Wahl läßt
zwiſchen Belaſſung der Forſtabteilung in Verbin⸗
dung mit der techniſchen Hochſchule oder gänzlicher
Aufhebung, müſſen zur endgültigen Klärung fol.
gende Fragen geſtellt und beantwortet werden:
1. Stellt der künftige Bedarf Badens an afade-
miſch gebildeten Beamten nach dem heutigen Grund:
ſatz der Einſparung und Vereinfachung einen ge-
ſunden Hochſchulbetrieb an der Abteilung der tech:
niſchen Hochſchule Karlsruhe für Forſtweſen ſicher
oder wenigſtens in das Gebiet der Möglichkeit?
2. Wenn nein, gibt es Mittel, dieſe Möglichkeit
zu ſchaffen?
3. Welche Wirkung wird die Anwendung dieſer
Mittel auf die Staatsverwaltung im allgemeinen
und die Forſtverwaltung im beſonderen ausüben?
4. Kann eine gute akademiſche Ausbildung der
badiſchen Forſtbeamten ſichergeſtellt werden auch
ohne eigene Forſtlehranſtalt?
5. Beſtehen irgendwelche andere gewichtige
Gründe zur Erhaltung der Forſtabteilung an der
Hochſchule Karlsruhe?
Bei rein ſachlicher Erwägung vom Standpunkt
des Staatsganzen aus und unter Einreihung aller
Sonder- und Teilintereſſen an ihren gehörigen
Platz hinter das Staatsganze wird die Antwort
wohl lauten müſſen:
1. Der wirkliche Bedarf Badens an Forſtbeamten
ift für einen gefunden Hochſchulbetrieb völlig un-
genügend.
2. Die Hörerſchaft für die Forſtabteilung kann
nur vermehrt werden durch eine kräftige Vermeh⸗
rung der Forſtämter um mindeſtens 20, wie ſie
auch ſeiner Zeit von einem Forſtdozenten verlangt
wurde, oder durch Vermehrung der Einſtellung von
Hilfsbeamten und Aſſeſſoren in der gleichen Zahl,
beides über den derzeitigen Stand hinaus und unter
gleichzeitiger Aufhebung des Numerus clausus und
Einführung ſtrengen Studienzwangs zu Gunſten
Karlsruhes. Dann brächte man es zu einer mög-
lichen Zuhörerſchaft für die forſtlichen Vorleſungen
von etwa je 5 bis 6 Köpfen.
3. Ein Forſtamt erfordert einen einmaligen
Aufwand von etwa 50 000 Mk. und einen jährlichen
von etwa 8000 Mk. nach den jetzigen Verhältniſſen.
Für 20 wären die Beträge 1 Million, bezw. 160 000
Mark. Vermehrung der Hilfsbeamten und Aſſeſſoren
und Verzicht auf Numerus clausus iſt ein völliger
Verzicht auf geſunde Beamtenverhältniſſe, der
Studienzwang ſchließt Hochſchulbetrieb aus. Die
Maßregel in ihrer Geſamtheit ſtünde in vollem
Gegenſatz zu den Grundſätzen der Einſparung im
allgemeinen und der Bemeſſung der Zahl der Ober-
beamten nach rein ſachlichem Bedarf im beſonderen.
4. Für Baden iſt zur Sicherung einer guten
Ausbildung feiner Forſtbeamten eine eigene Forſt⸗
lehranſtalt kein unbedingtes Erfordernis, angeſichts
der zahlreichen Studiengelegenheiten an deutſchen
Univerſitäten.
5. Für die Erhaltung der Forſtabteilung ſprechen
Rückſichten auf die Wünſche der techniſchen Hod:
ſchule und der Stadt Karlsruhe wohl mehr äußer-
licher Art, Anhänglichkeit an das Beſtehende, „Hifto-
riſch Geworde ne“, aber keinerlei Staatanotwendig:
keiten.
Da eine Belaſſung des derzeitigen Zuſtandes
keine Löſung, ſondern nur deren Hinausſchiebung
wäre, was die Regierung ausdrücklich als ſchädigend
bezeichnet hat und nicht will, jo wird jih der kom-
mende Landtag vor die Zwangsentſcheidung geſtellt
ſehen:
Ordnung der Forſtverwaltung nach den Be:
dürfniſſen der Forſtlehranſtalt oder Aufhebung
dieſer.
Erſteres wäre eine Umdrehung der Denkgeſetze.
Für letztere hat ſich der forſtliche Berufsſtand aus:
geſprochen, dafür ſpricht die ſchwierige wirtichaft-
liche Lage, die Achtung vor der Wiſſenſchaft und
der Studienfreiheit, wohl auch die Erkenntnis der
Mehrheit, daß eine andere geſunde Löſung nicht
mehr möglich ſein dürfte.
212
Aus Deſterreich.
Forſtweſen in Iſtrien.
Von Hugo Piffl, k. l. Oberſtleutnant in Fiſchau
bei Wiener⸗Neuſtadt.
Die Wälder, welche fid auf der Halbinſel Iſtrien
befinden, bedecken etwa ein Viertel des Landes, doch
darf man ſich abſolut nicht vorſtellen, daß ſie deutſchen
Forſten gleichen. Es ſind zumeiſt Niederwälder mit
in der Regel ſehr kurzem Benützungsalter, was den
Grund in dem Mangel an Nadelholz und auch in
der ſehr günſtigen Verkaufsmöglichkeit, des ſchwachen
Brennholzes hat. Die Art und Gattung der Wald⸗
beſtände iſt von jener nördlicher Gegenden recht
verſchieden.
Die iſtrianiſche Waldflora kann nach drei Regio⸗
nen eingeteilt werden, und zwar jene der Gebirgs-
region im nördlichſten Teil des Landes zwiſchen
Trieſt und Fiume, die in 1396 m Höhe unweit
Abbazia gipfelt; das Hügelland im Innern des
Landes, das ſich bis 500 m erhebt, und dann die
Küſtenregion am Feſtlande und den Inſeln.
Es muß hier bemerkt werden, daß man unter
Karſt nicht immer Steinwüſten zu verſtehen hat,
da dieſes Kalkgebirge zum großen Teile ſogar Ur-
wälder trägt, alſo auch im nördlichen Iſtrien aus⸗
gebreitete und gut geſchloſſene Wälder zu finden
ſind, die hauptſächlich aus dem Grunde der Aus⸗
rodung entgingen, daß ſie zumeiſt aus Rotbuchen
beſtehen, die für den Schiffsbau keine Verwendung
finden, als Heizmaterial aber die Transportkoſten
nicht lohnen. Viel trug zur Erhaltung der Wälder
der Umſtand bei, daß ſie E'gentum mehrerer Herr-
ſchaften waren, die für Schonung des Holzes ſorgten.
Die Wälder behielten, obwohl ſie mit Einforſtungs⸗
rechten der Nachbargemeinden belaſtet waren, den
Hochwaldcharakter wohl bei; als ſie jedoch zum Teile
infolge zu geringer Einnahmen an die umliegenden
Ortſchaften veräußert wurden, begann ſofort eine
ſchrankenloſe Ausnützung als Brennholz und Holz—
kohle, die in die Hafenſtädte verſandt wurden,
jedoch nicht mehr als gewöhnlichen Taglohn als
Gewinn brachten, die Verkäufer aber koſtbare Zeit
verloren. Man fällte leichtfertigerweiſe nur junge
Bäume, da man große Klötze nicht fortſchaffen
konnte, während von den alten Bäumen nur Aſte
genommen wurden. Der Wald wurde derart ver-
teilt, daß jeder Nutzungsberechtigte einen ſehr
ſchmalen, doch langen Streifen erhielt, die Weide⸗
benützung aber allen gemeinſam blieb. Auf dieſe Art
wäre ein großer Teil der Wälder, vor allem jener in
Caſtelnuovo, gänzlich verſchwunden und die Gegend
hätte leicht in kurzer Zeit verkarſten können. Zum
Glück nahm ſich der Staat der Sache an und der
Zuſtand der Wälder begann ſich bald zu beſſern,
doch erſt nach zweckmäßiger Kommaſſierung Der-
ſelben wurde eine regelrechte Bewirtſchaftung mig:
lich.
Im Bezirke Volosca, namentlich in den Ort.
ſchaften Veprinaz und Caſtua, deren Waldbeſiz
fünfzig Quadratkilometer beträgt, nahm man die
Bewirtſchaftung in eigener Regie in die Hand und
ſtellte geprüftes Forſtperſonal an. Da das Not.
buchenholz einen ſehr geringen Wert beſitzt, jo ſind
die Einnahmen aus dem Holzverkaufe febr Hein
und man bemüht ſich jetzt, Nadelhölzer anzupflanzen,
was um jo mehr Ausſicht auf Erfolg hat, als bier
früher Tannenwälder beftanden, die im 18. Jahr,
hundert einem großen Brande zum Opfer elen
Die Mitte des Landes ift nur auf den Höhen be
waldet, während die Niederungen nur mehr erkennen
laſſen, daß dort einſt Wald ſtand; die Berghänge
ſind bereits ſtark verkarſtet und großer Waſſermangel
macht fich überall fühlbar. Verläßliche Waldhütte
find noch wenige zu haben. Der 11 km? große Staat:
forſt bei Riana wurde bereits aus einem Buder
wald in einen Nadelholzwald verwandelt.
Im Hügellande befinden fih die Waldungen
vorherrſchend in den Händen von Privaten und ent:
halten in der Regel weichhaarige fommergrine
Eichen, Zerreichen, orientalische Weißbuchen, Hopfen.
buchen und Blumeneſchen, vermengt mit einzelnen
Steinweichſeln und Zürgelbäumen, deren Stot `
triebe gute Peitſchenſtiele liefern. Die Rotbuche
gedeiht in der ſchon zu trockenen und zu warnen
Hügelregion, die fih von der Landesmitte gegr
Süden erſtreckt, nicht mehr. Man fällt hier die Eder
nach ſieben Jahren, die übrigen Bäume nach vier
zehn. Die Erſteren geben nämlich wenige aber ftark
Stocktriebe, während die vielen Loden der anderen
Holzarten bis zur Verwertung mehr Zeit brauchen.
Man führt das Brennholz meiſt nach Venedig au. |.
Das Holz wird klafterweiſe geſchichtet, welches Ruß
man passo nennt; der Händler kauft es im Walde
und führt es nach einem Seehafen, wo es mit Weiden
ruten zu Bündeln gebunden wird und ſo in der
Lagunenſtadt auf den Markt gebracht wird. Würde
man die Eichen erft im zwölften Jahre ſchlagen, I
könnten fie infolge der ſtärkeren Stämme in Inet
an die Werften verkauft werden, doch ift dem Bale
beſitzer die in Gold erfolgende ausländiſche Zahlung R
für das Brennholz lieber.
Die Republik Venedig als einſtige Herrin ein
Teiles von Iſtrien, hatte ſchon mittels Geſetz von
2. Januar 1475 die Umtriebszeit für Unterholz au!
zwölf Jahre feſtgeſetzt, doch dieſelbe am 10. Dezen
ber 1778 auf 8 Jahre verringert.
Aus Weißbuchen und anderen Sträuchern wir |
ſehr billiges Brennholz gewonnen, das faſt aus
ſchließlich den eigenen Bedarf deckt, dem auch Oliven..
Maulbeerzweige, ſowie Weinreben aushelfen.
Als noch die Segelſchiffahrt von Bedeutung
war, wanderten viele Eichenſtämme in die Schiffs⸗
werften, doch ſeit faſt nur mehr Eiſenſchiffe gebaut
werden, wird das Eichenholz zum Heizen verwendet.
Man hält den Wert eines gut beſtockten Eichenwaldes
dem eines Ackers mittleren Ertrages gleich, er ſichert
aljo eine gleichmäßige Rente und wird daher forg.
fältig, namentlich vor dem weidenden Vieh, ge—
ſchützt. Im Innern des Lan des, von wo aus die
hohen Transportkoſten den Holzhandel nicht rens
tabel machen, wird der Wald vernachläſſigt, ja ſogar
mit Vorliebe gerodet und in Weingärten verwandelt.
Der Boden iſt aber ſehr brüchiger Mergel⸗ und Ton⸗
ſchiefer und die Regengüſſe ſchwemmen ſehr raſch
das Erdreich in die Täler, ſo daß die Gegend raſch
verkarſtet. Im Tale des Quietoflüßchens wird ſo
viel angeſchwemmtes Erdreich abgelagert, daß man
bereits — um die dort wachſenden Bäume des
Staatsforſtes fällen zu können — ſie erſt einen
Meter tief ausgraben muß. Selbſtverſtändlich
beeilt man ſich jetzt wieder aufzuforſten und die
entſtandenen Waſſerriſſe zu verbauen.
Die kleinen Staatswälder bei Leme, Vidorno
und Cornaria bedecken bloß neun Quadratkilometer
und wird dort der Mittelwaldbetrieb mit Übergang
zum Hochwald beobachtet. Der Staatsforſt bei
Montana mißt 14 Quadratkilometer, beſteht zu
einem Drittel aus Ulmen, der Reſt ſind Stieleichen.
Früher lieferte er Bauholz für die Kriegsmarine,
hat jetzt als Hochwald wenig Bedeutung und rentiert
ſich wenig.
Von den Inſeln rühmt ſich Veglia (ſlaviſch Krk)
der meiſten Wälder, doch iſt die Forſtwirtſchaft dort
noch recht mangelhaft. Eine eigentümliche Urſache,
daß die Oſtſeite der Inſeln faſt ohne jede Vegetation
bleibt, iſt folgende. Die Bora!) weht mit großer
Gewalt von dem Hochlande Kroatiens herab, peitſcht
das Meer zu hohen Wogen auf und beſtäubt die
Inſeln mit Salzwaſſer. Die Kraft des Sturmes
ſowohl, dann Regengüſſe, fegen den Humus fort
und der Salzniederſchlag beſorgt die Unfruchtbar⸗
keit. Die Inſeln Cherſo und Luſſin erfreuen ſich
immergrünen Laubholzes, vor allem der Stecheiche,
des Erdbeerbaumes, des immergrünen Snee.
balls, des Granatapfelſtrauches, ſpaniſchen Wach⸗
holders und der Fillyree (Phillyrea media). Die
ſchmale Inſel Cherſo iſt als zu einem Viertel be⸗
waldet im Steuerkataſter verzeichnet, doch kaum
die Hälfte hiervon könnte man als Wald bezeichnen,
denn alles andere iſt entweder kahl oder mit niederem
Geſtrũpp bewachſen, aus dem da und dort ein wetter-
zerzauſter Baum emporragt, Schutz gewährend dem
Schafhirten. Die Aufforſtung wäre gewiß von Er⸗
1) Das romaniſierte ſlawiſche Burja, d. h. Sturmwind.
1917
folg begleitet. Man beobachtet auf den Inſeln eine
ganz eigentümliche Art der Waldnutzung, und zwar
die Kopfholzwirtſchaft, wodurch die Verkarſtung
ſtark gefördert wird. Alle 10 bis 12 Jahre werden
die Bäume der Alte und des Wipfels beraubt, fo
daß nur etliche Meter des Stammes übrig bleiben.
Die ſich neu bildenden Aſte werden nach 12 Jahren
neuerdings abgeſägt; denn man will angeblich das
Verbeißen des Jungholzes durch das Tag und Nacht
das ganze Jahr hindurch aufſichtslos weidende Vieh
verhindern, da man die Koſten der Abgrenzung
durch Mauern ſcheut. Die Bäume werden nur zu
bald kernfaul, ſterben ab und kein Nachwuchs iſt da,
weil jedes aus dem herabfallenden Samen ent⸗
ſtandene Pflänzchen dem Vieh zum Opfer fällt.
Gegen Verſuche der Regierung, eine Anderung ein⸗
zuführen, wehrt fih das Landvolk, weil es haupt.
ſächlich von der Viehzucht lebt, die ohne Weide⸗
gründe eben unmöglich wäre. Lange kann dieſer
Zuſtand wohl nicht anhalten, denn ſonſt würden
aus den ſchönen maleriſchen Inſeln Felsklippen.
Die Inſel Luſſin, die in den letzten Jahrzehnten
zu einem vielbeſuchten klimatiſchen Kurort wurde,
iſt etwas beſſer bewaldet und dank des ſteigenden
Fremdenbeſuches hat fih bereits ein Aufforſtungs⸗
verein gebildet, der vom Staate unterſtützt, die nächſt
dem Hauptorte anſteigenden Höhen bereits mit
Erfolg bepflanzte. Der Anblick ſolchen Jung⸗
waldes, ja ſelbſt der Obſtgärten, iſt ein ganz eigen⸗
tümlicher. Zwiſchen weißen verwitterten Kalkſtein⸗
blöden ragen Obft- oder Waldbäume empor, wah:
rend eine Wanderung auf dem zerklüfteten Boden
faſt lebensgefährlich und mehr eine Kletterpartie iſt,
bei der man nach jedem Schritt eine Verſtauchung
riskiert. Die kleine unweit Luſſin gelegene Inſel
Sanſego hat gar kein Holz, das aber für die 200 Fa⸗
milien, einfach von den nächſten Inſeln geholt wird,
ohne hierfür etwas zu entrichten.
Nächſt des Kriegshafens Pola (ſlawiſch Pulj)
befindet ſich der ärariſche „Kaiſerwald“ und etliche
Privatwaldparzellen, in welchen die Korkeiche ge-
deiht, die alle 8—10 Jahre ihre Rinde für Angeln,
Netze und ſonſtige Fiſchereigeräte hergibt, jedoch
wegen zu großer Poren für Flaſchenverſchlüſſe nicht
brauchbar iſt. Unweit des berühmten Kurortes
Abbazia gibt es Lorbeerhaine, deren Blätter einen
guten Ertrag durch die Ausfuhr ergeben.
Die nächſte Umgebung Trieſts ziert ein Stadt⸗
park, ſowie Aufforſtungen, die bereits zu ſchönen
Wäldern gediehen. In weiterer Entfernung von
der Stadtperipherie gibt es nur einige mit Hopfen-
buchen, Blumeneſchen und Eichen locker beſtockte
Niederwälder. Die Aufforſtung begegnet keinen
Schwierigkeiten, doch ift fie der kurzblickenden Rand.
bevölkerung unbequem, da dann zu wenig Weide
28
214
vorhanden iſt und auch keine Laubſtreu gewonnen
werden kann.
Bei dem kaiſerlichen, ſeit dreihundert Jahren
beſtehenden Geſtüt Lipizza befindet ſich ein drei
Quadratkilometer großer, wohlgepflegter Eichen-
Hochwald. Erſt in neuerer Zeit gelang es, die Bor-
urteile der Bauern da und dort zu beſiegen, und eine
Anzahl Wäldchen ſind im Entſtehen begriffen, deren
Bäume bereits an die 20 m emporragen. Die Bora
weht auf dem Karſte mit ſolcher Heftigkeit, daß
Menſchen und Tiere geſchützte Stellen aufiuden
müſſen, dagegen ift es in den Wäldern ſtill. 3i
einmal das ganze Land aufgeforſtet, wird die Gewalt
der Bora gebrochen jein, ja fie wird vielleicht gän;-
lich aufhören. Um 350 Hektar Karſt nächſt Trien
aufzuforſten, wurden 2,600,000 Schwarzföhren ver.
braucht. Vier Quadratkilometer Laubholzwälder
wurden in Schonung gelegt und es ift mit Bejtimm:
heit zu erwarten, daß fih dadurch auch die Geſund.
heitsverhältniſſe des Landes beſſern werden.
Notizen.
A. Juvalidenheim für Jäger und Schützen
in Marburg a. Lahn.
Zur Errichtung und Unterhaltung eines Erholungs-,
Alters- und Invalidenheims für Jäger und Schützen des
Deutſchen Heeres hat ſich ein Verein gebildet, dem durch eine
behördlich geſtattete Sammlung bereits mehr als 300 000 Mk.
zugefloſſen ſind. Schirmherr des Vereines iſt Se. Hoheit der
Herzog Ernſt Günther zu Schleswig⸗Hol⸗
ſtein. Die größte Spende im Betrage von 30 000 Mk. hat
der regierende Fürſt Adolf zu Schaumburg
Lippe dem Verein zugewendet. Von dem Präſidenten
des Allg. Deutſchen Jagdſchutzvereins, dem Herzog
Viktor von Ratibor, Fürſt von Corvey, find 4000
Mk. zur Einrichtung von „Heldenzimmern“ geſtiftet worden,
die dem Gedächtnis gefallener Jäger oder Schützen gewidmet
und mit Namensſchild, Bild und ſonſtigen Erinnerungszeichen
derſelben geſchmückt werden ſollen.
Der Verein hat nun bereits ein Grundſtück von etwa
16 Morgen am Fuße der „Spiegelsluſt“ bei Marburg, die
den Kaiſer⸗Wilhelms⸗Turm trägt, erworben und an Pfingſten
1916 den Grundſtein zum Hauptgebäude gelegt. Der erſte
Geſchäftsbericht mit Abbildungen des Heimes und feiner gu-
künftigen Ausgeſtaltung wird von dem „Invalidenheim für
Jäger und Schützen in Marburg“ allen Freunden des Unter⸗
nehmens gerne zugeſchickt. Um weitere werktätige Unter⸗
ſtützung bittet ein Aufruf, der unter anderen von folgenden
namhaften Forſtbeamten unterzeichnet iſt:
von Freier, Kgl. Oberlandforſtmeiſter, Berlin⸗
Nikolasſee,
Dr. Bertog, Forſtrat, Vorſitzender des Vereins
für Privatforſtbeamte, Berlin-Halenfee,
Gernlein, Reg. und Forſtrat, Hauptmann d. R.
und Kommandeur des Erſatz⸗Bataillons des Ref..
Jägerbataillons Nr. 15, Potsdam,
Jacobi, Kgl. Forſtmeiſter, Vorſitzender des Ber:
eins „Waldheil“, Neudamm⸗Maſſin,
Dr. König, Oberforſtmeiſter, Potsdam,
Velte, Kgl. Förſter, Dobrilugk, Kr. Luckau.
Dieſem Aufruf, der auch die Unterſchriften der Schrift⸗
leiter und Verleger verſchiedener Forſt⸗ und Jagdzeitſchriften
— Deutſche Forſtzeitung, Nendamm, Jägerzeitung „Horrido“,
Berlin, Deutſche Jägerzeitung, Neudamm, „Wild und Hund“,
Berlin — trägt, entnehmen wir noch folgendes:
„Gerade die Jäger haben in dem jetzigen Kriege fid be.
ſonders betätigen können, ſie haben ſchwere Kämpfe und große
Verluſte zu überſtehen gehabt und find ihnen noch weiter aus:
geſetzt. Den zurückkehrenden, körperlich beſchädigten Ary:
hörigen der deutſchen Jäger: und Schützen ⸗Bataillone ic
das Invalidenheim Hilfe und Heilung bringen.
Ganz Hilflofe, zu völliger Berufs: und Erwerbsun faba.
keit Gezwungene werden ja hoffentlich nur in geringer Jet.
dauernde Unterbringung im Heime benötigen. Seine Hau.
beſtimmung wird vielmehr darin beſtehen, kriegsbeſchäd'gten
Jägern vorübergehend Gelegenheit zur Heilung und Erhulur
zu bieten. Aus dieſem Grunde verfolgt auch das Konia:
Preußiſche Kriegsminiſterium die weitere Entwicklung unir:
Jägerheims mit beſonderem Wohlwollen.
Unter denjenigen, welche den Erſatz unſerer Jäger: wi }
Schützenbataillone bilden, haben von jeher und fo auch je
in dieſem Kriege die berufsmäßigen Förſter, Wald. und Jan:
aufſeher eine überwiegende Bedeutung. Gerade fie find ad: .
vermöge ihres Berufes gezwungen, im Walde oder auf der
Lande, jedenfalls fernab von ſolchen Orten zu wohnen. r: '
ärztliche Hilfe und ſonſtige Einrichtungen zur Heilung ber
Wundfolgen oder Krankheiten leicht erreichbar find, und we!
die meiſten von ihnen, welche im Kriege den feldgrünen fr
der deutſchen Jäger: und Schützen ⸗Bataillone getragen habe
werden, wenn fie auch nicht berufsunfähig geworden Tr:
wegen ihrer Kriegsbeſchädigung öfters wiederholter Behar:
lung bedürfen. Marburg iſt nun die einzige deutſche Jo
Garniſon, welche gleichzeitig Sitz einer Univerſität tit un“
vermöge ihrer gefunden und glücklichen Lage im Herze
Deutſchlands, im ſchönen waldreichen Lahntal, aus all:
Gauen leicht erreichbar, zu dem geſchilderten Zweck unde!
gleichlich günftige Bedingungen bietet. Die Vrofeſſoten dit
mediziniſchen Fakultät der Univerſität Marburg haben !*
in dankenswerter Weiſe bereit erklärt, die Inſaſſen des in!
Invalidenheims koſtenlos zu behandeln. Es ſteht alfo in ein
Weiſe, wie es anderswo überhaupt nicht erreichbar ift. de
Möglichkeit offen, gerade die kriegsbeſchädigten Angeborac:
der grünen Farbe von Fachleuten erften Ranges währen!
eines mehrwöchigen oder mehrmonatigen Erholungsurlau
alljährlich oder in längeren Zwiſchenräumen unterſuchen i
laſſen.“
Wie uns weiter berichtet wird, hat der in Bückeburg ur
Bad Eilſen veranſtaltete „Roſentag“ ein beſonders glänzend!
Ergebnis gezeitigt. Aus dem Geſamtüberſchuß konnte
5 500,— Mt. feitens des 7. Jäger- Bataillons in Bidet:
abgeführt werden. Das 7. Bataillon (Feld und Erſatz⸗ Bate:
lon), ſteht ſomit mit einem Geſamtbetrage von MI. 15 92
an der Spitze aller Jäger⸗Bataillone und es wäre erfreulis
wenn dieſem leuchtenden Beiſpiel auch von allen übt g
Bataillonen nachgeeifert würde. D. Red.
—
B. Berichtigung.
In dem Aufſatz „Vom franzöſiſchen Mittelwald“ von
Dr. G. Baader (Januarheft dieſer Zeitſchrift) ſind eine
Anzahl Druckfehler.
Seite 2, erſte Spalte, 28. Zeile von oben heißt es: „Eiden:
wald“; es muß heißen: „Eichen hochwald“.
Seite 2, erſte Spalte, 9. Zeile von unten heißt es: „ergab
bei ihrer Fällung 5,74 fm“; es muß heißen: „ergab bei ihrer
Fällung einen Stamm von 5,74 fm“.
Seite 2, zweite Spalte, 9. Zeile von oben heißt es:
„zwiſchen 25 und 22 m“; es muß heißen: „zwiſchen 18 und
22 m”,
Seite 6, zweite Spalte, 3. Zeile von unten heißt es:
„Staatsbeſchluſſes“; es muß heißen: „Ratsbeſchluſſes.“
C. Der Jorſtverein für das Großherzogtum Heſſen
hält auch im Jahre 1917 keine Verſammlung ab.
—
D. Forftlide Vorleſungen
an den Hochſchulen im Winterſemeſter 1917/18.
J. Univerſität Gießen.
Prof. Dr. Weber (eventuell vertreten durch Forſt⸗
meiſter Dr. Schenck): Forſtbenutzung II. Teil, 4-ftündig;
sorftpolitit II. Teil, vierſtündig; Einführung in die Forſt⸗
wiſſenſchaft einſtündig; Konverſatorium über forſtliche Pro-
duktionslehre und die Forſtverwaltungsfächer, Samstag, alle
14 Tage. — Prof. Dr. Borgmann: Waldwertrechnung
und forſtliche Statik, dreiſtündig; Forſteinrichtung nad) heffi-
ſcher Inſtruktion, zweiſtündig mit Exkurſionen; Anleitung
zum Planzeichnen, zweiſtündig. — Privatdozent Dr. Baa.
der: Die Forſteinrichtung im 20. Jahrhundert in Literatur
und Praxis. — Außerdem zahlreiche Vorleſungen aus den
Gebieten der Mathematik, der Naturwiſſenſchaften, der
Rechtskunde, Volkswirtſchaftslehre, Landwirtſchaft uſw.
Beginn der Vorleſungen am 1. Oktober, Schluß am
2. Februar. Das allg. Vorleſungsverzeichnis kann vom
Univ.: Sekretariat bezogen werden.
II. Un verſität München.
Geh. Rat Dr. Lujo Brentano lieſt nicht. Geh.
Hofrat Prof. Dr. Endres: Forſtpolitik 5 ſt., Waldwert⸗
rechnung und forſtliche Statik 4 ſt. mit Übungen, Einführung
in die Forſtwiſſenſchaft 3 ft. mit Lehrwanderungen.
Geh. Hofrat Prof. Dr. Lotz: Allgemeine oder theore⸗
tiſche Volkswirtſchaftslehre ö ſt.: Finanzwiſſenſchaft 5 ft.
Prof. Dr. Ramann: Bodenkunde 5 ft. mit Lehr:
wandecungen, Bodenkundliches Praktikum für Geübtere
täglich und halbtäglich, Kleines bodenkundliches Praktikum 2ſt.
Prof. Dr. Frhr. von Tubeuf: Anatomie und
Phyſiologie der Pflanzen 4 ft., Mikroſkopiſches Praktikum 3 ft.
Prof. Dr. Schüpfer: Forſteinrichtung 5 ft., Baum-
und Beſtandsmaſſenermittlung mit Zuwachslehre und Gr
tragskunde 8 ft., Praktiſche Ubungen in Verbindung mit Lehr-
wanderungen Prof. Dr. Fabricius (z. Zt. beim Heere):
Waldbau 6 ft. mit Lehrwanderungen.
Prof. Dr. Eſcherich: Forſtzoologie I. Teil: Wirbel:
tiere 4 ft, Leitung wiſſenſchaftlicher Arbeiten.
Für den Fall die Profeſſuc für Nationalökonomie bis
zu Beginn des Winterhalbjahres noch nicht beſetzt iſt, leſen
ſpezielle oder praktiſche Volkswirtſchaftslehre die Prof.
Dr. Leonhard und Dr. Joffé, und zwar Dr. Leonhard I. Teil:
Agrarpolitik 2 ft. und Dr. Joffé IT. Teil: Gewerbepolitik und
gewerbliche Arbeiterfrage 2 ft. ?
Beginn der Vorlefungen heuer ausnahmsweiſe ſchon am
1. Oktober.
III. Univerſität Tübingen.
Beginn am 1. Oktober 1917, Schluß ...
Prof. Dr. v. Bühler: Einleitung in die Forſtwiſſen⸗
ſchaft, teils im Hörſaal, teils im Walde, mit Übungen und
Exkurſionen. — Waldbau I, mit Übungen und Exkurſtionen. —
Exlurſionen und Ubungen. — Übungen und Exkurſionen für
Kriegsteilnehmer (Zeit noch zu vereinbaren).
Prof. Dr. Wagner: Waldwertrechnung mit Übungen. —
Forſtſchut. — Seminarübungen. — Exkurſionen.
Sonſtige Vorleſungen wie unter J.
—
IV. Techniſche Hochſchule Karlsruhe.
Abteilung für Forſtweſen.
Prof. Dr. Demoll: Zoologie, Forſtliche Zoologie
der Säugetiere und Vögel (Wirbeltiere der Heimat), Arbeiten
im zoologiſchen Inſtitut für Geübtere.
Prof. Dr. Hausrath: Forſtpolitik (einſchließlich
Forſtverwaltung und Forſtſtatiſtik), Waldweg und Waſſer⸗
bau, Exkurſionen, Anleitung zu größeren wiſſenſchaftlichen
Arbeiten.
Prof. Dr. Müller: Forſteinrichtung II, Holzmeß⸗
kunde, Einführung in die Forſtwiſſenſchaft, Waldwertrechnung,
Exkurſionen, Anleitung zu größeren wiſſenſchaftlichen Nr-
beiten.
Geh. Oberforſtrat Dr. Siefert: Forſtbenutzung,
Waldbau I, Übungen in Forſtbenutzung und Waldbau, Ertur-
ſionen und Übungen, Anleitung zu größeren wiſſenſchaftlichen
Arbeiten.
Prof. Dr. Helbig: Standortslehre (Bodenkunde
einſchl. Agrikulturchemie), Arbeiten für vorgeſchrittene Stu⸗
dierende im Laboratorium für Bodenkunde.
Dr. Cron berger: Landwirtſchaftslehre (I. Ader-
baulehre.
Dr. Fuchs: Einführung in die allgemeine Biologie.
Dr. Schultheiß: Meteorologie (Klimatologie).
Prof. Dr. Wimmer: Das Holz und ſeine Eigen⸗
ſchaften.
Außerdem Vorleſungen in allen Hilfs⸗ und Grundwiſſen⸗
ſchaften. Auskunft durch den Vorſtand der Abteilung für
Forſtweſen.
Beginn: 1. Ottober.
E. Au die geehrten Lefer der Allgemeinen Forft:
und Jagdzeitung
richten wir die ergebenſte Bitte, die ſeitherige Verzögerung
im Erſcheinen unſerer Hefte gütigſt entſchuldigen zu wollen.
Dieſelbe war durch notwendig gewordenen Wechſel der
Druckerei, durch Papiermangel infolge des Krieges und
andere damit zuſammenhängende Schwierigkeiten veranlaßt,
die hoffentlich jetzt überwunden ſind.
Verlag und Redaktion.
F. Gegen vermehrten Häherabſchußt.
Wie die „Blätter für Naturſchutz“ mitteilen, ift der „plan
mäßige Abſchuß der Eichelhäher“ in Bayern angeordnet.
Gegen vermehrten Häherabſchuß iſt Proteſt zu erheben vom
jagdlichen und forſtwirtſchaftlichen Standpunkt.“
Der Forſtmann, der den Häher abſchießt, ſchädigt ſich ſelbſt.
Denn der Häher hat einen gewiſſen forſtwirtſchaftlichen
Nutzen. Er verpflanzt Eichen, auch Buchen.
Indem er Eicheln an beſtimmte verſteckte Plätze trägt, ſie
dort ſpäter unbeachtet liegen läßt oder auch nicht mehr auf-
findet, trägt er mit zur Verbreitung des Pflanzenlebens, hier
der Waldbäume, bei (ſteht unzweifelhaft feſt!). Das fällt
216
— —— — —
bei einer geregelten Forſtwirtſchaft in Kulturgegenden
weniger ins Gewicht, meiſt ſogar vielleicht gar nicht, aber
beiſpielsweiſe im Geb'rge, wo der Häher zur Baum:
beſiedelung mancher Bergſtöcke (gerade auch
in den bayeriſchen Alpen) ſein redlich Teil mit
beigetragen hat. Das ijt ſicher eine recht beachtens⸗
werte Tatſache!
Sodann iſt aber der Häher ein viel zu ſchöner
Vogel, um ihn noch mehr zu vermindern. Er iſt in der Tat
ein Stück fliegender Poeſie des deutſchen Waldes. Der Jäger
und Forſtmann hat auch „Auge und Gemüt“, ein Herz im
Leibe, er freut ſich über die Schönheit der Natur und ihrer
Lebeweſen. Hier gelten die ſchönen Worte, die der Jäger
Löns, mein vor dem Feinde gefallener Freund, über die
„Gemütskrüppel“ ſchreibt: „Die Welt iſt ſo arm geworden
an ſchönem und großem Raubgeflügel, aber immer noch gibt
es Gemütskrüppel, denen die Welt noch viel zu bunt iſt, und
damit ſie langweilig und öde werde, wie ſie ſelber, ſagen und
ſchreiben ſie unentwegt von der Schädlichkeit der Weihe (lies:
des Hähers) und finden immer noch Narren, die es ihnen
glauben. Wer aber rotes Blut im Leibe und blanke Augen
im Kopfe hat, der gönnt ihnen die Lerche und die Ammer,
das Feldhühnchen und den Junghaſen, denn davon gibt's
genug.“
Der Häher iſt entſchieden für den Jäger und Forſtmann
mehr Wertobjekt als negative ſchädliche Erſcheinung. Auch
dem Landwirt ſchadet er nicht. Dem Jäger zeigt er manchmal
ſogar den Standort des Wildes an, dient ihm alſo als Weg—
weiſer; freilich verrät er mitunter auch dem Wild den Jäger
durch ſein rätſchendes alarmierendes Geſchrei. Immerhin,
die Wagſchale ſteigt zu ſeinen Gunſten in die Höhe, ſie ſenkt
ſich nicht. Und es gibt augenblicklich eigentlich nur einen
zuläſſigen Grund, den Eichelhäher abzuſchießen, und dies iſt:
wenn man ihn in gegenwärtiger Kriegszeit zur Speiſe für
den Menſchen verwerten will. Allerdings gibt er einen vor⸗
trefflichen Braten ab — — läßt ſich denken, denn er lebt von
Eicheln, Nüſſen, jungem Getier. Aber die Schmackhaftigkeit
des Häherbratens iſt leider zu wenig bekannt. Doch gibt es,
wie ich aus perſönlicher Erfahrung weiß, genug gutſituierte
Förſterfamilien, die den Eichelhäher ſehr gern eſſen, übrigens
auch den Dachs, und bei denen die Jungkrähe (die fleiſchige,
fette!) in keinem Jahre auf der Tafel fehlt (in Poſen und
Stettin koſtet jetzt die Krähe, Nebel⸗ und Saatkrähe, 1 Mk.).
In der Tat, Häher, Elſtern find zu genießen, ebenfalls Cidh.
hörnchen. Ja, da wird ſich allerdings mancher wundern und
ſagen, man würde noch mit Ratten und Mäuſen enden,
wie Anno 70 die Franzoſen. Doch Spaß beiſeite! Der Ge:
ſchmack und das Ausſehen des Eichhörnchenfleiſches ift ähnlich
dem Kalbfleiſch. Wo die Eichhörnchen in großer Zahl vor:
handen ſind und zur Plage werden, wie in manchen Gegenden,
lohnt es ſich wirklich, Eichhörnchen zu ſchießen. Es gibt noch
viel für die Weidmannsküche, und dabei will man uns aus⸗
hungern? Ne, det gibt's nicht! „Junge Krähen“ waren ſchon
Ende der 80 er Jahre ein ſtändig es Gericht auf der Speiſen⸗
karte des „Weimariſchen Hofes“ in Jena. Im vorigen Jahr
haben bekanntlich Krähen auch auf dem Mittagstiſch vieler
deutſcher Familien Platz ergriffen und haben die eingang⸗
gemachten Ausführungen vollauf beſtätigt.
Paſtor W. Schuſter, Garn.⸗Bat. Poſen.
— —
G. Jorſtwirtſchaftliches von der Oſtfront.
(Kgl. Oberförſter A. Müller Klingenthal i. S)
Sowohl an der galiziſchen wie an der ruſſiſchen Front
fällt dem forſtlich geſchulten Beobachter, der wohl mehr ein.
tönige Waldmaſſen erwartet hatte, die reiche Fülle der Br:
ſtandsbilder angenehm auf. An Einſprengungen und Ber
miſchungen verſchiedener Holzarten in die Beſtände der
Hauptholzarten, an natürlichen Verjüngungen aller Art, an
Wirtſchaftsformen, Baumkrankheiten u. dergl. bieten ſich
hier mannigfache Studiengegenſtände, deren Beachtung auch
im Intereſſe der heimiſchen Wirtſchaft liegen dürfte. Auf.
fällig iſt die meiſt vorzügliche Stammform der Eichen, Erlen
und Alpen, eine auch vom deutſchen Holzhandel längſt ar
würdigte Tatſache. Auch die Kiefern haben hier an meinem
jetzigen ruſſiſchen Frontteil vorwiegend höchſt wertvolle
Stammformen, gleichmäßige und ſparſame Jahrringbildung
und gute Kernbildung. Was allein an Kiefernholz als Rund
oder als Halbholz (dieſes oft durch Keil geſpalten ſtatt zer
ſchnitten) für Unterſtände und andere militäriſche Zwecke an
Ort und Stelle verwendet worden iſt, das geht bereits in
ganz gewaltige Geldwerte. Nebenbei bemerkt, vermag auch
der Mykologe und der Techniker an dieſen Bauten recht
lehrreiche Studien über Holzdauer unter den verſchiedenſten
Verhältniſſen anzuſtellen.
Der Herbſt verſpricht hier eine ausgezeichnete Vollmaſt
an Eicheln. Die Bäume tragen hier faft durchgängig in fo
reichem Maße Frucht, wie ich es bisher nur bei der Buche in
den urwaldähnlichen Beſtänden Kalabriens beobachten konnte
Bekanntlich erhalten die Truppen Sammlerlöhne für Eicheln
und andere Waldfrüchte. Hoffentlich gelingt es, diefe volk
wirtſchaftlich ſo wertvolle Ernte möglichſt reſtlos zu erfaſſen.
An Eicheln ſowohl wie an den ſonſtigen gleichfalls reichlich
vorhandenen Waldſämereien würde dann vielleicht auch eine
gewiſſe Menge zur Verſorgung unſerer Forſtwirtſchaft zurüd.
geſtellt werden dürfen. Denn zweifellos hat unſere Wald.
ſameninduſtrie noch lange mit Saatgutmangel zu rechnen.
Und ebenſo zweifellos wird fid) der Übergang zur Friedens ⸗
wirtſchaft im deutſchen Walde durch vermehrtes Säen und
Pflanzen ankünden müſſen.
Recht beachtenswert iſt hier u. a. ſchließlich noch die
Schnelligkeit, mit der der Wald von zerſtörtem oder brad:
liegendem Kulturgelände Beſitz ergreift. Denn die ungeheu-
ren Flächen verbieten hier eine fo reſtloſe Ausnutzung dei
Ackerlandes durch die Truppen, wie diefe an der Weſtfront
die Regel war. Vor allem hat die Birke ſchon von weiten
Strecken Beſitz ergriffen. Sie bildet unter Gras: und Un
krautwuchs große zwei- bis dreijährige Beſtände, oft von
lückenloſer Beſchaffenheit, auf unſeren jetzigen Pferdeweide⸗
plätzen.
Für die Redaktion Ven für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer,
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen — Für die Inſerate verantwortlich: J. Sauerländers Verlag
Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. M. — Paul Schettlers Erben, G. m b. H., Hofbuchdruckerei in Cöthen (Anh.)
Allgemeine
forf- und Jagd- Zeitung.
Herausgegeben
von
Dr. Karl Wimmenauer und Dr. Heinrich Weber
Geh. Forſtrat u. Profeſſor d. Forſtwiſſenſchaft i R. ordentl. Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft
an der Univerſität Gießen.
Dreiundneunzigſter Jahrgang.
1917. Oktober / Aovember.
Frankfurt am Main.
J. D. Sauerländer's Verlag.
a Ze —— — — M ꝗ (:2 re, a —— — — — - BE 5
— ne aa „ yh hs pp — — — Fa ee 4 £ ee 2 — —
»Die Allgemeine Fork: und Jagd: Zeitung erſcheint regelnäßig jeden Monet und wird halbjährlich mit
A Mark 8.— berechnet; zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Poſtanſtalten.
Preiſe: Seite 60.
h Anzeigen. . P.
Mk., U, Seite 32.— Mk., 1/4 Seite 17.50 Mk., ½ Seite 10,— Mk., ½ Seite THOR
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9
— — —
Abſterbende Schwarznußbänme.
Von Forſtmeiſter Rebmann in Straßburg.
Im Sommer 1915 bemerkte Förſter Ley zu
Forſthaus Breitlach, daß in einem 1896 durch Saat
begründeten und ſeither prächtig gedeihenden Horſte
in Abt. 71 des Straßburger Rheinwaldes mehrere
Bäume dürre Gipfel bekamen und von oben her-
unter abſtarben. Bei anderen Bäumen ließ ſich
am ſchlecht entwickelten Aſt⸗ und Blattwerk erkennen,
daß die Bäume krank ſeien und das gleiche Los ſie
ſpäter treffen würde. Tatſächlich vergrößerte ſich
auch 1916 die Zahl der kränkelnden und abgeitor-
benen Bäume. Herr Landforſtmeiſter Pilz teilte
mir dies mit und bat mich nach der Urſache zu for—
ſchen. Es war dies im Juli vorigen Jahres.
Da z, Zt. dieſer außerordentlich wertvolle Baum
in größerer Zahl kultiviert wird und dieſes fo un-
erwartete Vorkommnis mich — als einen der größten
Züchter dieſer Holzart — beſonders nahe berührt,
fühle ich mich verpflichtet, das Ergebnis der bis—
herigen Forſchungen mit der Bitte zu veröffent—
lichen, es mögen auch andere Züchter ihre Be—
obachtungen in dieſer Beziehung möglichſt bald
mitteilen, um dieſe für die Zukunft des Baumes
ſo wichtige Frage in der nächſten Zeit aufzuklären.
Einige Tage nach der Mitteilung beſichtigte ich
mit dem Belaufsförſter Ley den damals 21-jährigen
Nußhorſt. Wir ließen einige abgeſtorbene und
kranke Bäume fällen, auch Wurzeln ausgraben, um
nach der Urſache der Erkrankung zu forſchen. An
Rinde, Holz, Ait- und Blattwerk fanden wir weder
Inſekten noch Pilzbeſchädigungen, welche das Ab-
ſterben verurſachen konnten. Die oberen Aſte und
der Gipfel waren ganz dürr, weiter abwärts fanden
ſich im Schaft noch Spuren von Saft; nach unten
hin nahm derſelbe ſtändig zu, ſo daß der unterſte
Stammteil — in einer Länge von 2—3 m — noch
grün und voll Saft war. Es fanden ſich ſogar an
mehreren abgeſtorbenen Bäumen am unteren Schaft
noch friſche Schöſſe vor, was unter normalen Ber-
hältniſſen bei J. nigra nie vorkommt. Man hatte
den Eindruck, als ſeien die Bäume in der Saftmenge
erſtickt. Nun ging es an die Unterſuchung der Wur-
zeln. In der oberen fruchtbaren ca. 40 cm tiefen
Erdſchichte waren zahlreiche kräftig entwickelte Seiten⸗
wurzeln vorhanden, die anſcheinend geſund waren.
Doch fanden ſich hier und da am Ende der Wurzel
1917
Oktober / november 1917
—— — — ͤ ́uw—k—ä— e —— — — — — —
— — —— —— Bu:
— — —
=
— — — — — — — — —
— +
kranke abgeſtorbene Teile, welche wir mitnahmen.
Nach unten hin nahm der Sandgehalt zu, während
die Seiten- und Faſerwurzeln auffallend fih ver-
ringerten. Doch war der noch mit Lehm vermengte
Boden bis auf 1,40 m Tiefe als gut anzuſprechen,
Wurzel eines abſterbenden Schwarznußbaumes.
jetzt ſtießen wir auf eine 10 — 12 cm dicke Flötzſand⸗
ſchichte, in welcher die Pfahlwurzel ſehr kümmerlich
ausſah, ebenſo die wenigen Faſerwurzeln. Unter
der Sandſchichte kam eine feſte Kiesſchichte, welche
N ° 29
2
*
der Wurzel Halt gebot. Gegen die Tiefe nahmen
die kranken Wurzeln zu. Das Verhältnis kann viel-
leicht 6 bis 10% betragen, aber genau läßt ſich dies
nicht feſtſtellen.
Da die ganze Wurzelbildung viel Intereſſe
bietet und etwas zur Klärung der Frage beiträgt,
ließ ich eine Wurzel ſorgfältig ausgraben, abwaſchen
und hierauf photographieren.
Es wird hierzu bemerkt, daß der Durchmeſſer
am Wurzelhals 9,5 cm, dann 10 em abwärts 11,
auf 20 cm 10, auf 40 cm 6 und auf 1 m Länge 2,5 cm
betrug. Wie aus der Photographie zu erſehen iſt,
befindet ſich das Hauptwurzelwerk im oberen Teil
und fällt Manhem die horizontale Lage der Seiten:
wurzeln auf. Ein Herr meinte ſogar, es ſei dies auf
fehlerhaftes Pflanzen zurückzuführen. Er hat den
Korrekturbogen in der Dendrol. Zeitſchrift wohl
ſo flüchtig geleſen, daß er die Erklärung: der Horſt
ſei ausſchließlich durch Saat entſtanden, ganz
überſah. Die Ausbreitung von Wurzeln in Horizon-
taler, ja ſogar in aufſteigender Richtung, iſt hier
öfters zu beobachten und jeder Förſter und Wald—
arbeiter kennt dieſe etwas abnorme Lage. In
manchen Fällen läßt ſich dieſes Vorkommnis leicht
erklären, ſo z. B. bei Kieslagen, Lettenſchichten,
lockeren fruchtbaren Bodenſtellen uſw., aber manch—
mal iſt die Urſache nicht feſtzuſtellen. |
Blattwerk, verdächtige Stamm- und Aſtſtücke,
ſowie kranke Wurzeln wurden mitgenommen, um
‘fie im Botaniſchen Inſtitut und in Dahlem unter:
ſuchen zu laſſen. Profeſſor Dr. Joſt, Vorſtand des
Botan. Inſtituts, intereſſierte ſich derart für die
Sache, daß er ſich die Wurzel bei mir anſah, alle
Proben ſelbſt unterſuchte und mit mir hinausging,
um ſich den erkrankten Horſt und die geſunden Teile
Plan über die Lage des kranken Nusshorstes N
7.172500.
genau anzufehen. Wir nahmen dort, ſowie von |
verſchiedenen andern Orten Wurzelproben mi, |
um Vergleiche zwiſchen Wurzeln von kranken und
geſunden Bäumen und von feuchtem und trocknerem
Boden machen zu können. Herr Prof. Dr. Joſt teilte
mir zunächſt mit, daß er weder Inſekten noch nennené
werte Pilzbeſchädigungen, welche als Krankheit
urſache angeſehen werden könnten, gefunden habe:
dagegen ſtellte er feſt, daß viele Faſerwurzeln krank
waren und bei einem erheblichen Teil die Wurzel
haube fehlte. Nach weiteren Unterſuchungen ſchrieb
er mir Ende Auguſt: „Die beiden Proben habe id
unterſucht. Am beſten waren noch die Wurzeln von
dem feuchteren Boden, allein auch bei ihnen fanden
ſich nur ganz wenige gute Saugwurzeln. Darauf
unterſuchte ich die Wurzeln unſerer Nigra im Garten.
Hochſtehende ſichtlich ausgetrocknete waren ebenſe
ſchlecht. Aber die im tieferen Boden befindlichen
hatten ſehr reichlich Saugwurzeln. Ich komme zu
dem Reſultat, daß die Bäume im Neuhofer Wald
aus irgend einem phyſikaliſchen Grund, den ich nicht
ſicher kenne, an ihrem Wurzelſyſtem leiden und des:
halb zu Grunde gehen.“ Von der Kaiſ. Biologiſchen
Anſtalt zu Dahlem traf am 1. September folgende
Antwort ein: „An den Herrn Bezirkspräſidenten.
Die eingeſandten Proben der Schwarznüſſe ließen
bei der Unterſuchung nichts erkennen, was auf eine
Jufektionskrankheit hinweiſt. Es konnten weder
tieriſche, noch pilzliche Schädiger, auch nicht Bal
terien in oder an den kranken Stamm, Zweig -und
Wurzelſtücken nachgewieſen werden. Es dürften
daher wohl die — wie aus dem Bericht des Hern
Forſtmeiſter Rebmann zu erſehen ijt — ungewöhn⸗
lichen Grundwaſſerverhältniſſe oder ſonſtige örtliche
Umſtände als Krankheitsurſache in Betracht kommen,
die von hier aus nicht beurteilt werden
können.“
Bei vielen Herren, die Erfahrungen
über das Gedeihen der Waldbäume in
Flußgebieten haben, wie Prof. D.
Schwappach, Reg.⸗Dir. von Ritter,
Oberforſtrat Siefert, Dr. Wimmer, Cr
linger, Vill u. A. frug ich unter Scil:
derung der Verhältniſſe an, ob fie Auf,
ſchluß über die Urſache der Erkrankung
geben könnten. Sie haben mir in ent
gegenkommen⸗ der Art geantwortet.
Ihre Anſichten gehen dahin, daß die
Boden- und Waſſerverhältniſſe, ſowie
der dichte Stand der Bäume die Urſache
des Abſterbens ſein müßten. — Bevor
dieſe Punkte zur Sprache kommen, foll
die Lage des Horſtes, die Begründung,
ſeitherige Pflege während meiner Dienit-
zeit und der heutige Zuſtand kurz ge
— — — — . — —— — — — . —— — n — — f —— — — — —— — — ——ß
ye
9
*
ſchildert werden, damit jeder Leſer ein klares Bild
von den hieſigen Verhältniſſen be kommt. Über die
örtliche Lage des durch Schraffierung bezeichneten
Horſtes in Abt. 71 gibt der Situationsplan Aufſchluß:
Die Fläche liegt zwiſchen dem Rhein und Haupt:
rheindamm und zwar ſtößt die Oſtſeite des Horſtes
an den dort durchfließenden 70—80 m breiten Napo⸗
leonsrhein. Ein alter Uferweg bildet die Grenze.
Mehrere Altwaſſer durchziehen das Gelände. Eines
liegt hart am Südrand der Fläche, iſt aber nicht ein-
gezeichnet, damit die Horſtfläche beſſer hervortritt. Bei
Hochwaſſer, das 5,2 m erreicht, wird die Fläche über
ſchwemmt. Dies war 1896 und 1910 der Fall. Die
Fläche liegt nach einer Augabe des Herrn Baurats
Schneider!) 140,2 m überm Meere. Die Fläche ift aber
nicht ganz eben, ſondern liegt verſchieden hoch. Die
Uuterſchie de zwiſchen der höchſten und tiefſten Stelle
fönnen ca. 1 m betragen. Der kranke Teil liegt nach
einem von mir und Förſter Ley im Juli d. Js. vor-
genommenen Nivellement 140,2 bis 140,7 ü. M.
Der von der Rheinbaubehörde markierte Nivell.
punkt diente als Anhalt. Den Boden hielten wir für
die Anzucht der J. nigra geeignet, denn es jtanden
auf der Fläche prachtvolle Alteichen, die ein Wirbel:
ſturm dort niederwarf.
An Stocklöchern, ſowie an dem ſteil abfallenden
ler des Napoleonsrheins konnte man ſehen, daß
bis auf eine Tiefe von 1,30 bis 1,40 m fruchtbarer
Boden vorhanden war. Wir unterſuchten daher
den Boden — wie es ſonſt hier üblich iſt — nicht in
Bezug auf den Untergrund. Der Horſt wurde 1896
durch Gtreifenufaat im Verb. zu 1,30 be-
gründet; platzweiſe iſt der Verband enger, weil auf
den eingeebneten Stocklöchern mehr Früchte ein—
geſtuft wurden, um für Fehlſtellen Pflanzen an
der Hand zu haben. Ein Nachbeſſern war aber nicht
nötig und ſo blieben ſämtliche Pflanzen ſtehen. Die
Kultur litt ſehr häufig durch Spätfröſte. Innerhalb
der Jahre 1896—1915 waren nur 3 ganz froſtfreie
Jahre, in allen andern trat mehr oder minder ſtarker
Froſtſchaden ein. Beſonders ſchlimm waren die
Fröſte in den Jahren 1900, 02, 04, 11 und 14. Auch
Unkrautwuchs, beſonders Gras und Schlingge—
wächſe bedrängten die Pflanzen mächtig. Aber die
Kultur wurde gepflegt, die Froſtſchäden heilten ſich
aus und der Horſt entwickelte ſich nach wenig Jahren
zu einem der ſchönſten des ganzen Waldes. Der
Wuchs war vorzüglich, in feucht warmen Sommern
konnte man Gipfeltriebe von 1,50 bis 1,80 m ſehen.
Schon mit 10 bis 12 Jahren trat Schluß ein und
hatten die meiſten Stämmchen aſtreine Schäfte.
Herrn Baurat Schneider hier verdanke ich viele wert—
volle Angaben über den Rhein und die Waſſerſtände, ſowle
Höhenlage des Terrains ꝛc. Die Angaben beziehen ſich auf
das Straßburger Gebiet km 120 bis 130.
19
Der Horſt war aufangs ganz rein, nur am Waſſerrand
iſt regia vorhertſchend, im übrigen nur ganz ver-
einzelt eingemiſcht. Unterholz war nicht vorhanden,
aber bei dem lichteren Stande hat ſich in den letzten
Jahren Hafel-, Schwarz- und Weißdorn, auch wilder
Hopfen uſw. eingeniſtet. Da noch keine Durchreiſe⸗
rungen oder Durchforſtungen ſtattgefunden haben,
ſteht das Holz ſehr dicht — beinahe genau, wie zur
Kulturzeit. Infolge der dichten Stellung bedrängen
ſich die einzelnen Exemplare, die Krone kann ſich
nicht entwickeln und bleibt klein und ſchwach. Nur
einzelne Bäume — etwa der dritte Teil — haben
beſſer entwickelte Kronen und kräftigere Schaftbil-
dung. Im Juli 1916 fanden wir dort Höhen von
6 bis 11 m und Durchmeſſer von 4 bis 13 cm auf
Bruſthöhe. Die ſchwächeren Bäume haben 4 bis 8,
die ſtärkeren 9 bis 13 cm Durchmeſſer und ent-
ſprechend größere Kronen. Hier und da bedrängen
ſich aber auch die dominierenden Bäume, ſo daß
auch dieſe dann kleinere Kronen haben. Im Jahre
1917 hat ſich die Zahl der kranken Bäume noch
etwas vermehrt. Das Kümmern und ſpätere Ab⸗
ſterben erſtreckt ſich, wie wiederholte Beſichtigungen
ergaben, ausſchließlich auf Bäume mit
ſchwach entwickelter Krone. Die auf
der 4 a großen Fläche freier ſtehenden Bäume mit
gut entwickelter Krone und kräftigem Schaft ſehen
noch ziemlich gut aus und werden wohl durchkommen.
Beachtenswert iſt der Umſtand, daß der Höhenwuchs
in den letzten 4 bis 5 Jahren erheblich nachgelaſſen
hat. Ob die Boden- und Waſſerſtandsverhältniſſe,
die Fröſte von 1911 und 1914 und die dadurch ente
ſtehende Gipfelform oder der dichte Stand der
Bäume, der ja mit jedem Jahr unheilvoller wirkt,
die Urſachen ſind, kann erſt ſpäter feſtgeſtellt werden.
Nach meinen Beobachtungen in den letzten Jahren
glaube ich aber, daß dem dichten Stand die Haupt-
ſchuld beizumeſſen iſt. Der hervorragend tüchtige
intelligente Förſter vertritt ſchon lange die Anſicht,
daß nur der dichte Stand Urſache der Erkrankung
ſei. Gehen wir nun auf die in Betracht kommenden
Verhältniſſe näher ein. |
1. VBodenverhältniſſe.
Im früheren Flußgebiet haben wir es mit
Alluvialboden zu tun, deſſen Güte ganz auker-
ordentlich wechſelt. Höhenlage, Bodenmiſchung,
Tiefgründigkeit, jowie Untergrund und Waſſerver—
hältniſſe geben hier den Ausſchlag. Ortsweiſe finden
wir ſehr fruchtbaren tiefgründigen Boden, oft ane
ſtoßend beinahe ertragloſe Sand- und Kiesbänke.
Die Mächtigkeit der guten Bodenſchichte ſchwankt
zwiſchen 0,15 bis 3 m, ſelten ſind Flächen mit tieferem
fruchtbaren Boden. Hektargroße Flächen mit gleich
gutem Boden gibt es im oberen Rheingebiet nicht
viel. Rheinabwärts werden aber die Verhältniſſe
aue
220
weit beſſer. Meiſt trifft man in der oberſten Schichte
mergelähnlichen Schlick, dann folgt Mergelſand und
hierauf Kies. Dies ift das am häufigſten vorfom-
mende Bodenprofil. Wo dieſe Miſchung vorkommt,
iſt der Boden und auch die Kiesſchichte locker; wo
aber Lehm, Ton, Letten oder Kalk das Bindemittel
bilden, wird der Boden ſtreng, kalt, naß und der
kieſige Untergrund gleicht dann mitunter einer
betonartigen Maſſe, welche das Eindringen der
Wurzeln und das Durchſickern von Waſſer unmög—
lich macht.
Den Untergrund bilden diluviale, meiſt mit
grauem Quarzſand vermiſchte Geröllmaſſen, welche
in große Tiefen — nach den neueſten Bohrungen
bis 122 m — hinabreichen. Der Kies, hier noch nuß—
bis fauſtgroß und noch dicker, wird rheinabwärts
immer kleiner. Bei Speyer iſt er noch erbſengroß,
bei Worms findet man nur noch Sand. Hier tritt
der Kies ſelten zutage, beinahe überall iſt er von
einer, wenn auch noch ſo dünnen Schicht von Schlick
oder Sand überzogen. In der Kiesſchichte fließt
der fo wichtige Grund waſſerſtrom.
Bei unſerem Horſt haben wir es mit humoſem
mergelartigem fruchtbarem Boden zu tun, nach unten
hin nimmt der Sandgehalt zu, doch iſt auch dieſe
Schichte, die bis 1,40 m hinabreicht, immer noch als
guter Boden anzuſprechen. Dann kommt freilich
eine unfruchtbare Flötzſandſchichte und hierauf Kies.
Wir ſehen hier, daß eine Bodenunterſuchung auf
1,50 m nicht immer genügt. Wir müſſen bei J. nigra
offenbar weiter hinabgehen und vielleicht über 2 m
Tiefe den Boden unterſuchen.
Herr Prof. Dr. Schwappach, der als Leiter des
Verſuchsweſens wohl die größten Erfahrungen auf
dieſem Gebiete hat, ſchreibt mir: „daß Schwarz—
nüſſe auf gutem, lehmigem Boden in den erſten
Jahren vortrefflich wuchſen, aber im Wuchſe nach—
ließen, als die Wurzeln auf feſtere Lehm und
Mergelſchichten kamen. Schließlich würden die
Pflanzen kümmern und abſterben. Es ſtimmt dies
mit kleinen Verſuchen, die ich auf verſchiedenen
Bodenarten machte, überein.“
2. Waſſerverhältniſſe.
Von den atmoſphäriſchen Niederſchlägen — die
hier im Mittel 671 mm bei Schwankungen von
467 bis 940 betragen — abgeſehen, beeinfluſſen die
beiden Parallelflüſſe Rhein und Ill mit zahlreichen
Nebenarmen und Altwaſſern mächtig die Waſſer—
verhältniſſe. Oberhalb Straßburg liegen die Flüſſe
5 bis 7, bei Schlettſtadt und Colmar 13 bis 14 km
auseinander. Zur Beurteilung unſerer Frage iſt es
nötig, auf frühere und die heutigen Verhältniſſe
hinzuweiſen und follen vor allem die Rheinſtände,
das Grundwaſſer und die Überflutungen beſprochen
werden.
a) Rheinſtan d.
Vor der Rheinkorrektion, welche hier 1842 br.
gann, beſtanden — wie alte Karten beweiſen —
zahlreiche Flußarme, welche das Rheinwaſſer ab
führten. Das Gefäll wurde durch die vielen Win.
dungen der Waſſerläufe gemindert, ſo daß der
Waſſerſtand viel gleichmäßger ſein mußte, als nat
der Korrektion. Auch der Grundwaſſerſtand war
nach Mitteilungen alter Leute, die Ziehbrunnen
beſitzen, damals gleichmäßiger. Dem Baumwuch⸗
ſcheinen die früheren Verhältniſſe zuträglicher ge—
weſen zu fein, als die jetzigen, denn wir finden au
geringeren Böden tatſächlich noch ſchöne alte Cider
und Eichen, während wir heute ſolche Holzart:
dort nicht mehr fortbringen. Es ſcheint, daß da:
Wurzelwerk an den offenbar höher liegenden und
gleichmäßigeren Grundwaſſerſtand ſich aupaßte und
die Bäume nicht darunter litten, ſondern vortreſf
lich gediehen.
Nach vollzogener Korrektion — 1872 — und
ſchon vorher bei den Rheindurchſtichen, änderten
ſich diefe Verhältniſſe. Das Waſſer floß viel ſchneller
ab (hier etwa 15 km pro Stunde) und ſehr erheblich.
Schwankungen, die 1 bis 6 m betragen, jtellte
fich ein,ſo daß unſere Waldungen bald unter Zrodhi:.
bald unter Näſſe zu leiden hatten. In Jahren mi
niederem Rheinſtand, wie 1893 bis 1895 und 1903
litten die Kulturen ſehr not und ſelbſt alte Eichen
Eichen, Rüſtern ꝛc. wurden Dürr und ſtarben ab.
Bei hohem Waſſerſtand haben wir Überfluß o
Feuchtigkeit, welche ebenfalls ſchädlich wirkt, be
ſonders wenn der hohe Stand, wie 1910, viel
Wochen anhält.
Seit ca. 10 Jahren erſtrebt man der Schiffahrt
wegen einen gleichmäßigeren Waſſerſtand dur
Anlegung von Buhnenbauten zu erhalten und he
dieſes Biel bis über die Kehler Rheinbrücke hia:
erreicht.
b) Grundwaſſerverhältniſſe.
Über den Einfluß des Grundwaſſers auf t:
Gedeihen der Holzarten habe ich in der Literath
nichts gefunden. Nun hörte ich von einem Jon
beamten, der in Tharandt ſtudiert hatte, daß mar
dort Verſuche über den Einfluß des Bodenwaſſerk
auf das Gedeihen der Pflanzen gemacht habe. In
wandte mich alsbald dahin. Herr Prof. Dr. Bare
ſchrieb in febr liebenswürdiger Art unterm 14. Ctt.
daß ſolche Verſuche nicht gemacht worden fer
Er könne ein Urteil nicht abgeben. we
Aber feine allgemeinen Bemerkungen find !
belehrend, daß ich dankbar dafür bin und mu dl
ſtatte, dieſelben im Intereſſe der Sache zu veröfſeln
lichen. Er ſchreibt: |
„Ganz allgemein können Baumbeſtände dan
ernde Anderungen des Grundwaſſerſtandes in ihre!
— — ———— —
— . —•2:.᷑ y᷑.;m . —— —— ͥͤôA'ep“]hlj—d — — . ————— e —— ͤ — —
i
+
*
1
—
—
221
Wurzelraume ſchwer oder gar nicht ertragen. Dies
it nach meiner Erfahrung lediglich darin begründet,
daß ſich das vorhandene Wurzelſyſtem einem be-
ſtimmten mittleren Grundwaſſerſtande durchaus
anpaßt und verſagt, ſobald ſich der Waſſerſtand be⸗
rächtl'ch ändert, gleichgiltig, ob dieſe Anderung in
einem Steigen oder Fallen beſteht. Die Bäume
erkranken ausnahmslos bei ſolcher Anderung, und
es kann nur abgewartet werden, ob ſie genügende
Kraft beſitzen, ſich den neuen Verhältniſſen anzu⸗
paſſen. Dies iſt im allgemeinen um ſo eher zu er-
warten, je geringer die Anderungen und je jünger
die Bäume ſind.
Weſen tlich iſt, daß ein Standort, auf welchem
ein Beſtand einer beſtimmten Holzart wegen Ver—
änderung des Grundwaſſerſtandes abgeſtorben iſt,
für einen neu begründeten Beſtand derſelben Holz-
art, deſſen Wurzeln ſich den neuen Verhältniſſen
aupaffen, recht wohl je nach Umſtänden ein yer-
züglicher Standort fein kann. Steigen und Fallen
des Grundwa ſſers können je nach Umſtänden den
Standort beſſern, in ſeinem Ertrage nicht beein.
fluſſen oder verſchlechtern; etwas Allgemeines läßt
ſich hierüber nicht ſagen. —“
Eben ſo bieten die Mitteilungen des im Februar
verſtorbenen Oberforſtrates Eßlinger, der viele Jahre
im Rheingebiete war, viel Intereſſe und füge ich
dieſe bei. Er ſchreibt mir im November 1916: „Wenn
bei dem Abſterben der J. nigra, wie ich annehmen
muß, Inſekten und Pilzſchäden, auch Wirkungen
von Blitzſchlag ausgeſchloſſen ſind, bleibt als Urſache
wohl nur abnormer Bodenzuſtand übrig. Nach
meinen Erfahrungen vermag namentlich ein höherer
Grundwaſſerſtand — wie Du auch vermuteſt — das
Wurzelwachstum ungünſtig zu beeinfluſſen teils
durch Herabſetzung der Wärme, ganz beſonders aber
durch Behinderung der Luftatmung. Die Wider-
ſtandskraft der einzelnen Holzarten gegen anhaltende
Bodennäſſe ift ſehr verſchieden. Am beſten ver-
tragen ſolche Papp eln und Weiden, dann Stieleiche,
auch Rüſtern, namentlich effusa. Da die Schwarz—
nuß nicht zu den einheimiſchen Holzarten des Aus:
waldes mit wechſelnden Waſſerſtänden gehört, wird
Seal: Profil durch die Rheinebene bei Straßburg
Abhandlung des Landesgeologen Dr. E. Schumacher
Truchlersheim
Hausbergen
Münster
Strassburg
Kinzig
Wilistetl
Appenweier
>» Durlach
u on UIQ Yu
ar
Alvin. 2. Diluvium. 3. Tertiäre Meeres- Sedimente.
Schwarzer Jura. 6. Keuper. 7. Trias⸗Muſchelkalk.
ang der
von 1895.
4. Brauner Ju ra.
8. Granit, Gneiß niw. Dr.
ſie nach meinem Vermuten empfindlich ſein gegen
länger dauernden hohen Grundwaſſerſtand, ſowie
namentlich auch gegen ſtarke Schwankungen in dem
Waſſergehalt des Untergrundes. Beſonders ſchäd—
lich erweiſen ſich Waſſerſtauungen im Frühjahr
3. Zt. des Wurzelwachstums, ſowie im Sommer
während der lebhaften Vegetationszeit.“
In ähnlichem Sinne ſchrieb mir Regierungs-
direktor von Ritter in Speyer kurz vor ſeinem Tode.
Gehen wir nun auf die hieſigen Verhält⸗
nijfe näher ein. Den größten Einfluß auf die Feuch⸗
tigkeitsverhältniſſe des Bodens hat im Rheingebiet
das Grun dwaſſer, welches hauptſächlich
vom Waſſerſtand des Rheines abhängt. Der Rhein
fließt etwa von Baſel bis Speyer größtenteils in
einem Kiesbett, deſſen Sohle nicht überall feſtliegt.
Im oberen Teile, wo das Gefäll größer iſt, wie hier
— 96 cm, bei dem Wärterhans 66 cm auf 1 km —
werden die Schichten aufgewühlt und rheinabwärts
fortbewegt, die ſogenannten wandernden Kiesbänke.
Wenn nun auch die Ufer jetzt durch Steinbauten
feſtliegen und mehr oder minder verſchlammt ſind,
ſo gelangt doch durch die Ufer und die Sohle des
Rheins und teilweiſe auch der Ill eine Menge Waſſer
in die Tiefe und in das Seitengelände rechts und
links vom Rhein. Dieſer laugſam fließende mehr
oder minder breite Grundwaſſerſtrom durchzieht
die Rheinebene. Das Grundwaſſer ſoll nach ver-
ſchiedenen Angaben 1) höher ſtehen, wie das Rhein-
waſſer und deshalb in den Rhem abfließen.
Für uns ijt wichtig, daß das Waſſer außer neun
andern Beſtandteilen viel kohlenſauren Kalk (bis
216,1), kohlenſaures Magneſium (bis 87,4) und
Kohlſäureanhydrit (bis 110 m. g) auf 1 Liter Waſſer
enthält.
Zur beſſeren Beurteilung der Verhältnuiſſe im
Rheintale jet hier ein Profil der geologiſchen Bil-
dungen bei Straßburg?) beigefügt.
In der muldenförmigen Diluvialſchicht ſammelt
ſich das Grundwaſſer, weil die unterhalb liegenden
tertiären und Juraſchichten das Durchſickern des
Waſſers mehr oder weniger verhindern. Nach
meinen Beobachtungen, die fich auf 15-jährige Pegel-
beobachtungen ſtützen, ſteht das
Grundwaſſer auf 3 bis 4 km Enter:
nung vom Rheinufer in Beziehung
2 zum Waſſerſtand des Stromes, d. h.
coo g es ſteigt oder fällt mit dieſem. Am
55 — 3 beſten können wir dieſen Enmfluß
400 6 1) Dr. Krieger, Topographie von
20 = Straßburg und Umgebung. — Dr. Schu-
pe 2 mader, Landesgeologe, Abhandlung von
400 E 1395. --- Berichte des Direktors Breſch
vom ſtädtiſchen Waſſerwerk.
2) Idcalprofil aus der Abhandlung von
Schumacher, 1895.
22:
bei ſteigendem Rhein, beſonders bei Hochwaſſer,
beobachten. Da tritt hinter dem Hauptrheindamm
in 2 b's 3 Tagen das helle Grundwaſſer an die
Oberfläche — (das Überflutungswaſſer ift ſchlammig
und trüb) — und wird dann als Druckwaſſer
bezeichnet. Alle tiefliegenden Stellen füllen ſich
mit dieſem Waſſer an. Dasſelbe erſcheint z. B. in
dem' 3 bis 5 km vom Rhein entfernten Faſanen—
garten ſchon 2 bis 4 Tage nach dem höchſten Stand,
ſtagniert je nach Witterung und Rheinſtand 3 bis 10
und 14 Tage und verſchwindet dann wieder (durch
Verſickern und Verdunſten). Es erſcheint ſogar
weſtlich von andern größeren tiefen Waſſerläufen,
z. B. dem Krummen Rhein, und muß demnach
unter der Sohle dieſes Fluſſes durchfließen.
Alle Hohlräume des Bodens werden mit dieſem
kalten Waſſer angefüllt, es wirkt, wie ſtagnierendes
Waſſer, auch in kürzerer Zeit recht ſchädlich. Jüngere
Bäume bekommen gelbe Blätter und werden im
Wuchs beeinträchtigt und Sämlinge, ſowie jüngere
Pflanzen gehen unbedingt ein. So ſind beim Hoch—
warjer 1910 durch Druckwaſſer mehrere 1000 Hykorys,
J. nigra, Buchen uſw. zu Grunde gegangen. ) Die
mangelnde Luftzirkulation und die Erkältung des
Wurzelwerks werden die Haupturſachen ſein.
Wie die Bodentemperaturen bei naſſen Jahren
beeinflußt werden, geht aus mir gütigſt überſandten
Zuſammenſtellungen der hieſigen meteorol. Station
hervor. So ſind z. B. die Temperaturen bei 120 cm
Tiere in den Jahren 1910, 12 bis 14 im Mai um 0,5,
Juni 1,3, Juli 1,4, und im Auguſt um 3.1“ tiefer,
als in denſelben Monaten von 1911. Die Durch—
ſchnittstemperaturen betragen für April 7,9, Mai
11,2, Juni 13,8, Juli 14,9 und Augnuſt 16° .
— 10,7“.
tragen in dieſen Monaten 9,6 — 9,9 — 10,3 — 10,5
Die Schwankungen in den einzelnen
Jahren ſind ſo klein, daß die Jahreszahl nicht erwähnt
zu werden braucht. Wir ſehen daraus, daß das Grund:
waſſer den Boden erkältet und hierzu kommt noch
die durch Verdunſtung entſtehende Abkühlung.
Einen beſonders hohen Waſſerſtand hatten wir
1910, 12 14, 15 und 16 mit Höchſtſtänden von 4,38
bis 5,78 m am Straßburger Pegel. An 530 Tagen
hatten wir einen Rheinſtand von über 3 m, während
dies in den vorhergehenden 5 Jahren nur an 325
Tagen der Fall war. Das Grundwaſſer ſtand dem—
nach auch in den Jahren 1910, 12 ıc ſehr hoch.
Es liegt nun die Frage nahe, ob der hohe Waſſer'
ſtand nachteilig auf das Gedeihen der Nüſſe wirken
konnte? Herr Baurat Schneider hatte die Güte,
mir die nötigen Zahlen über den Waſſerſtand des
ca. 400 m oberhalb liegenden Wärterhauſes, ſowie
über die Meereshöhe des Geländes beim Nußhor't
und andere wertvolle Notizen zu geben. Hiernach
beträgt der mittlere Sommerwaſſerſtand, welcher
die Monate April bis September einſchließlich um—
faßt, im Zeitraum 1896 bis 1916 — 335 m. Da
der 0 Punkt des dortigen Pegels 135,26 m hoch liegt,
jo beträgt die Meereshöhe 135,26 -+- 3,35 138,61 m.
Die Juniwaſſerſtände find aber 35 cm höher,
alſo 138,96 m. Aus den Zahlen können wir leicht
ermitteln, ob die Pfahlwurzeln der kranken und
abgeſtorbenen Bäume das Grundwaſſer erreichten
oder nicht. Die ausgegrabenen Wurzeln hatten eine
Länge von 1,40 bis 1,50 m. Nehmen wir an, daß
die Wurzeln 1,40 lang ſind und das Grundwaſſer
beim Nußhorſt 30 cm tiefer ſteht, als am Pegel, ſo
Die Temperaturen des Grundwaſſers ?) be- ergibt ſich Folgendes:
Mittlerer Sommer Höhe Höhe Die Wurzel reicht
Waſſerſtand des Grund- des Grundw. hinab bei
x beim waſſers im Juni hohem tieferen ‘
z : : emerkungen
. Stromwärterhaus ab 30 em + 5 om Gelände N 9
Kegel m Meereshöhe m
Se er ee a ar a A = 2 une S ne 2 —— — 8 . e nen
1910 3,76 139,02 135,72 139,07 140,7 — 1,4 = 130,3
| 140,2 — 14 = 1888
12 3,30 138,65 138,35 138,70 | i oe:
7 | Das Terrain ſteigt gleich
14 3,8 139,13 138,3 139,1% 30,0 3,80 Er
í : e . mäßig gegen Weſten Bin.
15 3,51 138,77 138.47 138.82 ſo daß jede Höhenlage 140,2
140,3 uſw. eine gleich große
6 55 138,81 138,51 138,86 Fläche einnimmt.
D) Rebmann, Dendrologiiche. Zeitichrift von 1910
und 11.— Abhandlung v. Wil. Naturwiſſenſchaftl. Zeitſchrift
für Land: und Forſtwirtſchaft, 1900, 1910. Jahresbericht des
pfälziſchen Forſtvereins von 1904,
2
2) Aus den Berichten des Waſſerwerks von Direkter
Breſch, 1907-14.
0 . —ñ ë j ˙ à ll
b
2
Hieraus geht hervor, daß die Pfahlwurzeln von
hochſtehenden Bäumen bei mittlerem Sommer-
waſſerſtand das Grundwaſſer nicht erreichten, jene
von tief liegenden Stellen aber 1914 ins Waſſer
kamen. Greift man aber einzelne Monate, z. B.
Juni mit 35 cm höherem Stande, heraus, fo ge:
italtet fich das Verhältnis fon anders. Die Wurzeln
der tiefſtehenden Pflanzen waren, mit Ausnahme
von 1912, in allen andern Jahren im Grundwaſſer.
Eben ſo wird es auch teilweiſe im Juli, der auch hohe
Waſſerſtände hat, geweſen ſein. Man darf wohl
annehmen, daß der hohe Waſſerſtand nachtei—
lige Folgen hatte, idon die kümmerlich ent-
wickelte Wurzel im unterſten Teil weiſt darauf hin.
Das ſchlimmſte Jahr war jedenfalls 1910 infolge
des Monate lang anhaltenden Hochwaſſers. So
hatten wir hier im Jimi 17, Juli 30, Auguſt 13 und
September noch 6 Tage mit einem Waſſerſtand
von über 3,90 m und ſtanden an dieſen 66 Tagen
die meiſten Wurzelſpitzen im Waſſer. Ahnliche Ver:
hältniſe lagen 1914 vor. An 142 Tagen hatten wir
Waſſerſtände von über 3,10 m, ſo daß auch in dieſem
Jahre die Wurzeln häufig ins Waſſer kamen.
Der nachteilige Einfluß des hohen Grundwaſſer—
ſtandes mag noch durch die naßkalten, regenreichen
Sommermonate April bis Juli der Jahre 1914 bis
1916 vermehrt worden ſein. So fielen in dieſer
Zeit 924,8 mm Regen, in den gleichen Monaten
der drei vorhergehenden Jahre nur 702,1 mm.
Nach den Angaben verſchiedener Herren ſoll
das Grundwaſſer höher ſtehen, als der Rhein-
ſpiegel. Ich habe darauf keine Rückſicht genommen,
weil ich Zweifel hege, ob dieje Annahme bei ho hem
Rheinſtande zutreffend iſt.
c) Überflutungen.
In den Flußgebieten der E ene bietet ſich reich—
lich Gelegenheit über derartige Beſchädigungen
Studien zu machen. Es liegen auch hierüber mehrere
Abhandlungen vor; ich möchte aber hier nur auf
zwei neuere Artikel von Forſtmeiſter Vill und
Dr. Anderlind !) hinweiſen und bemerken, daß fie
mit meinen langjährigen Beobachtungen im mitt-
leren — (1864/65 bei Worms, 1870 in Speyer) —
und oberen Rheingebiet — (1890 bis jetzt) — über⸗
einſtimmen.
Das Verhalten der einzelnen Holzarten gegen
berſchwemmungen iſt ja recht verſchieden und
manchmal überraſchend. So ſind im Plobsheimer
Rheinwald zwei jetzt etwa 65 jährige Kiefernhorſte,
die im Überſchwemmungsgebiet liegen und bei
jedem höheren Waſſerſtand überflutet werden.
D Vill, Naturwiſſenſch. Zeitſchrift für Forſt⸗ und
Landwirtſch., 1911. — Dr. Anderlind, Darſtellung des
Verhaltens der Holzarten zum Waſſer. Juli. Heft der Forſt⸗
und Jagdzeitung, 1916.
22
3
Wochen-, ja monatelang jah ich diefe metertief im
Waſſer und konnte niemals einen nachteiligen Cin-
fluß konſtatieren. Dagegen traf ich Fichten, die
ſonſt gegen feuchten Boden nicht empfindlich ſind,
ihon bei Überflutungen, die 10 bis 14 Tage an-
dauerten, eingehend. Es kommen hier tatſächlich
kurioſe Fälle vor. Dies nur nebenbei, denn hier ſoll
vom Verhalten der J. nigra die Rede ſein.
Profeſſor Dr. Wimmer ſchrieb mir, daß die
Schwarznüſſe in Karlsruhe und Philippsburg unter
der Näſſe nicht gelitten hätten.
Forſtmeiſter Vill teilt Folgendes mit:
„Nach dem Hochwaſſer 1910 ſind eine große
Anzahl von damals fünfjährigen Nußpflanzen ein-
gegangen — andere kümmerten und entwickelten
ſich ſchirmförmig. Zu der 1911 in Landau ſtatt—
findenden landwirtſchaftlichen Verſammlung ließ
ich 20 Stück ſchöne, anſcheinend ganz geſunde,
Pflanzen ausheben, um ſie dort verpflanzen zu
laſſen; dabei zeigte es ſich, daß vielfach die feinen
Faſerwurzeln und ein Teil der Pfahlwurzel ab-
gefault waren und ſich nur ganz unten am Stämm—
chen neue Saugwurzeln gebildet hatten. Inzwiſchen
ſind keine Pflanzen mehr eingegangen.“ Vill glaubt,
daß der hohe Waſſerſtand die Hauptſchuld am Ab:
ſterben trage.
Im allgemeinen hängt bei dieſer Frage der
Schaden zunächſt von der Dauer der Über-
ſchwemmung, ſodann vom Alter und der Entwick—
lung der Pflanzen und Bäume ab. Kürzere nur
einige Tage anhaltende Überflutungen können wohl
die meiſten Bäume, ſofern ſie geſund und kräftig
entwickelt ſind, ertragen. So habe ich in dem Reviere
Roxheim bei Worms, das alljährlich mehrmals
überſchwemmt wurde, niemals einen abgeſtorbenen
Baum getroffen. Die Wuchsverhältniſſe waren
freilich auf dem vorzüglichen Schlickboden ganz
unglaublich. Mit 60 Jahren erreichten Eichen Durch—
meſſer auf Bruſthöhe von 1 40 bis 1.60 m. Niemals
in meinem Leben fab ich etwas Ahnliches!“
Auf den meiſten heutigen Waldböden ſind die
Verhältniſſe anders. Bei länger dauernden Über-
ſchwemmungen leiden viele Arten Not und zeigen
nach den Mitteilungen von Eßlinger, Vill und
Dr. Anderlind ein ſehr verſchiedenes Verhalten.
Gut entwickelte Schwarznüſſe und die gegen
Näſſe empfindliche Buche haben mehrtägige Über-
flutungen, ohne Schaden zu nehmen, ertragen;
Sämlinge und einjährige Pflanzen gingen aber ein.
Die 1910 im Juni fünf und im Juli zwei Tage an-
haltende Überſchwemmung der in Abt. 70 und 71
1) Das Revier Roxheim wurde parzelliert und ver-
kauft. Ich war beauftragt, alle Arbeiten zu machen, daher
meine genanen Kenntniſſe dieſes unvergleichlichen Waldes.
1864— 1865.
liegenden damals 12 bis 14 jährigen nigra- und regia-
Horſte ſchienen einen Nachteil nicht erlitten zu haben.
Es ijt aber möglich und wahrſcheinlich, daß die hohen
Sommerwaſſerſtände von 1912, 13 und 14, ſowie
die naßkalten Sommermonate zur Erkrankung bei»
getragen haben. So iſt deutlich zu beobachten, daß
Gipfel. wie Seitentriebe dieſer Jahrgänge, jowie
die von 1915—16 erheblich kleiner ſind, als die
in früheren Jahren. Und 1917 will les Ende Juli
ſcheinen, als würden die Triebe noch kleiner bleiben.
Bei dieſer Sachlage iſt ein Rückblick auf frühere
Verhältniſſe am Platze. Wir haben im Straßburger
Gebiet 115 meiſt gut entwickelte 80 bis 85 jährige
Schwarzuußbäume. Darunter befanden ſich 17
Prachtexemplare mit Durchmeſſern von 65 bis 93 cm
und Höhen bis 38 m. Nur die von raſchwüchſigen
Holzarten eingeengten und unterdrückten Exemplare
ſind ſchwächer entwickelt.!) Als diefe Bäume ge-
pflanzt und erzogen wurden, gab es noch keine
Rheindämme und iſt die Annahme berechtigt,
daß ſie öfters in der Vegetationszeit überflutet
wurden. Es iſt auch wahrſcheinlich, daß die Über-
flutungen länger dauerten, als jetzt. Die Gründe
ſind ja naheliegend. Selbſt nach der Korrektion ſind
Überflutungen eingetreten; ſo daß die Gegend
manchmal einem großen See glich. Wie oft habe
ich dies von den Bergen aus in den 70 er und 80 er
Jahren geſehen.
Alle diefe Überſchwemmungen haben die er-
wähnten Bäume, die meiſt in tief liegendem Ge-
lände ſtehen, — nach dem heutigen Ausſehen zu
ſchließen — ohne Nachteil überſtanden. Freilich
brachte auch jede Überflutung mehr oder weniger
fruchtbaren Schlick mit. Unwillkürlich drängt ſich
die. Frage auf, weshalb die Bäume, ohue Schaden
zu nehmen, durchkamen?
3. Dichter Stand.
Über die nachteiligen Wirkungen einer zu dichten
Beſtockung beſtehen unter den Forſtwirten wohl
keine Meinungsverſchiedenheiten. Schon in alten
Forſtordnungen wird darauf hingewieſen, aber erſt
vor einem Jahrhundert haben unſere Altmeiſter
Hartig und Cotta die Lehren vom Waldbau wiſſen⸗
ſchaftlich ausgebaut. Was dieſe ausgezeichneten
Männer über zu dichten Stand ſchreiben, ift vors
züglich und für alle Zeiten zutreffend, weil dieſe
Beobachtungen der Natur abgelauſcht ſind. Seither
wurde durch Verſuche die Lehre von der Waldpflege,
insbeſondere den Durchforſtungen ſo gründlich in
Wiſſenſchaft und Praxis behandelt, daß für unſere
ein heim iſchen Holzarten keinerlei Zweifel
über die Wichtigkeit der Hiebsart und die Art und
Weiſe der Ausführung beſtehen.
1) Rebmann,
und Jagdzeitung, S. 266.
Auguft, Artikel von 1912 der Forſt⸗
Für die fremdländiſchen Holzarten
fehlen aber die auf längere Zeiträume ſich ſtützenden
Erfahrungen, insbeſondere auch hinſichtlich des
Verhaltens der einzelnen Arten gegen Licht und
Schatten. In den mir bekannten Abhandlungen
finden ſich nur ſpärliche Notizen über dieſe Fragen
und ſelbſt Dr. Mayr geht in ſeinem Werke übe:
fremd ländiſche Holzarten ohne jedes Wort darüber
hinweg. Und doch ift diefe Frage ungemein wichtig,
denn Gedeihen, ja die Zukunft der Holzarten hängt
davon ab.
erwünſcht ſein, wenn ich meine Beobachtungen, die
ſich immerhin auf einen B. jährigen Zeitraum cr:
Es wird daher manchem Wirtſchafter
ſtrecken, hier mitteile bezw. anf die Notizen ani: |
merkſam mache.
Die Schwarznuß iſt eine aus
Lichtholzart und zwar von
Jugend an.
S geprägte
Die Kulturen, welche ich der häufigen
|
frühelter |
und intenfiven Spätfröſte wegen in den erer
ſieben Jahren unter Schutzbeſtand erzog, haben
mich und meine Förſter davon aufs klarſte überzeugt.
Die gleiche Erfahrung haben andere Züchter auc
gemacht. Nun haben wir in ganz Deutſchland, in
|
Oſterreich und den angrenzenden Ländern reicht
Gelegenheit, den Baum in jedem Alter zu jeher |
und Beobachtungen anzuſtellen. Da gewinnt man
ſchließlich den Eindruck, daß der Baum Licht und
Luft haben muß, um fih ſchön entwickeln zu
können. Allenthalben, wo die Krone ſich nicht au:
breiten kann, nimmt der Zuwachs in geradezu auf
fallender Weiſe ab Meine Meſſungen, die im Augu
heft 1912 dieſer Zeitſchrift veröffentlicht wurden,
beweiſen dies auch. Und meine ſeither fortgeſetzten
Erhebungen über das Dickenwachstum dieſer Hol;
art haben dieſe Anſicht immer aufs nene beſtätigt.
In unſerm kranken Horſt kann leicht feſtgeſtell
werden, welchen Einfluß der dichte Stand hat
Die Mehrzahl der Bäume ift kümmerlich entwickelt
die Kronen find Hein, ſpitzen fih nach oben hin 3
— —
— — _
— — +
— ähnlich wie ein Kirchturm — die Durchmeſſe:
find gering; nur etwa ½ der Bäume winden jit
durch und bekommen ſtärkere Kronen und Durd-
meſſer. Wie anders ſehen gleich alte Pflanzen, die
a ——
— —
freieren Wuchsraum haben, in Parkanlagen ode
in Abt. 3 und die 8 bis 10 Jahre jüngeren in Abt.“
des Straßburger Waldes aus! Sie ſtrotzen ver
oe - am
Geſundheit und Lebenskraft und haben größere
Dimenſionen erreicht.
Einige Kollegen, die fih den kranken Horſt a
ſahen und der Anſicht find, daß der dichte Stand de
Haupturſache des Abſterbens fer, meinten, man ſoll
derartige Kulturen in weitem
Verband
anlegen, um einem dichten Stand von Beginn m
vorzubeugen. Das wäre meines Erachtens nic
angebracht, denn mancherlei Nachteile wären de
225
Folgen. Bekanntlich wird die Schwarznuß nur auf
jehr kräftigenn Boden angebaut und da hat man
mit ſtarkem Unkraut und Graswuchs zu rechnen.
J. nigra hat nun eine lichte Belaubung und muß in
der erſten Zeit dichter ſtehen, um über das Unkrant
Herr zu werden. In 5 bis 6 Jahren bringt fie dies,
manchmal noch früher, fertig. Die Pflegekoſten
ſind dann gering.
Bei weitſtändigen Kujturen, die hier ja auch —
aber aus anderen Gründen — gemacht wurden,
erreichten die Pflegekoſten etwa die dreifache Höhe,
wie bei dichterem Stande. Auch andere Nachteile,
wie Ausdehnung in die Breite auf Koſten der Höhe,
ſehlende Auswahl bei Durchforſtungen u. dgl. haben
uns veranlaßt vom weiten Verband abzugehen.
Bei Naturbeſamung von Eichen, Buchen, Tannen
uj, iſt ja auch der dichte Stand als Regel anzuſehen.
Oft ſtehen die Pflanzen ſo dicht, wie eine Bürſte;
aber die Natur forgt für Beſeitigung des Überfluſſes
durch den Unterdrückungsprozeß. Und wenn der
Wirtſchafter mit Durchreiſerungen noch nachhilft,
Dieſe Hiebe,
ſo dauert der Kampf nicht ſo lange.
wie die Durchforſtungen, find bei allen Juglans⸗
Arten, insbeſondere bei nigra dringend notwendig,
Hamit die Krone jih entſprechend ausbilden kann.
Der Wirtſchafter hat es ja in der Hand, hier
eechtzeitig einzugreifen, es ift feine Pflicht, bei
einer ſo eminent wertvollen Holzart alles zu tun,
vas zu ihrem Gedeihen notwendig iſt.
Es fragt fih nun, in welchem Zeitpunkt dieſe
Hiebe eingelegt werden müſſen? Ein beſtimmtes
Alter kaun wegen der Verſchiedenheit der Stand:
rte — zumal in klimatiſcher Hinſicht, nicht anger
eben werden; es muß hier der Zuſtand des Horſtes,
eſonders der Höhenwuchs, die Gipfelform, kurz,
| Einen ſicheren
Inhaltspunkt für den Beginn dieſer Hiebe bietet
as Geſamtausſehen entſcheiden.
er Eintritt des Beſtandsſchluſſes.
zn bis zwei Jahre ſpäter muß man jedenfalls mit
en Durchforſtungen beginnen und fie öfters, etwa
“Ue 4 bis 5 Jahre wiederholen.
Ein dichter Stand der Bäumchen beeinträchtigt
ber nicht nur die Ausbildung der Krone, ſondern
uch in fühlbarer Weiſe die Ausbreitung der Wurzeln
und ſomit die Ernährung der Pflanzen. Und
as iſt auch ein wichtiger Punkt. Auf Stellen, wo
‚tehrere Miteſſer da find, kommt eben auf jeden
ur ein verhältnismäßiger Anteil und das ift bei
nſpruchsvollen Holzarten von Bedeutung.
Foörſter Ley machte mich auf zwei Horſte auf-
nierkſam, die in dieſer Beziehung febr lehrreich find,
nd möchte ich deshalb dieſe Fälle hier kurz erwähnen.
Ein 10- und ein 25. jähriger nigra-Horft (in Abt.
3) grenzten ans Feld, und waren die Randbäume
fonder ſchön entwickelt und zwei. ja dreimal
1917.
dicker, als die im Horſte ſtehenden Bäume. Jeder
Forſtmann findet dies natürlich und ſchreibt das
ſtärkere Wachstum hauptſächlich dem vollen Licht-
genuß, der Bodenwärme, Bodenbearbeitung und
größeren Luftzirkulation im Boden ꝛc. zu. Aber
hier ändert ſich auf einmal das Bild, wie Miteſſer
auftraten und vor etwa 10 Jahren ein Lindenhorſt
erzogen wurde. (Siehe nebige Zeichnung.)
Nußhorſte in Abt. 78.
J. regia und nigra
Saat von 1893/94
mit Kiefernſchutzbeſtand
(Froſtloch)
J. nigra-
Saat von 1893/94
. Verb. 1.50
Unterbaut mit Buchen
8
ea en 1907 Ackerland he 1907
Dar
angeoflanit mit
angeſäet ik. J. nigra
pene he
Streifenverband
mit e e
Ackerland 1,20 : 1,00. 11 8 weniger
PE
c
“392g 1379416 VL vaya Bog
Ackerland
Wem. = Der weſtli
liegende
wie die am
Tunnen-
(aalvayupz) aalvammmııg M- —— >
Teil tft 40 bis SO cm höher,
waſſer liegende Fläche.
Seitdem die Linden die Bodenkraft des bis-
herigen Ackerlandes in ſteigender Weiſe in Anſpruch
nehmen, läßt der Wuchs der 25. jähr. nigra ⸗Rand⸗
bäume zuſehends nach. Meine bisherigen Meſſungen
der Durchmeſſer beſtätigen es auch.
Der Lichteinfluß bei der Krone ändert
ſich hier nicht, weil die Schwarzuußbäume 8 bis
10 m über die Linden hinausgehen. Es fann fid)
deshalb nur um Nahrungsentzug handeln.
Beim 10-jährigen Horſt macht ſich der Einfluß
beſonders durch den verſchiedenen Höhenwuchs
bemerkbar. Die Fläche ace k hat gleichen Boden,
nur liegt der Teil d e fg ca. 40 cm tiefer und ſteht
das Grundwaſſer dort ſehr hoch, was im Wuchſe
ſich auffallend bemerkbar macht.
Die Randbäume von a b find um 1 bis 2 m
niedriger, wie auf der Strecke bc d. Da ift es auch
die Nahrungsentziehung, welche die Abnahme im
Höhenwuchs verurſacht
Schlußbetrachtungen.
1. Boden:
Die Anſprüche der J. nigra an den Boden ſind
allen Züchtern wohlbekaunt und fo geklärt, daß
man über dieſe Frage nicht viel zu ſagen braucht.
Im vorkiegenden Fall glaube ich, daß die Boden:
verhältniſſe in Abt. 71 entweder gar nicht oder nur
in kaum nennenswerter Art zur Erkrankung der
Bäume beigetragen haben. Ich folgere dies aus
dem guten Gedeihen alter Bäume im Straßburger
Gebiet, welche meiſtens auf geringerem
Boden erwachſen ſind, als jene auf der Kulturfläche.
30
Es bot ſich öfters Gelegenheit, Bodenſtudien beim
Ausgraben von Schwarznußbäumen zu machen.
Meiſtens ſtieß man bei 40 bis 50 cm Tiefe auf
kieſigen Boden, der unten hin ſandiger und ſchlechter
wurde. Einen ſolchen Boden ſah ich in der Orangerie,
etwas beſſeren in der Seufzerallee, allenthalben mit
ſchönen Bäumen. Beim Kloſter St. Joſeph ſtanden
2 Prachtbäume (70,jähr.) mit 88 und 90 cm
Durchmeſſer auf Br. und 30 m hoch. (Eine Photo-
graphie davon beſitze ich.) Die Oberin verkaufte
dieſelben und bat mich, nach der Aufarbeitung den
Wert zu berechnen, weil ſie dem Händler nicht
traute. Ich beſorgte dies und ſah mir dann den
nur mittelguten Boden an. Man konnte ihn als
Bonität II—III für Eichen anſprechen. Er war
ähnlich, wie der in der Organerie, nur etwas beſſer.
Wertvollere Bäume werden hier ſtets ausgegraben,
ſo daß man gute Bodenbeobachtungen machen kann.
— So könnte ich noch eine Reihe von Fällen auf-
zählen, da in den letzten 15 Jahren etwa 20 ſchöne
Bäume verkauft wurden.
Nur wenige Bäume ſtehen auf Bonität I (Con-
taies, Mainau), die meiſten auf Bonität II und
darunter, dennoch ſind ſie ſchön und geſund, wenn
ſie Raum für die Kronenentwicklung haben. Wo
dies nicht der Fall ift, 3. B. bei einigen Bäumen
im Contades, welche von Platanen bedrängt ſind,
bleibt J. nigra ſelbſt auf dem beſten Boden im
Wuchſe zurück.
2. Waſſerverhältniſſe.
a) Rhein-, b) Grun dwaſſerſtand.
Es iſt ſicher, daß vor der Rheinregulierung der
Rheine wie Grundwaſſerſtand gleichmäßiger war
und nicht die großen Schwankungen hatte, wie ſie
ſeither ſo häufig eintraten.
waren ohne Zweifel die Verhältniſſe günſtiger.
Die Ausführungen von Prof. Dr. Vater ſind
für unſere Wuchsverhältniſſe vollkommen zutreffend,
denn die Vorzüge des gleichmäßigen und die Nach⸗
teile des oft wechſelnden Waſſerſtandes,
ſich hier tatſächlich deutlich bemerkbar.
Eßlinger glaubt auch, daß ein höherer Grund-
waſſerſtand das Wurzelwachstum ungünſtig beein-
fluſſe, beſonders bei J. nigra, die an wechſelnde
Waſſerſtände nicht gewöhnt ſei. In gleichem Sinne
äußert ſich Reg.⸗Direktor a. D. von Ritter. Forſt⸗
meiſter Vill fand auch faule und kranke Pfahl- und
Faſerwurzeln und glaubt, daß der hohe Waſſerſtand
die Urſache ſei. Prof. Dr. Joſt folgert aus ſeinen
febr ſorgfältigen Unterſuchungen, daß das Wurzel
ſyſtem aus irgend einem phyſikaliſchen Grunde leide
und die Pflanzen deshalb zugrunde gingen.
Es ſtimmen die Anſichten der oben genannten
Herren dahin überein, daß abnorme Bodenzuſtände
die Urſache der Wurzelerkrankungen ſeien. Da nun
machen
Für den Baumwuchs.
b
20
der Boden als normal bezeichnet werden kann,
können nur die Waſſerverhältniſſe die Urſache ſein.
In zwei Abteilungen, 36 und 78, kaun direkt der
nachteilige Einfluß des hohen Grundwaſſerſtandes
nachgewieſen werden, da fie von mir und dem Förſter
häuf ig beſucht und beobachtet wurden. Sie liegen
nicht in der Gefahrzone, wie 71, wo der Beſuch in
der Regel nur Sonntags möglich ijt.
laſſen im Wuchs ift dort, wie in 71, auffallend be-
merkbar. Da etwa von 1912 an die Wuchsminde⸗
rung in 71 eingetreten iſt, ſo darf man folgern, daß
die Seite 222 nachgewieſenen hohen Grundwaſſer⸗
ſtände mit ihren Nachteilen (Erniedrigung der
Temperatur und Behinderung der Luftzirkulation
die Erkrankung der Wurzeln verurſacht haben. Die
Überzeugung, daß der hohe Grundwaſſerſtand die
Hauptſchuld an der Erkrankung der Wurzeln
trägt, ſteht bei mir feſt.
c) Überflutungen.
Ein Nach.
Die Nußhorſte in 71 wurden nur 1910 und zwar
an 7 Tagen im Juni und Juli überflutet. Nac
Beobachtungen an andern Orten nehme ich an, daß
diefe Uberſchwemmung dort keinen Schaden
verurſacht hat.
3. Dichter Stand.
Prof. Dr. Schwappach hat wiederholt in ſeinen
Veröffentlichungen darauf hingewieſen, daß d
Juglans» und Caryaarten anders behandelt werden
müſſen, wie die einheimiſchen Holzarten. Es ſei
Lichtwuchsbe trieb am Platze, aber in ſtärkerem Maße.
als bei der Eiche. Auch der Verfaſſer ijt dieſer Anſicht
denn die in der F. u. J.⸗Zeit. von 1912 veröftent
lichten Durchmeſſer⸗ und Höhenmeſſungen haben
klar und überzeugend bewieſen, daß der Baum
Raum braucht, um ſeine Krone ausbilden zu können.
Wer Gelegenheit hat, den Schwarzuußbaum in
Parkanlagen, Alleen, Hofräumen oder im Walde
zu ſehen, und Vergleiche anstellen kann, der win
finden, daß meine Angaben genau den Tatſachen
der Wirklichkeit entſprechen. Jede ſtärkere Einengung
der Krone tut dem Baum wehe und macht jid k
merkbar im Zuwachs. Eine ſtärkere Bedrängung
hat ein Kümmern im Gefolge und dies ift bei unjerew
Horſt in Abt. 71 der Fall. Wäre dieſer Horſt recht
zeitig durchforſtet worden, jo hätten fid) die úhrny
bleibenden Exemplare kräftiger entwickelt, fie wären
widerſtandsfähiger geworden und imſtande geweſen,
die Wurzelerkrankungen auszuheilen oder durch
neue Wurzeln zu erſetzen. Hat ja Prof. Dr. Jol
auch an ganz geſunden ſchönen Bäumen
kranke Wurzeln gefunden, welche dem
Wachstum keinen Eintrag getan haben. Es waren
dies eben kräftig entwickelte Bäume, welche derartig
Unbiloen ohne Nachteil ertragen können.
Schwächling geht aber zugrunde.
—— — — — —— ek.
a -
— — — ur — — —
Der
2
Obgleich ich nicht verkenne, daß die dortige Kies-
it Sandſchichte, ſowie das hohe Grundwaſſer die
Wurzelkrankheiten begünſtigen und dadurch zur
Wuchsminderung beitragen, ſo halte ich doch nach
allen Un terſuchungen und Beobachtungen den
dichten Stand der Bäume für die Haupt-
urjade des Abſterbens.
Weitere Forſchungen find ja notwendig, hoffent-
lich bringen fie recht bald volle Aufklärung . . .!
Allen Herren, die mich in ſo entgegenkommender
und liebenswürdiger Weiſe unterſtützt haben, ſei
hiermit aufs herzlichſte gedankt.
Unſere Vorfahren haben uns viele Prachtbäume
in ganz Deutſchland ſowie in andern Ländern hinter-
laſſen und in den letzten vier Jahrzehnten wurde
von tüchtigen Forſtwirten der Beweis erbracht, daß
wir dieſen eminent wertvollen Baum auch im Walde
kultwieren können — an unfere Nachfolger
aber tritt die Aufgabe heran, dieſe
Holzart zu pflegen und zu wert-
vollen Beſtän den heranzuziehen.
— nn
en des Verhaltens der Holz⸗
arten zum Waſſer.
Von Dr. phil. Auderlind.
(Fortſetzung des Aufſatzes im Julihefte 1916.)
2. Die Weymouthskiefer, Strobe (P. strobus I.).
Die Heimat der Weymouthskiefer ift das zwischen
Miſſiſſippi und den Alleghanies gelegene Gebiet.
Ihr Name rührt her von Lord Weymouth,
welcher fie in England zuerſt erzog und auf anſehn⸗
lichen Flächen anbaute. Von da gelangte ſie nach
Deutſchland.“) |
Nach Carriè rei) wurde der Baum in Europa
1705 eingeführt. Boll es) gibt an, die Weymouths⸗
kiefer ſei in Paris vorübergehend ſchon Mitte des
16. Jahrhunderts angebaut worden. Im Wörlitzer
Park wurde ſie bei deſſen Begründung im Jahre
1764 angepflanzt.“) In der Rheinpfalz (Tripp-
ſtadt) iſt die Weymouthskiefer Ende des 17.
Jahrhunderts von dem kurpfälziſchen Oberjäger⸗
meiſter Freiherrn v. Hacke eingeführt worden.)
Da die Weymouthskiefer überaus waſſerbedürftig
iſt, ſo eignet ſie ſich nicht für trocknen Boden und
geneigte Lagen, wo das Waſſer auf der glatten
) Nach L. Beißner, Handbuch der Nadelholzkunde,
1891, S. 290.
2) E. A. Carrière, Traité general des conifères. Neue
Ausgabe. Paris, 1867, S. 399.
3) Bolle, Gartenflora, 1890, S. 435.
4) Ph. Gielen, Herzogi. Anhalt. Garteninſpektor,
Die Nadelhölzer des Wörlitzer Gartens. 1878, S. 19.
6) Bericht über die XIX. Verſammlung des Pfälziſchen
Forſtvereins zu Johanniskreuz am 26. und 27. Sept. 1908.
Speyer, 1909, S. 17.
*
27
—
Nadeldecke abrinnen würde. Der Baum gedeiht vor ⸗
trefflich auf den Alluvionen der Flußniederungen,s)
ſelbſt auf ſauerem Boden mit dicken Lagen von Roh-
humus?) ſowie in Sümpfen.)
Die Verjüngung der Weymouthskiefer geſchieht
auf natürlichem oder künſtlichem Wege. Auf natür-
lichem Wege, durch das Femelſchlagverfahren, wird
die Weymouthskiefer vom 60. Jahre ab z. B. in der
Rheinpfalz verjüngt. Da fie bereits im Alter von.
17 bis 20 Jahren fruchtet, ſo könnte die Verjüngung
ſogar noch früher erfolgen.“) |
Unter den Feinden der Weymouthskiefer find
zu erwähnen die Wurzelpilze Agaricus melleus und
Trametes radiciperda, welche auch noch die Wurzeln
ſtarker Stämme befallen. 0)
Unter den Kerfen find als Kultur- und Beſtands⸗
ſchädlinge zu nennen Hylurgus piniperda, Hylobius
abietis, Pissodes notatus, Chermes strobi. Am
meiſten gefährdet wird die Holzart durch Pissodes
piniphilus. 11)
Der Baum erreicht eine Höhe von 40 bis 50 m
und in einer Höhe von 1 m über dem Boden einen
Durchmeſſer von 1,50 m. In der Rheinpfalz (Tripp -
ſtadt) hatte im Jahre 1908 unter den damals an-
ſtehenden 960 Weymouthskiefern im Alter bis zu
113 Jahren der ſtärkſte Stamm bei einer Scheitel.
höhe von 27 m einen Durchmeſſer von 81 cm in
Bruſthöhe aufzuweiſen. 12) Forſtmeiſter Frhr. Schott
v. Schottenſtein berichtet, daß dieſe Holzart
an einzelnen Stellen des Stadtwaldes von Frank
furt a. M. einen jährlichen Durchſchnittszuwachs
bis zu 17 fm auf dem Hektar erreiche.
Das Holz iſt weich und leicht, aſtfrei, daher zur
Papierfabrikation brauchbar, leicht ſpaltbar und be⸗
arbeitbar, wirft ſich nicht, reißt und ſchwindet nicht.
Nach S ch och erhält es ſich in der Erde und im
Waſſer länger noch als die Eiche. Beſonders geeignet
iſt das Holz zu Deckläden von Gewächshäuſern, zu
Kiſten, Koffern, Schindeln, Dachſparren und zu
gewöhnlichem Hausgerät.
Dagegen iſt das Holz wegen ſeiner Brüchigteit
zu Bauholz nicht verwendbar.
6) Th. Hartig, Vollſtäudige Naturgeſchichte der forſt⸗
lichen Kulturpflanzen Deutſchlands. 1840, S. 83.
7) Vergl. EL. Grütter, Zur Würdigung der Bey:
mouthskiefer, Monatſchr. für Forſt⸗ und Jagdweſen, 1871,
S. 283 und K. Gayer, Der Waldbau, 4. Aufl., 1898, S. 70.
8) Nach J. B. Henkel und W. Hochſtetter,
Synopſis der Nadelhölzer, 1865, S. 93.
9) Vergl. den Bericht über die XIX. Verſammlung des
Pfälz. Forſtvereins zu Johanniskreuz, 1909, S. 17.
ee) Nach C. Frhr. v. Tubeuf, Die Nadelhölzer, 1897,
S. 3
i Nach dem Bericht über die XIX. Verſammlung des
Pfälz. Forſtvereins zu Johanniskreuz, 1909, S. 20.
12) Bericht über die XIX. Verſammlung des Pfälz. Forſt⸗
vereins zu Johanniskreuz, 1909, S. 3.
30
228
—
Da die Weymouthskiefer ſehr waſſerbedürftig
iſt und nach der Fällung viel Waſſer enthält, ſo muß
das Holz vor der Benutzung nicht nur ſehr ſperrig,
ſondern auch ſehr lange lagern. 3) Infolge des hohen
Gebrauchwertes des Weymouthskiefernholzes find
die Preiſe überaus hoch, höher als die für das Holz
der Fichte, Kiefer und Lärche üblichen. In der
Rheinpfalz (Trippſtadt) wurden ums Jahr 1908
gezahlt für Holz II. Klaſſe 49 Mk., III. Klaſſe 37 Mk.,
IV. Klaſſe 30 Mk., und V. Klaſſe 22 Mk.
Da die Weymouthskiefer in Sümpfen froh»
wüchſig ijt und nach Th. Hartig) fogar höhere
Feuchtigkeitsgrade verträgt als die Kiefer, ſo ſollte
man meinen, erſtere müßte ſehr widerſtandsfähig
gegen eine Waſſerdecke ſein. Dies iſt in der Tat der
Fall, wenigſtens bei jungen, verſchulten Weymouths⸗
kieferpflanzen. Am 27. September 1898 ſah ich in
dem Forſtgarten des von der Mulde und Elbe be—
grenzten Herzogl. Anhaltiſchen Schutzbezirkes Jonitz
bei Deſſau, welcher damals dem Förſter, Herrn
Machemehl, unterſtellt war, ein mit 300 bis
350 Pflänzchen beſetztes Beet Weymouthskiefern.
Sie waren im Frühjahr 1897 verfdult worden und
hatten eine Höhe von 10 bis 15 em erreicht. Am
1. Auguſt des nämlichen Jahres trat in der Mulde,
am 2. Auguſt auch in der weit waſſerreicheren Elbe
Hochwaſſer ein. Von dieſem Zeitpunkte an trat
eine Stauung und damit ein kaum merkliches Ab-
fließen des Muldewaſſers ein. Unſere Pflänzchen
ſtanden daher faſt während der ganzen dreiwöchigen
Dauer des Hochwaſſers im Stauwaſſer. In dieſem
Zeitraum waren die Pflänzchen völlig mit Waſſer
bedeckt. Gleichwohl erlitten fie durch die Gipfel-
waſſerdecke keine Schädigung.
zeigten vielmehr bei meiner Anweſenheit eine über-
aus üppige Entwicklung.
Vit es richtig, daß die Wurzeln junger Holzpflan⸗
zen raſcher atmen, als die alter Bäume, ſo müßten
alte Weymouthskiefern ohne Schädigung eine Waſſer⸗
decke noch länger ertragen können als junge Wey.
mouthskiefernpflanzen.
3. Die Zirben.
a) Die Zirbelkie fer, Zirbe,
Arve (P. cembra L.).
Die Zirbe, ein Baum der Alpen und des Hodh
gebirges, iſt auf den franzöſiſchen, italieniſchen,
öſterreichiſchen und bayeriſchen Alpen nur müßig
verbreitet. Dagegen beſtockt ſie ausgedehnte Ge—
biete in den Schweizer Alpen. Als oberſte Grenze
ihres Vorkommens gibt Willkom mi) nach
13) Nach F F. Boden, Kritiſche Betrachtung ausländiſcher
Holzarten, Forſtwiſſenſchaftl. Zentralblatt, 1902, S. 471.
14) A. a. O. S. 83.
15) M. Willfomem, Forſtliche Flora. 2.
3. 177.
Zirme,
Aufl. 1887,
Die Pflänzchen
Tſchudi 2560 m für das Stilfſer Joch an. Außer
in den Alpen findet ſie ſich auch in den Karpathen
(Tatra); gegenwärtig freilich nur noch in ge.
ringer Verbreitung, zumal, da in dem jetzigen Kriege
den vorhandenen Reſten arg zugeſetzt worden fein
dürfte. Die Höhengrenze der Zirbe ift hier bei 2268m.
Die Zirbe erreicht ein erſtaunlich hohes Alter,
nach Negers) ungefähr 1000 Jahre.
Wegen ihrer Widerſtandsfähigkeit gegen Kälte
und Sturm uſw. iſt die Zirbe in den Alpen und in
Hochgebirge für die Grenzgebiete des Baumwuchſe⸗
weitaus die geeignetſte Holzart. Da fie aber ziemlit
langſamwüchſig iſt und nur eine Scheitelhöhe von
20 bis 23 m erreicht, jo dürften Anbauverſuche
mit dieſer Holzart in den Waldungen der Ebenen
und Flußniederungen kaum zu befürworten fein.
b) Die Schweizeriſche Zirbe
(P. cembra var. helvetica Clairv.).
Eine von der gewöhnlichen Zirbe abweichende
Form wurde im Engadin entdeckt. Da jie ſich jedot
nach Hegi und Dun zingert) nur durch de
Farbe der Zapfen von der Gemeinen Zirbe unter
ſcheidet — die reifen Zapfen der Gemeinen firk
find zimmetbraun, die der Schweizeriſchen Ziri
gelbgrün gefärbt —, jo kommt die Schweizeriſch.
Zirbe ebenjo wie die Gemeine Zirbe für den Anbu
in den Niederungen und Ebenen nicht in Betracht
c) Die Sibiriſche Zirbe, Sibiriſche
Zeder (P. cembra sibirica Hort.).
Die Sibiriſche Zirbe beſtockt im nordöͤſtlicher
europäiſchen Rußland und in ausgedehnten Teiler
Sibiriens ſehr große Gebiete. Sie iſt eine Mut
Anpaſſung an den Standort entſtandene Form von
der Gemeinen Zirbe. Die Sibiriſche Zirbe finder
ſich im Gouvernement Perm auf umfänglichen,
aus brüchigem, faſt naſſem Boden beſtehenden
Landſtrecken. Auch Pohle 18) teilt mit, daß diek
Holzart bei Oranez an der Petſchora (in den Bor
bergen des nördlichen Ural) gemeinſam mit der
Fichte ſumpfigen, tonigen, unter hoher Humnsſchich
kaltgründigen, ſchlecht durchlüfteten Boden beſtock.
Wenn die Sibiriſche Zirbe in Rußland voug
weiſe im Flachland vorkommt, ſo findet ſie ſich dod
auch im Gebirge z. B. im Altai auf Höhen von 8
bis 1700 m. In der tſchuktiſchen Provinz geht die
Sibiriſche Zirbe über in die Strauch ode
— — — —
16 F. W. Neger,
17) G. Hegi und G.
10.
18, R. Pohle, Vegetationsbilder aus Nordrußland
aie! 17 in den Vegetationsbildern von G. Karften m
H. Schenck, 5. Reihe, Heft 3 bis 5, 1907.
= Nadelhölzer, 1907, S. IH.
Dunzinger, an Lal.
|
|
1
ta ei =—— — — — —— — —— —— ——
229
Zwergzirbe (b. c&mbra L.
Regel). 19)
Die Sibiriſche Zirbe unterſcheidet ſich weſentlich
von der Gemeinen Arve, durch etwas kürzere Nadeln,
durch die walzenähnliche Form der Zapfen und
durch größeren Umfang der Samen, welchem es
zuzuſchreiben iſt, daß dieſe in Rußland als „Zeder⸗
nüſſe“ auf den Markt gelangen. In ſolchem
Maße werden die Zedernüſſe gewonnen, daß in
einzelnen Gegenden der Beſtand die Sibiriſchen
Zirbe geradezu gefährdet erſcheint. So werden im
Petſchoraland des nördlichen Urat die Stämme der
Sibiriſchen Zirbe von den Syriänen zur Gewinnung
von Samen, mit welchem ſie einen ſchwunghaften
Handel treiben, in einer Menge gefällt, daß Pohle?)
die ſem Verhalten der Landesbe wohner „viel Schuld“
beimißt, daß die Zirbenbeſtände trotz reichen Nad-
wuchſes Schluß vermiſſen laffen. Ein wald bau
lich wichtiger Unterſchied zwiſchen beiden Holz—
arten beſteht darin, daß die Sibiriſche Zirbe nach
Angabe Wa le'w stis?!) in den Waldungen des
Gouvernements Perm alle 2 bis 3 Jahre reichlich
var. pumila
fruchtet, während die Samenjahre bei der Arve
feltener, alle 6 bis 10 Jahre, ſich einſtellen. Ein für den
Gebrauchswertdes Holzes bedeutſamer Unterſchied
zugunſten der Sibiriſchen Zirbe beſtehtin deren Höhen-
wuchs. Während diefe nach Beißner die. an-
ſehuliche Scheitelhöhe von 40 m erreicht und — bei
gutem Schluß der Beſtände — bis zu einer Höhe
des Schaftes von 20 bis 25 m glatt und aſtrein ift,
beträgt die Sche ite höhe der Arve nur etwa
20 bis 23 m. Nach dem Norden hin nimmt die
Scheitelhöhe der Sibiriſchen Zirbe jedoch ab und
beziffert ſich in der Gegend von Oranez an der Pet-
ſchora nur mehr mit 25 m.)),
Unter dieſen Uunſtänden erſcheint mir die Sibi-
riſche Zirbe zum Anban in den Bewäſſerungs.
wäldern des Flachlandes in hohem Maße geeignet.
Bis jedoch die von mir e Bewäſſerung
der Wälder der Niederungen und Ebenen verwirklicht
ift, ſollte man die Sibiriſche Zirbe in den Über-
ſchwemmungen von langer Dauer ausgeſetzten
Waldungen bedeutender Flußläufe verſuchsweiſe
anbauen.
Literdriſche Berichte.
Die Tharandter Jorſtakademie als Hem ul ſchuh
für den Fortſchritt. (Der endgültige Niederbruch
der Bodeureinertragslehre.) Von Hans 0
linger. — Woikowitz bei Brünn; im Selbſtverlage
des Verfaſſers. 1917.
Die Schreibweiſe des Verfaſſers erinnert ſchon
im Titel, insbeſondere in dem eingeklammerten
Zuſatze, an diejenige der Engländer und Franzoſen
im gegenwärtigen Weltkriege, wo fie mit tönen den
Phraſen ihren Endſieg und Deutſchlands Nieder⸗
werfung verkündigen, in Wirklichkeit aber ſelbſt eine
Niederlage nach der anderen erleiden.
Auf den Inhalt gehe ich nicht ein, nachdem ich
Herrn Hönlingers frühere Ausführungen im 1907er
Mai- und 1908er Jiniheft ausführlich wiederlegt
habe und von Herrn E. Kreutzer, ebenfalls einem
ſcharfen Gegner der Reinertragslehre, beſtätigt
worden iſt, daß H.'s Theorien fehlerhaft ſind. Vergl.
dais diesjährige Jannarheft S. 20. Meine wieder-
holt klar ausgeſprochene Stellung zu den ſtreitigen
19) Nach L. Beißner, Handbuch der Nadelholzkunde,
1891, S. 276.
200 R. Pohle,
a. a. O. Tafel 17. |
21) v. Kirchner, Löw, Schröter, Lebensgeſchichte
der Blütenpflanzen Mitteleuropas. Bd. , Abteilg. 1, 1908,
~
ao >
— o aÍ
Vegetationsbilder aus Nordrußland,
Fragen iſt bekannt; auf weitere Kontroverſen laſſe
ich mich in meinem Alter von nahezu 74 Jahren
nicht mehr ein. Jüngere Kollegen, insbeſondere
mein Herr Amtsnachfolger, mögen das ausfechten.
Aber zur Charakteriſierung der Kampfesweiſe Herrn
Hönlingers möchte ich nicht unterlaſſen, einen Brief
desſelben, gerichtet
„an die Kommilitonen des letzten Jahr-
gangs der Forſtwiſſenſchaft an der Uni⸗
verſität in Gießen“,
hier öffentlich bekannt zu geben. Derſelbe lautet:
Woikowitz bei Brünn (Mähren),
| den 22. IX. 17.
Kommilitonen !
Im „Tharandter forſtlichen Jahrbuch“ v. J.
1915, 66. Band, 5. Heft, wurden die wiſſenſchaft
lichen Arbeiten Dr. Glaſers wie die meinen ebenjo
ungehörig als unzutreffend durch Dr. Borg:
mann beſprochen.
Dr. Glaſer fiel auf dem Felde der Ehre, ihm
war es nicht vergönnt, dieſen ungehörigen An⸗
griff zurückzuweiſen. Ich ſelbſt, zumeiſt auf
engerem Kriegsgebiete beſchäftigt, erfuhr von
Borgmanns Angriff erſt im Winter 1916/17.
> — re
22 RM. Pohle, a. a. O. Tafel 17.
230
Borgmann, der Vortragende und Verteidiger
einer veralteten, ſeit Urſprung an unrichtigen
Lehre, iſt unterdeſſen Euer Lehrer geworden!
Ich, am Rande des Greiſenalters ſtehend,
nehme trotzdem als Neuerer feinen Fehdehand⸗
ſchuh auf, trete als Kämpfer gegen das Alther-
gebrachte auf, von dem der weit jüngere Borg-
mann nicht laſſen kann.
Schon in der Januarnummer des Tharandter
forſtlichen Jahrbuchs 1917 bekam Borgmann
ſeine Antwort, 6 Beweiſe, bei welchen die alte
Lehre im Gegenſatz meiner Lehre verſagt.
In gleicher Nummer antwortete Dr. Martin,
eine Antwort Borgmanns ift ausgeblieben, )
obzwar er auf mehrfache Erinnerung hin die
Antwort in der September⸗Nummer zuſicherte.
Warum zögert Borgmann?
Den Kampf in einer Fachzeitſchrift fortzu-
ſetzen, auf der bloß eine Seite frei, die andere
aber beengt iſt, gab ich auf und darum erſchien
in neueſter Zeit meine Schrift:
„Die Tharandter Forſtaka⸗
demie als Hemmſchnh für den
Fortſchritt (Der endgültige Niederbruch
der Bodenreinertragslehre)“,
um den Kampf zur Entſcheidung zu bringen und
um weiterhin Borgmann das Ausweichen zu
hindern.
Einmal hat er wohl verſucht, ſechs Beweiſe
für die Unrichtigkeit der Reinertragslehre nieder:
zuringen; mit welchem Mißerfolg, zeigt dieſe
Schrift.
Weitere ſechs Beweiſe, die er kennen gelernt
(ſ. o.) blieben bis nun unbeantwortet, und mit
in dieſer Schrift enthaltenen weiteren Beweiſen
ſich zu beſchäftigen, findet Borgmann Gelegenheit.
Über alles gibt meine Schrift
Aufklärung!
Unter dem Kampfrufe der Jugend: „Bor:
wärts!“ macht Euch frei von der Lüge in der
Wiſſenſchaft!
Behilflich dazu iſt Euch meine letzte Schrift.
Studieret ſie! Bei Angabe der Adreſſe eines
Vertrauen smannes fende ich Euch 10 Freiexem:
plare.
Frei und offen könnt Ihr dieſe Schrift leſen,
alle Fachzeitſchriften Deutſchlands und Oſter⸗
reichs beſitzen ſie heute zur Beſprechung, in jeder
Buchhandlung wird ſie erhältlich ſein, wohl auch
Borgmann dürfte ſchon Kenntnis von ihr haben;
wenn nicht, — dann überreicht auch ihm ein
Exemplar. Ing. Hans Hönlinger.
1) Dieſe Antwort iſt im 5. Hefte des Th. f. J. 1917,
S. 284 bis 325 in aller Ausführlichkeit erfolgt.
Ob das in dieſem Briefe beliebte Vorgehen zu
dem Zwecke, Mißtrauen zwiſchen einem akade⸗
miſchen Lehrer und deſſen Zuhörern zu ſäen, gebilligt
werden kann, mögen die geehrten Leſer unſerer
Zeitſchrift beurteilen. Dr. Wim me nauer.
Das öſterreichiſche NReichsforſtgeſetz mit Erlänte-
rungen zu ſeiner Handhabung. Unter Benützung
amtlicher Quellen und der Spruchpraxis des
k. k. Verwaltungsgerichtshofes zum praktiſchen
Gebrauche für Forſt techniker, Forſtwirte und
rechtskundige Verwaltungsbeamte. Bearbeitet
von Rudolf Fiſcher, k. k. Miniſterialrat
im Ackerbauminiſterium und Dr. AlbertHirſch
Edleu von Stronſtorff, k. k. Sektions⸗
rat im Ackerbauminiſterium. Wien 1917. Im
Selbſtverlage der Verfaſſer, I., Liebiggaſſe 5.
Ein laufſtelle. 8° XII und 489 Seiten. Buch:
druckerei Carl Fromme, G. m. b. H. in
Wien V., Nikolsdorfergaſſe 7—11. Preis broid.
Kr. 15.—.
Das öſterr. Reichsforſtgeſetz ſtammt aus dem
Jahre 1853. Im Laufe der Zeit ſind zahlreiche
Miniſterial⸗Erlaſſe, Gerichtserkenntniſſe und Er
kenntniſſe des k. k. Verwaltungsgerichtshofes zu
demſelben ergangen, die das Bedürfnis nach einem
machten. Zur Bearbeitung eines ſolchen entſchloß
fid) der leider noch vor Vollen dung des Werkes ver:
ſtorbene k. k. Miniſterialrat Rud. Fiſcher im Verein
mit dem k. k. Sektion srat Dr. Albert Hirſch Edler
v. Stronſtorff.
Das vorliegende, faſt 500 Seiten umfaſſende
Werk zerfällt in zwei Hauptabſchnitte. In dem
erſten, der gewiſſermaßen als Einleitung zu be
trachten ijt, werden die Entſtehungsgeſchichte des
Forſtgeſetzes, ſeine Durchführung und die neueren
Reformbeſtrebungen behandelt, der zweite Abſchnin
behandelt ſpeziell das Forſtgeſetz. Hier werden die
einzelnen Paragraphen der Reihe nach mitgeteilt
und zu jedem Paragraphen die hierzu ergangenen
Erlaſſe und Entſcheidungen angeführt.
Das Forſtgeſetz zerfällt in7Abſchnitte: Abſchnitt!l.
Von der Bewirtſchaftung der Forſte, II. Von der
Bringung der Waldprodukte, III. Von den Weald
brän den und den Inſektenſchäden, IV. Vom Fort:
ſchutzdien ſte, V. Von den Übertretungen gegen die
Sicherheit des Waldeigen tums, den zur Unterſuchung
und Beſtrafung derſelben ſowie aller übrigen in
dieſem Patente feſtgeſtellten Übertretungen be⸗
ſtimmten Behörden und dem dabei zu beobachtenden
Verfahren, VI. Von den Waldſchadenerſatzbeſtim
mungen, VII. Vom Inſtanzenzuge.
Kommentar zu dieſem Geſetze immer fühlbarer
231
Als Beilagen ſind dem Werke noch beigefügt
die Eidesformel für das Forſtperſonal, Formular
für Strafregiſter c., Grundſätze, nach denen der
Waldſchadentarif zu entwerfen und der Schaden—
erſatz zu leiſten iſt. Ein Anhang endlich enthält noch
eine Zuſammenſtellung der wichtigſten Rechtsſätze
aus den das Forſtweſen betreffenden Erkenntniſſen
bes k. k. Verwaltungsgerichtshofes und eine Bu-
ſammenſtellung einiger das adminiſtrative Ver-
fahren im allgemeinen betreffender, bei Fällung
der Entſcheidung, bezw. bei ihrer Überprüfung
durch die Oberbehörde zu beobachtender Rechts⸗—
grundſätze aus Erkenntniſſen dieſes Gerichtshofes.
Das mit vielem Fleiß und anerkennenswerter
Fachkenntnis bearbeitete Werk wird beſonders
Waldbeſitzern, Forſtverwaltungsbeamten, Richtern
x, ein willkommenes Handbuch jem, aber auch ent
fernter Stehenden bietet es viel des Intereſſanten.
E:
næ —
Jagden und Abenteuer in den Gebieten des oberen
Nil. Von Ad. David. Mit 80 Illuſtrationen
nach Naturaufnahmen und 2 Karten. Verlag
von Friedrich Reinhardt. Baſel, 1917. Preis:
625 Mk.
Verfaſſer ſchildert in dem vorliegenden, gut
ausgeſtatteten Buche ſeine Jagden und Abenteuer,
die er im Laufe von 14 Jahren in Agypten und
beſonders im Gebiete des oberen Nil erlebt hat.
Die zahlreichen eingefügten Abbildungen und die
beiden Karten von Afrika und den Gebieten am
oberen Nil bilden eine erwünſchte und zugleich
lehrreiche Ergänzung des Textes. Durch die Shil-
derungen Davids werden wir über die Geſchichte
und Zuſtände des Sudans und mit den Sitten und
Gebräuchen ſeiner Bewohner bekannt gemacht und
über mancherlei aus dem Gebiete der Naturkunde
unterrichtet.
Das intereſſante Buch zerfällt in folgende neun
Abſchnitte:
1. Nach Kordofan i. J. 1900; 2. Aufenthalt in
Agypten 1901—1905; 3. Nach Britiſch⸗Oſtafrika
i. J. 1906; 4. Nach dem blauen Nil und ſeinen Neben⸗
flüſſen i. J. 1907; 5. Mit Kinematograph und Büchſe
im Buſch, 1908; 6. Wieder im Jagdparadies; zum
dritten Mal am Dinderfluß, 1909; 7. Zweite Reife
mit dem Kinematograph nilaufwärts, 1910; 8. Nod-
mals am Dinder und am weißen Nil, 1911 und 1912;
9. Bei den Elefanten und weißen Naßhörnern i. J.
1913 und 1914. E.
Praktiſche Stallhafen- und Ziegen⸗Nutzzucht mit
Kriegskochbuch, nach welchem Kaninchen und
Ziegenfleiſch mit wenig Mitteln und Fett Er-
ſparnis dennoch gut und ſchmackhaft zubereitet
werden kann: Als wichtiger Beitrag zur Volks—
ernährungsfrage nach eigenen langjährigen Er—
fahrungen verfaßt von Rödel⸗Paulus-⸗Zittlau.
Praktiſche Ratſchläge für Anfänger, Anſtalten,
Schulen, Behörden, Vereine uſw. Volksbücher⸗
Verlag F. Hoff mann, Hamburg. Preis broſchiert:
1 Mk., kartoniert: 1,25 Mk.
Die Zucht und Pflege der Kaninchen und Ziegen,
deren Fütterung, Raſſen, Krankheiten, Schlacht
arten, Fell⸗ und Düngerverwertung, ferner bei den
Ziegen die Gewinnung der Milch und deren Ber-
wendung, und endlich die Verwendung und Bu-
bereitung des Fleiſches der Kaninchen und Ziegen
werden behandelt und zum Schluſſe Anleitung zur
Herſtellung und Benutzung der Kochkiſte und Se
Papierbeutels gegeben.
Praktiſche Anleitung zur Erhaltung der vermähten
Nebhühner und Faſanen⸗Gelege. Von Paul
Clauſius, Jagdverwalter des Jagdklubs
„Waldmann“, Goddelau b. Darmſtadt. G. Ottos
Hofbuchdruckerei, Darmſtadt, 1913.
Verfaſſer empfiehlt zunächſt die Veröffentlichung
einer Bekanntmachung bezüglich des Verhaltens
der Landwirte beim Finden vermähter Eier und
Zahlung eines Preiſes von etwa 5 Pf. für ein ab-
geliefertes gutes Rebhuhnei und von 10 Pf. für
ein Faſanenei, ſowie einer Belohnung für Anmel⸗
dung zufällig gefundener Neſter von Rebhühnern und
Faſanen. Weiter gibt er dann Anleitung für den
Transport, die Prüfung, das Ausbrüten der Eier,
die Behandlung der Jungen, Ausſetzen derſelben uſw.
Auch für das Fangen der Hühner- und Faſanen⸗
feinde werden Ratſchläge erteilt und ſchließlich eine
Reihe von Quellen zum Bezug von Brutapparaten
angegeben. E:
wee — —
Karl Eſcherich, Prof. Dr.: Die Ameiſe. Schilderung
ihrer Lebensweiſe. 2. verbeſſerte und vermehrte
Auflage. Mit 98 Abbildungen. 348 S. 12 Mk.
Verlag Vieweg & Sohn, Braunſchweig.
Aus der Inſektenwelt hat die Biologen und
Tierpſychologen neben den Bienen wohl keine
Familie mehr gefeſſelt, als die große Familie der
Ameiſen. Eſcherich hat vor zehn Jahren das ge-
waltige Beobachtungsmaterial und die vielen zer-
ſtreuten Einzelforſchungen vorſichtig geprüft und
zu einer glänzend geſchriebenen Monographie ver⸗
arbeitet, weitentfernt von trockener Schilderung,
wie ſie uns oft aus naturwiſſenſchaftlichen Werken
entgegentritt. Die erſte Auflage dieſes Buches war
das Werk des für die angewandte Entomologie
nunmehr führenden Forſchers und Organiſators,
mit dem er einen Lebensabſchnitt abgeſchloſſen
hat, der ſeiner Forſchung und Theorie gewidmet
war; von da an hat ſich Eſcherich geſtützt auf ſeine
theoretiſche Forſchung mit aller Energie, mit der
Begeiſterung und dem Glauben, die für jede große
Durchführung neuer Probleme nötig find, der prat-
tiſchen Seite der Inſektenkunde, der angewand ten
Entomologie, gewidmet. Während des nur kurzen
Aufenthaltes als Ordinarius in Karlsruhe, umgeben
von der herrlichen Natur des lachenden Rheintales,
fand der Verfaſſer, trotz ſeiner reichen organiſa—
toriſchen Tätigkeit, die auf viele Widerſtände und
Gegenſätze ſtieß, genügend Muße, noch einmal ſich
mit ſeinen alten Lieblingen, den Ameiſen, eingehend
zu befchäftigen, zu einer Reiſe „in das Land, wo
die Sonne rein geiſtigen Genießens“ ſcheint, „aus
der Praxis des rauhen Lebens, wo das wiſſenſchaft⸗
liche Intereſſe und eine Atmoſphäre voller leiden-
ſchaftlicher Gegenſätze und heftiger Widerſtände
herrſcht“, — wie es im Vorwort der zweiten Muf-
lage heißt.
Die Beobachtungen über das ſoziale Leben der
Ameiſen, über das Verhältnis der Ameiſen zu der
Pflanzenwelt, die Pſychologie haben ſeit dem Er-
ſcheinen der erſten Auflage ſo vieles Neue zu Tage
gefördert, daß viele Anſchauungen der Berichti—
gung und Ergänzung bedurften und die zweite
Auflage eine weſentlich erweiterte und verbefferte
Bearbeitung der erſten Auflage geworden iſt. Ein
Anhang über die Beſchädigung der Ameiſen in
Haus und Garten und deren Bekämpfung, weird
dem Leſerkreis dieſer Zeitſchrift beſonders wertvoll
ſein.
Das Manuſkript, am Tage vor Beginn des
Völkerringens am 31. Juli 1914 abgeſchloſſen,
konnte bei dem im letzten Jahrzehnt ſich ſtark an-
gehäuften Materiale nur dadurch ſo raſch beendet
werden, daß Dr. R. Brunn- Zürih das Kapitel
über die Pſychologie übernommen und H. V ic-
meyer. Dresden den ſyſtematiſchen Teil kritiſch
durchgearbeitet und zum Teil neu geſtaltet haben.
Die Einheitlichkeit des Werkes iſt dadurch nicht
beeinträchtigt worden. |
Nach einer Einleitung, die Allgemeines über
Syſtematiſches, die geographiſche Verbreitung, das
Staatenleben, die Unterſuchungsmethoden und Ge:
ſchichtliches bringt, beginnt der in 10 Kapitel ein-
geteilte Hauptteil des Werkes. Er behandelt in
Kapitel I Morphologie u. Anatomie der Ameiſen,
II Polymorphismus,
III Fortpflanzung,
IV Neſtbau,
V Ernährung,
VI Verſchiedene Lebensgewohnheiten,
—
Kapitel VII Soziale Symbioſe,
VHI Individuelle Symbioſe (Myrme⸗
kophilie),
IX Beziehung der Ameiſen zu den Pflanzen,
i IX Pſychologie.
Ein Anhang I behandelt die Ameiſen als Haus⸗
und Gartenbewohner und ihre Bekämpfung, ein
weiterer Anhang II gibt eine klare Überjicht über
die in Deutſchland heimiſchen Arten, wobei jeder
Art richtige biologiſche Kriterien beigefügt ſind.
Jedes Kapitel enthält am Schluſſe ein ausführliche:
Literaturverzeichnis über die ausländiſche und hei⸗
miſche Literatur; ein umfangreiches Namen- um
Sachregiſter erleichtert den Gebrauch des klar ge
gliederten und aufgebauten Buches. Sehr zahlreiche
äußerſt inſtruktive, meiſt Original⸗Abbildungen unter-
ſtützen die Anſchaulichkeit des Werkes, deſſen Aus.
ſtattung trotz der ſchwierigen Verhältniſſe der Verlag
in der bewährten gediegenen Weiſe durchgeführt hat.
Für den Forſtmann ſind die Ausführungen über
die Ameiſen als Pflanzenſchädlinge beſonders an:
ziehend; es kommen für den Wald beſonders die
Holz: oder Roßameiſen (Camponotus) in Betracht,
die oft ganz geſunde Fichten⸗ und Tannenſtämme
für den Neſtbau bis zu 10 m Höhe aushöhlen, Unter
den Ameiſen als Beſchützer der Pflanzenwelt wird
beſonders Formica rufa aufgeführt, die in aus
giebigſter Weiſe Pflanzeuſchädlinge vertilgt; Fore!
hat auf Grund ſeiner Beobachtungen angegeben,
daß die Bewohner eines Neſtes an einem Tage
wenigſtens 100 000 Inſekten vertilgen. Es ſollte
daher die Zerſtörung der Rufa-Neſter im Walde
(durch Sammeln der „Ameiſeneier“) ſtrengſten⸗
verboten werden.
Einen weiten Leſerkreis werden die allgemeinen
Kapitel über ſoziales Leben und Pſychologie feſſeln.
Die höchſten geiſtigen Fähigkeiten fehlen den
Ameiſen und es werden auf Grund der phyſiologiſchen
Forſchungen und Beobachtungen die oft ſehr phat
taſtiſchen Behauptungen geprüft und auf das wiſſen.
ſchaftlich berechtigte Maß zurückgeſchraubt. „Die
Ameiſen ſind keine Miniaturmenſchen, aber auch
keine reine Reflexautomaten. Sie ſind vielmehr mit
pſychiſchen Qualitäten reichlich ausgeſtattete Weſen,
bei denen man Gedächtnis, Aſſoziationen von
Sinnesbildern, Wahrnehmungen, Benutzung von
individuellen (ſnnlichen) Erfahrungen und ſomit
deutliche, wenn auch geringe individuelle plaſtische
Anpaſſungen nachweiſen kann.“
Naturwiſſenſchaftlich Gebildete werden aus den
Werke viele Anregung und Belehrung ſchöpfen,
letztere wird durch die klare, packende Darſtellung
auch weiteren Kreiſen zufließen; möge das Werl di
Verbreitung, die es verdient, finden, vielen zu Rut
und Freude! Dr. Wimmer.
n
”
—
Seed
353
Dr. ing. F. Fifer: Die Geſchichte der Sammer:
gutsforſten im Fürſtentum Schwarzburg-Bon«
dershauſen. Arnſtadt, Verlag von E. Frotſcher,
1917.
Der Verfaſſer hat, im Felde erkrankt, die Zeit
ſeiner Geneſung zu vorliegender Arbeit benutzt.
Die Abhandlung iſt in drei Teile gegliedert, deren
erfter eine allgemeine Einführung in die Schwarz.
burgiſche Geſchichte bringt, der zweite befaßt ſich
mit der Entwickelung des Grundeigentums an den
Kammergutsforſten, während der letzte Teil der
Geſchichte der Bewirtſchaftung der Kammerguts—
forſten gewidmet iſt.
Für die Löſung der Domänenfrage iſt für
Schwarzburg⸗Sondershauſen vor allem das Gefeg
vom 12. XII. 49 maßgebend, das die Beſtimmung
des Reichverfaſſungsgeſetzes vom 28. III. 49 be⸗
ſchränkte und die Stellung des Fideikomm iſſes des
regierenden Fürſtenhauſes in Schwarzburg⸗Sonders⸗
hauſen durch Landesgeſetz ordnet.
„Dieſe Beſtimmung des Geſetzes vom 12. XII. 49
findet auf das Fideikommiß des Fürſtlichen Hau ſes
„feine“ Anwendung.“ Somit blieben die Wal—
dungen als ein Teil des nach der Regierungsfolge
forterbenden Familienfide ikommiſſes des Fürſt⸗
lichen Hauſes weiter beſtehen, ſoweit nicht „für ein-
zelne Beſtandteile eine in dem früheren Familien-
recht begründete Ausnahme nachgewieſen werden
konnte.“ „Unbeſchadet notwendiger oder nützlicher
Veränderungen mit einem Beſtandteile“ — jo
wurde weiter beſtimmt — „muß das Familiengut
ſeinem Werte nach unverändert erhalten bleiben.
Die Verwaltung und Nutzung des Kammerguts
ſoll aber, mit Ausſchluß der zu unmittelbarer Be—
nutzung des Fürſtlichen Hauſes beſtimmten Beftand-
teile, auf die Dauer der Selbſtändigkeit des Fürſten⸗
tums nach Vereinbarung einer dem Fürſten zu
gewährenden Zivilliſte, aus welcher alle Bedürfniſſe
des Fürſtlichen Hauſes und Hofes zu beſtreiten ſind,
unwiderruflich dem Staate überlaſſen werden. Die
näheren Beſtimmungen hierüber bleiben einem
beſonderen Geſetze vorbehalten.“
Geſetz vom 18. März 1850 ordnet dann an: in
§ 2.
Hinſichtlich aller übrigen nicht zur unmittelbaren
Nutzung des fürſtlichen Hauſes beſtimmten Teile
des Kammerguts werden nach der Beſtimmung des
Verfaſſungsgeſetzes dem Staate nur die Verwaltung
und Benutzung abgetreten.
Weiter wurde durch das Landesgrundgeſetz vom
8. Juli 1857 die Stellung des Kammergutes zum
1917
Fürſten und der Landesfinanzverwaltung nochmals
zum Ausdruck gebracht.
In dem Landesgrundgeſetze vom 8. Juli 1857
heißt es: (§ 20):
„Die Verwaltung und Nutzung des Kammerguts
kann mit Ausſchluß der zu unmittelbarer Benutzung
des Fürſtlichen Hauſes beſtimmten Beſtandteile
von dem Fürſten gegen den Bezug einer feſten
Domänenrente der Landesfinanzverwaltung über-
laſſen werden. Dem Regierungsfolger bleibt jedoch
das Recht, die ſes Verhältnis wieder aufzulöſen“, uſw.
Mit dem 14. Juni 1881 wurde endlich die Kam⸗
mergutsfrage durch Geſetz endgültig geregelt, welches
für die Forſten folgende wichtigen Beſtimmungen
enthält:
§ 2. „Das Kammergut iſt fideikommiſſariſches
Privateigentum des Fürſtlichen Hanſes. Dasſelbe
muß unbeſchadet notwendiger oder nützlicher Ber-
änderungen an einzelnen Beſtandteilen ſeinem
Werte nach unverändert erhalten werden.“
§ 7. „Die Verwaltung und Nutzung des Kammer—
gutes kann, mit Ausſchluß der zu unmittelbarer
Benutzung des Fürſtlichen Hauſes beſtimmten He-
ſtandteile, von dem Fürſten gegen den Bezug einer
Domänenrente der Landesverwaltung überlaſſen
werden.“
$ 17. „Die Subſtanz des Kammergutes muß
im Geſamtwerte unvermindert bleiben.“
„Extraordinäre Holzſchläge können nur mit bejon-
derer Genehmigung des Fürſten und des Landtages,
oder in eiligen Fällen, wenn dieſer nicht eben ver-
ſammelt iſt, des Landtagsausſchuſſes ausgeführt
werden. Der Erlös aus denſelben iſt vorab zur
Beſtreitung der Gewinnungskoſten und der durch
Wiederanbau der abgetriebenen Forſtflächen ent-
ſtehenden Koſten zu verwenden.“
Seit 1850 iſt die oberſte Forſtbehörde das fürſt⸗
liche Miniſterium, Finanzabteilung, mit einem forſt⸗
lichen Referenten und mit einem dem Miniſterium
angegliederten Miniſterialforſtbureau. Die Ver-
waltung unterſteht dem Oberforſtamte Sonders⸗
haufen, dem die Oberförſtereien als Verwaltungs:
organe unterſtellt ſind. Eingehend iſt dann die
Geſchichte der Bewirtſchaftung der Kammerguts⸗
forſten geſchildert, die von den Geſichtspunkten der
Holzarten verbreitung, Forſteinrichtung, Wertrech—
nung, Waldbau, Wegbau, Forſtſchutz und Forſt⸗
benutzung aus betrachtet werden, und namentlich in
betriebstechniſcher und waldbaulicher Beziehung die
Waldungen des Thüringerwaldes geſchichtlich uns
näher bringt. Die Arbeit liefert einen willkommenen
Beitrag zur Geſchichte der deutſchen Wälder.
Dr. Wimmer.
31
234 |
Briefe.
Aus Preußen.
Aus der Preußiſchen Forſtverwaltung.
Einſchlag und Abfuhr von Nutzholz.
Unter dem 29. März 1917 teilt der Miniſter für
Landwirtſchaft, Domänen und Forſten den Regie—
rungen Beſtimmungen über den Einſchlag und die
Abfuhr von Nutzholz mit, die von dem Kriegsamt
den Preuß. Stellvertr. Generalkommandos ꝛc. zu-
gegangen ſind. Hiernach ſoll jeder Einſchlag und
jede Abfuhr von Nutzholz bis auf weiteres als drin-
gende Kriegsnotwendigkeit angeſehen und behandelt
werden, ferner follen alle nicht kriegsverwendungs⸗
fähigen Forſtbeamten und Holzhauer, einſchl. der
Vorarbeiter, erforderlichenfalls für den Nutzholz—
einſchlag nach Prüfung des Bedarfs freigegeben
und Kriegsgefangene auf Antrag der Forſtverwal⸗
tungen für den Nutzholzeinſchlag nach Möglichkeit
belaſſen werden. . Eingearbeitete Kriegsgefangene
ſollen den Arbeitgebern auch dann belaſſen werden,
wenn die Arbeitsſtelle nach Abholzung eines Reviers
in das Gebiet einer anderen als der geſtellenden
M’litärbehörde (inner, oder außerhalb des Korps-
bereichs) verlegt wird, ſoweit an der neuen Stelle
die erforderlichen Arbeitskräfte fehlen. Auf die Ver⸗
wendung abgeſchobener belgiſcher Arbeitsloſer ſoll
mit allen Mitteln hingewirkt werden.
Für die Förderung der Holzabfuhr werden
folgende Beſtimmungen getroffen:
Zur Nutzholzabfuhr ſollen in erſter Linie alle
irgendwie verfügbaren Zivilgeſpanne, nöt'genfalls
durch Zwangsmaßnahmen der Zivilbehörden, heran-
gezogen werden. Wo der Bedarf hierdurch nicht
gedeckt werden kann, follen die ſtellvertr. General-
kommandos, ſoweit die dienſtlichen Verhältniſſe es
zulaſſen, durch Ausleihen von Pferden aushelfen.
Bei den Aushebungen ſoll auf dieſe wirtſchaftlichen
Verhältniſſe tunlichſt Rückſicht genommen und den
Beſitzern für die aus dieſer Rückſicht belaſſenen
Geſpanne die Auflage beſtimmter Mindeittages-
leiſtungen in der Nutzholzabfuhr nach Nutzlaſt, Ent-
fernung und Wegeverhältniſſen gemacht werden.
Den Anforderungen der Geſpannhalter auf Frei—
gabe nicht kriegsverwendungsfähiger Holzfuhrleute
für die Nutzholzabfuhr ſoll in dem nötigen Umfange
entſprochen werden.
Soweit Geſpanne nicht ausreichen, foll die Ber-
wendung von Dampf- und ſonſtigen Kraftwagen in
Erwägung gezogen werden. Zum Ankauf und An-
mietung von Laſtkraftwagen wird auf die Feldkraft⸗
wagen⸗Aktiengeſellſchaft, Berlin, Unter den Linden
34, hingewieſen und bemerkt, daß, wo Betriebs-
ſtoffe im freien Handel nicht zu haben ſeien, die
Inſpektion des Kraftfahrweſens um Aushilfe ang:
gehen ſei. Maßnahmen, durch die der Verkehr der
Laſtkraftwagen ſachwidrig erſchwert, z. B. die Ve
nutzung der Straßen von der Zahlung einer Ent:
ſchädigung oder der Hinterlegung einer Sicherben
abhängig gemacht werde, feien, ſoweit es die Ber
hältniſſe irgend geſtatten, außer Kraft ſetzen zu
laſſen.
Bau und Betrieb von Nutzholzabfuhrbahnen
ſei zu unterſtützen; Förderbahnmaterial könne, wenn
es im freien Handel nicht erhältlich ſei, bei der
Inſpektion der Eiſenbahntruppen erbeten werben.
Urlaub für Holzfäller und Fuht—
leute.
Das Kriegsminiſterium hat unter dem 27. Feb..
1917 die St ellvertr. Generalkommandos ere
darauf hingewieſen, daß den Anträgen auf Freigabe
von Holzhauern für den Nutzholzeinſchlag und vn
Fuhrleuten für die Nutzholzabfuhr in weiteſten
—
Maße und mit größter Beſchleunigung entiproder -
werden ſolle.
Ausſetzung forſtlicher Arbeiten zu
gunſten der Landwirtſchaft.
Mit Rückſicht auf die Surge, daß die lanwit |
ſchaftlichen Beſtellungsarbeiten, namentlich bein
H'nzutritt ungünſtiger Witterungsverhältniſſe, war
rechtzeitig fert'ggeitellt werden können, hat der
Miniſter für Landwirtſchaft, Domänen und Forten
unter dem 21. Februar 1917 es als Pflicht der Fort
verwaltung bezeichnet, die für ihren Betrieb a
planten Frühjahrs-, insbeſondere aljo die Kulut
arbeiten ohne Rückſicht auf das eigene wittſchafr
liche Intereſſe überall da auszuſetzen, wo die recht
zeit'ge Ackerbeſtellung der Gegend ohne Zuhlie
nahme der mit Forſtkulturarbeiten bejchäftigten
Perſonen in Frage geſtellt ſein würde. Sollte die
Ackerbeſtellung hier oder da ſoweit zurückgeblieben
fein, daß auch die Bereitſtellung der zzorjtkultur
arbeiter eine ausreichende Hilfe nicht gewährt, dam
ſoll die zeitweiſe Ausſetzung oder Einjchränkung
auch der Fällungsarbeiten erwogen werden.
*
Beihäftigung von Frauen beim
Holzeinſchlage.
Unter dem 2. März 1917 weiſt der Miniſter fit
Landwirtſchaft, Domänen und Forſten auf die Ror
23
wendigkeit hin, wegen Arbeitermangels nicht nur
die Forſtkultur⸗ und Wegearbeiten auf das Außerſte
einzuſchränken, ſondern auch die Frauen, ſoweit ſie
in der Landwirtſchaft entbehrlich find, zu den Schlag-
arbeiten heranzuziehen. Hiermit ſei man ſchon
anderwärts, namentlich in Bayern, mit gutem
Erfolge vorgegangen. Die Frauen hätten ſich dort
ſowohl bei leichteren Arbeiten in den Abtriebs—
ſchlägen als auch namentlich bei Aufarbeitung der
ſchwächeren Gruben⸗ und Brennhölzer, beim Schälen
des Holzes und in den Durchforſtungen jüngerer
Beſtände als durchaus brauchbar und leiſtungsfähig
erwieſen. In den Durchforſtungen jüngeren Holzes
werde es möglich ſein, Frauen allein arbe ten zu laffen.
Könnten ſie, wie in Starkholzſchlägen, nur als
Gehilfinnen bei der leichteren Arbeit verwendet
werden, ſo würden ſie von den Männern, mit denen
ſie zuſammen arbeiten, entweder auf einen feſten
Tagelohn zu ſetzen fe'n oder, ſoweit fie beſtimmte Teile
der Schlagarbeit, wie das Aufſetzen der Schecht⸗
hölzer, das Schälen u. dergl. allein übernehmen,
auch im Stücklohn beſchäftigt werden können. Auf⸗
gabe der Revierverwalter werde es fein, die Ver:
lohnung der Frauen im tunlichſten Einvernehmen
mit den männlichen Arbeitern ſo zu regeln, daß
ihnen ein auskömmlicher Verdienſt gef hert bleibe.
Sofern es, wie in Bayern, erwünſcht erſcheine, den
Frauen beſondere Schutzkleidungsſtücke, wie Über-
zughoſen über die Röcke ev. Rückenſchürzen, zur
Verfügung zu ſtellen, jo feien ſolche auf Staats-
koſten zu beſchaffen. Falls weibliche Angehörige
einberufener Arbeiter, die neben den reichsgeſetz ⸗
lichen Familienunterſtützungen Beihilfen aus forſt⸗
fiskaliſchen Mitteln bezögen und nach ihrem Familien.
ſtand und ſonſtigen Verhältniſſen unzweifelhaft in
der Lage ſeien, ſich an der Forſtarbeit zu beteiligen,
ungerechtfertigterweiſe die Arbeit verweigerten,
ſo ſeien ihnen die Beihilfen alsbald zu entziehen.
Backholz für Bäcker.
Um den Bäckern die Aufrechterhaltung ihres
Betriebes zu ermöglichen, hat ſich der Miniſter für
Landwirtſchaft, Domänen und Forſten durch Erlaß
vom 28. Februar 1917 damit einverſtanden erklärt,
daß Bäckern das zum Backen erforderl'che Holz durch
Vermittelung der Gemeindevorſteher, die das Be-
dürfnis feſtzuſtellen haben, freihänd'g zu Preiſen
überlaſſen werde, die ſich ig erträglichen Grenzen
halten.
Eintrieb von Schweinen in die
Staatsforſten.
Unter Bezugnahme auf eine Entſchließung des
Kriegsminiſteriums, 50 000 Schweine in die Staats:
forſten zum Eintrieb zu bringen, hat der Landwirt—
ſchaftsminiſter unter dem 27. März d. J. folgende
allgemeine Verfügung erlaſſen.
Die wegen Futtermangels notwendige umfang-
reiche Abſchlachtung unreifer Schweine bei Herab-
ſetzung der Schweinepreiſe vom 1. Mai d. J. ab
gefährden die dentſche Schweinehaltung und Zucht
in hohem Grade. Die Möglichkeit, viele Tauſende
von Schweinen, die wegen fehlenden Stallfutters
ſonſt vorzeitig geſchlachtet werden müßten, zu er-
halten und heranre'fen zu laffen, bietet der Wald.
Die Heeresverwaltung beabſicht'gt unter dieſen
Umſtänden, über 50 000 Jungſchweine von ca. 35 kg
Gewicht an aufwärts anzukaufen und vom Ende
des Monats April ab in Heerden von 100 b's 150
Stück in die Staatsforſten einzutreiben. Die den
Forſtbeamten hierbei zugedachten Aufgaben ſind
folgende:
1. Der Revierverwalter führt die Aufſ'cht über
den geſamten Betrieb, weiſt die Einnahmen und
Ausgaben auf die Forſtkaſſe an, kontrolliert die ein⸗
gegangenen Lieferungen an Futtermitteln, deren
Aufbewahrung und Verbrauch und legt allmonat-
lich der Ankaufsſtelle von Weidev'eh für das Feld-
heer, Berlin, SW. 11, Rechnung über die Einnahmen
und Ausgaben an Geld und Naturalien. Insbe⸗
ſondere ſorgt der Rev'erverwalter auch für die ſo—
fort'ge Herſtellung der Schutzbuchten für je 150
Schweine und eines Unterkunftsraumes für die
aus 2 b's 3 Perſonen beſtehenden, von der Heeres-
verwaltung zu ſtellenden Hütemannſchaften. Die
Schutzbuchten ſind tunlichſt im Schutz eines Alt—
beſtandes aus Pfoſten und Stangen ſo herzuſtellen,
daß ſie leicht verſetzt werden können, unter Dichtung
der Dächer durch aufgelegtes Reiſig. Macht die
Überdachung der Buchten Schwierigkeiten und ift
das Klima nicht zu rauh, fo genügt auch wohl reich-
ches Einbringen von Moos- oder Laubſtreu, in
die die Tiere ſich warm einbetten können. Für die
Hütermannſchaften find kleine Blod- oder Bretter-
häuſer, Unterſtände, ſog. Schäferkarren oder Köten
nach Harzer Art mit Hilfe von Holzhauern und etwa
an Ort und Stelle verfügbaren oder von der An-
kaufsſtelle zu erbittenden Handwerkern zu errichten.
Das zur Verwendung kommende Holz iſt als Brenn⸗
holz zu verbuchen und der Ankaufsſtelle mit dem
Taxwert in Rechnung zu ſtellen.
2. Der Förſter führt die ſtändige Aufſecht über
die Handhabung des Betriebes durch die Mann-
ſchaften. Er hat für Annahme, Aufbewahrung, Mus-
gabe und Verwendung der gelieferten Futtermittel
zu ſorgen, nöt'genfalls den Tierarzt zu rufen, die
erforderlichen Notſchlachtungen ausführen zu laſſen
und die notgeſchlachteten Tiere zu verwerten. Die
Verlohnung der unter ſeiner Leitung ausgeführten.
31*
Arbeiten erfolgt nach den für die Verlohnung der
Forſtarbeiter geltenden Beſtimmungen. Über die
erfolgten Notſchlachtungen und die Verwertung der
notgeſchlachteten Tiere hat er ſofort dem Oberförſter
zu berichten. Allmonatlich reicht er nach Vorſchrift
der Ankaufsſtelle aufzuſtellende Abrechnung über
Einnahme, Ansgabe und Beſtand der gelieferten
Futtermittel ein. |
3. Der Forſtſchreiber der Oberförſterei über-
nimmt für alle mit dem Weidebetrieb der Ankaufs⸗
ſtelle zuſammenhängenden Rechnungsſachen, die
er unter der Leitung des Oberförſters zu bearbeiten
hat, dieſelben Obliegenheiten, die ihm für das Forſt—
rechnungsweſen obliegen.
Die Ankaufsſtelle gewährt dem Förſter und dem
Forſtſchreiber eine monatliche Vergütung von 15 Mk.
und jedem dieſer Beamten, wie auch dem Revier—
verwalter die Vergünſtigung, in die Herden des
Revieres bis zu 4 Stück eigener, deutlich als Privat:
eigentum zu zeichnender Schweine unentgeltlich
einzuſtellen.
4. Die Forſtkaſſe zahlt auf Anweiſung des
Revierverwalters die Ausgaben für den Weide-
betrieb vorſchußweiſe, bucht die etwaigen Einnahmen
bei den Aſſervaten und reicht dem Revierverwalter
allmonatlich die Ausgabe, und Einnahmebelege
behufs Aufſtellung der Monatsrechnung ein. Es
wird ferner die Hoffnung ausgeſprochen, daß auch
die Ehefrauen der beteiligten Förſter ſich durch Über-
nahme der Verpflegung der Hütermannſchaften
in den Dienſt der Sache ſtellen werden, wenn eine
andere Verpflegungsmöglichkeit nicht beſteht. Die
Beköſtigung wird aus den von der Heeresverwaltung
zu liefernden Lebensmitteln erfolgen und die An-
kaufsſtelle auch für dieſe Mühewaltung eine ange—
meſſene beſondere Vergütung gewähren.
Für Beſchaffung der erforderlichen Hunde ſorgt
die Heeresverwaltung.
Weiter wird bemerkt, daß der Weidebetrieb in
erſter Linie durch das Vorhandenſein hinreichenden
Waſſers, an dem es auch innerhalb oder dicht bei
der Bucht nicht fehlen darf, bedingt wird. Sodann
müſſe die Ortlichkeit nach Boden- und Beſtands⸗
verhältniſſen einen genügenden Ertrag an Gras,
Kräutern, Wurzeln, Inſekten und Würmern ver:
ſprechen. Endlich erſcheine es erwünſcht, in den
Weidebezirken Gelegenheit zur Werbung von Futter⸗
laub zu haben, das unter Aufſicht der mit Hüten
jeweils nicht beſchäftigten Mannſchaften geworben
und gehäckſelt den Schweinen als Ergänzungsfutter
verabreicht werden könnte.
Sodann wird durch Erlaß des Landwirtſchafts⸗
miniſteriums vom 30. April 1917 über die beim
Eintrieb von Schweinen zur Waldweide gemachten
Erfahrungen mitgeteilt, daß:
36
—
1. eine wirtſchaftliche Ausnutzung der Wal.
dungen durch Beweiden mit Schweinen ſchon in
gewöhnlichen Zeiten geboten iſt, geſchweige denn
bei der jetzigen Futternot,
2. daß in den meiſten Waldungen ein Beifutter
auch in den beſten Futtermonaten — abgeſehen von
Eichel⸗ oder Buchelmaſtzeit — nicht entbehrt werden
kann,
3. daß die Wirtſchaftlichkeit der Schweinewald⸗
weide aufhört oder fogar in große Verluſte umſchlägt,
wenn die Schweineſeuche, die Schweinepeſt oder
der Rotlauf — ohne vorhergegangene Impfung —
ausbrechen. Dieſe Seuchen fernzuhalten, iſt bei
zuſammengekauften Schweinebeſtänden unmöglich.
Schweineſeuche und Schweinepeſt haben trotz rech.
zeitiger Schutz, und Heilimpfung jo große Opfer
erfordert, daß mancher Unternehmer die Luft zum
Weiterhalten verloren hat. Eine Gewähr iſt nur
dann gegeben, wenn die Schweine für die Wald,
weide aus nachweislich ſeuchefreien Beſtänden ge
wonnen werden.
4. Eine Herde ſoll im allgemeinen ungefähr
100 Stück betragen. Wenn die Heeresverwaltung
beim Eintreiben von Schweinen in die Wälder in
größerem Umfange nicht Verluſte, unter Umſtänden
ein Maſſenſterben erleben will, wird ſie die unter
3 genannten veterinären Vorbedingungen möglicht
erfüllen müſſen. Einwandfrei muß auch noch von
den Herkunftsbeſtänden nachgewieſen werden, daß
jie ſelbſt von der Form derjenigen Schweineſeuche
frei find, die nicht unter das Seuchengeſetz fällt, d. i.
die mit gelindem Verlauf; denn diefe wird bei Wal:
ſchweinen, die jeder Witterung ausgeſetzt find, zu
leicht akut und mörderiſch.
Was die Unterſchlupfräume betrifft, ſo iſt noch
zu erwähnen, daß ſich hier dachförmig gegeneinander:
geſetzte Reiſigbündel bewährt haben, die an einen
auf ſtarken anderthalb Meter über der Erde ftehen:
den Pfoſten ruhenden Mittelbalken mit den Spitzen
befeſtigt und am Fußende etwas in die Erde en
gelaſſen ſind.
22:
Verwertung des Schilfrohrs für
Fut.terzwecke.
Wie der Miniſter für Landwirtſchaft, Domänen
und Forſten in einem Erlaſſe vom 7. Februar 1917
bekannt gibt, hat fich das Schilfrohr in den letzten
Jahren als Futter ſehk bewährt, namentlich dann,
wenn es rechtzeitig geſchnitten wurde. Der Krieg“
ausſchuß für Erſatzfutter habe im beſonderen I
vielen Orten Einrichtungen für die Herſtellung von
Schilfmehl getroffen, das als Futter außerordentlich
—
= — o |. —
— — NL i
geſchätzt werde. Dieſe Beſtrebungen ſollten auch in
dieſem Jahre fortgeſetzt werden. Dabei ſeien die
237
jetzt trockenen und verhärteten Beſtände des Vor:
jahres ſehr läſtig, weil ſie bei der Nutzung aus den
friſchen Trieben des nächſten Sommers unter großem
Arbeitsaufwand ausgeſondert werden müßten. Die
Nutzung im nächſten Sommer würde daher ſehr
erleichtert werden, wenn dieſe alten Beſtände, jo-
weit ſie nicht für techniſche Zwecke Verwendung
fänden, rechtzeitig abgebrannt würden.
=
Sidtenharsgewinnung.
Der Miniſter für Landwirtſchaft, Domänen und
Forſten hat durch Erlaß vom 17. März d. J. ange-
ordnet, daß in dieſem Jahre auch in Fichten beſtänden
Harz in möglichſt großem Umfange genutzt werden
ſolle. Das Harzen der Fichten ſei weſentlich ein-
facher, wie das der Kiefern. Es werde raſch erlernt
und könne ausſchließlich von Frauen und jugend—
lichen Arbeitern ausgeführt werden. Den ganzen
Fichten harzertrag des kommenden Sommers habe
er dem Kriegsausſchuß für Ole und Fette in Berlin
zur Verfügung geſtellt. Für das Harzen von Fichten⸗
beftänden wird folgende Anweiſung gegeben:
1. In der Regel ſind nur ſolche Beſtände auf
Harz zu nutzen, die vorausſichtlich binnen längſtens
10 und früheſtens binnen 3 Jahren zum Abtrieb
kommen. Zu bevorzugen ſind die Beſtände der
milderen Lagen auf Böden, die ſich leicht erwärmen.
Bei unmittelbarer Sonneneinwirkung verdunſtet
das Terpentinöl ſehr ſtark und das Harz ſchwindet.
Schutz vor Wind begünſtigt den Garzflug. Man
harze deshalb weder Beſtandsränder, die der Sonne,
noch ſolche, die dem Winde ausgeſetzt ſind. Stehen
wertvolle und minder wertvollere Beſtände zur
Wahl, ſo ſind die minder wertvollen, insbeſondere
die mit Schälſchäden behafteten und an Rotfäule
leidenden, zur Harznutzung zu beſtimmen.
2. Das Zurichten der Stämme beginnt Anfang
Mai und ſoll ſpäteſtens im Juli beendet ſein. Jeder
Stamm wird mit 2 bis 3 Lachten in Abſtänden von
Mitte zu Mitte von etwa 20 cm verſehen. Die
Lachten ſollen etwa 1,5 m lang ſein und etwa 60 cm
über dem Erdboden endigen. Sie werden in der
Weiſe angelegt, daß man mit der geſchärften Spitze
des hakenförmig gekrümmten Harzreißers die Rinde
des Stammes in einem Zuge von oben nach unten
bis auf den Splint durchſchneidet. Hierauf folgt
ein dem erſten gleichlaufender Schnitt im Abſtande
von 3 cm. Die unteren Enden der Schnitte laufen
in eine Spitze zuſammen. Sodann wird der zwiſchen
den beiden Schnitten liegende ſchmale Rinden⸗
jtreifen nach Lockerung ſeiner Spitze durch den Reif:
haken von unten nach oben mit der Hand abgezogen
und oben mit dem am Harzreißer angebrachten
kleinen Beil vom Stamme getrennt. Die Endſpitze
der jo entſtandenen Lachte ſoll rinnenartig jo aus-
geformt werden, daß das längs der Lachte ablaufende
Waſſer möglichſt reſtlos den Ausweg aus der Lachte
findet. Das Lachtenreißen iſt eine von Frauen leicht
auszuführende Arbeit und erfordert etwa 5 Frauen⸗
tagelöhne je ha. Ein Mann reißt täglich etwa
600 Lachten.
3. Das Sammeln des Harzes erfolgt in der
Regel nur einmal im Jahre und muß ſpäteſtens
Mitte September beendet ſein, damit der folgende
Harzfluß die Lachte noch vor Winter mit neuem Harz
überziehen kann. Bei kaltem Wetter iſt das Harz
außerdem ſo ſpröde, daß es durch Abſpringen zum
Teil verloren geht. Im übrigen iſt, je ſpäter das
Sammeln beginnt, deſto mehr Maſſe zu erwarten.
Iſt die Witterung ſehr günſtig, ſo kann das erſte
Mal im Frühſommer und ein zweites Mal im Auguſt
und September geharzt werden. Zum Sammeln
bedient man ſich des Harzkratzers und des Harzſackes.
Von Wichtigkeit iſt, daß das Harz von den Wänden
der Lachte und insbeſondere aus den Ecken zwiſchen
Splint und Harzwand gut herausgekratzt wird.
Rindenteile, Moos und Flechten dürfen nicht in
den Harzſack geraten, und die Holzſchicht der Lachte
darf beim Kratzen nicht verletzt werden. Jene Fremd-
körper müſſen vor dem Harzen von den Rändern
der Lachte mit den ſcharfen Schneiden des Harz
kratzers entfernt werden. Um dieſe gebrauchs⸗
fähig zu erhalten, müſſen ſie nach Bedarf von innen
heraus, z. B. mit einem Taſchenmeſſer, ſorgfältig
immer wieder ſcharf gemacht werden. Auch das
Harzkratzen iſt Arbeit für Frauen und jugendliche
Arbeiter. Bei einem Stundenlohn von durchſchnitt⸗
lich 22 Pf. haben ſich die Koſten dieſer Arbeit auf
8 bis 16 Mk. je ha geſtellt.
4. Die Erträge der Harznutzung ſchwanken ſtark
und ſind von der Beſchaffenheit der Beſtände, von
Klima, Lage und Boden und von der jeweiligen
Witterung des Sommers abhängig. Unter mittleren
Verhältniſſen kann auf einen Ertrag von gegen
100 kg, unter günſtigen Umſtänden auf einen ſolchen
von bis zu 200 kg je ha gerechnet werden.
5. Das Harz iſt in kühlen Schuppen oder Scheu-
nen aufzubewahren und in Kiſten oder Säcken zu
verſenden.
-< — a
Aus Preußen.
Welche Beſtimmungen
des nenen preußiſchen Fiſchereigeſetzes
hat der Angler zu beobachten!
Das neue preußiſche Fiſchereigeſetz hat in dan-
kenswerter Weiſe den Bedürfniſſen des Angelſports
Rechnung getragen. Vor allem hat es einen alten
Wunſch der Angler erfüllt und das Angeln an Sonn:
258
und Feiertagen, jowie während der Frühjahrsichon:
zeit zugelaſſen.
Es iſt in dieſer Beziehung durch die auf Grund
des § 106 des Fiſchereigeſetzes erlaſſene Polizei—
verordnung des Miniſters für Landwirtſchaft, Domä⸗
nen und Forſten vom 29. März 1917 (Fiſcherei⸗
ordnung) folgendes beſtimmt worden:
„$ 11. Am Sonntag ijt der Fiſchfang von vor:
mittags 9 bis nachmittags 6 Uhr verboten (Sonn⸗
tagsſchon zeit). Die Fanggeräte der ſog. ſtillen
Fiſcherei, d. h. ſolche, welche weder gezogen noch
geſtoßen werden, dürfen zum Fang im Waſſer
bleiben. Dazu gehören namentlich Stellnetze, Aal-
hamen, Ankerkuilen, Steerthamen, Garn, Draht-,
Korb⸗Renſen, ſowie Treibnetze ohne Begleitung
von Fahrzeugen. Angeln iſt zuläſſig, ſo—
weit nicht nach den § 13, 15 der Fiſchfang ganz ver:
boten iſt.
§ 13. In den Gewäſſern, in denen jid) vorzugs⸗
weiſe Winterlaicher (Lachſe, Forellen: und Saib—
lingsarten, Oſtſeeſchnäpel u. a.) fortpflanzen, iſt
der Fiſchfang in den Monaten Oktober bis Januar
während acht auf einander folgender Wochen, die
der Regierungspräſident beſtimmt, verboten (Win⸗
terſchonzeit). Der Regierungspräſ'dent beſtimmt
auch die Gewäſſer. Er kann die Schonzeit für die
einzelnen Gewäſſer und Gewäſſerſtrecken verſchieden
feſtſetzen, auf beſtimmte Fiſcharten beſchränken oder
beſtimmte Fiſcharten davon ausnehmen.
8 14. In den nicht der Winterſchonzeit unter-
liegenden Binnengewäſſern iſt der Fiſchfang in den
Monaten März bis Juni während ſechs auf einander
folgender Wochen, die der Regierungspräſident
beſtimmt, mit Ausnahme derſtillen Fiſcherei
und des Fiſchfanges mit der Handangel ver—
boten (Frühjahrsſchon zeit). Der Regie:
rungspräſident kann die Schonzeit für die einzelnen
Gewäſſer und Gewäſſerſtrecken verſchieden feft-
ſetzen, auf beſtimmte Fiſcharten beſchränken oder
beſtimmte Fiſcharten davon ausnehmen. Er darf
ſie auch verkürzen oder ganz aufheben.
$ 15. Für Küſtengewäſſer gilt die Frühjahrs⸗
ſchonzeit nur inſoweit, als fih in ihnen vorzugs—
weiſe Frühjahrslaicher fortpflanzen. Der Regie—
rungspräſident beſtimmt die Gewäſſer oder Gewäſſer⸗
ſtrecken. Er kann darin den Fiſchfang auch ganz ver—
hie ten.
$ 16. Im Regierungsbezirk Sigmaringen kann
der Regierungspräſident für Grenzgewäſſer und
Gewäſſerſtrecken, die mit außerpreußiſchen Ge—
wäſſern in Verbindung ſtehen, die Frühjahrsſchon⸗
zeit bis auf zwei Monate, die Winterſchonzeit bis
auf drei Monate verlängern.
§ 17. Der Regierungspräſident kann beſondere
Artenſchonzeiten feſtſetzen:
a) w Störe vom 1. Juli bis 31. Auguſt,
b) für Lachſe, Saiblinge, Meer: und Bachforellen,
jowie Schnäpel, wenn dieſe Fiſcharten keiner Winter.
ſchonzeit unterliegen, höchſtens acht Wochen in den
Monaten Oktober bis Februar,
c) für Maränen hüöchſtens acht Wochen in den
Monaten November und Dezember,
d) für Aſchen und Naſen, ſowie im Regierung:
bezirk Sigmaringen für Huchen und Regenbogen.
forellen, wenn diefe F'ſcharten keiner Frühjahr
ſchonzeit unterliegen, höchſtens acht Wochen in den
Monaten März bis Mai,
e) für Döbel, die feiner Frühjahrsſchonze't unter
legen, höchſtens ſechs Wochen in den Monaten
Mai und Juni,
f) für Flußkrebſe vom 1. November b's 31. Mai.”
H'ernach ift das Angeln mit der Handangel
während des ganzen Jahres, mit Ausnahme wäh⸗
rend der Winterſchonzeit in den dieſer unterliegen:
den Gewäſſern, geftattet, und es dürfen alle Fiche,
für die keine beſonderen Artenſchonzeiten feſtgeſetzt
ſind, mit der Handangel gefangen werden.
Außer den ſpeziell das Angeln betreffenden
Beſt'mmungen ſind für den Angler noch weiter von
Wichtigkeit ſolche über:
2 die Mindeſtmaße der Fiſche;
2. die Behandlung der untermaß'g und der
während der Schonzeit verbotwidrig ge:
fangenen F'ſche;
3. d'e Fiſcherei⸗Scheine und Fiſcherei Erlaubnis.
ſcheine;
4. das Uferbetretungsrecht.
1. Min deſtmaße.
Auf Fiſche der nachbenannten Arten darf der
Fiſchfang nur ausgeübt werden, wenn fie, von der
Kopfſpitze bis zum Ende des längſten Teiles der
Schwanzfloſſe gemeſſen, mindeſtens folgende Längen
haben: ö
Stör“): 100 cm;
Aal,) Lachs, Meerforelle, Zander“): 35 cm;
Barbe, Hecht, Maifiſch,“) Nordſeeſchnäpel: 28cm;
Blei (Brachſen): 25 cm; |
Scholle und Flundern®): 18 bis 22 cm;
Aſche, Alant, Döbel, Naſe: 20 cm;
Bachforelle, Schlei: 18 cm;
Barſch, Plötze, Rotfeder:
ſonſt 15 cm;
Flußkrebs: 8 cm. ($ 1 der Fiſchereiordnung.
In den Binnengewäſſern dürfen untermaß'ge
in Binnenſeen 13,
Alant, Döbel, Naſen, Barſche, Plötzen und Rot
federn als Köder fiſche für den eigenen Bedarf
des Fiſchers unter Anwendung engmaſchiger Netze
) Für Küſtengewäſſer find Abänderungen durch den
Regierungspräſidenten zuläſſig.
gefangen werden. Der Regierungspräſident fann
die gleiche Erlaubnis für die Küſtengewäſſer erteilen.
9 und 25 der Fiſchereiordnung.)
2. Die Behandlung der unter:
maßig und der während der Schon
zeit verbotswidrig gefangenen
Fiſche. |
Fiſche, deren Fang unter einem bejtimmten
Maße verboten iſt, dürfen im Geltungsbereiche des
Verbots unter die ſem Maße weder feilgeboten, noch
verkauft, noch zur Beförderung gebracht werden.
Dasſelbe gilt, wenn der Fang einzelner F'ſcharten
verboten iſt, für die Fiſche dieſer Arten während der
Verbotszeit (§ 107 F. G.). Da die ſtille Fiſcherei,
auch das Angeln, während der Frühjahrsſchonzeit
geſtattet iſt, findet dieſe Beſtimmung während dieſer
nur für die Fiſche Anwendung, für die durch § 17
F.⸗O. eine Artenſchonzeit innerhalb der Frühjahrs
ſchonzeit feſtgeſetzt iſt, d. h. für Aeſchen, Naſen,
Huchen, Regenbogenforellen und Döbel. Wider-
rechtlich gefangene untermaß'ge Fih, die lebend
in die Gewalt des Fiſchers fallen, ſind ſofort, oder
wenn ſie nicht gleich aus dem Fanggerät entfernt
werden können, ſpäteſtens nach Rückkehr des F'ſcherei⸗
fahrzeugs ans Land, mit der zu ihrer Erhaltung
erforderlichen Vorſicht ins Waſſer zurückzuſetzen
($ 10 F. O.). |
3. Fiſcherei⸗
nis ſcheine.
Nach § 92 F. G. muß jeder, der den Fiſchfang
ausübt, einen auf feinen Namen lautenden Fiſche⸗
reiſchein bei ſich führen. Ein Fiſchereiſchein
iſt nicht erforderl'ch: l
1. für Gehilfen, die mit dem Fiſchereiberechtigten,
Fiſchereipächter oder Inhaber eines Erlaubnis-
ſcheines zuſammen den Fiſchfang ausüben, 2. zum
freien Fiſchfang in der Nord- und Oſtſee, einſchließ—
lich der offenen Meeresbuchten, ſoweit ſie nicht im
Eigentume ſtehen, 3. zum Fiſchfang in Gewäſſern,
die dem Fiſchereiberechtigten gehören und voll:
ſtändig von Grundſtücken desſelben begrenzt ſind,
jowie in künſtlichen Fiſchteichen, die mit einem
Waſſerlaufe nur dadurch in Verbindung ſtehen,
daß fie mittels künſtlicher Vorrichtungen aus ihm
gefüllt oder in ihn abgelaſſen werden.
Zuſtändig für die Erteilung des Fiſchereiſcheines
ijt die F'ſchereibehörde, in deren Bezirke der Antrag.
ſteller den Fiſchfang ausüben will (§ 93 F. G.).
Erſtreckt ſich das Fiſchereigebiet über den Bezirk
mehrerer Fiſchereibehörden, ſo ſteht es im Belieben
des Antragſtellers, bei welcher der in Betracht
kommenden Fiſchereibehörden er den Schein be⸗
antragen will. Fiſchereibehörden find nach § 119
F. G. für die Küſtengewäſſer die Oberfiſchmeiſter,
für die Binnengewäſſer die Ortspolizeibe hörden.
und Fiſchereierlaub⸗
239
Die Fiſchereiſcheine jind gebühren und ſtempel⸗
frei. |
Die Befugnis, die Vorzeigung des Fiſcherei—
ſcheins zu verlangen, ſteht dem Fiſchereiberechtigten,
dem Fiſchereipächter, allen Polizeibeamten und
Fiſchereibeamten zu.
Verweigerung der Vorzeigung des Fiſcherei⸗
ſcheines wird mit Geldſtrafe bis zu 30 Mk. (§ 53
F. O.), Nechtbeiſichführen desſelben beim Fiſchen,
mit gleicher Strafe (§ 125 F. G.), Fiſchen, ohne im
Beige eines Fiſchereiſcheines zu fein, mit Geldſtrafe
bis zu 60 Mk. (§ 126 F. G.) beſtraft.
Neben dem Fiſchereiſchein muß nach § 98 F. G.
derjenige, welcher in einem Gewäſſer, in dem er
nicht Fiſchereiberechtigter oder Fiſchereipächter iſt,
den Fiſchfang ausübt, einen Fiſcherei⸗Er⸗
laubnisſchein des Berechtigten oder Pächters
bei ſich führen, ſofern letztere nicht zugegen ſind.
Der Erlaubnisſchein muß auf die Perſon, auf ein
oder mehrere beſtimmt zu bezeichnende Gewäſſer
und auf eine nicht länger als drei Jahre bemeſſene
beſtimmte Zeit lauten, ſowie genaue Angaben über
die Fanggeräte und Fahrzeuge enthalten. Crlaub-
nisſcheine, die nicht von einer öffentlichen Behörde
oder einem öffentlichen Beamten innerhalb ſeiner
Amtsbefugniſſe oder von dem Vorſtand einer Wirt⸗
ſchaftsgenoſſenſchaft ausgeſtellt ſind, müſſen von
dem Gemeinde-(Guts⸗)Vorſteher einer der Ge-
meinden (Gutsbezirke), in deren Bezirke die Fiſcherei
ausgeübt werden ſoll, beglaubigt werden. Dies
geſchieht gebühren und ſtempelfrei.
Die Strafen für Verweigerung der Vorzeigung
des Erlaubnisſcheines, für Nichtbeiſichführen des-
jelben beim Fiſchen, für das Fiſchen ohne im Beſitze
eines Erlaubnisſcheines zu ſein, ſind dieſelben, wie
ſie in den gleichen Fällen oben beim Fiſchereiſchein
angegeben worden ſind.
4. Das Uferbetretungsrecht.
Hierüber enthält das Fiſchereigeſetz folgende
Beſtimmungen:
„$ 13. (1) Der in einem Gewäſſer zur Fiſcherei
Berechtigte und mit deſſen Ermächtigung der Fiſcherei⸗
pächter oder angeſtellte Fiſcher darf mit feinen Ge-
hilfen und ſeinen Geräten die an das Waſſer an-
grenzenden Ufer, Inſeln, Anlandungen, Schiff—
fahrtanlagen, ſowie Brücken, Wehre, Schleuſen
und ſonſt'ge Waſſerbauwerke ſoweit betreten, als
es die Ausübung ſeines Fiſchereirechts erfordert.
(2) Abgeſehen von dieſer Vorſchrift, kann der
Kreis. (Stadt⸗)Ausſchuß nach Anhörung der Be-
teiligten widerruflich genehmigen, daß auch einzelne
Inhaber von Erlaubnisſcheinen (§ 98) fremde
Grundſtücke nach Abſ. 1 betreten dürfen.
(3) Das Betreten von Schiffahrtanlagen und
Waſſerbauwerken, ſowie von Anlandungen, die
210
durch Unterhaltungs⸗ und Ausbauarbeiten ($ 140,
$ 162 Ab}. Waſſergeſetz) entſtanden find, kann durch
Polizei- Verordnung eingeſchränkt oder verboten
werden.
(4) Das Recht nach Ab}. 1 erſtreckt ſich nicht:
1. auf Gebäude, Hofräume, Gartenanlagen,
Forſtkulturen, beſtellte Acker, gewerbliche An⸗
lagen und dauernd vollſtändig eingefriedigte
Grundſtücke,
2. auf die Ufer von Bewäſſerungs⸗ oder Ent:
wäſſerungsgräben in Wieſen.
Zur vollſtändigen Einfriedigung gehört eine
Einfriedigung des Ufers nicht. Eingezäunte Vieh-
weiden gelten nicht als eingefriedigte Grundſtücke
im vorſtehenden Sinne. Bei Streit beſchließt auf
Antrag der Kreis-(Stadt⸗)Ausſchuß.
(5) Der Kreis-(Stadt⸗)Ausſchuß kann das Recht
nach Abſ. 1 noch weiter einſchränken, als in Abſ. 1
beſtimmt ijt. Die Ausübung des Rechts ift au-
geſchloſſen, wenn der Schaden für den Eigentümer
des Grundſtücks größer iſt, als der Vorteil für die
Fiſcherei. Darüber, ob dies zutrifft, beſchließt auf
Antrag der Kreis⸗(Stadt⸗) Ausſchuß.
$ 14. Schaden, welchen die nach § 13 Bered):
tigten oder ihre Gehilfen bei Ausübung dieſer Rechte
erleiden, brauchen Eigentümer oder Nutzungs⸗
berechtigte nur zu erſetzen, wenn ſie ihn abſichtlich
herbeigeführt haben.
$ 15. (1) Für Schaden, der durch Ausübung
der Rechte in den Grenzen des § 13 verurſacht wird,
kann der Geſchädigte Erſatz verlangen. Erſatzpflichtig
iſt der Fiſchereiberechtigte. Neben ihm haften
Fiſche reipächter, angeſtellte Fiſcher und Inhaber
von Erlaubnisſcheinen als Geſamtſchuldner, wenn
ſie oder ihre Gehilfen den Schaden verurſacht haben.
In gemeinſchaftlichen Fiſchereibezirken haftet an
Stelle des Fiſchereiberechtigten der Fiſchereibezirk.
(2) Der Anſpruch auf Schadenerſatz iſt binnen
einer Woche, nachdem der Geſchädigte von der Be:
ſchädigung Kenntnis erhalten hat, bei der Fiſcherei⸗
behörde oder dem Gemeinde⸗(Guts⸗)Vorſteher
ſchriftlich oder zu Protokoll anzumelden. Wird dieſe
Friſt verſäumt, ſo erliſcht der Anſpruch.
(3) Über den Anſpruch und die entſtandenen
Koſten entſcheidet die Fiſchereibehörde nach An⸗
hörung der Beteiligten. Gegen den Beſcheid iſt
binnen zwei Wochen die Klage im Verwaltungs-
ſtreitverfahren beim Kreis⸗(Stadt⸗)Ausſchuß zu
läſſig. Auf Berufung entſcheidet der Bezirksausſchuß
endgültig.
§ 16. Weitergehende Rechte zur Benutzung
fremder Grundſtücke, die auf beſonderen Rechts⸗
verhältniſſen beruhen, werden durch die 3$ 13 bis 15
nicht berührt.“
Schließlich möge noch auf den K50 der F. L.
hingewieſen werden, welcher lautet:
„Wer beim Fiſchfange von einem Fiſcherei⸗
beamten oder amtlich verpflichteten Aufſeher an-
gerufen wird, hat deren Rufe Folge zu leiſten und
nicht eher von der Stelle zu weichen, als bis er dazu
ausdrücklich ermächtigt iſt. Auf Verlangen hat er
den Aufſichtsbeamten ſeine amtlichen Ausweiſe
(Fiſchereiſchein, Erlaubnisſchein ꝛc.) vorzuzeigen.
Die Führer von Fiſcherfahrzeugen und Fahrzeugen,
die zur Beförderung von Fiſchen gebraucht werden,
haben, wenn ihnen durch vier oder mehrere kurze
Pfiffe mit der Dampf- oder Motorpfeife oder bei
Segeldienſtfahrzeugen durch mehrfaches Hiſſen.
Herablaſſen oder Wiederhiſſen der Flagge oder
Laterne ein Zeichen gegeben wird, ſofort ihr Fahr⸗
zeug zum Stillſtand zu bringen, bis fie der Aufſichte⸗
beamte zum Weiterfahren ermächtigt.
Eberts.,
Aus Bayern.
Beſchäftigung vou Frauen bei der
Holzhauerei, Buchelernte.
Als eine der wirtſchaftlich ſchwierigſten Erſchen
nungen in dem langandauernden Vötkerringen wird
im Forſtbetriebe empfunden einerſeits der Mangel
an Arbeitern beim Fällungsgeſchäft, dann anderer:
ſeits der Mangel an Geſpannen und ſonſtigen Trans:
portmitteln bei der Ausbringung der geworbenen
Hölzer an die Bahnverladeplätze oder an die Ver
brauchsorte. Während in letzter Hinſicht der erfolg:
reiche Verſuch gemacht worden iſt, die Zugkraft der
Pferde durch Ochſengeſpanne und beſonders dutch
Benzol- und andere Motorwagen zu erſetzen, jint
anstelle der zum Heeresdienſt einberufenen Hol;
hauer vielfach Kriegsgefangene, namentlich Ruffen,
herangezogen worden, allerdings mit durchgehend:
recht mäßiger Arbeitsleijtiyig und mit viel Schererei
wegen der Verpflegung, wegen der mangelnden
Übung in den Holzhauereigeſchäften und wegen des
recht oft fehlenden guten Willens. Dieſe Hemmun⸗
gen im Fällungsbetriebe machen jih um jo unan:
genehmer geltend, als gegenwärtig eine ſehr lebhafte
Nachfrage beſteht nach Nadelholz- und Buchenjtamnı-
hölzern, ganz beſonders aber nach den ſchwächeren
Sortimenten, nach Grubenhölzern, Holzwoll⸗, Papier
Schleifhölzern uſw.
Es find deshalb die Forſtverwaltungen eifrig
bedacht, dem beſtehenden Arbeitermangel nach Mög
lichkeit entgegenzuwirken.
Neben dem Beſtreben, die zeitweiſe Beurlaır
bung geſchäftskundiger Holzarbeiter von der Militär
verwaltung zu erreichen, inſonderheit zur Herrich,
al
tung von Sortimenten, die den Heereszwecken
dienen, und neben der Beſchäftigung von Kriegs-
gefangenen, iſt ſehr bemerkenswert die Verwendung
von weiblichen Arbeitskräften beim Fällungs⸗
geſchäfte. In dieſer Beziehung hat die ſehr rührige
Regierungsforſtkammer der bayer. Pfalz mit großem
Erfolg ſich betätigt.
Es find auf deren Betreiben in beiläufig 30 Forſt⸗
ämtern zum Beginn des Jahres 1917 etwa 260
Frauen und Mädchen im Holzſchlagen beſchäftigt
in wechſelnder Zahl von 10 bis 40, ſogar anſteigend
bis beiläufig 100 im Forſtamt Speyer in der Rhein-
ebene.
Die von den Frauen geleifteten Arbeiten be-
jtehen hauptſächlich in der Ausführung von Durch⸗
forſtungen jüngerer Stangenhölzer, beſonders von
Kiefern, Fichten, auch Buchen, dann in der Durch⸗
führung von Unterholzhieben in Mittel- und Nieder⸗
waldungen. Dieſe Arbeiten können von den Frauen
allein betätigt werden. Sie finden manchenorts
auch Verwendung in älteren Beſtänden, allerdings
unter Beihilfe einiger männlicher Holzhauer, die
das Fällen ſtarker Bäume, das Abhauen dicker Aſte,
das Zerſchneiden ungünſtig gelagerter Stämme
uſw. übernehmen, während die Frauen das Hinaus⸗
tragen der Brennhölzer, das Spalten ſchwächerer
Rundlinge, die Anfertigung von Wellen uſw. be⸗
ſorgen.
Die Leiſtungen der weiblichen Holzhauer werden
durchgehends ſehr günſtig eingewertet. Es haben
die ſonſt in der Landwirtſchaft beichäftigten Frauen,
auch ſolche, die in der Induſtrie tätig waren (Schuh⸗
fabriken), ſich ſehr raſch an die zumteil doch recht
anſtrengenden Verrichtungen im Holzhieb gewöhnt,
ſo daß ſich ſehr bald Spezialiſten für Spalten, Sägen,
Wellenmachen ausgebildet haben.
Nach übereinſtimmenden Angaben werden von
den Frauen durchſchnittlich 2 Ster Brennholz für
den Tag und Kopf gefertigt. Bei dem Bezug des
vollen Stücklohnes für Holzhauerei entſpricht dies
einem Tageslohn von 3 bis 4 ME, der ſtellenweiſe
bis 5 Mk. anſteigt, ein ſehr anſehnlicher Verdienſt
an den kurzen Wintertagen.
Dem gegenüber kam die Leiſtung der kriegs⸗
gefangenen Ruſſen nicht über durchſchnittlich 1½ Ster
je Tag und Kopf hinaus, wozu noch ins Gewicht
fällt, daß die weiblichen Arbeiter das gewöhnliche
Holzhauergeſchirr ſelbſt beſchaffen, während es für
die Ruffen von dem Arbeitgeber bereit geſtellt wer-
den mußte.
Durch die Verwendung der weiblichen Hilfs-
kräfte ift es möglich geworden, nicht allein die regel-
mäßige Flächen rate der Durchforſtungen zu bewäl⸗
tigen, ſondern konnte in einzelnen Amtern noch
weſentlich darüber hinausgegangen werden. Da⸗
durch kann namentlich die Gruben holzgewinnung
erheblich geſteigert werden, was um ſo wertvoller
erſcheint, als die für Heereszwecke und allgemeine
Bedürfniſſe ſo wichtige Steinkohlenförderung infolge
Sperrung der Einfuhr von Grubenholz eine ſehr
lebhafte Nachfrage ausgelöſt hat, mit der Wirkung
einer bedeutenden Preisſteigerung von durchſchnitt⸗
lich 150 bis 160 „% gegen den Anſchlag, an welcher
Erhöhung auch die Fichten ⸗, Tannen- und Kiefern..
ſtammhölzer, ſowie die zur Herſtellung von Holz-
wolle und Zelluloſe dienenden Sortimente teil-
genommen haben. Auf dieſe Weiſe wird durch den
vermehrten Durchforſtungsbetrieb nicht allein das
allgemeine Wohl gefördert, ſondern auch den Wald⸗
eigentümern eine erhebliche Einnahme eingebracht:
Schließlich bleibt noch eine Beſonderheit bei
der Heranziehung der Frauen im Fällungsgeſchäft
zu erwähnen. Es hat ſich nämlich die übliche Tracht
mit den langen Röcken bei den Arbeiten im Holzhieb
während der rauhen Jahreszeit in geſundheitlicher
Hinſicht als unpraktiſch, ja ſogar als gefährlich, er-
wieſen. Deshalb iit von der Regierungs⸗Forſt⸗
kammer eine Schutzkleidung (Überſtreifhoſe) be-
ſchafft worden, wie ſie ähnlich die Sennerinnen im
Hochgebirge ſchon lange tragen. Die Schutzbeklei.
dung wird entweder koſtenlos an die Arbeiterinnen
abgegeben oder dieſe erhalten im Falle der Selbſt⸗
beſchaffung eine Vergütung von 5 bis 6 Mk.
Im pfälziſchen Gebirge haben die Frauen die
Schutzkleider willig angenommen und gern getragen,
Dagegen haben die Arbeiterinnen im Forſtamt
Speyer (Rheinebene) darauf verzichtet. Sehr zweck⸗
mäßig haben ſich auch die ſog. Rückenſchürzen er⸗
wieſen zum Schutze des rückwärtigen Oberkörpers
und der Oberarme gegen Schnee und Näſſe beim
Arbeiten in gebückter Stellung. Zwei Armel in der
halben Länge der Arme geben dieſen Schutz und der
Decke ſelbſt eine feſte unverſchiebbare Lage. Zur
Befeſtigung der Unterhälfte dienen zwei an ihr
angefügte Schnüre oder Bänder, die in der Gegend
des Nabels verknüpft werden. Dieſe aus dauer⸗
haftem Segeltuch gefertigten, ſehr bewährten Rücken⸗
ſchützer ſind von der Firma Schäfer & Ziegler,
Sackfabrik in Heidelberg, geliefert worden, wobei
nur zu bedauern bleibt, daß der anfängliche An-
ſchaffungspreis von 3 bis 4 Mk. wegen Mangels
an Segeltuch auf 9 bis 10 Mk. geſtiegen iſt. Auch
für Wickelgamaſchen und waſſerdichtes Schuhwerk
(auch Holzſchuhe) hat die Forſtverwaltung Sorge
getragen inſoweit, als die Koſten für letzteres und
für die Rückenſchürzen zur Hälfte auf die Staats:
kaſſe übernommen wurden. Dieſe Maßnahmen
im Intereſſe der Geſundheit der Arbeiterinnen ſind
mit großer Dankbarkeit aufgenommen worden und
haben die Arbeitsfreudigkeit ſehr gehoben.
82
Uber das Ergebnis der Buche lern te 1916/17
in Bayern hat die Tagespreſſe einige, von zu⸗
ſtän diger Seite als im ganzen zutreffend bezeichnete
Mitteilungen gebracht, die ein gewiſſes allgemeines
Intereſſe bieten dürften. Hiernach wurden rund
11 200 Ztr. lufttrockne Bucheln geſammelt, von
denen 3/, d. i. 8400 Ztr. an den Kriegsausſchuß für
pflanzliche und tieriſche Ole und Fette in Berlin
abgegeben wurden, während der Reſt der bayeriſchen
Lebensmittelſtelle und den Sammlern, dieſen als
Entlohnung für ihre Leiſtungen, zufiel. Nach all⸗
gemeinen Erfahrungen liefert 1 Ztr. lufttrockene
Bucheckern 10 Liter Speiſeöl, ſo daß aus der baye⸗
riſchen Sammelmenge von 11 200 Ztr. 112 000 L ter
eines vortrefflichen, wohlſchmeckenden Speiſeöles
gewonnen werden konnten. ö
Es iſt dies eine um ſo mehr geſchätzte Gabe, als
bekanntlich das vor dem Kriege weit überwiegend
aus dem Ausland eingeführte Speiſeöl wie ver:
ſchiedene andere Speiſefette im Laufe des ſchweren
Krieges ein ſehr gefragter Artikel geworden iſt, der
um das mehrfache des früheren Preiſes bezahlt
werden mußte. Wenn die Geſamtmenge des baye⸗
riſchen Sammelergebniſſes gewiß als belangvoll
angeſprochen werden darf, ſo dürfte es doch erheblich
hinter den Erwartungen verblieben ſein. Es möchte
in dieſer Hinſicht Bezug genommen werden auf die
voranſchlägige Berechnung, die der im Kriegsernäh⸗
rungsamte als forſttechniſcher Referent verwendete
k. Profeſſor Dr. Borgmann Tharandt in
ſeiner weitverbreiteten Druckſchrift: „Die Mit⸗
wirkung der deutſchen Forſtwirtſchaft an den Auf⸗
gaben der Volksernährung im Kriege“ S. 395 ver⸗
öffentlicht hat. Hiernach wäre in den Forſten Deutſch⸗
lands von rund 14 Mill. ha im ganzen 1 Mill. Ztr.
lufttrockne Bucheln zu erhoffen geweſen mit einem
mutmaßlichen Erträgnis an Ol von 10 Mill. Ltr.
Zu einer einigermaßen zuverläſſigen Veranſchla—
gung des auf Bayern treffenden Anteils fehlen die
genaueren Grundlagen und ſoll deshalb auf das
Verhältnis der Geſamtwaldflächen zurückgegriffen
werden, um wenigſtens einigen Anhalt zu gewinnen.
Der Anteil der bayeriſchen Waldungen mit rund
25 Mill. ha ſtellt fih gegenüber der Gejamtfläche
der Waldungen des Deutſchen Reichs mit rund
14 Mell. ha auf 18 v. H. Sohin würden von der durch
Borgmann veranſchlagten Geſamtmenge der Bud:
eckernernte zu 1 Mill. Btr. auf Bayern 1 000 000
x 0,18 = 180000 Ztr. treffen. Dieſer Schätzung
gegenüber erſcheint das wirkliche Ergebnis mit
11 200 Ztr. gewiß ſehr beſcheiden.
Es haben zweifellos verſchiedene Urſachen un⸗
gün ſt'g auf das Sammelergebnis eingewirkt. Ein-
mal iſt die Verordnung des Bundesrates über die
Behandlung, namentlich über die Beſchlagnahme
der Buchelernte vom 14. September 1916, envas
ſpät erſchienen, jo daß die von den Landeszenttal
behörden erlaſſenen Vollzugsvorſchriften ſich auch
ziemlich hinausgezogen haben. Dabei ſind infolge
der auffallend warmen Tage Ende September und
anfangs Oktober in Verbindung mit ſtarken Stümen
die Bucheln auffallend früh abgefallen. An vielen
Orten haben wohl auch die ärmeren Leute jojon
nach dem erſten Abfall ohne Rückſicht auf das Verdon
zunächſt für ſich geſammelt ohne Ablieferung. da
gerade ſie ſtarken Mangel an Speiſefett gelitten
haben. ii:
Die im Oktober einſetzende Kartoffelernte ha
ſodann viele Arbeitskräfte in Anſpruch genommen,
ſpäter trat naſſes und kaltes Wetter ein, unter den
beſonders die für das Sammeln ſtark in Anſpruch
genommenen Schulkinder zu leiden hatten.
Allein die angeführten und noch verſchieden⸗
ſonſt in Erſcheinung getretene Hinderungsgründe
reichen doch bei weitem nicht aus, um das auffallende
Mißverhältnis zwiſchen Schätzung und Ertrag zu
erklären. Es dürften die ſorgſältig aufgebanken
Borgmannſchen Zahlen denn doch zu hoch gegrifen
fein. Offenbar bietet es große Schwierigkirn,
einen von vielen Nebenumſtänden abhängen
Ernteertrag auch nur einigermaßen zuverläſſi z
erfafſen, und es wäre gewiß ſehr bedenklich, aus eine
nicht entſprechend geſtützten Schätzung wichtig
Schlußfolgerungen zu ziehen.
Vom volkswirtſchaftlichen Standpunkt wäre n
zu wünſchen, daß die Ernte von dieſen nützlichen
Olfrüchten möglichſt ausgiebig, wenn auch tether
ohne Ablieferung, ausgenutzt worden ift, Es mit:
ſehr intereſſant, das Geſamtergebnis der Buchel
ernte in Deutſchland und die Menge der an den
Kriegsausſchuß abgelieferten Früchte zu erfahre.
Schließlich fei der Wunſch ausgedrückt, daß wir nich
noch einmal eine Kriegsbuchelmaſt zu behandeln
haben möchten! _
Die Regierungsforſtkammer der Pfalz hat einen
weiteren Beweis ihrer Arbeiterfürſorge Dabu
erbracht, daß fie Kochkurſe in drei je 8 bis 9 yor!
ämter umfaſſenden Gruppen abhalten läßt, un
die Verwendung der zum Strecken der Kartoffel
ſehr geeigneten Runkel⸗ oder Dickrüben den Frauen
und Töchtern der Staatsforſtarbeiter prakt
vorzuführen.
Die ſämtlichen Auslagen für Reiſekoſten un
Entſchädigung der Arbeitslehrerinnen und für d
Materialien werden auf die Staatskaſſe übern
men. Bei derbekannten Kartoffelknappheit w
der bewährten Eignung der Runkelrüben zu W
verſchiedenen Kartoffelgerichten, werden fid dil
Kochkurſe gewiß als ſehr nützlich erweiſen.
i
a
*
2
ad
Nicht unerwähnt foll bleiben, daß durch miniſte⸗
rielle Anordnung die Anfertigung verſchiedener
inner-bayeriſcher größerer ſtatiſtiſcher Arbeiten, be-
ſonders über Verhäftniſſe der Waldarbeiter, mit
Rückſicht auf den Krieg jii für 1917 erlaſſen wor:
den iſt. EBlinger.
— — - mm
Aus Oeſterreich.
Forſtweſen in Kroatien und Slavonien.
Von Hugo Pif fl,
k. u. k. Oberleutnant in Fiſchau bei Wiener ⸗Neuſtadt.
Man muß durch die prächtigen E'chenwälder
Slavoniens marſchiert ſein, um einen Begriff von
dieſen ſchönen Baumrieſen zu bekommen, die, an
die Zedern des Libanons erinnernd, ihre mächtigen
Kronen ausbreiten und einen wahren National⸗
reichtum des Landes bilden; der Beſitz ſolcher Wal.
dungen hat ſo manche Ortſchaft derart reich gemacht,
daß deren Bürger keine Gemeindeumlagen ent⸗
richten. Doch auch in anderen Gegenden des König⸗
43
reiches krönen herrliche Waldanlagen die Gebirgs⸗
tämme. So ijt die liebliche wein reiche Hügelkette
der Fruſchka Gora in Syrmien, dem öſtlichen Teile
von Slavonien, mit dichtem Buchenbeſtande bedeckt,
das Mittelgebirge im Zentrum der Provinz iſt reich
bewaldet und erſt an der Küſte des adriatiſchen
Meeres herrſcht die kahle Karſtwildnis vor; doch nur
wenige Meilen vom Meere entfernt gibt es wahre
Urwälder, darunter den Laudonov Gaj, d. h. Lau⸗
dons Hain, den der berühmte öſterreichiſche, aus
dem Siebenjährigen und den Türkenkriegen bekannte
Feldherr (ein gebürtiger Livländer) dort anlegen
ließ, als er in jener weltabgeſchiedenen Gegend
Grenzinfanteriehauptmann war. Der Wald ift
derart angelegt, daß die Parzellen in der Form der
damals üblichen Schlachtordnung vermeſſen wurden.
36 Prozent Kroatiens und Slavoniens ſind von
Wäldern bedeckt, wozu auch die zahlreichen Auen
auf den Inſeln der Donan, Drau und Sawe gehören.
Schon vor zwanzig Jahren wurde der Kapitals-
wert der Waldungen auf ſechshundert Millionen
Kronen geſchätzt. Induſtriebahnen führen in die
Wälder, und bereits vor Jahrzehnten gelangten
Holzwaren im Werte von 18 bis 24 Miklionen Kronen
zur Ausfuhr.
An Staatsforſten gibt es über eine halbe Million
Joch, dies ſind 19 Prozent. Die Gemeinden der
ehemaligen Militärgrenze beſitzen über 750 000 Joch!)
oder 28 Prozent, die ſogenannten Urbarial-, dann
Orts und Adeligen⸗Gemeinden und die Sompa ſeſſo⸗
rate über 600 000 Joch, d. ſ. 24 Prozent, die Klöſter,
geiſtlichen Orden und Bistümer 64 000 Joch und
der Reſt von 700 000 iſt im Privatbeſitze.
N 1 Joch = 6400 Quadratmeter.
Drei Viertel der ganzen Waldfläche ſte hen fo
ziemlich direkt unter Staatsaufſicht, was gewiß ein
großer Vorteil iſt.
Längs der Meeresküſte findet man Beſtände
von Lorbeer⸗, DI-, Zypreſſen⸗ und Feigenbäumen,
doch ändert f ſich dieſes Bild ſehr raſch, da ſich ſchon
die nächſtgelegenen Bezirke ſehr hoch über das Meer
erheben. Dieſe Landſtriche find infolge der rückſichts⸗
loſen Schiffsholzgewinnung der Venetianer ſeit
langem nur mit kümmerlichem Geſtrüppe bedeckt.
Kahl, zuweilen blendend weiß im Sonnenlichte,
treten die mehr als tauſend Meter hohen Felsberge
hart ans Ufer und müſſen jetzt mit großen Koſten
und Mühe aufgeforſtet werden, was bei dem oft
herrſchenden Bora-Sturm und der Monate währen⸗
den argen Sommerhitze nur zu oft mißlingt. Die
Buche, Tanne und Fichte kommen Beſtände bildend
vor. Gegen Often gibt es Miſchbeſtände von Rot:
buchen, Trauben-, Stein- und Zerreichen, Ahorn,
Weißbuchen und Edelkaſtanien. In Slavonien —
der äußerſt fruchtbaren, meiſt ebenen und zum Teile
verſumpften Hälfte des Königreiches — herrſcht
die Stiel⸗ und Traubeneiche vor, und zwar teils in
reinen Beſtänden, teils gemiſcht mit Linden, Erlen,
Weißbuchen, Rüſtern, Eichen, Pappeln und Weiden:
bäumen. |
Die Schutzwälder bedecken 63 000 Joch, Flug:
ſand wurde mit 500 Joch bepflanzt, auf reinen
Waldboden kommen 1 400 000 Joch und 1 200 000
Joch gehören nicht zu abſolutem Waldboden.
Reinen Eichenwald nehmen über 700 000 Joch
ein, darunter die in Oſterreich vielgerühmten ſchönen
Eichenwälder Slavoniens, die allein 600 000 Joch
bedecken. Buchen⸗ und andere Laubwälder bedecken
1800 000 Joch, Nadelholzwälder 300 000 Joch.
Ausgebreitete Flächen Wald erfordern bereits
die raſcheſte Abholzung, da ſie ſich ſchon längſt in
vegetativem Rückſchritte befinden und den Befigern
zuweilen bereits Verluſte bringen. Dagegen mangelt
es an den ſogenannten mittleren Altersklaſſen,
nämlich Beſtänden von 50 bis 100 Jahren. Während
aber große Ecchenwaldungen infolge des eng:
maſchiger gewordenen Schienennetzes ſchon aus.
gerodet wurden, liegen in den Gebirgen große Kapi⸗
talien brach. Unklare Beſitzverhältniſſe und politiſche
Ereigniſſe, die das Land noch bis in die Mitte des
19. Jahrhunderts nicht zur Ruhe kommen ließen,
und ſehr große Rückſtändigkeit in der Organiſation
des Landesforſtdienſtes, ja auch der Umſtand, daß
hier noch zu Anfang des 18. Jahrhunderts der D3-
mane herrſchte und nie aufhörende Grenzkämpfe
ſtattfanden, trug dazu bei, daß die Wälder faſt un⸗
beaufſichtigt blieben. Die Prozeſſe bei Ablöſung
von Waldſervituten und die durch viele Jahre geübte
32°
—
plänterweiſe Anweiſung der verkauften Stämme,
ohne auf den künftigen Waldbeſtand Rückſicht zu.
nehmen, waren dem geregelten Forſtweſen ſehr
ungünſtig.
atiens ſeit Jahrhunderten ein lebhafter Holzhandel
getrieben wurde, gab es einen ſolchen im Junern
des Landes gar nicht. Erſt ſeit der in den dreißiger
Jahren des vorigen Jahrhunderts erfolgten Eröff⸗
nung der Dampfſchiffahrt kam der Handel mit
Waldprodukten in Fluß, und heute werden außer
den drei früher erwähnten Strömen auch noch
der Boſſut⸗ und Studwa⸗Fluß in Slavonien befahren
und, wie ſchon geſagt, auch per Bahn viel Holz
ausgeführt. Leider wurde bald zum Raubbau
übergegangen, dem endlich entſprechende Geſetze
entgegentreten mußten.
Der Verkauf am Stocke herrſcht noch immer vor,
doch vermitteln jetzt ſolide Firmen ſowohl den
Exporthandel als auch den lokalen Holzbetrieb.
Selten befaßt ſich ein Waldbeſitzer perſönlich mit
dem Holzhandel. Die Plänterung iſt nur mehr in
Gebirgswaldungen vorherrſchend, ſonſt wird die
Schlagwirtſchaft mit vorhergehender Verjüngung
der Beſtände geübt. In früherer Zeit wurde faſt
ausnahmslos Faßdaubenholz aus den Eichenwäldern
ausgeführt, doch jetzt finden auch Eichenſchnittware
und Rundklötze, die auf der Sawe verſchifft werden,
viel Abſatz. Modernſte Sägewerke, Tanninfabriken
und ähnliche Waldinduſtrien ſind bereits entſtanden.
Die Rotbuchenbeſtände erfreuen ſich einer ratio⸗
nellen Verwertung. Es iſt gewiß ein Vorteil, daß
die Arbeiter durchaus Einheimiſche ſind.
In Kroatien gilt ſeit 1858 das öſterreichiſche
Forſtgeſetz vom 3. Dezember 1852 fo ziemlich un-
verändert. Seit 22. Januar 1894 trat das Geſetz
betreffend „Die Organiſation des forſttechniſchen
Dienſtes der politiſchen Verwaltung“ und am
26. März desſelben Jahres jenes über „Die Regelung
der Verwaltung und Bewirtſchaftung der unter
der beſonderen Aufſicht ſtehenden Wälder“ in Kraft.
Bei der königlichen Landesregierung in Agram!)
wurden eine eigene Forſtſektion aufgeſtellt und in
den einzelnen Bezirken Forſttechniker angeſtellt,
die ſich auch die Bewirtſchaftung der Gemeinde⸗
und Genoſſenſchaftswälder angelegen ſein laſſen
müſſen.
) Kroatiſch Zagreb. Z. lies wie f in Rofe.
Während in den Hafenſtädten Kro-
244
Die im Jahre 1873 aufgelaſſene Militärgrenze,
welche eine langgeſtreckte Provinz längs der ete:
maligen Türkei bildete, beſaß prachtvolle ausgedehnte
Wälder, die jetzt ben fogenanhten Grenzvermögens.
gemeinden gehören, und es ſorgen ein eigenes Sort
inſpektorat und Regierungskommiſſäre für deren
richtige Bewirtſchaftung. Vor Jahren beſchuldigte
man die ungariſche Regierung, daß dieſe Wälder
Unternehmern zur rückſichtsloſen Ausbeutung über:
laſſen würden, doch dürfte dieſe Beſchuldigung
kaum begründet geweſen ſein. Tatſächlich übt über
die kroatiſchen Landesforſte das ungarische Ader:
bauminiſterium in Budapeſt die Oberleitung aus.
In Agram, Binkovei und Ototſchatz befindet fih
die königliche Forſtdirektion, beziehungsweiſe da:
Oberforſtamt und ein Forſtamt.
30 000 Joch Alteichenbeſtände im öſtlichſten
Landesteil unterſtehen der Staatsforſtverwaltunn
und es müſſen die Einnahmen dieſer Wälder, die jet
1872 ſchon viele Millionen Kronen ergaben, für
kulturelle Inveſtitionen im Gebiete der emitigen
Militärgrenzprovinz verwendet werden. Auf Koſen
dieſes Fonds wurde im Jahre 1878 in Zengg (ke
atiſch Senj) an der Meeresküſte ein Karkdıf
forſtungs⸗Inſpektorat gegründet, daß die vierhnden
Quadratkilometer meſſende Karſtwildnis aufn
forſten hat. |
Am 22. Oktober 1895 trat ein Geſetz über Bil
bach⸗ und Runſenverbauung in Wirkſamkeit. Cha
1860 entſtand zu Kreuz (kroatiſch: Kriſchewaß
eine höhere Landesforſtlehranſtalt, die aber in
Jahre 1898 nach Agram verlegt und an die dortige
Univerſität angegliedert wurde.
Erſt 13. März 1897 half ein Geſetz dem fühl
baren Mangel an geſchultem Forſtperſonal ab, inden
die notwendigen Forſt⸗ und Waldhüterſchulen cr
richtet wurden. a,
Im Jahre 1876 wurde der kroatiſch⸗ſlavoniſch
Landesforſtverein gegründet, der ſchon an zwölf
hundert Mitglieder zählt und fein eigenes [hin
Vereinshaus nebſt Muſeum beſitzt. Sein Jahres
einkommen beträgt über 20 000 Kronen. Schu-
marski?) list „Des Forſtmanns Blatt” ift der Tite!
einer vom Verein herausgegebenen Zeitſchrift, di
fih anerkannt bedeutende Verdienſte um das Fort:
weſen Kroatiens und Slavoniens erworben hal
1) Schuma = Wald, Schumar = Forſtmann.
245
Berichte über Beri ammlungen und ausleben.
i Die 23. Tagung
des Forſtwirtſchafts rates.
Die erſte Kriegstagung des Forſtwirtſchafts.
rates fand Ende März 1916 in Berlin ſtatt. In⸗
zwiſchen hat die Fülle der Kriegsereigniſſe und die
damit im engſten Zuſammenhang ſtehende Kriegs⸗
wirtſchaft auch die forſtwirtſchaftlichen Verhältniſſe
ſtark beeinflußt, ſo daß eine zweite Kriegstagung des
Forſtwirtſchaftsrates notwendig erſchien. Im Hin⸗
blick auf die erheblichen Koſten einer ſolchen Ver⸗
ſammlung und die jetzigen ſchwierigen! Verkehrs⸗
und Ernährungsverhältniſſe trat der Vorſtand des
Forſtvereins zwar nicht gern an die Einberufung
des Forſtwirtſchaftsrates zur zweiten Kriegstagung
heran. Aber die hervorragende Bedeutung der zu
beſprechenden kriegswirtſchaftlichen Fragen und die
Tatſache, daß das Kriegsamt eine gemeinſame Be⸗
ratung mit den berufenen Vertretern der deutſchen
Forſtwirtſchaft über dieſe Fragen für höchſt wün⸗
ſchenswert hielt, ſowie ſchließlich auch verſchiedene
dringliche innere Angelegenheiten des Forſtvereins,
insbeſondere die Notwendigkeit der Zustimmung N
des Forſtwirtſchaftsrates zu der durch den erwe i.
terten Vorſtand im Januar d. J. eingerichteten
„Geſchäftsſtelle für kriegswirt⸗
ſchaftliche Angelegenheiten“ und die
Berichterſtattung dieſer Stelle über ihre bisherige
Tätigkeit, ließen jene Bedenken des Vorſtandes
zurücktreten und beſtimmten ihn, den] Forſtwirt⸗
ſchaftsrat zur zweiten Kriegstagung einzuberufen.
Diele außerordentliche Tagung fand am 16. und
17. Juli in den Räumen des Klubs der Landwirte
in Berlin, Deſſauer Straße 14, ſtatt. Im Anſchluſſe
daran erfolgte am 18. Juli eine gemeinſame Be⸗
ſprechung mit Vertretern der Kriegsrohſtoffabteilung
über forſtpolitiſche Tagesfragen in den Räumen des
Kriegsamts, Verlängerte Hedemannſtraße 10. Aus
naheliegenden Gründen kann hier nur über die Ver⸗
handlungen an den beiden erſten Tagen berichtet
werden. p
Die SEN für die zweitägigen Bera⸗
tungen lautete:
A. Geſchäftliche Angelegenheiten des Deutſchen
Forſtvereins bezw. des Forſtwirtſchaftsrates.
B. Sonſtige Vorlagen.
1. Einrichtung einer Geſchäftsſtelle für kriegs⸗
wirtſchaftliche Angelegenheiten.
Berichterſtatter: Regierungsdirettor Dr.
Wappes.
2. b über die von der Kriegsroh⸗
ſtoffabteilung aufgeſtellte Tagesordnung:
a) Holzbedarf und Holzpreiſe.
Berichterſtatter: Prof. Dr. Wim-
mer.
b) Holzabfuhr,
beitskräfte. |
Berichterſtatter: e Schulz.
c) Brennholz. =
Ber’ chterſtatter: Prof Dr. a im
mer.
3. Satzungsreform.
5
Wappe
4. Aundwirtſchaftlicher Anbau im Walde.
Berichterſtatter: Oberförſter Oel kers.
5. Der gegenwärtige Stand der Harznutzung.
Berichterſtatter: Forſtamtsaſſeſſor Dr.
Münch. |
6. Die Aufgaben der Forſtwirtſchaft im
Kriege und die Abwehr übertriebener
Anſprüche an den Wald.
Reklamation der Ar-
Re eee ENDE Dr.
Berichterſtatter: Geheimrat Prof. D
Dickel.
7. Anträge und Anfragen aus der Verſamm⸗
lung.
Am 16. Juli ſollte über die inneren Angelegen⸗
heiten des Forſtvereins verhandelt werden, auf der
Tagesordnung der Sitzung vom 17. Juli dagegen,
zu der auch Vertreter der Staatsforſtverwaltungen
und ſonſtiger Körperſchaften eingeladen waren,
ſtanden die eigentlichen kriegswirtſchaftlichen Fragen.
Für die Sitzung vom 16. Juli war daher neu
Tagesordnung aufgeſtellt: |
1. Eröffnung und Bericht über wichtigere Vor⸗
gänge im Vereinsleben und in der Geſchäfts⸗
führung. |
Vermögens und e des Ver⸗
eines: |
a) Jahresrechnung 1916;
b) Allgemeines über Vermögenslage und.
Erledigung einiger Anträge im * i
weſen;
c) Haushaltplan 1917 und 1918. .
Berichterſtattung zu a): durch einen
Ausſchuß, zu b) und c): durch
den Generalſekretär. |
3. Anordnung von Stellvertretung (infolge Aus⸗
ſcheidens des Vorſitzenden, des ſtellvertr. Bei-
ſitzers Oberforſtmeiſter Riede! -⸗Ujeſt u. A.
Berichterſtatter: Der Vor ſitzende.
1
246
4. Bericht des Ausſchuſſes für kriegswirtſchaft⸗
liche Angelegenheiten —
a) Tätigkeitsber'icht des vom Kriegsaus⸗
ſchuß des F. W. R. in das Kriegsernäh⸗
rungsamt entſandten Vertreters;
Berichterſtatter: Prof. Dr. Borg-
mann.
b) Errichtung einer Geſchäftsſtelle des F.
W. R. für kriegswirtſchaftliche Angelegen:
heiten zu Berlin.
Berichterſtatter: Regierungsdirektor
Dr. Wappes.
(Zu b) einſchlägig ein Autrag ſchleſiſcher
Waldbeſitzer.)
5. Bericht der Geſchäftsſtelle für Holzhandels-,
Verkehrs- und Zollangelegenheiten.
a) Jahresbericht 1916;
p) Wirtſchaftliche Annäherung der Zentral.
mächte vom Standpunkt der deutſchen
Forſtwirtſchaft (kurzer Bericht über die
diesbezügliche Tätigkeit der Geſchäfts⸗
ſtelle).
Berichterſtatter: Prof. Dr. von
Mammen.
6. Bericht der Kiefern ſamenkommiſſion.
Berichterſtatter: Geheimrat Prof. Dr.
Schwappach.
Satzungsreform.
t
I
~]
Berichterſtatter: Regierungsdirektor Dr.
Wappes.
8. a) Bericht der Prüfungskommiſſion über das
Ergebnis der ſechſten Prüfung für Anwärter
des Revierverwaltungsdienſtes der Privaten
uſw.
Berichterſtatter: Oberforjtrat Eigner.
b) Neuwahl der Prüfungskommiſſion.
Berichterſtatter: Der Vorſitzende.
Trotzdem die S'tzung mit nur etwa 1½ſtündiger
Unterbrechung von 9 Uhr vormittags bis nach 7 Uhr
nachmittags dauerte, konnte dieſe umfangreiche
Tagesordnung am 16. Juli nicht vollſtändig erledigt
werden. Einige Punkte mußten vielmehr auf den
Vormittag des 17. Juli verſchoben werden.
Der Vorſitzende, Oberforſtmeiſter Riebel,
eröffnete die S'tzung am 16. Juli mit einem Hoch
auf den Allerhöchſten Kriegsherrn. Er gedachte dann
der ſeit der letzten Tagung verſchiedenen Mitglieder
des F. W. R., der Herren Forſtdirektor Dr. von
Fürſt, Landesforſtmeiſter Wächter und Ober:
forſtrat Eßlinger, ſowie des ehemaligen Mit-
gliedes Forſtmeiſter Wolf - Wetter, begrüßte die
neueingetretenen Mitglieder und berichtete hierauf
über wichtigere Vorgänge im Vereinsleben und in
der Geſchäftsführung.
Aus dem Berichte des Generalſekretärs Speng:
ler- über die Vermögens- und Kaffenverhältnifie
des Forſtvereins ſei hervorgehoben, daß infolge
erheblicher Ausgaben für die neueingerichtete Ge:
ſchäftsſtelle die finanziellen Verhältniſſe des Fort
vereins auf eine neue Grundlage geſtellt werden
müſſen, wenn die Geſchäftsſtelle, wie beabſichtg,
eine dauernde Einrichtung bleiben foll. Die Rege.
lung dieſer wichtigen Angelegenheit konnte jedoch
wegen Zeitmangels nicht erfolgen; ſie ſoll bei der
nächſten Tagung des F. W. R. und des Forſtverein:
ſtattfinden.
Der hierauf erſtattete Jahresbericht Dr. von
Mammens über die Tätigkeit der Holzhandel
ꝛc. Geſchäftsſtelle im Jahre 1916, der ſich auch über
die Stellung der „Brandſteiner“ zur Berliner Kriege:
geſchäftsſtelle verbreitete, wurde genehmigt.
Im Auftrage des Kriegsausſchuſſes berichten
Profeſſor Dr. Borgmann über ſeine Tätigkeit
im Kriegsernährungsamt, die ihn vom Sommer
bis zum November 1916 in Anſpruch nahm. Durch
die Einrichtung der Kriegsgeſchäftsſtelle iſt die für
das Frühjahr 1917 in Ausſicht genommene weiten
Tätigkeit eines Vertreters des F. W. R. im Krieg
ernährungsamt überflüſſig geworden. Borgmann
iſt der Anſicht, daß die Tätigkeit eines Einzigen nicht
genügt, um die Forſtwirtſchaft in einer oberen Be:
hörde zu vertreten. Die Errichtung einer ſtändigen
Geſchäftsſtelle des F. W. R. hält auch er für not
wendig. — Die Zurverfügungſtellung Borgmann:
für das Kriegsernährungsamt durch den Krieg:
ausſchuß und den Vorſtand wurde nachträglich ge
nehmigt.
Über die Errichtung der Geſchäftsſtelle für krieg;
wirtſchaftliche Angelegenheiten in Berlin berichtet
dann eingehend Regierungsdirektor Dr. W appe:
der am 27. Dezember 1916 vom erweiterten Bor
ſtand mit der Einrichtung und vorläufigen Leitung
der Stelle betraut worden war und in vierteljähriger
Tätigkeit in Berlin die ihm geſtellte Aufgabe mi
Erfolg gelöſt, d. h. die Stelle ins Leben gerufen hat,
Insbeſondere ſchilderte er die Vorgänge, die zur
Errichtung der Geſchäftsſtelle führten, ihre Organ“
fation, die leitenden Grundſätze für ihre Tätigkeit
und die Ziele, die ſie hierbei verfolgt. Auch auf de
mannigfaltigen Schwierigkeiten und Hemmtille
die ſich der Errichtung der Stelle entgegenftellten,
ging er näher ein. Nachdem hierauf Oberforftmeit
Riebel als Vorſitzender des Vorſtands beffe
Vorgehen verteidigt und die Notwendigkeit der &
richtung einer ſtändigen Geſchäftsſtelle begründe
hatte, entſpann ſich eine eingehende lebhafte Be
ſprechung, an der fih zahlreiche Mitglieder der
Forſtwirtſchaftsrates beteiligten.
"o —
—
24
-+
In ablehnendem Sinne äußerte ſich in längeren
Ausführungen als einziger Redner Geh. Hofrat
Profeſſor Dr. Endres München. Nicht nur, daß
er die ſachliche Notwendigkeit und Dringlichkeit der
Errichtung einer ſtändigen Geſchäftsſtelle des Deut⸗
ſchen Forſtvereins beſtritt, der die Vertretung der
Privatforſtwirtſchaft nicht übernehmen könne, ſon⸗
dern er bemängelte auch die Organiſation der Ge-
ſchäftsſtelle und erhob vor allem formale Einwen⸗
dungen gegen das Vorgehen der Satzungskommiſſion
und des Vorſtandes bei der Einrichtung der Stelle.
Unter allen Umſtänden hätte zum mindeſten der
Forſtwirtſchaftsrat vor Errichtung der Geſchäfts⸗
ſtelle gehört werden müſſen. Aber ſelbſt der F. W. R.,
noch weniger der Kriegsausſchuß, hätte allein dieſe
organiſatoriſche Frage löſen können. Das ſei Sache
einer Hauptverſammlung des Forſtvereins geweſen.
Die Geſchäftsſtelle ſei deshalb vorerſt nach ſeiner
Auffaſſung eine rein private Angelegenheit ihres
Begründers, des Regierungsdirektors Dr. Wappes.
Sämtliche übrigen Redner vermochten die ſer
Auffaſſung nicht beizutreten. Sie vertraten viel⸗
mehr die Anſicht, daß die derzeitigen außergewöhn.
lichen Verhältniſſe ein Abweichen des Vorſtan des
von dem gewöhnlichen Geſchäftsgange rechtfertigten.
Die Sache fet von großer Wichtigkeit und ſehr dring-
lich geweſen, und das tatkräftige und erfolgreiche
Vorgehen von Wappes verdiene deshalb Anerken⸗
nung. Er habe ſich mit der Errichtung der Geſchäfts⸗
ſtelle den Dank nicht nur des Forſtvereins, ſondern
der gefamten deutſchen Forſtwirtſchaft erworben.
Schließlch wurde ein ſtimmig folgender
Antrag angenommen: |
1. Der Forſtwirtſchaftsratbilligt
den Beſchluß des erweiterten Vor:
tandes vom 27. Dezember 1916,
durch den eine Geſchäftsſtelle als
Vollzugsorgan des kriegswirtſchaft—
lichen Ausſchuſſes geſchaffen wor⸗
den iſt.
2. Die Geſchäftsſtelle wird mit
der weiteren Behandlung der kriegs⸗
wirtſchaftlichen Angelegenheiten
beauftragt und ermächtigt, auf dem
bisherigen Wege die erforderliche
Finanzierung zu betreiben. Mittel
des Deutſchen Forſtvereins dürfen
nicht in Anſpruchgen ommen werden.
Im Anſchluſſe an dieſen Punkt der Tagesordnung
wurde ein weiterer Antrag mit großer Mehrheit an-
genommen, wonach im September eine Hauptver⸗
ſammlung des Deutſchen Forſtvereins nach Erfurt
einberufen werden ſoll.
Schließlich erklärte der Vorſitzende des Forſt⸗
vereins, Oberforſtmeiſter Rie bel, und der erſte
Beiſitzer, Oberforſtmeiſter Run ne baum, den
Rücktritt von ihren Vorſtandsſtellen, und da der
eine der beiden Stellvertreter, Oberforſtmeiſter
Riedel-⸗Ujeſt, infolge Ruheſtandsverſetzung aus
dem Forſtwirtſchaftsrat ausgeſchieden iſt, ſo über⸗
nahm Geh. Oberforſtrat Dr. Neumeiſter die
Stelle des Borfikenden und Geh. Regierungsrat
Quaet⸗Faslem die des erſten Beiſitzers.
Bei der ſatzungsgemäß vom Forſtwirtſchaftsrate am
nächſten Tage vorgenommenen Erſatzwahl wurden
Regierungsdirektor Dr. Wappes als zweiter
Beiſitzer, Graf Weſterholt und Hofkammer⸗
präſident Exzellenz von Baſſewitz⸗ Gotha
als Stellvertreter in den Vorſtand gewählt. In
Erfurt wird die Neuwahl des Vorſtandes durch die
Hauptverſammlung des Forſtvereins ſtattfinden.
Zu Beginn der Sitzung vom 17. Juli begrüßte
der Vorſitzende zunächſt die erſchienenen Vertreter
der Staatsforſtverwaltungen, ſowie den Vertreter
des Deutſchen Landwirtſchaftsrates, worauf Land-
forſtmeiſter von dem Buſche in deren Namen
für die Einladung dankte. Alsdann wurde auf Grund
des Berichts des tags zuvor ernannten Ausſchuſſes
zur Prüfung der Jahresrechnung 1916 dem Red-
nungsführer und dem Vorſtande Entlaſtung erteilt.
Es folgten die Berichte der Kiefernſamenkommiſſion
durch Geh. Regierungsrat Prof. Dr. Shwap-
pach und der Prüfungskommiſſion über das Er⸗
gebnis der ſechſten Prüfung für Anwärter des Re⸗
vierverwaltungsdienſtes der. Privaten ꝛc. durch
Oberforſtrat Eigner, ſowie die Neuwahl dieſer
Prüfungskommiſſion. Die bisherigen Mitglieder
wurden wiedergewählt. Aus dem Berichte Prof.
Dr. Mammens zu Punkt ö b der Tagesordnung
ſei ſchließlich hervorgehoben, daß von vielen Seiten
zwar der deutſch⸗öſterreichiſch⸗ungariſche Wirtſchafts⸗
zuſammenſchluß angeſtrebt wird, daß jedoch die An-
ſichten über die Ausführung noch ſehr weit ans-
einandergehen. Der Antrag Mammens, daß der
Forſtwirtſchaftsrat ſich für die Beibehaltung der
bisherigen Wirtſchaftspolitik Deutſchlands ausſpreche
und eine wirtſchaftspolitiſche Annäherung an Ofter-
reich- Ungarn wünſche, wurde einſtimmig ange-
nommen. |
Nachdem Punkt 7 — die Satzungsreform —
von der Tagesordnung abgeſetzt und für die Erfurter
Tagung zurückgeſtellt worden war, konnte in die
Erörterung der kriegswirtſchaftlichen Fragen ein.
getreten werden.
Zum erſten Thema „Holzbedarf und
Holzpreiſe“ hielt Profeſſor Dr. Wimmer-
Karlsruhe den einleitenden Vortrag. Er beſprach
zunächſt die Hauptunterſcheidungsmerkmale zwiſchen
Kriegswirtſchaft und Friedenswirtſchaft und ging
dann näher auf den Holzbedarf des Deutſchen Reiches
ein. Kurz vor dem Ausbruche des Krieges, im Jahre
1913, betrug die Holzuutzung im Deutſchen Reiche
rund 59 Mill. im, und zwar 29 Mill. im Nutzholz und
30 Mill. im Brennholz. Die Mehreinfuhr aus dem
Auslande belief ſich auf rund 14 Mill. km, faſt aus-
ſchließlich Nutzholz, ſo daß der jährliche Holzbedarf
des Deutſchen Reiches vor Kriegsbeginn rund
73 Mill. fm betrug. Durch den Krieg fiel nicht nur
der weitaus größte Teil der Holzeinfuhr weg, fon-
dern es verminderte ſich auch der Einſchlag in Deutſch⸗
land infolge der ſchwieriger gewordenen Arbeiter-
und Bringungsverhältniſſe; zudem entfällt von den
uns jetzt noch zur Befriedigung des Nutzholzbedarfs
zur Verfügung ſtehenden Mengen ein ſehr be⸗
trächtlicher Teil auf die Heeresverwaltung.
Der Berichterſtatter ging ſodann auf die geſetz⸗
lichen Maßnahmen ein, die bisher zur Regelung des
Holzbedarfs getroffen worden find. Der erſte Çin-
griff in den freien Handel mit Holz erfolgte durch
die Beſchlagnahme der Nußbäume zu militäriſchen
Zwecken im November 1915. Ihr folgten die Be⸗
ſtinmmungen der Verordnung des Bundesrats vom
30. November 1916 über die Beſchaffung von Papier-
holz für die Verſorgung der Tageszeitungen mit
Druckpapier (Papierholzbeſchaffungsſtelle in Char⸗
lottenburg). Die Deckung des Grubenholzbedarfes
erfolgt zurzeit noch durch Ankauf im freien Handel,
aber es ſind zwei Holzbeſchaffungsſtellen — eine
für den Weſten in Eſſen und die andere für den
Oſten in Kattowitz — eingerichtet worden, die die
Aufgabe haben, den Gruben die erforderlichen
Mengen Grubenholz zur Verfügung zu ſtellen. Zur⸗
zeit beſteht ein Mangel an ſchwachen Sortimenten
(6 bis 14 cm Zopfſtärke), hervorgerufen durch die
Tatſache, daß infolge der ſchwierigen Arbeiterver:
hältniſſe der Holzeinſchlag in Deutſchland und in
den von uns beſetzten Gebieten ſich mehr in Altholz
als in den jüngeren Beſtänden bewegt. Es wird
mehr abgetrieben und weniger durchforſtet als zur
Zeit des Friedens. — Für die Beſchaffung des Holz-
bedarfs des Feldheeres find im April 1917 „Ridt:
preiſe“ eingeführt worden, während von der Fejt-
ſetzung von Höchſtpreiſen für Holz — wohl mit Recht
— abgeſehen wurde. Auf Grund der Richtpreiſe
laſſen fich die Waldpreiſe berechnen und die Zwiſchen⸗
verdienſte feſtſtellen. Unter den obwaltenden Ver⸗
hältniſſen ſcheint die Einführung der Richtpreiſe
die beſtmögliche Löſung der Frage geweſen
zu ſein. | |
Dr. Wimmer faßte feine Ausführungen zum
Schluſſe in folgende Leitſätze zuſammen:
„JI. Der Forſtwirtſchaft ift aus der Art des Ber-
kaufes, der öffentlichen Verſteigerung, die bei un-
ſteten Preiſen die Regel bildet, kein Vorwurf zu
machen, denn die Handverkäufe ſind bei einer ſo
ſtürmiſchen Nachfrage von allen Seiten ſchwer
durchzuführen, ohne ſich dem Vorwurf ungerechter
Verteilung durch Bevorzugung einzelner auszu⸗
ſetzen. Nichtsdeſtoweniger wird die Verſteigerung,
je länger der Krieg dauert, mehr und mehr vom
Freihandverkauf zurückgedrängt. Die Schwierig⸗
keiten, die ſich einer gerechten Holzverteilung ent-
gegenſtellen, werden, wie auf anderen Gebieten,
überwunden werden.
II. Papier⸗ und Grubenholz geben zur Ande⸗
rung der ſeitherigen Erſcheinungen keinen Anlaß,
dem Einſchlag von ſchwächeren Grubenholzſorten
ſoll die Forſtwirtſchaft zur Sicherung un ſerer Kohlen-
förderung beſondere Aufmerkſamkeit ſchenken.
Die Deckung des Frontbedarfs unſeres Feld⸗
heeres unter möglichſter Transporterſparung iſt
zurzeit die dringendſte Anforderung, die an den
Wald geſtellt wird.
III. Die Überlaſſung des Nadelholzeinſchlages
von Sägeholz, unter Ausſchluß der etwa um 40%
wertvolleren Waggon⸗ und anderen hochwertigen
Sorten im freihändigen Verkauf, an duch
Ausweiſe der Kriegsamtsſtellen legitimierte Käufer,
unter Berückſichtigung des geringſten Transportes,
iſt eine Notwendigkeit. Die Preisfeſtſetzung für
Rutzholz ſoll im Anhalt an die zurzeit geltenden
Richtpreiſe geſchehen. Die Kriegsamtsſtellen führen
Nachweiſe, daß ca. 70% des fo vom Waldbe ſitze
überwieſenen Rundholzes als Schnittware der
Heeresverwaltung abgegeben wird. Das übrige
Holz bleibt, wie ſeither, im Verkehr.“
Den zweiten Punkt der Tagesordnung „Holz
abfuhr und Reklamation der Ar-
beitskräfte“ leitete Oberförſter Schulz als
Mitglied der Geſchäftsſtelle des Forſtwirtſchafts⸗
rates ein. An eine bedeutende Vermehrung der
Laſtkraftwagen zum Zwecke der Holzabfuhr ſei au:
verſchiedenen Grün den während des Krieges nicht
zu denken. Im großen ganzen werde nur die Abfuhr
mit Pferdegeſpannen in Frage kommen. Die Pferde⸗
frage ſei aber in der Hauptſache eine Futterfrage,
ganz beſonders bei der ſchweren Arbeit der Holz⸗
abfuhr. Jedes Erſatz⸗ Futtermittel müſſe bei Mangel
an Hafer verwendet werden; an die Holzfuhrwerks⸗
beſitzer ſeien Zulagen an ſolchen Futtermitteln zu
verteilen. Mit der ſchwediſchen Holzfällmaſchine
„Sector“ ſeien günſtige Ergebniſſe auf Kahlhiebs⸗
flächen erzielt worden. Für Kahlabtriebe könne ſie
entſchieden empfohlen werden.
Bei der Reklamation von Arbeitskräften ſei das
Augenmerk auf gelernte Holzhauer und wirkliche
Holzfuhrleute zu richten. Leute, die mit der Wald-
arbeit nicht vertraut ſeien, könne man nicht brauchen,
249
Nach längerer Beſprechung wurden folgende
Leitſätze für die Verbeſſerung der Holzabfuhr
und die weiteſtgehende Reklamation der Arbeits⸗
fräfte niedergelegt:
„1. Es iſt den Verwaltungen, die maſchinelle
Betriebe haben, nach Möglichkeit Brennſtoff —
Benzol, Petroleum, Kohlen —, ferner Schmieröl
zur vollen Ausnutzung ihrer Maſchinen zur Ber-
fügung zu ſtellen. Die gelernten Maſchiniſten ſind
vom Heeresdienſt für die Zeit der Abfuhr möglichſt
zu befreien.
2. Es iſt mit der Eiſenbahnverwaltung in Unter⸗
handlung zu treten, daß dort, wo ſich größere Holz—
majjen ſchlagen laſſen, tunlichſt viele Verladeſtatio⸗
nen, bet wieder befahrenen Bahnen unter Um-
ſtänden auch auf freier Strecke, ohne weſentliche
Belaſtung des Waldbeſ'tzers eingerichtet werden.
3. Es ſind die Pferdedepots anzuweiſen, zu
angemeſſenen Preiſen Pferde mögl'chſt mit garniſon⸗
dienftfäh'gen, fahrkundigen Mannſchaften zur Holz
abfuhr zur Verfügung zu ſtellen oder Pferde käuflich
zu überlaſſen.
4. Es iſt Hafer, Kraft⸗ und Rauhfutter als Fütte⸗
rungszulage für Pferde zur Holzabfuhr zur Ber-
fügung zu ſtellen, und zwar fo, daß die Forſtverwal⸗
tungen die Verteilung der Zulage ſowohl an die
eigenen Pferde, wie an die fremden Holzabfuhr⸗
geſpanne übernehmen können.
5. Bei der Auswahl der Kriegsgefangenen zu
Waldarbeitern iſt in weiteſtgehendem Maße auf
ihren Z'vilberuf Rückſicht zu nehmen. Es eignen
ſich neben gelernten Holzhauern beſonders Stell—
macher, Tiſchler, Maurer, Gärtner und Landw'rte
dazu; ebenſo wie Bergwerksarbeiter, Ziegelarbeiter
und ſonſtige Erdarbeiter häufig gutes Arbeiter-
material ſind. Für Kriegsgefangene ſind gewiſſe
Löhne für den geſamten Holzfällereibetrieb cin-
ſchließl'ich Abfuhr feſtzulegen.
6. Gelernte Holzhauer, auch kriegsverwendungs⸗
fähige, ſodann Holzfuhrleute, beſonders aber auch
Forſtbeamte, ſind in weiteſtgehendem Umfange und
rechtzeit'g zu beurlauben.
7. Die Waldarbeiter ſind als Rüſtungsarbeiter
zu erklären, und es ſind ihnen Schuhzeug bezw.
Leder und abgetragene Militärkleider zu angemeſſe⸗
nen Preiſen zur Verfügung zu ſtellen.
8. Die Bauern find durch das Kriegshilfsdienſt⸗
geſetz mit ihren Geſpannen zur Holzabfuhr heran-
zuziehen.
Über die Brennholzfrage, die im Ver
lauf des Krieges infolge der Kohlenknappheit er—
höhte Bedeutung erlangt hat — die Verſorgung
der Bevölkerung mit Brennſtoffen iſt neben der
Beſchaffung von Nahrungsmitteln eins der wid-
tigſten Probleme der Kriegswirtſchaft —, erſtatte te
1917
Prof. Dr. Wimmer Bericht.
Thema in folgende Unterfragen:
1. Wieviel Brennholz liefert der deutſche Wald?
2. Welche geſetzlichen Grundlagen find vorhan-
den, um die Brennholzverſorgung im Kriege
zu regeln?
3. Welche Maßnahmen für die Brennholzver-
ſorgung ſind von den einzelnen Forſtverwal⸗
tungen bisher getroffen worden?
4. Auf welche Weile kann die Brennholzver—
ſorgung unter Würdigung der vorliegenden
Tatſachen geregelt werden?
Die Brennholzerzeugung des Deutſchen Reiches
betrug im Frieden rund 30 Mill. fm, im Kriege iſt
fie auf etwa 24 Mill. fm geſunken. Verſchiedene
Bundesrats⸗Verordnungen haben ſich bereits mit
der Frage befaßt. Eine Förderung des Holzeinſchlags
wird mit allen Mitteln angeftrebt, aber die Haupt:
ſchwier'gkeit liegt in der Beſchaffung der erforder-
lichen Arbeiter und Transportmittel. Gelingt es,
dieſe Frage zu löſen, dann wird auch das Problem
der Brennholzverſorgung ſeine Löſung gefunden
haben. Hinfichtlid) der Befriedigung des Brennholz
bedarfs ift neben die Abgabe auf dem Verſteigerungs⸗
wege mehr und mehr der freihändige Verkauf ge-
treten. Nichtsdeſtoweniger haben die Brennholz⸗
preiſe eine außergewöhnliche Steigerung erfahren.
Die von den Staatsforſtverwaltungen bereits er-
laſſenen Vorſchr'ften oder ins Auge gefaßten Wege
und Mittel zur Regelung der Brennholzverſorgung
find teils betriebstechniſcher, teils wörtſchaftspoli—
tiſcher Art. Zu den erſteren gehören: Zulaſſung und
Anregungen zum Handtransport auf Karren, Be-
nutzung von kleinen Straßenbahnen; Selbſtwerbung
durch die Empfänger oder Aufarbeitung und Ge-
winnung des gefällten Holzes durch dieſe; Anwen⸗
dung mechanischer Fällung und Stockrodung; Aus-
dehnung der Brennholzhiebe über das ganze Jahr.
Das Ziel der geplanten Regelung der Brenn-
holzverſorgung iſt ſehr verſchieden. Manche Staaten
ſtreben eine vollſtändige Brennholzbedarfsverteilung
an, während in anderen Staaten nur eine weit-
gehende freihändige Abgabe an den minder be-
mittelten Teil der Bevölkerung ins Auge gefaßt iſt.
M. E. kann unter den heutigen Verhältniſſen
das Brennholz die Kohle, beſonders in den Groß—
ſtädten, nicht erſetzen. E'nmal find die Ofen in den
Städten zumeiſt für Holzfeuerung nicht geeignet,
und dann: wenn die Verſorgung der Städte mit
Kohle infolge der beſtehenden Transportverhält—
niſſe ſchon ſchwierig iſt, würde ihre Verſorgung mit
Brennholz ſich noch ſchwieriger geſtalten, denn Holz
iſt im Vergleich zur Heizkraft ſchwerer als Kohle.
Es muß deshalb mit allen Mitteln angeſtrebt werden,
Er zerlegte das
die Kohlenförderung zu ſteigern, und dazu kann auch
*
20
die Forſtwirtſchaft durch Lieferung des erforder
lichen Grubenholzes ihr Teil beitragen. Die Brenn-
ſtofffrage ift zum Teil eine Grubenholzfrage. Stellen
wir den Gruben genügende Mengen Arbeiter und
Grubenholz zur Verfügung! Die Transportfrage
w'rd dann leichter zu löſen fein, als wenn den Städten
Brennholz geliefert werden müßte.
Die Themata „Landwirtſchaftlicher Anbau im
Walde“ und „Die Aufgaben der Forſtwirtſchaft im
Kriege und die Abwehr übertriebener Anſprüche
an den Wald“ wurden von der Tagesordnung des
17. Juli abgeſett. Nur Punkt 3 „Der gegen—
wärtige Stand der Harznutzung“
kam noch zur Beſprechung. Der Leiter des Kriegs-
ausſchuſſes für Fette und Ole, Rohharzabteilung,
Elmenhorſt berichtete über die Harzwirtſchaft
im Kriege. Er hob insbeſondere hervor, daß der
Friedensbedarf des Deutſchen Reiches an Harz im
Betrage von jährlich über 80 000 t ausſchließl'ich
durch Einfuhr aus dem Auslande gedeckt worden ſei.
Durch den Krieg haben ſich die Verhältniſſe ſtark
verändert. Alle Harz verbrauchenden Induſtrien
haben ihre Betriebe weſentlich ein ſchränken müſſen.
Erſatzſtoffe, beſonders Erzeugniſſe der Steinkohlen—
deſtillat'on, ſind vielfach an die Stelle des Harzes
getreten, im übrigen aber hat der deutſche Wald,
aus dem die Harznutzung feit langer Zeit verſchwun—
den war, fein Harzerzeugnis hergeben müſſen, um
den Harzbedarf unſerer wichtigen Kriegsinduſtrien
zu decken.
Als forſttechniſcher Mitarbeiter des Rricgsaus-
ſchuſſes für Fette und Ole ſprach ſchließlich noch zu
dem gleichen Thema Forſtamtsaſſeſſor Dr. Münch
über den gegenwärtigen Stand der Harznutzungs—
technik. Er ſchilderte die einzelnen Verfahren der
Harzgewinnung an Kiefern, Fechten und aus den
Wurzelſtöcken der Kiefer und erörterte dann die
Rentabilitätsfrage, wobei er zu dem Schluſſe kam,
daß der vom Kriegsausſchuß für das Jahr 1917
feſtgeſetzte Preis von 300 Mk. für 100 kg Kiefern.
Rohharz hoch genug bemeſſen ſei, um einen Gewinn
zu verbürgen und dadurch auch die Privat- und
Gemeindewaldbeſitzer zur Harznutzung zu veran—
laſſen.
Auf die an die Vorträge ſich anſchließenden ein-
jipen und lebhaften Beſprechungen kann wegen
Raummangels nicht eingegangen werden. Es fei
nur erwähnt, daß ſie ſämtlich von dem eiſernen
Willen getragen waren, der Schwierigkeiten, die ſich
der Holzverſorgung unſerer Heere und der Bevölke⸗
rung während des Krieges entgegenſtellen, Herr zu
bleiben. Die Ausſprache trug weſentlich zur Klärung
der verſchiedenen wichtigen Fragen bei, und es ſteht
zu hoffen, daß die deutſche Forſtwirtſchaft Vd
den an fic geitellten Anforderungen des vierten
Kriegsjahres, insbeſondere des vierten Kriegswinter⸗
gewachſen zeigen wird.
Litauen, im September 1917.
| Dr. H. Weber
Notizen.
Kgl. bayeriſſcher Oberforftrat Otto Eßlinger +.
Auch in unſerer Zeitſchrift, welche in vorliegendem Heft
wohl den letzten Aufſatz aus der fleißigen Feder des Veritor-
benen bringt, foll der Verdienſte dieſes hervorragenden pfal-
ziſch⸗bayeriſchen Forſtmannes kurz gedacht werden.!)
Seit 1888 befand ſich Eßlinger ars Referent an der K. Re-
gierung der Pfalz zu Speyer, Forſtabteilung und Kammer
der Forſten, um im Jahre 1912 in Ruheſtand zu treten, den
er in Heidelberg verlebte bis zu ſeinem am 27. Februar d. J.
plötzlich erfolgten Tode. Er erreichte ein Lebensalter von
etwas über 78 Jahren. Aufrichtige Trauer verurſachte ſein
Ableben allen, die ihm näher und auch ferner ſtanden. Denn
er beſaß ein ſonniges und heiteres Gemüt, das im Verein mit
ſeiner Sprachgewandtheit die Herzen, namentlich der jungen
Welt, raſch und leicht gewann.
Ausgeſtattet mit großen Geiſtes⸗ und Herzensgaben
wirkte Eßlinger ſchon 1878—1878 als Aſſiſtent und Dozent
1) Vgl. auch den mit Eßlingetrs Bild geſchmückten, epet:
vollen, ausführlichen Nachruf vom Pfälzer Forftverein in
Nr. 18, 1917 der Forſtlichen Wochenſchrift Silva, S. 81/83
von Herrn K. Regierungs- und Forſtrat H. Cramer zu Speyer.
Wan der damaligen Forſtlehranſtalt zu Aſchaffenburg, wo ihm
u. a. der Vortrag über Jagdkunde zugewieſen war, deſſen er
ſich glänzend entledigte. 1878 als Oberförſter zu Schaidt tx
Bienwald in ſeiner heimatlichen Pfalz ernannt, machte er
ſich durch die Einführung der dortigen Korbweidenzucht und
Verarbeitung beſonders verdient. Von 1883 an war er Bor.
ſtand des Reviers, feit 1885 des Forſtamts Aſchaffenburg.
wohin er ſich verſetzen ließ und übernahm auch wieder die
Stelle eines Dozenten für Wegebau und Jagdkunde an der
Forſtlehranſtalt. Dieſe Lehrbetätigung, die ihn in innige
Beziehung zur forſtlichen Jugend brachte, ſagte ihm ganz
bejonders zu. Späterhin beklagte er es oft, daß er dem fort
lichen Lehrberuf nicht treu blieb oder treu bleiben durfte.
Seiner im Jahre 1888 erfolgten Berufung als Regie
rungsforſtaſſeſſor und damit als Referent und Bnjpettions.
beamter an der K. Kreisregierung der Pfalz zu Speyer konnte
er doch nicht widerſtehen.
1891 rüdte er zum Forſtrat auf, war jeit 1909 Regierungs
und Forſtrat und erhielt in dieſer Eigenſchaft 1911 Titel und
Rang eines K. bayer. Oberforſtrates. Wegen feiner verzüg:
lichen Dienſtleiſtungen während einer 24.jährigen Zätigteit
als höherer Regierungsbeamter, wurde er bei ſeinem Über:
251
tritt in den Ruheſtand 1912 noch der Allerhöchſten Anerken⸗
nung durch Verleihung des Verdienſtordens vom Heiligen
Michael III. Klaſſe teilhaftig.
Soweit der äußere dienſtliche Lebensgang unſeres Fach⸗
genoſſen und Freundes!
Wie ich jhon bei meiner Anſprache auf dem ſtimmungs⸗
vollen Friedhof zu Altheidelberg bei Eßlingers Beerdigung
am 2. März 1917 als Korpsbruder mit erwähnte, hat der
Verblichene als Beamter in dienſtlicher und wiſſenſchaftlicher
Beziehung ſich weit über das Durchſchnittsmaß hinausgehoben.
Als junger Mann hatte er die forſtliche Staatsprüfung
mit der erſten Note zurückgelegt und war in ſeinen verſchie⸗
denen Vorbereitungsſtellen links und rechts des Rheines ſtets
eifrig bemüht, ſein Wiſſen und ſeine forſtlichen Erfahrungen
zu bereichern, was ihm in ſeiner ſpäteren ſelbſtändigen Stel⸗
lung als äußerer Amtsvorſtand zugute kam. Eßlinger hatte
einen praktiſchen Blick und eine ausgeſprochene Neigung für
deu forſttechniſchen Betrieb. Die Kenntniſſe im Wegbau
namentlich konnte er als techniſcher Referent der Regierungs⸗
forſttammer in Speyer gut verwerten, gar manche kunſtvoll
angelegte Wald- und Bergſtraße im Pfälzerwald uſw. legt
von ſeinem techniſchen Können Zeugnis ab. Auch iſt er der
Erfinder der fog. Eßlingerſchen Säelatte, deren einfache und
ſichere Handhabung ich bei der Deutſchen Forſtverſammlung
zu Dresden im Jahre 1889 gelegentlich meiner forſtlichen
Studienreiſe als Eßlingers ehemaliger Hörer den Herrn Fach⸗
genoſſen zum erſtenmal vorzuzeigen die Ehre hatte.
Auf den deutſchen Forſtverſammlungen war Oberforſtrat
Eßlinger ein gern geſehener Gaſt, der durch Wort und Tat in
ernſter und heiterer Weiſe („Kapuzinade“) ſtets die Zuſammen⸗
künfte zu beleben wußte. Auch hat er ſeinen Pfälzer Lands⸗
mann f Oberforſtmeiſter Ney zu Metz bei der Gründung des
Deutſchen Forſtvereins wirkſam unterſtützt. Lange Jahre
erſter Vorſitzender des Pfälziſchen Forſtvereins hat er deſſen
Vereinstätigteit weſentlich gehoben. Auch als zweiter Vor⸗
ſitzender des pfälziſchen Kreisfiſchereivereins trug er zur
Förderung der Fiſchzucht, auch in den Wald⸗Bächen und
Weihern, vieles bei. Neben der Bekleidung anderer Ehren⸗
ämter bekundete fih der Beritorbene im öffentlichen Leben
als treuer Verfechter der vaterländiſchen deutſchen Sache und
des Deutſchtums überhaupt. Dabei war er auch tief innerlich
veranlagt, ohne ausgeſuchte Frömmigkeit an den Tag zu legen.
Infolge ſeiner früheren Lehrtätigkeit wurde er auch lang-
jähriges Mitglied des Prüfungsausſchuſſes für die alljährlichen
forſtlichen Staatsprüfungen und viele Prüfungsarbeiten ſind
zur Würdigung durch ſeine Hände gegangen; er dürfte, wo
einigermaßen angängig, gern ein milder Richter geweſen ſein.
Vermöge ſeiner fachlich und allgemein hervorragenden
Ausbildung war Oberforſtrat Eßlinger ſchon ſeit langen Jahre
emſig literariſch tätig und viele forſtliche Aufſätze und Be⸗
ſprechungen zeugen von ſeiner befruchtenden forſtlichen
Schriftſtellerei. Namentlich war er Mitarbeiter für den jagd⸗
lichen Teil der zweiten neu bearbeiteten Auflage 1901 des
bekannten Illuſtrierten Forſt⸗ und Jagdlexikons von Dr. Her-
mann Fürſt, des 10 Tage vor Eßlinger auch entſchlafenen
letzten langjährigen Direktors der Forſtlichen Hochſchule zu
Aſchaffenburg. Mit dieſem für unſer Fach ſo verdienſtvollen
allgemein verehrten Manne ſtand Eßlinger ſeit 1878 in un⸗
unterbrochener Verbindung. Beiden iſt nun die fleißige Feder
entfallen. Beider Andenken bleibt ein geſegnetes!
Unſerem lieben pfälziſchen Landsmann und Fachge⸗
noſſen, dem verſtorbenen K. bayer. Oberforſtrat Otto Eßlinger
von Speyer, legen wir mit beſonders tiefer Verehrung noch
nachträglich den Kranz aus Eichenlaub auf ſeinem einen braven
Mann deckenden Grabhügel in dem baum- und waldum⸗
rauſchten Heidelberger Friedhof.
Speyer. a, My. Johann Keiper.
Ä Waldfamen:Ernteberiht.
Bon: Heinrich Keller Sohn in Darmſtadt
Von Kiefernſamen haben wir in dieſem Jahre
eine geringe Ernte zu erwarten. Bei dem Leutemangel
werden Preiſe für die Zapfen verlangt, die kaum vorher da
waren; dabei werden die Zapfen wohl auch weniger Samen
als in ſonſtigen guten Erntejahren enthalten. Vorräte von
vorjähriger guter Saat werden kaum vorhanden ſein.
Die Fichte brachte in den letzten Jahren nacheinander
gute Ernteerträge, man kann fagen in allen Produktions-
gebieten; deshalb war von vornherein zu erwarten, daß die
Fichte diesmal nicht wieder Zapfen tragen wird. Nach allen
vorliegenden Berichten ſcheinen Fichtenzapfen in dieſem
Jahre nirgends gewachſen zu ſein. Ob die Vorräte guter
vorjähriger Saat den Bedarf decken? Die Eigner verlangen
ſehr hohe Preiſe, namentlich aus Oſterreich kommen enorme
Forderungen.
Die Lärche, die voriges Jahr' Mali viel Zapfen
trug — leider wurden die wenigſten davon abgeerntet —
bringt dieſes Jahr ſo gut wie keinen Ertrag, alſo wird auch
der Lärchenſamen recht teuer werden.
Ganz dasſelbe gilt für die Bey mutskiefer, während
die Weißtanne im vorigen Jahre nicht fruktifizierte,
dieſes Jahr aber Zapfen lieſert. Dieſe Zapfen wurden ſchon
an die Brecher zu noch niemals dageweſenen Preiſen bezahlt,
jo daß für das Kilo guten Samen eben Mk. 5, — verlangt
werden! Auch für Schwarzkiefernſa men werden
enorme Preiſe gefordert. Von Bankskiefern werden
vorausſichtlich kleine Samenmengen aus deutſchen Zapfen
lieferbar ſein.
Auf Douglasfichten—
verzichtet werden.
Von Secekiefern wurden im vorigen Jahre noch
ziemlich große Mengen Zapfen aus Belgien und Holland
bezogen, die guten Samen ergaben; jetzt gibt das Reich keine
Einwilligung zur Einfuhr, weder von Zapfen noch Samen.
Aus dieſem Grunde kann auch der Händler Waldſamen, der
3. B. in der Schweiz in guter Qualität preiswert zu erhalten
wäre, nicht hereinſchaffen: ebenſo wenig wie die Samen
wichtiger Exoten. ö
Von Laubhölzern brachte die Eiche ſtrichweiſe
eine mäßige Maſt.
Die Eicheln ſind bekanntlich beſchlagnahmt, doch iſt es
mir endlich gelungen, eine beſchränkte Menge zu Saatzwecken
frei zu bekommen. Die Eicheln werden, trotzdem der amtlich
vorgeſchriebene Sammlerpreis erhöht wurde, zu Saatzwecken
wie voriges Jahr geliefert werden können.
Die Roteiche trug fajt keine Maſt in Deutſchland.
Aus Belgien und Holland, welche Länder uns ſonſt mit guten
Roteicheln aushalfen, ift wegen Einfuhrverbots nichts herein.
zubringen. Dieſelbe Kalamität haben wir bei Erlen
ſamen, von dem ebenfalls ſonſt in Deutſchland wenig und
jetzt in den n Kriegsjahren ſo gut wie nichts eingeerntet werden
kann und der ebenſo aus Belgien und Holland, das uns ſonſt
gute Saat lieferte, nicht hereingebracht werden darf.
Die Buche lieferte gar keine Maſt.
Von den Ahorn-⸗Arten brachte Bergahorn zienuichen
Samenertrag, dagegen Spitzahorn jo gut wie nichts.
Lindenſamen kann ſowohl von der Sommer- wie
Winterlinde geliefert werden.
Auch die Eſche lieferte befriedigenden Samenertrag:
dagegen ſieht es bei der Hainbuche wieder ſchlechter aus,
von letzterem Samen war bis jetzt nichts einzubringen.
Die Bir ke lieferte bei uns außerordentlich wenig Samen:
die Akazie hing dagegen ſchwer voll. Aber auch alle die
jenigen Samen die reichlich gewachſen ſind, werden in dieſem
A
Samen muß diesmal ganz
252
!
Jahre nicht billig werden, da den ſpärlich vorhandenen Samm- erträgen eigener Beſtande, andererjeits namentlich durch
lern überall Gelegenheit zu ſehr hohem anderen Verdienſt ] vertrauensvolle Übertragung der Bedarfsdeckung in den ver-
geboten ift und diefe deshalb an die weniger angenehme | fchiedenen Forſtſaaten zu berückſichtigen.
Samenſammlung nur dann gehen, wenn ſie dabei noch mehr über die Erträge der einzelnen Arten läßt jid) wie jolg’
verdienen. oe m berichten: Von Berg- und Spitzahorn kommen nur
Alles in allem werden wir alſo bei Kiefern, beſonders | Heine Mengen herein, Rot- und Weißerle iſt knapp.
deutſcher Kontroll⸗Kiefernſaat wieder etwa ſo hohe Preiſe | Eide zeigt keinen Ertrag, die Qualität befriedigt. Bon
wie im Jahre 1913 zu erwarten haben. Für Fichten wahr- [Hain bu che iſt wenig gewachſen. Weißdorn ha
ſcheinlich Preiſe, wie ſolche überhaupt noch nicht da waren, f mittlere Ernte. Ginſter und Stachel gin ſter kur
und auch für die übrigen wichtigen Nadelholzſamen durch— vorausſichtlich nicht geliefert werden, Birke hat nur wenn
gängig hohe Preiſe. Für die Lauhbolzſamen teilweiſe ſolche [Samen erbracht, Akazie hat reichlich geblüht, die Samen.
Preiſe, die man unter den gegebenen Verhältniſſen als ziem- beſchaffung ift indeſſen ſchwierig. Die beiden Linden
lich normal bezeichnen kann, z. T. ebenfalls hohe Preiſe. | Arten zeigen zufriedenſtellenden Fruchtanſatz. Eicheln
Darmſtadt, Ende November 1917. ſind ſtrichweiſe geraten, aber, wie auch Früchte der Roß
kaſtaniſe, zu Futterzwecken beſchlagnahmt; eine etwaige
Freigabe von Teilmengen zur Saat iſt noch fraglich, jedoch
offe ich als Hauptaufkäufer dieſes Artikels Lieferungen er
Forſtſamen⸗Erutebericht 1917/18. a zu 1 Roteicheln find wenig gewachſen
Von Conrad Appel, Kontrollklenganſtalten, Darmſtadt. und ebenfalls beſchlagnahmt. Bucheln zeigen geringen
Der derzeitig ſtarke Holzverbrauch läßt die Aufſtellung | Ertrag, der teilweiſe von den einzelnen Bundesſtaaten zyt
von Kulturplänen für Ausſaaten und Anpflanzungen für die | Olgewinnung erworben wird, vielleicht kann doch etwas zur
Forſtbewirtſchaftung wohl notwendig erſcheinen und beſteht | Saat abgegeben werden.
deshalb ein berechtigtes Intereſſe, näheres über die ein- Von den Nadelholzſamen hatte die Wey mutsticfer
heimiſchen Laub- und Nadelholzſamenernte eheſtens zu höre.] in einigen elan . kleinen 5 ahs
a Unter den jetzigen Verhältniſſen begegnet natürlich die von mir geſichert wurde, fo daß ich den, mit beſonderer Bor-
Snbeingung, Der Ernie großen Schiwierigteiten, der grüßte ſicht daraus gewonnenen Samen in hochkeimender Qualitat
Teil der Sammler und Zapfenpflüder ijt entweder zum Militär empfehlen kann. Weißtanne liefert wenig Zapfen, es
einberufen oder im Vaterländiſchen Hilfsdienſt beſchäftigt. mußten außerordentlich hohe Pflückerlöhne bewilligt weer,
Meinen fortgeſetzten Bemühungen iſt es gelungen, dennoch welche den Samen, der allerdings zufriedenſtellende Cuti:
bewährte Sammler zur Verfügung zu haben. Zweifellos aufweiſt, ganz erheblich verteuern und nie dageweſene peik
wird es auch bei der Forſtbewirtſchafſtung an geeigneten Ar- zeitigen. i
beitskräften zu den Vorbereitungen fehlen und ließe fih auch ER ete e äbriaer € ae
hier durch Heranziehen von weiblichen Arbeitskräften, nament— N che ha 8 Fehlernte, vorjähriger e oe ae
lich aber von Kriegsgefangenen unter praktiſcher und fach- Qualität kann den edarf decken. Fich te hat keinen Japien
zer l $ 4 5 > z gut überlagerter Samen, teilwek
männiſcher Leitung älteren Forſtperſonals Abhilfe ſchaffen. erita au verzeichnen; gi ge „
Das Intereſſe für die Ausſaaten von Laubholz-, nament- aus im Frühjahr geſammelten ganz vorzüglichen Zapfen
| v k auftretenden Nachfrage einigermaßen
lich aber Nadelholzſamen im deutſchen Walde ſollte gerade | Fan der gewiß ſtar 5 rag >
während bes Srieges ni : | begegnen. Dadurch, daß ich mir im Vorjahr beſtes Zapfen
5 ges nicht außer acht gelaſſen werden, im l a 8
Gegenteil: der vermehrte Holzbedarf und die weſentlichen J material beſchafft, was ich ſeither geklengt habe, bin sid
Abforſtungen erheiſchen rechtzeitige Fürſorge für entfpreden- der Lage, grobkörnigen Samen in beſonderer Güte mit be
den Nachwuchs, weshalb Ausſaaten nicht etwa bis zur Be— Keimkraft zu liefern. l l o
endigung des Krieges verſchoben, ſondern, ſoweit es äußerſt nur Die Kiefer wird eine äußerſt kleine Ernte liefern, in
angängig iſt, jetzt vorgenommen werden müßten. bei dem Mangel an geeigneten Zopfenpflöckern und den bote!
Bei der Verſorgung mit Forſtſamen, beſonders Kiefern. [Löhnen wird Kiefernſamen voraus ichtlich ſehr geſucht unt
jamen deutſchen Urſprungs; kommen bekannte zuverläſſige | teuer fein, trokbem wird fih ein Iebhafter Begehr auch fü
Klenganſtalten, hauptſächlich die Kontrollklenganſtalten des | dieſen Artikel zeigen.
deutſchen Forſtwirtſchaftsrates und berechtigterweiſe wieder In Anbetracht der geſchilderten Berhältuiffe wird gemit
die größeren und alljährlich leiſtungsfähigen Firmen in He- | aud ein geeignetes Zuſammenwirken der Forftbemirticaftur;
tracht, welche unter den größten Schwierigkeiten, wie Arbeiter- | und beſchriebenen Kleuginduſtrie zur Förderung der Au
und Perſonalmangel, Kohlennot, Fehlen von Pflückern und | jaaten und Pflanzenzucht beitragen, urd damit der weiterer
Sammlern, teueren Arbeitslöhnen zu leiden und trotzdem Erhaltung unſeres deutſchen Waldes förderlich ſein, jo daß ſelbſ
ihren Betrieb feit Kriegsbeginn aufrecht erhalten Haben. | unter den derzeitig ſchwierigen Verhältniſſen im vierter
In Anbetracht der Wichtigkeit der ſicheren Beſchaffung | Kriegsjahre ein Durchhalten geboten und die Ausführung dei
einwandfreien Saatgutes, in Verbindung mit dem Vorbe- Neuaufforſtungen durch Beſchaffung einwandfreien Soot
jagten, erſcheint es geradezu als ein Akt der Anerkennung und gutes auch für fernerhin ſichergeſtellt ift.
Pflicht, dieſe Firmen einesteils ſeitens der Forſtbewirtſchaftung
durch Zuweiſung von vorhandenen Zapfen» und Gamen- Darmſtadt, Mitte November 1917.
- ee -mr e ——.— te me eee o — — eed — — — — mn
Fuür die Redaktion verantwortlich: für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmenauer,
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen — Für die Inſerate verantwortlich: J. Sauerländers Verla
Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. WM.. Paul Schettlers Erben, G. m. b. H., Hoſbuchdruckerei in Cöthen (Ant,
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Amt und Zap :
Se
von
Dr. Karl Wimmenauer um Dr. Heinrich Weber
Sandee u. Profeſſor d. Forſtwiſſenſchaft i R. ordentl Profeſſor der Forſtwiſſenſchaft
+ an der Univerſität Gießen.
Dreiundneunzigſter Jahrgang.
1917. Dezember.
Frankfurt am Main.
J. D. Sauerländer's Verlag.
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è ; Diese neve Auflage, deren Durchsicht auf ausdrickliihen Wunsch des verstorbenen Verfassers Herr Prof. Dr. Hausrath in t
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den bezäglichen Gebieten bedingt wurden.
i Frankfurt a. M. | J. D. Sauerländer’s Verlag. |
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Inemeine Forſt d Jagd Zeitung
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a — t er See ee — —— — nen
Betrachtungen über den Wettſtreit der
Stämme reiner, gleichalter, geſchloſſener
Beſtände um die Oberherrſchaft, ſowie
über Vererbung bei unſeren Wald⸗
bäumen und über Erziehung der Beſtände.
Von Forſtmeiſter a. D. Tiemann in Göttingen.
Von den gleichalterigen Pflanzen bezw. Stäm⸗
men ein und derſelben Holzart werden ſtets die⸗
jenigen die größte Stärke und Höhe aufweiſen,
die den günſtigſten Standort einnehmen.
In einem gleichalterigen, reinen Beſtande mit
ſtellenweiſe verſchiedener Bodengüte wird dies auf
den beſſeren Bodenſtellen der Fall ſein, z. B.
bei einem im ganzen trockeneren Boden auf etwa
vorhandenen feuchteren Stellen. Dementſprechend
können daher auch zwiſchen genügſamen Holzarten
anſpruchsvollere' auf etwaigen beſſeren Stellen an-
gebaut werden, beiſpielsweiſe zwiſchen Kiefern
auf trockenem Sandboden Buchen auf den
feuchteren Stellen, eine Miſchung, wie ſie ja aus
bekannten Gründen beſonders wünſchenswert er-
ſcheint.
Aber auch in einem geſchloſſenen reinen Beſtande
gleichen Alters, gleichen Bodens und gleicher Ent⸗
ſtehungsweiſe ſind die Stämme bekanntlich nicht
in Stärke und Höhe übereinſtimmend.
Die ſchwächſten Stämme ſind die ſogenannten
unterdrückten, die von den herrſchenden
(dominierenden) überwachſen ſind. Erſtere laſſen
natürlich infolge Licht angels und fehlenden Aus⸗
dehnungsraumes ihrer Kronen in ihrem Wachstum
allmählich bedeutend nach und werden ſchließlich
trocken.
Man kann hierbei nicht gerade behaupten, daß
das Vorherrſchen, (die Prävalenz) von Stämmen
in einer höheren Bodengüte ihrer Stand-
orte, oder in einem etwas größeren Freiſt ande
begründet ſei, ſondern man muß annehmen, daß
dieſen Stämmen höchſtwahrſcheinlich ſchon von ihrer
Entſtehung an eine größere Lebenskraft,
den unterdrückten Stämmen gegenüber, eigen iſt.
Allerdings könnte ja bei einzelnen der letzteren
die Urſache der, Unterdrückung und des ſchwächeren
Wachstums darin liegen, daß ſie vielleicht plötzlich
mit ihren Wurzeln auf eine undurchläſſige Ton -
ſchichtt oder auf eine Felsſchicht geraten
wären, oder die Wurzeln einzelner ſich nicht tief
1917
Dezember 1917
— —— — — ͤ ́—ę—— 3 — — — ꝗ — — — — ee
®
genug entwickelt hätten, um bei trockenem Boden
tiefere und daher feuchtere Bodenſchichten zu er⸗
reichen, oder es wären Stämme von Mäuſen, Jn-
ſekten c. an den Wurzeln oder am Schaft be-
ſchädigt.
Abgeſehen von ſolchen Einzelfällen müßte alſo,
wie bemerkt, der Grund des ungleichen Wachstums
und der ungleichen Dimenſionen der Stämme eines
derartigen gleichalterigen, gleichmäßigen Beſtandes
ein und derſelben Holzart wahrſcheinlich in der
verſchiedenen Größe der Lebenskraft
der Stammindividuen, ähnlich wie es ja ſelbſt bei
Menſchen und Tieren der Fall iſt, zu ſuchen ſein.
Entfernt man nun periodiſch die unter ⸗
drückten Stämme eines ſolchen Beſtandes,
unter ſtrenger Schonung der herrſchenden
(dominierenden), wie es bei der ſchwach en
Durchforſtung (dem A-Grade) geſchieht, ſo ergibt
ſich, daß von der großen Stammzahl der jugend ⸗
lichen Beſtände zur Zeit ihrer Verjüngung oder
des Abtriebes nur noch verhältnismäßig wenige
vorhanden ſind; alſo nur bei dieſen hat die
Lebenskraft bis dahin ausgereicht.
Schon in dem berühmten „Lehrbuche für Förſter“,
von Profeſſor Dr. Georg Ludwig Hartig, ſagt in
der neunten, von deſſen Sohne, Prof. Dr. Theodor
Hartig, im Jahre 1851 herausgegebenen Auflage
letzterer auf Seite 95 des II. Bandes, gelegentlich
der Beurteilung von Durchforſtungen noch ſehr
jugendlicher Buchenbeſtände: „Die geringe Zahl
der Bäume erſter Größe des haubaren Ortes iſt
ſchon in der früheſten Lebensperiode, ja wahrſchein⸗
lich ſchon im Samenkorn als ſolche beſtimmt; er⸗
reichen ſie nicht ihre Ausbildung, ſo wird ſich an
ihrer Stelle zwar eine andere minder tüchtige Hok-
pflanze kräftig entwickeln, aber nicht die Größe
und Stärke erreichen, welche die von ihrem Ur-
ſprunge ab individuell kräftigſten Holzpflanzen zu
entwickeln vermögen.“
In dem vorzüglichen Waldbauwerke von Heyer⸗
Heß, 5. Auflage, I. Band, heißt es bei der Abhand⸗
lung über die Durchforſtungen auf Seite 428: „Von
einer Million Pflänzchen, welche im erſten Lebens⸗
jahre auf einem Hektar genügenden Lebensraum
fanden, bleiben bis zum Haubarxkeitsalter nur noch
etwa 200 bis 900 übrig, u. zw. auf den beſſeren
Bodenklaſſen weniger als auf den geringeren. Die
Verminderung der urſprünglichen Stammzahl in-
34
35d
folge der gegenſeitigen Übergipfelung erfolgt fait
in einer fallenden geometriſchen Reihe; ſie ſchreitet
am raſcheſten vor in der Periode des vorherrſchenden
Beſtandeshöhenwuchſes und ſinkt mit dieſem um
ſo mehr, als auch die zunehmende Kronenbreite der
Stämmchen deren vollſtändige Unterdrückung ver-
zögert.“
Zeigt ſich die Prävalenz der Pflanzen wahr⸗
ſcheinlich ſchon im Samenkorn, ſo wird ſie
ſich auch vielleicht durch beſondere Größe und
Schwere der letzteren bemerklich machen. Man
darf daher wohl annehmen, daß aus ſo beſchaffenen
Samenkörnern kräftigere und widerſtandsfähigere
Pflanzen von längerer Lebensdauer hervorgehen
werden, als aus kleineren, leichteren Körnern.
Die Verſuche von Baur mit Eicheln und
von Cieslar mit Fichtenſamen deuten darauf
hin, wenngleich Verſuche von Vonhauſen mit
Edelkaſtanien jene Annahme nicht be—
ſtätigt haben.!) Die Ergebniſſe weiterer Verſuche
müſſen erſt noch abgewartet werden.
Die größeren und ſchwereren Samenkörner
ſollen auch leichter keimen, als ſolche von gegen—
teiliger Beſchaffenheit.
Es ließe ſich auch wohl mit Recht vermuten, daß
z. B. bei verſuchsweiſe etwas ſtärker
mit Erde bedeckten Saaten diejenigen Keimpflanzen
die größte Lebenskraft beſitzen werden, welche am
früheſten hervorkommen. Den ſpäter erſchei—
nenden muß man wohl weniger Lebenskraft zu—
ſchreiben, und manche Keime werden überhaupt
nicht die Kraft zeigen, eine etwas ſtärkere Erdſchicht
zu durchbrechen.
Ebenſo iſt vielleicht die Annahme berechtigt, daß
größere und ſchwerere Samenkörner bei der Auf—
bewahrung ihre Keimfähigkeit länger behalten
werden.
Immerhin erſcheint es ſelbſtverſtändlich, daß nur
mannbare, kräftige Stämme auf
guten Standorten den beſten Samen und
ſomit aus dieſem die beſten, lebenskräftigſten
Pflanzen zu liefern imſtande ſind.
Hierher gehört auch die wahrſcheinliche Wer-
erbung mancher Eigenſchaften der Mutterbäume,
auf die in neuerer Zeit verſchiedentlich aufmerkſam
gemacht wird. Es braucht in dieſer Beziehung ja
nur auf die großartigen Erfolge hingewieſen zu
werden, die jhon längſt im land wirtſchaft⸗
lichen Betriebe erreicht ſind.
Man müßte demgemäß beim Samenbezuge
3. B. ſtets, ſoweit möglich, darauf ſehen, daß nur
der Samen von gutge formten Mutter
bäumen zur Verwendung gelangt, alſo nicht von
— ——— ͤ U—4—¾ę᷑t
1) S. das vorgenannte Waldbauwerk, I. Band, S. 142.
. . ᷑—.. ;ñ;.kx— . — — ——̃ — ͤ.(———— . ͤ— ͤ ä — ͤ— n ———— ä N—— —— . ——̃—.——.— —Ä—.—̃̃ K—ñ— ſ— — m —.—ñ—. OT I k—kEP—k—k——.. ?—Utim— ̃é ...:.v ——..... —.... — GR a —L—— .. —..ñ..:.ßͤ. . ——
krummen, drehwüchſigen oder von Zwieſel⸗Stäm—
men. )
Dabei möchte ich noch erwähnen, wie es von
großer Bedeutung wäre, wenn es auf dieſem Wege
gelänge, z. B. bei der von Haus aus faſt nur flad-
wurzeln den Fichte, wenigſtens eine größere
Anzahl von Pflanzen, mit dauernder Pfahl
wurzelbildung zu erziehen. Man würde
zu dieſem Zwecke den Samen für Verſuchsbeete
im Kampe von ſolchen Bäumen benutzen, die
ausnahmsweiſe eine Pfahlwurzel entwickeln
haben, unter der Annahme einer Vererbung
ſolcher Wurzelbildung; bei dem Abtriebe zapfen—
tragender Fichtenbeſtände durch Ba umrodung
ließen fidh derartige Stämme mit Sicherheit heraus
finden und deren Zapfen leicht gewinnen. Den
Samen würde man auf beſondere, tief gelockerte
Beete im Kampe ausſäen und bei der Verſchulung
einjähriger Fichten auf ebenſo bearbeitete Pflanz
beete nur Pflanzen mit Pfahlwurzeln aus:
wählen. Ebenſo würden natürlich bei der Aus:
pflanzung in's Freie nur Pflanzen mit folder
Wurzelbildung zur Verwendung kommen dürfen.
Auch bei Benutzung gewöhnlichen Wid:
tenſamens wäre zu verſuchen, durch tiefere
Bodenbearbeitung eine Anzahl von langbe:
wurzelten Pflanzen zu erziehen.)
Man hätte fo, außer kräftigen Durchforſtungen
und einer Miſchung der Fichtenbeſtände mit Buchen
— wo ſolche möglich — noch ein weiteres Mittel
zur Minderung der oft verheerend auftretenden
Sturmſchäden, ſowie auch der Schäden
durch Dürre. Die Einleitung von Verſuchen
dürfte ſich empfehlen.
Weiter mag hier noch bemerkt ſein, daß dei
Kiefernſaaten aus bekannten Gründen nur
Samen deutſcher Herkunft verwendet werden
ſollen.
Sehr intereſſant find die Mitteilungen des Chet:
forſtrats Dr. Reuß im „Zentralblatt für das geſamte
Forſtweſen“, 1916, S. 383°), auf die hier nicht näher
eingegangen werden kann. Nur möchte ich anführen,
daß hiernach fernere vergleichende Verſuche mit
Samen von grünzapfig en und rotzapfi-
gen Fichten nötig ſind, da die erſteren Fichten
die wichtige Eigenſchaft beſitzen, um 14 Tagejp ater
auszutreiben als die letzteren (Verminderung der
Spatfroft und der Nonnengefahr).
Überhaupt muß angeraten werden, bei der Aus-
wahl der forſtlichen Sämereien, noch weit forg:
—— — — en
1) S. das genannte Waldbauwerk, I. Band, S. 141.
2) Näheres f. „Forſtwiſſenſchaftliches Centralblatt“, Jus.
Heft von 1913, S. 361.
3) Beſprochen vom Profeffor Dr. Schwappach in de:
„Forſtlichen Rundſchau“ vom Juli 1917.
fältiger als bisher, deren Herkunft zu
beachten. Verſuche, die ja ein hohes Intereſſe be-
anſpruchen dürfen, ſind durchaus notwendig.
Ich komme nun wieder auf den eigentlichen Wett⸗
ſtreit der Stämme eines Beſtandes um die Ober:
herrſchaft zurück.
Der Unterdrückungskampf kann na⸗
türlich nur dann hervorgerufen werden, wenn die
gleichalterigen Pflanzen bzw. Stämmchen eines
Beſtandes ſo eng ſtehen, daß ſie ſich mit ihren Krön⸗
chen berührenz er tritt daher früher bei dichten
natürlichen Verjüngungen und Saaten, als bei
Pflanzungen ein, bei dieſen erſt nach erreichtem voll⸗
ſtändigem Schluſſe. So lange gleichalterige
Pflanzungen einer beſtimmten Holzart noch nicht
geſchloſſen ſind, kann ſich jede einzelne Pflanze —
mit Ausnahme etwaiger Büſchelpflanzungen, wie
ſie früher beſonders bei der Fichte in vielen
Gegenden üblich waren und auch hier und da bei der
Buche vorkamen — nach allen Seiten frei ent⸗
wickeln; je nach dem Grade der Lebenskraft der
einzelnen Pflanzen werden ſich aber allmählich in
der Länge der letzten Gipfeltriebe bezw. in der
Höhe der Pflanzen größere oder kleinere Unter-
ſchiede bemerkbar machen, und man darf annehmen,
daß naturgemäß die niedrigſten Pflanzen
nad) erlangtem Schluſſe zuerſt ber Unterdrük⸗
kung anheimfallen werden.
In den allerfrüheſten Lebensjahren
laſſen ſich ſelbſtredend bei den aus natürlichen Ver⸗
jüngungen und Saaten hervorgegangenen Jung⸗
wüchſen unterdrückte (überwachſene) und
herrſchende Pflanzen noch nicht unterſcheiden,
weil alle Pflanzen gleichhoch ſind.
Hätten nun alle gleichalten Pflanzen einer Holz⸗
art bei gleicher Entſtehungsweiſe auf einer beſtimm⸗
ten Bodenfläche von durchgehends gleicher Güte
den gleichen Grad von Lebenskraft,
und verfügten ſie alle über einen gleichgroßen
Nahrungsraum in und über der Erde, ſo
würden natürlich alle ein gleichmäßiges
Wachstum zeigen und ſich fo lange am Leben er-
halten, bis die Boden⸗Nährſtoffe von ihnen auf⸗
gezehrt wären — von zufälligen Urſachen des
Eingehens einzelner Pflanzen abgeſehen.
Zu einem Kampf um die Oberherrſchaft würde
ſodann überhaupt keine Veranlaſſung vorliegen,
wohl aber würde ein ſolcher infolge einer ver⸗
ſchieden großen Stärke der Lebenskraft und
außerdem ſchon naturgemäß durch einen un-
gleichen Abſtand der Pflanzen von einander,
alſo durch einen ungleichgroßen Wurzel⸗
boden- und Kronenraum, ſofort bei der gegenſeitigen
Berührung der Kronenränder anheben. Die dabei
zur Herrſchaft gelangenden Stämmchen über-
Or
wachſen die anderen und bringen letztere durch Licht⸗
mangel allmählich zum Eingehen.
Die dominierenden erlangen ſo nicht
allein einen größeren Wachsraum, ſondern
es kommen ihnen nun auch noch diejenigen Boden⸗
Nährſtoffe zug ut, die früher von den unter:
drückten Stämmchen verbraucht wurden und
durch Verweſung der im Boden verbleibenden
Wurzeln der letzteren noch weiter vermehrt
werden; ebenſo vermögen die ausgedehnter ge-
wordenen Krönchen mehr Nahrungsſtoffe aus der
Luft aufzunehmen und die Einwirkung des
Lichtes zu vergrößern.
Der ganz ungleichmäßige Stand der
Pflanzen gleich nach deren Aufgehen bei den
oft ſehr dichten natürlichen und künſtlichen
Anſaaten hat daher, in Verbindung mit der un⸗
gleichen Lebenskraft der Pflanzen, zur Folge,
daß bald eine Menge Stämmchen unterdrückt
bezw. trocken werden; immerhin verbleibt in
den herrſchenden eine zum Beſtandesſchluß
mehr als ausreichende, natürlich fih all-
mählich ver mindernde Stammzahl.
Überhaupt find die ung leich e Lebenskraft,
ſowie der ungleiche Stand der Pflanzen die
alleinige Urſache, daß bei den obigen Be:
ſtandesgründungsmethoden und bei einer unge⸗
hinderten natürlichen Entwickelungsweiſe dieſer Be⸗
ſtände ſich ſolche in geſchloſſenem Zuſtande der
dominierenden Stämme bis zu höherem Lebens-
alter in genügender Stammzahl zu er-
halten vermögen. Welche der gegenwärtig
dominierenden Stämmchen ſich weiter und wie
lange herrſchend erweiſen werden, muß der Unter-
drückungskampf entſcheiden.
Bei regelmäßigen Pflanzungen würde
zunächſt uur die verſchiedene Lebenskraft
bezw. Lebenszähigkeit der Pflanzen die Ober:
herrſchaft der dominierenden bedingen. So-
bald aber erſt Stämmchen unterdrückt wären,
würde auch der Pflanzenſtand, alſo der Wachsraum,
ungleichmäßig ausfallen, und auch ſchon
hierdurch eine allmähliche weitere Unter⸗
drückung von Stämmchen herbeiführen, ähnlich
wie bei den natürlichen und künſtlichen Anſaaten.
Richtete man ſich aber bei einer allmählichen
Verminderung der Stämme in derartigen Pflan-
zungen nicht nach der B eſchaffenheit
der Stämme, ſondern lediglich nach ihrer, Stel-
lung, ſo hätte ein ſolches Verfahren, wenn man bei
jeder Durchforſtung regelmäßig einen Stamm
um den andern wegnähme, wiederum einen
gleichen Abſtand der Stämme von einander,
aber natürlich im doppelten Betrage als *
zur Folge.
34*
256
Mit dem merklichen Nachlaſſen bezw. mit
dem Aufhören des Höhenwuchſes, wie ſolches
naturgemäß im höheren Baumalter eintritt, ferner
wenn die Entfernung der Stämme voneinander
allmählich nach den Durchforſtungen ſo groß
geworden iſt, daß auf eine baldige Berührung der
Kronenränder, alſo auf einen baldigen Schluß der
Beſtände nicht gerechnet werden kann, muß
ſelbſtredend der Unterdrückungskampf bis zum
Wiedereintritt des Schluſſes der Stämme auf—
hören, und ift deren weitere Lebensdauer zu-
nächſt nur von dem Grade ihrer noch vorhandenen
Lebenskraft abhängig.
Da es nun notwendig erſcheint, zu dichte
Jungwüchſe der natürlichen Verjüngungen und
Saaten, namentlich bei Fichte und Kiefer,
aber auch bei Buche, zur Beförderung ihres
Wachstums und ihrer Widerſtandsfähigkeit, von
der Überzahl an Pflanzen zu befreien, muß man
ſolche Wüchſe ſchon zeitig durchrupfen (ver:
ziehen) bezw. aus ſchneiden und dabei einen
ungefähr gleichen Abſtand der Pflanzen
von einander nach Möglichkeit herzuſtellen ſuchen.
Bei den nachfolgenden bekannten Durch-
reiſerungen, die oft in zu dichten natür⸗
lichen Verjüngungen, beſonders bei der Buch e,)
ſich nötig erweiſen, machen fih ſchn unter:
drückte und dominierende Stämmchen
deutlich bemerkbar. Hauptſächlich wird man
die erſteren — unter Verſchonung derjenigen, die
etwa zur Stütze guter, herrſchender Stämmchen
vorläufig noch zu erhalten find —, ſowie Vorwüchſe
und ſchlechtgeformte (krumme ꝛc.) Stämmchen be⸗
ſeitigen, Weichhölzer angemeſſen vermindern, auch
die beiten dominierenden Stämmchen der Haupt-
Holzart und etwa eingefprengte Nutzhölzer
ausreichend frei hauen, Zwillbildungen regu
lieren uſw.
Zugleich ſieht man auch bei den Durchreiſerungen
darauf, die ſchon beim Ausſchneiden eingeleitete,
notwendige, annähernd gleiche Entfer⸗
nung der dominierenden Stämmchen von einander
ſoweit möglich weiter zu vervollſt än digen,
und erreicht ſo eine gewiſſe Ahnlichkeit der Beſtände
mit den aus Pflanzung hervorgegangenen.
Bei letzterer entwickeln ſich die Stämme infolge
des regelmäßigen, bis zu eingetretenem Schluſſe
nach allen Seiten freien Standes, kräftiger,
ſind daher widerſtandsfähiger zunächſt
gegen Schneedruck, ſowie ſpäter gegen
Sturm, und bietet die Pflanzung auch
noch ſonſtige bekannte, wichtige Vorzüge vor
1) Näheres über Buchen⸗Durchreiſerungen ſ. „Allgem.
Forſt⸗ und Jagd⸗ Zeitung“, November-Heft von 1909.
der natürlichen Verjüngung und vor der Saat.
Selbſt der Koſtenaufwand dürfte meiſtens kein
Hindernis für die Wahl der Pflanzung ſein, wenn
man, ſoweit möglich, kleines Pflanzenmaterial
benutzt, ein gutes, billiges Pflanzenver⸗
fahren anwendet und wicht zu dicht pflanzt.
Dagegen iſt bei Buche und Tanne die
natürliche Verjüngung aus bekannten Gründen om
empfehlenswerteſte n und gebräuchlichsten,
ebenſo für rauhe Hochlagen und Felsböden z. V.
bei Fichte.
Bei dem Anbau der Eiche iſt bekanntlich die
Saat wegen Vermeidung des Kürzens der Pfahl.
wurzel zweckmäßiger als die Pflanzung, welche
durch eine ſolche Wurzelbildung erſchwert wirt.
Allerdings laſſen ſich ja einjährige Eichen
auch mit Pfahlwurzel pflanzen ov. Ak
mann'ſche und v. Buttlar'ſche Methode).
In dem erwähnten Waldbauwerke, I. Bd.
S. 106, heißt es in dieſer Beziehung: „Das Kürzen
der Pfahlwurzel iit zwar möglich, bleibt aber jtet:
ein mit Nachteil verknüpfter operativer Eingriff,
weil hierdurch die Organe vermindert werden, deren
Aufgabe in Zuführung von mineraliſchen Nabe
ſtoffen und Stickſtoffverbindungen beſteht.“
Bei der Pflanzung wird der Wachstum gleich
mäßig ausgenutzt; daher zeigen die Stämme
wenigſtens ziemlich gleich e Dimenſionen und
eine mehr regelmäßige Kron enbildung.
Selbſtverſtändlich wird die Ausführung der et
gentlichen Durchforſtungen durch die vor
angegangenen Durchreiſerungen ſehr vereinſacn
und erleichtert.
Eine jährliche Herausnahme der uter
drückten und ſonſt abkömmlichen Stämmchen bezw.
Stämme bei den Durchreiſerungen und Dud:
forſtungen unſerer Hauptholzarten würde natürlic
die Koſten zu ſehr vermehren. Man nimm
daher die Durchforſtungen, je nach Holzart, Br
ſtandesmiſchung, Beſtandesdichte, Standort, Sol;
abſatzgelegenheit uſw. in anfangs kürzeren,
ſpäter in längeren angemeſſenen Zwiſchen⸗
räumen (z. B. bei Buche, Eiche, Weiß-
tanne und Fichte etwa alle 5, bei Kiefer
alle 3-5 Jahre) vor.
Es könnte ja nun allerdings als ein Worzus
der natürlichen Verjüngung und der ihr nahelom
menden Saat vor der Pflanzung betrachtet werden,
daß in der erheblich größeren Anzahl von Pilar
zen, die durch die beiden erſteren Methoden auf die
Fläche gebracht werden, fidh auch ſelbſtredend mehr
lebenskräftigere, vorausſichtlich bert
ſchende Pflanzen befinden müſſen, als in d
weit weniger Pflanzen aufweiſenden Y flan:
zung.
2
Dabei darf aber nicht überſehen werden, daß,
wie ich ſchon in einem früheren Artikel ") angedeutet,
auch bei der Pflanzung eine gewiſſe A us-
Le ſeſtattfindet, namentlich bei der Verwendung ver-
ſchulter Setzlinge, indem man ſowohl ſchon bei der
Verſchulung, als bei jeder Verſetzung von Pflanzen
ins Freie ſtreng auf die Auswahl nur kräftiger
Setzlinge das Augenmerk richtet, und bei samp:
ſaaten, aus denen die zu verſchulenden Pflanzen
entnommen werden ſollen, möglichſt auf tadelloſes,
ſoweit tunlich einheimiſches Saatgut (große
bezw. ſchwere Körner gutgeformter Bäume kräf—
tigſten Alters) hält.
Der Zeitpunkt des wiederholten Eintrittes
der Unterdrückung von Stämmen in reinen
wie in gemiſchten Beſtänden richtet ſich nach der
Standortsgüte, der Beſtandesdichte und dem Be—
ſtandesalter, in reinen Beſtänden auch darnach, ob
jie aus einer Schatten: oder einer Lichtholzart
zuſammengeſetzt find, und nach der Schnellwüchſig⸗
keit der Holzart. Die Unterdrückung zeigt ſich früher
auf gutem Standort, in jüngeren Beſtänden,
ſowie bei Licht- gegenüber den Schattenholz—
arten, und bei raſchwüchſigen Holzarten.
Die Stärke der Beſchattung durch die
herrſchenden Stämme hängt uatürlich von der
Größe und Dichtigkeit der Kronen, ſowie
demgemäß auch von dem Alter der Stämme ab.
Es dürfte von Intereſſe fein, einmal e r f u ch ê-
weiſe zu ermitteln, wie lange etwa, je
nach Holzart, Alter, Begründung und Standort in
einem reinen, gleichaltrigen Beſtande, vollſtändig
überwachſene, aber noch grüne Stämme
in dieſem Zuſtande der Unterdrückung ſich noch
lebend und ſo ausdauernd erhalten können,
um nach vollkommenem Freihiebe ein noch
möglichſt normales Wachstum zu entwickeln.
Eine ſolche Feſtſtellung wäre für die Erziehung von
Bodenſchutzholz (Buche, Hainbuche, Tanne,
auch Weymuthskiefer) wichtig, das nach der Lichtung
oder dem Abtriebe des Oberſtandes (gewöhnlich
Eiche, Kiefer, Lärche) noch baumartig Jeran
wachſen, foll.
Auch wäre es von Bedeutung, einmal bei unſeren
Hauptholzarten durch Verſuche zu erkunden,
bis zu welchem Alter bisher in ſtrengem
Schluß erzogene Stämme noch auf einen Frei⸗
hieb durch etwa eingeführte ſtarke Durd):
forſtungen reagieren, d. h. noch ein lebhaftes
Wachstum zu erreichen vermögen, und in welchem
Alter ſolches am ſtärkſten fich bemerklich macht.
Wie bekannt, hält von den Nadelhölzern die
1) gen Forſt⸗ und Jagd⸗Zeitung“ von 1913, Mai-
Heft, S
~
E
7
Tann e den Druck am längſten aus und zeigt
nach deſſen Beſeitigung noch einen normalen
Wuchs (Möglichkeit langer Verjüngungszeiträume
beim Femelſchlagbetriebe).
Wollte man nun bei den Durchreiſerun⸗
gen und Durchforſt ungen immer nur die
grünen unterdrückten — ſowie natürlich auch
die bereits trocken gewordenen — Stämme ent⸗
fernen bezw. nutzen, ſo würde ſelbſtredend der
Kron enſch luß der herrſchenden Stämme ſtreng
erhalten werden. Bei den Durchforſtungen in
früherer Zeit wurde wohl überall ſo verfahren
(ſchwache Durchforſtung, A-Grad); von jeder, ſelbſt
der geringſten Unterbrechung des Beſtandes⸗
ſchluſſes, fürchtete man eine Schädigung der Boden—
güte.
Durch eine ſolche Behandlungsweiſe der Be—
ſtände konnte aber natürlich auf deren Erziehung
und Zuwachs nur eine höchſtmangelhafte
Wirkung ausgeübt werden: es fehlte den dominie-
renden Stämmen zu einer naturgemäßen, fräf-
tigen Entwickelung an dem notwendigen Wach s—
raum und ſomit an Licht; auch mußte mancher
ſchlechtgeformte, ſowie mancher W᷑ W zeichholzſtamm oder
mancher Stamm einer nicht oder doch nur in ge—
ringerer Stammzahl gewünſchten Holzart, bei:
behalten werden, lediglich zu dem Zwecke der
Vermeidung von Schlußunterbrechungen
Bei der damaligen faſt ausſchließlichen Erziehung
von Brennholz — bei welcher auch das nur in
geringer Menge benötigte Nutzholz erfolgte —
waren Erziehungsrückſichten, alſo die
Erzeugung einer möglichſt großen Menge von Nutz⸗
holz, zumal bei den mangelhaften Abſatzverhält⸗
niſſen, noch weniger nötig und hatten längſt
nicht die Bedeutung als jetzt, wo der Nutzholzbedarf
ein ſehr geſteigerter ift und die mächtige
Kohlen förderung auf die Brennholzfrage
ungünſtig einwirkt.
Jene ſchwache Durchforſtung war demnach
fait nur eine Nutzungs- und nur in ſehr ge-
ringem Grade auch eine Erziehungs Mah:
regel. Allerdings hat die Entuahme lediglich der
grünen, unterdrückten Stämme inſofern einen g ün-
tigen Einfluß auf die Entwickelung der ver-
bleibenden, herrſchenden Stämme, als nach
Entfernung der erſteren die von ihnen aufgenom-
mene Bodenfeuchtigkeit, ſowie die von ihnen dem
Boden entzogenen mineraliſchen Nährſtoffe, nun-
mehr den dominierenden Stämmen zu⸗
gute kommen. Ferner dienen die von den aus.
gehauenen unterdrückten Stämme im Boden zu:
rückgebliebenen Wurzeln nach ihrer Zerſetzung zur
Düngung der herrſchen den Stämme, auch
können dieſe jetzt noch mehr Wurzeln ausbilden.
258
——5ð— ——
„Allgem. Forſt⸗ und Jagd Zeitung” von 1915 be⸗
ziehen.
Nur möchte ich hinſichtlich der Ausführung der
ſtarken Durchforſtung auf Folgendes aufmerkſam
machen:
Wie ich bereits in früheren Aufſätzen ) bemerkt,
liegt es auf der Hand, daß ſich hier, behufs Her⸗
ſtellung eines zweckmäßigen Lichtgrades, be:
ſt immte Entfernungen der Kronuenränder
der herrſchenden Stämme voneinander, je nach Holy
art, Alter ufw. — ähnlich wie man ſie z. B. bei der
Stellung der Buchen ⸗Samenſchläge in meiſt au:
natürlicher Verjüngung hervorgegangenen, dichteren,
mit mäßiger Durchforſtung behandelten Be
ſtänden, nach Führung eines Vorbereitungsſchlages,
als ungefähren Maßſtab annimmt — micht inne
halten laſſen; denn dieſe Abſtän de richten ſich
nach der Kronen breite der wegzunehmenden
Stämme bezw. in Pflanzbeſtänd en nach der
Pflanz w eite.
Da man bei der Auszeichnung der ſtarken Durch
forſtungen in den durch natürliche Verjüngung und
durch Saat begründeten Beſtänden — auch ſchon
bei etwaigen Durchreiſerungen — eine notwendige,
annähernd gleiche Entfernung der hen
ſchenden Stämme voneinander herbeizuführen judi,
fo werden dergl. Beſtände immer mehr den P flan}
beſtänden ähneln, und läßt ſich daher eine
regelmäßige Auslichtung nur durch
Wegnahme eines Stammes um den
andern bewirken, wie ſie bei letzteren Be⸗
ſtänden ſelbſtverſtändlich iſt und in Beſtänden der
erſteren Art bei der Auflöſung von Gruppen
ſolcher Holzarten zu geſchehen hat, deren geſchloſſene
Stämme nahezu gleiche Höhe und Stärke aufpeiſen.
Durch eine ſolche Ausführungsweiſe, bei der die
Herausnahme der Stämme fih mich nach deren
Beſch affeuheit, fondem nach deren Stan’
de richtet, kann der Unterdrückungskampf nicht |
eintreten, man wird aber, wie jhon Profeſſo
Th. Hartig auf der früher angegebenen Seite de
genannten Lehrbuches hervorhebt, „wenn man den |
Beſtand nicht lüdig hauen will, oft genötigt le."
einen guten wüchſigen Stamm wegzunehmen und
einen weniger wüchſigen ſtehen zu laſſen.“ Man
darf übrigens hierbei wohl annehmen, daß >”
letztere, allerdings weniger lebenskräftige Stam
infolge des erlangten freieren Standes, IM
doch noch günſtig weiter entwickeln werde.
Nähme man nun bei der Durchforſtung regel
mäßiger Pflanz beſtände nur die Stellung
Bezüglich der Einwirkung einer Erziehung un ſerer
Holzarten in vo {[ftandigem Kronenſchluſſe,
wie ſie beſonders bei der ſch wachen, aber, wenn
auch etwas weniger ſtreng, bei der mäßigen
Durchforſtung geübt wird, auf Erhaltung und
Mehrung der Bodenkraft möchte ich auch hier!)
noch einmal kurz wiederholen, daß der Be tandes.
ſchluß ſelbſtverſtändlich inſofern einen g ün-
tigen Einfluß zeigt, als er zwar eine zu raſche
Verdunſtung der Bodenfeuchtigkeit hindert, aber
inſofern ungün itig wirkt, als ein großer Teil
der atmoſphäriſchen Niederſchläge vom Kronen
dache aufgefangen wird und nicht zum Boden ge
langt. Die Folge davon iſt eine zu große Trocken⸗
heit des Bodens, daher eine un vo llkommene
Humuszerſetzung und unzureichende Ernäh⸗
rung der dominierenden Stämme. Auch bedingt
die verhältnismäßig gro Be Zahl der letzteren im
geſchloſſenen Beſtande einen größeren W aſſer⸗
verbrauch aus dem Boden.
Wollen wir bei unſeren Beſtänden ein Höchſt⸗
maß an Zuwachs und Widerſtandsfähigkeit, ohne
Schädigung der Bodengüte, erreichen, ſo iſt dies
nur dadurch möglich, daß wir den Kronen der
dominierenden Stämme einen angemeſſenen gtd»
ßeren Wachsraum, aljo mehr Licht ge
währen; wir müßten mithin den Kronenſchluß
unterbrech en, aber nich t etwadauernd ;
es darf kein eigentlicher Lichtung shieb ge
führt werden, ſondern die Lücken müſſen ſich in
5 bis allerhöchſtens 10 Jahren wieder | chließen,
damit eine Ertragsminderung und eine Boben:
verwilderung nicht eintreten können. Das hier durch
zeitige, natürliche Beſamung, beſonders der ſchatten⸗
ertragenden Holzarten, ſich vorausſichtlich leicht ein-
findende Boden ſchutzholz würde allerdings
wohl überhaupt eine Bodenvermagerung kaum auf⸗
kommen laſſen.
Immerhin wäre hierbei auch noch zu berückſich⸗
tigen, daß, einer Erziehung im Schluſſe gegenüber,
die durch Fortnahme einer größeren Anzahl
von Stämmen bewirkte Zerſetzung der im Boden
verbleibenden Wurzeln den Boden noch verhältnis-
mäßig mehr dünn gt und lockert. 2)
Bei einer ſolchen Erziehungsweiſe der Beſtände
in einem gelockerten Kronenſchluß würden,
wie bekannt, in Betracht kommen: die it a r t e Durch⸗
forjtung(C-Grad) und die Hochdurch forſtung.
Näher hierauf einzugehen erſcheint unnötig und
darf ich mich wohl auf das unten erwähnte Heft der
1) Näheres |. „Forſtwiſſenſchaftliches Centralblatt“, Mai⸗
Heft von 1917.
2) „Allgem. Forſt⸗ und Jagd⸗Zeitung“, Juni⸗Heft von
1915, S. 137.
1) „Allgem. Jorit- und Jagd⸗Zeitung“, Juni-Heft un |
1915, S. 138 und „Forſtwiſſenſchaftliches Central blatt“, Mar
Heft von 1917, S. 209.
259
der Stämme zum Maßſtabe, jo wäre ja das Ber:
fahren ein höchſt einfaches, keine beſondere Uber:
legung erforderndes, wie eine ſolche jedoch bei der
Durchforſtung nach der Beſchaffenheit der
Stämme ſelbſtredend unbedingt nötig, aber eben
deshalb auch weit intereſſanter iſt.
Wie hier nochmals erwähnt ſein mag, wird nach
jeder ſtarken Durchforſtung natürlich die Entfernung
der bleibenden, dominierenden Stämme vonein-
ander und ſomit der Abſtand ihrer Kronenränder —
der Kronenbreite der wegzunehmenden Stämme
entſprechend — ein immer erheblich größerer;
es müſſen dann aber auch die Zeiträume bis zum
Wiedereintritt des Kronenſchluſſes immerlängere
werden.
Wahrſcheinlich würde der Kronenabſtand ſchon
nach der zweiten ſtarken Durchforſtung ſich ſo
groß herausſtellen, daß eine fernere ſolche Durch—
forſtung, um eigentliche „Lichtungen“, alſo dauernde
Lücken zu vermeiden, aus bekannten Gründen
unterlaſſen werden müßte.
Die Ausbildung der Stämme wird aber um
diefe Zeit vorausſichtlich bereits eine jo gute, und
der Zuwachs ſowie die Widerſtandsfähigkeit der
betr. Beſtände fo günſtig fein, daß man letztere,
nach erlangtem Schluſſe, in ſolch em bis zur Ber-
jüngung oder bis zum Abtriebe fortwachſen laſſen
könnte; ohnehin würde eine zu große Erweiterung
der Kronen infolge der vermehrten, minderwertigen
Reiſigproduktion nicht erwünſcht ſein.
Schließlich möchte ich auch hier noch einmal an⸗
führen, wie nach dem mehrerwähnten Waldbau⸗
werke, I. Band, S. 63 und 435, Kozesnik und Haug
als Maßſtab bei der Auszeichnung der Durchfor⸗
ſtungen diejenigen, in beſonderen Tafeln zuſammen⸗
zuſtellenden Stammzahlen empfohlen haben,
welche die größte und w er tvo lT ft Holzmaſſe
pro ha je nach Holzart, Holzalter und Bonität an-
geben, und deren Wichtigkeit auch von Schuberg bei
der Aufſtellung von Normalertragstafeln hervor⸗
gehoben iſt.
Solche Stammzahltafeln würden nun
aber bei der Ausführung der Durchforſtungen
nur einen ungefähren Anhalt bieten können, wie
von mir bereits früher bemerkt,) da die Stamm:
zahl bezw. der Kronenabſtand der dominierenden
Stämme voneinander nur von der Kronen-
breite der wegzunehmenden Stämme abhängt;
ohnehin wären dergl. Tafeln natürlich für gemiſchte
Beſtände nicht anwendbar.
Dagegen könnten Stammzahltafeln vielleicht für
die Zeit des Aufhörens der ſtarken Durch⸗
1) „Allgem. Forſt⸗ und} Jagd⸗Zeitung“, vom Juni 1915,
S. 139 und „Forſtwiſſenſchaftliches Centralblatt vom Mai
1917, S. 209.
forſtungen (etwa in der halben Umtriebszeit oder in
einem Beſtandesalter von 50—70 Jahren) eine
gewiſſe größere Bedeutung inſofern erhalten, als
man nach der vorhandenen Stammzahl feſt⸗
ſtellen könnte, wie lange ungefähr, zur Erreichung
des Höchſtbetrages an Maffe und Wert, ein gleidh-
alteriger, reiner Beſtand noch weiter im Schluſſe
fortwachſen dürfe und ob, wann und wo etwa fo-
dann ein Lichtungsbetrieb mit Unter⸗
bau oder ein Überhalt vorteilhaft erſcheine.
Näher hierauf einzugehen iſt nicht der Zweck meiner
Arbeit.
Die naturgemäßere Erziehungsweiſe in einem
lockeren Kron enſchluſſe würde, wie auch
bereits an anderer Stelle hervorgehoben, zur Folge
haben, daß unſere Beſtände — eine richtige Wahl
der Holzart bezw. der Miſchung vorausgeſetzt —
in den dominierenden Stämmen faſt nur ſolche von
tadelloſem, kräftigem, widerſtandsfähigem Wuchſe,
alfo vorwiegend zu wertvollem Nutzholz ge-
eignete, enthalten.
Zugleich würden ſolche Beſtände, namentlich
bei richtiger Miſchung, ferner beim möglichſten Vor⸗
handenſein von Bodenſchutzholz und von Wald-
mäntelanlagen, auch den Anforderungen der Wald—
ſchönheitspflegeeund des wichtigen V o g e l
id uges gerecht werden.
a ee —
Die Entwicklung
vom Waldhaſen zum Feldhaſen (oder
umgekehrt?) und die Neubildung von
Tierformen in der Gegenwart: — im
Beginne der wiederkehrenden tertiär⸗
zeitähnlichen Tierlebensperiode.
Von Wilhelm Schuſter, Pfarrer a. D. und Chefredakteur.
Wenn ein fo bedeutender Gelehrter wie der Hod:
ſchullehrer Dr. Max Hilzheimer, rühmlichſt
bekannt geworden durch die geniale Bearbeitung
des Neuen Brehm, zu meiner Theſe einer wieder:
kehrenden tertiärzeitähnlichen Tierlebensperiode das
Wort ergreift und neue Beiträge liefert (vergl. das
Heft Auguſt⸗September 1917 der Allgem. Forſt—
u. Jagd- tg.), jo ift dies äußerſt ſchätzenswert. Es
geſchah durch Exemplifikation an einem Tier, das
alle Forſtleute und Jäger in gleich ſtarkem Maße
intereſſiert und allen, dem armſeligen Waldläufer
der Mittelmeergebirge, wie dem einſamen Polar-
menſchen, wie dem modernen Großſtadteuropäer,
gleich gut bekannt iſt — weil der Haſe einer der
wenigen erhalten gebliebenen Reſte früherer euro-
päiſcher Großtierwelt iſt. Ich habe mir manches
von dem, was uns Hilzheimer mitteilt, ge
merkt und zu ſpäterer Verwendung in meinem im
260
Entſtehen begriffenen Werk über die Veränderung
der Tierarten in der Gegenwart ad notam genom:
men, namentlich ſeine perſönlichen Feſtſtellungen
über das Eindringen des ſüdfranzöſiſchen Haſen
aus Spanien nach Frankreich, ſowie über die unüber⸗
windliche Schranke des Waldgebirges der Vogeſen,
ein dauerndes Hindernis für das Vordringen dieſer
Haſenform nach dem Elſaß, wie überhaupt eine ſehr
charakteriſtiſche Verbreitungsſchranke für verſchiedene
Tierarten und Menſchenraſſen. Ich bemerke noch,
daß ſich eine Reihe weiterer Forſcher mit den von
mir gekennzeichneten erſten Erſcheinungen einer
wiederkehrenden tertiärzeitähnlichen Tierlebens⸗
periode beſchäftigt hat, ſo der Herzog von
Northumberland (beſtätigte durch nad)-
prüfende Experimente das Überwintern der Wald-
ſchnepfen), der berühmte Afrikareiſende C. G.
Schillings (in „Zauber des Eleleſcho“, S. 125),
der vielſeitige Gelehrte Dr. Fr. Knauer (in
„Vogelzug und ſeine Rätſel“, S. 70), der bekannte
Ornithologe Dr. Kurt Floericke (in „Deutſches
Vogelbuch“, Stuttgart, S. 165), Kurt Graeſer
(„Zug der Vögel“), der Jagdſchriftſteller Camillo
Morgan im Ofterreichiichen Jagdblatt und der
Leipziger Univ. Prof. Dr. Simroth in ſeiner
dickleibigen „Pendulationstheorie“, S. 321. Letzterer
ſtützt feine Theorie mit meinen Nachweiſen. )
Unſer Thema iſt wahrlich ein lohnender Vorwurf,
der im Vordergrunde zeitgemäßen Forſchens ſtehen
muß.2) Die Veränderung der Tierarten in der
1) Als ich im Juliheft 1902 des „J. f. O.“ meine Theſe ver⸗
öffentlichte (niedergeſchrieben von mir im Sommer 1901),
war mir und meinen Leſern noch nichts von der Reibiſch—
Simrothſchen Erdpendulationstheorie bekannt, denn der
Ingenieur Reibiſch (jetzt +) hat erſt ausgangs 1901 feinen
erſten Vortrag über ſeine Theorie gehalten und dieſe dann erſt
in den nächſten Jahren ſchriftlich fixiert: ich ſelbſt erfuhr,
wie ich betone, von ihr erſt durch das „Illuſtr. Jahrbuch der
Naturkunde“, das in brevi meine Forſchungsreſultate wieder-
gab und ſie mit jener Theorie in Verbindung brachte. Dieſe
Theorie hat nun in dem glänzenden, hochintereſſanten (leider
etwas teueren — Pr. 12 Mk.) Buch von Simroth ſelbſt
eine allſeitig vollkommene Darlegung erfahren in Anwendung
auf alle Tierreiche und Tierklaſſen der Erde. Übrigens halte
ich von beiden — von der theoretiſchen Erörterung einerſeits
und dem ſachlichen Material, aljo den zoologiſchen Nachweiſen,
zu denen auch die meinen gehören, andererſeits — das Letztere
für das Wertvollere und Wichtigere. Trotz⸗
dem möchte ich Simroths Buch eine annähernd gleich große
kommende Bedeutung beimeſſen wie dieſem oder jenem
(jetzt überholten) Werk Darwins.
2) Einer wärmeren Epoche auf der nördlichen Erdhälfte
entſpricht nach den neueren Forſchungen eine kältere auf der
ſüdlichen Halbkugel. In der Gegenwart hat die nördliche
Hemiſphäre 6 Tage länger die Sonne über ſich als die ſüdliche.
Sie erhält dadurch von der Sonne mehr Wärme zugeführt.
Dieſe 6 Tage können und werden ſich einmal auf 36 Tage er-
höhen. Erſt in 10 500 Jahren wird ſich das jetzige Verhältnis
wieder zu Gunſten der ſüdlichen Erdhälfte umgeändert haben.
Gegenwart ijt m. E. ebenſo wichtig, wi:
die Entſtehung von Tierformen ir
ältelter Vergangenheit; wenn aw
Darwin in ſeinen berühmten epochemachenden
Werken den Haſen, der leicht ein Schulbeiſpiel fi-
Darwins jetzt zum Teil ſchon überholte Lehr
ſätze hätte ſein können, viel zu kurz hat kommen
laſſen und von ihm nur die Kämpfe der Männchen
erwähnt, indem auch die furchtſamſten Tier
die keine beſonderen Waffen zum Kampfe — ai:
ſekundäre geſchlechtliche Merkmale der Säugetier
männchen — beſitzen, fih zur Paarungszeit auf du:
grimmigſte befehden ), ſowie daß der Hafe in feinen
Lager ein bekanntes Beiſpiel für die unkzuntlin
machende Wirkung der Farbe ijt, während Diele:
Prinzip zum Teil bei dem nah verwandten Kaninchen
verſagt, denn wenn dieſes nach feiner Höhle läuft
fällt es dem Jäger und unzweifelhaft auch allen
Raubtieren durch feinen weißen Schwanz auf („Ab-
ſtammung des Menſchen“ II., S. 304). Es wirft doch
gerade die Verwandlung des Waldhaſen zum Feld
haſen (oder umgekehrt?) ein Licht auf die nenen
Lebensformen, die in unſerer Zeit für die Tiere
geſchaffen werden — geboren aus einer neuen Zeit
(nicht nur geſchaffen durch die verändernde Hand
des Menſchen), im Licht einer nahen Zukunft, einer
ſtets warmen Zeit, deren Morgenglanz ſchon des |
Tacitus unter „rauhen Himmel“ (coelum asper),
wohnende Waldgermanen mitempfinden durften, |
im Nibelungenlied andeuteten, in der Edda cr;
hofften.) 3
Wer Augen hat zu ſehen und wer das miterlebt,
was gegenwärtig rund um uns vorgeht, der ahnt
etwas und hat einen Eindruck von der gewaltigen
(Neumayr, „Erde im Weltraum“). Es gibt vor allem orni :
thologiſche Anzeichen, die mit Deutlichkeit darauf hinweiſen,
daß wir einer wärmeren Epoche, alſo einer „neuen Tertiätzeit“
entgegen gegangen ſind und noch entgegen gehen.
1) Man hat zwei Haſenmännchen beobachtet, die ſo lange
miteinander kämpften, bis eins tot liegen blieb. Übrigens ist
der Hafe erft in neuerer Zeit zum Symbol der Futcht qe-
worden, in der altchriſtlichen Symbolik war er das Sinnbild
eines reuigen Sünders, der zu Gott zurückkehrt (auf einem
Marmorepitaph in den Katakomben). Darwin hat für die
männlichen Säugetiere richtig den Satz von der Gewinnung
des Weibchens durch das „Recht des Stärkeren“ aufgeitellt,
für die Vögel irrtümlich durch „Entfaltung von Reizen“.
deren Wirkung iſt ſo ziemlich gleich Null.
2) Siegfried der Wälſung iſt der Sonnengott, der Gott
der Naturherrlichkeit mit den ſonnenhellen, leuchtenden Augen:
er durchbricht die Waberlohe, den nordiſchen Flammenwal!
(Nordlicht) und erlöſt Brunhilde von kalter isländiſcher Erde
— Der germaniſche Gott Balder, von dem die Edda erzähl,
iſt der Sommer. Nach dem Untergang und der Erneuerung
der Welt (Eiszeit) wird er zurückkehren und dann in Ervigher' |
ſeines Amtes walten. — Die letzten Spuren des Menſchen |
reichen in die Tertiärzeit (Fußſpuren). Ein Gefühl von dtere: |
mögen die Germanen in ihrer Bruſt bewahrt haben.
in
biologiſchen Revolution, in der unſere
Tierwelt zur Zeit ſteht, von dem Umgeſtürztwerden
alter Lebensformen und dem Geſchaffenwerden
neuer, die z. B. den ſtärkſten Trieb in der
Vogelbruſt, wie den Zuginſtinkt,
völlig ertöten und aus einer ganzen großen
Zahl von Zugvögeln Standvögel machen, andere
(z. B. Girlig) in einem knappen Jahrhundert ganze
Erdteile erobern laſſen (Deutſchland bis auf die
nordweſtdeutſche Küſtenplatte) und jogar Geſtalt
der Tiere, Farbe der Vögel (heißer Sommer 1911
ſchuf direkt eine flaviſtiſche Rebhühner⸗Generation),
Struktur der Eier rein ſichtbarlich verändern. In
dieſem Sinne erlaube ich mir zu Dr. Hilzhei—
mers ſachlich fördernden Auseinanderſetzungen
noch einige Bemerkungen, ſoweit es der Rahmen
dieſer fachwiſſenſchaftlichen Zeitſchrift geſtattet.
Wenn man den Kern aus der Schale ſchält, ſo
lauten die zu Hilzheimers Standpunkt den
Grund legenden Sätze: Hafe (Lepus europaeus
Pall. ), urſprünglich Steppentier, wanderte in Deutſch⸗
land nach der Eiszeit ein, blieb in der Waldzeit Frei—
landtier, indem er ſich auf waldfreien Gebieten er⸗
hielt, ſonderte als Zweigſippe den Waldhaſen ab,
tritt ti der Neuzeit auf als Tier der modernen
Kultur deppe. Meine Aufſtellung lautete ungefähr:
Haſe, urſprünglich Steppentier, wanderte bei uns
in den Zwiſcheneiszeiten oder unmittelbar darnach
ein, wurde in der Waldzeit zum Waldtier, tritt in
der neueren Zeit als Wald-, Bujd und Feldhaſe
auf, verſchwindet allmählich als Waldhaſe — Buſch⸗
haſe iſt wahrſcheinlich nur Übergang — und bleibt als
reiner Feldhaſe in der „Erſcheinungen und Zeiten
Flucht“ zurück. Wir ſtimmen überein darin, daß der
Haſe ſeiner urſprünglichen Natur nach ein Stepp en
tier war; dies lehrt auf den erſten Blick feine & e-
italt, die Ausbildung ſeiner Beine, die
Lebensweiſe, die Verwandtſchaft.
Ebenſo übereinſtimmend glauben wir feine Hei—
mat im Oſten gelegen; er iſt die Heimat vieler
und ähnlicher Tiere. Ein Unterſchied der Mei-
nungen beſteht betreffs der Zeit der Einwanderung.
Ich will nun kein beſonderes Gewicht mehr darauf
legen, ob es in den Zwiſcheneiszeiten oder unmittelbar
nach der Eiszeit geſchah — ich habe mir den Weg zu
dieſer Auslegung ja auch freigelaſſen mit den Worten
„in den Steppenzeiten zwiſchen den Eiszeiten oder
unmittelbar darnach“ — und erkenne
Dr. Hilzheimers Beweisführung in dieſem
Punkte als überzeugend an. Der europäiſche Feld⸗
haſe ſcheint tatſächlich erſt in der Beendigung der
Eiszeit bei uns eingewandert zu ſein. So genau
übrigens läßt ſich dies nicht beſtimmen; „ſcheint“
iſt hier der richtige Ausdruck. Die Einſchränkungen
zu unſerer Behauptung ſtellt H. ſelbſt feſt: Vorſicht
1917.
beim Studium diluvialer Faunenliſten, Schneehaſe
(Lepus timidus J.) figuriert „ſehr häufig“ auf ihnen,
Feld- und Schneehaſe find uur äußerſt ſchwierig,
in ſolchen vorgefundenen Knochenreſten m. E. über:
haupt nicht zu unterſcheiden. Wollte man den Spieß
ohne ſophiſtiſche Gedankengymnaſtik umdrehen, ſo
würde die Sachlage faſt eher zu meinen Gunſten
ſprechen; denn 1. bis vor kurzem war es noch gänz⸗
lich unentſchieden, ob die drei Lokalraſſen Feld⸗,
Schnee- (oder Alpen-) und Polarhaſe einer einzigen
Art angehören — und das gilt auch für die 4. Form
Lepus meridiei Hilzh. und andere (ich komme
noch darauf zurück!), — und 2. ein Vertreter dieſer
Typen, vorausgeſetzt die Nichtunterſcheidbarkeit der
Knochenreſte, findet ſich im Magdalenien, der alt-
ſteinzeitlichen Kulturſtufe in der Ausgangsphaſe der
Eiszeit, unmittelbar nach der letzten großen Ver
eiſung— — nach Perigord in Südffrank⸗
reich kann doch der Haſe nicht mit einem großen
Sprung aus ſeinem Entſtehungsherd in Zentral—
aſien (oder noch mehr im Südoſten oder auf dem
Umweg über Afrika — Spanien) gekommen fein,
ſondern er hat dazu eine gewiſſe Zeit
gebraucht. Denn wir haben uns die Beſiedelung
der neuen und fremden Länder doch nicht im „ge-
ſtreckten Lauf“ zu denken, ſondern durch langſame,
oft in Jahrzehnten nur ſchrittweiſe vor ſich gehende
Einwanderung. Dazu braucht das Tier aber eine
gewiſſe Zeit, vielleicht lange Zeit, und ſo iſt es doch
faſt wahrſcheinlicher, daß der Haſe die letzte Zwiſchen⸗
eiszeit oder überhaupt die ausgehende Eiszeit be—
nutzt hat zum Herüberkommen, um dann ſofort nach
dem Erlöſchen der letzten großen Vereiſung bei uns
aufzutreten. Der Fund von Perigord macht dies
wahrſcheinlich.
Einen weſentlichen Unterſchied wirft das Objekt
„Wald“ in unſere Unterſuchung. Wenn ſich ev
weiſen läßt, daß auch in der europäiſchen Waldzeit,
z. B. in der geſchichtlichen germaniſchen, größere
Länderſtrecken waldfrei geblieben ſind, ſo will ich
Herrn Muſ.⸗Dir. Dr. Hilzheim er recht geben
und ſeiner Meinung unumwunden beipflichten, daß
ſich unſer Haſe, a priori Steppentier, in ſeiner reinen
Steppenform, jedoch mit einer Abzweigung der
Form „Waldhaſe“, bei uns erhalten hat. Es wäre
ja auch das Natürlichere! Ganz richtig greift H. auf
das beweiſende Argument zurück, daß ſich ja auch
Steppenpflanzen und andere Steppentiere und bet
ſpielsweiſe das wilde Pferd bei uns erhalten haben.
Das Pferd war noch bis in die neuere Zeit hinein
Jagdtier in Weſtfalen und im Duisburger Walde:
eine Sache, die eine eigene eingehende Unterſuchung
verlangte. Aber gerade auch das Steppentier Pferd
iſt zum Waldtier geworden, denn die deutſchen wilden
Pferde lebten in Wäldern: ſo die Wildpferde, die
35
um 1510 in Weft) und Oſtpreußen lebten, von
Erasmus Stella erwähnt, ſo die Wildpferde
in den Vogeſen, von denen wir um 1593 durch
Eliſäus Rößlin hören, und noch 1616 mußte
die Stadt Kaiſerslautern in der Pfalz drei Wild—
pferdſchützen anſtellen, um ihre Felder vor Schaden
zu bewahren. |
Ob das ganze Geſchlecht der Feldhaſen oder nur
ein Teil derſelben zu Waldhaſen wurde, darauf
kommt es mir und überhaupt im allgemeinen gar
nicht an, ſondern darauf, daß der Waldhaſe in
unſerer Gegenwart mehr und mehr
verſchwindet und mit dem wahrſcheinlichen
Übergang des Buſchhaſen zum Feldhaſen wird.
Daran muß ich feſthalten trotz des Dol lo ſchen
Geſetzes. Ich erkenne dieſes Geſetz an. Allein die
Unterſchiede zwiſchen Wald⸗ und Feldhaſen, die den
Jägern ja ganz deutlich auffallen, ſind im großen
Rahmen der Naturentwickelung ſo gering, daß ſie
für ein ſolches Geſetz nicht in Betracht kommen oder
ausſchlaggebend ſein können. Ich halte es alſo ſehr
wohl für möglich, daß aus Waldhaſen Bujch- und
Feldhaſen werden. Ich führe es auf das wärmere
Klima zur Winterszeit und überhaupt die allgemein
gebeſſerte Klimalage, die jene Tiere des Wärme⸗
und überhaupt Deckungsſchutzes des Waldes ent:
behren lehrt, zurück. Wie anders die Waldhaſen
verſchwinden (doch nicht mehr durch Menſchenhand
als die Feldhaſen, ja eher weniger), dies zu erklären,
hat die gegenteilige Anſicht unterlaſſen, und gerade
das iſt für mich der ſpringende Punkt, davon ging
meine Unterſuchung aus. Sie dankt jedoch der
Gegenſeite für weitere Förderung durch Aufſtellung
von „Kontrapunkten“.
Nicht viel größer als die Unterſchiede zwiſchen
Wald- und Feldhaſe find auch diejenigen der ver:
ſchiedenen Lokalraſſen, wobei Lepus meridiei Hilzh.
ſicher eine gute Form iſt. Weitere Formen ſind
außer dem typiſchen deutſchen Feldhaſen (Lepus
europaeus Pall.) der nordiſche Schneehaſe (Lepus
timidus L.), der Polarhaſe (Lepus arcticus Leach),
der Alpenſchneehaſe (Lepus varonis Mill.), der iriſche
Schneehaſe (Lepus timidus hibernicus Bell) und der
Dublinhaſe (Lepus timidus lutescens Barr.-H am.).
Von dem kleinen ſüdfranzöſiſchen Haſen meridiei
muß man annehmen, daß er über Afrika von dem
aſiatiſchen Entſtehungsherd aus gekommen jei.!) —
Im Hinblick auf meine Karten im Dezember-Heft
1916 der Allgem. Forſt⸗ und Jagd⸗Zeitung muß ich
noch feſtſtellen, daß die Unterſchiede zwiſchen dieſen
1) Vielleicht differenziert der neue Brehm dieſe Lofal-
formen zu fein; doch nehmen wir dies lieber mit in Kauf als
das Gegenteil, zumal wenn es mit ſo ausgezeichneten Mono—
graphieen verbunden iſt wie beim Haſen, die z. B. beim Schaf
und Pferd ſozuſagen ganz fehlen!
ijt, weil der Haje (anſcheinend!) wiederkäut, da er
Haſenformen nicht bedeutender jind als die zwischen
Sproſſer und Nachtigall, die ich bei Skizzierung der
Karte auch in einen Begriff zuſammennahm.
Neuerdings wird ja immer mehr erkannt, daß biolo.
giſche Momente, bei Vögeln namentlich der Geſang,
wichtiger ſind zur Unterſcheidung und Auseinander:
haltung der Raſſen als Strukturunterſchiede (ſyſte⸗
matiſche), ſo z. B. gerade bei der Unterſcheidung von
Sproſſer und Nachtigall, der Baumläufer⸗Raſſen,
der Ammerformen; Kleinſchmidt wirft neuer:
dings Gold⸗ und Fichtenammer, Reidenon
Kiefern- und Fichtenkreuzſchnabel in eine Art zu:
ſammen.
Südeuropa beſitzt einen Hajen, der den Über
gang bildet zu dem ſehr langohrigen Erneb (Lepus
aethiopicus L.) der Agypter; deſſen Wildbret übri⸗
gens verachten die Abeſſinier, fie jagen ihn niht,
weil die aus allen möglichen Elementen zuſammen—
geſetzte Religion dieſes merkwürdigen Bergvolfe:
noch das Verbot Moſis (3. Mo. 11,6 und 5. Mo. 14,7;
kennt, wonach der Genuß des Haſenfleiſches verboten
mit den Kinnbacken ganz ähnliche Bewegungen macht
(im Schlafen?) wie die Wiederkäuer — ein Ver:
halten, das nach ſeiner naturwiſſenſchaftlichen Seite
der neue Brehm nicht zu erklären verſucht hat.
Dr. Hilzheimer und ich ſtimmen darin
überein, daß die zunehmende Wärme die Tiere teil:
weiter nach Norden führt (ſüdfranzöſiſcher oje;
teils ſchützende Walddeckung entbehren laſſen kann.
Deutlicher noch, als letzteres in der Entwicklungsreihe
„Wald-, Bujd-, Feldhaſe“ zum Ausdruc
kommt, entwickeln und offenbaren ſich verwandte
Vorgänge in ähnlichen oder noch großartigeren Er:
ſcheinungen der Neuzeit. Ich will einige aufzählen.
Der Sperling verläßt die ſchützenden und ware:
gebenden Hausluken und baut unförmige große
Neſter in Bäumen, wie ich es bei Stettin und in
Südſchweden beobachtete. Belege dafür gebe it
demnächſt im „Zool. Anz.“ (Marburg). Die Brand:
gans verläßt die Erdhöhlen und wird aus einem
Höhlenbrüter ein Freiniſter (auf Juiſt), wie ba:
Kaninchen ein Freilandbewohner. Ahnlich verbal:
es fic) mit Turmfalke und Fliegenſchnäpper (nte:
offen). Die Waldohreule geht von der vierwöchige
zur dreiwüchigen Brutzeit über. Die Mehlſchwalben
eier (teilweiſe Fleckung) und die Gartenrotſchwanzel!
(mitunter Rotfleckung im Norden) befinden jid in
einem Übergangsſtadium, das ſicher mit der neuen
Zeit zuſammenhängt — die nähere Erklärung fell
mir noch —, und auf die Gelbfärbung der Hühner
unter dem Einfluß der neuen Zeit (1911) wurde
oben ſchon aufmerkſam gemacht. Der polare Morell
regenpfeifer gibt fein ſüdlichſtes Brutgebiet, M
Rieſengebirge und in den ſteiriſchen Alpen, au
— — — — ————— ———— E e — — — — —
2
a
es wird ihm zu warm. Die Blaurake judht jid) öſtlich
der Elbe anzuſiedeln, ihr Auftauchen überall in
Weſtdeutſchland ijt weiter nichts als ein Zurück⸗
pendeln, vor der Eiszeit iſt ſie nach Oſten' ausge⸗
wichen; auf den Girlitz wies ich ſchon hin und ähnlich
iſt der Anſiedelungsverſuch des Bienenfreſſers in
einer Kolonie im Kaiſerſtuhl und vieler anderer aus-
ländiſcher Tiere zu beurteilen. Sehr merklich dringt
von Inſekten z. B. die ſtahlblauflügelige Holzbiene,
Xylocopa violacea, vor, deren nördlichſtes Vor-
kommen wir in den letzten Jahren in Marburg feſt⸗
ſtellten, und die ftattliche- flügelloſe Laubſchrecke
Sattelträger, ®; Ephippigera vitium moguntiaca
Schust., neuerdings ſo häufig bei Mainz, iſ auch erſt
ſeit 1856 (L. v. Heyden) am Rhein geſehen worden.“)
Der Singſperling (Melodia cinerea), einſt Europäer,
jetzt Amerikaner, befindet ſich augenblicklich auf dem
Wege des Rückwanderns nach Europa. Die Mittel:
meerſteinſchmätzer befinden ſich zur Zeit in einer
Phaſe der Fortentwicklung, noch leben beide Typen,
der aurita- und stapazina-Typus, zuſammen, aber
doch erzeugen fie ſchon eine Nachkommenſchaft, die
ſich bei der Ausführung zum Alterskleid unbedingt
einer der beiden Typen anſchließt: Vorrücken nach
Norden hat die noch im Schwanken begriffene Un⸗
ſicherheit in die Art hineingebracht (Endziel, Aus⸗
bildung einer nördlichen Form, geht in unſerer
Zeit ſichtbarlich vor ſich). Als Vögel, die ihr jetziges
Brutgebiet nach Norden ausdehnen, zum Teil be—
trächtlich verlegen, habe ich bis heute 34 Arten mit
Sicherheit feſtgeſtellt und mehr als zwei Dutzend
ſind aus Zugvögeln Standvögel geworden. Wie die
Vögel im Winter fingen, im Herbſt brüten (Sim⸗
roth: ein Rebhuhn im Dezember), fo fegt der
Rehbock neuerdings früher im Jahre, der Albinismus
nimmt bei den Rehen zu, die Gemſe macht Streif—
züge bis nach Württemberg (Lautertal), Dachs,
Hamſter und Igel halten keinen Winterſchlaf mehr,
der Dachs wird Freiwohner (in der Bukowina z. B.,
fährt im Winter in Heuſchober), die unglaublich
ſtarke Vermehrung der Biſamratte iſt möglich,
1) Hochintereſſant iſt auch das Nordwärtswandern einer
mittel- und ſüdeuropäiſchen Bienenart, der Apfelhummel
(Bombus pomorum). Auf einem Ausfluge in die, Gegend von
Tord auf Seeland im Auguft 1903 fand H. Muchardt aus
Helſingborg eine Arbeiterin einer ihm unbekannten, der
dortigen Fauna völlig fremden Hummelart. Das auf eine
öffentliche Aufforderung ihm zugeſandte Hummelmaterial,
namentlich jütländiſches, ergab zahlreiche Erem-
plare der Neuheit, die ſich als die für Dänemark wie Skan⸗
dinavien neue Apfelhummel erwies. Es handelt ſich um Bor-
ſtöße und Anſiedelungen dieſer in Mittel- und Südeuropa
heimiſchen, in Thüringen ſchon ſelteneren Art. (Entomol.
Meddelelser.). Das Tier iſt alſo über die Nordſee nach Schweden
geflogen. Auch alte deutſche Hummelarten ziehen ſich in
unſeren Gebirgen gebirgs- und höhenwärts.
2) „Pendulationstheorie“, S. 323.
Heidſchnucken laſſen ſich als Winterſtandwild ein-
bürgern, worauf das nordiſche Ren ſtandhaft ver-
zichtet), die Umfärbung des Mauswieſels zur
hellen Wintertracht ſtockt — ceterum censeo: es
ſind alles die gleichen Erſcheinungen, wie das Auf—
geben des Waldes als Wohnort ſeitens des Haſen,
die Rückentwickelung vom Waldhaſen zum Feldhaſen.
Ich könnte noch Hunderte von parallelen Fällen
nennen. Es ſind die Erſcheinungen einer beſonderen
Zeit, Beginn der wiederkehrenden tertiärzeitähnlichen
Tierlebensperiode.
Auf das Kaninchen und feine ver:
änderte Lebensgewohnheit (jebt Frei
landbewohner) komme ich hier nicht näher zurück.
Ich mußte für ſeine „neumodiſche“ Lebensweiſe eine
Erklärung ſuchen und hielt mich dabei an das Nächſt⸗
liegende, die Veränderung des Klimas. Welcher
Grund letzten Endes ausſchlaggebend iſt, erſcheint
mir gleich wichtig wie die Veränderung ſelbſt. Ich
werde das Tier noch weiterhin in ſeinem veränderten
Auftreten zu ſtudieren ſuchen und ſpäter vielleicht
darüber noch Näheres berichten.
Ich will hier noch eins erwähnen: Es iſt ſehr wohl
möglich, daß es heute im Mainzer Tertiärbecken
warmer iſt als vor 500 Jahren in Spanien, denn die
großen Sonnenflecken des Mittelalters fehlen uns
heute glücklicherweiſe (1911 übertraf unſere Sommer-
hitze ſogar die Temperatur Nordafrikas, wir hatten
im ägyptiſchen Kairo, wo ich damals ſelbſt weilte,
nicht mehr Hitzegrade als das mittlere Deutſchland; ?)
und wenn die Kaninchen aus dem warmen Spanien
gekommen ſind, ſo haben ſie unzweifelhaft in erſter
Linie als wärmenden Schutz ihre Erdhöhlen
bei uns hergeſtellt; dabei bleibt dahingeſtellt, ob ſie
dies damals noch in Spanien taten, genug, daß ſie
bei uns die Erdhöhlen herſtellten gegen widrige
Wettereinflüſſe, und daß ſie dies jetzt nicht mehr
nötig haben bei milderer Temperatur. Die andere
Möglichkeit: Höhlen als Schutz vor Feinden, kommt
erſt in zweiter, ja in unſerem Falle ganz in letzter
Linie in Betracht, ſozuſagen faſt kaum in dem von
‘jeher, feit Jahrhunderten, von den Römern fon
500 Jahre lang und dann durch Karl den Großen
in Ingelheim und ſeit ihmintenſiver Kultur
1) Inſtinktiv und doch zweckmäßig zielbewußt, es hat
keinen Sinn, gegen den „Strom der Zeit“ zu ſchwimmen!
2) Wenn Simroths genial erdachte, mit
Rieſenfleiß durchgeführte, freilich bis jetzt noch
leider nicht geologiſch oder phyſikaliſch begründete Theorie
zu Recht beſteht, dann müſſen wir uns in einer zurückſchwin⸗
genden Erdphaſe befinden, in der die nördliche Erdhälfte der
Sonne zu emporgehoben wird. Abgeſehen davon, zeigt das
Beiſpiel des Sirius, der zur Zeit der Griechen rotes und jetzt
weißes Licht ausſtrahlt, daß ſich Sonnen verjüngen, mehr
Wärme und Licht ausſtrahlen, — wende dies auf unſere Sonne
an! Auch Lichtverhältniſſe ſpielen mit.
35°
264
erſchloſſenen Mainzer Becken, das infolgedeſſen arm
war an Raubvögeln und vierfüßigen Räubern (noch
jetzt ſteht vereinzelt und verſteckt da und dort in einem
Dorfwinkel ein uralter Maulbeerbaum (Seiden—
zucht?) ungefähr aus der Zeit Karls des Großen).
Wie ſehr die Kaninchen Abänderungsfähigkeit haben,
erwähnt Dr. Oilz heimer in ſeinem mir wohl:
bekannten und m. E. vortrefflichen „Handbuch der
Biologie der Säugetiere“, S. 58: Nach van
Bemmelens Unterſuchung iſt das Kaninchen
weiter nichts als ein umgebildeter Hafe, das zeigt ein
Vergleich der Schädel, und je ſchmäler — gegen:
über dem dicken Haſenkopf — der Kaninchenkopf iſt,
je enger ſeine Naſenlöcher, je weniger hervortretend
ſeine Augen, deſto leichter wird ihm das Eindringen
in den Boden gelingen, während dagegen die
Kaninchenkiefer (und dementſprechend die An—
heftungsſtellen der Kau- und Nackenmuskeln) kräftiger
ſein müßten, „kräftig genug, um ſich mittels ſeiner
Zähne zwiſchen zähen Wurzeln und harten Zweigen
einen Weg bahnen zu können“ (je mit den Zähnen?
m. E. ſcharrt das Kaninchen nur! Schuſter). Noch
beſſer wie die Kaninchen find, was die Feſtſtellungs—
möglichkeit der Abänderung anbelangt, glücklicher—
weiſe die Vögel ſchon vor 150 Jahren, ſo z. B. von
Bechſtein und dem älteren Naumann, ganz
genau beobachtet und beſchrieben worden, ſo daß
wir ihr heutiges Verhalten mit ihrem damaligen
gut vergleichen können. Es iſt gar keine Frage, daß
ih die Schwarza mſel ſehr ſtark, wohl total
verändert hat, und zwar in folgenden Punkten:
1. wurde aus einſamem, ſcheuem, ſelten vorhandenem
Waldvogel Garten- und Stadtvogel, Beweis: Ja-
eo bus Theodorus Klein, von ſeinem
Verleger Kanter der „unſterbliche Klein“ genannt,
ſchreibt in ſeinem mir vorliegenden Eierwerk vom
Jahre 1766 „Ova avium', daß er die Eier der Amſeln
nicht abbilden, auch nicht beſchreiben, weil nicht be:
kommen konnte, wegen Seltenheit (desiderantur
ova Turdi nigri et aliorum minus vulgarium), S. 23;
ſie waren alſo nicht in den ihm zur Verfügung
ſtehenden ſchönen Eierſammlungen des Propſtes
Helwing, der Kgl. Galerie in Dresden, des
Kabinetts in Baireuth, des Kommetrzienrates
Saturgus in Königsberg, des Konſiſtorialrats
und „der Gottesgelahrtheit Dr.“ Friedrich Sa—
muel Bock; 2. niſtet in Häuſern, ſo von mir
feſtgeſtellt im Neubau der Univerſitätsbibliothek in
Gießen; 3. ſingt auf Dächern; 4. frißt Kot der
Jungen; 5. macht ſich trunken durch Übergenuß von
Pfirſichen (im Mainzer Becken, von mir feſtgeſtellt,
confer auch unmäßiges Freſſen von Gartenkultur
früchten, Erdbeeren u. a. !); 6. tötet gelegentlich
junge Singvögelchen. Ich kann „wie am Schnür—
chen“ nachweiſen, daß ſich eins aus dem anderen er:
gibt und daß der erſte Anlaß zu allem anderen
wiederum auf dem Gebiet liegt, das die eine große
Urſache zur radikalen Revolutibnierung der Tier-
welt in unſeren grundſtürzenden Tagen in ſich birgt:
mildere Zeiten, Verſchiebung von mehr Wärme in
den Winter u. dergl. Dies allein hat nicht nur aus
dem Zugvogel Amſel einen Standvogel gemacht,
ſondern auch ſeine Vermehrung derartig begünſtigt,
daß er ſeinen reichen ÜUberſchuß aus dem Wald in
die Gärten und Städte abgeben konnte, und daraus
folgt dann alles andere (Wohnungsnot (2), Ge—
wöhnung an Dächer (3), eigentümliche Freßgelüſte
(4 und 5), Nahrungsmangel (6) uſw.). So gut
übrigens, wie ſich Tiere wie die Waldſchnepfe
das Überwintern nicht nur in milden Wintern an—
gewöhnt haben, ſondern auch tatſächlich in einem
immer noch einmal wiederkehrenden ſtreug en
Winter, ſo 1916/17, (das wäre alſo die tatſächlich
neu erworbene Eigenſchaft), ſo ähnlich können ſich
doch wohl auch unſere deutſchen Eichhörnchen
entſprechendes Verhalten angewöhnen, und haben
es fih tatſächlich angewöhnt. 1) Dabei ſpricht ein
noch einmal wiederkehrender kalter Winter gar nicht
gegen die Vorausſetzung meiner Theſe, denn er iſt
weiter nichts als ein Rückfall, eine reversio, ent-
ſprechend dem Atavismus im Tierreich, und was er
im Gefolge hat, haben wir ja 1916/17 geſehen: Der
darauf folgende Juni 1917 hatte den heißeſten Juni:
tag ſeit 1848. Das war mehr als wieder gut gemacht.
Die Faſanen muß ich beſtimmt als
teilweiſe zu Fuß bei uns einge wan
derte Südländer anſprechen. Denn in Un:
garn, das die Brücke zu ihrer Balkan heimat bildet,
kommen ſie ſeit langer Zeit als wild und nicht von
Menſchenhand eingebürgert vor. Wo die Griechen
die Faſanen fanden, ift dabei gleichgültig, und daß
die Römer allerhand Tiere bei uns einbürgerten,
it ein gern von uns gebrauchtes Schlag wort, das bei
näherer Betrachtung in ein leeres Nichts zerfällt.
Selbſt Haustiere haben iſt noch immer etwas
anderes als ſie in Germanien einführen. Der
autochthone Faſanenbeſtand Ungarns⸗ Böhmens
redet eine andere, erdwüchſigere Sprache als Latein,
ganz abgeſehen von Jägerlatein.
Zum Schluß ſpreche ich Herrn Dr. Hilz⸗
heimer, Direktor des Märkiſchen Muſeums im
Berlin, noch einmal Dank aus, daß er mir und
ſicher auch unſern Leſern Anregung zu neuen Ge—
danken und Förderung in deren Vertiefung gab,
wozu er trotz ſeiner angeſtrengten militäriſchen
Tätigkeit als derzeitiger Lazarettinſpektor in
Weiſenau⸗ Ravensberg. die Zeit gefunden hat.
1) Beſtätigte mir ein Revierförſter, ich ſelbſt lag über
Winter 1916/17 im Militärlazarett in Schleſien.
Zur Abwehr.
Von Karl Katzer, fürſtl. Thurn und Taxisſchem Oberförſter.
Das Juli-Heft 1917 dieſer Zeitſchrift brachte an
erſter Stelle eine Abhandlung: „Verſuch einer
neuen Grundlegung der Forſtwirt⸗
ſchafts-Wiſſenſchaft von Herrn Großh.
Heſſ. Forſtaſſeſſor Heinrich Weber, welche,
gleichwie frühere Arbeiten des Herrn Verfaſſers
über Denfelben Gegenſtand, ohne Zweifel höchſt be-
achtenswert, obwohl in wichtigen Punkten nicht
frei von anfechtbaren Aufſtellungen iſt. Zu einer
Beſprechung derſelben, die leicht zur Aufrollung der
hier vorliegenden mehreren Streitfragen und damit
zu umfangreichen Erörterungen führen müßte,
mangelt mir ſowohl die Zeit als auch die Stimmung,
überdies auch — zum mindeſten in der Gegenwart —
das Vertrauen in das Vorhandenſein eines ent—
ſprechenden Intereſſes für ſolche Dinge in forſtlichen
Leſerkreiſen. Ich kann mir indeſſen nicht verſagen,
wenigſtens zu zwei Punkten jener Abhandlung
Stellung zu nehmen, welche die Kritik eines im
Jahre 1913 in der „Silva erſchienenen Aufſatzes
aus meiner Feder betreffen, und ganz kurz Folgendes
darauf zu entgegnen.
I. Die einwandfreie methodologiſche Begriin-
dung der Forſtwiſſenſchaft iſt, wie die Erfahrung
gelehrt hat, kein leichtes Unternehmen: eine Eigen-
tümlichkeit, die ſie mit den Wiſſenſchaften der übrigen
techniſch-wirtſchaftlichen Kulturgebiete teilt. In den
bezüglichen Werken und Abhandlungen der philo—
ſophiſchen Literatur werden alle dieſe Wiſſenſchaften
entweder gar nicht oder nur flüchtig erwähnt, mit⸗
unter wohl auch mit der geringſchätzigen Bemerkung
abgetan, daß es ſich bei ihnen nicht um eigentliche
Wiſſenſchaften ſondern nur um „Kunſtlehren“, d. i.
um die Aufſtellung praktiſcher Verhaltungs⸗ und
Arbeitsregeln handle. Unter ſolchen Verhältniſſen
iſt es ſelbſtverſtändlich, wenn bisher die Löſung der
bezeichneten Aufgabe nur von forſtlichen Schrift-
ſtellern verſucht worden iſt. Einen der ſchwierigſten
Teile dieſer Aufgabe bildet wohl die Beſtimmung
und Abgrenzung des Gegenſtandes oder Objektes
unſerer Wiſſenſchaft. Nach meiner Auffaſſung iſt
dieſer Gegenſtand von dualiſtiſcher Weſenheit: der
Wald als Objekt der Forſtwirtſchaft einerſeits, das
Verfahren dieſer andererſeits; die Forſtwiſſenſchaft
gehört jomit zu den fog. gemiſchten Wiſſen⸗
ſchaften. Das Beſtehen ſolcher hat Herr Forſtaſſeſſor
Weber wiederholt beſtritten (Silva 1915, 31,
1916, 7, A. 5.1.3.3. 1917, Juli) ohne dabei u. a.
yon meiner jene Auffaſſung ſtützenden Berufung auf
Prof. H. Wagner⸗Göttingen und Prof.
O. Weber⸗Gießen im geringſten Notiz zu
rehmen. Die Konſtituierung wiſſenſchaftlicher Miſch—
formen kann in verſchiedener Weiſe erfolgen (wobei
aber jedesmal die Vereinheitlich ung der
durch fie zur Gewinnung und ſyſtematiſchen Dar-
ſtellung gelangenden Erkentniſſe hergeſtellt werden
muß), und zwar:
1. Durch ſolche Behandlung verſchiedener ko-
ordinierter Erfahrungsobjekte aus einheit—
lichem Geſichtspunkte (Beiſpiel: die Geographie, in
welcher die natürlichen und kulturellen Erſcheinungen
der Erdoberfläche aus dem Geſichtspunkte der
räumlichen Anordnung betrachtet werden);,
2. durch Korrelation zweier Wiſſeus—
gebiete, wie dies in der Forſtwiſſenſchaft und über-
haupt in den ſog. praktiſchen Wiſſenſchaften der Fall
ijt. Demgemäß habe ich ſeinerzeit in der Forſtwirt—
ſchaftslehre, als dem Kern der Forſtwiſſeuſchaft,
zwiſchen Sachlehre und Methodenlehre
unterſchieden (Silva 1915, 45). Was unter letzterer
zu verſtehen iſt, dürfte klar ſein und keiner Erörterung
bedürfen. Die Sachlehre nun befaßt ſich mit der
Feſtſtellung und Darlegung der forſtlichen Eigen—
tümlichkeiten des Forſtwirtſchaftsobjektes im wei:
teften Sinne. Unterſcheidet man in der Forſtwirt—
ſchaftslehre einen tech uijden und ein öko
nomiſchen Hauptteil, jo tritt die Sachlehre be-
ſonders in erſterem hervor, nicht aber etwa als ein
für das engere forſtliche Bedürfnis geformter Aus-
ſchnitt aus den einſchlägigen Naturwiſſenſchaften.
Aufgabe der forſtlichen Sachlehre iſt die Deutung und
Wertung der im Bereiche der forſtlich-techniſchen
Tätigkeit auftretenden Naturdinge und »vorgänge
für die Zwecke eben dieſer Tätigkeit; die Feſtſtellung
deſſen, was fördernd oder was hemniend in der
Natur auf die Geſtaltung und Betätigung der Tech:
nik ſeine Wirkung ausübt. Iſt die Naturwiſſenſchaft
kanſal, ſo iſt die hier gemeinte Sachlehre teleologiſch
gerichtet. Letztere ſteht aber wieder zur Methoden-
lehre in konditionalem Verhältnis: Bedingendes und
Bedingtes ſtehen aneinder gegenüber. Dieſe aber
ſind Korrelate und bilden ſomit zuſammen eine
logiſche Einheit. Das iſt, in kürzeſter Andeutung,
meine Auffaſſung des methodologiſchen Grund:
zuges der Forſtwirtſchaftslehre. Möge ſie nun,
ebenſo wie meine früheren Ausführungen über dieſen
Gegenſtand, richtig ſein oder falſch, ſo kann ich doch
nicht umhin dagegen Verwahrung einzulegen, daß
fie einfach unter der Bezeichnung „Nonſens“ ab-
getan wird (A. F. u. J. 3. 1917, Juli, S. 159), ehe
noch eine erſchöpfende Diskuſſion der bezüglichen
Streitfrage ſtattgefunden hat.
II. Herr Forſtaſſeſſor Weber beanſtandet wei:
ter (a. a. O. S. 159) meine Einteilung einer all-
gemeinen Wirtſchaftslehre in „Privatwirtſchafts⸗
lehre“ 1) und „Volkswirtſchaftslehre“, eine Gin-
teilung, die fo oder ähnlich nicht felten in der wirt-
ſchaftswiſſenſchaftlichen, in neuerer Zeit insbeſondere
auch in der handelswiſſenſchaftlichen Literatur an—
zutreffen iſt. (Ich beſchränke mich darauf, in djeſer
Hinſicht nur auf zwei Schriften hinzuweiſen:
M. Weyermann und H. Schönitz, Grund
legung und Syſtematikeiner wiſſenſchaftllchen Privat—
wirtſchaftslehre uſw., Karlsruhe 1912, S. 12 u. f.;
ſodann L. Gom berg, Grundlegung der Ver:
rechnungswiſſenſchaft. Leipzig 1908, S. 203). —
Wenn im weiteren mit beträchtlichem Energieaufwand
und ziemlich ausführlich für die Anerkennung der
Forſtwirtſchaft als einer „Privatwirtſchaft“ plaidiert
wird, ſo bin ich mir, offen geſtanden, über den Zweck
jener Ausführungen nicht klar geworden, da ich nie:
mals behauptet habe, daß die Forſtwiſſenſchaft keine
Privatwirtſchaft fet und dies wohl auch kein ver-
nünftiger Menſch behaupten wird. Und wenn ſich
Herr Forſtaſſeſſor Weber dabei auf die juriſtiſch⸗
ſoziologiſche Grundlegung der Wirtſchaftswiſſen⸗
ſchaft durch Stammler (Wirtſchaft und Recht)
beruft, ſo iſt dies zwar ſein gutes Recht; allein es iſt
dabei immerhin zu beachten, daß unter den Ver—
tretern dieſes Wiſſensgebietes ſowohl in methvdo:
logiſcher wie auch in ſachlicher Hinſicht noch jen
wenig Übereinſtimmung ihrer Anſichten und Lehren
beſteht, daher der Bezugnahme auf letztere öfter:
nur ſehr bedingte Geltung zuzuerkennen ſein wird.
Mit dem gleichen Recht wie Herr Forſtaſſeſſor
Weber zitierend, möchte ich gleichwohl auf eine
ſachverſtändige Beurteilung der Richtung Stamm
lers in der Wirtſchaftstheorie hinweiſen, welche
durchaus ablehnend ausgefallen iſt und die in dem
Satze gipfelt: „Alle dieſe unklaren ſozialen Schlag
worte, die niemals ſcharf definiert werden, und die
ganze Verquickung der Wirtſchaftswiſſenſchaft mi:
der Geſellſchaftslehre find abzulehnen.“ !) Vergl.
N. Liefmann, Grundſätze der Volkswirtſchaft-
lehre, I. Band, Stuttgart und Berlin 1917, S. 64
bezw. S. 40 u. f. Ich bin nun weit entfernt, mid
zur Abgabe eines maßgeblichen Urteils über diese
gegenſätzlichen Aufſtellungen für berechtigt anzu—
ſehen und unterlaſſe jede an letztere anbindende
Erörterung als ganz zwecklos. Mit der andeutungs:
weiſen Gegenüberſtellung Stammler-Lief—-
mann wollte ich nur zeigen, daß die Berufung au
fremde Arbeiten nicht immer geeignet ift, fider
Grundlagen für die Hervorbringung eigener jomi
für die Kritik gegneriſcher Erzeugniſſe zu ſchaffen.
Literariſche Berichte.
Neues aus dem Buchhandel.
Borne, Max v. dem, weil. Kammerherr Ritterg Beſitzer:
Teichwirtſchaft. 6. Aufl., neubearb. v. Hans v. Debſchitz.
Mit 50 Textabb. (VII, 184 S.) (Thaer⸗Bibliothek 89. Bd.)
gebd. M. 2.80. Paul Parey in Berlin. |
Büsgen, M., Prof. Dr.: Bau u. Leben unserer Waldbäume.
Mit 129 Abb. im Text. 2. umgearb. Aufl. (VIII, 340 8.)
Lex. 8, M. 9.—. Gustav Fischer in Jena.
Delius, H., Geh. Juſt.⸗R. Kammerger.-R. Dr.: Die Landes-
fiſchereiordnung vom 29. III. 1917 u. d. Bezirksfiſcherei—
ordnungen. Erg. Heft zu Delius, Fiſchereigeſetz vom 11. V.
1916 (GS. S. 55). (IV, 140 S.) kl. 80. Heymanns
Taſchengeſetzſammlung Nr. 86. Nachtrag. M. 2.—. Carl
Heymanns Verlag in Berlin.
Fiſchereigeſetz, Das neue preußiſche, vom 11. V. 1916 nebſt
Landes-Polizeiverordnung vom 29. III. 1917. (72 S.)
kl. 8. broſch. M. 1.—: geb. M. 1.45. L. Schwarz & Comp.
in Berlin.
Forſten u. Holzungen, Die, im Deutſchen Reiche nach d. Er.
hebung d. J. 1913. Bearb. im faij. ſtatiſt. Amte. Mit 3 Taf:
(125 S.) 32x 25 em. (S. -A. a. d. Vierteljahrsheften z.
Statiſtik d. Deutſchen Reichs. 25. J. 1916.) M. 1.50. Putt⸗
kammer & Mühlbrecht in Berlin.
1) Heute würdee ich anjtatt „Privatwirtſchaftslehre“ fagen
„Einzelwirtſchaftslehre“. Letztere zerfällt in die „Privat—
wirtſchaftslehre“ und die „Gemeinwirtſchaftslehre“. |
Förſter, Der. Land- u. ſorſtwirtſchaftl. Kalender f. Bork:
ſchutzbeamte. 1918. Hrsg. vom prakt. Forſtmanne T.
Conrad. (Kleine Ausg.) (288 S.) kl. 85. Pappbd. M. 2.10
große Ausg. Pappbd. M. 2.50. Guſtav Röthes Verlags.
buchhandlung in Graudenz.
Frommes forstliche Kalender-Tasche 1918. Zugleich Kalen-
der d. allgemeinen Güterbeamten-Vere' nes in Wien. Red
v. Hofr. Emil Böhmerle. 32. d. ganzen Folge 46. Jg)
Mit 44 Fig. im Texte. (VIII, 234 S. m. Tages-Notizbuch.
kl. 8%, Pappbd. M. 4.40. Buchdruckerei u. Verlagsbuch.
handlung Carl Fromme, Ges. in. b. H. in Wien.
Guttenberg, Adolf Ritter v., Hofr. Prof. i. R. Dr.: Grundriß
d. Forſtverwaltungslehre. (VIII, 165 S.) gr. 8. M. 5.—
Franz Deuticke Verlag in Wien.
Hufnagl, Leop., Zentralgüterdir. Dr.: Handbuch d. kaufm.
Holzverwertung u. d. Holzhandels. Für) Walbbejiger.
Forſtwirte, Holzinduſtrielle u. Holzhändler. 4., neubearb.
u. verm. Aufl. Mit 28 Textabb. (VIII, 412 S.) gr. X
Lwbd. M. 15.—. Paul Parey in Berlin.
Kessner, Alois, Prof. Ing.: Leitfaden d. Waffenlehre m.
bes. Berücks. d. Jagd- u. Sportwaffen. Mit 79 Abb. im
Text. (V, 162 S.) gr. 80. Hlwbd. M. 3.—. Franz Deuticke
Verlag in Wien.
Mammen, Prof. Dr. v., u. Riedel, Hofr.: Die Kriegsnutzune
1) Mehr als die Anführung dieſes einen Satzes ijt hier
nichtangängig. Ein klares Verſtändnis der Liefmannſchen
Darlegungen erfordert das Studium der betr. Buchabſchniite.
— am — — . — — ͤ — — — —— — re — . ——— — — an —— — — . . — . — . :ſ:ß+4.Ü—— — o — ——— —
\ 267
a. Waldes. Eine Anleitung z. Mobilmachung d. deutſchen
Waldes. (Bibliothek f. Volks- u. Weltwirtſchaft. Hrsg.:
Prof. Dr. Franz v. Mammen. 42. Heft.) (31 S.) 8°.
M. 1.—. „Globus“ Wiſſenſchaftl. Verlagsanſtalt in
Dresden. i
Neger, Prof. Dr.: Inwieweit vermag d. deutſche Wald dazu
beizutragen, d. Volksernährung zu ſichern. (Vortrag, geh.
in d. ökonom. Geſellſchaft im ar. Sachſen zu Dresden
ant 2. II. 1917.) (27 S.) M. —.80. Reichenbachſche Ver-
lagsbuchhandlung Hans Wehner in Leipzig.
Ii Klas, H., Assess. Dr. ing.: Bayerns Bodenbewirtschaftung
unt. Berücks. d. geolog. u. klimat. Verhältnisse. Hrsg.
vom k. statist. Landesamt. (15 S. m. 17 farb. Karten in
31 x 34cm.) 32,5 x 24cm. M. 5.— J. Lindauersche
Univ. Buchh. (Schöpping) Verlags-Abteilg. in München.
Pfeifer, Bruno, Handelshochſch.⸗Doz.: Holzhandel u. Holz-
induſtrie Oſtpreußens. gr. 80. (VII, 79 S.) M. 2.40.
(Schriften d. Inſtituts f. oſtdeutſche Wirtſchaft in Königs⸗
berg (Pr.), hrsg. v. Prof. Dir. Dr. A. Heſſe, Prof. Dr. A.
Brackmann, Prof. Dr. O. Gerlach, Prof. Dr. J. Hanſen,
Prof. Dr. F. Werner. 2. Heft.) Guſtav Fiſcher in Jena.
Schönberg, Franz, Garteninſp.: Der Walnußbaum, jeine
Anzucht u. Pflege. Mit e. Zuſammenſtellung u. Beſchrei—
bung d. am häufigſten vorkomm. Walnußſpielarten. Mit
35 Abb. (VII, 77 S.) gr. 80. M. 2.80. Eugen Ulmer in
Stuttgart.
Zieſe, Juſt.-R. Dr.: Das preuß. Fiſchereigeſetz vom 11. V.
1916 nebſt d. dazu erlaſſenen Beſtimmungen d. Verwal—
tungsbehörden. Textausg. m. kurzen Anmerkungen u.
Sachregiſter. (VI, 100 S.) gr. SP. M. 1.50. Iulius Vergas
Verlag in Schleswig.
Die organiſatoriſchen Aufgaben und Ziele der
deutſchen Forſt wirtſchaft, zugleich Bericht der Ge⸗
ſchäftsſtelle des Forſtwirtſchaftsrates für kriegs⸗
wirtſchaftliche Angelegenheiten. Herausgegeben
vom Leiter der Geſchäftsſtelle Regierungsdirektor
Dr. Wappes, Speyer.
Über Entſtehung, Einrichtung und Arbeit der
Geſchäftsſtelle des Forſtwirtſchaftsrates, welche im
Januar 1917 zur Bearbeitung der an den deutſchen
Forſtverein herantretenden kriegswirtſchaftlichen An
jelegenheiten geſchaffen wurde, iſt zwar in den
forſtlichen Zeitſchriften berichtet worden, eine m:
faſſende Darſtellung ihrer Tätigkeit war aber nicht
möglich, weil die raſch ins Leben gerufene Einrichtung
erſt einiger Jeit bedurfte, um die Grundſätze für ihr
Vorgehen zu gewinnen, weil ſie, indem ſie ihre
Tätigkeit auf breitere Grundlage und weiteres
Hinausſchauen einſtellte, nicht ſo ſchnell ſogenannte
„poſitive Erfolge“ aufweiſen konnte. Dazu kam,
daß ein Teil ihrer Wirkſamkeit in der Anknüpfung
perſönlicher Beziehungen, der Gewinnung von
Informationen und aufklärender Tätigkeit bei amt⸗
lichen und privaten Stellen beſtand. Für die Ver⸗
handlungen der kürzlich ſtattgehabten Hauptver⸗
ſammlung des deutſchen Forſtvereins in Erfurt er-
ſchien es aber als Bedürfnis, einen Überblick über das
bisher Geleiſtete und einen Ausblick auf die nächſten
Ziele zu haben. Da die Geſchäftsſtelle mit der aud:
—
ge ſproche nen Abſicht geſchaffen wurde, yo viel als
möglich den Zuſammenhang der Forſtwirtſchaft mit
den großen Bewegungen der Zeit zu ergründen und
daraus die Erkenntnis für die Bedingungen und die
Art tatkräftigen Handelns zu gewinnen, erſchien es
notſvendig, zunächſt darzulegen, wie ſich in der Auf-
faſſung der Leiter und Mitarbeiter die Zeit mit
ihren gewaltigen Ereigniſſen ſpiegelt, in welchem
Geiſte und mit welchen Zielen gearbeitet wird.
In vier Abſchnitten werden unter dieſen Geſichts⸗
punkten beſprochen: 1. die wirtſch aftliche Lage
der Gegenwart (das bisherige Wirtſchaftsſyſtem,
der Kapitalismus, die wirtſchaftliche Umwälzung des
Krieges, die Art der neuen Lebensordnung, die wirt-
ſchaftlichen Verhältniſſe der Übergangszeit, der
Aufbau der neuen Wirtſchaft, Land- und Forſtwirt⸗
ſchaft, Aufgaben des Staates und Volkes, Sparfam- |
keit des Konſums, Steigerung der Produktion,
Techniſche Wiſſenſchaften, Organiſationen), 2. die
Aufgaben der Zukunft und die Forſt—
wirtſchaft (die Organiſation der Bodenkultur,
Landwirtſchaft, Forſtwirtſchaft, Landwirtſchafts⸗
kammer, Großwaldbeſitz, Staatsforſtverwaltungen,
Bildung von Zentralſtellen, Betriebliche Aufgaben
der deutſchen Forſtwirtſchaft), 3. der deutſche
Forſt verein (Leiſtungen desſelben, die kriegs
wirtſchaftliche Geſchäftsſtelle, Entſtehung, Ziel der
Arbeit, Arbeitseinteilung, Tätigkeit), 4. die Auf-
gaben einer Geſchäftsſtelle des
deutſchen Forſtvereins (Weitere Auf—
gaben der Geſchäftsſtelle).
In einem Schlußwort wird darauf hinge wieſen,
daß ſich eine neue Organiſation aus dem Wirrſal der
Zeit herausringt. Es fei einleuchtend, daß die Um-
wandlung der Kriegswirtſchaft zur Übergangswirt⸗
ſchaft ſich nicht in der Weiſe vollziehen kann, daß der
Staat nach Friedensſchluß das Gerüſt, in dem er das
Wirtſchaftsleben eingezwängt hat, einfach abbricht
und die neuen wieder feſſellos gewordenen Kräfte
frei dahinſtrömen läßt, der Staat müſſe vielmehr die
Führung übernehmen, aber es müſſe darauf bin:
gearbeitet werden, daß er ſich nicht zu Experimenten
verleiten läßt. Es werde Sache der Ausſchüſſe ſein,
die Grundzüge der künftigen Wirtſchaftsorganiſation,
ſoweit dieſe die Forſtwirtſchaft angeht, frühzeitig zu
erkennen und die daraus entſtehenden Einzelfragen
gründlich zu bearbeiten. Hierbei werde natürlich mit
den Reichsbe hörden Fühlung genommen werden
müſſen. Zu dieſem Zwecke müßten in der von dem
Reichsamt des Innern auszubauenden Organiſation,
welche Vorarbeiten für eine möglichſt wenig Rei-
bungen verurſachende Umwandlung der Kriegs⸗
und Friedenswirtſchaft liefern ſoll, auch Vertreter
der Forſtwirtſchaft Platz finden und es müſſe der
deutſche Forſtverein zu denjenigen Stellen gehören,
268
welche bei Vertretung der Intereſſen der Jorſt—
wiſſenſchaft zu fragen wären. Durch die Schaffung
der Geſchäftsſtelle ſei es möglich, den Forſtwirtſchafts—
rat in den Fragen der Übergangswirtſchaft, der Zoll—
und Verkehrspolitik heranzuziehen und mit den
Re ichsbehörden in enger Fühlung zu erhalten.
Aufgabe des deutſchen Forſtvereins werde es ſein,
ſeine Verfaſſung und ſeine Organe derart zu geſtalten,
daß er in Zukunft befähigt ſei, für ſeinen Teil den
Forderungen einer neuen Zeit gerecht zu werden.
E.
Die Kriegsnutzung des Waldes. Eine Anlei⸗
tung zur Mobilmachung des deut:
ſchen Waldes. Von Prof. Dr. Mammen und
von Oberlehrer Riedel. Oberbehördlich empfohlen
1917. Joſ. C. Hubers Verlag, Dießen vor
München. Einzelne Exemplare 20 Pfg., 100 Stück
a 12 Pfg., 500 Stück a 11 Pfg., 1000 Stück a 10 Pf.
Der Zweck des vorliegenden Schriftchens iſt, in
Kürze zu zeigen, in welcher Weiſe die deutſche Forſt⸗
wirtſchaft im Verein mit dem ihr anvertrauten
Wald in dem gewaltigen Völkerkriege, in dem Deutſch⸗
land fic) befindet, beſtrebt geweſen ift, dem Water:
lande das notwendigſte Rüſtzeug zum „Durchhalten“
zu geben und alle Kriegsbe dürfniſſe in reichlicher
Menge zu beſchaffe n. Gleichzeitig will es aber zeigen,
daß wir aus der Kriegswirtſchaft die Lehren mit
herübernehmen ſollen in die Friedenswirtſchaft, die
dauernden Nutzen ſtiften können.
Der Inhalt dieſes ſehr lehrreichen Büchleins
zerfällt in folgende Abſchnitte: 1. Hauptnutzung
des Waldes, a) das Brennholz, b) das Nutzholz;
2. Nebennutzunge n,a) Streunutzung, b) Nähr—
und Futterſtoffe des Waldes, c) Futteranbau im
Walde, d) Fle iſch und Brot des Waldes, e) Ol, Fett,
Harz, Gerbſtoffe, f) Arzneikräuter, Tees, g) Ver:
ſchiedenes; Arbeit und Kapital im Wal:
de; die Fürſorge für die aus dem
Kriege heimkehrenden Arbeiter
und Kriegsin validen; Geſundheit⸗
liche, ethiſche und äſthetiſche Be:
deutung des Waldes; Heim atſchutz
im Walde; Taktiſche und ſtrategiſche
Bedeutung des Waldes.
Deutſchland beſitzt 14 223 200 ha Wald, 26%
der geſamten Landesfläche; fein Holzvorrat beträgt
2 Milliarden Kubikmeter, wovon jährlich genutzt
werden 54 Millionen im Werte von 400 Millionen
Mark; die Holze infuhr hat i. J. 1913 betragen
7 529 121 Tonnen, die Ausfuhr 560 023, die Me hr:
einfuhr jomit 6 969 098 Tonnen.
Etwa die Hälfte des jährlich zur Nutzung kom—
menden Holzes wird als Heizmaterial verwandt,
das übrige als Nutzholz. Abgeſe hen vom Bankok !
dient es als Material für Tiſchler, Böttcher, Drechſler
Wagner, Glaſer, Korbmacher, Kiſtenbauer, Hol;
ſchnitzer, Kohlenbrenner, Schuh- und Pantoffel
macher, Inſtrumentenmacher und kommt ferner ai:
Stangen für Telegraphen⸗„elektriſche- ꝛc. Leitungen,
als Hopfen-, Bohnen⸗Stangen, Baumpfähle, Reb.
ſtöcke, Feuerholz, Grubenholz, zur Papierbereitung,
als Eiſenbahnſchwellen, Holzwolle, Holzkohle, Jell
loſe uſw. zur Verwendung.
Ungeheure Holzmengen verſchlingt der Krieg
Baracken, die zur Unterbringung der Gefangenen
gebaut werden mußten, beanſpruchten rund 1 Mill
Kubikmeter, die überall erbauten Speiſeanſtalten bie
zum 8. Mobilmachungstage 30 000 Kubikmeter.
Groß ijt der Bedarf an Pfählen, Balken, Bretter:
zum Ausbau der Schützengräben, der Unteritind
und Deckungen, zur Errichtung von Baracken, Layo:
retten, Entlauſungsanſtalten, Brücken und Gier
bahnen, Schiffen, Fahrzeugen aller Art, Flugzeugen
Geſchoßkörben, Zelten, Torniſterrahmen, Holzpar
toffeln, Kugelſandſchuhen für Pioniere uſw. Knüppel
holz und Reiſig wird zur Herſtellung von Hin:
niſſen und zu Wegebauten im ſumpfigen Geländ.
gebraucht. Außerdem ſtellen die winterlichen Laub
wälder unerſchöpfliche Quellen wertvoller Nih
ſtoffe dar.
Ferner hätte noch die Verwendung von Buder
und Lindenknoſpen zur Herſtellung von Mehl er
wähnt werden können.
Durch die Waldſtreu wird das Stroh erſetzt, di
Waldgräſer dienen zur Ernährung des Viehs, w
Früchte der Eichen, Buchen, Roßkaſtanien, Ahorn
Eichen, Ulmen uſw. bieten Futterſtoffe für Schwein
und andere Tiere, Vogel- und Hollunderbeeren, d |
Samen der Brenneſſel und des Schneeballs geb:
gutes Hühnerfutter, die Stengel der Brenneſſel um
die Wurzeln des Adlerfarns und Weide nröschen⸗
werden von Pferden gern genommen, ſind aue
gutes Schweine futter. Die Blätter der Laubhölz:
geben ein vorzügliches Futter für Rindvieh, Schafe
Ziegen und Pferde.
Weiter wird auf die Verwertung forſtſchädliche
Vögel (Krähen, Eichelhäher uſw.) und forſtſchädlicht.
Inſekten (Engerlinge, Drahtwürmer, Maikäfer:
Puppen uſw. hingewieſen. Auf abge holzten Wald
flächen können Getreide, Kartoffeln, auch Ru
ange baut werden.
Auch Fleiſch liefert der Wald in ſeinem' Wild
ferner nahrhafte Koſt in ſeinen Pilzen und Beeren
in ſeinen Wildpflanzen als Gemüſe.
Ferner ſchafft er uns Erſatz für die fehlenden Ol
witter, Harze und Gerbſtoffe und gewährt um
ſchätzenswerte Arzneikräuter und Tees. |
Schließlich wird noch auf die geſundheitlich.
209
ethiſche und äſthetiſche Bedeutung des Waldes hin⸗
ge wie ſen und es werden beachtenswerte Regeln zum
Schutze des Waldes gegeben.
Möge das zeitge mäße, inhaltsreiche und lehrreiche
Büchlein recht viele Abnehmer und Leſer finden zum
Segen unſeres ſchönen de utſchen Waldes, deſſen
hoher Wert jetzt im Kriege wieder jo recht erkannt
zunächſt in geographiſcher, klimatiſcher, geologiſcher
und forſtlicher Beziehung beſprochen und ſodann
deſſen wirtſchaftliche Erſchließung eingehend ge⸗
ſchildert. Gleich nach der Beſetzung des Waldge⸗
bie tes durch die de utſchen Truppen wurde die deutſche
Forſtverwaltung daſelbſt eingerichtet und an deren
Spitze der bayr. Hauptmann und Forſtrat Dr. Eſch⸗
worden iſt. E. erich geſtellt. Die Aufgaben der jungen Forſtver⸗
waltung waren manigfacher Art. In erſter Linie
galt es der Deckung des umfangreichen Heeres.
bedarfes. Die kämpfenden Truppen benötigten eine
Unmenge Rundhölzer und beſchnittenen Materials
zum Ausbau der Unterſtände und Errichtung von
Baracken, Brennholz und Holzkohle zur Erwärmung
der Unterkunftsräume, Holzwolle zum Füllen der
Strohſäcke und als Einſtre u für die Pferde, Schwellen
und Telegraphenſtangen zur Wiederherſtellung der
zerſtörten und zum Bau neuer Bahnen und Tele-
graphenlinien. Neben dieſen dem direkten Heeres⸗
bedarf dienenden Holzſortimenten waren noch Zell⸗
ſtoff und Grnbenhölzer zu liefern. Das zunächſt nur
aus 3 höheren Forſtbeamten beſtehende Perſonal
mußte bald vermehrt und eine umfangreiche Verwal⸗
tung durch Schaffung beſonderer Referate für Perſo⸗
nalien, Wirtſchaft und Verpflegung, Forſteinrichtung,
Holzverwertung, Techniſche Betriebe, Eiſenbahn⸗
und Waſſertransport, Sanitätsweſen, Kaſſenver⸗
waltung, Etatweſen, Einrichtung beſonderer Wirt-
ſchaftsge bäude (Forſtinſpektionen) eingerichtet werden.
Die Verwaltung eines. ſolchen Inſpektionsbezirks
wurde einem Forſtbeamten im Range eines Haupt-
mannes übertragen und demſelben ein Hilfsoffizier
(Oberförſter) beigegeben. Für den Betriebsvollzug
erhielt jedes Forſtamt eine entſprechende Anzahl
von Förſtern, Forſtaufſehern Waldwärtern aus dem
Unteroffizier und Mannſchaftsſtande zugewieſen.
Eine große Schwierigkeit bot anfangs die Anwerbung
von Waldarbeitern, weil die wenigen im Urwalde
und in deſſen Nähe gelegenen Ortſchaften von den
Ruſſen zerſtört und deren Einwohner vertrieben
und in das Junere Rußlands verſchleppt worden
waren. Bald trafen aber die Flüchtlinge in großen
Scharen wieder ein und es konnte allmählich ein
regelmäßiger Betrieb aufgenommen werden. Im
Winter beſchränkte fih die Holzge winnung in der
Hauptſache auf die Gewinnung hochwertigen Eichen,
Eichen, Erlen: und Kiefernholzes, im Frühjahre
wurde auch mit dem Einſchlage von Fichten und mit
der Gewinnung von Lohrinde begonnen.
Hand in Hand mit der Holzge winnung mußte
auch für die Abfuhr Sorge getragen werden. Die
vorhandene eingleifige Sackbahn Gajnowka — Bialo⸗
wies konnte hierzu nicht genügen, es mußte dieſelbe
eilich Berjofgter und (1231) Polniſcher Inſurgenten ge: durch die Anlage von Aussweichſtellen, Verlade ·
enl hat. D. Red. rampen, Holzlagerplätzen und den Ausbau eines
1917. | 36
Bialowies!) in deutſcher Verwaltung. Herausge⸗
geben von der Militärforſtverwaltung Bialowies.
Erſtes Heft. I. Hauptmaun Gruber: Die Erobe⸗
rung des Urwaldes; II. Hauptmann Dr. Voit:
Die Erſchließung des Urwaldes, a) das Wald:
gebiet, b) die wirtſchaftliche Erſchlie ßung, c) die
wiſſenſchaftliche Erforſchung. Mit 86 Textab⸗
bildungen. Berlin, Verlag Panl Parey 1917.
Preis 4,— Mk.
Durch die Herausgabe des in zwangloſen Heften
erſcheinenden Lieferungswerkes „Bialo wies in
deutſcher Verwaltung“ will die Militär-
forſtverwaltung Bialowies der Jetzt⸗ und der Nadı-
welt Zeugnis von deutſcher Arbeit im Kriege ab-
legen. Es iſt hoch anzuerkennen, daß es trotz der
vielen ſich entgegenſtellenden Schwierigkeiten mög⸗
lich war, jenes Urwaldgebiet, das durch ſeine Ab-
ſchließung ſeit Jahrzehnten für die Wiſſenſchaft faſt
eine terra incognita war, zu erſchlie ßen.
Das vorliegende Heft, welches gewiſſermaßen die
Einleitung der weiter in Ausſicht genommenen
Hefte bilden ſoll, enthält zunächſt eine Abhandlung
des Diviſionsadjutanten Hauptmann Gruber über
die Eroberung des Urwaldes. Hier gibt Verfaſſer
einen kurzen Überblick über die militäriſchen Ereig-
niſſe, die der Erſchließung des großen Waldgebietes
im Jahre 1915 vorausgingen und ſchildert die jagd
lichen Eindrücke und Erlebniſſe beim Vormarſche
der bei der Eroberung des Urwaldes beſonders be-
te iligten Diviſion. In einer zweiten Abhandlung
ſchildert dann Hauptmann Dr. E. Voit die Erjchlie-
Rung des eroberten Waldgebietes. Dasſelbe wird
1) Da dieſer Name ganz verſchieden geſchrieben wird —
Bialpwies, Bialowicza, Bjelowiſcha, Bjelowjesh — und
deshalb nicht auf jeder Karte leicht zu finden iſt, wird
hier bemerkt, daß der Urwald im Gouvernement Grodno,
Kreis Prushany, zwiſchen Bialyſtock (Bjeloſtok) und Breſt⸗
Litowsk liegt und mehr als 100 000 ha umfaßt. In der
Mitte des Waldes liegt das gleichnamige Dorf. Mehrere
Flüſſe — Narwa, Narewka, Bialowiczonla — durchſtrömen
den Wald, deſſen Hälfte der Krone gehört hat, und der
ahlreiches Großwild, Auerochſen, Elche, Bären, Wölfe,
Judie, Sauen enthält; auch öfters als Zufluchtsort poli-
Netzes von syelty und Förderbahnen leiſtungsfähiger
gemacht worden. .
Der Waſſertransport, den die Ruſſen zur Aus-
bringung des Holzes auf Narev und Marewka mit
ihren Nebenflüſſen, ſowie auf der Lesna ausgeübt
hatten, konnte erſt nach Wiederherſtellung der zer⸗
ſtörten We hre und Stauwerke in Frage kommen.
Eine der dringendſten Aufgaben war die Errichtung
von Säge werken und Holzwollfabriken. Ferner
mußten die Terpentin⸗ und Kienölöfen wieder in
Stand geſetzt und neue Terpentin⸗ und Teeröfen
errichtet werden. Die Schar der Arbeiter war bis
Ende Juni 1916 auf rund 3000 ruſſiſche und polniſche
Zivilperſonen und mehrere tauſend ruſſiſche Ge⸗
fangene ange wachſen, die unter Leitung und Auf-
jicht einiger hundert deutſcher Militärperſonen ar- |
beiteten, und für die Unterkunft geſchaffen werden
mußte. Es wurden Einheitspläne für Arbeiter⸗
wohnungen ausgearbeitet und nach dieſen 6 Kriegs-
ge fangenenlager und eine Anzahl Baracken für Ar-
beiter gebaut, die ſämtlich den Anforderungen der
Hygiene entſprechen und mit Entlauſungs⸗ und
Waſchanſtalten, Küche neinrichtungen, Beleuchtungs⸗
anlagen uſw. verſehen ſind.
Der dritte Abſchnitt des Heftes
handelt von der wiſſenſchaftlichen Erforſchung des
Forſtes.
Zunächſt wurde zur Schonung des Wildes eine
Jagdordnung erlaſſen, in der die grundſätzliche
Schonung des Wiſents ausgeſprochen und die
Regelung ſeines Abſchuſſes dem Armee-Oberbe⸗
fehlshaber vorbehalten wurde. Zur Feſtſtellung der
Lebensweiſe des Wiſents und zur Erforſchung der
noch unerforſchten Fauna und Flora des Urwaldes
wurden zunächſt die bekannteſten Fachgelehrten ein⸗
geladen und im Juni 1916 nahm die Militär ⸗Forſt⸗
Briefe.
Aus Preußen.
Aus der preußiſchen Forſtverwaltung.
Nutzholzverſorgung des Hand:
werks. Durch Erlaß des Miniſters für Landwirt:
ſchaft, Domänen und Forſten vom 15. Mai 1917 wird
den Regierungen nahe gelegt, mit Rückſicht auf die
ſchwie rige Lage des Handwerks etwaige rechtzeitig
vor Beginn des Einſchlages an fie herantre tende
Anträge des Handwerks betr. Verſorgung mit dem
nötigen Nutzholz zu berückſichtigen und im Bedürfnis⸗
falle auch freihändig zu angemeſſenen Preiſen zu
be frie digen.
verwaltung ſelbſt die Durchforſchung in die S
Die Tätigkeit der neuen wiſſenſchaftlichen Abte ilune
ſoll ſich erſtrecken auf die Erforſchung des „ganzer
Urwaldgebietes in naturwiſſen chaftlicher Hinſicht“
und zwar durch:
1. Unterſuchung der geologiſchen und meteoro:
logiſchen Verhältniſſe;
2. Löſung von Fragen der Tier und Pflanzen—
verbreitung;
3. Unterſuchung biologiſch⸗ökologiſcher Fragen
be ſonders ſolcher, die im Urwaldcharakter de
Waldes begründet ſind.
Dieſes Ziel foll erreicht werden durch:
1. Bodenunterſuchungen und Anſtellung me
te orologiſcher Beobachtungen;
2. Studium der Tier- und Pflanzenwelt an Or:
und Stelle in Verbindung mit hervor—
ragenden Forſtge lehrten;
3. Anlagen einer Sammlung geologiſche r.
zoologiſcher und botaniſcher Objekte aus den
unterſuchten Gebie te;
4. Sammeln von Notizen über biologische Be
obachtungen aller Art;
5. Photographiſche Aufnahmen von
urkunden“ jeder Art.
Das geſammelte Material joll Spezialiſten zur
Bearbeitung überge ben werden, ſobald im Sammel
einzelner Gruppen ein gewiſſer Abſchluß erreicht ii:
Die Veröffentlichung der Reſultate ſoll in de
Publikationen der Militär⸗Forſtverwaltung Bialo
wies unter dem Titel: „Bialowies in deut
ſcher Verwaltung“ erfolgen.
Die dem Hefte beigegebenen 86 Textabbildungen
find vorzüglich und erhöhen noch den Wert des fet.
inte reſſanten Inhaltes. E.
Vatu
ne
Brennholzverſorgung der Be
völkerung. Um bei der andauernden Kohlen
knappheit der minderbemittelten Bevölkerung der
Bre nnholzbezug nach Möglichkeit zu erleichtern und
eine übermäßige Preisſteigerung zu veri.eiden, hat
das Miniſterium für Landwirtſchaft, Domänen und
Forſten durch die allgemeine Verfügung vom 25
Juni 1917 die fgl. Regierungen ange wieſen, von
den dieſerhalb ſchon ergangenen Verfügungen!
einen möglichſt weitgehenden Gebrauch zu machen
Es fet hierbei aber mit allem Nachdruck darauf zu
halten, daß dieje Vergünſtigung ausjchlieplich zur
Befriedigung des eigenen notwendigen Jahresbe
darfs unter Anrechnung der etwa ſonſt zur Ber:
fügung ſte henden Brennſtoffe benutzt werde und
daß jeder Fall mißbräuchlicher Benutzung oder der
Weiterveräußerung des überwieſenen Holzes den
Verluſt der Vergünſtigung nach ſich ziehe. Außer
dieſen vorzugsweiſen Brennholzabgaben und
außer den im § 28 der Oberförſter⸗Geſchäftsanwei⸗
ſung bereits vorgeſehenen Fällen ſollen freihändige
Holzabgaben zur Deckung des Ortsverbrauchs in der
Regel nur zur Selbſtwerbung zu angemeſſenen
Preiſen abgeſchloſſen werden.
Erhöhtes Gewicht ſei für die Befrie digung
des Ortsbedarfs auf die Verſteigerungen mit
beſchränktem Wettbewerb zu legen. Bei zweck⸗
mäßiger, dem Bedarf der Selbſtverbraucher ange⸗
paßter Losbildung und nicht zu geringem Angebot
von Holz verſchiedener Sortimente in ein und dem⸗
ſelben Termin ſolle der verſteigernde Beamte ein:
möglichſt gerechte Verteilung des verfügbaren Holzes
unter die Bieter anſtreben. Wie er dies am zweck⸗
mäßigſten erreiche, müſſe ihm im Rahmen ſeiner
Zuſtändigkeit überlaſſen bleiben. Weſentlich ſei nur,
daß er etwaige beſondere Maßnahmen in die Ver⸗
kaufsbedingungen aufnehme oder wenigſtens vor
Beginn der Verſteigerung bekannt gebe. Der Teil
des Brennholzes, der für die Befriedigung des
Ortsbedarfs und der kleineren Selbſtverbraucher nicht
in Frage komme und der nicht etwa für unmittelbare
Zwecke der Kriegsinduſtrie (Verkohlung) außerdem
noch zurückgehalten werden müſſe, feiim allgemeinen
für den Holzhandel und für die größeren Selbſt⸗
verbraucher unter entſprechender Losbildung und
tunlichſt in beſonderen Handelsterminen auszu⸗
bieten oder nach dem Ermeſſen der kgl. Regierung
auch freihändig zu angemeſſenen, der Marktlage
entſprechenden Preiſen zu verkaufen. Dabei ſei zur
Erſparung von Transportmitteln auf tunlichſte
Abkürzung der Transportwege nach Möglichkeit
Rückſicht zu nehmen.
Bei freihändigen Verkäufen für kriegsinduſtrielle
Zwecke ſei Vorlage einer Beſcheinigung der zu-
ſtändigen Kriegsamtsſtelle über Zweck und Höhe des
Jahresbedarfs ſowie eine Verpflichtung des Käufers
zur Lieferung des gekauften Holzes oder der daraus
gewonnenen Produkte an die Heeresverwaltung zu
verlangen und der Kriegsamtsſtelle Menge und Preis
des verkauften Holzes zur Kontrolle mitzuteilen.
Selbſtverbraucher ſollen bei allen freihändigen Ber-
käufen bevorzugt werden.
Nutzholzlieferung für den Heeres
bedarf. In Ausführung des Grundgedankens, daß
während des Krieges bei der örtlichen Regelung des
Einſchlages und beim Verkaufe des Holzes die Rück⸗
—
1) Vergl. Seite 170, 1916.
271
ſicht auf die Befriedigung des Heeresbedarfs unter
tunlichſter Schonung der Transportmittel in erſter
Linie maßgebend ſein müſſe, beſtimmte der Miniſter
für Landwirtſchaft uſw. unter dem 26. Juni 1917
folgendes:
Wenn die Abfuhrgelegenheit für einen beſtimmten
Revierteil beſonders günſtig erſcheint, ſind die
Schläge auch aus anderen Revierteilen möglichſt
dorthin zu vereinigen. Zu dieſem Zwecke müſſen
unter Umſtänden Beamte und Arbeiter aus mehreren
Schutzbezirken auf eine Schlagſtätte zuſammen⸗
gezogen werden. Dieſe Zuſammenfaſſungen, aus
denen fih auch für die Unterbringung und Ver
pflegung von Kriegsgefangenen weſentliche Er-
leichterungen und Erſparniſſe ſowohl für die Ver⸗
waltungen wie für die ſelbſtwerbenden Käufer er⸗
geben würden, finden ihre Grenze nur in den Ent-
fernungen, welche Beamte, Arbeiter und Geſpanne
bis zum Schlage zurückzulegen haben. Kahlſchläge
anf großen Flächen kommen beſonders auch da in
Frage, wo die Maſſe des in einer Richtung abzu⸗
fahrenden Holzes die Anlage von Wald bahnen
ermöglicht. Die Hauungspläne müſſen die Mög⸗
lichkeit einer zweckmäßigen Befriedigung des Holz⸗
bedarfes der für die Heeresverwaltung arbeitenden,
dem Walde benachbarten Sägewerke ſicherſtellen,
wobei für den Begriff „benachbart“ nicht die geo-
graphiſche Lage des Sägewerks ſchlechthin, ſondern
unter Berückſichtigung ſeiner Verbindung mit dem
Walde auf Straßen, dem Schienen- oder Waſſerwege
maßgebend iſt. Um ein einheitliches Vorgehen zu
gewährleiſten hat ſich der Oberförſter vor Aufſtellung
der Hauungspläne durch Rundfrage bei der zu-
ſtändigen Kriegsamtsſtelle und den Sägewerken,
eventuell auch den Nachbaroberförſtereien darüber
zu unterrichten, welche Sägewerke für ſein Revier
in Frage kommen und wie hoch der Rundholzbedarf
jedes einzelnen unter Berückſichtigung ſeiner Holz⸗
vorräte und bereits abgeſchloſſenen Käufe bis läng⸗
ſtens zum Schluſſe des kommenden Wirtſchaftsjahres
zu veranſchlagen iſt. Er hat auf Grund dieſer Er-
mittelungen ſodann bereits im Hauungsplane da-
rüber Vorſchläge zu machen, welche Schläge den
einzelnen Sägewerken zuzuteilen, welche für Be⸗
friedigung des Lokalbedarfs und welche für den
freien Verkehr zu beſtimmen ſind. Die Vorſchläge
ſind von den Inſpektionsbeamten zu prüfen. Wenn
mehrere Reviere für die Verſorgung des Sägewerks
in Frage kommen oder mehrere Sägewerke gleich
günſtig zu demſelben Revierteil gelegen oder aus
anderen Gründen gleich berückſichtigenswert er-
ſcheinen, wird bei Feſtſtellung der Pläne endgültige
Entſcheidung getroffen. Erweiſen ſich die Geſamt—
anforderungen an das Revier als zu hoch, ſo ſind ſie
verhältnismäßig zu kürzen. Jedenfalls muß außer
36*
272
den Anforderungen für den Heeresbedarf auch der
dringendſte Ortsbedarf befriedigt und darüber hinaus
möglichſt auch noch ein angemeſſener Teil des Ein⸗
ſchlags für den freien Handelsverkehr verfügbar ge⸗
halten werden. Bei Verſorgung der für den Heeres-
bedarf arbeitenden Sägewerke muß ungeachtet der
hiergegen beſtehenden Bedenken und der zu er
wartenden Einwände der freihändige Ber
kauf die Regel bilden, weil der für das ganze Ver:
fahren maßgebende Grundſatz: Sicherſtellung des
Heeresbedarfs unter wirtſchaftlich beſter Ausnutzung
der Transportmittel ſonſt nicht durchgeführt werden
kann, ſeine Durchführung aber mittlerweile zu einer
zwingenden Notwendigkeit geworden iſt. Nur wenn
mehrere Sägewerke für den Bezug aus demſelben
Revier gleich berückſichtigungswert erſcheinen und
eine befriedigende Löſung anderweitig nicht ge:
funden werden kann, kommt öffentlicher Verkauf
gegen das Meiſtgebot unter Beſchränkung des Wett—
bewerbs auf dieſe Werke in Frage.
Unter Heeresbedarf im Sinne dieſer Verfügung
iſt der unmittelbare Bedarf der Front an Brettern,
Bohlen, Kant⸗ und Rundholz ſowie der Bedarf für
andere nach der Beſcheinigung der zuſtändigen
Kriegsamtsſtelle gleich dringliche mittelbar oder
unmittelbar im Heeresintereſſe liegende Lieferungen
zu verſtehen.
Als Gegengewicht gegen die unſtreitig hierin
liegende Bevorzugung der für den Heeresbedarf
arbeitenden Werke find dabei aber folgende Geſichts⸗
punkte ſorgfältig zu beachten:
1. Die freihändig oder in beſchränktem Wett-
bewerb zu beliefernden Werke haben eine für jedes
Lieferungsrevier beſonders auszuſtellende Beſchei⸗
nigung der zuſtändigen Kriegsamtsſtelle beizu—
bringen, daß ihre Vorzugsverſorgung aus dem zu
benennenden Revier und in der beantragten Höhe
notwendig oder dringlich ijt, und fih der Kriegs
amtsſtelle gegenüber zu verpflichten, daß ſie das
freihändig gekaufte Holz für den Heeresbedarf nach
den Beſtimmungen der Heeresverwaltung ſelbſt
oder doch für eigene Rechnung verarbeiten wollen.
2. Weiterveräußerung an einen dritten iſt be⸗
züglich des auf Grund dieſer Beſcheinigung er—
worbenen Rundholzes gänzlich zu verbieten und be-
züglich der daraus hergeſtellten Schnittware nur mit
Genehmigung der Kriegsamtsſtelle zu geſtatten.
Die letztere iſt von jedem derartigen freihändigen
Verkauf unter Angabe von Namen und Wohnort
des Käufers, Menge, Art und Preis des verkauften
Holzes alsbald nach Abſchluß des Verkaufes in
Kenntnis zu ſetzen.
3. Der Preis für freihändige Verkäufe iſt zu
be meſſen im Anhalt an die von der Heeresverwaltung
feſtgeſetzten Richtpreiſe unter gleichzeitiger Berück⸗
—
ſichtigung der jeweiligen allgemeinen Lage d⸗
Nutzholzmarktes, der in dem liefernden Revier ::
zielten durchſchnittlichen Verſte igerungspreiſe,
weit jie als der Marktlage entſprechend ange ſet⸗
werden können, und endlich auch der etwa beſonds:
günſtigen oder ungünſtigen Abfuhrlage des tr
treffenden Schlages.
4. Stundungen des Kaufgeldes über den in de
allgemeinen Bedingungen feſtgeſetzten Termin h.
aus werden bei vorzugsweiſen freihändigen V.:
käufen grundſätzlich nicht mehr bewilligt werd.
5. Diejenigen Käufer, welche ihren Holzbede
für Heereslie ferungen durch freihändigen Ants:
gedeckt haben, können von der Teilnahme an der
Holzverſte igerungen des betr. Lie ferungsre vi!
unter Umständen ganz oder teilwe iſe ausgeſch loi:
werden, ſofern die zuſtänd ige Kriegsamtsſtelle iz:
Zulaſſung nicht als im dringenden Heeresinte r“!
liegend beſcheinigt.
6. Selbſtwerbung durch den Käufer ijt zu be ve.
zugen. Für Befriedigung des Lokalbedarfs und d.
für den freien Verkehr zurückbe halte nen Tei w
Einſchlages muß der öffentliche Verkauf gegen Mer,
ge bot die Regel bilden, obwohl auch hier freihänt: :
Abgaben — beſonders bei Selbſtwerbung Durch x
Käufer — nicht ausgeſchloſſen werden follen. B.
dem Verkauf des ſchriftlichen Angebots, weli:
zumal in der gegenwärtigen Zeit, oft jaden bringer
ge wirkt hat, ift dagegen im allgemeinen ke in Gebrau:
zu mache n. Er ijt auf die jenigen Fälle zu be ſchränk
wo Ringbildung nachweisbar zu befürchten m
Grubenholz verkauf. In einem Cra”
vom 27. Auguſt 1917 weiſt der Miniſter für Lare
wirtſchaft darauf hin, daß im Wirtſchaftsjahre 17
durch die Forſtverwaltung: 1642 516 Fm, durch |
Käufer: 737273 Fm, im Ganzen: 2 379 789 Fe
Grubenholz einge ſchlagen und folgende Preiſe «:
zielt worden jind: 1. beim me iſtbieten de
Verkauf: a) bei Werbung durch die Verwaltun:
9,36 20,16 Mk., i. D. 18,93 Mk., b) bei Werbun
durch den Käufer: 16,88 — 19,00 Mk., i. D. 17,45 Mi
2. beim freihändigen Verkauf: a) t
Werbung durch die Forſtverwaltung: 9,22 t:
20,80 Mk., i. D. 16,05 Mk., b) bei Werbung dun
den Käufer: 8,10—21,17 Mk., i. D. 14,94 N.
— Mit Rückſicht auf die Lage des Geldmarktes, d
gegen die Friede nsze it erheblich erhöhten Werbung
koſte n und die meiſtens günſtige Abfuhrlage des t |
große Kahlſchläge zuſamme nge faßten Holzes fei: |
diefe Preiſe im allgemeinen als angemeſſen wi
nicht übermäßig hoch zu bezeichnen. Würden fie in
kommenden Wirtſchaftsjahre nicht weſentlich übe:
ſchritten werden, dann fei anzunehmen, daß auch fi
De Gruben verwaltungen kein Anlaß vorliegen werd.
höhere Zeche npreiſe für Grube nholz zu bewillig
und daß damit cine ungünſtige Rückwirkung der
Holzpreiſe auf die Kohlenpreiſe vermieden werde.
Es jeien daher bei freihändigen Verkäufen von
Grubenholz aus dem Einſchlage 1918 während der
Kriegsdauer im Durchſchnitt keine höheren Preiſe
zu fordern, als die erzielten Verſteigerungs⸗
Durchſchnittspreiſe des Wirtſchaftsjahres 1917.
In dem fragl. Erlaſſe heißt es dann weiter:
Ich habe mich den drei Holzbeſchaffungsſtellen
Weſt, Oft und Mitte gegenüber zunächſt bereit er-
klärt, ihnen zuſammen ungefähr die Hälfte des in
jedem Regierungsbezirke, mit Ausnahme von Königs⸗
berg und Erfurt, für 1918 veranſchlagten Gruben⸗
holze inſchlages, d. i. im ganzen rund eine Million
Feſtmeter, tunlichſt zur Selbſtwerbung und in mitt-
lerer Entfernung von den Verladeſtellen frei-
händ ig zu einem Preiſe zu verkaufen, welcher im
Durchſchnitt dem in dem betr. Regierungsbezirke er-
stelten Verſte igerungs⸗Durchſchnittspre is des Wirt-
dchaftsjahres 1917 für Grubenholz eutipricht und
beſſen Feſtſetzung im einzelnen je nach der Beſchaffen⸗
leit des Holzes und der Lage des Hie bsortes den
Regierungen überlaſſen bleibt. Zur Vorausſetzung
habe ich bei dieſem Verkaufe gemacht:
1. daß mir Gewähr dafür geleiſtet wird, daß das
auf dieſe Weiſe für den Kohlenbergbau verkaufte und
geeignete Holz vollſtändig und zu den jetzt gültigen
Zechenpreiſen an die Gruben geliefert wird,
2. daß an der Durchführung des Kaufgeſchäftes
nicht etwa nur einige wenige große Firmen, die
dadurch leicht zu einer unerwünſchten Monopol⸗
ſtellung gelangen könnten, beteiligt, ſondern daß
hierzu auch kleine re, leiſtungsfähige und zuverläſſige
Firmen — ſeien ſie mittelbare oder unmittelbare
Zeche nlieferanten — in tunlichſt weitem Umfange
herangezogen werden.
Die fgl. Regierung wolle hiernach zunächſt etwa
die Hälfte ihres für 1918 veranſchlagten Grubenholz⸗
einſchlags für dieſen freihändigen Verkauf in dazu
geeigneten Schlägen auswählen und zurückſtellen.
Ich habe es den Holzbeſchaffungsſtellen überlaſſen,
die angebotene Menge im ganzen und nach den
einzelnen Regierungsbezirken unter fih zu ver
teilen. Sobald ſie ſich zu meinem Angebot geäußert
haben, werde ich weitere Verfügung ergehen laſſen.
Über den Reſt des Einſchlages kann die kgl. Regierung
nach ihrem Ermeſſen wie bisher verfügen. Frei⸗
händige Verkäufe — möglichſt zur Selbſtwerbung —
ſollen auch hierbei nicht ansgeſchloſſen ſein, je doch
halte ich es für angezeigt, daß diejenigen Firmen,
welche auf Grund der mit den Holzbeſchaffungsſtellen
getroffenen Vereinbarungen nach Kenntnis der
Regierung ſchon freihändig gekauft haben, tunlichſt
nicht außerdem noch größere Poſten freihändig an
ſich bringen, ſondern auf den meiſtbie tenden Ankauf
73
verwieſen werden. Ich lege beſonderen Wert darauf,
daß nicht etwa die kleineren, aber im übrigen be⸗
währten und ſchon vor dem Kriege im Grubenholz⸗
handel tätig geweſenen Firmen unter dem Druck
der jetzigen kriegswirtſchaftlichen Lage ihrer Selb:
ſtän digkeit beraubt werden und dadurch für den freien
Wettbewerb in kommenden Zeiten verloren gehen.
Die in letzter Zeit anſcheinend häufiger verlangten
Ausweiſe der Holzbeſchaffungsſtellen bieten gewiß
einen guten Anhalt für die Beurteilung der Firma.
Als unbedingt erforderlich für die Zulaſſung zum
Verkauf ſind ſie aber nicht anzuſehen. Es genügt,
wenn die betr. Firma dem Verkaufsleiter als zu-
verläſſig bekannt iſt oder ſich auf Verlangen ander⸗
weitig über ihre Betätigung im Grubenholzhandel
genügend ausweiſen kann. Einem dringenden
Wunſche der Reichspoſtamtes entſprechend, ge-
nehmige ich, daß meine Verfügung, betreffend Ver-
tragsſtrafen bei Nichtverwendung des Kiefern-
grubenholzes zu Bergbauzwecken, keine Anwendung
findet auf diejenigen im meiſtbie tenden Verfahren
erworbenen Stangen, welche als Telegraphen⸗
ſtangen geeignet ſind und an das Reichs⸗Poſtamt
abge führt werden.
Einem mehrfach geäußerten Wunſche der Holz⸗
be ſchaffungsſtelle Weft entſprechend mache ich ferner
darauf aufmerkſam, daß im Rheiniſch⸗Weſtfäliſchen
Kohlenbezirk zurzeit beſonderer Bedarf an ſchwächeren
Stangeln von 5—14 cm Zopf beſteht. Soweit
möglich, wolle die Kgl. Regierung dieſem Bedarf
Rechnung tragen. Endlich bemerke ich, daß bei
Grubenholz auch Verkäufe im Wege des ſchriftlichen
Angebots ſtattfinden können, ſoweit ſolche für zwe d-
dienlich gehalten werden. E.
- — — ——
Aus Preußen.
Zur Vergrößerung der Oberförſtereien.
Nach dem Haushaltsplane der Preußiſchen Forſt⸗
verwaltung ſollen in der Folge kleinere oder un⸗
wichtigere Oberförſtere ien — beides iſt bekanntlich
nicht immer dasſelbe — eingehen und als Revier—
förſtereien etwa mit anderen Revieren vereinigt
werden. Die entſtehenden umfangreichen Ober-
förſterdienſtbezirke follen mit einem erhöhten Dienſt⸗
aufwande ausgeſtattet werden, der unter Umſtänden
den Höchſtſatz von 6000 Mark erreicht. Dieſer Höchſt⸗
ſatz verpflichtet dann den Stelleninhaber zur Hal-
tung eines Dienſt⸗Kraftwagens.
Heute find die derzeitigen Inhaber der aufzu—
löſenden Oberförſtereien wohl ſchon von dieſer
Tatſache in Kenntnis geſetzt. Wie viele in Betracht
kommen, entzieht ſich der Kenutnis des Schreibers.
Wohl aber weiß er, daß die Zweckmäßigkeit und
— —ę— — amme
Notwendigkeit der Maßnahme in forſtlichen und
auch anderen Kreiſen ſehr verſchieden beurteilt wird.
Es iſt eine alte, der Preuß. Forſtverwaltung an⸗
haftende Eigentümlichkeit, daß auch einſchneidende
Anderungen niemals eigentlich vorher zum öffent:
lichen Meinungsaustauſch gelangen. Welche Fülle
von Beobachtungen, Erfahrungen, Fürſprachen und
Warnungen gehen voraus, wenn beiſpielsweiſe in
der Laufbahn und Stellung des Juriſten etwas
geändert werden ſoll, welche umfangreichen Be-
ſprechungen ſchlie ßlich in der geſetzge benden Körper
ſchaft! Nichts von alledem bei forſtlichen Angelegen-
heiten. Die Gründe ſind mannigfach und teilwe iſe
nicht ſchmeichelhaft für den ganzen Stand; ſie ſollen
hier nicht erörtert werden. Immerhin darf man
aber wohl die Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit
nachträglich kritiſch unterſuchen.
Es will mir ſcheinen, als ſtände die Maßnahme
im ſcharfen Gegenſatze zu dem, was bei uns Forſt⸗
wirtſchaft und Wiſſenſchaft unter Forderung der
oberſten Behörde in der Zeit vor dem Kriege ge⸗
wünſcht, geplant und te ilweiſe auch in den Anfängen
durchgeführt hatte. Man war fih doch wohl klar
ge worden, daß die Vertie fung unſerer Wiſſenſchaft
nach jeder Richtung hin eine weit eingehendere
Behandlung des einzelnen Wirtſchaftsgegenſtandes
erfordere, man] bemühte fih, den Revierverwalter
durch Darbie tung der Literatur, durch Abhalten
von Kurjen ꝛc. mit den Fortſchritten von Wiſſen⸗
ſchaft und Praxis in Fühlung zu erhalten; kurzum
das Beſtreben war nicht zu verkennen, einen Beruf,
de ſſen Wichtigkeit ſich heute erneut gezeigt hat, über
das Handwerksmäßige, Schematiſche und Büro-
kratiſche hinaus, wirklich zeitgemäß auszugeſtalten.
Dabei, und das mußte man bei dieſer Erkenntnis,
hatte man, allen anderen Beſtrebungen entgegen,
am bewährten Oberförſterſyſtem feſtgehalten. Zur
Betätigung intenſiv wirtſchaftender wiſſenſchaftlich
mitarbe itender Revierverwalter ift es aber unbedingt
erforderlich, daß die Reviere eine gewiſſe Größe
nicht überſchreiten. Was früher noch möglich war,
wird heute unter dem ſtets weiter ſich ausdehnenden
Aufgabenkreiſe des Verwaltungsbeamten zur Un:
möglichkeit. Sollten denn die nun eingehenden
kleinen Reviere ſeinerzeit wirklich nur ge ſchaffen fein,
um Stellen für Anwärter zu haben? Ich kann mir
nicht denken, daß jemals preußiſche Behörden fo
unfiskaliſch gedacht hätten. Jedenfalls, und das
iſt der Sinn der langen Vorrede, wird man mir
zugeben müſſen, daß der Revierverwalter nicht in
die Eigenheiten ſeiner Beſtände eindringen kann
und wird, nicht ſeiner wiſſenſchaftlichen Fortbildung
weſentliche Zeit zu widmen vermag, der 3 Tage
der Woche im Auto die Landſtraßen mißt und 3 Tage
den Wuſt des Rieſenbüros erledigt.
Man muß vorausſetzen, daß es gewichtige Gründe
waren, welche die Verwaltung, und das bereits jetz,
zu ihrem Schritte veranlaßten. Welche Gründe
aber können es geweſen ſein? Iſt es die Abſicht, zu
ſparen? Nun, ich weiß nicht, ob man die Rechnung
einmal ganz ehrlich durchge führt hat. Auf der einen
Seite die erhöhten Dienſtaufwandsgelder, die Re
vierförſterzulagen, das ganze Drum und Dran der
Umwandlung und, ſchwer zu erfaſſen aber doc
denkbar, wirtſchaftliche Einbußen; auf der anderer
Seite einige kärgliche Anfangsgehälter für jung
Oberförſter. Oder es käme ein anderer Grund
in Frage, die Unmöglichkeit nämlich, alle Stellen
nach dieſem mörderiſchen Kriege mit Verwaltung⸗
be amten zu beſetzen. Die Unterlagen zu einer Nac:
prüfung ſtehen mir im Augenblick nicht zur Ver.
fügung, und leider ift der Krieg ja auch noch nich:
zu Ende; aber ein Ausweg wäre m. E. auch bein
Vorliegen eines vorübergehenden Mangels möglich
geweſen, ohne am Beſte henden zu rütteln. Hätte
man nicht durch Forſtſchutz⸗Beamte aus der Jah
derjenigen, die ſich als Vertreter während ve:
Krieges bewährt, dieje Reviere die kurze Zeitſpanne
länger verwalten laſſen können, bis genügen
Aſſeſſoren vorhanden ſind? Und dann, glaube ich
hätte die Anſtellung auch ſehr junger Leute weder
dem Staate noch der ganzen Berufsſache geſchodet.
Oder ein anderer Weg. Es tagt ja wohl wie der ein
Verwaltungsre formkommiſſion. Ich ahne nich,
ob fie ihre Tätigkeit auch der Forſtverwaltung widme.
Tut fie es aber, und erblickt endlich etwa eine zit
gemäße Oberförſtergeſchäftsanweiſung das Lich
der Welt, eine Geſchäftsanweiſung auf der Grun
lage des Vertrauens zum Beamten und feiner
gefunden Menſchenverſtande, dann wäre es wol
möglich, die Zahl der Inſpektionsbeamten zu ver
ringern. Ich glaube, gerade auch in den nächsten
Jahren würde nach den Erfahrungen des Kriege
mancher der Herrn gern bereit ſein, auf eine Ober
förſterſtelle zurückzukehren, zumal, wenn ihm em
neue Geſchäftsanwe iſung einen befrie digenderer
Wirkungskreis ſichert: Da wären denn die fehlenden
Revierverwalter, und der verminderten Zahl der
vom Kleinkram befreiten Inſpektionsbeamten gek
man das Auto. |
Ganz beſonders wenig gefallen mir, ich kann ë
nicht verhehlen, die neuen „automobilfähigen R
viere“. Jeder Automobilbeſitzer weiß, daß mit einen |
Jahresaufwande von 6000 Mark an die Unterhaltung |
eines einigermaßen leiſtungsfähigen Kraftwagen
nebſt Führer nicht zu denken ijt. Dabei find 6000 Mi.
der angenommene Höchſtſatz, und jeder preußische
Forſtmann weiß, daß Höchſtſätze nur in märchen.
haften, unwahrſcheinlichen Fällen gewährt werden,
er weiß auch, daß aus einem Die nſtaufwande noch
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a
manches andere zu beſtreiten tit als nur die abr-
gelegenheit. Man kann auch ruhig folgendes fagen:
Der jüngere Oberförſter ohne Vermögen beſtreitet
heute ſeinen Lebensunterhalt auf ländlicher Stelle
aus dem geringen Bargehalt und dem Überſchuß
des Dienſtaufwandes, der ſich durch die Arbeit ſeiner
Pferde in der Landwirtſchaft ergibt. Beim Muto-
mobil fällt das weg, und es iſt ſehr wohl denkbar,
daß er zur Erzeugung der notwendigſten Lebens⸗
mittel auf abgelegener Stelle neben dem Automobil
noch Pferde halten muß. — Unter allen Umſtänden
erfolgt aber, daß ſich um die automobilfähige Stelle
nur ein Mann bewerben kann, deffen Vermögens⸗
lage es ihm geſtattet, über die Unzulänglichkeit des
Dienſtaufwandes hinwegzuſehen. Die Rieſenre viere
aber werden nicht die unwichtigſten ſein und erhöhte
Tüchtigkeit erfordern, die mit Reichtum ſehr wohl
ge paart fein kann, aber es ja leider durchaus nicht
immer ift. Es beginnt bei der Stellenbe ſetzung ein
Umſtand mitzuſprechen, der eigentlich nicht mit-
ſprechen dürfte, und die Mißſtimmung kann nicht
ausble iben. Es liegt die Gefahr vor, daß ſich eine
| Erſche inung wiederholt, die bereits vor dem Kriege
. einmal, ob mit Recht oder Unrecht, laſſe ich dahin
geſtellt fein, Gegenſtand bitterer Kritik war. Kurz
: um, es gibt im Lande eine ganze Menge Forſtleute
und andere, die andere „Übergangsmaßnahmen“
lieber geſehen hätten.
Sechs Monate nach Niederſchrift dieſer Zeilen,
deren Druck ſich verzögerte, erſcheint ſoeben im
Septemberheft der Z. f. F. u. J. W. unter dem
Titel „Forſtliche Aufgaben nach Friedensſchluß“
Reine Abhandlung des inzwiſchen verſtorbenen Kgl.
Oberforſtmeiſters Ochwadt, welche die von mir be-
handelte Frage auch berührt. Der erfahrene Ver⸗
waltungsbeamte kommt auf Grund ziemlich der-
. ſelben Ergänzungen ebenfalls zu einer Ablehnung
. nod) weiter gehender Zuſammenlegungen und deutet
Mittel und Wege an, um dem vorübergehenden
* Sok ~
— * Nee Fu
i
Mangel an Revierverwaltern zu begegnen. Seine
Forde rung der Ausdehnung und Vertiefung forſt⸗
licher Arbeits⸗ und Forſchungsge bie te deckt ſich eben⸗
falls mit dem von mir Geſagten und den nun wieder-
um in pejus reformierten Anſichten der Zentral⸗
behörde vor dem Kriege. Früchte können ſolche
Vorſchläge eben nicht zeitigen, wenn der junge
Beamte gleich nach Abſchluß ſeiner Studien im
Übermaß der Alltagsarbeit erſtickt.
Obgleich unter dem Titel „Zur Vergrößerung
der Oberförſtere ien“ veröffentlicht, ſtehen zwei Ab⸗
handlungen in Nr. 32 und 36 der Silva mit der Frage
nur im mittelbaren Zuſammenhange. In Nr. 32
wünſcht ein Kgl. Forſtme iſter die Befreiung der
Kgl. Oberförſter von den Gutsvorſtehergeſchäften
und Übertragung die ſer auf einen Förſter, während
7
. —.— — ͤ —————— EIEEBESBSSEESESEEERSSEETEERIER)
6 ꝗ é—ß6 p ̃7§07·cDnüu ff I . dd
ig
e)
in Nr. 36 Oberförſter Dr. Buſſe dieſer Anregung
entgegentritt. Für ſüdde utſche Leſer jet kurz gejagt,
daß in der Regel die Oberförſterei einen ſogenannten
ſelbſtändigen Guts⸗ und Amtsbezirk bildet und der
Oberförſter die Geſchäfte als Guts⸗ und Amtsvor⸗
ſteher führt. Die Obliegenheiten des Gutsvorſte hers
entſprechen denen des Gemeinde vorſte hers (Schul⸗
zen). Der Gutsvorſteher unterſteht dem Landrat,
der ihn auch mit Disziplinarſtrafen belegen kann.
Wenn auch in der großen Mehrzahl der Fälle der
Forſtbezirk nur recht wenige Einwohner hat — ab⸗
geſehen von den fiskaliſchen Arbe iter. und Moor-
kolonien — ſo macht ſich während der Kriegszeit
die Arbeitslaſt infolge der täglichen Zählungen und
Aufnahmen doch recht fühlbar, zumal die Guts⸗
inſaſſen zumeiſt räumlich weit auseinander wohnen.
Der Einſender in Nr. 32 möchte daher von dieſer
Arbeit befreit fein und betont das ſeltſame Verhält⸗
nis der Unterſtellung eines ſonſt koordinierten Be⸗
amten unter den Landrat des Kreiſes. De. Buſſe
hat in Nr. 36 der Silva ganz recht, wenn er es un⸗
berechtigt findet, die Übertragung dieſer Arbeits⸗
laſt auf den ebenſo in Anſpruch genommenen Förſter
zu verlangen. In der Tat ift aber heute faſt ftets ein
Förſter Stellvertreter des Gutsvorſtehers, und in
ſehr vielen Fällen hat eine erſprießliche Arbeits-
teilung zwiſchen Gutsvorſteher und Stellvertreter
ſtattge funden. Der Zuſtand, daß der im Gutsbezirk
wohnende Oberförſter nun „Untertan“ des Guts⸗
vorſteher⸗Förſters würde, erſcheint doch auch nicht
erwünſcht. Das Amt des Gemeinde: bezw. Gut-
vorſtehers erfordert gerade heute, wie Dr. Buſſe
ſehr richtig anführt, ein ganz beſonderes Maß von
völlig unbe fangener unparteiiſcher Sachlichkeit, die
um jo mehr geſichert erſcheint, je urteilsfähiger und
unabhängiger der Inhaber des Amtes iſt. Ich meine,
die Erfahrungen der Kriegszeit ſollten dahin führen,
auch der ländlichen Selbſtverwaltung die ge bilde tſten
Elemente nach Kräften zuzuführen. Eine Anderung
des Verhältniſſes zum Landrat des Kreiſes wäre
erwünſcht, obgleich mir in dieſer Beziehung Klagen
nie zu Ohren gekommen find. Re ibungen kleinlicher
Natur dürften ſich doch gerade zwiſchen höheren
Beamten gleichen Bildungsgrades unſchwer ver-
meiden laffen. Die Zule gung zu Gemeindebezirken
(Eingemeindung) und damit Unterſtellung unter
einen ländlichen Gemein devorſteher erſcheint gerade:
zu undenkbar in Anbetracht des zu oft getrübten
Verhältniſſes zwiſchen Dorfge meinden und benadh-
bartem Waldbeſitz. Wer, wie Schreiber dieſer Zeilen,
das Vergnügen hat, Untertan einer ländlichen
Gemeinde zu ſein, wird mit Freuden die forſtfiska—
liſchen Gutsvorſtehergeſchäfte weiterführen, trotz
andauernder Schweine zählung und Unterſtellung
unter den Landrat. M,
Berichte über Verſammlungen und Ausſtellungen.
ee S
Die XXIV. Tagung
des Forſtwirtſchaftsrates.
Der XV. Hauptverſammlung des Deutſchen
Forſtve re ins, die als erſte und hoffentlich letzte Kriegs⸗
tagung vom 18. bis 20. September in Erfurt ſtatt⸗
fand, ging am 18. September die XXIV. Tagung
des Forſtwirtſchaftsrates im Haus Koſſenhaſchen
voraus. Sie hatte in erſter Linie die für die Haupt⸗
verſammlung zur Beratung ſtehenden Fragen vor⸗
zubereiten, und es war daher folgende Tage sord⸗
nung für ſie aufgeſtellt worden:
A. Geſchäftliche Fragen.
1. Satzungsände rungen.
Berichterſtatter: Regie rungsdirektor Dr.
Wappes. i
2. Vorbe re itung der Neuwahl des Vorſtandes.
Berichterſtatter: Der Vorſitzende.
3. Vorbereitung der Neuwahl der Landesob⸗
männer und Neuwahl der Vertreter der forſt—
lichen Hochſchulen.
Berichterſtatter: Der Vorſitzende.
4. Neuwahl des Generalſekretärs.
Berichterſtatter: Der Vorſitzende.
5. Haushaltungsplan 1917 und 1918.
Berichterſtatter: Der Generalſekre tär.
B. Sonſtige Vorlagen.
1. Kriegswirtſchaftliche Fragen.
Eingeleitet durch n Dr.
Wappes.
2. Anträge und Anfragen aus der Verſammlung.
Die Mitglieder des Forſtwirtſchaftsrates hatten
der Einladung ſehr zahlreich Folge geleiſtet. Auch die
Vertreter einiger Staatsforſtverwaltungen nahmen
als Gäſte an den ſehr anregend verlaufenen Ver-
handlungen teil. Die Leitung lag in den Händen
des Geh. Oberforſtrats Dr. Ne ume iſter⸗Dresden.
Den größten Teil der von 9½—1 und von 3 —6
Uhr dauernden Sitzung nahm die Beratung der
Satzungsänderungen in Anſpruch. Als Vorſitzender
der Satzungskommiſſion berichtete Regierungs⸗
direktor Dr. Wappes über den Entwurf der
Satzungsände rungen und beantragte feine Annahme.
Den meiſten der vorgeſchlagenen Anderungen wurde
dann auch ohne weitere Debatte zugeſtimmt. Lange
Eröterungen rief dagegen der $ 7 der Satzungen in
ſeiner neuen Faſſung hervor, der von den Mitglieder:
beiträgen handelt. Nach $ 3 werden ordentliche und
auße rordentliche Mitglieder des Deutſchen Forſt⸗
vereins unterſchieden. Als ordentliche Mitglieder
können eintreten: „
Der Forſtwirtſchaftsrat trug jedoch in feiner Mehr.
a) beruflich vorge bildete de utſche Forſtmänner,
b) deutſche Waldbeſitzer, Forſtverwaltungen und
ſonſtige Vertretungen des Waldbeſitzes,
c) Forſt⸗ und Waldbeſitzervere ine, die ihren Sir
im Deutſchen Reiche haben. |
Für die ordentlichen Mitglieder der unter a;
und c) bezeichneten Art hatte die Satzungskommiſſio
einen Jahresbeitrag von 6,— Mk. vorgeſchlagen.
heit Bedenken, dieſen Beitrag zu erhöhen, und ſtell.
den bisherigen Satz von 5, — Mk. wieder her. Nad-
dem die Hauptverſammlung die Anträge des Fori
wirtſchaftsrates angenommen hat, bleibt alſo de:
bisherige Beitrag von 5,— Mk. beſtehen. Ein:
weſentliche Anderung haben dagegen die Beitrag: f
der ordentlichen Mitglieder unter b) erfahren. di
deutſchen Staatsforſtverwaltungen zahlen in 31:
kunft einen mit dem Vorſtande zu vereinbarenk: |
Jahresbeitrag. Für die waldbeſitzenden Gemeinden
Körperſchaften und Privaten — der Springen:
Punkt der ganzen Satzungsre form, von defi:
Regelung die zukünftige Entwicklung des Deut: `
Forſtvere ins und feiner Organe, vor allem alfo n
Forſtwirtſchaftsrates und der „Geſchäftsſtelle“ (m
„kriegswirtſchaftliche Angelegenheiten“ begründet,
abhängt — war zunächſt nach eingehender Beratun;
ein Beitragsſatz von 2 Pfg. für das ha Waldflac:
beſchloſſen worden. Bei der Beratung über der
Punkt 5 der Tagesordnung — Haushaltplan 1"
und 1918 — ſtellte fih jedoch heraus, daß der Mu
wand für die „Geſchäftsſtelle“, wenn fie, wie un
bedingt erforderlich und nun auch beſchloſſen, ein
dauernde Einrichtung bleiben und ihre Tätigki.
nicht von vornherein wieder eingeſchränkt werder
ſoll, recht erheblich ſein wird. Es wird mit einen
Ausgabe betrage von 80 000 bis 100 000 Mk. ge.
rechnet werden müſſen, und dazu würde der Bertie:
der Waldbeſitzer von 2 Pfg. für das ha Waldflad
bei weitem nicht ausreichen, denn mit dem in W:
ſicht geſtellten erheblichen Beitrag des Reiches un
höheren als den bisherigen Beiträgen der Bunde”
ſtaaten bezw. Staatsforſtverwaltungen kann mi.
Sicherheit vorerſt ebenſo wenig gerechnet wen
den wie mit einer weſentlichen Erhöhung der be |
tragspflichtigen Gemeinde» und Privatwaldfläch. |
Auf Grund diefer Erwägungen wurde der Jahre:
beitrag der Waldbeſitzer auf 5 Pfg. für das ha Walt
fläche heraufgeſetzt, nachdem die Vertreter vel
ſchiedener Großwaldbeſitzer erklärt hatten, daß ft
im Jutereſſe der Erhaltung und günſtigen Ent
wicklung der „Ge ſchäftsſtelle“ gegen dieſen Sal
— — — —
277
nichts einzuwenden hätten. Die „Geſchäftsſtelle“
habe jih be währt, und ihre Erhaltung jei unbedingt
notwendig, wenn die angeftrebte Hebung der Be-
deutung und des Einfluſſes des Deutſchen Forſt⸗
vereins und des Forſtwirtſchaftsrates erreicht werden
ſolle. Die dauernde Einrichtung einer „Geſchäfts⸗
itelle” verurſache j doch hohe Ausgaben, und die ſe
müßten naturgemäß in erſter Linie von denjenigen
Mitgliedern des Zoritvereins aufge bracht werden,
die den Hauptvorteil von der Tätigkeit der Ge-
ſchäftsſtelle haben würden. — Der Beitrag der
außerordentlichen Mitglieder des Deutſchen Forſt⸗
vere ins, als welche
a) Fre unde des deutſchen Waldes,
b) Forſtfachleute und forſtliche Vereine des
Auslandes
aufgenommen werden können, wurde nach dem
Vorſchlage der Satzungskommiſſion auf 3,— Mk.
jährlich fe ſtge ſetzt.
Die geſchäftlichen Fragen zu den Punkten 2 bis 4
wurden raſch und glatt erledigt.
Zur ſatzungsgemäß⸗ n Neuwahl des Vorſtandes
beſchloß der Forſtwirtſchaftsrat, der Hauptverſamm⸗
lung folgende Herren vorzuſchlagen: den Hofkammer⸗
präſidenten Exzellenz von Baſſewitz⸗ Gotha
als 1. Vorſitzenden, den Kgl. Bayer. Regierungs⸗
dire ktor Dr. Wappes⸗Spey er als 2. Vorſitzenden,
den Geh. Regierungsrat Landesforſtrat Quaet⸗
saslem- Hannover als 3. Vo ſitzenden und den
Kgl. Preuß. Oberforſtmeiſter Kranold⸗Marien⸗
werder und den Grafen von und zu Weſter⸗
holt-⸗Gyſenberg⸗Haus Sythen als Beiſitzer
oder Stellvertreter.
Den vom Vorſtande gemachten Vorſchlägen zur
Neuwahl der Lande sobmänner und der Vertreter
der forſtlichen Hochſchulen wurde ebenfalls zugeſtimmt,
während die Neuwahl des Generalſekretärs (Haupt⸗
Geſchäftsführers) dem künftigen Vorſtande über⸗
laſſen werden ſoll.
Zu Punkt 5 wurde beſchloſſen, daß zur Deckung
des Defizits der Geſchäftsjahre 1917 und 1918 das
Kapitalvermögen des Jorſtvere ins durch Verkauf
von Krie gsanle ihen ange griffen werden foll. Außer⸗
dem follen der „Geſchäftsſtelle“ 10 000 Mk. als
Reſerve zur Verfügung geſtellt werden, für den
Fall, daß die laufenden Einnahmen aus den Jahres⸗
be iträgen nicht ausreichen werden.
Da die Zeit ſchon zu ſehr vorgeſchritten war,
konnte in die Beratung der kriegswirtſchaftlichen
Fragen, die in der Juli⸗Sitzung in Berlin ſchon ein⸗
gehend behandelt worden waren, nur noch kurz
eingetreten werden. Der Kriegsausſchuß hatte in
einer Sitzung vom 17. September beſchloſſen, in
einer Eingabe an das Reichsernährungsamt zu be⸗
' antragen, daß den für die Holzabfuhr eingeitellten 1
1917.
Pferden der gleiche Satz von Hafer und Kartoffeln
be willigt werden möge, wie den in der Landwirtſchaft
beichäftigten Pferden. Die ſem Beſchluſſe trat der
Forſtwirtſchaftsrat bei. |
Litauen. im — 1917. Prof. Dr. We be r.
—ñ —
Tagung des deutſchen Forſtvereins am
18., 19. und 20. September 1917zu Erfurt.
Die XV. Verſammlung des Deutſchen Forſt⸗
vereins zu Erfurt war trotz des Krieges ſehr zahl⸗
reich beſucht. Ueber 200 Mitglieder des Vereins
hatten ſich am Abend des 18. September im Hauſe
Koſſenhaſchen aus allen Teilen Deutſchlands und
ſelbſt aus den beſetzten Gebieten zuſammenge funden.
Die Verhandlungen nahmen am 19., vormittags
10 Uhr im Rathaus zu Erfurt ihren Anfang. Ge⸗
heimer Oberforſtrat Neume iſter⸗Dresden, der ſtell⸗
vertretende Vorſitzende des Vereins, begrüßte die
Verſammlung und wies auf die Wichtigkeit der zur
Beratung ſtehenden Fragen hin. Mit warmen
Worten gedachte er der auf dem Felde der Ehre ge⸗
fallenen Helden, deren Andenken unverge ßiich bleiben
wird. Mit einem Hoch auf S. M. den Deutſchen
Kaiſer und dem Gelöbnis der Treue zu Kaiſer und
Vaterland ſchloß er die einleitenden Worte. Als
Vertreter der örtlichen Forſtverwaltung begrüßte
Oberforſtmeiſter Runnebaum, Erfurt, im Namen
der königlichen Regierung die Verſammlung. Er
wies darauf hin, daß der Ernſt der Zeit es nicht zu⸗
lic ße, den Vertretern des Deutſchen Forſtvereins
einen Empfang, wie er in Friedenszeiten üblich
war, zu bereiten.
Nach Eintritt in die Verhandlungen wurde zur
Neuwahl des Vorſitzenden, der Beiſitzer und der
Lande sobmänner geſchritten. Zum Vorſitzenden
des Deutſchen Forſtvereins wurde Se. Exzellenz Hof⸗
kammer⸗Präſident von Baſſe witz, Gotha, einſtimmig
gewählt. Zum erſten Beiſitzer Regierungsdirektor
Dr. Wappes, Speyer, zum zweiten Beiſitzer Geh.
Regierungsrat Landesforſtrat Quaet⸗Faslem,
Marienwerder, und Graf Weſterholt, Sythen.
Zu Lande sobmännern und deren Vertreter wurden
nach § 11 der Satzungen beſtimmt für:
O ſtpreußen, Weſtpre uen und Po-
je n: Majoratsherr von Kalckſte in, Schultitten, als
Stellvertreter Oberforſtmeiſter von Sydow, Königs⸗
berg; .
Brandenburg: Graf Find von Fincken⸗
ſte in, Troſſin, und kgl. Kammerherr von Waldow⸗
| Reitzenſtein, Königswalde:
Schleſien: „ Oberforftmeifter Krieger, Liegnitz,
und Generaldirektor von Schwarzkopf, Ratibor;
Sachſen, Schleswig, Pommern:
i 37
Oberforſtmeiſter Runnebaum, Erfurt, und Ritter-
gutsbeſitzer von Dieſt, Zeitlitz;
Hannover, We ft fale n: Geh. Regierungs-
rat Landesforſtrat Quaet⸗Faslem, Hannover, und
Graf Weſterholt, Sythen;
Heſſen⸗Naſſau, Rheinland und
Hohenzollern: Rittergutsbeſitzer von Bodel⸗
ſchwingh, Steinhauk, und Graf Droſte zu Viſchering,
von Neſſelrode⸗Reichenſtein in Herten, Weſtfalen;
Ober- Nieder⸗Bayern, Sdhwa-
ben, O b erpfalz: Regierungsdirektor Löſch,
Munchen, Rittergutsbeſitzer Freiherr von Cetto,
München, zum Stellvertreter Gutsbeſitzer von
Schilcher, Diteramszell, Ober⸗Bayern;
Ober, Mittel, Unter⸗ Franken
und Pfa la: Profeſſor Dr. von Mammen, Schloß
Brandſte in bei Hof a. d. Sadie; und Freiherr von
Thüngen;
Württemberg: Oberforſtrat Dr. Speidel,
Stuttgart, und Oberhofkammerrat von Völter,
Stuttgart; |
Baden: Geh. Oberforſtrat Gretſch, Karlsruhe,
und Forſtmeiſter Waag, Ettlingen;
Königreich Sachſen: Geh. Oberforſtrat
Dr. Ne umeiſter, Dresden, und Fürſtlicher Forſtrat
Gerlach⸗Tharandt. |
Elſaß-Lothringen: Landesforſtmeiſter
Pilz, Straßburg; und Forſtmeiſter Seybold, Barr;
Großherzogtum Heffen: Geh. Ober:
forſtrat Dr. Walther, Darmſtadt, und Geh. Forſtrat
Schwarz, Obereſchbach i. Ts.
Thüringen: Hofkammerpräſident Exzellenz
von Baſſewitz, Gotha, und Rittergutsbeſitzer von
Eichel⸗Streiber, Oppershauſen, Kreis Langenſalza;
Mecklenburg: Oberforſtmeiſter von Oertzen,
Gelbenſande, und e von Arenſtorf in
Ste införde;
Bra unſchweig: Oberforſtrat Reuß, Deſſau,
und Landesforſtmeiſter Dr. Grundner, Braunſchweig
Den wichtigſten Gegenſtand der Verſammlung
bildete die Beſchlußfaſſung über die Satzungs⸗
änderung. Eine Anderung der Satzungen des
Deutſchen Forſtvereins war ſchon feit längerer Zeit
angeſtrebt. Ihre Durchführung im Kriege wurde
aber beſonders dringlich durch die Errichtung der
Geſchäftsſtelle in Berlin und durch die damit not⸗
wendige Erhöhung der Waldbeſitzer⸗Beiträge. Regie⸗
rungsdirektor Dr. Wappes hatte die Begründung
der Satzungsänderung übernommen, deren Ziel
dahin geht, dem Verein durch den Zuſammenſchluß
von „Sachkunde und Kapitalkraft“ den nötigen
Einfluß zu verſchaffen und damit eine ſtärkere Vers
tre tung der Forſtwirtſchaft und des Balbh? Ni: 3
herbeizuführen.
Als e Gegner der! von Dr. Wappes pore
2
78 R
geichlagenen Änderungen vertrat Forſtmeiſter Jun
den Standpunkt, daß der Deutſche Forſtperein
wegen ſeiner Größe nicht lebensfähig genug ki
Er will die Dezentraliſation, weil er annimmt, dar
fruchtbare Arbeit nur in den Landes⸗ und B: zie
vereinigungen, d. h. in kleinerem Kreiſe geleistet
wird. Die beantragte Ausſetzung der Be ſchlußfaſſun.
und die Überweiſung des Stoffes an eine 3
wurde jedoch bei der Abſtimmung abgelehnt.
ſeiner Erwiderung auf die Junakſchen Boric
macht Dr. Wappes geltend, daß gerade der Mang:
an Geld den Verein ſeither an einer wirkſamen Čr:
faltung gehindert habe. Von einer Erweiterung w:
„Mitteilungen des Deutſchen Forſtvereins“ in ein
Bekanntmachungs- und Inſertions⸗Organ muß au.
für die Folge abgeſehen werden, da die „Sile
und der „Holzmarkt“ für die Veröffentlichungen be:
Vereins offenſtehen. Eine Ausſetzung der Beſchluß
faſſung über die Erhöhung der Beiträge würde di
Auflöſung der Berliner Geſchäftsſtelle zur Fole
haben. Dieſe ift aber gerade im Kriege beſonder
nötig, damit eine enge Fühlung mit dem Kriegsar—
und der Kriegswirtſchaft erhalten bleibt. .
künftiger Beitrag der Waldbeſitzer wurden Mk. 54-
für je 1000 Hektar in Vorſchlag gebracht. Als V |
tre ter des Privatwaldbeſitzes erklärte Se. Durchlau⸗
Fürſt zu Caſtell⸗Caſtell fein Einverſtändnis mitt:
Ausführungen des Regie rungsdirektors Dr. Wap
Gerade für den Privat⸗Waldbeſitz hält er w
Schaffung der Geſchäftsſtelle für notwendig, da de
Staatswald in der Regierung feine Vertretung b:
reits beſäße. Mit der Erhöhung der Beiträge iter
einverſtande n.
Oberforſtrat Eigner, Regensburg, von der Thur
und Taxis ſchen Verwaltung hält die gefordert:
Beiträge zwar hoch, will aber für deren Bewilligur:
ſtimmen, vorbehaltlich einer Prüfung der Arbit
ergebniſſe der Geſchäftsſtelle.
Profeſſor Dr. Weber⸗Gie ßen ſprach der Satzung:
kommiſſion, die feit 1913 der mühevollen Arbeit w
Satzungsänderung ſich unterzogen hat, insbeſonden
aber Herrn Reg.⸗Direktor Dr. Wappes, den Don
der Verſammlung aus.
Nachdem Dr. Wappes nochmals die Notwendin
keit der Errichtung der Berliner Geſchäftsſtelle be
gründet und den Großwaldbeſitzern für die Bereit
ſtellung der Gelder gedankt hat, wird von der N.
ſammlung die Errichtung der Geſchäftsſtelle er |
gültig genehmigt und ihr aus dem Vereindvermägt :
ein Reſervefonds von Mk. 10 000.— bewillin
Auf Antrag des Präſidenten Schwarzkopf wurd
alsdann beſchloſſen, der Berliner Geſchäftsſtelle ein |
Geſch äftsordnung zu geben, mit deren Auffſtellun
ein Ausſchuß beauftragt wurde. In dieſen Ausian!
wurden gewählt: Forſtmeiſter Heyer, Laufen
I
a
Weber, Präſident von Schwarzkopf, Oberforſtrat
Eigner, Generaldirektor von Garnier und Graf
Weſterholt.
Nachdem die Verſammlungsteilnehmer in den
Räumen des Hauſes Koſſenhaſchen ein gemein⸗
ſchaftlichesMittagsmahl eingenommen hatten, wurde
um 3 Uhr nachmittags die Sitzung wieder eröffnet
durch eine Anſprache Sr. Exzellenz des Hofkammer⸗
präſidenten von Baſſe witz, der für feine Wahl dankte
und der auch für die übrigen gewählten Vorſtands⸗
mitglieder und Obmänner den Dank ausſprach.
Beider Beſprechung kriegswirtſchaftlicher Fragen
hielt Hauptmann Hedler vom Kriegsamt einen Vor:
trag über die Holzwirtſchaft im Kriege. Da ein
großer Teil der Ausführungen als vertraulich zu
betrachten iſt, wird von einer unvollſtändigen Wieder⸗
gabe ſeiner Ausführungen abgeſehen.
Direktor Schürhoff von der Neſſelfaſerverwer⸗
tungsgeſellſchaft Berlin ſprach von den Beſtrebungen,
einen geeigneten Erſatz für Baumwolle zu ſchaffen.
Nach vielen Verſuchen hat fid hierzu die Brenn-
neſſelfaſer am geeignetſten erwieſen, fo daß fie als
gleichwertiger Rohſtoff für Baumwolle in Betracht
kommt. Seine Ausführungen endeten mit der Auf-
forderung an die Deutſchen Forſtleute, dem Anbau
und der Gewinnung der Brenneſſel ihre ganze
Aufmerkſamkeit zuzuwenden.“)
Nach Schluß der Sitzung zeigte Profeſſor Dr.
Wislicenus, Tharandt, eine Sammlung von Roh⸗
harz: und Terpentinerzeugniſſen, die in einem
Nebenzimmer aufgeſtellt waren.
Der 20. September führte die Teilnehmer der
Deutſchen Forſtverſammlung in die Oberförſterei
Georgenthal. Oberförſter Oelkers, Mitglied der
Geſchäftsſtelle des Deutſchen Forſtvereines Berlin
gab einen Überblick über den derzeitigen Stand der
Rohharzge winnung. Der Vortragende beſchränkte
ſich auf die Vorführung der Verfahren, die zur Zeit
allein in Frage kommen. Es ſind dies bei der Kiefer
das Lachten⸗ und das Riſſer⸗Verfahren, bei der
Fichte das Thüringer und Sächſiſche Verfahren.
Das Lachtenverfahren an der Kiefer iſt beſonders
ausgebaut von Forſtmeiſter Dr. Kienitz⸗Chorin
(Schwalbe nneſt), von dem Förſter Heinrich in
Gottow (Blechgrandel mit Deckel) und von dem
79
Förſter Kuhn in Luckenwalde (Blechgrandel mit
verſtärktem Eiſenblech). Die zum Röten und zur
Anlage der Lachte benötigten Werkzeuge wurden
ebenfalls vorgezeigt. Der Ertrag beim Lachten⸗
verfahren an der Kiefer ſtellt ſich auf ungefähr
2—3 Doppelzentner j: Hektar. Ergiebiger ift das
Riſſerverfahren nach Splettſtößer, bei dem über 5 und
mehr Doppelzentner Balſamharz je Hektar ge⸗
wonnen werden. Die Ernte des Harzes iſt Frauen⸗
arbeit, ob die Anlage der Lachten bezw. Riſſe von
Frauen vorgenommen werden kann, wird von man⸗
chen Seiten behauptet, von anderen beſtritten. Das
kombinierte Verfahren an der Kiefer iſt eine Ver⸗
bindung des Riſſerverfahrens mit dem Lachten⸗
verfahren. Die Rohharzgewinnung an der Fichte
iſt weniger ergiebig. Das ſächſiſche Verfahren und
das Thüringer Verfahren unterſcheiden ſich eigentlich
nur durch die angewandten Werkze une.
Mit Spannung ſah man den Leiſtungen der von
dem Oberförſter Schultz, Mitglied der Geſchäfts⸗
ſtelle in Berlin, vorgeführten Baumfällmaſchine
„Sektor“ entgegen. Leider arbeitete die Maſchine in-
folge verſchiedener Störungen nicht ſo, wie man er⸗
wartete. Einer Einführung der Maſchine in die
Praxis ſtehen auch während des Krieges unüber⸗
windliche Schwierigkeiten entgegen. Immerhin
kann damit gerechnet werden, daß die Maſchine nach
notwendigen Verbeſſerungen ſpäterhin vielleicht zu
größerer Bedeutung gelangen wird. Die Köln-
Deutzer Gasmotorenfabrik hatte einen Motor auf-
geſtellt, der beim Rücken der Stämme an Wege und
Straßen Verwendung finden ſoll. Den Schluß des
Waldganges bildeten die Vorführungen von Ma⸗
ſchinen des Förſters Hch. Büttner zu Eifa i. O.⸗H.
Es wurden die Bau mwinde vorgeführt, der Bahn-
leiſtenwaldteufel und die übrigen bekannten Büttner⸗
ſchen Forſtgeräte.
Ein ſonniger Spätherbſtnachmittag war den
Teilnehmern der Deutſchen Forſtverſammlung be⸗
ſchieden, als ſie als Gäſte Sr. Hoheit des Herzogs
von Sachſen⸗Coburg⸗Gotha im Kurhaus Schüß:n-
hof in Georgental zum letzten Male ſich zuſammen⸗
fanden. Unter mancherlei Reden aus der Verſamm⸗
lung gingen die letzten Stunden im Fluge dahin,
bis die Zeit der Abreiſe gekommen war und die
Gäſte auseinander führte. Dr. Baader.
Notizen.
7
A. Aufruf an alle Jäger!
Bei der Knappheit an Rohſtoffen für das Webſtoffgewerbe
hat ſich die Aufmerkſamkeit auf die Brenneſſel (Urtica
dioica) als Faſerpflanze gelenkt. |
1) Vergl. auch die Notiz „Aufruf an alle Jäger“ in
dieſem Hefte. D. Red.
Zu ihrer Nutzbarmachung iſt durch die Heeresverwaltun
am 6. Juli 1916 die „Neſſelfaſer⸗Verwertungs-Geſellſchaft
m. b. H.“ Berlin W. 66, Wilhelmſtr. 91, gegründet worden.
Der Betrieb dieſer Geſellſchaft iſt nicht auf Erwerb ge-
richtet, verfolgt vielmehr ausſchließlich gemeinnützige Zwecke.
Ein etwa ſich ergebener Überſchuß iſt an das Reich abzuführen.
Das Einſammeln ſoll in erſter Linie durch Kinder unter
37°
[Tr
Anfficht von Lehrern uſw. erſolgen, doch ijt auch die Mithilfe
E rwachſener erwünſcht. | |
Hier kann die Hilfe der Wald und Feld durchſtreifenden
Jäger einſetzen, denn ſie kennen das Gelände aufs Genaueſte,
und bei dem meiſt in ſtarkem Maße vorhandenen Sinne für
Natur wird jedem bekannt ſein, wie die einzelnen Teile des
gdreviers beſtanden jind, und wo es ſich lohnt, Neſſelbe⸗
ände abzuernten. Es gilt in erſter Linie der Verſorgung
unſeres Heeres mit Webſtoffen und bei dem
groben Mangel an Baumwolle darf kein Neſſelſtengel un-
nutzt bleiben. Mit den Faſern von 4 Kilo trockener Neſſel⸗
Rengel läßt fih ein Soldatenhemd weben, aber wie groß ift
der Bedarf und wieviel Millionen Kilo Brenneſſeln müſſen
geſammelt werden! Nur Stengel von mindeſtens 80 em
Länge kommen in Frage! Helfe ein Jeder! Es iſt vater-
ländiſche Pflicht! An alle Jäger ergeht die dringende
Bitte, die Neſſelfaſer⸗Verwertungs⸗Geſellſchaft m. b. H.,
Berlin SW. 68, Schützenſtr. 65/66 mittels Poſtkarte auf
vorhandene Neſſelbeſtände aufmerkſam zu machen, damit die
nächſtwohnenden Vertrauensmänner die Aberntung ver-
anlajfen können. Neſſelſaſer-Verwertungs-Geſellſchaft
m. b. H. (Berlin SW. 68, Schütenſtr. 65,66.)
B. Unfallverſicherung im Forſt betriebe.
Grundſätzliche Entſcheidung des Reichsverſicherungsamten.
«sk. (Nachdruck, auch im Auszug, verboten.) Das Reichs-
verſicherungsamt hat ſich anläßlich eines Streitfalles dahis
ausgeſprochen, daß die Königlichen Hausfideitommiß-Forit-
ſchutzbeamten in Preußen gegen Unfälle reichsgeſetzlich ver-
ſichert ſind. Die Gründe beſagen:
Auf Grund der $E 170 Abſ. 2, 1242 Nr. 3 Reichsverſiche⸗
rungsordnung können Beamte und Bedienſtete der land—
wirtſchaftlichen Hof-, Domanial-, Forſt⸗ und ähnlichen Ber-
waltungen von der Kranken-, Invaliden⸗ und Hinterbliebenen-
verſicherung befreit werden. Für die Unfallverſicherung iſt
eine gleichartige Vorſchrift nicht getroffen. Die für die Kranken
Invaliden⸗ und Hinterbliebenenverſicherung erlaſſenen Be-
ſtimmungen entſprechend auch bei der Unfallverſicherung an⸗
zuwenden, geht nicht an. Es könnte geſchehen, wenn etwa die
Nichtaufnahme einer gleichartigen Vorſchrift in das III. Buch
der Reichsverſicherungsordnung auf einem Verſehen des
Geſetzgebers beruhte. Das iſt aber nach der Entſtehungs⸗
geſchichte der Reichsverſicherungsordnung nicht der Fall.
Wie der Bericht der 16. Komm. zum III. Buche der Reichs-
verſicherungsordnung (S. 35 f.) ergibt, ift nämlich ein von
dem Vertreter der verbündeten Regierungen befürworteter
Antrag, in das Geſetz eine Vorſchrift aufzunehmen, durch die
den landesherrlichen Hofverwaltungen ermöglicht werden
ſollte, ihre Beamten und Bedienſteten auch von der reichs—
geſetzlichen Unfallverſichernug zu befreien, ausdrücklich ab-
gelehnt werden. Die Gründe hierfür ſind aus dem Kommiſſions⸗
die Beamten der landesherrlichen Hofverwaltungen in bezug
auf Unfallverſicherung nicht anders zu behandeln als in den
übrigen Zweigen der Verſicherung und dem ſonſt für den
Geſetzgeber leitenden Gedanken, bei gleichen ſachlichen und
rechtlichen Verhältniſſen gleiches Recht auf allen Gebieten
der Verſicherung zu ſchaffen, auch hier zu folgen. Für die
Entſcheidung des Reichsverſicherungsamtes mußte indejier
der Umſtand ausſchlaggebend fein, daß der Geſetzgeber, wenn
auch aus dem Reichsverſicherungsamt nicht bekannten Gründer
es ausdrücklich abgelehnt hat, jene naheliegende Folgen;
zu ziehen. (Aktenzeichen § I B. S. 163/14: Vergl. Breithaur:,
Samml. v. Entſch. d. Reichsverſicherungsamtes uſw., Jabıc
1915, S. 163.) Dr. jur. C. Klamroth.
C. Tötung eines fliehenden Wilddiebes durch einen
Privatförſter.
Urteil des Reichsgerichts vom 16. Oktober 1917.
sk. Leipzig, 16. Oktober. (Nachdruck verbeter
Das Landgericht Potsdam verurteilte am 7. In.
1917 den Privatförſter Johann Baptiſt Schumacher in Weiß
tolm O.⸗L., Kreis Hoyerswerda, wegen fahrläſſiger Tätur:
des Maſchinenführers Kaatz zu 6 Monaten Gefängnis. De:
Angeklagte ſtand als Privatförſter im Dienſte eines Dr.
Lautenſchläger, der 6000 Morgen Jagd gepachtet her
Ein gewiſſer Hagen hatte ſchon wiederholt einen Wilderer > |
merkt und holte, als er desſelben wieder anſichtig wurde,!
Angeklagten, um den Wilderer zu faſſen. Letzterer (der m:
her getötete K.) hatte fih inzwiſchen mit einem Ruckſack &
Fahrrad geſetzt und der Angeklagte lief nun querfeldein tz:
ihm her mit dem Rufe „Halt! Gewehr und Fahrrad betes”
Da K. jedoch ſchnell in der Richtung auf eine Schonung ber.
radelte, gab der Angeklagte einen Kugelſchuß ab, der beije:
die Schlagader unter dem Geſäß verletzte, jo daß alsbald
Tod durch Verblutung eintrat. Der Angeklagte, welder e
Notwehr gehandelt haben will, da er befürchtete, jener k7
die Schonung gewinnen und aus Deckung auf ihn ſchiezen
legte gegen die Verurteilung Reviſion ein. Er habe jit w
Grund feiner Kenntnis des Förſterlehrbuchs für bereut!
zum Waffengebrauch gehalten. Der Reichsanwalt beter
zwar, daß im allgemeinen das Recht des BWaffengebre--
nur beamteten Förſtern zuſtehe, gab aber zu, daß es um
Umſtänden auch für Privatförſter in Frage fommen ferns
Er beantragte daher zur nochmaligen Aufklärung des 24
beſtandes Aufhebung des Vorderurteils und Zurüdvermeirz
in die Vorinſtanz. Das Reichsgericht verwarf jes
die Reviſion des Angeklagten als unbegründet, da bei dn
ganzen Sachlage objektiv weder einem beamteten noch emt
privaten Förſter das Recht zum Waffengebrauch zugeſtanda
bericht nicht zu erſehen. Dies wäre von beſonderem Intereſſe
geweſen, weil in der Tat beachtliche Gründe dafür ſprechen,
werden könne. Notwehr ſei nicht erwieſen. (Aktenzeich⸗
2D. 141/17.) Sächſiſche Korreſponden!
r..
Für die Redaktion verantwortlich : für Aufſätze, Briefe, Verſammlungsberichte und Notizen Prof. Dr. Wimmen auer,
für literariſche Berichte Prof. Dr. Weber, beide in Gießen — Für die Inſerate verantwortlich: J. Sauerländers Besit
„Verleger: J. D. Sauerländer in Frankfurt a. M. — Baul Schettlers Erben, G. m. b. H., Hofbuchdruckerei in Cöthen (An
ın Druckerei und Verlag, sind beim Druck und Versand unserer Zeitschrift Verzögerungen nicht
ganz zu vermeiden. Wir werden bemüht sein, für das regelmäßige Erscheinen nach Möglichkeit
Sorge zu tragen, bitten aber unsere geehrten Leser, wegen der trotzdem event. eintretenden Unregel-
mäßigkeiten in Anbetracht der gegenwärtigen Verhältnisse um wohlwollende Nachsicht.
Hochachtungsvoll
J. D. Sauerländers Verlag.
Die
Besteuerung des Waldes.
Von
Dr. Heinrich Weber,
» a. o. Professor der Forstwissenschaft an der Universitat GieBen.
Gr. 80. X und 555 Seiten.
, | preis brosch. Mk. 10.50, gebdn. Mk. 12.—.
Mit dem stetig fortschreitenden Steigen der direkten Steuern werden auch die auf den Waldungen lastenden öfientlichen
: Abgaben immer größer. Dadurch gewinnt die Frage der Waldbesteuerung für den Waldbesitzer immer mehr an Bedeutung.
Der Verfasser hat sich nun die Aufgabe gestellt, unter besonderer Berücksichtigung der Pragen der Praxis eine
Darstellung der heute im Deutschen Reiche, in seinen Einzelstaaten und in seinen Nachbarstaaten geltenden Grundsätze dec
Waldbesteuerung zu geben und zu untersuchen, ob und inwieweit dieselben dem Prinzip gerechter Steuerverteilung ent-
sprechen oder im Hinblick auf die Eigenart des forstlichen Betriebes reformbedürftig erscheinen.
Die Weber'sche Arbeit dürfte bei den Fachleuten ein um so größeres Interesse erwecken, als die Frage der
Waldbesteuerung trotz ihrer Bedeutung bis jetzt nur in einem einzigen Werke über Porstpolitik im Zusammenhang
kurz behandelt ist.
Die Forsteinrichtung.
Ein Lehr- und Handbuch
von
+ Prof. Dr. H. Stoeger,
Großherzoglich Sächsischer Oberlandforstmeister und Direktor der Forstakademie Eisenach.
Mit 36 Textfiguren und einer Bestandeskarte in Parbendruck.
Zweite verbesserte Auflage 1908. :: Preis brosch. Mk. 8.50, gebdn. Mk. 9.50.
Behandelt das ganze Gebiet der Forsteinrichtung, einschließlich der Holzmeßkunde, unter Hervorhebung
des für die Praxis Bedeutungsvollen, und eignet sich nicht nur als Leitfaden für den Unterricht, sondern
ist auch als Nachschlagewerk für ausübende Forstmänner brauchbar.
Frankfurt a. M. J. D. Sauerlander’s Verlag.
u Inhalt. er.
Aufſätze.
Betrachtungen über den Wettſtreit der Stämme
reiner, gleichalter, geſchloſſener Beſtände um
die Oberherrſchaft, ſowie über Vererbung bei
unſeren Waldbäumen und über Erziehung der
Beſtände. Von Forſtmeiſter a. D. Tiemann
in Göttingen
Die Entwickelung vom Waldhaſen zum Feldhaſen
(oder umgekehrt?) und die Neubildung von
Tierformen in der Gegenwart: — im Beginne
der wiederkehrenden tertiärzeitähnlichen Tier⸗
lebensperiode. Von Wilhelm Schuſter, Pfarrer
a. D. und Chefredakteur
Zur Abwehr. Von Karl Katzer, fürſtl. Thurn und
Taxisſchem Oberförſteeeeee ener
Literariſche Berichte.
Neues aus dem Buchhandel
Die organiſatoriſchen Aufgaben und Biete ber
deutſchen Forſtwirtſchaft, zugleich Bericht der
Geſchäftsſtelle des Forſtwirtſchaftsrates für
kriegswirtſchaftliche Angelegenheiten. Heraus
gegeben vom Leiter der Geſchäftsſtelle Regie-
rungsdirektor Dr. Wappes, Speyer
Die Kriegsnutzung des Waldes. Eine Anleitung
zur Mobilmachung des deutſchen Waldes. Von
Prof. Dr. von Mammen und Oberlehrer Riedel
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Geite
259
267
268
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Bialowies in deutſcher Verwaltung. Herausge-
geben von der Militärforſtverwaltung Bialo-
wies. Erſtes Heft. I. Hauptmann Gruber: Die
Eroberung des Urwaldes; II. Hauptmann Dr.
Voit: Die Erſchließung des Urwaldes uſw.
Briefe.
Aus Preußen. Aus der preußiſchen Forſtverwal⸗
tung
Aus Preußen.
förſtereien
Zur Vergrößerung der Ober⸗
e % 6 > „% „% „„ ù 2 „„
Berichte über Verſammlung en und
Ausſtellung en.
Die XXIV. Tagung des Forſtwirtſchaftsrates
Tagung des Deutſchen Forſtvereins am
18.—20. September 1917 zu Erfurt
Notizen.
A. Aufruf an alle Jager
B. Unfallverſicherung im Forſtbetriebte
C. Tötung eines fliehenden Wilddiebes durch
einen Privatförſter
. |
Druck von Paul Schettlers Erben, G. m. b. H., Hoſbuchdruckerel in in Cöthen⸗ n. Anh.
Seite
269
276
277
iets by Google
Berka Google
Digitized by Google
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